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Antibarbarus
der
Lateinischen Sprache.
In zwei Abtheilungen, ;
nebst
Vorbemerkungen über reine Latinität,
Herzoglich Nussaiiiscliem Ober-SchuIrBth(
Dritte umo;earl)eitete und vermehrte Auflage.
©«"
Frankflirt a. ]fl.
Druck und Verlag von Heinrich Ludwig Brönn er.
1843.
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Vorrede
zur zweiteil Ausgabe vom Jalire 1837.
(Abgekürzt und hie und da verändert.)
Um dem Wunsche derer nachzukommen, welche rein lateinisch
zu schreiben wünschten, und sich zu diesem Zwecke nach einem nicht
zu unvollständigen Antibarbarus der lateinischen Sprache umsahen, da
ihnen Nolten's weitschweifiges Werk nicht zusagte, schrieb ich vor
vierzehn Jahren einen hleinen Antibarbarus*^, welcher angehenden
Lateinschreibern nur eine Probe von einigen hundert Wörtern und Re-
densarten verdächtiger Latinität geben sollte. Diese Probe fand vielen
Beifall, und Hr. Prof. Grysar erweitertejenes Werkchen, indem er es —
aber vergrössert — seiner Theorie des lateinischen Stils fast ganz ein-
verleibte. Hauptsächlich nahm er auch die synonymen Wörter auf und
gab ihren Unterschied meistens kurz und trefflich an. Da aber die
Synonymik, dieser schon an sich viel umfassende Theil der Lexico-
graphie, in den letzten zwanzig Jahren von mehrern Gelehrten einzeln
behandelt worden ist, so gehört ihre Berücksichtigung nicht mehr zur
*) Er ist als Anhang der dritten Ausgabe meiner Anleitung zum Lateinisch-
sehreiben vom J. 1822 angefügt, und wurde bei den folgenden Ausgaben jedes-
mal verbessert und vermehrt. So wie er aber in der siebenten Ausgabe v. J. 1834
erschien, wurde er auch abgesondert mit eigenem Titel einzeln ausgegeben. Der
geehrte Hr. Verleger hat diesen Abdruck als die erste Ausgabe angesehen, und
daher die jetzige neue, wiewohl sie ganz umgearbeitet ist, die zweite Ausgabe
ifenannt, obgleich beide in Zweck, Behandlung und Ausführung des Stoßes sehr
verschieden sind.
Aufgabe desjenigen, welcher einen besondern Antibarbarus schrei^
ben will.
Ein Antibarbarus soll nur den Solöcismen und Barbarismen einen
Damm setzen; er wird dadurch grammatisch und lexicaiisch, und in
beiden Beziehungen wird er durch den Gebrauch der bessern Schrift-
steiler bestimmt. Denn das schlechte Latein besteht nicht blos in
einzelnen Wörtern, sondern auch in unklassischer, wohl gar falscher
Verbindung klassischer Wörter, besonders der Verben, und über-
haupt in grammatischen Fehlern. Daher zerfällt auch dieses Buch in
einen grammatischen und in einen lesicalischen Theil. Es ist aber
anerkannt, dass der Sprachgebrauch in der Ciceronischen Zeit der
beste gewesen sei, weswegen man dieser Zeit hinsichtlich der Sprache
und Rede den Namen der goldenen beigelegt und die damalige Sprach-
weise die klassische, d. h. die beste genannt hat. Da aber bei dem ge-
geringen Umfange von Büchern jener Zeit sehr schwer zu entscheiden
ist, ob nicht viele einzelne Wörter und Wörterverbindungen der nach-
Jclassischen Zeit ebenfalls als klassisch anzuerkennen seien, so ist
auch — aber nur mit Vorsicht und Behutsamkeit — das Nachklas-
sische, ja selbst bisweilen das Spätlateinische zuzulassen. Eine solche
Mittelstrasse schlägt daher, wohl nicht mit Unrecht, dieser Antibar-
barus ein, indem er auch dem Nachklassischen und Spätlateinischen
oft einen Platz einräumt und dessen Werth nicht verkennt.
Woher es aber komme, dass die neuern Lateiner oft nicht nur so
unklassisch, sondern auch oft so unlateinisch geschrieben haben und
noch schreiben, ist leicht zu erweisen. Seitdem die lateinische Sprache
nirgends mehr Muttersprache, sondern nur noch Kloster- und Ge-
lehrten-Sprache war, behielt man nicht nur das schlechte Latein der
letzten Zeit bei, und sprach und lehrte es in den Klöstern und Schu-
len,,sondern es entstand auch durch die Berührung mit der Aussen-
welt und durch das Bedürfniss, sich so deutlich als möglich auszu-
drücken, ein noch schlechteres Latein und ein trübes Gemisch von
alten und neuen, selbst fremdartigen Wörtern, Redensarten und Con-
structionen, welche man ganz willkuhrlich einer fremden oder der
Muttersprache nachbildete. Dies ist das Latein des Mittelalters, wel-
ches sich von Jahrhundert zu Jahrhundert mehr verschlechterte, und
80 ein Erbtheil auch unsrer Zeiten wurde. Erst am Ende des fünf-
zehnten Jahrhunderts suchten gelehrte Männer, welche dnrch das
fleissige Lesen der klassischen Schriftsteller, insbesondere des Cicero,
gebildet waren, dnrch ihre eigene, bessere, dem guten Latein nach-
gebildete Rede dem eingerisseneu üebel zu steuern; aber ihr Bei-
spiel drang nicht durch, theils weil bei Vielen die Kraft dem Vorhaben
nicht gewachsen war, theils weil hierdurch den Gelehrten allzu lästige
Fesseln angelegt wurden, und bei Vielen das Kirchenlatein als heilige
Sprachweise die Oberhand behauptete. Ueberdies waren viele hun-
dert Wörter der schlechtem Zeiten, welche von Mund zu Munde
übergegangen waren, durch den Unterricht und das Lesen so tief im
Gedächtnisse eingewurzelt, dass man unbedenklich brauchte, was man
schon als Kind gehört und gelernt und in den halb barbarisch ge-
schriebenen Schul- und Lehrbüchern vorgefunden hatte. Dazu kam,
dass die Gelehrten der verschiedenen Völker meistens so schrieben,
wie es der Genius ihrer Sprache forderte, unbekümmert um den der
acht lateinischen Sprache; denn diesen sich anzueignen oder ihm
wenigstens nahe zu kommen, schien ihnen nicht der Mühe werth zu
sein. So wie es aber vor hundert, zwei-, dreihundert Jahren die mei-
sten Lateinschreiber machten, so geht es noch immer auch heutzutage
fort, indem nur Wenige sich bestreben, ehrenvolle Ausnahmen zu
machen. Was aber unsere neuern Lateiner irrig und fälschlich brau-
chen, haben sie meistens als Knaben und Jünglinge in den Schulen aus
ihren fehlerhaften Lehrbüchern oder von ihren Lehrern gelernt und
gehört, auf welche es auf gleiche Weise von den verdorbenen Zeiten
der Sprache her übergegangen war. — Man durchblättere den Änti-
barbarus, und man wird finden, dass man Vieles von dem hier als
schlecht Verworfenen aus dem Munde sonst achtbarer gelehrter
Männer gehört oder in ihren Schriften gelesen habe. Der Glaube, die
Auctorität und die Nachahmung haben hier viel geschadet, indem diö
Schüler grosser Gelehrten gern blind an das glaubten, was jene ge-
sprochen und geschrieben hatten, und indem sie überhaupt in jeder
Beziehung meistens ein übermässiges Vertrauen auf deren Gelehrsam-
keit setzten. In solchem Ansehen standen, um nur der neuern Zeiten
zu gedenken, in Deutschland Gesner, Ernesti, Heyne, Schütz, Beck^
Wolf; in Holland Gronov^ Graue, Burmann, Drakenborch, Hemster-
huis, Oudendorp, Valckenaer, Ruhnken, Wyttenbach — und so bei
VI
den übrigen Völkern gleich aclitbare Männer. Niir zu oft findet man
daiier, dass ilire gläubigen Schüler unbedenklich — denn die holie
Achtung verbot zu zweifeln — nachbrauchten, was ihre Lehrer ge-
braucht hatten. Nur Wenige, denen das Wort eben so viel wie die
Sache galt, machten mit der Zeit eine ehrenvolle Ausnahme, indem
oft die Jugendschriften wackerer Gelehrten zwar schon hoffnungs-
reiche Proben künftiger Gelehrsamkeit gaben, aber durch ihr Latein
weniger empfehlenswert!!, durch Wörter aller Zeiten entstellt und
bei Deutschen oft sehr dentschlateinisch waren, während in spätem
Schriften die Rede sich mehr klärte und reinigte und in lesbares, oft
gutes, fast klassisches Latein überging.
Gross aber und unbegränzt ist das Feld des schlechten Lateins,
klein nnd beengt das des bessern. Jenes sucht nun ein Antibarharns
durch Angabe des bessern Lateins in die gebührenden Scliranken zu-
rückzuführen, von den Schlacken zu reinigen und das Schlechte aus-
zumerzen. Wer vermag jenes Feld zu durchmessen, da es gewisser-
massen mit der nachaugusteischen Zeit, wenigstens mit der Zeit der
Antoninen, anfängt, bis auf unsere Zeit reicht und keine Gränze kennt?
Wollte ein tüchtiger Kenner*) der lateinischen Sprache auch nur die
bessern lateinischen Schriften der drei letzten Jahrhunderte, welche
Innern Werth haben, zu diesem Behufe durchmustern, so würde er
eine unendlich grosse Masse unlautern Stoffes finden, wodurch ein
grosser Antibarbarus zu Stande gebracht werden könnte. Sowie früher
Casp. Schoppe (Scioppius) in seiner Infamia Famiani Stradae über
dessen Bellum belgiciim eine scharfe Geissei schwang, und in seinem
Buche de siilo historico das Latein des Justus Lipsius, Jos. Scaliger,
Is. Casaubonus, Muretus, Thuanus, Possevinus und Anderer streng
beurtheilte, so liessen sich ähnliche Infamiae auch über viele neuere
lateinische Schriften unserer Zeit anfertigen, da das Unwesen schlech-
ten Lateins noch immer fortdauert und auch bisweilen zur Schau ge-
stellt wird.**)
*) So versuchte es F. A. Wolf, eins der neuem lateinischen Meisterwerke,
David Ruhnkcn's Eloyium Hemstcrhusii, auch in Bezug auf Latinität zu beur-
tlieiien, und diese Beurtheilung- gefiel selbst dem Meister nicht übel.
**) Eine ähnliche Infamia enthalt die ChresfotnaUna Pctronio-Bnrmanyiiana
VII
Freilich wie leirht und fast verzeihlicli sich Fehler in die Sprache
einschleichen können, wissen Alle die, welche sich schon im Latei-
nischschreiben mehrfach geübt haben. Die Kunst, klassisch und rein
lateinisch zu schreiben, ist dem Fremdlinge schwer und kaum er-
reichbar. Der grammatischen Fehler nicht zu gedenken, welche auch
wohl manchmal der Feder geübter, trefflicher und hochgepriesener
Neulateiner entfallen sind, — wie gar oft werden falsche Wörter ge-
wählt, falsche mit einander verbunden, Redetheile mit einander ver-
wechselt, Wörter ausgelassen oder überflüssig gesetzt, und wie oft
wird in der Wörterstellung gefehlt! Der Kenner weiss, wie wichtig es
ist, zu wissen, mit welchen Subjecten und Objecten die Verben, mit
welchen Adjectiven die Substantiven, und mit welchen Adverbien die
Adjectiven und Verben verbunden werden. Wenige Lexica helfen
hier zur Genüge aus, wenigstens nicht die von Scheller, Forcellini
und andern Neuern; am genügendsten noch behandelt dergleichen
Gesner^s jetzt fast vergessener Thesaurus*). Für Cicero befriedigt
nicht einmal Nizolii Thesaurus, auch nicht in der lefzten Ausgabe
von Facciolati. Solche Verzeichnisse vermisste auch Hr. Rector Köler
in seinem lesenswerthen Aufsatze: Ueber die Einrichtung eines The-
saurusderlatein. Sprache (in Wolfs Analect. H. 4, besonders S. 864),
mit welchem jeder Kenner einer fremdem Sprache übereinstimmen
wird und muss.
Wo soll aber ein Antibarbarus die Gränzen des guten, klassischen
Lateins setzen, wo soll er anfangen, wo endigen? — Darin kann man es
von einem Ungenannten, über die falsche Latinität des altern Burmann in seinem
Petronius, und ebenso der anonyme Aufsatz: Specimen glossarii antiqui cum
liotis editoris (ia Miscellan. critica Friedemanni et Seebodii Vol. II, p. 21— 27),
über Görenzens höclist fehlerhaftes Latein in seinen Schriften, sowie auch das,
was ein Antibarharug, wie er sich nennt, in der Krit. Bibl. von J. 1824, von der
Latinität eines angeschenen Theologen, und cbend. J. 1825. p. 258 bei einer
andern Sciirift und 1826. p. 559 fgg. zum Besten gegeben hat. Vieles der Art
enthalten auch andere kritische Blätter bei Beurtheilung neuerer lateinischer
Schriften. Neue Anm.
*) Den Werth des Gesner'schen Thesaurus hier anerkannt zu finden, ist dem
Jen. Rcc. (Jv erfreulie!» gewesen; dagegen begreife ich nicht, wie Hr. Rector Mo-
ser in seiner Anzeige des Buches in den Heidelb. Jahrbüchern klagen konnte,
dass ich hier über Gesner ein zioeideutiges Urtheil gefällt hätte. Neue Anm.
VIII
durchaus nicht Allen recht machen; denn die strengen Puristen, deren
aber nur sehr wenige sind, erkennen fast nur Cicero und Caesar als
Klassiker an; Andere erweitern das Gehiet der bessern Sprache bis
zu den Antoninen, z. B. Ruhnken und die meisten bessern Neulateiner;
gar Viele aber — das viilgus eriiditorum — lassen Alles als gut gelten,
was geschrieben wurde, so lange die Sprache wenigstens eine lebende
war, und ihre Arbeiten zeigen mitunter eine solche Gleichgültigkeit
^egQii Grammatik und Lexicon, wie sie bei einem Schriftsteller in der
Muttersprache kaum erträglich wäre. Wer so aus Grundsatz schreibt,
für den ist dieser mein Antibarbarus ein ganz unnützes und überflüs-
siges Buch.
Dass eine Mittelstrasse einzuschlagen ist, darüber habe ich in den
Vorbemerkungen des ersten Theiles dieses Buches an mehrern Orten
meine Ansichten mitgetheilt; ich bin nemlich der Meinung, dass alles
Nöthige und Gute, was sich im Nachklassischen findet, für zulässig zu
halten, das ünnöthige aber und das minder gut Scheinende zu ver-
werfen sei.
Anspruch auf Vollständigkeit kann dieser neue Antibarbarus, zumal
in diesem Umfange, nicht machen, da sie wegen der Menge des Schlech-
ten unerreichbar ist. Er ist aber weder geradezu aus Noltenius grossem
Schatze, noch aus Janus philologischem Lexicon, noch aus hundert
andern kleinern Werken über diesen Gegenstand neu zusammenge-
tragen, sondern mehr aus den seit fünfzig Jahren gelegentlich in
meine Adversarien beim Lesen alter und neuer lateinischer Schriften
eingetragenen Bemerkungen, sowohl eigenen als fremden, zusammen-
gestellt und bearbeitet. Jedoch sind allerdings dabei benutzt: Gasp.
Scioppiilnfamia Famiani \x\\A sein Buch de stilo historico (nach der
Ausg. v.J. 1658), JbA. Vorsfs drei Bücher de latinitate merito suspecta,
de latinit. falso suspecta und de latinit. selecta et vulgofere neglecta;
Franc. Vavassoris Antibarbarus seu de vi et usu quorundam verborum
latinorum observationes und J. Mich. Heusingeri antibarbarae latini
sermonis observationes (Emendatt. Iibri2); ferner was Hr. Prof. Grysar
in seiner Theorie des latein. Stils an den passenden Stellen darüber
Neues eingestreut hat, was Ruhnken (und Frotscher) zu Muretus
Werken und Andere zu Ruhnkenii Opuscula angemerkt haben ; insbe-
sondere aber auch noch, ausser Weber's vortrefflicher Uebungsschule
IX
und einigen andern altern und neuern Schriften, Hrn. D. Anton's
Abhandl. in adumbrata quaedam de integntate atqiie elegantia ser-
mo7iis praecepta vom J. 1831, Welche gegen meinen frühem kleinen
Antibarbarus vom J. 1830 gerichtet war. Diesem verehrten Manne
und werthen Freunde stimme ich jetzt in Vielem bei, und weiche nur
dann von ihm ab, wenn er mir durch manche Behauptungen zu will-
fährig dem poetischen und spätem Latein Thor und Riegel zu öflFnen
scheint. Mir scheint es wenigstens in der Streitfrage, was gut und
nachzubrauchen, und was schlecht und zu verwerfen sei, weit rath-
samer, in Schulen, wo der Grund zum guten Latein gelegt werden
muss, junge ungeübte Lateiner recht frühzeitig nur an das Bessere zu
verweisen, als ihnen auch das Späte und Seltene zu verstatten und
wohl gar anzurathen.*)
Uebrigens habe ich mich bei Stellen aus Mtirelus meistens der
Ausgabe von Ruh7iken**) bedient, selten anderer; bei denen aus
Ruhnken, Wyttenbach und Mahne s Crüo der Ausgaben von Friede-
tnann, und bei denen aus Hemsterhuis und Valckenaer's Reden mei-
stens der Leidener, doch bei den letzten auch der Leipziger
Ausgabe.
Es bleibe aber zur Ehre unsrer neuesten deutsch -lateinischen
Wörterbücher nicht unbemerkt, dass sie durch die Angabe fast nur
guter Wörter und Redensarten in mancher Hinsicht einen Antibar-
barus unnöthig machen, wiewohl ich bemerkt habe, dass einestheils
bisweilen der beigesetzte Name Cicero oder Caesar blendet, während
das Wort bei ihnen nicht vorkommt, anderntheils aber auch oft spätere
Namen beigesetzt sind, für welche der Name Cicero's oder Caesar's
hätte stehen können; dass überhaupt die Schriften dieser beiden
*) Ueberhaupt gewöhne der Lehrer die Schüler, nur dem gewöhnlichen
Sprachgebrauche, als der besten Norm und Richtschnur, zu folgen, das Seltene
aber und das Ungewöhnliche, als das von den bessern Schriftstellern weniger
Gebilligte, zu vermeiden. Irrig meint Mancher, das Seltene verschönere die Rede
und gebe ihr klassisches Ansehen. Neue Anm.
**) Dagegen bin ich in dieser neuen Ausgabe mehr der Seitenzahl der
Frotscher'schen (so viel davon erschienen ist) gefolgt, was ich nicht hätte thun
sollen, da jene mehr im Gebrauche ist, als diese, und da ohnehin die Seitenzahl
der Leidener Ausgabe auf dem Rande der neuen angemerkt ist. Neue Anm.
Römer für klassisches Latein in den Wörterbiicliern noch nicht ^anz
erwchöpft sind.
Jch werde mit der Zeit, so Gott will, und bei mehr Müsse, die
von mehreren Gelehrten, namentlich von Klotz, Wunder, Dietrichy
Slürenburg und Andern, über gute Latinität gemachten Bemerkun-
gen noch mehr benutzen, als dies bereits geschehen ist. Jedoch hielt
ich es für unnütz, oft auf ältere Bücher über diesen Gegenstand zu
verweisen, weil dadurch ohne Gewinn für die Sache das Buch ver-
grössert worden wäre.
Möchte nun aber der in dieser Ausgabe in grösserm Umfange jetzt
gegebene Antibarbarus eben so gütig und wohlwollend von meinen
gelehrten Amtsgenossen im In- und Auslande aufgenommen werden,
wie der kleine, welcher nur eine Probe sein sollte. An diesen
Wunsch reihe ich die Bitte an Freunde und wohlwollende Unbekannte,
mich theils mit Berichtigungen, theils mit Vermehrung des Gegebenen
zu erfreuen, damit das Buch in der Folge dadurch reicher und ver-
bessert ausgestattet erscheinen möge. Jch selbst sehe schon nach
vollbrachter Arbeit, dass noch Vieles nachzutragen und zu verbessern
ist. Reiche Nachlese wird immer bleiben.
Weilbnrg, im September 1836.
Vorrede
z Ji r neuen dritter. Ausgabe.
Die unerwartet freundliche Aufnahme, welche dieses anspruchs-
lose Buch ohne Tielversprechenden Titel in der Torigen, sehr erwei-
terten Ausgabe in den öffentlichen Anzeigen erhalten hatte, war mir
nicht gleichgültig; vielmehr munterte sie mich auf, dasselbe nach
Kräften neu zu bearbeiten, zumal da die von Allen geübte Kritik fast
nur die humane, bescheiden und mild belehrende, nicht die anmas-
sende und kühn absprechende war, und daher nicht abschreckte, son-
dern anspornte. Dazu gaben mir auch reichen und hinlänglichen Stoff
theils die seit der Erscheinung des Buches meinem Exemplare beige-
schriebenen eigenen Verbesserungen und Zusätze, theils die vielen
trefflichen Bemerkungen, welche jene Anzeigen enthielten, theils die
mir höchst unerwartet von zwei, mir persönlich ganz unbekannten Ge-
lehrten, dem Hrn. Rector Franz Edu. Raschig zu Zwickau und Hrn.
M. Carl Wilh. Dietrich zu Freiberg, zugeschickten schriftlichen Zu-
sätze, für welche ich ihnen, sowie allen den gütigen Beurtheilern
meines Buches, hier öffentlich innigen Dank sage.
Jch hätte nun freilich allen den gegebenen freundlichen Winken,
dieses und jenes zu ändern, folgen sollen; aber einestheils stimmten
die Beurtheiler selbst in den Hauptansichten über Einrichtung, Stoff
und Behandlung eines Antibarbarus nicht überein, anderntheils aber
gebrach es meinem Alter an Kraft und Lust, welche zu einer gänz-
lichen Umarbeitung, die von Einigen gewünscht wurde, unumgänglich
nothwendig sind. Jch hielt es daher für besser, den alten Plan des
Buches beizubehalten, und es einem Jüngern, kräftigern, auch wohl
XII
gelehrtern Manne zu überlassen, ein besseres und vollkommneres
Buch zu liefern. Wenig^stens fand ich es nicht rathsam, die mehr oder
wenig^er verdächtigen Wörter nach ihrem Alter, ihrer Abkunft (z. B.
fremde, wie griechische u. a.), ihrem poetischen Gebrauche, ihrer
Endung und dergleichen, getrennt in eigene Abtheilungen zu ordnen
und dadurch zu zersplittern, da mir der praktische Nutzen der ge-
meinschaftlichen lexicalischen Aufführung derselben, welchen ich am
meisten für den schnellen Gebrauch bezweckte, weit überwiegend zu
sein schien. — Auch wurde sogar Manches vermisst, was nach meiner
Meinung in das Buch gar nicht gehört, wiewohl ein deutsches Re-
gister, welches der Jenaer Recensent, Hr. qv, gewünscht hat, eine
gewiss sehr nützliche Zugabe des Buches sein möchte. Dagegen be-
mühte ich mich mit desto mehr Fleiss und Umsicht, den reichen vor
mir liegenden alten und neuen Vorrath durchzusehen, zu berichtigen,
Widersprüche zu heben, übereilte Urtheile zu streichen, und beson-
ders das viele, durch Mittheilung von Seiten Anderer neu Gewonnene
2u benutzen und einzuschalten.
Durch diesen neuen reichen Stoff (welchen einzuschränken und
abzukürzen ich nicht immer für praktisch gut hielt) ist aber diese
neue Ausgabe fast um ein Dritttheil stärker geworden; ich wünsche
nur, dass sie dadurch auch an Werth und Brauchbarkeit eben so viel
gewonnen haben möge. Wenn dies der Fall sein sollte, so wird mich
der darauf verwandte Fleiss von mehrern Jahren nicht gereuen. Den
Meisten aber wird, wie ich hoffe, genügen, was und wie viel ich jetzt
gegeben habe, und es wird ihnen wohl gleichgültig sein, ob es neu und
noch unbekannt, oder alt und bekannt, oder ob es von mir oder An-
dern, nicht namentlich Genannten sei. Namens-Auctorität thut Nichts
zur Sache, und die Wenigsten, welche das Buch brauchen, bekümmern
sich darum.
Auch in dieser neuen Ausgabe hielt ich es für der Humanität ge-
mäss, keinen noch lebenden deutschen Gelehrten namentlich anzu-
führen, wenn es mir etwa schien, als habe er incorrect oder falsch
geschrieben. Gegen einen vielleicht allgemein und auch von uns geach-
teten Mann gerichteter Tadel kränkt, auch wenn er gegründet ist,
Jeden, der diesen Mann schätzt; um so mehr, wenn man Einzelnes
xni
aus seinen Büchern mit Bitterkeit rügt, und dieselben dennoch viel
benutzt und ausschreibt.
Meinem Alter aber halte man Mängel und Gebrechen zu Gute,
deren das Buch noch manche haben mag, da alles Menschliche unvoll-
kommen ist und bleibt. Mit jedem Tage wurde die Mahnung, das
Buch zu beendigen, dringender. Jch fand das gewünschte Ende mit
Gottes Hülfe, und hoffe, man werde der Worte gedenken: ut desint
vires, tarnen est laudaiida voluntas. Das Feld ist gross; jeder Beitrag,
jede Berichtigung und Belehrung wird mir stets willkommen sein.
Weilburg, im Januar 1843.
Verzeic hniss
der Beurtheilungen und Bücher, welche in dieser neuen Ausgabe
benutzt worden sind.
1. Stuttgarter Correspondenzblatt für Lehrer J. 1837. HeftI, von Hrn. Prae-
ceptor Keim und einem Ungenannten.
2. Zeitschrift der Alterthumswissenschaft J. 1837. Nr. 44 — 46, von Hrn. Dr.
C W. Dietrich in Freiberg.
3. Franc. Ed. Raschig de antibarbaro ab J. Ph. Krebsio edito Judicium.
Progr. Zwiccav. 1837. 8. Ich verdanke es der Güte des Hrn. Verf
4. Hallische Allgem. Lit. Zeit. J. 1837. Nr. 179 u. 180, von Hrn. Professor
C. G. Jacob in Schulpforta.
5. Heidelberger Jahrb. J. 1837. Heft 10. Nr. 62, von Hrn. Rector Moser
in Ulm.
6. Jahrbücher für Philol. J. 1838. B. 23. S. 202 — 217, von Hrn. Prof Reink.
Klotz in Leipzig.
7. Jenaische Lit. Zeit. J. 1839. Nr. 54 u. 65, von einem Ungenannten, ge-
zeichnet 1310 (vielleicht von Hrn. Georges).
8. Ebendaselbst noch einmal in den Erg. Bl. 57 — 59, auch von einem
Ungenannten, gez. pv (vielleicht von Hrn. Direct. Rotenheyn).
9. Gersdorfs Repertor. B. XI, 1. p. 42 — 44, von Hrn. Rector Nobbe.
Andere lieurtheilungcn sind mir nicht bekannt geworden; eben so wenig die
Heber Setzung des Buclies ins Englische, welche mit Verbesserungen in London
im J. 1840 erschienen sein soll. Ausserdem waren mir besonders werthvoH die
oben erwähnten brieflichen und schriftlichen Bemerkungen des Hrn. Dr. Dietrich
und des Hrn. Rectors Raschiy. Leid that es mir, dass ich das zu Ostern 1842
erschienene schätzbare Progr. des ehrenwerthen Hrn. Dr. Dietrich : Quaestiones
grammaticae, über den Gebrauch der Adjectiven mit substantivischem Begriffe,
bei §. 83, S. 41 nicht benutzen konnte, da ich es erst vor Kurzem kennen gelernt
habe. Viel Gutes und Brauchbares fand ich ferner in den im J. 1839 herausge-
kommenen Vorlesungen über latein. Sprachwissenschaft von K. Reisig, herausgeg.
mit Anm. von Fr. Hase. Auch konnte ich noch, wiewohl das neue Ms. schon
zum Abdrucke bereit lag, das Progr. des Hrn. Direct. Poppo: de latinitate falsa
aut merito suspecta (Francf. Viadr. 1841) benutzen, aus welchem ich manche,
mir noch neue und unbekannte Auctorität des Livius für einzelne Wörter und
Wortverbindungen gewann. Jedoch war das Meiste von dem, was der gelehrte
Hr. Verf. vermisst oder unrichtig gefunden hatte, im Ms. bereits ergänzt und
berichtigt. Endlich hoffte ich auch noch aus Hrn. Heinichens empfehlenswerthem
Buche: TJieorie des latein. Stils (Leipz. 1842) gute neue Ausbeute zu gewinnen,
fand aber fast Nichts, als einen für das Buch nur zu grossen Auszug aus meinem
eigenen Antibarbarus ; — dem Hrn. Verf. beliebte es aber nicht, die Quelle zu
nennen, aus welcher er geschöpft hat.
Druckfehler.
Seite 16 Z. 9 v. a. streiche cordolium das H,
„ 17 §. 16 lies P. L. für L.
„ 28 Z. 10 lies fulcitns für subcitus.
„ 38 §. 78 Z. 7 nach ex ist ein Punkt als Zeichen der Abkürzung von p.rf.»-
citus zu setzen.
„ 43 §. 86 Z. 3 nach vir ist ein Comma zu setzen.
„ 64 Z. 5 lies allen für alten.
„ ■ — Z. 12 V. u. lies Borhecklus.
„ 72 Z/ 7 lies e* für as.
„ 99 Z. 15 nach Jacob ist ein Comma zu setzen.
„ 106 unter Abnegare lies recusare für rebitsare.
„ 108 unter Absecare lies praecidere für draecidere.
„ 125 Z. 19 V. u. lies Schmieder für Schneider.
„ 129 unter Admovere setze nach scriberem hinzu : nicht >«p admouil.
„ 134 Z. 1 streiche ?fa.
„ 138 Z. 14 lies aber nur bei Seneca, Phaedrus u. A. für sich aber — Jindi l.
„ 149 unter Allatrare lies caninum für canium.
„ 152 unter Alveare Z. 2 lies alvear für alveare,
„ 160 unter Animalcuhim fehlt am Ende: für bestiola.
„ 161 Z. 10 V. u. lies nonne für wonc.
„ 175 Z. 13 V. u. lies N. Kl. für iV. i.
„ 182 Z. 6 V. u. lies Auetor is für Auctoris.
„ 195 Z. 9 lies viginti für vinginti.
„ 216 Z. 3 u. 4 V. u. streiche den Punkt nach August,
„ 221 unter Cogitabilis lies A'. Ä7. für N. L.
„ 224 Z. 6 V. u. lies propins für proprius.
„ 243 Z. 5 V. u. streiche a. vor 1.
„ 252 unter Contrarietas lies Rhetorik für Rhethorik.
„ 258 Z. 3 V. u. lies monuisti für monusti.
„ 270 unter Debere Z. 8 streiche sogar.
„ 271 unter Decem Z. 6 lies duodeviginti für duodevinginti.
„ 307 Z. 5 V. u. lies Ernesti,
„ 309 Z. 8 V. u. lies 14 für 74.
„ 342 Z. 14 lies omnibus für omibus.
„ 344 Z. 5 V. u. lies immortalitatem für mortui.
„ 350 Z. 15 lies Jene factum für Jcwe facerc.
„ 356 Z. 4. Die Worte Es hat aber — gehören zum folgenden Fern».
„ 360 unter Firmus lies Celsus für Celus.
„ .399 unter Imberbis Z. 5 lies d/csc für die letztere.
,. 404 unter Impius lies Twa^w für magivs.
Seite 4\() unter Incurrere Z. 8 lies miseriarxim für miseriarium.
441 unter Intnitus Z. 4 Jies iutuitu für intuito,
— Z. 5 V. u, lies invaletudo für valitudo.
445 Z. 13 V. u. setze nach mcmuris: wie die Handschriften lesen.
448 Z. 3 V. u. lies aufgezählt für mifgezäht.
464 unter Liber Z. 6 lies guter, edler für ^ritfe, erf/«.
469 Z. 3 V. u. nach nur lies /oct.
473 Z. 1 lies Lucuhr atio für Lucrubatio.
482 Z. 6 streiche Att. IV, 83.
489 unter Memoria lies alicujus.
496 Z. 9 lies milliarium für millarium.
501 Z. 9 V. u. nach wan lies Ä"/. M/c//t.
513 unter Narrare Z. 7 lies Agamemnon für Agamemnonem.
521 unter Neciere lies norfo für nodom.
530 Z. 15 V. u. lies «fo rfa* Fer^wm awcA für wo auch das Verbum.
532 Z. 4 V. u. lies I, l für l. l.
572 unter Parum Z. 3 lies oder für oper.
605 Z. 4 lies gw/d für qui.
610 Z. 9 fehlt p. vor 278.
616 Z. 10 V. u. lies Praecursor für Praecusor und Z. 5 v. u. praecur-
sorius für praecusorius.
633 Z. 1 lies Äe?;or für bevor.
658 unter Quadriga lies Plinius für Plininius.
668 unter Quire Z, 7 lies Casaubonus für Causabonus.
685 Z. 8 V. u. lies christiana für christiania.
693 unter Retinere lies remos für rimos.
701 Z. 2 nach werden setze hinzu: in der Bedeut. Krieg, für bellum.
708 Z. 5 lies scenographia für sccnopraphia.
711 unter Scirpus lies scirpo für scripo, *
717 unter Semicirculus lies am Ende semicircularis, halbkr., für semicircu-
latus oder .
744 unter Studiosus Z. 5 lies studiosorum für studiorum,
758 Z. 13 lies perturhato für perttibato.
779 unter Twen Z. 1 lies Participialform für Participalform.
780 Z. 18 V. u. lies Tumultuarius für Tumultuaris.
783 Z. 22 V. u. lies erhalte für Äa/<e.
784 Z. 7 V. u. lies umbracula für umcracula.
790 Z. 8 streiche «jäj vor vindicare.
799 unter FeZ Z. 6 streiche m vor Aoc.
804 Z. 7 V. u. lies i^o« für «on.
Nocli merke man, dass überall S'f// zu schreiben sei, nicht »S*/;//, — Bent-
leius nicht BentleyuSy — Siürenburg nicht Stüremburg, — Düker nicht Ducker,
Des
Antibarbarus
Brüter Tlieil,
enthaltend
Einleitung und grammatische Bemerkungen
Abkürzungszeichen, welche in diesem Uuche gebrauclit worden
sind, sind:
A. L.y KL, N. KL, Sp. L., B. L., N. /.., P. L., Gr. L., Gem. L.
über deren Bedeutung siehe Theil IL §. 201.
Einleitung'.
^Ver in einer Spraclie, sei es in seiner Muttersprache oder in einer 1.
fremden, Etwas schreiben will, mnss nach den besten daseienden
Mustern schreiben, wenn er anders gelesen und nicht getadelt wer-
den will. Denn nicht Alles, was geschrieben worden ist, ist Muster
für unsere Nachbildung, so gross auch der Werth dessen sein mag,
was darin behandelt worden ist^ Soll daher die Rede selbst muster-
haft sein, und hat man die Absicht, auch von dieser Seite zu gefal-
len, so müssen alle die Eigenschaften darin hervortreten, welche sie
nach den Vorschriften der Kunst oder der Stylistik zu einer muster-
haften machen. Es sind aber darin Alle einig, dass sie, ausser gram-
matischer Richtigkeit, auch in den einzelnen Wortformen, Wörtern
und Redensarten den besten Mustern folgen müsset. Man nennt diese
Eigenschaft die Reinheit der Rede, welche fordert, dass man nur
solche Formen, Wörter und Redensarten brauche, welche von den
Mustern und Meistern der Rede gebraucht worden sind, und dass
man dagegen Alles vermeide, was diese, als alt, rauh oder allzu gemein
und nicht städtisch und gebildet genug, sorgsam und weise vermie-
den haben. Daher wird in den Rüchern über Stylistik ** vor Allem
auch die Reinheit der Rede empfohlen, ohne welche keine Schrift
musterhaft genannt werden könne. Wie kann aber diese Reinheit
bestehen, wenn man in einer Sprache, lebender oder todter, welche
vielfachen Wechsel erlitten hat, sich nicht die klassischen, d. h. 7nu-
1. Iclj nenne hier nur aus den bessern Zeiten der latein. Sprache den Sal-
lust, Terentius Varro, Yitruv, L. Ann. Sencca, Plinius den Aeltern und den
höchst achtungswerthen Tacitus, deren Schriften zwar werthvoll durch ihren
Inhalt sind, aber minder brauchbar zur Bildung' des Styls und oft gegen die
Reinheit der bessern Rede Verstössen.
2. So sagt der Portugiese Perpinian, einer der besten Neulateiner, (Oratt.
p. 352 ed. Ingoist.) : Et quoniam 'incorrupta latini pnrique sermonis, Omnibus
vitiis detractis, integritas quasi solum est et fundameiitum oratoris, illa prima
debet esse cura, ut latine qvam elcf/antissimc et apertissime loquamini; nach
der Vorschrift Cicero's, der im Brut. 74, 258 den Atticus sagen lässt: So-
lum quidem et quasi fundamentum oratoris vides locutionem emendatam et
latinam. Ebenso Manutius mehrmals in seinen Briefen, Muretus in der Vorrede
zu Terenz und in andern Stellen, und so Alle, welche gut lateinisch geschrie-
ben haben. Semper, sagt Muret, latini sermonis puritatem (für intei/ritaiem^
magnum quoddam et praeclarum bonum esse duxi.
3. Ich nenne hier nur von den Neuern Ferd. Hand's Lehrbuch des lateini-
schen Styls. Jena 183.3. Ausg. 2. Ebend. 1839, wo im zweiten B. das zweite
Capitel von der Reinheit der Sprache bandelt.
1*
8terhaften Schriftsteller zur Nacliahmung auswählt, sondern aus ver-
kehrtem Eigeushiiie und oft dünkelfiaftem Stolze geg^en Andere
entweder in die frühere üngebildetheit der Sprache zurückgeht,
oder sich an die spätem, durch das böse Schicksal der Sprache ver-
bildeten Schriftsteller anschliesst, oder sich ganz willkührlich aus
allen Jahrhunderten eine eigene gemengte Sprache bildet, und sich
Ruhmund Namen so zu erwerben gedenkt!
Es hat aber fast jede Sprache, welche mehrere Jahrhunderte
eine lebende war, mancherlei Wechsel erlitten, wodurch die frü-
here gegen die spätere oft ganz unkenntlich ist *, indem sie bald
im Steigen, bald im Sinken war, und das bürgerliche Leben des
Volkes, seine Regierungsverfassung, Begünstigung oder Anfeindung
der Künste und Wissenschaften, ihrer Freunde und Liebhaber, Nach-
barschaft und Verbindung der Völker und Staaten mit einander, die
Ruhe oder Unruhe von aussen und innen, endlich Kriege und Ein-
wanderungen, und was sonst noch, einen bedeutenden Einfluss auf sie
hatten ^. Jede Sprache war anfangs, wie das Volk selbst, roh, un-
gebildet, geist- und wortarm, einfach, und durchaus nur den be-
schränkten Bedürfnissen des Lebens angemessen. W^ie sich aber ein
umherziehendes Volk in Städte vereinigt, bürgerliche Verfassung
annimmt, Ackerbau und Gewerbe zu treiben anfängt und mit der
Zeit geistige und leibliche Bedürfnisse sich vermehren, wie mehrere
Städte mit einander in W^echselverbinduug treten und im Fortgang
der Zeit mit gebildeten Nachbarvölkern in freundliche oder feind-
liche Berührung kommen, nimmt auch die Kultur der Sprache an
Feinheit und Reichthum zu, und steigt und blüht so lange, als Künste
und Wissenschaften unter dem Volke blühen, und von den Macht-
habern, den Grossen und den Staatsgewalten geehrt, begünstigt und
befördert werden. Wenn nun aber w;ieder die wissenschaftliche
Kultur durch mancherlei Umstände beschränkt wird und von Zeit
zu Zeit mehr ab- als zunimmt, wenn das Volk erschlafft, Sitten-
verderbniss durch Luxus und Wollust einreisst, Kunst und Wissen-
schaft gering geachtet, wohl gar verdächtigt und angefeindet wird,
fremde und rohe Völker einbrechen und die Bewohner des Landes
zwingen, ihre Sprache zu reden, und am Ende selbst die Oberherr-
schaft erhalten, dann stirbt allmählig zugleich die Sprache aus, und
des Siegers Sprache wird am Ende die der Besiegten.
4. Deutlicli sehen wir dieses au unserer noch lebenden Muttersprache. Man
vergleiche die Sprachprobcu der ersten, noch crhaltcueu Reste und die Schriften
der folg'enden Jahrhunderte mit der jetzt so vielseitig- ausg-ebildeten und j^leich-
sam klassischen Sprache, und man wird sit^ von Jahrhundert zu Jahrhundert
in Formen milder, sanfter und fester, und im Umfange des Wörterschatzes
reicher und ausg^edehntcr finden; die alte wird uns dagegen kaum erst nach
vielem Studium verständlich sein. Wieviel oft auch nur ein Jahrliundert zur
Bildung der Sprache thue, kann bei unserer deutschen das letzte zur Genüge
zeig-cn, wo dem Sprachbeobachter ein Paar Seiten eines Buches aus dem An-
fange des vorigen Jahrhunderts die vielfältigen Veränderungen, welche die
Sprache in Formen, in Umfang und Vortrag seitdem erlitten hat, sichtbar und
in die Augen fallend maclien werden.
5. Wichtige und treftlidie Bemerkungen über Sprache und ihre Ausbildung
finden sich ia Wieland's Schriften B. 6. S. 345. fgg., sowie auch vorher in dem
Aufsätze: Was ist Hochdeutsche
So ging es der römischen oder Inteinischen Sprache : sie erhob 3.
sich aus ihrer rohen Kindlieit ailmähh'g', hüiiite niid stieg innerlialb
500 Jahren bis zu einem hohen (j!ij)rei der Vollkommenheit, sank
aber in den nädisten 500 Jahren so tief herunter, dass sie seit dem
sechsten Jahrliunderte nach Christo von andern überall unterdrückt
und verdrängt ausstarb und eine todie Spraclie ward, sich aber
jedoch unter den Gelehrten im Gebrauche erhielt. Wie mannich-
facli sie sich in der Zeit ihres fast tausendjährigen Lebens verändert
habe, zeigen dem Kenner zur Genüge die Ueberreste von Denkmälern
und Schriften aus den verschiedenen Jahrhunderten vom Anfange
derselben bis zu ihrem Ende. Ihre Beschaffenheit änderte sich mit
dem allmähligen Steigen, Blühen und Mächtigwerden der Römer,
und endlich sank sie und ging zu Ende mit dem Verfall und Unter-
gang des römischen Reiches. Achtet man auf ihren verschiedenen
Wechsel, so nimmt man etwa im Ganzen vier Sprachperioden wahr,
eine vorklassische, klassische., nachklassische und verdorbene oder spät-
lateinische, welche letztere sich bei mehrern späten Schriftstellern
schon als eine halbbarbarische zeigt.
Die vorklasfiische begreift alle Denkmälei', Schriften und Reste 4.
derselben, welche von den ersten Zeiten Roms an bis auf die Bildner
und Verfeinerer der Sprache, Cicero, Caesar und Andere (60 J. vor
Chr.) übrig sind und erwähnt werden. Was man freilich aus den
fünf ersten Jalirhunderton Roms noch übrig hat, das wich so sehr
von der gebildeten Sprache der folgenden Jahrhunderte ab, dass
selbst die gelehrten Sprachkenner ^ unter den Römern gestanden
haben, es nicht mehr zu verstehen, und dass man es noch weniger
wegen des gehaltlosen Inhalts und der rauhen und ungeliobelten
Sprache aufsuchen und zur Erheiterung oder Belehrung lesen mochte.
Jedoch seitdem die Römer (seit 230 vor Chr.) die Schriften der
Griechen keimen lernten, übersetzten und nachahmten, begann die bes-
sere vorklassischeFer\()i]v, wo erst durch Dichterund Gcschichtschrei-
ber der Grund für höhere geistige Bildimg gelegt wurde, und wo
man auch schon allen Fleiss auf die Ausbildung der Sprache zu ver-
wenden suchte und glückliche Schritte that, sie zu verfeinern, zu
bilden und dt\i Wörterschatz zu vermehren. Gleichwohl sind uns
aus dieser Zeit nur von den zwei Komikern Plautus und Teretitius
ganze Stücke erhalten, von allen übrigen Dichtern und Geschicht-
schreibern kein ganzes W^erk, sondern nur abgerissene Bruchstücke,
oft sogar nur einzelne, um ihres Alters und ihrer Seltenheit willen
später erwähnte und erklärte Wörtei*. Indess sind dennoch jewe swe«
Komiker wichtig zur Kenntniss des kurzen Gesprächsstyls, und für
die Sprache des Umgangs höchst brauchbar und beachtungswerth ^,
6. Unter Andern sagt Quintilian, bekannt als s^frosser Spraehkenner (Inst. I,
6, 40) : Saliorum carmina vix sacerdotibus suis satis intellecta. Und so wird sich
Mancher, welcher nur ausji^ebildetes Latein ji^elesen hat, über die Reste aus
den Zwölftafelg-esctzen, über die Inschrift auf der Duilischeu Säule und über
andere auf andern Denkmälern höchlich verwundern.
7. Von 7>re?i^- wenig-stens sagt Cicero (Att VII, 3, 10): cujus fabellae (Schau-
spiele) propter eleyantiam sermonis putabantur a C. Laclio scribi ; dagegen nennt
er den Caecil. Statius, einen andern Komiker Jener Zeit, malum mtctorem Ititini-
tatis d. h. einen schlechten Gewährsmann für Latinität. — Von Allen aber dieser
jedoch so, dass alle archaistische Formen, von denen ihre Sprache
noch voll war, und alle gemeine, aus der Volkssprache hergenom-
mene Wörter zu vermeiden sind, und dass das, was in klassische For-
men und Wörter umgeändert werden kann, in diese umgeändert werden
niuss. So werden sie gewiss hei vorsichtigem Gehrauche auch jetzt
noch an gehörigem Orte treffliche Dienste leisten.
Die zweite Sprachperiode ist die klassische, welche von Vielen
aucli die goldene genannt wird. Sie reicht von Cicero's Zeit an (von
60 vor Chr.) bis zu des Kaisers Augustus Tode (14 nach Chr.). Hier
erhob sich die Spraclie durcli ausgezeichnete Redner und Gelehrte,
unter denen M. Tullius Cicero und C. Julius Caesar vor allen ge-
nannt werden müssen, zu einem so hohen Gipfel der Vollkommen-
lieit durch Verfeinerung der Formen, Erweiterung des Wörterreich-
thums mit Vermeidung aller gemeinen, zu alten und für den Gebrauch
unnützen Wörter, und besonders durch Schönheit der Darstellung,
dass die Schriftwerke jener beiden Männer, auch nach dem Urtheile
der Spätem, wie des Quintilian ^ und des Jüngern Plinius, für alle
Mitlebende und Nachfolgende Muster sein konnten. Aber sie wur-
den es selbst nicht für alle Mitlebende, indem viele eigensinnig und
geflissentlich bei ihren Grundsätzen und ihrem Style beharrten, viele
auch wohl nicht vermochten sie zu erreichen und nachzuahmen, viele
andere sich mehr um Anderes, als um die Sprache und Rede be-
kümmerten. Daher sind auch nicht Alle, welche in dieser Periode
schrieben, so musterhaft, dass sie als solche empfohlen werden kön-
nen. Jenen Beiden aber können noch als Muster beigesellt werden
Q. Cicero 8, des Redners Bruder, und am Ende der Periode der
Paduaner Livius '", welchen Andere zur nächsten Periode rechnen.
In den Schriften dieser vier Männer findet man nun die höchste
Blüthe der Sprache und der Rede, welche nachher von Keinem wieder
erreicht worden ist. Diese müssen daher auch für uns, wenn wir Etwas
leisten wollen, die fast einzigen Muster in allen den Stylarten sein,
worin sie Etwas schriftlich hinterlassen haben. Von geringerm Wertlie,
und daher vorsichtig zu gebrauchen und nachzuahmen, sind Sallust^^^
Zeit bemerkt Quintil. X, 1,97: ceterum nitor et siunma in cxcolendis operibus
manus magis videii potcst tcmporibus, quam ipsis defuisse; er nennt sie in-
yeninsos quidem, sed arte carentes, ztvar geistvolle Köpfe, aber ohne Kunst und
Sc/idnheit.
8. Vgl. dessen glänzendes Urtlieil über Cicero Inst. X, 11, 105 — 112 und
über Caesar ebend. 114. Cicero's Urtlieil aber über Caesar und sich im Brut. 72.
9. Von ihm ein kleines belehrendes Buch de pctitione consulatus und einige
Briefe an seinen Bruder. Er war mehr Dichter, als Prosaist.
10. Ihm warf freilich der geistreiche, aber gegen Viele, selbst gegen Cicero,
partheiische Kritiker Asinius Pollio Patavinitatem vor, welche aber vielleicht in
nichts Anderm besteht, als in einzelnen Provincialismen und Eigenheiten, die
aber gewiss schon damals so in die Stadtsprache eingebürgert waren, dass nur
feine gelehrte Kenner an ihnen Anstoss nahmen, dagegen die meisten, auch
gebildetsten Männer sie kaum almcten. Uns aber steht es frei, für das, was wir
bei Livius etwa abweichend von Cicero's und Cacsar's Sprache finden, das von
diesen Meistern Gewählte zu gebrauchen.
11. Er ist zwar als Geschichtschreiber vorzüglich, aber abhold der damals,
zumal von seinem Feinde, Cicero, veredelten und vielfach neugebildeten Sprache,
folgte er mehr der Sprache seiner alten Vorgänger in der Gescinchte, beson-
A. Hiriius'^^, Cornelius Nepos '', M. Terentius Varro '* und die mei-
sten Epistolograplien '* in beiden Sammlungen der Briefe Cicero's.
Von Wertli und Aiictorität sind aber nocli, mit vorsichtiger Aus-
scheidung aller poetischen Formen, Wörter und Redensarten, die
Dichter Virgil, Horaz und Tibull, indem besonders Horazens Sermo-
nen und Episteln manches brauchbare, aus der Stadtsprache genom-
mene Wort für unsre Prosa darbieten.
Die dritte Periode nenne ich blos um der Zeit willen die nach- 6.
klassische., von Andern die silberne genannt, zu welcher alle Schrift-
steller zu zählen sind, welche vom Anfang der Herrschaft Tiber's
bis auf die Zeit der Antoninen gelebt und geschrieben Iiaben, vom
J. 14 nach Chr. bis etwa 120. Flier übte gleich anfangs die an 56 Jahre
dauernde tyrannische Herrschaft der dem Augustus zunächst folgen-
den Kaiser einen höchst unseligen Einfluss auf Kunst und Wissen-
schaft, indem vor Allem die öfFentliclie Beredtsamkeit, welche die
Quelle der hohen Ausbildung der Sprache und Rede gewesen war,
sich ganz veränderte und fast verstummte, und der gerade, offene
und freimüthige Sinn, welcher sich bisher in öffentlichen Reden vor
dem Senate oder vor dem Volke oft kund gethan liatte, verschwand,
Niemand aber in Schriften es wagte, offen und freimüthig zu sein.
Dieses bemerkt auch der jüngere Plinius (Ep. HI, 5, 5), wo er von
den grammatischen Schriften seines Oheims sagt:scripsit sub Nerone
ders des Cato, und gefiel sich nicht allein in alten Formen, sondern auch in
alten Wörtern und Wörterverbindungen, welche meistens aus dem Griechischen
genommen waren; ja er bildete selbst unnöthig neue Wörter. Daher heisst er
bei Gellius N. A. I, 15, 18. IV, 15 novator verborum, und der Grammatiker
Lenaeus nannte ihn priscorum Catonisque verhoriim ineruditismniim furem. Vgl.
Sueton. Gramm. 15 und Quintil. VIII, 3, 29 und IX, 3, 17, wo er sagt, ex
graeco translata Sallustii plurima. So urtheilte auch der Kaiser Augustus, der
über Feinheit der Rede ein gesundes Urtheil liatte, nach Suet. Aug. 86. Vgl.
auch was die Neuem über Sallust's Latinität in den Ausgaben zusammenge-
tragen haben.
12. Von ihm sollen, ausser dem achten Buche de hello Gallico, noch die in
den Ausgaben Caesar's befindlichen Bücher de hello Alexandrino und de hello
Afncano sein; aber gewiss nicht das de hello Africano, was von einem viel
Spätem ist.
13. Mau ist aber durch die neu angeregten Untersucliungen über die Aecht-
heit oder Unächtheit der Vitae im Zweifel, ob sie so, wie wir sie jetzt lesen,
aus Nepos Hand gekommen sind, da sich in ihnen manche unleugbare gram-
matische und stylistische Anstösse finden, welche ihn aus der Klasse der mus-
terhaften Schriftsteller ausweisen. Er hat daher keine sichere klassische Auc-
torität, indem jetzt, wie früher, Aemilius Prohvs aus einer späten Zeit für den
Verfasser dieses Buches gehalten wird , der einen magern Auszug aus Nepos
Biographieen gemacht habe.
14. Dieser Römer, ein Mann von gründlicher und vielseitiger Gelehrsamkeit,
von welchem wir aus der grossen Zahl seiner Schriften nur sechs Bücher de
linyua latiiia und drei Bücher de re rustica ausser vielen Bruchstücken aus den
verlornen übrig haben, verwandte Fleiss und Mühe nur auf die Sachen, nicht
auf die Sprache und den Vortrag, indem er als Kenner der alten Litteratur nur
zu oft alte Wörter den neuen vorzog und die Sachen ganz einfacli und ohne
Kunst behandelte und vortrug. Er hat daher nur Werth und Auctorität in Wör-
tern, wo seine beiden Freunde Cicero and Caesar uns verlassen.
15. Unter ihnen sind aclitungswürdige und gelehrte Männer: Serv. Sulpichis,
Luccejus, Matius, Pollio, Calius, M. u. Deeim. Bnitus, Cassius, Pompejui u. a.
8
novissimis annis, cum omnc süulioriim geniis patillo liberius et ero-
ctit/s pen'c?ilos?/?n serintvs fecisset. Dalier zog^en sich die geistvollen
Köpfe in den Sdiatten ihrer stillen IJehausnngen zurück, und mit der
Zeil unzufrieden neigten sich Viele zur ernsten, alle Kunst und Scliön-
heit der Rede verachtenden stoischen Philosophie^^ ; Andere grü-
belten nur über die Sprache, und ans Neuerungssucht das Bisherige
verachtend, bildeten Andere neue Wörter, suchten die alten der vor-
klassischen Zeit, welche unter dem Volke noch gäng und gäbe waren,
meist ohne feine Auswahl hervor, oder suchten durch poetische Wör-
ter und Redensarten, durch Bilder und schöne Phrasen und aus dem
Griechischen entlehnte Redeverbindungen zu glänzen, oder brauchten
auch wohl klassische Wörter in neuem Sinne *', da ihnen das Alte
nicht genug dünkte, und sie sich durch Neues hervorzuheben such-
ten; wie denn vorzüglich die Rhetoren in ihren Schulen ihren jungen
Zöglingen durch neue, ausgesuchte Phrasen zu gefallen sich bemüh-
ten. Dadurch gewann allerdings die Sprache an Wörterreichthum, der
immer willkommen sein muss, zumal wo er nothwendig erscheint,
aber im Ganzen verlor sich die wahre Schönheit der Rede, und die
wenigen geistreichen Nachahmer der bessern Alten klagten darüber,
wie verdorben die Sprache ihrer Zeit vor der bessern altern sei "'.
Demnach ist es kein Winider, dass auch diese oft sprechend und
schreibend vom Strome der Zeit fortgerissen wurden. Es kann aber
16. Von den Stoikern sagt Cic. Brut. 31. Stoicorum adsfrictior est. oratio ali-
quantoq^ie contractior, quam aures populi rcquirunt — und Orat. III, 18, 66.
Stoici orationis genus habeiit fortasse subtile et eerte acutum , sed exile, inu-
sitatum, abhorrens ah auribus vulr/i, obscuriim, inane, jejunum et epismodi, quo
uti ad vul^us nullo modo possit. Ebend. Parad. proocm. 2. in ea est hacresi
(Cato Stoieus) , quae nuliitm sequihir Jforertt orationis. Wie konnte daher der
Philosoph Seneca als Stoiker anders, als kurz, gedrängt und in kurzen Sätzen
schreiben, wie er es besonders in seinen Briefen thut, und in der Philosophie
die neuen Kunstwörter billigt und aufnimmt, obgleich er selbst mehrmals über
die neue Redeweise seiner Zeit klagt! In solcher gedrängten Manier folgte ihm
später der geistvolle Tacitus, nur dass dieser noch mehr alte Wörter aufnahm,
sich neue bildete und aus Dichtern griechischartige Constructionen in seine
kräftige und grossaifige Rede einwebte. Von seiner Latinität haben am besten
Böttcher im Lexicon Taciteum und JSic. BaeJi im zweiten Bande seines Ta-
citus gehandelt, womit auch das zu vergleichen ist, was Boneil in seinen Pro-
legomenis de grammatica Quintilianea vor seinem Lexicon gesammelt hat.
17. Richtig bemerkt Seneca Ep, 114, dass mit den Sitten sich auch die
Sprache geändert habe: Cum adsuevit, sagt er, animus fastidire, quae ex more
sunt, etiam in oratione , quod novum est, quaerit, et modo antiqna verba atque
exoleta revocat ac profert, modo ßngit ignota ac deflrctit, modo id, quod nvper
increbuit, pro cultu habetur, audax translntio ac frequens — und was er dort
sonst noch Anderes über Verwandtschaft der Sitten und der Denkungsart treft-
lich bemerkt. Man vgl. auch noch Petron. Sat. c. 1 ^ — ö und was im Dial. de
orator. e. 26 und .34 u. fgg. der unbekannte Verf. über die damalige neue Be-
redtsamkeit sagt, welches Buch überhaupt für die Charakteristik dieser Zeit ganz
besonders wichtig ist.
18. So Quintilian Inst. VIII, 3. dicendi mutammus genus. Quid multa? totiis
prope mutatns est sermo, Seneca bemerkt, ausser dem vorhin Erwähnten, Ep. 39
von den Wörtern breviarium und summarium : plus proficiet ratio ordinaria,
quam haec, quae nunc vulgo breviarium dicitur, olim cum latine loqueremur,
summarium voeabatur. Ein Muster im vcrkünstelten Style gab Maecenas nach
Seneca Ep. 114, welcher darüber lesenswerth ist.
9
gleichwohl diese Zeit um des reichen neuen Wörterschatzes willen
nicht ganz, wie einige frühere und neuere allzustrenge Sprachkri-
tiker meinen, verachtet und zurückgewiesen werden, selbst da nicht,
wo die klassische Sprache ausreichen möchte, am wenigsten aber
da, wo wirklich jene aushilft und in Ermangelung des Bessern zum Er-
satz dient. Daher stimmen auch wir dem Urtheile Dav. Ruhnkens
bei, welcher das gute Latein (versteht sich mit Ausnahmen) wenig-
stens bis auf die Anioninen ausdehnt. Nur Wenige aber können den
Klassikern fast gleich geachtet werden ; es sind '^u'mtUian (in seiner
Instihdio oraioria, denn die Declamntiones sind nicht von ihm und
sind erst spätem Ursprungs) und der jüngere Plinius, welche beide
auch selbst dem Cicero und Caesar die Meisterschaft der Rede zu-
gestanden und sie zu erreichen sich bestrebten. Ihre Auctorität für
Wörter und Redensarten mag wohl mit Recht für klassisch gehalten
werden, indem, was vom klassischen Gebrauche abweiclit, vielleicht
aus klassischen, uns verlorenen Schriften herstammt, oder als gut und
städtisch schon in die Sprache der Gebildeten aufgenommen war.
Gleichwohl steht es auch hier Jedem frei, das ihm neu und fremd-
artig Scheinende gegen das Klassische, wenn es vorhanden ist, um-
zutauschen. Nächst diesen beiden sind Celsus '9, Columelia, Tacitus
und Suetoji beachtungswerth. Von weit geringerer Auctorität für
Sprache und Rede sind Fellejus Paterculus 20^ die beide?i Seneca und
Frontinus ; am wenigsten Vitrnvius, Hyginus, Ruiät'us Lupus, Pale-
rius Mashnus, Q. Asco7iius (der von einem falschen miterschieden
werden niuss), der ältere Plinius, Julius Obsequens, Pomponizis Mela
(an dessen Aechtheit aber sehr gezweifelt wird) und der blumen-
reiche Florus. Vgl. Dukeri praefat. Flori. Unbrauchbar aber für die
Prosa sind fast alle Dichter dieser Zeit.
Endlich die vierte Periode ist die verdorbene, fast halbbarbarische '•
(von Andern die eherjie und eiserne genannt) derjenigen spätem Latei-
ner, welche vom J. 120 nach Christo bis zum Untergange der leben-
den Sprache, etwa bis zum J. GOO, geschrieben haben. Dadurch, dass
die griechische Sprache nicht nur schon von Iladrian, sondern noch
mehr von den Antoninen als Hofsprache der römischen vorgezogen
Avurde, dass griechische Gelehrte fast in höherm Ansehen als römi-
sche standen, und dass aus den Provinzen unzählige Menschen ein-
wanderten, die lateinische Sprache sich zwar in alle Provinzen ver-
breitete, sich aber auch mit den Sprachen der Provinzen vermengte,
verlor sie immer mehr an Reinheit, Aechtheit und Schönheit, und die
Rede verbildete sich in eine verschrobene, afFectirte, gekünstelte
und poetische. Dazu kam später seit dem dritten Jahrhunderte, wo
19. Dieser und der folgende sind jeder in seinem Fache, der eine in der
Medicin, der andere in der Landivirtliscliaft, klassische Schriftsteller.
20. Von ihm sagt Rulinken, die Art seines Ausdrucks sei zwar anzieliend
und gewählt, aber zu häutig sei das Haschen nach witzigen und scharfsinnigen
Gedanken. — Da nun aber auch sein Buch nur aus einer ziemlich fehlerhaft
geschriebenen Handschr. genommen ist, so können wir an vielen Stellen kaum
mehr wissen und errathen, was Yellejus geschrieben habe, und so ist jede Be-
rufung auf seine Auctorität unsicher und zweifelhaft. — Wie viele unnatürliche
und fast unsinnige Phrasen Florus gebraucht habe, hat Graevius in der Vorrede
zu seiner Ausgabe gezeigt.
10
die zweite Abtheiliin^ dieser Periode, die eiserne anfän^, die ehrist-
liclie Kirchensprache, wodurch eine Menge neuer, bis dahin uner-
Iiörter, meist ganz willkührlich und aufs Gerathewohl gebildeter
Wörter eingeführt wurde und um ihrer Ileih'gkeit willen fortan blieb.
Daher tragen die Schriften der Männer jener Zeit, mehr oder we-
niger, je nachdem sie früher, in der ersten Hälfte der Periode, oder
später, in der zweiten Hälfte lebten, das Gepräge der durch veral-
tete oder neugebildete oder aus den Provinzen aufgenommene Wörter
oder durch verkehrte, oft sinnlose Tropen und poetische Redens-
arten ganz verbildeten Sprache. Wie verdorben der damalige Ge-
schmack war, zeigt der Lobredner Eumenius, der den Fronto Roma-
nae eloquentiae nonsecundnm, sed alterum decus (den andern Cicero)
nennt. In diese Periode gehören ausser den Juristen 21, welche in
den Pandekten und im Justinianeischen und Theodosischen Codex
vorkommen, und unter denen einige, wie Sext. Pomponiiis, Gajus
(Cajus), Ulpiomis, den alten Reclitslehrern auch im Ausdruck oder
in der Sprache folgten, zunächst Fronto, Gellius und Appulejns,
drei recht geflissentliche Nachahmer und Freunde des voiklassi-
scheii Lateins, welche, wie in einzelnen Wörtern, so in der ganzen Dar-
stellung ohne alle nachahmenswerthe Auctorität sind ; ferner die
Geschichtschreiber Justinus und die ihm später folgenden sechs Ver-
fasser der Kaisergeschichte (Historia Augusta) um 290, Eutropius
(um 3(50), Sextiis R?/fus, Aurelius Victor, Ammianus Marcellinus (um
370), Severus Sulpicius (um 400) und Paul. Orosius aus derselben
Zeit. Nicht besser sind die Panegyriker Eumenius., Nazarius, Dre-
pafiius, Mamertus und Corippus (um 560), welclie verkehrte Muster
für unsre Lobredner geworden sind; die Grammatiker Nonitis Mar-
cellns, Donatus. Servius., Philargyrius., Charisius, Diomedes., Priscian
(um 510) und die übrigen; ebenso die spätem Rhetoren und man-
cherlei Andere, wie Solinus, Apicius, Censorinus, Julius Firmicus,
Feget ins, Syimnochus, Palladius, Macrohius (um 410), Salviamis, Cael,
Aiirelianus, Sidonius (um 450), Martianns Capella (um 460), Boethius
und Cassiodorus (um 510), Jorna?ides (um 550) und endlich Isidorus
Hispalejisis (um 600), welcher die Reihe schliesst. Dazu treten end-
lich noch diechristlichenKirchenschriftstellerTe/•;^/Z//(7/^^^s22 (um 200),
der in der Sprache abscheulich ist; Mimicius Felix, Cyprianus (um 260),
Arnobius (um 290) ., Lactantius^^ (um 300), S. Hier o?iytnus (um 360),
21. Ueber ihre Latinität, die noch meist Gold ist gegen die der Juristen des
Mittelalters, sind lesenswerth: C. Andr. Dvkeri opuscula varia de latinitate
Jctorum veterum. Lugd. B. 1711. 8. Ed. 2. auct. Traj. Rh. 1761. 8. Ed. nova
cura J. Petr. Schmidii. Lips. 1773. 8. und Ge. Casp. Kirchinaieri opuscula sex
de latinitate Digestorum et Institutionum Justiniani. Colleg. et praefatus est
Ge. Sam. Madihn. Halae 1772. 8. — wo man Vieles aufgeführt findet, was vom
Gebrauche der bessern Schriftsteller abweicht und aus der verdorbenen Yolks-
spraclie genommen scheint, dergleichen aber nachzubrauchen lächerlicli ist.
22. Dieser, der erste lateinisclie Kirchenschriftsteller, ein geborner Afrikaner,
schuf sich nach verkehrter Ansicht selbst seine Sprache und erfand sich dafür,
um sicli kurz auszudrücken und, wie er meinte, verständlich zu machen, viele
neue Wörter, wie hart und rauh und dem feinen römischen Ohre barbaris(;h
sie auch waren, welche sich zwar zunächst wenig im Gebrauche erhielten, aber
im Mittelalter wieder hervorgesucht wurden,
23. Mit Recht von Vielen der christliche Cicero genannt. Er macht unter den
11
S. Ambrosius (um 370), S. At/g7/sfin?/s^* (um 380), S. H/far?iis (um
430), S. Leo Magyms u. a. m. Aus allen Schriftstellern dieser Zeit kann
nur selten ein Wort gewählt werden, wenn es nicht durchaus nothwen-
dig ist, das heisst, w enn kein Wort der frühern Zeit dasselbe ersetzt.
Eine treffliche Schilderung der Verschiedenheit dieser vier Perioden
findet sich in G. Bernhardy's Grundriss der Römischen Litteratur.
Seitdem aber das Mutterland der römischen Sprache, Italien, von 8.
fremden, meist ungebildeten Völkern in Besitz genommen war, und
ihre Sprachen darin nur gesprochen wurden, starb zwar die römische
Sprache als die eines Volkes aus, vermischte sich mit andern und
legte so den Grund zur italienischen, französischen und spanischen,
erhielt sich aber gleichwohl noch bei den Gelehrten als ein Mittel,
sich durch sia Jlle?i verständlich zu machen, und hat sich als solches
bis auf den heutigen Tag erhalten. Es wurde aber in den nächst-
folgenden Jahrhunderten nicht das klassische Latein Muster der ei-
genen Nachahmung, weil die Wenigsten weder die Klassiker, noch die
Nachklassiker kannten und lasen, sondern ihr Latein beruhte meistens
auf dem Latein der römischen Rechtsbiicher und der heiligen Kir-
chenväter, und vor Allem auf der der Kirche vorgeschriebenen Vulgata
oder der Bibelübersetzung des Afrikaners Hieronymus, und ihr Studium
war Gesetz und Vorschrift ihres Lateins. Selten waren in ihren Klö-
stern und Häusern Schriften der altern blinden Heiden, oder hlieben
wenigstens inigelesen. Wer Etwas schrieb, — und meistens waren es
Mönche — schrieb das Latein, wie er es vorfand, und wie er es von
seinen unlateinischen Lehrern gelernt hatte. Im rohen Mittelalter nahm
aber die Sprache an Barbarei immer mehr zu, denn Jeder behan-
delte sie nach seiner Einsicht und Willkühr, behandelte sie wie seine
Muttersprache und ermangelte nicht, wo er es nöthig fand, sie mit
neuen Wörtern zu bereichern. Wie viele neue Wörter so der Sprache
aufgedrungen worden sind, zeigt vor Allem das grosse Glossarium
mediae et infimae latinitatis, von Carl du Fresne. Nur sehr Wenige
aus dieser Zeit haben eine ehrenvolle Ausnahme von den Uebrigen
gemacht.
Jedoch endlich ging mit der neuen Bekanntwerdung der alten 9.
Griechen und Römer und namentlich ihrer Klassiker, befördert be-
sonders durch die göttliche Wohlthat der Buchdruckerei im fünfzehn-
ten Jahrhunderte, auch für das Studium der lateinischen Sprache und
für ihre Anwendung zum Schreiben ein Glücksstern auf. Die feinern
Sprachkenner fanden das bisherige Latein der nächst vorhergehen-
den Jahrhunderte, mit dem klassischen verglichen, ungeniessbar, und
bemühten sich, durch eigene Versuche das klassische nachzuahmen.
hier Genannten eine ehrenvolle Ausnahme ; denn mit Cicero's Schriften sehr be-
kannt, suchte er auch dessen Sprache und Darstellung-, soviel er nur nacli sei-
ner sehr verdorbenen Zeit konnte, treu und sorg^sam nachzuahmen. Worin er
felilt, was selten g-eschieht, das sind Flecken seiner Zeit, von denen er nicht
ganz frei bleiben konnte.
24. Unter allen Kirchenvätern bei weitem der gelehrteste und wohl bekannt
mit den Schriften der gelehrten Heiden. — Wenn aber Nolten zu den latein.
Kirchenvätern auch den Eusehhis und den Socrates, welche doch Griechen sind,
recluiet, so ist das fürwahr seltsam und läclierlich, da die aus ihnen angeführ-
ten Wörter aus der alten lateinischen üebersetzung derselben sind.
12
Aber viele von ihnen g^ingen zn einseitig zn Werke, indem sie nur
den Cicero für das einzige Vorbild erltanaten und Alles verdammten,
was niclit ans ihm erwiesen werden konnte. Sie waren nnr sklavische
Naehalimer desselben, indem sie aus seinen Worten und Redens-
arten zusammensetzten, was sie schrieben, üalier wurden sie von de-
nen, welche etwas freiere Ansichten hatten, ohne der Barbarei und
der wilikiihrlichen Mengerei ans allen Jahrhunderten zu huldi;^en,
spöttisch Ciceronianer^'^ genannt. Diese freiem Ansichten und diese
Spöttereien verdarben aber mehr, als sie nützten, indem sie die Arbeit,
Mühe und Fleiss Scheuenden unbekümmert und sorglos um Rein-
heit de?- Sprache und mit ihr auch um alle schöne Darstellung mach-
ten. Daher hat diese Sorglosigkeit lateinische Schriften hervorge-
bracht und bringt, setze ich hinzu, leider noch hervor, welche entweder
ganz unlateinisch sind, indem Alles nur in der Muttersprache gedacht,
mit den schlechtesten Wörtern angefüllt und wohl gar noch mit
Fehlern aller Art gegen den lateinischen Sprachgebrauch übersäet
ist 26; oder die zwar ziemlich lateinisch gedacht, aber durch iWw
Gebrauch von Wörtern aller Jahrhunderte entstellt sind. Was ein-
zelne Wörter betrifft, wird das im zweiten Theil folgende Verzeichniss
lehren, dass man einige Hundert 7ieue Wörter, welche sich auf keine
Auctorität stützen und doch dnrch gute alte ersetzbar sind, im neuen
Latein findet, wobei die Kunstwörter nicht g^erechnet werden, da sie
oft nicht zu ersetzen sind.
25. Sie lebten und webten nur in Cicero's Worten und Gedanken, und legten
dadurch dem freien Gedankengange die lästigsten Fesseln an. Zu ihnen geiiör-
ten aus dem Anfange des seehszehnten Jahrliunderts die sonst sehr verdienst-
vollen Männer Bemhns, Longol'ms, Bvnellus, Laz. Bonamicus u. a., denen nur
der frische lebendige Geist fehlte, ihre Kenntniss der Ciceronisclien Sprache
freier zu handliaben: dahingegen geistvolle und freier denkende Gelehrte, wie
Sadoletus, Erasmus, Osorius , Manuthis, Sigonius, Perpiniamis, Muretus, Lam-
hinus u. a. , welche nicht weniger klassische Lateiner sein wollten, und dem
Cicero und Caesar auch die ersten Plätze einräumten, erlaubten sich aus der
nachklassischen Zeit, ja bisweilen aus der spätem Zeit Wörter aufzunehmen,
welche ihnen zum Ausdruck ihrer Gedanken gut und passend zu sein schienen.
Vgl. darüber Mureti Var. Lect. XVI, 1 und Epist II (I), 36, wo er indess
zu seiner Vertheidigung zu partlieiisch spricht und dem Gebrauche späterer
Wörter zu viel einräumt. S. ausserdem Desid. Erasmi Ciceronianus und Jul.
Caes. Scaligcri adversus Erasmum orationes duae eloquentiae Rom. vindiccs.
Tolosae 1621. 4. und Walchii histor. crit. ling. lat. p. 718 sqq.
26. Abgesehen von den EpistoUs ohscuror. viror., die zur Verspottung des
Mönchlateius im sechszcimten Jahrh. absichtlich unlatcinisch, wahrscheinlich von
Meinem, verfasst worden sind, abgesehen auch von allen andern ähnlichen Ver-
suchen, wie des altern BnrmaniL Umim episto/ium epistoUorum dulcissimor, dul-
ctssirmim unius ßdelissimi discipuli et ol'nn scholaris ad suum magistrvm. Cop-
penhag. 1706. 4*., C. Ad. Klotzens Briefe in: Mores eruditoritm (S. 1. 1760) und
in dessen Genius saecvli (Altenb. s. a.) und andern, welche absichtlich ver-
dorbenes Latein enthalten, wimmeln unabsichtlich viele neue latein. Bücher von
Soloecismen und Barbarismen und den Idiomen der Muttersprache der Ver-
fasser derselben, nicht etwa blos in theologischen, juristischen, medicinischen,
philosophischen, geschiclitiichen und andern Schriften, sondern auch sogar selbst
in philologischen, in Briefen und in Reden, wo gutes Latein von Allen erwar-
tet wird. Am meisten ging den Philologen der gelehrte Jvsf. Lipsius mit einem
sehr verderblichen Beispiele voran. Ihn bekümmerten nur die Sachen, nicht die
Worte; in der Sprache unterschied er kein Jahrhundert, und brauchte, was ihm
13
Da nun aber die lateinische Sprache bis in unsre Zeiten in allen 10.
Ländern, wo Künste und Wissenschaften blühen, das Vorrecht erhal-
ten hat, das Organ allgemeiner Mittlieilung der Gedanken und der
wissenschaftlichen Untersuchungen zu sein, und bis in den Anfang
des vorigen Jahrhunderts sogar die Sprache der Unterhandelnden
bei Friedensschlüssen war, bis sie ihrer Stieftochter, der französischen,
weichen musste, und da man sich auch jetzt noch derselben zu all-
gemeiner Mittheilung bedient, so ist die Forderung gewiss bilhg und
zur Ehre der Sprache gerecht und nothwendig, dass dieses auch im
bestell Latein geschehe. Denn sehr wahr sagt Hand in seinem Lehr-
buche S. 9: „Ein verunstaltetes Deutschlatein kann weder Lesern
anderer Nationen verständlich, noch überhaupt bei verfehltem Zwecke
kunstreicher Darstellung von einigem JVerthe sein. Daher bleibt, setzt
er hinzu, ivenn die latein. Sprache einmal zur Anwendung kommen soll,
unerlässliche Bedingung, dass man sie in ihrer Reiriheit und Rich-
tigkeit, also stylistisch handhabe.'''' — Damit aber diese beiden Tugen-
den der Rede, wozu nur allein das vorliegende Buch Anleitung, Nach-
weisungen und Warnungen geben soll, erreicht werden, müssen die
gewälilteu Wörter, so weit es möglich und thunlich ist, nur aus den
besten Schriftstellern der ziveiten und dritten Periode genommen
sein, so dass die Rede frei ist von Soloecismen und BarbarismeUy
wiewohl Jeder, welcher Reinheit der Rede und grammatische Rich-
tigkeit vor Allem verlangt, doch gern zugestehen wird, dass ein und
das andere, aus Spätlateinern genommene Wort und ein und der
andere, nicht grobe Soloecismus eine sonst gut gearbeitete Rede noch
nicht zu einer unlateinischen mache, und dass am wenigsten, wie
Hand im Lehrb. S. 8 sagt, durch ein neugebildetes W^ort der tech-
nischen Sprache schlechtes Latein entstehe.
Aber mag nun freilich zur vollkommenen lateinischen Rede nach 11.
ihrer Form mehr gehören, wie in den neuern Zeiten ausser Meh-
rern Matthiae 2^, Grysar, Hand und ganz vor Kurzem Heinichen gezeigt
bei seiner grossen Belesenhcit aus irgend einem Schriftsteller, altem oder neuem,
jpitem oder sclilechtem , gerade einfiel. Ebenso schrieb Jos. Scaliger, Isaac
Casaul}onus und Cland. Salmasius, drei an vielseitiger Gelehrsamkeit unüber-
trotlene Männer. Nicht besser auch noch andere unter den Frühern. Dieser be-
quemen Art, lateinisch zu schreiben, folgten und folgen noch viele der Neuern
aus allen Nationen, und nur Wenige verwenden Mühe und Fleiss auf den Styl,
wäre es auch nur auf Reinheit der Rede und ani grammatische Richtigkeit. Man
lese darüber des Direct. Ellcndt Klage bei Beurtheilung einer neuern philolog.
Schrift in den Leipz. Jahrb. 1837. XIX. p. 200. — dergleichen auch anderwärts
früher und später angestimmt worden sind. Wie vielfältig von neuern Lateinern
hierin gefehlt worden sei, habe ich in diesem Buche durch Beispiele auch ach-
lungswerther Gelehrten, welche aber, wenn sie noch leben, nicht genannt worden
sind, zu zeigen gesucht.
27. Ich habe hier nur die vier Neuesten genannt, da die Aeltern kaum mehr
benutzt werden. Die Titel ihrer Bücher sind :
Aug. Matthiae's Entwurf einer Theorie des latein. Styls. Leipz. 1826.
C. J. Grysar's Theorie des latein. Styls nebst einem latein. Antibarbarus.
Köln 1831.
Ferd. Handys Lehrbudi des latein. Styls. Jena 1833. Ausg. 2. verb, Ebend. 1839.
Fr. Adolph Heinichen' s Leiirbuch der Theorie des lateinischen Styls. Leipz. 1842.
Wer mehrere andere Aeltcre kennen lernen will, findet sie verzeichnet unter
andern in meinem Handbuche der philologisclien Bdcherkunde Th. II. S. 56 — 61.
14
haben, so wird doch die llehiheä der Rede nebst der gra?nmatischen
Richtigkeit'^^ ihr wohibegrüiuletes Recht und den ihr gebührenden
Theil unangetastet ferner behaupten, und Soloecismen und Barba-
risme?i werden immer Fehler und Gebrechen einer Rede sein. Damit
dieses desto leichter durch Warnung und Belehrung erreicht werde,
ist man sclion seit dem sechszelinten Jahrhunderte vielfach bemüht
gewesen, dem heillosen unnützen Einmischen wenigstens spätlateini-
scher und barbarischer Wörter und allem aus andern alten und neuen
Sprachen eingemischten Fremdartigen durch Sammlung und Auf-
zeichnung von dergleichen mit Beifügung des Bessern Einhalt zu
thun. Ich übergehe die frühern Versuchers und erwähne nur die
letzten von Janus, Nolten und Grysar und meinen eigenen kleinen,
nachher aber im J. 1837 sehr vermehrten Antibarbarus, welclier in
dieser neuen Ausgabe wieder um Vieles erweitert worden ist.
12. Der Gegenstand des neuen ist daher nur eine weitere warnende
und belehrende Ausführung eines kleinen Theiles der latein. Stylistik
von der Reinheit der Sprache, welche Hand in seinem Lehrbuche
in zwei Abtheilungen zerfallen lässt, deren erste von der Wahl achter.
28. Unbegreiflich ist es , wie Einige, die vielleicht nur wenig die fortschrei-
tende Ausbildung und Vervollkommnung, sowie nachher die rückgängige Ycrbil-
dung der lat. Sprache beobachtet haben und kennen, die Nützlichkeit solcher
antibarbarischen Sammlungen abläugnen und doch selbst viele barbarische Un-
richtigkeiten angeben und rügen, so dass sie wohl nur die im Auge zu haben
scheinen, welche zu einseitig nur das für lateinisch erkennen, was aus Klas-
sikern der zweiten Periode erwiesen werden kann, und das verwerfen, was nur
bei einem Schriftsteller der übrigen Perioden, sogar bei Livius, Quintilian und
dem Jüngern Plinius vorkommt. Golden bleibt auch hier die Regel : Media via
tenenda est! man schreibe vorsichtig und mit Auswahl, indem man auch das
Gute nicht verkennt, was Einzelne der dritten Periode gleichsam als Eigenthum
haben. So schrieb Dav. Ruhnken, der bei Allem, was er schrieb, Gesner's The-
saurus zur Hand hatte, damit nicht unnöthig ein zu spätes Wort (er dehnte
aber, wie oben bemerkt ist, das gute Latein bis wenigstens zu den Antoninen
aus) seine nach den Regeln des Styls wohl gebaute Rede verunstalten möchte.
29. Man findet sie den Titeln nach aufgezeichnet in meinem Handbuche der
philolog. Bücherkunde Th. II. S. 61 — 81, zu denen künftig noch viele andere,
von mir vergessene werden hinzugesetzt werden. Die Titel der oben im Texte
genannten Bücher sind:
Da7i. Fr. Janus philologisches Lexicon der reinen und zierlichen Latinität
11. s. w. Leipz. 1730. In der zweiten, stark verra. u. verbes» Ausg. unter dem
Titel : Janus philologisch-critisches Schullexicon der reinen u. s. w. Halle 1753. 8.
* Es ist ein sehr empfehleuswerthes Buch, wenn gleich viel Unnöthiges und Falsches aus
den römischen nnd deutschen Alterthümern bei Kunstwörtern eingemischt ist.
J. Fr. Noltenii lexicon latinae linguae antibarbarum ; accedit recensio scri-
ptorum latinor. critica. Lips. et Heimst. 1729. 8. Ib. 1730. Venet. 1743. Edit.
nova recogn. emend. ac locupletata. Acc. supplementa et bibliotheca latinitatis
rcstitutae. Edid. et praef. est J. Andr. Noltenius. Lips. et Heimst. 1744 et 1768.
2 Tom. 8. Edit. III. recogn. multum locupletata cura et studio Gf. Joach.
Wichmanni. Berol. et Stralsund. 1780. 2 Tom. 8.
* Hier sind die frühern Bücher fleissig benutzt, aber fast die Hälfte der Nebenbemer-
kungen sind für den Gegenstand selbst ganz unnütz, und der ganze letzte Theil ist für die
Sache eine überflüssige litterarische Zugabe. Möge es Keinem einfallen, das Buch in dieser
Ausdehnung auch selbst verbessert wieder herauszugeben !
C. J. Grysar's oben (Anm. 27) erwähnte Tlieorie u. s. w.
Mein eigener kleiner Antibarbarus , der zuerst Anhang der dritten Ausgabe
meiner Anleitung zum Lateinischschreiben vom J. 1822 war. Er wurde nachher
bei jeder neuen Ausg. des Buches verbessert und vermehrt, bis er auch einzeln
wörtlich aus der siebenten Ausg. abgedruckt erschien. Frankf. 1834.
15
richtiger Wörter, die zweite von der grammatischen Richtigkeit han-
delt. Auch mein Buch hat ztvei Theile, einen allgemeinen und einen
besonder?!. Im erstem wird vor oft vorkommenden Soloecisme?/, wo-
durch die grammatische Richtigkeit \er letzt wird, gewarnt; im zweiten
werden zuerst einige allgemeine Regeln über die vorsichtige Wahl
lateinischer und fremder Wörter gegeben, und dann folgt in lexi-
kalischer Form der eigentliche j4fitil)arbarus^^, der vor einzelnen
}f örtern, Constructioneti und Redensarien warnt und eines Bessern
belehrt.
30. Der Gebrauch dieses Wortes bedarf gewiss einer Rerhtferligung, weil es
selbst ein neulateinisches ist. Rechtfertigen können es zuerst die bei den Alten
vorkommenden analogen Wörter Anticato (welches Zwitterwort sogar Caesar
erfand), antidotum, antinomia, antipathia, antisopldsta, antithelon u. a., noch mehr
aber gilt zweitens der auch in grammatischen Dingen geltende Gebrauch, Kunst-
wörter beizubehalten, wenn aus einem Alten kein Ersatzwort gewählt werden
kann. Der gelehrte Erasmus war vielleicht der Erste, welcher es bildete und in
seinem Buche — Antibarharorum liber — brauchte; ihm folgte unbedenklich Franc.
Vavassor und Chr. Ceäarius, und mit ihm nahmen Alle, die diesen Gegenstand
behandelten, das Wort als das kürzeste und bezeichnendste auf, um anzudeu-
ten, dass es der Barbarei der Sprache ente/effcnarbeüen solle.
Grammatische Bemerkungen.
13. fjrrammatische Richtigkeit ist vor Allem die erste Tugend lateini-
scher Rede, wie in jeder Spraclie. Feliler dagegen heissen mit viele»
Grammatikern^^ Soloecismen, welche Andere Barbarismen nennen.
Aus der Menge des Vielen aber, was hier zu beachten ist, hebe
ich nur Einiges aus in Bezug auf Formenlehre und Syntax, indem
der Zweck des Buches keine vollständige Grammatik fordert, diese
vielmehr durchaus voraussetzt. Auch hier hat die Sprache nach
den verschiedenen Perioden Veränderungen erlitten, wesshalb bei un-
serm Lateinischschreiben der bessere Gebrauch aller in Sprache vor-
züglichen Schriftsteller, die wir im Allgemeinen klassische nennen,
immer zur Regel, auch in kleinlich scheinenden Dingen, dienen muss.
Die Nichtachtung desselben bringt Sohecismem hervor, welche jede,
auch im Inhalt und der Form sehr werthvolle Schrift um desto liäss-
licher entstellen.
A. Formenlehre.
14. Man hüte sich vor Allem im Allgemeinen vor Formen, welche
entweder aus keinem Alten, oder wenigstens aus keinem der Bessern
erweislich sind ; denn viele declinirbare Wörter kamen theils nur in
gewissen Formen, theils nur in einzelnen Casibus oder nur in einem
Numerus vor, und ebenso ist bei den conjugirbaren manche Form
ganz unerweislich, oder nur alt und dichterisch, oder spätlateinisch,
oder gehörte zur gemeinen Volkssprache ^2 oder zu den Provinzia-
lismen. Hierüber handeln am vollständigsten Conr. Leop. Schneider ^^,
K. L. Struve^* und J^. Reisig^^, Wiewohl aber hier viel geleistet wor-
den ist, so bleibt dennoch Vieles zweifelhaft wegen der Verschie-
denheit der Handschriften bei vorkommenden Fällen, und bei den
mancherlei Schriftstellern selbst. Hiezu kommt, dass auch die Schrift-
31. So sagt Donat. Gramm, p. 1768 ed. Putsch. Soloecismus est vitium in
contextu partium orationis contra regulam artis grammaticae factum.
32. Dazu geliört ausser mchrcrn: creduas für credas, cordoHum das Herzleid,
die Superlativformeu ignarissimus, verbcrabilissimus, ipsissimits von ipse u. a. m.
bei Plautus.
33. Formenlehre der tat. Spr. B. I. Berl. 1819, wo aber nur die Formen
der Substantiven und Adjectiven behandelt sind.
.34. Grammatische Unterstichung über die latein, Declination und Conjuyation.
Königsb. 1823.
35. Vorlesungen über die latein. Sprachwissenschaft. Leipz. 1839, ein Buch,
welches erst in dieser ziveiten (dritten) neuen Ausgabe benutzt werden konnte.
17
spräche meistens diejenig^en Formen beibehielt, welche in der Sprache
der Priester, der llechtsgelelirten, der Kaufleute, der Oekonomen u.
d^l. von Alters her üblich und herkömmlich waren, weswegen anch
die bessern Schriftsteller sie in solchen Fällen beizubehalten plleg-
ten. So fast nur z. B. exta porricere, nicht projicere; di didnt, nicht
dent; in Decreten g-ewöhnlich uti, nicht ut; in Gesetzen danmas mit
esto oder sunto, nicht damnatus oder damnati; im Mandel und Wan-
del emundus, vendinidus, nicht e7ne?idus, veiidendus; in Rechnungen
meistens abs, nicht a oder ab, und so dergleichen mehrte. Es ist
aber anch sehr wahrscheinlich, dass selbst die bessern Schriftsteller
nach verschiedener Ansicht verschieden sprachen und schrieben, ja
dass sie sich auch selbst vielleicht nicht immer theils in ihren ver-
schiedenen Lebensperioden, theils in den verschiedenen Stylarten
gleich geblieben sind und dass sie, je nachdem es die Form der Rede
forderte, bald diese, bald jene Form gebraucht haben. Man wird also
hier nie zu fester Gewissheit in Allem in Beziehung auf den bes-
sern Gebrauch kommen. Daher folgt nur einiges Wenige über diesen
Abschnitt.
I. Declinirbare Wörter.
Erste Declination.
P. L. ist die Genitivendung ai für ae, z. B. aquai, terrai. Die Form 15,
auf as, welche die älteste, nachher veraltete Form war, erhielt sich
jedoch nachher neben der neuern auf ae im Subst. familia verbun-
den mit pnter, mater , filius \im\ ß/ia. Man sagte z. B. pater familias,
im Plur, patres familias, aber auch pater familiae, patres funiüiarum
und sogar patres famiUae^ wie Varro, Cicero und Caesar. In andern
W örtern aber brauchte man die Endung as für ae nicht.
L. ist die Genitivendung im Plur. um für arum, ausser bei Mßßss- 16.
und GeiLHchinamen, wenn ein Zahlwort mit ihnen verbunden wurde,
wo die Form um klassisch war und selbst ins Zahlwort überging,
wenn es zur ersten Decl. gehörte, z. B. duum millium amphorum'^'^
für duarum amphorarum; septenum für septenarum; sexcentum für
sexceniarum. Ohne Zahlwort sagte man amphoraruvi, drachmarum
u. a. Poetisch dagegen in Wörtern, wie coelicola — coelicolum, Dar-
danidum, Aeneadiim u. a.
Einzig lateinisch und unabänderlich war die Dativ- und Ablativ- 17.
form abus für is in den Zahlwörtern duae und ambae, nur dunbus,
ambabus, sowie im Masc. u. Neutro nur duobus, ambobus. Jedoch
diente diese Form auch zur Unterscheidung bei allen denen Wör-
tern, welche eine männliche Form auf us nach der zweiten Decl.
neben der weibhchen auf a hatten, und wurde gewiss durchaus bei
diesen immer angewandt, wenn durch die gleiche Casusform auf is
ein Missverständniss entstehen konnte. Sie ist daher nothwendig,
36. Ein klassisches Werk für die Kenntniss der gesammten Kanzleisprache
und für alle Formeln ist Barii. Brissonii de formulis et solemnibus populi Rom.
verhis L. VIII, welches von dem, welcher in solchen Dingen acht römisch spre-
chen will, benutzt werden muss.
37. So Lcntulus Cic. Farn. XII, 15, 2.
2
18
wenn beide Subst., das männliche und weibliche, neben einander
stehen, z. B. i\'ns de ab in^que omiiibtis^*^; servis servabusque ; libertis
libcrtubzisque, und so in jeder ähnlichen Znsammenstellung, mögen
auch Beispiele dafür fehlen. Dagegen unnöthig ist sie und wird ver-
mieden, 1) wo der Zusammenhang das Genus deutlich zeigt, wie bei
Yarro (R. R. III, 16) his das fiir Ins deabus in Bezug auf die vor-
hergenannten Musae und bei Cicero (Farn. VII, 23, 2) Bacchis, nicht
Bacchabus, weil er vorher die Bacchae genannt hat; 2) wenn diinbus
oder arnbabus dabei steht, wie bei Cicero (Fam. XIV, 14) duabus
aiiimis suis. Und so verhält es sich mit allen übrigen ähnlichen Sub-
stantiven, und muss, wo es nöthig ist, beachtet werden, mag es vor-
kommen oder nicht, indem die wenigen Reste aus der bessern Zeit
nicht Alles enthalten können. Man beschränke daher diese Form
nicht allzusehr und tadele nicht das spätere monachahus von monacha
zum Unterschied \on tno?mchis von monnchus, wenn dadurch eiuMiss-
verständniss vermieden wird. Neu aber und unnütz sind aus der
spätem verdorbenen Latinität die Formen Nymphabus, matro?iabus,
aviabus u. a. , nach welchen Beispielen Isaac Casaubonus fiiriabus und
Dav. Ruhnken^a ancUlabiis gebildet haben, was nicht zu billigen ist.
18. Einige Substantiva haben neben der Declination auf a auch die
der fünften auf es, gewiss ohne Unterschied der Bedeutung, z. B.
materia,materies;luj:iiria, luxuries; harbaria, bar hartes; duritiaydu-
rüies u. a., welche verschiedene Declination auch im besten Latein
neben einander bestand und nur nach der stylistischen Form der
Rede abwechselte. Cicero soll von dergleichen Substantiven im Nomi-
nativ fast nur die Form es gebraucht haben.
19. Eben so willkührlich war in einigen aus dem Griechischen auf-
genommenen Wörtern im Nom. die Form e und a, z. B. bibliotheca^
bibliothece ; musica, musice ; rhetortca, rhetorice ; dialecttca,dialecttce;
epitoma, epitome. Diese hatten aber im Accus, nie die Endung em,
welche man heutzutage bisweilen findet, sondern en oder arn, z. B.
epigraphe7i, nicht epigraphem. — Die griech. Subst. auf as hatten im
Accus, meistens am, nicht an, welches mehr poet. Form war, z. B.
Pythagoram, Aeneam, nicht Pythagoran, Aenean, wiewohl einzelne
Schriftsteller, wie Quuitilian, nach eigener Weise und Ansicht mit
beiden wechselten. Die griechischen Wörter auf es behielten ent-
weder diese Endung oder nahmen abwechselnd mit ihr die latein.
auf a an, z. B. sophista, sophistes ; scholiasta, scholiastes, hatten aber
im Acc. nach Reisig nur aw oder en, nicht etn; z. B, sophistam oder
sophistefi, nicht sophistem. — Die Subst. Perses und Scythes haben
aber bei Cicero nie die Form a, nicht Persa, Scytha. Ebenso nur
Philoctetes, nicht Philocteta, nie Oresta, Thyesta, Abderita u. a. , son-
dern Orestes, Thyestes, Abderites, aber im Vocativ und Abi. die Endung
a, und so im Acc. wohl mehr Phiioctetam, als Phi'locteten. Vgl. Madvig
Cic. Fin. II, 29, 94, wo Philocteta Vocativ, nicht Nominativ ist.
38. Cic. Rabir. 2.
39. In einem Briefe an J. D. Ritter in Opusc. T. I, p. 587 und in Dictatis
ad Tcrent. Heaut. IV, 5, 3 servis et ancillabus für aneitlis oder servabus.
19
Zweite DecUnation,
Ohne sichere Auctorität ist im Nominativ die Form vesperus für 20.
Vesper; denn bei Varro (R. R. III, 5, 15) steht nicht vesperus, wie
einige Lexica angeben, sondern griecliiscliartig hesperus. Auch sagt
Varro (L. L. VI, 6, p. 75, ed. M.) id tempus dictum a Graecis la-niga,
latine vesper.
Vei'werflich ist auch wohl die Bildung neuer Namen von gerere
und ferre auf gerus, ferus für ger,fer, z. B. nicht Scaligerus, Cru-
ctgerus, Rhedigerus, sondern Scaliger, Crudger, Rhediger. Nicht gut
auch die Formen leiiferus, moriifertis, morigeriis u. a., wiewohl sie
lieben den bessern auf er ebenfalls gebraucht worden zu sein scheinen.
Die Genitivform der Substantiven auf ius und iimi war zwar gewiss 21,
nur ein einfaches i, nicht ü in den beiden ersten Sprachperioden
bis Augustus und die von Cicero, Caesar, Varro, Sallust, Virgil,Horaz
und denUebrigen aus jener Zeit allein gebrauchte, z. B. Appi, Claudi,
ingeni, consili für Appii, Claudii, ingenii, consüii; aber im heutigen
Schreiben möchte es rathsamer und für den allgemein verständlichen
Gebrauch vortheilhafter sein, die nachher eingeführte Schreibart mit
zwei i anzuwenden.
Die Vocativendnng us für e ist in allen Appellativen Sp. L. , z. B. 22.
dominus für domine, agfius für agne, welche falsche Form aus den
kirchlichen Schriftstellern gleichsam als heilige Form in die latein.
Gebetbücher neuerer Zeit übergegangen ist, wo man in Anreden oft
liest: domimis Dens, agnus Dei. Ausgenommen ist bekanntlich J)eus,
welches im Vocativ im bessern Latein unverändert blieb, gleichwohl
aber im Sp. L. auch in Dee umgeändert wurde.
Mag auch Kl. neben der Form do77ii zu Hciise auch noch eine 23.
ältere Form rfow?//geb raucht worden sein^", so behalte man dennoch
im Schreiben nur die allgemein üblich gewesene Form domi, welche
Jeder kennt.
Das Subst. deus hatte im Nora. plur. Kl. nur di oder dei, nicht
da, und im Dativ und Abi. dis oder deis, vielleicht neben einander
zur Abwecliselung ; beide sind durch gute Auctorität gesichert. Viel-
leicht sclirieb man aber dennoch dii und diis^ sprach aber beide ein-
sylbig aus.
N. L. sind vom Plur. sensa, die Geda?iken die Casusformen senso-
runi und serisis.
Neben der Genitivform im Plur. orum war auch im A. L. noch 24.
die Form umimä bei vorstehendem v — om, z.B. deum, divom,eqnom,
virum für deorum u. s. w. , aber sie war nachher nur poetisch. Jedoch
erhielt sie sich aus der alten Umgangs- und Kanzleisprache noch später
1) in den Münz-und MaassTiamen,wie in der ersten Declin., wenn
sie mit einem Zahlworte verbunden waren. Man sage daher d/mm,
irium, senum, sescentum, numum, denarium, sestertiufji, modiuin, me-
dimnum, jugerum^^ u. a. Aber ohne ein Zahlwort sagte man numoruni,
sestertiorum, modiorum, u. s. w.;
40. Wenigstens bei Cic. Tusc. 1, 22, 51 haben diese Form die bessern Handscbr.
Vgl. Klotzens Anm. und was später unter Domus angeführt ist.
41. So Varro R. R. III, 2 fundus dncentum (für ducentoruni) jugerum. Da-
von abweichende Stellen sind nicht nachzuahmende Seltcnlieiten.
2*
20
2) in den Mngistratsnamen (hiunwir, triunivir, septemvir, decemvir
u.dgl., daher nur duumvirnm, triiimvinun u. s. \v., \\\c\\t duumviro-
rum, triunwirorum u. s. w. Dagegen von duo viri, welclies von duum-
t)/// vei'schieden ist, ist der Gfimi\\ duonim viroriim; ebenso von i^res
viri-trium vironim. Mau verwechselt oft im neuern Latein beide.
Ebenso hat faber, wenn praefectus als Aintsname oder cenliiria dazu
tritt, fabn/ tri, nicht f ab/ ormn ; aber ohne eins von jenen beiden Wör-
tern/aÄ/-o/7/m, wie Cic. Verr. 1,56, 147 operae/airory^m, •
3) auch wohl meistens libenim fiir liberorum (der Kinder), wenig-
stens wohl immer in der Redensart in liberum loco (an Rindesstatt).
So bei Cicero: pro sepultura liherum — ueque tuorura liberum — pueri-
tiam liberum nostroriim, und bei Livius fast immer, ^^i. Drakenb.
Liv. XXII, 22, 5;
4) oft in dem betheuernden Ausrufe /jro deum hominumque fidem,
neben welchem jedoch Cicero und Andere auch pro deorum fidem
abwechselnd brauchen. Cicero sagt selbst (Orat. 46, 156) pro deum
dico vel pro deorum. Vgl. Cic. Tusc. V, 16, 48 Etenim pro deorum
atqne hominum fidem; pro Font. 3, 4 deorum hominumque fidem.
Anderwärts deum atque hominum fidem implorabis. Vgl. Klotz Cic.
Lael. p. 171.
25. Uebrigens haben die bessern Schriftsteller seit Terenz die grie-
chischen Wörter in Prosa selten anders als nach latein. Art gebildet,
und Cicero (Att. VII, 3, 10) tadelt sich selbst, dass er in einem frü-
hem Briefe (Att. VI, 9, 1) von Piraeeus den Accusativ nach griech.
Art gebildet habe Piraeea, statt mit Terenz Piraeeum zu sagen. —
Man vermeide daher auch im Genitiv Plur. die griech. Form on für
die latein. orum, z. B. Georgicon für Georgicorum; Astronomicon für
Astronomicorum. Gelehrter ist wahrlich jenes nicht als dieses. Und
so noch Anderes.
Dritte Declination.
26. Hier giebt es für viele einzelne Substantiven noch manche zwei-
felhafte Casusformen, besonders im Ablativ des Sing, und im Genitiv
des Plur., indem die alten Grammatiker oft einander bei einzelnen
widerstreiten und die Handschriften in solchen anscheinenden Klei-
nigkeiten nicht sorgfältig genug verglichen worden sind. Auch möchte
es wohl gewiss sein, dass die Alten selbst nicht nur unter einander
verschiedene Ansichten hatten, sondern auch selbst bei daseiender
Doppelform bald die eine, bald die andere, wie es ihnen gut schien,
gebraucht haben, z. B. bald mensium, bald niensum; sedium, sedum;
vatitim, vatum ; apium, apum ; sapientiu?n, sapie?itum ; prudentium,
prudentum u. a.
27. Aus der grossen Masse bemerke ich nur Einiges.
N. L. ist der ^ om. praesepis und Sp. L. praesepium für praesepe;
zw eiSelhatt praesepim für praesepe; im Plur. im bessern Latein prae-
sepia für praesepe s.
Schlechte Form ist von cucumis der Acc. cucumim für cucume-
rem, und ebenso navim für navem.
Sp. L. ist bei den Monatsnamen auf er und is die Ablativ-
endung e für i, da sie Adjectiveii, nicht Substantiven shid. Man sage
21
Aprili, Quintüi, Septembri, Octobri, nicht Jprile, Qtdntile, Septembre,
Octobre ".
Doppelt falsch ist die Form im Pliir, supellecfilia für den Sing.
supellex, welches im bessern Latein keinen Phiral hat, und erst ganz
Sp. L. in der Form supellectües mit andern Pluraiwörtern verbunden
vorkommt.
A. L. und gemein ist in den phirah'schen Festnamen auf ia, z. B. 28.
Saturnalia, Bacchanalia u. s. \v, ihre Bildung- nach der ztveitenHacW-
nation, da sie bei den bessern Lateinern nur nach der rf/zV/e« gebil-
det werden, z. B. SatuniaUn, Sahir nalimn, nicht Satumaliorum;
Soturnolibus, nicht SaturnaUis. So bilde man auch die neuern christ-
lichen Festnamen Hilaria, Paschalia, Pe?itecostalia.
Mehr P. L. ist die Genitivform ioruni bei einigen neutralen Sub-
stantiven, z. B. vectigol, lacimar, torcular — für die regelmässige tum,
z. B. vectigaliorum für vecügalium.
Mehr A. L. war pnpaver ein Masc, später nur ein Neutrum, daher
iiicht papaverem, sondern papaver, und im Plur. nicht ^f?/;ot'e/-es, son-
dern papavera.
P. L. und fast nur einzig ist der Dat. und Abi. Plur. vasibus^^
für vasis^ da im Plur. nur vasa, nicht vases üblich war.
A. L. aber auch noch Kl. war allerdings im Accusativ Plur. die ,29.
Endung is für es bei den Substantiven und Adjectiven im Gebraucli,
welche im Genitiv ium nicht inn hatten, z. B, vires, im Acc. viris, nicht
vires; navis, nicht naves; partis, nicht partes; nmnis, nicht omnes;
aber patres, homines, carceres. Da man jedoch schon in der klassi-
schen Zeit anfing, neben der Foi'm is auch bei diesen die Form es
zur Abwechselung zu gebrauchen, so ist es wahrscheinlich, dass auch
die bessern Klassiker in Prosa wie in Versen mit beiden Formen
abwechselten, wie es ihnen zum stylistischen Gebrauche am besten
schien. Darauf deuten auch die Handschriften ihrer Bücher hin. So
wechselt Varro (L. L. VII, §. 109 ed. M.) kurz nach einander mit tris
und tres nach allen Ilandschr. und sagt klar (ib. VIII, §. QsQ., p. 190):
in accusandi (casu) hos montes, fontes, et hos montis, fontis. Später
führte man bei allen nur die Form es als einzige ein, so dass auch
sie heutzutage zum allgemeinverständlichen Gebrauche allein empfeh-
lenswerth scheint.
Bei gi'iechischen Wörtern merke man folgendes Wenige:
1) Sp. L. ist in Wörtern auf is die Genitivform eos oder ios, ob- 30.
gleich sie von Vielen als die gelehrtere vorgezogen wird, für die
gewöhnliche lateinische is. Man sage z. B. nicht poeseos (ios)., ?natheseos
(ios) — sondern poesis, mafhesis. Ebenso in vielen andern, wie afia-
basis, basis, ellipsis, pareiithesis, prodosis, syllepsis, syntaxis, protasis
u. a. m., wo die Nenlateiner meistens die Endung eos brauchen.
Ebenso Sp. L. ist bei diesen Wörtern im Genit. Plur. die Endung
eön, oder wohl gar griechisch fcor geschrieben, für die lat. Form ium.
Man sage von phrasis nicht phraseöii oder wohl gar phraseMV, son-
dern phrasium; nicht tnetamorphoseon., elüpseön u. dgl.
42. Die falsche Form oft bei Neulateinern, auch bessern, z. B. Mart. La^na
Cic. Epist. p. 226 mense Decembre extreme.
43. So Burmaun. Petron. p. 141.
22
üeberhc-mpt ist die Endung os im Genit. bei ausländischen Wör-
tern nur poetisch; jedocli von Pan nur Panos, nicht Panis, auch in
Prosa.
Eine Doppelform im und m gab es im Accus. Sing, dieser Wörter,
welche die Bessern, wie es scheint, beliebig brauchten. So bei Cicero
Seropiin, basim, ihim, poesi'n.
31. 2) In den Subst. auf ma sind im Genit. Plur. gleich gut die For-
men matum und matoriim^ z.B. 'poemntiim., poematorurn ; aber im Dativ
und Abi. ist nur die Form 7natis im bessern Gebrauche, nicht mati-
b?is, w'HS bei den Neuern zu viel im Gebrauche ist, und sich als Variante
oft in den Flandschr. findet. Man sage nicht poematihtis, sondern
poematis. Ebenso in glossema, e7ubfema, psephisma, diadema, epi-
graniraa u. a.
32. 3) Im Accus. Sing, ist die Endung a für die latein. em mehr P.
und Sp.L.^ z. B. Hectora, hacedosmonn ^Helicona, Cornea, Salmnina —
und melir bei Eigennamen, als bei Appellativen, wie denn auch Cicero
Pana, nicht Panein sagt, aber bei den Appellativen dieses a für em
nur auf aethera und aera beschränkt, obgleich er mit Andern auch
aej'em sagt.
Dagegen kommt im Accus. Phir. oft auch bei den Bessern die
Endung as für es vor, z. B. Aethiopas, Arcadas., Macedotias^ Gretas,
Ci/clopas, heroas u. a. m.
Selten war bei den Wörtern auf es im Accusativ die Form en
für em, z. B. Socraten, Periclen, Callisthe?ie?i für Socratem, Periclem.,
Callistheneni.
Ganz unlateinisch aber sind Formen, wie Alesidin von Alexis^
Amphidi?i von Aniphis, für Alexin, Amphin. Selten auch von Namen
auf is im Genit. idis — im Accus, idem für ^V^, z. B. Phalarin., Toxarin,
Theognin, nicht Phalarideni u. s. w. Vgl. Ileusing. Observ. p.448. Ebenso
N.L. Eumenidae im Nom. plur. für Rnmenides ; Aristophonis für Ari-
sf ophoTftis \'on Aristophon ; Alcidamae f\\r Alcidamautis — und was mau
sonst der Art Unerhörtes bei Neulateinern liest.
Vierte Declination.
33. N. L. ist wohl als Neutrum auf u das Wort tonitru (der Donner)
für die nur sicliern Formen tonitrus nach der vierten, und als ältere
poet. Form tonitruum nach der zweiten Decl.
Die Neutra auf ri haben erst Sp. L. und in gewöhnlicher Volks-
sprache im Genit. Sing, wieder //, wofür die Bessern die Form us
brauchten, also nicht cornu im Genit. co/w?/, sondern cor»?/«*'*.
AI. sind im Dativ Sing, die beiden Formen u und ui, von welchen
nach Gellius N. A. IV, 16 die erste Caesar, die zweite Cicero vorge-
zogen haben soll, z. B. venatu und venatui; cursu und curszii; equi-
tatu und equitatui. Viele wechselten mit beiden.
Vom Subst. lapsus, der Fall heisst aber der Dat. und Abi. lapsi-
bus., nicht lapsis ^*.
44. Vgl. darüber Sclmcider's Formenlehre B. I, p. .329 fg. und insbesondere
W. Freund in der Vorr. z. Tli. I seines Wörter!).
45. So Giphanhis Ep. ad Muret. (Oper. T. II, p. 116).
23
Fünfte Declination.
Neben der Form ei im Genitiv und Dativ brauchte man zwar in 34.
der bessern Zeit auch e oder /, oder auch es, z. B. diei^ die^ dii \ii\A.
dies; aber im Schreiben bleibe man nur bei der ersten alJgemein
üblichen Form'*^.
Der Genitiv Plur. auf erwm kam nach den alten Grammatikern
nur bei den Subst. res und dies vor, aber nicht bei den mehrsylbi-
gen ; auch verwirft Cicero (Topic. 7, 30) ausdrücklich von species
nicht nur den Genit. speciermn. sondern aucli den Dativ und Abi.
speciebus, wofür er fonnarum und formis gebraucht wissen will. Sp. L,
shid auch von spes die Formen sperum und spebus.
Von den Adjectiven.
Auch hier ist bei denen der dritten Declination viel Zweifelhaf- 35.
tes und Ungewisses im Abi. Sing, und im Genit. Plur.., so dass man
geneigt wird anzunehmen, dass auch in der bessern Prosa (denn in
Versen war esgewiss der Fall) die Formen e und «, um und ium neben
einander in denselben Wörtern gleicl» üblich gewesen seien. Jedoch
folge man den Vorschriften der bessern Grammatiker, und beachte
unter Andern Folgendes:
Die Form i ist im Abi. Sing, bei den Adjectiven Einer Endung mehr 36.
prosaisch, als die Form e, welche wegen der Kürze des Vocals den
Dichtern willkommen war. Man schreibe celeri, veloci, rapaci, ingenti.,
supplici, sapieiiti., prudeiiti., insolenti u.a., nicht celere, veloce u. s. w.
Kl. war aber wohl nur veter e., nicht veteri.
Bei den Participien auf ans und e/zs, wie ßagra7is, praegnans^fer- 37.
vens., candens, excellens, cotitinens, im Abi. z', nicht e, wenn sie nur
adjectivischen Sinn haben, e dagegen, nicht i, wenn sie als wahre
Participien gebraucht werden, mag auch in einzelnen Stellen der
Klassiker nach älterer Art das wahre Participiura ein i statt des e
geliabt haben. Man schreibe, wenn es heisst mit brennendem Eifer,
»tudio ßagranti ; mit atihalte?idem Athem,sinriUi continenti; aber als
die Stadt brannte, wann die Stadt brennt., urbe flagrante; als Jener
den Aihem anhielt, illo spiritum continente.
Bei den Comparativen war im Ablativ Kl. wohl fast immer die
Endung e, selten nur /. Man schreibe meliore, majore, minore, priore,
posteriore u. a., nicht meliori, majori u. s. w. 4T
Ungewöhnlich sind \onpleriqne die Formen pleroriimque, plera-
rumque, welche erst in der spätei'n rauhen Latinität im Gebrauche
sind 48.
Sp. L., zum Theil barbarisch sind Gradformen, wie beneßcior, SS.
be7ießcissimns, assiduior, strenuior, piior, piissimus, pientissimus, pro-
46. Vgl. Cic. Rose. Am. 45, 131. Sest. 12 u. Gell. N. A. IX, 14.
47. Die, Form i findet sich allerdings in vielen Stellen der Klassiker in den
alten Ausgg., aus welchen auch die Neulateiner der frühern Jahrhunderte diese
Form in ihre Rede aufnahmen , und wodurch auch die Redensart der Philo-
sophen a priori, a posteriori, a potiori alltäglich und herkömmlich wurde; aber
fast überall bieten in jenen Stellen die bessern Haudschr. e statt i, welches i
daher in den neuern Ausgg. fast verschwunden ist.
48. Ygl. Vavassor Antib. p. 673.
24
priior, proprüss/'nms, perpehiior, repiignantior , repugnoniismwis, pro-
ximior, pro.vi'm/ss/'//if/s,parv>'ssimus, ininiimssimuSy mu/tissimtis, veneran-
dior, vetieramh'ssitims, reverendior, reverendissimus, australior, austra-
tissimfjs^^, liinl was niaii sonst iiocli Wniiderliches der Art, theils im
Scherz, tlieils im Ernst g-ebildet, hei den Yorklassikern und den spä-
ten liateinern findet und was durchaus keine Nachahmung verdient.
Vgl. noch unten §. 88.
Lfehrigens von Doppelformen im Nomin. auf er oder m, z. li.
eqiiesicr neben equestris, salnber ne])en sahibris u. a. vgl. den Lexical.
Tlieil unter den einzelnen Wörtern. Kbenso über imbecillus und imbe-
cillis, imberbus und ttnberbis.
Zahlwörter.
89. Auch hier sind manche jetzt gebräuchliche Formen entweder als
poetische oder als spätere zu vermeiden, wiewohl in der bessern
Schrifäsprache zuweilen auch zwei Formen gleich gut neben einander
bestanden haben mögen^*". Man beachte aber Folgendes.
Gleich gut waren von dtio^miA a/nbo im Accusativ dtios und duo,
anibos und ombo, und man glaubt irrig in den neuern Zeiten, dass
Cicero nur duo und mnbo, nicht duos und ambos gesagt habe 5^. Man
wähle, wie es der Wohllaut der Rede fordert.
40. Kl. ist im Genit. Phir. aller nach der ersten und zweiten üeclin.
gehenden Zahlformen die kurze Form uvi fiir arum und orum., wenn
ein Wort des Maasses und Gewichtes dazu gehört, sogar bei anno-
Tum^ z. B. duum amphorwn für diiarum amphorarum ; duutn dena-
Tium für duorum denariorum ; ducentum pedum für duceiitorum p.;
denuni modium für denorum modiorum. So Cic. Verr. 11,49,122. pueri
annorum sentim septenunique denum. Caes.B. G. VII,3G,7 fossa duo-
denuin pedum u. a. m. y^\. oben §. 16 u. 24.
41. Selten sind die mit ocfo und wot'em gebildeten Zehner unter den
Zalilwörtern, z. B. octodecim, octo et v/ginti für duodeviginti, duode-
iriginta; novemdecim für tiudeviginii; novem et viginti für unde-
Iriginta — und so alle ähnlichen der folgenden Zehner, z. B. duode-
quudraginta^ tindequadraginta. Zweifelhaft sind auch w ohl für Cicero
und Caesar und andere Klassiker die Formen deceni octo oder octo
et deceni; decem novem oder nooem et decem^^. Ebenso ist es bei
den übrigen Zahlwörtern, z. B. duodevicesimus, nicht octavus deci-
mus ; undevicesirnus, nicht nonus decimus — und so auch bei den
übriijen Zehnern.
49. Die beiden letztern oft iu der alten lateiu. Uebers. des Strabo.
50. Vgl. ausser den neuern Sprac lileliren auch Rcisi(/'s letztes Werk, Vorle-
sungen über lat. Sprachwissenschaft, p. 177 fgg.
51. Vgl. unter andern dagegen R. Klotz Cic. Lad. p. 120.
52. Die Lexica (sogar das von W. Freund) führen freilich aus Jul. Caesar
B. G. I, 8 (hcem tiovcm an ; aber so lesen nur die altern Ausgg., nicht die
neuern, vvelclie entweder blos decem ohne novem, oder novem oluie decem liaben,
da die Zahl vavnzelm durchaus fehlerhaft sei. Dennoch liat die neueste Aus-
gabe von Sclnieider jene wunderliche Form decem novem, welche wenigstens
decem et novem licissen müsste. Wo freilieli die Zahl bedeutend hervorgehoben
werden soll, haben die Alten auch wohl beide Zahlen ausdrücklich gesetzt,
nicht jene Formen mit dttode nnd unde.
25
Zireifelhaft, wenig^stens Sp. L. sind die Formen octnaginta fiir 42.
ocloginta und nonin^enti für non^enti; beide oft bei Neulateinern.
Eben so zweifelhaft sind die Formen dticenttim^^, trecentum u. a.
für diicenti, trecenti; auch jene beiden oft bei den Neuem.
Poetisch sind die umschreibenden Formen bis (ter) quinque für
fJece?n, quiiulecim; bis centwn, tercentum \\. d^i. für ducenti^ trecenti;
bis mille, ter mille u. s. w. für duo^ tria millia.
N. L. sind duo mille, quinque mille, decem mille imd ähnliche, sei
es mit darauf folg^endem Genitiv oder mit dem Casus eines substan-
tivischen Wortes, welcher dem Zahlworte gleich ist^*.
Bei den Ordinahohltvörtern sind gewiss N. Kl. od^- Sp. L. die 43.
Formen decimus tertius, quartus, quintus u. s. w. für terlius decimus
U.S. w. in umgekehrter Ordnung: ^5; verwerflich aber auch mit ein-
geschobenem et — tertius et decimus. Beides ein alltäglicher Fehler
im TV. L., anch bei den Bessern ^6. N.Kl. ist auch wohl secimdus et
vicesimus und ähnliche für alter vicesimus, wie Cic. Fam. XII, 25, 1
schreibt.
Bei den Distributiven sind Sp. L. die Formen milleni (je tausend) 44.
ixiY ^singula millia; bis milleni für bina millia; decies milleni für dena
millia u. s. w, und poetisch sind Formen, wie ter deni für triceni —
und so ähnliche zusammengesetzte 5'.
Pronomina.
Selten bei den Klassikern, und in der heutigen Schriftsprache 45.
ganz zu vermeiden sind die altern Genitiv - und Dativformen von
nvllus — nulli und nullae für nulliris; nullo und nullae für nulli;
von alias — alii und aliae für alius ; von alter — altero und alterae
für alteri; von neuter — neutri für neutrius; von solus — so/«* für
solius; solae und solo für soli, was bei Giese zu Cic. Divinat. einige-
mal vorkommt, z. B. p, 270 quod solo Rathio placuit. Jenes veraltete
neutri für neutrius blieb später in der Sprache der Grammatiker,
53. So ist gedruckt bei Colum. R. R. V, 3, 7, wiewohl er sonst immer die
richtige Form hat. Jene falsche braucht Ant. Possevinus oft, cum ducentum
equitibus, ducentum millia, tercentum millia u. dgl.
54. So sogar bei Ruhnken duo mille florenorum, quinque mille florenorum —
und noch öfter. Vgl. Opusc. p, 584. Ebenso andere Neuere duo mille pedes
n. dgl.
55. Vgl. Cic. Inv. I, 54, 105, wo quartus, quintus, sextus decimus erwähnt
werden — und so auch sonst bei ihm und Andern.
56. Wie bei Bembus , Louffolius, Sadoletus, Manuti^is , Muretus u. A. jener
Zeit, welche diese Sprechweise aus ihren altern fehlerhaften Ausgg. hatten. Da-
gegen bemerkt sciion Graevius z. Cic. Fam. X, 30 bei Anlass einer solchen
Form: Sane Galbam (von dem der dortige Brief ist), si non usus est notis
(^Abkürzungszeichen XVH), scripsisse septimo decimo, non decimo septimo,
nemo latinae lioguae mediocriter peritus potest ignorare — , welche Worte den
Neuern entgangen sein müssen, da die fehlerhafte Form noch immer häufiger
vorkommt, als die bessere.
57. Jene unklassischen Formen nahm ich selbst irrig aus frühern Gramma-
tiken in die meinige auf, und sie hätten in der dritten Ausg. von dem neuen
gelehrten Herausgeber mit den bessern vertauscht werden sollen. Richtig gibt
sie Zumpt und Ramshorn an. Jene aber oft im N. L., z. B. Casaub. Suet. Vesp.
18 aureos bis millenos et quingenos für aureorum bina millia.
26
welche fast nur neutri generis für neutrius generis zu sagen pfle-
gen 5ö. Altlateinisch ist ipsus für ipse und das im Scherz gebildete
ipsissimus. Vorklassisch auch ipse?net blos für ipse. Vgl. darüber
Th. n. Ipsemet.
Unklassisch sind von nemo die Formen neminis und nemine für
nullhis und nuUo. Vgl. darüber Tli. II. Netno.
Das Pronomen iste hat im Neutro Kl. die Doppelform istud wnA
isiuc, welches letztere mehr zur stärkern Hinweisung auf den Gegen-
stand dient, und daher oft vor quidem steht. Vgl. R. Klotz Cic. Lael.
p. 133.
Sp. L. hat meiis auch im Vocativ meus für mi, sowie auf der
andern Seite mi Sp. L. auch die Stelle des Femin. 7nea vertritt, wel-
ches letztere schon Vavassor im Antib. p. 562 rügt. Beides findet
sich nicht selten im N. L., und selbst Wyttenbach schrieb in einem
Briefe an seine Jana Gallieiia — mi animula, für tnea animula.
Im bessern Latein wird nur den Possessivpron. mens, tnus, suus
U.S.W, im Abi. Sing, pte angehängt, z. B. meopte, meapte, aber weder
einem andern Casus, noch einem andern Pron. Unklassisch ist dalier
mihipte, mepte, nospte, nobispte u. dgl. , was man im N. L. für schön
und ausgesucht hält.
II. Conjugirbare Wörter.
46. Hier zeigt sich noch mehr als vorher die Veränderung, welche
die Sprache in ihrer Ausbildung und Feststellung bis zur Zeit der
Klassiker und besonders durch diese erlitten hat. Anfangs hielt man
oft nicht fest an einer Form, sondern wechselte in denselben Wör-
tern mit mehrern, schwankte in der Conjngation und erlaubte sich,
zumal im Volksleben, viele harte Zusammenziehungen längerer For-
men oder dehnte kurze in längere. Die Komiker und übrigen Dichter
behielten die Sprache meistens, wie sie gerade gesprochen wurde,
und so finden wir in den vorklassischen Schriften eine Menge For-
men, welche mit der allmähligen Ausbildung der Sprache fast gänz-
lich verschwanden, und nur wenige blieben neben den neuen den
Dichtern zu beliebigem Gebrauche und wurden in Prosa nur in weni-
gen Fällen angewandt.
47. Jede etwas vollständige Grammatik zählt eine Reihe solcher archa-
istischen Formen auf, welche wir fast alle im Schreiben als veraltete
vermeiden müssen, wenn wir nicht etwa pedantisch damit glänzen
wollen. Dahin gehören Formen wie siem, sies, siet u. s. w. für sim, sjs,
sit; duim, duis u. s. w. für dem, des ; fuat für sit; ausim für audeam;
scibo, reddebo für sciam, reddmn; vestibam für vestiebam ; esperibor
für esperiar ; floriet für florebit ; solui für solitus sum ; posivi für
58. Solclier veralteten Formen bediente sich unnöthig selbst Muretus einige-
mal, z. B. Yar. lectt. IV, 14 alii neminis für alius uem. VIII, 4 nulli pretii
für nullius pr. ; ferner J. Fr. Gronov ad Grotii de jure belli prolegom. §. 49
ob id nullus locus neutro generi für neutri u. a. Ob sie wissentlich diese For-
men wählten, weiss ich nicht; aber dergleichen entfallen gewiss manchem Schrei-
benden wider Wissen und Willen, zumal dem Eilfertigen. Jedoch kann neutri
generis als stete Kunstsprache der alten Grammatiker auch von uns recht wohl
nachgebraucht werden.
27
pos7ii; fulcivi f. fulsi ; fulcitum i.fuUum; tetnli f. Ulli; svbolevit f.
suboluit; viilsi, nivi, adjuvavi f. velli, nin.Ti\ adjuvi; mavelim f. mal im;
vocarier, vendier, dicier f. vocari, vefidi, dici; nioriri f. mori; sefisti\
inielle.vti f. sensisti, intellexisti; surrese f. surrexisse ; levasso, faxo
f. levavero, fecero ; accepso f. accepero ; habessim f. habnerim ; ex-
pugnassei'e f. expugnaturum esse ; flebatur und faci'ebaturixirßebat —
und so noch viele andere, welche Struve in dem oben §. 14, Aam. 34
angeführten Buche ziemlich vollständig gesammelt hat.
Wenn die Klassiker, wie Cicero ^^, Caesar, Livius und Andere 48.
hald diese, bald jene alte Form in ihren Reden und andern Schrif-
ten brauchten, so folgten sie dem allgemeinen Gebrauche, in Reden
die Kanzleisprache nicht ganz zu vermeiden, in feierlicher Rede das
Alte zu achten und in Rechtssachen den Rechtsstyl nicht ganz zu
vernachlässigen. Daher braucht Cicero nicht selten die kurze Form
di'xti für dixisti, di immortales duint f. denl; di te perdm'nt {. per-
datit; di faxmt f. fecerint ; fines posiverunt f. posuerunt (sie steckten
die Grunzen ab); emundus^ vendundus ; nectier, agier, dicier u. a. in
Rechtssachen, und Livius scheut sich nicht, in der Vorrede zu sagen:
nee, si sciam, dicere ausim, und braucht im feierlichen Wunsche:
Gott segne sein Unternehmen immer die Form faxo: Vos ([Xiod faxitis
deos velim fortunare. Cicero führt sogar (Brut. 46, 172) ein Höker-
weib redend ein, welches pote für potest sagt. — Und so möchten auch
wir an schicklichen Stellen, wo die Rede guten Anlass bietet, der-
gleichen ohne Tadel nachahmen können. Brauchen doch Caesar (B. G.
YII, 58) und Sulpicius (in Cic.Fam. IV, 5,1) und ausser ihnen Andere
(Vgl. Oudend. Suet. Caes. 20) die mehr poetische Form conßeri für
confici. Nur hüte man sich vor Missbrauch und nehme nicht, wie
Vitruv, aus der incorrecten Volkssprache calefaciimtur f. calefiunt
auf, nicht satisfacitnr f. satisflt, noch schreibe man mit Ebendemsel-
ben nocentur für iis nocetur ; man sage nicht mit Dichtern und spä-
tem Prosaisten persuadeor oder wohl gar mihi persuadeor für mihi
persuadetur ; noch bilde man ähnhch dem obigen confieri — auch inter-
fieri, perfieri, profieri für interßci, perfid, profici. Auch mache man
nicht klassische Deponentia zu Passiven und hole nicht ihre veral-
teten activen Formen wieder hervor, z. B. adulare, aemulare, gra-
tificare, insequere^ jocare, morare, paciscere, partire u. a. , welche alle
in der bessern Zeit nur passive Form haben, aber Deponentia sind.
Bei solchen Verben muss ein gutes Lexicon zurechtweisen und ange-
ben, was klassisch und nicht klassisch ist. Das Einmischen solcher
veralteten Formen zur Unzeit und an unschicklichen Orten, wie es
pedantisch nur zu oft geschieht, wird dem geschmackvollen Leser
und Hörer, welcher an klassische Formen gewöhnt ist, eben so miss-
fallen, wie in gebildeter deutscher Sprache alle alten Formen zur
Unzeit widrig sind, z. B. seye für sei; seynd f. sind; kief f. kaufte;
fragt L fragt; kömmt f. kommt; gefallt f. gefällt; frug i. fragte;
stnnd f. stand; schnie f. schneite; ritfte f. rief; preiste f. pries;
gepreist f. gepriesen; nehme f. nimm; esse f. iss; geschieht f. ge-
schieht; samtnlen f. sammeln; dauren f. dauern; genennt i. genannt;
geloffen f. gelaufen; gerochen f. gerächt w.^.va.
59. Vgl. R. Klotz Vorr. z. Th. I der Cicer. Reden p. XXXIY.
28
49. Dass derg^leichen theils alte, theils g^anz ungebräuchliche und nn-
erwiesene Formen zuweilen auch achtbaren und gelehrten Männern,
unter welchen freilich einige das Veraltete liebten, wider Wissen
und Willen entfalle, zeige folgende Reihe solcher Formen aus den
Schriften des Erasmus, Paul. Mamitms, Jos. Scaliger, Is. Casaubo-
tms, Lipsius. Possevin, Thuan, Laur. Gro?wv, Rtih7iken,Gaisford,ylng.
Mr/jo, Terpstra, Gierig und anderer Ungenannten. Man höre : Adju-
vavi (Seal.), coliturus (Th.), difßdi (Poss.), detegerunt (Gron.),
dirempsi, dimetitus est (Man.), ej:o/c?<V?/s est (Ang. M.), exorturus
(Ruhnk.) , subcitus (Terp.) , gratificavi (Seal.) , lavarunt, lavasse
(Terp.), mutuavit (Gron.), migarunt (Gr.), obtrectari als Deponens
(Sc.) ., pectilus (C'ds.)^ proetexi f. praetexui (Poss.), perculsit ('l'h.),
possessit (Gaisf.), satisfocitur (Lips.), scibis (Cas.), subolevisse (Gas.),
solui (. solittis sum (Lips.), sectavi (Poss.), suffragare i. siiffragari,
anne.vi f. annexui, consarciimri als Depon., resarcieris f. resarseris,
pelliciti f. pellecti, praestavi f. praestiti 60 , praestiturus f. praestatu-
rifSy gesticiilasse (Gier.) f. geslicidatiim esse — und dergleichen mehr,
welche Beispiele zeigen, wie leicht eich Irrthum und Uebereilung
auch in Verbalformen einschleichen kann.
*>0. Für den Gebrauch einiger Conjugationsformen merke man:
a) N. Kl. und P. L. sind die Endungen iisse, üssem u. s. w. für
die entweder vollen ivisse, ivisse?n, oder für die kurzen isse, issem,
welche letztere Formen meistens vorgezogen wurden. Man schreibe
quaesissem oder quaesivissem, nicht qtiaesiissem; petisse7n oder peti-
vissem, nicht petiissem — und so bei allen ähnlichen, wo der Wohl-
laut zwei i vor s vermied ^i.
oJ» b) N. Kl. sind vom Verbo sino die Formen sivisti, sivisse., sivts-
sem und ähnliche für die kurzen sisti, sisse, sissem; aber wohl mehr
klassisch ist siverim oder sierim, als das kurze sirim der Vorklas-
siker, was an Ort und Stelle richtig und gut ist ^2. Ebenso nicht
nescirim, sondern nescierim oder nesciverim. Für audiceram, aiidi-
verunt war mehr audieram, audierunt^ luid für delectaverunt mehr
delectarunt im Gebrauch. Vielleicht machten aber auch die bessern
Schriftsteller die Wahl der Form vom jedesmaligen Wohlklange und
dem Numerus der Rede abhängig^, und das entschied wohl, ob sie
sagten petivit, quaesivit und ähnliche, oder petiit, quaesiit, welche
Doppelform gewiss gleich klassisch ist. Vgl. R. Klotz Cic. Lael. p.l03.
Auch glaubte Reisig nach p. 228 seines Buches, dass man in der ersten
Person Perf. nie ii, sondern ivi gebraucht habe, z. B. petivi, nicht
petii.
52. c) Da die Verben auch mit der Zeit in der Bildung des Perfects
und des Svpi?iums gewechselt haben, so wähle man im Sprechen und
Schreiben nur die erweislich klassischen Formen, wie sie die bessern
neuem Lexica angeben. Man brauche nicht z. B. praestavi., welches
60. Jenes praestavi erst in den Pandekten und bei Veg^etius, aber so immer
Erasmus und viele Neuere. Dagegen Iiält Vavassor Antib. p. 557 praestatum
für das allein Lateinische, nicht praestitum, was doch bei uns alltäglich ist.
61. Vgl. Reisig's Yorlcs. p. 227.
62. "Vgl. Wunder zu Cic. Plane, p. 218, der aber sirim für die allein gute
Form in jecJer Stelle hält.
29
erst im Sp. L. aiiHam (V^I. §. 49, Anni. 60) für praestiti; aber dage-
gen wieder niclit praestitimi^ sondern praeslatuin; nicht ai-ulsi von
avello^ sondern ovelli; nicht appliciii^ expUcui^ implicui, sondern ap-
pHcavi, exph'cavi\ implicavi; nicht appUcüiim, ea;plicitum^ implicitum^'^ ^
sondern applicatum, explicatiim^ implicatum — und so noch andere
mehr, welche ich jedes an seinem Orte im zweiten TheiJe erwäli-
nen werde.
d) Eine Doppelform bestand auch in der besten Zeit in der 53.
%iveiten Person Sing, der Passiven im Präsens, Imperfectum und
Futurum, nemlich re und m, z. B. videris und videre ; videaris und
videare; videbaris, videbare; videreris, viderere; videberis^ videbere.
Cicero wählte fast nur die Form re, ausser im Indicativ des Prae-
sens, wo er die Endung ris offenbar vorzog, wiewohl er auch hier
einmal (Fam. V, 13, 3) videre nicht videris geschrieben hat, viel-
leicht gar aus Artigkeit gegen Luccejus, an den er schrieb, da die-
ser auch im Indicativ die Form re der Form ris vorzuziehen pflegte;
denn er sagte (Cic. Fam. V, 14) delectare für delectaris, und an-
gere für angeris. Ausserdem findet sich auch noch bei Cicero in
Caecil. 12, 40 arbiträre für arbitraris. Sonst hat er in den obigen
andern Fällen fast nur re, nicht m, also videare^ videbare^ viderere,
videbere^'^. Bei den Schriftstellern nach Cicero aber findet man
mehr die Form ris als re angewandt, und daher wechsele man
mit beiden, wie die eine oder die andere die stylistische Form der
Rede gestatten wird.
e) Ebenso findet sich in der dritten Person Plur. Perf. ^ct. 54.
eine Doppelform erunt und ere, von welcher Cicero (Orat. 47, 157)
sagt: Nee vero reprehenderim scripsere, etsi scripsermit esse verius
sentio ; sed consuetudini auribus indulgenti libenter obsequor. Da
er die Form erunt für wahrer hält, so braucht er sie auch fast
einzig nur^^^ und ebenso Caesar und andere Klassiker; dagegen
wurde die Form ere durch die Historiker Sallust, Livius und die
Folgenden eine alltägliche Form, welcher man heutzutage nur zu
sehr huldigt ^ß.
63. So freilich in einigen Stellen Ciccro's und Anderer, aber nach Orelli im-
mer mit Varianten, wodurch es zweifelhaft wird. Vgl. Th. II unter Implico.
Man wälile daher nur die sicher stehende, sonst auch übliche Form.
64. Hierauf machte Vavassor im Antib. p. 585 zuerst aufmerksam : Contra,
sagt er, qui modus est verus ac rectus, fatearis, docearis vix usurpatus a Tullio,
sed potius fateare, doceare etc. Auflallend aber ist es, dass den Cicerouianern
des sechszehnten Jahrh. dieser Gebrauch des Cicero entgangen ist, da sie die
Form re für ris nur sehr selten brauchen. Es hat sich aber auch erst später
durch die Vcrgleichuog besserer Handschriften die Menge der Beispiele für i-e
so bedeutend vermelirt, dass sich jetzt nur noch in wenigen Stellen die Form
mit ris findet, wo Cicero sie vielleicht absichtlich gewählt hat. Vgl. auch lleisig's
Vorles. p. 241 und C. Beier z. Cic. Ofl". I, 1, 2, p. 5.
65. Wenigstens nach Zumpt z. Cic. Verr. I, 6 (vgl. mit der Anm. zu III,
24, 60) braucht Cicero nur die Endung erunt, nie ere. Bei Caesar aber B. G.
IV, 27 steht zwar in den Ausgg. convenere, aber in Handschr. convenire.
66. Neuere nahmen unter Andern bei Tacitus im Gebrauche der einen und
der andern Form einen feinen Unterschied wahr , aber ob er gegründet sei,
leidet grossen Zweifel, da es doch allzu auflällend wäre, wenn gerade die feinen
Sprachkenner Cicero und Caesar ihn nicht gekannt und nach ihm mit den For-
30
B. Syntax.
55. Aus der grossen Masse des Hierhergehörig^en hebe ich nur das be-
sonders aus, wogegen wegen der Verschiedenheit des Idioms der
deutsclien und der lateinischen Sprache leicht zu fehlen ist und oft
gefehlt worden ist. Dagegen wird der zweite Theil dieses Buches
unter den einzelnen Wörtern oft auf die bessere und schiechtere
Wörterverbindung aufmerksam machen, indem sich nicht selten darin
Verschiedenheit findet, welche durch die Nachahmung der Griechen
zuerst in die Poesie, dann in die Prosa überging, oder welche durch
das später immer grösser werdende Bestreben, neu zu ersclieinen,
vom Klassischen und Richtigen abzuweichen, und das vielleicht
Volksthümliche in die Schriftsprache aufzunehmen, entstanden ist.
a) Substantiva.
56. J) Genus und Numerus mancher Substantiven waren in Prosa
anders als bei den Dichtern, bisweilen auch anders in verschiedenen
Zeiten. Ein gutes neues Wörterbuch wird am besten zurechtweisen.
Poetisch war z. B. talpa (der Maulwurf) generis inasc, in Prosa nur
gen. fem.; der Naclten hiess in besserer Prosa fast nur cervices
(als Plur.), bei Dichtern und später cervis; der Schlund hiess /«y/fes,
\\\c\\i faux ; das Wort snpellex in der bessern Zeit nur im Sing.,
erst sehr spät auch der Plural supellectües, m'e aber supellectilia,
wie Neuere sagen; dies war in der Bedeutung Zeit, Termin ein Femi-
ninum, nicht ein Masc.^ und im Plur. nur ein Masc, nie ein Fe?ni?i. ;
finis war zwar beides im Sing, , aber im Plur. nur ein Masculinum.
Und so finden sich noch manche Verschiedenheiten.
57. 2) Zu den Doppelgeschlechtigen gehören die männlichen Namen
von Schauspielen, z. B. yijas, Eunuchus, Colax, Mercator, Jdelphi.
Terenz, nach Cicero bonus auctor latinitatis, behandelt sie als Femi-
nina, weil er fabula (Schauspiel) dabei denkt^^ Andere dagegen,
welche das wahre Geschlecht berücksichtigten, behandelten sie als
Masculina, wie der Kaiser Augustus und Juvenal. Es hat also Beides
seine Auctorität, welcher man ohne Tadel folgen kann. Vgl. Reisig's
Vorlesungen p. 311.
58. 3) Schriftstellernamen werden zwar auch für ihre Schriften ge-
braucht, aber unlateinisch war dabei die Präposition in; man sagte
nicht in Homero, in Euripide^ in Cicero?ie, in Terentio u. a., wenn
mau dabei nur ihre Schriften verstand, indem bei in nur an die Person
gedacht wurde; man brauchte apud oder sagte weiÜ'auftiger in Homert
carminibus, in Ciceronis libris. Vgl. Theil II unter In. Richtig ist
jedoch: Homerus mihi omnium maxime placet — Platonem reliquos-
men g-ewechsclt hätten. Vgl. darüber Haase's Anm. z. Reisig's Vorles. p. 224.
Uebrigens machte Vavassor Antib. p. 585 zuerst darauf aufinerksaai, dass Ci-
cero fast nur erunt brauche, nicht ere,
67. Er sagt z. B. Prol. Eun. 19 quam nunc acturi sumus Menandri Eunu-
clium, u. 22 occcpta'st. agi , u. 30 C'olax Menandri est , in ea est parasitus
Colax, u. 32 in Etmuchum suam. Dagegen nannte Augustus nach Sueton. Octav.
85 seine Tragödie Ajax nicht mea , sondern meus , und bei Juvenal Sat. I, 6
steht scriptus et in tergo necdum ßnitus Orestes.
que Socraticos legunt omnes (Cic. Tusc. 11,3,8)
ligi potest (Cic. Fin. II, 1, 2). Vgl. nocli §. 175.
31
ut e Piatone intel-
- Auch merke man
110 eil, (lass Bücher, welche z. B. de officüs, de legibus, de re publica
u. dgi. betitelt sind, nach Cicero's Vorgange geradezu Officia, Leges,
Res publica genannt werden können, was Einige, denen es ein Ger-
manismus scheint, als unlateinisch verworfen haben. Aber Cicero Nat.
deor. I, 2, 30 sagt : Plato haec et in Timaeo dicit et in Legibus, d. h.
in den Büchern von den Gesetzen.
4) Manche Substantiva gingen in Prosa nie in den Phiral über, 59.
weil man bei ihnen nicht etwas Einzehies, sondern ein aus mehre-
ren Theilen bestehendes Ganze dachte. So bei den Getreide - und
Metailarten, z.B. triticuni {W eizen}^ hör detim,far^^, aurum, argen-
tu7n, aes, ferrum. Nach derselben Analogie kommen so manche nur
allgemein gedachte Singularen vor, wie glans für glandes, faba für
fahae, vestis für vestes in der aligemeinen Bedeutung Kleidung, rosa
nur als Singular üblich. Daher sagen nicht nur Dichter, sondern aucli
Prosaisten multa canis, multa fraxinus, mulla populus (viele Pappeln)
u. a. , und so konnte Cicero nach dieser Sprachweise im Cato 16,57
sagen: Villa abundat porco, hoedo, agno, gallina, lade, caseo, melle^
u. Caes. B. G. V, 12 Leporem et galhnam et anserem gustare fas non
putant — wo wir den Plur. Hasen, Hülmer, Gänse brauchen würden.
Man sagte daher glande, faba vesci, veste 7iti, in rosa dormire, und
so dehnt sich diese Sprachart noch auf Mehreres aus. Vgl. auch
Th. II unter Rosa und Vestis.
5) Jedoch weichen die Lateiner auch darin oft vom Deutschen 60.
ab, dass sie, wenn Etwas Mehrer7i beigelegt wird, dieses oft als
einzelne Gegenstände concret in der Mehrheit denken, und nur dann
den Singular behalten, Avenn die Eigenschaft oder das Beigelegte
nicht anders, als nur als ein Abstractum gedacht werden kann und
soll, indem der Plural mehrfache Fälle und Gelegenheiten, Arten
und Umstände des abstract gedachten Ganzen bezeichnet. Wenn wir
sagen z. B. wir üben das Gedächtniss, so heisst es nur niemoriam,
nicht memorias, weil das Gedächtniss hier nicht als Mehrheit in ver-
schiedenen Arten concret gedacht werden kann, sondern nur als
Abstractum; aber: wir üben den Körper heisst cor/jor«, nicht corpus,
weil Körper hier nicht abstract, sondern concret. Jeder den Seinigen,
gedacht wird; wir legen uns aui Philosophie, nicht philosophiis operam
damus, sondern philosophiae, denn allgemein soll nur die Philosophie
gedaclit werden, nicht philosophische Systeme, Schulen oder Sekten,
was im Plur. philosophiae liegen würde. Wenn wir sagen: die geist-
vollsten Philosophen, so wird ihr Geist nicht abstract, sondern con-
cret an Grösse verschieden gedacht, daher summis ingeniis philosophi,
aber die gelehrtesten Philosophen heisst philosophi exquisita doctrina,
weil nicht eitizehie ff'issenschafteji (doctrinae), sondern die Gelehr-
samkeit allgemein und abstrakt zu denken ist, also nicht exquisitis
68. Aber Virgil wagte als Dichter bei diesen dreien den Plural hordea,
tritica, farra zu brauchen und wurde von den engherzigen Sprachgelehrtcn
wegen dieser Neuerung bespöttelt. Ueber den vielfältigen Gebrauch, welchen die
Dichter vom Plural gemacht haben , ist sehr lesenswerth das gelehrte Progr.
C. Ge. Jacob's, de usu numeri pluralis apud poetas latinos. Numb. 841. 4.
32
doctrmis. — Ferner der Pliir. animi und spiritiis oft von einer Per-
son, wenn Stolz, Vehennutli^ der sich in einzelnen Fällen kund tliut,
gedacht wird, z.B. Cic. Sest. 41, 89 fractierant unimi hominis (Clodii).
Id. Verr, I, 30 Cn. Dolabellae spiritus appellantur. Dagegen hätte
Cic. pro Poinpejo 23 wunderlich gesagt: Imperatorern decet maiius,
oculos, animos cohibere, da nur animuni statthaft ist. Nie wohl stiil-
titiae multorum hominura, sondern nur stultäia, nie saiiitates animo-
rum, sondern nur sanitas. Gut aber wohl Cic. Verr. II, 14, 35 istius
cupiditates et insam'as, was concret, einzelne unsinnige Handlnngen^
gedaclit wird; Off. I, 22, 78 domesticae fortitudines, muthvolle Thaten
im Frieden, im Gegensatze von militares, im Kriege. Ebenso, wenn die
Lateiner solatimn^ mors u. a. im Sing, brauchen, verstehen sie nur
Trost, Tod im Allgemeinen, im Plur. sind solatia Trostgründe und
mortes Todesarten, wie bei Cic. Tusc. I, 48, 116 clarae fnortes ; iiiili-
tas ist Nutzen, Nützlichkeit im Allgemeinen, aber utilitates, einzelne
Arten des Nutzens, Vortlieile, meistens äussere; vnltus im Sing, ist
Gesicht, Blich; im Plur. diu Miefien; und so bei vielen andern ^s.
61. Wo nun bei Mehrheit des Hauptwortes auch die Nebenwörter
als Mehrheit denkbar sind, werden auch diese fast immer in den
Plurcd gesetzt, damit beide einander, wie es auch wirklich ist, in
der Zahl gleich seien, Beispiele aus Cicero mögen für ähnliche Fälle
die Anwendung lehren. Parva sunt omnium reruni principia (klein ist
aller D. Anfang). Haec omnia nieliores habebunt exitus (Ausgang,
Ende). Homines familias suas (ihr Gesinde ) continent. Fumi incen-
diorimi procul videbantur. Hoc pertinet ad pueroruni ortus (Geburt).
Talia volatibus (Flug) avium cantibusque (Gesang) praedicuntur. Ejus-
modi erant silus (war die Lage) oppidorum. Ingenia (der Verstand)
omnium paria esse non possunt. lile errantium stellarum cursus (den
Lauf u. s.w.) , progressiofies, iiistitiones notavit — und so dergl. melir.
So ist es fast immer bei den aus zwei Substantiven zusammenge-
setzten deutschen Subst. , wenn sie im Latein, getrennt werden,
z.B. die Grabdenkmäler, sepulcroruni (nicht sepulc?'i) momanenta; die
f'Vurzelfasern, radicum (nicht radicis) fibrae; die Nussschale7i, ju~
glandiuni (nicht juglandis) putamina ; die Wasserleitu?igi;7r, aquarum.
(selten aquae^ ductus ; das Kunstwerk, artis opus; die Kunstwerke,
artium opera; die Träumer scheinung, visum somnii, im Plur. visa so-
mniorum. Dagegen die Seelenkrankheiten heissen animi (nicht ani-
morum) morbi oder aegrotationes, da sie nur von eitier Seele, nicht
von mehrern gedacht werden; die Saatzeiten, terapora satio?iis (nicht
satio7ium) ; Händewerke heisst opera manu (nicht manibus) facta. In
Substantiven, wie das Sachgedächt?iiss, der Wortsinn, die fiortarinuth,
und ebenso wortarm und ähnlichen, muss, weini nicht bestimmt nur
eine Sache oder ein Wort gedacht wird, der Plural stehen, memoria
rerum, sententia verborum, inopia verborum, inops verborum, inter-
pretatio verborum (d. Worter kläru?ig^ . Und so wende man den Plu-
ral überall an, wo er denkbar und passend ist, z. B. Auge und Ohr
werden befriedigt, aures et oculi; zu Fusse reisen, pedibus nicht
69. "V>1. was Hand im Lclirb. p. 184 für einzelne Fälle verständlich bemerkt
liat, und ausserdem noch Rcisig's Vorles. p. 131 und Ellendt z, Cic. de erat,
p. 378 fj,^g.
33
pede ; zu Pferde einen Weg; machen — von mehrern Personen equis,
von einer., equo ; man sage niclit : ea diclata magistrorum tamqunm
pretiosissimum •/.iiu)]Xior sibi servant^", sondern pretiosissima y.ujj.ij).iu;
niclit : optimossibi quisque scn'plores tamquain ejcemplar (zum Muster)
sumat, sondern exemplaria; nicht: corrige quae tibi secundum gram-
maticae praeceptum (Vorschrift^ Regel) vitiosa videntur, sondern prae-
cepta, obgleich richtig regulam sein würde, weil regnla, wie jiorma,
nur als Sing, gedacht wird, die Richtschnur heisst, und daher keinen
Plural hat.
6) Collectivuwrter, wie pars, nniltitudo, Juventus, werden, wenn 62.
Metischen dabei gedacht werden, tlieils als Singularen, theils dem
Sinne nach als Pluralen betrachtet, und daher kann das Verbum
nicht nur im Si?ig., sondern auch im Plur. mit ihnen gleich gut ver-
bunden werden. Da der Plural die Erzählung mehr veranschaulicht,
so ist er von den besten Geschichtschreibern seit Cäsar dem Sin^u-
lar meistens vorgezogen worden. Cicero macht dagegen in seinem
Lehrvortrage vom Plural wenig Gebrauch, nur dann etwa, wenn ein
Zwischensatz das Subject vom Verbo trennt. Vgl. Cic. Fiu. 1,28 wupulant
Bxxi multitudo bezogen ist, und ebenso Tusc. IV, 3, 6 invitabantur. In
Erzählungen ist der Plural am geeignetsten, in anderer Rede aber
missbrauche man ihn nicht, durchaus auch dann nicht, wenn das Ver-
bum vorangeht, nicht später nachfolgt ^l.
7) Einzelne Substantiven mit und ohne Artikel, aufweiche eine nähere 63.
Relativbestimmung folgt, bedürfen im Latein, noch des Pron. ille,
wenn Vergangenheit gedacht wird. Man sage: dies ille, quo Cicero — ,
der Tag, an welchem; annus ille, quo — , das Jahr, in weicliem u. a.
8) Die Monatsnamen Januarius u. s. w. werden mit seltnen Aus- 64.
nahmen ^2 nicht als Substantiven, sondern als ^f//ec/?i'ew betrachtet,
und bedürfen daher eines substantivischen Beisatzes, wie mensis,
Kalendae, Nonae, Idus ; man sagtmensis Januarius ; Kalendae, Nouae^
Idus Januariae, nicht blos Januarius^ auch nicht Kalendae u. s. w.
Januarii oder mensis Januarii. Diese fast gesetzmässige Sprechweise
beweisen theils die Verse, in welchen derNameunabgekürzt steht, theils
auch mehrere Inschriften ^^^ j/^uf doppelte Weise aber haben wohl
die bessern Lateiner nicht gesprochen, wenn gleich in den Ausga-
ben ihrer Schriften, sogar in manchen neuern, viele Willkühr herrscht,
welche auch in die neulateinische Schriftsprache übergegangen ist^*.
70. Wie Mahne im Crito p. 260 schreibt.
71. Vgl. Hand's Lehrb. p. 184 u. Reisig's Vorles. p. 325.
72. Wie z. B. Cic. Provinc. 15 Januario, Fcbruario proviiiciam non habebit;
Fam. X, 26, 1 in SextUam ohne mensem, und, wo es aber natürlicli war, Att.
I, 1 excurremus viense Septembri, ut Januario revertamur — und so vielleicht
noch da und dort, aber selten.
73. Vgl. Heusing. Emendd. p. 444.
74. Es ist kein Wunder, dass die bessern Neulateiner des secbszehntenJalirh.,
durch ihre Ausgg. verführt, sehr willkührlich geschrieben haben. Der Irrthum
entstand durch die Abkürzung des adjectivischen Monatnamens, z. B. Jan. oder
Januar., Febr. oder Februar, u. s. w. Wenn aber die bessern Handschr. der
Klassiker vollständig z. B. ante Kalendas SextiUs, Septembris u. dgl. schreiben,
so ist das gewiss nicht der Genitiv des Wortes SextiUs, September, sondern
die altklassische Form des Accus, plur. für die spätere gewöhnliche Sextiles, Sep-
tembres, so dass auch diese alte Schreibart zum Irrthum verführte.
3
34
Man sage also nicht ante medium Januarium'^^, sondern lieher «nte
m. mensem Januar iwn ; nicht medio NovembrP^, sondern mediomense
Novembri; nicht extremo Sestt'h"'''^ für extr. mense Sextül; nicht
ilhid rejecit in Octobrem, für in mensem Octobrem"^^ ; nicht Feb-
ruarius olira erat mensium ultimus, für mensis Februarius ; nicht hoc
accidit Kalendis oder No?iis oder Idibus Martii, sondern Martiis;
nicht pridie Kalendas Januarii^ sondern Januarias.
65. 9) Die Apposition verlangt bekanntlich gleichen Casus und bei
einem Personalsubstantive auch gleiches Genus und gleichen Nume-
rus. Die Verscliiedenheit der Sprachen kann leicht Fehler veran-
lassen. Besonders vorsichtig sei man im Genus derer, welche com-
muiiia sind. Man sage z. B. memoria^ flda ctistos, nicht ßdus custos^^;
pax, jucu?ida comes, nicht jucundus comes — und ähnliche. Wo
ferner eigene ?nännliche und weibliche Formen neben einander be-
stehen, werde jedesmal vorsichtig die richtige gewählt, z. B. reo:,
regina ; moderator, moderatrix ; victor, victris ; consultor, consultrix.
Incorrect schreibt daher Sallust. Jug. 64 cupido et \rz, pessimi con-
sultores für pessimae consultrices ; er raüssste denn, wie es fast
scheint, cupido und ira als Personen und jene als männliche nach
Dichterart gedacht und darnach sich ausgedrückt haben. — Gegen
den Casus vcrstiess neulich Einer, welcher schrieb: Evangelistae
liaec miracula Jesu commemorant, 1) sedatio proceilae; 2) suscitatio
mortui ; 3) sanatio u. s. w. für sedationem, suscitationem, sanationem.
— Poetisch aber sind Verbindungen, wie urbs Trojae^ flumen Rheni^
mofis Caucasi und ähnliche, wo die Prosa durchaus die Appositions-
verbindung des gleichen Casus fordert, urbs Troja, fltnnen Rhenus^
inons Caucasus^^. — In Redensarten aber, wie der Name Pietät,
das Wort Fergnügen — wird der Genitiv^ nicht gleicher Casus ge-
braucht, noraen pietatis (Cic. Fam. 1, 9, 1), nicht no?ne?i pietas ; vox
voluptatis (Cic. Fin. I, 2, 6), nicht vqx voluptas — und wenn gesagt
wird : Der fünfte April war als Datum beigeschrieben^ so sagt man :
dies Nonarum Aprilium adscripta erat (Cic. Fam. III, 11, 1), nicht
dies — Nonae Apriles ; der dreizehnte September — Iduum Septem-
brium dies (Tacit. A. II, 32, 3).
^^' 10) Beim Ausrufe^ wo der Deutsche den Nominativ gewöhnlich
braucht, vermeide man diesen, als den im Latein, ungewönlichen
Casns, da fast nur der Accusativ gebräuchlich ist. Man sage nicht,
wie wir: O ich Blirider! o ich Uftglücklicher ! o ein trauriges Leben!
75. So Mannt. Ep. III, 35.
76. So Sadolet. Ep. I, 10.
77. So Ebeiid. Ep. III, 2.
78. Wie Cic. Att. II, 21, 5.
79. Wie sich sogar Ruhnkeii einmal übereilte, indem er Elog. Hemslerli. p.
271 schrieb: H'emstcrh. memonae suae, fidissimo ceteroquin omaium — cvslodi,
irasci solebat — für ßdissimae custodi, welche Uebereilung neulich entschuldigt
wurde mit ähnlichen Uebereilungen späterer Griechen, denen auch aus der
Vuigata Prov. 24, 9 ahominatio honiinum detractor est — hätte beigefügt wer-
den köimen, womit sich aber wahrlich Ruhnken, der strenge Lateiner, nim-
mer entschuldigt hätte.
80. Daher ist wohl verdächtig, was bei Caesar B. G. I, 2 Einige schreiben:
monfe Jurae für monte Jvra und B. G. VII, 56 mous Cevennae für Cevenna.
35
o ego caeciis! o ego infelis! o vita misera! sondern o nie caecurn!
(Cic. Att. X, 10, 1) 0 me infelicem! (miserum!) o vitam 7nisernni!
Damit verwechsele man die Anrede im Gespräche nicht, welche den
Vocntiv fordert, wobei noch zu merken ist, dass im bessern Latein
nie Jemand mit seinen Vornamen angeredet wurde, also nie
weder Tidli Cicero, noch Marce T?illi' Cicero, nicht Lact Crasse,
Marce Pomponi — für die einfachen Cicero, Crasse, Pomponi. Die
Vornamen traten vielleicht nur höchstens zur Unterscheidung zweier
Gleichnamigen hinzu. Vgl. Ellendt z. Cic. de orat. p. 347.
11) Der Genitiv und Ablativ des Substantivs ^m^x Eigenschaft,^.
z. B. ingenii (ingenio), doctrinae (doctrina), virtutis (virtute) , pretii
(pretio) kann ohne ein passendes Adjectiv nicht zu einem andern
Subst., als dessen Eigenschafts- Genitiv oder Ablativ hinzutreten,
wie bei uns, der Mann von Geist, von Gelehrsamkeit, von Tuge?id,
eine Sache von Werth — nicht homo ingenii u. s. w., res pretii, aber
wohl eximii ingenii, summae doctrinae, magnae virtutis, magni pretii.
Ebenso nicht: ego sum laetitiae (laetttia), doloris (dolore), aber ma-
gnae laetitiae (magna laetitia). Uebrigens vgl. die neuern Gramma-
tiken und meine Anleit. §. 149 und 204 über den Gebrauch des
Genitivs und Ablativs der Eigenschaft.
12) N. L. ist der Genitiv in Redensarten, wie keins meiner Worte, 68.
nicht nullum meorum dictorum, sondern nullum meum dictum (Cic.
Fam. I, 9, 21) ; nur eins deiner Worte, nicht unum verborum tuorum,
sondern unum verbutn tuum (Cic. Farn. X\, 4, 11) — und so in
allen, wo noch ein Possessivpronomen meiti, dein, sein zu einem Zahl-
worte, wie keiner, einer, viele, mehrere, die meisten u. dgl. hinzutritt.
Aehnliche Beispiele sind: millum officium twim (Cic.*Faro. VI, 16);
ego nullam epistolam accepi tuam (ib. 11, 10, 1); unis se litteris
meis omnia consecutum putat (ib. Xlll, 24, 3) ; Autronius multa
mea in se, nonnulla etiam sua in me proferebat officia (Cic. Sulla
6, 18) ; in tua quadam epistola (Cic. Att. IX, 10, 3) ; ex muKis ser-
monibus litis (Tusc. V, 1, 1) ; ex tuo sermone quodam (Fam. VII,
28); quod officium tuum defuit? (Fam. XI, 27, 4); plurimas epi-
stolas meas (Plin. Ep. IX, 2, 1) und so immer in allen ähnlichen — so
dass Günther zu Com. N. Dio 3, sehr übereilt diese Sprechart dictio-
nem Latinis non admodum frequentatam nannte, da sie doch die
regelmässige ist.
13) N. L. jst der Genitiv des Theils, wenn doch kein Theil, sondern 69.
vielmehr alle, wie viele oder wie wenige es sind, gedacht werden,
zu welchem Genitiv meistens der deutsche Genitiv deren, derglei-
chen, unser, euer, und ähnliche, zu einem Zahlworte zugesetzte Sub-
stantiven im Genitiv verführen. Wir sagen: Der Bürger waren da-
mals nur wenige anwesend; die Lateiner: Tum pauci tantum cices
adfuerunt — nicht civium; denn pauci civiiim heisst wenige unter
den B. — Vgl. die Grammatiken und meine Anleitung §. 156. Daher
missbilligt es F. A. Wolf mit Recht, wenn Ruhnken Elog. Hemsterh.
p. 226 sagt: ex illis, quorum (deren) singuli \ix — reperiuntur, und
ändert quorum in qui um, denn die Uli sind die folgenden singuli.
Ganz anders ist es bei Cic. Rep. I, 1 quorum (unter welchen) sin-
guli saluti huic civitati fuerunt — was man für Ruhnken angeführt hat.
14) Fast N. Kl. kann man den Genitiv zur Bezeichnung des Gra- 70.
3*
36
des nach Wörtern, wie eo, dahin, sotvett^zu dem Grade; quo, wieweit;
huc, bis auf den Grad nennen, da er griechischartig ist, und sich
zwar bei Salhist und einmal bei Livius (eo consiietudinis), sonst aber
nie bei Caesar und Cicero, wohl aber bei Spätem findet. Man ver-
meide also mehr Redensarten, wie eo fe/icitatis, eo 7nagiiitudi?iis
pervenire, zu dem Grade von Glück (Grösse), zu solche?n Glück, zu
solcher Grösse gelajigen, und sage dafür ad eam felicitatem (magni-
tudinem) oder eo felicitate (magnitudine) pervenire. Zumpt sieht diese
Verbindung als Fortbildung des Bessern an. Vgl. auch Th. II unter Eo.
71. 15) Selten bei den bessern Schriftstellern ist der Genitiv dessen,
welchem Einer z. B. als Legat, Quaestor, Kriegstribun u. dgl. ge-
geben und beigeordnet ist, indem dafür gewöhnlich der Dativ in
Bezug auf das Verbum des Satzes, esse, stellt. Ebenso auch bei heres,
der Erbe, Jema7ides Erbe sein, alicui (nicht alicujus) heredem esse.
Daher: er ist mein Erbe, mihi est heres, nicht 7neus; er ist rnein
Legat, ynihi est legatus, und so auch quaestor, tribunus militum und
dergl., nicht meus. Ebenso aliquem sibi legare, Einen zu seinem Le-
gaten machen. So bei Cicero: Caesar me sibi \\i\t esse legatura (Att.
II, 19, 5); Mescinius w/ä«* quaestor fuit (Farn. XIII, 26, 1); Murena
legatus Lucullo fuit (Muren. 14) ; Scipio in Africam venit Manilio
consjili ad quartam legionem tribunus militum (Somn. Scip. 1) ; qui
M. Aemilio, clarissimo viro, legati et praefecti fuerunt (Cluent.
36, 99) ; qui fratri meo legatus fuit (Plane. 41, 100) ; heres est
M/ndio, fratri suo (Fam. XIII, 26, 2) — und so noch oft. Nur selten
anders , z. B. frater meus legatus est Caesaris (Att. I, 9, 21) ; Q.
Metellus, cußis legatus erat (Off. III, 20, 1) ; M. Antonii, ct/jus prae-
fectus cum esset (Brut. 45, 168) ; quam eum, cujus quaestor fueris,
accusare (in Caecil. 20), wo kurz vorher cui quaestor fuerara ge-
sagt war — und so noch einigeraal.
72. 16) N. L. dagegen ist der Dativ für den Genitiv, wenn bestimmt
derEigenthümer oder Besitzer, nicht blos der, welcher Etwas hat, ange-
geben wird. Wir sagen: dieses Haus ist meinein Vater, die Lateiner:
est patris mei, nicht patri meo ; ist mir, est mea, nicht est mihi. Falsch
wäre: haec villa nunc est mihi, quae quondam fratri meo fuit, für
est mea — fratris mei f.
73. 17) N. L. ist bei esse laudi (zum Lobe), decori, dedecori und ähn-
lichen Dativen der Zusatz eines Genitivs oder Possessivpronomens
zur Angabe dessen, zu dessen Lobe, Ehre, Schande — Etwas ist oder
dient, anstatt eines zweiten Dativs. Wir sagen: das dient zu meinem
Lobe, die Lateiner: das dient mir zum Lobe, hoc mihi est laudi, nicht
meae est laudi; zum Lobe meines Bruders , fratri est laudi, nicht
fratris. Daher in der Frage zu wessen Vortheil? cui bono ? nicht
cujus bono? — und so in ähnlichen. — Dagegen ist der Dativ N. L.,
wo wir sagen: daskaminir, den Eltern zu Ohren, nicht mihi, pa-
renlibus, sondern hoc ad aures meas, ad aures parentum venit; er
fiel den Feijiden in die Hände, nicht hostibus in manus incidit, son-
dern in hostium manus.
74. 18) Vermieden werde der Dativ einer Person für a mit dem
Ablativ bei einem Passivo im Präsens, Imperfectum und Futurum,
z. B. ich werde von Keinem verstanden, intelligor nulli für a nullo,
indem dieses P, L. und in Prosa Sp. L. ist ; in der guten Prosa kommt
37
es jedoch bei der PnTticipialform des Perf. mit esse mehrmals vor,
sowie es bei dem passiven Participioaiif «/^(/ms und endus ganz gewöhn-
lich ist, wo jedoch auch a klassisch ist, zumal wenn es zur Verständ-
lichkeit des Satzes nothwendig ist, wie in ///^ÄZ/rff^r/ subveniendiim
est, welches, um Zweideutigkeit zu vermeiden, entweder a me frotri
oder mihi a fratre subv. est, heissen muss. Vgl. Reisigs Vorlesungen
p. 679 und 748.
19) Nur sehen bei den Klassikern, d.h. bei allen bessern Schrift- 75.
stellern (und vielleicht noch hie und da fehlerhaft, wenn man nicht
mögliche Uebereilung des Schriftsteilers annehmen will) ist der
jiccusatic bei ante und post, wenn angegeben wird, um wie viel Zeit
vorher oder fiachher Etwas geschehen sei, wo in der Regel lateinisch
der Ablativ gebraucht wird, indem ante und post nur dann den ^c-
cusativ bei sich haben, wenn sie Praepositionen sind und vor und
nach bedeuten, z. B. vor (nach) wenigen Tagen, ante (post) paucos
dies, aber wenige Tage vorher (nachher), paucis ante (post) diebus.
Sowie aber wir Deutschen bisweilen nachlässig vor für vorher und
nach für nachher brauchen, so vielleicht auch bisweilen die Latei-
ner, wenn für den regelrechten Ablativ der Accusativ steht. Der-
gleichen aber verdient keine Nachahmung, wie sie sich dennoch
bei den Neulateinern findet. Jedoch ist zu bezweifeln, ob jemals,
wenn mit ante oder post eine zweite Zeitangabe im Accusativ folgt,
auch die erste im Accusativ stehe. Unlateinisch ist gewiss: multos
ätmos afite (post) proelium Cannense ; paucos annos ante (post) Fir-
gilii mortem, für mtiltis annis, paucis annis ; nicht aliquot an?ios post
Sardes captas u. a. für a7inis — , wenn nicht etwa der Accusativ die
Dauer der Zeit eines angegebenen Ereignisses anzeigen soll, wie
bei Cic. leg. Manil. 18, 54 at hercule aliquot annos continuos ante
legem Gabiniam. Fehlerhafte Beispiele aus Neulateinern übergehe
icii und erwähne dafür, dass auf der andern Seite im N. L. zuwei-
len der Ablativ bei atite und post da stehe, wo der Accusativ er-
forderlich ist, z. B. Ecce^i narrabat (für narravit) ille, se paucis
post diebus ad te esse profecturum — für post paucos dies, da Nichts
erwähnt ist, nach welchem er wenige Tage nachher abreisen würde.
Fehlerhaft ist auch, wenn z. B. perpaucis diebus für perpaucis ante
diebus gebraucht wird, wie perpaucis ^^ diebus ad te litteras rescri-
pseram, wo es nach Cicero (Farn. IV, 9, 1. VI, 20, 1 u. a.) perpau-
cis ante diebus heissen musste. Vgl. noch Reisig's Vorles. p. 712.
20) 'Sielten und nicht nachzuahmen ist der Ablativ zur Angabe 76.
der Dauer der Zeit für den Accusativ. Man sage nicht: regnavit
dtiobus annis für duos (duo) annos; vixit octoginta annis für oct.
annos. — Zu merken ist hier noch die Verschiedenheit des Aus-
drucks bei svpplicatio (Dankfest), wenn angegeben wird, wie lange
es dauern solle oder angeordnet und angekündigt sei. Cicero und
Cäsar (B. G. IV, 38. VII, 90) wählen fast nur (jener immer) den
Genitiv als Zeiteigenschaft der supplicatio, z. B. supplicatio quin-
decim dierum decreta est. Jedoch braucht Cäsar B. G.- II, 35 auch
81. So Fülleborn Theorie des lat. Styls, p. lOa.
82. So Longol. Ep. I, 3..
38
den Accusativ, dies q?i?'ndectm supplicatio decreta est, und so auch
Livius XXVII, 4, 15 supplicatio diem umwi Romae — nllermn in
Capenate agro indicfa est; XLI, 28, 1 dient unum supplicatio l'uit
ob — et alterum diem supplicatio ad Cereris — fuit; und wie wir
sag^en mif einen, zivei , drei Tage, so Livius mit der Präpos. in,
wie XXXVII, 47, 4 iii unum diem supplic. decreta est — in alterum
die7n, quod — .
77. 21) Sehr beschränkt ist im bessern Latein der gräcisirende «6-
solute Accusativ, z. B. id aetatis, in dem Alter ; id gemis, von der Art
(vgl. Grammatik); aber ausgedehnt auf Participien und Adjectiven
ist er aus den Dichtern seit Livius (vgl. XXI, 7, 10. XXVII, 37)
in die Prosa übergegangen und ist nicht selten bei Tacitus, Sueton
und andern Nachklassikern; z. B. longam indutus vestem, ictus ad-
versum fetnur, dextrum genu lapide ictus et utrumque hrachiuin
consauciatus. Zu verschweigen aber ist nicht, dass auch schon Cae-
sar (B. G. II, 8) bei einer kurzen Ortsbeschreibung sagt: collis//o«-
tem leniter fastigatus, vielleicht eine zur Alltagssprache gehörige
Redensart. Kl. und gut sind aber die Neutra id, hoc, illud, quid, quod,
omnia, multa bei Verbis, anstatt der Verbindung mit de, in u. dgl.; z. B.
quid gatides, worüber freust du dich; om?iia assentior, in Allem stimme
ich bei u. dgl.
78. 22) Wo wir in Redensarten, wie: Wasser, Getraide, Geld u. dgl.
haben, geben, nehmen, herbeibringen u. a. noch dazu setzen: in Menge,
im Ueberfltiss w. dgl., wird dieser Zusatz im Latein, nicht wörtlich
übersetzt, sondern mit dem Haupt Substantiv auf irgend eine Art
verbunden. Man sage nicht: exercitus aquam (in) magna copia ha-
bebat, hatte W. in grosser Menge, sondern wie Caes. B. C. III, 49
ex summa aquae copia utebatur ; nicht frumentum magna (ingenti)
copia afferunt, sondern magnam frumenti copiam äff.; nicht ei^^ pe-
cuniam magna copia dedit, sondern ei magnas (ingentes, immensas)
pecunias dedit; nicht cives magno numero {magna muUitiidine) con-
veniunt, sondern magnus civium numerus oder magna civiuni multi-
tudo convenit oA^r ci\'Q^ fr equentes conveniunt; nicht jumenta et
carros maximo numero coemunt, sondern wie Caesar (B. G. I, 3)
yumentorum et carrorum (quam) maximum numerum coemunt; niclit
frumentum co])ia suppetit, Getr. ist in Menge da, sondern wie bei
Caes. ebend. frumenti copia supp. Vgl. Sciopp. de stylo, und Th.
II dieses Buches unter Copia. — Auf gleiche Art muss man sich in
andern ähnlichen Verbindungen ausdrücken und den Ablativ ver-
meiden, z. B. Jünglinge werden am Körper (körperlich) durch Ar-
beiten gekräftigt, corpora adolescentum laboribus firmantur ; er un-
terscheidet sich im tlrtheile nicht viel von den Thieren, non multum
differt a judicio ferarum.
79. 23) Sowie nach bekannter latein. Sprechweise bei Bestimmung
des Theils oder der Seite eines Ortes, seines Atifanges, seiner Mitte
oder seines Efides für prima, media, extrema loci pars blos gesagt
wird priimis, medius, extremus locus, so wird auf ähnliche Weise bei
Namen der Feste, die aus mehrern Tagen bestehen, im Latein, mei-
83. Wie Ang. Politian. im latein. Herodian. VI, 16.
39
stens für primus dies Saturnalinm gesajsrt prima Soturnalia und so
weiter, senmdu, tertia, der erste, zweite, dritte Festtag der Satur-
nalien. So bei Cicero (Att. XIII, 52, 1) secvndis Suturnalibns, und
nachher tertiis Saturn., ajii zveiten, am dritten Tage der Sat. So
sage man auch bei neuern Festen, z. B. am ersten Ostertage, primis
Paschalibus, nicht primo die Paschalium. Selten sind Abweichungen,
wie bei Livius XIV, 1 ludorum Romanorum secundo die.
24) Viele verwerfen Redensarten, wie: Epicuriliber de voluptate ; SO.
Ciceronis epistola ad Luccejum; pugna nobilis ad Cannas als un-
lateinisch oder wenigstens als unklassisch, wo nemlich ein Subst.
mit einem Präpositionszusatze ohne ein Verbum oder Participium
verbunden ist. Allerdings setzen die Lateiner sehr oft für die Prä-
position 1) den Genitiv, z. B. similitudo Dei, Aehnlichkeit ynit Gott,
oder 2) ein stellvertretendes j4djectiv, z. B. poculum aurenm, ein
Becher von Gold, oder 3) nehmen sie ein Verbum zu Hülfe als Stütze
für die Präposition, z. B. Brief an den Luccejus, epistola ad Luc-
cejutn missa, data oder scripta, oder 4) erweitern sie den Präposi-
tionszusatz zu einem relativen Nebensatze, was besonders im redne-
rischen Style geschieht, z. B. Plato's Buch über die Seele, Piatonis
über, qui est de animo, für das einfache Piatonis de animo über. —
Aber dennoch findet man nicht selten Substantiven verbunden mit
einem Präpositionszusatze, besonders bei denen, welche einen thä-
iige?i Verbalbegriff enthalten, der eine Präposition, wie sie der
Wortsinn verlangt, fordert, z. B. deductio in agros ; via ad gloriam,
ad laudem, cursus et Impetus animorura ad veram laudem atque
hofiestateni ; dux in Italiam ; receptus in Siciliam ; adventus in urbes ;
virtutum cursus ad voluptatem ; exercitatio iyi dialecticis ; reiUtns in
patriam, in gratiam cutn iiiimicis (JFiederversöhnung mit F.); fugi-
tivus ab saltu Pyrenaeo ; excessus e vita; mansio in vita; conscensio
in naves; fuga ab urbe ; introitus in urbem, sogar blos Romam, wie
introire Romam; defectio a mente, ab Romanis ad Hannibalem —
und so viele andere ähnliche; und wie man redire domum sagt, so
auch domujn reditio. Daher fällt nicht auf lectio sine ulla delecta-
tione, da das Verbale lectio einen Zusatz mit cum oder sine sehr
wohl verstattet.
Aber nicht blos bei Verbalsubstantiven und ihnen ähnlichen, son- 81.
dern auch bei andern findet man Präpositionen mit ihren Subst. als
Beisätze anderer Substantiven. Bei den besten Lateinern kommen
folgende Präpositionen ohne Verniittelung eines Verbi vor: ]) ß, ab,
z. B. firmus ab equitatu; inops ab amicis ; mediocriter instructus a
doctrina ; perfuga a Pyrrho; legati ab Jlexa?idro ; ancilla ab Andria
(Terent. Andr. I, 1, 329); metus a vi; iiisidiae u 7neis ; nostri illi
a Piatone; litterae a Caesare ; illae litterae ab Hannibale ad Phi-
lippum (Liv. XXIII, 34, 7); nuUa ab armis quies; vacuitas ab ango-
ribus; eiictum a Bruto ; imperia a populo Rom. u. a. 2) Ad, z. B.
epistola ad Caesarem; in nuiltis epistolis ß(/ «m?cos ^wos; vehemens
ad illum epistola; si quid ad me litterarum; proelium (pugna) ad
Cannas, ad Alliam; victoria ad Cannas; caecitas ad omniu; invitatio
ad dolendum; oranes tui ad laudem Impetus. 3) Apud, z. B. proelium
apud Cremeram, apud Leuctra. 4) Cum, z. B. morbus cum imbecilli-
tate ; fletus cum singultu ; optabiles mortes cum gloria ; interitus
40
C7im sceJere ; vitae ciiltiis cum eleganiia et copia; similitndo cnm den,
cum co7'porfb?is, wofiir auch dei und corporum in demselben Sinne
vorkommt; certamen cum patribus ; bellum cum Hannibale. 5) J)e^
z. B. Ej)icuri de vohtplote über; primus über de natura deornm;
tertius de phf'Josophta über; hos de philosophia Mhvo^', ir^slih^Wx de
jure civili; sevfcus über de re publica ; m uostris de re publica übrls ;
Demetrii über de concordia; iüa (verba) de Andromacha (aus der
Andromnche des Ennins) ; iüa Acliillis de Iphige?iia (aus der Iphi-
genie); versus de Philocteta, de Phoem'ssis (aus dem Ph.) ; homo de
schola; malus poeta de populo ; liomo de plebe ; puer de trivio, ein
Gassenjunge (was man verworfen hat); declamator f/e ludo; rabula
deforo; remex de classe ; nescio qui de Circo maximo; unus de ?nultis
u. a. m. 6) E, ex, z. B. Ponticus Ileracüdes ex eadem schola; summi
ex Graecia homines; homines ex plebe ; negotiator ex Africa; omnes
ex Gallia naves; nepos ex ßlia; soror ex matre; multi ex hominibus
du; cortex ex arboribus; monile ex auro; signum ex ebore ; hi ex
urbe sicarii; summa jucunditas e quotidiano cultu et copia; insatia-
biüs quaedam e cognoscendis rebus voluptas. 7) Erga, z. B. meritum
erga tuos ; illorum erga nos benevolentia ; tua voluntas erga nie n.
ähnüche. 8) /w, z. B. Europa i?i tauro (Cic. Verr. IV, 60, J35, wo die
Ausgg. meistens noch se^e7?sliaben, Mas R.Klotz g'estrichen hat); mala
imgtia if/ Leu ctris ; Domitins praetor in Sicilia ; agros ifi Macedonia
regios; agros in Hispania upud Carthaginem novnm ; omnia in vita
commoda; merita iu patriani ; crudeütas in cives; injuriae in socios,
in reges, in liberas civitates ; matris ^>^ //Äe/*os scelera; jusjurandnra
in Pompeji verba. Endlich 9) Sine, z. B. senectus sine querela; poten-
tia sine injuria; homo sine ulla religione et fide ; ignavus ac sine
animo miies ; vir temperatus, constans, sine metu, sine aegritudinCy
sine luhidine ; vita sine amicis und so viele andere.
82. Nach diesen und vielen ähnlichen Beispielen mögen die bei den
Neulateinern vorkommenden ähnlichen nicht zu vorschnell als un-
klassisch oder wohl gar als unlateinisch verworfen werden. Aber
nicht nur bei der Beurtheilung solcher, sondern auch bei eigener Nach-
ahmung im Schreiben ist grosse Vorsicht nöthig. Denn wohl möchte
bezweifelt werden, ob z. B. Roma ad Tiberim für R. ad Tiberim sita
oder posita, Milonis domus in Germalo für qnae est (fuit) in G.,
urbes ad. mare für marilimae, ad mare sitae, hortus ante nrbem für
suhirbanus — gut sei. Auch möchte das obige praetor in Sicilia als
etwas zu Seltenes nicht nachzuahmen sein; z. B. nicht rcx in Macedo-
nia, in Ponto,in Thracia — für rex Macedoniae, Ponti, Thraciae; nicht
urbs in Graecia für Graeciae ; nicht victoria in Olympiis (in den
Olympischen Spielen) für Olympiorutn; nicht prooemium ad libruin
für libri, wie Cic. Orat. 69, 230 in prooemio belli Punici (zum Pun.
Kriege); und so bezweifelt R. Klotz zu Cic. Tusc. 11,3, 7 wohl mit
Recht die Latinität von über sine ulla delectatione, wiewohl* es nach
dem richtigen lectio sine ulla delect. gebildet ist. Es ist also grosse
Vorsicht und gute Auctorität für die Nachahmung nöthig s*.
84. Das Meiste des liier Gegebenen verdanke icli Hrn. D. Dietricli in der lebr-
reicben Recension dieses Buches in d. Zeitschr. f. d. Altherth. J. 1837. Nr. 44.
A«cb findet man manches Brauchbare in d. Jahrb. f. Pliil. Jahrg. 2. H. 3.
41
b) Adjectiva.
1) Adjectiva als Substantiva zu g^ebrauchen ist im Deutschen durch 83.
den vorgesetzten Artikel sehr gewöhiilicli, z.B. der Gute, der Gelehrte,
der Reiche, der Arme u. s. w. Aber im Lateinischen ist der Gebrauch
fast nur auf den Plural beschränkt, weil dadurch, dass dann eine
ganze Klasse von Menschen gedacht wird, der BegriflF concret wird,
der im Sing, mehr abstract ist. Nur wenige kommen im Singular
substantivisch vor, wie amicus, ofßnis, aemulus, adolescens, aequalis,
adversarius, cognatus, familiaris, inimictis, juvenis, iiigeimus, liber
(der Freie), mortalis, necessarius, propiiiquus, peregrinus, senex, so-
eins, sponsa u. spotistis, vicinus — und so wohl noch einige andere,
deren substantivischen Gebrauch die bessern Lexica angeben. Ebenso
patria, musica, rhetorica und andere aus dem Griechischen herüber-
genommene. Zu ihnen kommen noch die Participien der Gegenwart,
wenn sie Personen bezeichnen, da sie einen Satz mit is qui um-
schreiben und concrete Begriffe enthalten, z. B. ffWßws, d. i. is qui amat,
ein Liebender oder der Liebende, em Ferliebter ; somnia?is, d. i. is qui
soniniat, ein Träumer. Daher: nihil difficile amanti puto (Cic. Orat.
10,33); jacet corpus dormientis, ut mortui (Cic. Divin. 1,3). Auch ist
bei Cicero ganz gewöhnlich eloqtiens, devBeredte und sciens, der Renner
ohne vir oder homo, und wenn er Tusc. IV, 14, 32 animus inge?iiost
ebenfalls ohne hominis sagt, die Seele ei?ies Geistvollen, ei7i grosser
Geist, so war das dem Zusammenhange ganz gemäss. Nicht auffallend
konnte auch Caesar B. G. IV, 15 confiuens mit einem Genitiv in der
Bedeut. der ZusamjneJifluss brauchen, und oft stehen bei ihm ohne'
miles — defessus, saucius \\. dgl. wie Substantiven mit jene^ dazu ge-
dachten Worte. Wenn nun aber selbst Cicero Orat. I, 5, 17 eruditio
libero digna ohne homine sagt und Fin. V, 17, 47 nihil est — quod
dignum libero aut indignum, und Verr. 11,24,58 quid est turpius z'wg^e-
nuo, quid minus libero dignum (vgl. noch Orat. 11,62. Lael. 24,7), so
tadelte man übereilt Ruhnken, dass er (Opusc. T. I, p. 84) schrieb:
artem ingenuo ac libero dignam, weil er homine ausgelassen hatte. —
Im Plural aber kommen, wie schon erwähnt, die Adjectiva häufig
als Substantiva vor ohne viri oder homines, welche nur bisweilen aus
stylistischen Gründen noch beigesetzt werden. So honi, beati, docti,
indocti, eruditi, pr?identes, imprudentes, diserti, divites, pauperes, ve-
teres, coelestes, pudentes, pudici, impudici, sapientes, stulti, noti, men-
dici, sicci, vinolejiti,furiosiu. a. m.; so auch mei, nostri, Stoici, Graeci
und alle ähnliche; der Gebrauch geht weiter als man denkt. ^g\.
Hand's Lehrb. p. 160 ^^.
Es kann aber zu keinem Adjectiv oder Participium, wenn es sub-
stantivisch steht, weder im Singular noch im Plural ein Adjectiv der
Grösse gesetzt w erden, wohl aber Zahlwörter, wie multi,pauci, omnes.
p. 6 fgg., bei t'abri z. Liv. XXI, 11, 3 u. 63, 2, in Ed. Hänisch zweiProgr. über
d. Verbindung der Nomina subst^ durch Präpositionen in d. lat. Spr. Ratibor
18.35 und 1838, und darüber Jahrb. 1838. XXIV, p. 234, u. Teipel ebendas. p.
219 fg. und in Hrn. Axt Progr. Vestr. Spurinnae lyr. reliq. Francof. 1840,
p. 92. Auch vgl. Keisig'.s Vorlesung, p. 617.
85. Auch hier verdanke ich das Meiste und Berichtigung des ehemals Ge-
sagten dem Hrn. D. Dietrich in d. angeführten Recens.
42
aliquot u. a. Unlateinisch ist viagnus sapiens, major sap, , ?na.vinms
sap. für sapiefitior, sapientissimus ; atnans magfms oder maximus für
amaiitissimus^^. Eben so unlateinisch ist verus sapiens^ ein wahrer
Weiser für re?-e sapiens ; verus Ciceroniamis, ein wahrer Ciceronianer
für germanus Cicero oder tJere Ciceronianus, oder auf andere Weise
ausgedrückt.
84, 2) Dagegen hat das Neutrum eines Adjectivs im Singular nicht
selten, besonders in der philosophischen Sprache, substantivischen
Begriff und wird dadurch in der Bedeutung dem abstracten Substan-
tiv ähnlich, z. B. bo?mm, verimi (bei Cicero, Horaz U.A.), honestum,
/;///cArMm (bei Horat.Sat. 1,1,44 quid habet /jm/cä/t" constructus acer-
vus), beatumu.a., den Substantiven bonitas, veritas, honest as, pul-
chritudo, beatitas (beatitudo, beata vita), und so wechselt Cicero bis-
weilen mit solchen Neutris und den abstracten Substantiven, zumal
wenn der Sinn auch concret zu denken ist, indem, wo der Sinn nur ab-
stract gedacht werden soll, nur das wahre abstracte Substantivuni
steht. Man kann nur sagen: veritas vincit imitationem, n\c\\i verum;
veritas et ratio eam mentem praescribit; non me offendit veritas lit-
terariun ; pulchritudo corporis movet oculos — und so ähnliche, wo
schon ein anderes zutretendes Subst. oder ein beigesetzter Genitiv
das Neutrum eines Adjectivs im abstracten Sinne verbieten würde,
indem das Adjectiv nie seine concrete Natur ganz verläugnet und
daher auch oft mit dem Plural, welcher ganz concreter Natur ist,
vertauscht wird; z. B. verum oder vera audire ; verum und vera quae-
rere; honesta, laudabilia, frigida, calida u.a.m., und dieser Plural ist
gerade da, wo mehreres Einzelne zu denken ist, mehr als der Sin-
gular im Gebrauch, z. B. das Meinige, mea ; das Grosse, magna ; das
Schwere, difßviUa und ähnliche. Auch lässt sich endlich durcli ein
vorgesetztes Pronom. hoc, illud, idem ein solches Neutrum für ein
abstractes Subst. brauchen, z. B. hoc simile (Cic. Orat. II, 78), diese
Aehnlichkeit, dieses Gleichniss ; idem simile (Tusc. 11. 5,13), ebendas-
selbe Gleichtiiss. Uebrigens kommen noch andere Singular -Neutra
substantivisch vor, wie aridum, das Trockne, das Land (oft bei Cae-
sar); humile, die Niedrigkeit ; summum, der Gipfel u. a. — Das Gesagte
wird im Allgemeinen genügen, die richtige Anwendung des Substan-
tivs und des Neutrums des Adjectivs im Sing, und Plural zu bestim-
men und vor Missbrauch des einen und des andern zu warnen. Endlich
merke man, dass diese Neutra fast nur im Nominativ und j4ccusativ,
nicht in den übrigen Casibus gebraucht werden, und dass auch kein
Eigenschaftsadjectiv mit ihnen verbunden wird, z. B. nicht verum ho-
nestum, das wahre Edle für vera honesta, dass aber summum bonum
(malum), summa bona (mala) gesagt werden kann.
o*^' 3) Das substantivisch gebrauchte Neutrum eines Adjectivs mit einem
Genitiv zu verbinden, ist bei Cicero und Caesar nur auf den Plural
beschränkt und dabei sehr selten; bei Cicero summa j^ctoris (Farn.
1,9, 15), der oberste Theil der Brust, und cujusque artis difficillima
86. So liess neulich Einer in einem selbst g-emachten latein. Lesebuche bar-
barisch drucken: Jesus maximus amans hominum, was wahrscheinlich bedeuten
soll, Jesvs der grösste Menschenfretmd; aber von soclien Barbarismen wimmelt
das Buch.
43
(Orat. II, 16, 69), die schwierigsten Punkte; bei Caesar nur einmal,
occulta ac recondita templi (B, C. 111,105), in welchen Stellen der Ge-
nitiv der des Theiles ist. Jedoch wurde dimidimn, die Hälfte seit den
frühesten Zeiten fortwährend oft mit dem Genitiv verbunden. Noch
mehr aber \ erhandln Livius und Ändere Adjectiven der Zeit und des
Raumes im Neutro Sing, mit dem Genitiv, z. B. extremum aestatis,
reliqnum aestatis, medium aiictumni, serum diei — was wohl nach-
zuahmen ist, wie denn auch Plinius Ep. 111,3,4 hoc lubricum aetatis
sagt, dieser schlüpfrige, bedenkliche Theil des Alters ; aber Redens-
arten, wie amara curarum, cuncta terrarum, cuncta camporum u. a.
sind dichterisch und finden sich nur bei denen, die keine Nachahmung
verdienen, dürfen aber nicht mit adversa montium, ohliqua campi,
summa urbis u. ähnlichen verglichen werden. Ngi. Fabri zu Livius
\XI,33, 7.
4) Zu Eigennamen werden nicht leicht bei den Bessern in Prosa 86.
Eigenschaftsadjectiven in gleichem Casus ohne ein vermittelndes
Subst. wie vir adolescens, femina u. a. zugesetzt, wie wir sagen: der
berühmte Cicero, der tapfere Achilles, jene schöne (reizende) Helena,
die liebliche Briseis, der ernste Cato, das berühmte (herrliche) Corinth
u. dgl. Man sagt nicht clarus Cicero, fortis Achilles u. s.w., sondern
drückt die Eigenschaft entweder durch einen vollem Appositions-
satz aus, oder durch einen Eigenschafts -Genitiv oder Ablativ, also
Cicero, vir dar issimus ; Achilles, vir (heros) fortissimus ; Helena illa
insignis venustatis femina ; Briseis, puella suavissima ; Cato. homo (\ir)
gravissiimis ; Corinthus, urbs amplissima ; Hortensius, vir clarissimus
et amplissimus, der so berühmte u. angesehene H. ; L. Philippus summa
nobilitate et eloquentia ; praesta?iti sapientia et nohilitate Pythagoras ;
Hannibal annorum ferme novem (der ohngefähr neunjährige H.)^"^.
Wenn aber Cicero (Fam. VI, 18, 5) Lepta suavissimus ohne puer
sagt, so war dieser Zusatz, da er an den Vater selbst schreibt, un-
nöthig. Ebenso in Anreden, z. B. mi optime Attice. Uebrigens lieben
die Alten durchaus in solchen lobendeii oder tadelnden Zusätzen den
Superlativ, wie vir doctissimus, clarissimus, optimus, amplissi?nus,
illustrissimus ; femina (mulier) lectissima, specialis sima, optima, san-
ctissima, gravissima, nobilissima u. a. Man vermeide daher zu sagen:
confugi ad Optimum Flaccum (zum edeln Fl.) für ad Fl. , virum Opti-
mum; domus Caesaris clarissimietfortissimi(das H. des berühmte?i
U7id biedern C.) für viri dar. et fort.; libri Sancti Hieronymi, Sayicti
Basilii für Hier., viri sanctissimi ; und wenn Ruhnken irgendwo schrieb :
Valentinianus septemiis (der siebenjährige F.), so wäre römischer
gewesen Fal. septem annorum, oder lieber voller puer Septem anno-
rum öö.
5) N.L. ist der Gebrauch des Adjectivs für das Adverbium in der 87.
Redensart se gerere, sich benehmen, betragen., aufführen. Man sage
nicht: se modestum, urbanum, excellentiorem u. dgl. gerere., sondern
modeste, urhane, escellentius, welchen Fehler unter andern Sintenis
87. Bei Liv. XXI, 1, 4, wo Fabri xu vergleichen ist.
88. Vgl. Dietrich's Sintenis Hülfsb. p. 176. Grotefend's Commentar. p. 70 und
Weber's Uebungssch. p. 16.
44
in seinen Stylbücliern einigemal begangen hat ^^. Ebenso nicht fnlem
se gerit für i'ta se gert't, nicht qtialem für quomodo, quemadmothim.
Vgl. Cic. Sest. 45 nnd andere Stellen, welche die Lexica anführen;
auch noch Oudend. Sueton. p, 391.
88. 6) N. L. ist der Co7nparatw in den Verbindungen lüterae huma-
mores, litt, elegantiores, jurisprudentia elegantior, wo der Compa-
rativ nicht denkbar ist, da er keine Beziehung hat — und doch kommt
auch bei den besten Neulateinern nichts häufiger vor. Vgl. Th. II
unter Elegantior und Humanior. — ^^Es gibt aber noch mehr Adjecti-
ven, welche die Gradformen gar nicht zulassen, was zu wissen um
so wichtiger ist, da viele derselben im Deutschen durch alle Grade
gebildet werden, z. B. mfinitus^ unendlich; immensus^ unermesslich;
infandus, unsäglich ; fer7is, wild ; rudis, roh u. a. ; nirgends findet sich
infinitior, infandior, ferioi\ riidior u. s. w. ^^. Daher muss man sich
bei ihnen so ausdrücken, dass der etwaige Sinn des im Deutschen
bezeichneten Grades nicht leidet. Zur Verhütung einer unlatein.Form
werde aber vorsichtig oft ein Lexicon zu Rathe gezogen.
7) Sp. L., wenigstens gegen die Regel, ist ein Si/perlativ bei Z7irei
Gegenständen der Vergleichung für den Comparativ. So schrieb in-
correct Lactanz (Inst. II, 3, 17) quos dicis potissimum stultiores,iJlos-
ne, qui — an eos, qui — für utros dicis poii?is ; und Wolf führt in
Analect. I, p. 490 ans einem neulat. Buche an: Nullns dubita, es Ins
duahus sententfis meam esse verissimam — für noli dubitare, quin
mea sit ex bis duahus sent. verior^^. — Auf der andern Seite wird
der Comparativ bisweilen falsch für den Stiperlativ gebraucht. So
schreibt ebenderselbe Lactanz (Inst. I, 6, 14) : Omnes hae Sibyllae
unum Deum praedicant, maxime tamen Erythraea, quae celebrior inicr
ceteras ac vohiUor habetur — für clarissima ac nohilissima oder quae
ceteris clarior ac nohilior habetur ^2.
89,
90
c) Zahlwörter.
1) Sp. X., wenigstens incorrect, werden die Cardinalzahlwörter
für die Distributiven gebraucht, weil im Deutschen die letztern keine
eigenen Formen haben. Aber sie fanden gewiss überall Statt, wo
der Gedanke des Jedesmal oder einer Gewohnheit oder einer Wie-
derholung vorlag, und dagegen nicht von einem Ei77malige?i die Rede
war 9'. Auch stehen sie bekanntlich bei den Substantiven, welche theila
89. So in seinem Hülfsb. p. 134 inurhannm se g-erere für inurhane und in
seinem Versuch einer prakt. Anleit. p. 173 si ahjectum atq. Immilem se gerit
für ahjecfe — kumiliter.
90. Vgl. über rndis Fr. Raschig Progr. über meinen Antibarbarus, p. 15.
91. Jedoch machen die auf die Ze?Y gehenden, wie primus, oft eine Ausnahme,
Vgl^ A. Matthiae Cic. Sest. 19, 44.
92. Vgl. Laur. Valla de elegant, p. 51.
93. Durch die Abkürzung der Zittern sind aber manche Stellen der Alten
ohne Zweifel verdorben. So steht bei Caes. B. C. I, 61 in den meisten neuern
Ausgg., welche mir zur Hand waren, fossas pcdum trir/inta in latitudinem com-
plures, für das nothwendige tricemim oder trkenorum, wo Oudendorp in seinen
beiden Ausgg. vorsichtig XXX hat drucken lassen, wie auch wohl die Handselir.
haben. Und so bieten manche 5'chriften der Alten, die noch nicht genug ge-
IHutert sind, zumal in altern Ausgg., viele fclilerhaftc Stellen, welche ^esit-n die
Regel nichts beweisen.
45
nur im Plural üblicli sind, iheils bei ihrer Pluralform docli nur Singii-
larbedeutung haben. Man merke auch, dass die Formen singuli und
ter7iin\chi bei den Substantiven stehen, welche nur im Plural üblich
sind, indem bei diesen uni und triiii gesagt wird, z. B. unae, trinae
cunae,7mptiae, bigae, quadrigae u. a., nicht singuloe, ternae. Vgl. Varro
L.L. X, §. 67, p. 258 ed. M. Wo nun aber ein Wort, wie h'tterae, castra
auch einen Singular, aber in anderer Bedeutung hat, da ist sitiguli
und term richtig, wenn es die Mehrheit des Singulars bedeutet, wo-
gegen taii und trini Statt findet, wenn es nur etwas Einzelnes anzeigt.
Daher einzelne Buchstabe?!, singiilae litter ae ; ein Brief, unae litter ae;
drei Buchstaben,ternae litter ae; drei Briefe, trinae litter ae; drei Schlös-
ser, terna castra ; drei Lager, Irina castra. Vgl. auch Reisig's Vorle-
sungen p. 177.
Einige falsche Beispiele aus Neulateinern.
Lex Licinia plus quingenta (für quingena') jugera agri habere 91.
civem Romanum vetat ^*, — üividebatur manipulus mduas (binas)par-
tes et cuilibet ordini (singulis ordinibus) unus centurio (singuli cen-
turiones) praeerat (praeerant). — Ealex prius horas sex (senas) vide-
tur dedisse; ternae vero tum horae datae sunt defensori; nam duae
(binae) tantum dabantur accusatori ^'^. — Circuitus lunae circa terram
viginti dnorum (vicenorumbinorum) dierum, etpaene octo (octonarum)
horarumest. — Bis duo(bina) sunt quatuor. (Zweimalzwei ist vier)^^. —
Verborum formae, quae binis tribusve (ternisve) litteris constant^'.
— Duae, tres, quatuor — centesimae für binae, trirbae, quaternae. —
Quotannis hac in urbe quatuor (quaternae) nundinae instituuntur. — Erat
tritici modius prope tribus (ternis) ^e^ieriih^^. — Mihi merces pro-
posita7rt?7/e quingenti (singula millia quingeni) quotannis aurei numi^'.
— Tres (ternas) epistolas in hora doi"", — Duas (binas) a te litteras
accepi.
2) Dagegen werdei^bisweilen auch die Distributivzahlen für die 92.
Cardinalzahlen gesetzt, wo sie doch der Sinn zurückweist, z. B. bini
Codices legunt"", für dtio Codices legunt oder vielmehr in duobus
codicibus legitur; in hoc stadio binos (duos) annos exantlavit '02. jj
trinis (tribns) modis repetit^oa. caesis millenis (millibus) victor Deo
grates agit ' "^ ; huuc ex millenis (mille oder millibus) elegit Philippus '"^
94. So Muret. z. Tacitus Oper. T. IV, p. 121 ed. Ruhnk.
95. So Corradus z. Cic. Brut. 94.
96. Vgl. Cic. N. D. II, 18, 49 si Epicurus bis hina quot essent, didicisset,
und Plin. H. N. II, 7 bis dena viginti sunt.
97. So Rubnken elog. Hemst., und aus ihm ßlomfield in praef. Aeschyli
Septem p. IX. Ebenso jener in Dictatis ad Terent. Heaut. IV, 5, 6 bina vel
tria epitheta.
98. So Perpinian. Oratt. p. 167.
99. So Muret. Epist. II, 66 und noch einigemal.
100. Vgl. Cic. Farn. XV, 16, 1. Das nächste Beispiel bei Ruhnk. Ep. ad Ernesti.
101. So sehr oft Görenz in seinem Cicero und ausser ihm Andere, gewiss
durcli irrige Verwechselung des Subst. Codices mit dem Pluralsubst. codicilli,
wobei bini richtig ist.
102. So Hemstcrh. oratt. p. 133.
103. So Heyne z. Homer II. a, 287.
104. So Valcken. oratt. p. 189.
105. So Ebeuders. oratt. p. 247.
46
d) Pronomina.
93. 1) Neben den bekannten acht lateinischen Formen me«, Um, sua,
nostra, vestra causa, um meinetwillen u. s. w. kommen auch sogar bei
Cicero in einigen Stellen, welche durch die besten Handschr. gesi-
chert stehen, die Formen niei, tut, sui, nostri, vesiri causa vor, aber
nur wenn die Personen wegen eines beigefügten oder doch dem
Sinne nach denkbaren Gegensatzes eigends hervorgehoben werden
sollen. So bei Cic. Lael. 16, 57 nostii causa wegen des folgenden
causa amicorum, wo die meisten Ausgg. nostra causa lesen, und Verr. III,
52, 121 sui causa für sua causa, wie ebenfalls die meisten Ausgaben
haben. Vgl. darüber R. Klotz zur ersten Stelle, Zumpt's Gramm, p. 542
\\. Ochsner zu Ciceronis Belog, p. 222. Da aber eine solche scharfe
Hervorhebung wohl selten wirklich Statt findet, so beachte man, beim
Schreiben mea causa u. s. w. , nicht mei causa u. s. w. zu selzen, was
man bei den Neulateinern zur Unzeit nicht selten findet, ünerweis-
lich aber ist causa mea, tua u. s. w. in umgekehrter Stellung, ausser
bei den altern Komikern; und eben so unerweislich mei für
mea bei interest und refert, welche aus andern Gründen nur inea,
tua, sua u. s. w. fordern.
94. 2) Es ist zwar richtig und gutlateinisch, besonders in Definitionen,
selbst von männlichen und weiblichen Gegenständen im Neutro zu
sagen : est aliquid, ist, bedeutet, gilt etwas ; est nihil, est nihil aliud,
quid est, quid est aliud, wie bei Cicero : hi nihil sunt, nisi quidam
operarii (Orat. 1, 18, 83) ; pliilosophia quid est aliud, nisi — (Tusc.
1,26); aliud \\AQ.i\\r esse oratio, aliud disputatio (Orat. 32, 113) ;
historia erat nihil aliud, nisi — (Orat. 11,12,52) ; quid est aliud Anto-
nius? (Phil. II, 28); idem voluptas est, y?/orf indolentia (Fin. 11,4,11);
aber N. L. ist dagegen das Neutrum in Beziehung auf männliche und
weibliche Gegenstände, wenn das Relativ tvelches (jvas) oder das
Demonstrativ dieses, jenes, ebendasselbe gewissermassen zu den Sub-
stantiven gehören und mit ihnen verbunden werden können, z. R.
welches ist der Mann, von dem man sagt, d. h. welcher Mann ist es,
von dem — ; welches ist die Frau, voji der, d. h. welche Frau — , wo
es lächerlich und unlateinisch ist das Neutrum zu brauclien für qui
vir, quae femina. Falsch daher: producitur tribunus plebis, quod (für
qui) fuit Canutius i**^ ; hoc unum (f. hie unus) fuit fons malorum
omnium; hoc utmm (f. haec una) fuit causa discordiae; quod (f. quem)
nos furorem, uhLayyohnv illi vocant; illud (f. illam) fortasse per-
tinaciam nonnuUi, virtutem alii putabunt u. dgl. mehr. Vgl. auch
Sciopp. de stylo p. 107 u. 121, der aus Neuern seiner Zeit fehler-
hafte Beispiele anführt.
95. 3) Ein Germafiismus und Gallicismus , aber tmlateinisch ist der
Alltagsfehler der Neuern, is, ea, id (durch alle Casus) mit einem Genitiv
zu brauchen in Bezug auf das dabei gedachte vorausgehende Sub-
stantiv, wie im Deutschen der, die, das und im Franz. celui celle mit
einem Genitiv, z. B. Cicero s Briefe gefallen mir mehr, als die des
Plinius , und franz. que Celles de Pline, aber nicht lateinisch quam
eae Plinii, sondern entweder quam Flinii epistolae mit wiederholtem
106. So Stroth z. Cic. Epist. sei. p. 271.
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SiibsJaiitiv, oder blos quam Pluni. Ebenso auch, wenn noch vor die-
sem hinweisenden Pronomen eine Praeposiihn steht, z. B. als aus
defieti des Ph'nius, nicht quam es eis Plinii, sondern quam ex Plhni
oder voller quam ex Plinii epistolis. In beiden Fällen ist aber die
^4uslassung des Subst. am gewöhnlichsten, und A. Grotefend irrt,
wenn er im Commentar zu den Material, p. 61 behauptet, dass bei
einer Praeposilion das Subst. wiederholt werden müsse, was g^erade
weit weniger geschieht. Man sage daher in folgenden Beispielen: Ich
will lieber die Kunst des Gedächtnisses, als die der Vergessenheit,
quajH oblivionis, nicht quam eam oblivionis; die Krankheiten der Seele
sind gefährlicher , als die des Körpers, quam corporis, nicht quam ii
corporis ; dieser Brief ist nicht der eines Rathgebenden, sondern der
eines Bittenden, non suasoris est, sed rogatoris; man errichtete ihm
da eine Säule , wo die anderer Feldherren waren , ubi aliorum erant
imperatorum ; er war im Heere des Sulla gewesen und nachher m
dem des M. Crassus , et postea in M. Crassi (Caes. B. G. I, 21) ; ?ims
in unsern Angelegenheiten zu tadeln ist, ist in denen der Freunde
höchst lobenswerth, in amicorum flunt honestissime (Cic. Lael. 6) ;
trauriger war das Schicksal dieses Mannes vor dem der Uebrigen,
prae reliquorum (Caes. B. G. I, 32). Ausser diesen drei Beispiele»
bei einer Praeposition vgl. noch gegen Grotefend Cic. Rose. Com. I, 1
erit in illius tabulis hoc noraen; at m hujus non erit; Tusc.II, 27,p.65
multi aut propter victoriae cupiditatem, aut propter gloriae (cupidi-
tatem) vulnera exceperunt. Ib. IV, 31, 65 videamus nunc de bono-
rum (seil, opinione) ; Off. II, 25, 88 commoda externa cum corporis
comparantur — u. dgl. mehr '"t^
*) Maa verwechsele damit nicht, wenn jener, dieser oder das betonte der,
die, das vor einem Genitiv steht, wo entweder auf etwas Allbekanntes oder auf
etwas früher oder eben Erwähntes hingedeutet wird; hier ist ille und hie vor
einem Genitiv richtig und zum Sinne erforderlich. Vgl. Cic. Rcp. I, 17 mihi
Piatonis illud perelegans videtur. Orat. II, 64, 258 ut illud Scipionis. Ib. III,
48 neque vero haec tarn acrem curam desiderant, quam est illa (cura) poeta-
rum. N. D. III, 10, 25 haec in eodem, quo illa Zenonis, errore versantur. Arch.
II, 28 nullam virtus aliam mercedem — desiderat praeter haue laudis et gloriae
u. a., wie Tusc. lY, 9, 20. in Caecil. 11. Vgl. noch Ochsner z. Eclog. Cicer. p. 225.
4) Incorrect wird quis mit uter , und nullus und 7iemo mit ?ieuter96.
verwechselt, weil jene beiden mit wer, und diese mit keiner ohne
Unterschied übersetzt werden. Auch bei den Alten findet sich diese
Incorrectheit, die aber nicht nachzuahmen ist. Vgl. Anleit. §. 115.
Eben so streng halte man sich an den regelmässigen Gebrauch des
Sing, nierque und des Plurals utrique , und verbinde beide weder
mit falschem Casus, noch mit einem falschen Numerus des Verbi.
Vgl. Th. II unter Uterque.
5) Richtiger ist wohl nostrum omnium oder omnium nostrum, unser 97.
Aller als ?ioster omnium, und vestrum omnium oder omnium vestrum,
euer Aller als vester omnium; und wiewohl man sagt paler noster,
so sage man nicht pater noster omnium {unser Aller Vater), sondern
paler nostrum omnium oder omnium nostruin; euer Aller Erwartung
heisst vestrum omnium exspectatio — mögen auch einige, aber viel-
107. Vgl. Wolf Suet. Caes. 8. Frotscher Mureti Oper. T. II, p. 218. Webcr's
LJebungssch. Exe. 6 u. Grotefend's Commentar p. 61.
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leicht noch zweifelhafte Stellen für die andere Sprechweise sein.
Wenn daher IMiiret. Oper. T. I, p. 397 schrieb iiostra omniiim igna-
via, und p. 421 noüra omniiim natura, so verbessert es A. Matthiae
wohl richtig in nostrum omniiim.
98. 6) Aecht klassisch ist es wohl, in eingeschalteten Sätzen, welche
Bezug auf das Subject des dazu gehörigeu Hauptsatzes haben, für das
Demonstrativ lieber das Reflexiv oder ipse als anschaulicher zu setzen;
z. B. in Sätzen wie: so viel an ihm liegt, hat er sich um ihn ver-
dient gemacht, sagt man qtiantum in ipso est (Cic. Flacc. 25) oder
quantum in se est (wie Corn. N. Iph. 3 quantum iji se fuit und eben-
so Livius II, 43) ; nicht quantum in eo est (fuit) ; und bei Cic. Tusc.
Y, 13, 37 quantum in ipsis (nicht i?i eis) est; ferner wie er sich
nemlich tim ihn verdient gemacht hatte, ut erat de se meritus (Caes.
B. C. III, 53 Eum Caesar, ut erat de se (nicht de eo) meritus ad
primum pilum transduxit). Daher möchte ich nicht mit Perpinian
(Oratt. p. 1) sagen; majora, quam quantum ejus Ingenium ac Aires
ferre queant, sondern quantum ipsius Ingenium.
99. 7) Üeberhaupt werde das reflexive und demotistrative Pronomen
im eigenen Schreiben sorgfältig unterschieden, da die bei den Alten
vorkommenden Abweichungen vom gesetzlichen Gebrauche unsre
Nachlässigkeit im fehlerhaften Schreiben nicht entschuldigen. Bei-
spiele, wie die folgenden, sind heutzutage nichts Seltenes: Pergo '"^
ad censuram operum ingenii sui für ejus; itaque^^*^ ex talibus «Mi
docuraentis — augurabar , wo Zumpt richtig ejus documentis vor-
schlägt; quae scripta^'" manlbus omnium ob eorum elegantiam terun-
tur für ob elegantiam suam oder blos ob elegantiam. Lesenswerth
ist, was Hand im Lehrbuch p. 188 über diese Pronomina bemerkt
hat.
100. 8) Man verwechsele nicht die unbestimmten und Etwas nur all-
gemein andeutenden Pronomina quis , quisquam, ullus mit dem be-
tonten. Etwas bestimmt andeutenden aliquis , was so leicht möglich
ist, da unser deutsches Jemand alle diese ausdrückt. Vgl. darüber
theils Anleit. §. 131, theils Theil II dieses Buches unter den einzel-
nen Wörtern. Falsch ist z. B. vix aliquis est, qui mortem contemnat —
für vix quisquam; quasi aliquis certo sciat — für quasi quisquam; ne
in deo quidem aliquid (für quidquani) raajus intelligi potest; nega-
mus aliquid (für quidquam) majus posse optari. — Was über den
Gebrauch des Pron. quisque zu bemerken ist, davon in Th. II unter
Quisque.
101. 9) Wohl zu beachten ist, besonders in Briefen und Reden, der
Unterschied zwischen hie, iste und ille. Hie ist gleichsam ein Pro-
nomen der ersten Person, und was mich und uns angeht und nahe
liegt, und wovon wir sprechen, wird mit hie bezeichnet; iste ist
Pronomen der zweiten Person und hat Beziehung auf die Person, mit
welcher wir sprechen, an welche wir schreiben oder mit welcher wir
zu thun haben; ille aber ist das eigentliche Pronomen der dritten
Person und hat Beziehung auf jede Person, welche ausser unserra
108. So Hülsemann z. Cic. Arcli. p. 31.
109. So Rulink. Opusc. T. I, p, 449.
110. So Zamoscius in Mureti Oper, T. II, p. 120.
49
Kreise und entweder entfernt ist oder früher erwähnt worden ist.
Daher steht hie, haec, hoc oft für 7neiis, noster ; haec teinpora, hi
mores, wo wir sag^en imsre Zeiten, unsre Sitten; iste, ista, istud
dagegen oft für tttus, und beide werden aucli verbunden , und was
in Briefen sich auf den bezieht, an welchen wir schreiben, wird
durch iste angedeutet, wohin auch die Adverb, istic, istinc und istuc
w. dgl, zu rechnen sind '^^ Falsch ist daher: Si quid novi in illa
(f. ista) urbe est, nie velim quampriraum certiorem facias. Qui illinc
(f. istinc) veniunt, ajunt te superbiorem esse factum.
10) In der bessern Prosa ist es fast ?iicht üblich, diePronom. fueus, 101.
tuus, suus u, s. w. zu Substantiven zu setzen, wenn sie sich ganz von
selbst dazu denken lassen, oder durch ihre Auslassung keine Zwei-
deutigkeit verursachen, oder nicht durch einen Gegensatz gefordert
werden. Man sage nicht, z. B. oculos suos tollere, aetatem suam
degere, manum sua7n extendere i*2_^ linguara suam teuere: selten auch
animum siiu7n vertere, (in) animum smim inducere, apud animum
suum statuere, corpus suum exercere; — und so dehnt sich dies
noch auf viele andere Formeln aus. Wenn aber gesagt wird ille se
sua nianu interemit ^ so wird durch das überflüssig scheinende saa
die Selbstermordung schärfer bezeichnet, wie überhaupt die Latei-
ner zur Deutlichkeit bisweilen diese Pronomina zugefügt haben, wo
sie uns vielleicht entbehrlich scheinen. So : in animum srmm indu-
cere; cum animo suo recordari; cum animo suo volvere ; cum animo
SMO reputare; apud animum suum statuere.
Auf gleiehe Weise setzen wir Deutschen oft mir, dir, sich u. s. w. 102»
hinzu, wo doch eine Rückbeziehung auf das Subject schon an sich
natürlich ist. Der Lateiner lässt dergleichen Zusätze gewöhnlich aus,
wenn nicht auch eine Beziehung auf andere denkbar ist; er sagt z. B.
nicht: ea re rnihi contraxi morbum, sondern ohne mihi; und eben-
so in ähnlichen: contrahere culpam, odium, invidiain, wo keins dieser
Pronomina zugesetzt wird. — Wir setzen ferner bisweilen uns hinzu,
ohne dass wir uns allein darunter verstehen, sondern vielmehr Alle
und Jede; z.B. die Grammatiker geben ?ms viele unnöthige Regeln; die
Moralisten lehren tms (oder e«cÄ) Vieles, was sie selbst nicht thun; —
hier bleibt im Latein, uns und euch weg. — Endlich, wo wir sagen
U71S , euch, sich unter einander , sagt der Lateiner blos i7iter 7ios,
inter vos, inter se, ohne jene vorgesetzten Pronomina noch besonders
hinzuzusetzen, welche Zusätze fehlerhaft wären ; z. B. wir lieben uns
unter einander, inter nos amam7is, nicht nos inter nos «m; sie liehen
sich tmter ei7iander , inter se amant , nicht se inter se a7natit; die
Menschen si7id sich unier einander unäh7tlich, hom. inter se su7it
dissimiles , nicht sibi inter se. Vgl. darüber Theil II unter Inter.
e) Verba.
Die Verba bieten auch im Lateinischen, wie in jeder andern 103.
Sprache, so viele Verschiedenheit von der unsrigen und mannichfache
111. Vgl. darüber Zumpt's Gramm, und besonders Franc. Raschig Vtogr. de
pronom. Iiic et ille. Schneeb. 1832. 8.
1 12. Dieses bemerkt sogar der gelehrte heilige Augustin gegen den Bibel-
iibersetzer, den lieil. Hieronymus, welcher schrieb extendtt manum suam. Hano
locutionem, sagt er, Hebraeam puto : nam ubique sufficeret extendit inanum.
4
50
Eigenheiten dar, dass sie den umfassendsten Theil derSprachvvissen-
scliaft bilden. Vor Allem findet sich dieses zuerst in der Casus-
rection, welche niclit allein vielfach verschieden ist, sondern auch
\ nicht selten in den verschiedenen Sprachperioden von einander ab-
weicht; zweitens in der Anwendung^ der einzelnen Theile des Verbi,
der Tempora, der Modi, des Infinitivs und der Participien. Auf wich-
tige Abweichungen in der Casusrectio?i wird in Theil II dieses Buches
unter den einzelnen Verben die nöthige Rücksicht genommen wer-
den, weil dies eben nur einzelne Verba trifft; dagegen will ich in
den nächsten Paragraphen auf die oft fehlerhafte Anwendung der
Numeri, Persone?i, Ge?iera, Tempora., Modi u. s. w. der Verben auf-
merksam machen, woraus man sehen wird, welche genaue Kenntniss
dieses Theiles der Grammatik nothwendig und erforderlich ist,
wenn man nicht fehlerhaft und incorrect schreiben will. Am mei-
sten wird aber ein genaues und zu diesem Behufe eigends angestell-
tes Lesen der besten Klassiker nach den correctesten Ausgaben
behiilflich und erforderlich sein. Hier kann nur das Wichtigere be-
rührt werden.
1) Person und Numerus.
104. 1) D. L. ist es, qui, quae, wenn sie Subjecte des Satzes sind, mit
einer andern Person des Verbi zu verbinden, als welche darin liegt.
Wir Deutschen brauchen oft die dritte Person für die erste und
zürnte; z. B. ich bin ein solcher, welcher glaubt; du bist ; die La-
teiner heben dagegen im Verbo die Person hervor, welche glaubty
den ich und den du, ego sum is, qui censeo ; tu is es, qui censes ■ — ; in
beiden wäre censet falsch. Fehlerhaft ist also : nos sumus ii, qui censent
(f. censemus) ; oderunt me, qui pro omm'um salute laboravit (f. laboravi) ;
ego sum is, qui te confinnat (f. confirmo^ ; vos ii estis, qui 7ios amant
(f. amatis) ; nos omnes ii sutnus , qui illum. admirantur (f. admira-
mur) ; quid de nobis dicatn, qui ad laudem et gloriam nati et educati
sunt (f. sumus); haec ad me, qui te miice diligit (f. diligo), perti-
ne?it; non is sum, qui opiniotie?n animo suo (f. meo) co7tceptatn pro
folio Sibyllae venditet (f. venditefn) ; populus Rom. te hominem per
se (f. te) cognitum extulit, oder mit vollem Satze, qtii per te es
cognitus, nicht qui per se est cog?iJ^^. Vgl. jetzt auch Reisig's Vor-
lesungen p. 332.
105. 2) Uterque, welches durch Beide übersetzt und mit dem Plural
des Verbi verbunden wird, hat im klassischen Latein das Verbum
fast nur in der dritten Person des Sing, bei sich Tind nur selten dem
Sinne nach den Plural, was man nicht nachahme. Ebenso wird
uterque nostrum (wir Beide) und uterque vestrum (ihr Beide) klassisch
nur mit der dritten Person des Sing, verbunden. Daher uterque
me amat, wxcXxi amant ; uterque nostruin operam dat, nicht damus ;
uterque vestrum illum admirantur, nicht admiramini. Vgl. mehr in
Th. II unter Uterque. Eben so unklassisch ist unus et alter und Senu-
tus populusque Rom. mit dem Plural des Verbi statt des Singulars.
113. Vgl. für dieses letzte Beispiel Cic. Catil. I, 11, 28 und Flaue. 27 ego
huc a me ortus et per me uixus adscendi.
51
2) Deponentia und Passiva.
Beide unterscheide man im Schreiben nur nach dem Gebrauclie 106.
der Bessern, da viele Deponentia in der vorkiassischen Zeit noch
Passiva waren, neben welclien ihre activen Formen mit dem Be^'riflFe
der Tliätigkeit bestanden. Hier hat aber die Sprache mit der Zeit
viel geändert, die activen Formen verworfen und ihre Passiva zu
üeponentibus gemacht. Gleichwohl erhielt sich Vieles in der Volks-
sprache und blieb auch in der Schriftsprache der Juristen undgewöhn-
lichen Schriftsteller. Gute Lexica müssen angeben, welche Verben
auf or im klassischen Gebrauche activ, welche passiv waren. Aber
heutzutage findet man noch oft fehlerhaften Gebrauch, z. B. hi'c locus
male ab Omnibus interpretatur (iDird erklärt, wird übersetzt) für hunc
locum male omnes interpretantur ; Epicuri doctrina a plerisque ad-
mirabatur (wurde beumndert) für Ep. doctrinam plerique admirnban-
tur ; miilti olim, ut dii, vener ati sunt (wurden verehrt) für homines
olim fnultos, ut deos, venerati sunt — und so Aehnliches nicht gar
selten.
Jedoch haben viele Participia Perf. der Deponentia neben ihrer
activen Bedeutung noch die ältere passive auch bei den besten Klas-
sikern beibehalten, was jedoch nicht auf alle übrigen ohne sichere
Auctorität angewandt werden darf.
3) Tempora.
Bei allen bessern Klassikern finden wir meistens ein strenges 107.
Festhalten an der Zeit, worin die Handlung oder der Zustand des
Verbi gedacht wird, so wie in abhängigen Sätzen auf dieFo/*-, 6r/e/cÄ-
oder Nachzeitigkeit in Bezug auf die sie regierenden Sätze gesehen
wird. Das geringere Festhalten der Deutschen am Begriffe der zu
denkenden Zeit und das Schwankende der deutschen Tempusfor-
men, zumal im Conjunctiv, veranlasst oft unverantwortliche Fehler.
Daher folge hier einiges Einzelne zur Warnung und Beachtung.
1) Fehlerhaft ist das Praesens für das Imperfectu7n, wenn die 108.
Vergangenheit zu denken ist, und das, was ausgesagt wird, mit einem
andern Satze, der etwas Vergangenes aussagt, gleichzeitig ist. Falsch
ist z. B. tantum terroris oppidanis injecit, ut armis positis deditio-
nem faciant — für facerent ; misi tibi hunc hominem, ut dicat (f.di-
ceret), quid agam (f. agerem) ; non desperavi prorsus fore, ut haec
mea editio suos inveniat (f. inveniret) fautores ; Blas admonitus est,
ut idem ipsefadat (J. faceret) ; jamdudum litteras ad te dedissem,
nisi exspectare voluissem, quid novi Lipsia afferatur (f. afferretur)-^
intelligebanti'* nihil fore eloquentia perniciosius, si illa liomini ne-
quam concedatur (f. concederetur) ; utinam illos monerent, ut hone-
statem et famam — feratit, qua amissa tum . . . intelligant (f. ferrent
und intelligerent) ; intelligebatille vir, quantura ea res afferat (f. affer-
ret); vere dixit, qui homines nescire dixit, quid sibi velint (f. velletit),
cum de vulgata lectione loquantur (f. loquerentur) ; Chr. Saxius a
veterum libror. auctoritate ita pendebat, ut ne voluminis quidem vo-
114. So Paulin. a S. Joseph, oratt. p. 165; ib. p. 171 und oft dergleichen bei
ilim. Die nächste Stelle bei Pcrpiuiau. oratt. p. 227.
4*
52
cabtilo uteudum putaiet, quia libri hodie iion volvaiitur (f. volveren-
tur) — und so noch manche ähnliche aus Neuem.
109. 2) Fehlerhaft ist das Praesens für das Futurum, wenn die Zukunft
durchaus zu denken ist, und wie im Hauptsatze, so im Nebensatze,
z. B. plura fortasse a rae scribentur, cum Aita suppetit (f. suppetet) ;
justus, ubicumque potest (f. poierit)^ juste faciet; quamvis arca sit
plena, dura te sapientia inanem video (f. videbo), divitem non putabo;
si annales evolvere vultis (f. voletis), iilud reperietis; mihi tuaomnia,
dum vivo (f. vwam), curae erunt; satis superque /fltvs (i.facies)^
si proxima hieme tragicos conficis (f. co/ificies). — Jedoch ist ein
Praesens im Nebensatze statthaft und richtig, wenn das, was ausge-
sagt wird, schon da ist und Statt findet, nicht erst in der Zukunft
eintretend gedacht werden soli;z. B. quid**^ faciet is, qui nihil timet
(nicht timebit) '? — man denkt einen furchtlosen Mann — ; faciam, quod
vultis {jetzt, aber voletis, wenn der Wunsch noch bevorsteht), ut
possu7n (J. potero). — Ebenso auch in Verbindung mit em^m Futur o
exacto ; z. B. mihi dubium non est, quin, statim atque (f. statini ut)
e manibus evolarit hie libellus, in has voces i^\G\\({\\e prorurnpant (f.
prorupturi sint).
110. 3) Dagegen ist nach den Verben der Furcht ein Futurutn im Bei-
' Satze mit ne oder ne non (ut) fast gegen den Gebrauch, wiewohl die
Zukunft gedacht wird; z.B. equidemii^ certe raetuo, ne omnes lit-
terae funditus interiiurae sint (f. intereant) . Eben so fehlerhaft ist
das Futurum nach/ore, womit nur ein Praesens oder Imperfectum
(nach Verschiedenheit des Tempus des regierenden Verbi) verbun-
den wird; z. B. neminem H'' fore arbitror, qui sit in dubium vocatu-
rus (f. quirocei). Auch wird wohl Muret mit Recht von Frotscher
getadelt, wenn er Oper. T. I, p. 200 sagt: si ea minutatim persequi
velim, non dies modo, sed vox ipsa viresque deßcient (f. deficiant) '^^^.
111. 4) Fehlerhaft ist es, bei etwas Zukünftigem das im Nebensatze
ausgesagte Vorzukünftige durch ein Praesens, Perfecttim oder Futu-
rum nach deutscher Art auszudrücken, anstatt ein Futurum esactum
zu gebrauchen; z. B. hos libros, si quem, cui recte coramittam, in-
veni oder inveniam (L invenero)^ curabo ad te perferendos ; vereri
non ante desinam, quam te salvum cognovi oder cognoscatn (f. co-
gfioro) ; tu, si quid forte ad me scribes (f. scripseris), perficiam,
ne te frustra scripsisse arbitrere; legatus meus cum venit oder veniet
(f. vetierit), quae primum navigandi nobis facultas dabitur (f. data
erit), utemur; cum "9, quae praecipue res progressus meos retar-
daverit, cognoscetis (f. cognoveritis) ^ melius ipsi vestris rationibus
consuletis.
112. 5) Fehlerhaft ist dagegen das Futurum exactwn in solchen Sätzen,
wo die Aussage zwar etwas Zukünftiges angibt, was aber noch in der
115. So Cic. Leg. I, 14.
llö. So Mahne Crilo p. 244.
117. So Hemsterh. oratt. p. 9.
118. Vgl. Cic. N. D. III, 32, 31 dies de/iciat, si velim numeiarc, wo freilich
in den altern Ausgg. aueli das Futurum steht. Id. Verr. II, 21, 52 me dies,
vox, latera dejiciant, si hoc nunc vociferari velim u. a. m.
119. So Muret. Oper. T. l, p. 222 ed. Fr., wo Frotscher jenes richtig verbessert.
53
Dauer und noch nicht vollendet, nicht vor zukünftig ist; z. B. polli-
ceor nie, qnoad vixero (i\viim?n), oninem curam collatnrum; quo-
modo eam partem philosophiae copiose iaudabit, nisi qui virtutum
natiiram diligenter cognitain habuerit (f. habebit); richtig wäre eogno-
vert'l ; de his rebus, cum in oixo fuerinms (f. erhiius), loquemur; pro-
pensior benignitas esse debebit in calamitosos, nisi forte fuerint (f.
eru7it) digni calamitate.
6) Das Imperfectum verwechsele man nicht mit dem Perfecto, und 113.
gebrauche es in Hauptsätzen nur, wo Geirohnheit, Wt'ederholung oder
lebhaft veranschaulichte Darstellung einer in /?<7?/e7' gedachten Hand-
lung ausgedrückt werden soll, oder wenn noch Etwas erwähnt wird,
was wffÄ/-e/?rf jener Hand hing geschieht, dieHaupthandhing also damals
noch nicht beendigt gedacht wird. Vgl. darüber Anleit. §. 252 — 254.
Nicht selten sind bei den Neulateinern Fehler gegen den richtigen
Gebrauch des Imperfecta ; jedoch genüge nnr ein Beispiel: Philip-
pusi20 dum Methonem oppu^naret {i. oppugnat) , sie petulans juve-
nis in regem jaculabatur (f. jaculatus est), iit — , was kaum ent-
schuldigt werden kann.
7) Fehlerhaft ist ferner das Imperfectum in abhängigen und Neben- 114.
Sätzen für das Praesens, wenn von etwas Gegenwärtigem die Rede
ist; z.B. vox '21 me deficiat, si — persequi vellem (f. ve/im) -, intel-
ligunti22 futurum, ut aeque illis indueretur — sustineret — diceren-
tur — voluisset, für welche Conjuiptiven A. Matthiae richtig induatur,
sustineat, dicantur, voluerit vorschlägt; — multo '23 pjus est momenti,
quam plerique fortasse suspivarentur (f. suspicentur, wie Frotscher
berichtigt) — und so in ähnlichen Beispielen.
8) Eine Eigenheit der lat. Sprache, und darum im Schreiben von 115.
den Neulateinern so wenig beachtet, ist die, dass für den Conjunc-
tiv. Imperfecti oder Plusquamperfecti in Sätzen, die nicht hypotheti-
scher Art sind, der Indicativ. Praes. für das Imperf. , und das Perf.
oder Imperf. für das deutsche Phisquamperf. gesetzt wird; z. B. es
iväre %u iveitläuftig.mehr davon anzuführen, aber — longum est, \\\c\\t
esset oder for et, auch nicht sit ; es wäre zu weit^äuflig gewese?i — aber^
longum erat oder fuit, nicht fuisset. Anders sprechen die bessern
Lateiner nie. Jedoch heisst es möchte zu weitlüuftig sein, longum
fuerit, wie bei Tacit. H. II, 2; infinit i faerit laboris, wie bei Quint. X,
1,37. Und so ist es bei andern ähnlichen Adjectiven, wie immensum,
infinitum, multum, difficile, par, melius, satius u.a. , und bei den Verben
posse (z. B. ich könnte, possum^ , malle, nihil esse, quod (nicht nöthig sein).
So sagt Cic. Verr. IV, 7, 14 sogar : nonne possum? sollte ich nicht köji-
nen? bei vorausgegangenem : si velim nominare homlnes. — Wenn aber
Quintil. II, 21, 14 ^ossem hie — respondere — , sed mihi satis est —
sagt, so ist «lies bei ihm sehr auflFallend, da manpossutn erwartet.
— Spuren des deutschartigen Gebrauches finden sich erst bei den
spätem, incorrect schreibenden Schriftstellern '24, ßgi Jen Neulatei-
120. So Valcken. oratt. p. 244.
121. So Muret. Oper. T. I, p. 434. Vgl. oben Anm. 118.
122. So Ebenders. Opp. T. I, p. 160.
123. So Ebenders. Opp. T. I, p. 225.
124. Ruhnken z. Yeliej. II, 42 bemerkt vielleicht dieses zuerst bei den Wor-
ten lonyvm est (es wäre zu weitläuftic/), und tadelte Ernesti, ohne ihn zu nen-
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nern ist nicht fehlerliaft, auch bei den Besten '25^ häufiger, z. B. immen-
si\m esset liaec narrare; esse^ quidem optabile, ut ieges immutabiles
essetit (f. sint), sed quia — ; possem plura proferre, sed — ;possemhoc
loco lameiitari; nomiuare praeterea multos possem, sed — ; Infiiiitum
esset narrare de omnibus ; iiifinitum esset omnes locos afFerre ; melius
fuisset (f. erat oder f?iä) perire, quam haec videre; ionge mihi satiiis
fuisset et utilius; aiiacolutlium agnoscere satius esset, sed necesse non
est — und so andere mehr. Wenn wir daher sagen: Wirst du mir auf
meine Frage nicht antworten? — und der Andere sagt: Das tväre sehr
unbescheiden (würde sehr grob sein), so muss dieser lateinisch sagen:
superbum id quidem est, wie bei Cic. Tusc. 1,8, 17 die besten Hand-
schr. haben, nicht esset, was Lallemand aus einigen neuen Handschr.
setzen will.
IIG. Ebendieselbe Eigenheit findet sich, wenn Pflicht, Recht, Billig-
keit, Nothwe?idigkeit nicht bedingungsweise (hypothetisch) angegeben
wird, wo wir ebenfalls bei etwas Gegenwärtigem das fmperfectum,
und bei etwas Vergangeneyn das Phisquampeyfectum, beide im Con-
junctiv zu brauchen pflegen, die Lateiner aber in jenem Falle das
Praesens, im letztern das Imperfectum oder Perfectum, beide im Indi-
catiü gebrauchen; z.B. diese fForte hätten nicht getadelt werden sollen,
haec verba reprehendenda non erant oder fuerunt, nicht fuisserit.
Fehlerhaft ist daher z. B. id bellum non Sullanum, sed Mithrida-
ticum dicendumy?//sse^ (f.ftiit); i^fid potius praecipiendum esset (f.
est) ; haec lectio mutanda non fuisset ; sie etiam illud neque mutan-
dum fuisset ; eum potius illius patrem dicere debuisset ; Volumnia'26
debuisset in te officiosior esse, quam fuit, et id ipsum, quod fecit,
potuisset diligentius facere ; ab iis'^^ adjutus non es, a quibus (adju-
vari) debuisses; quasi ego ad illos, non illi ad me venire debuissent
(f. debuerint, welchen Conjunctiv hier ^wösi" verlangt).
117. 9) Auch in andern Fällen verstösst man leicht im Gebrauche des
Plusquamperfects im Conjunctiv, welchen die Deutschen so gern in
abhängigen Sätzen brauchen, wenn gleich keine vorvergafigette Hand-
lung in Bezug auf eine andere vergafigene angegeben wird, sondern
entweder nur eine mit der andern gleichzeitig dauernde oder eine
mit ihr gleichzeitig momentane. Im Lateinischen wird die erste durch
ein Lnperfectuin, die zweite durch ein Perfectum ausgedrückt; das
letztere wird auch dann gebraucht, wenn die Handlung eine vor einer
gegenwärtigen Handlung geschehene ist, also in Bezug auf ein Prae-
sens. Fehlerhaft ist z. B. epistola nihil habebat, quod non vel in con-
nen, dass er bei Cic. Orat. I, 46 für quod et infinitum est (wäre) et non ne-
cessarium andern wollte esset, was unlateinisch wäre. Vgl. auch Ruhnk. dietata
ad Terent. Andr, V, 6, 14. — Nachher haben Andere von diesem Gebrauehe
des Indicativs weiter g-ehandelt, besonders Gernhard zu Cic. Lael. im Exe. I,
p. 238 und in seinen Opusc. gramm. p. 58 — 80, und Krüger in seinen Unter-
suchungen über lat. Spr. H. 2, p. 233 fgg. Ueber einige widerstreitend .sch(?incnde
Stellen s, Dietrich quaest. gramm. p. 32, und R. Klotz Cic. Tusc. I, 34, 84.
125. Unter ihnen sind Lorif/olius, Muretiis , Perpinian und Manutius ; da es
aber auf die genauere Angabe, wo sich die Stellen finden , nicht ankam , habe
ich es unterlassen, sie anzugeben.
126. Vgl. Cic. Farn, XIV, 16.
127. Vgl. Cic. Farn. I, 9, 5.
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cione leg^i potm'sset (hätte gekonnt, für posset); viderat'^s perpaiicos
iIJa aetas, quos rei niilitaris peritia coiitendere cum Aetio potut'sset
({.possei); iiullus fere locus fuit, quo non nomeii Romaiium /;e/-f e-
nisset (f. pervenerit) ; Cai-neades uuinquam rem defendit, quam non
probasset (f. probaret oder probari't^ ; nemo fuit hostis patriae, quin
mihi iuiniicus fuisset {i. fuerit) ; ubi est civitas, quae non malos cives
habuisset (f. habuerit) ; scire vis, quibus rebus adductus Cicero Sullam
defejidisset et laudasset (f. defetidert't et laudarä)^^^. — Dagegen wäre
wohl das Plusquamperfeclum in folgender Stelle richtiger als das
Imperfectuni und Perfecttim: Si penes me esset potestas, nemo ad
scholas admitteretur, nisi prius edito specimine ostenderet (f. osten-
dtsset), quales progressus /ecf?r/^ (f. fecisset); und so tadelt es auch
Reisig in seinen Vorlesung, p. 592 als fehlerhaft, dass Ruhnken im
Elog. Hemslerh. gesagt habe: Arbitrabatur, quae profani scriptores
dixerint (i.dixissent oder dixerunt) ,impia esse, et quae ad rem geren-
dam pertinuen'nt {i. pertinm'sse?it, oder auch perlineba?it), congerebat.
10) Im spätem Latein, und auch da höchst selten i^it^ steht ein Im- 118.
perfectum im Conjufictiv bei cmn, wenn dieser Satz nicht den Nebe?i salz,
sondern den Hauptsatz enthält, und daher im Latein, regelmässig
mit diesem mehr adverbialen cum das Perfectum oder historische
Praesens im Indicatio verbunden wird, wodurch die Haupthandlung
angezeigt wird. Diesem Satze mit cum geht ein anderer voraus, der
die Zeit und Handlung bestimmt, xvährend oder nach welcher die in
dem Satze mit cum erwähnte Thatsache vorfiel. Dieser vorausgehende
Satz fängt meistens mit jom (schon) , vix, vixdum (kaum noch), com-
modum und tanttim quod, beide in der Bedeut. eben, soeben an, und
das Verbum steht im Imperfecta oder Plusquampsrfecto. Wenn wir
z. B. sagen : Kaum war er in das Zimmer eingetreten, da wurde er
von Allen begriisst, oder als er von Allen begrüsst wurde, oder so
wurde — , sagen die Lateiner: vix — intraverat, cum-^ salutatus est,
oder salutatur, nicht cum salutaretur, noch auch mit ganz ausge-
lassenem cum. Anders schreibe man nicht. Fehlerhaft ist: Jara Vale-
rius lictores discedere jussit (f. jubebat)^ cum Appius se domum
reciperet (f. recept't) ; Tarquinius muro lapideo circumdare urbem pa-
ravit (J. parabat)., cum Sabinura bellum interveniret (i. intervenit) ;
profectus su7n (f. proßciscebar) Brundusio, cum hoc ad te litterarum
darem (f. dedi) ; nondum erat auditum te in Italiam advenire, cum
Villium ad te mitterem (f. misi) ; jam nuntius perlatus erat, cum
nova spes affulgeret (f. affulsU) ; commodum discesseras heri, cum
Trebatius ad me veniret (f. venu) ; vix agmen novissimum proces-
serat, cum Galli flumen transire non dubitarent (f. dubitaverunt oder
dubitant) ; vix receperat illos Codices, cum ad aedes meas advolaret
(f. advolavit oder advolat).
*) Wenn nun aber dennoch Cic. Verr. IV, 40 sagt: Vix erat imperatum
— cum videres—, so bedeutet dieses vichres, ma7i konnte sahen, hätte sehen kön-
nen, ähnlich dem cerncres, crederes. Lächerlich wäre vidisti gewesen.
128. So Ruhnk. Opusc. I, p. 52.
129. Frotscher hat in seiner Ausg. der Opera Mureti mehrere Stellen der Art
berichtigt, z. B. T. I, p. 137, 139, 194. 201, 231, 347, 378 u. a.
130. Wie bei dem späten Curtius IV, 3 jamque conceperant, cum haitriren-
tur et immitterent, für haitsti sunt et immiserunt.
56
119. 11) Im bessern Latein werden die Doppelformen des Perf., Plus-
quarnperf. und Futuri exact. im Passive mit sum, eram, ero und fui,
fueraniffuero wohl unterschieden, indem bei den letztern das damit
verbundene Participium adjectivische Bedeutung hat; z. B. captussum,
ich bin gefangen genommen worden, wurde gefangen, oder ich bi7i
ein Gefangener; captus fui, ich bin gefangen geweseri, ein Gefange-
ner gewesen; — honoratus sum, ich bin geehrt worden, wurde geehrt,
stehe in Ehre und Achtung ; honoratus fui, ich bin geehrt (in Ehre
und Achtung) gewesen, wobei gedacht wird, ich sei es nicht mehr.
Auf gleiche Art bei den übrigen, z. B. bei clausus, espulszis, legatus,
missus u. a. Man findet aber schon in der bessern nachklassischen
Prosa öftere Verwechselung, besonders im Futuro exacto, welches
bei Cicero in seiner gewöhnlichen Bedeutung nur mit ero vorkommt,
nicht mit fuero; z. B. tvenn ich einen solchen gefunden haben tverde,
si talem nactus ero, nicht fuero. Man befolge im Schreiben nur den
bessern Gebrauch und missbrauche nicht, wie viele Neulateiner, beide
Formen als gleichbedeutende. Vgl. die weitere Untersuchung Krii-
ger's in seinen Untersuchungen aus d. Gebiete der lat. Spr. ,H. 2,
p. 314 fgg-, und über die Form des Futuri exacti Zumpt's Gramm.
§. 168 u. Orelli Addenda ad Cic. Opp. Vol. IV, P. II, p. 123.
4) Modi.
120. Auch hier weicht der deutsche Gebrauch vielfältig vom lateini-
schen ab, wovon der vorhergehende Abschnitt von den Temporibus
schon einige Beweise geliefert hat. Hier noch einiges Andere.
1) Unstatthaft ist es, in einem unabhängigen Satze ausser aller
hypothetischen Form Conjunctive zu brauchen, die in Anmerkun-
gen oft gebraucht werden; z. B. /««/?/«>-*', mallem, mutem, muta-
rem, legam, legerem, credam, crederem, intelligerem, oder mit dem
Conjunct. Verf. putaverim, censuerim, crediderim u. a., die gewiss un-
lateinisch sind, indem diese Vorschläge und Meinungen mehr bestimmt
im Indicativ des Praesens auszusagen sind : nolo, malo, muto, lego u.
s. w., oder, wenn man sich bescheiden ausdrücken will, durch den
Conj. des Praesens nolim, malim, mutem, oder auf sonst irgend eine
bescheidene Art, z. B. haud scio an scribendiim sit, fortasse legen-
dum est, videtur ita esse legendum. Und so drücken auch die La-
teiner unser flüchtig hingeworfenes: Das hätte ich nicht gedacht,
nicht geglaubt, durch den Indicativ bestimmt aus: non putaram. Vgl.
Cic. Off. I, 23, 81.
*) Ueber den unlatein. Conjunctiv in longum sit (esset), non mirttm sit, sv-
pervacaneum sit u. a. m., über Redensarten, wie: lecüo nmtanda fuisset (fiierit),
die Lesart hätte geändert werden müssen, vgl. oben die §§. 115 u. 116-
121. 2) Für unlateinisch halten Einige den Conjunctiv in Ueberschrif-
ten von Abhandlungen ohne ein beigesetztes Beiwort, wie quaestio,
quaeritur, exponitur, explicatur, disseritur; z. B. Cur Alexander ap-
pellatus sit magnus? — indem in solchen Fällen entweder i\er Indicativ
est stehen müsse, oder es müsse eins jener Wörter zugesetzt sein.
Erwägt man aber, dass Cicero z. B. die Ueberschriften seiner Paradoxa
131. Dergleiclien schon sehr oft bei dem altern Burmann in seinen Ausgaben,
weswegen er auch in der Chrestomathia Petronio - ßurmanniana p. 186 geta-
delt wird.
57
im Jccusativ mit dem Infinitiv ohne ein denselben regierendes Wort
gesetzt hat, weil eins jener Wörter leicht dazu zu denken ist, so
kann auch bei Fragen ebendasselbe angewandt werden, und so er-
scheint der Conjunctiv statthaft und zulässig. Richtig sind also wohl
Ueberschriften, wie: Cur Alexander appellatus sit magnus; quot
fuerint regiones veteris Aegypti; unde discordia Caesaris et Pompeji
orta Sit u. dgl. Enthält aber freilich die Ueberschrift keine Frage,
auch keinen Satz mit dass, so kann nicht der Conjunctiv gesetzt wer-
den, sondern nur der Indicativ ; nicht Exponantur causae discordiae
Caesaris et Pompeji, sondern expommtur ; nicht fmumerentur regio-
nes veteris Aegypti, sondern enumerantur, indem der Conjunctiv nur
im Munde dessen passend ist, der die Aufgabe gibt, aber für den
unpassend, der sie beantwortet.
*) Wie ich sehe, verwirft auch Zumpt in den Aufgaben p. 132 in Ueber-
schriften die directe Frage und fordert einen ahhävyiyen Satz, weil immer eine
Ellipse, wie : soll im Folyenden aiiseinanderaesetzt werden — zu denken sei.
3) Unlateinisch ist der Conjunctiv für den Indicativ in dem bedin- 122.
genden Zusätze mit si oder 7iisi nach den betheuernden Formeln
ne vivnm, moriar, peream, ich will des Todes sein ; ne sim salvus, ich
will nicht gesund sein. Falsch ist: ne vivam, si aliter scribam ac sen-
tiam (ivenn ich anders schreibe, als denke) für scribo ac sentio; peream,
nisi de te vehementer sollicitus sim für sum.
4) Selten in der bessern Prosa ist der Conjunctiv für den hidi- 123.
cativ nach allen mit cumque zusammengesetzten Relativwörtern, wie
quicumque, qualisctimque, iibicumque, utcunque, tindectinque, ferner
nach quisquis, qiiotquot, vi ut, sive — sive u.a., wo wir unserer deut-
schen Uebersetzung gewöhnlich mögen beizufügen pflegen, — wenn
nur die Rede durchaus gerade Rede ist. Jener Fehler mit dem Con-
junctiv für den Indicativ., z. B. utcumque sit, wie dem auch sein mag,
für utcu?nque est, ist bei den Neulateinern sehr häufig. Vgl. Anleit.
§. 297 und Th. II dieses Buches unter den einzelnen Wörtern, sowie
auch Reisig's Vorlesungen p.537.
5) Es ist eine Eigenheit der bessern latein. Sprache, den Conjunc- 124.
tiv in Zwisihen- und Beisätzen zu brauchen, die nur allgemein, nicht
als ein bestimmtes, wirkliches Factum verstanden werden sollen, indem
weder das Subject noch das Object eine bestimmt gedachte und ge-
nannte Person ist, bei einer zweiten Person aber im Verbo nur das
unbestimmte man, nicht eine einzelne bestimmte Person, welche in
du liegen kann, gedacht wird, sondern jede ähnliche zu denken ist.
Wir brauchen den Indicativ, die Lateiner wegen jener Unbestimmt-
heit den Co?ijunctiv. Man sage nicht: Libertas est potestas vivendi,
ut vis (f. velis) ; nihil est turpius, quam cum eo bellum gerere, qui-
cum familiariter vixisti (f. vixeris) ; est animi ingenui, cui multum
debes (f. debeas), eideni plurimum velle debere; qui semel verecun-
diae fines transiit (f. transierit^., eum naviter oportet esse irapnden-
tem; illud est in officio (pflichtmässig), ut ei plurimum tribuainus,
a quo phuimum diltgimur (f. diligamur) ; quae possunt esse cupidi-
tates in eo, qui ruri semper habitavil (f. habitaverit. hahitarit^ et in
agro colendo vixit (f. vixerit) ; proprium est irati cupere, a quo laesus
videtur (f. videattir)^ ei quam maxiraum dolorem innrere; qui autem
concupivit (f. concupiverit) ,, eum necesse est, si id consecutus est (f
sit)^ magnopere laetari.
58
125. 6) In indirecter, abhängiger Frage brauche man nur den Con-
jtinctiv, nicht den Indicniiv, welchen der Deuts(he in solcher Frage
meistens anwendet. Die wenigen Abweichungen mit dem Indicativ
statt des Conjunctivs berechtigen nicht zur Nachahmung. Man sage
nicht: cognosrere cupimus, quanti nostra interest ({. intersit); me-
mento, quam pulchros dies viximus (f. viserimus); audi, cur haec
feci (f. fecerim) ; scio, quid litterae prosimt (f. prosint) ; Ignorant,
qiiibus jacturis \va.e.c feci {t fecerini); non satis intelligo, quid sum-
raum dicis (f. dicas) esse dolorem ; Graece ^luriuv unde appellant (f.
appellent)^ non facile dixerira; quis seit, an perpetua haec erunt
(f. futura sint). Vgl. ausser den Grammatiken auch Reisig's Vorle-
sung, p. 597.
*) Die Redensarten nescio quis, nescio quo pacta, nescio quomodo werden
entweder so gebraucht, dass sie ganz für sich als Nebenbemerkuagen stehen, oline
dass das folgende Vcrbum von qids, quo pacto (modo) abhängt, wo denn der
Indicativ richtig ist, oder dass zu quis, quo pacto (modo) das folgende Verbum
gehört, wo denn der Conjunctiv erforderlich ist. Nach dem verschiedenen Sinne
ist daher auch der Modus verschieden.
126. 7) Der Conjunctiv steht in der bessern Prosa immer bei den
Co7ijunctionen licet, quamvis, quasi, modo und dtimmodo, die beiden
letzten in der Bedeut. wen7i nur mit dem Begriffe des Wunsches —
und andern, bei denen der Indicativ incorrect ist. Man sage nicht:
licet omnes in me terrores impendent (f. impendeant) ; quamvis sa-
piens es (wie weise du auch bist) für sis.
*) Vom Modus bei den Conjunctionen handeln die neuern Grammatiken
sehr sorgfältig; man beachte den dort erwähnten bessern Gebrauch und ver-
meide den schleclitern.
Anhang über Einiges, was die Uebersetzung der Conjunction
dass betrifft.
127. 1) Vielfältig wird bei der Uebersetzung der deutschen Conjunction
dass gefehlt, indem nicht allein die Conjunctionen ut, ne, ut non,
quin, quo minus und quod oft falsch gebraucht werden, sondern mit
ihnen auch die Construction des Accusativ mit dem Infinitiv verwech-
selt wird, wiewohl die neuern grammatischen Bücher jetzt ziemlich
befriedigende Auskunft über ihren Gebrauch und Unterschied geben.
Einige fehlerhafte Beispiele aus Neuern :
Spero, quod mecura Romam prqfecturus sis — für te mecum II.
profecturum esse; spero, ut per te ejus dignitas adaugeatur — für
fore, ut per te — ; vetus est sententia, ut nemo fatum effugere pos-
sit — für neminem f. eff. posse; haud multum inde profeciraus, ut illa
excerpta contuleriraus — f. quod illa — ; majorem fructum inde per-
cepi, w< totumSuidam perlustrarim — f. quod ioiwva — ; sapientis est,
ut secundum naturam vivat — f. secund. n. vivere ; unde factum est,
quod eum interficere potuerint — f. ut eum — ; eo semper specta-
bam, ut id meam cognitionem non effugeret — f. ne id m. cogn. effu-
geret; brevior loquendi forma esse Aristotelis liquet — f. breviorem
lo q. formam esse — ; per legatos^'^ ajj gQ gi^i petunt episcopos mitti
1.32. So Mureti Oper. T. I, p. 216, wo Frotscher anmerkt: Insolcns liaec
est constructio neo imitanda — und sie wie oben berichtigt. Ebenso Yaicken.
Ep. ad Em. p. 46 quas tecum communicari benigne petis, für quae vt tecum
conimunicentur. Die nächste Stelle ist aus Paulin. a S. Joseph, oratt. p. 67.
59
— f. petunt, ut sibi ab eo episcopi mittantur ; huc quoque accedit,
orationis vim... scatere vitiis — f. quod \is scateat; de Caesareixar-
rat etim fuisse — f. Caesare?n narrat fuisse ; de Cicerone nemo exi-
stimabit e^ml jure expulsura esse — f. Ci'cerotiem nemo exist. jure
exp. esse ; — de me dicit me hoc dixisse (er sagt von mir, dass ich — )
f. /ne hoc dixisse di it — , und Vieles dergleichen in unsern neuern
latein. Schriften. — üeber jubere und vetare mit ut und ne vgl. Th.II
unter Jubeo und Veto.
2) Unlateinisch ist es, in Redensarten, wie bene, commode,oppor- 128.
ttme (und ähnlichen) accidit, cadit, evenit, factum est, die Conjunct.
ut folgen zu lassen für quod, da der Satz nicht die Folge, welche
schon in den Adverbien liegt, sondern die Ursache des glücklichen
Ereignisses angibt. Daher bei Cicero (Fam.V, 6, 2) bene evenit, 9?/or/
haue domum emisti, nicht ut emeris. Vgl. weiter Att. I, 17,2. Tusc.
IV, 30, 64. Act. I Verr. 2, 5. Orat. II, 4, J5 u. Caesar B. G. IV. 13. Fehler-
haft ist daher: accidit^^* incommode, ut ex urbe discesseritis, für
quod discessistis ; illud peropportune cecidit, ut mihi hac ratione
tuam epistolam legendi potestas facta sit, für quod facta est ; hoc
cecidit mihi peropportune, ut ad Antonium audiendum veneritis, für
quod venistis.
3) In der besten Prosa, wenigstens bei Cicero und Caesar, folgt 129.
auf 71071 dubito, non dubium est, quis dubitat die Conjunction qui7i,
nicht der Accusativ mit dem Infinitiv, welcher bei den Nachklassikern
fast mehr als qui7i gebraucht wird. Im Schreiben hätten die Neu-
lateiner sich nach dem bessern und allgemeinem Gebrauche richten
sollen, was aber nicht geschehen ist und auch jetzt oft nicht ge-
schieht. Man halte sich an quin. Vgl. auch noch Th. II unter Dubito.
4) Beim Gebrauche des Accusativs m. d. Infin. ist es fehlerhaft, 130.
in einem damit verbundenen Vergleichtmgssatze, der kein eigenes
Verbum hat, das Subject desselben nach deutscher Art im Nomi-
nativ folgen zu lassen, da es doch im Accusativ stehen rauss in Be-
ziehung auf den Accusativ, der beim Infinitiv steht. Man sage nicht:
nihil melius esse diiit, ({WBxn virtus, iür virttitem; mulieresi34 prae-
nomine usas vario, sicuti viri {f. viros) , Sigonius ostendere conatur;
scio nos dignitatis vocabulo alio prorsus sensu, quam Tullius (f. Tul-
lizim)^ usos esse; affirmas me de raetro judicare, ut p?ier schola-
sticus (f. puerum scholasticum) ludimagistri dictata venera?is (f. vene-
ra7ite7n) ; Judicium feci, paucos aeque eleganter scripsisse atque tu
(f. te), eruditius certe neminem (nicht nemo); Lazarum Bonamicura
dicunt maluisse loqui, sicut Cicero (f. Ciceronem) , quam Pontificem
R. esse; Platonem '35 dicunt sensisseidem, quod Pythagoras {i.Pytha-
goram) ; minime'^ß rairamur te tuis, ut egregius artifex {i.egregium
artifice7ji)^ praerlaris operibus laetari; suspicor'^' iisdem rebus te,
quibus ego ipse (f. me ipsum) gravius commoveri ; eam scimus sectari
cervos, veluti altera I)ia?ia (f. alter am Diana7n). Vgl. Cic. Plane. 41 , 99.
133. So Manut. Ep. Xr, 10.
134. So Roberten, Emendatt. II, 9.
135. Vgl. Cic. Tusc. I, 17.
136. Vgl. Cic. Farn. I, 7, 7.
137. Vgl. Cic. Senect. 1.
60
Li'i^ar. 1, 2 und Ochsner zu Eclog. Cic. p. 398. 399.— Und so wohl
reg^ehnässig^ in allen Verg^leichun^'^ssätzen ohne eigenes Verbum. Daher
sdireibt Sallust. Jug. 58 incorrect: Locum ceperunt paulo quam aHi
editiorem, für quam alios. — Ebenso ist es unlateinisch, in Zusätzen
zu vorherg:enannten Personen den Nominativ, wie im Deutschen, statt
des Accusativs zu setzen; z.B. spero etiam tu (ich hoffe, auch du)^\\r
etiam te (venturum); puto etiam Dejotarus, für Dejotarum . . . , da ein
Infinitiv aus dem Vorhergehenden zu ergänzen ist. Vgl. Cic. Farn.
XV. 4,5, und so sagt er ib. VII, 20, 1 quid dico te, was sage ich du
— nicht tu, weil amari fehlt, und Rose. Am. 37 quis eum nunrium
misit? nonne perspicuum est eundem (misisse), qui — nicht idein qni,
wie im Deutschen eben der, welcher — .
13Ü . 5) Bei der Anwendung des Accusativs mit dem Inf. ist es ungebräuch-
lich, ein Object, welches zweimal, im regierenden und regierten Satze,
im Deutschen vorkommt, zweitnal zu setzen, da im Latein, beide nur
einen Satz ausmachen. Fehlerhaft ist es wohl, wenn Vit torius '**8
schreibt: cum quidam //// pollicitus esset, se artem e/ memoriae tra-
diturum, für cum quidam Uli artem memoriae se trad. pollicitus esset.
Vgl. Cic. Orat. II, 74, 299.
132. 6) Statt des Accusativs m. d. Inf. wählen die Lateiner, wenn das
regierende Verbum ein Passivum im Neutro ist, lieber den Nomi-
nativ mit dem Inf, indem sie das Subject des abhängigen Satzes zum
Subjecte des regierenden Verbi machen und für dicitur me esse, (man
sagt, dass ich sei) sagen : (ego) dicor esse. So bei d/ci, putaii^ videri
u. andern. IVur selten sprechen sie anders, besonders in den Per-
fectformen traditum, creditum, nunciatum, froditum est u. a. , und in
der Conjugatio periphr. putandum, credendum, dicendum est. Der
Sprachgebrauch muss bei den einzelnen Passiven die Wahl und Form
des Satzes bestimmen, indem wenigstens bei dici, negari, nuntiari,
putari und videri fast nur der Nom. m. d. Inf. gebräuchlich ist; nur
selten bei narrari. Man sage nicht: dicitur Ciceronein nimis ambitio-
sum fuisse, sondern Cicero fuisse dicitur nimis ambitiosus; nicht: nos
illa facturos fuisse dicitur, sondern 7ios illa factu?i f. dicimur ; nicht:
Omnibus videtiir mein hac re negligentem fuisse, sondern videor omiu-
bus in hac re negligens fuisse; nicht: mihi vidett/r has res a Panaetio
esse praetermissas, sondern hae res mihi a P. esse praetermissae vi-
dentur. Vgl. Anleit. §. 457 — 459 und über videri Theil II unter Videor.
— Und so findet sich eine ähnliche Attraction in abhängigen Fragen,
indem das im Neutro Sing, stehende passive Verbum mit dem Sub-
jecte der indirecten Frage ver!)unden wird. Man sagt z. B. anstatt:
scriptum est in eo libro, quae Ciceronis merita in patriam fuerint —
scripta sunt in eo libro, quae ; anstatt: constituendum est autem,
qui sint in aniicitia fines — constituendi sunt autem, qui sint — und
so ähnliche. Vgl. Reisig's Vorlesung, p. 330.
5) Imperativ.
133. In der bessern Prosa unterscheiden sich die beiden Formen ama
und amato, sepeli und sepelito so, dass die erste auf die Gegentrart,
die zweite auf die Zukmifl Bezug hat, indem jene einen Befehl, eine
Bitte zur Ausführung in der Gegenwart, diese zur Ausführung in der
138. In Epp. ad Muret. (Mureti Opp. T. 11, p. 130.)
61
ZukuTjft anzeigt, weswegen die letztere auch immer in Gesetzen und
Verordnungen allein üblij h ist. Irrig suchten die Meisten in der ersten
Form ein mildes, in der zweiten ein strenges Gebot. Vgl. Zumpt's
Gramm. §.583 und Anleit. §.376. — Im neuern Latein werden beide
Formen verwechselt, und weil die zweite edler und kräftiger scheint,
wird sie meistens der ersten auch an unpassenden Stellen vorgezo-
gen.— Es wird ferner zwar quaeso, ich bitte, oft mit einem Impera-
tiv verbunden, aber nie geschieht dies bei rogo und peto; man sage
nicht: peto abs te, (te etiam atque etiam rog-o), cura omnia ejus nego-
tia (ich bitte dich, besorge — ), sondern ut eures omnia — .
6) Infinitiv.
1) Der Infinitiv wird, ausser wenn er Suhject eines andern Verbi 134.
ist, in der Prosa nach klassischem Gebrauche sehr beschränkt mit
einem ihn regierenden Verbo verbunden. Die Deutschen wenden ihn
fast überall an, wo beide Verba gleiches Subject haben; z. B. ich hoffe
dich bald zu sehen; du versprichst mir bald zu schreibeii ; ja selbst
auch dann, wenn das zweite Verbum sich auf das Object des ersten
bezieht; z. B. er bittet mich, dafür zu sorgen. Der Lateiner aber
wählt hier entweder eine Conjunction oder den Accusativ mit dem
//?/., je nachdem der Sprachgebrauch das Eine oder das Andere
fordert; er sagt: spero fore, ut te mox videam; mihi polliceris te
mox esse scripturum; petit a me, ut ea eurem. Er fürchtet zu ster-
ben heisst timet, ne moriatur. Man sei also bei der Anwendung des
Infinitivs sehr vorsichtig. Fehlerhaft ist z. B. cave dubitare, für cave
dubites; peto a te id curare, für ut id eures; incumbe (operam da)
bellum perficere, für ut b. perficias; impedior hoc facere, für quo
minus hoc faciam ; me hoc suscipere adduxit, für me, ?/^ hoc susci-
perem, adduxit; Bias idem facere admonitus est, für B.. ut ideni fa-
ceret, adm. est; ille putabat hac in re cautior fuisse, für hac in re
se ille putabat cautiorem fuisse; nulli labori peperci eum praeceptis
augere, für quin eum pr. augerem; Jason raissus est aureum vellus
afferre, für qui aur. v. affer r et — und so andere, nach dem Deut-
schen gebildete, die meistens unlateinisch sind.
*) Poetisch ist der Infinitiv nach giiech. Art bei vielen Adjectiven und bei
vielen Verben, entweder für ut oder ad mit deni Gerundium, z. B. dig-nus est
amari für qui ametur.
2) Der Infinitiv des Praesens, der im Latein, nur Gleichzeitiges mit 135.
dem Hauptverbo anzeigt, wird oft unlateinisch für den des Futurmns
gebi-aucht, wozu die deutsche Sprache verführt, die in Ermangelung
einer eigenen Form den des Praesens auch für den des Futurums
gebraucht. Wir sagen: ich hoffe bald zu Rom zu sein, der Lateiner:
me spero mox Romae futurum. Fehlerhaft ist daher: brevi te cojh-
plecti speramus, für nos te brevi complexuros esse speramus; spera-
vit eum Romae videre, für se eum Romae visurum; ejus '39 eruditionis
decimam partem attingere speravi, i\ir fore ut attingerem; Catilina
urbem incendere rainatus est, für se urbem incensurum; pollicitus ^^o
sum tibi id primo quoque tempore scribere, für me id — scripturum ;
139. So Blomfield Pracf. Aeschyli Septem p. IX.
140. So Longol. Ep. I, 15.
62
hrevP''^ (lomum redire existimat, für se rediturum; piito Kalendis
Septemhrihiis Romae esse, für me futurum. Abweichende Stellen der
Alten berechtigen nicht zur Nachahmung^. Vgl. Ruhnk. Terent.Andr.
I, 5,4. Ausleg. zuLiv.11,5. Davis. Caes. B. G. IV, 21, 5.
136. 3) Der Infinüiv des Praesens hat im Accusativ eine Doppelform,
entweder die des Nominativs oder die Form ondumwnA endum, welche
man die des Gerundiums nennt. Man bemerke hierbei nur, dass z. B.
bei der Praepos. inter beide Formen vorkommen, die erste aber nur,
wenn der blosse Begriff des Verbi gedacht wird, die zweite, wenn
die Handlung selbst als wirklich eingetreten bezeichnet werden soll.
Man sage daher: Quid interest inter docere et erudire, nicht inter docen-
dum et erudiendum, wie man bisweilen geschrieben findet. Richtig
ist: ille inter docendum (ivährend des Lehrens), mier pugnandum,
inter spectandum — mortuus est. Vgl. Cic. Fin. 11,13.
7) Gerundium und Gerundivum oder Participium Futuri Passivi.
137. Den Gebrauch beider und ihr gegenseitiges Verhältniss lehren zur
Genüge die vollständigen grammatischen Bücher. Es ist nur Weniges,
wogegen man bisweilen verstösst.
1) Fast regelmässig und von allen bessern Schi'iftstellern beob-
achtet ist beim Dativ, Accusativ und Ablativ die Vertauscluing des
Gerundiums mit dem Gerundivum oder Participium, wenn ein Accu-
sativ das Object des Gerundii ist. Man sage: legibus scribendis für
leges scribendo ; conßciendo novo apographo für conßcietido novum
apographum; fructibus demete?idis für fn/ctus demetendo; ad cofi-
nectendas amicitias für ad connectendu?n aniicitias ; in urbe evertenda
für in urbem evertendo ; ab homine colendo für ab hominem colendo.
Nur selten scheinen die Bessern um stylistischer Gründe willen davon
abgewichen zu sein, wenn anders die Stellen nicht fehlerhaft sind,
sowie manche der angeführten bezweifelt werden. Vgl. unter Andern
Giese zu Cic. Divinat. p.l23. In z?vei ähnlichen, mit einander verbun-
denen Sätzen haben aber die Bessern wohl nur auf einerlei Art
g-esprochen ; z. B. in Cic. Sest. I, 2 wohl nicht in agendis gratiis com-
memorandoque beneficium, wie Eitn'ge haben drucken lassen, sondern
entweder commemorandoque beneficio oder commemorandisque bene-
ficiis. Gleichwohl steht z. ß. bei Cic. Phil. V, 3 populum Romanum
opprimendi, obgleich vier Gerundiven im Genitiv vorausgehen, und
es also popttli Romani opprimendi heissen müsste. Dagegen wenn
Caesar B. G. IV, 14 sagte : neque consilii haberidi neque arma capiendi
spatio dato, so hatte er wohl, wenn er so geschrieben hat, einen
stylistischen Grund.
138. 2) Nur altlateinisch wird das Neutrum der passiven periphr. Con-
jugation, z. B. amandum est, nach griechischer Weise mit einem Ac-
cusativ des Objects verbunden, aber ausser Varro, der noch das
Altertliümliche liebt, kommt es bei den übrigen Klassikern und allen
andern Bessern nirgends vor, es sei denn, dass ein besonderer sty-
listischer Grund vorhanden wäre, so zu sprechen; denn wenn Cicero
(Off. I, 31,112) sagte: Catoni — moriendum potius, quam tyranni viil-
141. So Jiunell. Epist. 5.
63
tum ndspiciendum fuit, für miltus adspiciendus fuit, so geschah diese
Yerbiiuluiig um der GJeicliJieit Avilleii, und wenn ei- pro Scauro
(c. 13) sagte: obliviscendum vobis putatis — scelera, für obh'viscenda,
so hob er den Begriff gleicli vorn aUgernei?i im Neutro hervor.
Dergleichen werde aber durchaus vermieden, und in der guten Prosa
wird für fehlerliaft gelten parentes tuos amandum est, für parentes
Uli amandi sunt; occupanduin est animos, für occupandi sunt animi;
canes paucos^^^^ et acres habejiduni est, für canes pauci et acres
habendi sunt — und so alle ähnliche.
3) Fast unlateinisch ist es, die passive periphr. Conjugation in 139.
der Bedeut. des passiven Könnens oder der passiven Möglichkeit zu
brauchen, da sie bei allen Bessern mir die Bedeut. der passivischen
Nothwendigkeit oder des passiven Müsaens hat, wiewohl auch der
Begriff dürfen in negativen Sätzen, besonders mxtvix (kaum), dadurch
ausgedrückt wird. Daher bedeutet liber legendus est nur das Buch
itiuss gelesen werden, nicht es kann gelesen u'erde?i, welches legi potest
heisst. Man halte sich an diesen Sprachgebrauch der bessern Prosa.
Vgl. Heusinger. Emendatt. p. 469; Zumpt's Grammatik §. 650 und
Reisig's Vorlesung, p. 746 m. d. Anm. ; auch neulich Madvig z. Cic.
Fin. I, 2, 6.
4) U?ilatemisch aber ist die oben §. 137 erwähnte Vertauschung 140.
des Gerundiu?ns mit dem Gerundivum, wenn das Object des Gerun-
diums nicht im ^ccusativ, sondern in einem andern Casus steht.
Sätze, wie urbi parcendum est, ictibus resistendum est, lassen sich nicht
in urbs parcenda est, ictus resistendi sunt umändern, und so auf gleiche
Weise in den übrigen Casibus, nicht urbis parce7idae, ictuum resi-
stendorum im Genitiv, für urbi parcendi, ictibus resistetidi ; nicht im
Dativ urbi parcendae, ictibus resistendis, für urbi parcendo, ictibus
resistendo — und so in den übrigen Casibus. Fehlerhaft sind daher:
liaec materia ictibus resistendis apta est; firmandus est animus ad
dolorem (für dolori) obsistendum ; propensus est urbi parcendae, für
urbi parcendo oder ad parcendum urbi; hostis parcendus est, für
hosti parceiidum est ; ratio obtemperanda est, für rationi obtempe-
randum est — und so in ähnlichen Fällen.
5) Man achte auch darauf, dass das Gerundivum wwc gehr^\\c\\\\\\.
werden darf, wenn etwas Gleichzeitiges mit dem Hauptverbo oder
etwas Künftiges angegeben wird, nicht etwas schon Vergangeties
oder Forzeitiges, wo das Participium der Vergangenheit Statt findet.
Verschieden sind z. B. edendis libris und editis libris, wiewohl Beides
durch Herausgabe von Büchern heisst. Wenn wir sagen: er macht
sich durch Herausgabe vortrefflicher Bücher verdient, so heisst es
edendis libris; aber er hat sich durch Herausgabe vortr. B. verdient
gemacht, heisst editis libris.
8) Das Supinum auf u.
Es wird heutzutage bisweilen unlateinisch angewandt und z. B. 142.
mit esse verbunden ohne Vermittelung eines Adjectivs; z. B. editio
hujus anni non est inve7itu^ non est repertu, wie wir sagen : ist nicht
zu finden, für 7ion reperilur. Ebenso: librum alicui dare lectu. Einem
142. Wie Varro R. R. I, 21 schreibt.
64
ein B. zum Lesen geben, für lege7idtim oder quem legat; oder wenn
geschrieben wird: vide, quae ibidem lectu dantur, für legenda.
9) Participia.
143. Ihr Gebrauch ist bei Cicero, welcher volle Perioden liebt, selir
beschränkt, häufiger dagegen bei alten Historikern seit Caesar und
Sallust, indem sie Nebenhandlungen und Nebenumstände wo mög-
lich in Participien der Haupthandlung beifügen. Späterhin aber miss-
brauchte Tacitus die Participien, besonders die. ^4blativi absohiti, in
denen er oft wichtige Umstände angibt, welche Andere in vollen
Sätzen hervorgehoben haben würden. Auch heutzutage treibt man
mit ihnen Missbrauch, weil man sie für Schönheiten der Rede hält.
— Hier jedoch nur Einiges, was zu beachten ist.
144. 1) Das Partie. Futuri Act. bedeutet bei Cicero und Caesar nur
das thun tvollen., das im Begriff sein., Etwas zu thun., nicht das ihun
sollen, wie es manche Spätere brauchen; z. B. misit legatos oraculum
consulturos, für qui co?isulere?it oder consuletites. Richtig ist: ciconiae
abiturae (welche oder wenn sie wegziehen wollen) in loco certo con-
gregantur; vivitis tamquam semper f«cf?/y/. Wohl aber möchte dieser
mehr N. Kl. Gebrauch des Partie, anwendbar und nicht verwerflich
sein. Aber unlateinisch ist er, wenn nichts Zukünftiges dadurch an-
gegeben wird, z. B. poetae ^^^ soli Veneri tres jungunt Gratias in-
dicaturi (um anzuzeigen), für ut indicent, denn sie thun es eben da-
durch, wollen es nicht erst thun. — Eben so falsch findet es Reisig
in seinen Vorlesungen p. 742, wenn in • Lectionscatalogen stehe:
Explicabo hanc rem secuturus oder adhibiturus librum aliquem, für
secutus (sequens) , da die Zuziehung eines Buches nicht später, als
das Erklären, sondern gleichzeitig mit ihm geschieht.
145. 2) Unlateinisch ist der Ablativus ab solutus , wenn er entweder
Wörtern beigesetzt ist, die gar kein Verbum haben und daher keinen
Satz bilden, oder wenn er Etwas anzeigt, was mit dem andern Satze
in keiner wirklichen natürlichen Verbindung steht. Dergleichen kommt
in neuern Büchern oft vor und alltäglich auf Büchertiteln , wie in
folgenden Beispielen: Antiquitas '^^ Homerica edetite Jo. Terpstra.,
für quam edidit J. T.; specimen^'*^ emendationum petitaruin ex cod.
Gudiano, auctore^"^^ L. Kulenkamp, für cujus auctor est L. K. ; hoc
vocabulum, Ruhnkenio^^'" docente (monente), apud Libanium legitur,
für ut Ruhnkenitis docuit oder lieber verbunden hoc iioc. apud L.
legi docuitRuhnk.; sie legendum censuit Scaliger.,probante^*^ Heynio,
für idque oder quod probavit Heynius ; Borhecnius receperat 6(o|f'»r,
me non probatite ; magna^*^ tarnen, haec^ •"»" dicente Cicerone, ejus aerarii
143. So Sinteiiis Versucli etc. p. 174, was dort schon R. Klotz gerügt hat.
144. Ist der Titel eines zu Leyden 1831 erschienenen Buches.
145. Ebenfalls der Titel einer Disputation.
146. Das würde heisscn auf den Ratli L. Kulenkamp's, nach der Erzählung
K. — , wozu wieder ein Verhum fehlt.
147- Das hiesse auf Rulmken's Erinneruny steht dieses im L.
148. Das hiesse mit Heyne' s Billigung, da doch beide Männer weder gleicli-
zeltig, noch je beisammen waren.
149. So Atanut. Cic. Verr. 11, 2.
150. Das liiesse da Cicero dieses sagt.
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fiiit iaopia. So ist auch wunderlich gesag:t: ambilione^^^ seposüa ce-
tera vitia Pliilippus magfiiis boiiis aequavit, für zit atubüiojiem prae-
termittain, um den Ehrgeiz zu übergehen. — Und dergleichen Vieles
im Neulatein.
3) Nach der bekannten kurzen Sprechart, audito zu sagen für 146.
cum auditum esset, bildeten die Historiker seit Livius (denn bei
Cicero und Caesar kommt sie selten voi') viele andere ähnliche, wie
nunciato, cognito, exposito u. a., welche im Schreiben nachzuahmen
sind und von Zunipt als Fortbildung im Bessern betrachtet werden.
Ja selbst der neutrale Ablatio eines Adjectics findet sich schon bei
Livius, Tacitus und Andern, was nur selten nachzuahmen ist, z. B.
periculoso^ dubio (Liv. XXVIII, 17), haud dubio., incerto (Liv. XXVIII,
36), sereno., tranquiUo für cum periculosuni esset. Aber gewagt
ist es und ohne Beispiel eines Klassikers, wenn Fiorus (Hl, 21) sagt
adversariis hostibus judicatis, y\o Object und Prädicat eines Verbums
beide in den Ablativ gesetzt sind. — Vgl. auch Reisig's Vorlesung
p. 762.
4) Ä\ Kl. und mehr zu vermeiden als nachzuahmen sind die dem 147,
Deutschen ähnlichen Participialverbindungen ita, sie, supra, ??iodo,
infra ■ — dictus, nominatus., appellatus., memoratus u. a., sowie auch
praedictus, praeno?ninatus^ wie wir sagen so, obe?i, soeben, unten ge~
Jian7it, erwähnt, vorbenmint, dergleichen sich bei keinem bessern
Klassiker findet, von welchen sie nur mit qui, quae, quod umschrie-
ben werden : qui dicitur, qui dictus est, quem dicimt, quem supra —
dixi und so auf ähnliche Weise, z. B. die sogenannten Dialektiker,
qui diaJectici appellantur., nicht dialectici sie appeUati oder dicti, der-
gleichen im N. L. häufig ist. Vgl. Anleit. §. 590 und an mehrern
Stellen in Th. II dieses Buches.
f) Praepositionen.
Im Gebrauche und in der Anwendung der Präpositionen ist wegen 148^,
der Verschiedenheit der Sprachen grosse Vorsicht nöthig. Von dem
Vielen, was im Lateinischen vom Deutschen abweicht, kann hier nur
einiges W enigc berührt werden. Vollständig findet sich das Einzelne,
was jede Präposition anlangt, in //awrfiV Tursellinus behandelt, ausser
welchem auch die frühern Bücher über die Partikeln benutzt wer-
den können.
1) Die Lateiner denken oft den Ort, wo wir Etwas als geschehen 149.
angeben, wo ch fern abliegerid , und verbinden viele Verba und die
von ihnen abgeleiteten Substantiva nur selten mit t?i und dem Abi.,
meistens mit in und dem Accusativ, z. B. abdere, advenire, adventus,
appellere und applicare navem, coetus, cogere, coire, concurrere,
confluere, congregare, convenire, conventus u. a. m. Wir sagen irgend-
wo, an einem Orte ankommen, die Lateiner nicht in aliquo loco., son-
dern i?i aliquem locu?n advenire; wir sagen irgendwo, bei Jemande?i
eitikehreti, nicht in aliquo loco, apud aliquem devertere, sondern in
(ad) aliquem locurn, ad aliquem. Vgl. was Teipel gesammelt hat in
d. Jahrb. X, p. 120 fgg. Und eo noch andere Verschiedeuheiten,
151. So Valcken, oratt. p. 239.
66
z. B. wir sagen : ein Schiff an irgend einem Orte besteigen, nicht in
aliquo low, soiidei'n ab oJiquo loco; au oder avf irgendeinen Ort
Etwas setzen, stellen, nicht in aliquem lociim, sondern fast nur in
aliquo loco; an irgend einem Orte (der höher liegt) eine Rede hal-
ten, nicht in aliquo loco, sondern ex aliquo loco orationem habere;
überall ist der Weg in die Unterwelt gleich gross, nicht onmibus
locis, usquequaque, ubique, sondern ex omnibus locis , zindique. Wo
wir in Briefen (oben oder unten) sagen von Hause, sagt man ex
aedibus, nicht ab aedibt/s, und wo wir ohne alle Präposition den Ort,
wo der Brief geschrieben ist, angeben, z. B. Berlin, Frankfurt, Bres-
lau, setzten die Lateiner vielleicht nur den Ablativ auf die Frage
woher, um anzugeben, woher der Brief komme (mit oder ohne den
Beisatz data oder datae)^ also Berolino, Francofurto, Vratislavia^
Ro7na^ Brundisio u. dgl., und so sagten sie ex castris, e promontorio,
a Pontio, ex Trebtilano^^^ u. s, w\ — Wir denken uns ferner biswei-
len Etwas als Ursache, inodurch Etwas geschielit, die Lateiner aber
als Quelle und Folge, und brauchen ex^ z. B. dadurch oder in Folge
dessen entsta?id eine Parthei, ex ea re oder inde exstitit factio; und
so meistens bei allen Verben, welche entstehen bedeuten, woher man
auch lateinisch sagt: liberos habere ex aliqua, wo wir sagen mit oder
von Einer. — Wir sagen von einer Reise kommen, zurückkehren, die
Lateiner ex ilinere^^^ ; mit Etwas anfangen, den Anfang macheyi,
latein. ab aliqtia re ; daher adverbial mit i7ide, unde., z. B. fange tnit
de?n an, tvomii es nöth/g ist, ?*w</e initium sume, unde necesse est
(Cic. luv. 1, 20, 28) ; und so gibt es der Verschiedenheiten mehrere,
liier genüge diese Probe, damit man aufmerksam werde.
150. 2) Wenn schon mit dem Verbo im Activo die Präpos. a verbun-
den wird, z. B. victoriam reportare ab aliquo, den Sieg über Jeman-
den davontragen, so entsteht im Passivo, zumal wenn noch ein neues
a dazu tritt, eine Zweideutigkeit, die nur durch Vermeidung des
Passivs am besten vermieden wird. So ist z. B. zweideutig ab Antonio
Victoria ab Octavia7io reportata est, und sogar schon einfach ab An-
tonio oder ab Octaviano victoria rejjortata est, da es ungewiss lässt,
7ver der Sieger und wer der Besiegte gewesen sei. Und so entsteht
Zweideutigkeit bei allen ähnlichen Verben, Avie: repulsam ferre
ab aliquo, pacem redimere ab aliquo, aliquid afferre ab aliquo, ali-
quem defendere ab aliquo (gegen. Jemanden) u. a. Vgl. Vorstii lati-
nil. raerito susp. p. 97. — Dagegen wird bei einer offenbaren Zwei-
deutigkeit zweier Accusativen zu einem Infinitiv, wovon der eine das
Subject, der andere das Object angeben soll, lieber die Präpos. a
mit M^endtim passiven Inß?ittiv gewählt, was schon Quintiliau (Inst.
VII, 9, 10) erinnert: Accusativi geminatione facta araphiboüa solvitur
152. Vgl. Cic. AU. VII, 3. Solche Redensarten am Ende vieler Briefe Cicero's
beweisen übrigens, dass, wenn nicht ausdrücklich vom Schreiben die Rede ist,
die Alten s^ewiss nur so g^credet und dare, data, datae dazu g-edaclit haben. In
den Ausf^g. der Briete Cicero's wechselt der Casus, ob aber mit Recht, ist zu
bezweifeln. Die Neidatciner, auch die bessern, bleiben sich ebenfalls niciit gleich.
153. Vgl. Cic. Inv. I, 30, 47. Eine reiche Zusammenstellung von Eeispielen
des latein. und deutschen Gebrauchs der Praepos. in findet sich von Teipel in
d. Leipz. .Jahrb. 1840. XXVIII, 2, p. 120 — 130.
67
Ablativo, ut ilhid, Lachetem audlvi percussisse I)et7ieam, fiat a Lachete
perciissiim (esse) Denieofii.
3) Vom Gebrauche der Prc/'j)ositio??szusätze zu eiuem andern Suh- J51.
staiitive ist schon oben §. 80 — 82 das Nöthige erinnert worden,
dabei aucli, wie sie auf andere Art vermieden werden. Dahin g^ehört
insbesondere der Gebrauch des Genüivs (worüber in den Gramma-
tiken mehr bemerkt ist) und der eines den Sinn enthaltenden Ad-
jectivs. Adjectiva werden dazu häufig benutzt, z. B. bei Namen: Phi-
lippus Macedo^ Cicero Ar'pinas^ Democritus Ahderiles u. a., ferner:
triumphus castellamis (über Castelle), bellum reghnn (mit oder gegen
den König), bellum servile (mit Sklaven)^ terror hostilis (vor de?i
Feinden), metus consularis (vor deti Consui/i), metus olienns (vor
einetn Andern), pugna Leuctrica (bei Levctra), quaestiones naturcdes
(über die Natur), malum domesticum (im Hause, in der Familie), senex
comicus (in den Comoedien), concordia equestris (unter den Rittern)
— und so viele andere, wo nicht nur oft der Genitiv, sondern auch
selbst die Präposition statthaft wäre. Und so wird auch durch die
Possessiven meus, tuus u. s. w. am natürlichsten unser von meiner,
deiner — Seite ausgedrückt, z. B. nullae meae litterae (keine Briefe i
von mir, von meiner Seite) ; quot tuae petitiones (tvie viele Angriffe 1
von dei?ier Seite); sine ulla mea contumelia (ohne alle Beschimpfung i
von mei?ier Seite) u. a., worüber schon oben §. 68. ]
4) Nach Reisig's Bemerkung in seinen Vorles. p. 702 lassen die 152. |
Verbalia auf us, die nur im Abi. vorkommen und dem zweiten Supino j
gleichen, im bessern Latein keine Präposition zu. Fehlerhaft ist e ro-
gatu tuo, ex mojiitu patris, ex hortatu parentiim^^ ex J2/ssn prtJicipis
u. dgl. Ebenso sei es falsch, eine Praeposition bei einem Subst. mit
einem Partie. Perf. Pass. zu gebrauchen, z. B. ex co7nparatione instituta
intellexi, wo ex wegbleiben müsse. Jene nur im Ablativ vorkommenden
Verbalia können aber ferner kein Eigenschaf tsad'jectiv, z. B. boniis, j
benevolus, durus u. dgl. zu sich nehmen, sondern nur den Genitiv einer i
Person oder ein Pemonaladjectiv, z. B. regis, regius. Man sagt wohl i
jussu regio, aber n\c\ii jnssu benevolo, hortatu magno^ gravi, severo. ]
5) Unlateinisch ist die Verbindung zweier Präpositionen mit einem 153. j
Substantiv, wenn sie verschiedene Casus regieren, z. B.fi/r und wider '
diese Meinimg, nicht pro et contra hanc sententiam, sondern pro hac \
senteniia et contra eam; sowohl in als nach deinem Consulate, nicht
et in et post consulatmn tuum, sondern et in consulatu tuo et post con- I
st/latum; gegen tind für das Gesetz, nicht contra et pro lege^ sondern '
contra legem proque lege. Daher auch nie allein p?o et contra, was *
man oft hört und liest, sondern i?i utra?iigue parte?n, in contrarias \
partes. Eben so wenig hoc non modo non pro, sed contra me est potius, ^
sondern non pro me, sed contra me (Cic. Orat. III, 20, 75), wo wir sa-
gen das ist nicht nur nicht für, sondern vielmehr gegen mich. Dagegen
können zM'e« Präpositionen, die einerlei Casus regieren, mit et oder que i
verbunden werden, wiewohl auch so, dass das Subst. gleich nach der j
ersten folgt und die zweite Präposition dem Subst. mit et nachgesetzt |
wird ohne Subst. oder Pronomen, z. B. citra et ultra Padum oder j
cilra Padum ultraque ; intra extraque munitiones ; ante signa circaque \
u. a. Vgl. Auleit. §. 541.
*) Ob in Cic. Att. VlII, 3 die Worte: cum fratre, an sine (ob mil dum
5* :
68
Bruder oder ohne) statt an sine eo richtig seien, bezvveitle ich, da sich keine
äimlichc sicliere Stellen finden.
154. 6) Wenn nur eme Präposition zu zwei oder mehrer?i Substantiven
geliört, so kann sie, wie im Deutschen, entweder wiederholt, oder beim
zweiten ausgelassen werden. Die Wiederholung aber ist fast gesetz-
mässsig in partitiven und disjunctiven Sätzen, also bei et — et, partim
— partim^ cum — tum, mit — aut, vel — vel, non solnm — sed etiam
und ähnlichen. In den andern Fällen fordern nur Deutlichkeit, Wohl-
klcmg und der Wunsch, auch das zweite Subst. hervorzuheben^ die Wie-
derholung, da diese sonst nicht nothwendig ist. Man kann sich hiernach,
was durch Beispiele aus Cicero erwiesen werden kann, theils im eige-
nen Sclireiben richten, theils das Fehlerhafte in anderen Schriften
beurtheilen. Fehlerhaft ist wohl: vitia'^'* tamex animi levitate, quam
petut aut ia atqne malitia oriunda — für quam ex petulantia; hominis '^^
pretium (f. dignitas) non //« sola mentis intelligentia,ser/ maxime animi
integritate cernitur — für non solum in m. intell., sed etiam maxime
in animi int.; animi in coelum, quasi domicilium suum perveniunt — für
quasi in domicilium; mens aut in corde, aut Empedocieo sanguine de-
mersa jacet — für aut in Emped.; a magnitudine animi ductus, non
superbia — für non a superbia; per neminem id rectius curari potest,
quamfratrem tuum für quam per fr.; tum ob rerum varietatem, tum
verborum antiquitatem — für tum ob verborum — ; hoc probatur non qui-
dem ex Festo, sed Macrobio — für sed ex M., und so ähnliche Stellen.
Gegen diese Vorschrift finden sich aber viele Stellen, wo man die
Wiederholung der Präposition nicht findet, und die doch durch Hand-
schriften gesichert sind. Vgl. W^eber's Uebungssch. p. 257, Handys
Lehrbuch p. 233 u. Reisigs Vorles. p. 738.
155. 7) Dagegen ist merkwürdig und wohl seltsam die Auslassung der
Präposition bei Pronominen, welche auf einen Präpositionssatz folgen,
wenn das Verbum des ersten Satzes beim Pronomen nicht von Neuem
wiederholt wird. Wir sagen z. B. das Greisenalter zieht von Geschäf-
ten ab. Von tvelche?i? ettva von denen u. s. w., die Lateiner: a rebus
gerendis senectus abstrahit. Quibus? an iis — für a quibus? an ah iis.
Vgl. Cic. Senect. 6. So noch anderwärts, z. B. ante te?npus morimise-
Tutn est. Quod tandem tempus'f — für ante quod tandem tempus? (Cic.
Tusc. I, 39) ; si per alios fecisse dicis, quaeso, servosne an liberos —
für per servosiie., an per liberos (Cic. Kose. Am. 27, 74) ; traducis co-
gitationes nieas ad voluptates. Quas? — für ad quas? (Cic. Tusc. III,
17, 37) ; incidit in eandetn invidiam, quam pater suus — für in quam
(Corn. N. Cim. 3, wo Bremi zu vergleichen ist). Falsch ist aber wohl:
judicat de quibusdam., quibus (für de quibus) alii judicare non possunt.
— Vgl. auch Reisig's Vorles. p. 737 und die Anm.
g) Adverbia.
156. Adverbia nach griechischer Art als Stellvertreter von Adjectiven
mit Substantiven zu verbinden, ist fast nur poetisch, z. B. ante 7nala,
die frühern Leide?i ; setnper lenitas, die immerwährende Milde; olim
154. So Sintenis Versuch etc. p. 152, wo R. Klotz das Falsche schon gerügt
hat, wie auch das Folgende.
155. So Ebenders. ebendas. p. 169.
69
ardor, rfas ehemalige Feuer ; nunc \\ox\\\\\es, die jetzigen, jetzt lebenden
M. u.a. — Nichts der Art findet sicli bei den Prosaisten, und wenn Cae-
sar sa;£rt reliqui dei?iceps dies, so ist dieses iinserm die übrigen Tage
sofort ähnlich gesagt. Nur allein circa (circum) findet man, besonders
häufig bei Livius, mit Substantiven so verbunden, dass es die adjecti-
vische Bedeutung herumliegend hat, z. B. circa salt?is, die herumlie-
genden ffaldufigen ; multae circa civitates, ex agris circa u. a., was
wieder unserm herum, dem Subst. aber nachgesetzt, ähnlicli ist, die
Städte herum (ringsherum). Vgl. darüber Düker, z. Liv. I, 4, 6 und
Fabri z. Livius XXI, 7, 5 n. 36, 8. — Dagegen ist die Verbindung eines
Adverbiums mit einem Ferbalsubst. auf um (also eigentlich mit dem
Neutro des Partie. Perf. Pass.) klassisch und gewöhnlich, so dass beide
Wörter fast ei7i Wort bilden und auch von den Lateinern als ein zu-
sammengesetztes Subst. betrachtet worden zu sein scheinen,z. B. ftewe
factum, bene inventum, bene praeceptum, reete facttim, male factum,
bene,facete dictum — , womit der Genitiv des Urhebers verbunden wer-
den kann, z.B. Catonis, hominum; und so mit ante — ante factum
(Cic. Inv. II, 10, 32 ex ante f actis), ante peccatum (Cic. ib. ^V^ pari ante
peccato), üTite actum (Quint. VII, 2,S4 vanum in anteactis argumentum),
u. a., bei welchen aber auch Adjectiva für die Adverbia stehen können.
Mehr poetisch und nur in nachklassischer Prosa stehen die Accu- 157.
sativen multum, permultum, quantum, tantum, aliquantuni^ paullum
u. a. vor Comparativen und den Präpositionen inframxd supra für die
Ablat. multo, permulto, quafitou. s.w. Die wenigen noch zweifelhaften
Beispiele aus Klassikern berechtigen nicht zur Nachahmung, wie sie
sich bei den Neulateinern nur zu oft findet. Man sage nicht: est multum
amplior für multo ; eum paullum (i.paullo) sapientiorem esse duco ; na-
ves duae paullum (f. paullo) infra (etwas weiter tinten) delatae sunt.
Einiges über die Wörterstellung.
Die Lehre von der Stellung derjenigen Wörter im Satze, die an 158.
sich keine feste, bestimmte Stelle haben, ist noch nicht auf sichere
Vorschriften gegründet, einestheils, weil die Ausgaben der besser^
Klassiker sich oft sehr unter einander unterscheiden, nicht selten
auch eine Stelle der andern widerstreitet, und die Ansichten der
Kritiker oft von einander abweichen; anderntheils, weil man nicht
sicher weiss, ob nicht auch, wie bei uns, so bei den Alten der Rede-
aecent ein vielleicht nach unsern Regeln falsch gestelltes Wort den-
noch hinlänglich als bedeutend hervorgehoben habe. Das Geschäft des
Grammatikers ist in diesem Theile der Grammatik die einzelnen Fälle
zu beachten und darüber zu belehren, wie es denn z. B. noch dunkel
ist, wie die Pronomina in einem Satze zu stellen seien. Der Zweck
des vorliegenden Buches geht aber nicht soweit, und beschränkt sich
darum nur auf wenige Fälle, zumal auf solche, die nur selten erwähnt
werden.
1) N. L. ist es, in Sätzen, welche zwei Praepositionen mit ihren 159.
Subst. enthalten, unmittelbar nach der ersten die zweite mit ihrem
Substantiv zu setzen, z. B. in ^^^ ^j. Parnasso velaiionibus (in den
156. So Crenius im Museo philol. T. II, p. 3. Auch die übrigen Beispiele
sind aus Neulateiuern.
70
Berichten aus dem P.) für in relationib. ex Parnasso, was aber anch
iiklit genug lateiiiisch ist ; ille Pindaruni comparat cmn iri nubibus
volante cygno — für cum cygno in nub. vol. ; super in Circo positam
stntuam; in de Finibus libris — für in libris de F.; ad a Furia textum
constitutum ; in ab Ernestio edito Cicerone ; haec in per Italiam itinere
scripsit ; Aristotelis liber in de re tragica commentatio7iem revocatus ;
haec via ducit ad a diis seclusum locuni ; in ad lectorem praefatione
u. a. m,, die im N. L. vorkommen.
*) Jedoch kann die alte latein. Datumformel ante cliem im römischen
Kalender eine Präposition, wie m, ex vor sich haben, weil jenes eine stehende
Redensart bei den einzehien Tagen war. Richtig ist: comitia m ante diem VI.
Kai. Junias dilata sunt.
löO. 2) Eben so N. L. ist es, bei zivei Substantiven eines Satzes, deren
eines eine Praeposition vor sich hat, diese Praeposition vor das
Subst. zu setzen, das von ilir nicht abliängt. Man sage nicht: ad mole-
stia te liberandum, für ad te raol. über.; ad hominibus salutem dandam,
für ad salutem hora. d.; ad omnibus disciplinis animum excolendum,
für ad animimi disc. excoJendum; hoc verbum ductura est a fortunam
alterius intuendo, für ab intue?ido fort. alt. ; versatur in civibus auxilio
ferendo , für in auxilio civ. fer. — Mehrere dergleichen Verstösse hat
Frotscher in Mureti Oper. T. I, p. 265 u. 424 und in Addendis p. 452,
auch T. II, p. 215 angemerkt.
*) Davon maclicn Genitiven, die von einem Subst. abhängen, eine Aus-
nahme, z. B. in rei publicae periculo; ex Clodii telis; ad ejus competitores ; de
linyaarum praestantia ; a ijeyieris similitudine. Auch ist gleich gut z. B. in tri-
buendo svum cuiqne (Cic. Oft'. I, 5, 14) und in suum cuique tribuendo (Cic.
Brut. 21); a suum cuiq. tribuendo (Cic. Leg. I, 6, 9) und a trib. suum cuique.
161. 3) Erst N. hl. findet man die Praeposition dem von ihr regierten
einfachen Worte nachgesetzt , da sie bei den bessern Lateinern nur
bei den Pronom. hie und qui oft nachgesetzt, bei andern Wörtern vor-
gesetzt wird, z. B. quem per ., quos contra, hunc post., hunc adversus^
aber in hortis . nicht hortis in; ab istis, nicht istis ab; ex inopia homi-
nnm. nicht inopia ex hominum u. dgl. Jedoch bei zwei Subst. setzt
Caesar einmal (B.C. III, 6) inter nach dem ersten: saxa inter et alia
loca., was auch Livius thut (XXII, 3, 3) Faesulas inter Arretiumque.
Dichter und Nachklassiker suchen dagegen in der Nachstellung eine
besondere Schönheit. Man schreibe z. B. nicht, wie Bentley: qiiando
reges Pergami et Alexandriae inter mutua intercedebat aemulatio,
für inter reges Pergami w. dgl.
162. 4) P. L. u. A. Kl. ist es, die Conjunctionen nam, namque, etenim.
sed . verum, et, atque und nee, welche in der bessern Prosa immer
die erste Stelle im Satze behaupten, nach zu stellen, so wie auch die
cnhlitischen Wörter que, ve und ne (das fragende) einem ihnen frem-
den Worte anzuhängen. Man sage nicht Sotrates nam isla docuit ; a
vobis etenim salubritas "laedam petitur; isti etenim ipsi; haec verum
absurda sunt; Platonem laudatque Aristotelem für Aristotelemque ;
Cicero dixitne Quintilianus für dixit, an (luintil. oder Quintilianusne.
Ueber das nachgestellte itaque vgl. Th. II unter Itaque.
163. 5) Nach Reisig in seinen Vorlesung, p. 827 stellt in den Ueber-
schriften der Briefe der Alten der Gruss Salutern dicit (S. D.) oder
Snhitem plurimam. dicit ( S. P. D.) fast immer zwischen den beiden
Namen, dem des Schreibers und dessen, an den der Brief gerichtet
71
ist, sehr selten am Ende; dagegen das blosse Sahitetn (S. ) steht
immer nur am Ende; z. B. M. TulL Cicero S. D. (S. P. D.) Jppio
Pu/chro; C. Julms Caesar M. Tiill. Ciceroni S, — Bekannt ist aiidi.
dass in Briefen der Alten bis oft iiocli in die spätem Zeiten der Manie
des Schreibers voransteht, und dass der, an wehhen der Brief ge-
richtet ist, und wenn es selbst in der ersten Periode der Kaiser war,
erst jenem nachsteht. Erst in den Zeiten der Antoniiien fingen Einige
an, bei Höhern die Stellung der Namen zu verändern, wovon man in
Fronto's Briefen an den Kaiser Beispiele findet. Jedodi Andere ahmten
die neue Sitte nicht nach. Die Neulateiner schwanken zwischen der
alten und neuen Sitte, so aber, dass die meisten Neuern sich an die
neue halten. Vgl. auch Vavassor. Antib. p. 552 ed. Kapp.
6) Adjectiva und unter den Pronominen besonders die Possessiva 164.
werden in der Regel vor das Subst. gesetzt, wenn sie entweder in
klarem Gegensatze eines andern stehen, oder doch offenbar dem
Sinne nach bedeutend sind, ausser wenn die beiden Worte am Ende
stehen, wo das Schlusswort in solchen Fällen betont zu werden pflegt.
Daher sagen die Alten fast nur mea, tua , sua sponte; mea,
tua — voluntate (willig , freiwillig) ; ?neo nomine ; meis ver-
bis ; meo motu (aus eigenem Antriebe) ; meo arbitrio oder
arbitratu; mea — — causa oder gratia (um meinetivillen) ; publica
res — im Gegensatz der privata; domesticus labor entgegengesetzt
dem forensis , publicus u. a. Auf gleiche Weise in allen ähnlichen Fäl-
len ^^^. Wo die Alten abweichen , mögen sie einen stylistischen Grund
gehabt haben. Wenn aber auch neulich vermuthet wurde, dass der
ältere Plinius sein Werk nidit historiam naturalem, sondern natura-
lem historiam genannt habe, so ist dazu kein Grund voihanden, da
kein Gegensatz da ist, der jene Umstellung forderte. Und so wird
auch der, welcher über lateinische Sprache ein Buch schreibt, sagen
müssen de lingua latina, nicht de latina lingua, weil ein Gegensatz
nicht dabei gedacht wird. Und so in allen ähnlichen, wie scriptores
graeci, scr. latini.
Anhang. Von zwei besondern Eigenheiten der latein. Sprache.
1) In Redensarten, wie: Der Name Lentulus kommt von lens^ der J65.
Name Cicero von cicer, das Wort fanum von fari., das Verbum volo
von voluntas; Neptun, sagen die Alten, sei von nare benannt, das Wort
virtus von vir entlehnt, und in solchen ähnlichen, stellen die Lateiner
alle declinirbare Wörter nicht, wie im Deutschen, im Nominativ unab-
hängig hin, sondern machen sie von den mit ihnen in Verbindung
stehenden Wörtern abhängig. Sie sagen daher: Lentulus nomen ducit
a lente, Cicero a cicer e ., a fando dictum est fanum ^ a voluntate volo,
veteres Neptunum dicunt appellatum esse a nando., virtutem nomen
esse mutuatam a viro oder a viris. Falsch ist daher: Etymologi nomen
religio deducunt aut a relegere aut a religare., für Etym. religionem
oder religionis nomen ductum putant aut a relegendo aut a relegando;
157. Selten anders, wie bei Cic. Verr. II, 59, 145 quod si lioc voluntate sua
nuUa civitas fecit, und 157: pecunias maximas voluntate sua contulisse. Dass
die Alten auch mei causa für mea causa g-esag^t haben, aber nie in diesem Sinne
causa mea, ist oben §. 93 bemerkt worden.
72
falsch: Belgarum *^^ vox alle modo si^nificat cuncti^ modo singuli
für cmictos — singt/los; falsch: ergo nofi (f. ne) interpreteris aQiarog
optwms , sed fortisstnms , für üijißTor oplrnmm ^ sed fortisshnum. Vgl.
mehr darüber in meiner Anleit. §. 590, wo auch die etwaigen Aus-
nahmen erwähnt sind. Und so fasst der Lateiner auch lateinische
Titel der Bücher, wenn deren Haupttheil ein declinirbares Wort ist,
und bringt dieses mit dem Worte in Verbindung, welchem as ange-
schlossen wird. Man sage z. B. nicht: vide oder confer Harlesii
chrestomathia graeca^ sondern chrestomathiam graecam; nicht: vide
Ernesti institutio interpretis, sondern instüiäionem ; nicht: lege Sanctii
Minerva^ sondern Mhiervam, dergleichen oft in Citaten alter und
neuer Bücher heutzutage zu lesen ist.
166. 2) Eine im Deutschen auch nicht durch wörtliche Uebersetzung
erreichbare Eigenheit der latein. Sprache ist, das Relativ qui^ quoe,
quod (in allen Casibus) , wenn es noch einen Beisatz mit einer Co?i-
junction hat, in welchem auf die Person oder Sache, die im Relative
liegt, eine Beziehung stattfindet, im Casus mit diesem Conjunctions-
satze, wenn er ihm unmittelbar folgt, zu verbinden, mag auch das
Verbum , welches nach dem Deutschen zu qui gehört, einen andern
Casus fordern. Wo diese Eigenheit vorkommt, ist sie, da sie vom
Deutschen ganz abweicht, oft verkannt, ja bisweilen durch Aenderun-
gen verdrängt worden. Die Lateiner sagen z. B. für qui (kann in jedem
Casus stehen), mim ejus — cujus cum — ; für qui, cum ei — cui
cum — ; für qui^ cum, eum — quem cum, — ; für qui., cum (^ab., in, es)
eo — fß, in, es) quo cum. — Und so in allen ähnlichen Verbindungen
und mit jeder andern Conjunction. Da aber hierdurch qui \on den zu
ihm eigentlich gehörenden Wörtern getrennt und abgerissen wird, so
tritt zur Deutlichkeit bisweilen in den zuletzt folgenden Worten ein
hinweisendes hie, is oder ille, auch ego und tu (wenn von diesen die
Rede ist) im erforderlichen Casus hinzu.
J67. Folgendes Beispiel mag durch die möglichen Abänderungen den
Gebrauch lehren.
Alexander Babylone mortuus est. qzii (welcher, wenn er) si diutius
vixisset, totum orbem terrarum subegisset. Hier ist Alles dem Deut-
schen gleich, wiewohl im Latein, qui si nivht getrennt, sondern ver-
b?indeTi gedacht wird. Verändert man aber den Conjuunctionssatz
nach qui, so ändert sich auch oft der Casus des Pron. qtit, wie bei
folgenden Abänderungen:
Alexander B. m. est, c?ijus (der, wenn sein L. — ) si vita longior
fuisset, totum is orb. —
— — — , cui (der, wenn ihm — ) si vita longior contigisset,
totum is orb. —
— — — , qiiem (der, wenn ihn — ) si vivum fortuna longius
reservasset, totum is —
— — — , a quo (der, wenn ihm — ) nisi deus vitam imma-
ture abstulisset, totum is — .
Darnach sind folgende Stellen aus Cicero zu beurtheilen:
Ut Prometheus ille Aeschyli, ctii cum dictum esset respon-
dit — , nicht qui, cum ei dictum — .
158. So Mahne Crito p. 287, Anm.
73
Ad M. Flaccum me contiili, cui cum exsilium — propoiieretur,
haec perpeti inaluit — , wieder für qui, cum ei.
nie est Torquatus, cid si vita suppeditavisset, consul factus esset
(für qui, si ei).
Mors ejus oranes cives suos perdidit, quos quia servare volebat,
ipse ab iis intereraptus est, für a quibus, quia eos — .
Saepissime legi, nihil mali esse in morte, ^>^ qua si resideat sensus,
iminortalitas illa potius quam mors ducenda sit, für qtiae, si in ea — .
Tullia non habuit liberos, quos cum. florentes videret, laetare-
tnr, für de quibus, cum eos fl. — .
Und so noch viele andere. Die deutsche Uebersetzung- muss dess-
wegen oft im Lateinischen abweichen, weil wir das Relativ mit den
im Lateinischen erst später nachfolgenden Worten so gut als mög-
lich in "Verbindung bringen müssen, was bisweilen schwer ist, z. B.
Verebar, ne ea cogiiosceres absens, qziae quia non vides, mihi videris
meliore esse conditione, quam nos, qui videmus, — welche Worte
etwa so zu übersetzen sind: Ich fürchtete, du möchtest abwesend
das erfahren, ivesswegen du mir in einer glücklichern Lage zu sein
scheinst, iveil du es nicht siehst, als wir, die wir es sehen.
Dieses Wenige, wozu die Grammatiken noch reichen Stoff geben. J 68.
genüge, damit man darauf aufmerksam werde, wie vor Allem gramma-
tische Richtigkeit \\\\^ Beachtung des grammatischen Sprachgebrauchs
die erste Tugend einer Schrift sei. Auch ein kleiner Fehler dagegen
beleidigt den Kenner und verunstaltet jede Schrift, so gediegen auch
ihr Inhalt, so reich und grossartig sie auch an Gedanken sein mag
und so meisterhaft auch ihre Form durch rednerischen, nicht über-
ladenen Schmuck gearbeitet ist. Man wird aber beim sorgfältigsten
Studium der Grammatik und des Sprachgebrauchs nie ganz auslernen.
D e ä
Antibarbarus
Zweiter Tlteil,
enthaltend
Vorschriften über die vorsichtige Wahl lateinischer und fremder
Wörter, und den Antibarbarus selbst.
In zwei Abtheilungen.
Erste Abtheilung'.
Einige Vorschriften über die vorsichtige Wahl lateinischer
und fremder Wörter.
U m gut lateinisch, wofür wir auch bisweilen klassisch sajjeii wollen, 169.
zu reden und zu sclireiben, ist es nothwendi^ und erforderlich, dass
die besten und für einen Beg^riff geeignetsten Wörter gewählt wer-
den. Gross aber ist der Wörterschatz für die fast immer da gewe-
senen Begriffe, und fiir neue ist er an keine Zeit gebunden und wächst
mit ihnen. Da aber viele Wörter, Constructionen und Redensarten,
welche ein und dasselbe ausdrücken, an Werth und Güte oft sehr
verschieden sind, so beachte man folgende Vorschriften.
Erste Vorschrift.
Vermeide alle vorklassische oder altlateinische Formen und Wör- 170.
ter, wenn sie in der bessern, klassischen Zeit ausser Gebrauch ge-
kommen und durch andere ersetzt worden sind. Ihren etwaigen
Gebrauch muss entweder der Inhalt der Schrift, oder der Schreiber
muss das Wort selbst als ein altes entschuldigen.
*) Veraltete, ausser Gebrauch gekommene Wörter zu vermeiden, ist in jeder
Sprache Vorschrift der Redekünstler oder Stylistiker. Cicero (Orat. III, 25, 97)
sagt: Moneo, ut caveatis, ne cxilis, ne inculta sit vestra oratio, ue vv/(/aris, ne
obsoleta. Ebenderselbe (Orat. III, 37, 150): In propriis verbis est illa laus ora-
toris, ut abjecta atque obsoleta fug-iat. Ebenders. (Orat. III, 10, 39): Non erit
utendum verbis iis, quibus jam consuetudo nostra non utitur, und (Orat. III,
38, 153): Imtsitata sunt prisca fere ac vetusta et ab usu quotidiani sermonis
jam diu intermissa, quae sunt poetarum licentiae liberiora, quam nostrac (der
Prosa). Ebenso rieth Julius Caesar (bei Gellius N. A. I, 10, 4), von welcliem
Quintilian (Inst. X, 1, 114) sagt: Exornat omiiia mira sermonis, cujus propric
Studiosus fuit, elegantia — er rieth: Tanquam scopulum, sie fuge inaudifum
atque insolens verbuui, — worunter er ausser neuen, erst gebildeten, gewiss auch
alle alte, ausser Gebrauch gekommene Wörter verstand. Gleiclier Meinung ist
Quintilian; denn wiewohl er (Inst. I, 6, l) sagt: Vetera (vocabula) majestas
quaedam et, ut sie dixerim, religio commendat, so fügt er doch hinzu : Abotita
atque abrogata retinere insolentiae cujusdam est et frivolae in parvis jaclantiae
— fuerit paene ridiculum malle sermonem, quo locuti sunt homines, quam quo
loquantur. — Diesen Vorschriften zuwider nahmen zu Cicero's Zeit unter An-
dern Sallust, später ein gewisser Arru7itiiis, Seneca und Tacitus und nach Ha-
drian's und der Antoninen Zeit Fronto, Gellius und Appulejus viele alte, in der
78
Schriftspraclie niclit mehr gewöhnliclic Wörter in ihre Sprache wieder auf.
AVas l'ür einen Gebrauch Cieero und andere Klassiker von alten Formen und
Wörtern maciien, ist schon oben §. 14 und 48 erwähnt worden. — Bisweilen
war auch neben einem neuen Worte ein altes noch nicht ganz verdrängt, und
man schwankte noch, bis das frühere mit der Zeit veraltete. In solchen Fällen
muss freilich das seltene, auch wenn es noch hie und da bei den Bessern vor-
kommt, dem mehr üblichen Worte weichen und vermieden werden. Dahin ge-
hört es besonders, wenn Deponentia noch bisweilen als Passiva gebraucht wer-
den, was durchaus im jetzigen Schreiben zu vermeiden ist und durch Stellen
aus Cicero kaum entschuldigt werden kann. Kurz, man halte sich in Formen
und Wörtern nur an den Gebrauch der Bessern; alte wieder ohne Notli her-
vorzusuchen, wäre lächerlich und undankbar gegen die Verdienste jener Sprach-
reiniger und Sprachbildner, und es wäre ein voreiliges Unternehmen, das Ur-
theil, den Geschmack und das Ansehen der gelehrtesten Männer jener Zeit,
für welche die nächste dankbare Nachwelt, welche darüber besser als wir Fremd-
linge urtheilen konnte, sie erkennt, herabzuwürdigen '*. Freilich im sclierzhaften
Style und im muntern Gespräche sind eine Menge zum Scherz gebildeter Wör-
ter, welche bei Plautus und Terenz vorkommen, ebenfalls zu gleichem Zwecke
zu benutzen und am passenden Orte zu gehöriger Zeit anzuwenden , wo denn
auch kein Kenner daran Anstoss nehmen wird. Endlich , wenn uns ein altes
vorklassisches Wort gerade das passendste für den Sinn unsrer Rede zu sein
seheint, so kann es leicht durcii die Formel: vt Enniano, Plautino, Tcrentiano,
Catoniano — verbo utar, deren sich auch Cicero mehrmals bedient, entschul-
digt werden. Aber Altes unnöthig herbeiziehen, ist geschmacklos, zumal wenn
es bei Plautus und Terenz Menschen der niedrigsten und gemeinsten Klassen,
Sklaven, Bauern, Schmarotzer, Soldaten u. dgl. nach ihrer Manier gebraucht
haben.
1. Auch im Deutschen haben wir eine Menge alter gewöhnlicher Wörter, For-
men und Redensarten, weiche die jetzige klassische Schriftsprache vermeidet,
und nur etwa da gebraucht, wo die vertrauliche gewöhnliche Sprache nachgeahmt
wird, zumal wenn wir entweder aus älterer Zeit Etwas angeben oder eine fremde,
gewöhnliche Person in ihrer Sprache redend einführen. Veraltet sind bei uns z. B.
alldieiveilen, derohalhen, dessnahen, sintemal, ehender, hinfiiro, dannenhero, der-
gestalten. ebenmässig, vorne, in Bälde, solckerfjestalt, iinterweilen, dermassen.
sonsten, Stücklein, abhanden kommen, anberaumen, beigeben lassen, werkstelliy
machen, niedermetzeln, in die Pfanne hauen. Etwas in Schwang bringen, ver-
merken und dergl. mehr, ohne der ganz alten, kaum mehr verständlichen und
der aus fremden Spraciien, besonders aus dem Lateinischen und Französischen
entleiuiten vielen Wörter zu gedenken. So kommen nun auch bei Plautus und
den ersten latein. Dichtern viele Wörter vor, welche in der spätem Schrift-
sprache nicht mehr gebraucht wurden, wovon sich aber dennoch viele in der
Umgangssprache erhalten haben mögen, welche die nachfolgenden Alterthiimler
in die ihrige aufnahmen, wie vorzüglich Eronto. Gellivs und Appnllejus. — Von
alten Formen in Declination und Conjugation ist im ersten Theile dieses Bu-
ches melirmais die Rede gewesen; die alten Wörter finden sich in vollständi-
gen Wörterbüchern verzeichnet, wo man darauf achte, ob sie als veraltete und
nur auf alter Auctorität beruhende angegeben werden. Zu solciien gehören unter
andern viele Subst. auf itvdo für das mildere itas oder eine andere Endung,
z. Ji. averbltiidn, alhitudo, aptitudo . aspritudo, caecitudo, castitudo, camtudo,
claritudo. gratitudo. nobilitudo. sanctitudo, severitudo, suavitudo u. a. ni., wehihe
von denen, die das Alte lieben, den neuern Formen auf itas oder ities meistens
vorgezogen wurdoi.
'2. Aber dennoch hat es immer Gelehrte gegeben, welche durch veraltete
Wörter ilir Latein zu würzen und zu verschönern und sich dadurch auch wohl
den Sciiein grosser und tiefer Gelehrsamkeit zu geben meinten. Und so suclien
aucli noc'ii heutzutage Manche durch geflissentlich angebrachte veraltete Wör-
ter die Rede zu sciimücken, und eine tiefe Kenntniss der Sprache kund zu
geben. Ein früheres Beispiel eines aus alten und fremden Wörtern zusammen-
gesetzten Hriefes gibt Vorst. de latin. nier. susp. p. .5 zum Besten.
79
Zweite Vorschrift.
Vermeide wo möglicli alle dichterische Wörter, Redensarten und 171,
Wörterverbindungen, selbst der klassischen Zeit. Auch ihr etwaiger
Gebrauch werde entschuldiget.
*) Wie verschieden die Sprache der Dichter von der Prosa schon in der
Wahl der Formen, in der Syntax und in Bildung neuer Wörter auch bei den
Lateinern gewesen sei, lehrt uns jede etwas vollständige poetische Gramma-
tik, auf welche ich mich hier nicht einlassen kann'. Darum verweise ich auf
Chr. Dav. Jani ars poetica latina (Halae 1774), wo das Meiste zur Genüge
gesammelt ist. Was aber von poetischer Sprache und poetischem Ausdruck zu
halten sei, darüber höre man das Urtheil Cicero's und einiger Andern. So sehr
nemlich Cicero in seineu rhetorischen Büchern wünscht (womit alleKhetoren und
Stylistiker übereinstimmen), dass sich die Rede vor der gewöhnlichen Alltags-
rede durch Schönheit auszeichne, so warnt er doch vor allenthalben ausge-
streuten Blumen; er wünscht vielmehr (Orat. III, 25), dass sie so vertheilt
seien, dass sie nur als hervorstrahlende Sterne wie Verzierungen erscheinen.
Jede Rede, sagt er weiter, poetische wie prosaische, welche eine gar zu gekün-
stelte, in die Augen falleuc^e und geschmückte Aussenseite hat, worin es gar
keine Abwechselung gibt, mit wie hellen Farben sie auch spielen mag, kann
kein dauerndes Vergnügen gewähren. Kurz, er wünscht, dass die Rede zwar
blumenreich sei, aber nicht mit Blumen und Bildern überladen. — Hier spricht
aber Cicero nur von der öffentlichen Rede, nicht von Briefen, nicht von beleh-
renden Schriften, nicht vom Geschichtsstyl, nicht vom Dialog. Er würde gewiss
in den meisten übrigen Schriftarten den schlichten, einfachen und ungekün-
stelten Vortrag nur allein empfohlen und den blumenreichen, fast poetischen
verworfen haben. Hierher gehört auch Quinlilian's Warnung vor der zu seiner
Zeit blühenden Schreibart. Duo yenera, sagt er (Inst. II, 5, 19), maxime ca-
venda pueris puto: unvm, ne quis (ein Lehrer der Jugend) eos antiquitatis ni-
mius aflmiralor in Gracc/iorutn Catonisque et alioriim similium * lectione dure-
scere velit : ßent enim horridi atque jejuni; — alterum, quod huic diversum est,
ne recentis Itujus (der jetzigen, gegenwärtigen) lasciviae ßosculis capti voluptate
quadam prava deliniantur, ut praedulce illud genus et purriiihus mgeniis hoc
ffratius, quo propms est, adament. Nur da ist wohl in Prosa eine blumenreiche
Darstellung zulässig, wo es der Inhalt der Rede fast fordert, wie bei maleri-
schen Schilderungen schöner Gegenden, wovon Muret (Aar. lectt. V, 1) in
der Beschreibung der Inseln der Seligen ein lesenswerthes Beispiel gibt, jedoch
so, dass er sie mit poetischen Farben und Worten bisweilen überladet.
Eine Ueberladung aber mit Blumen und Bildern ist um so weniger noth- 172.
wendig, da die lateinische Sprache reich ist an sinnlichen und bildlichen Aus-
drücken, indem sie schon früh dergleichen in ihre gewöhnliche Rede aufgenommen
3. Ich erinnere nur an terrai, aquai für terrae, nquae ; navita f. nauta; cae-
lituum f. caelitum; caelicolum f. caelico/arum ; oUi f. Uli; saechim f. saeculum ;
accestis f. accessistis ; vestibam f. vestieham ; an Constructionen, z. B. it clamor
caelo f. ad caelum ; venire Italiam f. in Italiam ; puynare alicui f. cum aliquo ;
an die Adjectiva m. d. In/in., z. B. audax perpeti. bonits dicerc verstis, oder
mit beigesetztem Accus, nacli griech. Art, z. B. similis vocem coloremque ; stra-
tus membra; an convexa coeli, strata vianim; an dignus m. d. Genit. oder m. d.
In/in.; an verba neutra mit einem Accus., z, B. properare aliquid, triumphare
aliquem — und an viele andere griechischartige Verbindungen, welche aus den
Dichtern später in die Prosa übergegangen sind. Dazu kommt aber auch noch
eine Menge von den Dichtern gewagter neuer Wörter, besonders zusanmicn-
gesetzter, welche höchstens nur bisweilen in feierlichen Reden, wo man einen
höhern, fast poetischen Ausdruck verlangt und erwartet, angewandt werden können.
4. Diese scheinen mir mit den Gottschedianem bei uns Deutschen verglichen
werden zu können. — Wir Fremdlinge aber können über jene Redner vor
Cicero's Zeit, von denen wir ohnehin nur noch wenige Bruchstücke übrig ha-
ben, nicht urtheilen. Cicero, wie auch Quintilian, schreibt ihrer Sprache allen
Mangel an Politur und Rhythmus zu und nennt ihre Worte meistens horrida.
80
hatte, und oft auch bei gcwöhnliclien Gegenständenden bildlichen Ausdruck liebte,
wiewohl man bei vielen Wörtern gewiss nicht mehr lebhaft an das dachte, was
sie eigentlich bezeichnen. Dieses mag eine Reihe von Beispielen aus Cicero be-
weisen. Er sagt: Ardct bello orbis terrarum — actum est — aculei sollicitudi-
nura — ayitare meute, animo — architectus sceleris — aniare amorem alicujus
— aiireoliis libellus — adducere aliquem in odium — castra movere (sicli ent-
fernen olme Rücksicht auf Krieg) — claudit mihi adhuc pudor ejus consuetu-
dinem — collustrare animo, oculis — colores orationis — conglutinare amicitiam
— condimentum humanitatis — concidere (den Muth verlieren) — contriicidare
rem publicam — contrahere vela (sich zurückziehen, stillschweic/en) — creber
sum in scribendo — cumulus magnus commendationis — cursus animi, vitae,
industriae — depingere vitam alicujus — devorare libros — dirtimpi dolore —
ei'olat oratio — ederc vitam (sterben) — effvndere gratiam (die Gunst verachten)
— erigit oculos et vivit res nostra — ercubat cura rei publicae — exhaurire
vitam, spiritum — exultat alacris improbitas — faces doloris — ßuit oratio lon-
gius — ßvctus concionum — familiam ducit aliquis in jure civili (er ist der erste
Jurist) — flumen verborum — florere gratia , gloria, auctoritate, omni genere
virtutis u. a. — frangere in vielen Verbindungen — fulmina fortunae — guber-
nacula rei publicae — g^^^i)''^ libidinum — gustare nullam partem rei publicae
— hahitare in oculis, in aliqua re — haurire luctum, dolorem — jacere terrores
— impetus fortunae — imponere alicui vulnus — iHcendium belli, invidiae —
incnmbere in (^von geistigen Dingen, wie wir sagen sich legen auf Etwas) — incur-
rere in reprehensionem u. a. — ingredi in spem (Hoffnung fassen) — interit
pecunia — innrere alicui dolorem — iter amoris nostri — lucet virtus in tenebris —
lucent Athenae — lux forensis — in luce Asiae versari — mederi (gut machen, be-
friedigen) — viovet mc Cappadocia (ich thue es wegen C) — mortuus plausus (ein
todter Beifall) — militia haec urbana (von den Staatsgeschäften) — murmur maris
— naufragium rei familiaris, rei publicae u. a. — obscurare laudem, gloriara,
famam — offerre se in discrimen — orbis rei publicae — pennas alicui inci-
dere — penicillus (von der Feder des Schriftstellers) — pingere (vom Redner
und seinen Worten) — plagam accipere (Unglück erleiden) — praeferre civi-
bus suis vitam, ut legem (^Cic. Rep. I, 34, wo das gleich einem Gesetze zum
Muster dienende Leben mit einer Fackel verglichen wird, die zur Leuchte und
Leitung dienen soll) — regnat amicitiae nomen - revocare se ad industriam
(wieder ßeissig iverden) ■ — ■ retexere se (ein neuer Mensch werden) — saucius
animus (ein gekränktes Gemüth) — sepelire dolorem — silva rerum, sententia-
rum — signifer (ein Anführer ohne Beziehung auf Krieg) - stuprare Judi-
cium — siffusus animus nulla malevolentia — tela fortunae — tempestas rei
publicae, populi — tinctus litteris (wissenschaftlich gebildet) — tcnet me spes,
Studium, difficultas rei numariae (ich bin in Geldnotli) — tractare vitam, reliqui
tcmporis spatium — transfundere laudes suas ad aliquem — vela orationis
paudere — verbera contumeliarum — venire in suspicionem u. a. — vocare in
suspicionem, iuvidiam, discrimen, contentionem , disceptationem, quaestionem
u. a. — undae comitiorum — und so noch hundert andere bildliche Redens-
arten, die man sich beim Lesen Cicero's und anderer Klassiker anmerken kann.
173. r*'*^ vielfache Anwendung sinnlicher Wörter verführte auch bald dazu, leblose
Gegenstände zu personificiren und sie durch zugesetzte active Verba als thätige
und handelnde darzustellen, besonders solche, bei denen man, wie auch in an-
dern Sprachen, Personen denkt. So z. B. civitas, Juventus, vicinia, nobilitas,
scrvitium, posteritas, saeculum, domus, magistratus, colonia u. andere ähnliche.
Auffallender aber sind pestilentia, religio, voluptas, gratia, vitia, amicitia, oratio
(sedate placideque loquitur. Cic. Orat. 27, 92), epistola (tuae epistolae pure lo-
quuntur. Cic. Att. I, 10), communis vita (die Menschen im gemeinen Leben, z. B.
hac de re non dubitavit. Cic. Divin. I, 39, 86), sententia (erant scnteniiae — quae
censcrent. Caes. B. C. II, 30), dies (quintus hie dies fuiem faciet Tusculanarum
disputationum. Cic. Tusc. V, 1, 1), annus, nox (perfecit bellum. Liv.), lux
(aperuit bellum ducemque belli. Liv.), induciae (tacitae ind. quietum annum
tenuere. Liv.) it. a. Den obigen ähnlich werden Länder- und Städtenamen für
ihre Bewohner gesetzt, z. B. Italia ff. Itali), Sicilia, Hispania, Africa, Asia,
Athenae, Locri (Locri urbs desciverat ad Poenos. Liv. XXIX, 6), ora inari-
iima (requisivit. Cic. Manil.23), oppidum despectat regiouem (Liv. XXXVI, 25),
81
mercos (die Waaren) urbiiim ad eain urbem possunt adnarc (heranschwim-
men) bei Cic. Rep. II, 4 u. a. Und so wird von einem Orte gesagt: ille la-
troniim occu/tator et receptor locus (Cic. Mil. 19, 50) und Messana wird ge-
nannt: omnium istius furforuni ac praedarum raceptrix (Cic. Verr. IV, 67).
So wie aber Cicero oben der Rede, eine Sprache leiht, so leibt er ilir aucb
einen oniatus, vires, sanguis , snccvs , intcyra valetudo , und nennt sie compta,
venusta, incompta, inornata u. dgl. *. Vgl. auch Hand's Lehrbuch p. 286.
Je reicher nun ohnehin die Sprache schon in der bessern unverdorbenen Zeit 174.
an bildlichen Ausdrücken war, um desto weniger hielten es die bessern Schrift-
steller für gut und notliwendig, sie noch mehr mit Blumen, Bildern und poeti-
schen Wörtern, Redensarten und Sprachfügungen, welche meistens griechisch-
artig waren, zu bereichern und zu überladen. Dagegen suchte und meinte
die spätere verdorbene Zeit, durch dergleichen der Rede noch mehr Schönheit
zu geben, verdarb aber durch solche aufgelegte Schminke die einfache Farbe
der ungeschminkten Schönheit. Der falsche, verdorbene Geschmack nannte das
schön, was der unverdorbene widrig und lächerlich fand. Auch heutzutao-e o-e-
fallen sich Viele, nicht nur in Reden, sondern auch in belehrenden Abiiand-
lungen, in solchen ausgesuchten, zierlichen, vermeintlich schönen, oft nie erhör-
ten Redensarten , welche sie sich aus Phrascologieen zusammensuchen ; und
je mehr sie von der einfachen, edlen und ungekünstelten Sprache abwei-
chen, desto schöner meinen sie zu reden und zu schreiben*. Daher ist, um
klassisch zu reden, die Kenntniss des ganzen Umfangs der klassischen, d. h.
der bessern Prosa noth wendig, und ebenso die der poetischen Grammatik und
des poetischen Spracligebrauchs , damit die Grenzen nicht geflissentlich über-
schritten werden '. Wenn Cicero sich eines Wortes oder Ausdruckes bedie-
nen will, der ihm bildlich scheint, so gebraucht er mildernde und entschuldi-
gende Zusätze, z. B. quasi, tamquam, qnodammodo, paene, quidam, nt ita dicam ^ ;
bei sprüchwörtlichen itt ajunt, ut dicunt, ut dicitur, quod ajiint, und bei grie-
chischen sprüchwörtlichen ut Graeci dicunt. Einige Beispiele aus Cicero: Omnis
ubertas et quasi silva dicendi — quasi amicitiae fores aperiuntur — magistratus
quasi rei publicae villici — quasi quidam aestus ingenii — verborum quasi stru-
ctura — qui quasi officinas instruxerunt sapientiae — hanc quasi fabulam (dieses
Drama, wenn ich so sagen darf) rerum eventorumque — in eo quasi taberna-
culum * vitae suae collocarunt — seeuritate frui non potest animus, si tanquam
parturit unus pro pluribus — accurata et facta quodammodo oratio — archi-
tecti paene verborum — hi maxime forti et, ut ita dicam, ririli utuntur ratione
— amicos parant optimam et pulcherrimam, ut ita dicam, supellectilem — ver-
5. Eine Sammlung solcher poetischer Ausdrücke wünschte auch Morhof in
seiner Diss. de Patavinitate Livii. Daher bemerkt wohl mit Recht Paul. Ma-
nutius (Ep. VI, 16): Quorsum ad figuras oratorum similia aggregarc poetarum
loca ? cum ab uno Cicerone omnis ubertas et quasi silva tum rerum tum ver-
borum sumi possit.
6. Wie weit man auch hierin gegangen sei, bedürfte einer weitern Untersu-
chung, da die spätem Schriftsteller, welche in blumenreicher Rede zu glänzen
suchten, das Maass überschritten zu haben scheinen. Man vergleiche z. B. Flo-
rus Sprache mit der des Caesar und Livius, in welcher genügende und den
Leser einnehmende ubertas orationis ist, aber nicht, wie bei Florus und Andern,
jene ßosculi, über welche Quintilian in der oben angeführten Stelle klagt. Reich
an solchen sind die spätem Lobredner.
7. Ein gutes Kapitel darüber hat Morhof in seinem B. de pura dictione.
Unter den Neuern ist Famian Strada's Geschichte de hello Belgico voll von
verkehrten und widersinnigen Phrasen, welche Casp. Scioppius (Schoppe) in
seiner Infamia Famiani scharf gerügt hat.
8. Dafür erst iV. Kl. beim jungem Plinius die Redensart venia sit verbo oder
dicto, welche bei uns nur zu viel im Gebrauche ist.
9. Auch in Sluiteri lectt. Andocid. p. V. u. in Eichstad. orat. de antiq. Grae-
corum juvenum instit. p. 9, aber bei Beiden, was mich wundert, ohne das
mildernde quasi,
6
bum ardcns, vt itn dicam — t/randifoqvi. vf itn dicam — omni eontonfione, velis,
vt ita dicam, remisqiie fiij^icndus — ut cum aequalibus possis ad ca/cem, ut di-
citur, pervcnire — urgc ig^itur nee transversum unguem, quod ajunt, a stylo —
qui mihi a teneris, vt Graeci dicunt, unyinculis es coguitus — viris eqiiixque,
ut dicitur, decertandum est — totum hominem tibi trado de manu, ut ajiint, in
manum tuam istam — si eum, qui tibi promiserit. fucum, ut dicitur, facere vclle
senseris u. a. m. Manche anfangs so gemilderte Ausdrücke wurden aber
nachher so gewölinlich, dass man sie ohne Zusatz brauchte, z. B. grcx in
der Bedeut. Haufe Menschen; ansam dare, Gelegenheit geben; architectus in
der Bedeut. Urheber u. a., bald mit, bald ohne Zusatz — , wodurcii der bildlichen,
verschönernden Schreibart noch Spielraum genug gelassen wird Und so kann
manches poetische, selbst alte Wort, wenn man es für seine Rede nothwendig
hält, gebraucht werden, zumal wenn mau sich ausserdem der oben erwähnten
Redensart bedient: ut Enniano, Plautino, Terentiano, CatuUiano, l-ncretiano —
verbo utar, und bei wörtlicher Uebersetzung deutscher Spruch wörter (wofür
man nicht ängstlich lateinische zu suchen braucht), nach Cicero's Vorgange bei
griechischen, den Zusatz macht ut Germani dicunt, ut in Germanorum prover-
bio est; Z. B. edit araneas , ut Germani dicunt (er hat Spinnen gefressen nach
dem deutschen Sprüchworte) ; wie bei einem griechisclien : Ne noctuas Athcnas,
ut Graeci dicunt, um zu sagen: Bemühe dich nicht vergebens (Trage nicht Eu-
len nach Athen). — Was aber die Klassiker ohne einen mildernden Zusatz
nicht zu brauchen wagten, werde auch nicht geradezu ohne einen solchen gebraucht,
175. Gleichwohl aber kann ein solcher Zusatz nicht den Gebrauch jedes Wor-
tes und jeder ungewöhnlichen Redensart (fremde Sprüchwörter ausgenommen)
mildern, da dieselben von der Art sein können, dass sie der Denkart und dorn
Sprachgebrauche der Lateiner ganz zuwider sind, oder wenigstens die Grenzen
der Prosa überschreiten, oder wohl gar von der Art, dass sie, wie Seneca sggt,
non modo extra sanitatem, sed extra naturam sind. Dergleichen sinnlose Redens-
arten bietet der beliebte Florus dar. So kommen z. B. nie in Prosa die Namen
der Götter für die Sachen vor , deren Vorsteher sie sind, z. B. Juppiter für
coelum, aether, aer; Neptunus für mare, aqua; Vulcanus für ignis; Ceres für
fruges ; Bacchus für vimtm; Apollo oder Phoebus für sol; Phoebe für luna u.
dgl., ausser in Spruch Wörtern, die aus der sinnlichen Sprachperiode herrührten,
wie Sine Baccho et Cerere friget Venus. Nie brauchte man coelum, wie wir
Himmel^ für dei oder deus, und falsch ist coelum te servet (der Himmel er~
halte dich) für Qeus (dei, di) te servet (servent); nie mundus, wie unser Welt,
in der Bedeut. Menschen, für homines ; nie hora, Stunde, in der Be(ieut. Unter-
richt, für disciplina; nie nucleus, der Kern, in der Bedeut. das Beste, Kräftigste,
für robur oder sonst wie ; nie catena, die Kette, in der Bedeut, die ununterbro-
chene Reihe, für continua series — • und so viele andere Subst. in bildlichem
Sinne. Ebenso eine Menge Verba mit bildlicher Bedeutung, z. B. gehen, was
wir leblosen Dingen, wenn sie in einer Bewegung sind, beilegen, wie der Mühle,
dem Wagen, dem Winde, dem Schiffe, der Uhr u. a.; aber nicht so das lat,
ire, wofür andere Verba, meistens auch bildliche, z. B. currere, volare u. a. ge-
wählt werden. Da beide Sprachen, wiewohl sie oft im bildlichen Gebrauche
übereinstimmen, dennoch auch oft abweichen, so ist hier grosse Vorsicht nö-
thig. — So wie wir aber die Namen der Schriftsteller für ihre Schriften brau-
chen, ebenso auch die Lateiner, wie bei Cicero (Tusc. III, 26, 62): Scipio
'Xenophontem scmper in manibus habebat; ib. II, 3, 8 Platonem reliquos-
que Socraticos — legunt omnes, Epicurum autem nemo in manus sumit, und
(Fin. II, 1, 2) hoc e Piatone intelligi potest u. s. w. Aber dennoch wurde nicht
gesagt in Xenophonte, in Piatone u. s. w. , sondern nur apud Xenophontem,
apnd Platonem. Vgl. unter In. — Auch sollen die Klassiker nie Länder- unA
Stüdtenamen mit einem Verbo der Seelenthätigkeit verbunden haben, was wir
thun; z. B. Rom dachte jetzt auf Krieg gegen die Nachbarn, nicht Roma urbs
cogitabat — , sondern Romani cogitabant; Rom schickte Gesandte nach Athen,
nicht Roma, sondern Romani ". Gleichwohl sagt Livius (XXIX, 6) Locri urbs
10. Vgl. Weber's Ucbungssch. p. 17 u. Grotefend's Comment. I, 7, 2; II,
4, 4 u. am Ende p. 323.
83
— desciverat ad Poenos, und vicllciclit Achnliclics nocli anderwärts. Gewisser
ist wohl , dass sie nie von einer Schrift sagten : a^it de aliqua re, tractat ali-
quam rem, sie handelt von Etwas, für: in eo (ea) affititr de aliqua re, tractatur
aliqua res; eben so wenig von einer Stelle: hie locus ejus rei mentionem facit
(thiit Erwähnmu/ ^^), sondern hoe loco — mentioßt; oder was lieutzutage oft
gesagt wird, weil wir Deutschen es sagen : Codices, editiones Icyunt, scribunt,
hahtnt, omittunt, peccant, mutant u. a.*^, wofür überall passivisch gesprochen
werden muss. So legen wir auch manche Handlungen Sachen bei , welche die
Lateiner nur Personen beilegen, wo mildernde Zusätze nichts helfen, wenn der
Sprachgebrauch entgegen ist. Widersinnige Bilder aber können durch Nichts
gemildert werden, z. ß. wenn Bentley in einem seiner Briefe sagt: vltimam suis
cogitationibus manum imponere; Muretus'^: nrbs in caede natabat; Famian
Strada: Comiti Barlomontio senectus supremam imposuerat vianiim (in der Be-
deut. hatte die höchste IVtlrde verliehen) , und integnmento corporis se evol-
vere (sterben); Muret'*: tu depravatas hominum mentes velut de integro m-
terpolasti; ein Anderer: obscuritatem quaudam enuclcare ; uterque tractatus
in se est totus et absolutus; Aristoteles rem habet cum auditoribus; Görcnz:
vaffu haeret interpretis sententia ; nodum in scirpo sibi nectit (nach einer fal-
schen Anwendung eines bekannten Sprüehwortes) ; Andere: scriptoris loco alicui
lucem oder lumen affmidere; artes et litteras promovere (F. A. Wolf meinte,
tvic ein Fass aus dem Keller) ; deponere onus naturae (für purere) ; in corpore
esse (für vivere) ; aliquem benificiorum plaustris obruere (für: multis ac magnis
beneficiis afticere); aliquid silentii peplo involvere ; librum m dias lucis auras
emittere; l'ibrum juherc fo ras abire ; der jüngere Burmann: Musarum connu-
bium Mercurio junxerunt ; aurae papillaris ßatu mentem pascere ; scientias /;ro-
movendi causa Apollinis aras incendit ; ad interiora totius orieutis viscera ri-
manda (von Gelehrten, die im Orient Lieder aufsuchen) ; seri in coelum redeatis
(als ob sie schon vorher im Himmel gewesen wären) ; aliquem propriis mani-
bus formare (etwa wie ein schlagsüchtiger Orbil) ; vulneris cubile indagare
(von einer fehlerhaften Stelle); hie locus in mendo cubatu. a. dgl. Wenn aber
Hemsterhuis '* sagte domesticum memoriae vestrae tabularium, so bedurfte die-
ses gute Bild dennoch eines mildernden Zusatzes, den er niciit beifügte. Lächer-
lich und gekünstelt sind die neuen Redensarten sacerdos justitiae oder The-
midis cnltor, der Jurist; Aesculapi ßlius, der Arzt u. ähnl. Vgl. übrigens We-
ber's üebungssch. ao mehrern Stellen, wie S. 69. 76. 83. 213. 293. 324.
Dritte Vorschrift.
Gebrauche die klassischen Wörter nur in der Bedeutung und 176.
Verbindung, in welcher sie bei den Klassikern, nicht in welcher sie
bei nachfolgenden spätem Schriftstellern gefunden werden.
*) Dass viele klassische Wörter der zweiten Sprachperiode oft sogar schon
am Ende derselben, noch mehr aber in der folgenden Zeit Bedeutung und Construc-
tion verändert haben, lehren zur Genüge die Wörterbücher; und es war dies
oft allerdings ein Schritt zum Bessern und zur weitern Ausbildung und Ver-
vollkommnung der Sprache. Es ging den latein. Wörtern wie vielen deutschen,
die mit der Zeit ebenfalls Bedeutung und Construetion verändert haben. So wie
wir aber uns hierin nur nach unsern Klassikern im Schreiben richten dürfen,
wenn unser Deutseh nicht für undeutsch gelten soll, so müssen wir auch im
Latein, den klassischen Gebrauch für den am meisten richtigen und fast einzig
nachahmenswerthen erkennen. Es kann aber ein Wort wohl klassisch sein,
und doch ist es in einer besondern Bedeutung und Verbindung unklassisch. Das
11. So Ernesti opusc. phil. p. 26: hi loci mentionem faciunt solarii; — ein
Alltagsfehler bei Vielen.
12. Diese Sprechweise findet sich häufig bei Görenz in seinen Ausgg. des Cicero.
13. In Muret. Opp. T. I, p. 125, wo Frotscher zu vergleichen ist.
14. Ebendas. T. 1, p. 15, wobei Kuhnken anmerkt: Dura et abhonens trans-
latio, praesertim cum interpolare sca\\n:t J'raudis significationem adjunctam habeat.
15. Hemsterh. oratt. p. 9.
6*
84
wird der tblg'endo AntibTrbarus bei vielen Wörtern lelircn. Nur einige Bei-
spiele mögen geniigen. Unter den Substantiven bedeutet z. B. desiderinm nur
Sehnsucht, Verlaiiyen nach Etwas, später die Forderung, für ]>ostvlatum ; ßnrji-
tiiim, eine entehrende That, später ebenfalls eine Forderung, für cfßayitatio ;
sponte wurde nur mit Possessiven mea, tua u. s. w. verbunden, später auch mit
Genitiven; unter den Adjectiven hiess vetus nur alt, aus der frühem Zeit, spä-
ter auch n/t an Jahren, für senex ; crudus, roh, unreif, später grün, frisch, leb-
haft; p/rnus hatte nur den Genitiv bei sich, später auch den Ablativ'*; unter
den Verben z. B. amittere, verlieren, später auch übergehen, für umittere ; am-
pliare, aufschieben, später erweitern, vermehren, verherrlichen ; componere, zu-
sammensetzen, vergleichen, später beisetzen, begraben, f. sepelire ; educere, her-
ausführen, später erbauen; transmittere, hinüber schicken, später mit Stillschweigen
übergehen, für transire, omittere ; superesse, übrig sein, später übcrtrejf'en, sich
auszeichnen, überleben; abhorrere, entfernt sein, hatte nur ab aliquo bei sich,
später den Dativ; adulari nur den Accus., nachher den Dativ; incumben; in
geistiger Bedeut. sich auf Etwas legen, nur mit in oder ad m. d. Acc, später
mit dem Dativ alicui; invadere, angreifen, anfallen nur mit in aliquem {in ali-
quid), nachher, schon seit Livius, ohne in; invidere. Einen um Etwas beneiden,
alicui aliqvam rem, später alicui aliqua re; unter den Partikeln z. B. apud, bei,
in der Nähe, nachher auch m, a7i einem Orte, für in; sogar apud Romam u. a.
für Romae ; circa, um, von Zeit und Ort, später auch in Betreff ; juxta, neben,
nachher (wie bei den Aeltern) auf gleiche Art, ebenso, wie, für aeque, auch für
secvndiim, zufolge ; purum, zu wenig, nicht genug, später blos wenig; adhuc, bis
fetzt, von der Zeit, später bis hierher, vom Orte; auch als Verstärkung des Com-
parativs, wie unser noch; hactenus, bis hierher, blos vom Orte, später auch von
der Zeit; quamvis nur so (wie) sehr auch, immer mit dem Conjunctiv, später
mit dem Indicativ in der Bedeut. obgleich — und so eine Menge anderer Wör-
ter, die sich in der Bedeutung und in der Construction in den folgenden Zei-
ten geändert haben. Hier gilt nun das (wo es nur möglich ist) Festhalten an der
Proprietas oder der Eigenthümlichkeit der Wörter in Bedeutung und Construction
zur klassischen Zeit, und man wähle das Neuere nur, wo es um der Form der
Rede willen besser und angemessener, als das Aeltere scheint, zumal wenn es
von Livius und den bessern Nachklassikern, wie Quintilian und dem Jüngern
Plinius gebraucht worden ist.
177. Noch eine besondere Beachtung aber verdient die Verbindung richtiger Ad-
jectiven mit Substantiven und richtiger Adverbien mit Verben, indem sie bald
nur einen activen, bald nur einen passiven Begriff haben, so dass jene nur
lebenden Wesen, diese nur leblosen beigelegt werden können, selten aber beide
Begriife in sich schliessen. So ist z. B. unlateinisch accuratus (ein genauer,
sorgsamer) scriptor, poeta, orator ; accurata mulier, puella; richtig aber accu-
ratus sermo, accurata oratio, orationis copia, contentio u. a. Unrichtig ist: haec
accurate (genau) cohaerent, ille accurate vivit u. a., richtig accurate scribere,
perscribere, facere, disputare, defendere u. a. — alle in der Bedeut. genau. Vgl.
den Antib. unter Accuratus. Ebenso sind den Römern ein unermüdliches (inde-
fessum, non defatigatum) Studium, ein feindliches (hostilia) Lager, Land, eine
(feiehrte (doctus) Schrift, Müsse, Werke, gelehrtes Alterthum fast fremd. Vgl.
den Antib. unter Antiquitas, Doctus, Eruditus, Hostilis. Und der Art gibt es noch
mehr Sprachverschiedenheiten; denn gesetzt auch, zwei Wörter, ein Subst. und
ein Verbum, wären in ihrer Bedeutung richtig, z. B. gratia. Dank; scire, wissen;
dicere, sagen, so ist doch unlatein.: gratiam scire. Dank wissen, für gratiam ha-
bere; gratiam dicere. Dank sagen, für gratias agere ; ßdes heisst der Glaube,
dare oder donare, schenken, aber unlatein. ist fidem alicui dare oder donarc,
Einem Glauben schenken, für alicui ßdem adhibare; ludere, spielen, aber nicht
16. Dieses und Anderes bemerkt schon Quintil. X, 3, 1: Verborum figurae
et mutatae sunt semper, et, utcumque valuit consuetudo, mutantur. Itaque si
antiquum sermonem nostro comparemus, paene jam, quidquid loquimur, ligura
est, ut hac re invidere, non ut omnes veteres et Cicero praecipue haue rem ;
et incumbere Uli, non vi illum; et plcnum vino, non vini ; et huic non hunc
adulari jam dicitur, et millc alia.
85
ludere comoediam, tratfoediam, sondern agere ; nicht ludere li/ram, tibiam — ,
sondern canerc u. a. Auf solchen falschen V erbindungen yuter Wörter beruhen
sehr viele Germanismen, wesswegen grosse Vorsicht nöthig ist.
Endlich fordern auch noch, wenn man gut lateinisch schreiben und spre- 178.
eben will, die synonymen oAt^r sinnverwandten Wörter viel Vorsicht und Studium,
da durch ilire Verwechselung oder Nichtkenntniss etwas Geschriebenes und Ge-
sprochenes leicht unlateinisch werden kann. Verschieden sind und dürfen nicht
wohl verwechselt werden, z. B. si, cum; si non, nisi; praecipue, maxime, im-
prhms, praesertim, potissimum, plunmum ; impetrare, assequi, conseqyi, adipisci,
nanvisci, accipere ; aut, vel, sive ; adhvc, hactenus ; mayisier, doctor, praeceptor ;
gratis, frustra ; eloquens, disertus, facundus ; potentia, potestas, vis ; regnum, Im-
perium; libertits, libertiiius ; bellum gerere und ducere; simulacrum, siguum,
statua, imago ; und so viele andere, die oft willkührlich gebraucht und ver-
wechselt werden. Für die genauere Kenntniss und Unterscheidung empfehle ich,
älterer Versuche nicht zu gedenken, ausser Grysar's oben erwähntem Buche,
die neuern von Ernesti •', Düderlein, Habicht, Ramshorn, Schmalfeld und
Schultz, sowie das, was Weber, Grotefend und Farbiger in ihren Uebungsbüchern
zum Lateinischschreiben in den Anmerkungen über einzelne Wörter bemerkt
haben.
Vierte Vorschrift.
Vermeide alle nachklassische und spätlateinische Wörter, Wort- 179.
Verbindungen und Redensarten, wenn klassische aus den bessern Schrift-
stellern vorhanden sind, besonders diejenigen, welche erst in der
vierten Sprachperiode sich neben altklassischen in die Sprache un-
nöthig eingeschlichen haben.
*) Was in Beziehung auf diese Vorschrift Quintilian warnend sagt, ist
oben §. 171 erwähnt worden. Und doch spricht dieser Sprachkenner nur von
den Schriftstellern seiner Zeit; wie würde er erst gewarnt haben vor der in der
spätem Zeit nach den Antoninen verdorbenen Sprache! Ich verstehe daher
hier alle, nach der bessern Zeit neugebildete spätere Wörter, wenn sie wegen
der vorhandenen klassischen ganz unnöthig sind und den Sinn und Begrifl'
unserer Gedanken weder einfacher noch deutlicher bezeichnen. Wenn sie noch
überdies in ihrer Construction griechischartig sind, so müssen sie verworfen
werden, wie überi)aupt alle neuen Veränderungen in der klassischen Syntax.
Dahin gehört z. B. der übertriebene Gebrauch des Ablatiuus absolutus von
Subst. und Adjectiven, z B. tribunatu militum, im Kriegstrihunate (Suet. Caes.
5), für cum tribunus militum esset oder einfach tribunus militum; proscri-
ptione (ib. 11), für c%tm proscriptio esset, zur Zeit der Achtserklärung; dubio für
cum dubium esset, wovon schon oben §. 146; ferner die übermässige Auwen-
17. Von den hier Genannten sind folgende Bücher erschienen:
Versuch einer allgemeinen latein. Synonymik in einem Handwörterbuche der
synonym. Wörter der klass. latein. Sprache. A. d. Franz. des Hrn. Gardin
Dumesnil Svnonymes latins. Zum Gebr. für Deutsche bearb. von J. C. G, Er-
nesti. Leipz!^ 1799. 1800. 3 Th.
Lateinische Synonyme und Etvmologieen von L. Döderlein. Leipz. 1826 —
1838. 6 Th. Dazu Beilage: Die iatein. Wortbildung. Ebend. 1839.
Synonymisches Handwörterbuch der latein. Sprache für angehende Philo-
logen von E. C. Habicht. Lemgo 1829. Ausg. 2 verb. 1839.
Lateinische Synonymik. Nach Gardin Dumesnil's Synon. lat. neu bearb. u.
verm. von L. Ramshorn. Als neue Aufl. der allg. lat. Synonymik von Ernesti.
Leipz. 1831. 1833. 2 Th.
L. Ramshorn's Synonymisches Handwörterbuch der lat. Sprache. Leipz. 1835.
Fr, Schmalfeld's Lateinische Synonymik für d. Schüler gelehrter Schulen z.
Gebr. beim Lesen der latein. Schriftsteller u. beim Abfassen latein. Stylübungen.
Eisleb. 1835. Aufl. 2 verb. u. verm. Ebend. 1836. Aufl. 3 verb. u. verm. Ebend. 1839.
Ferd. Scliultz's Lateinische Synonymik, zunächst f. d. obern Gymn. Klassen.
Arnsb. 1841.
86
duiig dos Genitivs bei Adjectiven und Verben; der substantivische Gebrauch
des Neytrums der Adjectiven im Sing, und Plur., z. B. terum diei, incerta ca-
sitvm hitmanorum, extrevia imperii, asperrimum hiemis, duhia proeliorum; {eraer
die Uebcrtragiing der klassischen Construction eines Verbi, wie potiri, auf ein
anderes, in der Bedeutung ähnliches, z. B. adipisci rentm gleich dem potiri re-
rum. Wie viel die Nachklassiker, und noch mehr die Spätem, im Spracligebrauche
geändert haben, sieht man aus dem, was darüber G. Bötticher aus Tacitus
in seinem Lexicon Taeiteum, in kürzerer Form Nie. Bach in Band II.
seines Tacitus und Boiiell m seinem Lexicon Quintilianeum lleissig gesam-
melt haben. Dort findet man auch die vielen neuen Wörter, welche Tacitus
entweder selbst gebildet oder aus andern Schriftstellern seiner oder der alten Zeit
genommen hat. Die Veränderungssucht dehnte sich sogar damals auf die Kanz-
leisprache aus, welche sonst in allen Sprachen sich am längsten gleich bleibt.
Man brauchte z. B., um nur ein Wort zu erwähnen, für designare, wählen, bestim-
men, was bei Wahlversammlungen das herkömmliche Verbum war, entweder de-
stinare oder nominare. Vgl. Suet. Caes. 1. Calig. 12. Dazu kommen noch die
vielen poetischen Wendungen und gekünstelten Redensarten, welche sich bei
vielen nachaugusteischen Schriftstellern finden, und die der einfache, kunstlose
Styl so viel als möglich vermeiden muss. Vgl. darüber, was bei den beiden vor-
hergehenden Vorscliriften schon bemerkt worden ist.
180. Wer aber das Wörtermengen aus allen Zeiten, wie billig und vernünftig
ist, für verwerflich hält, wird vor Allem den klassischen Wörtern den Vorrang
einräumen und die spätem nur dann mit in seine Sprache ziehen, wenn sie
gut gebildet sind und einen Begriff eben so gut und treffend bezeichnen, wie
jene, zumal wenn sie bei Quintilian, dem jungem Plinivs, Celsus und andern,
mit Auszeichnung Genannten vorkommen; denn wir dürfen nicht, wie einst die
sogenannten Ciceronianer '*, zu engherzig urtheilen und die nachaugusteischen
Wörter alle ohne Ausnahme verwerfen, am wenigsten dann, wenn sie zur Ab-
wechselung mit bessern dienen und als gleichbedeutende die Rede voller und
deutlicher machen können. Wer bürgt überdies auch dafür, dass die von den
Nachklassikern gebrauchten, aber bei den Klassikern nicht vorkommenden
Wörter nicht wirklich ebenfalls klassischen Ursprungs sind , da uns ja aus
jener bessern Zeit gewiss mehr als die Hälfte des Geschriebenen , selbst
von Cicero's und Caesar's Werken Vieles, fehlt, und daher Niemand mit Ge-
wissheit sagen kann, ein Wort sei neu, weil es in den wenigen Resten aus
der klassischen Zeit nicht vorkomme? So urtheilte auch Muret. (Var. lectt. XV. I)
und nahm, jedoch behutsam und vorsichtig, auch aus der nachklassischen Zeit
mehrere Wörter in seine sonst klassische Rede auf. Nur müssen sie, je später
sie sind, desto mehr vermieden werden, und es würde zu tadeln sein, wenn
wir geflissentlich und Mühe scheuend ohne Ursache Erz oder wohl gar Eisen
und Blei gegen Gold umtauschen wollten. Gewiss es zeigt Gleichgültigkeit und
Geschmacklosigkeit im Sprechen und Schreiben, wenn man den bessern Aus-
drücken nnd Wörtern die spätem schlechten vorzieht, z. B. solummodo für
tantvmmodo ; inniirnrrvs (ein poetisches Worf) für invumerabilis ; coaetnts und
coaetaneus für aequalis, ejusdem aetatis ; verbotcnns für ad verbiim ; libitu oder
pro libitu für meo arbitratu; necator für interfector, percvssor ; praetervidere
für nctjUgere, omittere, non videre ; praeterlapsi anni für praeteriti anni; sedu-
cere, verführen, für inducere, corrnntpere ; frustra, vmsonst, d. h. unentgeltlich,
für gratis ; taediosus, verdriesslich, lästig, für taedio conjnncins, molestus ; sub-
jvgare, vnterjochen, für suhigere; insipidvs, geschmacklos, einfältig, für insvlsus;
passio für perpessio, und so unzählige andere. — Dieses ist aber von den neuen
Lateinern zu wenig beachtet worden, da die Wenigsten, welche Lateinisch
schreiben, ein gutes lateinisches Wörterbuch zur Hand haben und sehen, ob
ein Wort, welches ihnen gerade aus dem Wörterscliafzc, welchen ihr Gedächt-
niss aus der Lektüre aller Zeiten aufbewahrt, einf-illt, auch ein gutes, untadel-
haftes sei. Viele schreiben, ihr Augenmerk allein auf die Sachen, welche sie
behandeln, richtend, aber unbekümmert um den klassischen oder unklassischen
Werth der Wörter. Nur selten sind und waren die Männer, welche reines und
klassisches Latein zu schreiben bemüht sind und waren; und dennoch wurden
18. Von ihnen oben zu §. 9. Anm. 25.
87
unter den altern Bessefn des fünfzehnten und sechszehnten Jahrhunderts Viele
durch den fbsteü Glauben au die Aechtheit mancher Wörter getäuscht, und
brauchten sie, indem falsche Lesarten ihrer damaligen Ausgaben sie zum Ge-
brauche unäciiter, falscher Wörter" verführten, und selbst die Wörterbücher
diese als klassisclie aufgenommen hatten. Endlich ist es auch nicht selten der
Fall gewesen, dass bei vielen altern und neuern Gelehrten die Zeit der Jugend
und die des gereiften Alters einen grossen Unterschied machte, indem ihre
jugendlichen Scliriften noch manche Auswüchse des Unklassischen enthalten,
wovon die spätem ziemlich rein sind*". Und wer ist, dem dieses nicht Selbst
begegnet wäre? Man lernt hier nie aus; Tag und Stunde belehrt.
Fünfte Vorschrift.
Zulässig: dageg-en und anwendbar sind alle nachklassische und 181.
spätlateinische Wörter, zu deren BegrlfFsbezeichnung sich noch kein
Wort aus der bessern Zeit vorfindet, und welche demnach klassi-
sche Geltung haben müssen. Bei mehrern gleichbedeutenden sind die
altern immer den spätem vorzuziehen. Diese Vorschrift gilt vor Allem
für die Kunst- oder technischen Wörter, aus welcher Sprache und
Zeit sie auch sein mögen 21.
*) Mit Recht sagt Cicero (Fin. III, 1,3): imponenda sunt nova novis rebus
numina, u. (N. D. I, 17) sunt enim rebiis novis nova ponenda nomina. Eine
neue Sache und mit ihr ein neuer Begriff fordert ein neues Wort; und das
dehnt sich bis auf die spätesten Zeiten aus, und berechtigte alle auf Cicero fol-
gende Schriftsteller, neue Wörter für neue Sachen zu erfinden, und Jeder that
dieses in seinem Fache. Bei dem ewigen Wechsel der Dinge im menschlichen
Leben, wo theils das Alte dem Neuen weichen muss, theils Beides sich mit
einander verbindet, müssen mit der Erweiterung der Begriffe, mit der Ent-
deckung und Auffindung neuer Sachen in Künsten und Wissenschaften und
mit der Bekanntwerdung mit dem, was andern Völkern eigeuthümlich ist, noth-
wendig auch neue Wörter für die neuen Sachen gebildet werden. Was nun so
die Römer bei den Griechen oder andern Völkern Neues in Künsten und
Wissenschaften oder sonst im menschlichen Leben fanden, davon nahmen sie
entweder meistens die fremdartigen Benennungen mit mehr oder weniger ver-
änderter Form in ihre Sprache auf, oder sie bildeten sich eigene neue Wörter
als Stellvertreter der fremden; (über griechische vgl. unten §. 186. 187) — und
so wie sie mit griechischen verfuhren, so auch mit Wörtern anderer Sprachen;
sie sagten z. B. für das punische sc/iophet (eine höhere Magistratsperson) —
snjfes, im Plur. sxiß'etes ; für das altdeutsche Amhac/U, Andhaht, der Diener —
ambactus; für das celtische fearyobreith — vert/obretus (Caes. B. G. I, 16);
für souidur, der Söldner — soldurivs (Caes. B. *G. III, 22) ; für das syrische
yamal — camehts (nacli Varro), und so die fremdartigen acinaces, f/aza, braca
19. Vöü der Art sind Wörter, wie coaevvs, applausus , attestari, latere alt-
quem, intrvdere, enudare, illicitus u. a. m. Das erste, coaevvs, hatten vor Lam-
bin's Ausg. des Cicero vom J. 1556 alle Ausgg. in Cic. orat. in Vatin. 13. Aber
Lambin schrieb mit Turnebus aus Handschr. dem Sinne der Stelle gemäss
dafür coquus. Daher brauchten jenes die frühem Neulateiner und selbst Muret
vor dem J. 1.566 auf Treu und Glauben Ciceronischer Auctorität, bis die Näch-
sten, eines Bessern belehrt, es meistens verwarfen. Aber dennoch hört und liest
man es noch heutzutage; ebenso die andern angeführten.
20. So bei Ernesti, Rvhnken, Wyttenbach, Wolf und andern Bessern, deren
erste Schriften manches Unklassische und Tadelhafte enthalten, wogegen ihre
spätem desto klassischer sind. Jenes verdunkelt iiiren Namen und Ruhm nicht,
ermuntert aber uns Jüngere, schon früh vorsichtig zu sein. Scheu vor der Ar-
beit, das Bessere aufzusuchen, ziemt dem Manne nicht, dem es um Lob und
Ruhm zu thun ist.
21. Vergl. darüber Hand's Lehrb. p. 142; Reisig's Vorles. p. 298 u. Weber's
Uebungssch. Votr. p. XVII.
88
(bracca), carnts, mniara, framea, tiara, satrapes, nap/itfia, essedum, petorn'tum,
r/teila, vrus, mannus u. a. m., deren mehre aufzuführen unnötliig ist. Die meis-
ten lieferte die griech, Sprache, nicht blos für die Wissenschaften, Philosophie,
Poetik und Rlietorik, sondern auch für die gewöhnlichen Gewerbe und Künste,
für Kochkunst (vgl. Apicius de re culinaria), Bauhinst (vgl. Vitruv.), Kriegs-
wissenschaft (vgl. Vegetius u. A.), Ackerbau, Jac/d u. s. w.
182. Es möchte aber eine unzeitige, fast lächerliche und überängstliche Vor-
liebe für Klassicität verrathcn, wenn man die neuen, oft gar verschiedenen Be-
griffe alten klassischen Wörtern unterlegen, oder für ein einfaches Wort eine
aus klassischen Wörtern bestehende Umschreibung wählen wollte, wie man von
beiden Arten Beispiele hat, z. B. für unser Bürgermeister — consnl^^ zusetzen und
Cardinal durch pater purpuratus auszudrücken, oder in noch vollerer Form
nnus de pvrpvratis aulae pont.ißciae, qiii Cardina/es vocantur. Die beiden ersten
sind zur Bezeichnung der Begriffe unverständlich, ja das Wort consul ist zu
hoch und anmassend; das letzte aber leidet an Schwerfälligkeit. Und wie denn
nun mit den vielen hundert neuen Wörtern für das viele Neue, was seit Au-
gustus die Welt gesehen hat .' wie mit den Namen der unter den Kaisern,
Königen und Fürsten alter und neuer Zeit neu bestallten Staatsdiener? wie
mit den neuen Namen in Jurisprudenz, Medicin, Kriegskunst, Baukunst und
allen übrigen Künsten und Wissenschaften ? wie mit der Menge neuer Wörter,
die durch die christlichen Religionslehrer, durch griechische und lateinische,
in die Theologie gekommen sind ? — Durcli klassische Wörter sind sie nicht er
setzbar und müssen durchaus nach der Meinung aller bessern Neulateiner,
eines Sadolet, Manutius , Perpinian, Muret (vgl. dessen Var. lectt. X\, 1)
u. A. beibehalten werden, wie man sie bei den bessern lateinischen Theologen
findet. Es ist unnöthig, dies weiter zu verfolgen; gut wäre es aber, wenn
jede Wissenschaft und jede Kunst ihr eigenes Lexicon hätte, worin für jeden
Begriff die besten und verständlichsten Wörter nach der besten Auctorität auf-
geführt wären*). — Wenn aber freilich neue Wörter zu barbarisch klingen und
wohl gar nicht einmal dem Lateinischen analog gebildet sind, .so ist es wohl
gut, bei Anführung eines solchen fremdartigen Wortes, zumal in feierlichen
Reden, sich mildernder Zusätze zu bedienen , z. B. iit ita dicam, ut ea voce
vtar u. dgl. Von der Art sind besonders neue theologische und philosophische
Wörter, wie egoismas, nihilismus, nonismvs, sgncretistnus , pietismus , rationalis-
mus, obscurantismus, scepticismvs, idealismvs, yngsticismiis u. a. m. der Art; ebenso
haecceitas, perseitas, vbietas, qvidditas — und was sonst der Art in den barba-
rischen Zeiten, besonders des Mittelalters und später, neu gebildet worden ist.
Löblich war es daher, dass Eirhstädt, als er in einer öffentlichen Rede den
Pietismus erwähnte, sagte: Pietismus, quod verbum ipsum barbariem portendit,
wodinch der klassische Redner, weil für Frömmelei und Kopfh'dngerei kein
klassisches Wort vorhanden war, den Gebrauch jenes barbarischen Wortes in
seiner sonst klassisch-lateinischen Rede milderte.
183. Aber ebenso, wie in den bisher erwähnten Fällen die neuen Wörter wo
möglich, wenn sie nicht etwa durch besser und klassischer gebildete ersetzt
werden können, beizubehalten sind, so muss aucii Alles den neuen Sitten ge-
mäss*', wenn von ihnen die Rede ist, ausgedrückt, und Alles vermieden wer-
22. F. A. Wolf pflegte in seinen Vorlesungen diese Ucbersetzung nach sei-
ner Weise zu bespötteln, und, weil er der Meinung war, alles Ausländische
müsse, wenn es einen den Römern fremden Begriff enthielte, nach der Weise der
Römer ohne Weiteres nur in eine lateinische Form gegossen werden und zwar mit
geringer Abänderung, wollte er sogar Burgermeisterits sagen; ebenso ßinta, die
Flinte; pistola, die Pistole und ähnliche; anders wären sie nicht übersetzbar. Man
könnte aber vielleicht doch Bürgermeister ziemlich verständlich übersetzen
durch magister civinm, civihus oder vrhi praefectus ; Cardinal aber behalte man
durchaus mit seinem schon latein. Namen bei, und so andere, schon an sich
lateinische oder aus dem Griechischen genommene, wiewohl sie vielleicht im
Begriffe abweichen, z. B. Decanus, Episcopns u. a.
*) Für philosophische Wörter und Begriffe soll das Lexicon philosophicum von PlcxiacHS.
Hag. Com. 716. 4, brauchbar sein.
23. Da Deutlichkeit und Verständlichkeit Erforderniss jeder Rede ist, so
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den, was von römischer Sitlc durch die Länge der Zeit ausser Gebranch g:e-
kommen ist und von unsrer Denkweise abweiclit, wozu aucli gehört, was der
christliche Glaube im Glauben und in der Rede geändert hat. Daher heisst bei
Tische sitzen nicht epulis accumhere, sondern epulis assidere ; der Friede niclit
to(/a, sondern pax ; öffentlich kaufen oder verkaufen nicht suh corona oder snb
hasta emere oder vendere, sondern palam, in publico — ; nicht si diis placet,
sondern si Deo placet. Und so sind heutzutage viele Redensarten nicht mehr
anwendbar, weil unsre Sitten von den römischen abweichen, z. B. volumen,
das Buch; arena, der Uebunysplatz, wohl gar die Schule; in arenam descendere,
sich in Streit einlassen; fasces submittere , bescheiden nachgeben; pulvis nicht
mehr von den Mathematikern, die sonst in Glasstaub ihre Figuren einzeich-
neten; qui aere lavantur von Kindern; claves adimere tixori, sich von seiner
Frau scheiden; oratori aquam dare, einem Redner Zeit zum Reden verstatten;
sti/lum vertere, andern ; latum clavuni alicui tribuere. Einen zum Rathsherrn
viaclten; latum clavum adipisci oder impetrare, Rathsherr werden; pucrum tol-
lere für educare ; puncta ferre, gewühlt loerden; velitatio ; pro aris ac focis ;
lar familiaris, der häusliche Herd; Palilia, das Stftungs- oder Gründungsfest;
dii immortales, numina, superi, Juppiter für Dens, deus aliquis; tartarus, orcus;
magno hominum et deorum studio; ut deos orem; diis hominibusque approbanti-
bus ; quam ob rem deos oro ; o dii immortales! — und so noch Vieles, was theils
unsern Sitten nicht mehr angemessen, theils unserm christlichen Glauben zu-
wider ist. wiewohl es Niemand anstössig finden wird, der Musen zu gedenken
und die bösen Geister und Teufel unseres Aberglaubens durch Furiae auszu-
drücken, wie überhaupt zu recliter Zeit und am rechten Orte alle Anspielungen
auf die mythologische, antiquar. und histor. Yorwelt nützlich und zweckmässig
sein können. Vgl. darüber auch Heumanni Poecile, T. III, p. 386 u. Hand's
Lehrb. p. 151.
Kurz, es ist ein falsches Vorurtheil, zu glauben, dass ein fremdartiges oder
neugebiidetes Kunstwort, wenn es nur nicht hart und rauli und wohl gar den
lateinischen Sprachgesetzen zuwider gebildet ** ist, schlechtes Latein verrathe.
Vgl. was schon Ubert. Folieta de linguae lat. usu p. 180 und J. Vorst de
latinit. merito susp. p. 7 über neue technische Wörter sagen.
Sechste Vorschrift.
Griechische Wörter, mit griechischen Buchstahen geschrieben, J84.
können nur dann ohne Tadel in die lateinische Rede eingemischt
dürfen klassische Wörter da nicht angewandt werden, wo sie verwirrend und
unverständlich sind, indem sie das niclit bezeichnen, was wir nacii unsrer
Sprache damit bezeichnen wollen. So ist es fast mit allen Staatsämtern vom
höchsten bis zum niedrigsten, indem die zwar reichhaltige Notitia dignitatum
imperii Romani doch nicht genügende Hülfe dazu darbieten wird, so dass es
immer besser sein wird, die neu eingeführten Namen beizubehalten. — Was ist
auch im Geldwesen Anderes zu thun, als die neuen Namen nur in lateinische
Formen umzugiessen, da wir beim Gebrauche der alten mit zu vielen Schwie-
rigkeiten zu kämpfen haben? — Ebenso bei unserer Wegeeintheilung in Meilen
und Stunden, bei der täglichen und nächtlichen Zeitangabc nach unsern Uhren,
und dergleichen, wiewohl wir den alten Kalender ohne alle Verwirrung auf
unsern neuen übertragen können, da sieh beide nur in Bezeichnung der Tage
unterscheiden. Jedoch würde auch gewiss unsre Bezeichnung den Alten selbst
niclit unverständlich gewesen sein, wenn wir z. B. statt Kalendis Januariis sag-
ten die primo mcnsis Januarii ; statt a, d. (ante diem) VI (sextum) Nonas Ja-
nuarias ganz kurz die secundo mensis Januarii, und so die übrigen. — Wir
müssen ja bei unserm Schreiben immer denken, dass wir nicht für die Alten,
sondern für unsere heutige Welt schreiben.
24. Das ist leider gar oft der Fall bei den neuen latein. Kunstwörtern in
der Medicin, Chemie, Physik, Mathematik, Naturgeschichte und andern, wie
ja die Linne'sche Terminologie der Naturkörper von solchen Fehlern wimmelt.
Eine weitere Ausführung alles dessen, was diese fünfte Vois(lirift nur kurz
berührt, überlasse ich Jüngern, welche Lust und Kraft dazu haben.
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werden, wenn von ihnen die Rede ist, jedoch auch in Briefen,
scherzhaften Gesprächen und erheiternden Aufsätzen. Eine Aus-
nahme machen alle Wörter, welche die Lateiner in Ermangelung
eigener aufgenommen und mit ihren Buchstaben geschrieben haben,
wohin besonders die Kunstwörter gehören.
*) Nur von Wörtern und Redensarten ist liier die Rede, nicht von Grä-
ciimen, welclie durchaus verwerflich sind , mögen sie auch von Dichtern und
Nacfiklassikern gebraucht worden sein. Lateinische Wörter müssen auch in der
Verbindung- mit aMern rein lateinisch, nicht griechischartig gebraucht werden,
z. ß. f%/iM% weder mit dem Genitiv, noch mit dem Infinitiv, weil Beides Grä-
cismus ist. — Griechisch geschriebene Wörter aber unter die lateinisciien zu
mengen, ist nur unter den oben angeführten Bedingungen zulässig, ihdem sie
sonst die lateinische Rede ebenso verunstalten, wie vor hundert Jahren unsre
deutsche durch griechische, lateinische und französische^^ hässlich und abscheu-
lich verunstaltet und verunreinigt worden ist. Davor warnt auch mit Recht der
gelehrte Eichstädt in seiner Deprecatio latinitatis academicae : Graeca adnnscere,
sagt er, elegantiori orationi latinae non minus harbarum est, quam germanicam
dictionem inquinare verbis latinis vel franco-gaUicis, quod ab elegantiae stiidiosis
merito reprehenditiir. — Zulässig sind sie dagegen nach Cicero's und Anderer
Vorgänge da, wo von ihnen die Rede ist, wie so oft in den philosophischcö
Schriften Cicero's, wo sie entweder übersetzt oder erklärt, oder mit den latei-
nischen verglichen werden sollen; dann aber auch in vertraulichen, scherzhaf-
ten Briefen, wo es Cicero und der jüngere Plinius häufig thun; und so gilt
dasselbe auch in allen heitern und scherzhaften Gesprächen und Aufsätzen
und in witzigen, satyrischen Scliriften, wo jedes Gemisch fremder Wörter,
ganzer Redensarten und ganzer Stellen, wie bei uns, zur Erreichung des Zwe-
ckes des Schreibenden, neralich Zuhörer und Leser aufzuheitern, wohl gar
Lachen zu erregen, förderlich und dienlich ist. Hierin gefiel sich vor Cicero der
Dichter Luciliits in seinen Satyren, deren erhaltene Fragmente ein Muster davon
geben.
loO. Ganz anders ist es aber — und das meint auch der erwähnte Eichstädt — ,
wenn man ganz zwecklos, fast nur um zu glänzen und der Rede einen ge-
lehrten Anstrich zu geben, griechische Wörter statt lateinischer braucht, wie
bei den Neulateinern die Formeln ö jräw (durch alle Casus), o tiayaoirrjc
(ebenso), xar' f^oy?'v. ('c ev n) .raporho; und besonders der Gebrauch des Ar-
tikels ö (in allen Casibus) vor einem Worte, von welchem Etwas bemerkt wer-
den soll, welcher Gebrauch des Artikels aus den spätem Grammatikern des
vierten Jahrh. in das neue Latein übergegangen ist. So findet man auch bei
den besten Neulateinern: 6 jräw Scaliger; verba rov jrdrv Bentleii; ex biblio-
theca Ernestii Tov (laxapirov ; haec vox xar' e^oyjiy significat certamen ; illa
dirit o)^- tv !Ta.gö(^(o; quid hie est t6 morem gerere? — sensus ror indignari ; vis
in roj placandum inest. — Solche Ausdrucksweisen beruhen auf keiner Auctorität
eines Lateiners der lebenden Sprache. Aber nicht nur diese alltäglichen Phra-
sen, sondern auch andere griechische Wörter findet man heutzutage in An-
merkungen zu Schriftstellern und in ernsten, belehrenden Untersuchungen für
lateinische Wörter eingemischt, wie z. B. Bentlejus 6 juerpixi/raroc; ea vox
mihi nagt^xEiv videtur ; dubia est hvjus orationis yvr^r,iörr^c; bis Cicero nimiam
axgißsiav jureconsultorum tangit ; haec verba r/-&oc: orationis defendit; librarius
in aliis verbis vecoregt'Cet; loquitur cum Ttccoötjoia quadam; t6 est in quibusdam
25. Man lese ein älteres deutsches Buch, und es werden uns Wörter zum
Ekel und Grauen begegnen, z. B. Condolenz, condoliren, Bless^ir, blessiren,
Figur, figvriren, Passage, passiren, Attaque, attaquiren, Honneur, honoriren, pro-
biren, justißciren, important, Affaire, Condition, Consens, Ordre, Reputation,
Dexterität, declariren, speculiren, persuadiren. Succ7irs, Resolution, Tractat,
formidable. favorable, plausible, präsentiren, Präsent, Desperation, desperat, fou-
chiren, Charge, Fatalität, Respect, sich divertiren, frequentiren, Visite, condem-
niren, hrilliren, prätendiren, Prätension, honett, die solide Glorie — und so un-
zählige andere.
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nrjOeCi vidctur esse siispectnm ; dvae senUnifinn ex raoa/^.yj^.ov positae ; qvae sit
Intjnsce (priäötco: mens, u. a. ni. So tadelt es auch Zumpt mit Recht, dassRuhn-
ken (in pracf. Apuleji) das Wort y.o:xo^rj.iia in seine gelehrte Untersuchung ein-
g-emischt habe, wofür, wie er glaubt, affectatio gleich gut gewesen wäre. We-
niger tadelhaft braucht Muretus in einem Briefe (Epist. III, 2) das Wort
:reloti/pia, wofür er freilich nach Cicero hätte obtrectatio brauchen können.
Höchst seltsam sagt aber der verkappte Wilh. Küster in einer Anm. zu Xenoph.
Occon. p. 61 dianoeam (für sentenfiam) tothis loci hanc habe, und van Hemert
(Epist. ad Wyttenb. p. 151) (ptihns artihvs technisqve, welche technae, aus dem
Halbgriechen Terenz entlehnt, sich neben artes wunderlich ausnehmen; und so
braucht auch ganz unnöthig Mahne im Crito (in Wyttenbach. Opusc. ed. Frie-
dem.) mehrmals griech. Wörter statt lateinischer, z. B. choraghtm multorum
testimoniorum, paneyyris virorum eruditorum u. a., was unnützer Flitterstaat
ist. Ja diese Sucht, solche Wörter zu brauchen, verleitet ihn. auch den Namen
seines verehrten Lehrers Wyttenhach lächerlich in Eurypotamus zu verwandeln
(Crito p. 276).
Einen ganz andern Gebrauch macht Cicero von griechischen Wörtern, indem er 186.
1) in seinen wissenschaftlichen Büchern A\e griechischen Kunstwörter nur erwähnt,
entweder um sie mit den lateinischen zu vergleichen, oder um sie zu übersetzen
oder zu erklären, wo er denn bisweilen freimtithig gesteht, kein passendes und
den Begriff ganz erschöpfendes Wort dafür finden zu können. Beispiele davon
finden sich vor Allem in seinen Tusculanen, in den akademischen Quästionen,
in den Büchern de divinatione und in den rhetorischen Büchern. Aber anders
wendet er sie 2) in seinen Briefen an gclelirte Freunde, besonders an den
Halbgriechen Atticus an, wo er aus Vorliebe für das Griechische dieses viel-
fältig mit dem Lateinischen vermengt, sogar nicht selten ganze Verse und
Stellen, wie auch Spruch Wörter, griechisch anführt, ohne das Eingemengte la-
teinisch zu übersetzen, was auch freilich bei seinen gelehrten Freunden höchst
lächerlich gewesen wäre. Eine gleiche, nicht anstössige Anwendung ist daher in
Briefen auch uns erlaubt, jedoch so, dass wir, wie Cicero, das Griechische, so
wie es ist, unverändert einmischen. Beispiele findet dazu, wer dergleichen sucht,
besonders in den Briefen ad Atticum , wo man unter andern auch das Wort
'f?.ir''r im bildlichen Sinne der Menge, der grossen Masse von Unglücks-
stofli' zu einem Gedichte findet. Vgl. Ätt. VII, 11, 3. Wie er das Griechische
in Harmonie mit dem beigesetzten Lateinischen bringt, lehren unter andern
folgende Stellen. Er sagt (Att. V, 19): t6 veusoäv interest mv <p3o\eh\ wo in-
terest wie dtacpf'ofi mit dem Genitiv verbunden ist; und (Att. I, 16. 13, wo
freilich die Stelle in den Handschr. und Ausgaben sehr verschieden gelesen
wird) : ut opinor, (pi^.noncpijreov et istos consulatus non flocci facteon (fac-Zov),
— wo cinstati faciendum jene zwitterartige Form gebraucht ist, damit das Wort
dem (piXoönipqrioy gleich sei. Aber eben solches Gemisch von Lateinisch und
Griechisch findet sich nur in seinen Briefen, nirgends in seinen Reden, nirgends
in seinen rhetorischen und philosophischen Schriften. Ebenso auch in den
Briefen des Plinius.
Von ganz anderer Art sind die vielen griechischen Namen, Titel und Wör- 187.
tcr, welche schon früh seit der Bekanntwerdung mit Griechenland in die latein.
Sprache mit meistens geringer Abänderung übergegangen und gleichsam ein-
gebürgert sind. Die Benennungen von Gewerben, Künsten und Wissenschaften
wurden, ohne dass man an ihre Uebersetzung dachte, meistens mit den Sachen
selbst aufgenommen. Dahin gehören alle Nomina propria von Menschen, Thie-
ren, Städten, Bergen u. dgl., alle Titel von Aemtern, Namen der Künste und
Wissenschaften und der zu ihnen gehörigen Werkzeuge und der Kunstsachen
selbst, welche die Römer, in Ermangelung eigener Benennungen, alle ohne Be-
denken in ilire Sprache aufnahmen, wie auch wir fremde Wörter in die uns-
rige aufnehmen. Schon die ersten latein. Komiker mussten dies nur allzuoft
thun; vorsichtiger tliat es Terenz, der nur diejenigen aufnahm, welche ihm
durch ein lateinisches unerreichbar zu sein schienen, z. B. argentnm in der
Brdeut. Geld, astu von der Stadt Athen, citharistria, comoedia , ci/atlnis, dica
(der Prozess^, drachma, elephantus, ephehns, cpistola, eimuchvs, giptaecevm,
hora, lampas, mina, moeclnis, mnsicns, obolus, ohsonium, obsonarr, paedagogns,
palaestra, platea, pacta, sandalitini, satrapa, sycophanta, techna (Kunstgriff, List).
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Die meisten von diesen, zu welclien noch viele andere kamen, gingen auch in
die gelelirte Schriftsprache und selbst in die der üfl'entlichen Redner über, so dass
man sich nicht scheute, sie als allgemein bekannte Wörter selbst in öfient-
lichen Reden zu brauchen. Die Rhetoren aber und die Philosophen vermehrten
sie noch mit vielen aus der rhetorisciien und philosophischen Terminologie der
Griechen, und wagten es kaum, sie durch lateinische zu ersetzen. Cicero selbst,
so viel er auf Reinheit der Sprache hielt, seine Muttersprache selbst der grie-
chischen nicht nachsetzte und als strenger Purist viele neue Wörter zum Ersatz
der griechischen erfand und brauchte, konnte doch die Namen seiner beiden
Lieblingswissenschaften, rhetorica und philosophia, nicht entbehren; und in sol-
chen Wörtern Sprachreiniger zu werden, hielt er mit Andern für unnütz ver-
schwendete Mühe Vgl. auch Cic. Fin. HI, 4, 15. Leicht lassen sich vom ersten,
abaciis an bis zum letzten, zythnm, mehr als hundert griechische Wörter an-
führen, die in die latein. Sprache übergegangen sind, und von denen viele auch
bei den besten Schriftstellern im Gebrauche Avarcn.
188. Bei der Aufnahme solcher Wörter folgte wenigstens Cicero der Analogie
lateinischer Wörter in Hinsicht ihrer Declination, und vermied dabei alles Grie-
chischartige. Daher brauchte er für crater — cratera nach Declin. L*®; Salamina
für Salamis^'' ; Elevsina für Elensis; Ancona ü\r Ancon; poematorum nach Decl.
II. neben poematnm, aber nur pocmatis, nie poematibus ; Piraeeum für Piracea;
Ensehen als Accus, für Eusehe, nach ivosdrj und PMloromap.um für Philoro-
maeon^^ ; die Wörter auf agxyc meistens auf archus nach Decl. IL, selten auf
CS, z. B. navarchiis, c/i/mnasiarchus, phylarchtis, polemarchns u. a. Vgl. darüber
auch oben §. 25. 30 — 32.
189. Wenn nun aber Cicero oft nicht wusste, wie er wissenschaftliche Kunst-
wörter einfach und treffend übersetzen sollte, und, wenn er es versuchte, den-
noch die griechischen Wörter dabei bemerkte, sie aber lieber unbedenklich in
seine Sprache aufnahm, — warum wollten wir Bedenken tragen, solche Kunst-
wörter und Namen, was sie auch betreffen mögen, aufzunehmen, wenn kein
kurzes, deutliches, sie treffend bezeichnendes lateinisches Wort daist? Gesetzt
aber, es wäre ein gutes lateinisches Wort vorhanden, welches aber vielleicht
nicht sehr gebräuchlich ist, so bedarf es nur bei Anwendung des griechischen
des entschuldigenden Zusatzes vt t/raeco verbo utar, ut ita dicam, ut Graeci
dicunt u. dgl.
190. Wer aber die griechischen Namen der Götter, für welche die Lateiner
eigene besondere Namen hatten, die sie für jene überall, nicht allein in Prosa,
sondern sogar in ihren Gedichten brauchten, indem sie die griechischen <lurch-
aus unbenutzt liessen, in seiner Prosa brauchen wollte, der würde dem latei-
nischen Sprachgebrauche ganz zuwider reden und schreiben. Man sage nicht
Zeus für Juppiter, nicht Hera für Juno, nicht Ares für Mars, nicht Hermes
für Mercurius, nicht Athene, Aphrodite, Demeter, Selene, Hestia, Hephaeslus,
Poseidon, Helius, Charites, Dioscuri u. s. w., an deren Statt die lateinischen
Namen treten müssen , da jene von keinem Lateiner gebraucht werden.
Darin fehlte daher oft J. Terpstra in seiner Antiquitas Homerica, welcher die
griech. Namen für die lateinischen brauchte, ohne sie im mindesten zu ent-
schuldigen, und in ihrem Missbrauche sogar so weit ging, dass er sie de-
clinirte, z. B. Zeus, Gen Zei ; Ares, Gen. Aretis. Selbst in latein. Gedichten ist
jenes, wie dieses, fehlerhaft, wie z. B. neulich Poseidon für Neptunus gesagt
wurde. Sogar die Namen Hellas und Hellenes kommen nirgends bei einem La-
teiner schlechtweg für Graecia, Graeci oder Graji vor, wiewohl beide heutzu-
tage oft angewandt werden.
191. So wird denn nach dem bisher Gesagten für unser Lateinisch-
schreiben Foli^endes die allgemeine Vorschrift sein :
„Meide Alles, was gegen den Usus der bessern Lateiner ist; meide
26. Vgl. Zumpt z. Cic. Vcrr. IV, 59.
27. Vgl. Klotz z. Cic. Tusc. I, 46, 10, wo der Accus. Salaminam für den
griech. Accus. Salamina aus Handschr. hergestellt ist.
28. Vgl. Cic. Farn. XV, 2, 3. Beide Adjectiva waren ehrende Beiwörter des
Asiatischen Königs Ariobarzanes.
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„ alles Seltene ; tvähle die besten und richtigsten Wörter, auch aus der
„ nnchkhissischeii hniinität ; meide alles G riechischartige und Poetische,
„verbinde aber t/iit der Reinheit der Rede in Formen und Wörtern
„vor Allem die acht lateinische Form in Stellung der Wörter und
„ Verbindung der Sätze, damit Form und Einkleidung acht römisch
„sei. Seltene Wörter und seltene Constructionen sind immer Abnor-
„7nitäten, welche wir beim Schreiben mehr vermeiden, als nachahmen
„ müssen.'-"
*) Sehr wahr sagt EichstäcW^^, der Erste unter den Neulateinern unserer
Zeit: Sinffula verba non fachmt artißcem scribendi, sed verborum cotnpositio, ora-
tionis setitentüs congruae /tabitus colorque Romanus — und setzt bescheiden von
sich hinzu : ISos quidem, si projiteri hoc liceat , non pudeat in scribendo par-
spicultatis majorem quam eleyantiae rationem habere , ita ut saepcnumero hand
inscii committamus, qiiae carpendi reprehendendupte copiam faciant iis, qui Ci-
ccronianum morem et sectam instaurare cupiunt et in oratione latina non nisi
singula verba aucupantur. — Wie vorklassische und selbst spatere Wörter, wenn
sie uns passender als klassische dünken, anzuwenden seien, ist oben erwähnt
worden, nemlich so, dass man sie durch einen Zusatz entschuldigt, wie ut
Plautiiio, Enniano, Terentiano, Catoniano, Sallustia>w, Tacitino, Gelliano, Senecae
verbo utar, was Muretus mehrmals vorsichtig thut; z. B.sub/esta est, ut P/au-
tus loquitur, ßdes ; a cordatis, ut Ennii verbo utar ; qui talibus, ut Plautino verbo
utar, dcliramentis infatuati sunt. Von seltenen Wörtern, selbst der klassisclien
Zeit, bemerkt aber Ruhnkcn (zu Mureti Opera T. I, p. .^'iO) : Sed semel aut
rarissimc dictis abstinere prudeiitius est, quod saepe accidit, ut talia melioribus
libris inspectis vitiosa reperiantur. Anders dagegen dachte Manutius, der zu Cic.
Farn. X, 33 bemerkt: »SV quae semel tantum dicta nobis occurrunt, ea mutare
tanquam corrupta, et usitata resiituere conabimur, latinam linguam, quae paucis
omnino libris conservata vix ad aetatem nostram pervejiit, majorem ad inopiam
redigemus maleque merebimur de studiis litterarum. Und er hat wohl Reclit.
Für wie manches bei Cicero nur einmal vorkommende und vielleiciit auch
nachher niclit mehr gebrauchte Wort genügt das einmalige Vorkommen, wenn
der Begrift', den das W^ort bezeichnet, nur selten ist. Wie kann man auch er-
warten, dass in den Schriften Cicero's und der übrigen Klassiker Alles vor-
komme, was damals in allgemeinem Gebrauche war? iJedenkt man nun auch
zugleich, dass wir vielleicht aus der klassischen Zeit nur die Hälfte des da-
maligen Sprachschatzes übrig haben, und dass vielleicht ein grosser Theil des
uns Fehlenden in nachklassischen und spätem Schriftstellern sich erhalten hat,
so muss man wohl, um der Rede ein noch grösseres und freieres Feld in der
Wahl der Wörter zu eröflhen, mit Muretus und andern, um einzelne Wörter
weniger ängstlichen Gelehrten allen wohlklingenden, analogisch gebildeten und
otVenbar guten und passenden Wörtern der altern und der spätem Zeit den
Zutritt einräumen. Wie manches Wort würden wir für unklassisch erklären,
wenn die einzige Stelle, durch die es klassische Auctorität erhält, verloren
wäre! Solche nur einmal in den Klassikern vorkommende Wörter gibt es aber
mehrere, welche dagegen später alltäglich sind. Zudem ist der Vorrath klassi-
scher Wörter durch die neu aufgefundenen Fragmente von Cicero's Republik
und einigen Reden wieder gewachsen, welche bisher nur nachklassische Auc-
torität hatten ^^ ; und so ist mit der Zeit vielleicht noch mehr zu erwarten.
Dagegen vermeide man alle nur poetische Wörter und griechischartige Wörter-
29. In seiner Deprecatio latinitatis academicae.
30. Für Cicero's Sprache sind dadurch jetzt neu gewonnen z. B. conven-
titium (ein Subst.), decessor (der Amtsvorg'dnger), demutatio, dissaepire, excur-
sare (aber noch zweifelhaft), famulari, incommutabilis, intermenstrmis, mitra,
oratrix, Perses, potentatns , proterritus, perßare, resticula, subrogare (dreimal),
viculus, villicare — und vielleicht noch andere. — Die meisten bei Cicero sel-
tenen oder imr einmal vorkommenden Wörter hat Ellendt in Explicatt. Cic. de
orat. p. 211 gesammelt, und vor ihm schon mehrere Olivet z. Cic. Fat. 5, p. 582
in Moser's Ausg. Beide haben den Gegenstand noch nicht erschöpft.
94
Verbindungen, zumal wenn sie der bessern Prosa ganz fremd sind; ebenso alle
unnötliige spätere, barbarische und neue Wörter und Iledensarten, zu welchen
vor Allem für jede neuere Sprache ihre Idiomen oder Eigenheiten gehören, für
uns Deutsehe alle erweisliche Germanismen". Vgl. Weisse de stylo lat. p. 222
und Hand's Lehrb. p. 154.
192. Nichts aber schleicht sich leiciitcr in die Rede ein, als die Eigenheiten der
Muttersprache eines jeden Schreibenden, weil Jeder in ihr zu denken und nach
dieser Denkweise zu reden und zu schreiben gewöhnt ist. Daher die wahre
Vorschrift der lateinischen Stylisten: Denke das zu Schreibende lateinisch! Man
lernt aber lateinisch denken, nur durch vieles Lesen und genaue, lang fortge-
setzte Vergleichung seiner Muttersprache mit der lateinischen. Aber darin ler-
nen wir Fremdlinge nie aus. Die Wahrheit des Gesagten erfährt man z. B.,
wenn man acht lateinische Sätze gut deutsch übersetzen will , weil dann die
eine Sprache der andern nur zu oft widerstrebt; und so begegnet uns dies im
entgegengesetzten Falle noch leichter und öfter, wenn wir acht Deutsches la-
teinisch wiedergeben wollen. Zum Beweise nur einige Beispiele: Die Entschul-
diyunf) Idsst sich hören, lasse ich gelten heisst accipio excusationem ; in einem
Stücke sind wir besser daran, als du, vno te vincimus; ziveifle doch ja nicht,
cave dithites ; der Himmel erhalte dich, Deus te servet; ich verlor ihn zur Un-
zeit, evm alieno tempore amisi; es ist doch verdammt, dass — facinus indignum ;
o herrlich! o factum bene ! — o traurig, ach schlinnn! o factum jnale! — der
Sieger ist die Mdssigung selbst, victore nihil est moderatius ; er thut, als zürne
er, simulat irasci; er thut, als zürne er nicht, dissimulat irasci; er that dieses
in der Eigenschaft eines Consuls, hoc fecit consiil ; einen Tag um den andern,
atternis diebus ; Scherz bei Seite, extra jocum, remoto joco ; er stellt es mir frei,
integrum (integrum rein) mihi relinqiiit; es steht mir frei, mihi est integrum;
hast du Eticas nach Rom zu bestellen] luim quid vis Romam? — es ist ganz voll-
kommen, omnes numeros habet; nun (ei!) fürwahr das wäre schon (allerbebst),
wenn der das nicht wüsste, hoc vero Optimum, ut id iste nesciat ; unsre Anklage
ist durch die Länge der Zeit vergessen, accusatio nostra in oblivionem diuturni-
tatis adducta est. Wer findet hier bei Vergleichung beider Sprachen eine Aehn-
lichkeit? Noch mehr Verschiedenheit wird klar hervortreten, wenn längere Sätze
und Perioden in beiden Sprachen verglichen werden; es wird sich dann zeigen,
31. Vom heutigen Latein bemerkt Scljorus (de ratione discendae linguae lat.)
sehr wahr; Lingua latina nunc dissimillima est ei, qua olijn intcgra incorruptaque
Romani sunt usi, sed et alia nunc Itali, aliaGalli, alia Germani, alia Angli loipii
vidcntur ; quaeque enim gens et natio eam ad suam lingxiam deßexit vulgarique
harbarie cuntaminavit. Dies ist nur allzu wahr für Sciiorus Zeiten, wo das Mönclis-
latein berüchtigt war, und wo man sogar bildliche deutsche Redensarten oft
wörtlich in das Lateinische übertragen findet, die kein alter Lateiner verstände,
wenn er sie läse; z. ß. in die Pfanne hauen, über Hals und Kopf Knall und
Fall, das kommt uns spanisch vor, ei?i Windbeutel, ein Jammerthal, er blieb
stehen, Einen bei der Nase herumführen. Einem über den Hals kommen, sich
einen guten Tag machen, auf die Seite schaffen, hinter's Licht führen, Mienen
schneiden — und so unzählige andere, welche der Lateiner anders ausdrückt.
Bei solchen hilft ein gutes Wörterbuch meistens aus. — Zu den erweislichen
Germanismen gehören aucii Wortgebilde, dergleichen die latein. Sprache nicht
kennt,, z B. novantiquus, philologico-criticus, historico-criticus, theologico-philoso-
phicus, ja noch voller zusammengesetzte, z. B. historico-philologico-theologicus u.
äiiidiclie. Aber el)enso auch, wenn gesagt wird lex Caecilio-Didia, Licinio-Junia,
Papio-Poppaea, für lex Caecilia Didia, Licinia Junia, Papia Poppaea. \gl Cic.
Sest. 64 und Weber's Uebungsseh. p. 479. — Wunderlich, wie im Deut-
schen, wäre z. B. das Ab- und Zuthun, ab- et adjectio, für abjectio et adjcctio ;
heraus- und zusammenziehen, ex- et contrahere, für extrahere et contrahere ; der
Ab- und Zugang, de- et accessio, für accessio et decessio — und so alle ähnliche.
Nur selten linden sich auch Zwitterwörter, wie Cic.ero's Pseudocato und Cae.sar's
Anticato; aber unerhört sind z. B. neograecus, neolatinus, neofrancus, neonatus,
protoparentes (die Stammeltern, ersten Menschen), bigamus, monoculus u. a.; zu-
lässig dagegen sind sie als Kunstwörter.
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wie walir es sei, dttts man lateinisch denken lernen müsse. Daher kommt es
aber auch, dass so viele Jateiiiisclie Wendung-en und Redensarten selten in den
Neulateinern vorkommen, und manche fast verschwunden zu sein scheinen.
jinhang. Von der Bildung neuer Wörter nach der Analogie schon
vorhandener.
Dass für neue Begriffe und Sachen auch neue Wörter zu bilden I93,
seien, ist oben als ein notliwendi^es Bediirfniss der Deutlichkeit der
Rede nach Cicero's und Anderer Vorg^ange anerkannt worden, da alte
Wörter in ganz neuer Bedeutung unverständlich sein würden. Ob man
aber auch für gewöhnliche, alltägliche Begriffe, welche nichts Neues
enthalten, z. B. das Spielchefi, Kätzchen., Bäumchen u. a. , wenn für
sie nirgends in einem Alten Wörter zu finden sind, sich selbst neue
nach der Analogie anderer bilden dürfe, ist eine bestrittene Frage.
Für unerlaubt und tadelhaft halten es diejenigen, welche den vor-
handenen Wörtervorrath mit dem letzten Lateiner, Isidorus, gleich-
sam für geschlossen halten (wogegen aber doch die §. 191 gemachte
Bemerkung streitet) — und welche es daher nicht wagen, über den be-
kannten Wörtervorrath hinauszugehen. Dagegen thaten dies Muret,
Ruhnhen u. A., und bildeten sich meistens zum Scherz, wie die alten
Komiker, neue Wörter nach der Analogie anderer, welche kurz und
verständlich ihren Sinn und ihre Gedanken aussprechen sollten. Von
der Art sind unter andern Deminutiva, weiche die Alten ebenso,
wie wir, wo der Sinn Etwas der Art forderte, besonders liebten,
namentlich gerade Cicero '2, welcher reich daran ist und gewiss
die meisten ohne allen Vorgang, wie es die Stimmung nach Aktw
verschiedenen Beziehungen dieser Wörter forderte, selbst gebildet
hat. Wie sollte aber auch diese Klasse von Wörtern, welche uner-
schöpflich ist, in den wenigen noch vorhandenen Resten schon er-
schöpft sein? Da dies nicht denkbar ist, so scheint es mir wunder-
lich, jedes neue, gut gebildete Deminutivum verwerfen zu wollen. Glei-
cher Meinung ist mit mir auch Reisig in seinen Vorlesung, p. 153, und
untadelhaft scheinen mir Muret's neugebildete Deminutiva concertati-
inicula, fortujiulae (vom Plur. fortiinae) , lusiuncula, eniendntiun-
cula, placejitula u. a. , und ebenso, wenn der ältere Burmann die ga-
lanten Franzosen comptulos Gallulos, und Ruhnken (Epist. ad Dorvill.)
die feinen französischen Abbes sehr treffend politulos Gallulos nannte.
Eben so wenig darf es auch heutzutage einem Gelehrten verargt 194.
werden, wenn er sich für andere Fälle und Verhältnisse nach Plautus,
Terenz und besonders des witzigen Cicero Manier im Schei'z neue
32. Er braucht sie in mannichfachem Sinne und in mancherlei Beziehungen,
z. B. actatula (das zarte Alter), specula (von spes, nicht, wie ein Reccnsent meinte,
sperula), litterulae nostrae (unsre armen Studien, welimüthig), conciliatricula,
porticula, animula, muliercvla, ramusculus, ranunculus, commentariolum, versi-
cnliis, febricnia, vomla, navicula, oratiuncula, ßiiolus, ßliola, parwlus iyniculus,
tjloriula. anciUula, aureolus libellus, puichellus, integellus, servu/us, leviculus,
viculus, lectivncala, appmdicula, vindemiola, simioius, quaesticu/us, lucellum, li-
matulum et politulum tuuni Ingenium, conciuncnla, amicula, mendaciuncu/um, ani-
cula, ratiuncula, forticulus, acriculus, dulcicuius, acutulns, contortulus, contra-
ctiuncula, conclusiuncvla, candidulus, senariolus, intcrrogatiuncula, Atticula, ce-
nula, memoriola, scintillula, resticuia — und noch unzählige andere, welche die
Lexica angeben.
96
Wörter bildet, um deren Alter oder Neuheit Jeder, welcher sie ver-
steht, unbekümmert sein wird. So bihlete Cicero spottend und sclier-
zend die Wörter yJppietas, Lentulitas ; Antoniasler, fubninaster oder
Fulviaster (Cic. Att. XII, 44, wo die Haudschr. u. Ausgg. verschieden
lesen) , und die Verba proscripturire, petüurire, sullaturire (Cic. Att.
IX, 10, wo er von Pompejus spricht).
195. Da man endlich einen Mangel an entweder männlichen oder weib-
lichen Personalbenennungen auf or und ix fühlt, dieser Mangel aber
gewiss nur zufällig, sogar natürlich ist, da solche Beziehungen nur
selten sind und oft durch Umschreibungen ersetzt werden, so kann
die Zahl der hierher gehörigen klassischen Wörter leicht durch vor-
oder nachklassische bereichert werden, indem man zu den vorhan-
denen männlichen auf or die weiblichen auf ix aus der vor- oder
nachklassischefi Zeit hinzufügt, und ebenso zu den weiblichen auf ix
die fehlenden männlichen auf or ebendaher entlehnt; es müssten
denn die auf or unter die Comnmnia gehören, wie auctor, oder das
eine oder das andere durch ein eigenes Wort ersetzt werden. Daher
verschmähe man nicht acceptor und acceptrix; accusatrix neben acmi-
sator; admo7iHrix neben admonitor ; adversator neben adversatrix ;
amatrix neben ainator ; ambulator, ambulatrix ; assentatrix neben
assentator — und so noch viele andere aus den übrigen Buchstaben
des Alphabets, wie calumniatrix neben calumniator ; confectrix neben
confector, wie effector und effectrix ; consectalor neben coiisectatrix.
Vgl. über die Wörter auf ix J. Sam. Meiner s grammat. krit. Handb.
p. 240, dessen Sammlung aber sehr unvollständig ist.
Zweite Abthelliuig.
i:ig:o!itlielier Aiiti9>ar1>ariis
oder Verzeichniss unklassischer Wörter, Constructionen
und Redensarten.
XJisher war im ersten Theile dieses Buches vor einigen, oft nicht 196.
seltenen Fehlern gegen die Formenlehre und Syntax, welche man
Soloecismen zu nennen pflegt, gewarnt und zur Belehrung das Bessere
beigefügt worden. Auch waren ferner in der ersten Abtheilung des
zweiten Theiles zur Vorbereitung auf das zunächst folgende Ver-
zeichniss einige Vorschriften zur vorsichtigen Wahl lateinischer Wör-
ter gegeben, und namentlich war vor dem pedantischen Gebrauche
vor klassischer und poetischer, so wie vor der unnöthigen Anwen-
dung spätlateinischer Wörter gewarnt worden. Dass aber überall neue
Wörter, aus welcher nachklassischen und spätem Zeit sie sein mögen,
welche für neue Begriffe und Sachen gut gebildet worden sind, eine
Ausnahme machen, und unbedenklich gebraucht werden können, war
dort ebenfalls als natürlich angenomm.en worden. Jetzt soll nun ein-
zeln in dem folgenden lexikalischen Verzeichnisse auf eine Anzahl
Wörter, Constructionen und Redensarten aufmerksam gemacht wer-
den, welche sich in den Büchern der bessern Schriftsteller nicht
finden, und doch durch bessere klassische zu ersetzen sind. Wie
weit aber dennoch auch von allen vor - und nachklassischen und
spätlateinis( hen Wörtern Gebrauch zu machen sei, davon ist hinläng-
lich in den vorhergehenden Paragraphen der ersten Abtheilung ge-
redet worden.
Es soll aber in diesem Verzeichnisse nicht nur den alteti und 197.
später?i unnöthigen Wörtern, Constructionen und Redensarten, welche
so oft Eingang in unsere Latinität finden und gefunden haben, ein
Damm gesetzt werden, sondern auch vielen neuen der mittlem und
folgenden Zeiten der nicht mehr lebenden Sprache, die sich in grosser
Anzahl theils aus unsrer deutschen, theils aus den andern neuen Spra-
chen, theils von den Gelehrten selbst geschaffen, in die lateinische ein-
geschlichen haben. — Jedoch alle spätere barbarische oder unlateini-
sche, ihren neuen Ursprung oft leicht verrathende Wörter aufzuführen,
halte ich für unnöthig, theils weil ihrer zu viele sind, theils weil sie
heutzutage nur selten mehr gebraucht werden. Ohnehin vei-führen die
7
98
neuern lateiiiisclien WÖrlerbiirher '^ \on Bauer, Kraft, JÄinenianny
Kärcher, Wüstemann und Georges ]e.{zi nicht mehr, wie die frühem,
oder doch nur selten, zu scliiechten spätlateinischen und barbarischen
Wörtern, da sie fast nur die bessern klassischen als entsprechend an-
geben, wog-egen in den altern von Hedrich, Kirsch, Weissmann, Baiier,
Wag7ier, Carrach, Scheller u. A. den altern Wörtern ^ar oft viel Fal-
sches beigemischt ist. Auch habe ich fast alle nova novarum reriim
üerÄa übergangen, womit Nolten und Janus ihre Bücher angefüllt haben.
198. Da aber viele gute Wörter nach den verschiedenen Zeiten der
Sprache in ihrer syntaktischen Verbindung Veränderungen erlitten
haben, so hielt ich es auch für gut, diese bemerkbar zu machen,
damit die bessere im Schreiben gewählt würde; und da überhaupt
hierin vielfältige Verschiedenheit, besonders bei der Verbindung mit
Präpositionen, in beiden Sprachen Statt findet, und der Schreibende
sich oft in Verlegenheit sieht, zumal wenn ihn sein lateinisches Wör-
terbuch verlässt, so glaubte ich dieser Verlegenheit am besten begeg-
nen zu können, wenn ich diese Verbindungen einzeln angäbe, wodurch
denn dieses Buch zugleich auch ein grammatisches Lexicon vertre-
ten kann. Es findet sich aber auch oft, dass manche lateinische
Redensart deutsch-lateinisch klingt und darum wohl gar in den Ver-
dacht eines Germanismus gekommen ist, wiewohl sie acht lateinisch
ist und gute Auctorität für sich hat. Darum glaubte ich auch diese
bemerken und das von Andern Verworfene für tadellos und unver-
werflich erklären zu müssen, so dass dadurch nicht selten ein Pseudo-
barbarus, wenn ich so sagen darf, neben dem Anübarbarus erscheint;
und darin waren mir auch schon in vielen Joh. Vorst^^ und J. Sam.
Meiner ^^ vorangegangen, deren Bücher ich dabei benutzt habe.
33. Wiewohl man durch deutsch-lateinische Wörterbücher, auch durch die
besten, durchaus nicht lateinisch denken lernen kann, so kann doch ihr Nutzen
nicht wohl geläugnet werden, so oft dies auch heutzutage geschieht, und eä
Einer dem Andern naclispricht, Sie bieten uns ja, wenn sie gut gearbeitet sind,
da, wo uns das Gedächtniss verlässt, in der Verlegenheit die für jeden Begriff
und für jeden Ausdruck eines Gedankens passendsten und trefl'endsten Wörter
und Redensarten, welche ohnehin nicht immer dem Gedächtnisse nach Wunsch
zu Gebote stellen, und die besonders dem vielbelesenen Gelehrten, welcliem, wie
mir der selige C. Beier eingestand, Wörter aller Jahrlnuiderte einfallen, will-
kommen sind, wenn er wünscht, dass seine gut lateinisch gedachte Rede sich
auch von dieser Seite auszeichne. Daher wäre wohl zu wünschen, dass man-
cher Neulateiner neben seinem lateinischen Wörterbuche, welches Ruhnkcn
beim Schreiben immer neben sich liegen hatte, auch ein deutsch-lateinisclies zur
Hand hätte, damit er nicht gemächlich und sorglos alsbald zu Papier brächte,
was ihm so gerade in die Feder kommt. Auch dann aber wird es immer
noch viel zu glätten, zu feilen und zu reinigen geben. Nur hüte man sich vor
den sogenannten Phraseoloyieen (wohin aber Ant. Schori phrases nicht zu
rechnen sind), welche uns für einfache, gute Wörter und kurze Phrasen nur
zu oft lange, aus allen Winkeln der Latinitat zusammengesuchte Phrasen dar-
bieten, die in unserra Latein nur zu viel Unwesen angerichtet haben, da man
sie irrig für schöner und einzig gutes Latein ansah und die einfachen, nack-
ten, ungekünstelten Wörter versciimähtc. Nur selten findet man solchen Flitter-
staat in der guten alten Prosa.
34. Jo. Vorstii de latinitate falso suspecta deque latinae linguae cum ger-
manica convenientia über. Lips. 1703. 8.
35. Grammatisch-kritisches Handbuch für angehende Lehrer in der lateinischen
Spraclie (ohne Namen des Verf.). Halle 1796, dessen Sammlung freilich fast
nur aus Vorst's Buche genommen ist.
99
Uebrigens sind bei dem folgenden Antibarbarns ausser den oben 199.
(§, 11) erwähnten Büchern von Janus, Nolten und Grysar auch oft
einige der frühem, hierher gehörigen Bücher benutzt worden, wie
die von CeUarius, Günther, Hadrian, Heiisinger, Morhof, Schanis,
Scioppius, Vavassor, Forst und Gerh. J. P^oss ; von Neuern besonders
Ruhnkeii zu Mureti Opera, A. Matthiae zu seinem Buclie: Eloquen-
tiae latinae exempla, Friedemann und Zumpt zu Ruhnkenii und Wytten-
bachii Opuscula, IVebers Uebungsschule, Dr. Dietrich's Ausgabe von
Sintenis Hüifsbuche zu Stylübungen (Leipz. 1832), Reinh. Klot% in
seiner Ausg. von Sintenis Versuclie einer prakt. Anleitung zu Cicero's
Schreibart (Leipz. 1832) und was ich sonst noch für meinen Zweck
Brauchbares fand. Höchst willkommen waren mir für die neue Bear-
beitung des Buches die reichhaltigen Beurtlieilungen der beiden zu-
letzt genannten Gelehrten, der Hrn. Dr. Dietrich und Prof. R. Klotz,
sowie die der Herren Georges, Rosenheyn, Moser, Raschig, Jacob
Poppo und Anderer, in den verschiedenen litterarischen Zeitschriften.
Zur Bezeichimng der verschiedenen Zeiten der Latinität der 200.
Wörter brauchte ich das Wort altlateinisch (A. L.) von denen, welche
vor Cicero's Zeit, besonders von den Komikern Plautus und Tere?iz,
gebraucht und manchmal auch von Spätem aus Liebhaberei ohne
besonderfi Grund angewandt worden sind; das Wort klassisch (Kl.)
von denen, welche in den Schriften der beideti Cicero, Caesar, Com.
Nepos, Livius und der Uebrigen der zweiten Sprachperiode sich
linden; das Wort nachklassisch (N. Kl.) von denen, welche die Schrift-
steller der dritten Periode bis zu den Antoninen gebraucht haben,
und von welchen diejenigen, welche sich bei Celsus, Quintilian und
dem Jüngern Plinius finden, fast klassischen Werth haben und fast
unbedenklich gebraucht werden können, es müsste denn dies und
jenes von den oben erwähnten Klassikern anders ausgedrückt oder bei
Wörterverbindungen anders verbunden sein. Mit dem Worte spät-
lateinisch (Sp. L.) benenne ich Alles, was sich 7ieu und nie vorher
gebraucht bei den Schriftstellern nach den Antoninen bis zum letz-
ten, /s/rforMs (um 600 nach Chr.), findet; und endlich alles Andere,
noch Spätere ist barbarisch (B. L.) oder neulateinisch (N. L.). Was
uur Dichter gebraucht haben, ist poetisch (P. L.) , und wie w eit davon
Anwendung zu machen sei, ist §. 171 — 175 gezeigt worden. Uebri-
geus steht die Wahl frei; aber jeder Verständige wird — wie bereits
früher gesagt — wohl überall, wie im Leben, so beim Schreiben das
Gold davaEiseji und Blei vorziehen. Auch ist es eines Gelehrten wür-
diger, gewissenhaft und ängstlich zu schreiben, als gewissenlos und
arbeitsscheu.
Jene Bestimmungen des Werthes habe ich, um Raum zu erspa- 201.
ren, durch folgende Abkürzimgszeichen angegeben;
A. L., altlateinisch oder vorklassisch.
KL, klassisch, aus der besten Zeit.
N. KL, nachklassisch, theils aus bessern, den klassischen fast
gleichen, theils aus minder guten Schriftstellern.
Sp. L., spätlateinisch, aus denen nach Hadrian, fast ohne Aucto-
rität, und durchaus da verwerflich, wo man sich mit Wörtern aus
klassischer und nachklassischer Zeit helfen kann.
B. L., barbarisch -lateinisch, nicht nur aus den meisten christ-
7*
100
liehen und spätem hcidnisclien, sondern aucli aus den mittelalter-
lichen und neuen Schriftstellern. Ihm gleich ist
N. L. , neulateinisch, ohne alle Auctorität eines nocli lateinischen
Schriftstellers, und ohne alle Nothwendigkeit aus Willkiihr gebildet.
Bisweilen dafür 1). L., d. h. deutsch -lateinisch, wenn nemlich ein
Wort aus dem Deutschen genommen ist.
P. L., poetisch -lateinisch, gehört nur der Dichtersprache an und
wird von den bessern Prosaisten vermieden.
G.L., griechisch -lateinisch, wenn ein Wort aus dem Griechi-
schen genommen ist.
Gem. L., geraein -lateinisch, aus der Sprache des gemeinen Volks,
wie sehr viele Wörter bei den alten Komikern Plautus und Terenz,
und wahrscheinlich viele bei Vitruv, Coluraella, dem altern Plinius,
Palladius, Frontinus u. A. vorkommen.
Da die Masse des im Allgemeinen oft sogenannten Nachklassi-
schen zu gross und zu ungleich ist, so billige ich es nicht, wenn
man auch das Spätlateinische der vierteyi Periode ebenso benennt,
wie das der dritteyi, und wenn man sich nur des Wortes fiachhlas-
' stsch bedient, sogar für viele neue, halb barbarische Wörter und
Redensarten der Kirchenväter und ähnlicher Schriftsteller jener spä-
tem Zeit.
202. Im folgenden Verzeichnisse sind daher aufgenommen:
1) viele neue Wörter, welche gar keine alte Auctorität, auch nicht
die späteste der noch lebenden Sprache haben, und von Neulatei-
nern selbst erfanden worden sind. Ausgeschlossen sind aber alle
neue Kujistwörter in Wissenschaften und Künsten, wiewohl auch ihrer
bisweilen Erwähnung geschehen wird;
2) klassische und sonst unceriverfliche Wörter, wenn sie in der
spätem Zeit oder im Neulatein eine falsche neue Bedeutung ange-
nommen haben;
3) alle gute mustergültige Wörter nach ihrer verschiedenen Ver-
bindung" mit andern Wörtern und mit der dabei nothwendlgen Bemer-
kung und Auszeichnung der bessern, allein anwendbaren Verbindung,
da dergleichen nur zu oft in den Wörterbüchern nicht bemerkbar
gemacht ist;
4) altlateinische, welche entweder veraltet, oder nur noch in der
poetischen oder spätlateinischen Sprache wiederzufinden sind, wobei
denn bemerkt ist, ob sie etwa noch für den jetzigen Gebrauch un-
verwerflich sind. Endlich
5) alle klassisch seltne, wohl gar nur einmal vorkommende Wör-
ter, zumal wenn sie vielleicht noch zweifelhaft oder durch spätere
leicht zu ersetzen sind.
101
A. a.
A oder ah; a nie vor Vocalen und dem h; ab aber nicht nur
vor Vocalen, sondern auch vor fast allen Consonanten, so wie bei
den Bessern oft vor s, jedoch nicht vor in und i\ Selten, aber doch
nicht zu verwerfen ist ab vor t, wo aber kräftiger abs gesagt wurde; —
davon nachher unter Abs. — Man sage nicht a Enripide, a hospite,
ab matre, ab vitulo, für «ä Etir., ab hosp., a viatre, a vitulo. Vgl.
EUeiidt z. Cic.Orat. 1,35, 160. — Selten und zu vermeiden sind Ver-
bindungen, wie: legati ab Alexandro (Cic. Tusc. V,32, 91); «Pyrrho
perfuga (Cic. Off. 1, 13) — wovon oben §.80 — 82, indem gewöhnlich
durch ein Parlicipium die Verbindung gemildert wird. — Richtig ist
zwar esse ab aliquo in der liedeut. von Jemandeii herstammen., z. B.
Cic. Brut. 16, 62 si ego me a M, Tullio esse dicerem, und in der
Bedeut. %u Jemandes Parthei gehören, Jem. Anhänger sein, z.B. Cic.
Oratt. II, 38, 160 erat ab Aristotele, u. Tusc. II, 3, 7 (vgl. besonders
Ellendt z. Cic. de Orat. T. II, p.l74), oder vo7i Etwas hergenommen
sein; aber iV. 2/. ist es, um anzugeben, tvessen Werk Etwas ist, wer
der Urheber sei, z. B. hi versus sunt (non sunt) ab Homero, a Vir-
gilio, a Sophocle, für Homeri, Virgilii, Sophoclis ; haec oratio (non)
est a Cicerone, f. Ciceronis. So Cic. Fam.IX, 16, 4 hie versus Plaiiti
(vom Plautus) non est. Id. Att. 1, 19, 10 illas historias proljabat Ro-
mani hominis (von einem Römer) esse. Eben so N. L. exstare ab ali-
quo, von Jemanden da - , vorhanden sein, z. B. a Demade nulla exstant
scripta, vom J). sind Iceine Sehr, vorhanden, für Demadis. Vgl. Cic.
Brut. 9, 36. Off. II, 14. — N. L. ist ferner esse,7iasci,gigniu.s.w. ab
aliquo (aliqua), von Jemanden geboren werden. Jemandes Kind sein,
für esse, nasci, gignies aliquo {ex aliqua). Vgl. Cic. Verr. III, 69, 161
erateorinerti — parente gnavus — filius, nicht ab inerti; Id. Caec. 4,11
habebat e (nicht «) Caesennia filium. Terent. Andr. I, 3, 11 gravida
est e Pamphilo — und weiter unten Nasci, Gigni \i. a. — TV. Z> ist der
Gebrauch der Praeposition a bei Angabe einer Zeit, wenn dadurch
nicht ausgedrückt wird voti da an bis wohin ; man sage dann nicht
a quo tempore, von tvelcher Zeit an, von wann an, für ex quo tem-
pore, quam dudum ; nicht a longo tempore, von langet Zeit her.,
für jampridem, pridem, jam diu, diu est mit folg. cttm, oder besser
ohne es^ mit dem folgenden Verbo verbunden; nicht a multis, tri-
bus — annis u. s. w. , von oder seit vielen, drei — Jahren, für multi,
tres — anni sunt, cum oder abhinc multos (multis) annos (amiis).
Vgl. Vavassor Antib. p.467. Man sage nicht: ille jara a triginta annis
mihi est amicissimus, für jam triginta anni sunt, cum ille mihi — ,
er ist schon seit 30 /. mein bester Fr., oder jam abhinc triginta annos
(annis) ille mihi est am. — Zweideutig ist a bei einem Passivo, wenn
das active Verbum schon mit a verbunden wird, z. B. defendere ali-
quem ab aliquo, Jem. gegen Einen vertheidigen. ^^\. darüber oben
§.150. — N. L. ist convalescere a morbo, uneder genesen von einer
Krankheit, für ej; morbo; redire, reverti, venire ab itinere, von einer
Reise, für ex itinere. — P. u. Sp. L. ist abusque mit einem Abi. , für
vsque ab, z. B. abusque Oceano, für usque ab Oceario, wie Cic. Sext.
58, 124 usque a Capitolio, u. Cluent. 68, 192 u^que a mari supero. —
Ueberhaupt sind B. L. Verbindungen wie ab extra, von aussen, ^ur
102
extrinsecus ; ab intra, von inrien, für mtnnserns ; ab invicem, von einan-
der, f. i?iter se. Ueber den Gebrauch der Praepos. a bei Verben, die
sie nicht fordern, um die Quelle, woher Etwas kommt, anzuzeigen,
vgl. Elleudt Cic. Orat. T. 11, p. 40.
*) Ueber a zur Bezeiclinung des von bei Adeligen vgl. die neuern latein.
Lexica; unter den altern Bernhold' s lat. W. Th. II, p. 93, ferner Anton' s Progr.
p; 78. Zimipt's Aufg, S. 71, Nr. 1, und besonders Teipel in den Leipz. Jahrb.
1838. XXIV, 2, p. 219. 220. — Ueber salutare aliquem ab aliquo s. Salutare,
und über ab antiqno, von Alters her s. Antiqinnn.
Abalienare, N. L. aliquem alicui, Einen Einem abgeneigt machen,
entfremden, für aliquem ab aliquo oder seltner aliquo. Daher abalie^
iiatus a nie, nicht mihi.
Abblandiri, liebkosen, Schmeicheleien sagen, N. L. f. blandiri.
Abbreviare , abhilrzeji, Sp. L. u. selten, für per notas scribere,
wenn ein Wort fast nur durch einen Buchstaben geschrieben wird,
z. B. S. V. B. E. , d. h. si vales, bene est; a. d. im Kalender, für ante
diem; oder verborum compendia facere, wenn ein längeres Wort in
ein kürzeres verwandelt wird, z. B. Jctus für juris consultus. Das
erstere einfache Zeichen oder die Abbreviatur heisst nota, die an-
dere Abkürzung compendium. Vgl. Weber's Ueb. p. 256. — Ablcürzen
von der Rede, d. h. ins Kurze ziehen heisst contrahere, in angustum
cogere oder deducere, incidere sermonem; N. Kl. bei Quiiitilian bre-
viare. Ein Wort durch Auslassung eines Vocals, oder eine Sylbe im
Sprechen abkürzen heisst imminuere. Cic. Orat. 47; z. B. audisse,
für audiisse, audivisse. — So wie abbreviare sind auch alle übrige
abgeleitete Wörter abbreviatio, abbreviatura u. a. Sp. L. oder N. L.
Abdere se oder aliquem wird Kl. meistens mit in und d. Accus.
verbunden, 171 aliquem locum, nicht ?>; aliquo loco, verbergen in oder
an einen Ort, z. B. in terram (Cic. Divin. 11, 23, 51), in intimam
Macedoniam (Cic. Farn. XllI, 29, 4) , in contrariam partem terrarum
(Cic. Muren. 41,89) u. a., Arpinum, zu Arpimim (Cic. Att. IX, 6, 1),
in occulhwi (Caes. B. G. VlI, 30) , rus, auf dem Lande (Terent. Hec.
I. 2, 100). Daher auch domum, zu Hause, in seinem H., nicht dotni;
quo, wo, nicht i/bi; quoctimque, wo nur., nicht ubicumque ; eo, dort,
nicht ibi ; aliquo, irgendwo, nicht alicubi, und so in ähnlichen. Sel-
ten nur ifi aliquo loco, z. B. in insidiis abdiderat (Liv. XXXI, 36),
wenn es nicht insidias heissen muss. Jedoch in der bildlichen Re-
densart sich in die JVissenschaften vertiefen sagt Cicero theils: se
totum ijt litteras abdere (Cic. Fam. Vll, 33) , theils se litteris abdere
(Cic. Arch. 6, 12), was wohl der Ablativ ist. Natürlich ist auch in
mit dem Abi. beim Partie, abditus^ versteckt, weil die Handlung des
Verbergens schon beendigt ist, z. B, in tectis silvestribus abditos
(Cic. Inv. 1, 2), abditi in tabernaculis (Caes. B. G. I, 39), wiewohl
auch da bisweilen mit dem Accusativ, z. B. iisque — in silvam Ar-
duennam abditis (Caes. B. G. V, 3) und : Amphiarae sub terram (nicht
sub terra) abdite (Cic. Tusc. II, 25, 60).
Abdicare wird KL nur verbunden se aliqua re, sich von Etwas los-
sagen. Etwas aufgeben, niederlegen, z. B. magislratu, munere, ein Amt;
dictatura, die D.; consulatu, das C; tutela, die Vormundschaft u. dgl.
Bei den Historikern seit Saunst auch abd. aliquid. Etwas niederlegen,
und N. Kl. auch von 3Ienschen abd. aliquem, sich von Einem los-
103
sagen, ihn Verstössen, z. B. patrem, ßlium, liberos. N. L. ist ahdtcare
oder se abdicare ab aliqua re, z. B. a munere abdicavi oder me ab-
dicav?', ich habe das ^nt 7iiedergelegt. N. L. ist senatores abdicati
sunt, sie sind abgedarikt, abgesetzt ivorden; curae sunt abdicatae, die
Sorge?i sind aufgegeben worden, wie 3Iuret. Oper. T. I, p. 279 sagt.
N. L. ohne Auctorität ist aliquid a se abdicare. Etwas von sich ent-
Jernen, sich ?nit Etwas tiicht beschäftige?!, wie Miiret. Oper. T. I,
p. 261 ed. Frotsch. sagt; cum a te oinne aliud scriptorum genus ab-
dicasses, wo Matthiae richtig- bemerkt: insolens plane est locutio.
N. L. auch im bildlichen Sinne humanitate se abdicare, keine Huma-
nität beweise?! wie Ruhnk. Opusc. I, p. 86 sagt, für humanitateni exuere
(Cic. Att. XIII, 2. Ligar. 5, 14), ho?ni?ie?n ex homine exuere (Cie.
Fin. V, 12, 35) , ab humanitate desciscere (Matius in Cic. Farn. XI,
28, 4) , omnem humanitatem repellere (Cic. Off. I, 19, 62) u. a.
Abdicatio, die Niederlegung, Lossagzmg von Etwas — selten, aber
bei Livius ra. d. Genitiv dictaturae, also aliciijus rei, nicht ab aliqua re.
Abdicativus, vernei?iend, Sp. L., für negans.
Abdicere, absagen, absprechen — sehr beschränkt im Gebrauche,
Kl. nur ein heiliges Wort von den Vögeln, abdicunt aliquid, sie veruiei-
gern Etwas, willige?? in Etwas nicht ein; Sp. L. bei den Juristen aliquid
ab aliquo abdicere. Einem Et?vas verweiger??, für aliq?iid alicui de?ie-
gare. Freund liat in seinem Lex. dem Livius das Wort zugeschrie-
ben; doch braucht er es nicht so, sondern Pomponius in den Pandekten.
Abdit?is, versteckt. Vgl. Abdere. Sp. L. ist der Coraparativ u.
Superlativ für occultior, occultissimus.
Abducere wird im gewöhnlichen und bildlichen Sinne, abführen,
abziehen, nur P. L. und sonst fast nie mit blossem Abi. ohne Prae-
position verbunden; gewöhnlich mit a, gleich mit avocare aliquera
ab aliqua re, z. B. ab omni reip. cura (Cic. Q. fr. III, 5), ab omnibus
molestiis (Cic. Fam. V, 13, 5); bei Oertern meistens de oder ex,
z. B. de foro (Liv. II, 56. XXIII, 23) , ex acie (Cic. Brut. 62) , e foro
(Cic. Verr. V, 13, 33) ; bildlich auch de consiliis (Cic. Leg. agr. II,
13). — In der Redensart Ei??en abführe?? (in's Gefängniss) ist ducere
mehr üblich, als abducere. Vgl. Mannt, Cic. Verr. II, 12. Ueberdies
heisst nach oder in einen Ort, in aliquem locum, und zu Etwas, ad
aliquid.
Aberratio kommt nirgends, als bei Cicero, und da nur bildlich
zweimal vor mit a dolore und a molestiis in der Bedeut. E?itfer-
nung, Zerstreuung. N. L. bedeutet es den Irrthu?n in Etwas, für error,
errutum. Ebenso nicht aberrare in der Bedeut. irre??, für errare.
Abesse, e?itfer??t sei??, wird Kl. verbunden mit ab aliqua re, nicht
ohne ab. ausser etwa bei einigen Ortsbezeichnungen, z. B. do??io,
foro, urbe, ytatiia, villa, bei denen jedocii auch a vorkommt. Nicht
weit vo?? einem Orte aus heisst non lo?ige ex aliquo loco. Caes. B.
G. V, 21 non longe ex eo loco oppidum abest. Man sage nicht: pro-
pius absum vero, veritate, culpa, peric?ilo, molestiis u. s. w., für a
vero, a ve?'it. , a culpa u. s. w. In der Bedeut. fehlen, nicht habe??
Kl. mit d. Dativ alicui, und so auch in der bildl. Bedeut. nicht bei-
stehen, als Gegensatz von alicui adesse. Ueber den Unterschied von
alic?ii deesse. Einem fehle??., s. Iland's Lehrb. p. 239 u. 243. Reisig'»
Vorles. p. 293 u. EUendt Cic. Orat. T. II, p. 38.
104
Abesse, mit tanivm verbunden, so viel, so weit entfernt sein, wird
fast nur, wenn zwei Sätze mit ut darauf folg-en, neutral oder imper-
sonal g'ebrauclit, weil der erste Satz mit iit ^ubject zum Verbo ist,
also übest, aherat, abfuit u. s. w. nothwendig- macht, da hingegen der
zweite Satz mit ut von tantum abhängt. Ungewöhnlich schreibt daher
Hirtius B. Alex. 22 hoc detriraento milites nostri tantum abfuerunt^
w^ perturbarentur, ut — , wo man abfiiii arwiiviet. Wenn dagegen der
erste Satz mit zit durch die Praeposition a mit einem Subst. ausge-
drückt ist, so wird abesse dadurch personal, z. B. tveit entfernt, ihn
zu todein, ziehe ich ihn Andern vor heisst entweder tantum abest
(nicht absum) , ut eum reprehendam, ut aliis etiam praeferam, oder
ta7itum absmn ab ejus reprehensione. ut aliis eum etiam praeferam,
wo abest unlateini^ch wäre. Wenn der zweite Satz mit ut negativ
ist (dass sogar nicht) , so ist JV. L. ut etiam non für ut ne — quidem,
weil etiam non nicht gesagt wird. Vgl. Etiam. — Lieber das falsche
potius (vielmehr) beim zweiten ut vgl. Potius. — Bei zwei Sätzen mit
ut ist das neutrale abest so beständig, dass sogar eg'O, tu, nos, vos,
Uli als Personalsubjecte des zu ut gehöiigen Verbi vor tantum abest
vorausgehen können, z. B. ego vero illum tantum abest (nicht absum).,
ut reprehendam, ut — . Vgl. Cic. Phil. XI. 14, 36 ego vero istos otii —
inimicos tantum abest, ut ornem, ut effici non possit — . Endlich
möchte es wohl N. L. sein, für das erste ut mit dem Conjunctiv
einen Accusativ m. d. Inf. zu setzen, wie Drakenb. (Praef. Livii
p. CIX ed. Stuttg.) thut: Tantum abest id viro maximo vitio verten-
dum esse, ut . Ob aber auch lojtge abesse mit darauffolgendem
?/t, und non longe abesse mit darauf folgendem quin im bessern
Gebrauche ebenso, wie tq?itum abesse, nur impersonal gewesen sei,
wird so lange mientschieden bleiben, bis man in sichern Stellen
absu7n oder abes u. dgl. gefunden hat, da es bei der dritten Per-
sonalform auch bei vorausgehendem Nominativ ille noch zweifelhaft
sein kann, ob das Verbum abest, aberat u. s. w. personal oder im-
personal hinzugesetzt sei, wie es z. B. m Cic. Acad. II, 36, 117 ille
longissime aberit, ut credat — nach R.Klotz noch nicht ausgemacht
ist, ob ille auch zu aberit gedacht werden müsse, wie es zu credat
gehöre, und es eine ebenso in einander geschobene Redeform sei»
köiuie, wie in der oben erwähnten Stelle (Phil. XI, 14, 36) zwischen
ego — ut ornem — das Impersonale tantum abest eingeschoben ist.
Man enthalte sich daher der ohnehin seltnen Phrase longe abesse
mit ?d bei der ersten und zweiten Person. Das damit verwandte
prope esse, ut wird wenigstens impersonal, nicht personal gebraucht.
Vgl. Prope. — Die Phrasen nihil, paulum, haud multum, non multuniy
haud procul abesse haben im Zusätze nicht ut oder ut non, sondern
q?/in. N. L. aber ist non abesse, quin, wie Lipsius Tacit. III, 51 sagt:
Sidonius ergo noji abest, quin falsus sit — . und ebenso parum ab-
esse, quin für paullum abesse, quin — , wovon unten wni^r Parum.
Sp. L. ist endlich die Phrase absit, ut, es sei ferne, dass — tnr velim
hoc absit oder quod procul absit oder mit tantum abest, ut. Vgl.
Sciopp. de stylo p. 109.
Abhinc im örtlichen Sinne, von hier, ist P. L. und dabei selten
für hinc. Es wird nur von der Zeit gebraucht, in der Bedeut. von
jetzt an, aber [uir in Bezug auf die Vergangenheit (unser j^tzt vory
105
gleich a?ite) , nicht in Beziig^ auf die Zuhmft, wo es für post ste-
hen würde. Man sagt nicht abhinc qnatnor dies (diebus) ad te
scribam, für post quatuor dies. Falsch daher bei Muret. Oper. T. l,
p. 26*2 qui abhinc centum annis scripta ejus legent, für post centum
annos. Die Zeit, um wie viel oder wann vor jetzt wird entweder im
Accusativ, welcher häufiger ist, oder im Ablativ beigesetzt, z. B.
quaestor fuisti abhinc annos quatuordecim (Cic. Verr. I, 12, 34) , du
bist (nun) vor vierzehn J. Q. gewesen, oder es sind jetzt vierzehn J.,
dass du Q. geivesen bist; comitia jam abhinc diebus triginta facta
sunt (ib. 11, 52). Das Zahlwort ist immer ein Cardinale, nie ein Ordi-
nale, also nicht anno quarto decitno, die tricesimo, und daher schreibt
gegen den Usus Sadolet Epist. III, 2 quarto decimo admodum abhinc
die; Muret. Oper. T. I, p. 186 ut me tertio abhinc anno dicere niemini,
und Mannt. Epist. 1, 15 quintum abhinc annum Roraae — , in welchen
Stellen auch noch das fehlerhaft ist, dass abhinc in die Zeitbestim-
mung eingeschoben ist, da es nie anders, als vor derselben steht.
Darin irrt auch Muret noch einigemal, z. B. Oper. T. I, p. 218 annos
abhinc amplius ducentos, für abhinc annos a. d. — Beides bemerkt
auch Frotscher, der noch bei den Worten (Oper. T. I, p. 214) ante
sexcentos abhinc annos erinnert, dass ante nie bei abhinc noch hin-
zugesetzt werde. Ebenso lässt der Usus den Zusatz von praeteritis,
esactis oder g.ar elapsis, praeterlapsis u. dgl. nie zu, wie es sich im
Neulatein findet. Vgl. Vorst. lat. raer. susp. p. 223. Auch passt abhinc
nicht, wenn die ganze Zeit vorher von jetzt an verstanden werden
soll. Falsch ist daher: Evolve omnes libros, qui de ea re abhinc
viginti annis prodierunt, wenn dabei nicht das einzelne zwanzigste
Jahr vor jetzt, sondern die ganze Reihe von 20 Jahren geraeint ist,
wo es besser hiesse proximis viginti annis oder intra proximos
viginti annos. Vgl. Vorst. 1. c. p. 163. Ueber abhinc vorzüglich Handii
Tursell. I, p. 63 sq.
Abhorrere hat besonders in bildl. Bedeut. fast nur a bei sich,
und so nur in der bessern Prosa, selten den Accusativ, noch seltner
einen Dativ. Vgl. Reisig's Vorles. p. 696. Man sage daher nicht: Cicero
huic sententiae oder ha7ic sententiam abhorret, Cic. ist dieser Mei-
nung abgeneigt, verwirft sie, stimmt mit ihr nicht überein, sondern
ab hac sententia.
Abhorrescere, Sp. L. für abhorrere.
Abjecte passt nicht zu sentire de aliqua re, verächtlich, wegwer-
fend V071 Etwas denken, für cojiiemptim loqui, da die Gedanken in
Worten ausgedrückt sind.
Abjicere. Gleich gut ist se alicui ad pedes und se ad alicujus pedes
abjicere, sich Einem zu F. werfen. Vgl. Cic Att. VIII, 9, 1 cui me ad
pedes abjecissem; ib. IV, 2,4 se ad generi pedes abjecit; id. Fam.
IV, 4, 3. Man sagt auch blos se alicui suppUcem abjicere. Cic. Mil.
36, K)0. Vgl. Accidere, Procumbere, Projicere. Auf die Erde, auf
den Bode?i werfen heisst ad terram (Cic. Verr. V, 54), aber ins Gras,
in herbara. Von Etwas herab, ex oder de aliqua re, z. B. e inuro,
de capite.
Abire wird verbunden mit a oder es oder de, von oder aus Ettvas
weggehen, selten mit d. blossen Abi., wie do7no, cotnilio, inogistratu,
honore, dictatura und ähnlichen, — alle bei Cicero, Livius u. A. Aber
106
immer ab jnre, vom Rechte abgehen; nfahjilis, die Fabeln übergehen;
e vüa, aus dem Leben. Richtig- ist auch abire, wo wir sagen abgehen,
abschtveifen von einem Gegenstände, z. B. non longius abibo, ne lon-
gius abeam ; und unser so hingehen, abgehen bei einem Versehen oder
Verbrechen heisst auch sie abire, z. B. hoc tibi non sie abibit. Vgl.
Terent. Andr, I, 4. Cic. Fin. V, 3. Att. XIV, 1. Ob aber je bene, male,
impune oder impiinite gesagt wurde, für bene, prospere, male cedere,
ist nicht erwiesen. Gut ist es auch von der Zeit, z. B. annus abit,
das Jahr vergeht; von einer ansteckenden Krankheit: pestilentia abit
de loco. Cic. Farn. XIV, 1. Ferner, wie wir im Unwillen sagen: Geh'
deines Weges! deiner Wege! so im Lat. abi tuam viam, wofür sonst
recede de medio. Cic. Rose. Am. 38. — Ueber die Redensart ad plures
abire für mori vgl. Plures. N. L. ist wohl abire in proverbium,
sprüchwörtlich, zum Sprüchtvorte werden, für cedere oder venire in
prov. Lächerlich und JV. L. sagt Görenz: fios nobis non valde abi-
bimus dissimiles, wir zverden uns ziemlich gleich bleiben.
Abitio, das Weggehen, A. L. Form, welche ohne Ursache Muret.
(Epist. T. II, p. 158) hervorgesucht hat, für die Kl. abilus oder ge-
wöhnlicher discessus.
Abitus vom Orte des Ausgangs P. u. N. Kl.., selten für esitus.
Aber auch abitus in der Bed. Weggehen selten für discessus.
Abiturire, abgehen wollen, N. L. für abire cupere, und so abitu-
rientes heutzutage von Schülern, welche die Schule verlassen wol-
len, für abire cupientes, abitum oder discessufii parantes.
Abjudicare, durch Urtheil absprechen, wird meistens verbunden
ab aliquo aliquid. Einem Etwas, selten alicui aliquid. Ueberhaupt
ist das Verbum selten.
Abjunctio., die Abtrennung, Entfernurt^, N. L. , gebraucht von
Lipsius Epist. Cent. VI, 50 abjunctio locorum, für intervallum loco-
rum, quo disjuncti sumus. Das Verbum abjungere dagegen ist gut,
wiewohl höchst selten, jedoch findet es sich bei Cic. Att. II, 1 und
Caes. B. G. VII, 57 für das gewöhnliche sejungere.
Ablactare, von der Milch etitwöhneti und ablactatio, B. L. für
depellere lade oder a lade.
Ablatio, die Wegnahme, B. L.; es wird ausgedrückt durch die
Verba auferre., detrahere, tollere, rapere, eripere, amovere u. a.
Ablegare, wegschicke?!, absondern, wird verbunden ab aliquo, ab
aliqua re, nicht ohne a, fast nur in böser Absicht, gleich removere ;
daher auch N. Kl. ablegatio gleich dem Kl. relegatio.
Abludere ab aliquo, bildlich. Einem unähnlich sein, P. L., nur bei
Iloraz; es kann nur mit dem Zusätze ut Horatiano verbo utar ge-
braucht werden.
Abnegare, abschlagen, vertveigern, abläugnen, P. L. u. N. Rl. für
negare, denegare, rebusare. Eidlich Etwas abläugnen heisst ahjurare
aliquid, nicht cum juramento aliq. abnegare. Das Subst. ahnegatio
ist Sp. L. und ebenso abnegativus, verneinend, von Wörtern, wie
non, haud, für privans. Vgl. Privativus.
Abnodare, die Nacht auswärts zubringen, N. Kl. bei Seneca und
selten, für foris oder extra domuni pernoctare.
Abnormis regellos, den Vorschriften nicht gemäss, nur bei Horaz
von einem Weisen: sapiens abnormis, für qui non est ad alicujus nor-
107
mam (nach Cic. Aniic. 5) oder nnUnm normnm sequens, a norma
(h'scedens.
Abohre, verderben, vertilgen, zuerst bei Livius, wo auch die Per-
fectformen ohne einen Aecusativ passive oder neutrale Bedeut. ha-
ben, wenn diese Fälle nicht zu abolescere gehören; ausserdem oft
N. KL, besonders bei Tacitus. Kl. dafür delere, tollere, dirimere, ex-
stinguere. Für abolere legem, ein Gesetz abschaffen, sage man abro-
gare oder tollere legem. Die Form abolescere, vergehen, verschumi-
den, ist ausser dem Perf. nur P. L. und sehr selten. B. L. ist
abolefacere.
Abominabilis, verabscheuenstverth ; abominatio, die Verabscheunng ;
abominamentum , der Gräuel und abominosris, verhäiignissvoll sind
alle Sp. L. , fast B. L. für detestabilis, detestandus, exsecrabilis, abo-
minandus — detestatio., essecratio — res abominanda, essecranda —
ominosus.
Abominari, veriimnschen, hinwegwünschen, zwar erst bei Livius
und nachher N. Kl. beim Jüngern Plinius, Sueton. u. Quintil. , aber
nicht zu verwerfen, zumal wenn ein heiliger Sinn damit verbunden
ist, besonders in der Formel qnod abominorl das möge Gott ver-
hüten! sonst lieber detestari, exsecrari, male precari, auch depre-
cari, und mit schwächerer Idee des Verabscheuens aspernari und
horrere (Cic. Q. fr. I, 1, 33), respuere, abhorrere. Vgl. Hand's Lehrb.
p. 142.
Abripere, abreissen, wird verb. mit a, de, ex, seltner mit d. Dativ,
oder Abi., z. B. a oder e complexu, a conjuge, a liberis, de convivio,
periculo, littore oder liitori.
Abrogare, abschaffen, aufheben, nur mit d. Accus., z. B. legem,
ein Gesetz, nicht m. d. Dativ, legi, der nicht sicher zu erweisen ist;
wohl aber alicui aliquid. Einem Etwas neh7ne?i, entziehen, z. B. regi
imperium abrogant, wofür auch etwas verändert gesagt wird impe-
rium regis abr. Wir sagen oft kurz Einen absetzen, der Lateiner nicht
aliquem abrogare, sondern alicui munus, magistratum. u. a. abrogare.
Uebrigens heisst legem abrog.., ein schon bestehendes Gesetz durch
ein neues abschaffen, aber legem antiquare, ein in Vorschlag ge-
brachtes verwerfen und das alte beibehalten.
Ahrumpere, abbrechen, ohne einen Aecusativ, z. B. sermonem, ist
N. L. ; z. B. haec locutus abrupit, bei (nach) diesen Worten brach er
ah, hörte er auf zu sprechen, für desiit, institit (Cic. Orat. 66, 221).
Es kommt zwar Kl. nirgends vor sermonem abrumpere, die Rede
oder in der Rede abbrechen, aber theils sagt Virg.: bis dictis medium
sermonem abrumpit, theils nachher Sueton. Tiber. 21 Augustus non-
numquam hilariores sermones — abrupit; Tacit. A. IV, 60 inceptura
sermonem abrtipit^ und Quintil. IV, 3, 13 abrupto sermone, quem in-
choaverat — , so dass es zulässig und nicht verwerflich ist neben
loqui desinere und insistere; nur nicht in sermone abrumpere. Uebri-
gens sagt auch Plin. Ep. II, 14, 10 in Beziehung auf Worte: repetiit,
quod abruperat. Etwas Aehnliches bezeichnen abscindere (Auct.
Herenn. IV, 17), incidere (Cic. Phil. II, 19) und praecidere (Auct.IIer.
IV, 30 u. 54). — N. L. ist abrumpere pontem, eine Brüche abbrechen,
für rumpere, interrumpere u. a. ; vgl. Pons', abr. ramum. folium u. a.,
f. avellere, defringere. Ebenso JV. L. ex abrupto in der Bedeut. unver-
108
Sehens, nnvermuthet , für improviso, ex oder de improviso, inopinato,
necopinato.
Abs bei allen Bessern nur vor c, q und t, nicht vor den übrigen
Consonanten, wiewohl auch a vor jenen richtig: und meistens wolil-
kiingender ist, z. B, a te neben abs te. Man sage aber nicht abs bove
f. o bove; abs deo f. a deo; abs me f. a me ; abs fiobt's f. a nobis;
abs re f. a re. Vgl. Handii Tursell. I, p. 6.
Abscedere, abgehen, weggehen^ wird verbunden mit a und e, z. B.
a curia, e foro, e conspectu, u. bildlich, abstehen, auch blos mit dem
Abi., z. B. incepto, von seinefji Forhaben. Uebrigens ist es selten für
abi're, discedere. Eben so selten sind die Stubst, abscessio und absces-
stis, das Weggehen, die Entfernung für discessio und discessus ; jene
beiden nur einmal bei Cicero, abscessio im Gegensatz zu dem dabei
stehenden accessio und ebenso abscessus im Gegensatz zu dem dabei
stehenden appulsus. Man vermeide sie, ausser in ähnlichen Fällen,
wie dies in allen Sprachen ist. Vgl. Sciopp. de stylo p. 186.
Abscidere, absch?ieidefi, abhauen, und abscifidere, abreissen — beide
gut; aber Ä\ L. in Verbindung mit frumentinn, commeatwn alicuiy
Einem die Zufuhr abschneiden für intercludere aliquem frumento,
commeatu.
Abscondere hat im Perf. besser ahscondi für d. A. L. u. P. Form
abscondidi. Es wird verbunden mit in und dem Acc. oder Abi., P. nur
mit dem Abi., sonst sehr selten in Prosa, mehr N. KL; nie bei Caesar,
nur einmal bei Cic. (Rose. Am. 41, 121) zur Abwechselung mit dem
vorausgehenden occidtare. Oefter aber kommt abscoiiditus und das Ad v.
absco?tdite vor. Man brauche aber für se absco?idere, welches sich
JV. Kl. bei Seneca findet, lieber se abdere und se occidtare., und für
se abscondisse, sich verborge?i habe?/, die Verba latere und delitescere.
N. L. ist die Redensart hoc oculis nieis oder ab oculis nieis abscon-
dil?im est, nach dem Deutschen dieses ist ineinen Augen, vor meinen
Allgen verborgen, für hoc me fugit, fallit., praeterit, mihi est in-
cognitum u. a.
Absconsio, das Verbergen, N. L. für occultntio.
Absecare, abschneiden , JV. L. f. abscidere, ahscindere, sejungere,
draecidere, desecare (aures, Caes. \l,4),decidere (aures, Liv. XXIX, 18),
amputore (membrum, Cic. OflP. III, 6, 32) u. a. Zweifelhaft ist absectus,
abgeschnitten, nur einmal bei einem späten Juristen.
Absentare, in welcher Bedeut. es sei, Sp. L. f. amovere, aman-
dare, ablegare, abesse, absentem esse.
Absenfia, die Abwesenheit, zwar Ä7. , werde aber nicht überall
angewandt, wo wir unser Subst. anwenden. Man sage z. B. nicht in
absentin mea, in meiner Abwesenheit, wo vielmehr absens (in ver-
schied. Casibus) gebraucht wird.
Absimilis, unähnlich, ist nicht erst N. Kl. (wie fast alle Lexica
angeben) , sondern schon Kl. bei Caes. B. G. III, 14 non absimili
forma, aber mit non, wie auch in den übiigen Stellen.
Absistere, abstehen, sich entfernt halten, wird verbunden ab aliqua
re und ohne a, zwar nie bei Cicero, aber bei Caesar, Livius und
den Folgenden oft, für desistere.
Absolvere, lösen, frei machen, wird verbunden mit und ohne a;
109
lossprechen von einem Verbrechen oft m, dem Genitiv, z. B. niaje-
stutis, inyariarum ii. a. Vg^l. Gramm.
Absolutus. Das Wort ist ins Deutsche übergegangen, ohne dass
es desswegen im Latein, gut anzuwenden ist, z. B. in d. Bed. unum-
schränkt von der Herrschaft, nicht absolutum, sondern summum
Imperium, infinita, immoderata potestas (Liv. III, 9); nicht absoluta
necessttas, eine absolute JVothwendigkeit, für siimnia, extrema necess.;
nicht Ahlativus absolutus, sondern absolute positus, wiewohl es als
Kunstausdruck in der Gramm, nicht verwerflich ist. Als Adv. in der
Bed. geradezu, ohne Weiteres^ nicht absolute, sondern prorsus oder
simpliciter, welchem comparate, beziehujigswetse entgegensteht. Vgl.
£>. L. Lexica. Die Superl. form, welche Einige läugnen, findet sich
auch bei Plin. Ep. I, 6, gleich dem pe?fectissimus bei Cicero.
Absonus in d. Bed. nicht übereinstimmend verb. mit a oder dem
Dat., zwar nicht bei Cicero u. Caesar, aber bei Livius. Für «6so7^e,
ungereimt, was Sp. L. ist, brauche man absurde.
Absorbeo im Perf. in Prosa absorbui, P. L. absorpsi.
Absque, ohfie, A. L. für sine. Mag auch Cicero einmal (Att. I,
19, 1) absque argumento ac sententia nach allen Handschr. für sifte
arguin., vielleicht mit Absicht, geschrieben haben, wesswegen es dann
nicht zu ändern ist (s. F. Hase zu Reisig's Vorles. j). 217, der eine
alterthümliche Formel in absque sententia findet, welche auch der
sonst reine Quintil. Inst. VII, 2, 44 braucht), so rauss doch absque für
sine in andern Verbindungen durchaus vermieden werden, und selbst
jenes absque sententia, da wir dabei nichts mehr als das gewöhnliche
sine sententia denken. Ausser jener Stelle Cicero's, wo freilich alle
Neuere trotz aller Handschriften sine für absque schreiben wollen,
stand es früher auch noch de Invent. I, 36, wo aber nach den besten
Handschr. sine aufgenommen ist. Auf diese doppelte Auctorität ge-
stützt, brauchten auch die bessern Neulateiner der altern Zeit, wie
Muretus, absque für sine. Jetzt aber möchten Redensarten, wie
absque dubio für sine dubio, absque libris f. si7ie libris, absque magno
aut absque ullo labore für siyie magno aut sine ullo labore (Cic. Inv.
II, 56, 169) und alle ähnliche für unlateinisch gelten. B. L. aber ist
absque omni dubio, absque omni dubitatione (wie bei Goerenz Cic.
Leg. p. 12) für sine dubio, sine ulla dubitatione. Uebrigens blieb es,
wie unser sonder für ohne., vielleicht in der Volkssprache, und wurde
von den Spätem noch gebraucht. Eben so unbrauchbar für uns ist
die gewöhnliche Redensart der Komiker absque me {te, illo u. s. w.,)
esset oder foret, in der Bedeut. wenn ich nicht wäre (gewesen wäre),
die dennoch auch im Neulatein noch vorkommt, für nisi ego essem.
Vgl. Handii Tursellin. I, p. 66 — 70. Frotsch. zu Mureti Oper. I,
p. 488. Ruhnk. Terent. Hec. IV, 2, 25 u. Reisig's Vorles. p. 216.
Abstantia, die Entfernung, der Abstand, Gem. L. bei Vitruv. für
intervallum, spatium. Vgl. Distantia.
Abstemius., enthaltsa?n, besonders des f Feines, \iell. G^em. Zt., jedoch
bei Horaz, für abstinens.
Abstergere, wegwischen, entfernen, mehr ein Verb, der zweiten
Conjug. , als der dritten; Cic. Q. fr. II, 10 extr. abstergebo dolorem,
nicht abstergam.
110
Absterrere, abschrecketi, wird in Prosa verb, mit a, P. L. ohne
a mit d. Abi.
Ahstinentia, die Enthaltsamkeit ; — von Etwas nur alictijus rei,
z. B. vi7ii, amoris u. s. w.
Abstinere, enthalten, abhalten, wird verbunden ab aliqua re, seltner
blos alifjua re, besonders bei Saclien. Ebenso se abstinere, sich ent-
halteti. P. L. mit dem Genitiv nach griech. Art.
Abstractus mit seinem Adv. und dem Verbo abstrahere selbst
wird fast nicht im philosOph. Sinne unseres abstract und abstra-
hiren gebraucht, wenigstens nicht ohne einen Accus., wie mentem
u. dgl. Vgl. die D. L. neuern Lexica imter diesen Wörtern. Er ab-
strahirt vom Sinnlichen heisst mentis aciem a consuetudine sensiium
abducit (Cic. N. D. II, 17); mentem a sensibus sevocat (ib. III, 8);
se avocat a corpore (id. Divin. I, 49) ; animus a corpore se abstrahlt
(Cic. Somn. Scip. 9) oder aliquis sevocat (nach R. Klotz revocat) men-
tem a sensibus et cogitationem a co?isiietudi?ie abducit (Cic. Tusc. I,
16, 39) ; abstract oder in abstracto bisweilen separatim (Cic. Orat.
II, 27, 118) , entgegengesetzt dem definite, d. h. concret; oder cogita-
tione, entgegensetzt dem re, d. h. in concreto (Cic. Tusc. IV, 11, 24
haec cogitatione inter se difFerunt, re quidem copulata sunt). —
Uebrigens wird abstrahere Kl. verbunden mit ab aliqua re, und wo
es passt mit ex oder de, z. B. a soUicitudine, de matris complexu, e
sinu gremioque. Bildlich steht das Verbum nur von raschem, gewalt-
samem Zuge heftiger Begierden, wofür milder ist avocare.
Abstrudere, verbergen^ wird gleich gut verbunden mit in aliquem
locum und iti aliquo loco.
Absumere, verzehre?}, vertvetiden, aber wohl nie anders als im
schlimmen Sinne. N. L. ist daher, was neulich gesagt worden ist,
duo libri in amicitiam absumpti sunt für de amicitia scripti stmt.
Absurditas, die Uii gereimtheit, Sp. L. für insulsitas, perversitas,
pravitas (Cic. Tusc. IV,35, 76), ineptiae (Cic. Orat. II, 4, 18) ; im concre-
ten Sinne res oder ratio absrirda, monstrzmi (Cic. Tusc. II, 24, 54),
und für haec dicere est absurditas sage man hoc absurdum est dicere.
Abundare, worin nur das Vollsein bis zum üeberttiessen liegt,
heisst daher nicht überflüssige d. h. unnöthig, unnütz sein, wie es
Sp. L. besonders von den Grammatikern gebraucht wird, für redun-
dare (Quintil. I, 4, 9) , supervacaneum esse, superesse. Falsch also der
Pseudo-Asconius (Cic. Verr. I, 44, 114) confusa locutio: abundare
enim videtur jion — und so oft heutzutage, z. B. Eustathius: ällü atnm-
dure putat. Ebenso: haec vox abimdanter ^.([Aitz. est, für redundanter.
Vgl. Hand's Lehrb. p. 137.
Abunde mit einem Genitiv, ausser bei Sallust nur iV. Kl., aber
bei Quiiitilian u. Sueton. Uebrigens Kl. auch selten, nie bei Caesar,
öfter large, copiose; oft aber N. KL, wie bei Plin. Jun. und Quintil.
in der Bedeiit. ztir Genüge, hinreicke?id.
Abusiü, der Missbrauch, ist nur ein rhetorisches Kunstwort vom
falschen Gebrauche oder falscher Anwendung bildlicher Wörter,
wird aber sonst weiter von andern Dingen nicht gebraucht. In dem-
selben Sinne steht auch das Adv. abusiüe bei Quintilian neben der
Redensart per abusionem., wobei bemerkenswerth ist, dass das Adj.
abusivus erst sehr »S^. L. ist und vermieden werden muss.
111
Ahusque, vgl. oben unter A, ab.
Abusus höchst selten und nui' in juristischen Stellen in der Bedeut.
Ab- oder Veriiutzung, Verbrauch^ gänzliche Verwendung und Ver-
zehrung, doch nicht gerade Missbrmich. Daher ist N. L. das bekannte:
Abusus non tollit usum. Ausser dem Corpus jui'is nur bei Cic. Topic.
3, 17, wo er sagt, der Frau sei nur die Benutzung (usus fructus)
der Güter vermacht, nicht das Verthun, die A?ifzehru?ig derselben:
usus, sagt er, non abiisus legatus est. Man brauche daher für ab?is?is
im gewöhnlichen Sinne usus mit einem passenden Adjective, wie
fualus, perversus, intemperans, insolens u. ähnl., oder die Verba uti
und abuti, besonders mit Adv. wie male, perverse, intemperanter,
insolenter , oder mit einem sonstigen Zusätze, der den bösen Zweck
angibt. Das andere Subst. abusio aber ist nicht dafür zu brauchen.
Vgl. Abusio.
Abuti bedeutete zuerst weder blos brauchen, noch missbrauchen,
sondern verbrauchen, abnutzen., verzehren, gänzlich brauchen, gleich-
viel ob auf erlaubte oder unerlaubte Weise, und erhielt daher auch
in der bessern Prosa die Bedeut. niissbraxichen, verkehrten, unge-
mässigten Gebrauch von Etwas machen, wie in der bekannten Stelle
Cicero's (Catil. 1,1): Quousque tandem abutere — .'und wird oft
noch verstärkt durch Adverbien, wie intemperanter (Cic. Tusc. I,
3, 6) , perverse (Cic. luv. I, 4) , insolenter oder sonst durch Zusätze,
wie ad quaestum et lubidinem (Cic. Rose. Am. 19) , ad suos quaestus
(Cic. Verr. II, 25, 6J ) und ähnliche. — Uebrigens wird es nur A. L.
mit dem Accusativ verbunden, später nur mit dem Ablativ.
Abyssus, der Abgrund, erst Sp. L. im Gebrauche für vorago,
profundum, und bei den christlichen Schrifstellern für unsre Hölle,
gleich dem heidnischen Tartarus, was den Vorzug verdient.
Ac und atque. Ac vor Vocalen und h zu brauchen, werde jetzt
durchaus vermieden, da durch die Handschr. erwiesen ist, dass alle
bessere Schriftsteller um des Wohllautes willen nie ac, sondern
atque oder et vor Vocalen und h gebraucht haben. Alte Ausgaben
beweisen dagegen nichts, noch weniger die Neulateiner, welche jenen
folgten. Man sage nicht ac antea, ac Eurus, ac idem, ac omnes, ac
usus, ac hie, ac homo, sondern atque antea, atque Eurus u. s. w.
Nur im schlechtem Latein kommt ac wohl wirklich so vor. Vgl.
Handii Tursell. I, p. 454.
in der Bedeut. als nach einem Comparativ für quam ist fast.
nur P. L., und so selten, dass es nicht nachzuahmen ist, daher
auch nicht ?i07i magis ac, nicht sowohl als und non minus ac, nicht
tveniger als, eben so sehr als, für quam. Ebenso P. L. ac nach tarn
für quam. Richtig aber ist es nach positiven Wörtern, welche Gleich-
heit oder Ungleichheit anzeigen, nach aeque, par, pariter, perinde,
non secus, item, idem, totidem, aequus, aeque, similis, similiter, alius,
aliter., co?itrarius, dissimilis und in der Redensart pro eo, nach dem,
vermöge dem, z. B. pro eo ac debeo, nach dem,, als ich schuldig
bin, nach meiner Schuldigkeit. Falsch sind demnach: Demosthenes
fuit eloquentior ac Cicero, für quam C. ; multo majorem numerum
ac (für quam) antea contuleruut; non minus ac Augustum ipsum (Paul,
a S. Jos. Oratt. p. 125) u. dgl. Falsch ist auch ac nach tantum, talis
und ähnlichen, für quantum, qualis u. s. w. Man sage nicht, wie Hern-
112
slerli. in Leniiep. Etym. unter (rroaro'c: Alioquiii moaTOg et ffroncrrmer^ov
tantimi differunt, ac (f. quantum) Latinorum eserct'tus et castra. —
Falsch ist ac iiacli nihil. Nichts, für iiisi, und nach nihil aliud für nisi
oder seltner quam^ wovon unter Alius. üeber das falsche statim ac
oder atque. \^\. Statim. — N. L. ist ac si in der Bedeut. als tvetin,
gleichsam als wenn bei vorausgehendem ita oder tam, aber keinem
vergleichenden Worte, wie perinde, aeque; z. B. neque vero ita hoc
dico, ac si existimem (Wyttenb. Opusc. I, p. 178) , für quasi oder ut
si existimem; ferulam arripiebaut, ac si sine illa — nulla auctoritas
esset (Mahne Crito p. 254) , für perinde ac si; Luculli filii ita injici-
tur mentio, ac si inter hos — institueretur (Goereuz Cic. Fin. praef.
p. X\ III) , für ut si; ille te tam diligit, ac si tecum vixerit, für quam
si. — Ueber ac simul, tmd zugleich vgl. Simul. — Einige verwerfen
ac tarnen, aber mit Unrecht. Vgl. Cic, Orat. 2, 6. Goerenz. Cic. Fin.
p. 208. 250. 653 und Wunder Cic, Plane, p. 57. Dagegen will Goerenz
(Cic. Leg. I, 3, 8) überall solutus ac über \\. ähnliche lesen und ver-
wirft et über, wogegen aber oft die Handschriften sind. Vgl. Giese
Cic. Divin. p. 8. — P. L. ist atque — atque für et — et zur lebhaften
Aufzählung, wie bei Dichtern atque hinc, atque illinc; atque deos
atque astra. Man sage nicht atque Plato atque Zeno ita censet.
Acndemia. So hiess bei den Griechen theils ein Gymnasium zu
Athen, in welchem Plato und seine Nachfolger Philosophie lehrten
und von dem sie Akademiker genannt werden, theils ein Ort, der
später in Alexandrien zu Versammlungen und zum Aufenthalte ge-
lehrter Männer von mancherlei Wissenschaften diente. Mit dieser
letztern Akademie haben auch unsere neuern gelehrten Gesellschaf-
ten, welche diesen Namen führen, viel Aehnliehkeit, wesswegen man
sie auch unbedenklich lateinisch so nennen kann. Bedenklicher dagegen
ist es, unsere Universiläten oder Hochschulen, die zum Unterrichte
und zur weitern Ausbildung junger Studirenden in den mancherlei
Fächern der Gelehrsamkeit dienen, Academias zu nennen, ausser etwa
mit dem Zusätze quas Universitates appellamus. Vgl. Universitas.
Accantare, P. L. und accinere Sp. L., bei oder zu Etwas singen —
sind zu vermeiden und durch canere oder cantare mit einem Zusätze
auszudrücken.
Accedere hat in der Bedeut. hinzutreten, sich nähern bei allen
Bessern fast nur ad aliquem, ad aliquid bei sich, nur selten und mehr
poetisch und in Prosa fast zu bezweifeln ohne ad mit dem blossen
Accusativ, was nicht nachzuahmen ist. In einen Ort hinein drückt in
m, d. Accus, aus, z. B. in urbem, in senatum, in Macedo?iiam. In der
Redensart accedere prope, propius (auch Adj. propior),prosime (audi
Adj. proximus) steht dabei ad oder der blosse Accus, oder der Dativ,
also ad me, nie, tnihi ; der Dativ auch meistens, wenn es treffen oder
bildlich vermehren bedeutet, z, B. iilud nobis accedit incommoduni
(Cic. Quinct. 1, 3) ; tnihi animiis accedit; tertius annus accedit ^es«-
derio nostro et labori tuo (Cic. Q. fr. I, 1); dolor a.cessit bonis viris,
die Edeln empfanden Schmerz. Ebenso mit ad oder mit d. Dativ in
der Bedeut. beitreten, beistimmen, z. B, cui opinioni noa quoque acce-
dimus (Quint, II, 15, 29); non accedo Celso (ib, VIII, 3, 35), In der
kurzen neutralen Redensart dazu ko?nmt sagt man nur hiic, eo oder
eodem accedit, wohl nirgends huic oder ad hoc, ei oder ad id, eidem
113
oder ad (dem. Vgl, Cic. Att. I. IJ, 1 u. 13, 1. Fam. IV, 13, 5. Auch
ohne solchen Beisatz, z. B. nccedit ilhid (Cic. Att. VIII, 3, 2) ; accedat
etiain ilhid (Cic. Balb, 28 extr.). Im nächsten Satze folgt quod oder
ut. aber Ä\ L. der Acc. c. Inf. Vgl. Th. I, §. 127. Man sage demnach
nicht: accedo re7n jmblicaiu, für ad rem public am; illud poenam
accessit, f. ad poenam; illi gloriam accesserunt, f. ad gloriam, wie
Muret auch in der letzten Pariser Ausg. seiner Explic. Catil. in praef.
für jenes gloriam verbessert hat, welches in der ersten Ausg. stand.
Acce7isere, hin%u%ählen, hinzurech?ien, ist so selten, dass es nicht
gebraucht werden kann, für od?inmerare, in numerum referre. Vgl.
Weber's Uebungssch. p. 100. Im N. L. ist es häufig, z. B. hi Codices
antiquis accensendi sunt
Äccefittis, der yiccent, Ton, erst A\ Kl. bei Quintilian und als
Kunstwort beizubehalten; Cicero sagt dafür in gewissem Sinne vos^
sonus oder inteniio vocis. N. L. aber ist das Verb, acceninare, was
neuere Grammatiker eingeführt haben, für syllaham vccis sono efferre
oder acuere syllabam (Quint. I, 5, 22).
Acceptabilis, annehmlich, annehmbar, erst Sp. L. f. acceptus, dignus
qui accipiatur.
Acceplare, annehmen, in Empfang nehmen. Gem. L, f. accipere,
bei Plaut, und einmal bei Quintilian.
Acceptio, der Etnpfa?ig, die Ein- u. Annahme, nur bei Sallust
acceptio frumenti, und einmal bei Cic. Top. 8 neben andern gewöhn-
lichen juristischen Wörtern donatio und deditio; ausser dem Lehr-
vortrage gebe man es mit accipere. Sp. L. auch im philos. Sinne der
Einrämnung und Annahme einer zu billigenden Sache für das Kl.
assumptio (Cic. Fin. III, 5) u. a. — In der Bedeut. der Sifin oder die
Bedeutung eines Wortes, wie es Muret. Oper. III, p. 26 ed. Ruhnk.
braucht, verwirft es Ruhnken mit Recht: Acceptionem nominis pro
signißcatione dubito, an idoneus scriptor dixerit.
Accessibilis, zugänglich, sehr Sp. L. für aditu facilis, ad quem
aditus oder accessus patet.
Accessiuncula, der kleine Zusatz, die kleine Vermehrung., N. L. ,
vielleicht zuerst von Turnebus gebraucht (Adversar. XV, 7) ; in be-
scheidener Rede ist es wohl zulässig, zumal mit dem Zusätze ut ita
dicam. Vgl. Th. I, §. 193 über Deminutiven.
Accessus in der Bedeut. Zutritt, Zugang zu Jemanden gleich mit
aditus, yi'vc^ fälschlich verworfen, da es doch bei Cic. (Q. fr. I, 1,54)
vorkommt; gebräuchliclier ist aditus. Aber P. L. und N. Kl. ist es
in der Bedeutung der Zugangsort, für aditus. Daher nicht: duo sunt
accessus in Ciliciam ex Syria, für aditus in Cilic. — N. L. ist es in
d. Bedeut. Zusatz, Vergrösserung, für accessio, incrementuni.
Accidere, begegnen, zustossen, meistens von zufälligen, nicht er-
warteten Begegnissen, sei es glücklichen oder unglücklichen, wäh-
rend evenire mehr von natürlichen, nothwendigen, ebenfalls glück-
lichen und unglücklichen gebraucht wird, dagegen contingere fast
nur von glücklichen. N. L. ist mecum accidit nach d. Deutschen es
geschieht, ereignet sich 7nit mir, f. mihi accidit; mit mir ist es derselbe
Fall heisst »i/Ä/ idem accidit, nicht mecum. Wann accidit utwviA wann
acc. quod zu setzen sei, welche beide im N. L. verwechselt werden,
siehe Th. 1, §. 128. — N. L. ist es auch, den Accus, c. Inf. für quod
8
114
zu setzen; z. \i. quam ridicule accidit h/c Ulk legi i\\r quod aliquolies
legatf/r. — !Man sagt gleich gut accidere (fallen) alicui ad pedes
("entia) und accid. ad al/'ci/jus pedes (ge/ma). Vgl. Cic. Alt. I, J4, 5.
Auch mit dem Dativ bei Liv. XLIV, 31 ge?iibus praetoris. \gl. ^4bji-
cere, Procumbere und Projicere. — Ueber den Ausdruck Acridenz m
seinen verschiedenen Bedeut. vgl. D, L. Lexica. Wo es zufällige Ein-
künfte bedeutet, kann com/noda fortuita, reditus fortuiti gesagt wer-
den, als Gegensatz von reditus stati; oder auch emolumenta.
j4ccinere, dazu singen, Sp. L. \g\. Accaniare.
Accingere und ßc«//g^/ finden sich zwar nicht bei Cicero und Caesar,
aber schon beiTerenzund seit Linus mehrmals, besonders bei Tacitus,
verbunden mit ad oder in, sich rüsten zu oder für Etwas; P. L.
mit dem Dativ oder m. d. Inf. Gewöhnlicher ist parare aliquid, z. B.
bellum, sich zum Kriege rüsten, oder se parare ad aliquid, z. B. te
para ad haec ferenda (Cic. Farn. VI, 12, 5) , da jenes zum gewöhn-
lichen Gebrauche zu hoch ist. Vgl. Raschig Progr. p. 35. Bezweifelt
wird accinctus gladio, pugione, wofür man bei Livius succinctus lesen
will. \' gl. Ernesti Glosssirmm Liv. Jedoch ausser Livius findet es sich
auch bei Tacitus.
Accipere. Wiewohl es mit unserm bekommen, annehmen, empfaii-
gen viel übereinkommt, so sind doch einige Verbindungen zu bezwei-
feln, z. B. accipere maritum für 7iubere marito; tixorem f. ducere us.;
liberos f. suscipere Hb.; ebenso ßlium,ßliatn ; magistrum f. habere, uti;
amorem und benevolentiam f. amorem conciliare, amari; benev. susci-
pere, conciliare, contrahere u. a. Gut ist daninum accipere, einen Scha-
den erleiden (Ilorat. Epist. 1, 10, 28) neben facere damnum. N. L.
ist rimas accipere, Spribige, Ritzen bekommen^ f. agere rimas. Mau
sagt zwar accipere epistolam, litteras, ungewöhnlich ist es aber im
Passivo, wo reddi oder afferri gebraucht wird. Man sage nicht: Kai.
Januar, epistola tua a me accepta est, sondern mihi reddita, allalQ
est oder activ: epistolam accepi. — Selten ist accipere aliquid bene
oder male, Etwas (eine Rede oder sonst Etwas) gut oder übel neh-
men, aufnehmen, auslegen, beurtheile?i; man sagt besser acc. in ho-
nam, in malam, in opli?nam partem, amice, sine offensione, oder aequi
bontque aliquid facere, non moleste, non aegre ferre und so ohne
non — moleste, aegre, aspere, oder ifidignari u. a., jedoch auch dure
und duriter accipere, wie Cic. Att. 1, 1, 4 durius accipere hoc mihi
Visus est. Und so heisst: wie hast du es aufgenommen"^ quam in
partem accepisti? (Cic. Farn. III, 7, 6). Wenn es hören, vernehmen,
erfahren bedeutet, so wird es meistens verbunden mit es uliquo,
von Jeinanden, der es erzählt. Was man hört, steht gewöhnlich im
Accus, m. d. Inf. oder in einer abhängigen Frage; z. B. quae gerantur,
accipies ex PoUione (Cic. Fam. I, 6), oder mit nuntium und dem
Genit. des Gegenstandes. Unrichtig soll es sein, den Gege?isto?id selbst
in den Accusativ zu setzen; z. B. accepi calamitatem tuam, ich habe
dein U?iglück erfahren, für nuntium calumitatis tuae, oder te cala-
mitatem accepisse. Verschieden davon ist, wenn Cicero sagt (Verr.
II, 34, 82) : Accipite nunc aliud ejus facinus iiobile. — Ueber acci-
pere aliquid mutuo vgl. Mutuus.
Accitus, das Herbeirufen, ist nur im Abi. Sing, accitu üblich ; wo
ein anderer Casus nothwendig ist, brauche man die Verba accire.
115
arcessere, advocare. Zu acci'tu kann wohl ein Genitiv dessen, der
herbeiruft, hinzutreten, aber nicht ein Adjectiv als Beiwort, und falsch
wäre cito fratris accitu, auf des Br. sch?ielles H., für cito a frotre
arcessitus (Particip.).
Acciamare, zurufen, zuschreien, soll zwar Kl. nur vom missbilli-
^enden Zurufe gebraucht werden, jedoch schon bei Livius den Bei-
fallsruf bedeuten; es kann also auch so recht wohl angewandt wer-
den, wie es denn Quintilian mit plausus verbindet.
Accola, der Anicohner . Nochbar, kann, wiewohl es sich nur ein-
mal bei Cicero findet (Verr. IV, 50,111), nicht wohl entbehrt werden,
zumal da es bei Livius mehrmals und oft bei den Folgenden vor-
kommt. Ändere Wörter, wie vicinus, ßnitimus, bedeuten nur allge-
mein den Nachbar.
Accolere, anwohnen, bei Etwas wohnen, wird verb, mit d. Accusa-
tiv aliquem locwn, bei einetn Orte, zwar nur einmal bei Cicero Somn.
Sc. 5 (Rep. VIII, 5), aber mehrmals bei Livius u. d. Folgenden.
Acconimodare wird in der Bedeut. Etwas an Etwas anpassen, an-
fügen, anlegen verb. alicui aliquid., z. B. corpori vestem ; Einem Etwas
an Etwas anp. u. s. w. alicui aliquid ad aliquid, z. B. alicui coroiiara
ad Caput (Cic. Orat. II, 61, 250) ; Etwas nach Etwas einrichten, ali-
quid ad aliquid; Etwas auf Etwas anwenden, aliquid in aliquid, z.^.
in plures causas, auf mehrere Fälle (Cic. luv. 1,18). N.A'l. wird auch
für ad der Dativ gebraucht, z. B. oft bei Quintilian. Auch sagt Cic. Verr.
IV, 57 alicui aliquid acconimodare in der Bed. Einem Etwas leihen.
Bezweifelt aber wird accomodare alicui de aliqua re, Einem in einer
Sache gefällig sein, wie bei Cic. Fam. XIII, 2, 3 steht, aber von Orelli
mit Ernesti aus einer Handschr. in commodare geändert wurde, da
Cicero dieses Verbum sonst brauche. Falsch aber ist se accom. alicui.
Accommodatus, a?igepasst, gemäss einer Sache, entweder mit ad
oder mit dem Dativ. — Poet, dafür accommodus.
Accredere, glaubend beistimme?!, nur einmal bei Cic. Att. VI, 2,3,
aber zweifelhaft; bei Corn. N. Dat. 3,4 und bei Quintil. VI,4, 8 (nach
Zumpt's Vermuthung), sonst nur A.L. u. P. Als seltnes Wort werde
es vermieden, da credere zureicht.
Accrescere, wachsen, zunehmen, meistens von dem, was zufällig
zunimmt und sich vergrössert, aber auch ebenso allmählich wieder
abnimmt (decrescit). So von einem Flusse, der accrescit (anschwillt,
anwächst) und wieder decrescit (abnimmt, fällt) : aber vielleicht nir-
gends von einem Baume, einer Pflanze, deren JNatur nur das Wach-
sen (crescere), aber nicht das Abnehmen, sondern nur das Verwelken
und Absterben zulässt. Jedoch gebraucht es Quintilian von einem
heranwachsenden Knaben. Mau vermeide es, da crescere und adole-
scere dasselbe bedeuten.
Accubare und accumbere sind beide Kl. und gut, und fälschlich
wird jenes für prosaisch und dieses für poetisch gehalten.
Accubitus, das Beiliegen, vielleicht nur im Abi. accubitu und nur
P. für accubitio, wofür accubatio falsche Form ist.
Accumulare, anhäufen. Kl. nur einmal bei Cic. als Beisatz von augere,
addere; sonst nur beim altern Plinius in Bezug auf Pflanzen, um welche
Erde angehäuft wird, und so bei ihm auch das Subst. accumulatio, was
Bonst nirgends vorkommt. Man brau< he dafür coacervare, cumulare.
8*
116
Acciirare, besorgen, ist viellekht Getn. L. {ür curare^ pronirnre
u. a.; in Prosa nur einmal bei Cirero in seiner Jii^'^erulschrift de Inv.
I, 34, sonst ^ielleieht nirgends ausser bei Komikern. Im N. L. häufig,
aber unnöthig.
Accurate, vgl. jdccuratus.
Accuratio, die Sorgeverwendimg, höchst selten und ausser bei
Cic. Brut. G7, 238 nur noch Sp. L. für cura, diligeiitia. Muret brauchte es
Oper. T. I, p. 401 ed. Fr. und wurde desswegen von Ruhnken getadelt.
Accuratus, in Prosa nur in passiver Bedeut., besorgt, mit Sorgfalt
bereitet, bearbeitet, atisgefiihrt, daher auch nur von Sachen, nie von
Personen, z, B. oratio acc, sermo acc., litterue acc. u. a. Im N. L. wird
es dagegen aucli von den Gelehrtern und Bessern oft, wie unser genau^
im activen Sinne von Personen gebraucht, die in einer Sache sorgfäl-
tig sind, indem man es verbindet mit homo, scriptor, poeta u. dgl., wo-
von sich bei den Alten nirgends eine Spur findet, für diligens, religio-
sus. In diesem Gebrauche fehlt schon Muret häufig, und es ist also
kein Wunder, wenn es auch andere Neuere thun. Bei Muret; Sallustius
ßccz^/"a^?/s cumprimis homo: Propertius nervosior est et accuratior ;
bei Casaubonus: philosophus accuratior ; bei Andern: accuratissimi
grammatici, lexicographi, critici u. dgl., wo die Alten entweder diligens
oder religiosus gebraucht hätten. Vgl. Cic. Att.YI, 1,18 Durin Samiura,
horainem in historia diligentem. Brut. 15 diligentissimus antiquitatis
investigator. Att. II, 44 quem (Atticura) rerum Romanarum auctorem
laudare possum religiosissimum. Unpassend ist es auch wohl bei einigen
Sach-Substantiven, wie doctrina, scientia und ähnlichen, für ej:y?//s/7MS,
subtilis, singularis, interior, excellens, elegans, optimus, sutnmus u. a.
So hielt Ernesti (Opusc. orat. p. 8(>) eine Rede: de doj trinae flfc?/rafae
et promtae laudibus, und Mahne (Crito p. 319) spricht von einer ac-
curata und einer «cc?//a</o/" litterarum scientia. Eben so vorsichtig sind
die Adv. accurate, accuratius, accuratissime anzuwenden, wo uns das
deutsche genau ebenfalls oft zu falschem Gebrauche verführt, indem
jene nur da passen, wo sie soviel sind als 7nit Sorgfalt, gleich dem cum cura.
Richtig ist accurate loqui (Cic. Farn. VII, 5, 2), disputare, scribere,
facere, tractare, administrare u. a., aber gewiss unrichtig: haec accurate
cohaereiü, das hängt genau zusammen, für arcte; hoc accuratius videa-
mus, für diligentius ; aliquid accurate teuere, £ür ßrmiter, probe ; accu-
rate scire für esploratu?n aliquid habere u. a. ; accurate nosse, für pe-
nitus, bene, recte, optime; vir accurate doctus — und so andere Ver-
bindungen.
Accurrere, herzulaufen, wird verb. mit ad, zu Jema?id. imd mit i?i,
wohinetn. Selten ist das Subst. accursus, erst N. Kl. bei Tacitus und
Valer. Max.
Accusabilis, tadelnswerth, zwar nur einmal, aber bei Cicero, und
nicht verwerflich neben vituperabilis, reprehensione dignus u. a.
Accusare, anklagen, wird im gerichtlichen Sinne ^erb. mit dem Ge-
nitiv des angeschuldigtenVergehens, z.B. ;;ecc«^?',wia/e/?c«,sce/e/"/s,/Mrfi,
parricidii, ausser wo de oder /«/er Statt findet, z. B. de vi, de veneßciis,
tnter sicarios; aber freilich nicht mit dem Genitiv c/vVmw/s, sondern ra.
d. Abi. crimine, da crimen blos die Anschuldigung bedeutet, wobei
das Verbrechen selbst im Genitiv folgt. Ebenso capitis accusare, auf
Tod und Leben anklagen. Wo es nur f^orwürfe machen über Etwas
117
oder tadeln bedeutet, folgt der Accusativ mit der Person im Genitiv,
oder aliquem de aliqua re, z. B. acc. aliciijus fieglj'genh'am oder alt-
qiieni de negUgentia. Vgl. Cic. Att. I, 6, 1. Fam. II, 3, 1. VII, 16, 3.
Acerbare, verbittern, nur P. L. für acerbumfacere, insuavem reddere.
Acerbiludo, die Bitterkeit, A. L. für acerbitas.
Acerbus enthält immer etwas Empfindliches, Kränkendes und
Schmerzliches, was einer Person durch eine andere widerfährt. Wenn
daher Livius VII, 3 sagt delectu acerio juventutem agitavit, er äfigstigte,
plagte die junge Mannschaft durch seine sirenge Werbung (Aushe-
bung), so war der Aushebende bitter und streng und schmerzlich für
die Ausgehobenen. Und so spricht Livius öfter von einer delectus acer-
bitas (Vgl. XXI, 11, 13). Wohl aber möchte bezweifelt werden, ob man,
wie Ruhnken (Elog. Hemst. p.262) sagen könne: hie omnia cum acerbo
delectu explicabat, da diese strenge Auswahl Keinem empfindlich war.
Jedoch meint R. Klotz, dass man es sich so denken müsse, wie bei Cic.
Balb. 5, 11 omnia acerbissuma diligentia perpendemus, wo Cicero nicht
blos die Strenge, sondern die gehässige Strenge ausdrücken m olle, so-
wie Ebenders. bei superbo delectu (de provinc. cons. 2, 5) auf das
Uebermüthige des die Auswahl Uebenden anspiele.
Acervare, aufhäufen, ist, obgleich es sich bei Livius und Quintil.
findet, weit seltner, als coacervare und cunmlare.
Achaeus und Achajus, beide als Adject. Achäisch, aus Achaja,
P. L. für Achaicus.
Acheroji. Die Redensart Acheronta movere in d. Bedeut. das Aeus-
serste versuchen, ist P. L. für extrema experiri. Wir sagen Himmel
und Erde bewegen, und darnach Hesse sich wohl sagen coelum et ter-
ram movere, ut ajunt Germani, ut Germani dicunt.
Acheronticus, Acherontiacus, Acheronteus, Acherontius, — Ache-
rontisch, poet. Formen für Acherusius.
Achivus a[s Adject. ist Poet, für Achaicus; richtig als Subst. der
Achäer, Grieche.
Acies in der Bedeut. Heer, nur das in Reihe und Glied, nicht auf
dem Zuge befindliche, wo es agmen heisst.
Acquirere, worin immer das Erwerben, sich Herbeischaffen liegt,
kommt in der Bedeut. an sich ziehen, in Besitz nehmen, sich zueignen
nicht vor, und daher wird Jan. Sluiter mit Recht von Wyttenbach ge-
tadelt, dass er in Lectt. Andocid.p. 81 schrieb: hereditatem paternam
sibi acquirebant für adibant, und p. 86 bona paterna et a\ita sibi acqui-
rebat für occupabat, bonis — potiebatur u. a. Selten und zu vermeiden
ist acq. sibi gratiam, sich Gunst erwerben, für inire, conciliare ali-
cujus gratiam, benevolentiam, animum alicujus sibi conciliare.
Acquisitio, Ertcerbung, Sp. L. für comparatio, adeptio.
Acrimonia bedeut. nie Hitze und Heftigkeit, sondern nur Lebhaf-
tigkeit, Energie, wird auch nie von der Schärfe des Geistes, des ür-
theils gebraucht, was ingenii oder mentis acies oder acumen, Judicium
acre et certum (Cic. Orat. III, 47) heisst. Verwerflich ist daher acri-
monia judicii bei Muret zu Cic. Catil. III, 2. Uebrigens ist acrimonia
höchst selten, besser oft vigor oder fervor.
Acritas und acritudo, beide A. u. Sp. L. für vi§or. In der Bedeut.
Schärfe bei Sachen des Geschmacks Gem. L. hei Vitruv für acor.
118
^croasis in der Bedeiit. gelehrter Vortrag, Vorlesnng, Rede vor
Gelehrten, nicht zu verwerfen, obgleicli erst N. KL, da es nach Seneca
und Sueton. Kunstwort dafür war, wiewohl es bei Cicero, wo es ein-
mal vorkommt, nur eine Versammlung von Gelehrten bedeutet. Man
sagt aber nicht habere, sondern/ccere acroasin, einen Vortrag hallen.
Acroaterium, der Hörsaal, nirgends bei einem Alten, erst von Neu-
ern wohl unnÖthig gebraucht für anditorium, was zwar erst N. Kl.y
aber für den Begriff A7. ist.
Acronyctus., abendlich,, von Sternen, ein Sp. L. Kunstwort für ve-
spertinus.
Acropolis, die HöheTistadt, nirgends bei den Alten; es ist aus dem
Griech. genommen für ars, wie bei Nepos Them, 2 arj;, im Gegensatz
von reliqvum oppidum, die Acropolis von Athen ; bei Horaz Thebana
ars, die Acropolis von Theben; bei Cicero arx, die Acropolis von Ta-
rent — und so von andern.
Acta oder acte, das Ufer, das Griech. «kt//, einigemal bei Cicero
für littus, aber nur wo er von einem griechischen Lande spricht oder
im vertraulichen Briefstyl; es werde vermieden.
Actio ist nur äussere Thätigkeit, nicht Thätigkeit der Seele,, sogar
nicht mit dem Zusätze mentis oder animi, wofür agitatio mentis (Cic.
N. D. I, 17 und daselbst die Ausleger) gesagt wird. Richtig aber ist
actio, wo wir sagen die Action, von der ganzen Haltung und Bewegung
des Körpers beim Sprechen.
Activitas, die Activität, Thätigkeit, N. L. für alacritns, industria,
Studium,^ actio; (Cic. Tusc. V,23, 66 vitae modus actioque, seine Lebens-
weise und Thätigkeit, wie er lebte und si« h beschäftigte, was er that
(vgl. Sest. 33, 72), und in Bezug auf die Seele agitatio mentis (Cic.
Off. I, 6), sollertia (Cic. Tusc. V, 23, 66).
Activus, activ,, thätig,, erst N, Kl,, philosoph. und grammatisches
Kunstwort, aber nirgends in der gewöhnliclien Bedeutung von thütigen,
ßeissigefi Menschen, für ijidustrius, gnavus, stre?iuus, impiger, prom-
ptus, hajid segnis, laboriosus, efficax, agilis u. a., sowie mit dem Verbo
vigere, thätig, activ sein, z. B. animi vigent vigilantes (Cic. Divin. 11,67,
J39). Zulässig ist es aber als Kunstwort, z. B. philosophia activa (prak-
tische, vgl. Practicus) , der contemplativa (theoretische?!) entgegenge-
setzt. Vgl. Senec. Ep. 95. Ebenso in der Grammatik verba activa, wie
bei den alten Grammatikern, wiewohl die frühern Grammatiker fl'g'e///?a
verba sagten. Unbrauchbar aber sind die sehr Sp. L. actorius und
actualis, welches letztere neues Kunstwort von der praktischen Philoso-
phie wurde, actualis et spectativa.
Actu, Abi. von actus, N. L. in der Bedeut. in der That, in der
Wirklichkeit,, für re, re vera, re ipsa,, reapse.
Actum est, vgl. Agere.
Actuosus, voll Thätigkeit, findet sich Äl. bei Cicero nur 1) als Bei-
wort der virtus (N. D. 1,40), deren Lob in Thätigkeit besteht, wie
Cic. Off. I, 7, 19 sagt: virtutis laus omnis in actione consistit, was die
Griechen durch nQa-ATiy.r] ausdrücken; 2) als Beiwort desjenigen Theils
einer guten Rede, worin Handlung und Leben durch Worte und Vor-
trag dargestellt ist, Cic. Orat. 36, 125. N. Kl. nennt Seneca Ep. 39
auch ein unverdrossen thätiges Leben vitam actuosam, und die immer
regsame Seele animum actuosum (auch agilem), wo Cicero für das
119
erste (nach de Senect. 8) gesagt haben würde operosa, semper
agens aliquid et moliens — und von der Seele (nach N. 1). I, 27, (i6)
animns, qui viget, omnia niovet et praeditus est motu sempiterno. Das
Wort werde daher nur wenig angewandt und dnrch eins der unter
Activus erwähnten Wörter ersetzt. Vgl. auch Klotz zu Sintenis p. 123.
Das Adv. actuose ist zwar Kl. bei Cic. (Orat. III, 26, 102), aber nur
von einem Schauspieler, der voll Leben, Feuer und Thätigkeit spielt.
Actus, in der Bedeut. Thätigkeit, beruhte vor Muret auf einer fehler-
haften Stelle in Cic. (pro domo 24,63) : erumpebat/w actum, wogegen
Jener sagt: Vocabulum actus pro eo, quod Graeci dicunt liioyeiur
(Thätigkeit), plane barbarum est etpriscis illis teraporibus, quibusRo-
mani sermonis integritas viguit, inanditnm. Er liest nacta, wie auch jetzt
im Texte steht; vgl, Muret. V. L. VI, 19. Uebrigens ist aber actus vitae,
der Act, Abschnitt des Lebens, vom Schauspiele entlehnt, Kl. Vgl. Cic.
Verr. I, 12, 32: primum actum istius vitae praetermittam u. a. m.
Actiitum, flugs, geschwind, A. L. und nur einmal bei Cicero, ebenso
bei Livius und Virgil, sonst nur bei den Komikern und wahrsch.
Gem. L., wie xmaev flugs; dafür cito, confestim, extempto, illico u. a.
Ad erfordert Vorsicht beim Gebrauche und bei der Verbindung
mit andern Wörtern. Man merke unter dem Vielen Folgendes : Sp. L.
sind ad i/istar für instar (Mahne Epicr. p. 245) ; ad vicem für vice;
ad minus f. minus ; ad summum (höchstens., zum Höchsten) f. summum ;
ad minimum (wenigstens., zum Wenigsten, nach der kleinsten Angabe)
f. minimum. Die beiden letztern finden sich auch bei den besten Neu-
lateinern häufig, welche die Auctorität der altern Ausgaben Cicero's
und Anderer für sich hatten, wo aber durch die neuere Kritik jenes
ad entweder dem aut hat weichen müssen oder ganz gestrichen wor-
den ist. Vgl. Gronov. Liv. XXI, 35. Victor, u. Graev. Cic. Farn. II, 21.
Matfh. Cic. Milon. 5, 12. Richtig ist aber ad summam in d. Bedeut. kurz.
Cic. Fam. XIV, 14. — N.L. ist es, als Zahladverbia zu brauchen : ad pri-
mum, ad secundum u. s. w., wie wir zum ersten, d.h. erste?is, zum zweiten,
d. h. zweitens, Tnr primum, seciindum. Richtig ist aber ad extremum, ad
postremum, ad ultimum; z. B. addunt ad. extremum, am Ende, zuletzt,
endlich (Cic. Divin. II, 10, 25) ; addidisti ad extremum (Cic. Fin I, 8,
26). N. L. ist es, bei Bezeichnung eines Tages nach dem Römischen
Kalender zu sagen, z. B. ad diem sextum Kalendas Januarias, für ante
diem oder a. d. — Fehlerhaft sind darin die alten Ausgaben, welche
ad für a. d., d. h. ante diem haben, woher sich aucli bei den besten
altern Neulateinern dieser Fehler findet. In der Redensart zu seinem
Vergnügen, zur Lust braucht man selten ad, sondern mehr causa;
z. B. animi voluptatisque causa, deliciarum causa. — Wenn in zu der
Begriff verbunden mit liegt, indem mehr die Wirkung und der Erfolg,
als die Absicht bezeichnet werden soll, wird lieber cum als ad ge-
braucht; z. B. hoc retinemus hodie magna C7im salute reipublicae, wir
behalten dieses noch heutzutage bei zum grosseti Heile des St. (Cic.
Rep. II, 9). Vgl. auch Cic. Att. IV, 3, 4. Muren. 1, 2. — Zweifelhaft
ist ad aliquem esse, bei Jemanden, in Jem. Hause sein, für aptid ali-
quem esse. Man stützt sich auf Cic. (Att. X, 4, 8) : fuit ad me sane
diu, und (ib. X, 16, 1): cum ad. rae bene raane fuit; — aber Oreili
zieht mit Lambin apud vor. Es werde als unsicher vermieden. — Ad
mit einem Accus., von einem Subst. abhängig oder dazugehörig, kommt
120
zwar in einigen Verbindungen vor (vgl. Th. I, §. 81), aber nie wohl
prooe7niu?n oder praefatio örfaliquein librum, wo nur der Genitiv nfi-
cujus libri statthaft ist, z. B. prooemiüm belli Punici^ Vorrede zu oder
Einleitung in den P. Kr. Cic. Orat. 25, 227. Der Fehler kommt bei
Neulateinern oft vor. Ob man, wie bei einigen Subst. mit ad und dem
Gerundium, statt des Genitivs, z. B. voluntas «rfhunc opprimendum (Cic.
Font. 14, 30), argumentum ad scrihendum (Cic. Att. IX, 6), facultas
ad dicendum (Cic. Font. 6, 12) und andern, die man mit ad statt des
Genitivs fi\\(let,anch velocitas ad disce?idum {inr discendi) sagen könne,
wie Wyttenbach Ep. ad Lynd. behauptet, wird wohl mit Recht bezwei-
felt, da die Stelle in Cic. (Off. I, 30, J07): alios videmus velocitate ad
cursumy alios viribus ad luttandum valere. Nichts beweist, weil ad
cursum mit valere, nicht mit velocitate zu vei binden ist. Man sagt we-
nigstens alacritas scrihendi (Cic. Att. XVI, 3). Ueberhaupt sei man
vorsichtig, ad so zu brauchen, wenn nicht ein sicheres Beispiel zur
Nachahmung vorliegt. Vgl. Handii Tursell. I, p. 116. — TV. L. ist ad
opinionem nsque, der Meinung nach, was Sintenis einmal in seinen
Stylübungen als Phrase empfiehlt. Vgl. Klotz zu Sintenis p. 169. Ueber
adusque y^\. dieses Wort. — Richtig ist ad id mit folg. ut, dazii, zu
dem Zwecke, dass oder damit, sowie ad id m. folg. quod bedeutet
ausserdem dass, gleich dem praeterquam quod, was häufiger ist; rich-
tig, wo ad, zu, so viel ist als tiach, dem ge?näfis,z. B. ad vohintatem lo-
qui, 7iach dem Willen; ad nutum, nach dem Winke; richtig ist ferner
ad manum habere, zur oder bei der Hand haben ; ad se redire, wieder
zu sich, d. h. zur Besinnung kommen, sich erhole?i; adfnemoriam, zum
Andenken, neben iti und ob memoria?Ti, rnonimenti causa — und so
vieles Andere. Am umständlichsten hat von ad gehandelt Hand im
Tursellin. I, p. 74 — 134; vgl. auch Reisig's Vorles. p. 723 fgg.
Adaeque., auf gleiche Weise, für aeque, nur A. und Sp. L. bei den
Liebhabern des Alten und Gewöhnlichen. Bei der Stelle Liv.IV,43, 6
theilen sich die Handschr. ; einige haben id aeque, andere adaeque,
welches letztere Drakenb. vorzieht.
Adaeq?tare wird in der Bedeut. Einem Etwas gleich machen, cum
aliqua re (aliquo) aliquid verbunden; in der Bedeut. Einem in Etwas
gleichkommen. Einen oder Etwas in einer Sache erreichen, alicui ali-
qua re oder aliquid alicujus ; z. B. nostris virtute adaequare non pos-
ßunt, oder nostrorum virtutem adaeq. n. p. Aber Etwas dem Boden
gleich machen heisst aliquid solo adaequare (Liv. I, 29 omnia tecta
adaequat solo). Vgl. Aequare.
Adagio, das Sprüchwort, A. L. für proverbium ; später bildete man
adagium, was ebenso verwerflich ist. Von dem erstem sagte schon
Varro L. L., es sei schon verschwunden.
Adam oder AdamTis kann in unsrer sprüch wörtlichen geistlichen Re-
densart der alte Adam, d. h. die eingewurzelte Sündhaftigkeit, wörtlich
übersetzt werden, Adamus vetus, aber mit dem Zusätze, ut Germani
dicunt ; nur dem Sinne nach heisst es etwa innatae libidines, innata cupi-
ditatum lenocitiia, ^edes wie es der Zweck fordert. Vgl. Th. I, §. 174.
Adaperire, öffne?i, erst seit Livius für aperire und, wiewohl es sel-
ten ist, doch nicht zu verwerfen. Vgl. Raschig Progr. p. 35.
Adaptare, artpassen, iV. L., ohne Auctorität. Es kommt nur N. Kl.
bei Suet. \or adaptatus, was ebenfalls durch accommodatus ersetzt werde.
121
Adbibere, B.L. in derBedeut. zutrinken, fürpropinare;\n d. bild-
lichen Bedeut. mif nehmen, ZleÄer2/g^e^^, findet es sicli zwar nur bei Horaz,
kann aber mit Benutzung seiner Worte in lebhafter Rede nachge-
braucht werden.
Addere, hinzufügen, hinzuthun, wird bei Sachen verbunden alicui
und ad aliquid, bei Personen nur alicui, z. B. mihi aniraura addis, nobis
aniraos addunt; mit in, wenn Etwas in Etwas verflochten, eingeschaltet
wird; Cic. Att. I, 13. 5 in illam orationem addidi quaedam. Wenn der
Begriff" sagend hinzusetzen darin liegt, so folgt bei einem Satze mit
dass der Accusativ. c. Inf., wogegen bei adde, füge hinzu, der Satz mit
quod folgt. Jedoch ist das letztere, adde quod, erst N. KL, so wie über-
haupt der Imp. adde in adverbialer Bedeutung dazu, ferner, nur selten
KL vorkommt, dagegen mehr bei Dichtern, wo es ganz als Adverb.,
auch in der gedachten oder wirklichen Anrede an 3/eÄrere gebraucht
wird. Bildlich kommt aber se adderemcXitm der Bedeut. sich anschlies-
sen vor, und es ist N. L., wenn Görenz in seinem Cirero mehrmals
sagt: hie codex oder haec editio saepe se melioribus addit, fürest,facit,
stat cum melioribus u. a.
Addicere alicui. Einem zusprechen, beistimmen, N. L. für assentiri,
wiewohl in der heiligen Sprache der Augurn gesagt wurde aves addi-
cunt, die Vögel genehmigen es, heissen es gut. Richtig aber ist se ali-
cui addicere, sich Einem ergeben, sich an Einen afischliessen, was denn
in geistigen Dingen heissen kann Einem ganz folgen, beistimmen; z. B.
Epicurus in physicis se Democrito addixit (Cic. Fin. I, 6). — Daher
heisst auch addictus in reflexiver Bedeutung, der sich Einem ergebefi,
zugesagt und geweiht hat, und ist in der Bedeut. ergeben, zugethßn
nicht zu verwerfen, wiewohl ein Superl. addictissimus unerweislich ist;
daher auch nie in einem Briefe, wo man ßdissimus, (tibi) deditissimus,
amicissimtis, studiosissimus, amantissimus oder observantissimus sagt.
Vgl. über jene Bedeut. Cic. Tusc. II, 2, 5. Horat. Ep. I, 1, 14 u. a.
Addiscere, welches noch mehr dazu lernen bedeutet (vgl. Cic. Cat.
8, 26), wird im Sp. L. auch für das einfache discere, lernen, erfahren,
gebraucht, was Sintenis in seinen Stylübungen nicht hätte einigemal
empfehlen sollen, wie auch R. Klotz (zu Sintenis p. 84 u. 161) bemerkt
hat. Uebrigens wird damit dirrchaus nicht geleugnet, dass das Lernen
dessen, was man zu dem schon Gelernten noch hinzu lernt, blos /erwe/«
genannt werden kann ; aber nicht alles Lerneri ist addiscere.
Additamentum ist zwar KL in der Bedeut. Zugabe, Zusatz, was
noch beigegeben, hinzugefügt ist, aber freilich nirgends als Kunstwort
derKritikervom^?/so/se einzelner oder mehrerer Wörter eines Andern
zur Rede des Schriftstellers, also \\\cA\i fremder Zusatz. Da aber kein
eigenes Kunstwort der Alten für solche Zusätze vorhanden ist, so
scheint es nicht verwerflich, zumal da Cicero es sogar von einer unbedeu-
tenden Person braucht, welche er spöttisch additamentum inimicorum
meorum nennt. Andere wollen accessio, adjectio, additio u. dgl., welche
Wörter aber alle eben so wenig für den Begriff" erweislich sind. Zulässig
ist ohnehin auch die Umschreibung mit dem Verbo addere. In andern
Redensarten wird Zugabe am besten durch cumulus in Verbindung mit
dem Verbo accedere ausgedrückt; vgl. die Lexica unter Cumuh/s.
Additicius (tins) xind additivus, hinzugefügt, beide sehr Sp. L. für
addilus, appositus.
122
Adilocere, noch dazu-, dabeilehren, findet sich nur in einer scherz-
haften Stelle bei Horaz und ist kaum anders als mit seinen Worten
anwendbar, für docere. Was man aber aus Cic. (Cluent. 37, 104) anführt:
addoct i su/d judices^ ist jetzt aus Flandschr. in ßrf^/Mc^? verändert.
Adducere, an-, heran-, herbeiführen, ein vielfach g-ebrauchtes Ver-
bum. Bezweifelt wird adducere locum Homeri, Piatonis u. a., oder
g'eradezu adducere Homerum, Plaloiiem in der bildlichen Bedeut. eine
Stelle Homer' s, den Homer erwähnen^ wie wir sag'en anführen. Da
dieser Sprachgebranch nicht zu erweisen ist, ausser dass Seneca de
ira II, 16, 2 (was der Jenaer Bec. dafür anführt) sagt: ea animalia in
exemplura hominis adducit, quibus — , er führt diejenigen Thiere zum
Vorbilde des M. an, tc eiche — (wo zwar das Vorführe7i sehr passend
ist, aber kaum für jene gewöhnliche Redensart), — so vermeide man
adducere und halte sich an proferre (Cic. Tusc. IV, 25, 55), aß'erre
und citare. wobei die angeführten Stellen gleichsam Zeugen (testes)
für etwas Behauptetes sind. Zulässig sind auch bei /oÄewr/e/- Anführung^
laudare (Cic. Rep. I, 10) und hei tadelnder notare. Die Neulateiner
brauchen entweder dieses adducere, oder producere, wie Muret, der
beide benutzt. Dagegen sagt aber Ruhnken (zu Mureti Opp. T. II,
p. 62) : Adducere et producere locum pro afferre non reperitur apud
antiquos. Recentiorura consuetudo sie verbum usurpans nobis quoqne
aliquando fraudi fuit. Auch Hand (Lehrb. p. 154) verwirft adducere
als deutschartig, ^her afferre locum billigten Lindemann will apponere.
Wiewohl proferre oft mit einem Accnsativ der Person vorkommt, so
möchte dies doch nicht von afferre gelten; also iiicht Homerum, Pla-
to?ie?n, wohl aber locum, locos. — N. L. ist auch adducere testimonium,
ein Zeugniss beibringen, für aff'erre (Caes. B. C. III, 53, 3) ; auch spevi
add. für afferre, dare, inßcere ; jedoch adducere, inducere in spem, ut
speret, ist richtig. Noch merke man, dass nach adducor in der Bedeut.
ich tverde zum Glauben beivogen, selten ut credam, putem, existimem^
sondern ohne diesen Zusatz der Accus, c. Inf. folgt, weil adducor auch
für adducor, ut existimem steht. Vgl. Cic. Leg. 11, 3. Cluent. 37, 104
(wo adducti, nicht addocti die rechte Lesart ist). N. L. möchte auch
wohl sein adducere adminicula, Stütze?i gebrauchen, für adhibere ad~
minicula. Seltner ist auch wohl aliquem adducere ad alicujus partes,
wie JMuret. (Catil. III epist. dedicat.) sagt, als aliquem ducere oder
transducere (traducere) ad — .
Ademptio, die Wegnahme, Kl. nur in der bezweifelten Rede Cic.
pro dorn. 30 ademptio civitatis; sonst nur N. Kl. bei Tacitus; es werde
durch die Verba adimere, auferre, pricare u. a. ausgedrückt.
Adeo weicht im A. und Sj). L. im Gebrauche vom Kl. L. ab; davon
und von seinem falschen Gebrauche hier nur Einiges. A. L. ist es in
der örtlichen Bedeut. so weit, bis dahin, für eo ; in der Bedeut. ebenso
mit folg. ut., wie, in Vergleichungen, für ?ion nmius quam, aeque ac
u. a. ; in der Bedeut. fioch dazu, noch obendrein, für praeferea, und in
der Bedeut. in der Absicht mit folg. ut — adeo ut, für das einfache
ut oder eo consilio, ut. N. Kl. ist es in der Bedeut. so sehr in Beisätzen
ohne folg. dass (ut), z. B. so sehr verachten sie ihn, adeoeinn contem-
nunt, für tantum, sie, tantopere — . N. L. aber ist wohl ut adeo. so dass
sogar, ebenfalls im Beisatze, z. B. ut «r/eoPlacidiaeancillae aegre risum
continerent, wie Kuhnk. (Opusc. I, 39) sagt, für ut ipsae etiam Plac. ;
123
ferner quam adeo noii, wie sogar nicht, für quam non ohne adeo (Cic.
Ligar. 3) ; ferner Redensarten wie ipse adeo Cicero, seihst, sogar Ci-
cero, für ipse ille Cicero; oder cum, adeo amo, ich liebe ihn sogar, für
eum etiam amo, quin etiam eum amo ; ferner adeo mit folg", quam, so
sehr als, fnr tam — quam, z. B.nulla re adeo laetor, quam conscientia of-
ficiorum raeorura, für nulla re tarn — ; neminem adeo diligo, quam te,
iurnemijiem tarn d. — Endlich in der Bedeut, daher, also, um eine Fol-
gerung zu ziehen, für ideo, igiiur, wovon Reisig ( Yorles. p. 469) sagt,
dass adeo nie gebraucht werde, um zu folgern, ausser bei Heyne, der
es mit ideo verwechsele. Allerdings findet es sich oft so bei Heyne,
z. B. zu Virg. A. I, 4 adeoqiie et ipsa ira, und daher auch der Zorn
selbst; aber auch so bei Andern, z. B, Valck. (Oratt. p. 236) : hunc
secutus est Trogus atque adeo (und daher) Justinus — und Ruhnk.
(Elog. p. 229) : licetque adeo (und daher lässt sich), quod Democritus
de poeta dixit, ad criticum transferre; Id. (dedicat. Velleji) : neque
adeo (und darum nicht) de nllo discipulorum meorum spem concepisse
majorem, wozu Zumpt bemerkt: Dubito, num adeo h. 1. verum sit: ni
Ruhnkenius esset, putarem de ideo cogitasse; certe malim abesse —
und J. A. Ernesti (in Epist. ad Stiglitium) : quod non sciebant, qui
essent — adeoque confunderent artem — , wobei A. Matthiae bemerkt:
contra usum latinae linguae, si est pro ideoque. Ueber ergo adeo, folg-
lich auch noch, s. Ergo. — Was atque adeo bei Cicero u. A. bedeute,
davon s. Stüremb. in seiner deutschen Ausg. von Cic. pro Archia p. 123.
Sehr vollständig handelt von adeo Handii Tursell. I, p. 135 — 155.
Adeptus in passiver Bedeut. theils yi. L. und noch bei Sallust, theils
bei Tacitus und Siieton. aber nie Kl. und bei andern bessern Stylisten,
die es niir, wie das Verbum selbst, in activer Bedeutung brauchen. In
Cic. Stelle (Cato 2, 4), die man nach einigen Ausg. für die passive
Bedeut. als erwiesen gut angibt, lesen viele g'ute Handschr. adepti
(activ) für das passive adeptam. Mit Ruhnk. (Opusc. II, p. 507) ver-
wirft auch R. Klotz dieses adeptam als unklassisch. Es werde daher
nicht in passiver Bedeut. gebraucht.
Adequitare, her anreiten, wird verb. mit ad oder mit d. Dativ; mit
flrf bei Caes. B. G. I. 46 ad nostros nach den Handschr. und bei Liv,
XXXV, 35 ad suos; m. d. Dativ oft bei Livius, z. B. muro, portis,vallo
u. a., und einmal sogar ohne ad — Sijracusas, an Syrahus heran.
Adesse, dasein, beschränkt sich fast nur auf lebende Wesen, die
leiblich an einem Orte zugegen oder gegenwärtig sind, und nur in we-
nigen Stellen der Klassiker wird es von leblosen gebraucht, deren Da-
sein durch die Wirkung sichtbar ist, wie tariti aderant morbi (Cic.
Fin. II, 30). — Das Dasein, d. h. die Existenz Gottes heisst daher nicht
deum adesse, sondern esse; es ist schon Hoffnung da, nicht adest,
sondern est; es ist kein Grund da (vorhanden), nicht adest, sondern
est ; die Reden sifid noch da, nicht adsiint, sondern exstant; darüber
sifid viele Stellen da, su?it oder reperiuntur, nicht adsunt — und so in
ähnl. — Wiewohl alicui adesse in aliqua re oft vorkommt, so scheinen
die Alten doch nicht adesse alicui in auspicio (auspiciis) gesagt zuha-
ben, sondern blos esse alicui m. s. w. Vgl. Cic. Rep. II, 9u. das. Moser,
und Divin. II, 34, 71 u. das. Creuzer.
Ade.vpetendus, noch dazu wünschensiverth, ein nach Muret's Ansicht
in Senec. Epist. 117. p. 180 ed. Schw. und in die nachfolgenden Aus-
124
gaben, sogar in die von Gronov, eingeschwärztes neues Wort für das
unverfälschte aller Handschr. und der alten Ausgg. ejcpetibUis, was
Schweigh. umständlich gegen Muret rechtfertigt. Die ueuen Lexica
führen liieriia( h sogar das Wort adespeto auf, ohne sonst Etwas dabei
und dagegen zu erwähnen.
Adgregare se, sich anschliessen, ad aliquem, ad aliquid, an Einen^
an Etwas, bei Cicero und Caesar; in aliquid, z. B. in numerum, in oder
an eine Anzahl, bei Cicero.
Adhaerere, anhangen, meistens alicui, an Etwas, Einem.
Adhaerescere, hängen bleiben an Etwas, meistens ad aliquid; in
Etwas, in aliqua re ; bildlich sich a?ischliesse?i an Etwas, alicui.
Adhaesitatio und adhaesio, das Anhangen. Welche dieser Formen
bei Cic. (Fin. I, 6, 19) die rechte sei, ist streitig, indem vor Davies
«rfÄaesibwesgelesen wurde, wofür aber dieser aus den meisten Handschr.
adhaesitationes aufnahm, was in die folg. Ausgg. überging. Dagegen
hat die beste Handschr. adhaesiones, was Madvig für das allein rich-
tige erklärt. Uebrigens kommen beide sonst nirgends vor; der Dichter
Lucretius braucht dafür immer das ähnliche ailhaesus.
Adhibere, was meistens zuziehen, anwenden für und brauchen zu
Etwas bedeutet, drückt doch nie das blosse brauchen und gebrauchen
ohne einen bestimmten Zweck aus, wie im N. L. oft vocent, vocabuluin
u. a. adhibere blos in dem Sinne von uti, usurpare steht, z. B. lioc \o-
cabulum poetae numquam adhibent ; haue vocem de diis adhibuit poeta;
Homerus multas comparationes adhibuit; illud artificium (diesen Kunst-
griff) adhibet Cicero; Romani curias adhibuerunt rebus divinis. Und
daher bemerkt Ruhnk. (praef. lexici Schell.); Adhibeo non est utor,
ut in lexicis traditur, sed admoveo, advoco, assumo. Ex quo intelligitur
nostros homines singulis prope paginis dicentes adhibere vocem, lo-
quendi formulam parum latine loqui. Auch Muret wandte es einige-
mal falsch in dieser Bedeut. an, wovon Fäsi (zu Mureti V. L. T. II,
p. 313) einige Beispiele anführt. Jedoch erinnern der vorsichtige
Dietrich (in seiner Recens. dieses Buches) und Frotscher (zu Mureti
Oper. T. II, p. 219) mit Recht, dass adhibere in der scheinbaren
Bedeut. gebrauchen angewandt werden könne, wenn zugleich der
Zweck., wozu oder der Gegenstand, wobei und worin Etwas gebraucht
werde, hinzugesetzt sei, oder aus dem Zusammenhange dazu gedacht
werde, wie in Cic. Orat. 57 jambicus numerus potissimum propter
similitudinem veritatis adhibetur (wird gebraucht) in fabulis. Man
sei daher im Gebrauche sowohl, als im Tadel vorsichtig. — Sp. oder
N. L. ist adhibere fidem alicui in der Bedeut. Einem Glauben bei-
messen,, Einem glauben, für habere fidem, tribuere fidem, credere
alicui, da jenes heisst Redlichkeit amcenden oder zeigen in einem
einzelnen Falle. Vgl. Vavassor. Antib. p. 471. Vorst. lat. mer. susp.
p. 146. Drakenb. Liv. XXII, 1, 13. Selten und nicht nachzuahmen ist
se adhibere für se gerere, sich benehmen, sich betragen, wie Cic.
(Q. fr. I, 1, 2) sagt sie se adhibere, ut — , sonst aber wohl nirgends. —
Eineri zu Rathe ziehe?i heisst od oder in consilium, nicht cojisilio (im
Dativ) aliquem adhibere. Endlich selten imd nur bei Cic. de harusp.
resp. 10 kommt animum adhibere vor, für animum. attendere oder
intendere, seine Seele, seinen Geist., seine Auffnerksamkeit auf Etwas
richten.
125
Adhortamen und adhortatus, die Ermunterung, beide Sp. L. für
adhortath.
Jdhortari, er7nu7itern zu Etivas^ Kl. ad aliquid, N. KL u. seltefi
bei Tacitus u, A. in aliquid; bei einem foJg-. Satze mit ut oder ?ie
oder mit ad und dem Gerundio,
Adhuc bedeutet Kl. fast nur bis jetzt., bisher, bis dahin, wo der
Sprechende die jetzige Zeit denkt, und so bis jetzt noch nicht, ad-
hiic non, bis jetzt noch Nichts, nihil adhuc. Unser noch, was wir für
adhuc oft brauchen, wird aber auch bei etwas Vergangenem ge-
braucht, wo meistens nur Dichter und Historiker (vgl. Livius XXI,
48, 4 u. daselbst Fabri; auch XXIV, 22), welche das Vergangene gern
lebliaft vergegenwärtigen, adhuc brauchen, da eigentlich dafür tum,
eliam tutn, tum etiam, ad id tempus, tisqtie ad id oder illud tempus
in der bessern Prosa steht. Man sage nicht: Tacitus haec scripsit
vivente adhuc Nerva, für viv. etiam tum N. , wie Fabricius oder
Ernesti (bibl. lat. T. II, p. 387) sagt; cum adhuc maturum videri pot-
erat (Muret. Oper. I, p. 112) , was Frotscher rügt. — Noch in der
Bedeut. ?ioch heutzutage, noch jetzt heisst hodie, hodieque., etiam nam,
nicht adhuc; z. B. man sieht dieses Bild noch. Adhuc \n der Bedeut.
sogar noch in einem verstärkenden Zusätze ist N. L. , z, B, idque
adhuc (und dieses sogar noch) exeunte anno , wie Bergmann (praef.
Ruhnk. oper. p. XIV) sagt, für idque etiam oder blos idque exeunte. —
Unser noch Andere, ausserdem noch Andere heisst Kl. etiam oder
praeterea alii, N. Kl. adhuc alii, wie Quintil. II, 21, 6 sagt: atq^ie adhuc
alibi — , was nicht nachzuahmen ist. In einer Frage mit dem ver-
stärkenden noch ist adhuc nicht üblich, sondern etiam, z. B. stehst
du noch hier? etiamne tu hie stas? (Terent. Eun. II, 2, 55) ; biat du
noch böse? etiamne iratiis es? Unser ?wch heute, noch heutzutage
heisst nicht adhuc hodie, sondern hodie etiam, auch blos hodie oder
adhuc; noch la7ige, noch auf lange Zeit, nicht adhuc diu oder diu
adhuc, sondern diu ohne adhuc. Falsch sagt Mahne im Crito p. 313
dent dii, ut Phaedria diu adhuc hujus sermonis recordetur, für ut
Ph. diu h. s. rec. Schneider praef. Arriani anab. p. IX diu adhuc tra-
ductio Faciana scripta niansit, für diu interpretatio Fac. • — N. L. ist
adhuc semel in der Bedeut. der Zahl, noch einmal für iterum {y^\.
Vorst. lat. mer. susp. p. 162) ; N. L. adhuc se?nel tanturn, noch einmal
so viel, für alterum tantum; adhuc semel tum longus, noch einmal
so lang, für allero tanto longior ; etiam adhuc, auch noch, auch noch
bis jetzt, für etiamdum, etiamnum; adhuc addere, adjtingere, noch
hinzufügen, für addere, adjungere ohne adhuc. Sp. L. ist es auch in
der gewöhnlichen Bedeut. überdies für etiam, •praeterea etiam, z. B.
adhuc consideranda sunt mala, auch müssen noch — ; exempia adhuc
adducta, die noch überdies angeführten B. u. dgl. Was man aus Cic.
Fin. IV, 25, 71 anführt: idem adhuc, bedeutet nach Madvig bis dahin,
und bei Livius XXII, 49, 10 et adhuc mori, U7id jetzt, noch, in diesem
Augenblicke, mit dem Begriffe der jetzigen Zeit. Auch Madvig iäug-
net jene Bedeutung für die bessere Prosa. Es werde daher auf die
angegebene Art vermieden. — Richtig sind: no?i adhuc oder adhuc
77011, bis jetzt 7iicht, noch 7iicht ; 7iihil adhuc oder adhuc nihil, bis
jetzt (noch) Nichts; nemo adhuc oder adhuc 7iemo, bis jetzt noch
Niema7id. Vgl. Cic. Ca(. 9, ü. Verr. II, 11,29. Att. IV, 1, 12. Farn. IX,
126
17. Q. fr. II, 2, 1. Off. I, L 16. Farn. II, 8. — Eiullich ist es erst N. Kl.
aus Seiiecas und Qiiiiitiliaii's Zeit, adhuc zur Verstärkung des Com-
parativs zu brauchen, wie wir unser noch, z. B. ille adhuc ditior est
Croeso, dieser ist ?ioch reicher, als Cr.; adhuc fortior , noch tapfe-
rer - — , wofür sich bei den Klassikern kein Beispiel findet, welche
entweder etiam hinzusetzen oder meistens gar Nichts, also etiam
ditior, etiam fortior. Wenn aber bei Cicero adhuc bei einem Cora-
parativ steht, so liegt in adhuc der Zeitbegriff Ä?s/«e/-, bis jetzt, z. B.
Cic. Farn. VIII, 7 quo adhuc facilius rem gessisti, d. h. je leichter du
bis jetzt — und so in andei'u Stellen. Man vermeide es als späteres
Latein und als eine unnöthige Sprachveränderung. Die Neulateiner
folgen mehr dem neuern Gebrauche, als der klassischen Redeweise,
und die Gelehrten sind in ihren Meinungen verschieden. Vgl. Sciopp.
Infam, p. 230. Anton. Progr. p. 23. Spalding z. Quintil. I, 5, 22. W eber's
Uebungssch. p. 24 (welcher bemerkt, dass es auch durch ipse ausge-
drückt werden könne) und B. Klotz zu Sintenis p. 154. Uebrigens
findet sich Vieles über den falschen Gebrauch von adhuc in Morhof
de pura dictione p. 225 — 244. Am vollständigsten spricht über adhuc
Hand Tursell. I, p. 156 — 167.
^4djacere, anliegen, bei Etwas liegen, wird am sichersten mit d.
Dativ verbunden, alirui, bei Etwas, seltner und zweifelhaft mit d. Accus.
aliquid. Vgl. Caes. B. G. VI, 33. Corn. N. Timoth. 2, 1 u. das. Staveren.
Livius VII, 12, 6 u. das. Drakenb. n. XXVI, 42, 4.
Adjectio, erst N. Kl. und nur activ das Hinzuthun, N. Kl. der Zu-
satz, wie es Muret braucht.
Adigere, treiben, bringen, bei sinnlichen Gegenständen mit d.
Dativ, alicui, z. B. jugulo, turri; bei nicht sinnlichen mit ad, z.B.
ad insaniam. Mit dem Worte jusjurandu7n verbunden sagte man
aliquem ad jusjurandum oder blos jusjurandum oder jurejurando
adigere. Einen schwören lassen, oft mit dem Zusätze in alicujus
verba, auf Jematides Worte.
Adjicere, werfen. Etwas (Geist, Augen) auf Etwas richten, wird
verb. ad aliquid oder alicui, z. B. ad omnia, hereditati; ebenso in d.
Bedeut. hinzufügen. N. Kl. und selten adjice, wie adde (s. oben),
auch im Gespräche mit Mehrern im Sing., in fast adverbialer Bedeut.,
dazu Tioch, theils mit folg. Accus., theils mit quod oder ut (wie).
Vgl. Senec. Benef. III, 33. Epist. 15, p. 45 ed. Schw. Ovid. M. VI, 182.
Man vermeide aber überhaupt adjice und adde in solcher Verbindung.
Adimplere, anfüllen, gewiss Sp. L. für implere, esplere. Zweifel-
haft ist es wenigstens bei Liv, XXXVIII, 7, 13, wo für complesset in
alten Ausgg. und einigen Hdschr. adimplesset steht. — Ebenso ad-
impletio nur bei kirchlichen Schriftstellern.
Adiplsci, durch geistige oder leibliche Mühe das erlangen, wor-
nach man gestrebt hat, fast gleich assequi und consequi; dage-
gen nancisci, durch glücklichen Zufall erlangen, finden ; impetrare,
erlangen durch Worte. Von und bei wem man Etwas erlangt, wird
durch a, nicht durch apiid bezeichnet. Cic. Fam. XII, 22, 4 maximam
ab Omnibus (bei Allen) laudem adeptus es. A". Kl. und nur bei Taci-
tus adipisci rerum, die Oberherrschaft erlangen, für potiri rertim.^
wornach es gebildet ist. Ueber adeptus in passi\erBed. s. Adeptus.
Adire, hinzugehen, Einen angehen, wird in eigentl. u. bildl. Bedeut.
127
mit ad oder dem blossen ^ccusofiv wohl meistens ohne Unterschied
verbunden, z. B. deos und ad deos ; mit in, wenn es hineingehen be-
deutet, z. B. i7i conventu7n (Cic. IV, 11) , in Jundum (Cic. Caecin. 8) ;
ebenso in jus, vor Gericht gehen; aber nicht i?i Judicium, sondern
ad Judicium, ad arbitrum. Vgl. auch Matth. Cic. Sest. 10, 13. Obgleich
adire libros Sibtjlhnos übersetzt werden kann die Sihyll. Bücher nach-
schlagen, so folgt daraus nicht, dass man so auch librum, libros adire
von allen Büchern sagen kann, die man vor und bei sich hat, indem
bei jeuer Redensart ein wirkliches Gehen auf das Kapitol Statt fand.
Im N. L. findet man es oft so angewandt, z. B. adii Homerum, Pla-
tonem, lexicon Suidae; non potui adire Eustathium.
Adilialis ist klassisches Adjectiv von dem Schmause (coena, epu-
lae), den Einer beim Antritte seines Amtes gibt, z.B. auguralis adi-
tialis coena, der Antrittsschmaus eines Augurn. So möchte aber auch
wohl unbedenklich eine Rede, die beim (zum) Antritt eines Amtes
gehalten wird, oratio adilialis genannt werden können, besser wohl
als inauguralis^ was gar kein latein. Wort ist. Vgl. Inauguralis.
Aditio, das Hinzugehen, A. L. Form für aditus, die sich nur noch
später vom Antritt einer Erbschaft in der juristischen Sprache er-
halten hat.
Aditus, Zugang, Zutritt zu Etivas, zu Jemajiden, entweder mit
ad oder mit d. Genitiv, z. B. Cic. Somn. Sc. 8 limes ad coeli aditum
patet, es breitet sich ein Pfad aus, um zum Himmel zu kommen;
auch mit i7i, wenn es in Etwas hinein bedeutet, z. B. aditus in id
terapli sacrarium (Cic. Verr. IV, 45). In der Bedeut. Audienz bei
Jemandeji nicht apud, sondern ad aliqnem, z. B. ad consulem, bei dem
Consul. Man brauche es aber nicht von der Audienz bei einem Für-
sten, welche admissio hiess. Vgl. Admissio.
Adjudicare, Eine7n Etwas zusprechen, wird, wie im Deutschen,
verbunden alicui aliquid.
Adjtingere, anschliesse7i, a7ikniipfen, verbinden, 7vora7i oder 7V07nil,
nicht cwn aliquo, sondern alicui und noch öfter ad aliquem (aliquid).
Cic. Att. I, 14, 4 hie dies me valde Crasso adjunxit, machte 7nichganz
zum Freunde des Cr. — Rep. 11,9 ad vi/n (mit der Gewalt) domina-
tionis — adjuncta est auctoritas.
Adjutare, helfen, unterstützen, nur einmal bei Cicero in einem
Briefe, sonst A. und P. L. für adjuvare.
Jdjutor, der Helfer, Gehülfe ; ivessen Gehülfe oder zu wessen
Beistand wird theils durch den Genitiv, theils oft natürlicher durch
den />ö!^/ü ausgedrückt, wie bei vielen Substantiven. Cic. N. D. 1,7 nolo
existimes me adjutorem huic venisse, bei welchem Verbo venire
gern ein Dativ steht.
Adjuvare, helfen, beistehen, wird im bessern Latein nur mit dem
Accusativ verbunden, A.L. m. d. Dativ. — Kl. heisst die Perfectform
mehr adjuvi, als adjuvavi, und das Supinum mehr adjutum, als adju-
vatum.* — Selten hat adjuvare nach griech. Art den Infinitiv bei
sich, wie bei Plin. N. 11. XI, 24, 89 adjuvat mas inc7ibare ; gewöhn-
lich mit i/i oder ad und dem Gerundio, z. B. Jener hilft mir das
Buch abschreiben, entweder: ille me in libro describe7ido adjuvat,
wie in Cic. Off. 11,16,56 liberales sunt, qui araicos in filiaruni collo-
catione adjuvant; oder: ille me adjiivat at/ librum describendum, wie
128
Cic. Quinct. 23 ad verum probaiidum aiictoritas adjnvat, Liv. XXXVn,26
Eumeiiis classis adjiivit consuleni ad trajiciendas in Asiam legioiies; —
oder auch woh! : ille me librura describentein adjnvat.
* Seltsamer Weise verwundert sich Giese (z. Cic. Divin. II, 25, 55), dass
alle Handschr, uud Ausgg. hier und Phil. XII, 4, 10 adjuverunt hätten, da doch
Cic. immer adjuvarunt schreibe (alibi Tullius semper adjitvarunt), ohne seine
nichtige Behauptung durch Stellen zu erweisen. Vgl. auch Hase's Anm. z. Rei-
sig's Vorles. p. 235.
Jdminiculator, der Gehülfe, der Einen unterstützt, Sp. L. für ad-
julor, adrnim'ster, socius.
Admirabundus, sich verwundernd, N. L. für admirafis, ?nirabundus.
Admirari, sich verwundern, wird nur verbunden aliquid, über
Etwas, z. B. brevitatem litterarum, über die Kürze des ßr. ; wenn
de gebrauclit wird, was wohl nur im Anfang eines Satzes geschieht,
so bedeutet dies in Beziehung, in Rücksicht auf — und ist da nicht
wohl anwendbar, wo der Accusativ erforderlich ist.
Admiscere, beimischeri, mischen, wird theils mit d. Dativ, theils mit
d. Ablativ dessen, dein Etwas beigemischt oder mit de?n Etwas ge-
mischt wird, verbunden, z. B. aliquid admiscere aquae oder aqua,
lacti oder lade. Was im Dativ steht, ist wohl grösser, was im Abla-
tiv, kleiner.
Admissio in der Bedeut. Zutritt, Audienz, erst in den Zeiten der
Kaiser, und nur von der Audienz bei einem Fürsten und Herrn,
welcher den Zutritt zulässt, wovon auch das besondere Amt, für
die Audienzen zu sorgen, officium ad?nissioTiis und Jeder, der es be-
sorgte, admissionalis, ferner der höchste Beamte, der für dieselben
zu sorgen hatte, also der erste Rammerherr oAgv Hof mar schall, magi-
ster admissionum, und der nächste nach ihm (gleichsam der Vice-
Hofmarschall) proximus admissionum (Ammian. XXII, 7) hiess. Vgl.
Scheller's grösseres Lex. u. das neue Freundische. Man verwech-
sele daher nicht admissio mit aditus, wiewohl admittere ganz allge-
mein zulasse7i, Zutritt ertheilen bedeutet. So meistens der Jen. Rec.
(Georges).
Admodum bei Zahlwörtern braucht man im N. L. in der Bedeut.
ungefähr, beinahe, etwa, z. B. admodum decem, etiva zehn, für drei-
ter, ad oder fere, da es vielmehr unser gerade zehn, nicht mehr
noch weniger bedeutet. So Freund im Lex. nach Handii Tursell. I,
p. 175. — N. L. ist auch 7ion oder haud admodum bei einem Adject. oder
Adverb, in der Bedeut. nicht sehr, nicht gar sehr, nicht eben, für non
oder haud ita, z. B. ich wünsche mir einen nicht sehr (nicht eben)
grossen Garten, hortum non ita magnum — , nicht ?io?i oder haud
admodum lu., wie neulich Einer haiid adinodum coacte, nicht sehr
gezwungen, für haud ita coacte sagte.
Admonefacere, ermahnen, ist zweifelhaft, da es nur einmal und
nur in einer alten Handschr. in Cic. Plane. 34 vorkommt, wo für
admonfästi ad?no?iefecisti steht, welches R. Klotz unbedenklich auf-
genommen hat, wiewohl Wunder Anstand nimmt.
Admo?iere \sir diu der Bedeut. Einen wegen einer Sache warnen,
erinnern verbunden aliquem de aliqua re, nicht ob (propter ) aliq.
rem: in der Bedeut. Einen an Ettvas erinnern, tiliquem alicujus rei,
indem nur die Meiitra der Fron, hoc, id, illud, quid, quod und m?ilta
129
nach vielfachem Gebrauche nn Accusntiv statt des Genitics stehen.
Falsch ist es daher, wenn iieuJicIi gesag^t wurde verba admoneri,
für verborum. P. L. steht der Inf. oder Acc. c. Inf. für nt oder war-
nend ne, womit der Gebratich des Acc. c. Inf. nicht zu verwechseln
ist, bei w elchem admonere bedeutet Einen an Etwas erinnern, was
ht^ gewesen ist oder sein wird, ohne allen Begriff des sein Sollens,
wie bei Livius XXIV, 9 u. XL, 56, wo der Inf. ganz richtig ist. Dage-
gen sagt nicht gut Muret. (Oper, T. I, p. 143 ed. Fr.) : nisi rne tein-
poris ratio brevern esse admo?ieret für ut brevis essem, wie Frotscher
richtig dazu bemerkt: Immo juberet \tl ut brevis essem adm.; neque
enim perinde est, utrum admonendi verbum sequatur infinitivus, an
nt particula. Und so sage man nicht: saepe te adnioiiui mihi quam
primum scribere für ut scriberes. Falsch ist auch admonere aliqueni
ad aliquid, Einen zu Etivas aufmuntern, ermahnen., für hortari oder
adhortari ad aliquid.
Admonitus, wovon nur der Abi. admonitu in der Bedeut. auf den
Rath, auf die Ermahnung, Erinnerung eines Andern vorkommt, be-
deutet nie, wie Scheller im Lex. angibt, das Andenken oder die Erin-
nerung an Jemanden (objectiv). Der Plur. von admonitum, admonita
(nur einmal bei Cic. Orat. II, 15, 64) durfte nicht beanstandet werden,
für das gewöhnliche admom'tiones ; jedoch brauche man ihn auch
nicht nach.
Admovere, bewegen, in Bewegung setzen u. s. w., wird verb. ali-
quid alicui oder ad aliquem, ad aliquid. Nicht jedes Subst. passt im
Accus, dazu, z. B. medicinam admov. für adhibere, affer re med. — N. L.
ist auch Einen bewegen, Etivas zu thun, ihn aufmuntern, aliquem
admovere für impellere ad aliquid oder mit ut, z. B. me impulit ad
scribendum, ut scriberem.
Adnare, her anschwimmen, ist die bessere Kl. Form für die ge-
wöhnliche N.Kl. ad?tatare, ebenso vi/ifi nare für natare. Vgl. Drakenb.
Liv. XXI,27, 5. Es wird verb. mit ad aliquid, blos aliquid oAer alicui,
z. B. ad eam urbem (Cic. Rep.II, 4) ; naves, an die Schiffe (Caes. B. C.
11,44) ; navibus, an die Seh. (Liv. XXV1II,36, 12). Bei Cicero kommt
es übrigens nur einmal vor, aber mit poetischer Farbe : merces ad
eam urbem possutit adnare.
Adnectere und andere mit Adn. anfangende s. unter Ann.
Adolere ist in der allgemeinen Bedeut. verbre7inen erst Sp. L.
für comburere, da es eigentlich ein heiliges Wort ist und vom Fer-
brenyien auf einem Altare gebraucht wird.
Adolescere, heranwachsen, hat in der bessern Prosa im Perfect. nur
adolevi, nicht adolui, wie vielleicht das vorige adolere hat. — Davon
Adolescefis, heranwachsend, als Subst. der junge Ma?in, Jüngling,
die Jungfrau. Es lässt wohl Subst., wießhus, filia, und (überflüssig)
homo zu, aber nie vir, wie bei uns, der junge Mann. Die Benennung
adolescens kommt zunä( hst denen zu, welche zwischen dem 14. bis
30. Jahre stehen, vor ihnen inieri wwA nach \\\\\e\\ juvenes ; das Alter
der adolescentes ist die adolescentia. Oft aber werden auch die jix-
venes, welche über 30 Jahre alt sind, so genannt in Bezug auf blü-
hendes Aussehen, Rüstigkeit, Lebendigkeit und Kraft, und die Wörter
werden so oft mit einander verwechselt, was jedoch nie geschehen
darf, wenn nur das Aller berücksichtigt wird. Daher möchte es wohl
9
130
tadelliaft sein, wenn Im JV. L. auf dem Titel vieler Schnlbiiclier steht
m iisiiin jiive7mtn odei' ^ar studiosne jiiventuUs. Uebri^eiis nennt Ci(ero
jnn^e Leute, so lange sie sich auf ein Staatsamt oder auf den lledner-
und Advocaten- Stand vorbereiteten und sich bei Juristen, llednerii
und Philosophen übten, niemals juve?ies, sondern nur adolescefites,,
und ebenso hiess im Kriegsdienste der, welcher sich demselben vor
den gesetzmässigen Jahren widmete, noch nicht juve7its, sondern
adolescens. Auch merke man noch, dass bei zicei glei( hnamigen Per-
sonen aus einer Zeit der jüngere zum Unterschiede von dem altern
oft adolescens genannt wird, dass aber, wenn Vater und Sohn un-
terschieden werden sollen, wo wir gewöhnlich jenen den ß//e/?, diesen
den jungen nennen, die Lateiner vielmehr pater und ßlius, nicht
senex und adolescens brauchten, z. B. Curio pater, Curio ßlius, der
alte Curio, der junge C. — Was von adolescens und juvenis gesagt
worden ist, gilt audi von adolescentia und juve?itus. Man beachte aber
wohl, dass adolescentia nie bei den Alten für adolescentes gebraticht
wird, wie doch Juventus für juve?ies. Denn wenn gleicliin Cic. (Arch.
7, IG) : haec stndia adolescentiarn agunt (beschäftigen die Jugend)
und Cato (8, 25): in ea quidem, quae non vult, saepe etiam ado-
lescentia incurrit, das Wort im Sinne von adolescentes verstanden
werden kann, so denkt Cicero doch nur an das Jünglingsalter. Falsch
schreibt daher J. M.Gessner (in praef. Heineccii fiindam.styli) : magno
cum applausu adolescefitiae für magno cum plausu adolescentium ;
falsch ein Anderer: 7iunc etiam graece scribit adolesceiitia für scribunt
adolescentes. Und so sagt Cic. Att. II, 24, 2 nicht manus adolescentiae,
sondern manus juve?ituiis — und Cato 9, 28 nicht quid est jucundius
se?iect?ite stipata studiis adolescentiae, sondern juventutis, wofür er
auch adolescentium hätte schreiben können. JV.L. ist daher adolescentia
Romana, Germanica; adolescentium erudire, docere u. a. Vgl. auch
noch Vavassor. Antib. p. 471 u. Webers Uebungssch. p. 338.
Adolescentiari und adolescenturire , Jugendstreiche tnachen, sich
jugendlich benehmen, sind zwar Ä7., aber stehen so einzeln da (jenes
bei Varro, dieses bei Laberius) . dass dafür besser juveiiiliter agere-,
juv. e.Tsultare u. s. w, gesagt wird.
Adoperire, bedecken, findet sich als Verb, finit. nur in der Form
adoperiunt N. KL bei Columelia, so dass man dafür adobruunt,
ein Lieblingswort desselben, vermuthen konnte; sonst kommt seit
Livius, besonders bei Dichtern, nur das Partie, adopertus vor. Man
brauche dafür operire, obtegere u. a.
Adoptare hat zwar mit und ohne sibi die Bedeutung an oder zu
sich 7iehme?i zu seinem Dienste und Gebrauche, umhlen, und hat daher
fast nur ein Personen -Object, z. B. hjinc Tnihi patronum adoptavi,
diesen habe ich mir zum Vertheidiger gewählt; aber unerweislich und
nirgends in der allgemeinen Bedeut. nehmen, aufnehmen, ivähleri,
mit einem Sach-Objecte, wie im N. L. adoptare lectiojietJi, scriptu-
ram (eine Lesart^ , librum alique7n, Ho7neri carmina n. dgl., theils
für recipere, theils für eligere, sibi sumere. Daher eben so wenig
ordi7iem aliqucTn adoptare, irgend einen Sta7id (Orde7i) an7iehmen,
umhlen, für das passive cooptari i7i ordi7iem, in einen St. aufgeriom-
mcn werden. Vgl. Vorst. lat. mer. susp. p. 140 und Sciopp. Infam, p. 96
gegen Famian Strada, der jene Ausdrucksweise brauchte.
131
Adoptatio, und mit kürzerer Form adoptio, die yin?iahme, be-
sonders an Kindes Statt, sind beide Äf. und ^ut, und die erste, ältere
Form aucli in einigen Stellen Cicero's (wie z. B. Tusc. I, 14, 31 und
pro Balb. 25, 57) durch die besten Handsclir. beglaubigt, was be-
zweifelt worden ist. JV. Kl. und später wurde die kürzere Form
vorgezogen.
Adorare, verehren (die Götter), beten, bitten um Etwas, zwar nie
bei Cicero und Caesar, welche venerari, coJere^ precari und siippU-
care dafür brauchen, aber doch seit Livius ganz gewöhnlich bei
Diclitern und Prosaisten, die es nicht nur von demüthiger äusserer
Verelirung in Bezug auf Götter, sondern auch auf Menschen brau-
clien. 3Iau benutze es daher neben den obigen Wörtern. Ebenso
auch adoratio neben veneratio, cultus, suppUcatio; aber adorabilis
und adorator sind Sp. L.
Adp. \ die so anfangenden Wörter s. unter App.
Adr. f — — — — s. unter Arr.
Ads, { — — — — s. unter Ass.
Adt. ) — — — — s. unter Att.
Adulari, schmeicheln, im bessern Latein gewöhnlich nur Depo-
nens, wiewohl es Cic. (Off. I, 26, 91) wahrscheinlich auch passiv
braucht; — A. L. auch in activer Form adulare. Nacli Belieben ver-
band man es mit dem Accusativ und Dativ, aliquem und alicui, ]e.Aoc\\
seit Livius mehr mit d. Dativ, früher mehr mit d. Accusativ ; wenig-
stens bemerkt Quintilian (IX, 3, 1): huic non hnnc adulari jam dici-
tur. Uebrigens bedeutet es bei den Bessern auf eine niedrige, krie-
chende Art schmeicheln, wesshalb sich davon assentari und blandiri
unterscheiden. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 60.
Adulterains, verfälscht, nachgemacht, wird in Verbindung mit
nvmus, Münze, Geld, signum, Siegel, Petschaft, clavis, Schlüssel
u. a. nicht gebraucht, indem bei ihnen adulterinus üblich ist.
Adultus, herangewachsen, ist gut, aber aduUiores m der Bedeut.
die Aeltern N. L. für majores natu. Vgl. Klotz zu Sintenis, p. 110.
Adunare, vereinigen, Sp. L. f. conjungere, in nman cogere oder
congregare. Noch später adunatio, die Vereinigung.
Adusque, bis an, P. u. Sp. L. für usque ad. Vgl. Handii Tursell. I,
p. 189.
Advecticius, her betgebracht, fremd, ausländisch, zwar nur bei Sal-
lust vom Weine, vinum advect., aber gut neben importatus.
Advehere als Activ. m. d. Accusativ, und advehi als Passiv, oder
Neutr. mit der Praep. ad, wohin, zu welchem Orte; mit in, hinein; —
P. ohne ad mit dem Acc.
Advenerari, verehren, A. L. bei Varro und P.
Advenire und das seltnere adventare, aiiJcommen, werden nur
verbunden entweder mit ad oder mit in und dem Accus.., aber nie
mit in und dem Abi. ; P. mit dem blossen Acc, wiewohl wir nicht allein
sagen an einen Ort kommen, sondern auch an einem Orte ankommen.
Man sage daher: advenire in urbem, in domum (im Hause), oder
blos domum {zu Hause), Delphos (zuD.), ad me (bei mir), niclit m
nrbe, in domo, domi, Delphis, apud me. Daher auch wo, quo, nicht
nbi; hier, huc, nicht hie; dort, eo, istuc oder illuc, nicht isfic, ibi,
illic. So auch bei dem Subst. adventus., die Ankunft, z. B. in der
9*
132
Stadt, in urheni; bei Cicero, ad Ciceronem, nicht apud; in Rom,
Nomani, nicht Itomae. Vgl. Cic. Manil. 5, 13. Phil. I, 3. Att. XIV,
13, 2. X, 8, 2.
Adventorius, die Ankunft betreffend, P. u. N. Kl. f. adventicius
(tius); daher coena adventicia, nicht adcentoria, der Ankunftsschmaus.
Adversari, widerstreiten, sich widersetzen, wird verb. alicui, und
nur bei Tacitus aliquem., so wie A. L. mit contra oder adversus
aliquem, was beides nicht nachzuahmen ist.
Adversaria, als Subst. im Plur. die Adversarien, sind bei den
Alten nur die Hausbücher zum Eintragen der Geldposten im Handel
und Wandel und in der Wirthschaft; erst im N. L. wird es von
Gelehrten angewandt auf ihre Notizbücher, in welche bei Gelegen-
heit Bemerkungen, theils eigene, theils Anderer zu künftigem wei-
term Gebrauche und weiterer Ausführung eingetragen werden. Da-
für brauchten die Alten commentarii, wovon unten bei diesem Worte.
Adversarius, zuwider, feifidlich, wird als Adjectiv nur mit dem
Dativ, aber als Subst. mit dem Genitiv und mit dem Dativ verbun-
den, z. B. Cic. Tusc. V, 27, 76 acerrimus virtuti adversarius. Wenn
der Begriff 7/7^^/^^^Ä•/^c/^, ungünstig darin liegt, wird mehr das Adject.
adversus gebraucht, z. ß, bei valetudo, fortuna, res, ventus ; daher
res adversae nicht adversariae, das Unglück, die Noth, Bedrängniss
u. a. Man achte auf die Verbindung mit Subst.
Adversio, das Hinwe7iden, die Richtung, ein höchst seltenes Wort,
welches die Lexica bisher nur als Sp. L. bei einem kirchlichen
Schriftsteller, verbunden mit dem Gen. animi, angeben; jetzt steht
aber dieses adversio animi, die Geistesrichtung, durch die besten
Hdschr. gesichert auch in Cic. Arch. 7, 16, wo Stürenburg zu ver-
gleichen ist.
Adversitas, N. Kl. beim altern Plinius in d. Bedeut. das Wider-
liche; aber sehr Sp. L. in der Bedeut. die Widerwärtigkeit, das Un-
glück. Man hat dafür viele andere gute Wörter, z. B. malum, res
adversa, casus u. a.
Adversus a, um. Mit dem Nentr, adversurn fanden sich in der
gewöhnlichen Sprache mit ex und in die Redensarten ex adverso,
von der andern Seite her, gegenüber und in adver sum, nach der
entgegengesetzten Seile hin, welche beide seit Livius (das erste für
das KL e regione, das andere f. in adversam parte?n) in der N. Kl.
Zeit gebraucht wurden.
Adversus als Präposition wird , wie unser gegen, nicht nur in
feindlichem, sondern auch in freundlichem Sinne gebraucht, z. B.
reverenfia adversus homines, justitia adversus infimos. IVur bei Sal-
lust und Nepos steht es hinter dem Accusativ, nie bei Cicero und
Caesar, wesshalb diese Stellung nicht nachzuahmen ist.
Advertere verbunden mit animnm., vgl. Animadvertere. Verbun-
den mit i7i aliquem in d. Bedeut. Jemanden bestrafen ist es A'. A7.,
nur bei Tacitus für das Kl. animadvertere in aliquem.
Advocare, N. L. in der Bedeut. advocireii, d. h. eine Rechtssache
führen, für alicujus causam agere, aliquem defendere u. a. Ebenso
nicht advocare aliquem ad aliquem im gewöhnlichen Sinne, für vocare.
Advocatw ohne Auctorität in d. Bedeut. das Herbeirufen; man
drückt es durch advocare, vocare, arcessere aus, und in d. Redensart
133
auf's Herheirufen durch accitu oder arcessifu, welche beide in andern
Casibus ungebräuchlich sind.
AdvocaUis ist in unsrer Bedeut., der Advocat, d. h. der, welcher
den Prozess eines Ändern führt, erst N. Kl. und bezeichnet zudem
doch nur den, welcher es aus Gefälligkeit, nicht um Geld thut;
unser heutiges Advocat heisst causidicus. Kl. hiess advocatus nur der,
welcher beim Gerichte auf des Andern Seite ist, dagegen der, wel-
cher mündlich eine Sache verfocht, hiess causae patronus, auch
blos patronus.
Advolare, herbeifliege?! oder -eilen, wird Kl. verbunden ad aliquem
(selten ohne ad) und mit in — , hinein; P. Li und N. Kl. alicui.
Advolvere se oder advolvi, sich ivälzen, niederfallen, nirgends bei
Cicero und Caesar, welche accidere, procumbere, projicere hrauchen;
zuerst findet es sich bei Livius u. Andern ni. d. Dativ, z. B. genibus, zu
den Knieen; Andere verbinden es mit ad, und Tacitus m. d. blossen
Accusativ, z. B, genua.
Adytum, das Innerste, Allerheiligste eines Tempels, zwar nur
P. L. für occulta ac recoudita templi (Caes. B, G. III, 105) , intima
aedis pars, interiora aedis, auch pejietralia; aber dennoch in der
Bedeut. das Allerheiligste etwa so anzuwenden, wie es Caesar thut,
der zu jenen Worten hinzusetzt: quae Graeci adyta {ädviu) ap-
pellant.
Aedes oder gleich gut aedis (s. Zumpt Cic. Verr. IV, 55) be-
deutet im Sing, nur den Tempel, nie das Haus, für welche Bedeut.
nur der Plural diente; mehrere Tempel heissen nur aedes sacrae
(Cic. Sext. 44) oder deorum (mehrmals bei Sueton.), ausser wo der
Zusammenhang die Bedeut. unterstützt. Man merke: zwei Tempel
heisst duae aedes sacrae, aber zwei Häuser, binae aedes.
Aedificare dehnt sich Kl. auf Alles aus, was hervorgebracht oder
geschaffen wird, nicht blos auf Häuser; daher z. B. navem (Cic.
Verr. IV, 53) , urbein (Cic. Off. II, 5), mmidum (id. Tusc. I, 25),
hortos, Piscinas u. a. In dem Sinne bebaue?i (einen Ort), d. h. mit
raehrern Häusern besetzen, sage man nicht aedificare, sondern coaedi-
ßcare; daher bei Cic. Partit. 10 loci coaedißcati an vasti. yg\. Cic.
Att. XIII, 33, 4. Verr. IV, 53, wo für aedificatam mit Zumpt u. Klotz
coaedißcatam zu lesen ist.
Aeditirnus oder aeditumus und aedituus, der Kirchner, Küster,
Tempelhüter, — drei Formen, die zu Cicer. Zeit im Gebrauche wa-
ren; die beiden ersten waren die älteren, die dritte die neuere von
den Städtern (Varr. R. R. I, 2) gebrauchte und nachher allein geblie-
bene Form. Cicero brauchte in seinen ersten Reden vielleicht noch
die ältere Form, später die neue. Vgl. Verr. IV, 44 u. Topic. 8, 36.
Aeginensis, von Aegina, weniger gute Form als Aegineta (Subst.)
und Aegineticus (Adject.)
Aeger, krank. iVicht verwerflich ist aeger animi für unser ge-
müths- oder seelenkrank., mehrmals bei Livius, aber nie aegrotus
animi.
Aegre. Die Redensart hoc mihi aegre est, das ist mir verdriesslich,
ich bifi darüber verdr., ist A. L. und findet sich, wahrscheinlich
aus der Volkssprache genommen, nur bei den Komikern. Gleichwohl
braucht es Muret. Expl. Cic. Catil. 1, 12., 29 cui hoc ipsum per se aegre
134
est für gm aegre fert, cui ita molestum est. Ebenso Epist. I, 23
(Oper. T. II, p. 50 ed. Fr.) mihi aegre est, quod iioa jampridein
vivere coeperini.
Aegrere, krank sein und aegrescere, krank, bekümmert werden,
beide fast nur P. L. und das letzte in Prosa nur bei Tacitus; jenes
für aegrtim oder aegrotum esse, aegrotare, dieses für in morbum
incidere, morbo afflictari.
Aegrimonia, der Kummer, nur einmal bei Cicero, sonst nur bei
Dichtern, für aegritudo.
Aegritudo und aegrotatio, die Krankheit ; jenes Kl. nur von der
Seele, dem Gemüthe, also Ge7nüthskrankheit, N. Kl. aber auch vom
Körper; das zweite aber nur vom Körper. Cic. (Tusc. III, 10,22) sagt:
ut aegrotatio in corpore, sie aegritudo in animo nomen habet non
sejunctum a dolore. Vg-1. ib. IV, 7, 14. Uebrigens bedeutet in philos.
Sprache aegrotatio jeden krankhaften Zustand im Allgemeinen.
Aegyptiacus, schlechtere N. Kl. Form für Aegyptius, was Adj.
u. Subst. ist.
Aemulari im guten Sinne nacheifern, nachahmen, nachringen.
Kl. nur m. d. Accusatic, im üblen Sinne neidisch 7iacheifern, beneiden,
m. d. Bativ. Vgl. Spald. Quintil. X, I, 122 u. Reisig's Vorles. p. 667
u. 677.
Aemulatus, die Nacheiferung, N. Kl. nur bei Tacitus für aemu-
latio.
Aenigma hat im Dat. u. Abi. Plur. aenigmatis, nicht aenigmati-
bus. ^'^\. Th. I, §. 31.
Aenus und ahenus, ehern, P. Form für aeneus oder aheneus.
Aeolia, Name einer kleinasiatischen Landschaft, welcher nach
llandschr. sicher steht in Cic. Divin. I, ], 3 und Corn. N. Cono 5; Livius
und der ältere Plinius brauchen dafür Aeolis (Gen. Aeolidis). Es
fehlt in Freund's Wörterbuche.
Aequaevus, gleichalterig, von gleichem Alter, nur P. L. und in
Prosa beim altern Plinius aus einer Schrift eines zu Tiberius Zeit
lebenden Juristen, für das Kl. aequalis, welches für diesen Begriff
am meisten gebraucht wird. Vgl. Cic. Brut. 68, 239 meus aequalis
Cn. Pompejiis, welcher ein Geburtsjahr mit Cicero hatte. Id. Orat.
III, 8, 31 duo prope aequales. Id. Fin. V, 15, 42 von Kindern: aequa-
libus delectantur; tum aequalibus decertant u. s. w., wiewohl es bis-
weilen nur den Zeitgenossen bedeutet und gleich dem ejusdem aetatis
ist, was Cic. ebenfalls in diesem Sinne braucht, wie in Caecil. 13, 41
ut ejusdem aetatis aut nemo aut pauci. Ausserdem aetati alicujus ad-
junctus oder co7ijunctus. Cic. Leg. I, 2, 6. Brut. 26, 99; 47, 174; 63,
226. Jenes ist in Prosa durchaus verwerflich.
Aequalis, gleich, wird verbunden wie ein Subst. mit dem Genitiv.
und wie ein Adject. mit d. Dativ.; P. mit cum. Es ist ohne Com-
parationsformen.
Aequalitas mit dem Genit. animorum, Gleichheil der Gesinnun-
gen, verwirft R. Klotz zu Sintenis Stylüb. p. 146; man sage dafür
eadem studio, eaedem voluniates (Cic. Off. I, 17, 56), voliintotian,
Studiorum. sententiarinn (summa) consensio (Id. Laei. 4, 15) und nach
Lael. 8, 27 cujus cum moribus et natura congruimus maxime. —
135
Auch liegt dies in aequab'tas fraterna , zumal bei Brüdern, wie bei
Cic. Ligar. ]2, 34, und in fratemi animi bei Horat. Epist. I, 10, 4.
Aeqtianimis und aequanimus, gleichmüthi'g, gleichgesinnt, beide
Sp. L. und ganz zu vermeiden, für aequo animo oder constans, und
in der zweiten Bedeut. für Concors, fraterno animo u. a. Ebenso das
Adv. aequanimiter. Aber auch aequanimitas, bedeute es Wohlwollen,
oder Gleichmuth, ist' verwerflich, da es in jener Bedeut. für bene-
voleniia nur A. L. und in der zweiten für aequus animus, aequitas
animi, constantia nur N. Kl. beim altern Plinius vorkommt.
Aequare, gleichmachen. Kl. meistens cu7n aliquo (cum aliqua re),
mit Einem, mit Etwas oder Einem; seltner, wie bei Livius und
Quintilian. alicui, und so immer solo, dem Bodeti gleich machen ; in
der Bedeut. Einen erreichen. Einem gleich]iommen meistens m. d.
Acc. aliquem, und in der Bedeut. sich Einem gleich stellen, se alicui
aequare. Vgl. Zurapt Cic. OfF. I, 1, 3 und Reisig's Vorles. p. 678. Auch
vgl. Adaequare.
Aequator, der Aequator auf der Erdkugel, N. L. für circulus
aequinoctialis nach Varro L. L. VIII (IX), 18, p. 471 ed. Speng.
(p. 203 ed. Müller) oder circulus meridianus nach Seneca N. Q. V, 17.
Aeque ac nicht vor einem Vocal für aeque atque. Vgl. oben
Ac. Aeque verbindet zwei gleiche Gegenstände Kl. durch ac (atque)
oder et, jenes ac immer vor si , z. B. ebenso wie oder als ivenn,
aeque ac si. A. L. u. P. ist aeque cum , z. B. aeque mecum , ebenso
tvie ich — , oder mit dem blossen Abi., z. B. aeque illo, ebenso wie
(als) jener. Bei Cicero u. Caesar findet sich auch nie aeque mit folg.
quam; so erst bei Livius und den Folgenden. N. Kl. und selten,
jedoch beim Jüngern Plinius aeqiie ut , und P. auch bei Tacitus
das doppelte aeque — aeque f. aeque ac oder tarn-- quam. Man sage
nicht: illi aeque tibi, quam oder ut mihi (dir ebenso, wie oder als
mir) noti sunt, für aeque tibi ac mihi — ; tua negotia tueor aeque,
quam oder ut si mea essent, für aeque, ac si m. e. — N. L. ist aeque
multi,eben so Fiele, und Sp. L., wie Lactanz sogar sagt, aeque tolidem
für das einfache totidem ohne aeque. JV. L. ist aeque bene ac, eben so
gut a/s, in der Bedeut. eben so sehr oder eben so als, für aeque ac
oder peritide ac Richtig ist aeque bene ohne ac in der Bedeut. gleich
gut, wie bei Quint. IV, 1, 53 hoc aeque bene dici potest. N. L. ist
aeque minus ac in derBedeut. eben so wenig als, für non magis quam.,
nihilo plus quam oder neque — neque, z. B. Wynperssium aeque minus ac
Muntinghium in scenam produxi (bei Hemert. Ep. ad Wyttenb.), für
W. non magis oder nihilo plus quam M., oder ?ieque Wynp., neque
M. — Zu bezweifeln ist wohl aeque lojige abesse, gleichweit entfernt
sei?i, wenigstens steht es nicht bei den Bessern für aequo spatio oder
pari intervallo abesse, wie Caesar beide braucht.
Aeqiiicrurius, gl eichschenk elig, z. B. von einer Figur, ist sehr Sp.
L. für aequis cruribns. Ebenso
Aequilateralis, aequilaterus, aequilatus (G. eris, wie vetus)., gleich-
seitig, von einer Figur, — sind alle Sp. L. für aequis lateribus, nach
Quintil. I, 10, 3 data linea constitui triangula aequis lateribus possunt.
Aequilibris, wagerecht, horizontal, wahrscheinlich das Kunstwort
bei Vitruv.. wofür Varro (R. K. I, 0, 6) von einem ganz eben oder
wagerecht liegenden Orte sagt: loius ad libellam aequus.
136
Aeqtdparare oder aequiperare in der Bedeut. gleichkommen, er-
reichen wird verbunden m. d. Accus, aliquem; aber Etiras (sich) Ei-
nem gleichstelle?! mit dem Dativ. So bei Nepos und Livius, denn bei
Cicero und Caesar kommt es nirgends vor. Auch ist das Subst. aequi-
paratio Sp. L. für aequatio.
Aequipollere, gleichgelten, ist ohne alle Auc.torität; jedo(;h aeqni-
pollens Sp. L. für idem signißca?is, ejnsdem significationis, Jiotionis.
N. L. ist aequipoUentia.
Aequitos in der Bedeut. Gleichheit, Gleichförmigkeit N. Kl. und
selten bei Seneca und Sueton, für aeqiialitas oder aequabilitas. Kl.
bedeutet es die Billigkeit, Gelassenheit, Gleichmuth, zumal mit dem
Genit. animi.
Aequivalere. gleich viel vermöge?}, fast N. L. für tantundem valere.
Aequor in der Bedeut. das Meer ist, ausser in einem Fragm.Sal-
lust's, nur P. L. und N. Kl. bei Wenigen für mare, und in Prosa kaum
zu brauchen, so häufig es auch im A. L. dafür gebraucht worden ist.
Für P. erklärt es auch Cic. in einem Fragm. ^uid tarn planum vide-
tur, quam mare? ex quo etiam aequor illud poetae vocant. Ausser
dieser P. Bedeutung hat es die jeder ebenen Fläche, theils in Prosa,
theils bei Dichtern, aber sehr selten für die gewöhnlichen planities,
planus oder aequus locus und campus. Vgl. Anton. Progr. p. 90, der
es für die höhere Rede empfiehlt.
Aequus. Nach R. Klotz (in der Vorr. z. Cic. Reden Th. 1, p.
XXIX) sagte man in der bessern Prosa nur aequum et honum, nicht
honum et aequum; aequius et melius mehr als melius et aequius und
in der kurzen juristischen Formel ohne et — aequi boni facere,
aequum bonum, aequius melius.
Aer, Luft, fast nur als Element, mit den dazu als solchem pas-
senden Beiwörtern spirabilis, purus , tenuis , aber nicht von der ei-
ner Gegend eigenen Luft, welche caelum heisst, wozu man denn
auch nach der Verschiedenheit des Climas crassum, nebulosum, tem-
peratum, caliginosum, salubre, grave u. d. gl. hinzusetzt. Nur selten
kommt dann aer vor, wie bei PJin. Epist. V, 19 aer salubris.
Aera, die Zeitrechnung, ist das einzige latein. Kunstwort, frei-
lich aus der spätesten Zeit ,• es ist der Kürze wegen in Ermange-
lung eines andern nidit zu verwerfen. Daher bei unsern Chronolo-
gen aera Varroniana, Catoniana, Christi, Olympiadum u. s. w. An-
dere wählen das griechische epocha^ was nur im N. L. vorkommt.
Wenn nicht streng jener Begriff dadurch ausgedrückt werden soll,
so umsdireibe man es durch computatio annorum, temporum nota-
tio oder ratio.
Aerarium ist jede öffentliche Kasse, nicht die Kasse oder Cha-
touUe des P'ürsten, welche fiscus hiess. So unterscheiden sich beide
in den Zeiten der Kaiser. Die Quaestoren und Tribunen, welche
bei den öffentlichen Kassen angestellt waren, erhalten aber zur Be-
zeichnung das Adj. aerarius, nicht den Genit. von aerarium, z. B.
Quaestor (Tribunus) aerarius, nicht aerarii. Falsch sagt daher Bem-
bus Epist. X, 42 sescentorum (für sexcenorzim) numüm auveorum
pensionem in annos singulos tibi ut dent, aerarii (f. aerariis) quae-
storibus mando. Vgl. Tribunus. Richtig aber ist praefectus aerarii.
137
Aereus, ehern, kupfern, nur P. und N. Kl. Form für aeneus
oder aheneus.
Aerii/s, luftig, wird nie von einem Orte gesagt, welcher der Luft
ausgesetzt ist und von derselben durchweht wird ; dafür perßabt'lfs.
Falsch braucht es so Lipsius Epist. I, 40.
^erumna, der Kummer, drückendes Leiden, fast nur P., bei Ci-
cero nur in philosophischen Bestimmungen, sonst nicht gebraucht,
da viele andere Wörter den Sinn von Leiden und Kummer enthal-
ten; auch später ist es höchst selten und daher mehr als ein A.
u. P. Wort zu vermeiden. Auch Quint. (VIII, 3, ^Q) bemerkt da-
rüber: Aerumnas (dicere) quid opus est? tanquam parum sit, si di-
catur quod horridum (in andern Ausgg. si dicatur labor. Horridum
etc.), wo er von alten Wörtern spricht. Die Stelle ist noch strei-
tig. Jedoch das Adj. acrtimnosus (aber nicht das P. u. Sp. L. aeru-
vinabilis) braucht Cicero und Andere öfter.
Aesculapius, der bekannte Schutzgott der Aerzte. Die Redensart
Aesvulapii filius, Sohn des Aesculap, als Bezeichnung eines Arztes,
welche heutzutage oft gebraucht wird, kommt nirgends bei einem Al-
ten vor.
Aesopicus, Aesopisch, ganz Sp. L. Form für die bessere Aesopius.
Aestheticus, ästhetisch, N. L., aus dem Griech. amv>?;T*xoc (worin
aber der Begriff nicht liegt), kann als neueres Kunstwort in der
Philosophie kaum entbehrt werden. 3Ian verbindet damit den Be-
griff des Schönen, wesswegen in vielen Fällen die W^örter pulchri-
tudo, pulchrum, elegans, honus, z. B. honae litter ae, honae artes den
Gedanken ausdrücken. So heisst z. B. er hat ästhetisches Gefühl,
in eo i?iest elegantia. Dav. Ruhnken Ep. ad Heynium (Opusc. T. II,
pag. 689) spricht von dem Worte sehr verächtlich: In praef. ad
Virg., sagt er, et alibi tibi excidit vos aesthetica, quam belli homines,
qui nunc in Germania bellas literas colunt , voluntque Graecis et
Romanis, a quibus toto differunt coelo, similes videri, quam igitur
Uli minus belle finxerunt. Eam graecam non esse hoc sensu, inde
colligas, quod vir in graecis literis primarius, V ulckenarius, ex me,
qui ut Germanus scire deberem, quid hoc vocis esset, quaesivit, et
ubi dixissem, Germnnorum ineptias risit. Man beschränke daher den
Gebrauch des W^ortes so viel als möglich.
Aestimabilis, nur einmal bei Cicery (Fin. III, 6, 20) als Ueber-
setzung eines griech. philosophischen W ortes in der Bedeutung was
der Schätzung, Beachtung und daher der Wahl würdig ist, beach-
tenswerth. Da es sonst nirgends vorkommt, muss es ganz vermieden
und etwa durch aestimatione dignus ausgedrückt werden, zumal da
der Begriff unseres Wortes schätzbar nicht gerade darin liegt. Da
es weiter nicht gebraucht wird, wissen wir seine richtige Anwen-
dung nicht.
Aestimare ist in der Bedeut. werthschätzen , hochachten N. L.,
wie es heutzutage oft vorkommt, da in gutem Latein ein Genitiv
des Werthes, magni, pluris, plurimi u. ähnliche in solcher Bedeut.
dazu treten müssen. N. L. sind z. B. virtutem aestimo, bonos ho-
mines aestimamus, Aristidis justitia ab omnibus aestimatur, aestimat
ille et praedicat manuscriptos suos libros — , wo überall das AVort
magni fehlt; denn ohne einen Genitiv des Werthes heisst dieses
138
Verbum nur beiirtheilen, de7i Werth berechnen und angehen, wobei
ein Zusatz mit ex oder im l)Jossen Ablativ das ang'ibt, woraus das
Urtheil gezogen und wornacrh der Werth berechnet und angegeben
wird; z. B. vnlgus ex veritate pauca, ex opinione multa aestimat;
amicitias inimlcitiasque non ex re, sed ex comniodo aestimaraus. Man
sagt aber dennoch nach Weber's feiner Bemerkung (Uebuiigsscli. p.
396) nie: Deum magni aestimare, als zu schwach, ü\r colere, suspi-
cere, venerari. N. L. werden bei moralischer oder sittlicher Beur-
theilung u. Schätzung Adverbia für die Genitiven des Wertlies magnt
u. s. w. gebraucht, z. B. valde für magni; plus oder magis für phi-
ris; optime, maxime f. maximi, plurimi. — Falsch schreibt Mahne
(Crito p. 238): sicut virtutes — optime aestimari soleiit, L pinrimi
oder maximi. Hierbei merke man, dass niajoris f. pluris N. Kl. ist,
sich aber auch nur bei Seneca findet. Ueber den Ablativ des Wer-
thes bei diesem Verbo s. meine Anleitung §. 206. — Ueber aesti-
matus als Adjectiv s. unter diesem Worte. — B. u. N. L. ist es,
aestimare mit dem Accusativ und dem Inf. zu verbinden.
Aestimatio bedeutet nur Abwägung, Beurtheilungy Schätzung, Be-
achtung oder den relativen Werth einer Sache , eines Gutes (vgl.
Cic. Fin. III, 13), aber weder Achtung, Verehru?ig, Hochschätzung,
die ich einem Gegenstande erweise, welche meistens observantia
heisst, noch auch die Achtung und ff'erthschätzu?ig, in der ich bei
Andern stehe, und die mir bewiesen wird, welche existitnatio heisst.
Vgl. Cic. Fam. XIII, 65, 1. Es gibt daher wohl eine aestimatio fru-
menti, jjoenae, litis, librorum, manuscriptorum u. dgl., aber nur im
Sinne der Abschätzung des Geldwerthes, nicht der Werth- oder
Hochschätzung, wiewohl nicht zu läugnen ist, dass bei Cicero in
aestimandus und aestimatione digmis, freilich dem Zusammenhange
gemäss, eine Annäherung an die Bedeut. schätzensiverth, wenigstens
heachtenswerth, was Beachtung verdient liegt. Vgl. die oben ange-
führte Stelle Cic. Fin. III, 13 und Mencken. Ohservatt. p. 35.
Aestimator ist nur der Beurtheiler ., aber weder der Verehrer,
noch der Kenner eines Gegenstandes, wie es im N. L. oft vorkommt.
Der Kenner heisst existimator ., eigentlich der, welcher den Werth
einer Sa( he berechnet hat, mit seiner Berechnung und Beurtheihing
fertig ist, sie also zu beurtheilen versteht und sie kennt; daher der
Kenner, der Sachverständige^ Den Unterschied beider erkannte viel-
leicht zuerst Lambin., der in Cicero überall existimator zu lesen
vorschlug, wann es den Kenner bezeichnen sollte. Genau und be-
stimmt sprach davon J. Fr. Gronov zu Liv. XXXIV, 2 u. zu Gell.
N. A. I, 3. Dem existimator fügt daher Cicero bisweilen das syno-
nyme judex oder ein den Kenner bezeichnendes Adjectiv bei, wie
Fin. III, 2, 6 te haben aequissimum eorum studiorum existimatorein
et judicem, u. Brtit. 93, 320 qnantum existimator doctus et intelligens
poterat cognoscere. Uebrigens finden sich noch viele Stellen, wo
für aestimator zu schreiben ist existimator.
Aestimatus, oder mit alter Form aestumatus , hat erst im N.
L. die erdichtete Bedeutung hochgeschätzt, hochgeachtet, verehrt
erlialten und findet sich so sehr häufig, z. B. collega aestimatissi-
mus, vir acceptus mihi et aestimatus, editio aestimata et perrara u.
dgl. Was es bedeute, siehe unter Aestimare.
139
Aetas in d. Bedeut. die Menschefi irgend einer Zeit ist nicht verwerf-
lich; es findet sicli zwar vielleicht nie bei Cicero, aber doch beiLivius u.
den bessern Folg^enden, wie bei Quintil. XII, 1, 36 quos gravissimos
sapientiae magistros aetas vetiis (die alte Welt, die Me?iscfien der
Forzeit) credidit. Darauf beruht auch der Gebrauch der Alten, das
Wort von den verschiedenen Perioden des Menschengeschlechtes zu
brauchen und ihre Verschiedenheiten nach altgriechischer Redeweise
durch die Adjectiven aurea, argentea, ae?wa, ferrea zu bezeichnen;
aber dennodi nie als bildliche Benennungen der Perioden der Litte-
ratur eines Volkes; wollen wir aetas so brauchen, so bedarf es des
Zusatzes quam vocant, z. B. scriptores aureae aetatis, quam vocnvt.
— In aetas iniens liegt aber nach Dietrich, welchem Heusinger (zu
Cic. Off. I, 34) und schon vorher Manutius (zu Cic. leg. Manil. I, 1)
vorangegangen sind, welcher sagt: wow pueritiam^ sed adolescentiam
significat — , nur die frühe Jugend, nicht die Kindheit, welchen Be-
griff die Neuern oft damit verbinden, besonders in der Redensart
ab ineimte aetate. Vgl. besonders Cic. Off. II, 13 und Orat. II, 1, 3,
wo er sieh adolesce?ituhi?n, und sein Alter ineuntein nennt. Auch liege,
meint Dietrich, ebenfalls der Begriff adolescentia in der Redensart ah
initio aetatis (Cic. Off. II, 1,9) und in aetas prima (Suet. Caes. 80).
Aeternahilis u. aeternalis,ewig, theils A., theils Sp.L. f. aetermis.
Aeterne, ewig, als Adv. N. L. ohne Anctorität, z. B. aeterne vi-
vere, ewig leben, für aetermim esse, agere vitam perpefuam u. a.
Aeternitas, die Ewigkeit. Unser von Ewigheit zu Ewigkeit heisst
ab aeterno tempore in aeternum (Cic. Tusc. V, 25, 70), und ist nicht
durch aeternitas auszudrücken, welches in andern Verbindungen ge-
braucht wird. Vgl. die Lexica. Verworfen wird wohl mit Recht in
omjiem aeternitatem hoc non fiet, das wird, in alle Ewigkeit nicht
geschehen, für hoc nidlo unquani tempore fiet. Vgl. Vorst. latin. merit.
Susp. p. 46. Endlich unser von Ewigkeit her, in aller (alle) Einig-
keit, immer und ewig heisst ex oder ah omni aeternitate. Vgl. Cic.
Divin. I, 55, II, 7, 19. Fat. 14. Auf immer, auf eivig, für alle Etoig-
keit heisst in aeternum (Liv. IV, 4. XXVIII, 28. Quintil. V, 11, 41
neque durassent haec in aeternum), oder auch in perpetuum, wel-
ches aber mehr fär die Dauer bedeutet.
Aeternus , ewig, in der Bedeut. beständig , fortwährend , werde
vermieden, für assiduus , z. B. ein ewiges Schtvanken zwischen Tu-
gend und Laster, assidua jactatio inter — , nicht aeterna.
Aevum, Kl. wohl nur in der Bedeut. Leben, Lehefisdauer, nicht
Zeit im Allgemeinen, für tempus; so kommt es erst N. Kl. und P.
vor. Im iV. L. sehr häufig, sogar bei den Bessern, wie Muret. (Oper.
T. I, p. 314, ed. Fr.) optimus aevi sui poeta Claudianus, für aetatis
suae, teinports sui; Ruhnk. praef. Velleji (Opusc. T. II, pag. 460)
munditia Augustei aevi. wo Zumpt bemerkt: Vox aevum Ciceronis
quidem iniitandi studiosis poetica videbitur — , und so findet man
im N. L. oft nostrum oder hoc aevum, unsere Zeit, für nostrum
tempus, nostra aetas, nostra memoria. Ohne Beweis ist für diese
Bedeut. Cic. Somn. Scip. 3 (Rep. VI, 13) aevo sempiterno frui. Jedoch
findet es sich auch einmal bei Liv. XXVIII, 43 omuis aevi claris viris.
— Die Pluralform aeva ist ohne alle Anctorität. Vgl. Sciopp. de
stylo p. 110.
140
Afer als Adj. afrikanisch ist nur P. L. für Jfricanus; in Prosa
nur Subst. der Afrikaner.
Jffabiliter, freundlich, gefällig, als Adv. Sp. L. f, comiter, libe-
raliter, benigne, wiewohl affabilis und affabilitas Kl. sind.
Affamen und affatus als Subst. das Anreden, beide P. L. und
Sp. L. für appellatio, alloquium, allocntio.
Affeciare, affectatio, affectator, affectatus kommen bei Cicero u.
Caesar fast gar nicht vor, und wenn sie gebraucht werden, haben
sie den Sinn des Strebens nach Etwas. N. Kl. erhielten sie den
Begriff des eitlen Strebens nach Etwas und der Sucht, in Worten oder
sonst in einer Sache zu gefallen oder Aufsehen zu erregen, was wir
auch affectiren, affectirt oder geziert nennen. Quintilian braucht die
Wörter oft in solchem Sinne, und sie können so, wie er sie braucht,
angewandt werden. Vgl. Bonnell's lexicon Quintilian. Aber N. L. ist
es, das letzte, affectatus., von Menschen zu gebrauchen, da nur Sa-
chen so genannt werden, z. B. affectata scurrilitas, off. castitas u. a.,
wo es erheuchelt, nachgemacht, erkünstelt bedeutet: und dennoch
muss es auch da vorsichtig angewandt werden. Von Personen sage
man homo putidus, alienos mores affectans , arte quadam in osten-
tationem alicujus rei f actus (nicht cotnposittis ) ; bei Sachen mehr
quaesitus, assumptus, fucatus, adventitius u. a.
Affectio ist in der Bedeut. Zuneigung, Liebe, Wohlwollen erst N.
KL, findet sich nicht bei den Bessern und steht selten für amor,
voluntas, Studium, benevole?itia u. a. Man vermeide es. — Sp. L. ist
affectiosus oder affectiiosus, voll Neigung, Zuneigung.
Affectus bedeutet Kl. nur eine Regung, Stimmimg , einen Zu-
stand der Seele, oder auch des Körpers, gleich affectio; N. KL, wie
vorher affectio, Liebe, Zuneigung, Vorliebe, für Studium, graiia ; bei
Seneca und in der damaligen Sprache der Philosophen bezeichnet
es eine unerlaubte Leidenschaft, für die Kl. perturbatio, concitatio,
niotus , impetus animi, welche den Gebrauch des Wortes ganz un-
nöthig machen und höchstens auf die Philosophie beschränken. Vgl.
Sciopp. Infam, p. 7 und Vorst. lat. mer. susp. p. 120.
Afferre wird in seiner vielfachen Anwendung verbunden aliquid
alicui oder aliquid ad aliquem, z. B. mihi oder ad ?ne litteras attu-
lit; vobis oder ad vos periculura allatum est. Nur in einigen Redens-
arten ist nicht ad, sondern nur der Dativ üblich, z. B. afferre alicui
vim, manus, necem, Gewalt brauchen, Hand anlegen, ermorden. Neu-
tral sagt man auch mihi affertur de aliqua re, mir unrd Etwas ge-
meldet, z. B. de 7noite alicujus. Cic. Brut. I, 1. Das Object bei afferre
ist eigentlich nur eine tragbare Sache, nicht ein Mensch, ausser wenn
er getragen wird; daher wohl epistolam, litteras, librum, mensam —
und in bildlicher Anwendung metum, dolorem, nuntium, rumorem,
exemplum, locum (Stelle eines Schriftstellers) u. a. m., aber nicht
hominem, equum, navem, einen M. herbeibringen ( Ausdrücke,
welche sogar bei dem Ciceronianer Bembus vorkommen), für addu-
cere ; so auch nicht scriptorem, poetam — afferre, einen Schriftstel-
ler anführen, erwähnen., für proferre, indem adducere so nicht üblich
ist. Vgl. Adducere. Volkssprache bei den Komikern ist se afferre,
sich tvohin begehen.^ -gehen, für se conferre. — Ueber nuntii af-
ferunt vgl. Nuntius. — Einen Eid antragen, d. h. fordern heisst
141
nicht j?isjurandu7n afferre, wie Muret. Epist. III. 30 (Oper. III, p. 378)
sagt: si qiiis jusjurondum attuh'sset, sondern, wie Kiihiiken dazu h^-
mcrkt.,jusjur. deferre oder offerre, iit jurisconsulti veteres ioquiintur.
Affictitius in der Bedeut. erdichtet N. L. für ßctus, cornmentithis.
Affigere, anfügen, anheften, wird gleich gut verbunden mit ad
oder m. d. Dativ, z. B. ad caput, oder capiti alicujus; ad crucem
oder cruci. Ebenso afflxtis.
Affin gere wird, in welcher Bedeut. es sei, nur m. d. Dativ ver-
bunden.
Affinis, was bei Cicero und Caesar nur vertvandt, anverioandt
oder an Eltvas Theil nehinend bedeutet und mit dem Geiiitiv oder
Dativ verbunden wird, findet sich nur bei Livius XXVIII, 17, 5 in
der Bedeut. angränzend in örtlicher Beziehung, und ist wegen dieser
Seltenheit durch finitinms oder confinis zu vermeiden.
Affirmanter , versichernd, mit Gewissheit, mit Betheuemng^ Sp. L.
bei Gellius, vielleicht A. Z., für affirniate oder asseveranter.
Afßrmativus, versichernd, bejahend, Sp. L. Kunstwort in der (»rara-
matik und Philosophie für ajens, uffirmans ; und so affirmative für -
affirmate, cum affirniatione.
Afflatio, das Atiwehen, Anhauchen, N. L. für afflatus.
Affinere in der Bedeut. an- oder vorbeiströtnen an Etwas wird
verb. ad aliquid; in der Bedeut. überströmen von oder reich sein
an Etivas, aliqua re; so auch affiuens.
Affimdere., hinziigiessen, erst N. KL, beschränkt sich hinsichtlich
seiner Bedeutung sehr auf seinen eigentlichen Sinn, hinsichtlich seines
Gebrauches auf den altern Plinius und Tacitus, und hinsichtlich
seiner bildlichen Uebertragung auf Dichter. Es werde vermieden
durch f lindere ad aliquid. N. L. ist daher affundere lucem alicui
loco, in irgend eine (dunkle) Stelle Licht bringen, sie aufhellen, auf-
klären, erklären, was sich häufig in den Anmerkungen der Heraus-
geber findet. Eben so unlat. ist es daher auch, wenn der jüngere
ßurmann sagt; locum obscuriorem majori luce afftisum. Vg\. Lumen.
Africanus wird nur als Adj., nicht als Subst. gebraucht; als sol-
ches kommt nur Afer vor.
Age, wohlan, verbunden mit dem Plur. eines andern Verbi, z. B.
cojisideremus, verwerfen Einige, wie Laur. Valla Eleg. II, 16, als
schlechtlateinisch, aber mit Unrecht. Vgl. Cic. Rose. Am. 33 u. 3t).
Milo 21. TuU. 46 u. a. Ebenso agedum mit dem Sing, und Plural,
z. B. agedum mittit0 quaerite.
Agere. Dieses vielfach gebrauchte Wort werde vorsichtig ange-
wandt, einestheils damit unlatein. Verbindungen vermieden, andern-
theils seltnere, wohl gar ganz verworfene weniger gebraucht wer-
den. N. L. ist es, agere absolut, ohne ein Adverbium oder ein
Object, was man thut, zu brauchen, z. B. agit, er handelt, d. h. er
ist thätig; nur der Infinitiv mit seinen Gerundien und im Neutro
agendum est, es muss gehandelt werden, ist zulässig. Vgl. Iland's
Lehrb. p. 166. — N. L. ist agere orationem, eine Rede halten, für
habere orationem, indem agere bei einer Rede sich nur auf die Action
oder Gesticulation bezieht und das Vortragen bedeutet, z. B. Cic.
Orat, III, 56, 213 ut aguntur, wie sie vorgetragen iverden. Er spricht
hier von der actio, dem Vortrage oder Halten der Rede. So heisst
142
auch aclor in dieser Beziehung der Redner, insofern er die Rede
hält oder vorträgt, wie in jener nämliclien Stelle actore mutato;
und so wird von einem Schauspieler gesagt agit versum, er trägt
einen Vers mit Geberden vor. Vgl. Promintiare. Höchst selten und
vielleicht zweifelhaft ist agere proeliiim., pugTiam, eine Schlacht, ein
Treffen liefern, für facere oder committere. Scioppius erklärt es für
unlateinisch in der Infam. Famiani Stradae, welcher (Strada) es oft
brauchte. Es kommt aber bei Liv. XXII, 9 vor levibus proeUis cum
Gallis actis, wo J. Fr. Gronov/«c</s liest; dagegen lesen dieHandschr.
oft actus dafür, wo Liv. sonst imme^r f actus braucht. Als zweifelhaft
werde agere in dieser Verbindung durchaus vermieden. Uebrigens
bedeutet das ähnliche agere bellum bei Caesar u. A. nicht Krieg
fähren, sondern einen Krieg betreiben, d. h. dafür sorgen, dass er
geführt werde. — Sp. L. ist agere se exulein, principein u. dgl., sich
wie ein Verbannter, zvie ein Fürst — benehmen, die Rolle desselben
.spielefi, für das N'. Kl. agere exvlem ohne se (vgl. Oudend. Sueton.
p. 613), oder für das Kl. partes exulis — agere, personam exulis
sustinere oder tueri. Aber N. L. ist personam agere, eine Rolle spie-
len. Vgl. Persona. Wiewohl agere fortim, Gerichtssitzung halten (in
den Provinzen) Kl. ist, so kommt dagegen senatum agere für habere
nur N. Kl. bei Sueton. einmal vor und werde desshalb vermieden. —
Mit Recht verwirft auch wohl Laur. Valla Eleg. III, 75 agere allquem
certiorem, alicui gratutn,ludos,rem divinam, sacrißciiim, solejuiitatem.
Her, für facere. Obgleich agere, zumal mit cum aliquo, bedeutet mit
Jemanden sprechen, besonders im politischen Sinne des Unterhan-
delns oder Sprechens, um Etwas zu erlangen, so kommt es doch
nirgends vom geistigen Besprechen einer Sache und vom Handeln
und Sprechen von einer Sache vor, was im N. L. sehr gewöhnlich
ist, wo man entweder sagt in hoc libro agitur de natura deortim,
oder hie liber (hi libri) agit (agunt) de nat. deor. Wo steht etwas
Aehnliches bei einem Alten? Ohne eine Beweisstelle bleibt es un-
lateinisch für hie liber est de nat. deor., in hoc libro tractatur natura
deorum, disseritur oder disputatur de nat. deor. — Obgleich vitam
agere, das Leben hinbringen. Kl. und sehr gewöhnlich ist, so ist
doch N. L. vitae cursum agere für v. c. te?iere. Zu bezweifeln ist
aber tempus agere, die Zeit hinbringen, für tradiicere, consimiere
und N. Kl. beim Jüngern Plinius exigere. Bei Sallust aus dem A. L.
und bei Tacitus findet sich agere mit einem Adjectiv in der Bedeut.
leben für vivere, z. B. felix ago i\\r feliciter, ^ne vivo, sumfelix. —
Man merke auch, dass agitur mea salus bedeutet: für mein Wohl
wird gearbeitet, auch mein Wohl ist in Gefahr, steht auf dem Spiele.,
aber actum est de mea salute, es ist um mein Wohl geschehen, actum
est mecutn bene, praeclare, optime, es steht gut, herrlich mit mir,
ich hin in einem glücklichen Zustande, inid so entgegengesetzt male,
pessime. find lieh ist N. L. agere fiihil 7iisi mit Holzendem quod oder
dem blossen Coiijunctiv, für nisi 7it ; z. B. er that Nichts, als dass
er sich Mühe gab, nihil egit, nisi ut operam daret, nicht nisi quod
operam daret oder nisi operam daret.
Jggredi, unternehmen, wird bei folg. Infin., Etwas %u thun, sel-
ten Kl. mit dem Infinitiv verbunden (nur einmal bei Cic. Off. II, 1
de quibus dicere aggrediar) ; gewöhnlicli mit ad und dem Gerundio.
143
j4ggressio, aggressiira, nggressns, der Angriff, AnfaU, sämmtli(>h
S]) L. für Impetus, oppiignotio, incursio^ t'ncursus u. a., oder mit dem
Verbo. Ebenso aggressor, der A7igreifer.
Agilis, thätig, geschäftig, fast nur Poet, und in Prosa nur N. KL,
jedoch bei Quintil. von A^v natura ingenii hiimani. Y gl. Activus. In
Prosa ist es kaum anwendbar.
Agitare hat mit ogere, dessen Frequentativ es ist, ziemlich gleiche
Bedeutungen, wird aber Kl. nur von unruhiger, stürmischer Bewe-
gung gebraucht und vorzüglich von der Seele, animo., in unimo, cum
animo. mente oder in mente, sectini. A. L., und so auch bei Sallust
Hiid Tacitus, in der Bedeut. lebefi, was in Prosa nicht wohl nach-
zuahmen ist, z. B. aeviim oder vitam agitare für vitam agere, vivere ;
laetus agitat für vivit; pacem agitare., in Frieden leben, für jyacem
habere, pace uti. Noch viel weniger, da es ohne Auctorität ist, kann
man sagen agitare proelium, was Fam. Strada braucht, für facere,
cotmnittere proeliutn. Vgl. Agere und Vorst. latin. mer. susp. p. J41.
Agmen, der Zug, wird in der bessern Prosa nur vom ziehenden.,
fortgehenden Heere gebraucht, indem exercitus allgemein das Heer
bedeutet, acies aber das gestellte, geordnete. Nur Poet, steht aginen
für exercitus. N. L. ist agmen cogere in der Bedeut, ein Heer zu-
sammenbringen, da es vielmehr eiji Heer im Zuge schliessen be-
deutet. Vgl. Cic. Fam. XV, 13 nee duces sim?is, nee agmen cogamus,
wir wollen weder die Ersten., noch die Letzten sein.
Agnatus, der Vericandte, nach streng juristischem Gebrauche
nur der von väterlicher Seite, und daher nur selten, indem cognatus
allgemein beide, von väterlicher und mütterlicher Seite, bedeutet und
daher im gewöhnlichen Gebrauche das passendste Wort für den
f erwa?idten ist.
Agnotiien, der Beiname, Sp. L. erst bei den Grammatikern zur
bestimmten Unterscheidung der verschiedenen Namen oder Beinamen
einer Person, wofür man in der bessern Prosa nur das allgemeine
cognomen gebraucht findet.
Agon, der Wettkampf, das Wettspiel, nur einigemal N. Kl. für
cer tarnen oder ludus., — beschränkt auf agones g ynwici imd jnusici.
N. L. in der Bedeut. Todeska?npf, wo der Lateiner nur animam
agere, extremum spiritum agere oder ducere braucht, ohne Bezie-
hung auf einen Kampf.
Agrarius brauche man vorsichtig, da es nur die Aeckerverthei-
lung und was damit zusammenhängt, betrifft und mit agrestis nicht
zu verwechseln ist. Vgl. die Lexica.
Agrestis, ländlich. Cicero (Rose. Am. 27) scheint vita agrestis,
das Landleben, zu missbilligen für vita rustica, vielleicht weil in
agrestis mehr der Begriff des Rohen, Verwilderten und Ungebil-
deten ohne Feinheit lag, wesswegen er (Orat. I, 8, 33) sagen konnte
fern agrestisqiie vita. Vgl. was über beide Wörter Döderlein (Syno-
nym. 'I'h. I, p. 71 fgg.) trefflich bemerkt hat.
Agricolatio, der Ackerhau, N. Kl. nur bei Colura. R. R. I, 9.
Vgl. Agricultio.
Agrieultio (oder besser getrennt agri cultio, agri cultura, agri
cultor), der Ackerbau, KL, aber nur bei Cicero, jedoch zweimal,
sonst nirgends; es dient zur Abwechselung mit agricuUura oder
144
cultura agri oder agrorum, und cultus agrt oder agrorum. So kommt
auch ausser agri cullores vor agrorum cultores oder cultores agrorum.
Agrosus, an Aecliern, an Feld reich, A. 7/., nur bei Varro einmal
für locuples, dives agri's; jedoch findet es sich nie in den Büchern
vom Land bau.
Ajo. Da es ja sagefi, bejahen bedeutet, so tritt kein Wort zur
Bezeichnung des ja hinzu; nein sagen kann aber nicht durch non
ajo ausgedrückt werden, sondern nur durch negare. Das Verbum
steht bald vor den Worten, die Jemand sagt, bald nach denselben,
bald eingeschoben; das Subject aber hat es immer bei sich, und es
wird nicht von ihm getrennt. Daher z. B. noji male ait CallimachiiSt
lacrimasse Priainum, aber nicht non male Callimachus, larrimasse,
ait, Pr. Dem gewöhnlichen bessern Gebrauche nach steht es bei der
ungeraden (obliqua) Rede eines Andern, nicht bei der geraden
(recta), bei welcher der Sprachgebrauch inquit verlangt, ausser wo
es, weil inquit im andern Satze steht, zur Abwechselung mit dem-
selben dient, wie Cic. Orat. U, 36 Ennio delector, ait (f. inquit^
quispiam, quod — , Pacuvio, inquit alias. Dichter beachten den
Sprachgebrauch nicht genau, und in Prosa weicht Livius einigemal
ab. Vgl. Fabri zu Livius p. 163. Eben so schwankend sind die Neu-
lateiner. Vgl. Heusinger Eemendatt. p. 412. Wenn bei gerader Rede
ut ait gebraucht wird, was der Gebrauch zulässt, so steht das Subject
fast nur nach dem Verbo, nicht vor demselben, z. B. ut ait Plato,
ut ait Homerus, nicht, wie bei den Neulateinern, ut Plato ait, ut
Hom. ait. Cicero stellt es vielleicht nur vor das Verbum, wo zwei
Personen in ihrer Rede einander entgegengestellt werden. Nichts
beweist jetzt Cic. Tusc. I, 26, 64, wo für ut Plato alt, donum, ut
ego, inventum deorum R. Klotz nach den bessern Handschr. ait ganz
streicht. In Redensarten, wie; Carneades sagt bald dieses, baldje?ies,
braucht Cicero dieses Verbum, C. modo ait hoc, modo illud (Divin.
I, 30, 62). Vgl. Ochsner z. Cic. Eclog. p. 230. Kurz, wenn ait bei
gerader Rede gebraucht wird, lasse man ut davor nicht aus, wie
sich dies nur zu oft bei Muretus findet.
Ala ist in der Bedeut. Flilgel der Reiterei Kl., aber selten. Öfter
dafür cornu ; in der Bedeut. Flügel eines f'ogels nur Poet, für penna,
und ebenso P. von den Segehi und den Rudern, für vela und remi.
Ebenso ist alatus, geflügelt, nur P. für pennatus oder penniger
(pinniger).
Alacer. Dafür ist alacris A. L. Form, die nicht nachzuahmen
ist, indem alacris später nur Form des Femin. ist.
Alaris, e, zum Flügel eines Heeres gehörend, ist bei Livius über-
all navh den Handschr. zweifelhaft, wiewohl es bei Tacitus fest zu
stehen scheint. Sichere Form dafür ist alarius. z. B. cohortes aluriae
für alares. Anders ist es mit au.viliaris und ausiliarius.
Alatus. vgl. Ala.
Albedo, die JVeisse, weisse Farbe, wie nigredo., d. Schwärze, schwarze
Farbe. Von beiden sagt Muret. Epist. I (II), 36 (Oper. T. II, p. 74
ed. Fr.) geradezu: Albedo latinum est non magis, quam ///^/-er/o, und
darin stimmt Vavassor (Antib. p. 477) mit ihm überein. Beide sind
zwar nicht iV. L., aber sehr Sp. L., daher verwerflich und zu er-
setzen entweder durch albitndo (bei Plautus) oder durch allmm
145
(bei Liviiis und Virgil) oder umschrieben albus color; die blendende
JVeisse heisst Kl. vandor. Jenes albedo nimmt Hand im Lehrb. p. 142
in Schutz.
Albesvere, weiss werde?!, zwar AI. bei Cicero, aber nicht vor
Furcht und Schaam, wo exnlbescere oder pallescere gebraucht
wird. Vgl. Cic. Orat. I, 26, 121 ut exalhescam in principiis dicendi.
Alcyon oder halcyon, der Eisvogel, ist die griech., nur bei Dich-
tern gebräuchliche Benennung für die lat. alcedo (halcedo).
^leo, der Hazardspieler, ./. L. und bei CatuU für das Äl. aleator.
Alere, ernähren, hat im Supino alitum und alttirn, beide viel-
leicht neben einander auch bei den Bessern. Vgl. Garaton zu Cic.
Plane. 33, 81.
Ales, der Vogel, ist in Prosa nur der in der Augurspi'ache
herrschende, heilige Name der Flugvögel, die durch ihren Flug
Etwas verkündigen, sonst nur Poet, für das pros. avis.
Alias geht Kl. auf die Zeit, ein andermal, zu anderer Zeit, sonst,
sei es ehedem oder künftig. Ihm entgegen steht nunc, jetzt, daher
alias — nunc, ein andermal (wird das geschehen), nunc ^ jetzt aber
(geschieht das). Mehr N Kl. und dabei selten ist es in öX/ZcAe/* Bed.
an einem andern Orte, anderswo, wie unser sonst, für alibi, alio loco,
aliis locis. Verwerflich ist es auch wohl, \\enn unser sonst die Stelle
einer verneinenden Bedingung vertritt, für wenn das nicht ist, nicht
wäre. Dann gebrauche man aliter oder umschrieben quod nisi ita
est (esset), auch wohl alioqui. Sp. L. ist es in der Bedeut. auf andere
Weise, für aliter, alio modo. Vgl. vorzügl. Handii Tursell. T. I,
p. 219—226.
Alibi, anderstvo, ist weniger gebräuchlich, als man heutzutage
nach der häufigen Anwendung denken sollte, indem es bei Cicero
nur zweimal vorkommt, und zwar nur negativ, mit niisquam und nee
usquam verbunden, bei Caesar nirgends, aber seit Livius etwas
öfter. Es kann durch alio loco, aliis locis, wenn man will, vermieden
werden. ]V. Kl. ist es auch noch in andern Bedeutungen; Sp. L.
alibi gentium, terrarum, locorum, was Valckenaer u. Andere nicht
hätten nachbrauchen sollen.
Alienare wird fast nur verbunden aliquem (aliquid) ab aliquo, Einen
einem Andern entfremden, abgeneigt machen, z. B. conatur voluntatem
meam a te alienare; bei Livius auch einmal alicui, z. B. regem sibi
(f. a se) alienavit.
Alienigenus, a, um ist als volles Adjectiv A. L. und N. Kl. nur
bei Valer. Maximus, da sonst nur alienigena (wie advena u. a.) theils
als Subst., theils als adjectivischer Beisatz eines Subst., jedoch fast nur
von Masculinen, gebraucht wird, z. B. alienigena (ein fremder, auslän-
discher) deus, ho7no, exercitus u. a.
Alienus wird wie alienare (s. vorher) in der Bedeut. abgeneigt
fast nur mit ab aliquo, Einem abg., verbunden. Vgl. Cic. Fam. VI, 10,2;
N. Kl. bei Tacitus mit d. Dativ; in andern Bedeutungen anders. Y^L
Grammatik u. Lexica. — Ein blutfremder Mensch, der mit uns nicht
verwandt ist, heisst alienissimus. In der Bedeut. /re/wf/ passt es aber
nicht, wenn darin das Oertliche, unser atisländisch liegt ; dafür sage
man esterus, peregrinus, alie7iigena, z. B. ein fremdes Volk, gens per e-
grina, nicht aliena. N. Kl. ist es, nach alienam est, es ist unpassetid,
10
146
den folgenden Satz mit s/ anzufangen, wo nur der Infnntw zu folgen
pflegt. Vgl. Ileusing. Cic. Ofl". 1. 34, S und wasunter Ä" über dessen
falsche Anwendung gesagt ist. Eben so N. L. ist es, die Redensart ich
bin nicht geneigt, dieses zu thun auszudrücken: alienus sum, ut hoc
faciam, für noio oder mihi non libet (labet) hoc facere.
Aliger, geflügelt, P. L. für pennatus, ■penniger. Vgl. Ala.
Alinioniiitn,die Nahrung, ein altes, gemeines Wort, noch beiVarro,
nachher auch N. Kl. selten für alimentum.
Alioqui (alioquin) in der Bedeut. sonst, ivenn das nicht umre, wird
in den beiden Stellen Cicero's Orat. ]5, 48 (49) und Leg. 11,25, 62
von Hand (Tursell. T. I, p. 236) als verdächtig ganz gestrichen, wie-
wohl es nach Dietrichs Meinung in beiden Stellen nicht wohl ange-
tastet werden kann. Oefter aber kommt das Wort seit Livius bei den
Nachklassikern vor und ist nicht verwerflich. In der Bedeut. anders-
wo, für alio loco, aliis locis, auch wohl alibi ist es N. L., und dennoch
empfiehlt es Sintenis (Hülfsb. z. Styl) oft, wogegen ebendaselbst Diet-
rich zu vergleichen ist (p. 112. J 39. 223. 226). Ebenderselbe hält
für etwaigen klassischen Ersatz das Wort aliier, welches von Cicero
ganz wie unser so?ist, wenn das nicht ist, gebraucht werde. \gl. Ileu-
sing. Cic. Off". I, 39, 6 und Kritz Sali. Cat. 29, 3. Man brauche auch in
der Bedeut. des Wortes sortst, d. h. in alleji andern Dingen, das volle
ceteris in rebus, i. B. Cic. Cat. 17, 59. Sehr vollständig spricht von
dieser Partikel Hand (Tursell. T. I, p. 234—241) und nach ihm
Freund (Lat. Lexic).
Aliorsum, anderswohin, A. L. und aus der Volkssprache erst spät
wieder in die Schriftsprache herübergenommen, für das Rl. alio.
Aliqualis und aliqualiter, N. und B. L., irgend ivelcher, auf
irgend ei7ie Weise, für aliquis, aliquantus; aliquo modo, aliqua ex
parte, quodammodo, utcumque.
Aliquant verbunden mit mulli, ziemlich Viele, wie aliquamdiu,
ziemlich lange, findet sich nur einmal bei Cic. (Verr. IV, 25, 56),
aber durch Handschr. beglaubigt und von Znmpt und Klotz ver-
theidigt; sonst ist es nur Sp. L. bei Gellius und Appulejus, den Freun-
den seltner Wörter. Hand verwirft es bei Cicero und liest aliiquam mulli.
Aliquantisper ist in der Bedeut. eine ziemliche Zeit nur A. L. und
einigemal Sp. L. für aliquantum temporis; N. L. in der Bedeut. eine
kleine Zeit, nicht lange bei Politian. u. Muret, (Cic. Catii. I, 12) für
paulisper oder parumper (Cic. Orat. III, 35, 143).
Aliquantus bedeutet weder wenig (wie Drak. Liv. XLI, 16 mit
den Frühern meinte), noch viel (wie Ern. Suet. Caes. 86 zuerst be-
hauptete), sondern eine zwischen wenig (paullum) und viel (muhum)
in der Mitte liegende unbestimmte Quantität, deren wahrer Gehalt
erst aus der jedesmaligen Beziehung und aus dem Zusammenhange
erkannt werden kann. Ais ein relatives Wort nähert es sich bald
dem wenig, bald dem viel. So erklärte es zuerst F. A. Wolf (z. Suet.
Caes. 10), und meinte in seinen Vorlesungen, es liege darin unser
ziemlich, bedeutend, um ein gut Thei/, aber auch einigermassen, etwas,
60 dass eine urbs aliquanto amplior etwas Anderes wäre, als eine
urbs paullo oder multo (multis partibus) amplior. Im Neulatei7i. be-
deutet es meistens wenig. — Mehr P. und griechischartig ist bei
einem Comparativ der Accusativ aliquantum, für das ächtlatein. ali-
147
quanto im Abi., mag auch Liviiis einigemal jewes für dieses gebraucht
haben, z.B. I, 7, 9 forniain viri aliquantiini {L aliquanto) ampliorem.
Man sage nicht aliqiiajitnm phis, u?n ein gut Theil mehr, sondern
aliquanto p/us.
JUquis. Ueber die Verschiedenheit dieses Pronomens von den
synonymen ullus^ quisqiiam \\. a. vgl. die Sprachlehren und andere
grammat. Bücher, wie Reisigs Vorles. p. 337 fgg. j>Ian hüte sich be-
sonders, es in verneinenden Sätzen zu gebrauchen, wo ganz allgemein
von einer nicht bestimmten Person oder Sache die Rede ist, da aliquis
auf einen Bestimmten — oder etwas Bestimmtes hindeutet. N. L. ist
daher cave turpe aliquid facias, für quidquam; N. L. non reperiliir
aliud quid oder aliquid aliud, etwas Anderes findet man nichts für
aliud quidquam; ebenso 7ion est, non reperitur aliquis, es gibt, man
findet Niemanden, für quisquam, oder nemo est, nemo reperitur.
N. L. ist es bei sine in der Bedeut. einiger, für ullus, z. B. sine ali-
qua injuria, ohne einige oder alle Kränkung^ für sine ulla — , aber
richtig nach non sine, was bejahend ist. — Vgl. Omnis. — Da in
Comparativsätzen mit quo, je — eo, desto das Subject Einer ganz
unbestimmt gedacht wird, so ist aliquis dabei N. L. für quis oder
quisque, welches letztere immer gesetzt wird, wenn noch ein Subst.
dazu gehört, z. B. quo quisque medicus, quo quneque causa. N. L.
ist aliquo zur Verstärkung eines Comparativs, für paulo oder ali-
quanto, um etwas, um ein gut Theil, wie z. B. Lipsius Epist. misc.
centur. I, ep. 22 quis non a Tnrnebo aliquo (für aliquanto) doctior
redeat? — Da das Neutr. aliquid nicht, wie unser etwas, gleichsam
adverbial gebraucht wird und daher ein Adjectiv oder Verbum nicht
verstärkt, so wird dafür bei Adjectiven im Positiv entweder nonni-
hil oder sub vorgesetzt, wenn es eine mit sab zusammengesetzte
übliche Form des Adjectivs gibt, oder es wird der Positiv zum Com-
parativ erhoben ,• z. B. diese Stelle ist etwas dunkel, — nonnihil ob-
scurus oder subobscurus oder obscurior ; ferner hei Adjectiven im
Comparativ wird paulo^ auch wohl etwas erhöhter aliquanto ge-
braucht, z. B. ein etwas heilsamerer Rath, consilium paulo oder ali-
quanto salubrius; und endlich bei Verben wird jjaulnm oder pau-
luhi7n gebraucht; z. B. er schweifte etwas ab, paululum digressus
est (Cic. Partit. 4). Wenn aber Cic. Sest. 4, 10 sagt: ut jam pue-
rilis tua vox possit aliquid significare, so liegt darin keine Verstär-
kung, sondern das Object als Aecusativ zum Verbo, also einige An-
deutung von dem geben, was von dir zu erwarten sei. — Wo wir
von einer Person sagen sie ist, gilt Etwas, sagt man auch lateinisch
est aliquid. Vgl. Cic. Farn. VI. 18, 4 ego quoque aliquid sum ,• in
Caecil. 15, 48 tu aliquid esse videris; Dejot. 13, 35 und das. Mat-
thiae — u. a. — N. und D. L. ist es, in neutralen Sätzen, wie; etwas
Grosses, etwas Schweres ist es, nicht zu zürnen — , zu sagen aliquid
magnu?n, aliquid difficile est, f. magnum est, difficile est ohne ali-
quid, oder magna res est (Cic. Tusc.II, 5, 15) — und so in allen ähn-
lichen, z. B. etwas Anderes ist, aliud est; etwas Anderes verlangt, aliud
desiderat ; etwas ganz Anderes ist, longe aliud est ; so zu leben, ist etwas
höchst Trauriges, fniserrimum est; ich halte das für etwasTr auriges,
miserumduco; was für dich etwas An ge?iehmes ist, quod tibi jucundum
est, nicht aliquid jucundum est; was für dich etwas Leichtes ist. quod
10*
148
tibi facile est. Und so bleibt in allen ähnJiclien Ausdrücken oliquid
weg, was man so hänfig im N. L. dabei lindet.
Aliter, anders, sonst. Vgl. darüber Alioqui und ausser Ilnndii
Turseliin. T. I, p. 267 fgg. noch Reisig'sVorles. p. 460 u. Freund im lat.
Lexic. Ueber d. Redensart aliter fieri non potest, quam ut \gl.Fiert.
j4liubi, anderstvOy werde als noch zweifelhafte Form für alibi^
wie es sich beim altera Plinius, Seneca und etwa sonst noch findet,
ganz vermieden.
Alius. In der Regel steht es nur in Bezug auf mehr als zwei,
dagegen alter in Bezug auf zwei, worauf man im Schreiben achte;
z. B. der Eine tödtete den Andern, alter alterum, aber Einer tödtete
den Andern, alins alium; der Eine starb nach dem Andern.^ al-
ter post alterum, aber Einer starb nach dem Andern, alius post
alium. Bei Cicero findet sich auch in einigen Verbindungen pri-
mus quisque , wovon unten bei Unus. Wenn ferner ein Anderer
dem Subjecte des Satzes selbst entgegensteht, so dass es sich dem
Begriffe unserer Subst. der Nebenme7isch , der Nächste nähert, so
heisst es alter, nicht alius; z. B, wer Nichts um eines Andern willen
thut, der — , qui nihil alterius causa facit. Cic, Leg. I, 14. Ebenso
auch alter., nicht alius in Redensarten, wie: er war fast ein ande-
rer Laelius, ein anderer Verres, alter Laelius, alter Verres, wo ein
anderer gleich dem zweiten ist. Ueber alter ego u. s. w. vgl. Ego. —
Die Andern heisst nie alii, sondern ceteri. Vgl. Weber's Uebungssch.
p. 65 u. Grotef. Mater. Exe. 5, p. 277. Auch das einfache Andere^
bemerkt Dietrich, muss in manchen Verbindungen durch ceteri ge-
geben werden, wenn nemlich nicht einige Andere, sondern alle An-
dere gedacht werden. Vergl. Sintenis Hülfsb. p. 152 und Zumpt's
Aufgab, p. 220. Ebenderselbe verwirft auch alii omnes oder omnes
alii, alle Andere, und will dafür ceteri omnes oder alii multi; aber
omnes alii braucht z. B. Livius XXXV, 14 ante omnes alias impera-
tores; und so wie man gewöhnlich findet alia multa, alia plura, nicht
multa alia (vgl. Görenz z. Cic. Acad. II, 7, 19. Fin. II, 14, 45), so
durchaus immer in der Formel bei Abstimmungen alia omnia cen-
sere, in alia omnia ire, transire, discedere; und Cicero sagt: pauci
tenent honores, provincias et alia omnia; Plinius (Ep. VII, 15, 2)
te alia omnia — agere moleste ferrem. N. L. ist alius als Adj. in
der Bedeut. eines Andern, fremd, für alienus, z. B. die Briefe ka-
men in andere Hände, in alienas manus, nicht in alias ra. — Sp. L.
ist alius hoc, alius illud, ein Anderer dieses, ein Anderer jenes;
alius hie, alius illic, ein Anderer hier, ein Anderer dort — für die
abgekürzten zusammengedrängten Formeln alius aliud, alius alibi —
und so viele ähnliche Verbindungen. Vgl. Lexica u. meine Anleit.
§. 585. Incorrect ist es, wenn Robortell irgendwo sagt: dum alius
hanc, alius illam co?ijectura?n sequitur, für dum alias aliam conject.
seq. N. Kl. und selten ist in dem vergleichenden ein Anderer als.,
alius quam, und fast nur P. der vergleichende Ablativ für das ä7.
alius ac, alius atque oder et, und bei Verneinungen, non alius, Jiihü
aliud folgt tiisi, wofür imr sehr selten in Kl. Prosa quam gesetzt
wird, wenn man, wie R.Klotz (in den Jahrb. B. 22, p. 171 fg. u.
B. 23, p. 208 fg.) meint, eine Gradation in Gedanken hat, derglei-
chen Statt finden soll bei Cic. Leg. I, 8, 25: est autem virtus nihil
149
aliud, quam in se perfecta et ad suramum perducta natura, indem
nihil alind dann meistens bedeutet nichts Geringeres. Vgl. Cic. Rabir.
perd. reo 2, 4. Ausserdem findet sich bisweilen auch nihil aliud
praeter. Vgl. Heusing. Cic. Off. II, 2, 7. Zu vermeiden ist ausser dem
poet. Abi. auch das N. Kl. alius quam, und bei non alitis, nihil aliud
halte man sich an nisi und vermeide quam. Man sage daher nicht:
est hie alius vate cognomini, dieser ist ein Anderer, als der gleich-
nainige Weissager, für quam vates cog?iOfninis ; nicht: longe alia mihi
quam tibi nunciantur, für ac tibi; nicht: erat historia nihil aliud,
qtiam annalium confectio, für nisi ann. conf. Vgl. unten Quam. —
iV", L. ist wohl alius a in der Bedeut. verschieden von, ein Anderer
als, für diversus a oder alius ac, oder mit doppeltem alius. Incor-
rect schreibt daher Ernesti (Opusc. phil. p. 23) alia graeci et ro-
mani solarii ratio a nostra fuit, für ac nostra fuit, oder einzeln am
Ende alia nostra fuit, oder diversa a nostra ixnt; ebenso G. J.Voss
(hist. gr. I, 22) hunc alium a Polyhistore puto, für ac Polyh., oder
diversum a P. — N. L. ist alia ratio est cum aliqua re, anders ver-
hält es sich mit Etwas, für alicujus rei, z. B. nunc alia ratio est
omnium rerum, nicht ciim omnibus rebus. Vgl. Cic. Fam. X, 3 und
Weber's üebungssch. p. 291. Ueber alius quam vgl. noch Quam.
Allabi bei Cicero nur als Partie, allapsus, von Feuchtigkeit (hu-
mor), die sich wo ansetzt, und bei Livius von Schlangen, die heran-
schlüpfen, — sonst vielleicht nur P. in dero Bedeut. herankommen.
In der gewöhnlichen Bedeut. herannahen, von Menschen und Gott-
heiten, ist es ohne Auctorität, von Gott zu niedrig und nach christ-
lichen Ideen unpassend. Wenn daher Valckenaer ( Oratt. p. 186)
Gott anruft: Coeptis nostris allabere benignus, so ahmt er gewiss
Virgil. (Culex 25) nach: Octavi venerande, raeis allabere coeptis.
Allatrare, anbellen, wird verbunden aliquem; es ist ein gemeines,
seltnes Wort, meistens bildlich und wohl zufällig nirgends von Hun-
den., ausser bei Colum. (Praef. L. I) canium Studium allatrandi
(von Rednern und Advocaten) ; doch ist es nicht zu verwerfen. N.
L. dagegen ist allatrator, was Muret. Oratt. (Oper. T. I, p. 857)
gewagt hat: de toto isto allairatorum genere, für hominum alia-
trantium.
Allegare, Einen zu oder an Jemanden absenden, abschicken, wird
verbunden alicui oder ad aliquem., bedeutet aber nur absenden m
Privatangelegenheiten, nicht in öffentlichen, wo legare aliquem ge-
sagt wird. Im N. L. werden beide verwechselt. Vgl. Vorst. latin.
mer. susp. p. 141 und Gronov. Liv. XXXVI, 11, 1. Ebenso unter-
scheidet sich allegatio von legatio ; jene gilt wohl ad amicos u. diese
ad civitates, aber nicht wohl umgekehrt. N. Kl. ist allegare in der
Bedeut. anführen, erwähnen, z. B. Script orem, locum scriptoris, exeni-
plum u. s. w., doch nicht ganz verwerflich, da es sich beim Jüngern
Plinius findet. Vgl. übrigens Adducere.
Allevatio, die Erleichterung, Erheiterung, und allevamentum, das
Erleichterungsmittel, finden sich beide nur bei Cicero in diesen Be-
deutungen, sind aber darum nicht als verdächtig zu bezweifeln, wie
Orelli thut, der das erstere in beiden Stellen (Fin. I, 12, 40. Farn.
IV, 1, 1), wo es vorkommt, ohne allen Grund in levaiio umändert.
B. L. ist aber alleviatio.
150
Alh'cefacere , anlocken, N. Kl. und iiniiöthig wegen des Kl. nl-
licere.
AUidere, ansiosseti, wird verb. ad aliquid, z. B. ad scopulos.
Afligare , anbinden an Etwas., wird ^erb. ad aliquid. Rl. sOj^ar
von einer Wtinde, einem verwundeten Theile des Körpers — sie (ihn)
zubi?iden. verbinden, alUgare neben obligare. Zu bezweifeln ist alli-
gare navem ad terram, für deligare ad terrani, ad ripam, ad anco-
ras, — alle bei Caesar. Kl. aber ist das Verbum in der bildlichen
Bedeut. unseres anbinden, binden an Etwas, verpflichten zu Etwas.
^^\. aurh Quintil. VIII, prooem. 2: ad dicendi leges alligatus.
AUinere, anschmieren., kann nur in Spott und Scherz angewandt
werden auf Anmerkungen \i. Glossen zu Büchern, und da der Ge-
brauch ohne alle Auctorität ist, muss das Wort, wenn man es so an-
wendet, entschuldigt werden. Ebenso das unten erw'ähtüe Aspergere.
Allocutio, das Anreden, die Anrede, nur N. Kl. und selten, je-
doch beim Jüngern Plinius, Quintilian u. Sueton und nicht verwerflich
neben alloquhun und dem noch bessern appellatio.
Alloquium, die Anrede, Ermunterung, findet sich zwar nicht bei
Cicero und Caesar, aber bei Livius und dem jung. Plinius, und ist,
wie allocutio, nicht zu verwerfen.
AUoqui aliquem, Einen anreden, sei es, um mit ihm zu sprechen,
oder um ihn aufzumuntern, KL, aber selten; öfter dafür appeUare.
N. L. aber ist es in der Bedeut. unseres Jemanden iim Etwas an-
sprechen, d. h. Einen um Etivas bitten, für adire aliquem, petere
ab aliquo.
Allotria., fremdartige Dinge, erst im N. L. ans dem Griech. ge-
nommen, für nugae , ineptiae , alienoe (aliae) res, z. B. alias res
agere , Allotria treiben.
Alludere, anspielen auf Etwas (alicui) in der Rede, findet sich
nur bei dem späten und gekünstelten Valer. Max. (III, 7 extr. 4)
und ist nicht nadizubrauchen. \^\. Hand's Lehrb. p. ]54. Man sage
significare ( Cic. Tusc. II, 25, 60. Att. XVI, 7, 5. Suet. Caes. 9),
desigiiare aliquem oder aliquid oratione (Caes. B. G. I, 18), deno-
tare aliquem oder aliquid (Liv. IV, 55), jocari in aliquid, scherze?id
ans]jielen auf — (Liv. XXXII, 34), aliquem signiflcatione appellare,
Jem. durch deutliche Winke so gut als mit Namen nennen (Cicero
Fam. I, 9, 20), auch oft blos respicere u. a. Wenn der Begriff ver-
steckt darin liegt, so setze man iecte hinzu. Und so heisst denn die
Anspiehnig nicht allusio, sondern signißcatio (Suet. Nero 37 u. das.
Bremi), wie es auch der Jen. Rer. (Georges) meistens ausdrückt.
Alluere, anspülen an Etivas., aliquid, vom Wasser, z. B. oppidum,
an die Stadt.
Almas, nährend, gütig, hold, nur P. L. und durch andere Wörter
dem jedesmaligen Sinne nach zu ersetzen, z. B. durch alens, ?iu-
triens, alibilis, benignus, benevobis, propitius, u. a.
Alphabetum ist erst sehr Sp. L. für litterae, elementa litterarum,
auch blos elementa; in Beziehung auf die Reihenfolge , litterarum
ordo, litterarum notae digestae (nach Rosenheyn). So auch nicht
alphabetice, alphabetisch (geordnet), in aiphabet. Ordmmg, sondern
litterarum ordine ; Etwas alpkab. ordnen, disponere, digerere ad oder
in litter am, ordine litterarum.
151
Alsjis, hühl. Bei Cicero kommt davon zweimal der Comparativ vor,
nihil alsitis, sonst nirg-ends, auch alsus findet sich sonst nicht, wess-
wegen Muret. Epist. (Oper. T. 1, p.449 ed. Fr.) sehr gewagt schrieb:
locus iile a/stis inprimis. Der Positiv kommt nur in der verlängerten
Form alsius, a, um bei dem Dichter Lucrez vor. Nichts ist sicher
und ohne Tadel nachzubrauchen, als jenes nihil alsius aus Cicero.
Altare, atiar oder altarium, der Altar, sind erst Sp. L. Formen
für die einzige Kl. und auch in den spätem Zeiten noch übliche Plu-
ralform altaria, was einen Hochaltar, Altar (ara) mit einem Aufsätze
bedeutete, da ara der Name des niedrigen Opfer- oder Rauchal-
tars war.
Alter ist in der Regel nur der Eine von zweien, daher altvr —
alter, der Eine, der Andere, und unterscheidet sich so von alius.
Vgl. Alius. Unser der Eine und der Andere in der Bedeut. ein Paar
heisst ujius et alter; aber in der Bedeut. Mancher, nonnemo, nicht
alter et alter. Ferner: auf der andern Seite in der Bedeut. dagegen,
heisst nicht altera es parte, sondern rursus oder e co?itrario. Vgl.
Heusing. Cic. OfF. II, 2, 5 und R. Klotz Cic. Tusc. p. 50 u. p. 463. —
Gut und acht AI., selbst bei Cicero, oft aber bei Livius steht alter
geradezu f. alteruter, der eine von Beiden. Vgl. Frotscher zu Quintil.
Inst. X, I, 26 und Fabri zu Livius p. 26.
Atlercare, zanken, streiten, nur A. und Sp. L. für altercari als
Deponens.
Atlernatim, wechselsweise , A. u. Sp. L. für alternis, vicissim, in-
vicem, mutuo oder das N. Kl. alterne bei Seneca u. d. altern Plinius.
Ebenfalls Sp. L. ist alteriiatio, der Wechsel, und N. L. alternitas für
vicissitudo. Auch das N. AI. alterjiare, abwechseln, werde vermieden.
Vgl. Lexica.
Alteruter, einer (der eine) von Beiden. Meistens wird alter unver-
ändert zu dem declinirten uter , utra, utrum hinzugesetzt, z. B. al-
ter utra , nicht altera utra; alterutrius, niiht alterius utrius. — Im
A.Z». findet man bisweilen den Beisatz duorum, was aber schon in dem
Worte liegt. So findet es sidi in Gesner'sUebers. Lucian's de gymn. 17.
Altitudo, die Höhe. Ueber in altitudinem , wo wir im Dativ sagen
in der Höhe vgl. In. Es findet sich auch nicht concret, als Gegen-
satz der Erde, z. B. ob in der Höhe oder auf der Erde, heisst sublime,
an hutni. Siehe Sublimis.
Altrinsecus, nach der andern Seite hin, A. u. Sp. L. für ad oder
in alteram partem. Ebenso ist es Sp. L. in der Bedeut. von beiden
Seiten, für ab utraque parte.
Altus, a, um., hoch, tief. Beide Wörter, das latein. und die deut-
schen, werden bildlith gebraucht, aber wie weit die Gleichheit der
Anwendung im bessern Latein gehe, ist bei manchen Fällen noch
zweifelhaft ; mau achte auf den bessern Sprachgebrauch. Von Gott
(deus) sage man nie altus oder im Snperlat. altissimus für sum-
mus . maxiimts ; nie alta aetas , ein hohes Alter, noch altior aetas,
ein höheres Alter, für grandis , grandior aetas; eben so wenig
darf es gebraucht werden, wenn von Wörtern die Rede ist, für
verborum vettistas prisca (nach Cic. Orat. I, 43, 193); nie alta
opiiiio , eine hohe Meinung, für magna opinio; nie altae cogitatio-
nes., tiefe Gedanken; in tiefen Gedaiiken sein heisst i7i cogitatione
152 '
defisum esse (Cic. Orat. III, 5, 17); auch wohl nicht alta nos, die
tiefe Nacht, für multa, intempesta tiox. Sallust. sagt zwar alta pax,
der tiefe Friede, und der jung. Ph'niiis aJtissima tranquillitas, Cicero
aber summa pax; und wiewohl Horaz und Livius altus som?ius, der
tiefe Schlaf, sagen, so sagt dagegen Cicero arctus somnus und arcte
oder graviter dormire, somno oppressum esse, tief, fest schlafen. Un-
verwerflich ist auch altiores litterae (Senec. Benef. V, 13), altiores
artes (Quint. YIII, 3, 2), altiores disciplinae (ib. II, 1, 3), altiora
studia (Piin. Ep. V, 16, 8), und da Cicero sagt in altiorem locum
adscendere (Cluent. 40, HO) und altiorem dignitatis gradum consequi
(ib. 55, 150), so möchte auch altior classis, eine höhere Klasse und
altior ordo, eine höhere Ordnung, neben superior nicht zu bezweifehi
sein. Und so wie Livins I, 34 sagt: excelsa et alta sperare, und ad
altiora tendere , so möchte auch alta petere, nach Hohem streben,
nicht verwerflich sein , wiewohl Cicero es durch magna spectare,
magnas res appetere ausdrückt. Aber schlechtweg altiim als Subst,
die Höhe, in bildlichem Sinne für Ehre und Ansehen ist wohl N. L.;
er kommt in die Höhe nicht in altum venit, sondern emergit, altjim,
summum, principem locum (gradnm) adscendit u. a. (vgl. oben).
Wiewohl altus oft durch //e/" übersetzt werden kann, so heisst doch
das tiefe Meer nicht altum, sondern profundum mare, und die Tiefe
des Meeres ebenfalls profundum.
Alucinari (Halucinari) ist ein gemeines, seltnes, aber von Cicero
nicht verschmähtes Wort, wie unser faseln, und im Spotte wohl
anwendbar. Ebenso allucinatio, die Faselei, Träumerei und alucinator,
der Faseler.
Alumnus und alumna in activem Sinne der Pfleger, Ernährer
erst sehr Sp. L. und so durchaus verwerflich; gut aber in passivem
Sinne der Pflegling, das Pflegelind ; auch im bildlichen Sinne. Daher
tadelte Lambin (Ep. 15 ad Muret. Opex. T. II, p. 21 ed. Fr.) den Muret,
welcher (V. L. V, 2) nox siderum xilumna für nutrix gesagt hatte.
Alveare, der Bienenstock, erst N. Kl. Form für die KL alvearium;
eine Form alveare ist nicht erweislich.
Amans hat zwar den Genitiv dessen bei sich, den Jemand liebf,
aber nie ein Adjectiv als bestimmendes Beiwort, z. B. magnus amans
hominum, ein grosser Mefische?ifreu?id, was B. L. ist; und doch wird
Jesus in einem neuen latein. Lesebuche maximus amans hominum
genannt, für amantissimus hom. Aber auch dieser Superlativ ist, im
passiven Sinne gebraucht {der Geliebteste, Liebe?isunirdigste), N. und
B.L. für carissiinus, suavissimus, da es vielmehr den innigst Lieben-
den, hiebevollsten bedeutet, und so auch von Sachen gesagt wird,
die von liebenden Menschen ausgehen, z. B. verba ama?itissima (Cic.
Farn. V, 15), consilia amantissima (id. Fam. II, 1, 2) u. a. Bei Per-
sonen tritt meistens ein Gegenstand der Liebe im Genit. hinzu, z. B.
mei, patriae, litterarum, vini u. a., ohne welchen es deti Liebevollsten
bedeutet. In Reden ist daher die Anrede auditores oder adolescentes
oder juvenes amantissimi sehr seltsam, da unentschieden ist, cujus
hominis oder cujus rei amantissimi sint. Häufig findet es sich so in
einer Rede von Sintenis in seinen Stylübungen, wo es mit carissimi
und dilectissimi abwechselt. Ebenderselbe sagt sogar (p. 149) mihi
(f. mei) amantissimus. Auch in Reden Anderer findet man jenen
153
Fehler, vor welchem schon Janiis, wie ich finde, gewarnt hat. Und
60 sage man daher auch in Briefen nicht: amantissime Jrater, son-
dern carissime frater atq. optime (Cic. Orat. II, 3, 10).
JmaJiuensts, ein Sekretär, Schreiber, sonst auch servus a manu,
ist zwar erst N. Kl. bei Sueton, zumal vom Gehülfen und Diener
beim Schreiben, aber durch kein Kl. Wort zu ersetzen, da minister
und administer allgemein einen Diener bedeuten, und librarius
mehr einen Abschreiber. Zu voreilig verwirft es Sciopp. de stylo
p. 192 und Infam. Fam. p. 87.
Amare. Als unlateinisch verwarf Sanctius (Minerv. III, 2) amare
deum, ohne Grund, da es doch bei Plaut. (Poen. I, 2, 70 deos et amo
et metuo), Seneca (Ep. 47 deus colitur et amatur) und in der latein.
Bibel der Vulgata unzähligemal vorkommt (vgl. Hand's Lehrb. p. 240).
Wenn dagegen Sallust, nach ihm Tacitus, und ausser ihnen Horaz das
Verbum in der BeAewi. pflegen, für solere, mit einem Infinitiv brau-
chen, so ist dies nicht lateinisch, sondern, wie auch schon Quintil.
(Inst. IX, 3, 17) bemerkt, dem Griechischen nachgeahmt; er sagt:
ex Graeco translata Sallustii plurima, quäle est, vulgus amat fieri.
Es darf daher nicht nachgeahmt werden, und mit Recht bemerkt
Ruhnken gegen Muret, welcher (V. L. XI, 2) amat tarnen ipse — dicere
geschrieben hatte: Amat dicere Graerismus non usitatus Ciceroni;
sed Sallustius sie loquitur ejusque imitatione Tacitus. Vgl. auch
Hand's Lehrb. p. 177.
Amaritas, die Bitterkeit, bei Vitruv, und amarities bei Catull,
sind beide weniger gut und üblich, als das bei Varro und Ändern
öfter vorkommende amaritudo.
Amasia, das Liebchen, ganz N. L., amasiuncnla Sp. L., amasio u.
ämasiunculus, der Liehhaber Sp. L. und endlich amasius A. u. Sp. L. ; sie
sind alle als wahrscheinlich nur gemeine Alltagswörter zu verwerfen und
durch amator, amatrix, amica und amicula zu ersetzen. Uebrigens ist
nach Cic. Tusc. IV, 12, 27 amator der, bei welchem die Liebe herr-
schende Ijeidenschaft ist, amans aber, als Partie, nur der, welcher
zu Zeiten Eine oder Einen oder Ettvas liebt.
Amatus, a um, N. L. in der Bedeut. lieb, tcerth, beliebt, wofür
wir auch geliebt sagen, und ebenso amatior und amatissimus für
carus, suavis, amore dignus u. a. Falsch sind pater, fnater, magister
u. a. amatus, in der Bedeut. der geliebte, d. h. liebe Vater, für ca-
rus u. s. w.
Ambages, Umschweife, Räthselhaftigkeit, ist im Sing, nur im Abi.
üblich, sonst nur im Plur., zwar schon A. L., aber in Prosa erst
bei Livius, der es liebt, bei Plinius dem Aelt., Quintilian u. Tacitus,
sonst nur bei Dichtern; es werde lieber vermieden durch anfractus,
circuitio, circuitus, ambiguitas und mit Hülfe des Adj. ambiguus oder
des Subst. aenigma.
Ambigere bei den Bessern fast nur mit dem Sinne des Streitens
darüber, was recht und das Wahre sei, oder wie Etwas sei. Es wird
activ. veiAunden mit de aliqua re, passiv, entweder mit de oder mit
dem Nominativ des streitigen Gegenstandes als des Subjects des
Verbi.
Ambire., herumgehen, fordert den Accusativ der Person, die man
um einer Sache willen angeht, wozu dann noch ein zweiter Accusativ
154
jener Sache dazu treten müsste, wozu sicli aber Tielleicht kein Bei-
spiel findet, ausser einem im Passivo bei Tic. Rep. 1, 31 cives ?nagi-
stratiis amhmntur, rogantur, d. h. die Bürger werden um der Aemter
willen angegangen, werden gebeten. Nur bei Plautus kommt vor quasi
magist rattim sibi ambiverit, wo die Personen, die er angegangen ist,
d. h. bei denen er darum angehalten hat, nicht beigesetzt sind. Man
sage daher nicht magistratuni anibire, ohne den Accus, einer Person,
bei der man sich darum bewirbt, sondern, was das gesefzmässige
ist, petere. Und so braucht auch Q. Cicero in seinem Buche de pefi-
tione consulatus nie ambire, sondern nur petere. N. L. ist es daher,
wenn Muret (Oper. T. I, p. 394) eloquentiae laudem ambienti sagt
für petenti, so wie anderwärts in ambienda gloria für in petenda,
wo (Oper. T. I, 165) Frotscher richtig bemerkt: Usitatius est petere
gloriam; nam accurate si scribas, illi potius ambiuniur, apud quos,
a quibus honores, magistratus petas. Incorrect schreibt daher A. Mat-
thiae (z. Cic. Sest. 8, 18) : Gabinius tribuuatum ambiit für petivit.
— Als Subst. übei'setzt man das Herumgeheii durch ambitio, das
A7ihalten durch petilio; dagegen ist ambitus nur das twgesetzliche,
strafwürdige Anhalten. Man verwechsele also ambire und petere.,
so wie ambitio, ambitus und petitio nicht mit einander, was im N. L.
auch von Bessern oft geschieht. Vgl. auch Weber'sUebungssch. p. 338.
So schreibt denn auch A. Matthiae wieder nicht gut (in Vita Cicer.
a. 55): Ambitus non more majorum, sed largitione aperta agebatur —
für ambitio oder petitio. — Uebrigens hüte man sich, das Verbum
nach eo — ire, gehen, zu bilden, wie man dies im N. L. zuweilen
findet, z. B. ambibat für ambiebat. Endlich ambitio mit dem Genit.
gloriae verwirft ;ils N. L. Wüstemann (z. Döring. Comment. p. 139),
da ambitio hinreiche, oder gloriae Studium zu brauchen sei.
Ambrosius, unsterblich, göttlich, lieblich, ist nur P. L. und in Prosa
Sp. L. für immortalis, divinus, suavis.
Ambulacnan, der Spazirgang, sei es das Gehen, oder der Orty
A. u. Sp. L. für amhulatio.
Amicus, Freund, getvogen, befreundet, wird verbunden mit dem
Genitiv u. Dativ (s. Gramm.) ; N. L. oder D. L. mit cum ; z. B. ille
est cu7n fratre tuo amicus, er ist mit deinem Br. befreundet, gut
Freund mit deinem Br., für fratris tui oder fr atri tuo. Das Wort
gut, welches wir zur Verstärkung hinzusetzen, kann nicht durch
bo?ius übersetzt werden, sondern bleibt etjtweder weg, oder man
wählt den Superlativ amicissinms, der beste Freund, oAer familiär Her
amicus, nicht amicus optimus, indem bonus mehr den tretien Freund
bezeichnet. Man sagt auch nicht magnus amicus in der gewöhnlichen
Bedeutung unseres grosser Freund, da magnus amic. vielmehr einen
mächtigen, viel vermögenden Freund bedeutet, und so auch summus
amicus theils im Ernst, theils im Scherz. N. L. ist ein Comparativ
amicitior für amicior. — P. L. aus dem Griech. ist amicum est
mihi in d. Bedeut. es ist mir lieb, für mihi placet, videtur, optatum
est u. a.
Amissus findet sich als Subst. der Decl. IV. in der Bedeut. der
Verlust nur einmal bei Corn. N. (Ale. 6, 2) , für das häufig vor-
kommende amissio, jactura. Es ist wohl zweifelhaft und werde ver-
mieden.
15Ö
Jmittere steht meistens da, wo wir verlieren brauchen, z. B. vitam,
animam, oculos, lumina, adspectum \i. a. A^. L. aber ist wohl amütere
proelium, pugnum, ein Treffen verlieren, für vinci oder inferiorem
discedere acie, pugna, proelio; animum amittere, den Muth verlieren,
für cadere animo, deflcere animo ; mentem amilt. , den Verstand ver-
lieren, für mente capi, mentem alienari [mens alienatur). So heisst
auch m Gefahr sein, den Kopf zu verlieren, capitis periculnm
adire (Cic. Rose. Am. 38). Verworfen wurde auch von Schorus
(Phras. p. 156) , Cellar. u. A. amittere causam, litem, einen Process
verlieren, für causa cadere; aber bei Cic. (Orat. II. 24, 100) steht
causam amittere und (Rose. Com. 4, 10) liteju amitt. Ebenso causam
perdere (ebend.) und litem perdere (Orat. I, 36, 167). Uebri^ens
wird in manchen Verbindungen sonst noch amittere vermieden. Vg:l.
Deutsch -lat. Lexica. Gut ist aber multum amittere in aliquo homine,
viel in einem Menschen (durch seinen Tod oder Abgang) verlieren
(Qnintil. X, 1, 89 multum in Valerio Flacco amisirnus).
Amnestia, die Amnestie, Vergebung eines Staatsverbrechens, ist erst
Sp. L. und ohne Umschreihung^ (wie sie sich bei Valer. Max. IV,
], 4 findet: haec oblivio, quam Athenienses (Graeci) ajirr,nTiui vocant)
niclit anzuwenden; man gebrauche dafür oblivio, ve?iia et oblivio,
abolitio facti. So Qnintil. IX, 2, 97 sub pacto abolitionis.
Amnis scheint, wie unser Strom, das höhere Wort für fluvius,
Fluss, gewesen zu sein.
Amoebaeus, abwechselnd, findet sich erst bei den späten Gram-
matikern als Kunstwort zur Bezeichnung eines Wechselliedes zweier
Sänger in gleichen Strophen, Carmen amoebaeum, sonst aber nicht;
abwerhHelnd werde durch alternus u. a. übersetzt.
Amoenitas und amoenus beschränken sich bei Cicero und den
Bessern auf das Angenehme und Liebliche sinnlicher Gegenstände
der Natur und Kunst, wie in Bezug auf letztere bei Livius: cultus
amoenior, allzu zierliche Kleidung. N. Kl. , was aber nicht nachzu-
ahmen ist, wird es von geistigen Dingen gebraucht, wie ingenium amoe-
num, litterae amoeniores, verba amoe7iissima. Auf gleiche Art sagt
Muret. Oratt. (Oper. T. I. p. 224 ed. Fr.) amoeniores disciplinae
für jucundiores, pleniores delectationis oder jucunditatis, und so ver-
wirft man auch inamoenus von geistigen Dingen. Vgl. Inamoenus.
Ebenso tadelt als N.L. Hand (Lehrb, p. 249) amoena fortuna für
laeta, secunda. florentissima fort.
Amoliri, fortschaffen, in Prosa erst seit Livius, welcher amolita
onera in passivem Sinne braucht, sonst ist es nur N. Kl. und selten,
und bei Quintilian. nur in der Bedeut. abweisen, widerlegen, für re-
fulare; als ein kräftiges Wort ist es jedoch wohl anwendbar. In
jener ersten Bedeut. braucht man öfter demoliri, summovere, tollere.
Gem. L. bei den Komikern ist se amoliri, sich entfernen^ weggehen,
für die Rl. abire, discedere, se conferre u. a.
Amor im Sing, nie der Liebling, sondern nur im Plur. amores,
einigemal bei Ci(ero (Att. II, 19).
Amovere, entfernen, wird verbünd, ab aliqua re, von Etwas weg
und es aliqua re, aus Etwas heraus. Für amovere jocum, Scherz bei
Seite setzen, was Horaz braucht, sagt Cicero removere ; sonst ist
es gut.
156
Amphibtum^ ein aus dem Griech. in anderer Bedeut. erst im N. L.
aufgenommenes Kunstwort in der Naturgeschichte; es ist, wie alle
mit dem Griech. «u(jf/ (amphi) anfangende, theils alte, theils auch
erst neuere Kunstwörter beizubelialten. Cicero (N. D. I, 37) gebraucht
dafür ajiceps bestia et in utraqiie sede vivens.
Jmphibologia, die Doppelsinnigkeit, ist eine schlecht gebildete
Form der spätem Zeit für die schon bei Cicero und Andern vor-
kommende amphibolia, wofür wiederum amphilogia schlechtere Les-
art ist, Uebrigens heisst es gut lateinisch arnbiguitas (sermonis).
Amphimacer (ein bekannter Versfuss -w-) ist eine schlechte
neue Form unsrer Grammatiker für amphimacriis, welcher jedoch,
wie Quintilian sagt, häufiger creticvs genannt wurde.
Amphitheatricus ist weniger übliche Form für die acht latein.
amphilheatralis.
Amplesare, umfassen, ist A. L. und bei Cicero zweifelhafte Form
für die sichere amplesari als Deponens, wie amplecti, nicht amplectere.
Ampliare ist in der Bedeut. eriveitern, vergrössern nur N. Kl.
und selten für das Kl. mnplißcare; dagegen Kl. in der gerichtlichen
Bedeut. die Entscheidung aufschieben.
Ampliter, Adv., A. L. bei Plautus und veraltet für das Kl. ample;
es durfte von dem Ciceronianer Bembus (Epist. VIII, 3) der quam-
primum quamque ampliter sclirieb, nicht gebraucht werden.
Amplius. Es wird im N. L. in negativen Sätzen mit nicht mehTy
nirgends mehr, nie mehr ohne ein folgendes ah falsch gebraucht,
indem man sagt: iion, ?iusquam, numquam amplius und so in andern
ähnlichen, wo Kl. jam steht; z. B. damals gab es nirgefids mehr
königliche Prinzen, jarn nusquam erant (Cic. Plane. 24), nicht nus-
quam amplius. Etwas Anderes ist non amplius in der Bedeut. nicht
weiter, nicht länger in Bezug auf ein vorausgehendes Thun, z. B.
Cic. Orat. I, 17 non luctahor tecum amplius. Vgl. auch Frotscher
zu Mureti Oper. T. I, p. 326.
Amussis, das Senkblei, die Stellwage, das Richtscheit , ist ein altes
Kunstwort; aber ad amussim und examussim in der Bedeut. genau,
für accurate^ exacte, ist nicht wohl nachzuahmen.
An. N. L. ist an — an in Alternativfragen, z. B. ist er reich oder
arm? an dives est, an pauper? für dives est oder divesne est, an
pauper ; und ebenso indirect: es ist im^ewiss, ob er reich oder arm
ist, nicht an dives sit, an pauper, sondern divesne (dives) sit,
an pauper. Ruhnken tadelt es, dass Muret (Oper. T. II, p. 742)
an — a7i in der Bedeut. ob — oder gebraucht hatte, mit den Wor-
ten: Duplex an pro utrum — an non usitatum est veteribns. Falsch
sagt auch Laur. Valla Elegant. I, 27 dubitari potest, an dativus sit,
an ablativus; und Benj. Weiske: dubito, an pro inepta glossa sit
habend um, an pro vitio. N. L. ist auch «w mit folg. necne., welcher
Gebrauch auf früher fehlerhaften, jetzt aus Handschriften geän-
derten Stellen Cicero's (Caecin. 11, 31 und Catil. II, 6, 13) beruht.
Man schreibt daher nicht, wie Mahne (Crito p. 228): ignoro, an
illud — sit, necne, für ignoro, illudne (utrum illud) sit, necne. Ferner
ist N. L. an — sive oder an — vel, oder an — aut, wie bei Vi-
ctorius Epist. (in Mureti Oper. T. II, p. 130 ed. Fr.) : quem spero
facile cogniturum, an verum ego in hac re attigerim, sive contra
157
lapsus opinione fuerim, wofür Frotscher vorschläg-t num oder ulriim
verum oder verumne — an, weil an auch vorn nicht Kl. ist; denn
Ziimpt (Gramm. §. 353 und zu Cic. Verr. III, 12,27) zweifelt mit Recht,
ob an in der abhängigen Frage Kl. sei, da es erst N. Kl. sicher
vorkomme. 3Ian sage daher nicht: Interrogavi, an j)ater domi esset,
für mim pater d. esset, oder domine pater esset. Wenn daher Muret
Oratt. (Oper. T. I, p. 232 ed. Fr.) schreibt: Hoc an in physicis
vere dicatur, viderint qui illa tractant, so setzt Frotscher für an
das ohnehin hier passende man. Jedoch gehören hierher nicht dubito
an und nescio oder haud scio an mit einem einzelnen folgenden
Satze; damit hat es eine eigene Bewandtniss. — Auch ist es wohl
N. L., an, num oder ne zu brauchen, wenn in dem deutschen ob
nichts Fragendes liegt, sondern wenn es in der Bedeut. unserm wenn
gleich ist, wo also lateinisch si gesetzt wird ; z. B. sie versuchen,
ob sie durchbrechen können, s«'perrumpere possint, nicht num, noch
an, noch 7ie ; ich öffnete das Packet, ob etwa ein Brief an mich da-
rin läge, si quid ad me esset litterarum, nicht num quid — ; er war-
tete, ob er käme, si veniret; sie warten, ob Etwas geschieht, si quid
fiat; er ging dorthin, ob er ihn vielleicht fände, si forte inveniret;
ich will sehen, ob er etwa zu Hause ist, si domi est; und so ähnliche.
Uebrigens ist über a7i noch zu vergleichen Vorst. latin. mer susp.
p. 170. Heusinger Emendatt. p. 458, vorzüglich aber Handii Tur-
sell. I, p. 296 — 361 und Reisig's Vorles. p. 474.
Anabaptismus, die Wiederiavfe, muss als ein neues spätlat. Wort
für eine neue Idee, so wie alle andere spätere und neuere, mit dem
griech. «i« (ana) anfangenden Wörter, da sie meistens Kunstwörter
sind, in Ermangelung klassischer oder erträglich lateinischer Wörter
beibehalten, und etwa durch que7n (quam, quod) dicunt gemildert
werden. Von der Art sind z. B. anachronismus, analecta, analogiam
afiabasis u. a.
Anagnostes ist in der Bedeut. Dollmetscher N. L. und verwerflich
für interpres. Auch in der Bedeut. Forleser werde es nicht von
jedem gebraucht, wofür lector da ist (Cic, Orat. I, 30, 136. II, 55,
223), indem Cicero u. A. nur die zum Vorlesen bestimmten Sclaven
nach griechischer Art so zu nennen pflegen.
Analogia. JNach Quintil. I, 6, 3 fing man zwar zu seiner Zeit an,
nach dem Vorgange Cicero's (oder wer der Verfasser ist) im 'rimäus4
dafür proportio zu brauchen, aber da es den Begriff des griech.
Wortes nicht erschöpfte, behielt man jenes auch später bei, da man
die Auctorität Varro's, Jul. Caesar's u. A. im Gebrauche des Wor-
tes für sich hatte.
Anapaesiicus, a, zim, Sp. L. Form für die bessere Kl. anapaesfus,
a, um; daher bedeutet anapaestus (seil, pes^ den Versfuss ^,.^-
und anapaestum (seil, carmen) ein aus Anapästen gebildetes Gedicht.
Anatomus, der Anatom, ist erst N. L. für das freilich Sp. L.
Wort anatomicus (sc. medicus). Wunderbar ist, dass anatomia (zwar
nur erst 8p. L.) üblich war, wiewohl die Griechen es nicht so, son-
dern anatome (uyuzofxri) nannten. Lateinisch hiess es corporum aper-
tio, und Cicero nennt das Anatomiren , corpora aperire, Celsus aber
Corpora incidere.
Ancilla hat nirgends, auch nicht Sp. L., im Dat. u. Abi. Plur.,
158
■ — wie sehr natürlich bisweilen serva, — oncillabus ; als neue u, unnütze
Form hätte es der später so vorsichtige D. Kuhnkeii Ep. ad Elitter.
(Opusc. I, p. 587) nicht schreiben sollen. Vgl. Th. I, ^. 17.
Ajicora , der Anker. Ob ancoras solvere oder tollere zu sagen
sei, vgl. Solvere.
j4nfr actum, die Krümmwig, Biegung, A. L. f. das Kl. anfr actus.
Allgere, ängstigen. Nirgends findet sich davon eine Form des
Perf. und Supini, nur des Praesens. Man hüte sich daher, die nur
geda« hten Formen anxi u. anxuni zu braudien, welche einige Lexica
angeben.
AngluSy der Engländer und Anglia, England, finden sich noch
nicht bei einem Alten und sind erst N. L. für Britannus, Britannia.
Angululus., das Hinreichen, Eckchen, ist schlechtere Form für
angellus. was Wakefield im Lucrez für jenes aufgenommen hat.
Angulus , der fVinkel , ist KL, aber bezweifelt wird latere in
angulo für in occulio, occulte.
Angastare (B. L. nngustiare), verengen, enge machen, verkleinern^
ist zwar ein kui'zes Wort, aber in zu seltnem Gebrauche TV. Kl. beim
altern Pliiiius und Seneca. Man brauche lieber die Kl. Umschrei-
bungen in angustum deducere oder adducere oder co7icludere ; auth
contrahere, minuere, angustum facere. — N. L. ist es in der Bedeut.
ängstigen, für angere. sollicitare u. a.
Angustia. Für diesen Singular kennt man bis jetzt nur sehr we-
nige Stellen, und zwar bei Cicero M. D. II, 7, 20, wo er die Kürze
und Gedrängtheit der Rede angustiam conclusae orationis nennt, und
bei Plin. IN. H. IV, 13, 18 und XIV, 6, 8 aou einem engen, kleinen
Räume. In gewöhnlichem Gehrauche war zu allen Zeiten der Plu-
ralis angustiae in mancherlei Verbindungen und Bedeutungen ühlich,
z. B. angnstiae temporis in der Bedeut. bedeyikliche Zeit, wofür Muret.
Oratt. (Oper. T. I, p. 428) den Singular ganz unnöthig brauchte in
hac temporis angustia. Man vermeide den Singular. Verworfen wird
angustiae animi in der Bedeut. Angst, Aengstlichkeit , welcher Be-
triff" nicht darin liegt, so wenig, wie in dem vorhergehenden angustare.
Angnstus, eng, schmal u. s.w. Es wird Rl. auch von einem Worte
gebraucht, so dass man sagt angustius valet in der Bedeut. es hat
einen engern , eingeschränktem Gebrauch , ist im Gebrauche ein-
geschränkter (vgl.Cic. Tusc. III, 8, 16), wie sonst im entgegengesetz-
ten Sinne es hat weitern Umfang, ist im Gebrauche ausgedehnter,
latius patet (Cic. Tusc. III, 5, 11). Und so kann auch wohl richtig
unser eine enge (engere) Deßnition von Etwas gehen übersetzt werden
durch aliquam rem auguste ( arigustius ) definire. Jedoch hüte man
sich vor der von Neuern oft gebraui hten Redensart angustiore sefis?i,
im enger?}. S'^V^/^e, wofür jenes (/uod a?ig?istius valet, oder quod proprie
vereque dicitur (Cic. Off. III, 3, 9) anzuwenden ist; so Dietrich. Vgl.
Latus.
Anhelare wird im bildlichen Sinne mit einem Objecte im Accusa-
tiv (aliquid) verbunden, nach Etwas trachten, z.B. scehis,crudelitatem ;
aber N. L. mit ad aliquid und wohl gar mit etwas Gutem , was ohne
Beispiel bei einem Alten ist. Falsch ist daher in der dem Ci( ero
beigelegten Consolatio: Magnuni est ad gloriam anhelantis Awinn fo-
mentum spes futurae utilitatis.
159
Anima. In der bessern Schriftsprache unterscheidet es sicli von
ani/nus, indem es sich auf die f?edeu(. Hnf/ch. Lf/ff, Jthem , Leben
und auf die allgemeine ein lebendes Wesen beschränkt; dng^e^en be-
deutet animus den de7il{ejiden, bekehrenden mu\ fühlenden Geist oder
die Seele. Daran halte man sich im Sdireiben, mag auch wirUich !)is-
weilen anima für animus gesetzt sein, wie denn z, B. Caesar (äj. G.
VI, J4) von den Druiden sagt: docent non interire animas, wo keine
Handsclirift animos liest, was man docli erwartet, da ja die anima mit
dem Körper scliwindet und nicht unsterblich ist; und mag auch später
z. !J. Qiiintilian noch sagen anima iramortalis est (V, 14, 10. VII, 4, !).
Nur über den aninuis stritt man, ob er slerbücJi oder unsterbli.h
sei; und so spreche man nicht de immortalitate animae (animannn),
sondern animi oder animonim. Auch bei Cicero soll bisweilen anima
fiir animus stehen. Auf jene Bedeutungen des Wortes anima .';ezie-
hen sich die Redensarten animam efflare, den Lebe7ishuuch aushau-
chen, sterben; animam amittere, das Leben verlieren und ähnliche
andere; ferner die Anrede a7i einen (eine) Geliebten (Geliebte), o
anima mea, wie Cicero die Seinigen anredet vos meae varissiinae ani-
mae; und so wie Tacitus (Illst. IV, 32) sagt: vos Treveri et ceterae
servientium animae., und all ihr andern Shlavenseelen , so heissen
auch wohl die gemeinen und niedrigen Seelen animae (nicht animi,
wie Andere Avollen) plebejae, ani?nae htivnles u. dgl,
Animadversio hängt mit animi adver sio, die Richtung des Geistes,
genau zusammen und hat daher auch meistens ifi mit dem Accusativ
bei sich, wie unter andern fast durchaus, wenn es bedeutet Tadel,
Bestrafung, Ahndimg, — in aliquem, z. B. i7i servos, i/i cives, w ogcgen
im Genitiv die tatehide, strafende Person liegt. Jedoch setzt Cicero
(Ciuent. 46) auch den Ge7iitiv statt i7i aliquem, denn in dieser Stelle
muss ani7nadversio civium so verstanden werden, nemlich ^>^ cives. Zu
voreilig tadelt daher Sciopp. (Infam. Fam. p. 97) den Famian, welcher
crebra reorum animadversio brauchte, für i/i reos. — Mit Recht wird
es aber jetzt allgemein verworfen, es in der Bedeut. einer erklären-
de7iA77merku7igT\\ etwas Geschriebenem oder Gesagtem zu brauchen,
da es ohne alle alte Auctorität und selbst ^^^^n den Sprachgebrauch
des Wortes ist, nach weichem es ausser der Bedeut. Wahrnehmung
und Beachtung nur noch die eben berührte der sittliche7i Rüge der
Censoren und der Ah7idung und Bestrafung hat. Das Wort ist den
Gelehrten heutzutage in jener neuen Bedeutung einer erklärenden
Anmerkung oder überhaupt einer geistigen Bemerkung zu Etwas ganz
gewöhnlich, was die vielen Bücher zeigen, welche den Namen A7ii-
madversio7ies in aliquem libriim, i7i scriptores u. s. w. führen. N. L.
ist es daher auch, wenn z. B. Fleyne (praef. Virg. T. I, p. 15) sagt:
Virgilius ea animadrersione instructus, was kein alter Lateiner ver-
stehen würde. Man brauche in jenem Sini^e esplicatio, interpretatio,
esplanatio, scholium, annotatio, und als Verha «rawo?«Ae, explicare,
inierpretari, expla/iare. Vgl. Dietrich zu Sintenis p. J79. Forbiger
Aufgab, p. 28. Iland's Lehrb. p. 137. Kraft zu Ruhnken. elog. p. 327
und Webers Uebungssch. p. 91.
A7iimadversu77i kommt als Subst. und, wie eben bemerkt worden
ist, in Aev ^eAewi. belehre7ide Bemerku7ig mvgenAs vor; unlateinisch
160
hat also liadr. Jiinius seinen Büchern gelehrter Anmerkungen den
Titel Ubri aniinadversoriim gegeben.
Animadvertere ist gleich mit unimum adccrtere ; jenes wird aber
nur verbunden mit dem Accusativ aliquid, Etwas wahrnehmen, rilgen,
tadeln ; an ivein man Etwas wahrnimmt, mit in aliquo, in aliqna re,
aber loen man rügt, tadelt und straft, mit in aliquern. Dagegen wird
animum advertere, seinen Geist richten auf Etwas, zunächst mit ad
aliquid \erhui\den, aher auch ebenso, wie jenes, ohne ad, blos atiqnid,
was Bentley zn Cic. Tusc. V, 23, 65 läugnet, so dass Klotz zu dieser
Stelle bemerkt, der Unterscliied zwischen beiden sei blos formell,
und es sei gegen den Sprachgebrauch, dass animum advertere blos
mit ad aliquid verbunden werde. Cicero z. B. sagt in der angeführten
Stelle animum adverti columellam , ich bemerkte (nahm wahr) eine
kleine Säule; Caesar B. G. I, 24 postquam id animum advertit, und
IV, 12 cum Piso id — procul animum advertisset, — und andere
Stellen, aus denen erhellt, dass es auch mit jenem ganz gleich ver-
bunden wird. Vgl. auch Gronov. Liv. XXIV, 48 u. Oudend. zu Cic.
Inv. 11, 51. Falsch sagt aber Mahne (Crito p. 268): nee animadver-
tunt ad aureum illud dictum, wo entweder ad wegbleiben, oder ani-
mum adoertu?it geschrieben werden musste. — N.L. ist aber ani?nad-
vertere, wie oben animadversio, in der Bedeut. Etivas mündlich oder
schriftlich be?nerken, zur Belehrung Anderer eine Anmerkung machen,
anmerken, wiewohl man es jetzt häufig so findet, z. B. ad illum locum
haec Wolfius animadvertit für annotavit, docuit, adscripsit. Eben so
wenig heisst in einem Briefe, bei etwas Schriftlichem noch dabei be-
merken— animadvertere , sondern adscribere. Vgl. Cic. Fam. I, 9, 4.
Ueber das Verbum s. Weber's Uebungssch, p. 91.
Animalculum^ das Thierchen, N. L. und unnöthig, vielleicht von
Muret gebildet, der (Oper. T. II, 971 ed. Ruhnk.) schreibt: minima
animalculo, wozu Ruhnken bemerkt: Animalculum forma incognita
veteribus.
Animare, KL, beleben, beseelen, wird oft im N. L. in der Bedeut.
ermuntern, anreizen, ermuthigen, Muth einflössen gebraucht, wofür
höchstens Tac. Germ. 29 einige Auctorität sein kann, wo er von un-
sern Nassauern sagt: Mattiaci terrae suae solo ac coelo acrius a7ii-
mantur, sie iverden hitziger beseelt, d. h. muthiger; aber es fällt in
die Augen, dass dies weit verschieden ist davon, wie man es jetzt
braucht, wenn z. B. Muret. (Oper. I, p.250 ed. Fr.) sagt: nostros uni-
mavit, oder der jung. Burmann: illi omnes ad nobilem aemulationem
animarunt,, und: vestra attentione animatus, so dass Ruhnken mit
Recht zu den Worten Muret's bemerkt: animare aliquern pro incitare^
incendere Gallicismum sapit. — N. L. ist auch aw/oto/ms in der Bedeut.
lebend, wie wir so belebt brauchen — für animans.
Animitus, vo7i Herzen, findet sich nur bei einem späten Gramma-
tiker für ex animo,
Animositas, Muth, Beherztheit, sehr Sp.L. £är animus,fortitudo.
Dagegen sind a7iimosus und animose Kl. und gut, sollen aber in der
Bedeut. muthig selten vorkommen und vielmehr aufgeregt, heftig
bedeuten ; muthig aber heisse fortis, magno animo.
Animus (vgl. oben Anima) ist zwar im Allgemeinen, als Gegen-
satz des corpus, die Seele, der Geist, und begreift Verstand, ff'illen
161
und Empfindung in sich; aber bei streng-erer Unterscheidung sonderte
man den T erstand oder den denkenden Geist ab und bezeichnete
diesen durch mens oder ing,enium, und so findet man Tuens u. animus
einigemal als einander ergänzende Begriffe beisammen, wie bei uns
Geist und Gemüth, Herz und Geist. Gesondert ersclieinen sie in den
Redensarten ifi animo habere, im Sinne haben, d. h. wollen, Willens
sein, wo mens nicht gebraucht wird; aber in mentem venire, in den
Sinn kommen., einfallen, nicht in animum. Ebenso inducere (in) ani-
THum, Etwas thun (unternehmen) wollen, nicht (in) mentem. Muth,
Beherztheit heisst auch nie fnens, sondern animus, wiewolil fast nur
mit dem Adject. mag?ms; jedoch ohne magnus in der Redensart
animus ei accedit, er beko7mnt Muth, wird muthig, der Muth wächst
ihm. Merkwürdig ist es, dass der Scharfsifi?i nicht allein acies (acu-
men) mentis oder ingejiii heisst, sondern auch acies animi, wie bei
Cic. Tusc. V, 13. Senect. 28. — Der Plur, animi, von einer Person
gebraucht, bedeutet meistens Stolz u. Hochmuth. Aber wiewolil der
Plur. animi m der Bedeut. Muth bei Mehrern, z. B. bei luilites, sehr
natürlich ist, so findet man ihn dabei doch nie im Eigenschoftsablativ,
nicht iis animis esse, ei?ie?t solchen Muth habe?i, sondern eo a?iimo
esse. — N. Kl. bei Sueton. u. Quintil. und bei Dichtern ist animus
mihi est mit dem Inf., ich habe Lust, Etwas zu thun, für das Ä'l. in
animo habeo, oder mihi est in animo. Vgl. Frotscher zu Mureti Oper.
T. I, p. 383. In unsrer deutschen Redensart man zählt hier tausend
Seele?i passt im Latein, weder animi, noch animae, sondern capita.
Uebnr animum advertere s. oben Animadvertere.
Annalis, jährig, die Jahre betreffend, wird auch ohne das Subst.
liber in der historischen Bedeut. Jahrbuch gebraucht, wovon Ge-
schichtswerke, in einzelne Jahrbücher getheilt, annales hiessen. Man
sagte aber nicht, wie man im N. L. oft findet, liber primus, secundus
u. s. w. annalium, sondern primus annalis, secundus annalis u. s. w.
So Cic. Brut. 15, 58 in nono annali. Qulnt. VI, 3, 86 de libro Eunii
annali sexto. Uebrigens wird ausser diesem Gebrauche und der Ver-
bindung mit lex (ein die Jahre bestimmendes Gesetz) meistens dafür
annuus gebraucht.
Annare und annatare. Vgl. oben Adnare.
Anne ist in der Bedeut. und im Gebrauche gleich mit an, wie
man utriinine oft für utrum findet. N. L. ist es aber in der Bedeut.
oder Tiicht, f. annon oder necne, wie Muret V. L. XVIII, 5 es braucht:
cum id ipsura quaeritur, sitne aliquid, anne sit, wo Fäsi richtig be-
merkt: hoc a7ine vitiosum videtur, et mutandura in annon vel necne.
Ebenso N. L. ist anne und annon in abhängiger Frage in d. Bedeut.
ob nicht, für none. Vgl. Cic. Orat. 63. Fin. III, 4. Acad. II, 24. Tusc.
V, 12, wo Ernesti für nonne lesen wollte anne oder annon.
Annectere, anknüpfen an Etwas, wird verbunden alicui und ad
aliquid.
Annexio, die Verknüpfung, Sp. L., und annestts iV". Rl. und wohl
nur bei Tacitus für die Äl. adjunctio, conjunctio.
Annihilare und annullare, zu nickte machen, Sp. und fast B. L.
für delere, abolere, irritum facere u. a.
Anniti, sich stemmen an Etwas, wird verbunden ad aliquid, N.
Kl. und P. mit dem Dativ.
11
162
Annon, oder nicht; vgl. Necne. Ob nnnon in derBedeut. oh nicht,
also in abhängiger Frage gebraucht werde, ist zu bezweifeln; Cic.
braucht iionne.
Annosus, alt, hoch bejahrt, P. L. für vetus, senes, grandis natu.
A?inotare u. annotatio sind zwar erst N. KL, können aber in der
Bedeut. Anmerkungen (schriftliche) machen über etwas Geschriebe-
nes, anmerken, für KL gelten, da dergleichen erst in der nachangu-
steischen Zeit durch Grammatiker u. Khetoren üblich wurde. Vgl.
Quintil. 1, 14, 7 de quibus in orthographia pauca annotaho, u. Plin.
Ep. VII, 20 a te librum meum cum annotationibvs tuis exspecto. Für
gut und gleichsam KL eikennen sie auch Weber (Uebungssih.
p. 91) und Hand (Lehrb. p. 138). Ausser diesen sind auch noch
einige andere passend, welche oben bei Auimadversio erwähnt sind.
Annotamentiim , die Anmerkung, f. annotatio, ist Sp.L. nur bei
Gellius und vielleirht von ihm selbst gebildet.
Annuatim, jährlich, N. L. f. quotannis.
Annuere ist in der Bedeutung zusagen, versprechen P. L.
für coticedere , permittere , polliceri , promittere , jedoch als feierli-
ches Wort von Gott (Göttern) wohl zu brauchen, wie es auch
Liv. VII, 30 passend thut. Gut ist daher wohl: deus nobis annuit,
Gott winkt zu, ist gewogen verspricht, aber nirgends findet sich Kl.
coelum annuit, si coelum annuerit, wie man bei Neulateinern oft
findet. Coelum wird nie so gebraucht; vgl. Coelum und Vavassor..
Antibarb. p. 493.
Atinullare, s. oben Annihilare.
Annumerare, zuzählen, hinzurechnen zu oder unter Etwas, wird
verb. alicui.
Annunciare , verkündigen, ankündigen, zuerst bei Livius, nur ein-
mal und zweifelhaft (XXXI, 2, 3), und dann noch beim altern Pli-
nius, für nunciare, und bei etwas zukünftigem Bösen denunciare.
Annus. „In unsrer Redensart," sagt Dietrich, „ich hin in meinem
zehnteti Jahre, steht weder das Possessiv, mez/s, noch blos ofinus, son-
dern annus aetatis, also ago decinumi annum aetatis. Ebenso in ähn-
lichen, z. B. ?7Z seinem zwanzigsten Jahre, anno aetatis vicesimo, oder
in Bezug auf die Person : annos viginti flatus. Nur dann bleibt aetatis
weg, wenn der Zusammenhang- es auszulassen gestattet, was oft der
Fall ist. Auch sagt man nicht dafür annus vitae, wie wir das Le-
bensjahr. Ferner vermöge seiner Jahre heisst per aetatem, nicht ;;er
annos.'''' — Am Efide des Jahres heisst KL anno exeunte oder bei
Livius extremo anno; auch anno vertente, mit Umlauf des Jahres,
da annus vertit heisst das Jahr geht zu Efide. N. u. D. L. ist novum
annum optare, ein Neujahr wünschen, zum neuen Jahre Glück wün-
schen. Vgl. darüber Gratulari.
Annuus heisst Ä7.em Jahr dauernd, im ganzen Jahre geschehend;
erst N. KL und bei Dichtern findet es sich in der Bedeut. nach
einem Jahre oder in einetti Jahre wiederkehrend, jährlich, was Kl.
anniversarius heisst; z. B. dies jesti annicersarii, sucra anniversaria,
alle Jahre einmal wiederkehrende Feste, nicht annui, annua. Daher
heissen die jährlichen Abwechselungen der Jahreszeiten , die Jahr
für Jahr wiederkehren, anniversariae (nicht annuae) vicissitudines
(Cic. N. D. 11,38). Wenn aber Cicero von annuae commulationes
163
spricht (Inv. I, 34), so versteht er darunter die Veränderungen im
ga7ize?i Jahre, das ganze Jahr hincb.irch; und so ist bei ihm (Verr.
III, 48) annuus labor agricolarum, die Landarbeit, die während des
ganzen Jahres geschieht.
Anonymus, nicht mit Namen genannt, ist erst im N. L. aus dem
Griecli. genommen. Man sage von Sachen sine nomine mit einem
Participio, z. B. ein anonymer Brief, iitterae sine nomine scriptae
(Cic. Catil. III, 5) ; aucli sine auctore, bei Suet. (Aug. 70) sogar ohne
ein Partie, sine auctore notissimi versus; — von Personen iiescio qui.
Ante, vor u. s. w. Es wird nicht immer für unser vor gebraucht;
man sage nicht ante Judicium ire, venire, vor Gericht gehen, kom-
men, sondern in jus adire; nicht ante Judicium adesse, vor Gericht
erscheinen^ sondern ad jxidicium adesse; nicht aliquem ante Judicium
vocare, adducere, deducere, sondern in jus, in Judicium vocare, in
judicittm Sidducere, deducere; nicht (gerichtlich) ««fe judicem (judi-
ces) , praetorem, für apud — . Selten ist auch ante aliquem dicere,
orationem habere, vor, in Jemandes Gegenwart reden, für ad. oder
apud aliquem, coram aliquo dicere. Vgl. Vavassor. Antib. p. 515. Man
sage nicht arite brevi, kurz vorher, für brevi oder pauUo ante. Vor-
siclitig sei man bei ante mit einem Subst, der Zeit, ob mit dem
Accusativ oder dem Ablativ, und folge dabei nicht dem Seltenen,
sondern dem Regelmässigen. Vgl. Th. I, §. 75, N. L. ist ante oder
antea mit folgendem anteqiLum (ehe), z. B. is qui ante sagit (vorher
empfindet, vorher ahnt) , antequam oblata res est, dicitur praesagire,
für ante sagit, quam — oder qui sagit, antequam — .
Jntea, vor, vorher, werde als selten bei den Bessern bei Abla-
tiven des tim icie viel, z. B, paucis diebus, decem annis. midto, paido,
vermieden und es werde dafür ante gesetzt. — Die Form aiiteaquam
für antequam verwarf als ungebräuchlich Düker (zu Liv.XXXV,25, 3),
und ihm stimmten Andere bei. Hand (Tursell. T. I, p. 402) beschränkt
mit Scheller ihren seltenen Gebrauch auf Trennung beider Wörter
nntea, quam und sagt, dies sei zumal dann zulässig, wann antea in
den vor quam vorausgeschickten Satz eingeschoben wäre. Jedoch
vermeide man lieber die Form ganz und halte sich an antequam.
Anteambulo, der Vorläufer, ein gemeines, mehr zur Beschimpfung
dienendes Wort, welches daher selten ist; es kann nicht im guten
Sinne gebraucht werden, wie es der jüngere Burmann thut, für
praecursor mit oder ohne das mildernde quasi, je nach dem* Zu-
sammenhange, oder auch umschrieben.
Antecede?is ist im Gebrauche sehr beschränkt, und nur 7V^. Kl.
beim altern Plinius a?itecedens annus, für das Kl. prosimus oder
superior annus, indem proximus das zunächst vorhergehende Jahr
heisst, und die vor diesem vorausgehenden superior es. Am vorher-
gehenden Tage aber heisst pridie. Eben so wenig sagt man, was im
N. L. oft vorkommt, liber antecedens, das vorhergehende Buch, für
über superior; epistola antecedens, für ep. superior, wie bei Cic.
(Fam. I, 9, 26) in der Nachschrift der vorausgehende Brief mit
superior bezeichnet ist. N. Tj. ist auch dijci in antecedentibus , im
Vorhergehenden, für supra. Vgl. Klotz zu Sintenis p. 159. Ein Kunst-
ausdruck aber in der Logik und Rhetorik war afitecedentia, welclien
consequentia entgegenstand, das Vorhergehende, die vorhergehenden
11*
164
Ursachen (einer That) und dieses das Nachfolgende, die Folgen,
woraus die Beueis^rriinde gezogen wurden.
j^ntecedere wird in beiden Bedeut., vorangehen und übertreffen,
mit dem Dativ und Accusativ verbunden, allem und allquem.
Aniecellere, übertreffen, sich auszeichnen, KL mit d. Dativ, alicui,
N. Kl. auch mit dem j4ccusativ. Die Formen des Perf. und Supi7ii
kommen nicht vor, ebenso wie bei exvello und praecello. Gleichwohl
findet man im N. L. ajitecellui, wie bei Muret. (Oratt. Oper. T. I,
p. 353 ed. Fr.) : qui ceteris antecelluerunt, u. (p. 142) antecelluisse,
und noch öfter.
Antecessor ist in keiner Bedeut. KL, und wird entweder mit
antevedere oder mit einem andern Verbo, wie es der Sinn verlangt,
umschrieben, z. B. der Vorgänger (im Reden), qtii ante dixit (Cic.
Sest. 2). Den eben abgehenden Amtsvorgänger nennt Cicero (Scaur.
33) decessor; successori decessor invidit, — was freilich ohne Bezug
auf einen Abgang ni( ht passt, und daher besser zu umschreiben ist.
In der spätem Kaiserzeit ward es Kunstwort nicht nur für den
Amtsvorgänger, sondern sogar Titel für einen Rechtslehrer, Lehrer
der Jurisprudenz, wie sie sich auch noch nennen. Vgl. noch Heu-
singer. Emendatt. p. 388 u. Weber's Uebungssch. p. 179. — Uebrigens
ist es im militärischen Sinne des Vortrabes ein gutes Kl. Wort;
N. L. aber sind antecessores, die Vorfahre?i, für majores, patres.
Antecess7im war als neutrales Subst. nur, wie unser zum Voraus,
mit der Praeposition ^V^, bei den Verben geben, zahlen, amiehmen
und ähnl. ein gewöhnliches Kunstwort, also meistens bei Zahlungen,
wurde aber nie im weitern Sinne für vorher, ante, prius gebraucht.
Es kommt erst N. Kl. vor. Man missbrauche es nicht; lächerlich
wäre es zu sagen: haec tibi i7i antecessutn scripsi.
Antecurrere, voranlaufen, höchst selten , nur einmal N. KL bei
Vitruv. für das Kl. praecurrere, antecedere, antegredi, anteire. Ebenso
ist antecursores, die Vorläufer, nur ein militärisches Wort vom Vor-
trabe, wie antecessores ; sonst heisst der Vorläufer praecursor.
Anteferre, Einem vorziehen, verbünd, m. d. Dat., alicui.
Antegredi, vor- oder vorangehen, wird nur m. d. Acc. verb., ali~
quem, und soll nur bei Cicero vorkommen.
Antehabe?'e,vorziehefi, istiN^. Kl. und unnöthig, nur bei Tacitus für
anteferre, praeponere u. a.
Anteire wird, in welcher Bedeut. es sei, m. d. Dat., alicui, oder
Acc, aliquem, verbunden.
Anteloquium, das Vorwort, die Vorrede, sehr Sp. L. für prae-
fatio, prooeinium.
Anteludium, das Vorspiel, Sp. L. für prolusio oder praelusio, aber
nicht praeludium; vgl. unter diesem Worte.
Atitemeridialis, vormittägig, sehr Sp. L. für antemeridianus.
Antemittere, vorausschicken, zwar einigemal bei Caesar, sonst
höchst selten für praemittere, was vorzuziehen ist.
Antepefiullimus , der drittletzte, Sp. L. Kunstwort in der Prosodik,
welches, wenn es der Kürze und Verständlichkeit wegen nicht zu
vermeiden ist, beibehalten werden muss, in andern Fällen werde
dafür tertius ab extremo gesagt, ähnlich dem bei Cic. Orat. 64, 216,
165
wo für ■peniiHimus gesagt ist proximua a postremo. Vgl. auch Sciopp.
de stylo p. 217.
Anteponere, Etwas (zum Essen und Trinken) vorsetzen, vorstellen,
A. L. bei Piautus für das Kl. und solenne apponere. Vgl. Drakenb.
Liv. I, 7, 13. N. L. ist aliquem alicni antep., Einen Einem vorstellen
als Beispiel, für ante oculos po7iere, z. B. die Geschichte stellt uns
grosse Manner vor, nicht anteponit, sondern a/ite oculos ponit. Für
aliquid alicui anteponere. Einem Etwas vorziehen, steht ^. L. bei
Ennius aliquid ante aliquant rem ponere, was nur Sali. (Jug. 18) nach-
gebrancht hat: ne verba inimici ante facta sua ponerent für factis
suis a?iteponere?it, was nicht nachgeahmt werde.
Antequam, ehe, ehe als ; welchen Modus es bei sich habe, s. in den
Grammatiken u. Handii Tursell. T. I, so wie Reisig's Vorles. p. 525.
Ueber ante (vorher) mit folgendem antequam (ehe) vgl. A/ite.
Afiterior, vom Orte der Fordere, von der Zeit der Frühere, bei-
des Sp. L.; der Vordere heisst prior, in pectore, in pectus oder ad-
versus; der Frühere heisst superior, z. B. der Forderf/iss nicht pes
anterior, sondern prior; das vordere Glied, membrum prius, nicht
anterius, und so oft beim altern Plinius; der Vorderleib, adversuin
corpus, z. B. vulnus (cicatrix) adverso corpore exceptum (excepta) ;
die frühern Könige, reges superior es, nicht anteriores, wie bei Sul-
picius Severus.
Aniesignanus kann nur im Scherz von einem Amtsvor ganger ge-
braucht werden, wie man es wohl im N. L. findet. Vgl. Antecessor.
Antestari, ein altes, gerichtliches Wort, Jemanden zum Zeugen
anrufen, sich auf Einen als Gewährsmann berufen, wird verb. m. d.
Acc. aliquem; es ist auch wohl ausser der Gerichtssphäre zulässig.
Antevenire, zuvorkommen, übertreffen, wird verb. alicui und ali-
quem, ist aber ausser bei Sallust A. L. und N. Kl. und dabei sehr
selten für antevertere, praevertere, praecurrere, superare u. a. Bei
Livius kommt nur anteveniens vor, woraus nicht viel zu schliessen ist.
Antibarbartis findet sich zwar nirgends bei einem Lateiner, aber
als N. L. Kunstwort von einem Buche gegen die Sprachbarbarei ist
es zulässig und nicht zu verwerfen, da ein kurzes lateinisches fehlt.
Anticus, der vordere, A. L. und später fast ungebräuchlich.
Antidotum, das Gegengift, ist das kurze Kl. Kunstwort bei Celsus,
wofür auch remedium adversus venena gesagt werden kann.
Antiochemis, zu Antiochien gehörig, Sp. L. Form für Antiochensis.
Antipodes, die Gegenfüssler , war wolil ausser dem früher schon
aufgenommenen aiitichthones das geographische Kunstwort; Cicero
braucht es nur griechisch und erklärt es (Acad.II, 39) qui adversis
vestigiis stant contra ?iostra vesiigia, und kürzer (Somn. Scip. 6)
qui adversa nobis urgent vestigia.
Antiquare legem, ein Gesetz verwerfen, ist verschieden von abro-
gare. Vgl. Abrogare.
Antiquitas. Es kommt im Gebrauche fast ganz mit dem deutschen
Alterthum überein, indem es nicht nur das Altsein einer Sache, son-
dern auch concret die Menschen der alten Zeit, saramt ihrer Ge-
schichte, ihren Sitten und Gebräuchen bedeutet. Zu voreilig ver-
wirft man es, wo es von den Menschen gebraucht wird, da doch
Cicero antiquitas multis in rebus erravit, und Plinius sogar antiq.
166
fabulose narravü gesagt haben, obgleich freilich Adjectiven, wie
docta, erudüa, lltterata (gelehrt), sapiens (weise) und ähnliche andere
nirgends damit verbunden vorkommen, und daher vermieden werden
müssen, oder der Gedanke muss umgeändert werden. Vgl. Dietrich's
Sintenis 2>- 1- Ebenso bedeutet wohl ajitiquitas die alte Zeit, aber
unerweislich ist doch z. B. in antiqnitate Graeci maxime excellunt,
wie wir sagen im Alterthtime zeichnen sich.... aus, für antiquis tem-
poribus. Vgl. Dietridi ebendas. u. Webei's Uebungssch. p. 21. Un-
verwerfliih aber ist es, sowohl nntiquitas, als auch antiquitates von
dem zu brauchen, was wir Alterthümer nennen, wiewohl allerdings
jenes nur allgemein, was zum Alterthum gehört, bedeutet, dieses
aber einzelne Sachen, Sitten, Gebräuche u. dgl. andeutet. So reist
z. B. nach Tacitus (A. 11,59) Germanicus nach Aegypten cognoscendae
afitiquitatis causa, um alles Alterthümliche zu sehen, und Varro, so
wie Andere, schrieben antiquitates. Indess möchte es dorli, wenn
unser Wort Alterthümer den Sinn alter J)e?ihnäler hat, zur Bezeich-
nung besser sein, aritiqua tnonumenta zu setzen, als antiquitates. —
Ueber afitiquitatis scientia, Alterthumsivissefischaft vgl. Hiimanus.
Antiquus^ alt, in der Bedeut. bejahrt vom Lebensalter ist P. L.
und N. Kl. nur bei Tacitus für niagnus oder grafidis natu, senex.
Das Neutrum antiquum, das Alte, d. h. alte Sitte, Getvohnheit, scheint in
der Verbindung mit obtinere eine gewöhnliche Redensart gewesen zu
sein, wie sie wenigstens bei Plautus und Terenz vorkommt, antiquum
hoc oblines tuum, und einfach ohtines antiquum, du behältst das Alte,
bleibst beim Alte/i , und darum ist es an passender Stelle, wie in
Briefen und Gesprächen, wohl anzuwenden, wiewohl man auch voll-
ständig antiquinn morem obtinere dafür brauchen kann. N. L. aber
ist ab antiquo, von Alters her, für antiquitus, und schoji von Alters
her heisst jam inde antiquitus.
Antrorsum, vorwärts, N. L. für prorsum.
Antrum, die Höhle, Grotte, P. L. für spelunca, caverna, specus.
Ansietas oder ansitudo (anxietudo) ist AengstlichJceit, nicht die
Angst selbst, wie es P.u. Sp. L. gebraucht wird; übrigens kommt
unxitudo nur einml vor bei Cic. Rep. II, 41, sonst ist es A. u. Sp. L.;
Afigst aber ist migor.
Anxius, ängstlich, in Angst, besorgt, hat bei Cicero und Caesar kein
Object bei sich, bei Livius hat es ein solches im Genitiv oder Ablat.y
bei Andern de oder pro (Plin. IV, 21). aber nicht propter, ob oder
causa; bei Seneca (Ep. 115 init.) auch das N. Kl. circa, in Rücksicht
auf, wie unser um, z. B. noio nimis anxium esse te circa verba.
Apennin US wird nur im Sing., nie im Plur. gebraucht, während
wir die Apenninen zu sagen pflegen.
Aperire, öffnen. N. L. ist se aperire, sich öffnen, mit terra oder
coelum verbünd., nach d. Deutschen die Krde, der Himmel öffnet
sich, spaltet sich, für terra, coelum discedil , patefit. Vgl. Dehiscere.
Richtig ist aber vulvae se ipsae aperiunt (Cic. Divin. 1, 34, 74), und
ohne ipsae — vaivae clausae subito se aperuerunt (ib. II, 31, 07).
N. L. ist se aperire in der Bedeut. seine Meinung, seine Gedanken
sagen, eröffnen, für sensus suos, sentej?tia7n suam aperire; etwas
Anderes bedeutet es bei Terenz (Andr. IV, 1, 8) u. Liv. (II, 15),nem-
lich sich zeigen, wie man ist und denkt, aber nicht mündlich. JV. L.
167
ist ferner sif)t senfentiam oder sensum alicnjus loci aperire, sich den
Sinn einer Stelle öffnen, zu erklären suchen, für illustrare, expli-
care, declarare. Jene Redensart findet sich bei Maline (Crito p. 319). —
Der alizuängstliche Schorus hielt aber aperire epistolam, litteras, einen
Brief öffnen, aufmachen, für N. L., und wollte dafür vincula epi-
sfolae laxare setzen, was doch heutzutage unpassend ist, wenn unter
vincula das Siegel verstanden werden soll. Er übersah ohnehin, dass
Cic, (Att. 1, 13, 2) sagt: litterae — aut interire, aut aperiri, aut inter-
cipi possunt, und (ib. V, 11, 7) fasciculura (epistolarura) aperire.
u4pertus. Nirgends findet sich apertis verbis, mit offenen, klaren,
deutlichen JVorten, für perspicuis, planis verbis, oder aperte, liquido,
-plane; nirgends se apertum facere, sich offenbaren, für se aperire (^gl.
xorher), oder animi se?isus aperire; nirgends ingenium apertum,!., B.
ad haurienda praecepta, wie Hemsterh. (Oratt. p. 163) sagt, für
acre, paratum u. a.
Apex ist in der Bedeut. Spitze,, Gipfel eines Berges, Baumes
u. dgl. P. L. iür fastigium, Vertex, von Bergen auch culmeri und von
Bäumen cacuynen; mit dem Genit. litterae (litterarum) in d. Bedeut.
Zug eines Buchstabens ist es Sp. L. für ductus litterae (litterarum),
wie Quintilian es ausdrückt.
Apisci, erlangen,, ist alte, einfache, auch noch Kl,, aber s-elten
vorkommende Form für die theils Kl., theils nachher gewöhnliche
Form adipisci. Später brauchte nur Tacitus noch das alte apisci.
Apographon, die Abschrift, Copie, ist Kl, noch griechisch, und auch
später noch nicht im Gebrauche, für exemplar, eä:emplum. Der ältere
Plin. (N. H. XXXV, 11, 40) erwähnt die Copie eines Gemäldes mit
den Worten: hujus tabulae exemplar, quod apographon vocant.
Apologatio, die Fabel in Aesopischer Manier,, — nach Quintil. V,
11, 20 ein neues Wort seiner Zeit, aber wenig im Gebrauche (non
sane,, sagt er, recepto in tisum nomine) für das bei Cic. aus dem
Griech. genommene apologus oder das latein. fabula,
Apologia,die V^ertheidigung, ist erst spät von christl. Schriftstellern
aus dem Griech. uiinöthig aufgenommen für defensio, Dass Ruhnken
(Elog. Hemst. p. 276 optima criticorum apologia) es brauchte , ist
auffallend, aber durchaus nicht mit einem haltbaren Grunde in Scliutz
zu nehmen, was Lindemann thut.
Apologus, eine Fabel in Aesopischer Manier. Cicero behielt dieses
griecli. Wort, indem er es ins Latein, aufnahm, in jener Bedeut. bei
und unterschied davon das gewöhnliche fabula (jede erdichtete
Erzählung ofine Absicht der Belehrung), welches aber so wie /«-
hella N, Kl. das gewöhnliche Wort auch für diese Bedeut. wurde.
Beide sind gleich gut.
Apotheosis, die Vergötterung, ist ganz unnöthig erst sehr Sp. aus
dem Griech, genommen, für consecratio oder in deorum numerum
referre,
Apparatus, Herbeischaffung, herbeigebrachter Reichthum, firtde
ich nirgends auf geistige Dinge angewandt, wie man im N, L. von
einem apparatus doctrinae et eruditionis spricht, worunter man
Reichthzim und Fülle von Gelehrsamkeit versteht, für überlas oder
cupia,
Appareniia, die Erscheinung, ist Sp. L., in welcher Bedeut. es sei;
168
will man die Erscheinung für die Augen bezeichnen, so sind dafür
besser visio, visinn, visus, ostentum, m.07istrum, portentum ; bei Geni-
tiven, wie deortim — praesentia (Cic. N. D. II, QQ) ; in der Bedeut. An-
kunft^ advenlus, in der Bedent. Sehern, species. Vgl. auch Apparitio.
Apparere. Wiewohl es in die Augen fallen, klar und sichtbar sein
bedeutet, so ist es doch wohl selten bei Traumerscheinungen, für
die gewöhnlichen Ausdrücke se alicui ostendere in somnio, videri
in somnis , per somnum,per quietem, in quiete. N. L. aber ist dies
apparet, der Tag erschei/?t, f. venit; reus in judicio apparet f. in jus
adit^ ad Judicium adest. Und wiewohl es appnrentia vitia corporis
gibt, so gibt es doch keine appar. vitia oratiojiis et sermonis, und
eben so wenig apparentes germanismi, über welche Euch. Oertel.
einige Programme geschrieben hat. N. L. ist es auch in der gewöhnh
Bedeutung sein, gesehen werden, für esse, conspici, z. B. nymphae
in comitatu Dianae appare?it für sunt, conspiciuntur.
Apparitio istiV! L. in der Bedeut. Erscheinung, da es nur die Be-
dieriung als Handlung und als Persone?i bedeutet. Vgl. Apparentia.
Appellare, Etwas Tiach Etwas benennen, wird verbunden ab oder
ex aliqua re; anreden, ansprechen %im Etwas oder we^en einer
Sache, de aliqua re. In der Bedeut. an Jemanden appelliren wird
es verbünd, aliquem, erst <S^. L. ad aliquem. Anders ist es bei
"provocare.
* Mit ad fand es sich sonst auch in Cic. (Quinct. 20, 64 ad tribunos appel-
Jat), wofür aber jetzt in dieser Stelle seit Hotoman, blos tribunos steht. Nach
jener falschen Stelle sagten daher einige gute Neulateiner ad aliquem.
Appellere, herantreiben , ist das gewöhnliche Verbum von Schif-
fern, die ihr Schiff irgendwohin treiben: nautae navem appellunt;
wohin, ad aliquid, und bei Städtenamen ohne ad mit dem blossen
Arcusativ, z. B. ad Delum, Si/ractisas. Für das handelnde Subject
nauta oder nautae steht auch jede stellvertretende Person, sogar
venti (die JVinde). Unser Schifferansdrnck aber weicht ab: für die
Schiffer landen irgendwo mit ihrem Schiffe sagen die Lateiner mehr
die Seh. treiben das Schiff irgendwohin. Schon Caesar (B. C. II, 23)
und nach ihm Livius brauchen einigemal appellere schlechtweg ohne
einen Acc, wie navem, naves, classem,\\\ der Bedeut. landen. Man halte
aber jenen bessern Sprachgebrauch fest, nach welchem auch wo
man landet, fast nur mit quo, selten mit uhi, — bei wem man landet,
mit ad, nicht mit apud ausgedrückt wird. Man sage daher lieber
passivisch navis appellitur, nicht appellit, wo wir sagen das Schiff
landet. Beisp. geben die Lexica. Jedoch sagte man im Passivo auch
appellor navi oder naiu'gio, ich lande mit oder auf dem Schiffe; appulsi
sunt navigiis in Africam, sie sind mit oder auf deri Seh. in Africa
gelandet. Erst N. Kl. (zweifelhaft, ob je bei Livius), ähnlich dem
Deutschen, ist appello navi (navigio), ich lande mit einem Schiffe, und
navis appellit, naves appellunt., das Schiff landet, die Seh. landen, —
für appellor navigio, navis appellitur, naves appelluntur, und ohne
navis — aliquis appellit. Jemand landet. Diese spätere Sprachweise
ist im N. L. üblicher, als jene KL, welche doch allein nachzuahmen
ist, und mit Recht hält Hand (Lehrb. p. 154) die letztere für ver-
werflich.
Appendere ist in der Bedeut. aufhängen N. L. für suspendere
169
aliqiiid ex aliqua re, Etwas an Etwas außi. Falsch sagt Heyne
(z. Virg. E. III, 12) arcum in fago appensinn für e fago st/spensum.
Appete7iter, begierig, ist bei Cic. Off. I, 10, 33 von Einigen be-
zweifelt und verändert worden, da es sonst nicht, ausser Sp. L.
vorkommt. Es ist aber nicht zu verwerfen und durch andere ähn-
liche, eben so seltene geschützt. Vgl. zu jener Stelle C. Beier's lau-
nige Anmerkung.
Appetitus, der Appetit, wird sogar mit dem Genit. cibi als N. L.
verworfen, da es nirgends vorkommt für appetentia cibi oder aviditas
(beim altern Plinius), oder cupiditas cibi (bei Celsus). H^x fehlende
Appetit heisst fastidium cibi; den Appetit reizen, aviditatem escitare,
incitare oder facere.
Applaudere, beifällig ziihlat sehen, kommt ausser bei dem vor-
klassischen Plautus nur noch ein einzigesmal vor bei Cic. Sest. 54,
wo nach allen Handschr. applaudatur stehen soll, nicht, wie sonst
nur gesagt wird, plaudatur, so 0ass wohl die Aechtheit der Lesart
bezweifelt werden kann. Häufig kommt dagegen vor plaudere und
davon plausus, nicht applausi/s, plmisor, nicht applausor ; denn in
Plin. Paneg. 46 haben für applausor die bessern Handschr. plausor,
was auch Schwarz vorzieht und Gierig in den Text aufgenommen
hat. Man brauche daher nicht mehr, wie bisher so oft, applaudere,
sondern plaudere oder plausum dare (Cic. Q. fr. III, 1, 13). — Was
nun das im N. L. so häufige applausus betrifft, so ist es N. oder
B. L. ohne alle Auctorität bei irgend einem Alten, selbst den spä-
testen, für plausus, approbatio, assensus. Lambin. nahm es in Cicero
(Divin. II, 50, 104) aus eigener Vermuthung ohne handschriftliche
Auctorität auf, für plausu, was alle Handschr. u. alte Ausgg. haben
und was aucli in den neuern Ausgg. wieder steht. Auch die besten
iV^. Lateiner, wie Perpinian, Muret, Stephanus, Graevius u. A. haben
aber jenes gebraucht.
Applicare. Mehr Kl. ist im Perf. die Form applicavi, als applicui,
und im Supino mehr applicatum, als applicitum, wiewohl heutzutage
mehr die spätem Formen gebräuchlich sind. Vgl. Reisig's Vorles.
p. 250. Es wird meistens verbunden mit ad, N. KL u. P. auch mit
dem Dativ; daher wird auch das wo nicht durch ubi, sondern durch
quo (wohin); dort nicht durch ibi, sondern durch eo ausgedrückt.
Mit navis, Schiff, verbunden kann es, wie oben appellere, durch
landen übersetzt werden, hat aber dieselbe Construction, wie dieses,
welches daher zu vergleichen ist. N. L. ist applicare aliquid in aliquem
in der Bedeut. Etwas auf Jemanden amvenden, für transferre in
aliquid, accommodare ad allq. Das Subst. applicatio hat N. L. aus
dem Französischen die Bedeut. Fleiss, für industria.
Apponere, bei- oder zu Eiivas setzen., wird verbünd, ad aliquid
oder alicui, nicht apud; in der Bedeut. Einen einem Andern bei-
geben, aliquem alicui, wobei ein zweiter Accusativ angibt, wozu man
Einen beigibt, z. B. aliquem alicui custodem, moderatorem, rectorem.
Sp. L. ist esemplum apponere, ein Beispiel beisetzen, für subjicere.
Apportare, herbeitrage?i, -bri?ige7i, -schaffen. Kl. nur von dem,
was tragbar ist, bei allem Andern werde ein anderes Verbum ge-
wählt, besonders afferre, oder wie bei equum und navem — adducere.
Apprehendere ist in geistiger Bedeut., Etwas hegreifen, erst sehr
170
Sp. L. fiir mente comprehendere, percipere, intelligere ; ebenso Sp. L.
apprehensio, das geistige Begreifen, Verstehen^ für comprehensio^
perceptio, inteUigentia, und g^leich Sp. L. apprehensilHlis, begreiflich,
für comprehensibilis u. a. Das Verbum braucht auch Muret (V. L.
VIII, 7) für percipere, was auch Fäsi g^etadelt hat.
yjpprime, vor Allem, vorzüglich, ist fast nur A. L. und kommt nach-
her nur bei Varro, sonst nirgends, ausser im Sp. L. vor. Zu voreilig
wollte es Ang. Majus in einem selbst gemachten Zusätze zur Ausfüllung
einer Lücke in Cic. Rep. II, 30 einschwärzen. Es werde ganz vermie-
den, wiewohl einige der bessern N. Lateiner es gebraucht haben, wie
Sadolet (Epist. II, 6), Longol. (Epist. 1,5) u. A., die sich wahrschein-
lich auf die alte Lesart in Cic. Fin. III, 9, 32 stützten, wo es früher
stand, jetzt aber nach den Spuren in den Handschr. in a prima
geändert ist. Vgl. Madvig zu dieser Stelle,
Appropinqnare, sich nähern, nahe kotnmen, wird verbunden mit
ad und dem Dativ. "
Appropriare, aneignen, und appropriatio, die Aneignung, s\\\A gleich
Sp. L. für rcTu proprium oder sitamfacere, adsciscere oder vindicare
sibi aliquid.
Appugnare, bestürmen, angreifen, z. ß. classem., castellum, für
oppugnare, findet sich nur bei Tacitus, und ist vielleicht zu bezwei-
feln, gewiss aber ohne Unterschied von dem andern.
Apricus, sonnig, ist KL; aber N. L. bildlich aliquid in apricoponere
für declarare, aperire, wie neulich Einer schrieb: sed jam consilinm
ejus in aprico ponendum est.
Aptare, anpassen, nicht Kl., nur N. Kl. oft bei Quintilian für
accommodare ; es wird mit ad oder dem Dativ verbunden. Bei Cicero
findet sich nur das Partie, aptatus als Adjectiv., passend zu Etwas.
Aptitudo, die Tauglichkeit, ist N. L. für habilitas.
Aptns. In der ersten Bedeut., befestigt an Etwas, hangend, an-
gekniipfl an Etwas, wird es verbunden ex aliqua re, z. B. gladius
e lacunari aptus (Cic. Tusc. V, 21, 62); ebenso in der bildl. Bed.
der von Etwas abhängt, z. B. officium ex honesto aptum est (Cic.
OfF. I, 18, 5). — Uebrigens ist aptus meistens der, mit dem Etwas
gethan werden kann, aber idoneus der, welcher Etwas thun kann.
In der Bedeut. passend wird es mit ad oder dem Dativ verbunden.
Apud. Bei mancher Aehnlichkeit im Gebrauche mit unserm deut-
schen bei findet doch manche Verschiedenheit und Abweichung Statt.
Wir fragen z, B. bei vielen Verben mit ?/o? die Lateiner aber mit
wohi7i? oder wir brauchen bei, die Lateiner ad, d. h. nach Etwas
hin. Vgl. Advenire, Convenire., Devertere u. a. und Th. I, §. 149.
Auch bleiben sieh die Lateiner oft selbst nicht treu. A. L. (sogar
einmal bei Cicero, später oft bei Tacitus) ist es, aptid bei Städte-
und andern Ortsnamen zu brauchen für in mit dem Abi. oder was
sonst Kl. üblich war, z. B. apud Romam für Romae, zu oder in
Rom, nicht bei Rom, in der Nähe Ro?ns ; apud Graeciam f, in Graecia ;
apud forum, apud oppidmn, apud villam u. dgl., was in der Um-
gangssprache alltäglich gewesen zu sein scheint und bei uns höch-
stens im Dialog zulässig, sonst aber zu vermeiden ist. Gut ist apud
aliquem esse, bei Jemanden sein, wenn es heisst in seinem Hause
leben, sich aufhalten; aber nicht in seiner Nähe, in seitier Gesell-
171
Schaft sein, umgehen mit ihm, was esse cum aliquo heisst. B. L. ist : hoc
est (non est) apud me, das steht (steht flicht) bei mir, d, h. in mei-
ner Macht, für pefies me, in mea potestate ; esse ap7id manum, bei
der Hand sein, für ad manum; apud se, apud animum suum cogi-
tare, bei sich denken, überlege?!, für secum, cu?n animo suo cogifare,
wiewohl richtig ist apud animum suum statuere, proponere. N. L.
ist aliquid, z. B. numos, apud seferre für secumferre ; — B.L. disertus
est apud vinum u. ähnl., beim Weine, für ad vinum (Cic, Coel. 24). — ■
Gut ist apud illos est consuetudo; apud me valet illius auctoritas
(Cif. Lael. 4. Parad. I, 1). Auch ist apud se esse, bei sich, sei?!, bei
Besin?iu?/g sein, im Dialog nicht verwerflich, und findet sich oft bei
Tercuz. Uebrigens vgl. Haiidii Tursell. T. I. Reisigs Vorles. p. 722
und für einzelne Redensarten gute deutsch-lat. Wörterb.
Aqua. Der Sing, ist bisweilen ungebräuchlich für den Plural,
z. 'ß. grosses Wasser in derBedeut. lJeberschiremmung,aquaemagnae,
ingentes; und in diesem Sinne aquarum magnitudo, nicht aqua magna,
i?igens, aquae magnitudo; ferner heilbringendes Wasser, das W. einer
Hei/quelle, nicht aqua, sondern aquae; daher aquae fttedicatae, mine-
ralisches Wasser (Senec. N. Qu. III, 25), aquae Bajanae, das Was-
ser, das Bad zu Bojä u. a. Wenn Wasser dem Lande, nicht der
Erde als Element, entgegensteht, so wird in Prosa mare, nicht aq?ia,
gebraucht, und so mare bei einer Reise zu Wasser, und unser zu
Wasser u?id zu Lande immer nur terra marique , oder seltner et
viari et terra, muri atque terra, aber nie aqua, lieber aquae und
aquarum ductus vgl. Ductus.
Aquaticus, i?n Wasser lebend, ~ befindlich, steht N. Kl. oft beim altern
Plinius für aquatilis, in aqua vive?is, habitans.
Aquilo, der Nordwind, nie eigentlich der Norden als Land für
Aquilonis partes, partes septentrionibus subjectae, regio aquilonaris,
terra subjecta aquiloni oder ad. septentriones spectans.
Aquilonius, nördlich, ist N. Kl. für aquilo?iaris oder öfter septen-
trionalis, aquilo?ii subjectus.
Aquosus, ivasserreich, ist fast nur P. L. u. N. Kl. f. aquae -plenus.
Arabus, arabisch und der Araber, ist mehr P. NeI)enform für das
Adject. Arabicus und das Subst. Arabs, welche beide in Prosa nur
zu brauchen sind.
Arator, der Pflüger, werde als mehr P. vermieden durch agri-
cola, indem aratores in Prosa gewöhnlich nur die Pächter der Staats-
güter hiessen.
Arbiter ist in der Bedeut, Herr, Gebieter nur P. Tj. für dominus;
dem ähnlich auch bei Tacitus einigemal für domimis oder moderator.
Arbitrari ist als Passiv. , gehalte?i werden , wohl nur A. L. bei
Plautus und im Sp. L., bei Cicero sehr zweifelhaft, da in Verr. V,
41, 106 R. Klotz für arbilraretur aus Handschr. putaretur liest, da
ferner in Muren, 16 bei a?bitraretur Pompejus zu denken ist und
endlich Att. I, 11 bei arbitrari homines zu denken sind. Zumpt nimmt
dagegen alle Stellen passivisch. — Für die Kl. Verbindung zweier
Accusativen ohne esse bei diesem Verbo, die man vielleicht läugnen
könnte, diene folg. Beispiel aus Cicero (Fam. V, 12,23) : non eos raagis
invidos, quam eos, qui laudnnfe^, assentatores arbiträre.
Arbitratus ist nur im Ablativ üblich, arhitratu, nach Gutdünken,
172
WtllJtühr, freier Wahl, fast immer in Beziehimg; auf die handelnde
Person mit den Pronom. meo, tuo, suo ii. s. w. , selten mit einem
andern Genitiv., und da jenes Pronomen dem Sinne nacli meistens
voji Bedeutung ist, so steht es meistens davor, nur selten 7iach, also
meo arbitratu, nicht arbitratu meo, wie es sich z. B. bei Cic. Acad. II,
32 findet; licet haec quivis arbitratu suo reprehendat. N. L. ist es
aber, ein Adjectio hinzuzusetzen, wie z. B. Sintenis räth, sapienti
noch beizufüg^en; dies ist bei solchen Ablativen nicht üblich. Vgl.
dagegen R. Klotz zu Sintenis p. 143.
Arboretum, Baumgarten, Baumstück, ist A. L. u. selten f. arbustum.
Arcadius, Arcadisch, P. Form für Arcadicus ; ebenso Areas als
Adjectiv., da es in Prosa nur Subst. ist.
Arcane , heimlich, geheim, ist ungewöhnliche Form des Adv. für
arcano.
Arcere, abhalten, wird bei Personen verbunden mit a, bei Sachen
mit dem Ablativ mit und ohne a ; P. L. mit dem l>ativ., alicui.
Arcessitus, das Herbeirufen, ist nur im Ablat. üblich, arcessitu,
wozu ein Genitiv, aber kein Adjectiv treten kann. Falsch wäre celeri
ejus arcessitu veni, auf sein schfielles Herb., für celeriter ab eo arces-
situs veni. Vgl. Aibitratus.
Archetypum, das Original, erst bei Varro ins Lateinische auf-
genommen, bei Cicero in d. Briefen ad Att. noch u^ytTt-nov, in
Reden möchte es nicht anwendbar sein und lieber umschrieben
werden durch Über ipsius auctoris manu scriptus.
Architectari vermeide man im Sinne des Bauens, Erbauens und
behalte aedißcare ; ohnehin ist es sehr selten.
Architecton, der Baumeister, bei Plautus und später bei Seneca,
ist unnöthig für die latein. Form architectus.
Archium oder archivum. das Archiv, ist erst Sp. L. für tabularium;
unnöthig wählte es Muret in einer Rede (Oper T. I, p. 381 ed. Fr.),
wo fremde Wörter selten passen.
Ardejis, brennend, wird allerdings bildlich von der Rede gebraucht,
die feurig ist und mit Feuer der Seele gehalten wird, aber den-
noch findet man nirgends ardentes preces für unser heisse Gebete,
heisses Flehen; — es wird daher von dem Jenaer Rec. dieses Buches
als unlateinisch verworfen, wiewohl es an sich nicht gerade verwerflich
scheint: und so möchte auch gratiae arde?ites, heisser, umrmer Dank,
und im Superl. ardentissimae nicht ganz verwerflich sein.
Ar der e ohne den Zusatz amore, von Liebe brennen, heiss lieben,
ist nur P. L., in Prosa amore ardere, auch Avohl ardenter amare.
Ardescere, entbrennen, in Brand gerathen, ist P. L. und N. Kl,
nur bei Tacitus für exardescere.
Arduus bezeichnet ausser den gewöhnlichen Bedeut. hoch, steil,
nur was schiver zu erreichen, zu unternehmen ist, aber N, L. scheint
es eine schwer zu erklärende, dunkle Stelle, locum arduum f. diffi-
cilem zu bezeichnen. Die Formen des Compar. u. Superl. sind un-
gewöhnlich. P. L. ist res arduae in der Bedeut. Unglück, Missge-
schick , für res adversae.
Arena ist bei den Alten auch der Kampfplatz der Fechter im
Amphitheater; daher im N. ^die bildliche Redensart in arenam
deacendere sogar in der Bedeut, sich in einen gelehrten Streit ein-
173
lassen, was aber heutzutage ganz unpassend ist, da die arenn für
Fechter (gladiatores) des gemeinsten Schlages war; es ist also höch-
stens nur in heiterem, scherzliaftem Gespräche zulässig. In ernster
Rede verwirft es daher Eichstädt (Deprecatio Jatinit. acad. ) und
mit ihm aucli Hand (Lehrb. p. 287). Anständiger ist, was Cic. orat.
]3, 42 braucht, in aciem dimicationemque descendere.
^reopagtis.So oder ^n'opagtis nahmen die Römer den im Griech.
aus zwei Wörtern bestehenden Namen. '/oeio? Träyogin ihre Sprache als
ein einziges Wort auf, was neuerdings Einige zu voreilig geläugnet ha-
ben. Sicher steht wenigstens die Form bei Varro L. L. \ II, 2, 19,
p. 126 ed. M.; in Cic. N. D. II, 29, 74 cousilio ^reopagi oder ^n'o-
pagi ; Rep. II, 27 sublato Areojyago u. OfF. I, 22, mag auch in Cic.
Divin. I, 25, 54 die Lesart Areopagum nicht ganz fest stehen, da
sich in einigen Handschr. Arium paguni findet, was dort die Einen
vorziehen, die Ändern verwerfen; auch bei Senec. Tranq. an. 3,
p. 352 ed. Gron. — Gesichert wird es auch durch das davon ab-
geleitete Wort Areopagitae, was schon bei Ennius vorkommt, dann
bei Varro, Cicero (OfF. I, 22) u. A. Es Jdeibt also im Latein, unbe-
denkliche Form, mag es auch im Griech. nur gesondert in zwei
Wörtern vorkommen.
Ares, der griech. Name des Gottes Mars, vertritt nie, ausser
wenn eine griech. Stelle von einem Dichter nachgeahmt wird, die
Stelle von Mars.
Aretalogus werde nicht im Ernste von einem Moralisten oder
Sittenprediger gebraucht; denn nur im Spott kommt es bei den La-
teinern so vor.
Argentoratus^ der Name der Stadt Strassburg, kommt als ein
Femi7i. zweimal bei Amraian. Marcell. vor, und sein Zeugniss muss
uns gültiger sein, als das der Griechen ^Tosiraus, der sie Argentor,
und des Ptolemäus, der sie Argentoratum nennt, welcher letztere
Name heutzutage der alltägliche ist.
Argentum. Nur in der gemeinen Volkssprache galt argentum,
wie so oft bei Plaut, u. Terenz, für das Allgemeine Geld, und wird
daher ganz anwendbar sein, wo wir auf gleiche Weise Silber brau-
chen, z. B. Etwas versilbern, zu Silber macheiii^ was man nur im Scherze
sagt, so dass es mich wundert, dass die D. L. Lexica unter Versilbern
nicht gerade das gleich komische uliquid argenteum facere gesetzt ha-
ben. Dagegen ist ör^ewiz/m für Geld, Geldstück gebraucht N. od. Franz.
L., und daher von gangbarer Münze durchaus zu vermeiden, welche
nuinus oder im Plur. numi heisst. Auch bei grossen Zahlungen, die
in Silber geschahen, ist argentum unser Allgemeines Geld,z. B.
argentum numerare, solvere, sumere. Der Pedant L. Arruntius, der
aflfectirte Sprache liebte, sagte (nadi Seneca Ep. 114, 17): exer-
citum ar genta fecit, für pecunia coegit oder paravit exercitum.
Argeus und Argius sind neben Argivus, Argicisch, aus Argos,
gleich gute Formen. Vgl. R. Klotz Cic. Tusc, I, 47, 113.
Argumentum ist N. L. in der Bedeut. Inhalt, Inhaltsanzeige
einer grössern, längern Schrift, wie es in neuem Schriften so häu-
fig den Büchern der Alten voransteht, da es vielmehr den Gegen-
stand, sei er nun etwas Einzelnes oder Mehrfaches, bedeutet. So
ist argumentum orationis, epistolae, das, wovon eine Rede, ein Brief
174
. i
handelt, der Stoff; argumentum picturae, das, was das Gemälde vor- \
stelleJJ soll; argum. scidptiirae , der Gegenstand eines Bildwerkes. ■
Vgl. Cic. Att. IX, 4, 1 egeo argtimejito epistolarura. Verr. IV, 56, i
188. — Inhaltsanzeige oder Auszug aus grössern Werken heisst \
summorium oder epitome, aus kleinern exemplam, wie Cic. (Att. j
IX, 6, 3) sagt: litterae sunt allatae hoc exemplo, folgenden Inhalts. \
Der Hauptinhalt ist summa (Caes. ß. C. III, 57). — N. L. bedeu- \
tet es das , wodurch man Etwas zeigt , an den Tag legt , Beweis \
für Etwas, z. B. er gab einen Beiveis seiner Beredtsamkeit , nicht '
argumenUim, sondern documentum eloquentiae (Liv. XLV, 37). — j
Wenn argu7nentum Beweis bedeutet, wodurch Etwas erwiesen wird, |
so kann nicht pro mit einem Subst. folgen, sondern der Zusatz wird. !
entweder in einen Beisatz verwandelt, z. B. ein Beineis für Gottes \
Dasein, argumentum , quo Deum esse deinojistratur , oder, wo es
geht, mit dem Genitiv des Sahst. ^ z. B. veritatis, für die Wahrheit. \
Argutari, spitzfindig in Reden, Meinungen und Aeusserungen !
sein, ist nur A. L. und dabei so selten, dass es auffallt, wie man es ;
im N. L. so oft gebraucht findet, wenn z. B. in Anmerkk. gesagt j
wird: ar gutaturMwr eiw^., Lambinus u. s. w. Man vermeide es gänzlich. \
Aridus. Das Neutr. aridum wird KL, wie unser das Trockne^ '
vom Ufer, dem Wasser entgegengesetzt, gebraucht; und so bei Caes. ;
B. G. IV, 29 naves in aridum subducere (nicht subtrahere^ , aufs \
Trockne, an's Land ziehen. Kl. ist es auch von der Rede und so- i
gar vom Redner, arida oratio, aridus orator, wie auch wir trockeri \
brauchen. ■
Aristocratia, die Aristocratie, Herrschaft der Forneh?nen, kommt ;
bei keinem Lateiner, ja bei Cicero nicht einmal griechisch irgend- i
wo vor. Es werde daher nur da angewandt, wo es den griech. Na- ^
raen dieser Verfassung gilt; dagegen brauche man sonst das latein. '
optimatium dominatus (bei Cic. Rep. I, 27); ein aristokratischer
Staat (nach Cic. Rep. I, 26) civitas , quae optimatium arbitrio re- ,
gitur, und so heisst denn ein Aristokrat, optimas, wie bei Cic. Brut. ,
89, 306 optimales Atheniensium. Dass Cicero bisweilen optimales ,
anders erklärt, wo und wann er es für nöthig findet, beweist Nichts, I
zumal da die uqkitoi uiui optimales im Begrifl'e gleich sind. Tacitus I
(A. IV, 33) nennt sie im Gegensatze des Volkes und der Allein- i
herrscher — primores. i
Aristotelicus, Aristotelisch, ist wenigstens bei Cicero nach den •
Handschr. schlechtere Form für Aristotelius.
Arithmeticus kommt als Subst., der Arithmetiker, Rechner, nicht j
vor. Cicero nennt (Att. XIV, 12, 3) einen geübten, tüchtigen Rech-
ner., in arithmeticis satis evercitatum ; sonst heisst der Rechner \
N. Kl. bei Seneca (Ep. 87) computator, mit dem Beiworte dili- \
ge?itissimus, ein recht genauer. I
Armifer und armiger, der JFaffentragende, sind als Subst. in der :
gewöhnlichen Bedeut. Soldat erst N. L. und aff"ectirt für miles. \
Armistitium, der Waffenstillstand, ist N. L. gebildet nach Justitium
und solstitium, für induciae (indutiae). ]
Arrectus, aufgelichtet, gespannt. Weder dieses Wort, noch das !
Verbum arrigo kommt bei Cicero und Cäsar vor, so dass man die j
Redensart bei Virgil. arrectis auribus adstare, audire, mit gespann- \
175
ten, (gespitzten) aufmerhsamen Ohren — , kaum anwenden kann,
ohne auf Virgil's Worte Rücksicht zu nehmen, wiewohl Cicero en-
gere und attejidere aiires beim Anhören braucht; und so können wir
lieber mit Seneca (Ep. 108 sub fin. ) auribiis erectis curiosisque
audire sagen.
Arrepere, heranschleichen , wird Kl. verbunden mit ad aliquid,
N. Kl. m. d. Dativ ah'cui.
Arridere, anlachen, wird verbünd, mit d. Dativ. In der Bedeut.
günstig sein ist es nur P. L., und für fori iina nobis arrideal, das
Gl. lache uns an, sei uns günstig, sagt Cic. (Att. V, 9) fortuna tios
juvef, und QuintiJ. (XI, 3, 147) brauclit /or/?/wa afflat. In der Bedeut.
gefallen verwerfen es Einige übereilt als N. L., da es doch bei
Cic. (Att. XIII, 21, 3 quod verbum valde mihi arriserat^ vorkommt.
Arripere. Sehr fein tadelt Sciopp. (infam. Fam. p. 243) die Re-
densart ignis arripit dornum, das Feuer ergreift das Haus, da der
Lateiner, die Gegenstände umkehrend, sage das Haus ergreift das
Feuer, domus corripit, capit, concipit, comprehendit ignem. So Cic.
Orat. II, 45, 190 nulla materies, nisi admoto igni, ignem concipere
potest; Caes. B. G. V, 42 casae ignem comprehenderiint ; id. B. C.
II, 14 ut tormenta flamniam conciperent. Indess sagt doch Liv, XXVI,
27 comprehensa postea sunt privata aedificia, neml. igni, so dass
beides gleich gut zu sein scheint. Jedoch wird das Verbum arri-
pere nie in dieser Redensart gebraucht.
Arrodere, nagen an Etivas, wird verb. m. d. Accus., aliquid.
Arrogare, zueignen, aneignen. Kl. nur sibi aliquid, sich Etwas
anmasseji, aneignen, P. L. auch auf Andere übergetragen, aliciii
aliquid. Einem Etwas verschaffen.
Arsis , die Hebung des Tones, ist das späte Kunstwort in der
Metrik, weiches, wo es nöthig ist, beizubehalten, sonst aber auch
durch sublatio zu ersetzen ist.
Arsus , verbrannt, von ardere , ist B. L. für deustus, exustus,
deflagratus.
Arteria ist nicht jede Ader, sondern nur die Pulsader, dagegen
Vena jede Ader, auch die Pulsader.
Arthritis, die Gliederschmerzen, Gicht, ist ein selten gebrauch-
tes Kunstwort, wiewohl Cicero arthriticus, gichtisch, in einem Briefe
scherzhaft braucht; gewöhnlich sagt man dafür rein latein. bei Ci-
cero und Celsus (IV, 24 u. a. ) dolor (dolores) arimim oder urti-
culorum und N. L. morbus articularis.
Articalatus, gegliedert, articulirt , scheint, wie das Verbum ar-
ticulare, ein Kunstwort der alten philosophischen Grammatik gewe-
sen zu sein von den in Gliedern deutlich gesprochenen Wörtern,
indem schon Lucrez in seinem philosophischen Gedichte von der
kunstreichen menschlichen Zunge sagt : articulat voces, quas cor-
pore nostro exprimimus, sie gliedert, spricht in Gliedern die Töne
und Worte aus. Wo es nöthig ist, bleibt es als Kunstwort. Ein ähn-
licher Begriff liegt in vos significabilis bei Varro L. L. VI, 52, p.
92 ed. Müll.: Fatur is, qui primum homo significahilem ore eraittit
vocem.
Articulus. Da, wo wir Artikel zu sagen pflegen, ist articulus
fast nicht anwendbar, ausser in der Grammatik, wie es schon bei
176
Varro und Quintilian vorkommt. Dagegen können die Artikel eines
Vertrags, eines Gesetzes, des christlichen Glaubens, eines Friedens-
schlusses (Friedensartikel) nicht durch articuli, sondern nur durch
capita übersetzt werden. Vgl. Schori phras. pag. 165.
Artificialis, künstlich, kunstgemäss, N. Kl. zuerst bei Quintilian,
aber nur rhetorisches Kunstwort, da das Kl. artißciosus allgemei-
ner ist und jenes seine Stelle nicht ganz vertritt.
Artista, Lehrer einer Kunst., B. L., ein Wort auf italienischen
Universitäten für die Lehrer der Künste; man sage dafür artis
(artium) doctor (doctores).
As, der Ass , die alte, kleine römische 3Iünze. Davon war ea:
asse ein Ausdruck bei Erbschaften, wodurch das Ganze angedeu-
tet wurde, heres es asse, ein Universalerbe; aber im allgemeinen
Sinne, ganz und gar., wie es heutzutage gebraucht wird, ist es sehr
Sp. L. Man sage nicht hoc ex asse respondet , das entspricht völlig,
oder ganz und gar, für plane.
Ascendere, steigen, ersteige?!, wird verbunden mit dem Accusa-
iiv aliquem, aliquid oder in aliquem, in aliquid; bildlich auch mit
ad, bis zu. N. Kl. nur bei Tacitus super aliquem, supra aliquid.
Jemanden oder Etwas weit übersteigen, übertreffen ; — ganz unnö-
thig. N. L. ist ascendere von Krankheiten, welche steigen, für in-
crescere; von Preise?!, für ingravescere, augeri, incendi (Varro R. R.
III, 2, 16) ,• steigen bis zu, bis auf, pervenire ad (Caes. B. C. I, 52
annona pervenit ad denarios quinquagenos), exardescere {N. Kl. bei
Sueton.), pretium alicui rei accedere u. a. Der Mangel an Allem
steigt, inopia omnium crescit (Liv. XXI, 11).
Asciscere. Einen als Etwas, z. B. als Bürger at/fnehmen, heisst
aliquem civem asc. ; in die Familie u. ähnl. in familiam ; Einen mit
sich verbinden, aliquem sibi asc.
Ascribere, beischreibe?i, hinzusetzen, wird verbünd, alicui, zu Et-
was ^ hei Etwas; auch in aliqua re ; aufnehmen in einen Staat, in
civitatem ; zählen , rechnen zu Etwas , ad aliquid. Ygl. Mencken.
Observ. p. 30.
As7na, das Lied, der Gesang, findet sich nirgends bei einem
Alten, und ist ganz unnöthig für Carmen einigemal von Muret ge-
braucht, wie V. L. IV, 1 Pindarus in asmate, und Epist. III, 30
(Oper. T. II, p. 178) de asmate illo.
Aspectus (adspectus). N. L. ist aspectu in der Bedeut. dem An-
blicke, d. h. dem Scheine nach, für specie; ebenso in adspectu esse,
im Anblicke, vor Augen sein, für in C07ispectu (Cic. Tusc. IV, 1, 2),
in oculis , in luce esse. Vergl. Matthiä Cic. Epist. 13 und Manil.
3, 7. Gut aber ist: plura sub uno aspectu ponere, Mehreres in eine
gemeinschaftliche Ueher sieht bringet?; ebenso tmo aspectu, bei eitlem,
eine?n einzige?? Blicke (Cic. Brut. 54), und primo aspectti, bei?n er-
ste?? Blicke.
Asperare in der Bedeut. reize??, erzürne??, P. und N. Kl., aber
nur bei Tacitus, unnöthig für exasperare, ira??i oder bilem co??i?no-
vere u. a.
Asper gere, bespritzen, kann nur im Scherz in der Bedeut. hin-
zufüget?, für addere , gesetzt werden, wie bei Cic. Farn, II, 16, 7
hoc adspersi für hoc addidi. Unedel aber ist es, im Ernste von J??-
177
merkungeji zum Texte eines Buches zu sagen aspergere annotatio-
7ies, scholia (notas, notulas) u. tlg-i., was man im N. L. oft findet.
Ganz anderer Art ist aliciii labeculam, maculam oder aUqiiem la-
bectila , macula — aspergere, dergleichen noch mit andern älinii-
chen Subst. vorkommen.
Aspicere (Jdspicere), anblicken , aiisehen , wohin sehe7i u. s. w.,
wird KL mit dem Accus, aliqiiem, aliqiiid verbunden. Aliquem aspi-
cere lieisst Einen afisehen, aliq. conspicere. Einen erblicken, gewahr
werden. — JV. L. ist es in der Bedeut. Einen wofür anseheti, hal-
ten, für habere, existiniare, piitare, z. B. aliqiiem beatiun — , Einen
für einen Glücklichen ansehen.
Aspirare in der Bedeut. wohin wehen, a?iwehe?i, wird verbun-
den ad aliquem, ad aliquid; ebenso sich nach Etwas hindrängen,
streben nach Eine?n oder Etwas, und mit /// — in einen Ort hin-
ein, aber nicht ohne ad oder in. — P. L. ist alicui adsp., Einem
oder einer Sache günstig sein. .
Aspredo und Aspritudo, die Rauhheit., N. Kl. bei Celsus, schei-
nen gemeine Wörter für asperitas gewesen zu sein.
ylssecla oder (nach den besten Ilandsclir. bei Cicero) assecula
ist immer nur der Begleiter mit verächth'cliem Sinne, nirgends, wie
im N. L., im edlen Sinne ein Anhänger, Schüler, für auditor, di-
scipulus alumnus, assectator (]V. KL)., qui est ab aliquo u, a.
Assectator, der Anhänger, Begleiter im guten Sinne, steht zwar
erst N. KL beim altern Plinius in der Bedeut. Schüler, Anhänger
eines Lehrers, ist aber durchaus nicht verwerflich, so dass auch"
wohl untadelhaft von einem solchen das Verbura assectari gebraucht
werden kann, assectalur magistrum , wodurch ein eifriges Anhän-
gen an ihn angedeutet wird, wenn gleich keine Stelle dafür spricht.
So hat es unter den Neuern Muret angewandt, wenn er (Oper.
T. I, p. 143 ed. Fr.) von Pericles sagt: Anaxagorae se Physico eru-
diendum dabat eumque assectabatur, was Kraft ohne hinreichenden
Grund getadelt, Frotscher aber in Schutz genommen hat.
Assecutio, das Erlangen, Erhalten, ist A^. L. für adeptio, conse-
cutio, oder mit einem Verbo.
Assentari steht wohl nirgends in dem gewöhnlichen Sinne bei-
stimmen, gleicher Meimmg sein, sondern immer mit dem Begriffe
aus Schmeichelei ; es werde daher vorsichtig gebraucht, und nicht
mit assentiri verwechselt. Falsch wäre es z. B. zu schreiben: ego
Manutio assentor., wo der Begriff Schmeichelei ganz fern liegt, —
für ussentior. Ebenso vermeide man, wenn sie nicht den Sinn von
Schmeichelei enthalten sollen, die Wörter assentatio und assentator
für assensio oder assensus, und assejisor oder astipulator, da jene
beide in dem gewöhnlichen Sinne des Beistimmens ohne sichere
Auctorität sind, mag auch Ruhnken (zu Vellej. II, 48) beide schützen.
Assentire und assentiri, beistimmen. Beide Formen sind zwar
in der bessern Prosa gleich üblich, die zweite aber ist bei Cicero
und den Uebrigen voi-herrschend, und verdient daher im Gebrauche
den Vorzug. Vgl. Heusing. Emend. p. 450 — 452 u. Ellendt z. Cic.
Orat. I, 24, 110. Das, worin man beistimmt, steht, wenn keine Per-
son einzeln genannt ist, im Dativ; aber Einem worin beistim?nen
heisst alicui in oder de aliqua re assent. ; nur neutrale Wörter, wie
12
178
hoc, id, i/lud, cetera, omnia haben, wie bei allen Verben, die Eig^en-
heit, dass sie im Accusotw absolut, als Object des Verbi, worin
man beistimmt, beig^esetzt werden können, z. B. omnia assentior, in
^4llem stimme ich bei, für in oder de omnibus rebus assentior, —
zu welchem Accusativ auch noch ein bestimmendes Adjectiv hinzu-
treten kann, z. B. assentiri qiiidquam, aut falsum, aut incognilum,
— wobei man aber merke, dass dergleichen Accusative nicht als
Subjecte in einen passiven Satz überg-ehen können, indem hoc assen-
titur, cetera, omnia assentitmtur in der passiven Bedeut. inan stimmt
darin, in dem Uebrige?i, in Allem überein, B. L. ist. Scheller irrt
hier im Lexic.
Assequi ist immer nur erreichen, erlangen mit leiblicher oder
geistiger Bemühung; daher heisst seinen Wunsch erreichen, wenn
er sofort ohne Bemühung gewährt wird, nicht optatum assequi, son-
dern impetrare.
Asserere kommt in der Bedeut. behaupten, versichern nur einmal
N. Kl. beim altern Plinius vor, sonst ist es nur Sp. L. und durch-
aus verwerflich für censere, afßrmare, dicere, docere u. a. Da es
Muret (Opera T. II, p. 803 ed. Rnhnk.) so gebraucht hatte, bemerkte
Ruhnken dabei: Asserit pro dicit, affirmat minus latinum esse docet
Sciopp. de stylo p. 194. Es stand früher in mehrern Stellen Cicero's,
wo es aber andern Lesarten hat weichen müssen. Gleich verwerf-
lich ist das Subst. assertio in der Bedeut. Behauptung, Versiche-
ru?ig, wie es nur Sp. L. vorkommt, vorher aber auch in Cic. Acad. I,
12, 45 stand, wofür jetzt assensio aufgenommen ist. Noch viel weni-
ger ist zn brauchen das B. L. assertum, die Behauptung, für sen-
tentia, dictu?n, effatum u. a.
Assertor, was, wie asserere und assertio, ein gerichtliches Wort
war von dem, der Jemanden in den Freiheits- oder Sklavenstand
versetzt, konnte wohl, was N. Kl. geschah, im allgemeinen Sinne
von Erretter, Befreier gebraucht werden, aber für uns ist es daher
unbrauchbar und durch Hberator, servator zu ersetzen. Gleichwohl
hat es Muret. Oratt. (Oper. T. I, p. 430 ed. Fr.) so gebraucht:
Christe Jesu, humani generis conditor et assertor, als Nachahmung
von Sueton. Galb. 9.
Asservire, behülflich sein, soll nirgends ausser einmal bei Cic.
(Tusc. II, 24, 56) vorkommen: toto corpore — contentioni vocis
asserviunt, wo es sehr passend die Beihiitfe oder das noch nebenbei
Unterstützen kurz ausdrückt. In passenden Fällen kann man es an-
wenden.
Asseveranter, ernstlich, betheuernd, soll nach Sciopp. (de stylo
p. 224) nicht in verneinenden Sätzen und bei verneinenden Verben,
wie negare, gebraucht werden. Aber wiewohl dies in den beiden
Stellen Cicero's, wo asseveranter (Att. XV, 19) und asseverantius
(ib. IV, 19) vorkommt, so ist, so steht doch nach der Bedeutung
dieser Wörter Jener Verbindung Nichts im Wege, zumal da das
Verbum asseverare wirklich mit negativen Sätzen verbunden wird.
Vgl. Tacit. A. III, 49. üebrigens heisst ernstlich vernei?ie?i auch
prnecise, praefracte, pertinuciter, liquido, plane, prorsus, omnino
negare u. a.'
Assidere. bei Jemanden sitzen, zur Hülfe sein, wird verb. alicui :
179
N. Kl. ist es in der Bedeut. belagern, eingeschlossen halten , für
ohside/e — und meistens mit d. Acc, aliquern locum; als selten werde
es vermieden. P. L. ist es in der Bedeut. ähnlich sein, für similli-
mum esse.
^ssidere, sich setzen neben Jemanden, wird verb. aliquem; auf
Etwas, super aliqm'd (Cic. Rep. III, 26. Fin. II, 19, 59).
Assidutis. Gut und richtig' ist assidmis sum in aliqua re in der
Bedeut. ich thue Ettvas häufig, wo auch wohi in fehlen kann, wie
bei impiger, indem bei Cic. (Farn. II, 1, 1) scribendo (in Rücksicht
auf das Sehr.) impiger nach der Lesart der besten Handschr. steht,
wofür aber Orelli i7i scrib. aufgenommen hat; — auch bildlich in
aliqno vitio, ich begehe oft einen Fehler, und assiduus sum in oculis
homimim, ich zeige ?nich viel den Augen der M. — Und so bedeutet
assiduitas das häufige Dasein und Zugegensein, die häufige Gegen-
wart. Vgl. Mencken. Observatt. p, Ql, Als Adv, ist assidue häufiger
als assiduo.
Assimilis, ähnlich, ist sehr selten, einmal bei Cicero, für dag
gewöhnliche similis ; es ist meist P. u. N. Kl.
Assimulare, nachmachen, nachahmen, verstellend nachbilden, fin-
det sich bei Cicero nie ausser in den Particip. assimulatus und
assimulandus, sonst nur P. u. JV. Kl. für imitari, simulare.
Assiste?itia, das Beistehen, der Beistand, ist N. L. für praesentia,
auxilium, praeslo esse, adesse.
Assistere alicuiiw der Bedeut. Einem beistehefi, aber nur gericht-
lich, ist N. Kl. beim Jüngern Plinius, für alicui adesse, non deesse; es
ist daher nicht wohl anwendbar.
Assitus, bei, neben Etwas gelegen, ist Sp. L. f. prope situs, adjacens.
Associare, verbinden, ist Sp. L. für cousociare. N. L. ist das
Subst. associatio, die f'erknüpfung, f. consociatio, z. B. idearura.
Assolere, pflegen, ist nur gut in der neutralen Redensart ut assolet
in d. Bedeut. wie es zu geschehen pflegt, wie gewöhnlich.
Assuefactio, die Angewöhnung, ist N. L. für usus, consuetudo.,
oder mit dem Verbo.
Assuefacere und assuescere werden Kl. verbunden mit d. Dativ,
am meisten m. d. Aälativ oder mit ad, an Etwas gewöhnen, sich
gewöhne?i; andere Verbindungen sind selten; bei einem Verbo steht
es mit d. Infinitiv. Cicero und Caesar brauchen nur den Dativ oder
Abi., Livius auch ad; ebenso bei assuef actus , assuefieri und assuetus.
* Ed. Wunder will (im Rhein. Museum J. 1829. III,' 2, p. 287) nur den
Dativ für das, woran sich Einer gevvöiint, nicht den Ablativ, welchen dagegen
W. Freund dem Dativ bei Cicero und Caesar vorzielit. Vgl. auch Gronov. u.
Drakenb. Livius XXXI, 35. Ruddiman. Inst. gr. T. II, p. 71 u. 137, so wie
Zumpt u. Ramshorn in ihren Gramm. ; auch Reisig's Vorles. p. 699.
Assurgere, aufstehen, sich erheben vor Jemanden, wird verbunden
alicui. P. L. ist es in der Bedeut. sich ver grössern.
Assutus, angeflickt, N. L. , ist ein unerweisliches Partie, von
assuere, wovon jedoch auch nur assuitur bei Horaz vorkommt, sonst
nirgends Etwas. Jenes braucht Mahne (Crito p. 304) : verbis a tuo
magistro tibi dictis assutum.
Ast, aber, ist alte, fast nur P. Form für at, welche jedoch in feier-
lichen Formeln sehr passend ist; bei Cicero in Briefen nach Belieben.
12*
180
Astringere, aribinden, — an Etwas, ad aliquid, z. B. ad statnam
(Cic. Verr. IV, 42).
Astronojnia, die Stertikunde und astronomus, der Ster?ikundige,
kommen erst N. Kl. bei Seneca Ep. 95 in dieser Bedeutung vor,
da mau vorher KL nur astrologia und astrologzis sagte, welche beide
erst im Sp. L. die neuere bekannte Bedeut. Sterndeuterei und Stern-
deuter "erhielten. Um Zweideutigkeit zu vermeiden, muss astronomia
und astrojiomus in den neuern Bedeut. genommen werden, und ebenso
astrologia und astrologus in d. Bedeut. Sterndeuterei und Stern-
deuter. Andere wollen und mögen dem Kl. Gebrauche folgen. Vgl.
Ileusing. Cic. OfF. I, 6.
Astruere ist Kl. sehr selten, bei Cicero nie, bei Caesar nur in
der Bedeut. bedecken, befestige?!, N. Kl. hinzufügen, beilegen, für
addere, adjungere, tribuere, jedoch findet es sich beim Jüngern Pli-
nius und Quintilian, und ist nicht verwerflich. N. L. aber ist es in
der Bedeut. versichern, bestätigen, beweise?!, lehren, für affinnare,
asseverare, probare, docere.
Astu, die Stadt, ein Indeclin., wird nur von Athe?i gesagt, und
darf nie die Stelle jeder urbs oder jedes oppidum vertreten. Jetzt
wird es auch nicht mehr von Atheii gebraucht.
Astupescere, anstaunen, ist N. L. für admirari.
Astiis, List, Gewandtheit, werde vermieden durch astutia, dolus,
calliditas. Es kommt Kl. nie vor, obgleich wohl so astutus und
astutia; A. L. und N. Kl. fast nur im Abi. astu. Bei Tacitus und
andern Spätem ist der Plur. astus für doli gewagt, und früher
stand es sogar bei Cic. Off. Ill, 16, wo aber für astus jetzt astutos
gelesen wird. Muret (Oper. T. I, p. 286) hätte es nicht brauchen
sollen. Ob aber astu quodam und ähnliche von Bessern gesagt wor-
den sei, dergleichen man im N. L. findet, ist zu bezweifeln. Vgl.
Grauff zu Bunelli Epist. p. 735.
Asylum war bei Agw Alten nur ein als Freistätte geheiligter Ort,
nicht jeder, der uns eine sichere Zuflucht bietet; daher missbrauche
man es nicht für das allgemeine perfugium.
Asymbolus, der Nichts beiträgt, findet sich nur bei Terenz; in
Prosa muss mau dafür immunis brauchen.
Asyndeton, das Unterbundene, kann in der Rhetorik als Kunst-
wort nicht entbehrt werden; sonst heisst es caesa oratio (Auct.
ad Herenn. IV, 19).
Athene, griech. Name der Minerva, kommt nirgends bei einem
Lateiner geradezu für Minerva oder Pallas vor. Vgl. Th. I, §. 390.
Athens, der Atheist, kommt in der Form Atheos als Name des
Philosophen Diagoras nur bei Cic. N. D. I, 23 vor; ob griechisch,
oder lateinisch, ist zweifelhaft und in den Ausgaben verschieden.
Für den theoretischen Atheisten hatten die Lateiner kein Wort,
wohl aber kann man den praktischen durch implus ausdrücken;
umschrieben ist es qui deum non credit, qui deum non putat. Cic.
Divin. I, 46, 102. Für den gelehrten Atheisten behalte man den
Namen Atheos oder Athens, und so auch für das Nichtglauben des
Daseins Gottes (der Götter) das griech. Wort Atheisimis. Ohne
Kunstwort sagten die Alten deos non putare (Cic. Div. I, 46) ; wir
müssen sagen deum non putare. Die Worte Cicero's in jener Stelle:
181
Id ipsum est deos non putare, quae ab iis significantur contemnere —
können wir übersetzen: Gerade das ist Atheismus y die Anzeigender
Gütler zu verachte?i.
Athlon, der Kampfe ist ein griech. Wort für certamen; die Dicliter
braueben es nur von Kämpfen der Grieclien, und N. Kl. nennt ITjgin.
die Kämpfe des Hercules athla, für labores. N. L. ist es in der
Bedeut. die Mühe, für labor,
Atrocia, die Wildheit, Strenge, ist N. L. bei Wyttenbach , für
atrocitas.
Aique. Vgl. Ac, mit welchem es in der Bedeut. gleich ist.
Attalicus, Attalisch, ist in der Bedeut, reich, prachtvoll fast nur
P. L., wiewohl es einmal bei Cic. (Verr. IV, 12, 27) vorkommt, und
werde daher nicht gemissbraucht für dives, splendidus, magnificua.
Atta7ninare, befleckeji, beschmutzen, ist Sp. L. für contaminare,
niaculare, polluere.
Alte?idere, richten, spannen, hat bei zugesetztem animum oder
animos den Gegenstand mit ad bei sich, ad aliquem, ad aliquid, aber
ohne animum (animos) in der Bedeut. achteri, aufmerken auf Einen,
auf Etwas blos aliquem, aliquid, nicht mit ad, z. B. ich achte auf
dich, atte?ido te, aber animum attendo ad te. JV. Kl. wird es auch
mit dem Dativ alicui verbunden, z. B. sermonibus für sermones, und
ebenso in der Bedeut. sich be7Tiühen um Etiras, z. B. eloquentiae (für
studere eloquentiae) , was nicht nachzuahmen ist.
Attentio kommt in der Bedeut. Aufmerksamkeit nirgends allein
vor, sondern nur mit dem Genitiv animi, und, was seltsam ist, nur
bei Cicero, und auch da nur einmal (de orat. II, 35, 160). Im N. L.
wird dagegen attentio in dieser Bedeut. oft allein, ohne animi, gegen
den Sprachgebrauch gesetzt, wie es sogar einigemal Muret thut,
z. B. Orat. 21 (Oper. T. I, p. 263 ed. Fr.): Alite vos quoque Studium
meum attentione vestra, wo animi fehlt. Sonst drückt Cicero und
alle Andere den Begriff durch attentus animus aus, z. B. Einen mit
der grössien Aufmerksamkeit anhören, audire aliquem attentissimo
animo (attentissimis animis). Ferner: seine Aufmerksamkeit auf Etwas
richten heisst a?iimum mentemque traducere ad aliquid., oder animum
intendere ad aliquid. Dass aber attentt/s, gespa7int, dem Zusammen-
hange gemäss auch für sich allein aufmerksam bedeuten könne, ist
natürlich, und es findet sich so mehrmals. So auch attentio einmal
ohne animi bei Quintilian (IV, 1, 34), wo er von dem spricht, was
den Richter bei einer Untersuchung auf den Vortrag gespannt und
dadurch belehrungsfähig (docilem) mache, was aber für den gewöhn-
lichen Gebrauch des Wortes in dieser Bedeutung im N. L. wenig
beweist. Uebrigens liegt fast derselbe Begriff in intentio.
Atiesfari, bezeugen, bescheinigen, bestätigen, erst N. KL und
sehr selten bei Phaedrus und dem altern Plinius, ist zu vermeiden
für tesfari, confinnnre. Man sage daher nicht, wie oft im N. L., atte-
stor tibi für iestor mit dem Accus, c. Inf. Sehr Sp. L. ist attestalio,
die BescheiTiigimg, Bezeugung, und N. L. ist attestatum, das Zeug-
?u'ss, für testimoiiium, auctoritas.
* Früher stand das \ crbum auch iu Cic. Sull. 29 in allen frühern Aasgg.,
atteitante memoria, was schon Lambiu. beanstandete, bis man in den neuesten
Ausgg. nach der besten Handschr. ad testandam memoriam in den Text aufnahm.
182
Attexere, anfügen an Etwas, wird verb. ad aliquid, Sp. L. ah'cui;
es ist sehr selten.
Aitiguus, angränze?id, nachbarlich, ist Sp. L. für ßnitimus, afßnis,
vicinvs u. a.
Jttinere wird in der Bedeut. angehen, betreffen, Bezug haben
fast durchaus nur mit ad aliqiiem, ad aliquid verbunden, nicht ohne
ad, indem Stellen, wo ad fehlt, weg^en ihrer Seltenheit als richtig
bezweifelt werden können. N. L. ist: liaec res, hie über ad me atiinet
in der Bedeut. dieses gehört mir, ist mein, für mea, mens est. N. L.
ist quod ad id atiinet, qiiod — ,was das anbetrifft, dass — , in Beireff
dessefi, dass — , für das einfache quod. Uebrigens bedeutet hoc ad me
aitinet, das geht mich an, betrifft mich, hat Bezug auf mich, ich bin
dabei bei heiligt; aber hoc ad me pertinet, dieses ist wichtig für mich,
hat Einfluss auf 7mch, Vortheil für mich, gleich hoc mea interest. —
Wiewohl qiiod atiinet mit einem Subst., z. B. ad librum, richtig ist,
wenn noch ein einzelner Satz in Beziehung darauf folgt, z. B. was
das Buch anlangt, so wisse — , quod ad librtan attinet, scito (vgl. Cic.
Fam. VI, 7) , so ist diese Umschreibung dennoch in folgender Re-
densart A^. u. D. L.: hac de re multi scripserunt, et quod ad Ci~
ceronem attinet, is quinque de ea re libros scripsit — , wofür gut
Lat. gesagt wird, et Cicero quidem quinque u. s. w. — Endlich ist
A. L. und N. KL, besonders bei Tacitus, aliquem custodia, castris
u. s. w. atiinere in der Bedeut. Einen im Gefängnisse , im Lager
fest- und zurückhalten,, für teuere, retinere.
Attingere, eigentlich Etwas anrühren, berühren, hält sich in allen
seinen andern, auch bildlichen Bedeutungen an die ihm natürliche
Construction mit dem blossen Accusativ ohne «</, also aliquid, aliquem.
Attrahere, anziehen. Wiewohl es fast nur in eigentlicher, selten
in bildlicher Bedeutung vorkommt, so ist dennoch aitr. nervum {die
Sehne), arcum , habenas , balista?n, tormentum u. s. w. fast nur P.
für adducere; nirgends aber sj6/ (müsste wenigstens ßrf se heissen)
atir. invidiam, vituperationem , inimicitiam (iniinicitias), suspicionem
und andere ähnliche, wie im Deutsdien sich Neid, Tadel u. s. w.
zuziehen , für invidiam sibi facere, parare, in vituperatio?iem incur-
■/ere, inimicitias suscipere, in suspicionem venire oder vocari.
Audio ist in der Bedeut. P'ermehrung , Zuwachs Sp. L. für
accessio, amplißcatio, incrementum u. a., oder mit dem Verbo augere.
Kl. aber ist es in der Bedeut. Versteigerung — und ebenso auctio-
7iari, Auctiofi halten, versteigern.
Auetor. Dieses vieldeutige Wort hat Kl. nie die allgemeine Be-
deutung Schriftsteller, denn bei Cic. (Att. XII, 18, a. habes nonnulios
ex iis, quos nunc lectito, auctores, qui dicant id fieri oportere)
bedeutet auctores nicht Schriftsteller, wie auch W. Freund im Lexic.
meint, sondern Raihgeber, die Lehre Gebenden, indem qui dicant
dasselbe näher erklärt und bestimmt; und so hat Paul. Manutius
(zu Cic. Fam. I, 1) Recht, wenn er sagt: Auctoris est, cujus aucto-
ritate et sententia aliquid fit. Scriptor autem alicujus libri, quam
lafine auctor dicalur, viderint ii, qui non dubitanter usurpant. Equi-
dem neque Ciceronem, nee ejus aequales, aut omnino quemquam
staute republica ita locutum existimo. Er führt dann weiter die Kl.
Bedeutungen des Wortes an, z. B. Urheber, Rathgeber, Erzähler,
183
Geschieht Schreiber, Bürge für Etwas (z. B. bonus latinifatis auctor,
der für Latinität ein tüchtiger, vollwichtiger Bürge und Gewährs-
mann ist, auf den man in dieser Beziehung bauen kann ; Cic. Att.
Vll, 8, 10), Gewührsmmm u. dgl. Vgl. Lexica. Die allgemeine Bedeut.
Schriftsteller, Verfasser von Büchern ist erst N. Kl. bei Seneca
(Epist. 2 ista lectio multorum aiictorn/n), Quintil. (X, 1, 48 hunc
auctorem, nemlich Homer; ib. X, 5, 3 reruin copia graeci aticto-
res abundant; ib. I, 5, 11 auctores, quos praelegunt; ib. I, 8, 8 La-
tini quoque auctores afferent utilitatis aliquid u. a. m.), Suetou.
(Aug. 89 evolvit utriusque linguae auctores), und so bei andern Fol-
genden. Wer daher Kl. schreiben will, brauche scriptor, was für
diesen Begriff einzig passt, und es scheint unnöthig, das in dieser
Bedeut. N. KL auctor zu wählen, da ohnehin das Wort auctor oft
genug zu brauchen ist, wo es jenen Begriff mit zu enthalten scheint.
Man spreche daher von scriptores veteres, Script, graeci, Script.
latini, nicht von auctores veteres, graeci, latini, was zwar nicht un-
lateinisch und verwerflich, aber doch weniger gut ist. — Auctorem
esse, rathen zu Etwas, hat Kl. ut nach sich, aber in der Bedeut.
Etwas erzählen, für Etwas Bürge seilt den Accusativ m. d. Infm.
Daher tadelt Reisig ( Vorles. p. 564) den Halbgriechen Atticus,
dass er (Cic. Att. IX, 10, 5) geschrieben habe: ego tibi non sim
auctor, si Pompejus Italiam relinquit, te quoque profugere, für ut
tu quoque profugias. Endlich merke man, dass Redensarten, wie:
me auctore, auf mein Anrathen, da ich dazu rieth, Herodoto auctore,
nach Herodot's Erzählung , richtig im Zusammenhange mit einem
andern Satze und dessen Verbo gebraucht werden, dass es aber
meistens auf Titeln der Bücher N. L. ist, da es mit keinem andern
Verbo in Verbindung steht und der absolute Ablativ nicht mit einer
Conjunction erklärt werden kann. N. L. ist z. B. Q. Horatii Fiacci
vita auctore C. Suetonio Tranquillo, oder de Sabinarum raptu jus
gentium band violante auctore D. C. Ferd. Schmid u. dgl., wie man
solch falsches Latein nur zu oft findet. Vgl. darüber Th. I, §. 145.
Hand's Lehrb. p. 137 u. Dietrich z. Sintenis p. 4.
Auctrix ist als Fem. von auctor fast B. L., da in der bessern
Prosa auctor seine Stelle vertritt.
Auctus, die Vermehrung, werde als A. L. und N. Kl. als sel-
ten ganz vermieden. Vgl. Audio.
Audaciter und azidacter ; jenes war das ältere und wurde von
Cicero wahrscheinlich wenig gebraucht; meistens wählte er dieses.
Den Gebrauch jener Form tadelt schon Quinfilian (I, 6, 17): in-
haerent quidam molestissima diligentiae perversitate, ut audaciter
potius dicant, quam audacter. In Clcero's Ausgaben ist keine Be-
ständigkeit.
Audas, kühn, beherzt für oder zu Etwas, wird verbunden ad
aliquid, P. L. bei einem Verbo mit dem Infinitiv.
Audens, kühn, steht P. u. N. Kl. oft bei Tacitus für audax ;
es werde vermieden.
Andere. Ueber ausim vgl. dieses Wort.
Audiens, gehorsam ; vgl. Audire.
Audientia ist in besserer Prosa nicht, was wir Audienz oder
Zutritt nennen, und bildet Sp. L. die schlechten Redensarten audien-
184
tiam dare alicui. Einem Audienz gehen, für aliquem admittere, adi-
ium convem'ef/dt dare ; audlentiam apud alüiuem habere , Audienz
hei Jem. haben, für aditum ad aliqtieni habere, admissum esse, iind.
audientiafJi apud aliquem accipere, Audienz bei Jem. erhallen, für
admiüi (ad colloqiihiin), audiri. Für adifus steht auch accessio (Cic.
Verr. II, 53, J33). Vgl. auch Cic. Q. fr. I, ] , 32. Corn. N. IX, 3
nemo admittilur ; und oben Admissio. Die bessern Lateiner brau-
chen nur audientiatn facere alicui in der Bedeut. Einem das ge-
neigte Zuhören Anderer verschaffen, die Aufynerksamkeit rege ma-
chen, auch wohl Stille gebieten. Vgl. Cic. Cato 9. Divin. Caec. J3,
42. Liv. XLIII, 16 audientiam facere praeconem jussit, er befahl dem
Ausrufer, Stille zu gebieten.
Audire. Man verbindet es mit oä, ex und sogar de aliquo, wenn
es den bezeichnen soll, welcher Etwas erzählt; mit de aliquo oder
de aliqua re, wenn es den oder das bezeichnet, iiber den und über
das man Etwas hört; mit aliqtiem. Einen hören, anhören. Einem
zuhören, und ebenso in der Bedeut. Einem gehorchen, auf Einen
hören, wo auch A. L. und N. KL, aber selten, alicui audire gebraucht
wird. Richtig sagt man von einem Schülei-, der einen Lehrer hö?t,
audit cum, was Verdammungssüchtige verwerfen. Daher auch audi-
tor, der Schüler. — P. L. ist audire in der Bedeut. genannt, ge-
halten werde?? für Etwas mit dem Nomi?iativ des Prädicats, N. L.
aber, wenn Görenz (praef. Cic. Fin. p. IX) sagt; haec utraque Tullio
Peripatetica audit, diese beiden Lehren werden von Cicero für pe-
ripatetisch gehalten. — In der Redensart ich kann ihn oder das nicht
anhören, d. h. es ist mir zuwider, ist N. L. eum audire non pos-
sum, für ferre non possum oder Aehnliches. Richtig ist aber audio
in der Bedeut. das lässt sich hören. Dagegen wird für audite, quid
fecerit, wenn das lebendig geschildert wird, was er that, auch ge-
sagt videte. Vgl. Cic. Rose. t\m. 40, IKj videte (hört) }am porro ce-
tera.— N. L. ist be?ie, male audire, gut. schlecht hören in der Bedeut.
ein gutes, schlechtes Gehör haben, für ajiditu valere, non valere
oder surdastr7im esse (Cic. Tusc. V, 40. 136); denn bene audire
bedeutet in gutem Rufe stehen, ?nale audire, in bösem (schlimmem)
R. stehen, und so tninus cotiimode audire, in weniger gutem R. ste-
he??, zu welchen Redensarten ab aliquo in der Bedeut. bei Jeman-
de?i tritt. Endlich heisst unser nicht oder Nichts hören in der Be-
deut. kei?i Gehör haben, nicht ?io?i oder nihil audire, sondern sensu
audiendi carere. auribus captum esse. — Das Partie, audiens in der
Bedeut. gehorsam ist ohne diclo, auf's Wort, N. L.; man sagt nur
diclo sum audie?is, wozu oft noch ein Dativ dessen tritt, welchem
man gehorsam ist, z. B. tibi, domino, patri, jussis patris u. a.
Auditio ist in der Bedeut. das Gehör, der Sinn des Gehörs Sp. L.
für anditus, se?isus audie?idi.
A?iditorium, der Hörsaal, ist zwar nur N. KL, aber für diese
und damit verwandte Bedeut. A7.; ja selbst für die Zuhörer steht
es bei Quinlilian und dem Jüngern Plinius , wie unser Sch?/le für
Lehrer u?id Schüler, üebrigens kann es durch auditores oder audie?i-
tes vermieden werden, z. B. vor (bei) einem grossen Auditorio, in
mag?ia audie?itium (auditortmi) celebrilate (frequentia) oder frequen-
tibus auditoribus.
185
Auditus ist in der Bedeiit. das Hören, Anhören N. Kl. bei Qiiin-
tilian ii. A. für auditio; gut ist es nur in der Bedeiit. das Gehör
neben sensus andiendi. Aber N. L. ist mihi auditus et visus abit,
mir vergeht Hören und Sehen, für neque auribus, neque oculis sa-
us consto (nach Livius V, 42, 3 nnd VII, 26 ocuh's simul ac mente
turbatus sum), oder, in Ermang^elung anderer Ausdrücke, nach Ta-
citus A. III, 46 (Tgl. Tac. H. III, 73) neque oculis 7ieque auribus
satis competo.
Auferre, Einem Etwas nehmen, wird meistens verbunden ab ali-
quo aliquid, nur selten und mehr später alicui aliquid ; bei Oertern
steht für ab auch de und es. Vgl. Cic. TV. D. III, 34. Farn. VII, 20,
3. Verr. IV, 12 und so in der ganzen Rede. Zumpt z. Cic. Verr.
T. I, p. IJO. Daher sage man auch nicht: Vbi haec abstulisti? für
unde — ; nicht: Verres 7ibique oder omnibus locis vasa abstulit, son-
dern undique , ex omnibiis locis — . Vgl. Cic. Verr. IV, 59, 132.
Wenn jedoch die beraubte Person mit a steht, kann der noch da-
bei stehende Ort. wo der Raub geschieht, im Genit. folgen, wie in
Cic. Verr. IV, 17, 37. Aus der Volkssprache haben die Komiker se
auferre, sich wegbegeben, fortgehen, genommen, was nur im Dialog
anwendbar ist.
Augmen, die Vermehrung, ist A. u. P. L., augmentum fast Sp.
L., höchst selten; — beide sind unnöthig. Vgl. Aucfio. B. L. ist
augmentare und augmentatio. — Als Kunstwort muss augmentum
bei der Lehre vom griech. Verbo beibehalten werden.
Augur in der allgemeinen Bedeut. Wahr- oder Weissager kann,
wiewohl es nur bei Dichtern so vorkommt, dennoch neben vates
recht wohl so gebraucht werden, da Cicero augurium allgemein von
jeder Wahrsagung braucht.
Augurari steht in besserer Prosa nur als Deponens. Passivisch
findet sich von dem A. L. angurare nur das Partie, auguratus, ein-
geweiht, geheiligt, und der kurze Abi. absol. augurato, nach A7istel-
lung der Augiirien , gleich cum augurium actum esset. Bei augu-
rium brauche man als Verbum agere, nicht facere oder capere,
welche beide N. Kl. dabei stehen; auch nicht habere, Vogelschau
halten.
Augustus und als Fem. Augusta sind für uns die Kl. Wörter
für Kaiser, kaiserliche Majestät, Kaiserin, kaiserliche Hohheit, wo-
für auch Caesar und Imperator gebraucht winde und bis auf Hadrian
als Titel verdoppelt Cäsar August?is. So redet Plin. (Paneg. 3, 3)
den Kaiser Trajan Caesar Auguste an. — Der Monatsname Augustus
(mensis Augustus) ist auch N. Kl. nur selten im Gebrauche für das
alte mensis Sextilis, aber heutzutage bei Veränderung des alten Na-
mens in Sachen unsrer Zeit durchaus zulässig, obgleich gerade nicht
noth wendig.
Aula in der Bedeut. des (innern, tinbedecMen) Hofes eines Hauses
ist N. L. iüv propatulum, impluvium oder das N. Kl. area J)eim Jün-
gern Plinius. Kl. aber ist es schon bei Cicero (Fam. XV, 4. 6) in der
Bedeut. Hof eines Fürsten, fürstliche Macht; und so heissen auch
schon l)ei Corn. N. (XIV, 5, 2) die Hofleute im Allgemeinen aidici,
sowie die höhern purpuraii hiessen. Beide sind also für diese Begriffe
die ächten Wörter.
186
Auloedus, der Flötenspieler, ist ohne Auctorität für tibtcen ; jener
ist der, welcher den Flötenspieler mit Gesang accompagnirt.
^ura ist in der wahren Bedent. Luft nur P. L. für aer, wiewolil
auram communem haurire alltäglirlt gewesen zu sein scheint ; dage-
gen ist 8s im bildlichen Sinne, z. B. aura populär is, sehr häufig. Im
N. L. kommt es häufiger vor, als es die Lateiner in Prosa anwenden,
indem selbst der Plur. aurae , der nur Poet, ist, in die gewöhnliche
Prosa eingeschwärzt wird.
Aureus, golden, kann in der Bedeut. herrlich, schön nicht verworfen
werden, wie denn auch Cic. aureolus Uhellus und aureola oratiuncula
sagt, und Plin. (Ep. 11, 20) fabulam aiiream. Aber wenn wir von gol-
denen Samen sprechen, sagte selbst kein Dichter aurea semina, und
wo wir sagen goldejie Berge verspreche?!, sagt der Lateiner doch
nie oureos montes, sondern mo?/^es ««r/polliceri. Vgl. Terent, Phorm.
I, 2, 18.
Auricula ist nicht etwa das Ohrläppchen, sondern nur Nebenform
für auris ; jenes heisst aurt'cu/a inßma. Cic. Q. fr. II, 15, 4.
Auriga ist nicht der gewöhnliche Fuhrmann, der Waaren fährt,
gondern der Pferde- und Wagenlenlter, der Kutscher, gleich agitator;
jener heisst qui vecturam facit, merces plaustro vehit, oder mit einera^
spätem Worte vecturarius. Vgl. Heusing, emendatt. p. 390.
Auris. Wir beachten beim Gebrauche des Sing. Ohr nicht immei*,
ob nur eins oder beide zu denken seien, worauf im Latein, mehr ge-
achtet wird; daher praehere oder admovere aurem nur, wenn man ein
Ohr hinreicht, damit ein Anderer uns Etwas zuflüstere (Cic. Orat. II,
36, 153. Suet. Calig. 22, wo Oudendorp zu vergleichen ist) ; aber prae-
here aures, wenn man aufmerksam einem Sprecher zuhört. — Einige
verwerfen die Redensart /j/ffc/r/fl-m aurem alicui praeb.., Einem geneig-
tes Ohr leihet?, aber dennoch scheint placidas oder faciles aures
alicui pr. tadellos. — Gut ist zwar ad o?ires venire oder accidere
ad aures, zu Ohren kommen, gelangen, hören, aber nicht mit dem
Dativ derer, welchen Etwas zu Ohren kommt, sondern mit dem Ge-
nitiv und den Pronom. meas, tuas, suas u. s. w. 3Tan sage nicht hoc
mihi ad aures venit, wie wir dieses Icam mir zu Ohren, sondern hoc
ad aures meas venil. — Gut ist auch dicere in aurem, in's Ohr sagen,
was Vielen als Poet, bei Plautus (Trinum. I, 2), Horaz (Serm. I, 9,
10) und Ovid (Her. III, 23) verwerflich scheint; aber so sagt auch
Auct. ad Herenn. IV, 50 ei dicit in aurem; Cicero selbst (in einem
Bruchstücke aus dem Buche de fato bei Macrob. II, 12) in aurein
Pontius, Sripio inquit; auch Quintil. (XI, 3, 31) in ourem altcujus
loqui, und (IV, 2, 124) ad aurem invocare. Auf ähnliche Weise sagt
man ad aurem aliquem admonere. Einem warnend in's Ohr sagen
(Cic. Fin. II, 21, 69), ad aurem oder in aures insusurrare, in's Ohr,
in die Ohreti flüstern ; auch blos insusurrare.
Aurittis ist in der Bedeut. der Etwas gehört hat nur A. L. bei
Plautus, vielleicht aus der Volkssprache genommen, indem er den bei
\ins so genannten Ohrenzeugen testem auritum nennt und ihn dem
Atigenzeugen (testis oculatus) entgegensetzt. Es kommt aber nirgends
weiter vor und erhielt sich nicht einmal bei den Juristen, kann also
kaum mehr gebraucht werden. 3Ian sage testis, qui audivit. Vgl. be-
sonders Oculatus.
187
Auscultare, hören, und mit d. Dativ zugleich mit dem Begrifte ge-
horchen, ist nebst den davon abgeleiteten Wörtern aiiscultatio und
ausciiltator fast nur A. L. und alltäglich, aber nachher in der bessern
Sprache fast nicht mehr gebräuchlich; es werde daher vermieden.
Bei Cicero findet sich auscnltare und ausctdtator nur einmal, aber
das letztere nicht in der Bedeut. der Horcher, sondern der Zuhörer ;
jener heisst bildlich sernwnis alicujus auceps (bei Plaut. Mil. I\, 1,
9), oder arbiler (Cic. Verr. V, 31, 80).
Aiishn, A. L. kurze Form für ausi/s si'm, ich möchte es wagen , ist
in der bessern Prosa nur wenig üblich und nur da. wo man bedeut-
sam und fast feierlich sprechen will, wie einigeraal bei Livius und
Quintilian; bei Cicero wird der Gebrauch geläugnet, wiewohl in Brut.
5, 18 Einige ausim der Lesart aiisits sim vorziehen, wie Schütz, Ellendt
und Frotscher (zu Mureti Oper. T. I, p. 235). Am gehörigen Orte
ist es wohl passend. Verworfen wird aber von Malthiä zu lAIuret.
Oratt. (Oper. T. I, p. 261), si ausim zu sagen, da es mit einer solchen
Conjunction unerhört sei. Vgl. noch Th. I, p. 48.
Ausjiicari ist KI. nur ein heiliges Wort, Aiispicien halten, gleich
auspiciiim oder atispicia habere, wo man nicht agere sagte, wie bei
aiigurium. Vgl. Atigiirari. N. KL, aber sehr selten und kaum nachzu-
brauchen ist es in der Bedeut. anfangen, wobei das mit Etwas durch
ab aliqua re ausgedrückt wird. Vgl. Plin. Ep. II, 14, 2. ISodi selt-
ner und Sp. L. ist auspicium in der gewöhnlichen Bedeut. Anfang,
was nicht nachzubrauchen ist. — Von der altern activen Form wird
das Partie, auspicatus in der Bedeut. geheiligt gebraucht, und so im
Abi. absol. auspicato , nach gehaltenen Auspicien, für cum auspicium
(auspicia) habitum (habita) esset (essent).
Auster, der Süden als Land selbst, ist N. L. für Austri partes,
australis regio oder ora. Man sage nicht: Auster incognita fere est
pars terrae, für Austri partes fere sunt incognitae. Sonst bedeut.
Auster nur den Südtvind.
Australis, südlich. B. u. JV. L. sind australior und australissimus,
die sich beide in N. Lateinern finden. Noch neulich (im J. 1835) hat
Einer de plantis Africae australioris geschrieben, und der alte latein.
Uebersetzer des Strabo brau< ht oft australissimus.
Ausum, das Wagstück, für audax facinus sagt in Prosa nur der
ältere Plinius (ausum. improbum), sonst ist es nur P. L. und nur mit
sichtbarer Anwendung einer poetischen Stelle in Prosa zu brauchen.
Aut, oder, und aut — aut, enttveder — oder, stehen fast nur, wenn
zwei Personen oder Begriffe einander entgegengesetzt und von einan-
der verschieden sind, z. B. (aut) dives aut pauper, frigus aut calor,
Cicero aut Pompejus. Bei Personen oder Dingen, die nur dem W^orte
nach verschieden sind, wird seu, aber nicht aiit gebraucht. Daher ist
falsch: Pallas aut JVIinerva; Cybele aut Ops; Ilortalus ß?// Hortensins,
denn beide Namen bezeichnen eine und dieselbe Person. Eben dess-
halb braucht man auch fast nicht aut., wenn man ein eben gewähltes
Wort durch ein anderes verbessert, sondern gewöhnlich vel, vel di-
cam, vel potius, z. B. benevolentia, vel amor potius (Cic. Fam. III, 9,
1) ; fateor a plerisque, vel dicani ab omnibus (ib. IV, 7, 3) ; vulgi vo-
luntaiS, vel potius consensus omnium (ib. IV, 13, 5) ; — seltner sivc po-
tius und aut potius ; z. B. hoc discessu sive potius turpissima fuga (Cic.
188
Att. VIII, 3, 3) ; erravit mit potiua insanivit (Id. Verr. III, 48, 113).
— Auch wird aut — aal gebraucht, wenu die Begriffe nur schärfer
geschieden werden sollen, meistens so, dass es bedeutet entiveder —
oder wem'ßstevs, z. B. mit in omni, mit in magna parte vitae (Cic.
Tusc. III, J7. 38). — Falsch ist aut in Fragen, wo Eins dem Andern
entgegensteht, z. B. sanusne est, mit aeger? für mi aeger. — In
Fragesätzen mit quid, quamdo und ähnlichen, z. B. tvas sich passe, oder
?iicht, tvas zu thim sei, oder nicht, sagt man weder necne, noch aut
nov, sondern man wiederholt das Verbum mit und ohne quid, also
quid conveniat, mit quid non conveniat (Cic. luv. I, 22, 31) ; quid iis
faciendum sit, aut non faciendum (Id. Fin. IV, 17, 46) ; quid ab eo
factum, aut non factum sit (Id. Cluent. 25, 70) ; quando utendura sit,
aut non sit, narratione (Id. Orat. II, 81, 330) ; — ebenso: er ma^ ivol-
len oder nicht, velit aut noiit, oder blos velit ?iolit. — N'. L. sind
Fragen mit afi — aut, oder an — vel, wovon Sciopp. de stylo p. 124
als Beispiele angiebt: Arabigo, an hoc (haec) Veneris sit imago, vel
Berenices; ambiguus fuit, an nuptui (nuptum^ tradi (dari) filiam, aut
monastico instituto obligari expediret. — P. L. ist aut — vel, oderre/
— aut für aut — aut. Endlich unser: Einer oder Mehrere heisst unus
pluresve (Cic. Rep. I, 32), nicht U7ius aut phires.
Autem, aber. Nach Laur. Valla (Eleg. II, 24) wird nicht tum
autem, theils aber, bei vorausgehendem tu7n, theils, gesagt, sondern
tjim vero; auch sage man nur age vero, sane vero, jam vero, enim
vero, at vero, nicht autem statt vero. Ferner ist autem im negativen
Gegensatze aber nicht, nicht aber, ungewöhnlich für das einfache 7ion.
Vgl. darüber Anleit. ^. 581 ; ausserdem sind aber über autem lesens-
werth: Handii Turseilin. T. I. und Reisig's Vorles. p. 445.
Authenticns, acht, nrktindlich, ist ein erst spät von den Juristen
aus dem Griech. genommenes Wort, für verus, certus, sincerus, certae
fidei, fide dignus u. a. Ebenso authentice für cum auctoritate, certo
auctore.
Autochiria, der Selbstmord, ist erst im N. L. üblich, für mors vo-
luntaria, oder TV. Kl. quaesita (Tacit. A. I. 5), oder siimpta (ib. III,
50), voluntarius finis (ib. IV, 19), oder mit Verben umschrieben, wie
es der Zusammenhang gerade fordert. B. L. aber ist suicidium, wo-
von unten.
Autochtho7i, der Eingeborne, ist erst Sp. im Latein, und unnöthig
für indigena.
Autographus ist als Adj., eige7ihändig, N. Kl. bei Sueton und un-
nöthig für sw« (ipsius) manu scriptus; Sp. L. ist erst autographum
als Subst., die eige7ie Handschrift, und eben so unnöthig, wie jenes.
Autumare, sagen, behaupten, ne7ine7i, ist nur A. L. und findet
sich nachher nicht mehr in der Schriftsprache, wesshalb es zu ver-
werfen ist, für dicere, affirmare, proßteri. Qnintil. (VIII, 3, 26) führt
es mit unter den veralteten Wörtern auf und nennt es nach Zumpt's
Ausgabe tragicum, d. h. für den hohem tragischen Styl brauchbar.
Im N. L. findet es sich nicht selten, wie in Mureti Oper. T. I, p. 343,
nnd sonst noch.
* Quintilian's Worte lauten in den Ausg-g. verschieden, in einigen: tohrabile
antnmo; tragicum proleyn dncendam; in Zumpt's Ausg. aber: reor tolerabilc;
autumo tragicum; prolem dicemus u. s. w.
189
Auxiliari, helfen^ steht zwar bei Cicero, wiewohl nur einmal, und
einig:emal bei Caesar und Salhist, aber sonst sehr selten und, was zu
verwundern ist, nirg^ends l)ei Livius. Eben so selten und ert N. Kl. ist
das Subst. aiixiliator für adjutor, adminisier, und sehr Sp. L. auxih'a-
trix für adjutrix. Man spreche daher nicht von copt'ae auxiliatrkes,
das HiUfsheer, für auxilia, auxiUares, copiae subsidiariae u. a.
AveUere, ab- oder losreissen, wird verbunden mit a oder de, von
Etwas, und mit ex, aus Etwas; P. u. N. Kl. mit dem Dativ oder
Ablativ.
Aventer, gierig, begiei'ig, ist Sp. L. für cupide, avide.
Averruncare, abwenden., abwehren, wird nur in Bezug auf die Göt-
ter bei Naturwundern gebraucht: dii averruncent ! — sonst averterey
removere.
Aversatio ist nur etwa in der eigentlichen Bedeut. das sich Ab-
wenden zulässig, wiewohl es nur einmal bei Quintil. vorkommt, aber
von dem KL aversari, sich abwenden, gebildet, womit es auch um-
schrieben werden kann. Mit Recht tadelt es R. Klotz, dass Sintenis
(p. 158) in einer lateinischen Rede schrieb: contemptione et aversa-
tione dignus, was durch die Verba ausgedrückt werden konnte.
Avertere, abtuenden, wird verb. ab aliqua re, und einmal mit de,
de publico (Cic. Verr. IV, 24); ebenso aversus, abgeicandt, abgeneigt,
mit ab aliqua re ; P. u. N. Kl. mit d. Dativ. — N. L. ist wohl se aver-
tere a sollicitudine, maerore u. s. w., sich von Etwas abwe7iden, sich
einer Sache entschlagen., für animuni abducere ab aliqua re. Richtig
aber ist se totutn avertere, sich gatiz abwenden, im eigentlichen Sinne.
Avocamentu?n bedeutet bei Plinius dem Jüngern, wo es allein vor-
kommt, ein Beruhigungsmittel, Trost, Linderung , was sonst solatii/tn,
leva7nentum, adjumentitm heisst, nirgends aber eifie Abhaltung, Zer-
streuung, was Hemsterhuis darunter versteht, wenn er (Oratt. p. 169)
sagt: nullis avocamentis interrupta assiduitas, für nullis rebus, quue
aninium poterant avocare.
Avunculus, der Mutterbruder, Oheim, erhält zum Unterschiede
von patruus , der Vatersbruder, nie einen besondern Zusatz, z. B.
maternus, welchen ihm Gessner (Uebersetzung von Luciani Somn. 1)
gi!;t; dagegen sind bei avus, der Grossvater, 'tMe Zusätze paternus und
maternus zulässig.
Axioma, der Grundsatz, die Behauptung , ist erst Sp. in's Latein,
aus dem Grie( h. genommen und unnöthig iüv pronuntiatum, enuntia-
tum, pro- oder effatum, dogma, decretum u. a.
B. b.
Baccha, die Bacchantin. Wann im Dat. u. Abi. Plur. Bacchabus
zulässig ist für Bacchis, s. Th. I, §, 17. Man verwerfe jene Form
nicht zu voreilig.
Bacchus steht nirgends in Prosa für vinum, Wein, was im N. L.
für ausgezeichnet und schön gehalten wird.
Baceolus, einfältig, damisch, stockicht, ist ein gemeines plebeji-
sches Adjectiv in der Klass. Zeit für stultus , insipiens, insulsus,
stupidus.
Baculus und baculum, ein Stock, neben bacillum, was bei Cicero
190
einmal vorkommt. Ob die männliche oder neutrale Form die Kl. und
wenigstens bessere in Prosa gewesen sei, entscheidet keine Stelle, da
weder Cicero, noch Caesar je eins von beiden ge!)rauc!it hat, und die
bei Livius vorkommenden Formen zu beiden gehören können. Reisig
(Vorles. p. 114) will beide neben einander annehmen: baculus sei ein
geivöhnh'cher Stock, baculum aber ein dicker Knüttel, was nicht eben
wahrscheinlich ist.
Bajulus,der Lastträger, und hajtilare, eine Last tragen, forl-
schleppen, sind Wörter der Volkssprache von gemeinen Leuten und
niedrigen Arbeitern, und daher am gehörigen Orte wohl zu gebrau-
chen ; auth im Hohn und Spott.
Balbiities wird N. L. von dem Stammeln, dem Anstossen mit der
Zunge gebraucht, für haesitantia, haesitatio, titnbantia Linguae oder
oris.
Balneum oder balineiim, das Bad, hat im Plur. Kl. babieae oder
halineae in der weiblichen Form, seit Livins aber auch balnea als
Neutrum, üebrigens bedeutet es meistens nur ein Privatbad, nicht
ein öffentliches., welches therinae hiess. Verschieden davon ist auch
aquae : vgl. Aqua und Weber's Uebungssch. p. 86.
Barathrum, der Schlund.^ ffhig, wiewohl es schon früh aus dem
Griech. in's Latein, aufgenommen wurde, doch nie in die Prosa über;
man brauche vorago.
Barbaria und barbaries. Beide Formen sind KL, aber ohne Unter-
schied der Bedeutung; jene ist häufiger. In der Bedeut. Ausland ksnn
es heutzutage kaum mehr angewandt werden, so wenig als barbarus
in der Bedeut. ausländisch.
Barbaricus ist fast nur P. Form für barbarus, welche, ganz zu ver-
meiden ist; ebenso barbarice als Ädv. für barbare.
Barbarus. Davon steht bei Ovid der Comparativ barbarior so ein-
zeln, dass er nicht nachzubrauchen ist; dennoch hat es Muret. Epist.
(Op. T. II, p. 102) gewagt.
Baratts findet sich als Subst. in der allgemeinen Bedeut. Dichter,
Sänger, wie wir Barde brauchen, nirgends bei den Alten fi'ir poeta;
es war nur bei den Galliern Name für ihre Sänger und Dichter.
Basiare, küssen ; basium, der Kuss und basiatio, das Küssen sind
alle fast nur P. L. für osculari, osculum, osculatio.
Basilicus, könig/ich, ist nur A. L. bei Plautus aus griech. Komi-
kern genommen für regius, regalis, und ebenso das Adv, basilice für
regie. Nur als Kunstwort erhielt sich basilica von einer Säulenhalle.,
und basilica vitis, die Königsrebe, eine vorzügliche Reben- Art.
Batavia ist erst Sp. L. Benennung von Holland für die alte Kl.
Batavorum insula, wiewohl es als kurzer Name nicht zu verwerfen ist,
damit man nicht, wie heutzutage geschieht, zu dem neuen seltsamen
Hollandia greife. — Das Adject. heisst aber Batavus, \\\c\\X Batavicus,
was einige Holländer brauchen.
Beare, beglücken, glücklich machen, ist nur P. L. für beatum ali-
quem efficere, fortunare, sonpitare. Sp. L. aber sind beatißcare und
beatificus , beide unnölhig, und in der Bedeut. selig sprechen für bea-
torum numero addere u. a. gebraucht.
Beatitas und beatitudo^ die Glückseligkeit, finden sich zuerst bei
Clc. (N. D. I, 34, 95), der sie entweder selbst gebildet oder als sei-
191
teile Wörter zu seiner Tevminolog'ie benutzt hat; sie wurden von iiim
nicht weiter gebraucht, und erst spät Ann Andern benutzt. Er
braucht dafür sonst beata vita, beate vivere und sogar beatnm als
Subst. Vgl. Cic. Tusc. V. 15, 45. Ausserdem hegt mfelicitas oft ganz
derselbe Begriff. — Uebrigens ist beatiis der, welcher sich an geistigen
und leiblichen, Innern imd äussern Giitern befriedigt fühlt, wie es der
Weise und der Christ nach den Grundsätzen gesunder Philosophie
und des Christenthums sein muss, er sei reich oder arm. Da aber
reich sein nach gewöhnlichen Begriffen die Quelle des Glückes ist,
so bedeutete beatus oft geradezu reich. Die beiden andern Wörter,
felia: und fortunatus, beziehen sich meistens fast nur auf äusseres
Glück. Nach Cicero (Tusc. V, 6) hat der beatus — secretis maus
omnibns cumulatam bonorum complexionem, nee quidquam ei deest. —
Sehr Sp. L. ist die Redensart beatae memorine, seligen Aiidetikens,
wie überhaupt der Gebrauch des Wortes beatus von einem Ferstor-
henen, was durchaus zu vermeiden ist.
Belgium, BelgaxiwA Belgiens müssen heutzutage von Bataviaoder
terra Batavia und Batavus wohl unterschieden werden, da jetzt ge-
trennte Länder, Belgien und Holland, und getrennte Völker darunter
verstanden werden, was nicht immer der Fall war.
Bellator kommt nie in der gewöhnlichen Bedeut. Jeder, der ff äffen
träs;t (unser Soldat, was miles heisst) vor, sondern nur Einer, der mit
Äriegsmfith streitet, wie Cic. Tusc. IV, 19, 43. Unser Wort Arieger
verführe nicht, da wir es oft für Soldat brauchen. Bei Cicero u. A.
kommt es auch oft nur im Wortspiele neben andern Substantiven vor,
die sich auch auf ator en^ig^^'i, z. B. aut bellatori, aut iniperatori aut
oratori (Cic Tusc. IV, 24, 53). Das davon abgeleitete Ädj. bellatorins,
welches der jüngere Plinitis (Ep. VII, 9, 17) , aber mit dem Beisatze
quasi, braucht und der streitsüchtigen, polemische?! Rede beilegt (sera-
per pugnax hie et quasi bellatorius Stylus), kann recht gut auch von
uns gebraucht werden.
Bellicus und bellicosus, kriegerisch, dürfen nicht verwechselt wer-
den: bellicus passt zu Subst., wie laus, virtus.. gloria,jus, virtus und
dem aligemeinen res ; bellicosus zu gens, naiio, civitas, proviiicia, sowie
zu Völkern und Personen. Nur Dichter verwechseln sie. Für ars oder
disciplina bellica, die A'riegswissenschaft, braucht man gewöhnlich ars
oder disc. militaris, wiewohl auch jenes bei Cic. (N. D. II, 64) steht.
Belligerare, Krieg führen, ist A. L. und sehr selten für das ge-
wöhnliche bellum gerere oder 6e//a/"e, jedoch findet es sich zweimal
bei Cicero und einmal bei Livius (XXI, 1(1), aber nach R. Klotz nur
da, wo ein förmliches , feierliches und kunstgerechtes Kriegführeii
angedeutet werden soll, ähnlich unserm einen Strauss auskämpfen,
was auch nur feierlicher Ausdruck ist. Mir scheint es nur ein gewöhn-
liches Wort, wie bellare, für ordentlich fechten ., zu sein, minder edel
als bellum gerere, und daher auch selten ; es werde nicht gemissbraucht.
Belluinus oder beluinus, thierisch, ist Sp. L. und muss durch bel-
lua, bestia oder aidmal ausgedrückt, oder durch ferus, immanis er-
setzt werden.
Bellum cum aliquo, der Krieg mit Jemanden, werde vermieden,
wenn das Verbum des Satzes nicht mit cu7n in Verbindung steht, z. B.
Livius bellum cum Ilannibale accurate narravit, wenngleich bellum
192
cum Ilaiinibale, certamen cum patribiis und ähnliche, so gebraucht,
nicht ohne Kl. Beispiele sind. Vgl. Th. I, §. Si. Gewöhnlicher ist dann
ein Genitiv, z. B. bellum Pyrihi, Hannibalis, Krieg mit Pyrrkus, mit
Hannibal, bell. Persarum, mit den Persern, oder, wo es vorlianden ist,
ein Adjectiv., z, B. bellum Persicum, oder es tritt ein Partie, noch liin-
zu als Stütze der Praep. cum, z. B. bellum cutfi Hamiibale gestum. —
P. L. oder A. L. ist der Genitiv belli in der Bedeut. im Kriege, ohne
dass domi, im Frieden, damit in Verbindung steht, für in hello; aber
do7ni bellique oder belli domique oder vel domi, vel belli sind sehr ge-
bräuchlich. Man sage nicht bei einem bestimmt genannten Ki'iege in
hello, sondern blos hello, z. B. hello Punico, hello Persico. Man merke:
einen Krieg einleiten und betreiben heisst bellum agere ; einen Krie^
heginnen, h.facere; einen Kr. führen , b. g^ere/-e , nicht ducere ; aber
ei?ien Krieg in die Länge ziehen, b. ducere oder trahere; einen Krieg
endigen., b. conficere, componere, perficere, selten finire.
Bene dicere {henedicere als ein Wort) alicui und aliquem in der
Bedeut. Einen lohen. Einen segnen, ist erst Sp. L. für laudare, prae-
dicare ; fortunare, hene alicui precari; dagegen Kl. alicui hene dicere in
Aev Bei\eni. Gutes con Jemanden sagen, gut von Jemanden sprechen.
Ebenso ist Sp. L. henedictus, gesegnet, im- fortimatus. Sonst bedeutet
bene dicere ohne Object gut , schön sprechen , reden. Gut ist auch
be7ie aliquem nosse , Einen gut oder tvohl keimen; bene valere, recht
Wühl leben (sein). Matth. Cic. Farn. XI, 28,21. Curius Cic. Farn. VII, 29;
sonst selten. Gut ist bene tnihi est, es ist (geht) mir wohl; melius oder
meliuscule mihi est, mir ist (geht es) besser; melius inihi est factum nicht
blos zur Anzeige eines Grades der Besser^ig, es ist mir besser gewor-
den, sondern auch um anzuzeigen, dass Einer wieder gesund, ganz
hergestellt sei, wo wir uns auch so ausdrücken. y^\. Klotz Cic. Tusc. I,
35, 86.
Bene, male u, dgl. zu Adjectiven, wie graecus, latinus, germanicus
und andern ähnlichen, und ebenso zu ihren Adverbien graece ,lalinei
als uäJier bestimmende Eigenschaftswörter der schon bestimmt ange-
gebenen Sprache hinzuzusetzen, verwarf als uulateiuisch F. A. H olf
und mit ihm Spalding (in Wolfii Museum antiq, I, p. 92) gegen viele
Neuere, welche z. B. sagen: hoc non est heiie laiinum, wie Ernesti oft
in seinem Cicero, und ^e^en Scheller, der bekanntlich Praecepta stqli
hene /r///w/ schrieb. Dieser Tadel kann auffallend scheinen, da Cicero
oft sagt loqui (dicere) bene, perhene, optime, male, inquinate,non pes~
sime, diligenter, eleganter, elegantissime latine, wo doch die Adverbien
das Wort latine zu bestimmen scheinen. Aber sie beziehen sich wohl
nicht auf latine, sondern nur auf das Verbum loqui oder dicere, und
geben die Art und Weise, das Wie der Darstellung der Rede an, daher
auch ohne einen Zusatz, wie latine, gesagt wird hene, male, eleganter
loqui, dicere, enuntiare, pronuntiare , und die Sprache, der Aus-
druck und Vortrag in Bezug auf das Rhetorische /ocm/«o honUy
mala, elegans genannt wird. Und so wird denn auch gesagt: dicendi
elegant ia, nccurata elegantia latine loque?idi, incorrupta latini serinonis
integritas , purus sermo , locutio emendata , sermo inquinatus u. a. Da-
her heisst bei Cic. (Fin. II, 3, 10): tu illud dixisti he7ie latine, parura
plane, Lateinisch hast du das zwar gut gesagt, aber nicht verständlich
genug, und (Id. Olf. I, 37) optime uti lingua latina, einen herrlichen
193
Gebrauch von der latein. Sprache machen. Und so antwortet bei Cic.
(Orat. 11,18,75) Hanuibal zwar griechisch, aber non optinie, nicht
zum bestefi, artigsten , feinsten, aber doch fr eimütkig, libere, — wo
nur die zwei Adverbien den Gegensatz bilden, Uebrigens steht tat inus
und latine auch bisweilen vorzugsweise in dev^eiXent. acht (gtit) latei-
nisch, wie denn Cicero z. B. sagt: locutio emendata et latina, und
Seneca (Ep. 39) : cum latine loqueremur, da ivir noch (gut) lateinisch
sprachen. — Gleicher Ansicht war darüber auch Reisig (nach seinen
\ orles. p. 393). Noch vgl. jetzt Madvig zu Cic. Fin. I, 3, 8.
Bene facere , ivohl thun , ist richtig in der Redensart bene facis
quod — , du thust wohl daran, dass du — ; gut auch, aber Kl. selten,
alicui bene facere , Einein wohl, Gutes thun, eine Wohl t hat erweisen,
gewöhnlicher benigne alicui facere , beneßcium in aliquein conferre,
deferre, alicui dare, in oliquo collocare u. a. Aber N. u. D. L. ist haec
res mihi bene facit , dies thnt mir wohl, für jucunda est; auribus bene
facit, es thut den Ohren wohl, inr jucu7ida est auditu, und bildlich/e/-jY
aures hominum (Cic. Orat. II, 84). Das Subst. benef actum, die edle,
gute That, neben bonum factum ist, wie auch male factum und rede
factum, nicht üblich, indem nur der Plur. benef acta , nmlefacta,
rede facta gebräuchlich war. N. und B. L. ist daher illud tuuni
benefadum ab omnibus laudatur. Wann bene factum richtig sei, s.
unter Factum. A. L. und P. ist es in der Bedeut. von beneficium,
eine Wohlthat. Das Subst. benefador, der flohlthäter, ist Sp. L.,
vielleicht auch Jl. L. wie malefador, aber im bessern Latein nie
üblich für (homo) beneficus, qui beneflcio aliquem afficit, äuget, ornat,
beneßcium in aliquem cotifert u. a.
Bene vivere, ist iV. L. in der Bedeut. wohl, herrlich, lustig leben,
für laute, jucunde, ?nolliter, liberaliter, magnifice vivere; jenes bene
vivere bedeutet gut, vernünftig leben und mit beateque verbunden,
gut, u7ibescholten, tugendhaft leben.
Benevolens, gütig, wohlwollend, ist A. L. für benevolus, als Adv.
aber, benevole, neben benigne gut; aber B. L. ist benevolentius, bene-
voleiitissime für befiignius. be7iig7iissime,
Bestialis , thierisch, viehisch, ist sehr Sp. L. tiir fertis , inmia7iis,
brutus, bestiariim more vive7is u. and. Umschreibimgen. N. L. aber ist
bestialitas für feritas, immanitas.
Bibere. Davon ist weder bibitum, noch was davon herkommt,
im Gebrauche; man setzt dafür potum oder potatum und das davon
Abgeleitete. N. L. ist wohl (wenigstens findet sich nirgends etwas
Aehnliches) bibere in alicujus salutem oder gar sa7iitatem, auf
Jema7ides Gesundheit trinken; besser wohl bibere alicui^ propinare
alicui salutem; und beim Trinken selbst bald mit dem Dativ, bald
mit dem Accusativ, bene tibi oder bene te, auf dein Wohl, atif deine
Gesiaidheit; bene patri tuo oder patre7n tuum, auf deines Vaters
Wohl (Gesundheit) ; und so: bene Pri7icipi (Pri7icipe7n), Duci(Ducem),
Regi (Regem), Imperatori (Imperatorem). Gut und nachzuahmen ist
die griechische Art zu reden, bibere dare, zu trinke7i geben. P. L.
ist bibere poculu7n, scyphum, phiala7n, pateram, wie wir sagen ei7i
Glas, einen Becher trinke7i, für e poculo, ex scypho u. s. w. Etwas
Anderes ist vinum, aquam, ve7ienufii u. s. w. bibere. Richtig aber ist
haurire poculum (Liv. XXX, 15).
13
]94
Bibitus als Subst. im Dativ b/'bttmist olme alle Auctorität, zumal da
die Form bibitnm von bibeie img^ebräiichlich ist. Murct (Oper. T. III,
p. 65 ed. Riiluik.) wagte zu schreüjen: esui ac bibilui für potui oder
potio7ii, wesswegen ihn Ruhnkeu mit Recht tadelt. Leer ist Reisig 's
Elltschuldigung (Vorles. p. 103).
Biblia kommt weder als Sing., noch als Plur. bei einem Lateiner,
nicht einmal bei dem spätesten vor; als Plur. wäre es erträglich,
als Sing, aber B., da es im Griech. die Bücher bedeutet, mögen es
auch gelehrte Theologen als Singular gebraucht haben. N. L., mei-
stens mit dem Zusätze sacra, versteht man darunter das, was wir
die Bibel nennen. Der kirchliche Cicero, Lactanz, sagt dafür litterae
sanctae (Inst. II, 16, 4. IV, 7, 2 u. a.) oder litterne divinae (ib. IV,
11, 3), und (wie wir: die heilige Schrift) scriptura sancta (ib. IV,
5, 9) , was aber durchaus verw erflich ist. Vgl. Scriptura. Man halte
sich an jene beiden Ausdrücke, oder sage mit Sadolet und Perpinian
libri sacri, libri divini.
Bibliopola, der Buchhändler, ist das für diesen Begriff gleichsam
AI. Wort, obgleich es N. Kl. (beim Jüngern Plinius u. Martial) ist,
da man es durch kein früheres ersetzen kann. Neuere bi'auchen
librarius (der Bücherabschreiber) oder rede?nptor {der Käufer, Pach-
ter, Eutrepreneur), — beides unpassende, den Begriff nicht enthal-
tende Wörter.
Bibliothecarius ist das kürzeste, schon bei Fronto (im zweiten
Jahrh.) vorkommende Wort und neben Umschreibungen, wie: prae-
feclus bibliothecae, qiii praeest bibliothecae, zu brauchen.
Bibo. der Trinker, Zecher, ist sehr Sp. L. für potator, compotor,
wiewohl combibo, der Zechbruder, Trinkgenosse, Kl. ist.
Biduum, zwei Tage, aber nur zwei auf einander folgende, nicht
getrennte, welche duo dies heissen.
Biennis, zweijährig, ist zweifelhaft für duorum annvrurn oder
biennii oder das gewöhnliche bitmts, a, um.
* Bei Suet. (Galb. 15) stellt niclit, wie die Lexica angeben, bienni spatio,
sondern biemiii spatio, bei Oudend. und Wolf ohne Variante, und in Plin. N.
H. II, 82, 84 schwanken die Ausgg. zwischen bienni, bienmi und biennio spatio.
Bifarius, a, um, zwiefach, doppelt, ist Sp. L. für duplex; KL
aber ist das Adv. bifariam.
Biga, das Zweigespann, steht erst N. Kl. bei Dichtern und eini-
gen Prosaisten für das Kl. bigae im Plur. — P. L. ist bijugi.
Bilis, die Galle, der Zorn, ist KL; aber dennoch ist N. L. sine
bile loqui, ohne Galle (Zorn) reden, für sine ullo stomacho (Cic. (^.
fr. III, 5), aequo animo, leniter u. a.
Bimaris, e, an zwei Meere stossend, ist P. L. für duo maria
attingens.
Bimensis, zwei Monate, stand ehedem überall in Livius XXXXV,
15, 9: anni et bime?isis tempus, eine Zeit vo?i einem Jahre und zwei
M., aber in Kreisig's Ausg. nach Cre^ier's Vermuthung F/ (sex)
mensium. Es kommt sonst nirgends vor.
Bini, je zwei. N. L. braucht es Görenz und Andere von zwei
einzelnen Dingen, wo kein Distributivbegriff Statt findet, z. B. bini
Codices, bini libri, binae ediliones; binos illos libros in quatuor divisos
vult; Ciceronis priora academica binis libris comprehendebaatur. Vgl.
195
Tli. ], §. 92. Wo wir sag;eii %u zweie7i oder zwei und zwei, sagt man
blos bini, weder hini et bini, iiocli dno et diio.
Biographia, die Lebensbeschreibung, ist weder ein aitgriechisches,
noch ein altlateinisclies Wort, und erst N. L., icli weiss niclit von wem,
angenommen. Man brauclie nur vita oder vitae expositio, descn'ptio.
Bipedaneus, zwei JP^uss fnessend, ist ]V. KL, fast nur bei Colu-
mella für das Kl. bipedalis.
Bis mit Cardinalzahlen verbunden, ist P. L. , z. B. bis quinque, bis
decem, bis mille u. s. w. , für dece?n, vingititi, duo millia. Jene Aus-
drucksweise ist nicht selten im N. L. Vgl. Th. I, §. 42. Ueber semel
et bis hoc disi vgl, Semel.
Blnndidicus, blandiloquens und blandiloquus sind A. u. P. L. und
müssen vermieden, oder behutsam angewandt werden. Ebenso blan-
diloquentia und blandiloquium. Man reicht mit blandus, blandiri,
hlandimentum und blanditiae aus.
Blcmdities (und nur im Abi.) istSp.L. für blandinientmn, blanditia.
Blaterare und seltner blatire, plappern, albernes Zeug schwatzen,
ist A. L., oft bei den Komikern und von Spätem an passender Stelle
im niedern Style wieder gebraucht; sonst nugari, garrire, und von
Personen (für blatero) nugotor.
Boatus, das laute Geschrei, ist Sp. L. für clamor niagnus ; N. L.
das Brüllen der Ochsen, für ?u?fgitus.
Bonus, a, um stimmt im Gcbrauclie oder in der Verbindung mit
Subst. meistens mit unserm gut überein; selten ist aber wohl bonus
aer, gute, d. h. gesunde Luft, für salubris, purus, temiis aer, wie-
wohl bonum coeluni so vorkommt; bo7ius amicus, ein guter Freund, im
gewöhnlichen Sinne, da es einen wirklich wohlwolle ndeji, treuen
Freu?id heAeutet ; bonus dies, ein gtiter Tag^ d. h. em heiterer, froher
Tag, für hilarus, jucundus, laetus, pulcher; sich einen gute?i Tag
machen heisst se dare jucu7iditati, genio suo indulgere, animum re-
laxare. Selten ist wohl bonus ventus, guter Wind, für secundus
ventus, wiewohl bona tetnpestas bei Cic. (Q. fr. II, 2, extr.) für das
gewöhnliche idonea tempestas steht. — N. L. aber ist: bonum ?nihi
videtur, es scheint mir gut, d. h. ich bin der Meinu7ig, z. B. dass
dieses geschehe, für 7nihi videtur, 7nihi placet, 7/iihi übet, lieber bo7ium
factum, ivohl, gut gethan, für be7ie factui7i s. Factu7ii. Ueber aeqiiU7u
et bo7ium und bonum et aequiim s. Aequus.
Borealis, nördlich, ist Sp. L. und steht bei einem Dichter für
aquilo7iaris, septe7itrionalis, septe7itrionibus subjectus, ad septentriones
spectans, vergens. Ebenso ist P. L. boreus, a, um.
Boreas ist griechische u. fast nur P. Benennung des Nordwi7ides,
für aquilo, septe7itrio, septentriones venti. Auch brauche man es nicht
für den Norde7i als Land oder Volk. Vgl. Aquilo.
*Wenn Cornel. N. (Milt. 2, 4) Boreas vom Nordwinde brauchte, so nahm
er das Wort, wie die ganze Erzählung, aus dem Griechischen.
Bovile, der Kuhstall, ist A. gemeine Nebenform vom Kl. huhile.,
weiclie spät wieder Vegetius brauchte; Varro (L. L. VIII, 30, 117)
erklärt sie für ungebräuchlich.
BoviUus ist A. L. und bovinus Sp. L., zum Rinde gehörend, für
das Kl. häufige bubulus und darum für den Gebrauch ganz unnöthig.
Brachiu7ii, der Arm. D. L. ist in brachiis alicujus 7nori, m Je7iia7i-
13*
196
des Armen sterben, für in manihus aliciijns mori (Cic. Inv. I, 55, 308)
oder in alicujns complesu mori (emori) oder extremnm spirilum
edere (Cic. Fam. XIV, 4, 1, Phil. XII, 9) ; ferner ex ah'cujns br. avel-
lere, aus Jem. Armen reissen, für ex alicujus complexu avellere oder
abripere (Cic. Att. III, 9, 1. Verr. I, 3, 7). Gut ist brachium von einem
Gebirgsarme und kann nachgebraucht werden; D. L. aber ist bra~
chiiim in der Verbindung der uieltliche Arm, d. h. Gewalt, Macht,
für imperium, potestas magistratuum.
* Zu bezweifeln ist brachium vom Arme eines Flusses, da eine sichere Stelle
dafür fehlt; denn in Liv. XLIV, 35, 23 ist wohl unter hrachium ein vorragender
Theil der Verschanziingen zu verstehen, und in Plin. Epist. VI, 31, 13 eben-
falls der vorragende Theil einer Hafenmauer. Caesar (B. G, IV, 10) nennt den
Arm eines Flusses pars.
Breviare, abkürzen, zusammenziehen, ist zwar erst N. KL, aber
bei Quintilian, und nicht zu verwerfen, da kein kürzeres Kl. Wort
vorhanden ist. Vgl. Abbreviare. Sehr Sp. L. ist breviator, der, wel-
cher abkürzt.
Breviarium, der kurze Auszug, die kurze Uebersicht , ist eben-
falls N. Kl. und wegen des Kl. summarium, welches freilich bei
Cicero nicht vorkommt, der epitoma braucht, für uns unnöthig, wenn
auch nicht verwerflich. So sagt auch Cicero summatim perscribere,
die Hauptsacheji melden, was den Sinn des kurzen Auszugs enthält.
Wichtig ist, was Seneca Ep. 39 sagt: Plus proficiet ratio ordinaria
(die gewöhtiliche ff eise, Etwas vollständig vorzutragen) , quam haec,
quae nunc vulgo breviarium dicitur, olira, cum latine loqueremur,
summarium vocabatur.
Brevis, e, kurz. N. L. ist brevibus, z. B. dicere, exponere, mit iveni-
gen Worten sagen, für paucis, brevi, breviter ; ebenso N. L. afite breve
tempus, brevi ante tempore in der Bedeut. vor Kurzem, für nuper.
Richtig ist brevi ante in der Bedeut. kurz vorher, gleich paulo ante.
N. L. ist es, die adverbialen Wörter brevi und breviter ohne irgend
ein Verbum für sich allein zu brauchen in der Bed. kurz, um es
?m't ivenigen Worten zu sagen, wenn man zu Ende eilt; dafür quid
nwlta? quid jüura'l ne multa, ne plura, ne multis, quid quaeris'l noli
quaerere, ad summam, und bei Aufzählung von Mehrerm, wenn noch
alles Aehnliche zusammengefasst wird , denique oder postremo.
Brevitudo, die Kürze, ist N. L. bei Jul. Caes. Scaliger für brevitas.
Britannus, a, um ist als Adject. nur P. L. für Britannicus, was
auch zu Beinamen dient; dagegen als Subst. Britannus, der Bri-
lannier, Britte.
Bruma m der Bedeut. Winter werde als fast nur P. L. vermie-
den; dafür hiems.
Bru7nalis in d. Bedeut. winterlich ist fast nur P. L. für hiemalis;
N. L. aber ist brumosus.
Brutus, a, um in der Bedeut. tinvernünftig als allgemeines Bei-
wort aller Tliiere ist N. L. für ratione carens, ratioiiis expers, da
es nur Beiwort gefühlloser, stzimpf sinniger Thiere und ihnen ähn-
licher Menschen ist. Vgl. Heusing. Emendatt. p. 391 nach Vossitis
de vitiis sermon. L. I, c. 33. Das Neutr. brutum als Subst,, das Thier,
ist TV. L.
Bubulinus, zum Rinde gehörend, ist «S^. L. Form für bubulus.
197
B?ile, der Senat; hulevta, der Senator ; buleriterinm, das linth-
'ha?is, sind gricch. Wörter, die von Cicero und dem jiiii^'eru I'liiiiiis
nur gebraucht wurden, wenn sie von griecliischen Din;^en spraciien,
und nur so sind sie auch von uns zu brauclien für sejialns, Senator,
curia.
Byzantium ist der frühere alte Name der nachher von Constantin
d. Gr. Constantinopolis g^enannten Stadt. Im Gebrauche des einen
oder des andern werde die Zeit beachtet, von der man spricht. —
Das Adjectic heisst in der bessern Form Byznntiiis, in der schlech-
tem Byzantineus und in der noch spätem Byzantimis; sie ist im
N. L. leider die gewöhnliche. Auch der Einwohner dieser Stadt heisst
Byzantius.
C. c.
Caballus, das Pferd, ist A, L., nachher fast nur P. Wort für
equiis ; ebenso die dazu gehörigen Wörter caballinus und cabalUo.
Alle sind nur selten anzuwenden.
Cachinnari, heftig lachen, stand als Deponens früher in allen Aus-
gaben des Cic. (Verr. III, 25, 62) vor Zumpt, für cachinnare, wie die
Handschr. lesen und wie das Verbum auch nur in dieser Form vor-
kommt (nie in der passiven). Es hat aber kein Object, worüber man
lacht, bei sich, ausser im Sp. L., was nicht nachzuahmen ist, mag
auch Casaubonus (Athen. V, 13) gesagt haben: cum Diogenem cachin-
narent omnes. Vgl. über die Form Zumpt zu Cicero Verr. p. 481.
Cacunien ist Äl. nur bei Caesar von den Spitzen der Aeste, N. Kl.
öfter von den Baum- und Bergspitzen, wie bei Livius VII, 34 cacumina
montium ; est ist gut neben fastigi'imi und Vertex. Vgl. Calmen.
Cadere. Es wird, wie unser fallen, in tropischer Anwendung oft
demselben ganz gleich gebraucht, weicht aber dennoch nicht selten
ab. Man sage z. ß. nicht cadere ad alicujus pedes oder genua bei
einem Knie- und Fussfalle, um zu bitten, sondern accidere, procurn-
bere (vgl. diese Verba) ; nicht cadere in poenain, in multam, in eine
Strafe fallen, verfallen, für poena affici, poena teneri, tnultam com-
mittere (Cic. Cluent. 37); nicht in oculos cadere, in die Atigen fallen
in der Bedeut. offenbar, deutlich sein, für insigne, co7ispicvum esse;
z. B. der Fehler fällt in die Augen, Vitium insigne oder conspicuum
est ; nicht cadere circum alicujus collmn, Jem. um den Hals fallen,
für invadere in colluni alicujus (Cic. Phil. II, 31) , oder collum am-
plesu petere (M. Caelius bei Quint. IV, 2, 124) ; nicht cadere in ali-
cujus brachia, in Jem. Arme fallen, für ruere in alicujus amplesum,
cofnplecti aliquem u. a. ; nicht cadere alicui in manus oder in alicu-
jus m., in Jemandes Hände fallen, gerathen, für incidere in alicujus
manus; — und so noch andere deutsche Redensarten. — N. L. und
wunderlich ist es, wenn Görenz irgendwo sagt: Aptius nihil cadere
potest, quam Varronis persona ad philosophiam Antiochi — für nihil
accommodatius esse potest. — Uebrigens werden manche Verbindun-
gen bezweifelt, die dennoch gut, sogar Kl. sind. Dahin gehört auch
das obige in oculos cadere mehr in wahrer Bedeut., sichtbar sein,
gesehen werde?i, gleich i?i co?ispectmn cadere (Cic. Tusc. I, 22, 50),
wie man auch sonst sagt in oculis esse, habitare, sub oculos cadere
198
(Cic. Oral. 3). Ebenso ist iiiclit z« bezweifeln: Aetas Romiili in id
saeculuin cecidit (Cic. Rep. H, 10) IVir das gewöhnliche incidit.
Cadnciis, welches Rnhnken (Elog-. Meinst, p. 36) von der possessio
branchte: involanfibns fere in illam , quasi in vacnam et cadiicmn
possessionem, conipilatorihns, — ist von tlinigen beanstandet worden,
da eine vactta possessio wohl Etwas sei, aber nicht eine caduca. Ohne
Zweifel verstellt aber Rnhnken ebendasselbe darnnter, was Cic.
Orat. III, 31, 122, welche Stelle fast mit denselben Worten von ihm
nachgealimt ist. Es ist eine juristische Redensart, wie wir von ver-
fallcnen Gütern sprechen. Vgl. die Lexica und Eilend t zii Cicer. Stelle.
Caecitado, die Blindheit, ist fast ohne Auctorltät für caecitas.
Caecus. Blind fiir Etums, d. h. in Bezug auf Etwas heisst caecns
ad aliquid, z. B. ad oninia, fiir Alles ; und so braucht Cicero (Tusc.
III, 5, 12) sogar caecitas mit dem Znsatze ad omnia, wofür er auch
omnium rerinn sagen konnte. /*. L. ist caecits ahvni rei, blind für
Etwas. Nirgends aber findet sich wohl caecus terror, ein blinder
Schrecken, für vajit/s terror.
Caecutire, blind sein, steht zwar bei Varro, ist aber sonst nur
Sp. L. und zu vermeiden durch caecnni esse, oculis captuni esse, und
geistig mente captum esse.
Caelare, eingrabe?!, wird meistens mit dem blossen Abi. des Stoffes
verbunden, z. B. atrro, argento, aber auch mit in und dem Abi. des
Geräthes, z. B. in poculis.
Caehnn, der Himmel; s. Coelum.
Caerimonialis (caeremonialis) und caerimomosus sind Sp. L. für
ritualis oder auch religiosus.
Caeruleatus, blau gefärbt, ist nur A^. Kl. und steht nur bei Velle-
jus, für caerulens, caerulea colore iinrtus.
Caesarens, Cäsarisch, kaiserlich, den Caesar betreffend, ist nur
P. L. für Caesarianus.
Caespitore oder cespitare ist N. L., in welcher Bedeutung es
auch gebraucht werden mag.
Calabricus, a, um, Calabrisch, ist vielleicht weniger KL, als Cala-
ber, bra, brnm.
Calamns kaiui mit und ohne das Adjectiv scriptorius wohl unbe-
denklich für unser Schreibfeder (Feder) gebraucht werden , da die
Lateiner eben so wenig bei ihrem Worte, wie wir bei unserra, an den
Stoff dachten, sondern nur an das Werkzeug, womit sie schrieben.
Für uns ist es das Kl. Wort, nicht das erst im B. L. gebräuchliche
penna. N. L. aber ist ifi calamum dictare, in die Feder dictiren, fiir
das einfache dictare.
Calathus, der Korb, ist fast nur P. L. für corhis, corbula, qna-
sillum.
Calculare, berechnen, beurtheilen, ist erst Sp. L. für computare,
ad calculos vocare, calculos subducere u. andere, mit ratio., raliones
(welche die Hauptwörter für Rechnung sind; s. Lat. Lexica) gebildete
Redensarten. Ebenso Sp. L. ist calculatio, die Berechnung^ für com-
putatio, numeratio. Etwas früher findet sich calculator, welches nicht
verwerflich, wiewohl ratiocinator besser ist.
Calculns. Es kann für sich allein nicht Stimme und Beifall bedeuten,
sondern nur mit dem Beiworte albus, wie beiPlin. (Ep. 1, 2, 5): tu for-
199
lasse errori nostro alb?im calc7fhim adjicis. Aber Iieiifznfaire ist diese
Redensart, mit welclier Neuere ihre Rede verschönern wollten, über-
haupt nicht melir anwendbar. N. L. aber ist cdlcuhim n/icftjr/s ferre.
Jemandes Beifall erhalten, in IIems<erh. Oratt. p. 170 calcalos riri
clarissimi Burmanni tii.h't ; und ebenso, wenn der jüngere Burmanii
sagt: siiffragn tut calcitlzan periciitatur hoc volunien.
Caldor, die Wärme, Hilze, steht nur bei Varro und dann Sp. L.
für das Kl. und häufige culor, aestus.
Calendarium war bei den Alten nur das Schidd- und Zinsenbuch,
worin nur die Caleiidae und [das jedes Monates verzeichnet waren,
nicht alle Tage jedes Monates. Es passt daher eigentlich für unser
Kalender nicht, der vielmehr mit dem zusammenstimmt, was die Alten
fasti nannten. Gleichwohl will unter Andern Hand (Lehrb. p. 145)
das Wort als ein uns verständliches Kunstwort zulassen.
Calere, brennen^ ist N. L. im bildlichen Sinne für ordere.
Caliditas, die lFärm.e, ist N. L. für calor, aestus.
Callere mit einem Accus., aliquam rem, mit Etwas genau bekannt
sein. Etwas ivohl und gut kennen, ist KL, aber selten und daher we-
niger, als jetzt geschieht, zu brauchen. Ebenso ist das Partie, callens
in der Bedeut. kundig, bekannt, m. d. Genitiv des Gegenstandes, z. B.
vaticinandi, utritisque linguae, zwar erst N. Kl. beim altern Plinius
und später bei Gellius, aber doch nicht verwerflich, am wenigsten die
Redensart linguam aliquam callere, einer Sprache ganz kundig sein,
was Lindemann (zur Vita Meermanni p. 240) bezweifelt. Wenn aber
der jüngere Burmann %<i^i'. lingaarum callentissimus , ^o braucht er
den Superlativ ohne alle Auctorität, da ohnehin in dem Worte selbst
schon die genaue, grosse Kenntniss liegt.
Calor, die Wärme, Hitze. Davon braucht Cicero und Andere oft
den Flur, calorcs, um vielleicht dadurch lange anhaltende Hitze zu
bezeichnen.
Cahwmiosus, verläumderisch, ist Sp. L. für criminosus, malig7ius ;
ebenso calumniose für per calumniam , vriminose.
Calvus, kahl. J). L. und lächerlich wäre calva excusatio für unser
kahle Entschuldigung, statt levis, non accipienda excus.
Cals, das Ziel, E?ide, ist in Prosa Kl. wohl nur ein Femininum, bei
Andern ein Masc. In der Bedeut. Ende kommt es bei den Alten nur
so vor, dass man das Bild von der Rejinbalui (carceres) hernimmt,
wo das Ziel calx hiess, und womit auch ein Verbum der Bewegung,
besonders des Laufens, verbunden wird, und wobei auch noch fast
immer mildernde Wörter, wie ut dicitur, tanquam., quasi eingescho-
ben werden. Vgl. die Stellen in den Lexicis. Aber ohne alle Auctori-
tät ist es, wenn man im N. L. sagt : haec in calce libri (am Ende des
Buches) dicam ; de qua re ad catcetn (libri, epistolae) quaedam appo-
sui, und Aehnliches, was man in neuern Schriften nicht selten findet.
Wenn aber der späte Ammian (XXI, 1 extr.) sagt: extra calcem de-
currere in der Bedeut. über das Thema hinausgehen, so ist dies, wenn
ut dicitur hinzugesetzt wird , nicht verwerflich, wiewohl man dafür
besser sagt: extra cancellos egredi (wie Cic. Quinct. 10).
Camena oder Cawoena, die Muse in der Bedeut. das Gedicht, das
Lied, ist nur P. L. für carnien.
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Camera ist nur eine gewölbte Deche, nicht ein Zimmer, eine Kam-
mer, wie es im N. L. vorkommt, für conclave, cuhiculum.
Camerinus ist nicht ein Einwohner von Camerinum, einer Unihri-
schen Stadt, sondern ein Einwohner von Cameria, einer Stadt Latinms;
jener heisst Cffmers, im Plur. C« wer /es, wovon man adjectivisch theils
Camertinus, theils Camers braucht.
Campanicus, Campa?iisch, ist mehr ^. L. Form für die Ä7. Cam-
panus.
Campester. Scherzhaft vielleicht nennt Livius (VII, 1) die Zunei-
gung, die sich beim Volke in den Comitien auf dem Marsfelde für
Jemanden zeigt, gratiam campestrem, ein Ausdruck, der wohl fast
nirgends heutzutage anwendbar ist; und dennoch braucht ihn Mahne
(Crito p. 245) : deraagogi illi gratiam campestrem captant, wofür pas-
sender und natürlicher auram popularetn gewesen wäre.
Campus geradezu in der ßedeut, Schlachtfeld ist N. L. für locus
pugnae oder proelii (Tacit. A. II, 18), /o«/s ubi pugnatum est; und
ebenso sage man nicht campum teuere, das Schlachtf. behaupten., für
locum pugnae teuere oder obtinere, siiperiorem discedere, vicioriam
reportare. Caesar und Livius sagen nie campus pugnae., sondern nur
locus. Noch viel weniger hat es den bildlichen Sinn unseres Wortes
Feld, wo wir von Feldern des Alterthums sprechen, also nicht campi,
sondern partes, loci antiquitatis.
Canalis bedeutet nicht einen bedeckten, imter irdischen Kanal,
welcher aqune ductus heisst, sondern nur eine Wasserrinne und Was-
serröhre. Vgl. Ileusing. Emend. p. 891.
Candelaber oder candelabrus sind schlechte gewöhnliche Formen
für die Kl. candelabrum, der Leuchter.
Candentia, die Weisse, der helle, weisse Glanz, ist Gem. L. bei
Vitruv für candor.
Candidatorius, den Amtsbewerber betreffend, findet sich nur ein-
mal, und zwar bei Cicero, statt des Genit. candidati oder candidato-
rum. Es werde vorsichtig angewandt, da es wohl nur zum Scherz ge-
bildet ist.
Canere. Nirgends findet sich das Supinura cantum und die üb-
rigen Formen , dafür cantatum oder cantitatum, cantaturus. N. L.
wird es mit dem Accus, des Instruments verbunden, welches ge-
spielt wird, z. B. citharam., tibias — für den Abi. cithara, tibiis,
fidibus, voce (eine Stimme singen) u. a. Wiewohl der Gegenstand
des Gesanges und Spieles im Accus, steht, so ist doch receptum
canere, den (zum) Rückzug blasen, P. L. für den Dativ, receptui,
was alte stehende Redensart ist. N. Kl. ist canere in der gewöhn-
lichen Bedeut. verherrlichen ohne Lied und Gesang in Prosa für
celebrare; so wenigstens Seneca (Ep. 79): Epicurus in quadam epi-
stola amicitiam suam et Metrodori grata commemoratione cecinerat,
für celebraverat., wie Cicero (nach Plane. 40, 95) gesagt haben würde,
da canere Kl. nnr bedeutet im Liede verherrlichen.
Caniculus, das Hündchen, der kleine., junge Hund, ist N. L. ge-
bildet nach canicula, aber ohne Auctorität, für catellus, catulus.
Canitia, die graue Farbe, steht nur bei Plin. (N. II. XXXI, 7, 42),
und ist zweifelhaft für canities, was er sonst immer braucht. Ebenso
ist canitudo A. L.
201
Canonicus, a, um ist .S);. L. in der allgemeinen Bedeut. geistlich,
für po?itißcius : und so sage man jus puntificium für canonicum.
Cnnor, Gesaug, Ton, findet sich nur einmal in Prosa bei Quintil. mit
soni verbunden, sonst ist es nur P. L. für cantus.
Cantaber ist als Adject. P. L. für Cantabi icus ; es ist nur Subst.,
der Cantabrer.
Cantare soll in der Bedeut. spielen ('ein musikalisches fnstrument)
nirgends vorkommen, ausser in Corn. Nepos Vorrede, für canere.
Man sage z. B. tibiis canere, nicht cantare.
Cantator, der Sänger, ist selten für cantor oder psaltes, und als
Fem. psaltria.
Capabilis, fähig zu Etwas, gelehrig, ist Franz. L. für docilis,
sollers.
Capacitas bezeichnet im bessern Latein nur öitliche Geräumigkeit,
wie bei Cic. Tusc. I, 25, 61, nirgends geistige Fähigkeit oder Fas-
sungskraft, für vis percipiendi, indoles praeclara, ingenii magnitudo.
Auch das Adjectiv. capax bedeutet in besserer Prosa nur geräumig,
gross, um Vieles zu fassen, nicht aber geistig, vom Begreifen und
Fassen; denn selbst Cic. (Orat. 29) nennt in Beziehung auf Demosthe-
nes Rede seine Ohren aures avidas et capaces, d. h. so geräumig, dass
sie gleichwohl durch Demosthenes Rede nicht voll und z?ir Genüge
befriedigt werden, oder wie er selbst sagt: Demosthenes non semper
implet aures meas. Erst bei Dichtern, wie bei Ovid, wird es dem in-
genium und dem animus in geistigem Sinne beigelegt und kann, vor-
sichtig und verständig gehraucht, wohl angewandt werden; sonst setze
man dafür ingenium magnum, acre, praestans, sollers. N. L. aber
ist iiomo capax, ein fähiger Mensch, der fasseJi und begreifen kann,
für hojtio docilis, sollers, ad discendum promptus, qui vlm habet per-
cipiendi. Vgl. noch Hand's Lehrb. p. 136 u. Webers Uebungssch.
p. 243.
Capeila ist in der Bedeut. heilige Kapelle N. L. für aedicula,
sac'.'llum.
Caperare frontem, die Stirn runzeln, in Runzeln zusammenziehen^
ist A. L. inr fro7item in rugas contrahere oder colligere rugas, vultum
contrahere, supercilium adducere u. a.
Capere, fassen, nehmen. Man sage capere dolorem (Schmerz em-
pfinden über Ettvas), voluptateju, fructum, desiderium u. s. w. ex
aliqua re, oder mit d. Genit. alicujus rei, nicht ab oder -de aliqua
re, wo wir nach verschiedener Uebersetzung verschiedene Praeposi-
tionen wählen, üeber den Genitiv, welcher dann gesetzt wird, wenn
das, woraus Etwas genommen wird, an oder bei der Person selbst ist,
vgl. Fructus. Dem ähnlich ist documentum capere ex aliquo (Cic.
Phil. XI, 2, 5), wiewohl bei Terent. (Andr. IV, 1, 27. Adelph. III, 4,
52) exemplum capere de aliquo vorkommt. Wohl N. L. ist periculum
capere alicujus rei, einen Versuch mit Etwas machen, iuv peric.fa-
cere. N. L. ist capere alicui lumen, prospectum. Einem das Licht, die
Aussicht nehmen, für prospectum alicujus impedire, alicui prospectum
adimere, obstruere alicujus luminibus, — wie denn überhaupt capere
selten Einem Ettvas nehmen, wegnehmen bedeutet, was eripere, sur-
ripere u. a. heisst, wiewohl ganz gewöhnlich ist aliquem oder aliquid
capere, Einen, Etwas fassc?i, ergreifen, in Besitz nehmen. Bezweifelt
202
wird von Rascijig (Projjr. p. 25) die Bedeut. verstehen. Etwas geistig
fassen, wiewohl sie natli VV. Freund's Beisp. (Lexic.) nicht ^anz be-
zweifelt werden kann. Jedoch vermeide man es, das Wort in dieser
Bedent. zu nehmen nnd wähle dafiir intelligere. N. ii. B. L. ist end-
lich aliquid in se capere, Etwas auf sich (über sich) nehmen, für aliquid
suscipere.
Capessere. Das im N. L. oft vorkommende capessere occasionem,
eine Gelegenheit ergreifen, ist ohne Auctorität für occas. arripere^ ca-
ptare, non praetermitiere, auch im A. L. bei Plaut. (Pseud. IV, 3, 6)
capere occas.
Capitalis, worin bei den Alten der Begriff von KopfxmA Leben lieg^t,
hat auch einmal bei Cicero ( Q. Fr. II, 13) die Bedeut. geistvoll, vor-
züglich, der Erste, indem er den Hauptg-eschichtschreiber Siciliens,
Philistus, capitalem nennt, und ebenso sagt Ovid (Fast. III, 839) ca-
pit a le \oca.mus Ingenium sollers; aber sonst findet sich dafür keine
Auctorität und es muss daher wohl fast ganz vermieden werden. Man
spreche nicht von einem ingenimn capitale, wie es Ruhnken, Valcke-
naer u. A. dem Ovid nachgebraucht haben; man nenne einen grossen
Philologen nicht capitalem eruditio7iis antiquae vindicem, für stim-
nium, wie Broukhuis den J. Fr. Gronov nennt; man sage nicht ea est
capitalis emendatio oder conjectura, für palmaria. Auch heisst eine
Hauptstadt nicht urbs capitalis, sondern caput (urbium, alicujiis
regni oder regionis). Vgl. Liv. IX, 31 u. 37; XXIII, 10; XXX, IQ.
Corn. N. Epam. 10 und Weber's Uebungssch. p. 57. Man sage nicht
capitalis res., die Hattptsache, der Hauptpunkt, soixüern caput (rerum),
quod rem oder quod maxime rem causamque continet. Vgl. Cic. Fam.
III, 7, 4. Tusc. IV, 10, 23. Brut. 29, 112; 44, 1G4. N. D. I, 1 u. das.
Wyttenb., u. Matthiae zu Cic. Rose Am. 12, 34.
* Es bestreitet sogar bei Cicero die Bedeut. (jeistvoll vielleicht mit Recht
der jüngere Ernesti (Lcricon technol. Latinor. rhctor. p. 48 — 51).
Capitatio, die Kopfsteuer, ist Sp. L. bei den Juristen für exactio
capitum ; Cic. Fam. III, 8. 5.
Capitulum ist in der Bedeut. Köpfche7i nur A. L. bei den Komi-
kern, doch nicht verwerflich; aber in der Bedeut. Kapitel, Theil, Ab-
schnitt einer Schrift ist es Sp. L. für caput. pars.
* Es stand auch früher in den altern Ausgg. Cic. Leg. I, 7, 21 primnm capi-
tulum Optimum, wo jetzt steht primum caput viri optimi,
Captatio mit dem Genitiv, benevolentiae. Streben nach Zuneigung,
bezweifeln Einige, weil es nicht vorkommt; es wird aber hinlänglich
geschützt durch die Kl. Ausdrücke captare benevolentiam, plausus,
favorem, misericordiam u. a. und durch captator aurae popularis (bei
Liv. 111,33).
Capfivitas, die Gefangenschaft, findet sich zuerst, was seltsam ist,
N'. KL bei Seneca, nachher auch bei Andern ; es kann vermieden wer-
den durch captivum esse, servitus und conditio servitutis (Cic. Catil.
IV, 8, 16).
* Es kann aber das späte Vorkommen des Wortes vielleicht bezweifelt wer-
den, wenn die altern Ausgg. der Fragm. des Cicero vor Madvig u. Orelli die
richtige Lesart darbieten, indem sie (in Fragm. Cic orat. pro C. Cornelio) als
Worte Cicero's geben: cum — omnibus gentibus finem diuturnae captivitafis,
turpitudinis et servitutis aflerret (Oper. T. IV, P. II, p. 499 ed. Orell.). So stände
also captivitas klar und deutlich bei Cicero ; — dagegen erklärt sich Madvig (Oper.
203
Cic. T. V, P. II, p. 71"). Weil nemlicli 1) in der ältesten ersten Aiisj;:abe des
Äsroiiius (Venetiis 1477), der von dieser Rede viele Fragmente erhalten hat,
cvpiditatis stehe, was freilich nicht passe; weil 2) captivitatis am unrecliten
Platze stehe, da es vor scrvitntis stehen müsste; weil 3) Cicero bei drei gleich-
artigen Wörtern nicht vor das dritte et setze, und weil endlich 4) das Wort erst
bei Saneca vorkomme, so hat Madvig (und mit ihm Baiter oder Orelli) das Wort
captiritatis gestrichen und es so seiner Klassicität beraubt. Ob die Gründe alle
haltbar sind, mögen Andere entscheiden, indem ja z. B. nur zwei Hauptsubst.
gedacht werden können, die beiden letzten nemlich, so dass die Worte diuf.
captivitaüs von turpitudinis abhängig seien, also: das Ende der Schande einer
lanydaitcrnden Gefangenschaft vnd Sklaverei. Genug davon; man entbelirt das
Wort nicht gern.
Capitis kommt als Subst. in der bildlichen Bedeiit. Einsicht, Fas-
sfingskrnft in der bessern Sprache l)ei Terenz, Cicero und Caesar nur
in der Redensart ?it captus est mit einem Genitiv. Flur, (servori/m,
hotninum , Germanorum) vor, aber nie, ausser im Sp. L., mit Praepo-
sitionen wie supra und pro verbnnden. Verwerflich sind daher pro
capiu pueroruviy supra captiim puerorum, iiromnn discipulorum, ad
talis aetotis captu?n, captui juvemim acco7nodatiis, dergleichen sich im
N. L., sogar bei Muret, Ruhnken und andern Bessern findet. Nur der
bessere Sprachgebrauch werde festgehalten.
Capularis ist ein ^. L., nachher ganz ungebräuchliclies AVort von
dem, der dem Tode 7iahe ist, arti Rande des Grabes steht. Nach Hand
(Lehrb. p. J24) ist es nicht zu verwerfen, was an passender Stelle
wohl sein mag.
Caput, Kopf. Nur in der Volkssprache brauchte man caput m Be-
zug auf Geist und Verstand, wie incolmni capite esse, vernünftig sein ;
von incoliimi capite esse, im Kopfe nicht recht, nicht gescheit sein.
Sonst wird dafür ingeninm, mens, sanitas, sanits u. a. gebraucht;
z. B. er hat Kopf %um Studieren, ingcnio est docili ; er ist ganz kopf-
los, espers consHii atque ingenii ; ein vergesslicher Kopf, immemor in-
genium (Cii-. Brut. 60, 218) u. s. w. Unser den Kopf verlieren in der
Bedeut. enthauptet Zierden heisst nicht caput perdere oder amittere,
capite minui oder plecti, sondern securi percuti oder feriri, capite pu-
niri, capitali poena affici. Vgl. Vavassor. Antib. p. 497, Wo Kopf für
Gedächtniss steht, heisst es memoria.
Carbasus, und im Plur, carbasa, ist in der Bedeut. Segel nur P. L.
fiir vehnn, vela.
Cardinalis ist sehr selten und in der Bedeut. vorzüglich sehr .S";;.
L. und ganz zu vermeiden für prijiceps, primarius, palmarius \\. a.
Als Titel hoher Geistlichen ist es ein nicht zu vermeidendes N. L.
Kunstwort, und ebenso in der Arithmetik numeri cardinales. Aber N.
L. bleibt virtutes cardinales.
Carere ist in der Bedeut. nicht nöthig haben, wo wir bisweilen ent-
behren sagen, ]V. L. für ?io7i opus esse, z. B. caremus facillime conje-
ctura Mureti, für non oder nequaquam opus est conject. M. Verdäch-
tig ist Einigen carere morbo, febri, aere alieno, da dies nicht wün-
schenswerthe Dinge seien. Cicero (Tusc. I, 36, 87) äussert sich selbst
über diesen Gebrauch, folgte aber doch dem gewöhnlichen Gebrau-
che, nach welchem luan den Begriff des Bedürfnisses einer Sache mit
dem Begriffe des Wollens und der Sehnsucht nach dem, was man
entbehrte, nicht hineinlegte ; und so sagt er daher von sich selbst
204
(Tusc. V, 2, 4) : culpa omni carens, wo man vaca?is erwartete. Eben-
so carere maJo (ib. III, 18, 40).
Carina ist in der Bedeut. Schiff, Fahrzeug, Nachen P. L. für na-
vis, navigiam^ scapha.
Carminicus und carminice, dichterisch, in Versen, finden sich N.
11. B. L. oft auf alten Büchertiteln neulat. Dichter, für poeticus, ine-
triciis — versibus.
Carnifex (carnvfex), der Henkex, ist bei unsern Verwünschungs-
formeln %um Henker gehen und der Henker soll ihn holen! nicht an-
wendbar; jenes heisst ire oder abire in malam crucem, in malam pe-
stem malumque cruciatnm (Cic. Phil. XIII, 21), — dieses dii eum per-
dnint! eum dii tnorluum (noch im Grabe) perduintl (Cic. Att. XV, 4,
3) ; dii isti (homini) male faciant ! (Cic. Farn. V, 11 Dalraatis dii male
fac. ; ib. XI, 21 dii isti Segulio male f.) ; — auch kurz zum Henker, in
malam crucem!
Carpere in der bildlichen Bedeut. ^ewzesse«, verbunden mit Subst.,
wie gaudia, voluptates, soporeni, vitam u. ähnl., ist nur P. L. türfrui,
capere, perfundi (aliqua re), und selbst in Reden, wie es Muret u. A.
gebraucht haben, kaum zulässig. Ebenso sind P. L. carpere viam, cam-
pum, iter, mare u. a., wofür gewöhnliche Wörter besser sind. Manche
meinen die Rede dadurch zu verschönern, und sagen nach Horaz
wohl gar supremnm iter carpere, für rnori.
Carptim in der Bedeut. kurz, für brevi, ist N. L.; es hat andere
Bedeutungen, l^alsch ist: ea de re carptim (kurz) dicam. Vgl. Heusing.
Emend. p. 393.
Carthaginensis ist falsche Form für Carthaginiensis ; jenes findet
sich übrigens sogar in Texten alter Schriftsteller.
Carus kommt nur .^. L. bei Plautus und N. Kl. bei Seneca substan-
tivisch vor, bei Plautus cnri mei, meine Lieben, für we/ allein oder ho-
mines mihi cari; bei Seneca (Cons. ad Marc. 7) : ex discessu carissi-
7norum. Man sage aber dennocli nicht nii carissime, tu 7neus es carissi-
?}i>/s, ?nein Tlieuerster, für mihi carissime, tu mihi es carissimus ; rich-
tig aber ist Tui carissime f rater.
Cascus, alt, ist ein A. L. Wort der frühesten Zeiten, wofür nach-
her priscus gebräuchlich wurde. Vgl. Cic. Tusc. I, 12, 27: illud insi-
tura erat priscis ilh"s, quos cascos appellat Ennius. Kl. ist es so veral-
tet, dass man, wenn man es gebraucht, eine Entschuldigung zusetzen
muss, wenn nicht gerade von der uralten Zeit die Rede ist, wo indess
immer priscus oder ultimus verständlicher bleibt. Daher tadelt es
aucli Zumpt, dass Ruhnken in der Vorrede zu Appulejus von diesem
Schriftsteller gesagt habe: e casca vetustate suam orationem conflavit,
wo entweder />A/scß oder ultima zu setzen gewesen wäre, da es ja ein
W^ort von der Art wäre, welche Ruhnken zu brauchen verböte. Da-
gegen hielt es F. A. Wolf für diese Stelle höchst passend, da Ruhn-
ken von Wörtern der ältesten Zeit spräche ; es hätte, meint er, nur
eines Zusatzes bedurft. — Lächerlii h aber wäre es, unsere alten
Schriftsteller cascos zu nennen, deren bessere nicht einmal prisci zu
nennen sind, sondern veteres oder aiitiqui.
Cassis, Plur. casses, ist in der Bedeut. das Netz P. L. für rete,
aber in der Bedeut. der inetallene Helm Kl. bei Caesar.
Cassus, in der Bedeut. leer, unnütz, für vanus, inam's, inutilis, ist
205
Kl. sehr selten, und werde vermieden; P. L. ist es in der Bedeut. be-
raubt, entbehrend, für espers, privatns.
Castigare heisst in der bessern Prosa nie (gewaltsam) züchtigen,
ausser wo verberibiis oder etwas Aehiiliches dabei steht, sondern nur
zurechtweisen, in Schra?iken halten, meistens mit Worten. Man miss-
brauche es also nicht; ebenso castigatio. Beide Averden erst Sp. L.
von Schlägen gebraucht. I\och weniger kann es für emendare, oder
vom Ferbessern fehlerhafter Stellen der Alten gebraucht werden,
und N'. L. ist locos castigare, und, wie auf Büchertiteln oft steht:
nuiUis locis castigatus. Dies hat E. Geist (Aufgaben p. 133) richtig
bemerkt.
Castitndo, Keuschheit, ist A. Z., höchst seltene Form für castitas,
castimonia.
Castrametatio oder castrimetatio, die LagerabstecJmng, und eben-
so castrametator oder castrimetator, der, welcher das Lager absteckt,
sind neue, unlateinisch zusammengeselzte Wörter, die sich aus dem
falschen Titel eines Buches des Hyginus in Lipsius Buche de militia
RomaJia, und von da in den Rosinns und andere Bücher der Art, sogar
in Reiz Antiquitäten eingeschlichen haben, für cnstrorum metatio,
castroriim metator. Vgl. Heusing. Emendatt. p. 330.
Castrum, das Schloss, ist gleich dem häufiger vorkommenden ca-
slellum, dessen Plural nicht zu verwechseln ist mit dem Plur. castra
in der Bedeut. r/«s Lager, indem zwei Schlösser, dno castra, aber zwei
Lager, bina castra heisst. Vgl. Th. I, §. 90.
Casualis ist in der Bedeut. zufällig, Sp. L. für fortt/itus, in casu
positus ; und ebenso casualiter iür fortuito, casu, temere, forte fortuna.
Kl. aber ist casualis als grammatisches Kunstwort in der Bedeut. den
Casus betreffe7id.
Casus entspricht häufig unserm Worte Fall, werde aber vorsichtig
gebraucht, zumal wenn nur der Begriff Umstand und Veranlassung
darin liegt, nicht Zufall oder Ereigniss, z. B. tvichtige Fälle, magnae
res (Cic. Lael. 20) ; in diesem Falle, in isto ge?iere (Cic. Farn. III, 7
4) ; in beiden Fällen, in utraque re (Cic. Att. VIII, 3, 5) ; in derglei-
chen Fällen, in hujusmodi causis (Cic. Off. III, 12) ; es trete?! Fälle
ein, incidunt causae (ib.) ; i7i andern Fällen, aliis in locis (Cic. Cluent.
2, 5) — xuid so ausser res, causa, genus, auch tempora (Cic. Off. I
10) und andere, wie sie der Sinn verlangt. — In der Grammatik ist
casus ein Kl. Kunstwort, sogar für die einzelnen Formen und Endun-
gen der Conjugation. Vgl. fieisig's Vorles. p. 219.
Cataclysmus, die Xleberschwemmung, Flut, hat zwar Varro, wo er
von der Ogygischen Flut spricht, aber wahrscheinlich, wie Corn, Ne-
pos das Wort Boreas, aus einer griechischen Stelle genommen, ohne
es mit einem lateinischen zu vertauschen; es blieb aber nicht im Ge-
brauche, ausser dass es später wieder hervorgesucht wurde. \s\.
Diluvies.
Catalogus, ein Verzeich7iiss, eine Aufzählung, ist Sp. L. für index
enumeratio.
Catastropha und catastrophe sind erst Sp. L. im Gebrauche, aber
höchst selten. W^e wir es brauchen, ist es meistens casus adversus,
commutatio oder conversio rerum, vicissitudo fortunae u. a. Es ist lä-
cherlich, jene Formen zu gebrauchen.
20G
Cate?ia, die Kette, kommt in Prosa wohl nicht im Sing, vor, son-
dern nur im Plnr., daher in catenas co?ijicere, cateiins alicui injicere,
eatenis vincire oder constringere, wo wir aucli nur von Ketten spre-
chen, und daher ist auch das Zahlwort, welches damit verbunden
wird, nur ein Distrihutivzahlwort, binae, trinae — catenae, z. B. Caes.
B. G. I, 53 Procillus trijiis eatenis vinctus, der mit drei Ketten ge-
bunden war. D. L. wäre catena malonim, eine Kette, d. h. zusammen-
hängende Reihe von Unglücksfällen, für series (continua) malorura.
Catenare , verketten, verbinden, in Ketten legen, ist erst Sp. L.,
wiewohl catenatus als Partie. N. Kl. üblich war, und schon vorher
brauchte es Iloraz.
Canpona bedeutet Kl. nur das Wirthshaus, die Schetike, nicht
die JFirthin, wie es einmal ^. L. und Sp. L. wieder vorkommt, für
copa öder cupa, so dass Burm. (z. Petron. p. 309) nicht liätte schrei-
ben sollen: caupona isla assem lucrata fuerat, sondern copa ista — .
Causa. Es dient mit einem Genitiv in der Bedeut. wegen in der
bessern Prosa fast nur (selten anders, s. Matthiae z. Cic. Sest. 20, 45)
zur Allgabe der Absicht , sl\so dessen, was man thun und erreichen
will, geht auf die Zukunft, und enthält die Conjunct. ut, damit, um
zu, z. B. disce?idi causa, quaestus causa; aber propier, u'ege?i, gibt die
schon vorhandene Ursache an, und enthält die Conjunct. quod, iveil,
z. B. propter injuriam illatam, wegen zugefügter Beleidigu?ig , nicht
injuriae illatae causa, wohl aber i?ijuriae ittferendae causa, wegen
Zufügufig von Beleidigung. Vgl. auch Weber's Uebungssch. p.204. —
In den Redensarten meinet-, deinet-, seinetwegen u. s. w. sagen die
Lateiner fast durchaus tnea, tua sua causa, selten mei , tut, sui, nostri,
vestri causa; \ gl. darüber Th. I, § 93. Eben so selten ist es auch,
den Genitiv oder ?nea u. s. w. dem Worte causa nachzusetzen, z. B.
causa mea, causa amicorum, was nur daim geschieht, wenn mit Be-
deutung gesagt werden soll und zwar um — willen. Umgestellt findet
es sich mehrmals bei Livius; jedoch werde dies niclit nachgeahmt,
so wenig als mei, tui, sui — causa , was sich nur zu oft im N. L.
ohne allen Grund und ohne Absicht findet. — Wo wir sagen die
Ursache, wesswegen oder um derettvillen, sagt man Kl. meistens causa,
cur oder causa, qua re ; dagegen A. L. bei den Komikern causa,
quamobrem und N. Kl. causa, propter quam. Ferner heisst unser
jneinettvege?i in der Bedeut. ich erlaube es, habe JVichts dawider, nicht
mea ca«s« , sondern per me , sowie man in Redensarten, wie: des
Wetters wegeji konnte ich nicht kom?neTi, nicht sagt tempestatis causa,
sondern fast nur per tempestatem, weniger propter tempestatem, weil
in per Iheils ein Zugeständniss, theils in verneinenden Sätzen ein
Ilinderniss liegt. — Verworfen wird von Lagomarsini (zu Pogian.
Vol. I, p. 219) die Conjunct. ut nach causa est, haec est causa, quid
c/iusae est, wo für ut nach seiner Meinung cur, qunre oder quamobrem
folgen müsse. Ihm folgte auch Reisig (Vorles. p. 565) ; aber Hase
hält diese Bemerkung nicht für richtig, indem er eine Anzahl Bei-
spiele dagegen auffuhrt, in denen ut auf causa folgt, wodurch ent-
weder die Absicht, welche man hat, oder das aus ihr hervorgehende
Ereigniss angezeigt werden solle. Verworfen wird auch in causa
esse für causam esse, Ursache sein; aber auch dieses ist nicht ohne
Beispiel, z. B. Cic. Fam. I, 1, 2 in causa haec sunt; Liv. XL, 26 vis
207
morbi in causa, fuit, quo serius perficeretur; vielleicht auch Cic. Q.
fr. I, 3, 2 vides iioii fiiisse iraciiiuliam in causa, wo jedoch die Medic.
Ilaiidsclir. iraciindiae causa hat. Audi bei Quiiitih'aii steht es einig^e-
inal, z. B. XII, 5, 2 verecundiam multis in causa fuisse, ut — , u. Piin.
Ep. VII, 5. Als etwas Seltenes werde es Tcrmieden. N. L. aber ist
wohl causam dare alicui rei oder ad aliquid, Veranlassu?ig zu Etwas
geben, für alicujus rei, z. B. lioc dedit causam harum litterartim, zu
diesem Briefe; Cic. Farn. XI, 27, 8.
Causari aliquid, Etwas als Grund vorschützen, vorgebe?i, findet
sich erst bei Livius eiiiig^emal, N'. Kl. bei Tacitus und Sueton. Es
ist selten , und man sage daher lieber causam fingere, interserere
oder afferre, praetexere, excusare, z. B. morhum,eine Krankheit vor-
schützen. Vgl. Excusare.
Causidicus hiess noch N. KL, wie vorher bei den geraeinen Leu-
ten, der Advocat oder Rechtsafiwalt, für das edlere causae patronus.
Cautela, die Vorsicht., ist Sp. L. für cautio, Providentia, provisio
oder umschrieben mit cavere.
Cautio ist A7. wohl eine Schuldverschreibung, eine Obligation, aber
nicht, was wir so nennen, zur Sicherheit niedergelegtes Geld; dieses
heisst satisdatio ; Kaution stellen, satisdare, fidem praestare, spofi-
sionem facere, cavere de aliqua re, und Kaiition erhalten, satis ac-
cipere.
Cavere. N. L. ist sibi oder se cavere ab aliquo,abaliqtia re, sich vor
Einem, vor Etivas in Acht nehmen, hüten, für cavere a ohne s/ä? oder
se. Falsch sagt Mahne (Crito p. 318) : quomodo sibi a simili errore
caveat. A. L. u. P. ist es mit dem Infin., für ne m. d. Conjunct. , z. B.
sapiens cavet stulte agere, für ?ie agat; beim Imperativ cave, cavete
mit und ohne we, z. B. cave putes oder ne putes. Auch aliquid cavere.,
sich vor Etwas hüten; alicui cav., für Einen sorgeri. Das Adject.
cautus, vorsichtig, wird verbunden i?i aliqua re, bei Etivas, ad ali-
quid, oder adver SU s aliquid, gegen Etwas.
Cavillari, verhöhnen., verspotten, wird N. Kl. verbunden in ali-
quem, in cdiquid, für aliquem, aliquid, ohne in. Falsch sagt Politian
(üebers. des Ilerodian III, 11) : in aurigam cavillatus est, und C. F.
Roth (Argumenta lat. serm. excerpta, p. 2): aut in illum etiara cavil-
lari. Meistens steht das Verbum ohne Object.
Cavitas., die Höhlung, ist N. L. für cavatio; caverna.
Cedere, weggehen; — aus Etwas, .ex cdiquo loco und aliquo loco,
z. B. e vita und vita^ e patria und patria; militärisch abziehen, sich
tvegziehen, de loco. In der Bedeut. Einem Etivas abtreten, für Einen
von Etwas abstehen, alicui aliqua re cedere; ferner multa, paululum
de aliqua re, in vielen Stücke7i, in Etwas abgehen von einer Sache,
z. B. de jure suo, von seinem Rechte; Einem in einer Sache tiach-
slehen, nachgehen, alicui aliqua re oder in aliqua re: jedoch nihil
alicui cedo, wie vorhin miilta, paululum, ich stehe in keiner Sache
Hinem nach, für nulla re.
Celare. In der bessern Prosa wird es nur verbunden aliquem
aliquid oder de aliqua re celare. Einem Etwas verbergen, verheim-
lichen, nicht alicui aiiquid; im Passivo ist de aliqua re fast allein
üblich, z. B. dir sind die wichtigsten Dinge verheimlicht wordeti (tu)
maximis de rebus celatus es. N. L. steht es hin und wieder mit dem
208
Dativ, z. B. cur Fabricio celavit? warum verschwieg er es dem Fabr.?
für Fabrkiiim.
* Beim activen Yerbo findet sich nirgends der Dative, nur beim Passivo
weicht Corn. N. (Alcib. 5, 2) ab, indem er schrieb: id Alcihiadi diutius celari
non potuit, für Alcibiades, was auch alle Grammatiker für seltsam erklären. Es
werde durchaus vermieden. Vgl. auch Heusing. Emendatt. p. 460.
Celeber (N. Kl. auch celebris ) , bris^ e, wurde erst seit Livius
(XXVI, 21, 16 celeberriini viri) von Personen gebraucht, vorher nur
von Oerter?i, die viel besuclit werden, an Menschen und Bewohnern
reich sind, als Gegensatz zu desertus, öde, verlassen, oder secretus,
geheim; daher nie bei Cicero u. Caesar ho7nines celebres in der Bedeut.
berühmte Männer; aber wohl bei Cic. (Partit. 10, 36) loci, celebres
an deserti; (Sest. 67, 140) celeberrimum monumentum, als Gegensatz
von desertissimum sepulcrum; (Divin. I, 10) nunquam illud oraculum
Delphis tarn celebre (viel besucht) et tarn darum fuisset; auch von
Üertern heisst es nicht berühmt, durch irgend einen Ruhm ausge-
zeichnet, fiir nobilis, illustris, clarus. Und so bedeutete auch celebritas
damals nur eine weite Ferbreitung (Cic. OflF. II, 13), grosse Men-
schenmenge, Zulauf, grosse Theilnahme an Etwas, nicht aber Be-
rühnitheit ; daher in maxima celebritaie vivere, unter vielen Menschen
leben. Erst seit Livius wurde es auch von Menschen und göttlichen
Wesen gebraucht, die geehrt und geachtet werden, woraus der Be-
griff Berühmtheit entstand; seitdem findet sich erst ho7no celeber-
rimus für olarissimus, amplissimus, spectatissimus u. a. Wer nach
Cicero schreiben will, vermeide daher vir celeberrimus. Vgl. über
das Wort Ruhnken Vellej. Fat. II, 12. Hottinger Eclog. Cicer. p. 325.
Döderlein Synon. Th. I, p. 25. Weber's Uebungssch. p. 19 u. 62. Aus-
führlich soll davon sprechen Stüremb. in der lat. Ausg. von Cicer.
Arch. p. 40.
Celebrare wird Äl. nur dann von Festen gebraucht, wenn sie
feierlich und öffentlich von grosser Menschenmenge begangen wer-
den, sonst blos festum diem edere, agere, agitare (wie jetzt nach
Handschr. in Cic. Verr. II, 21, 51 iit ceteros dies festos agitare pos-
sent) , z. B. diem natalem agere, nicht celebrare, da diese Feier mehr
eine stille Privat -Feier ist; Spiele feiern oder hatten, ludos /ocere
oder committere, und die Feier der Spiele, commissio ludorura. Und
so heisst aucii celebritas nicht jede Feierlichkeit, wie es im A"^. L.
vorkommt, sondern nur ein feierliches Begehen durcli Theilnahme
vieler Menschen, wie bei feierlichen Processionen. Vgl. Celeber.
Celer, schnell, ist, vom Tode gebraucht, nur P. L. für cita, re-
pentina mors, nicht celeris mors.
Celeritudo, die Schnelligkeit, für celeritas, findet sich nur einmal
bei Varro in einer Stelle, deren Aechtheit ohnehin bezweifelt wird.
Celticus, celtisch, für Galliens, gallisch, französisch, ist lächerlich
und höchst affectirt; der jüngere Burmann spricht z. B. von Celticae
ieneritudines, und versteht darunter französische Artigkeiten.
Censere in der Bedeut. beurtheilen, kritisiren (eine Schrift), ist
wohl nicht verwerilich, da das Subst. censor von Cicero (Orat. III,
24) von dem strengen Beurtheiler in geistigen Dingen gebraucht wird,
welcher tadelt und verwirft; ebenso auch censura. Uebrigens sind
percensere, durchmustern, und judicare gleichbedeutend; Judicium
209
ist gleich cejisura, und judex gleich censor. Unbrauchbar sind aber
für diesen Begrifl" ceiisus uiid censio, und N. L. ist in censum venire
für censeri. Vgl. Raschig Progr. p. 25.
Censon'iius ist wohl Name von Personen, wie z. B. eines späten
latein. Schriftstellers, aber bedeutet nicht den geioesenen Censor,
welcher Censorms heisst, wie Praetorius, der gewesene Praetor,
Qufiestorms, der gewesene Quoestor. Fälschlich wird daher in vielen
Geschichtsbüchern der alte Cato, der von seiner strengen Censur
den Ehrennamen Cejisoritcs erhielt, Censorinus genannt.
Centesies ist B. L. Form für centies, hmiderttnal.
Ce7ities, hundertmal, für sehr oft, und centum, hundert, für sehr
viele, war beides gewiss ebenso im Alltagsgebrauche, wie sexcenties,
sexcenti, 7nillies und 7m'lle, die nur mit noch mehr üebertreibung den-
selben Begriff ausdrücken. Alle drei sind gleich gut. mag auch sex-
centi und sexcenties häufiger, als die beiden andern vorkommen. Man
beschränkt sonst den Sprachgebrauch zu sehr.
Centum. Man merke hier nur die Redensart: unter Hundert kaum
Einer, vix centesimus quisque.
Centrum, der Mittelpunkt, das griech. zfirooi, gehört zur mathe-
matischen Kunstsprache, kommt N. Kl. bei Vitruv und Plinius als all-
gemein übliches Wort vor und ist wegen seiner Kürze dem weitläufi-
gen punctum in medio situm und der Umschreibung bei Cic. (Tnsc. I,
17, 40) quasi puncti instar , quod yJrtQov Uli vocant (die Erde ist im
grossen Weltgebäude in der Mitte gleichsam wie der vo?i den Griechen
Centrum genannte Punkt) weit vorzuziehen. Nie haben aber die Alten
darunter jerfew mittlem Theil in jeder Fläche verstanden, weswegen
erst N. L. der mittlere Theil eines geordneten Heeres und Haufens
von Soldaten oder andern Menschen centrum geiiaiMit wird, für me-
dia acies, da centrum blos den Mittelpunkt eines Kreises bedeutet.
Cerebrum, Gehirn, für Verstand, Leidenschaft , gehört zur scherz
haften Volkssprache, und wurde so benutzt von Horaz, Phaedrus u. ,\.,
kommt aber in Prosa nur selten so vor.
Ceres für Frucht, Getreide, Speise ist nur P. L. ; in Prosa steht
dafür nwr fr uges, panis, fr umentum, cibus, und wiewohl Cicero selbst
(N. D. n, 23, ()0) sagt: fruges Cererem appellamus, vinum autem Li-
berum, so machte er doch mit allen andern Prosaisten nirgends davon
Gebrauch.
Cerevisia; s. Cervisia.
Cerjiere in der Bedeut. streiten, kämpfen, mit oder ohne ferro, ar-
mis, ist den Dichtern zu überlassen. Uebrigens bedeutet cernere mei-
stens scharf sehen, mit den Augen Alles unterscheiden, videre dage-
gen nur wahrnehmen, und enthält nur den allgemeinen Begriff des
Sehens.
Certamen, Streit ; — 7nit Jemanden, cum aliquo, sehr selten ali-
cf/jus, und so einmal bei Cic. (Fin. V, 24, 71) : certamen virtutis für cum
virtute.
Gerte und certo. Jenes wird bei allen Verben angewandt, certo
aber beschränkt sich in der bessern Prosa nur auf scire, und zwar
wohl so, dass ich sage certe scio, wenn ich von mir versichern will,
dass ich Etwas weiss — ja gewiss, in der That, wahrhaftig ich weiss
es ; aber certo scio, wenn ich angebe, wie ich es weiss, mit Geivissheit,
14
210
als etwas Gewisses und von meiner Seite Unbezweifeltes. Vgl. vor Al-
len Stiiremb. Cic. Arch. p. li)4. Jleisig's Voiles, p. 2()9 n. Anm. , R.
Klotz Cic. Senect. §. 2, p. 73 u. Hand Tursellin. T. 11, p. 14—29.
Certiflcare, bestätigen, für gewiss erklären, ist N. L. fiii' confir-
mare, declarare, certius oder flrmius aliquid Jacere oder reddere
Certiorare, benachrichtigen, anzeigen, ist Sp. L. und findet sich
oft bei den Juristen für certiorem aliquem facere.
Certitudo, die Gewissheit, ist ohne alle alte, auch die späteste
Anctorität, aber dennoch im N. L. nicht selten, sogar bei dem alles
Späte tadelnden Scioppius. Vgl. Vorstii latin. mer. susp. p. 65. Mau
brauche dafür ßdes oder certa fides, oder umschreibe es durch cer-
tus, exploratus, non dnbius.
* Es stand in den frühem Ausgg. des sehr späten Ammian. (XXX, 1,3), und
aus ihm in den altern Lexicis, wurde aber schon von Valesius nach den Handschr.
gestriclieu. W. Freund hat es in seinem Lexico ganz ausgelassen.
Certus. Man verbindet aliquem certum oder certiorem facere.
Einen von Etivqs benachrichtigen. Einem Etwas verkünden, theils mit
de, theils mit dem Genitiv dessen, was man Einem verkündet, z. B.
de victoria oder victoriae. Ob für die Redensart certo hoc est certius,
das ist gewisser als gewiss, für quo nihil est certius, eine alte Ancto-
rität vorhanden sei, bezweifle ich, und rathe daher, sie zu vermeiden.
Cervical, das Aopfkissefi, ist erst N. KL bei Dichtern und Suetoti
für das KL pulvinus.
Cervisia oder cerevisia, ein unserm Bier ähnlicher Trank, ist
der vom altern Plinius aus der Gallischen Sprache genommene Name,
der mit jeder neuern Umschreibung nicht zu vertauschen ist.
Cervix^ der Nacken, ist im Sing. A. L. bei Dichtern, KL wohl nie,
ausser einmal zuerst bei Livius, und dann IS. Kl. ; KL nur im Plnr,
cervices bei Cicero, Caesar und oft bei Livius, jedoch auch früher
schon bei Terenz. NachVarro (L. L. VIII, 5, 107) brauchte den Sing,
in Prosa zuerst Hortensius, durch welchen sein Gebrauch sich wei-
ter verbreitete. Darnach bildete Cicero vielleicht mit leisem Spotte
über ihn auch das neue Wort cervicula, indem er (Verr. III, 19) von
Hortensius sagt: cerviculam jactabit, nicht cerviculas. Man halte sich
an den Plur. cervices. Celsus braucht cercix und cervices neben ein-
ander.
* In allen frühern Ausgaben von Cic. Verr. V, 42, 110 steht cervicem, aber
Zunipt und R. Klotz lesen cervices.
Cessare, aufhören, kommt wohl nicht von Krankheiten vor, wo
abire oder discedere gebräuchlich sind; Cic. Fam. XIV, 1 abiit pe-
stilentia.
Ceteroqui oder ceteroquin, übrigens, sonst, wird als Kl. bezwei-
felt, wiewohl es bei Cicero einigemal sehr sicher steht, wie Orat. 25,
93; N. D. 1, 22; Att. XII, 3, 1; XIV, 16, 10. Jedoch passt oft eben so
gut ceterum, ceteris in rebus (Cic. Sen. 17). \^\. Handii Tursell. T.
U, p. 44.
Ceu, une, gleichwie, ist in Vergleichungen A. L. und P. L. und in
Prosa N. KL für ut, velut. N. L. aber ist es für ut, wie., wie zum Bei-
spiel, zur Angabe eines Beispiels oder für was, ausser aller Verglei-
chung, wie es Chr. Saxe mehrmals braucht, z. B. im Onomasticon:
211
Calpurnius siib Ädriano famam consecutus esse videtur, ce?i (für nt
oder (juod) .1. F. Gronovius e fragmeiitis Jctorum probavit. Vgl. über
diesen falschen Gebrauch Drakenb. Liv. XXI, iQ^ 10.
Chalcidensis oder Ckalcidi'censis (wohl zweifelhaft), adjectivisch
ChalcMisch, ist Sp. L. für Chafcidicus ; richtig a!)er als Subst. ein
Cha/cidetiser.
Chaldaeus ist als Adjectiv, Chaldäisch, P. L. für Chaldaicus ; rich-
tig als Subst. der Chaldäer.
Chalybs ist in der Bedeut. Stahl als Metall gut, aber in andern
Bedeutungen P. L. für Schiverd, gladius, ensis, — Dolch, sica,fer-
rum u. a.
Character, was wir in unsere Sprache aufgenommen haben, brauchte
der gelehrte Varro von der Art der Abfassung einer Schrift für dns
gewöhnliche Stylus, scribendi ge?ms ; hei Columella bedeutet es N.
Kl. ein eingebranntes Zeichen, für signuni. Sonst ist es erst Sp. L. im
Gebrauche; bei Cicero nur griechisch. Wir brauchen es von i\itr Seele,
für animiis, mores, ingenium, iiidoles, natura; und wenn Beides darin
liegt, Gesinnung und Handlungsweise, so sagt man animus oder
Ingenium et mores. Es werde also ganz vermieden. Vgl. Weber's
Uebungssch. p. 48.
Charis, die Grazie, und Charites, die Grazien, sind nur P. L. For-
men, die sich einmal bei Plinius finden, wo das griech, Wort als Name
eines Bildwerkes beibehalten werden musste; man sage dafür Gratiae.
Vgl. Vavassor. Antibarh. p. 515.
Charta ist das Kl. Wort für unser Papier, mag auch StoflF und
Bereitung anders sein. Königspapier nennt Cicero macrocoUum, wo-
für man freilich für unsere Zeit verständlicher entweder Augtistea
oder Regia vharta brauchen kann, welche als neuere Kunstwörter
gültig sind; geglättetes Papier besser nach Cic. (Quint. fr. II, 1.5, 6)
Charta dentata, als levigata, wie es jetzt genannt wird. Nicht anzu-
wenden ist aber charta für die Redensart vom Papier ablesen, was
legere, oder dicere de scripto heisst. Cic. Plane. 80, 74. Farn. X, 13, 1.
Sest. 61. Phil, X, 2; — oh7ie Papier ivieder hersagen, sine scripto
aliquid reddere., Cic. Brut. 88, 301.
Chelys, die Schildkröte, ist P. L. für testudo, und ebenso in der
Bedeut. Leier, für lyra oder ßdes (Plur.).
Chirographum, die Handschrift, ist Kl. und gut, steht oft bei Ci-
cero und bedarf keiner Vertauschung mit manus, was aber auch ge-
braucht werden kann.
Choragium ist ausser seiner wahren griech. Bedeutung in der bild-
lichen von Zurüstung, Auftvand, Erwerbungsmittel bei uns nicht mehr
anwendbar, wenn der Styl nicht afFectirt sein soll. Die Worte des
Auct. ad Herenn. (IV, 50, 63) : fragile falsae gloriae choragium von
einem prahlsüchtigen Reichen nahm Perpinian (Orat. p.281) in seine
Rede auf. Lächerlich aber sagt Mahne (Crito p. 260) : explicare so-
lent multo testimoniorum choragio, was gelehrt sein soll, für magna
copia.
Chorea und chorus sind in der gewöhnlichen Bedeut. Ta7iz nur
P. L. für saltatio oder umschrieben mit saltare ; Chorus in der Be-
deut. Chorgesang, das Lied des Chores, ist N. L. und ohne alte Aucto-
rität für canticum, chori Carmen, da es nur die Chorsänger bedeutet.
14*
212
Falsch ist: in hoc Aeschyli choro multa correxit Ilermaiinus; totuin
choiimi earegie emendavit edi(or. Auch ist cÄor//s in der g-cwöhnlicheii
Bedeut. Menge, Schoar, für turba^ imilläudo, bei Cicero nnr //// Spotte
gebraucht, nnd bei Andern kommt es in Prosa nicht vor. Endlich be-
deutet es auch im N. L. den einstimmigen Gesang, wie in unserm im
Chore singen. Dies heisst aber KL concentio (Cic. Sest. 55).
Chronica, die Chronik, ist N. L. als Sing., da es Plur. ist, Genit.
chronicorum, wie alle ähnliche. Das Wort selbst ist gut, obgleich an-
nales libri und commentarii annorum denselben Begriff bezeichnen.
Morbi chronici, chronische, langwierige Krankheilen ist erst Sp. L.
für morbi longi bei Celsus III, 1: Graeci alios (morhos) acutos, alios
longos esse dixerunt.
Chronologia, chrono/ogus, chronologicus sind erst N. L. Kunstwör-
ter die nicht ganz zu vermeiden sind; indessen kann man bisweilen
ausweichen, z. B. durch compulatio temporis oder temporuni, ordo oder
ordines temporum, descriplio temportim; Römische Chronologie, Roma-
norum annalium ratio (Cic. Brut.) ; ein genauer Chronolog, diligens
in esquirendis temporibus (Cic. Rep. II, 14, 27) ; Beschäftigung mit
der Chronol., notatio temporum ; sich mit Chron. beschäftigen, annos
dinumerare, temporum annales per sequi (Cic. Ilep. II, 15) ; die Chron.
beachten, servare temporis ordinem ; — daher heisst unchronologisch,
no7i servato temporis ordine.
Cibare, füttern, Speise gebeji, ist N. KL, sehr selten und nur bei
Columella u. Sueton für alere, pascere.
Cicatricare, sich vernarben, zuheilen, ist Sp. L. für cicatricem du-
vere oder inducere (Cels. VII, 28), ad cicatricem tendere (Cels. VII,
27 vulnus ad cic. tendit), venire ad cicatricem (Senec. Ep. 2) u. a. ;
auch cicatrix coit, obducitur. lJe!>er renovare cicatr. vgl. Renovare.
Cicero?natius als Subst., e?« Ciceronianer ; es ist freilich heutzu-
tage ziemlich verständlich, welchen Sinn es habe, wiewohl es in dem
Worte nicht gerade liegt; es lässt sich aber besser umschreiben und
man kann mit Muret (Op. II, p. 74 ed. Fr.) sagen germanus Cicero,
worin auch zugleich das liegt, was wir unter eiti wahrer Ciceronianer
verstehen, indem verus Ciceronianus B. L. ist, da Ciceronianus als
Adiectiv kein neues Adjectiv zu sich nehmen kann, sondern höchstens
nur ein Adverb., also wohl vere Ciceronianus, was Forbiger in seinen
Aufgaben vorschlägt. Vgl. auch Ferus.
Cicur, zahm, ist nur Adj. einer Endung. Vgl. Heusing. Emend. p.
437. Es ist sehr selten, nur bei Varro und Cicero, und nur von Thie-
ren gebraucht, wo es Aexw ferus oder immanis entgegengesetzt ist;
später sagte man dafür mansuetus, was KL nur bildlich von Men-
schen u. a. Dingen gesagt wurde. Das Verbura aber, cicurare, zahm
machen, ist nur A. L., und dafür ist matisuefacere das beständige
Wort. N. L. ist cicuritas, die Zahmheit, für rnansuetudo.
Cilix als Adject., Cilicisch, ist mehr P. L. für Ciliciensis oder N.
KL Cilicius, da Cilia; und Cilissa die Völkernamen ein Cilicier und eine
Cilicierin sind.
Cimber als Adject., Cimbrisch, ist P. L. für Cimbricus; jenes ist
nur Subst.
Cinctutus, gegürtet, umgürtet, ist P. L. für cinctus, succinctus.
Circa ist selten bei Cicero und Caesar und nur in der örtlichen
213
Bedeut. nm, herum, in der Nähe bei, für circum. Erst bei Livifts und
späfer welter wurde es nicht mir örtlich, sondern auch von der Zeit
gebraucht, — inn eine gezvisse Zeit, für circiter. S7ib, de. Man vermeide
daher lieber zu sagen circa nnniim ocfoi'//?n, circa meridieni, circa ho-
rani primam, circa Idus Majas u. dgl. Bei Cicero Att. II, 17, 1 steht
dafiir: a. d. sevtum circiter Idus Majas; Fani. IV, 32, 2 circiter hora
decima noctis: Q. fr. II, 2, 1 sub dies festos; ib. 3 dih"genter naviga de
raense Decembri; Caes. B. G. 1.40 circiter meridieni. Ebenso wurde
es erst seit Li^ius zur ungefähren Bestimmung- einer Zalil gebraucht,
unser um oder a?i, für ad oder circiter, z. B. circa quindecini, um^ an,
ohngefähr fünfzehn, für ad quindecim (Cic. Att. I, 14, 5) ; circa pas-
sus sexcentos, für circiter p. (Caes. B. G. I, 49). N. Kl. ist ferner und
häufig, aber bei Quintiiian, circam der Bedeut. in Beziehung, iii Rück-
sicht auf, in Betreff einer Sache, für de oder quod mit einem Verho.
Es ist wohl nicht ganz zu verwerfen, da die besten N. Klassiker es
gebraucht haben, und da es auch schon einmal bei Livius (\XVI1,
27,12) vorkommt: multos c/Vc« unam rem amhitus fecerim,ich würde
in Betreff eines einzigen Umstandes viele Weitläufigkeiten machen,
zu weit abschweifen, wenn — . Vgl. über diese Bedeut. Wolf Suetoii.
T. II, p. 70. Damit hängt auch zusammen, dass N.KI. versari und occu-
patum esse, sich beschäftige?i mit Etwas, mit circa aliqiiam rem ver-
bunden wird für in aliqua re. Vgl. über circa Handii Tursell. T. II,
p. 49 — 70 u. Heisig's Vorles. p. 730. — Ueber circa mit einem Orts-
accusativ in der Bedeut. ringsu7n zu oder a?i oder in s. Circüm.
Circularis ist ganz Sp. L. in der Bedeut. kreisförmig ; es werde
umschrieben mit orbis oder circus, circulus, qui in orbem, in circum
fertur ; auch mit der Praepos. circum, herum.
Circulus bedeutet nicht das Instrument, mit dem ein Kreis gezo-
gen wird, was wir Cirkel nennen (dieser heisst c/rc««//s), sondern nur
den Kreis selbst, der gleich gut auch circus hiess. Gut ist es in der
Bedeut. Zusammenkunft, Gesellschaft von Menschen, wie wir Cirkel
sagen, N. L. aber von Herumstehenden , die einen Kreis bilden, für
Corona, wiewohl, wenn sie in einem doppelfe?i und mehrfache?! kreise
hinter einander stehen, gesagt werden kajin duplici, multiplici circulo.
Vgl. Plin. Ep. VI, 33, 3. Einen Kreis (von Menschen) schliessen heisst
orbem (nicht circulum) colligere, in orbem consistere ; das philoso-
phisclie einen Cirkel im Beweis machen etwa eodem revoivi (nach Cic.
Divin. II, 5). — N. L. wird es von einer Fläche Landes gehraucht,
wie wir sagen Fränkischer, Baierischer — Kreis, circulus für pagus
oder geradezu Franconia, Bavaria u. s. w.
Circum, um, wird IS. L. von der Zeit gebraucht, für circiter, de,
sub und das N. Kl. circa (vgl. Circa) ; es ist nur auf Ortsangaben be-
schränkt. Merkwürdig ist der im Latein, feststehende Gebrauch, bei
Verben, wie: mittere, ducere, cursare, errare u. a. ähnlichen, circum,
wie auch circa, mit einem Accusativ in der Bedeut. ringsherum zu, an
oder in (Oerter und Menschen) zu brauchen, und z. B. für aliquos
circum mittere in urbes zu sagen aliquos mittere circa urbes ohne wei-
tere Praeposition, z. B. Naevius pueros circum amicos {zu den Freun-
den umher) dimittit (Cic. Quinct. 6, 25) ; ego volo circum villas meas
errare, ich wünsche in meinen Landhäusern hcrumzuirren (Att. VIII,
9, 3) ; Apronius ducebat eos circum civitates, ringsherum in die
214
Städte (Verr. III, 26, 05) ; ille vircmn hospites (bei seinen Gastfrenn-
den herum) cursabat (ib. IV, 19, 41). Jedoch kommt es auch biswei-
len Kl. vor, (lass circuin mit dem Verbo verbunden wird, wo denn zum
Subst. theils eine Praeposition hinzutritt, theils ausg^elassen wird;
z. B. le^ationes in omnes partes circnmmittuntur (Caes. B. G. VII, 63) ;
oline in bei Caes. B. G. V, 51 u. y. Nie aber wird circ?im, weini es mit
dem Verbo verbunden ist, noch einmal beim Subst. wiederholt, wie wir
sagen um Einen henimgeheii ; der Lateiner sagt blos circuire oder cir-
vumire aliquem. Selir selten ist das verdoppelte circumcirca, ringsher-
um, was Ä7. nur in einem Briefe des Sulpicius (Cic. Fam. IV, 5, 8) vor-
kommt. Sp. L. und nur einmal kommt circumquaque vor für vir cum ;
ebenso Sp. L. circum undique.
Circuire, vgl. Circumire.
Cir Climen r r er e, herumlaufen, ist sehr selten und TV. Kl., weil circum
mehr von dem Verb, getrennt und mit dem Subst. verbunden wird;
auch wird mehr discurrere «Vc« gebraucht. Eben so selten ist circum-
cursare.
Circumcursatio, das Herumlaufen, was bei Bunell. Epist. 27 vor-
kommt, ist N. L. und vielleicht von ihm selbst gebildet. Um so seltsamer
ist es aber, dass es von Kraft im Lexico sogar mit dem Beisatze Cic.
aufgeführt wird. Es hat gar keine Auctorität, und das ebendaselbst
angeführte Circumcursio ist erst Sp. Z»., kommt nur einmal vor und ist
zweifelhaft. Man brauche das Verbum oder das Snbst. discursus.
Circumdare, umgeben, wird verbunden entweder aliquid (aliquem)
aliqua re oder alicui aliquam rem. N. L, ist circumdare mit dem Acc.
ohne einen Abi., womit, wofür man cingere sagt. Falsch ist: eum mul-
titudo hominum circumdedit, ih?i umgab, timringte — , für cinxit; flu-
men Dubis paene totnm oppidum circumdat, für cingit; aber der Da-
tiv kann fehlen und aus dem Zusammenhange hinzugedacht werden.
Circumducere ; wohin mit ad oder wodurch mit per, aber auch,
was Freund ausgelassen hat, mit dem blossen Accusativ des Ortes,
wo und wodurch Jemand herumgeführt wird ; wenigstens sagt Caesar
(B. G. III, 61, 1) nach allen Handschr., denen Oudendorp mit den
Neuem folgt: Pompejus eos omnia sua praesidia circumduxit, wofür
äüere Äusgg. per omnia.... haben; es stellt für eos circum omn. s. pr.
duxit. Vgl. Circum.
Circumfluere, umfliesseti, steht nie Kl. in eigentl. Bedeut., dafür
circumluere, circumfundere, cingere; z. B. terra circuniluitur mari,
alluitur mari, continetur, circumfunditur , cingitur, mare attingit ter-
ram. Das Adject. circumfluus, umströmend und umflossen, ist nur P.
L. und N. Kl. bei Tacitus für cir cumf usus, cinctus (mari, fluctibus;
Cic. Rep. II, 4).
Circumforaneus ist in der Bedeut. alltäglich, gemein, in welcher
es im N. L. (z. B. bei Muret) genommen wird, ohne Auctorität, für
quotidianus, vulgaris, plebejus.\\as es bedeute, darüber s.d. Wörter!».
Circumire oder circuire wird verbunden ra. d. Acc. aliquem oder
aliquid, und zwar oft mit dem Nebenbegriff des Bittens um Etwas oder
in anderer Absicht; so wie auch in der Bedeut. 2« einem Orte, in einer
Gegend herumgehen, nicht in aliquo loco. Vgl. darüber Circum.
Circunijacere, herum-, in der Nähe anliegen an Etivas, wird ver-
bünd, alicui loco, z. B. um oder «w Europa, Europae.
215
Circumjectus, die Umgebmig^ ist hei Cicero sehr selten, eiiiinai in
einem Verse und das anderemal liep. II, G, sonst nur mit cingere,cir-
cnmdare, sepire.
Ctrcumlifiere,timschmterefi, wird verbunden aliquid aliqzia re, selt-
ner alkui aliquid, z. B. mortuos cera oder mortm's ceram circumlin.
Circumlociitio erwälint Quintil. (Inst. VIII, 6, 59) als das g^ewöhn-
liche Wort für das g-rietli. 'jceoüfuaai^., die Umschreibung, zieht ihm
aber circuitus eloquendi vor, wofür auch circuitio gebraucht werden
kann. Auch möchte das griech. Wort periphrasis als Kunstwort nicht
zu verwerfen sein. Sp. L. ist das Verbum circumloqui für das N. Kl.
circuire (verbis, eloquendo).
Circumportare, herumtragen, ist N. L. und ohne Auctorität für
circumferre, circumgestare.
Circumquaque, vgl. Circum.
Circumretitus, umgarnt, umgeben, bildlich, findet sich nur bei Ci-
cero einmal an passender Stelle; das Verbnra circumretire ist nur
A. P.
Circumscribere und circumscriptio (von der Rede) werden mehr
für die Periode gebraucht, als für das, was man umschreiben oder
Umschreibung nennt. Vgl. darüber Circumlociitio. Auch Hand ver-
wirft es (Lehrb. p. 136).
Circumspectus, bedächtig, überlegt, umsichtig, von Sachen und Per-
sonen, ist zwar erst N. KL, steht aber bei Celsus, Quintil. und Sueton,
und ist darum nicht zu verwerfen. So nennt Quintil. (X, 1, 26) ein
umsichtiges, wohl überlegtes Urtheil, Judicium circumspecium. Cicero
umschreibt es (Milo 35) durch omnia circujuspiciens. So auch schon
circumspectio, Umsicht, Bedachtsa?nkeit bei Cicero.
Circjjfnstantia kann weder im Sing., noch im Plur. für die gewöhn-
lichen Wörter Umstand, Umstände gebraucht werden, da es im Lat.
einen ganz andern Begriff enthält; man brauche res, co7iditio, momen-
tum, oder was sonst der Sinn nach dem Zusammenhange fordert,
z. B. kleine Umstände müssen beachtet werAün^parvae res, parva mo-
menta; nach Zeit und Umständen, pro tempore et pro re (Caes. B.
G. V, 8) ; die Zeitumstände, tempora, ratio temporis (temporum), tem-
porum vincula (Cic. Farn. X, 6, 2), nicht, wie manchmal im N. L., cir-
cumstantiae temporis oder temporum.
Circumstipare, umdrängen, ist P. für circumdare, cingere.
Circumstructio, das Herujnbauen, ist N. L. und muss umschrieben
werden.
Circumtueri, umherschauen, ist Sp. L. für circumspicere.
Circumversus, um- oder rückunirts gekehrt, ist A\ L. für retro-
versus ; in umgekehrter Ordnung, nicht circumverso ordine, sondern
blos retrorsum, z. B. dicimus potius diern ac Jioctem, quam retrorsttm,
als timgekehrt, in ntn gekehrt er Ordjiung.
Cis von der Zeit in der Bedeut. binnen, ist nur A. und Sp. L. und
nicht nachzubrauchen; dafür i?itra, z. B. cis paucos menses, für izitra
paucos m.
Cissos, das griech. Wort für Epheu, steht bei Plinius als botani-
sches Kunstwort für das latein. hedera, was allein gebraucht werde.
Citare. Kl. und gewiss ist die gerichtliche Bedeut. vorfordern, auf-
rufen, aber bezweifelt wird, ob man auch scriptorem, locum aliquem
2J6
scriptoris citare, etilen Schriftsteller, eine Stelle als zeiig-end und Fj'twas
beweisend anführen sagen könne. Dietrich (in seinen handschriftl.
Anmerkk.) glaubt, dass citare locum scriptoris als Kl. Ausdruck nicht
hinlängh'ch gerechtfertigt werden könne, da die aus Cicero angeführ-
ten Stellen: Satamis citatur testis und iji hanc rem testeni tota?n Sici-
liom citabo dnrcliaus nicht bewiesen, dass man aucli locum scriptoris
testem citare sagen könne, da sich der metonymische Gebrauch der
Ländernamen Salamis citatur iestis, und m hanc rem testem tolam
Siciliam citabo, eigentlich nicht auf Sachsubstantiven, wie locus, aus-
dehnen lasse; auch würde, setzt er hinzu, dieser Tropus in den mei-
sten Fällen, wo wir citare so brauchen, unpassend und schwerfällig
sein. Wenn aber dennoch Livius (IV, 20) sagt: Magistratuum libros
Macer Licinius cilat identidem auctores, so finden wir hier ein dem
locus ganz ähnliclies Suhst. Jiber, und beim Verbo nicht einmal das ge-
richtliche testes, sondern ein der Sache angemessenes Wort, auctores;
ein solches muss immer und überall hinzugedacht werden, mag nun
citare oder ein anderes, wie afferre oder proferre, gebraucht werden.
Ueber den Misshrauch solcher Tropen urtheilen wir bisweilen in ein-
zelnen Fällen zu streng. Ich halte daher <7V«;e mit und ohne ein Wort
wie testis und auctor für ganz zulässig und nicht verwerflich. Andere
mögen anders urtheilen. Vgl. noch Adducere. Dagegen ist es N. L. und
wohl nicht zu rechtfertigen, wenn man das Neutr. des Partie, citatuni
als Subst., r/ffs C/Zo/, die angeführte Stelle, braucht, wie z. 13. bei Heyne
(Virg. praef. T. I, p. 16) : citatum inutile; und so bei Andern: citata^
die Citate, die angeführten Stellen.
Citatim, eiligst, für cito, propere, ist höchst unsiclier beglaubigt,
wenigstens fehlt das Wort bei Ci( . Att. XIV, 20, 5 in den bessern
Ilandschr.; von geringer Auctorität aber ist der Verf. des Bellum Afric,
wo es c. 80 steht. Man vermeide es.
Citatio, die Forladung, ist Ä\ L. für vocatio in jus, oder mit dem
Verbo citare.
Citerior ist in der Bedeiit. früher Sp. L. für superior.
Citra in der Bedeut. vor von der Zeit ist N. Kl. und selten für
ante; aber in der Bedeut. ofme, sonder, ausgenom?nen, für si?ie, prae-
ter, ist es zwar N. KL, aber bei den Bessern, Quintilian und dem jiin-
gern Plinius, so häufig, dass es kaum verwerflich ist. N. L. ist aber
citra dubium für sine dubio, was ausser Andern Schütz (Aeschyli
Prora. p. 9) braucht. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 202 und Handii
Tnrsell. T. II.
Citro hat in der Verbindung mit ultro das Eigene, dass es diesem
immer folgt, nicht voransteht, also ultro citroque, ultro et oder «f citro,
ultro citro, was C. Beier (Cic. Off". I, 17, 56, wo Zumpt zu vergleichen
ist) für allein richtig hielt, da es doch gerade nur selten ist. IVicht
üblich ist ultroque citroque.
Civicus, bürgerlich, wird in der bessern Prosa nur mit corona (die
Bürgerkrone) verbunden, ausserdem steht immer civilis, wofür nur
die Dichter jene Form brauchen.
Civilis bedeutete vor August, nur bürgerlich, den Bürger angehend;
seit AugusX. aber populär, herablassend, höflich ; schon bei Liv. sermo
civilis, bei den Folgenden steht es oft für humanus, comis und in der
Bedeut. höflich, für urbanus, polilus.
217
Civilitas bed(Mitet erst N. Kl. die Letii Seligkeit w. dg^l. für hitmavi-
tas, comitas, iirhnnitas, Mur bei Qiiintil. findet es sich in der Bedeut.
Staat ^Wissenschaft als Uebersetzung- des griech. TiokiTixij für civilis
scientia ii. a. V^l. Politica.
Civitas, der Staat, wurde im bessern Latein nur gedacht als ver-
einigte Bürgerschaft sammt ihren Rechten, ohne Beziehung auf die
Häf/ser , ( die in i/rbs und oppidmn liegt) und auf die Verfassung,
welche res publica, das Gemeiniresen, und in monarchischen Staaten
mehr inrpcriiim, regniim heisst. Fast nur P. kann gesagt werden cim-
iatem incendere^ per civitatem errare u. dgl. Vgl. Heiising. Emend. p.
394. Ich würde daher Plato's Bücher über den Staat lieber Piatnnis res
publica oder de re publica, ah civitas nennen. Ueber civitas erudita, dncta,
litteraria oder litterata, der gelehrte (Gelehrten-) Staat \g\. Eraditus.
Clam findet sich als Praeposition nicht bei Cicero, nur einmal bei
Caesar, in einer nicht sichern Stelle (B.C. II, 3,26), und werde daher
vermieden; es steht sonst nur als Adv. heimlich. Für clam abire, heim-
lich weggehen, ist gewöhnlich se subducere.
Clanculum, heimlich, ist ein gemeines Wort, ^. L. bei den Komi-
kern für clam, und ebenso Sp. L. cla?iculo; beide sind für den bessern
Styl zu gemein.
Clarere, sichtbar, berühmt sei??, glänze??, ist nur ^. und P. L. für
darum esse u. a.; in Prosa findet es sich nirgends, denn in Quint. \I1,
1, 30 steht Jetzt nach Spalding in Zumpt's Ausg. c/a?«, et für das ehe-
malige claret.
Clarescere ist in der Bedeut. berühmt werden N'. Kl. und selten,
nur bei Tacitus und Sueton.; der Kürze wegen ist es nicht ganz zu
verwerfen für darum, nobile??} fieri, ??obilitari, ilhistrati, florescere
u. a., oder i?iclarescere beim Jüngern Plinius.
Clarißcare., berühmt ??iache?i, ist Sp. L. für illustrare n. a.
Clariludo. die Berüh??üheit, der Ruh??}, ist Jl. L. Form für cla?itas
und von daher bei Sallust, nie KL, sondern Ä\ Kl., aber nur bei Vel-
lejus und Tacitus; es ist ganz überflüssig wegen daritas, nobilitas, glo-
?-ia, splendor, sum??}a dig??itas. a?nplit?ido, no??ii??is celebritas u. a.
Classic?is, klassisch, ist N. L. in den beiden Bedeutungen, weiclie
das Wort klassisch bei uns hat, neml. 1. das griech. und rnm. jilter-
thum betreffend und 2. ausgezeich?}et. vorzüglich, vortrefflich. In Jener
ersten Bedeut., wo wir z. B. alle griech. und laf ein. Schriftsteller, gute
und schlechte, klassische nennen, oder von klassischem Alterthiime
sprechen, kann dassicus gar nicht angewendet werden, sondern es
muss dafür antiqui scriptores uiriusqiie li??guae oder veteres scripto-
res graeci et lati?ii, oder a??tiq?iitas Graecorum et Romanorum gesagt
werden. Vgl. mehr unter H??ma?2iores und Philologia. — In der zivei-
te?i Bedeut., a??sgezeich??et, scheint es allerdings Auctorität zu haben,
indem Gellius (aus dem Zeitalter der Antoninen um 130 J. nach Chr.,
der seinen ganz eigenen Styl hat und affectirt schreibt) XIX, 8 von
einem scriptor classic?is und proletarius spricht; er nimmt also seine
bildlichen Benennungen von der Klassenei?itheilung der Römer her,
nach welcher die Reichsten und Vorzüglichsten, neml. die der ersten
Klasse vorzugsweise dassici hiessen, die Aermsten hingegen, die der
letzten (sechsten) Klasse, pr ölet arii. Ausser Gellius hat es aber Nie-
mand gewagt, dassicus auf etwas Anderes anzuwenden, und da es für
218
die Prosa durchaus ohne Auctorität ist, so muss das Wort in die-
ser allg'eraeinen Bedeut. ebenfalls durcliaus vermieden werden. Man
spreche also nicht von scriptores classici, sondern von scn'ptores
optinii, praestantissimi oder nach Cicero Script, primae classis. Vgl.
Classis.
Classis, die Klasse. Wiewohl es für die Klassen in Schulen von
Einigen verworfen und ihm ordo vorgezogen wird, so ist es doch die
älteste Benennung für die Schulklassen; denn die Schulmeister hat-
ten, wie Quintilian (Inst. 1,2,23) berichtet, in jenen Zeiten ihre Schü-
ler in Klassen (classes) abgetheilt, nicht in Ordnungen (ordines);
Praeceptores mei (sagt er) pueros in classes distribuerant ; ^?/('e;e
vero classem {der Erste in einer Klasse sein) multo pulcherrimura
fuit. Dies ist wohl hinreichende Auctorität für classis, nicht für ordo.
Wo freilich die Schülerzahl in Ordnungen getheilt ist, zumal in den
Klassen selbst, da brauche man auch ordo, und passend ist dann disci-
puli primi (seciindi) ordinis, primae, secundae, tertiae classis, oder
discip. primorum ordinum, die Seh. der ersten Ordnungen. Hergenom-
men ist dieses Wort von den Unterabtheilungen im römischen Heere,
welche ordines hiessen; es ist also passend für jene Ordnungen. Es
findet sich aber jene bildliche Uebertragung von den Vermögens-
klassen der Römer auf Abtheilung der Menschen nach geistigem Werthe
schon bei Cicero, der (Acad. 11, 23, 73) Philosophen des niedrigsten
Rafiges nennt, philosophos, qui mihi quintae classis videntur, die in
die fünfte Klasse zu gehören scheine?/. Auf diesen Sprachgebrauch
gründet es sich auch, dass auf den meisten Schulen prima classis die-
jenige genannt wird, welche die geistig reifsten Schüler enthält, und
so abwärts. Dagegen nennt man diesem Sprachgebrauche zuwider in
Holland urid anderwärts prima classis die ufiterste, niedrigste Klasse,
welche die ersten A?tfänger enthält. Wo aber, ohne dass man den
Werth beachtet, grosse Massen in Abtheilungen oder Klassen ge-
bracht werden, wo es so viel ist wie Arten, da passt nur genus, nicht
classis. Und so kennt auch Plinius in der Naturgeschichte keine clas-
ses animalium, sondern nur ge?iera. Gleichwohl kann man in der Ter-
minologie, bei den vielen Unterabtheilungen, des Wortes classes für
unser Oberabtheihingen nicht entbehren, denen gefius und species un-
tergeordnet sind.
Cl andere. Man sagt claud. alicui aliquid. Einem Etwas verschlies-
sen, z. B. conventus portas f arrom clausit (Caes. B. C. II, 19). Nicht
verwerflich ist es in der Bedeut. endigen, beschliessen, wiewohl nur
N. Kl. bei Quintilian, sogar nach den Handschr. gleich oft mit der al-
ten Form cludere. Kl. aber ist mehr concludere, z. B. epistolam ; eine
Rede sckliessen oft perorare, so wie der Schluss, peroratio. Vgl. auch
Finire. Aber J). L. wäre claudere circulum, einen Äreis sckliessen,
von Menschen oder Thieren, die sich in die Runde stellen oder drän-
gen, für in orbem consistere, orbem colligere.
Claudicare, hinken, ist gut auch da, wo wir bildlich hinken brau-
chen in der Bedeut. ?/npassend, ?nangelhaft sein, mit und ohne quasi,
wie es mehr oder weniger iiothwendig scheint. Vgl. d. Lexica.
Clemens, mild, sajift, gelinde, von Luft, Wind, Wetter, ist mehr P.
L. für mitis, lenis, placidus, quietus; Kl. aber vom Gemüthe.
Clepere, stehlen, ist A. L. für furari, jedoch steht es auch einmal
219
bei Cic. Rep. IV, 5, p. 423 ed. 3Ioser. als Uebersetziing des griecli.
ylinreir und offenbar aus einem alten Verse genommen. Vgl. Madvig
Cic. Fin. V, 25, 75.
Cli'ma, das Klima. Beschaffenheit des Hifnmels und der Luft einer
Gegend, ist Sp. L, und unbrauchbar für coelum, natura coeli, tempe-
ratio coeli, statiis coeli (Colum. V, 5, 4), inclinotio coeli (Vitrnv. 1, 1) ;
daher heisst abwechselndes Klima, Wechsel der Luft, coeli varietas
(Cic. Divin, I, 36, 79).
Clipeus, Schild, bildlicli für Schutz, ist Sp. P. L. für scutum (bei
Livius), j!;rfles?V/iM;«, und persönlich custos, tuior.
Cloacimis, kothig. schmutzig, ist von dem hyperkritischen Scioppius
erfunden, für sordidiis ; er nennt die alte Methode der Grammatik
cloacina grammatica.
Ciostrum, das Kloster^ ist N. L. für die altern Formen coenobiurn,
monachium, monasterium.
Cluere, geiiannt irerden, heissen, sein, ist eine A. L. Form, deren
sich schon der reine Terenz enthielt, für nominari, dici, appelhui, esse.
Coacervare, aiifhäufen., aliquid theils in aliquem locum, theils in
aliquo loco.
Coactus, gezumngen, ist in der Bedeut. geMlnstelt, mit Mühe ge-
sucht, unnatürlich, Sp. L. Tind findet sich nur bei Gellius, z. B. inter-
pretatio coacta, eine gezivungene Krklärung, für contortus, violeiitus,
impeditus, arcessitus u. a. So sagt Goerenz: vulgatus ordo coactior est ;
hoc foret coactius u. dgl. ; ebenso haud admodiim coacte, coactius
interpretari. Für coacte, was erst Sp. L. ist, sage man per vim. Ueber
coactum se videre vgl. Videre.
Coadjutor, der Gehülfe, Beistand, ist N. L. für adjutor, collega.
Coaequalis, gleich, gleich alt, gleichzeitig, ist N. Kl. gemein und
selten, ininöthig und ganz verwerflich. Auch Ruhnk. (z. Terent. Andr.
II, 6, 22, wo meoriim oequaliuin vorkommt) sagt davon: id est ejus-
(lem aetatis hominum, quos barbari dicunt coaeqtiales. Wodurch es zu
ersetzen ist, s. unter Aequaevus. Ganz A. L. ist coaequus.
Coaetaneus und coaevus, gleichalterig, gleichzeitig, sind beide Sp.
L., aber dennoch im N. L. beim Sprechen und Schreiben alltäglich,
für aequalis u. a. Vgl. Aequaevus.
* Das Wort coaevus stand vor dem J. 1566 in allen Ausgg. Cic. in Vatin. 13,
und wurde auf diese Auctorität hin von den besten Neulateinern, auch von Per-
pinian und Muretus, gebraucht, indem der Erstere (Oratt. p. 300) sagt : coaevurn
ipsi tarnen, und: calor utrique coaevus, Muretus aber im J. 1558 (\ar. lectt. II,
14) schrieb: Martialis Silii Italici coaevus fuit. Lambiu aber strich es im J. 1566
in seiner Ausgabe des Cicero mit Adr. Turnebus, und schrieb für inter coaevos
aus Handschr. inter coquos; auch machte er nachber den Muret in Ep. 15 (Mu-
reti Oper. T. II, p. 21) darauf aufmerksam , welcher es auch später nicht mehr
brauchte.
Coelicola, der Hi77?melsbewohjier, ist nur P. L. für deus, Sp. L. aber
in der Bedeut. Himmelanbeier , für qui coelum colit.
Coelictis, himmlisch, ist P. L. f. coelestis.
Coelifes, die Hi?n7nlischen, die Götter, ist wohl nur P. L. für coe-
lestes, da.
* Moser zu Cic. Somn. Scip. (vgl. dessen Symb. crit. III, 6, p. 12) mag wohl
Recht haben, wenn er sagt, dass bei Cicero die Worte Grates tibi — coelites aus
einem alten Jambischen Gedichte genommen seien.
220
Coelitjis, vom Himmel herab (das Wort fehlt in Freiuurs VVörferb.),
ist erst sehr Sp. L. für e oder de coelo, divinitus, und verdiente die
Enipfehhui^ iVIiirets (V. L. XV, 1) als unnöthiges Wort g^ewiss nicht,
da, wenn es f^ut und im Gebrauche der Alten gewesen wäre, die Bes-
sern es gewiss gebraucht hätten, indem der Begriff des Wortes zur
Anwendung ganz gewohnlich war. Ausser Muretus braucht es auch
Perpinian. (Oratt. p. 95), anderer gewöhnlichen Neulateiner nicht zu
gedenken. Vgl. Vavassor. Antib. p. 495.
Coelum, der Himmel. Fast nie, ausser bei Dichtern und den Kir-
chenvätern, kommt etwas Anderes als der Sing, vor, nicht ein Phir.
coela. Eine männliche Form, roelus (Coelus), war der persönliche Name
der alten Gottheit, die bei den Griechen Uranus hiess, welche die
Dichter für Himmel brauchten, und sogar auch im Plur. coeli, was die
neuern Redner nicht hätten aufgreifen sollen, um schöner zu spre-
chen, wie Hemsterhuis (Oratt. p, 10) : in coelos invectus, für in coe-
lum. Was Burmann (Petron. p. 171) vom vielfältigen Gebrauche des
Plur. coe//, nicht nur bei Dichtern, sondern auch bei Rednern, sagt,
ist leer und nichtig. — N. L. ohne alle Auctorität ist es, coelum, wie
unser Himmel, für Dens, Gott, und dii, die Gölter., zu brauchen. Falsch
ist coehim (der Himmel) te servet! coelum tibi faveat! coelum eum
amat ; hoc det coelum, das gehe der Himmel! für deus (dii) te servet
(servent) : deus tibi faveat (propitius sit) ; aequns deus eum amat, deo
est carus (er ist ein Günstling des Himmels): Deus fnxit! das gebe der
//., d. h. Gott!). Ebenso sagt man auch nicht coelum annuit für deus
juvat. deo incepta placent. und so überall, wo Him?nel für Gott steht.
Vgl. Vavass. Antib. p. 493. Sonst steht es fast überall, wo wir Himmel
brauchen, z. B. im Himmel sein, ivie im Himmel sein, d, h. sich glücl-
lich fühlen, in coelo esse ( Cic. Att. II, 9); Einen (lobpreisend ) zum
Himmel e/AeÄe/?, aliquem (laudibus) in oder ad coelium ferre oder
efferre (Cic. Att. VII, 1. 9. XVI, 7, 13. Fam. IX, 14. 2. XII, 25, M u.a.).
Richtig ist auch in coelum venire, migrare, adscendere in der religiö-
sen Bedeut. iiach de?n Tode glücklich und selig werden, indem auch
bei den verwirrten und schwankenden Vorstellungen der Alten über
die Fortdauer der Seele nach dem Tode dennoch der grosse Haufe
den Glauben hatte, dass die Seele nach Abtrennung vom Körper sich
in den Himmel, als den JVohnsitz der Guten, erheben würde. Vgl. Cic.
Tusc. I, 22. 51; 29, 71 u. a. — Endlich aber brauche man die sprüch-
wörtliche Redensart toto coelo errare, gewaltig irren, die erst Sp. L.
ist und für vehementer errare steht, nur mit dem Zusätze (juod ajunt ;
übrigens kaim für errare auch ein anderes Verbum stehen, wie z. R.
Muret. Oratt. Vol. 2, orat. 27 (Oper. T. I, p. 428 ed. Fr.) sagt: toto,
qnod ajunt, coelo dissentire. Es sagt aber Terenz (Eun. II, 2, 14) bei
er rare passender tota via er ras.
Coejiohita, Coenobium, vgl. Monacha.
Coepisse und coeptum esse bedeuten nicht anfangen, sondern an-
gefangen haben, da hingegen incipere den Anfang angibt, womit Etwas
begoniien und angefangen ist; es ersetzt das Praesens, bnperfe-
ctum und Futurum von coepi. Vgl. Incipere. — Es werden aber jene
zwei Formen im bessern Gebrauche bei Cicero und Caesar nur so an-
gewandt, dass coepi bei einem activen Infinitive, coepfus sunt aber bei
tinem passiven steht, wovon nur ßeri eine Ausnahme macht, bei wel-
221
cliem roepit steht, z. B. Cic. Brut. 27, 106 ßeri coepit. In Tiisc. I, 13,
29 aber raiiss mit W. Klotz u. A. für trnrtdii coepissent aus der besten
Haiidschr. tractare gelese» werden. Für unser Latein gelte dieser (Ge-
brauch, von welchem Andere, besonders iVachkiassiker, nachlässig ab-
gewichen sind, als Regel, die nicht übertreten werde. Gleicher Mei-
nung sind Viele; Andere dagegen lassen weniger streng beides als
gleich gut gelten, wie denn auch wirklich im N. L. ganz willkiihrlich im
Gebrauche beider Formen verfahren wird ; Beispiele dazu auch aus
den bessern Neulateinern anzuführen, wäre unnütz. — Man merke je-
doch, dass bei coeptum esse nie etwas Anderes, als ein passiver Infini-
nitiv steht, bei Livius einigemal auchße/i, z. B. VIII, 2, 6 deditio coe-
pta ßeri est.
Coetus (von coire), das Zusammengehen, Zusammenkommen, Zu-
sammensei?i, wird verbunden in aliquem locum, wie coire, nicht in ali-
qvo loco, z. B. coetus i?i domum (nicht iji domo) Pisonis (Tacit. A. IV,
41). Daher auch nicht apud, sondern ad aliquem, nicht ubi, sonder»
quo, tvo, u. dgl., wie bei dem folgenden cogere.
Cogere hat in der Bedeut. zusammenbringen, zusammenziehen das
Wo oder Wohin gewöhnlich nur n\\iin und dem Acc, in aliquem locum,
nicht in aliquo loco, bei sich; und daher uo, quo, nicht ubi; dort, eo,
nicht ibi: in der Provinz, in provinciani, nicht in provincia. Vgl. Cic.
Farn. XV, 4, 2. — N. L. ist wohl, wenn ich sage: dazu hat er mich
gezwungen, ad hoc me coegit, für hoc (quod)me fcicere oder hoc (quod)
ut facerem coegit. Und so sagt Cicero { Rose. Am. 49, 143), wo er seine
freimütliige Rede erklärt, qua me uti — coegit, wo wir sagen: U7id
dazu hat mich gezwungen. Es kann aber cogere theils verbunden wer-
den aliquem facere aliquid, theils aliquem, ut faciat aliquid, theils auch
mit dem Acc. u. d. Inf., wenn beim Verbo cogere kein Personal-
object steht. Vgl. Fabri zu Livius p. 27. üeber coactus s. oben
Coactus.
Cogitabilis , denkbar, ist N. L. und selten, als philosophisches
Kunstwort bei Seneca; sonst wird es umschrieben mit qui (quae,
quod) cogitari, mente comprehendi polest oder in cogitationeni ca-
dit u. dgl.
Cogitatiter, mit Bedacht, ist N. L. für cogitate (Cic. Arch. 8, 18),
considerate.
Cogitare ist denken und überlegen, dagegen sentire, denken und
meinen. FJs wird verbunden de aliquo, an Jemanden denken, zurück-
denken, sich Jemanden vorstellen ; de aliqua re, über Etivas nachden-
ken. Etwas (Künftiges) im Sinne haben; aliquid, an Etwas denken,
auf Etwas sinnen, sich Etwas im Geiste vorstellen, und daher aliquid
facere, Ettvas thun wollen. Etwas zu thun im Sinne haben ; secum, bei
sich nachdenken, überdenken ; in locum, nach einem Orte zu reiseri ge-
denken, z. B. cogito in Italiam, cogito Romam (Cic. Fam. VII, 4. Att.
II, 8. VIIL 25. XVI, 2. Vgl. Matthiae Cic. Ligar. 9, 28 u. Webers
Uebungssch. p. 219.
Cogitatio ist nicht nur das Nachdenken und die Ueberlegung selbst,
sondern auch, weil, wie R. Klotz sagt, die Handlung des Denkens und
das Gedachte bei manchen Ausdrücken zu nahe an einander gränzt
und in einander verschmilzt, der Geda?ike, d. i. das Gedachte und
Ausgedachte selbst, wofür zwar eigentlich das Wort cogitatum vor-
222
liamlen ist, aber weniger als jenes jj^ehrauclit wird. Daher sagt
z. H. Cic. (Tusc. 1, 3, ()): litteris mandare cogitotiones si/ns, seifte
Gedanken aufzeichiien, wo es für cogitata sua steht. Wenn die Ge-
danken in Worte gefasst sind, so heissen sie sententiae, und sind es
Gedanketi des Uil/efis, Ansichten, Grtmdsätze, so heissen sie cofisilia
oder quidquid quis sensit. Bedeutet Gedanke hlos den Sinti Jemandes,
so ist es mens, z. B. Jemandes Gedajiken errathen, aliciijus mentem
assequi, nicht cogitationem. Auch heisst wohl in Gedanketi ein Wort
ergänzen, ein Wort hinzudenken, verbura aliquod mente supplere, nicht
cogitatione, wie Ändere wollen, oder nach Quintil. simul audire.
Cogitato kann als Adv., überdacht, bedächtig, nach Madvig (Cic.
Fin. V, 16, 41) nicht für sich, ohne ein Wort wie cotisulto, gebraucht
werden ; dafür cogitate. Vgl. Cic. OfF. 1, 8, wo indess die besten Handschr.
cogitata als Adjectiv lesen. Jenes aber kommt sonst nirgends vor.
Cognatus, verwandt, wird verbunden mit dem Dativ, alicui, mit
Jemanden ; das Subst. cognatio aber mit cum.
Cognitio bedeutet nur das Erkejtnen, Kennenlernen, Erforschen,
die Erforschung, aber nicht was dadurch erlangt ist, die dadurch er-
worbene Wissenschaft oder Kenntnisse, weder im Sing., noch im Plur.,
in welchem Numerus cognitiones bei Cicero Begriffe bedeutet, innatae
cogniliones, angeborne Begriffe (Cic. N. D. I, 17, 44). Kenntnisse
heisst also weder cognitio, noch auch cognitiones, sondern doctrina,
scientia, disciplina, eruditio u. a., z. B. aliquem scientia augere, Jeman-
des Ketminisse vertnehren (Cic. OfF. I, 1) ; ingenio scientiaque Antio-
chus excellit, Ant. zeichnet sich durch Geist (Kopf) und Kenntnisse
uns (Cic. Acad. II, 2, 4) ; litterarum admodnm nihil sciebat, er hatte
sehr wenige gelehrte Kenntnisse (Brut. 58, 210) ; erant in eo plu-
riniae litterae nee eae vulgares, sed interiores quaedam et reconditae, er
hatte sehr viele und zwar keine gemeine, sondern tiefe, gelehrte Kennt-
nisse (ib. 76, 265). Gelehrte Kenntnisse heissen ausser doctrina und
litterae auch optimarum artium scientia (Cic. Fam. VII, 3, 4).
Cognitus (was in Freund's Wörterb. fehlt) hat nur P. L. den
Comp. cog?iitior und den Sii[ier[. cog?iilissimus ; der letztere ist bei
Catull offenbar zum Scherz gebildet, und so auch noch jetzt zu-
lässig, wie ihn Muret in einem Briefe (Oper. T. II, p. 68 ed. Fr.)
angewandt hat.
Cognominis, gleichnamig, ist P. L. und kommt einigemal N. Kl.
bei Suetou vor für ejusdem cognominis.
Cognometitum , der Beiname, ist mehr P. L. u. N. Kl. bei Ta-
citus für cognomen. Bei Cic. (Fin. II, 5, 15) kommt es in einem
alten Verse vor.
Cognominare, einen Beinamen geben, kommt Kl. bei Cicero nur
im Partie. Perf. vor, woraus für den Gebrauch des Wortes Nichts
folgt, sonst ist es nur N. KL, aber als kurzes Wort wohl nicht
verwerflich. Früher brauchte man es für das active cognomen dare
und für das passive cognometi accipere, trahere, sumere.
Cognoscere wird in der Bedeut. Etwas erfahreti, vernehmen von
Jemanden, verbunden aliquid ex aliquo (von dem , der es erzählt) ,
oder per aliquem; Einen an Etwas erkennen, aliquem ab aliqua re.
Cognoscibilis, erkennbar, ist N. L. für qui cognosci potest; doch
ist es besser gebildet, als, was als A. L. erwähnt wird, cognobilis.
223
Cohaerere, zusammenhängeji; — mit Etwas, cum. aliqua re oder
alivui rei; mit einnndpr, inter se, nicht secinn. Genau ztisammenh.,
apte, nicht acciirate cohaer. N. L. steht es von Oertern, die an ein-
ander stossen, ztisam?nenhängen, für continens esse cum — (Cic.
Farn. XV, 2, 2).
Cohaesio, das Zusammenhä7ige7i, der Zusammenhang, ist N. L.
für i'ohaerentia, was freilich auch nur einmal bei Cicero und dann
N. Kl. höchst selten vorkommt, und durch das Verbum cohaerere
oA^x continens esse u. dgl. zu ersetzen ist. Dieses cohaerentia braucht
man im N. L. verbünd, mit verborum oder sententiarum vom Zusam-
menhange der Gedanken unter einander, aber ohne alle Auctorität.
Vgl. Nexus.
Cohors ist in der bildlichen Bedeut. Me?ige, Haufe mehr P. L.
und findet sich einigemal N. KL; es werde so viel als möglich ver-
mieden.
Coincidere, zusammenstossen, auf eins Mnausltommen u. dgl., ist
N. L. für concurrere, eodem redire u. a.
Coire, zusamme?igehen, zusanunenkommen ; — wo, ?rohi?i selten in
aliquo loco, gewöhnlich in aliquem locum, wo denn Alles gilt, was
oben bei jdiienire erwähnt ist. Ebenso bei dem Subst. coitio. Bild-
lich aber aliquid, nicht /« aliquid, Etwas oder in Etwas, z. B. ei7ie
Verbindting eingehen. Etwas schliessen, societatem cum aliquo coire.
N. L. aber und seltsam schrieb neulich Einer: Has animadversiones
in regulam coire haud admodura coacte posse non despero, ich hoffe,
dass nicht sehr gezicimgen diese Bemerkungen eine Regel bilden
können, wo fast Alles felilerhaft ist.
Cole/idissimus, sehr verehrenswerth, hochgeehrtest, ist N. L. u. B.
Superl. , für maxime colendus; es findet sich oft in neuern Briefen.
Vgl. Reverendissimus.
Colica ist als 8ubst., die Colik, N. L., wiewohl das Adj. colicus,
an der Colik leidend, schon beim altern Plinius vorkommt; man
brauche dolores alvi, oder ex intestinis laborare.
Collabascere, zugleich mit zu uHinken anfange7i, kommt j4. L. nur
einmal bei Plinius vor, und rauss durch labi, labare, collabi, concidere,
corruere ausgedrückt werden, da es für den Gebrauch zu alt ist.
Gleichwohl braucht es Hemsterh. (Oratt. p. 169) ; ubi vis rationum
collabascit.
Collatio ist in der Bedeut. die Schmauserei N. L. für convivium,
coena collaticia; wohl aber bedeutet es einen Geldbeitrag, eine Bei-
steuer.
Collatus, der Angriff, steht nur bei dem Verf. des Bellum Hispan.,
ist also wohl Sp. L. für collatio, incursus, concursus, pugna.
Collectanea (Flur. ) , Sammelbuch, worin allerlei gesammelt ist, ist in
dieser Bedeut. N. L. für electorum commentarii (nach Plin. Ep. III, 5, 17) .
Collectio war bei den Alten nur die Handlu7ig des Sammeins, nicht
das Gesammelte selbst, wie es im N. L. (nach dem Deutschen Samm-
lirng) gebraucht wird. Bei andern Subst. auf io findet zwar die Dop-
pelbedeutung Statt, aber gewagt und bedenklich ist es, dies auf alle
auszudehnen. Man drücke es daher mit dem Partie, collectus aus, z.B.
Sanunlimg vo7i Gedichie7i aus Mehrern, poemata in unum collecta ex
pluribus poetis, nicht collectio poematum plurium poetarum. Andere
224
nelunen das Wort als ein bequemes und kurzes in Schutz. — Ebenso
ist ohne alle Auctorität collector, der Sattim/er, und coUevtiunciiIa,
als Deminutiv, von collectio, die kleine Sammlung, was, wie jenes, ent-
weder vertheidigt oder verworfen wird.
Collegiitm ist in der neuen Bedeut., die Vorlesung eitles Lehrers,
ganz N. und B. L. für schola. Ein Collegium, d. h. eine Vorlesung Äö/ew
heisst scholnm audire ; ein Collegiimi lesen (von einem Lehrer ge-
sagt), scholam habere; ein Collegium endigen, scholam dimittere (Suet.
Gramm, (j).
Collidere, zusammenstossen, und collisio, das Zusani?ne7ist., wer-
den nie von Buchstaben u. 8ylben gebraucht, dafür immer nur con-
currere, concursus — vocalium, litterarum, oder congredi und con-
gressus.
Collimare ist jetzt, gleichviel in welcher Bedeut., ganz aus der
Reihe latein. Wörter ausgestossen, indem es z. B.W.Freund ganz
ausgelassen hat. Es stand früher zweimal in Cicero (Divin. II, 59, J21
und Fin. 111, 6), wo aber jetzt nach Handschr. dafür colliiieare steht.
Aus den frühern Ausgg. Cicero's nahm es Muret und andere Neula-
teiner. Verworfen wurde es schon von Sciopp. de stylo p. 137 (165),
Vorst (latin. mer. susp. p. 207) und Ruhnken zu Mureti Oper. T. II,
p. 425 ed. Ruhnk. (oder Mureti V. L. T. II, p. 359).
Collocare, stellen, setzen, vernetzen, hatte, wie dergleichen Wörter
bei uns, eine doppelte Verbindung: in aliquem locum und in aliquo
loro, von welchen die letztere die gebräuchlichste war, da sie sich Kl.
wohl nur allein findet. Man beachte sie daher im Schreiben, und sage
lieber collocare aliquid in navi, in foro, in mensa, Romae , als in
navem, in forum, in mensam, Romam Ebenso in der bildlichen Bedeut.
Etwas auf Etwas verwenden, aliquid in aliqua re,z.li. adolescentiam
suam in aniore et voluptatibus. Vgl. auch Reisigs Vorlesung, p. 729.
Einem eine ffohlthat enreisen, beneficium collocare apud aliquem;
Eine an Jemanden verheiratheri, alicui aliquant in matrimonium oder
in mairimonio colloc.
Colloqui. Man sagt zwar colloqui cum aliquo, aber sich mit ein-
ander besprechen, unterreden heisst colloqui inter se, nicht secum;
daher wir besprechen uns mit einander, colloquiraur inter nos. Da-
gegen bedeutet secum colloqui, mit sich (in der Stille) reden, bei sich
überlegen.
Colluvies, der Zusammenfluss, ist seltene N. Kl. Form für colluvio,
was bei allen Bessern im Gebrauche ist.
Colophonem alicui rei imponere , eine Sache beendigen, ist eine
sprichwörtliche Redensart, die bei keinem Lateiner vorkommt, son-
dern von einem Neulateiner (ich weiss nicht welchem) aus dem
Griech. genommen und £\\r fastigium alicui rei imponere oder ßnem
facere alicujus rei gebraucht worden ist. Will man es brauchen, so
muss man ut ajunt hinzusetzen, ohne welches es lächerlich ist. Görenz
z. B. (Cic. Fin. p. 641) sagt pedantisch: quo proprius a Colophone
absint.
Color und colores, Farbe, Colorit, Anstrich, wird nur der Rede
und der Schrift beigelegt, nicht dem Redner und dem Schriftsteller
selbst, wie es Wyttenbach thut, der (Opusc. T. I, p. 150 ed. Leid.)
sagt: quum orationem vestram dictionibus coloribusque Ciceronianis
225
orna\eriüs,türßosct//tsque. Vgl.Forbf^er's Aufgab, p. 139. — Eine Farbe
annehmen heisst nicht colorem sutnere oder accipere, sondern ducere.
Columna kommt in der bildlichen Bedeut. Stütze, Schutz nur ein-
mal P. bei Horaz vor, für columen, praesidium. Muret (Oper. T. I,
p. 153) brauchte es als Anspielung auf den damals ausgezeichneten
Römer ^nt. Columna, was Ruhnken zu jener Stelle frigidum lusum
in nomine nannte.
Combinare, vereinigen , ist sehr Sp. L. für jüngere, conjungere,
consociare, connectere. Ein Neulateiner sagte: plures versus perverse
comhinati sunt. Ebenso Sp. L. ist combinatio f. conjunctio, consociatio.
Comfcus in der Bedeut. unseres Wortes komisch, nemlich lächer-
lich, ist.iV. u. D. L. ohne alte Auctorität, für ridiculus,facetus,jocosus.
Man sage nicht: comicum aliquid accidit, es hat sich etwas Komisches,
A. h, Lächerliches zugetragen, für ridiculum aliquid.
Comitari, begleiten., hat regelmässig den Accusativ aliquem bei
sich, aber bei Cicero an drei Stellen auch den Dativ' alicui, nach F. A.
Wolfs Bemerkung, die auch R. Klotz billigt, nur in metaphori-
schem Gebrauche, wo sich eine Sache an Einen oder Etwas an-
schliesst, sich ihm zugesellt, mit ihm verbunden ist. — Kl. und gut ist
das Partie, comitatus in passiver Bedeuturig, wiewohl comitari nicht
so gebraucht wird.
Comitatio, die Begleitung, ist N. L. für comitatus.
Comitia, die Fersammhingen, aber nicht der Fürsten und Herren,
welche passender conventus genannt werden, sondern nur des Volkes,
so dass sie eher für unser Landtage und Parlamente passen. Dabei
merke man auch, dass in Ve r Sammlungen zusammenkommen heisse
comitiis coire, convenire, nichts// comitiis oder in cofnitia — ; ebenso
bei creari, gewählt werde?i u. and. Verben.
Co7nma ist in der Bedeut. Abschnitt eines längern Satzes nicht
ins Lateinische aufgenommen worden, dafür incisum. N. L. ist es in
der wunderbaren Bedeutung Art, für genus. So sagt sogar Morhof,
wiewohl er de pura dictione spricht, cujus commatis(A. h. generis)
illae voces sunt, und so noch oft anderwärts
Commemorabilis, denk- oder ?nerkwürdig, erklärt F. A. Wolf zu
Cicer. Marcell. 4, wo es vorkommt, für Plautinisch, und findet darin
ein Zeichen nicht Kl. Latinität jener Rede; aber es kommt ja auch
de N. D. II, 52 vor: multaque alia in aliis locis commemorabilia, und
steht dort fest und sicher. Es bleibt also ein Kl. Wort und unver--
werflich. Aber das Neutr. Flur, commemorabilia ist, wie memorabilia,
als Subst. in der Bedeut. die Merkwürdigkeiten N. u. B. L., z.B.
commemorabilia hujus urbis.
Commendatorius, empfehlend, die Empfehlung angehend, ist Sp. L,
für commendatitius, z. B. litterae commend., ein Empfehlungsbrief.
Commendare aliquem apud aliquem. Einen bei Jemanden empfeh-
len, ist Sp. L. für aliquem alicui; ebenso commendare aliquid memo-
riae für mandare aliq. mem. — Sich empfehlen heisst nur dann se
commendare, wenn das Object sich entweder Andern entgegensteht,
oder wenn ein Anderer zugleich mit genannt wird, z. B, se et fratreni
commend.; aber J). L. ist se commendare für commendari, wo der-
gleichen nicht Statt findet, z. B. ein JüngUng empfiehlt sich (commen-
datur, nicht se commendat) durch Bescheidenheit
15
226 ,
Coymnensnlis, der Tisch genösse, ist N. L. für conviva, sodfflis, auch
wohl vonvicior. Vgl. Vorst. Jat. iner. siisp. p. 259.
Co?nmensus proportionis, das Ebeninaass, die Symjtietrie, braucht
Vitruv eiuigemal neben dem griech. sijmmetria, vielleicht als gewöhn-
liches Kunstwort. Aber der ältere Plinius muss dasselbe gar nicht
gekannt haben, weil er sagt: Non habet latinura nonien symmetria.
Der jüngere Plinius drückt es aus durch congruentia et aequalitas.
Vgl. Gesneri Plin. Chrestoni. p. 898.
Commentarius und vomme?itariuni und als Demin. cownientariolum
oder als Sp. L. Form commentariohis. Im Plur. kommt fast nur die
männliche Form commentarii vor, nicht rommentaria. Die Wörter
bedeuten aber alle nichts weiter als liber, scriptum, jede Schrift,
welches Inhaltes sie auch sei. Erst N. AI. findet man comineiitarii
und commentaria in der Bedeut. Erklärungen , Anmerkungen zu
einem Schriftsteller, indem Gellius (N. A. II, 6) von Annaeus Cornu-
tus, einem Grammatiker und Rhetor aus Vespasian's Zeit, commentaria
in Virgilium erwähnt, deren Inhalt wir freilich wenig kennen. Darauf
beruht der heutige Gebrauch, commentarius und commentarii, mit und
ohne perpet7ws , von einer meist umständlichen und vollen Erklärung
eines Schriftstellers zu bvauchen, was aber wohl schwerlich in jenem
Worte liegt. Da nun aber einestheils bei Suet. (Gramm. 2) commen-
tari carmina, Gedichte erklären bedeutet, anderntheils das Wort im
" N. L. seit Muret. und Manutius alltägliches Kunstwort geworden ist,
so ist es nicht zu verwerfen.
Commeritatio ist in der Bedeut. Ahhandlung oder Schrift zwar erst
N. KL, aber neben commentarius und commentariolum unbedenklich
zu brauchen. Vgl. Schirlitz Method. d. lat. Styl. p. 48.
Commentatus kommt, obgleich es von dem Depon. commentari
abstammt, doch passivisch bei Cic. (Fam. XVI, 26, 1) vor: commen-
tata oratio.
Cofnmenttim ist in der Bedeut. Erklärung ., AbhajidJung Sp. L.,
indem der Grammatiker Donat unter dem Titel commenlum artis
eine Art von Grammatik schrieb. Im N. L. des 15. und 16. Jahrh.
werden die Auslegujigen der Schriftsteller ganz gewöhnlich com-
menta genannt, was nicht nachzuahmen ist.
Commercium ist mit dem Genit. epistolarum verbunden der fast
Kl. Ausdruck für unser Briefwechsel, da er bei Vellej. (II, 65) und
Senec. (Ep. 38) vorkommt und oft anwendbarer ist, als litteras mit-
tere et accipere (Cic. Fam. XV, 21, 6) und colloquia amicoruni abse?i-
tium (ibid.). N. L. aber ist commercium epistolicum und litterarium,
welcher Titel sich auf gedruckten Briefwechseln findet. — Sonst
bedeutet es oft Handel und Waiidel.
Commerere, verdieneii, nur von Strafe für ein Vergehen, ist fast
nur A. L. bei den Komikern und steht nur einmal bei Cicero (Orat.
I, 54), wogegen nierere von Belohnungen gesagt wird. In beiderlei
Sinne steht sonst dignum esse aliqua re, und nicht verdienen , in-
dignum esse.
Cominiles. Vgl. die Anmerk. zu dem folg. Worte.
Commilitones, in der geistigen Bedeut. die Mit studier enden und
wohl gar als Anrede an die Studenten oder Schüler, ist tiieils ohne
alte Auctorität, theils in unsern friedlichen, nicht militärisch einge-
227
richteten Staaten nicht anwendbar. Einem Römer ist es zu verzeihen,
wenn er viele militärische Wörter auf andere Dinge überträgt, wie
denn Ovid wirklich einmal von einem C07nmilitiinn studion/m, d. h.
einer Gemehischaß in Studien spricht; aber bei ihm ziehen auch
Liebende zu Felde, militant amantes. Für uns klingt commilitones zu
burschikos und unfriedlich. Hand (Lehrb. p. 169) verwirft das Wort
mit Eichstädt (Deprecatio latinit. acad.) ; Andere nehmen es in Schutz.
* Aber das Subst. commiles, der Mitstreiter, ist gewiss erst ganz Sp. L. für
commitito, wenigstens kommt es uicht mehr bei Caesar und dem altern Pünius
vor; denn in Caes. B. C. I[, 29 steht jetzt commilitones für commilites .und. in
Plin. N. H. XXXVII, 2, 6 militibiis für commilitibus. Uebereilt corrigirte es ein-
mal Hugo Grotius in eine Stelle bei Tacitus.
Commisereri, Mitleid haben, ist Sp. L. und kommt vielleicht nur
einmal vor; commiserescere, Mitleid haben, ist A. L. u. selten. Beide
sind zu vermeiden durch cotnmiserari, misericordia frangi oder com-
moveri u. a.
Commissarius, ein Commissär, dem Etwas übertragen ist, ist zwar
gut gebildet, wie emissarius, aber N'. L. für curator, procurator, lega-
tiis, ciii negotium datum oder mandatum est.
Commissio in der Bedeut. Auftrag ist N. L. für mandatum (Cic.
Rose. Amer. 38, 111). negotium. Mit einem Genitiv, wie ludorum,
proelii, belli ,pugnae, rixae u. a. bedeutet es aber nicht die Handlung
seihst von Anfang bis zu Ende, die Feier der Spiele, die Lieferung
eines Treffens, Führung eines Krieges u. s. w., sondern nur das An-
fangen, Beginnen, wiewohl es im N. L. anders verstanden wird. Es
kommt aber imr selten commissio so vor, wie z. lti.ja?n ab ipsa coinmissione,
neml. ludortim, schon vom Anfange der Spiele ati; Cic. Att. XV, 26, 1.
Ob je commissio proelii, pugnae, belli u. a. gesagt wurde, weiss ich nicht,
weder oh es den Anfang, noch ob es die Lieferung seihst bedeute. Es
werde daher vermieden. Vgl. Committere.
Committere verbunden mit bellum, spectaculum, ludos, proeliuniy
pfig7iam ist wohl fast immer nur anfangen, beginnen, gleich dem Verbo
inire, incipere; so bei Liv. VIII, 25 bellum prospere commissum, d. h.
inchoatum, imtu7n, inceptum ; ib. XXI, 40 nos decuit heWum commissum
(den angefarigenen) ac profligatum conficere (zu Ende bringen); ib.
II, 36 nondum commisso spectaculo, wofür aber Cic. (Divin. I, 26) bei
derselben Erzählung sagt: antequam (ludi)fierent, ?Aso vor Anfang der
Spiele; — und so wird man nach geliefertem Treffen nicht übersetzen
comfnisso proelio (pugna), sondern facto, profligato, confecto. — Wie-
wohl man sagt committere delictum, caedein, fraudem u. s. w., ein Ver-
sehen, einen Betrug, einen Mord begehen, indem etwas Thatsächliches
damit verbunden wird, so kann aber doch nicht gesagt werden e/rorem
committere, einen Irrthum begehen. Dies kommt auch nirgends vor, ist
aber im N. L. sehr häufig, für errare, in errore versari, errore capi
oder duci, in errorem induci u. a., und Ruhnken hatte Recht, wenn er
in seinem Elogium p. 250 das früher geschriebene Joc?//«res e/rores
committere abänderte in lahi in joculares errores. Audi kann man wohl
alicui aliquid coinmittere. Einem Etwas anvertrauen, aber es muss Et-
was zur Verwahrung und Behütung, nicht aber ein blosses Geschäft
sein, also nicht negotiu7n alicui conwiittere. Einem Etwas übertragen,
was er thun, ausrichten und ausführen soll, für dare alicui negotium.
15*
228
Endlich sagt man nicht commütere in se, gegen sich sündigen, irider
sich selbst handeln., sondern admillere in se,peccare in se: aucUfacinus,
delictum in se adrnittere.
Commodare, leihen, darleihen, wird nur von Sachen gebraucht, die
man in natura wieder zurückgibt, also nur hi?igeben zum Gebrauche
lind zur Benutzung, z. B. librum, domtim, hortum; aber nicht pecuniam,
nnmos , frumentum , vinum, oleum und was man sonst wohl leihen
kann, wofür man aber nur Aehnliches oder ein Aequivalent zu-
rück erhalten kann; hier wird statt comwof/«/e gesagt tver/e/e «/«cmi
pecuniam^ dare mutiiam pecuniam , mutuos numos. Wenn aber Cic.
(Cael. 13, 32) sagt: Clodia se aurum Caelio commodasse non dicit, so
versteht er unter aurum goldnes Geräthe , nicht Geld i?i Golde. —
N. L. ist auch wohl commodato dare. Etwas leihen, was Muretus
(V. L. T. II, p. 153) gebraucht hat, wo Fäsis x\nm. zu vergleichen ist.
Was wir aber lehnen nennen, d. h. Etwas lehnsweise erhalten, heisst
nicht commodato accipere, sondern titendum accipere oder mutuari ah
aliquo. Ausgeliehenes Geld heisst pecuniae creditae. — Falsch wäre
daher: a viris virtus nomen cömmodavit (hat den Namen e?itlehnt) für
mutuata est (Cic. Tusc. II, 18, 43). Falsch ist wohl se commodare alicui,
Einem gefällig sein, für commodare ohne se. Vgl. Manut. Cic. Farn.
XIII, 53 und Orelli z. Cic. Farn. XIII, 2, 3. Sich nach Einem in Etwas
richten wird theils durch in aliqua re, theils durch aliqiia re ausge-
drückt. Vgl. Cic. Farn. XIII, 35, 2; 53, 1. Dagegen steht bei Quintil.
(II, 8, 4) : praeceptor se commodabit singulis, er wird sich nach den
Einzelnen richten, seinen U?iterricht nach ihnen einrichten.
Comnioditas bedeutet nicht Bequemlichkeit, was opporttinitas\iG\s&t^
sondern Passlichkeit, Geschicklichkeit.
Commoditer ist eine iinlat. Form für commode; sie ist zwar von
Gulielmius und Jac. Gronov aus Ilandschr. in den B.adHerenn. 111,18
empfohlen worden, aber jetzt wird dort ganz anders gelesen. Das Wort
fehlt daher in den nenern Lexicis von Scheller, Forcellini und Freund,
Commonefacere, Einen an Etwas erinnern, wird verb. aliquem ali-
cujus rei oder aliquid ; dagegen commojiere alicujus rei, aliquant rem
und de aliqua re.
Commonitoritim, das Er inner ungsschreibeji, ist Sp. L. für monitum,
monitio, admonitio, commonitio, admonitum.
Commori, niitsterben, verb. alicui oder cum aliquo, ist höchst selten,
und steht bei Sallust und Seneca; — es ist zu vermeiden.
Communicare , mittheilen, wird Kl. verbunden cum aliquo, mit Je-
manden, Sp. L. alicui. Wo bei Klassikern anscheinend ehemals der
Dativ in den Texten stand, ist jetzt cum hinzugesetzt worden. So liest
daher jetzt auch Dähne mit Andern in Caesar B. C. III, 18 für quibus
communicare, wiewohl gegen alle Handschr., ohne Zweifel richtig r/w/-
buscum commtin. Der früheren doppelten Verbindung alicui und cum
aliquo, die man in den Ausgaben der bessern Schriftsteller fand, folg-
ten die Neulateiner, und wählten bald den Dativ, bald cum mit dem
Abi., was ihnen nicht zum Tadel gereichen kann. Heutzutage aber
wird wohl von allen Kennern die Dativverbindung als schlecht lateinisch
verworfen. — Es ist aber auch nicht lateinisch, wenn J. A. Ernesti
(Oratt. p. 124) sagt: communicare sibi invicem, sich gegenseitig oder
einander Etwas miltheilen, inr* communicare inter se; z. B. wir theilen
229
uns Alles gege?iseitig (einander) mit, opinta inter 7J08 commtuiicanms,
nicht nobis invicem. Und so in ähnlichen Fällen, wo einander oder
gegenseitig sich einmischt. Das Verbnm commnnicare aber möchte
wohl da nicht ganz passend sein, wo an kein Gemeinsammachen ge-
dacht wirdjZ. B. Belehrunge7iniittheilen, wicht praeceptacommunicare,
sondern tradere.
Cornmiinis ist in der Bedeut. gemein, d. h. gewöhnlich, alltäglich,
mit dem Neben begriffe des ünwertheii , der Niedrigkeit und Ge-
meinheit N. L. für vulgaris; es enthält vielmehr den Begriff des Ge-
meinschaftlichen oder Genieinaamen, dessen, was wir mit y\ndern oder
wohl gar mit Allen gemeinschaftlich haben und was nicht uns allein
eigenthümlich ist. Daher ist ein gemeiner Mann, nicht homo communis,
-wiewohl auch nicht vulgaris, sondern homo de plebe,plebejtis,sordidus,
obscurus, obscuro oder infimo loco natiis ; gemeine Menschen , vulgtis;
gemeine Soldaten, vulgus inilitmn; gemeine Sitte und Art, nicht co7n-
mujiis, sondern vulgaris mos, modus, und wenn Burmann (Petron.p. 335)
schreibt: orania in hujus supellectile extra commufiem modum sunt, so
musste er entweder vulgarem sagen, oder blos 7nodum excedunt. In
vulgaris liegt meistens der Genitiv vulgi, in communis aber der Genit.
oninium. Was daher beiden, dem vulgus und den omnibus gilt, kann
vulgaris und communis genannt werden: ein mos vulgaris ist eine Sitte
des geraeinen Volkes, ein tuos communia eine allgemeine Sitte, eine
Sitte, die von Allen befolgt wird. Ebenso heisst communiter, gemein-
schaftlich mit Andern, aber nicht gemei7ii glich, gewöhnlich, alltäglich,
>vas vulgo, vulgariter, plerumque heisst. Wunderbar ist es aber, wenn
Wyttenbach (Polymath. I, p. 2) sagt: ambo communiter apud rae fue-
runt, wo für commu7iiter entweder una stehen, oder commtaiiter ganz
wegbleiben musste.
Comoedia. Eine Comödie az/ffiihren, spielen heisst comoediam agere,
und der, welcher sie aufführt und mitspielt, actor comoediae (comoe-
diariira) oder comoedus , w'm der eigentlich wahre Comoediant oder
der comiscke Schauspieler genannt wird, da der Comoediant im all-
gemeinen Sinne, d. h. der Schauspieler, histrio oder actor heisst. Co7noe-
das aber bedeutet nicht den Comoediendichter, wi^lcher poeta comicus
oder blos co7nicus heisst. sowie tragicus, der Tragoediendichter. N. L.
ist comoedialis und Sp. L. comoedicus für co/nicus.
C'ompactum ist als Subst. /iL nur im Abi. compocto üblich in der
Bedeut. 7iach P erabredur/g , verabredetermasse7i , wofür auch de oder
ex compacto gesagt wird; alle drei sind aber selten imd mit dem bes-
sern ex composito zu vertauschen.
Compages,die Fuge, Verbindung, mit der in Prosa seltnen Neben-
form coi7ipago — kommt überhaupt selten und bei Cicero nurimPlur.
vor: in his compagibus corporis; für compages braucht er sonst
vincula.
Comparare in der Bedeut. vergleichen wird verbünd, aliquem (ali-
quid) alicui oder cum aliquo. Einen (Etivas) mit Einem (Etuws) verb. :
sich bereiten (rüsten) auf oder für Etwas, se comparare ad aliquid, z. B.
Caes. B. G. VII, 79: se comparare ad omnes casus, sich auf alle Fälle
gefasst 7nachen. So wird es aber nur in Bezug auf die handelnde Per-
son selbst verbunden, also nicht se comparat ad bellum für comparat
belhan. Verworfen wird auch als N. L. die Redensart : ita comparaiu7n
230
est ctim alifjuo, so t'st es mit Jemanden beschaffen, wofiir entweder ein
Dativ, ß//c?/?, eintritt, oder d^r Jemand m\i\ das Etwas Subjectdes Verbi
wird, oder statt dessen ein Satz folgt. Man sage z. B. nicht ita vom-
paraturn est cum Ungna lotina , nt cum homine , es ist mit der latein.
Sprache so beschaff'e?i, wie mit dein M., sondern ita (peri?ide) linguae
latinae ratio comparatn est, ut homitiis. Vgl. Vorst. lat. mer. susp. p.32
und Ruhnk. z. Terent. Heaut. III, 1, 97.
Comparative, i'ergleichu?igs?reise, mit Vergleichung, ist erst Sp. L.,
wiewohl comparativus sogar Ä7. einmal bei Cicero steht, für comparate
oder ex comparatione (Cic. Orat. III, 29, 116).
Comparere bedent. zwar sichtbar sein, sichtbar erscheinen , nher
iingewöhnlicli ist comparere in judicio , ante Judicium, ante judicem,
vor (im) Gericht erscheinen, für se sistere , in jus adire, ad Judicium
adesse. .
Cotnpassio, das Mitleide?!, und compati, mitleiden. Mitleiden haben,,
sind beide sehr Sp. L. und durchaus zu vermeiden. Man wähle andere
Wörter, wie sie der Sinn verlangt. Vgl. Condolere.
Compendif actus , abgekürzt, steht N. L. bei Valckenaer ( Oratt.
p. 272): Portus vocem credidit compendif actum für imminutam, con-
tractam, decurtatam, correptam u. a. — Es ist wahrscheinlich vom
V\-Aniim&c\\Qi\ compendii fucere oder ßeri gebildet, aber bei Plautus
bedeutet verba compendii facere alicui. Einem If orte sparen, Kinen
der ff orte nberhebe?i. N. L. wird es auch als ein Wort geschrieben,
compejidifacere.
Co?npeftdium , was im bessern Latein nur Fortheil, Gewinn, Er-
sparniss bedeutet und N. AI. auch einen Inirzefi Weg, gleich via com-
pendiaria, wobei Zeit gewonnen und Mühe erspart wird, hat im N. L.
auch die Bedeut. Handbuch oder Lehrbuch über irgend eine Wissen-
schaft oder Kunst efhalten, wozu vielleicht Qnintil. (Inst, I, 1,24)
Anlass gegeben hat. Dieser sagt: Pudeatne me in ipsis statim elementis
(gleich bei den Anfangsgründen) etiam brevia docendi monstrare com-
pendia? Beachtet man diese Worte, so ist es N. L., wenn man sagt:
Co/npendium antiquitatum Romanarum edidit Cellarius oder editum a
Cellario — und so viele ähnliche Titel, für Compendium docendi anti-
quitates Romanas 7nonstrarit oder fecit Cellarius oder monstratnm
(factum) a Cellario. So sind alle ähnliche Titel zu ändern, üebrigens
liiess Lehrbuch einer Kirnst, artis libelhis (Qnintil. II, 13, 15), bei Cic.
auch oft blos ars , z. B. Orat. II, 15, 64 praecepta, quae in artibus
rbetornm — (i7i den rhetorische?? Lehrbüchern, i?i den Lehrbücher?? der
Rhetorik); id. Fin. IV, 3, 7 arte?n rhetoricam (ei?? Lehrbuch der Rhet.)
scripsit Cleanthes, und wenn er (Orat. 14,43) sagt: quid sit Optimum,
i?? tradenda arte dici solet, so würden wir sagen: das pflegt i?i ei?iem
Lehrbuche der Rhetorik angegebe?? zu ?iierde?i. Und so kann denn auch
hiernach ein mehr lateinischer Titel gebildet werden, lieber ars und
artes vgl. Freund's Lexicon.
Co7?ipe?isare, a?is gleiche??, abwägen, erka??fen, ersetzen (Etwas durch
oder gege?i Etwas), wird gleich gut verb. aliq?iid aliq?ia re und cum
aliq?ia re , z. B. vol??ptate??i cu??i curis oder curis , Vergnüge?? gege?i
oder mit Sorger? erkaufen.
Co?iipensatio mit einem Genitiv, z. B. meritorum , in der Bedeut.
231
Verßeltnn^ ist N. L. für remnneratio, pensatio, aequatio. Vgl. Sciopp.
de stylo p. 130.
Competere alicui oi]er in aliquid, für Etwas passe?!, geeignet sein,
möchte als N. Kl. und selten kaum anwendbar sein für convenire in
aliqnem {aliquid). Wenn 3IovIiof (de jjura dict. p. 5) sagt: quntenus
oralioni competit, insofern es für die Hede passt, so wäre besser ge-
wesen : quat. in orationern covvenit. Das Snbst. competentia aber, wel-
ches Sp. L. ist, ist in der Bedeut. Befugniss, in welcher wir Competenz
brauchen, A\ L. iiir jus oi\i^r potestas.
Cümpilare ist zwar KL, iiedeutet aber nur Etwas bestehlen, berau-
ben,plündern mit dem y^cc. des Gegenstandes, welcher bestohlen oder
ausgeplündert, und mit dem ylbl. des Gegenstandes, dessen jener be-
raubt worden ist, z. B. aede?n Omnibus ornamentis compilare , eineti
Tempel alles seines Schmuckes berauben. N. L. aber wird ganz ver-
kehrt gesagt: iste librum suum (ex aliis) compilavit, da hei den Alten
nur ein fremdes Buch compilirt, d. h. geplündert wird, nicht ein eigenes,
indem nicht der Begriff des Sammelns , sondern des Stehlens darin
liegt. Auch lässt sich niclit sagen diviiias co?npilare, Reichthütner sam-
meln, für colligere divitias. Vgl. Vorst. lat. mer. susp. p. ]33. Schade
ist es, dass das Wort compilator , der Plünderer , Dieb, welches gut
gebildet ist, sehr Sp. L. ist, so dass es nur bedenklich nachgebraucht
werden kann. Man wende es vorsichtig mit einem mildernden Zusätze
an. Andere verwerfen es geradezu.
Complacere alicui. Einem gefallen, ist A. L. und N. KL, selten
und unnöthig für placere.
Complecti. Das Partie, complexus kommt Kl. auch adjertivisch
in der passiven Bedeut. vereinigt vor, wie dies bei vielen ähnlichen
der Fall ist. Vgl. Cic. Rose. Am. 13. Unser Etwas in Worte, in eine
liede fassen lieisst nicht aliquid complecti in verba , in oratione?n,
sondern verbis, oratione.
Complere bezieht sich meistens auf etwas U?ivollständiges , und
heisst vervollständigen, volhählig machen, ausfällen; implere aber
auf etwas Leeres, also anfüllen. Auch wird complere tropisch ver-
bunden mit Wörtern, wie gaudio, spe, terrore, was bei implere nicht
der Fall ist, wenigstens nicht bei Cicero. Vgl. Implere.
Comples , Plur. complices, die iMitschu/digen, VerbündeteJi , ist
selir Sp. L. für sceleris socii, affines, populäres. Es stand sogar früher
als falsche Lesart in Cic. Catil. I, 5, 12, wo für comituni gelesen wurde
complicium.
Complexio ist in der Bedeut. körperliche Beschaffenheit sehr Sp. L.
für constilutio, natura, affectio, und N. L. in der Bedeut. Umarmung,
für cnmplexus.
Complicare, zusamme7ifalteti, hat Kl. im Perf. complicavi, N. Kl.
complicui, und ebenso im Supino KL complicalum, N. KL complicitum.
Complures lässt, da es nicht als Comparativ gebraucht wird und
sich dadurch von plures unterscheidet, keinen Ablativ des Grades um
■wie viel zu, z. B. ?iiulto , um Vieles, weit. Ein Adverb, compluries,
mehrmals, ist nur A. L. und galt später als minus usitatum et bar-
bare dictum; vgl. Gell. N. A. V, 21. 31an brauche dafür saepe, saepius,
identide?n, interdum. pluribus locis, nonnumquani u. a. Zweifelhaft ist
aber pluries. Vgl. dieses Wort.
282
Comphirimus ist Sp. L, und findet sich nur bei GelJ. (IV, A. XI,
1, 1) : buceta — comphirtma, was aber, wenn niclit mit einigen Gelehr-
ten compluria zu lesen ist, als alle gemeine Latinität keine Beai h-
tung verdient. Für den Superl. reicht plnrimus hin. Vgl. Heusing.
Eraend. p. 396.
* Ehedem stand es auch in den altem Ausgaben vor Scaliger in Hirtius
B. G. VIII, 14, wo aber jetzt für complurimis diebiis seit Scaliger aus d. Haadschr.
comphiribus diebus geleseu wird.
Componere. Wiewohl man sagt comp, versits, carmina, cantica^ was
aber nur vom Dichter gilt, so kann componere doch nicht von dem Musi-
ker, der ein Gedicht in Musik setzt, also componirt, gebraucht werden;
dafür sagt man (nach Quintil. 1, 12, 14) musicis notis (modis) canticum
excipere. — In der Bedeut. vergleichen wird es verb. alivui und cum
aliquo. Nach Cicero bedeutet verba componere nicht, was wir sagen,
ein Paar Wörter zusammensetzen, in eins verbinden, sondern nach
Ordnung tmd Gesetz zusammenstelleri und ordnen. Und so bedeutet
compositio verborum nicht die Verbindung zweier Wörter, sondern
die schickliche Stellung und das Ordnen der Wörter. Vgl. Cic.
Orat. 68. Zivei Wörter verbinden oder zusammensetzen drückt Cicero
(Orat. 45, 154) durch copulando verba jüngere aus, und nennt solche
Wörter nicht composita , sondern copuluta , juncta oder conjuncta;
und da Livius (XXVII, 11, 5) diese Wörterverbindung verba dupli-
care nennt, kann man sie auch duplicata nennen. Da aber schon
Quintilian (I, 5, 3 u. öfter) solche Wörter composita nennt, so hat
diese Benennung für unsern Gebrauch hinreichende Auctorität. Ob man
aber corpora composita, zusammengesetzte Körper, nemlich aus ver-
schiedenen Stoffen zusammenges., sagen dürfe, kann bezweifelt werden;
nach Cicero heissea sie corpora concreta. Auch sagt man Mohl nicht:
homo isie est totus ex fraude et menducio compositus, aus Lug und
Trug zusammengesetzt, sondern f actus, wie Cluent. 26,72, oder con-
cretus, wie in Pison. 9, wo sich eine ähnliche Redensart findet, wie-
wohl richtig ist aliquis ad aliquid est compositjis, Jemand ist zu Etwas
gemacht, geboren.
* In Nizolii lexic. Clc. unter Meiulacium stellt allerdings in der Stelle aus
der Orat. pro Cluent. nwhtfactvs, sondern comj>osilus; aber Orelli erwähnt keine
andere Lesart für das richtige /ac^w* , so dass bei Nizolius ein Druckfeliler
sein muss.
Compotator, der Mittrijiker, Zechbruder, ist iV. L. eine nach dem
Rl. compotatio bei Cicero gebildete Form für compofor, wovon jnan
auch bei Terenz ein Femin. compotrix hat, oder für combibo, was
jedoch, vielleicht zufällig, nur im Plur. combibones vorkommt. Jenes
compotatio aber ist Cicero's wörtliche Uebersetzung des griech. r,vn-
7i(',oiijr, und ist nicht nachgebraucht worden.
Comprandere, 7nitessen, ist N. L. und ohne Auctorität, wiewohl
coiiipransor sogar bei Cicero vorkommt; man sage dafür una cum
aliquo (aliis) prandere.
Comprecari, bitten, beten, ist nur P. L. , jedoch steht es bei Terenz,
ixxY precari, und unnöthig sagt Longolius (Epist. l, 21) : Deum immor-
talem coinprecnbor, was nichts mehr als precabor ist.
Compr eilender e, sogar mit animo oder mente verbunden, soll nacli
Hand (Lehr!), p. 153) nicht bedeuten begreifen., einsehen, verstehen,,
wie intelligere , sondern nur Etwas in die Seele, in den Geist aufueh-
238
me7i, ergreifen, erfassen; Tlaiul nennt jene Bedeutung sogar italie-
nisch-lateinisch. Aber beide Bedeutungen sind so in einander ver-
schmolzen, dass eine aus der andern fliesst. Dagegen möchte wohl
comprehendere für sich allein ohne animo, mente,cogitatio7ie,m dieseW
Bedeutung so genannt werden können, wie es denn wirklich im iV. L.
gebraucht wird. Ihm synonym ist 7nente, animo concipere.
Compressus. Im JV. L. wird compressa vos gesagt in der Bedeut.
die leise Stimme, was al)er summissa oder suppressa vox ist, indem
voceni aticnjus comprimere bedeutet Jemanden zum Schweigen brin-
gen, und compresse loqui, kurz und gedrängt reden. Der vos sum-
missa steht die contenta entgegen.
Computus, die Berechnung, ist sehr Sp. L. für computatio, ratio,
numeratio. Vgl. auch Caiculare.
Conamen, Versuch, Anstrengimg, Bemühung, ist P. L. für cnna-
tum, conatus.
Conari, versuchen, unternehmen, verbunden mit ut stftt des Infin.,
ist N. L. und wenn daher Muret. Oratt. (Oper. T. I, p. 185 ed. Fr.)
sagt: Meum est conari, ut auditu digna afferam, so wird von Frot-
scher richtig bemerkt: inusitata Lati7iis structura est conor, w hoc
FAciAM pro simplici Inßn.,\ind wenn Ebend. Oratt. (T. I, p. 274) sagt:
connri, ut quidquam ex eorum gloria deteram, so schreibt dagegen
Matthiae: Conari ut vix usquam legitur; scribendum erat co?iari ex
eorum gloria aliquid deterere.
Conatum, der Versuch, steht eben so fest als conatus. Vgl. Dra-
kenb. Liv. XLII, 11, 3. Ruhnk. Vellej. II, 35, 5.
Concatenare, zusammen verbinden, verketten, ist Sp. L. und findet
sich bei Lactanz; an passender Stelle ist es nicht zu verwerfen, aber
concatenati labores , für co?di?iui, lassen wir gern dem verdorbenen
Geschmacke des Minucius Felix und halten es nicht mitBasilius Faber
für zierlich und schön.
Concedere verbünd, mit vita und sogar ohne vita, in der Bedeut.
sterben, ist nur N. Kl. bei Tacitus und unnöthig für das alltägliche
cedere vita.
Conceptus anitni, der Gedanke, Vorsatz, Begriff, ist sehr Sp. L.
für cogitatio, cogitatum ; propositu7n, consiliuin; notio, vis u. a.
Concernere ist Sp. L. in der Bedeut. vermischen, aber ganz N. L.
in der Bed. betreffen, angehen, verbünd, mit dem Accus, aliquid, für
spectare, attinere, pertinere. So nennt Heinr. Meibom seine opuscula
historica — concernentia antiquitates Germanoriim ; und so noch sonst
öfter.
Concertatiuncula, ein kleiner Streit, ist ein N. L., vielleicht von
Muret, der es in einer Rede (Oper. T. I, p. 381 ed. Fr.) braucht, ge-
bildetes Wort, für parvula concertatio. Die meisten neuern strengen
Beurtheiler verwerfen es, wie alle ähnliche neue Derainiutiva. Vgl.
darüber Th. I, §. 193.
Concessus, die Erlaubniss, Bewilligung, ist nur im Ablat. concessu
üblich, wozu zwar ein Genitiv, aber kein Adjectiv treten kann; man
sage z. B. nicht communi concessu omnium, mit der gemei?ischuftlichen
Bewilligtmg Aller., sondern blos concessu omnium. Zur Vervollstän-
digung des Wortes dient das KL concessio, was Janus im Lexic. ver-
•
234
wirl't, obgleich es bei Cicero (ed. Orelli, T. II, p. 522, in dem Frag^m.
Tog. cand.) vorkommt.
Co?iciere, aufregen ; vgl. Co7icitiis.
Cojiciliare wird verbunden sibi (aliciii) aliquem, Einen mit sich ver-
hinden, sich Einen geneigt machen, nicht cum aliquo ; alicui aliquid, nb
aliqiio oder alicujus. Einem Etwas (z. B. Liebe) bei Jemanden erwer-
beti, verschaffen; aliquos inter se, Einige unter einander verbinden.
Da es nirgends mit cum aliquo verbunden werde, so tadelt Reisig
(Vorles. p. 677) die neuern Herausgeber von Cic. de legibus, dass sie
(I, 7, 13) conciliati homines cum diis aus zwei Handschr. aufgenom-
men hätten, für consociati, was in andern Handschr. stände.
Co7icinniter, passend, schiciilich, ist Sp. L. und findet sich nur ein-
mal bei dem alterthümlichen Gellius für concinne.
Concio, die Rede, ist nur die Volksrede, nicht jede andere öffent-
liche Rede, welche oratio heisst.
Concionator kommt nur ein einzigesmal vor, was gewiss höchst selt-
sam ist, und zwar bei Cicer. (Catil. IV, 5, 9): quid intersit inter levi-
tatem concionatorum et animum vere populärem. Der Form nach be-
deutet es den, qui concionatur, d. h. der öffentlich spricht, vor der
versammelten Menge (concio) redet, also, wenn er vor dem Volke
spricht, den Volksredner. In dem Worte liegt daher weder ein guter,
noch ein böser Nebenbegriff, wie J. M. Gesner sehr richtig bemerkt,
und offenbar irren Alle, welche darin nur den Volksnufunegler suchen
und dies wohl gar aus Cicero's Worten herausklauben. Man kann ja
aber einmal von dem Ernste (gravitas), ein andermal von der Leicht-
fertigheit (levitas) der Prediger oder Parlamentsredner sprechen,
ohne das erstemal alle für ernste, oder das anderemal alle für leicht-
fertige zu halten, so dass es graves und leves oratores und coiicionato-
res geben kann und wirklich gibt. In dem Worte liegt nur der Begriff
öffentlicher Redner, und so lässt sich also ohne Anstand fragen, ob
ein A'arizelredner, ein Prediger, sei er ein christlicher oder jüdischer,
so genannt werden könne. Nach der wahren Bedeutung der Wörter ora-
tor und concionator sind beide gleich gut zu brauchen, und damit unser
Begriff des heiligen oder religiösen Predigers klarer hervortrete, kann
man den Zusatz a sacris machen, also orator oder concionator a sacris;
— und so nenne man auch eine Predigt entweder orationem sacram oder
concionem sacram. Den Geistlichen im Allgemeinen kann man nennen
sacrorum antistes oder qui rebus divinis, sacris oder sacrae concioniprae-
est. Die meisten Neuem verwerfen concionator, und haben vorgeschla-
gen, praeco divini verbi, verbi divini minister (davon unter Minister),
sacrorum minister, orator ecclesiasticus,'\a sogar die ganz verwerflichen
Ausdrücke sacrorum praesul oder sacerdos oder parochus, und was
sonst noch, zu setzen. Wähle sich Jeder, was er will. Uebrigens lia!)ea
Muret. (Oper. T. I, p. 288 ed. Fr.: Piorum et eruditorum co?icionatornm
vox) und Perpinian (Oratt. p. 346:illa materiara tdininm concio?iatori »\\\^-
peditat),die beiden besten Neulateiner, sich nicht gescheut, das Wort
concionator von dem Prediger und concionari von dem Predigen zu
brauchen.
Concipere, mit und ohne animo oder mente, sich denken, meinen,
glauben, wird Aon Hand (Lehri), p. 153) als italien.-latein. verworfen,
wiewohl nach Freunds Wörterb. Stellen aus Cic, Liv., Cels., Quintil.,
•
235
Suet. II. A. diese Bedeut. erweisen. Vgl. auch Compreheiidere. lieber
eonvipere nniignis oiler ßaiimta verbunden s. ylrrtpere.
Concitns, Partie, von conciere, aufregen, einem mehr P. Verbo,
ist ebenfalls mehr P. und N. KL, selten in Prosa für das Kl. con-
citatus. Vor R. Klotz stand es auch in Cic. Caecin. 5, 14, wo aber
für coTic/'tt ad rixam von Klotz contriti ad re^iam aufgenommen ist.
Vgl. dessen Vorr. z. Cic. Reden Th. 1, p. XU.
Conciüis, der Mitbürger, ist erst sehr Sp. L., für civis oder ejus-
dem civitatis, nach ähnlichen, z. B. co?idiscipuliis, gebildet. Jenes ci-
vis steht oft so bei Cicero, z. B. Divin. II, 2, 6 dabunt mihi veniara
mei cives (meine Mitbürger).
Conc/arnalus im bildlichen Sinne von einer Stelle oder von Wor-
ten eines Schriftstellers, deren Erklärung man zu finden verzwei-
felt hat, also ein locus conclatnatus, ist, da dem Aehnliches bei den
Alten nicht vorkommt, nur etwa dann zulässig, wenn quasi oder ut
ojunt hinzugesetzt wird, was aber im N. L. nicht ges< hiebt. Dem
ähnlich ist das Wort depositus, was mit dem vorgesetzten prope
in der Bedeut. verzweifelt, in verzweifelter Lage von Cicero der
Republik beigelegt wird (Verr. I, 2 prope deposita?n rei publicae
partem suscepi).
Concludere, einschliessen. Wir sagen tvo und wohin, und so auch
latein. ubi und quo, z. B. in corpore und in corpus. D. L. ist pacem
concludere, einen Frieden sckliesse?i, für pacem facere u. a.; ebenso
apud se oder secutn concludere, bei sich beschliessen , d. h. einen
Be- oder Entschluss fassefi, für constituere, apud aninium statuere,
decernere u. a.
Concoenare, mitspeisen, mitessen, ist N. L. aus dem Kl. concoenatio
gebildet, für tma coejiare ; ihm ähnlich comprandere. Aber auch jenes
co7icoenatio, was Cicero wörtlich dem griech. (jj'j^£t7T)or nachbildete,
ist nicht weiter gebraucht worden.
Concorda?2tia , die Uebereinstimmung , ist N. L. und concorditas
A. L.; beide sind unnöthig wegen concordia, consensus.
Concredere ist ein seltenes und N. Kl. ungewöhnliches Verbum,
welches nur in der Bedeut. anvertrauen, übergeben vorkommt. N. L.
ist es in der Bedeut. glauben. Etwas für wahr halten, für credere;
so bei Valckenar. (Opusc. T. I, p. 3) : nee ulli quicquam fuisse con-
creditum, für esse creditum.
Co?icretus hat bei den Alten andere Bedeutungen, als die, welche
in dem philosophischen Kunstworte concretiis liegen, was wir in unse-
rer Kunstsprache concret nennen; dafür kann es im reinen Latein
nicht gebraucht werden. Ein concreter Begriff ist 7iotio rei singu-
laris. Für unser in Concreto steht in einzelnen Fällen re, z. B. Cic.
Tusc. IV, 11, 24 haec re copulata sunt, wo es dem cogitatione, d. h.
dem i7i Abstracto entgegengesetzt ist; oder deßnite,z. B. Cic. Orat.
II, 27, 118, wo es dem separatim, d. h. abstract, ent'gegensteht. Vgl.
Deutsch-Lat. Lexica.
Concubitio, der Beischlaf, ist Nebenform von concubitus, kommt
nur einmal N. Kl. vor und ist unnöthig.
Concupiscentia, das Verlangen, ist sehr Sp. L. für cupiditas, animi
libido.
Concurrere, zusammenlaufen, wird in der bessern Prosa nur ver-
236
buiiden in aliquem locum, nicht in aliqiio loco ; ad aliquem, \\\v\\{ apud
aliquem, und so Aelinliches wie bei Advenire; — ebenso das Subst.
concursus. Man sagt aber nicht von zwei Flüssen, die zusammenlaufen,
concurrunt, sondei-n conflutint, und von zivei ff'egen, competunt.
Concussio ist in der ßedeut. Erschütterung nur N. Kl. bei Seneca
für conqiiassatio. Auch concutere ist seltner als conquassare.
CoTidecorare, schmücken, zieren, ist nur A. L. und in Prosa N. KL;
es findet sich nur bei Vitruv für das gebräuclih'che decorare. Unuöthig
brauchte es Perpinian. (Oralt. p. 22) : meutern sapientia condecora-
tani, und Hemsterli. (Oratt. p. ]25) : memoria — est condecora?ida.
Condemnare, verdammen. Zum Tode verd. heisst Kl. nur capitis
condemn. ; N. Kl. bei Tacitus (A. XVI, 21) ad mortem ; gut dag^egen
ist ad rnetalla, ad bestias ; N. L. aber mortis, morti oder morte. Falsch
sa^^t Valckenaer (Oralt. p. 271) : morti Timag^oram condemnaverant
Athenienses. N. L. ist es auch, wenn Grotefend (Coramentar z. d.
Material, p. 50) sagt : aliquem infamia condemnare. Vgl. Vorstii lat.
mer. susp. p. 175.
Condemnatio, die Verdammung, steht nur bei spätem Juristen für
damnatio.
Condensare se, sich zusammendrängen ; — wo oder wohin, ge-
wöhnlich nur in aliquem locum. Das Partie. co?idensatus, dicht gedrängt
(von einem Haufen), ist ungebräuchlich, für confertus; ebenso sagt
man nicht: stant condensati, sondern C07iferti.
Cundere, verbergen ; — wo oder wohin, fast nur in aliquem locum,
selten in aliquo loco, wie sogar in Cic. (Tnsr. V, 9, 27) steht: qui
omne bonum in visceribus medullisque co?fdideris ; — ebenso ganz pas-
send beim Partie, conditus, wo die Handlung des Verbergens schon
beendigt ist, wie Cic. Verr. IV, 63, 140 quas in aerario sanctiore con-
ditas habent. Es ist derselbe Fall, wie bei Abdere, welches zu verglei-
chen ist. In der Bedeut. erbauen wird es nicht von einem einzelnen
Hause gebraucht, also nicht domum, aedem, sondern von mehrern, die
ein verbundenes Ganze bilden, z. B. urbem. Auch sagt man nicht mim-
dum condere und nicht conditor mundi. Vgl. Creare.
Condictus dies, ein bestimmter, a?iberaumter Tag; co?tdicta hora,
eine angesagte, bestimmte Stunde, ist in guter Prosa selten, für dictus,
constitutus dies; dicta, constituta hora.
Condignus, würdig, ist A. u. Sp. L. für dignus.
Conditio und conditus sind in der Bedeut. Gründung, Erbauimg
Sp. L.; man brauche dafür condere oder gebe es durch aedißcatio,
esstructio. Ferner findet sich bei Cicero, obgleich er sagt condere ur-
bem, eine St. grüfide?i, doch nie conditor urbis, wie es wohl bei An-
dern vorkommt, sondern creator urbis, wie Balb. 13, 31, wo er den
Ronuilus so nennt, von dem er doch irgendwo sagt urbem cojididit.
Indess möchte dies wohl zufällig sein, und conditor möchte zu streng
und voreilig als mehr N. Kl. verworfen werden.
Conditionalis, bedingend, unter Bedingung, ist Sp. L. und werde,
wo es nicht nothwendigerweise als Kunstwort angewandt werden muss,
durch conditio vermieden ; — ebenso das Adv. conditionaliter, wtl che s
N. Jj. ist, bedingungsweise, für ea oder aliqun conditione n. ähnliche.
Conditura und conditus, das Einmachen, JVürzen, sind gewöhr)li-
chere iV. Kl. Formen bei Columella u. A. für die Kl. conditio.
287
Conducere, lehret?, üben, ist höchst selten und findet sich nur A.
L. bei Piautus und Sp. L. bei dem Verf. des Bell. Afr., für cofidoce-
facere.
Condolere ohne ein Perf., da condolui zu condolescere gehört, ist
fast B. L. in der Bedeut. sehr leiden; N. L. aber ist condolere alicui,
Kinem condoliren, seine Theilnahme an Jemandes Leiden zn erkennen
geben, für pari dolore affici, prope aeque dolere, dolorem alicui decla-
rare, de alterius dolore siium dolorem testari, alicujus doloribus con-
gruere (Cic. Tusc. V, i, 3). Ebenso ist N. L. condolentia für commi-
seratio. Gutlatein, aber ist condolescere mit dem Perf. condolui \\\ der
Bedeut. loehe thun, Schmerzen empfinden.
Condonare ist in der Bedeut. schenken, beschenken nur A. L. für
donare ; wohl aber sag^t man alicui aliquid condon., um Jemandes wil-
len, nach Jem. JFunsche Etwas aufgeben, davon ablassen, und ebenso
alicui aliquem, um Jem. willen Einem verzeihen.
Condormire ist N. L. in der Bedeut. zusammenschlafen, für U7ia
dormire oder (mit dem Begriff der Liebe) concubare.
Conducere, mietheii, pachten; — von Jemanden, ab aliquo uiul de
aliquo. Vgl. Cic. Att. 1, 17, 19. Divin. II, 21, 47.
Coftducibilis, nützlich, ist wahrscheinlich nur ein gemeines A. L.
Wort bei Piautus für utilis, ähnlich dem A. L. utibilis. Vgl. dieses
Wort.
Conduplicare , verdoppeln , und conduplicatio , die Verdoppelung,
sind A. L. für duplicare, geminatio.
Confabulari, zusammen plaudern, sich unterreden, ist ein gemeines
Wort, wie unser schwatzen von niedrigen Dingen, wo es daher auch
anwendbar ist, nicht von edeln, wo man colloqui sagt. Davon abgelei-
tet sind confabulatio und confabulatus, sehr Sp. L. in gleichem, nied-
rigem Sinne für die edlern sermo und colloquium.
Confectris, die weibliche Form von dem Ä7. confector, kommt
zwar nur einmal und Sp.'L. bei Lactanz vor, ist aber eben so wenig zu
verwerfen, wie das Kl. effectrix. Muret wandte auch jenes confectrix
wirklich an passender Stelle an. Vgl. Mur. Oper. T. I, p. 157.
Conferre wird nach den verschiedenen Bedeutungen verschieden
verbunden. Einem Etwas beilegen, zuschreiben, erweisen. Etwas auf
Einen verwenden heisst conferre aliquid in aliquem; auch Etwas auf
Etwas verwenden, aliquid ad aliquid., z. B. cur am ad philosophiam ;
ebenso Mühe auf Elivas veru\, operam conf ad oder in aliqjiam rem,
nicht in aliqua re; (sich) einander Etwas mittheilen, aliquid inter se
conferre; Etwas mit Einem oder mit Etwas vergleichen , aliquid cum
aliquo oder cum aliqua re, oder mit dem Dativ alicui conf; sich an
eitlen Ort begeben, se in aliquem locum conf, und daher sich attf die
Flucht begeben, se in fugam conf. ; Etwas irgendwo oder wohin zusam-
menbringen, aliquid conf. in aliquem locum, nicht in aliquo loco. Man
merke auch: atn meisten zu Etwas beitragen heisst plurimum conf.
ad aliquid, nicht maxime. JV. L. wird aber conferre für das einfache
mit bringen gebraucht, wenn man Etwas von einem Orte mitgenommen
hat, z. B. ich bringe Bücher mit nach Hause, nicht libros domum con-
fero, sondern mecumfero, unafero oder tina affer o u. dgl.
Confessum als Subst. und der Plur. confessa kommen N. Kl. bei
Seneca, den beiden Plinius und Quintilian einigeraal in besondern Re-
238
clensarten mit in und ex vor; als selten sind sie lieber zu vermei-
den. Man sagt in confesso oder in confessin esse in der Bedeut. all-
gemein zugestanden, d. h. geiriss, ausgemacht, 7inbe':iweifelt sein, für
Jion dubiuni, certtim, exploraturn esse ; in confessum ve?iire, allge-
mein zugestanden, gebilligt iverden, für eomprobari ; ex confesso, un-
streitig, für sine dubio, sine cojitroversia. — Wenn in der cliristlichen
Kirehengeschichte und Dog'matik eine Confessio Augtistana vorkommt,
worunter man das Glaube?isbekenntniss der Protestanten versteht,
welches in Augsburg übergeben und vorgelegt wurde, so ist zwar diese
Benennung nicht eben gut lateinisch, kann aber doch als stehendes
Kunstwort nicht abgeändert werden.
Co7ißcere. N. L. und gekünstelt ist, was Einer vor Kurzem schrieb:
extremum diem morte confecit für das einfache mortuus est oder ex-
tremum (supremuin) diem obiit u. a.
Conßdefitia ist in der guten Bedeut. Vertrauen auf sich fast nur
j4. L. und N. Kl. i\\r fidiicia, da jenes in besserer Prosa Vermessen-
heit, Keckheit, Dreistigkeit bedeutete ; und ebenso das Partie, con-
fidens, vermessen, dreist, nicht voll Vertrauen in gutem Sinne, was
ßdens heisst. Vgl. darüber Cic. Tusc. III, 7, der freilich die böse Be-
deutung missbilligt, jedoch dem Sprachgebrauche folgt.
Co7ißdere. Im Perf. werde durchaus nur co?ißs?is sum, nicht con-
ßdi gebraucht, obgleich bei Liv. (XLIV, 13) confiderunt für conßsi
sunt in allen Flandschr. stehen soll. Mag dies auch der Fall sein, so
ist es doch lächerlich, es nachzubrauchen, da es sonst nirgends vor-
kommt. — Das Verbura wird verbunden mit dem Dativ oder Ablativ
dessen, worauf man vertraut.
Confieri für cotißci brauchen zwar Caesar und Sulpicius (in Cic.
Farn. IV, 5), und so noch andere dazu gehörige alte Formen, wie con-
ßt, co7tßat, conßeret u. dgl., nie aber Cicero, und sie werden lieber als
alte Formen nur der P. Sprache überlassen. Man halte sich an das
passive conßci.
Conßnis, benachbart, findet sich zwar Kl. nur selten bei Varro und
Caesai-, mehr N. KL, aber es ist nicht zu verwerfen.
Conßscare, in ßscum redigere oder fisco inferre, conßsciren, ein-
ziehen, ist ein erst N. Kl. Wort und nur dann brauchbar, wenn das
Eingezogene in den Schatz des Regenten kommt, aber nicht, wenn es
in die Staatskasse fliesst, wo man publicare, in aerarium redigere, in
publicum addicere sagt. Bücher conßsciren ist etwa durch proscribere
oder ifiterdicere libros auszudrücken.
Conßagrare, im bessern Latein nur neutral, also ohne Object, ver-
brefmen, iti Flammen aufgehen, vom Feuer verzehrt werden ; erst Sp.
L. wird es activ. mit einem Acc. verbunden, z. B. urbem, eine Stadt
verbre?inen, durch Feuer verzehren, für incendere, concremare.
Co7)flictns, das An einander schlagen, ist Kl. nur im Abi. üblich;
ausserdem ist es Sp. L. in der Bedeut. Streit, Kampf, für conflictio.
Wahrscheinlich ist auch conflictalio Sp. L. für conflictio.
Confluere, zusammenfliessen. zusainmenströmeti ; — wo oder wohin,
in aliquem locum, nicht in aliquo loco. Weiteres darüber s. unter
Advenire.
Confluvium, der Zusammenßziss, ist A. u. P. L. für confluens oder
239
meistens coiißnentes : l>ei amlern Dingen (ausser bei Flüssen) concur-
suti, colliivias.
Conßuens, der Zusanimenfluss, ist N. L. Vgl. vorher.
Confoederare, durch eiüi Bündniss vereinigen^ verbunden^ ist sehr
Sp. L. tür foedere jüngere, adjungere, coiijungere; ebenso ist Sp. L.
confoederatus für das Kl. foederatus, foedere ju7ictus oder socius, und
confoederatio für foedus, socielas, consociatio.
Conformare animum, mores ii. s, w., die Seele, den Charakter bil-
den, kann mir mit Ablativen, z. B. artibns^ disciplina, praeceptis, cogi-
tatione hominum excellentium, philosophia verbunden gebraucht
werden, sonst sagt man animum colere. Als Subst. aber kommt confor-
7natio animi nur in der Bedeut. die Forstellung, tvelche sich die Seele
von Etwas macht, ein Begriff vor, bedeutet aber nicht Ausbildung
der Seele, was animi cultus heisst. '^^\^. Weber's Uebungssch. p. 72.
Klotz zu Sintenis p. 83.
Confor?nis, gleichförmig, übereinstimmend, ist sehr Sp. L. für cofi-
gruens, co?weniens u. a. ; ebenso ist conformitas fast iV. L., die Gleich-
förmigkeit, für consensus, congruentia, convenientia.
Confortare, stärken, bekräftigen, ist sehr Sp. L. für corroborare,
confirmare u. a.
Confrater, der Mitbruder, ist N. L. und ganz unnöthig im eigentl.
Sinne für f rater, in dem Sinne Amtsbruder für collega.
Confrontare (woher unser confrontiren) , gegenüberstellen, ist iV.
u. B. L. für reutn cum indice oder socio componere, reum et delatorem
componere u. dgl.
Confugium, die Zuflucht, ist P. L. für perfugium.
Confundere ist in der Bedeut. verwirren. Einen in der Rede —
(aliquera dicentem) wohl richtig, aber se conf., sich verwirren, d. h.
verwirrt werden, sagt man lateinisch nicht; dafür confuse loqui, verba
conf andere ; — daher auch oratio confusa. — Mit dem Acc. proelium, in
der Bedeut. einen Kampf anfangen, ist es nur P. L. für committere
proelium, congredi cum aliquo. Confundi in der Bedeut. sich schämen
ist Sp. L. für pudore affici.
Congaudere, sich mitfreuen, ist sehr Sp. L. für una cum aliquo
gaudere.
Congeminare, verdoppeln, ist A. u. P. L. für geminare.
Congejiitus, zugleich geboren, angeboren, ist nur N. Kl. und findet
sich bei dem altern Piinius von gemeinen Sachen; in besserer Prosa ist
es unbrauchbar; man sage dafür irigenitus, insitus, ingener attis, inna-
Uis. Dennoch sagt Hemsterh. (Oratt. p. 12) : indoles animique con-
genita semina.
Congerere, zusammentragen, zusammenhäufen, wird verbunden in
aliquem locum, selten in aliquo loco; Weiteres darüber s. unter Adve-
nire. Selten und mehr TV. KL, jedoch auch bei Livius, steht es ra. d.
Dativ, alicui, auf Jemanden.
Congeries, der Haufe, die Masse, ist nur N. Kl. u. P., auch selten,
für acervus, copia, ?noles ; doch ist es nicht zu verwerfen.
Conglobare, ziisammendrängen, wird fast nur verbunden /// ali-
quem locum, nicht in aliquo loco.
Cotigredi, %7isammenkommen, wird verbunden cum aliquo, mit Je-
manden , P. L. alicui.
240
Congregabilia, gesellig, zur Gesellschaft gemacht, findet sich nur
einmal, aber bei Cicero, von ßienenschwärmen gebraucht, und ist nicht
zu verwerfen.
Congregare, versammeln, vereinigen ; — wo, wohin, fast nur in ali-
quem locinn, selten in allquo loco, wie Plin. (N. H. X, 23, 31) sagt: ci-
coniae abiturae congregantur iu certo loco ; bei Jemanden, ad aliquem,
niiht apud aliquem (Liv. I, 10, 1).
Congregatim, in Haufen vereint, ist Sp. L. für congregali oder
ctmjnnctim.
Congressio ist in der Bedeut. das feindliche Zusammentreffen, der
Angriff, Kampf nur Sp. L. für das Kl. congressus ; aber Kl. wird es
von dem freundlichen "Züsa.mmQnkommo.n gebraucht, welches auch con-
gressus heisst.
Congruere, zusammenstimmen, angemessen sein, wird gleich gut
mit cum und mit dem Dativ alicui verbunden; UTiter einander, inter se.
Congruentia, die Ueber einstimmun g, ist- N. Kl. und selten für co7i^
sensus, consensio, convenientia. ^
Congruus und congrue, übereinstimmend, passend, sind A. u. Sp.
L. und selten; man vermeide sie ganz und sage dafür congruens, con-
cinnus, congruenter, concinne u. a.
Conjectanea, ein Plur., kommt nur als Titel von Schriften mancher-
lei Inhalts vor, aber nicht, wie im N. L., in der Bedeut. Fermuthungen,
wofür conjecttirae das Kl. Wort ist.
Co7ijectatio, die Vermuthung, ist N. Kl. und steht nur bei dem
altern Plinius für conjectio oder noch gewöhnlicher conjectura.
Conjectator, der Zeichendeuter, der Vermuthungen angibt, ist B.
L. für conjector.
Conjecturare, vermuthen, eine Fermuthung aufstellen, kommt im
N. L. bei Kritikern vor, ist aber jetzt ohne alle Auctorität, seitdem es
in Seneca (N. Qu. VII, 29) durch Lipsius aus Handschr. in conjectura
ire verändert und aus allen neuern Ausgaben verschwunden ist. Man
brauche conjicere, conjecturatn facerc, conjectura aliquid assequi u. a.
Conjugatio und conjugare von Verben in dem Sinne unsrer Gram-
matik ist zwar erst Kunstwort der spätem Grammatiker für declinutio
oder declinatus und declinare, welche bei Varro und den Folgenden
dafür gebraucht werden, aber heutzutage müssen jene Wörter den
letztern als verständlichere und allein gangbare vorgezogen werden.
Conjunctio. D. L. ist in conjunctione alicujus oder cum aliquo esse,
mit Jemanden in Ferbiridung stehen, für cii/ti aliquo oder alicui jungiy
conjunctum esse; in der engsten Verbindung stehen, conjunctissimum
esse u. a.
Conjunctus wird, wie das Verbura, verbunden alicui oder cum
aliquo.
Conjurare, sich verschwöre?!, verbinderi Etwas zu thun. Griechisch-
Lat. ist, wenn man sagt conjurare aliquid facere, also mit dem Infin.
statt ut aliquid faciat aliquis oder mit de und dem Gerundio des
Verbi, de aliqua re facienda, z. B. die Stadt anzustecken, ut urbetn
incenderent oder de urbe incendenda ; auch in uliquid, z. B. in mortem
alicujus, Jim Einen zu ermorde?i.
Cunnatus, zugleich-, mitgeboreti, ist fast B. L. Vgl. Congenitus.
241
Das Verbum connasci aber ist unerhört. Jenes Wort brauchte Laur.
Gronov (Praef. edi(. PJinii N. II. L. 1\) : quae ei aetati co/mata est.
Co?inectere, verbinden, wird fast nur mit cum verbunden, selten
m. d. Dativ.
Comiexio findet sich nur bei Qnintih'an und nur in der Bedeut. die
logische Schlussfolge, nie aber im Allgemeinen in der Bedeut. Verbin-
dung, der Zusaminenhang, wie es im N. L. gebraucht wird, wo man
von einer comiexio se7ite7i(iarum oder verborum spricht, was bei einem
Lateiner nicht vorkommt; eben so wenig auch ro/^wej;?/«, was zwar die
Verbindung bedeutet, aber nur P. L. ist und nur bei Lucrez vor-
kommt. Vgl. mehr unter Nexus.
Conniventia, die Nachsicht, ist Sp. L. für indulgentia, venia., oder
mit dem Verbo connivere selbst.
Cojimimerare, mit- oder unter Etwas zählen, ist sehr Sp. L. für
una numerare, in eundem numerum referre, ad aliquorum numerum
adscribere, aliquibus annunierare.
Conqueri, klagen, steht nirgends in passiver Bedeutung und nur
einmal neutral bei Sueton : Postero die in senatu conquestian est, aber
doch nicht mit einem Beisatze a quo, vo?i wem, wie es unlateinisch
vorkommt in der Vorrede der Leidner Ausg. des Corpus juris vom
J. 1664: Infinitos errores cunclis in exemplai'ibus (für m cu7icta exein-
plaria) irrepsisse ab omjiibus pene juris peritis conqueslum est, für
omnes — periti conquesti su7it. N. L. ist apud aliquem de aliqua re
C07iqueri, sich bei Jem. über Etwas beklage7i, für apud aliq. aliquid
oder cu7n aliquo de aliqua re C07iq.
Conrector (scholae),em Conrector,ist ein in Form und Bedeutung
ganz neues Wort; der Form nach müsste es nach dem Gesetze der
Assimilation der Buchstaben Corrector heissen, aber die Bedeutung
weicht ganz von denen des Wortes Corrector ab. Es müsste daher
durchaus verworfen werden; da es aber als neuer Amtstitel nur durch
weitläufige Paraphrase zu ersetzen wäre, so muss es heutzutage, wie
alle neue Namen, beibehalten werden.
Consa7igui7iitas, Blutsverwa7idtschaft, kommt in engerer Bedeut.
nur bei Juristen vor, in weiterer einigemal bei Livius; es lässt sich
durch co7iju7ictio oder communio sangui7iis ausdrücken.
Consar cinar e , zusa7nmenschle.ppen , zusamme7i7iühe7i , ist Sp. L.
und selten für colligere, co7igerere, comportare. Ohne Auctorität aber
ist co7isarcinator , was Ruhnken vielleicht selbst gebildet hat. In spot-
tender Rede ist es wohl nicht zu verwerfen, da vielleicht kein Subst.
zum Ersatz dient, indem auch co7iipilator verworfen wird.
Consauciare, verwu7ide7i, ist N. Kl. und sehr selten für sauciare^
vulnerare.
Co7iscendere, besteigen, braucht Cicero nur von Schiffe7i und zwar
entweder i7i navem oder blos 7iave7n; Caesar, Livius und die Folgen-
den verbinden es auch mit andern Objecten und ebenfalls mit oder
ohne in. IVo man einsteigt, denken die Lateiner als ivober, z. B. ztt
Ostia, nicht Ostiae, sondern Ostia, oder ab Ostia; nicht Brmidusii,
sondern Brimdusio oder a Brund. Vgl. Cic. Att. IX, 14, J3. Phil. I, 3,
7, wo ab eo loco unser dort ist; Att. XIV, 16, 1 ab hortis Cluvia7iis, in
den Cluv. Gärte7i; ib. VI, 8, 4 Epheso. Daher heisst wo nicht m6?, son-
dern U7ide, a quo loco; dort, i7ide, ab eo loco. Vgl. Cic. Phil. I, 3, 7.
16
212
Falscli sa^st daher Maiiut. (Epist. III, 35) : ut Mantuae coiisoeiule-
rem, für Manfua oder a M. und (ib.) : Caneti coiisceiuii, lur Caneto
oder a Can. — und ähnliche bei Andern.
* Dagegen finde ich bei Livius (XLIV, 23, 9): legati Thessalonicac (für
Thessalonica') conscenderc jussi. Ob es so noch anderwärts vorkommt, weiss
icli nicht.
Conscensus, das Besteigen, ist N. L. für conscensio, was sehr auf-
fällt, da von adscendere gesagt wird adscensio und adscens?is , und
die letztere Form häufiger vorkommt. Hinsichtlich des Wortes con-
sce7isio merke man, dass Cicero, der es allein braucht, nicht den
Genitiv iiaviiiin hinzusetzt, sondern /;2 naves. Die Seltenheit des Subst.
conscensio fällt ebenfalls auf.
Conscientia, theils mit den Genitiven animi oder mentis (Cic.
Cluent. 58, 159), theils ohne dieselben, hat in der Bedeut. Beiviisst-
sein, Gefühl des Rechts und Unrechts, Gewissen, oft ein bestimmen-
des Adjectiv für unser gut und böse bei sich, z. B. bo7ia, recla, prae-
clara, optima, mala, was Einige nicht zugestehen wollen. Vgl. ein voll-
ständiges Latein. Lexicon. Aber nach dem Zusammenhange hat das
Subst. auch ohne ein Adjectiv die Bedeutung gutes oder böses Gewis-
sen. Wenn wir aber sagen: ich thue das mit gutem Gewissen, so heisst
dies hoc salvo officio facio, nicht bo7ia conscientia. Das N. L. salva
conscie/itia, unbeschadet des Gewissens, was bei Versicherungen ge-
braucht wird, man habe Etwas redlich, ohne Betrug gethan, muss nach
Ruhnken (z. Terent. Andr. IV, 3, 14) übersetzt werden durch sine
frai/de, liquido, vere. — J). L. ist conscientiam mihi facio, ich mache fnir
ein Gewisseji (daraus), für mihi religio est, in religionem traho, habeo
rem religioni , habeo religiosum aliquid facere u. a.; verneinend mihi
non est religio mit folgendem quo jninus.
Conscire sibi, sich bewiisst sein, kommt nur ein einzigesmal beiHo-
raz vor: nil conscire sibi, sich Nichts bewusst sein, und kann, als oflFen-
bar P., ausser mit Anspielung auf diese Stelle nicht angewandt wer-
den; man sage sibi conscium esse alicujus rei, z. B. culpae, nullius
culpae.
Co?isciscere, zuziehen, annehmen., ergreifen, mit dem j4ccusativ
eines Objectes, hat oft noch ein reflexives mihi, tibi, sibi bei sich, was
jedoch gleich gut auch fehlen kann; bei Livius ist es auch einmal in
aliquem verbunden: in se ac suos facinus foedura ac ferum consciscunt
(XXVIII, 22, 5).
Conscius, mitwissend, bewusst, hat den Gegenstand, um den Jemand
raitweiss und dessen er sich bewusst ist, fast nur im Genitiv bei sich,
sehr selten, jedoch auch bei Cicero, im Dativ, z. B. illius facinoris und
Uli facinori.
Cows6T/6///ore ist höchst selten; Varro braucht es vom Schreiben
nichtswürdiger Dinge ; es kann aber kaum nachgebraucht werden.
Conscriptor, der Schriftsteller, ist Sp. L. für scriptor.
Consecrare. Wüstemann (z. Doering. Comment. p. 114) verwirft
mit Recht als A'. L. virtutibus se consecrare immortalitati ; sed. sagt
er, virtutes aliquem ad immortalitatis 7iiemoria?n cotisecra7it, sive vir-
tutibus 7nemoria ?iominis alicujus co7isecratur.
Conseclaneus, folgerecht, ist Sp. L. für co7iseque/ts oder consecta-
243
rius; als 8ubst., der Anhänger, ist es ebenfalls Sp. L. für assectator.
Vgl. dieses Wort.,
Consectarms wird nur von Cicero als philosophisches Kunstwort
gebraucht, sonst aber von Niemanden. Man wende es vorsichtig an.
Mehr im Gebrauche ist conseqnens mit dem Subst. cowse^rMewZ/a. Neuere
lieben consectarius, oft an unpassender Stelle.
Consec?/tio ist in der Bedeut. das Erlangen, Erreichen sehr S/J. L.
und nicht anzuwenden; dafiir das Verbura consequi und das Subst.
adeptio. Bei Cicero (Fin. I, 11, 37) bedeutet es theils die Folge (hoc
cowsec?^fib«em alTertvoluptatis, r/iteses hat Fergfiiigen zur Folge), theils
die Anordnung und Verbindung der Wörter. Als Plur., die Folgen,
kommt es nur in der philosophischen Sprache vor. Vgl. Co/isequentia.
Conseyisio und cotisensus, die Uebereinstimmung, sind beide Kl.
und gleich häufig: aber der blosse Ablativ co?isensu in der Bedeut.
einstimmig ist erst seit Livius bei den Historikern üblich für uno,
o?nnium oder communi consensu, uno ore, una voce, una mente.
Consentanee, Adv., gemäss, übereinstimmend, ist Sp. L. für con-
venienter, congrue?iter.
ConsentaneuSj gemäss, passend u. dgl., wird meistens mit dem
Dativ verbunden, seltner mit cum. Das neutrale coiisentaneum est hat
bei einem folgenden Satze nicht ut, sondern den Inßn. oder Accus, c.
Inf. bei sich, z. B. dass dieses geschehe, hoc fieri, nicht ut hoc ßai.
Consentire, übereinstimmen, wird verbunden mit dem Dativ alicui
oder cum aliquo, und mit dem Inßn. in der Bedeut. gemeinschafllich
beschliessen. Etwas zu thun. In oder für Etwas übereinstimmen heisst
nicht in aliquid, sondern in aliqua re; jenes hiesse gegen, wider Etwas.
Man sage nicht in hanc lectionem omnes codd. consentiunt, sondern in
kac lectione.
Consequentia lindet sich als Subst., die Folge, das Aufeinander-
folgen, nur einmal bei Cicero, consequentia eventonim, die Folge der
Ereignisse, sonst nirgends ausser bei spätem Juristen, wo auch erst
ein Plural consequentiae, die Folgen, vorkommt, wofür Kl. gesagt wird
quae sequuntur oder consequuntur, oder consecutiunes nehen causae
als philosophisches Kunstwort: causae rerum et consecutiones (Cic.
Fin. II, 14, 45). üeberhaupt liegt in den Verbis sequi und consequi
der Begriff der Folge; z. B. die Strafe, welche die Folge jenes Verbre-
chens war, poena, quae sequebatur (cojisequebaiur) illud scelus. —
Das philosophische Wort Consequenz oder Folgerichtigkeit heisst coti-
stantia ; folgerichtig oder co?isequent, constans oder consenta?ieus (Cic.
Tusc. V, 9, 25), und das Adv. constanter ; als Verbum gebrauche man
co7istare. Vgl. Cic. Tusc. II, 2, 5 co7istantiae causa, tun der Consequenz
willen. Die Consequenz im Systefne oder die syste?natische Consequenz
heisst perpetuitas et coiistantia (Cic. Tusc. V, 15, 31).
Consequi ist mehr erfolgen, als Folge eintreten, Folge von Etwas
sein; aber sequi, begleitend folgen, nachfolgen. Die Bedeut. erlangen,
erreichen hat es nur, wenn Mühe und Arbeit damit verbunden ist, la-
bore, opera, studio. Vgl. Adipisci. Wenn bei Cic. (Farn. 1, 5, a. 1
afficior summo dolore ejusmodi tempora post tuam profectionem con-
secuta esse) vor dem Accus, die Praep. post steht, so glaube man
nicht, dass consequi ^\ic\\ mit post und dem Accus, statt des einfachen
Accusativs verbunden werde; vielmehr stehen jene Worte für sich in
16*
244
der Bedeut. in der Zeil nach deiner Abreise^ so dass consecuta esse
ganz für sich oliiie Object steht.
Coiiserere mit dem Objecte sermojiem, Unterhaltung wechseln, sich
unterhaUen, ist Sp. L. bei zwei Wortküiistlerii, Curtius und Fronto,
welcher letztere (Ep. ad Ver. 3, 6, p. 159 ed. ßerol.) das Perf. C07i-
sevisti gebrauclit hat, für cotiseruisti, was Niebuhr vorschlägt. Bei
Curtius (VIII, 12, 9) steht im Inf. conseri, woraus mau Nichts schlies-
sen kann. Uebrigens ist die Redensart ganz zu vermelden durch ser-
monem ronferre cum nliquo, was auch 3Iuret jener, die er auch Oper.
T. 1, p. 293 braucht, hätte vorziehen sollen. Ueber conserere, bepflan-
zen, vgl. Consitiis.
Consider anter, bedächtig, ist Sp. L. für considerate.
Considernntia, die Ueberlegtheit, Besonnenheit, Bedachtsamkeit, ist
JV. Kl. und findet sich nur bei Vitruv, daher ist es auch kaum nachzu-
brauchen, wiewohl es durch inconsiderantia,\\^^ sogar bei Cicero vor-
kommt, geschützt wird. Sonst wähle man consideratio, circumspectio,
prndentia, cautio oder umschreibe durch cotisiderate agere.
. Considerare, betrachten, überlegen, Etwas nach Etwas beurtheilen,
wird verbunden aliquid ex aliqua re (Cic. Inv. II, 58, 176).
Consideratus, überlegt, überdacht, hat zwar eigentlich nur diesen
passivefi Sinn, aber gleichwohl hat es als Adjectiv schon in der AI.
guten Prosa einen activeji angenommen, bedachtsam, behutsam, und
wird Personen beigelegt. Dieser Gebrauch wurde neulich übereilt
verworfen. Vgl. Incon^ideratus.
(Jonsidere, sich niedersetzen u. dgl. ; wo, wohin heisst in aliqua locOy
nicht in aliqueyn locum; darnach richten sich andere Ortsbestimmun-
gen. Wohin heisst ubi, nicht quo; dort, ibi, nicht eo u. a.
Consiliator, der Rathgeber, ist N. Kl. und selten und steht beim
Jüngern Plinius für das Kl. consiliarius.
Consilium, Entschluss Etwas zu thun,\idLn\\ mit dem Genit. des Ge-
ruiidii, was dasUeblichste ist, oder mit dem Infinitiv,oA.GY mit ut ver-
bunden werden ; z. B. consilium cepi ante lucem urbe ej:e//w^«', oder
ex//"e, oder ut exirem; — Alles gleich gut und Kl. — Da consilium
auch Plan und Absicht bedeutet, so fragt es sich, ob man in diesem
Sinne von consilium libri, dialogi, carminis alicujus sprechen könne.
Da nirgends etwas dem ganz Aehnliches von Sachen vorkommt, so wird
an der Latinität dieser Ausdrucksweise gezweifelt und dafür zu Um-
schreibungen mit spectare gerathen. Da jedoch der Genitiv in so viel-
fältigem Sinne genommen wird, so ist wohl auch diese Art zu reden
zulässig, zumal wenn es dem Zusammenhange der Worte nach ver-
ständlich ist. Vgl. Raschig Progr. p. 26. — N. L. aber ist cojisilium depo-
nere, einen Entschluss oder Plan aufgeben, für consilium nbjicere.
Consitura, die Bepflanzimg, steht nur bei Cic. Rep. I, 17 mit dem
Genit. agri., was auffallend ist; und ebenso consilio , das Besäen., Be-
pflanzen, bei Cic. Senect. 15 für das gewöhnliche salio.
Consitus in der Bedeut. gepflanzt von einem Baume, einer r lume
und jeder andern Pflanze soll nirgends vorkommen, da es nav bepflanzt
bedeute, also nur von einem Felde, Garten, Beete gesagt werde, wes-
wegen Frotscher zu Muretus (Oper. T. I,p.216), der; nuperin horto
— consitas plantas schrieb, bemerkt: Consitus non tam de plantis dici-
tur, quam de locis, in quibus sunt plaatae. Er hat darin Recht, denn
245
nur selten und nicht nachziihrauchen ist conserere in der Bedeiit.
pflanzen, für das einfache serere. \gl. mehr darüber bei Drakenb. z.
Liv. X, 24, 5.
Consociaüis. Bezweifelt wird die Superlativform consociaü'ssitnus,
tmif'ßst verbunden, m Cic. Farn. III, 3, wo Orelli zu vergleichen ist, und
H. Stephani Pseudocicero p. 79.
CoTisolaH wird verbunden aliquem aliquid oder de aliqua re, Einen
wegen oder über Ettvas trösten, zu beruhigen suchen; seltner aliquid
aliqiia re, sich wegefi Etwas mit Ettvas tröste?!, wie bei Cic. (Tusc. V,
31, 88) : magnitudineTn doloris brevitate consolatur.
Consolidare stand sonst in der Partie, form consolidatus in Cic.
Fam. V, 20, 2 von Rechnung-en gebraucht, welche verglichen oder be-
glaubigt warefi; aber da die Verba solidare und consolidare \o\\ Rech-
nungen (ratio7ies) in dieser bildlichen Bedeut. erst bei späten Juristen
vorkommen, nemlich in der Bedeut. /es/s/e//ew, solidiren, consolidiren,
sichern, nirgends aber in der Bedeut. vergleichen, was dorthin gehört,
so liest man jetzt in jener Stelle dafür conlatas oder collatas. Vgl.
Orelli. Man sage rationes conßcere et conferre. In der eigentl. Bedeut.
dicht machen braucht es der Ärchitect Vitruv von einer 3Iauer oder
Wand, wahrscheinlich als Kunstwort; anders kommt es nicht vor.
Cojisonantia, Harmonie, Einklang, ist vielleicht ein gewöhnliches
Wort, N. Kl. nur bei Vitruv, sonst nicht, Sp. L. öfter für concentus
(Cic. OfF. I, 40), consensus, conspiratio u. a.
Consonare steht Kl. bei Varro von Bienen, die zusammen summen,
und bei Livius consonans vlamor, einstimmiges Geschrei; öfter N. Kl.
bei Quintilian, und nicht zu verwerfen; sonst sagt man dafür Kl. con-
cinere., assentiri, conseniire u. a.
Consortitmi , die Verbindung , Gemeinschaft , ümi et sich zwar bei
Livius, Quintilian u. A., aber selten für consortio, societas.
Conspectus ist in der Bedeut. Uebersicht, Entwurf einer schriU-
lichen Arbeit Sp. L. und findet sich nur bei Gcllius nach dem griech.
avrounq; im N. L. ist es sehr gewöhnlich für adnmbratio, auch wohl
swnmarium.
Conspicere vgl. j4spicere.
Conspirare, sich vereinigen, einstimmen in oi]er für Etwas, in aliqua
re., aber gegen Etwas, in aliquid. Man unterscheide beide, und sage
daher nicht: omnes codd. m ha7ic lectione7n (scripturam) conspirant,
sondern in hac lectione ; jenes heisst gegen diese Lesart.
Conspurcare, beflecken, besudeln, ist N. Kl. und steht nur bei Co-
lumella u. Suet. (Ner. 35); es ist höchstens bei ganz gemeinen Dingen
zu brauchen.
Constdbilire., befestigen, ist nur A. L. und findet sich einigemal bei
den Komikern, sonst ist es erst ganz Sp. L. für stabilire. fundare.
Conslare. Die neutrale Redensart oinnibus oder inter omnes con-
stat bedeutet nicht: es ist Allen bekannt, sondern Allen oder bei Allen
ist gewiss, iinter Allen steht fest, Alle glauben, bei Allen ist ausge-
77iacht, Alle si7id dari7i ei7iversta7iden ; daher auch mihi constat, ich bin
fest e7itschlosse7i , z. B. quid agam, ?vas ich thiai solle. Vgl. Cic. Tusc.
IV, 15,35. Caes. B. G. III, 14. — Obgleich cojistare mit einem Genitiv
oder Abi. der Grösse des Werthes kosten heisst, so wird doch: Was
246
kostet es für Mühe? nicht mit cnnstare übersetzt, sondern quanti est
lahoris ? qumitae est moUs ? quid est negotii?
Constellatio , ihr Stand der Gestirne , die Constellation , mit äiiin
Nebensinne des Einflnsses auf den Menschen, ist Sp. L. für nffectio
coeli, äff. astrorum, silus coeli et slellarum.
CoHsternare I^ann fast nur im Partie, consternatns mit und ohne
esse an^^ewandt werden, da es seit Caesar bei den Historikern in der
Bedeut. in Verwirrung, in Schrecken gesetzt oft vorkommt, Cicero
aber braucht es nie. Vom Actio, kommt bei Livius nur consternavit
und consternans vor. Cicero braucht dafür perterrere und conturbare.
Coiistituere hat, in welcher Bedeutung es sei, bei einem Orte iti
nur mit dem Ablativ bei sich, niclit in mit dem Accusativ, z. B. in
urbibus, in civitate , in acie u dgl. In der Bedeut. beschliessen Etwas
zu thun, wird es Kl. fast nur mit dem Infin. des folg. Verbi ver-
bunden, selten mit ut (Cic. Fin. V, ], 1. Att. XVI, 10). D. L. ist
coiistituere aliquem in imperio, in regno, in magistrata u. a., oder wohl
gar in imperinm, Einen auf den Thron setzen, in ein Amt einsetzen.,
für aliquem constituere iniperatorem , regem, alicui mogistratum dare,
mandare, committere, oder im passiven Sinne obtinere, consequi im-
perium, magist ratum.
Constitutio ist in der Bedeut. Anordnung, Einrichtu?ig nicht zu
verwerfen, da es bei Cic. (Leg. II, 10) mit dem Ohjectsgenitiv reli-
gionum und hei Livius (XXXIX, 53, 10) mit dem Subjectsgenitiv
scnutus so vorkommt, wiewohl es ohne einen solchen Genitiv lieber
mit institutum, decretum , zumal im Plur., zu vertauschen ist. Aber
was wir Constitution , d. h. Verfassung , Staatsverfassung , nennen.,
liegt nicht darin; dafür sage man inslituta et leges (Caes. B. G. I, 1)
oder descriptio civitatis a majoribus constituta (Cic. Sest. 65, 137),
was nach dem Sinne jedesmal abzuändern ist. — Richtig ist aber con-
stitutio corporis , die Leibesbeschaffenheit , körperliche Constitution,
wiewohl auch dafür corporis affectio (Cic. Tusc. V, 9, 27) und cor-
poris habitus ( Cels. III, 22) steht. Man tadelt aber bona corporis
const., weil Cicero anderwärts nicht bonus, sondern firmus brauche;
vgl. Cic. Off. 111,33,117. Tusc. V, 9, 27. Da aber Ebenders. (Fin.
II, 28,92) corpus be7ie constitutum sagt, so möchte bonus eben so
wenig verwerflich sein.
Constructio verborum, die Construction der Wörter , ht in dem
doppelten grammatischen Sinne erst Sp. L., da es in der bessern
Pi'osa nur die passende, schickliche , nmneröse Verbindung und Zu-
sammenstellung der Wörter bedeutet. Als Kunstwort kann es kaum
vermieden werden. ^^ o es zu vermeiden ist, brauche man dafür im
Sinne der logischen Folge der Wörter , co7isectitio verborum (nach
Cic. Partit. 6), und im Sinne der Verbindung eines Wortes mit dem
andern, conformatio verborum (nach Cic. Orat. I, 33, 15). Das Ver-
bum construere aber ist im grammatischen Sinne eben so Sp. L.,
2. B. hoc verb?im construitur cum Ablafivo u. ähnliche, für jungilur,
conjungitur cum Abi., wie auch selbst die spätem Grammatiker mei-
stens sagen. In der Kl. Bedeutung aufhäufen, zusammenbringen wird
das Wollin ausgedrückt durch in mit dem Abi., nicht durch in mit
dem Accus.
Consttasor, der Rathgeber,\i.ommi nur ein einzigesmal vor und zwar
247
bei Cicero für das sonst beständige s//«sorj vielleicht mit dem Neben-
begrifFe des dringende?!. Als seltnes Wort werde es vermieden.
Gleich selten und nur A. L. ist das Verbum co7isuadere für suadere,
so dass beide geraeine Volkswörter gewesen zu sein scheinen.
Co7isueßen\ gewohnt icerden, sich geiröhnen, ist B. L. für consiie-
scere, in cousiietudinem venire; ebenso ist N. L. consuetiim ßeri.
Consuehis siim, ich biri gewohnt, d. h. ich pflege, ist fast nur u4. L.
für consuevi. Und so kommt das Partie. C07isnetiis ausser bei Dichtern
nur bei Sallust in der Bedeut. gewohnt , gewöhnlich vor. Ohne alle
Auctorität aber ist das N. L. bekannte alltägliche consi/eto 7nore, 7iach
getciohnier Sitte oder Weise, für more oder C07is7iettidine allein, wozu
oft mens, tniis, suus — hinzutritt. Ebenso auch die co7isneto, hora co7i-
sueia und dergleichen mehr. Nach Sitte heisst auch iit fit oder ut
co7isuevi u. s. w.
C'onsit/ere wird in der Bedeut. Einen um Rathfragen, befrage7i, zu
Rothe %iehe7i verbunden aliqvem consu/.; tvege/i ei7ier Sache, de aliqiia
re ; in der Bedeut. /?/r Einen, für Ehvas sorgen, bedacht sein, cdiciii
(rei) consniere : fur's aUgemei7ie Beste., in 77iediu77i, i/i comm^ine ; i/i
Riicksicht auf Jemande7i oder gegen Jem, Etwas besch1ie8se7i oder
gege7i ih7i verfahre7i, de atiqiio oder in alique7n cons. Das Etivas oder
wie verfahre7i wird, wird durch ein Adv. ausgedrückt, z. B. graviter,
crudeliter ; doch kommt eine solche Redensart nie [)ei Cic. vor. — N. KL,
vielleiclit aus dem altern Latein, findet man boni aliquid constilere.
Etwas gütig aufnehmen, 7nit Etwas zufrieden sei7i , einigemal bei
Quintilian, sonst "selten für bonuin aliquid judicare ; es werde ver-
mieden. Aber mali consulere kommt, da es luinatürlich ist, nicht vor. —
Ts. L. ist es auch, alicui consulere in der Bedeut. Einem rathen^ einen
Roth gehe7i zu brauchen, für alicui suadere, alicui auctorem esse,
consilium dare. Allzu heilig oder juristisch ist es aber, zu sagen, z. B.
Homerum, Plat07iem, Livium u. s. w. consulere in der Bedeut. sei7ie
Bücher um irgend einer Sache willen nachschlagen, nachlese?!, um
Etwas daraus zu beweisen, was im N. L. oft zu lesen ist, für inspicere,
conferre, legere. — Wiewohl man aber sagte consulere oraculum, das
Orakel befragen, so sagte man doch nicht consulere libros Sibyllinos,
sondern entweder inspicere oder adire libros S., weil man, um sie
aufzuschlagen, erst nach dem Tempel, wo sie lagen, gehen musste. - —
Viel seltner wird für consulere das Verbum co?isultare gebraucht,
wiewohl auch bei Cicero, Caesar und Livius, jedoch nur in der Bedeut.
sich berathe7i, überlegen, mit de oder einem folgenden Relativsätze.
Consultator, der um Roth fragt, ist vielleicht erst Sp. L., da es
bei Quintilian (VI. 3, 87) zweifelhaft ist, für das Kl. co7?sultor.
Co7isulte, vorsätzlich, absichtlich, vermeide man als seltene Form
für die AI. consulto.
Consultns als Subst. , die Einsicht, der Beschluss, ist alte Form
für consultum.
Consumere. Man schreibe im Perf. co7isumpsi für co7isumsi, und
im Supino consumpt7im für consu7nt7/?}i. Etiras auf Etwas oder auf
Einen verwenden, mit Ettvas hinbri7igen heisst consum. aliquid in
aliqua re oder in aliquo , selten (was mehr P. ist) i7i aliquid, in
atiquem, nie aber, wenigstesis bei Cicero nicht, aliqua re.
Consu7nmare, zum höchsten Gipfel, Grade oder ztir Vollendung
248
hr'w^en, vollenden, ist zwar erst seit liivius im Gebrauche, aber nach-
her bei guten Nachklassikern, besonders bei Quintiiian. Und fast ist
es ein Gewinn für die Sprache zu nennen, indem absolvere und perfi-
cere als einzelne Wörter den Begriff nicht erschöpfen. Cic. (Leg. I,
8, 25) braucht ad summnni perducere.
* Die Beispiele, w eiche bei Sclieller und in andern Lexicis schon aus Cicero
dafür ang-eführt werden, beruhen auf falselien Lesarten, wie in Cic. Oft'. I, 2, 4
und Phil. XI, 7, 18.
Consur^ere, aufstehen, wird nicht allein von Mehrern, sondern
auch von Einem gebraucht; so wenigstens bei Livius ausser frühem
Dichtern, z. 13. bei Lucrez. — Hand (Lehrb.p.löO) findet etwas Feier-
liches und Förmliches darin.
Contages und contagium, die Berührung^ ist nur P. L. für con-
tactus oder contagio.
Conteninere. Man schreibe im Perf. contempsi für contefnsi, und
im Supino co?iiemptum für contemtum.
Contemporaneus, der Zeitgenosse, ist Sp. L. bei Gellius und selbst
da zweifelhaft. Dafür und für das ganz Sp. L. contemporalis sagt man
aeqiialis temporiim illorinn (Cic. Div. I, 20, 39) oder mit Livius aequalis
temporibus oder homo ejusdem temporis, ejusdem aetatis. Unsere Zeit-
genossen heisst nostri homines. Vgl. Aequaevus.
Contemptihilis, verächtlich, ist Sp. L. , wie auch das Subst. con-
temptibilitas., die Verächtlichkeit ; beide sind zum Gebrauche fast B.,
und hätten von keinem Neulateiner gebraucht werden sollen für die
Partie, cojitemplus oder contemnendus und das Subst. conternptio.
Comteniptus, die Verachtung, findet sich zwar schon bei Dichtern
der/T/. Zeit, aber noch nicht im gewöhnlichen Gebrauclie bei Cicero
und Caesar, welcher nur contemptni esse braucht. Aber seit Livius
kommt es N. Kl. besonders bei Quintiiian häufiger vor, als das KL
contemptio, theils activ, das Verachten, theils passiv, die Verachtung,
in der man steht. Man brauche beide.
Contendere bedeutet zwar Etwas dringend, beharrlich, hartnäckig
behaupten oder versichern, aber ein einzelner Objectsaccusativ, z. B.
sentejitiam, die Meinung, tritt niclit hinzu, sondern ein voller Satz im
Acc. m. d. infin., oder sonst eine Umschreibung, z. B. mit si quis, wie
Cic. Farn. II, 6, 1. Vgl. Cic. Sest. 50, 107. Arch. 7. — N. L. ist daiier
sententiam contendere, eine Meinung behaupten, für sententiam teuere,
dicere, ferre nnd stärker dejendere , oder mit contendere , wobei die
Meinung selbst im ^rc. /7i. d. Inf. steht. Vgl. auch Webers Uebungssch.
p. 216. — Irrig verwerfen Einige Sätze, wie: ut Asclepiades conlendU,
wie A. behauptet, wozu kein Grund vorhanden ist; vielmehr spricht so
z. B. Celsus (Praef. L. I, p. 5 ed. Krause). — Uebrigens heisst Jeman-
den ernstlich bitten, ab aliquo conte7idere ; nach Ejtivas eifrig streben,
ad aliquid co7ite?idere wnd nach eitlem La?ide oder Orte hin, in oder
ad aliquem loci/m ; sich bemühen Etivas zu thun, contendere mit folg.
Infinitiv oder jnit ut (Cic. Fat. 30) ; bei Ettvas seine Kraft anstrengen,
sie auf Etwas vertuenden, nervös contendere in aliqua re.
Contenebrnscere (contenebrescere), finster werden, kommt theils
bei Varro vor in der Form contenebravit, theils sehr Sp. L. für obscu-
rari oder (es wird finster) tenebrae oboriuntur. Vgl. Noctescere.
249
Contente, zufrieden, ist als Adv. von contentns A. u. 8}). L.: z. B.
er lebt zufrieden, nicht contente, sondern contentus vivit oder est.
Contentio (von continere) ist in der Bedeut. Zufriedenheit 7nit nnd
ohne den Genit. aninii N. L. für animus contentus oder aeqtius, animi
aequitas.
Conte?itiosus, streitsüchtig, ist N'. KL, kommt aber nur einmal bei
Plin. vor (Ep.II, 19, 4) : co?itentiosa et pugnax oratio, sonst ist es nur
Sp. Jj. für pugnax^ perpugnax, contentionis amans oder content, cvpi-
dus, rixae oder jurgii amans, liiigiosus.
Contentus, zufriede7i^ genügsam, wird richtig' angewandt von dem,
der Nichts mehr verlangt, als was da ist, was er hat, U7id sich damit
begnügt. Unser Adject, zufrieden dehnt sich in seinem Begriffe weiter
aus, und oft passt dafür contentus nicht. So ist es z. B. J). L. zu sagen :
lioc discipulo co?itejit?is suni, für hunc discipulum probo; und in diesem
Sinne stellt oft probabilis. Vgl. Cic. Orat I, 28, 129. Ebenso: ich bin
mit deiner Rede zufrieden, orationem tuam probo, oratio tua mihi non
displicet u.a., aber nicht mit contentus ; mcht studio meo co7itentus
fuit, wie Mahne (Crito p. 281) sagt, für studium meum probavit. Da
contentus selten absolut, ohne einen Abi. steht (wofür bono animo
esse gesagt wird) , so heisst sei zufrieden oder gib dich zufrieden
(wenn man Einen beruhigt), äowo sis animo, oder, wo es erforderlich
ist, quiesce, face. Ferner: ich bin es wohl zufrieden, facile patior, non
molestefero; ich bin nicht zufrieden, oft molestefero. — Franz. L. ist male
contentus, missvergfiügt, sehr unzufrieden, für indigtiabundus. Oft ist
daher für contentum esse passender satis habere, aliquid probare,
alicui satisfacere aliqua re. Vgl. Caes. B. G. I, 15. Cic. Rose. Am. 52,
150. Fam. XIII, 20 u. a. Einen ganz zufrieden stellen heisst alicui
cuinulate, cumulatissiine satisfacere. Vgl. noch Weber's Uebungssch.
p. ]29 und die neuern D. L. Lexica.
Cotiterere wird oft bildlich gebraucht, z. B. die Zeit mit Etwas ver-
bringe??, conter. teynpus in aliqua re, nicht cum aliqua re; sogar se con-
terere in aliqua re , sich mit Etwas beschäftige??. Auch sagt Cicero
scherzliaft lib??im lege??do co??terere, ein Buch eifrig und oft durchlesen.
Co?itermi7??is, a7?gre?izend , benachbart , ist erst N. Kl. und findet
sich bei weniger guten Schriftstellern für ß7?itimu8, co?iß7?is, co7?ti??ens
cu?n a/iquo loco (Cic. Fam. XV, 2,2) oder alicui loco (Cic. Caec. 5, 15),
attingens locum (Cic. Fam. XV, 4, 4).
Co?iterraneus, der ha7?ds??ia7in , findet sich nur ein einzigesmal bei
dem altern Plinius und selbst da ist es zweifelhaft und verdächtig, da
man dort congerro7?e7n lesen will. Es ist also vielleicht N. L., aber
dennoch heutzutage im Gebrauche für civis, popularis, ejusdem terrae,
civitatis oder urbis. Unser La7?dsma7?7i heisst bei Cicero 7iosier homo
oder i?ostras ,\\n Plur. nostrates , i7icola noster (Cic. Cato 21,78).
Vgl. Weber's Uebungssch. p. 101. Dagegen vertheidigt esHand (Lehrb.
p. 134), welcher meint, Plinius habe das Wort gewiss vorgefunden.
Co7ttestari soll ohne einen Accusativ dessen, den man zum Zeugen
bei seiner Versicherung aufruft, in der Bedeut. laut versicher?? ohne
Beispiel sein, und daher wird Muret getadelt, welcher (Oper. 'i\ I,
p. 283 ed. Fr.) blos contestatus sagte. Hoc verbum (sagt Frotscher)
aptid optimos scriptores non ponitnr absolute de eo , qui aliqnid affir-
raet; sed est i. q. testem aliquem facere vel obtestari aliqnem atque
250
ol)secrare. — Man merke noch, dass conteslatiis auch im passiveo
Sinne, beglaubigt, bei den Bessern vorkommt.
Contexere , zusammenweben ^ verweben, wird verb. cum, aliqua re,
mit Etwas.
CoJiticescere , verschweigen ; Etwas verschweigen , contic. dt aliqua
re, nicht aliquid.
Conligmis, angrenzend, ist P. und N. Kl. und findet sich nur selten
bei weniger guten Schriftstellern ^\\x finilinms u. a. Vgl. Contermlmis.
Continens als Adj., zusammenhängend , nahe, wird verbunden mit
ciim oder mit d. Dativ. Als Subst. ohne terra (was häufiger ist als
mit terra^^ das Festland, ist es wohl nur ein Femininum, nicht ein
Mascullnum, wie es Ang. Politian. in seinem Herodian braucht, z. B.
IV, 5 uierqtie continens und adver sus continens, das gegenüberliegende
Festland. — Sp. L. ist ex oder in continenti von der Zeit, sogleich^
sofort, alsbald, für confestim, e vestigio., nulla interposita mora.
Continere. Sich einer Sache enthalte?i heisst se continere ab aliqiia
re, z. B. contineo me ab exemplis (Cic. Fin. 11, 19, 62) ; eingeschlossen
sein vo?/ Etwas (övtWch), contineri (passiv) aliqtia re, nicht contenlum
esse; ebenso in Etwas enthalten sein, nicht contentum esse in aliqua
re, sotidern cojitineri aliqua re. In der Bedeut. enthalten , worin beste-
hen werde aber nach dem bessern Gebrauche mehr das Passivum,
als das Aclivum gebraucht, contineri aliqua re , nicht continere ali-
quant rem , was wohl fast nur N. Kl. ist; z. B. die Moralität enthält
diese Tugenden , honestas his virtutibus continetur (Cic. Fin. II, 15),
nicht has virtutes continet. Aber noch viel weniger heisst (dem Deut-
schen ge?näss ) i7i der Moralität sind diese Tugende?i enthalten , in
honestate hae sunt contentae virtutes. Vgl. Cic. Orat. II. 35, 150.
Man beachte diese Art zu reden. Dagegen sagt Plin. (Ep. V, 9, 1 ) ;
litterae tuae partim laeta partim tristia continent.
* Das Meiste über dieses Wort verdanke ich Hrn. Dr. Dietrich.
Contingere in der Bedeut. Etwas berühren , angehen , erreichen
und örtlich an Etwas angrenzen wird nur verbunden aliquid, nicJit
alicui oder ad aliquid; aber in der Bedeut. Einem widerfahren , %u
Theil werden, glücken hat es den Dativ alicui, selten den Accusativ
bei sich, der nicht zu brauchen ist. Vgl. Ruhnk. Vellej. I, 1. Die im
N. L. vorkommende Redensart jnihi contigit esse ta7nfelici, ut — wird
mit Recht von Hand (Lehrb. p. 169) für N. L. erklärt, da die dafür
angeführten Beispiele ganz unähnlich sind. Mihi contingit aliquid hu-
manitus, es trifft mich etwas Menschliches, es stösstmir Etwas zu, oder
si quid mihi conti nger et, wenn mir Etwas zustiesse, — in der Bedeut.
ich sterbe, wenn ich stürbe, ist erst Sp. L. für accidit, accideret. Auch
passt das Verbum durchaus nicht, wenn es nicht das Glück haben
bedeutet.
Continuare und continuatio übersetzen wir gewöhnlich durch
fortsetzen und Fortsetzung ; aber selten stimmt die Bedeut. dieser
Wörter mit der Bedeut. jener üherein, und so werden jene
lateinischen oft falsch da angewandt, wo wir unsere gebrauchen. In
continuare ist der Ilauptbegriif «7i einander reihen, mit ei?ia?ider ver-
binden, und in continuatio der von u4neinanderreihu?ig, Verbindung.,
Aufeinanderfolgen , Zusammenhang. — Daher kann eine Reise fort-
setzen nicht heissen iter continuare , sonA^rn pergere Her conßcere ;
251
einen Krieg fortsetzen , nicht bellum vontinuare , sondern bellum per-
seqni, renovare, instourare ; seine Sttidien fortsetzen, artes oAer studia
persequi; und so bei ähnlichen Fällen. Wenn nnn aber in üeberschrif-
ten von abg^ebrochenen und nachher fortgesetzten Aufsätzen verschie-
dener Art, dergleichen sich bei den Alten nirgends findet, bei uns ge-
wöhnlich das Wort conttnnatio gebraucht wird, so ist dies nicht A.-,
sondern N. L. Die kürzesten üeberschriften sind dafür /;«?•« oder /;ör-
ticula altera, tertia u. s. w.; Andere brauchen porro oder amplins tra-
ctatur eadeni res oder de eadem re, was aber zu schwerfällig ist und zu
modern scheint. Unpassend ist aber;!;ar*; sequens.
* Vieles von dem Gesagten verdanke ich ebenfalls Hrn. Dr. Dietrich.
Continue ist vielleicht zweifelhafte Form für continuo, welches
N. Kl. bei Quintilian in der Bedeut. in einem fort, beständig vorkommt,
wofür melir Kl. continenter oder assidue zu setzen ist. Gut und Kl.
ist es, wo wir sagen den Augenhlicli, sofort, alsbald, und so auch non
coniirmo für unser nicht gleich, nicht desivegen gleich. Vgl. Cic. Rose.
Am. 33.
Contra als Praeposition, gegen, wird fast nur in feindlichem Sinne
gehraucht, ausser N. Kl. heim altern Plinius, da im freundlichen Sinne
in oder erga üblich ist. In der medicinischen Sprache findet sich co/.'-
tra von Heilmitteln nur bei dem altern Plinius und bei Spätem, aber
nicht bei dem Kl. Celsus , der adversns braucht, sowie hei Cicero
einigemal blos ad. Gegen den Strom oder Strom aufirärts heisst mei-
stens adverso flumine, sowie Strom abwärts, secu?ido ßumine ; nur der
ältere Plinius sagt contra aquas fluitare, und ebenso Seneca (Ep. V22
extr.) : contra aquam remigantibus. Selten ist auch contra spem, con-
suet?/dinem , esspectatio7iem , opinionem für praeter spem u. s. w. Das
adverbiale contra ea, dagegen (wie, praeterea, interea) braucht zwar
Cicero nicht, aber Caesar und oft Corn. Nepos, Livius u. Andere. Aber
sehr Sp. L. ist e contra, dagegen, für contra, e contrario, contrarie.
Contractus kommt als Subst., der Contralt. abgeschlossene Ver-
trag, nur bei den spätem Juristen vor für res contracta, z. B. rerzim
contractarum fides (Cic. Off. I, 5, 2) , das Halten der Contrakte, oder
mit dem Verbo contrahere, z. B. bei jedetn Contrakte, bei Rauf, in
omjii re contrahenda, in emendo (Cic. Off. II, 18) ; und so contrahere
negotium, einen Cojitrakt wegen eines Geschäftes abschliessen, z. B.
in contrahendis negotiis (Cic. Off. II, 11) u. a. So sagt man auch con-
trahere cum aliquo (Cic. Tusc. V, 36).
Contradicere mit einem Dativ, FAnem. ivid er sprechen, ist erst N. Kl.
etwa seit Quintilian, für contra aliqiiem dicere, alicui adversari. Vor-
her sagte man nur ohne Object contra dicere, entgegen, dagegen
sprechen; so bei Cicero, Caesar, Livius u. A. Vgl. Cic. Att. I. 17,9.
Verr. II, 24, 59. III, 7, 18. Rose. Am. 33, 93. luv. I, 17, 25 u. a. Livius
VIII, 2, 2. Man halte sich mehr an den Kl. Sprachgebrauch. — Nach-
lässig ist darüber gesprochen in Reisig 's Vorlesung, p. 663. — Auch ge-
braucht man es nie von Sachen, die einander widersprechen ; dafür re-
pugnare.
Contradictio findet sich erst JV. KL, besonders bei Quintilian, aber
in der Bedeut. die Gegenrede eines Andern, nicht was wir Widerspruch
nennen, wo etwas Gesagtes mit etwas Anderem, von Ebendemselben
Gesagten im Widerspruche steht, demselben widerspricht. In dieser
252
Bedeiit. ist contradictio wohl N. L.; z. E. das steht mit jenem im VF.,
hoc Uli rep?igfiat,haec inter se repugjiant; in diesen Worten ist ein W.,
haec verha inter se repugnant, non cohaerent; dieses ist in völligem
fV., ist ganz widersprechend^ illud vehementer repugnat. Und so heisst
der W. in Sachen, rerum repugnantia (Phil, II, 8) u. ähnl. — N. L. ist
auch contradictorius, und für conlradictoria ist zu sagen haec (quae)
inter se repugnant, sunt contraria.
Contrahere, zusammenziehen , zusammenbringen, versammeln. Auf
die Frage tvo oder wohin wird es nur verbunden in aliquem locum, nicht
in aliquo loco. Vgl. Weiteres darüber unter ^</üe7«V-e. Verworfen wird
contrahere familiär itatem cum aliquo, was im N. L. oft vorkommt,
aber ohne alte gute Auctorität ist für recipere aliquem in familiär i-
tatem u. a.
Contraire mit dem Dativ, alicui, gegen Jemanden gehen, sich ihm
entgegenstelle?!, ist seJir Sp. L. ; vorher sagte man contra aliquem ire.
Co?ilrarietas, der Gegensatz, ist Sp. L. für oppositio ; in der Khe-
thorik disparatum oder das ' Griechische antithesis oder N. TT/, bei
Qnintil. co?itra posittim.
Contrario als Adverb., dagegen, im Gegentheil, wird bezweifelt für
es oder e contrario oder contrarie, contra. Vgl. Heusing. z. Cornel.
Eum. I, .5 und Emendd. p. 397; besonders aber Handii Tursellia.
T.II,p. 631.
Contrarium als Subst. mit einem Genitiv in der Bedeut. das Gegen-
theil von einer Sache ist TV. L. und findet sich nirgends bei einem La-
teiner, denn die Neutra contrarium und contraria sind alltäglich und
beweisen Niclits. Falsch ist z. B. contrarium doloris est voluptas (das
Gegentheil vom Schinerz ist Vergnügen) oder contrarium voluptatis
est dolor (das Gegentheil von V.ist der Schtn.); dafür steht im Latein,
das Adjectiv contrarius, im Genus auf das Hauptsubstantiv bezogen
und entweder mit dem Dativ oder mit dem Genitiv verbunden, also
contraria doloris oder dolori est voluptas, nnd contrarius voluptatis
oder voluptati est dolor. Vgl. Cic. Fin. II, 9, 28. IV, 24, 67 und andere
in den Lexicis angeführte Stellen. — Auch ist contrarium facere
quam — , ettvas Anderes thun, als — , das Gegentheil thun von dem,
was man sonst thut, Sp. L. für contra facere, ac. Vgl. Heusing. Einend.
p. 465. — Auch kann in einer Alternativ- oder entgegengesetzten
Frage, wo wir anstatt oder nicht auch sagen oder das Gegentheil, mcht
gesagt werden a?? contrarium, sondern nur an contra, z. B. utrum felis
Sit, an contra. Vgl. Cic. Inv. I, 24, 35. 11,23, 70. Orat. II, 81, 330. Ueber
contra s. vorzüglich Handii Tursellin. T. II.
Contraversus, a, um, gegeiiüberliegend, ist sehr Sp. L. für adver-
sus, contrarius.
Contribuere. zutheilen, vertheilen, findet sich bei Cicero nie, bei
Caesar nur einmal das Partie, contributus ; es ist erst seit Livius, aber
nur wenig bei den Bessern, im Gebrauche. Das Suhst. co?itributio aber,
welches erst Sp. L. bei Juristen vorkommt, findet sich in der Bedeut.
Contribution nirgends {iir tributum, Stipendium, pecuniae imperatae, pe-
cuniae exactae (die beiden letztern als Plural).
Contristare, belriiben, steht Kl. nur bei Coelius (in Cic. Fam. VIII,
9), sonst nur N. Kl. und höchst selten; auch ist es ganz unnöthig.
Controversari, streitig sein, sich streiten, kommt nur einmal bei
253
Cicero vor, sonst nirgends, ausser sehr Sp. L.; es werde daher lieber
vermieden durch conti oversiaiii esse oder controversimi esse.
Coiitrovertere, streitig sein, ist N. L., mög^en ailch controvers7is
und controversia Kl. sein und häufig' vorkommen.
Contubernalis,der Gefährte, wird verbunden theils mit dem Ge?iit.,
wessen Gefährte Jemand ist, theils mit dem Dativ, %vem er zugetheilt
worden ist, nach gewöhnlicher Römischer Manier. Vgl. Th. I, §. 71.
Convalere,zti Kräften kommen, wieder gesund loerden, ist N. L. für
convalescere. Jenes Wort braucht Paul. Mannt, (zu Cic. Farn. V, 13, 4) :
cum saepe is — ita convcdeat, wenn er nicht vielleicht <'OJivalescat ge-
schrieben hat.
Co7ivalescere, stark werden. Wodurch Jem. stark wird, wird ausge-
driickt durch aliqua re, aber wieder gesund werden vo?i Etwas, ex oder
de aliqua re. Für die Praep. a, welche Muret (Oper. T. I, p. 313)
braucht: cum convaluisset a periculoso morbo, ist kein Beispiel vorlian-
den. Sp. L. ist das Subst. convalescentia, die Wieder genesu?ig , für vale-
tudo conßrmata,recuperata, sanilas resliluta, oder m.d.Verbo selbst.
Convellere, weg- oder losreisse?i, hat im Perf. convelli, nicht con-
vulsi. Es wird verbunden mit ex und selten mit de, aus, von Etwas
weg. Vgl. Cic. Verr. V, 72. Leg. I, 21. Att. VIll, 15.
Conveniens, übereinstimmend mit Etwas, passend zu Etwas, wird
verbunden mit dem Dativ oder mit ö«/, selten mit cum, z. B. convenien-
ter cum natura (Cic. Tusc. V, 28), sonst naturae.
Convenire. In der Bedeut. zusammenkommen wird das Wo oder
Wohin fast immer durcli in und den Accusativ, selten durch i7i und
den jiblativ ausgedrückt; und so auch ad aliquem, nicht apud aliquera.
Vgl. Weiteres über diese Verbindung unter Advenire. Man sa^t also
in senatum (nicht in senalu) convenimus (Cic. Att. I, 16, 9) ; in ununt
locum (nicht/« unoloco) conveniunt (Cic. Verr. III, 48);legati ad (nicht
apud) Caesarem gratulatum convenerunt (Caes. B. G. 1,30) u. so viele
andere. — Dagegen heisst Jemanden irgendwo besuchen, aliquera conv.
in aliquo loco, z. B. Bruti pueri Laodiceae (nicht Laodiceam) me con-
venerunt (Cic. Farn. III, 7, 1). — Sich für Einen passen, schicken, ge-
lege?i sein, conv. alicui, in oder ad aliquem ; aber das ziemt sich, schickt
sich nicht für ihn nach seinem Alter heisst nicht: hoc ei non convenitcrf
ejus aetatem, sondern hoc non conv. ejus aetati, und so ähnliche. Ferner:
ich bin darin mit Jemanden eins heisst mihi cum aliquo concenit, und
wir sind darin einig, hoc inter nos convenit. Aber nirgends findet sich
convenire persönlich auf die, welche übereinkommen, bezogen, ^e ali-
qua re, über eine Sache übereinkommen, wie bei Muret. (Explic. Cic.
Catilin. II, 8) : ilU convenerant cum feneratoribus, jene waren darin
mit den Wucherern übereingekommen, für eis cum feneratoribus con-
venerat oder inter eos et feneratores convenerat. Gut ist das neutrale
convenit, es passt, schickt sich, was Einigen zweifelhaft scheint. Vgl.
aber Benecke zu Cic. Catil. I, 2, 4. — Sp. L. ist convenire alicui, mit
Jemanden zusammenkommen, für cum aliquo conv. Auch passt das Ver-
buni nicht immer, wo wir zusammenkommen brauchen, z. B. zwei
Flüsse kommen da zusammen, eo confluunt ; Briefe kommen zusammen,
concurrunt ; Ungliick. fälle kommen zusammen, ebenfalls concurrunt ;
daher auch concursus calamitatum (Cic. Fam. V, 13, 2).
* Für das obige convenire in aliquo loco , an einem Orte zusammenkommen,
254
statt in alhiufin loenm, führt man aus Cicero zwei Stellen an, nemlicli de Divinat. II,
24, 52 , wo die neuern Ausgg. aus Handsclir. uno in loco lesen, ältere dagegen
ebenfalls aus Handsehr. unum in lorum; die Stelle ist also zweifelhaft; — und Ep.
Attic. XIV, 17 in Ins locis conveniant, wofür dag'egen in einer von Cicero beige-
legten Abschrift ebendesselben Briefes (Fani. IX, 14, 1) in haec loca conveniant
steht, wo es also streitig ist, ob Cicero dieses oder jenes geschrieben habe. Von
uns muss der gewöhnliche Sprachgebrauch befolgt werden.
Conventare, zusamnienkomTnen, ist Sp. L. für convenire.
Coiiversari, sich aufhalten, init Jem. zusammenleben, umgehen, ist
erst N. KL und findet sich bei vvenig-er guten Schriftstellern, wie bei
Seneca, fiir morari, versai~i, vivere cum a/iquo, uti aliquo u. a. Jedoch
ist es, wie auch das Subst. conversalio, welches ebenfalls erst N. Kl.
ist, aber von Mehrern, selbst von Quintilian gebraucht wird, nicht ver-
werüich, wiewohl dafür Kl. gesagt wird usus, consuetudo, convictus,
societas vitae, famtliaritas. An Redensarten aber, wie lexicon conversa-
ti'onis, das Conversalionslesico7i, Umgangswörterbuch, muss man sich
in unserm Modelatein, wenn von dergleichen die Rede ist, gewöhnen,
da Para- und Periphrasen schwerfällig und meist unverständlich sind.
Es fordert aber einen Zusatz, wenn man es brauchen will.
Co7iversio kommt nirgends in der Bedeut. Uebersetzung (nemlich
aus einer Sprache in die andere) vor, da Qnintilian in der einzigen
Stelle, welche man dafür aus seinen Inst. X, 5, 4 als Beweis angeführt
hat, ex latinis conversiones als nützlich für den Stylisten erwähnt, wo-
bei er ja aber doch für den lateinischen Stylisten keine Uebersetzun-
gen aus Lateinern in's Lateinische (von etwas Anderra ist aber bei
Quintilian nicht die Rede) verstehen kann, sondern, wie es Freund im
Lexic. richtig versteht, Uebertragung (Umtva?idlufig) aus einer Rede-
trattung in die andere, indem er ja zunächst von der nützlichen Uebung
der Verwandlung eines poetischen Stückes in prosaische Rede spricht.
Scheller gab irrig als sechste Bedeutung des VVortes — Uebersetzung
an, was man von ihm zu voreilig angenommen hat. Man bleibe also zu-
näi hst bei interpretatio. Von den Verben cotivertere und vertere aber
kann die Bedeutung kaum geläugnet werden. Vgl. Fersio und Vertere.
Convertere ist in der Bedeut. übersetzen eben so gut und KL, wie
vertere. Was sonst dabei zu merken ist, darüber vgl. Vertere. Etions
nach, auf oder zu Etwas tuenden wird mit in oder ad aliquid ausgedruckt.
Converti in der Bedeut. sich bekehren ist Sp. L. bei den christi.
Schriftstellern, für ad sanitatetii, ad bonam frugem redire.
Conviciari alicui, auf Einen schmähen, schimpfen, kommt nur einige-
raal N. Kl. bei Quintilian vor, für aliquem conviciis insectari, contumelüs
insequi; vorher bedeutete es nur, aber selten, Vorwürfe machen,
schimpfen, ohne einen Casus.
Convictio in der Bedeut. Ueberführung ist N. L., wiewohl convin-
cere, womit es ausgedrückt werden muss, Kl. und gewöhnlich ist; in
der Bedeut. Beweis, Darlegung ist es sehr Sp. L. und nicht anzuwen-
den: sonst kommt es gar nicht vor, ausser noch in der Bedeut. Um-
gang, gesell schaftliches Leben in einer zweifelhaften Stelle bei Cicero
dem Sohne (Fam. XVI, 21, 4) für das KL gewöhnliche convictus.
Convictor, der Tischgenosse, G^as^, findet sich ausser beim jungen
Cicero (Fam. XVI, 21, 5) nur N. KL bei Seneca, Sueton und dem Jün-
gern Plinius (Ep. II, 6, 4), sowie auch bei Horaz, für das KL conviva
oder sodalis ; es ist nicht zu verwerfen.
255
Conviclus (gilbst.) in derBedeut. das Gastmahl kommt nur ciiii^'^e-
mal N. Kl. vor; es ist aber unnolhig- we^^en vojirivf't/iii.
Convhirere, überf Uhren, überze?igen von etwas Gutem und Wahrem
\%i N. L. inr persuadere.
Convinvire, mit einander oei'binden, und davon besonders convin-
cfns, verbunden, sind Formen, die auf falschen Lesarten fiir ronjt/n-
ctus beruhen. Nur convinrtio, als wörtliche Uebersetzung; des griech.
oviöecito^ (bei Quiutil. I, 4, 18), kann als grammatisches Kunstwort
gelten, ist aber dem gewöhnlichen conjunctio nicht vorzuziehen.
Convivere aliqiio, mit Jemanden zusammenleben , kommt erst N. KL
bei Seneca vor, sonst sehr selten für das Kl. vicere cum aliqno^ was
auch Seneca neben dem andern abwechselnd braucht ( Epist. J04,
p.ll9ed. Schw.). Ebensoist es auch erstA^. Ä7. in der Bedeut. gemein-
schaftlich speise?i, für convivart; es steht so nur bei Quintilian, z. B.
V, 9, 14 convivere cum adolescentibus.
Cotivulnerare, veruu?/den, ist A. Kl., aber selten, jedoch findet es
sich auch beim Jüngern Plinius, für die Äl. vulnerare oder sauciarey
worin nicht mehr und nicht weniger als in jenem liegt.
* Besonders liebt das Wort der Verf. des Belli Africani (wo es wolil zehn-
mal vorkommt), für welchen man A. Hirtius halt, der aber weder in seiner Ge-
sciiiclite de hello Alexandrino, noch in seiner Fortsetzung von Caesar de hello
Gaüico dieses Wort jemals gebraucht liat.
Cooperari, mitarbeiten, ist N. L. iür una operari \\. a. — Sp. L.,\\?i\h
B. und unnöthig sind cooperatio und cooperator.
Coordinare, neben einander ordnen, ist A^. L. für in ordinem cogere
oder redigere, oft auch blos adjungere, annectere.
Cvpia hat ausser den Bedeutungen Menge, Reichthum, Vermögen
und Gelegenheit keine andere. Im A^. L. gibt man ihm die Bedeut.
Abschrift von Etwas, woher unser Wort Kopie. Kl. steht dafür exem-
pliini oder exemplar, wie bei Cicero sehr oft. üeber beide ist zu ver-
gleichen Döderlein's Synonym. Th. V, p. 359 und vor ihm Mencken.
Observ. p. 340. — Ebenso N.L. ist das Verbum copiare, eine Abschrift
machen, kopiren, für describere, exscribere ; von einem Bilde bei Plin.
(FJp. IV, 28) imaginem exscribere et pingere. — A^. L. ist (in) copia, (in)
magna, ingenti copia esse oder aliquid habere, in Menge, grosser M.
da sein. Etwas haben u. dgl., wie wenn z. B. Politian in seinem Hero-
dian sagt: Pectmiam ei dedit magna copia, er gab ihm Geld in grosser
Menge., oder Strada : Aurum, quod ingenti copia Mispana classis ab In-
dia avexit; jenes müsste vielmehr heissen : ei magnas oder immensas
pecuuias dedit, und dieses: aurum, cujus ingentem vim oder copiam
riisp. u. s. w., da copia immer eines Genitivs bedarf. Vgl. über diese
Redeweise Th. I, §. 78. Daher heisst: das Heer hatte Alles in grossem
i'eberßusse, exercitns omnium rerum abundabat copia (Caes. B. C. I,
49). — A^. L. sind auch Zahladjectiveu bei copia und copiae, Truppen
für Heer; also niclit multae, plures, plurimae, paucae, quot,tot copiae,
sondern magnae, majores, maximue, quantae, tantae copiae ; das ganze
Heer, nicht totae copiae, sondern omnes copiae. Daher auch nicht mul-
tiludo copiarum, Menge der Truppen, sondern magnitudo cop., entge-
gengesetzt der exiguüas cop., der kleinen Zahl, der Wenigkeit der Tr.
Vgl. Paucus.
Copula, Band, Verbindung, ist nur ein gemeines Wort, welches
256
Kl. nur bei Nepos in der Bedeut. Strick und Verbindung vorkommt,
und in dieser Bedeut. aucli N. Kl. bei Quintiiian von der Rede, sonst
nur P. u. Sp. //., wiewohl copulare und copnlatio gut sind und liäufig
voriiommen. Aber copulare canicitiam für conciliare, contrahere u. a.
ist wolil nicht gesagt worden, — und so noch vielleicht mit andern
Accusativen.
Cor geht in der bessern gebildeten Prosa nicht über die Bedeutung
Herz, als Theil des menschlichen Körpers, hinaus, und nur alicui cordi
esse. Einem am Herzen liegen, macht eine Ausnahme, wiewohl nir-
gends curae cordique esse mit einander verbunden vorkommt, was im
N. L. oft zu lesen ist. In der Volkssprache der Komiker sagte man
corde amare, toto corde amare, von Herzen, von ganzem Herzen lie-
ben, wofiir man später ex animo amare sagt. Wo wir Herz brauchen,
ist meistens animus anzuwenden, nicht cor;z. B. er hat kein Herz (kei-
ne7i Muth), animus ei deest ; in seinem Herzen denken, cogitare cum
animo, in afiimo secum versare ; — und so hätte Muret (Oper. T. I, p.
277 ed. Fr.) nicht cordi suo carissimum, sondern animo suocar. sagen
sollen, wie Kraft richtig zu dieser Stelle bemerkt. Ueber das ähnliche
toto pectore amare vgl. Pectus. Aus dem ^. L. blieb auch Kl. noch
cor sapit, wofür Plautus auch pectus sapit sagt. \gl. Cic. Fin. II, 8, 24.
Corbis, der Korb, ist bei den Bessern, wie bei Cicero (Sest. 38,82
corbis messoria) ein Femininum, bei Columella (VI, 3, 5 ; XI, 2, 99)
aber ein Masc. — Dergleichen Abweichungen sind bei Wörtern, welche
den Flaushalt betreffen, nicht auffallend.
Cordatus, verständig, kommt ausser bei Ennius nur einmal N. Kl.
bei Seneca und Sp. L. einmal bei Lactanz vor. In dieser Bedeut. kann
es kaum mehr angewandt werden ausser mit dem Zusätze ut Enniano
verbo utar. N. L. aber ist es in der Bedeut. unerschrocken, beherzt,
wie es Muret (Oper. T. II, p. 693 ed. Iluhnk.) braucht: gravem et
cordatam orationem, wobei Ruhnken bemerkt: cordata oratio, vereor,
ut latine dicatur; ebenso wenig in der Bedeut. edel, aufrichtig ge-
sinnt u. dgl., für candidus, sincerus. Vgl. Hand's Lehrb. p. J55.
Cordolium, Herzleid, ist ein Wort der Volkssprache bei Plautus,
welches nachher Sp.L. von einem Liebhaber des Alten und Gemeinen
gebraucht wurde und sich auch in neuern Büchern findet, für a?iimi
dolor, maeror, angor u. a.
Corijithiacus, Korinthisch, zu Korinth gehörig, ist seltnere Form
als Corinthius; noch seltner ist Corinthiensis.
Cornucopia, das Füllhorn, kommt Sp. L. bei Ammian vor, der
viel Neues, Seltenes und Wunderbares hat, für cornu Copiae ; weniger
gut ist es in einem Worte geschrieben, cornucopiae. Ammian braucht
zweimal jene Form: XXII, 9 cornucopiam u. XXV, 2 im Abi. cornu-
copia. Freund hat die Form in seinem Wörterbuche ganz übergangen.
CoroUarium ist allerdings ein altes Wort, aber N. Z-. in der Bedeut;
Zugabe, Zusatz, z. B. zu einer Schrift, für addendum oder addenda.
Corona, die Krone, kommt selten im bildlichen Sinne vor. Krone
in der Bedeut. der Erste, Vorzüglichste ist etwa durch decus et lumen,
oder decus atque ornamentum, oder splendor mit einem Genitiv aus-
zudrücken;— ro/ow« passt dafür nicht. Ebenso wenig in der bild-
lichen Redensart einer Sache die Krone aufsetzen, was etwa mit alicui
257
rei aliquid lanquam fastfgtum imponere zu geben ist (vgl. Fastighnn),
oder mit ?jiaximo oder supremo cutmilo uliqziid atigere, oder mit der
Redensart ?/iaa7m?/s (supremus) ciimuliis accedit ad aliquid, oder hoc
alkui rei tanquani ornamentnm accedit, oder mit palma oAex plaiisus,
oder auf älinliche Art. So kann bei Pliiiius (Ep. II, 1) supremus
felicitati ejus cumulus accessit hoc übersetzt werden: dieses setzte
endlich seinein Glücke noch die Krone auf. Und ebenso braucht
Cicero sehrliäufig tnagnus ciwiulus accedit in diesem Sinne. Vgl. d.
Lexica unter Cumulus und Cic. Dejot. II, 34. Fatn. Xll, 26. XIll, 62.
XVI, 21. Att. XVI, 3. — Endlich heisst die königliche Krone bei den
Alten nie corona regia., sondern nur diadema, insigne regium (Cic.
Sest. 27, 58). Vgl. Vavassor. Antib. p. 518.
Coronare, kränzen, krönen, wird in dem bildlichen Sinne nicht ge-
braucht , wie wir z. B. sagen mit glücklichem Erfolge krönen, felici
successu coronare ; dies wäre J). L., und man sage dafür blas felicem
successum habere, felicem esitum contingere oder etwas der Art.
Coronis, was bei den Alten den krumme?! Federzug bedeutet, den
manche Schriftsteller am Ende einer Schrift zu ziehen püegten , im
bildlichen Sinne in der Bedeut. das Ende, i\\Y finis, zu brauchen, hat
nur eine Stelle bei Martial für sich, so dass es heutzutage nicht wohl
mehr zulässig ist zu sagen: libro coronidern imponere, iur fuiem facere,
was man nicht selten findet.
Corporalis, körperlich, den Leib betreffend, kommt erst N. KL bei
Seneca vor und ist nur philosoph. Kunstwort mit dem Gegensatze
incorporalis ; später aber wurde es sehr häufig gebraucht. Kl. kann
dafür nur der Genit, corporis gebraucht werden. — Davon abgeleitet
ist das Sp. L. corporalitas.
Corporatus, mit einem Leibe versehen, abgeleitet von dem N. KL
Verbo corporare, welches der ältere Plinius braucht (sonst nur Sp. X.),
soll in dem von Cicero übersetzten Timaeus vorkommen, wo es aber
zweifelhaft ist und wo corporeus dafür sicherer steht. Dieses corporeus
bedeutet was einen Leib hat, im Leibe ist und aus Leib und Fleisch
besteht ; es kommt bei Cic, (Timaeus 4. Fin. III, 14, 45 nach den bes-
sern Handschr. und N. D. II, 15, 41) , dem altern Plinius und bei Dich-
tern als das bessere Wort vor. Wo jedoch unser leiblich oder kör-
perlich nur bedeutet den Leib angehend , sin?ilich, da wird von allen
Bessern nur der Genitiv corporis gebraucht, z. B. corporis commoda,
leibliche Vortheile; corporis voluptas, leibliches Vergnügen, nicht
corporea voluptas, wie Muret in seinen Reden (Oper. T. I, p. 143 ed.
Fr.) corporearum voluptatum blandimenta braucht, und mit Recht
deswegen von den Kritikern getadelt wird ; — ebenso heisst die leib-
licheji Bande, corporis vincula, nicht corporea vincula, wie ebenfalls
Muret (Oper. T. I, p. 126) sagt, was aber Frotscher tadelt; leibliche.,
körperliche Schnelligkeit, corporis (auch corporum^ celeritas, wie bei
Cicero (Senect. 6, 17) : non celeritate corporum res magnae geruntur.
So ist nun dieser Genitiv fast das beständige Wort für unser leiblich,
körperlich, wie es denn in Cic. Off. II, 25, 88 siebenmal unser leiblich
ausdrückt. Bisweilen passt auch dieses nicht; z. B. das leibliche Leben
heisst nach Cic. (Marc. 9) vita, quae corpore et spiritu continetur ;
die leiblichen Bedürfnisse , usus vitae necessarii , res ad vicendum
necessariae, aber nicht corporis necessitates, was man im N. L. findet.
17
258
Endlich lieisst die Seele ist ?iichts Körperliches^ animus noii est cor-
pus. Cic. Tusc. I, 11, 24. — Anderes werden die ]). L. Lexica bieten.
Coipuleiiius war, wie es scheint, schon bei Piautus das gewölin-
Jiche Wort für unser ivohbeleibt, corpulent; obgleich aber selten im
Gebrauche, ist es doch nicht zu verwerfen; — ebenso corpiilentia.
Corpus. Wiewohl es schon bei den Alten ein aus Theilen heste-
hendes Ganze., eine Masse bedeutet, die auch wir Körper oder ein
Corpus nennen, weshalb corpus senatorum, das Korps, das Ganze,
die gesatnmte Zahl der Senatoren, nicht unlateinisch ist, so ist doch
1). L. se7iatus in corpore, der Senat in corpore, wie neulich Einer
sclirieb, für corpus senatorum., oder noch besser blos sefiatus mit
und ohne freque/is , oder omnes senatores. Richtig ist zwar corpus
von Bücherti, aber nur als ein Gesammtwerk, welches aus mehreru
einzelnen Theilen bestehen kann; — einzelne Theile oder Bände
heissen nicht corpus, sondern volumen, tomus oder pars. Vgl. Webers
Uebungssch. p. 55 u. 410. — Endlich kann unsere Redensart sich
Einem mit Leib und Seele er geben wicht durch animus et corpus ausge-
drückt werden, sondern etwa durch se alicui penitus totumque tradere
(nach Cic. Tusc. V, 2).
Correcte, correct, ist N. L. für emendate, pure.
Correclor ist nicht zu verwerfen, wenn es denjenigen bezeichnen
soll, welcher Druckfehler verbessert (qui menda corrigit) , indem es
mit emendator verbunden bisweilen den ganzen Begriff eines Verbes-
serers erschöpft.
Correctura ist in der Bedeut. das Verbessern von Druckfehlern,
wie überhaupt in der Bedeut. Verbessern, N. L, für correctio, emen-
datio, und N. L. ist es, von einer correctura und von einer niolestia cor-
reclurae zu sprechen, wie es Görenz (praef. edit. Cic. Fin. p. VIII)
tliut; dafür molestia eme?idandi oder corrigendi.
Correlatum, meistens im Plur. correlata, ist N. L. grammatisches
Kunstwort; nach Nolten: quae se mutuo respiciunt, quae sub eandem
raiionem cadunt.
Correspondere ist, in welchem Sinne es auch sei, N. L. in der
Bedeut. passest; dafür convenire, congruere, auch blos respondere;
in der Bedeut, Briefe tvechseln, für colloqui cum aliq?io per litteras.
Und so heisst die Correspondenz (von Briefen) , commercium episto-
larum. Vgl. Commercium.
Corrigere. An der moralischen Bedeut. von se oder hofninem cor-
rigere, sich, einen Menschen besserji, d. h. seilte, eifies Menschen Sin-
nesart ändern., zweifeln Einige, wie Weber (Uebungssch. p. ()0) und
Dietrich (z. Sintenis p. 225) , weil der Genius der latein. Sprache
meistentheils ein specielleres Object verlange, als das allgemeinere
der Person. Dass dies richtig sei, ist bekannt und gewiss. Aber gleich-
wohl ist auch jenes nicht wider den Sprachgebrauch, indem Cic.
(Catil. 1,9,22) sagt: tu ut umquam te corrigas? für tuos mores, tuum
animum, und (wtis Rosenheyn anführt) Tusc. IV, 31, 65 alia ratione
malevolus (für malevoli aninms) , alia amator u. s. w. corrigendus, und
Muren. 29, 60 ut (tu) corrigendus potius — esse videare. So auch
Seneca (Ep. XXVII) : Jam enira te ipse monusti, jam correxisti? Und
so sagt Cic. (Leg. III, 13, 30) : tota civitas (i. e. cives) emendari et
corrigi solet continentia. Diese Stellen beweisen wenigstens die Zu-
259
lässigkeit eines Personalobjectes. üeberdies finden wir auch ein Glei-
clies bei andern Verben.
Corripere ist in der Bedeut. tadeln, schelten^ wiewolil es nicht bei
Cicero vorkommt, so viel Anlasser dazu gehabt hat, doch nicht zu
verwerfen, da es sonst g-ute Auctorität (Caesar, Livius und Quintilian)
hat. lieber corripere ignem, flammam vgl. Arripere.
Corrugare, runzeln, in Runzeln ziehen, z. B. frontem, ist mehr
P. L. für contrahere frontem (Cic. Cluent. 26, 72) oder N. KL bei
Senera adducere, adstringere, attrahere frontem.
Corruptela morum in der Bedeut. verdorbene Sitten ist wohl mit
Raschig (Progr. p. 26) zu bezweifeln, für mores corruptela depravati
(Cic. Leg. II, 15), da unter corruptela nur das verstanden wird, was
zum Verderben beiträgt, was verderblich ist, oder das Verderben
als Handlung, z. B. juventutis (passiv).
Coryphaeus, der Erste, Vorzüglichste, steht nur ein einzigesmal bei
Cicero, wo es gar nicht auffallend ist, dass er, aus dem Munde des Grie-
chen Philo, ein griechisches Wort anwendet. Bei uns aber ist es nicht
anwendbar, wenn es auch Muret in den Briefen für pri?iceps braucht.
Cos7nicos oder Cosmicus, der Weltbürger, hat Martial unverändert
aus dem Griechischen genommen; Cic. (Tusc. V, 37, 108) sagt dafür
mundanus und setzt von Socrates erklärend hinzu: qui totius muiidi
se incolam et civem arbitratur. Eben dieses mundanus ist daher auch
das latein. Wort für unser Cosmopolit , wofür kein Alter cosmopolita
gebraucht hat.
Cothurnus braucht Cicero nur von den hohen griechischen Schuhen,
nie aber im bildlichen Sinne von dem erhabenen Style, wie es ausser
Dichtern zuerst Quintilian, jedoch nur von dem erhabenen tragischen
Style braucht, nicht allgemein.
Crassitas und crassities,die Dicke, sind Sp. L Formen für das Kl.
crassitudo.
Crassus, dick, ist in der bildlichen Bedeut. gross J). L.; man sage
also z. B. nicht crassum Vitium, ein dicker, grober, arger Fehler , son-
dern magnum,insigne,turpei ein dickes Werk (Geisteswerk), grande^
spissum opus (Cic. Q. fr. II, 14, 1). Es kommt zwar bei Horaz crassa
Minerva, wie bei Cicero pingiii, ut ajunt, Minerva, sprichwörtlich
für indoctus , ungelehrt, vor, und auf ähnliche Weise crassiore, ut
vocant, Musa (bei Quintil. 1,10,28), als Erweiterung des vorausgehen-
den imperiliores , also: die noch ungebildeter, ungelehrter sind, aber
nirgends, was sich im N. L. findet, crassiore Minerva; — es ist, da
es aller Auctorität ermangelt, nicht zu brauchen.
Crastino, rnorgen, kommt Sp. L. bei Gellius u. A. für das Kl. cras vor.
Creore. Da hierin nicht der Begriff der Wahl oder Auswahl liegt,
80 ist D. L. creare amicum, amicos für deligere. Es liegt darin der
Begriff des Machens, Schaffens und Hervorbringens , und daher sagt
man wohl co?isulem u. dgl. creare, d. i.facere. Gleichwohl sagt Cicero
z. B. nicht creare mundum, die Welt schaffen, was im N. L. sehr ge-
wöhnlich ist (Dens creavit mundum), sondern procreare und noch
öfter aedißcare,efficere,fabricari, u.dgl. Gott ist bei ihm nicht creator
mundi, sondern procreator, aedificator, effector , fabricutor. D. L. ist
auch aliquem creare ad consulatum u. dgl. für aliquem creare consnlem
u. 8. w., und für aliquem creare ad dignitatem, ad magistrntum. Einen
17*
260
für ein Amt erwählen , sagt man altem dignitatem , magistratum con-
ferre. Vgl. Weber's Uebiiiigssch. p. 338. Zweifelliaft ist creare sedi-
ü'onem, einen Aufstand erregen (Veliej. 11,20) und zu vermeiden
durch /arere, concitare, commovere u. a.
Creator, Urheber, Schöpfer, ist fast nur P. L. , wie auch creatrix.
Cicero nennt nur einmal den Romulus creator hujus urbis, sonst ge-
wöhnlich parens. Vgl. Creare.
Creatura, das Geschöpf, die Creatur, ist sehr Sp. L. und dennoch
im N. L. sehr häufig fiir res creata, animal, auch oft blos res.
Crebescere oder crebrescere , sich vermehren , sich verbreite?i , iai
erst N. Kl. und findet sich fast nur bei Tacitus fiir increbescere.
Credere, glauben. JV. L. ist credere in aliquem, in aliquid, an Einen,
an Etwas glauben; man sagt nicht itt deum, in deos credere, an Gott,
an Galt er glauben, sondern deum, deos credere (Seneca Ep. 95, p. 70
ed. Schw.), und B. L. ist daher, was in den latein, Gebetbüchern steht,
credo in unum deum für credo unum deufn , oder (mit Cicero) deum
oder deos putare (Divin. I, 46, ]04). Man merke auch, dass unser ma«
hätte glauben sollen , crederes heisst. Zu voreilig aber verwarf man
früher als nicht Ciceronisch crede mihi für mihi crede , aber man
beachte, dass mihi crede meist dann gesetzt wird, wenn mihi (mir)
hervorgehoben werden soll, crede mj'Äj* dagegen , wenn glaube, traue
von grösserer Bedeutung sein soll. Vgl. darüber mehr in Raschig Progr.
p. 27. 28. R. Klotz z. Cic. Tusc. p. 100 und Stürenb. z. Cic. Arch. p. 18.
deutsche Ausgabe.
Credibilis, glaublich. N. L. ist alicui aliquid credibile facere, Einem
Etwas glaublich machen , Einen von Etwas überzeugen , für alicui
aliquid oder de aliqua re probare (Cic. Att. XVI, 7, 4) , wiewohl cre-
dibile aliquid facere richtig ist.
Credilum,das Darlehn, das A7ivertraute , findet sich zuerst bei
Sali. (Cat. 25, 4) , sonst nur Ä^. Kl. für pecunia oder res credila bei
Cicero. So der Jen. Rec. (Georges).
Crementum , der Zuwachs, steht A. L. bei Varro und dem altern
Plinius für das bessere incrementum.
Cremor ist in der Bedeut. die obere Fettigkeit Aiir Mi\c\\, die Sahne,
der Rahm, Schmant N. L. für spuma lactis. Vgl. Heusing. Emendatt.
p. 397, dessen Bemerkung von Forcellini und den neuern Heraus-
gebern nicht benutzt worden ist.
Crepare, knarren, rauschen u. dgl., ist fast nur P. L. und N. Kl.
sehr selten für concrepare, increpare.
Crescere, icachsen , zunehmen. Man bezweifelt a7iimus crescit , der
Muth wächst; aber Cic. sagt (Manil. 15, 45): hostium opes animique
creverunt ; Liv. (V, 46) : non animi tantum, sed etiam vires crescebant ;
Quint. (Inst. I, 2, 3) : animus laude crescit. Gut ist auch barba crescit,
der Bart wächst; aber den Bart wachsen lassen heisst alere oder
pascere barbam, und ist nicht mit crescere auszudrücken.
Cresius und Cretaeus, kretensisch, zu Kreta gehörig, sind P. For-
men für CreteTisis und Creticus. Als Subst. der Kretenser ist Kl. Cres,
Plur. Cretes, bei Andern gleich gut Crelenses; als Adject. am besten
Cretensis, weniger gut Creticus, was nur als Beiname von Personen
Kl. ist.
Crimen ist fast nie, ausser N. Kl. und P., ein Vergehen selbst.
261
sondern nur die j4nschuld{gung , Beschuldigung oder der Vorwurf
eines Verbrecliens, wie man aii8 den lledensarten crimini dure , zum
Forirurf machen , vorwerfen , und in crifnine esse, beschuldigt werden,
ersieht. Ihm ist gleich an Bedeutung- rri7mnnlio. Eben dalier tritt zu
crimen das angeschuldigte Vergehen im Genitiv, nicht in gleicliem
Casus hinzu. Man sagt wohl z. B. crimen parricidii sumtnum erat, aber
weder suinmum crimen erat parricidiatn , noch auch summum erat
crimen parricidium ; richtig ist scelus ?naj-immn erat parricidium. Vgl.
Webers Uebungssch. p. 154 u. Grotefend's Commentar. p. 92.
Criminalis, kriminell, eine Strafe^ wohl gar den Tod verdienend,
kommt sehr Sp. L. nur bei den Juristen vor; in guter Prosa steht dafür
meistens capitalis,z. B. ein Criminalverhrechen, res capitalis, nicht cri-
minalis; Einen wegen eines Criminalverbrechens fwege?i Criminalver-
hrechen) anklagen oder verdammen, aliquem rei capitalis ( rerum
cupitaliuvi) reum facere , accusare , damnare oder condemnare. Ein
Criminalprozess ist capitis Judicium oder dimicatio. Nach Klotz kann
man sich, wenigstens in acht römischen Verhältnissen, mit Judicium
publicum und quaestio im engern Sinne öfters helfen.
Criminari werde nur als Deponens, anschuldigen u. dgl. gebraucht,
nicht als Passivura, mag es auch selbst Cicero einmal (Kuli. 111,4
Sullanas res defendere criminor, ich werde beschuldigt , dass ich — )
in passivem Sinne gebraucht haben.
Crtminosus ist N. L. in der Bedeut. verbrecherisch, voll Vergehen,
da es Tielmehr verläumderisch , vorwurfsvoll bedeutet; jenes heisst
sceleratiis, facijiorosus u. a.
Crisimus, bedenklich, entscheidend, kritisch^ wurde erst Sp. L. von
Aerzten neben criticus gebraucht. Celsus nennt solche kritische Tage,
dies graves, potentes, quibus de aegris judicatur,iuid führt das griech.
Wort y.ülnitiog nur gelegentlich als Kunstwort an, ohne es zu brauchen.
Crisis findet sich als medicinisches Wort vom entscheide7iden Zu-
stande eines A'ranke?i , welcher noch heutzutage crisis heisst, noch
nicht bei Celsus, sondern erst bei Seneca (Kp.8S),fiir Judicium. Aus-
serdem kommt es in der jetzt ganz gewöhnlichen Bedeutung A'rjVjA-,
Beurtheilung einer Lesart nirgends bei einem Alten vor , kann aber
als neueres Kunstwort neben ars critica nicht wohl entbehrt werden;
es werde aber nicht gemissbraucht, da Judicium oft dafür hinreicht.
Doch vermeide man bei dem Gebrauche desselben den Genitiv criseos
für rn'sis. Vgl. Th. I, §. 30. Ebenso N. L. ist crisis in politischem Sinne,
der bedenkliche Zustand , inv discrimen (Cic. Orat, 1,1, 3. Rose.
Am. 6, W).
Criticus kommt in der Bedeut. Kmistrichter als Subst. schon bei
Cicero vor, weswegen es unbedenklich gebraucht werden kann, da es
ohnehin, wie ars critica, als neues Kunstwort gültig ist, mag es auch
als Adjectiv erst Sp. L. von den Aerzten für das oben erwähnte crisi-
mus gebraucht worden sein. Aber inr critice correctus, kritisch berich-
tigt, sage man nach F. A. Wolf ad criticam rationem eme7idat?es.
Lächerlich ist es aber, das Adj. criticus in der allgemeinen Bedeut.
bedenklich, gefährlich zu brauchen, und kritische Zeiten auszudrücken
durch tempora critica für periculosa; kritische Lage heisst discri-
men (rerum).
262
Crotoniates , Pliir. Crotoniatae , der Krotoniate , als Subst.; davon
das Adj. Croto7iie7isis, welches N. Kl. auch Subst. ist.
Cruciabüis, martervoll, ist Sp. L. für miser^ miserahilis ; ebenso ist
Sp. L. cr?icf'abt'h'ter , wiewohl es schon ^. L. bei Plautus vorkommt,
der auch cruciabilitos braucht.
Cruciumen, die Marter, Qual, ist Sp- und P. L. i\\r cruciamentum
oder das gewöhuliche crnciatus.
Cruciare, kreuzigen, ist Sp. L. V^i. das folgende Wort.
Crucißgere oder getrennt crucißgere fso schreibt es Freund, wes-
halb es bei ihm unter Figo zu suchen ist), a?is Kreuz schlagen, steht
erst N. Kl. bei dem altern Plinius, Quintiiian und Sueton, für cruci
affigere, suffigere , in crucem tollere, in crucem agere (Cic. Fin. V,
28, 84), cruce affleere (Cic. Verr. I, 4, 9, wie auch Sueton. Galb. 9).
Sp. L. ist in cruce suffigere.
Cruor, Blut, ist fast nur N. Kl. und P. L. für das allgemein übliche
sanguis, welches nicht nur das Blut in den Adern, sondern auch das
ausser denselben befindliche bedeutet, sowie auch cruor nur A. L.
bei Diclitern von dem Blute in den Adern steht. Bei Caesar steht nie
cruor, sondern nur sanguis, und bei Cicero vielleicht nur zweimal in
Reden (Rose. Am. 7, 19. Tüll. 24).
Cruslulum , das Backwerk, Zuckerplätzchen. Der Plur. crustula
wird heutzutage zu einer lächerlichen Benennung von Büchern ge-
braucht, welche Sprüclie und allerlei interessante Erzählungen für
die ersten Anfänger im Lateinischen zum Lesen und Uebersetzen ent-
halten. Bei den Alten findet sich nirgends eine Spur davon.
Crustmnerinus ist wohl nur Adject. und vielleicht zweifelhaft, nicht
Subst. ,rfe/- Einwohiier von Crustumeria; Axe^ev hexs^t Crustuminus,
was zugleich das bessere Adject. ist. — P. L. ist aber Crustumerius.
Crux kommt nur in der Volkssprache (daher oft bei den Komi-
kern) in der Bedeut. Ungemach, Pein, Qunl vor, nie in der edlern
Schriftsprache, wo viele andere Wörter, wie malum,vmeria,cruciatus,
molestia, calamitas u. a. seine Stelle vertraten. Im N. L. wird es da-
gegen oft von einer schweren, mühselig zu verstehenden und zu erklä-
renden Stelle gehraucht, was hö( hstens mit dem Zusätze von quasi
oder quaedam zulässig ist; z. B. hie locus quasi (mala) qxiaedam crux
interpretum fuit. Noch lächerlicher aber ist es (wieGörenzzuCic.Fin.
p. 21), zu sagen: non poterarit, quin sibi crucem figerent, es war Jialiir-
lich, dass sie sich Mühe machten — von Auslegern , die eine nicht
schwere Stelle schwer finden. Lieber cruci flgere vgl. Crucifigere.
Cubare, liegen. Woher im N. L. die lächerliche Redensart kommt,
welche sich seit Graevius und Burmann's Zeiten so oft bei den Kri-
tikern, auf fehlerhafte Stellen angewendet, findet: in mendo, in mendis,
in vitio cubare für mendosum, vitiosu?n esse, weiss ich nicht. Sogar der
ernste Ruhnken sagt (zu Vellej. II, 66): ego verbum nunciari in
mendocubare puto, und selbst der Antibarbarist Noiten: /w vitio cubare.
Da es fast nur gestreckt, gemach liegen bedeutet, wird es wenig
gebraucht.
Cubicularius, zum Schlnfzimmer gehörig, ist als Adjectiv schlech-
tere Form für c?/ÄeV;tt/r?/-/s,- gut aber ist es als Subst., r/e/" Kammerdiener.
Cubiculum ist nicht jedes Zimmer., was conclave heisst, sondern
wohl nur das Schlaf- und Ruhezinuner.
263
Cucurbita ist in der Bedeiit. Schröpfkopf Sp. L. für cucurhitida
bei Celsus,
Cudere, schlagen, stosseft, Ettvaa aus Metall arbeit eii,h(tAcn{^i nie
etwas Geistiges ausarbeiten ; dafür ist der Ausdruck nicht edel geiiii^.
In Briefen an Freunde ist es erträglicli, wie aucli wohl sclierzend
Muret (Oper. T. II, p. 203 ed. Fr.) in einem Briefe sagt: ego quid-
quid cudero (für scripsero), mittam.
Cuicfiimodi , vo?i tvelcher Art es auch sei, hat in der Regel, wenn
nicht der Conjunctiv durch andere Umstände erfordert wird, den
Indicativ bei sich, wie es auch jetzt die Grammatiken lehren. Die Neu-
lateiner setzen oft unnöthig, den neuern Sprachen gemäss, den Con-
junctiv, wie selbst Muretus. Vgl. d. Anmerkk. z. Mureti Oper. T. I,
p. 274 ed. Fr.
Culinarius , zur Küche gehörig. Die neuen Redensarten: latinitas
culinaria oder in culina nata, Küchenlatein, und poesis culinaria,
A?iche?ipoesie , bezeichnen neue Ideen und sind insofern nicht zu ver-
werfen. Daher ist es denn auch wohl nicht unpassend zu sagen:
latinitas culinam redolet , die Latinität (das Latein) riecht (schmeckt)
nach der Ä'üche,yfi(i Cic. (Brut. 21,82): orationes ejus redolent magis
antiquitatem.
Culmen kommt bei Cicero nur im Verse von der Himmelskuppel
vor, und bei Caesar nur von dem Gipfel oder der Spitze der Alpen.
Cicero nennt dergleichen Berggipfel , vertices (Verr. IV. 48, 10(j ex
Aetnae ve rtice} ., hi\ms u. A.. jugum. Ygl. Cacumen. Bildlich nennt
schon Livius den höchsten Gipfel des Glückes, sum/num cuhnen for-
tunae. Zu gewagt aber ist es , wenn Ruhnken (Opusc. I, p. 104) von
der Optik sagt: optice ad quantum culmen fuit a Graecis provecta! wo
fasiigium oder summus gradus vielleicht passender gewesen wäre.
Culpa, Schuld. ]). L. ist ego sum culpa u. ähnl. ausdrücke, ich bin
Schuld, für surn in culpa (Cic. Fam.III,8,16. XV, 2, 7. Att. VIII, 6, 3.
Plane. 4, 10), oder in me est culpa (Cic. Fam. I, 9, 13), oder mea est
culpa (Cic. Fam. III, 8, 6 tiia sumtna culpa est, du bist am meisten
Schuld). Daher: haec mea culpa est, daran bin ich Schuld (Cicero
Brut. 35, 133); tua tamen nonnulla culpa est , jedoch bist du etwas
Schuld. Auch heisst Schuld sein , culpam sustinere,in se admittere,
suae culpae tribuere, culpam ab aliquo non abesse u. a. — Für culpam
punere in aliquo, die Schuld auf Jemandefi schiebeji oder iverfen , was
bei Plautus vorkommt, sagt man culpam conferre, conjicere, verlere in
aliquem u. a.
Culpare, tadeln, kommt theils P. L., theils N. Kl. einigemal bei
Quintilian vor, für vituperare, reprehendere.
* In der von Freund anj^cführten Stelle aus Varro L. L. IX, 5 (p. 200 ed.
M. und p. 463 ed. Speng.) stellt jetzt in den beiden ang-eführten Ausgaben aus
Handsclir. cum vititperandus non sit medicus, für die gewöhnliche Lesart dtvul-
pandiis oder culpandus.
Cutter, das Messer, bedeutet nicht das der Aerzte , welches mei-
stens scalper oder scalpellum heisst.
Cultio , die Bebauung, ist nur in Verbindung mit c^r2' üblich. Vgl.
Agricultio. Erst Sp. L. ist es in der Bedeut. Verehrung, für cultus.
Cultura ist in der Bedeut. Verehrung nur P. L. und selten für
cultus; überhaupt bezeichnet es activ nur das Bilden und Bearbeiten
264
läiid Heller Gegenstände, und ist daher mit dem Genit. a§[^rt ganz ge-
wöhnlich, mit welcliem es gleichsam ein Wort hildet. Und so ver-
bindet Cicero (Tnsc. 11,5,13) in der Vergleichung der Aerker
mit der Seele und ihrer beiderseitigen Bebauung, Pflege und Bildung
cullura sogar mit unimi, was er ausser der Vergleichung nicht gethan
haben würde. Es bedeutet daher nie für sich allein Bildung und Aus-
bildung , oder das Gebildetsein, was wir Kultur nennen, ebenso wenig
wie das folgende Cnltus.
Ctiltiis kann ohne den die Bedeutung bestimmenden Genitiv animi
nicht Bildung oder Ausbildung heissen, da es für sich allein nur
Pflege, Wartung, Bearbeitung bedeutet und durch Genitiven nähere
Beziehung und Bedeutung erhält. Ganz allgemein ist htimamis cnltus
(Cic. Orat. 1, 8, 33), eingeschränkter ajiimorum corporurnque cnltus,
z. B. bei Liv. XXXIX, 8 multas artes ad animortim corporumque cidtuni
nobis eruditissima omnium gens invexit. Bildung im Leben und in den
Sitten ist hunianitas, und acht städtische, tirbanitas; wissenschaftliche
Bildung, eruditio, doctrina, anitni cultits, litterae (Cic. Tusc. I, 1, 3) ;
Cultur eines Folkes, cnltus atque hunianitas, und meistens blos mores.
— Ebenso bedeutet das Partie. c«/;?/s nicht gebildet, worür escultus,
eruditus, politus gesagt wird; daher bei Cic. (Fam. XIII, J, 5): est
omni überall doctrina politissimus, er ist ein allseitig gebildeter Mann.
— Vgl. auch Webers Uebungssch. p.- 248.
Ctim (Praeposit.). Als N. und D. L. wird cu7n von Hand (Tursellin.
T. II, p.l41) verworfen in der Bedeut. wie, so//7't?, in welcher wir unsre
Praeposit. mit brauchen; z. B. ich habe das mit Ruhnken aufgenom-
men, \\oc cum Rnhnkenio reeepi; ebenso : hanc vocera cum Mureto
addidi oder omisi; ut cum Mureto loquar, um mich mit M., d. h. 7vie
M. auszudrücken u. dgl., wo doch von keiner Gemeinschaft mit der
gedachten Person die Rede sein Tcann. Aber obgleich die Bedent. trie
nicht ganz abgeleugnet werden kann, da sie in den bekannten Worten
Cicero's: errare malo cum Piatone, quam ctnn aliis sentire (Cic. Tusc.
1, 17, 39; vgl. Att. VI, 1, 18) nicht wegzuleugnen ist, so muss sie doch
lieber, da sonst so Weniges für sie spricht, vermieden werden, z. B.
durch suadente, docente, iiolente.jube?fte,praeeu?ite Ruh?ikenio, Ruhn-
keniimi secjitus, welche Rosenheyn dafür vorschlägt, und ?it Mureti
verbis utar. — Man sagt wohl: vidi argenteum Cupidinem cum lam-
pade (Cic. Verr. II, 47, 115), simulacrum Cereris ciim fa(i!)us (ib.
IV. 49), aber dazu noch einen Zusatz in manu, in hiimeris, in capite
u. dgl. zu machen, ist D. L.; z. B. pinxerat Fortunam cum retibus in
maiju et Dianam cum arcu in humeris für retia manu tenentem et ü.
gesinntem arcum in h. — Unser mit Gott, d.h. mit Gottes Hülfe, heisst
nicht cwn Deo, sondern cum Deo rolente, cum Deo juvante, oder ohne
cum, Deo jnvante, Deo voleiite, Deo auspice. — Ueber cuin bei idem
vgl. Idem, und über cum tempore, mit der Zeit, d. h. in der Folge, vgl.
Tempiis. Ueber die Conjunction ciim vgl. ^/^?^/». Sehr vollständig han-
delt von C7im Hand im Tursellin. T. II. — Zu merken ist hier noch:
Cu?npriinis als eine seltne Verbindung, wie ein Adverb., in der
Bedent. vornehmlich, vor:iüglich, für inprimis, sogar bei Cicero. Vgl.
Cic. Divin. I, 32, 68 cumprimis hoiuineai prudentem atque doctum, u.
Verr. 11, 28, 68 homo domi suae cumprimis locuples atque honestus.
265
Ctimaeus, zu Ciimae gehörig, ist P. Form für Ctimanus, was tlieils
Adjectiv, theils Subst. ist.
Ciimulare, häufen, aufhäufen. Gut ist wohl cumulare onera, Lasten
häufen , aber nicht aliquem oneribus cumulare für obruere. Vgl.
Wüstemann Doering. Comment. p. 78.
Ciwiulatim, in Haiifen, stellt nur einmal bei Varro und ausser-
dem Sp. L. Man sage dafür cumulate oder drücke es durch das Subst.
cumultis oder das Verbum cumulare aus.
Cumulus. D. L. ist pecuniam (und andere) in cumtdo coUigere,
Geld in Haufen sammeln, für pecunias coacervare, numorum acervos
coTtstruere oder pecunias construere.
Cunabuhmi ist im Sing, veraltet,- es steht dafür der Plur. cuna-
bnla, der aber im bessern Latein nur die Wiege bedeutet, wofür je-
doch cunae noch häufiger ist. Erst Sp. L. hat es bildlich die Bedeut.
Ursprung, z. B. urbis, einer Stadt, wofür nur i7icunabula oder origo
üblich ist.
Cupere. Es hat wohl nie in Prosa ut nach sich, sondern nur den
Infin. oder ^cc. c. Inf. Man sagt zwar alicui cupere, Eiiiem gewogen
sein, alles Gute unhischeyi, aber N. L. ist cup. alicui aliquid, z. B.
omnia bona, divitias, honores u. dgl. c?</;e/'e, für alicui aliquid esoptare,
opfare, ut cui quid cofitingat , auch alicujus causa omnia cupere; A. L.
ist auch alicui bene cupere, da bene auszulassen ist.
Cupidus, begierig, hat in Verbindung mit einem Verbo nur den Ge-
nitiv des Gerundii, aber nicht ut, noch auch den Infinitiv bei sich, der
P. L. ist. 3Ian sage nicht oinnes cupidi sunt, ut te audiant oder te
audire, sondern te audiendi.
* Nach Freund (im Lex.) ist cupidus in der Bedeut. geldgierig, nemlich
ohne den Gcnit. pecuniae, erst N. Kl.; er gibt zu dieser einzeln erwähnten Bed.
als Auctorität den Quintilian und Sueton an ; aber der Jenaische Rceensent
(Georges) führt dafür schon Cic. Sest. 43, 93 und Vitruv. I, 1, 7 an, wo freilich
schon durch den Zusammenhang diese Bedeutung bedingt wird, ohne dass das
Adjectiv des Zusatzes bedurfte.
Cuprum, Kupfer, ist Sp. L. für aes Cyprium.
Cur, warum? fragt nach der Ursache, warum oder woher Etwas
geschieht, und verlangt eine Antwort mit weil ; dagegen fragt quare,
warum, nach der Absicht, wessivegen Etwas geschieht, und verlangt
eine xlntwort mit ^OOTi'i. Man kann daher nicht fragen : ^?/fl7-e ningit?
quare hieraat? sondern cur ningit? cur hieraat? Im spätem Lat. aber
werden beide verwechselt. Vgl. Döderlein's Synonym. Th. VI, p. 93.
— N. L. ist es wohl, cur in der verwundernden Frage mit dem Infini-
tiv statt des Conjunctivs zu setzen, wie Paulin. a S. Josepho sagt: Cur
e^o nunc poetas tantis in coeliim laudibus tollere? umrum sollte ich —
erheben? wobei A. Matthiae mit Recht bemerkt: Infinitivus tollere est
ex usu Italicae et Gallicae linguae, non item Latinae. Er konnte zu
Gallicae hinzusetzen et Germanicae; wir sagen auch m. d. JNomin.:
Warum ich — erheben? Am anstössigsten ist Aer Nominativ, wemg&r
anstössig der hifinitiv. — Wenn ivarum nicht nur lebhafter Ausdruck
für sollte also wohl nicht — .^ ist, aber nicht Frage, auf die man eine
Autwort erwartet, so heisst es quidni mit dem Coujunctiv, nicht cur
non. Ferner heisst in Aufmunterungen warum nicht viehnehr (ausser
aller Frage) nicht cur no?i potius, sondern quin potius.
Cura, die Sorge; — für oder um Etwas meistens mit dem Geni-
2ßG
tiv, seltner mit de, z. B. omnis de re p?/bh'ca ciira (Cic. Brut. 3, 10).
— M;in sagt zwar curae esse, zur Sorge sein, am Herzen liegen, aber
nie mrae cordique esse. Vgl. Cor. — In der Bedeut. R'ur, Heilung ist
es N. Kl. und sehr selten für curatio, da cum, von Kränzen ge-
brancht, fast nur Pflege und Wartung bedeutet. Daher sag^t man auch
niclit curam adhibere, eine Kur hrauchen, sondern curationem oder
medicinam aegro oder ynorbo adhibere oder admovere. Dagegen be-
deutet curare nicht nur pflegen, warten, besorgen, sondern auch, be-
sonders in der Verbind, mit corjms, morbus, vulnus, — heilen. Vgl.
Cic. Cluent. 14, 40. Tusc. III, 2, 5. Marc. 8. Senect. 19, 67. Sulpic, Cic.
Farn. IV, 5, 5 u. a. ; und so immer bei Celsus. Ein Adjectiv curabilis
aber, in der Bedeut. heilbar, findet sich zwar bei Juvenal, ist aber
zweifelhaft und unnöthig wegen sanabilis und medicabilis.
Curare, sorgeti, sich Sorge, Kummer wegen Etums ?nachen, wird
verbunden mit de (Cic. Att. XIII, 21); sorgen für, besorgen, sich be-
kümmern um — mit dem Accusativ aliquem, aliquid; A. u. Sp. L. ali-
cui. Vgl. Reisig's Vorles. p. 787. Bei einem folg. Verbo steht nur
N. Kl. bisweilen der Infinitiv, auch wohl der Accus, c. Inf., was ver-
mieden werden muss für das Kl. Gerundium im Accus, mit seinem
Objecte, auch mit ut oder verneinend ne ; auch wohl mit blossem
Conjunctiv. Man sage nicht cura epistolam describi, sorge, dass der
Brief abgeschrieben 7/'e/"f/e, sondern cura epistola7n describendam,oAav
ut epistola deacribatur. Vgl. Reisig's Vorles. p. 787. — Ueber curare
in der Bedeut. heilen vgl. Cura. — N. L. ist die Redensart curare
7norborum scienliam, sich um die Pathologie bekümmern, wie neulich
Einer schrieb.
Curatela, die Vormundschaft u. a., ist N. L. und findet sich nir-
gends bei den Alten für tulela, mtinus tuloris; bei spätem Juristen
auch curatio. Ebenso bedeutet curator erst Sp. L. den Vormund, für
tutor ; früher verstand man darunter nur den, der Etwas besorgt, einen
Aufseher, Verwalter u. dgl.
Curatus und das Adv. curate, sorgfältig, genau, stehen N. KL bei
Tacitus für accuratus, accurate.
Curetes sind nicht die Einwohner der Sabinischen Stadt Cures;
diese heissen Curenses.
Curia ist in der Bedeut. /To/" regierender Herren, besonders geist-
licher, sehr Sp. L. für atila; und so auch das Adj. curialis, zum Hofe
gehörig., fiir aulicus, und als Subst. der Hofmann, für aulicus oder
purpuratus.
Curriculum ist, mit vitae oder vioendi verbunden, nicht, was wir
Lebenslauf nennen., d. h. des Lebens Ereigjiisse, das Leben selbst, son-
dern nur die Lebenszeit der Dauer oder Länge nach, die Lehensbahn,
und hat daher nur Adjectiven, wie longum, esiguum, breve u. ähnliche
bei sich, wesswegen es auch unpassend ist, Verba, wie narrare, e.v-
ponere, referre u. dgl. dabei zu brauchen. Lebenslauf heisst nur vita.
Vgl. Cursus.
Cursorius, zum Laufe gehörig, schnell, ist in beiden Bedeut. sehr
Sp. L., ausser in dem Kunstworte nain's cursoria, eine Jacht. Im N. L.
spricht man von einer lectio cursoria und nennt so das cursorische Le-
se?i eines Buches, wovon die Alten Nichts wissen; dem Sinne nach
sagt man dafür im bessern Latein lectio cursim instituta oder um-
267
schriebet» quae a cnrrendo vel cursu nomen habet. Ebenso ist N. L.
cursorie, z. B. legere, für cursi'm, festmanter.
Cursus, der Lauf., wird zwar vielfältig bildlich gebraucht, aber
D. L. wäre cursus mundi in der Bedeiit., in welclier wir sagen der
Weltlauf, Lauf der Welt, für cursus rerum, Lauf der Dingte, wie Cic.
Fain. IV, 2, 3, da mundus nicht so gebraucht wird. Vgl. Mundus.
Richtig aber ist cursus vitae oder vivendi, der Lauf des Lebens, aber
auch nur in der Bedeut., in welcher curriculum vitae bei den Alten
steht. In der Redensart die ganze Lebenslauf bahn sagt man aber nicht
iotus vitae cursus, sondern totius vitae cursus. Vgl. Cic. Off. I, 4.
Curvare mit dem Acc. arcmn, den Bogen spannen, ist nur P. L.
für arcu7n tendere, ifitendere.
Curvitas, die Krümmung., ist Sp. L. für die frühern und etwas bes-
sern Formen curvatura, curvatio, cttrvamen oder aduncitas und mehr
j4. Ij. bei Varro cnrvor. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 150.
Curvus, ]crumm, ist nach den Lexicis nur P. L. und findet sich nir-
gends in Prosa für curvatus, incurvus, inflexus, aduncus.
Custodire, bewachen, bewahren, hüten.; — Etwas vor Etwas, ali-
quid ab oliqua re oder ab aliquo.
* Wie die von Freund bei dem Adv. custodite zugesetzten Worte: „Adv. des
ah Part, nicht iveiter vorkommenden custoditns" zu verstehen seien, weiss icli
nicht, da das Partie, nicht nur bei Livius, sondern auch bei Andern vorkommt.
Cutis kann nur selten in unsern vielen bildlichen Redensarten in
der Bedeut. Haut gebraucht werden. Vgl. D. Lat. Lexica.
Cipwsarges, ein Gymnasium zu Athen, muss. wiewohl es nirgends
bei einem Lateiner vorkommt, wenn es in's Lateinische aufgenommen
wird, nicht als Femininum, sondern als Neutrum behandelt werden,
wie im Griech. Vgl. Heusinger Emend. p. 437.
Cypris für Venus ist unerweislich. Vgl. Vavassor. Antib. p. 514.
Cythera, Name einer Insel, ist nicht Singular, sondern Plur., Genit.
Cytherorum. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 262. Als Adj. brauche man
davon nur Cythereus oder Cytherius, da die übrigen vorkommenden
Formen mehr P. sind.
D. d.
Daemon, daemofiium und alle dazu gehörige Formen sind Sp. L. in
der Bedeut. Geist und bei christl. Schriftstellern böser Geist, Teufel;
sie können aber, da sie mehr neue Begriffe enthalten, kaum durch ^e-
7iius, malus genius ersetzt werden.
Dalmatius ist eine N. L. Form und weder Subst. noch Adj.; als
Subst., der Dalmatier, gebrauche man Dalmata, als Adj., Dalmatisch,
Dabnaticus.
Damnabilis, verdammungswürdig,\st Sp. L. für damfiatione dignus,
damnandus, dig?ius qui datnnetur.
Damnare, verdammen, verurtheilen ; zum Tode verurth. heisst Kl.
capitis oder capite damn., bei Livius einmal (XLII, 43) capitalis poe-
nae ; P. L. mortis oder morti, N. Kl. und nur bei Tacitus (A. XVI,
21): ad mortem damnabantur. Vgl. Condemnare.
Dammim bedeutet meistens Schaden an Geld und Vermögen; aber
einen Schaden, der zur Klage gekommen ist, schützen oder taxiren
heisst nicht damnum, sondern litem aestimare, worauf iWitpoena folgt.
268
Vgl. die Lexica unter Lis. lieber dammim altem' dare, Jemnriden Seh.
ztiff/ge7i, vgl. Dare; über damnum facere, Seh. thtm, vgl. Facere, und
über dnmnum pati. Seh. leiden, vgl. Patt.
JJaps, Plur. dapes, Mahl, Festmahl, ist nur P. L. für epulae, coena,
co>iinviu?n ; bei Livius kommt es nur einmal im Sing, vor von einem
Opfermahle.
Dare, geben. Es hält sich im Gebrauche fast nur an die Bedeutun-
gen geben, weggebe?!, schenken, und in beiden Sprachen ist theils
Uebereinstimmung, theils nicht. Man merke etwa Folgendes: />«repoe-
nas aliciii bedeutet nicht Jemanden strafen, sondern von Jemanden
gestraft werden; dabei wird das Wofür durch den Genit. ausgedrückt,
alicifjus rei. — Dare fabulam, ein Sehmispiel geben, wird nur vom
Schaiispieldichter , nicht vom Schauspieler gesagt, insofern er es auf-
führt (was durch agere ausgedrückt wird). Lässt es der Dichter den
Schauspieler einstudieren, so sagt man docet fabulam, und von dem
Schauspieler, der es einstudiert, — discit fabulam, von dem aber, auf
dessen Kosten oder Veranstaltung das Stück gegeben und aufgeführt
wird, sagt man edit, seltner dat fabulam. — N. L. ist dareßdem alieui,
Einem Glauben schenken, trauen, glauben, für habere fidem, credere;
jenes bedeut. Einem Etwas versprechen. — N. L. ist dare midtum ali-
CUJ21S judirto, auf Jem. Urtheil viel geben, für tribuere; ebenso dare
plagam, einen Schlag geben, für imponere,infligere,i7ijicere ; dessglei-
chen dare ludos, Spiele geben, iür facere oder N. Kl. edere ; ferner
dare coenam, ein Mahl geben, tür facere coenam (Cic. Fam. IX, 24, 2) ;
endlich dare senteniiam, seine Meinung geben, für dicere,ferre sen-
tentiam, snffragium ferre oder i7iire. Verworfen werden ancli dare
alieni potestatem. Einem Erla?.ibniss gebe?i, für facere alieui pot.; dare
liberis oder pueris magistrum, den Kindern einen hehrer geben, für
constituere o i\ er facere ; dare alieui rein traetandam. Einem einen Ge-
genstand zu bearbeiten gehen., für ponere oder proponere — und so
wohl noch andere mehr. Man verwirft auch dare epistolam, litteras
von dem Boten oder Ueberltringer, und verlangt reddere, weil der
Verfasser des Briefes ihn gäbe, also von diesem dare gelte, der Bote
aber gäbe ihn zurück, wo reddere nothwendig sei. So findet es sich
auch meistens; al)er selbst Cicero sagt vom Ueberi)ringer bisweilen
dedit, nicht reddidit; vgl. Cic. Att. V, 4, 1. — ^. L. bei den Komikern
und in'cht nachzuahmen ist dare alieui damnum., Einem Sehaden zu-
fügen, für damnum alieui afferre oder inferre u. a. — Gut sind dagegen
dare foros librum, ein Buch herausgeben (Cic. Att. XIII, 22) ausser
dem gewöhnlichen edere librum; ferner dare alieui bibere oder potui,
Einern zu trinken geben. — Viele verwerfen auch dare legem, ein Ge-
setz geben, aber es kommt vor Cic. Verr. II, 49, 121. in Ruil. II, 19. 52
u. 20, 54. Leg. III, 2, 4 leges da?nus liberis populis. Häufiger brau-
chen die Alten allerdings ü\r dare — seribere, constituere, auch condere
(Liv. III, 3) und in der Bedeut. öffentlich in Vorschlag bringen zur
Genehmigung, legem ferre, rogare und promulgare. Der Gesetzgeber
aber heisst nie legis o<\gt legum dator,soni]ern /a^o/- (Cic. Muren. 2,3)
oder scriptor legis (Cic. Leg. II, 25, 63), auch wohl conditor , und
N. Kl. heisst Lycurg bei Quintil. (I, 10, 15) legum auctor. Im Spotte
heisst auch der Gesetzgeber architeelus legis (Cic. RuU. 1,4, 11). Vgl.
Le.T. — Das Geben oder Vorschlagen eines Gesetzes heisst meistens
269
latio legis, wie bei Cic. Muren. 3, 5, selten dntio, wie hei Cic. Riill. II,
22, 60 legum datio, was, wie leges dare^ nacli den Beispielen in Cice-
ro's Gesetzbiicliern vorziiglicli dann anwendbar ist, wenn ein g'eist-
voiler Kopf für sich, ohne beauftragt zu sein, Gesetze entwirft. — Un-
ser das gebe Gott! das gebe der Himmel! lieisst nicht hoc det Dens
oder coelum, sondern Deusfaxit! — Nach welclier Auctorität aberHeni-
sterhuis (Oratt. p. 166) geschrieben hat: ille egregiitm poetam datu-
rusfuerat (was offenbar bedeuten soll: er würde einen vortrefflichen
Dichter gegeben haben, d. h, geworden sein), was D. L. ist für ille
egregitis poeta f actus fuisset, ist mir unbekannt. Audi tadelt wohl mit
Recht Ruhnken den Muret, welcher (Op. T. II, p. 416 ed. Fr.) sag^t:
sperare non dalur, mit den Worten: Sic poetae loqnuntur, non Cicero
ant ejus aequales. — N. u. D. L. ist auch der Gebrauch des passiven
dari für esse oder inveniri für unser deutsches Impersonales es gibt,
welcher im N. L. nicht selten ist, z. B. dantur sane interdum viri eru-
diti, es gibt bisweilen — (so Weisse de stylo p. 13), für sunt oder iji~
ve7iiu?itur, — und so mehrmals bei Paulin. a S. Josepho, z. B. cur 7io?i
dantur, ut ait poeta, Marones? warum gibt es nicht — ? wo g-erade
Martial, von dem der Gedanke entlehnt ist,richtig^ sagt: des imt für
?ion dantur. Ebenso N. L. ist das philosophische tertium non datur,
ein Drittes gibt es nicht, für non oder nihil est tertium (Cic. Fam. IX,
22, 1), oder tertium nihil inveniri potest (Cic. Senect. 19, 66), oder
medium esse quidqiiam nego (Cic. Phil. II, 13). Vgl. Heusinger. Emend.
p. 398. — Ueber dare mutuo endlich vgl. Mutuus.
Dator, der Geber, ist ein gemeines A. L. Wort, welches einigemal
bei Plautus und einmal bei Virgil, sonst aber nicht vorkommt. Ueber
legis dator, der Gesetzgeber, vgl. legem dare unter Dare.
Datum kommt als Subst. mit dem Genitiv epistolae, das Datum
eines Briefes, nicht vor; dafür blos dies; z. B. als Datum war der
erste Januar beigeschrieben, dies Kalendarum Januariarum adscripta
erat. Vgl. Cic. Fam. III, 11, 1. Ebenso heisst Briefe von demselben Da-
tum, epistolae eode?n die datae.
De. Diese Praeposition wird in manclien Verbindungen falsch ge-
braucht. Dahin gehört de die in diem, von Tage zu Tage, für in dies
(Cic. Top. 16, 62 Vitium in dies crescit), in dies singulos, quotidie (Cic.
Att. V, 7 quotidie vel potius in dies singulos breviores litteras ad te
niitto); ferner de hora in horam, von Stunde zu St., für in horas, und
so alle ähnliche. So heisst auch von Tage zu Tage warten, diem ex die
exspectare oder diem de die prospectare (Liv. V, 48). Ueber de verbo
ad verbum, von Wort zu W., vgl. Verbum. Von Haus zu Haus heisst
ostiatim; von Neuem, nicht de novo, sondern denuo, de integro-, von
Alters her, nicht de (ab) antiquo, sondern antiquitus. Falsch sind auch
die Ausdrücke de proposito, de consulto, vorsätzlich, absichtlich, für
consulto oder seltner ex consulto, data opera, de industria. Ygi. Pro-
positum. — Zu merken ist ferner: nach Wunsch heisst immer ex sen-
tentia, ex animo; nach dem Senatsbeschlusse, ex senatusco?isulto (Cic.
Att. I, 14, 10), ex setiatus auctoritate ; aber nach der Meinung aller
Cot legen, aller Tribunen, nach gemeinschaftlicher Meinung, de sen-
tentia omnium u. s. w., nicht ex sententia. Auch bemerkt F. A. Wolf zu
Ruhnk. elog. Hemst. (Opusc. p. 2Jil),dass man wohl sage face re quid-
piatn de sententia, de conjectura alicujus, aber nicht stipplere quidp.
270
de conjectnrn, sondern ex conjectura, so dass die verschiedenen Verba
auch verschiedene Verbindun^s^en forderten. Vgl. auch Ilandii Tiirsell.
T. II, p. 216 11. 618. — Ueber de zur Bezeiciniung des von der Adeli-
gen vgl. die unter der Praepos. a in der Anmerkung angeführten
Schriften, und über die Verbindung von Substantiven mit der Praep.
de vgl. Th. I, §. 81. — Endlich sind als N. L. Redensarten zu vermei-
den : tot de hoc Ciceronis libro Codices, so viele Handschriften von die-
sem Bliche des Cicero, für tot hujus libri Ciceronis Codices.
Deambulacrum, der Spaziergang (vom Orte), ist>S^/j. L. für ambu-
latio oder ambulacrum. Deambulatio ist A. L. für ambulatio.
Deambulare, auf- und abgehen, spazieren gehen, ist zwar Kl., aber
viel seltner als ambulare.
Deanibulaliuncula, der kleine Spaziergang, ist N. L. für ambula-
tiuncula. Jenes braucht der Ciceronianer Bunellus Epist. 3 ed. Grautf,,
wo p. 688 die Anm. zu vergleichen ist.
DeargenLatus, übersilbert, ist sehr Sp. L. für argentatus.
Dearmare, entwaffnen, ist als Verbura wohl nur Sp. L. für armis
spotiare, armis exuere, N. Kl. exarmare. Aber das Partie, dearmatus,
entwaffnet, kommt schon bei Livius vor.
Deaurare, vergolden, ist als Verbura sehr Sp. L. für inaurare ; je-
doch N. Kl. steht bei Seneca deauratus für das Kl. auratus.
Debellare,den Krieg zu Ende führen, war erst seit Livius gebräuch-
lich, bei welchem es jedoch meistens nur als passives Impersonale
vorkommt, debellatur u. s. w. — N. Kl. u. P. wird es mit einem Accu-
sativ verbunden in der ßedeut. gänzlich besiegen, für devincere. N. L.
steht es in der Bedeut. bekriegen, für bellum inferre, bellare cum
aliquo.
Debere, müssen, sollen. Man brauche es nur da, wo in müssen oder
sollen der Begriff gebühren, schuldig oder Pflicht sein liegt. Vgl. üö-
derlein's Synonym. Th. V, p. 323 und Grotefend's Commentar p. 2
u. 323. Wo aber jene Begriffe nicht hervorzuheben sind, wie es auch
oft bei können der Fall ist, da bleibt das Verbura ganz unübersetzt
und beide werden als schwache Hülfsverba durch den Conjunctiv des
Hauptverbi ausgedrückt, wogegen debere oft im N. L. eine ganz
unnütze Rolle spielt, wie dies F. A. Wolf sogar in seinen Bemerkun-
gen zu Ruhnkens elog. Hemsterh. einigemal gezeigt hat. Vgl. Ruhnk.
Opusc. T. I, p. 273. Auch ist der häufige Missbrauch des Conjunctivs
des Verbi debere im N. L. zu tadeln, da die Lateiner nach ihrer Denk-
weise die Pflicht bestimmt durch den Indicativ ausdrücken, wo wir
sie dagegen unbestimmt durch den Conjunctiv des Verbi sollen oder
müssen bezeichnen. Vgl. darüber Th. I, §. 116.
Debilum kommt als Subst., die Schuldigkeit, Pflicht, erst Sp. L.
vor für officium oder ^wW debeo, quod meum est. Aber Kl. ist debitio,
das Schuldigsein, z. B. pecuniae, von Geld, wiewohl es sich nur bei
Cicero zweimal findet, sonst nirgends; öfter steht dafür das Verbum
debere, wie denn auch debitmn fast wie ein Subst. vorkorarat in der
Bedeut. die Schuld, was man schuldig ist, besonders mit dem Verbo
solvere. Meistens heisst die Geldschuld, aes alienum oder debita pe-
cunia, so wie pecunia credita, eine geliehene Geldsumme bedeutet,
und pecuniae creditae, active Schuldposten sind. Eine Schuld abschwö-
271
ren heisst nicht dehitum abjurare, sondern credümn ahjurnre, und
eine Schuld von Jemanden fordern, n\c\\i debilum ah (diqnopetere oder
posfulare, sondern debüorem admonere oder aliqueni de "peciinia de-
bita (quam quis debet) appellare. — Schulden emtreibe?i heisst nomina
exigere.
Decedere, weggehen; tcovon man weggeht wird durcli de oder den
blossen Abi., wohl nicht durch a bezeichnet, indem in Cic. Plane. 26, 65
für me a provincia decedere zu lesen ist: me e provincia, da e eben
dann passt, wo aus einem Orte heraus ausg-edrückt werden soll, wie
dort auch vorher e j^roü/wc/a gesag't ist. Dageg^en kann in bildlichem
Sinne auch a gesetzt werden ausser de und dem blossen Ablativ.
Einem aus dem JFege gehen heisst alicui de via decedere (Cic. Rep. I,
43. Cluent. 59, 163. Coel. 16, 38).
Decem et septem, siebenzehn, hält Muret (z. Cic. Phil. V, 7) für
unlateinisch (latine dici non puto) für septemdecim, was auch dort
aufgenommen ist; aber in andern Stellen scheint die Form sicher zu
stehen, z. B. Livius XXXIII, 21, und nach Einig'en selbst bei Cicero,
Tacitus U.A. — Ebenso ist es mit decem et acta (Liv. IX, 33, 4) für das
häufigere duodecinginti. So geben auch Einige aus Caes. B. G. I, 8 de-
cem novem an, da doch jetzt dort weit g^ewisser entweder blos decem
oder blos 7iovem gelesen wird. Die Zahl ?ieunzeh?i ist gewiss falsch;
wenigstens müsste es decem et novem heissen.
Vecemviri hatte als Name eines Collegiums oder einer Commission
von zehn Männern nach alter Weise im Genit. Plur. decemvirum, nicht
decemvirorum, dagegen decem viri, zehn nicht gemeinsam verbundene
Manner, decem virorum.
Decennalis, zehfijährig, ist Sp.L. für das AT/, decem annorum oder
das N. Kl. decennis.
Decenniam, ein Raum von zehn Jahren, ist zwar erst Sp. L., aber
wie biennium, triennium, quinquennium, welche KL sind, nicht zu ver-
werfen.
Deceptio, die Täuschung, der Betrug, ist, seitdem es in Vitruv.
II, 8 durch eine andere Lesart verdrängt worden ist, sehr Sp. L. für
fvaudatio, fallacia, circumscriptio, fraus. Ebenso kommt nur einmal
deceptor P. L. in der Bedeut. der Betrüger vor, für homo fraudu-
lentus, fraudator, circumscriptor.
Decere, sich schicken, gebühren, geziemen, ist mit dem Dativ a/i-
cui für aliquem nur ^. L. bei den Komikern; man sage also nicht
mihi decet, es geziemt sich für mich, sondern me decet.
Decerpere, abpflücken, ivegnehmen, wird verbunden aliquid ex ali-
qua re, Ettvas aus Etwas herausnehmen., und so sibi aliquid es ali-
qua re, sich Etwas aus Etwas zueignen, anmassen, z. B. ex alicujus
laude. Vgl. Cic. Marc. 2, wo man es fälschlich versteht in der Be-
deut. Etwas verkleinern ; — decet p. aliquid de aliqua re, einer Sache
Etwas nehmen, sie in Etwas vermindern.
Decertare, streiten, kämpfen, wird verbunden cum aliquo, P. L.
alicui, mit Jema?iden. Es ist ein Lieblingswort Caesars und kömmt
bei ihm öfter vor als certare.
Decessor,der P^or^änger,aher nur im Amte, und bei Cic. Scaur. 33
(welche Stelle man früher nicht kannte ) nur in Bezug auf seineu
Abgang (decessus) aus der Provinz, passt daher nicht wohl zu dem
272
Begriffe, (lev in unserem Worte Vorgänger liegt; man wird also bes-
ser sagen: qui ante — fult {dixit u. dgi.)> C2// alius successit. Vgl.
j4utecessor.
Decies, zehnmal, bedeutet beim Gehle der Alten mit dem dazu
gedachten centena millia — ei7ie Million, wird aber nicht als Plura-
lis, sondern als Singularis betrachtet, und zwar als Neutnwi, wo-
her decies solidum (Horat. Sat, II, 3, 240), eine ganze, volle Mil-
lion, und decies numeratum, eine baar ausgezahlte Milliofi bedeutet.
Es hat daher auch das Verbum im Singular, bei sich, z. B. tibi est
decies sestertiuin? tvo sind die zehninal hundert tausend Sesterze?
wo ist die Million Sesterze? (nach Cic. Phil. II, 37 ubi est septies
miJlies ^e^iertium, quod in id}in\i'& patebat?) — Vgl. Rarashorn Gramm.
§. 15(), Not, 5, c. p. 516 (Ausg. 2). Auch ist sestertiu?n in dieser
Redensart ein Singular, nicht Genit. Plur. Vgl. Sestertium.
Decima (decunia), der Zeh?ite, kommt selten im Sing, vor, son-
dern meistens im Flur, decimae (decumae), weswegen es nur Par-
titivzahlwörter bei sich hat, z. B. binae, quaternae u. s. w.
Decinius und Decius werden bei Namen oft verwechselt. Decimus
ist Vorname mehrerer Römer , z. B. Decimus Junius Brutus; Decius
aber Familienname, die Decier.
Decimus tertius bis dec. septimus sind in dieser Wortstellung gegen
den bessern Gebrauch für tertius decimus u. s. w. So steht jetzt wohl
überall in Cicero's und Caesar's Schriften. Anders gestellte Formen,
wie eben decimus tertius, tertius et decimus, tertius deciniusque , sind
erst N. KL u. Sp. L. Die frühern Neulateiner folgten bei ihren wech-
selnden Formen den fehlerhaften Texten des Cicero und Anderer.
Die wahre Stellung, tertius decimus u. s. w., beweisen auch Formen
wie tertiadecimanus , quartadecimanus u. s. w. , ein Soldat der drei-
zehnten, vierzehnten Legion.
Declamare und declamitare bedeuten im N. L. eine öffentliche
Rede halten, für orationem habere, und vor dem Volke und Aen Sol-
daten concionari. Die eigentliche Bedeut. Jener Verba ist nur sich in
der Beredtsamkeit üben , im Redehalten Üebungen anstellen. Solche
Uebungen, wie sie in den Schulen über ein gegebenes Thema gehalten
wurden, hiessen declamationes. Und so unterscheidet sich auch decla-
mator von orator.
Declarare mit dem Accus, bellum, einen Krieg ankündigen, kommt
nirgends vor für bellum indicere, und ebenso indictio belli, die Kriegs-
ankündigung, nicht declaratio belli, weil der Krieg nicht öffentlich
ausgerufen wurde, was in declarare liegt. Wiewohl es auch von gei-
stigen Dingen in der Bedeut. klar machen, erklären, zeigefi, was ihr
Sinn und ihre Bedeutung sei, oft bei den Alten vorkommt, so ist es
docli bedenklich, zu sagen: scriptoretn oder scriptoris locum declarare,
einen Schriftsteller , eine Stelle erklären, wiewohl nicht unlateinisch
ist: declaravit, quae loci sententia sit, quid scriptor senliat , oder, wie
Quintil. (VII, 3,83) sagt: verba ipsa per se declarant intellectum
(loci), zeigen den Sinn einer Stelle. — Für declaratio, die Erklärung,
halte man sich an explicatio, interpretatio. Das Adj. declarativus und das
Adv. declarative, welche im N. L. gebraucht werden, sind erst Sp. L.
und müssen vermieden werden.
Declinare. Man kann wohl sagen de (a) via declinare, vom ffege.
273
vo?i der rechten Bahn abweichen , aber geradezu in viam declinare ist
wohl iiiierweislich (Goerenz z. Cic. Fin. p. 63 braucht es), da dechnare
ehien Gegenstand fordert, von tre/chem (a qua) abgewichen ivird, der
aber der rechte ist.
DecoUare, enthaupten, köpfen, ist i\. AL, findet sich aber nur bei
Seneca und Sueton, und dazu noch so selten, dass es wohl besser ganz
zu vermeiden ist. AI. sind dafür: capite punire, secnri percutere oder
ferire, caput cervicihus abscidere. Vgl. Caput.
JJecremenlum und decretio, die /ibnahme, ist Sp. L. fiir deminutio,
defectio. Auch ist decrescentia (beiVitruv) zu vermeiden, wiewohl
decrescere, abnehme/i, AL ist.
Decumbere ist in der Bedeiit. sterben N. L. fiir occumbere; es
bedeutet blos s?< Boden fallen.
Decurrere, her ablaufen ; von einem Orte herablaufen, de, a oder ex
aliquo loco decurr.
Dedecens, unanständig, i%i N. L. ohne Auctorität (wiewohl rfecews
N. Kl. häufig vorkommt) , für quod dedecet , inhonestus , indecorr/s,
turpis, foedus , indig/ius. Sp. L ist dedecorosus, und y^. L. u A'^. RL,
aber nur bei Tacitus, dedecorus ; — diese Formen sind eben so
verwerflich.
Dedicare , weiheri , und in derselben Bedeut. rf/cr/re, welche sonst
nur bei Gegenständen angewendet werden, die einer Gottheit oder
einem heiligen Zwecke geweiht waren, werden zwar erst N. KL,
aber doch von Quintilian, von Büchern gebraucht, die aus Achtung
einer Person gewidmet werden. Quintil. sagt ( Inst. I, prooem. 6) :
quod opus, JMarcelle Victori, tibi dicamus, und ib. IV, prooem. 1:
Perfecto operis tibi dedicati terlio libro. So brauchen auch Phaedrus
und der ältere Plinius das Verbum dedicare. der Le(z(ere auch dicare.
Auf solche Auctorität stützt sich der heutige alhiigliche Gebrauch
dieser Verben, und beide sind durchaus nicht zu verwerfen. Dagegen
drücken sich Varro und Cicero mit einem andern Verbo, nemlich
mittere alicui oder ad aliquem, in ähnlichem Sinne aiis. Sie reden
nemlich bisweilen im Anfange ihrer Bücher Freunde oder achtungs-
werthe Personen an, und weil sie diesen die vollendeten Bücher 2?/-
scÄ/cA-^ew, passt dann auch w«V^e/e ganz gut. So sagt Varro (de ling.
lat. V, 1) : libros, quos Septimio misi, was wir übersetzen, welche ich
dem Septimius gewidmet (dedicirt) habe. Vgl. auch Cic. Aft. VllI, 11, 7.
XIV, 21. 3. Brut. 35, 132. Divin. II, 1, 3, wo Giese noch mehrere
Stellen anführt. An besondere Dedicationsblätter, Briefe und Schrei-
ben ist aber bei den Alten nicht zu denken. Gewöhnlich stand nach
dem Titel des Buches noch z. B. ad M. Brutum, ad Q. fratrem, ad
^tticum, ad Septimium u. dgl. — Andere wählen für die Verba mittere,
dicare und dedicare die Verbindung inscribere alicui librum. — Das
Subst. dedicatio kommt zwar nicht so vor, ist aber doch auch gewiss
nicht verwerflich.
Dedig7iari , für u?iwürdig erkennen, verwerfen, verschmähen, ist
N. AI., aber fast nur P. L., ausser bei Tacitus und Curtius; es werde
vermieden durch indignum judicare, spernere, adsper?iari, contemnere.
Gleichwohl braucht es Muret. (Expl. Cic. Catil. I, 6) : mollia planaque
itinera dedignatur virtus.
Deducere, wegführen, abbringen ; von oder aus einem Orte, de. a
18
274
oder es allquo loco, P. L. mit dem Abi. ohne Praeposition. Mit navem
verbunden heisst es nicht ein Schiff ans Land ziehen, wie man es im
N. L. findet, sondern ins Meer, in einen Sl/o?n ziehen oder lassen;
jenes heisst navetn subducere. N. L. ist es in der Bedeiit. hernehfnen,
z. B. inst it Uta, leges, arma, vestitiim, ciiltum n. dgl., für ducere, sumere;
ebenso in der Bedeut, Wörter ableiten, hernehmen, verba deducere,
für ducere, und in der Bedeutung- die Abstammung, den Ursprung
der Wörter angeben , für originem (verbi),origines (verborum) repetere.
Unrichtig sagt z. B. Mannt. (Cic, Att. II, 1): nomen fortasse deductnm
a TOKoc. Vgl. Derivare und Ducere.
Deductus , die Ableitung^ Leitung, z. B. aquae , aquarum, beruht
auf falscher Lesart in Cic. OflF. 11,4, wo für at deductus aquarum j^izt
aus den Handschr. gelesen wird adde ductus aq.
Deerrare, abirren, abweiche?t von Etwas, wird verb. aliqua re, z. B.
itinere, verbis.
Deesse. N. L. ist deesse aliqua re, an Ettvas fehlen ; z.B. mihideest
oratione, mir fehlt es an Redestoff, für mihi deest oratio, da deesse ohne
Subject wohl nicht vorkommt. So sagt man auch: mihi ipse desum , es
fehlt an mir selbst ; tute tibi defuisse videris , es scheint an dir selbst
gefehlt zu haben.
. Defatisci oder defetisci, müde, abgemattet werden, ist als Verb.fin.
nur A. L. für defatigari (defetigari), und werde desshalb nicht ge-
braucht. Im bessern Gebrauche ist Jiur das Part, defessus üblicli. Wie
jenes, so steht auch defatiscens nur beim altern Plinius. — Muret.
Epist. II, 89 (Oper. T. II, p. 132 ed. Fr.) nahm die Worte non defe-
tiscar experiri wörtlich aus Terent. (Phorm. IV, 1, 23 neque adeo
dtfetiscar umquam experirier), für defatigabor (defetigabor), wie Cicero
u. A. sagen.
Defalcare, mit der Sichel abschneiden, ist N. L. iür falce amputare
oder desecare.
Defectio und defectus sind N. Tj. in der Bedeut. Mangel, Unvoll-
kommejiheit von Geist und Seele und irgend einer sonstigen Sache zur
Bezeichnung des Schadhaften und Mangelhaften, für vitium; und
ebenso das Partie, defectus in der Bedeut. fnangelhaft , unvollständig,
für mancus., vitiosus, non integer, ciirlus u. a. und in der Bedeut. ver-
stiimmelt ,i\\v mutilus. Ebenso ist N. L. viribus defectus, entkräftet,
i\\Y fractus, afflictus, debilitatus u. a.
Defendere, Einen gegen oder vor Jemanden vertheidigen, schützen,
wird selten verbunden aliquem contra aliquem (aliquid), sondern mei-
stens aliquem ab aliquo, P. L. alicui aliquid.
Deferisare, vertheidigen , ist A. und fast nur P. L. für defensitare,
wiewohl auch dieses selten gebraucht wurde, da defendere hinreicht.
Defensio, die Vertheidigung, Schutzrede, wird N. L. mit pro aliquo
(pro aliqua re) , für Jemanden, für Etwas, verbunden statt mit dem
Genitiv. Man sage nicht, wie Fr. Plafner, defensio pro linguae latinae
tttilitate, sondern def. utilitatis linguae lat. Auch bezweifelt Frotscher,
ob Muret (Orat. Oper. T. I, p. 203) richtig gesagt habe: quae Uli pro
hujus sa?ictae sedis def ensione pie for titer que gesserunt, da in pro schon
der Begriff defensio liege, und pro hac saticta sede gesserunt hinge-
reicht hätte; etwas Anderes wäre pro hujus sanctae sedis gloria
oder commodis.
275
Defensor, der Vertheidiger,soU von dem, welcher vor Gericht eine
Vertheidi^uiigsrede für einen Andern hält, nicht vorkommen, für
patromis.
Defer/e, Einem Etwas bringen, übertragen, melden, wird verbun-
den alicui oder ad aliquem aliquid.
Defervescere, ausbrausen , hat im Perf, defervi und deferbui, aber
jene Form wird bei Cicero und den Bessern der andern vorgezogen.
Defetisci, vgl. Defatisci.
Deflcere wird in der Bedeut. von Einem abfallen. Einem abtrünnig
oder untreu werden verbunden ab aliquo; in der Bedeiit. fehlen, ?nan-
geln an Etwas , nicht aliqua re , sondern aliqua res als Nomin. und
Subject zum Verbo, z. B. es fehlt an Beispielen, de ficiunt oder desunt
esempla, nicht deficit exemplis ; wem Etwas fehlt oder loen Etwas ver-
lässt, werde nur durch den Accusativ ausgedrückt, da der Dativ ent-
weder P. L. oder bei Prosaisten noch zweifelhaft ist, wie in Caes. B.
G. III, 5. — N. L. ist deficit, es fehlt, als Impersonale mit dem Abi.
üeberhaupt wird bezweifelt, ob es fehlen, nicht r/a sei« bedeutet habe,
da es als Intransitiv, überall abnehmen, verlassen werden , schtvach
werden bedeutet.
Defigere, Etwas in Etwas heften, schlagen, stossen, wird verbun-
den aliquid in aliquo loco , P. L. m. d. Dativ alicui oder m. d. Abi.
aliquo loco. Wiewohl Livius sagt: cultrum defigere in corde, so sagt er
doch auch einmal gladium def. jugulo für in jugulo.
* Scheller im Lex. führt aus Cic. ( Acad. IV, 15) auch in aliquid an, aber
dort steht quod parum detigunt et intenduut in ea, wo also in ea von intendunt
abilängt. Wo jedoch lebhaft auf Etwas hin , auf einen Ort hin gedacht wird in
der Bedeut. eifrig ivohin richten, steht auch in aliquid, z. B. oculos in alicujus
possessiones et fortunas defigere ( Cic. Phil. XI, 5) , oculos defigere in terrani
(Quintil. XI, 3, 158) u. a.
Deflectere, abbeugen, abbiegen, ablenken von Etums, örtlich mit de,
z. B. de via, de recta regione, de spatio, bildlich mit a, z. B. a veritate,
ab amicitiisy a proposito; daher heisst wo nicht ubi, sondern unde.
Die davon abgeleiteten Subst. deflexio und deflexus, das Abbeugen,
Ablenken, sind Sp. L. für declinatio.
Deflorare, verblühen, ist N. L. für deflorescere. Zweifelhaft ist auch
wohl defiorere, wenigstens kommt nur einmal bei Columella defloret
vor, welcher sonst deflorescere braucht.
Defraudatio , Betrügerei, Verminderung, hi sehr Sp. L. für frau-
datio, deminutio ; ebenso defraudator,der Betrüger, für fraudator, und
defraudare , betrügen, bevor theil en , ist fast nur A. L. und kommt nur
einmal bei Cicero (Oratt. 66),ein andermal in einer alten sprüchwört-
lichen Redensart vor, für das Kl. häufige fraudare.
Defunctorius , oberflächlich , flüchtig , leicht, ist N. Kl. und ebenso
defunctorie, für negligens, negligenter, levis, leviter ; beide sind höchst
selten und unnöthig.
Defiingi, beenden, vollenden, bestehen, wird mit vielerlei Ablativen
verbunden, aber nur mit solchen, die etwas Unerfreuliches , Lästiges
und Drückendes bezeichnen, was man beendet und übersteht. Caesar
braucht es nie, Cicero nur einigemal, N. Kl. kommt es aber oft vor,
wie auch vita defungi bei Dichtern, und bei Sueton morie defungi für
mori, sterben. Ja es wurde N. Kl. von Quintilian, Sueton und dem
Jüngern Plinius (Ep. 111,21) defunctus für mor^Mws gebraucht, was
18*
276
denn im N. L. als zierlich dem mortuus meistens vorgezogen wird. —
N. L. aber ist exemplo aliquo defiingi, ein Beispiel gebrauche?!, für uti.
Degener, entartet, ist P. L. und N. Kl. und kommt nur beim altern
Plinius und Tacitus für indignus parentibus , ?najoribus u, a. vor; es
werde vermieden, wiewohl das Verbum degenerare ab aliquo und ah
aliqna rc (P. L. alicni), von Einem oder von Etwas ausarten, Kl. ist. —
N. L. ist es, wenn Bnrmann (z. Petron. p. 296) sagt: pleraque degene-
rantia antiquam veniistatem, für ab antiqua venustate.
Degere vitam , aetatem , sein Leben, sein Alter hinbringen , ist Kl.
und gut, aber nur ohne die Fron, meam, tuarn, suatn u. s. w.
Dehinc, sofort, von nun ow, ist P. und N. Ä7., findet sich aber nicht
bei den Bessern, und ist daher zu vermeiden für deinde oder dein.
Dehiscere , sich spalte?! , sich öff?ie?i, braucht zwar Varro von der
Erde (terra), aber sonst ist es fast nur P. L. und N. Kl. und findet sich
bei weniger guten Schriftstellern, für discedere, patefieri. Vgl. Aperire.
])eho?iesta?ne?itum , die E?itehrti?ig ., Beschi?npfung , steht zwar Kl.
bei Sallnst, aber sonst nur bei Seneca und Tacitus, und ist darum
weniger zu brauchen, als dedecus, ignomi?iia. Sehr Sp. L. ist dehone-
stalio. Gleich schlecht ist deho?ie8tus , u?ia?iständig , für inkonestus,
indecorus u. a. Vgl. Dedecetis.
Dehonestare, entehren, beschimpfe??, findet sich Kl. nur einmal bei
Livius, sonst nur Ä\ Kl. bei Sueton und Tacitus, und beruht also auf
geringer Auctorität; man vermeide es durch dedecorare , igfiominia
afficere, ignominia??i afferre.
Dejerare oder dejurare, schwören, ist A. und Sp. L. für j?/rare.
Deißcare, von dem Sp. L. deificus abgeleitet, zu einem Gölte
machen, ist B. L. für i?t deorum n?imeru?n referre, consecrare ; N. KL
deu??ifacere,
Dehortatio , die Ab?nah?iung , das Abrathen , ist sehr Sp. L. für
dissuasio, avocatio oder mit den Verbis dehortari, dissuadere u. a.
])ejicere,heralnve?fe?i, vertreibe??, wegwende?? u. dgl., wird verbunden
Eine?? aus Et?vas , aliquem (aliquid) ex — ; Ei??e?? von Etwas , aliquem
(aliquid) ab aliq?ia re , auch oft ohne a, z. B. spe , honore ('neben de
ho??ore), aedilitate, praetura.
Dei??ceps bedeutet N. Kl. oft nur nachher, für deinde, postea, denen
es nicht so vorgezogen werden muss, wie es oft im A\ L. geschieht,
z. B. bei Muret (vgl. Oper. T. I, p. 260 ed. Fr. und daselbst die Anra.),
Ruhnken, Wyttenbach u. A. — Kl. bedeutet es nur in der Reihe weg,
nach der Reihe, in einem fort, und von Personen Einer nach dem
Andern.
Deinde. Kl. sind deinde postea, darauf nachher ; deinde postremo
(Cic. Inv. 1,28) und deinde ad extremum (Cic. Pison. ^l)., darauf
endlich, darauf zuletzt; deinde deinceps, darauf nach einander, darauf
hinter einander (Cic. Divin, I, 30. Leg. 111,2). Auch kann es nach
primi?m zwei-, dreimal, ja noch öfter folgen, wo dann bei dem
letzten steht dei??de postremo. Aber dei??de rursus ist Sp. L. und eben-
so sind zu bezweifeln deinde autem, dei??de vero. — A^. L. aber ist
multo , paulo, brevi u. dgl. dei?ide, lange, k?irz nachher, wo für deinde
nur post zu brauchen ist. Ebenso ist es N. L., wenn Görenz sagt: pa?ilo
post dei?ide, kurz darauf, oder gar paucis verbis dei??de^ wenige ff orte
nachher.
277
Deitas , die Gottheit oder Göttlichkeit , ist Sp. L. für deus, numen
divinum, divinitas.
Delabi, herabsinken , herabgleiten von Etwas , wird verbunden </<?,
a oder aucli ex aliqua re, P. L. alicui, z. B. capiti, für de capite.
Delassare, ermüden, ist nur P. L. für def atigare (defetigare). — N. L.
ist das Subst. delassatio, die ErmüdvMg , für defa(e)tigatio, lassitudo.
Delator , der Angeber, ist nur N. KL aus den Zeiten der Kaiser,
und bezeichnet den, der heimlich Etwas angibt, wogegen index der
öffentliche Angeber ist, der es mehr auf rechtliche Weise thut. — Das
Subst. delatnra, die Jngobe, Anklage, ist Sp. L. für delatio.
IJelectabih's , ergötzlich, angenehm, steht jY. Kl. bei Tacitus und
wenigen Andern; es werde vermieden durch jmmndus , stiavis, amoe-
nus, durch das Verb, de/ectare und das Subst. delectatio ; z. B, tvasfür
Ergötzliches? quid delectationis?
Delectare und delectari, ergötzen und ergötzt werden, sich ergötzen,
werden verbunden aliqua re, mit, durch, an Etwas, bei einem Verbo
ebenfalls mit dem Abi. des Gerundii, nicht mit dem Infinitiv, der P.L.
ist,z. B. (bei Phaedrus) delectaris bibere humarium sanguinem. für
bibendo humano snnguine.
Delectus findet sich als Particip., der Erwählte, Ausgewählte, sub-
stantivisch mit dem Genit. partit. ^/wfe/•, zuerst bei Livius: delecti Aeto-
lorum, delecti patrum, aus oder unter de7i Aetolern, unter den fätern;
delecti peditum equitumqtie u. a.
Delegare in der Bedeut. Etwas auf Einen schieben wird verbunden
alicui aliquid.
Deletio, die Vertilgung, Vernichtung, wird nur einmal A. L. vom
Heere gesagt, für internecio, occidio; sonst steht dafür eversio,caedere
und delere, und das Auslöschen und Ausstreichen der Buchstaben und
Wörter heisst meistens litura.
Delibare, Etwas von Etwas wegnehme?i, wird verbunden aliquid de
aliqua re. Da es nur den Begriff des Verminderns, Verkleinerns enthält,
so ist es N. L. in der Bedeut. hernehmen, entlehnen, für depromere, wie
es oft im N. L. vorkommt.
Deliberatus ist N. L. in der Verbindung deliberato animo,mit Vor-
satz, mit Bedacht; vgl. darüber Propositum. ,
Delicia (Sing.) und delicium, die Lust, Ergötzlichkeit u. dgl., sind
nur alte P. Formen für die prosaische deliciae.
Delicus, Delisch, von oder aus Delos, ist N. L. für Deliacus u. Delitis.
Deligare, an- oder festbinden a?i Etwas, wird verbunden aliquem
oder aliquid ad aliquid.
Deligere , auswählen aus oder von Etwas , wird verb. ex aliquo
numero, P. L. ab aliquo numero.
Delineatio ist im N. L. häufig, und bedeutet Abriss , Entwurf,
Zeichnung , kurze Darstellung , und dennoch ist es erst Sp. L. bei
einem schlechten kirchlichen Schriftsteller iur forma, z. B. Cic. Q.
fr. II, 6, 2, wo es den Bauriss bedeutet, und Rep. I, 17 geometricae
formae, geometrische Zeichnungen ; ferner deformatio, der Riss, Zeich-
nung,hei Vitruv, oder adumbratio in derselben Bedeut. bei Ebendem-
selben, und im bildlichen Sinne bei Cicero. In andern Verbindungen,
ohne Bezug auf Zeichnung, sage man etwa designatio, brevis expositio,
enarratio, summa alicujus reiu. s. w. — Auch das Verb, delineare kommt
278
nur einmal vor, aber IV. AI. beim altem Plinius: trnagineyii'jlelmeare,
ein Bild zeichnen, — sonst Uneis describere.
Delinimen oder delenimen ist A. L. Form für delenimentum , was
Livius und Spätere brauchen. Ebenso N. L. ist delenitio oder delinüio.
Sonst sagt man auch dafür hlandüiae, illecebrae. oder in anderm Sinne
levanientum.
Deh'qnium ist A. L. nur in der Bedeut. Verlust, und N. KL beim
altern Plinius mit dem Genit. soUs in der Bedeut. Verfinsterung der
Sonne für die bessern g-ewöhnlichen Ausdrücke defectio oder defectus.
Ruhnken hätte es dem Plinius in seinem sonst klassischen Elog.
Herastei'h. (Opusc. I, p. 99) nicht nachbrauchen sollen. — N. L. ist
detiquium miimi, die Ohnmacht^ für defectio animi (animae). — B. L. ist
pati detiquium animi, in Ohnmacht fallen., was man durch animus
aliquem relinquit, 7nentis suae non est., anima deficit ausdrückt. — Die
neuern Kunstwörter sind nur g:riechische, die nirgends bei Celsus \qx-
^Lominew, lipothymia , syncope , aposphyxia nach Verschiedenheit des
Grades , daher z. B. lipothymia affici, in Ohnmacht fallen, oh?imächtig
werden, wie im N. L. gesagt wird.
Deliramentuin , die Albernheil , albernes Geschwätz u. dgl. , ist ein
gemeines A. L. Wort und findet sich N. Kl. nur beim altern Plinius,
sonst nur bei Spätem für nugae, ineptiae, oder auch deliratio.
Delitescere , sich verstecke7i , eigentlich u. bildlich; wohin oder wo
wird verbunden in aliq?io loco, in aliqua re.
Delphin, der Delphin, ist nur P. L. für das pros. delphinus, mag
es nun das Thier oder das Gestirn bezeichnen.
Delusio, die Täuschung, Verspottu7ig, ist Sp. L. für ilhisio , irrisio.
Demagogus,der De?nagog, Volksanfuhrer und Volksauf iriegler, ist
erst im A^. L. aus dem Griechischen aufgenommen . für populi oder
plebis dus oder signifer, homo popularis , und als Redner concionator
popularis, qui populi gratiam affectat oder captat. Es ist ganz unnöthig,
und hätte von VVyttenbachund Andern nicht gebraucht werden sollen;
es kann höchstens mit dem Zusätze quos Graeci vocant demagogos
angewandt werden. Demagogisch verfahren heisst populariter agere
(Cic. Verr. I, 58, 151).
Dementare und deme?itire, tvahnsinnig sein, sind A. u. Sp. L. und
ganz unnöthig fiir dementem esse, insanire, deseii a mente , exire es
oder de potestaie.
Dernerere ist in der Bedeut. Etwas verdienen nur A. u. Sp. L. für
merere : auch wird es nur von Vortheil und Gewinn gebraucht. —
A^. L. ist demerere poenam, Strafe verdienen , für commerere poenam
Oi\er dignum esse poenn. Oefter kommt es als Deponens \or, demereri,
jedoch erst seit Livius (und da nur im Gerund., demeretidi) und nach-
her A^. Äl. auch bei Quintilian: demereri aliquem oder aliquid, sich
um Einen., um Etwas verdient machen, wofür aber mereri öfter ge-
braucht wird.
Demetari und demetatus, vgl. Dimetari.
Demetere, abmähen ; in bildlichem Sinne abhauen, z. B. capita, ist
es nicht blos P. L., sondern steht auch nachGesner's Vermuthung bei
Q. Cic. Petit, cons. 2, wo Andere demere haben.
Demigrare, tvandern., tveg- oder fortwandern ; von einem Orte weg-
wandern, de, ex, oder ab aliq. loco.
279
Demirnri, sich vertvuiideTv. wird im bessern Latein nur mit dem
Act', c. Infin. verbunden, Sp. L. mit einem Objeetsacciis., für admi-
rari nUquid; daher demirand7ts, verwu7/derfiswerth , für udmirandiis,
adniirabiUs, admiratione di^nus.
Demissus ist in der Bedeut. ufiterthäm'g N. L. für addictus, obser-
vans u. a., da es nur bescheiden, demüthig, niedergeschlagen bedeutet.
Vgl. Heusing. Emendatt. p. 398.
Demitte/e, herablassen u. dgl., wird verbunden mit iti aliquem lo-
cum, ausser wo zii oder bis zu gedacht werden soll, wo es mit ad, oder
usque ad verbunden wird. Wenn übrigens bei einigen N. Lateinern
demittere pudorem gesagt wird, so beruht dies auf der alltiigliclien
Verwechselung von dernittere und dimitiere, indem man dimittere pu-
dorem sagt. Auch sagt man nicht demittere ex carcere, e cnstodiay
aus dem Gefängnisse lassen, sondern einittere.
Democratia, die Demokratie, Volksherrschaft , und democraticus,
demokratisch, sind aus dem Griech. genommen, kommen aber nirgends
bei einem Lateiner vor, selbst da nicht, wo von (iriechischer Volks-
herrschaft die Rede ist. Man vermeide sie, und brauche sie höchstens
nur mit dem Zusätze ut Graeco verbo utar, oder etwas Aehniicliem.
Cicero nennt sie civitos popularis (Rep. I, 26), res publica popiilaris
(ib. in, 35), ratio popularis (ib.), potestas populär is, imperiirm popu-
läre, imperium populi: Corn. Nepos: populi poteiitia, und Quintiiian:
civttas populi. — fCin Demokrat heisst meistens homo popularis.
Demorari ist in der Bedeut. sich aufhalten A. u. Sp. L. für juo-
rari, da es sonst nur Einen aufhalten bedeutet und mit einem Accusa-
tiv verbunden wird.
Demordere, abbeissen, kommt, wiewohl es gut und passend scheint,
nur N. Kl. beim altern Plinius vor, fiir mordicus auferre.
Demori, sterben., ist vielleicht nur als Verbum finitum A. u. Sp. L.,
aber in der bessern Prosa nur als Partie, deuiortuus gebräuchlich, wie
bei uns verstorben für gestorben. Es genügt 7nori, wiewohl demorSuus
als Kl. nicht vermieden zu werden braucht.
Demovere, von Etwas entfernen, wird meistens verbunden mit de
oder a, seltner mit dem blossen Abi.
Demulcere aliquem ist in der Bedeut. Einen besänftigen N. L für
delinire alicujus ani?num, mitigare, placare aliquem u. a. Das Verbum
ist überhaupt nur selten.
Demum, über dessen Bedeutung und Gebrauch ausser den Lexicis
vorzüglich Handii Tursell. (T. II, p. 260) nachzulesen ist, wird N. Kl.
in der Bedeut. nur (für iantum^ gehraucht. Es kommt zwar mehr-
mals bei Quintiiian u. A. in dieser Bedeut. vor, ist aber lieber zu ver-
meiden. — N. L. ist es in der Bedeut. nachher, für deinde, und bei
Aufzählungen zur Angabe des endlich, zf/letzt,(ür denique, so wie auch
zur Verstärkung von Wörtern, wie quajituluscumque, quicunque,qua-
liscunque, quisquis, zu welchen es nicht zu treten pflegt. Man sage
nicht :/ama quantulacumque demum sit, türfama quantulac?imque est;
nicht quicumque demum arte insignes sunt, sondern ohne demum.
Demutatio, die Veränderung, Umwandlung, kam sonst nur sehr
Sp. L. bei einem sehr unlatein. Schriftsteller vor, jetzt aber steht es
auch in Cic. Rep. II, 4, wo jedoch in der Handschr. von einer zweiten
Hand darüber steht 7nutatio, so dass es noch sehr zu bezweifeln ist;
280
vielleiclit ist dort für ac demutatio zu schreiben atque mutatio, zumal
da auch das Verbum demutare selbst fast nur A. \\. Sp. L. ist. Es ist
unnöthig wegen nmlare und immutare.
Dennrrare^ erzählen, hererzähhn, ist sehr selten, nur P. \\. Sp. L.
für narraie, enarrare.
DefiasvL sterben, ist in den beiden Stellen, wo es (wie z. B. bei
Varro) vorkommt, mit Absicht als dem ?iasci enti,^egenstehendes Wort
gebildet. Es ist durchaus zu verwerfen, wie denn auch denatns, ge-
storben^ nirgends bei einem Lateiner vorkommt; im N. L. aber wird
es für s( höiier und besser als morluus gehalten. Vgl. auch Heusing.
Emend. p. 399.
Denegnre ist in der einfachen Bedeut. läugnen fast N. L. für ne-
gare ; es bedeiilet verweigern, abschlagen. Man sage nicht: Epicurus
denegnt animum esse immortalem, sondern negat.
Denique steht N. L. in Sätzen der Verwunderung (unser endlich,
in aller fVelt, wohl) fiir iandem: z. B. qui denique finis contentionis
erit? welches ivird denn wohl das Eiide des Streites sein? für qui t an-
dern — . Sp. L. ist denique postremum. — Ueber et denique vgl. Et.
Denominare, benennen, ist erst N. Kl. und findet sich fast nur bei
Quintilian für nominare, meistens wo von abgeleiteten Namen die Rede
ist, z. ]i. jaculari von jac?durn. Cicero brauchte aber auch da nominarCy
da gewöhnlich dabei steht, rrovon (ex qua re) der IName genommen
ist, z. B. Etwas von der Mehrzahl benennen, aliquid ex majore parte
nominare (Cic. Tusc. V, 8, 22).
Denotare ist in der Bedeut. bedeuten, die Bedeutung haben N. h.
für designare, significare ; z. B. hoc vocahulum denotat, für signißcat.
Dens wird selten von den Zähnen oincs Kammes gebraucht, dafür
meistens radins.
Denuntiare. Einem Etwas an- oder verkündigen, wird wie im Deut-
schen m. d. Dat. verbünd., alicui aliquid, und so auch in der Bedeut.
von Einem Etwas fordern, z. B. alicui testimo?iium denunt.
Deornamentum, die Verunzierung, was nicht ehrt, nicht schmückt,
ist N. L. von Laur. Valla (de elegant, p. 9) gebildet als Gegensatz von
ornamenfum: non deornamento est, sed ornamento.
Deorsns, abwärts, scheint weniger beglaubigte Kl. Form zu sein,
als deorsu?n.
Depellere, Einen oder Etwas von oder aus Etzvas vertreiben, ver-
drä?igen, entfernen, wird verbunden aliquem (aliquid) de, a oder ex
aliquo loco (aliqua re), auch mit dem blossen Abi., z. B. loco, terra,
vallo, spe neben a spe. sententia neben de sent. u. a.; fast nur P. L.
wird es mit d. Dativ «//c/// verbunden, wiewohl auch in der bezweifel-
ten Rede Ciceros post reditum in sen. 8, 19 steht: timorem huic or-
dini, Servituten! depulit civitati^in welcher Verbindung F. A. Wolf ein
Zeichen der ünächtheit und Spätheit findet. Er erklärt daher die von
Scheller aus Cicero sonst augeführten Stellen anders, indem Tusc. III,
32, 77 der Dat. sibi zum nächsten traderet und Fam. V, 20, 4 die Dati-
ven zu gravis gehörten. Man vermeide daher die Dativverbindung, als
eine wenigstens seltene und mehr P.
Dependere, von Ettvas herabhangen, wxvA verbunden es oder ßA
aliqua re ; an Etwas mit d. Abi. — Kl. kommt es nur einmal bei Livius
vor: dependentem laqueo, sonst nur N. Kl. und selten fiir pendere.
281
N. L. aber ist dependere in der bildlichen Bedeut. abhängen, abhän-
gig sein von Einem, vo?i Etwas, für pendere es aliquo; z. B. haec de
principis arbitrio dependent, dieses hängt \on dem Willen des F. ab,
für pendefit es arbitrio princ.
Deperdere ist mehr als perdere, es bedeutet ga?iz find gar verlie-
ren; und so ist liber deperdilns, ein ganz und gar verlornes Buch, von
dem gar Nichts mehr iibrig ist. Ha aber von den meisten sogenannten
re/7o/7?e«Biichern der Alten wenigstens noch einige Brnchstücke vor-
handen sind, so können diese auch nicht deperdili libri geuaimt wer-
den, wie es so oft heutzutage geschieht, sondern blos perditi. Auch
ist deperdilns in der Bedeut. moralisch verderbt Sp. L. für corrnpti/s,
depravatns, oder homo, adolescens — moribus corrnplis oc deprovatis.
Depingere aliquem. Einen abmalen, schilderji, darstellen (nach sei-
nem Charakter), kommt für sich allein nicht vor, wolil aber in der
Verbind, alicujns vifam depingere, oder imaginem consuetudinis atque
vitae alicujns exprimere.
Deponere aliquid. Etwas niederlegen ; tvo, wohin wird gleich Kl.
durch in aliquo loco und in aliquem locum ausgedrückt. Jnimam depo-
nere, den Geist aufgeben, sterbe??, kann für ?nori w. a. nicht so gerade-
zu gebraucht werden; Corn. N., der es (Mann. 1) Ihut, braucht es
mehr in Beziehung auf odiurn, als auf a??i?uam, da deponere odiu?n, i?i-
vidiam, si?nultates u. a. ähnliche gewöhnlicl» waren, dagegen vitam,
a?ii?nam deponere für sich allein nirgends sonst vorkommt. Auch sagt
man zwar deponere imperiu?n, dominationenu magistratum, die Herr-
schaft, ei?iJ?nt niederlegen, aber aliquc??i depo?iere. Einen absetze??, sei-
7ies Amtes entsetzen, ist D. u. B. L. Auch möchte wohl consiliu?n de-
ponere, ei?ien Plan aufgeben, was Görenz brauclit, ohne Beispiel sein
für co?Jsiliu?n abjicere. Vgl. Depositus.
Depopulare, verwüsten, ist nur /i. u. Sp. L. für depopulari als De-
ponens. Jedoch kommt depop?ilatus oft als Adjectiv passivisch vor,
z. B. depopulati agri bei Caesar und Livius.
Deposcere. Richtig und gut ist wohl der Dativ in der Verbindung
sibi aliquid deposcere ; zhe^r aliquei?i deposcere ?norti. für ad ?nortem,
ad supplici?i?n, kommt nur bei Tacitus vor und ist fast nur P.
Depositus kann in der Bedeut. verzweifelt nicht überall für despe-
ratus gebraucht werden, da man es nur von einem Kra?iken sagt, der
seinem Ende nahe, oder gar sclion gestorben ist. Cicero wendet es
(Verr. I, 2) bildlich sehr passend auf den zerrütteten Staat an: ma-
xime aegra?n ac prope deposita?n reipubl. partem. ]Vur in diesem Bilde
und mit einem Zusätze, -wie prope, q?tasi, ist es anzuwenden.
Depraedari, pli'mde?'??, ausplünder??, ist Sp. L. für prnedari, prae-
dam agere, depopulari, depeculari., spoliare u. a. Ebenso sind Sp. L.
depraedatio und depraedator.
Depraedicnre, preisen, riihmen, ist N. L., wie man sagt, von Desid.
Erasmus gebildet, dem es sogar Muretns einigemal nachgebraucht
hat, z. B. V. Lectt. XVil, 12 und Oratt. 15 (Oper. T.I,p. 359 ed. Fr.),
für das einfache praedicnre.
* Seltsam und für einen Lexicograplien läclierlich und schimpflicli ist der
Irrthum Nolteris, der (in seinem Antibarbarus p. 498) als Gewalirsmann für die-
ses Verbum den Eusehius in seiner liistor. eceles. anführt, und den Irrtlium da-
durch uoch verdoppelt, dass er in den Addendis für Eusebim gcscizi haben will
282
Socratfis. Wusste er nicht, dass beide griech. Kirchenhistoriker sind, nicht latei-
nische! so dass er also wolil von ihrer Kirchengeschichte nur eine lateiii. Ueber-
setzung, vielleicht eben von Erasmus, vor sich hatte?
Deprehendere in der gewöhnlichen Bedeut. finden, für reperire,
ist ans guter Prosa kaum zu erweisen. Daher bemerkt Ruhnken, wo
Muret in dieser Bedeut. deprehensi sunt sagt: mimis proprie pro le-
perii su?if. Es ist nur vom Wahrnehmen, Finden und antreffen von
etwas Bösem zu verstehen, was man nicht zu finden wünscht. Es werde
vorsichtig gebraucht, da es N. Kl. bei Quintilian nicht selten reperire
gleichkommt. Man sage nicht: in hac oratione omnes oratoriae virtutes
deprehend?intur^ sondern reperiuniur.
Deproeliari, streiten, kämpfen, muss, wiewohl deproelians bei Ho-
raz (aber sonst nirgends) vorkommt, vermieden werden, da es ohne
alle Auctorität ist. Ueblich aber ist proeliari.
Depromere, hernehmen ; tvoher wird bei Personen mit a und bei
Sachen mit ex oder de, aber nicht mit a verbunden, z. B. ex arca, de
fibji's, a peritis. Jedoch in der Verbind, mit donms sagt man deproin.
domo (Cic. Verr. III, 66). — P. L. wird es mit dem blossen Abi. ver-
bunden.
Deputare aliquem oder aliquid. Einen oder Etwas für Etwas hal-
ten, entweder mit doppeltem Accusativ oder mit dem Accus, und dem
Inf. ist nur A. L. aus der gemeinen Volkssprache bei Plautus, Terenz
und andern alten Diditern genommen, und findet sich nirgends in
Prosa; auch ist es wegen />M/ore ganz unnöthig, so dass es zu tadeln
ist, dass es Muret und Andere, sogar der Ciceronianer Bunellus, den-
noch gebraucht haben. Sp. L. aber ist es mit dem Dativ, Einem ver-
ordnen, bestimme?i, zuschreiben, für destinare, assignare ; N.L. in der
Bedeut. absenden, tvegsrhicken, für legare : und so deputatus, der J)e-
putirte, der Abgesandte, für legatus (nicht delegatus). Was wir aber
Deputat, d. h. ehvas ausgesetztes, z. B. von Wein u. dgl., nennen,
heisst nicht deputaium. sondern demensuui, und ist es jährlich, so
nennt es Plinius (Ep. X, 14) auch blos amiuum.
Derelinqnere ist in der Bedeut. zurücklassen, hinterlassen Sp. L.
für relinqtiere, da es nur verlassen, im Stiche lassen bedeutet. iMaa
sage nicht: Cicero multas orationes dereliquit, sondern reliquit. Im
N. L. findet man beide zuweilen verwechselt, weil derelinqnere als
selten für schöner gehalten und darum gemissbraucht wird.
Derepente, plötzlich, für repente, ist aus dem altern Texte in Cic.
Ligar. 5, 14 ins N. L. gekommen und von den besten N. Lateinern,
wie von Majoragius, Muret, Perpinian u. A. gebraucht worden. Es ist
aber in jener Stelle nach allen Ilandschr. dem gewöhnlichen repente
gewichen. Vgl. Soldan zu jener Stelle. Es kommt allerdings im A. L.
vor, nirgends aber bei einem der Folgenden, da es in Tacit. Hist. 1,63,
was Freund anführt, nur durch Vermuthung steht, und in Liv. XXI, 4
auch verdrängt ist.
Deridere, verlachen u. a., wird, wie im Deutschen, mit dem Accus.
verbünd., aliquem (aliquid).
Deridiculus, lächerlich, ist ein seltnes Adj. für ridiculus, welches
bei Cicero und Caesar nie vorkommt, aber einmal bei Livius und ein-
mal bei Quintilian. Es werde vermieden.
Derisio, die Verspottung, ist Sp. L. für irrisio, illusio. Ebenso ist
283
derktis (^nach Decl. IV.), obgleich es bei Setieca, Qiiintiliau und Sue-
ton vorkommt, dennoch zu vermeiden.
Derivare, ableiten, ist in der eigentlichen und bildlichen Bedeut.
KL, aber in der Bedeut. Wörter ableiten, aus einem Worte ein anderes
bilden ist es erst N. KL, doch häufig bei Quintilian, für ducere, decli-
nare, dicere^ appellare u. a. — Cicero sagt z. B. nomen (Jani) ab eundo
ducium est; Varro : proprio nomine dicitur facere afacie. So kann nun
auch derivare recht wohl gebraucht werden, nemlich von Wortbild-
nern, welche aus vorhandenen Wörtern neue bilden und hernehmen.
Eine Verwechselung mit dieser Bedeut. des Wortes ableiten und des
latein. derivare, ducere findet im N. L. Statt, wenn man jene Wörter
auch in der Bedeut. de?i Ursprung von Wörtern angeben, sie abgelei-
tet glauben braucht. Wenn ich z B. sage: ich leite amicitia von amare
ab, so heisst dies nicht : duco, derivo amicitiam ab amando, wie mau
dies alltäglich in den Wörterbüchern findet, sondern amicitiam ab
amando ductam, fictam, appellatam, dictam u. dgl. esse puto. Wörter
ableiten heisst in dieser Bedeutung origines verborum ex aliis repetere
oder ducere, enodare verba; z. B. woher leitest du Neptun ab? unde
Neptunum ductuni, dictum, appellatum, fictum esse putas ? — U7tde
hujus no7ni?iis originemrepetis oder ducis? — und so auf ähnliche Weise,
aber nicht: unde Neptunum ducis oder derivas? — N. L. ist daher:
Ferbum religio derivamus rel a relegere, vel a religare, für religio de-
rivata, ducta, dicta — est vel a relegendo, vel a religando, oder reli-
gionem ductam — puto a rel.
Derogare, Ei7iem oder von Einem Etwas wegnehmen, entziehen,
wird verbunden alicui oder de aliqua re aliquid; bei Personen nur mit
dem Dativ.
Desaevire, wüthen, rasen, toben, ist N. KL u. selten für saevire.
Descendere, herabsteigen ; vo7i Etwas, ex, a oder de aliquo loco,
P. L. mit dem blossen Ahl. ; in bildlicher Bedeut. ab aliqua re. — N.L.
ist : haec vox desce7idit a — , kommt von — , für ducta est.
Describere kommt in der Bedeut. beschreiben, durch Worte dar-
stellen allerdings mit mannichfachen Accusativen vor, z. B. regionem,
pugnam (Cic. Orat.20, 66); aber ausser describere auch andere Verba;
z. B. die Thaten Jemandes beschreiben, res alicujus persequi (Cic.
Divin. 1, 24, 49): das Lebe7i Je7na7ides beschr., vitam explicare (Cic.
Caecil. 8, 27), vitam alicujus depingere (Cic. Rose. Am. 27), de vita
alicujus exponere, imagincTn vitae alicujus exprimere ; Etwas schil-
dern, beschr., aliquid adumbrare (Cic. Orat. 111, 4, 16) ; Jema7iden
beschr., schilder7i, exprimere aliquem^ scribere de aliquo; Jem. kurz
beschr., aliquem i77formare (Cic. Att. VII, 3, 2) ; ein Land malerisch
beschr., terram pingere (Cic. Q. fr. II, 15, 2) u. so andere.
Descriptor. Wiewohl describere libru7n, ei7i Buch abschreibe7i, KL
ist, so ist descriptor dennoch in der Bedeut. Abschreiber N. L. für
librarius. Gleichwohl braucht es so Ilemsterhuis (Arist. Plut. p. 260):
culpa descriptoris. \gl. Wolf Analect. I, p. 489.
Deserere, verlasse7i. Zweifelhaft ist es, ob man sagen darf: mor-
bus €11771 deserit, die Kra7ikheit verlässt ihn. für discedit oder abii ab eo.
Desertor,der Ausreisser, Ueberläufer, Deserteur, ist nicht Fr a7iz.L.,
sondern KL bei Caesar B. G. VI, 23, "8. Liv. XXIII, 18. u. A.
Desertum als Subst., die Wüste, Einöde, ist Sp. L. für solitudo.
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locus desertus, regio deserta. — P. L. ist deserta für loca deserta, loca
inculla.
Desiderare wird in der Bedeut. Ettvas bei Jemanden vermissen
verbünd, aliquid in aliquo (in aliqua re) oder ab aliquo; dagegen ist
es in der Bedeut. von Jemanden Etwas verlangen^ fordern Sp. L. für
postulare aliquid ab aliquo. — Das Partie, desiderantissimus, sogar in
der passiven Bedeut. der Erseknteste, ist Sp. L. öei Fronto und Aehn-
lichen. Ebenso ist zu vermeiden desideratissimus in derselben Bedeut.
beim altern Plinius, für exoptatus, exoplatissimus.
Desiderium ist nur ein Verlangen, eine Sehnsucht nach Etwas, was
man schon gehabt, genossen, besessen hat, also nach einer Person
oder einer Saclie, die jetzt abwesend ist, und die man jetzt nicht hat
und zurückwünscht. Daher gibt es z. B. kein desiderium habendi divi-
tias und ähnliche, für amor, cupiditas habendi. Vgl. Orelli zu Cic.
Tusc. p. 411.
Desilire, herabspringen, wird verbünd, ex oder de aliquo loco, P.L,
mit a oder dem blossen Ablativ,
Desinere, ablassen von Elinas, aufhören mit Etwas, wird meistens
mit dem Infinitiv eines Verbi verbunden, z. B. desino laborare,ich höre
mit der Arbeit auf, lasse i'on der A. ab ; P. Jj. (nach griech. Art) mit
dem Genitiv, z. B. desine admirationis, wie bei Lipsius, der den Ho-
raz nachahmt, welcher sagt: desine querelarum. In der Verbind, auf-
hören, endigen mit Etwas wird das, womit man endigt, durch in aliquid
ausgedrückt, z. B. a praeceptis incipio, desino in exempla. — Zweifel-
haft ist wohl: ?norbus desinit, eine Kra7ikheit hört auf, für abit, disce-
dit (Cic. Farn. XIV, 1 abiit pestilentia, die Seuche hat aufgehört). —
Bei einem passiven Infinitiv steht oft für die active Form desii, desiit
ebenfalls die passive desitus sum, desitus est, wie beim Verbo Coepi
(vgl. Coe/j/) ; jedoch wechselt man hier mehr ab; Livius sagt z. B.
(XX\II,7): quodjam timeri desierat. — Bei fieri findet sich eben-
falls nur die active, nie die passive Form, z. B. Cic. Att. I, 19, 9. Verr,
IV, 59, 133. N. D. III, 16, 41.
Desistere, abstehen, ablassen vo?i Etwas, wird verbunden mit a, de
und dem blossen Abi., bei einem Verbo mit dem Infinitiv, und bei
einem doppelt negativen Satze mit quin.
Desolare, veröden, verlassen, ist meistens P. L. für deserere, de-
stituere, vnstare, vacuefacere, evertere u. a. Sehr Sp. L. ist desolatio,
die Verödung, für vasiitas, vastatio, depopulafio u. a.
Despectus findet sich als Subst. in der Bedeut. Verachtung nur irn
Dativ., despectui, verbTinden mit esse, verächtlich sein , jedoch nur
N. KL; Cicero sagt dafür despicatui oder co?itemplut esse. Als volles
Subst. dient despicientia.
Desperare, verzweifeln an, wegen Ettvas, wird verbunden de aliqua
re, aliquid, alicui rei und bei einem Sa(ze mit d. Acc. c. Inf.
Desperatio, die Verzweiflung. Vielleicht nie kommt vor extrema
desp., die ausser sie Verzweiflung, für summa, nia.vima desper. oder
extrema spes, wie bei Ca es. (B. G. II, 27) : in extrema spe.
Desperatus, verziveifelt , ist in der Bedeut. gefahrvoll, tollkühn,
z. B. ein verzweifeltes Unternehmeyi, I). L. für pcriculosus, discriminis
ple?ius, temerarius u. a.
Despicari, verachte7i, ist höchst selten und findet sich nie bei den
285
Bessern für despicere. Gleichwohl ist despicatus als Partie. KL und
davon der Superlativ bei Cicero, despicatisstmus. — Auch finden sich
zwei Substantivformen, despicatui als Dativ von einem ungebräuchli-
chen despicatus, und ein von Cicero für seine philosophische Sprache
gebildetes despicatio, und zwar im Plur. despicationes (Cic. Fin. I,
20, 67), was aber nicht nachgebraucht worden ist.
DesponsaUis, verlobt, stehtA^. KI. selten bei Sueton für despousus.
y^l Draken!). Liv. I, 26, 2. XXVI, 50, 2. — Sp. L. ist auch desponsare
für despondere. Uebrigens kommt nur vor despondere aliqiiem alkui.
Einen mit oder an Jemand verloben, versprechen, und so selbst mihi
illam despondi, ich habe mich mit Jener versprochen.
Desubito, auf einmal., plötzlich, ist als ein Wort eben so unlatein.
Form wie derepe?ife, für de subito (Cic. Rep. VI, 2), oder blos subito,
welches allein zu brauclien ist.
Desuescere, entwöhnefi, entwöhnt werden, ist als Verb. fin. nur
P. L. ; aber das Partie, desuetus findet sich auch bei Livius.
Desuetvdo, die Entwöhnung, ist sehr selten, kommt aber bei Li-
vius vor. Die Redensart in desuetudinem ablre, ausser Gewohnheit
kommen, abkommen, ist Sp. L. bei einem Juristen, für desueßeri,
obsolescere.
Desultare, her abspringen, ist sehr Sp. L. für desUire.
Desultorius, herab&pringend, kommt Kl. und N. Kl. nur von Pfer-
den vor, die dem wettrennenden Reiter zum Auf- und Abspringen
dienen, und wird auch bildlich auf andere Gegenstände angewandt.
Sehr Sp.L. ist es in dem Sinne abschweifend., unbeständig, wie es denn
als ein ganz bildliches Wort Q\\i\G qua si\u\A quidam von fremdartigen Sa-
chen nicht gebraucht werden kann. So spricht Mahne (Crito p. 293)
von einer lectio desultoria, welche wahrscheinlich der bedächtigen und
gründlichen oder geregelten Lektüre entgegengesetzt sein soll, wo
er doch wenigstens quasi hätte hinzusetzen sollen. Bei dem Sunst.
lectio ist es aber kaum anwendbar, und man sage dafür vaga, instabi-
lis. temeraria, improvida ac caeca, volatica lectio, oder auch wohl um-
schrieben durch quae a saliendo vel desiliendo nomen habet.
Desumere ist in der Bedeut. nehmen, hernehmen, entlehnen N. L.
und oluie alle Auctorität für depromere, repetere, wird aber heutzu-
tage viel gebraucht; z. B. haue sententiam ex Homero, Aeschylo, Pia-
tone desumpsit; omnia haec ex Timaeo Ruhnkeiüi desumpta sunt; ver-
sus ex antiquo poeta desumti, — für deprompsit. deprompta, deprompti.
Falsch sagt auch der jüngere Burmann (ad Propert. p. 364) : non po-
tuit ex galli cantu malum oraen desumi, für capi.
Deterere ist in bildlicher ^GA^wi.., schwächen, vermindern, fast nur
P. L., und werde daher vermieden durch imminuere, corrumpere, de-
trectare u. a., und für deterere laudem, famam alicujus sage man in
Prosa detrahere de laude, de fama.
Deterior, deterius bedeutet nach Heusing. (Emendatt. p. 400) we-
niger gut, an IVerth geringer, schwächer, nicht gerade schlechter. Da-
von ist dasiS"/;. L. deteriorare in der Bedeut. verschlechtern abgeleitet,
für in pejus mutare: sich verschlechtern heisst nicht deteriorari, son-
dern in pejus niutari; in der Bedeut. verringern^ schmälern ist dafür
deterius facere oder reddere zu setzen (Caes. B. G. I, 36. Cic IV.
D. II, 34).
286
Determinare, bestimmen, z. B. diem, einen Termin setzen, ist N. L.
für constituere, dicere u. a. — eberjso in der Bedeut. bestirmnen, er-
klären, für deßnire. Nicht gut sagt z. B. Bremi : generale determinare
per speciale, für generale definire proprio.
Deterrere, Einen voti Etwas abschrecken, wird verbünd, aliquem
ab aliqna re, selten de, z. B. de sententia, de statu, und P. L. aliqua re.
Detorquere, Etwas vofi Etwas weg- oder abwenden, wird verbünd.
aliquid, ab aliqua re ; das Wohin wird durch in oder ad aliquid aus-
gedrückt.
Detrahere, ab- oder entziehen, wegnehmen u. dgl., wird nach den
verschiedenen Bedeutungen und Verhältnissen verschieden verbünd.,
z. B. alicui aliquid, aliquem de aliqua re u. a. Vgl. Lat. Lexica. Bezwei-
felt wird se detrahere curis, sich den Sorgen entziehe?i, für animu?n
abducere a curis, a molestiis, ab angoribus, a solticitudifie u, a. Gut ist,
was Einige verwerfen, detrahere aliquid de oder es summa, von einer
Summe Etwas abziehen, wiewohl deducere und deductio (der Abzug)
häufiger vorkommen.
Detrectare, veriveigern, welches, wiewohl es Cicero nicht braucht,
dennoch Kl. ist, wird von Wüsteraann, verbunden mit dem Acc. obse-
quium, als iV. h. verworfen; er will dafür sagen obseq. non praestare,
obedientiam relinquere, abjicere, alicui non parere u. a.; richtig sei
aber imperium alicujus detrect. Man vermeide das Wort.
Detrimentum, Verlust, Schaden. Man merke hier nur, dass detri-
mentum pati in der Bedeut. Schaden, Verlust haben oder erleiden
J). L. ist, für detrimentum facere, capere oder accipere, da pati detrim.
nur Verlust ertragen, aushalten heissen kann. Vgl. Pati. Das davon
abgeleitete detrimentosus, schädlich, verderblich, kommt nur einmal
bei Caesar vor und ist als seltnes Wort zu vermeiden ; dafür noxius,
perniciosus, pestifer.
Detrudere, herabstosseri, wegstossen, verdrängen von oder aus Et-
was, wird verbunden es, de oder ab aliquo loco; bildlich ist aber wohl
immer de sententia detrud.
Deturbare wird, in welcher Bedeut. es sei, mit de und es aliqua
re auch blos mit aliqua re verbunden: daher z. B. de vallo und es
rallo, es magna spe und blos spe, tabula (Cic. Rep. III, 20)., posses-
s?bwe (Cic. Fam. VII, 25).
Deiurpare, entstellen, verunstalten, ist N. Kl. und sehr selten für
deformare, maculare, polluere, inquinare u. a.
Devergentia, die Abneigung, ist Sp. L. für declinatio.
Deversnri oder diversari dürfen nicht mit dem folgenden dever-
tere verwechselt werden; sie bedeuten nicht einkehren, sondern ein-
gekehrt sein, sich irgendivo aufhalten (als Gast oder Fremder), und
werden verbunden apud aliquem (Cic. Tnsc. V, 8, 22), in aliquo loco,
in domo oder rfom^ alicujus (Cic. Verr. IV, 31, 70 domi suae deversa-
tum esse Antiochum). Anders ist es mit
Devertere oder divertere, einkehren. Seltner und mehr A. L. ist
dafür die mediale Form deverti, jedoch findet sie sich einmal bei Ci-
cero und auch bei Livius. Wir fragen wo und wohin? A^v Lateiner
meistens quo? selten ubi? MnA daher ad aliquem oder in aliquem lo-
cum, an irgend einem Orte; ad aliquem, bei Jemanden, z. B. ad hospi-
tem, bei einem Gastfreunde, nicht apud hosp. ; ad oder in ratiponnm.
287
in einem Wirthshause, nicht in caupona; domunt oder in domuni ali-
cujus, in dem Hause .leninrules, nicht in domo oder domi: ad vi/fam,
in der Villa (Cic. Fam. Vll, 18, 3). Daher wird tvo mehr durch quo,
als durch m6/ ausgedrückt; dort mehr durch eo, als durch ibi \\. ähn-
liche. Man sage nicht: Caliias, ajmd quem Gorgias deverterat, sondern
ad quem; nicht: devertebam apf/d (fiir ad) comicura quendam poetam;
nicht: eo die deverti Franrofurti apud illum, sondern Francofurtum
ad illum u. dgl.
* Wenn in Livius (XLIl, 1, 7) uhi diverteretur steht, für quo divert. , und
(ib. 10) apud quos (f. ad quos) diverti mos esset, so mag dies als einmal vor-
kommend gelten; aber man ahme es nicht nach.
Deviare, vom ff ege abgehen, abirren, ist Sp. L. für de oder a via
deflectere, decUnare, devertere, wiewohl das Adj. devins, vom ff'ege
abliegend, vo?n fVege entfernt. Kl. ist und auch bildlich gebraucht
wird. Ein iter devium ist ein Seiten- oder Nebenweg (Cic. Att. IV,
3, 4. XIV, 10, 1) ; aber via devia, der Jbiveg, was Ruhnken (Opusc. I,
p. 90) gebraucht hat, kommt wohl nicht vor,
Devorare, verschlingen, verbunden mit librum, orationem u. dgl.,
ein Buch, eine Rede verschlinge?!, d. h. eifrig, begierig lesen, ist nicht
nur nicht J). L., sondern sogar KL Vgl. Cic. Att. VII, 3, 2 und Orelli
z. Cic. Sest. 10, 23 in der kleinern Ausg. — So kommt es auch noch
bei andern Objecten vor, mo wir auch verschlingen, verschlucken
brauchen.
Devotare, zum Tode weihe?i, ist A. L. für devovere; jedoch hat es
Cic. (Parad. I, 2, J2) einmal gebraucht. Da aber eine gute Handschr.
devota vita, immisit hat. so zieht dieses Madvig (Cic. Fin. II, 19, 61)
dem gewöhnlichen devotavit, immisit vor. Es werde daher vermieden.
Devovere ist in der Bedeut. geloben, feierlich versprechen, das»
man Etwas thun wolle, N. L. für vovere. Unrichtig sagt also z. B. Sadolet
(Epist. I, 10): quod reliquum dabitur vitae, id et Deo et Musis sie
impendere totum devovi, ut — , da vielmehr se oder aliquid alicui
devovere bedeutet sich oder Etwas Einem zum Opfer und Eigenthum
weihen. — Das Subst. devotio in der Bedeut. die Andacht, und devotus
in der Bedeut. andächtig, sind beide erst Sp. L. und kommen bei
christlichen Schriftstellern vor, für pietas, religio, reverentia Dei;
pius, religiosus, Deum verens, reverens, und als Adv. religiöse, reveren-
ter Deum rolere, Gott andächtig verehren. Vgl. Heusing. Emend, p. 477.
Das Adj. devotus ist in der Bedeut. ergeben, anhänglich, N. Kl. und
kommt bei Seneca und Sueton vor, für deditus; doch ist es nicht zu
verwerfen . zumal da es bei Caes. (B. G. III, 22) in substantivischer
Bedeut., der Getreue, Ergebene, vorkommt.
Dextans, zehn Zwölftel, wird, wiewohl es Varro braucht, doch von
Cicero vermieden durch se?nissis et triens (Cic. Sest. 25, 55) und
dimidia et tertia pars (Cic. Fam. XIII, 29, 4).
Dextella, die kleine rechte Hand, ist scherzhaft und vielleicht zum
Spotte von Cic. (in einem Briefe) gebildet, aber in welchem bild-
lichen Sinne, ist nicht ganz klar; wohl vielleicht, was wir von einem
tüchtigen Gehülfen siigen: eines Mannes rechte Hand; im Scherz ist
es wohl anwendbar.
Dexteritas i.st nur Gewandtheit mit Menschen umzugeheti, und
überhaupt, wie Rosenheyn meint, die AnstelUglceit und das angeborne
288
Talent, sich in Alles leicht zu finden, nicht aber eine ancelernlei er-
worbene Geschicklichkeit, und daher auch nie geistige Geschicklichkeit
in gelehrten Dingen, wie es im N. L. nicht selten vorkommt. Ihm ent-
gegen steht sinisteritas, wie wir sagen das linkische Wesen, die ange-
borne Ungeschicklichkeit, die Alles verkehrt angreift und sich nii'-
gends geschickt zu benehmen weiss, dergleichen man auch gelehrten
Männern bisweilen nachrühmt. Fliernach wird der falsche Gebrauch
des Wortes dejcleritas und des Adject. dexter, geschickt, gewandt
(Liv. V11I,36) heurtheilt werden können. Vgl. Liv. XXVIII, 18, 6:
tanta inerat comitas Scipioni atque ad orania naturalis ingenii dex-
ter itas.
Dextrorsus, rechtshin, 7iach der Rechten hin, ist vielleicht nur
A.L.\x\n\ aus der Volkssprache bei Iloraz in den Satyren entnommen;
denn zweifelhaft ist es in Liv. VI, 31. Man vermeide es durch dextera
oder dexter am.
Diadema, das Diadem, der königliche Kopfschmuck. Cicero braucht
dieses aus dem Griech. von den Römern aufgenommene Wort
sogar in Reden, wiewohl er auch lateinisch dafür sagt insigne regium
(Cic. Sest. 27, 58). Man brauche dafür ja nicht Corona regia. Vgl.
Vavassor. Antib. p. 518.
Dialeclica ist als Subst. der Decl. I. eben so üblich, wie der
Plur. dialeclica, orum. Zumpt (zu Cic. Off. I, 6, 5) hält die erstere
Form für nicht gel-räuchlich. Vgl. Lexica.
Dialogus, der Dialog, das Gespräch, ist ins Latein, aufgenommen
und wird neben sermo gebraucht; aber für das Gespräch im Schauspiele
war das Kunstwort dicerbium.
Diameter oder diametrus ist nur der mathematische Kiuistaus-
druck für unser Durchmesser. Im N. L. sagt man wunderbar e (ex)
diametro in der Bedeut. dagegen, hingegen, für contra, e contrario;
und ebenso toto diametro ab aliqno discrepare oder disseniire, für
prorsus u. a. Jenes ex diametro piignare brancht sogar Mnret (V. L.
VII, 1) mit dem Zusätze nt ojunt, wiewohl es kein altes Sprichwort ist.
Diarium, das Tagebuch, kommt zwar in dieser Bedeutung von
historischen Dingen nur in einem Fragmente des Geschichtschreibers
Asellius vor, kann aber neben dem griech. ephemeris, welches Cicero
oft gebraucht hat, sogar in Reden, und neben dem latein. diurni com-
mentarii recht wohl angewandt werden.
Diatriba oder dialribe ist in der Bedeut. Abhandlimg , Unter-
suchung erst von neuern Lateinern aus dem Griech. herübergenora-
men, jedoch wegen der latein. Wörter commentatio, disputatio, libellus
u. a. ganz unnöthig, zumal wenn die diatribe nicht gerade etwas Ge-
lehrtes enthält.
Dica, ein Prozess, kommt allerdings wohl in den griechisch-latei-
nischen Komödien vor und bei Cicero einigemal in dem Verrinischen
Prozesse mit dem griechischen Sicilien, kann aber desshalb kaum an-
ffewandt werden für das bekannte causa oder lis, indem es für diese
gewöhnlichen Wörter meistens viel zu vornehm und unpassend ist.
Dicere. Richtig ist zwar dicere ad aliquid, in Bezug auf Etwas
sagen, d. h. antworten, z. B. Cic. Rep. I, 18 non audeo ad isla dicere;
Tusc. 111,32,78 ad Epicuri consolationem satis est dictum; aber dicere
ad aliquem, sagen, sprechen zu Jemanden, ist A'. L. nach dem Deut-
2S9
sehen und selbst nach dem Griech. ttqo^ xiva neben dem Dativ nri; —
im Lat. kann man nur sagen dicere alicui. Jenes dicere ad aliquem
braucht oft Marsil. Ficinus als wörtliche Uebersetzung griechischer
Redensarten; und so sagen Andere z. B. soleo saepe dicere ad amicos
für ainicis ; Ulysses ad patrem dixit u. a. — iV. L. ist es, im Gespräche
Mehrerer zur Angabe der sprechenden oder vielmehr der antwor-
tenden Person dixi, respondi zu brauchen, für inqitam, und disit oder
respondit für i?iquit Davon liefern die Dialoge bei Cicero Beweise.
Auch vgl. Cic. Att. I, 16, 10. Schori Phras. p. 459 u. Vorstii latin.
mer. susp. p. 211. — iV, L. wird es ferner nach deutscher Manier in
die Worte eines Sprechenden eingeschoben, z. B. animus aeger, dicit
Plaio, errat, iür tnqmt Plato oder ut ait Plato; richtig ist es aber,
wenn die Worte nachfolgen, also Plato dixit: Animus aeger errat. —
N. L. ist es, zu einem Verbo dicendi noch dicendo hinzuzusetzen, wo
wir sagen dadurch dass er oder indem oder wenn er sagt, für qtiuni
dicit oder quod dicit; z. B. dieses lehrt Plato, indem er sagt., die Seele
sei ein Theil der Seele, hoc docet Plato, quiim dicit — , nicht dice?ido ;
Vespa entschuldigte den Titius dadurch (damit), dass er sagte, er
habe — , quod diceret, eum — , nicht dicendo — , und so andere ähn-
liche.— Auch wird nicht als Zusatz zu etwas Vorausgegangenem ge-
sagt et dicit, wie wir zusetzen u?id sagt. Vgl. Heusiiiger. Emendatt.
p. 465 und Weber's Uebungssch. p. 141. — Auch wird unser tvie
gesagt, in Bezug auf etwas Vorhergesagtes, nicht durch zit dictum est
ausgedrückt, sondern durch ut (supra) divi (naih Verschiedenheit
der Person). — Bei Sprichwörtern heisst ivie man sagt, nicht ut dicunt,
sondern ut ajunt, obgleich ut Graeci dicunt und ut dicitur gesagt
wird. In der verwundernden Frage was sagst du? heisst es quid ais?
nicht quid dicis? — Unsere Redensart das sei unter uns gesagt oder
blos unter uns gesagt heisst nicht hoc inter nos sit dictum, sondern
hoc (quod) inter nos liceat dicere (Cic. Att. II, 4) ; Nichts ztt sagen
(zu befehlen) haben \ieh%t wicht nihil dicendum habere, sondern nihil
potestatis habere; z. B. hierbei haben wir Nichts %u sagen (zu befehlen),
nihil nos in eo potestatis habemus (Cic. Verr. IV, 34, 75). — Endlich
wenn eine unterbrochene Rede bei uns durch sage ich wieder aufge-
nommen und fortgesetzt wird, so braucht man nicht dico, sondern in-
qtiam, indem dico theils nur zur Verbesserung eines gebrauchten
W^ortes dient , z. B. gerade an jenem Tage, sage ich — ; am Tage,
sage ich? nein, in derselben Stunde und sogar in demselben Augen-
blicke, illo, inquam (nicht rfico), ipso die; die, dico (nicht ijiquam^?
immo hora atque etiam puncto temporis eodem (Cic. Sest. 24, 53), —
theils um Etwas bestimmt anzugeben, wo wir nemlich oder ich meine
einschieben; z. B. in einigen Stücken ist er unter dir, nemlich an Ge-
schlecht und Ruhm, nonnullis rebus hie inferior est, q?iam tu, generis
dico et nominis (Cic. Plane. 12, 30). — Ueber in aurem dicere vgl.
Auris; über gratias dicere, vgl. Gratia, und über sie, supra, infra —
dictus vgl. Dictus.
Dicis causa wird im N. L. oft in der Bedeut. zum Scheine ge-
braucht und da angewandt, wo es nicht passt. R. Klotz sagt darüber
Folgendes: „Es bedeutet nicht zum Scheine, sondern wie das Griech.
8inr]g luQiv, vouov yjwn., für den äussersten, schlimmsten Fall; da-
gegen zum Scheine heisst simulatione, specie oder es rauss umschrie-
19
290
ben werden. Die Formel dici's causa wurde in jener Bedeutung im
gemeinen Leben gewiss öfter gebraucht und werde dalier auch, aber
nur in dieser Bedeutung, vom Gehrauclie nicht ausgeschlossen." Da-
gegen erklärt es Reisig (Vorlesung, p. 138) durch: damit der Form
ihr Recht geschieht^ twi deji alten Schlendrian zu befolgen, und fast
ebenso Freund: der Form tvegen, zum Scheine.
Dictamen, Spruch, Forschrift, ist TV. L. für dictum, praescriptum,
praeceptum.
Dictare bedeutet wohl nicht gerade sagen, ausser bei Spätem,
sondern nur vorsagen, dictiren; dagegen heisst sagen auch ausser
dicere noch dictitare. Richtig und gut ist daher dictata (aber nur als
Pliir.) , das J)ictirte, die Dictate. V eher dictare in calammn oder in
pennam s. Calamus.
Dicteriu7n ist N. L. in der Bedeut. Schimpf- oder Schmährede,
für maledictum, convicium; im altern Latein bedeutet es tVitzwort,
für dicttim oder lepide, facete, acute dictuiu, wofür es nach Cicero
(bei Macrob. II, 1) der gelehrte, eigentliche Kunstausdruck war. der
sich nach Döderlein (Synonym. Th. IV, p. 29. 30) auf die Sprache
der Gelehrten und Gebildeten beschränkte, so dass das Wort noih
heutzutage trotz seiner Seltenheit in dieser Bedeutung angewandt
werden kann.
Dictio, was bei den Alten fast nur das active Reden und Sprechen,
den Vortrag bedeutet, hat im N L. die Bedeut. das Wort, für ver-
buJii, vocabulum, oder bedeutet die y^rt zu reden, Redensart, für locu-
tio. So braucht es selbst Muret. (Eipl. Cic. Catil. 1, 5. 11): harum
dictionum (Salus su?nma)\itraml\hei sustuleris, orationem elegantiorem
effeceris — für horum verborum utrnmiibet — ; ebenso Mahne (Crito
p. 289) : omnes dictiones, in quas incidimus, aeque bonae sunt, und so
noch oft Andere. — Vgl. auch Hands Lehrb. p. 144, der es aber,
wiewohl es ganz unnöthig ist, nicht verwirft.
Dictionarium oder dictionarius (sciJ. liber) , das Wörterbuch, ist
N. L. und falsch, weil dictio, wovon es gebildet ist, nicht das Wort
bedeutet. Ein Unding aber ist: Dictionarium editionum (ein sol-
ches hat Hebenstreit Vindob. 1828 herausgegeben) , w eil hier nicht
eiimial Wörter, sondern Ausgaben aufgeführt werden. Ebenso ge-
missbraucht wird das Wort lexicon. Vgl. Lexicon. — Für dictionarium.
ist das Wort lexicon noch immer das passendste; denn es ist theils
die griechische Benenimng, theils liegt nichts Falsches darin. Per-
pinian sagt (Oratt. p. 467) collectio verborum.
Dictus, gesagt, genannt, wird erst Sp. L. mit Adverbien, wie sw,
iia, supra, infra., modo gleichsam zu einem Worte verbunden, während
im bessern Latein nur in einem besondern Relativsatze gesprochen
wird. Falsch ist: de postea ita dictis daemonibus, von den nachher so
genannten Dämonen; ex supra dictis satis patet; turpitudo vere s?c
dicta u. dgl. Vgl. darüber mehr in meiner Anleitung z. Lat. schreiben
§. 590 und Th. I, §. 147.
Didactrum, das Lehr- oder Schulgeld, Honorar für Unterricht,
ist das griech. Wort, welches aber von keinem Lateiner gebraucht
wurde. Nur das Wort merces war In diesem Sinne üblich; und doch
hat sich F. A. Wolf nicht gescheut, das griech. Wort aufzunehmen.
Vgl. Honorarium.
291
Dies, T«^, ist gen. feiniii, , wenn der Begriff Termin. Zeitpunkt
darin liegt; daher Jconirat es auch in dieser Bedeut. nur im Singular
vor, und bei Cicero, Caesar, Livius u. A. mit den Beiwörtern certa,
stata^ statuta, constituta, ea verbunden, wiewohi aucJi da oft als Masc,
wie im Plur. immer. — P. L. ist es in der Bedeut. Tagesanbruch oder
Licht, für lux ; daher heisst vor Tagesanbruch, ante lucem, nicht ante
diein; lange vor Tag, bene ante lucern (Cic. Orat. II, 64) ; es ist Tag,
lucet, nicht dies est; es war noch nicht Tag, nondum lucebat (Cic.
Rose. Am. 34, 97) ; ehe es Tag ivar, antequam luceret (Cic. Cluent. 9,
27); es wird Tag, lucescit, nicht dies fit; es ist Tag geworde?i, lusit
oder mit dies — dies illuxit. — Stiftungs - oder Grilndungstag einer
Stadt heisal dies nntalis nrbis (Cic. Divin. II, 47) , und so der Stif-
tungstag einer Schule, dies natalis scholae oder ludi litter arii. —
Selten und mehr P. L. ist diesf/ue noctesque oder noctesque diesque^
Tag und Nacht, für dies noctesque, et dies et noctes, noctes et oder
ac dies. — Ueber die Redensart von Tage zu Tage, de die in dient,
vgl. De. — Gut aber ist i?i diem vivere, in den Tag hinein leben, d. h.
ganz unbesorgt um die Zukunft leben, gleichsam nur für den eijjen
Tag (Cic. Orat. II, 40, 169). — N. L. ist (in) diebus ?iostris, in unsern
Tagen, d. h. jetzt, für hoc tempore, his temporihus, nostra memoria. —
N. L. ist es, bei Festen, die aus mehrern Tagen bestehen, zu sagen:
die primo, die secundo mit dem Genitiv des Festnamens. Vgl. darüber
Th. I, §. 79. — Beizubehalten sind als neue Benennungen die neuen
Namen der Tage einer Woche, dies Solis, Lunae, Mercurii.^ Martis,
Veneris, Saturni, — welche den Alten fehlten, üeber diem sunm
obire vgl. Obire, und über die und diu, bei Tage, vgl. Diu.
Diescere, Tag tverdeti., ist JV. L. für lucescere, dilucescere.
Diffamare, in üblen Ruf bringen, ist P. L. und findet sich bei
Tacitus und Spätem; es werde vermieden für infamare aliquem, in-
famiam alicui inferre oder inurere. — Sp. L. ist es in der Bedeut.
bekannt rnachen, für vulgare, divulgare. — Davon abgeleitet ist diffa-
matorius, welches iV. L. in der Bedeut. verunehrend, ehrenrührig vor-
kommt, für probrosus, maledicus, ignominiosus,faniosus.
Differre istiV. L. in der activen Bedeut. unterscheiden, für discer-
nere, interjioscere ; es hat nur neutrale Bedeut. unterschieden sein,
.sich unterscheiden; in Etwas., aliqua re und voji Etwas, ab aliqua re;
unter diesem und jenem , inter hunc et illum ; vielfaltig , in vielen
Stücken, multum, nicht multa ; in sehr vielen St. , plurimum. — P. L.
wird es verbunden alicui, von Etwas; so auch bei dem altern Plinius.
In Cicero's Jugendschrift de Inventione findet es sich zweimal ver-
bunden cum aliqua re, von Etwas, was nicht nachzualnnen ist. — Wie-
wohl differre aliquid, Etivas verschieben heisst, so ist doch Judicium
diff.,das Urtheil verschieben, ungebräuchlich; man gebrauche dafür
ampliare aliquid, das Urtheil über Etwas verschieben, und ampliare
aliquem, das Urtheil über Eitlen verschieben, — also ohne judiciurn. —
Einen Tag nach dem andern verschieben heisst die?n de die differre.
Difficile kommt als Adv. Kl. vielleicht nirgends vor, und ist auch
N. Kl. nur selten für difficulter ; eben so selten ist auch difßciliter,
wiewohl es in Cic. Acad. II, 16, 49 sicher zu stehen scheint. Vgl. Reisigs
Vorles. p. 208 und daselbst die Anmerk.
Difßdere, misstrauen. Misstrauen in Jemanden setzen, hat im Perf.
19*
292
nicht diffidi, wie es Sp. L. vorkommt, sondern diffisus sum. Es wird
meistens mit dem Dat., alicui rei, einer Sache oder i7i Etwas, verbun-
den, seltner mit dem Abi. aliqiia re; doch steht dieser schon sicher
bei Caesar. B. C. 1, 12, 2, wo Oudendorp und die neuem Ausgg. aus
de» besten Handsclir. volu?itate für voluiitati lesen. Vgl. auch Reisigs
Vorlesung, p. 699. — Es bedeutet zwar wohl an Etwas verzweifebi,
aber nicht /.einen Glauben schenken, nicht glauben, was non credere,
fidem non habere heisst. — Misstrauen wird auch oft durch das Part.
diffisus ausgedrückt, z. B. aus Misstrauen in seifte eigene Sicherheit,
difßsus suae saluii.
Diffluere, aus einander fliessen, findet sich im JV. L., verbunden
mit in alia omnia, in der Bedeut. sich (in geistigen Arbeiten) gänz-
lich zerstreuen, allerlei vornehmen, aber nirgends bei einem Alten.
Diffu7idere, azisgiessen^ verbreiten ; diffundi, sich verbreiten ; —
das JVo oder fVohin wird wohl nur ausgedrückt durch in aliquem
locutn, z. B. in onine corpus, im ganzen Körper.
Digamma (Gen. atis) oder auch digammoji als Neutr., das Doppel-
gamma, sind beide wohl gute Formen, aber seilen kommt diga/ntnus
als Femin. vor; also nicht diga/nmus aeolica, sondern digamma oder
digammon aeolicum.
Digeries, das Ordnen, die Eintheilung u. a., ist Sp. L. für digestio,
descriptio.
Digitus, Finger. D. L. ist per digitos videre, unser bildliches durch
die Finger sehen, für indulgere, connivere ; Kl. aber ist digitus in dem
Sprichworte keinen Finger breit abgehen, digitum nusquam disce-
dere oder 7ion transversu7n digitum discedere. Man merke: Etwas an
den Fi7iger7i her%ähle7i , aiigebe7i, i7i digitis suis aliquid co7istituere
(Cic. Caecil. 14), oder in digitos aliquid digerere (Quintil. XI, 3, 114);
mit dem Finger auf Etwas hifiweisen, nicht digito i7itendere in oder
ad aliquid, sondern digitum i7itendere ad — .
Dignari, die passive Form des A. L. dignare, würdigen, kommt
Kl. nur als Passiv vor, gewürdigt werde7i, und so einigemal bei Cicero,
sonst selten; bei Caesar und Livius nie. So wie Cic. kann man es also
wohl brauchen, doch vermeide man es so viel als möglich. Vgl. Klotz
Sintenis p. 173. Dagegen als l)epo7iens, dig7iari aliquem aliqiia re,
E!iie7i einer Sache würdigen, kam es durch Dichter in die A^. Kl. Prosa,
aber nur bei Sueton und Tacitus, nirgends bei einem der Bessern.
Es werde also auch lieber ganz vermieden und durch dignum judicare
ersetzt. — So kommt denn auch dignatio höchst selten vor, bei Cicero
und Caesar nie, zuerst bei Livius einigemal für dignitas, in der Bedeut.
uJtisehefi, Würde, und N. Kl. u. Sp. L. in der Bedeut. IVürdigufig,
JFerthschätzufig. Man gebrauche es nicht, wiewohl es im Ä\ L. oft
vorkommt, sondern setze dafür exislimatio, observantia ; dig7iitas, am-
plitudo.
Digfioscere aliquid. Etwas unterscheiden, ist P. L. u. N. Kl. und
nicht wohl nachzubrauchen für discerfiere, internoscere.
Digitus, würdig, wird verbunden mit dem Abi. dessen, wessen
Jemand ivürdig ist, F. oder Gr. L. mit dem Ge/iitiv, wie Baibus (Cic.
Farn. VIII, 15, 1 im Anhange) : dignus tuae virtutis, was nicht nach-
zuahmen ist. Bei einem dazu gehörigen Satze mit dass oder einem
blossen Itifinitiv wird qui oder ut mit dem Co7ijunctiv gesetzt; P. L.,
293
bei Livius nur einmal und aurh Ä\ AI. selten der Inßm'tit\ der ver-
raieden werde, was im Ä'. L. nicht gescliielit. Man sage nicht: Ui
dtgnus es coli, du bist würdig geehrt zu werden, für nt oder (jui colare
(colaris). Vgl. darüber meine Anleit. §. 344. — Wir brauchen aber
unser Wort würdig auch ohne einen Genitiv in der Bedeut. achtungs-
tvürdig, z. B. ein tvürdiger und verständiger Mann, oder in der Bedeut.
höchst passend, z. B. ein würdiger Gegenstand; aber der Lateiner
braucht dignus nur dann für sich allein ohne einen Ablativ, wenn ein
solcher aus dem Zusammenhange leicht hinzu zu denken ist. Daher
muss digmis oft durch einen Ablativ oder einen Satz mit qui vervoll-
ständigt, oder es muss dafür gravis, honestus u. dgl. gebraucht wer-
den. — Zu vermeiden sind die im N. L. oft vorkonmienden Verbin-
dungen mit sogenannten Siipinen auf u, z. B. dignus seilte, cognitu,
memoratu, notatu u. a. , wo Substantiven oder Umschreibungen mit
qui üblicher sind. Auch helsst die gewöhnliche Redensart: es ist der
Mühe werth, ich halte es der Mühe werth, nicht est oder duco opera
dignum, sondern operae pretium mit folgendem Infinitiv. Eben so
N. L. ist verus amicus auro est dignus, für auri pretio aequat.
Dijudicare findet sich im N. L. auch in der Bedeut. beurtheilen,
ohne dass von zwei Personen oder Sachen und ihrer gegenseitigen
Beschaffenheit geurtheilt wird, für judicare. Falsch ist z. B. Iloratii
ingenium dijudicare, über Hör. Geist urtheilen, oder Hör. Geist beur-
theilen : aber richtig cotitroversiam, vera et falsa, inter duas seJiten-
tias u. dgl. dijudicare.
Dilabi kommt in der bildlichen Bedeut. zerrinnen, verfliessen (von
der Zeit) nur einmal bei Sallust vor (Jug. 36, 4): dilapso tempore, \uni
werde, als zu selten vorkommend, nicht nachgeahmt. Vgl. Elabi,
Praeterlabi.
Dilaceratio., das Zerreissen, ist erst sehr Sp. L. für laceraiio. Auch
dilncerare ist mehr P. u. N. Kl. und werde vermieden durch lacerare
oder dissipare, wie denn für respublica dilacerata (bei Sali. Jug. 41,5)
Livius (II, 28) dissipata sagt.
Dilatatus in der Bedeut. tveit entfernt wird, da es nur iveit ausge-
breitet bedeutet und da der Begriff Entfernung nicht darin liegt, ver-
worfen für disj?i?ictus, remotus.
Dilaudare. loben, findet sich nur bei Cic. Att. VI, 2, 9, wo es aber
nach den Handschr. zweifelhaft steht. Es werde nicht gebraucht, da
laudare genügt. Frotscher (z. 3Iuretus, der es Oper. T. II, p. 125 ed.
Fr. braucht) vertheidigt es; dagegen hat Freund das Wort in seinem
Wörter b. ganz ausgelassen, was zu voreilig scheint.
Dilectus als Adj. geliebt, werthgeschätzt, ist P. u. Sp. L., dabei
höchst selten ; es kommt im N. L. in Briefen und Reden als Anrede
an die Zuhörer sehr häufig vor, z. B. adolescentes (juvenes) dilectis-
simi^ was Sintenis in der oben (vgl. Amans^ angeführten Rede oft ge-
braucht hat. Man brauche carus, suavis, beide auch im Superlativ;
ausser der Anrede kann man es auch mit qui und diligere, observare
u. andern umschreiben. Vgl. Aestimatus und Amatus.
Diligens und diligentia sind nicht gleichbedeutend mit Fleiss und
fleissig. Wir verbinden damit die Begriffe anhaltende Be/nühung, An-
strengung und Thätigkeit, welche weniger in jenen Wörtern, als in
assiduitas, industria, Labor, opera und den dazu gehörigen Adjectiven
294
liegen. Diligentia und diltgens sind vielmehr i/mere Eigenschaften des-
sen, der Etwas mit Sorgfalt, Pünktlichkeit nnd Genauigkeit im Unter-
scheiden nnd Auswählen betreibt und ausführt. Ein ßeissiger Schü/er
ist niclit discipiihis di/igens, sondern indnstritis, laborios?is, assidutfs,
g7iavus, Studiosus, und seinMe/ss ist nicht diligentia,soi\dern industria,
assiduilas, Studium, labor ; er lernt flcissig heisst studiose discit; was
aber Jemand^Ze/ss/g' ausgearbeitet hat, das ist diligenter scriptum, elucu-
bratum, elaboratum. Wenn Einer von einem geschickten Lehrer^e/ss«g'
unterrichtet wird, so heisst dies docetur diligenter (Cic. Q. fr. 111,3, 1);
Belohnungen des Fleisses sind nicht praemia dilige7itiae, sondern in-
dustriae, laboris, assiduitatis. Vgl. Webers Uebungssch. p. 93 und
Herzog zu Caes. B. G. I, 40. — Das Adv. diligenter, welches nur mit
Sorgfalt bedeutet, wird im N. L., wie unser mit Fleiss, in der Bedeut.
vorsätzlich gebraucht, was aber de industria heisst. Vgl. noch andere
Bedeutungen unter Propositum.
Dihicidare, Mar, verständlich machen, aufklären, werde, wiewohl
dilucidus gut ist und nicht selten vorkommt, doch vermieden, da es
nur N. Kl. bei dem Auct. ad Ilerenn. vorkommt (III, 4, 8 rei diluci-
dandae causa) ; dafür dilucidum reddere u. a. Im N. L. findet sich
ohne alle Auctorität dilucidare scriptorem, librum, locum alicujus scri-
ptoris u. dgl., für enodare, explicare, interpretari u. a.
Diluculare, dämmern, ist Sp. L. für dilucescere.
Diluvies, die Ueberschwemjjiung, ist fast nur P. L. und d/luvio ganz
Sp. L. ; dagegen scheinen diluvium (bei Seneca und dem Jüngern Pli-
nius) und das Ä'l. inundatio die für grosse Fluthen (unser Sünd-
ßuthen) eigenthümlichen Wörter gewesen zu sein. Beweise dafür lie-
fert die Schilderung solcher grossen Fluthen in Seneca (Qu. N. III,
27 u. 29), wo die Wörter diluvium und inundatio mit einander ab-
wechseln. Kleinere Ueber schwemmungen hiessen alluvies oder eluvio,
oder umschrieben mit diffunduntur aquae, wiewohl inundatio ganz
allgemein war.
Dimefisus als Part, vom Depon. dimetiri kojnmt KL auch in passi-
ver Bedeut., abgemessen, vor. Falsche Form dafür ist dimetitus, die
auch in fehlerhaften Stellen für dimetatus steht. Auch im N. L. findet
es sich für dimeusus.
Dimetare, abstecken, abgränzen, ist ein seltnes, alier Kl. Verbum,
wovon bei Livius dimetari und bei Cicero dimetatus, abgesteckt, abge-
gränzt, vorkommt, wiewohl mit der fehlerhaften Form dimetitus. Ge-
wiss ist dieses Verbum auch in der Form dimetandam nach Theod.
Bergk (in Cic. Arch. ]1, 29) für das nicht passende dimitte7idam zu
setzen, was auch Stüremburg gethan hat.
Dimicare, streiten, kämpfen ; — für Etwas, pro aliqua re ; um Et-
was, de aliqua re ; zu Pferde, nicht in ei/wo. sondern ex equo; zu oder
auf dein Wagen, ex curru; zu Fusse, nicht pedibus, sondern mit dem
Personalsubst. pedes, als Fuss ganger. Vgl. Webers Uebungssch. p.290.
Dimidius, halb, kommt Kl. nur mit dem Subst. pars verbunden vor,
erst N. Kl mit andern Subst.; ausser dimidia pars auch noch das
Neutr. dimidium, die Hälfte, mit einem Genitiv, z. B. die halbe Erde,
dimidia pars oder dimidium terrae. Halb mit einem Subst. wird zuwei-
len auch mit s emi wnA einem damit zusammengesetzten Subst. über-
setzt, z. B. eine halbe Stunde., semihora; ein halber Fuss, sernipes. Da-
295
her drittehalb Ftiss, duo (bhti) pedes et semt'pes, Sp. L. duo (bim) pe-
des et diinidius ; ein Halbjahr, sex me?ises oder mit dem Adj.se/«esf/"/s,•
z. B. dies dauert ein Halbjahr, hoc se7nestre est (Cic. Att. X, 8, 17);
anderthalb Jahr, annus et sex menses, Sp. L. a?i??us et dimidius. Da-
gegen ist KL dimidium, die Hälfte, mit dem Genitiv.
Dimissio ist wohl nur das Gehenlasse?i, Wegschicken, aber nicht
die Verabschiedung, Dienstentlassung, wie es im iV.Z. gebraucht wird,
für missio. Ebenso wird das Verb, dimittere nicht von einem Eifizel-
nen gebraucht in der Bedeut. verabschieden, ans dem Dienste entlas-
sen, was mittere, missum farere heisst, sondern von Mehrern, z. B.
einem Heere, weiches man entlässt, wie bei Caes. B. C. I, 32. lieber
missio und mittere vgl. die Lexica und Cic. Phil. V, 19. Caes. in Cic.
Att. IX, 7, 2 im Anhange ad Oppium. — N. L. ist aliquem dimittere e
custodia, Einen aus dem Gefängnisse entlassen, für emittere, und D.L.
aliquid es oculis dimittere. Etwas aus deji Augen lassen, was Heyne
(Praef. Virg. T. I, p. 7) braucht.
Dimovere ist selten und wird meistens mit demovere verwechselt.
Diploma, die Urkunde, ein Diplo?n, kommt schon bei Cicero und
nachher auch N. Kl. bei Seneca und Sueton. vor, ist also wohl an-
wendbar, mögen auch andere Wörter, z, B. tabula publica, auch wohl
monumentum, für das Wort Urkunde oft besser sein. Als Kunstwort
ist es, wie der Name der W^issenschaft, ^«);/o»ja/jca, kaum entbehrlich.
Uebrigens vgl. Weber's Uebungssch. p. 249.
Directim, gerade aus, ist Sp. L. für directe.
Director ist ein neues Wort, das nur als Titel gebraucht werden
sollte; ausserdem aber sage man dafür rector, praef ectus, moderafor.
Bei den Alten steht in manchen Verhältnissen dafür magister, sowie
pro magistro für unser Vicedirector ; beide aber als Titel dafür zu
brauchen, möchte heutzutage sehr anstÖssig sein.
Directus. Das davon abgeleitete Adv. directe oder directo in bild-
licher Bedeut., geradezu, z. B. aliquid petere , steht sogar bei Livius
(1,11 eam directo arma petisse dicunt); sonst aperte,nulla circuitione,
und als Gegensatz, indirect, per ambages, circuitione quadam. Vgl.
Terent. Andr. I, 2, 31 ita aperte ipsam rem modo locutus, nil circui-
tione usus es. Cic. Divin. II, 17, 40 circuitione quadam (indirect) deos
tollit. Ebenso auch das Adj. directus bei Liv, XXI, 19 directa percun-
ctatio et denunciatio belli.
Dirigere. Verworfen wird oculum (oculos) ad aliquid dirigere, das
A7ige auf Etwas richten, für oculos alic?ii oder ad aliquid adjicere oder
conjicere in aliquid.
Dirimere se, sich scheiden, tretmefi (ehelich), ist N. L. für divor-
tiiim facere cum aliquo (aliqua).
Discedere, weggehen, sich trennen u. a., wird verbunden mit a, es
und de aliqua re.
Disceptare hat im N. L. die Bedeut. streiten, streitig sein mit Je-
manden, für cum aliquo dissentire, controversiam habere, in conlrover-
sia esse, contendere, da jenes die Grunde hin und her erwägen, über
Etwas urtheilen, entscheiden bedeutet. Ebenso heisst daher inter se
disceptare, nicht unter einander über Etxvas streitig sein, sondern mit
dem Acc. controversiam, einen Streit unter einander ausmachen, ent-
296
scheiden. Und so bedeutet disceptaior iiiclit ehien Zänicer, Streiter,
sondern einen Schiedsrichter, Ferjnittler.
Discere mit dem Adv. memoriter, auswendig lernen, ist N. L. für
ediscere, memoriae mandare.
Discernere, von einander trennen^ unterscheiden, wird verbunden
aliquid ab aliqua re, z. B. jus ab itijnria, und noch gewöhnlicher mit
zwei Accusativen, JMS et irijuriam, aiirwn et argentum.
Discidimn wird gewöhnlich von dissidium unterschieden ; jenes soll
Trennung, Absonderung, Zwiespalt bedeuten, oft gleich defectio, die-
ses nur Meinu7igsverschiedenheit, gleich dissensio. So fasst es auch
\\. Klotz (zu Cic. Lael. p. 148) ; aber 3Iadvig (Cic. Fin. p. 812 sq.)
beweist, dass nur discidium ein latein. Wort sei und jede Spaltung
und Zwiespalt bedeute, dissidium aber sei kein lat. Wort.
Discordantia, Zwietracht, U?ieinigheit, ist N. L. für discordia, dis-
crepantia.
Discordiosus, ztvie trächtig, uneinig, kommt nur bei Sallust vor mit
seditiosus verbunden, sonst ist es nur sehr Sp. L. wahrscheinlich ein
gemeines Wort für discors.
Discrepatio, die Uneirri^keit, Disharmonie, kommt höchst selten
vor, bei Livius nur einmal für discrepaniia, discordia. — Das Verbum
discrepare, verschieden sein, nicht übereinstimmen, wird verbünd, ab
und cum aliqua re., auch inter aliquos ; P. L. m. d. Dativ alicui rei.
Discretio ist ein Sp. L. Wort, aber nur in d. Bedeut. Absonderung,
Unterscheidung ; im N. L. aber bezeichnet es, wie im Franz. discre-
tion, die Unterscheidimg des Schicklichen vom Unschicklichen, und
ebenso wird discretus von dem gesagt, der Alles wohl unterscheidet.
Dieser Begriff des Subst. liegt aber \n Judicium, elegantia, discrimen,
dilectus, und der des Adj. in elegans. prudens, modestus. Vgl. Sciopp.
Infam, p. 212. Id. de stylo p. 140. Yorst. latin. mer. susp. p. 122. —
Das deutsch-franz. sich auf Discretion ergeben heisst se in fidem ali-
cujus recipere, conferre oder tradere. Vgl. Iridiscretus.
Discupere, heftig wünschen, ist ein gemeines, seltnes Wort, wel-
ches im A. L. bei den Komikern, bei Catull und nur einmal Kl. bei
Coelius (Cic. Farn. VIII, 35, 2) vorkommt, der im Ausdruck eben
nicht elegant ist. Man vermeide es in edJcr Rede durchaus, und sage
dafür vehementer cupere ; in Briefen aber ist es nicht ganz zu ver-
werfen.
Discurrere ist in der Bedeut. von Etwas reden sehr Sp.L. für ser-
mocinari, disserere, disputare, colloqui; ebenso auch das Subst. discur-
sus, die Unterredung, UtiterhaltvngA^s Gespräch (wohav das franzö-
sische diacours) , für sermo, colloquium, disputatio, dialogus. Eine ars dis-
currendi (Kunst zu sprechen) de qualibet materia, dergleichen J. A. We-
ber, Norib. 1671 geschrieben hat, würde heutzutage verlacht werden.
Discussio und discuteresinA in der geistigen Bedeut. Uyiter suchung,
untersuchen, über Etwas sprechen sehr Sp. L. und durchaus zu ver-
werfen für disputaio, quaestio, cognitio; disserere, cognoscere \i. a. —
Im N. L. kommen beide oft vor, bedeuten aber im bessern Latein
etwas Anderes. Wenn daher selbstMuretus caussa discussa für caussa
cognita braucht, so sagt Ruhnken mit Recht davon: hoc cadentis
vel potius jacentis latinitatis est. Vgl. Mureti Oper. T. I, Praef.
p. XXIII ed. Fr.
297
Diserti/8, beredt, Einer, der klar und bestimmt spricht, und das
Adv. diserte und disertissime bei Livius in der Bedeut. klar, deutlich,
bestimtnt, gleich aperte, liquido, clare, plane, was denn unser ra aus-
drücklich, mit ausdrücklichen Worten meistens entspriclit. — N.L.ahev
ist es, dafiir disertis verbis zu brauchen. Auch kann für diserte noch
distijicte, dilucide. omnino (Cic.Tusc. V,9, 24), und bei Personen nomi-
natim (Cic. Att. IV, 1, 6. Q. fr. 111,1, 10) gebraucht werden. Vgl. Ex-
presse; Weber's üebungssch. p. 90. Döderlein's Synon. Th. IV, p. 17.
Reisigs Vorles. p. 211 und Fabri zu Livius XXI, 19, 53.
Disharmonia, die Disharmonie, ist N. L. für discrepantia, discor-
dia, disjunctio, dissensio u. a.
Disjungere oder dijzingere. Etwas vo?i Etwas abtrennen^ wird ver-
bunden aliquid ah aliquo, P. L. aliquid aliqua re.
Dispalari, herumschweifen, ist A. L. bei Corn. Nepos und Sp. L.;
es werde als selten und unnöthig vermieden durch palari.
Disparere, verschwinden, ist fast N. L. für eva?iescere u. a.
Jh'spendiuTn, der Aufivand, Unkosten, findet sich nur A. L. und
N. Kl. selten bei weniger guten Schriftstellern für sumptus, detrimen-
tum, damnum.
Dispe7isator, der Verwalter, nnddispensare, verwalten, werden sogar
bildlich von der Staatsverwaltung gebraucht bei Cic. (Rep. \, 3),
aber in der Vergleichung mit dem Hausverwaltei-, und mit dem beige-
setzten quasi, für das gewöhnliche administrare. So, wie es bei Cicero
gebrajiclit ist, kann man es also wohl anwenden. — Das Verbum dis-
pensare aber in der Bedeut. unseres dispensiren, d. h, amtlich frei-
sprechen V071 Ettvas, ist N. L. für aliquem lege oder legibus solvere,
d. h. Einen von einem Gesetze (von den Gesetzen) losmachen, befreien.
Disperditio, die Zerstörung, das Zugrunderichten, steht in der ein-
zigen Stelle, wo es vorkommt (in Cic. Phil. III, 12), sehr zweifelhaft,
da die beste Handschr. dispersio hat, wofür aber Lambin direptio auf-
nahm, obgleich dem Zusammenhange nach das freilich ebenfalls im
bessern Latein ungebräuchliche, ert Sp. L. vorkommende diapertilio,
die Vertheilung, passender scheint. Man vermeide jenes ^\ort, wel-
ches Muret einigemal als ein unzweifelhaftes aufgenommen hat, z. B.
in der Explic. Cic. Catil. I, 6 u. IL 1.
Dispergere. Verworfen wird aliquid ijiter homines dispergere. (eine
Nachricht) tinter die Leute bringen, für aliquid sermonibus divulgare.
Displicenter, missfällig, mit Missfallen, ist N. L. für gravate, mo-
leste, aegre u. a.
J)isplicentia,das Missfallen^ündet sich nur N. AI. bei Seneca (Tranq.
an. 2) ; es werde vermieden durch taedium. improbatio, offensio u. a.,
sowie durch das Verbuni displicere.
Disponere. Ettvas vertheilen, stellen, legen ; ivo oder wohin, aliqnid
in aliquo loco ; längs oder an einem Orte hin, ad oCiev per aliquem lo-
cum ; ringstim in Gegenden, circum loca.
Disposittis kann nicht von einem Menscheti in Rücksicht auf seine
Seelenstimmung gebraucht werden; also nicht bene oder tnale disposi-
tus, wie wir sagen gut oder übel dispojiirt, sondern be?ie , male affe-
ctus. Vgl. Schori Phras, p. 71.
Dispudere, sich sehr schämen, kommt A. L. einigemal bei Plautus
298
und Terenz vor, und ist nicht wohl nachzubrauchen; gleichwohl hat
es Muret gethan, z. B. Oper. T. II, p. 196 ed. Fr.
Disputare enthält an und für sich nicht den Begriff des Streitens
über PJtwas mit Worten mit Einem oder Mehrern, sondern nur den
"Rcgr]^ Envä gen, Uniersuchen, allein oder mit Andern, wobei Gründe
und Gegellgründe erwogen oder vorgebracht werden. Der Gegenstand
als Subst. wird damit nur durch de verbunden, de aliqun re, nicht ali-
quam rem, wovon nur neutrale Pronomina, wie id (Cic. Fam. 111,8,3),
haec (ib.), hoc (Tusc. I, 34), quae, multa u. dgl. eine Ausnahme ma-
chen. Falsch ist es daher wohl, wenn Muret. (Explic. Cic. Catil. I, 1)
schreibt: Miror, qua ralione motus Ramus dixerit, dispulari hoc
loco copnt deliberationis, für dp capile. Und so bemerkt Reisig (Vor-
lesung, p. 690) richtig, man könne nicht sagen disputo phiiosophiam,
dogmnticam, sondern nur de philosophia. — Man merke noch die Mg-
Atnsartcu: dispi/tore in a/tcujus sente?iliam,fiir Jema?ides Meinung
spreche?}; in ?iuflat}i partern, für keine Partei; in utramque parteni
oder in contrarias partes, für beide Parteien, oder, wie wir sagen, /«r
tmd irider spreche?}, wofür B. im N. L. gesagt wird pro et contra dis-
putare, dicere u. dgl. Vgl. noch Heusinger. Emehdatt. p. 400, und
Disseriaiio.
Disquirere, untersuchen, kommt im N. L. oft vor. da es doch nur
höchst selten gebraucht wurde und für uns nur aus Horat. Satyr, er-
weislich ist; — es werde also vermieden. Selbst das Subst. disquisitio
kommt nur in der Bedeut. gerichtliche, nicht tvissenschaft liehe Unter-
suchung vor. In der letztern Bedeutung, in welcher es im N. L. bei
den Gelehrten oft vorkommt, ninss es ebenfalls vermieden werden.
Dissecare, zerschneiden, steht N. Kl. nur beim altern Piinius und
Suetnn.und ist selten für secare. — N. L. ist dasSubst. dissectio (irgend-
wo bei Görenz) in der Bedeut. Trennung, inv disjunctio. — Zerschnei-
dung eines Körpers heisst bei Celsus laceratio mortuorum, i?icidere
Corpora, und bei Cicero aperire corpora ; bei ihnen findet sich weder
secare, noch sectio, noch das N'. L. dissectio.
Disseminatio,die Verbreitung, \^t sehr Sp. L., wiewohl disseminare
Kl. ist. Man sage daher nicht disseminatio oder dissetninationes ser-
monum, Ausslreuiwg, ^usspr engung von Reden, für sparst rumor es,
disseminati sermofies.
Dissensus, U?ieinigkeit, ist P. u. Sp. L. sehr selten für dissensio,
obgleich consensus und consensio Kl. sind.
Dissentire, nncins sein mit Jemanden, wird verbunden ab aliquo
und cum aliquo, N. Kl. u. P. mit dem Dat. ulicui; aber tinter einander,
inter se, z. B. i?iter nos dissentimus, wir sind unter einander uneins
(Cic. Phil. I, 2).
Dissepire (dissaepire), tren?ien, scheiden, ist jetzt aucli Kl. bei Cic.
(Rep. IV, 4), wegen seiner Seltenheit aber zu vermeiden durch se-
cernerc, separare u. a.
Dissertatio. Da das Verbum disserere nur ^om Sprechen zu und mit
einem Andern, auch über wissenschaftliche Gegenstände, gebraucht
wird, so kann auch dissertatio, wiewohl es gar nicht Kl., sondern erst
N. Kl. und nur beim altern Piinius und bei noch Spätem vorkommt,
nur in der Bedeut. Unterredung und getneinschaftliche Besprechung
und U?itersuchung gebraucht werden, nicht aber, wie dispulatio, smch
299
Ton jeder, selbst für sich allein angestellten Untersuchung', wie es im
N. L. ganz gewöhnlich gebraucht wird. Dies beweisen die vielen Dis-
sertationes, die nicht mündliche Besprechungen, sondern nur häusliche
stille Untersuchungen enthalten. Besser sind dafür disputatio, com-
mentatio, libellus, opziscuban.
Dissidere, uneins sein, wird wie dissentire verbunden. Vgl. über
das Verbum auch Reisig's Vorlesujig. p. 736.
Dissidium; vgl. Discidium.
Dissimulare, sich stellen, als ob oder dass — , wird gebraucht, wenn
eine Verneinung folgt, dagegen simulnre, sich stellen, als ob — , wenn
eine Bejahung folgt; z. B. er stellt sich, als wäre er flicht krajik, dissi-
mulat se esse oegrum, wo im \ erbo die Verneinung liegt; aber er
stellt sich, als wäre er krank, simulat se esse aegrum, oder blos simu-
lat aegrum ohne se und esne.
Dissipare, zerstreuen, verbreiten ; wo und wohin, in aliquo loco und
in aliquem locmn (beides gleich gut), z. B. in urbibus, in fnitnmas
civitates. — N.L.\%i se dissipare, sich zerstreue/i, geistig, in bildlichem
Sinne, für animum, animi partes dissipare. Daher heisst sich aus der
Zerstreuung sammeln , dissipatas animi partes in suum locum cogere,
oder kurz se ipsum colligere.
Dissittis, aus einander liegend, entlegen, entfernt, ist Sp. L. für di-
versus, remotus, longinqiius, disju72ctus. So sagt selbst jMurct. (Oper.
T. II, p. 888 ed. Rnhnk.) : rcgiones dissitae, was Rnluiken barbarum
nennt; Hemsterhuis (Oratt. p- 4) : quam longe dissitos ac sejunctos
fines invenies, und so noch Andere. Vgl. Sciopp. de stylo p. 186 und
Heusing. Emendatt. p. 400.
Dissolvere pecuniam, Geld auszahlen, wird nur vom schuldigen
Gelde gesagt; aber pecu?iiam solvere im Allgemeinen, Geld auszahlen;
daher sagt man aes alienum dissolvere . nicht solvere. Activ. wird nur
vom Gläubiger gesagt dissolvit, seil, nomen, er hebt den Schuldposten
auf, aber passiv, vom Schuldner dissolvttur, er wird von der Schuld
befreit. — Vgl. Wunder Cic. Plane, p. 179.
Dissona7itia , die Disharmonie , ist sehr Sjs. L. für discrepantia,
discordia.
Dissuadere alicui aliquid. Einem Etwas oder von Etwas ahralhen,
ist selten u. N. KL, da Kl. nur dissuadere aliquid oder de aliqua re
gesagt wird, — B. L. ist dissuadere aliquem ab aliqua re. Vgl. Sciopp.
de stylo p. 69. Vorst. lat. mer. susp. p, 179.
Dissyllabus, zweisylbig, ist falsche Form für disyllabus.
Distantia, die Distanz, Entfernung (vom Orte), kommt nur iV. Kl.
bei Vitruv vor (VI, 1,7), der auch abstant in braucht, und beim altern
Plinius; — es wird von Rnlinken gemissbilligt, indem er zu Muret's
Worten (Oper. T. I, p. 221 ed. Fr.): propter locorum distantiam
bemerkt: Meliores scriptores potins dicunt intervallum. Diesem inter-
vallum hätte er auch spalium beifügen können. Vgl. Livius VIII. 8
distantes inter se modicnm spntium.
Distinguere bedeutet zwar auszeichnen , aber se disiingnere ist in
der gewöhnlichen Bedent. sich auszeichnen , d. h. hervorthun , N. L.
für excellere, superare, praestare u. a. Ebenso ist A^. L. se distinguere
oder blos distinguere in der Bedent. sich unterscheide?!, für differre.
Distrahere kommt in der Bedeut. einzeln verkaufen erst N. Kl. bei
300
Sueton und den spätem Juristen vor, für das Kl. divendere; noch
später das Subst. distraclio. In der Bedeut. trennen, losreissen wird
es verbunden mit dem Abi. mit und ohne «, wleches letztere aber
selten ist. Vg^l. Cic. Dejot. 5.
Disirihuere in der Bedeut, in Etwas emtheilen, wird verb. aliquid
in aliquid, z. B. populum in partes duos; unter Etwas vertheilen, aliquid
alicui oder in aliquos, z. B. numos militibus oder i7i milites.
Districtus , gebunden , verhindert , wird verb. aliqiia re und ab
aliqua re.
— als Subst., ein Bistrikt , ein Bezirk, ist N. L. für ager , tractus,
regio, territorium, und in Vervvaltungs- und Kirchensachen dioecesis.
Ditare, bereichern . reich machen, kommt zwar vielleicht erst seit
Livius vor, selten und fast nur bei Dichtern, ist aber doch neben
lociipletare, divitiis ornare u. a. nicht zu verwerfen; dagegen ist dite-
scere, reich werden, nur P. Z»., selten und daher nicht zu empfehlen für
divitem ßeri, divitiis ornari, locupletari, rem augere, ditari \\. a. Man
vermeide es.
* Jenes findet sich auch in den altern Ausg-g. von Cic. Off. I, 43 copiis
ditetiir: aber die neuern Ausg-g. lassen es nacli vielen Handsciir. aus.
Ditio , was als Nominativ nirgends vorkommt, ist in der Bedeutung
Land, Landschaft , Gegend fast N. L., und Ruhnken tadelt daher mit
Recht den Muret, der es so braucht (Oper. T. I, p. 120 ed. Fr.).
Ditio, sagt er, apud veteres nihil est, nisi potestas, Imperium. Sed ut
impenum pro regno vel republica dicitur, sie etiam ditio cadente lati-
nitate pro regione vel regno dicicoepit. Hoc igitur Muretoexinferioris
aetatislectionesiirrepsit. Ebenso falsch sagtHemsterhuis (Oratt. p.7) :
ut suis adjungeret ditionibus (wo auch der Plural, unerhört ist), für
ut in suam redigeret potestatem.
Diu (alter Ablativ), bei Tage , kommt nirgends allein vor, sondern
nur (und selbst so sehr selten) in Verbindung mit noctu, also noctu
diuque , noctu et dm; überdies nur im A. L., und es ist also für unsre
Schriftsprache gar nicht zulässig, wiewohl beide im A^. L. häufig ge-
misshraucht werden. Man brauche die und in Verbindung mit 7iox, die
et (ac) nocte, ?iocte et die; auch in derselben Bedeutung im Acc. diem-,
und ebenso diem ?wctemque, diem ac noctem und im Plur. dies noctesque,
noctes aique (et) dies. Vgl. Interdiu.
Diu, Adv., lange, ist, den Praep. ante und post vorgesetzt, in
der Bedeut. lange vorher , lange nachher, D. L. für multo ante, miilto
post, indem in diu fast nur die la?ige Dauer einer Handlung liegt. Man
schreibe nicht, wie J. M. Gesner (in der lat. Uebers. von Luciani
Cliaron c. 23) : illa ipsa quoque (Babylon) non diu post quaeretur,
für no?i multo post, oder vielmehr post breve tempus. — Sp. L. ist diu
diuque für das einfache diu. lieber diu est, cum oder quod — , es ist
lange, lange Zeit her, dass — vgl. Jamdiu, und über diu adhuc , noch
lange, vgl. ^dhuc. — N. L. sind Redensarten, wie diutius est quam
octo dies, es ist länger als acht Tage, für amplius sunt octo dies.
Diurnus, täglich, beschränkt sich auf einen Tag oder auf das, was
bei Tage geschieht; wenn der Begriff ß//e Tage, tagtäglich darin liegt,
braucht man quotidianus. Vgl. dieses Wort. Tagebücher, Journale sind
comm entarii diurni.
Divagari oder devagari, abschweifen, umher schtveifen, kommt Sp.L'
301
nur bei Lactanz vor, und ist unnöthig für vagari, dtgredi. Verwerflich
ist, was Rulinken (Opusc. I, p. 89) braucht: nientis errore divagari h\
der Bedeut. irren, sich täuschen, getauscht werden, für decipi, labt u. a,.
Jh'vellere , aus eitumder - oder abreisseti , trennen , y^ird verbünd,
ab aliqua re^ ab aliquo, P. L. ohne a.
Diversari; vgl. Deversari.
Diversicolor, verschiedenfarbig, ist sehr Sp. L. für discolor.
Diversim , ganz verschieden , steht N. L. vielleicht nur bei Görenz
(Cic. Fin. praef. p. IV): Codices in alia oninia diversim abeunt, für
diver si, diverse oder in diversnm.
Diversiniode , auf verschiedene Weise, und ebenso diversiniodusy
verschiedefiartig, sind N. L. für diverse, diverso modo, diversis modis,
varie u. a. — Jenes Adv. steht noch auf dem Titel einer 1827 ge-
schriebenen medicinischen Abhandlung und vielleicht noch später
anderswo.
Diversitas , die Verschiedenheit , kommt zwar erst N. KL, aber bei
Quintilian und dem Jüngern Plinius vor, und ist daher neben dem Kl.
dissimilitudo oder dem in dieser Bedeut. einmal bei Cicero vorkommen-
den disiantia wohl zu brauchen, wie es auch heutzutage ganz gewöhn-
lich ist. Es wird aber meistens nur von der Verschiedenheit Mehrerer
unter einander in Charakter, Meinungen, Lebensweise, Wort und That
gebraucht, wogegen varietas fast nur Ma?michfaltigkeit und Abwech-
selung im Aeussern bei sonstiger Aehnlichkeit der Naturen, und bei
einzelnen Personen auch Unbeständigkeit im eigenen Charakter be-
deutet. So unterscheiden sich auch meistens die Ädjectiven diversus
und varius. Bestimmt gedachte Menschen, deren Charakter in Grund-
sätzen und Ansichten einander fast entgegen und feindlich ist, heissen
diver si. Meinungen (opiniones) sind diver sae, wenn sie einander ent-
gegengesetzt sind, wie die meisten der Stoiker und Epikuräer; aber
variae (Cic. Farn. I, 9, 75) sind sie, wenn sie im Grunde gleich, aber
in Kleinigkeiten verschieden sind, wie die der verschiedenen Akade-
miker. Verschiedene Lesarten sind diver sae, \ye.nn sie entgegengesetzten
Sinn geben; dagegen sind die Lesarteri in den Handschriften meistens
nur variae, und eine Samtnlung solcher Lesarten ist nur collectio
variarum lectionum, nicht diversarum. Man spreche also lieber von
einer varietas lectionum, als von einer diversitas. Anderer Ansicht ist
Frotscher (z. 3Iureti Oper. II, p. 115 ed. Fr.). — Falsch ist gewiss
die Benennung der Briefe Cicero's an seine mancherlei Freunde,
epistolae ad diverses, die eher ad varios heissen konnten, wie auch
J. Mich. Heusinger meinte, wiewohl ad familiäres die beste Benennung
zu sein scheint, wenn anders Cicero oder sein Freigelassener T^Vo der
Sammlung einen Namen gegeben hat. — In einigen Redensarten , in
welchen wir verschieden brauchen, passt nicht wohl eines von jenen
beiden; z. B. Verschiedene sind der Meinung, entweder sunt qui cen-
seant , oder complures , nonnulli, niulti censent. — Uebrigens wird
diversus , verschieden , abweichend V071 Je/«ff7?</e?2, verbunden mit ab
aliquo oder, wie alius , auch mit quam. — Eine Comparativfoim findet
sich wohl nirgends ; dafür dissimilior ; im ^u^erl. ?LhGY diversissimus
und majcime diversus. Endlich findet sich N. Kl. bei Sueton e (ex)
diverso in der Bedeut. dagegen, im Gegentheil, für contra^ e contrario,
während es bei Quintilian u. A. auf der entgegengesetzten Seite be-
302
deutet. — V^^I. noch Heiisinger. Emend. p. 401. Weber's Uehntigssch.
p. 17 und Varieltis.
Divertere; vgl. DeverieTe.
Dives, reich. Die Gradfornien divitior und dfvilissünns sind Kl. und
namentlich von Cicero vielleicht mehr gehraucht worden, als die zum
alten Adj. dis,r}itis gehörigen Formen ditior und ditissim?/s , \\e\che
man heutzutage als schöner vorzieht. Man sei vorsichtig im bildlichen
Gebrauche des Wortes, indem wohl nicht gesagt wird z. B. dives fru-
ctus, der reiche Genuss,f\\r iiber fr., auch wohl nicht dives Wngndi, eine
reiche Sprache, für copiosa (Cic. Fin. Jll, 15, 51, im Gegensatze zu
innps), im Compar. auch uberior; ebenso nicht dives praetnium, reiche
Belohnvvg , sondern aniplum, amplissimum , magmim, permagnum,
maximuvi, summuni u. a.
Dividere wird in der Bedeut. theilen., in Stücke zerlheilen mit in
u. d. Acc. verbunden, z. B. in partes; in der Bedeut. von Etwas tren-
nen, ab aliqua re (Caes. B. G. I, 1. Cic. Att. V, 20) ; in der Bedeut.
vertheilen, z. B. unter Lente, hominibus, in fnilites, wohl nicht infer,
ausser unter einander , inter se ; A. L. u. P. cum aliquo , aber mehr
wo gemeinschaftliche Theilung Statt findet. Selten wird es von der
rhetorischen Kintheihmg einer Hede gebraucht, dafür mehr dispuner^,
und die Eintheilung , dispositio. Zweifelhaft ist lignum dividere, Holz
theilen, spalten, Uir ßndere.
Divinator und dioinotrix, der Weissager (-in), Wahrsager (-in), ist
sehr Sp. L. für vates, augiir, ho7nofaliloquus, mulier fatiloqua.
Divisibilis , theilbar , ist Sp. L. für dividuus, qui, quae , qiiod dividi
potest.
Divisim, getheilt, getrennt, ht Sp. L. für separate oder utdividatur,
separetur. »
Divitiae , der Reicht hvm , wird gewöhnlich nicht von der Rede ge-
hrawcht ., diviliae orationis, dafür copia , überlas orationh , fecunditas
(Cic. Orat. II, 21). Cicero sagt ausdrücklich (F'am. IV, 4, 1), Servius
Sulpicius lege ihm per jocum (scherzweise) divitias orationis bei; es
war also ungewöhnlicher Ansdrnck, den man ausser im Scherz nicht
wohl brauchen kann. Dennoch spricht Ernesti (Opusc. orat. p. 119)
von oratio?iis divitiis. Gut aber ist /w^e/z« divitiae (Cic. Orat. 1,35, 161)
und verborutn divitiae et uhertas (Quintil. X, 1, 13).
Divortium, die Trennung; verbunden nVii facere , sich scheiden
(ehelich) vo7i Einem, vo7i Einer, nicht ab aliquo, ab aliqua, sondern
cum (Cic. Phil. II, 28 ) ; das Subst. aber allein wird mit dem Genitiv
dessen, von dem man sich tremit, verbunden, z. B. divort. uxoris, Tren-
nung von der Frau.
Divus ist als Adj. in der Bedeut. göttlich A. L. u. P. für divinus,
und ebenso sind divus und diva als Snbst. P. für deus und dea. Später,
seit Julius Caesar, ist divus Beiwort der Vergötterten und unter die
Götter Erhobenen, und passt bei uns durchans niiht von den Ver-
storbenen, reihst nicht von den Aposteln, z. B. divus Petrus , divus
Paulus u. s. w. Wir Evangelischen überlassen solche Ausdrucksweisen
den Andersgläubigen, und begnügen uns bei den Aposteln und ihnen
Aehnlichen mit dem ehrwürdigen Beiworte sanctus, satictissitnus.
Docere mit dem \cc. fabulam bedeutet nur ein Schauspiel , ein
Stück (mit den Schauspielern) eifiüben , was der Schauspieldichter
303
Ihat, aber nicht ein Sliick aufführen , was die Acteurs thaten und was
agere heisst. Vgl. unter Dare. — Man sagt zwar docere aliquem aliquid,
Einen in Etwas uv1errichte7i, auch wohl arteni tmisicam, in der Musik,
aber bei einzehien Instrumenten wird der ^blat. gesetzt, aliqiia re,
weil canere dabei gedacht wird, z.B. Socratem docuh ßdibi/s (Cic.
Fam. IX, 22, 3). — Einen über Etwas belehren heisst docere aliquem
de aliqua re.
Docilis ist in der Bedeut. lehrfähig, der lehren kann N. L. für
aptus qd docendum (Cic. Atl. VIII, 4), da jenes nur g^e/eAr/^ bedeutet.
Eine Superlativform I<omnit niclit vor.
Doclor ist in unserm neuern Sinne, der Arzt, N. L. für medicus.
Dociorolis , einen Doctor betreffend , ist N. L.; sogar Henisterh.
(Oratt. p. 139) braucht es, indem er doctoralis laurea von der Doctor-
würde, dem Doctorhzde sagt, für doctoris hojiores oder dignitas. Ebenso
ist N. L. doctoratus , die Doctor uür de, iur doctoris munus , honores,
dignitas. Doctor werden (in unserm neuern Sinne) heisst doctoris di-
gnitatis grudum adipisci.
Doctrina in der Bedeut. Gelehrsamkeit ralssbilligen Einige und
wollen nur eruditio und copia dafür gelten lassen (welche Ausdrücke
dafür seltsam sind). Aber, sagt Dietrich, rfof/m;« ist allerdings urspning-
lich der Unterricht , die Unterweisung (Cic. Off. 1,44) . woher auch
doctrina puerilis, der Knubeniinler rieht (Cic. Orat. III, 31, 125), dem
Naturell (natura^ entgegengesetzt ist (vgl. Cic. Arch. 7). Dann aber
bezeichnet es auch überhaupt die durch Unterweisung und Lehre erwor-
benen Kenntnisse , VLwA entspricht also vollkommen unserm Gelehr-
samkeit oder gelehrten Kenntnissen, wie aus unzähligen Stellen hervor-
geht. Vgl. Dähne zu Corn. Nep. Epam. 2, 2 u. Schütz Lexic. Cicer.
unter diesem Worte, sowie die neuern latein. Lexica.
Doctus wird theils als Participiuni oder Adjectiv., theils als Sub-
stantiv gebraucht; jedoch als Subst. nicht im Sing., wo vir oder homo
dazu treten niuss, sondern nur im Plural, wo jedoch auch noch homines
aus stilistischen Gründen nicht selten hinzutritt. Vgl. darüber R.Klotz
zu Cic. Lael. 5, 17, p. 115 und Th. I. §. 83. — Als Partie, oder Adject.
tritt es wegen seiner Bedeut., ge/eAr/,7/«/e/-/-/c///e^ einer Sache kundig,
eigentlich nur zu persönlichen Substantiven, nicht zu Sachsubstantiven,
ausser wo die Beziehung auf eine Person sehr nahe liegt und von ihr
dem Substantiv beigelegt wird, z. B. doctissimae voces Pythagoreovura
(Cic.Tusc. 1V,1, 2), doctus liberund doctum pectus (beide bei Martial),
docta carmina (bei Tibull.). Dichter benutzen dies überhaupt häufiger,
was in Prosa mehr vermieden wird. Im Deutschen aber hat das Wort
gelehrt einen ausgedehntem Begriff, indem es Allem beigelegt wird,
was auf Gelehrsamkeit oder auf gelehrte Sachen, wie wir sagen, Bezug
hat, wo im Latein, nicht doctus steht, sondern eher eruditus und lit-
teratus. Wir sagen z. B. gelehrte Beschäftigungen, der Lateiner nicht
docta studia, sondern entweder blos studia (wenn es der Zusammen-
hang begünstigt) oder studia humanilatis (Cic, Mur. 29, 61), oder
studia doctrinae (Cic. Fin. V, 1 9, 53) ; eine gelehrte (Gelehrten-) Sprache
etwa veterum lingua ; ein gelehrtes Leben, vita litterata ; eine gelehrte
Müsse, otium litter atum (Cic. Tusc. V, 36, 105), nicht litterarium;
eine gelehrte Schule, gymnasium oder Indus litter arius; gelehrte Zei-
ten, erudita temporu (Cic. Tusc. IV, 2, 4); eine gelehrte Rede, oratio
304
erudita (der popularis entgegengesetzt) ; gelehrte Utitersuchtaigeti,
erudäissimae disputationes (Cic. Orat. 117); die gelehrte Welt über-
setzt F. A. Wolf durch civitas litteraria, oder wohl verständlicher ho-
mines docti, lUterati; gelehrte Bildung ist liberalis eruditio ; daher er
hat gelehrte Bildmig erhalten, liberalitcr est eruditus; das gelehrte
jilterthum, antiquae litterae, gewiss nicht docta antiqui'tas, und so noch
viele ähnliehe Verbindungen. — Ueber docta civitas, der gelehrte (Ge-
lehrten-) Staat vgl. Eruditus. — JV. KL bei Sneton ist graece doctus,
der Griechisch versteht ; latine doctus, der Lateinisch versteht, für
graecis litteris, latinis litteris doctus. — Endlich heisst kein Gelehrter,
7ienio doctus (Cic. Att. XVI, 7, 9).
Documentum ist in der Bedeutung die Urkunde, das Document
N. L. für diploma, tabula publica (Cic. Verr. III, 36, 83. Partit. 4),
auch wohl jnonumentum.
Dogma, die Lehre, der Lehr- oder Grundsatz, aber nur der philo-
sophische, ist als neutrales Subst. (als Femin. fast ungebräuchlich)
von Cicero ohne Entschuldigung der Fremdheit aus dem Griech. auf-
genommen und neben decretum gebraucht worden, so dass es fast un-
bedenklich nachgebraucht werden kann, mag auch A. Matthiae bei
Muret. (Oper. T. I, p. 172 ed. Fr.), der es oft braucht, tadelnd hinzu-
setzen: rectius praecepta vel decreta. — Auch werden wir den Theo-
logen ihre dogmata und dogniatica lassen und zugestehen müssen.
Dolentia, der Schmerz, ist A. L. für dolor. «-
Dolere,tve}ie thun, Schmerzen empfinden, y/irA verbunden entweder
aliquid (meistens etwas Körperliches^ mihi dolet, Etwas macht mir
Schmerzen, thut mir wehe, z. B. pes dolet, oculi, genua — mihi dolent,
oder ego doleo aliquid oder aliqua re (etwas Geistiges^ ,se\ien de oder
ex aliqua re, ich betrübe mich über Etwas, mich schmerzt Etwas, z. B.
doles meum casum, meo casu, de oder ex meo casu. — N. L. aber ist
doleo oculos, pedem, genua ; mens casus tibi dolet ; auch hoc nie dolet,
für hoc doleo; und dolere ob oder propter aliquid, wegen Etwas be-
trübt sein.
Dolorificus, Schmerz erregend, ist N. Ij. für dolore afficieiis, dolo-
rem afferejis oder inurens.
Dolorosus, Schmerz empfindend, trauernd, ist sehr Sp. L., bekannt
durch die mater dolorosa, für maerens, maestus.
Dolosus, betrügerisch, ist P. L. für fallas, insidiosus, und in der
Bedeut. listig ist es N. L. für callidus, astutus. Kl. aber ist das Adv.
dolose.
Domare, zähmen, hat in der bessern Prosa im Perf. domui, nicht
domavi, und im Supinc domitum, nicht domatum; so auch als Subst.
domitor, nicht domator.
Domatim, von Hause zu Hause, ist N. L. für ostiatim.
Bomina, vgl. Dominus.
Dominari'm der Bedeut. herrschen über Je7nanden wird verbunden
in aliquem, P. L. alicui; unter Einigen, inter al^quos; in der Bedeut.
in irgend Etwas die Oberhand haben,in aliqua re. — NurP. L. kommt
es auch in passiver Bedeutung vor.
Dominicus, was des Herrn ist, ist Getn. L. und selten in der Schrift-
sprache, wo der Genit. domini die Stelle vertritt; man sage also nicht
305
oratio dominica, das Gebet des Herrn, das Vater unser, sondern pre-
catio domini.
Do7niniuTn, die Herrschaft, ist N. Kl. höchst selten für dominatiOy
dominatus'An der Bedeut. Eige7ithuTnsrechthiQ^Sp.L.hQii\\xhiQi\^ah^r
in der Bedeut. Gebiet, Grundstück, wo Andere doma?iiti7n sagen, B. L.
(daher das franz. domaine), für terra, ager,futidus, possessio u. a. Man
sage nicht; Qnaecunque vides, meum est dominium, für ?nea sunt. Vgl.
Sciopp. de stylo p. 141. Schori Phras. p. 326 u. Weber's Uebungssch.»
p. 447.
Dominus, Herr, kommt als ehrender Titel eines Mannes erst in
den Zeiten der Kaiser vor, wo man nicht nur die Kaiser, sondern Je-
den, den man dem Namen nach nicht kannte, dominum zu nennen
pflegte, und ebenso die Kaiserin und Jede, die man nicht kannte, do-
minum. Vgl. Senec. Ep. 3. Vorher bediente man sich in öffentlicher
Rede oft des Ausdruckes vir amplissinius, clarissimus u. a., und bei
einer Frau nicht domina, sondern /em«wa spectatissima u. a. Vgl. Cic.
Mur. 41, 88. — Unser Herr von — (bei Adeligen) kann, wiewohl Herr
hier oft so viel als Besitzer des dabei stehenden Zusatzes (also domi-
nus) bedeutet, dennoch nicht mit dominus de oder a übersetzt wer-
den, da dies unlateinisch ist. Vgl. darüber die unter der Praepos. ^
angeführten Schriften. — N. L. ist dominus auch in der Redensart:
ich bin mein eigener Herr, was sunt mei juris heisst.
Domisedus, zu Hause sitzend, findet sich nur auf späten Inschrif-
ten von einer stillen, zurückgezogen Iebende?i Frau gebraucht, casta,
domiseda matrona. Darnach nennt auch Ruhnken (Ep. ad. Ritter.) eine
Yranfemiuam modestam ac domisedam. Wunderlich aber braucht es
Mahne (Vita Wyttenbachii) vom sitzenden Leben, welches er domi-
sedam vitam. nennt, da es doch nur von einer Perso?i, nicht vom Leben
gesagt wird. Dies ist eben so seltsam, wie unser Gebrauch des Wortes
sitzend. Erträglicher wäre noch das A. u. Sp. L. sedentarius oder die
Wörter sellularius und umbraticus. Das beste ist wohl reconditus,
worin besonders die Zurückgezogenheit liegt. Vgl. Graevias z. Cic.
Quinct. 18 natura fuit tristi ac recondita.
Domuitio, das Heim- oder Nachhause gehen, ist A. u. iS";;. L., und
wird als falsche Form verworfen für domum itio, so wie man auch
nicht domureditio sagt, sondern domum reditio.
Domus. Nach R. Klotz (zu Cic. Tusc. I, 22, 51) ist für domi, zu
Hause, bei Cicero wohl fast überall nach den besten Handschr. domui
als alte Form zu schreiben; so Cic. Catil. I, 13, 32; II, 6, 13 u. 10, 21,
Off. III, 26,99 u. anderwärts. Vgl. Zeitsrhr. für Alterth. 1835. p. 737 fgg.
— Aber in unserm Latein würde doch domui für domi seltsam und an-
stössig sein. — N. L. ist de domo ad domum, voti Haus zu Haus, z. B.
gehen, für ostiatim. Daher heisst von Haus zu H. bettebi, stipem ostia-
tim cogere. Zweifelhaft ist res belli domique, res domi militiaeque, für
res domesticae et bellicae.
Donare, schenken, beschenken, wird, wie im Deutschen, verbunden
alicui aliquid, oder aliquem aliqua re. — N. L. und gekünstelt sind
Ausdrücke, wie: locum luce oder loco lucem donare, eine Stelle aufklä-
ren, für locum illustrare, explicare, enodare u. a. ; librum latinitate do-
nare, ein Buch lateinisch übersetzen (wie oft geschrieben wird), für
20
306
Ubrum in latinum vertere ; alicui fldem donare. Einem Glauben schen-
ken, für habere alicui ßdem (Cic. Ätt. VIII. 3, 2).
Donum, das Gesche?ik,die Gabe. Die Geistesgabe, d. h. die Geistes-
fähigkeit,heisst nie animi oder iifgetiii dcmum, sondern animi facultas,
aniini virtus, auch blos ingenium, animns oder indoles. Dasselbe liegt
auch in dem allgemeinen ?iaturae munus,nat. munera. Auch ist Ovid's
Ausdrucksweise, ingenii dotes, wohl selbst für die Prosa nicht zu ver-
«werfen.
Dorsum, der Rüchen, wird in der bessern Prosa mir bei Lastthie-
ren gebraucht, dagegen tergum bei Menschen und Thieren ; dahec
heisst i7n Rücken oder von hinteti (bei Menschen) nur a tergo. Vgl.
Tergum. Dorsu?n wird auch von Bergabhängeii gebraucht.
Dos wird ausser der Bedeut. Mitgabe, Jusstattung fast nur von
Dichtern für donum, virtus oder bonum gebraucht; und so ist auch
das im N. L. oft vorkommende animi, ingenii, corporis dos (dotes) zwar
nur P. L., aber doch nicht verwerflich, wenigstens nicht, wenn es mit
den Genit. naturae wnd fortunae verbunden ist. Vgl. Donum.
Drama, das Schauspiel, kommt nur einmal Sp. L. und in einem
Verse bei Ausonius vor: dramata fabellarum, für das Kl.fabula oder
für die einzelnen Wörter tragoedia und comoedia; nirgends aber fin-
det sich das Adj. dramaticus für das Kl. scenicus. In der Kunst-Ter-
minologie können i)eide bisweilen kaum entbehrt werden.
Dubietas, der Ziveifel, ist Sp. L. für dubitatio, ambiguitas, oder mit
dem Adj. dubius und dem Verbo dubitare. Im N. L. hat man auch ge-
wagt zu sagen dubioh/m, der kleine Ztveifel.
Dubiosus, zweifelhaft., ist Sp. L. aus der geraeinen Sprache genom-
men für dubius.
* J. Fr. Gronov wollte es sogar bei Livius XLV, 36, 1 in einer verdorbenen
Lesart: in re minime dubia, si quisquam — finden, wofür er duhiosa quisquam ver-
niuthet, was Drakenborch verwirft, welclier mit den Frühern si streiclit.
Dubitabilis, ztveifelhaft, ist P. L. für dubius.
Dubitare wird in der Bedeutung Bedenken tragen, anstehen, zö-
gern, mit und ohfie non fast nur mit dem Infinitiv verbunden ; jedoch
folgt auf no7i dubitare in dieser Bedeutung auch bisweilen quin mit
dem Conjunctiv, und zwar so einigemal bei Cicero und Caesar. In der
Hauptbedeutung, ziveifelhaft sein, zweifeln, unterscheide man, ob es
mit oder ohne jion steht. Dubitare ohne non hat denObjectssatz nicht
mit qui7i nach sich, sondern fragend mit an oder wMm, selten und mehr
Sp. L. den Accusativ. c. Infin. ; aber non dribitare imd ebenso no7i du-
bia m esse, und die ebenfalls negativen Ausdrücke cave dubites, cur
oder quid dubitas, quid est quod dubites, d. h. du brauchst nicht daran
zu zweifeln, haben bei Cicero und Caesar nur quin nach sich, in der
gewöhnlichen Sprache aber, welche schon Cornel. Nepos, Cicero der
Sohn, Trebonius (in Cic. Fam. XVI, 21, 3), Hirtius und Livius beach-
teten, den Accus, c. Infin., welcher nachher ganz gewöhnlich wurde.
Jener bessern Sprechweise mit qui7i hätten die Neulateiner nur allein
folgen sollen ; aber selbst die bessern, wie Muret, brauchen beide
gleich häufig abwechselnd, und so geschieht es auch heutzutage. —
Noch merke man, dass, wenn nach dubitare zwei Objectssätze als dis-
junctive Fragen, ob — oder, folgen, nicht an — an folgen darf, son-
dern dass für das erste an entweder utru7n oder ne steht, oder dass
307
man kein Fra^wort setzt. Man sage nicht: Diibito, an mihi faveat, an
adversetiir, ob er mir günstig oder ungünstig sei, sondern mihi faveat,
an adv., odei* utrum mihi f. an adv., oder faveatne mihi, an adv. \gl.
Spalding in \\ olfii Museum Antiq. I, p. 93. Hensing. Emend. p. 466 u.
Reisig's Vorlesung, p. 573. — , Beispiele aus Neuern hier anzuführen,
die den gegebenen Vorschriften nach nicht correct und gut Ä7. sind,
halte ich fiir zu weitläuftig, wiewohl es belehrend sein könnte. — Das
Obeng-esagte gilt auf gleiche Weise für das Wort dubitatio und das
Adject. dubius. — Nachträglich ist noch zu bemerken, dass dubitare
bei einem folgenden Subst. mit de aliqua re verbunden wird, z. B. de
tua erga me voliintate, und nur bei Pronominen im Neutro mit dem
Accusativ, z. B. hoc (haec) dubitant philosophi, darüber si?id die Phil,
in Ungewissheit.
Dubitatio hat ausser der gewöhnlichsten Bedeutung BedenJdichkeit,
Anstand, Zögerung auch die Bedeut. Zweifel, was Einige und unter
den Neuern Stürenburg (z. Cic. Off. p. 136) bezweifeln und verwer-
fen, wiewohl mehrere Stellen Cicero's sie bestätigen. Vgl. Anton's
Progr. p. 49. Matthiä z. Cic. Ep. p. 315. Webers Uebungssch. p. 199.
Hand's Lehrb. des Styls, p. 155 u. Freund's Wörterb. — Zu in dubi-
tationem vocare, in der Bedeut. bezweifeln, findet sich kein Beispiel.
Dubitatious, zweifelhaft, ist sehr Sp. L. für dubius; es kann aber
als grammatisches und logisches Kunstwort oft kaum entbehrt werden.
Dubius. Das Neutr. dubium wird als Subst. gebraucht, aber nur in
Redensarten, wie: in dubio esse, in dubium vocare, devocare, veiiire, in
dubio ponere, sine dubio, procul dubio, wo wir dubium durch Zweifel
übersetzen. Aber dennoch tritt weder ein Adj., noch ein Pronomen
hinzu ; man sagt also nicht hoc,illud,omne, ullum, nullum,quodvis, inini-
mum, magnum dubium u. a. Diese und ähnliche findet mau heutzutage
damit verbunden, denn man liest oft: hoc dubium, nullum dubium, ne
minimum quidem dubium, sine ullo oder wohl gar sine omni oder abs-
que omni dubio, für das einfache sine dubio. Vgl. auch Absque und
Sine. — Eben so N. L. ist dubio locus non est, es findet kein Ziveifel
Statt. Auch bedeutet dubius ohne homo eben so wenig den Zweifler;
dafür ist eine Umschreibung besser.
Ducentum, zweihundert, kommt zwar bei Columella (V, 3, 7) vor,
ist aber gewiss als N. L. Form für ducenti zu bezweifeln. Lächerlich
wäre es, es nachzubrauchen. Vgl. Th. I, §. 42, Anm. 23.
Ducere ist in der Bedeut. ableite?!, herleiten (ein Wort von einem
andern, d. h. gebildet, gemacht glauben, die Abstammung angeben)
N. L., indem es nur von den Wortbildnern selbst gebraucht wird, z. B.
ab amando nomen ductum est (von dem, der das neue Wort daraus
bildete) amicitiae (Cic. Fin. II, 24, 78) ; falsch aber wäre ab amando
nomen duco amicitiae, und auctor (das Wort auctor) ducendum est a
verbo augere, für: origo vocabuli auctoris repetenda est ab augendo.
Vgl. darüber mehr unter Derivare. — In der Bedeut. glauben, ver-
bunden mit einem Accus, u. dem Inf., z. B. haec tolerabilia esse duco,
verwarf es J. A. Erensti als unlateinisch, denn der Inßn., meint er,
müsse fehlen. Es ist aber richtig. Vgl. Matthiä Cic. Manil. 17 iind
mehrmals in seiner Ausg. von Cic. Epist. select. ; Frotscher. z. Mureti
Oper. T. I, p. 115 ed. Fr. — N. L. ist ducere alicui aliquid, honorem.
Einem Etwas als Ehre anrechnen (und so andere), für honori. Falsch
20*
308
sagt Terpstra (Antiquit. Homer, p. 293) : heroibus honor ducebatur.
— Verworfeil wird sibi aliqiiid religioni ducere, steh afis Etwas ein
Gewissen machen. Vgl. Conscienlia. — KUoas unter Ktwas rechnen
heisst ducere allquid (aUqiiem) in aliquibus oder iii ?iuniero aliquorum,
selten und vielleiclit zweifelhaft immer o aliqiior um (Caes. B. G. VI, 21
deonan numero eos ao/os ducimt, für deor. in numero). — P. L.ist bel-
ban ducere , einen Krieg führen, für bellum gerere, da jenes in Prosa
heisst einen Krieg in die Länge ziehen. Vgl. Heusing. Eraend. p. 466.
— N. L. ist ducere magistratum, ein Amt führen, bekleiden, für gerere. —
S]). L. ist ducere vilam in der gewöhnlichen Bedeut. das Leben hin-
bringen, leben, für vitam agere oder degere, ausser wenn der Begriff
des Kümmerlichen, Traurigen oder der Verlängerung darin liegen
soll, wo Zusätze meistens das Wie angeben. Dagegen spricht nicht Cic.
Manil. ]2, 33 quibus vitam et spiritum ducitis, indem hier zeugmatisch
gesprochen ist, für vitam agitis et spiritum ducitis. Vgl. auch Cic.
Marceil. 9. Jedoch sagt er (Fin. V, 19, 50): aetatem in litteris ducere,
wofür er sonst traducere braucht. — Sein Alter bringen bis auf —
heisst aber aetatem perducere ad — (Cic. Senect. 17, 60). — Eine
Kolonie irgendwohin führen heisst selten ducere, mehr deducere ali-
quo coloniam; und so überhaupt mehr deducere, wo die Rede ist vom
Führen von einem Orte zum andern. Vgl. Cic.Orat. 1,8,33 und Mencken.
Observ. p. 223. — Im Spotte sagt nach dem Latein der Komiker Asi-
nius Pollio (Cic. Fam. X, 32, ]): Baibus dusit se a Gadibus, B. ist von
G. tveggegangen, hat sich wegbegeben, für abiit. Vgl. Educere.
Ductare, führen, anführen, kommt bei Sallust aus dem A. L. ent-
nommen und später nur bei Tacitus vor, für ducere; — ebenso nur
A. L. ductitare.
Ductio, Leitung, Führung, ist Gem. L. bei Vitruv u. A. und sehr
selten für ductus.
Ductus, die Ijeitung. Verbunden mit dem Gen. Sing, aquae bedeu-
tet es nur eine Wasserleitung, dagegen heissen mehrere Wasserleitun-
gen meistens aquarum ductus, selten aquae ductus, wie einigemal bei
Vitruv.
Dudum in der Bedeut. längst, schon lätigst ist zu bezweifeln, we-
nigstens in der bessern Prosa, für jampridem.
Duellum ist bei den Alten nur die alte Form für bellum, Krieg
im Allgemeinen zwischen zwei Völkern, und ist als alte Form bei
Dichtern dafür geblieben; nirgends aber bedeutet es einen Kampf zwi-
schen ztvei Einzelnen, einen Zweikampf ein Duell, und muss in dieser
Bedeutung durchaus vermieden werden. Es genügt certamen, z. B. bei
Ijivius (XXIV, 8, 5): Valerius arma cepit ad versus Gallum ad certa-
men provocajitem, wofür Sp. L. singularis pugna, singulare proelium
gesagt wird. Vgl. Vorst, latin. mer. susp. p. 110. Vertheidigt wird es
von Anton (Progr. p. 79).
Dulcitas, die Süssigkeit, ist A. u. Sp. L. für dulcedo.
Dulcitudo, die Süssigkeit, wechselt mit dem gewöhnlichen dulcedo
in zwei Stellen Cicero's (Orat. III, 25, 99 u. 40, 161) in den Hand-
schriften, ist aber durch gute Zeugnisse gesichert; — sonst findet es
sich fast nirgends, und man brauche es daher lieber nicht.
Dum. Bei dem Gebrauche dieser Partikel wird vielfältig nach ihren
verschiedenen Bedeutungen im Tempus und Modus des damit verbun-
309
denen Verbi gefehlt. Darüber belehren jetzt g^enügend die Grammati-
ken. Vgl. auch Reisig's Vorlesung-, p. 458. Falsch ist es z. B., wenn
Ang-. Politian in seinem Herodian schreibt: Haec dum Uli agitarent —
ita Julia mater locuta est, für dum Uli agitant ; oder wenn Valckenar.
(Oratt. p. 244) sagt: Phllippus Methoneni dum oppug7iaret (für oppu-
gnat), sie de muro petulans juvenis in regem jacuiabatur ({ür jacula-
tus est), ut ipsius (ejus) oculum effoderet (besser effoderit) — und so
öfter im N. L.; denn du?» hat in der Bedeut. ivährend, nicht das Im-
perfectum (weder Indicat. noch CojijuncL)^ sondern nur das Praesens
Indic, nemhch in bestimmter Rede, bei sich. Auch brauchen wir oft
während, wo nicht zwei Facta in der Zeit verbunden sind, was dum
anzeigt, sondern wo eine innere Verbindung der Ursache und Wirkung
Statt findet, und wo also nur cum (quum) gesetzt werden kann. Vgl.
Grotefend's Commentar. Excurs. 2, 13. — Auch ist dum fehlerhaft
für cum m. d. Indicat. in der Bedeut. indem, für da oder dadurch
dass. Vgl. Dietrich zu Sintenis p. 141 und Klotz zu Sintenis p. 174, wo
Sintenis falsch sagt: dtim nihil prius vobis curandum suadeo, für cum
(quum) nihil — . Auch wird es unrichtig da angewandt, wo unser iväh-
rend für aber steht, und wo autem, vero, contra vero dafür zu setzen
ist. — üeber dummodo ne und du7nmodo non^ ivenn nur nichts vgl. die
Grammatiken. Das letztere steht bei einem JFutische nur dann, wenn
nicht (non) ein einzelnes Wort bestimmt verneinen soll.
Duntaxat, nur, steht gewöhnlich nur bei Maass- und Zahlbestim-
mungen in der Bedeut. mehr nicht ; sonst auch um anzudeuten nur die-
ses, aber nicht Anderes, in Bezug auf einzelne Wörter. Man sage
nicht: Persium duntaxat legit, non intellexit. — N. L. sagt man aucli
non duntaxat mit folg. sed (verum) etiam, für non sohan. Falsch sagt
Ficinus in seinem latein. Plato: nee sine mercede duntaxat, verum
etiam — .
Duo, zivei. Im Accusativ sind die Formen duos und duo gleich KL;
die letztere galt eine Zeit lang bei den Gelehrten für die bessere und
fast einzig gute, wird aber jetzt wieder mehr zurückgedrängt. In der
W^ahl der einen oder der andern bestimme uns die Form der Rede.
— Man verwechsele duo nicht mit bini, und sage z. B. nicht: duae
Thebae, zwei Theben ; duae litterae, zwei Briefe, für binae Thebae, bi-
nae litter ae, da duae litt er ae zwei Buchstaben heisst. Vgl. Th. I. §. 90.
— Zwei imd zwei gehen mit einander (und ähnliche) heisst nicht duo
et duo, sondern bini incedunt; ei7ier oder zwei müssen bestraft wer-
den,— nicht unus aut duo, sondern ttmis alterte — ; einen oder höch-
stens zwei ausgenommen, nicht: excepto uno aut summura duobus, son-
dern aut summum altero (Cic. Fam. V, 21, 1). Wähle von den Zweien,
was (wen) du willst, nicht elige e duobus, quod {quem) vis, sondern
elige utrumlibet (Cic. Quinct. 26, 81), oder elige, utrum velis (Cic. in
Caecil. 74, 45). Ein Tag, zwei, mehrere (z. B. verfliessen), nicht dies
unus, duo, plures, sondern unus, alter, plures (Cic. Verr. IV, 29, 66).
— In Bezug auf zivei vorhergenannte Personen oder Dinge schieben
wir oft überflüssig im Beisatze oder in der Apposition das Zahlwort
s?/'e/oder ei?i Paar ein, wo der Lateiner duo weglässt. Wir sagen z. B.
Demosthenes und Cicero sind die zivei grössten Redfier; mit seinem
Leben tvill ich das des Plato und Archytas, zweier gelehrten und ivei-
sen Männer, vergleichen; das eine Bild war das der Ceres, das andere
310
das des Tn'ptole?nus, zwei (ein Paar) herrliche und kostbare Stücke ;
die j4vf7nerksamkeit Aller zogen Scipio und Hannibal auf sich, (ei?i
Paar) zwei Feldherrn, die sich gleichsam zum letzten Kampfe gerüstet
hatten; — in diesen und ähnlichen Beispielen findet sich im Latein, duo
nicht ausgedrückt, also : sunt summi oratores ; doctorum hominnm et
plane sapientium ; pulcherrima ( Signa) ac peranipla ; velut ad supre-
?num ceriame?i comparati duces ; — und so in ähnlichen Zusätzen fast
überall. Anders ist es mit den Fällen, wo duo als bedeutend beigefügt
wird, z. B. Liv. XXI, 1], 13 qui duo populi — omiserunt mota arma,
diese beiden Völker — ; ebenso YIll, 17, 9,
Vuodecimus. Ueber die Redensart in duodecimo von dem Format
der Bücher, in Duodez, vgl. Folium.
Duplicatio, die Verdoppelung, findet sich N. Kl. nur bei Seneca
für das gebräuchlichere geminatio, wiewohl duplicare und duplicatus
Äl. und häufig vorkommen.
Durabilis, dauerhaft, steht N. Kl. bei Coluraella, sonst selten für
stabilis, ßrmus, solidus, constans, diuturnus. Obgleich es also zum Ge-
brauche unnöthig ist, so wendet es dochErnesti an: m\n\me durabilem
honorem, und Valckenar. (Orat. p. 225) : durabilem libertatem u. a.
Durare ist in der Bedeut. dauern, ir (ihren, fortwähren fast nur
P. L. und kommt in Prosa zuerst und nur einmal l)ei Livius (I, 9) vor:
hominis aetatem duratura magnitudo erat, später selten, jedoch bei
Quintilian für esse, mauere, vigere; lange, länger dauern, manere diu,
diutius ; diuturmmi, diutinum esse, per diuturnum esse; auch longtim.,
longiorem (longius) esse, z. B, opinio mortis longior fuit, dauerte län-
ger (Cic. Sext. 38). Bezweifelt und verworfen wird bellum dural, du-
ravit, indem dafür oft esse mit dem Zeitaccusativ genügt; TV. L. aber
ist ditrante hello, während des Krieges. — Wo wir sagen : Es dauerte
wenige Tage, so starb er, sagt man lateinisch intra pauros dies mortuus
est, und so ähnliche.
* In Nizolii Tiiesaur. stehen für durare als Auctorität bei Cicero zwei Stel-
len faus de Sencct. 20, 74 isque ad exiguiim tempus durat, und aus Oft. II, 16, 56
ad breve exiguumque duratura sit tempus, nach alten Ausgaben), aber die besten
Handschr. lassen in beiden Stellen das Verbum aus ; so auch die neuern Aus-
gaben.
Duratio, die Dauer, z. B. belli, ist N. L. Vgl. Wolf Analect. I, p, 490.
Man braucht longinquitas, diuturnitas, wie Liv. V, L5 per longinquita-
tem belli, wegen der langen Dauer des Krieges; die Dauer des Alters,
longijiquitas aetatis bei Terent. Hecyr. IV, 2, 20, wo Ruhnken zu ver-
gleichen ist; Caes. B. G. III, 4 diuturnitas (die lange Dauer) pugnae.
Vgl. auch Gronov. Observ. IV, 11.
Duriter, hart, als Adv. von durus, ist weniger gute Form als dure.
— B. L. ist duriuscide, was im N. L. bisweilen vorkommt.
Duumvir und im Plur. duumviri. Letzteres bedeutet bei den Alten
nur zwei Männer, die ein Collegium, eine Verbindung mit einander
bilden, und gleichsam gemeinschaftliche Beamte für einen und densel-
ben Zweck und zur Besorgung eines und desselben Geschäftes be-
stimmt sind; jeder einzelne hiess duumvir, ein Zireimann. So gab es
triumviri, decemviri, quindecimviri u. dgl. Wenn aber ztoei, drei, zehn,
fünfzehn Männer nicht so zu gleichem Zweck verbunden waren, hies-
sen sie duo, tres, decem, quindecim viri, und jeder einzelne hiess nur
311
vir, nicht aber, wie die obigen, duumvir, triumvir, decemvir, quinde-
cimvir. Im iV. L. raissbrauclit man jene Amtsnamen, und nennt in vor-
nehmem Style %wei Männer, die in keiner Verbindung zur Besorgung
eines und desselben Geschäftes stehen und gestanden haben, die wohl
gar nicht zu derselben Zeit an einem und demselben Orte gewesen
sind, dennoch duimiviri. So hat ein Buch den Titel: Vitae summorum
duumvirorum Hemsterhusii et Rufmke?m, oder man spricht von dnum-
viriHeynhis et fVolßus,duu}nviri Hermanniiset Boeckliius ; s.\t\xA diiuyn-
viros Saxhwi et Wytte7ibachiu?n (wie Mahne im Crito p. 243), und so
viele andere, wo meistens nicht einmal duo viri lateinisch ist; vgl. dar-
über unter Duo. — Ueber den Genitiv von duumviri in der ersten Be-
deutung vgl. Th. I, §. 24, 2. Auch vgl. noch J. A. Ernesti Tacit. Ann.
I, 2. Döderlein's Synonym. Th. IV, p. 348 und Weber's Uebungssch.
p. 243.
E. e.
E oder ex, aus. Diese Praeposition wird öfter angewandt, als wir
unser ans anzuwenden pflegen, was man aus Handii Tursellin. T. II,
Reisig's Vorlesung, p. 722 und aus den neuern lat.-dentschen Lexicis,
z. B. von Scheller, Georges und Freund, bei einer Durchsicht dessen
finden wird, was über dieses Wort bemerkt ist. — Ja, wo man den Ge-
brauch des Wortes bisweilen angefochten und verworfen findet, z. B.
ex hac re, es hac causa, ex mu/ti's catisis, hi's ex causis u. dgl., daher,
aus dieser Ursache, aus diesem Gr?inde, aus vielen Ursachen, — wo-
für man freilich öfter hac de re, hac de causa, multis de causis, co/n-
pluribus aliis de causis findet, durfte dies nicht so geradezu geschehen.
So sagt z. B. Cicero (de Rep. II, 7): qua ex causa cum bellum Roma-
nis Sabini intulissent ; Plinius (Epist. I, 3, 6) : ex pluribus causis ; V, 8
his ex causis 7ion adducor ; VI, 6, 8 quibus ex catisis exigo, ui venias;
Seneca (Epist. 29): 7mlla alia ex causa, quam quod — , auf welche Stel-
len ich beim Lesen gestossen bin, und deren sich wohl noch mehrere
finden lassen möchten, wiewohl de weit Öfter so vorkommt, als ex,
wesshalb es denn auch für unser Lateinischschreiben allein zu empfehlen
ist. — Ex consuetudine, ex legibus u. a. ist üblich, aber doch sagt man
nicht ex more, wie es sich bei Sallust und N. Kl. findet, sondern nur
more. Vgl. Handii Tursellin. T. II, p. 652. — Sp. L. ist e contra, im
Gegentheil, dagegen, für contra, contrarie, e (ex) contrario, contra ea.
— Erst seit Livius kommt ex quo als eine Partikel in der Bedeut. seit-
dem, seitdem dass vor, für ex eo, cum; und so auch bei ihm nach vor-
ausgegangener Zeitbestimmung, z. B. nach per omnes dies (XXVII, 50)
nach per aliquot aefates (XXXIV, 26), wo für ex quo sonst cum zu fol-
gen pflegt. Es werde, da es selten ist, vermieden, und man sage daher
nicht: est annus, ex quo; duo sunt anni, ex quo — , sondern cum, es
ist ein Jahr, seitdem — .
Ea propter, desswegen, ist P. L. u. N. KL für propterea.
Eblanditus, er schmeichelt , durch Schmeicheleien hervor gelockt, steht
bei Cicero und Andern in diesem passiven Sinne, obgleich es von dem
Deponens eblandiri l^ommi.
Ehoreus, aus Elfenbein, ist N. Kl. für eburneus.
Ebraeus, ebrairus; vgl. Hebraeus.
312
Ebriare, trunken macheii, berauschen, ist Sp. L. für ebrium facere
oder das N. KL inebriare.
Ecce, siehe, wird nur j4. L. mit d. Accus, verbunden, z. B, ecce nie,
Kl. nur mit d, Norninativ ; früher freilich auch bei Cicero einigemal
mit d. Acc, z. B. Caecin. 10, 30 ecce eum, qui solet, wofür aber jetzt
im Texte steht ecce idein^ qui — , und Fin. II, SO eccemiserum hominem,
wo mit den Handschr. nach Zumpt (z. Cic. Verr. T. I, p. 173) ecce
gestrichen werden muss, was auch Madvig gethan hat; denn (sagt er)
Görenz verderbe es noch durch e?i. Vgl. En. Nirgends aber findet sich
ecce vero, stehe da aber, für ecce aiitem oder sed ecce.
Ecclesia kommt bei d. Kirchenlateinern häufig in der Bedeut. H/"cÄ-
liche Versammlung vor, wofür concio sacra gebraucht werden kann,
und in der Bedeut. christliche Kirche , d. h. die Christen, ecclesia chri-
stiana, was kaum zu entbehren und nur durch Umschreibung auszu-
drücken ist; in res publica oder civitas christiana, civilas Dei liegt es
nur unverständlich. Endlich ist ecclesia in der Bedeut. Kirche, als Ge-
bäude, fast N. L.; man sage dafür aedes sacra oder templum. Bei den
Neulateinern aber steht oft ecclesia S. Mariae, S. Nazarii, S. Pauli,
S. Ignatii u. a. — Vgl. Dietrich zu Sintenis p. 16.
Eccur, warum, steht N. L. bei Hemert (Epist. ad Wyttenb.)
für cur.
Echo, Gen. echus, das Echo, der Wiederhall, findet sich wohl bei
Dichtern, aber selten in Prosa, für vocis iniago oder umschrieben
durch resonare und voci respondere.
Eclipsis, das astronom. Kunstwort für Verfinsterung der Sonne
und des Mondes, steht nur N. Kl. und selten für die KL Ausdrücke
defectio und defectus. Vgl. Cic. Divin. II, 6. Rep. I, 14. Eclipsis ist nur
in der Astronomie anwendbar.
Econtra, vgl. unter E.
Ecquando in der Bedeut. wann? und ecquis, wer? %\nA N. L., da
sie nicht Äesf«/«?«^, sondern unbestimmt fragen. Falsch sagt z.B. Hemert
(Epist. ad Wytt. p. 60): sed ecquis est, qui ista narraverit? ofl*enbar
in dem Sinne: aber wer hat dieses erzählt? also für sed quis est, qui ista
narravit ? — Ecquis es^ bedeut. vielmehr : ist Jemand (Niemand), der — ?
Falsch ist ecquando ad nos redibis? in der Bedeut. wann wirst du zu
uns zurüclikehren ? da es heisst : wirst du nie einmal — ?
Edere, essen, ist das allgemeine Wort des Verzehrens von Allem
und zu jederzeit. Damit nicht zu verwechseln ist coenare, was zu Mit-
tag essen oder die Hauptmahlzeit halten bedeutet ; und daran denken
wir auch in Redensarten, wie: dr aussen, ausserhalb des Hauses essen,
•was foris coenare heisst; zum Essen einladen, «r^ coenam; ich schreibe
dieses unter dem. Essen, inter coenam — , wo edere nicht zu brau-
chen ist.
Edere, herausgeben, ist sehr gebräuchlich ; aber vitam edere in der
Bedeut. sterben ist selten, jedoch steht es bei Cic. Fin. V, 2, 4. Vgl.
Edilio.
Ediscere in der Bedeut. lernen, ohne den Beoriflf des Austvendig,
ist den Dichtern zu überlassen; in Prosa steht dafür discere. Man kann
wohl librum., versus, dicta u. dgl. ad verbum ediscere, aber nicht artem
aliquant, rem mililarem, virtutem, linguam u. a., wo nur discere statt-
haft ist.
313
Edüio von Büchern, in der gewöhnlichen Bedeut. Ausgabe, also
concret, ein besonderes Exemplar, nicht activ., äas Herausgebe?!, vfurile
als gut lateinisch zuerst bezweifelt von Vorst. (lat. select. et vulgo
negl. p. 111), Heusing. (Emend. p. 401) u. Ä., weil es sonst nur die
Handlung des Herausgebens, nicht das Herausgegebene selbst be-
deute. Da aber weder Varro, noch Cicero, noch sonst ein Klassiker
von verschiedenen abweichenden Exemplaren eines Schriftstellers
spricht, die wir Ausgaben nennen,undda sich also bei ihnen kein Wort
für diesen Begriff findet, so muss man sich an den Schriftsteller hal-
ten, welcher zuerst dergleichen erwähnt, nemlich an Quintilian. Er
sagt (Inst. V, 11, 40) : Homeri versus, qui tarnen ipse non in om7u' edi-
tione reperitur, welcher Vers selbst aber sich nicht in allen Ausgaben
findet. Hier kann editio nicht anders verstanden werden, als von dem,
was wir Ausgabe nennen, damals nur Abschrift oder Exemplar, der-
gleichen es von Homer verschiedene und sehr abweichende gab. So
bleibt dennoch für uns editio das Kl. Wort, und es entspricht ganz
dem griech. ey.8o(iiz, welches die griechischen Grammatiker in diesem
Sinne brauchten, die z. B. von Homer mehrere töonnq (Ausgaben)
anführten. Uebrigens folgte Quintilian, wenn er es zuerst so brauchte,
der Analogie der Wörter auf io, von denen viele nicht blos die Hand-
lung, sondern auch das durch die Handlung Hervorgebrachte und Be-
wirkte bedeuten. Vgl. Anmerk. zu Ileisig's Vorlesung, p. 99. — War-
um aber Reisig, welcher editio in jener Bedeut. vertheidigt, den Plur.
editiones deimoch barbarisch nennt, weiss ich nicht. Uebrigens brau-
chen Andere, welche editio in dieser Bedeut. verwerfen, dafür codex
ifnpresstis, exemplar, über, über editus oder emendaius ab (aliquo),
und nennen z. B. die Aldinischen Ausgaben (die Ausgaben, welche Al-
dus Manutius verbessert hatte), //ä/os Aldinos. — Das Personal-Subst.
editor, der Herausgeber, ist, wenn es auch bei den Alten nie in dieser
Bedeut. vorkommt, gewiss nicht zu verwerfen. — Kl. ist übrigens
edere librum, aber durchaus ohne den Zusatz in lucem; aber lächer-
lich ist librum edere in (dias) luminis auras, wie sich Einige pretiös
ausdrücken.
Editus , erhoben , hoch , ist zu stark für die Höhe einer Redner-
hühne, so dass Ruhnken (Opusc. I, p. 210) , anstatt von ihr zu sagen
ex hoc illustri atque edito loco, lieber hätte sagen sollen ex hoc superiore
et illustri loco.
Edomitus, gezähmt, für domitus, braucht auch Cicero einmal (Fat.
5, 10), wo nur eine Handschr. und einige alte Ausgg. domitus haben;
sonst ist es mehr P. L. und N. Kl. beim altern Plinius, und werde
vermieden.
Educere in der Bedeut. erziehen, für educare , ist fast nur A. L.
und nur selten von Cicero und Andern aus der Umgangssprache ge-
nommen und gebraucht, z. B. Cic. Orat. II, 28, 124 quem procrearit et
eduxerit, für educaverit. So auch eductus für educatus. Man überlasse
diesen Gebrauch mehr den Dichtern. Vgl. R. Klotz z. Cicer. Reden
Th. I, Vorr. p. LXI. — N. L, aber wird es von Waaren gebraucht in
der Bedeut. ausführen, educere merces, aurum, frumentum u. dgl., für
exportare. Auch gebrauche man nicht in diesem Sinne eductio für
exportalio.Ygl. htducere. — A. L. bei den Komikern und der gewöhn-
lichen Umgangssprache angehörend ist se educere, sich wegbegeben,
314
weggehen , ähnlich dem se ducere, wovon unter Ducere die Rede war.
Vgl. darüber Beiitley z. Terent. Hecyr, IV, 1,7 u. Ruhnken z. Hecyr.
III, 3, 4. Nachgeahmt hat es Muret. (Explic. Cic. Catil. II, 1) : CatUina
ex urbe sese — ediixerat.
Effari, aussprechen , sagen, kommt fast nur P, L. und in heiligem
Sinne vor, für eloqui\fan' ; gut ist es jedoch in der philosophischen
Sprache in der Bedeut. Etwas kurz als Satz behaupten, wovon auch
effatum, der Satz.
Effectivus, ausübend, thätig, praktisch, kommt nur N. KL bei Quin-
tilian als philosophisches Beiwort einer Art der Kunst (ars) der Be-
redtsamkeit vor, für das alltägliche efßcie?is.
Effectus, a, urn. Aliquid effectum dare, reddere, tradere. Etwas ver-
wirkliche?/, ist nur A. L. für ad effectum adducere.
Effeminatio , die Fer/reichlichung , ist zu Sp. L., als dass es nach-
gebraucht werden könnte; man setze das Y erh. effe?niTiare odermores
effeminati, vita effeminata, mollis , enervata, delicata. Ebenso gibt es
auch von mollire und emollire keine Substantiven (z. B. mollitio und
emoUitio)., die aushelfen könnten.
Efferitas,die Wildheit,Vommt nicht blos bei Lactanz, sondern nach
R. Klotz mit den besten Handschr. auch bei Cic. (Sest. 42, 91) vor,
und bedeutet den Zustand gänzlicher Rohheit, ist also stärker, als
feritas. Andere verwerfen es als unlateinisch.
Efferre ist in der Bedeut. Einen namentlich anführen, aufführen
wohl un erweislich für proferre , afferre, indicare u. a. Vgl. Adducere
und Weber's Uebungssch. p. 198.
Efferus, tüild, veruiildert, ist P. L. i\\r ferus, efferatus.
Efficacia, Wirksamkeit, Thätigkeit, kommt sehr selten, nur A''. Kl.
beim altern Plinius vor, für efflcacitas , efßcientia , industria, agendi
nlacritas; oft kann es auch durch vis, valere u. a. ausgedrückt werden,
je nach dem Sinne. Vgl. Actimtas.
Efficaciter, wirksam, mif unrksame Weise, ist zwar erst N. KL,
aber häufiger als das Kl. und seltne efßcienter.
Efficax, wirksam, kommt, wiewohl es Coelius (Cic. Fam. VIII, 10,3)
und Livius gebraucht haben, bei Caesar und Cicero nirgends vor, ob-
gleich der Letztere das Subst. efflcacitas braucht. Zum Ersatz dienen
ihnen meistens die Verba efflcere^ valere, vim habere u. a.
Efßcere oliquem mit einem Praedicate, z. B. cofisulem, dictatorem,
dioitem u. dgl. , gab ich früher als Kl. sehr selten an iiirfacere. Da-
gegen erinnert Dietrich , es sei ein Unterschied zwischen /«rere und
efficere, und es komme also auf das oft und selten hier nicht an. la
efßcere, sagt er, liegt der Begriff der Mühe und Anstrengung , mit
welcher man aus einer Person Etwas zu machen strebt, gleichwie der
Künstler aus sprödem, widerstrebendem Stoffe miihvoU ein Kunst-
werk her ausarbeitet, wes^XvsXh auch efßcere \md effmger e \erbivnieii
werden. Vgl. Görenz Cic. Fin. IV, 24. So schlägt der Akademiker
Cotta (in Cid. IN. D. I, 39) die nicht ohne eine gewisse Anstrengung
von den Epikuräern versuchte Beweisführung mit den Worten zurück:
Nullo modo immortalem deum efflcitis. So sagt auch Cic. (Lael. 20. 73) :
consulem efßcere; Senect. I, 2 eff'ecit rnolle/n — senectutem , und so
Parad. I, 3, 5. N. D. I, 37; II, 52; HI, 32. Tusc. I, 11 u. 34; also Etwas
zu Stande bringen ^ hervorbringen. Vgl. Quintil. II, 13, 13 quem sum-
315
muni poterat ars efficere maerorein , addidit (pictor in tabula) Me-
nelai. — Ob der hier geraachte Unterschied überall Statt finde, lasse
ich unentschieden. Wenn hiernach Muret's Worte (Oper. T. II, p, J80
ed. Fr.): repente dives effectus , zu beurtheilen sind, so ist effectus
falsch gewählt für factns, da, was rcpenle geschieht, nicht efficitur,
sondern blos ßt. — Wo man sagt Grausamkeit , Milde u. dgl. gegen
Einen oder an Einem aus- oder verüben, sagt man Äl. wohl nur
efficere aliquid in aliquo, nicht in aliquem. Vgl. Cic. Phil. XIV, 3.
Senect. 12. Lael. 12, 41, wo nach Handschr. ^>^ P. Scipione für in
Scipionem gelesen wird.
Efflare, aushauchen, lässt sich wohl mit animam (Lebenshauch)
und mit estremum spiritum verbinden, aber (wenigstens in Prosa)
nicht wohl mit vitam; dafür sind jene beiden zu wählen. \gl.Eshalare.
Effligere, zu Boden schlagen, tödten^ muss, da es bei Cic. (Att. IX,
19^2 ad efßigendum Pompejimi) zweifelhaft steht, gänzlich vermieden
werden, indem es sich sonst nur A. L. u. N. Kl. bei Seneca findet.
* Bei Cic. lesen alle bessern Handschr. efßigcndum, und so die meisten Aus-
gaben, selbst Orelli, und Graevius vertfieidigt es; einige wenige lesen affliyen-
dvvi. Freund bat im Lex. diese Auctorität Cicero's gar nicht beachtet, und hält
es wahrscheinlich dort für fehlerhaft; Ellendt (Explicatt. Cic. Orat. T. II, p. 213)
nimmt es in Schutz,
Efflorere, aufblühen, ist sehr Sp. L. und selten für efflorescere.
Efßuere, verfliessen, wird von der Zeit meistens nur dann gebraucht,
wenn sie ungenutzt und schnell verflossen ist, und passt daher bei dem
nicht, der in Mühe und Arbeit die Zeit hinbringt; diesem praeteretini
dies et anni, non effluunt. Für das Perf. eßßaxit kommt im N. L, auch
B. effluxum est vor.
Effocare, ersticken, kommt nur N. Kl. einmal (und noch dazu zwei-
felhaft) bei Seneca vor, für das Kl. sußocare, fauces elidere.
Efformare ist ein N. L. Verbura, mag es nun bilden, ausbilden bedeu-
ten, für erudire, escolere, oder abbilde??, für alicujus formam exprimere
oder effmgere.
Effrenus, zügellos, ist fast nur P. L. für effrenatus ; nur einmal
findet es sich bei Livius von einem equus gebraucht, während er die
Pferde sonst ejfrenatos nennt,
Effringere in der Bedeut. brechen, zerbrechen, z. B. mit dem Accus.
crus (das Bein), steht zweifelhaft zweimal in Sueton. (Octav. 43 u. 67),
wo aber eine Ilaupthandschr. beidemal richtig das einfache /r^w^ere
hat. So wird sonst nur gesagt, und Oudendorp und Ernesti haben es
auch in den Text aufgenommen.
Effugere wird im eigentlichen Sinne, enißiehen , entkommen aus
Etwas, verbunden ex (de, ab) aliqua re ; im bildlichen Sinne, Einem
ausweichen , Etwas ( Eine?i) vermeiden, m. d. Acc. aliquid (aliquem),
nicht aiicui.
Effundere. Die bildlichen Redensarten se effundere oder effnndi
ad preces lacrimasqiie, in licentiam socordiamque, in aniorem, injocos,
in cachi?inos, in questus, in lacrimas u. a. sind seit Livius bei den iV.
Klassikern nicht ungewöhnlich: Kl. wird zwar dafür effundere lacrimas
gebraucht, aber für andere tollere cachinnum, risum, questusu. dgl, —
P. L. ist vitam effundere ; und so könnte animam effundere, was Virgil
braucht, auch für P. gelten, wird aber wegen effundere extremuvx
316
spiritum bei Cic. (Phil. XIV, 12) auch wohl in Prosa nicht zu ver-
werfen sein.
Egenus , dürftig , kommt zwar einmal bei Livius und später bei
Tacitiis vor, ist aber sonst meistens P. L. für egens.
Ego, ich. Wir brauchen es auch als Subst., das Ich, aber nicht nur
in Beziehung auf die erste, sondern auch auf die zweite und dritte
Person, mein Ich, dein Ich, sein Ich, mein, dein, sein anderes Ich. Im
Lat. findet aber ego nur bei meifi Statt, bei dein aber tu, bei sei?i (ihr)
reflexiv ipse und in den ohh'quen Casibus s?ii, sibi, se, demonstrativ
aber idem. Wo wir ei^efi hinzusetzen, tritt ipse noch hinzu, und jenes
anderes heisst alter, nicht alius oder secu?idus ; z. B. ich klage dich an,
gleichsam mein anderes Ich, quasi me alterum (Cic. Att. 111, 15, 4) ;
dein Ring sei gleichsam dein eigenes Ich, tanquam ipse tu (Cic. Q. fr.
I, 1, 13); Pompe jus sagte, ich würde in Allem sein anderes Ich sein,
me alterum se fore (Cic. Att, IV, 1, 7) ; ein Freund ist gleichsam ein
anderes Ich, tanquam alter idem (Cic. Lael. 21). Vgl. noch Cic. Fam.
II, 15, 14; VII, 5, 1. Man drückt es auch mit tanquam exemplar mei,
tui, sui — aus, z. B. wer eifien Freund hat, sieht in ihm gewisser-
mussen sein zweites (anderes) Ich, is tamquam exemplar aliquod intue-
tur sui (Cic. Lael. 6).
Egredi, hinausgehen , wird selten anders als mit ex oder mit dem
blossen Ablativ verbunden; drüber hinaus heisst extra, 2.. B. extra
ßnes, terminos, da ex suis ßnibus nur heisst aus seinem Lande; wohin
aussteigen, in aliquem lociim, selten in aliquo loco, und so wie wir dort
für dorthin brauchen, so Liv. I, ] ibi egressi, für eo. In der Bedeut.
überschreiten steht es auch schon bei Caesar mit dem blossen Accu-
sativ aliquid, z. B. provinciae ßnes, bei Livius urbem u. a., und oft so
N. Kl. in bildlicher Verbindung', z. B. modum, leges, veritatem.
Egregius, vortrefflich, vorzüglich, wird meistens nur da angewandt,
wo eine Auswahl unter Mehrern Statt findet, unter denen Etwas sich
auszeichnet; daher werde es vorsichtig angewandt. Hand ( Lehrb.
p. 284) tadelt z. B. egregia vestigia, herrliche Spuren. — Das Ad v.
egregie kommt allerdings bei Terenz in spöttischem Sinne vor, aber
N. L. ist doch egregie errare, egregie falli, sich sehr irren, iür vehe-
menter, valde errare ; ferner egregie ignorare, für vehementer ignorare.
Vgl. R. Klotz z. Sintenis p. 169. Im launigen Gespräche kann mau probe
errare sagen, wie die Komiker; nirgends aber findet sich egregie cor-
datus, egr. catus u. dgl.
Ejicere, herauswerfen , wird verbunden mit ex oder de, selten mit
dem blossen Ablativ, ausser bei domo.
Elabi, entgehen, entwischen, verschwinden , wird verbunden mit ex
oder de oder dem blossen Ablativ. Auch dieses Verbum wird im N. L.,
wie labi und die übrigen Composita, von der Ze«'^ gebraucht , wovon
sich nirgends bei einem Lateiner eine Spur findet; nie sagt man hora^
dies, mejisis, annus, tempus elabitur , was im N. L. so oft vorkommt,
z. B. annus elapsus est, das Jahr ist ve?flosse?i; Muret. (Evpl. Cic.
Catil. II, 8) : in annum elapsiim ; Ernesti (Oratt. p. 95) : quampatici
anni elapsi sunt, und so andere mehr. Es ist unnöthig wegen der Verba
praeterire (Cic. Rep. U, SO) , conßci, intercedere , interponi, peragi
(Liv. I, 32) , circumagi, consumi, effluere (vgl. aber dieses Verbum),
transire u. a., z. B. vix annus intercesserat (war verflossen) ab hoc ser-
317
mone (Cic. Orat. II, 21, 89); dies nondum decem intercesserant (Id.
Cluent.9, 28) ; biennio jnm confecto, nachdem schon — verflossen waren
(Id. Quiiict. 12, 40) ; diiae horae in eo siieiitio consumptae sunt, sind
verflossen (Id. Oratt. III, 5, 17); — im verflossenen Jahre, anno
stiperiore , exacto , transacto, circumacto \\. a. — Nicht verwerflich ist
es nur dann, wenn ein unnützes, fruchtloses Verschwinden angedeutet
wird, wie bei Senec. (Ep. 1) : magna vitae pars elabitur male agen-
tibus. Vgl. Effluere.
Elaborare, transitiv mit dem Accus. aliqind,z.^.orationem,libriim,
opus aliquod, in der Bedeut. Etiras ansarbeiten , verfertigen ^ sich mit
Etwas beschäftigen, kommt RL nirgends weder von einem Gelehrten,
noch von einem Künstler vor, und selbst N. KL ist es fast ohne Bei-
spiel, indem nur aus Plinius dem Aeltern ein immer noch unsicheres
Beispiel aufgeführt wird, welches durchaus nicht nachgeahmt werden
und den heutigen Gebrauch des Ausdruckes aliquid e/aborare, Etwas
ausarbeiten, für scribere, conflcere^perficere, condere, commentari \\. a.,
nicht entschuldigen darf. — Kl. wird es nur mit i7i aliqua re verbunden
in der Bedeut. Mühe auf Etwas verwenden, oder es hat einen 8atz
mit ut nach sich, oder steht absolut. Im Passiv, aber wird Kl. aller-
dings das Partie, elaboratus in der Bedeut. was mit Mühe gearbeitet
ist, worauf Mühe verwandt ist gebraucht, also für magno labore con-
fectus^ diligenter accurateque scripttis , nicht einfach für cofifectus
und scriptus. Vgl. Cic. Oratt. II , 36. Manil. 1. Brut. 90, 312. Ueber-
haupt aber beweisen diese Participien fast Nichts für den Gebrauch
der activen Verben, wie man blus triumphatus, evigilatus, domi?iatus,
erratus, persuasus u. a. sieht. — Kurz, es bleibt N. L., zu sagen ela-
borare opus, librum, orationem u. dgl. — Jedoch vgl. dagegen Frotscher
zu Quintil. X, 4, 4 und Anton Progr. p. 61. — Etwas neu ausarbeiten,
umarbeiten heisst retractare, nicht denuo elaborare.
Elaboratio kommt nur einmal N. Kl. bei dem Auct. ad Herenn. vor,
und zwar nur in der activen Bedeut. Handlung, Ausarbeitung ; aber
N. L. ist es in der Bedeut. Aufsatz, den wir auch Ausarbeitung nen-
nen, für libellus, commentatio, disputatio, opusculum. — B. ist elabora-
tionem tuam summa c?i?n voluptate legi.
Elapsus, vergajigen, verflossen ; vgl. Elabi.
Elargiri, verschenken, ist jetzt fast ganz zweifelhaft, da es auch in
der einzigen Stelle, in welcher es noch vorkommt, nemlich beiPersius,
nicht mehr sicher steht für largiri. Früher fand man es in den Texten
des Cicero (Fam. I, 5, a. 4) und Livius.
Electio. Die Redensart electionem dare, die Wahl lassen oder ver-
statten, ist vielleicht nur A^. Kl. bei Vellejus (II, 72, 5) für das Kl.
optionem dare oder facere. Vgl. Optio.
Elegans. Was so genannt werde und welche Bedeutung das Wort
habe, lehrt das Lexicon. Cicero nennt zwar alle Künste und Wissen-
schaften, durch die der Mensch gebildet wird, artes elegantes (Fin.
III, 2), aber nie erwähnt er artes elegantiores, da ein Comparativ ohne
allen Gegensatz nicht denkbar ist. Denn wenn Cic. (Tusc. I, 25, 62)
sagt: ff necessariis artiflciis ad elegantiora defluximus, so liegt in arti-
ficia der einfache Begriff von elegans, der aber, weil höhere Künste
und Wissenschaften im Gegensatze angedeutet werden sollen, durch
den Comparativ erhöht wird, indem sich Cic, den Begriff Kunst, Ge-
318
schmack und Feinheit in liöherm Grade denkt. Eben so weing wird
auch sonst artes Uberaliores und artes mugis ingenuae gesagt, für ar-
ies liberales et ingeniiae, worunter dieselben Künste und Wissenschaf-
ten verstanden werden, als solche neralich, welche jedes freigebornen
Menschen würdig sind. Neu ist daher auch der Ausdruck Utterae ele-
gantiores von der Alterthumsivissenschnft, wie er in neuern Schriften
oft vorkommt, z, B. bei Hemsf erhus. (Orat. p. 133) : Jieglectis littera-
rum elegnntiorutn initiis^ und Bergmann (Praef. Ruhnk. Opusc. p. VI):
tironibus lilterarum elegantiorum. Vgl. mehr darüber unter Hunianus.
Eben so falsch hi jiirisprudeiitia elegantior bei Bergmann (Praef. Ruhnk.
Opusc. p. XIII), und zu bezweifeln ist selbst doctrina elegans (ib. p.
XLII) und jtaisprudentia elegans; — nirgends findet sich ferner Ut-
terae elegantes, indem zu diesem Subst. ausser interiores, recondilio-
res, exqiiisitae kaum irgend ein anderes hinzutritt. Endlich wird ele-
gantia nicht in der Bedeut. Schönheit, Gesuchtheit oder Geki'uistelt-
heit der Rede (in dem Sinne unseres elegant) gebraucht, sondern nur
von der Rede,in welcher sich die Sprache des feingebildeten Städters
in Worten und Ausdrücken findet. Ein Plur. aber, elega?ifiae, die Schön-
heilen der Rede, schöfie Arten des Ausdrucks, ist erst Sp. L. und sel-
ten, aber im N. L. durch Sammlung solcher elegantiarum nur zu sehr
bekannt. Vgl. Pulclier.
Elementarius, a, um, Einer, der sich mit den Elemente?! (des Un-
terrichts) beschäftigt, kommt nur einmal N. Kl. bei Seneca von einem
Alten (senex) vor, der, anstatt weiter in Kenntnissen fortzuschreiten,
noch bei den Elementen, dem Alphabet oder den Anfangsgründen
steht. Ausserdem findet es sich noch einmal mit Utterae verbunden
Sp. L. in der Bedeut. Eleme?ilarkenntnisse. Im N. L. braucht man ele-
mentaria institutio oder disciplina vom Elementarunterrichte, was nicht
gerade zu verwerfen ist, wiewohl Cicero nur von puerorum elementa
(Orat. 1,35,163) und von Utterae doctrinaque puerilis, der erste Sprach-
unterricht (ib. III, 10, 38 u. 13, 48), oder von prima puerilis institutio
(ib.Il,l,l)redet. Auch Quintil., der viel vom ersten Unterrichte spricht,
braucht nur docere elementa, tr ädere prima literarum elementa. Vgl.
Puerilis. Die Alten nannten ihn auch mit Umschreibung ;;r^■//^ß littera-
tura, per quam pueris elementa traduntur (nach Seneca Epist. 88).
Elenchus in der Bedeut. Uebersicht, Register, Inhaltsanzeige ist
aus einem Alten kaum erweislich, da der elenchus scriptorum am Ende
des ersten Buches von Plinius Naturgeschichte gewiss nicht von ihm
und die Ueberschrift neu ist. Anderwärts (z.B. in Sueton. Gramm. 10)
bedeutet es, wie im Griechischen, Tadel, Rüge. Man brauche dafür
index. Vgl. Heusing. Emendd. p. 401.
Elephas und elephantus; jenes findet sich fast nur im Nominativ,
dieses aber in allen Casibus; so wenigstens bei Livius.
Elevare, erhebe?!, wird nur von dem gesagt, was wirklich in die
Höhe gehoben wird, z. B. manus, aber nicht oculos., was im N. L. vor-
kommt, für tollere; auch wird es nie in bildlichem Sinne gebraucht,
indem laudibus aliquem elevare^ Einen mit Lohsprüchen erhebe??., N. L.
ist, und verbis aliquem elevare gerade das Gegentheil bedeutet, iiem-
lich Einen durch W. herabsetzen, verkleinern, welchem dann extollere
entgegensteht. — Sp. L. ist elevare sjj Hab am, eine Sylbe durch den Ac-
cent liervorheben, accentuiren, für neuere syll. (Quintil. I, 5, 22).
319
Elkere, hervorlocken, wird verbunden mit ex und bei Personen
auch mit a. Es wird zwar mit mancherlei Objecten und maiiclieriei
Oertern (auf die Frage iioraus?) verbunden; ob aber passend sei, was
Ruhnken. (Opusc. T. I, p. 85) sagt: Graecos multas disciplinas elmnsse
ex tenebris, bezweifelt Friedemann wohl mit Recht. Warum sagte
Ruhnken nicht: iii hicem vocasse?
Elimare, ausfeilen, ausarbeiten (von etwas Wissenschaftlichem),
ist höchst selten, jedoch steht es bei Quintilian, und ist neben espolire
recht wohl zu brauchen.
Eliminare, Einen aus dem Hause stossen, ist A. L. und kommt spä-
ter nur bei Dichtern vor, für domo expellere, exterminare, foras pro-
jicere.
Ellipsis, die Ellipse, ein bekanntes grammat. Kunstwort, ist nicht
zu vermeiden, wiewohl detractio bei Quintilian dasselbe bedeutet und
für ellipticus und elliptice gesagt werden kann praecisus, praecise, wenn
nur dieKürze der Rede angedeutet werden soll. Vgl. Cic. N. D. II, 29.
Elogium war bei den Alten nur jede kurze Angabe, jedes Zeugniss
und jede Aufschrift auf einem Denkmale, oft nur Worte (gleichviel
von welcher Art) in einer öffentlichen Urkunde, z. B. in einem Te-
stamente, wiewohl Fr. Wfg. Reiz (bei Cic.Sen.l7, 61 u. 19, 73) dafür
elegimn lesen wollte, was F. A. Wolf billigte. Vgl. Cic. Cluent. 48. 135,
Döderlein's Synon. Th. IV, p. 11 und R. Klotz z. Cic. Tusc. I, 14. Da-
gegen kommt es im N. L., wahrscheinlich von einem Franzosen zuerst
gebraucht (nach dem französ. eloge), in der Bedeut. Lobrede, Lob-
schrift vor, und wenn der grosse Ruhnken, dem unter Mehrern J. A.
Ernesti vorangegangen war, statt laudatio Hemsterhusii sagte elogium
H.^ so entschuldigt er als Kenner der Latinität den Gebrauch des
Wortes in dieser Bedeut., indem er sagt: sed temporum nostrorum
consuetudini aliquid dandum fuit. Vgl. Ruhnk. Opusc. T. I, p. 223.
Man ahme es durchaus nicht nach, da laudatio bei den Alten das be-
ständige Wort dafür ist.
Elucere, hervorleuchten, wird verbunden mit ex oder in, z. B. in
puero scintilla ingenii elucebat (Cic. Rep. II, 21),
Elucescere ist N. L. in der Bedeut. Tag trerden, für lucescere,m\d
in der Bedeut, hervorleuchten, für elucere. Daher tadelt Ruhnken den
Muret, welcher (Oper. T. I, p. 317 ed. Fr.) schrieb: ut potestas Dei
tanto magis elucescat, indem er sagt : Eluceo latinum est, non elu-
cesco. Vid. interpretes ad Lactant. VII, 14, 6. Vgl. auch Weber*«
Uebungssch. p. 251.
Ehicidare, aufklären, aufhellen, ist N. L. für illustrare, colln-
strare, illuminare ; — ebenso die Subst. elucidarius und elucidarium,
von kleinen Wörterbüchern, für das gewöhnliche lexivon. Und so
ist auch elucidus N. L. für lucidus, dilucidus, perspicuus.
Eluminare, blenden, des Gesichts berauben, ist JV. L., wiewohl
eluminatus Sp. L. vorkommt, für excaecare (excoecare), visu pri-
vare, oculos effodere u. a. nach der Verschiedenheit des Sinnes.
Eluvies, die Ueber schwemmung, ist N. Kl. für eluvio, alluvies, in-
undatio. Vgl. Diluvics.
Elysium und das Adj. Elysius, verbunden mit campi, agri, domus,
sedes, kommen nur bei Dichtern vor; el'.sium ist daher in Prosa für
320
unser Himniel, den wir für den Sitz der Seligen halten, nicht an-
wendbar.
Emacidare, reinigen, kommt N. Kl. nur bei dem altern Plinius
vor, sonst Syt. L., oft im N. L. sogar von wissenschaftlichen Dingen,
wie auf Titeln : Über tnultis locis emaculatus, für das KL emenda-
tns. Sogar Ruhnken braucht es in Briefen, und im N. L. wird ge-
sagt: mu'.a raenda emaculavit.
Emanare, ausßiessen, sich verbreiten, wird örtlich verbünd, mit
ex und bei Personen mit a, z. B. a domesticis auctoribns ( Q. Cic.
petit. 5) ; unter den grossen Haufen, in vulgus, nicht inter vulgus.
Emblema hat im Dat. u. Abi. Flur. Kl. emblematis, nicht emble-
malibus, im Genit. aber sowohl eniblematum als emblematorum.
Emendare, verbessern. Man bezweifelt die Richtigkeit der Ver-
bindung emetidare hominem für hominis mores. Mag dies auch bei
Cicero nie vorkommen, so liegt doch bei ihm etwas Aehnliches in
emendatur civitas und in corrector emendatorque civitatis, wiewohl
nicht geleugnet werden kann, dass die einzelne concrete Auffassung
mit 7nores oder vitia oder animus hominis im Latein, gewöhnlicher
ist, als das allgemeine honio. Vgl. darüber Corrigere.
Einendatiuncula, eine kleiiie, leichte Verbesserung einer Stelle in
einer Schrift, wurde zwar N. L. von Muret gebraucht, ist aber wohl
nicht zu verwerfen. Vgl. Th. I, §. 193.
Emercari, erkaufen, kommt N. Kl. nur einigemal bei Tacitus vor,
für mercari.
Emere, kaufen; — von Jemanden, ab und de aliquo, beides KL,
jenes aber häufiger ;/?/r Jemanden, alicui; wofür mit dem Ablativ,
z. B. auro, decem sesterliis; für einen Tag, für ein Jahr u. ähnliche,
in diem, in annum.
* Janus (Lexic. philolog.) irrt, indem er entere de aliquo allein für Kl. hält.
Vgl. auch Anton Progr. p. 54.
Emerere und emereri sind A. L., P. u. ]V. KL, und zu vermei-
den durch mereri; Kl. ist fast nur emeritus.
Emigrare, auswandern, ohne einen Beisatz, welcher das Woher
oder Wohin bezeichnet, ist wohl N. L. für migrare, domicilium mu~
tare. Man sage nicht: ob eam causam Tyrrheni emigrabant, für mi-
grabant, domic. mutabant, oder man setze dazu e Lydia. Gleich emi-
grare ist demigrare.
Emigratio, die Auswanderung, ist Sp. L. für migratio, demigra-
tio, domicilii mutatio.
Eminentia, die Hervorhebung. Die Redensart per eminentiam in
derBedeut. vor%ugsiveise,K\x dasgriech. ^^ax ti^nyfiY , kommt erst Sp. L.
bei Ulpian vor, für per oder propter excellentiam, oder mit proprius,
Primarius, oder dem Adv. praecipue. Jenes findet sich einigemal bei
Neulateinern. Vgl. Excellentia.
Emissio mit dem Genit. libri oder einem ähnlichen, in der Bedeut.
Herausgabe, Bekanntmachung, ist N. L. für editio, wiewohl emittere
librum u. ähnl. Ausdrücke gut und KL sind.
Emollescere, weich werden, kommt zweifelhaft nur bei Celsus vor,
wo in einigen altern Ausgg. emollescit, in den neuern aber 7nollescit
steht.
Emonere, aufmuntern, auffordern, findet sich höchst selten, nur
321
einmal bei Cic. (Fam. I, 7, 9), und nur nach der Lesart derHaupt-
haudsclir., wogegen alle andere Handschr. und alle frühem Ausg-g.
moneo für emoneo lesen. Das Wort fehlt daher in den frühern Lexicis,
auch bei Scheller, und man vermeide es als selten.
Einovere, entfernen, kommt erst seit Liviiis in Prosa vor, und fast
nur bei ihm, für movere, removere; vielleicht war es provinziell. 3Ian
vermeide es also.
Emphasis, die Emphase, ein griechisches, von Quintilian gebrauch-
tes Kunstwort, welches lateinisch durch pojidus oder sig?i/'ßcatio ge-
geben wird. Ungebräuchlich ist aber emphaiicus und emphaiice, wo-
für sig?iißcans, signißcanter ; gravis, graviter, cum pondere gesagt
werde.
Emungere und davon abgeleitet emunctus. Das Verbum findet
sich nirgends in dem bildlichen Sinne verfeinern; wohl aber kommt
emunctus neben limatus, gefeilt, bei Quintilian von Rednern vor, limati
et emuncti, was auch, zumal in solcher Verbindung, nachgebraucht
werden kann. Dagegen passt die gemeine Volksredensart homo emun-
ctae naris, welche Phaedrus von Aesop. und Horaz von dem Saty-
riker Lucilius (in der Bedeut. eiti fein beobachtender , witziger und
spöttischer Mensch) brauchen, nur in scherzhafter, launiger Rede,
nicht aber für den ernsten Styl. Vgl. auch Hand's Lehrb. p. 148 und
Matthiae's Theorie p. 7. Höchst lächerlich und fast kindisch sagte
J. Fr. Reitz von einem Gelehrten: Musae ipsae ei nares einunxisse
videntur.
* Vollständig führt die letztem Worte F. A. Wolf (Analect. B. I, p. 487)
an mit den beigesetzten Buclist. J. F. R,, welche, wie er mir selbst darüber
schrieb, J. Fr. Reitz bedeuteten, ohne dass er jedoch angeben könnte, wo jene
Worte ständen. Irrig meinte man neulich, sie wären von Fr. Wfy. Reitz, sogar
mit dem Beisatze: m Praefat. de accentus indinat., wo doch keine Sylbe da-
von steht.
Emutare, verändern, und emutatio, die Veränderitng^ kommen N. Kl.
nur bei Quintilian vor, und sind unnöthig wegen mutare, mutatio, im-
mutare, immutatio, commutare, commtitatio.
En, siehe! verbinde man nur mit dem Nominativ (so thut es we-
nigstens Cicero), nicht mit dem Accusativ. Vgl. Zumpt. Cic. Verr.
T. I, p. 173.
Enarrare ist neben explicare, explanare und interpretari ^\xt und Kl.
auch von nicht geschichtlichen Sachen, in der Bedeutung darlegen,
auseinandersetzen, erklären; — ebenso enarratio, und selbst das spä-
tere enarrator neben interpres, explicator und explanator.
Enasci, hervorkommen, findet sich erst iV. KL, aber nur in eigent-
lichem, nicht in bildlichem Sinne, wo es durch quasi gemildert wer-
den muss. Görenz sagt: inde enata obscuritas, für orta.
Encomium, das Lob, die Lobrede, kommt erst im N. L. vor, für lauda-
tio, praecoiiium, laudes, wiewohl der Kaiser Antonin, der Halbgrieche,
encomiographus vom Lobredner braucht, für laudator, praeco u. a.
Encyclopaedia ist in dieser Form weder griechisch noch lateinisch,
und beruht auf der altern falschen Lesart bei Quintil. I, 10, 1, wo
vor J. M. Gesner eyxvxlonaLÖeiar stand, von seiner Zeit an aber aus
den bessern Handschriften entweder e)icvy.lor oder tyy.vy./.ior naidilur
aufgenommen ist. Vitruv (Arch. I, 1) sagt dafür halb griechisch,
halb lateinisch encyclios disciplina; VI, praef. encyclios doctrinarum
21
322
omnium dlsciplina, und Qnintil. (I.e.): orbis ille (foctri/iae, quam Graeci
tyy.uaXov (so Ziunpt; Spalding und Gesiier iyy.uy.hor) 'jKadsinr vo-
catit. Man vermeide jenes ungriechische encyclopaedia, wiewohl es
allgemeines Kunstwort ist, und halte sich an Quiutilian's Umschrei-
bung oder an die von Dietrich (zu Sintenis p. 151): brevis quaedarn
omnium arliuni ac disciplinarum descriplio, quae (vulgo) encyclopae-
dia vocatur ; oder man sage nach Vitruv. encyclios omnium doctri-
narum discipUna, was Grysar vorzieht. Einen Theil davon führt Ci-
cero (Orat. in, 35) mit den Worten auf: artes, quibus liberales do-
ctri?iae atque tngenuae continetitur, geometria, musica, litterarum
cognitio et poetarum.
Enecare^ tödten, ist in der bessern Prosa nur im Partie, enectus
(nicht etiecatus) üblich, wiewohl necare vollständig im Gebrauehe
ist und davon das Part, nur necatus.
Enervis, kraftlos, kommt selten, nur N. KL, aber bei Quintilian
und dem Jüngern Plinius vor, für das Kl. enervatus.
Enixe, dringend, ernstlich, eifrigst., mit Verben des Bittens, ro-
gare, petere, obsecrare, verbunden, ist N. L. für etia?n atque etiam,
vehemetiter u. a. ; richtig- aber ist es in Verbindung mit solchen Ver-
ben, die die Ausführung einer Sache bezeichnen, z. B. juvare, sus-
cipere, operatn dare (navare) u. a.
Enortnis, was über die Norm, Vorschrift und das Maass geht, über-
gross, kommt zwar erst N. KL, aber bei den Bessern vor, und ist
neben den KL immensjis, immodicus, summus, tnasimus, effusus u. a.
wohl zu brauchen. So sagt z. B. Eichstädt enorme portorium, wo
Cicero vielleicht pergrande, grave, iniquum gebraucht hätte, da jenes
Wort zu seiner Zeit nicht üblich war. — Auch das Adv. enormiter,
ausserordentlich, ist N. Kl. für maxime, vehetnenter u. a., findet sich
aber oft bei Seneca.
Ens, ein -Ding, ein (einzelnes) Wesen, wörtlich übersetzt nach
dem Grieeh. rö öV, wovon im Plur. entia für r« Öjtm, blieb nur ein
philosophisches Wort, wurde aber wenig gebraucht, da res hinreichte.
Vgl. auch Essentia.
* Nach Priscian. (XVIII, 8, 75) brauchte Caesar zuerst ens, ob im gewöhii-
liclien Sinne auch als Masc, oder im philosophischen als Neutrum, weiss man
nicht; Caesar, sagt er, non incongrue protulit ens a verbo sum, es, quomodo a verbo
possum, potes , potens. Von ens, als einem philosopliischcn Worte, wusste aber
wenigstens Seneca (Ep. 58, 5) noch Nichts, indem er sagt, es sei für ro ov kein
latein. Wort vorhanden, wesshalb dieses durch qiiod est umschrieben werden
nuisste. Nach Quintil. (VIII, 3, 33) bildete zuerst der Rhetor Sergius Flavius
die beiden Wörter ens und essentia.
Ensis, das Schwert, ist fast nur P., und kommt nur einmal in
Prosa bei Livius vor (VII, 10), für das gewöhnliche gladius.
Enthusiasmus., die Begetsterufig, ist nirgends im Gebrauche; Ci-
cero braucht es in griechischer Form (ad Q. fr. III, 4, 4), sagt aber
in demselben Sinne anderwärts inflammatio animi (animorum), mentis
divina incitatio, ardor animi oder mentis, animi alacritas (Cic. Q. fr.
Wl., ii, A); jugendlicher E?ithusiasmus heisst ardor juvenilis.
Enudare stand früher einzig und allein in der Bedeut. erklären^
entwickeln in allen Ausgaben von Cic. Leg. I, 9, selbst noch bei Er-
nesti; seit Görenz aber wich es der Lesart der bessern Handschr.
enodare, welches auch Cic. sonst so braucht, z. B. lav. II, 2, 6. N. D.
323
III, 24, 62: Hiul so enodatio, die Erklärung (Topic. 7, 31). — In
W. Freiiiid's Wörterbuch fehlt das Wort schon ganz als ein uner-
wieseiies.
Eo (Abi. von is) in der Bedeut. dort, an dem Orte, für eo loco,
ist seiir zu bezweifeln; es bedeutet dorthin, a?i den OrL wie quo^
wohin. In der Bedeut. bis dahin, bis zu dem Grade, mit dem Genit.
verbunden, z. B. eo magniludinis, eofuroris, insaniae, sapientiae u. a.,
ist es als griechischartig' und selten zu vermeiden ; man sage dafür ad
eum gradum ma^nitiidinis, auch blos ad eam, ad tantam magnitu-
dinem. So sagt Matius (Cic. Fam. XI, 28, 2): ad istum gradiim sa-
pientiae pervenire, für eo sapientiae pervenire. Jener Genit. bei eo
kommt zwar bei Sallust vor und einmal bei Livius: eo consiietudinis
adducta res est, aber nie bei Cicero und Caesar, und selbst N. Kl.
sehr selten. Vgl. Th. I, §. 70. — N. L. aber ist eo mit in und einem
Subst. (eo in aliqua re), z. B. eo in furore, so weit in der Maserei,
für ad eum, tantuni furorem.
Ephesiacus und Ephesinus sind unsichere Formen für Ephesius.
Epilogus, Schluss der Rede, ist Kl. und gut neben peroratio und
conclnsio; bei Cicero kommt es mehrmals vor, sogar in der Rede
pro Plane. 34, 83.
Epirensis, aus Epirus, ist ein seltnes Adj., welches nur bei Li-
vius vorkommt (VIII, 17, 9), für Epiroticus. Subst. ist Epirotes.
Epistola ad aliquem ohne ein verbindendes Verbum, z. B. scri-
pta, ist nicht zu verwerfen, da es Kl. ist. Mit vollerem Ausdrucke
sagt man z. B. Ciceronis epistola ad Luccejum scripta, missa, data,
oder quae a Cicerone ad L. scripta est., oder quam Cic. ad L. scri-
psit. Vgl. darüber Th. I, §. 80, 81. — Epistolae im Plur., von einem
Briefe, wie litterae, ist Sp. L. — Einen Brief an Jem. addressiren
heisst epistolam alicui inscribere. Vgl. Cic. Att. VIII, 5. — Das Demin.
epistulium, das Briefchen, welches sich bei Catull findet, ist nur in
scherzhafter Rede zu brauchen.
Epislolicus, brieflich, was in Briefen verfasst ist, findet sich Kl.
schon bei Varro, wiewohl sonst nirgends. Gegen die Bedeutung ist
aber, was man im N. L. findet, thesaurus epistolicus, commercium
epistolicum, für den Gen. epistolarum oder litter arum. Vgl. Commercium.
Epitaphium ist in der Bedeut. Grabschrift oder Grabmal weder
griechisch, noch lateinisch. Bei Cic. (Tusc. V, 12, 36) ist unter Epi-
tnphius der Dialog Plato's Menexenus zu verstehen, in welchem eine
Leiche7irede auf die gefallenen Athenienser vorkommt, die im Griech.
snirücpto^ (löyog) heisst. Eine Grabschrift aber heisst Carmen oder
elogium in sepulcro incisum.
Epitheton ist ein Kunstwort in der Rhetorik, welches auch bei
Quintiliau vorkommt; lateinisch findet sich dafür appositum.
Epitomare, in Auszug bringen., ist Sp. L. für escerpere cogTiitioTie
dignissima (vgl. auch Abbreviare) ; ausserdem wird es auch mit dem
Subst. epitome, summarium oder compendium gegeben. Uebrigeiis sind
A'. L. epitomarius und epitomator, die sich hin und wieder gebraucht
finden.
Epocha, die Epoche, ist ein griechisches, aber von keinem Lateiner
gebrauchtes Kunstwort in der Chronologie, welches kaum zu verraei-
21*
324
den ist, da ein lateinisches für den Begriff des Wortes fehlt; denn
iempus, aetas und saecuhwi erschöpfen den Begriff nicht.
Epos, das Heldengedicht , ist nur P. L. für carmen epicum oder
heroicum.
Epida (im Sing.) , das Gastmahl, ist ganz j4. L.; dafür kann nur
ept'dae oder epiilum stehen; und zwar epulum meistens nur in derBed.
Festmahl, epulae aber zur Bezeichnung eines gewöhnlichen Mahles,
gleich convivium, bei welcliera Gäste eingeladen sind.
Epiilo ist in der Bedeut. ein Gast, welcher mit isst, Sp. L. für con-
viva. Sonst bedeutet es einen Priester, der ein Festmahl besorgt.
Wenn zu diesem Zwecke zwei bestellt sind, so heisst jeder duumvir
epulo, beide aber duiimviri eptdones, nicht epuloniim, wie früher in
Plin. Ep. II, 11, 12 stand ; — ebenso triumvv\, septemvir — epulo.
Equester, ritterlich. Neben dieser männlichen Form braucht Livius
zuerst auch equestris , was wenigstens die Uandschr. einigemal bieten.
Die Früheren brauchen nur jene Form, und sagen nur ordo equester,
nicht equestris. Vgl. zu Liv. XXVII, 1 u. 42.
Equidem. Da es in der bessern Prosa vielleicht nur mit der ersten
Person des Sing, des Verbi verbunden wird, selten und noch zweifel-
haft mit einer andern, so beachte man im Schreiben nur jenen vor-
herrschenden Gebrauch, was im N. L. nicht geschieht. Vgl. übrigens
Handii Tursellin. T. II, p. 423 u. Reisig's Vorlesung, p. 261.
Eradicare, entwurzeln ,\^X fast nur A. L. und kommt einmal bei
Varro als Volkswort vor, für radicitus evellere.
Eremita und eremus, der Einsiedler, eiti siedlerisch, sind Sp. L. und
mögen auch fernerhin nur von den wahren Einsiedlern gebraucht
werden, welche einsame , abgesonderte Einsiedeleien bewohnen; im
allgemeinen Sinne aber gebrauche man nur homo solitarius \on Jedem,
der fast einsam für sich lebt.
Erga , gegen , kommt in der bessern Prosa fast durchaus nur in
wohlwollendem, nicht in feindlichem Sinne vor; in letzterem setzt man
contra, in oder adversus.
Ergo ist als Abi., verbunden mit einem Genit. in der Bedeutung
wegen, sehr selten und kommt Ä7. nur in feierlichen Ausdrücken, in
Urkunden und Gesetzformeln vor, z. B. donari virtutis ergo. Man miss-
brauche das Wort nicht. Vgl. Handii Tursellin. und Reisigs Vorles.
p. 201.
Ergo, daher. A. u. Sp. L. ist ergo igitur und ergo propterea ; jedoch
steht bei Livius einigemal itaque ergo. Stüremhurg (z. Cic. Arch. 6, 13
lat. Ausg.) verwirft als B. ergo etiam in der Bedeut. des schlussfol-
gernden folglich auch, was durch atque adeo ausgedrückt werden
müsse. Aber Dietrich bemerkt dagegen, erg^o etia7n finde sich nicht
selten bei Cicero, z. B. N. D. III, 17, 43 ergo etiam Orcus; ib. 18, 47
ergo etiam Spes; ib. 20, 51 quodsi Luna dea est. ergo etiam Lucifer
u. a. m. — Verschieden davon wäre jenes atque adeo, welches in den
angeführten Stellen falsch gewesen wäre. Folglich auch noch heisst
ergo adeo, z. B. Cic. (Leg. 11, 10, 23) : ergo adeo exspectate leges.
Erigere enthält immer den Begriff des Aufrichtens, Erhebens; aber
coUegium, academiam, gymnasium erigere, wie der jüngere Burmann
sagt, ist N. u. B. L. für instituere. Eben so wenig sagt man /oerfMS,
amicitiam — cum altquo erigere, sondern facere,ju?igere.
325
Krinnys ist nur P. L. für Furia.
Erogare, Etwas für oder at/f Ehvas verwenden , geben, wird ver-
bunden aliquid in aliquain remjniclit alicui rei, z. B.für, auf Spiele,
in iudos, nicht ludis.
Erotema,die Frage, kommt nirgends im Latein, vor, und wird
unnötliig im N. L. gebraucht, für quaestio, inierrogatio.
Errare, irren oder sich irren (denn se errare ist g-anz falsch) in
Etwas, wird entweder verbunden aliqua re oder in aliqua re ; nur bei
neutralen Pronominen mit dem Accus, hoc, id, illud, quid. Aber errare
errorem, einen Irrthum begehen, Icomrat nur Sp. L. einmal bei Gellius
vor: Vir gilii error es in historia erratos , was verwerflich und nicht
nachzuahmen ist. Ueber toto coe/o errare \gl. Coelum. — A. L. ist si
quid erro, wenn ich (inich) in Etwas irre , für si quid nie fallil (Cic.
Fam. III, 5, 4). Nirgends findet sicli nisi erro, wenn (woferii) ich nicht
irre, für nisi nie fallo (Cic. Phil. XII, 8), nisi mefallit, seil, animus
(Cic. Att. XIV, 12, 2. Fam. XII, 5, 2. Sest. 50, 106 u. daselbst Matth.),
nisifallor (Cic. Att. IV, 17, 1; XVI, 6, 2) und nisi (me) omniafallunt,
wenn ich nicht in Allem irre (Cic. Att. VIII, 7, 1). — P. L. ist nifallor.
Erro als Subst. und Adj., herumirrend, -ziehend, -streifend ,\&t
N. Kl.., kommt aber beim Jüngern Plinius vor, für vagus, errabun-
dus (nicht vagabundus^.
Erroneus ist in der Bedeut. irrig N. L., z. B. eine irrige Meinung,
Forstellung, nicht erronea opinio, sondern opinionis error (Cic. Off. 1,8).
Vgl. auch Wolf u. Orelli z. Cic. Tusc. III, 38. — Irrig sein heisst oft
in errore versari, sogar bildlich von Meinungen. Zweifelhaft ist erroneus
auch in der Bedeut. herumschweifend, wie es nur bei Colum. (VII, 12,5)
vorkommt, wo für erronei canes ßuhnken errones canes liest. Vgl. We-
ber's Uebungssch. p. 276.
Error ist in der Bedeut. das Umherirren , Herumziehen, die Irr-
fahrt gut und Kl. (Cic. Rep. II, 4 und Verr. IV, 49, 1«8) ; aber N. L.
wird es von de?n gesagt^ was durch Irrthum oder Nachlässigkeit gefehlt
ist, ein Fehler, Irrthum, für erratum,vitium. Es gibt z. ß. keine errores
typographici , Druckfehler , sondern errata, menda, vitia. i\ach errore
teneri, irren, im Irrthum befangen sein, folgt, wie überhaupt bei error,
ein Satz mit dass , nicht mit dem blossen Accus, c. Inf.; es wird also
noch ut credam, credas u. s. w. vorher eingeschoben.
Erubescere, über Etwas erröthen., sich einer Sache schämen, wird
N. L. verbunden alicujus ret\ für aliqua re oder in aliqua re ; zweifel-
haft ist es, ob man es verbinden könne mit aliquain rem, da jetzt bei
Senec. (Ep. 95, p. 58 ed. Schw.) steht: Grammaticus non erubescet
soloecismo, wofür früher soloecismum stand.
Erudire, verbunden mit dem blossen Abi., aliqua re ., heisst Einen
durch Etwas bilden, ausbilde?i, z. B. artibus, disciplinis, litteris (graccis,
roraanis), institutis, praeceptis u. a., aber verbunden mit in aliqua re,
in Etwas , in einer einzelnen Kunst oder Wissenschaft unterrichten.,
darin belehren, z. B. in jure civili, in re militari, in arte medica u. a.,
wo auch bisweilen blos der Abi. steht; de aliqua re, über Etwas be-
lehren, in Kenntniss setzen.
Eruditio in der objectiven Bedeut. der Unterricht, die Unterwei-
sung in Etwas, ist zwar Kl, aber selten (z. B. Cic. Q. fr. 111, 1, 4 u.
326
Quintil. 11, 3, 10); gewöhnlicher sieht dafür disciplina, institvito,
doctn'?ia.
Erudittis, gebildet, entgegengesetzt dem rudis oder r?ys/?*c?/s, ist, wie
dochis, ein natürliches Beiwort von Pe/-so7/e», wird aber bildlich auch
SacheJi beigelegt, wenn sie mit Personen verbunden oder auf Personen
bezüglich gedacht werden, und von ihnen und durch sie gleichsam Bil-
dung und Feinheit erhalten haben. Wir sprechen von einem mvsihali-
ftrÄe«,/ewew Gehöre, der Lateiner von aureseruditae (C. Orat. 34, ]19) ;
Zeiteil und Jahrlnuiderte , h\ welchen Kultur und Bildung unter den
Menschen herrschte, werden saecuta, teinpora ert/dita gei]ani\t; und
so heisst ei?ie Menge gebildeter Griecheii, eriidita Graecorum copia
(Cic. Leg. I, 2, 7). Vgl. oben Doctus. Zweifelhaft ist man aber, wie der
Gelehrten- Staat, die Gelehrten-Republik zu nennen sei, ob civitaserudita
oder docta oder litter aria, oder respublica eriidita, docta , litter aria.
oder mit dem Genitiv eriiditormn oder doctoritm ( hominum). Kaum
möchte eins von allen diesen hinlänglich zu rechtfertigen und durch
ein Beispiel zu erweisen sein, auch keins von ihnen eine nur ideale Ge-
lehrten- Bepublik bedeuten, sondern einen wirklichen, aus Gelehrten
bestehenden Staat, der aber doch nicht dabei gedacht wird. Daher
meint Dietrich, da das ganze Bild den Alten unbekannt wäre, müsse es
auch wohl aufgegeben werden. Jedoch in manchen Verbindungen, sagt
er, würde sich vielleicht dafür senatiis dociornm brauchen lassen, wie
Cic. (N. D. 1,34) sage: cum tanquam senutiim philosophoriini revitares.
Vgl. noch unter Orbis.
Eruere, hervorbringen , kommt zwar bildlich mit argumenta, veri-
tatem, causam reruin \\. dgl. verbunden vor, aber eruere sensum ati-
cujus loci ist unerweislich und daher zu vermeiden ; dafür locum expli-
care, enodare , declarare u. a.
Erumpere. Man sagt zwar Kl. vox, risus,furor,sermo alicujus u. a.
erumpit, auch, wo es passt, mit in alif/tiem , gegen Jemanden, ferner
erumpo stofnachu?n (Zorn) in aliquem und so ähnliche, aber nicht
erumpo iji vocem. in risum, in furorern, in stomachnm u. a. — N. Kl.
jedoch sagt z. B. Quintil. (VIIL3. 4): eruperunt in hunc voluptatis
affectum , sie brachen in diese freudige Stimmimg aus, wornach jene
Ausdrücke niclit ganz verwerflich scheinen. Gewiss ist freilich, was
Ruhnken zu Mureti Expl. in Catil. L praef. (Oper. T. II, p. 530 ed.
Ruhnk.) Catilinam in eam vocem erupisse — sagt: Erumpere in vocem,
prorumpere in rerba cadente lotinitate dici coepit (coeptum est ?). Vide
Cellar. Cur. poster. p. 195; und wegen dieser Ungewöhnlichkeit werde
es daher vermieden. Man sage liel)er: edere, mittere , emittere vocem,
verba, edere oder tollere risum, cachinnum, cachinnare (nicht cachin-
nari^. Gut sind erumpere gaudium, iram u. a. Vgl. Gronov. Liv.XXXII,7.
Zweifelhaft ist: bellum erumpit, der Krieg bricht aus, für bellutn eso~
ritur, exardescit oder belli flamma esardescit. Und so setzt man ex'ör-
descere auch bei ira, odium u. a. Auch sagt man wohl nicht lacrimae
erumpunt, Thränen brechen hervor, für oboriuntur.
Escendere werde, da es seltne Nebenform von ascendere, auf- oder
empor steigert, ist, nicht, wie es heutzutage geschieht, gemissbraueht;
anwendbar ist es vielleicht nur beim Ersteigen einer gefährlichen
Höhe. Vgl. Ochsner Eclog. Cicer. p. 288. — Neue Wörter sind aber
327
esceiisfo und escefisvs, sei es in der Bedeut. Aufsteigen oder Ausstei-
gen (aus einem Schiffe), für ascetisus, ascensio oder exscensio, appuhus.
* Uebereilt gibt Grotefend ( Commentar. p. 73) als Plirase an: Escensio
non sine multa caede facta est. Escenms aber für ascenuvs ist ohne sicliere Auc-
torität, da bei Liv. (XXXIV, 28) und bei Tacit. (A. XIII, 39, 2) für escensu
jetzt ascensu steht.
- Esquilius, Esquilisch, ist P. Form für Esquili7ms.
Esse, sein. Unter Vielem merke man: Einem sein oder gehören
(wodurch der Eigenthümer und Besitzer ang:egeben wird) , lieisst
nicht o/«CMi*, sondern alicujus esse; z. B. dieses Haus gehört m«V-, nicht
mihi est, sondern mea est; — ist meinem Pater, nicht meo est patri,
sondern mei est patris. Bei geistigen und leibh'chen Eigenschaften
eines Menschen wird esse nicht mit dem Dativ, sondern mit in und
dem Ablativ oder in veränderter Redeweise mit dem Eigenschafls-
Genitiv oder -Ablativ ausgedrückt, und im erstem Falle wird mehr
inesse als esse gebraucht. Man sage nicht: Fratri meo magna est comi-
tas ( mollis ajiimus, morum suavitas ) , sondern infratre meo est oder
inest — . Jemand steht (ist) mit Einem in Freundschaft , auf vertrau-
lichem Fusse , nicht in amicitia , in familiär it ate , sondern alicui est
(intercedit) familiaritas cum aliquo (Cic. Att. VIII, 3, 2) u. a. — Zuerst
bei Livius (aber sehr selten, z. B. XLII, 4], 2), auch bei den iVach-
klassikern selten, und fast nur P. L. steht est mit dem Itijuutiv,\n der
Bedeut. man kann, darf, soll; z. B. est videre, audire, deprehendere,
man Icann sehen, höre?!, wahrnehmen. Es ist dies ein Graecismus, der bei
keinem Klassiker vorkommt, der sich aber bei den besten Neulateinern
nicht selten findet. So sagt Muret (Oper. T. I, p. 163 ed. Fr.) : quarum
(arborum) in ramis cernere est fructus fnites, wozu Ruhnken bemerkt:
Hie graecismus poetis proprius est, non orationis prosae scriptoribus.
So sagt auch Perpinian (Oratt. p. 23) : itaque videre est eos ; J. M. Ges-
ner : multa miserandaque erat audire ac videre — und so viele andere.
Wenn in dem deutschen sei?i mit dem Infinitiv das Müssen und Dür-
fen liegt, so braucht man das Gerundivum, z. B. videndus, audiendus,
deprehendendus u. dgl.; wenn das Kön?iefi darin liegt, das Verbum
posse, oder man ändert den Satz um; z. B. das ist flicht zußjiden,hoc
non reperitur , reperiri non polest. Vgl. darüber Heusing. Emendatt.
p. 403. Weber's üebungssch. p. 191 und Hand's Lehrb. p. 177, und
über die Stelle in Cic. Rep. I, 38, wo Mai zuerst las et illud videre est,
später aber richtig et illud vide , si — vgl. Heinrich's Anm. in seiner
Ausg. — Man verwechsele dieses est mit dem bifinitiv nicht mit Re-
densarten, wie: facile est haec cernere in primis puerorum annis, was
einen ganz andern Sinn hat. — N. L. ist: est meum , tuum (oder ein
sonstiger Genitiv) mit folgendem ut, da nur der Infinitiv darauf fol-
gen kann. Man sage nicht: est patris, ut te 77W7ieat, sondern te monere.
Mit Unrecht verwerfen Einige Redensarten, wie: stulti, prndentis,
sapienlis est, und wollen nur den Plural stultorum est, da doch
beides gleich Kl. ist. — N. L. ist: hoc meae est laudi, das dient zu
meinem Lobe ; patris est honori, dient zur Ehre des Vaters ; ornamento
urbis, zur Zierde der Stadt, — für hoc mihi est laudi, po/r/ est honori,
nrbi est ornamento; — kurz, zu solchen Dativen, wie laudi w. dgl. tritt
kein Genitiv und kein PossessivproTiomen , sondern nur ein zweiter
Dativ der Person. Wird der Dativ laudi, curae u. a. durch ein Adverb.
328
(mehr oder iveiiiger ) näher bestimmt, so wird weder mogis^ noch
minus, sondern majori, m.i?iori hinzugesetzt; z. B. das liegt mir ireniger
am Herzen, hoc minori mihi est curae , nicht minus. Falsch schrieb
nenlicli Einer: Avaritia mag-no est raalo hominum, für magno est komi-
nibus nialo. Unser von guten Elter?i, aus guter Familie sein heisst
7iatmn esse bonis parentibus, honesto loco, nicht blos a bonis esse paren-
tibus, ex bona esse familia, wiewohl richtig ist familia esse consulari
Ol] er fatnil/ae esse consularis. — Die Redensart in eo esse, ut — , an
dem, daran, im Begriff seilt, Etivas zu thun, ist im bessern Latein
nicht personal, sondern neutral ; z. B. als die Soldaten schoji daran (im
Begriffe) waren, die Mauern zu ersteigen, nicht cum milites jam in eo
essent, ut in muros evaderent, sondern cum jam in eo esset, ut milites
in m. evad. Vgl. Düker zu Livius II, 17, 5 u. Gronov. z. Liv. VII, 35,7;
ausserdem vgl. Prope. — N. L. ist sit, ut oder qzwmodocumque velit,
es sei, wie es wolle, für ut oder utciimque est. — Esse cum aliquo bedeu-
tet nur bei Jemände7i sein, mit ihm leben, nicht es mit Jemanden halten,
wag Stare cum oder ab aliquo heisst. Endlich über Redensarten, wie:
esset longmn,es iväre zu weitläuftig. für est longum, vgl. Th. I, §. 115.
Essentia, das Wesen, die Weseriheit, Beschaffenheit, soll nach Se-
neca (Ep. 58) von Cicero wörtlich für ot-a/« übersetzt sein, was man
aber nirgends bei ihm findet. Nach Seneca brauchte es auch ein ge-
wisser Fabian, und er selbst wandte es als Lückenbüsser in seiner
philosophischen Sprache an. Auch Quintilian erwähnt das Wort einige-
mal, legt es einem Sergius Flavius (bei Zurapt Platäus) II, 14, 2; III,
6, 23; VIII, 3, 33 bei, und nennt es hart, aber nothwendig, ohne es
weiter zu brauchen, was auch später nicht geschehen ist. Man brauchte
dafür vis, natura, proprietas.
Est. Ueber est videre, est reperire u. dgl. vgl. Esse.
Esuriare, aushungern, und esuriatus, ausgehungert, sind N. L. für
fame ?iecare, macerare, suffocare; fame ?iecatus oder enectus (Cic.
Att. IV, 3).
Esurtes, der Hunger, kommt selten vor, vielleicht aus der gemei-
nen Volkssprache entnommen, bei Coeiius (Cic. Fam. VIII, 1), sonst
nur Sp. L. für fames, i?iedia. Eben so selten und gemein ist esuritio.
Et in der Bedeutung auch werde nicht, wie es im JV. L. geschieht,
für etiam oder quoque gebraucht, indem man glaubt, es sei schöner.
Wo es bei Cicero vorkommt, hat es schwächere Kraft, als das stei-
gernde etiam, und dafür kann kaum et gebraucht werden. Daher ist es
nach Dietrich's Meinung am gerathensten, sich des et in diesem Sinne
ganz zu enthalten. — Nicht zu verwerfen ist et etiam, woinr man über-
all atqne etiam lesen will; denn et ist bei vorhergegangenem et noth-
wendig, und wenn etiam bei einem Comparativ steht, verstärkt es die-
sen und hat mit et keine Verbindung. Dietrich, der es vorher mit Znmpt
bezweifelte, verweist jetzt auf Cic. Fam. IX, 25, 3; XII, 18; XIII, 7.
Coel. 6. Divin. 1,58; Att. II, 1, 3; XVI, 16, 9. Sueton. Caes. 76. Aug. 19.
und auf Ilandii Tursell. T. II, p. 522. — N. L. ist et itaque, et quare,
et quapropter, wo et wegbleiben mnss; aber et igitur, et ergo (durch
andere Wörter getrennt) können stehen, wenn ein Gegenstand oder
Satz mit der Schlussfolge angereiht wird ; jedoch kommen dann öfter
et ideo, et idcirco vor. In der einfachen Schlussfolge aber sagt man
nur igitur und ergo, nicht mit et. Vgl. Hand's Lehrb. p. 232. — Sp. L.
329
ißt bei Aiifzählung'en et deinde, et post, et denique (ausser wo es und
kurz bedeutet, wie Cic. Rose. Am. 13); et muss hier wegbleiben. Man
sage nicht, wie Ruhnken. (Opusc. I, p. 39) : et caedem denique, und
endlich die Ermordung, für denique caedem; nicht (wie im Elog.
Hemsterh. p. 266): primum, ut eos juberet — et post, quid — , für
post, quid ; nicht (wie Mahne Crito p. 319) : ut primum — deinde ipso-
Tum — et denique, für denique. Wo aber deinde., post und de7iiq2ie die
Zeit anzeigen, da kann auch et oder ac davor stehen. — Ebenso ist A.
und Sp. L. et ecce, und siehe! für ecce! ohne et. — Theils — theits, et
— que, kommt erst seit Livius vor und ist selten für et — et. Auch
sage man nicht et — et vero, wie wir theils — theils aber, sondern
entweder blos et — et, oder non solum — sed etiam. — Wo wir als
Beisatz zu etwas Erwähntem sagen: tind das thust du (auch), und das
thut ihr (auch), sagt man nicht e^ hoc facis (etiam), et hoc facitis (etiam),
sondern ut facis, ut facilis oder quod facis, quod facitis, ohne et und
etiam. Vgl. Cic. Farn. VI, 2, 3; XIII, 19,1; Q. fr. 1, 1, 16. Senect. J7,59.
— Unser und noch dazu der, und noch obendrein der heisst nicht et
ad hoc is, et insuper is, sondern blos et is ; z. B. vergiss nicht, dass du
Cicero seist, und noch dazu der, welcher — , et eum, qui — (Sulpic.
Cic. Farn. IV, 5, 5). Vgl. Anleitung §. 116. — Es ist gewöhnlich, dass
für et wow, wenn der ganze Satz verneint werden soll (nicht ein einzel-
nes Wort des Satzes), wec oder neque gesagt wird; ebenso necunquam
für et numquam; 7iec quisquam für et ?iemo, et ?iullus ; nee usquam für
et nusquam ; necdum, neque dum für et nondum u. a. Vgl. Anleitung
§. 578. — Falsch ist; quaeritur, quid faciendura et non faciendum si(,
was zu thun und nicht zu thun sei, für quid fac, non faciendiimve sit
(Cic. Fin. I, 14, 47), oder quid fac. sit , aut non faciendum (ib. IV,
17, 46). Vgl. wwi^x Aut. — Falsch ist auch: nihil e^ingenioe^ doctrina
valet, für nihil neque ing. neque doctr., oder nihil vel ingen. vel doctr.
Talet, — In Sätzen, wie: lies das Buch, ufid du wirst finden, schiebt
man nicht et ein, sondern sagt: lege librum.^am iutelliges. — Wenn zu
der unbestimmten Angabe eines Tages, z. ß. den Tag vorher (nachher),
noch der Tag bestimmt beigesetzt wird, z. B. 7iemlich oder U7id das
war den (am) erste7i Januar, so sagt man id est Kalendis Januariis
oder qui fuit dies Kale7idarum Ja7iuariarum. Ueber et oder ac simul,
welche oft für ide7u stehen, vgl. Simul.
Et quidem, U7id zivar, werde nicht gebraucht, wenn ein vorausge-
gangener Name oder ein Wort mit einem den Gedanken erhöhenden
Zusätze iviederholt wird; hier reicht et oder (doch seltner) atque hin;
z. B. mein Schwiegersohn und ztvar mein Schw. Piso, gener. meus et
Piso gener, nirht et quidem Piso geuer (Cic. Sest. 24, 54) ; von ei7iem
Volkstribu7i U7id zwar von dem Folkstrib. Curio, a tribuno plebis, et a
Curione tribwio (Cic. Fam. II, 7, 4) ; und so noch oft, z. B. lex erat
lata, et ea lex, U7id zwar das Gesetz (Cic. Sest. 24, 53) ; et quaestor
est, et quaestor tuus, ?md zivar dein Q. (Cic. Fam. II, 18, 2) ; magna
vis est conscientiae, et mag7ia in — , 7nid zwar gross in — (Cic. Milo
23, 61) ; turbam coiigregat ignotorum deoruni, atque ita ignotorum — ,
und zwar so unbeka7inter (Cic. N. D. I, 15, 39). Vgl. Cic. Rabir.
perduell. reo 3. Sest. 24, 53; 36, 78; Sull.6 extr. Fam. VI, 12. Muren.
7, 15. Leg. Man. 3, 7 u. a. — Incorrect sagt daher Muret. (Explic. Cic.
Catil. III, epist, dedic.) : ubi ipsae inter se disside7it reip. partes, et
330
quidem Ha dissident, für atque ita dissident. Wo aber kein Wort wie-
derholt wird, sondern nur noch eine ?iähere Bestimmtwg mit und zwar
hinzutritt, da ist et quidem und negativ nee quidem (Cic. Farn. VI,6, 1)
ri<!hti^\ z. B. ego cum illo locutus sum, et snepius quidem, und zwar
öfter (Cic. Att. XVI, 16, 5 in einem Br. an PJancus) ; veniet tempus,
et quidem celeriter (Cic. Tusc. I, 31, 76) ; orania videntur subita majora,
et quidem ob daas causas (ib. 111,22, 52) ; conscende nobiscuni, et qui-
dem adpuppim (P^am. XII, 25, 5). Vgl. noch Phil. II, 31. Att. X, 8, 6;
XIV, 11. Farn. IV, 13, 9. Unerhört aber ist der Gebraucli von et qui-
dem, wo es ganz unnölhig ist, z. B. in Lucae evangelio capite secundo et
quidem versu decimo, oder: apud Homerum in lliade et quidem iibro
secundo, oder: in Iliadis Iibro secundo et quidem versu decimo, oder:
in vita Rulinkenii et quidem in scholiis (und zwar in den Anmerkungen).
Vgl. Wyttenb. Opusc. I, p. 343. — Bei zwei Vorliergenannten heisst
im näher bestimmenden Zusätze und zwar der ^/we, nicht et alter qui-
dem, sondern blos alter quidem., z. B.: P. Crassum et P. Scaevolam
ajunt Tib. Graccho auctores legum fuisse, alterum quidem palam (und
zwar der Eine), alterum obscurius (Cic. Acad. IV, 5, 13).
Etenim steht fast nur voran und wird nicht eingeschoben, und wo
es bei Cicero und sonst nachgesetzt vorkommt, scheint die Lesart un-
richtig; wenigstens ahme man es nicht nach. Vgl. Hand. Tursellin.
T. II, p. 544. Wunder Cic. Plane, p. 123. Fabri z. Liv. p. 323 u. Rei-
sig's Vorles. p. 462.
Ethnicus als Subst. imd Adjectiv, der Heide und heidnisch, kommt
zwar später als gentilis und idololatra (tres), sowie ethnicismus fast
JV. L. für gentilitas, vor, ist aber neben den andern nicht zu verwer-
fen, zumal da es sich im Gebrauche mehr festgesetzt hat. Perpinian
(Oratt. p. 75) sagt ethnici homines. Andere sagen homo profamis,homo
non christianus, oder umschreiben es durch sacrorum christianorum
espers, qui gentilis (idololatres [tra], ethnicus) vocatt/r, veri divinicultus
expers. Eine von diesen Ausdrucksweisen ist ausser dem theologischen
Zusammenhange nothwendig, da es sonst eine falsche Idee gibt. Vgl.
Weber's Uebungssch. p. 407. Dietrich's Sintenis p. 144, und unten
Paganus.
Etiam, auch, kann oft eben so wenig wie quoque da gebraucht wer-
den, wo wir auch zu setzen pflegen, indem beide fast nur dann stehen,
wenn nach etwas vorhin Erwähntem eine neue Person oder eine wewe
Sache angegeben wird. Wenn aber von ebenderselben Person oder
Sache die Rede ist, und dersell)en zwei Praedicate beigelegt werden,
wo wir er auch, auch er, auch dieser statt ebenderselbe sagen, ist is
etiam, etiam is, is quoque Ä\ L. für idem; z. B. musici, qui iidefu
(welche auch) quondam erant poetae; Libera, quam eandern (welche
man auch) Proserpinam vocant; ibi mihi Tullia mea fnit praesto nalali
suo ipso die, qui casu idem (welcher zufällig auch) natalis erat Brun-
disiiiae coloniae (Cic. Att. IV, 1, 4). Vgl. Matthiae Cic. Arch. 7. —
Neulateiner fehlen oft, z. B. Chr. Saxe (Onom. P. II, p. 450): Sincerus
Hollandus, qui etiam (für idem) Petr. Burmannus major est. — Wenn
aber in auch mehr das adverbiale ebeiifalls liegt, so heisst es item. —
N. L. ist et hoc etiam facis u. dgl., 2ijid das thust du auch; vgl. unter
Et. — Unser noch auch nach weder heisst blos neque, nicht neque
etiam, z. B. neque hos novi, neque illos (noch auch jene). — In den re-
331
lativeii Verbindungen tvo mich, wie sehr auch, trieviel auch, wer (wel-
cher) auch, wenn auch (oft mit dem Adv. nur) tritt weder etiam, noch
iantuvi hinzu ; man sagt also bloss ubicunque, quamvis, quamvis multus,
qumaique oder quisqnis, qnandocunque ; z. B. quamvis multa (ivie Vie-
les auch) docti dica?it; quoquo tempore (zu welcher Zeit auch) fiel (Cic.
Aft. IX, 10, 9). Falsch sagt C D. Beck: qiiidquid etiam\\n\m\\\s oppo-
suerit, für quidquid opposuit (denn auch der Conjunctiv ist falsch).
— In den Redensarten noch viel mehr, ?wch viel grösser u. dgl. sagt
man multo etia?n magis, multo etiam major, nicht etiam multo 7nagis,
eliam multo fnajor. Vgl. Dietrich's Sintenis p. 33. — Unser auch nicht
mit dem Zusätze wen7i dos wäre heisst 7i07i siidsit, aber nicht etinni
von oder nee siid sit, z. B. Liv. VII. 10, 2injussu tuo numquam pugna-
verim, no?i si (auch flicht ivenn) certam victoriam videam. Ferner heisst
wenn auch, für auch wenn, obschon, nicht si etiam, sondern etiam si;
ipenfi auch nicht, etiam si noji, und we7in auch sogar nicht oder sogar
auch wenn nicht, ne si — quidem. Unser so auch in Vergieichmigs-
sätzen nach wie (ut, quemadmodum) übersetzt man nicht durch Ha
oder sie etiam, sondern blos durch ita, sie, item oder simillime. Vgl.
Schirlitz Unterhalt, p. 186. — Endlich ist etiam non, auch nicht; et
etiam non, und auch 7iicht; sed etiam non, aber auch nicht, in Gegen-
sätzen fast N. L. für ne — quidem (flieht ei7imal). Man sagt daher :
Nemo ne minimum quidem maleficium (auch flieht das kleinste Verbre-
chen) sine causa admittit (Cic. Rose. Am. 26, 73) ; nulia we 7ni7iima
quidem aura (kein hiiftchefi, auch nicht das kleifiste) fluctus agitat (Cic.
Tusc. V, 6) ; üemosthenes neniini, ne Cicero?ii quidem (auch 7iicht defu
Cicero) cedit; ne posiea quidem, auch sogar fiachher nicht; ne seftiel
quidem, auch 7iicht ein ei7izigesmal. — N. L. ist auch fiec vero etiam,
aber auch nicht, für nee vero oder blos 7iec oder verstärkt ne quidem.
Falsch ist 7iec vero magis etiam illud arridet; nee vero etiam quem-
quam fugit; nee vero etiam majoris momenti altera est ratio. Vgl. noch
Weber's Uebungssch. p. 216.
* Der sei. Passow leugnete , dass etiam auch nach seinem Worte stelle , was
jedocli auch bei Cicero, wiewolil selten, vorkommt. Vgl. Cic. Tusc. IV, 28, 60.
Divin. ], 26, 53 und Zumpt z. Cic. Ofl'. I, 24. Man stelle es aber nicht getrennt
von dem Worte, wozu es geliort, wie es Liv. (XXXIV, 24) gestellt haben soll:
ad Aetolos legatum etiam misit, da doch etiam zu ad Aetolos gehört. Auch möchte
bei Cicero selten sicher stehen: etiain illud addo, addam etiam illud, für illud
etiam addo, addam ilhid etiam. Vgl. Klotz Cic. Lael. p. 165 und Reisig's Vor-
lesungen p. 430.
Etiamdian, auch noch, was Schütz in vielen Stellen bei Cicero für
etiamtum gesetzt hat, wird für N. L. gehalten; wo es noch vorkommt
(z. B. Cic. Att. XIII, 31), wird es verworfen. Vgl. Orelli. — Richtig ist
etiamfium und etiamtum ; aber etiamnwn in der Bedeut. ausserde7n,
wie wir dafür auch sagen auch fioch, ist N. Kl. für praeterea. Man
brauche aber jenes etiufnnum oder etiamnunc, worin Gegemvart ange-
deutet wird, nur von etwas Gegenwärtigem, hingegen etiamtum oder
etiamtunc, worin Vergangenheit angedeutet wird, von etwas Vergan-
genem, mag auch bisweilen der eine und der andere Schriftsteller
Aon diesem Gebrauche abgewichen sein, wie denn in Briefen die Ver-
gangenheit für die dem Schreibenden dauernde Gegenwart gilt. Vgl.
Klotz zu Cic. Lael. deutsche Ausg. Vorr. p. X. — Etwas Sicheres und
Festes hat man über den Gebrauch beider Formen noch nicht. Vgl.
332
HaiuHi Turselliii. T. 11. Herzog z. Caes. B. G. YI, 40 u. Kritz Sallust.
Ca(il. 2, 1. Für de» Gebrauch im Lateiiiischschreiben reicht jenes hin.
Kuhoeus, Eubölsch, ist P. L. für Eiiboicus.
Eiiergetes, der Wohlthäter, werde als fremdes (g'riechisches) Wort
niclit falsch gebraucht; man setze es nur da, wo es als Benennung nö-
thig ist, sonst aber vir oder homo beiießcus, de aliqiio bene meritus.
Eupheim'sticus ist N. L. und weder griech. noch lateinisch; es
werde ganz vermieden entweder durch j!;e/ euphemismum oder durch
tri'stitiam rei Jenitote verbi mitigans.
Etiropae/'cus, Europäisch, ist N. L. Form für Europaeus.
Evacziare, ausleeren, kommt N. KL beim altern Plinius vor, ist
aber unnötliig wegen vacuum facere, vaciiefacere, exhaurire u. a.
Evadere in der bildlichen Bedeut. entgehen, z. B. einer Gefahr,
wird verbunden mit es, also e periculo, e morbo (Cic. Divin 11, 5, 13);
in der Bedeut. aufsteigen auf einen Ort, in locum (Cic. N. D. II, 37).
Es -bedeutet nur dann werden, wenn darin der Begriff s?cA hervorheben,
sich zeigen liegt, oder wenn das Ausgehe?! (tvohin), das Auslaufen mit
werden fast zusammenfällt; z. B. wenn irgend ein Traum wahr geiror-
den ist, d. h. wenn er als wahrer ausgegangen ist, si somnium verum
evasit aliquod (Cic. Divin. II, 71) — und so Cic. Leg. II, 17,43. Brut. 35.
Verr. II, 3, 69. Phil. II, 7. Rep. I, 43. Orat. I, 28, ^Q (tales non pos-
sunt oratores evadere, aus solchen können heine Redner werden). —
N. L. ist es gewiss, wenn Mahne (Crito p. 286) von der Geographie
sagt, sie diene dazu, ut de locis, ubi quid gestum sit, certiores evada-
musy wo wenigstens flamus besser gewesen wäre. Man merke noch,
dass: toas tvird daraus werden? ivie wird dieses ablaufen? quorsum
hoc evadet? heisst. — iV^. L. ist es auch, wenn Majorag. (Oratt. 15,
p. 314) sagt: nonnunquam i?i praestantes viros evadunt, iür praestan-
tes viri (als Nominat.).
Evagari, ausschtveifeii. auf fremde Dinge kommen. Es ist zweifel-
haft, ob es von der Rede gesagt werden köima, z.B. oratio longius eva-
gatur, für vagatur, excurrit, digreditur, abit, labitur, prolabitur. Vgl.
Cic. Divin. II, 37, 79 Inbor longius; Leg. I, 19,52 labebar longius;
Caecin. 35 prolabi longius; Orat. III, 49 oratio excurrit longius.
Evaginare, aus der Scheide ziehe?!, ist Sp. L. für e vagina educere,
Vagina nudare, und bei gladium blos stringere, distri??gere.
Evalescere, stark, kräftig ?verden, erstarken, ist N. KL und selten;
bei Quintilian kommt es einigemal vor, für fir??iari, co?ifirmari, in-
valescere u. a.
Evangeli?i?n ist nur in der kirchlichen Sprache für die Evangelien
des N. Testamentes beizubehalten, aber nicht in der Bedeut. frohe
Botschaft, in der es Cicero (Att. II, 3), aber griechisch, braucht; da-
für sage man bo?ius, laetus — mmtius. Wenn aber Muret. (Expl. Cic.
Cat. II, 1, 1) sagt: ii qui suave?n (für bonum, optatum, exoptatum, lae-
tnm) aliquem nuntium afferunt, ita grati solent esse, ut eos plerumque
eva?igeliis prosequamur, so braucht er es in der ungewöhnlichen Be-
deutung Danksagung, also für gratiaru??i actio.
Evanidus, vergehend, vergänglich, ist P. und A^. Kl. und kommt
bei weniger guten Schriftstellern vor, iür fragilis, caduciis.
Evastare, verwüste??, steht fast nur bei Livius für vastare.
Evectio, die Ausfuhr (von Waaren), ist Sp. L., und eveclus kommt
833
zwar bei Varro und dem altern Pliniiis vor, ist aber unnöthig wegen
esportatio.
Evellere, ausreissen; das Perf. heisst Kl. nur evelli, nicht evulsi.
Evenire ist in der Bedeut. herauskommen, hervorgehen selten und
fast nur P. L. für egredi, provenire, prodire. Ein Loos kommt heraus,
sors ejccidit, exit, nicht evenit. Vgl. Mentken. Observ. p. 336. — Eve-
nire tisu in der Bedeut. begegnen, sich ereignen, halten Orelli (Cic. Tusc.
p. 354), R. Klotz u. Andere für unlateiiiisth, und wollen dafür vsu
venire; anderer Meinung ist Lindemann. Vgl. auch GraulF zu Bunelli
Epist. p. 760.
Eventum, das Ereigniss., der Erfolg, kommt selten und fast nur im
Flur, vor; gewöhnlicher ist evenlus nai h Oecl. IV., sowohl im Sing.,
als im Flur. — Wiewohl eventus der Erfolg heisst, so ist es doch D.h.,
zu sagen: hoc edictam sine eventu fiiit oder eventum non hahuit,
war ohne Erfolg, hatte keinen Erfolg, für irritum fuit. Vgl. Weber's
Uebungssch. p. 356.
Evidenter, augenscheinlich, findet sich zwar erst bei Livius, ist
aber gut, da evidefis Kl. ist ; aber evidenter videre, deutlich sehe7i, ist
ohne Beispiel ; man sage dafür plane, aperte, penitus, perspicue videre.
Evincere ist in der Bedeut. überführen N.L. für convincere ; eben-
so evictus, überführt, für co7wictus. Es stand sonst in Cic. Verr. 1, 1, 1,
aber jetzt hat man dafür ausHandschr. co//t7c^2/s gesetzt. In der Bedeut.
besiegen kommt es erst bei Livius vor, ist aber neben vincere, da es
den Begriff stärker bezeichnet, wohl zu brauchen.
Evolare, herausfliegen, entgehen, wird nur verbunden ex aliqua re,
nicht ohne ex. Früher stand zwar auch bei Cic. (Frov. consul. 6) quam
poenam evolarunt, aber seit Ernesti steht dafür nach den Handschr.
qua e poena.
Ex ; vgl. E.
Exacerbare , erbittern, er%ürnen, kommt zwar erst bei Livius vor,
ist aber neben irritare ^ exulcerare , exagitare, ira incendere wohl zu
brauchen. — N. L. aber ist exacerbatio, die Erbitterung, für irritatio
oder mit dem Verbo.
Exactus in der Bedeut. genau, vollkommeit von Sachen und Perso-
nenist erst N. KL, höchst selten und kaum nachzubraucheu für diligens,
perf e et US , und bei Sachen accuratus. Ganz Sp. L. ist das Adv. exacte
für diligenter, accurate u. a., welches daher ganz zu vermeiden ist.
Exadversus oder exadversuni findet sich höchst selten mit dem
Jccusat. verbunden, wiewohl einmal bei Cicero; dafür e regione mit
d, Genitiv oder contra m. d. Accus.
Exaequare, Einen einem Andern gleichstellen, gleichmachen, wird
verbunden aliquem cum aliquo oder alicui.
Exaltare ist in der Bedeut. erheben, erhöhen höchst selten; so bei
Seneca, doch ist es zu vermeiden durch extollere, efferre, evehere u. a.
In der Bedeut. ausgraberi, für effodere, ist es Gem. L. und kommt nur
bei Columella vor.
Examen ist in der Bedeut. Prüfung, Untersuchung P. und Sp. L.
Audi sagt man nicht examen habere, eine Prüfung halten, sondern
examinare, explorarc, exquirere, quid sciant, quid didicerint discipuli;
auch cognitio discipuloriim.
Examussim , genau, vollkommen , ist A. und Gem. L., und wurde
334
später wieder hervorg^esiicht ; heutzutage ist es nicht zu brauchen,
und man setze dafiir accurate, dilfgejiter u. a., wie es der Sinn fordert.
Exantlare ist nach F. A. Wolf (zu Cic. Tusc. I, 49, 118) falsch
latein. Form für exmiclare, ausschöpfen, ausdulden., überstehen. Es ist
ein altes Wort, findet sich aber noch bei Cicero nicht nur in Versen,
sondern auch in Prosa, jedoch nur mit dem Accus, von labor verbun-
den, ea:<2W^/. laborem, grosse Mühseligkeit bestehen. Schon 50 Jahre
nach Cicero war es, wie Quintilian sagt, veraltet und wurde nicht
mehr gebraucht ; man setze also datüv perfu?igi, sustinere, tolerare,
perferre u. a. Gegen den alten Gebrauch ist es aber, wenn Ilemsterh.
(Oratt. p. 133) sagt: post esantlatos in hoc studio binos (für duos)
annos., indem annum, diem u. a. exantlare nur P. L. ist.
Exa7iimis oder e.vanimus, entseelt, ist fast nur P. L. und in Prosa
selten für das KL exanimatus.
Exarare in der Bedeut. schreiben, aufzeichnen, lässt sich von dem
Griffel der x\lten recht wohl auf die Feder übertragen, und kann also
für scribere gebraucht werden; aber nicht zulässig ist es, es vom
Drucken zu gebrauchen, typis exarare, für typis describere,expri7nere,
imprimere. Uebrigens liegt in exarare, was nur von dem Schreiben
auf Wachstafeln gebraucht wird, nur das flüchtige Hinwerfen im
Brouillon, und es passt daher nicht wohl für das bedächtige Abfassen
einer Schrift.
Exnrdere ist N. L. Form für exardescere, welche Jul. Pogia-
luis ( Epist. T. I, p. 58) braucht, der exardeo sagt. In Ernesti's Lex.
Livianum wird Exardere erwähnt, und aus X,23 exardet altercatio
angeführt; aber dort steht exardescit.
Exarmare, entwaffnen , ist iV. Kl. und findet sich bei Seneca, Ta-
citus und Aehnlichen für armis spoliare oder exuere.
Exasciare ist N. L. in der Bedeut. ausglätten, vollkommen ?nacheti ;
es ist gebildet aus dem y^. L. exasciatus bei Plautus; man gebrauche
dafür pe?ßcere, absolvere, consunifnare. Es gehört zum zierlichen Latein
der Neuern, und ist so schön, wie unser aushobehi, von einem Geistes-
werke gesagt, sein würde. — Lächerlich ist doctrina oder disciplina
exasciata, lingua exasciata , und was man sonst im N'. L. so genannt
findet.
Exasperare , erbittern, aufreizen u. a., kommt erst seit Livius vor,
und ist, wie exacerbare, nicht zu verwerfen; aber exasperatio ist erst
Sp. L.
Exaudire bedeutet in der bessern Prosa nur deutlich, vernehmlich
höreii, nicht erhören, das Gehörte gewähren ; und so ist preces exaudire
nur P. L. ; Kl. wird dafür nur preces atidire oder ad?nittere preca-
tionem (Liv. XXXI, 5 u. das. Gronov) gesagt.
Exredere, herausgehen , wird bei Oertern verbunden loco, ex loco
und locum. Der AcLUsativ wird in bildlicher Bedeut. immer gebraucht,
kommt aber noch nicht bei Cicero und Caesar vor, seit Livius alier
oft N. Kl.., z. B. excedere modura, das Maass überschreite?!, exced.ßdem,
die Glaubwürdigkeit u. a. überschr.
Excellentia , die Vorzüglichkeit , der Forzug. Unser vorzugsweise
(yuT i'^o/^rr) übersetzt man oft mit Seneca (Ep. 58, p. 176 ed. Schw.)
per excell€7itiam ; besser wohl mit Cicer. (Topic. 13,55) propfer excel-
leniiam. Ausserdem passt auch oft proprie (Cic. 1. c), praecipue, prae
335
ceten's, eximio nomine, z. B, nliquem oder aliquid nominare \\. dgl. Vgl.
Eminentia.
Kxcellere, sich auszeichnen. Nur bei Gelliiis findet sich die Perfect-
form excellui, welche heutzutage oft gebraucht wird, sonst nirgends;
äa{ürßori/i, vigui, eminui, praestiti u. a. Jene Form werde vermieden. —
Sich auszeichne7i in Etwas heisst excellere in aliqua re ; durch Ettvas,
aliqua re; unter Einigen, inter aliquos, und vor Einigen meistens mit dem
J)at., aliquibus (Cic. Fin. III, 2, 8 vir omnibus escellens, der sich vor
MIen auszeichnet)^ oder mit praeter oder super; nirgends aber mit
prae, wie bei 3Iuret. (Explic. Cic. Catil. I. 12) : aut unum jiffie celeris
excellere. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 239.
Exceptio, die ^u.s7iahme, ist gut und Ä7., aber nicht in der Redens-
art ^fle ohne Ausnahme , omnes sine exceptione ; dafür sagt man ad
unum omnes.
Exceptus , ausgenommen , kommt häufig mit dem Abi. eines sub-
stantivischen Wortes vor, z. B. me,iUo,patre excepto ; nobis^illis^patri-
bus exceptis. Richtig ist auch duobus exceptis, zwei ausgenommen;
aber einen oder höchstens zwei ausgenommen heisst excepto ufio aut
summtim altera, nicht duobus. Ferner Alle, keinen ausgenommefi heisst
omnes ad unum; ausgenommen dass oder wenn heisst Kl. nisi quod,
praeterquam quod, si modo, modo, dum, nisi, je nachdem das eine oder
das andere passt; erst N. Kl. excepto s?*oder ^'e/or/, jedoch so bei Pli-
nius und Quintilian. In jnristischen Formeln steht, wenn exceptio vor-
angegangen ist, auch extra quam si — mehrmals bei Cicero.
Excerpere , herausziehen, herausnehmen. Man sage nicht librum
excerpere nach uuserm Deutschen ein Buch ausziehen . sondern ex
libro excerpere , wozu denn das, was man auszieht, in allgemeiner An-
deutung dazu tritt, z. B. qnaedam, quae placent, veroa, exerapla u. dgl.
Nirgends aber kommt vor excerptum und im Plur. excerpta, Auszüge,
für electa; daher heisst ein Excerptenbuch , electorum commentarius
(Plin. Ep. III, 5).
Excessus, der Alisgang; — aus Etwas entweder mit ex oder mit
dem Genitiv, z. B. e vita und vitae, aus dem Leben. In der Bedeut. das
Vergehen, die Ausschweifung, der Excess ist es Sp. L. für delictum,
peccatum, petulantia u. a. ; ebenso in der Bedeut. Uebermaass,{nr im-
moderatio, oder mit dem Verbo excedere modum, oder der Redensart
praeter modum.
Kxcipere ; vgl. Exceptus.
Excitare wird oft im N. L. ohne Auctorität in der Bedeut. arif/ih-
ren, erwähnen gebraucht, nicht allein verbunden mit scriptores, son-
dern sogar mit locos, testimonia u. a. Vgl. Adducere und Citare.
Excludere, ausschliessen ; — Einen von Etwas, aliquem ab aliqua
re oder ohne ab mit d. Abi.; aber Ju?tge aus den Eiern ausbrüten, excl.
pullos ex Ovis.
Exclusio, die Ausschliessung, ist selten, und kommt nur A. L. und
i\'. Kl. bei Vitruv vor; es werde durch die Yerba excludere, eximere,
sejungere u. a. vermieden.
Exclusivus und das Adv. exclusive sind ä\ L. für hoc (eo) excluso,
excepto, ita ut hoc (id) excludatur^ eximatur u. dgl.
Excommunicare, in den Bann thun, vofi der Kirche ausschliessen,
und excommu?2icatio, der Kirchenbann, sitid Sp. //.Wörter kirchlicher
336
Schriftsteller, welche zur Bezeichnung der neuen Kirchensitte kaum
zu entbehren sind. Man hat dafür vorgeschlagen : sacris oder rebus
divinin (oder sacra, res divinas) alicui interdicere, was gut und Ä7. ist;
aliqueni devovere, a sacris aliquem excludere, sacrum cdiquem esse ju-
bere, e chn'stü/norum homtnum communttate exterminare, ex numero
christianorum ejicere oder expellere, ab ecclesia christianorum exclu-
dere u. dgi. Als Subst. mag etwa devotio gelten, nur nicht, wie Petr.
Bembus wollte, aqua et igni interdictio. Im politischen Sinne, in die
Acht erklären, brauche man lieber proscribere, und für Achtserklä-
rimg, proscriptio.
Excrementosus, voll Excremente, kommt N. L. bei Burmann vor
(Petron. p. 275) : excremejitosa caro anatina creditur.
Excrescere, auf- oder emporwachsen, kommt selten N. Kl. in ge-
meiner Prosa vor, besonders beim altern Plinius, für crescere, efflore-
scere, adolescere. Ob es" von einer Person gesagt werden kann, ist zu
bezweifeln; Valcken. sagt z. B. (Oratt. p. 230): Philippus in quantum
virum excrevit, zu was für eine7n grosseTi M. wuchs er auf.
Excubare verbunden mit ova, Eier ausbrüten, was ehedem beiCo-
lumella einigemal stand, ist in den neuern Ausgg. verworfen, und man
hat dafür excludere gesetzt.
Excudere librum, mit und ohne typis, in der Bedeut. drucken, ver-
wirft mit Recht F. A. Wolf (Analect. I, p. 490) ; es stimmt mit dem
Gebrauche des Verbi nicht überein, indem weder in Wachs, noch in
Metall geprägt und gedruckt wird. Im N. L. kommt oft vor librum
excudere und über excusus. Vgl. Exarare und Imprimere. Einige ver-
stehen unter excudere, ausbrüten, gleich excludere, was Cic. einmal
scherzhaft bildlich vom stillen Ausarbeiten einer Schrift gebraucht
habe.
Excurrere. Sehr Sp. L. ist die Redensart et quod excurrit, und
tras drüber ist, und drüber (bei Zeitangaben), z. B. acht Jahre und
drüber, octo anni et quod excurrit, für octo anni et amplius oder annt
octo amplius oder amplius octo anni; ein Jahr und drüber, amius et
quod excurrit, für plus annum. Heutzutage wird leider diese Redens-
art oft gebraucht, und kommt sogar mehrmals in Ruhnken's Briefen
vor; auch bei Wyttenbach (Mahnii vita Wyttenbachii p. 160): ja/« duo
et quod excurrit sunt tnenses, quod u. s. w., für j am amplius octo men-
ses sunt, cum u. s. w. Vgl. auch Ochsner Eclog. Cicer. p. 394.
* Grotefend (Commentar z. d. Material, p. 73) bezeichnet diese Redensart
als Livianisch , indem er als Phrase angibt: efßcere numerum milium hominum
cenümi et quod excurrit, mit dem Zusätze: Liv. — Allerdings mag wohl efjicere
numerum bei Liv. vorkommen, aber gewiss nicht die Redensart quod excurrit.
Excursus in der Bedeut. tveitläufigere Erörterung eines Gegen-
standes auf Veranlassung einer Stelle eines Schriftstellers, sollte we-
niger, als es seit Heyne geschieht, gebraucht werden, da es ohne
Auctorität ist, zumal da eine Abschweifung in der Rede mehr excur-
sio, digressio oder egressio heisst.
Excusare, etitschtildigen ; sich mit Etwas entsch., nicht se excusare
aliqua re, sondern alicujus rei causa oder aliquam rem; z. B. ich ent-
schuldige mich mit Krankheit, me excuso oder excusor inorbi causa
oder excuso morbum; Etwas entschuldigen heisst theils excusare ali-
quid, theils se de aliqua re excusare; Einen oder Etwas bei Jemanden
337
entschuldigen, aliqnem (aliqtiid) alicui, selten a])nd oliquem esciis.;
sich ivegeii einer Sache mit Etwas e?itsch., se esc. de aliqua re mit der
Coiijuiict. qiiod und dem Conjuuctiv. Vgl. Caes. B. G. IV, 22, 1. Kut-
sc/izildigung mit Etivas heisst excusatio alicujiis rei, z. B. mit dem
j4lter, aetatis. Vgl. Dietrich's Siiitenis p. 136. 137 und m. Anleit.
§. 427 u. 455.
Ejccutere, welches auch ausschütteln, untersuche?! und ausforschen
heisst, rauss vorsichtig angewandt werden, da z. B. quaestionem excu-
tere in der Bedeut. eine Frage untersuchen, nirgends vorkommt.
Exegesis, die Erklärung, welches nirgends bei einem Lateiner
vorkommt, wird unnöthig für explanatio, explicatio u. a. gebraucht.
Vgl. Expositio.
Exemplar^ Muster, Vorbild. Man sage nicht exemplar ducere, zum
Muster, zum Vorbilde nehmen, wie Ruhnken im Elog. Hemsterh., son-
dern exemplar oder exemplnm sumere. Vgl. Exemplum.
Ex(jniplnris, exemplarisch, musterhaft, ist sehr Sp. L. und nicht zu
brauchen ; von einer Person sagt man dafür sanctus, vir exempli recti,
vir singularis exempli, exemplum innocentiae. Nirgends kommt als
Adv. e.vemplariter vor, für unser exemplarisch. Einen exemplarisch
bestrafe?! heisst in aliquem insig?ie docunientu?n dare (Liv. I, 28) ;
exemplum severitatis in aliquo edere (Cic. Q. fr. I, 2, 5) ; poe?ia ali-
quem ofßcere, ul exemphmi statuatur oder ut aliis documento sit.
Dahin gehört auch, was Caes. (B. G. Vlll, 44) sagt: exemplo suppli-
cii (durch exemplarische Bestrafung) reliquos deterrere. Vgl. auch
Statuere.
Exemplum, das Beispiel. Man sage nicht exemplum severitatis u. dgi.
dare, ei?i Beispiel — geben, sondern exempl. sever. edere. A?i Jeman-
den ein Beispiel (Muster, Vorbild zur Nachahmung) neh?nen heisst
exemplum (sibi) petere ab aliquo (Cic. OfF. 111, 4); exemplum capere de
aliquo oder sianere ex aliquo, wozu noch sibi treten kann. — P. L.
aber ist aliqtiem i?i exe?nplum sumere. Ei?i böses Beispiel (Andern) ge-
be?! heisst periculosa?n exe?npli imitatione?n (aliis, reliquis) prodere
(Cic. Flacc. 11). — Man verwechsele nicht exempli oder verbi causa
oder gratia mit dem einfachen ut oder velut, indem man jene Aus-
drücke (oder dafür abgekürzt e. c, e. gr.) nur zu oft für unser zum
Beispiel braucht, da sie doch nur da gebraucht werden dürfen, wo
der Sinn ist: um ei?! Beispiel anzugeben, und wo sie mit einem Verbo
oder einem ganzen Satze zusammenhängen, und wo ein historischer
Fall, eine ganze Sentenz, ein ganzer Satz angeführt wird. So in Redens-
arten, wie: aliquos exempli causa nominare, Ei?iiä;e zum Beispiel, d. h.
als Beispiele nennen; nomen aliquod exempli causa invenire, afFerre u. a.
— Wenn dagegen durch zum Beispiel oder wie zum Beispiel nur ein-
zelne Gegenstände, Namen, Wörter, Redensarten u. dgl. als Erklärung
und Erläuterung beigefügt werden, wo denn oft nichts weiter darin
liegt, als unser ?!ämlich, sagt man blos ut oder velut, welche mit kei-
nem besondern Verbo in Verbindung stehen. Wenn Cicero (Inv. I,
22, 32) sagt: Gattung ist, was mehrere Theile in sichfasst, zum Bei-
spiel Thier, so heisst dies: ut ani?nal; oder: auf ähnliche Weise wird
erklärt der Weiber Hass, wie zum Beispiel der des Hippolijtus, u?!d der
Me?!schen Hass, zum Beispiel der des Timon, — tit Hippolyti, ut Ti-
monis. Und so heisst tvie zum Beispiel in dem Sinne des einfachen wie
22
338
nur tit. Sehr lächerlich wäre es, dafür zu sagen 7it exempli causa,
z. B. vt cum exetiipli causa ridemus, wie inenii wir zum Beispiel lachen,
für ut cum ridetnus. — Vgl. auch Haud's Lehrb. p. 154 u. Weber's
Uebungssch. p. 453.
Ksemphis; vgl. Fjximere.
Exercere. Man gagt se exercere oder exerceri aliqtia re oder in ali-
qua re, sich in Etwas üben, sich mit Etwas beschäftigen^ auch z. B. in
laboribus, in casibus, sich mit Etwas quäleii, plagen. Bei Uebungen des
Körpers wird für die Person, die sich übt, mehr corpus gebraucht,
z. B. ^ur juve7ies exercentur sagt man lieber corpora juvenum exerc.
In den Redensarten: Grausamkeit, Milde u. dgl. ausüben gegen Jeman-
den, an Jemanden, wird, wie im Deutschen, theils in aliquem, theils in
aliquo gesagt, eben so wie man sagt dementem, crudelem — esse in ali-
quo und in aliquem. Vgl. auch Efficere und Expromere. — Ungewöhn-
lich ist das Partie, exercitus in der Bedeut. geübt, ausgeübt, für exer-
c/<a/?/s, da jenes mehr gequält bedeutet. Aber ^e?7Ä^e, d. h./e«»^Ohren
(um Etwas zu unterscheiden) heisst weder exercitae, noch exercitatae
aures, sondern tritae; Cic. Farn. IX, 6, 6 eruditae aures (Cic. Orat.
34, 1J9).
Exercitamentmn, die Uebung, ist Sp. L. für exercitatio.
Exercitatio, Uebung ; — in einer Sache heisst entweder in aliqua
re oder alicujus rei, z. B. in dialecticis, dicendi, scribendi u. a. Das
Wort passt daher allerdings wohl bei den Schulübungen in diesem
und jenem Fache; aber schreiben lägst sich keine, wohl vornehmen;
also nicht scribere, sondern habere, facere exercitationem, uti exercita-
tione. — D. L. ist daher scripta exercitatio für habita, facta. Ueber-
hauj)t ist das Wort mehr von der Handlung oder Ausübung, als von
der Sache selbst zu brauchen, und daher im gewöhnlichen Sinne ganz
zu verwerfen ; man spreche also nicht von exercitationes latinae oder
exercitia latina.
Exercitium, die Uebung, ist als N. Kl. und selten noch weniger zu
brauchen, als exercitatio.
Exerere ; vgl. Exserere.
Exhalare, aushauchen, kommt bei Cicero nur mit vinum und cra-
pulani verbunden vor; F. L. auch mit animam und vitam in der Bedeut.
sterben, wie es denn aucli in unserm neuern gezierten Latein oft vor-
kommt. Man hrauche ausser dem gewöhnlichen mori u. dgl. efflare
animam (Cic. Miion. 18, 48), agere animam (Cic. Tusc. I, 9, 19),
edere animam (Cic. Sest. 38), extremum spiritum edere (Cic. Phil.
XII, 9) u. a.
Exhaustus, er schöpft, kommt in der bildlichen Bedeut. ausser Athem
wohl nirgends vor, für exanimatus (Caes. B. G. III, 19).
Exhereditare, enterben, ist sehr Sp. L. für exheredare.
Exhibere wird in einigen Verbindungen verworfen, z. B. alicui ho-
norem, reverentia?n exhibere, Eine?n Ehre erweisen., für habere, tri-
buere, honore aliquem afßcere u. a., wiewohl N. Kl. gesagt wird ßdem,
benevolentiam, liberalitatem alicui exhib., wesshalb es wohl nicht ge-
radezu zu verwerfen ist. Falsch aber ist aliquid exhibere in sptcimen ali-
cujus rei. Etwas als Probe von Ettras zeigen, z. B. als Probe einer
neuen Ausgabe, novae editionis, da sich für diese Verbindung mit in
kein Beispiel findet.
339
Exhibitor, der Etwas übergibt, einhändigt-, z. B. litterarum, einen
Brief, ist sehr Sp. L. für tabellarius, qui litteras reddit.
Eshilarare, erheiter?}, ist mehr N. Kl. als hilarare; aber exhilaratio,
die Aufheiterung, ist Sp. L. für hilaritas, remissio u. a.
Eshinc, darauf, nachher, ist Sp. L. fiir deinde, poslea.
Exhoriari, aufmuntern, ist A^. Kl. und melir P. für adhortari, co-
hortari; ebenso kommt exhortatio für cohortatio KL nur bei Plancius
(Cic. Fam. X, 7, 1) vor, nirg^ends bei Cicero.
Exigentia, das Erforde rniss, ist N. L. für necessitas, postulatinn
oder m. d. Verbis exigere, postulare u. a.
Exigere mit dem Object aetatem, in der Bedeut. ^«s Leben hin-
bringen, kommt vielleicht nirg^ends vor (ausser dass man exaeta aetas
sagt in der Bedeut. das hohe Alter), für aetatem agere oder degere.
Dagegen kommt N. KL, aber beim Jüngern Plinius, tempus exigere
vor, die Zeit hinbringen, was nicht zu verwerfen ist, für das KL tem-
pus traducere oder consumere, indem agere tempus vielleiclit nicht
vorkommt. — N. L. ist auch wohl rationem exigere in der ßedent.
Recherischaft fordern, für poscere, reposcere aliquem oder ab aliquo
rationem, repeiere ab uliquo rationem, postulare ab aliquo, ut ratio red-
datur. — N. L. aber ist es gewiss, wenn Muret (z. Tacit. Ann. p. 9.
Oper. T. IV. ed. Ruhnk.) sagt: rationem se postea — exigendos, von
ihnen müsste nachher Reche?ischaft gefordert werden.
Eximere, herausnehmen, wird verbunden aliquid ex oder de aliquo
loco , bei Personen aliquid alicui, N. KL auch aliquid alicui rei. Vgl.
Bach zu Tacit. A. I, 48. — N. L. wird es verbunden ab aliqua re, z. B.
a iuiseriis eximitur, für e miseriis; exemtus est ab oneribus publicis, für
de ojieribus.
Exin und exinde in der Bedeut. darauf , nachher, sind bei den
Klassikern selten für dein und deinde. — N. KL kommen sie in der
Bedeut. von da an, seitdem vor, für ex illo tempore; N. L. in der Bed.
dadzirch, desswegen, und in der örtlichen Bedeut. V07i daher, iür inde,
oder daraus, aus diesem. Falsch ist exitide sequitur, daraus folgt, für
das einfache sequitur. Vgl. Sequi.
Exire, aus-, hervorgehen, wird verb. mit ex, de und a. Daher heisst
da, dort, inde, und wo, unde , z. B. nescio, iinde exeam, ivo ich hinaus-
gehen soll, nicht ubi. Es wird selten oder nicht bildlich angewendet.
N. L. ist es in der Bedeut. ausgehen auf Etivas (um es auszuführen),
für aliquid agere mit folg, ut; z. B. sie gingen auf nichts Ayideres aus,
nihil aliud egerunt, nisi iit — (Cic. Fam. IX, 24, 1) ; — ebenso sind
hejie exire, male exire, gut, schlecht ausgehe?!, gute?}, schlechten Aus-
gang oder Erfolg haben, N. L. für everiire., evadere, wiewohl das Subst.
exitus, Ausgang, Erfolg, Ende heisst. Von dem Ausgehen, d. h. sich
E7idige?i der Sätze einer Rede sagt man cadere, z. B. cadunt mmierose,
sie haben einen ?vohlkli7igenden Ausgang (Cic. Orat. 52, 175), und so
manches Andere.
Existere ; vgl. Exsistere.
Existimare mit einem Genitiv des Werthes, magni, parvi, pluris,
minoris, in der Bedeut. schätzen, achten, ist wohl N. L. für aestimare.
In der Bedeut. rechnen, zählen unter — sagt man exist. in numero mit
dem Genit., z. B. unter die Feinde, in hostiutn numero.
Exitium ist in der milden Bedeut. Schade?i,iür damnum, detrimen-
22*
340
ttim, calamitos, ohne Beispiel, da es vielmehr Tod und Verderben be-
deutet. Vgl. Klotz Sintenis p. 120.
Exitus, derAuzgan^. Man hüte sich, wie bei exire, wo durch ubi,
und überall durch ubiqne oder usquequaqiie zu übersetzen, da viel-
mehr wo unde heisst, und überall, undique; z.^. diese Insel hat überall
Ausgänge ins (auf's) Meer , undique exitus raaritimos habet (Cic.
Verr. II, 75, 185).
Exoptabilis , wünschejisiverth , erwünscht, ist nur A. und P. L. für
exoptatus, expetendus.
Exordiri, anfangen; — mit Etwas , ab aliqua re, nicht cum aliqua
re; ebenso exordium ducere , seltner capere,^u7nere ab aliqtiare; und
also auch mit den Adverbien hinc , inde, unde. Das Partie, exorsus
kommt sogar bei Cicero passivisch vor. — Merkwürdig ist das Subst.
exorsus, der Anfang , Eingang, für exordium ; es findet sich nur bei
Cic. Manil. 4, und ist daher nicht nachziialuiien.
Exortus , der Aufgange das Hervorkommen , steht nur einmal bei
Varro und Livius (zweifelhaft) , sonst ist es N. Kl. und kommt fast
nur beim altern Plinius vor, für ortus.
Exosculari, küssen, kommt N. Kl. selten bei Sueton u. Tacitus vor,
für osculari, suaviari; ebenso exosculatio beim altern Plinius, für
osculatio.
Exosus, hassend und verhasst, ist P. u. Sp. L. für perosus, invisus,
odiosus.
Expectorare ist ein A. L. Wort, welches zwar bei Ennius u. A. in
der Bedeut. aus dem Herzen, aus der Brust verdrängen vorkommt,
sonst aber nirgends. — B. L. ist se expectorare , sich expectoriren,
seine Herzensmeiming sagen , sein Herz ausschütten , für sensus suos
aperire, se totum alicui patefacere, se?isa meiitis explicare u. a.
Expedire wird in der Bedeut. von Etwas losmachen, befreien
verbunden ab oder ex aliqua re, selten blos aliqua re.
Expellere , aus- oder vertreiben , wird verbunden ex, de oder ab
aliquo loco, auch blos aliquo loco.
Expensa und im Plur. expensae, Unkosten, Aufwand, ist erst Sp. L.
für impensa, sumptus , wiewohl in Rechnungssachen expensum luid
acceptum die gevvöhnlichen Wörter für wnser Ausgabe und Einnahme
waren, und die dazu nöthigen Bücher labulae oder codex accepti et
expe?ist hiessen.
Expergefacere , erwecken , aufwecken , steht nur einmal bei Cicero
(Verr. V, 15, 38) : si forte expergefacere te posses, sonst dafür somno
excitnre , auch blos exsuscitare (Cic. Mur. 9). Dagegen findet sich
expergisci, aufwachen, und das Partie, experrectus mehrmals.
Experientia hat überall im guten Latein nur die Bedeut. Probe,
Versuch, nicht was wir Erfahrung , d. h. durch Versuche und Zeit
erworbene Kefint?iiss nennen. Diese Bedeutung ist erst später in das
Wort gelegt worden, wie wohl immer die Bedeut. Versuch vorherrscht.
Erfahrung heisst usus, res., rerum usus, tempus, experta virtus; und
so wird auch das Partie, expertus oft dafür angewandt. Daher heisst
z. B. aus Erfahrung, durch Erfahrung belehrt, nicht experie?itia doctus
oder e doctus , noch viel weniger ex experientia, sondern re doctus
(Cic. Fam. XIII, 15, 1), usu oder exitu doctus, expertus u. a. ; aus
eigener Erfahrung, expertus, bisweilen mit dem Zusätze in ine u. dgl.,
841
wie Cic. (Fam. XIII, 9, 3) sagtrilliid tibi espertus promt'(to,ich verspreche
dir das aus eigener Erfahrung ; amn'ia^ quae dico , dico espertus i?i
7/obis, — aus eigener Erfahrung (Cic. Plane. 9, 22) ; experti hoc scire
debemus, das müssen wir aus eigener Erfahrung toissen (Cic. Milo
26, 69) . — B. L. wird dafür g-esag't ex propria experieniia. Ueberhaiipt
ist im N. L., auch bei den Bessern, z. B. Mnretus, der Gebrauch des
Wortes häufig;, und allbekannt ist experieniia docet , docuit , docebit,
für tempus oder tisus rerum docet. Vgl. Sciopp. de stylo p. 130 (157)
u. Klotz Sintenis p. 107.
Experimentum heisst nicht Erfahrung, sondern Versuch.
Experiri bedeutet nur versuchen , Versuche machen, aber nicht,
wie es oft im N. L. vorkommt, erfahren, höre?i. für comperire, audire,
accipere,cognoscere. Sehr selten ist se experiri a/iqua re, steh, d. h. seine
Kräfte in Etwas versuchen, erprobeji, für vires in aliquare periclitari
oder periclitari quid possis u. a. Jenes braucht Plin. (Ep. IX, 29, 1):
variis me studiorum generibus experior. — Ebenso bedeutet das Part.
experiens nicht den Erfahrenen ( welcher expertus heisst) , sondern
de?i Versuchenden , Thätigen , Unternehmende?! ; ein vir experiens ist
nicht ein Mann von Erfahrung^ sondern ei?i kühner , unternehmender
Mann.
Expers, nicht theilnehmend , wird Kl. nur mit dem Genitiv verbun-
den, z. B. humanitatis , periculorum ; A. L. mit dem Abi., was Sallust
nachahmt.
Expertio, der Versuch^ steht wahrscheinlich Gem. L. nurbei Vitruv
für experientia, experimentum.
Expelere mit dem Qh\^c\. poenas u. ähnl. , Rache, Strafe nehmen
an Einem, wird verbunden ab aliquo oder in aliqnem, nicht in aliquo,
wie in Scheller's Lex. verdruckt steht.
Expiscari (niclit expiscaie, wie bei Ang. Majus Praef. edit. fragm.
Cic. oratt.p.LXI stellt) werdein der bildlichen Bedeut. atisforschen nur
im Scherz.. in Briefen, oder aucli im Spott g^ebraucht; aber verkehrt
wird es angewandt in dem gelehrten Sinne von errathen, das Rechte
und Wahre finden, für divinare. So findet man im N\ L.: quid hoc signi-
ficet, expiscari tiequeo, oder ?ion nisi ignota mihi expiscari so/ebam u. dgl.
Explantare kommt nur bei Columella in der Bedeut. Pflanzen aus-
reissen vor; es heisst aber nicht allgemein ausrotten, vertilgen, wofür
delere, exscindere w. a. zu brauclien sind.
Explere mit dem Object officium, die Pflicht erfüllen, kommt sehr
selten vor, vielleicht nur bei Cic. dem Sohne (Fam. XVI, 25), für
exsequi,fungi, servare , tueri, officio satisfacere u. a. Zweifelhaft ist
promissum explere, ein Versprechen erfüllen, für promisso stare, satis-
facere, promissfjm solvere , exsolvere, persolvere ; vollkommen erfüllen,
accurate praestare.
Explicare hatte Kl. im Perf. explicavi, nicht explicui, und im Supino
explicatufn , nicht explicitum ; daher auch die davon abgeleiteten ejr-
plicatio, explicator u. a. Das Object der Erklärung oder Erläuterung
steht entweder im Accusativ, aliquam rem, oder mit der Praep. de —
de aliqua re. Einfache Erklärungen einzelner Wörter und Stellen sind
in explicare aliquam rem enthalten; aber vollere und gleichsam voll-
ständige Erörterungen über einen Gegenstand liegen in explicare de
aliqua re. So unterscheide man beide. Vgl. Webers Uebungssch. p. 299.
342
E.vplicativns, erklärende ist N. L. und werde umschrieben.
Explorore , erforschen, wird im N. L. von gelehrten Sachen gc-
brauclit, bei welclien es aber die Lateiner nie anwenden; ilafnr exqm-
rere, indagnre, investignre u. a.; — eben so wenig' sagt man bei gelehr-
ten Gegenständen esp/orator und explorntio. Vgl. Rascliig. Progr. p.27.
Exponere hat in der Bedeut. aussetzen den Ort, wo es geschieht,
Kl. fast nur mit in nliquo loco bei sich, selten und selbst zweifelhaft
so, wie bei Caes. ( B. C. I, 31 n. III, 23, wo die besten Flandschr. in
terra für in terram haben) in aliqnem locum. Selten sagen die Bessern
exponere praemiuni, gewöhnlich lieber proponere ; selten auch expon.
se ])ericulo, fortunae, casibus u. ähnl. für se offerre, se objicere, se com-
mittere periciilo; adire, obire, suhire periciibim, inferre se in periculum
u. a. 8o heisst dem Schicksal ausgesetzt, objectus fortufiae (Cic. Tusc.
I, 46, 111) ; omibus telis fortunae proposita est vita vostra (Cic. Fam.
V, 16); virtns subjecta sub varios inccrtosque casus (Cic. Tusc. V, 1,2);
mare ventis subjectum (ib. IV, 26, 57) ; qui se opponit periculis (Cic.
Corn. Balb. 10, 26) ; ad omne periculum — opponitnr (Cic. Muren.
40, 87) ; mannichfachem Tadel ausgesetzt sein, in varias reprehensiones
incurrere (Cic. Fin. 1, 1, 1), und so vieles Aehnliche. Jedoch sagt Liv.
(XLII, 23): libertas exposita ad i?ijurias. — Verworfen wird auch,
wenn 3Iuret (Oper. T. I, p. 287 ed. Fr.) sagt: vita in omne discrimen
exponenda und (Oper. T. I, p. 200) m pJurima se ac ynaxima pericula
exposuit , besonders wegen der Verbindung mit in, sowie auch offerre
und objicere besser sei. — Neu ist es in der Bedeutung- erklären, wie
es so oft heutzutage vorkommt, für explanare , enodare , interpretari,
enucleare , explicare und enarrare, was Quintilian oft vom Erklären
der Schriftsteller braucht. Vgl. Inst. I, 4. Eben so neu ist expositio,
die Erklärung, für explanatio, interpretatio , enucleatio , explicatio,
enärratio, und expositor, der Erklärer, was sich auf alten Titeln findet,
für explanator, inferpres, explicator, auch wohl enarrator.
Expresse in der Bedeut. ausdrücklich, mit ausdrücklichen Worten,
z. B. wollen^ verlangen, sagen, ist N. L., indem z. B. expresse dicere
wohl vorkommt, was aber treffend , ganz wahr bedeutet. Vgl. Plin.
Ep. II, 14, 2. Man sage diserte. Vgl. Disertus. — Etwas aus-
drücklich thun, d. h. mit Fleiss, absichtlich, heisst dedita opera,
sciens u. a. ; vgl. Propositum. Und so sind N. L.: expresse aliquid velle,
aliquid monere,postulare u. dgl. ; ebenso expressis verbis, mit ausdrück-
lichen IVorten , da verba expressa nur Worte sind, welche klar und
vernehmlich von dem Redenden ausgesprochen worde^w sind.Uebrigens
bedeutet expressus oft bildlicli klar ausgeprägt , deutlich dargestellt,
z. B. expressa efßgies , ein wohl getroffenes Bild. Vgl. Wunder Cic.
Plane. 12, 29. p. 101. FJine Superlativform expressissimus gibt es nicht.
Expressio ist in der Bedeut. Ausdruck , Hervorhebung, schärfere
Andeutung N. L., aus dem Französischen genommen und findet sich
einigemal bei Muretus , wesswegen Ruhnken z. Mureti Oper. T. II,
p. 34 und p. 227 ed. Fr. (T. I, p. 411 u. 644 ed. Ruhnk.) rügend be-
merkt: Expressio insolens hoc sensu; magis latine scripsisset s/^w?-
ficationem. Soll es Nachdruck, Hervorhebung bedeuten, so wähle man
vis oder significatio ; soll es das Wort bedeuten, so brauche man
vocahulum, vox, verbum, nomen,
Exprimere kann vielfach angewandt werden, wo wir ausdrücken
343
sagen. Das Object ist aber fast mir eine Sache, nicht eine Person,
ausser wo esprhnere bedeutet darstel/efi, abbilden , schildern, z. B.
orolorem imitando esprimere (Cic. Orat. II, 22, 90) ; moderalorem rei
publicae — quem nostris libris satis diligenter e:ipressinws (Cic.
Att. VIII, 11, 1). Aber sich ausdrücken, d. h. seine Meinung, Geda?i-
ken mit Horten angeben lieisst nicht se exprimere , sondern serisa
(nientis) dicendo exprimere (Cic. Orat. I, 8, 32), oder verbis exprimere,
quid qnis sentiat , oder sensz/s suos explicare ( Cels. V, 26,31); oft
auch blos dicere ^ wenn es sich auf Worte bezieht; z. B. demi so hast
du dich ausgedrückt , sie enim dixisti (Cic. Sest. 44, 96). — iV. L. ist
daher: vir doctus hoc loco paulo obscurius se expressit ; non possum
nie latine exprimere, für latine loqui oder scribere ; is se in utraque
lingua aeque bene exprimere potest , er kann sich — gleich gut aus-
drücken, für par est in utriusque orationis facultate (Cic. Off. 1, 1);
scriptorem vertendo plane exprimere (wie Sintenis Hülfsbuch p. 149),
für menteni oder sensa scriptoris in alium sernioneni vertendo expri-
mere; scriptorem ex alicujus recensio7ie exprimere (wie Heyne Praef.
Virg. T. I, p. IX), für scriptoris verba ex alic. rec. describenda curare,
und so andere ähnliche. Richtig ist rem aliquam versibus exprimere,
einen Gegenstand in Versen ausdrücken, darstellen (Cic. Div. 1,36. 79) ;
Etwas fVort für Wort ausdrücken (übersetzen), \erhmn e verbo expri-
mere (Cic. Fin. III, 4, 15) ; aus dein Griechischefi wörtlich übersetzen,
ad verbum de graecis exprimere (ib. I, 2, 4) ; Etwas lateinisch aus-
drücke?i, aliquid latine exprimere (Cic. Rep. I, 43). Da aber exprimere
nach Dietrich's Bemerkung nur da passt, wo der Tropus des Abdrük-
kens von einem Original oder Vorhilde zu Grunde liegt, so ist da, wo
er in unserm deutschen ausdrücken nicht liegt, ein anderes \ erbum
zu setzen. So ist nach Dietrich's Ansicht falsch: sententiani aliquam
oder aliquid ita oder his verbis exprimere , für notare (Cic. Fin. III,
4, 14. Tusc. 111,5,10), oder verbis efferre (Cic. Orat. 22). Und so sagt
Cic. (Fin. II, 7, 20) : breviter comprehensae gravissimae senteutiae,
kurz ausgedrückte Gedanken, für expressae, und (ib.) breviter enun-
tiatae sententiae. — A". L. ist es daher wohl, wenn gesagt wird : T?ioriturjis
est futurum, ergo praesens exprimere non potest, für notare, signi-
Jicare, oder: in eo praesentis vis esse non potest; und wenn Muret
(Oper. T. I, p. 128 ed. Fr.) sagt: muKa scriptis expressa sunt, für
tradita, proposita , mandata. Man sei also beim Gebrauche des Verbi
exprimere vorsichtig.
Expromere, Etwas gegen Einen zeigen, an den Tag legen^ wird
bald mit in aliquem (Cic. Verr. V, 53 in cives Bomanos), bald mit in
aliquo (Cic. Mil. 13) verbunden, wie dies bei den meisten Verben der
Art der Fall ist. Vgl. Exercere.
Expungere bedeutet zwar ausstechen, aber dennoch findet sich
nirgends oculos exp. für effodere oder eruere.
Exquirere, Einen über Etwas ausfrage?!, ausforschen, wird ver-
bunden ex oder ab aliquo de aliqua re. — N. L. kommt es wohl in der
Bedeut. aus Mehrern aussuchen, heraussuchen vor, für eligere, z. B.
elegit ex ejus libris mukös versus, nicht exquisivit, er suchte heraus.
Exquisitio, die Erforschung, ist erst Sp. L. für investigatio.
Exscindere, zerstören, zu Grunde richten, gleich delere, vastare,
sollte man nach Scheller für P. und A. Kl. halten; aber es kommt bei
344
Cicero inelirmals so vor. Vgl. Cic, Mil. 33. Soran. Scip. 2. Plane. 41.
Phil. IV, 5.
Exsecare,av8sclweiden, hat im Perf. KL nur exsecui und im Supiii.
exsectujn, nicht easecavi, easecatuni.
Exsecutio ist in der Bedeut. Bestrafung, Straf voUziehu7ig erst
Sp. L. ; man umschreibe es durch poe7iam oder supplicium de oder ab
ah'quo sumere. Ebenso werde exseqiii vermieden, wiewohl bei Livius
jura violata exseqni in der Bedeut. das verletzte Recht bestrafen vor-
kommt, nie aber poenam essequi in aliquo.
Exserere ist in der Bedeut. zeigen, klar 7nachen, an den Tag legen
so selten, dass es kaum nachgebraucht werden kann. Die fast einzig
sichere Stelle ist in Plin. Ep, VIll, 7, 2 exseram in libriim tuum jus,
quod dedisti^ für exercebo, exigam, experiar. Man brauche es daher
nicht so willkürlich, wie es im N. L. geschieht, wo man sagt vim exse-
rere, Kraft zeigen, betveisen^ für vjm exercere, proferre, afferre, ad-
hibere, praebere u. a.; humanitutem exserere iJi aliquefn, für decla-
rare u. a. Vgl. Webers Uebungssch. p. 221.
Exsistere findet sich im N. L. oft für das gewöhnliche esse, da es
docli nur dann für esse steht, wenn in sein ein thätiges, öffentliches
Sein, entstehen, sich erheben, hervorheben, zeigen, auftreten^ erschei-
nen liegt und wenn es gleich exoriri ist, so wie in exstare das datier7ide
Sein, Da- oder Vorha7ide7isei7i. — B. L. ist exsistens für das fehlende
Partie, von esse. Und so ist auch exsistentia, das Dasein, die Existenz,
N. L. und in der Philosophie und Theologie Kunstwort, wofür die Al-
ten blos esse brauchen ; z. B. sie läug7ien das Dasei7i Gottes, negant
esseDeu77i. Vgl. Atheis7ntis, und Webers Uebungssch. p. 361. Das Ver-
bura exsistere in der Bedeut. sicä erheben hat de oder ex bei sieh, z. B.
de terra, ex arvis.
Exspectare, umrten, erivarten; — bis Etwas geschehe, dum hoc
fiat; dass Etwas geschehe, ut hocßat, oder hoc futuru7n, auch mit dem
Accus, eines Subst., z. B. adve7itum tuiwi, für 7it advenias ; ob Etwas
geschehe, nicht «w hoe fiat (oder eine andere Fragpartikel), sondern
si hoc fiat.
Exspirare, aushauchen, mit und ohne anima7n, in der Bedeutung
sterben, kommt zwar bei Livius, aber sonst selten und fast nur P. L.
vor. Vgl. Exhalare.
Exspuere findet sich in der allgemeinen Bedeut. Ettvas V07i sich
geben theils nur in scherzhafter, theils in gekünstelter Rede, z. B. ex-
spuere lacrymas, was man dem Plautus nachgeahmt hat. Vgl. Fland's
Lehrb. p. 149 u. 286.
Exsternatus, in Schrecke7i gesetzt, ist wohl nur P. L. für conster-
7iatus, pertiirbatus. Vgl. Consternare.
Exstimulare, aiireizen, ist mehr P. L. und N. Kl., und kommt sel-
ten vor, für stiniulare, excitare, incendere, inßatnmare u. a.
Exstruere wird zwar bildlieh angewandt,''aber Muret missbraueht
und übertreibt die tropische Anwendung des Wortes, indem er (Explic.
Cie. Catil. ep. dedie.) sagt: exstruere 7nortalitatem, Unsterblichheit be-
reite7i, gri'mden, für immortalitati tradere, 7nandare, commendare, ad
iinmortalitatis memoriam conservare. So sagt richtig Kraft (z. Mureti
epist. select. p. 265). Vgl. auch Weber's Uebungssch. p. 93.
Exsulare in der Bedeut. austvandern, verbunden mit ex aliquo
345
loco, ist nur j4. L. und nicht naclizuahmen, da es sonst nur vom Vater-
lande anifernt, im Atislaride leben nedentet. Man sage nicht, wie Malme
(Crito p. 238) : virtutes e.r homhuim soci'etate celerrime exsulant^ für
exulaiinn abeiint, societatem relinquiint u. a.
Exsultaburidus, jauchzend, ist Sp. L. für essultaus.
Ex super antia ist in der gewöhnh'chen Bedeut. Uebermaass, ohne
den Begriff der Vortrefflichkeit, ohne Auctorität für abundtmtia, re-
dundantia. Vgl. Webers Uebungssch. p. 92.
Extemporalis, was atis de?n Stegreif geschieht, z. B. oratio extem-
poralis, kommt zwar noch nicht bei Cicero vor, der sie subita et for-
tuita oratio (Orat. I, 33, 350) nennt, aber oft bei Quintilian und dem
Jüngern Plinius, und ist als Kunstausdruck nicht zu verwerfen. —
N. Kl. nannte man die Fertigkeit zu extemporiren,extemporalitas oder
extemporalis facultas, für facultas ex tempore dicendi. — Sp. L. ist
aber das Adv. extemporaliter, aus deru Stegreif, für subito (Cic. Orat.
I, 33, 150) oder ex te?npore. — JV. L. ist das Adj. extemporaneus in
dieser Bedeutung.
Extendere, ansstreclceii. Wohl nie wurde gesagt linguam exteii-
dere, die Zunge (zur Verspottung) ausstrecken, sondern exserere lin-
guani (Liv. VII, 10, 5). Auch kommt in dieser Bedeut. nur digitus ex-
tentiis fextensus). manus extenta, brachium extentum vor, aber nicht
das Verbum extendere selbst, wofür porrigere, tendere, iiitendere, pro-
jicere, und als Subst. nur projectio, z. B. brachii (Cic. Orat. 18, 59)
oder porrectio üblich sind. Auch fällt meistens die Bezeichnung mein,
dein, sein (ihr) weg, wenn die gleiche Person im Verbo liegt. Vgl.
Th. I. §. 101. — P. L. ist extendere Vit am ad — , sein Leben hinbringen
bis zu — , für producere vitam ad — mit einer Ordinal-, iiieht Cardinal-
zahl : man sage also z. B. nicht ad octoginta cnijws, sondern ad octoge-
simum a?}fi7im. Ferner sagt man von einem Lande, einem Felde, einer
Fläche nicht se extendit, sondern patet, welches Verbum (patere) fast
von Allem gebraucht wird, was einen Umfang, eine Ausbreitung und
Ausdehnung hat, sich weit erstreckt und verbreitet. So sagt man von
einem Worte, dessen Bedeutung weit ausgedehnt ist, lote patet (Cic.
Tusc. III, 5, 11). Vgl. Angustus. — Eine Rede über die Gebühr aus-
dehnen heisst orationem ultra quam satis est producere (Cic. Inv. I,
1.8, 26), wiewohl schon der jüngere Plinius sagt epistolam extendere,
einen langen Brief schreiben, und Liv. (XXVIII, 43): cupiditas gloriae
extenditur.
Extente und im Comp, extentius sind Sp. L. und kommen nur in
eigentlicher Bedeut., ausgedehjü, vor, nicht in der Bedeut. weitlänf-
tig, 7imständlich, für copiose, copiosius oder uberius. So sagt Görenz :
nisi extentius proponantur. — Ein Subst. extentio oder extensio, die
Ausdehnung, braucht nur Vitrnv aus dem Gem. L.
Exterminare, austreiben, vertreiben ; — aus, von Etvjas, ex oder
de oder ab aliquo loco, mit geringem Unterschiede.
Externus, äusserlich, bedeutet nur, was von aussen ist und kommt,
und bildet immer den Gegensatz zu intestinus oder domesticus; es
passt daher nicht, wo ein solcher Gegensatz nicht Statt findet, wenn
man z. B. von einer exterjia species rei spricht. Da aller Schein nur
äusserlich ist, so kann species nicht das Adj. externus als Beiwort er-
846
halten, und erhält es auch nie; docli findet man es im N. L. oft. Vgl.
Raschi|2^ Prog^r. p. 26.
Extimus, der letzte, ist alte feierliche Form für die gewöhnliche
extremus, auch bei Cic. Somn. Scip. 4 (Rep. VI, 17).
Extollere, erheben (ohne Perfect- und Supinforra, welche von
efferre entlehnt werden), findet man wohl nicht mit tJocem verbunden,
in der Bedeut. die Stimme erheben, für vocem attollere oder intendere;
auch wohl nicht in der Verbindung se super alios extoUere, sich über
xindere (iibermüthig) erheben Anr se efferre (s?/per alios), elatius se ge-
rere, se praeferre nliis ; auch nicht maimm extoll., sondern tollere; —
noch weniger, wie Wiistemann (z. Doering. Commentatt. p. 174) be-
merkt: animum od Deian ext., den Geist zu Gott erheben, für animum
convertere ad cogitationem Dei.
Extorquere, enttvinden, entreissen, wird mit de oder ex manibus
Terbunden, bei Personen aber mit dem Dativ, wenn von etwas Geisti-
gem die Rede ist, z. B. errorem, opiinmiem, ve?itaiem, oder wenn es
Snbst. sind, wie regn?ffn ; jei]och auch ab aliquo, wenn es Dinge zum
Fortbringen sind, z. B.fr?fmeni?/m, talenta, pecninam ; aber nicht ex-
torquere sicam, gladinm, armn ab aliquo. Vgl. Wolf Cic. Marc. p. 66.
Ellendt Cic. Brut. 2, 7 und Kraft Mureti Epist. sei. p. 253.
Extra. Man merke, dass ausgenommen oder ausser wenn im Canz-
leistyl bei juristischen Formeln, wo von einer exceptio ( Ausnahine)
die Rede ist, extra quaui s/ heisst. So findet es sich einigemal bei Ci-
cero; sonst sagt man nisi oder nisi quod, praeter quam si. Vgl. Exce-
ptus. — B. L. ist extra se (prae) ga?idio oder laetitia esse, vor Frei/de
ausser sich seift, für elatum esse gaudio oder laetitia; ebenso extra
animam oder spiritum esse, ausser Alhem sein, für exanimatum esse.
Draussen oder austvärts, z. B. speisen, heisst nicht extra, sondern /o-
ris coenare.
Extractum und extractus als Subst., der Auszug, sind N. L. für
epitome, summarium, breviarium, electa.
Extrahere, ausziehen, kommt nirgends mit einem Accusativ, z. B.
librum, verbunden vor, in der Bedeut. Auszüge aus einem Buche ma-
chen, es ins Kleine ziehen; dafür excerpere e libro, librum in angustum
deducere, in breve cogere u. a. Zweifelhaft ist extrahere dentem, einen
Zahn ausziehen, für evellere (und so brauche man eviilsio, das Aus-
ziehen, nicht extractio); extrahere sanguinem, Blut ablassen, zur Ader
lassen, für sanguinem mitter e ; aber der, welcher es thut, incidit oder
secat venam.
Extranaturalis, ausser-, übernatürlich, ist sehr Sp. L. für qui (quae,
quod) praeter naturam est, a natura abhorrens, naturae ordinem oder
vires superans, auch supra naturam, extra ordinem naturae. Aehn-
liche N. L. Wörter sind Praeternaturalis und Supernaturalis. Vgl.
beide.
Exiraordinnrius, ausserordentlich, ist in der Bedeut. vorzüglich,
einzig in seiner Art N. L. für singtilaris, insigfiis, eximius n. a. Rich-
tig ist es in der Bedeut. was ausser der Ordnung oder Reihe ist. —
iV. L. ist das Adv. extraordinarie für extra ordinem, und zur Verstär-
kung perquam, valde, fnaxime.
Extreme ist als Adverb, zu senex ganz iV. L. bei Muret. (Oper. T.
III, p. 860) in der Bedeut. steinalt, hochbejahrt ; Ruhnken bemerkt
347
dazu: Forle {hesser fortasse) scripsH estrema senectute ; extreme qiii-
dem iioii est forma latitia. x\ls Adv. kann nur ad extremum gesagt wer-
den, aber nur in der Bedeut. unseres zuletzt, am Ende, endlich.
Extremus, der letzte, ist in der Bedeutung der zuletzt, zunächst ge-
schrieben, gehalten, geführt u. s. w. worden ist, gegen den bessern Ge-
brauch, nach welchem es das angibt, was unter ?nehrerrn Genannten
das letzte ist. Wo es also gleich der nächste ist, da heisst es nicht ex-
iremus, sondern proxinms, novissinms, superior, z. B. in Bezug- auf
den Sprechenden nicht litterae extremae, oratio extrema, bellum ex-
tremum u. dgl. So heisst im letzten, zujiächst verflossenen Jahre, anno
superiore ; in der letzten Nacht, nocte superiore.\g\. Meiicken. Observ.
p. 387. Wenn man sagt in litteris extremis, so bedeutet dies a?n Ende
des Briefes, sowie kurz gesprochen am Fmde heisst in extremo , aber
ohne einen Genitiv. Vgl.Cic. Att. VI, 9 quod erat in extremo, und Fani.
YII, 16. — Extremum aber als Subst. mit einem Genitiv kommt ausser
bei Sallust, Livius und den Historikern, die es für flnis, das E?ide,
brauchen, nicht vor. Sclieller u. A. führen ans Cicero Lael. 10, 33
(nicht 7 in.) ad extremum vitae an, aber die meisten und bessern
Handschr. haben noch diem, was auch Klotz mit Andern aufgenommen
hat. Der letzte Theil des Lebens heisst entweder extrema vitae pars
oder extrema vitae oder extremum vitae tempus (Cic. Tusc. V, 19, 56),
oder auch extrennis vitae dies. — Wiewohl schon Livius (11,47) sagt:
ad extrema venire, zum Aeussersten kommen; Sallust :/o;7?/?/oe in ex-
tremo sitae sunt und respublica in extremo sita, und Cicero : ad extrema
dcsce?fdere oder decurrere, so kommt doch nirgends vor in extremis
esse ot]er jacere, in den letzten Zügen liegen, dem Tode nahe sein, für
animam agere, spiritum extremum ducere. Dagegen braucht Quintil.
(Inst. VI. Praef. 11) in supremis, im Sterben, bei seinem Sterben. —
Richtig aber ist ad extremum, wie wir sagen am Ende, zuletzt, für
endlich bei Aufzählungen, sogar deinde oder tum ad extremum, dar-
auf, dann, nachher zuletzt. Vgl. Cic. Orat. II, 19, 79.
Extrinsecus, äusserlich, ist nur Adv., nicht Adject.,wie es im N. L.
bisweilen vorkommt. Vgl. Sciopp. Infam, p. 3. Vorst. latin. mer. susp.
p. \QQ. — B. L. ist ein neues Adv. extrinsece.
Exturbare, heraus-, wegtreiben, wird theils mit ex, theils mit dem
blossen Abi. verbunden.
Exuberantia, das Uebermaass, ist Sp. L. und selten für abundan-
tia oder umschrieben mit dem Verbo redundare.
Exundare, überfliessen, überströmen, ist als P. L. und N. Kl. zu
vermeiden für redundare, inundare, e.ffundi; ebenso ist e.vundatio, das
Ueberflies^en, N. Kl. und kommt nur beim altern Plinius vor, für inun-
datio, effusio.
F. f.
Faber, der Schmied, scheint nur in der sprichwörtlichen Redens-
art sitae quisque fortunae est faber. Jeder ist seines Glückes Schmied,
bildlich gebraucht worden zu sein; sonst wird bildlich von dem, der
PJtwas schmiedet, aussinnt und schafft, architectus gebraucht, z. B. ver-
bornm, sceleris, simtilationis u. a. Für jenes Sprichwort sagt man auch
mores cujasque flngunt fortunam.
348
Fabrefacere, kimstlick arbeilen, ist ohne Aiictorilät; nur fabre-
f actus kommt eiiiig^emal bei Livins vor, sonst selten, und fabreße/i ist
Sp. L. — Man sage scüe, venuste, summo artificio, summa arte — facere
oder perficere.
Fabrkare nwA fabricari sind in bildlicher Bedeut. selten und nur
P. L. und A'^ KL, z. B. in der Bedeut. bildefi, unterrichten, in welcher
sie als g^eziert zu vermeiden sind. Gemildert sagt Seneca formare et
fabricare animum. Seltsam sagt dagegen Valcken. ( Oratt. p. 233) : ille
senex (Lysis) fabricaverat Epaminondara, für erudiverat. Uebrigens
ist Kl. nur /öÄAjcan als Deponens üblich, veiewohl /aöncaf ms auch pas-
sivisch steht.
Fabulari (A. L. auch fabulare), schumtzen, ist A. L. und kommt
erst seit Livius in Prosa vor, aber selten, für garrire, und ist wohl an-
zuwenden. Das Subst. fabnlator, welches N. KL vorkommt, bedeutet
nur einen muntern Erzähler wahrer und falscher Dinge, einen Anec-
dotenkrämer, aber nicht einen Fabeldichter, ■welcher fabularnm scri-
ptor heisst, wiewohl Gellius auch den Aesop fabulator nennt.
Fabulista, der Fabeldichter, ist ein ganz neues Wort für fabularum
scriptor.
Facere wird zwar oft da gebraucht, wo wir machen, thtin, verur-
sachen brauchen, aber auch in andern Bedeutungen. Auch bemerkt
Seneca (Ep. 114), dass Arruntius, Geschichtschreiber der Punischen
Kriege, nach Sallnst's Manier das Verbum falsch gebraucht habe; er
habe neralich gesagt facere esercitum argento, facere fugam, facere
bellum u. a. m.; doch kommen jene beiden aucli bei Livius, und belhan
facere in der Bedeut. einen Krieg erregeji bei Caes. (B. G. III, 29)
vor. — Verworfen werden :/«cere damnum, detri?nentum u. ähnlidie
in der Bedeut. Schaden thu7i. Seh. verursachen, da sie Schaden leiden,
erleiden bedeuten, für afferre, inferre damnum, detrimentum, dare da-
mnum (Terent. Andr. 1, 1, 116 u. das. Ruhnk.), afßcere incommodo u. a.
Vgl. Patt. — - Bezw eifelt werden ; facere alicui curam, Kinem Sorge
machen, für cura aliquem afßcere, curam alicui afferre oder dare; fa-
cere locum, Platz machen^ für dare locum ; facere munus, sein Amt
vertvallen, fürfungi munere; facere conditiones, Bedingungen machen,
Vorschläge thun, fürferre, dicere conditiofies ; facere factum, ei?ie That
thzin, für rem gerere ; facere aliquid pro valetudine. Etwas für seijie
Gesundheit thun, für valetudini tribuere aliquid (Cic. Tusc. I, 49, 119),
servire valetudini \i. a.; facere alicui negotium. Einem Mühe machen,
iÜY facessere oder exhibere negotium; auch nicht in der Bedeut. ein
Geschäft ve?richteJi, für co?ißcere 7iegotium ,- facere risum, Gelächter
machen, Lachen erregen, für movere, excitare risum : facere legem, ein
Gesetz machen; vgl. Dare. — Selten wird im guten Latein gesagt fa-
cere aes alienum, Schulden mache?}, für contrahere, suscipere aes alie-
num, aber wohl nomina facere. — P. u. Sp. L. ht facere aliquem ridere,
flere u. a., also mit dem Acc. c. Inf., Einen lachen, weinen — machen,
für risum, lacrimas alicui commovere oder facere, ut rideat, fleat. —
— D. L. ist facere quasi oder ut si — , thun als ob, als u'en?i — , d. h.
sich stelle?}, für simulare oder dissi??iulare ; z. B. er that, als ire?i?i er
zürne, simulavit se irasci; alicui aliquid facere crimini. Einem Etivas
%um Verbreche?? i?iachen, für dare crimi?ii; is laudatorem ejus reifa-
eit, er ??iacht de?i Lobred?ier dieser Sache, für agit laudatorem, — und so
349
noch andere. Aber man merke auch melirere mit dem Deutschen über-
einstimmende Veibinduiigeii, z. B. rem facere, sich VerniögeJi machen;
pecuniam (pecunias) sibi ex aliqua re facere (Cic. Verr. II, 6, 37) ; fa-
cere iter, iiiitium, pacem, laeÜtiam; verba (multa) facere (was nicht
immer verächtlich ist), auch verbum facere in der Bedeut. ein Wort
tnache?i, d. h. bilden, erfinden (Cic. Fiii. III, 15, 51) ; foedus, pacem,
amicitiam facere cum aUqiio ; ne longum faciam, damit ich es nicht
(zu) lang mache ; non faciam longius, ich will es nicht allzu lang ma-
chen (Cic. Leg. I, 7) u. a. m. — Gut ist aucii proelium facere, ein
Treffe?i liefern (Liv. XXI, 12, i); promissum facere, sein Versprechen
erfüllen; dagegen ist promissionem facere gleich dare promissum oder
promittere, versprechen. Zu verwerfen ist aucli wohl niclit orationem
facere (wie Sauctius Minerva III, 2. p. 894 ed. Bauer thut), da Cic.
Senect. 7 sagt: Sophocies tragoedias fecit. Gut ist auch se (aliquem)
locupletem (divitetnj facere (\erhh), sich (Einen) reich machen, d. h.für
reich ausgeben. Vgl. Cic. Flacc. 20, 46 cu7n verbis se locupletem faceret.
— Die Frage quidfacis? was 7nachst du ? ündet hauptsächlich nur bei
Verwunderinig und Tadel Statt; dagegen bei höflicher Frage nach dem,
was Einer thue oder wie er sich befinde, sagt man quidagis? — A7. ist
zwar facere, ut — iiur Umschreibung des folgenden Verbi, besonders bei
Cicero; aber selten ist non facere, ut — , wofür non committere, ut —
das gewöhnliche ist. Die Redensart: äoc /a«Y ad aliquid oder alicui
rei, dieses dient zu Ktuas, schickt sich zu Etwas, ist nur P. L. tnid
N. KL, kommt auch nur in gemeiner Prosa vor; dagegen findet sich
oft im N. L., wie bei Lipsius (Var. lectt. I, 3) : sed hoc non tantura
ad lectionis correctionem., sed etiam ad historiae veritatem facit. Eben
so N. L. ist huc facit Suidae glossa u. ähnliche, für huc referri potest.
— Kl. aher ist hoc facit a me und mecum, das ist mir günstig, ist auf
meitier Seite, spricht für mich. — Zulässig ist auch wohl sibi bene fa-
cere, sich gütlich thun, bei Plaut. (Asinar. V, 2 sub fin.). Ueber/ate/e
non possum non, quin vgl. Posse.
Pacesso. Man halte sich in den Formen des Perf. nur an die mehr
beglaubigte Form facessivi oder facessii^ nicht an face ssi, welches sich
hin und wieder in Stellen der Alten findet. Vgl. Reisigs Vorlesung.
p. 229.
Facetia, die Artigkeit, ist in der Singular form nur A. und Sp. L.,
in der guten Prosa kommt nur facetiae als Plur. vor.
Facies ist das natürliche äussere Gesicht^ da säussere Ansehen ; vul-
tus aber Gesicht in Bezug auf Miene und Geberden. Daher heisst Einen
von Gesicht, dem Aeussern nach ke7inen, aliquem de facie oder blos
facie (wie bei Livius) nosse. Ueber aliquem infaciem laudare. Einen
ins Gesicht loben, vgl Os. — Das Gesicht., d. h. die Sehkraft verlieren
heisst adspectum amittere (Cic. Tusc. I, 30, 73).
Faciliter, leicht, war als Adv. für facile vielleicht im Volkslatein
üblich; es findet sich nur bei Vitruv, und wird von Quintil. (Inst. 1,
ti, 17), wie audaciter für audacter, verworfen. Noch gemeiner war/a-
culter. Vgl. Reisigs Vorlesung, p. 208.
Factiosus bedeutet nur den, der ei?ien grossen Anhang hat, mäch-
tig ist, gleich potens, praepotens. Es findet sich zwar bei Sallust, aber
nie bei Cicero, Caesar und Livius, wiewolil bei Cornel. Nepos und dem
Jüngern Plinius; sonst ist es selten und werde vermieden. Nirgends
350
al)er bedeutet es parthet'süchtig oder g'ar Sektirer, für partmm Studio-
sus, fact/'onis parandae cupidus.
Factor, der Thäter, der Etwas tnackt, Schöpfer, ist A. L. und ver-
altet; erst Sp. L. findet es sich wieder im Gebrauch bei Juristen und
den kirchliclien Schriftstellern für auctor, actor, procreator u. a. Vgl.
Creare. Im Kirchenlatein kommt vor: Deus, factor coeli et terrae —
rerum omniuni.
Factum. Wiewohl als Subst. g^leich gut gesagt wird hene und bouum
factinn, male und malum factum, so ist doch bene und male da vorzu-
ziehen, wo factum mehr Partie, ist, wie in dem Ausrufe wohl gethafi!
theils für sich allein, theils mit folgendem dass (quod). Mit Recht än-
dert Zumpt (bei Ruhnk. im Elog. Hemst. p. 260) sed bonum factum,
quod — in be7ie factum. Und so kommt es oft im N. L. vor, z. ß.
Sarrav, (Ep. ad Salmas. G^) : bo?ium factum, quod meae litterae — ju-
verint, für be?ie facere. Noch unrichtiger sagt Chr. Saxe (Onomast.
T. III, p. 410): interim bo?iu?n factutn, illud typis renovatum esse, für
Interim berief, quod illud — renovatum sif. Ebenso sagt man bei dem
Ausrufe: schlimm! schlimm genug, dass — , nicht malum factum, son-
dern male factum, quod — , und so auch optime factum! \] eher aliquid
pro facto habere., Etwas für gethan halten, vgl. Pro.
Factus, gemacht. Man halte nicht für D. L. homo est f actus ad ali-
quid, er ist zu Etwas gemacht; denn so sagt Cic. (Verr. I, 25, 64) :
ho?no factus ad istius lubidines ; Off. I, 29: ad ludum et jocum facti esse
videntur; und wo wir sagen er ist ganz a?is Lug U7id Trug gemacht
oder zusammengesetzt, sagt man auch totus ex fraude et mendacio fa-
ctus (Cic. Cluent. 26, 72) oder concretus (Cic. Piso 9), nicht aber
compositus.
Facultas geht im Gebrauche nicht weit über die Bedeutungen
Leichtigkeit, leichte Fähigkeit, Etwas zu thun (gleich facilitas) und
Möglichkeit, Gelegenheit, Etwas zu thun; und wenn gleich Cicero in-
genii facultates erwähnt, d. h. Gaben und Fertigkeiten des Geistes, so
werden doch die verschiedenen Vermögen des Geistes, das Urtheils-,
Denk-, Erkenntniss- und Gefühlsvermögen, von ihm nie so genannt.
Im philosophischen Neulatein sind facultas judica?idi,cogitandi,cogno-
scendi, sejitiejidi ganz gewöhnlich, Cic. aber braucht dafür meistens
blos die \ erb. jtidicare, cogitare, cog?ioscere, sentire, sowie er i\\ü fa-
cultas videndi, das Sehvermögen, und facultas atidiendi, das Verrnögen
zu hören, braucht für visus, auditus. Diese feine Bemerkung macht
Raschig (Progr. p. 26). — Ueberhaupt waren die Lateiner in der phi-
losophischen Terminologie gegen die Griechen sehr zurück. — Lächer-
lich aber und, wie man sagt, erst seit dem 12. Jahrh. üblich, ist der
Universitätsausdruck facultas theologorum, juris consultorum, medi-
corum, philosophorum,f//e/^ßc?///«Y der Theologen oder die theologische
Facultät u. s. w., zur Bezeichnung des Collegiums der Lehrer der ein-
zelnen Fächer; entweder brauche man dafür collegium, oder ordo,
welches letztere auch Eichstädt (Deprecat. latin. acad.) vorschlägt.
— Man merke auch noch, dass für den Genit. des Gerundii nach /«-
cultas Kl. auch «(/gesetzt wird,z. B. magnam ad se defendendum (für
se oder sui defendetidi) facultatem dabit (Cic. Cael. 20).
Facundus, beredt, das Adv. facunde und das Subst. fucundia, die
Beredt samkeit., kommen bei Caesar und Cicero, obgleich sie häsiiig
351
Aülass hatten, diese Wörter zu brauchen, nie vor, selten auch bei Li-
vius (das Siibst. facnndia vielleicht nie); urd docJi waren sie vorher
im Gebrauche, bei Varro und Sallust und N. Kl. nicht selten. — Kl.
sind nur disertus, eloqiiens und e/o9?/e7z/««. Verwerflich sind jene Wör-
ter aber nicht, zumal wenn man Geivandtheit und Leichtigkeit damit be-
zeichnen will. Vgl. Döderlein's Synonym. Th. IV, p. 14 und Hand's
Lehrb. p. 342.
Fallacitas, die Betrüglichkeit, der Betrug, ist N. L. für fallacia.
Faller e, tätischeii; Jemanden in Etivas, z. B. in der Erwartung',
Hoffnung — täuschen., niclit aliquem fallcre in aliqua re, in opi-
nione, in spe, sondern entweder alicujus upinio7iem, spem /allere, oder
opinio, spes — fallit aliqiiem ; z. B. ich tausche mich in meiner Hnff-
7mng, entweder spem fallo (Caes. B. G. II, 10), oder spes me fallit. Ich
täusche 7iiich in Ä^ichts, ?iihil me fallit. Für se fallere, sich täuschen,
irren, sagt man falli, und für fallor auch animus me fallit. Ueber die
Redensart trenn ich (mich) Jiicht irre vgl. Errare.
Fallibilis, fehlbar, der irren kanii, ist Franz. L. für qui errare, labi,
falli polest, auch bisweilen /oZ/öj:.
Falsare, verfälschen, ist Sp. L. für adulterare, depravare, circuin-
scribere , fraudare u. a. ; ebenso falsatio, die Verfälschung, für deprava-
lio, adulteratio, fraudotio, circu?nscriptio u. a. Die Juristen nannten es
falsuTU ; daher crimen falsi. — N. L. aber istfalsator, der Veräflscher,
Betrüger, für falsarius,fraudalor, circumscriptor , subjector alicujus
rei u. a.
False, falsch, ist ungewöhnliche Form iür falso.
Falsiloquium, die Lüge, ist Sp. L. für mendacium.
Fahitas, die Falschheit, Unwahrheit, ist Sp. L. für mendacium, va-
nitas., falsum. In altern Lexicis steht es als KL, mit Verweisung auf
Cic. Cluent. 2, wo aber jetzt für falsitas gerade das entgegengesetzte
Wort, nemlich veritas, dem Sinne gemäss steht.
Falso, falsch, als Adv. in der Bedeiit. fehlerhaft, z. B. schreibe?i, ist
wohl nicht zu erweisen für metidose.
Falsus. Wo falsch so viel ist als nachgemacht, z. B. falsches Geld,
falsches Siegel, falscher Schlüssel, ist es wohl N. fj., zu sagen falsus
numns, falsum sig?ium, falsa clavis ; dafür setze man das Adj. adul-
terinus.
Fama, Sage, Gerücht, war — wodurch es sich auch von rumor,
Gerücht, unterschied — im Lateinischen nur als Singular gebräuch-
lich, wesshalb auch Seneca (Ep. 114) den PJural, welchen Sallust
brauchte (aequi boniqtie fumas petit), für seitsam erklärte, und es
lächerlich fand, dass L. Arruntius, ein Historiker und Sallust's sklavi-
scher Nachahmer, auf gleiche Weise famae i7ige?ites de Regula gesagt
habe. Es findet sich auch sonst nirgends eine Spur vom Plur., indem
fama nie, wie unser Sage, eine einzehie Erzählung bedeutete (in wel-
cher Bedeutung wir Sagen brauchen), sondern nur das, was wir Tra-
dition nennen. Eine Sage, als einzelne Erzählung, ist rumor, narratio,
narratiuncula, und eine mährchenhafte Sage,fabula, N. Kl. res fabu-
losa, historia fabxilaris. Zweifelhaft ist incerta fama, ungewisse Sage,
unsicheres Gerücht, iur rumor incertus, sine capite, sine auctore. Un-
ser gewöhnliches: es geht die Sage,ii\r es ist die Sage, heisst hlosfama
est, nicht /am« it, welches bedeutet die Sage verbreitet sich, wiewohl
352
dafür mehr ?na?iat,percrebescit u. dgl. gesagt wird. — Uafatna allgemein
den Ruf bmlautet, in welchem Jemand steht, so bestimmt der Zusam-
menhang oft, ob es einen guten oder schlechte??, böse?i Ruf bedeute,
wo denn ein Zusatz, wie bo?i?is oder ?nalus unnöthig ist. Mag nun aber
auch /r//«a bo?ia uwA fa?na ?nala sehr selten sein, so kann es doch nicht
verworfen werden; doch kann existi?natio für das erstere und i?ifamia
für das letztere gebraucht werden. Auch kann in böse?n Rufe stehen
durch iiividia luborare ausgedruckt werden.
Fatnelicus, h?mgrig, hungerleide?id, ein gemeines seltnes Wort,
brauclit 3Iuret ohne alle Auctorität nicht selten von einer ?nagern^
trochien, saß- u?id kraftlosen Rede (vgl. Mureti Oper. T. I, p. 375 ed.
Fr.), für lan^?iidus, exilis, tncultus, jeju?ius, nudus, rudis u. a.
Farnes, Hunge?., ist in der Bedeut. g?osse Begierde fast nur P. L.
für sitis und sitire, welche in Prosa melir gebraucht wurden.
Famiger, der ein Gerücht ansspre?igt u?id verbreitet, kommt nur
hei Varro ^ or, und ist wahrscheinlich ein Volkswort. Davon abgeleitet
findet sich im A. L. famigeratus, was auch im Sp. L. wieder vor-
kommt,/aw«g^e/a/«o,/(am?^e/"«^o/* und fa?nigerabilis, — welche alle iii
der bessern Prosa nirgends vorkommen. Und dennoch sagt J. Fr. Keitz
irgendwo: fa?nigeratissi??ti sunt doctores hujatis academiae, für claris-
s«W sunt d. hujus academiae, und Ang. Ma^us: famiger atum monaste-
rium, und so andere mehr.
Familia kommt nirgends bei einem Alten in dem beschränkten
Sinne unseres Wortes Familie, d. h. Frau u?id Ki?ider, vor, was nur
in dem Worte domus liegt (wie in unserm Worte Haus), oder durch
mei, tui, s?u ausgedrückt wird. Richtig ist es dagegen im allgemeinen
Sinne des Wortes, gleich ge?is, slirps, locus, also in der Bedeut. Ge-
schlecht, Geschlecht sverwa?idte. Vgl. Beispiele im Lexic. Nicht anwend-
bar ist aber auch das Wort in dem Sinne unseres Gesinde, Knechte
und Mägde, welche Bedeutung es sehr oft bei den Alten hat, die aber
in unserm Latein sehr anstössig sein würde.
Fa?niliarescere, vertraut werde??, ist Sp. L. für familiärem ßeri u.a.
Familiaris, vertraulich, freu?idschaftlich, kann nur da angewandt
werden, wo der Begriff inniger Freu?idschaft vorwaltet. Wenn aber
eine populäre Erklärung eines Schriftstellers, welche weder zu tri-
viale, noch allzu gelehrte und tief eingehende Erörterungen enthält
(wie sie denn für eine Gelehrtenschule oder Universität passend ist),
interpretatio fa??iiliaris genannt wird, wie es nach F. A.Wolf (Analect.
I, p. 277, wo eine solche Vorlesung über Cic. N. D. 1,1 — 10 so genannt
wird) auch Orelli, ich selbst und Andere schon früher, besonders im
15. u. Anfang des 16. Jahrh., gethan haben, so vermisst man dabei die'
Rechtfertigung dieses Gebrauches fiei den Alten, und kann es nur als
ein neues Kunstwort für diesen Begriff entschuldigen. Uebrigens ent-
hält/;o/j«i/Gm jenen Begriff so ziemlich.
Fa??iosus wird von Cicero und allen altern Schriftstellern nur in
dem Sinne übelberüchtigt, in üblem Rufe, ehrenrührig gebraucht, erst
später bedeutet es berühmt, für clarus, nobilis, und werde daher in
dieser Bedeutung vermieden.
Fari, sagen, spreche??, ist fast nur P. L. für dicere, loq?ii, und bei
Cicero kommt nur fando audire, durch die Sage höre??, durchs Gerücht
ver?iehmen,\or.Es werde daher auch nur in dieser Redensart gebraucht.
353
Farina. Ausser der gewöhnlichen Bedeutung kommt es in der Re-
densart homo ejus (ejusdetn, ?iostrae — ) farinae vor, aber doch viel-
leicht nur einmal bei Persius: cumfueris nostrae farinae, in dem Sinne
da du unsers Gleichen gewesen bist. Da der eigentliche Sinn ganz ge-
meiner Art ist, so kann die Redensart nur bei Spott und Verachtung
gebraucht werden, sonst sage man dafür nur ejus generis, ejusmodi.
Vgl. Webers üebungssch. p. 185.
Farrago ist fast nur ein ländliches Wort von geme?igte?n Viehfut-
ter , ausserdem kommt es N. Kl. und nur bei Dichtern vor von einem
Mischmasch. In gelehrter Beziehung ist es kaum zu brauchen, obwohl
man im N. L. dergleichen farragines als Titel mancher guten Bücher
findet.
Fascinare, bezaubern ,\^t in dem bildlichen Sinne von ergötzen
N. L. für capere, delinire, nndcere.
Fastigium , was meistens an etwas Hohem den oben hervorragen-
den Theil, den Giebel hedewiei , nicht die Höhe oder Spitze selbst,
kommt wohl nicht von den Höhen und Spitzen der Berge vor ; also
wohl nirgends /«s/i^j'i/m montis, für cacumen oAev Vertex montis, oder
für das allgemeinere jugum. Da es aber den am meisten hervorstrah-
lenden Theil oben an Häusern bedeutete, so brauchte es schon Cicero
(Off. III, 7, 33) bildlich von dem, was er zu Ende seines Buches als
das Wichtigste, wie eine Zierrath, beisetzen wollte: hoc operi tafiquam
fastigium imponimus. Seit Livius brauchte man es bildlich öfter von
jedem hohen, angesehenen Standpunkte , so dass Quintil. (XII, 1, 20)
von Cicero sagen konnte: stetisse ipsum irifastigio eloquentiae fateor.
Und so kommt es auf das hinaus, was wir in einer Kunst und Wissen-
schaft und sonst in Etwas den Gipfel nennen, so dass Ruhnken (Elog.
Hemst.) recht wohl sagen konnte: in ea arte omnis doctrinae fastigium
est., was getadelt worden ist. Uebrigens kann Etwas bis zum höchsten
Gipfel bringen auch durch aliquid ad summum perducere ausgedrückt
werden (Cic. Brut. 43, 161. Quint. XII, 11, 28) ; sowie man auch bild-
lich sagt ad summum venire (Cic. Tusc. II, 2, 5).
Fastus, Stolz, ist fast nur P. L. für arrogantia, insolentia und spiritus,
besonders im Plur., womit auch «wrm/ (im Plur.) als synonym meistens
verbunden wird.
Fatalis hält sich im Gebrauche durchaus nur an den Begriff unseres
vom Schicksale bestimmt oder verhängt, und enthält somit oft den
Sinn unseres unglücklich; aber nie bedeutet es unglücklich im gewöhn-
lichen Sinne, was nur infelix, tristis, miser, pestifer u. a. heisst.
Fatalitas, das Verhängniss, ist Sp. L. inv fatum, und wenn es U7I'
glücksfall bedeutet, für casus mit und ohne adversus.
Fatifer, tödtlich, ist nur P. L. für mortifer.
Fhtigatio , die Ermüdung , wurde seit Livius oft gebraucht für
defatigatio.
Fattifn, und besonders im Flur, fata, in der reinen Bedeut. Torf, ist
wohl nur P. L. , und kann kaum so in Prosa angewandt werden, wie
Saxe für mori sagte fatis fungi.
Faustitas, das Glück , ist P. L. und kommt nur einmal bei Horaz
vor, für felicitas.
Fafix, Schlund, ist im Sing, nur im \hl.fauce und nur bei Dichtern
üblich; in Prosa nur im Plural. Daher sagt va^nfauces hominis, por-
23
354
fiis, Ciliciae — , nicht faus ; der E7igj)ass,fuuces angustae, wichifaux
ungusta.
Favilla bedeutet uiclit Funken, welcher scintiUa lieisst, sondern
glimmende Asche.
Favor , Gu?ist, Beifall , was zu Cicero's Zeit erst fast neu war, ist,
weil es von Cicero und Andern gebraucht wurde, nicht mehr anstössig;
übrigens bedeuten stadiian, henevoletttia, plausus u. a. dasselbe.
Favorabilis findet sich erst N. KL bei Vellejus, Seneca, Quintilian,
dem jungem Plinius u. Ä., und ist nicht zu verwerfen; doch werde es
nur in der passiven Bedeutung, begtm^tigt, in Gutist stehend, beliebt,
synonym dem ^r«/?0ft7/s, gebraucht, da die aclive Bedeutung, begünsti-
gend, kaum erweislich ist. Vgl. Heusing. Emend. p. 405.
Fax ist in der gewöhnlichen Bedeutung Licht nur P. L. Zu gewagt
ist es daher, wenn im N. L. sogar bildlich gesagt wird : huic locofacem
accendam , wo die Lateiner nicht einmal weder lux noch lu7nen brau-
chen. Vgl. Lumen. Ausser Andern braucht es Bentley. Noch fremd-
artiger ist alicui loco facem praeferre, für locum illustrare.
Febris , Fieber. Man merke nur: das Fieber hat Einen verlassen
heisst wicht febris aliquem reliquit oder deseruit , ^onA^rn ab aliquo
discessit.
Febrilis , fieberhaft , steht N. L. bei Joach. Camerarius (vita Me-
lanchth. ) für den Genit. febris, z. B. ein fieberhafter Anfall, tentatio
febris, nicht febrilis.
Felicitare, beglücken, ist N. L. inr fortunare, beare,felicem reddere.
Felicitas ist in der Wnnschformel Glück zu! Glück aufl nicht üb-
lich; man sagte nur feliciter ! mit dem Dativ der Person, der man Glück
wünschte; oft auch ohne einen Dativ.
Femineus , weiblich , ist fast nur P. Form für den Genit. /emmae
oder iux femininus , weiche» bei Varro und Andern vorkommt; am
besten aber ist nach Cicero und der Schriftsprache der Uebrigen
muliebris, welches sogar Varro vorn weiblichen Geschlechte der Wör-
ter, genus muliebre , allein braucht, wofür jedoch schon N. Kl. nur
genus femininum üblich ist, was man denn auch als Kunstwort bei-
behalte. Bei Thieren wird aber weiblich fast nur durch /e/nj««, sowie
männlich durch mas ausgedrückt, z. }^.femina unguis, eine ic eibliche
Schlange.
Feneratus (foeneratus). N. L. sagt man fenerato alictii aliquid dar e,
fenerato aliquid accipere, sumere, collocare, invfeneratum (feneratam),
oder noch mehr /ewon oder /ewore, sowie Geld gegen Zinsen borgen
heisst pecuniam feizore occupure.
Feracitas, die Fruchtbarkeit, ist sehr selten, und kommt nur bei
Columella vor, für überlas, fertilitas,fecunditas, wiewohl /erax neben
andern synonymen Adjectiven gut nnd Kl. ist.
Feralis, die Todten betreffend, ist theils das stehende Wort für
Leichenfeste (feralia), Leichentnonate (menses ferales) , Leichentage
(dies ferales) , tlieils wird es P. für alles Andere gebraucht, was dazu
gehört, wo in Prosa funebris üblich ist.
Fere steht in Verbindung mit negativen Wörtern gewöhnlich nur
nach denselben, nicht vor ihnen; daher no?ifere, nihil fere, nemo fere,
nullus fere , nurtiquam fere u. a., und so auch meistens bei allen Zahl-
wörtern, bestimmten und unbestimmten, z. ß. decem fere homines,
355
tertia fere hora, omnes fere cives, eodem fere tempore, niid so tiocli in
vielen andern Fällen, z. B. ea dem fere , hisce fere verbls. Seiten stellt
es anders.
Feriari , Feiertage haben , ist Sp. L. für ferias habere oder agere;
dagegen ist feriatus in der Bedeutung/eie/^rer/, geschäftslos Kl.^ aber
neben otiosus selten. — N. L. aber ist male feriatus (was bei Horaz
zur lJ?izeit fniissig bedeutet) in der Bedeut. ungelehrt , einfältig, wie
es neuere Lateiner brauchen. Vgl. Vorst. latin. mer. susp. p. 244.
Feiire scopum, das Ziel treffen^ ist N. L. und ohne Auctorität für
coli ine are.
Ferme, fast, hat dieselbe Stellung 'wie. fere.
Ferocire, muthig, ivild, trotzig sein, ist Sp. L. und selten türferocein
esse,ferociter se gerere.
Ferre, tragen, bringen. — N. L. ist culpam ferre, die Schuld tragen.,
d. h. Schuld sein, Schuld haben, für culpam sustinere, in culpa esse.
Vgl. Culpa. — D. L. ist natura secumfert, die Natur bringt es so mit
sich, will es, fordert es, für natura (ita)fert ohne secum, — und eben-
so alle ähnliche, z. B. mos, tempus — secum fert. Vgl. Cic. Muren. 2.
Sonin. 5. Farn. V, 2, 3. — Sp. L. ist/e/re iriumphum (victoriam) de
aliquo, einen Triumph (Sieg) über Jemanden davontragen, für ex oder ab
aliquo. Vgl. Referre. — Da nur eine Magistratsperso?i, die ein Gesetz
beim Volke in Vorschlag bringt, legem fert , niclit das Folk, welches
legem jubet, mchtfert., so tadelt Ruhnken den Muret, welcher (Oper.
T. IV, p. 9 ed. Ruhnk.) schrieb: populus leges ferebat, iür jubebat. —
Richtig ist zwar ferre ad populum, aber nicht ferre ad senatum , für
referre, dem Senate Etwas vortragen. Ueber referre ad popuhim vgl.
Referre. Ebenso ist zwar richtig sententiam oder suffragium ferre,
aher Judicium ferre , ein Urtheil fällen oder sprechen , \^ovami nicht
vor. für Judicium facere oder dicere. Vgl. Wunder Variae lectt. ex cod.
Erf. p. 140, welchem auch Klotz (z. Sintenis 109 u. p. 149) beistimmt.
Wenn es aber gleichwohl bei Cic. (Orat. in toga cand. p. 525 ed. Orell.)
heisst: quare praeclara dicentur judicia tulisse, nicht fecisse oder
dixisse , so erinnert Klotz (in seiner Rec. dieses Buches) dagegen,
Cicero brauche hier judicia für sententias, weil die damaligen Richter
ihr ürtheil oder ihre Meinung über eine Person auf Stimmtäfelchen
abgegeben (tulisse) hätten. Wo aber dergleichen nicht Statt fände,
solle man durchaus nur Judicium dicere oder facere sagen, nicht ferre. —
Zweifelhaft ist wohl curam ferre., Sorge tragen, für curam habere,
sibi aliquid curae habere (Cic. Farn. VllI, 8) u. a. Ferre mit agere ver-
bunden, in der Bedeut. rauben, plünderji, kommt erst bei Livius vor,
für agere, rapere (so bei Cic. Rep. 111,33), ist aber gleich gut. — Sel-
ten und N. Kl. , vielleicht Sp. L. ist acceptum aliquid ferre. Etwas als
empfangen eintragen. Etwas erhalten haben, für acc. aliq. referre, was
fast stehende Redensart ist. Vgl. die Lexica unter Accipio. — Ettvas
unter die Leute bringen heisst nicht aliquid ferre inter homines, in
vulgus, sondern efferre in vulgus , famam alicujus rei divulgare u. a. ;
eine- Leiche zu Grabe tragen, nicht funus ferre , sondern efferre. —
Veher ferre optionem, die Wahl lassen, vgl. Optio. - Man missbraucht
im N. L. prae se ferre aliquid in der gewöhnlichen Bedeut. Etwas
haben, für habere; z. B. hoc verbum hanc prae se fert signißcationem,
für habet.
23*
356
Ferrum. Man ^a^i m^i^iGVi^ ferro ignique , ferro atque igni, ferro
flainmaque, ferro, igni, qiiaciimqiie t7*, selten in uragekelu-ter Ordnung,
wie bei Cic. (Pliil. Xlll, 21, 47) : igni ferroque, u, (Verr. IV, 33, 78)':
ex flamma ferroque servare und ex flamniis ferroque eripere. Es hat
aber keine Gradformen. Vgl. Rascliig Progr. p. 16.
Ferus, wild, von Früchten, ist mehr P. L. für silvestris.
Fervens, glühejicf, heiss. — N. L. ist es, von Bitten zu sagen preces
ferventes oder ardentes. Vgl. Ardens. Auch brauche man fervere,
was fast nur von heftigen Leidenschaften und hitzigen Dingen gesagt
wird, nicht bei milden Gegenständen, z. B. bei anior oder Studium lit-
terarutn; dafür gebrauche man vigere.
Festinantia, die Eile, ist Sp. L. oder B. L. für festinatio, celerüas,
velocitas.
FestiJiate und festinatius , eilig, eiliger, beruhen wohl auf falschen
Lesarten i\\r festinanter , festiuantius ; ebenso festi/ie , was einige
Handschr. bei Cic. Att. IV, 14 haben, wogegen in andern festive steht,
was die neuern Ausgg. vorziehen.
Festivitas und festivus, welche heitere Laune, Heiterkeit, artig, ge-
fällig, witzig u. dgl. bedeuten, haben erst Sp. L. die Begriffe Festlich-
keit, Feierlichkeit; Festivität, welche durch solenms,festus ; celebratio,
celebritas, pompa auszudrücken sind.
Festum, das Fest ^ ist als neutrales Subst. wohl nur P. L. für dies
festus oder solennis, welche beide oft verbunden werden. Jenes kommt
im N. L. auch bei den besten Schriftstellern, wie bei Muretus vor,
z. B. (Expl. Cic. Catil. III, 1) : institiiiafesta, ajigeordnete Feste. Ein-
zelne Feste haben auch ihre eigene Namen, z. B. das Geburtstags-
fest, natalitia ; das Hochzeitsfest, 7iuptiae ; das Verlobungsfest, sponsalia ;
das Dankfest, supplicatio , n\c\\i festum oder dies festus gratiarum
actio?iis.
Fetifer (foetifer) und fetißcus , befruchtend , kommen nur N. Kl.
beim altern Plinius vor, inr fecu?idus , fertilis , qui laetißcat ; ebenso
fetificare, befruchten, fruchtbar machen, bei Plinius für laetificare,fer-
tilem efflcere.
Fetus (foetus), Geburt, Frucht, wird fast nur von Thieren und Feld-
früchten gebraucht, nicht von Menschen, wo vielleicht nur partus
üblich ist. Da aher fetus schon etwas wirklich Vorhandenes ist, so ist
fetum concipere, was im N. L. vorkommt, lächerlich.
Fictio, die Dichtung, im passiven Sinne von etwas einzelnem Erdich-
tetem, gleich Fabel , fabelhafte Erzählung , ist Sp. L. für fabula, res
ßcta , commentu77i , fabula ficta et commeiititia ; bisweilen auch opinio
enientita. Ebenso \s,ißgmentuin Sp. L. ; vgl. dieses Wort.
Fictitius , erdichtet , bezweifelt Vavassor (Antibarb. p. 531) mit
Recht {ürßctus, commentitius. In der Bedeut. nachgemacht, 7iicht acht
kommt es bei Plinius dem Aeltern nach Harduin's Ausgabe mehrmals
vor, aber andere Ausgaben lesen wohl r\c\\i\^er factitius. Jedoch er-
wähnt der Jurist ülpian actiones fictitiae mit der Erklärung: inquibus
heredes essefinguntur.
Ficus , der Feigenbaum , hat im Dat. und Abi. Plur. nur ßcis, nicht
ßcubus.
Fidejubere, gut sagen, Bürge sein, kommt Sp. L. bei den Juristen
357
vor, für spondere, praestare, sponsionem facere : ehenso ßdejussor, für
Sponsor, praes, vas.
Fidelis,treti, ist wohl der, auf den man sich bei Uebernahme eines
Dienstes oder Auftrags^ einer Verrkhtn?}^ verlassen kann, nnd so
wird Klotz, der (zu Sintenis p. 151) behauptet, ein treuer, d. h. ge-
wissenhafter Lehrer, sei nicht magister fidelis, sondern diligens, von
Nobbe getadelt, welcher sagt, dies sei eine Injurie gegen die magistri,
welche doch wohl das bei Uebernahme des Amtes in sie gesetzte
Vertrauen zu rechtfertigen haben.
Fideliter, treulich, in Verbindung mit servire valetudini (suae), was
Cicero's Freigelassener, l'iro, in einem Briefe gesagt hatte, tadelt Ci-
cero (Fam. XVI, 17), weil ^r/e//s nur in Betreff eines officium, i\Gr
Treue und Ergebenheit gegen Andere, nicht gegen sich selbst, ge-
braucht werde; Cicero sagt dafür di/igenter, d/ligentissime.
Fides. Es wird, mit einigen Verben verbunden, im N. L. in falschen
Bedeutungen gebraucht, z. B. fldem habere in der Bedeut. tre^t sein,
Treue beweisen, iürßdem praestare, ß dum oi]er ßdelejn esse, in aliquo
ßdem ifiesse u. a., ^aßdem alicui habere bedeutet Jemanden glauben,
trauen, Glauben beimessen, mit einem Genit., alicujus rei. Einem Etwas
anvertrauen (Cic. Verr. II, 53, 131), und ohne einen Dativ Glauben
finden, Glaubwürdigkeit haben, geglaubt werden (Cic. Fam. VI, 6) ;
ferner ist N. L. ßdem facere, ein Versprechen inachen, Etwas verspre-
chen, für ßdem dare, da ßdem facere heisst Etwas glaublich, glaub-
würdig machen, fest versichern (Cic. Q. fr. II, 6, 2). Vgl. Vorstii latin,
mer. susp. p. 249. Nie tritt daher auch ein Adj. hinzu, und verwerflich
ist desswegen eximiam (u. dgl.) ßdem facere, was N. L. ist. — Lieber
ßdem adhibere vgl. Adhibere. — Im neuern theologischen Latein liat
ßdes die Bedeut. unseres Wortes Glaube, z. B. ßdes christiana, der
christliche Glaube, worunter aber mehr verstanden wird, als unter
doctrina, was man dafür vorgeschlagen hat; denn doctr. würde nur
die Lehre Christi bedeuten. Man behalte daher lieber j^rfes bei, wozu
auch Muretus (Var. lectt. XV, 1) räth. Oft passt auch religio, und
für den Glauben fanatischer, abergläubischer Völker superstitio. Vgl.
noch Weber's Uebungssch. p. 220 u. Hand's Lehrb. p. 143. — Aber
ßdes Dei in der Bedeut. der Glaube an Gott, ist B. L. und kann nacli
Cic. (Tusc. I, 13, 30) durch opinio Dei ausgedrückt werden, wenn
man es nicht mit dem Verb, credere oder putare geben will. Vgl.
Credere, so wie Klotz Anm. zu Cicero's Stelle.
Fides in der Bedeut. Leier ist im Sing, fast nur P.; in Prosa kommt
es nur im Plur., nach Decl. III. vor, z. ß. die Leier spielen., ßdibus ca-
nere. In der Bedeutung Gestirn aber wird der Sing, gebraucht.
Fidissime als Adv. im Superl. \onßdus wird in der Stelle Cic. Fam.
II, 16, 4 von Ernesti und Orelli für unlateinisch erklärt, welche dafür
ßdelissime setzen ; doch istßdissimtis Kl.
Fieri, werden, geschehen. Es wird meistens vermieden, wenn von
dem damit verbundenen Subst. oder Adj. ein Verbum inchoativum ge-
bräuchlichist; Einige brauchen dann /?en gar nicht; z.B. Tag iverden,
luciscere (lucescere), nicht lucein oder diemßeri; Abend werden, ad-
vesperascere (A. L. vesperascere) oder invesperascere (Cic. Verr. V,
35, J91 und Livius), niclit vesperum ßeri. — Die Redensart: es ist
nicht anders möglich, als dass — heisst Ä'l. hlos ßeri non polest, quin — ,
538
N. Kl. fieri 7ion pntest aliler ^ qtiom itt — . Vgl. Haiid's Lehrb. p. 138.
Uehrigens heisst: es war nicht anders möglich, ohne einen Zusatz mit
als, entweder aliter fieri non potuit, oder fieri non potuit aliter, nicht
non aliter fieri potuit. Vgl. Cic. Ätt. VI, 6, 3. Ueber/fft/ws vgl. dieses
Wort.
Figere, heften, stossen, wird bei körperlichen Gegenständen mit iti
und dem j4ccns. oder Jbl. verbunden, z. B. oculos fig. in terram und
in terra; aber bei geistigen wohl nur mit in und dem Abi., z. B. meu-
tern figere in constilatu. nicht in consulatiim ; Mühe auf Etwas ver-
wenden, Studium fig. i7i atiqtia re, nicht in aliquam rem. — N. Kl. ist
aliquem crucifigere, für cruci affigere u. a. Vgl. Crucifigere. — P. u.
Sp. Jj. sind die Bedensarten /?^eAe sedem und domicilium in aliquo loco,
sich irgendwo niederlassm, seiften Sitz aufschlagen, für das gewöhn-
liche considere in aliquo loco.
Figlinus, irden, thönern, aus Erde, aus Thon, ist Gem. L. für das
edlere^c<;7?s, welches Ä7. allein üblich ist. Figb'jius kommt N. Kl. bei
Vitruv und dem altern Plinius vor: daher heisst die Topf er- (Hafner-)
Ku7ist nicht ars figlina, sondern ars fictilis.
Figmentum, Dichtung, Erdichtung, Bild, ist Sp. L. für res ficta,
commentitia u. a. Vgl. Fictio. — - Im A^. Z. kommt es oft vor, z. B. nil
nisi scribarnm (für librariorjim) figmenta, für commenta bei Görenz
(Cic. Leg. p. 4) ; hoc figme?/to bei Muret. (Oper. T. 1, p. 19 ed. Fr.),
wo Buhnken bemerkt: \ox figmentum non habet idoneum auctorem
(den Gellius, Appulejus und Ammian). Vgl. Sciopp. Infam, p. 111 und
de stylo p. 167.
Figura wird wohl nicht von den Figuren in der Zeichnenkunst ge-
braucht, bedeutet also nicht Biss, Bauriss: dafür steht forma; z. B.
fignrae geometricae, statt formae geom. (Cic. Bep. I, 17). Vgl. Orat.
1,42, 187 in geometria lineamenta, /brm«e etc., nicht ^^wr^e. Daher
lieisst bei Cic. (Q. fr. II, 6, 2) ein Bauriss, forma, nicht figfira.
Figuraliter und figurate, figürlich, sind sehr Sp. L. für tecte, per
figuram, per translatiotiem, oder nach dem Griech. tropice oder me-
taphorice.
Filius, der Sohn. Wir sagen Erdensohn, meistens mit Spott, für
Me?isch, und so gebraucht es selbst Cic. (Att. I, 13, 4) : huic terrae
filio nescio cui. JJeher filius naturae, ein Sohn der Natur, vgl. Natura.
— Im N. L. wird oft von den Aerzten gesagt filii medicorum für me-
dici; Nolten braucht im Antibarbarus oft sowohl diesen Ausdruck, als
auch filii Aesc?/lop/i, welche beide nur im gezierten N L. vorkommen.
Filum mit dem Gen. oratio7iis, in der Bedeut. der Faden der Rede,
d. h. die fortlaufende Rede, der Zusammenhang, ist N. L. für cursus
oder series orationis; ebenso filum oratiofiis abnimpere, den Faden
der Rede abbrechen, für incidere orationem. Ueber die Bedeutung von
filum vgl. Ernesti lex. technolog. Latinor. rhet. p. 171.
Finalis, endlich, schliesslich , das Ende betreffend, ist Sp. L. für ulti-
mus, extreinus, novissimus. Nirgends kommt es sogar in der Bedeut.
die Absicht, den Zweck anzeigend vor, wie es jetzt als philosophisches
Kunstwort gebräuchlich ist, für finetn sig?i/ficans u. a. Nirgends findet
sich auch das Ady.finaliter., am Ende, endlich, für ad e.rtremttm, dem-
que, landein, novissime (Cic. Fam. X, 24. Plin. Ep. II, 14).
Fingere. Nirgends kommt im guten Lat. -vor fingere litteras in der
359
Bedeiit. Buchstaben schreiben, \on einem Kinde, wie Hemsterh. (Oratt.
p.l62) sagt: litterasteuera maiui fingere didicerat; dafür nur scr/'bere.
Fim're, endigen, schliesse?/. ^ur selten brauchen Cicero und Caesar
ßnire aliquid in der Bedeut. Etwas endigen, beendigen, mehr in der
Bedeut. bestimmen, begränze7i, einschränken ; Cic. sagt in jener Bedeut.
lieber^wem alicujns reifacere oder afferre, aliquid conßcere, terminare,
concludere u. a., z. B. ßnem facere scribendi, einen Brief, ein Schreibe?i
e7idigen, zu schreibe?! aufhören : epistolam concludere^ einen Brief en-
digen, schliessen ; bellum conßcere, perßcere oder comjyrimere (wie-
wohl aucli ßnire), einen Krieg endigen ; imperium terminare. eine Herr-
schaft endigen; cur sunt vitae co?fßcere, den Leöensla?/f endigen; Car-
men absolvere, ein Gedicht endigen ; verbum cadit in — syllabam. das
Wort endigt auf eine — Sylbe; der Schluss endigt sich, clausula iermi-
natur oder concluditur. — Vgl. über cadere Cic. Orat. 57, und über
similiter cadere und desinere den Auct. ad Herenn. IV, 20. Cic. Orat.
111,54. — Uebrigens ist seit \A\m& ßnire liäufig im Gebrauche. Da
es aber eine Gränze stecken, ein Ende machen bedeutet, kann es ohne
Object nicht wohl gebraucht werden in der Bedeut. ein Ende haben
oder sich endigen, was ßnem habere, ßniri, terminari, cojul udi \missi;
und so auch nicht mit Etwas efidigen (activ) ohne ein Object, wie
z. B. Görenz sagt: sed idem (Cirero) quoque cum tertio libro ßnivisse
videtur, wo quoque falsch gestellt, cum unrichtig und ßnire ohne Ob-
ject falsch gebraucht ist. — Nach dem Obigen kann aber auch infam
ßjiire, sein Lebe?i endigeii, d. h. seinem Leben ein Ende machen, nicht
für (eines natürlichen Todes) sterben gebraucht werden; es heisst nur
sterben durch eigene Mittel oder durch eigene Gewalt; wesshalb denn
auch alic?£i vitam ßnire gesagt wird, wenn das Leben dnrch Gewalt von
Seiten eines Andern geendigt wird. Vgl. Plin.Ep. III, 7,1 modo nuntiatus
est Silius inedia vitam ßnisse. Man sage aber nicht i?i hac urbe me
spero vitam ßniturum. — Vgl. aucJi noch Weber's Uebungssch. p. 360.
Finis hat \m Sing, ein doppeltes Genus, niascul. und femin.; als
Femininum halten es die Meisten für dichterisch, wiewohl in Prosa
z. B. mehr quae ßnis, als qui ßnis gesagt worden sein soll, und auch
noch einigemal bei Cicero und Livius das Femininum sicher steht.
Vgl. Reisig's Vorles. p. J46. Schneider's Sprachlehre p. 228 u. Iland's
Lehrb. p. 181. — Im Flur, aber ist es durchaus nur MascuL, nie Fe-
mininum.— P. u, N. Kl. steht es bei Tacitus ohne vitae in der Bedeut.
das Lebensende, der Tod, für vitae ßnis, exitus^ extremum vitae tem-
piis, z. B. bei seinem Ende, am Ende des Lebens, extremo vitae tempore
(Caes. B. C. II, 41). Durch das Adj. extremus, statt durch ßnis, wird
unser Ende ausgedrückt, z. B. am Ende des Briefes, des Buches, in
extrema epislola, in e,vtremis litteris, in extremo libro ; und bei voraus-
gehendem Subst. heisst arn Ende blos in extremo, in extremaparte, ad
exfremum ; am Ende der Rede, ad extremam orationem (Caes. B. G.
VII. 53, 1). Mehrere Beisp. von extremus in dieser Bedeutung findet
man in Menckenii Observ. p. 387. — Selten aber kommt//«« in guter
Prosa so vor. Jm Ende des Jahres heisst zwar bei Tacitus ///e anni,
aber Kl. gewöhnlicli a?ino vertente: am Ende des Monats, mense ver-
te7/te. Bezweifelt wird/«?« in der Bedeut. Zweck, Endzweck, Jbsicht,
für propositum, consilium, animus, mens, vis (Cic. Tusc. V, 13, 38 vis
naturae, die Tendenz, Absicht der N.), da ßnis vielmehr den End- oder
360
Zielpunkt, das Aensserste, Höchste bedeute, wie in ßnis bonortim, das
höchste Gut, und in Cic. OfF. I, 39, 138 donms ßnis est usus, der Ge-
brauch ist das Höchste bei eifiem Hause. Andere übersetzen hier finis
durch Zneck, worauf es allerdings am Ende hinausläuft. Vgl. Cic. Inv.
I, 5, (j. Partitt. orat. 4, ]2. Fin. II, 3, 9 u. a. und Ellendt Cic. Orat. I,
42, 188; T. II, p. 107 u. 108. — Eine giite Absicht heisst daher nicht
bonus ß?iis, sondern honum consilium; in dieser Absicht, hoc consilio,
hoc ?n€?ite ; sei?ien Ziveck erreichen, propositum assequi ; — und so
wähle man inr ßiiis immer einen passenden andern Ausdruck. — Falsch
ist daher in oder ad evm ßnem in der Bedeut. zu dem Ende, in der
Absicht, desswegen, für ad eam rem (Cic. Verr. IV, 15), id spectans,
und nicht ad quem ßnem, in welcher Absicht, für ad quam rem, quid
spectans in Bezug auf ein Subject (Cic. Tusc. I, 14, 31), quorsum hoc
(haec), quorsum haec spectant ; denn (usque) adeumßnem, worauf rfw/n
(bis) folgt, bedeutet bis so?veit, bis dahin, und ad quem ßnem, bis wie
lange,bis wie ti'eit,bis aufweichen Pmikt, gleich qt/ousque. Vgl. Heusin-
ger Emend. p. 406. Emend. Corn. Nep. p. 64. Schirlitz Unterhalt, p. 184.
Gr\ sar's Theorie p. 296 und Reisigs Vorles. p. 290. Uebrigens hat
ßnem facere, ein Ende, Ziel setzen, das Object theils im Genitiv,
theils im Dativ bei sich. Unser adverbiales am Ende für endlich heisst
ad estremum, nicht i/i fine.
Eirnia?nen, die Stütze, Befestigung, kommt nur bei Ovid vor, für
ßrmamentum. welches nur diese Bedeutung hat, aber nicht, wie im
Kirchen lat., die Bedeut. ///wime/ (woher unsere Benennung i^iVw«?rtew/j.
Firmiter,fest, ist eben so gut wießrtne; beide kommen bei Cicero
vor (Rep. I, 45; VI, 2), und jenes auch bei Caesar (B. G. IV, 26).
Firmitudo, die Festigkeit, hi eben so gut wiejf/wiVas; bei Cicero
kommt es mehr als sechsmal vor; auch bei Caesar (B. C. III, 28, 4).
Fir7nus, fest, stark ; aber das feste Land \m Gegensatze zum Wasser
heisst nicht terra ßrma, sondern terra continens ; fester Schlaf, nicht
ßrmus, sondern arctus (arctior) sotn7i?is ; feste, stete, sichere Hand
eines Chirurgen, nicht manus ßrma, sondern strenua, stabilis, welche
beide Celns (L. VII. prooem.) zusammen braucht.
Fiscus wird N. Kl. von der Kasse des Fürsten, aher aerarium von
d^r des Staates gebraucht; diesem Gebrauche müssen wir wohl jetzt
folgen, da sich die Sitten geändert haben.
Fiscfest., starr, ist Sp. L. und kann nicht gebraucht werden beim
Sehen ; dafür sage man acriter, acri oder intento animo ; Einen starr
ansehen, aliquem intentis oculis, acerrime contemplari (Cic.Flacc.il).
Fixus, bestimmt, fest, wird N.L. von dem Gehalte oder dem Einkom-
men gebraucht, für reditus stati. ßxer Geholt (nach Plin.Ep. 111,19, 5).
Flagitium ist nach Lanibin. (Ep. 15 ad Muret.) auf das beschränkt,
was entehrt, schändet und beschimpft, was aber nicht zur Anklage
kommt und nicht bestraft wird, z. B. Wollust, Trägheit, Unmässigkeit,
Vergesslichkeit u. dgl., und so auch ßagitiosvs wnA ßagitiose ; dagegen
was die Hand gewaltsam thut und was bestraft wird, \%ifaci7ius, sce-
lus, und der, welcher es thut,facinorosus, sceleratus, scelestus; eben-
so die Adverhia.
Flagrare. Nur selten sagt man: cupiditas flagrat, vitia libidinis fla-
grant apud Ulum, sludium alicujus flagrat u. dgl., wiewohl flagrans
cupiditas u. a. vorkommen; gewöhnlich sagt man nur aliq?iis oder ah'-
3ßl
ct/jus animiis flagrat ctipiditate^ amore, destderio, odio, invidia «. a.,
aber wohl nur in activem Sinne, begehren, liehen, sich sehnen, hassen,
nicht (wenigstens nicht nachzuahmen) in passivem, hegehrt, gelieht,
gewünscht, gehasst werden, wie es im N. L. bisweilen vorkommt. Vgl.
Frotscher z. Mureti Op. T. I, p. 178.
Flamen, der Wind, ist nur P. L. für ventus.
Flammare, entzünden, entflammen,, kommt ausser bei Tacitus nur
P. L. vor, für inflarmnare, incendere u. a.
Flavedo, die hlonde Farbe, ist Sp. L. ixw flavus color, mag auch^ß-
vvs nirgends als bei Dichtern vorkommen.
Flectere, beugen. Merkwürdig ist es, dass man nicht sagt: circa
oder circum Promontorium flect., vm ein Vorgebirge herumbeugen,
sondern blos Promontorium ohne Praeposition, z. ß. Leucotam, um
Leuc, (Cic. Att. V, 9) ; in flectendis promontoriis, beim Herumbeugen
um die Vorgebirge (Cic. Divin. II, 45, 94).
Flere, weinen, wird verbunden de aliqua re, um Etwas; P. L. und
N. Kl. bei Tacitus aliquid.
Flesilis, beugsam, steht P. und N. Kl. beim altern Plinius iürflexibitis.
Florens, blühend, ist zwar bei Cicero ein Beiwort Ae^Alters, z. B.
(Senect. 6, 20) florentis aetatis, um die frische Juge?id, die besten
Jahre zu bezeichnen, wie die eines Vierzigers (nach Cic. Farn. II,
13, 2), aber nach bietrich sagt man nicht aliquem florenti (florente)
aetate esse, sondern florentem aetate esse, wie denn florere aetate
melirmals vorkommt. — Ferner nennt zwar Cicero den Demetrius
Phalercus ^ow//or, blühender, aber mit dem Zusätze ut ita die am ; er
erwähnt auch oit flores verhör um et sententiarum, flosculos orationis
u. dgl., aber nirgends gebraucht gy florens weder von der Rede, noch
von einem Redner, welchem jedoch nach dem Obigen das Beiwort ^o-
ridus gegeben werden kann.
Flos, Blume, Blüthe. Es wird zwar von dem besten, ausgezeichnet-
sten Theile eines aus Mehrern bestehenden Ganzen gebraucht, z. B.
flos juventutis, jtivejitim., Italiae, aber nach Dietrich nicht von einem
einzelnen Menschen, obgleich Ennius als Dichter den Cethegus^orem
populi (Cic. Brut. 15, 58) nennen konnte. Auch gibt es wohl nicht y?o-
rem artiutn, eine Blüthe der Künste, von der Zeit gesagt, in weicher
die Künste blühten ; also nicht in flore ortium, in der Blüthe der K.,
sondern cum artes florerent. Man sei in der Anwendung dieses Wor-
tes vorsichtig.
Fluctuare und (als Deponens) ^z/cf?/<7r«' waren nach Quintil. (IX,
3, 7) N. Rl. neben einander im Gebrauche, wie assentio und assen-
tior; die active Form brauchte vielleicht nur Cicero, die des Depo-
nens war seit Livius, der nur diese gebraucht, häufig. Vgl. Gronov.
Observ. IV, 6. Drak. Liv. XXXVI, 10, 4.— Ein Ad\. flu et uant er, zwei-
felhoff, bedenklich, ist N. L. für dubitanter.
Fluere, von der Zeit, ve?fliessen, vergehen, ist nur P. L., z. B. tarda
fluunt tempora; in Prosa sagt man dafür efflnere; vgl. dieses Verbum.
Flumen wnd fluvius, Strom, Flnss. Da man he\ fluvius nur an Fluss
denkt ohne die Nebenidee des Fli'essejis und Strömens, so Mird es
aurh nicht bildlich angewandt, so dass nicht einmal flvvio secundo,
Strom abwärts, und fluvio adverso, Strom avftvärts gesagt wird, wo-
gegen flumine richtig ist, weil in flumen auch der Begriif Fliessen
362
lie^rt- Dieses Wort wird auch bildlich f^ehra\icht^x.'B.flf/me?i oratiojiis,
ingeiui u. a., aber wiewohl daijei an Menge und Fülle gedacl)t wird,
so kommt doch nirgends vor ßume?i lacrimarum. profundere, wie wir
sagen : einen Strom Thränen vergiessen, für vim lacrim. pro/. (Cic.
Somn. Scip. 3).
Ftuxiis, das Fliessen, ist, wiewohl es N. Kl. neben dem Kl. fluxio
steht, niclit zu verwerfen.
Fncus, Heerd. Unsere Mechaniker nennen so den Brennpunkt;
doch kommt es bei den Alten in dieser Bedeutung nicIit vor, und muss
also, wenn es in derselben angewandt wird, durch einen Zusatz ge-
mildert und verständlicht werden, z. B. Strahle?! in eine?? Bren?ipiinkt
sammeln, rndios lanquam i?i forum quendam colligere. Vgl. Weber's
Uebungssch. p. 367.
Foederare^ verbinden, ist ersl Sp. L. und nicht zu brauchen. Sich
mit Einem verbinden heisst sihi aliquem foedere jüngere, adjungere,
co??jungere u. a. lieblich ist mir foederatus, verbündet.
Foe?ieratus; vgl. Fe?ieratiis.
Foetor, der üble Geruch, Gcsfa??k, ist Gem. L. u. A^. Kl. und kommt
bei Columella und dem altern Plinius vor, i \ir foeditas odoris. So setzt
man auch für das Verbum foetere, stinke??, lieber male olere, obgleich
das \i\]. foetidus, stinkend, mit es verbunden bei Cicero vorkommt.
Folium,das Blatt. Vom Frz/i/e-/- gebraucht, kommt es vielleicht nir-
gends vor, da es in der einzigen Stelle des altern Plinius (XXXVII, 7, 29)
nicht sicher steht, indem die Handschr. und altern Ausgg. abweiclien.
Das Kl. Wort dafür ist plagu/a oder charta, und eiti ei?izeh?es Stück
Papier hiess sched?/la. Die plog?/la. charta oder ein Stück Papier hatte
zwei Seite??, welche pogi??ae hiessen, die eine pagi?ia prior, die andere
pagi?ia altera. — Ueber unsere Redensart vom Blatte ablesen vgl. Charta.
— N. L. ist von Büchern die Redensart i?i Folio, welche ohne den
Zusatz ut dicitur, ut uns dicimus nicht anwendbar ist. Nach Rosen-
heyn ist die natürlichste Bezeichnung dafür forma hi?iaria, und eben-
so für in Quarto,for?na quaternarv? ; für i?i Octavo, forma octonaria,
und für«« Duodecimo^ forma duodenaria. Nur diese Zahlwörter sind
seiner Ansicht nach zu brauchen.
Fonie?itare, bähen, und Jmientatio, dieBähung, sind erst Sp. L. für
fovere und fo?ne??tu??i.
Föns. Wiewohl ybw/es bisweilen von Heilquellen, mineralischen
Quellen gebraucht wird, indem Celsus (lY, ö) frigidos medicatosque
fontes erwähnt, und Horaz (Epist. 1, 15, 8) die kalten Schwefelquellen
zu Clusium und Gabii — fontes Clusinos Gabi?iosque nennt, so ist doch
aquae das fast stehende Wort für heilbringende Gewässer; und so
sage man also lieber aquae Spadanae , die Heilquelle?? und Bäder von
Spna, als fontes Spadani; aquae Mattiacae, Badenses , Pyrmo?itenses
u. a. lieber, als fontes Matt. u. s. w. Vgl. Friedemanni orat. in encaeniis
gymn. Weilb., und unter Jqua.
Fora?ninare , durchbohren, ist N. L., wiewohl forami??atus Sp. L.
vorkommt, für perforare, pe?terebrare.
Foras, hina?/s, nicht drausse??, was foris heisst. Man verwechsele
heide nicht; z. B. drausse??, auswärts oder s?/ Gaste esse?? heisst foris,
nicht foras coenare. Nicht verwerflich ist librum foras dare (Cic.
3(J3
Alt. Xlll , 22 dari foias scripta) , edere , proferre, efferre, ein Buch
(öffentlich) hemtisgeheji.
Foris als Sing^. bedeutet Kl. eine einfache Thüre, fores als Plur.
aber ei7ie Fliigelthüre. Unser vor der Thüre sein, A. h. nahe sein, heisst
nicht foris esse, sondern instare. prope adesse.
Fonna. D. L. ist unser pro forma in der Bedeiit. %tim Schein, fiir
simulans, specie u. a. V^l. Praetextum. Ebenso ist T>. L. in forma, in
der Form, d. h.für, gleich, ähnlich , für pro, z. B. pro testimonio (Cic.
Cluent, 48), iji der Ft/rm eines Zeugnisses. Was wir Form, d. h. ^4us-
druck, Darstellung — einer Schrift nennen, ist meist nur oratio,
nicht forma.
Formare wird, wie conformare und informare, nicht ohne den Abi.
eines geisti;S:en Mittels, z. B. artibiis (v^l. Conformare), ]\i der Bedeut.
(geistig) bilden, ausbilden gebraucht, für erudire; und selbst mit Zu-
sätzen kommt es fast nicht vor. Daher heisst ein gebildeter Mann, homo
eruditvs, w\c\\i formatns. Ebenso ist formatio nicht Bildung in gei-
stigem Sinne, für eruditio (vgl. auch hiformatio) , wiewohl es mit Genit.,
z. B. animi , morum , ingeniorum verbunden, wie N. Kl. gesagt wird,
nicht verwerflich ist.
Formidabilis , furchtbar , ist nur P. und in Prosa Sp. L. fnrformi-
dolosus, terribilis u. a.
Formulare oder formularium, ein Fortnular, ist N. L. iür formnla,
exemphim, verba quae quis edidit.
Fors , fors sit \md forsit als Adverb, in der Bedeutung rje/Ze/cÄ/,
sind nur P. L. iüv fortasse.
Forsaji, vielleicht, ist fast nur P. L., kommt in Prosa erst i)eiLivius,
aber nur einmal, vor (111,47,5), A. Ä"/. nur einmal bei Quintil. XII. 1, 3J
(denn 1,5, 16 steht nach Zwmiit jetzt forsit an) , bei Curtius und Spätem.
Es werde daher durch fortasse oder forsitnn vermieden. Im N. L. fin-
det es sich bei den besten Schriftstellern. Noch weniger ist nisi forsan
zu brauchen, für nisi forte , z. B. bei J. F. Reitz (de ambiguis, in pro-
oeni). Vieles hat darüber gesammelt GraufF (zu Bunelli epist. p. 678
lind 707).
Forsitan, vielleicht, hat Kl. fast nur den Conjunctiv bei sich, ausser
wenn es in den Satz nur eingeschoben ist, um eine Fermnthung anzu-
zeigen, ohne dass das Verbum von ihm abhängig ist. Vgl. Handii Tur-
sell. T. II, p.7J5. Es steht aber wohl nur in Hauptsätzen, nicht in Con-
junctionssätzen; man sage also nicht: cum forsitan haec tibi nota sint:
licet niea forsitan asperneris, für fo?- fasse. Auch wird es eben so wenig
wie die nächsten weder in Fragen eingemischt, wie wir vielleicht und
2vohl einschieben, noch bei si, nisi und ne gebraucht, wo forte stehen
rauss. Vgl. Fortasse und Fo?-te.
Fortasse, fortasse an uud fortassis. Die zuleite Form kommt ausser
bei Varro nur Sp. L. bei Gellius vor, und ist nicht zu brauchen. Die
dritte,/or//7Ss«s, wurde schon von Manutius (z, Cic. Farn. II, 13) als
gut prosaisch bezweifelt, und steht bei Cicero in vielen Stellen, wo sie
sonst stand, nicht mehr, sondern dafür fortasse ; z. B. Cluent. 71,
201 u. Sest. 56, 121. Man vermeide sie also. — Die beste Form ist
fortasse, aber weder in Fragen üblich, noch bei si, nisi (ni) und ne,
wo dafür /o/7c stehen muss. Nur einmal findet sich incorrcct nisi for-
tasse für nisi forte in den oiuiehin gewiss unäcliten Briefen Cic. ad
364
Brut. 5, mag' auch im A. L. bei den Komikern dergleichen zu finden
sein. — Im N. L. findet man nur zu oft sifortasse, nisi for lasse , ne
fortasse und sinfortasse, wo forte stehen muss. Das letzte, sinfortasse,
findet sich sogar z. B. bei Muret. Epist. 111, 2 (Oper. T. II, p. 142)
für sin forte (Cic. Tusc. V, 40, 117), was auch Frotscher gerügt hat.
lieber /brfe an um] fortan vgl. unter Forte, und über alle hier genann-
ten Formen HandüTursellin. T. II, p. 710 — 742.
Forte, von Ungefähr, zufällig, hat auch die Bedeut. etwa^ vielleicht,
aber nur bei si, sin, nisi (ni) und 7ie , wovon oben die Bede war. IVur
bei Dichtern und einigen Nachklassikern, z. B. bei Vitniv (denn bei
Cicero ist es nicht sicher) , hat es ausser den genannten die Bedeut.
vielleicht, so dass man es für incorrect erklären muss, wenn forte im
N. L. auch bei den besten altern und neuern Schriftstellern in dieser
Bedeutung gebraucht wird, wo nur fortasse oder forsita?i Kl. und gut
sind. — So findet man denn leider zu oft: itaforte legendum,scribendura
est ; ita fo7'te hie locus explicandus est; forte huc pertinet glossa Ti-
mae'i; forte Pompejum intelligit; nee forte injuria, bei Longolius, Ma-
nutius, Perpinianus, J. Fr. Gronov, J. G. Graevius, R. Benlley, Gesner,
Ruhnken , Ernesti, Heyne u. Andern. Vgl. noch Handii Tursell. T. II,
p. 735 _ 741.
* Früher glaubte icli, 6&SS forte ausser bei si, sin, nw? und ne auch nach dem
negativen nitm und ecqnid in der Bedeut. vielleicht stehen könnte. Zu dieser An-
nahme wurde ich verführt durch Görenz, der in Cic. Acad. I, 1, 12 für et sirpfid
forte aufnahm ecquid forte , welches mit imm ('</?«>/) /br^e gleichbedeutend ist.
Aber die von GÖrenz gemachte Veränderung ist unnöthig; jener Gebrauch hat
keine Auctorität, und so möchte bei diesen Fragwörtern, wie bei den andern, das
etwa oder vielleicht am besten wolil unübersefzt bleiben. Wenn also Mosheim
(praef. Üb. Folietae libri de ling. lat. p. 16) sagt: ant mim (juis forte tarn avdax
est, so möchte wolil besser o\\i\c forte gesagt werden: ant num qiiis tarn audax
est. — A. L. ist aber wohl forte an undfortan, welclies letztere in Cic. Rep. III, 3ä
in dem einzigen Codex steht; will man es hier nicht ändern, so ist anzunehmen,
dass es Cicero vielleicht absichtlich zur Naciiahmung des dort sprecliendcn Alten
geschrieben habe. In unserm Latein ist es dnrchaus zu verwerfen, indem dasselbe
dadurch mehr entstellt, als verscliönert wird, wenn z. B. Buchner (Epist. P. II,
ep. 35) sagt: audacvlus tibi fortean videar, oder Terpstra (Antiquitas Homer,
p. 168) : fortean ;^£r6jvfr. — Wenn man endlich auch noch aus Cic. (Manil. 8, 20
nach den altern Ausgg.) dafür anführt: 7ie forte an vobis — contemnenda esse
videantur, so ist zu bemerken, dass hier ohne Zweifel a vobis gelesen werden muss.
Fortis, tajyfer , stark. Im bessern Latein ist es nur Beiwort der
Menscheti und des ihnen Angehörigen , wenn damit der BegriflF der
Kraft und des Muthes der Menschen verbunden wird,z. B. fortis
oratio, sententia, animus, forte factum. Selten geht es wohl darüber
hinaus, wie bei Caesar , welcher (B. C. II, 2) starkes, kräftiges Holz,
ligna fortissima nennt. Nirgends aber wird wohl von kräftigen, starken
Tkieren fortis gesagt, sondern frmus ; auch sagt man mc\\i fortis vale-
tiido, starke Gesimdheit, sondern firma; n\c\\i forte verbtim, ein starkes
Wort, sondern grave ; n\c\\i forte castellum, ei?ie starke Festtmg, son-
dern ßrmu/n, und so andere ähnliche. Man sei im Gebrauche vorsichtig.
Fortnitii, von Ungefähr, gleich fort uito und forte, ist wohl überall,
wo es vorkommt, zweifelhaft, da fortuilo Nebenlesart ist. Hand (Tursell.
T. II, p. 743) verwirft diese Form als eine Sp. L.,die sich eingedrängt
habe. Man brauche nur fortnilo. Vgl. Heusig. Cic. Off. 1,29,103.
Oudend. Sueton. p. 410. Garaton z. Cic. Agrar. 11,7 und Ellendtz. Cic.
Orat. I, 24, 111, der es nicht verwirft.
365
Fortuna. Wiewohl es im Sing, und Im Pliir. Glück und Unglück,
glückliche?! und unglücklichen Zustand (je nach dem Zusammenhange)
bedeuten kann, so steht doch meistens bestimmter A^inr fortima se-
ciinda oder piospera, und fortu?iae seciindae oder prosperae, sowie
fortuna adversa oder afßicta , und forttniae adversae oder afflictae.
Nirgends aber kommt wohl \or :fortu?iani dare. Glück gebe?i, beglücken,
seg7ien, sondern fortunare, sospitare. Man sagt aber Jortunarealiquem,
Einem Glück geben, oder alicui aliqiiid fort., Einem Glück zu Eiivas
geben , Einem Etwas segnen ; z. B. Gott gebe dir Glück, Dens te for-
tuTiet oder sospitet, nicht tibi fortimam det; Gott gebe dir Glück zu
dei?ietn neuen Amte, Dens tibi nomim honorem fortunet, wo wir auch
sagen Gott segne dein neues Amt^ latein. aber nicht novinn tuuni hono-
rem. Daher sagt Muret. (Oper. T. I, p. 180) falsch: Dens fortunet tuos
labores , für tibi labor es fortunet , was auch Frotscher rügt. — Unser
doch das wollen wir dem Schicksal überlassen heisst lateinisch sed hoc
(haec) fortuna oder fors viderit. Vgl. Cic. Ätt. XIV, 11, 1; 13, 3. —
Der Flur, fortunae mit und ohne secujidae oder adversae, in den Bed.
Glücks- oder Unglücksfälle, ist selten; dafür steht öfter casus secf/ndi,
casus adversi, und das allgem.yß^a und casus. — Von dem Plur. /br-
tunae, in der Bedeut. Vermögensumstäjide , wagt Muret. FJpist. II, Qß
(Oper. T. II, p. 103 ed. Fr.) das Demin. fortiaiulae , die kleinen Ver-
mögensumstände, ohne alle alte Auctorität. was ich jedoch nicht ver-
werfe, wie es Andere thun. Vgl. Th. I, §. 193.
Fovere , er wärmen, bähen , er quicken, \st in bildlicher Bedeutung
vorsichtig anzuwenden; im N. L. ist es ein Lieblingswort für habere.
Bezweifelt wird zwar spem fovere, ah er Livius sagt nicht allein «//9?^em
spe fovere, sondern auch alicajus spemfov. (XL, ^,ö), Jemandes Hoff-
nung nähren, zu vergrössern suchefi. — Nie aber kommt sententiam
fov., ei?ie Meinung haben, vor, wie man es oft im TV. L. findet.
Fragfnen, Bruchstück, \st P.L.; dafür steht in Prosa fragmentum,
aber nie von Resten und Ueberbleibseln geistiger Dinge , von Worten,
Reden , Briefen und Geisteswerken, mag es auch im physischen Sinne
richtig sein, \\\e fragmenta tabularum, quibus fasti (u. dgl.) continen-
tur; ebenso codicum, inanuscriptorum, aher nicht orationis alicujus,
hujus libri u. dgl.; dafür sagt man besser reliquiae, pars (partes) non
integra (integrae) , quae restant ex libro (libris), qui periit (perierunt).
Fragrare , duften, riechen, kommt fast nur P. L. vor, ausser bei
Sueton, welcher sagt fragrans unguento (nach Salbe), also m. d. Abi.;
Sp. L. m. d. Accus.
Frangere, brechen, zerbrechen, wird bei den Alten oft bildlich ge-
braucht. Man sagt aber nicht nubes frangunt, sefrangtint,franguntur,
die Wolken brechen sich, sondern ru?npunt, rumpu?itur ; nicht nubes
fractae, gebrochene ^f^., sondern ruptae ; auch nicht fulmen fra?igit
nubes, der Blitz durchbricht die W., sondern rumpit (Senec. N. Q.
II, 58). Aber gut ist calor se frangit , die Hitze bricht sich, lässt nach
(Cic. Orat. I, 62) und frigus se frangit, die Kälte bricht sich (Varr.
R. R. 11,2, 18) •, frangere fidem, seiji tVort, seine Zusage brechen (Cic.
Rose. Com. 6,16): testamentum frangere, ein Testament brechen;
foedus frang., das Bündniss brechen (Cic. Scaur. 42; in Pison. 12) ;
bruchium frang., den Arm brechen u. a. ; sogar navem frangit, er leidet
Schiffbruch (Terent. Audr. I, 3, 17 isfregit navem apud Andrum).
366
Fratncidinm, der Brudermord , ist selir Sp. L. fiirfratris caedes,
Jratvrna iiex, parricidiiimfraternuni.
Fraiidulosus, belrüß:erisch, ist Sp. L. iiir fraudulentus.
Fre?iffs,der Zügel, im Sing., ist zu bezweifeln, da //ez/Mm der Accus,
von dem f^omm. frenum sein kann; im Piur. kommen beide Formen
vor, frenos und frena, so wenigstens bei Cic. (Rep. II, 33) frenos,\u\d
(Topic. 8, 36) f renn. Vgl. Reisigs Vorles. p. 120.
Freque7is wnA freqiientes wird zwar in Bezug auf ein Personahub-
ject mit dem Verbo statt der Adverb, frequenter, saepe, crebro ver-
bunden, aber nicht in Bezug auf ein Sachsubject. iMan sagt zwar: ille
freqiiens est nohiscum; illi />e(/?/ew^es Antonii domum ventitant; venio
in senatum freqiiens; frequens aderat in senat»; aber nie Aehnliches
wie: haec sententia veteribusyVe(/?/e«s commemoratur, für « veteribus
saepe (crebro) commemoratur. — Einige verwerfen frequens sum in
ah'qua re , ich thue Etwas häufig ,- aber Cic. sagt (Orat. 50, 167) : nos
etiam in hoc genere //e^wew/eÄ sumus, und (ib. 60) : in utroque //e-
</^^e7^//o7•e6• sunt poetae. Ebenso werden Assidiius, Creber und Multus
gebraucht, welche Wörter zu vergleichen sind.
Frequentare ist in der Bedeut. A«?//?g' brauchen, oft anwenden zwar
selten, aber doch Kl. bei Cicero, der frequenlatus (Orat. III, 38) so
braucht, für usitatus. Man vermeide freque?itare durch usurpare, und
frequentari durch in usu esse, usurpari.
Frigefacere, abkühlen, kalt machen, ist N. L. für refrigerare ;
ebenso frigefieri, kalt, abgekühlt iverden, für refrigerari, frigescere,
refrigescere.
Frons kommt nie in der bildlichen Bedeutung Anfang vor, für.
principium, initium, wie es z. B. Heyne braucht (zu Virg. A. I, 5) : in
prima stat im fronte //ä/v", wiewohl Quintil. (VII, 1, 56) prima fronte
sagt, aber in einem andern Sinne, in welchem es noch oft bei ihm vor-
kommt. Man vermeide es. Unser bildliches die Stirne reiben, d. h. be-
denklich sein, heisst os perfricare, wie bei Cic. Tusc. III, 18, 41, wo
Klotz zu vergleichen ist.
Frontispicium, der Giebel, ist ein N. L. Wort iür frons, fast igium.
Friictificare, Frucht, Früchte bringen, -tragen, ist Sp. L. Uirfru-
ctum (fruclus)ferre.
Fructus. In der Redensart Frucht, Nutzen, Vortheil ziehen, fru-
ctum capere, wird das Wovon oder Woraus entweder mit ex aliqua re
oder mit dem Genit. alicujus rei ausgedrückt; durch es nemlich, wenn
es ausserhalb der Person liegt,die den Vortheil zieht, durch den Genit.
alicujus rei, wenn es die Person selbst besitzt; z. B. aus deinen Briefen
habe ich grossen Fortheil gezogen, ex tuis litteris ; aber: der grösste
Fortheil wird aus Geist und Tugend und jeder Vollkommejtheit gezogen,
ingenii et virtutis omnisque praestantiae ; ich ziehe grosse?i Fortheil aus
meiner Bemühung, capio magnum laboris mei fructum. Doch wird auch
im ersten Falle oft der Genitiv gesetzt. Vgl. Klotz z. Cic. Lael. 19,70.
Frugalis, was im N. L. nicht selten ist, kommt in der Positivform
nirgends vor; nur der Comparat.f rugnlior bei l'erenz und Varro, aber
oft, und bei Cicero frugalissimus , was man sich für den Gebrauch
merke. Von frugalis bemerkt Quintil. (I, 6, 17), es sei veraltet; man
brauche dainr frugi. Veherfrugis und frugi \gL Frux.
Frui. Das PerLfructus sum kommt bei Cicero nur einmal in einem
367
Bruchstücke aus dessen Hortensius vor; fruitus sunt aber brauclite
A\ Kl. Seneca. Die Constr. aliqiiid frui, für aliqua i c, ist nur ^^/. L. —
Da frni immer frohen Genuss anzeigt, so kann es nie da g^ebraiicht
werden, wo es blos haben bedeutet; daher sagt man niclit//?/« rrt«,
für das gewöhnliche vivere, lebefi; nicht frui felicitate, Glück haben, Sur
uti ftlicilate (Cic. Brut. 1, 4 perpetua qnadam feh'citate usus est) ; nicht
frui valetudine bona, mala — , sondern uti. Vgl. Caesar B. C. 111, 49.
Fivstra heisst umsonst, aber nur in der Bedeutung vergeblich, un-
niit':=; N. L. aber steht es für unentgeltlich , ohne Vergütung , was
gratis, gratuito heisst. Man verwechsele beide nicht. Falsch sagt daher
Lennep (Etymol. gr. \erb. unionoA): üarius Sylosontis amicuhun
frustra accipere cupiebat.
Friistraneus , vergeblich , überßüssig , ist JV. L. für rnutilis, irrit?/s,
supervacaneus. Fergebliche Arbeit thun , sich vergebliche Mühe geben
heisst operam perdere, operam frustra insumere , auch wohl acta, ut
ajunt, agere ; vgl. darüber Klotz Cic. Lael. p. 106. — lergebliche Worte
reden heisst inanes voces fundere.
Frustrare , täuschen, soll noch zu Caesar's Zeiten neben dem De-
ponens frustrari, welches mehr im Gebrauche \var,üblich gewesen sein;
jedoch findet es sich in Caesar's Büchern nicht mehr.
Frux ist als Nom. ohne Beispiel; von dem Gttnit. frugis findet sich
nur ein sicheres bei Horat. (A. P. 341) : expertiafrugis, was ohne Vor-
iheil ist, unnütz, was nicht frommt , vvo es auch als Subst. zu stehen
scheint. An andern Stellen wird bo7iae frugis bezweifelt und in bonae
y>?/g^«*verändert. Selir gewöhnlich isty>-?/^/als Indeclinabile, wie nequam,
und zwar adjectiviscli in der Bedeut. brav, bieder mit andern Adjec-
tiven als Beiwort, besonders von Menschen, verbunden, z. B. essefrugi.,
brav, ein braver Mann, ein braves Weib sein ; selten kommt bonae fragt
esse vor, aber gar nicht bonae frugis, indem man zweifelt, ob Redens-
arten, wie plenus bonae frugis gut seien.
Fucus, die Schminke. Die bildliche Redensart fucuni(alicui)facere,
Einen hintergehen, täuschen, Einem Etwas weiss machen, kann ohne
den Zusatz ut dicitur nicht wohl angewandt werden, wie denn auch
Q. Cicero (Petit, cons. 9, 35) sagt: si eum — axuWerxs. fuctan, ut dici-
tur, facere velle.
Fuga, Flucht. Wo wir sagen: auf der Flucht — sich wohin wenden,
sagt der Lateiner ex fuga, nicht iufuga. Vgl. auch Iter u. Fabri zu
Livius XXII, 55.
Fugaciter, flüchtig, ist in der Bedeut. schnell ohne Beispiel, wie es
überhaupt nicht vorkommt, für cito, celeriter, ocyus. Der Comp./?/^a-
cius bei Liv. (XXVIII , 8) bedeutet mehr durch die Flucht, mehr flie-
hend, sich zurückziehend, dem audacius entgegengesetzt.
Fugere. Der \mpev.fuge mit einem Infinitiv, z. B.f?/ge qtiaerere,
in der Medent. forsche, frage nicht, ist P. L. für noli quaerere.
Fugitare, fliehen, vermeiden, ist ein u4. L. Verbum, kommt jedoch ein-
mal bei Cic. in der Jugendrede pro. Kose. Am. für das gewöhnliche
fugere vor.
Fugitivus ist im hessern Latein nur ein entflohener, fortgelaufen ar
Sklave, nicht allgemein ein Flüchtling , welclter profugus heisst. Vgl.
AVeber's Uebungssch. p. 109. Fugitivus oculus , ein flüchtiges Auge
(z. B. in unserer Redensart Etwas mit flüchtigen Augen ansehen), ist
368
ohne alle Auctorität; eher kann man velocibus oculis sa^^en (nach Ho-
raz, welcher veloci octilo percurre sagt, lies es mit flüchtigem Auge
durch).
Fuh'imen , die Stütze, ist P. L., und fulcimentum Sp. L. für admi-
niculum und N.Kl.fulcrum; bildlich heisst es Schutz, {uv firmamen-
tiim (Cic. Att. 1, 18, 3. Rep. II, 10) oA^v flrmum subsidium (Cic.
Sest. 8, 20) u. a. Auch fulcrum kommt in dieser Bedeutung nicht vor,
denn es hat nur die physische Bedeut. Stütze.
Fulcire,stütze?i. Die beste Perf.forra ist/w/s«', nicht /«/c/w, und die
beste Supinforra/^^/^^/m, nicht fttlcitum.
Fulcrum; vgl. F\ilcimen.
Fulgetruin ist nur der leuchte7ide , wicht A^v f euer gehende Blitz,
welcher fulmen heisst; jedoch ist fulgetrum mehr iV. Kl. inr fulgur^
oder bei Senaca fulguralio.
Fulgidus, blitzend, leuchtend, ist P. L. und selten für /?//g'e7/s.
Fulmen , der Blitz. Wiewohl fulmine ictus gesagt wurde, so sagte
man doch fast nur de coelo tactus, nicht fulmine tactus; überhaupt de
coelo tangi.
Fulminare, blitzen, leuchten, ist mehr P. L. inr fulgere, fulgurare.
Ein vom Blitze Getroffeiier hiess Gem. L.fulguritus oder fulminatus,
für f?ilmine ictus, de coelo tactus oder percussus.
Fulvedo, die Fnchsröthe, ist N. L. iürfulvus color^
Functio,das Verrichten, die Besorgung, bedarf als Handlung eines
Genitivs, z. B. muneris., sieht aber nicht in der Bedeut. Geschäft, Amt,
wie es N. L. vorkommt, für munus.
Fundam.en,der Grund, ist P. L. inr fundamentu7n ; ^\e\ch\\oh\ sagt
Valcken. (Oratt. p. 187): quid prima jecit/?/«f/«m/««?
Fundametitalis , gründlich , auch anfänglich , wird N. X. je nach
dem Sinne bald mit primus, primarius, bald mit principium u. a. ver-
bunden. Der Grundbegriff heisst nicht notio fundamental is , sondern
prima notio oder notitia, principium (Cic. Leg. I, 22), intelligentia quasi
fundamentum scientiae (Cic. Leg. I, 9) ; e?« Grundgesetz, nicht lex
fundamentalis, sondern lex primaria.
Fundamentum, der Grund, Grundstein. Mit Recht tadelt J. M. Ges-
ner in der Vorrede zu Heineccii fundamenta sti/li latijii diesen Titel,
da dem Stylus, möge er nun Feder oder Schreibart bedeuten, keine
fiindamenta eigen wären. So ist es auch mit andern Büchern, die die-
sen Titel führen, indem nicht zur Sache selbst,*sondern nur zur Wis-
senschaft oder Lehre ein Grfmd gelegt werden soll. Falsch ist es auch,
wenn darauf folgt: edidit oder edita, da ja die fundamenta nicht edun-
tur, sondern jaciuntur oder ponuntur. Sinnlos ist, was irgendwo stehen
soll, adolescentes fundame7itis scholasticis praediti.
Fundare ist in der Bedeut. anlegen, stzfte?i,wo wir auch sagen
gründen, ohne an einen festen Grund und Befestigung zu denken,
zweifelhaft für cotidere , instituere ; man sage also nicht bibliothecam,
urbetn, schotam, testamentum u. dgl. fundare , indem es fast nur be-
festige?!, fest gründen (und zwar etwas schon A?igelegtes und Ge-
stiftetes) bedeutet, gleich firmare und stabilire. Weiui Ruhnken
(Elog. Hemst.) gloriam fundare in der Bedeutung den schon bestehen-
den Ruhm/esi gründen gesagt hat, so ist dies nicht zu tadeln, mag es
auch sonst nicht vorkommen; soll es aber bedeuten den Grund zum.
369
Ruhme legen, so muss seine Ausdrucksweise verworfen werden. - —
Ebenso bedeutet auch f an datur nur P. L. den Stifter, Gründer einer
Sache, für cot/ditor , creator , auctor, i?istitzitor , wiewohl Muret den
Romulus fundatorem urbis nennt, der in Prosa conditor oder creator
heisst. Und so übersetze man Griindmfgs - und Stiftungstag einer
Stadt, einer Schule u. dgl. nicht durch dies fundationis, sondern nach
Cic. (Divin. II, 47, 99) durch dies natalis urbis, schulae.
Fundere wird oft bildlich gebraucht; abernianche Ausdrucksweise
ist nur P. L., z. B. preces fundere , für precari, beten, was im N. L.
selbst bei Muretus häufig ist; ithen^o lacrimas fundere, iüv profujidere
oder effundere. — N. L. und lächerlich sind die alltäglichen Redens-
arten fundere sensum, nuUum sensum, bonum sensum, einen Sin?i,
keinen Sinn, guten Sinn geben, welche ganz anders auszudrücken sind,
z. B. durch intellectuni facere (Quint. I, 7, 2 eadem littera alium atque
alium intellectuni facit, gibt verschiedenefi Si?i7i).
Funditare , ausgiessen , von sich geben, ist A. L. fnrftindere, und
kommt nur bei Plautus vor: verba funditare , was minder edel ist als
verba fundere. Gleichwohl braucht es Muret. (Var. lectt. V, 1) in sei-
ner schönen Beschreibung der Inseln der Seligen, vielleicht um der
Seltenheit willen.
Funditus, von Grund aus, wird nicht mit geistigen Verben, wie
cognoscere, perspicere verbunden; dafür penitus.
Fundus bedeutet Grund, Boden., aber nie Quelle, aus der Etwas
genommen ist, oder das, worauf sich Etwas stützt; dies drücke man
aus durch fo?is, titide aliquid petitum est, fundamentum, quo res cdiqua
nititur. Heyne braucht fundus oft in dieser Bedeutung, z. B. (\ irg.
A. I, 39): fabulae fundus est in Homero. — N. L. ist fundum jacere,
für fundamentum jacere, wie ebenfalls Heyne ( Praef. Virg. T. III,
p. III) sagt: statim ab hntio fu?idum ^eci interpretaiionis meae.
Funera, das Klageweib bei Leichenbegängnissen, beruht besonders
auf der falsch verstandenen Stelle des Ennius in Cic. Tusc. I, 49, 117,
wo es aber Acc. Piur. von funus ist. Es ist unlateinisch.
Funerare , begraben, kommt N. Kl. nur bei Siieton und d. altern
Plinius vor, für sepelire, humare, aliquem ßi7iere efferre u. a.
Fungi m. d. Accus, verbunden ist A. L. und findet sich bei ?tiunus
statt des Abi. munere auch noch N. Kl. bei Sueton und Tacitus, ist
aber zu vermeiden. Dichter verbinden es mit dapibus, ein Mahl halten;
lacrimis, weinen; sepulcro, begraben; ferner vita, morte, fato, sterben,
und sogar /^///g« allein in derselben Bedeutung; — alles dieses vverde
vermieden. — N. L. ist auch aevo fungi und fatis fungi in der Bedeut.
sterben, so dass man «eyo, vita, fato fundus nur zu oft für mortuus
findet, weil man die Rede dadurch zu verschönern glaubt.
Furenter, rasend, kommt zwar nur bei Cicero einmal vor, ist aber gut.
Furere, rasen. Das Perf./^^A^^^*hat keine gute und sichere Auctorität.
Furiare, rasend machen, ist nur P. L.; ebenso furiatus , rasend,
für furens,furibundus,furiosus u. a.
Fusim, ausführlich, ist N. L. für fuse; der Comparat./?/s«Msist gut,
aber der Superl. /^^s^*ss^/ne, den Bunellus (Ep. 44) braucht, kommt nir-
gends vor.
Fusus , das Giessen, z. B. aquae, steht nur bei Varro für das bes-
sere fusio.
24
870
»•
Gahiensis, Gabisch, Gnbmi'sch, zur Stadt Gabii gehörig-, ist seltnere
Form beim äiterii PJiiüus für das öftere Gabi/n/s bei Cicero ii. Livius.
Godes oder Gadis als Sing., Name der spanischen Stadt Cadix, ist
zweifelhafte Form für die sichere Gades als Plur.
Gallicamts heisst den Galliern disseits der J/pen (nach römischen
Begriffen) gehörig, dagegen Gallicus, den Galliern jenseits der Alpen
gehörig, wiewohl diet?es auch für jenes, aber jenes nicht für dieses
gebraucht wird. Man merke noch, dass Gallus nur P. L. als Adjectiv
für Gallicus gebraucht wird, da es in Prosa nur der Gallier heisst.
Garritus, das Schwatzen, Geschwätz, ist sehr Sp. L. für loquacitas
oder das N. KL garrulitas.
Garrulus, geschwätzig , ist N. Kl. und meist P. L. für loquax. —
N. L. aber ist garralare , was ich neulich irgendwo las, für garrire,
garrulum oder locjuacern esse.
Gaudere in der Bedeut. haben, ohne den Begriff der Fretide über
das, was man hat, ist A'. L. , z. B. hoc verbum gaudet signißcntio?ie,
dieses Wort hat die Bedeutung, wie nicht selten gesagt wird. Als tol-
les Latein führt man aus einer medicinischen Dissertation an: ille
scabie gaudebat , jejier halte die Krätze. Man sagt aber auch sogar
nicht bona valetudiue gaudere, sich einer guten Gesundheit erfreuen,
d. h. sie habe?i, für botja oder integra valetudine esse; er erfreute sich
bis in sein höchstes Alter der besten Gesundheit , vixit ad summani
se7iectutem valetudine optima , und so in ähnlichen. Gut ist es, von
heimlicher, stiller Freude zu sagen: in sinu gaudere.
Gaza, Schatz, Reichthum, beschränke man im Gebrauclie nur auf
Könige.
Genealogia kann als Kunstwort neben dem KL genealogus recht
wohl bestehen; sonst sagt man dafür origo familiae (familiär um).
Gefieralitas , die Allgemeiiiheil , ist N. L. für universitas , z. B.
Fun. (Ep. IX, 4) : m universitate iii partibus.
Generaliter, im Allgemeinen, kommt bei Cicero nur einmal in der
Jugendschrift de invent, (^, 26, 39) vor, öfter N. KL, was nicht zu
verwerfen ist. Ungleich häufiger steht generatim, entgegengesetzt dem
singillatim oder iiominatim; ferner communiter, entgegengesetzt dem
separatim (Cic. Off. II, 10, 26).' Vgl. Stüremb. Cic. Arch. p. 390. Bei
Livius findet sich in Universum entgegengesetzt dem nomifiatim. Vgl.
tJniversus. — Ein Comp, generalius ist N. L. ; Bremi braucht ihn:
gener alias videtur usurpari, für ejus significatio latius videtur patere.
Generatio, die Erzeugung , Geburt, kommt N. KL nur beim altern
Plinius vor, für das KL procreatio und ortus, auch partus.
Genialis wird bei Cicero nur mit lectus verbunden, das Braut- oder
Ehebett, welches Livius tortis getiialis nennt; aber in der Bedeutung
festlich, fröhlich u. dgl. findet es sich fast nur bei Dichtern.
Genitor ist in der gewöhnlichen Bedeut. Vater zu hoch und mehr
P. L. für pater,parens, da Cicero es nur bei Göltern anwendet; eben-
so genitores, die Eltern, inx parentes , procreatores und genitrix , die
Mutter, für maier.
Genius, Sclmtzgeist, Schutzgott. Wem ausser den Menschen solche
Genien beigelegt worden seien, gibt dasLexic. an. Weber (Uebungssch.
371
p.llO) bemerkt wenigstens, dass Zäw^/erw keine genii gegeben worden
seien, sondern dii praes/'des oder custodes , woliin auch die du patrii
und penates gehören. Aber einzehie Oerter und Völker hatten den-
noch ihre gem'os, was Insciiriften lehren. — Was Socrates seinen ihm
inwohnenden gejiius nannfe , nennt Seneca (Ep. 41) sacrum spirilnm
— sacer intra nos spirltus sedet, maloruin bonorumqne nostrorum
observator et custos. — In ganz anderer, neuer Bedeutung spricht man
im IV. L. von einem genins saecu(i\ te/nporis , orationis, sermonis, (in-
giine, und von dem Genius einzelner Menschen, wie SchiUeri, Goethii,
Klopstockii — , worunter man aber das französische genie und das deut-
sche Geist in der Bedent. Eigentlitimlichkeit, eigenthiimliche Beschaffen-
heit denkt. Dies ist ganz neu. Schon Scaiiger sagte; raro genium iUurn
Ciceroniani saeculi assequuntur; J. Fr. Gronov: ille non cepit genium
scriptoris; Heyne [sagte: genium poeticae orationis, und schrieb eine
Dissert. de genio saeculi Ptolemaeorura, — und so bei Andern in den
oben erwähnten Bedeutungen. Die bessere Uebersetzung ist aber
nach Verschiedenheit der Verbindung verschieden, z. B. der Zeitgeist,
saeculu/n (Tacit. Germ. 10), hi (Uli) mores (Cic. Q. fr. 1, 1,11), natura
saeculi oder temporis ; ratio atque inclinatio tempuris (temporum) bei
Cic. (Verr. V, 69. Plane. 39, 94) ; bei Rede und Sprache — proprietas
oder natura sermoiiis , orationis, linguue; bei einzelnen Mcinner7i —
ingenium, natura, proprietas. Der Simi und Begriff muss die jedesmal
beste Uebersetzungsart bestimmen. Vgl. ein gutes Wörterbuch.
Gens kommt in der allgemeinen Bedeut. Geschlecht, z. B. Menscheji-
geschlecht,gens humana, für ge?iiis humanum nur einmal und zwar bei
Cic. (Fin. V, 23, 65) vor; es ist also nicht nachzubrauchen.
Genticus , national, einem Volke eigen, kommt N. Kl. nur bei Ta-
citus als Beiwort von 7nos vor, für gentis proprius.
Geritilis in der Bedeutung der Landsmann beruht auf falsch ver-
standenen Stellen, in denen es vielmehr den bedeutet , welcher zu
einer Familie gehört. Vgl. Conterraneus. — Sp. L. bedeutet es den
Heiden zum Unterschiede von dem Christen., und ist für diese neue
Idee fast Kl. Vgl. Ethnicus. Ebenso gentilitas , das Heidenthum.
Genu, das Knie. Wo wir sagen vor Jemanden auf die Kniee fallen,
braucht zwar Cicero nicht genita , sondern pedes , wohl aber Terenz
(Ilecyr. III, 3, 18) und Livius, der theils genibus alicujus accidere oder
se adcolvere, theils ad genua alicujas procumbere sagt. Andere drücken
es anders aus. Vgl. Accidere. Für genua wird noch öfter pedes
gebraucht.
Genuinus , was bei Cic. (Rep. II, 15) eingeboren, einheimisch be-
deutet, gleich domesticus , hat Sp. L. bei Gellius die Bedeutung acht,
wahr , von ächten Schriften, wofür sonst verus (Cic. Orat. II, 55, 224
tot enim ^ni\iveri Bruti Vibri) .^probus (Ljv. XXXII,2 argenturaproÄi/m,
achtes Silber) und germanus (Cic. Verr. IV, 26 verum et germanum
Metellum; Brut. 86, 296 haec germana irouia est) bessere Wörter
sind. So sagt man auch n\c\\i genuini numi, öcA/e Münzen, sondern boni
numi (Cic. Off. II, 23, 91). Das Wort sollte daher weniger gebraucht
werden; dagegen kommt es oft im N. L. vor, z. B. genuini dialogi
V\dXon\% , genuinae orationes Demosthenis, genuina scripta Luciani
u. dgl., wie denn sogar F. A. Wolf es bisweilen gebraucht hat. — Ein
N. L. Wort ist ferner genuinitas, die Aechtheit, für veritas, probilas,
24*
372
auch auctorüas wnA fides; ja F. A. Wolf braucht sogar das ^riech.
uvDerria. ,
Genus ist meistens uiipasseud in der Redensart eine Art von — ,
mit einem Subst. , wenn es für gewissermassen steht, wo nur quidnm
zu brauchen ist; z. U. jenes irm- eine Art von blinder Sklaverei , fuit
illa quaedani servitus : 4iß Mie7ie ist eine Art von stillem Gespräche, xnhiis
sermo quidam tacitus mentis est: es ist eine Art von fVürfelspiel , alea
quaedam est. Verworfen wird als \\\\\a{Gh\\^v\\ omnis generis, aller Art,
als Zusatz zu einem Subst., z. B. sententiae omnis generis, Gedanken
aller Art, für omyie genus se?itentiafuni; Schandthaten aller Art,omne
Steins (Cic. Milo9, 24) ; Forsicht aller Art, omfie genus cautionis (Cic.
Q. fr. 11,2,2). Darnach behandle man ähnliche. Ohne Beispiel ist aber
jener Genitiv nicht; denn Liv. (XLiV, 10) sagt: om/z/s generis tor-
raenta, und (ib. 33) ludicrum omfiis generis u. a. — Uebrigens liebte
Varro in solchen Kedensarten den Zusatz omne genus als Accusativ,
z. B. aves omne genus, Jögel aller Art , wie er auch hoc und id genus
für hujvs und ejus ge?ieris gern braucht, wozu sich bei Cicero nur
•wenige Beispiele finden. — Kl. ist zwar genus in der Bedeut. Folfr, für
^ews , aber da es selten so vorkommt, ist es nicht nachzuahmen. —
Endlich ist wohl N. L. in gerrere und Sp. L. nur bei Gellius in genus
in der Bedeut. im yJllgemei?ien , überhaupt , (iir generatim, zmiverse.
Vgl. Generaliter.
Geometer, der Geomeler, ist N'. Kl. Form bei Seueca für geometres
bei Cicero.
Gerere wird im bessern Latein mit mauclieu Objecten entweder
nicht oder doch nur selten verbunden, z. B. vitam gerere, das Leben
hinbringefi, N. Kl. für vitam agere oder degere; aetatem gerere nur
bei Sulpicius (Cic. Fam. IV, 5, 3), und eben so N. Kl. tempus adole-
scenliae, annum aetatis gerere , für agere. Man sagt ferner nicht ser-
monem (sermoues) gerere, für conferre, conserere; nicht nomen gerere,
für habere; nicht ^ubernaculum gerere, für tenere , tractare. Wiewohl
Cicero zweimal sagt: personam gerere, eine Person vorstellen, eine Rolle
spielen.^ für tenere, sustinere,ferre , so ist doch diese Ausdrucksweise
zu vermeiden, da sie sonst nicht vorzukommen scheint. Ohne alle Auc-
torität aber ist partes gerere, eine Rolle spielen, was Sadolet. (Ep. II, 1)
gehraucht hat. Vgl. unter Agere. — N. L. ist auch aliquem (aliquid)
in ore gerere. Einen oder Etwas im Mtin de führen , für habere., esse,
versari. vgl. Os. — Sp. L. u. P, ist gerere aliquem (wie man agere
aliquem braucht) in der Bedeut. Einen vorstellen, die Rolle Eines
spielen icollen, z. B, consulem gerere, einen Consul, eines Consuls Rolle
spielen wollen; ebenso se gerere aliquem in dieser Bedeut., für se pro
aliquo gerere, wie Cic. (Arch.5) sagt: se pro cive gerere, sich als Bür-
ger benehme?! oder betrageiu Wiewohl Liv. (II, 27) sagt: se medium
gerere, sich neutralverhalten, so setzt man doch nicht den Accus, eines
andern Adjectivs, um zu bezeichnen, wie man sich beträgt, sondern ein
Adverbium. — Falsch ist se modestuin, immodestum, liberiorem (allzu-
frei) u. a., gerere, für modeste, immodeste , liberius u. dgl. se gerere.
Vgl. Th. I, §. 87 und Oudend. Sueton. p. 391.
Germanice, deutsch, kann, wiewohl es nirgends vorkommt, doch
von »ms nicht entbehrt werden, wo es in seiner wahren Bedeut., uem-
lich von Aar deutschen Sprache vorkommt; wenn es aber bedeutet ge-
373
rade heraus, derb, freimüthig, niuss es in der iateinisclieii Rede a»ch
durch laiine übersetzt werden, welches die Lateiner ebenfalls in die-
ser Bedeutung brauchen. Vgl. Cic. Verr. IV, J,2 und die Lexica unter
Laiine. Auch sagten sie in ebendemselben Sinne Romano more (Cic.
Farn. VII, 5, 3; VII, 18,3).
Germanilas kommt in der Bedeut. Aechtheit, Wahrheit nirgends
vor. Vgl. mehr darüber unter Genuinus.
Germanus als Adject., in der Bedeut. deutsch, ist kaum zu erweisen
für germanirus, wiewohl es im A. L. so gebraucht wird; z. B. germa-
nus sermo, die deutsche Sprache, für gernian'cus ; mores gerrnani, die
deutschen Sitten, für gerniauici oder Germajiorum.
Gestare, tragen, Ut Kl. selten i'(\r ferre, portare, habere, ger er e;
da es aber N. Kl. bei Sueton «. A., und früher bei Terenz oft vor-
kommt, so ist es nicht zu verwerfen. Man verbindet es aber theils mit
in und dem \h\.., auf Etwas, theils mit dem blossen Äbl., z. B. digito,
am Finger ; aber N. Z. ist ex aliqua re,z. B. clavem ex cingulo geslare,
einen Schlüssel am Gürtel tragen, wobei noch der Zusatz suspensam
oder pendente7n nothwendig ist.
Gesticulari, Geberden machen, gesticuliren, kommt N. Kl. und sel-
ten bei Sueton vor, für gestum agere vom Schauspieler (Cic. Orat. II,
57, 233), gestum facere, gestu u(i. Eben so^V. Kl. steht bei Sueton ge-
sticnlatio fnv gestus (im Sing.), z. B. ^es^?/s ejus natura ita venustus
fuit, seine Gesticulation war — (Cic. Brut. 78).
Gestio, das Verrichten, Besorgen, z. B. negotii, eines Geschäftes,
findet sich zwar bei Cicero, aber in seiner Jugendschrift de invent.
(1,26), sonst nirgends; man setze dafür lieber actio, administratio, ^
functio, oder drücke es durch die Verba gerere,fungi, administrare
u. a. aus.
Gestitare, tragen., ist A. L. für gestare.
Gestum als Subst., die That, kommt im Sing, nicht vor, und der
Plur. gesta ausser einmal beiCornel. Nepos vielleicht nur bei Spätem,
für res gestae oder blos res; — es werde daher vermieden. Für den
Sing, sage man res oder res gesta.
Gestus als Subst., die Geberde?i, kommt bei einer Person, der sie
beigelegt werden, nur im Sing, vor, indem der Plural nur dann steht,
wenn von ?nehrern Personen die Bede ist, wie bei Cic. (Off. 1,36, 130):
histrionum no?inulli gestus inepti. Es kann also der Sing, mit unserm
Ausdrucke Gesticulation verglichen werden. — Im iV. L. wird dage-
gen bisweilen gefehlt. Vgl. auch Gesticulari.
Gibbosus, höckerig, bucklig, ist falsche Form für gibberosus, gibber,
era, erum oder gibbus, a, um.
Gignere, erzeugen ; — von oder aus Einem (Einer, Etwas) wird fast
nur durch ex oliquo, ex aliqua, nicht durch ab ausgedrückt. Vgl. An-
leitung §. 223.
Gloria, Ruhm. Bezweifelt werden von Grysar gloria afficere und
gJoriam iribuere, da sie widersinnig seien, freilich nach dem zu engen
Begriffe, welchen er dem Worte gibt; dagegen führt Georges (Rec.
meines Buches) an: Plaut. Amph. V, 2, 10 te immortali afflciet gloria
u. Phaedr. I, 7, 3 gloriam fortuna tribuet. Aber, sagt Wüstemann (zu
Doeringii Comment. p. 160), falsch lege man einem litterarisch be-
rühmten Manne eine liiterarum gloriam bei, die es nicht gebe, wohl
374
.iber Imis mn\ fa7na. da glorfa durch Verdienste um den Staat erwor-
ben würde. Gloria werde daher uiclit g^emissbraucht, und man sage
lieber doctrmae fonia oder laus.
Gloriari wird verbunden mit in und d. Abi., in der Bedeut. seinen
Ruhm in Etivas suchen, aber mit de in der Bedeut. sich wegen einer
Sache rühmen.
Gloriator, der Prahler, ist Sp. L. für ostentator, jactator, vendita-
tor, honio gloriosus, grandiloguus.
Glossa und g/ossema sind erst N. KL im Gebrauche, und zwar
nach Quintiiian und Andern in der Bedeut. voj: ??iinus usitata, ein ice-
niger gebräuchliches Wort, also was einer Erklärung bedarf, nicht
aber die Erkläru7ig selbst, wie es in der heutigen Kritik und Herme-
neutik g'ebraucht wird, wo man jedes zur Erklärung beigeschriebene
TFort und überhaupt alles zur Erklärung von Andern Beigeschriebene
so nennt. So werden aber die Bedeutungen verdreht und die Begriffe
verwirrt; daher sollte man in der letztern neuen Bedeutung dafür in-
ierpretatio aliena sagen; für das N. L. glossare — interpretari, es-
planare u. a., und für glossator — interpres, explanaior u. a. Vgl.
Exponere.
Glossarium ist nach altem Gebrauche nicht jedes Wörterbtich,
welches alle, auch die gewöhnlichsten Wörter enthält, sondern das,
worin die seltenen und minder üblichen erklärt werden. Auf diese Be-
deuiung beschränke mau daher den Gebranch des Wortes ; denn im
N. Ij. enthalten viele glossaria zu viel. Vgl. auch Dictionarium.
Gnarus kommt im bessern Latein nur activ vor, in der Bedeutung
kundig, der Etwas keimt; erst N. Kl. und nur bei Tacitus passiv, in
der Bedeut. bekannt, für ?iotns, was nicht nachzuahmen ist. — N. L.
aber findet man es in der Bedeut. verständig, tmisichtig, z. B. gnara
accurataque cognitio ; gtiara codicum variae aetatis indag^io, derglei-
chen es im Latein, nicht gibt,
Gnatiis, der Sohn ; vgl. Natus.
Gracilitudo, die Schlankheit, Magerkeit, kommt A. L. selten vor,
für gracilitas.
Gradus, die Stufe, wobei an Höhe gedacht wird, lässt nicht wohl
Wörter zu, in welchen keine Erhebung oder das Gelangen wohin liegt;
daher kann man wohl sagen : ad gradum adscendere, ad gradum ve-
nire, pervenire,evehi,gradum consequi (Cic. Plane. 25. Cluent. 55, 150),
persequi, adipisci ; aber nicht sibi compnrare gradum, sich eine Stufe
erwerben; ni< ht accipere gradum, eine St. erhalten. Als Beiwörter pas-
sen nicht magnus.parvus.perfecfus n. dgl., sondern alfus, summus, in-
ßmus, wiewohl in unserer Redensart im hohen, höchsten Grade ge-
wöhnlich nur STiinmus ohne das Subst. gradf/s gebraucht >vird ; z. B.
du besitzest diese Gabe im höchsten Grade, ea facultas in te est summa
(Cic. Farn. IV, 13, 4); dir sind diese Eigenschaften m geringerm Grade
gegeben, tibi ea minora data sunt (Cic. Orat. I, 29, 132). — N. L. ist
usque ad eum gradum, ut — , bis zu dem Grade, dass — , für usque eo oder
usque adeo ut — . Auch möchte es 1). L. sein, zu sagen: hoc omnes ha-
bet in se gradus veritatis, für mimeros, dieses hat alle Grade der
Wahrheit (Cic. Divin. I, 12, 23). Mit Recht wird auch bezweifelt gra-
dus perfectionis, Grad der Vollkotnmenheit, da die perfectio oder ab-
375
solutio schon an sich das Höchste in ihrer Art ist. Vgl. Bergmann z.
Riihnk. Opiisc. T. I, p. 104.
Graecan/'cus bedeutet nicht griechisch, w'm graecus, sondern nur
griechischartig, aus dem Griechischen genommen, den Griechen nach-
gemacht.
Graecum als Siibst., das Griechische, in der Bedeutung die grie-
chische Sprache, oder auch wolil in noch umfassenderer Bedeut., ist
J). L. für lingua graeca oder sermo graecus, wenn die Sprache ge-
meint ist; litterae graecae, wenn die griech. Schriftsteller, Schriften
und ilir Verständniss gemeint sind, und res graecae, wenn allgemein
Griechenland und seine Geschichte gedacht wird : ausserdem auch der
Plur. graeca, z. B, graeca latinis cojijunxi (Cic. Off. I, 1), oder graece
verbunden mit doctus, scire, loqui, z. B. bewandert im Griechischen,
graece doctus; er versteht, spricht griechisch oder das Griechische,
graece seit, graece loquitur.
Grajus, der Grieche, auch als Adj., griechisch, kommt meistens bei
Dichtern vor, aber doch auch mehrmals bei Cicero (vgl. Kep. 1, 37;
II, 4; III, 9; VI, 16 u, a.), wie es scheint, immer mit Lob und mit
Rücksicht auf das klassische Heldenvolk der Vorzeit, nicht aber für
das gewöhnliche GAöetv/s in geographischer und historischer Hinsicht.
Grammaticnlis ist sehr Sp. L. für grammaticus.
Grandaevus, alt, kommt fast nur P. L. vor, ausser beim altern Pli-
nius und Tacitus, für grandis natu.
Grandiloquus bedeutet allerdings in Cic. Tusc. V, 31, 89 gross-
sprecherisch in verächtlichem Sinne, und Orat. 5, 2 den, der in erha-
benen Worten spricht, aber mit dem Zusätze nt ita dicam; ein Subst.
grandiloquentia aber ist N. L. und von Wyttenbach (Orat. de philo-
sophia) gebraucht: grandiloquentiam ac sonum Aeschyli, für magni-
loquentia oder granditas verborum. Man brauche es auch nicht in dem
Sinne unseres Grosssprecherei, für superbiloquentia, jactantia, oste7i-
tatio, venditatio, vaniloquentia.
Grandis animus, die grosse Seele, und granditas animi, die Grösse
der Seele, sind ohne Au) torität für magnus animus und magnitudo
animi. Grysar (unter Magnus) sagt, grandis werde von Personen in
der Bedeut. erhaben, grossartig nicht gebraucht; aber vgl. Cic. Brut.
7, 29. Orat. 34, 119 u. a. ; die Lexica, und ausserdem Klotz Cic. Tusc.
p. 45. — Die spanischen Grandes, die Grossen, heissen etwa optima-
les. — Das Adv. granditer, sehr, ist Sp. L. für admodum, valde,
mag?wpere.
Granuni. Die Redensart cum grano salis kann als eine sprich-
wörtliche nur mit dem Zusätze ut ajunt, ut dicitur u. dgl. gebraucht
werden.
Graphice kommt in der Bedeut. malerisch nicht vor; und wenn
daher Ruhnken (Opusc. I. p. 89) sagt: ille formam Constantii satis
graphice descripsit, so hätte er dafür etwa sagen können: satis pinxit
coloribus oratio?iis.
Gratabundus, Glück wünschend, ist ganz zweifelhaft für gratulans
oder gratulabundus.
Gratari, Gluck wünschen, danken, ist gut, wird aber nur bei Göt-
tern gebraucht; sonst gratulari.
Grate, dankbar, ist neben grato animo nicht zu verwerfen.
376
Grates verbunden mit agere, habere, Dank sagen, Dank wissen,
wird im bessern Latein nur vom feierlichen Danke gebraucht, der an
Gott und erhabene Personen gerichtet wird, und so oft bei Dichtern.
Vgl. Drakenb. Liv. XXIII. 32, 7 und Döderkin's Synon. Th. IJ, p. ]]3.
Gro.tia. Man unterscheide wohl: gratiam (nicht gratias) habere.
Dank wissen; gratiam (nicht gratias) referre, danlsbar vergelten,
dankbar sein ; gratiam (nicht gratias) debere, Dank schuldig sein und
gratias (nicht gratiam) agere. Dank sagen. Ueber grates agere vgl.
Grates. Ebenso heisst die Danksag?tng, gratiartan (nicht gratiae)
actio, und die Danksag?ingsformel, gratiarnm actionis oder gratiarnm
agend.arnm forvmla, aber nicht blos gratiarnm Jormula, wie Ruhnken
(üpusc. 'V. 1, p. 108) sagt: exquisifis gratiarnm formulis. — Nie aber
kommt der Plnr. gratiae in der Bedeut. Dank, dankbare Gesinnung
vor, und unerhört ist es, zu sagen : animus alicujus calet gratiis, die
Seele Eines brennt von Dank. — Wiewohl man sagt: gratiam referre
pro aliqua re, so sagt man doch bei den übrigen ob aliquam rem oder
meistens mit einem Satze mit der Conjunct. quod. Dass bei mehrern
Menschen auch gratias habere und referre gesagt wird, ist natürlich.
Ferner heisst Dank oder Gnade bei Jemanden finden. Jemandes Dank
einernten, sich bei Jemanden beliebt machen, gratiam inire ab ali^juo
oder (bei Livius) apud aliquem ; bei Jemanden beliebt sein, in Gnade
stehen wird durch die Redensalt alicui est gratia cum aliquo (Cic.
Farn. 1, 9, 20) oder aliquis est cum aliquo in gratia (ib. 4) ausge-
drückt. — Gratiam facere alicujus rei, Etwas erlassen, ist nicht, wie
Bremi meinte, erst N. KL, sondern findet sich schon bei Sali. (Cat.
52, 7. Jng. 104, 3) und Liv. (III, f}Q). — iMan sagt zwar in alicujus gra-
tiam (für alicujus gratia), um Jemaudes tvillen, zu Jemandes Gunsten,
aber wunderbar ist es doch, wenn Burmann (Petron. p. 623) sagt: in
gratiam Circae placandae, für Circae placandae gratia. Ueber esempli
gratia, zum Beispiel, vgl. Exemplum.
Gratißcari pro aliquo (für alicui), sich für Einen gefällig beweisen,
beruht auf der unsichern Stelle in Livius XXI, 9, 4, wo aber für pro
Ronianis wahrscheinlich populo Romano zu lesen ist.
Gratiosus wird in der Bedeut. g.-/iig, gefällig Etwas zu thun. mit
in aliqua re verbunden, ist aber selten, z. B. Cic (Brut. 84, 290): gra-
tiosi sunt scribae /// dnndo et cedendo loco, gefällig Platz zu mache7i,
den Platz zu überlasse?i. Mehr wird dafür gebraucht humanus, comis,
ofßciosus, indem gratiosus apud aliquem (nicht alicui) meistens be-
deutet beliebt und angesehen bei Jemanden. Vgl. Cic. Att. XV, 4, 3 und
Wunder z. Cic. Plane, p. 138. — Ganz entire":eniresetzt braucht man es
im J\. L. in der Bedeut gnädig, geneigt, hochachtend, für clemens,
und nennt sich selbst in Briefen in der Unterschrift tuus gratiosissi-
nius für unser dein dir hochgeneigter, wohl affectionirter, oder was es
sonst heissen soll. — Das x\dv. gratiose ist in der Bedeut. artig, auf
gefällige Art Sp. L. für eleganter, humane, jucunde u. a.
Gratitudo ist in der Bedeut. Dankbarkeit ganz zweifelhaft, da es
auf einer falschen Ueberschrift in Valerius Max. beruht; im A^. L.
aber ist es nicht selten für animus gratus, beneßcii (beneßciorum) me-
mor, welche bei Cicero und Seneca diesen Begriff allein ausdrücken.
Das Gefühl der Dankbarkeit liegt in pietas, und heisst nicht sensus
grati animi. Vgl. auch In gratitudo.
377
GratuMum als Subst., das Geldgeschenk, ist N. L.
Grattilari, Glück irünsvhen, Freude bezeiigeji, wird verbunden ali-
cui de aliqua re oder cdiqnam rem, oder mit quod und dem Lidic. ; der
Wunsch aber bezieht sich nur auf etwas Vergmigenes oder Gegeri-
wärtiges, nicht auf etwas Zukihifliges; man bezeigt seine Freude über
Etwas, was geschehen ist oder geschieht, z. B. über einen davon getra-
genen Sieg, graliilor tibi de nictoria oder victorimn, vicliim hostem,
victos hostes, oder q?/od victorimn reportasti, auch gratulor victoriae
tuae ohne tibi (Cic. Farn. IV, 8, 1 ; IX, 14, 7 felicitati tvae), auch wohl
mit cum statt quod, z. B. nach Orelli Cic. Farn. IX, 14, 3. — Zweifel-
haft aber ist der blosse Ablativ ohne de, der von Einigen ganz ver-
worfen wird, indem sie bei Cic. Att. V, 20 für celebritate — celebrila-
tem, und bei Coelius (Cic. Farn. VIII, 13) für offinitate — ofßnitatem
lesen. — N. L. ist gratulor tibi de novo anno (wie Morhof de conscrib.
ep. p. 29S sagt), oder wohl gar ad novain anniim, ad novi anni ini-
tium, ich tvünsche dir zum neuen Jahre Glück, was wenigstens de novo
anno inito heissen müsste. Da sich aber die IVeujahrswünsche fast nur
auf kütiftiges Glück beziehen, so passt gratulari gar nicht, sondern
vielmehr omnia bona dicere (Terent. Andr. I, 1, 70), omnia bona ali-
cui precari (Liv. XXIV, 16, 10) , fausta o?mjia precari, ominibus opti-
mis aliquem prosequi, optare ominarique in proximum annum (Plin.
Ep. IV, 15).
Gratiilatio für sich allein und verbunden mit dem Verbo facere
oder seltner habere, bedeiitet Glückwunsch, Bezeigung der Freude
wegen des einem Andern widerfahrenen Glückes, wird aber nicht mit
den Praepos. de, pro^ propter verbunden, sondern mit dem Genitiv,
z. B. gratulatio victoriae, laudis nosirae (Cic. Att. I, 17, 6, wo Mafthiae
irrt: es heisst wann ich geloht wurde, ivar mir dein Glückwunsch,
deine freudige Theilnahme angenehm), rei publicae conservatae u. a.
Vgl. Matthiae Cic. Sest. 52. 111.
Gratulator, der Glück wünscht, stützt sich nur auf Cic. Fin. II,
33, los, wird aber von den Neuern (auch von Mad\ig) verworfen, da
es in einem wahrscheinlich spätem Zusätze steht.
Gratus wird in der Bedeut. angenehm fast nur mit dem 7^«/?^ ver-
bunden, ausser bei vulgiis, wo detn Volke heisst in vulgus ; aber in der
Bedeut. dankbar vielleicht nie mit dem Dativ, da in den Stellen, wel-
che dieser Ansicht zu widersprechen scheinen, der Dativ zum Verbo
gehört, — sondern mit erga, adversus oder in; ob aber mit dem ^rr«s.
oder ^bl., ist zweifelhaft, da es sich nach in ?ne, in te nicht entschei-
den lässt, und in Cic. Farn. III, 8, 3 — grati in te bene merilo — Orelli
dafür meritum aus Vermuthung aufgenommen hat, wiewohl Cicero
gratus in aliquo gesagt haben kann, wie clemens^ misericors, crudelis
u. a. in aliquo, neben in aliquem. Vgl. Vavassor. Aiitib. p. 535.
Gravamen, Beschtverde, Klage, Beschwerlichkeit, ist ganz Sp. L.
für molestia, difficultas ; querela u. a.
Gravüre, beschweren, ist selten und nur P. u. N. Kl. für onerare,
onus imponere ; bei den Besrsern kommt es nur als Deponens in eige-
ner Bedeutung vor; doch ist gravari,\\\\A besonders gravatus, in pas-
siver Bedeut. nicht zu verwerfen.
Gravescere, lästiger-, drückender werden, steht P. L. u. N. A7. bei
Tacitus für ingravescere.
378
Grnvidus, trächtig, schwavger, wird fast nur von Meuscheji ^e-
braiicltt, nicht von TIneren ; docli findet es sicli so bei Dichtern und
N. hl. beiCelsus, Columella, Plinius u. A. — Am meisten im Gebrauche
ist das allgemeine praegyians (von Menschen und Thieren), was Varro
nur allein braucht, nie gravidus. Dies ist die Ansicht des Jen. Rec.
(Georges).
Gratis und gravitas, in der Bedent. wichtig und Wichtigkeit , müs-
sen sehr vorsichtig gebrauclit werden, da oft andere Wörter besser
und passender sind, besonders magnus — magnitudo, dignitas, aucto-
ritas, po??dns — iiiteresse, 'pertinere, valere, magni momenti esse ; z. B.
es ist ivichtig, eine wichtige Sache, res est magna; ein wichtiger Be-
weis, argumentum magnvm-, das ist das Wichtigste, hoc maximum est
(Cic. Att. II, 23, 3); dieses muss dir %ur Milderung des Kummers
zvichtig sein, magna esse debent (Cic. Fam. IV, 3, 2) ; die Wichtigkeit
der Sache gab uns Kraft %u reden, magnitudo rei vim quandam nobis
dedit (Cic. Att. IV, 2,2; vgl. Plane. 30 oratio, quae propter rti?nag??.i-
tudinem dicta de scripto est) ; trenn mein ansehen von einiger Wich-
tigkeit ist, si quid ponderis habet (Cic. Fam. XV, 1,4); dieses ist für
unser Lob sehr wichtig, von grosser Wichtigkeit, hoc — mn/tum i?iter-
est; (Cic. Fam. V, 12, 2); das ist vo?i einiger Wichtigkeit, quiddam in-
terest (ib.) ; dieses ist vo?i atisserordentlicher Wichtigkeit, hoc mir um
quiddam valet (Cic. Orat. II, 43, 184) ; das ist für die Geschichte wich-
tig, hoc ad historiam magni est momenti — und so in ähnlichen Sätzen.
Ein etwas vollständiges Lexicon entscheide über die Zulässigkeit der
Wörter ^;v7t7s und gravitas. — Der N. L. Ausdruck vis gravitatis, die
Schwerkraft, ist ohne Auctorität ; Cicero sagt dagegen, beide mit ein-
ander verbindend, vis et gravitas (N. D. II, 37).
Gressus, der Schritt, das Schreiten, der Gang, ist P. L. für gra-
di/8 oder incessus, ingressus.
Grex ist im^^. L. ein Femininum, ah er in Prosa nur ein MascuL, so
dass es für incorrect zu erklären ist, wenn irgendwo in einem neuen
Buche gesagt wird : miiltae ovium greges, für multi.
Gubernaculum ist im Sing, in der bildlichen Bedeutung Leitung,
Regierung nicht üblich, sondern nur im Phir. gubernacula, z. li. rei
publicae, imperii, civitatium ; es wird also nur von leblosen Dingen ge-
braucht. Vgl. Habena.
Gubernator ist in der Bedeut. Hofmeister zwar oline Auctorität,
kommt aber doch Kl. bildlich vom Lenker und Regierer, z. B. eines
Staates, rei publicae, vor; jedoch brauche man dafür lieber mode-
rator. Auch sagt man nicht gubernator provinciae, sondern rector^
praeses.
Gulositas, die fjeckerhaftigkeit, ist N. Ij.; man sage dafür etwa in-
temperantia oder intemperies gvlae, auch blos gula oder liguritio.
Gurgulio, die Gurgel, Kehle, findet sich ausser bei Varro und Spä-
tem jetzt auch bei Cic. Tüll. 21 gurgulionibus insectis, gleich gula
und guttur.
Gustus, der Geschmack, als einer der fünf Sinne, ist kaum erweis-
lich für gustatus (Cic. N. D. II, 63. Orat. III, 25,99); meistens bedeu-
tet es nur das Koste?!, durch Geschmack Fersuchen und bildlich die
Theihiahine, z. B. Cic. Phil. 11,45, 115 illi verae latidis gusturn (bei
Orelli U.A. gnstatum) non habent, sie 7iehme?i an wahrem Ruhme nicht
Theil, gemessen keinen wahren Ruhm. Auf diese Bedeutungen be-
schränkt sich meistens das Wort; dagegen findet es sich nirgends in
dem Sinne, in welchem \\'n- Geschmack in ästhetischer Bedeutung brau-
chen und von gutem, feinem Geschmacke, d. h. Sinn und Gefühl für
Schönheit sprechen. Erst im TV. L., sogar bei J. A. Ernesti, Dav. Ruhn-
ken und nachher bei vielen Andern findet sich gustus eleganliae et
pulchritndinis, gustus incorruptus veritalis, wofür se?isus, elega?itia,
Judicium, venustas, inteUigentia, inleUigens Judicium, teretes aures, sto-
rnachus anwendbarer sind; z. B. diese Spiele sind jiicht nach meinem
Geschmacke, noti sunt mei stomaclii (Cic. Farn. VII, 1. 2), und bei sinn-
lichen Dingen der Wollust voluptas, wie bei Virg. (Ecl. II) : trahit sua
(|uemque voluptas. Jeden reisst sein Geschmack fort. Auch passen oft
die Adjectiven politus und elegans, z. B. ein Mann V07i Geschmack,
homo politus ; ein Mann vom feinsten Geschmack bei allem Urtheile,
homo in omni judicio elegantissimus (Cic. Fam. VII, 23). — N'. L. ist
ferner die Redensart alicui gustum rei alicujus instillare. Einem Ge-
schmack an Ettras beibringe?!, fiir amorem. Vgl. Schirlitz Unterhalt,
p. 200 und Grotefend's Commentar. p. 186.
Guttare, tröpfeln, ist N. Kl. höchst selten für stillare.
Gymnasticus, gymnastisch, kommt A. L. bei Plautus vor, für ^^-
?nnicus ; man sagt also nicht hidi gymnastici, gymnastische Spiele,
sondern gymnici.
H. h.
Habejia im Sing, bedeutet nur einen Riemen, nicht den Zügel, der
(im Plur.) habenne heisst. Doch werden damit nur die beiden Riemen
bezeichnet, die der Reiter in der Hand hält, denn der Zaum oder das
Gebiss im Maule des Pferdes heisst freni oder frena. Bildlich wird
habenae in der Bedeut. Leitung, Regierung mehr von Dichtern ge-
braucht, und nur bei Cic. Orat. I, 52, 226 steht es mit Entschnldigung:
ciii populus ipse moderandi et regendi sui potestatem, quasi quasdam
habenas, tradidisset, wo das bildliche gubernacula sehr unpassend ge-
wesen wäre, indem dieses nur auf /ei/ose Gegenstände, wie respublica,
civitas, imperium Bezug hat, habenae aber an{ lebende, wie populus.
Jinbentia als Sing., die Habe, das Hab und Gut, kommt nur A. L.
bei Plautus vor, für o;;es, fortunae, bona, possessiones ; z. B. all sein
Hab und Gut auf Etivas verwenden, omnes rationes et copias s?ias in
aliquid conferre (Cic. iManil. 7).
Habere. Dieses Verbum hat zwar oft die Bedeutung haben, ist aber
auch oft nicht anzuwenden, wo wir es brauchen. — N. L. ist liabere
aliquid i?i magna copia, für alicujus rei magnam copiam, uti alicujus
rei (magna) copia. Vgl. Th. I, §.78. — D. L. ist in aliquo aliquem oder
aliquid habere, an Einem Einen oder Etwas haben, z. B. dii hast an
ihm einen treuen Gefährten, eum fidelem habes comitem, nicht i7i
eo — ,• habere quaestum, Gewinn habe??, für facere quaestum ; nihil
tecum habeo facere (agere)^ ich habe Nichts mit dir zu thun (schaffe?!),
für ?uhil mihi tecu?n est (also auch: ivas habe ich ?nit dir zu thu?i? quid
7nihi tecum? quid rei mihi tecum est?) — D. L. ist ferner habere pa-
tientiam cum aliquo, Geduld mit Jem. haben, für alique?n patienter
ferre ; habere bo?iu?n ve?itu?n, guten Wind haben, für uti secundo ve?üo
380
(secundis ventt's) ; esafnen habere, eine Prüfung halten, für' evunn'nare
(v^l. Kxamen) ; aliqnem ((diqnid) libe?iter habere^ Emen (Etwas) gern
haben, für delectari aliquo (aliqua re); habere Judicium, Gericht hal-
ten,(iir facere oder seltner consfituere judic. — Gut aber ist es, wenn es
htileutct Rücksicht nehmen, ^\(i\c\\rationein habere, respicere. Richtig ist
zwar habere aliquem oder aliquid pro aliquo (pro aliqua re) ; aber man
sagt auch in ähnh'chem Sinne loco oder in loco alicujus habere, z. B.
aliquini in liosfis loco habere, fiinen für einen Feind hallen (Caes. B.C.
II, 25), hoslis loco (ib. III, 21). So lieisst auch Einen rechnen unter — ,
aliquem habere in — mit dem Abi. oder mit numero, in numero und d.
Genit., z. B. in suis, in numero suorum, unter die Seinigen; bei Caes.
(B. C. III, 82, 2): habere servorum numero; unter die schändlichsten
Dinge, in turpissimis rebus. Vgl. auch Eilend t Cic. de orat. p. 366. Man
sage nicht liheros, fiUum, filiam ab aliqua habere, für ex aliqua, wie-
wohl habere aliquid ab aliquo, in dem Sinne Einem Etwas verdanken,
richtigist. Ueber pro vgl. unter diesem Worte u. Vavassor. Antib. p.59I.
Gut sind ausser vielen andern Verbindungen: habere febrim, Fieber
habe7i (Cic. Fat. 8. Fam. VII, 26, ]) ; habere finem, ein Ende haben
(Cic.Somu.8); habere homines in armis, Leute in oder unter den ^f äf-
fen, d. h. bewaffnet haben (Liv. XXI, 8, 3). Haben mit einem Inf., z.B.
Etwas, A^ichts zu schreibe?! haben, htlsst Kl. habere aliquid (nihil) scri-
bere, N. Kl. scribcndum, N. L. ad scribendum ; z. B. quid habes dicere
(Cic. Rose. Am. 35); nihil habeo scribere (Cic. Att. II, 22, 6), wofür
denn auch voller gesagt werden kann no7i habeo, quid (nicht quod)
scribara. oder nihil habeo, quod (nicht quid) scribam. Man verwech-
sele beide nicht. Vgl. Heusing, praef. Cic. Off. ; Zumpt z. Cic. Off.
p. 110 n. Reisig's Vorles. p. 595. Ebenso sagt man: quid habes oppo-
nere? was hast du eijizuivenden? unA voller: quid habes, quod oppo-
nas? (Cic. Phil. 11,4, 8). — Man sagt in den allgemeinen Redens-
arten: so ist es, steht es, verhalt es sich, sie (ita) res se habet; ebenso
nt res se habet, res se praeclare habet, aliler se res habet, non ita se
res habet, wohl aber nie ohne res und selten ohne se, falsch auch mit
einem Zusätze von cum ; z. B. es verhält sich anders mit der Geschichte
des Regulas, nicht cum Reguli hisloria, sondern aliter se habet hislo-
ria Reguli, oder alia est ratio historiae Reguli. Vgl. Vorst. latin. mer.
Susp. p. 38 und 57, wo er auch beweist, dass habeo dicere nicht be-
deute ich rnuss sagen, was Einige vorgeben, sondern ich habe, ich kann
sagen, 7iennen, z. B. Cic. Rose. Am. 35, 100. — Ueber hie habes, hie
habelis, da (hier) hast du, habt ihr. vgl. Hie.
Habililare., habilitatio und habilitudo sind N. L. Wörter, die durch
andere auszudrücken sind, je nachdem der Sinn es fordert. Vgl.
Habitus.
Habitaculum, TFohnplatz, Jf'ohnung, ist Sp. L. für habitatio, domi-
cilium, wird aber von Einigen, z. B. von Hand (Lehrb. p.l42), als für
Thiere passend nicht verworfen.
Habitare, wohnen, mit dem Jccusativ ist vielleicht nur P. L. und
kommt nirgends in Prosa vor; man sagt also nicht locum, nrbem, eam
nrbis partern u. dgl. habitare, sondern in loco, in urbe, in ea urbis parte,
in agris, in vicis u. dgl., wohl aber habitare cum aliquo, apud aliquem.
Nur das Passiv, macht bisweilen eine Ausnahme, indem es den Ort, der
bewohnt wird, als Subjectsnominativ zu sich nimmt; so bei Cicero, Li-
881
Tius u. A. — Riclitigist dagegenmcohre oder colere locum^ agrum, do-
rnvm u. a. Auch sagt inan zwar bildlich habittire in aliqua re, sich mit
Etwas eifrig beschüßigen (vgl. Clc. Orat. II, 38, 160) ; aber unerweis-
licli ist habitare in Ungua lutina in der Bedeut. gründliche Kennttiiss
der latein. Sprache haben.
Habilndo, die Beschaffenheit, ist yl. L. und kommt später selten
vor, für Habitus.
Habitus ist in geistiger Bedeut., die Fertigleit, ohne animi oder
einen ähnlichen Zusatz N. L. für facultas, firma facilitas, und ist sie
angeboren, dexteritas, indoles. Vgl. Idoneilas.
Hacpropter, desswegen, ist A. L. für quapropter.
Hactenus, bisher, bis hierher, bis so iveit (von der Zeit), ist wohl
nicht KL, sondern erst N. Kl. für adhuc. iMan sage nicht: hoc nemo
hactenus docuerat; ea omnia, quae hactenus de ea re dicta sunt; hy-
ems hactenus prohibnit, quominus ad te veniremus u. ähnliclie, wo ad-
huc correcter ist. In guter Prosa steht es meistens, wenn man von Et-
was abbricht und zu etwas Anderra übergeht, z. B. ergo haec quoque
hactenus: redeo ad urbana; sed liaec hacte?ius: nunc ad ostenta ve-
niamus, — in welchen Formeln zu merken ist, dass haec wohl nie da-
bei fehlt. Vgl. Cic. Att. V, 13, 2. Divin. II, 24; 86, 75, wo es bis dahin,
bis so weit bedeutet. — In andern Stellen, z. B. Cic. Orat. 11, 27, 1J9
bedeutet es insofern, worauf ein erklärender Satz folgt, sowie es re-
lativ heisst quatenus, bis icie weit und inwiefern. — Ueber den Unter-
schied von hactenus und adhuc, die im N. L. oft verwechselt werden,
vgl. Vorst. lat. mer. susp. p. 155. Morhof de pura dict. p. 243. Anm.
z. iMureti Oper. T. I, p. 429 u. T. II, p. 411 ed. Fr.; Kuhnk. z. Mureti
0|>p. T. IV, p. 593 ed. Ruhnk.; Ileusinger. Eraend. p. 410, und was
Grauff (z. Bunelli Epist.p.7J2) gesammelt hat. — Noch merke man, dass
es falsch ist, nach den angeführten Worten eines Schriftstellers zu
sagen; hactenus ille, wie wir: so tveit jener — , für haec ille, wiewohl
jenes im N. L. oft vorkommt. Wenn endlich auf hactenus ein verglei-
chender Satz folgt, wo wir als voranzustellen pflegen, so wird dies
nicht durch quam., sondern durch qua oder quoad oder durch das
vollere quatenus ausgedrückt. Vgl. noch Handii Tursellin. T. III,
p. 4 fgg.
Hadria ist in der Bedeut. das Hadriatische Meer fast nur P. L.
und nur von Plinius bisweilen aus Dichtern entlehnt.
Hadriacus, Hadriatisch, von der Stadt Hadria sowohl, als vom
Meere, ist nur P. L. für Hndrianus, was Cicero braucht, oder für
Hadriaticus, was Caesar (ß. C. I, 25), Li\ius u. A. hiauchen.
Haedile, der Ziegenstall, für caprile, beruht auf einer unsichern
Lesart in Ilorat. Carm. I, 17, 9, wo aber Bentley für haedilia aus
Handschr. haeduleae liest, was jetzt aufgenommen ist.
Haerere verbunden mit m ancipiti, in der Bedeut. ganz ungewiss,
bedenklich sein, scheint ohne alte Auctorität und werde daher vermie-
den; im N. L. findet es sich mehrmals, z. B. bei Sadolet. Ep. I, 4. —
Widersinnig ist es, wenn Görenz einmal sagt: caga interpretis haeret
sententia, indem vagus und haerere einander widersprechen.
Haeresis in der Bedeut. Sekte, Schule, Parthei bei Philosophen und
andern Gelehrten braucht selbst Cicero, und es ist neben den übri-
gen Synonymen nicht zu verwerfen. Bei christlichen Schriftstellern
382
bedeutet es Ketzerei, in welchem Sinne es, wie haereticiis, der Ketzer,
als theologisches Kunstwort kaum zu entbehren ist.
HaesHanter, zögernd u. dg^I., ist N. L. für ctmctanter, diibüanter,
haesitaris, haesitabundi/s.
Halitus, Hauch, Alhem (vom Leben), ist P. L. für cmima, Spiri-
tus. Man sage niclit: extremum halitum efflare, sondern blos animam
efflare, vitam profundere.
Habidnari ; vgl. Ahicinnri.
Hariolari hi in der Bedeut. Lächerliches, Wunderbares reden und
denken nur A. L. für inepta, absurda loqiii, nugnre, delirare u. a.
Hasta kann in der Bedeut. Ferkauf, Auction heutzutage nur selten
angewandt werden.
Hastiludium, das Lan%enrennen, ist N. i.,aber für das neue Spiel
ein passendes Wort, Vgl. Gcist's Aufgab, p. 216.
Hand, nicht. — Man ist verschiedener Meinung darin, ob es dem
non ganz gleich verneine, indem Einige es für eine stärkere. Andere
für eine sch/rächere Negation halten. Klotz überg.etzt es durch ebe?i
nicht, gar nicht, ?iicht einmal. Vgl. .Klotz z. Cic. Tusc. p. 143 und 173.
Stüremb. Cic. Arch. p. 201. Weber's Uebungssch. p. 258 und Reisigs
Vorles. p. 407 mit F. Hase's Anm. — Cicero soll nie sagen haud ita,
sondern nur 7ion ila, Livius dagegen öfter haud ita; vgl. Fabri z. Liv.
p. 57. So braucht auch Cicero nondum, noch nicht, Livius aber wohl
siebenmal haud dum. — Ueber haud scio an vgl. Nescio an. Sehr imi-
stäudlich handelt von haud Ilandii Tursellin. T. III, p. 14 — 42.
Haurire, schöpfen, wird meistens verbunden aUquid ex aliqua re,
aber auch de und ab aliqua re und blos aliqua re; bildliche Redens-
arten beurthelle man also nach der in denselben enthaltenen Praepo-
sition. Die Adv. sind daher inde, unde, ntidiqiie,mag es auch deutsch
vielleicht darüber, tvorüber, überall heissen. Wiewohl haurire bildlich
mit voluptalem, luctum, dolorem u. dgl. verbunden wird, wo wir sagen
Vergnügen — empfinden über Etwas, so soll doch nicht vorkommen
haurire fructu?n, Forlheil, Nutzen ziehen, für capere, percipere fru-
ctuni; nicht haurire praecepta ex alicujus ore. für percipere nnA so
vielleicht noch andere, worüber das Lexicon belehren mag.
Hebdomada (nach Decl. I. Sp. L.) und hebdumus. Gen. hebdomadis
(bei Varro, Cic. u, A.) bedeuten schon eine Reihe von sieben Tagen
und sind daher nicht unpassend für unsere neue Monatsabtheilung, die
Woche, wie sie denn auch im A'^ L. angewandt werden. Später L. ist
septimana. Da jedoch diese Ausdrucksweise fast nur in der Astrono-
mie und in der Medicin, nicht im alltäglichen Leben, gebraucht wurde,
so vermeide man sie lieber durch se/^/em r//es. Vgl. Weber's Uebungssch.
p. 49 u. Grotefend's Commentar. p. 108. — Wochenweise, wöchentlich,
alle Wochen heisst nicht hebdomadatim, was N. L. ist, sondern entwe-
der singulis hebdotnadibtis oder septenis diebus.
Hebetudo, die Stumpfheit, ist Sp. L. für obtusa oder hebes acies
oder das A". Kl. hebetatio bei Plinius.
Hebraeus ist nur Subst, aber //eÄ/ß/cwsAdject. — Man sage nicht
lingua hebraea, sondern hebraica.
Hei, ach, wehe., hat nur den Dativ einer Person bei sich, nicht den
Nomi7iativ oder Accus., z. B. hei mihi misero l ach ich Unglücklicher !
Hellas ist in der allgemeinen Bedeut. Griechenland nur geogra-
383
phisch als alte Benennung richtig^, sonst sagt man durchaus nur Grae-
cia. Im N. L. ziert man oft die Rede mit diesem Worte. Ebenso miss-
brauclit man Hellenes für das allgemeine Graeci oder Giaji, da es nur
von den alten Hellenen angewandt werden kann. Gleichwohl sagt ein
geachteter Neulateiner: de Hellenibus et Romanis.
Helveticas^ Helvetisch, ist N. L. Form für Helvetius, was allein
vorkommt.
Hera, die Herrin, Frau vom Hanse, ist nur A. \\. P. L. für domina,
lind ebenso herus, der Herr, für dominus. — Hera als griech. Name
der Juno ist nirgends gebraucht worden.
Heracleus (clius) und selbst Herculeus, Herkulisch, den Herkules
betreffend, sind wohl nur P. L. ; in Prosa kommt kein Adj. vor, und
man ersetzt es durch den Genit. Herculis ; daher sage man nicht co-
lumnae Heracleae oder Herculeae, sondern Herculis columnae.
Herbam dare oder porrigere ist in d. Bedeut. sich für iibertvunden
erklären eine alterthümiiche Redensart, die, als von unsern Sitten ab-
weichend, für uns nicht mehr anwendbar ist.
Heredare «nd hereditäre, erben. Erbe sein, sind iV. />., wiewohl ex-
heredare, enterben, gut ist, für heredem esse u. a. ; z, B. ich erbe, mihi
venit (obvenit) hereditas, aliquid mihi hereditate venit u. dgl.
Heredipeta, der Erbschleicher, findet sich N. Kl. nur bei Petron.;
es werde durch Umschreibung vermieden.
Heres, der Erbe; — Jemandes im eigentlichen Sinne wohl nur bei
esse mit dem Dativ, nicht, wenigstens selten, mit dem Genitiv verbun-
den, z. B, Mesciuius heres est Mitidio, fratri suo (Cic. Fam. XIII,
2(j, 2), nicht Mi?idiifratris sui ; mihi licres est, er ist rnein Erbe, n\c\\t
7tiens heres est. Ein U?iiversalerbe ist heres ex asse oder ex libella,
N. L. heres universalis ; ein Intestaterbe, heres ab intestato, nicht he-
res intestatus. Vgl. Testamentum. — Wie man aber ex asse sagt, so
steht ex auch immer bei Angabe des Theiles, z. ß. heres ex parte
sexta (Plin. Ep. VI, 33, 6).
Heroicus, heroisch, hat nie die gewöhnliche Bedeut. sehr tapfer,
muthvolL sondern hält den griechischen Begriff eines Heros der My-
thenzeit fest. Daher sind heroica tempora und heroicae aetates bei Ci-
cero nicht, was wir Heldenzeiten nennen, d. h. Zeiten, in welchen nur
Heldenthaten verrichtet wurden, sondern Zeiten, in welchen alle grosse
und vorzügliche Männer Heroen hiessen, die Zeiten der Voncelt. —
Unser Hetdenthat heisst nur forte, incredibile, divinum factum, oder
wie man das Subst./öc/«?« durch ein Beiwort erhöhen mag. Vgl. Wolf
u. Orelli Cic. Tusc. V, 3, 7. — Auch unser gewöhnliches Held, d. li.
tapferer, muthvoller Mann, heisst nicht heros, sondern vir fortissimus,
wiewohl heros einigemal bildlich von ausgezeichneten Männern, wis-
senschaftlichen und politischen Heroen, gebraucht wird, z. B. Plato
et Aristoteles — heroes (Cic. Rep. 111,8); heros ilie noster Cato (Cic.
Att. I, 17, 9) ; cum heroibus nostris (ib. XIV, 6, 1) und von Milo
quantum in illo Äeroe esset auimi (ib. IV, 3, 5). Vgl. Webers Uebungssch.
|). 63 u. Dietrich's Sintenis p. 121. — Endlich nennt Cicero die heroi-
schen oder dactijlischen Hexameter nicht heroicos, wie es später Quin-
tilian u. A. thun, somlern heroos, und die Dactylen pedes heroos, wie-
wohl die epischen Dichter nur heroici poetae heissen.
Herus; vgl. Hera.
384
Hesperia ist in der allgemeinen Bedeiit. Abendland nur P. L. für
occidentis so! is partes ; ebenso für das einzelne Italia und Hispania.
Hesperus ist in der Bedeut. die Abendgegend als Land,rfe/- fVesten,
nicht erweislich für occidens.
Heu hat das beigesetzte Object im Accusativ bei sich, nicht, wie
hei, im Dativ; z. B. heu 7ne misert/m ! Dagegen hat Äe?/s als rufende
Interject. den Vocativ, z. B. heus 5'//re.
Hiatio, das Klaffen^ die Sprdte, ist TN. L. für hiatus.
Hu-, als Adv., hier, da. — /?. L. ist A/c babes, hier, da hast du; hie
habetis, hier, da habt ihr, d. h. jetzt weisst du, jetzt wisst ihr, wenn
man Einem Etwas erzählt, gelehrt oder mitgetheilt hat, für habes, ha-
betis ohne hie ; z. B. habes res Romanas, hier hast du,, das sind die Sa-
chen aus Rom; habes reversionis caiisas, hier hast du die Griinde der
Rückkehr; habetis, quid sentiam, Ä/er habt ihr, was ich denke (Cic.
Orat. 11,85,350). Vgl. auch Cic. Att. 1,14,6; V,4,4; VIII, II, 4. Tusc.
III, 17,38; IV, 14, 33 u. a. m. So sagte auch der Verkäufer einer
Sache, wenn er sie dem Käufer lassen wollte, habe tibi, hier (da) hast
du es, mit dem Abi. des Preises (Plaut. Pers. IV, 4, 110). — Uichtig
ist hie mit folgendem i/lic, wenn jedes seinen Zusatz hat, also hier mit
folg. dort; aher beide verbunden, hie illic in der Bedeut. einigemal
oder hin und wieder, an mehrern Orten, ist P. L, und sehr selten für
aliquolies, subinde, nonmimqnam, interdum oder compluribus in locis.
Man sage daher nicht: hie illic legitur; hie illic invenies u. dgl., was im
N. L. nicht selten ist. Davor warnte auch Reisig (Vorlesung, p, 801).
— Gut und richtig aber ist es, wenn hier (oder da) im Dialog oder in
Erzählungen steht für bei dieser Gelegenheit oder darauf, wofür auch
ibi gebraucht wird; z. B. hier (da, darauf) sagte Laelius, hie Lae-
lius (dixit); Cic. Rep. I, 30; IV, 4. Farn. I, 9; III, 8; V, 15;— ebenso,
wo wir sagen, als nun hier — , hie cum. Vgl. Hand. Tursellin. T. III,
p. 78. 79. Und so wird auch dann hie gesetzt, wo wir aus Spott und
mit Unwillen hier brauchen, z. B. hier (oder da) erwähnt mir Mancher
die Vortheile des Friedeiis, hie mihi quispiam pacis commoda comme-
morat. Vgl. Ruhnk. Terent. Andr. II, 3, 15 und Beiiecke Cic. Manil.
p. 232. Endlich ist hicce als Adv., hier, ohne alle Auctorilät.
Hie, als Pron., dieser. — Ue!)er hie, is, iste, ille vgl. ausser den
Grammatiken u. Andern jetzt noch Reisigs Vorlesung, p. 354 — 362.
Fr. Ed. Raschig brevis disputalio de pronom. Hie et Ille. Progr.
Schneeb. 832 u. Weber's Uebungssch. p. 4. Ueber den bald richtigen,
bald falschen Gebrauch in Redensarten, wie: der Brief des Sulpicius
ist schöner, als der des Cicero, also wann quam haec Ciceronis, und
wann quam Ciceronis zu sagen sei, vgl. Th. I, §. 95 und unter Is. —
Richtig ist zwar ante se.v meitses, ante tres annos; aber hie damit zu
verbinden, z. B. ante hos sex menses, ante hos tres annos, ist in Prosa
wohl ohne Auctorität und findet sich nur bei Phaedrus (I, 1, 10), der
atite hos sex menses sagt. Daher schreibt Mahne (Crito p. 252) incor-
rect: ante hos paucos dies für ante paucos dies, oder, was eben so gut
IsU abhinc paucis diebus, abhinc paucos dies, oder his paucis diebus
(Cic. Sen. 14, .50). — Uebrigens tritt hie sehr oft zur uähfern Bestim-
mung Aev jetzigen, gegenwärtigen Zeit hinzu, z. B. tribus his proximis
nnnis, in diesen, den letzten drei Jahren; so oft bei Cicero. Vgl. Wop-
kens Lectt. Tüll. p. 259. Moser. Cic. Rep. I, 37 u. II, 10. Giese Cic.
385
Divin. p. 131. ^^Ir bei ante mit dem Accusativ ist hie nicht üblich. —
Richtig ist hoc et illud, wie wir sagen dieses tnid jenes ; Cic. Verr. I,
20,53 non dicam iilinc hoc Signum ablatum esse et illud, dieses und je-
?ies Bild; richtig auch hoc et hoc, dies und das, z. B. hoc et hoc deraon-
stratum est, dies und das ist gezeigt worden (Cic. luv. 1,52, 99); vobis
hoc et hoc planum factum est (ib.). — Man sagt zwar fragend gewöhn-
lich hiccine, hoccine, haccine, hiscine, aber auch hicne, hocne, hacne,
huicne, was F. A. Wolf (zu Cic. Tusc. p. 390) für unrichtig hält; vgl.
aber Cic. Tusc. I, 25 ex hacne natura; Att. IX, 7, 3 cum hocne; Fat.
3, 5 ex hocne equo; Rose. Am. 48, 141 hicne; Liv. XXXVIII, 49 huic-
ne u. a. — Endlich wird hicce wohl nur dann gebraucht, wenn auf Et-
was stärker hingewiesen werden soll, da es dieser da bedeutet, so dass
neulich Einer in einem Schriftchen falsch nur hicce brauchte und nir-
gends das einfache hie, welches er wohl für nicht schön genug hielt.
Hierosolyma, orum, als Plur., Jerusalem, ist Kl. Form bei Cicero;
erst N, Kl. bei Tacitus u. Sueton findet es sich als Sing. Vgl. Oudend.
Suet. Aug. 93 u. Reisigs Vorlesung, p. 113 mit Hase's Anm.
Hilaris, e und hilarus, a, um, heiter. Beide Formen finden sich in
den Handschr. Cicero's, ob aber beide gleich gut sind, ist ungewiss.
Das Adv. heisst gewöhnlich hilare, nicht hilariter.
Hinc von der Zeit, in der Bedeut. nachher, darauf, steht N. Kl.
bei Tacitus für deinde, postea, posthac. Eben so N. Kl. ist es zur Be-
zeichnung der Ursache, in der Bedeut. desswegen, daher, folglich, für
ea de re , ea de causa, quapropter. Daher tadelt F. A. Wolf (Analect.
I, p. 491) die W^orte: hinc plura in proximam prolusionera diff'eram.
Vgl. Horatii Tursell. de partic. p. 279 und Anton Progr. p. 91, der ea
in Schutz nimmt; dagegen die Anm. z. Reisigs Vorles. p. 468 und das.
Hase gegen Handii Tursell. III, p 89 u. 90. — N. L. ist hinc inde, wie
oben hie illie, da dort, in der Bedeut. an mehrern Orten, für complu-
rihiis in locis, aliquoties ; z. B. exemplar est hinc i7ide notis raanuscri-
ptis illustratum, und so oft Aehnliches ; — ebenso hijic — hinc in der
Bedeut. bald — bald, für tnodo — modo. Endlich ist P. L. hinc et hinc
in der Bedeut. von allen Seiten her, für undiqiie, ab omni parte. —
Ueber hinc sequitiir, daraus folgt, vgl. Sequi, und noch mehr über
hinc in Handii Tursell. T. 111, p. 84—91.
Hispanius, spanisch, ist ungewöhnliche Form für Hispanus, Hispa-
niensis oder seltner Hispanicus.
Hispidus, rauh, rauch, ist P. L. und findet eich in Prosa nur bei
Plinius für hirsutus, hirtus, horridus.
Historia kann, da es Geschichte, Erzählung von Thatsachen im
Allgemeinen bedeutet, weder die Adjectiven profana, unheilige, heid-
nische, und Sacra, heilige, noch auch Adj. wie Graeca, Romana, Ger-
manica u. dgl. erhalten, sondern zur nähern Bestimmung tritt ein Ge-
nitiv, wie rerum Graecarum, Romanarum u. s. w. hinzu. Wenn wir
jene profana und sacra, als den Alten unbekannte Begrilfe und Gegen-
sätze, gebrauchen wollen, so müssen wir sagen : quam dieimus profa-
nam oder sacram, oder vielmehr rerum profanarum, rerum sacrarum.
— Graeca historia Sileni (bei Cic. Div. I, 24, 49) war nicht eine Ge-
schichte Griechenlands, sondern eine griechisch geschriebene Ge-
schichte. Vgl. auch Cic. Brut. 19, 77. Tusc. V, 38, 112, wo an grie-
chisch geschriebene Geschichtsbücher Roms zu denken ist. — Erst
25
386
N. Kl. bedeutet historia eine eiiizelne Geschichte, eine Erzählung, eine
Anekdote, für narratio, narratiunctila, res gesta, fabula, wiewohl der
Plnr. historiae Kl. so vorkommt. Vgl. Cic. Brut. 11. — Was wir Ge-
schichte nennen, liegt auch im Piur. res, z. B. mit der Römischen Ge-
schichte bekan?it sein, memoriam rerum Romanarum tenere; Cic. Brut.
93, 5322. — Zu bezweifeln ist historia narrat, wiewohl historiae nar-
rant gesagt wird. — N. L. aber sind historiola und historiu?icida, für
narratiuncula.
Hisloricus, als Subst., bedeutet nach Reiz (Rom. Alterth. p. 32)
nnr den Kenner der Geschichte, den Geschichtsicundigen, nicht den
Geschichtschreiber ; doch kann diese Bedeutung nicht wohl bezweifelt
werden. Vgl. Cic. Top. 20, 78. Orat. II, 14, 59 u. a. und Weber'«
üebungssch. p. 246. — Als Adj., historisch, wird es nur sehr be-
schränkt gebraucht, indem es z. B. bei Cicero nur dem oratorius ent-
gegensteht, genus (orationis) historicum, genzis Oratorium. Nirgends
aber kommen libri historici, geschichtliche Bücher, Geschichtsbücher
vor, für litterarum monumenta, commentarii, annales, litterae (Cic.
Sest. 68, 142) u. a. — Endlich heisst die historische Treue, Glaubwür-
digkeit nicht ßdes historica, was nur Ovid braucht, sondern^t/es histo-
riae (Cic. Q. fr. I, 1, 23).
Historiographus, der Geschichtschreiber, ist sehr Sp. L. für histo-
ricus, scriptor rerum, und ist damit der Begriff Gewährsmann verbun-
den, auctor rerum, auch blos auctor (Cic. Brut. 11, 44).
Histrio tragicus, der trag. Schattspieler, wird bezweifelt, wiewohl
histrio tragoediarum und actor tragicus vorkommt.
Hodie, heute. Richtig und nicht zu verwerfen sind : hodie mane,
heute früh (Cic. Att. XIII, 9), hodierno die mane (Cic. Catil. 111, 9)
und hodie sunt Nonae Sextiies, heute ist der — (Cic. Verr. I, 10, 31).
Hodiedum und hodienum, noch heute, noch heutzutage, sind N. L.
für hodie oder hodie quoque. So sagt Blomfield (praef. Aeschyli Agam.
p. V, codex Medic): hodiedum in bibl. Laur. adservatur; Valcken.
(Opusc, T. II, p. 5): qui hodiedum viridi floret senecta — und so noch
Andere. — Ueber hodie adhuc, was Andere brauchen, vgl. Adhuc. —
N. L. Form ist hodienus für hodiernus.
Hodieque ist Kl. und gut in der copulativen Bedeut. und heute
noch, und auch noch heute (wie Cic. Orat. I, 22, 103; Rabir. Post.
16, 43 u.a.) ; aber bezweifelt wird, ob es in guter Prosa in der Bedeut.
noch bis heute, noch bis Dato vorkommt, für hodie allein (Cic. Orat. II,
23, 95. Rep. II, 9 und sonst noch oft), oder hodie quoque (Cic. Rose.
Am. 25, 70 u. a.) und etiam hodie, sogar noch heutzutage, noch bis auf
deji heutigen Tag (Cic. Orat. I, 55, 235 nach der sichersten Lesart).
Vgl. Morhof de pura dict. p. 239. Horat. Tursell. de partic. p. 282.
Gronov. Liv. I, 26, ]3. Drakenb. Liv. V, 27. Oudend. Suet. p. 594 und
Handii Tursellin. T. III, p. 100. Ganz unlateinisch aber sagt Mahne
(Crito p. 304): et hodieque illa facultate adhuc florere.
, Hodiernus, heutig, ist nur beschränkt auf die Bedeutung der heu-
tige Tag, nirgends aber findet es sich in der allgemeinen Bedeut. jetzig,
jedt lebend, für hie, haec, hoc, qui nunc est, noster. Im A". L. wird es
oft so gemissbraucht, z. B. von Manut. (Ep. I, 7) : hodierni mores, die
heuligen, jetzigen Sitten, für hi mores (Cic. Q. fr. I, 1, 11) ; Maresius
(Epist. II, 20) : in kodiernorum scriptorum vulgns, für qui nunc, qui
387
hodie sunt (vgl. Cic. Brut. 71 u. 72) ; Mahne (Crito p. 289) : hodierni
populi; Wyttenbach (vita Ruhnk. p. 137 [143]): hodierni Wbvi; Id.
(Opusc. p. 185) : de veteris hodiernaeque philosophiae comparatione ;
(p. 186) hodierna eloquentia; (p. 195) ab hodiernis m rnetaphysicam
inducta vis — und so oft hei Andern. — Wenn Quintil. (IX, 3,1) sagt:
si antiquura serraonem nostro coraparemus, so sagen wir: loenn wir die
alte Sprache mit (unsrer) heutigen vergleichen. — Endlich heisst un-
ser heuliges Tages, in der Bedeut. jetzt, nicht hodierno die, sondern
nunc.
Hodoeporicon oder hodoeporieum, die Reisebeschreibung, sind Sp. L.
für descriptio itineris.
Hoedile; vgl. Haedile.
Homo. — N. L. ist 7nei, tut — homtnes, meine, deine — Leute, für
mei, tui ohne homines. Ueber homo magnus, ein (körperlich) grosser
Mann vgl. Magnus, üeber homo und vir vgl. Döderlein's Synon. Th, V,
p. 130. Weber's Uebungssch. p. 80 u. Grotefend's Coiumentar. p. 304.
Honestus, ehrbar, wird, mit Jons verbunden, als N. L. verworfen.
Honor oder (wenigstens meistens bei Cicero) honos scheint in der
Kedensart: Einem die letzte Ehre erweisen nicht üblich gewesen zu sein;
man sage also nicht honorem alicvi ultimum eshibere oder habere, tri-
huere u. a., sondern supremo in aliquem officio fungi. Gut ist aber aliquem
in honore habere. Einen in Ehren halten. Ueber exhibere honorem vgl.
Exhibere. — Wo wir sagen: 7nit Ehre?i zu melden, um ein Wort zu
entschuldigen, sagt man lat. c^im honoris praefatione (Plin. N. H. Praef.
L. I, p. 6 edit. Hard.). Vgl. Venia.
Honorare, ehren. Das Partie, honoratus steht meistens als Adj., in
der Bedeutung der in Ehre und JlchtJing steht; hei den Römern ist
es das Beiwort eines jeden Mannes von Rang und Stand, der ein Amt
bekleidet oder bekleidet hat, und daher ist honor atissimus jeder in
einem hohen Amte stehende Mann. Ebenso werden ornatus und orna-
tissimns gebraucht. Man brauche daher beide Wörter nicht falsch in
Anreden an eine sehr gemischte Versammlung, welche selten blos aus
auditores ho7ioratissimi besteht, wiewohl man da in der Rede ein Ue-
briges thut. — Unser Ehrgeiz, Ehrsucht ist nicht honoris Studium, wel-
ches das nicht fehlerhafte Streben nach Ehre bedeutet, sondern ambi-
tio. — Ehrenhalber im gewöhnlichen Sinne heisst ofßcii causa, nicht
honoris causa, welches bedeutet aus Hochachtung, um Jemanden zu
ehren, wofür N. L. in honorem gesagt wird ; die Lateiner aber sagen
honoris causa.
Honorarium ist bei den Alten nur ein Ehrengeschenk für gehabte
Mühe, wie solche die Advocaten oder auch andere Beamten, z, B.
Statthalter von Provinzen erhielten. So heisst denn auch ein freiwilli-
ges Ehrengeschenk bei Cic. (Fam. XVI, 9, 3) honos — honos haben-
dus est medico, der Arzt muss beschenkt, belohnt, honorirt werden,
und N. Kl. hat honorare diese Bedeutung (Sueton. Aug. 45). So pas-
sen denn beide Wörter wohl, wenn unter Honorar ein freiwilliges
Ehrengeschenk zu verstellen ist. Bedeutet es aber einen vorher be-
stimmten, gleichsam bedungenen Lohn, bei Lehrern das Lehrgeld., so
möchten jene Wörter unpassend, dagegen merces, pacta merces, und,
ist es auf ein Jahr, awwwa merces passender sein. Vgl. über merces Cic.
Phil. II, 4. Acad. IV, 30 und oft in Sueton de grammaticis et rhetori-
25*
388
bns. — Man missbraiiche daher das Wort honorarium nicht, was im
N. L. oft geschieht. In der Bedeut. Lehrgeld wollen Andere pretium
di'sciplinae, Andere didacirnm (vgl, dieses Wort), Andere Mhierval. —
Verschieden aber von Honorar ist Gehalt oder Salair, wovon unter
Salarium.
Honorarius kommt nie mit sedes verbunden vor, wie im N. L. ho-
noraria sedes, für sedes honoris, der Ekrensitz.
Honorißcentia, die Ehr er Weisung, und honoriflcare, ehren, Ehre
erweisen, sind Sp. L. für honos, observantia, honoris signißcatio u. a. ;
honorare, in honore habere, colere u. a.
Honorus, ehrend, ehrenvoll, ist P. L. und findet sich bei Tacitus
für honorificus.
Hora von der Stunde als Zeit können wir wohl auch jetzt brau-
chen, müssen uns aber in der Stundenabtheilung, welche von der der
Alten verschieden ist, der unsrigen bedienen, und sie nach unsern
Cliren angeben. Aber hora als Ortsmaass geradezu für unser Stunde
zu brauchen, ist unlateinisch, da die Alten die Ortsentfernung nicht
nach der Zeit, sondern nur nach Längenmaassen bestimmten, so dass
quinque millia passuum nach unserm Maasse eine Meile oder zwei
Stunden sind, eine Stunde aber mille ducenti quinquaginta passus,
wozu wir zur Verständlichkeit hinzusetzen können: quos horam Ger-
mani dicunt. — Eine Stunde bestimmen heisst horam dicere, nicht ho-
ram constituere. Von Stunde zu Stunde, fast gleich stündlich, heisst in
horas, in singulas horas ; vgl. Dies. — Noch andere Bedeutungen des
W ortes Stunde, wo hora nicht passt, s. in deutsch-Iat. Lexicis.
Horizon, der Horizont, ist P. u. Sp. L. ; Cic. (Divin. II, 44) sagt
dafür orbis finiens, und Seneca ßnitor.
Hornus, heurig, vo?i diesem Jahre, ist P. L. für hornotinus.
Horologium, die Uhr. So verschieden die Uhren der Alten von den
unsrigen waren, so können wir doch dieses Wort unbedenklich von
unsern Uhren brauchen, zumal da die Somienuhr den besondern Na-
men Solarium und die Wasseruhr den Namen clepsydra hatte.
Horrere wird verbunden mit dem Accus, aliquem, aliquid, sich vor
Eitlem, vor Etwas fürchten, schaudern ; horrescere aber ist in dieser
Bedeut. nur P. L.
Horrificare, erschrecken , in Schrecken setzen, ist nur P. L. für
terrere, exterrere, perterrere u. a.
Horsum, hierher, kommt J. L. bei Plautus und Terenz vor, und
ist wahrscheinlich veraltet für A?/o. Es ist also kaum zu brauchen; den-
noch thut es selbst Noiten (Antib. praef. p. 1).
Hortamen und hortamentum, die Ermunterung., Anreizung, kom-
men zwar bei Sallust, Livius und Tacitus vor, sind aber selten für die
gewöhnlichen hortatio, adhortatio, exhortatio.
Hortatorius, aufmunternd, rathend, ist, wie alle andere dazu gehö-
rige Formen, z. ß. adhortatorius, cohortatorius, dehortatorius, exhor-
tatorius, N. L. — Wiewohl bei Quintilian hortntivus in diesem Sinne
vorkommt, so werde es doch lieber vermieden und durch die Verba
oder Substantiva umschrieben. Auch wird eine aufmunternde Rede
nach Cicero lieber suasio genannt werden. Vgl. Schori ratio discen-
due ling. graec. p. 231.
Hör latus, die Ermunterung, kommt im Sing, nur im Abi. hortafu
389
Tor; im Plur. ist ea P. L., jedoch steht aiicli bei Tacitus mutui horta-
tus für mutuae hortationes.
Hortensia, zum Garten gehörig, wird von Einigen verworfen für
das häufigere hortensius.
Hortulanus, der Gärtner, ist erst Sp. L.; der Begriff soll in olitor
liegen, was aber zu eng dafür ist; man lasse daher entweder jenes
Wort zu, oder brauche topiarius oder Iwrtorum cultor.
Hortus im Sing, soll meistens einen Gemüse- oder Grasgarten
(ohne Kunst) bedeutet haben, aber (im Plur.) hör ti, einen Lustgarten,
dergleichen die Alten besondere hatten, wie die horti Sallustiani, horti
Maecenatis, horti pensiles (der hängende Garten) Semiramidis u. a.
Vgl. Reisig's Vorlesung, p. 134.
Hospes ist nur der Wirth, der einen Andern gastlich und unent-
geltlich aufnimmt, wogegen caupo derjenige Wirth ist, welcher sich
die Aufnahme und Bewirthung bezahlen lässt. Eben so verschieden
sind hospitium und caupo?ia.
Hospitalis. Das Neutrum davon, hospitafe, mit und ohne cubiculum,
bedeutete bei den Alten nur ein Gastzimmer, nie aber, wie im N. L.,
ein Hospital für Kranke, was besser durch valetudinarium oder nach
dem Griechischen durch nosocomium zu geben ist.
Hospilari, Gast sein, einkehren, findet sich N. Kl. nur bei Seneca
und dem altern Plinius, für hospitem esse, deverti ; nie aber bedeutet
es gastlich aufnehmen, was hospitaliter oder hospitio aliquem accipere
oder excipere heisst.
Hosticus,feindlich, ist fast nur P. L. Kr hostilis ; Livius verbindet es
nur mit ager und braucht das Neutr. hosticum vom feindlichen Lande ;
— es werde vermieden. Ein ähnliches Wort ist civicus^ wo^on oben
die Rede war.
Hostilis, feindlich, wird meistens nur da gebraucht, wo der Begriff
der feindlichen, feindseligen Gesi7inung vorherrscht, und so dürfen
auch wir es allein gebrauchen; selten aber da, wo es gleich hostiurn,
der Feinde, ist. Damit vertausche man es daher immer, mag auch terra,
ager, regio hostilis sogar bei Cicero u. A. vorkommen ; bei Caesar findet
sich nie ein Ausdruck der Art. 3Ian sage daher nicht castra hostilia^
exercitus hostilis, agmen hostile, sondern gebe es durch hostium.
Hostis, Feind, imterscheidet sich von i?iimicus so, dass es denjeni-
gen bedeutet, welcher gewaltthätig ^^gen Andere verfährt, wie die
Krieg Führenden, und in Rücksicht auf Einzelne, z. B. Clodius ^^g^n
Cicero und seine Anhänger (Cic. Sest. 61, 129) ; Verres gegen römi-
sche Bürger und andere Leute einer Provinz; Catilina gegen das Va-
terland; liegt aber dieser Begriff nicht darin, wie hei Privat-Feind-
schaffen, z. B. Catilina gegen Cicero, so ist inimicus zu setzen.
Huba, die Hufe La?ides, ist N. L. und kann wohl als Kunstwort für
das bestimmte Ackermaass gebraucht werden, doch muss es zur Ver-
ständlichkeit einen Zusatz, ut Germanico verbo utar u. dgl., erhalten;
aber im allgemeinen Sinne brauche man nur jugerum.
Huc, zu diesen (von Personen), braucht zwar Cicero, doch werde
es nicht nachgeahmt, wie es Muretus gethan hat. Vgl. Frotscher z.
Mureti Opp. T. I, p. 411 ed. Fr. — N. L. ist huc unum, alterum
illuc, das Eine dahin, das j4ndere dorthin, für aliud alio, z. B.jacere,
werfen, dissipare, zerstreuen u. dgl. — N. Kl. wird huc nach griech.
390
Art mit einem Genitiv Terbunden, z. B. huc arrogaräiae, zu dem Grade
von Arimassun^, was jedoch liöchst selten, nur bei Tacitus u. A. vor-
kommt lind nicht nachzuahmen ist. ^gL Eo, und Handii Turseliin.
T. 111, p. 107.
Hujns ist, in welcherBedeut. es sei,A'. Z. — J.Fr.Reitz brauchte es:
fami^eratissimi doctores Juijalis academiae, für hvjus acad.
Hucusque findet sich nuriV. Kl. beim altern PJinius und noch Spä-
tem, aber nur in örtlicher Bedeutung-, bis hierher, bis soireil, für usque
ad hunc locmn, usqiie eo, vsqiie ad id; N. L. aber ist es in der Bedeut.
bisher, für adhuc oder usque adhuc. So kommt es oft im N. L. vor,
z. B. hi omnes codd. hucusque incogniti fuerunt.
Humane und humaniter sind gleich gut, und haben auch wohl keine
verschiedene Bedeutung. Für wunderlich hält es Raschig (Progr. de
antibarb. p.23), wenn Jemand von sich sagte: humanissime ab eo petii
oder eum ^'w^'^■/«^'^■ u. dgl., indem er sich dann selbst Humanität beilegte.
Sollte dies ohne Beispiel sein?
Hnmanista, ein Humanist, Philolog, ist N. L. für litterarum anti-
quarum Studiosus, wenn man nicht geradezu das neuere Kunstwort
philologus für diesen Begriff nehmen will.
Humanitas ist in der Bedeut. die Menschheit, d. h. die Menschen,
N. L. und lächerlich für homines, genus humanum. Auch bedeutet es
nach Döderlein nie Menschlichkeit mit dem Begriffe menschlicher
Schwäche, wiewohl in humanus dieser Begriff bisweilen liegt. Da hu-
manitas auch Bildung, feine Leben sbildiing bedeutet, so verstellt Cic.
(Orat. II, 17, 72) unter politior humanitas., feinere wissenschaftliche
Bildung, erworben durch Sprachkenntniss, Philosophie, Geschichte
und Bekanntschaft mit Poesie und Beredtsamkeit, welche alle in stu-
dia humanitatis begriffen waren, wovon unsere Philologie nur ein ein-
zelner Theil war.
Humanus. Bei den Alten wird dieses Adjectiv, in welcliem Grade
es sei, nirgends der doctrina, den artes, litterae, studia beigelegt, und
so werden denn die seit langer Zeit üblichen Ausdrücke doctrina hu-
m.anior , litterae humaniores , studia hnmaniora und humaniora allein,
unter denen man vorzugsweise die Alterthumswissenschnft versteht,
verdächtig, zumal da, wie Wolf (Museum I, p. 12 u. 89) bemerkt hat,
der Compnratiü in dieser Benennung seltsam und ganz unzulässig ist,
und die Frage gestattet, welche litterae — humanae, und welche huma-
nissimae zu nennen seien? Wer zuerst so gesagt hat, weiss ich nicht;
aber schon Mannt. (Epist. IV, 6) braucht humanioris doctrinae studia;
Perpinian. (Orat. I, p. 39) sagt humaniores litterae, und wem ist Mu-
retus Rede de utilitate ac praestantia litterarum humaniorum unbe-
kannt? Auch Henr. Stephanus (schediasra.var. 111,11. p.30) gebraucht
diesen Ausdruck. — Durch solche Männer erhielt diese Redensart
Auctorität, wurde gangbar und ist es noch jetzt, selbst nach Wolfs
Tadel. Sie ist gleichsam Kunstwort für unser ^Iterthumsivissenschaft,
wofür litterae antiquae oder antiquitatis studia die passendsten Aus-
drücke sind, wenn man nicht lieber das Wort philologia in der allge-
meinen erweiterten Bedeutung der gesammten Alterthumswissenschaft
beibehalten will, so dass klassische Philologie etwa philologia litterarum
graecarum acromanarum liiesse. — Andere wollen nach Cic. (Orat. I,
42, 187) grammatica, orum, was nach unserra heutigen BegriflFe von
891
Grammatik zu en^ und kleinlich ist; Ändere litterarum antiquarum
studio (disciplina, doctrtna), artes bonae (liberales, ingenuae, honestae),
studia humanitatis et litterarum, doctrina (disciplina) humanitatis \\. a.
Humectare, befeuchten, benetze?!, kommt ausser beim altern Plinius
fast nur P. L. vor, für irrigare, hiimore perfunderd humidum reddere
(efßcere).
Humidare, befeuchten, ist zweifelhaft.
Humiditas, die Nässe, Feuchtigkeit, ist N. L. für humor.
Humilis, niedrig, gemein, gering, ist N. L. in der ßedeut. demüthig,
bescheiden, ergeben, unterthänig , für modeslns , deniissus , submissus,
subjectus, da humilis bildlich nur Schwäche und UnvollkommeTikeit der
Seele anzeigt. Daher passt humillimus als Unterschrift in Briefen nicht
für tibi amicissimus , tut amantissimus , tibi deditissimus, tui studiosis-
simus oder observantissimus. Vgl.. auch Addicere ; ausserdem Schori
Phras. p. 288 u. 411. Vorst. lat. nier. susp. p. 194. Mosheira. praef. üb.
Folietae de ling. lat. p. XVI. — Und so brauche man als Adv. demisse^
submisse, modeste. Caes. (B. C. I, 84) drückt Etwas unterlhänigst vor-
tragen durch deynississime atque subjectissime exponere aus. Eben so
wenig kann humilitas gebraucht werden in der Bedeut. Demuth als
Tugend, für modestia, animi submissio, moderatio u. a. Verwerflich ist
auch de aliqua re humiliter sentire in der Bedeut. von Etwas verächtlich
denken, für contemptim loqui, da die Gedanken durch Worte ausge-
drückt sind. — Humilis ist auch unpassend, wo wir sagen : die Preise sind
(stehen) niedrig, die Dinge stehen in niedrigem Preise ; also nicht hnmile
pretium, sondern pretia rerum ^acent, magna est rerum vilitas,parvum
est rerum pretium.
Hymenaeus,das Hochzeitslied, ist nur P. L. für Carmen nuptiale.
Hymnus, Lied, Lobgesang, kommt fast nirgends vor, und ist meist
Sp. L. für Carmen, canticum.
Hyperbolicus, übertrieben, ist fast N. L. für quod veritatem superat,
excedit.
Hypocaustum ist in der gewöhnlichen Bedeut. Stube, JFohnzim?ner
N. L., da es bei den Alten ein von unten durch Röhren geheiztes Zim-
mer— (um Schweiss hervorzubringen) bedeutet; man setze dafür
cubiculum oder conclave. Vgl. Heusing. Emend. p. 410.
Hypocrisis , Verstellung , Scheinheiligkeit , ist kaum erweislich für
simulatio , pietatis simulatio ; zulässig ist es aber als Kunstwort in der
Dramatik von der Nachahmung der Gebärden. Gut ist auch das Wort
hypocrita von einer Pei'son, aber nicht in der Bedeut. Heuchler, was
Simulator oder dissimulator (nach der Verschiedenheit der Hand-
lung) heisst.
Hypofhesis war bei den Alten nur ein Thema zu einer Rede u. dgl.,
nirgends aber findet es sich weder in der Bedeutung Bedingung, für
conditio, noch in der Bedeut. ein ohne sichere Gründe angenommener
Satz, eine Hypothese. Als Kunstwort ist es in beiden Bedeutungen bis-
weilen kaum zu entbehren; im letztern Siime sagt daher Eichstädt
irgendwo : novae opiniones, quas hypothesium nomine celebrant.
392
I. i. •
Jacere, liegen, von einem Lande und Orte, kommt zwar selten vor.
iet aber nicht zu verwerfen. Es findet sich zwar nie bei Cicero und
Caesar, aber bei Brutus (in Cic, Fam. XI, Ü3, 2), Corn. Nepos, Livius
und Spätem, gleichbedeutend mit esse, si'tum oder positutn esse ; z.B.
Caes. (B. G. I, IG): Gallia sub septemtrionibus posüa est, und (111,9):
Britannia contra eas regiones posi'fa est (liegt diesen Gegenden gegen-
über). Bei Ang;abe der Weltg-egend sagt man auch spectare in — , z. B.
in meridiem. Von einem Kranken sagt man für graviter aeger est auch
graviter jacet {Pl'm. Ep. II, 20, 2; V, 9), er liegt schwer darnieder. Gut
ist auch jacere ad alicujus pedes (Cic, Fam. VI, 14. Quinct. 31, 96.
Q. fr. II, 5, 2) oder jacere alicui ad pedes (Cic. Verr. V, 49, 129), als
Folge von se abjicere oder occidere ad alici/jus pedes. Vgl. Jacere.
Jacere se ad alicujus pedes oder alicui ad pedes, sich Einem zu
Füssen werfen, ist wohl ohne Auctorität; vgl. dagegen Abjicere. —
N. L. ist jacere culpam in aliquem, die Schuld auf Jem. tverfen, für
culpam ira?2sferre, conferre, injicere in aliq., culpam alicui attribuere.
Ebenso ist N. L. aliquem jacere oder jactare lapidibus u. dgl., Einen
mit Steinen — werfen, für jacere oder coftjicere lapides — in aliquem;
lapidibus aliquem appetere. Vgl. Schori Phras. p. 105.
Jactantia, das Prahlen, Grossthun, kommt zwar erst N. Kl., aber
bei Quintilian vor, und ist wehew jactatio und ostentatio nicht zu ver-
werfen. Das Prahlen mit JForten heisst auch magniloquentia, granditas
verborum. Vgl. Weher's Uebungssch. p. 241.
Jam ist nicht immer unser schon. Vgl. wegen einzelner Redens-
arten die deutsch-lat. Lexica und Handii Tursell. T. III, p. 110 fgg.
— Hier geniige die Warnung vor dem falschen Gebrauche des Wortes.
Jamdiu, jamdudum, jampridem est mit darauf folgendem 5'^/orf oder
cum, es ist schon lange, la?ige Zeit, dass — , findet sich j4. L. bei Plau-
tus und ist nicht nachzuahmen; man verbinde vielmehr beide Sätze zu
einem ; z. B. es ist schon lange, dass du mich erwartest, nicht jamdiu
est, quod oder cum me exspectas, sondern blos jamdiu me esspectas.
Richtig aber ist jam sunt sex anni,cum (nicht quod) me exspectas. Vgl.
Horat. Tursell. de partic. p. 288. — Uebrigens sagt Aug. Grotefend
(Coramentar. p. 162). jamdudum bedeute schon seit langer Zeit, aber
jampridem, schon i'or langer Zeit, längst, und so behauptet auch G. F.
Groieiend, jamdiu sei das schon la?ige in der Wirklichkeit, aber Jom-
dudum sei Sprache des Ungeduldigen, welchem ein Augenblick schon
eine Ewigkeit dünke; falsch sei es daher, zu sagen: mos jamdudum in-
valuit. scho7i lange ist die Sitte eingerissen, für jamdiu oder jampri-
dem. Vgl. auch Handii Tursell. T. III, p. 158 fgg.
lapetioniades, der Sohn des lapetus, ist falsche Form, welche Mu-
retus irgendwo braucht, für Tapetionides.
Iber, Plur. Iberes, und Iberus, Plur. Ibei-i, die Spajiier, scheinen
gleich gute und übliche Formen gewesen zu sein, wiewohl Cicero und
Caesar nur Celtiberi brauchten.
Ibi, da., von der Zeit, in der Bedeut. darauf, für tum, ist nicht nur
A. L., sondern findet sich auch oft bei Livius und ist nicht zu verwer-
fen. Vgl. Drakenb. Liv. VII, 23, 4. Ebenso in der Bedeut. bei der Ge-
legenheit, wo denn bisweilen tum pleonastisch beigesetzt ist. Vgl.
393
Mannt. Cic. Quinct. p. IT ed. Graev. und ohen ITic. — N. Kl. nur beim
äilern Plinius iiiul seifen findet sicli «ä« mit dem Genit. loci, für eo loco
oder blos ibi. — N. L. aber ist es wohl, in Sätzen, wie: schon oder
kaum icor das geschehen, da verliessen Alle den Platz, zu sa^en — ibi
reliqnerunt, für cum locura — reliquerunt oder relinquunt. Ueber ibi
habes in Sätzen, wie: da hast du, vgl. das Adv. Hie.
Ichnographia, ein Riss, Wn^Gt sich nnr bei Vitruv, und werde als
fremdes Wort lieber vermieden durch /o/"?«g oder adunihratio.
Icon, das Bild, steht N. Kl. nur beim altern Plinins, und ist noch
dazu zweifelhaft für imago, simulacrum, efßgies ; ebenso kommt iciin-
c?ila, em Bildchen, nur bei Siieton vor, der jedoch an andern Steilen
dafür imagiincula braucht. Man vermeide sowohl icoJi als icuncula.
JVirg-ends findet sich icon in der Bedeut. Abbildung e'mer Münze oder
sonstiger Gegenstände; dafür ßgura, tabula aenea., tabula lilhogra-
phica u. dgl.
Idea, die Idee, eine gedachte oder gestige Vorstellung, ein Begriff
Ton einer Sache, ist von Cicero und Seneca als philosopliisches Wort,
wiewohl selten, gebraucht worden, wie es denn aucli für die philoso-
phische Sprache bisweilen unentbelirlich ist. In der Bedeut. Begriff
sagt man dafür oft noiio, doch kann es auch oft auf andere Weise aus-
gedrückt werden ;z. B. ich kann mir davon keine Idee machen, eam rem
non possum cogitatione comprehendere ; die Idee von Göttern, deorum
opinio (Cic. Tusc. I, J3, 30) ; in der Idee uTiterscheidefi sich diese, co-
gitatione haec inter se differunt (Cic. Tusc. IV, 31, 24) ; wir haben
eine Idee davon, opinamur (ib. I, 16, 36); eine Idee fassen, cogitatione
complecti (Cic. Orat. I, 1). Auch ist Idee bisweilen quod. Jingimus,
fortna oder species tnenti objecta (Cic. Divin. I. 37, 81). — Für unser
davon abgeleitetes Wort Ideal findet sich im Latein, kein einzelner,
immer anwendbarer Ausdruck; dies macht daher oft Schwierigkeit.
Es wird oft durch species optima, eximia ausgedrückt (Cic. Orat. 1, 2
und 2, 9); ein Ideal der Tugend heisst species ho7iesta (Cic. Tusc. II,
22, 52); ein Ideal der Beredtsamkeit aufstellen, ejccellentis eloquentiae
speciem et formam adumbrare (ib. 14, 43); ein Ideal einer gerechten
Herrschaft, efßgies justi imperii (Cic. Q. fr. I, 1, 8); ein Ideal des Be-
sten angeben, formam optimi exponere (Orat. 11, 36); mein Ideal, id
quod volumus (ib. 6, 23); das Ideal eines vollkommnen Redners, iniago
perfecti oraloris (Quintil. I, 10, 4). Nach Andern wäre der Begriff
Ideal auch durch specimen (Cic. Tusc. I, 14, 32; V, 19,95), ese7nplar.,
eocemplum, cogitata species, quod cogitatione tantum et mente comple-
ctimur \\. a. zu bezeichnen. Vgl. besonders Weber's üebungssch. p. 46.
— Ein Adj. idealis, welches fast N. L. ist, fällt bloa der philosophi-
schen Sprache anheim, die es nicht wohl entbehren kann ; bisweilen
kann dafür auch opti?nus, perfectus, pulcherritnus u. a. gesagt werden.
Idem, ebenderselbe. Bei Vergleichungen sagen wir zuweilen eben-
derselbe mit Jemanden, z. B. Apollo ist mit Phoebus ebenderselbe ; so
auch im Latein., wenigstens bei Livius (XXX, 12, 15) und Andern idem
cum. Aber man wähle lieber dafür das AV.gewöhnliche qui,quae, quod
oder ac (atque), z. B. Apollo idem £st, 9^/^■ Phoebus oder ac Phoei)us.
Den Gebrauch mit cum haben Viele übereilt als unlateinisch verwor-
fen. Vgl. Vavassor. Antib. p.542. Vorst. lat. mer. susp. p. 231. Ileusingei-.
Emendd.p.471; — dagegen HandüTursell. T. 11, p. 140. Benecke z. Cic.
394
Catil. p. 74 (wo aber die Stellen aus Cic. für cum Nichts beweisen),
Reisig's Vorlesung, j). 416. 4J7 und die Anm. — P. L, ist idem mit d.
Datic, wie z. B. Ruhnken (praef. Velleji) sagt: P. Feliejum eundem
stalimnt C. Fet/ejo historiae scriptori, wo Zumpt (in Ruhnk. Opusc.
II, p. 459) bemerkt, es hiesse besser: euiidem statuunt esse atque hunc
C. Felleju7n. Vgl. auch Reisig's Vorles. p. 416 und die Anm. — Auch
lassen wir wie folgen, welches aber nicht ut heisst, wenn wie so viel
ist als welcher, sondern qui : z. B. die Behandhing solcher Wörter ist
ebenso (ebendieselbe), tvie die der obigen, nicht est eadem, ut superio-
rnvt, sondern quae svp. (Cic. Top. 11, 48). — Als Sp. L. verwirft
Matthiae mit Andern idem ipse, und liest in Cic. Manil. I(),46 für idem
ipse Mithridates, was alle ältere Aiisgg. haben, blos ipse iV., ohne idem,
wogegen Klotz aus den bessern Handschr. idem iste liest. Vgl. Renecke
zu Cicero. Auch an andern Stellen Cicero'«, wo es vorkommt, wird es
verändert. — Wann idem für er auch stehe, s. unter Etiam. — N. L.
ist auch idem etiam, idem quoque, wie wir sagen ebenderselbe mich ;
der Lateiner braucht hier blos idem. Falsch ist z. B. qui fortis est,
idem est etiam fidens, oder fidens quoque, wo etiam und quoque weg-
bleiben müssen.
Idioma ist nach dem Griech. wohl die Eigenheit, Eigenthiimlich-
keit, z. B. einer Sprache, aber nicht die Sprache selbst, wie man es im
N. L. findet, z. B. idioma graecum, die griechische Sprache, für lingua
graera, sermo gr accus.
Idiota kann in der Be<leut. Ignorant nach Cicero zwar in unssen-^
schaftlichen Divgen und in Kiinstsnchen gebraucht werden; denn Ci-
cero setzt z. B. dem vollkommnen Weisen., dem sapiens den idiota ent-
gegen, welchen die Lateiner sonst stultus nennen, und so den Kunst-
kennern den idiota, welchen wir einen Laien zu nennen pflegen; aber
nicht jeder Unwissende und Unverständige heisst so, sondern rudisy
indoctus, imperitus, illiteratus u. a.
Idiotismus bedeutet nur eine Gemeinheit einer Sprache, Eige?iheil
der gemeinen, niedrigen Volkssprache, nicht die Eigenheit oder Eigen-
thiimlichkeit der bessern Schriftsprache; dafür setzt man proprieias
oder das griechische idioma. Falsch nannte daher Fr. Viger sein
bekanntes Buch ?/ber die Eigenheiten der griech. Sprache, de idioti-
smis graecae dictionis.
Idololatra oder idololatres (nicht, wie Andere wollen, idolatra,was
weder eine griechische, noch latein. Form ist), der Götzejidienery
Heide, ist aus den griech. Kirchenvätern auch in die lateinischen über-
gegangen; für die neue Idee ist es nicht verwerflich und sogar viel-
leicht verständlicher als ethnicus und gentilis. Davon abgeleitet ist auch
idololatria, der Götzen dien st, das Heidenthum, was ebenfalls die Kirchen-
väter brauchen. — Das Wort idolum aber, in der Bedeut. Götzenbild.
ist unnöthig wegen signum, simulncrum dei. In der Bedent. Gespenst
oder Erscheinung braucht es der jüngere Plinius für spectrum.
Idoneitas, Geschicklichkeit, ist Sp. L. für animi habitus, indoles,
dexteritns, sol/ertia, facultas, scie?)tia u. a.
Idoneus hat in der bessern Schriftsprache keine Comparativ- und
Superlativform. In der Bedeut. (»^escA/cA^ beschränkt es sich auf solche
Leute, welche entweder von Natur oder durch ihre Lage und Um-
stände fähig sind, Etwas zu thun, bedeutet aber nicht g^e/s/Zg- geschickt^
395
gelehrt, was intelh'gens, doctus, eruditvs , peritiis u. dgl. heisst. — Ge-
scliichtschreiber und Zeugen in einer Sache werden auctores idonei
genannt, wenn sie vollgültige Gewälirsmänner sind, denen man glau-
ben kann, indem sie Tliatsachen berichten, welche sich entweder
gleiclizeitig mit ihnen oder kurz vor ihnen ereigneten, und die also
gleichsam als Augenzeugen Glauben verdienen. Von gelehrten und ge-
schickten Kunstrichtern möchte es daher unpassend gebraucht wer-
den, wie z. B. J. A. Ernesti (Opusc. orat. p. ]20) sagt: magnnm est
rem — ita exornare, ut semper a!i ?Wo??e?'s judicibus probere, dass man
immer den Beifall geschickter Kunstrichter erhalte, wo intelli^entihus,
peritis oder doctis passender gewesen wäre. — P. L. wird es mit dem
Inf. verbunden, für ut oder g?ii, z. B. dn hntiest vielleicht keinen Tang-
lichen dorthin zusenden, tibi fortassse idoneus fuit nemo, wf (qui)\\\\xc
legaretur (mitteretnr), nicht illuc legare.
Je junare, fasten, sich der Speise enthalten, ist erst sehr Sp. L. für
cibo (ac potu) abstinere.
Jejunium ist mehr ein bestimmter Fasttag, eine heilige Fastenzeit,
als das gewöhnliche Fasten, d, h. Nivhtessen, welches inedia heisst.
Jentaculum, das Frühstück, ist nach Sneton das erste Frühstück
gleich nach dem Aufstehen; das zweite, spätere war/)rßw</»M/n, worauf
später die coena folgte.
Igitur, daher, hat Kl. gewölinlich im Satze die zweite oder dritte
Stelle, und die e;s/enur in Schlussfolgerunge7i und beim Anfange einer
Erklärung oder Erzählung, wo wir also, min braue heu. Dies ging in
den Gebrauch der Geschichtschreiber über, wie es sich denn schon
bei Livius so oft vorangestellt findet. — Falsch ist es nach einem Re-
lativum. welches sich auf das Vorhergehende bezieht; hier muss es
wegbleiben, wesshalb denn auch quod si igitur, wann dahernun, {a\sch
ist für quodsi ohne igitur. Falsch gestellt ist interea dum, igitur, unter-
dess' also, dass — , für interea igitur, du?n. Auch sage man nicht et
oder atfjue igitur, igiturque, und daher, sondern et idcirco, et proinde,
et ideo, ideoque, auch nicht ftec (?7eque) igitur, sondern nee ideo, nee
idcirco, wenn dadurch die Schlnssfolge gebildet werden soll.
Ignarus kommt Kl. nur in activer Bedeutung vor, der nicht kennt,
Fttvas nicht treiss, mit Etwas unbekannt ist, wo es denn auch oft den
Genitiv bei sich hat. Nur so werde es gebraucht, mögen auch Sallust,
Tacitus und Dichter es passiv gebraufht haben für ignotus. Andern
unbekannt, der nicht gekannt ist. Vgl Gnarus.
Ignavitas, Trägheit, steht zweifelhaft und noch dazu Sp. L. bei Ju-
stinus für ignavia.
Ignaviter, träge, schlaff, ist vielleicht nicht verwerfliche Form ne-
ben ignave, was Cicero braucht; jenes steht bei Hirtius (in Cic. Att.
XV, 6, 2).
Igneus, feurig, wwA ignis, das Fetter, werden ausser bei Dichtern
fast nicht bildlich gebraucht; also z. B. nicht von der Rede und dem
Redner, wo urdens,fervidus, incitatus, acer,vehemens und die Subst.
ardor,fervor, animi impetus gebraucht werden. Das jugendliche Feuer
heisst nicht /^w/s, sondern cö/or oder ardor juvenilis ; das Feuer des
Alters, fervor aetatis (Cic. Senect. 33, 45); Feuer des Geistes, aestus
ingenii (Cic. Orat. III, 36); Feuer, Brand des Krieges, incendium belli
(Cic. Rep. 1, ]) ; ein feuriger Geist, alacre ingenium ; feurig ermun-
396
terti, ardenter cohortari. Ueberhanpt kommen ardor nnd ordere oft
von dem Feuer und der Hitze der Leide7i8chojten, eines Kampfes u. dgl.
vor, nicht ignis und ig?ieus.
Ignitiis, feurig, glühend, ist Sp. L. für igneus, arden8,fervens u.a.
Ig/iiio?ni/s, feuerspeiend, kommt sehr Sp. L. bei einem Dichter
vor, für flanwiifer oder (nach Virgil) ignem vomens, auch wohl igni
ardens.
Ignobiliter, unberühmt, ist fast iV^ L. und muss durch das Adject.
ausgedrückt werden.
Ignomi?iiose, schimpflich, ist Sp. L. für per igjiominiam, cum igno-
minia oder m. d. Adj,
Ignorabilis, was man nicht wissen kann, unbekannt, kommt, ausser
einmal in Cicero's Jngendschr, de invent. (11,32) zwischen vier andern
Adjectiven, nur A. L. bei Plautus und Sp. L. bei Appulejus vor, für
ignoratus, ignotus, oder es wird umsclirieben.
Ignoranter, univ'ssend, ist Sp. L. für inscienter, imprudenter oder
durch die Adject. imprudens, tjisciens.
Ignorantia, die IJnunssenheit, Nicht kenntniss, ist Kl. selten; bei
Cicero findet es sich nur einmal (Acad. I, 11, 42) ohne einen Genitiv
geradezu in der Bedeut. Umvissenheit (denn pro Flacc. 20, 46 steht
ignorantia Utterarum in einer nach Klotz wahrscheinlich eingeschobe-
nen Stelle) ; bei Caesar ebenfalls nur einmal (B. C. III, 68): ignoran-
tia loci; bei Ovid mit den Genitiven culpae und veri, und einigemal bei
Tacitus. Gewöhnlicher sind inseitia, inscientia und ig?ioratio, welches
letztere bei Cicero oft und nur in Verbindung mit Genitiven vor-
kommt ; es ist daher dem Worte ignorantia vorzuziehen. Vgl. Klotz z.
Cic. Lael. 19, 70. p. 188 und Reisig's Vorlesung, p. 117.
Ignorare^ nicht ?rissen, nicht kerinen. In der Bedeut. unwissend sein
oline irgend ein Object ist es N. L. ; ebenso Awch. ignor ans in der
Bedeut. unwissend, oder gar als Subst., der Unwissende., Ignorant, für
Homo rudis, indocfus, inscius (Cic. Leg. 11, 13. Acad. II, 22). — Wie-
wohl haud is^norare, wissen, sehr gewöhnlich ist, so kann es doch in
der fragenden Redensart : ?/'e/- iveiss <f/eses? nicht gebraucht werden,
sondern dafür steht das gewöhnliche quis hoc seit?
Ignoscere, verzeihen. Verworfen wird die Form ignoscituriis für
ignotnrus oder veniam daturus. Fast nur ^. L. wird mit dem Dativ
der Person, welcher Jemand verzeiht, der Accusativ dessen, was man
verzeiht, verbunden, z. B. ignoscere alicui festinationem. Einem die
Eile verzeihen, wofür man nur zu sagen pflegt ign. alicujus festinatiom
(Cic. Fam. V, 12, 1). Nur neutrale Objecte der Pronominen hoc, id,
illud, quod machen natürliche Ausnahmen. Verworfen wird ig?ioscere
licentiae oder audaciae mit folg. quod, Eimern die Freiheit, die Kühn-
heit verzeihen, dass — , für ignoscere, quod hoc mihi sumo. Vgl. Cic.
Fam. VII, 5; XIII, 51.
Ignoscibilis, verzeihlich, ist A. L. und höchst selten für venia di-
gnus oder cui ig?wscatur.
Tgnotus, ?i?)beknn?it, den man nicht kennt (passiv), kommt nur sel-
ten Kl. in activer Bedeut. vor, der nicht ke?mt, iur ignarus. So bei Cic.
(Fam. V, 12, 14) : illi simulacra ignotis nola faciebant. Vgl. Abram.
Cic. Coel. 2, 3, wo auch von notus in activer Bedeutung die Rede ist,
und Kritz z. Sallust. Catil. p. 53. — Es werde nicht nachgeahmt. —
897
Es hat sollet den Dativ bei sich, z. B. mihi, tibi, aber man sagt nicht
ctilgo, dem Volke, sondern iji vufgus. Auch merke man: unbekannt von
Gesicht heisst de facie, selten facie, wie nosse aliquem de facie und
fade. Vgl. Facies.
Jlicus, Ilisch, ist falsche Form für Iliacus oder //ms, wiewohl beide
nur bei Dichtern für Trojanus vorkommen, sowie überhaupt Ilium
und Ilienses, die Einwohjier von Ilium, nur geographische Namen sind.
lllaborare, arbeilen, wird mit dem Abi. in — , an einem Orte, ver-
bunden; nur bei Tacitus kommt es ohne in vor: illaborare domibus, für
laborare in domibus, was nicht nachzuahmen ist.
Illacrimare und illacrimari, weinen, verbunden m. d. Dat., über Etwas,
sind beide gut; die active Form gebraucht Livius, die passive Cicero.
Illaesibilis, unverletzlich, \%i Sp. L. und werde vermieden durch in-
violatus, qui laedi, violari non polest; — ebenso kommt illaesus in
dieser Bedeutung nur N. Kl. beim altern Plinius, Seneca und Dich-
tern vor.
lUaetabilis, unerfreulich, ist nur P. L. für non laetabilis, tj'istis,
infucundus.
Illatinus, nicht lateinisch, unlateinisch, kommt erst im N. L. vor,
ist aber ohne Auctorität für noTi latimis; sogar Weise (de styl, latino)
braucht es häufig,
Illaudabilis, nicht lobe?isu'erth, ist P. u. Sp. L. für lande indignus
oder non dignus, non laudabilis. Fast ebenso illaudatus, was man auch
nach dem Jüngern Plinius vermeide.
Illectameiitum.! die Anlockung, Anreizung, ist Sp. L. für illecebra,
incitamentum.
lllectus, ungelesen, findet sich nur bei Ovid für non lectus.
lUegitimus, ungesetzmässig, für non legitimus, ist vielleicht ohne
Auctorität, da in der einzigen Stelle des Valer. Maximus jetzt dafür
legitimus gelesen wird. Bei filius braucht man nothus, incerto patre
natus. Vgl. Spurius.
Ille?net, jener selbst, für ille ipse, beruht einzig auf einer falschen
Lesart in Cic. (Leg. 1,3, 8): in illummet memorabilem annum siium,
wiewohl die Hand sehr, entweder illum et memor. oder blos illum
memor. haben; jenes illummet steht in allen neuern Ausgg. Dagegen
sagt Reisig (Vorlesung, p. 197): Aber dieses met wird nie an ein Pron.
demonstr. angehängt; falsch ist also illemet, welches Görenz bei Cic.
auf's Gerathewohl annimmt. — Es ist daher zu verwerfen.
Illibenter, ungern, ist N. L. für non libenter, aegre, gravate oder
mit den Adject. non libeyis, i?ivitus u. dgl.
Illicitus, tmerlaubt, beruhte früher auf der Stelle Cic. Cluent. 47
multiludinem illicitum est, woher es auch bei den Ciceronianern vor-
kommt; aber dort steht jetzt nach den Handschr. multitudini ; nemini
llcitum est. Es ist also für N. Kl. zu halten, kommt aber beim Jüngern
Plinius und Tacitus vor, sonst selten und werde daher lieber vermie-
den durch non oder minime licitus, non cojicessus, nefas oder (mit
Quintilian) inconcessus. Noch später ist das Adv. illicite.
Il/ico atque, gleich sobald als, ist Sp. L. und illico ubi A. L., für si-
mulatque, worauf im Hauptsätze noch illico folgen kann. Gut ist ?ion
illico für unser nicht gleich bei darum und desswegen oder nicht den
Augenblick ; ebenso non continuo.
lUimitahis, uneingeschränkt, ist fast N. L. für inßnttus, intra nut-
los ßjies u. a.
lüisio, das Anstossen, Anschlagen, ist Sp. L. für agitaiio, impulsus,
pulsatio.
7///7era///s bedeutet nicht jeden Rohen und Ungebildeten, sondern
nur den, welcher ohne gelehrte Bildiing ist, zunächst daher den, wel-
cher niclit einmal lesen und schreiben kann.
Illucet, es ist Tag, ist N. L. für lucef, dies oder sol illusit. Uebri-
gens sollen Cicero und Caesar illucescit und illusit nicht für sich
allein, sondern verbunden mit dies und so/ gebraucht haben, aber ohne
diese Subst. blos hicel und luxit, wogegen schon Livius illucescere
ohne die Subst. brauchte. Vgl. Freund in d. Leipz. Jahrb. 1835.
XUI, 3. p. 298.
llludere wird in der Bedeut. verspotten mit d. Dativ und Accus,
verbunden, und bei Personen in aliquem.
lllmninare, was n nr erleuchten, hell machen und bild lieh verschönern
heisst, ist in der Bedeut. iUuniiniren von einer Zeichnung, einer tabula,
N. L.; aber illuminare picturam, tabulani pictam ist durch den Pleo-
nasmus wunderlich , für tabulani oder irnaginem pingere, tabulae vivos
colores inducere, tabulam, irnaginem — coloribus distinguere.
Illustrare scheint C. Beier in Verbindung mit commenlariis, z. B.
orationes Ciceronis — , verworfen zu haben, da er irgendwo zu dieser
von Ang. Majns gebrauchten Redensart parenthetisch zur Verbesse-
rung explanare hinzusetzt; aber illustrare obsctrros locos , an welche
man doch immer hei den Erklärungen denkt, ist acht römisch.
Iltyria und Illyris, das Land lllyrien, sind mehr N. Kl. und P. L.,
als llhjricum ; dagegen heisst der Illyrier, Illyrius, nicht Illyricusy
das Adject. Illyrisch aber tlieils Illyricus, theils seltner, jedoch auch
bei Livius, Illyrius. Vgl. Weber's Uebungssch, p. 100.
Imaginari, sich Etwas einbilden, im Geiste, in der Seele vorstellen,
kommt erst N. KL beim altern und Jüngern Plinius vor (Ep. V, 5),
für animo fingere (Cic. Milo 29, 79) , /'/n«(0?/?em cogitatione fingere
(Cic. ib.), cogilatione depingere (Cic. N. I). I, 15), auch blos sibi per-
suadere, conjicere, cogitare u. a. ; auch wohl somniare , wiewohl imago
schon bei Cicero ein der Seele vorschwebendes Bild ist. Eben so
N. hl. beim altern Plinins und Tacitus ist imaginatio, d'e Kinbildung,
Phantasie, für cogitatio n. a. Vgl. Phantasia. — Ein Bild der Kinbil-
dungskraft ist forma oder species menfi objecta (Cic. Divin. I, 37,81).
Uebrigens sind imaginatio und vis imaginandi, die Einbildungskraftj
in einem philosophischen Lehrbuche erträglich, und oft verlangt sie
die Kürze und Deutlichkeit. Vgl. noch Weber's Uebungssch. p. 264. —
Imagiiiari aber in der Bedeut. sich Etwas einbilden mit dem Begriffe
stolz thun, sich anmassen , ist B. L. für tribuere sibi aliquid, niultum
sibi arrogare, sumere , adscribere, und als Subst. vana sui opinio oder
esistimatio, sfulta arroganliau. a. — Ebenso ist auch B. L. das Adject.
imnginarius, eingebildet, inv svnulatus,fictus. Vgl. Weber's Uebungssch.
p. 382.
Imago, das Bild. Man merke nur: Jemanden im Bilde sehen heisst
nicht aliquem in imagine videre, sondern alicujus imaginem videre, und
so ähnliche Redensarten. Vgl. Sciopp. de stylo p. 204.
Imbecillia, e und imbecillus, a, um waren wohl beide gebräuclüich,
899
«ber die zweite Form wurde offenbar in der Schriftsprache zu jeder
2'eit vorgezogen. In Cicero's Büchern haben die bessern Handschr.,
wo sie von einander abweichen, nur die Form auf ?/s, und ebenso bei
allen Folgenden. Bei Caesar kommt nur der Comparativ vor. Wie der
Positiv doppelte Formen hat, so auch der Superlativ, jim6ec////m//s und
imbeci7/issitm/s. Keine von beiden findet sich bei Cicero und Caesar,
die letzte war aber die üblichste, z. B. bei Celsus, und wo bei Seneca
neben der zweiten Form die erste erwähnt wird, bieten die Handschr.
entweder die zweite (wie Ep. 85), oder dafür den Positiv hnbecillmn
(wie Consol. ad. Marc. c. 11). Vgl. Schweigh. Ausg. — Mehr darüber
s. in Reisigs Vorlesung, p. ]57. Ochsner z. Eclog. Cic. p. 199. Orelii
Cic. Lael. 13 u. a. Mad vig Cic. Fin. V, 24, 71.
Imherbls, e und tmberbus, a, um, i/nbärt/g, waren ebenfalls, wie es
scheint, bei den Alten gleich übliche Formen, von denen aber die erste
gebräuchlicher war; wenigstens wird sie bei Cicero (in Catil. 11,10,22
und de N. D. 111,34) von allen Handschr. bestätigt. Man brauche daher
nur die letztere. Vgl. auch Wolf Cic. pro domo 14.
Imbuere, erfüllen , mit mancherlei Ne!)eiibegriffen, kommt kaum
anders verbunden vor, als oliquem (aliquid) aliquare. Daher hält Klotz
(z. Sintenis p. 151, welcher schrieb: in imbuendis ingenns, beim Un-
terrichte, für in ertidiendis oder esrolendis ingeniis) die Redensart
Ingenium oder rnentem imbuere, den Geist bilden, für N. L. — Falsch
ist auch nach Hand (Lehrb, p.249) imbuere voluntatem in der Bedeut.
den Wunsch, den Willen einflössen, für itijicere voluntatem.
Imitamen, die Nachahmung, kommt P. L. und imitamentum N. Kl.
bei Tacitus und Spätem vor, für imitatio. Das letztere braucht F. A.
Wolf (praef. oratt. Cicer. p. XIX) , vielleicht um sich verächtlich
auszudrücken.
Imitandus ist in der Bedeut. nqchahmbar,ivas nachgeahmt werden
kann zweifelhaft für imitabilis, quem (quod) imitari possumus ; es be-
deutet der nachgeahmt iverden muss,der der Nachahmung tviirdig ist.
So unterscheidet beide Wörter Plin. ( Ep. VII, 20, 4) ; tu (Tacitus)
mihi maxime i?nitabilis, maxime imitandus videbaris.
Imitari, nachahmen, findet sich Kl. nirgends mit d. Accus, vestigia
verbunden, wie es im N. L. vorkommt, ebenfalls in der Bedeut. 7iach-
ahneri. Jemandes Fussstnpfen folgen , für premere , persequi vestigia ;
jenes ist ungereimt. — Das Partie, imitaius, passivisch gebraucht, wie
nicht selten im N. L., für imitatione simnlatus , beruht nur auf einer
gewiss verdorbenen Stelle in Cic. Timaeus c. 5, wo die Handschr. u.
Ausgg. imitata et efßcta simulacra haben, wo aber mit Pinzger zu lesen
ist: cum ingressa et imitata est efficta sim., durch welche Aenderung
es seine aclive Bedeutung behält. Muret hätte das Wort nicht so unbe-
denklich einigemal passiv brauchen sollen, wie Expl. Cic. Catil. praef.
und Oper. T. I, p. 371 pluris facit imitata quam vera. Ganz unlateinisch
aber sagt Görenz (z. Cic. Fin. p. 83) : videtur ille gladius ab hoc Tan-
tali saxo quasi imitatus esse, — scheint de?n Felsen des Tant. nachge-
bildet zu sein, für ad hoc T. saxum adumbratus esse.
Immaculatus, unbefleckt, ist P. L. und kommt nur einmal bei Lucan.
vor, für integer , incorruptus ., inviolatus; das Verbum immaculare ist
übrigens ganz Sp. L. und bedeutet beflecken.
400
Immanere , bei Etwas bleiben, verharren , ist ganz Sp. L. und noch
zweifelhaft für manere in aliqua re, perseverare, permanere.
Im?narce8cibilis, unverzvelklich, ist sehr Sp. L. für 7ion marcescens.
Immediatus , iinmittelbar , ist N. L. — Der Begriff muss nach dem
verschiedenen Sinne verschieden ausgedrückt werden, z. B. durch
ipse (per se), proximus, ?iullo interveniente , sowie mittelbar durch alio
interveniente ; eine unmittelbare Ursache ist causa efßciens, absoluta et
pei-fecta per se , proxima u. a. Ais Adv. , z. B. unmittelbar vorher, ge-
brauche man proxime ; unmittelbar als,cu7Ji primum,simulac primumn.a.
Mehr bieten die deutsch-lat. Lexica.
Iminedicabilis, zmheilbar, ist nur P. L. für insanabilis, inexplicabilis.
Immensurabilis , unermesslich , ist N. L. für immensus, immodictis,
quem metiri non possumus.
Immergere, eintauchen, verse?ilien , wird meistens verbunden in
aliquam rem. Nur selten wird es bildlich gebraucht, wie bei Cicero
einmal se in consnetudinem alicujus immerg., sich in Jem. Umgang ein-
schleichen. Gekünstelt ist bei Seneca se studiis immer gere, sich mit den
Wissenschaften eifrig beschäftigen , und hei \aler. Max. se praecepfis
Pythagorae penitus immer gere , sich ganz ergeben , für se totum de-
dere. Dergleichen Ausdrucksweisen vermeide man lieber, als dass man
sie nachahme.
Imminuere, verkleinern, findet sich nirgends mit dem Accus, einer
Perso?i , aliqnem , Einen verkleinern , sondern immer nur vollständig
alicnjus famam, laudem, existimationem oder aliquid de alicujus fama
iitwmiuere, oder alicujus famam atterere u. a.
Imriiiscere, ei?imischefi, findet sich erst bei Livius mit d. Dativ ver-
bunden in der Bedeut. in oder unter Etwas mischen; sonst selten und
bei Dichtern. Etwas in eine Rede oder Schrift eimnischen wird nicht
durch im?niscere ausgedrückt, sondern durch ititerponere atiquid mit
und ohne einen Dativ, oder alicui aliquid admiscere. Gut ist aber se
immiscere alicui r ei, sich in Etwas mischen oder einmischen, wiewohl
sich einmische?! in der Bedeut. sich ins Mittel schlagen bei Cicero se
interponere heisst, woher 7iihil me interpono, ich jnische ?nich gar nicht
ein. Ein Subst. immistio oder immixtio, die Einmischung, ist N. L. für
interpositio, oder mit dem Verbo immiscere.
Immisericordia, die Unbur mherzigkeil, ist sehr Sp. L. für inhuma-
nitas , crudelitas. Vermieden werde aber auch als selten immisericora,
unbarmherzig, da es nur einmal bei Cicero und Sp. L. vorkommt, und
ebenso immisericorditer, was nur Terenz einmal neben duriter braucht ;
man wähle durtis, inhumanus, crudelis und davon wieder die Ad\ erbien.
Immitis, unsanft, strenge , grausam, findet sich zwar erst bei Livius
und nachher fast mehr bei Dichtern, als in Prosa, ist aber doch nicht
zu verwerfen, zumal da mitis gut und Kl. ist.
Immo; vgl, Imo.
Immobilia , imbewegliches Hab und Gut , liegende Gründe , sagen
nicht einmal die spätem Juristen, sondern res immobiles , wofür auch
gesagt werden kann bona, quae moveri non possunt.
Immoderatio, die Unmässigkeit, U7ie?ithaltsamkeit, kommt zwar nur
einmal bei Cic. (Manil. 10,30) vor, ist aber durchaus nicht zu ver-
werfen, mag es sich auch sonst niclit weiter finden.
401
Immodicus, unmässt'g, kommt zwar erst bei Livius und dann bei den
Folgenden vor, ist aber nicht zu verwerfen neben immoderatus ; —
ebenso immodice neben immoderate, zumal da modicus und modice Kl.
bei Cicero vorkommen.
Immorari alicui rei oder in aliqua re, bei Etwas verweilen, ist zwar
erst N. KL, wird aber vom jiing-ern Plinius u. Quintii. gebraucht, und
ist neben morari in aliqua re nicht zu verwerfen.
Inimori alicui rei, 6e« oder in Etwas sterbeji, kommt N. KL, aber
nur einmal bei Quintilian vor; häufiger das Partie, immortmis. Jedoch
sind beide lieber zu vermeiden durch mori in aliqua re und mortuus.
Imtnoriger oder immorigerus , u7igehorsam, ist N. L. für 7ioji obe-
diens, alicui diclo ?ion audiens.
Immortalis , unsterblich , vnvergäyiglich, wird ausser den Göttern
nur den Seelen und andern Gegenständen als unvergänglichen und
bleibenden beigelegt, z. B. gloria, memoria, opera — , aber nie denMen-
schen als Ehrentitel, z. B. vir immortnlis, und darum verwarf es F. A.
Wolf mit Recht, wiewohl ihn selbst Walch (Dedic.Observ. Liv.) virum,
immortalem nannte. Bei den Alten ist dieser Ehrentitel unerhört, bei
uns sehr gewöhnlich. Das höchste Lob war bei den Alten vir divinus^
oder (wie Plato bei Cicero) deus philosophorum. Ganz anders verhält
es sich aber, wie C. Beier meinte, mit dem Caeneus j4tracides , mit
dem ewigen Juden Ahasverus und mit jedem andern vivax silicernium
und jeder anicula, die ihrem Ehemanne zu lange lebt, — welche aller-
dings so genannt werden können.
Immotus, unbewegt , unbeweglich, ist ausser bei Tacitus nur P. L.
für immobilis, firmiis.
Immundus , unrein, A. L., P. und N. Kl. für sordidus , horridus,
incomptus u. a.
Immutatus bedeutet wohl nur verändert, gleich mutatus, nie aber
unverändert, was non mutatus heisst.
Imo oder immo ist nicht unser zusagendes und Beifall gebendes
jß, sondern meistens verwirft man damit das Vorhergesagte; es ist
vielmehr verneinend, nein, im Gegentheil, bildet aber nie für sich eine
verneinende Antwort, wie mi7iime, sondern bedarf in der Regel einen
näher bestimmenden Zusatz, welcher dem Vorhergesagten entgegen-
steht. — N. L. aber ist imo potius, imo etiam, nein vielmehr, für imo
vero, imo vero etiam, und seit Livius imo contra, aber sehr selten. Das
bejahend steigernde Ja vielmehr, ja sogar heisst quin, quin etiam, quin
contra, quin potius, atque adeo (Cic. Tüll. 31) ; erst A. Kl. bei Plinius
und Quintilian quin imo. — Unser entweder ja oder nein heisst aut
etiam aut non (Cic. Acad. II, 32, 104). Endlich im Laufe eines Bewei-
ses heisst: ja, was noch mehr ist , es kann nicht geleugnet werden,
quid? quod negari non polest, nicht imo negari no7i polest. — Kl. hat
imo seine Stelle nur im Anfange des Satzes; man sagt also nicht: vivit
imo, nein, er lebt, sondern imo vivit. Vgl. noch Weber's Uebungssch.
p. 100 u. Reisigs Vorles. p. 446.
Impartire und impartiri sind wohl weniger gebräuchliche Formen,
als impertire und impertiri; vgl. Impertire.
Impatibilis, unerträglich , findet sich, ausser einmal bei Cic. (Fin.
II, 17), in einer philosophischen Stelle, wo der dolor so genannt wird,
fast nirgends für intolerabilis,nonferendus; von Cicero ist es nur nach
2ö
402
einem griech. Worte g'ebildet. Man brauche es also nicht nacli, wie es
Muret. (Expl. Cic. Catil. IV, ep. dedic.) gethan hat.
Impatitins, der nicht ertragen kmm^tmgeduldig, kommt erst iV. Ä7.,
besonders beim altern Plinins, Veliejns und Columella vor, und ist
daher lieber zu vermeiden durch intolerans (bei Livius m. d. Genit.),
qiii pati,ferre, sustinere ,tolerare 7wn potest, auch Intbecillus, moUls u. a.
Eben so N. Kl. u. selten ist impatieniia ixirimbecULüas, mollüudo,iiifractio
oder demissio animi , imj)ote7itia, iniquus animus , iniqua mens, beson-
ders mit ferre verbunden. Für impatienter sage man lieber intoleraiiter,
non patienter, moleste,aegre, besonders hei ferre.
Impavidus, unerschrocken, kommt zwar erst bei Livius vor, und ist
mehr P. L., aber dennoch nicht zu verwerfen neben non tiniidus,con-
stans, millo metu perterritiis , aniinosiis, fortis, sedatus,praesenti oder
acri afii/no, intrepidus und interritus.
Impedimentum im Sing, lieisst nur das Hinderniss; das Gepäck
aber impedimenta im Plur.
hnpedire, verhindern, abhalten, wird entweder verbunden alicujtis
rein , oder aliquem ab aliqua re , Einen in oder an Etwas verhitidern,
niclit in aliqua re. Fast ^. L., nur bei Varro L. L. IX, §. 14. p. 469 ed.
Speiig. (p. 203 ed. Müll.) ist es mit dem Dativ verbunden in der Bed.
im Hege stehen, für obstare — novitati non impedit vetus consuetudo — ,
was nicht nachzuahmen ist, wie es dennoch Muret. (V. L. X, 12) ge-
than hat, indem er sagt: syllabae modus obstare atque impedire htiic
mutationi videtur, was Ruhnken als male constructum tadelt. Selten
steht nach impedire für quominus ein Infinitiv oder ne; doch ist dies
nicht zu tadeln. — Bezweifelt wird impeditus tempore und temporibus,
durch die Zeit, die Zeitumstäfide verhindert, für exclusu» tetnp.
Impeditio , was bei Cic. (Divin. I, 51) die Handlung des Hinderns
bedeutet und ebenso bei Vitruv, sonst aber nirgends, braucht iMuret.
Epist. IV, 3 (Oper. T. II, p. 156) für impedimentum, das Hinderniss,
wie es Kl. nicht vorkommt.
Impellere , antreiben, wird verbunden aliquem ad aliquid , und bei
einem Verbo mit ad und dem Gerundium oder mit ut ; P. L. mit dem
Infin. , wie im Deutschen ; z. B. du treibst mich an zu schreiben , me
impellis scribere, für ad scribe?idum, ut scribam.
Impendere , über Etwas hängen, schweben, werde verbunden mit
dem Dativ alicui(mihi, 7iobis) oder in aliquem (in me , in nos) ; A. L.
findet man es verbunden saper aliquem oder blos aliquem.
Impendere , verwenden, wird Kl. nur verbunden in aliquam rem,
auf Et7vas , sowie eo , darauf; N. Kl. alicui rei; Sp. L. in aliqua re.
Bezweifelt wird beneficium impendere in aliquem. Elftem eine IVohlthat
erweisen, für benef. conferre in aliquem, ponere in aliquo oder locare
apud aliquem.
Impefidium, Aufwand, Unkosten, kommt in dieser Bedeut. mehr
im Plur. vor. Selten und mehr A. u. Sp. L., jedoch einmal bei Cic. (Ätt.
X, 4, 9), kommt der Abi. impendio in der Bedeut. um Vieles, iur multo,
bei einem Comparativ vor, was nicht nachzuahmen ist.
Imperare , befehlen, regieren, beherrschen, wird verbunden alicui,
nicht aliquem; und voji Einem Etwas fordern heisst alicui aliquid im-
perare. Daher ist bei jenem einfachen Objecte, alicui, das Verbum im
Passivo nur impersonal, also mihi imperatur , nicht ego imperor^ mir
403
wird befohlen, ich irerde regiert, beherrscht. Falsch sagt daher Leunclav
im latein. Xeuoplion: qui imperantur, für quibus imperutur, und Lydi
imperantur,iuv Lydis imperatiir. Griechischartig- sagt dagegen Horaz:
haec procurare imperor , für mihi imperatur. Uebrigens scheint es
gleich gut zu sein, ob man einen Satz mit dass durcli ut oder durch
den Accus, c. Inf. ausdrückt, wiewohl in activen Sätzen mehr ut und
in passiven mehr der Accus, c. Inf. vorkommt.
Imperator war Ä'/. nur ein Feldherr, Afiführer des Heeres, gleich
rf?/.r, aber Ehrentitel; seit Tiberius aber hörte diese Benennung als
Ehrentitel auf und wurde nur Titel der Kaiser. Vgl. Tacit. A. III, 74.
Es wurde aber nicht nach dem Namen, sondern ror denselben gesetzt,
also Imperator Claudius, nicht Claudius Imperator. Vgl. Wolf z. Tacit.
A. I, 9. — Man gebe daher jetzt, wo sich die neue Ansicht festgesetzt
hat, den Heerführer mit du.r,i\en Oberanfnhrer mit summus dus, und
imperator behalte man für Kaiser. Die Kaiserin aber nenne man Au-
gusta, wenn man das in dieser Bedeutung Ä\ L. imperatr ix \ ermei-
den will.
Imperfectus kommt Kl. gar nicht vor, erst N. Kl. bei Quintilian
und besonders bei Dichtern in der Bedeut. unvollendet, für inchoatus,
7ion. peifectus , und nur bei Seneca in geistiger Bedeut. unvollkommen,
mangelhaft , ebenfalls für inchoatus ( Cic. OfF. I, 43) , non perfectus,
vitiosus. in quo multa desiderantur, requiruntur. Ganz Sp. L. ist imper-
fectio, die Unvollkommenheit, für imbecillitas, vitiositas, conditio vitiosa
oder manca u. a.
Imperitia.^ die Unwissenheit, Unerfahrenheit,ündet sich Kl. nirgends
ausser bei Sallust, wohl aber N. Ä7., jedoch nur beim altern Plinius
und Tacitus, obgleich peritia Kl. ist. Es werde vermieden durch inscitia
(angeborner Unverstand) oder inscientia und ignoratio (mit einem Ge-
nitiv). Vgl. Ignorantia. Die Neuern brauchen es unbedenklich, z. B.
Longol. ( Epist. 1 , 14 u. 20 ) : rerum humanarum imperilia ; Wytten-
bach (Opusc. I , p. 184) : ex vestra imperitia. — Kl. ist aber das Adv.
imperite, imperitius, imperitissime , da das Adject. imperitus theils mit,
theils ohne einen Genitiv Kl. ist. Vgl. auch Peiitia.
Impermissus , unerlaubt , ist P. L. und kommt sehr selten vor, für
non licitus, inconcessus. Vgl. Illicilus.
Imperterritus , uner sehr och e?i, ist P. L. und findet sich bei Virgii
u. A. Vgl. Impavidus.
Impertinens ist ein fast N. L. Wort mit mancherlei Bedeutungen,
z. B. grob, für impolitus; nicht zur Sache gehörig, für ad rem nihil
pertinens ; ungereimt, für absurdus.
Impertire und impertiri , mittheilen. Als Deponens kommt es Kl.
wohl nicht vor und ist in vielen Stellen Cicero's jetzt in die active
Form übergegangen. Man ziehe daher die active der passiven vor.
Einem Etwas mittheilen heisst impertire alicui aliquid, A. L. und in
guter Prosa selten aliquem aliqua re.
Imperturbatus , ungestört , ist N. Kl. und kommt sehr selten bei
Ovid und Seneca vor, für non perturbatus, non conturbatus.
Impetere aliquem. Einen anfallen, ist P. L. für aliqaetn petere oder
appetere, invadere in aliquem, impetum facere in aliquem.
Impetrare, erlangen, erhalten, beschränkt sich anf Worte, wenn
26*
404
man mündlich oder schriftlich um Etwas anhält und es erhält. Vgl.
Adipisci.
hnpeluosus , stürmisch, heftig, steht noch zweifelhaft beim altern
Plinius für violentus, vehemens. — N. L. ist itnpetuositas , ein stür-
mischer Anfall, für violentia, violentus irnpetus.
Impetus. Die Alten sprechen zwar in ihrer Militärsprache von
einem primus impeius , einem ersten stür?nischen Anlaufe , z. B. priino
impelu (facto), beim ersten Angriffe — , aber nie von einem secundus,
tertius u. s. w., so dass man nicht geradezu von einem triples impetus
sprechen kann, wie es neulich geschehen ist. Synonym mit impetus
sind signorum collatio (Cic. Orat. I, 48, 210) , congressus (nicht con-
gressio), ea.cursio, incuraio, incursus, petitio u. a.
Impej;us kommt in der Bedeut. ungebildet (von der Rede und von
Schriftstellern) nur bei dem Verf. des Dialogus de orat. 20 vor, für
i?icultus,horridus,incomptus,und durfte von Muret. Oratt. (Oper. T. I,
p. 374 ed. Fr.) nicht wohl nachgebraucht werden.
Impigritas, die Unverdrossenheit, kommt nur einmal, aber bei Cic.
(Rep. 111,28) vor, und werde vermieden durch alacritas., animus
alacer oder prompt us u, a.
lmpingere,at{f oder an Etwas sfossen, kommt nur in gemeinen Re-
densarten vor; Cicero braucht es nur selten und meist im Scherz. —
N. L. aber ist pedem impingere in aliquo loco, de?i Fuss irgendwo hin-
setzen, für pedem ponere in aliquo loco, und impingere in oder contra
aliquid , gegen Etwas Verstössen, fehlen, \\'\e Mahne (Crito p. 279)
sagt: imping. in vulgares praeceptiones grammaticas, gegen geivöhnliche
grammatische Regeln fehlen, für peccare in aliqua?n rem oder in
aliqua re.
hnpius. Die Superlativform impiissimus ist Sp. L. für maxime
impius; der Comparativ heisst nur magius impius.
Implacabilitas , die Unversöhnlichkeit , ist sehr Sp. L. für animus
implacabilis. Das Adj. implacabilis , unversöhnlich , wird verbunden
alicui und in aliquem, gegen Jemanden ; beide Kl.
Implantare, einpflanzen, ist N. L. für inserere, ingenerare.
Implere, anfüllen, erfüllen. Selten kommt es bei Cicero und den
Bessern in der bildlichen Bedeut. befriedigen , Genüge leisten vor.
Bezweifelt werden impl. legem (leges), das Gesetz erfüllen, für servare,
oder sequi legem, purere legi u. a.; impl. officium, eine Pflicht erfüllen,
für exsequi oder ohire officium, satisfacere officio u. a. (vgl. unter
Facere), wiewohl Plinius (Ep. V, 56) partes offirii implere sagt; ferner
itnpl. voluntaiem, einen Wunsch, Willen erfüllen, für obsequi vohmtati
(Cic Fam. 111, 5, 8) u. a. Für implere aliquem voluptate sage man lieber
perfundere. — Richtig aber sind impl. spem, promissum, consilium,
■wenigstens N. Kl. Vgl. Iland's Lehrb, p. 154.
Implicare, verflechten, verwickebi u. dgl., hat in der bessern Prosa
im Perf. implicavi , nicht impl icui , und im Supino implicat um, nicht
implicitutn, wiewohl bei Cicero einigemal, besonders in der Jugend-
schrift de inventione (1, 51, 97; 11, 21, 62; 23, 69; 29, 89; 37, 110)
implicitus vorkommt, aber meistens mit der Variante. Vgl. Reisigs
Vorlas, p. 250. — Es wird gewöhnlich verbunden implicare aliquem
oder implicari aliqua re , selten in aliqua re; aber in eine Krankheit
verfallen heisst sowolil morbo, als auch in morbum implicari. — N. L.
405
ist impUcare aliquid in der Bedeut. Etwas enthalten, ohne den Begriff
des Verwickelten; z. B. liaec narratio j/n/^ftlcaf errores, für in hacnar-
ratione insunt errores. Vgl. das ähnliche Involvere.
Implorare, anßehen, wird verbunden ab aliquo aliquid oder aliquid
alicujus , Einen um Etwas , nicht aliquem aliquid; z. B. er flehte den
Consul um seinen Schutz an, entweder a consule fidem,, oder noch
gewöhnlicher consulis fidem imploravit; er flehte mich um Hülfe an^
a me auxilium oder meum auxilium imploravit.
Imponere m der Bedeut. Etwas in Etwas hineinlege?i wird verb.
aliquid in aliquid, z. B. milites in naves; ebenso in der Bedeut. auf
Etwas setzen, legen, aliquid in aliquid, seltner in aliqua re, auch alicui
aliquid. Auch sagt man aliquem imponere , Einen afistellen als Etwas,
mit einem zweiten Accus., z. B. aliquem vilUcum imponere; wo, in
aliquo loco, z. B. in hortis ; worüber, alicui rei, z. B. classi, wo aber
nicht, wie FJinige meinen, nothwendig ein Accus., wie ducem, praefe-
ctum u. dgl. hinzugesetzt zu werden braucht. Vgl. Tacit. A. I, 3 Ger-
manicum octo legionibus imposuit. — Vgl. auch Reisig's Vorles. p. 728
mit der Anm. — N. L. ist epistolam impo?iere , einen Brief in einen
andern einlegen, wie Lipsius (Epist. IV, 12) sagt, für addere oder
adjungere (Cic. Fam. III, 8, 10). Die Redensart manum alicui rei
imponere, die Hand an Etwas legen, ist ausser bei dem altern Plinius
fast nur P. L., und besonders manum extremam, summam oder supre-
mani alicui rei imponere , was indessen mit einem mildernden Zusätze
nicht verwerflich ist, wiewohl Cicero dafür sagt: extremamanus alicui
rei accedit ; auch kann man es ausdrücken durch aliquid absolvere,
perficere,finem facere alicujus oder alicui rei.
Importabilis, unerträglich, ist sehr Sp. L. für intolerabilis.
Importare kommt in der Bedeut. verursachen bildlich nur bei
schlimmen Dingen, als fremdartigen und nicht einheimischen, vor, z. B.
pestem,incommodum, aber mc]\tcommodum,laetitiam\i. ä^l.importare. —
N. L. ist nihil importat , es bringt Nichts ein, nützt Nichts, auch es
macht Nichts, für nihil conducit, nihil refert.
Impos , nicht mächtig , ist A. und Sp. L. nur mit animi verbunden,
und N. Kl. bei Seneca (N. Q. VI, 1) mit sui. Es werde gänzlich ver-
mieden durch impotens , non compos. Nach Cicero heisst der, welcher
seines Ferstandes nicht ?nächtig ist, qui non est in potestate mentis
(Tusc. III, 5, 11), oder qui exiit ex (de) potestate.
Impossibilis , unmöglich, und possibilis , möglich , kommen zuerst
N. Kl. bei Quintilian als rhetorische und philosophische Wörter vor,
für die griech. dwuio:; und udvvaxoq', er sagt davon (111,8,25):
f)i;)«TOi, quod nostri possibile nominant: quae ut dtira videatur appel-
latio, tarnen sola est; — und so braucht er auch beide nur als Kunst-
wörter, nicht um das gewöhnliche ?nöglich oder unmöglich auszu-
drücken , wofür nur fieri posse und fleri non posse gebraucht wird.
Ausser bei Quintilian und späten Lateinern kommen beide Wörter
nicht vor und müssen daher, ausser in der philosophischen Sprache,
durchaus vermieden werden. Vgl. mehr unter Possibilis.
Impostor, der Betrüger, und impostura, die Betrügerei, sind Sp. L.
für homo fraudulerdus,fallax, versutus ; fraus,fraudatio.
Impraemeditatus, u?ivorbereitet , ohne vorhergegangene lieber le-
gung, ist N. L. für imparatus, ?ion praemeditatus.
406
Impraeparatus , unvorbereitet , ist N. L. und häufig im Gebraiiclie
für hnpnrutus. non prneparatus.
Imprnesentiarum, unter den gegenwärtigen Umständen, ist höchst
selten, und kommt, ausser bei Cato R. 11. (Cornel.Nepos) und Tacitus,
nur bei Spätem vor. — Nacli Einigen ist es ein auf wunderbare Weise
aus in praesentia reriini verdorbenes Volksvvort. Es ist ganz zu ver-
meiden und etwa durcli pro temporibns, in praesentia (Cic. Farn. XIV,
14, 1), in praesenti, in praesens oder hodie (Cic. Att. V, 21,2. Sest. Q%y
zu ersetzen. Vgl. HeumanniPoecile T. 111, p. 319. Weber'sUebungssch.
p. 87. GraufF z. Bunell. Epist. p. 655 und besonders Handii Tursellin.
T. III, p. 235 fgg.
Imprecari ist , mag es nun Gutes oder Böses nmnschen bedeuten,
P. L. und kommt in Prosa höchst selten vor, nur beim altern Plinius
und bei Spätem; es werde ganz vermieden durch botia (befie) oder
7naJa (male) precari, exsecrari. — N. KL bei Seneca und dem altern
Plinius steht imprecatio in der Bedeut. Verumnschujig, für exsecratio,
detestatio ; B. L. aber ist es in der Bedeut. Anrufung , Gebet, für
preces , precatio.
Impressio kommt nirgends in bildlichem Sinne, £'mr/r?/fÄ- auf das
Gemüth, vor, für vis; daher heisst Blind ruch machen, vim habere, auch
movere, co?nmovere. Uebi'igens ist für unsere neue Idee, der Bücher-
druck, librorum impressio nicht unpassend, wie auch das Verbum
imprimere (vgl. unten), drucken. Andere wählen expressio, exaratio,
descriptio. — A\ L. aber ist impressor , in welcher Bedeutung es sei,
unter andern in der Bedeutung Drucker, wie man es erst kürzlich
brauchte, für typographus , welches das älteste und noch immer das
deutlichste Wort dafür ist, und hesser als librarius. Vgl. Typographus.
Imprime ist N. L. Form, wie apprime, für das ächte ifi primis oder
impriniis. Jene braucht Lipsius (Epist. I, 81) und Andere nach ihm.
Uebrigens kommt das adverbiale in primis (imprimis) bei Cicero nicht,
wie Stüremburg angibt, nur zweimal vor, sondern nach Ellendt (z. Cic.
Orat. T. II, p. 214) mehr als eilfmal.
Imprimere , eindrücken, wird Kl. verbunden in aliqua re, nicht in
aliquaTii rem. Man braucht es im N. L. für die neue Bezeichnung
Bücher drucken, libros imprimere , mit und ohne das Wort typis, und
nennt gedruckte Bücher, libros impressos, dagegen geschriebene, spri-
ptos. Für imprimere sprechen auch Stellen der Alten, wo ein ähnliches
Kindrücken imprimere heisst, z. B. sigillum in cera impressum, littera
humi impressa. Andere, wie A. Matthiae, wollen e.vprimere oder typis
oder litterarum formis describere , Andere typis exarare , exscribere,
excudere ; vielleicht auch litteras in charta imprimere. Vgl. jene Verba.
— Damit Kl. gesprochen werde, wollte Schorus (Phras. p. 508) das
alte a librariis describi, wie auch der gleichzeitige Muretus irgendwo
schrieb : liber a librariis describitur, das Buch wird gedruckt, wiewohl
dieses eigentlich heisst das Buch wird von Schreibern abgeschrieben,
was ja auch noch heutzutage geschieht. Vgl. Librarius. — F. A. Wolf
nennt den Druckbogen, plagula typis descripta.
Improbus ist in der Bedeut. sehr gross, übermässig fast nur P. L.,
und das bekannte improbus labor, tüchtige , grosse A7istre7igung (bei
Virgil) kann nur mit dem Zusätze ut Virgiliano verbo utar angewandt
werden, was freilich Muret. (Praef. Explic. Cic. Catil.) nicht gethan
407
hat. Man wähle ein gehräuchh'cheres Adj.,z. B. mognus, ijtfinihis,
multus, gravis, assiduus u. a.
hnproßcuus, unnütz, undienlich, ist N. L. für inutilis, tiihil proßciens.
Improsper, unglücklich, ist erst N. Kl. und kommt nur bei Tacitus
vor; doch ist es auch uiuiöthi^ wegen infelix ^ miser, adversus u. a. —
Das Adv. improspere ist ebenfalls N, Kl. und kommt bei Columeila
(improspere cedere) und Tacitus vor, für ?nale, infeliciter.
Impune , ungestraft, verbunden mit habere in der Bedeut. iinge-
straft bleiben, findet sich wolil nur bei Terenz und 'Vac'iius^ur impune
esse oder ferre , impimitum discedere. — Es werde nicht nachgeahmt,
wie es Muret. (Expl. Cic. Catil. 1, 1) gethan hat. Von impune ist auch
ein Compar., impunius, vorlianden.
Impunite ist sehr selten für impune, ieizi vielleicht nur bei 3Iatius
(Cic. Fam. XI, 28 3) , wo jedoch Larabin und Andere impune lesen.
Zweifelhaft ist es auch in Cic. Fin. II, 18, 59, wo vor Davies impune
stand, dieser aber aus seinen Handschr. impunite aufnahm, und darin
in Brenii und Görenz, so wie wegen der Auctorität der Handschr. auch
an Madvig Nachfolger fand. Man halte sich mehr an impune. Vgl. aber
Hand's Lehrb. p. 140.
Impurare , verunreinigen , heflecken, kommt nur N. Kl. einmal bei
Seneca vor, für maculare , inquinare , polluere u. a. — A. und Sp. L.
aucli impuratus.
Impure, impurus und impuritas haben bei den Alten nur Beziehung
auf schändliche, wollüstige Lebensiveise, nirgends aber werden sie mit
dicere, loqui uwA sermo so verbunden, dass sie falsche, gemischte, bar-
barische Rede bedeuten; vielmehr ist impure loqui so viel als obscoe?ie
loqui, unzüchtig reden. Man brauche dafür barbare, inquinuie , non
pure, non caste ; inquinatus sermo, inquinata oratio, nulla castitas oder
sinceritas orationis, nihil castitatis sermonis., corrupta sermonis integri-
tas , so dass wir jene Wörter entbehren können. Das Subst. imptiritas
aber soll im Sing, nirgends vorkommen, sondern nur im Plur. iinpuri-
tates , und nur bei Cicero in der Bedeut. Schändlichkeiteji. Vgl. mehr
darüber unter Ptiritas und Hand's Lehrb. p. 119. Bergmann in Ruhnk.
Opusc. p. 362 u. 507 und Frotscher z. Mureti Oper. T. I, p. 145.
* Ob Muretus oder Schorus, die gleiclizeitig lebten und diese Wörter von
der verdorbenen Rede brauchten, sie zuerst so gebraucht habe, weiss icli nicht.
Sie sind aber so gewöhnlich, dass man in den Büchern de stylo ein eigenes
Kapitel de impuritate styli (sermonis, orationis) zu finden pflegt, und dass sogar
der strenge Scioppius über die impuritas sermonis klagt.
Impuiare ist erst A^. Kl. theüs in der Bedeut. berechnen, theils
auch bildlich Einem Etwas ( alicui aliquid) anrechnen, zuschreiben,
Schuld geben, vorwerfen, nher nicht blos beiScneca, sondern auch beim
Jüngern Piinius und Quintilian, für tribuere, attribuere, adscribere, as~
signare u. a. Die strengen Ciceronianer Schorus und Scioppius ver-
werfen es, gehen aber in ihrem Urtheil wohl zu weit.
hl. Diese Praeposition steht nicht immer, wo wir i?i oder ßw/ brau-
chen. Von vielen Fällen führe ich nur einige an. N. L., und auch bei
den besten Schriftstellern sehr gewöhnlich, ist bei Schrißstellernafuen
in mit dem Abi., z. B. in Cicerone, in Hornero, in Livio u. dgl., obgleich
man nicht an die Person, sondern nur all ihre Schriften denkt, für
apud Ciceronem, apud Homerum, ajmd Livium, wie bei Cicero : apud
403
Ennium (Tusc. 1, 44), op7id Sophociem (Tusc. II, 8), apud floraeruin
(ib. III, 9), und so immer. Falsch sag^t daher Manutiiis: in Plutarcho,
Minet. : /« Virgilio, in Terentio,in Cicerone aliisqne antiqids scripta-
ribus, A. Matthiae: in Livio et aliis — und so viele Andere. Dies ist
auffallend, da doch die Alten sag^en, z. B, Platonem legere, Plato's
Srhrifte?i lesen (Cic. Tusc. II, 3, 8). Richtig- ist aber in, wenn ein ein-
zelnes Buch eines Schriftstellers einen Personennamen führt, z. B. in
Gorgta, in Menone, in Timaeo — Piatonis; in Laelio, in Hortensio, in
Catone Majore Ciceronis, u. dgl. ; richtig- ist auch in, wenn nicht eine
einzelne Schrift damit g-emeint ist, sondern wenn von eines Schrift-
stellers Eigenheit, seiner Schreibart, seiner Glaubwürdigkeit u. dgl.
die Rede ist. Daher sagt Cic. (Orat. 71): in Thucydide orhem modo
orationis desidero, und Quintil. (Inst. IX. 4, 8): in Herodoto omnia le-
niter fluunt, was dem obigen falschen Gebrauche von in nicht gleich
ist, und unnöthig: will daher Spalding- in Herodoti, seil, libris, lesen. —
N. L., wenigstens selten, sind Redensarten, wie: est in Jiatura rei, es
liegt in der Natur der Sache, für ea 7iatura rei est (Cic. Att. II,
17, 1); sedebat iti iunica^ er sass im Unterkleide da, für cum tunica;
aliquem in manibus auferre, 3em. auf den Armen davontragen, für
inter manus (Cic. Verr. V, 11, 28); ire in agmine quadrato, im Quarre
gehefi, für ire agmine quadr.;Vh\A^v\\% in diiabus rebus (in zwei Stük-
ken) Horatio superior est, für duabus rebus: de ea re scripsit in ver-
sibus, in Versen, für versibus (Cic. Fam. I, 9, 23. Tusc. I, 44, 107) ;
sententiae in optimis verbis (in de?i besten W.) explicatae, für optimis
verbis ; est in verbis expeditus, in W. gewandt, für verbis (Cic. Brut.
62, 221); aliquid ?'« graeco sermone (in griech. Sprache) tractare, für
graeco sermone, graecis litteris tractare oder mandare (Cic. Fin. I,
I, 1); in verbis \oc^x\, laudare aliquem u. dgl., für verbis ohne in, der-
gleichen sich bisweilen im N. L. findet; aliquid facere in spe alicujus
rei, in der Hoffnung auf Etwas, für ad oder in spcm (Cic. Rep. II, 3
urbem ad spem diuturnitatis condere); creari in comitiis, für comitiis
(vgl. Comitia); /w ludis Circejisibiis, bei oder ivährend der Circ. Spiele,
für ludis Circ. u. dgl. mehr. — N. L. ist ferner: in aliquo habere ad-
versarium, an Einem einen Gegner haben, für aliquem hab. adv.; huc
oder eo in impudeniia pervenire, so weit in der Uliverschämtheit , für
eo impudeiitia oder ad, eam impudentiam (vgl. Eo). — Selten sind die
Verbindungen res in Ponto, praefectus in provincia für die Genit.
Ponti, provinciae, wenn in nicht mit dem Verbo in Verbindung steht;
z. B. accepit nuntios a praefectis in Persia, inr Persiae. Vgl. über die-
sen Fall Th. I, §. 80. 82. — N. L. ist auch in alicujus nomine, in Je-
mandes Namen, z. B. Einen grüssen, für alicujus nojnine oder verbis;
also 7neo nomine, meis verbis. Vgl. Cic. Fam. XIII, 21, 2. Att. I, 16, 16.
Ueber in alicujus persona, in Jemandes Person, z. B. Etwas sagen, vgl.
Persona. — N. KL und häufig bei Tacitus ist in mit dem Neutro eini-
ger Adjectiven, z. B. in quantum, in tantum u. dgl., für quantum, tan-
tum, welche auch im N. L. gebraucht werden (sogar von Muretus),
aber zu vermeiden sind. Verworfen werden: in alicujus honorem, lau-
dem, gratiam dicere, facere, scribere u. a., für alicujus honoris, laudis,
gratiae causa (Cic. Fam. XIII, 26, 2 u. 31, 1) ; daher gratiae causa,
um Jemanden zu gewinnen (Cic. Orat. II, 21, 89). Vgl. Dietrichs Sin-
tenis p. 223 u. Vavassor. Antib. p. 549. — Aber geschützt wird von
409
Drakenh.facere afiquid tti honorem, in gratiatn alterius durch Beisp.
aus Livius (zu XXXIX, 26, 12). Ueber in alicujiis menwriam vgl. Me-
moria. — Verworfen wird in — libro, in — libris, wenn sich das Buch
oder die Bücher ga7iz mit dem g-enaunten Gegenstande beschäftigen,
für Ubro, libris ohne in (Cic. Fin. I, ], 2); dagegen steht in richtig da-
bei, wenn Etwas nur irgendwo in dem genannten Buche oder in den
genannten Büchern erwähnt wird, z. B. Cic. OfF. III, 18, 7 in primo libro
(nemh'chnur in Cap.7); Att. VIII, 11, 1 qninto.nt opinor, zw libro. Daher
steht es auch immer bei bestimmter Angabe eines Tlieils eines .Buches,
Briefes oder Etwas der Art, z. B. Cic. Farn. VII, 5, 2 quibus in extre-
mis litteris, an dessen Ende. Vgl. Cic. Off. II, 17, 60 und Heusinger z.
Cic. OflF. II, 13. — Kl. ist zwar gratus in vtilgiis (vgl. Grattis)., aber
ohne Auctorität ist wohl probotns in plnres, wie Muret. (Oper. T. I,
p. 231 ed. Frotsch.) sagt. — Man sagt wohl nicht aliquem vulnerare
in fronte, an der Stirne; in ore, im Gesichte, sondern in frontem, in
OS. Vgl. Caes. B. G. V, 35. — Bei Angabe des Maasses in der Höhe, in
der Länge, in der Breite wird nicht in mit dem Abt., sondern in mit d.
Accus, gesetzt, also in altitiidinem,in longitudinem,in latitudinem, wo-
für auch die Genit. altitudinis u. s. w. vorkommen, z. B. aggerem in
altitvdinem pedum octoginta exstruil (Caes. B. C. II, 1); vallus qua-
draginta pedes altitudinis habebat (Hirt. B. Alex. 2). — A. L. und
N. Kl. ist in tempore, zur rechten Zeit., wofür Kl. blos tempore (tem-
pori) vorkommt. Ueber in beim Abi. der Zeit v^l. die Grammatiken
und Reisig's Vorlesung, p. 710. — Richtig aber ist in pueritia, in ado-
lescentia; ferner bis, ter — in anno, in mense, in die, in hora, zweimal
— im Jahre, d. h. innerhalb, im Verlaufe eines Jalires, wo fast nur bei
Dichtern in fehlt. Falsch ist aber: periit «'« octavo mense anni, für
octavo mense. — D. L. ist: periit in suo quadragesimo anno, in seinem
vierzigsten Jahre, für quadragesimo anno aetatis ohne in und ohne
suo, aber mit aetatis, oder auch quadraginta an7ios natus. — Gut sind:
in sole arabulare, in der Sojuie spazieren gehen; in diem, in hör am —
vivere, in den Tag hinein leben ; centum talenta in auro, wie wir sa-
gen : hundert Talente in Gold (Sueton. Galb. 8); in praesentia, in prae-
senti, in der Gegenwart, für jetzt (vgl. Praesentia) ; iii orbem consi-
stere, sich in einen Kreis stellen — und so noch vieles dem Deutschen
Aehnliche oder davon Abweichende. — Ueber infuga, auf der Flucht,
vgl. /^//^a, und üher initinere, auf der Reise,\^\. Iter. — Endlich ist Sp. L.
in verbunden mit einer Praeposition oder einem Adverb., z. B. inante,
iitcoram, incircum, was entweder Archaismen oder Neuerungen sind.
Ausgenommen davon ist die Ausdrucksweise im römischen Kalender:
in ante diem (in a. d.), wie im Deutschen auf übermorgen, auf vor-
gestern u. a. — Reiclie Belehrung über in findet sich in Flandii Tur-
sellin. T. III und in Reisig's Vorlesung, p. 724.
Inaccessus, unzugänglich, ist erst N. KL, kommt aber beim jun-
gem Plinius vor; als kurzer Ausdruck ist es kaum zu verwerfen und
nicht durch einen ähnlichen zu ersetzen. Aber Sp. L. ist inaccessibilis
und inndibilis. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 94,
Inadspectabilis, unsichtbar, ist N. L. — Vgl. Invisibilis.
Inadsuetus, ungewohnt, ist nur P. L. für insolitus, insolens. Gleich-
wohl braucht es Valckenaer (Oratt. p. 185): inadsuetum Belgis Lu-
dovici Imperium.
4J0 '
hmestiinahilis, nnschäizhar, in dem Sinne unseres vorzüglich, aber
auch nicht schätzejiswerth, wie es Cicero brauciit. rauss wegen dieser
doppelten Bedentung als vocabulu7n ambigmim vorsichtig gebraucht
werden.
hmffectatus, ungeziert, ungehünstelt, ist zwar erst N. KL, kommt
aber beim Jüngern Piinius und Quintilian vor, und ist nicht zu verwer-
fen. Vgl. jjjectatus.
Ininnoenus, tinerfreulich, xinangenehm, ist selten und wird, von gei-
stigen Dingen gebraucht, verworfen; daher wird Muret getadelt, wei-
cher (Oper. T. I, p. 148 ed. Fr.) sagt: inamoenum Studium, für ingra-
Uim, injucundum, insnave. Doch sagt Plin. (Ep. IX, 10, 13): id genus
operis inamabile, inamoenum. Vgl. auch ATUoenus.
Inanimare ist fast N. L., in welcher Bedeut. es sei, z. B. in der
Bedeut. beseelen, beleben, für animare, und in der Bedeut. Muth ma-
chen, für animum augere, offerre, dare. Vgl. Animare.
Inanimatiis, ?jnbeseelt, unbelebt, dem animatus entgegengesetzt, ist
fast überall, wenigstens bei Cicero, nach den bessern Handschriften
zu verwerfen, für inonimus. Vgl. Madvig Cic. Fin. IV, 14, 3ö. — N'. L.
aber ist es in der Bedeut. ermuthigt, beseelt. Vgl Inanimare.
hianis, eitel, stolz, leichtfertig (von Personen), ist fast nur P. L.
für va?ius, levis. Vgl. Cic. Sest. 57.
Inauditns bedeutet Kl. blos unerhört, N. Kl. unverhört, z. B. ali-
quem inauditum pu7iire, damnnre ; nie aber sagte man, was N.L. ist, re
oder causa inaudita, unverhörter Sache, ohne dass die Sache unter-
sucht ivorden ist, fiir ijidicta causa, re inorata (Cic. Kose. Am. 9, 26),
causa iticognita (Cic. Verr. I, 9). Zwar steht bei Cic. (Balb. J8) re
inaudita, aber in der Bedeut. als maii gehört hatte, cum inauditum,
d. h. auditum esset.
Inauguralis ist ein iV. /i., sogar akademisches Wort in der Bedeut.
zur Eiyiiveihung, zum Antritt einer Würde, eines Aintes gehörig, z. B.
oratio inauguralis, eine Antrittsrede ; disputatio iiiauguralis, derglei-
chen es viele, auch von gelehrten Männern, gibt. Ein weit besseres
Wort ist wohl aditialis, mag es auch noch nicht mit oratio und dispu-
tatio verbunden vorkommen. Vgl. Aditialis.
Inaugurare, einweihen, einführen, einsetzen., wird Kl. nicht blos
von 0er/e/7z, sondern auch von Priestern gesagt, und kann daher recht
wohl auch von der Einweihung und Einführung eines Priesters oder
Pfarrers gebraucht werden, da seine Einführung eine heilige, durch
einen Priester geschehende Handlung ist. Vgl. Cic. Phil. 11, 43. Liv.
XXX, 26; XLl, 28. — Ein Subst. aber, inauguratio, die Einweihung
oder der Antritt, ist fast N. L. für dedicatio, consecratio und aditus
oder principium, oder es wird umschrieben.
Licalescere findet sich in der blldi. Bedeutung gereizt, ermuntert
n^erden ohne Auctorität im N. L. für incitari.
Incantatio, die Zauberei, und incantator, der Zauberer, ölnd sehr
Sp. L. für fascinatio, incantamenlu7n ; magus, qui incantat, cantionem
oder Carmen magicum canil. So heisst auch der Zauberspruch, die
Bannformel , cantio, carmen magicuin, auch blos Carmen.
Incapabilis und incapax, unfähig, sind sehr Sp. L. für non aptus,
non accom7nodatus, auch impar alicui rei.
Incastus, unkeusch, ist ungewöhnliche Form für i7icestus.
411
Incentor, der Jnsftfter, ^nf- oder Anreizer, ist selir .S/;. h. für
auctor, concitator, sthmdator.
Ificeptio, welches Kl. nur das Anfangen als Handlung bedeutet, ist
in der Bedeut. das Unfejyiehmefi A. L. für coeptum, inceptum; gleich-
wohl brauclit es Muret. (B^xpl. Cic. Cafil. II, 2).
IncertUudo, die Ungewissheit, kommt im N. L. utid nicht selten
vor, für dubitatio, error (Cic. Att. VlI, 2, 2. Vgl. Fabri z. Liv. XXII,
1, 3), incerliim, incerta. Vgl. Vorst. lat. mer. susp. p. 66 und Certitudo.
Ificessabi/is, unaufhörlich, ist sehr Sp. L. für perpehius, continuus,
iion intermissus u. a. Eben so Sp. L. ist inceasanter, unaufhörlich, für
continenter u. a. Vgl. Indesinenter.
Incidere, einhauen, einschneiden, wird wohl gleich gut verbunden
in rem und in re; aber das Partie, incisvs wohl nur in re.
Incidere, einfallen, gerathen ; — i?i oder auf Etwas, in aliquid, in
aliquem; unter Leute, inier homines; Einem ividerf obren, begegnen,
alicui (Cic. Fani. V, 17,3. Orat. 1,7). Man sagt wohl nicht sermo,
mentio incidit in aliquem, in aliquid, die Rede fällt auf Einen, auf Et-
was, sondern de aliquo, de aliqua re (Liv. I, 57); aber«?/? falle, ich
lco?mne auf einen Stoff, in aliqiiam niuteriam (Plin. Ep. IX, 33), und
ich komme darauf. Etwas zu thun, incido od aliquid faciendura (Cic.
Fam. V, 8). Bezweifelt wird, und wohl mit Recht, aliquid incidit in
oculos. Etwas fällt in die Augen, für sub oculos cadit (Cic. Orat. 3),
sub oculos venit (Quintil. V, 9, 14) oder in oculos incurrit bei Cicero,
Quintilian u. A. ; — ebenso apparet in aliqua re, es fällt bei Etwas in
die Augen. Vgl. Wolf z. Cic. Tusc. I, 33, 80. — N. L. ist auch mihi in-
cidit, es fällt mir ein, kommt mir in den Sinn, für incidit oder ve7iit in
mentem, aninio occurrit; «Z/c?/« incidere in manus. Einem in die Häiide
fallen, gerathen, für in ulicujus manus incidere, z. B. in hostium ma-
nus incidere, nicht hostibus in manus, den Feinden in die Hände
fallen.
Incipere., anfangen ; — mit Etwas, ab aliqua re, nicht aliqua re
oder cum aliqua re ; daher ivomit oder wo, nnde, z. B. wo fängt der
Nachsatz an? unde (nicht ubi) incipit opodosis? — Das Passivum ist ohne
Auctorität, und sich a?ifa?/gen heisst incipere, nicht incipi; z. B. annus
incipit, das Jahr fängt sieh an, nicht incipitur. Für incepi und incepe-
ram aliquid focere sagt man gewöhnlich coepi, coeperam, wiewolil im
historischen Style incipio als historisches Praesens für coepi gebraucht
wird, z. B. bei Cic. (Verr. II, 23, 56): queri cum multis incipiunt;
Caes. (B. C. 1,73): vallum ducere incipiunt. — Das Vari. incepitnus
steht bei Cic. Verr. II. 76, 187.
Incitomentum, das Anreizungstnittel, kommt Kl. zwar nur einmal
bei Cicero vor, ist aber nicht zu bezweifeln ; JV^. Ä'/. findet es sich
einigemal,
Incitus, rasch, schnell, ist nur P. L. in der Bedeut. angereizt, für
incitatus. Dazu gehört die alte, nur bei Plautus vorkommende und
von Spätem wieder aufgenommene Volksredensart: aliquem ad inci-
tas redigere. Einen auf's Aeusserste, in die grösste Verlegenheit brin-
gen, für ad extremum redigere, in ultimum discrimen adducere. Vgl.
AVeber's Uebungssch. p. 163.
Incivilis, unhöflich; incivilitas, die Unhöflichkeit und inciviliter, als
Adv., u?ihöflichj sind Sp. L. für inurbanus, invenustus, rusticus, illibe-
412
raiis ; ruaticüaa, inhummiltas, i/liberalttas : inhnmnne u. a. — • Vgl.
Vorst. lat. mer. susp. p. 126 und Grosse Eiiileit. z. Eutrop. LVIII.
hiclarescere, berühmt werden, ist zwar N. KL, kommt aber beim
Jüngern Plinius, Sueton u. A. vor, und ist nicht zu verwerfen. Vgl.
Clarescere.
Inclementia, Uiibarmherzfgkeit, Härte u. dgl., ist nur P. L. für in-
hiimanitas, crudelitas, immanitas, severitaa, saevitia. Diese und ähn-
liche Wörter braucht Seneca (in seinem Buche de dementia) als Ge-
gensatz von dementia, nie aber jenes inclementia, wiewohl incle?nens
und inclementius bei Livius vorkommen.
Indinare (se), sich hinneigcTi, und inclinatio, die Zuneigung, mit
dem Begriffe der Liebe, sind ohne alle Auctorität; mehr wird appli-
care so gebraucht. Sich zur Milde hinneigen drückt Cic. (Q. fr. I,
1, 11) durch incumbere ad lenitatem aus; dass aber auch ifich'nare ad
oder in letiitatem gesagt werden könne, möchten Seneca's Worte
(Ep. 114): inclinatio ingeniorum in quaedam vitia beweisen.
Inclitus; vgl. hiclytus.
Includere, einschliessen, einsperren; — in Ettvas, meistens iri ali-
quid, seltner ifi aliqua re, auch blos aliqua re, z. B. carcere, in car-
cerem, in carcere; Cic. (Divin. I, 36, 79) : cavernis ; Somn. Scip. 9 in
corpore; N. D. II, 24 in impias fabulas ; Verr. V, 55, 144 in praedonum
custodias. — Ei?t von Gestaden eingeschlossenes Meer heisst nicht
mare inclusnm, sondern conclusum (Caes. B. G. III, 9). — Einen Brief
einem Pakete beischliessen, beifügen heisst nicht epistolam in fasciculo
includere, wie Lipsius (Ep. IV, 63) sag(, sondern epist. in fasciculum
conjicere, adjufigere (Cic. Fam. III, 8, 10) oder addere. Etwas Anderes
ist orationem in epistolam includere (Cic. Att. I, 16, 10), eine Rede in
den Brief selbst einmischen, einschalten. Vgl. auch Cic. Q. fr. III, 1,24.
— Einen Brief dem andern beilegen heisst epistolam cum aliqua con-
jungere; so Cic. (Farn. VII, 30, 30): eam epistolam cum hac epistola
C07ijunxi. Vgl. auch Imponere. — N. L. ist wohl aliquid includere sub
aliquid, wie Muret. (Explic. Cic. Catil. I, 9 und Epist. dedic. 2) sagt:
sub quod genus includendi sunt , für in quod genus (in qno genere)
includendi oder referendi sunt. — Zu bezweifeln ist aliquid includere
finibus alicujus rei in dem bildlichen Sinne Ettras in die Grunzen oder
Schranken von Etwas eitischliesse?i , für cancellis alicujus rei circum-
scribere (Cic. Orat. 1, 12, 52) oder finibus aliquid circumdare (Cic.
Orat. I, 62, 264).
Inclytus oder inclitus, berühmt, ist ein altes, fast nur P. L. Wort,
welches jedoch Livius einigemal von sehr ber?/h?nte?i Saclie?i, nie aber
von Personen braucht; ausserdem findet es sich beim altern Plinins,
sonst fast nirgends. Es werde also weniger gebraucht und dafür clarus,
nobilis, illustris gesetzt.
Incoenare , speisen, für coenare, steht nur bei Suet. (Tib. 39), ist
aber nach den Handschr. falsche Form, was auch Ruhnken und Wolf
annehmen.
Incogitanter, unbedachtsam, ohne Ueberlegung, ist N. L. für incon-
sulte, inconsiderate, temere. Muret hat es gebraucht (Oper. T. I, p.ll8
ed. Fr.): stulte incogitanterque, wo Huhnken bemerkt: Incogitans Te-
rentius dixit: sed incogitanter aeque insolens est ac cogitanter pro
cogitate. Auch. incogitantia, die U?ibedachtsa}ukeit, wns Casaub. (Athe-
413
naeus V, 15 extr.) und Mahne (Vita Wyttenb. XVIII) brauchen, steht
nur u4. L. bei Plautus für temeritas , tT/consu/ta ratio, incuria, oder
auch inconsiderantia. — Für jenesi mcogita?is bei Terenz setze man
inconsideratiiSy temerarius.
Incognüus , vngekan7it. — N. L. ist incognilo iter facere u. dgl.,
für occultato nomine oder mit dem Adj. incognitus \\. a.
Incolere,tvohnen, betvohnen, wird theils verbunden mit dem ^ccus.y
aliquem locum,z. B. urbem, arcem, lerras, oder mit Ortspraepositionen,
wie ci.v, trans , inter, prope , proxi7ne mit dem Acc, z. ß, Rhenura u. a.,
aber nie in aliquo loco.
Incommendatiis , U7ie??ipfohlen, steht P. L. nur einmal bei Ovid für
non commendatus,
Incommodare , mit und ohne Dativ, ist nicht zu verwerfen, da es
bei Cicero sogar dreimal vorkommt (Quinct. 16. Fin. V, 19, 50. Q. fr.
I, 2, 10) , wiewohl mit Abweichung der Handschr. — Sonst findet es
sich nur bei Terenz und späten Lateinern, und werde daher lieber
vermieden durch commodis alicujus non servire , no7i considere. —
N. L. aber ist aliqueTn incomTnodare, Ei7ier7 belästigen, incomTnodiren.
Vgl. Sciopp. de stylo p. 121 und Ruhnk. z. Terent. Andr. I, 1, 135.
Inco7nmodatio, die Beschwerlichkeit, was Muret. (Oper. T. I, p. 154)
braucht, beruht auf einer verdorbenen Stelle in Cic. Att. I, 17, 7, wo
jetzt incominoditate steht. Aber selbst dieses incoTnmoditas ist, wie-
wohl es auch Livius einmal braucht, sonst nur A. und Sp. L., so dass
es lieber vermieden werde durch inco7nmodum, molestia, difßcultas u. a.
IncomTnutahilis , unveränderlich , hat jetzt ausser der Auctorität
Varro's und Späterer auch die des Cicero (Rep. II, 33).
Incomparabilis, V7ivergleichlich, ist N. KL, kommt aber höchst sel-
ten vor, jedoch bei Quintilian, der einen Lehrer (magister) incompa-
rabilis nennt. Gleichwohl brauche man es weniger, als es heutzutage
geschieht, und ersetze es durch homo divinus, 7iulli comparandus, und
bei Sachen durch singularis, summus, incredibilis.
Incompositns kommt in der Bedeut. ungeord7iet u. dgl. erst bei Li-
vius und nachher bei Quintilian vor, gleicli inconditus ; im N. L. aber
findet es sich in der Bedeut. 7iicht z?isammengeselzt, für non composi-
tus, no7i copulatus u, a. Vgl. Compo?iere.
Incomprehensibilis, (dem Verstände) unbegreiflich, findet sich noch
nicht bei Cicero, wiewohl co7iiprehe?isibilis so vorkommt, aber N'. KL
bei Celsus und Quintih"an (IX, 1, 12), und kann als kurzer Ausdruck
wohl gebraucht werden. Aber inco7nprehensus in derselben Bedeutung
hat gar keine Auctorität mehr, seitdem es bei Cic. (Acad. II, 29) in
no7i comprehensus verändert worden ist.
l7iconcin7ie, inconcin7iiter , unschicklich, und inconcinnitas, die Un-
schicklichkeit, sind Sp. L., denn auch das letzte beruht bei Sueton
(Aug. 86) auf einer falschen Lesart für das entgegengesetzte co7ici7i-
nitas, wie Ruhnken und Wolf behaupten. Man brauche non concinue,
non congrueiüer, non convenienter und als Subst. nulla concinnitas,
7iulla convenientia u. a.
Incongruus, inco7igrue, incongruenter, unpassend, unschicklich, und
i7icongruentia^ Unpasslichkeit^ sind Sp. L. und nicht zu brauchen. Vgl.
das vorhergehende. Für das Adj. incongrtius steht auch i7icongriieiis
beim Jüngern Plinius (Heusinger Eraendd. p. 411).
414
Inconsentaneus, unschicklich, ist ganz Sp. L. für non consentaneus.
hiconsiderans, imbedachtsam, unüberlegt, steht zweifelhaft in Cic.
Divin. II, 27, 59, wo die Neuern aus Handschr. iticonsiderati lesen. Es
ist sonst fast ohne Auctorität. — Sehr Sp. L. ist das Adv. inconside-
ranter für inconsiderate.
Inconsiderantia, die Unbedachtsamkeit, ist zwar bei Cic. Q. fr. III,
9, 2 nur Verrauthung des Manntius für das ganz unpassende und in
allen, auch den besten Handschr. stehende cows/r/er«?«^/«, wird aber be-
stätigt durch Sueton (Claud. 39): oblivionem et inconsideranliam, und
ist wohl eben so gut, als das zwar KL, aber selten gebrauchte indili-
genlia. Sonst sind synonym tefue/itas, inconsulta ratio, incuria. Dage-
gen ist inconsideratio zu bezweifeln.
Inconsideratus hat zwar als Partie, passiven Sinn, aber als Adject.
auch activen von Personen, die unilberlegl handeln, wie unser deut-
sches unüberlegt. So bei Cic. (Divin. II, 27, 59): leves atque inconside-
ra^^* sumus, und bei Quintil. (11,15,28): Polus juvenili calore inconside-
ratior. Vgl. Co?isideratus und Inconsultus.
Inconsolabilis, untröstlich, steht, nur P. L. bei Ovid von einer
Wunde (vulnus), die nicht zu mildern ist. Es ist zwar kurzer Ausdruck,
der aber doch lieber umschrieben werde durch quem, quam, quod
consolari non possumus, oder auf andere Art.
fncotisultus hat, wie consideraius und inconsideratus, nicht nur
passiven, sondern auch acticen Sinn, unbedachtsa7n. Da es aber in der
Bedeutung nicht befragt, nicht zu Rathe gezogen wohl ohne Auctori-
tät ist, so möchte zu bezweifeln sein, ob es richtig sei, wenn Muret.
(Oper. T. IV, p. 89 ed. Ruhnk.) sagt: inconsulto principe, ohne den
Regenten gefragt zu haben, für 7i07i cotisulto, fion ad consiliu/n adhi-
bito principe. W^ Adv. brauche man inconsulte, aber nicht ificonsulto,
welches schlechte Auctori(ät hat.
Incontentus ist in der Bedeut. unzufrieden, N. L. für 7ion con-
tentus.
lucontroversus, unbestritten, steht nur nach Lambin's Verrauthung
in Cic. Orat. I, 57, 241, wo aber Andere in controversiis lesen. Es
kommt nirgends vor, und man brauche non cojitroversus, wie denn
auch in jener Stelle wahrscheinlich J?//"/s non controversi xm sc\\re\-
ben ist.
Inconvenienter, unpassend, nicht schicklich, ist sehr Sp. L. für non
convenienter, non congruenter, non accommodate, absurde u. a.
Incorporalis, was keinen Körper hat, ?inkörperlich, steht N. Kl. bei
Seneca und Quintilian für corporis expers, sine corpore, und ist nur als
philosophisches Kunstwort zn brauchen (vgl. Corporalis); ebenso iji-
coi'poreus, waz zwar erst Sp. L. vorkommt, aber von Neuern als philo-
sophisches Wort gebraucht wird, z. B. von Perpinian. (Orat. p. 253
incorporeas mentes).
Incorporare, einverleibe?!, ist ganz Sp. L. für adjungere, innectere
u. a. — ]\'. L. aber ist incorporatio, die Einverleibung, für adjectio.,
additio, conjunctio, interpositio u. a.
Incorrectus, unverbessert, steht nur P. L. bei Ovid für non eorre-
ctus, mendosus, vitiosus u. dgl.
Incorrigibilis, unverbesserlich, ist TV. L. für insanabilis.
415
Incorruptibüis, unverderblich, unvergänglich, ist sehr Sp. L. für
tncorn/ptus, aeternus, itmnortalis u. dgl.
Iniredibilitas^ die Unglaiiblivhkeil, ist N. L. fiir nulla odei' mala
fides. In der Bedeut. Unglaube ist es Sp. L. für dubitatio, difßdentia,
scrupulus u. a.
IncreduluSy ungläubig, kommt zwar erst N. Kl. bei Quintilian und
Horaz vor, ist aber nicht zu verwerfen neben den Synonymen diffi-
dens, dubitans.
Increpare kommt in mancherlei Bedeutung^en vor. Kl. liat es im
Perf. nur increpui, nicht iiicrepavi, und im Supino increpitum, nicht
increpatum.
Incriminari, beschuldigon, vorwerfen, ist N. L. für criminari, cri-
mini dare, viiio dare, vitio vertere, objicere ; dagegen ist Sp. L. iiicri-
minatio, die Schuldlosigkeit, Unsträßichkeit, für innocentia, integrilus,
sanctitas u. a.
Incruente, ohne Blutvergiessen, ist sehr Sp. L., und incruentex
N. L. für sine sanguine, sine caede^ und mit dem Adj. incruentus.
Inculcare hat meistens den Begriff unzeitig einmischen, eindrän-
gen, mit Mühe beibringen, beizubringen suchen, und werde daher vor-
sichtig gebraucht, nicht aber geradezu für interponere, i?nmiscere,
oder wohl gar für tradere. Vgl. Cic. Off. I, 31, 111 graeca verba incul-
care ; Orat. I, 28, 127, und se inculcare alicui, sich Einem aufdrängen,
Orat. II, 5, 19. — Man sage nicht praecepta alicujus arlis inculcare,
die Regeln einer Kunst lehren, vortragen, Einem beibringen, sondern
tradere, ausser wenn der Begriff von Mühe und Anstrengung vorherr-
schen soll.
Inculpare, beschuldigen, als Schuld vorwerfen , ist N. L. wie incri-
minari, wovon oben die Rede war.
IncuHus ist mehr unbebaut, als u7ibewohnt (von Menschen), was
vacuus heisst oder mit vacare ausgedrückt wird (Caes. B. G. IV, 3) ;
auch ist es fast nur P. L. in der geistigen Bedeut. ungebildet, roh, für
rudis, humanitatis expers ( Cic. üivin. II, 38, 80, wo die Cilicier, Pisi-
dier u. Phryger so genannt werden) u. a. ; sonst wird es nur von äus-
serer Rohlieit, Ungebildetheit und Schmucklosigkeit gebraucht, gleich
horridus. Vgl. Cic. Sest. 9, 21.
Licumbere in geistiger Bedeut., sich auf Etwas lege?i, sich mit Ettvas
beschäftigen u. dgl., m. d. Dativ, alicui rei, z. B. arti-, lilteris, studiis, hello,
laudi u. a. , ist Sp. L. für in oder ad aliquam rem, z. B. in artem, in
litteras , in alicujus perniciem. Vgl. Cic. Plane. 7. Muren. 28, 59 u. viele
andere Stellen. Ja sogar in körperlichem Sinne wird es bei Cicero nur mit
in verbunden, wo Andere den Dativ brauchen. Im N. L. ist oft dagegen
gefehlt worden, z. B. von Hemsterh. (Oratt. p. 130), welcher sagt:
vos ita studiis incumbite; p. 125 suae stationi ornandae totus incubuit,
imd p. 140 non segni inertiae, sed locupletandis doctrinae suae the-
sauris incubuit; und neulich schrieb Einer: per totam vitam philologiae
incubui. — Sp. L. bei den Juristen liest man: mihi incumbit , mir liegt
ob, für meiim est; und so steht auf dem Titel einer Diss. : deobligatione,
quae nationi Germanicae incumbit. Vgl. Vorst. latin. mer. susp. p. 227.
iland's Lehrb. p. 175. Grauff z. Bunell. p.702u. Reisigs Vorles, p. 662.
Incunabula (der Sing, incunabulum findet sich nirgends), die
yViege., kommt auch in der bildlichen Bedeut. der erste Anfang, die
416
ersten Anfänge, z. B. des Lernens, vor. aber fast nur mit den mildern-
den Zusätzen velut, quasi. Ob es aber geradezu für initinm von der
2^e/if gebraucht werde, bezweifelt Friedemann, indem er bei Hemsterh.
zu dessen Worten: sub acadeniiae tnc?inabula anmerkt: Num sie de
tempore solo dici possit. vehementer dubito.
I?icujic(a?7ter, ohne Zögerung, ist Sp. L. für non (haud) cunclanter,
sine inora, nulla mora interposita.
hicurabilis, unheilbar, ist N. L. für insanabilis.
hicurius, sorglos, unbekümmert u. dgl., ist der richtige Ausdruck
für das N. Kl. incuriosus bei Piinius, Sueton u. A.
Incurrere wird, in welcher Bedeut. es sei, Kl. und später fast nur
mit in und dem Accusativ verbunden, nur selten mit dem Dativ oder
mit dem Accusativ onne in, welches letztere zu vermeiden ist. Zu be-
zweifeln ist aber incurrere in partum, in den Hafen einlaufen, für
intrare portum,capere partum (Cic. Sest. 46, 99), pervenire oder itivehi
in partum u. a. Auch Redensarten, wie: conwumes miseriae in ?nemo-
riam incurrunt sind wohl nicht zu billigen, für incurro in memariam.
cammuniuni miseriarium ( Cic. Brut. 71). — Verworfen wird von
Wolf u. A. (z. Cic. Tusc. 1, 33, 80) incurrere in oculos, aber einige
Stellen Cicero's sichern es. Vielleicht meinte Wo\£ incidere in oculos;
vgl. Incidere. AuchQuintll. (X,3, 16) sagt: pleraque in oculos incurrunt.
Incursitare , angreifen, anstossen, kommt N. Kl. nur bei Seneca
▼or, ist aber unnöthig für incursare.
Incusare aliquem., Einen gerichtlich anklagen, steht wohl nirgends
für accusare, da es nur tadeln, Forwürfe machen bedeutet. Vgl. Cic.
Senect. 5. Caes. B. G. I, 40; II, 15. Vgl." Klotz Sintenis p. 104 u. 164.
Dagegen steht accusare in beiden Bedeutungen.
Indagare, verbunden mit locum oder locas,ei7ie Stelle, Stellen auf-
spüren, finden , verwirft Wüstemann (z. Döring. Comment. p. 71) als
unedel und ungewöhnlich, was es aber wohl für den Lateiner nicht
war; daher ist es auch gewiss nicht zu verwerfen.
Indago , ein besonders von der /a^f/ gebrauchtes Subst., die Ein-
schliessung, kommt erst N. KL und sehr selten in der bildlichen Bedeut.
Erforschung vor. Erst Sp. L. sagt man: ampliorem indaginem espo-
scere , woraus im N. L. die Redensart: haec est res altioris i7idaginis,
dieser Gegenstand fordert tiffere Forschung, entstanden ist, in wel-
cher das Beiwort altior für amplior unlateinisch ist. Diese Künstelei
ist unnöthig, da derselbe Gedanke durch haec res diligentius oder
accuratius est indaganda u. a. ausgedrückt wird. Vgl. auch Hand's
Lehrb. p. 155.
hide a, voti da an, bei einer Zeitangabe, z. B. ijide a principio, ist
ohne vorgesetztes Ja/« kaum erweislich, für jam inde a princ. — Auch
bessere Neulateiner sagen fehlerhaft: eVirfe a prima pueritia, «Vzr/e a
renatis litteris, «'«rfe a primis pueritiae nostrae annis , und so vieles
Andere, indem s\c\\ jam fast immer an das temporale i/zrfe anschliesst,
sowie auch blos Jam a ohne inde gesagt wird, z. B.jam a principio, jam
a prima adolescentia ., jam ab illo tempore u. dgl. — Vgl. auch Handii
Tursellin. T. 111, p. 119, der auf Drakenb. (Liv. I, 2, 3; VI, 40, 3; IX,
29, 8) verweist. — Falsch ist es aber auch im N. //.,was wohl gar für
schöner gehalten wird, wenn inde in die Zeitbestimmung eingeschoben
oder ihr nachgesetzt wird, da es doch, wie abhinc, nur vor derselben
417
stehen darf, z. B. ab eo inde tempore, für jam inde ah eo tempore. Dar-
nach beurtheile man: a prima «wr/e pueritia, ab antiquissimis inde tem-
poribus, ab illo inde tempore, a Cnjacio inde. \gl. Klotz Sintenis p. 105
u. 152 und Reisigs Vorlesung-, p. 827. — N. L. ist inde in der Bedeut.
dessuegen ; z. B. sed sunt hi itide praestantiores (Görenz. Cic. Fin.
p. IV). Vgl. Reisigs Vorlesung, p. 468. — N. Kl. ist inde est, quod —
und N. L. inde vefiit , iit — , daher kommt es, dass — , für hinc fit,
ut — , haec causa est, quod oder cttr — . Jt. L. ist zwar inde loci, aber
nirgends findet sich inde loco, was Ernesti (in Cic. Muren. 12) für das
juristische inde ibi setzen wollte. — N. Kl. ist hinc — inde oder inde
— hinc, für hinc — Ulinc. — Ueber inde sequilur , daraus folgt, vgl.
Sequi, und über die Partikel Inde selbst vorzüglich llandii Tursellin.
T. III.
Indebitus, nicht schuldig , ungebührlich, kommt P. L. und in später
Prosa vor, für non debitus , z. B, poena indebita. Eben so Sp. L. ist
indebile für immerito, injuste.
Indecere in negativer Bedeut., ungeziemend sein, setzt gegen den
Sprachgebrauch der jüngere Plinius für 7;ow decere,dedecere, wiewohl
Quintilian und Andere ijidecens und indecenter für non decens u. dgl.
brauchen, für indecorus und indecore.
Indefatigatus steht N. Kl. bei Seneca, und indefessus , unermüdet,
N. Kl. beim Jüngern Plinius. Man vermeide sie durch non defatioatus,
und sage für Studium indefessum liel)er Studium acerrimum. Vgl. Diet-
rich's Sintenis p. 43 u. Reisig's Vorlesung, p. 206.
Indere, geben, beilegen, ist ^. L. und JY. KL, kommt aber nur bei
Tacitus u. A. vor. Doch verbindet es Livius gern mit nomen, was man
auch thun kann.
Indesinens , unaufhörlich , ist N. L. für assiduvs , conti?iens , per-
petuus, continuus; z. B. lacrimae assiduae , unaufhörliche Thränen
(Cic. Farn. IV, 7). Das Adv. indesinenter ist Sp, L. für continenter,
semper, perpetuo , sine intermissione , nullo puncto temporis intermisso
u. a., auch mit non desistere, non desinere u. d. Infin.
* Es stellt zwar auch in vielen Ausgg. des Varro (R. R. II, 9), aber Vic-
torias hat es in identidem verändert.
Indevictus, unbesiegt, ist -V. L. für invictus.
Indicare, ankündigen, ist mit einigen Accus, verbunden N. Z., z. B.
bellum, indicare, für indicere oder denunciare bellum; mortem, inimici-
tias indicare, für denunciare. — N. L. ist ferner se apud aliquem
indicare, sich bei Jemandeti anzeigen, meldeii, für nomen profiteri apud
aliquem. Bei Cic. (Arch. 11) bedeutet jom me vobis indicabo , ich will
mich euch offenbaren, meine Gedanken sagen.
Indicens, der nicht sagt, kommt zwar im Abi. absoI.,?we — indicente,
ohne mein Sagen, hei Terenz und einmal bei Livius vor, ist aber lieber
ganz zu vermeiden, für me tacente, non dicente.
Indicium, Anzeige, aber nur eine mündliche von etwas Geschehe-
nem, die als Handlung significalio heisst, nicht aber eine Anzeige oder
Verkündigung von etwas Künftigem in der Natur , welche signum,
ostentum, prodigium oder monstrum heisst.
Indictus werde in der Bedeut. nicht gesagt vermieden, da es ge-
wöhnlich bejahende Bedeut., angekündigt, hat; jenes heisst no?i dictus.
Indidem, ebendaher, wird nur bei Ländern und Oertern im AU-
27
418
gemeinen mit ex verbunden, nicht bei Städten, wo es falsch ist, 2. B.
vidiffern es Ameria, e Delphis, e Thebis u. a., für indidem Ameria \\. s. w.
ohne ex.
Indigere, bedürfen, nöthi'g haben, wird Kl. meistens mit dem Geni-
tiv, selten mit dem Ablativ verbunden.
Indigestio ist in der Bedeut. Unverdatdichkeit sehr Sp, L. für
cruditas, und in der Bedeut. Unordnung N. L. für confusio.
Indigestus ist in der Bedeut. unverdaut Sp. L. für crudus, und in
der Bedeut. ungeordnet N. Kl. beim altern Plinius und Ovid für in-
compositus.
Indigetare oder indigitare ist ein A. L. heiliges Wort in der Bed.
anrufen, für invorare , und Sp. L. in der Bedeut. erwähnen, angeben,
nennen., für commemorare , nomin ar e , indicare. Nicht gut sagt daher
Görenz (Cic. Fin. p.327) : auctoris est proverbia trita indigetare magis,
quam plene ponere. Vgl. Vorst. lat. mer. susp. p. 139.
[ndignari, unwillig sein, wird Kl. mit dem Acc. verbunden, aliquid,
über Etwas, Sp. L. de aliqua re oder alicuirei; bei folg. daasvoM quod
oder dem Acc. c. Inf. Vgl. Sciopp. Infam, p. 150 (185).
Indigmis, unioürdig, steht P. L. mit dem Genitiv statt des Ablativs,
und ebenso mit dem Infinitiv für qui oder ut.
Indigus, bedürftig, ist fast nur P. L. und kommt N. KL nur beim
altern Plinius vor, für indigens.
Indipisci, erreichen, einholen, erlangen, ist fast nur A. und P. L.
für consequi, adipisci; jedoch findet es sich bei Livius zweimal mit
navein und naves verbunden, vielleicht als Kunstwort.
Indirectus, nicht geradezu, kommt nur einmal N. Kl. bei Quintilian
mit actio verbunden vor, aber so zweifelhaft und dem Sinne wider-
streitend, dass dort mit Spalding, Zumpt u. A. für indirecta theils dem
Sinne gemäss, theils nach Handschriften inde recta (in zwei Wörtern)
zu lesen ist. Da es also ohne Auctorität wäre, so sage man 7wn directus,
non rectus , obliquus , und für indirecte oder per indirectum , auf in-
directe Weise, nicht geradezu, nicht frei nnA unverholen, — circuiiiorie
(Cic. Divin. II, 17, 40) oder per ambages, tecte, und N. Kl. oblique.
Vgl. Directus.
Indiscretus ist zwar in der Bedeut. ungetrennt , nicht abgesondert
JV. Kl. und selten für non discretus, aber nicht zu verwerfen; jedoch in
der Bedeut. unbescheiden, indiscret ist es N. L. für if}epiU8,immodestus,
inhumanus, itiurbanus,iemerarius, rtisiicus u.a. \ gl. Discretus. Ebenso
ist indiscretio N. L, in der Bedeut. Unbescheidenheit , für rusticitas,
und indiscrete, ohne Unterschied, kommt N. Kl. uur beim altern Plinius
vor, für protniscue, sine discrimine.
Indispositus , ungeordnet , steht N. Kl. nur bei Tacitus, und indis-
posite N. KL bei Seneca, für tumultuarius, confusus, incompositus, in-
ordinatj/s, und davon die Adverbien.
Indiüiduus braucht Cicero nur von untheilbaren Körpern, als üeber-
setzung der griechischen Atomen; N. Kl. bedeutet es bei Seneca U.A.
blos unzertrennlich, für inseparabilis, assiduus u. ähnl. — Was wir ein
Individuum nennen, ist meistens unum, und kein Individuum heisst
nihil unum, z. B. nihil est uni unum tarn simile, kein Individuum ist dem
andern so ähnlich.
Indivisus , ungetheilt , ist zwar selten, aber gut; jedoch kommt pro
419
indtviso in der Bedeut. ohne Unterschied , gemeinschaftlich N. Kl. nur
bei Pliuius und Seneca vor, für promiscue, sine discrimine, oder pari-
ter, aeque.
Indolenter, schmerzlos, gefühllos , ist TV. L. für nullo oder sine do-
loris sensu.
Indolentia ist bei Cicero, wie auch bei Seneca, in der Bedeut.
Schmerzlosigkeit ein philosophisches Wort; Cic. sagt dafür meistens
non dolere , doloris vacuitas. Er braucht es aber auch Tusc, III, 6, 12
in der Bedeut. Gefühllosigkeit wnd Geistesstumpfheit , für Stupor, im-
manitas, torpor. Vgl. Vavassor. Antib. p. 542, der letztere Bedeut.
läugnet.
Indolere, Schmerzen empfinden, ist N. L. für indolescere, wozu auch
das Perf. indolni gehört. Jenes braucht z. B. Majoragius ( Oratt. 13.
p. 283) : Quis in unius rauscae morsu vehementer indolet? f\xr indolescit.
hidoles ist in besserer Prosa nur im Singular üblich, wo es die
natürliche Anlage, die Eigenschaften, und vom Geiste die Fähigkeiten
und Talente bedeutet, die einer Entwickelnng fähig sind. — N. L. ist
es daher in der Bedeut. Eigenschaft, Beschaffenheit, die eine Sache
hat, z. B. indoles carminis, editionis alicujus, orationis u. dgl., wie man
es heutzutage häufig braucht. Gleich gut sind aber indoles virtutis und
ad virtutem (beide bei Cicero).
Indomabilis , unbezähmbar , kommt A. L. nur bei Plautus vor, für
indomitus, effrenatus.
Indonatus , unbeschenkt , ist Sp. L. für nullo munere affectua, inho-
noratus u. a.
Indubitanter, unbedenklich, ist Sp. L. für non duhitanter, fidenter,
sine ulla dubitatione, non dubitans (Cic. Fin. V, 9, 26. Farn. V, 16 u. a.).
Indubitate, unbezweifelt u. dgl., beruht fast nur auf Livius XXXIII,
40, wo aber nach den Handschr. anders zu lesen ist. Vgl. Kreyssig zu
der Stelle; auch Ruhnken Vellej.II, 60 und dessen Praef.lexici Schel-
ler. — Man brauche sine dubio, certe, non dubitaider. Dagegen findet
sich indubitatus, unbezweifelt, wiewohl N. KL, bei Quintilian u. A., und
ist nicht zu verwerfen. Vgl. Hand's Lehrb. p. 142.
Indubius, unzweifelhaft, kommt N. Kl. nur bei Tacitus vor; es
werde vermieden durch tion (haud) dubius, certus, esploratus.
Inducere kann nicht überall für unser deutsches einführen ge-
braucht werden. Man sage z. B. nicht regnum inducere, Königsherr-
schaft einführen , für instituere ; esercitationem induc, eine Uebung
einführen, ebenfalls für instituere (Cic. Fin. V, 4, 10) ; artes induc,
Künste einführen, für importare (Cic. Rep. II, 15); dolorem induc,
Schmerz verursachen , tut facere, afferre , commovere u. a. (vgl. Kraft
ÄU Muret. V. L. XIII, 12) ; merces induc, JVaaren einführen, für in-
vehere, importare , inferre ; und so auch nicht i7iductio mercium, Ein-
führung von Waaren , für invectio. — In der Redensart inducere (in)
animum, sich vornehmen, fest entschliessen , vorsetzen, ist der Zusatz
meum, tuum — in guter Prosa selten, jedoch mehr üblich bei in ani-
mum , als bei animum. Cicero soll nach R. Klotz mehr animum indu-
cere, Livius aber mehr in animum ind. gesagt haben. Uebrigens folgt
darauf entweder der Infinitiv oder ut von dem, wozu man sich ent-
schliesst. Vgl. Cic. Cluent. 15, 45. Att. III, 9, 2. Tusc. V, 10. Divin. I,
27*
420
13; II, 28, 46. Oudend. Suet. p. 471. Drakeiib. Liv.1, 17, 4 und Hand's
Lehrl). p. 273.
Induclae oder indutiae in der Bedeut. Stillstand werde nicht falsch
gebraucht, da es nur auf Krieg und Streit Bezug hat; sonst braucht
man nur institio.
Indultus als Partie, gewährt, zugestanden, ist Sp. L. für conccssns ;
— ebenso als Subst.,<//e Bewilligung, für concessio, facultas alicujus rei.
Industria. Gut und Kl. ist de industria, mit Fleiss, vorsätzlich (Cic.
Orat. III, 11, 42. Fin. IV, 1, 2. Inv. I, 53, 102 consulto et de industria
factum est) ; seit Livius auch ex industria, wofür j4. L. oh industriam
und N. Kl. vom altern Plinius blos industria gesagt wird.
Lidustriosfis , thätig ^ emsig , kommt nur N. Kl. bei Seneca vor,
sonst nicht; man wähle dafür industrius , gnavus , sedulus u. a. Vgl.
u4ctivus. Ebenso sagt man nicht industriose, sondern Industrie, gnaviter,
sedulo u. a.
Inebriare , trunken rnachen u. dgl. , kommt N. Kl. nur beim altern
Plinius vor, für ebriumfacere, vino ohruere, und für inebriatus — bene
potus, ehrius, vino gravatus u. a.
Ineffabilis, unaussprechlich , kommt N. Kl. nur beim altern Plinius
vor, wahrscheinlich aus alten Dichtern genommen , für /wewarrß6///s,
quem ( quod) nemo verbis complecti polest u. a. ; auch in der Bedeut.
erschrecklich, für infandus.
Inefficax, umvirksam, kraftlos, steht N. Kl. nur bei Seneca und dem
altern Plinius für non efficax, effectu carens, vim efßciendi non habens.
Inelegantia, die Geschmacklosigkeit , kommt Sp. L. nur bei dem
Juristen Cajus vor (Inst. I, 84) , und ist zu verwerfen, wiewohl Cicero
(Brut. 81) non inelegans sagt, für instilsitas (Cic. Brut. 82), milla
elegantia, Judicium corruptum u. a. Unbedenklich braucht es Longol.
(Ep. I, 28) : multo minus inelegantiam.
Ineloquens, unberedt, ist Sp. L. für indisertus, infacundus.
Ineluctabilis , unvermeidlich , unaus?veichlich, kommt erst IV. KL,
dem Virgil nachgeahmt, der es vom Schicksal braucht, bei Vellejus
und Seneca vor , für quod evitari non polest oder quod nemo effugere
polest u. a. Vgl. Ruhnk. Vellej. II, 51.
Inemori alicui rei, bei Etwas sterben, findet sich nur bei Horaz und
ist ihm vielleicht eigenthümlich ; doch ist es nicht anwendbar für mori
in aliqua re.
Inenarrabilis , unaussprechlich , \&i nicht zu verwerfen , denn es
steht bei Livius, Quintilian u. A. ,aber das Adv. inenarrabiliter bei
Livius (XLI, 15) beruht auf einer falschen Lesart. Vgl. die Ausleger
und Ineffabilis.
Inermis und inermus , unbewaffttet , scheinen beide gleich gut Ä7.
Formen zu sein, indem beide an einzelnen Stellen durch die Handschr.
gesichert stehen. Man wähle für die Form der Rede jedesmal die
passendste. Vgl. auch Orelli Cic. Fam. XI, 12. Victor, zu X, 34 und
Reisigs Vorles. p. 158 mit der Anmerk. Aber von dem Femin. inerma
findet sich keine Spur.
Inesse mit dem Dativ, alicui rei, in Einem, in Etwas sein, sagt
zwar Sallust, aber sonst steht es vielleicht nur N. KL, wie beim altern
Plinius u. A. — KL sagte man wohl durchaus nur inesse in aliquo , in
aliqua re, indem auch bei Cic. (N. D. I, 43) im inesse um'versitati nach
421
den meisten Handschr. inesse in unhersitate zu lesen ist, was auch die
Kritiker vorziehen. Man sage nicht, wie Mahne (Crito p. 245): cid
(hoinini) raulti Phalarides inerant, für m quo. Vgl. Klotz Siiitenis
p. 150 und zu Cic. Tusc. I, 19, 44, wo Wolf für inest mentibus richtig
in mentibus aufgenommen hat. — Nicht anwendbar ist aber wohl das
Verbum in der Redensart: in hoc verbo inest notio, in diesem Verbo
lieget der Begriff, für huic verbo subjecia est notio, oder, wie Cic.
(Fin. II, 15, 48) sagt: sub hac voce honestatis haec est snbjicienda
sententia.
Inexcusabilis, unverantwortlich, nicht zu entschtildige?i , findet sich
nur P. L. und in später Prosa für qui nihil habet escusationis oder non
ej:cusa?idus.
Ineshauribilis, unerschöpflich, ist N. L. für inexhaustus. Aber auch
dieses kommt nur bei Virgil und in Cic. Fin. III, 2, 7 vor, wird aber
von Madvig in dieser Stelle für ein unpassendes Beiwort der aviditas
legendi erklärt und verworfen. Man brauche qui eshauriri non potest
oder inexplebilis.
Inexperientia , die Unerfahrenheit , ist sehr Sp. L. für inscitia, in-
scientia. Vgl. Imperitia.
Inexspeclato, als Adverb., unerwartet, ist A^. L. für praeter exspec-
tationem, subito oder mit inexspectatus, de improviso u. a.
Inexstinctus und inexstinguibilis, unauslöschlich ; jenes ist nur P. L,,
dieses Sp. L. für inexplebilis, inexhaustus ; bei odium, Hass, setze man
lieber acerbissimum, acerrimum, infinitum, implacabile, inexpiabile.
Inextricabilis , unauflöslich, steht theils P. L., theils N. Kl. beim
altern Plinius und später für i?wxplicabilis, inenodabilis.
Infacundia, die Unberedtsamkeit,kommt Sp. L. nur bei Gellius vor,
für infantia.
Infallibilis, untrüglich y der sich nicht irren kann, ist N. L. für qui
fallt, errare ?ion potest.
Infandus ist, in welcher Bedeut. es sei, fast nur P. L.; bei Cicero
kommt es vielleicht nur einmal vor (Sest. 6^ corpus inf.), und bei Livius
epulae i/ifandae , für nefandus. Früher stand' auch in Cic. Orat. II,
79,322 res infanda, wo jetzt nach den besten Handschr. we/ow^a steht.
Infans kommt in der Bedeut. Kind nur von einem solchen vor,
welches noch nicht sprechen kann, ein Meines Kind, bisweilen sogar
infans puer ; es ist also verschieden von puer, und im Plur. verschieden
von pueri und liberi, die Kinder.
lnfatigahilis,unermüdlich,VomvaiN. Ä7.,aber nur bei Seiieca, dem
altern Plinius und N hier. M^a\\n\VL% \ or ^ iuv qui defetigari non potest,
a labore invictiis u. a.
Infavorabitis, tingünstig, unlöblich, ist Sp. L. für improbabilis.
Infecundus, unfruchtbar, kommt selten vor, zwar bei Sallust, aber
sonst nur P. L. und N. Kl. bei Columella und dem altern Plinius, für
sterilis, nonfecundus, no?i fertilis u. a.
Infelicitare, unglücklich machen, ist nur ^. L. fürinfelicem reddere,
per der e u. a.
Inf ensus, feindselig ; die Superlativform fehlt.
hiferi, wobei die Alten nicht loci, sondern homines,a]ao die manes,
die Verstorbeneii denken, kann mit Unterwelt übersetzt, muss aber
dann doch vorsichtig gei>raucht werden, da es nicht Ortsbezeichnung
432
ist. Daher heisst in der Unterwelt, apud inferos, nicht in ififeris ; aus
der Unterwelt, ab inferis , nicht ex inf.; in die Unterw., ad inferos,
nicht i7i inf.; Todte aus der Unterw. her aufrufen, nicht excitare mor-
tuos ex inf., sondern ab inferis; aus der Unterw. hervorkommen, ab
inferis exsistere, nicht ex inf. — Was wir die Hölle nennen, nennt Cic.
(Chient. 61, 171) sceleratorum sedes atque regio, \xnA die Strafen der
Hülle, impiorum supplicia.
Inferius, weiter unten, z. B. narrare, dicere, ist fast TV. L. für infra,
worin der Begriff des Comparafivs schon liegt, weil quam, als, und
Wörter wie paulo, multo hinzutreten können. Jenes inferius findet sich
oft im iV. Jj. Vgl. Superius und Heusing. Emendd. p. 485.
Inferior itas, der lait er geordnete, niedere Staud,'i%i (wie super ioritas)
N. L. für inferior ordo, Status, conditio u. a.
Infernalis , unterirdisch , ist Sp. L. bei Dichtern für inferus, infer-
nus ; man sagt also nicht dii infernales, die unterirdischen Gölter, son-
dern da inferni, inferi oder inferorum. — Infernum, die Unterwelt,
die Hölle, ist ohne Auctorität, wiewohl inferna im Plur. bei Tacitus
so vorkommt. Vgl. Inferi.
Inferre. Gleich gut und Kl. ist alicui und in aliquem aliquid inferre,
Eifiejn Etwas zutragen, einbringe?! , oder wie es sonst übersetzt wer-
den kann, z. B. bellum inferre Italiae und in Italiam, Italien bekriegen.
Infest are,fei?idlich behandeln, kommt N. Kl. und bei weniger guten
Schriftstellern vor, für aliquid iftfeslutn reddere, facere, habere (Cic,
Tüll. 19).
Inßcetiae (infacctiae), Possen, Plattheiten, kommt nur einmal bei
Catull vor, für nugae,ineptiae u. a., wiewohl Cicero inßcetus(inface1u8)
braucht. Jenes inßcetiae braucht auch Wyttenbach (Opusc. p. 323)
unbedenklich: sordes et inßcetiae.
Inßdeliter, ujiredlich, treulos, ist sehr Sp. L. , wiewohl es auch in
den verdächtigen Briefen Cicero's ad Brut, vorkommt, für malaßde.
Inßeri , anfangen , ist nur in der dritten Person üblich, und
wird nur von Personen gebraucht, inßt , er fängt an,z. B. loqui, nie
von Sachen, z. B. epistola, oratio inßt u. a., für incipit ; übrigens ist es
meist j4. L., und kommt einigemal bei Livius vor.
hißmus. Man unterscheidet ab inßmo und ab imo, von unten, unten;
jenes gebraucht man bei einer Anhöhe (Caes, B. G. VII, 19), dieses
bei Beschreibung eines ausgedehnten Körpers (Caes. B. G. IV, 17
tigna pauUum ab i?no praeacuta).
Inßnitus wird nur von dem gesagt, was in Raum und Zeit kein Ende
hat, end- und gränzenlos ist, aber nicht was unzählbar, unendlich viel ist,
wiewohl eine inßnita multitudo natürlich ist, z. B. librorum (Cic. Tusc.
II, 2, 6). Noch weniger wird es von Personen gebraucht, wie z. B.
Mahne (Crito p. 311) falsch sagt: veluti Corneliis, Raciniis, Bollaviis
et infinitis aliis, für innumerubilibus, permultis. Richtig ist zwar inßnita
mala (Cic. Q. fr. I, 3, 22) , aber Xerxes hatte nicht infinit as , sondern
innumerabiles copias. So findet sich im N. L. oft inßnita loca oder
inßniti loci von Stellen aus Schriftstellern, für innumerabiles loci;
inßniti errores , für innumerabiles , und viele ähnliche Fehler. Auch
das Adv. inßnite, tinendlich , wird oft falsch gebraucht, z. B. inßnite
major, unendlich grösser , für omnibus partibus major (Cic. Fin. II, 33,
108), inßnite gaudere, laetari u. a., für ifisolenti voluptate efferriu. dgl.;
423
ferner in der Bedeut. unbestimmt, dunkel, wie wenn Göreiiz sagt:
saepius sie infinite loquitur Cicero, für obscure, non satis diserte u. a.
Inflrmitas ist in der Bedeut. Kränklichkeit , ohne den Zusatz cor-
poris oder valetudinis, ohne Auctorität. Vgl. Schori phras. p. 805 und
Weber's Uebungssch. p. 63.
Infitias ire, läugnen, ist A. L., kommt bei Cicero u. Caesar nie vor,
aber seit Livius auch bei den Foigenden, für infitiari; es war vielleicht
gemeine Redensart. Vgl. Heuraanni Poecile T. III, p. 320.
Inflammare ^ anzünden; — Etwas an Etwas, aliquid ex aliqua re
(Gic. Verr. IV, 48).
Influere,ein- oder AmezV/^/essew, wird Ä"/. verbunden mit ad oder in
und dem Accusativ; P. u. Sp. L. mit dem Dativ. — N. L. ist influere
in aliquern in der Bedeut. auf Jema?iden Einßtiss haben, für vim habere,
movere, pertinere, affici ab aliqua re , oder wie es der Zusammenhang
fordert; z. B. ein Wort hat auf das andere Eivfluss, alterum ab altera
afficitur. Bei Cic. (Off. II, 9, 31) bedeutet ad universorum animos tan-
quam influere possumus , wir könne?i Eingang in die Herzen Aller
finden, wo das mildernde tanquam zu merken ist, welches er an andern
Stellen weglässt, wenn er von Sachen spricht, z. ß. Orat. III, 24, 91
oratio quam maxime in sensiis eorum qui audiunt influat, die Rede er-
greife so sehr als möglich die Empfindungen und Gefühle der Zuhörer.
* Sclieller sagt im Lex., influere werde aucl» oline in mit dem blossen Aco.
verbunden, wofür er aus Caesar (B. G. I, 8) inßuit lacum anführt; aber dort steht:
qui (lacus) in Humen Rhodanum influit.
Influentia, influxio, influxics, der Einfiuss ; das erste ist N. L., die
beiden andern sind «S;;. i.undniezu brauchen. Wegen des vielfachen Sin-
nes des deutschen Wortes vgl. deutsch-lat. Leiica. — Das Einfliessen,
Einströmen des Wassers heisst illapsus oder man gibt es durch das
Verbum influere. — Einfluss des Mondes, der Sterne — auf irdische
Dinge heisst nach Cic. (Divin. II, 46, 97) tactus lunae, wo man früher
tractus las. Einfluss des Himmels heisst auch vis coelestis ad aliquid.
Einfluss auf Beurtheilung ist auctoritas ; sonst gebraucht man auch
oft vis u. a. Zu verwundern ist, dass Sadolet, einer der besten Neu-
lateiner, sagt: instinctu influxuque divino (Ep. XIII, 2). Vgl. Vorst.
lat. raer. susp. p. 109.
Infodere^ eingraben, wird nie Ton Metallen gebraucht, z. B. in «es,
in aurum u. dgl., sondern dafür incidere.
Infoederatus, nicht verbunden^ ist sehr Sp. L. für non foederatus.
Vgl. Foederare.
Informare kommt fast nur in physischem Sinne vor, bilden, abbil-
den, entwerfen, gleich /oz-mare; aber in geistigem Sinne, bilden, beleh-
ren, unterrichten, sehr selten und bei Cicero nur mit dem Zusätze ad
humanitatem, ohne welchen es nicht unser informiren bedeuten kann;
dafür sagt man erudire, instituere. — Geistige Bildung ist daher nicht
informatio, sondern eruditio, und für das Sp. L. Informator sage man
praeceptor, magister, doctor. Vgl. Heusinger. Emend. p. 411 und
Formare.
Infortunitas, das Unglück, ist Sp. L. und vielleicht zw eifelhaft für
infelicitas, res adversae, fortuna adver sa u. a. m. Ebenso vermeide
man infortunium als ein A. L. Wort, welclies jedoch Livius einmal
sehr passend einem Römer der ersten Zeit in den Mund legt. Ohne
424
alle Aiictorität aber ist der Plur. inforUmia, welchen Schütz (z.
Aeschyl. Ag^am. p. 128) braucht. Vgl. auch Heusing. Emend. p. 41 J.
/w//a, verbunden mit scribere, ist nicht unser unterschreiben, unter-
zeich?ien, was stibscribere heisst, und so auch subscriptio, die Unter-
zeichnung, Unterschrift, und subscriplor, der Unterzeichner. Jenes be-
deutet nur weiter unten, nachher von Etwas schreiben, als Gegensatz
von supra. Auch ist infra richtig für unser unter, wenn Einer oder
Etwas an Grösse, Würde, Eigenschaft oder in der Zeit einem Andern
nachsteht, später als ein Anderer ist oder lebt. Jedoch wird unter Je-
manden stehen (an Rang u. dgl.) mehr coraparativ gedacht, tiefer als
Jemand sein, daher inferiorem esse aliquo. Vgl. Cic. Brut. 35, 134.
Infractus hat doppelte Bedeutung: geschivächt und ungeschwächt,
aber die Bessern brauchen es nur in der Bedeut. geschwächt., entkräf-
tet, niedergebeugt, als Partie, von infringo; erst Sp. L. bedeutet es
ungeschwächt, ungebeugt. Vgl. Vorst. lat. mer. susp. p. 40. Moshem.
Praef. üb. Folietae de usu — p. 17 und Hand's Lehrb. p. 259.
Infrenatus ist in der passiven Bedeut. ungezi/gett, ungezähmt Sp. L.
für effre?iaius, indomitus.
Infrequentatus, nicht sehr gebräuchlich, ist sehr Sp. L. für infre-
quens, non frequenlatus.
Infrequenler, nicht häußg, selten, ist ohne Auctorität: gleichwohl
findet es sich im N. L. nicht selten, wie bei Heyne (Opusc. IV,
p. 362): locus infreqnenter habitatus, für locus aedißciis infrequens, lo-
cus no?i celeber, desertus u. a.
Infrigidare, abkühlen, erfrischen, ist Sp. L. für refrigerare.
Infucatus hat doppelte Bedeutung: geschminkt und ?in geschminkt ;
im bessern Latein, wie bei Cicero, bedeutet es geschmiiikt, geschmückt,
übertüncht ; Sp. L. ungeschminkt, gleich non fucatus. Vgl. Hand's
Lehrb. p. 155 u. 260.
Infundatus, ungegründet, ist N. L. für nonfundatus, nullo funda-
nie?ito nixus.
Infundere, eingiessen, verbreiten u. dgl. ; — in Etivas, in aliquid,
mehr N. Kl. alicui rei.
Ingeminnre, verdoppeln, wiederholen, ist nur P. L. für iterare, du-
plicare, repetere.
Ingenitus ; vgl. Ingignere.
Ingenium ist zunächst und vorzüglich die natürliche Beschaffen-
heit von Menschen, N. Kl. (durch Dichter) von Thieren und leblosen
Dinge?}, was mehr durch natura oder proprietas ausgedrückt wird.
Man sage z. B. nicht ingenium linguae, orationis, sermonis, für natura,
proprietas ; nicht ingenium saeculi, der Zeilgeist (vgl. Genius) u. a. — •
Viel Genie, viel Kopf \\Qhsi nicht muUum ingenium, sondern magnum
ingenium oder multum ingenii; von Menschen : er ist ein grosses Ge-
nie, ein guter Kopf, nicht ille magnum est ingenium, sondern magnum
ejus est ingenium ; er ist kein Genie, wie du heisst Tion täte ejus est
ingenium, quäle tuum. So sagt Cic. (Farn. VI, 6, 8): mirißce ingeniis
excellentibus, quäle est tuum, delectatrir, was wir persönlich ül)ersez-
zen können : ausgezeichnete Genies, wie du, erfreuen ihn sehr. Ferner
übersetze man grosse Genies lieber durch magnis ingeniis praediti
(Cic. Fin. IV, 4, 10), oder homines excellentes ingeniis (Cic. Orat. I,
23, 106), als durch magna ingenia. — - Uebrigens kann besonders der
425
Plur. ingenia persönlich gebraucht werden, wo mit dem Beg rifle Geist
zugleich die Person zu denken ist, wie bei Cic. (Off. I, 22) : id in raa-
gnis animis ingenifsque pierumque contingit, das ereignet sich meistens
bei grossherzigen und geistvollen Männern; Sali. (Cat. 8): ibi prove-
nere scriptorum magna ingenia, grosse geistvolle Schrift sl "lle r ; Liv.
(II, 43, 10): adeo excellentibus i?fßeniis citius defuerit ars; Sueton.
(Aug. 89): ingenia saeculi sui omnibus modis fovit u. a.
Ingenuns,frei, als Subst. für hämo ingetiuus ist nicht zu tadeln.
Vgl. Th. 1, §. 83.
Ingens, gross. Der Comp, ingentior ist P. L., der Snperl. ingentis-
simvs sehr Sp. L., und doch gebraucht ihn Turnebus (zu Cic. Scaur.
p. 213 ed. Beier).
Ingerere, eintragen, einwerfen u. dgl., wird verbünd, in aliquem
oder alicni.
Ingignere, ei?ipßanzen.Ks kommen davon nur die Formen ingenuit
und das Partie, ingenitus vor, vielleicht aber nur einmal bei Cic. (Fin.
V, 23, Q'o) nach den besten Handschr. für das in den alten Ausgaben
stehende innatus ; aber seit Livins ist es bei den Folgenden üblich ne-
ben ingeneratuSy insiltis, innatus. Im N. L. wird oft dagegen gefehlt.
Die fehlenden Formen bilde man von ingenerare.
Ingloriosus, unrühndich, ist N. L., z. B. bei König (de Pausaniae
fide p. 51), für inglorins.
Ingratiis, trider Willen, unger?i, ist ^. L.,finöet sich jedoch einige-
mal auch bei Cicero; doch muss nach Zumpt (zu Verr. IV, 9) ingra-
iis geschrieben werden. Sonst gebrauche va^n invitus, non libens u. a.
higratitudo^ die Undankbarkeit, ist sehr Sp. L. für animus ingra-
tus, wofür Cicero (Att. IX, 6) auch ayaoinri«. brauchte, was in einem
Briefe, zumal an Atticus, zulässig war. Vgl. Gratitudo und Grauff z.
Bunell. Ep. p. 663.
Ingravare, beschweren, belasten, ist nur P. L. und kommt N. Kl.
beim altern Plinius u. Spätem vor, für gravare ; ebenso sagt man für
ingravatus besser gravatus.
Ingredi, eingehen (örtlich), wird verbunden theils mit in oder in-
tra aliquem locum, theils, in d. Bedent. betreten, blos aliquem locum,
aliquid, z. B. in urbem; pontem. — Etwas beschlossen haben zu thun,
meistens ad aliquid, z. B. ad dicendum (Cic. Orat. I, 21, 94). — Sich
einlassen i?i Etwas, meistens in aliquid, z. B. in disputationein (Cic.
Rep. I, 24) ; aber Ettvas anfangen, aliquid, z. B. disputationem (Cic.
Caec. 28, 79, wo Einige noch in zusetzen wollen); Etwas antreten, ali~
quid, z. B. consulatum. — Verworfen wird ingredi societatem, eine
Verbindu7ig eingehen, für inire oder coire societatem.
Tnhabitare, wohnen., kommt N. Kl. nur beim altern Plinius und
Spätem vor, für habitare, incolere, ausser dass der jüngere Plinius in-
habitantes, die Bewohner, für incolae sagt, wofür Sp. L. inhabitator
vorkommt. — Kl. ist iiihabitabilis, unbewohnbar.
Inhaerere., hängen an Eticas, theils alicni rei, theils in aliqua re,
auch ad aliquam rem.
Inhiare ist in der Bedent. nach Etwas trachten, streben nur P. L.
für captare, appetere, sitire.
Inhonestare, entehren , kommt nur bei Ovid vor, und Sp. //.auch
426
inhonorare, für dehonestare, dedecorare, infamare u. a. Gut aber ist
das Adj. inhonoratus, nicht geehrt, gleich non honoratus.
Inhorrescere aliquid, schauern, erschrecken vor Etwas, ist yi. L.
und in Prosa selten, wiewohl bei Cic. (Rep. IV, 6) steht: horura se-
vertfalem dicitur tnhorruisse civitas. Als selten ist es nicht nachzu-
ahmen.
InhospUaliier, ungastlich, ist sehr Sp. L. für non hospitaliter.
Inhumare, in die Erde scharren, kommt N. Kl, nur beim altern
Pliniiis vor, für infodere in terram; Kl. aber ist das Adj. inhumatus,
unbegrahen, nicht beerdigt.
Tnibi, ein altes Ortsadverbium, da, dort, gerade da, ist selten, wie-
wohl es bei Cicero einigemal vorkommt; nirgends aber findet sich in-
ibi esse, ut — , daran sein, bevorstehen, dass Et ums geschehe, wie es
Muret braucht (Oper. T. I, p. 111 ed. Frotsch.): cum inibi esset^ ut
(orationes) ederetJtur, und (Expl. Cic. Catil, IV, 2): cum jam inibi es-
sent, ut urbem caperent, wofür sonst gesagt wird cum jam in eo esset,
ut — . Vgl. unter Esse.
Inidoneus, ungeschickt, kommt N. L. oft bei Erasmus vor, viel-
leicht von ihm gebildet, für non idoneus.
hijicere, hineinwerfen ; — in Etums meistens in aliquam rem, selt-
ner alicui; aber in mehr bildlicher Bedeut. meist alicui. — Metitionem
injicere, Erwähnung thun, steht vielleicht nur P. L. bei Horaz, für
facere oder inferre.
Inimicare, feindselig behandeln, befeinden, ist P. L. für vexare, in-
festuin aliquem habere, hostililer aliquem tractare, premere u. a.
* Früher stand inimicatvr bei Cic. (Att. III, 19, 4), aber Orelli liest nach den
Handsclir. inimicus est.
Inimicitia kommt nur in der philosophischen Sprache im Sing, vor,
in der Bedeutung Fei?idschaft, feindselige Gesinnung., als ein Fehler
der Seele im Allgemeinen (Cic. Tusc. IV, 7, 16 u. 9, 21); dagegen
steht meistens der Plur. inimicitiae in der Bedeutung die Feind-
schaft Ziveier oder Mehrerer gegen einander. Daher sagt man inimici-
tias exercere, gerere cum aliquo, suscipere cum aliq., habere, deponere
u. a.; inimicitiae mihi sunt, intercedunt u. a., nicht im Sing, ininu'citiam,
inimicitia. Vgl. Reisig's Vorles. p.l33. — Man sage aber nicht: aper ta
inter eos inimicitia exercetur.
Inimicus. Davon findet sich B. L. ein Comp., inimicilior, für in-
imicior.
Inimitabilis, unnachahmlich, kommt zwar erst N. Kl. bei Qnintilian
u. A. vor, ist aber als kurzer Ausdruck brauchbar für die Umschrei-
bung quem (quam, quod) imitari non possumus.
Inire, hineingehen ; — in Etwas mit in und d. Acc, oder mit dem
blossen Acc. ohne in, z. B. urbem, in urbem; in der bildlichen Bedeu-
tung anfangen, antreten wird es nur m. d. Acc. verbunden. Bei inire
gratiam, sich beliebt ?nacken, steht bei Cicero und Caesar ab aliquo,
bei Jemanden, bei Livius auch apud (XXXVI, 5) und ad aliquem
(XXXIII, 46), N. L. cum aliquo, was früher auch bei Cic. (Fam. VII,
9, 3) stand, wo aber jetzt a steht. — Verworfen werden: inije condi-
tionem, eine Bedingung eingehen, für accipere cond., und inire haere-
ditatem, eine Erbschaft antreten, für adire oder cernere haered. —
Was iniens aetas heisse, darüber vgl. unter Aetas.
427
Initiare ist in der Bedeut. anfangen Sp. L. für initium eapere, in-
cipere ; in der Bedeut. weihen, einweihen wird es Ä7. nur von gehei-
mem Gottesdienste gebraucht; erst Quintilian und der jüngere Plinins
übertragen es auf die Wissenschaften, lilteris, studiis, jener aber vor-
sichtig: sacris iisdem studiis. Es werde daher nur mit solchen Zu-
sätzen angewandt, aber nicht geradezu, wie man im N. L. findet : ali-
quem praecepU's i?iitiare, Einen belehren, für aliqnem. erudire, docere ;
und für aliquem lilteris initiare sage man lieber einfach aliq. lilteris
imbuere.
Initium, Anfang. Man verwechsele nicht initio, Anfangs, dem
nachher entgegengesetzt, mit i?i initio, im Anfange, z. B. der Rede,
des Buches, wo der wirkliche Anfang oder Eingang gemeint ist, wäh-
rend z. B. ifiitio orationis bedeutet beim Anfange der Rede, als er die
Rede anfing, wo i7i initio falsch wäre. Vgl. Ellendt z. Cic. Orat. I,
2ö, 121. — Man sagt wohl rem ab initio exponere (Cic. Rose. Am. 5),
aber nicht leicht mit repelere, wobei dafür a/te, allius, a copiie, ab
ultimo u. a. gebraucht werden. — üeber ab initio mundi \^L Mundus.
— Den Anfang mit Etwas machen heisst nicht cum aliqua re initium
facere, sumere, ducere u. dgl., sondern ab aliqua re, und bei ducere
auch ex aliqua re.
Injuriari, Unrecht zufügen, kommt N. Kl. nur bei Seneca vor,
sonst ist es Sp. L. für injuria aliquem afficere, injuriam alicui inferre.
Injarius, ungerecht, ist fast nur A. L. für injuriosus ; es kommt
nur einmal bei Cicero vor, sonst nicht.
Injussus, unbefohlen, ungeheissen, steht nur N. Kl. bei Seneca,
sonst ist es P. L. für non jussus. — N. L. aber ist es in activer Be-
deutung, ohne meinen Befehl, wie Jos. Scaliger sagte ; me injusso qui-
dam versus ciaustra refregerunt, für meo injussu, me non jubente.
Innaturalis, unnatürlich, ist N. L. für q7ii — est contra noturam,
7wn naturalis, non innatus, portentosus, auch arcessiius,immanis, oder
wie es der Sinn verlangt.
Intiatus, angeboren ; — Einem, alicui und in aliquo. Vgl. Cic. Fin.
II, 3], 99; V, 8, 48. Tusc. III, 1, 2. Caes. B. C. III, 92.
Innecessarius, nicht nothwendig, ist iV^. L. für non necessarius.
Innocuus, unschädlich, ist fast nur P. L. und steht beim altern
Plinius für innocens, nihil nocens, innoxius, insons.
Innominatus, ungenannt, steht N. L. bei Casaub. (Athen, p. 144),
auch einigemal bei Bergmann (Ruhnk. Opusc.) u. A., für non noynina^
tus, sine nomine.
Innotescere, bekannt werden, kommt N. Kl. bei Sueton u. A. vor,
aber selten ; besser ist enotescere.
Innovatio, die Erneuerung, ist sehr Sp. L. für instauratio, renova-
tio. Heyne braucht es (Praef. Virg. T. I, p. IX). Auch innovare, wel-
ches ausser einmal bei Cicero nur Sp. L. vorkommt, werde vermieden
durch renovare, instaurare u'. a.
Innnere ist A. L. und kommt nur in der Bedeut. zuwinken vor, in
Prosa möchte es sich kaum irgendwo finden; dagegen kommt es N. L.
in der Bedeut. meinen, andeuten, auf Etwas anspielen, verstehen vor,
für significare, censere u. a. So sagt Muret. (Var. lect. V, 18): hoc mu-
rem innuit, das bedeutet die Maus, wo Ruhnken bemerkt: Innuo pro
significo barbarum est, — und so noch einigemal, z. B. Görenz (Cic.
428
Leg. p. 10) : hoc loco certi quidam itinuuntnr. Vgl. Hand's Lehrb.
p. 155.
Innumerus, un%ähUg,\%t fast nur P. Z. und kommt nur beim altern
Pliniiis vor ; gleichwohl findet man es oft im i\^. Z., sogar her Perpi-
nian. (Oratt. p. 75) und andern Bessern, für innumerahilis. Vgl. Rei-
sig's Vorles. p. 300.
* Aus Ciceio's Schriften ist es jetzt überall verdrängt, z. B. Orat. II, 22
inmimen principcs, wo \ ictorius aus Nonius meri princ. liest, was Ellendt in dea
Text aufg:enomniea hat, und pro Marc. 9, 28 steht für innumera jetzt munera. —
Andere nehmen es in Scliutz.
Ijimipia (von einem Mädchen), unverheirathet, ist nur P. L. für
vt'rgo, z. B. virgo filia, die U7werheirathete Tochter (Cic. Rep. 11, 37).
hiobaudire oder iriobedire, nicht gehorchen, ist sehr Sp.L.; ebenso
auch inobediens und inobedientia, ungehorsam^ der Ungehorsam, für
no7i obedienSy dicto non audiens, cotitumaj:; cotitumacia, dedignatio pa-
rendi (Plin. Paneg. 18) u. a.
hiobscurare, verdunkeln, beruht nur auf Cic. Phil. IX, 5, wo viele
Ausgg. inobscnrabit haben, die besten Handschr. aber obscurabit, was
Orelli mit Andern aufgenommen hat.
hiobservaiitia, die Nichtbeachtung, kommt nur einmal A^. Kl. bei
Sueton. (Aug. 76) vor, wo aber einige Handschr. observa?itia liaben,
was Oudendorp vorzieht, dem aber Wolf nicht beistimmt. Als seltnes
und unsicheres Wort werde es vermieden durch i?idiligentia, negli-
gentia, incuria, temeritas.
hioccupatus, unbeschäftigt, ist N. L. für non occupatus, nihil ogens.
Inopinns, unvermuthet, unverhofft, steht fast nur P. L. ausser ein-
mal bei Plin. (Paneg. 30) für i?iopinatus, insperatus, nee opinatus^
nicht ?2on opinalus. Als Adv. gelten nee opinato,ex inopinato, ex inspe-
rato, N. Kl. inopinato, inopinanter.
* ISec ist hier verstärkend und bedeutet auch nicht, nicht einmal, und ist nicht
gleich dem blossen non.
Inopportune, unpasse7id u. dgl., ist N. L. für non opportune.
Inordinate, unordentlich, findet sich N. Kl. nur bei Celsus für
nullo ordine, sine ordine, coiifuse, tumultuarie ; Sp. L. ist inordinatim.
Liordinatio, die Unordnung, ist sehr Sp. L. für confusio, ordinis
perturbatio.
Inquam wird erst N. Kl. in der oratio obliqua gebraucht, wo Kl.
ait steht. Kl. nur in der oratio recta. Vgl. Fleusinger. Emend. p. 472,
der die wenigen Stellen, welche dagegen sprechen, für fehlerhaft er-
klärt. Wenn aber Cic. (Tusc. V, 37, 108) sagt: Socrates cum rogare-
tur, cujatem se esse diceret, und zusetzt: Mundarnwi, inqnit, so ist
hier nicht oratio obliqua, indem zu ergänzen ist: me mundatiuni esse
dico. Incorrect schreibt man daher: Epicurus ob eam rem, inquit,
amicitiam colendam esse, für ob eam rem, inquit Epicurus, amicitia
colenda est, oder ait für jenes inquit. Heutzutage beachtet man dies
wenig. — Dass es dem ersten oder zweiten Worte der Rede Jeman-
des, wie unser sagte ich, sagte er, nachgesetzt werde, nie aber vor den
Worten des Sprechenden stehe, lehren die Grammatiken, und die da-
gegen sprechenden Stellen erklärt Heusinger (1. c.) für verdorben.
Gleichwohl wird im N. L. gefehlt, und wenn sogar Muret. (Op. T. II,
p. 726 ed. Ruhnk.) schrieb: Versum paene totum usurpavit Lucretius,
inquie?2S — , so tadelt ihn Ruhnkenmit Recht ; nur hätte er auch noch
429
die Sp. L. Form inqm'ens für dicens^ dictitans tadeln sollen. Vgl. Heu-
siiig^er 1. c.p.453. — AuchErnesti (z. Sueton.Claud.l) sagt falsch : Pedo
post illatumurbiDrusura inquit, Certat omis. — Auch setzt Cicero, ausser
wo ein Gegensatz mehr das Andere fordert, das Subject selten vor
das Verbum, sondern fast nur 7iach demselben, wenn er es nicht etwa
ohne das Verbum vor die Worte des Sprechenden setzt. Daher so oft:
inquit Crassiis, inquit Ennius, inquit Hie, inquit Pinto, — nicht um-
gekehrt. Vgl. Giese Cic. Divin. I, 5, 8 und Eilendt z. Cic. de Orat.
T. II, p. 85. Aber Madvig (Cic. Fin. II, 4,11) hält die drei Stellen aus
Cic. de Orat., wo das Subject vor inquam steht, für verdächtig. — Auch
kommt wohl nirgends vor: ut inquit Cicero oder ut Cicero inquit u. dgl.,
für ut ait Cicero oder seltner ut Cicero ait, indem bei ut nicht inquit,
sondern ait üblich ist. Dennoch findet es sich, sogar bei achtbaren
Neulateinern, wie bei Sadolet. (Epist. VII, 11): ut poeta inquit qui-
dam; bei Paul, a Josepho (Oratt. p. 67): ut poeta inquit; p. 88 Jit Pli-
nius inquit, und so noch öfter, und eben so oft in Ficinus latein. Plato
und bei mehrern Andern. — Nie kommt es für sich allein, ohne Je-
mandes Worte vor, z. B. Plato modo itiquit hoc, modo illud, wo ge-
wöhnlich ait gebraucht wird. Vgl. Cic. Div. I, 30, 62. — Unser sag'
ich, was wir einschieben, wenn die ersten Worte eines Satzes durch
Nebenbemerkungen unterbrochen worden sind, und der Faden der
Rede wieder aufgenommen wird, wird nur dann durch inquam über-
setzt, wenn das erste Wort hervorgehoben werden soll,z. B. Cic.
(3Iilo 25, 67): tuas, Cn. Pompei, te enim jam appello et ea voce, ut
rae exaudire possis, tuas, tuas, inquam, suspiciones; Sest. 69, 146
multo mihi, m«/fo, inquam^ judices praestat, — und so oft, wo die Rede
lebhaft ist; sowie auch dann, wenn alles Vorhererwähnte zusammen-
gefasst wird, wo denn auch, anstatt ein vorhergegangenes Wort zu
wiederholen, ein anderes stärkeres gewählt wird, z. B. dura haec, i7i-
quam, de Oppianico constabunt (Cic. Cluent. 44, V2b)', condemnemus
(vorher gehen andere schwächere Verba), inquam, hos aut stultitiae
u. s. w. — Wo aber dergleichen nicht der Fall ist, geschieht die Wie-
derholung des unterbrochenen Anfanges durch sed, ergo, igitur. Vgl.
Matthiä Cic. Catil. III, 2 u, a. — Ob aber je bei jenem inquam noch
sed vor das wiederholte Wort gesetzt werde, wie es Mahne im Crito
oft thut, z. B. (p. 245) cui — sed cui, inquam — , ist zu bezweifeln.
— Von dem N. L. inquiens, für dicens oder dictitans, war bereits die
Rede.
Inquies, unruhig, ein altes Adj., findet sich bei Sallust, dem esTa-
citus U.A. nachgebraucht haben. Es werde vermieden durch non quie-
tus oder seltner, wie bei Livius, inquietus.
hiquietare, beunruhigen, kommt erst N. KL, aber beim Jüngern
Plinius (Ep. I, 9; IX, 15), Sueton u. A. vor; doch ist es gut ne-
ben quietem turhare, molestia afficere, molestiam afferre, molestum
esse u. a.
Inquirere, nachforschen ; — nach Etwas, bei Jemanden, in Bezug
auf Etwas, in aliquem, auch de aliquo, nicht in aliquo. Vgl. Cic. Leg.
1, 1, 4. Off. II, 13, 44.
Inquisitio in aliquem, eine gerichtliche Untersuchung gegen Jeman-
den, ist erst N. Kl. für quaestio in aliquem oder de aliquo.
Insalutatus, unbegrüsst, ist nur P. L, und selten für non saluta-
430
ttis. Vgl. Anm. t. Muretl Oper. T. II, p. 180, wo es Muret in einem
Briefe braucht.
Insanus, körperlich ungesund^ ist vielleicht ohne Aiictorität für
non sanus, aeger, aegrotus, inßrmus u. a,, da es nur geistig ungesund,
U7iver7iünftig, rasend bedeutet. Auch wird es nicht physisch \on der
Luft und von Oerterji gebraucht, also nicht aer insa?ius, ungesunde
Luft, für aer gravis, coelum grave, gravitas coeli; ungesunder Herbst,
gravis auctuninus (Caes. B. C. III, 2); ein ungesutider Ort, locus non
salubris oder insnlubris, pestifer, pestilens, gravis, und so bei ähnli-
chen, wie amius pestilefis, ein ungesundes Jahr ; aestas gravis peati-
lensque, ein ungesunder Sommer.
Insanilas (bei Cic. Tusc. III, 5, 10) scheint nach den Beisätzen
quasi quaed am ein von Cicero neu gebildetes Wort zu sein, um jeden
kra?ihhaften Zustand des Leibes und der Seele zu bezeichnen, da in-
sania eine s( hlimrnere Bedeut., neraiich die von Raserei, angenommen
hatte. Da es Cicero nicht zum Gebrauche bildete, wurde es auch nicht
nachgebraucht, weil dafür morbus und aegrotatio vorhanden waren.
Liscendere, einsteige?!, besteigen, ist j4. L. und steht N. KL bei
Sueton, Tacitus u. A. für adscendere, conscendere.
Inscientia ist verschuldete Umoissenheit in Allem, was man nicht
gelernt, kennen gelernt hat, und bezieht sich auf specielle Gegen-
stände, die oft im Genitiv beigesetzt werden; aber inscilia ist unver-
schuldete Unwissenheit, Unverstand, Dummheit, Ungeschicktheit ; mit
einem Genitiv aber die unverständige Benutzung, AnweJidung und
das Nichtver stehen einer Sache. Vgl. Reisig's Vorlesung, p. 117 und
vorzüglich Gernhard im Excurs. zu Cic. Cato.
Inscindere, zerreissen, ist A^. L. für co?iscindere. Longol. braucht
es (Ep. I, 4): inscindere epistotam.
Inscribere, aufschreiben, einzeichnen ; — auf Etwas, in aliqua re,
nicht in ali.quid.\g\. Cic. Farn. XII, 3, 1. Tusc. V, 23, 64. Bei Cic.
Arch. 11, 26 haben die Handschr. theils in Ulis libellis, theils blos
Ulis libellis ; für ]enes stimmen Matthiae, Klotz u. A., für dieses Stü-
renburg ohne zureichenden Grund. — Richtig ist librum inscribere,
einem Buche einen Titel, eine Aufschrift geben, z. B. Über quiinscribi-
tur, qui inscriptus est Hortensius, welches Hortensius betitelt ist, den
Titel Hort. hat. Vgl. Titulus, wo auch über den Gebrauch des Prae-
sens und des Partie. Einiges bemerkt ist. — Nirgends aber findet sich
wohl aliquid in libro oder in librum inscr.. Etwas in ein Buch ein-
schreiben, eintragen, wie Mahne (Crito p. 281 u. 321) sagt: in quo
(libro) omnia — inscriberem, für in quem referrem, in quo litteris
consignarem, in quo inducerem. Vgl. Cic. Farn. III, 10, 6 in quibus —
indusit, worin er (Rechnungen) eingetragen hat, u. a.
Insculpere, eingraben, wird verbunden in aliqua re, nicht in ali-
quid. Vgl. Cic. IV. D. I, 17, 45 in mejitibus. — N. Kl. und gleich gut
wird es m. d. Dativ alicui verbunden; bei Livius (II, 33) nur einmal m.
d. Abi.: columna aenea insculptum.
Tnsensibilis, unsinnlich, nicht in die Sinne fallend, ist Sp. L. für
guod senstis non movet, sensibus non percipitur (accipitur), sensibus
non subjectum, sub sensum non cadens, und in d. Bedeut. unempfind-
lich, für sefisu carens, sine sensu, stupidus u. a. Ebenso insensibilitaa
431
die U?iempßndlichkett, für Stupor, immanitas, torpor oder dag philoso-
phische indolentia, wovon oben die Rede war.
hiserere, einpflanzen, wird verbunden ah'cui rei oder in uliqua re.
Davon ist meistens nur insitus im Gebrauche, sonst mehr ingenerare.
Inserere, einfügen, einmischen, wird verbunden in aliquid oder ali-
cui rei. In der Bedeut. einmischeyi braucht Cicero nielir interponere,
includere, intesere, adiniscere. Vgl. Immiscere. — Das Subsi. insertio
ist in der Bedeut. Ei?imischung N. L.
hiservire alicui rei ist in der Bedeut. zu Etwas dienen, dienlichy
nützlich sein N. L.; dennoch wird es oft gebraucht. Es bedeutet viel-
mehr für Etwas bemüht sein. Vgl. Raschig Progr. p. 24.
Insignire, auszeichnen, kenntlich machen. KL findet sich davon
nur die Form insigriitiis ; erst N. KL, aber such beim jiingern PJinius,
andere Formen. Bei Livius u. A. steht auch ein Compar. insigm'tior,us.
— Sjnonoym mit insignire sind ornare, notare, distinguere, i7isignem,
conspicuutn facere u. a.
Insinuare (se) alicui, sich hei Einem einschmeicheln, wird von Eini-
gen bezweifelt, wiewohl es bei Cic. (Orat. J, 20, 90) vorkommt, und
ebenso blos se insinuare (Lael. 26); jedoch meisten« mit dem Znsatze
in alicujus familiaritatem, consueiudinem u. a. CJebrigens sagt Cicero
theils se insinuare, theils blos insinuare ; beide stehen gesichert.
Zumpt (zu Cic. Verr. p. 579) und Klotz (zu Cic. Tusc. V, 12) lassen
beide Ausdrucksweisen gelten, Orelli nur insinuare. Vgl. auch Garat.
Cic. Phil. V, 3. p. 103 u. Matlhiae Cic. Farn. IV, 13.
Insipidus, abgeschmackt, thöricht, eififältig, ist fast N. L. für inst'
piens, insulsus., stultus u. a.,und in der Bedeut. geschmacklos, für nul-
lius saporis, sine sapore, sapore carens. Es ist nicht zu brauchen; den-
noch hat es Bunellus gethan. Vgl. Grauff z. Bunelli Epist. p. 768.
Insolare, sonnen, der Sonne aussetzen, kommt N. AI. nur bei Co-
lumella vor, für sali exponere, in sole oder ad solem siccare, sole oder
ad solem calefacere.
Insolescere, stolz werden, nahm Sallust aus dem alten Cato, und ihm
brauchten es Tacitus und später Justin nach, für insolentem esse oder
fieri, se insolenter efferre oder gerere, intumescere (bei Plinius) u. a.
Insolite, ungewöhnlich, ist sehr Sp. L. für insolenter, praeter mo~
rem oder consuetudinem.
Insolubilis steht N. Kl. bei Seneca, aber in der Bedeut. unbezahl-
bar; Sp. L. findet es sich in d. Bedeut. unauflöslich,für inexplicabilis,
inenodabilis.
Insomnium (meistens im Plur.) bedeutet Traum, und ist mehr
P. L. für somnium ; aber insomnia als Sing., was auch im Plur. vor-
kommt, bedeutet die Schlaflosigkeit, schlaflose Nacht. Vgl. Ruhnk.
Terent. Eun. II, 1, 13. — Sp. L. ist insomnietas, die Schlaflosigkeit.
Inspectio. Ueber inspectio ocularis vgl. Ocularis.
Inspirare,einhai/chen, begeistern, wurde als N. KL und mehr P. L.
vermieden durch afflatu et instinctu concitare. Und so sage man für
inspiratus, begeistert, was Sp. L. ist, numine divino oder spiritu divino
offlatus oder instincius. — Sp. L. ist auch das Subst. inspiratio, die
Eingebung, Begeisterung, was sogar Wyttenb. Vita Ruhnk. p. 103
(123) braucht, für offlatus oder instinctus divinus. Durch göttliche
Eingebjing heisst auch divinitus (Cic. Att. I, 16, 22).
432
histahilis, t/nheständig. veränderlich (von der Seele) ^ ist nur P. L.
für van'i/s, niutabt'h's, cotnmittabilis, vagus, vohibilis; das Subst. insta-
bilitas aher^die Unbeständigkeit, ist A^. A7. und kommt nur beim altern
Pliuius vor, der es mit mentis verbindet, für inconstantia, mutabilitas
mentis (Cic. Tusc. IV, 35, 76), levitas, varia natura u. a. — Da es
sonst keine Auctorität hat, hätte es Muret. (Var. L. VI!, 17) nicht als
Eigenschaft der fortuna, die freilich ein altiatein. Dichter instabilis
nennt, brauchen sollen, sondern dafür varietas, mobilitas, levitas oder
volubi/itas.
Instar. Sp. L. ist ad instar, wie, gleich, für das blosse instar. Vgl.
unter j4d.
Instare, eindritigen, zusetzen, wird bei den Bessern nur mit dem
Dativ verbunden, z. B. hostibus; nur bei Corn. Nepos m. d. Acc. ho-
stes, wo jedoch Andere hostibus lesen. — N. L. ist rebus incojistajiti-
bus, bei solchen vorwaltenden Umständen, für rebus ita se habentibus,
cum res ita sint oder se habeant.
Instaurare bedeut. bei den Bessern nur erneuern, wiederholen,
und hat daher beschränkten Gebrauch, z B. sacrificium, bidos, bellum
u. a., aber nicht von Gebäuden in der Bedeut. wiederherstellen^ für re-
ficere, renovare. In der ersten Bedeutung sagt man dafür auch inte-
grare, redintegrare. — Ti. L. ist auch instaurare religionem, die Re-
ligion verbessern, reformiren, was Bunellus braucht, für emendare. Vgl.
Reforniare und Weber's üebungssch. p. 60.
Instillare ist in bildlicher Bedeut. einflössen, beibringen P. L. und
findet sich in Prosa nur N. Kl. bei Seneca für dare, imbuere, tradere
u. a. Vgl. Klotz Sintenis p. 64.
Instinctus kommt in der Bedeut. geschmückt, atisgerüstet N. L.
bei Hemsterh. vor (Oratt. p. 161): mater eximiis naturae morumque
dotibus inst/ncta, für praedita, oriiata, instructa u. a., oder dachte er
an distinctus? Vielleicht nalim er es aus Vitruv (IX, praef.): literarum
jucunditatibus instinctae mentes, wo es aber gereizt, angespornt be-
deutet.
Instituere, einrichte?i, werde vorsichtig gebraucht. Verwerflich ist
wohl: natura hominum ita est instituta, für comparata ; auch sagt man
wohl nicht civitatem instituere für constituere.
Institutio bedeutet bei allen Bessern nur activ die Eijirichtung,
Anordnung., nicht passiv eine einzelne (geraachte) Einrichtung oder
A?/ordnung, welche i?istitutum heisst; und so steht bei Cicero und
Andern nur instituta raajorum, nicht institutiones, die Einrichtungen
der Vorfahren. Anders urtheilte J. Gottl. Heineccius, welcher sagt:
Semibarbarum est vocabulum instituta pro institutionibus. — Richtig
ist institutio m d. Bedeut. Unterweisung, Belehrung, Unterricht (Cic.
Orat. 111,9, 35); Jugendunterricht (Schulunterricht) heisst pueritis
institutio (Cic. Orat. II, 1, 1 ) oder discipUna puerilis (Cic. Bep.
IV, 3), aucli discipUna und doctrina, z. B. dicendi (Cic. Orat. II, 1, 5);
ohne Unterricht, sine doctrina (Cic. Fin. III, 3, 11). — Man brauche
es aber nicht objectiv in der Bedeut, Anweisung, Anleitung zu Etwas;
eine Anleitung zum Lateinischschreiben ist nicht institutio latine scri-
bendi, sondern etwa praecepta oder ars latine scrib., wie bei Livius
(XXV, 2): ars sacrificandi conscripta, eine Anleitung zum Opfern. —
Sehr Sp. L. ist das Subst. institutor, der Lehrer, der unterweist, was
433
sogar Muret. (Oper. T. H, p. 244 ed. Fr.) braucht, wo Frotscher be-
merkt: Institutorem pro praeceptore, magistro non dixeruat nisi det^-
rioris latinitatis auctores.
Instrnctio ist in der Bedeiit. Untertveisung, Unterricht sehr <Sja. L.
für itistitHtio, doctthin, discipUna, iind passiv oder objectiv iür prae-
ceptum, praecepta. Eben so wenig heisst das einfache instruere, unter-
richteu, unterweisen, wohl aber mit Ablativ-Zusätzen, wie artibus (Cic.
Coei. 30, 72), doctrinis, scientia alicujus rei. — N. L. ist instructor,
der Lehrer, für mogister, praeceptor.
Instrumentum kommt bei allen Bessern fast nur im Sing, vor, in-
dem es zwar (ein) Hülfsmittel und oft ein geistiges, aber kein einzel-
nes Werkzeug bedeutet, sondern nur was wir Geräthe nennen (collec-
tiv, wie Hausrath , stipellex). Werkzeuge von Metall heissen /e/ra-
menta (Caes. B. G. V, 42). — Bei Celsus kommen als Werkzeuge des
Arztes und Chirurgen nur scalpellum und ferramenta (im Allgemei-
nen) vor. So findet man instrumentum rusticum, vefiatorium, inllae
u. dgl. von allem Geräthe, was zur Landwirthschaft, zur Jagd, zu einer
Villa gehört. Daher sagt auch Cic. (Verr. III, 23, 57); omne instru-
mentum diripuit, nicht omnia itistrumenta ; Fin. II, 34, 111 quid tafito
opus est instrumento, wozu bedürfen wir so grosser Zurüstung,so vie-
ler Hülfsmittel; ib. V,3, 7 sine eo instrumento, ohne diese Hülfsmittel.
Vgl. Heusing. Emend. p. 411. — Indess brauchen auch Cicero, Livius
U.A. den Plur.,z. B. Fragra. Xenoph. Oecon. p. 474. Nr. 10 (ediOrell.):
in altera parte instrumenta, qtiibus ad lanificia utuntur; Catil. II, 2 in-
strumenta virtutis; Liv. XXI, 30, 9 instrumenta belli; Quint. II, 15, 32
haec tam perniciosa nocentissimis moribus dare instrumenta — und
so noch Einige. Aber N. L. ist es, es von Personen zu brauchen, wel-
che helfen und die wir Werkzeuge (Etwas zu Stande zu bringen) nen-
nen, für odjutor, minister.
Insubidus, roh, einfältig, ist Sp. L. für rusticus, stolidüs, insulsus.
Insuetus, ungewoli?it ; — einer Sache, am besten alicujus rei; bei
einem Verbo auch mit dem Genit. Gerundii, dem Infmitiv, oder ad
aliquid.
Insufficiens, unzureichend, ist Sp. L. für non sufflciens, exiguus,
qui — non satis est; ebenso insufßcienter für non satis.
Insultus, der Angriff, ist fast N. L. und kommt nur bei einem
späten Dichter vor, für incursio, incursTis, impetus, irruptio, excursio,
petitio. Sogar Muret. (Oper. T. II, p. 200 ed. Fr.) braucht insultibus,
was Frotscher gerügt hat. Häufiger aber braucht es Hemsterhuis in
seinen Reden von den geistigen ^7igriffen der Gegner, auch von einer
Krankheit u. dgl., z. B. p. 159 tenacis morbi diutinis insultibus ; p. 136
dexterrime refutatis adversariorum insultibus, wo auch refutare für
repellere falsch ist.
Insulula, das Inselchen, beruht blos auf Cic. Verr. III, 37, 85,
nach der von Graevius fortgepflanzten Lesart Lambin's, für insula in-
culta, wie nach den Handschr. jetzt gelesen wird.
Insuper braucht zwar Cicero nirgends, aber Caesar einigemal und
Livius in der Bedeut. oben darauf, oben drüber, z. ß. aliquid insuper
injicere, wofür Cic. (Divin. 1, 27) supra injicere sagt. Oft findet es
sich bei Livius, nicht aber bei Caesar und Cicero, in der Bedeut. «^e/--
dies, noch obendrein. Aber falsch wäre es in Redensarten, wie: einige,
28
434
und 7ioch obendrein gelehrte Männer, wo der Lateiner sagt: quidam
ei ii quide7n docli hoinines. Vgl. Keisig's yorles. p. 431. — Sp. L. ist
insuper aliijuem habere. Einen verachleif, für contemnere, despicere,
negligere. Vgl. Weber's Uebmigssch. p. 324.
Insusfentabilis,.u?ierträglich, ist Sp. L. (Ar t?ifolerabih's, non tole-
randus, intolerandus.
Intectus brauche man wegen der Doppelbedeutung bedeckt und
ufibedeckt vorsichtig, und setze für das letztere lieber 7ion tecfus.
Integer in der Bedeut. schuldlos verbindet nur Horaz mit d. Genit.
vitae, was in Prosa durchaus fehlt.
Ititegriludo, die Reinheit, Unversehrtheit u. a., ist Sp. L. für inte-
gritas ; als ein juristisches Wort empfiehlt es der oft paradoxe J. G.
Heineccius.
lutellectits kommt erst N. KL, aber oft bei Qnintilian vor, in der
Bedeut. Verstarid, Fassu?igskraft, Vermögen de?i Sinn von Etwas zu
fasseji, auch der Sijin einer Stelle und von Wörtern auch die Bedeu-
tung, synonym den KL intelligentia, ratio, cognitio : vis, signi/icatio u.a.
Es ist nicht zu verwerfen, zumal wo es passend und anwendbar
geheint.
Intelligere beschränkt sich im bessern Latein auf die Bedeut. den
Sinn von Etwas fassen. Etwas begreifen, einsehen, verstehe?i. Da aber
unser Wort verstehen vielerlei andere Bedeutungen hat, so wird ijitel-
ligere iin N. L. sehr oft falsch gebraucht; z. B. eine Sprache ver-
stehen lieisst linguam nosse (Cic. Orat. II, 1, 2) oder scire; also er
versteht Griechisch, seit graece ; er versteht von der Kritik Nichts, ar-
tis criticae imperilus est; ich verstehe., d. h. ich meine den andern Theil,
alteram partem significo, diqo, volo ; ich verstehe, A.\\. erkläre dieses
Wort so oder von dem, hoc verbum ita interpretor oder accipio, oder
mit folgendem ^cc. c. Inf, oder mit veränderter Rede, sowie auch
mit ztvei Accusativen. In allen diesen Ausdrücken passt intelligere
nicht. — iV'^ L. ist auch intelligere aliquid sub aliqua re oder per ali-
quid. Etwas unter Etwas versichert, für intelligere, signiflcnre, dicere,
vocare, appellare, inlerpretari u. a. mit zwei Accusativen oder einer
Abänderung der Rede; z. B. zven verstehen wir unter einem Reichen?
quem intelligimus divitejn? — unter s an i verstehen wir diejenigen, sanos
intelligimus eos ; darunter will ich dieses verstanden wissen, illud in-
telligi hanc rem volo ; wir begreifen nicht, was ihr unter Fergnügen
versteht, — quam dicatis voluptate/n ; unter thörichten Greisen ver-
stehe ich leichtgläubige, stultos senes signißco credulos; ich weiss nicht,
was ich u?iter jenem Gute verstehen soll, non haheo, quod intelligam
bonum illud (Cic. Tusc. III, 18, 41) ; es ist klar, was ich unter Guten
verstehe, — quid dicam bonos (Cic. Tusc. V,10, 28). Bisweilen drückt
man sich auch voller aus ; z. B. unter diesem Horte bkatvs versteht
man — , huic verbo, cum beaium dicimus, subjecta notio est (Cic. Tusc.
V, 10, 29); was versteht man unter diesem tVorte? quae res huic voci
subjicilur'f (Cic. Fin. II, 2, 6). — IVach diesen und ähnlichen Stellen
ist also Vieles in den Neulateinern für fehlerhaft zu halteUyAuc h sagt
man nicht: hoc per se intelligitur, das versteht sich von selbst, sondern
hoc ex se intelL
Intelligibilis, detikbar, versiehbar, verständlich, kommt A'. KL als
philosoph. Wort bei Seneca vor, für qui sub (in) intelligentiam ca-
485
dit, intelh'gi potest ; allgemein verständlich, communi intelligentiae
obvius.
Intentio iii der Bedeut. Ab^ht, Vorhaben korarat Sp. L. nur bei
Juristen vor, z. B. intentm defnncti, die Absicht, des Verstorbenen^ für
propositum, consilium, mens, a^imus, voluntas. \gl. Schwarz Pliii.
Paneg'. 78, wo es nicht Absicht, sondern Bemühung bedeutet, und
Ruhnk. Praef. lexici Sclieller.
Intepidus, lau (nach altern Lexicis), beruht auf falscher Lesart in
vielen Ausgaben des Celsus, wo (VIII, 4) für loco intepido zu lesen
ist loco in tepido; ohnehin raüsste das Adj. verneinenden Sinn haben,
nicht lau, was dem Sinne des Celsus widerstreitet.
hiter, unter. 31an sei im Gebrauche vorsichtig, da man oft dafür
besser ex, de, in oder den Genitiv des damit verbundenen declinir-
baren Wortes setzt. Selten ist z. B. inter bei einem Superlativ statt
des Genitivs, z. B. inter eos (für eorutn) doctissimus, dergleichen sich
selbst bei Cicero findet, ähnlich dem, wie man sagt: inter suos nobilis,
inter om?ies unus excelUt, oder wie apud bei Caes. (B. G. I, 2): apud
Helvetios longe nobilissimus; — selten auch inter eos (für ex iis) di-
gni sunt, qui nominentur; inter supellectilem (für in supellectile) com-
plura reperta sunt. Falsch aber ist es, zu sagen : inter horum librorura
auctores nominandus est Wolfius, für in — auctoribus oder in numero
— auctorum; ferner uter inter ?ios, wer unter uns beiden, für uter
nostrum — und ähnliche andere Ausdrucksweisen. — Inter paucos (as, a)
mit einem Adj., für inaxime, inprimis, ist erst seit Livius und selten
im Gebrauche; z. B. disertus inter paucos, pugna memorabilis inter
paucos u. ähnliche. Man vermeide es. — Inter decem annos bedeutet
während zehn (voller) Jahre, zeh?i Jahre hindurch, aber intra decem
annos, in weniger als zehn Jahren, oder es dauerte keine zehn Jahre,
z. B. intra paucos dies mortuus est. Vgl. Gronov. Liv. I, 10, 7. Zumpt
Cic. Verr. T. 1, p. 78 u. Keisig's Vorles. p. 730. — Bei den Redens-
arten inter nos, vos, se darf das Ohject uns, euch, sich, welches im
Deutschen zu ufiter einander noch hinzugefügt wird, nicht ausge-
drückt werden. Falsch ist: 7ws (als Accus.) inter nos amamns, vos in-
ter vos amatis, se inter se amant, wir lieben uns unter einander u.s. w.,
für inter nos amanius mit Weglassung des ersten nos — und so in
allen ähnlichen Verbindungen, z. B. inter se adspicere, sich tinter ein-
ander ansehen (Cic. Catil. III, 5, 13 u. das. Matth.), ijiter se consalu-
tare (Cic. Orat. II, 3. 13), inter se amare (Cic. Q. fr. III, 3, 1. Att.
VI, 1), inter se colere (Cic. Lael. 22, 82. wo noch Ernesti falsch
drucken Hess se colent inter se). Vgl. Gernhard zu Cic. Lael. u. Ochs-
ner Eclog. Cicer. p. 237. — Schon Laur. Valla (de Elegant. III, 74)
machte auf diesen Gebrauch aufmerksam : ihm widersprach mit Un-
recht Wilh. Budaeus, indem er sich auf Stellen wie Terent. Ad. II,
4, 7. Cic. Divin. I, 28 (wo Giese sich mit ihm irrt), Att. X, 4. N. D.
I, 26 n. a. berief, wo aber beim Accus, c. Infin. nos, vos nicht Object,
sondern Subject zum Verbo ist. — Das Obige gilt auch in Redensarten,
wie:'?^^/> sind U71S einander ähnlich, nicht nobis inter nos similes su-
mus, oder wohl gar nos nobis inter nos — , sondern blos inter ?ios similes
sumus. Etwas Anderes aber ist es, wenn Subject und Object verschie-
den ist; z. B. respublica nos inter nos conciliabit (Cic. Fam. V, 7, 2).
Vgl. jetzt besonders Handii Turseil. III, p. 397.
28 *
436
Intercalaris und mtercalarius^ eingeschaltet, scheinen gleich gut
und Kl. gewesen und von Cic. u. A. gebraucht worden zu sein.
Intercedere wird in der Bedeut. §egeii, wider Etwas sein mit dem
Dat. verbunden, alicui rei. Gut ist intercedere pro aliquo, sich für Je-
manden verbürgen, für ihn gut spreche?i (in Geldsachen), auch mit
dem Acc. der Geldsumme, die man verbürgt, wie Cic. Att. VI, 1, 5.
Phil. II, 18; aber in der Bedeut. /«r Jemanden bitten, sich für Jem.
verwenden ist es wohl JV. L. für supplicare oder deprecari pro aliquo.
Vgl. Schori Phras. p. 296 u. 480. — Ganz gewöhnlich ist: mihi aliquid
(z. B. amicitia) c?/m aliquo intercedit, ich bin Jemandes Freund ; z. B.
ich bin deiti Freund, ich u/id du sind Fr., ?nihi tecum amicitia inter-
cedit; und bei zwei genannten Personen inter nos am. intercedit, wir
sind unter einander Fr.
Intercessio ist in der Bedeut. Fürbitte N. L. für deprecatio ; eben-
so intercessor, der Fürbitter, für deprecator. Vgl. Mediator.
Intercipere in der Bedeut. versperren, z. B. viam, ist wohl ohne
Auctorität für intercludere, indem bei Liv. (XXV, 39) medio itinere
intercepto bezweifelt und dafür intersepto gelesen wird.
Intercludere wird in der Bedeut. Einem Etwas abschneiden, ver-
sperren \erhunden alicui aliquid und aliquem aliqua re oder ab aliqua
re, und für den Dat. steht auch der Genit. ; z. B. dem VergnügeJi den
Zutritt versp., aditum voluptatis (für voluptati) intercl. Vgl. Cic. Fin.
II, 35, 118.
Interdicere, untersagen ; — Einem Etwas, alicui aliqua re., seltner
alicui aliquid, und immer alicui aqua et igni interd. Statt des zwei-
ten Objectes folgt auch ein Satz mit ne oder ut ne, N. Kl. der
Acc. c. Infin.
Interdiu, bei Tage, kommt zwar nirgends bei Cicero, aber bei Cae-
sar einigemal (B. G. VII, 69. B. C. 1,67), mit und ohne noctu, bei Nacht,
vor; bei Livius mehrmals bald mit noctu, bald mit nocte verbunden,
und bald vor, bald nach dem andern. Sonst sagt man dafür auch die
und diem, aber nicht diu. Vgl. ])iu.
Interdum, bisiveilen. In der Bedeut. eine Zeit lang, für aliquamdiu,
ist es erst N. Kl. und findet sich so nur bei Tacitus.— Sp. L. aber ist
es in der Bedeut. unterdesseii, für interea.
Interea, welches im bessern Latein nur auf die Zeit geht und un-
terdessen, währe7id der Zeit bedeutet, wird im N. L. auch gehraucht,
wo unser indess, indessen so viel ist wie aber, doch, wiewohl, und wo
man vero, verum, tamen, sed tamen, attamen, verumtamen, etsi, quam-
quam und nach Wolf (z. Cic. Tusc. V, 7, 20) auch tantisper setzen
muss. — A. L. bei den Komikern ist interea loci und A. L. interea
fe7«/;om, was der jüngere Burmann braucht. Vgl. VV'eber's Uehungssch.
p. 23. — iV. /y. ist auch interea quod, unterdessen dass oder bis, für in-
terea mit cum, dum, quoad oder donec.
Interesse wird in der ^^A^xii. bei Etwas sein verbunden alicui oAev
in aliqua re,z. B. pugnae, in pugna; ztvischen Etwas sein, inter aliquid.
— Das imperson. interest wird in der Bedeut. es ist ein Unterschied
mii inter verbunden; z. B. ?/'«r unterscheiden uns, inter nos interest;
ich und du unterscheiden uns, inter me et te i?iterest. Darin, worin
und ähnliche werden neutral ausgedrückt: hoc, quod, quid, quantum
nihil, multum (nie magnum), non multum (nicht parvum), minimtim
437
u. ähnliche. Selten ist haec res interest ab Uta, z. B. bei Cic. CAcad.
U, 27 ):?7la Visa ufalsis nihil intersunt u.a. — Ohne gutes Beispiel ist es,
M'enn Muret das Verbum in dieser Bedeut. personal braucht, und
(Expl. Cic. Catil. IV, 10) sagt: quid intersit senahis decretum ac seiia-
tusconsultum, wie in allen Ausgg. dieser Expl., auch in der besten Pa-
riser steht, für /w/e/* Senat US decretum. — Falschist ferner: /;/^/r^m«m
in faciendo interest doctiis et riidis hotno, beim Thun unterscheiden
sich ein Geschickter und Ungeschickter, für inter doctum et rudern ;
nescit, quid intersit inter docendufn et per suadendutn, für inter docere
et pers7/adere, da jenes bedeutet während des Lhiterrichtes. — Das
andere im personale inter esse, von Wichtigkeit, von Interesse sein u. dgl,,
wird im N. L. mit den Genitiven rnei, tut, sui u. s. w. verbunden, an-
statt mit mea, tua, sua. Falsch sagt daher Blomfield (Praef. Aeschyli
Agam. p. VIII): nihil mei interest. — Wie das Wieviel auszudrücken
ist, s. in den Grammatiken. — Folgt ein Satz nach, so wird er nicht
mit quod, sondern mit dem y4ccus. c. Inf. oder als Fragesatz ausge-
drückt, wie es gerade am natürlichsten scheint, höchst selten mit ut.
Auch hier tritt ausser jenen neutralen Wörtern hoc, id, ilhid u. s. w.,
wie oben, kein Nominativ als Subject hinzu. Falsch sagt daher Paul, a
S. Jos. Oratt. : at vero quauti intersit ad omnes disciplinas in?ioce7itia
morum et i^irtus, für quantam vim habeat ad — . Wofür oder ivozu
Etwas wichtig ist, wird mit ad beigesetzt, z. B. ad honorem (Cic. Farn.
XVI, ], 1): ad decus et ad lat/dem civitatis (Cic. N. D. I, 4, 7).
Interfatio, das Dazwischenreden, die Unterbrechung einer Rede,
steht jetzt in Cic. Sest. 37, 79 nach den kritischen Ausgg. fest für in-
terfectio, was ältere Ausgg. haben. Auch Quintilian braucht es, und das
Verbum interfari brauchen Livius und der jüngere Plinius. Es ist also
gut neben interpellatio.
Interfectio, die Ermordung, ist N. Kl. und kommt nur einmal bei
Asconius vor, für die bessern Ausdrücke caedes, occisio.
Interfector ohne einen Genitiv, alicujus, findet sich erst N.Kl. bei
Seneca, und ist kaum nachzuahmen; eiti Mörder im Allgemeinen, nicht
der einer bestinmiten Person, heisst homicida, sicarius, percussor. Vgl.
Weber's üebungssch. p. 277. Jedoch statt patris, matris,fratri8 inter-
fector sagt man patriclda, matricida, fratricida.
Interßcere se, sich ermorden, wird von Einigen verworfen, aber
Sulpic. (Cic, Farn. IV, 12, 2) sagt: se ipsum interfecisse : Cic. (Orat.
III, 3, 10); Crassum suapte manu interfectum; Liv. (XXXI, 18, 7): se-
que ispi — interficiunt ; auch Tacitus u. A. brauchen es oft, und es ist
also nicht zu verwerfen. Vgl. Heuaing. Emendd. p. 475 u. Frotsch. z.
Muret. Oper. T. I, p. 430.
Interibi, tinterdessen, für interea, ist A. L. und von Spätem aus
der gemeinen Sprache wiederholt.
Interim, indessen. In der Bedeut. bisweilen kommt es N. Kl. bei
Quintilian vor, für interd^im. Eben so N. Kl. ist interim — interim,
bald — bald, für modo — modo; Beides ist nicht nachzuahmen.
Interitio, Tod, Untergang, für interitus, steht zwar bei Cicero
einigemal fest, werde aber, da es im Ganzen sehr selten ist, vermie-
den. Sciopp. (de stylo p. 190) verwirft es.
Interjiingere, mit einander verbinden, ist fast nur P. L.^ da bei Li-
438
vius mir das Partie, interjunctus vorkommt; man setze dafür inter se
jüngere oder conjv7igere.
hiterlabi, dazunschen fliessen (vom Wasser), ist nur P. L. für in-
terfluere; \on der Zeit, dazirfsche?i verfliessari, ist es N.L.,\\\\A so
braucht es Görenz: mterlapso tetnpore, für interjecto oder interposito
tempore oder spatio. Sonst steht dafür iiitercedere und das Piirtio.
interpositf/s ; z. B. tridtii mora mte/pusita, nachdem drei Tage dazwi-
schen verflossen waren (Caes. B. G. IV, 11), was mit intercedere nicht
so kurz ausgedrückt werden kann.
Interlociitor ist ein N. L. Wort, mag' es nun bedeuten der dazioi-
schen spricht, der Zwischenredner, für qui inter loquitur,oAGY der Mit-
sprechende, für qui cum altera (ceteris) cofloquilur, sert}wcinati/r,und
im Piur. q?fi inter se colloquuntur, sermocinantur u. a. Gut ist interlo-
cutio bei Quintiiian.
Inierludium, das Zwischenspiel, ist N. L. für eniholium, ludus inter-
positus, interjectiis, iimnijctiis, i7iter7nixtus.
Interlunium, der Neumond, kommt N. Kl. nur beim altern Plinius
und vorher bei Horaz vor, für nova. Inna, tempus internienstruuin.
Vgl. Novilunium.
Interminate, v?ibestimmt, steht N. L. bei Muret. (Oper. T. III,
p. 649ed.Huhnk.): infinite atque interminate, für sine tennino; Ruhn-
ken bemerkt dazu: Hoc adverbio nemo Latinorum usus est.
lutermitlere ist in d, Bedeut. aufhören (ohne Fortsetzung) N. L.
für desinere, omittere, desislere ; es bedeutet nur ein Jnfhören auf
gewisse Zeit, Falsch ist: quod cum assecutus eris, queri inlermittes,
für desines. Vgl. fleusing. Emendd. p. 412. — Da intermittere, unter-
lassen, einen Accus, fordert, so ist es N. />.,zu sagen: intermittere now
possum, quin tibi litteras mittam, für nnUiim diem (tempus) interm.
possum oder neminem praetermittere possum, quin — . Vgl. Heusing.
Emendd. p. 4S2 gi^^en Noiten.
Internocffi, bei Nacht, gebildet nach interdiu, ist N. L. für noctu,
welches so wie nocle nur ilan Gegensatz von interdiu bildet. Freins-
heim (z. Floriis IV, 2) nimmt es in Schutz, weil es nothwendig sei.
Ob er es gebildet hat, oder wer sonst, weiss ich nicht.
Internus, innerlich, kommt erst N. Kl. und nur bei Seneca, dem al-
tern Plinius und Tacitus vor; es werde vermieden durch intestinus,
dojnesticus, oder auch wohl, wenn es der Sinn fordert, durch den Gen.
animi o{\qv natnrae; z. B. ein innerer Krieg, bellum domesticum; in-
nerliche Unruhe, seditio intestina; der innerliche Schmerz, dolor in-
test iiins; innere Ruhe, animi tranquillitas; entweder äussere oder in-
nere Güter, rel externa rel naturne /;o??«. Bisweilen kann auch inferior
stehen; N. L. aber ist interus. — Wunderbar sagt Heyne (Virg. praef.
T. I, p. XX): iitternae librorum dotes. Vgl. Weber's Uebungssch.
p. 72 u. 416. Klotz Sintenis p. 122. Dietrich Siiitenis p. 78.
Interpellare ist in der Bedeiit. aufmuntern, ermunternd anreden
N. L. für appellare, compellare, adhortari, incilare u. a.
Interpolare, welches bei den Alten nnr auffrischen, neu gestalten
bedeutete, wird jetzt im N. L. in der Bedeut. durch Zusätze verfäl-
schen, verderben gebraucht, für alienis verbis adulterare, corrumpere,
vitiare. Muret. (Oper. T. I, p. 15) brauchte es sehr verkehrt: tu de-
pravatas hominum meutes velut de integro interpolasti, wozu Kuhn-
439
keil bemerkt: Dura et abhorrens translatio, praesertim cum interpo-
lare semper fraudis sigiiificationem adjuiictam habeat.
[nterprelamen, die Erklärung, steht TV', L. bei Valcken. (Opiisc. I,
p.;^24;3); Sp. L. aber ist interpretamentum ; für beide gebrauche rean
interpretatio, explanatio u. a.
Interpretari wird mit de aliqua re nur in der Bedeut. row Etuas
eine Erklärung geben. Etwas erklären gebraucht; aber N. L. ist ali-
quid de aliqua re interpret.. Etwas von Etwas verstehen, meinen, dass
Etwas davon zu verstehen sei. Daher wird Sintenis, welcher p. 113
sagte: Quod si de immortalitate animi interpretaremur , trenn wir die-
ses von der Unsterblichkeit der Seele verständen, verstanden wissen
trollten, von Klotz getadelt, welcher dafür setzt: ad animi immortali^
tatem si sententiam pertinere interpretaremur. Vgl. auch Einiges un-
ter Intelligere. — Man merke noch, dass interpretatus auch bei Ci-
cero u. A. passive Bedeutung hat. \gl. Heusing. Emendd. p. 455.
Interpretatio wird in der Bedeut. Ueber Setzung von Einigen als
unerweislich bezweifelt, aber offenbar braucht es so selbst Cicero
(Balb. (j, 14) und Quintilian (11,14,2) : haec interpretatio verbi rheto-
ricae, und überdies heisst schon Kl. interpres, der Uebersetzer (Cic.
Opt. g^n. orat. 5) und interpretari, übersetzen (Cic. Fin. 11. 7, 20).
Warum diese Bedeutung des Wortes von Scheller übergangen wor-
den ist, weiss ich nicht. — Sehr Sp. L. aber und durchaus verwerf-
lich ist interpretator, der Ausleger., was sich im N. L. findet.
Interritus, tinerschrocken, ist N. KL, kommt aber bei Quintilian
und Seneca vor, und ist nicht zu verwerfen. Vgl, Impavidus.
Interrogare, um Etwas fragen, befragen, w'ivA von Einigen, in amt-
lichen Angelegenheiten gebraucht, verworfen, welche meinen, man
dürfe nur rogare sagen, z. B. sententiam; aber auch interrogare sen-
tentiam kommt bei Livius u. A. vor.
IntersccTiium, das Zwischenspiel, ist ]V. L. Vgl. Interludium.
Intersecare von einem Flusse, der eine Stadt durchströmt oder
zwei Oerter theilt und trennt, ist Sp. L. für interfluere. Vgl. Sciopp.
Infam, p. 214.
Interserere ist in der Bedeut, einschieben, einschalten wohl uner-
weisüch für interponere, intexere.
Interstitium, der Zwischenraum, ist Sp. L. für intervallum.
Intertexere, eiji- oder dazwischenweben. In der Bedent. eif/mischen
ist es ohne Auctorität, und man sage datür^admiscere, intexere, inter-
ponere. Vgl, auch Immiscere.
Intestatus heres; vgl. Heres.
Intimare, ankündigen, kund thun, bekannt machen, ist Sp. L. für
denuntiare, publice indicare oder proponere ; ebenso intimatio für de-^
nuntiatio.
Intime., herzlichst, innigst, kommt zwar nur einmal bei Cicero vor
(Q. fr. I, 2, 4) : aiiquem aiicui intime commendare, und einmal bei
Corn. N. : intime uü aliqno, sonst nur Sp. L.; doch ist es nicht zu ver-
werfen neben vehementer, etiam atque etimn, familiarissime.
Intimus bedeutet, obgleich es nur Adj. ist, schon für sich allein
i?inigster Freund, und lässt als Zusatz vielleicht nur familiaris (Cic.
Fam. 111, 1) zu, aber amicus intimus findet sich nicht, wiewohl intimi
440
amicorum. nach Tacitiis (H. II, 63; III, 56) üulässig ist. — Im TV. L.
findet sich davon ein Comp., intimior, für amicior, familiär ior,
Intitniare, betiteln, z. B. librum, ist N. L. für inscribere ; liber in-
scriplus est, das Buch ist betitelt.
hitra, innerhalb, bei Zeitangaben; vgl. Inter.
Intrare, eingehen in einen Ort, wird nur mit dem' blossen Accus.
Terbnnd., z. B. urbem^ castra, nicht ?>? urbem, in castra, was P. L. ist;
aber im bildlichen Sinne mit in, z. B. in fomiliaritatem, wo P. L. auch
der blosse Accus, steht. — Diese Menge geht nicht ins Haus, d. h. ist
für das Haus zu gross (wo also gehen bildlich gebraucht ist), heisst:
hanc copifim domus non capit, N. L. domum non jw^rfl^ Vgl. Cic. Catil.
II, 10. Agr. II, 22.
hürepidus und das Adv. intrepide sind selten, finden sich aber bei
Livius, und sind also nicht zu verwerfen. Vgl. Impavidus.
Intricare, verwickeln, und intricatus, verwickelt, verwirrt, sind nur
A. und Sp. L. und nicht zu brauchen; man setze dafür contortus,con-
fusus, impedittis, involufus , perdifßcilis , perplexus. Im N. L. findet es
eich oft, z. B. locus intricatus.
Intrinsecus, a, um, innerlichy ist als Adj. N. L. für intestinns, do-
mesticus. Vgl. Sciopp. Infam, p. 3. Vorst. lat. mer. susp. p. 166. FJben
80 neu ist das Adv. intrinsece, von innen, für das seltne intrinsecus
oder das gewöhnliche intus.
Intro in der Bedeut. darin, in einem Orte und tJitus in d. Bedeut
hinein erklärte schon Lucilins und nach ihm Quintil. (I, 5, 50) für
fehlerhaft, wie denn diese Wörter im Volkslatein verwechselt wur-
den; ?>?f/-o bedeutet vielmehr hinein und intus, darin. Quintil. sagt:
Intro et intus sunt loci adverbia ; eo (ich gehe) tarnen intus et intro
8um soloecismi sunt. Dennoch kommen diese Soloecisnien bei Alten
(aber in zweifelhaften Stellen) und im A^. L. vor. Man sage nur: eo
intro, sum intus; venit ijitro, sedet intus. Vgl. Sciopp. de slylo p. 119.
Vorst. lat. mer. susp. p. 166.
Introducere bedeutet fast nur in einen Ort hineinführen, hinein-
bringen ; bildlich steht meistens dafür inducere; z. B. Homer führt
den Jupiter klagend ein, stellt ihn klagend vor, nicht introducit, son-
dern inducit (Cic. Divin. II, 10, 15). So heisst auch einführen in der
Bedeut. zuerst anordnen meist instituere oder inducere. — Ueber die
Uebersetzungsweise unseres Waarcn einführen vgl. Inducere, und
über unser Einen in ein Amt einführen, einsetzen vgl. deutsch-lat.
Lexica. Hier erwähne ich nur das Eine, dass von einem Geistlichen
wohl das beste Wort inaugurare sein möchte, welches die Alten von
Augurn brauchen, die von einem altern Augur nach ihrer Wahl einge-
weiht, d. h. eingesetzt wurden. Vgl. Cic. Brut. 1, 1 et inauguratum ab
eodem, und der von Ebendemselben ins Amt eingeführt war.
Introductio soll nur einmal, und zwar bei Cicero, mit dem Genit.
Tnulierum verbünd, vorkommen in der eigentl. Bedeut. das Hereinfüh-
ren; es kann daher nicht wohl anders nachgebraucht werden. — N. L.
ist es daher, die Eitdeitung in eine Schrift oder in ein Buch introdu-
ctio zu nennen, statt prooemium oder principium, wenn darunter der ein-
leitende Anfang verstanden wird, oder das fremde prolegomena, wenn
sie mehr enthält, ein einzelnes Ganze für sich bildet und den Schrift-
steller, seine Schriften oder sonstiges den Gegenstand der Schrift Be-
441
treffendes erläutert. Was wir Einleihivg nennen, muss oft anders aus-
gedrückt werden, nur nicht mit introductio.
Introire, hineingehen, wird meistens mit in verbunden, N. Kl. mit
dem blossen Accusativ, z. B. urbem, für in urbem; ebenso ijiiroitus.
Introitus, Eingang, bildlich vom Anfange eines Buches, einer
Rede, ist selten und steht bei Cicero vielleicht nur pro Coel. 2, 3 in-
troitus defensionis; man brauche aber lieber 'principitim, exordium
(Cic. Orat. II, 77, 315), prooemium und so^ar ingressio.
Introspicere, hineinsehen ; — in Etwas gleich gut iji aliquid und blo8
aliquid, z. B. in casas oder casas (Cic. Divin, II, 51, 105).
Intnidere, hineindrängen, hneinstossen, ist jetzt ohne alle Aucto-
rität, seitdem Klotz in der einzigen Stelle Cic. (Caec. 5, 13), wo es
stand, aus Handschr. intro dahat für intrudebat aufgenommen hat.
Vgl. Klotz z. Cic. Reden Th. I, Vorr. p. XII.— Im TV. L. findet es sich
oft, zumal wenn von gewaltsamem Einschwärzen und Einsetzen von
Wörtern in den Text die Rede ist, wie z. B. neulich Einer schrieb: Uli
ejusmodi opiniones in — Äristofelis sententias intruserunt.
Intueri wird, in welcher Bedeut. es sei, gleich gut mit in und dem
Accus, oder mit dem blossen Accus, verbunden, z. B. solem nnA in
solem, vitam und in vitam.
Intuitus findet sich nirgends in der Bedeut. Hinblick; in der Bed.
Riicksicht kommt es erst Sp. L. bei den Juristen vor, und ist also ganz
zu verwerfen für adspectus , respectus., ratio. Falsch ist daher iino
intuilo, mit eineniBlicke, für uno adspectu (Cic. Sest. 1, 1) ; primo in-
tuitu, für pr. adspectu (Cic. Farn. VII, 3, 1). Ponere sub 7ino adspectu
( Q. Cic, petit. cons. 1); nihil primo adspectu contemptius (Liv.
XXXV, 11, 7).
Intus, hinein ; vgl. Intro.
Intutus , unsicher, steht nur beim altern Plinius und Tacitus für
non tutus, aber in der Bedeut. fwgeschützt , nicht verwahrt bei Livius
und schon bei Sallust, gleich 7ion tuitus, non custoditus.
Inumbrare , beschatten, ist meist P. u. Sp. L. für opacare ; in der
Bedeut. verdunkeln steht es N. Kl. beim Jüngern Plinius für obscurare.
Invadere, in welcher Bedeut. es sei, verband Cicero (bei Caesar
steht es nur ohne Object) nur mit in und d. Accus., z. B. in urbem, in
hostes, in collum u. a., nicht ohne in, wie Andere vor ihm und die Mei-
sten nach ihm, z. B. urbem, hostes. Nur einmal (Fam. XVI, 12, 2) ist
es P. L. mit d. Dativ verbunden. Hirtius braucht es schon ohne iw —
invadunt agmen, Livius aber sowohl mit in, als ohne in; ebenso die
Folgenden.
Invalentia, das Unvermögen, ist Sp. L. für imbecillitas, inßrmitas u. a.
Invaletudo oder itivaliludo,\vas Viele, selbst iManutius und Muret.,
unbedenklich in der Bedeut. Unpässlichkeit, Kränklichkeit, Krankheit
brauchen , beruht nur auf einigen höchst unsichern Stellen Cicero's,
nämlich Att. VII, 2, 2 u. 5,1. Cato 11,35. Lael. 2, 8; aber in den beiden
letzten Stellen haben die meisten Handschr. valetudo. Auch in Ann
ersten hat Orelli valetudo geschrieben und verwirft überall valitudo;
ebenso Ruhnken (z. Mureti Oper. T. II, p. 94 ed. Fr.) und Hand (Lelirb.
p. 136), der es zu den Fehlern der Abschreiber rechnet. — Da vale-
tudo allgemein Gesrindheitsumstände bedeutet, so ergibt oft der Zu-
sammenhang die Beschaffenheit derselben, und Beiwörter, wie adrersa.
442
hißrma, sowie infirntitas valetvdinis bezeichnen unser Unpässlichkeit.
hinlänglich : ja es kommt valetudo einigemal geradezu für Krankheit
vor. Vgl. Plin. Ep. I, 22, 1; VII, 1, 1; ]9, 1; 30, 1 u. a.
bivalidus, unvermögend, schvutch, ist erst seit Livius im Gebrauche,
aber gnt neben hnbecillus und inßrmus ; in der Bedeut. ungültig aber
ist es N. L. für irritns.
Invariabi/is, mtver änderlick, ist N. L. für immutabilis.
Invosio, der Einfall , ^'infall, Angriff, ist sehr Sp. L. für incursio,
aggressio u. a. ; ebenso invasor, der Angreifer, für gui ijivadit u. a.
Iland (Lehrt), p. 142) nimmt es in Schutz durch die Analogie suasor;
dergleichen Analogieen täuschen aber oft.
Inveciivus , losfahrend , schmähend , ist sehr Sp. L. und zwar von
Reden und Büchern, wie denn die Reden gegen Catilina von den späten
Grammatikern invectivae genannt werden. iMan brauche dafür ji^/orjs,
ardens , contiimeliosns , adversarins , acer, acerbior, veheme?is , atrox,
fnriosus , aculeatns , minax, probrosus , wornach auch ein Schmähge-
dicht, Carmen probrosum heisst (Tacit. A. IV, 31).
Invehere oder inveki wird in der eigentl. Bedeut. ein- oder hinein-
führen,ein- oder hineinfahren verbunden in aliquem locum und aliqnem
locnm ohne in, aber invehi (nicht invehere) in der Bedeut. losziehen,
anfahren , schelten nur in aliquem (in aliquid), nicht ohne in. — N. L.
aber ist. was sogar Muret braucht, invehere oder invehi in inare, in
alttim , für evehi oder classem evekere in altum, wiewohl riclitig ist
invehi in partum, in ostium portus, littori u. a. Vgl. Drakenb. Liv.
XXXVII, 23 u. Frotsch. z. .\Iureti Oper. T. I, p. 129.
Invenire beschränkt sich meistens auf die XiedewX. finden, erfinden^
wogegen xmticrfi nde/i vieldeutiger ist. Man hüte sich vor Allem se in-
venire , sich finden ., in der Bedeut. sein zu brauchen, für inveniri. —
D. L. ist auch wohl receptuni invenire. Auf nähme finden , für rec.
habere (Caes. B. G. VI, 9) ; gratiam invenire apud aliquem, Gnade hei
Jem. finden, für i7iire gratiam ab aliquo oder apud (ad) aliquem., alicu-
jus gratiam conciliare; ?iecesse , nec.essariu7n , opus aliquid inven..
Etwas nöthig finden , für opus esse arbitrai'i; quietem invenire in ali-
quo, in aliqna re, Ruhe in Ei was finden, für acquiescere, conquiescere in
aliqua re. Und so hüte man sich, ohne Auctorität noch andere Oi)jecte
damit zu verbinden, z. M. gloriam.plausum, assensionem u. dgl. — Richtig
aber ist ?iomen invenire in der Bedeut. den Namen erhalten, was bei
Cicero oft vorkommt, wiewohl auch nomen reperire ebenso gebraucht
wird, z. B. Divin. 1 , 10 Aristolochia nomen es inventore reperit. JVach
Klotz aber (z. Cic. Tusc. I, 47, 113) bedeutet inventi sunt, man traf
sie, aber reperti sunt, man fand sie. Lieber den Unterschied beider
Verben, in Betreff dessen man noch nicht einig ist, \gL \^eber's
Uebungssch. p. 322 und die Bücher über die Synonymen.
Inveutio, die Erfindung, ist nur suhjectiv die Handlung des Finden»
oder vielmehr Auffindeus , niclit auch das Gefundene, Entdeckte., was
wir auch Erfindung nennen; dieses Objective heisst nur inventum. —
Falsch ist: hae sunt inventiones Kepleri, das sind Erfindungen Kepler's,
für haec sunt inveuta K. — Mit inventum wird aber nicht nur ein
Adj., sotidern auch ein Adv. verbunden, z. B. Jemandes gute Erf., bene
inventa aliciijus (nach Cic. luv. II, 2, 4) oder bona, wie Quintil. (V,
12, 19) sagt: optima i?wenta. Vgl. Geist's Aufgaben p. 24.
443
Inverecundia, die Unverschämtheit , ist sehr Sp. L. für impudeniia,
wiewohl inverecuiidus Kl. und,das Adv. inverecunde N. Kl. bei Seneca
und Qiiintil. vorkommt.
Inceterare und inveterascere , alt weiden. Davon gebildet ist ein
Adj., inveteralus, alt ; man sagt al)er niclit inipersonal inveterntmn est
mit folg. uf , es ist verjährt, ist alte Gewohnheit , dass — , sondern in-
■veteravit, ut — .
Invicem y abwechselnd , wechselsweise yVommt nirgends bei Cicero
vor, welcher nur vicissim braucht; denn in der einzigen Stelle, welche
man dafür angibt (Cic. Att. V, 10. 5), ist für invicem wohl richtiger
J7/ncti Aber bei Caesar (B. G. IV, 1; VIl. 85) und Ilirtins ( ß. G.
VlII, 6) findet es sich, und ist nachher seit Li\iiis in aligemeinem Ge-
branche neben vicissim. Beide geben aber nur in kleinerm oder grös-
serm Zwischenräume »abwechselnde Handinngen Eines, Zweier oder
Mehrerer an, z. B. invicem ridet, invicem flet ; invicem vißilant, itivicem
dormiunt, sie tvachen vnd schlafen wechselsweise, abwechselnd. — So
sagt man invicem cantare von Zweien, welche Wechsellieder oder ab-
wechselnd singe?i. Wo ein solcher AVechsel nicht Statt findet, sondern
nur das Gegenseitige zugleich, da sind beide Wörter Kl. unstatthaft,
und man sagt dafür nur inter se; z. B. i/tter se amnre, sich wechselseilig
lieben; inter se complecti , sich werh.^elseilig umarmen u. dgl., nicht
invicem amare, invicem complecti. Aber N. Kl. sind beide gleichbedeu-
tend, indem z. B. der Jüngere Plinins (Ep. IV, ], 2) invicem amare
brajicht, für inter se amare, dergleichen auch bei (^nintilian vorkommt.
So heisst sich wechselseitig schreiben A. Kl. invicem, Kl. inter se scribere
(Cic. Att. X, 8, 1). — Die natürliche Verbindung der Begriffe ivech-
sefsweise und vnter einander maclite, dass anch die Bessern, wie
Qnintilian nnd Plinius, sie verwechselten, was man nicht geradezu ver-
werfe. Falsch aber ist sibi invicem comnmnicare , sich einander mit-
theilen, wie J. A. Ernesti (Oratt. p. 124) sagt, für inter se communi-
care. Vgl. noch Vicissim und Handii Tursellin. T. III. — Sehr Sp. L.
sind die unnöthigen Znsamraensetzungen ab und ad invicem.
Invidentia ; vgl. Invidia.
Invidere, beneiden, wird P. L. m. d. Genitiv, alict/jus rei, um Etwas,
ver!)unden ; N. Kl. aliciii aliqna re y Einen vm Etwas. — Kl. und allein
zu beachten ist alicui a liquid \mi\ noch gewöhnlicher beide in anhän-
giger Verbindung mit dem Dativ dessen, um was man beneidet und d.
Genitiv dessen, den man beneidet, z. B. alicnjus virtuti. gloriae, divitiis
invidere , Jem. z/m seine Ti/ge?id beneide?/, für alicujus virtutem,
gloriam. divitias. — N. L. ist wohl aliitii ob oder propter aliijua/n rem
i/ivid., wie 31uret. (Expl. Cic. Catil. I, 12) sagt: qi/ibus et qi/as ob res
iijvideant, und hernach qtiib/ts et propter quae fere invideant. Nur
P. L. ist das personale Passi\um invideor für das prosaische mihi in-
videtvr u. s. w. Vgl. fleusing. Emendd, p. 473. Iland's Lehrb. p. 174.
Reisig's Vorles. p. 666. — Uebrigens kommt die Partie, form i/ividen-
dus, beneidensiverth, nHr1)ei Horaz vor, und ist nicht Avohl anwendbar
für d/gnns, cni invideatur. Vgl. Weber's Uebungssch. p, 222.
I/ividia. Zu beachten ist, was Cic. (Tusc. IV, 7, 16) bemerkt, in-
vidia sei activ und passiv, das Beneiden und das Beneidetiverden , der
Neid, welclien man hegt, und der Hass, in welchem man steht; da-
gegen sei invidentia blos der active Neid, und müsse, wiewoJil es ein
444
verbvm minus usitatiim sei, doch in genauer bestimmter Rede gebraucht
werden. V^l. auch ib. III, 9, 20. — Mit Recht verwirft Raschig (Progr.
p. 27) als uiierweislich invidia teynporis, die Ufigunst der Zeit, ungün-
stige Zeit, was man im N. L. findet, für tempus non opportuman, uon
idoneum, grave, alienum, inimicwn, infestum, durum, temporis atrocitas,
temporis injuria u. a.
Invidiosus ist zwar Ä7. in der Bedeut. der, welcher Neid, Hass er-
regt, aber aliquem invidiosum facere. Einen verhasst machen, ist N. L.
für das gewöhnliche aliquem in invidiam vocare ; ja selbst aliquem
invisum facere ist zu bezweifeln.
Invigilare , wachen, ist fast nur P. L. Neu und gekünstelt ist die
Redensart invigilare studiis, für operam dore studiis, incumbere in (ad)
studio, teneri studiis, exercere studia; ebenso ähnliche, z. Yi. invigilare
saluti populi. «
Invincibilis, unbesiegbar, ist sehr Sp. L. für invictus (Cic. Fin. III,
22, 76), qui Vinci non potest. Anton (Progr. p. 80) vertheidigt es durch
ähnliche klassische Ausdrücke, da doch die Analogie oft trügt.
hwiolabitis, unverletzlich, ist P. u. Sp. L. für sanctus, sanctissimue,
sacrosanctus , inviolatus , qui violari non potest. Eben so Sp. L. ist in-
vlolabiliter für inviolate. — N. L. ist inviolabilitas, die Unverletzlichkeit,
für sanctitas.
Invisihilis, unsichtbar, kommt nur einmal A". AI. bei Celsus vor von
einer 7iicht sichtbaren Oeffnung (foramen) , sonst wird es nur Sp. L.
von Gott gebraucht, für qui cerni non potest , qui sub oculos (adspe-
ctum) non cadit, non adspectabilis, occultus, quifugit aciem (Cic. Tusc.
I, J9), 7ion Visus, invisus, besonders neben inauditus u. a. — N. L. ist
invisibil/tas.
Invisitatus, ungesehen, war wahrscheinlich erst seit Livius im Ge-
brauche, für non visus, invisus; bei Cicero ist es unsicher. Vgl. Moser
u. Giese zu Cic. Divin. I, 42.
Invisor, der Neider, ist Sp. L. für invidus, qui invidet, und durch
das analoge suasor nicht zu schützen.
Invite, ungern, kommt uur einmal, aber bei Cicero vor, sonst nir-
gends für invitus.
Involatus , der Flug, beruht nur auf Cic. Fam. VI, 6, 7, wo aber
Andere volat/t lesen. Manutius verwirft es und ebenso F. A. W olf (z.
Sueton. Tiber. 39). Jener sagt: Nee Cicero umquam aut alius quis-
quam ex iis, quornm scripta exstant, aliter quam volatus vocavit ; nee
vero involare idem est, quod volare, sed intro volare etc. ; involatu pro-
bare vix possum. Dagegen sagt Orelli, es scheine artis proprium voca-
bulum, ohne es zu erweisen, da doch in den Büchern Cicero's de Divi-
natione von den Vögeln nur volatus und volare vorkommt, und auch
anderwärts nicht involatus. — Es ist also wohl gewiss fehlerhafte Form.
Tnvoluntarius, unfreiwillig, unwillig, ungern.^ ist Sp. L. und selten
für non voluntarius, invitus.
Involvere wird meistens verbunden aliquid aliqua re. Etwas in
Etwas einhüllen, nicht in aliqua re oder in aliquid , z. B. tenehris , in
Dunkelkeit : vestimejitis, nubibus — , nicht in tenebris. — Es wird zwar
bildlich gebraucht, aber N. L. ist es in der Bedeut. in sich schliessen,
enthalten ohne den Begriff des Verwickelten, für inesse in aliqua re,
contineri aliqua re u. a. — Man sage nicht: hoc verbum tautologiam
445
involuit , für in hoc rerbo inest tautologia; nicht: haec verba hunc sen-
simi ( hanc sententiam ) involvunt — und was man der Art mehr im
N. L. findet.
Invulgare, bekannt machen, steht nwr einmal bei Cic. (Ätt. II, 1,3),
sonst ist es nur Sp. L. für vulgare. Es werde nicht gebraucht.
Joculariter, scherzhaft, auf lustige Art, kommt N. Kl. beim altern
Plinius u. Sueton vor, Tuv jocose, per jocu?n.
Jocus, der Scherz; Plur. joci und joca. Nur die letzte Form braucht
Cicero, und sie werde in der Verbindung mit seria der Form jori\or-
gezogen, da man sprichwörtlich nur sagte ; Joe« seria agimus, wir trei-
ben Scherz nnd Ernst. Vgl. Cic. Fin. II , 2(), 85 at quicum joca seria,
ut dicitur. — Indessen sagt doch Livius (I, 4, 9) : seria ac jocos cele-
brare. Vgl. Piin. Ep. II, 13; IV, 17, 5. Tae. A. II, 13. Sali. Jug. 96. —
Unser Scherz bei Seite heisst estra jocutn oder remoto joco ; im Scherz
sagen, per jocum dicere, nicht joco oder in joco; noch öfter blos
jocari. Man verbindet auch per ludum jocumque.
Ipse kann nicht immer für unser selbst gesetzt werden; z. B. und
er loird es selbst, d. h. sogar wünschen, etiani cupiet ; selbst ein einzi-
ger Tag wird mir niitzen, vel unus dies mihi erit utilis (Cic. Att.
XII, 50). — Vel wird auch gesetzt, wenn selbst bei einem Superlativ
steht, z. B. selbst die fehlerhaftesten Redner, vel vitiosissinii oratores ;
Alles, selbst das Grösste (Kleinste), oinnia (vel) maxima (minima). —
Falsch ist ferner ipse in negativen Sätzen, wo selbst nicht oft so viel
ist als 7iicht einmal; z. B. er kennt selbst diese nicht, iste ne hos quidem
novit. — lieber ipse in Verbindung mit einem andern Pronomen glei-
cher Person, ego, tu, ille, ipse, vgl. Hoffmann in den Jahrb. VII, 1.
p. 33. Klotz Cic. Cat. 2, 4 u. Lael. 1, 5. Iland's Lehrb. p. 194. Reisig's
Vorles. p. 364 u. A. — Mehrmals tadelt Frotscher den Muret wegen
des falschen Casus in solcher Verbindung, z. B. zu Oper. T. I, p.lJ2,
150, 183 (zweimal), 322 und noch öfter. — lieber ipsissimus vgl. die-
ses Wort. Richtig sind; nunc ipsum, selbst jetzt, und tum ipsum, selbst
damals.
Ipsemet, er selbst, ist im N. L. häufiger, als bei den Alten, so dass
es kein Lexicograph, ausser Forcellini (auf keine Auctorität gestützt),
unter dem Worte ?net anführt. Ich kenne nur zwei Stellen, in wel-
chen es vorkommt: bei Plaut. (Amphitr. prol. 102): ipsemet abiit und
bei Cic. (Verr. III, 1, 3): ipsimet nobis; in einer dritten bei Frontini
(de aquaed. 74) steht nur nach Conr. d'Allio's Vermuthung ipsismei
mensuris, für ips mensuris. In den unzähligen andern Stellen bei Ci-
cero und allen übrigen Schriftstellern wird tuet nie dem ipse ange-
hängt, und wenn ipse in Verbindung mit einem andern Pron. steht, so
wird met im Gegentheil diesem andern Pron. beigefügt, z. B. egomet
ipse, mihimet ipse, memet ipse. nosmet ipsi, nobismet ipsi, nicht anders;
ebenso bei tu — tumei ipse, tibimet ipse — ; und so auch, wenn beide
Pron, in gleichem Casus stehen, z. B. tnihimet ipsi, nobismet ipsis, so
dass nach diesem feststehenden Gebrauche Cicero nobismet ipsi oder
ipsis hätte sagen müssen. Warum er nicht so sagte, wissen wir nicht;
aber eine Variante findet sich hier nicht. — Wir dürfen dieser Selten-
heit nicht folgen, und müssen ipsemet fast für fehlerhaft erklären,
mögen auch die besten Neulateiner, wie Jng. Politianus, Sadoletus,
Manuiius, Muretus (der es zum Ueberdruss brauclit) und viele An-
446
dere seiner Nation, sowie mehrere Andere so gesagt haben. — Rnhn-
ken tadelt es zu Mureti Oper. T. I, p. 308 ed. Fr. (p.221 ed.lluhnk.)
und verweist auf J. G. Berger Praef. ad oratt. lect. p. 13. — Auch be-
hauptet noch iViatthiae (Vermischte Schriften, p.31), Cicero habe ipse
in der Verbindung mit einem andern Pronomen, welcliem «<e/^ ange-
hängt sei, nur in gleichem. Casus mit dem andern gebranclit, z. B. mihi-
met ipsi, nicht mihimet ipse, wie Ernesti sagt (Prolus. 2. p. 143);
meinet ipsuin, nicht niemet ipse; einige dagegen sprechende Stellen
müssten geändert werden. Livins aber weicht davon ab. Vgl. Fabri zu
Liv. XXI, 14, 1 semet ipsi; XXII. 22, 14 u. 60, 23.
Ipsissimus, ganz ich (du, er) selbst, kommt nur einmal bei Plaut.
(Trinumm. IV, 2, 146) vor, und ist in komischer Laune gewiss von
ihm selbst gebildet. Es kann von uns nur im heitersten Scherze ge-
braucht werden, wie es Muret in einem Briefe gethan hat. Vgl. iVlureti
Oper. T. II, p. 58 ed. Fr.
Irasci bedeut. A. L. u. Kl. in Zorn gebracht werden, zornig iver-
den, und daher iratus sunt, ich bin erzürnt, zürne .• dagegen heisst ich
habe gezürnt, succensui. — N. KL aber heisst //«sc* geradezu erzürnt
sein, zürnen. Daher ist iratus esseni bei Cic. (Rep. 1, 38, 59) dasselbe
wie irascerer, was Seneca (de ira I, 15) dafür in gleicher Erzäblung
braucht, was aber bei Cicero hiesse ich gerielhe in Zorn, ivürde in Zorn
gebracht. Vgl. Klotz Cic. Tusc. IV, 36, 78. — Einen zornig inachen.
Jemandes Zorn reizen heisst, wenn nicht dabei steht gegeti wen, nicht
iratum uUcjuem facere, sondern alicui bilem oder stoninchiim movere.
Ire, gehen, werde vorsichtig gebraucht, da unser deutsches nicht
immer gleiche Bedeut. mit dem lat. hat. — Man sagt nicht: flumen
it (geht) per agrum, agros, fines, ^onAern fertur (Caes. B. G. IV, 10);
nicht: via it in Indiatn, sondern est in Indiara (Cic. Fin. III, 14, 45);
nicht ad ßnem ire, zu Ende gehen, sondern in exitu esse u. a.; nicht
a suojure ire, von seiueui Rechte abgehen, sondern decedere oder con-
cedere de jure suo ; nicht ab alicujus latere non ire, nicht von Jeman-
des Seite gehen, sondern non discedere ab — ; nicht ire ad alter nm
partem, zum zweiten Theile gehen, übergehen, sondern venire ad — ;
nicht iter it aliqno, die Reise geht irgendwohin, sondern iter est aliquo
(Cic. Att. VIII, 11, 5); nicht ire in annuni, in ein Jahr gehen, sondern
inire onnum, und bei Jahren des Lebens annum a gere ; mchi alicui
ire ex oculis, sondern se auferre, decedere, abire ex alicujus conspectu;
nicht ire in aliquem locnm, sondern se conferre, se recipere in — ,- nicht
ire in plateam, auf die Strasse gehen, sondern prodire in publicum;
nicht ire od convivium,zu. Gaste gehen, sondern inire couvivium ; nicht
non omnes eunt in aliquem locum, nicht Alle gehen in einen Ort, d. h.
nicht Allefasst ein Ort., sondern locus non omnes capit ; nicht ire in
scholam in dem Sinne die Schule als Schüler besuche?i, sondern fre-
quentare, visilare scholam; nicht rumor, J'ama it, das Gerücht, die Sage
geht, sondern est ; nicht berie it cum aliquo, es geht gut mit Jemanden,
sondern bene, rede est de aliquo, apnd aliquem (Cic. Att. I, 7 u. 8 ;
XIV, 16 sub fin. u. a.) ; nicht mihi it bene (male), mir geht es gut
(schlecht, übel), sondern mihi est bene (male), z. B. numquani tatn inale
est (geht es) Siculis (Cic. Verr. IV, 43, 95): ebenso mihi est (geht es)
melius, quam — . Vgl. Ruhnk. Terent. Andr. II, 5, 16. — Ebenso sagt
man in dem Wunsche: es gehe dir wohl, bene sit tibi. — Auch sagt
447
man nicht eat, er oder sie mag gehen, wenn man unwillig spricht, in
dem Sinne ich mag mit ihm (Ihr) Nichts zu thun hohen, sondern va-
leat. — Gehen in Verbindung mit aus wird last nur durch exire ex,
nicht durch Ire ex ausgedrückt, z. B. avs dem Munde gehen, exire es
ore — und so noch vieles Andere. — Gut aber ist die Redensart: res
melius it, res 7nelius eunt, die Sache geht l)esser (vgl. Cic: Att. XIV,
35, 3) ; sonst auch res prospere procedil. Ebenso sagt man auch ennt
res, sicut eunt, es mag gehen, wie es geht. Vgl. Vorst. lat. i'also susp.
p. 141. — Für das obige bene it cum alh'iio oder de aliquo spricht
aber freilich die Stelle in Cic. Att. Xll, 24, 3, welche auch Va^assor.
(Antib. p. 592) dafür anführt: de Attica optime it. Da aber nacli den
oben angeführten Stellen sonst nur esse steht, anderwärts das Ver-
bum ganz fehlt, und nur gesagt wird : de Attica optime (Cic. Att. XII,
45, 2; XIII, 26, 6; XIV, 16, 4), so mag Torkill Baden wohl Recht ha-
ben, wenn er für it entweder est oder et lesen will, welches letztere
auch bei Orelli steht. — Ueber den bildlichen Gebrauch von ire bei
leblosen Dingen, z. B. von der Mühle, dem Rade, dem Schiffe u. a.
vgl. Einiges in Th. II, Abth. I, §. 175.
Ironia hat zwar schon Cicero (Brut. 87. 298) u. A, aufgenommen,
dafür aber auch die üebersetzung dissimulotio gGWü^i (Acad. IV, 5),
und Orat. II, 67, 270 mit ironia noch dissimulantia verbunden. Jenes
und die beiden lateinischen sind gleich gut. Das Adv, ironice aber ist
Sp. L. für per ironiam, per irrisionem, per dissimulationetn, auch wohl
dissimulanter. Das Adj. ironicus kommt nirgends vor; man umschreibe
es also etwa durch Ave Subst. simufator und dissimutator. Vgl. über
dieselben die Ausleg. zu Cic. Off. I, 30, 108.
Irrationabilis, unvernüjiftig, ist Sp. L. Form für rationis expers,
irrationalis, welches letztere für irrationabilis bei Celsus und Quinti-
lian jetzt aufgenommen ist. Vgl.Spalding Quintil. II, 16, 16. Jedoch ist
irrationalis nur ein philosophisches Wort, dem rationalis entgegen-
gesetzt. Vgl. Seneca Ep. 71. Sonst brauche man nur rationis ex-
pers, a ratione aversus, sine ratione. Vgl. Cic. Tusc. IV, 6, 13 und
Rationalis.
Irregularis, gegen die Regel, unordentlich, ist N. L. für praeter
oder contra regulnm, declinans ab regula, a norma, N. Kl. enormis ;
auch kann man dafür solutus, dissolutus u. a. setzen.
Irreligiosus, gottlos, ist erst seit Livius gebräuchlich, sonst impius.
Sehr Sp. L. ist irreligiositas für impietas.
Irreparabiiis, unersetzlich, kommt zuerst bei Virgil von der Zeit
vor (tempus irreparabile), und auf gleiche Weise N. Kl. bei Colu-
mella und Seneca. Es empfiehlt sich durch seine Kürze, da es sonst
umschrieben werden muss, etwa durch qui reparari, compensari non
potest.
Irrepere, einschleichen, wird KL verbunden in aliquid, N. Kl. auch
alicui,N.L. ahev in aliqua re, wie in der Praef. edit. Lugd. Bat. (1664)
des Corpus juris: /w/Z/2//os (für innumerabiles) cu?ictis in exemplari-
biis (für cuncta in exeuiplaria) irrepsisse errores.
Irrevocabilis, nicht zurückzurufen, ist seit Livius bei den Folgen-
den üblich und seiner Kürze wegen gut; doch kann man auch sagen:
qui revocari non potest.
448
Irridere, verspotten, verlachen, wird nur mit d. Accus, verbunden,
aliquem, aliquid, N. L. mit d. Dativ.
Irrigare, beivässern, befeuchten, ist in bildlichem Sinne nur P. L. ;
aber ohne Beispiel ist pectus irrigant praecepta, was Muret. Oratt.
(Oper. T. I, p. 164 ed. Fr.) zu sagen wagte, und was nitr bei einem
Dichter zulässig ist.
Irritamentum, das Reizmittel, findet sich nach Sallust auch bei Li-
vius u. A. für incitamentum, invitamentum (Cic. Rep. II, 4. Fin. V, 6,
17. Süll. 26, 74) und illecebra, welche Cicero braucht.
trrumpere, einbrechen, eindringen, wird Kl. mit in und dem Accus,
verbunden, selten (wie bei Caes. B. C. II, 13 quin oppidum irrumpe-
rent; ib. lil, 111 domum ejus) und mehr N. Kl. ohne in m. dem blos-
sen Accus. ; P. L. mit dem Dativ.
Is, ea, id. Vor Allem ist vor dem Gebrauche dieses Pronomens in
Verbindung mit einem Genitiv und dem aus der vorhergehenden Rede
dazu gedachten Subst. zu warnen, da er D. L. ist und noch häufig
vorkommt; z. B. cum ex natura universa, tum ex ea hominis (theilsaus
der des Menschen), für tum ex natura hominis oder auch blos tum ex
hominis (bei Görenz Cic. Fin. praef. p. XX und so öfter bei ihm); Ci-
ceronis epistolae et eae (und die) Plinii, für et Pli?iii, — und so viele
ähnliche. Nur da, wo mehr als der Artikel des verschwiegenen Subst.
erforderlich ist, wird auch im Latein, ein Pronomen dafür gesetzt,
aber nicht is, sondern entweder ille oder hie. Vgl. darüber mehr
Th. I, §. 95 und Ochsner Eclog. Cic. p. 225. — D. L. ist auch is de
officiis, das über die Pflichten, für is qui est de ofßciis, und daher rügte
es F. A. Wolf, dass Ruhnken (Elog. Hemst. p. 252) geschrieben hatte:
maxime in eo (loco) de moribus commorantur, für in eo, qui est de
moribus, weil ihm ein solches einzelnes is mit einem Praepositions-
zusatze mit Recht neu und unlateinisch schien. — A^. L. sind ferner
Redensarten, wie: in ea tuarum orationum., quam mihi misisti, in
derjenigen deiner Reden, welche — fiir in ea tua oratione. Vgl. dar-
über Th. I, §. 68. — In Redensarten, wie: unter, von., aus ihnen oder
und unter — ihnen, als Zusatz zu etwas Allgemeinem, sagt man sel-
ten (et) inter eos, (et) in iis, (et) ex iis, sondern fast nur relativ in-
ter quos., in quibus, ex quibus; z. B. Cicero multos habuit amicos, in
quibus (und unter ihnen) Atticum, Sulpicium, Torquatum. — Ueber
eo m. d. Genit. vgl. Eo.
Isce, der da, ist keine sicher erweisliche Form für is, hicce; denn
in Cic. Caecin. 34, 99 muss mit Klotz für iisce rebus gelesen werden
Ä/sce. Verwerflich ist daher bei Muret. (Oper. T. II, p. 424) ejusce für
hujusce.
Iste; vgl. darüber Th. I, §. 101 und Reisigs Vorles. p. 361. Man
verwechsele es nicht mit hie und ille, wie es im N. L. oft geschieht.
In gerichtlichen Reden bezieht es sich meistens auf den Gegner, der
nur selten mit hie bezeichnet wird, insofern er dasitzt und gegen-
wärtig ist und insofern auf ihn hingewiesen wird; in Briefen aber geht
es auf den, an welchen man schreibt.
Ha, so, also. Unser also zuerst, wenn nach einem Eingange der
Rede Einzelnes aufgezäht werden soll, heisst nicht ifa primmn, son-
dern jam primufn, ac primum quidem; sowie nicht ita m<, sondern blos
ut oder sicut. In der Antwort jö sagt man nicht blos ita, sondern
449
meist ita est; so zum Betspiel, nicht i'ta, sondern ut oder veltit; z. B.
Cic. N. D. I, 1, 2 velut in liac quaestione pleriqiie dixernnt, so haben
zum Beispiel in — ; Inv. II, 31, 95 ut apud quosdam lex erat, so ivar
zum Beispiel bei — ; Brut, 85, 292 ut apud Platonem Socrates, so zum
Beispiel bei — ; Tusc. V, 12, 34 velut in Gorgia Socrates — inquit, so
sagte zum Beispiel. \^\. Cic. Off. I, 5 velut ex ea parte — , Utirichtig
steht daher irgendwo: ita unus ex recentioribus — sie dicere solebat.
— Nach ut, sicut oder quemadmodum, wie, foJg-t nicht im zweiten
Satze sie oder ita etiam, wie bei uns oft in Verg-Ieichung^en, (eben) so
auch, sondern blos sie, ita oder ite7n. Vgl. Cic. Off. I, 30, 107, wo für
sie in am'Tnis alte Ausgg. und sclilechte Haudschr. sie et in — lesen.
Im verneinenden Zusätze eines bejahenden Satzes (aber) nicht so —
der und der — sage man nicht non ita oder sed non ita, sondern iion
item; z. B. £!ie, Tusc. IV, 14 corporum offensiones sine culpa accidere
possunt, ß/«*wor?/m non item, (aber) nicht so die der Seelen. — 3Ian sage
nicht: ita 7iomi?iatur, so heisst er, so ist sein Name, sondern hoc no-
mine est (Cic. Rose. Am. 16, 46). — Wo wir sagen : Ja, so ist es, ivie
du sagst, sagt man latein. est ita., ut dicis oder blos est, ut dicis (Cic.
Fin. III, 5, 19), auch blos ita ut dicis. — In Redensarten, wie: wenn
ich gefragt würde, wer ein Philosoph hiesse, so würde ich den so nen-
nen, heisst dies blos eum dicerem (Cic. Orat. I, 48), nicht eu7n ita
oder sie dicerem. — N. Kl. und gänzlich zu vermeiden sind die kur-
zen Participialredensarten ita dictus, ita nominatus,so genannt, u.dgl.,
wofür /Cl. nur mit Umschreibung gesagt wird qui dicitur, quem dici-
mus. Vgl. Anleitung §. 590. Man sage z. B. nicht: Graevius receptus
est in scholam ita dictum Portensem, in die sogenannte Schzdpforte^
für in scholam quam dicimus Porfensem, quae dicitur Portensis. —
Endlich ist es N. L., ita im Nachsatze zu brauchen, wenn im Vorder-
satze ohne alle Vergleichung ut in der ßedeut. ivie, sobald als steht.
So braucht es mehrmals Vvyttenbach, z. B. Vita Ruhnk. p. 127 (137):
Mf vidit, ita ad Hemsterhusiuni suum volavit; ib. p. 12'^ hie item ut
audiit et locum inspexit, ita rationes Ruhnkeiiii probavit.
Italicus und Italus geradezu blos für latinuszu brauchen, ist erst sehr
Sp.L.,x.l&. lingua Italica für liiigua latina. Vgl. Heusing. Emendd. p.412.
Itaque stellt Cicero fast durchaus nur im Satze voran, nur in zwei
oder drei Stellen, welche aber nach Hand (Tursell. III, p. 509) ver-
dächtig sind, nach dem ersten Worte, ego itaque, est itaque. — N. Kl.
steht es oft nach, was man aber nicht nachahme, wie es im N. L. nur
zu oft geschieht. — Nach einem Relativ ist es unlateinisch, wie bei
Heyne (Praef. Virg. T. I, p. 71): quod itaque und nachher ^z/o itaque.
Ebenso findet sich auch nie et itaque für das blosse itaque oder et id-
circo, et ideo, et proinde. — Richtig aber ist und findet sich mehrmals
bei Livius itaque ergo, daher also ; aber nicht gut in Schlussfolgen für
unser so denn nun, für igitur; z. B. so ist denn nun die Sache ab ge-
than, res igitur confecta est, nicht itaque res — . Vgl. über itaque auch
Reisig's Vorles. p. 466.
Item, ebenfalls, ebenso, steht wohl nie in Beziehung auf qui, son-
dern dafür das Pron. idem. Falsch wäre: Quid est enim, quo non pro-
grediatur item ira, utfuror, — wohin nicht ebenfalls der Zorn gerathe,
wie die JFutk, für quo non eodem progr. ira, q7io furor (Cic. Tusc. IV,
36,77). — Ebenso auch heisst nicht ite/n etiam, sondern ilein ohne
29
450
etiam. Auch sagt man nicht unus itemque alter, sondern iinus et alter
oder 1/71US alterve, umis out alter. Vgl. Weber's Uebuiigssch. p. 315.
Iter, die Reise. Eine Seereise, eine Reise zu Wasser heisst nicht
iter maris, mari, maritimnm, aqua, aquarium, sondern navigatio, cur-
8US manY/mwÄ, wiewohl richtig ist iter rnari petere, facere, ingredi u.a.
— Eine Landreise, Reise zu Lande machen heisst nicht iter terrestre
facere (wie Sadolet. Epist. I, 1 sagt), sondern iter terra petere (vgl.
Ruhnk. Veliej. II, 82), facere, pedibus iter facere. — yiuf der Reise,
zinterwegs Etwas wegschicken u. dgl. heisst nicht in itinere, sondern
ex itinere. Vgl. Fabri z. Liv. XXII, 61. — Zivei, drei — Tagereisen
heisst nicht itinera duorum, trium dierum oder bidui, tridiii, sondern
iter duorum u. s. w.
Iterare, wiederholen, wird nur dann gebraucht, wenn Etwas zwei-
mal geschieht, also gleich duplicare; dagegen hat repetere, wieder-
holen, ganz aiigem. Bedeut. Ebenso ist iteratio — eine einmalige Wieder-^
holung, repetitio — Wiederholung im Allgemeinen. Gleichwohl braucht
Quintilian einmal multa iteratio (vielfältige Wiederholung), was nicht
nachzuahmen ist. — Man sage nicht: haec editio multoties (?) Her ata
est, für saepe repetita est. — Das Partie, iteratus ist erst Sp. L. und
ebenso das Adv. iterato für iterum. — N. L. aber ist iterata vice, zu
wiederholten Malen, zum aridem Male, für iterum.
/fe/wm bedeut. nur zum zweitenmal , nicht das allgemeine wieder
oder wiederum, welches denuo oder rursus heisst. Lächerlich ist: In
Gallia haec scripta seorsim (für Separatini) prodierunt, nuperque quo-
que ita iterum sunt excusa. — Im TV. L. findet es sich auch in der
Bedeut. von vicissim, dagegen wieder, abwechselnd. — Falsch ist; ego
iterum tibi gratificabor, ich werde dir wieder einen Gefallen thun, für
vicissim; si tu mihi epistolam scripseris, ego tibi iterum (für vicissim)
scribara. Vorst. de lat. falso susp. p. 165. — Das doppelte Herum ite-
rumque oder iterum atque iterum ist fast nur P. L. und in Prosa
höcht selten für Herum ae tertio, iterum et (ac) saepius; auch biswei-
len etiam atqiie etiam.
Itinerare oder itinerari, reisen, eine Reise machen, steht JV. L. bei
, Ev. Otto (de tutela viarum p. 116): eura etiam itinerantium credebant
esse numen tutelare, für iter facientium oder viaiorum, wo auch tute-
laris Sp. L. ist. — N. L. ist auch itinerator, der Reisende, für viator,
iter faciens u. a.
Itinerarius, zu einer Reise gehörig, und itinerarium, eine Reisebe-
schreibung, sind Sp. L. und müssen durch iter umschrieben werden;
z. B. eine Reisebeschr., itineris desrriptio, iter descriplum.
Jubere, befehlen. Selten und nicht nachzuahmen sind die beiden
Verbindungen dieses Verbi (mögen sie auch selbst bei Cicero noch
als Reste der altern Sprache oder als juristische Sprechweise vor-
kommen) mit dem Dat. c. Infin. und statt des Inf. iit. Dafür war ge-
setzmässige Redeform der Accus, c. Inf. nicht allein bei den Klassi-
kern, sondern auch bei den Spätem, so dass man heutzutage jene an-
dern, als seltne alte Redeformen, als fehlerhaft verwerfen muss, mö-
gen auch bessere Neulateiner ihnen bisweilen in wunderlicher Laune
gefolgt sein. — Man sage also nicht: J?/Äeo tibi, ut cubitum eas, ich be-
fehle dir, zu Bette zu gehen, sondern jf/beo te cubitum ire. Mit Recht
sagt Ruhnken gegen Muret., der ut nicht selten brauchte, zu Oper.
451
T. I, p. 85 ed. Rulink. (p. 184 ed. Fr.): rarior nee imitanda cnnstructio
jubet iit. Vide Düker, ad Liv. XXIII, 21. Ausserdem vg^l. ürak. Liv.
XXXII, 16, 9. Heusing. Emendd. p. 473. Markl. u. Wolf z. Cic. pro
domo p. 184. Hand's Lehrl). p. 177 u. Reisig's Vorles. p. 561 m. d.
Anm. Auch hält Herzog (zu Caes. B. G. 1, 7) jubere mit einem Accus,
des Objects ohne Infinitiv für Unsinn, da es allemal eine Handlung,
ein Geschehen als Zweck und Object erfordere. — Auch der Imper-
sonale Gebrauch von juberi werde vermieden, da der personale häufi-
ger ist, und ebenso j?ibere mit folg. ne, was sich ebenfalls bei den be-
sten Neulateinern, wie Longolius, Muretus u. A. findet, für vetare m. d.
Acc. c. Infin,, da es wohl zu bezweifeln ist, oh jubere auch bei Verbo-
ten gebraucht und negativ m. d. Acc. c. Inf. verbunden wird. — Da
jubere nur befehlen, ernstlich bitten bedeutet, so ist es TV. L., zu sa-
gen: jubeo librum in lucem esire, ich lasse das Buch öffentlich erschei-
nen, wo nur curare passt. Auch kann das Gerundioum nicht damit
verbunden werden, so dass es N. L. ist, zu sagen: eum interßciendmn
(esse) jussit, für eum interßci jussit.
Jubilaeus, a, um, ist fast N. L. Es wird theils mit annus, theils
mit sacrum verbunden, und sogar ohne diese Subst. als Subst. ge-
hraucht (jubilaeum). In beiden Fällen passt saecularis; also annus sae-
cularis, das Jubeljahr ; sacrum saeculare, solemnia saecularia oder Sa-
cra saecularia, das Jubelfest. Daher heisst ein dreihundertjähriges
Jubelfest, solemnia saecularia tertia oder tertia sacra saecularia.
Jubilare, jauchzen, war schon A. L. nach Varro (L. L. VI, 69.
p. 244 ed. Sp.), wurde aber nur von Bauern gesagt, die laut und wild
um Hülfe rufen; man findet es jedoch nicht weiter gebraucht. Unser
jubiliren, jauchzen heisst gaudio, laetitia exsullare,ovare, exsultatione
clamare, conclamare. — Das von jubilare abgeleitete Suhst. jitbilaiia,
das Jauchzen, ist Sp. L. für ea:sultatio,laetus clamor ,laeiae voces, lae-
titia. Unrichtig sagt daher Majorag. (üratt. p. 9): profusam populi
jjibilatiotie?n, für prqfusos populi laetos clamores u. a.
Jndicare wird in der Bedeut. Einen nach Etwas beurtheilen ver-
bunden aliquem (aliquid) ex oder de aliqua re, auch blos aliqua re,
nicht ad aliquam rem ; über Einen urtheilen, de aliquo. In der gericht-
lichen Bedeut. Jemanden richten, ein Urtheil über Jem. sprechen sagte
man nach Vavassor. (Antib. p. 555) in der bessern Prosa nie judicare
aliquem, sondern judicare de aliquo, und so auch Judicium facere oder
dicere de aliquo, sententiam pronuntiare secundum (für, zum Beste?i)
oder contra aliquem. — N. L. ist es in der Bedeut. verurtheilen, d. h.
verdammen, für damnare, condemnare ; z. B. zum Tode verurth., nicht
capitis oder wohl gar ad mortem judicare, sondern capitis damnare.
— Zwei einander entgegenstehende Dinge beurtheilen möchte besser
durch dijudicare, als durch judicare auszudrücken sein; z. B. wahre
und falsche Liebe beurtheilen, dijudicare amorem verum et fictum.
Indicatio, ein vielleicht von Cicero gebildetes Wort, bedeutet nur
die Entscheidung, nicht das Urtheil oder die Beurtheilung, welche
Judicium oder censura heissen. Vgl. Klotz Cic. Tusc. IV, 11, 26.
Judicialis, gerichtlich, ist zwar A7., aber eine via judicialis kommt
nicht vor, wie wir sagen der gerichtliche Weg. Vgl. darüber unter P^ia.
Judiciosus, urtheilsfähig (von einem Manne), ist iV. L. für homo
29*
4Ö2
(vir) acri magnoque judicio, qui habet intefltgens Judicium, auch blos
tnte/ligejis.
Judicium. U eher Judicium ferre für facere oder dicere vgl. unter
Ferre. — Ein Urtheil über Etwas fällen heisst entweder Judicium ali-
cujus rei oder de aliqua re facere. Vgl. Cic. Brut. 1, \ Judicium dignt-
tatis meae, über meine Würdigkeit ; Caes. B. G. I, 41 quod de se Opti-
mum Judicium fecisset; Cic. Orat. 140. Leg. Man. 43. Farn. XI, 29. —
Gut und Kl. ist auch Judicium in der geistigen Bedeut. Urtheil, Ur-
iheilskraft ; daher Judicium habere, wie wir sagen Judicium haben,
d. h. beurtheilen können, urtheilsfähig sein; z. B. Cic. Farn. IX, 16, 4
i])se Caesar habet per acre Judicium, wo von wissenschaftlichen Gegen-
ständen die Rede ist; Divin. II, 13, 30 cui (Democrito) certo »c\o Ju-
dicium numquam defuisse u. a.
Jugulatio, die Erdrosselung, Ermordung, kommt Sp. L. nur bei
dem gehaltlosen Auct. belli Hisp. vor, für caedes, occisio oder mit d.
"Verbo jugulare.
Junctura, die Verbindung.^ Zusammenfügung, ist zwar erst N. Kl.y
aber nicht zu verwerfen, wenn von genauer Verbindung zw eier Dinge
neben und mit einander die Rede ist, wie z. B. Iloraz von einer fun-
ctura verborum spricht, und Quintilian von einer apta junctura der
Wörter in einer Rede, wofür auch commissura oder copulatio stehen
kann. Die grammatische Verbindung zweier und mehrerer Wörter
heisst aber nicht junctura, sondern conformalio oder cofisecutio
verboru7n.
Junior und juniores kommen Kl. vor Livius nicht vor, und nur als
Bezeichnung einer Abtheiluug der Senatoren und der im Kriege die-
nenden Bürger,8onst aber nicht; sie sind daher auch geradezu i\ir juvenis,
juvenes oder adolescens, adolescentes kaum erweislich und müssen als
N. L. angesehen werden. Da man aber auch bei beiden nur an im
Jünglingsalter Seiende denkt, so kann die relative Altersbestimmung
zweier Menschen, z. B. zweier Brüder, von denen der eine jünger,
als der andere ist, nicht durch junior ausgedrückt werden, sondern
nur durch 7iatu minor, sowie der ältere — ?iatu major oder superior
heisst, nicht aber senior, wodurch das Greisenalter angezeigt wird, an
welches man aber hierbei nicht denkt. — Im N. L. w'ird bisweilen
dagegen gefehlt. Jünger heisst im Allgemeinen aetate oder anyiis mi-
nor. Daher tadelt auch Kühner mit Recht Redensarten, wie: juniores
lector es, jüngere Leser u. ähnliche, wo nnr juvenes oder adolescentes
oder das \d]. juvenilis angewandt werden kann.
Juppiter (Jupiter) ist in der Bedeut. Himmel nur P. L. inr coel um,
und das dichterische siib Jove, utiter dem freien Himmel, heisst in
Prosa sub coelo oder gewöhnlich sub divo.
Juramentum, der Eid, ist Sp. L. für jusjurandum. Ein Diensteid
aber ist sacramentum, und der der Soldaten, sacram. militare. — Je-
nes juramentum ist nur für Juristen zulässig. Vgl. Sciopp. de stylo
p.l87. Vorst. lat. mer. susp. p. 200.
Juratus, a, um, bedeut. bei den Bessern theils was beschworen
worden ist, theils Eijier, der geschtvoren hat, daher auch oft blos auf
mein Wort, auf meine eidliche Versicherung. — N. L. aber ist es, den
khX.jurato als Adv. beizusetzen, wie es Hemert. thut (Ep.ad Wyttenb.):
si vultis idem me jurato dicere, für me juratum.
453
Jurgiosrts, zänkisch, ist Sp. L. für jurgii amans (cupidus), litigio-
8US, contentiom's amans, contritus ad rixam, pugnax, perpugnaa: und
N. Kl. contentiosus.
Jurisprudentia, die Recht sgelehrsamkeit, ist erst Sp. L. für juris
scienfia (Cic. Brut. 41, 152. Topic. 22, 85); auch sagt man nicht jtiris-
prudens (wiewohl prüde f/s ifi jure gesagt wurde, und die Rechts-
gelehrten schlechtweg prudentes hiessen), sondern juris consultus,
selten jure consultus (Cic. Fam. III, 1; unsicher Muren. 11,25 u.
12, 27, wo Garaton. zu vergleichen ist). — N. Kl. ist juris sciens, und
N. L.jurista.
Jus, das Recht. Im Plur. kommt es selten vor, und fast nur im
Nom. u. Acc.,jura, da der Sing, schon die Gesammtheit der Rechte
Jemandes bezeichnet. Daher findet sich nirgends </ejV/r/Ä«ssMis, sondern
de jure suo cedere, concedere, decedere. — Selten ist bei Cicero (Ärch.
5, 10. Caecin. 34) und Andern jws civitatis, das Bürgerrecht, für civi-
tas allein; daher civitate donari, mit dem Bürgerrechte beschenkt oder
Bürger werden. \gl. Dietrich's Sintenis p. 7. — Der \hl. jure, mit
Recht, kommt nicht allein als beistimmender Zusatz zu etwas Vorher-
gesagtem vor, wie wir hinzusetzen mit Recht, sondern nur in der Ver-
bindung idque jure, et jure, und das mit Recht; z. B. Cic. Tusc. III,
12, 26 et jure fortasse. — N. L. ist jure merito, mit verdientetn Rechte,
richtig aber merito ac jure, jure meritoque oder ac merito. Und wenn
die Lateiner meo, tuo, suo — jure in einen Satz einschieben, so liegt
darin meistens der Begriff mit vollem, vollkommnem Rechte, wo N. L.
pletio, perfecto, magno jure gesagt wird. — Zu jure kann keine Stei-
gerung durch Grössenadjectiven hinzutreten; mit grösserem, vollerem
Rechte heisst also hlos justius oder rectius, und 7nit dem vollsten, voll-
kommensteti, grössten Rechte blos justissime, rächt aber plenissimo,
masimo, perfectissimo jure, was N. L. ist. Jedoch kommt bisweilen
optimo jure vor, was zunächst juristisch einen Zustand bedeutet, der
durch alle Rechtstitel geschützt ist. Falsch ist es aber, in diesem
Sinne summo jure zu brauchen, da dieses vielmehr bedeutet nach
strengem, strengstem Rechte, wo man also die Sache auf die Spitze
stellt und die Rücksicht der Billigkeit ganz aus den Augen setzt, —
wie denn auch summa jure agere dem ex aequo et bono agere entge-
gensteht. Man vermeide es daher, summo jure für optimo jure oder
justissime zu brauchen. — Das Meiste von dem hier Gesagten ver-
danke ich dem Hrn. D. Dietrich, der noch auf Ernesti's Clavis Cicer.
verweist. — Unser mit vollem Rechte heisst auch justo jure (Liv,
XXI, 3, 4); mit wie viel Recht, quam juste oder quam justo jure, nicht
quanto oder quam magno jure. — N. L. ist aliquid, z. B. librum, /;m-
hlici juris facere, Etwas öffentlich bekannt machen, herausgebe?} (ge-
bildet nach der Redensart aliquem sui juris facere), für edere, vul~
gare. Oft kommt es so im N. L. vor,z. B. bei Bergmann (Praef. Ruhnk.
Opusc. p. XIV): quae ut aliquando publici juris fiant, speramus, für
quae aliquando editum iri sper., wo auch ut bei spero seltsam ist. — •
Die oben erwähnten Ausdrücke meo, tuo, suo — jure braucht der La-
teiner auch da, wo wir sagen : und ich habe ein Recht dazu., und das
7nit Fug und Recht, z. B. postremo meo jure a te peto, endlich bitte
ich dich, und ich^habe ein Recht dazu, und ich thue das mit Recht;
jocari videtur, et fortasse suo jure, und vielleicht mit Fug und Recht,
454
und er hat viell. ein Recht dazu. (Cic. Fin. V, 2, 4); daher auch : ich
habe ein Recht, dieses zu thun, lioc ?neo jure facere possum.
Jusjurandum ist nur ein Eid im bürgerlichen Leben, bei einer
Rechtssaclie, nicht ein Diensteid. Vgl. Jummentrtm.
Jussus, der Befehl, kommt ausser im Abi. jtissu bei den Bessern
nicht vor, dafür nur J?/ss7/»j; aber nie im Abi. j?/s«o, wo nur jenes
Statt findet. Unerhört aber ist jussibus, was ich neulich irgendwo las.
— Ein Senatsbefehl heisst weder jtissnm noch jussus senatus, sondern
senatus auctoritas ; ein Befehl in Staatsangelegenheiten ist edictum;
z. B. Caesar (als Feldherr) edictum praemittit. nicht jussum.
Justificare, für gerecht erklären, und justificatio sind Sp. L. theo-
logische Wörter für aliquem justum declarare. Vgl. Geist Aufg. p.212.
Juvenalis, jugendlich, ist seltne Nebenform \on juvenilis.
Juvenescere, jung tverden, steht N. Kl. beim altern Plinius für
adolescere, adolescentem, juvenem ßeri.
Juvenis, jimg, der Jihigling, und juve?itus, die Jugend, bedeuten
nach strengem Gebrauche rüstige Leute, junge, krciftige, im Kriege
helfende Männer, welche im Alter zwischen den adolescentes und se-
niores stehen und so dem Alter nach auf die adolescentes folgen. Bis-
weilen werden jedoch adolesce?it€s und juve?7es fast gleich gebraucht
und \ene juvenes genannt, indem man nicht auf das Alter, sondern auf
die Juge?idkraft Rixcksicht nimmt; und so bedeutet denn auch ;wye-
nilis, jugendlich, so viel als rasch, rüstig. Vgl. Cic. Oif. II, 13, 45, wo
juvenis gleich adolescens ist. Daher wird denn auch die aetas juvenum
der aetas senum entgegengesetzt. Vgl. Cic. Cat. 19. — Die Jünglinge
(Jugend) auf Schulen heissen besser adolescentes und ihr Alter adole-
scentia., aber die auf höhern Gelehrtenschulen und im thätigen Men-
schenleben jMre«es und ihr Alter Juventus. Vgl. Fir. — D. L. ist viri
jttvenes, die jungen Männer, für juvenes allein. Auch wird es nicht ge-
braucht in Redensarten, wie: der junge Cicero, was entweder (in Be-
ziehungauf das Alter) Cicero adolescens, oder (zur Unterscheidung von
dem Vater) Cicero filius heisst. Derselbe Fall ist es bei dem weiblichen
Geschlechte, z. B. die junge Tullia, entweder Tullia adolescens oder
Tullia filia. — Weder juvenis noch juvenilis wird gebraucht, wenn
wir vom Jugendunterrichte sprechen, welchen die Lateiner nur mit
puerilis institutio oder disciplina puerilis ausdrücken; z. B. Cic. (Orat.
IL 1, 1): quantum prima illa ptierili institutione attingere potuit ; Rep.
IV, 3 disciplinam puerilem. — Ueber den Compar. junior vgl. die-
ses Wort.
Juventa, die Jugend, das Jünglingsalter, kommt erst seit Livius für
das gewöhnliche j?/re«/Ms vor. — R. L. sagt man dafür j?iventas, wel-
ches im gewöhnlichen Gebrauche die Göttin der Jugend bedeutete.
Vgl. Reisigs Vorles. p. 116.
Justa (A. L.justim, was einige Spätere wieder hervorgesucht ha-
ben) braucht Cicero nirgends als Praeposition in der Bedeut. neben,
sondern dafür secundum,prope,propter, ad und apud; nur einmal sagt
er juxta ac si, gerade als wenn, wie nenn (in der Einigen verdächti-
gen Rede post redit. in sen. c. 8), wofür er sonst sagt non secus ac si
( Mur. 4) oder perinde ac si. Als Praepos. aber, sowie auch als
Adv. in der Bedeut. neben braucht es Caesar und oft die Folgenden;
es ist also nicht zu verwerfen. — A. L. und noch bei Sallust findet
455
sich juxta cum aliquo in der Bedeut. ebenso wie irgend Einer, z. B.
juxta mecum, ebenso wie ich, — was durchaus zu vermeiden ist. Dage-
gen steht es ^. L. bei Sailust und nachher seit Livius (nie aber bei Ci-
cero und Caesar) in der Bedeut. ebenso wie, eben so sehr als, verglei-
chungsweise verbunden meistens mit ac oder quam, auch blos in der
Bedeut. auf gleiche Art, ohne Unterschied, — welcher Gebrauch nicht
zu verwerfen ist. — Sp. L. aber wird es mit einem Accus, verbünd,
in der Bedeut. zunächst^ nach, zufolge, gemäss, für secundum oder
(bei einem Personennamen) ex sententia, ut auctor est, ut ait, ut pla-
cet, ut videtur u. dgl. Man sage daher nicht juxta Herodotum, juxta
Livium, juxta Plutarchum u. dgl., nach der Erzählung Herodot's u. s. w.,
was im N. L. oft vorkommt. Mit Recht tadelt daher Ruhnken den Mu-
ret, welcher Oper. T. II, p. 105 ed. Ruhnk. (p. 370 ed. Fr.) schrieb:
juxta praeceptum Hesiodi — ; er sagt: Imo secundum; alterum est
cadentis latinitatis. Idem notavit Scioppius rhetor. exerc. p. 17. de
stylo p. 161. Vgl. vor Allen Handii Tursellin. T. III.
L. 1.
Lahascere, anfangen zu wanken, einzufallen, steht A. L. bei den
Komikern und ist nicht mehr anwendbar; man drücke es aus durch
labi, labare, concidere, corruere. Vgl. Collabascere.
Labi, verfliessen, von der Zeit, ist nur P. und Sp. L.; gleichwohl
wird es im N. L. wie e/a6i und /^raefer/afi/gebraucht, z. B. von Hemert.
(Strena p. 58): omnes ab ea morte lapsos dies, und oft von Chr. Saxe:
labente tempore, labentibus annis. Vgl. melir unter Elabi.
Labia, die Lippe, kommt als Sing, nur A. L. bei Plautus vor, und
wurde Sp. L. wieder gebraucht für labium (was jedoch fast nur im
Flur, üblich ist) oder für labrum, labellum. Daher heisst die Ober-
lippe, labrum superius (Caes. B. G. V, 14) ; die Unterlippe, labium (la-
brum) inferius.
Labilis, hinfällig, leicht verschwindend, Ist sehr Sp. L. für caducus,
brevis, infirmus, tenuis, dehilis, imbecillus, non tenax u. a. Hemsterh.
(Oratt. p. 154) braucht es: memoria labilis et incerta, wofür bei Cic.
(Att. XII, 1) memoria vacillans steht; sonst auch brevis, hebes u. a.
Labor ist in der bildlichen Bedeut. geistige oder künstlerische
Arbeit (von etwas Ausgearbeitetem) oder gleich unserm fFerk kaum
erweislich und N. L. für opus, und bei Tacitus (A. IV, 11) bildlich
cura. Nach Cic. (Tusc. III, 34, 81) suchen sich die Philosophen eine
Arbeit (opus), Etwas zur Bearbeitung. Für unser Kunstarbeit wird
theils opus, theils artificium gebraucht; Cic. Verr. IV, 46, 103 antiquo
opere, von alter Arbeit; Act. I, 51, 14 quod antiquo artificio factum
videbatur. Nirgends aber findet sich in dieser Bedeut. labor, welches
sich auf die Begriffe Mühe und Beschwerlichkeit beschränkt. — Ohne
Mühe heisst nicht sine labore oder nullo labore, sondern sine ullo la-
bore, nullo negotio.
Laborare, leiden, Noth leiden an Etwas, wird verbunden ab, de,
ex aliqua re, auch blos aliqua re; krank sein, krank liegen an Etwas,
aliqua re oder ex aliqua re; bei einem einzelnen leidenden Theile
braucht Cicero ex, z. B. ex capite, ex pedibus, e renibus, ex alvo, Cel-
45G
sus aber den blossen Abi., capite ii. s.. w. Wenn aber die Krankheit
selbst allgemein oder einzeln erwähnt wird, so steht blos der AhL,
z. B. morbo,febri, wiewohl Celsus aucli ex partu laborare sagt. Jedoch
drehen die Lateiner auch die Redensart tim und machen den leiden-
den Tlieil zum Subjecte, z. B. capiit allcnjus laborat, artus laborant
(Cic. Tusc. II, 25, 61). Bei geistigen Krankheiten braucht man ex,
z. B. ex invidia, ex desiderio. — In der Bedeut. wegen Jemandes in
Sorgen^ bekümmert sein heisst laborare de aliqiio (Cic. Inv. I, 26, 78),
alicujus causa (Cic. Farn. III, 7, 6), /;ro aliquo (Cic. Plane. 11, 28),
und in der Bedeut. sich mit Etwas beschaff igen, mit Ettvas beschäftigt
sein, labor, in aliqua re (Cic. Att. IV, 1, 3). — P. L. ist aliquid labo-
rare., Etwas arbeiten, zu Stande bringen, was im N. L. oft vorkommt;
und auch hier kommt laboratus, gearbeitet, verfertigt, nicht in Be-
tracht. Vgl. Elaborare. — Ue!)er den Unterschied von laborare und
elaborare s. Grauff's Collektaneen zu Bunelli Epist. p. 656. — Man
verwirft als N. L. laborare angustia temporis, an Zeit Mangel haben,
nicht Zeit genug oder zu wenig Zeit habeii, für excludi angustiis tem-
poris oder blos tempore.
Lacaenus, a, um als Adj. ist P. L. für Lacedaemonius; aber als
Subst. gen. fem. ist das gewöhnliche Lacaena, die Lacedämonierin,
nicht Lacedaemonia, — und das Masc. Laco und Lacedaemonius. der
Lacedämonier. Vgl. Cic. Tusc. I, 42, 100 u. 46, 111. Jedoch ist der
Plur. Lacones inr Lacedaemonii fast nur P. L. Vgl. Spartanus.
Laconia, das Land der Lacedämonier., scheint fehlerhafte Form
in den Ausgg. des altern Plinius zu sein, inrLaconica; denn auch grie-
chisch hat es die Endung r/.i].
Lacrimare (lacryinare), wei?ie?i,steht fast nur ohne Object, ausser
einmal bei Corn. Nepos : ejus (AIcibiadia) casum; mit einem Objecte
aber stehen collacrimare (aliquid) oder illacrimari (alicui).
Lactare und lactere dürfen nicht verwechselt werden, wie es in
Handschr. oft geschieht und vielleicht auch selbst von den Alten bis-
weilen geschehen ist; die Mutter lactat, gibt Milch, stillt; das Kind
(infans) lactet,. saugt die 3i//fÄ,- daher mater Inctans, infans lactens.
— A. L. ist lactare in der Bedeut. an sich ziehe?i, hintergehen, z. B.
lad. aliquem spe, Einem Hoff?iu7ig mache?i, für complere spe.
Laedere findet sich mit dem Acc. majestatem verbunden höchst
selten, nur bei dem Rhetor Seneca, Valer. Max. und späteir Juristen;
nirgends kommt vor crimen, lex, Judicium laesae majestatis, sondern
ohne laesae; und so auch damnatzis, arcessitus majestatis, wegen be-
leidigter, verletzter Majestät. Dies ist im Schreiben wohl zu beachten.
Laetatio, die Freude, steht nur ein einzigesmal bei Caes. (B. G.
V, 52), aber zweifelhaft, für laetitia.
Laetificare ist in der eigentl. Bedeut. erfreuen nur P. L. für laeti-
tia, gaudio qfficere; gut aber ist es in der bildlichen Bedeut. fruchtbar
mache?!, z. B. bei Cic. (N. D. II, 52): Indus (der Fluss Indus) agros
laetißcat, wie Virg. sagt: laetas facere segetes.
Laetitia kommt in Prosa nur im Sing, vor; A. u. P. L. im Plur.
laetitiae für das prosaische gaudia ; denn auch bei Cic. (Fara. II, 9,2)
ist incessi Omnibus laetitiis offenbar aus einem alten Dichter ge-
nommen.
457
Lamentum, die Klage, kommt nirgends im Sing, vor, sondern nnr
im Pliir. lameJita.
Lampada, die Leuchte, für lampas, ist P. wohl noch zweifelhafte
Form, wie Bentley (z. Manil. I, 359) meinte.
Laniatio, das Zerfleischen, steht N. Kl. beiSeneca; Cicero braucht
dafür laniaius oder laceratio.
Laniena ist in der Bedeut. Niedermetzelung, Blutbad sehr Sp. L.
für /aniatus, caedes, strages, occisio ; im A. u. Rl. L. bedeutet e8 die
Schlachtbude, das Schlachthaus. Muret, der über die Pariser Blut-
hochzeit, welcJie er laniena Parisiensis nennt, eine Rede hielt (Oper.
T. I, p. 264 fg^. ed. Fr.), hat weder von dem Gebrauche dieses Wor-
tes, noch von der Rede selbst besondere Ehre.
Lanio, der Fleischer, Metzger, ist erstSp.L. Form für lanius oder
auch niaceUarius.
Lana;. Eine gezierte Redensart findet sich beim altern Plinius;
lance aequa aUqiiid pensitare. Etwas unparteiisch ab- oder erwägen;
sie ist im N. L. nachgebraucht worden, doch sagen die Bessern ein-
facher dafür: d^'h'genter., diligentissime aliquid es- oder perpendere.
Eben so geziert ist, was man oft im N. L. liest: per lancem saturam
in der Bedeut. gemischt, bunt unter einander. Die Alten brauchten
diese Ansdrucksweise nicht, sondern blos per saturam, was aber heut-
zutage eben so wunderbar sein würde. Vgl. über den Gebrauch die
Lexica unter Satur.
Lapidare kommt in der Bedeut. steinigen. Einen oder Etwas mit
Stellten werfe?!, erst N. Kl. bei Sueton vor, denn bei Livius steht es
nur impersonal: lapidat, es regnet Steine, und ebenso bei ihm lapida-
tutn est mit und ohne de coelo. Man brauche lapidibus obruere, coope-
rire oder percutere. — Kl. aber sind lapidatio, die Stei7iigung., und
lapidator, der mit Steinen wirft.
Lapidaris, die Steine betreffend, ist N. L. P^rm für die bessere
lapidarius, wofür Andere falsch lapideus vorschlagen. Der Lapidar-
styl heisst daher nicht Stylus lapiduris, sondern lapidarius.
Lapis. Die Redensart omnem lapidem movere in der Bedeut. Alles
versuchen findet sich nirgends bei einem Lateiner, und kann, da sie
aus dem Griech. genommen ist, nur mit dem Zusätze ut Graeci dicunt,
ut in Graecorum proverbio est angewandt werden, für das gewölinliche
omnia experiri.
Lapsio kommt bei Cic. nur Tusc. IV, 12, 28 vor, in der Bedeut.
Neigung, Hang, und ist, wie es scheint, von Cicero selbst als pliiloso-
phisches Wort gebildet, für das gewöhnliche fapsus. Dieses lapsus
aber ist nur Subst. nach Decl. IV., nie nach Decl. IL, wie es doch
Giphan. ad Muret. (Oper. T. II, p. 116) brauchte: lapsis für lapsibus ;
ein Subst. lapsum aber gibt es nicht.
Lar, der Hausgott., mit und ohne familiär is, in der Bedeut. Haus,
für domus, ist bei uns ohne Zusatz kaum anwendbar,
Largiri in der Bedeut. ei/iräume?i, zugestehe?!, verlangt einen Dativ
und Accusativ oder dafür einen Satz mit ut , und ist daher wenig zu
brauchen für das gewöhnliche coticedere. Vgl. Klotz Sintenis p. 119.
Da aber largiri nicht gerade blos das gewöhnliche zugeben, zuge-
stehen bedeutet, sondern gern, gütig, g\eic\\sa\n freigebig einräumen,
so darf es nicht falsch gebraucht werden für concedere. Und so möchte
458
denn auch woMfacile largiri für f adle concedere zu pieonastiech und
nicht zu erweisen sein.
LargiUido, die Freigebigkeit , inr largitaa , »oM Corn. Nepos (in
einer verlornen Schrift) gebraucht haben ; sonst findet es sich nirgends.
Larva kommt in der Bedeut. Maske nur bei Horaz vor, für das
gewöhnliche persona. '
Lascivitas, der Muthwille, ist sehr Sp. L. für lascivia.
Lassare, ermüden, müde machen, ist fast nur P. L., findet sich
jedoch einmal beiCelsus und Seneca (Ep,98. p. 354), f ür f atigare, de-
f atigare , lassititdine conßcere, languefacere u. a. ; — ebenso lassus,
müde, für fes8iis,fatigatus, defatigatus. — KL aber ist lassitndo; N. L.
lassißcare.
Latere , verborgen sein , wird meistens ohne Object gebraucht. So
immer von Caesar; Varro aber verbindet es mit einem Objecto, bald
im Dat., z. B. ocf/lis et aaribus latere solent (L. L. VIII [IX], 52, 92),
bald im Accus., z. B. quod latet nostrum sensntn (R. R. I, 40) ; und so
auch Dichter und einige spätere Prosaisten bald mit dem Dat., bald
mit dem Accus. — Wie aber Cicero? Zwei Stellen, in welchen er es
mit einem Objecte verbindet, sind von den Gelehrten schon für ver-
dächtig erklärt worden, da die Handschr. sie verwerfen: Sulla 23
populum Romannm latuit, wofür es nach der besten Handschr. heisseu
muss: Kalendis Januariis, was auch Orelli aufgenommen hat, und
Catil. I, 6, 15, wo die in den altern Ausgg. stehenden Worte yMorf/rt/Ä?
oder me latere valeat oder possit in tempore (wie die Handschr. von
einander abweichend lesen) von den Gelehrten mit Recht verworfen
werden, zumal da sie in den bessern Handschr. fehlen. So bleibt nur
eine dritte Stelle noch übrig in der Rede post redit. in senat. 6, 13
ubi nobis haec auctoritas tamdiu tanta latuit? m welcher diese Ver-
bindung zu den Spuren der spätem Latinität dieser von Markland und
Wolf verdächtigten Rede gerechnet werden kann. — Für Sp. L.,']^
sogar für nicht lateinisch erklärten die Redensart latet me oder mihi,
es ist mir verborgen, ich weiss es nicht, Scioppius (de stylo p. 128 u.
de rhetor. exerc. p. 146) , Schorus (Phras. p. 504) , der wenigstens
den Accus, verwarf, und Heusing. (Emendd. p. 473), denen auch
Reisig (Vorles. p. 665) beistimmt. — Im N. L. ist latet mihi oder me
sehr gewöhnlich, da doch sicher stehende Redensarten dafür vorhan-
den sind , z. B. fugit,fallit, praeterit me mit dem Nominativ der ver-
borgenen Sache. Verdächtig wird die Redensart auch wohl dadurch,
dass Quintilian (X, 1, 12) als Synonymum von scio nicht iion latet mihi
oder me erwähnt. Vgl. auch noch Frotscher zu Mureti Oper. T. I,
p. 183, wo Muret sagt: numqtiid — deum latet. — Verworfen wird
auch als ungebräuchlich latere in angulo , in einem Winkel verborgen
sein, für latere occulte oder in occnlto.
Latex, die Flüssigkeit, Wasser, ist nur P. L. für liquor, aqua.
Latinismus, Eigenheit der lat. Sprache, ist zwar ein Kunstwort der
Grammatik, werde aber als N. Ij. so sehr als möglich vermieden durch
proprietas latini sermoTiis.
Latim/m, das Latein, als neutrales Subst., mit oder ohne Beiwörter,
ist N. L. : z. B. tuum, hoc, bonum latinum, dein, dieses , gutes Latein,
da es nur eine linguam latinam,sermonenilati?iumgibt,wo,weim nicht
von der lateln. Sprache im Gegensatze zu einer andern die Rede ist.
459
das Adject. immer nachsteht ; z, B. observatm/es Ihiguae lattiiae, nicht
lalinae Ihignae. Vgl. Heinrich. Cic. Oratt. p. 252 ed. Beier. — Was
wir das Latein nennen, ist entweder latinitas , oder sermo latinus,
Ungua latina, oder litterae latinae, z. B. Küchenlatein, latinitas cnli-
naria , nicht latinuvi culinarium. Vgl. Ctdinarius. — Wenn aber ge-
sagt wird : in latinum aliquid convertere (Cic. Tusc. III, 14, 29), so ist
dabei sermonem hinzuzudenken.
Latini/s,a,nm^ lateinisch, hat, wie das Adv. latine, erst sehr Sp. L.
die Grad formen latinior, latinius , latinissimva , latiniasime , die man
auch bisweilen im N. L. nachgebraucht findet, indem sogar Muret.
(Oper. T. II, p. 74) sagte: turdto latinins , J. Fr. Gronor oft: latinius
imo est, und Weisse (de stylo p. 114) latinissimus braucht; el)en80
Mencken. ( Observ. 1. 1. p. 25 ) und selbst J. M. Heusiifger (Praef. Corn.
JNep.). — Für scriptor latinior und latinissimus will Janus scn'ptor
pi/rioris und p?/rissi?nae latiJiitatis setzen. — Uebrigens sagt man ausser
latine lo(/ui auch latine scire, Latei?iisch iierstehen, wo loqui bei latine
hinzuzudenken ist; auch latine doctus , der Latein versteht. — lieber
bene latine loqui u. a. vgl. unter Bene.
Latium ist in seinem Gebrauche beschränkt auf die Landschaft
n?n Rom; N'. L. ist es aber in der Bedeut. die Lateiner oder Römer
und das römische Reich , für Latini , Romani , imperium Romamon.
Daher ist es nicht zu billigen, wenn z. B. Ruhnk. (Elog. Hemst. p. 261)
sagt: momimenta Graeciae Latiique , wobei Friedemann richtig be-
merkt: Hoc non raagis probo, quam si quis in carmine scripserit Hel-
ladis et Latii, quod vulgo fieri sexcenties videmus. ^^\. Hellas.
Latius, a, um. Lateinisch., ist P. Form für Latinus.
Lator kommt nie in der gewöhnlichen Bedeut. Träger vor, denn
bei Senec. (Tranq. 5) steht für latore jetzt actore, nach Andern ve-
ctore; auch nicht in der Bedeut. Ueberbringer,Zf B. eines Briefes, also
der Briefträger, für tabellariiis oder qui litter as reddit. Richtig ist es
nur in Verbindung mit den Gen. legis, legiim, senatusconsulti, ple-
hisciti u. a., der Etwas öffentlich in Vorschlag bringt.
Latus, die Seite, wird in örtlicher Beziehung nur dann gebraucht,
wenn es im Gegensatze \o\i fr ons und tergum steht; also z.B. nicht in
Redensarten, wie: nach, welcher Seite zufliesst der Fluss? — nicht in
quod oder in utriim latus, sondern in quam oder utram partem; keine
Briefe von meiner Seite , nullae ineae litterae. — Bei Abstammung
von väterlicher, mütterlicher Seite sagt man pater?io , materno genere,
und so Mehreres der Art, wo lat7is nicht passt. — Man merke auch,
dass in Beziehung auf die Anstrengung der Seite, wo wir Brust sagen,
Kl. nur der Plur. latera üblich ist, und erst N. Kl. bei Plinius und
Quintilian der Sing, latus. — Endlich heisst Einem zur Seite stehen,
alicui assistere, also mit Weglassung des unnützen latus.
Latus , a, um, tveit, breit, wird von Raschig (Progr. p. 25) in Ver-
bindung mit sensus,der tveitere Sinn, bezweifelt; vielleicht mtt Recht,
und besser braucht man wohl late , latius patere ; z. B. hoc verbum
latius patet, dieses Wort hat einen weitern Sinn ; ebenso hu^us verbivis
latius patet, nicht latiore est sensu. Vgl. Angustus.
Laudare. Ueber in os und plejio ore laudare \g\. Os , und über
plena manu laudare vgl. Manus.
460
Laudatio, die Lobrede ; — auf Jemanden wohl nie in aliquem, son-
dern mit dem Genit. alicujus; z. B. nonnullae mortuorum (auf Ver-
storbene) laudationes (Cic. Brut. 16, 61).
Laurus, der Lorbeerbaum, Lorbeerkranz. Nirgends findet eich der
Dat. und Abi. Plnr. Jauris oder lauribus , sondern laureis von laurea
(nach Decl. I.). — Ueber lauream in ?nustaceo \gl. Muslaceum.
Lava, die Lava,ht ein JV. Ij. Ä'unstwort von der aus feuerspeien-
den Bergen ausströmenden, heissen, flüssigen Masse. Es werde um-
schrieben, etwa durtli liquor oder maleria candens, quae lava dicitur.
Lavacrum, das Bad, der Badeort, ist Sp. Ij. für den Plur. balneae
oder balnea; ebenso in der Bedeut. das Baden, für lavatio oder lotio.
Vgl. Weber's üebungssch. p. 86. — Man hätte daher das Aovtqov
ndlXadog bei CäUimachus lieber durch lavatio oder lotio PalladiSf
als durch lavacrum Pall. übersetzen sollen.
Lavari. Nicht anwendbar ist für unsre Zeiten statt p?ieri impuberes,
unmündige Knaben, die nur bei Dichtern vorkommende Redensart:
qui nondum aere lavantur, welche man im N. L. nicht selten findet.
Vgl. Iland's Lehrb. p. 286.
Laxamen, die Linderung, Erleichterung, ist N. L. für laxamentum.
Laxativus , lindernd, mildernd, auflösend , ist Sj). L. für laxans,
laxandi vim habetis ; alvum solvens, resolvens, movens.
Lectica ist nicht unser Tragstuhl, worin man sitzend fortgetragen
wird, welcher sella gestatoria heisst, sondern eine Sänfte, worauf die
Alten lagen.
Lectio bedeutet im bessern Latein nur activ das Sammeln, Zusam-
meidesen und das Thesen von etwas Geschriebenem ; im N. L. aber liat
es einige andere Bedeutungen erhalten. Man braucht es nemlich 1) für
Vorlesting über einen Gegenstand, z. B. lectio de antiquitatibus Ronia-
norum,de historia antiqua,deHomero,de Pandectis, de anatomiau. dgl.,
für schola; z. B. eine Forlesung halten, scholam habere, nicht lectionem ;
Jemandes Vorlesung besuchen, ad alicujus scholatn (scholas) venire.
So brauchte sogar Ruhnken (Elog. Hemst. p. 279) das Wort falsch:
exteri, qui ad ejus lectiones (tür scholas) venissent,wo Matthiae
( Exempla eloq. p. 181) diesen Gebrauch rügt, wie schon vorher
f^egen Andere Heumann (Poecile T. III, p. 321) und Nolten im Antib.
Vgl. Frotscher zu Mureti Oper. T. II, p. 243, wo von praelectio die
Rede ist, sowie Eichstädt's Deprecatio latinitatis acad., der gegen den
Gebrauch der Wörter lectio , praelectio und recitatio für schola \iro-
testirt. — Eben so falsch ist das Verbum legere in der Bedeut. lesen,
d. h. Vorlesung halten über Etwas, wiewohl legere librum u. dgl., aus
einem Buche oder das Buch vorlesen bedeutet. — N. L. aber ist
legere de aliqua re, über einen Gegenstand eine Vorlesung halten, z. B.
wie oben: de antiquitatibus Rnmanor, u. s. w., ebenfalls für scholam
habere de aliqua re , tr ädere aliquam disciplinam, artem u. dgl. Auch
sagt man nicht lectiofiem aperire, eine Vorlesung eröffne?!, sondern
scholatn aperire, docendi oder scholam habendi i?iitiumfacere. — Richtig
ist aber legere, wenn der Name eines Schriftstellers im Accus, dazu
tritt, z. B, legere Virgiliuni, was, wenn es von einem Lehrer in einer
Schule gesagt wird, bedeutet: eine Vorlesung über Virgil halten, ihn
erklären; aber nicht legere de Virgilio. Vgl. Praelegere. — 2) braucht
man es auch in der Bedeut. die (verschiedene, abweichende) Lesart
461
in einer Schrift, und dafür ist es Iientzutage in der Kritik Kunslaiis-
druck. Es wird allerdings fast mit Reclit für unlateinisch erklärt,
und Reisig (Vorlesung, p. 99) nennt es eine Erfindung neuerer
Notenschreiber; jedoch finde ich diese Bedeutung bei Isidor. (Origin.
I, 20, 3): obelus apponitur, ubi lectio aliqua (irgend eine Lesart) fai-
sitate notata est. Andere wollen dafür scriptura oder scriptio, welche
aber ebenfalls in dieser Bedeutung 7ieu sind, so dass leclio noch ferner
als Kunstwort gültig bleiben wird und nicht zu verwerfen ist. Fr. A.
Wolf, der das Wort wohl als ein neues kannte und in seinen Vorle-
sungen rieth, es zu vermeiden, sagte doch selbst vera lectio^ variae
oder variuntes lectiones. Vgl. Wolf Prolegom. Homeri p. IV, VI, XVI,
XIX, XXVIII u. a. Vgl. auch noch Stephani Pseudo-Cicero p. 102 und
Hand's Lehrb. p. 144. — Neu ist endlich 3) lectio in der Beden t.
Lectioii, d. h. das zu lernen aufgegebene Stück; z. B. lectionem di'scä,
facit, recitat (sagt her). In diesem Sinne brauche man pensum, oder
umschreibe es, so gut man kann. Vgl. Vavassor. Antib. p. 558.
Lectare oder lectitare , lesen, für legere, beruht auf einem falsch
verstandenen Verse bei Horaz (Serm. I, 6, 122), wo aber lecto, wie
das damit verbundene scripta, Ablat. des Part. ist.
Lector ist in der Bedeut. Vorleser gut und KL, z. B. bei Cic. Orat.
11,55,223, da ja auch legere — vorlesen und lectio — das For/ese« bedeu-
tete, gleich recitare, recitatio, recitator. Scheller und Forcelfini führen
für diese Bedeut, nur Plin. Ep. I, 15, 2 u. IX, 17, 3 an. — Es ist das
acht latein. Wort für das griechische atmgnostes.
Lectura ist als Subst. in der Bedeut. Lektüre N. L. und muss durch
legere oder lectio ausgedrückt werden; z. B. ich beschäftige mich mit
griechsicher Lektüre, in graecis legendis operam consunio (Cic. Fin.
1, 1, 1) ; um angenehmer Lektüre willen, legendi et delectationis causa
(Cic. Orat. II, 84, 341).
Legalis, gesetzlich, die Gesetze betreffend, findet sich erst N. Kl.
und nur bei Quintilian, wo es ein rhetorisches Wort für einen Theil
gerichtlicher Reden ist; — Sp. L. aber ist es in der Bedeut. den Ge-
setzen gemäss, rechtlich, gut, für legibus C07iveniens, sectindum legem,
bonus , pius, sanctus u. dgl. Eben so Sp. L. ist legaliter für legitime,
lege, es lege u. a. Nirgends aber kommt legalitas vor.
Legare alicui aliquem heisst Einen zu Jemandes Gesandten machen,
bestimmen, z. B. mihi illum legavit, er hat Jenen zu meiiiem Gesandten
gemacht. Ebenso wird gewöhnlich gesagt: alicui esse legatum. Jeman-
des Legat sein, selten alicujus esse leg.; z. B. Cic. ( Rep. II, 40) : tibi
cum essem legatus, als ich dein Legat war, für tuus cum essem legatus.
Vgl. Th. I, §. 71. — Das Wort legatorius aber, welches die Lexica
aus Cic. Att. XV, 9 angeben (legatoria provincia) , beruht auf falscher
Lesart für locatoria. Sonst kommt es nirgends vor.
Legere, lese?!, in der Bedeut. eine Lesart haben (von einer Hand-
schrift oder Ausgabe) ist N. L. und kommt oft in kritischen Anmer-
kungen vor, z. B. codex , editio Aldina legit, Codices legunt u. dgl., für
in codice, in codicibus, in editione — legitur oder est. — N. L. ist auch
legere in lihro, in einem Buche lesen, d. h. eiii Buch lesen, für librum
legere; richtig ist diese Ausdrucksweise nur dann, wenn ein Object
(was man darin liest) im Accusativ beigesetzt ist. — Mehex legere,
lesen, in der Bedeut. eine Vorlesufig halten, vgl. Lectio, und über
462
legere de charta , de folio — , vom Papier , vom Blatte ablesen , vg^l.
Charta und Foliuiu.
Legislator ; vgl. Lex.
Legitimare se, sich legitimiren, sich als den Gesetzlichen, Verord-
neten — ausweisen , ist N. L. Janus schlägt dafür vor : se legitimum
reddere oder declarare.
Legumentum , die Hülsenfrucht , findet sich nur einmal Sp. L. für
legumen.
Lenimen, die Linderung , ist nur P. Jj. und lenimentum kommt TV.
Kl. beim altern Plinius und Tacitus vor, für levamen, levamentum, le-
vatio, mitigatio oder mit den Verbis lenire, levare, mitigare u. a.
Lefiis , satfft, mild, und lenitas. Ob man diese Wörter von einer
leichten , unbedeutenden Veränderung eines Wortes brauchen könne,
für levis , facilis mutatio, ist wohl zu bezweifeln. Vgl. was über den
Gebrauch von le?iis und levis Jacob in seinen Quaestiones epicae sehr
umsichtig bemerkt hat.
Lenitudo, die Milde, Sanftheit, findet sich nur einmal in Prosa bei
Cicero (denn in Tusc. V,16 steht lenitudo orationis im Verse aus
Pacuvius), Verr. IV, 61, wo aber Lambin. und Graevius le?ititudo vor-
ziehen , was aber Zumpt mit Ernesti verwirft. — Als seltenes Wort
werde es vermieden durch lenitas.
Le?itus, langwierig, kann nur dann gebraucht werden, wenn Länge
des Raumes in Betracht kommt, nicht Länge der Zeit, wo nur diutinus,
diuturjius , awch longus und longinquus passen; z. B. labor diuti7ms,
eine langw. Arbeit ; bellum diutumum, ein langiv. Krieg; longa oder
longinqua militia , langw. Kriegsdienst. Dies ist die Ansicht Rosen-
heyn's in der Jen. L. Z.
Jjesbicus , Lesbisch, \on der Insel Lesbos,ist kaum erweisliche
Form für Lesbiacus oder Lesbius ; P. Jj. sind Lesbous und Lesbis,
vcelches letztere als Subst. die Lesbieri/i bedeutet.
Ijcssus , das Klagegeschrei , ist nur A. L. für lamentatio oder la-
menta im Plur.
Letalis, tödlich, ist fast nur P. L. ausser bei?n altern Plinius und
Sueton (Caes. 82) , für mortifer (Cic. Div. I, 30, 63 morbus mortifer
u. a.). Noch mehr P., ausser bei Columella, ist letifer.
Lettim, der Tod, ist mehr P. als prosaisch, jedoch findet es sich
auch bei Cicero für mors, am meisten wohl in feierlicher Rede, wie
in dem Schwüre bei Livius XXII, 53.
Leuctra, die Stadt in Böotien, kommt nie als Sing, nach Decl. I.,
sondern nur als Plural nach Decl. IL vor.
Ijevare bedeutet xy/ar hebeyi, erheben, sher nirgends findet sich
se levare in der Bedeut. sich aus dem Bette erheben , atifstehen, (ür
surgere (e lecto) ; sonst ist es richtig und gleich se attollere.
Levidensis, geringfügig, kommt in der bessern Prosa bei Cicero
nur einmal vor (Fam. IX, 12) : munusculum levidense crasso filo; erst
ganz Sp. L. findet es sich wieder bei Isidor. ( Orig. XIX [nicht IX],
22, 19) : (vestis dicitnr) levidensis, quod raro filo sit leviterque densata;
— und um dieser Stelle willen kann die Aechtheit des Wortes
kaum bezweifelt werden, wie es H. Stephanus (Pseudo-Cicero p. 94)
thut. Jedoch werde es durch leve, vile, exiguum vermieden. Vgl. noch
Ileumann. Miscell. Lips. T. VIII, p. 87. ^
463
Levtgare (laevt'gare), glätten, g^eht nie über die eig^entliche Bedeut,
hinaus; es bedeutet also nicht bildlich verbessern , verschönern (von
der Rede) , wie z. B. Görenz (Cic. Leg. praef. p. XVIII) sagt: ^>^ Ulis
libris levigandis et poli'endis , wo das letzte allein genügt hätte. Nicht
einmal geglättetes Papier heisst charta levigata, sondern nach Cic.
(Q. fr. II, 15, 6) Charta dentata.
Leviusculus , etwas leichter oder etwas glätter, findet sich nur in
altern Ausgg. bei Plin. (Ep. I, 16, 5), jetzt aber ist es ohne Auctorität.
Vgl. Molliusculus.
Lex, das Gesetz, die Vorschrift, wurde nach Reisig (Vorlesung.
p, 303) ausser der juristischen Bedeut. wenig im allgemeinen Sinne
gebraucht; nie z. B. von Gesetzen oder Vorschriften in einer Wissen-
schaft, wie in der Grammatik, wo die Alten nicht leges, sondern prae-
cepta brauchen. — Dagegen spricht aber eine Stelle bei Quintil. (VlII.
prooem. 2): quasi ad certas quasdam dicendi leges alligati. — üeber
praescribere legem vgl. Praescribere, und über dare legem, legis (legnm)
dator und datio vgl. Dare. Hier bemerke ich noch als Zusatz zu dem
dort Gesagten, dass nach A. Grotefend's (Comment. p. 86) richtiger
Bemerkung legis (legum) lator nicht als allgemeine Benennung einer
Person gebraucht werden kann, da eine Person nur dann so heisst,
wenn sie ein oder mehrere Gesetze zur Genehmigung in Vorschlag
bringt. Falsch wäre es , wenn man den Cicero, der in seinen Gesetz-
büchern (de Legibus) Gesetze im Allgemeinen für einen Staat und
ein Volk entwirft, legum lator nennen wollte; vielmehr ist er legum
scriptor, conditor, auctor, qui leges dat, scribit, condit, aber nicht/er^.
Cic. selbst sagt (Leg. 11,25, 63): haec a sapientissimis legum scri-
ptoribus neglecta sunt, wo latoribus falsch gewesen wäre. So konnten
auch die Decemvirn, welche beauftragt wurden, für die Römer ein
Gesetzbuch zu enticerfen, nicht legum latores, sondern nur scriptores
genannt werden; und nie heisst es von ihnen leges tulerunt, sondern
scripserunt oder conscripserunt.
Lexicon, das Wörterbuch, ist zwar erst im N. L. aus dem Griech.
genommen, aber durch kein kurzes lateinisches, den BegrifFerschöpfen-
des Wort zu ersetzen. Vgl. Dictionarium. — Man hüte sich aber, jedes
Verzeichniss von andern Dingen, ausser von /röV^erw, so zu nennen,
indem z. B. ein hexicon hominum eruditorum (ein Gelehrten- oder
Schriftsteller- Wörterbuch), lexicon lihrorum, editionum u. dgl. Undinge
sind ; — ebenso lexicon bibliographicum u. ähnliche neue Namen. —
Lexidion aber in derselben Bedeut. (wie H. Goldhagen ein lexidion
graecolatinum schrieb) ist falsch, da das griech. Wort nur fVörtchen
bedeutet.
Libatio bedeutet das Ausgiessen des Weines selbst, also gleich
dem Verbo libare; daher ist libationem effundere, wie Schütz (Aeschyl.
T. III , p. 23 inter effundendam libationem) sagt , falsch für inter liba-
tionein oder libandum.
Libellum, die kleine Schrift, ist N. L. für libellus. Fiorillo brauchte
es in einer Antikritik gegen Huschke: hoc libellum in his terris
rarum est.
Libens (luhens), gern, als Adverb, zu brau(;hen, für libenter, ist ohne
alle Auctorität; gleichwohl findet man es im N. L., z. ß. innumeri (für
innunierabiles) et clarissimi viri lubens fatentur.
464
Lihenter (luhenter) , gern. Man kann wohl nliquid libenter habere,
Ettvas gern haben, in der Bedeut. gern hesitzeii brauchen, aber nicht
in der Bedeut. an Ettvas Ver gnü gen finden; dafür sage man aliqua re
delectari. Auch gebraucht man libenter nicht, wo gern für oft stellt,
z. B. litter as libenter scribere, für impigrum esse in litteris scribendis ;
auch nicht in der Bedeut. mit Fleiss, für dedita opera, de industria u. a.
Liber, das Buch. Die Redensart libris assidere , bei den Büchern
sitzen, kann wohl nur im eigentlichen Sinne gebraucht werden, aber
nicht in dem Sinne unseres ßeissig studiren. Doch drückt dies Plin.
(Ep. III, 5) auf ähnliche Art aus: litteris assidere.
Liber, frei; — von Ettvas in Prosa mit und ohne a; P. L. m. d.
Gein'tiv. Nur selten wird es in Beziehung auf Amts- und Staatsge-
schäfte gebraucht, für vacuus ( Cic. Brut. 5, 20) , und von Abgaben
und Kriegsdienst , also unser steuerfrei , wo immunis oder qui militia
«acß^ gesagt wird ; — ebenso Freiheit; vgl. Liberias. Auch sagt man
wohl nicht in dem Sinne von gute , edle Erziehting , liber e educatus,
sondern liberaliter educatus. Daher heissen/re/e Künste nicht liberae,
gondern liberales, ingenuae artes. Vgl. Friedemann z. ßuhnk. Opusc.
T. I, p. 85. — Dass liber auch als Subst. für liber homo gebraucht wird,
darüber vgl. Th. I, §. 83.
Liberatrix, die Befreierin, Retterin, was Muret. einigemal braucht,
kommt zwar nur auf einer klassischen Münze vor, ist aber gut gebildet
und nicht zu verwerfen ; doch sagt man dafür oft besser servatrix,
und so hätte auch Muret. passender sagen können für animorum
liberatrix.
Liberi, die Kinder, kann nur in Bezug auf Vater und Mutter ge-
braucht werden, wie alt sie auch sein wögen, gleich ßlius,ßlia;ßlü,
filiae; z. B. mei, tui, sui, ejus, Ciceronis liberi ; aber ohne Rücksicht auf
Eltern und nur in Bezug auf, Alter heissen Kinder — pueri. Ihnen
folgen im Alter die adolescentes ; sie sind also noch Unerwachsene,
weswegen auch für liberi gesagt werden kann pueri, wenn sie noch
unerwachsen sind, nicht aber umgekehrt liberi für pueri. Vgl. Cic. Q.
fr. III , 9 , 2, wo pueri nostri iur ßlii oder liberi nostri steht. — Paed-
agogen, die über Kindererziehung im Allgemeinen schreiben, dürfen
daher ihre Bücher nicht betiteln : de liberis rede instituendis (educan-
dis), de liberorum educatione, sondern de pueris rede inst., de puerorum
educatione , de pueris educandis. Wer aber von der Erziehung seiner
Kinder schreibt und spricht, sagt de liberis meis recte instituendis oder
educandis. — Richtig ist also: ad magistros liberos nostros raittimus,
nicht ;!;«eros. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 158. — Der Kinderu?iterricht
wird daher nicht durch liberi, %oni\ern durch ^//en bezeichnet, gewöhn-
lich disciplina puerilis (Cic. Rep.IV,3) oderinstitutio;:;?/e/-»7js (Cic.Orat.
II, 1, 1). — Kinder von Jematiden haben heisst liberos es (nicht ab)
aliquo (aliqua) habere (Caes. B. C. III, 110).
Liberias, die Freiheit, wird wie liber, theils in politischem, theils
in moralischem , theils in dem Sinne von Freimüthigkeit gebraucht, —
Alles mehr in löblichem Sinne ; aber nur selten bedeutet es Freiheit
von Abgaben, welche immunitas heisst, — vom Dienste, welche vacatio
muneris (publici), vac. militiae genannt wird, und ebenso Altersfreiheit
— vacatio aetatis (Cic. Leg. 1, 3, 10 ) ; oft sind auch copiawwA facultas
statthafter. Erst Sp. L. hat es auch die eben angeführten Bedeutun*
466
gen. — Der Plur. libertales kommt nur bei Plautus und den spätem
Juristen vor. Endlich wo wir von einem Volkesagen: die deutsche,
griechische, römische Freiheit, übersetze man nicht libertas germanica
u. s. w., sondern Germanorum , Graecorum, Romanorum , oder, wenn
es der Sinn fordert, Germania, Graecia, Roma libera.
Libertinus und Hbertus heissen beide bei uns der Freigelassene ;
aber libertinus kann nur in Bezug auf den Stand der Freigelassenen
im Staate gebraucht werden, da sie eine eigene, zwischen den Frei-
geboriien ( ingenuis ) und den Sklaven (servis) stehende Klasse bil-
deten; — Hbertus hingegen heisst der Freigelassene in Bezug auf
seinen Herrn. Der JNarae des Herrn steht alsdann im Genitiv dabei,
oder wird durch meus, tuus, suus u. s. w. angedeutet; z B. ineus Hber-
tus, nicht meus libertinus. iVIan sagt daher wohl: Tiro fuit libertinnsy
nicht Hbertus, aber Ciceronis Hbertus, nicht libertinus, und man kann
nicht fragen: cujus est libertinus? sondern Hbertus. Fälschlich glaubt
man, libertinus heisse nur der Sohn eines Hbertus. Vgl. Laur. Vallae
Elegant. IV, 1 u. Weber's Uebnngssch. p. 155.
Libet (lubetj., es beliebt., findet sich in der bessern Prosa nur mit
oder ohne Dativ, wozu oft noch ein Infinitiv tritt, z. B. mihi libet excla-
mare ; A. L. verband man einen Accus, damit, also melibet exclamare.
Libido ist jede regellose Begierde, selten allgemein, gleich cupidi-
las , wofür es Sallust braucht, sondern meistens sinnliche Lust, tVol~
tust, wie es denn im Plur. fast nur diese Bedeutung hat. Vgl. Klotz z.
Cic. Lael. 10, 35.
Libitus (lubitus) , Willkühr, Neigung, hat sich im N. L., ich weiss
nicht durch wen, eingeschlichen, besonders im Abi. mit und ohne ^ro
— pro libitu , nach Lust und Liebe, wiUkührlich , oder mit ad — ad
libitum in derselben Bedeutung. j\ur Tacitus hat libitum als Subst. und
nur im Plur. libita. Für libitu und pro libitu sage man arbitratu meo,
tuo — , ad arhitrium meum — , und für ad libitum — ad Hbidinem, ad
arbitrium. So sagt z. B. Heyne (Opusc. T. IV, p. 362) : aut libitu, ent-
weder nach Willkühr; Görenz (z. Cic. Leg. p. 4 ) : hoc est pro libitu
agere — und Andere, für ad Hbidinem, libidine, voluntate, Hcenter u. a.
— Richtig aber ist libitum est für libet, wie licitum est für licet.
Librare kommt bildlich in der Bedeut. abwägen, erwägen erst Sp.
L. vor, für perpendere; und wie man im Sp. L. librare momenta meri-
torum findet, so sagte Hemsterh. (Oratt. p. 9) : librare momenta rerum^
für perpendere mom.
Librarius , in der bessern Prosa mit und ohne servus oder scriba,
wird nur von den Bücher ab Schreibern gebraucht, die auch wohl ihre
abgeschrie!)enen Bücher verkauften; aber dennoch ist es in der Bed.
Buchhändler unpassend, und noch unpassender in der Bedeut. Buch-
drucker, wie es Muret braucht. In jener Bedeut. sage man librorum re-
demptor oder venditor, oder brauche das griech.WortÄ/6/«'o/;o/a, welches
schon A^.Ä7. beiPlin. (Ep.IX,ll,2) vorkommt.V gl. Forbiger's Aufgaben.
Libratio ist in der Bedeut. Schwingung , schtvingende Bewegung
unerweislich für impetus, z. B. coeli (Cic. N. D. II, 38).
Librator, der Schleuderer, steht N. Kl. nur bei Tacitus für fundilor.
Licentia, die Freikeit, ist mehr die tadelnswerthe Freiheit, und
daher missbrauche man es nicht für libertas. Einem Freiheit, Erlaub-
7iiss geben , Etwas %u thun heisst bei etwas Gutem fast nur alicui
30
4(36
potestatem alicujus reifacere oder facuttaletn rfare, alicui alf quid per -
Ttiittere, nicht licenti'am dare, vvas den NebeiibegrifF des Tadeliiswer-
the» enthält. Vgl. jedoch Anton. Progr. p. 15. — So ist auch licens
mehr ausgelassen, frech, mulhwillig, und gewagt und wunderbar scheint
es mir, wenn man sagt: einem jungen Theologen licenti'am concio-
natidi geben.
Licere , erlaubt sein, können, wird entweder mit dem Dativ oder
Accus, und dem Infinitiv verbunden, und wenn der Inßn. ein declinir-
bares Prädicat bei sich hat, so kann dieses bei dem Dativ der Person,
welcher Etwas erlaubt ist, die Etwas kann, sowohl im Dativ ah im
jiccusativ folgen; der Infinitiv aber kann ohne ein dazu gehöriges
Subject entweder in activer oder in passiver Form folgen ,z. B. de
Scauro breviter licet dicere oder dici. Ueber den passiven Gebrauch
vgl. Wopken's Lect. TuU. p. 278. Nur selten folgt das zweite Verbum
mit ut oder mehr ohne ut im Conjuuctiv, wenn Heere — mögen be-
deutet; z. B. möget ihr auch sagen, licet dicatis (Cic. Plane. 37, 99).
Uebrigens ist licitum est so viel als licet, und licitum fuit gleich licuit.
Vgl. Döderlein's Synonym. Th. V, p. 167. Von der Conjqnct. licet
s. hernach.
Liceri, bieten; — auf Etwas ra. d. Accus., z. B. libros, auf Bücher.
Das Wieviel steht bei bestimmtem Preise im Abi., bei unbestimmtem
im Genit. oder Abi. Vgl. die Grammatiken. Dagegen bedeutet die active
Form Heere, ausgeboten, feil, käuflich sein; der Preis steht dabei, wie
bei liceri.
Licet, ah Conjunct, wiewohl, obgleich, hat im bessern Latein nur den
Conjunctiv des Praesens oder Perf. bei sich, erst Sp. L. den Indicaiiv.
Fehlerhaft schreibt daher Mahne (Vita Wyttenb. p. 1) : licet agnovi ei
habui. Zu verwerfen ist es auch, wenn licet wie ein Adverb, mit einem
Adject. oder Partie, ohne Verbum verbunden wird , wie quamquam,
quamvis, etsi, da es seiner Natur nach als ein unvollständiges Verbum
noch ein Verbum fordert. Incorrect ist: haec via, licet (wiewohl) lu-
brica, tamen — . Vgl. mehr in Ilandii Tursell. T. III, p. 543 — 546.
Licite , auf erlaubte Weise , ist erst Sp. L. iärjuste, honeste , le-
gitime u. a.
Ligare , binden , zubinden , verbinden , mit dem Acc. vulnus , eine
Wunde, ist nur P. L. für obligare oder alligare.
Ligatura, das Band, ist sehr Sp. L. für das Kl. vinculum und die
N. Kl. ligamen und ligamentuni.
Lignum, Holz, ist im Sing, nur dann iiblich, wenn allgemein ge-
sprochen oder nur ein einzelnes Stück verstanden wird ; liegt aber der
Begriff der Mehrheit darin, so braucht man nur den Plur. ligna, wo-
gegen im N. L. der Sirtg. steht; z. B. sie legten um das Haus Holz
und Reiser, ligna et sarmenta, nicht lignum (Cic. Verr. I, 27, 69).
Ligurinus , Ligurisch , aus Ligurien, ist nur P. L. und selten für
Lignslicus oder Ligustinus.
Lilybaeus und andere längere Formen^ Lilybäisch, ist P. L. für
Lilybaetanus.
Limen, die Schwelle, ht in der bildlichen Bedeut. Anfang,für
initium, nur P. L. ausser bei Tacitus: in limine belli; es werde ver-
mieden.
Limes ist nicht Gränze im allgemeinen Sinne, sondern nur eine
467
bestimmte, durch einen Weg, Rain oder etwas Sonstiges bezeichnete
Gräiize; daher wird es auch nie von den Gränzen eines Landes ge-
braucht, für ^wes. — Nnr P. L. und selten steht es in bildlichem Sinne,
und man wende es daher nur in örtlicher Bedeut. an. Vgl. Klotz Sin-
tenis p. 66. Verwerflich ist daher limitibus circumscribere in der bild-
lichen Bedeut. emschränken, für circumscribere allein, oder mit dem
Abi, cancellis verbunden, oder coercereu. a. So sagt Hemsterh. (Oratt.
p. 127) : doctrinae copiam non solis — theologiae limitibus circum-
scriptam.
Limitare, die Gränze abstecken, bekränzen, wird fast nur auf 0er-
ter beschränkt, und kommt selbst so noch selten vor; dagegen mehr
Limites ponere , terminis circumscribere u. a. Nur einmal steht limitare
bildlich bei Varro mit dem Accus, quaestionem in der Bedeut. bestim-
men, für definire, determinare, ßnem praescribere u. a. — Das Adject.
limitaneus aber, an grunzend, nahe liegend ,\»t Sp. L. für ßnitimus,
confinis, vicinus u. a.
Limpidus, hell, klar, ist in Prosa nur iV. Kl. und selten, für clarus,
purus, liquidus.
Linea ist in der Bedeut. Zeile bei etwas Geschriebenem oder Ge-
drucktem fast N. L. für versus, versiculus. Vgl. Cic. Att. II, 16 primus
versus epistolae. Im A'. L. findet sich linea oft in dieser Bedeut., z. B.
vix singulae textus lineae. — Sp. L. bei Juristen steht paterna, ma-
terna linea, von den Stämmen der Verwandtschaft, was wir väterliche,
mütterliche Linie nennen, für genus paterfium, gefius maternum. — ■
N. L. ist ferner linea aequinoctialis , die ^equinoctiallinie , inr limea
aequinoct. Auch merke man . dass in gerader Linie, z. B. sich senken
durch /er/7 ad lineam oder recta linea (rectis lineis) auszudrücken ist.
Lingua ist Sprache jedes Volkes in Bezug auf die verschiedenen
Wörter zur Bezeichnung der Begriffe; dagegen ist sermo mehr Rede,
wie sie Jeder des Volkes unter den Seinigen spricht, die Art und fFeise
sich auszudrücken. Es gibt also wohl eine lingua Germanica, Graeca,
Romana, aber keine lingua poetica und prosaica , sondern nur einen
sermo poeticus, sermo prosaicus. Vgl. Heusinger Cic. Off. II, 24, 11 und
besonders über den Unterschied und Gebrauch beider Döderlein's
Synonym. Th. IV, p. 22.
Lippus, Einer der wehe., triefende Augen hat. Die sprichwörtliche
Redensart lippis et tonsoribus notum est wird von den Alten nie in
Bezug auf gelehrte, sondern nur in Bezug auf gewöhnliche, dem Volke
bekannte Dinge gebraucht. Man wende sie daher nicht falsch an, und
auch nicht wohl ohne den Zusatz ut ajunt.
Liquide als Adv. ist Sp. L. Form für die Kl. liquido.
Liquiditas, die Flüssigkeit, ist Sp. L. für liquor, humor.
Litigatio und litigatus, der Streit, die Zänkerei, sind Sp. L. (jenes
ist sogar zweifelhaft) für lis,jurgium, certatio, cojicertatio.
Litigator, der Zänker, ist zwar N. KL, kommt aber bei Quintilian
und Sueton vor, und ist nicht zu verwerfen, für hämo litigiosus oder
litigans.
Litigium, Zank, Streit, ist nur A. L. für lis, jurgium u. a.
Littera, der Buchstabe , hat im Plur. (litterae, die Buchstaben) ein
beigefügtes Zahlwort nur als Cardinalzahl bei sich , z. B. duae , tres,
quatuor, es sei denn, dass der Sinn durchaus eine Distributivzahl ver-
30*
4GS
langte; steht aber litterae in der Bedeut. Brief, 80 erhält es nur ein
Distributiczahhrort , ']aAov,\\ so, dass ei7i Brief, unae , nicht aingulae,
zwei — binae, drei — trinae , nicht lernae , vier — quaternae n. s. w.
heisst. Vgl. darüber Th. I, §. 90. — Mag auch litterae graecae,laiinae
\\. dgl. die griechische, lateinische Sprache bedeuten, so kann es doch
nicht geradezu für lingua graeca — gebraucht werden, und falsch
möchten wohl die Anfangsgründe der griechischeii Sprache — rndimenta
graecar. litterarum genannt werden, wie es im N. L. geschieht. Sehr
passend aber sagt wohl Cicero einigemal (Tusc. I, 1. Fin. I, 2, 4) ali-
qnid latinis litteris illustrare, Etwas in lat. Sprache schriftlich darstel-
len , d^ hier mehr an die Schrift gedacht wird. Sonst umfasst jener
Ausdruck mehr, nemlich die gesammte wissenschaftliche Kenntnis«
oder Litteratur eines Volkes,/. B. der Griechen — , ihre Sprache,
Geschichte, Philosophie, Alterthiimer u. s. w. , und so unterscheidet
auch Li V ins (IX, 36) Etrtiscae litterae von lingua Etrusca. — End-
lich heisst Buchstabe für Buchstabe , buchstäblich , nicht litteraliter,
was N'. L. ist, sondern ad litteram, auch ad verbum.
Litterarius kommt erst N. Kl. beim altern Plinius, Quintilian, Sue-
ton u. A. vor, aber nur mit ludus verbunden, von einer Schule, in
welcher Sprachen und Wissenschaften gelehrt und gelernt wurden,
also eine Gelehrtenschule, dem ludus gladiatoriiis , einer Fechtschiile,
entgegengesetzt. Auffallend ist es, dass sich dieses Wort sonst nirgends
als Beiwort eines andern Subst. findet. Dagegen ist litterarius im
N.L. ein sehr gebräuchliches Wort; wir sprechen von res litteraria und
labor litterarius (bei Mahne im Crito), respublica litteraria (bei Paul,
a Josepho) , civitas litteraria (bei F. A. Wolf) , libri litterarii u. a. m.
Ob es uns Spätlingen freisteht, den Gebrauch des Wortes zu erwei-
tern, wage ich nicht zu entscheiden, zumal da es bei uns zu den ge-
bräuchlichsten, kaum mehr zu verwerfenden Kunstwörtern gehört.
Wo man es vermeiden kann , da thue man es , und übersetze z. B. die
gelehrte, litterärische Müsse nicht durch otium litterariutn, sondern
durch olium litteratum (nach Cic, Tusc. V, 36, 105 quid est enim dul-
cius otio litterato?), und für labores litterarii, litterärische, gelehrte Ar-
beiten (wo ohnehin labores unlateinisch ist), sage man studia oder
litterae , yfie bei Cic. (Fam.XV,4, 12): omnis varietas litterarum
mearum, alle meine mannichf alt igen gelehrten Arbeiten.
Litterator kommt schon Kl. vor, aber nur bei Catull; N. Kl. bei
Sueton u. Spätem, aber in der sehr beschränkten Bedeutung Elemen-
tarlehrer, der nur Lesen und Schreiben lehrt. Im N. L. hat es seine
Bedeutung so erweitert und erhöht, dass man darunter nicht allein
einen Bücherkenner, sondern sogar einen Alter thumskenner versteht.
Man vermeide es, so gut man kann, da sich die alte Bedeutung von
der neuen so sehr unterscheidet.
Litteratura kommt zwar Kl. bei Cicero vor, aber nur in der Bed.
die Buchstabenschrift, das Schreiben, und prima litteratura waren, wie
Seneca (Ep. 88, p. 357) sagt: ut antiqui vocabant, per quam pueris
eleraenta traduntur, die ersten Anfangsgründe im Lesen und Schrei-
ben. Erweitert, in dem Sinne von Sprachgelehrsamkeit überhaupt,
braucht es erst Quintilian und so die Spätem, aber nie in einem höhern
Sinne, auch nicht von dem Inbegriffe der Schriften in einer Sprache,
wie wir Litteratur brauchen. Meistens ersetzt litterae diesen Begriff,
4Ö9
z. B. Cic. Brut. 20, 78 graecis lüteris studere , gn'ech. Lüteratiir stu-
(itren, treiben; ib. 33, J25 damnum Hortensii interitu latinae liiterae
(die latein. Litteratur ) fecerunt. Quintil. X, 1, 123 litterae Romanae
paucissiraos tulerunt, in der Römischen Litteratur kommen nur sehr
fVenige vor — und andere ähnliche.
Litteratus wird oft bei Cicero von Personen gesagt, die gelehrt
sind und gelehrte , wissenschaftliche Studien treiben. Er legt es aber
auch dem otium, Aer freien, tmgestörten Müsse bei, wenn sie auf Wis-
senscliaften verwendet und mit gelehrten Studien lu'ngebracht wird;
z. B, Tusc. V, 36, 105 quid est enim dulcius otio litterato? — Und so
kann auch wohl die vita und jeder Zeitabscfmitt des Lebens, der von
dieser Art ist, so genannt werden, wie denn auch Cic. wirklich ein
solches Greisejialter, senectutem litteratatn nennt (Brut. 76, 265).
Aber unlateinisch ist es, wenn man im N. L. von litterati labores spricht,
für unser gelehrte Arbeiten. Vgl. Litterarius.
Litterio steht nur einmal Sp. L. bei Ammian, wo Julian spöttisch
lilterio graecus genannt wird, also ein griechischer Halbgelehrter
(wohl nicht ein Sprachlehrer). Es kann kaum im Spott nachgebraucht,
noch viel weniger aber kann ein Grammatiker im Ernste so genannt
werden, wie es sogar der Antibarbarist Noltenius in seiner Vorrede
thut. Gut ist semidoct?is.
LittoreuSydas Ufer betreffend, ist nur P. L. i\\r littoralis oder noch
besser mit dem Subst. littus.
Littus ist Meer- und Seeufer, Gestade; ripa ist Flussufer ; ora, die
Küste mit Inbegriff des Landes am Meere; daher heissen Küstenlän-
der, orae maritimae, nicht littora.
Lilurare, etwas Geschriebenes ausstreichen, ist sehr Sp. L. für litu-
ramfacere. delere, aliquid (z. B. nomen) inducere.
hivere ist in der Bedeut. beneiden fast nur F., ausser bei Tacitus,
für invidere, wiewohl Cicero lividus und invidus synonym braucht.
Ebenso ist livor, ausser bei Dec. Brutus (Cic. Fam. XI, 10, 1) und
Tacitus, nur P. L. für invidia.
Localis, örtlich, ist sehr Sp. L. und entbehrlich, da locus in jeder
Beziehung ausreicht; z. B. Adverbia locihti Quintilian, für loculia bei
den späten Grammatikern; ein örtliches Verdienst \\e,\s%i meritum ex
loco (Tacit. A. IV, 14).
Locare, stellen, setzen ; — wo, wohin wird nur durcli in aliquo loco
ausgedrückt, nicht durch in aliquem locum, wie es nur im A. L. vor-
kommen soll. Vgl. Collocare.
Loculus steht in der Bedeut. Sarg N. Kl. beim altern Plinius für
arca bei Livius XL, 29 und an andern Stellen. Andere wollen condi-
torium (nach Suet. Oct. 18), was aber vielleicht die Gruft bedeutet.
Locus, der Ort, die Stelle, hat im Flur, loci u\u\ loca ; /oc/ bedeutet
meistens einzelne Stellen, Oerter , Plätze, wo sie sich auch finden
mögen , ^oca aber mehr geräumige Stellen und eine ganze Gegend,
in welcher mehrere /oc/ sind, wiewohl /oc«' auch z. B. bei Sallust, Livius
u. A. für loca, aber loca wohl nicht für loci steht. — Loca kann daher
nicht wohl für einzelne Stellen aus Schriften gebraucht werden , wie
es im N. L. häufiger als /oc<' gebraucht wird, sondern nur, was so bei
Cicero, Quintilian und Andern vorkommt. Reisig (Vorles. p, 115) ver-
wirft aber freilich loci und will dicta oder exempla, die allerdings bis-
470
weilen passen. Loci braueht aber so Cicero, z. B. Fin. I, 3, 7 locos (/?ios-
datn transferam , ich will einige Stellen übersetzen. Man sage dalier
nicht: observationes in varia loca Ciceronis, Virgilii u. dgl. ; nicht, wie
Manutiiis (zu Cic, Q. fr. III, 1): loca sunt in antiquorum scriptis, —
und so loca für loci auf vielen Titehi grosser und kleiner Schriften.
Vg^l. auch zu Mureti Oper. T. II, p. 117. Wenn man aber loci, wie
es Einige thun, blos auf die Bedeut. Gemeinplätze (loci comm?/nes)he-
schränken will, so weiss ich nicht, warum andere Stellen nicht eben
eowohl loci als loca genannt werden dürften, wozu kein Grund vor-
handen ist. — üeber loco recto,om rechten Orte, gehörige?/. Ortes, vgl.
Rectus. Falsch ist in loco, auf der Stelle, in der Bedeut. sogleich, au-
genblicklich,^ für illico, extemplo, e vestigio u. a.
Locutio (loquutio) ist, wie Quintilian bemerkt, in der Bedeut. ein
einzelnes Wort erst iV. KL; man brauche, sagt er, für das vieldeutige
Wort verbnm auch vox , dictio \xnA locutio, was er zu missbilligen scheint;
auch braucht er es selbst nicht für verbum. Man halte sich an verhum
und vocabvhim , auch wohl an vox. Aber in der Bedeut. liedensart ist
locutio wohl zulässig neben dem ^Y\ec\\. phrasis , welches dafür gram-
matisches Kunstwort ist. — Unnöthig aber sagt man locutio proiierbialis,
eine sprichtvörtliche Redensart, für das einfache proverbiinn.
Logodaedalus, ein Wortkünstler, kommt erst im N. L. vor, ist aber
unnöthig aus dem Griech. aufgenommen, für üe/-AorMm artifex; ebenso
logomachia , der Wort streit , für verbi oder verboruni discordia oder
dissensio, verbi controversia (Cic. Orat. 1, 23, 107). — Das Wort logtis
kommt in der Bedeut. Wort nur A. L. bei Plautus vor.
Londinum , die Stadt LoTido?i^, ist A^. L. Form für Londinium, wie
Tacitus und Ändere diese Stadt nennen. Ebenso sagt man Londi?tie?f.-
sis, nicht Londi7iensis, wie heutzutage geschrieben wird,
Longaevus, hochbejahrt, ist nur P. L. für senex, aetate provectus,
grandis natuu. a. Wunderbar sagt Herasterh. (Oratt. p. 168) : longaeva
aetas , was eben so wenig gut ist, als das Sp. L. longaevitas , das hohe
Alter, das lange heben, für senectus oder longa vita.
Longanimitas, dieLangmuth, ist A'^ L. für moderatio, patientia,ten-
titudo, animus mitis, lenis, injuriaruni tolerans. Eben so N. L. ist long-
animus, langmüthig, für lenis, mitis, clemens, facilis, le7Üus.
honge wird fast nur von der Länge oder Weite im Räume ge-
braucht (unser weit), und nur dann von der Länge in der Zeit (unser
lange), für diu, wenn Ort und Zeit in einigen Redensarten in einander
übergehen, wo lange oder weit so viel ist als in die Länge, weithin;
z. B. das Leben lange hinausziehen, vitam longe producere. — Falsch
ist: ibi longissime moratus sum, für perquani diu ; tussis me longe male
habuit, für diu. Zwar sind lofige ante , lange vorher, und longe post,
lange nachher, nicht zu verwerfen, indem selbst Cic. (Tusc. III, 14)
sagt: quae venientia longe ante videris, aber gewöhnlicher sind dafür
die Ausdrücke multo ante, multo post, oder longis temporibus ante und
post, wie Cic. (Rep. II, 34) sagt: fion longis temporibus ante, für ?ion
multo oder paulo ante. — Longe verstärkt auch, wie mtilto, aber nur
Adjectiven und Verben der Entfernung, der Verschiedenheit und des
Vorzugs ; z. B. longe alius, diversus, dissimilis; longe abesse, abhorrere,
dissentirc,praestare,antecellere u. a. ; — und so auch oft bei Superlativen.
Bei Comparaiiven aber ist es nur P. L. und N. Kl. für das gewöhnliche
471
mnlto. — Sp. L. sind lange dives, longe fortis, longe affirmare , lau-
dare u. a., für valde. Sich ireit verbreiten in bildlichem Sinne heisst
longe lateque fluere. üebrigens sagt man gleich gut longe und alle
petere (repetere) aiiquid, Etwas weit herholen. — Vgl. noch Handii
Tursellin. T. III, p. 551.
hon gHudo , die Länge, mit dem Genit. temporis findet sich wohl
nur, wenn es der brevitas temporis entgegensteht; sonst heisst lange
Dauer — longinquitas, diutiirnitas temporis, vetnstas. Bei Maassen sagt
der Lateiner nur in longitndinem, nicht in lotigtfndine, also nicht, wie
wir oft sagen: /// der Länge für in die Länge, z. B. sechs Fttss. Vgl.
unter In.
Longus, lang, wird von derLänge im Räume und in der Zeit ge-
braucht. Bezweifelt wird longum est tefnpns, quod — , es ist lange Zeit
her, dass — , für longum est mit d. Acc. u. d. Inf. oder diu est, cum —
oder diu verbunden mit dem nächsten Satze. Vgl. Jamdiu. — In der Re-
densart nihil longius mihi est oder videtur, quam — , Nichts ist (scheint)
mir länger, als — , folgt quam dum oder quam ut oder quam m. d.
Infin. — Gut ist ne longum faciam, damit ich es nicht lange mache,
sowie man sagt ut breve faciam, damit ich es kurz mache, lieber longum
est (nicht esset), es wäre zu weitläuftig, vgl. Th. 1, §. 115. 116.
Loquenfia , mag es nun Beredtsamkeit (also gleich eloquentia), oder
Redefertigkeit (gleich facundia) , oder Redseligkeit (gleich loquacitas
oder dem N. Kl. garrulitas) bedeuten, werde wegen seiner Seltenheit
dem Sallnst nicht nachgebraucht, zumal da es auch bei ihm von FJini-
gen bezweifelt wird. Nach Plin. (Ep. V, 20, 5) war es gebräuchlich in
der Bedeut. Wortmacherei ; denn er sagt, Julius Candidus habe ge-
äussert: aliud esse eloquentiam, aliud loque?itiam, vnd von der letztem
wird gesagt: ea multis atque etiam imprudentissimo cuique maxime
contingit. Man brauche also loquentia ja nicht für eloquentia.
Loqui, reden, sprechen, wird oft falsch gebraucht und falsch ver-
bunden, z. B. loqzii aliquam linguam, irgend eine Sprache sprechen,
reden, für lingua aliqua (Abi.) , also lingua graeca, latina loqui, oder
mit Adverbien graece, latine — loqui. Vgl. Cic. Fin. II, 4, 14; 5, 15 und
Heusing. Emendd. p. 474. — So steht in der Vorr. eines latein. Gebet-
buches: latinam loquimur linguam; andewsavX^: lingua, ^-z/awi hodie
Graeci loquuntur, non est antiqua, für qua hodie — . Verwerflich ist
de aliquo bene oder male , bonum oder malum loqui, gut, schlimm von
Jem. reden, für de aliquo benevole dicere, sermones bonos oder benevolos
habere, aliquem laudare,praedicare — , und für male — de aliquo ma-
ledice, contumeliose dicere, aliquem reprehendere, notare, infamare u. a.
Jedoch meinen Andere, es sei nicht zu entbehren. — V^'iewohl loquun-
tur secum richtig ist in der Bedeut. sie überlegen bei sich, wo die im
Stillen gedachte Rede bei jedem Einzelnen allein ist, so ist es doch
falsch in der Bedeut. sie rederi mit einander, was latein. loquuntur inter
se heisst. — P. L. ist loqui ad aliquem, zu Jemanden reden , ihn an-
reden,iür alloqui aliquem. Ungewöhnlich ist und nirgends bei Cicero be-
deutet vis loquendi, die Kraft zu reden, für vis dicendi. — Ueber cum
aliquo loqui in der Bedeut. sich der fVorte Jemandes bedienen, für
alicujus verbis uti, vgl. unter Cum, und über loquendi ratio, die Redens-
art, vgl. Ratio.
Loquutio ; vgl. Locutio.
472
Lotio, lotura niid lotjis, das Baden, Waschen, sind seltne N. Kl,
Formen für das KL lavatio.
Lubiitis, lubüuni ; \^\. Libitus.
Lubricitas, die Schlüpfrigkeit, ist N. L. für das Neutr. lubricum,
was N. Kl. sogar mit dem Genit. verbunden wird, wie bei Plin. (Ep.
III, 3, 4): in hoc luhrico aetatis; doch kann man es auch durch das
Adj. lubricus geben.
Lubricus,, schlüpfrig. N. L. ist die Comparativform Inbricior.
Lncide, klar, deutlich, verständlich, kommt Kl. nur einmal, aber
zweifelhaft bei Cic. vor (Orat. II, 25, 108), mit breviter verbunden;
sonst steht dafür diliicide, wie auch mehrere Handschr. in der ange-
führten Stelle lesen. Auch das Adj. lucidiis ist in Prosa erst N. KL,
steht aber bei Quintilian, für das Kl. dilucidus.
Lucifugus braucht Cic. (Fin. I, J8, 61) von einem mürrischeTi
Menschen, und in dieser Bedeut, findet es sich nur bei ihm. Am rech-
ten Orte ist es sehr passend, so dass es recht wohl mensch eri scheu
heissen kann.
Lucrari, gewinnen, und lucrum,der Gewinn, setzen in der bessern
Prosa durchaus die Absicht voraus, gemeinen Vortheil zu erlangen,
und dürfen daher nicht von dem Vortheile gebraucht werden, welchen
edle geistige Beschäftigungen bringen. Raschig (Progr. p. 23) erklärt
daher für schlecht lateinisch: quid bicratae sunt litterae (was haben
die fVissetischaften gewonnen) doctorum hominum opera ? und: quan-
tuni lucri facimus (quantum lucramur) e diligenti litterarum tracta-
tione? — was freilich, wie er hinzusetzt, für ?inser Zeitalter passt, wo
man aus geistigen Beschäftigungen baaren Gewinn zieht. Wo dieser
gedacht wird, passt lucrum \x\\A qziaestus, wo aber nicht, — commodi/m
undfructus. — N. L. ist lucrari in der Bedeut. verdienen, als Lolm
für Arbeit bekommen, iür merere. Man sage also nicht: operarius (opi-
feXy ein Handwerksmann) in diem tres denarios lucratvr, sondern ter-
nos denarios meret. — B. L. ist causam lucrari, einen Prozess gewin-
nen., für causam obtinere, causa vincere.
Lucrosus, Geivinn. Vortheil bringend, vortheilhaft, ist N. KL und
wird nur in unedlem Sinne gebraucht, für fructuosns,frugifer in gu-
tem Sinne, und für quuestuosus in unedlem. Muret. CExpl. Cic. Catil.
II, 3) nennt Macedonien — lucrosior anstatt des KL quaestuosinr. —
Ganz unlat. ist es in der Bedeut. gewinnsüchtig, für lucri cupidus,
quaestui deditus.
Lucta, das Bizigen (als Kampfübung), ist erst Sp. L. für luctatio
oder mit dem Verbo luctari. — N. Kl. findet sich nur beim altern
Plinius luctatus. Eben so Sp. L. ist luctamen vom Ringen als Uebuug,
wieMohl es bildlich bei Dichtern das anstrengende Bemühen bedeu-
tet, wofür KL luctatio und luctari gesagt wird. Nicht verwerflich ist
das j4. L. und N. KL luctator, der Binger, für das griech. nthleta.
Luctus ist Trauer um einen Todten und nach römischen Begrifl'en
auch um einen Londescerwiesenen , der durch die Verbannung nach
der Sprache der Römer sein caput verlor, — kurz, um Jeden, dessen
Leben und Glück man aufgibt; — ebenso lugere. — Trauer bei jedem
andern Unglücke ist maeror,maestitia,maerere.,tristitia,tristis. Cicero
verbindet bisweilen luctus und maeror, wie pro Sest. 60, 128. Vgl.
auch Weber's Uehungssch. p. 145,
473
Lticruhatio bedeutet bei den Alten nur die Arbeit bei Lichl, und
luctibrare nur bei Licht arbeiten. Im N. L. werden sie auch \o\\ jeder
Arbeit gebraucht, was gegen den alten Sprachgebrauch ist. — Nicht
verwerflicli ist lurubraiitineula, wiewohl es erst Sp. L. und vielleiclit
zufällig gebildet ist. iVJuret hat es unbedenklich gebraucht, ob aber
von Licht oder Tagesarbeit, weiss ich nicht. Dass man aber jenes und
dieses missbraucht, zeigt der Titel der Sammlungen von Anmerkungen
in jener Art von verschiedenen Gelehrten, z. B. zu Cicero's Schriften:
hticubrationes doctissimor. viror. in Cic. orationes, die doch wohl mei-
stens Tagesarbeiten sind, und die Lampe wenig oder gar nicht ge-
schmeckt haben.
Lndißcare, z?/m Gespötte haben, verspotten, ist fast nur A. L. Form
für ludißcari als Deponens.
Ludere, spielen (Etwas zum Zeitvertreibe), z. B. Ball, Würfel,
wird A. L. und Kl. mit dem Ablat. verbunden, pila, talis, alea, N. Kl.
mit dem Accus., pilam, talos, aleam u. dgl. Darnach wird im Pass. Kl.
gesagt: luditur (neutral) pila, talis. N. Kl. aber pila (als Subj.) ladt-
tur, tali ludiintur. — N. L. gebraucht man es von tnusikalischen In-
strninenten, für canere oder cantore, \on deren Construction unter Ca-
nere die Rede war. Ebenso heisst das S/j/e/ auf musikal. Instrumenten
nicht Indus, sondern cantus. — Eine Rolle spielen heisst nicht ludere
personarn flder partes, sondern ogere partes, auch blos agere (Cic.
Orat. I, 27, 124 hodie noiuit agere Roscius); Jemandes Rolle spielen,
aliqiiem agere, nicht ludere; z. B. er spielt die Rolle des Chaereas,agit
Chaeream (Cic. Rose. Com. 7, 20), nicht ludit Chaeream oder perso-
ria7n Chaereae. Vgl. unter Agere. — Wenn aber Coel. (Cic. Farn. VIII,
9, 1) sagt: civem bonuin ludit, so sagt er dies mit Spott, vielleicht in
dem Sinne: er treibt Spott 7nit der Rolle eines guten Bürgers. In der
Bedeut. spotte?i, scherzen über Jemafiden oder über Etwas sagt man
meistens ludere aliquem oder aliquid; auch wohl in aliquem, wie bei
Cic. (Orat. HI, 43, 171): veriim in me qui<lem lusit ille. — Endlich
heisst unser Etwas spielend thnn, d. h. ohne Anstrengung, gemäch-
lich, auch latein. ludens (Cic. Parad.prooem. 3) oder ludibundus (Cic.
Verr. V, 67. Fam. XVI, 9), aber nicht ludendo.
Ludificari; vgl. Ludificare.
Liidus. Wenn der Flur. /«f/^' von Schauspielen, öffentlichen Spielen
gebraucht wird, so hat ludi immer ein Distribtitivzahhvort bei sich,
z. B. bini, trini. Ist der Name der Spiele zugleich auch Name eines
Festes und ein Neutrum, z. B. Floralia, Megalesia, Cerealia, Co7isua-
lia, Taurilia, Olympia, Pythia u. dgl., so wird oft ludi als Hauptwort
vorgesetzt und der einzelne Name bleibt im Neutro unverändert und
geht nicht in das Adject. über. Daher sagte man in der bessern Prosa
nur ludi Floralia u. s. w., nicht ludi Florales, Megulenses u. s. w. ;
nicht ludi Olympici, sondern ludi Olympia u. a. Vgl. Quintil. I, 5, 52;
die Ausleger zu Livius I, 9, 6 und Ruhiik. z. Terent. Andr. p. 8 ed.
Bruns. — Gelobte, d. h. durch ein Gelübde verheissene ä/;/^/^ heissen
ludi votivi; wenn Spiele unterbrochen worden sind und wieder er-
neuert werden, ludi inst aurativi, und Spiele von Neuem anstellen, wie-
der erneuern \\eh%i lud os instaurare. Spiele halten, feiern heisst ge-
wöhnlich ludosfacere. Vgl. Celebrare. — Bei oder ivährend der Spiele,
während der Feier der Sp. heisst blos ludis, nicht in ludis ; z. B. bei
474
den Circensischc?] Spiele?}, Circensibus ludis. Vgl. Oiidend. Suet. Aug.
45. p.243. — iVocli merke maii,da!ss Indus bei den Alten jede Uebu?ißs-
anstaU, bedeutete und dass es daher das beste alte Wort für unser
Schule im Allgemeinen ist, deren es auch hei den Alten verscliiedene
gab, deren Bestimmung durch beigesetzte Adjectiven angezeigt wurde;
z. B. Indus glnflü/torf'us, eine Fechte r schu l e ; ludusßdict'nus, eine Mu-
sikschule: lud US militari^, eine Kriegsschule. Ludus litterarum, lilte-
rarius oder discendi bedeutete unser gewöhnliches Schule, die auch
bisweilen vorzugsweise blos ludus heisst; z. B. bei Cic. Orat. 11,24, 100
II. a., woher auch ein Schullehrer schon Kl. magister ludi oder ludi
vtugister heisst. Jedoch sagt Döderlein (Synon. Th. VI, p. 203): />?/-
dus ist nur eine tiiedere Schule und setzt disdpulos, ludimagistros
und Schulzucht voraus; schola aber ist eine //öAere Schule für Jüng-
linge und Männer, die nur auditores sind ; hier ist ein doctor und aka-
demische Behandlung. — Diese Unterscheidung möchte sich durch
den Gebrauch bei den Alten wohl nicht bestätigen. FAne Schule er-
richten heisst ludum aper ire, und Sch?ile halten, lud?im habere; —
Geislesspiele aber heisseu lus?(s, nicht ludi.
Lugdunum ist der alte Name der franz. Stadt Lyo?i.l)as davon ab-
geleitete Adj. Lugdujiensis bedeutet auch den Einwohner. Derselbe
Name wurde später auch der den Alten unbekannten holländischen
Stadt Leiden gegeben, aber mit dem Zusätze Batavorum, durch wel-
chen sie auch heutzutage von der andern durchaus unterschieden wer-
den muss ; — N. L. ist der Name Leida, welchen Holländer aufge-
bracht haben. Das Adj. fiber für Leideti heisst nicht Lugdunensis, wie
es bisweilen im iV, //. vorkommt, sonAcrw Lugdiino-Batavus oAe.Y.,\\?ic\\
jener neuen Benennung, Leidensis.
Lumen. Mag auch, wie Döderlein (Synon. Th. II, p. 66) sagt, lu-
men — der erleuchte?ide Lichtkörper, und dagegen das ebenfalls TJcht
bedeutende lux — die ausgeströmte Lichtmnsse sein, so fallen doch
beide Wörter im Gebrauche oft so zusammen, dass der Unterschied
kaum bemerkbar ist. Besonders streitet man darüber, ob man hauen
oder lucem afferre sagen müsse, wenn man die dunkeln Worte einer
Schriftstelle aufhelle und klar mache. Ziemlich allgemein wird das
letzte dem ersten vorgezogen und es werden diejenigen getadelt (wie
Ruhnken Elog. Hemst. p. 228), welche lumen affundere sagen, da es
nur lucem afferre heisseu könne, obgleich wohl weniger lumen anstös-
sig ist, als uffundere,\ye\c\Mt% Ver!)um weder zu /«mew, noch zu lucem
passt. Was aber lucem afferre betrifft, so kommt dies allerdings vor,
aber nur in dem Sinne Hülfe, Heil und Glück bringen, und ist daher
für jenen Begriff ebenfalls unpassend. Mir wenigstens scheint lumen
afferre (freilich nicht affundere^ passender, da es bei Cicero bedeu-
tet Licht, Klarheit, Schönheit bringen, a?/f hellen, aufklären, gleich illu-
strare. — Am sichersten bleibt es, !)eide Redensarten ganz zu vermei-
den. Vgl. Anmerkk. zu Ruhnken's Stelle und Kraft zu MuretI Epist.
p. 249 (auch in Mureti Oper. T. II, p. 45 ed. Fr.). — Ueber luniinibus
alicujus officere, Einem das Licht, A. h. die Aussicht nehmen, vgl.
Officere.
Luscus ist in der Bedeut. schielend N. L. für strabo ; jenes bedeu-
tet einäugig.
Lusiuncula, das Spielchen, ein scherzhaftes Diminutiv von lusio.
475
ist N. A.., wahrscheinlich von Muretiis (Oper. T. I, p. 377 ed. Fr.) ge-
bildet, und wohl nicht zu verwerfen. Vgl. Th. f, §. 193.
Lntosns, schlammig, kothig, kommt N.Kl. bei Coluraella, Piinus u. Ä.
vor, für Intens, Intiilenlus.
Lux, Licht; darüber und über liimen vgl. Lianen. Die Redensart
hix vitae, wie Cicero die ratio, die Vernunft, als die Leuchte und si-
cherste Führerin des Lebens (ratio, Inx lumenque vitae) nennt, werde
nicht falsch gebraucht in andern Bedeutungen. Was lucem afferre
heisse, und dass lucern afffindere N. L. sei, davon war unter Lumen
die Kede. Eben so neu ist lucem tiancisci. Verworfen wird aucli von
Raschig (Progr. p. 25): aliquid, z. B. librura, in lucem mittere oder
emittere, wiewohl res occultas in lucem emittere natürlich und gut ist,
und daher auch wohl auf die Herausgabe einer verborgen gewesenen
Schrift angewandt werden kann; — sonst sagt man nur vulgare, edere
u. a. — Eben so N. L. ist: hie über in lucem (und wohl gar noch pu-
blicnm) prodit, wie wir sagen: ans Licht trete?/., was ebenfalls nur bei
einer versteckten und verborgenen Sache passt. Richtig ist zwar lux
meridiana, das Mittagslicht, wie sol meridia?mä, die Mittagssonne ; aber
um unser sonnenklar auszudrücken, brauche man keins von beiden, da
die Lateiner nur das einfache sol oder lux anwenden, des Mittags aber
dazu nicht bedürfen, und blos sagen luce clarius (Cic. Tusc. 1,37,90)
oder solis luce clarius (Divin. 1, 3, 6) oder ea sole ipso illustriora et
clariora sunt (Fin. I, 21). Dagegen findet sich oft im N. L. sole meri-
diano oder Ince meridiana clarius, z. B. bei Muret. (Oper. T. III,
p. 189), wobei Ruhnken bemerkt: Veteres in hac formula meridiana
omittunt.
Luxiiria hatte neben sich noch die Form luxuries, aber gewiss
ohne Unterschied der Bedeut., wie barbaria und barbaries, materia
und fnateries u. a. m. Uebrigens bedeutet /?/j;"?/r/ß — Ha?ig zur Schuwl-
gerei, hixus aber sind Gegenstände der Schwelgerei und Ueppigkeit.
Lycaomus,der Lycaonier, kommt wohl nicht vor, für Lycäoji.. Vgl.
Cic.Fam. 111,10,10.
Lydias, der Lydier, ist nicht üblich für Lydus.
Lympha, Wasser, ist nur P. L. für aqua.
Lymphaticus, begeistert, schwärmerisch, und in derselben Bedeut.
lymphatus, sind N. Kl. für fanaticus,furore corrept?is, furens ; jedoch
sind beide, da auch Livius sie braucht und von einem panischen, uner-
klärlichen Schrecken sagt pavor lymphaticus, nicht zu verwerfen, zu-
mal da er vor lymphaticus noch velut setzt. — Lymphatus aber in der
Bedeut. ^ev'ßsse?Y, wässerig ist A. L. für aqua temperatus.
Jjyricen, der Leier spieler, ist nur P. L. für ßdicen, qui lyra oder
fldibus canit.
M. m.
Macedofiius, Macedoiiisch, ist nur P. L. Form für Macedonicus.
Das Subst. ist Macedo; daher Alexander Macedo, Alex, aus Mace-
donien.
Macerare ist in der Bedeut. quälen fast nur P. L. für cruciare,
conficere, torquere ; sich quäle?/, zermartern — discruciari, mchimncerari.
47G
Macrescere, 7nager werde//, kommt zwar bei Varro und Coliimella
vor, aber besser sagt man dafür macie conßci, corrumpi oder esta-
bescere.
Macritas und macritudo, die Magerkeit, sind Gem. L. für macies;
ebenso macor oder tnacror.
Mnctare mit dem Ablat. honorUms in der Bedeut. mit Ehre über-
häufen soll Cicero einmal gebraucht haben; aber es kommt sonst nicht
in solchen Verbindungen Aor, und werde daher vermieden und nicht
falsch gebraucht, wie man z. B. im A\ L. ah'(/uem laude mactare, für
landibns aliquem efferre findet, wiewohl mactare einigemal mit Abi.
einer bösen Sache vorkommt, z. B. aeternis suppliciis, crudelissima
morte u. ähnliche.
Madere, fiass, feucht sein, triefen, ist in der Bedeut. ro//, reich sein
nur P. L., und gekünstelt nennt Sp. L. Gellius tadelsüchtige Philoso-
phen interciitibus vitiis madentes. Es kann nur im Spott angewandt
werden, und wenn Muret. (Oper. T. I, p. 339 ed. Fr.) sagt: oratio co-
pia rerum madet, so bemerkt Buhnk. mit Beeilt dazu: Poetica loqiiendi
forma, non imitanda in prosa. Lächerlich aber ist oratio madet copia
gravium verborum ac sententiarum, für magna est in hac oratione co-
pia etc. Vgl. Hand's Lehrb. p. 287.
Maenalius ist in der Bedeut. arkadisch nur P. L. für Arcadicus.
Maeotis, Mäotisch, beschränkt sich als Adj. in Prosa auf palus
Maeotis, der M. See, sonst ist es nur P. L. für Maeoticus.
Maeror ist nicht innere, stumme Trauer, sondern Klage, Jammer;
\nu\ ebenso heisst das Verb, maerere — jammern, klagen. Nach Diet-
ricli ist es tiefer, verzehrender Schmerz, dessen Wirkung sich in der
ganzen Stimmung des Menschen ausspricht, und daher auch laute
Aeusserung des Schmerzgefühls in sich schliesst. Vgl. Cic. Tusc. W,
8, 18. Klotz z. Cic. Tusc. I, 13, 30 u. Grotefend's Comment. VIII, 2, 1.
Magis, mehr. Selten ist magis et oder ac oder atque magis, mehr
und mehr, für das gewöhnliche magis magisque ; aber bei in dies
(singulos) und qnotidie, täglich, von Tage zu Tage, setzt man wohl
nur das einfache magis. Vgl. Cic. Orat. 10, 33. Liv. I, 2, 5. Quintil. II,
1, 1. — Selten ist magis quam alii, mehr als Andere, für praeter cete-
ros, und magis quam omnes, für maxime omnium ; z. B. Cicero zeich-
nete sich mehr als Andere durch Beredtsamkeit aus, eloquentia prae-
ter ceteros eminuit; er studierte Griechisch mehr ah Alle, ille maxime
omnium graecis litteris studebat. Vgl. auch unter Mitius. — Mehr oder
ireniger heisst magis minusve oder plus minusve oder magis aut mi-
71US, wie bei Seneca (Ep. 40): quaedam et nationibus puto magis aut
minus convenire, oder, wie sich Cicero einiffemal ausdrückt, mit alias
(nlia, aliud) magis alio (a'ia), z. B. Tusc. IV, 24, 53 definitiones Stoi-
corum declarant notiones alia magis alia, erklären mehr oder tveniger
die Begriffe, und Fin. III, 3, II philosophorum disciplinae has res alia
magis alia aut in bonis aut in malis numerant, — zählen mehr oder tve-
niger diese Dinge enttveder — , wofür Lambin und Hand lieber lesen
wollen alia magis, alia minus. Vgl. Hand. Tursell. III, p. 560. — Sp. L.
ist seu magis, oder vielmehr, zur Verbesserung des Vorhergesagten,
für vel oder seil potius. Vgl. Aut.
Magistratus im Sirig. in der Bedeut. die Obrigkeit, der Mas^istrat,
das Magistratscollegium ist N. L. für den PInr. inagistratus, da es im
477
Sing, nur ein einzelnes (obrigkeiUiches) Amt oder einen einzelnen
Staatsbeamten bedeutete. Vgl, Graev. z. Justin. II, 30. Riihnken z.
Terent. Eun. prol. 22 u. die Ausleg, z. Livius XXXIV, 61.
Magitam'mitas, die Seelengrösse, die Grossnmth, findet sich nur
bei Cicero und nur einmal (Off. I, 43) als philosophisches Wort, wahr-
scheinlich von ihm selbst gebildet, aber nicht weiter nachgebraucht,
für animi magniliido, wie Cicero sonst und Andere sagen; ausserdem
auch animi altüudo. elatio oder amplitudo. Oefter kommt das Adject.
magnanimus, grossherzig, von grossem M?ithe, vor, jedoch ausser Cic.
fast nur bei Dichtern, für animo magno oder animi magni. ■ — N. L.
aber ist das Adv, magnanimiter für animo magno.
Magnates, die Grossen., grossen Herren, ist <S/>. L. — Bei uns heis-
sen so die Ersten und Reichsten in Ungarn : man sage dafür etwa
optimales, proceres, summates mit dem Zusätze ; quos Uli (Hungari)
Magnates appellant.
Magnes als Adj , Magnßsisch, aus Magnesia, ist nur P. i., ausser
dass der Magnetstein — lapis Magnes oder blos Magnes heisst ;
Adject. ist Magnesius, Subst. aber jenes Magnes, der Magnesier, im
Plur. Magnetes.
Magnidicus, grosssprecherisch, findet sich A. L. nur bei Plautus
für grandiloquus, magnißce loquens, gloriosus, glorians.
Magnificare, erheben, verherrlichen, steht Gem. L. bei Plautus und
N. Kl. nur beim altern Plinius und häufig im Kirchenlatein, wie in der
Vulgata, für magni facere, amplifioare, ornare,celebrare u. a. — Sp. L.
ist das Subst, magnificatio, die Verherrlichung, für amplißcatio. Vgl.
Heuraanni Poecile T. III, p. 321.
* Vor Beiiticy stand es auch in Terent. Hecyr. II, 2, 18, jener aber änderte
es in magni facere um. Vgl. Ruhnk. zu dieser Stelle.
Magnißcns — wofür magniflcens Gem. L. gewesen zu sein scheint,
indem noch Vitruv das Adv. magnificenter für magnißce braucht —
kommt in der Bedeut. grossthuend (mit Worten), grosssprecherisch
nur j4. L. bei Plautus vor, für gloriosus u. a. (vgl. Magnidicus), wie-
wohl magnißca verba bei Terenz und magnißcentia verhör um auch
das Adj. in dieser Bedeut. erträglich und zulässig machen. Zu bezwei-
feln ist aber, ob man eine Person ohne einen näher bestimmenden
Abi., wie bei Livius (I, 10 \\r f actis magnificus), in der Bedeut. ange-
sehen, ausgezeichnet u, dgl., virum magnißcum nennen könne, wie es
im N. L. oft geschieht, wo es sogar zum akademischen Latein als Ti-
tel des Prorector oder Rector gehört, da es ausser in der Bedeutung
grosssprecherisch sonst nur von prachtvollen Sachen gebraucht wird,
und Personen nur dann so genannt werden, wenn sie sich durch Pracht
und äussern Glanz auszeichnen.
Magniloquus, grosssprecherisch, prahlerisch, ist fast nur P. L. für
magnißce loquens u, a.; vgl. Magnidicus ; — Ä7. aber ist in dieser Be-
deutung magjiiloquentia.
Mag7iitudo, die Grösse, ist von Leibesgrösse ohne den Zusatz cor-
poris, und bei Mehrern corporum, wohl nicht erweislich; man sage
daher in dieser Bedeut. magnitudo oder proceritas corporis (corpo-
rum), oder umschreibe es durch statura, corporis forma; z. B. Jener
war sehr gross, nicht sehr gross, ille fuit ampla (exigua) corporis ma-
gnitudine, corporis forma oder statura-, ich weiss nicht, wie gross er
478
uHir ., — qua ßierit Statur a. — Sonst ist magnitudo riclitig von der
Grösse, (lern grossen Umfange anderer körperlichen Gegenstände,
z. B. eines Buches; magnitudo volurainis bei Corn. Nep. praef. 8. — ■
Vgl. noch Magnus. — Aber Grossartigkeit der Worte heisst nicht ma-
gnitudo, sondern granditas verboruni,
Magnopere, oder oft besser 7tiagno apere, wird auch, wie unser
sehr, mit verneinenden Wörtern \erhmu\cn,non?nagnopere, nicht sehr,
nicht eben; ne7no magnopere, Niemand sehr, wohl fast Niemand, flicht
leicht Jemand. Vgl. Cic. Fara. XIV, 4,4. Ebenso ?io7i valde. — Im TV. fj,
verbindet man es wohl nicht selten mit einem Adject., z. B. magno-
pere jucundus, sehr angenehm, magn. longus, sehr lang u. dgl., was
ohne alle Auctorität ist, da es nur mit Verben und Verbaladjectiveu
verbunden wird, z. B. magnopere desiderare, espetere, laborare u. a.,
magn. expetendus, damnandus u. a. — N. L. findet es sich auch zur
Angabe des Grades bei Verben der Ilochschätzung und Flochachtung,
für magni oder seltner mff^wo; man sage^ also nicht: te magJiopere
aestlmo oder facio, sondern magni te aestimo.
Magnus bedeutet erst Sp. und fast N. L. körperlich gross von
Menschen und Thieren, wie bei Magnitudo ebendasselbe erinnert
worden ist. Man brauche also longus (Cic. Inv. I, 24 longus an brevis,
ob gross oder klein), grandis^ homo magni corporis, habitu corporis ma-
gno, magnae oder amplae staturae, amplae corporis formae, ingenti
corporis magnitudine, ingens visu, gross von Ansehen (bei Tacitus).
Wenn einzelne Personen m^g-wi^ heissen, so hat es den Sinn unseres
angesehen und achtungsumrdig; z.^. Alexander magnus,homo ma-
gnus (Cic. Att. II, 2), vir magnus (N. D. II, 66). Dennoch wird kein
Volk in diesem Sinne magnus oder ?nasimus genannt, da es sich bei
einem Volke auf Umfang, Grösse der Macht und Zahl bezieht, wenn
nicht ein bestimmender Zusatz dazu tritt. Sonst steht magnus bei je-
der grossen, umfangreichen Sache, z. B. epistola magna, maxima (Cic.
Q. fr. III, 1, 11). — N.. L. ist es, mag7ius mit Adjectiven zu verbinden,
die substantivisch gebraucht werden, z. B. magnus amicus, a77ians, do-
ctus, eruditus, familiaris, stultus — und was man sonst der Art wohl
verbunden findet, um blos einen hohen Grad anzuzeigen. Meistens
wird dafür der Superl. gebraucht, z. B. mein grosser Freund, 7neus
amicissimus, mei ama7itissir7ius. — In der Redensart: es ist grosses
Gerede von Etwas wird nicht 77iag7ius, sondern 7nultus sermo gesagt ;
vgl. Cic. Att. VII, 23, 2. — Zur Bezeichnung des unbestimmten Prei-
ses bei Kauf, Verkauf u. dgl. dient nicht der Genit. mag7ii, sondern
der h\i\. magno, welcher sogar bisweilen von Cicero für 7nagni\i*t\
aestimare, schätzen, achten, gebraucht wird. Doch vermeide man lie-
ber den Abi. in dieser Verbindung, da er selten ist. — Wiewohl mit
grosser Mühe heisst magno negotio (Caes. B. G. V, 11), so wird doch
wohl nie oh7ie grosse Mühe durch sine mag7io neg. übersetzt,sondern
durch nullo negotio. Auch merke man, dass gross in Worten fast nur
durch gra7idis, selten durch ?nagnu8 bezeichnet wird. Vgl. Cic, Brut.
7, 29; 33, 126 u. a. Ueber Major vgl. unter diesem Worte.
Majestas, Majestät, als Titel der Könige und Kaiser, findet sich
schon von Augustus bei Phaedrus (II, 5, 23), wo die Ausleger zu ver-
gleichen sind und ausserdem die Anm. z. Mureti Oper. T. II, p. 121.
— lieber das unlatein. laesa majestas vgl. Laedere. — N. L. ist das
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Adj. majestaticus, die Majestät bezeichnend, gross, herrlich, für mnje-
stntem desigmms, niajestati conveniens u.a., nach Verschiedenheit des
Sinnes.
Major, grösser. Der Genit. majoris, um den hÖhern Werth bei
Verben, wie ueslimare, facere, habere u. s. w. zu bezeichnen, findet
sich N.Kl. bei Seneca und ist nicht nachzubrauchen, für plaris ; doch
geschieht dies im N. L. niclit selten. — Ä'. L. ist auch in diesem Sinne
der Abi. majore oder majore pretio, beides ohne Auctorilät. — Rich-
tig ist aber majoris bei dem zugesetzten pretti, z. B. ornatum raulie-
brem pretii majoris, von höherm Werthe (Cic. luv. I, 31). Vgl. auch
Klotz Sintenis p. 157. — Grösser werden von einer Krankheit wird
meistens durch ingravescere, increscere u. a. ausgedrückt.
Majorejinis, tnündig, volljährig, majorenn, ist N. L. für puber, qni
in st/am tntelam venil, sui juris est.
Malacia, die Meeresstille, das griech. fialay.ia, hat Caesar (B. G.
III, 15) vielleicht aus der Schiffersprache als Kunstwort unbedenklich
in seine einfache Geschichtsrede aufgenommen,jedoch in Verbindung
mit dem zugesetzten ac tranquillitas, um so den ganz bewegungslosen
Zustand des Meeres auszudrücken. Da^^^fin begnügt sich Cic. (Tusc.
V, 6, 16) mit tranquillitas maris. — Ein gemeiner Name für unser
Meeresstille war der l^UxY.flustra, den aber nur die Grammatiker er-
wähnen.
Malacissare, ertreichen, findet sich ^. L. bei Plautus und N. Kl.
wieder gebraucht von Seneca, für mollire.
Male, lieber male audire, schlecht hören und in schlechtem Rufe
stehefi, vgl. Audire, und über male contentus, missvergnügt, vgl.
Contentus.
Maledicentia, die Schmähsucht, das Schimpfen, Schelteji, kommt
nur Sp. L. bei Gellius vor, für maledictio, procacitas, petulantia,teme-
ritas linguae. Vgl. Aura. z. Muret. Oper. T. I, p. 174 u. 428.
Maledicere, Jem. schimpfen, auf Jem. schmähen, wird Kl. verbun-
den alicui, Sp. L. aliquem, was nicht nachzuahmen ist. Das Partie. ?na-
ledicens steht A.L. bei Plautus für das Kl. maledicus, und maledictus,
verflucht, verwünscht., kommt Sp. L. vor, für essecrabilis, detestabilis.
Malefactor, der Uebelthäter, steht nur A. L. bei Plautus für homo
maleficus.
Malevolens, übelwollend, übelgesinnt, findet sich^ur A. L. bei Plau-
tus für malevolus.
Malle, lieber wollen. — N. L. ist pro oder prae aliqua re aliquid
(aliud) malle,für Etwas Etwas (Afideres) lieber wollen. Etwas lieber wol-
len als Etwas, Eins dem Andern vorziehen, für aliquid malle quam
aliquid oder alicui aliquid praeferre. So liest man oft in Anmerkk.,
z. B. pro Accusativo malo Dativura, für malo Dativian quam Accusa-
tivum oder Accusativo praefero Dativum. — Nicht zu verwerfen ist
es, wenn man potius oder magis noch in den Satz einschiebt, was selbst
Cicero und die Bessern thun.
Malus, a, um. So vieldeutig dieses Wort auch ist, so findet man es
docli nicht von leidendeti und kranken Theilen des Leibes gebrauclit,
wo wir unser böse brauchen; z. B.böse Augen, böse Fnsse,böse Häiide
heissen nicht mali oculi, 7nali pedes, malae manus. Böse Augen heisst
entweder oculi affecti, oder es wird durch lippitudo (Cic. Tusc. IV,
480
87, 81) oder durch h'ppire, ocuh's laborare u. dgl. ausgedrückt. So sagt
auch Cic. (Fam. XIV, 4, 0) : valetudine oculormn itnpediebatur, d. h.
durch Augenweh, durch böse Augen wurde er verhindert. — Böse sein
auf Jemanden, d. h, erzürnt sein heisst nicht alicui mahim esse, son-
dern iratutn esse, succensere, und böse sein in demselben Sinne ohne
einen Zusatz — indignari, molesteferre u. a. — jBöse7y/(/V heisst nicht
malus aer, sondern aer crassus, pestifer, adversus, non salubris, gra-
vis, coeli gravitas^ coelum grave u. dgl. ; — böser ffind, nicht ventus
malus, sondern ventus adversus, gravis, saevus, molesttis u. a.; ich bin
schlecht (übel) zu Fasse, nicht malus sum pedibus, sondern ?io7i valeo
pedibns und ähnliches Andere. — Man sagt auch nicht bonum (bona)
nialo (mulis) pensare, Gutes mit Bösem vergelten, sondern benefacta
maleficiis pensare oder reddere — und umgekehrt.
Malus, der Apfelbaum, und malum, der Apfel, werden im bessern
Latein nicht verwechselt, was im N. L. wohl geschieht.
Mandare bedeutet nur auftragen, Auftrag gebe?i, erst Sp. L. be-
fehlen, für edicere,jubere ; und ebenso ist das Subst. mandatiim nur
der Auftrag, nicht der Befehl, für edictum. jussum. Daher gibt es
keine mandata publica, Befehle des Staates, der Fürsten, der Regie-
rungen, der Obrigkeit, sondern nur edicta. Vgl. Schori phras. p. 332.
Heusing. Emendd. p. 414. — Von dem Subst. maudatus kommt nur
der Abi. mandatu, im oder nach Auftrag, auch bei Cicero einigemal
vor. Obgleich mß7?f/ff/'e alicui magistratum, honores gesagt werden
kann, so kann man doch nicht sagen mandare auctoritatem, was Lam-
bin (zu Cic. leg. Manil. 1,2) für nicht lateinisch erklärt.
* Dass mandatiim auch einen Befehl eines Kaisers bedeute und wenigstens
N. Kl. dem edictum gleich sei, dafür führen die Lexica aus Plinius Epist. X, 110
(111) an: nitebatur mandatis tuis (Imperatoris Trajani), auf dihie Befehle ; aber
da die Aechtheit des zehnten Buches noch jetzt bezweifelt wird, so steht auch
diese Auctorität noch nicht fest. Man vermeide es daher, das Wort so zu brauchen,
Mandataritis, der Bevollmächtigte, beruht auf einer zweifelhaften
Lesart in dem Juristen Ulpian, für mandator ; aber auch dieses ist
Sp. L. für procurator.
Marie, früh, am Morgen. Unser am andern, am folgenden Morgen
heisst weder mane seque7iti, noch mane altero oder secundo, sondern
mane postridie, postridie mane, postero die mane oder, wie Columella
sagt, mane postero ; am heutigen Morgen, nicht hodierno matie, son-
dern hodierno die mane oder hodie mane; am gestrigen Morgen, nicht
hestertio mane, sondern hesterno die mane oder heri mane; morgen
früh, cras mane; am frühen Morgen, ganz oder sehr früh, bene mane
(Cic. Att. X, 16, 1), midto mane (ib. V, 4, 1) ; heute ganz früh, prima
hodierna luce (Liv. I, 16, 6).
Mauere, bleiben, bedeutet das Fortdauern eines frühern Zustan-
des, und passt daher in manchen Redensarten nicht; z. B. diese Vor-
lesungen bleiben unbesucht heisst scholae vacuae oder infrequentes re-
linquuntur oder su7it, oder non frequentantur ; dieses bleibt Jiicht un-
gestraft, hoc non impune est, nicht impunitum manet ; dieses blieb mir
unbekannt, mihi fuit (nicht mansit) incognitum, hoc ignoravi u. ähn-
liche. — Es bleibt übrig heisst reliquum est,relinquitur, restat; stehen
bleiben, insistere, subsistere; bei den Bedingungeti bleiben, stare (nicht
manere) conditionibus : bei seinem Eide bleiben, conaervare jusjurun-
481
duju : bei den Gesei%en bleiben, observare (eges. — Bei seinem Vor-
satze bleiben heisst zwar aiicli mnnere in proposito, in sententia, aber
auch Stare in proposito. — D. L. ist in proelio mauere, im Treffen blei-
ben, \n der Bedeut. im Tr. falle7i, sterben, £är rädere in proelio. Ygl.
Webers Uebungssch. p. 440.
Mania, die Raserei, ist erst Sp. L. aus dem Griech. (nuria) aufge-
nommen; Cic. (Tusc. III, 5) erwähnt es für die latein. /^^/•or und
insania.
Mantfestare, offenbaren, kund thim, bekannt machen, kommt zwar
schon KL, aber P. L. bei Ovid vor, nachher aber erst Sp. L. bei Ju-
stin und selten, für in vnlgus edere, enuntiare, declarare, nperire, osten-
dere, patefacere, vulgare, manifestum facere. Vgl. Walchii bist. crit.
ling. lat. p. 132 und Weber's Uebungssch. p. 440. — Ganz Sp. L. ist
manifestatio, die Ku7idmachung, und manijestator , der Offenbarer ^
wofür die eben angegebenen Verba zu brauchen sind.
Manifeste, Ädv. von manifestus, ist Sp. L. Form für manifesto.
Manipretium, Macherlohn (bei Kunstsachen, das franz. /(r/co/^) ist
ältere Form für manupretium oder in zwei Wörtern manus pretium.
Vgl. Drakenb. Liv. XXXIV, 7.
Mantissa, ein im N. L. oft gebrauchtes Wort in der Bedeut. die
Zugabe, ist so selten, dass es nur von einem späten Lexicographen als
altes Wort erwähnt wird, nach welchem es eine unnütze, werthlose
Zugabe bedeutet. Addiiamentum, sagt er, qiiod ponderi adjicitur, sed
deterius et quod sine uüo usu est. Gleichwohl brauchen es die Neuern
für ihre oft werthvollen Anhänge und Zusätze, für adde?idum,addenda,
additamentran, was ihren Anhängen keine Ehre macht,
Manuale, ein Handbuch, ist in dieser Bedeut. N. L., da das Adj.
manualis nur N. Kl. einigemal vorkommt und von gewöhnlichen Sa-
chen, wie von Steinen, Besen u. s. w. gei>raucht wird, welche die Hand
füllen, nirgends aber als neutrales Subst. in jener Bedeut. von einem
kleinen Buche, für llbeUns. — Bekannt ist in neuern Zeiten das ma-
ntiale Epicteti als Uebersetzung des griech. i/'^ci^ldior, woher man es
auch mit Handbuch oder Handbilchlein übersetzt hat. Es ist durch-
aus verwerflich. Janus will in seinem Lexicon das griech. enchiridium
beibehalten wissen, was für den Titel des Epictetischen Buches aller-
dings das beste ist; sonst sage man libellus.
Manuductio , die Handführung, Handleitung., Leitung, Anleitung,
ist ebenfalls N. L. und kf mmt als Titel mancher neuen Bücher \ov,
wie man z. B. eine manuductio ad linguam graecam (Romae 169G)
hat, und so ähnliche andere. Janus schlägt in seinem Lexicon dafür
ductus und praecepta vor; man könnte noch ars hinzufügen.
Manufactura , die Manufactur, ist gleichfalls N. L. gebildet von
manu f actus ; man kann dafür mit Janus (im Lexicon) sagen: ofßcina
aper um matiu factorum.
Manumittere wird zwar bisweilen in zwei Wörter getrennt, aber
dennoch so verbunden gedaclit, dass man nicht sagt mea mßn?^ oder
manu meamissus est, sondern nur a me manumisstis est.
Manus , die Hand. Wiewohl die Lateiner mamis oft in eigener
Veri)indung und Bedeutung brauchen , so stimmen sie doch meistens
mit dem Deutschen in dem Worte //««rf iiberein, mag es eigentlich
oder bildlich gebraucht werden. So heisst z. B. in Händen, unter den
31
482
Händen haben (ein Buch, den Sieg , Hoffnung), in manibus habere
(Cic. Senect. 7); von geistigen Werken — sie in oder unter den H.
haben, sich mit ihnen beschäftigen, an ihnen arbeiten, ebenfalls in
manibus habere; z. B. Cic. Acad. 1, 1, 2 habeo opus niagnum in manibus;
Sen. 11 septimus mihi Originum über est in manibus, ich habe unter
den H., schreibe an dem Buche ; Att. IV^ 83, — wofür Plinins ( PJp. V, 5)
sa^t: inter manus habere; — auch in der Bedeut. sprecheti iiber Etwas
(Cic. Tusc. V, 7, 18) ; ferner: bei der Hand, d. h. in Bereitschaft sein,
ad mannm esse, g'leich in pro?nptu esse; bei der Hajid haben, ad manum
habere; Etwas aus der Hand, aus den H. lassen, ex manibus aliquid
dimittere ; in Jemandes Händen oder Arjuen sterben, in alicujus ma.-
nibus raori (Cic. Inv. I, 55, 108); Etwas in die Hand, in die Hände
nehmen, in manus (sehen in manum) sumere; das ist oder steht in
unsrer Hand, in unsern Händen, d. h. in unsrer Gewalt, hoc est (haec
sunt) in nostra manu, aber wohl nicht in nostris manibus; — aber die
Gewalt steht (ist) in unsern Händen heisst nicht: potestas est in nostra
manu, sondern penes nos. Daher sagt Liv. (XXXIV, 2, 11): in manu
(nicht in manibus) esse parentuni , fratrum, virorum. J>Jan beachte
auch, dass Kl. gesagt wird: aliquid est manu alicujus, Etivas ist von
Jemandes Hand, nicht ab alicujus ?nanu. Vgl. Cic. Att. IV, 10, 1 epistola
librarii manu est; ib. VII, 2, 8 quae (epistolae) quidera erant i«ß
manu. — Gut ist auch inter manus, unter den. Händen, d. h. während
der Arbeit; z. B. Caes. B. C. 11, 2 agger inter manus proferebatur ;
Seneca Ep. 12 villa crescit tnter manus; ferner mafius , wie unser
Hand, in der Bedeut. Schrift , Handschrift. Vgl. Cic. Att. VII, 2, 3.
Catil. 111,5. Auch sagte man von dem, der Jemandes Hauptbeistand
und Gehülfe ist und das Meiste für ihn thut, est ejus dextra, wie wir:
er ist seine rechte Hand. So sagt wenigstens etwas spöttisch Cicero
(Att. XIV, 20, 5) : Quintus filius, ut sci-ibis, Antonii est dextella. End-
lich wird von Einigen die Redensart plena manu aliquem laudare, was
allerdings seltsam ist, verworfen und dafür pleno ore laudare (aus
Cic. Off. I, 18 , 61 ) empfohlen; aber auch jenes braucht Cicero (Att.
II, 25, 1) : Hortalus, quam plena manu, quam ingenue uostras laudes in
astra sustulit, was freilich durch laudes tollere verschieden ist von dem
einfachen laudare. — üeber manu propria vgl. Proprius.
Manuscriptum , das Manuscript , die Handschrift, ist als Neutrum
N. L. für Über oder codex manu scriptus ; aber auch nicht einmal
manuscriptus kommt irgendwo bei den Alten vor. Es genügt auch,
blos liber, codex oder liber scriptus im Gegensatze von editio zu sagen;
dagegen heisst 7na7m scriptus für sich allein handschriftlich.
Mappa wird im N. L. in der Bedeut. 7'/srA/?/6'Ä gebraucht, welches
aber mantele oder ma?itile hiess; jenes bedeut. die Serviette.
Marcius werde nicht mit Martins verwechselt; jenes hängt mit
Marcus zusammen, dieses aber ist das Adj. von Mars. Der König Ancus
hiess Marcius, nicht Martins, wie man bisweilen seinen Beinamen ge-
druckt findet; dagegen heisst der Monat März nicht mensis Marcius,
sondern Martins, da er dem Mars geweiht war.
Mare. Dass fast nur terra mari<iue und nur selten mari et terra
gesagt wird, ist bekannt; A. L. und P. //.sind terra pelagoque xinA
marique terraque für unser zu Wasser und zu Lande, üeber mare
483
Medilerrajieum \^\. Mediterraneus ; auch vgl. Aqua und Iter. — Noch
merke man , dass die Ablativform auf e , niare für mari, nur P. L. ist.
Margo , der Rand ( eines Buches und ähnlicher Dinge ) , wird in
dieser Bedeut. von H. Stephanus (Pseudo-Cicero p. 101) bezweifelt;
aber so kommt es wenigstens bei Jnvenal. vor (Sat. I, 5) ; plena jam
niargine libri, mit schon vollem (voll beschriebenem) Rande des B?/ches,
und ebenso später bei dem Juristen Paulus. Es ist also für diesen Be-
griff Kl. und werde dem Worte ora, welches man so braucht, ohne
dass es irgendwo so vorkommt, vorgezogen. Sonst ist freilich an den
Rand schreiben noch besser durch ad paginatn scribere (fiir margini
adscribere oder ad marginem scribere) auszudrücken, wenn anders bei
Sueton. (Caes. 56) ad poginas bedeutet a/t die Seite?iränder. — N. L.
aber ist marginalis, und oft kommen observationes, glossae marginales
u. dgl. vor, für ad pagina?n (paginas) oder ad marginem scriptus oder
margini (paginae, paginis ) adscriptus , oder nach Andern ifi niargine,
in vacua charta oder verbis scriptorts additus , adjectus , adscriptus,
auch qui (quae, quod) in margine est; kurz, es lässt sich vermeiden. —
TJebrigens scheint das Genus des Subst. margo nicht nur masc, sondern
•AVich femin, gewesen zu sein, jenes aber bei den Bessern.
Maritare, verheirathen , ehelich verbinden, findet sich schon A. L.
bei Plautus; es war wohl das gewöhnliche Wort für diesen Begriff,
auch in der bessern Zeit, weswegen auch Augustus sein Gesetz über
Ehen — legem de maritandis ordinibus nannte, wie es bei Sueton.
(Aug. 34) vorkommt. Als ein seltenes Wort vermeide man es durch
uxorem dacere, matrimoninni inire u. a. Ebenso ist maritus , der Ge-
mahl, weniger in Prosa üblich, mehr P. L., als conjux.
Mars, wofür Mavors nur P. Form ist, kann bildlich ^on uns kaum
mehr angewandt werden, wenn von unsern Zeiten die Rede ist; man
sage also z. B. nicht Mars für bellum o(]er proelium ; nicht ?neo , tue,
suo, Marte u. dg^l. in der Bedeut. durch eigene Kraft mid Anstrengung,
ohne fremde Hülfe; alieno Marie , durch fremde Hülfe, bei deren Ge-
brauche sogar schon Cicero bisweilen ut dicitnr hinzufügt. Man brauche
dafür ipse, meis viribus, n?/llis ad>niniculis,nullo adjuvante ; P. L.
aber ist proprio Marie. Vgl. Weber's üebungssch. p. 109.
Martins wird oft falsch gebraucht für Marcius ; vgl. Marcius.
Martijr, der Zeuge, ist erst im Kirchenlatein (zur Bezeichnung der
Blutzeugen für die Wahrheit des Christenthums ) aus dem Griech.
aufgenommen worden, und kann für diese neue Idee kaum durch testis
ersetzt werden; — ebenso martyrium,das Märtyrthum. Beide sind in
dieser Bedeutung nicht zu verwerfen.
Mas, der Mann, das Männchen, hat im Abi. nur mare, nicht mari.
MascuUnus und mascidus, männlich, kommen erst A'. Kl. beim altern
Plinius vor, welcher oft genus masculinum braucht, was denn auch zu
Quintihan'sZeitdergrammatische Kunstausdruck war; dagegen brauchte
Kl. Varro nur genus virile. Ebenso sind nur Kl. mas und virilis ; bei
Thieren nie anders, als mas ; z. B. eine männliche Schlange, mas anguis,
nicht masculinus anguis. Vgl. Cic. Divin. II, 29 u. a. — Noch viel weni-
ger kann eine männliche, d. h. kräftige Rede — oratio mascula oder ma-
sculina genannt werden, sondern nur virilis. Als altes Kunstwort aber
behalte man genus masculinum bei, nicht aber das ältere r/>v7e; dieses
\vieder einzuführen, wäre pedantisch. Vgl. auch Reisig's Vorles. p.l39.
31*
484
Mastix, die Geissei, wurde aus dem Griech. genommen, und ist erst
Sp. L. i\\Y flagellum.
Mater. Die Haus- oder Familienmiitter heisst gleich gut nialer
familiae und mater familias, welche Form sich hier erhalten hat. Vg-1.
Th. 1 , §. 15. — Ueber niatris frater und soror vgl. Matris. — Nur
selten wird mafer bildlich von der Urheberi?/ , der Quelle , dem Ur-
sprünge u. dgl. gebraucht, wofür weit mehr parens gehraucht wird.
Es verhält sich damit, wie mit Pater, welches zu vergleichen ist. —
Lieber Multerstadt vgl. Metropolis.
Materia und materies sind Rl. gute Formen, gewiss aber ohne Un-
terschied der Bedeutung, wie ihn Einige ausgesonnen haben. Cicero
braucht in einigen Büchern, z. B. de Oratore, die Form maleria
fast nicht , sondern materies. — Wenn niateria der /o/"mtt entgegen-
steht, so ist es der ganze Inbegriff der Sachen und Gedanken, die
vorgetragen sind und etwas Einzelnes beweisen, behandeln und dar-
legen; forma ist nur der Vortrag in Worten. Es bedeutet also nicht
den einzelnen Gegenstand, welcher der Vorwurf, das Object, die Auf-
gabe einer Rede und jeder Schrift ist, wovon gesprochen wird, und
den wir oft Materie und Stoff zu nennen pflegen, der aber Kl. res,
loc?is, q?iaestio, causa oder argumentum (vgl. dieses Wort) heisst. Da-
her ist die materia immer vielfaUig und begreift alle Gedanken und
Data, welche zur Bearbeitung der res oder der ^'rVßes^/o gebraucht
werden, welche wir auf ähnliche Weise Materialien nennen. Vgl. Cic.
Rose. Ära. 32, 89 in singulis rebus ejusmodi materies, so reiche Ma-
terialien, so reicher Stoff zum Redefi; Farn. V, 12, 3 ist die Beschrei-
bung des Consulates Cicero's bis auf seine Rückkehr aus dem Exil
materies, ein reicher Stoff für Geschichte; ib. III, 6, 7 materia serino-
nis u. a. — Oft scheinen die Bedeutungen in einander überzugehen,
wiewohl sie dem Sinne nach doch verschieden sind, und A'. Kl. mag
ganz offenbar materia elwen einzebien Gegenstand hedenXen, wie raehr-
mals beim Jüngern Plinius (vgl. Epist. II, 5; III, 13 pulchritudo ma-
teriae , für /e/ oder argu7ne7iti d\^n\i?L^', V, 13 materiam ex titulo co-
gnosces: cetera liber explicabit; V, 16; W, 9 u. a.). — Im Schreiben
halte man sich an den bessern Gebrauch und sage nicht, wie Einer in
Wolfs Analekten (1, p. 489): de illa materia multo pensiculatins
jam alii tractarunt , für illam rem multo accuratius oder diligentius
tractarinit.
Maternus , mütterlich. Wo wir sagen : von mi/tterlicher Seite, z. B.
der Grossvater, die Grossmutter von mütterl. Seite , wird zwar mater-
mis gebraucht, aber ohne ein Subst. (\\\e pars oder gar latus), son-
dern entweder sagt man blos avus materntis , avia malerna, oder ma-
terno genere. Vgl. Latus. Ferner, wo wir von Muttersprache, die uns
angeboren ist, sprechen, brauchen die Lateiner nicht maternus (also
nicht materna lingua, maternus sermo) , sondern sernio patrius ( Cic.
Fin. 1,2,4): sermo qui nobis natus est , in quo nos nati sumus, auch
nostra lingua im Gegensatze von aliena. Aber vorsichtig ist lingua
vernacula zu brauchen ; vgl. Vernaculus. — Das unlatein. materna
lingua in jener Bedeutung (denn es bedeutet nur die Sprache der
Mutter) hätte Paul. Manutius in seinen Briefen nicht brauchen sollen,
wo er z. B. sagt: ad hujus maternae linguae sludium.
Mathesis , die Mathematik (im Genitiv besser mathesis, als das ge-
485
wöhnlicli iibliclie matheseos ; \^\. Th. I, §. 30), kommt erst Sp. L. vor
für (las tViilier übliche malheviutica als Siii^. oder (wie hei (Jic. Orat.
I, 61) Plural, aiialoiT dem physica (physicormn), (h'alectfca, musiva u.a.
Docli wird jenes mathesi's, als das üblichste Kunstwort, nicht zu ver-
drängen sein. — Anstatt des JV. L. Adv. maihematice , mathematisch,
z. B. Etwas Tnathematisch beweisen , sag-e man mathematicoruin ra-
tione , wie Cic. (Fin. V, 4,0): ut multa — necessaria matheniatico-
rum ratione concluderent.
Matrisf rater, der Mutter- Bruder, kommt wohl nur als Erklärung
des kurzen g^esetzlichen avimcuhis vor. Vg^l. Avwncnlus ; — ebenso die
M/itter-Schwester^ matris soror, nur als Erklärung von matertera oder
des mehr jui'istischen soror ex matre.
Matiirus, n, um, reif , früh, frühzeitig, werde vorsichtig gebraucht.
Matura aetas z. B. heisst nicht das frühe Kindesalter, sondern viel-
mehr das höhere y4lter; jenes ist durch primi antii, prima aetas oder
pueritia, iniens pueritia (Cic. Fam. X, 3, 2) auszudrücken; ein reifes,
gereiftes Urtheil heisst nicht wß/?/rMmj?/r//c/?/?ft, was unerweislich ist,
sondern- se»«7e (Cic. Sest. b2),firmum (Orat. 7, 24), subtile (Fam.
XV, 6,1), certum Judicium (Orat. III, 47, 185) ; — ein frühzeitiger
Tod, der vor der Zeit, gleichsam zur Unzeit eintritt, heisst nicht ma~
iura 7nors, mainrus interitus, sondern immatura mors, immaturus in-
teritus (Cic. Brut. 33, 125). — Früher oder später heisst nicht maturius
aut serius , sondern ocius sei'ius oder serius ocius, citius tardiusve
(Senec. N. Q. II, 59) , serius aut citius (Ovid. M. X, 83) , wie denn
auch Cic. (Inv. I, 26, 39) sagt: quid ocius et quid serius futurum sit. —
Im Superl. scheint die Form ?natnrrimus , und als Adv. matzirrime,
seltner, als maturissimus, maturissime.
Maxime, verbünd. ra.eu\.Superl.,%ie\it überall bei bessern Schrift-
stellern, wie bei Cic. u. Liv. (wo es noch die Ausgaben haben), sehr
unsicher, wie denn z. B. in Cic. Verr. II, 66 für maxime — remotissimi,
was die Handschr. und alten Ausgg. haben sollen, von Zumpt und
Klotz ungeachtet jener Auctorität remoti aufgenommen worden ist.
Wo es vorkommt, bleibt es immer incorrect und verdient keine NacJi-
ahmung. — N. L. ist es in der Bedeut. grösstentheils, als Beisatz zu
einem Adj. ; z. B. das Buch ist grösstentheils griechisch, nicht maxime
graecus, sondern maximam partem gr. oder auf andere Weise. Vgl.
mehr über maxime in liandii Tursellin. III, p. 590 u. Reisigs Vorles.
p. 403.
Meare^ gehen, ist fast nur P. L. oder Sp. L. für i're, amhulare u.a.
Ebenso kommt das Subst. jneatus erst N. Kl. beim altern Plinius, Ta-
citus und Aehnlichen vor, und ist ebeiäfalls mehr P. L. für incessus,
rnotus, cursus, circuitus, conversio. llnhnken brauchte also ganz un-
nöthig^ einigemal siderum meatus für die ihm aus Cicero bekannten
Ausdrücke siderum cursus oder motns.
Mechaniciis kommt als Subst. in der Bedeutung Mechaniker schon
N. KL vor, erst später als Adj. in der Bedeut. künstlich, mechanisch.
Als Kunstwort werde es überall beibehalten, wo die Mechanik in's
Spiel kommt; wo wir ^^ieY z.}i. mechanische Künste den geistigen oder
acht wissenschaftlichen entgegensetzen, da sage man nicht artes me-
cha?iicne, sondern blos artes, oder artificia, oder artes mit denAdject.
vulgares, sordidae, illiberales, wogegen die Wissenschaft liche?i — ar-
486
tes liberales, in^^enuae, optimae hiessen. — N. L. aber ist mechavis7tms,
wofür oft machinatio passen wird.
Medela, Heilung, Heilmittel, ist erst S'p. L. für cura, curatio, me-
dicina, medicamentiini.
Mederi, heilen, wird in der bessern Prosa nur mit d. Dativ verbun-
den, ^. iy. mit dem ^ccz/s., aliquem; da!»er kommt es Gem. L. als
Passiv, vor.
Mediare ist in der Bedeut. vermitteln N. u. B. L. für intervenirey
intercedere; davon mediatns und Adv. mediale, mittelbar, für alio in-
ierveniente, deprecanie, und durch die Praep. a und per, und als Adv.
bisweilen quodam modo (Cic. Tusc. IV, 27, 59). Vgl. Immediatus. —
Hine mittelbare Ursache heisst causa adjuvans et efßcieridi aliquid
socia, wie es Cicero umschreibt. — Sp. L. sind mediatio, die Ver?nit-
telu?ig, für deprecatio, und mediator, der Vermittler, Mittler, Fürbitter
(besonders im Kirchenlatein von Christo gesag-t), für conciliator, de-
precator (salntis), inlennintius, interpres, pacißcator, arbiter., disce-
ptator, qiti se interpo?iit, — wie der Sinn das eine oder das andere
mehr verlangt. Vgl. Schori Phras. p. 480.
Medicabilis, heilbar^ ist nur P. L. und stand früher in den Ausgg.
Senec. Ep. 95. p. 64 ed. Schw. für das jetzt aufgenommene remcdia-
bilis; — KL sagt man dafür sa?iabilis. In der Bedeut. heilsam, Heilung
bringend ist es N. Kl. und selten, nur bei Columella und Aehnlichen,
für salutaris, sah/bris (snluber).
Medicare und medicari, heilen. Fast nur P. L., ausser etwa beim
altern Plinius, kommen diese Verba bald in der Form des Activ., bald
in der des Depon. vor, für mederi, sauare, medivinam alicui adhibere
oder affer re, wiewohl medicamen und medicamentum, Heilmittel, Arznei,
Kl. sind.
Medie, Adv., mittelmässig, ist Sp. L. für mediocriter.
Medietas, was in der Mitte liegt, wagte Cicero als wörtliche üeber-
setzung von Mf(7ux?)c für seine philosophische Sprache, brauchte es
aber nur einmal, und Niemand brauchte es ihm nacl». — Sp. L. ist es
in der Bed. Mitte, Mittelstrasse, Hälfte, für medium, mediocritas, di-
midium, dimidia pars.
Mediocritas geradezu in der Bedeut. Maass und Ziel ist wohl un-
erweislich, für modus, moderatio ; es bedeutet blos die Mittelstrosse,
die Mitte zwischen zwei Extremen oder entgegengesetzten Dingen.
Meditari kommt im Partie, meditattis. Kl. auch passiv, vor, z. B.
bei Cic. (Tusc. III, 14, 80): sint semper homini humana meditata und
Off. I, 8, 27 verbindet er meditatus et praeparatus.
Mediterraneus bedeutet was mitten im Lande liegt und wohnt, von
Erde und Land umge:)en ist; es steht dem maritimtis entgegen, und
loca mediterranea sind, was wir Binnenland nennen. Wir sprechen
von einem mittelländischen Meere und nennen es mare mediterraneuin ;
aber diese Benennung kommt nirgends, ausser bei Isidor im sechsten
Jahrhundert vor, als die latein. Sprache schon fast todt war. Die
Lateiner, als Anwohner dieses Meeres, nennen das Ganze mare no-
strum, oder erwähnen nur die zwei Theile desselben: 7nare superuni
et inferum. Die Benennung nostrum können Bewohner anderer Län-
der (ausser Italien) niclit anwenden, und so gebrauche man entweder
die neue Benennung mit der Umschreibung: mar e, quo d nunc oder ho-
487
die Mecff'ferraneum dkitiir, als eine neue ^eoffraphisrhe, Ofler sage,
was auch wolil nicht unrichtig ist, inare mediimi oder intermmi.
Medium als Siibst. mit einem Genit., in der Eedeut. die Mitte einer
Sache, kommt zuerst bei Liv. vor, aber selten, nur (i?i) medio aediimi,
in der M. des Hauses, und medio maris, wiewohl es ohne Genit. mit
Praepositionen verbunden schon Kl. oft gebraucht wurde^ nenilich in
viedium, z, ß. afferre, covferre, pi ofeney vocare ; in medio, z. B. esse,
ponere — ; und so de medio , per medium, und bekannt sind die Aus-
drücke : medium tenuere beati, a ?nedio ad sumnium, medium fe-
rire u. dgl. Vgl. die Lexica. — Dagegen braucliten Cicero und Cae-
sar medium nie mit einem Genit., sondern immer nur das Adj. medius
mit dem folg. Subst. verbunden oder auch medius locus mit dem Ge-
nitiv; z. B. Cic. (Tusc. V, 24, 69): medium mundi locum, die Mitte der
Welt. Man sage daher nicht medio mensis jlugusti, in der M. des Mo-
nats August, dergleichen im N. L. häufig vorkommt, sondern medio
m,ense Augusto; nicht in medium hostium, in die Mitte der /''., sondern
in medios hostes ; nicht in medio hostium, sondern in mediis Jwstibus —
und so alle ähnliche; auch nicht: piscera in medio dissecare, einen
Fisch in der M. durchschneiden, sondern piscem medium diss. — und
so andere. — Ueber das substantivische medium mit d. Genit. einer
Zeit vgl, Th. I, §. 85. — Sp. L. ist medium in der Bedeut. das Mittel,
um Etwas auszurichten, gut zu machen, zu entfernen ; dafür setze man
medirina (Cic. Sest. 19, 43), medicamentum,remedium, besonders bei
Krankheiten; Mittel, FJtwas zu erreichen, ist adjumentum, instrumen-
tum., ratio (also Art und, ff eise), via, ars, sogar telum (bei Cicero :
non mediocre telum ad res existimari oportet benevolentiara civium).
In geistige?! Dingen kann man auch ausser den vorhin erwähnten Sub-
stantiven Studium brauchen; Mittel in dem Sinne von f'ermögen lieisst
opes,fac?/ltates, sumptus — und so nach Verschiedenheit des Sinnes.
Vgl. die Lexica,
*Nacli Klotz (zu Cic. Tusc.) wird medius höchst selten (was die vielen Bei-
spiele zeigen) lor die mit ilim verbundene Praeposition gesetzt, dalier in medios
hostes, nicht medios in h.; de yncdio ciirsu, nicht medio de cursu; in media urhe,
nicht media in nrl)e — welche Einschiebung der Praepos. im N. L. für schöner
gehalten wird. Nur dann, sagt er, stehe die Praep. nach, wenn der entgegenge-
setzte Begriff" von Anfang oder Ende ausd.ücklich dabei stehe oder wenigstens
dazu gedacht werde, wie denn iu Cic. Yerr. IV, 40 medio inforo ohne verschie-
dene Lesart steht. Dagegen meint Ellendt (zu Cic. de Orat. T. II, p. 88), das,
was siel» durch den Ton auszeichne, behaupte auch hier immer die vorzüglichere
Stelle - was, wie ich glaube, auch wohl Klotz gemeint haben mag.
Medullitus, im Marke, von Herzen, inniglich, z. ß. amare, findet
sich A. und Gem. L. bei Plautus, für ex animo. Die späten Liebhaber
des Alten suchten es wieder hervor,
Medus als Adj., Medisch, ist nur P. L. für Medicus ; ]eiie^ ist iu
Prosa nur Subst., der Meder, Bewohner Mediens.
Megara, eine Stadt in Megaris, einer griech. Landschaft, wird theils
lateinisch nach der ersten, theils griechischartig als Plural., Genit.
Megarorum, nacli der zweite?! Declinat. formirt. Cicero scheint es nur
nach der erste?i als Sing., Andere aber als Plur. flectirt zu haben, so
das» Cicero im Acc. Megaram, Andere Megara sagten. Vgl. Düker, zu
Liv. XXXI, 22, Oudend. Sueton. Tiber. 4 und Weber's üebungssch.
p. 174. — Das Subst. dazu ist Megarensis, das Adj. Megaricus.
488
Melojicholin hat zwar Cicero nur g^riechisch erwähnt und damit das
lateiii.////-o/- verg^licJieii, aber er braudst einigemal das Adj. we/r/wrÄo-
licns, so dass auch das Subst. gebräuchlich gewesen zu sein sclieint,
wiewohl Celsus dafür atrae bilis morbus braucht, neben welchem je-
nes nicht verwerflich ist, zumal da es der heutigen Welt wohl ver-
ständliclier ist, als die Erklärung des Celsus.
Meliorare, verbessern, besser machen, kommt nur Sp. L. bei den
Juristen vor, und ebenso meh'oratio, die Verbesserung^ für melius ali-
quid reddere,facere, in melius mutare, reporare, reßcere, emendare
H. a. — Ganz ungewiss und wohl TV. L. ist ?neliorescere, besser werden,
für melius fieri. — Ferner bei Kranken sagt man : er ist etwas besser,
meliuscuhis est, wie Terelit. (Ilec. III, 2, J9 meliuscuhi est, sie ist et-
zvas besser) und Cels. (III, 22 7neliusculus esse coepit) ; und wo wir
sagen: es ist mit ihm (oder blos im Dat. ihm^ etwas besser, heisst es
ei (nicht ami eo) meliuscule est, wie bei (.^ic. (Fam. XVI, 5 cum me-
li/iscule tibi esset, wa7in es dir besser wäre, mit dir besser gi7ige) ; und
es ist mit ihm besser geivorden, was auch, wie im Deutschen, bedeutet:
er ist wieder gesund geworden, ei ?nelius est factum.
Melodiu, die Melodie, ist erst ganz Sp. L. für modulatio; ebenso
noch andere, von dem Griech. in-).nc, der Gesang, abgeleitete Wörter,
die fast alle erst spät aus dem Griech. genommen sind. Aber auch me~
los, der Gesa?ig, das Lied, findet sich nirgends in Prosa und ist un-
nöthig wegen carmen, cantus und canticum.
Membraneus und membranaceus werden beide gebraucht, jedoch
das letztere mehr als das erste, von Handschriften auf Pergament,
ohne einen Unterschied. Einen solclien nimmt aber Reisig (Vorles.
p. I(i2) an. Nach seiner Ansicht wäre membraneus, was von Perga-
menthaut gemacht ist, membranaceus aber, was derselhen nur ähnlich
ist oder aus einer ähnlichen Masse wie Pergament besteht; er setzt
daher hinzu, vieleHerausgeber fehlten in dem Gebrauche dieses Wor-
tes. Daher zieht er codex menibraueus dem membranaceus vor; und
allerdings wird auch, wo etwa bei einem Lateiner von dergleichen die
Rede ist. nur von Codices membranei, nicht ;«e??/6/'«/?<7ff/ gesprochen.
Darnach richte man sich im Gebrauche. Der äHere Plinius sagt dafür
in membrana Script us, was er sogar aus einem verlornen Buche des
Cicero angibt. Vgl. Pergamenum.
Membrum, Glied, braucht zwar Ovid von Gliedern einer Gesell-
schaft {inemhra convictus mei), aber nirgends findet sich Aehnliches
in Prosa; man sagt dafür sodalis. Auch bemerkt Weher (Uebungssch.
p. 55), dass in dem Sinne, wie wir z. B. sagen Rathsglied, Gemeinde-
glied, nicht mcmbru)u gebraucht werden könne, sondern dass dies
durch andere Wendungen angedeutet werden müsse, z. B. honio oder
vir se7iatorius oder geradezu Senator, und ebenso blos civis. — B. L.
wird es von den Gliedern oder Reihen der Soldaten gebraucht, für
ordineii. — Unser anfangen an den Gliedern zu zittern heisst nach
Cic. (Orat. I, 26, 121) artubus conlremiscere.
Meminisse steht höchst selten in der Bedeut. erwähnen, für com-
memorare, mentionem facere.
Memorabile, Neutr. von memorabilis, als Siibst., die Merkwürdig-
keit, ist wohl N. L. für res memorabilis oder commemoratu, memoria
digna, wiewohl adjectivisch gesagt werden kann multa tnetuorabilia,
489
wie Cic. (N. D. II, 52) dem ähnlich sagt : multa alia allis in locis coiii-
vitmornbilia proferre possum,wo es adjecti^ische Apposition zu nmlia
a/f'a ist. — Aber N. L. ist der bekannte Titel: Xenophontis 7ne?nora-
bilia Socratf's, für Xen. commejilarü dictortim et fuctorum Socr.; eben-
so; vidi memorabilia iirbis, regfo?iis n. dgl. Anch wiuidert es mich,
dass A. Matthiae seine übersichtliche Lebensbeschreibung- Cicero's
vor seiner Ausg. der auserlesenen Briefe Memorabilia vitae Ciceronis
genannt hat, für summa capita vitae Cicer.
Memorare, erwähnen, gedenken, ist höchst selten bei Cicero und
fast zweifelbaft, häufig dagegen cotnmeniorare, was daher vorgezogen
werde. In Cic. Fin. II, ä, 15 steht memoratit im Verse eines alten
Dichters. Vgl. Zuinpt z. Cic. Verr. p. 204. — B. L. aber ist es in der
Bedeut. memoriren, d. h. dem Gedächtfrisse einpräge?/, für /nemoiiae
maudare. — Das Subst. memoratio^ die Erwähiuing, ist Sp., vielleicht
N. L., da es nur in den nnächten Elegieen des Corn, Gallus (Eleg.
I, 291) vorkommt, für commemoratio.
Memoria, das Gedächtniss. Selten ist ex memoria in der Bedent.
mit Hülfe des Gedächtnisses, aus dem Kopfe, mit Verben der Rede
verbunden, z. B. respondere, dicere, proniintiare, narrare, esponere
u. dg!., für memoriter, und bei Cicero kommt es vielleicht nur einmal
vor (Catil. III, 6 ex memoria exponere). — Erst N. Kl. ist in alicujeu
menioriam, z. B. dicere, orationem habere u. dgl., zu Jemandes Ge-
dächtnisse und Andenken reden, eine Gedächtnissrede auf Jemanden
halten, was mit Vavassor. (Antib. p. 551) ausser mehrern Andern auch
Eichstädt (Deprecat. latinit. acad. p. 630) und Hand (Lehrb. p. 169
und Tursell. III, p. 317 u. 319) als unklassisch verworfen haben. —
A^iewohl man aber menioriam vitae alicujus componere sagen kann, so
beruht doch memoria in der Bedeut. Gedächtnissrede , Lebensbeschrei-
bung, Erzählinig von Jemandes Leben, erst auf sehr später Auctori-
i'it, und muss geradezu verworfen werden; man sage also nicht: scri-
bere alicujus menioriam, habere olicujus mem., eine Gedächtnissrede
auf Jem. halten, da letzteres nur bedeutet: an Jemanden denken. Vgl.
auch noch Reisfg's'Vorles. p. 725.
Memorinlis, tras zur Erinnerung, zum Gedächtnisse dient, kommt
N. Kl. bei Sueton vor, mit liber verbundenen der Bedeut. ein Gedenk-
buhh, und für diesen Begriff ist es brauchbar; aber N.Ij. ist wohl me-
moriale als Nentr. in dieser Bedeut.
Memoriter, ausa'e7idig, aus dem Kopfe, wird im N. L. mit mehrern
Verben unpassend verbunden, z. B. mem. discere, ausivendig leinen,
für ediscere, memoriae mandare ; ferner metii. scire, ausuendig iris-
sen, für memoria oder memoriter teuere, alicujus memorium teuere
(Cic. Brut. 93, 322), memoriter complecti u. a. ; ferner mem. recitare,
ausv endig hersagen., ftir mou. dicere, da recitare — vorlese?i bedeu-
tet, nicht her.sageu.Yiil. Recitare. — Nach ]^Iadvig(z. Cic. Fin. 1,10,34)
bedeutet arer memoriter niciit ausirendig , soudern sich wohl erinnernd,
attf sein Gedächt?iiss sich verlassend, und dient als Lob der Person,
die das Gehörte und Gelesene im Gedächtnisse treu bewahrt und es,
ohne Etwas zu vergessen, wieder erzählen und hersagen kann.
Mendaciolnm, die kleine Trüge, beruht hlos auf Cic. Orat. II, 59,
wo nur eine alte Ausg. mendaciidis liest, fast alle Handschr. aber und
die alten Ausgg. inend aciujiculis (von 7nendaciunculum),\\as also allein
490
handschriftlich beg:lauhigt ist. Jenes werde als zweifelhaft vermieden,
obgleicli es im A. L. üblicher ist, als das andere.
Mendiim (nicht menda, was P. \\. N. Kl. ist) ist alles Fehlerhafte
im Geistigen und Leiblichen, jedes Versehen, jeder Fehler, nicht
blos, worauf es Einige beschränken, ein Fehler im Schreiben; — eben-
so ntendostis, fehlerhaft, wie denn Cic. (Brut. 16, 62) eine Geschichte
so nennt, weiche viel Falsches enthält. Vgl. Anton's Progr. p. 51. —
Ueber das N. L. m niendo cubare vgl. (Jubare.
Mens, Seele, Geist, Sinn. Ueber den Unterschied zwischen 7nens
und animus vgl. die Synonymenbticher ; wenigstens heisst der denkende
Geist, der Verstand meistens mens, der fühlende und begehrende mei-
stens animus. Daher heisst in den Sinn kommen, an Etwas denken,
sich erinnern nur in me?ite??i, nicht in animum venire; im Sinne haben,
d. h. fVillens sein, nur in a/n'mo, nicht in mente habere, wiewohl man
in der Verbindung mit esse nicht nur in animo, sondern auch in mente
esse sagt. Vgl. Vavassor. Äntib. p. 542. Und so findet in manchen
Wortverbindungen, je nach dem Sinne, keine Vertauschnng beider
Wörter Statt. Gute Lexica geben über das Eine und das Andere Aus-
kunft, jedoch folge man nur guter Auctorität.
Mensa, Tisch,\iA[t sich in i\^y bessern Prosa fast nur an die eigent-
liche Bedeut., indem, wo Tisch so viel als Essen, Mahlzeit ist, nur
eoena (cena) gebraucht wird ; z. 11, bei Tisch, über Tisch, d. h. beim
Essen, inter oder st/per coenam, nicht mejisam, wie freilich Curtins
(VII, 4) sagt, nie aber in jnensa, wie Muret. (V. L. VI, 15) schreibt;
— zu Tische gehen, kommen, ad coenam (nicht mensani) ire, venire ;
zu Tische einladen, ad coenam (nicht iuensam) vocare, devocare, in-
vitare; den Tisch bei Jemande?i haben, apud aliquem coenure, in ali-
ctijns comnctu esse u. dgl. ähnliche. Nur wo beide Begriife in einan-
der übergehen, steht auch mensa. — Der Spieltisch heisst im N. L.
oft mensa lusoria, für abacus lusorins.
Mensis, der Mo7iat, wird in der bessern Prosa bei den Monats-
namen fast nie ausgelassen, da die Namen Januarius u. s. w. nur xAd-
jectiva, nicht Substantiva sind, ausser wo der Zusammenhang' sie leicht
hinzudenken lässt. Vgl. darüber Th. I, §. 64.
Mensor, der Messer, ist nur das allgemeine Wort; der Feldmesser
heisst mehr ?netafor oder decempedator, wenn nicht metator vielleicht
blos der ist, welcher ein Lager absteckt; — ausserdem auch geome-
tra, geoinetres oder geometer, welche sogar Kl. sind.
Mensura, Maass, wird nie in der bildlichen Bedeut. unseres Manss
und Ziel gebraucht; dafür ?nodus. Daher heisst Maass halten, modum
tenere oilerfacere aliciijiis rei (in Etiras). — Auch ist es nicht zu brau-
chen in der Bedeut. Takt oder Melodie; dafür numerus, modus. Vgl.
Schori phras. p, 539.
Mensurabilis, 7nessbar, ist Sp. L. und werde umschrieben durch
Cjuod metiri possumns, qiiod sub mensuram cadit.
Mensurare und alle dazu gehörigen Formen sind Sp. und Gem. L.
für metiri ; als Subst. brauche man niensio, dimeyisio, mensura, nicht
m,ensuratio. — N. L. ist mensurator ; vgl. Mensor.
Mercari, kaufen, wird gleich gut verbunden aliquid ab und de ali-
qiio, wie entere. Etwas von Einem ka?ifen.
Mercator, Kaufmann, Krämer, kommt nirgends bildlich mit den
491
Geriit. juris und lithim so vor, wie wir unser Prozesskrämer brauchen
von dem, welclier mit dem Reclite und mit Prozessen Gewerbe treibt
oder gern Prozesse führt. So braucht es der Ciceronianer Bunelhis
(Ep.lö): ad quaestum festinant h\\ jnris vel potius Uiium inercatores,
wobei er wahrscheinlich an gemeine Juristen und Advocaten denkt,
die nur auf Prozesse sinnen, für Jiiigiod, litiiim amantes u. d^l., oder,
was neulich Eichstädt bei Gelegenheit des in Horat. (Serm. I, 1, 29)
streitigen ccmpo wahrscheinlich gemacht hat, sogar caupo, und dazu
als \ erbum cauponuri.
Mercahira und mercatus bedeuten nur Kauf, Einkauf, Handel,
nicht den Ort, wo gekauft wird; daher sagt man ad mercaturam, ad
mercatuni ire, proficisci, gehen, reisen, um einzukanfen. Man nenne da-
lier nicht bildlich eine Schule oder eine Universität mercatura bona-
riim artium, wie man im N. L. findet: Lipsiam mercaturam bonarum
artium proficisci, nach Leipzig, dem Marktplatze — reisen, für ad
merc, um einzukaufen, wie bei Cic. Off. I, 1.
Mercimo?iium,die IVaare, steht J. L. bei Plautus und wurde iV. Kl.
von Tacitus wieder gebraucht für mers.
Merere, verdienen, sich verdienen, erirerben, wird vielleicht nie mit
gratiam. Dank, Zunei^ufig, verbunden; dafür sagt man gratiam inire
ab ali(juo. Vgl. ITeusing. Emendd. p. 414. — Dienen unter Jemanden
(in militäriscliem Sinne) heisst merere sab aliqiio; zu Pferde, equo,
und bei Mehrern meistens equis ; zu Fasse, pedibus.Kheuso wird diese
Gctive Form vom eigentlichen Erwerbe7i im Handel und Wandel ge-
braucht mit dem Accus, dessen, was man verdient und sich erwirbt. —
Neben dem activen merere besteht auch die Deponensform mereri,
verbunden theils aliquid, sich Etivas verdienen, theils de aliquo, de ali-
qua re, sich um Einen, um Etwas verdient machen, A. L. auch mit
erga ; daher de civibas, de patria u. a., und so auch ?neritus, der sich
verdient gemacht hat. — Da mereri von gtitem und schlechtem Ver-
dienste um Etwas gebraucht wird, so tritt in jenem Falle, wo nicht der
Zusammenhang deutlich das^?//e bezeichnet, nocli Äewe, we//'ars, optime,
mirifice u. dgl. hinzu, bei dem Gegentheile aber male, pej?is, pessime.
Aue!» dieses mereri hat im Perf. mehr merui, als meritus sum. Vgl.
darüber Reisig's Vorles. p. 248 m. d. Anm. — Wenn ein zweites Ver-
bum dazutritt, welches wir mit dem Infin. oder mit dass anreihen, so
folgt im Lateinischen ut, seltner cur oder der lufin., welchen mehr
die Dichter brauchen, wiewohl auch Quintil. (X, 1, 72) sagt: meruit
c/ef^/ secundus ; z. B. ich verdiene es, gelobt zu werden, ut lander, ni; ht
laiidnri. Vgl. Klotz Sintenis p. 1()6. — Von i\^mVaY\\c., merens, der sich
verdient macht, verdient gemacht hat, kommt erst ganz Sp. L. meren-
tissimus vor, wofür meritissimus zu brauchen ist. Das Partie, meritus
hat, wie das Verbnm, nur Adverbien der Art und Weise, nicht der
Grösse und Stärke bei sich; also nicht valde, magis, maxime, summe,
sondern bene,, male, praeclare, mijifice, melius, pejus, optime, pessime
u. ähnliche, was zu merken ist, da wir statt wohl verdient auch sehr
verdient sagen. — Das Neutr. meritum als Subst., das Perdietist, wird
aber nicht mit de verbunden, sondern mit erga oder in aliquem, z. B.
merita erga oder iji pairiam. Aber dieses Subst. lässt Adjectiven, wie
magnus, sainmus, attiplissimus u. dgl. zu, wiewohl bezweifelt wird, ob
auch ingens damit verbunden werden könne. — Eine wohl verdiente
492
Strafe, wie wir sag^en, heisst aber nicht poena bene meritn, sondern
poena vien'la av debita, ptsta et debil a. Und obgleich meritns de alii^no
gewölmlirh ist, so ist doch iiiigebräuclilith se tneritum de aliqtto fn-
cere, sich tmi Einen verdient machen, für mereri de aliquo, merita in
aliquem reportare oder colligere; z. B. ich gJatihe mich um dich ver-
dient gemocht zu habe??, nicht de te me meritinn fecisse puto, sondern
ohne/ec/.sse. Vgl. (Jic. Fain. II, ti, 1. — Endlich sagt man nicht: prae-
ter merilnm nieiim, innm, snnm u. s. w., wider mein, dein — f^erdienst,
unverdient, ?inver schuldet, als Beisatz zu einer Person, sondern imme-
rens oder mit dem Adv. itnmerito oder nnllo meo merito, nulla mea
culpa. — Gut ist pro merito, nach Verdienst. — Wo wir oft einzeln
zu etwas Gesagtem hinzusetzen : ynit Recht, sagen Cicero und Andere
nicht merito allein, sondern idque merito, wie auch wir meistens nnd
das mit Hecht. Vgl. auch /?^s. — Im Superl. sageman im Adv.OTe7-«7«s?mo,
nicht meritissime.
Meridialis, mittägig, ist Sp. L. für meridiamis, ausiralis, spectans
ad jneridiem oder ad austrum. Vgl. auch Meridionalis.
Meridinnus, mittägig, ist gut und Ä/. ; aber meridiana luce oder
vieridiano sole clarius ist N. L., wovon bereits unter Lt/a: die Rede war.
Meridies, der Mittag (als Zeit) und der Süden (als Wel(gegend),
sind beide gut ; aber N. L. wird es von einem nach Mittag zu oder im
Süden liegenden Lande gebraucht, wie wir unsere Wörter auch brau-
chen. Man sage also nicht: meridies terra est fere incognita, der Sü-
den ist fast unbekannt, für terra australis oder meridiaJia fere est ine.
Vgl. Heber's üebungssch. p. 102.
Meridionalis, 7nittägig, was jetzt sehr gebräuchlich ist, ist ganz
Sp. L. und steht bei Lactanz sogar noch zweifelhaft, so dass Salnia-
sins (Exercit. Plin. p. 1248) sogar sagt: Vix puto dictionem esse lati-
nam meridionale, nee enim meridio dicitur, ut septentrio, aquilo, unde
seplentrionalis, aquilonalis. Vgl. Meridialis.
iMeri/e nnd meritissime, als Adverbien von merittis und meritissi-
nn/s, sind Sp. L. Formen für merito, fneritissitno. Vgl. Merere, wo
auch von merittis und tneritum die Rede war.
Meritare, verdienen (von Gelderwerb), für merere, ist höchst sel-
ten; nur einmal findet es sich bei Cicero, aber von allen llandschr.
beglaubigt; sonst nnr beim altern Plinius. Es werde vermieden.
Messeniacus, Messenisch, aus Messetiien, kommt nirgends vor, für
Messenitis.
Meta wird in der Bedeut. Ziel, Ende (da in der Rennbahn eine
Säule, welche /nefa hiess, das Ende bezeichnete) zwar von Dichtern
färßnis, termitius, extremum gebraucht, nie aber in Prosa ohne An-
spielung auf die Renn- und Laufbahn, oder ohne den Zusatz td ajunt,
ut dicitur, was im N. L., wo man das Wort für ßjiis lieht, nicht so
streng genommen wird. Und so hranclit man nicht nur meto ri(ap,\\as
allerdings P. L. ist, sondern verbindet meta auch mit Genitiven, wie
virtuiis, gloriae, pcrfectionis \\. a. Und so sagt man auch im 7\^. L.: ad
metarn pervenire in der Bedeut. zu seinem Zwecke gelangen, seinen
Ztceck, seine Absicht erreichen, was bei keinem Lateiner vorkommt.
Vgl. Raschig Progr. p. 27.
Metamoiphosis, die Verwnndlintg der Gestalt, hat im Gen. die En-
dung is, wie ähnliche griech. Wörter auf is, niclst die griecli. eos oder
493
tos, die man im iV, L. für geleJirter und schöner hält, wo man auch im
Genit. Pliir. tVir nietamorphosi/nu lieber sag^t j/iefamorphoseon, ^a wohl
gar halb griechisch, halb iateiniscli metumorphosiuir schreibt. Das
Wort brauchen Ovid u. A. nur von den fabelhaften Erzählungen ver-
wandelter Gestalten, nie in allgemeinem Siujie, wo nur formae mulatio
oder conversio, auch wohl transfigiira'.io zu brauchen sind. Zur Be-
zeichnung jener fabelhaften Verwandlungen behalte man es bei.
Metaphora übersetzt zwar Cicero (Orat. III, 38) durch translatio,
und die folgenden Rhetoren haben dies neben dem griech. Worte
aufgenommen; gleichwohl bleibt jenes das rhetorische Kunstwort.
Melempsi/chosi's, die Seelenwandenaig, findet sich zwar nirgends
bei Lateinern, die es durch migratio ainmornin oder aniniarum um-
schreiben; aber als philosophisches Wort des Pythagoras werde es
beibehalten.
Meihodus, die Methode, Art und Weise (Etwas zu thun), hat kein
Lateiner gebraucht, wiewohl das Adj. melhodictis zu den wissenschaft-
lichen Kunstwörtern gehörte; die latein. Wörter ratio, via, welche
man auch beide verband, ratio et via (Cic. Tusc. II, 2, 6) oder via et
ratio (Orat. I, 21, 97. Fin. II, 1, 3) genügten dafür. — Methodisch, als
Adv., lieisst nicht methodice, sondern entweder via (Cic. Brut. 12.46)
oder vollständiger ratione et via, via et ratione. — Die Lehrmethode
heisst docendi via (Cic. Orat. 114), instituendi genus (Cic. Q. fr.
III, 3, 4) ; kurze Lehrmethode — breve docendi compe?idium (Quint.
I, L 24).
Meticulosus, furchtsam, ängstlich, besorgt, steht A. L. bei Plautus
und wurde Sp. L. wieder hervorgesucht, für timidus, anxius, sollici-
tus, suspensus u. a.
Metiri, messen. Das Partie, metitus ist Sp. L. Form für mensus.
Vgl. auch Dimetiri. — Etwas messefi, beurtheilen nach Etwas, aliquid
aliqua re, selten ex aliqua re. Das Part, mensus hat Kl. auch passive
Bedeut., abgemessen.
Metriciis, metrisch, das Maass (besonders der Verse) betreffend ;
aber metrica oratio wird nach Heusing. (Emendd. p. 414) von H. Ste-
phanus (de abusu ling. gr.) als unlateinisch verworfen, da nicht ein-
mal griechisch asro/xo^- Ivyo^ g^^sagt werde. Man sagt dafür entweder
oratio poetica oder versibus scripta.
Metropolis, die Mutterstadt anderer Städte, kommt theils in dieser
Bedeut., theils in der Bedeut. Hauptstadt eines Bezirkes erst Sp. L.
bei den Juristen vor, wo auch das ähnliche metrocomia, das Mutter-
dorf anderer Dörfer, vorkommt. Dafür brauche man origo (Sali. Jug,
22) oder origines, wenn man nicht geradezu eine solche Stadt mater
oder parejis nennen will, da eine solche Benennung den Lateinern für
diesen Begriff" nicht zu fern liegt, wie denn auch Livius (XXXVII,
54, 19) Mutterstädte — pare?iies nennt, was auch vielleicht sonst noch
geschieht. Drakenb. verweist auf Düker, z. Florus I, 3, 9. — Vgl. We-
ber's Uebungssch. p. 98.
Metrum, Maass, Messung, ist nur beschränkt auf Verse; ausserdem
braucht man nur niensura, modus.
Metuere, fürchten ; — ////• Jemande7i oder mn Jemandes unllen mei-
stens alicui, selten 7^A0 aliquo, was Einige für unlatein. gehalten haben,
obgleich es sich z. B. bei Cels. (III, 11) findet. Vgl. Heusing. Emendd.
494
p. 486. — • Sich vor Jemanden oder hios Jernnriden fürchten heisstß/«-
queni mettiere ; sichfürchlen, scheuen, bedenken, Eluws zu ihun, me-
tuere aUquid facere, also ra. d. Inf .;^ha.x furchten, dass Etwas geschehen
möchte, metuere ne quid fiat. V^l. die Graintnatiken. — Die Form me-
tutus, gefürchtet, ist in Prosa ohne alle Äuctorität.
Mens. Der Vocat. heisst in der bessern Prosa mi, mea, menm; A,
und Sp. L. aber mens, für m?', und dagegen ?ni auch für mea, was
nicht nachzubrauclien ist.
Mi, als Dat. von ego, für mihi, ist wohl nur P. L., findet sich aber
im N. L. öfter, wo man es für schöner iiält,
Migrare, ivandern. Man sag't zwar migr. ad aliquem, zu Jemanden
und in aliquem locum, in einen Ort wandern, ziehen, aber nie per ali-
quem loc, durch einen Ort, wofür peragrare aliquem loc. gesagt wird.
Sonst heisst aus einem Orte, ex oder de aliquo loco, z. B. de und ex
vita. — Migrare wird auch bildlich gebraucht in der Bedeut. Etwas
überschreiten, nicht beachten.
Mite, milies ; vgl. Mille.
Militia, der Kriegsdienst. In der Bedeut. Soldaten, wie wir Miliz
brauchen, brauchte es zuerst Livius (IV, 26, 3), wenn anders die
Stelle so zu erklären ist, für milites, exercitus, copiae ; ausserdem aber
kommt es nur Sp. L. vor, und ist daher wohl durchaus zu verwerfen,
wie es auch Sciopp. (Infam.) gethan hat. Im bessern Latein wurde der
Genit. militiae in der Bedeut. im Kriege nie ohne den Beisatz domi
gebraucht. Man sagte zwar: ille domi militiaeqne est cognitus, aber
nicht blos: ille militiae est cognitus. — Der Plur. militiae in der Bed.
Kriegsdie??ste, Eeldzüge, ist in Prosa wohl unerweislich; dafür sagt
man stipendia, und incorrect. schreibt Casaubonus (zu Athen. V, 15.
p. 375 [p. 467 ed. Lips.]): ubi Socratis militiae meraorantur.
* Weun Drakenb. (zu Livius) und mit ihm Andere für die Bedeut. Solda-
teil auch aus Cic. (Le^. III, 3, 6) zwei Stellen hinter einander anführen, so mag
wohl dort richtiger mititiae mit Wyttenbacli in der Bedeut. im Kriege, dem domi
entgegengesetzt, zu verstehen sein, nicht aber, dass es für militibus stehe. Dies
ist die Ausiclit des Jen. Rec. (Georges).
Mille oder mile, tausend. Dieser Sing, wird Kl. bald als Subst. be-
trachtet und mit einem Genit. verbunden, wo es unser ein Tausend
ist, bald (und öfter) als Adj., wie unser tause?id, unverändert zu dem
mit ihm verbundenen Subst. gesetzt; z. B.mille passu?fm und mille pas-
sus ; mille hoininum und mille homines. Wenn es als Subst. einen Gen.
bei sich hat, kann das Verbura, wenn jenes mille Subject ist, nicht nur
im Sing., sondern auch, was jedoch seltner ist, im Plural, folgen. Vgl.
Cic. Phil. VI, 5, 15. Milo 20, 53 (nach R. Klotz). Rep. VI, 2. p. 459
ed. Mos. : ut mille hominum — descenderent u. a. — Wenn nur ein Tau-
send gedacht wird, ist der P//fr. millia falsch, welchen Nolten gleich-
wohl nicht missbilligt; z. B. tausend Perser, nicht millia Per sarum^
sondern mille Persarum oder inille Persae. — N. L. ist es, um meh-
rere Tausende auszudrücken, mille im Sing, mit einem Cardinalzahl-
worte zu verbinden, z. B. mit duo, tria, quatuor u. s. w., wie man dies
wirklich bisweilen im N. L. findet, z. B. decem mille stipendiarios,
oder sogar einmal bei Rnhnken : quinque mille florenorum, für decem
millia stipendiariorum und qiiinque millia florenorum. Nur P. L. wird
mille mit Zahladverbien verbunden, z. B. bis mille, ter mille, für duo
495
miUitt, tria mitlia, was in Prosa nicht nachznahmen ist. — Der Plural.
viillia, also Taufende, nir<l nur ais Suhsi. atigesehen und mit d. Genit.
des dazu g'ehörigen Substantiv. Wortes verbunden ; Sp. L. dagegen als
Adj, mit dem im Casus ihm gleichen Subut., wie z. B. Hieronymus in
der Vulgata sagt: deceni millia ialenta, zehiitausetid Talente, für ta~
letitoniiu oder tale/ifüm, wenn die Stelle nicht verdorben ist, sowie
überhaupt diese Sprechweise auf verdorbenen Stellen besserer Schrift-
steller beruht, welche dazu wohl schon früh Anlass gegeben haben.
So steht z. B. jetzt in Cic. Uabir. Post. 8, 21 decem millia iaientnm
für das in den alten iVusgg. früher befindliclie talenta; in Varro (RR.
II, 1, 14 u. III, 17, 3) steht noch sestertia, wofür entweder H.S. oder
sestertiam zu schreiben ist; in Livius (XXXVIIl, 38, 3) steht : duo-
decim millia Attka talenta, für Atticorum oder ^tticum talentum, wie
richtig XXXVII, 45, 14 quind. millia tnlentiim Euboicorum , — inCur-
tius V, 6, 9 ist ebenso für CXX millia talenta zu lesen talentum, und so
wohl noch öfter an andern Stellen, was gewiss nur Fehler der Ab-
schreiber sind. — Aber unser tausend Andere heisst nicht milb'a alia
oder alia millia, was andere Tausende bedeutet, sondern mille alii,
aliae, alia, wie bei Quintil. (II, 15, 23): mille alia, beiSenec. (Ep. 24):
mille alia instrumenta, wofür auch sedcenta alia gesagt werden konnte.
— Auch wird das Wort mille mit seinem Adv. millies in der Bedeut.
unzählige , unzähligemal bei starker hyperbolischer Rede gebraucht.
Vgl. Liv. II, 28 nunc in mille curias — dispersam esse rempublicam ;
ib. III, 14 mille pro uno Kaesones exstitisse; Cic. OfF. 1, 31, \\^ millies ;
Kit. VII, 11, 1 vel potius mori millies; Rep. III, 10 genera juris — mil-
lies mutata sunt u. a. m. Sonst wird minder stark in demselben Sinne
sexcenti und sexcenties gesagt. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 122. —
Unser tausendmal besser heisst auch latein. millies melius (Cic. Phil.
11,44) und mehr als tausendmal, plus millies. Ob riber je sescentesi-
7nus bildlich gebraucht wurde, wo wir sagen der Tausendste, für mille-
simus, weiss ich nicht. Vgl. Cic. Att. II, 4 millesimam partem vix in-
telligo,- Cels. II, 6 in millesimo corpore.
Millenarius , tausend enthaltend , mag, wiewohl es erst Sp. lt. vor-
kommt, dennoch nicht verwerflich sein, obgleich milliariiis frühere
und bessere Auctorität hat; aber das Neutr. millenarium in der Bed,
eine Zeit von tausend Jahren ist N. L. für spatium oder tempns mille
annorum , oder was Andere vorschlagen, das den Wörtern biemiium,
triennium u. s. w. analoge millennium, welches nicht zu verwerfen ist,
mag es auch ohne Auctorität sein.
Milleni., ae, a,je tauseJid, ist eine wohl ganz zweifelhafte Form,
welche sich nur bei Plaufus findet (Bacch. IV, 9,4): millennm ( d. i.
millenarum) numero naviura, wo aber einige Handschr. uud Ausgg.
mille cum numero oder cum mille numero nav. lesen , wovon eins bes-
ser ist, zumal da eine Distributivzahl nicht erwartet wird. Es werde
daher inilleni nicht gebraucht, und eben so wenig bis milleni , ter mill.
\\. s. w., wie es dennoch in mehrern Grammatiken steht, für singula,
bina, terna millia u. s. w. Eben so unlatein. ist millena millia, eine Mil-
lion, für decies cente?ia millia, wofür in einigen Verbindungen meistens
blos decies üblich ist, z. B. decies sestertitim, eine Million Sesterze;
darüber s. unter Sestertium. Vgl. Heusing. Emendd. p. 474, der zwat
niiUeni nicht angefochten hat, wohl aber millena millia.
496
MiUes/'es, tause7idmal, ist Sp. L. Form für milh'es, von dessen bild-
lichem Gebrauche unter MilJe die Rede war.
Milh'aris,niüliare^ als Adject., ist wohl ohne Äuctorität; daher fin-
det sich auch nirgends milliare in der Bedeut. Meile. Die latein. Form
ist nur mUUarius , wovon das Neutr. , milliarium , den Meilenstein be-
deutete; von einem zum andern war ein Raum von tausend römischen
Schritten. Nirgends aber kommt der Pltir. vor, wesshalb auch nirgends
eine Cardinalzahl dazu tritt (also nie r/ecem ?«///m/-«ff^ , sondern nur
eine Ordinalzahl, z. B. a tertio milJiario — ad decimum millarium. Da-
her verwirft denn auch Frotscher (z. Mureti Oper. T. I, p. 214) Mu-
ret's Italica milliaria, und unlateinisch sagt Paul J\Ianutius (Ep. 111,35) :
viginti milliariorum intervallum und Görenz (Cic. Fin. III. 2,8. p.3l8) :
Tusculanum duodecitn fere milliarium Romanornm aberat, wo noch
ausserdem der Genitiv A^. L. ist, — Für uns ist milHarium,CL?i es incht
unsere Meile bedeutet, ganz unanwendbar, indem die Alten die Ent-
fernungen nur nach römischen Schritten berechneten, so dass 5000
Schritte ( qui7ique miliin passumn ) den Raum einer Meile umfassten.
Bedenklich ist es daher auch, das Wort milliar. als Kunstwort in der
Bedeut. Meile einzuführen, wenn gleich die Berechnung nach Schrit-
ten zur Bezeichnung der Entfernung sehr umständlich ist. Vgl. Weber's
Uebungssch. p. 39 und unter dem Worte Nora.
Millio, die Milliofi, ist N. L. für decies centena tnillia. Vgl. Milleni.
Milvius, der Geier., ist fehlerhafte Form für milvus.
Mina im Sing., die Drohung , ist nur J. L. und veraltet für den
Plur. minae, Drohungen. — Im N. L. wird minae \on den militärischen
Minen oder unterirdischen Gängen zur Sprengung der Felsen, Mauern
u. dgl. gebraucht, für cuniculus.
Minaciae, die Drohu??geTt , findet sich ^. L. nur bei Plautus, für
minae.
Minanter, drohend, steht P. L. bei Ovid, für minaciler.
Minari, drohen: — Einem mit Etwas (was erfolgen soll) oder
Einen mit Etwas bedrohen, minari alicxii aliquid ; z. B. mea domus
ardore suo deflagrationern urbi atq. Ttaliae toti minahatur, mein Haus
bedrohte durch seinen Brand die Stadt — mit Einäscherung. — Noch
öfter wird minitari gebraucht, wovon weiter unten die Rede ist. —
P. Jj. sind die Redensarten minari magna, pulchra, multa,in der Bed.
Grosses, Herrliches, Vieles verkündigen oder mit grossen Dinge?i um-
gehen. Gleichwohl sagt Hemsterh. (Oratt. p. 132): puero tarn magna
minanti.
Minerva. Die sprichwörtlichen Redensarten: siis Minervam und
pingui, invita, crassa Minerva brauche man nur mit dem Zusätze ut
ajunt, ut dicitur, mag auch Cicero bei der ersten bisweilen Nichts hin-
zugesetzt haben. Vgl. Beier z. Cic. Lael. 5, 19.
Minerval ist in der Bedeut. Schul- oder Lehrgeld so wenig zu er-
weisen, dass es nicht wohl in diesem Sinne gebraucht werden kann,
indem es in der einzigen Stelle bei Varro, wo es dies zu bedeuten
scheint (R. R. III , 2, 18) , wohl nur ein Geschenk für Belehrung be-
deutet. Man brauche merces. Vgl. Honorarium.
Minime mit dem Genit. reruni, in der Bedeut. durchaus nicht., ist
N. L.,mag auch rerum bisweilen zu Superlativen zur Verstärkung
hinzutreten, wie man z. B. finAei : suavissifnus rerum ,pulcherrimus
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rerum u. a.; bei einem Adverb, findet es sich nirgends. — Man sagt
auch niclit niinime posse, minhne valere, am u'em'gste?i vermögen, son-
dern rninimum posse, min. valere, ebenso wie man nur sagt multum
\md phirimum posse. — N. L. ist es in der Bedeut. tvenfgste?is, zum
wenigsten , fiir 7ninimnm. Falsch ist: minime sunt tres gradus, es gibt
wenigstens drei Grade, fiir minininm sunt.
Minimus, wovon man Sp. L. die halbbarbarisclie Form tninissimus
findet, kann im Genit. , miJiimi, nicht zur Bestimmung des Preises bei
Kauf und Verkauf gebraucht werden, sondern nur im Ah\.., mini mo. —
Sp. L. ist ad tninimum , zum wenigsten, als Adv., für minimum oline
ad. Vgl. unter Ad.
Minister verbi divi?ii ist eine neue Bezeichnung iinsrer (geistlichen)
Prediger, wie man sie auch im Deutschen Diener des göttlicheii Wortes
nennt. Insofern auch bei den Alten die Priester einer Gottheit m/w/s/r?"
(dei alicujus) hiessen, und ihre Besorgung des Gottesdienstes — mi-
nisterium genannt wurde, ist mildster auch wohl der neuen Idee nicht
unangemessen, indem nicht einmal aus dem Kirchenlatein eine andere
eigene Benennung derselben bekannt ist. Die Neuern und selbst Eich-
städt (Deprecat. acad.) missbilligen es nicht. Vgl. Frotscherz. Mureti
Oper. T. I, p. 288 und oben unter Concionator.
Minitari (vgl. Minari), Einem drohen oder Einen mit Etwas be-
drohen, wird meistens verbunden alicui a/iqjiid, seltner alici/i aliqua
re. Letzteres findet sich besonders in der Redensart/erro ignique oder
igniferroque, wiewohl nach Klotz (Cic. Catil. II, 1 1) der Accus. /<?/-
rumflammamque richtig ist, obgleich dies Orelli als nicht Ciceronisch
bezeichnet. Vgl. Garaton. z. Cic. Catil. II, 1 und z. Philipp. XIII, 21. —
Man verwechsele aber damit nicht Redensarten, wie: alicui gladio,
fusti, lapide — minitari, wo durch den Abi. nur das drohende Werk-
zeug angegeben ist.
Minor ennis , minderjährig, unmündig, minorenn , ist JV. L. für im-
puher , minor annis , und wenn die Eltern gestorben sind — pupillus,
Fem. pupilla.
Miniitio, die Verminderung , Verkleinerung, Vovamt erst N. KL,
zwar bei Quintilian, aber nur eiimial vor, sonst ist es selten für dimi-
nutio, und werde daher vermieden.
Minus, weniger. — Sp. L. ist admi7ius, wie adminimiim,für ?ninus.
Unser iveniger (als Adverb.) als Alle heisst nicht minus quam omnes,
sondern minime omnium;z. B. du bist damit weniger xinbehannt als
Alle, hoc quidem tu minime omnium ignoras. Vgl. Magis und Hadriani
Observ. ling. lat. p. 447.
Mirabilis, wunderbar. Davon kommt bei Columella (R. R. VI, 36, 3)
eine ganz unregelmässige Form des Superl. vor, neml. mirabilissimus ;
wenigstens haben alle Handschr. u. alten Ausgg. mirabilissima/ti sobo-
lem. Aber es muss, was der Sinn verlangt, etwa so wie Fulv. Ursinus
vermuthete, gelesen werden: ?nirabiles (als ein in dieser Stelle für
den Sinn nothwendiges Beiwort des Subst. admissarii) pessimam soho-
/em,was denn auch Schneider unbedenklich aufgenommen hat. Und
so verlieren wir den monströsen Superl.
Mirabilitas, die Bewunderungsivürdigkeit, ist Sp. L. und findet sich
zwar bei Lactanz, ist aber unnöthig wegen admiratio , welches mit
einem Genitiv verbunden auch diese Bedeutung hat.
32
498
Miraculosiii; , wunderbar, ist N. L. tiDtl wird heutzutage nicht sel-
ten gebrauclit, für ?nirt/s, mirabilis , mhandus , iinracido di^nus , und
stärker porteiitosns und das TV. Kl. prodigiosus. — Als x^dv. gelten
mirabiliter, mirifice, mire.
Miraculum , Wunderharkeil , Seltsamkeit , wird selten von Natur-
wnndern gesagt, wo fast nur prodigium, portentum^ osientnm, monstrum
gebraucht werden.
Miratio, die Verwunderimg , wird nur aus Cic. Divin. II, 22, 49 an-
geführt: causaruin ignoratio in venoxa mir ationc in ^vicit. Der einmalige
Gebrauch verdächtigt das Wort einigermaassen ; man vermeide es da-
her durch admiratio, was man auch für jene Stelle vorgeschlagen hat.
Mirus, wunderbar. Raschig hat (Progr. p. 22. 23) bei diesem Adj.
auf eine im N. L. gewöhnh'che und, wie man ziemlich allgemein glaubt,
schöne Redensart aufmerksam gemacht: hoc me mirum habet oder
teiief , in der Bedeut. dos nimmt fnich Wunder, darüber wu?/dere ich
mich. Er erklärt sie für sinnlos; natürlich könne man wohl sagen: hoc
nie aiisium, solliciium, inquietum habet, in der Bedeut. darüber ängstige
ich mich, bekümmere ich mich, bin ich unruhig, aber jenes könne die
angegebene Bedeut. nicht haben, da mirus nur wunderbar, seltsam be-
deute, wodurch also der Sinn entstände: das hat Etwas, was mich
trnnderbar macht , das macht mich seltsam; — dies wolle man aber
doch damit nicht^ sagen. Etwas Anderes wäre es, wenn ?nirus — sich
verwu?idernd in activem Sinne hiesse. — Jene Redensart werde also
durchaus als sinnloses N. L. verworfen.
Misanihropus, der Menschenfeind, kommt zwar nur als griechischer
Name des Timon bei Cic. (Tusc. IV, 11,25) vor: de Tinione , qui
yuauvO^voTTog appellatur, ist ahev nie als lateinisches Wort in dieSprache
übergegangen. Gleichwohl kann es neben den vielen andern griechi-
schen Wörtern recht wohl als kurze Benennung bestehen, da man es
sonst nur umschreiben muss durch qui homines odit , homi?imn adspe-
ctum lucemque vilat, odium in hominum Universum genus exercet u. dgl.
Vielleicht liesse es sich auch durch lucifugus ersetzen, welches Wort
oben zu vergleichen ist.
Miseranter, kläglich, ist Sp. L. für miserabiliter, calamitose.
Miserari, über Etwas klagen, sich beklagen, Ettpas bejammern, wird
verbunden mit d, Äcc, aliquem, aliquid; P. L. mit dem Genitiv, alicujus.
Miserere, Mitleid habe?i, wird in der bessern Prosa nur impersonal
mit dem Accus, der Person, die Mitleiden hat, und dem Genitiv des-
sen, mit dem sie Mitl. hat, verbunden; z. B. me miseret alicujus, tui,
vestri — , wobei nur die Formen noslri, vestri, nicht nostr?/m, vestrum
Statt finden. Dagegen ist personal das Deponens misereri, und hat eben-
falls den Genitiv des Gegenstandes bei sich; z. B. misereor tut, vestri,
für welchen Genitiv erst Sp. L. der Dativ steht, wie denn dieser in
neuern Gebetbüchern neben dem Genitiv oft vorkommt, bald miserere
nostri, bald 7nis. nobis., erbarme dich unser.
Misericorditer, aus Mitleiden, mitleidig, ist A. und Sp. L. und wird
selten gebraucht für cum misericordia , cum miseratiojie, misericordia
capLus, dzictus , permottis , oder mit d. Adj. misericors. Vgl. Geists
Aufg. p. ^Q.
Missionarius , ein Gesandter, Abgesa?}dter, ist N. L. , in welcher
Bedeut. es auch sei, für legatua, emissarius.
499
Misiio; vgl. Mixtio.
Mitificare kommt selten in der Bedeut. zahm machen vor, nur
N. Kl. beim altern Plinius, fiir mansuefacere.
Mittere. Selten ist die Redensart nntto dicere, ich übergehe zu sagen,
welche F. A. Wolf für in Prosa so gut als ungebräuchlich hielt, wie-
ivohl sie sogar bei Cic. (Quinct.27) vorkommt. Gewöhnlicher ist »«V/o
ohne dicere , mit einem Subst. im Accusativ oder einem Satze mit der
Conjunct. quod. Ausserdem sagt man d&für omitfere , praetermitfere,
7iiissiimfacere, praeterire, relinquere. — Die Redensart mittere saiigui-
7iem, Blut oder zur Ader lassen, wird gleich gut verbunden mit in
aliquo loco und ex aliq. loco, z. B. am Arme, in oder es brachio ; aber
freilich sagt man nur ex vena, nicht m venu. Vgl. dazu Celsus z. B. II,
10. — Ferner vertausche man bisweilen lieber mittere, weisenden,
abschicken (bei meÄz-erw Personen), mit dimitte?'e , wenn nicht nach
einem, sondern nach mehrerii Orten hin gemeint ist, wie bei Cic.
(Tusc. V, 14): multas naves in omnera orara raaritimam dimisit, nicht
misit ; denn durch dimisit tritt die Vertheilung der Schiffe klarer her-
vor.— Derlmper. mitte m. einem Inf., in der ^eAent. thue das nicht, für
äo/«, ist nur P. L., z. B. mitte quaerere, suche , forsche nicht, für noli
quaer. oder ne qtiaere.
Mitylene (nach Andern weniger gut Mytil.), eine Stadt auf Lesbos,
kommt auch als Plural vor, Mitylenae, wie Athenae; bei Cicero und
Caesar steht die letztere Form, bei Livius, Plinius u. A. die erstere.
Mixobarbarus , a , um, was mit Fremdem , Ausländischem gemischt
ist, also halbbarbarisch, hat Muret ohne alte Auctorität aus dem Griech.
herüberzunehmen gewagt (Oper. T. I, p. 234), indem er sogar in einer
Rede ohne a'lle Entschuldigung des Wortes mixobarbaras cajitiones,
halbbarbarische Lieder , erwähnt, die er semibarbaras nennen konnte,
wodurch er dem Vorwurfe, selbst ein halbbarbarisches Wort gebraucht
zu haben, entgangen wäre. Man brauche es ihm nicht nach. Frotscher
schlägt ausser semibarbarus als gleich gut fnixtus barbaris vor.
Mixtio oder mistio , die Fermischung , ist Gem. i. , vielleicht aus
der Volkssprache genommen, und findet sich N. Kl. bei Vitruv. ; sonst
ist es Sp. L., aber selten, für mixt ura, permixtio, welches letztere frei-
lich auch sehr selten und mehr Sp. L. ist.
Mixtur a , die Mischung , Vermischung , kann nicht von der künst-
lichen Vermischung ziveier Metalle mit einander gebraucht werden,
da man diese temperatio nannte. Vgl. Cic. Verr. IV, 44. So sagte man
temperatio aeris Corinthii, die M. des Corinthischen Erzes, nicht mix-
<?//■«, wiewohl der ältere Plinius dafür auch mixtura wnA temperies
brauchte.
Mobilis , beweglich. Die Ausdrücke mobiles res, bewegliche Dinge;
mobilia bona, bewegliche Güter, Hab und Gut, was fortgebracht wer-
den kann, finden sich nur bei den spätem Juristen, bei den altern
dagegen ruta caesa nach Cic. (Topic. 26. Orat. II, 55); für uns genügt
meistens supellex.
Moderamen , die Lenhmg, Mässigung, ist P. L. für moderatio ; —
Sp. L. ist moderafnentum.
Moderare , massigen, kommt nur A. und Sp. L. bei Juristen vor,
für das Deponens moderari, wovon Jedoch das Partie, moderatus als
Adject. in passiver Bedeut., gemässigt, sehr gebräuchlich war. Bei
32*
500
vioderari , welches den Dat. und Accus, regiert, beachte man im
Schreiben, dass der Dativ am besten dann gesetzt werde, wann es
massigen, dern Uebennaasse einer Sache steuern bedeutet, der Accu-
satiü aber in der Bedeut. leiten, regieren, mögen auch die Alten bis-
weilen weniger auf diese Unterscheidung geachtet haben. Vgl. üeisig's
Vorles. p. 6G7.
Modernus , neu , jetzig , ist B. und N. L. für novus , recens , hujus
aetotis, hodie usitatus, qui nunc est u. a. ; z. B. moder?ii scriptores für
recentiores, hujus oder nostrae aetatis scripi. u. a.
Modicus, massig, hat im Comp, magis modicus (Liv, XXX VIII, 23).
Das Neutr. als Adverb, zu brauchen, ist Sp. L. ; man setzt dafür ?nodice.
Modificare oder inodißcari'i^i als Verbnm nur Sp. L. Wo wir sagen
modificiren, sagt man latein. besser modiim, facere oder constituore, ad
modum aliquem restringere, accommodare ; in der Bedeut. massigen
auch moderari , temper are. — Kl. aber ist modificatus ., gehörig abge-
jnesse?i, von Worten und Gliedern der Bede, die taktmässig geordnet
sind und so vorgetragen werden.
Modo, bald. Das zweite bald wird Kl. meistens wieder durch modo
ausgedrückt, seltner durch tum; P. L. ist 7nodo — 7iu7ic und Sp. L.
modo — rursus. Vgl. Handii Tursell. III, p. 646 fgg. In Cie. Muren. 40
steht zwar modo mit folg. nunc, aber modo heisst dort nicht bald, son-
dern vor Kurzem und nunc — jetzt. — N. und 1). L. Ut modo sie, modo
aliter esse, bald so, bald anders sein, wofür mobilem oder varium esse
u. dgl. zu brauchen ist. So sagt Corn. N. (Pausan. 1) : varius in omni
geTiere vilae futt , er war in allen Verhältnissen des Lebens bald so,
bald anders. — Falsch ist fnodo — modo in der Bedeut. theils — theils,
für partim — partim ; cum — tum. — In der Bedeut. eben geht es nur
auf etwas in der nächsten Vergangenheit Geschehenes, nicht auf das,
was man eben oder erst noch thun will; es ist gleich vor Kurzem. Man
sage also nicht: modo dicam oder dicturus sum, ich will eben sagen,
sondern nunc , projci7ne , statim. — P. L. ist modo de7iique, ebe7i jetzt
erst , für 7iu7ic detiium, und modo no7i in der Bedeut. /asf, für paene.
Ueber /tullo 7nodo vgl. Modus.
Modulamen und modulame7itum , der Wohlklang , ist Sp. L. für
modulutio.
Modulus, das Maas, findet sich wohl nirgends bildlich vom Geiste
gebraucht, so dass den Alten wohl seltsam geschienen haben möchte,
was Valcken. (Oratt. p.238) sagt: secu7idum tiostrum cogitandi modu-
lum, nach U7isrer De7ikweise.
Modus. So oft es auch durch Art und JVeise übersetzt werden
kann, so heisst doch die Lebensweise , Jjebensart, wenn von einer be-
sonder7i , mclxi im Allgemeinen von Lebensweise die Rede ist, nicht
vitae modus, sondern vita, ratio vitae oder vivendi, ge7ius vitae, co7isue-
tudo vitae. — Wo Art so viel ist als Gattung, sagt man nicht 7nodus,
sondern genus; z. B. Dichtu7igsart , ge7ius poesis; ein Befehl neuer
Art, edictuin 7iovi generis (Cic. Sest. 41, 89), nicht modi. — Den Abi.
THodo brauche man nicht falsch mit einem Adject. als Umschreibung
eines Adverbii, wiewohl man 7/iodus dazu anwenden kann , aber nur
in 77iodum, z. B. fei7idselig, hostilem in 7nodum, für hostiliter, nicht aber
hosiili 7nodo ; tvunderbar, mirum in modum, für mirabiliter ; auch sagt
man nicht i7ijustis8imo modo, auf die ungerechteste Weise, sondern per
501
sf/mmom injuriam. — Omni modo , auf alle Wehe, brauche man nicliit
in der IJedent. diirchmis, fiir oniiiino ; iiullo modo nicht in der ßedeiit.
durchaus nicht, für nequaquain oder nihil, z. B, nicht: nunc omni modo
xndendiim oder considerandiim est, sondern nu7ic oder jam omnino vid.;
niclit ni/llo modo de suo patriraonio queritur, sondern nihil oder ne~
quaquam — . Vgl. Wunder z. Cic. Plane, p. 182. 183. — Für ejzisrnodi,
von de?- Art, ist oft besser ea ratio mit dem Genit. des Subst. ; z. B.
dieses Buch ist von der Art, ea est hujns libri ratio, niclit ejusmodi
est hie Über. — In der Bedeut. Takt, Melodie kommt modus fast nur
im Plural vor. Vgl. die Lexica; ausserdem noch Reisig's Vorles. p. 304.
Moechari, ehebreche7i , huren, ist P. L. ivw^idulterari , adulterum
esse, inpurum esse u. a. — A. und P. L. sind die Subst. moechus und
moecha, für adulter, adultera.
Mola ist ein ein%elner Mühlstein , weniger also eine solche Mühle,
die aus mehrern, wenigstens aus zwei Steinen bestellt; daher findet
sich auch in dieser Bedeutung öfter mo/ae. Die Papierinühle nennt
aber Piinius ( N. H. Vlll. 10) nicht mola oder molae chartariae, son-
dern officina chartaria. Ganz «Sp. L. ist molendinum in der Bedeutung
Mühle, was man nicht gebrauche. Vgl. darüber Heusing. Emendd.
p. 413.
Molestare , belästigen , ist Sp. L. für molestia afficere aliquem, mo-
lestum olicui esse, molestiam alicui afferre oder exhibere.
Moliri , Etwas unternehmen, mit Etwas tim gehen , wird meistens
verbunden mit dem Acc. aliquid oder bei einem Verbo m. d. Infin.,
jedoch aucli absolut ohne einen Acc. mit de, z. B. bei Cic. (Rep. II, 35) :
molientem de occupando regno, wo de — in Beziehung «///bedeutet.
Auch sagt man moliri in aliqua re facienda, bei Etwas thätig sein, ge-
schäftig sein Etwas zu ihun; z. B. bei Cic. (Verr. IV, 43, 95) : in de-
violievdo signo permulti homines moliebantur.
Mollificare , eriveichen , iveich , sanft machen , ist N. L. für mollire,
mitigare.
Mollities, mit d. Genit. maris , die Meeresstille , kommt Sp. L. bei
Aurel. Victor vor, für das Ä7. tranquilUtas maris oder das griech.
malacia. Vgl. Malaria.
MoUiusculus , ettvas sanfter, stand früher bei Plin. (Ep. I, 16, 5),
aber Gesner schrieb dort für die Lesart der Handschr. inserit sane —
molli?(S leviusque , wo^nr in alten Ausgg. niolliusculos leviusculosque
stand, richtig moUibus levibusque , was auch die Neuern aufgenommen
haben, so dass molliusculus keine Auctorität mehr liat.
Moment aiieus, momentarius und momentosiis, augenblicklich, kurz-
dauernd (auch wohl wichtig), sind Sp. L. und verwerflich, für brevis,
brevissimus, quod mo7nento o dar puncto temporis fit.
Mome7itum findet man für sich allein gebraucht, in der Bedeutung
der Augenblick im strengen Sinne des kürzesfen Zeitabschnittes; Rl.
sagt man datnr ptinctum temporis oder momentum temporis, was Livius
oft braucht, z. B. multorum mensium \ahor ptmcto temporis (in einem
Augenblicke) interiit (Caes. B. C. II, 14) ; uno et eodem temporis
jnincto , in einem und demselben A. (Cic. Divin. II, 45, 95) ; momento
temporis castra relicta erant ( Liv. XXXV, 11). Aber falsch ist hoc
temporis luomento, im gegemvärtigen Zeitpunkte, für das einfache hoc
tempore. Etwas Anderes ist es aber, wo man von einem wichtigen, enf-
502
scheidenden Angenblicke spricht; in diesem Falle ist es mit dem Adj.
magntis oder den ne^irenden parvus, nullus u. dgl. meistens anweiMl-
bar. Jedoch werden Genitiven, wie magnf, parvi,iiu/ims mome?Ui nicht
als Beiwörter zn Substantiven gesetzt, sondern mit ihnen nur durch
esse als Praedicate verbunden; man sagt also nicht: res 7nag?ii mo-
jiienti , ein Umstand von grosser Wichtigkeit , ein wichtiger Umstand,
sondern res magna; aber richtig ist res est magni momenti. Und daher
tadelt es Friedemann, wenn Ruhnken. (Elog. Hemst. p. 98) sagt: res
levis moinenti. Unerweislich ist auch aUqiiid haiid parvi momenti put are,
wie Görenz (Cic. Leg. p. XVII) sagt: quaestio haud par vi momenti
putanda est. Richtig aber ist: hoc nihil hnhet tnofnenti, dieses hat kei?ie
Wichtigkeit , ist unbedeutend (Cic. Fin. II, 12, 38). — Es treten aber
zu tnomentum nur Adjectiven der Grösse, wie magtitis, parvus, levis,
par, nullus u. ähnliche, nicht Adject. der Eigenschaft, wie terribilis,
schrecldich. Man sagt also nicht terribile momentum, ein schrecklicher
Augenblick (Moment), wo vielleicht meistens discrimen anwendbar ist.
Vgl. Weber's Uebungssch. p. 95. — Nie sagt man auch momentnm
mortis für unser der Augenblick des Todes, was im N. L. hie und da
vorkommt und von Klotz (z. Sintenis p. J04) gerügt wird, für /psa
mors,, estrem?is sp/ritus oder mit dem Verbo fnori. — Endlich ist mo-
ynent. N. L. für unser den Augenblick, in der Bedeut. sogleich, für con-
tinuo, statim ; z. B. der Senat wurde den Augenblick zusammengcrf/fen,
wo momcntum oder punctum iemp. lächerlich wäre. Ueber den viel-
fältigen Gebrauch des Wortes vgl. die Lexica.
Monacha, die Nonne, ist das älteste Wort für diesen Begriff; ebenso
als Masc. monachus , der Mönch; jnonachium und monasterium, das
Kloster, und als Adj. monasterialis , klösterlich. Gleich gut sind coeno-
hila und coenobiimi, \\\^v,o\\\ weniger im Gehrauche. Von monacha
kann man im Dat. und Abi. Plur. unbedenklich, auch ohne Anctorität,
monachahus, zum Unterschiede von ?nonachis, sagen. Vgl. Th. I, §. 17.
Monarchia, die Alleinherrschaft , auch das Landeines KÖ7iigs,'\si sehr
spät ins Latein, aus dem Griech. herübergenommen und von allen frühern
Lateinern nicht einmal leise erwähnt worden. Es ist nur als Kunstwort
in der Politik erträglich, da bei Cicero u. A. sich viele Ersatzwörter
linden, z. B. unius dominatus oder dominatio,imperinm singulare (Cic.
Rep. I, 33; II, 9) , regnum (ib. I, 26), regium imperium , regalis res
jiuhlica (ib. III, 35) , tyrannis, dominatus regius , regia oder regalis
potestas , singularis potentia (Corn. N. Dio 9,5). Daher heisst ein
monarchischer Staat — civitas, quae unius dominatti tenetur ; ein Mo-
narch , Alleinherrscher — res , dominus, tyrannus; dagegen ist mo-
narcha N. L.
Monere, er inner 7i ; — Einen an Etwas, aliquem alicujus re/oder
in Beziehung auf Etivas , de aliqua /e, jedoch mit dem Accus, der
Neutra äoc, id, illud, mnlta, wornach Sallust auch eam rem für /V/sagt.
Ebenso wird admonere verbunden. — Was geschehen soll, folgt mit
nt, was nicht geschehen soll, mit ne , P. L. mit dem Infinitiv, ausser
wenn allgemein ohne Angabe einer Person gesprochen wird ; z. B.
ratio ipsa monet (räth) amicitias compnrare (Cic. Fin. I, 20, 66), aber
niclit: monet nos comparare, wofür es heissen müsste: ut comparemus.
Man sage nicht: me hoc (non) facere monet, er erinnert ?nich, dieses
(nicht) zu th?tn, sondern hoc ut (ne)faciam, me monet. — Man ver-
503
meide , was im TV. L. oft vorkommt, monere in der Bedeiit. Etwas be-
vierlen, auinerhen, encühi^en, lehren zu braiiciieii, wie man so oft liest;
2it moiiet Jfolfius, hoc inoiiuil Er7iestfus; eadem de Hectoris equis
monnii Ilomerus , wie Terpstra ( Antiquitas Homer, p. 297) sag't; —
man brauche dafür commemorare, di'cere, docere, annolare.
Mo?ietn, die Münze (als Geldstück), ist P. L. u. N. KL inv numus.
Ueh er falsa inon. und fa/sns nuniiis vgl. Falsus. Bildlich, in der Bed.
Werth, wie wir Mü7ize brauchen, kommt es nur P. L. bei Juvenal vor,
und kann von uns in Prosa höchstens mit vorg^esetztem ^«as? gebraucht
werden. Ebenso auch, wo wir bildlich von einem Worte sagen: das ist
avs unsrer Fabrik, hoc est ex nostra, ut ita dicam, monela, wie Seneca
(Benef. III, 35) sagt: jani tempus est quaedam ex nostra, ut ita dicam,
moneta proferri. — Ein Verb, monetäre, münzen, Münze schlageti, gibt
es nicht; dafür sage man signare, per entere niimiim (numos).
Monitorium, Ermahnimg, Erinnerung an eine Schuldigkeit, Etwas
zu beschleunigen, was geschehen sollte, ist N. L. für adtnonitio.
Monoculus , einäugig, ist ein Zwitterwort und ganz Sp. L. für
lusciis,altero oculo oder lumine captus oder orbus; A. L. kommt auch
bei F!aut. nnoculus vor.
Monomachia , der Kampf mit Einem, der Zweikampf, ist fast N. L.
für certamen singulare. Vgl. Duellum.
Monstrare, zeigen. Mit Recht verwirft mau als D. L. se monstrare,
sich zeigen, d. h. seine Kunst, Wissenschaft, Kenntnisse zeigen. Nirgends
findet sich etwas Aehnliches bei einem Alten, sondern dafür rnonstr.
quid valeas, quid, possis u. dgl.
Mo7istrosus ist vielleicht gleich gute Form neben ?nonstr//osas,
welche Einige für barbarisch halten, wiewohl die bessern Handschr.
gerade die Form monstrnosus bei Cicero und Andern bieten. Vgl.
unter Moiitosus. — Bei Cicero stand jenes Adj. ausser Divin. II, 32,
wo nach den meisten Handschr. mo7istruosissi?nam geschrieben ist,
auch noch Fin. I, 18, 61 lucifugi, maledici, monstrosi, aber Lamhin hat
es als ganz unpassend verworfen und mit Recht in moAOSz* verändert,
was auch Madvig allein billigt. Vgl. auch Oudeudorp. Suet. Tiber. 43.
p. 414. — N. L. ist aber das Subst. 7no7istrosilas oder mo?istrtiositas,
was ich in einem Progi-. gebraucht gefunden habe; warum nicht 7no/i~
stram, prodigium, portentum. forma moiistruosa?
Mo/ita7ieus, bergicht, gebirgig, ist iV. L. für 7nonta7ius, montuosus.
Monticola, der Bergbewohner, steht vielleicht nur bei Ovid für
i7icoIa montis, homo 7nontaniis.
Mo7itosus, bergicht , gebirgig, wird nach den Neuern mehr für N.
Kl. Form gehalten, als 7no?ituosus , was wenigstens bei Cicero die
besten Handschr. bestätigen sollen. Aehnlich verhält es sich mit ?«o/z-
struosus und mo7istrosus, portentosus und porte7ituosus. Vgl. Klotz Cic.
Lael. 19, 68. Drakenb. Liv. XXXIX, 1, 5. Oudend. Sueton. Tiber. 43.
p. 414. Garat. und Wunder Cic. Plane. 9, 22 u. OrelliCic. Div. 11,32,69.
Mora, der Verzag, die Zögeru7tg. — P. L. ist moram trahere, auf-
halten, verzöger7i, für moram afferre, inferre, i/tterponere u. a.
Moralis, 7noralisch, sittlich, ist, obgleich ein Kl. Wort, doch in der
Bedeut. unseres Wortes moralisch, d. h. sittlich gut, N. L. für bene
moratus , bonus , probus, honestus. Ebenso ist moralitas in der Bedeut.
Sittlichkeit , sittlich gutes Betrage7i ohne Auctorität und N. L. für
504
probitos , honestas , integrhas vtorum, integri mores, auch blos mores,
morum conditio u. a. — Nur jenes Adjecliv erfand vielleicht Cicero
fi'ir seine philosophisclie Sprache und bezeichnete dadurcli den mo-
ralischen TJieil der Philosophie; er sairt (de fato J, 1): quia pertinet
ad mores — nos eam partem philosopliiae de moribus appellare sole-
mus : sed decet augentem linguara latinam ^\(^m\w^xc.morcllem. Es bliel)
nachher beständiges Kunstwort in der Philosophie, welche man später
in moralem, natnraiem und rationalem theilte. Vgl. Seneca Sp. 88 u. 89
und Quintil. XII , 2, 10. — Die Moral heisst daher kurz philosophia
oder doctrina oder scientia moralis, wofür Cic. (Tnsc. III, 4, 8) um-
schreibend sagt: haec om?iis qnae est de vita et 7noribus philosophia.
Auch liegt nach Rosenheyn der Begriff 3/o;a/, Moralist u. ähnliche in
Redensarten, wie: ofßdi mogister (Cic, Tusc. II, 4, 12), qui artem
vitae profitetur (ib.), hunc iocum philosophi solent tri qfpciis tractare
(Orat. 21, 72), descriptio ejcpetendanimfngiendarumve rerum (Tusc.
V, 24, 68) , cognitio virtutis (ib. V, 25, 71) , ab iis inventa et perfecta
virtus est (ib. V, 1, 2). — Endlich was wir moralisches Gefühl nennen,
heisst latein. sensus honestatis.
Morari heisst sich aufhalten, aber nur als Fremder, da es sich ver-
weilen bedeutet, nicht als Einwohner, wo es gleichbedeutend mit
unserm ivohnen w äre. Dies heisst nur habitare, aliquem Iocum incolere.
— AVo wir sagen: das achte ich nicht , das kihmnert mich jzicht, sagt
man lat. : nil oder nihil nioror, nicht ?wn moror.
Moratus hat die gute Bedeut. gesittet nur in Verbindung mit den
Adv. bene, melius, optime , nicht aber, wenn es allein steht, da es dann
auch einen 77iale moratus bedeuten könnte. Es verhält sich also mit
moratus, wie mit meritus, wobei auch meist ein Zusatz nothwendig ist.
Morbus. Da die Alten fast nur von fnorbus gravis, levis, difßcilis
(dies chiver zu heilen ist) sprechen, nicht von morbus magnus, parvus,
indem Celsus nur die Epilepsie morbus inojor nennt, so sagt man auch
nicht: morbus major fit , die Krankheit wird grösser, sondern ingra-
vescit (Cic. Catil. I, 13) oder adgravescit ( Terent. Hec. 111,2,2),
amplior ßt , crescit, increscit. — Die Kr. hat ihn verlassen, morbus
(ab eo) discessit , nicht eum deseruit ; eine Kr. bekommen, nicht mor-
bum accipere , sonAern implicari morbo oder in morbum , incidere in
morbum, morbo conflictari , tnorbum nancisci ( Corn. N. Att. 21) ; die
Kr. lässt nach, morb. levior est ; wieder genesen, ex morbo convale-
scere — und so noch Anderes.
Mordere. Dass freilich wohl nirgends conscieniia fnordet, das Geivis-
sen beissl (was wir in der Redensart: mein Gewissen beisst mich flicht
brauchen) gesagt wird, mag wahr sein, und diese Ansdrucksweise muss
daher, wie auch Hand (Lehrb. p. 283) meint, vermieden werden; aber
dennoch kann nach Cicero (Tusc. IV, 20,45) passiv, morderi conscieniia
gesagt werden, sowie überhaupt das Verbum oft bildlich steht, so dass
selbst morsus conscientiae, die Gewissensbisse, recht wohl neben cr?icia-
tus conscientiae und angor oder angores animi bestehen können.
Mordicitus, ein A. u. Sp. L. Adverb., mit dem Gebiss, mir den Zäh-
nen, wird bildlich gebraucht in der Bedeut. /es/, fiir d^s Kl. mordicus,
z. B. mordicus teuere, fest halten. Glörenz liat es unnöthig einigemal
wieder hervorgesucht, wie z. Cic. Fiii. p. 26mordivitus retinent. Einige
bezweifeln sogar die Aechtheit des Wortes.
505
Mori. Als ungewöhnlich verwirft man mori in hello, inpiigiio für
cadere oder occidere in hello , in proelio. proeliantejn., pu^nantevi oder
perire in hello. Auch hielt man für Sp. L. und bezweifelte den Aus-
druck f (17716 mori, H?inge7's sterhe7i; aber so sagt sogar Cic. (Att. VI,
] , ()). wiewohl Öfter dafür stelit/^me confici, necari , perire , inteiire.
Selten istfrigo/e 77iori, vor Kälte sterbe7i, erfrieren, für frigore confici.
Moriger oder 77iorigerns, gehorsam, WnAttw sich nur A. L. beiPlau-
tus und Terenz für ohedie/is.
Morigerari kommt in der Bedeut, gehorchen., Folge leisten, sich
nach Etwas richte7i, zwar bei Cicero nur einmal vor, sonst ist es nur
A. L.; doch kann es neben 77iore7n gerere , ohscqtii, obedire recht wohl
angewandt werden. Aber Tnorigerattis in der Bedeut. gesittet, sittsam
ist jy. L. für he7ie 7noratus.
Moritiirire, sterben tvollen, zu sterbe7i wihischen,'Vf\vA nur aus einem
verlornen Buche des Cicero nach einer sehr späten Angabe des Au-
gustinus erwähnt, und da Cicero dergleichen Verba liebt und mehrere
im Scherze selbst gebildet hat, so ist der Gebrauch dieses Verbi nicht
ganz zu verwerfen. Aber 7norituriens mit Casanbonus für moriens zu
brauchen, ist gegen den Sprachgebrauch, weswegen auch Casaub. von
Scioppius (de stylo p. 101) getadelt wird, der aber das Wort sogar
in jener Bedeut. als unlatein. verwirft.
Mors, der Tod. Da e^ fast nur den naii't/'liche7i Tod bedeutet, und
nur selten den imnatilrliche7i., welcher nex heisst, so sagte man nur:
vitae vecisque potestatem habere, über Leben inid Tod Macht hciben.,
nicht vitae mortisqiie. Jedoch kommt 7norte multare bei Cic. (Tusc. 1,
22, 50. Verr. I, 5, 14) u. A. vor, und so auch mortis poe7ia, die Todes-
strafe, gleich siippliciimi und capitis poena (bei Cic. Catil. IV, 4, 7).
Auch sagt man morti addicere,zn7n Tode bestini7ne7i, verda77wie7i ; aber
nicht 7nortis oder morte dmimare , co7ide77inare, sondern capitis oder
capite da7n7i. — Ei7ien auf de/i Tod a.nklage7i heisst aliqnem capitis
anq7iirere (Liv. II, 52, 5) und capite a72qairere (ib. VIII, 53) , capitis
accusare ( Corn. A. Pausan. 2). — N. Kl. bei Tacitus ist ad mortem
daninare und co7idemn., was man nicht nachahme. — Unser dei7i Tode
nahe heisst nicht 7norti proxitnus, sondern morie7is. Vgl. Klotz Sintenis
p. 104. Endlich ist wohl A'. L. extre/mim 77iorte co7ificere die7ii in der
Bedeut. sterben, wie neulich Einer schrieb, wofür es aber viele andere
Redensarten gibt, wenn man das einfaciie mori nicht nehmen will.
Mortalis ist in der Bedeut. tödtlich, wenn nicht unlateinisch, doch
^. L. für 7norfifer; es beruht auf der Erklärung von mortale viibms
bei Virg. ( A. XII, 797). Auch ist N. L. peccatiun mortale, eine Tod-
sünde, eine Sünde, die den Tod verdient, für capitale, 7nortiferu7ii. Das
Masc. 7nortalis, besonders im Flur. 7nortales, in der Bedeutung der
Me7isch , die Mensche7i zu brauchen, ist im N. L. sehr gewöhnlich , da
man es für zu gemein liält, homines zu sagen. Caesar braucht es so
niemals, Cicero nur mit vorgesetztem multi oder omnes, nie aber ohne
eins dieser Wörter; dagegen Sallust und Andere brauchen mortales
geradezu für homines ohne alle Hervorhebung des Begriffes. Man foige
aber lieber auch hier, wie überall, im Gehrauche dem Cicero und
Caesar, und schmücke die Rede nicht zur Unzeit auch im gemeinsten
Style mit dem Worte mortalis in der angegebenen Bedeutung.
Mortifer oder 77wriifenis (wie einigemal nach den besten Ausgaben
506
bei Celsus steht) ist in der Bedeut, tödfh'ch gfut und Ä'^., aber bildhVh
ist es nicht anwendbar. Man sa^e z. B. nicht od i/mi mort/ferurn , ein
tödtliche?' Hass, für odium capitale ; niclit inimkiliae mortiferae , tüdt-
liche Feindschaften, für inim. graves. — Ob bei Celsus und Andern
die bessern Handschr. im Nom. mortiferus oder mortifer haben, weiss
ich nicht.
Mortißcare, tödten; mortißc?is , Tod brifigend und mortificatio , die
Tödtnng, sind Sp. L. und dnrch necare, occidere ; mortifer und occisio
anszudrücken. Vgl. Anin. z. Mureti Oper. T. I , p. 247 und Geist's
Aufg. p. 239.
Mortualis, den Todten betreffend , kommt nur im A. L. und nur im
Plur. mortuaJia^ die Leichen- oder Todten gesänge, vor, für das Kl.
cnrniina funebria. Man sage nicht, wie in neuern Büchern steht, res<«s
fnortualis , das Todtenkleid , für vestis feralis, vestimoitumfunebre. —
Die Leichenrede heisst laudatio funebris ; das Leichenfest — feralia
oder jiista funebria.
3Iosaici/s , Mosaisch, den Moses betreffend, ist Sp. L. Form für
Moseus ; daher sollte man leges Moseae oder iT/os/s, nicht Mosaicae
sagen.
Motiimcula, der Meine Fieberschauer, Fieberanfall , steht TV. Kl.
bei Sueton, ist aber gut neben commotiancida hei Cic. (Att. XII, 11),
zumal da Celsus Fieberschauer — motiones nennt.
Motus. 3Ian sagt zwar divino motu , auf göttliche Anregung , gött-
lichen Antrieb, aber wohl nicht suo oder gar proprio motzt, auf eigene
Bewegung, eigenen Antrieb, wa^ gewiss N. L. ist, für sua sponte. Man
verwechsele aber hier nicht den innern Antrieb, die innere Anregung
mit der äussern körperlichen, bei welcher recht wohl motu suo ge-
sagt werden kann. — Sich Bewegung machen , z. B. mit dem Balle,
heisst wohl nicht motum sibifacere pila, sondern moveri pila. — Den
Plur. motus braucht Cicero nicht von den körperlichen Bewegungen,
Geberden und der Gesticulation eines Redners, sondern nur den
Singular, motus corporis, ebenso wie gestus, was auch nur im Sing,
gebraucht wird.
Movere, bewegen, stossen, verdrängen ; — Einen (Ettvas) aus einem
Orte , von einem Orte weg, loco, es, a und de loco. — A^. L. ist wohl
aliquem movere ad aliquid, FAnen zu Etwas bewegen, aufnumterii, an-
treiben, für adducere , impellere u. a. TJeber movere Acheronta vgl.
Acheron, und über movere omnem lapidem vgl. Lapis.
Mos, bald, bezieht sich Kl. nur auf die kotnmende Zeit, also bald,
bald hernach; z. B. 7nox veniam, mox ad ie scribäm; N. Kl. bei Colu-
raella u. A., was aber nicht nachzuahmen ist, auf die nächste Vergan-
genheit, wo Kl. modo, ante (antea), supra gesagt wird. Incorrect sagt
man daher: ut mox diximus; ut mox ex Plinio vidimus; de his pauca
mox annotavimus. — N. Kl. ist es auch in der Bedeut. hernach, in der
Folge , späterhin , für postea. Noch weniger zu billigen ist es, wenn
der ältere Plinius paulo mox oder mox paulo, paucis mox horis und
Aehnliches sagt, für paulo post , paucis horis post, kurz, bald , wenige
Stunden nachher. — N. L. ist mox — mox in der Bedeut. bald — bald ;
z. B. mox hoc, ?nox illud, bald dieses, bald jenes ; mox aqua, juox vinum
est bibendum , für modo — modo. Die Neulateiner sprechen oft so,
sogar der Antibarbarist Nolten, wiewohl er es selbst verwirft (T. II,
607
p, 107). Er sagt z. B.: Iiaec terminatio mos prodiicitur, mos corripitur,
für ?no(/o — tnodo. Vgl. Heusiiig. Emeiidd. p. 415. 416.
Mnlcedo , die Jmiehmlichkeit , ist Sp. L. und selten für suavitas.
Hand (Lehrb. p. 142) nimmt es in Schutz.
Mulciber ist nur P. L. für Vulcanus.
Mulcta oder mulla ist nur Strafe an Geld und Geldesirerih ; eine
solche bestimme?!, zuerkeiweji, auferlegen heisst alicui multam dicerCy
und als Subst. multae dictio (Cic. Rep. II, 9).
Midier verwerfen Einige in der Bedent. Gattin, Ehefraii , für
uxor, conjjix. Allerdings ist es selten und findet sich mehr bei Dif li-
tern ; wenigstens ist, wo es bei Cicero so vorzukommen scheint (Fani.
XIV, 18 und Q. fr. II, 6, 1 mulieres nostrae)^ mehr allgemein gespro-
chen, und es ist von Gattinnen und Töchtern zu verstehen. Man ver-
meide es daher in jener Bedeutung.
Multi , mit face re verbunden, in der Bedeut. hoch schätze??, steht
nur ^. L. bei Plautus, für mogni facere. Eben so wenig gut ist es in
der Verbindung mit aesf/wß/e u. dgl., da nicht mnlti, sondern w«^w« den
Werth angibt. Auch bei iiiterest und refert wird nicht multi gesetzt. Da-
her sagt Ficinus im latein. Plato inrorrect: qund quisque rmiltifacit, für
magni; — und anstössig ist die Ausdrucksweise editio multi facie?ida
zur Bezeichnung guter Bücher (in Harlesii bibl. indice).
Multifariam ist ein altes Adv. , aber Kl. in der Bedeut. an vielen
Orten; — Sp. L. bedeutet es atif inelfache Weise, für multis modis,
varie. Der ältere Plinius soll auch ?n?/////«r/e dafür gesagt haben ; doch
ahme man dies nicht nach. Auch brauche man jenes AI. ??ivltifariam
nicht falsch in der fremdartigen Bedeut. von q/if und vielfältig; man
sage z. B. nicht: saepe et multifariam secum cogitare,oft u?idtnelfältig
bei sich de??ken., für multt/m.
Multifarius, vielfältig, vielseitig, vielartig, ist ein im N. L. sehr be-
liebtes Wort, obgleich es nach den Lexicogr. nur einmal Sp. L. bei
dem Liebhaber des alten- und Volkslateins Gellius vorkommt, welcher
(N. A. V, 6) sagt: nnlitares coronae multifariae sunt, für multa sunt
genera coronarum ?nilitarium. Man brauclit es im N. L. für varius,
multiplex , varii generis, \\\ den oben angeführten Bedeutungen. —
Neuere sprechen von multifaria eruditio m der Bedeut. vielseitige Ge-
lehrsamkeit, für varietas doctrinae (Cic. Orat. III, 21, 80), oder z. B.
ein Mami von vielseitiger Gelehrsa?nkeit, hämo artibns ho?iestis copios?/s
(Tacit. A. III, 66) ; er ist vielseitig u?id wisse?ischaftlich gebildet, plu-
rirnis atque optiniis artibus ornatus (^I-atius in Cic. Farn. XI, 28, 1) ; —
Andere sprechen von ?nultifaria ars, multifaria consecutio?iis vis und
dergl. mehr. Kurz, das Wort ist ganz zu verwerfen.
Multige?ius, a, um, in derselben Bedeut. wie das vorige und fol-
gende, steht nur A. L. bei Plautus und zweifelhaft beim altern Plinius.
Es ist ohne allen Werth, und man sage dafür ?nnlti generis , multiplex
u. a. Vgl. Multifarius. Hardnin. (Praef. edit. Plinii) nahm es aus seinem
Plinius , indem er sagte: dnctis ex midtigena lectione conjecturis. —
In Plin. N. H. XI, 1 steht jetzt miiltigenera für multigena , was aber
eben so verwerflich ist; und so multigeneribus observationibus bei
Senec. (Ep.95. p.64 ed. Seh w.) nach Lipsius Vermuthung. Man brauche
keins von beiden.
Multimodis, vielfach, auf vielfache Art, ist wohl nur alte P. zu-
608
sanimengezogene Form für mttltis modis; für die Prosa war sie jje-
>viss veraltet, wenigstens ist sie ia der unsrigen nicht anwendbar.
Mit Recht wird das Wort bezweifelt in Cic. Fin. II, 26, 82 und Com.
N. Them. 10, 4, wo die Kritiker uneinig sind, — Auch wird ein
Adj. multimodus , a, um, vielfältig, mannichfaltig , aus Livins (XXI,
8, 4) angeführt, wo in den altern Ansgg, vor Drakenborch muUimoda
arte stellt, wofür aber nach Handschr. jetzt mvJtijarinm gelesen wird.
Es sollte als zweifelhaftes Wort jetzt nicht mehr gebraucht werden;
dennoch hat neulich Einer de muUiinoda idotolatria geschrieben.
Multiplex heisst allerdings bisweilen viel; aber miiltijdici modo,
auf vielfältige JVeise , ist ohne Auctorität, für multis modis. Und so
werde auch das seltene Adv. multipliciter lieber vermieden durch
multis modis, m. rebus, m. locis.
Multiplicare, vervielfältigen. Unser multiplicirt mit wird durch ein
Adv. numerale und ein Distributivum übersetzt, z. B. 240 multiplicirt
mit 120 macht 28,800, cew^/es vicies duceni quadrageni fluni viginti
vcto millia et octingenti ( Colum. V, 2,3). Daher heisst zweimal drei
oder drei multipicirt mit ztvei macht sechs, bis t er ni fluni sex.
Multissimus. sehr viel, für plurimus, stand sonst in den alten Ausgg.
von Cic. Att. XI, 2, 1 (multissimis), wesshalb es der Ciceronianer Bem-
bus auf Treu und Glauben annahm und brauchte; jetzt aber steht
dafür multis meis , so dass Niemand mehr jene wunderliche Form
brauchen wird.
Multitudo , die Menge, passt allerdings meistens da, wo wir das
Wort Menge brauchen, sogar wo wir darunter den grossen gemeinen
Haufen verstehen (Cic. Fin. 1 , 7, 25. Cluent. 29, 79. Sest. 58, 124) ;
aber dennoch muss es bei einigen Substantiven, die ein Ganzes bezeich-
nen, vermieden und mit magnitudo vertauscht werden, z. B. bei pe-
ciaiiae , aeris alieni, copiarum ( Truppen, Heer). Auch sprechen die
La< einer nicht von multitudo fr umenti , vini u. a., sondern nur von
copia, mugnus numerus, magna vis; so wenigstens Caesar, Cicero und
Livius. — Auch treten nie negative Adjectiven, wie parva, exigua hin-
zu, sondern man sagt dafür paucitas,parvus numerus. Man sage daher
nicht: seciimparvam (e.viguain)7nultitudinem copiarum habuit, soiulevn.
parvas (exiguas) copias, paiicitatem copiarum secum hnbuit.
Multoties, vielmals, oft, ist sehr S}). L. und gänzlich zu vermeiden
für saepe, saepeniimero, crebro u. a. ; — ebenso in der Bedeut. vielmal,
für ynvltis partibiis,z. H, major, vielmal grösser. \m N. L. findet es
sich niclit selten.
Multus, a, um, viel. Man verwechsele zuvörderst nicht multns sum
in aliqua re und multum (nicht multus) sum cum aliquo. Jenes multum
(Adj.) esse in — bedeutet sich viel mit Etwas beschciftigen, (in der
Rede) weitläufig in Ettvus sein, und kommt bei Cicero einigemal vor
( Orat. II, 4, J7, N. D. II, 4(j u. a. ) ; dieses multum (Adv.) e.sse cum
aliquo bedeutet viel bei oder mit Jemanden sein , mit ihm umgehen
(Cic. Fin. V, 1, 3 sum multtim equidem cum Phaedro in Epicuri hor-
tis). — Ferner wird dieses Adject., wie das Subst. multitudo, nicht zu
Subst. wie pecunia , aes alienum , copiae als Beiwort gesetzt, wiewohl
wir von vielem Gelde, vielen Schulden, t'/e/e7^ Truppen sprechen, wo-
für latein. die Adj. magnus ,permagnus (Cic. Verr. I, 52) , g/owrf/'s
i^a^i.2Q)fngens,innumerabilis (Orat. 11, 6(j, 265) und ne^aWs parvus.
509
teimts, exiguus beigefügt werden. Jedoch ist richtig multum pecum'ae,
plus pecuniae (Cic. luv. I, 47, 88), womit pecimia inajor gleich ist,
und plurimum pecuniae. In den übrigen Graden heisst es major pecu-
nia (Cic. Verr. Act. 1, 6, 17. Parad. VI, 1, 44), maxima pectmia (Inv.
I, 43, 80) , und negativ ;;fl/-yff, minor, minima pecunia ; — und so auch
im Plur. magnae pecuniae , grosse Geldsummen ; innumerabiies pecu-
niae (Verr. A. I, 5, 13). — Sich recht viel Geld machen heisst masi-
■mani pecuniam facere (ib. II, 6, 17). — Wie viel Geld heisst quanta
pectmia oder quantum pecuniaey und so viel Geld — tuntapecvnia und
tanturh pecuniae. Vgl. Pecunia. — Ebenso ist es bei aes alienum,copiae
und vielleicht noch andern. Vgl. auch Multihido. — Ueber den Ge-
brauch des Genit. multi (für magni) bei aestimare und /ate/e, in der
Bedeut. hoch., vgl. Multi. — Bei posse und valere^ können, vermögen^
wird zur Angabe des viel, tnehr, sehr viel nur der Sing. multum,plus,
plurimum, niclit der Plur. multa, plura , plurima gebraucht. — Unge-
wöhnlich ist bei Cic. der Abi. multo, um Vieles, der zur Verstärkung
dient, bei maxime, wiewohl multo oft im Latein, bei Superlativen steht.
Vgl. Zumpt. zu Cic. Verr. IV, 51. — Für den Abi. multo kommt nur sel-
ten das adverbiale multum in der bessern Prosa vor, und man ver-
meide es daher vor secus und aliter, anders, vor Comparativen, Su-
perlativen und allen Verben des Vorranges und Vorzuges, z. B. ante-
cedere, anteire, antecellere, praestare (besser sein, den Vorzug haben),
malle (lieber wollen ) u. a., bei welchen multo oder longe häufiger und
von uns allein anzuwenden ist. Eben so selten, wiewohl vielleicht auch
einigemal bei Cicero (z. B. Fam. III, 11, 1 permultum ante), ist dieses
multum für multo bei a?ite und post, mögen sie nun vor oder vorher,
nach oder nachher bedeuten; man sage nur nmlto ante , ?nulto post,
nicht multum, wiewohl mnlt?im N. KL, z. B. bei Tacitus, nicht selten
so vorkommt. Unrichtig aber behauptet Walther (z. Tacit. A. V,3, 2),
wo haud multum post mortem ejus vorkommt, multinn sei nothwendig,
wenn post oder ante einen Accusativ bei sich habe, dagegen sei multo
in diesem Falle der Latinität zuwider (contra latinitatera esse), da
der Abi. nur bei ante und post ohne einen Accusativ gebraucht werde.
Heinsius wollte nemlich dort für multum das regelmässige multo
setzen, wogegen Walther hinzusetzt : /;er;!>e/-flm et contra latinitatem,
was man ihm aber mit vollem Rechte zurückgeben kann. Vgl. ausser vie-
len andern Stellen Cic. Divin. I, 45, 101 non nmlto (nicht multum) ajite
urbeni captani ; Süll. 20 aliquanto ante für orem; Liv. V, 30, 2 haud
multo ante solis occasum ; XXVII, 42, 13 multo ante noctem u. a. m. —
Mehr darüber wird man in jeder Grammatik finden. — Dagegen ist
das adverbiale multum Kl. bei esse cum aliquo , viel bei, mit Jem. sein,
was auch bereits oben erwähnt worden ist.
Munda?ius, der Welt angehörig, brauchte Cic. (Tusc. V, 37) als
Uebersetzung- des giiech. y.ö(>niuc, von dem, welcher Bürger der Welt,
nicht eines einzelnen Staates sei , ein Weltbürger, gleich mundi incola
et civis, was er auch zur Erklärung hinzufügt. Sonst findet es sich in
dieser Bedeut. nicht gebraucht. — Sp. L. wird es mit a?inus und
anima verbunden, so dass jenes das grosse Weltjahr, dieses die JVell-
seele bedeutet. — N. L. aber ist es in der Bedeut. ivelllich, tveltlich
(gesinnt, vergäfiglich, irdisch., für vanus, vilis, caducus, periturus u. a.;
Sp. L. brauchte mau so mundialis.
510
Mfwdare , säubern , remigen , findet sich N. Kl. nur einmal beim
altern Pllnius, sonst ist es Sp. L. für purgore, ejnendare.
Mimdus wird in der Bedeut, Schmuck in der bessern Prosa nur vom
weiblichen Putze und Schmuche gebraucht, nicht für das allgemeine
ornatus, Verzierung, Ausschmückung. Daher steht es auch fast nur
mit dem Adj. muliebris verbunden, weswegen Livius (XXXIV, 7) sagt:
munditiae et ornatus et cultus, haec feminarura insignia sunt: his gau-
dent et gloriantur: hunc munduni muliebrem appellarnnt majores no-
stri. — Die gewöhnlichste Bedeut. ist die Welt, aber nur vom Weltall,
besonders vom Himmel, wogegen wir unser Welt auch oft in andern
Bedeutungen anwenden, und dadurch verführt werden, unlateinisch
zu sprechen. Falsch ist z. B. partes inundi, Welttheile , in der Bedeut.
Krdtheile , inr part. orbis terrae oder pari, orbis terrarum; caput totius
7nu?idi, die Hauptstadt der ganzen W., für cap. omnium terrarum ; po-
tentia mundi, die Weltherrschaft , für pot. reruin; cursus mundi, der
Weltlauf, d. h. der Gang der Dinge, für cursus rerum (Cic. Farn. IV,
2, 3); divitiae omnis (totius) mundi , die Schätze der ganzen W. , für
div. orbis terrarum (Corn. N. Epam. 4, 2). Falsch wird ferner mundus
gebraucht in der Bedeut. die Menschen, für homines, wie in den be-
kannten Ausdrücken: tmmdus vult decipi, für homines volunt dec. ;
mundus factum tuum comprobat, für homines comprobant; vitat ma-
gnum mundum., er meidet die grosse Welt, für vitat lucem (Cic. Süll. 26),
secretus vivit u. a. ; Christus tollit peccata mundi ( die Sünden der
Welt), was sich so oft in latein. Gebetbüchern findet, für pecc. homi-
num suscipit ; mimdus vetus , die alte Welt, d. h. die Alten, für aetas
vetus ( Quint. XII, 1, 36 quos gravissimos sapientiae magistros aetas
vetus credidit) ; nihil in mundo me delectat, und nihil in ?nundo sa-
pientem terret, wo Nichts in der Welt durch ?iihil omnium rerum, nihil
humanarum rerum auszudrücken ist; quid cidetur in mundo ei magnum,
cui — , für in rebus humanis; ubi in omni mundo, wo in aller Welt, für
ubi terrarum, ubi tan dem , welches tandem in Redensarten des Aus-
rufes so übersetzt werden kann; ubi tantum in mundo, ivo mir in der
Welt, für ubicunque ; mundo renunciare, der Welt entsagen, für rebus
humanis nuncium remitiere, res humanas contemnere ; mundi imperi-
tum esse, mit der Welt unbekannt sein (von einem Menschen, der noch
nicht viel erfahren hat) , für rerum imperitum ; die Eitelkeit der Welt,
res inanes, delectamenta inania, — und mehr dergleichen, wo wir das
Wort Welt (nicht immer richtig) brauchen, wo aber mundus nicht
gebraucht werden kann. Endlich heisst se?Y Erschaffung der Welt,
seitdem die Welt steht, nur selten ab aedificato oder creato mundo,
ab inilio mundi, wiewohl mundus gerade passend ist, sondern öfter
post hominum memoriam, post homines natos , post hominum ge?ius
natian.
Mundus, als Adj., rein, wird nicht bildlich von der iSee^e gebraucht;
dafür purus, integer.
Munerare, beschenken, steht zwar einmal bei Cicero (Dejot. 6, 17) :
rex te munerare constituerat, nach allen Handschr. (eine einzige aus-
genommen) in dieser activen Form, welche sonst nur A. L., N. KL
(bei Senec. Ep. 119. p. 195 me muneras) u. Sp. L. ist ; da aber Cicero
in andern Stellen das Verbum als Deponens (munerari) braucht, so
vermeide man jene Form im Schreiben. — Struve (über d. lat. DccI.
511
u. Coiijiig. p. 108) bezweifelt sogar die Form, und zieht überall die
aiulere \or.
Mtnmnen, Schutz, Schutz7mttel, ist fast nur P. L. für munimenium.
Miunlio ist in der Bedeut. Lebensmittel, wie wir Munition brauchen,
i\. h. für commeatiis, cibaria, aliineiita.
Musa. Man kann wohl sich mit gelehrten Dingen, mit Gelehmayn-
keit beschäftigen, studiren durch cum Miisis habere commercium aus-
drücken (nach Cic. Tusc. V, 23), aber ein Studirender, den wir auch
wohl einen Musensohn nennen, kann nicht wohl Musan/m ßlius ge-
nannt werden, für litlerarum studiosus, da eine solche Sohnschaft den
Alten fremd ist; man müsste denn sagen: qui a Germanis Musarum
ßlius dicitur, quem Germani ßl.ßlium dicunt.
Muscularis, muskulös, ist i\\ L. Form für muscnlosus.
Museum, was nur als Benennung einiger, zum Aufenthalte für ge-
lehrte 3Iänner da und dort errichteter Gebäude vorkommt, hat nie,
wie im N. L., die allgemeine Bedeut. Studirzimmer , Studirstube ; will
man es dafür brauchen, so setze man Jit ita dicam hinzu; z. B. meum
conclave seu, iit ita dicam, museum, mein Studirzimmer . ^
Musica oder Musice (auch im Plur. Musica, orum) kommt schon
früh als eingebürgertes AVort vor; nirgends aber findet sich musica
vocalis , die Vocalmusik , für cantus vocum, noch auch musica instru-
mentalis^ die Instrumentalmusik , für cantus nervorum. — Ein Adj.
musicalis (unser musikalisch) gibt es nicht; dafür Avird musicus
gebraucht.
Mustaceum, der Honigkuchen. Die sprichwörtliche Redensart lau-
reum (laureolam) in mustaceo quaerere, in einer Kleinigkeit Ruhm
suchen, kann, ohne dass man sie als Sprichwort bezeichnet, nicht ge-
braucht werden.
Mutescere, verstummen, ist sehr Sp. L. für das Kl. obmufescere.
ßlutilare, verstümmeln, ein Stück von Etwas abschneiden, verklei-
nern, kommt nur von alitäglichen Dingen \or, ^\ie näsum, aures,naves,
freilich auch patrimoniurti und exercitum, aber nie von Stellen einer
Schrift; also nicht locus mutilatus, eine verstümmelte , mangelhafte
Stelle. Da dies ohne Auctorität ist, so sage man, da ein gutes passen-
des Wort dafür fehlt, locus, ut ita dicam. mutilatus oder quasi muti-
latus, wenn man es nicht umschreiben will.
Mutire, muksen , kommt nur ^. L. und bei spätem Dichtern vor;
es ist ein Volkswort, deren man mehrere ähnliche, gleichbedeutende
hatte; Kl. ist dafür hiscere.
Mutuare, borgen, lehnen, ist in dieser activen Form, ausser im A. L.,
in der bessern Prosa ganz unsicher und werde nicht gebraucht für
das Deponens mutuari; höchstens das Partie, mutuatus brauche man
in passiver Bedeut., geborgt, entlehtit. Und so möchte es nicht ganz zu
verwerfen sein, wenn man sagt: loctis mutuatus, eine (von einem An-
dern) entlehnte Stelle; verba mutuata, entlehnte Worte, wiewohl man
dafür (ab aliquo) adsumtus , petitus sicherer braucht. — Mutuari be-
deutet aber nur Etivas von einem Andern borgen, lehnen, gleich ali-
quid ab alio mutuum sumere , nicht aber einem Andern Etwas, z. B.
Geld leihen, was credere alicui pecuniam, dare alicui pecuniam mutuam
heisst (Cic. Att. X, 11, 2; XI, 3, 3).
Mutuus , 0, um. Der Abi. mutuo kommt allerdings Kl. in der Bed.
612
wechselseitig , wieder, zur Vergeltung vor; aber falsch hat man es im
N. L. mit den Verben dare nnd stimere verbunden, indem man sagt:
peciniiam alicui mutuo dare, in der Bedent. Einem Geld leihen, und
pecuniam ah aliquo inutno sumere , von Einem Geld borge7i , lehnen,
was auf falschen Lesarten beruht, indem die Lateiner vielmehr das
Adj. mutuus brauchten und m\t pecuniam oder einem andern gebräuch-
liclien Subst. verbanden, aiso pec. alicui mutnam dare , pec. ab aliquo
mutuam sumere. Bei altern Neulateinern, z. B. bei Manutius, Mnretus
u, A. , findet sich jenes falsche mutuo nicht selten, ja bisweilen noch
jetzt, obgleich schon Viele den Irrthum bemerkt haben, z. B. Sciopp.
de stylo p. 94 u. 212. Schori Phras. p. 547. Gronov. de pecunia vet.
p. 114. Ondend. Suet. p. 256 und Ruhnk. Mureti Oper. T. II, p. 080
ed. Ruhnk. Vgl. noch das Verbnm Mutuari.
Mycenaeus, zu Mycenae gehörig, Mycenisch, ist wohl nur P. Form
für Mijcenensis, wie auch der Einwohner von Mycenae heisst.
Myropola, der Salbenhändler, ist ein fremdes und wegen des latein.
ungueritarius unnöthiges Wort.
Mysius ist nur Adj., Mysisch ; das Subst. ist Mysus , der Mysier,
Bewohner Mysiens.
Mystagogus ist bei Cicero (Verr. IV, 59) nur die griech. Benen-
nung eines Tempelführers , der die Merkwürdigkeiten eines Tempels
zeigte; er macht aber sonst keinen Gebranch von diesem Worte, wie
es im N. L. geschieht, wo man darunter jeden Führer, sogar jeden
hehrer versteht, also fiir dux , diictor, magister. Allgemein gebraucht
möchte es oft zu vornehm und sehr unpassend sein ; nicht verwe7ßich
dagegen, wenn man Lehrer so nennt, die uns gleichsam in die dunk-
lern Tiefen einer Wissenschaft, in ihre Geheimnisse einführen, ver-
werflich aber von denen, die nur in der Vorhalle bleiben. Eine solche
Anwendung des Wortes , wenn sie gleich bei keinem Alten vorkommt,
kann man nicht dadurch entschuldigen, dass z. B. Cicero das damit
verwandte Wort mysterium Aon den heiligen Geheimnissen viwi unhei-
lige anwendet, von rhetorum mysteria und dicendi mysteria spricht,
und seine Staatsgeheimnisse mysteria nennt. Man sei also im Gebrauche
beider W^örter vorsichtig.
Mythicus, mythisch , fabelhaft . Dieses griech. Adj. findet sich zuerst
beim altern Plinius,der ein pantomimisches Schauspiel, in welchem
eine alte Fabel dargestellt war, pantomimum mythicum nannte. Sonst
kommt es nur Sp. L. vor, wo ein Fabeldichter — scriptor mythicus
genannt wird. Obgleich es neben litw Aü]. fabulosus lunl fabularis fast
zu entbehren ist, so bleibt es doch in der Wissenschaft als Kunstwort
unentbehrlich.
Mythistoria , fabelhafte Geschichte ^ nnd mythistoricus , fabelhaft,
Fabeln enthaltend, sind erst Sp. L. und entbehrlich fiir narratio
fabulosa, fabula u. dgl.
Mythologicus , mythologia und mythus kommen erst im N. L. vor.
Das Wort mythus für fabula nahm nach Wolf (Museum B. I, p. 59)
zuerst der Holländer van Swinden in der Mitte des vorigen Jahrh.
aus dem Griech. ins Lateinische auf. Jetzt sind jene drei Wörter in
der Wissenschaft fast unentbehrlich; ausserdem aber brauche man
/a6it/a, welclies auf vielerlei Weise angewandt werden kann; z.B. wie es
in der Mythologie (Fabellehre ) heisst, ut est infabulis, ut infabulis
513
noTialuT u. a. — Da ferner mythologia auch nur das allgemeine Fa-
ballehre als Wissenschaft bezeiclinen kann, so istz. }i.7nytholugia Jovis,
Neptuni, dei Somni u. dgl. unrichtig:, und man sagt dalar fabula oder
fabulae.
N. n.
Nae , wahrlich, tvahrhaftig , wird nicht in den Satz, der betheuert
werden soll, eingeschoben, sondern davor gesetzt; also jiae ego, nae
tu, nae iste, nae ille — , nicht in umgekehrter Ordnung; z. B. ich unirde
ihm wahrlich nicht beigestanden haben, nae ego ei non adfuissera, nicht
ego ei nae non — oder ego nae ei non — . ^^\. mehr über den Gebrauch
des Wortes nae in Reisig's Vorles. p. 379 Anmerkung.
Namqiie steht bei Cicero und den Bessern nur vor einem Vocale,
nicht vor einem Consonanten; die wenigen Stellen, welche dagegen
sprechen, hält Klotz (zu Cic. Lael. p. 120) für fehlerhaft. Vgl. Anm.
zu Mureti Oper. T. I, p. 124.
Naficisci heh^i erla?igen , erhalten , ßnden , meistens durch einen
günstigen zufälligen Umstand. Vgl. Adipisci.
Narbona, A\e geizige Stadt Narbonne, ist ganz Sp. L. Form für die
Kl. Narbo.
Naris (als Sing.) , das Nasenloch, ist nur P. L. für nares, die Nase.
Nur Dichter wenden es im Sing, und Plur, schei'zend meistens zu
Spöttereien an. Dahin gehören denn auch die Redensarten: homo
emunctae naris (ein Mann von feiner Beobachtung) und homo obesae
naris, welche in ernster Rede nicht zu brauchen sind.
Narrare , erzählen. Nur selten kommen in der bessern Prosa die
passiven Formen vor, wie bei Liv. (XXXIX, 6): quae facta narrabantur,
u. Plin. (Ep. VII, 27) : eadem ßgura^r-narratur. Sie werden weit öfter
durch die activen Formen ersetzt. Nie aber findet sich wohl im guten
Latein das im N. L. oft vorkommende neutrale narratur mit dem Acc.
und dem Infin. Man sage also nicht : Agamemnonem Iphigeniam Dianae
immolasse narratur, sondern entweder narratur Agamemnonem —
iimnolasse, oder gewöhnlicher Agamemnonem narrant — .
Nasci wird in der eigentlichen Bedeut. geboren werden fast nur
mit ex verbunden, wiewohl beim Partie, natus die Praeposit. oft weg-
bleibt; im bildlichen Sinne, entstehen , seinen Anfang nehmen , wird
aber auch a für ex gebraucht. Eine Verbalform eines Partie. ?L\iiurus,
heisse sie naturus oder nasciturus, ist fast ohne genügende Auctorität,
so dass man dafür oriturus,exoriturus oder in lucem proditurus brau-
chen muss. — Ueber natus vgl. Natus.
Nasulus, wovon man im N. L. auch ein Demin. nasutulus gebildet
hat, kommt in der Bedeut. spöttisch, witzig u. dgl. nur bei gemeinen
Dichtern, nicht in Prosa vor, so dass man es kaum brauchen kann, so-
wie man auch nastis Kl. noch nicht bildlich von Spott und fVitz und
als Sitz feiner Beobachtung gebraucht findet.
Natalis mit und ohne dies, der Geburtstag ; aber das Geburtsfest
heisst nic\\i festum natale, dafestum in der bessern Prosa nicht üblich
war (vgl. Festum), sondern entweder festt/s dies natalis, oder blos
festus natalis, oder auch natolitia, und de7i Geburtstag feiern , agere
diem ?iatalem, natalem celebrare (Plin. Ep.VI,30); einen Geburtstags-
33
514
schmanss geben , dare natalitia (Clc. Phü. 11, 6). Man vermeide aher
den Plur. nnlales vom Geburtstage ciiies Einzelnen, weil darnnter nur
Mehrere verstanden werden; nur TV. KL, besonders hei Tacitus, be-
deutet es Stand und Geburt oder Familie. Sehr gewöhnlicli wird im
JV. L. der Tag der Geburt Christi — natales Christi genannt., für dies
tiatatis; Weihnachteti aber übersetzt man am sclücklichsten durch
natalitia Christi.
Natatus, das Schwimmen, ist nur P. L. für natatio.
Natio ist wie gens meistens ein alig^emeiner Name von einem gan-
zen Volksstamme, der eine g^emeiHsame Sprache und Abstammung hat;
nur ist gens meistens noch allgemeiner, als natio, welches oft nur den
ünterstamm einer gens anzeigt; z. B. gens Graecorum, natio Atticorum.
Dagegen bezeichnet popubis nur die Bewohner eines einzelnen Staates,
z. B. populus Atheniensium.
Nativitas, die Geburt, ist sehr Sp. L. und durchaus zu verwerfen;
man drücke es durch das Subst. ortus oder durch das Verb, nasci
und die Partie, natus oder ortus aus, auch, wo es passt, durch dies
natalis; z. B. vor Christi Geburt, ante Christum natum , antequam
Christus natus est; vor deiner Geburt, ante te natum, antequam tu
natus es; eine geraume Zeit vor deiner Geburt, aliquanto ante quam
tu natus es (esses) (Cic. Fam. X, 3, 2) ; gerade im Jahre vor der Ge-
burt des Ejmius, anno ipso, antequam natus est Ennius (Cic. Brut. 18,
72) ; uns bringt den Anfang aller Dinge unsre Geburt, initium nobis
Terum omnium ortus noster affert (Cic. Tusc. I, 38, 91); — und so
passt ortus noch oft. Vgl. die Lexica unter Ortus. — Auch wird natio,
dem Volksnamen im Abi. beigefügt, in der Redensart vo7i Geburt an-
gewandt; z. B. er ist von Geburt ein Sachse, est ?iatione Saso. Vgl.
Caes. B. G. I, 41 una Sueva natio?ie.
Natu; vgl. Natus.
Natura, die Natur. Nur selten denkt man sie als Person, als ein
Gott ähnliches, unbekanntes Wesen, wo sie denn mater oiler paretis
verum omnium genannt wird. Geschieht dann Etwas von ihr, so sagt
man a natura (mit der Praepositiou), wo wir mit dem Artikel sagen
von der Natur ; wenn sie aber nicht persönlich gedacht wird, wie wir
sagen von Natur, d. h. durch natürliche Anordnung, Einrichtung, Fü-
gung, von Anfang, von der Geburt an, oder was sonst dabei gedacht
wird, so sagt man ohne a blos nattira. — ünsre seltsame Redensart
ein Sohn der Natur, d. h. ein roher, natürlicher, einfacher, ungebil-
deter Mensch, findet sich nicht im Latein.; man sage also n\c\\ifilius
naturae, wie man doch Erdensohn wörtlicli durcli terrae filius über-
setzen kann. Weber (Uebungssch. p. 2) schlägt naturae alumnus vor ;
aner auch dieses erschöpft den Begriff nicht, und findet sich eben so
wenig bei einem Alten. Man übersetze es daher etwa durch homo rudis
oder incultus., agrestis, simples, impolitus u. dgl., wie es der Sinn ver-
langt. — Ist die Redensart ^^ms naturae fast unumgänglich nöthig, so
setze man hinzu ut Germani dicunt.
Naturnbilis, natürlich, kommt Sp. L. bei dem Wortkünstler Apu-
lejus vor, oder war wohl gemeine Form des Volkes, für naturalis. Die
Form naturabilis hat eich sogar durch Abschreiber in die Ilandschr.
Cicero's an einigen Stellen (z. 13, Tuec. 111, 1) eingeschlichen, ist aber
jetzt überall durch bessere Lesarten verdrängt.
515
Notiirnlis stimmt allerdings meistens mit uiiserm natürlich über-
ein, aber nur da, wo dieses letztere so viel bedeutet wie von der Natur
eingepflanzt y der Natur angeinesse?i, die Natur betreffend ; wo es aber
so viel ist, als 7iicht wunderbar, da ist nicht ?iaturalis , sondern ?ion
ininis anzuwenden, wie z. B. in dem Zusätze zu etwas Gesagtem: und
das ist (war) natürlich, neque hoc mirwn, nicht idqiie est naturale.
Vgl. mehre andere Fälle in den 1). L. Lexicis. — N. Kl. kommt
zwar mors naturalis, ein natürlicher, d. li. 7iicht gewaltsamer Tod, ^ or,
aber vielleicht nur bei Plit)ius, und wieder nur von einem plötzlichen
Tode, den er auch repentina nennt, wie z. B. einen Tod vor Freude^
aber nicht einen durch Krankheiten oder hohes Alter erfolgten Tod,
woran wir bei einem natürlichen Tode denken. Nirgends findet sich
daher naturalem morte7n obire oder naturaliter mori, wie wir sagen
eines natürlichen Todes sterben, wofür nach dem darin liegenden Sinne
zu sagen ist morbo mori oder consumi, auch wohl dem ähnlich nattirae
concedere, (morbo) naturae debitum r edder e. — Da naturalis fll ins ^
ein natürlicher Sohn, im bessern Latein bei Cicero, Livius u. A. ein
rechtmässig in der Ehe erzeugter 8ohn ist, gleich legitimus filius, da-
gegen die spätem Juristen es in der Bedeut. em uneheliches, ausser
der Ehe erzeugtes Kind brauchen, so muss das Wort der Zweideutig-
keit wegen ganz vermieden, und lieber das Adj. legitimus für den
erstem Sinn und non legitimtis oder nothus (vgl. Quintil. III, 6) für den
letztern gewählt werden. — Uebrigens zweifelte Muret, (Oper. T. II,
p. 991 ed Ruhnk.) an der Latinität \on pater naturalis, wogegen ihn
Ruhnken auf Gronov. (z. Livii Epit. LI) verwies. — Eben so vorsich-
tig muss das Adv. naturaliter angewandt werden, da es dem deutschen
Adv. natürlich oft gar nicht entspricht, z. B. da, wo es eben so viel ist
als das (es) versteht sich, und wo meistens das lebhafte scilicet dafür
passt, wie bei Cic. Tusc. V, 39, 114 Democritus luminibus amissis alba
scilicet (natürlich) et atra discernere non poterat.
Natus , a, um. wird als Partie, in der Bedeut. geboren, erzeugt,
theils mit dem blossen Abi., theils mit ex und dem Abi. verbunden,
z. B. Jove und ex Jooe natus, hoc patre und ex hoc patre natus, P. L.
auch mit de. In der Bedeut. stammetid , abstammend , mit den Subst.
locus, genus, familia verbunden, steht es fast«nur mit dem blossen Abi.,
summoloco.,nobili genere, amplissima familia, bei welchem letztem auch
in, aber nie ex gebraucht wird. — Es hat aber auch als Adject. die
Bedeut. alt, zur Bezeichnung eines gewissen bestimmten Alters, wel-
ches dann immer im Accusativ beigefügt wird, z. B. unum annum,
duos annos u. s. w. natus, nata, natum. — Wenn zu solchen Angaben
die Bemerkung hinzukommt: nicht älter, nicht jünger, nicht drüber,
nicht drunter, so heisst dies entweder non major, non minor oder non
plus (nicht plures) , non minus. Daher sagt man bei dem Zusätze oder
älter, oder drüber gewöhnlich atit plus, und oder jünger, oder drunter,
aut minus. Vgl. Terent. Eun. III, 3, 21 annos nata est sedecim, non
major, sechzehn Jahre alt, nicht älter, nicht drüber; Heaut. I, 1, H
annos sexaginta natus es aut plus, sechzig Jahre alt oder drüber. —
Unlateinisch ist es aber, magis natus zu sagen, in der Bedeut. älter,
für major, was sich durcli Absclireiber niclit nur in die Handschr.,
sondern auch in die Ausgaben in Cic. Rose. Am. 14,39 eingeschlichen
hat, wo vor Matthiae annos natus magis quadraginta stand. Graevius
33 "^
516
iirtlieiKe darüber schon mit Recht: Sic rure loqii7intur, non Rojnani
rtistiri, seil barhari; er rieth zu scSsreibeii annh major qiiadrn^iiitn,
was Matthiae und mit ihm Orelli aufgenommen haben, und was dem
Sinne gemäss ist, älter als vierzig Jahre. — Von diesem natus, alt, ist
7iatu 7nagnus, was ebenfalls alt heisst, ^u unterscheiden; darüber
hiernächst mehr.
* Naclidem iclj dies ji^eschriebcn Iiattc, fand ich, dass Klotz mit Garaton
(in Cic. Rose. Am. 14, 39) die ha&ürivinnos natus major quadraginta vcithcidigt,
und so nocli in mehiern Stellen die Verbindung von major oder minor mit dem
zugesetzten natus gerechtfertigt liatte. Er sagt, annos vattts bedeute blos was seine
Lcbensjalire, sein Alter betrijft, mit dem Zusätze major oder minor aber bedeute
es, dass er älter oder jünger als so nnd so viel sei. Daher bester auch mit Garaton
in Verr. II, 49, 122 ue qui minor triginta annis natus, wo Zumpt und Orelli natu
lesen; so Corn. N. Reg. 2, 3 majorque annos sexaginta natus, wo Lambin. natu
las; Liv. XLV, .32, 3 cum liberis, majorihns quam quiudecim annos natis ; Gell.
N. A. I, 12 minorem quam annos sex, majorem quam annos decem natam. Vgl.
über diesen streitigen Punkt die Ausleger z. Cornel. Nep. 1. c. , zu Livius 1. c,
Garaton zu Cic. Vcrr. p. 1405 ed. Hai., Zumpt zu Cic. Verr. 1. c. und Reisig's
Vorlcs. p. 397.
Natus, die Geburt, als Subst. nach Decl. IV., kommt nur im Abi.
natu vor, der Geburt, dem Alter nach, was denn mit einem bejahenden
Grössenadject. , 7nag;ms oder gra?/dis, verbunden, alt, und mit einem
veriteinenden Adject. , /;a?t'?/s, verbunden, j?/y.'^ heisst. Diese Wörter
geben nur allgemein an, dass Jemand alt oder j?nfg sei, niclit aber ein
bestimmtes Alter: alt, natu luagnus oder natii grandis; älter, natu
major; der älteste, natu 7naa:iuius; — J7ing,natii parvus; jünger, natu
minor ; der jüngste , nat7i minimus. — Für natu mngnus kommt auch
der Eigenschaftsablativ magno natu vor, z. B. bei Liv. (XXI. 34, 2) :
magiio natu principes castelloru7n, die altert, bejahrten Vornehme7i. —
Mit Recht hat man nach Vavassor. (Antib. p. 561) daran gezweifelt,
ob man von Brüdern oder Söhnen so vollständig natu 7?iajor, natu
?ninor, natu niaxiinus und natu ?nini)/ins sagen könne, und Vavassor.
findet in der bessern Prosa nirgends ein Beispiel dagegen; denn, sagt
er, der incorrecte Valer. Maximus, bei welchem eine Abweichung vor-
komme, sei für den bessern Gebrauch keine Anctorität. Man brauche
also bei Verschwisterten und Söhnen nur 7iiajor und minor, maximus
und 777inimus ohne ?iatu,90 dass man z. U. sage: Ciceronum major fuit
Marcus ., 7ni/wr Quintus, nicht nat7/, major , natu minor. So sagt Cic.
(Rep. II, 25): major ejus filius; Liv. (1, 46) : 'I'ullia minor, im Gegen-
satze zu der altern Schwester, und so überall. Jedoch tritt bisweilen
nat7L oder aetote da hinzu, wo ein solcher Zusatz zur Verständlich-
keit nöthig ist. Vgl. Drakenb. Liv. III, 13, 2 und XLV, S masi7/m/n
natu e ßliis. — Dagegen wird bei fremden und 7iicht verschwisterten
Personen immer vollständig mit nat7i gesprochen, z. B. omnes natu
majores occisi sunt; nihil ex te hi majores nat7i requirunt; in his
Omnibus judicibus ille erat z/«^?/ minimus; minimus wof?/ horum oninium
(Geschichtschreiber) fuit Timaeus, und so überall. — Ueber iiatus
als Subst., in der Bedent. Geh7irt, vgl. Nativitas.
Natus (oder nach alter Schreibart gnatiis) und nata (oder g?iata)
als Subst., in der Bedeut. Soh/t, Tochter., kommen AI. nie vor, da sie
von den Bessern als Partie, nur mit es oder dem blossen Abi., wie
vorhin erwähnt worden ist , verbunden werden, nie aber mit einem
Getütiv oder Possessivj}ro/iornen. Man sage also nicht: natus oder nata
517
Ciceronis, der Sohn, die Tochter Cicero's, sondern ßlms,ßf/a Clcerom's;
iiiclit ?iatns tiieus, nala niea, »ondtivnßlins ?ne?/s,ßlfa mea. Ohne Zu-
satz kann aber nati — die Kinder heissen, wie bei Cic. (Lael. 8): Cari-
tas , quae est inter natos et parejites. Cicero konnte aber wohl iiicIit
für das, was er vorher g-eschrieben hatte (quae ex se ?iafos itaamatit),
schreiben: quae suos natos — . Dichter aber und Nachklassiker brau-
clieii es als Subst., wenigstens sag^t Quintil. (Instit. prooem. ) nattis
tuus , dein Sohn, obgleich Pithoens die Richtigkeit dieser Ansdrucks-
weise bezweifelt. Vgl. Heusing. Emendd. p. 416 u. Ochsner in Cicer.
Eclog. p. 201.
Nauci esse, Nichts werth sein, und naucifacere. Nichts, für Nichts
achten, finden sich nur ^J. L. bei Plautus, und wurden niclit einmal im
Scherz von den Spätem gebraucht. Man vermeide sie daher lieber,
als dass man sie anwende. Im N. L. braucht man wß?/c/ lieber alsjiihili.
Nauclerus , der Schiffsherr, und nauclericus, dem Schiffsherrn ge-
hörig, kommen nur ^. L. bei Plantus vor, für naviculariiis , und das
erstere hätte von Ruhnken oder Wyttenbach (Vita Ruhnkenii) nicht
gebraucht werden sollen.
Nacicidator ist in der Bedeut. Schiffsherr ']eizt ganz ohne Äucto-
rität, seitdem es aus Cic. leg. Manil. 5, 11 durch navicularius ver-
drängt ist.
Navigare, schiffen. Wo Jemand schifft, wird in schlichter Kl. Prosa
nur durch in aliquo loco, z. B. iJi niari, in Oceano ausgedrückt; P. L.
und N. Kl. durch den Accus., niare, Oceanuni. Dazu gab schon Cicero
Anlass , da er etwas poetisch von dem übermüthigen Xerxes (Fin. II,
«34, 112) sagte: maria anihidavisse terrarnque navigasse. — Vom Lande
abfahre?! heisst nicht navig. a terra, sondern iiavig. es portii, a terra
solvere und blos fiavem solvere.
Naoigator, der Schiffer, ist sehr selten für nauta; es wird nur
aus Quintil. Inst. V, 10, 27 angeführt, und noch einmal aus einem viel
spätem Schriftsteller. Es werde vermieden.
Naumachia , die Seeschlacht, kommt N. Kl. nur als Spiel zur Be-
lustigung der Zuschauer vor, nicht als wirkliche Schlacht, welche nur
p^igna navalis, proelium navale heisst. Im N. L. werden beide biswei-
len verwechselt, als ob naumachia schöner wäre; daher findet man
sogar die Seeschlachten der Holländer , Engländer , Franzosen und
Spanier in lateinischen Beschreibungen so genannt.
Nausea bedeutete bei den Alten die Seekrankheit mit Ekel und
Erbrechen ; über diese Bedeutung geht es aber nie hinaus, und es wird
nicht allgemein und bildlich gehraucht in der Bedeutung Ueberdruss
an Etwas, wie man es im N. L. für/as^/r/iV/m angewandt findet. Ebenso
ist es mit dem Verbo nauseare, weiches nur bei Phaedrus N. Kl.
i'vLY fastidire, ekel, stolz thun, gebraucht ist. — Unter den Nenlateinern
braucht Erasmus die Redensart ad aliquam rem nauseare, bei Etwas
Ekel bekomtnen , z. B. ad mentionem hujus rei iiauseo, für hujus rei
cum mentio ßt, indignor,fastidio afficior.
Ne, loahrlich ; vgl. Nae.
Ne, dass nicht, damit nicht, wodurch ein Verbot und eine Absicht
negativ bezeichnet wird, werde nicht mit utnon,so dass ?ticht, welches
518
einen Erfolg: angibt, verwechselt, was oft genug geschieht. Beispiele
aus Frühem gibt Vorst. (latiii. mer. susp. p. 165); sie könnten durch
neuere leicht vermelirt werden.
Ne als Fragwort (vgl, die Grammatiken) wird P. L. in Gegen-
fragen verdoppelt gebraucht für ne — mi ; z. B. boniwe, maliwe plus,
ob mehr Gutes oder mehr Böses, für afi malt plus.
Ne in der Bedeut. nicht einmal, für ne — quidem zu brauclien, ist
nach Madvig (z. Cic. Fin. 1, 11,39) durch kein sicheres Beispiel zu
erweisen. Es werde also durchaus vermieden.
Ne mit quidem verbunden, nicht einmal, auch sogar nicht, wohl
gar gleichsam als ein Wort, ist jetzt kaum mehr erweislich. Man führte
bislier nur dagegen an Cic. Att. 11, 16, 4, wo alle Handschr. haben:
ego illud ne quidem contemnam, was denn Corradus, Lambin. und
Orelli in ego ne illud quidem verändern. Wir dürfen wenigstens diese
Stellung beider Wörter, die sonst immer durch das, was am meisten
hervorgehoben werden soll, getrennt werden, nicht nachahmen, und
müssen es tadeln, wenn Majorag. (Orat. 13. p.283) sagt: sed ne quidem
illud; Mahne (Crito p. 304): sed illum ne quidem in scribundis (?)
doctrinarum formulae operibus deseri; Heyne (Praef. Virg. T. I,
p. XXVII) : ne quidem ingeniosum satis — und so noch Andere. —
Ferner wo wir sagen: nicht eitimal dann, wenn — , d. h. in dem Falle,
wenn — , sagt man latein. nicht 7ie tum quidem si — , sondern nur ne
quidem si — , mit Weglassung von tum, wofür dagegen die Hauptwör-
ter des Coujunctionssatzes zwischen ne und quidem treten; z. B. nicht
einmal dann^ tveiin ihre grossen Verdienste gegen mich bekannt wären,
ne si summa quidem eorum in me merita constarent (Cic. P^am. I, 9,
11) ; nicht einmal dann, wenn ich weggegangen sein taerde , ne si dis-
cessero quidem (Cic. Phil. XII, 7). — Verschieden davon ist ?^e tum
(tunc) quidem, cum — , 7iicht einmal damals als, dann umnn — . Vgl.
Cic. Off. III, 12. Fam. III, 10, 8 und unten Tum s/. — Endlich ist nee —
quidem in der Bedeut. und nicht einmal oder auch nicht eitimal fast
unlateinisch, da nee — qtiidem nur bedeuten kann und nicht ^cenig-
stens, weil nee oder neque nur so viel ist als et non, aber nicht gleich
et ne. Vgl. darüber gegen Andere Madvig z. Cic. Fin. p. 822 sqq., aus-
serdem Geruhard z. Cic. Cato 9, 27 und Reisigs Vorles. p. 589. —
Noch bemerke man, dass vor den Worten ne — quidem, wenn das
Verbum oder sonst etwas Bejahendes vorausgeht, dieses negativ, nicht
affirmativ ausgesprochen werde; z.B. irgend eine schönere Gestalt
(als diese) kann nicht einmal ausgedacht werden, nulla ( nicht 7///ß)
species ne excogitari quidem potest ornatior (Cic. Orat. III, 45, 179) ;
nicht einmal ^enes werde ich übergehen, non praetermittam »e illud
qtiidem (Cic. Q. fr. II, 5); Caesar sagt, dass er nicht einmal bessere
griechische Sacheji gelesen habe, Caesar negat se ne Graeca quidem
meliora legisse (ib. II, 16, 5); denn nicht einmal dieses darf über-
gangen werden , non enim praetereundum est ne id quidem; ich fliehe
nicht eitimal diese Metischen, non fugio ne hos quidem homines — und
so ähnliche. Vgl. Auieit. §. 580.
Nee oder neque stehen nur für et non, nicht für et ne, und können
daher streng genommen in verbietenden Sätzen , besonders beim Im-
perativ, nicht angewandt werden,- gewöhnlich setzt man dafür neu
519
oder neve, wo denn auch in solchen Sätzen weder — noch,neve — veve^
nicht, iiev — ?iec heisst. Einzelne Stellen, wo nee oder neque für neve
gesetzt ist, mögen nicht zur Richtschnur beim Schreiben dienen, da
die Alten, nach Hase's Bemerkung (zu Reisig's Vorles. p. 589), in
freierer, weniger förmlicher Rede auch 7iec setzten, wofern der pro-
hihitive Sinn schon deutlich durch das Vorhergehende ausgedrückt
war. Im N. L. findet man leider zu oft neque oder nee für neu oder
neve gebraucht. — Auch brauche man iieqiie nicht in der Bedeut.
und nicht in solchen Verbindungen, wo der Sinn ist: und nkJil viel-
mehr; hier ist dafür gewöhnlich ac non, seltner et non gebräuchlich.
Vgl. Matthiae z. Cic. Rose. Am. 33, 92. — N. L. ist et nee — nee, und
weder — noch, für nee mit — aut. — Unser aber nicht wird im An-
fange eines vollen Satzes, wo es niclit adversative Verneinung einer
vorausgehenden Bejahung ist, nicht durch noji autetn oder non vero,
sondern durch neque vero ausgedrückt; denn neque autem ist ganz
zweifelhaft, wie in Cic. Fam. V, 12, 6 neque autem ego sum, wo Einige
autem streichen. Vgl. darüber Anleit. §. 581. — Davon unterscheide
man ein anderes aber nicht oder nicht aber, durch welches wir adver-
sativ dem vorausgegangenen Bejahenden verneinend Etwas entgegen-
setzen; z. B. das sind Fehler des Charakters , nicht aber oder aber
nicht des Alters; — hier wäre falsch neque vero, non vero, non autem,
sednon, da sich der Lateiner mit 7w?t begnügt; also fion senectutis.
So findet man im iV. L.: nobis orandum est, nee vero poscendum, wir
müssen bitten, aber nicht fordern ; junge rkpente aspexit, neque vero
(für 7ion) RBPEiNTE VENIENTEM, Verbinde REPBNTE mit aspexit, nicht aber
mit vEiNiENTEiw; Plautinum hoc verbum est, neque vero (iür ?io?i) Cice-
ronianum — und dgl. mehr. — Ueber nee vero etiam, aber auch nicht,
und nee etiam, und auch nicht, vgl. Etiam. — Ebenso ist es N, L.,
nee für non zu brauchen, z. B. Wolfius, nee Heynius, für wow. So kommt
es in einem neuen Buche an 50mal vor. — Beim Gebrauche von nee —
nee, weder — 7ioch , kann das Hauptverbum , wenn es vor das erste
nee gesetzt wird, auch noch nofi bei sich haben, ohne dass dadurch
eine Bejahung entsteht; es darf aber nicht später nachfolgen; z. ß.
ich kan7i vor Thräne7i das Uebrige weder denken, noch schreiben, prae
lacrymis non possuni reliqua 7iec cogitare , wec scribere, nicht reliqtia
7iec cogitare, 7iee scribere prae lacrymis 7io?i possian (Cic. Att. IX, 12, 1).
Stellen anderer Art möchten wohl zweifelhaft sein. — Dagegen kann
nach 7ie — quidem und nacli 7ieque enim (de7in 7iicht) nicht 7iec — 7iec
folgen, wo wir weder — noch brauchen, sondern dafür muss aut —
aut stellen ; z. B. 7nan kan7i aber nicht einmal zu dieser Denkkraft
gela7igen, weder plötzlich, noch schnell , sed ne ad ha7ic quidetn vim
cogita7idi perve?iiri potest, aut subito, aut cito, nicht nee subito, nee cito
(Quintil. X, 62. Vgl. Liv. 1,3,4). — Im JV. L. findet sich sogar jiec
nach si7ie , für et oder ac mit und ohne si/ie ; z. B. sine loco nee anno,
ohne Ort imd Jahr, für et anno oder ac sine anno. — Endlich brauche
man der bessern Prosa gemäss 7iec nicht für 7ie — quidem, 7iicht ein-
7nal, auch 7ueht; über diesen falschen Gebrauch vgl. Madvig Cic. Fin.
p. 816 sqq.
Nee 7ie, oder nicht, ist nach einer Frage mit quid, quando und ähn-
lichen unlateinisch; man sagt dafür aut non mit wiederholtem Verbo.
Vgl. darüber Aut. — Noch unpassender ist es, wo gar keine Frage
520
steht , z. B. er mag tvollen oder nicht, velit nee ne, für velit aut noh't,
oder knrz veliV noh'l.
* .Mit Recht bezweifelt man in Cic. Paitit. 26, 93 die Riciitig-keit der Les-
art fjvid autem possit fifßci, nac ne — est videndum. Vgl. Orelli.
Nec non oder neqiie non in der Bedeut. U7id, wie mich, dient (aus-
ser bei Varro) Kl. nicht zur YerhrnAnw^ ziveier einzelnen Wörter, son-
dern wird nur gesetzt, wenn ein neues Verbum folgt, mit dem es zu
verbinden ist. — N. Kl. aber und im TV. L. steht es sehr häufig für
das einfach verbindende et, und soll die Rede verschönern; z. B. legi
carmina Homeri, nec non Hesiodi, nec non alioruin; editiones Aldinae,
nec non Juntinae eximiae sunt u. dgl. mehr. — N. Kl. wird auch zu
diesem nec non noch et oder etiani hinzugesetzt. Dieses 7iec non für
das gewöhnliche et nimmt Anton (Progr. p. 19) in Schutz. Man miss-
brauche es nicht und wähle es nur, wenn man sowie auch noch aus-
drücken will. — Dagegen kommt Kl. oft neque vero (aber nicht), neque
enim (denn nicht) und neqiie tarnen ( doch nicht ) mit folgendem non
beim Verbo zur Verbindung von Sätzen vor. Vgl. Anleit. §. 579. Jac.
Thomasius zu Ilorat. Tursell. p. 452. Ruhnk. Vellej. Pat. II, 95. Wolf
u. Orelli Cic. Tusc. p. 328.
Necator, der Mörder, ist Sp. L. für homicida, sicaritis, perctissor.
Ueber interfector vgl. dieses Wort.
Necessarie , nothwendiger Weise, ist eine wohl noch zweifelhafte
Form (die unter andern bei Cic. luv. I, 29, 44 vorkommt) für die ge-
wöhnlich übliche necessario, an welche man sich denn auch lialte.
Necessaiius wird in der Bedeut. nahe bekannt , befreundet , ver-
wandt, wie amicus xindfamiliaris, nicht nur mit dem Genitiv (wie ein
Subst.), sondern auch mit dem Dativ als Adjectiv verbunden; z. B.
mihi und tneus, patri nud patris necessariiis. Das Neutrum necessariuin.
mit est u. s. w. wird mit einem Infinitiv, der sein Subject ist, untl dem
Dativ der Person, deren nothwendige Pflicht Etwas ist, verbunden;
z. B. senatori necessarium est nosse rempublicam, ein Senator niiiss den
Staat kennen (Cic. Leg. III, 18, 41). Dafür kann aber keine andere
Verbindung gewählt werden, wie sie ?iecesse esse zulässt. — Zu be-
zweifeln ist der Plur. necessaria ohne ?isui oder nsibiis oder advitamy
ad vivendum, ad usus vitae, in der Bedeut. Bedürfnisse, Lebensbedürf-
nisse, für res ad vitam u. s. w. necessariae.
Necesse wird als Indeclinabile oder als Neutrum mit esse verbun-
den : necesse est , es ist nöthig, nothwendige es 7nuss. Dazu kommt ein
Infinitiv entweder mit einem Dativ oder mit einem Accusativ;z. B.
mihi oder me scribere necesse est, ich niuss schreiben, oder auch mit
dem Noimnativ der Person und dem Cofijunctiv, aber ohne Conjunc-
tion; denn erst Sp. L. findet sich tit dabei, was, eben weil es Sp. h.
und vielleiclit gar zweifelhaft ist, verworfen werde. Dennoch findet es
sich im N. L. nicht selten, und es wird sogar in vielen Grammatiken
gelehrt, dass ut zugesetzt werde. Vgl. Anleit. §. 450 u. Klotz Sintenis
p. 153. — Man sage nicht: ut sententiam meam dicam, necesse est, es
ist nöthig, dass ich — , für sententiam meam dicam necesse est (ohne
ut), oder me sententiam meam dicere; die Menschen müsseii sterben,
homines moriantiir necesse est, nicht ?it\\om. mor. — Ausserdem ist
KL, aber selten, necesse habere, nöthig haben, für nöthig halten, wo-
mit aber nur ein Infinitiv verbunden wird; z. ß. necesse habeo ad te
521
scribere, ich halte es für nöthig , an dich zu schreiben. Im N. L. findet
man es auch mit einem ylblativ oder AccusaUv verbunden, necesse
habere aliqua re oder aliquam rem. Etwas nöthig haben, für opus esse
aliqua re. Vgl. Vorst. latin. mer. susp. p. 60.
Necessitas bedeutet wohl nie in der bessern Prosa ein einzelnes
leibliches oder geistiges Bediirfniss , und daher ist ?iecessitntes , mit
und ohne den Genit. corporis, in der Bedent. leibliche oder Leibes-
Äef////////sse unlateinisch. Wie dies auszudrücken ist, s. unter iVecess«/"<MS.
JVecessitudo , die Not hwe?idigkeit, war die ältere Form für ??eces-
sitas , und wurde nachher in der bessern Prosa mehr auf die Bedent.
Bekanntschaft, Fretmdschaft , Verwandtschaft beschränkt. Nur so
brauche man es.
Necessimi ist A. L. Form bei Plautus u. A. für necesse; jedoch hat
sie Livius einigemal hervorgesucht. Sie werde, da sie veraltet ist,
nicht mehr gebraucht, wie es im N. L. dennoch geschieht.
NecTie; vgl. Nee, wo auch von Nee non die Rede war.
Nee opinus, unvermtithet, ist nur P. L. für 7iec opinans oder nec-
opinatus.
Nectar ist in bildlichem Sinne, jWe Lieblichkeit , Süssigkeit , nur
P. L. und kann so nur vorsichtig angewandt werden; ebenso nectareus
für dulcis, jiicuiidus, suavis.
Nectere , knüpfen, bindefi, ist zwar gut und KL, aber comam oder
capilhim nodom oder innodtim nectere, das Haar in Knoten knüpfen, ist
nur P. L. für capilhim nodo vincire, crinem in nodum cogere. — Fast
sinnlos braucht es aber Görenz, wenn er irgendwo sagt: nodtmi in
scirpo nobis 7?ej7?//»iws , als Nachahmung des bekannten Sprichwortes
nodum in scirpo qnaerere.
Negantia, die Verneinung., werde als sehr selten, da es nur einmal
(Cic. Top. 14, 57) vorkommt, vermieden durch negatio, was Cicero
sonst gebraucht, z. B. de Fato 8, 15. — Muret. (Oper. T. III, p. 208)
brauchte das Wort, weswegen ihn Ruhnken tadelt, mit dem Zusätze:
Sed suspectus locus (Ciceronis) est; jedoch bemerkt Orelli Nichts
zu jener Stelle.
Negare, läugnen, kommt im Passivo selten vor und wird wohl nur
personal mit dem (Nominativ und dem) Infinitiv , nicht imperso7ial
mit dem Accus, u. dem Infin. verbunden. So bemerkt auch Klotz
(z. Sintenis p. 97) : Die Redensart negari non potest, es kann nicht ge-
läugnet werden, braucht Cicero immer persönlich, also negari non
potest haecepistola (nicht hanc epistolam) utilissima (nicht utilissimatn)
esse, es ka7i?i nicht geläiignet werden, dass dieser Brief — ; und wenn
Sintenis (in seiner latein. Rede p. 149) sagt: negari non potest — per-
multa impedimenta objici., so bemerkt Klotz dazu : Sic non videturdi.iisse
Cicero umquam., non minus quam dicitur ejus matremfuisse, und seiner
Ansicht nach musste es heissen: negari no7ipossunt. — Derselbe Fall ist
es mit 7iegari ohne posse ; z. B. dass dort Gewalt gebraucht tvorden
sei, wird geläug net iverden, ibi vis facta 7iegabitur (Cic. Caecin. 15, 44),
nicht ibi vim factam esse neg. Im N. L. wird oft dagegen gefehlt. —
Dem Passiv, ist durch den Gebrauch des Activs leicht auszuweichen.
Negativus, verneinend, ist Sp. X. , aber bei den Grammatikern
stehendes Kunstwort; Cicero und Andere brauchen dafür negans
522
(Cic. Top. n , 49) oder privans (ib. 11, 48) als Gegensatz von ajens,
hejahend. Vgl. Privativus.
Neglectus , die Ver7iac1ilässigung , ist sehr selten , und steht nur
^. L. u. N. Kl. beim altera Plinius für die Kl. Form neglectio, welclie
freilich eben so selten ist, und für das häufig vorkommende negligentia.
Muret. braucht nicht allein tieglectus , sondern sagt auch aliquid ne-
glevtui Aß6e/-e, gebildet nach dem, was Terenz (Heaut. 11,3,116)
sagt: haec res neutiquam neglectui est mihi, und andern ähnlichen
lateinischen, für negUgere ; nur ist es ohne Auctorität, und muss, da
es unerwiesen ist, vermieden werden. Vgl. Frotscher z. Mureti Oper.
T. I, p. 279.
Negotiator kommt erst Sp. L. in der Bedeut. Kaufmann, Handels-
mann vor, für mercator; jenes bedeutet Kl. nur de?i Geldwechsler,
der IVechselgeschäfte treibt. Später vermischten sich beide Begriffe,
die aber heutzutage nicht wohl unterschieden bleiben können. Eben
so verschieden sind negotiari und mercaluramfacere.
Negotium ist nie eine irissenschof fliehe Beschäftigung , welche
sttidium heisst, sondern jedes Geschäft, welches ich für einen Andern
besorge oder für mich betreibe; jede andere Beschäftigung ist occu-
patio. Wenn aber Geschäft so viel ist, als j4mt, Pflicht, Sache, so heisst
es munus. Wo wir sagen: Einem ein Geschäft auftrage?i,A.\\.}^t\\'9.s
zur Besorgnng übertragen, sagt man lat. alicui negotium dare oder
mandare , nicht committere. — Mit leichter Mühe , ohne grosse Mühe
(yirbeit) heisst nullo ?iegotio oder sine negotio, nicht facili oder parvo
?iegotio, wie oft falsch gesagt wird. Ygl. Klotz Siiitenis p. 145. — Die
Redensart alicui 7iegotium esse cum aliquo , mit Einem zu thu?i haben.,
wird fast nur gebraucht, wenn der Begriff der Unannehmlichlceit oder
V erdrüsslichkeit ausgedrückt werden soll,
Nemesis kommt nur als Eigenname der Göttin der Gerechtigkeit
vor, nie aber inr jtistitia oder ziltio, vindicta (Rache, Vergeltung), Man
sage also nicht: Nemesin exercere in aliquo, Rache an Jemanden aus-
üben. Tändelnd nennen sich auch im N. L. die Juristen Nemesis fllii,
wie die Aerzte ^esculapii filii.
Nemo, Niemand, hat erweislich nur den Dativ nemini und den
Accus, neminem; die Form des Genit. neminis ist nur A. L. und zwei-
felhaft in Cic. Att. XIV, 1 und pro Coel. 23, 56, wogegen nullius oft
vorkommt. Aber die Ablativform nemine für nullo oder nulla findet
sicli Kl. nirgends, N. Kl. aber einigemal bei Sueton. und Tacitns. Man
vermeide dalier durchaus neminis für nullius und nemine für nullo,
und begnüge sich mit nemo, nemini und neminem. Weitläufig spricht
davon Stürenhurg zu Cic. de offic. und Hase in einer Anm. zu Reisig's
Vorles. p. 348 u. 349. — Man sage hiernach wXchV. neminis \%ie potest
esse amicus, für nullius; nemine docente , nemine defendente, nemine
rogante u. a., für millo. — Bisher galten im N. L. beide für gleich gut,
nemine war sogar fast mehr im Gebrauche als nullo. — Zu bezweifeln
ist gewiss nemo musculus, keine Mannsperson, was Schütz (Aeschylus
T. III, p. 21 ) braucht, für nemo vir oder nemo mas, indem zu nemo
welches nur von Personen, nie von Sachen gebraucht wird, noch Sub-
stantiven hinzutreten, wodurch es in der Bedeut. dem ?/////«« gleich
wird, wie denn nemo civis,nemo miles, sogar 7ienw homo, tind, was noch
seltsamer scheint, nemo deus vorkommt. — Zweifelhaft ist es mir
523
wenigstens, ob man : Niemand ist dem Aridem ähnlich, gleich gut über-
setzen könne durch nemo netnini similis est und ?ie?iw alteri simi/is est,
da ich nur für das letztere ein Beispiel finde (Quintil. II, 8, 2), für
das erstere aber nicht, sowie bei neuter in ähnlichem Falle «//erfolgt.
Vgl. Neuter. — Nemo mit angehängtem dum — nemodum, noch Nie-
mand^ findet sich nur bei A^n späten Juristen für iiemo adhuc oder
adhuc nemo.
Nempe , nämlich , dient nie nach Angabe von etwas Allgemeinem
zur Aufzählung des einzelnen darin Enthaltenen, sei die Rede von Per-
sonen oder Sachen, weil dann im Latein, das eingeschobene Wort
nämlich entweder unübersetzt bleibt, oder durch ut oder dico über-
setzt wird. Es ist derselbe Fall, wie bei scilicet. Vgl. Anleit. §. 586 u.
Scilicet, sowie über die Bedeutungen und den Gebrauch des Wortes
Webers üebungssch. p. 514. Ileindorf z. floraz Sat. p. 207. Jen. A. L.
Z. J820. St. 34. Grotefend's Commentar. p. 65. Wolf u. Klotz z. Cic.
Tusc. III, 20, 49. Moser Cic. Rep. I, 2. Reisig 's Vorles. p. 465. Hand's
Lehrb. p. 230 und was GraufFzu Bunelli Epist. p. 681 fleissig gesam-
melt hat; ausserdem reichen die Lexica hin.
Neograecus, neugriechisch, und neolatinus, neulateinisch, sind N. L.
Zwitterwörter, deren allerdings die alte lateinische Sprache einige
hat, die aber weniger zweideutig sind, als diese. Immer aber sind
solche ^e^ew die reine Latinität, sie verunstalten die Rede und müs-
sen vermieden werden, je nach dem Sinne und der Bedeutung; denn
neugriechische Lieder, Reden u. dgl. können entweder solche sein, die
in neugriechischer Sprache (welche bekanntlich von der alten sehr
abweicht) geschrieben sind, woran man denn auch zunächst dabei denkt,
oder solche, die in altgriechischer Sprache von Neuern, aber freilich
wohl oft fehlerhaft, geschrieben sind. \]\\tGV7ieulatemischenGeA\c\\iGi\
denkt man sich nun aber entweder lateinische Gedichte, die von Neuern
geschrieben sind, oder wohl gar solche, die in verdorbenem Neulatein
abgefasst sind , was zunächst und eigentlich in dem deutschen Worte
neulaleinisch liegt, — eine Bedeutung, die gewiss jeder Verf. solcher
Gedichte von den seinigen abwehrt. — Da es wohl nur heissen soll
neue lateinische im Gegensatze zu alten, so brauche man novus latinns,
und streng genommen ist der Zusatz novus ganz unnütz. Mir sind
immer carmina neolatina widerlich, mögen sie auch in reinem, wenig-
stens erträglichem Latein geschrieben sein.
Neotericus und das Adv. neoterice, neu, nach dem griech. ifcoTcptxo'c
gebildet, sind sehr Sp. L. und unnöthig wegen novus, recens, rece?ilior ;
jiove. — Gleichwohl findet man im N. L. nicht selten , z. B. scriptores
neoterici.
Nepotismus, ein N. L., ins Deutsche aufgenommenes Wort für eine
neue, den Alten unbekannte Sache, werde, wo es möglich ist, ganz
vermieden, wo nicht, durch einen Zusatz (ut novo verbo utar) gemil-
dert, aber nicht ohne Weiteres gebraucht.
Nequam, nichtswürdig, nequior, nequissimus und nequitia, die
Nichtswürdigkeit , beschränken sich Kl. auf Wollust und Schwelgerei;
N. Kl. dehnte sich ihr Gebrauch auf alle Bosheit und Unredlichkeit
aus, gleich scelus , improbitas u. a.; nefarius, scelestus u. a. In diesen
Bedeutungen ist nequam auch nachzubrauchen, so dass ein homo
nequam einem homo nihili gleich ist. Vgl. Heusing. Emendd. p. 418.
524
Neque, und 7iicht, wird in correctem Ausdrucke nur für et ?}on,
nicht für et ue oder iieve gebrauclit, wofür es Livius und Andere bis-
weilen gebraucht haben. Auf ut oder ne foIg^t am besten neu oder neve,
nicht neqne. Vgl. darüber Nee, und über ne — quidem, nicht einmal,
nacli Ne. lieber neque vero vgl. unter N'ec.
Nequidq?iam , vergeblich , ist in Prosa selten und mehr P. L., fiir
frustia. Bei Cicero findet es sicli nur eiiitnal (in seiner ersten Rede, pro
Quinct. 25, 79): et sero et nequidquam pudet, wobei Klotz bemerkt,
dies sei vielleicht aus einem alten Komiker, etwa aus Terent. (Heaiit.
11,3, 103 sero ac neqiddquam voles> genommen. Da es aber Caesar
(dreimal), Livius und Andere gebranclit haben, so ist es nicht zu ver-
werfen. Dagegen ist es N. L. in der Bedeut. keineswegs, für das gleich-
lautende und damit verwechselte nequaquam. Vgl. Orelli zu Cic. Tusc.
III, 25, 59. p. 204 und Heumann, in Mise. Lips. V, p. 161.
Nescire (vgl. Scire), niclit ivissen. — P. L. hi-nescio f allere , ich
kann nicht täuschen, für nonpossiim fallere ; man wende es daher nicht
in Prosa an, wie es Ruhnk. ( Opusc. I, p. 106) thut. Die Re<!ensart
nescio quo inodo, ich weiss 7iicht wie, wenn sie zu einem Verbo als Be-
merkung gesetzt wird, werde im Lat. jenem Verbo nachgesetzt, weil
sonst das Veriium als abhängig von quoniodo im Conjunctiv stehen
müsste; z. B. es geschieht oft, ich weiss nicht wie, saepeßt, nescio quo-
modo; dagegen ich iveiss nicht, wie es oft kommt, nescio, quomodo saepe
fiat. — Das Partie, nesciens, der nicht weiss, ohne zu wissen, werde,
da es sehr selten und Kl. nirgends vorkommt, gänzlich vermieden;
man sage dafür nescius , welches häufig gebraucht wird, und womit,
wie mit nescire., ein Accus, c. Inf. verbunden werden kann. Aber nescius
mit einem Inf., z. ^.f allere , in der Bedeut. der nicht täuschen kann,
ist P. L.
Neuter, keiner vo?i Beiden. Zweifelhaft ist es, ob, wenn in dem
Satze der Andere steht, z. B. keiner von Beiden übertrifft den Andern,
wieder 7ieuter gebraucht werde, oder, dem Deutschen ähnlich, alter.
Nur für das letztere kenne ich Beispiele, nicht aber für das doppelte
neuter; man sage also: neuter altert praestat. Vgl. Caesar B. C. I, 35
debemus neutr^im eorura contra ß//e/7/m juvare; Liv.XXI,46, 4 neutri
alteros primo cernebant; Quintil.1, 1,14 ita fiet, ut neutra lingua altert
officiat n. a.
Neutiquam, durchaus nicht, keineswegs, ist mehr A. L. als A7.,
jedoch steht es einigemal bei Livius, in der Bedeut. dem nequaquam,
haudquaquam., minime gleich.
Neutralis\%i\\\\x im grammatischen Sinne üblich, wie schon bei
Qnintilian, aber in keiner andern Bedeut. — N. L. ist es also in der
IJedeut. zti keiner Parthei gehörig., wofür medius (Cic. Att. X,8, 4 und
10, 2), qui medium se gerit (Liv. II, 27) und neidrius oder mdlius par-
tis (Cic. Fam. X, 31, 2) gesagt wird, und ist vom Kriege die Rede,
auch neutra castra sequi (bei Livius). Vgl. Schori Phras. p. 524.
Sciopp. de stylo p. 86. — Ebenso ist N. L. neutralitas, die Neutrali-
tät, das Halten mit keiner Parthei, für Studium 7ieutrarum partium,
a7iimus a studio partium alienus.
Nex ist in correctem Gebrauche nur der g-ej/'fl/^sßme Torf, nicht der
natürliche, welcher mors heisst. Erst N. Kl. kommt es bisweilen in
jener Bedeut. vor, und werde daher vermieden. Man sagt also ge-
525
Wühiilicli: vitae necisqne potestatem habere in aliqiiem, Gewalt haben
iiber Lehen und Tod, nur selten vltae inortisque — , weil in jener Re-
densart an nnnalürUehen Tod gedacht wird.
Nexus beschränkt sich bei den Alten nnr auf die Bedent. körper-
liches Binden und Utnschli?2ge?i und anf rechiliche V erhindlichheit ; so
bei Cicero, nirgends aber bedeutet es , was wir Zusanmienhang in
W orten und Gedanken nennen , wie es im N, L. häufig vorkommt,
nexus verborum, nexus sententiarum. Dietrich bemerkt, 7iexus, so ge-
braucht, sei nicht Ä'L, aber für alle deutsch gedachten Verbindungen
sei schwer ein ganz entsprechendes latein. Subst. zu finden. Tenor,
was PJinige vorschlagen, sei in dieser Bedent. zu verwerfen ; der nur
einmal von Cicero gebrauchte Ausdruck contexius orotionis (Part,
orat. 23, 82) werde durch qtiasi entschuldigt, und in Cic. Fin. V, 28
werde damit der Zusammenhang und die Consequenz eines pliiloso-
plüschen Systemes ausgedrückt. Eben so wenig, sagt er, passen roÄr/e-
rentia, continuatio, perpetuilas ; am Ende also nur sententia oAar ratio
se?itefiiiarum, zuweilen ratio loci, oder mit einer Umschreibung, wie
ratio,-qua sententiae se excipiunt, qua altera sententia ex altera apia
oder jiexa est, — man müsste denn der Kürze wegen 7iexus, aber
nicht ohne sententiarum, beibehalten. — Nach der oben über cow/ea/z/s
gemachten Bemerkung und nach dem Gebrauche dieses Wortes bei
Quintilian, welcher contextus reruni ac verborum (XI, 2, 2) und in
contextu sermonis (VIII, 3, 38) sagt, möchte ausser einer Umschrei-
bung dieses das passendste Wort für unser Zusammenhang sein; viel-
leicht ausserdem auch connexa series (verbornm, sententiarum) nach
Quint. VIII, 2, 17 u. IX, 4, 22.
Ni, ivenn nicht, wird im N. L. falsch gebraucht fürnisi, da es fast
nur in Formeln bei Bürgschaften u, dgl. vorkommt. 31an sage also
nicht : 7n fallor, sondern ?iisi fallor.
Nidißcare und nidtilari scheinen , wie unser nisten , Gem. L. zu
sein, und kommen theils im A.L., theils beim altern Plinius vor, für 72?-
dum fingere, construere, facere, texer e.
Nigredo, die Schwärze, schwarze Farbe , ist Sp. L.\ Muret. (Oper.
T. II, p. 74 ed. Fr.) sagt: Albedo latinum non est, non magis quam ni-
gredo, worin er freilich irrt. Man brauche dafür nigror, color niger,
nigritia, nigrities, nigritudo , so dass man die späte Form entbehren
kann.
Nihil hat fast alle Casus, ausser d. Dativ, nach Decl. \\., Gen. nihili,
Acc. nihHum (neben nihil) und Abi. nihilo. Der Gen. 7iihili kommt nur
vor zur Bestimmung des Werthes und Preises, besonders bei homo
und esse. Zu eben dem Zwecke dient aucli der Abi. 7iihilo bei Verben,
z. B. nihilo aestimare.; er wird aber auch als Gradbestimmung des
Coraparat. gebraucht in der Bedeut. um 7iichts, z. B. 7iihilo minus, um
nichts we7iiger, nichts desto weniger, wogegen das seltene minus nihilo
(Terent. Phorm. III, 3, 1 cui minus nihilo est) bedeutet iveniger als
Nichts. — Mit nihilo minus verwechsele man nicht nihil 7ninus, unser
7iichts weniger, was stark verneint, gleich durchaus 7iicht, im gering-
ste7i nicht. — Für 7iihilo minus sagen Caesar und Andere auch 7iihilo
secius in derselben Bedeut., wovon sich aber 7iihilo segnius unter-
scheidet, da dieses heisst ebe7i so eifrig, 7nit gleich grossem Eifer.
Vgl. Ileusing. Emendd. p. 475. Anton. Progr. p. 74 und Reisig's Vor-
526
les. p. 449. — Auch kommt der Ahl. mitPraepositioiien vor,/;row/Ä?Vo,
z. B. piilare, für Nichts rechnen, achten; ex nihilo, z. B. oriri, aus
Nichts entstehe7i; de nihilo, um Nichts, tim keiner Ursache tvillen oder
auch aus Nichts. — Der Accusativ ohue Praepositiou heisst fast
durchaus nur nihil^ höchst selten nihilum, welche letztere Form mehr
bei den Praep. ad oder in Statt findet; z. B. in nihilum occidere, in
Nichts zerfallen ; ad nihilum ve?iire, zu N^ichts tverden, wiewohl auch
da 7iihil gebraucht wird, z. B. Cic. Att. IV, 16, 12 ad nihil recidere. —
Richtig ist nihil esse von einer Person , Nichts sein, Nichts gelten ;
nihil est , er ist , gilt, bedeutet Nichts, wie aliquid esse, Etwas sein.
Vgl. Aliqiiid und Matthiae Cic. Dejot. 8, 24. — Wenn dazu tritt gegen
einen Andern, im Vergleich mit einem Anderii., so heisst dies ad, ali-
quem ; z. B. er ist Nichts gegen den Persius , nihil est ad Persiiim.
Ferner heisst es ist Nichts in Rücksicht auf Einen, ?iihil est de aliquo ;
z. B. de Dio7tysio nihil esse puto (Cic. Farn, XII, 20). — N. und 1). L.
ist: hoc nihil est pro nohis, pro nostra aetate, das ist Nichts für uns,
für unser Alter ; dafür sagt man hoc alienum est nohis, nostrae aetati
(Cic. Att. XIV, 13, 2). — Endlich, wiewohl man mit dem Genitiv sagt:
fiihili esse, Nichts iverth sein ; nihili aestimare , facere, pendere, sagt
man doch wohl nie alique?no(\ev aliquid nihili putare, für Nichts ach-
ten, sondern entweder /jro nihilo putare oder schlechtweg im Accus.
nihil putare ; z. B. Cic. Sest. 53, 114 bonorum Judicium nihil p utabat.
Nil, alte, kurze Form für nihil, ist in der bessern Prosa weniger
im Gebrauche, als man glaubt, während es im N. L. häufig vorkommt.
Bei Cicero wenigstens steht es meistens unsicher, wie d enn pro Plane. 33
jetzt nihil für m7 gesetzt ist; ebenso Cato 17 und wohl noch ander-
wärts. Man wende es daher nur selten in kurzer Rede au.
Nimie, zu viel, zu sehr, ist Sp. L. für nimis oder 7iiniiu?n.
Nimietas, das Uebermaass, der Ueberßuss, ist ebenfalls Sp. L. für
satietas, abunda7itia, 7iimia copia u. a.
Nimirum wird im N. L. auch bisweilen in der Bedeut. nämlich,
wie 7iempe und scilicet, bei näherer Angabe einzelner Gegenstände ge-
braucht; doch findet sich dazu nirgends ein Beispiel. Man sage also
nicht: quinque tantum fiierunt Codices, nimirum quatuor Florentini et
unus Perusinus. Vgl. A^em;je. — Ueber die von diesem Gebrauche ganz ver-
schiedene Bedeutung des Wortes vgl. die Lexica, Weber's üebungssch.
p.514. Klotz Cic. Tusc. p. 69 und Zumpt Cic. Off. p. 153.
Nimis, zu sehr, allzu, steht nur zur Verstärkung der Posittve7i,
nicht der Comparativen, ja es wird sogar oft bei denjenigen Adjecti-
ven, welche relative Begriffe haben, hinzugedacht und ausgelassen,
z. B. bei serus, zu spät (sero) ; 7)iultus, allzuviel ; lo7igus, zu loeitläußg ;
ang?/stus, zu eng ; maturus , zu reif, bei w eichen es oft unnöthig ist,
nimis hinzuzusetzen, indem z. B. es wäre zutveitläußg gewöhnlich blos
heisst longwn est, nicht nimis longU7n est. Falsch aber ist nimis lon-
gior, allzu lang, für 7iimis lo7igus oder blos lo7igior, — und so bei an-
dern Comparativen, zu denen wohl 7iimio, aber nicht w?m/s treten kann.
Falsch ist auch ni/nis mit einem Positiv bei darauf folgendem y?/flrm
«/, wenn z. B. Burmann (z. Petron. p, 327) sagt: notus 7iimis satis est
mos, quam utn me illustrari debeat, für notior est iste mos, quam ut
oder notus satis est iste mos, 7it 7i07i debeat a 77ie ill. — Und so sage
man denn aucli nicht 7ii7nis bene, quam ut — , zu gut, als dass — , für
527
melius quam ut — . In der Redensart ad vivum resecare, Etwas
allzu scharf, alhu genau nehmen, wird aber nicht, wie es Muret.
(Oper. T. I, p. 331) gellian hat, noch nimis hinzug'esetzt, weil der Be-
grilF s?/ mW schon in der Redensart h'egt; vgl. darüber Vivus ; anch
Frotscher (zu Muret.), welcher das überflüssige ?iimis tadelt.
Nhnius. — P. L. ist itimium bei einem Adject. oder Adverb, für
nimis, und ebenfalls P.L. das wiederholte nimium — nimium nimiuni-
que für das einfache nimium.
Nisi, wenn nicht, werde, was im N.L. nicht immer geschieht, nicht
mit sinon verwechselt. ^^\. über den Unterschied beider die Gram-
matiken; Anleit. §. 601 und Reisig's Vorles. p. 456 u. fgg. — CJebrigens
bedeutet nisi blos wenn nicht ; wenn aber bestimmt und hervorhebend
gesagt wird : ausser, ausgenommen ipenn — , es sei denn dass — , sagt
man gewöhnlicli nisi si. — Man braucht aber im N. L. nisi sehr oft
falsch in der Bedeut. wo nicht, wenn sein beigesetztes Wort im Gegen-
salze zu einem andern steht, welches mit certe oder ai folgt, wo der
lateinische Sprachgebrauch sinon oder si 7ninus fordert; so z, B. oft
Wyttenhach, Bergmann, Mahne U.A.; z. B. ille haec nisi rejecit, certe
neglexit; haec prima nisi apud Batavos, certe apud Germanos parata
sunt; wjs/ om'nia, at quam plurima; w/s/ amatores, certe scriptores;
nisi paucorum intelligentium, certe multorum popularium opinio ; mihi
nisi invito, tamen insperanti — , wo überall si non gesagt werden
musste. — Obgleich ?fisi nach nihil, quis u. a. als bedeutet, so ist es
doch falsch, wenn es nach einem mit jenen Wörtern verbundenen
Comparativ gesetzt wird, da als nur zum Comparativ, aber nicht zu
jenen Wörtern gehört; hier muss also quam stehen. Falsch ist da-
her: nihil est pulchrius, nisi (für quam) virtus; quis est subtilior, nisi
(für quam) Aristoteles ? Vgl. Klotz Sintenis p. 163. — Die Partikel
nisi forte, ivenn nicht vielleicht, es müsste denn ettva, mit dem Imperf.
Conjunct. ist nach einem Satze im Praesens unlateinisch, denn es muss
in solchen Fällen das Praesens Indic. stehen. Falsch ist daher (was
irgendwo steht) : rfe<nVrte«if?/m apte de cibis poni potest, ?iisi forte
aptius et commodins esset (für est) scribere retrimentum. — Ueber
die Stellung der Wörter no?i oder nullus nisi vgl. unter A'bw, und über
nisi erro, wenn oder wo ich nicht irre, vgl. Erro.
Nisus von der Rede gebraucht, in der Bedeut. Schwung, Flug,
Erhebung, ist ohne Auctorität; man sagt dafür elatio (nach Cic. Brut.
57) oder (wie Cic. ebendas. sagt) oratio quasi esaggerata altius. Auch
gebraucht man es nicht vom Geiste, für impetus ingenii(\n Plinins Ej).)
Niti wird in derBedeut. sich auf Etwas stützen in eigentlichem, natür-
lichem Sinne fast nur mit dem blossen Abi. verbunden, aliqua re, z. B.
baculo, hastili, sehr selten mit ifi; aber in bildlichem Sinne gleich gut
aliqua re und ^V^ aliqua re ; in der Bedeut. ??ach Etwas streben, trach-
ten mit ad aliquid. Vgl. Weber's üebungssch. p. 169.
Niveus ist nur P. L., mag es nun sch?ieeig oder schneeweiss be-
deuten; Kl. sagt man dafür nivalis, w/t)OSMSund in der letztern Bedeut.
ca7ididus.
Nix, oder im Plur. nives, mit dem Genit. capitis verbunden, wird
nur P. L. von den schueeweissefi Haaren gebraucht, iür cani(capilli) ;
sogar Quintil. (VIII, 6, 17) sagt von diesem Bilde: translatio est dura y
id est, a longinqua simililudine ducta.
528
N^oh'lis betleutete hei den Alten nur edel (adelig) von Geburt, be-
rühmt, ausgezeic/wei, entspricht aber nie dem Worte edel in morali-
schem Sinne; dafür sagte man bo?ms , probus, honeslus, gejierosus,
liberalis, ingenuus (Cic. Tusc. V, 25, 72 maxime ingemia delectatio,
das edelste Vergnügen). Der Hall. Rec. (C. G. Jacob) bemerkt auch
(da in der vorigen Ausgabe honeslus fehlte), die Römer hätten durch
honestus sowohl in politischem als in philosophischem Sinne das mo-
ralisch Edle, das Gefühl für Ehre und Tugend ausgedrückt. — Man
übersetze daher auch nicht edler Stolz durch nobilis superbia, son-
dern etwa durch generosus Spiritus oder libera contumacia, was Cic.
(Tusc. I, 29, 71) dem Socrates vor seinen Richtern beilegt. — Ebenso
verhält es sicli auch mit nobilitas., worin nicht Adel der Seele liegt,
wuCl m\i Tiobilitare., was nicht adeln in moralischem Sinne bedeutet;
man sagt dafür dignitatem afferre, generosmn oder htwiatium r edder e
(facere), ad hmnanitatem perducere und ähnliche. Bei Pflanzen, wo
wir veredeln sagen, brauche man mitigare.
Nocere, schaden, wird überall nur mit dem Dativ verbunden, und
steht daher bei allen Bessern im Passiv nur impersonal mit einem
Dativ, z. B. mihi nocetur. Gleichwohl muss im Gein. L. das Passiv auch
personal gebraucht worden sein, denn so braucht es N. Kl. Vitruv.
und ausser ihm Spätere, was durchaus verwerflich ist.
Noctambulus, der Nachtwandler, istiV. L. ; doch verwerfen es die
gelehrten Aerzte in ärztlichem Sinne und wollen lieber somnambulus
setzen, welches freilich auch neu, aber dem Sinne nach besser ist.
Bei den Alten findet sich dafür kein Wort.
Noctescere, Nacht werde?i, kommt nur einmal bei einem A. L.
Dichter vor, w elchem es Muret. einigemal nachgebraucht hat , für
advesperascere oder durch ?iox obducitur, offunditur, ingruit, tetiebrae
i7tgruunt oder oboriuntur.
Noctu, Nachts, ist selten, aber jS7. und gut neben ?iocte. Vgl. dar-
über Diu.
Noctuabundus, bei Nacht, gleich tiocte oder noctu, ist, wiewohl es
nur einmal, und zwar bei Ci( ero, vorkommt, nicht zu verwerfen.
Nocuus, schädlich, ist jetzt nur P. und Sp. L. iür perfiiciosus , in-
utilis, infestus, und das N. Kl. noxius.
*Es stand auch früher in einigen guten alten Ausgaben von Cic. Leg. III,
3, 6 nee obdientem et nocimm civem , woher es die altern Neulateincr in ihre
Rede aufgenommen haben; jetzt aber stellt mehr den Handschr. gemäss et noxiutn,
Nodus, der Knoten. Die alte, nur bei Plautus und Terenz vorkom-
mende Redensart nodum in scirpo quaerere, Schwierigkeit finden,
wo keine ist, werde nur mit dem Zusätze ut ajunt angewandt. Vei'-
kehrten Gebrauch hat davon GÖrenz einmal gemacht, wovon unter
Nectere die Rede war.
Nolle. Das heutzutage übliche nolens volens, was ausser vielen An-
dern Terpstra (Antiquitas Homer, p. 109) braucht: uhi vero nolens
volefis uxor — , kommt nirgends bei einem Alten vor, und ist N. L. für
coactus, invitus oder velim , ?iolim ; vellem, ?iollem (abgeändert nach
den Personen), oder wie bei Livius seti velim, seu nolim. Ueberhaupt
kommt wohl nolens nirgends Kl. vor, wenigstens nicht bei Cicero und
Caesar, und werde daher vermieden.
529
Nomen, der Name, wird auch bei den Alten in der Bedeut. Ruf,
ÄMÄm gebraucht , aber nur in gutem Sinne, der gute Ruf , ohne den
Zusatz bonum ; also nicht bonum nometi, ein guter Name , gtiter Ruf,
sondern nur nomen oder existimatio, bona existimatio (Cic. luv. II, 52,
15>7),famu, bona fama ; nirgends findet sich daher auch malum no-
men und ähnliche. — Nur Grössen- Adjectiven, wie magnum, quan-
tum, tantum, nonnuUum, und negativ nuUum, können dazutreten. —
Einen Namen führen heisst nicht nomen gerere^ sondern 710m. habere
oder ferre, und von einem Buche sagt man gewöhnlich inscribitur
oder inscriptus est, es führt den Namen, hat den Titel. — In der Re-
densart nomen mihi est tritt nur selten der bestimmte Name im Ge-
nitiv dazu, häufiger im Nominativ oder Dativ. — Unser wie heissest
du, wie ist dein Name? wird gewöhnlich durch qtiod tibi est nomen?
quivocaris? nicht durch quod tuiim est nomen? ausgedrückt. — In
oAgy unter mei7iem Namen Etwas schreiben , melden, grüssen heisst
nicht in oder sab meo nomine, sondern blos meo nomine, und bei nun-
tiare, denuntiare und salutare auch meis verbis ; z. B. im Namen des
Senats, senatus verbis (Liv. IX, 36, 14) ; im N. des Dictators , dicta-
toris verbis (ib.XXII, 58, 9), — beides meistens mit vor-., nicht nach-
gesetztera meus oder dem Genitiv desjenigen, in dessen Namen Etwas
geschieht, selten in umgekehrter Ordnung, wie bei Cic. (Q. fr. I,
3, 4) : verbis meis nuntiare. üebrigens verwarf Brerai (zu Corn. N.
Them.) fast alicui nuntiare meo nomine., und billigte nur meis verbis,
ohne zu beachten, dass Cic. (Att. I, 16, 16; III, 8, 2) tiio nomine und
(Fam. XIII, 21, 2) suo nomine u. a. m. sagt. Vgl. die Lexica. — Eben-
so sagte man accipere pecuniam alicnjus nomine , Geld auf Jeman-
des Namen atifnehmen, z. B. Cic. (Q. fr. I, 3, 7) : acceptam ex aerario
pecuniam tuo nomine (auf deinen Namen). — Dagegen ist nomen un-
lateinisch von einem Buche in der Bedeut. Titel; z. B. libellus scri-
ptus est confutationis nomine, unter dem Namen, d. h. Titel einer Wi-
derlegung, was umschrieben werden muss. Vgl. Titulus. — Im Na-
men des Staates heisst nicht nomine rei publicae., sondern rei publicae
causa oder blos publice. — Einen Namen von Etivas erhalten heisst
nicht nomen accipere, sondern nominari, nomen capere, ducere, repe-
rire, invenire ex aliquo, ex allqua re, selten ab aliquo, ab aliqtia re ; z.B.
sie haben ihren Namen nicht vo?i dem Namen einer Kunst , sondern
eitles Folkes erhalten, non ex artis , sed ex gentis vocabulo nominati
sunt (Cic. Divin. I, 1, 2).
Nominare , nennen, benennen; — Einen von Etwas, wie vorhin
schon erwähnt, meistens ex aliqua re, selten ab aliqua re. Das Ver-
bum wird meistens da gel)raucht, wo es einen Namen von Etwas er-
halten bedeutet, wie in der vorhin angeführten Stelle bei Cic. (Divin.
I, 1, 2) und ebenso Rep. II, 7 urbemRomulus e suo nomine Romam
jussit nominari. Ist dies nicht der Fall, so wird appellare , dicere,
vocare gebraucht. Vgl. auch Weber's Uebungssch. p. 71. — Man ver-
meide die Sp. L. Verbindung des Partie, nominatus mit den Wörtern
ante, post, supra, infra, sie, ita für unsre deutschen Ausdrücke vor-
her, nachher, oben, unten, so genannt. Im N. L. kommt dies nur zu
häufig vor, statt der relativen Umschreibung quem, quam, quod ante
nominavi, dixi u. a.; und ebenso nominatus allein in der Bedeut. der
Genannte., für is, quem nominavi. Vgl. Th. I,§. 147 und Anleit. §. 590.
34
530
Nominaitviis ist als Benenming des ersten Casus declinirbarer
\Vöi(er Kl. und findet sich sclion bei Varro, der ihn auch casus re-
ctus nennt.
Nomotheta, der Gesetzgeher, hat kein alter Schriftsteller aus dem-
Griech. genommen, da es nebenden, den Begriff bezeichnenden, latein.
Wörtern unnützer Prunk gewesen wäre. Vgl. Les.
Non, nicht. Dieses Wort wird im N. L. oft falsch gestellt, da das
Deutsche nicht selten verführt; z. B. qui non operam dat, für non
dat ; mensis non accurate significari potest, für no)i potest ; hoc non
verum esse potest, oder: hoc verum 7ion esse potest, für ?iOfi potest;
id uo?i animal esse potest, für no?i potest; opinionis est, wow raalum
naturae, für nofi naturae malum, oder: opin. est malum, non naturae;
te ?ion profectojactare audehis,{ür tionaudebis., — und so viele andere.
Vgl. darüber mehr in jeder Grammatik, auch Anleit. §. 526. — Man
merke hierbei nach Hand (Lehrb. p. 318) den Unterschied zwischen
7ionßen' potest und ßert non potest ; jenes bedeutet es kann sein, ist
möglich, dass es nicht geschehe, und wird selten gesagt ; dieses aber
es kann nicht sein, ist nicht möglich oder unmöglich, dass es geschehe;
dafür sagen wir meistens ganz kurz : dieses ist unmöglich. Daher
heisst es war nicht anders möglich entweder aliter fieri non potuit
oder ßeri non potuit aliter (Cic. Att. VI, 6, 3), aber nicht non aliter
fieri potuit ; und dauerhafte Freundschaften können nicht anders be-
stehen, aliter amicitiae stabiles permanere non possunt (Cic. Lael. 20,
74), nicht non aliter possunt. — Schon Quintilian. (I, 5, 50) hält den
Gebrauch des Wortes non zur Bezeichnung eines Verbotes, statt we,
für einen Sprachfehler; er sagt: qui dicit pro illo ne feceris,
non feceris, in idem (soloecismi) incidit vitiura, quia alterum (non)
negandi est, alterum (7ie) vetandi. Hiernach war es Sprachgesetz,
jion nur bei Verneinungen, ne aber bei Verboten zu brauchen,
und darnach verlangt denn der Imperativund sein Stellvertreter, der
Conjunctiv, die Partikel «e, nicht non, was für unser Schreiben Richt-
schnur bleibe, mögen auch selbst bisweilen die Alten non für ne ge-
braucht haben, wovon das Nöthige gesammelt steht in Reisig's Vories.
p. 588. — Im N. L. findet man dieses Gesetz oft übertreten; neulich
las ich z. B, irgendwo : ergo non Interpreter is (erkläre nicht) a^jiniog
optimus, sedfortissimus, für ergo ne interpreteris agiaTOv Optimum, sed
fortissimmn, wo auch das Verbum den Accus, verlangt. — Aus Frü-
hern finden sich Stellen bei Sciopp. de stylo p.ll2, und wennMuret.
(Oper, T. I, p. 388) in Form eines Verbotes sagt: no?i legantur epi-
stolae Pllnii, für ne leg., so tadeln ihn Hand (Lehrb. p. 177 u. 232)
und Matthiae (zu jener Stelle) , obgleich Frotscher ihn vertheidigt.
Wir halten uns billig an das Sprachgesetz und nehmen nicht seltene
Abweichungen zur Richtschnur. — Unser Nein ! mit einem folgenden
verneinenden Satze heisst nicht non mit einer folgenden zweiten Ver-
neinung, sondern non steht nur eirmial; z. B. Nein! so ist es nicht, ihr
Richter : nein ! wahrlich flicht , 720// est ita, judices ! non est profecto
(Cic. Flacc. 22, 53), nicht aber no?i jedesmal wiederholt; nein! das
werde ich nicht thun ! heisst blos non faciam (Matius Cic. Fam. XI,
28, 5), nicht mit doppeltem non — und so überall, wo wir das ver-
stärkende/ie««/ vorsetzen. — Auch das deutsche verbessernde neitt!
vielmehr wird blos d\irc\\ potius oder vel(sive) potius, nicht aber durch.
531
non pofi'us ühersetzt; z. B. was sage ich, ihr werdet gehalten, neini
vielmehr wir (werden geh?), quid dico, jiidicamini? judicamur pofius
(Cic. Fam. II, 3, 1). — Davon ist verschieden, wenn rhetorisch bald
nach einander non wiederholt wird ; z. B. non fuit igitnr iilud Judi-
cium judicii siraile, judices, non fuit (Cic. Cluent. 35, 96):nonest, non
est in hoc homine peccandi locus (Cic. Verr. I, 4, 10) ; non illa prae-
sidia, quae — — etsi — Jion afFerunt tarnen oratori (Cic. Miion. 1,
2), wo das zweite wo/z wegen der Zwischensätze kraftvoll wiederholt
ist. Und so werden nemo und ?iihil rhetorisch bisweilen verdoppelt
gesetzt, jedoch so, dass meistens zu dem zweiten das Verbum in-
quam tritt.
No7i adhuc oder adhuc non, noch nicht, verwerfen Einige als nicht
gut lateinisch, aber es ist eben so Kl. und gut wie nondum.
Non admodu7n, nicht sehr ; vgl. Non valde und Magnopere.
Non autem, non vero und wohl gar ?iec vero, blos im Gegensatze zu
etwas soeben bejahend Ausgesprochenem , ist gegen allen bessern
Gebrauch ; davon war schon unter Nee die Rede. Vgl. auch Anleit.
§. 581 und unten bei Vero.
Nondum mit vorausgesetztem et — et nondum , und noch nicht,
steht selten für 7iecdum oder nequedum. Unser noch nicht einmal, in
der Bedeut. kaum noch, heisst visdum ; z. B. ich hatte noch nicht ein-
mal deinen Brief gelesen, als — , visdum epistolam tuam legeram,
cum — . In einem folgenden Satze mit noch nicht wird wohl nondum
nicht wiederholt, sondern nur no7i gesetzt, wie bei nonne.
Non modo, nicht nur, wird in der Bedeut. ?iicht nur nicht bei fol-
gendem sed etiam fast allgemein verworfen für das vollständige non
modo non. Sonach ist Wyttenbach zu tadeln, wenn er (Opusc. T. I,
p. 187) schreibt: Ille vero 7ion modo intermisit, sed auxit etiam quo-
tidie — , für 7ion modo non — , er unterliess es aber nicht nur nicht.
Anders ist es aber in Sätzen , wo sed ne — qiiidem, aber nicht einmal,
aber auch nicht, oder sed vis, aber kaum, folgt. Aber auch solche Sätze
sind verschiedenartig, indem auch da bisweilen non modo non erfor-
derlich, non 7nodo aber, ohne das zweite non, falsch zu sein scheint.
Vgl. darüber Schirlitz Unterhalt, p. 164. Anleit. §. 593. Reisig's Vorl.
p. 436 u. A. , wie jetzt auch noch Ellendt z. Cic. Orat. T. II, p. 78. —
Falsch ist z. B. wohl: haec lectio non modo bene se habet, sed ne de-
fendi quidem potest, wo gewiss richtiger ist non tnodo non se bene
habet, weil beide Sätze ihre eigenen Verba haben, welche beide mit
Ver7ieinung gedacht werden sollen.
Nonne steht nicht nur in gerader, sondern auch in ungerader
Frage; das Letztere läugneten Ernesti (zu Cicero) und Reisig (Vorl.
p. 470) ; aber Hase hat den Letztern durch mehrere Stellen aus
Cicero widerlegt. Es bedeutet dann ob nicht., z. B. Cic. Tusc. V, 12, 34
Socrates, cum esset ex eo quaesitum , Archelaum — nonne beatum
putaret (ob er nicht — hielte). \^\. auch Scheller's Lex. unter Nonne.
— Wenn sich an eine erste Frage mit nonne andere ähnliche anreihen,
so folgen sie meistens mit dem kurzen non, nur selten mit n07ine.
Non nemo verwechsele man nicht mit wemo wow ; jenes bedeutet
Mancher, Jema7id., dieses aber Jeder, ^lle. Ebenso ist
Non nihil. Etwas, verschieden von nihil non, Jedes, Alles. Es wird
aber non nihil nicht zur Verstärkung eines Comparativs gebraucht ;
34*
532
dafür pattlo. Falscli ist: hie locus est nonnihil (etwas) difficilior, für
pa?ilo diff.
]Vo7i nisi, eigentlich nicht wenn nicht , nicht ausser, kann im Deut-
schen durch nur übersetzt werden, und eben dadurch, dass dabei eine
Bedingung gedacht wird, ohne deren Erfüllung Etwas nicht ist oder
geschieht, unterscheidet es sich von sohnn und tantum. Es kann daher
bei Zahlen nicht angewandt werden; z. B. nur zehn Zuhörer sind da
heisst weder: adsunt tion nisi decem auditores, noch auch non adsunt
nisi deceni aud., sondern tantum decem — . Wo es aber passend ist,
wird es Kl. fast immer (selten anders, wie Cic. Verr. I, 39, 98 lega-
tionis, non nisi condemnato eo — ) getrennt, wie ne — quidem, so dass
non mit dem Verbo des Satzes dem 7iisi mit seinen Worten entweder
vorangeht oder folgt; z. B. du hast dich nur nach vollbrachter Sache
meinetivegen beruhigt, tu, nisi perfecta re, de nie non conquiesti, nicht tu
non nisi — ; nur in de?i Comitien koniite über das Leben ei?ies Bürgers
geurt heilt werden, non licuit de capite civis, nisi comitiis, judicari, nicht
de cap. civis non 7iisi cotnitiis lic. judic. ; wahrhaftig du hast nur, was
war, geschrieben , tu, nisi quod erat , profecto non scripsisti (Cic. Att.
111, 15, 3), nicht tu non fiisi quod erat, prof. scr. ; nur dem Weisen ge-
fällt das Seine, nisi sapienti sua non placent; ebenso werden auch fiec
?iisi getrennt. — N. Kl. aber findet es sich nicht immer in dieser Stellung,
selbst bei den Bessern, z. B. Plin. (Ep. VI, 6,4): multi non nisi
viventes reverentur, was man nicht nachahme. Vgl. Zumpt's Gramm.
§. 796. Klotz Sintenis p. 165, zu Cic. Lael. 8, 27 und zu Tusc. p. 173.
iVoww?//// bedeutet zwar Einige ; aber nonnulli pauci, einige Wenige^
ist J). L. für pauci allein.
Nonnullibi, einigemal., ist iV. L. für aliquoties, nonnumquam.
Non posse non ; vgl. Posse.
Non mit folg. qt/oque, auch ?iicht; vgl. Etiam non.
Non scire schien schon zu Cicero's Zeit barbarisch (barbarura),
lieblicher (dulcius) nescire (Cic. Orat. 47, 157).
Non unus, nicht ein Einziger, \&t ungewöhnlich inx ne tinus quidem,
nemo unus und bei Sachen nullus unus. Vgl. Horat. Tursell. p. 513.
Non valde, nicht sehr, wie non admodum in derselben Bedeut., bei
Adjectiven und Verben, verwerfen Einige als sprachwidrig, für non
ita; aber beide sind eben so gut und Kl., indem valde und admodum
das Adject. verstärken, was non ita nicht thnt.
Nonagesies, neunzigmal, ist A^. L. falsche Form für nonagies.
Nonies, ?ieunmal, ist fehlerhafte Form für novies.
Nojiingetiti , neunhundert , kommt einigemal wohl als fehlerhafte
Lesart für nonge7iti vor.
Notms decimus, der neunzehnte, kommt N. Kl. bei Tacitus vor, für
undevicesimus, — und so in allen folgenden, z. B. nonus vicesimus für
U7idetricesimus u. s. w.
Norma, das Richtscheit, die Vorschrift, ist fast nur im Sing, üblich,
80 dass es keine nor7tiae loquendi, Vorschriften zu reden, gibt, sondern
nur eine 7iorma loq?ie7idi. Nur in Verbindung mit den Pluralgenitiven
libratio7ium et li7iear?imsagt\itruv. (Praef. 1. 1.) tiormarum. — Das AdJ.
normalis kommt selten, aber N. Kl. bei Quintilian und nur in seiner
eigentlichen Kunstbedeutung vor, dem Wi7ikelmaasse gemäss, nie bild-
lich im Allgemeinen in der Bedeut. vorschriftsmässig, gleich legitimus,
533
wie es denn wohl in dieser Bedeut. neben diesem nicht zu verwerfen
ist, wenn man nicht ad normam directus sagen will; aucli kann man
es durch ad normam dirigere umschreiben.
Nos , wir , brauchen die Alten oft für ego , zumal wenn sie Etwas
theilnehmend ausdrücken wollen, und so dürfen auch wir es brauchen;
aber lächerlich ist theils der zu häufige Gebrauch, theils es für ego
zu setzen, wenn noch eine andere Person im Singul. damit in Verbin-
dung steht; z. B. ich tind mein Bruder, nos et f rater mens, wo es durch-
aus ego heissen muss. Auch missbraucht man sehr häufig wos, tvir, und
noster, utiser, Jeder von seiner Nation; 7ios sagen die Deutschen in
ihrem Latein für Germani, und noster für Germanicus ; die Franzosen
nos für Galli, und noster für Galliens — und so die Uebrigen, da docli,
wer Lateinisch schreibt, für einen Lateiner gehalten sein will. Da nun
das Vaterland eines jeden Schreibenden niclit Allen bekannt ist, so
wird jenes nos und noster oft dunkel und unverständlich sein. Der
Deutsche sage daher für: quod nos dicimus — quod Germani dxcwwt',
für: in nostro sermone — in Germanico serm., und so Jeder nach sei-
nem wahren Vaterlande, woran er dabei denkt. Die Lateiner denken
bei 710S nur an' Latini, Romam\ und bei 7toster nur an Latinus, Roma-
nus. — Ueber noster vgl. noch Einiges unter diesem Worte.
Noscere , hennen lernen; vgl. Novisse. Das von noscere abgeleitete
noscitare findet sich zwar erst bei Livius und nachher N. Ä7., ist aber
nicht zu verwerfen. Für beide kommen öfter agiioscere und cogfio-
scere vor.
Noster. Obgleich nur pater noster (unser Vater), amor vester (eure
Liebe) gesagt wurde, so sagte man doch bei dem Zasatze omnium
(Aller) theils pater ?ioster omnium, unser Aller Fater, theils pater
nostrmn ornnium; und so auch amor vester oder vestrum omnium, euer
Aller Liebe, und die letzte Art zu reden mag in der bessern Prosa die
gewöhnliche gewesen sein. Unser Aller Vaterland heisst demnach
patria nostrum omnium oder omnium ?iostrum. Vgl. darüber Th. I,
§. 97. — Ferner wird noster bei den Alten Jeder genannt, der uns
angehört, unser Freund, unser Landsmann ist, zu unsrer Partei gehört,
und in wissenschaftlichen Dingen der, welchem wir anhängen und zu
folgen pflegen, wie bei Cicero Plato noster in der Philosophie, Poly-
bius noster in der Geschichte; aber nie so, wie wir es sehr häufig bei
Erklärung alter und neuer Schriftsteller brauchen; z. B. noster Cicero,
noster Pinto, noster poetn, rioster Virgilius, indem wir den, mit dessen
Erklärung wir uns beschäftigen, wosfr?//« (ufiserti) nennen; — für die-
sen Gebrauch fehlt leider ein Beweis aus einem Alten. — Eben so
wenig sagten die Alten: loctis noster, hie locus ?ioster, hoc verbum no-
strum, was man so oft in Anmerkungen findet; — selbst Noiten sagt
in seinem Antibarbarus oft hoc verbum nostrum. Meistens reicht hie
hin, oder bei Personen blos der Name. — Wiewohl nostra tempora,
nostra memoria, fiostra aetas — die jetzige, gegenwärtige Zeit bedeu-
tet, so sagte man doch nie nostri dies, und N. L. ist also nostris diebus,
in unsei'n Tagen, für his diebus oder, was meistens denselben Sinn
hat, mertior/ö 7wstra. - Wenn gleich //?ß/ore.s //os//«* gesagt wird , so
soll doch 7nore major?im nostro7'um (7iavh Sitte unsrer Vorfahren)
nicht vorkommen, sondern nur more majoruju ohne 7iostrorum. Ganz
gewöhnlich aber sagte man majores nostri und in umgekehrter Ord-
534
nun^, nostri majores, nur dann, wenn sie im Gegensatze der Vorfahren
eines fremden Volkes stehen, wie in Cic. Lael. 5, 18, wo es nostri ma-
jores, nicht majores nostri hei&sen rauss. Vgl. daselbst Klotz in seiner
Aiisgalje.
Nota ist in der Bedeut. erklärende Anmerkung zu irgend einer
Stelle einer Schrift ohne alle Auctorität, weswegen es schon Faccio-
lati (Epist. phil. VII, p. 427 in ed. oratt. Lips. 1751) in dieser Bedeut.
verwirft; dafür annotatio u. a. Vgl. Annotare. — Im iV. L. war es bis-
her sehr gebräuchlich; einen Beweis dazu liefern die editiones cum
notis. — Was nota bei den Alten bedeutete, darüber vgl. die Lexica;
ausserdem Heusing. Emendd. p. 519 und Anm. z. Mureti Oper. T. I,
p. 31Ö. Webers Uebungssch. p. 91 und Hand's Lehrb. p. 144, der es
als ein grammatisches Kunstwort in Schutz nimmt.
Notare ist in der Bedeut. Etwas beachten, die Aufmerksamkeit auf
Etwas richten, N. L. für animum advertere ad aliquid ; ebenso in der
Bedeut. erklärend ajimerken, z. ß. ubi multa notavit Wolfius; man setze
dafür annotare.
Notarius ist bei den Alten ein Geschwindschreiber, der mit Ab-
kürzungen, welche notae hiessen, schreibt; heutzutage ist die Bedeut.
des Wortes eine andere, weswegen es vorsichtig mit einem Zusätze
zu brauchen ist, damit der neue Gebrauch bemerklich werde.
Notescere , bekannt iverden, kommt fast nur P. L., ausser N. Kl,
bei Tacitus vor, für die wenigstens öfter, obgleich auch nur N. Kl.
vorkommenden Formen enotescere und itmotescere; ausserdem brauche
man 7iotumfieri, celebrari.
Nothus , unehelich erzeugt, ist ein in Ermangelung eines latein.
Wortes von den Juristen aus dem Griech. genommenes Wort für non
legititnus ; — Sp. L. wurde dafür auch spurius gesagt. — In der bild-
lichen Bedeut. unächt, erborgt ist es nur P. L.; man vermeide es, es
so zu brauchen und setze dafür non genuinus, alienu8,falsus, adul-
terinus u. a.
Notißcare, bekannt machen, ist vielleicht nur A. L. und kommt aiich
so nur höchst selten vor, für notum alicui aliquid facere , certiorem
aliquem alicujus rei facere, emmciare alicui aliquid, u. dgl.
Notitia ist nur Kenntniss und Bekanntschaft, nicht aber was wir
Notiz nennen ; z. B. historische Notizen, nicht notitiae historicae, son-
dern entweder blos res, etwa mit dem Zusätze historiae veteris, grae-
cae, romanae u. dgl., wie es der jedesmalige Sinn verlangt, oder res
mit einem Verbo, wie indicantur, sigmficantur, oder auch wohl, je
nach dem Sinne, indicium, testimonitim u. a.
Notorius, mag es nun bekannt oder kund thuend bedeuten, ist ganz
Sp, L. für notus, vulgatus , pervulgatus , apertus , mamfestus u. a. —
B. L. ist notorie für aperte, majiifeste.
Notula,die kleine Anmerkung. Der Werth dieses Wortes hängt
von dem Werthe des Wortes nota ab, da es, wie dieses, niigends in
der angegebenen Bedeut. vorkommt, für brevis annotatio oder das
Sp. L. annotatiuncula. Das Wort notula hat Muret. und nach ihm An-
dere in Gebrauch gebracht. Vgl. z. Mureti Oper. T. II, p. 2-32.
Notus hat theils passive, theils active Bedeutung; jene ist die ge-
bräuchlichste, nenilich bekaimt , welchen Andere kennen, aber die
active, der, welcher Andere kennt, ist höchst selten und werde durch-
535
ans vermieden durch gnarus,qui alios novit. — Einen mit sich bekannt
machen heisst aliqueni sibi noium facere, und Einen mit Etwas bekannt
machen , alicui aliquid notumfacerey alicui alicujus rei oder de aliqua
re certum facere ; bekannt mit Etwas heisst nur gnarus alicujus rei,
nie notus.
Not7(s als Subst. , der Südwind, ist nur P. L. und aus dem Griech.
genommen, für Auster.
Novatitiquus ist in der Bedeut. halb ne?i und halb alt N. L. uner-
hörte Zusammensetzung; es muss umschrieben werden, so sehr es sich
oft, zumal auf Titeln, durch seine Kürze empfehlen mag.
Novellus, jung , ist zwar Ä7. und gut; aber novellae als Subst. , in
der Bedeut. Neuigkeiten, Zeitungen , ist N. L. für res novae, commen-
tarii rerum novarum , ephemerides rertim gestarum. Etwas Anderes
ist es in der Bedeut. 7ieue Rechtsverordnungen der spätem Kaiser,
welche unter diesem Namen im Corpus juris vorkommen, und von
Einigen novae constitutiones oder nova conslituta genannt werden.
Novemdecim oder nove?idecim, neunzehn, ist Sp. L. Form, welche
durchaus mit undeviginti vertauschst werde; ebenso alle ähnliche fol-
gende, z. B. neun und zumnzig , undetriginta, nicht novem viginti oder
viginti novem u. s. w. Vgl. Schori Phras. p. 829.
Novennis, neunjährig, ist Sp. L. für novem annorum, novem annos
natus.
Novercari, stiefmi/tterlick handeln, zuwider-, e?itgegen-, feindselig
sein, ist erst Sp. L. für adver sari , infestum, inimicum. esse, und wenn
man vergleichungsweise sprechen will, agere novercae instar oder
more. Lächerlich nannte der jüngere Burmann einen ungünstigen, feind-
seligen Sturm — 7iovercante?ii procellam.
Novihuiium, der Neumond, ist N. L. für nova luna (Cic. Att. X, 5, 1),
tempus intermenstruu7n (Rep. 1, 16. Varr. R. R. 1,37) und N. Kl. inter-
lunium, welches jedoch auch vermieden werde.
Novisse, kennen, ist die bekannte Perfectforra von noscere, kennen
ler?ien, erkefineti. Bei der Bildung der Tempora dieses Verbi werden
in der bessern Prosa die abgekürzten Formen den vollem vorgezogen,
also nosse für novisse ; norim. noro , noram für noverim, novero, nove-
ram. — Sowie man noscere und noscitare aliquem facie oder defacie
sagte, Einen von oder «m Gesichte erkennen, so gebrauchte man auch
novisse oder nosse.
Novissimus in der Bedeut. der Letzte, gleich estremus, kam nach
Varro L. L. VI, p. 236 ed. Speng. (p. 95 ed. 3Iüll.) erst zu seiner Zeit
auf und wurde auch von ihm selbst gebraucht (R. R. I, 2, 11), aber
von Vielen verworfen. Auch Cicero vermied es , wiewohl er es in
einer seiner ersten Reden (pro Rose. Com. 11, 30) gebraucht hatte,
wo er 7iovissimi histriones als Gegensatz von primi (dem Range nach)
sagt. Später brauchte er daliür estre/nus.prosimus oder rece7itissimzis
(Att. VI, 1, 1). Dagegen brauchten es Caesar und viele andere Gleich-
zeitige oft, so dass es lächerlich wäre, es zu vermeiden. Vgl. auch
Anton. Progr. p. 72. — Gleich gut ist auch das Adv. novissime in der
Bedeut. zuletzt, ga7iz vor Ku7zem.
Novitas ist nur was wir sagen die Neuheit von dem, was bisher un-
gesehen und unerhört war, z. B. gratia novitatis, der Reiz der Neuheit,
6B6
nicht aber die Neuigkeit, eine neue Sache, etwas Neues, was wir No-
vität neiiiieii; dafür sage man res ?iova.
Noviter, neu, neulich, ist fast N. L. für nove, nova ratione, und von
der Zeit — nwper.
Novus, neu, lässt keinen Comparativ zu, weil es nach Reisig^ (Vorl.
p.l74) seiner wahren Bedeut. gemäss (das,was nochnichtwar) keiner
Beschränkung durch den Comparativ fähig ist; man sagte desshaib da-
für recentior. Wohl aber wird novissimus gesagt, da es der Letzte be-
deutet. — N. L. sind de novo und a novo, von Neuem, für denuo oder
de (ex) integro. — üeber novus und recens vgl. Weber's Uebungsscli.
p. 71.
Nox, die Nacht. Unser bis in die Nacht hinein heisst in noctem, und
bis in die tiefe, späte Nacht , in oder ad niullam noctem. — P. L. ist
diesque noctesque und noctesque diesque für dies fioctesqtie odernoctes
diesqtie u. a. Gleichviel ist es, ob dies oder nortes voransteht.
Nubere, heirathen, wird durchaus nur von einem Mädchen., welches
einen Mann, nicht von einem Manne, welcher ein Mädchen oder eine Frau
heirathet, gehraucht; man sagt also mir puella, virgo,femina alicui (viro)
nubit, nicht ado/escens,vir alicui (feminae, pueilae,virgini) nubit. Wenn
aberMuret.(zuTacit.Ann.T.IV,p.31.ed.Riihnk.)sagt:quarum;;/-mc//;es
uxoribus suis nnbunt, so will er scherzhaft damit sagen : deren Fürsten
sich ihren Weibern ganz hingeben, sich von ihnen leiten und führen las-
sen, wie in Martial. VIII, 22, 2. — Wiewohl nur gesagt wird alicui
nubere, nicht c?/m aliquo,so wird doch das Partie, nupta, verheirathet,
nicht blos mit dem Dativ. , alictä, sondern gleich gut und Kl. mit cum
aliquo verbunden. — üeber das Siibst. nuptus vgl. Nuptus.
N?ibes kommt bildlich in der Bedeut. Menge zwar bei Livius vor,
aber nur von einer ziehenden, sicli bewegenden Menge, nirgends aber
findet sich das im N. L. oft vorkommende nubes exernplorum, was
schöner als copia oder mullitiido sein soll.
Nubilosus, wolkig, nebelicht, ist Sp. L., und nubilus N. KL und sel-
ten, auch mehr P. für nebulosus, nubibus obductus. Das IVeutr. Plur.
nubila, die Wolken, ist nur P. L. für nubes.
Nucleus , der Kern, wird fast nur von Früchten gebraucht, selten
bildlich von dem, was hart und kräftig ist, und nie, wie wir es brau-
chen, in der Bedeut. Kern von Menschen, Kern seiner Leute, was
meistens in robur liegt.
Nude, nackt, von der Rede, also ohne Schmuck, z. B. nude aliquid
iradere , kommt zwar erst Sp. L. bei Lactanz mit breviter verbunden
vor, ist aber nicht zu verwerfen, wiewohl man dafür simpliciter, non
Ornate, incompte sagen kann, da wenigstens Quintilian. (VIII, 6, 41)
eine nuda et velut incompta oratio erwähnt, und II, 4, 3 sagt: res indi-
care nudas atque inornatas.
Nuditas, die Nacktheit, die Blosse, beruhte bisher auf Quint. X,
2, 23, wo tenuitas aut nuditas bis auf Spaldiiig stand, der aber dafür
aut jucunditas aufnahm; es ist also jetzt ohne alle Auctorität.
Nudius mit tertius verbunden, in der Bedeut. vorgestern, und so
mit den übrigen Zahlen, z. B. quarlus, quintus., ist KL; aber N. L. ist
nudius secundus für heri, gestern.
Nugamentmn, Plur. nugamenta, die Possen, ist Sp. L. und unnöthig
wegen nugae.
537
Nullatenus , keineswegs , \st ganz Sp. L. für 7m'nime, neqjiagf/am,
nulln raliojie. Vgl. Sciopp. de styJo p.87u. Vorst. Jat. mer.susp. p.265.
ISulIibi, nirgendswo, an keinem Orte, ist vielleicht N. L., ohne alte
Anctorität und doch im N. L. nicht selten , z. B. bei Schütz (Aeschyl.
T. 111, p. 7), Garaton. (Cic. Phil. V, 15) , Morell. (in Blomfield's
Aeschyl. Agani. p. VII) u. A., für nusquam, nullo loco.
* Man führt nur \ itruv. \ II, I dafür an, wo in einigen Ausgg. millibique
vorkommt, was aber in den bessern Handschr. u. alten Ausgg. felilt,
Niillificamen und nuUificatio, die Geringschätzung, und nullificarey
gerifigschätzen, sind ganz Sp.L. schlechte Wörter für cow/ew/>i/o oder
contemptus , despicientia u. a. ; coniemnere , despicere u. a. — Das Ver-
bura kommt im N. L. sogar in der Bedeut. zu nichte machen vor; vgl.
darüber unter Annihilare.
Nulliias, die Nichtigkeit, ist N. L. und muss nach dem Zusammen-
hange ausgedrückt werden, besonders durch nuUus ; z. B. du gibst die
Nichtigkeit dieser Dinge zu, has res 7iuUas esse coticedis (Cic. Rose.
Am. 19, 54) — und so ähnliche Umschreibungen.
Nullus, a, um, kein, keiner. Man beachte zuvörderst, dass es keiner
von Mehrern bedeutet, nicht keiner von Zweien oder von Beiden ; dies
heisst neuter. — Dass dagegen gefehlt wird, beweist aus Frühern
Vorst. (latin. mer. susp. p. 268). Wenn aber auch Scheller anführt,
dass Asin. Pollio (Cic. Farn. X,31) nullius partis für neulrius patris
gesagt habe, so irrt er; denn es gab damals mehr als zwei Parteien.
Nach Stürembnrg (zu Cic. de offic.) brauchte Cicero denNom. nullusy
den Dativ nulli \n\A den Accus, nulluni nie ohne ein Substant., sondern
dafür nemo, nemini, neminem, wiewohl Caesar und Andere den Dativ
7??///« neben nemini branchten. Gewiss ist, dass nullus nur A. L. bei
Plautns und Andern steht, für 7iemo; dass nullum als Neutr.,für nihil,
wohl nicht lateinisch, und es daher falsch ist, zu sagen: nullus dubitavit
itn scribere ; eum nullus ndhuc refutavit; hunc locum nullus recte
explicavit, dergleichen im N. L. voi'kommt — für nemo. — Aber bei
Cicero steht auch nie malus homo, nulli homini für nemo homo, nemini
humini, und nur einmal findet sich nullum hominem für ne?uinem homi-
nem , wie er sonst zu sagen pflegt. Richtig ist aber malus (und die
übrigen) in Verbindung mit einem Subst. , z. B. nullus locus, nidlus
nummns , malus civis , nidhis hostis. — Nie sagt auch Cicero und mit
ihm die Bessern ohne Subst. jiullus alius., kein Anderer., für nemo alius
(Cic. Pison. 38, 94) ; nullus wms, kein Einziger, für nemo unus; nul-
lus sapiens für nemo sapiens , w'iew o\\\ mit einem Subst. richtig ist:
nullus civis umis , kein einziger Bürger. — Nullus hat zwar, wenn im
Salze der TheilbegrifF vorherrscht, den Genitiv bei sich, z. B. sena-
torum nullus, keiner unter den Senatoren , wo wir auch kein Senator
sagen können; aber dennochsteht, wenn Wörter, wie mßMs,/«2V/'?Vrtz/s u.a.
zu dem Subst. gehören, kein Genitiv dabei, wo wir ihn setzen; z. B.
keins meiner Worte, nullum meum dictum, nicht meorum dictorum;
kein Wort von mir. auch nicht das kleinste , nullum metim minimum
dictum (Cic. Farn. I, 9,21). Vgl. darüber mehr Th. I, §68, — Endlich
halte man es nicht für elegant, für non oder nequaquam , minime,
gleichsam um es noch mehr zu verstärken, nullus in Beziehung auf das
Subject zu setzen, ohne dass es mit ihm in einer eigenen Verbindung
steht, sondern wo das Verbnm nur negirt werden soll. So liebte
ft38
Graevhis besonders, y??///?/s diibito für non dubüo zu sagen, was Neuere
treulich iiachahmeii. Bei Andern finde icli: hie (hier in diesem Buche)
nulhis exspectabis; malus 'yxvc\ dubito; qui nw//«" ad sunt; cum malus
adhuc essem; mdli pollicemur — und Anderes der Art. Beiden Alten
findet sich kein ähnliches Beispiel, da nullus in den meisten Stellen,
welche man dafür anführt, adjectivischen Sinn hat. Vgl. Hand'sLehrb.
p. 438. Orelli Cic. Tusc. I , '22. Klotz Sintenis p. 109 u. Reisigs Yor-
ks, p. 395.
Nitm oder niimne., in gerader Frage, wird bei allen bessern Schrift-
stellern so gebraucht, dass der Fragende nein! zur Antwort erwartet,
weil er die Frage selbst verneint; z. B. />e?/m ipsum nvm (numne)
vidisti? hast du Gott seihst gesehen? — worauf Jeder, wenn nicht von
einem Traume die Rede ist, nein! antwortet. Daher heisst auch in
einer solchen Frage Jemand nicht «/«'^m/s, sondern quis oder quisquam.
Man beachte den Gebrauch dieser Fragpartikel. — Unbegreiflich ist
es daher, wie Mahne (Crito p. 2-30) die Frage aufwerfen kann: Num
ergo interrogatus quidem respondebis? wo er vermuthlich (nach Cic.
Tusc. 1,8, 17) non oder nonne schreiben wollte. — Die Form num-
nam ist nur A. L. , aber numquii^nam und numquidnam sind auch Kl.
Vgl. noch Anleit. §. 366 u. Klotz Sintenis p. 159.
Numen findet sich in concreter personaler Bedeut. , Gott, bei den
Heiden ein einzelner Gott, eine einzelne Gottheit, wohl vielleicht nir-
gends in besserer Prosa für deus^ mag man auch Adjectiven, wie di-
vinum .^ snmmtim., supremum hinzusetzen. Im N. L. steht es häufig so
ohne hinreichende Äuctorität. Vgl. Raschig Progr. p. 25. Schon Janus
verwirft es in seinem Lexic, und setzt dafür deus. — Was numen be-
deute, darüber vgl. die Lexica.
Numerare, zählen, rechnen unter — wird verbunden mit in und
dem Abi., z. B. iinter die Redner , in oratoribus , selben mit inter; da-
her unter die Güter, in bonis ; unter die Uebel, in tnalis ; unier die mit-
tehnässigen Redner , in mediocribus oratoribus (Cic. Brut. 45). — Als
Etwas rechnen, bei Sachen, wird durch in loco oder parte alicujus rei
ausgedrückt, bei Personen tritt es gleichsam als Apposition oder Prae-
dicat hinzu; z. B. als eine tVohlthat , als Belohnung , in loco oder
parte beneficii (Cic. Fam. II, 6, 1), iri loco mercedis; diese trurden als
die Ersteji gerechnet, h\ principes numerabantur (Cic. Brut. 91, 316);
so auch : hos non numero co?is?ilares, als Consularen (Fam. XII, 2, 3) ;
Stellas singulas numeras deos, als Götter (N. D. III, 16, 40). — Etwa^
gar nicht rechnen heisst aliquid nullo loco numerare.
Numerus, die Zahl. Man merke hier nur, dass, wo wir in Bezug auf
vorhergehende Nummern in einer Schrift (1,2,3 — ) sagen, z. B. unter
oder 6e2 Nummer (Nr.) 1, numerus nicht wohl passt; besser ist dafür
locus; nicht sub oder in prinio numero, sondern primo loco; zu Nr. 2,
ad secunduni locum. Vgl. Webers Uebungssch. p. 335.
Numisma, die Mi'uize, ist fast nur P. und nachher Sp. L. als griech.
Wort für das latein. numus {iiummus).
Numquam, niemals. Ungewöhnlich ist m/mquam aliquis, nie Einer ;
numquam aliquid, nie Ettvas , für numquatn quisquam, numq. quid-
quam (Cic. Tusc. II, 12, 29), oder nemo umquam, und mit einem Subst.
verbunden, nullus umquam (ib. IV, 3, 5), nihil umquam; niemals Einer
639
Etwas, nihil quisquam umquam. Gut ist hodie nwnquam , heute 7iim-
mennehr, heute durchaus nicht.
Nunc, jetzt, nun. Es bezeichnet, streng genommen, was dem Er-
zähler und Schreiber gegenwärtig ist, niclit was für ihn vergangen ist.
Wir brauchen unser jetzt auch für dann oder darauf , die Lateiner
aber in schlichter, einfacher Rede nicht nunc, sondern tum oder et-
was lebhafter jam; z. B. jetzt begab er sich nach Ro7n^ tum oder jam
(nicht nunc) Romam se recepit ; je^s^ (nun) erst fing er an zujauch-
zen, tum (nicht nunc) vero essultare laetitia coepit (Cic. Cluent. 5, 14),-
uji glaublich ist es, was mir für ein Unterschied zu sein schien zun-
schen dem, der er jetzt tvar und dem, der er ein Jahr vorher gewesen
tvar, — inter eum, qui tum (nicht nunc) erat, et qui anno ante fiierat
(Orat. II, 21, 89). Daher steht auch in der oratio obliqua nicht nunc^
sondern tum., nicht etiam nunc oder etiam i tum , noch jetzt , sondern
etiam tum oder tum etiam. Jedoch wie beim Verbo für das Perfectum
zur lebhaften Vergegenwärtigniig des Vergangenen das Praesens steht,
so steht auch, besonders bei Dichtern, nunc für tum., was aber nicht
nachznahmen ist, wie es so oft im iV. L. wegen des falsch gebrauchten
jetzt geschieht. So finde ich z. B.: cur vero non credamus Memnonem
istum jam nunc (für tum) defectionem molitum esse, nach dem Deut-
schen — dass er schon jetzt auf Abfall gesonnen habe. Vgl. auch Ad-
huc und Weber's Uebungssch. p. 118, und zur Vertheidigung des
mmc für tum Anton. Progr. p, 23. — Verdoppelt steht nunc — nunc
in Aufzählungen, in der Bedeut. bald- bald, zuerst bei Livius, jedoch sel-
ten, oft aber bei Dichtern als lebendiger darstellend, für modo-modo.
Doch ahme man es wenig nach; noch weniger aber das N". Kl. nunc
mit folg. mox (bei Vellejus). Beide kommen auch im N. L. oft vor.
— Sp. L. und verwerflich, wiewohl auch nicht selten im N. L., ist
nunc temporis für nunc. Vgl auch Tunc. — Unser nun als Ueber-
gangspartjkel heisst jam., nicht nunc; z. B. 7iun komme ich auf den
Punkt, jam venio ad eam rem. — Endlich ist die Redensart nunc ho-
niines , die Menschen jetzt , die jetzigen M., griechischartig und nur
A. L. für hi homines oder homines, qui ?m?ic su?it.
Nuncupare in der Bedeut. anrede?! , und nu7icupatio , die Anrede.,
sind ohne Auctorität für alloqui, appellare; allocutio, appellatio; bei
den Alten bedeutet nuncupare nur nennen, benennen, ernenrten.
Nuntiare heisst melden, berichten, aber nur mündlich', man kann
also nicht von einem Geschichtschreiber sagen nuntiat , sondern scribit,
tradit , narrat. Vgl. Nuntius. — Selten auch bedeutet es bildlich
durch Erscheinungen verkündigen, wofür mehr denuntiare gebraucht
wird, zumal von Unangenehmem, wie die Bücher Cicero's de Divina-
tione zeigen ; vgl. z. B. I, 34, 75. — Im Passiv, wird es meistens ;;er-
so/?«?/, selten empersowß/ gebraucht ; z. B. man erhielt die Nachricht,
dass die fFasserhole7ide?i gedrängt würden, aquatores (Nomin.) premi
nu7itia7itur (Caes. B. C. I, 73), wiewohl im Perf. auch neutral nuji-
tiattim est m. d. Acc. c. Inf. gesagt wird, z. B. Cic. Farn. XI, 12 erat
nuntiatum fugisse Antonium., für 7iuntiatus erat fug. Antonius, wie bei
Plin. (Ep. III, 7) : nuntiatus est Silius vitara finisse. — Der Ort, wohin
Etwas gemeldet wird, wird fast nur m. d. Accus, bezeichnet, selten
und nicht nachzuahmen mit in u. dem Abi.; man sagt daher in urbem^
nicht i7i urbe ; do7num, nicht dornt; Romam, nicht Romae.
640
Nimtmm ist als Suhst. höchst selten; man führt nur aus Catuil. an
noi'u ninitia; dafür s(e!it sonst nur nimtius ^ was tlieils die Nachricht
Reibst, theils den Boten, der sie bringt, bedeutet. Ntintium werde
nicht gebraucht, wiewohl es der Ciceronianer Biinellus (Ep. 22) ge-,
braucht hat: hoc nuntiwni, für hie nuutius. — Nnntins aber als Person
ist nur ein Bote, der mihidlich berichtet, mündliche Nachricht bringt,
wogegen tabellarius der ist, welcher schriftliche Nachricht bringt.
Man beachte diesen Unterschied und sage nicht, wie der Italiener Sa-
cratus (Epist. III, p. 148): sed nnntius ille litteras tuas mihi non red-
didit, für tabellarius. üebrigens ist gleich gut und Kl. nnntitis affertur,
die Nachricht ivird gebracht, es ivird gemeldet , und nuntiiis nffert mit
und ohne nuntium, wenn nur die Nachricht folgt. Bremi glaubte irrig,
dass Corn. N., wenn er (Milt. 3, 3) sage: nnntii affertmt Üarium premi
a Scythis, nicht Kl. gesprochen habe, indem er nnntii afferuntiir hätte
sagen müssen; aber bei dem activen nuntiiis affert, der Bote bringt,
braucht 7^Mw^/«w, Nachi'icht , nicht zu stehen, da die Nachricht selbst
folgt und afferre alsdann Nachricht bringen, melden bedeutet. Vgl.
Beispiele in den Lexicis; Cicero sagt sogar (Att. VI, 8): Batonins miros
terrores attulit, B. hat uninderbare Schreckensnachrichten gebracht.
Nuper , neulich, vor Kurzem. Ein Comparativ nuperius., den man
sogar im N. L. findet, ist unerhört; aber der Super!, nuperrime, ganz
vor Kurzem., ist zwar selten, aber sogar Kl. bei Cicero.
Nuptiae, die Hochzeit. Sciopp. (Infam, p. 75) und mit ihm Vorst.
(latin. mer. susp. p. 141) verwerfen nuptias agere oder peragere,
eine Hochzeit feiern, für nupt. facere oder celebrare. — Wiewohl das
AfV]. nnptialis mit mehrern Subst. verlnuiden wird, z.B. mit coena,
dies, donum, munus. sacrum, pactio, Carmen, ludi, so findet man doch
nicht lectus nuptialis, das Hochzeitsbett ., sondern lectus gejiialis (Cic.
Cluent. 5, ]4). — Für donum oder niunus nuptiale, das Hochzeitsge-
schenk, kam Sp. L. nuptialitium auf, was zu vermeiden ist.
Nuptus wird als Subst. in der ßedeut. die Ehe bezweifelt. Man
nahm vor Drakenb. (z. Liv. I, 49) Redensarten, wie: filiam nuptui
dare oder collocare, eine Tochter verheirathen, für gut an, aber wo sie
in den altern Ausgaben des Livius und Anderer vorkommen, lesen die
bessern Handschi', miptum als Supinum, wie es anderwärts in unver-
dorbenen Stellen steht, und nur so schreibe man. Auch Buhnken (zu
Muret. Oper. T. III, p. 481) bemerkt bei den Worten virgines nuptui
iradi debent: Imo nuptum, vide Drakenb. ad Liv. I, 49. Im altern N. L.
findet sich aber oft die falsche Form. — lieber nupta alicui und cum
aliquo vgl. Nubere.
Nuspiam, fiirgetids, ist jetzt ohne alle Auctorität für nusquam, in-
dem in der einzigen Stelle, wo es früher stand, bei Gell. V, 4, für in
uua nuspiam littera jetzt aus Handschr. in tuia uspiam — gelesen wird.
Das W^ort kommt leider im N. L. oft vor, sogar bei Ernesti (z. Snet,
Caes. 40). — Aus dem Kl. affirmativen uspiam ist aber Nichts zu
schliessen.
Nutricari (von nutrix , die Amme') , ivie eine Amme pflegen und
?iähre?i, ist A. L. und selten, aber doch von Cic. (N. D. II, 34, 8G) ab-
sichtlich auf die Alles gleich einer Amme pflegende und ernährende
"Welt angewandt, für das gewöhnliche nutrire., worin aber nicht der
Begriff Atnme liegt.
541
Nutricia (Neutr. Plur.), der JmmeTilohn, Pfle^efohn , das Pflege-
geld, war das späte, bei de» Jun\sten bestiramte Wort, aber zur Kl.
Zeit vielleicht nicht gekannt, da Cicero das griech. x^ytTrrj'ot« oder
Tijoqela (Rep. I, 4) durch alimenta zu übersetzen wagte, und, da ihm
das Wort in dieser Bedeut. neu und gewagt schien, noch quasi davor
setzte : nos hac lege patria non genuit aut educavit, ut nulla quasi ali-
menta (keifi Pflegegeld, Kostgeld) exspectaret a nobis. Man gebrauche
entweder jenes nicht ganz verwerfliche ?/z///-/aff (denn das Adj. nutri-
ciiis ist KL), oder alimenta oder das N.Kl. nutrimenta^ was der Dichter
\ aler. Flaccus (VI, 570) in dieser Bedeut. braucht, ^gi. Creuzer zu
Cic. Stelle.
Nutrire, ernähren, warten, pflegen, findet sich erst bei Livius, nir-
gends bei Cicero und Caesar, aber oft bei Celsus, dem altern Plinius
u. A., für das Kl. alere. — Man verwirft aber harham nutrire, den Bart
wachsen lassefi,da nur alere barbam vorkommt.
Nutritio, die Ernährung, Pflege, Aiifziehung , ist A". L.; es werde
durch die Verba alere , nutrire oder educare, oder durch den Plur. ali-
menta,nutrimejita ausgedrückt. Jenes nutritio braucht Schütz (Aeschyl.
Choephor. argum. p. 5): gratias (für gratiani) pro nutritione rela-
turus, für pro eo alendo, nutriendo, educando oder pro ejus alimentis.
Nut/is. Die Redensart aliquem nutu signiflcatiofieque appellare. Ei-
nen durch Wink und Worte nennen, namhaft jnachen, beruht blos auf
Cic. Farn. I, 9, 20, wo die Ausgaben vor Orelli alle so haben ; aber nach
den Handschr. muss nutu und que wegfallen, wie auch Orelli hat
drucken lassen, also blos aliquem sigjiiflcatione appellare , Jeinanden
nur durch Worte andeuten , namhaft machen, ohne ihn beim Namen
zu nennen. Der Ciceronianer Longolius hat aber (Epist. II, 7) die Re-
densart unbedenklich und wörtlich aus seiner alten Ausgabe aufge-
nommen.
Nympha in der allgemeinen Bedeut. junges Frauenzimmer .^^\ir
puelln oder virgo zu brauchen, ist lächerlich; man überlasse es nur
den Dichtern.
O. o.
O alslnterject. tritt selten zum Vocativ und ist in manchen Stellen,
wo es so vorkommt, noch zweifelhaft. Es steht nach Ellendt (z. Cic.
Orat. I, 10, 40. T. II, p. 33) nicht bei der gewöhnlichen Anrede, son-
dern nur wo Verwunderung, Unwille und Schmerz ins Spiel kommt,
und dient mehr zum Ausrufe. Es werde daher nicht falsch gebraucht,
z. B. im Anfange von Briefen als Anrede.
Ob, wegen, bezieht sich meistens auf etwas Geschehenes und Da-
seiendes und enthält die Conjunction quod^ also dessu'ege?i , weil. Vgl.
Causa. Selten wird es mit dem Gerundio oder Gerundivo verbunden,
wie ob judicandum (Cic. Att. I. 17, 8), ob absolvetidum (Verr. II, 32),
ob rem judicandum (ib.), wo in der Form des Verbi die Zukunft liegt,
damit geurtheilt, losgesprochen werde ; die Ursache aber, weil man das
wolle, liegt in ob. Vgl. noch Weber's Uebungssch. p. 204 und Reisigs
Vorles. p. 733. — Nach Klotz (z. Cic. Tusc. p. 87) sagte man fast nicht
eam ob rem, eam ob causam, sondern in natürlicher Stellung ob eam
rem, ob eam causam. Vgl. unter Is am Ende.
542
Ohambulare , auf- und abgehen , spazieren gehen, kommt erst bei
Livius vor, und ist selten für cmibulare. Es wird verbunden mit dem
Dat. in dem Sinne ati, um Etwas, z. B. muris, an den Mauer?i (Liv.
XXXVI, 34), oder mit d. Accusativ in dem Sinne in, durch einen Ort,
z. B. gymnasia, in den Gymn., durch die G. (Suet. Tiber. 11). — An-
derer Meinung sind Brerai (zu Sueton.) und Döderlein (Synon. T. III,
p. 50), welche dort gymnasio vorziehen. Gleicher Ansicht mit diesen
ist Frotsclier, welcher zu Muret's Worten (Oper. T. I, p. 238) : Tenem
cum securi insulam obambulare solitum tradunt, bemerkt: Structura
haec est poetarum propria aliquem locum obambulare, neque dubito,
quin de loco Suetonii vere judicaverit Doederlinus, ex cujus dispu-
tatione apparuerit, hoc loco certe perambulare dicendum fuisse. Aber
ähnliche mit ob zusammengesetzte Verba haben gleichfalls neben dem
Dat. auch den Accus.
Obaudire, gehorchen, ist Sp. L. Form für obedire.
Obauratus, vergoldet, ist Sp. L. für auratus.
Obducere , überzieheji ; — Etwas über oder vor Etwas, aliquid
alicui, z. B. tenebras rebus, fossafn castris.
Obdurare, verhärten, sich verhärten, hat wahrscheinlich keine Per-
fectform ; zum Ersätze dient obdurui von obduresco. Die Form obdu-
ravi fand sich einzig, sonst nirgends vor Davies in den Ausgg. von Cic.
Fin, III, 11, 37 quis tam vehementer obdiiravit, wo aber Davies aus
zwei Handschr. obduruit mit Recht aufgenommen hat; ebenso die
Folgenden, auch Madvig. Und so braucht Cicero auch anderwärts nur
diese Form und zwar ohne alle Variante.
Obedire , gehorchen. — ^. L. sagte man auch mit diesem Verbo
alicui diclo obediens, wofür man KL und N. Kl. nur alicui diclo au-
diens sagte, aber ohne dicto nur alicui obedieris. Vielleicht zur Ver-
stärkung braucht Livius einmal beide Wörter verbunden (V, 3, 8) :
nee plebs nobis dicto audiens atque obediens sit.
Obelare, Etwas verwerfen^ ausstreichen, ist ein N. L. Wort einiger
Kritiker vom Ausstreiche?» einzelner oder mehrerer Wörter, als un-
ächter, für das griech. oßeXi^Hv, welches Cicero in Ermangelung eines
Kunstwortes beibehielt (Fam. IX, 10) ; eigentlich obelum oder atrum
Signum allinere, obelo notare, dem Sinne nach espungere, tollere, con-
fodere, delere.
Obes, der Riegel, hat höchst selten bildlich die Bedeut. Hinder-
niss; dafür sagt man impedi?nentum, und es ist unnöthigzu sagen alicui
obicem ponere, in der Bedeut. Einem hinderlich sein, ei?i Hinderniss in
den Weg legen, da impedire, impedimento esse, impedimentum inferre
dasselbe ausdrücken.
Obfuscare ; vgl. Offuscare.
Objectio ist in der bildlichen Bedeut. Einwurf, Einwand in ge-
lehrten Sachen, was man gegen eine Behauptung einwendet, einwirft,
N. L., bei den Philosophen sehr gebräuchlich und oft so z. B. Schwarz
in Horat. Tursellin. unter At. Es bedeutet nur Forwurf, was man
Einem vorwirft, vorrückt, zum Vorwurfe macht. Ebenso bedeutet ob-
jicere nur im N. L. einwerfen, einwenden, Einwendung machen, da es
doch nur Einem Ettvas vorwerfen , vorrücken , über Etwas Vorwürfe
machen bedeutet. Man sage dafür occurrere, contra dicere, dubitatio,
quod contra dicitur (Cic. Orat. I, 20, 90), nach Dietrich im philoso-
543
phischen Gespräche auch respondere, rogare, interrogare, welche
Wyttenbach (z. Cic. N. D. p. 783 ed. iMoser.) anführe. Eben so falsch
ist aber auch, wie Dietrich richtig^ bemerkt, opponere, was ich früher
auch unter den Ersatzwörtern für objicere angegeben hatte. Daher
ist es falsch, wenn Muret. (Tac. Ann. Oper. T. IV, p. 3) sagt: objicere
fortasse poterat aliquis, vielleicht könnte Einer einwenden, wo sed for-
tasse dixerit qnispiarn hinreicht; ja, es liegt oft diese ganze Wendung
in dem einem Einwände vorangeschickten at , d. h. aber man könnte
sagen, einwenden.
Objectujn als Subst., der Gegenstand, ist erst N. L. Kunstwort in
der Grammatik, wo es sehr häufig für das einfache res, und in der
Philosophie, wo es für res objecto se?tstbus, quod sensibus oder sensu
percipitur oder accipitur u. dgl. gebraucht wird. In grammatischen
Beziehungen liest man oft : hie deest objectum verbi ayeiv u. dgl. —
Ein Gegejistand des Gehörs ist res auribiis objecta^ und so ähnliche.
Objicere, einwende7i\ vgl. unter Objectio.
Obire wird in der Bedeut. zu Etwas gehen , Etwas ühernehmen,
sich einer Sache unterziehen und dergleichen ähnlichen mit dem Accus.
aliquid verbunden, und so sagt man auch bildlich mortem obire in der
Bedeut. sterben, wobei zu merken ist, dass es ausser bei Livius, wel-
cher es ohne Zusatz in dieser Bedeut. braucht, in der bessern Prosa
in dieser Bedeut. immer mortem oder diem supremum oder diemsuum
bei sich hat. An diese Redensarten halte man sich, sage aber nie
morte obire, was auf fehlerhaften Stellen beruht. Auch sagt man mors
obita und mors obeunda.
Obiter war in örtlichem Sinne, unterwegs , auf dem Wege, zu Ci-
cero's Zeiten ein gebräuchliches Wort, aber in der Schriftsprache nicht
gewöhnlich; dafür sagte man in via, in (ex) itinere. Augustus zog
es der Redensart per viam vor, welche Tiberius gebraucht hatte. —
N. Kl. aber wird es in bildlichem Sinne gebraucht, wo wir sagen im
Vorbeigehen, beiläufig, gelegenheitlich, bei Gelegenheit, z. B. Etwas be-
merken, sehen, berühren, und so braucht es der ältere Plinius mehr-
mals. Cicero sagt dafür in einer Rede quasi praeter iens , also nur mit
dem mildernden quasi; in Briefen braucht er die griechischen Aus-
drücke iv TiagödM oder Iv •naQSQyo) ; Quintilian drückt es durch in
transitu aus (11,10,15), und Etwas leise im Vorbeigehen berühren,
aliquid leviter in transitu attingere (VII, 3, 27). Andere sagen praeter-
eundo , was wohl unlateinisch ist; Andere in Iranscursu, was aber
ebenfalls weniger zu empfehlen ist. Derselbe Sinn liegt auch meistens
in den Kl. Wörtern strictim, leviter , minus accurate, cursim, welche
ausser quasi praeteriens und iii transitu am meisten zu brauchen sind.
Oft passt auch per occasionem, occasione oblata. — üebrigens kommt
obiter im N. L. oft vor. Zumpt (Aufgaben p. 281) übersetzt obiter
durch beiläufig , aber leviter und minus accurate durch obenhin; und
allerdings sind diese im Sinne verschieden; nur der Sinn muss in
der Wahl entscheiden. Vgl. noch Reisig's Vorles. p. 204 mit Hase 's
Anmerk.
Oblatio, das A7ierbieten (oder wie man es sonst übersetzen mag),
ist Sp. L. und nur durch das Verbum offerre auszudrücken; soll es
Geschenk heissen, so gebe man es durch donum oder munus ; bis-
weilen liegt derselbe Sinn auch in votum oder promissum.
544
Oblectamen, eine Ergötzlichkeit , was ergötzt, ist nur P. L. für
oblectnmenium, uiitl wo mehr die Handlung gedacht wird , obleclatio.
Oblivium, meistens im Piur., die Vergessenheit,hi P. L. für oblivio.
Hierbei merke man noch, dass oblivioni aliquid tr ädere , Etwas der
Vergessenheit übergeben , nirgends vorkommen soll; dafür obliv. dare,
oblivione exstinguere, delere, obruere u. a.
Oblivisci, vergessen. Man beachte wohl, dass das Verbum ein De-
ponens ist, und dass selbst oblitus als Partie, nur einigeraal bei Dich-
tern in passiver Bedeutung vorkommt. Doch vermeide man diesen
Gebrauch, und sage nicht: hoc sit oblitum, dieses sei vergessen , soll
vergessen sein, für hoc oblivioni sit datum, oblivione exstinctum , de-
letutn, es omni memoria evulsutn, hoc perpetua oblivio deleat u. a.
Obniti, sich eyitgegenstemmen, ividerstreben, ist als Verbum erst N.
Kl. für obsistere, resistere ; vorher, z. B. beiLivius, war nur das Partie.
ob?iisus oder obnixtis, an- und entgegengestemmt, gebräuchlich. Früher
stand es auch in Cic. Milon. 13, 34, wo man aber jetzt für obnitendum
— enitendiim liest. Und so ist auch das Adv. obnixe in der allgemeinen
Bedeut. angestrengt , dringend, recht sehr, ohne den BegriflF des ent-
gegen und zuwider., verdächtig, wie denn mit Reclit zu bezweifeln ist:
obnixe operam dare, rogare, petere, für etiam atque etiam, valde, ve-
hemefiter. Ruhnken (zu Veliej. I, 9) erklärte dergleichen für sprach-
widrig, da in obniti em Widerstreben liege, was zu sich Blühe geben
und bitten nicht passe, und erklärt obfiixe , wo es so vorkomme, für
fehlerhaft statt enixe. Bei Seneca (Ep.35) beruht ob?iixe rogo auf der
Verrauthung des Erasmus, welcher so drucken Hess für valde rogo,
was die Handschr. haben; nur in Ep. 95. p. 57 ed. Schw. steht obnixe
petere ohne bekannte Variante, was jedoch verdächtig l)leibt. — Kurz,
man vermeide obnixe in solchen Verbindungen und brauche dafür eins
der obigen Wörter, Uebrigens erklärten sich schon Janus (im Lex.)
und Prasch (de barbar. p. 30) gegen ob?iixe.
Obolus war zwar bei den Griechen die kleinste Münze, aber doch
noch grösser als unser Heller oder Pfennig, wofür es im N. L. von
jungen Gelehrten gebraucht wird. Viel passender ist dafür teruncius,
numulus., assis ; z. B. keinen Heller (Pfennig) bekommen, ne teruncium,
(numulum, assem) quidem accipere. Auch brauchen die Lateiner obolus
nie so.
Obrepere , schleichen, beschleichen , überschleichen ; — zu Einem,
Eitlen, Etwas wird verbünd , mit d. Dativ, alicui, bildlich mit ad ali-
quid, z. B. ad honores; — ebenso obreptare.
Obscurare, verdunkeln, lässt weder als Oliject seals rückbeziehend
auf einen leblosen Gegenstand zu, noch auch das Object einer Person.
Von leblosen Gegenständen heisst sich verdunkeln — obscurari, nicht
se obscurare , z. B. sol, luna, sidera, wo auch bei den beiden ersten
deficere in dieser Bedeut. gebraucht wird. Auch sagt man nicht: ho-
minem obscurare , o?nnes obsc, einen Menschen , d. h. seinen Namen
und Ruhm verdunkeln, sondern alicujus hominis (omnium) laudem
(laudes), gloriam, famam, nomen., nominis famam obscurare — und
auf ähnliche Weise. Vgl. darüber Zumpt's Gramm. §. 678, Klotz z. Cic.
Tusc. II, 15, 36.
Obsecrare , bitteti, wird, mit oro verbunden, wohl nur als ein stär-
keres Wort demselben wacÄgesetzt, z. B. oro atque obsecro (Cic. Att.
545
X, 2), orare et obsecrare coepit (Cluent. 52, 144); aber mit dem gleich
starken obtestor verbunden, stellt es bald vor , bald nach demselben.
— Uebrigens folgt darauf theils ut oder we, theils der Imperativ, z. B.
oro et obsecro, ignosce oder iit ignoscas.
Obsequeiitia, die Nachgiebigkeit, Willfährigkeit, soll nur einmal
vorkommen, aber bei Caesar (B. G. VII, 29), für das sonst übliche
obseijuium, wiewohl obsequens neben obedie?is nicht selten ist; dagegen
ist das Adj. obseqniosus nur A. L. (bei Plautus) und als veraltet
nicht mehr zu brauchen. Dennoch findet sich im TV. L. in Briefen die
Unterzeichnung obseqiiiosissimus. — Das Subst. obsequium aber be-
deutet in der bessern Prosa nicht Gehorsam, welcher obedientia heisst,
sondern nur Nachgiebigkeit, Wilfführigkeit , der Hang, gerne eines
Jeden Willen zu thun^ Gefälligkeit, Artigkäit.
Observandus findet sich in der adjectivischen Bedeut. achtungs-
tverth, verehrimgswürdig in keinem Lexic. ; es kommt aber, und zwar
in der fast sprachwidrigen Superlativform , bei dem Rhetor Fronto
(Epist. 4 ad Antonin. Pium p. 10 ed. Francof. [p. 8 ed. Berol.]) vor,
welcher sagt : in Cavium Masiinum clarissimum et nobis observandis-
siinum (uns höchst achlungstverthen) vinmi. Da Fronto, wie Gellius,
für die Sprache ohne Auctorität ist, so brauche man das Wort nicht.
— Im N. L. war es aber, auch in jener Superlativforra, schon lange im
Gebrauche, besonders in Dedicationen und Briefen , für maxiine oder
plurimum observa7idus oder cole?idus, summa oder niaxima observantia
oder summo honore dig?ius u. a. — Richtig ist dagegen in activer
Bedeut. observans, hochachtend , achtungsvoll, mit dem Genitiv ver-
bünd en,wovon auch ein Superl., observantissimus. Kl. ist.
Obervantia, was Rl. Hochachtung heisst, hat erstiV'^. Kl. die Bedeut.
Beobachtung, Wahrnehmung, Befolgung, für observatio, was man auch
allein dafür brauche.
Observare ist wohl Etwas geistig und mit den Augen beobachten,
achten, auf Etwas merken, aber N. L. in der Bedeut. Etwas mit
Worte?i angeben, für dicere, statuere , annotare, scribere u. dgl.; z. B.
quae hoc loco observasti (angemerkt hast), ea mihi displicent, für an-
fiotasti, dixisti, scripsisti. — Man sagte aber von dem Augur, wenn er
a7n Himmel Beobachtungen anstellte , nicht augur observat in coelo,
sondern de coelo servat. — Für observare hatte man auch die seltene
Nebenform ohservitare, welche auch Cicero gebraucht hat; denn in
einigen Stellen (wie Divin. I, 1, 2 und 45, 102) ist sie durch die Hand-
schriften begründet, und kann auch von uns, zumal von A^m fortge-
setzten, angestrengten Beobachten einer Sache, recht wohl gebraucht
werden.
Obsidium, die Belagerung, ist A. L. Nebenform von obsidio., welche
nachher nur Sallust. und Tacitus gebraucht haben, die aber durch
obsidio oder oppugnatio zu vermeiden ist.
Obstaculum, das Hindertiiss, ist sehr Sp. L., findet sich aber doch
oft im N. L. für impedimefitum , id quod obstat, impedimento est ; —
ebenso obstantia, die Abhaltung, welches zwar A^. Kl. ist, aber nur bei
Vitruv. vorkommt, und, wie es scheint. Gem. L. aus der Volkssprache
genommen, ebenfalls für id quod obstat, impedimentum.
Obstare , im Wege- OiX^v dagegen sein, wird bei geistigen Dingen
verworfen, und es wird z. B. in Disputationen, nach Widerlegung der
35
546
Meinung eines Andern, die Redensart getadelt: hoc non obstante , da
nun dieses 7iicht im Hege steht ; wie man aber besser dafür sagen
könne, ob hoc non adversante , non contrario, non pugnante u. dgl.,
oder mit der Conjunction cum? — wird nicht angegeben.
Obstinacitas, die Halsstarrigkeit, ist N. L. für obstinatio, pertinacia,
pervicacia.
Obstrusus (Partie, von obstrudere) wird in der Bedeut. versteckt,
verborgen von Gesner, Scheller und Forcellini aus einigen Stellen
Seneca's (Epist. 68, p. 222 ed. Schw. und N. Q. V, 15) angeführt,
aber in beiden Stellen steht in Schweighäuser's, und in der zweiten
auch in Gronov's Ausg. abstrusa, nicht obstrusa^ was am Ende nur ein
Schreibfehler ist. Es ist also ohne Auctorität, und man brauche dafür
nur das Kl. abstrusvs.
Obtenebrare, verdunkeln, verfinstern, ist ganz Sp. L. für ohscurare,
caliginem oder tenebras alicui obducere oder offundere.
Obtentus, als Subst., der Forhalt, Vorwand u. dgl., ist A. L., kommt
später bei Sallust. und Tacitus vor, und ist selten für simulatio, causa
u. a. Vgl. Praetextum.
OÄ//'«e/e, intransitiv, ohne Accusativ, kommt in der bessern Prosa
nicht vor, und werde daher nicht in fremdartigen Bedeutungen falsch
gebraucht, was im N. L. geschieht, wo man es in der Bedeut. Statt
finden, Statt haben gebraucht, und wo es oft nichts weiter sein soll,
als esse. So sagt Sintenis (Hülfsb. p. 114): sed posterius tantum ohtinet
in der Bedeut. es ist aber blos das Letztere, anstatt est autem tantum
hoc und (ib. p. 154) quae (morum venustas) nostris in circulis obtinel,
d. h. behauptet sich, herrscht, für guae in nostris circ. recepta est, ob-
servatur, obtinetur , wie Klotz diese Stelle zu verbessern vorschlägt.
Ebenderselbe sagt (zu Cic. Tusc. V, 41, 118), obfinere bedeute nicht
Statt haben , soudern die Oberhand behalte?i, im Passiv, aber heisse
obtinetur, es wird festgehalten, streng beobachtet.
Obtrectare, verkleinern, beneiden, wird bei Cicero und seinen Zeit-
genossen nur mit dem Dat., alicui, verbunden, seit Livius aber auch
mit dem Accusativ, was man lieber vermeide; sich unter einander, ge-
genseitig verkleinern heisst blos obtrectare inter se ohne den Acc. se,
wie immer bei inter se ; vgl. Inter. — N. Kl. sagt man se invicem ob-
trectare, was nicht nachgeahmt werde. Vgl. noch Heusing. Eraend.
p. 420 und die Ausleg. z. Cic. PJiil. X,2, 6; auch Reisig's Vorles. p.663.
— Obtrectare ist aber stärker, als invidere , da es bedeutet gegen
einen Andern durch Wort und That arbeiten.
Obtruncare, tödten, ist selten, A. L. und findet sich bei Sallust.
und einigemal bei Livius, für die bekannten necare , occidere , inter-
ficere.
Obtueri, ansehen (Einen, aliquem), steht nur A. L. bei Plautus
für intueri, adspicere. Kl. ist aber das davon abgeleitete Subst. oä^m^ms
in der Bedeut. das Sehen, Hinseheti, in Prosa vielleicht nur mit dem
Genit. oculorum, und ohne denselben nur P. L. Nie aber bedeutet es
Anblick (welcher adspectus heisst), wie es im N. L. in einigen Re-
densarten vorkommt; z. B. ejus obtutum ferre non possum, mag es nun
bedeuten ich kann seinen Anblick nicht ertragen, für ejus adspectum,
oder seiJi Anblick ist mir zuwider, ich kann ihn nicht ansehen, für emn
adspicere nequeo^ ejus vultum oder adspectum hör reo u. a.; — ebenso
547
uiio obtutu, mit einem Blicke, Ueberblicke , z. ß. Alles übersehen , was
omnia uno in conspectu videre heisst (Cic. Brut. 4) ; Alle mit einem
BL über seheti, uno adspectu omnes intueri (Cic. Sest. 1). Vgl. Klotz
Sintenis p. 118.
Obvenire ist in der eigentl. Bedeiit. entgegenkommen ohne alle
Auctorität, da es nur bildlich zu Theil werden bedeutet. Und so wird
es auch im N. L. falsch von Wörtern gebraucht, die, wie wir sagen,
in den Schriften norkommen, d. h. gefunden, gelesen werden ; z. B. hoc
verbum saepe nobis obvenit ; haec verha nusquam obveniunt , für le-
gimus, legmilur, inveniuniur. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 291. — Da
obvenire in der Bedeiit. zu Theil werden nur mit dem NebenbegrifFe
des Zufälligen, z. B. durch's Loos, gebraucht wird, so wird hereditas
alicui obvenit in der gewöhnlichen Bedeut. er ist Erbe geworden, ihm
ist die Erbschaft zugefallen (neralich wie es Recht und Natur for-
dert), verworfen, weil man sonst dafür blos vefiit sngt. Und so ist
auch bei Cic, (Verr. II, 7, 20) für cum hereditas obvenisset aus einigen
Handschr. venisset geschrieben. So Lambin. und Zumpt.
Obvertere wird im N. L. sogar in wissenschaftlichen Dingen in der
Bedeut. einwenden , einwerfen , Einwürfe machen ^ftg^w eine Meinung
gebraucht, wofür sich nirgends eine Stelle findet. Vgl. Objicere.
Obviare ist, in welcher Bedeut. es sei, Sp. L. für obviam ire, oh-
viam venire, occurrere, obsistere u. a. — Im /V. 7/. findet sich ein davon
abgeleitetes Subst., obviatio,das Entgegengehen, Entgegenkommen,
für obviam itio, occursus, occursatio.
Obvius findet sich in der Bedeut. vorkommend (von Wörterfi, Feh^
lern, Irrthümern , Gedanken in einer Schrift) nirgends bei einem La-
teiner, so wenig als die Verben obvenire (s. oben) und occurrere^
wovon unter Occurrere die Rede sein wird. Es werde daher in dieser
Bedeut. vermieden, mag es auch im N. L. nicht selten vorkommen,
wo man obvia vitia, vorkommende Fehler; verba obvia, dictiones obviae
u. dgi. findet, z. B. bei Mahne (Crito p.289): omnes dictio?ies in scripüs
veterum obvias uno eodemque loco habent. — Man umschreibe das
Wort durch y?/«'legitur, invenitur. — In obvius liegt meistens der Begriff
hindernd , störend in den Weg komtJiefid. Vgl. Klotz Sintenis p. 162.
Hand's Lehrb. p. 249. Weber's Uebungssch. p. 291.
Obumbrare , beschatten , ist fast nur P. L., sonst N. Kl. nur beim
altern Plinius, und bildlich mehr P. mit nomen verbunden, bei Tacitus,
für opacare und obscurare.
Occasio ist meistens jeder günstige Umsla?id und Zeitpunkt Etwas
zu thun oder zu Etwas zu gela?igen, Veranlassung zu Etwas. Da aber
das Wort Gelegenheit, wie das Wort Fall, oft gebraucht wird, wo die
Lateiner es nicht brauchen, so werde es vorsichtig angewandt; z. B.
bei vielen Gelegenheiten, ?miltis locis , mziltis in rebus (Cic. Fam. V, 2,
6); bei andern Gelegenheilen., aliis in locis (Cic. Cluent. 2, 5); bei dieser
Gelegenheit wird oft blos durch hie ausgedrückt (Cic. Orat. I, 20, 89;
III, 1, 3. Divin. II, 34, 71): bei ivelcher Gelegenheit , in quo (Divin. II,
5, 14); bei guter Gelegenheit, si (cui) commodum est, pro commodo
alicujus; er vermied alle Gelegenheit , seine Meinufig offen zu sagen,
omni modo cavebat, ne aperte sententiam dicerei ; die Gelege?iheit gibt
es, res (nicht occasio) dat; eine gute Gelegenheit zu Etwas, oppor-
tunitas alicujus rei (Cic. Divin. I, 42, 93); er sagte bei Gelegenheit des
35*
548 .
Streites, etwa dfssejisto fuit causa, ut diceret ; davon fst oben bei Ge-
lege/iheit der Stadt l elia gesprochen worden, etwa de ea re siipra,
cum Veliae iirbis rnenlio fieret (Veliae urbis ?netitione facta), dictum
Qst — und so noch in manchen andern Redensarten. Vgl. D. L. Lexica.
— Uebrigens steht ein von occasio abhängiges Verbura nicht nur im
6re««7/y des Gerundii , sondern auch mit ßrf und selbst mit ut. Auch
vermeide man das einfache occasione oder^er occasionem in der Bedeut.
bei Gelegenheit, für occasione oblata, e.v aliqua occasione., wie Plin.
(Ep. Vll,28, 1) sagt: tamquam amicos meos ex omni occasione —
laudem.
Occidens wird mit Auslassung des Wortes sol zwar auch von der
abendlichen Weltgegend oder vom Westen gebraucht; aber vielleicht
nur P.L. und beim altern Plinius und Tacitus auch von dem in Westen
liegenden Lande und seinen Völkern, wie wir Occideiit und Westen
brauchen, und wie sogar occidens terra im N. L. vorkommt. Mau
spreche nicht von incolae, gentes und animalia occide7itis, und schreibe
nicht: occidens (der Occidetit, der Westen., d. h, die im Westen woh-
nenden Völker) seditionem movit, fnulta hella gessit, oder in occidente
motus facti sunt; nicht, wie Plinius (]\, H, VII, 30) sagt: cui (Pom-
pejo) se oriens occidensque submiserat , oder, wie Tacit. (A. VI, 46)
sagt: occidentem ab eo deseri, orientem spectari, und (H. II, 6) : arma
viribus occidentis coepta. — Das Abendla?id oder der Westen heisst
in diesem ^\\m^ partes , terrae oder regiones occidentis oder ohenntis
solis, wie bei Cic. Somn, 6. Vgl. auch Weber's üebungssch. p. 102 und
nachher Oriens.
Occidentalis , was im N. L. oft vorkommt, westlich , abendländisch,
beruht nur auf der Auctorität des altern Plinius (N. FI. XVlll, 34, 77,
nicht 67, wie Scheller hat): occidentale latus septentrionis , und des
spätem Gellius, welcher einen ventus occidentalis erwähnt. Es war
vielleicht ein Gem. L. Wort, dessen sich die Schriftsprache schämte.
Man vermeide es, so viel man kann, und sage z. B. nicht: iniperium
occidentale Roma7wrnm, die abendländische Herrschaft der R., für
imper. partium occidentis Romanor., indem man durch den Genitiv oc-
cidentis oder ad occidentem verge7is oder versus, occidejitem spectans,
qui est ad occidentem dem Gebrauche von occidentalis ausweicht. Vgl.
Weber's Üebungssch. p. 8.
Occidere, tödten, ermorde?i, wird liäufig mit dem j4ccus. verbunden;
aber verworfen wird von Einigen se occidere., weil es in den uns er-
haltenen Schriften Cicero's nicht vorkommt. Doch erwähnt Quintil.
(V, 10, 69) aus einer verlorenen Rede die Worte: cum ipse sese cona-
retur occidere , wesshalb es denn doch nicht zu verwerfen ist, mag es
auch nicht wieder vorkommen ausser erst sehr spät bei Aur. Victor
(de viris illustr. 9, 4 und 10, 6). Vgl. Heusing. Emendd. p. 475 und
Inlerficere.
Occiduus , abendländisch, westlich, ist fast nur P. L. und muss
durchaus vermieden werden; die westliche Gegend, der Westen heisst
also nicht occiduae partes, sondern partes occidentis. Vgl. Occidens.
Occipere in der Bedeut. sich anfangen., ohne Casus, und in der
Bedeut. anfangen mit dem Accus., steht A. L. bei Plaut., Terenz und
Lucrez; in Prosa zuerst bei Livius, besonders in Verbindung mit ma-
gistratmn, ein Amt antreten ; später aber ist es ganz ausser Gebrauch.
549
Man setze dafür incipere oder coepisse, und bei magistratnm das Ver-
biim inire.
Occutere (Perf. occiilui, P. L. occuli), verbergen, eigentlicli be-
decken', dalier wird das JVo und JVoriii durch den blossen Abi. ausge-
drückt; z. B. sc Silva (im ^Valde) occulere (Liv. XXV, 8,5). Dagegen
wird occultare aucli mit in und dem Accus, verbunden, z. B. se occid-
iure in ierram (Caes. B. G. VII, 85), oder in aliquo loco oder post ali-
g?iem locum.
Occiimbere , fallen , in der Bedeut. sterben, wird woli! nur bei tin-
naiilrlichem Tode gesagt, wogegen es Wyttenbach auch bei natür-
lichem braucht. Es wird theils für sich allein so gebraucht, freilich
wohl nur, wo von einem Kampfe die Rede ist, theils mit dem Ablativ-
zusafze morte ; — ob aber auch mit dem Accus, mortem, ist sehr zwei-
felhaft, da überall, wo sich dieser dabei findet, in den bessern Handschr.
meistens der Ablat. morte steht. Man vermeide daher das \mN.L. oft
vorkommende mortem occumbere , zumal wenn von natürlichem Tode
die Kede ist. — P. L. aber ist der Zusatz leto,neci, fnorti im Dativ.
Vgl. ürakenb. Livius XX\I, 18, 6 und Klotz Cic. Tusc. 1,42,102,
wo ebenfalls für die gewöhnliche Lesart mortem der Abi. morte aus
Handschr. aufgenommen ist. — N. L. ist wohl sol occutnbit, die Sonne
geht unter, für occidit, praecipitat.
Occtipare kommt im Activ. nur selten in der Bedeut. Einen mit
Etwas beschäftigen vor, mehr dafür exercere aliquem in aliqua re;
aber das Passiv, occupari, besonders in der medialen Bedeut. sich be-
schäftigen, ist häufig. Cicero verbindet occupari, sich beschäftigen, und
occupatum esse, beschäftigt sein mit Etwas, nur in aliqua re , dagegen
Livius und Andere nicht nur /w aliqua re, sondern noch öfter blos
aliqua re , da man es sich lebhafter denkt, durch Etwas beschäftigt
werden , von Etwas eingenommen sein. Vgl. Fabri z. Liv. XXI , 45, 2.
Eben so häufig aber wird dafür versariin aliqua re gebraucht, welches
auch in solchen Redensarten allein anzuwenden ist, wo von leblosen
Gegenständen gesagt wird, sie beschäftigen sich mit Etwas, d. h. be-
haiideln Etwas, handeln von Etwas. Unlateinisch ist z. B. totvs hie
über in eo ipso argumento occupatur, dieses Buch beschäftigt sich gerade
mit diesem Gegenstande, wo versatur passender ist; hae artes in ver-
bis faciendis occupantnr , für versantur — und so in ähnlichen. —
Auch wird das Subst. occupatio, die Beschäftigung, wohl nie von stiller
wissenschaftlicher Beschäftigung gebraucht; dafür sagt man Studium,
und gelehrte geistige Beschäftigungen heissen studia optima (Cic. Farn.
VI, 10, 4).
Occurrere , begegnen. Richtig ist zwar: aliquid mihi occurrit , in
mentem oder animo occurrit, es fällt mir Etwas ein, kommt in den Sinn,
stösst mir auf zeigt sich, tritt mir oder meifier Ansicht entgegen (^gl.
z. B. Cic. Tusc. I, 21, 49. Rep. I, 35), so dass wohl gesagt werden
kann: hoc verbum , hie locus mihi, nobis nusquajti occurrit; aber wohl
nie steht es in dem Sinne, in welchem wir vorkommen, in der Bedeut.
sein, sichßnden, brauchen, z. B. von Wörtern, Stellen, Redensarten
u. dgl., die in Büchern vorkommeji. Im N. L. wird dies ganz gewöhnlich
durch occurrere ausgedrückt; z. B. hoc vocabulum apud Ciceronem
nusquam occurrit, für est, legitnr, invenitur. Fast allgemein wird dieser
Gebrauch von occurrere verworfen, so gewöhnlich er auch im A". L.
550
ist. Vgl. Mattliiae Exempla p. 394. Weber's Uebiingssch. p.291. HaruPs
Lehrb. p. 137 und Anm. z. Miired Oper. T. I, p. 231 ed. Fr.; auch
GraiifFz. Biinell. p. 682. — N. L. ist auch: legens mtiltis occurro, im
Lesen stosse ich auf Vieles, für in mnlta legens incido. Ebenso heisst
itn Gespräche vorkommen, nicht occnrrere ^ sondern iticidere; z. B. i?i-
cidunt in sermone vario mnlta, es kommt Vieles vor.
OccursTis, das Begegne??., ist nur P, L. und findet sich in Prosa
nur beim altern Plinius und Tacilns, für concursus, obviam itio, occur^
Sdtio, oder mit dem Verb, occurrere.
Octnviis, der achte, üeber die Redensart in octavo bei Büchern
vgl. Folinm. — Für octavus decimns, der achtzehnte , wird in der bes-
sern Prosa duodevicesimiis gesagt, und so mit diio de bei den übrigen
ähnlichen. Vgl. Th. I, §. 41.
Octeni, ae, a, je acht, ist falsche Form für octoni.
Octennis, e, achtjährig , ist sehr Sp. L. für die gewöhnliche Um-
schreibung octo annorum.
October , bris, bre, ivos den October betrifft. — N. KL heisst der
dabei gedachte Monat blos October, Kl. und überhaupt in der bessern
Prosa mit dem Beisatze mensis., ausser wo der Zusammenhang das
Wort nicht fordert. — Da es ein Adject., kein Subst. ist, so tritt zu
den Tagbestimmungen Ä«/e7/r/«e, 7Vo;?ae und Idus nicht der Geiiiliv
des Wortes hinzu , sondern der Plur. Ortohres als Adject., welcher
denn in \\ex\ verschiedenen Casibus mit declinirt wird , z. B. Kalen-
dorum Octobrinm. — Im Abi. Sing, hat es als Adject. Octobri., nicht
Octobre, wie man im N. L. nicht seilen findet.
Octodecim , achtzehn, ist Sp. L. Form für diiodeviginti, oder, was
Livius (z. ß.IX,33, 4 und noch einigemal) gebraucht haben soll, decem
et octo, wie er auf ähnliche Art decem et septem (XXXIIl, 21) gesagt
Ilaben soll. Vgl. Th. 1, §. 41 und Cellarii Antibarb. p. 184.
Octogesies, octuagies , octnagintn und octfiagesimtis sind gemeine,
vielleicht zweifelhafte Formen für octogies, octoginta und octogesimns.
Ociilaris , die Auge?i betreffend , ist Sp. L. Form für die fast Rl.
ocularit/s , wie denn der A7ige7i.arzt — medicus ocnlarius , nicht ocu-
laris., hiess. Ein Aiigenzenge hiess aber weder testis octilariiis, noch
ocularis, sondern A. L. im gemeinen Leben testis octtlatus, inilem Plaut.
(Trucul. 11,6,8) sagt: pluris est oculat?is testis umis , quam anritt
decem. Da sich aber weder testis ocnlatus , noch t. auritus irgendwo
in der juristischen Kunstsprache findet, so ist mehr zu vermuthcn,
dass Plautus beide Verbindungen zum Scherz gebildet habe. IVIan ent-
halte sich also, ausser etwa im Scherz, der Redensart und umschreibe
so, dass das Sehen selbst berücksichtigt wird, testis qni ipse vidit, spe-
ctavit, rei iiiterfuit , wie denn z. B. Seneca (IV. Q. IV, 3) sagt: ex his
me testibus numero secundae notae, qui vidisse quidem se negant, sed
a?idisse (die sich ztvar nicht Angenzeiigen, sondern Ohrenzeugen nen-
nen). Vgl. auch Cic. Verr. I, 49, 728. Brut. 57,208. — Andere sehla-
gen dafür die Adjectiven certus, locuples, idoneus , gravis vor, aber
man wendet mit Recht dagegen ein, dass durch diese nur der mora-
lische IVeith eines Zengen angedeutet werde , nicht dass er es selbst
(ipse) mit eignen Augen gesehe?? habe, was doch gesagt werden solle.
— Das obige oculaiis wird von den neuern Aerzten der Besichtigung
beigelegt; sie wird inspectio ocularis genannt, was sonst nicht vor-
551
kommt, wohl aber, obgfleich Sp. L., ocidata inspectfo. Besser kann man
dafür sagen: perhistratio oculoruin ope facta ^ oder in rem praeseniem
ire, venire. Vgl. Senec. Ep. 6 u. 100.
OctiUsta, der Augenarzt , ist N. und B. L. für das Kl. medicus
ocularius.
Oct/lus ist ein Lieblingswort der Lateiner, auch in bildlicher Be^
Ziehung, so dass es sogar als Liebkosungswort vorkam: mi ocule,mei?i
Auge, d. h. mei/t Theurer, und dass Plautus im Seherz sogar sagte:
mi oculissime , mein Allerliebster, für suavissime, carissime. Vgl. meh-
rere Redensarten in den Lexicis. — Nicht verwerflich ist: hoc ?neis
oculis vidi, das habe ich ?nit meinen eignen Augen gesehen (so wenig-
stens Terent. Enn. IV, 4, 10), wiewohl man gewöhnlich sagt: hoc ipse
vidi. Gut ist auch: in oculis aliquid habere , Etwas vor Augen haben,
sehen, wahr nehmen. Vgl. Senec. deiral!,28. — Selten sagte man wohl:
venire ante oculos , für sub oculos venire , perveuire, cadere, in couspe-
ciuTu venire, und N. L. ist wohl: es aliciijus oculis ire oder abire, aus
Jemandes Augen gehen, für es alicujus conspectu abire, se auferre;
ferner aliquid in oculo oder oculis habere , Etwas im Auge haben, in
der Bedeut. nach Etwas trachten, auf Etivas bedacht sein., für aliquid
spectare (Cic. Orat. II, 40, 169), wiewohl man sagte: oculum alicui
rei adjicere, sein Auge auf Etwas werfen, in der Bedeut. Etwas wün~
sehen (Cic. Verr.ll, 15,37). — Unpassend ist es in der Redensart: ein
Gespräch unter vier ^ugen, was man am passendsten ausdrückt durch:
sermo ab arbitris remotus , collocutio. So h^hst blucYi colloqui arbitris
remotis, sich unter vier Augen besprechen. — N. L. ist ferner : pulchrum,
parvnm u. a. in alicujus oculis esse, apparere, videri, in Jemandes Au-
gen schön, klein — sein, scheinen, erscheinen , für pulchrum, humili
statura — videri , existimari. Jenes findet sich oft in der sogenannten
Vulgata,und auch Lipsius sagt (Epist. Cent. I , öl) : ut pulchriur in
oculis hominum appareat justiorque. Ferner, was sich ebenfalls in der
Vulgata findet: allqtüd ab alicujus oculis absconditum est. Etwas ist
vor Jema7ides Augen verborgen, für aliquid alicui ignotum oder inco-
gnittim est; — N. L. ist endlich auch: alicui aliquid ad oculos demon-
strare, Einem Etwas klar und deutlich zeigen, für dilucide demonstrare.
• — Ueber tnali oculi, böse Augen, vgl. Malus.
Oda, die Ode, das iJed, wurde nirgends von einem Alten gebraucht,
und werde daher durch Carmen lyricum oder melicum vermieden.
Odisse, hassen. Zur Verstärkung dienen acerbe, male,peJiitus, und
im Compar. pejus, aber vielleicht nicht magis oder plus. Doch findet
sich bei jenem pejus nicht der beigesetzte Abi. cane et angue, wie es im
N. L. oft vorkommt. Dies ist eine falsche Anwendung des Horazischen
vitare aliq. pejus cane et angue ; bei vitare ist dies wohl passend, nicht
aber bei odisse. — Auch ist für unsere Zeiten nicht mehr anwendbar:
odisse aliquem odio Vatiniano , was Catnll. (14, 3) in der Bedeut.
Einen bitter., schrecklich hassen braucht, für acerbe, male, vehementer
aliquem odisse.
Odor, der Geruch, als einer der Sinne, ist ohne Beispiel für odora-
ttts oder sensus narium ; aber richtig ist es in der Bedeut. Geruch, der
von Etwas ausgeht, wo denn or/o;"es gebraucht wird, wenn er von meh-
rern Dingen ausgeht. Und so bedeutet auch or/oAes im Vlur. das Rauch-
werk, Gewürz, aber nicht im Sing. Vgl. Cic. Tnsc. III, J8, 43. Verr. IV,
552
35, 77; V, 56, 146. — N. Kl. iind vielleidit das gewöhnliclie Wort
dafür w;ir odoramenia (PJur. von odortimentiim)., Sp. L. odoramen.
Odorari, riecheii, wird Kl. nicht von dem Sinne des Geruches oder
von der den Geruch einer Sache fühlenden Person g'esagt, wiewohl
der Sinn des Geruches odoratus liiess, sondern man braucht in jener
Bedeut. olfacere (Cic. Divin. 11,3.9) oder meistens nur das allgemeine
seiitire (Cic. Tusc. IV, 24, 54). Es kommt Kl. meistens in hildiichem
Sinne, theils im Ernst, theils im Scherz, in der Vie^nni. ausspüren,
tmtiern, ahnen vor, wie bei Cic. (Orat. II , 44, 186): ut odorer quam
sagacissime possim ; Etwas fein misspüren. aliquid festive odorari (Cic.
Att. IV, 14, 2) ; jedoch fast immer im Sclierz und mit Spott. Es werde
daher niclit falsch gebraucht. — N. L. ist es in der Bedeut. nach Etwas
riechen, für olere aJiquid.
Odoriis, riechend, wohlriechend, ist selten und mehr P. h. für das
gewöhnlichere odoratus.
Oeconoinus , der Haushaller, Verivalter. Schaffner, und so auch
das Fem. oeronotna, sind im Sp. L. bei den Juristen üblich für dispen-
salor, dispe?isatris rei familiaris oder rertwi domesticarum , und auf
dem Lande — villicus, villica.
OestruswnA oestruni, die Raserei, steht nur bei Dichtern für furor,
ifisania.
Offe?idere wird in der Bedeut. Anstoss hei Jemanden erregen mit
d. Acc. aliquem verbunden, und in der Bedeut. Anstoss nehmen an
Jemanden, offendere oder offendi in aliqvo. Auf Etivas stossen, d. h.
Etiras autreffen , finden heisst offend. aliqiiid (Cic. Rep. I, 38. Farn. I,
9; 11,3). — Man sage nicht: offendere aliquem animo. Kiuenin (an) der
Seele kränken, sondern alicujns aninnim; daher im Passiv.: ich werde
in der Seele (im Herzen) gekränkt, animus meiis offenditur. Und" so
heisst auch sich in der Seite verletzen, wehe thun, latus offendere, nicht
se (in) latere off. (Cic. Cluent. ^% 175).
Offerre, anbieten. Falsch ist: se offerre aliqiiid facturum , sich an-
hieten Etums zu thun; dafür sagt mau polliceri, recipere se aliq.fnc;
nicht offerre pugnajii, proeliuni, eine Schlacht anbiete?i, somlern offerre
facultalem pugnandi ( Caes. B. C. I, 72) oder ptignandi potestatem
facere {B. G. 111, 17).
Officere, im JFege stehen, verhindern , wird auch bildlich mit den
Dativen nomini und luminibus verbunden, wo nonien — Name und
Ruhm und lunien oder lumina — Licht, Glanz und Ruhm, officere aber
schaden, schädlich sein, verdunkeln !ie<leutet. Das Bild aber, welches
von Häusern entlehnt ist, die durch ihre Höhe und Grösse kleinern
das Licht nehmen, wofür man lunanibus officere und obstruere brauchte,
ist so natürlich, dass der gelehrte Freinsheim bei Livius (Praef. Lib.I)
sogar für meo qui nomini officient (die meinem Ruhme schaden icer-
deii) lieber das lebhaftere luniini lesen wollte, was sogar J. F. Gronov
billigte. Dazu kommt aber, dass selbst Cicero (pro Rabir. Post. 16,43)
sagt : ej?is mentis luminibus non officit altitiido forttinae, dem Glänze und
Ruhme seines Geistes schadete nicht die Höhe und Grösse seines Glückes,
und dass er ferner mit gleichem Bilde, nur mit dem Verbo obstruere
statt officere , (Brut. 17, 66) sagt: Catonis lumi?nbus obstrusit poste-
riorum quasi e.vuggerata altius oratio , der höhere Schumng der Rede
der Folgenden sta7id im IVege , verdunkelte das Licht , den Glanz und
553
Ruhm des Coto. In eben diesem Sinne nahm himinihus ofßcere,\\'m'\c\\
glanbe, aucli Kuhnken , da er in einer lUde (Opnsc. I, p. 102) ^ag^te:
siipen'oruni Astroiiomonnn omniiim Uirmitibus jiiultnin offecere dtio e.icel-
Jcnles viii — , oder verstand er die Redensart anders? Gleicliuolii
tadelte ihn der deutsche Herausgeber, wenn ich anders den Sinn sei-
ner unklaren Worte, die mehr gegen Andere, als gegen Rulinken ge-
riclitet zu sein sclieinen , recht verstelle. Ich glaube dagegen, dass
Ruhnken Cicero's Worte vor z'\ugen gehabt, richtig verstanden und
nicht falsch gebraucht hat. und dass man auch heutzutage die Worte
hl diesem Sinne anwenden kann.
Officina, die Werksiätte , kann in Verbindung mit siipieiiliae , von
einer Schule gebraucht, als bildliches Wort nicht wohl ohne quasi
angewandt werden, wie es auch Cic. (Leg. I, 13, 36) thut, — und so
mit ähnlichen Subst. verbunden.
Officiositas , die Dienstfertigkeit , ist , obgleich cfficiosus Kl. ist,
dennoch erst Sp. L. für officium.
Officium ist in der Bedeut. Jmt, gleich mtinus,magistratus, hoTios,
Sp. L., da es KL nur ein übertagenes Geschäft um\ dessen Besorgung
bedeutet, wie bei Caesar (B. C. III, 103) : legatiom's officium. Vgl. Cic.
Farn. XIII, 9, 2. — Quintilian. (Inst. I, 1,23) nennt den Auftrag, wel-
chen Aristoteles erhielt, den Alexander als Kind zu unterrichten, offi-
cium. — Durchaus N. L. aber ist officium aliquod ambire oAev pefere,
sich um ein Amt bewerben, darum anhalten.
Oß'undere, verbreite??. ; — Etwas über Etwas, aliquid alicui rei,z. B.
caliginem oculis (Liv. XXVI, 45).
Offuscare, verdunkeln , ist sehr Sp. L. für infuscare ^ obscurare,
caliginem alicui rei offu?idere.
Olea und oliva bedeut. nicht das Oel, welches oleum oder olivum
heisst, sondern den Oelbaum und die Oelbeere.
Olere , nach Etwas riechen , einen geivissen Geruch von sich geben,
wird mit dem Accus. ß/«y?/«'f/ verbunden, und bildlich nur im Scherz
oder Spott gebraucht. Vgl. Cic. N. D. I, 26. Orat. III, 12. Und so sagt
Quintil. (VIII, 1,3): verba omnia — hujus alumnuni urbis olent, rie-
chen nach einem Zöglinge dieser Stadt. — Uebrigens wird es nie von
der den Geruch fühlenden Person, welche Etwas riecht, gebraucht.
Vgl. Odorari. — Adverbien, wie bene,male,iYe.iQ\\ oft natürlich hinzu;
aber lächerlich ist pulchre olere iür jztcunde.
Olf actus kommt erst N. Kl. beim altern Plinius vor, theils für
odor, der aus irgend Etwas ausgehende Geruch, theils für oduratus
oder senszis narium, der Sinn des Geruches.
Oligarchia , die Herrschaft tveniger Grossen und Vornehmen , ist
nie ins Lat. aufgenommen worden, und werde durch Imperium pauco-
rum umschrieben; anwendbar ist es nur mit dem Zusätze ut graeco
verbo utar.
Olor, der Schwan, ist nur P. L. für cygnus.
Omnifariam, allenthalben, auf alle Weise u. dgl., ist erst Sp. L. und
selten; es werde vermieden durch omnibus locis, usquequaque, in
o?njies partes , quavis ratione u. dgl. — N. L. ist ein davon gebildetes
Ad ject. omnifarius, für omnis gener is, cujusqzie inodi.
Omnigenus, «, um, von allerlei Art, ist F. und Sp. L. und in Prosa
durchaus zu verwerfen, für omiris generis, in omni gener c : auch ge-
654
nii^'^t oft Mos omm's. Muret. brauclite es (Oper. T. II, p.280 ed. Riihtik.) :
onimg,e}ine er nditioins copia,\\ ozw Rulinken bemerkt: Omiiigeiuispoeiica
vo.v. Was wir allseitig gebildet nennen, heisst z. B. omw/6//s //?^e/<'///s
arlihiis ififitr?icfus (Cic. Orat. I, 16, 73) oi]er om?ii docfrtna enidid/s.
Wie Muret., sagte anch Hemsterh. (Oratt.p. 125): omnigena erudilio,
und neulich las ich irgendwo : exemplo Tennemanni omnigenoruni
sateUHiim.
Omiiimodis , von aUei'lei Art, ist A. L. kurze Form für oninibus
modis. Im Sp. L. wurde davon ein Adject., o?miirnodus, a, um, und ein
Adv. , ow///V//or/e, gebildet, die aber in guter Prosa nie vorkommen;
dafür onmis , onwis generis , omni modo, onniibus modis. Auffallend ist
es daher, dass selbst Wyttenb. schrieb: otmiimodae res et artes.
Omnino, welches überhaupt, im Ganzen bedeutet, und daher auch
bei dicere — geradezu, ausdrücklich, wird im N. L. zur Bejahung einer
Frage für unser J«, allerdings gehraucht; docli kommt es so AI. nir-
gends vor. Falsch ist es auch in der Bedeut. vollkommen, ganz; z. B.
sich ganz wieder erholen, nicht se omniuo C07fßrmare, sondern se plane
conf.; ferner dient es nicht zur Verstärkung, wo wir ganz, diirrhnus
sagen, für prorsus; z. B. es scheint mir ganz oder durchaus so, prorsus
(nicht omnino) mihi ita videtur. Endlich heisst unser «'//err/w^.s oder
freilich bei folgendem aber nicht omnino,, sondern quidem; z. B. das
ist allerdings ein schlechter Trost, aber doch — , tnisera est illa quidem.
(nicht omnino) consolatio (Cic, Fam. VI, 2, 2).
0?}i??ipotens , allmächtig, war zuerst nur P. L. und findet sich erst
sehr spät in Prosa, wo die christlichen Schriftsteller Gott nicht nur
omnipotentem , sondern noch öf<er im Superl. 07n7iipoientissimum nen-
nen. Uebrigens braucht es Plautus schon von den Göltern, und da es
zur theologischen Kunstsprache gehört, so bleibe es in derselben; in
der gewöhnlichen Rede aber genügen masinius, summus, praepotens,
und so nennt Cicero seinen obersten Gott Jupiter — rerum omnium
praepotens (Divin. II, 38, 42), und bekannt ist Juppiter optimus, maxi-
mus. Ebenso kommt erst Sp. L. in Prosa vor omnipotentia, die Allmacht,
für summa potentia, maxima potestas.
Omnipraeseus , allgegenwärtig , und omnipraesentia, die Allgegen-
vmrt,m\A ohne alle heidnische und sogar christliche Auctorität, denn
selbst die altlateinische kirchliche Theologie kennt diese Formen
nicht. Man vermeide sie durch qui omnibus locis uno tempore simul est,
qui ubique et omnibus praesto est (Senec. Ep. 95), qui nullo loco non
est ; die Allgegenwart Gottes behaupten heisst docere Deum vnllo loco
non esse. In der neuern Theologie gehören jene Wörter zur unver-
änderlichen Kunstsprache. Vgl. Klotz Sinteriis p. 130.
Om?iis, all, jeder. Man merke zuerst, dass in der guten Prosa bei
der einfachen Negation sine nie ein Subst. mit dem Adject. omnis ver-
bunden wurde, sondern dass man für omnis entweder aliquis oder
ulhis setzte, — aliquis in der Bedeut. einiger, bedeutender, ullus aber
in der Bedeut. all; z. B. ohne einige, ohne bedeutende Furcht, sine
aliquo timore, — ohne alle Furcht, sine ullo timore ; ohne ei7iigc, oh7ie eive
hedeiüende Kenntniss, sine aliqtia cog7iitio7ie, — oluie alle Ke7intniss, sine
uUa cog/iitione. Und so unterscheiden sich sine aliquo und sine 7tllo
periculo; si7ie aliqua und si7ie ulla dnbit atio7ie ; sine aliqua und si/ie
ulla vituperatio7ie. — Wenn aber mit diesem sine noch eine Negation
555
verbunden ist, wodurch der Satz bejahend wird, so wird witi u//?/s,
sotideni immer aliquis ijebranclit; dalier sa^rt man nur iion sine nliquo
(nicht /i!//o ) periculo; non sine rt/Z^we ( nicht ?///«; dnbitatione; non
sine nliqnn (nicht nlla) rifuperotione u. dgl. Und so sagt Cicero (Farn.
\1I, 19, 2) : nulla ars sine iitteris, sine interprete et sine a/iqua (uicht
?/ffa) exercitatione percipi potest. Vgl. Meusinir. Eraendd. p. 485. —
Das Wort omni's aber wird in guter Prosa bei sine, mit und ohne Ne-
gation, vermieden, wiewohl es im .^. L. und auch bei Dichtern so vor-
kommt. Wenn aber Cicero (Orat. II, 1, 5) sagt; sed ne sine omni qni-
dem sapientia, so bedeutet dies: aber nicht einmal ohne Kenntniss der
gesanvnten Philosophie. Wie oft gegen jenen Sprachgebrauch gefehlt
wird, weiss jeder Kenner des N. L., wo sine omni mutatione, sine omni
pericalo, sine omni dubitatione , sogar sine omni dubio (warum dies
doppelt fal.^ch it;t, s. unter Dubius) — und dgl. mehr nUr zu Iiänfig
vorkommt. VgJ. Ruhnken z. Terent. Andr. II, 3, 17. Beier z. Cic. Offic.
T. I, p. 338. Hand's Leiärb. p. 348. Benecke z. Cic. leg. Manil. (pro
Pompej.) p. 225 '.ind Weissenborn's Gramm, p. 257. Vieles hiervon
verdanke ich Hrn. Dietrich. — Omnis steht ferner nicht bei einem
Zahlworte, wenn es theils jeder heisst, theils dieser Begriff in «//e
liegt; dafür qnisqrie mit einem Ordinalzahlworte, welchem es in der
Regel nachfolgt; z. ^. jeder fünfte Tag , quintiis quisque dies , \\\c\\t
omnis qnintns dies; alle fünf Tage in dem Sinne a?i jedem fünften
Tage, quinto qnoqae die, nicht onniibus qidnqiie diebns; richtig ist aber,
ohne Zalüwort, omnilnis diebus, mensihis, horis. — Kl. sagt man wohl
nie im Sing, omnis qni , Jeder welcher, ohne ein Subst. , sondern qui-
cnniqve ; dagegen kommt aber das IVeiifr. omne quod. Alles //'as, gleich-
sam wie ein Snbst. oft vor. Vgl. Weber's üebungssch. p. 14. — Wenn
alle in Verbindung mit den Reflex. sei?ier, ihrer, sich steht, so wird
gewöhnlich quisque, nicht omnes gesetzt, so dass ein dabei stehendes
Subsf. zuerst allgemein vorangeht, quisque nh^r, wodurch die einzel-
nen Individuen unterschieden werden, hinter dem Reflex, folgt; z. B.
oUe Soldaten kehrten in ihr Vaterland zurück, milites in suam quisque
patriam redierunt. Dies geschieht zumal dann, wenn eben von den
Einzelnen doch etwas Verscliiedenes gilt.— Unser alle zivei, alle drei
\\. dgl., wenn es nur entweder in der Apposition steht, oder auf zwei,
drei vorher erwähnte Personen hinweist, heisst nicht omnes diio, omnes
tres, sondern entweder lilos duo, tres, oder hi duo, hitres; z. B. L. Gel-
lius lind Cn. Lentnlus , alle zirei (beide) Censoren — stiesse?i jene aus
dem Senate, duo censores, nicht mit omnes. - — Alle Anwesenden heisst
nicht omnes praesentes, sondern quotquot praesentes, quotquot adsunt. —
Von dem Allem war Nichts geschehen heisst nicht earumomniumrerum
nihil acciderat, sondern earum (quarum) remmnihil omnino acc. (Ca es.
B. C. II, 43). — Alle zusammen. Alle mit einander. Alle Keinen aus-
genommen heisst nicht omnes nna, omnes simul , sondern omnes ad
nnum (unam) , wovon verschieden ist omnes praeter tinum, welclies
bedeutet Alle bis auf Einen, Einen ausgenommen, \\2iS im N.Jj. durch
omnes tisque ad unum ausgedrückt wird. — Alle Andern heisst nicht
omnes alii, sondern entweder blos ceteri Q(\er reliqui (Caes. B. G. ^ II,
30, 3) oder ceteri omnes , reliqui omnes , in welchen beiden das Vi ort
omnes nur eine Apposition von ceteri \nn\ /e//^?/«" bildet und daher nach-
steht; bisweilen auch alii imilti. — In der Redensart alles Andere
556
lieber als — sag-t man nicht omnia alia potius, quam — , sondern ent-
weder ohne alia — omnia po/ius, quatn — (Cic, Quinct. 26, 82. Liv. II,
39) , oder (jiiiclvis potins (Cic. Att. XIV,21, 4. Fam, VII, 1, 3). — Etwas
Anderes ist alia omnia sentire , wo man aber nicht omnia alia sa^fe,
was die bessern Lateiner nur in Beziehung anf die Abstimmung bei
Senatsbeschliissen gebraucht zu haben scheinen, aber nur d;idurcii
andeuteten: etwas ferschiedenes , ^abweichendes denken , keineswegs
das gerade Kntgegetf gesetzte , in welchem Sinne es im N'. L. oft ge-
braucht worden ist. Man missbrauche es nicht. Dietrich, dem ich «las
Letzte verdanke, verweist dabei auf Herzog zu Caesar B. G. VIII, 52.
|). 664. — Ferner: alle die Besten, Alle, welche die Besten sind — und
ähnliche mit Superlativen, heisst niclit omnes optimi, sondern optimiis
qaisque, optimi quique ; dagegen ist omwes o/j^?V/;i' dann richtig, wenn
es Alle , auch die Besten bedeutet, weil man nicht sagt: omnes etiam
optimi. Vgl. Cic. Caecin. 35, 101 omnibus antiquissimis civibus , i\.\\.
allen Bürgern, anch den ältesten ; Partit. 17, 60 qui non omnia mini?>ia
(Alles, auch das Kleinste) repetet u. a. m. Davon sind nach Dietrichs
Bemerkung omnia summa (Cic. Orat. III, 4, 15. Brut. 109), ej:trema
omnia (bei Sali. Cat. 26, 5) und omnia ultima (bei Liv. XXXVIl, 54)
auszuscheiden, bei welchen sich der Superlativ mit omnis genau ver-
bindet. — Endlich merke man, dass die Lateiner omnia ebenso hrau-
chen, wie wir Alles^ in Redensarten; z. B. er ist, gilt Alles bei uns, is
nobis est omnia (Liv. XL, H, 3) : er vermag Alles, potest omnia (Cic.
Att. IV, 16, 10) ; auf ihm beruht für mich Alles, in hoc mihi sunt omnia
(vgl. Ochsner Eclog. Cic. p. 335) ; jedoch über Alles gehl, dass du von
der Art bist, super omnia est tarnen — (Plin. Paneg. 27. 1) ; sogar wie
wir sagen: ist Alles wohl (gesund)? rectene omnia? (Plin. FJp. III. 17).
Vgl. über diese neutrale Sprachweise oben unter Aliquid inid Nihil.
Omnisciens, alltrissend, und omniscientia, die Allwissenheit., kommen
nur in der neuern theologischen Kunstsprache >or, nicht in der alten,
was hier eben 80 seltsam ist, wie oben omnipraesens und omniprae-
sentia. Man sage: qui omnia seit , quem nihil fugit , nihil fall it , nihil
preeterit n. a. und scientia omnium rerum; die Theologen mögen jene
Wörter auch ferner brauchen.
Onustus, mit Etwas beladen, beschwert., wird in Prosa, ausser Sp. L.,
nur mit dem Abi., aliqua re, verbunden; A.w. Gr. dMchSp. L. mit dem
Genit. alicujus rei, z. B. auri., für auro.
Opera, die Mühe, der Dienst, das Geschäft ; tüayon der PI u r. o/jerae,
die Geschäfte, Bemühungen, z. B. fore?ises, auf dem Markte (Cic. Fiu.
I, 4, 10). — D. L. ist sibi operam dare , sich Mühe geben, für operam
dare ohne sibi, indem operam dare mit dem Dativ bedeutet sich Mühe
geben für Etwas, Mühe anf Et ums verwenden, und sogar in geistigem
Sinne von Einem, der Jemandes Zuhörer und Sciiüler ist: operam dat
aliciii (magistro, doctori). Unsicher und zweifelhaft ist dare operam in
aliquam rem, was nur bei Cic. (Tusc. 1,4,7) vorkommt: in quam
exercitatiojiem ita nos studiose operam dedimus , weswegen Lambin.,
Fabricius und Wolf sogar nach Handschr. operam gestriclien haben.
Andere lassen es als ungewiss stehen. So zweifelhaft es aber auch ist, hat
dennoch Muret. in einer Rede (Oper. T. I, p. 260) geschrieben: seqae
in eam rein operam dedisse , für das sichere seque ei rei oper. dedisse.
Vgl. Frotscher zu dieser Stelle. — Wenn ein Verbiim dazu gejjört,
557
so steht weder der Inßnid'v , noch der Genitiv des Geniiidii, sondern
bejaliciid ?//, \enieiiieiul ne; z. li. ich gebe mir Mühe, kenne Ji zu lernen,
operain do, ut cognoscam, uicht cog?wscere oder cognoscendi. Vg^l. Heu-
sin^. Emeiidd. p. 47t).
Operari alirui rei, Mühe auf Ktivas verwenden, sich mit Etwas be-
schäftige?i^ ist mehr P. L. und kommt in Prosa erst seit Livins vom
Gottesdienste vor; überhaupt ist es sei(en,und werde lieber ver-
mieden durch operam dare oder tribuere alicui rei, oper. conferre in
aliqnam rem, oper. consumere , locare , coUocare ^ponere in aliqiia re.
Das Part, operatus hat bei den Bessern fast nur die Bedeut. des Prae-
sens oder eines Adject., beschäftigt , und hat daher zur Bezeichnung
der Vergaiigenlieit/w/, nicht suin, bei sich.
Opinarius , eingebildet , ist N. L. für opinatus , ficlus , aninw cogi-
tatus u. a.; — auch kann man es umschreiben durch quod in opinione est.
Opinatio ist weniger die Vermuthung selbst, welche opinio heisst,
als das Fennuthe?i als Handlung. Vgl. Klotz z. Cic. Tusc. IV, 7, 15
und Raschig Progr. p. 34.
Opinatus, «, um, eingebildet, in passiver Bedeutung, scheinbar, auf
Vermuthung beruhend, vermuthlich, ist ein philosophisches Kunst-
wort, welches Cicero in Verbindung mit bonum und malum braucht;
es werde nicht falsch angewendet, wie es Sintenis (im Hülfsbuche)
einigemal gethan hat. Vgl. Klotz zu Sintenis p. 155; auch oben Opi-
narius.
Opinio, die Meinung, ist nur eine vermuthliche, nicht auf Gründe
gebaute, während sententia eine auf Gründe, die ein Anderer freilich
verwerfen kann, gestützte Meinung ist; daher bedeutet opinio meistens
nur Vermuthung, und opinari nur vermuthen, weswegen man auch bei
flüchtiger Angabe seiner Vermuthung und unbegründeten Meinung zu
sagen pflegt: ut opinor , ut opinio mea fert oder est, nicht ut sentio,
ceuseo,judico u. a. Wenn man daher sagt: ich bin der Meiriung Je-
mandes, so heisst dies nicht smn alicujus (tuae, illius) opifiionis , son-
dern nur se?ite?itiae (Liv. I, 8, 3), weil Niemand der opinio eines An-
dern beipflichten wird.
Opitulatio , die Hülfe , Hülfleistung , ist Sp. L. und nicht nachzu-
brauchen für auxilium, ops, opemferre, auxilio venire.
Oportere, müssen, bedeutet nicht das ßlüssen der Nothwendigkeit,
sondern das der Rechtlichkeit und Gerechtigkeit, die Etwas fordert
und nach der es sich gebührt, dass Etwas geschehe, sowie in nofi
oportere — die Ungerechtigkeit liegt , es dürfe Etwas nicht geschehen.
Vgl. über den Unterschied von oportere, necesse esse, debere und der
Conjugat. peiiphr. Forbiger's Aufgaben. Weber's Uebungssch. p. 54.
Reisig's Vorles. p. 746 u. A. — Das Verbum, welches von oportere
abhängt, werde aber nie mit der Conjunct. ut verbunden, was im N. L.
bisweilen geschieht und auf fehlerhaften Stellen beruht, sondern mit
dem blossen Conjunctiv und dem Nominativ des Subjectes, oder mit
dem Accusativ und dem Infinitiv., was Cicero häufiger thut. Vgl. die
Grammatiken und Anleit. §. 450.
Oppetere, für sich allein, in der Bedeut, sterben, ist nur P. L. und
kommt N.Kl. in Prosa nur beim altern Plinius, Tacitns und Aehnlichen
vor ; Kl. und bei allen Bessern steht es nur mit dem Zusätze mortem.
558
P. L. mit letum. Es wird aber mir vorn Mwwß^Mr//cÄen Tode gebraucht,
sei es durch eigne oder fremde Hand.
Opponere, entgegenstellen, entgegensetzen ; — Ei?iem Etwas, alicui
aliquid, nie aber ohne Object im Accusativ. Daher ist es N. L., wenn
man in gelehrtem Streite sagt alicui opponere und halbdeutsch Einem
oppo7iiren, für alicui ndversari ; und so ist es auch N. 7>,, denjenigen,
weicher einem Andern widerspricht und ihn widerlegen -will, opponens
zu nennen, was im N.L. in Disputationen als Kunstwort oft vorkommt,
für adversarius oder qai respondet. Aber nach Dietrich sagte man nie
oppon. argumenta , rationes, wie Grysar glaubt, sondern afferre, uti.
— Auch ist es wohl fast N. L., opponere in der Bedeutung einwendejiy
Einwürfe gegen Etwas machen zu brauchen, was eigentlich nur in oc-
currere und respondere liegt, worüber mehr unter Objicere zu ver-
gleichen ist. — Das Partie, oppositus wird auch nicht in dem wissen-
schaftlichen Sinne entgegengesetzt, was dem Andern entgegensteht,
gebraucht, sondern dafür contrarius ; und so ist auch erst Sp. L. das
Neutr. oppositum in der Bedeut. Gegensatz, für contrarium. Darüber
bemerkt mit Recht Muret. (Commentar. Arist. Topic. T. III, p. 489
ed. Ruhnk.): Contraria cum Cicerone appello, quae barbari opposita.
Mau nenne daher z. B. sanns und aeger^ saluber {salubris) und pesti-
lens, dives und panper — nicht opposita, sondern contraria; doch ge-
schieht dies im N. L. häufig. Aucli nannten die Alten Gegensätze, wie
aut hoc, aut illud, nicht oppositio, sondern disjunctio. Vgl. Cic. I'opic.
14. Fat. 16. — Wenn als Naturwunder gesagt wird : die Flüsse sfröni-
teti in entgegengesetztem Laufe, nach der entgegengesetzten Seite, so
sagte man nicht: in oppositas partes, sondern in contrarias partes
ßuserunt (Cic. Divin. 1,35). — Getadelt wird es auch als unerwiesen,
wenn Muret. (Oper. T. I, p. 201 ed. Fr.) sagt: se in discrimen oppo-
nere, sich der Gefahr aussetzen , für se discrimini, periculo , periculis
opp., wiewohl se in discrimen offerre richtig sei und auch objicere mit
in aliquid verbuntlen werde. \^[. mehr bei Frotseher zu Muret.
Oppositivus , was Bremi irgendwo braucht, ist N. L. für adversa-
tivus ; er sagt: vim habet oppositivam, für adversativam oder adver-
sandi, occurretidi.
Opprobrare alicui aliquid, Einem Etwas schmähend oder zur Be-
schimpfung vorwerfen, ist nur ^. und Sp. L. für exprobrare, probrum
alicui inferre oder jactare in aliquem.
Optare, wünschen; — dass Etwas geschehe, wird meistens durch
ut ausgedrückt, also utßat; N. L. mit dem Gerundiv.; z. B. opto m?i-
tandum, ich wünsche, dass es geändert werde, für ut 7nutetur. — iV^. L.
ist auch optare alicui fei icilateni , Einem Glück wüfischen, für optare,
ut aliquid fei iciter eveniat , velle oder cupere alicui aliquid feliciter
ercw?Ve, auch votis oder bonis ominibus aliquem prosequi, und bei etwas
schon Geschehenem gratulari de aliqua re. Vgl. mehr darüber unter
Gratutari.
Optice,die O/ifjA", kann als griechisches Kunstwort unbedenklich
lateinisch geschrieben aufgenommen werden, wie es auch Vitruv. ge-
than hat. Vgl. W eber's Uebungssch. p. 368.
Optime verbindet Cicero (Orat. II, 18, 75) negativ mit graece:
Poenus non optime graece , sed tarnen libere respondit , er antwortete
nicht zum besten griechisch, aber dochfreimüthig. Diese Stelle spricht
559
fiir diejenigen, welche bene, male — graece oder latine, gut , schlecht
griechisch oder lateinisch — als mijaleinisch verwerfen, was auch ich
oben unter Bene gethan habe, wiewohl ich am Schlüsse noch als Ein-
wand diese Steile hinzugefügt habe, da sie mir für diese Sprechweise
wichtig schien. Entscheide darüber, wer kann und mag.
Optimus. Wir brauchen im Deutschen das Neutr. das Beste als
Subst. in der Bedeut. das IVolil, der f ortheil, z. B. das Beste des
Staates; aber im Lat. sagt man nicht optinium rei puölicae , sondern
bonum publicum, salus publica, salus rei publicae, commoda \\. a. Vgl.
D. L. Lexica.
Optio, die Wahl. Freiheit zu wählen, ist gleich gut mit und ohne
den Zusatz eligendi. wievvohl es meistens ohne denselben stellt. Die
Wahl lassen, verstatten heisst gewöhnlich optionem dnre (Cic. Brut.
50, 189 nnd öfter) oder opt.facere oder deferre (Cic. Att. IV, 18, 3),
aber nicht opt. ferre , wie Muret. (Expl. Cic. Catil. epist. dedic. IV)
schrieb: si optionem tibi Dens tulisset, für dedisset,fecisset, detulisset.
Vgl. iAlatthiae Exempla p. 176.
Opulenter heisst zwar reichlich, aber reichlich wiedergeben heisst
nicht opulenter reddere, sondern cumulate.
Opus, das Werk, und opera, die Werke, werden heutzutage ganz
allgemein von den geistigen und schriftstellerischen Werken gebraucht,
z. B. hoc opus Ciceroiiis , opera Ciceronis , opera Hofneri, opera omnia
Piatonis u. dgl. Wiewohl nun allerdings das Werk, die Arbeit eines
Künstlers, z. B. eine Bildsäule, ein opus Polycleti, Myronis u. s. w.,
und überhaupt Alles der Art, was zum Bau-, Kriegs- und übrigen
Künstler-Wesen gehört, opera genannt wird , ja sogar opus Oratorium
— eine Rede heisst, so kommt es doch nie so allgemein von Büchern
und Schriften eines Mannes vor, so dass es dem, der Kl. schreiben
will, wohl bedenklich sein mag, die Schriften Cicero's opera Ciceronis
zu nennen — und so alle ähnliche. Man vermeide es so viel als möglich.
Vgl. Raschig Progr. p. 25, der darauf aufmerksam gemacht hat. Ja,
es sagt schon Manut. (z. Cic. Fam. XVI, 18): male latine loqunntur,
qui Piatonis opera dicunt. — Wiewohl opus — Mühe und Arbeit heisst,
so ist doch zu bezweifeln, ob man mit leichter Mühe durch facili opere ;
mit grosser Mühe, mühselig durch magno opere; ohne alle Mähe
durch fiullo opere übersetzen könne. Falsch ist es wohl, wenn Valcken.
(Opusc. p. 222) sagt: locus facillimo opere (Jnr facillime) emendari
potest. Vgl. oben Negotium. — N. L. nennen die Theologen gute
Werke, d. h. gute Handlungen, bona opera, für bene facta , bonae ac-
tiones., und gute Werke thun heisst blos bene facere.
Opus (indecl.), nöthig. Für den Nominativ oder Ablativ dessen,
Avas nöthig ist, steht selten (doch sogar einmal bei Cicero und einige-
mal bei Livius) der Ge7^^7/ü,• wenigstens alime man dies nicht nach,
wie es Ang. Politianus (latein. Herodian VI, 16) gethan hat, welcher
sagt: omnia quorum foret opus, für quibus foret oder quae forent. — •
Wozu Etwas nöthig ist, wird durch ad oder in aliquid ausgedrückt,
z. B. ad valetudinem (Cic. Fam. XVI, 4, 5), in rem (Liv. XXX, 4). —
Ein davon abhängiges Verbum folgt meistens im Infinitiv oder Accus.
(aber mcVi Dativ) m. d. Infinitiv, nicht mit oder ohne ut und dem
Conjunctiv, was A. L. und N. Kl. ist (doch steht es beim Jüngern Pli-
nius [Ep. IX, 33, 11]), und, obgleich weniger gut, von Sintenisin seinen
5()0
liiilfsbiicliern empfoJilen wird. \^\. Klotz z. Sinteiiis p. 118 u. p. 173.
— Man sage nicht: tibi opus noii est hie ?iianeie, noch (ut) hie muneas^
sondern: non est opus te hie mauere. — Falsch ist noii oder mhil opus
est, (ftiod — , für^^07^ opus est mit dem Ififl/iitiv, oder noch gewöhnlicher
noji est. quod oder nihil est, quod ohne opus. — Fast einzig ist, was
nur N. KL bei Coluraella (IX, 1, 5) vorkommt, opus habere aliqua re;
er sagt: ut graminibus, itafrugibus robur?ieis opus habe/if. Ausser ihm
hat es nur noch Sp. L. der heilige Augustin gebraucht. i\Ian ahme es
nicht nach; dennoch kommt es im N. L. vor, und sogar Ruhnken hat
es einmal in einem seiner Briefe gebraucht. — Nöthig haben in der
Bedeut. bedürfen lieisst indigere ; sonst alicui opus esse. Vgl. auch
Vorst. latin. mer. susp. p. 61 und Reisig's Vorles. p. 671.
Ora bedeutet zwar den Rand, z. B. eiJies Bechers, aber nirgends
Rand eines Buches, Briefes, geschriebenen Blattes, fi'ir margo; es
ist also in dieser Bedeut. N. L., doch wird es oft so von den Kritikern
gebraucht, welche ora codicis in der Bedeut. Rand einer Handsclirift
brauchen. Audi die poet. Redensart in luminis oras , ajis Licht, ver-
bunden mit efferre, edere, exire, wird im N. L. gemissbraucht, indem
man sie für die gewöhnlichen Ausdrücke edcre oder vulgare braucht,
z. B. libruTH, ein Buch herausgebe?!. Freilich klingt dies sehr scliön,
zumal wenn es gar heisst in dias luminis oras.
Orare, bitte?i, wird verbunden aliqueni aliquid., Einen um Etwas
oder von Einem Etwas, A. L. auch ab' aliquo und cum aliquo, aber
nicht ex aliquo. — N. L. wird es ohne den Zusatz deum gebraucht, in
der Bedeut. bete?i; doch ist dies besser durch precari deum, precibus
deum compellare, supph'care deo u. a. auszudrücken. — Ein davon ab-
hängiges Verbum folgt bejahend mit ut, verneinend mit ne; P. L. mit
dem Infinitiv. — Die Redensart oro te, ich bitte dich, wird, wie quaeso.,
in den andern Satz, der dann mehr hervorgehoben wird, eingeschoben,
und dann kann das abhängige Verhum im Imperativ stehen ; z. B. It-
briim, oro te, mihi quamprimum mitte, für te oro, ut mihi — mitlas. —
Wenn orare mit rogare in V erbindung steht, so folgt es als das stär-
kere auf rogare; z. B. rogo atque oro, nicht oro atque rogo ; dagegen
steht es vor obsecrare, hortari und obtestari , also oro atque obsecro,
ora atq. obtestor, oro et hortor, da diese drei stärker sind als oro.
Oratio bedeutet im N. L. auch Gebet, für preces, precatio, und so
wird denn z. B. das Vaterunser oder das Gebet des Herrn sehr oiioratio
dominica genauut, statt precafio donmii. Einfrom?nes Gebetheisst nicht
oratio devota, sondern piae preces. Auch bedeutet oratio nicht das Ge-
rede, Gespräch, was sermo heisst; man sagt also nicht: in orationem
hominum venire, für i?i sermonem oder in ora hominum venire.
Oratrix, als Ferain. von orator , die Rednerin, Redende, Bittende,
galt früher blos für A.L. (bei Plautus), doch ist es jetzt auch Ä'/. (bei
Cic. Rep. II, 8).
Oratus, das Bitten, ist nur im Abi. oratu, auf Bitten, üblich, wobei,
wie bei allen ähnlichen, zu merken ist, dass kein Adjeet. dazu treten
kann, aber ein Genitiv und ein Possessiv- Pronomen. Man sagt wohl
oratu fratis mei, auf B. 7neines Br., aber \nc\\t justo oder humili oratu
fr. mei, auf das gerechte oder demüthige B., ivxr justis, htimilibus pre-
cibus, humili obsecratione.
Orbis ist in der Bedeut. Erdkreis, Erde ohne den Zusatz terrae
561
oder terrarum fast nur P. L., und kommt erst N, Kl. bei Tacilus,
Ciirtius, Florus und Justinus vor. Es uerde daher nicht ohne einen
jener Genitiven für terra oder im Plur. terrae g^ebraucht, was den-
nocli im N. L., z. B. von Muret., geschehen ist. Vgl. Frotsch. z. Mureti
Oper. T. I, p. 122 ed. Fr. Iland's Lehrb. p. 155. — Ueber den Unter-
schied von orhis terrae und terrarum vgl. unter Terra. — Da orbis nie
geradezu das Weltall hedentet und gleich tmmdus ist, so ist auch die
im N. L. vorkommende Redensart ab orbe coiidito , voji Erschaffimg
der Welt an, als ungebräuchlich zu verwerfen. Da ferner orbis nie
Menschen bedeutet, zumal zerstreut wohnende, so sind Redensarten,
wie: orbis litteratus oder eruditus, orbis eruditoruni , litteratorwn, die
gelehrte Welt, d. h. die Gelehrten, unlateinisch. Nolten (Antib. T. 11,
p. 105) vertheidigt dieselben. Vgl. unter Erudittis. — Eben so N. //«
ist orbis christianns, die christliche Welt, Christenheit, Christen, für uni-
versi christia?ii, quantiim est christianorum oder auf ähnliche Weise. —
N. L. ist auch, was Goerenz (Cic. Leg. p. XIII) braucht: aliquid in ple-
nu7n orbein redigere, in der Bedeut. Etwas vervollstä?idige7i. Endlich
wird in den Redensarten : im Kreise herumgeheji, her umstellen^ herum-
stehen, sich im Kr. vertheidigen und ähnlichen nicht in orbe ire, cir-
cuniire, consistere, stare , circumstare , se tutari, sondern in orbem ge-
sagt. Vgl. Liv. I, 17; XXVIII, 33 u. a.
* Nach Klotz hat Cicero nicht gewöhnlich in orbe terrae, terrarum gesagt,
sondern orbi terr. mit der alten Form des jetzt so genannten Abi. localis auf i,
wie in domi oder domui, humi u. a. So steht nach den besten Handschr. orbi in
Cic. Verr. IV, 38, 82. Rep. V, p. 452. Sest. 30, 66 Pro domo 10, 24. Da aber
dieses mit der Zeit veraltete und der Form orbe wich, so hält man sich jetzt im
Schreiben lieber an diese neue gewöhnliche Form.
Orbus, verwaist, beraubt, wird meistens mit dem blossen Abi. ver-
bunden, aliquo, atiqua re, selten mit a; P. L. mit dem Genitiv.
Orcus, die Unterwelt, als Ort, ist nur P. L. für loca infera oder
inferorum. Vgl. Inferi.
Ordinäre bedeutet meistens nur in Ordnung bringen, gute Ein-
richtung geben, nicht anordnen, was com-parare heisst. Theile einer Hede,
einer Schrift ordnen heisst zwar ordinäre (Cic. luv. I, 14, 19) ; aber
verwirrt gestellte Theile ordnen heisst disponere ; und so auch Bücher,
eine Bibliothek ordnen, bibliothecatn oder libros digerere oder dispo-
nere. Vgl. Cic. Att. IV, 8. Orat. III, 34, 137. — Wörter in einem Satze
ordnen heisst nicht ordinäre, sondern struere , woher hei Cic. (Orat.
70, 232) bene structa coUocatio verhoriim, eine ivohl geordnete Stellung
der Wörter bedeutet. — Einen Geistlichen ordiniren heisst nicht ordi-
näre, sondern initiare, und wenn es gleich ist mit einführen, — inau-
gurare. Vgl. Inaugurare. Ebenso heisst die Ordination nicht ordifiatio,
sondern initiatio, inauguratio.
Ordinarie (von dem zwar nicht verwerflichen, aber behutsam an-
zuwendenden Ordinarius^ ist erst ganz Sp. L. und nicht zu brauchen ; in
der Bedeutung ordentlich sagt man dafür ordine, ordinatim u.a., in der
Bedeut. gewöhnlich, gemeiniglich — plerumque, fere.
Ordinate, geordnet, nach der Ordnung , ist jetzt zweifelhaft und
wahrscheinlich Sp. L., da es nur in dem unächten Schlüsse des vierten
B. ad Herenn. c. 56 vorkommt, und noch einmal bei Lactanz, für or-
dinatim, ordine, recte, ratione et via. Wörtlich nahm es aus jener Stelle
Muret. (Oper. T. I, p. 141), aber schon Ruhnken bemerkte dazu: Hoc
36
562
habet ab auctore ad Her. IV, 56, ubi tarnen alii libri praebent ornate.
Cicero dixisset ordine.
Ordiri^ anfangen, sich anfangen, hat im Partie, in guter Prosa nur
orsus, Sp. L. ordilus. — Mit Etwas arfangen heisst nicht ordiri aliqua
re oder cum aliqua re, sondern ah aliqua re; daher womit oder wo —
U7ide ; damit — hi?ic oder inde.
Ordo, die Ordnung. Ob es auch von den Ordnungen der Schüler
in Schulen gebrauclit werden könne, darüber vgl. unter Classis. Sowie
aber ordo das gewöhnlichste Wort ist, durch welches Klassen, Stände
und Arten von Menschen nach ihrem Range , Stande und ihren Ge-
schäften, entweder durch einen beigesetzten Genitiv oder durch ein
Adject., bezeichnet und von einander unterschieden werden (so dass
es also gleichsam als Standesbenennung gelten kann), so kann es auch
in unserm Latein zur ßezeiclinung unserer Stände gebraucht werden,
z. B. Lehr stand , Bürgerstand, Bauernstand , ordo doctorum, civium,
aratorum ; Kauf ma?ms stand , ordo mercatorum — und so alle ähn-
lichen, so dass man Jiach unsern Sitten und unsrer Sprechweise, wenn
wir von neuen Dingen reden, einen ordo eruditorum hominum et do-
ctorum , philosophorum , theologorum , medicoruju , jurisconsultoj'um u.
dgl. nicht nur nicht verwerflich, sondern sogar acht lateinisch flndet.
— Da ferner in ordine7n redigere meistens demülhigen , einschränken,
wohl gar tiefer herabsetzen bedeutet, so kann es nur selten für unser
deutsches Etwas in Ordnung bringen gebraucht werden; dafür setze
man lieber das einfache ordinäre; z. B. ei7ie Provinz in die beste Ord-
nung bringen, niclit in Optimum ordinem redigere, sondern optime, ac-
curate ordinäre oder (nach Cic. Farn. III, 2, 1) provinc. maxime ex-
plicare ; Alles ist in Ordnung, omnia explicata su?it. Man richte sich
nach dem Sinne der Rede. — N. L. ist ex ordijie esse in der ßedeut.
gewöhnlich sein, oft vorkommen, wie z. B. Görenz (z. Cic. Fin. p. 326)
sagt: scribas in talihus peccare ex ordine est, für in usu oder usitatum
est, moris est u. a. — Ordo bedeutet zwar auch Reihe, aber nach der
Reihe von diesen Gegenständen sprechen heisst nicht: de his rebus
ordine oder in ordine loqui, sondern deinceps.
Ore tetins, mündlich ; — vgl. unter Os.
Organisatio , die Organisation, Einrichtung u. dgl., ist N. L. für
temper atio, z. B. civitatis (Cic. Tusc. IV, 1, 1), rei publicae (Cic. Leg.
III, 5), naturae (Tusc. I, 10, 21).
Organum in der Bedeut. Werkzeug, gleich instrumentum, ging als
Kunstwort in die Sprache mancher Künste über. Vgl. die Lexica. Oft
wird dafür ausser instruynentum auch machina gebraucht.
Oriendus, herstammend , kommt in dieser Form wohl nie vor für
oriundus.
Oriens, auch ohne sol, bedeutet zwar die Morgenseite, die östliche
Weltgegend, Osten, den wir daher auch Orient nennen; aber oriens
oder wohl gar oriens terra von dem in Osten gelegenen Lande und
seinen Völkern zu gebrauchen, ist, wie occidens von den in Westen
gelegenen, höchstens P.L. und findet sich in Prosa nur beim altern
Plinius und Tacitus, welcher z. B. H. II, 6 sagt: quietus oriens u. V, 8
oriens penes Assyrios fuit. Vgl. Occidens. Es werde in dieser Bedeut.
durchaus vermieden, und gewagt ist es schon, wenn Seneca (N. Q.
III, 26. p. 111 ed. Schw.) sagt: Idem in Oriente Tigris facit. Auch
563
im N. L. kommt es nicht selten vor. 3Ian brauche orientis (soli's) partes
(Cic. Fam. XII, 5, 3), terrae, regiones, provinciae, gentes.
Orientalis , östlich, morgenländisch, ist erst Sp. L. und wird sogar
im Plur. orientales von den in Osten wohnenden Völkern gebraurht.
Es werde aber, wie occidentalis, vermieden durch den Genit. orientis,
orientem specialis, ad orientem vergens oder versus , suh Oriente u. a.;
auch passt Asiaticus^ wenn etwas dem Orient Eigenthümiiches be-
zeichnet werden soll.
Originalis, ursprünglich, ist Sp. L. und zu vermeiden durch primus
oder zu umschreiben durch origo. Unser Subst. Original von einer
Schrift ist nicht durch das N. L. originale zu übersetzen, sondern
durch archetypnni, was ins Latein, aufgenommen war, oder durch exem-
plar ; von Thiereii etwa animale exempluni (Cic. Divin. II, 1).
Oriri, entstehen , ausgehe?i , den Anfayig nehmen ; tro und woher
wird durch ex oder ab ausgedrückt; daher auch da — hinc, dort —
inde , ivo — unde. Vgl. Cic. Sest. OH , ] 41., Und so heisst auch z. B, der
Rhein entspringt bei den Lepontiern, oritur ex Lepontiis (Caes. B. G.
IV, 10).
Ornatio, die Aus- oder Verzierung., kommt nur einmal iV. KL bei
Vitruv. vor, für exornatio , was aber auch selten ist; man setze dafür
lieber ornatus und die Verba ornare und exornare.
Ornatus (Subst.) ist das alltägliche Wort für unser Schmuck;
gleichwohl nannte man nach Liv. (XXXIV, 7) den weiblichen Putz
und Schmuck — mundus muliebris.
Orphanus, die Waise, das elteriilose Kind^ ist ein unnöthiges griech.
Wort für die latein. orbus, orba, parentibus orbatns (a). Aber nicht
wohl kann man das Wort orphanotropheii7n für unser Waisenhaus ent-
behren, da es kürzer als jede Umschreibung ist.
Orthodoxus, rechtgläubig , ist zwar Sp. i., aber in der theolo-
gischen Kunstsprache fast unentbehrlich, wie heterodoxus und haere-
ticus. Wo orthod. nicht durchaus nöthig ist, sage man der wahren
Bedeut, des Wortes nach: veram Christi doctrinam sequens. Diesen
Begriff verbindet man freilich heutzutage nicht mit dem Worte, indem
ohnehin ein Jeder seinen Glauben für den wahren, und was er glaubt,
für die vera Christi doctrina liält.
Orthographia ist ein kaum entbehrliches Kunstwort und fast KL
aus Augustus Zeit. Vgl. Sueton. Aug. 88 u. Grammat. 19. Die Sprach-
reiniger, z. B. Quintilian. (I, 7, 1), übersetzten es durch rede scribendi
scientia, und Sueton. i\\iYc\\ formida ratioque scribendi. Muret. (Praef.
Cic. Phil.) umschreibt es: scribe?idi ratio, quam nijdoyoacpiuv vocant.
Oft genügt scriptura; z. B. haec est vera hujus verbi scriptura.
Ortus (Partie, von orior), herstammend., wird selten anders als ab
aliquo oder blos aliquo verbunden, welches letztere bei locus fast im-
mer der Fall ist; z. B. summo, equestri loco ortus.
Os, der Mund, das Gesicht. Vielfältig stimmt bei dem Gebrauche
dieses Wortes das Deutsche mit dem Lateinischen überein. Man sagt
z. B. im Munde der heute sein, in ore hominum oder hominihus esse;
auch von Einzelnen, z. B. du hast immer im Miuide, semper tibi in ore
est (sunt). Es findet sich aber dieses ifi ore esse nie so einzeln, son-
dern theils mit den Adverbien der Allgeraeinheit semper., valde , oder
mit einem Genit. oder Dat. verbunden, z. B. vulgi, omnibus, omni po-
36*
564
pulo; oder für esse wird vi'gere gebraucht, was denn omnibus ein-
schliesst; — auch versari ; z. ß. Harmodius in ore et Aristogito
• vigent (Cic. Tusc. I, 49, 116); illa in ore vul gi diif{ue, in commu-
nibus proverbiis versantur (Verr. 1, 46, 121); in ore atque sermo?ie
onmiiwi coepit esse (ib. II, 23, 56) ; qui tum fere omnibus erat in ore
(Lael. 1, 2) — und so andere. Vgl. Klotz z. Cic. Tusc. I, 49 und dessen
Vorr. z. deutschen Ausg. des Laelius p. IX. — Auf gleiche Weise sagt
man in ore habere, wie wir im Munde haben, fuhren, wo aber nie die
Pron. nostro, vestro, suo hinzutreten. Vgl. Cic. Att. XIV, 22, 2 deinde
habent in ore, nos ingratos ; Fin. III, 11, 37 quem tu in ore semper habes ;
Farn. V, 16,2 semper in ore atque in animo habere; ib. VI, 18, 5
Lepta — riesiodeum habeat in ore. — Der Plur. in oribus ist aber in
dieser Bedeut. unlateinisch. Dagegen sagt man nicht in os hominum.,
sondern in ora hominum venire, pervenire, abire, wiewohl richtig ist
i?i sermonem hom. venire, in den Mund, ins Gerede der Leute kommen,
Gut ist ferner aliquem ple?io ore laudare. Einen mit vollem Munde
loben., z. B. bei Cic. (Off. 1, 18, 61) : ea nescio quomodo quasi pleniore ore
laudanuis. Eben so gut und nicht verwerflich ist, obgleich es nur A.
1/. bei Terenz (Adeiph. II, 4, 5) vorkommt: aliquem in os laudare.
Jemanden ins Gesicht loben, wofür Sp. L. nach Lactant. (Inst. III,
14,7) in faciem laudare gesagt wurde; derselbe Sinn aber liegt in
latidare aliquem praesejitem. — Auch brauchte man os gleichbedeu-
tend mit oculi, wie denn Cic. (Verr. II, 33, 81) sagt; quae i?i ore atque
in oculis provinciae gesta sunt; ebenso i?i ore o?n7iiufn versari. Daher
kann auch die Richtigkeit der Redensart esse ante os, vor Augen sein,
was Cic. (Rep. III, 9) braucht: ut esset posteris ante os documentum
Persarum sceleris sempiternum, nicht bezweifelt werden, und man
kann dafür nicht das erklärende ante ocm/os setzen, was Moser in jener
Stelle zu voreilig gethan hat. — P. L. ist dafür a7ite ora. — Man sagt
aber nicht in Beziehung auf die Rede: quid quid in os venit , was nur
in den Mund kommt, sondern quidquid. in buccam venit , worüber je-
doch Bucca zu vergleichen ist. Zwar nur A. L., aber doch gut ist
wohl iino ore in der Bedeut. einstimmig, für uno co?isensu. — N. L. ist
ore tenus in der Bedeut. mii?idlich, i'ür cora?n, voce, verbo (Cic. Fam. X,
8, 5), oder verbis., ipse, praesens, wie es der jedesmalige Sinn fordert;
ore tenus bedeutet nur bis an de?/ Mund. — Endlich wird unser Sprich-
wort: Morgenstunde hat Gold im Munde zwar meistens nach dem
Sinne übersetzt: Aurora Musis amica, aber es kann auch, mit dem Zu-
sätze ut aju7it (dicunt) Germani, wörtlich mit Beibehaltung des Bildes
übersetzt werden: Hora matutina aurum habet in ore.
Oscen in der Bedeut. der Gesangvogel , und im Plur. oscines , die
Gesangvögel, ist N. L. für aves cantrices oder cantalrices; denn bei
den Alten heissen in der heiligen Augurnsprache alle Vögel so, welche
den Augurn durch ihr Geschrei (cantu) Etwas verkündigen, z. B. Ra-
ben, Krähen \\. dgl. Vgl. Heusing. Emendd. p. 422.
Oscitantia ist, in welcher Bedent. es sei, erst N. L.; z. B. in der
Bedeut. das Gähnen, für oscitatio, was freilich erst N. Kl. ist; in der
Bedeut. Nachlässigkeit, i\ir negligentia, socordia,ignavia. Schon Muret.
(Oper. T. III, p. 39) spricht von oscitantia librarioruin, wobei Ruhn-
ken bemerkt: Oscitantia vocabulum Latinis band usitatum.
Oaor, der Hasser, welcher hasst, ist A. und Sp. L. und werde ver-
565
mieden durch qui odit; jedoch braucht es unter den Neuern auch
Muret. , z. B. Oper. T. I , p. 322 istis graecae lingnae osoribits , wozu
Frotscher bemerkt: Non daranem hoc substantivura, licet haud saepe
apud veteres legatur.
Ostensio, das Zeigen, Sehenlassen , ist Sp. L. für significatio.
Ostentare wird nur mit dem Accus, verbunden ; daher aliquid osten-
tare, mit Etwas prahlen, sich mit Elivas brüsten, ni^it aliqua re.
Ostentns (Subst.), das Zeigen, der Vorwaiid , Schein^ kommt nur
im Dat. ostentui \or ^ sonst selten, ausser bei Sallust. nur bei Tacitus
und Spätem; es werde vermieden.
Ostiiim, die Mündung , der ^usfluss eines Flusses, hat nie einen
Zusatz, wie in mare , bei sich. Ist Etwas der Art nöthig-, so sagt man
locus, unde (amnis, fluvius) in mare effluit oder effunditur.
Otiari , feiern , ruhen von einer Arbeit, ist selten für das gewöhn-
liche cessare.
Otiosus , müssig, ruhig. Sowie die Tage, welche von Geschäften
frei %mA , dies o//os/ genannt werden, wel< he auch dies vacui (^Cic.
Verr. II, 18) heissen, so können auch wohl die Stunden so genannt
werden, also horae otiosae : aber wo wir sagen: ich habe dieses in einer
müssigen Stunde geschrieben , möchte wohl in otiosa hora JV. L. sein;
es genügt hier, otiosus auf das Subject zu beziehen. So sagt Cic. (Divin.
II, 30) : quem locum nos otiosi convertimus, was wir übersetzen kön-
nen: welche Stelle wir in einem müssigen Stündchen übersetzt haben.
Ovinus, a, um , was das Schaf betrifft u. dgl., ist Sp. L. für das Kl.
ovillus.
p.p.
Pacate und pactfice, friedlich , sind Sp. L., besonders das letztere,
für tn pace , cum pace , in otio, tranquille. So sagt Cic. (Tusc. III, 11) :
tranquille placideque vitam traducere. Daher heisst Etwas friedlich
betreiben, aliquid cum pace agere. Jenes /)ffc?y?ce braucht Muret. (Oper.
T. 111, p. 634 ed. Ruhnk.) : tranquille pacificeque vivere, und Ruhnken
bemerkt dabei: Paciflce vox nullius auctoritatis (denn die ganz späten
Lateiner berücksichtigt er gar nicht).
Pacißcare und pacificnri, Frieden machen, sind j4. L. und später
selten; sie finden sich nirgends bei Cicero und Caesar, aber bei Sal-
lust. und einigemal bei Livius. Man vermeide sie daher lieber durch
pacem facere. — P. L. stehen sie in der ßedeut. beruhigen, besänf-
tigen, für pacare.
P actus (Partie, von pac/sc«'/ steht Kl. auch in passiver Bedeut.,
verabredet, ausbedungen.
Paedagogus, der Knabenführer, Knabenerzieher, wurde schon früh
ins Lateinische anfgenoramen, aber freilich nur von Sklaven gebraucht,
denen man die Kinder zur Führung anvertraute. Der BegriflF erweiterte
und veredelte sich nach und nach, wie er sich auch bei uns (Erzieher und
Lehrer) veredelt hat. V>o paedagogus nicht durchaus nöthig ist, setze
man dafür das latein. educator. Vgl. Heusing. Emendd. p. 422.
Paedantismus oder pedantismus, ein aus dem Französischen ins
N. L. aufgenommenes Wort von aufgeblasener und leerer Anmasslichleit
und dem Hochmuthe gelehrter Männer aller Art, kann zur Bezeich-
566
nung' dieses fast neuen und den Alten unbekannten Fehlers nicht wohl
entbehrt werden, jedoch gebrauche man es nicht ohne einen Zusatz,
der die Fremdheit andeutet, wie es z.B. Kuhnken (Opusc. T.I, p. 110)
thut, welcher sagt: Hoc Pedanti&mi vitium (utamur enim gallico verho,
cum in latina lingua non satis aptum huic rei nomen invenimus). Da
nun der Fehler zum Theil z. B. in dem liegt, was die Alten vanitas
graecula nannten, so bedarf es beim Gebrauche dieser Worte nur noch
zur bestimmtem Andeutung etwa des Zusatzes: quatn hodte iiovovoca-
bulo paedantismum dicimt. — Pedant aber geradezu durch paedagogtis
oder doctor nmbraticus auszudrücken, missbiiligt Eichstädt; bisweilen
passt dafür ho7no putidus oder ineptus ; über letzteres vgl. Cic. Orat.
]1 .4, 16 und Senec. Ep. 76. Und so kann z. B. vereor, ne putidum sit
scribere ad te, quam sim occupatus — übersetzt werden: ich fürchte,
es möchte pedantisch sein — .
Pae?ie oder pefie, fast, heinahe. Wir verbinden es bei vergangenen
Dingen gern mit dem Conjufict. P/asq pf. , was im Latein, nicht ge-
schieht, indem vielmehr der Indicat. Perf. g^esetzt wird; z. B. heinahe
hätte ich jenes ausgelassen , illud paene omisi, nicht omisissem. Vgl.
darüber die Grammatiken und Anleit. §. 296. Anm.
Pae/iultimus, der Vorletzte, ist Sp. L. für proximus a postremo
(nach Cic. Orat. 64,217). Als kurzes Kunstwort in der Prosodik ist es
aber kaum zu entbehren.
Paganilas, das Heidenthum, und paganus in der Bedeut. der Heide,
finden sich Sp. L. bei den Juristen und kirchlichen Schriftstellern,
sind aber weniger Kl. als gentilis oder idololatres (tra). Vgl. Ethnicus.
Pagus ist nicht sowohl ei?i Dorf, welches vicus heisst, als vielmehr
ein Bezirk, Distrikt, Kreis, Gaii, Caiiton; und daher bedeutet /iog•a?^^fs
nicht den Bewohner eines Dorfes, welcher ^'^cß«^^s heisst, sondern den
eines Bezirkes. Vgl. Heusing. Emendd. p. 422.
Palam verwechsele man nicht mit publice, da beide durch öffent-
lich übersetzt werden; palam steht dem clatn oder occulte, heimlich,
versteckt, entgegen, und bedeutet vor Aller Augen ; publice aber steht
dem privatiui, für sich, im Hause, entgegen, und nimmt Rücksicht auf
den Staat, {ür welchen oder auf dessen Befehl und Anordnung- Etwas
geschieht. Wenn öffentlich so viel ist, als auf einem öffenf liehen Platze,
so heisst es in pubtico. Daher unterscheiden sich: slalua ejus palam —
publice — in puhlico coilocata est. Vgl. auch Publice und Webers
Uebungssch. p. 322.
Palatium bedeutet in guter Prosa wohl nirgends Pallast in wnserm
Sinne eines grossen umfassenden Hauses; es werde daher vermieden
durch domus ainpln; und so heisst selbst der kö?iigliche Pallast —
do7tius regia, douiiciUuf/i regis (Cic. Manil. 8), aedes regiae.
Palilia wird im N. L. pedantisch von jedem Stiftu7igsfeste gebraucht^
für dies festus natalis^ z. B. urbis, scholae, academiae.
Palinodia findet sich nirgends Kl. in der Bedeut. Widerruf; so erst
N. L. für retractatio. Vgl. Vavassor. Antib. p. 568.
Palmarius, a, um, der Palme , des Preises nnirdig, ist A. L. Form
für die Kl. palmaris , e. Aber Reisige (Vorles. p. 158) hält sogar pal-
mariuni bei Terenz (Eun. V. 4,8) nicht für das Neutr. \on palmarius,
Avelches kein Wort sei, sondern für ein Suhst., der Paltngnrten , wie
rosarium, ein Rosengarten. — Palmarius kommt im iV. L. nicht selten
567
vor, z. B. bei Riihnk. (Vellej. 11,2): felix ^t palmar ia Lipsii emen-
datio, für palmaris.
Palpare, streicheln, schmeichebi , wird am besten mit d. Dat. alicui
verbunden, ist aber nur ein g^emeines, scherzhaftes Wort für adidari.
Panegyricus , die Lobrede. Von diesem griech. Worte haben nur
die Rhetoren Gebraucli ^^emacht, es ist aber gleichwohl nie allgemein
in der Bedeut. Lobrede gebraucht worden, weil das latein. laudatio
dafür genügte, wie denn die Jjobrede?i auf Verstorbene nur unter dem
Namen laudationes fmiebres vorkommen. Der jüngere Plinius machte
in der Benennung seiner feierlichen Lobrede auf den Kaiser Trajan
eine Ausnahme , indem er sie niclit /ff?/r/f/^/o , sondern etwas affectirt
Panegyricus nannte ; und so blieb dieses Wort auch nachher für ähn-
liche Fälle von Lobreden auf Kaiser. Man wende es daher nicht falsch
an für laudatio.
Panegyris, die Versa7mnlung, kommt nirgends bei einem Lateiner
vor, für conve?itus , concilium, concio; es ist also affectirt, es dafür zu
brauchen, wie es Mahne (Crito p. 275) thut: virorum eruditorum
panegyris.
Panegyrista, der Lobredner, ist Sp. L. für laudator.
Panicus, panisch, in der Bedeut. unerumrtet, unvermuthet , über-
rasche?id , kommt nirgends als lateinisches Wort gebraucht vor. Man
sage daher nicht panicus terror oder pavor, panischer Schrecken oder
panische Furcht, sondern entweder wie Liv. (X, 28): victorem equita-
tum velut lymphaticus pavor dissipat, oder umschrieben : pavor (terror),
qui graece panicus dicitur, quem Graeci panicum dicunt.
Papa ist in der Bedeut. Pabst, der oberste Geistliche der römisch-
katholischen Christenheit, erst fast N. L., da es bei den ersten kirch-
lichen Schriftstellern nur jeden Bischof oder vornehmen Geistlichen
bedeutete. Um dieser Verwirrung der Bedeutung zu entgehen, kann
man unbedenklich wegen der Äehnlichkeit lieber den alten Namen
Pontifex maximus dafür beibehalten, was auch die hessern Neulateiner
thun. Ebenso gebrauche mars als Adj. nicht das N. L. papalis, päbst-
lich, sondern pontißcalis oder pontificius. Man sage daher nicht atda
papalis, der päbstliche Hof, sondern pontificalis oder pontificia.
Papaver, d'er Mohn, ist in der bessern Prosa nur Neutrum und nur
A. L. auch Masc; daher heisst der Acc. papaver, nicht papaverem,
und im Flur, papavera, nicht papaveres.
Papyrus, die Papierstazide, kommt nur P. L. in der Bedeut. Papier
vor. Im A". L. ist dies die gewöhnliche Bedeut. für charta.
Par als Adject. . gleich. Ausser seiner Construction, über welche
die Grammatik und Reisigs Vorles. p, 677 zu vergleichen sind, beachte
man, dass die Redensart Gleiches mit Gleichem vergelten nicht par
pro pari referre oder reddere heisst, sondern ohne pro — par pari
referre (reddere), wie jetzt auch bei Terent. (Eun. III, 1, 55) nach
Bentley gelesen wird. Früher las man par pro pari, wornach auch
Muret. (Oper. T. II, p. 739 ed. Ruhnk.) sagte: par pro pari redditurum,
welchen Irrthum Ruhnken berichtigt. Vgl. mehr in H. Stephani Pseudo-
Cicero p. 209, welcher pro ebenfalls verwirft, und unten Pro und
Referre.
Paradigma, ein Beispiel, ein Muster, wurde erst Sp. L. gebraucht
und ist wegen exemplum unnöthig.
568
Paraenesis, die Avfmu7iterung;,ht erst Sp. L. für admonitio und ad-
hortatio, durch weJclie jenes hinlänglich ersetzt wird.
Poragraphus, de?' Paragraph, kann, wiewohl es ganz Sp.L. ist und
sogar da eine andere Bedent. liat, doch heutzutage als Kunstwort zur
Bezeichnung der kleinern Theile eines Kapitels nicht wohl entbehrt
und vermieden werden, da es durch ein passendes altes, zumal latein.
Wort nicht ersetzt werden kann. Es ist im Griech. geiieris cof/wimiis,
aber nach II. Stephanus (de abusn graec. ling. c. 1. p. 24) in unserer
Bedeutung nur generis fetni/i.
Parare^ bereiten, rüsten^ wird vielfach construirt. Man sagt parare
aliquid, Etwas bereiten; aliciii aliqiiid, Einern Etwas; se ad aliqiiid,
sich zu Etwas , auch aliquid ad atiqjiid, Etwas z?i Etwas. Bei folgen-
dem Verbo wird es mit dem hiflnit., oder mit e^/ und dem Gerund.y
oder mit ut und dem Conjunct. verbunden. FJbenso auch das adjecti-
vische Partie, paratus , welches bei Livius auch einigemal mit dem
Dat. verbunden wird. — Sp. L. aber scheint: se alicui r ei parare, sich
zu Etwas rüsten , für se ad aliquid parare. — JV. L. ist paratus in
aliquid, z. B. in o?n7iem eventuui, für ad omnem eve?itum , auf jeden
Ausgang gerüstet, gefasst (Cic. Fam. \1,2I, 1). — Vgl. Kaschig
Progr. p. 33, dem ich die Berichtigung meiner frühern Absicht verdanke.
Paratio und paratus, die Erwerbung ., Zurüsiung, kommen ausser
bei Sallust. nur N. Kl. bei Tacitus und Sp. L. vor; das erstere sehr
selten für appnratus u. a.
Parcere , schonen. Im Perf. halte man sich an A\^ ¥ orm peperci,
nicht an parsi , dagegen im Supin. an die Form parszrrn, nicht an par-
citum. Es wird nur A. L. mit dem Accusat., in guter Prosa nur mit
dem Dat. verbunden; P. L. in der Bedeut. nicht wollen, unterlassen,
mit dem Inflnitiv, für noUe,dubitare,intennittere. In Prosa kommt es so
nirgends vor, ausser einmal in einer feierlichen Rede bei Livius
(XXXI V, 32, 20): parce — jnra societatis jactare, für tio/i jactare.
Man ahme dies nicht nach, wie es Muret. einigemal, z, B. Expl. Cic,
Catil. I, 9 gethan hat, wo er sagt: qui scortari helluarive parcujit, für
nolunt, duhitaJit.
Parcitas,die Sparsamkeit, steht N. Kl. nur bei Seneca und Spätem
für parsimonia.
Parcus ist in der Bedeut. Mein, geriiig ., tvenig, spärlich fast nur
P. L. für parvus, esigmis. So braucht es Ilemsterh. (Oratt. p. 9) :
quorum copiam saue parcissimam.
Parens ist in der Bedent. der Anverwandte , besonders im Plur.,
erst Sp. L. und nicht anzuwenden für cognatus, propinquus ; — eben-
so das Subst. parentela , die Verwandtschaft , für cognatio. — P. und
Sp. Ij. sieht parent es in der Bedeut. die Vorfahren, für majores, wie-
wohl patres dafür Kl. ist. Vgl. Ileusing. Emendd. p. 423.
ParentaJis , e ist so sehr auf die P arent alia \int\ dies parentaJes,
das Leiche? fest , die Leiche?festtage zum Andenken der Eltern und
Verwandten , und bei Ovid noch auf ?imhrae parentales beschränkt,
dass man es durchaus nicht in der allgemeinen Bedeut. elterlich brau-
chen kann; man setze dafür den Genit. parentmii.
Pare?itare mit dem Dat. alicui \\\n\ pareiitatione?n habere, ei?ie Lei-
che?irede auf JeuiandeJi halte?i , ist A^ L. und passt weder als Titel
einer Leiche?rrede (oratio oder gewöhnlich laudatio funebris , woher
569
der Leichenredner — laudator hiess) , noch aiicli auf den Titel eines
Leithenprograninies , zumal bei nicht mit uns \ erwandten, da es bei
den Alten nur bedeutet: den Elterji und Anvertvandten ein Todtenopfer
bringen oder eijie Leichenbestattung halten.
Porenthesis , die Parenthese , ist ein jetzt kaum zu entbehrendes
Kunstwort, wiewohl es bei den Alten nur g^riechisch vorkommt und
von Quintilian. durch interpositio, interclusio, iriterjectio übersetzt wird.
Man brauche aber im Genit. nicht die griech. Form parentheseos, son-
dern die latein. parenthesis.
Paries, die JFand. — N. L. ist die nach dem Deutschen gebildete
Redensart in quatnor svis parietibiis oder intra qiiatuor siios parietes
esse, sedere, se tefiere, i?i sei?ien vier ff d?Hle?i sei?i., sitzefi, sich haltefi,
für intra parietes esse, se teuere (Cic. Brut. 8, 32. Quinct. 11 , 38),
domi esse, sedere, domo oder dornest/eis finibus se tenere (Cic. Att.
Yll, 12, 6). Wo wir von vier stillen ffänden sprechen, also von einem
stille?!, abgelegene?! ff oh?izimfner, da passt angnli. Vgl. Cic. Rep. I, 2.
Parititas , die Gleichheit , ist Sp. L. für aequalitas, aequitas u. a.
Parisii,iormnist bei den Alten nie Name der Stadt jPr/r/s, sondern
nur des Fo/Xes jener Gegend; die Stadt hiess Lntetia Parisiorimi,
auch einfach blos Lutetia. Das davon abgeleitete Adject. Parisiensis ist
A. L. für Parisinciis, was auf Inschriften vorkommt.
Paritas, die Gleichheit, ist Sp. L. für aequalitas, aequitasn. a. Un-
nöthig brauchte es Muret. (Oper. T. I, p. 145) : verborum paritatem,
für aequalitateni.
Pariter wird in der Bedeut. auf gleiche Weise Kl. nur in Verbin-
dung mit einer vergleichenden Partikel, z. B. ac, cum ge'iraucht, erst
später ohne eine solche; Äl. sagte man pari modo oder similiter.
Parnasus und Parnassus , der Parnoss, der den Musen heilige
Berg. Neu und gekünstelt sagte der jüngere Burmann; in Parnnsso
peregrinum esse, auf defn Parnass freind sein, in der Bedeut. von der
Dichtkunst Nichts verstehen, was ihm Niemand nachbrauche.
Parochus ist in der Bedeut. der Geistliche, Pfarrer, Pastor
N. Z., indem es nicht einmal so bei einem alten kirchlichen Schrift-
steller vorkommt, wiewohl parochia oder vielmehr paroecia bei den
Kirchenvätern einen Kirchsprengel oder eine Zf/ocese, jedoch nicht
eine P/oz-re/ bedeutet. Jenes Wort aber ist um so anstössiger und ver-
Averflicher, da es bei den Alten einen Gastirirth oder Lieferanten be-
deutet, der auf Kosten des Staates oder einer Stadt einen Fremden
beherbergen und mit allen Bedürfnissen versehen musste, Vgl.Ileusing.
Emendd. p. 423. — Wie Pfarrer oder Geistlicher zu übersetzen sei,
s. unter Concionator.
Paroemia, das Sprichwort , ist als fremdes Wort unnöthig neben
proverbium. Nirgends findet sich anch paroemiologi und paroemiographi.
Paroa:ys?nus, der Anfall einer Krankheit, ist ohne alle alte Aucto-
rität. Celsus sagt accessio morbi,febris, ein Fieber anf all, Fieberschauer ;
auch wird dafür commotiuncula (Cic. Att. XII, 11), motiuncula und
■motio gesagt. In derselben Bedeut. wird das Verb, accedeie angewandt.
Parrhesia, die Freimüthigkeit im Reden, kommt nirgends bei einem
Alten vor; es werde vermieden durch sermoJiher, oratio libera n. a.
Pars, der Tbeil. Zu bezweifeln ist v;o\\\pars im Sing, in der Bedeut.
Rolle (Tgl. F. A. Wolf zu Cic. Marc. 9, 27), für den sonst nur so vor-
570
kommenden Plur. partes; daher heisst meine Rolfe, meae partes, nicht
meu pars ; die erste Rolle, primae partes u. s. w. — Auch in der ßedeut.
Forzug steht es nur im Piur. ; bei Zweien wird gesagt priores partes,
nicht primae partes, noch weniger prima pars ; dag^eg^en in der Bedeut.
Prty/e/ sowohl im Sing, pars , als im Plur. partes. — - Unser zu?n Theil
heisst partim oder ex parte, zu wekliem letztern oft noch bestimmende
Wörter, wie magna, majore, maxima^ aliqua , ulla u. a. hinzutreten;
und so sagt man mit dem unabhängigen Accus. mag7iam , majorem,
viaximam partem. — Verworfen wird als />. L. altera ex parte , von
der andern Seite oder dagegen, für rursus, e contrario. Vgl. Heusing.
Cic. Off. II, 2, 5 und Klotz Cic. Tusc. p. 50 und p. 463. Ferner, wo wir
sagen von meiner Seite, in der Bedeut. in meinem Namen, sagt man
nicht ex oder a mea parte , sondern ?neo nomine., meis verbis, und ia
Redensarten, wie: keine, viele, einige — Briefe von meiner Seite und
ähnlichen, blos mens — nullae , multae , aliquot meae epistolae. Vgl.
Th. I, §. 151. Richtig aber ist pro mea — parte, für meinen Theil, d. h.
so viel ich vermag, nach meinen Kräften, gleich pro meis viribus. Vgl.
Cic. Farn. V, 2; XV, 15, 3. Es ist bescheidener Ausdruck für das zu-
versichtliche und starke pro virili parte, welches be<leutet so viel ein
Mann thun und leisten kann und muss, so viel es einem kräftigen Manne
gebührt und ziemt, nicht, wie es heutzutage gehraucht wird, in dem
bescheidenen Sinne nach Kräften, so viel ich vermag. Vgl. Cic. Sest.
66, 138. Phil. XllI, 3. Dejot. 13. Verr. V, 3. Anm. z. Mureti Oper. T.
I, p. 148 und p. 263. Hand's Lehrb. p. 169. — Für pro virili parte sagt
nur Livius pro parte virili, was Reisig (Vorles. p. 827) zu der Pata-
vinität des Livius rechnet. Vgl. Drakenb. z. Liv. 111,71, 8. — Noch be-
scheidener als pro ?nea parte sagt Cic. (Rose. Am. 47, 136) pro hac
tenui infirmaque parte. — Der Redensart pro virili parte ist gleich
pro civili pai'te , so viel ein Bürger thun kann und muss, oder nach
Ernesti mit andern Worten: quantum civis pro sua parte et potest et
debet. Vgl. iMatius Cic. Farn. XI, 28, 4. — Wo sich aber bei einem
guten Lateiner pro virili ohne parte findet, wie Mannt. ( Epist. 111,
27) sagt, oder pro mea virili parte (ib. II, 21), oder pro sua virili, wie
Mahne (Epicrisis p. 218) sagt, — weiss ich nicht, wenigstens kenne
ich für diese Ausdrücke keine Auctorität. — Auch ist es sehr gewa'gt
und gewiss ohne Auctorität, von einer Frau zu sagen pro s?ia virili
parte, wie es Perpinian. (Oratt. \). 203) thut: hujus mores pro sua
virili parte prosecuta fuerat Elisabetha. — Unbekannt ist mir endlich,
wer bei Wolf (Analect. p. 488) das lächerliche Latein : Collotum. ctiam,
ut scribit , pro parte virili curavit codicem gesehrieben hat. — Ueber
das doppelte partim vgl. nachher Partim.
Partialis und partilis ,partialiter und partiliter, partiarias , theil-
nehme?id, theilweise, auch parteiisch , sind alle Sp. L. und ohne allen
Werth; man drücke sie durch pars oder particula, particeps, im Adv.
durch particidatim und in der Bedeut. parteiisch durch partium Stu-
diosus aus. Was man im N. L. causa partialis nennt, ist bei Cic. (Part.
40) causa adjuvans et efßciendi socia quaedam.
Participare mit dem Accus, aliquid, an Etwas Theil nehmen lassen
oder Theil tiehme/i, mittheilen, RnAet sich meistens nur /-i. Z., bei Cicero
in Prosa nur einmal (ad participandnm), bei Livius zweimal, sonst nur
Sp. L.; es werde vermieden durch participemf acere , hu Vas^.fieriy
571
impertire, impertiri, in partem aliciijvs rei vocare, im Pass. venire. co?u-
municare ii. a. Vgl. Ileusing. Emendd. p. 477. Weber's Uebiingssch.
p. I()8. — N. L. sagt man aiicui aUqtiid partic. , Einem Etwas mitlhei-
le?i, f ui' cum aliquo aliquid communicare.
Participatio und pariicipatiis , die Mittheilung ^ The iln ahme , sind
Sp. L. für communicatio oder die Umschreibung mitjjßrif/ce/js. Gleich-
wohl sagt Politian. (latein. Herodian VUl, 4) : in participatum rei pu-
Z'/?V;«e ß^smcere, wofür Livius sagt: regjium oder imperium consociare
oder cum aliquo soclare.
Particularis , einen Theil betreffend, besonder, abgeso?idert, ist Sp,
L. für singtdaris , praecipuus oder die Umschreibung durch pars.
Eben so Sp. L. ist particnlariter fiir particulatim, per partes, membratinty
singillatim, praecipue. Vgl. Vavassor. Antib. p. 569 und Anm.z. Mureti
Oper. T. I, p. 363.
Partim -partim, theils-theils, ist gleich pars-pars, und passt nur,
wenn von mehrern Gegenständen etwas Verschiedenes, nicht allen
Gemeinschaftliches gesagt wird: z. B. die Feinde wurden theils (par-
tim, pars) gefangen, theils (partim, pars) getödtet; denn der Sinn ist:
ei?i Theil, ein anderer TheiL Aber falsch wäre: Thebani /jor^/m cives
officiosi sunt, partim maxime quieti, die Theb. sind theils dienstfertige,
theils sehr ruhige Bürger., iür tum — tum, da von allen Thebanern
Beides gesagt wird. — Tum auS partim folgen zu lassen, ist gegen den
bessern Gebrauch.
Partire, theil.e?i , ist in der activen Form nur A. L. für partiri als
Deponens; aber das Partie, partitus hat fast \\\xt passive Bedeutung,
getheilt, abgetheilt.
Purum , was nicht zu verwechsein ist mit paulum (paullum)., be-
deutet Kl. und auch sonst fast nur z7i wenig,allzu wenig, nicht genug,
aber nicht, wie im N. L. so oft, blos wenig, und ist gleich noji satis
oder minus. Uim steht nimium, %ti viel, entgegen und zwischen beiden
liegt satis, genug. Daher sagt Cicero (Orat. 22):jnagis ofFendit nimium,
quam parum, das Zuviel missfällt mehr, als das Zuwenig., und (ib. 53,
178) : in hoc genere nimium quod est offendit vehementius, quam id,
quod videtur /jß/-?/?«,- luv. 1, 1 zuerst purum prodesse und nachher ni-
miwm obesse, und Fam. VlI, 13 quod parum mihi constans et nimium
cupidus decedendi viderere. — Daher bedeutet parMm est, es genügt
nicht , gleich non satis est; parumne est? genügt es nicht? (Cic. Sest.
14, 32); parum multi, allzu (gar zu) fFenige (Cic. Plane. 7, 18) ; pa-
rum multa, allzu Weniges, nicht genug (Tusc. V, 37, \(}7);paru7n diu.,
nicht allzu lange, d. h. allzu kurz. — Falsch sagt daher Heyne (Praef.
Virg. T. I, p. 29): parum aut nihil, und Schütz und viele Andere: ad
setisum parum interest, für non multum oder non magnopere , weiche
beide ivenig bedeuten; ausserdem auch paulum, minus; z. B. tcenig
genau, minus oder no7i satis accuratus. — Ferner heisst nicht wenig
— multum oder steigernd non minimum (Cic. Att. XIV, 13, 3 nos cum
multum litterae, tum non minimum Idus quoque Martiae consolantur),
nicht aber non oder huud parum, welche beide erst N. Kl. und selten
vorkommen. Im A". L. aber sind sie häufig; es schrieb z. B. Einer:
hau d parum impedit locum latini interpretis versio ; ebenso Bergmann
(Praef. Ruhnk. Opusc. p. XXXIl) : non parum iuvidiae, für multum^
und Mahne (Crito p. 246): haud parum detrimenti litteris attulit. —
572
Ein wenig heisst paul?/m, z. B. Cic. (Rep. 11. 13): n pavlum (ein vjenig)
ah illa consiietiidiiie sunt revocandi ; — sehr weji ig heisst admodum
nihiL niclit parujn admodum (Sadolet. Ep. II, 12); — trie wenig heisst
nicht quam partim, sondern c/uafn non (Cic. Tnsc. II, 7, ]7 quam, hoc
iion curo), quam nihil, quam non multuni (Cic. Orat. III, 51, 197), quan-
tuni, quantulum (Cic. Att. III, 9, 4); — so wenig heisst adeo non (Cic.
Att. VI, 9, 3), tantulum^ usque eo non (Cic. Tnsc. III, 12, 27), nicht
tarn purum; — so wenig Etivas heisst nicht tum purum aliquid. , son-
dern sie nihil (Cic. Farn. XII, 9, 1) ; — so wejiig treder — ?ioch heisst
mcht ta?n paru7n neque — ?ieque , sondern ita neque — neque (Cic.
Rose. Am. 29, 82); — so ivenig, dass — , ita non, ut (Cic. Farn. VII, 1, 3.
Fin. II, 7, 22), usque eo non, ut (Cic. Sest. 51, llü. Rose. Ära. 15, 45),
adeo non^ ut etiam (Cels. Med. II, 10), nicht ita oder tam oder adeo
purum, ut , wie Ernesti (Opusc. orat. p. 172) sag^trquis adeo purum
humanus est. — Wenn Einig^e bei Sali. (Jug. %b purum idfacio) purum
blos durch wenig, gering, gleich pur vi, erklären, so spricht das gleich
darauf folgende satis , welches dem partim entgegensteht, dagegen.
Aber vielleicht vermuthet Madvig (Cic. Fin. p. 781) richtig, dass
^fl/T« ?c?/ac?o gelesen werden müsse, da partim durchaus falsch sei.
— Wie vielfältig im Gebrauche des Wortes purum gefehlt werde,
zeigen theils die bisher angeführten Beispiele, theils folgende Redens-
arten, die ich gerade fand:^o/7/w (für leviter) aegrotare; purum at-
tingere, für breviter , leviter , pattcis verbis u. a., je nach dem Sinne;
purum exspectare u. a., für paulisper , parumper ; purum curare, sich
wenig kümmern, wofür Terenz sagt parvi curare; purum laborare, für
71071 mugnopere laborare u. a. m.
Parum in Verbindung mit abest und folgendem quin oder ut, es
fehlt we?iig, duss — , ist N. L. und ohne alte Auctorität für non multuni
abest, quin — (Caes. B. C. II, 35, 4) oper paulum (pnullum) abest, quin
— (Caes. B. C. II, 35, 2. Sueton. Calig. 34 n. Nero 28), was mit jenem
irrig verwechselt wird, oder für prope est, ut — , was Livius in glei-
chem Sinne braucht. Vgl. auch Abesse. — Im N. L. aber ist Nichts
häufiger, als purum abest, quin oder tit — ; Beides findet sich sogar
oft in Gesner's latein. Lucian. Aber auch 3Ianutins sagt (Epist. 111,13):
parum abest, qtiin vehementer invideam, und Muret. (Oper. T. I, p.
377): purum absit, quin ipse — fateatur, wo Frotscher bemerkt: Nemo
Latiuorum dixit purum abest , quin pro 7ion tnultum übest, quin. Cf.
adn. meam ad Quintil. X, 1, 130, — und so noch einigemal; noch häu-
figer aber findet es sich bei den Neuern. — Ferner ist es N'. Kl. (z. B.
beim Jüngern Plinius), parimi est, es getiügt tiicht , mit tit zu ver-
binden; z. B. Plin. (Paneg. 60): purum est., ut in curinm venias, für
quod — venius, oder mit dem Accus, c. Inf.,te venire. — Endlich ist
N. L. purum vor einem Comparat., für paulo-; daher sagt JMahne (Crito
p. 257) lächerlich: in re litteraria asino purum solertior eram. Vgl.
übrigens über purutn Döderlein's Synon. Th. I, p. 146. Grotefend's
Comment. p. 276. Hand's Lehrb. p. 136 u. p. 155 und was GraufF zu
Bunelli Epist. p. 684 gesammelt hat.
* Aufl'allend ist es, dass in den Grammatiken /jarwm abest, quin — von alten
Zeiten her aiifg-efülnt und durch Sueton. (Aug-. 28) als vorkommend erwiesen
■wird. Aber dort findet sich Nichts von dieser Redensart, wohl aher in Nero 28,
wo jedoch nicht parum, sondern paullum ahcst steht; iür parum wird aber dadurch
Nichts bewiesen. Dieser Sclireibfeliler (wo er zuerst steht, weiss ich nicht) ist
aus .einem Buche in das andere übergegangen.
573
Pannnper ist in der Bedeut. ein wenig (in quantitativem Sinne)
N. L. für paiduni, paululum^ da es nur von der Zeit zu verstehen ist
und ei7ie kurze Zeit bedeutet; z. B. ei7i wenig, d. li. nicht lange warten^
parumper esspectare, wo auch paulum richtig ist.
Partus , klein, gering. Der Superlativ heisst Kl. und später im-
mer nur niini/nus , da die ^. Z-. Form parvissimus, welche der Dich-
ter Lucrez dreimal gebraucht hat (wiewohl er öfter minimus sagt),
nachher für die Scliriftsprache ganz veraltet war; in der Volkssprache
aber scheint sie geblieben zu sein, da Sp. L. noch parvissi?ne vor-
kommt. — Das Adject. parvus aber bezeichnet nicht die kleine Statur
eines Menschen; man sagte nicht parvus homo , ein kleiner Mensch,
sondern brevis (Cic. Orat. 11,60,245 brevior ipse quam testis,f/er
selbst noch kleiner , als der Zeuge war), oder statura brevis (Qninh'l.
II, 3, 8), oder p2(sillus, perpusiilus (ib.), sowie gross — longus , nicht
?nag?it/s hiess; daher sagt Cic. (Inv, I, 24): longus an brevis, ob gross
oder klei?i ; auch kann man sagen homo brevis staturae , humilis sta-
turae, via.' statura humili et corpore exiguo (Corn. Nep. Ages. 8). Nach
dem Auct. ad Herenn. (IV, 34) wurde parva statura fälschlich gesagt
für brevis statura. Und so heisst auch die kleine Statur geradezu bei
Caes. (B. G. II, 30) brevitas. Vgl. Magnus. — Man merke aber, dass,
sowie wir neugeborne Geschöpfe nach der Geburt eine Zeit lang die
Kleinen nennen, so auch die Lateiner purvi, nicht breves sagen; vgl.
Cic. Fin. III, 5, IG u. a. — Kleine Buchstaben heissen selten parvae
litterae, häufiger minutae litt, oder litterulae. — Selten sagt manparvo
labore (7iegotio), tnit geringer Miihe, öfter geradezu nullo /abore, nullo
negotio. Vgl. Negotium. — N. L. ist der Genit. parvi in der Bedeut.
wohlfeil, um einen geringen Preis., bei Kauf, Verkauf u. dgl., für parvo.
Falsch ist z. B. parvi istam domum emisti (vendidisti) , für parvo. —
X] eher parvi pender e vgl. Pendere. — Bei den Redensarten a parvo,
a parvulo und a parvis , a parvulis , von Kindheit an, welche seltner
sind, als a puero und a piieris, merke man, dass der <S'/;/^. nur von Ei-
nem, der Plur. aber nur von Mehrern gebraucht wird. Vgl. Puer.
Pascere se, sich weiden, sich nähren, in eigentlichem, und in der
Bedeut. seine Freude haben, finden in bildlichem Sinne, ist D. L. für
pasci, aber richtig mit einem andern Objecte, aJiquem , z. B. animumy
oculos pascere., die Seele, die Augen weiden in bildlichem Sinne; und
so heisst auch pastus atiimi — die Seelenweide (Cic. Tusc. V, 23, 66).
Pascha, das neue Wort für Osterfest, geht bei allen kirchlichen
Schriftstellern nur nach der ersten, nicht nach der dritten Decün., wie
es wohl Dichter brauchen und wie es oft im A^. L. vorkommt. Man sage
also im Genit. mcht pasch atis, sondern paschae. Vgl. Heusing. Emendd.
p. 446. — N. L. ist der Name Paschalia, welcher neben den alten
heidnischen Festnamen auf a//a nicht zu verworfen ist, zumal da das
Adject. paschalis gebräuchlich war.
Passibilis , der Empfindung , des Leidens fähig , ist Sp. L. für pa-
tibilis, und ebenso in der Bedeut. erträglich, für tolerabitis.
Passim, welches weit und breit , überall, an allen Orten bedeutet,
wird im N. L. ganz gewöhnhch in der Bedeut. hie und da, hier und
dort, nicht selte?i gebrauclit, was es bei den Alten nie bedeutet; man
sage dafür hie illic, nonnullis, aliquot, multis locis, ?ion semel, non raro,
oft auch leviter. Beispiele vom falschen Gebrauche des Wortes passim
574
finden sich häufig in den Anmerknn;2:en der Ausleger. Auch Wolf er-
wäliiit es in den Analect. (Tli. 1, p. 489) als falsches Latein.
Passio ist, in welcher Bedeut. es sei, Sp. L. ; in der Bedeut. Er-
duldimg, für perpessio; in der Bedeut. Leidenschaft, Begierde, für cu-
piditas, animi offectio u. a.
Passivus, leidend u. a., ist Sp. L. und meistens durch patiens oder
das Verb, pat i zn übersetzen; nur in der Grammatik kann es als altes
Kunstwort beibehalten werden. Uebrigens sagt Quintilian. (1,6,10)
für verbttm passivum — verhum., quod habet natiiram patiendi.
Pastor ist im N. L. die gewöhnlichste Benennung für den Geist-
lichen; in guter Prosa ist sie aber ganz zu vermeiden. Andere bessere
Wörter s. unter Concionator. — Noch vor Kurzem erschien eine Schrift
de officio et conditione pastoris rusticani (eines Landgeistlichen).
Pastns ; vgl. Pascere.
Pater, der Vater. Falsch ist patris fraier vom Oheim väterlicher
Seite in Beziehung auf den Sohn, für patrutis , und patris soror von
der Tante väterlicher Seite, für amita. — Der Vatermörder heisst
nicht geradezu parricida (paricida) , da dieses zwar zunächst und !>e-
sonders den Vatermörder bedeutet, aber meistens, wie parricidiuniy
eine sehr allgemeine Bedeutung hat, sondern patris interfector. — Der
Haus- oder Familienvater heisst gleich gut pater familiae und pat.
familias , welche alte Genitivform sich erhielt; vgl. Th. I , §. 15. —
Zweifelhaft ist patris loco, an Vaters Statt (Stelle), inv parentis loco.
Sehr selten wird auch pater in bildlichem Sinne für unser Urheber ^
Erzeuger, Gründer gebraucht; meistens steht dafür parens. Daher
sagt man nicht pater urbis, sondern parens urbis (Cic. Divin. 1,2);
mc\\i pater philosophiae, sondern parens phil., wie bei Cicero (Fin.
II, 1) Socrales heisst, wiewohl er (Orat. II, 3, 10) den Isocrates pater
eloquentiae nennt; auch sagt man nicht ;>«/er mundi, sondern parens
hujus universitatis (Cic. Tim. 2) mit vorgesetztem quasi, und omnium
rerum — parens mit dem Zusätze ut ita dicam (Cic. N. D. 11,34).
Nur wo die Vergleichung mit einem Familienhaupte nahelag, erlaubte
man sich den Gebrauch des Wortes pater., wie Cicero (N. D. III, 9, 23)
den Zeno /^o/e/' Stoicorum nennt. — Was hier über den bildlichen Ge-
brauch bemerkt ist, verdanke ich Firn. D. Dietrich. Vgl. auch Mater. —
Endlich heisst der Stammvater nicht pater stirpis , sondern auctor
gentis oder generis.
Patere in Verbindung rait/oras brauchte Muret. (Oper. T. II, p. 936)
von der Tugend, in der Bedeut. nach aussen hin streben , sich 7>ack
aussen zeigen, — virtus, quaeforas patet ; aber Ruhnken bemerkt: Re-
ctius scripsisset, quaeforas spectat, ut Cicero, quem imitatur, apud Non.
Marceil. Jnstitia foras spectat, et projecta tota est, atque eminet.
Paternus, väterlich, ist fast nur was den Vater angeht, vom Vater
herrührt, des Vaters ist, während patrius mehr das ist, was die Vor-
eltern angeht, das Vaterland betrifft. Und so wird jenes paternus, so-
wie malernus^ in der Redensart vo?i väterlicher Seite, väterlicher Seits
gebraucht; z. B. avus paternus, der Grossvater von väterlicher Seite.
Vgl. Maternus. — Dalier heisst auch die väterliche, d. h. des VaterS
Liehe., amov paternus , nicht amor patrius , welches den allgemeinem
Sinn hat: Liebe, wie sie ein Vater haben muss — und so ähnliche
Verbindungen.
575
Potescere, offenbar weTden, gleich pateßeri, findet sich zwar
nur einmal bei Cic. (Pliil. XIV, 6, 16), wo es von Orelli bezweifelt
wird, aber doch bei Livius, und ist nicht zn verwerfen.
Patheticus, pathetisch, affectvoll, ist zu Sp. Z., als dass es gehrauclit
werden könnte, für cotnmovens, coTicitans oder umschrieben durch qua
re concitantur, coinmoventur, perturbantur animi.
Puti bedeutet nur etwas Unang^enehmes leiden, erdulden, ertrageti,
sei es nun willig und geduldig, oder unwillig (aegre) und ungeduldig
(wie nach Livius XXII , 41 Hannibal den erlittenen Schaden ertrtig,
damm/.m aegerrime pass?is est , welche Stelle man falsch verstanden
und geniissbraucht hat): aber im N. L. wird es gebraucht wie unser
Mtwas leiden, in der Bedeut. haben, begegnen , widerfahren , erleiden,
d. h. von Etwas betroffe?i werden, in welchen Bedeutungen pati falsch
angewandt wird; z. B. pati damnum, detrimentum , Schaden, Verlust
leiden, iürfacere (daher damnum factum, der erlittene Schade?i; Cic.
Fam. X, 28, 3 magnum damnum factum est in Servio, ein grosser Ver-
lust, Schaden ist erlitten 2vorde?i), contrahere damnu?n , affici damno;
facere oder accipere detrimentiwi, und in der Senatsformel capere de-
trimentum (ne quid detrimenti capiat resptibl.). — Falsch ist pati cala-
mitatem, Unglück leiden ; cladempati, eine Niederlage erleide?! ; incom-
modum pati, Nachtheil erleiden , für accipere calam. ; auch capere in-
commodum, afßci incommodo ; — falsch ist ferner pati jacturam, Verlust
erleiden , für facere , accipere jact. ; pati naufragium , Schiffbruch
leiden, für facere naufragium ; poefias pati, Strafe leiden, d. h. gestraft
werdefi, für poenas dare. — Cicero sagt zwar pati injuriam, Unrecht
leiden, aber in dem Sinne des Ertragens ; U?irecht erleiden heisst bei
ihm accipere injuriam, während /ßcere injuriam — Unrecht zufügen
bedeutet. Dagegen brauchte M. Antonius, Cicero's Feind, contumeliani
facere in der Bedeut. Beschimpfung erleiden, beschimpft werden, für
accipere contumeliam, affici contumelia, weswegen ihn Cicero (Phil.
III, 9) tadelt und sagt: Quid e%ifacere contnmeliatn? quis sie loquitur?
nonne satins est rautum esse, quam quod nemo intelligat dicere? —
Und so brauchte auch N. Kl. Columella (R. R. L. I. praef. 11) ja-
cturam pati für facere oder accipere jacturam, und Sp. L. Lactanz (I,
21, 33) famem pati, in der Bed. Hunger erleiden, haben, für fame la-
horare, premi, confici. — Auch sage man nicht mortem pati, den Tod er-
leiden, für mori u. a.; nicht dolores pati, Schmerzen erleiden, empfinden,
für doloribus affiictari, laborare (es) aliqua re u. dgl. Ueberhaupt heisst
leiden an Etwas, z. B. am Kopfe, an den Augen, an den Füssen u. dgl.,
\\\e pati, sondern laborare. — Selten ist auch libenter aliquid pati in
der Bedeut. Etivas gern ertragen, für ferre aliquid non moleste, ferre
oder sustinere facile ; gut aber ist libenter pati (Cic. Phil. XII, "^^^gern
zulassen, zugeben, neben dem ^ewöhwMchen facile pati. Vgl. Cic. Tusr.
V, 6, 15. Süll. 1, 1. Rep. II, 15, 29. Fin. V, 20, 56. — Gut ist hoc dila-
tionem patitur, das leidet Aufschub (Liv. I, 14; XXI, 52) ; tempus pa-
titur, die Zeit leidet es ; dignitas mea non patitur, mein Ansehen leidet
es nicht — und ähnliche andere. — Endlich merke man, dass unser
lassen mit einem reflexiven Infinit., z. B. sich überreden , sich ab-
schrecken, sich bewegen lasseii und ähnl.,im Latein, weder durch pati.,
noch durch sinere mit dem Infin. übersetzt wird, sondern ohne diese
durch die Passiven persuaderi , deterreri, commoveri. Vgl. Klotz Sin-
676
tenis p. 123. Dietrich Sintenis p. 38 und Hand's Lehrb. p. 252, sowie
über den falschen Gebranch von /;«// Sciopp. de stylo p. 85 und Infam.
p. 63 n. p. 221.
PatibiUs ist in der Bedeut. erträglich ein mehr philosoph. Wort
bei Cic. (Tusc. IV, 23, 51) für die häufig vorkommenden tolerabift's,
fere7idas; in der Bedeut. für Etwas empfänglich steht es zwar nur ein-
mal bei Cic. (N. D. III, 12) von der Natur, ist aber sehr passend.
Patiens ist in der Bedeut. Patient., Kranlier N. L. für aeger,
aegrotiis.
Patientia , die Geduld. — D. L. ist 'patientiam habere cum aliquOy
Gedi/Id mit Einem haben, für aliqiiem patienter ferre.
Patrare,mac}ieny verrichten, zu Ende bringen,\Q\x\vt\i zwar bei
Sallust. vor, aber bei Cicero nur einmal (Att, I, 14 extr. promissa pa-
trare), vielleicht absichtlich, bei Caesar gar nicht und bei Livius imr
einigemal, mehr A^. Kl. bei Vellejus, Tacitus und Florus; es werde da-
her durch /öce/e, conficere u. dgl. vermieden, da es ein altes, gemeines
Wort zu sein scheint.
Patriciatus, das Patriciat, findet sich zwar erst N. Kl. bei Sueton.,
ist aber für den Begriff Kl. und einzig. Vgl. Weber's Uebungssch.
p. 410.
Patriota (aus dem Griech.) kommt nirgends bei einem Alten vor,
erst A^. L. theils in der Bedeut. Freund des Vaterlandes , für patriae
amans, qui de re ptiblica bene sentit u. a., theils in der Bedeut. Lands-
mann., für papillaris u. a. Vgl. Conterraneus.
Patrius, vaterländisch oder von den Vätern, den Voreltern stam-
?neW, ist bisweilen verschieden \on paternns ; \g\. dieses Wort. —
Man sagt zwar serrno patrius, wo wir sagen die Miitter spräche (vgl.
MaterJius), aber nie hngua patria. — f^nr P.L. scheint ein Dat. nach
griech. Art (bei naTui^iog) damit verbunden statt eines Genit., ab-
hängig vom Substantiv, wie z. B. patrius genti timor, für gentis ; patria
Türiis formido, für Tyrioriim. So braucht einigemal den Dat. Mahne,
z. B. (Crito p. 305) sermo cuivis popt/lo patrius, für cujusvis populi.
Patrocinari mit dem Dativ, alir.ui. Einen oder Ettvas in Schutz
nehmen, beschützen , beistehen., findet sich nur J. L. bei Terenz und
N. Kl. nur beim altern Plinius und einmal bei Qnintil.; es werde, weil
es so selten ist, vermieden durch patrocim'u?n alicui praestare , alicui
adesse, praesto esse, patroimm esse u. a.
Patronus und patrona, Schützer, Beschützer, von Göttern und
Göttinnen und Heiligen, findet sich nirgends bei den Alten; im N. L.
aber kommt es vor, iür praeses, custos, deus (dea), qui (quae) templo,
genti, terrae praesidet ; — später sagte man deus tutelaris. Vgl. Schori
Phras. p. 651. — Das Subst. patronatus , das Patronat , kommt erst
Sp. L. bei den Juristen vor, für patrocinium , jus patroni. Vgl. We-
ber's Uebungssch. p. 284.
Paucus, a, um, wenig, kommt im Sing, fast nicht vor und werde
nicht gebraucht. W enn Florus, ich weiss nicht wo, pa?/ca manu gesagt
haben soll, so wäre parva manu besser gewesen; ähnlich fand ich
neulich: paucam fere ac mancara operam — impendi, für parvam, exi-
puam. A^. L. ist es, wenn man unser einzelnes, absolutes kurz, wo-
mit man in der Rede forteilt und andeutet, man wolle mit wenigen
W^orten seine Meinung sagen, durch paucis oder paucis verbis aus-
577
drückt. Vgl. darüber unter Bretts. — A^. L. ist es aucli, wenn Görenz
(z. Cic. Fin. p. 326) sagt: Paucis a?ite peccat Ernestiana, und ander-
wärts paitcis deinde, für paulo ante und paulo post. — Wo wir sagen:
wie Wenige gibt es, welche — und ähnliche, sagt man latein. meistens
quotusquisque est, qui — , selten quam paitci sunt. — Auch ist pauci
kein Beiwort von copiae , die Truppen, wesshalb man auch nicht sagt
paucitns copiarum, die Wenigkeit der Truppen. Vgl. darüber Copia. —
Erst N. Kl. beim altern Plinius und Quintii. finden sich die Redens-
arten in paucis und inter paucos mit einem Adject. entweder im Posit.
oder Snperlat.; z. B. bei Plin. {^.H.WX,i): in paucis digna res est, de
qua plura dicantur; ib. XXVII, 7,28 absinthium — herba ifiter paucas
utilissi7na; bei Quint. (X, 3, 13) : inter paucos disertus — , welche Re-
densarten auch im N. L. gebraucht worden und nicht zu verwerfen
sind, wiewohl die Kl. Schriftsteller sich mit dem Superlat. begnügen.
Paulisper (pauUisper) ist in der Bedeut. ein wenig , wenn es nicht
ein Weilchen bedeutet, N. L. für paulu?n oAer paululum ; es bedeutet
nur auf eine kurze Zeit, ein Weilchen. Falsch sagt daher Freinsh.
(Supplera. Curt. I, 3): postquara deinde aetas et ingemnm pauUisper
adolevit.
Paulus (paullus), a, um, klein, gering, ist als Beiwort mit einem
Subst. verbunden nur ^. und P. L. für parvus. Dagegen kommt puul-
lum im Accus, und paullo im Abi. für sich aliein oft vor, paullum aber
fast nur in der Bedeut. etwas, ein wenig, um ein Adject. oder Verbum
näher zu bestimmen, oder als Subst. mit einem Genit.; der Abi. paullo
in der Bedeut. um ein Weniges, ein we?iig, etwas u. dgl., gewöhnlich
nur bei Comparativen, z. B. paullo major, und bei ante und post, z. B.
paullo ante, paullo post; auch bei Verben, die den Comparativen ähn-
lich sind, z. B. antecedere. Man achte im Schreiben darauf, mögen auch
einzelne Beispiele dagegen sein, wie bei Caes. (B. G. VI, 9) : paullum
supra und (B. G. VII, 51) post paullum, für das gewöhnliche paullo.
Ebenso wird he\ Dichtern paullum mit Comparativen verbunden, für
paullo. — Man sage nicht: ille paullum melius locutus est, für paullo ;
nicht paullum ante Ennii mortem, für paullo; nicht paullo mihi arrisit,
paullo mecum jocatus est, paullo editi loci, für paullum; auch nicht
paullo exspectare , opperiri , ein ivenig , etwas, d. h. ein Weilchen war-
ten, für paullum oAer pauhilum oder noch gewöhnlicher pauUisper
oder parumper. — In der Redensart /;a?///?/7n abesse folgt das davon
abhängige Verbum mit quin. Vgl. Parum und Weber's Uebungssch.
p. 337. — Uebrigens ist paululum mehr im Gebrauche als paullum;
aber paullo mehr als paululo.
Pauper, arm, wird nur im Gegensatze von reich gebraucht, nicht
aber dann, wenn man Einen oder Etwas wehmüthig beklagt; z. B. der
arme Mensch , die armen Menschen , das arme Italien u. dgl., nicht
pauper, sondern gewöhnlich miser — miser homo, miseri homines, mi-
sera Italia (Cic. Att. VIII, 11, 4).
Pauperies, die j4rmuth, ist meistens P. L. für paupertas.
Pausa ist A. u. Sp. L. in der Bedeut. StiUstand, Ende, für quies,
Jinis, und das Verbum pausare ist ebenfalls A. u. Sp. L. für quiescere,
flnire. — Eine Pause, d. h. Unterbrechung, z. B von einer Stunde, heisst
nicht, wie man es im N. L. ündet , pausa , sondern mora, cessatio, in-
37
578
tervalfum ttnius horae: eine Pause in der Miisfk heisst nach Cic. (N. D.
11,58) ff/stinctio; eifie Pause im Reden, respiratio, inora,
Pavefacere, in Schrecken setzen, ist nur P.L. für terrere, pavorem
alicui incutere, injicere u. a.
Pas , der Friede. Selten ist in pace vivere , in Frieden leben., für
iranquille ^ otiose vivere, otio perfrui. Rednerisch sagt Plin. (Paneg^.
56, 4): in intimo sinu pacis vivere. — Einen in Frieden entlassen heisst
nicht /w /;ßce, sondern c«m pace aliquem diinittere (Cic. Muren. 15);
Einen in Ruhe und Frieden lassen , aliquem pacatum esse pati ; ein
tiefer Friede, summa pas^ nicht profunda, selten alta pas, was Salhist.
braucht. Vgl. Altus. — Die Höflichkeitsforrnel pace tua diserim ist
nur da anzuwenden, wo man von Jemandes Meinung abweicht und ihn
tadelt, nicht aber, wie es im N. L. bisweilen geschieht, zur Entschul-
digung eines beigefügten Lobes; es enthält den Gedanken: nimm es
mir nicht übel, ich bitte um Entschuldigung. Vgl. Wyttenbach z. Cic.
Leg. p. 488 ed. Creuz.
Peccare , fehlen , sütidigen. Gut ist sogar in se (ipsura) pcccare,
gegen sich siijidigen, wider sich selbst handeln, gleich in se admittere
(nicht committere).
Peccator, der Sünder, und peccatrix , die Si'mderin — in ganz all-
gemeinem Sinne — kommen erst ganz Sp. L. bei christlichen SchriHstel-
lern vor, für qui, quae peccat, peccavit. Hand (Lehrb. p. 142) verthei-
digt diese Ausdrücke, da sie als Personalwörter auf or und ix, welche
die latein. Sprache liebe, durch ihre Kürze willkommen seien. Jedoch
mögen sie lieber vermieden werden.
Peccatum wird von Einigen zu sehr beschränkt; es ist aber jedes
Versehen, worin es auch sei, im Denken, Handeln und Verfahren, gleich
error; daher kann es auch von Fehlern (Schnitzern) , die man im Ge-
brauche von Worten macht, gesagt werden, wie es z. B. von Sinn-
und Gedankenfehlern bei Cic. vorkommt (Tusc. 111, 20, 47) : /»awc/s
verbis tria magna peccata. Vgl. Anton. Progr. p. 50.
Pectere, kämmen. Beglaubigt ist im Perfect. nur die Form pext;
drei andere, pexui, pectui und pectivi, sind nur von Grammatikern ge-
muthmasst. Vgl. Struve über Declin. und Conjug. p. 275.
Pectus, die Brust, kommt in geistigem Sinne selten vor, da animus
seine Stelle vertritt. Es erhielt sich nur in der sprichwörtlichen Re-
densart toto pectore, mit ganzer Seele, von ganzem Herzen., mit Verben,
wie amare, incumbere , cogitare verbunden, mit und ohne den Zusatz
■ut diciiur. Vgl. Cic. Leg. 1, 18, 49. Att. XIll, 12. Farn. X, 10 u. a. —
Wo wir bei der Stimme und Rede dem Redner eine starke oder
schtvache Brust zuschreiben, brauchen die Lateiner nicht j!>ec///s, son-
dern latus und besonders im Plur. latera; und so findet sich bei Ci-
cero oft bona latera, eine starke Brust, nicht robustum pectus.
Peculari, bevortheilen, findet sich nur einmal N. Kl. bei Florus mit
dem Accus, rempublicam verbunden, für das Kl. depeculari, wiewohl
peculatus und peculator Kl. sind.
Peculiaris beschränkt sich fast nur auf den Begriff des Eigen-
thums und Besitzes, und bedeutet eigenthümlich. Dagegen wird es im
N. L. nur zu häufig in der den Alten unbekannten Bedeut. abgeson-
dert, besonder gehraucht, wofür wir auch eigen sagen, für singularis
(Cic. N. D. 11, 29), separatua (Cic. Att. XIV, 17, 6 volumen separ.)^
579
propn'ue, praecipuug , welches letztere dem communis entgegensteht,
z, U. bei Cic. (Att. XI, 14, 1): nie cmn comniunibus, tum praecipufs (ei-
genen, nicht peculiaribus) maJis oppressiim, Vä:l. Matthiae z. Cic. Epist.
p. 238. — Ebenso wird das Adv. peculiariter nicht in der Bedeut.
einzeln, besonders gebraucht, für singillntim, separatim, proprte; vgl.
darüber Matthiae Cic. Sest. 16, 37. — Man sage also nicht, wie Berg-
mann (z. Ruhnk. Opusc. T. 1) : de quo videatur peculiaris Ruhnkenii
disputatio ; nicht ea de re peculiarem lihrum scripsit; nicht de ea re
peculiariter disseruit, sondern singularis oder separata disputatio. sin-
gularem oder separatum librum, separatim disseruit. Vgl. Weber's
Uebungssch. p. 91.
Pecunia, Geld, werde vorsichtig gebraucht , da es nicht eitizehies
Geld, sondern Geld im Allgemeinen, Geldvorrath , einen Haufen Geld
im Gegensatze zu andern Gütern, oder eine Geldsumme bedeutet; —
Geld oder Geldstücke, die man bei sich hat, sind nur numi , numuli.
Daher heisst z. B. Geld bei sich haben, numos secum habere , nicht pe-
cuniam; Geld geben, numos dare (Cic. Att. I, \(y, 13); Geld vertheilen,
numos dividere; etwas Geld, numorum aliquid, aliquot 7iumos; ziem-
lich viel Geld, aliquantum numorum (Cic. Cluent. 64). — IJm Geld
bitten heisst wicht pecuniam rogare , orare ^ obsecrare , sondern pecu-
niam oder numos poscere oder ßagitare ; von seinem Gelde Etwas
kaufen u. dgl., aere suo emere ; Geld zusammenbringen, pecuniam con-
flcere (Cic. Rull. II, 13. Verr. I, 52). Baares Geld ist pecunia prae-
setis oder fiutnerata ; Geld baar auszahlen , pecuniam repraesentare^
und als Subst. repraesentatio. — Nach Zumpt (zu Cic. Verr. T. I,
p. 70) wird der Plur. pecuniae nur in Bezug auf mehrere Menschen
gebraucht, der Si7ig. dagegen in Bezug auf Einen. — N. L. ist pe-
cunia pusilla bei Burmann. (Petron. p. 380 unde tam pusilla pecunia
confecta sit). — Ueber multa pecunia vgl. Multus, und über pecunia
falsa vgl. Falsus und Moneta.
Pedantismus; vgl. Paedantismus.
Pedatus oder pedatum, der Angriff, steht nur A. L. bei Plautus
und Cato, und zwar bei Beiden tertio pedatu (o), beim dritten Angriffe.
Diese Worte braucht Hemsterhuis (Oratt. p. 171), ohne alle Bezie-
hung auf Kampf und Krieg, von einem Gelehrten: tertio pedatu de
diis paredris volumen composuit , wodurch der dritte schriftstelle-
rische Versuch bezeichnet werden soll. Ahme solche Künstelei nach,
wer will.
Pedester, stris, stre, den Fussgänger betreffe?id. Mag auch bei einem
Subst. gen. mascul. bisweilen die weibliche Form gebraucht worden
sein, so ahme man dies doch nicht nach, und sage also nicht sermo oder
esercitus pedestris, sondern pedester. — Im N. L. wird sermo pedester
und oi'atio pedestris von dem gebraucht, was die Alten prosa oratio,
und wir Prosa nennen, obgleich jenes sermo pedester nur P. L. bei
Horaz, oratio pedestris aber nirgends vorkommt, und Quintilian. (X,
1, 81) ausdrücklich dieses nur als griechische Benennung der gemeinen
niedrigen Prosa angibt, wie auch Horaz sermo pedester und sogar Musa
pedestris versteht, nicht von der edlern prosaischen Rede. Man ver-
meide daher pedester in dieser Bedeutung und halte sich an prosa
oratio und andere Ausdrücke, von denen unter Prosa die Rede sein
wird. Vgl. was Raschig (Progr. p. 23) richtig darüber bemerkt.
37*
Ö80
Pediseqm/s ^ der Diener. Man sclireibe nicht, was oft geschieht,
pedissequus. W^\. Heusill^^ Eniendd. p. 33ö.
Pejerare \n\A per jn rare, falsch schwüre//, sollen beide im Gebrauche
A'/. (auch bei Cicero) gewesen sein. Vgl. .Cic. OfF. III, 29, 18.
Pejf/scule , etn>as schlimmer., schlechter, kommt, sowie das Adject.
pejt/scuhts , nirgends vor, ist aber doch im N. L. üblich, wie z. B.
öluret. (Oper. T. II, p. 244) sagt: ctwi pejuscule //le huberevi, da ich
mich etwas schlim//ier befand; — und da es dem /neli/tscule und lon-
giusctile und vielen Adjectiven mit dieser Endung analog ist, so mag
es nicht ganz zu verwerfen sein ; Frotscher vertheidigt dieses, wie anch
die andern genannten.
Pelagtis, das Meer, steht nur P. L. und N. Kl. beim altern Plinius,
Tacitus und Aehnlichen für mare; dagegen erhielt sich das Adject.
pe/agii/s aus der griechischen Terminologie der Naturgeschichte als
Beiwort der Meer- und Seeßsche u. dgl. neben dem Adject. //lari/ius;
und so sagte man gewöhnlich pisces pelagii. — Nur P. L. ist terra
pelogoque, für marique.
Pelasgus, der Pelasger, ist nur Subst.; als Adject. ist es P. L. für
Pelasgicus.
Pellere, vertreibe?/, verdrängen , wird verbunden mit dem blossen
yibl. oder mit ex, selten mit de, aus einem Orte; z. B. patria und e
patria; mit a wohl nur, wenn es bedeutet zurücktveisen, abwehre//, ab-
halte// vo// einem Orte, worin Jemand noch nicht ist, wie bei Cic. (Att.
\.,S,2) : pelli ist?i/n ab Hispania , er werde von Sp z/irückgehalten,
und bei Liv. (II, 6): Tarquiniensis ab sua parte Romanum pepnlit.
Pelopo/inesiacus und Pelopont/esius^ Pelopo/ii/esi^ch, sind gleich
gute adjectivische Formen; Subst. ist nur Peloponnesius, nicht Pelo-
ponnesiacus, noch auch Peloponnensis., welches Sp. L. vorkommt.
P ender e , wägen, abwägen u. dgl.; — Etwas nach Etwas, aliquid
ex aliqua re. In bildlichem Sinne, in der Bedeut. schätzen, achte?i, wird
es nur ^. L. mit einem Genit. des Werthes verbunden, z. B. /nagni,
parvi w. dgl; — dies vermeide man durch andere Verba. Auch ver-
meide man das mehr A. L. pensi habere aliquid und alicui aliquid pe//st
esse, Etwas für wichtig oder gewichtig halte?/, was zwar Sallust. gern
braucht, was sich aber nirgends bei Cicero und Caesar, nur selten bei
Livius, auch N. Kl. selten, im N. L. aber oft findet.
Pendere, hangen, hängen, hat in physischer Bedeut. a und e.r (von
Etwas herab) und in mit dem Abi. (an Etwas) bei sich; P. L. auch
de und den blosse// j4blat. ; in bildlicher oder geistiger Bedeut. , «6-
hä/igig sein vo// Etwas, beruhen auf Etwas , wird es fast nur mit ex.,
seltner mit a oder mit dem blossen Ablat. verbunden. Man sage z. B.
nicht: ab hnjus regis vita rei publicae salus pendet, von de/n Leben —
hä/igt — ab, sondern ex hnjus regis vita; nicht ab hoc verbo tota illa
causa pendebat, vo// diesem Worte — , sondern ex hoc verbo (Cic. Orat.
II, 25, 107). — Grammatische Redensarten, z. B. der Ge//itio hängt
vo?/ de/ziselbe?/ No/nen ab, gehören wohl mehr zur ersten, als zur z/vei-
ten (bildlichen) Bedeutung; man sagt also wohl gleich gut: pendet
ab oder ex eodem nomine. — Das deutsche schwankend, uj/gewiss, iti
Ungewissheit sein heisst oft pendere a//ii/ii (was ein alter Abi., kein
Genit. sein soll) oder ai/imo , und bei Mehrern animis. Vgl. Cic. Farn.
VHI, 5. Att. XI, 12; XVI, 12. Tusc. IV, 16. Leg. I, 3. — U/nJema?idea
581
vilfen in Ungewissheü sein heisst pendere de aliqiio. — Sp. L. heisst
171 Un^eivissheit sein , in pendenti esse , für in suspenso , incerto, dubio
esse. Vgl. Weber's Uebiiiigsscli, p. 455.
Penetrale (Pliir. penetralia) , das Innere, Tmierste , ist meistens
F. L. für locus ivterior, intimus , pars intitna u. dgl. , aber mehr bei
heili;i:en Gegenständen; es werde also nicht falsch gebraucht, am
wenigsten so aflfectirt, wie es Sp. L. Geiliiis braucht, der von einem
penetrale cordis ei animae spricht, was freilich die Schöngeister schön
linden werden. — Mir scheint es lächerlich, für das einfache ex
aniino zu sagen : ex intimis cordis penetralibiis, was ich in einem iV. L.
Buche fand.
Penetrare mit einem Accus., z. B. se, pede/n u. dgl., in der Bedeut.
sich wohin begeben, ist nur yi. L. für das am^^che penetrare oder se
co/i/e/'Ae; jenes wurde Sp. L. wieder hervorgesucht.
Penitus , ein altes Adverbium, hängt wohl etymologisch mit pene-
trare zusammen, da es innen hinein, tief hinein bedeutet und sich da-
lier in örtlicher Beziehung mit ad und m mit dem Accus, verbindet.
Es wird aber in der Bedeut. ganz, durchaus, genau im A^. L. geraiss-
braucht; denn Redensarten, wie: /;e»«V«s /oyz//, ^e/^ß^/ reden {inv accu-
rate loqui) ; penitus inexspectatus , ganz utieruartet ( für prorsus
inexsp); penitus negare ., ganz oder durchaus läugnen (^fdr prorsus
neg.) ; penitus avvlare , ganz wegfliegen {i\\x plane avol.) ; penitus ali-
quid tollere u. dgl. sind gewiss zu bezweifeln. — Mit einem Superlat.
(zu dessen Verstärkung) verbunden soll Veliejiis (II, t27) nach dem
Texte der einzigen Handschr. gesagt haben : penitus Romano nomini
infest issimus, was jedoch von Ruhnken, da es sonst keine Anctorität
habe, verworfen und verändert wird. — Eben so unerhört und, wie
Reisig (Vorles. p. 174) sagt, sogar logischer ünsiiin, ist ein Comparat.,
penitius, der im N. L. vorkommt, wo manpenitius cognoscere, perspicere
u. dgl. findet, für accuratius , diligentius., altius. — Ganz Sp. L. aber
ist der Superl. penitissime. — Als Adject. (penitus, a, um) kommt es
nur A. L. bei Plautus und Sp. L. vor, für inlerior, ititimus, i\nd ebenso
nur A. und Sp. L. ein 'Superl. penilissimtts, für intimus, welcher jetzt
ganz verworfen wird. Gleichwohl sagte Hemsterh. (Oratt. p. 175):
peniti.ssinia omnis antiqniiatis cognitio. Vgl. noch Scliori Phras. p. 482.
Spaldingin Wolfs Museum Antiq. I, p.92 u. Weber's Uebungsscli. p.320.
* Reisig (1.1.) sagt: Penitus kann keinen Conipaiativ haben, denn es bedeu-
tet aus dem innersten Punkte heraus, welclie Bedeut. mir gerade entgegengesetzt
zu sein sclieint, da es mit dem Gebraaclie durchaus nicht übereinstimmt. Ich
weiss nicht, worauf sich seine Behauptung gründet.
Pelina, die Feder, wird bei den Alten nie vom ÄcÄrc/ie;? gebraucht;
daher dürfen auch wir es in dieser Bedeut. nicht anwenden, sondern
dafür müssen wir entweder das W ort calamus in dem gewöhnlichen
Sinne dessen, was man zum Sclireihcn braucht (weswegen auch Celsu»
V, 28 calamus scripiorius sagt, und Quintil. X, 3, 31 quoad inlingunlur
calami), oder das Wort Stylus setzen, besonders im Sinne der Schreib-
iibungen. Daher sagt auch Cic. (Orat. 1,33, 150): Stylus optimus dicendi
effector ac magister, und (Orat. 44, 150) esercitatus Stylus, was wir
eine gewandte Feder nennen. Vgl. Stylus.
Pennatus bedeutet zwar geflügelt, aber nicht gefiedert; dies heisst
pluma obducius otlev plwniger.
582
Pensare; v^I. Pensitare.
Penst Terbundet) mit esse oder habere; vgl. Pendere.
Petisicfilare , wägen, erwägen^ ist nur Sp. L., wahrscheinlich aus
der Volkssprache genommen und durchaus zu vermeiden durch pen-
dere und ponderare. — Ein von dem passiven Partie, penslcnlatfis ge-
bildetes Adcerb. aher^ pensic?/late, tm't Bedacht, Ueberleg?ing , beruht
auf einer noch unsichern Stelle des Gelliiis (also Sp. L.) ^ indem dort
in den bessern Ausgaben das gleich schlechte pensim steht. Keins von
beiden hat daher Werth fiir uns, und man brauche sie nicht; — noch
viel weniger die neue Comparativform penskulatius. Und doch kom-
men beide Formen im Latein hochachtbarer Gelehrten vor, z. B. bei
Hemsterh. (Oratt. p. 334): peusicnlate legere scriptores ; bei Valcken.
(Oratt. p. 271) : pensiculatius rem expendere ; — und so führt Wolf
(Analect. 1 , p. 489) als schlechtes Latein auf: de illa materia multo
pensiculatius oder penitiusjam alii tractarunt, für illam rem oder iUnm
lociim imdto accnratius oder diligentius oder s?ibtili(is jam alii tract.
Pensio , die Pension, das Jahr gel d , ist N. L. (denn bei den Alten
hat es andere Bedeutungen; vgl. die Lexica) für Stipendium oder sa-
larium annuum. Vgl. Sueton. Nero 10. — Oft aber möchte es nöfhig
sein, das in dieser Bedeut. neue Wort für den neuen Begriff beizu-
behalten und es nur durch einen Znsatz zu entschuldigen. Ebenso ist
pensionarius , ein ganz A^. L. Wort für den neuen Me^v\W Pensionär,
beizubehalten, da es durch kein anderes zu ersetzen ist.
Pensitare kommt in der Bedeut. erträge/i nur einmal bei Liviu8
vor, sonst nur N'. Kl. und selten, öfter pensare; besser sagt man aber
dafür espendere, perpendere und ponderare. Vgl. Lanx.
Pensum wird in der Bedeut. Aufgabe, in geistigem Sinne, von Vie-
len verworfen, und doch braucht es so selbst Cicero (Orat. III, 30, 119):
me ad meum munus pensumque (und zu meiner Aufgabe) revocabo. —
Ueber den Genit. pews/, verbunden mit esse und habere, vgl. Pendere.
Penullimus, vorletzt; vgl. Paenultimus.
Peplum und peplus, der Schleier., das Gewand, der Mantel, sind,
wie im Griech. (rt^ tiIttIu und o nenlo.;) gleich gute Formen, aber nur
P. L. Neu ist die Redensart /^e^/o silentii aliquid involvere. Etwas in
den Mantel des Stillschweigens einhüllen, d. h. Etwas mit Stillschtvei-
gen übergehen, für die einfachen silentio aliquid praeterire , transire,
praetermittere.
Per mit dem Accus, der Zeit, in der Bedeut. während, in, deutet Kl.
immer den ganzen Zeifraufn au, während dessen Etwas geschehen ist;
Sp.L. aber wird es gesetzt, wenn Etwas während des Zeitraumes in einer
einzelnen Zeit geschehen ist. Man sage nicht, wie im Sp. L , f[\\&icr per
annum, sexies per mensem, für in anno., in mense. Vgl. Horat. Tursell.
Partie, p. 561. — Ferner verwerfen die gelehrten Juristen per testamen-
tum dtclarare, durch das Testainent erklären, für testamento declar.,und
warnen, wenn dabei steht bei sei7iem Tode, vor in morte, statt in morte
sua, also mit sua, was, so überflüssig es auch scheint, dennoch für noth-
wendig erkannt wurde. Vgl. Klotz z. Cic. Reden B. I, p.478. — Höchst
selten wird per und perqiiam in der Bedeut. sehr mit einem Snperlat.
verbunden, da der Superlat. allein genügt. Man ahme dies wenigstens
nicht nach, und sage nicht (wie vielleicht Livius XL, 21, 3) perdifß-
cillinius, was aber Gronov als richtig bezweifelt. — Eine Anzahl sol-
583
eher Superlativen mit per, die meistens auf unsichern Lesarten be-
riilien, hat Frotscher (z. 3Iuret. Oper. T. II, p. 28J) gesammelt.
Peragrare , thir chiv andern , wird fast nur mit dem blossen Acciis.
verbunden, z. B. agros, insulas, urbes ; sehr selten mit per, z. B. bei
Cic. (Orat. 1,51) : per animos hominum, wie alle Handschr. bestätigerj.
Lambin. wollte es streichen.
Perceptibilis ist ein N. L. philosophisches Wort in der Bedeut.
begreiflich , fasslich ; man umschreibe es durch percipi posse, sefisibus,
mente, animo percipi.
Percipere, ergreifen, sich bemächtigen, von einer geistigen Sache,
die Jemanden ergreift, findet sich zwar nur A. L. bei Terenz, ist aber
nicht gerade zu verwerfen, für das Kl. capere, z. B. bei Liv. (XXVII,
49, 8) : victores caedis ceperat satietas ; dagegen sagt Terenz (Eun.
V, 6, 2) : neque urbis odium me umquam percipit.
Percontnri oder percunctari, fragen, forschen ; — Einen nach (um)
Etivas , nach Jemanden , entweder ex oder ab allquo aliquid., oder
aliquem de aliqua re, de aliquo ; P. L. aber aliquem aliquid.
Percreber. sehr häufig, ist N. L. ; Muret. hat es in einem Briefe
(Oper. T. II, p. 156 ed. Fr.) zu brauchen gewagt. Es ist bei den vielen
ähnlichen nicht zu verwerfen, zumal da das Verbum percrebrescere
dafür spricht.
Percurrere , durchlaufen, in geistigem Sinne vom Geiste und der
Rede, theils etwas Geschriebenes flüchtig durchsehen, theils mit Wor-
ten erwähnen und aufzählen, ist AI. mit und ohne octilo, animo, oratione.
Vgl. Cic. Orat. I, 47. Caecin. 32. Liv. IX, 18 paginas in annalibus —
percurrere.
Percutere, mit foedus verbunden, ein Bündniss machen, schliesseji^
ist selten und lieber durchferire, icere,facere zu vermeiden. Es kommt
nur vor bei Cic. Dom. 50. Hirt. Alex. 44. Aur. Vict. 2.
Perdere, verlieren, mit dem Accus, causam, litem, einen Process,
Streit, wird von Einigen ebenso verworfen , wie amit t er e mit diesen
Subst. in derselben Bedeutung, und man billigt nur causa cadere. Vgl.
aber Amitlere.
Perdifficilis , sehr schwer, ist KL und kommt häufig vor; aber ein
Snperlatiy perdifficillimus findet sich nur bei Livius (XL, 21,3), wenn
die Lesart richtig ist; Gronov bezweifelt sie. Es werde, wie alle ähn-
lichen, durchaus vermieden, da der Positiv zureicht.
Perducere, durchführen. — N. L. ist perducere per aliquem locum,
für dncere per. — N. L. ist auch perd. aliq. causam, eme Sache durch-
führen., d. h, zu Ende bringen, für perferre.
Peregregius, sehr vortrefflich, ist Sp. L. und höchst selten, auch
ganz unnöthig, da egregius hinreicht. Mit Recht führt daher auch Wolf
(Analect. I, p. 490) das Adv. peregregie als schlechtes Latein an.
Auch Raschig (Progr. p. 36) streitet wider die Aufnahme beider
Wörter.
^eregrinatio bedeutet nur das Herumreisen und Aufhalten in der
Fremde, aber nicht das Fremdartige., z. B. scrmonis, der Rede, wie es
Bunellus in seinen Briefen braucht, für peregrinitas, peregrinum quid-
dam. Vgl. Grauff z. Bunell. Epist. p. 693.
Perfectibitis, der VervoUhommnung fähig, perfectibel, ist ein N. L.
philosoph. Wort, welches die Philosophen kaum entbehren können,
584
für consrmimab/h's bei Seneca (Ep. 92, p. 30 ed. Schw.): ratio in diis con-
summa ta est, in nobis C07isu7iimabilis (der Fe7'vol/kommnung fähig),
welches für uns, da ein UlL Wort felilt, das Kl. ist.
Perfectio bedeutet nicht eine einzelne VoUkonimenheit , d. h. gute
Eigenschaft., in concretem Sinne, indem wir von mehrern Vollkommen-
heiten eines Wesens reden , da perfectio vielmelir den höchsten er-
reichten Zustand der Vollkommenheit bedeutet. FJine einzelne Voll-
kommenheit lieisst meistens virtus. — I). L. ist daher: mullas itle et
mag7ias habet j)erfectio7ies, oder: in is(o homine hanc (has) perfectionem
(perfectiones) desidero, oder: voluptatem capimus ex alterius veris
peifectio7iibus (aus den wahre7i Vollkotiunenh eilen). — Da perfectio
schon das Höchste in Etwas bedeutet, so lässt es keine erhöhenden
Adjectiva zu, wie magna, /najor, maxi77ia , summa. Die höchste Voll-
ko7/i7ue7iheit e7'reichen kann übersetzt werden durch ad su7nt7i7i/ii per-
vehi, ad sunwia atque in 0711771 genere perfecta per venire, cons7tmmari;
zur Vollkom77ienheit b/-ingen, erheben durch consummare , welches
zwar iV. Kl. bei Seneca steht, aber ein gut bezeichnendes Wort ist.
Vgl. auch Klotz Sintenis p. 120.
Perfeclus , vollko77mien ; aber nur immer Jeder und Jedes in seiner
Art, z. B. perfeclus orator (Cic. Brut. 9), Imperator, maxister (ib. 8)
u. a. — Einen Comparat. und Superlot. leugnet der Grammatiker Pom-
pejus (p. 124 ed. Lindem.); aber Quinfil. (XII, 1,21) hat perfectins
und Cic. (Brut. 31 , 118 und Orat. I, 15, 47) perfectissimus — und so
noch Andere. Vgl. Ruhnk. z. Rutil. Lup. p. 227 ed. Frotsch. u. Orelli
Cic. de opt. gen. §. 6 in der kleinern Ausg. — Ueber die Redensart 7nit
vollkoi7i77inem Rechte , was man B. L. durch perfecta jure übersetzt,
vgl. Jzis. — Auch das Adv. perfecle werde nicht da gebraucht, wo
unser vollkommen nur so viel ist als ga7iz oder gänzlich ; in diesem F'alle
sind meistens plane, penitus, prorsus richtig; z. ß. er hat mich vollkom-
men befriedigt, nicht perfecte, sondern plane.
Perferentia, die Ertrag?ing.,Erduldu7ig, kommt erst 'S";;, fj., obwohl
bei Lactanz vor, ist aber neben perpessio, toleralio und toleraniia
ujinöthjg.
Perferre, bringen., hinterbringen., 7uelden ; — Einem Etwas , alicui
und ad aliqjie/n aliqtiid ; z. B. nuntius m/Ä/ und ad 7ue perfertur; ad
vos oder vobis omnia perl'eruntur.
Perfide, t7-eulos , steht iV. Kl. bei dem Rhetor Seneca für das KL
perßdiose.
Perfinire steht nur einmal j4. L. bei Lucrez in der Bedeut. endigen;
aber N. L. ist es in der Bedeut. festsetzen, besti/n7iie7i, für constituere.,
statu er e , dicere. So braucht es Sadolet. (Ep. II, 5) : cui perficiendo
perfi7nera7n hyemem, wenn er nicht \\e\\e\ii\it praefiniera7n schreiben
wollte.
Pe/flare.^ durchwehe7i , galt früher nur für N. Kl. und mehr P. L.,
jetzt ist es aber auch Kl.; denn Cic. (Rep. 11,6) sagt: colles, qui cum
perflantur ipsi, tum afferunt umbram vallibus.
Perfluere kommt nur N. Kl. und nur in der Bedeut.^/esscw, durch-
fliessen vor; es stand früher mit voluptatibus verbunden in Cic. Fin.
II. 35, 118, in der Bedeut. an Vergnüge7i reich sei7i , ohne alle Aucto-
riüit; aber jetzt steht dort aus den besten Handschr. ;;p//>//e//s für
perßuens. Wunderlich wollte es W. Kortte auch in Cicer. Catil. I, 10
585
einechM arzen , indem er für laetüin -perfmere zu lesen vorschhig laet.
perßiies, wozu nicht einmal eine Variante Anlass gab.
Perfanctorie^ leicht, obenhin, fluchtig, ist Sp.L. und beruht fast nur
auf der schlechten Auctorität des Petronius, Uw leviter. Im A^. A. findet
es sich nicht selten, z. B. bei Mahne (Crito p. 256), Rol, Maresius
(Ep. I. 37) ; doch ist es ohne allen Werth.
Pergamenum (als Neutr.), das Per gamen (Pergament), ist falsche
Form für Pergamena (als Femin.), wobei membrana zu ergänzen ist,
welches oft schlechtweg dafür steht. z.B !;ei Plinius (N. 11. VII,21.21):
Homeri carraen in membrana scriptum. Vgl. auch Membranavens.
Pergere, worin der Begrifl^/o/•/se/2e7^ liegt, werde nicht falsch ge-
braucht; es setzt immer einen gemachten Anfang des Gehens nach
einem Orte voraus und bedeutet den Weg oder die Reise fortsetzen.
Wer z. B. nach Wien reisen will und noch zu Hanse ist, kann nicht
sagen : pergam Pindobonani, ich uh// nach W. reisen, sondern proflciscar
(profecturus swn) oder cogito Vindobonara; und wenn ich den, welcher
noch zu Hause ist, aber ausgehen will, frage: IFo willst du hin? oder
wo gehst du hin? — so darf ich nicht fragen: Quo pergis? ^owAevn
quo cogitas? — wenn er mir aber auf dem Wege begegnet, so kann
ich sagen: quo pergis? quo tendis? quo cogitas?
Pergula, die Bude, brauche man ja nicht für schola oder ludus
litterarius , die Schule , mögen auch wirklich die Schullehrer in Rom
bisweilen in Buden unterrichtet haben. Für uns wäre der Gebrauch
dieses Wortes in dieser Bedeutung läclierlich.
Perhorrere , schaudern , Schauder empßndefi , ist ohne alle Aucto-
rität für perhorrescere , welches mit dem ^ccus. dessen, wovor man
schaudert, verbunden wird.
Periclitari. Das Partie, periclitatus wird KL oft passiv, gebraucht,
in der Bedeut. gefährdet, versucht.
Periculosus . gefährlich. Verworfen wird, als selten oder gar nicht
vorkommend, causa periculosa , ein gefährlicher Process , für capitis
Judicium ( Cic. Farn. HI, 10, 5), capitis causa (Brut. ]2, 47), und oft
blos periculum (Fam. VI, 11, 1).
Perinde, mit esse verbunden, in der Bedeut. gleichviel, gleichgültig
sein, ist ohne Auctorität, im N. L. aber nicht selten; z. B. bei Mahne
(Crito p. 289) : haud perinde est, utrum — , für nihil interest : Tork.
Baden: perinde fnihi est, cujus sub nomine hoc fragmentum prodeat,
für mea nihil interest. — N. Kl. und selten ist perinde quam si oder
perinde tamquam si, gleichsam als trenn, für proinde oder perinde
quasi oder ac si ; — ebenso haud perinde- qt/am, nicht soirohl - als, für
non tarn -quam; doch steht es oft so bei Tacitus. ^ Ueber den Streit,
wann perinde und proinde zu brauchen sei, vgl. die Cilate in Reisig's
Vorlesung, p. 427 u. 428 und was Grauff zu Bunelli Epist. p. 727 gesam-
melt hat.
Periodicus , periodisch , zu bestimmter Zeit wiederkehrend, ist ein
mediciiiischer Kunstausdruck hei den Griechen von Fiebern, A'nt in ge-
wisser Zeit kommen und verschwinden. Nur der ältere Plinius braucht
das Wort, aber mit der Bemerkung, dass es fremd seiifebres, quas
Graeci periodicas vocant; sonst ist es, ausser im N. L., nicht im Ge-
brauche. Celsus umschreibt es, z.B. 111,5, durch r?//«s certus circuilus
est, und III, 12 durch qitae certum habet circuituui. — Umere periodi-
586
sehen Blätter werden perwdicae ckartae g'enannt; die Alten haben
dafür kein Ersatzvvort , wiewohl Tagsblälter oder Journale — acta
diurna, comtnentarÜ diurni, ephemerides genannt werden können.
Periodus, die Periode, ist ein bekanntes griechisches Kunstwort in
der Rhetorik, welches die Alten auf verschiedene Weise zu übersetzen
versuchten, z. B. Cicero (Oiat. III, 51, 198) durch circuitus et quasi
orbis verborum; aber dennoch behielt er (und Andere nach ihm, z. B.
Quintil.) der Kürze wegen periodus bei. Vgl. über mehrere Versuche
Elleudt z. Cic. Brut. §. 33. — N. L. aber ist es^ periodus von wichtigen
Zeiträumen zu brauchen, wofür die Alten eben so wenig ein Ersatz-
wort haben, als für unser periodische Blätter. Es wird daher in der
Geschichte Kunstwort dafür bleiben; nur brauche man es nicht für
unser gewöhnliches ÄTe?? oder Zeiten, woiür durchaus tempus oder
teinpora zu sagen ist; z. B. die Kindheit des Tacitus fällt in die Periode
der Kaiser Claudius und Nero, — in tempora, nicht in periodum.
Periphrasis , die Umschreibu?ig , ein griechisches Kunstwort, wel-
ches nicht zu verwerfen ist, wie es Wolf (Analect. I, p. 488) gethan
hat; freilich kann es durch circumlocutio (vgl, dieses Wort) oder
ambitus verborum (Sueton. Tiber. 71) vermieden werden. Wer es
braucht, setze nur nicht im Genitiv, periphraseos nach griechischer
Art, sondern nach latein. periphrasis.
Peritia, die Bel-anntschaft mit Etwas, Geschicklichkeit, findet sich
zwar bei Sallust. mit dem Genit. (locorum) verbunden, aber sonst nir-
gends/T/., erst N. Kl. beim altern Plinius, Quintilian., Sueton. und
Tacitus, wiewohl peritus und das Adv, perite Kl. sind und oft vorkom-
men. — Dasselbe gilt für imperitia, wovon oben die Rede war. Man
vermeide peritia und brauche notitia, scientia , oder umschreibe es
durch peritum, gnarum, non ignarum esse, non ignorare u. a.
Peritus, erfahren, kundig, geschickt, wird mit dem Genitiv eines
Objectes, alicujus rei,in Etwas erfahren, \er\n.\nAen; z. B. peritus
juris, wiewohl auch Jwre, aber nicht mit einer Praeposition, indem das
bisweilen dabei stehende ad bedeutet was das anbetrifft (Cic. Orat.
I, 48, 212) , und wenn es Cic. (Orat. I, 15, 66) mit in verbunden zu
haben scheint, indem er sagt; te hominem prudentissimum et peritis'
simum in iis ipsis rebus, quas abs te didicerit, dicendi arte superabit, —
so gehört in nicht zu peritissimum, sondern zu superabit. — Uebrigens
bemerkt Dietrich, dass peritus nicht geradezu den Erfahrnen bedeute,
aber auch nicht gerade der Hinzufiigung eines Objectes bedürfe, wenn
nur die Beziehung auf ein solches sich leicht aus dem Zusammen-
hange ergebe, wie in Cic. Brut. 42, 154. Jedoch stehe uszt peritus,
durch Erfahrung geschickt, bei Cic. (Off. I, 41) fast ganz absolut.
Perjurare ; vgl, Pejerare.
Perlator, der Ueberbringer, z. B. litter aruni,\%i sehr Sp.L. für ta-
bellarifis, qui litteras reddit.
Permagni , sehr theuer, ist als Genit. zur Bestimmung des Preises
bei Kauf und Verkauf u. dgl. ungewöhnlich für perma^no ; richtig aber
ist es als Angabe des Werthes und bei interest und refert.
Permanere ist in der Bedeut. bleiben ( an einem Orte auf einer
Reise) wohl unerweislich für consistere; wohl aber kann man mauere
so brauchen.
587
Permfgrore , durchivondern, ist N. L. für -peragrare, permeare,
auch wohl perambulnre.
Permi'ssus, die Ertaubm'ss , ist nur im MA., permissu, üblich; z. B.
per?ntssit Uio , mit deiner Erlmib?iiss ; docli kann dazu, wie zu allen
ähnh'cheu, kein Adject. treten,
Permultus. Der Genit. permulfi, in der Bedeut. sehr hoch, sehr
theuer, kann weder als Genit. des Werthes bei Verben, wie aestimare,
facere \\. ^.f noch als Genit. des Preises bei Verben des Kaufs und
Verkaufs, noch auch bei inierest und refert iSfebraucht werden; dafür
nur permagvi bei den ersten und dritten, und permagno bei den zwei-
ten, sowie bei den zwei letzten auch die adverbialen ^e/^mw/f?/»/ und
plurimnm.
Pernecesse , sehr nothtvendig , führte sonst kein Lexicon auf, denn
pernecessnrinm geniig^te; doch fand es sich bei Cic. (Orat. pro TuII.
49), und hat dadurch /r7. Werth.
Pernicinbilis, verderblich^ kommt N. Kl. erst bei Tacitus sehr sel-
ten vor, für perniciolis bei Livius und die noch bessern perniciosus,
exiliosas, exitiabilis und exitialis.
Peroptate, recht erwünscht, recht nach Wunsch, ist vielleicht nnge-
bräuciilich für peroptnto.
Perosum esse mit einem Accus, eines Objectes, in der Bedeutung
Etwas hassen , ist erst seit Livius im Gebrauche; N. Kl. findet es sich
mehrmals für das Kl. odisse. — Sp. L. braucht man perosus in der
2)assiven Bedeut. verhasst, für hivisns, perodiostis.
Pcrpe?idic?/faris oder perpendicularius und das Adv. perpendicu-
lariter, senkrecht , sind Sp. L., und noch sipäter ist perpendic7tlatus ;
man vermeide sie durch die Kl. directus oder facii/s ad per pendle id um,
auch blos ad perpendiculum oder blos rectus, und als Adverb, rede,
ad lineam, ad perpendiculum. Vgl. Matthiae Exempla eloquent.
Perpes, dauernd, fortwährend, ist A. u. Sp. L. für perpetuus, con-
tinuus u. a.
Perpessitius, der viel geduldet und ausgestanden hat, kommt N. Kl..,
aber nur zweimal bei Seneca in seinen Briefen vor, vielleicht von ihm
seihst gebildet, für qui multa tulit , pertulit ., perpessus est u. dgl.; es
empfiehlt sich oft durch seine Kürze neben einem andern Adject.
Perpetrare, vollenden, wurde nie von Cicero und Caesar gebraucht,
aber A. L. und N. Kl. für co7tficere, peragere,ßnire ; bei Livius findet
sich nur das Vartic. pe?'petrafus ; im N'. L. kommt es häufig vor. Er-
nesti wollte es vergeblich sogar in Cic. Verr. IV, 52 einschwärzen, in-
dem er für perfecta gegen alle Handschr. perpetraia lesen wollte.
Perpetuus. Gut ist zwar in perpetuum, auf immer (vgl. Aeternus);
aber oft drückt man es besser durch das Adject. aus; z. B. Etwas auf
immer und ewig vergessen, aliquid perpetua oblivione obruere.
Perplacere, sehr gefallen, kommt zwar nur einmal bei Cicero und
sonst nur A. L. vor; da aber die Verbindung des Wortes per mit an-
dern Wörtern sehr beliebt war, so ist es nicht zu verwerfen.
Perplexus , verwirrt, unverständlich , zweideutig , findet sich nicht
bei Cicero und Caesar, wohl aber mehrmals bei Livius, welcher auch
das kd\. perplexe braucht ; docli werde es weniger angewendet, da impe-
diltis, obscurus, amhiguus, co?itortus oder was sonst der Sinn fordert,
588
dasselbe bedeuten. Auch alle andern dazu gehörigen Wörter sind
meistens A. oder Sp. L.
Pcrplures und perplurimi standen früher beim altern Plinius,
sind aber jetzt durch bessere Lesarten der Handschr. verdrängt, und
müssen als ohnehin uniateinische (da per weder mit einem Comparat.,
noch auch wolil gut mit einem Superl. verbunden wird) ganz vermie-
den werden. Im N. L. finden sich beide bisweilen. Vgl. Frotsch. zu
Mureti Oper. T. II, p. 231, wo er die mit per zusammengesetzten Su-
perlativen anführt, die jedoch meistens auf unsichern Lesarten be-
ruhen.
Perquam, recht sehr, wird zwar oft mit Adjectiven und Adverbien,
wie sane quam und valde quam, verbunden, aber mit Verben sehr sel-
ten , wenigstens finde ich es nur mit velle verbunden, ähnlich dem
sonst vorkommenden pervelle^ bei Plinius (Epist. VII, 37, 1): perquam
velim. Man vermeide es, zu sagen: aliquem perquam laudare , amare,
diligere u. a.
Perquisitio, die Erforschimg , Untersuchung , ist ohne alle Aucto-
rität, also N. L. für indagatio, inquisitio, investigatio, pervestigatio.
Persa, der Perser , ist in dieser Form selten, gewöhnlich Perses^
und so sagt Cicero immer, z. B. Rep. I, 27 Cyrus ille Perses ; Tusc.
1, 42 Perses hostis: ebenso Cornel. Nepos , Quintilian. u. A. — Dem
ähnlich sagt man nur Scqthes, nicht Scijtha.
Persecutor, der Verfolger (im strengen Sinne) , ist Sp. L. für in-
sectotor, exagitator, vexator, homo infestus ; sonst sagt man auch per-
sequens , qui persequüur. Ebenso ist per secutio , die Forfolgmtg (im
strengen Sinne), Sp. L. für vesatio, insectatio oder mit den Verben
vexare, insectari, exagitare.
P er sentire, fühlen, wahrnehmen , ist wohl nur P. und Sp. //., und
per sentiscere., fühlen, merken, umhrnehmen, nur A. L. für sentire, per-
cipere. Beide verdienen keine Nachahmung; dennoch sagt Hemsterh.
(Oratt. p. 120): ecquid persefititis altissimura vulnus? — • wo auch ec-
qin'd nicht KL gebraucht ist, — und (Oratt. p. 164): quin extemplo
persentiscat ; — in beiden Stellen genügte sentire. Auch Muret. (Oper.
T. II , p. 231) brauchte in seinen Briefen persentiscere. — Persentire
stellt zwar bei Liv. (XXl., 29, 7 per sensistis)., ah tr sehr zweifelhaft, da
gute Handschr. praesensistis haben.
Persona ist eigentlich die Maske, welche im alten Schauspiele ge-
tragen wurde; diiher dann auch die Rolle, welche eine Person spielt;
und deswegen heisst eine Person, d. h. ei7ie Bolle spielen , personant
teuere, sustinere .ferre , selten ^erere; nie aber weder personum lu-
dere.^ noch personam agere , wohl aber partes alicujus agere. Vgl.
Agere und Ludere. — Wir brauchen das \\ ort Person oft in der ganz
allgemeinen Bedeutung Me7isch , Mann; z. B. eine Privatperson; es
iraren viele Personen da; viele Personen hörten, nahen zu u. d,:;:!.; im
Lat. aber passt persona fast nur da, wo es sich auf das bezielit, was
Einer ist, vorstellt oder vorstellen will, wo es also den Begriil einer
handelnd dargestellten Person enthält, was in obigen Beispielen nicht
der Fall ist. — N. L. ist daher perso?ia privata, eine Privatperson,
für hofno privatus ; multae personae aderant , audiebanl , inspectabant
u. dgl., invmulti homines ; er that das in eigener Person^ niclit {in)propria
persona, sondern ipse, praesens., cor am. — Ich für meine Person lieisst
' 589
equideiHy und wo das Lehen ins Spiel kommt, z. B. i^ich an Jemandes
Person rächen, passt capnt , aber in dieser und \ieleii älinlichen Ver-
bindungen nicht ;;e/sowa. Vgl. darüber gute D. L. Lexica, und über
persona Lat. Lexica, auch Sciopp. de stylo p. J43. Matthiae Exempla
p. 258 und Weber's üebungssch. p. 480. — Noch merlie man, dass
der Lateiner dem Deutschen älinlich sagt: in alictijus persona, in
der Person Jemandes (Etwas thun, sprechen, bemerken u. s. w.); mau
Iiat dies bezweifelt, wiewohl es durch Beispiele erwiesen ist. Dagegen
ist suh aliciijns persona mehr zu bezweifeln. Vgl.Handii Tursell. T. III,
p, 261 und Klotz Vorr. z. deutschen Ausg. von Cic. Lael. p. 20 und in
der latein. Ausg. zu 25, 93. p. 202.
Personaliter , persönlich, ist Sp. Ij. und werde, wo es möglich ist,
vermieden, ausser etwa in der Grammatik; z. B. persönlich dusein heisst
ipsmn oder cor am adesse ; sich persönlich stellen wird blos durch se
sistA'e ausgedrückt.
Personare wird, wenn es von Personen gesagt wird, in der Bedeut.
laut reden, mit dem Accus, des Objectes (von Etwas) verbunden; z. B.
Cic. (Rep. I, 2): qiias res isti in angulis personant , von welchen Din-
gen Jene laut reden.
Per Stare, beharren ; — auf Etwas , in aliqua re; mehr P. L. wird
es mit dem blossen Abi. verbunden.
Persuadere, überzeugen, überreden, wird nur A. L. mit dem Accus,
(aliquem, Pjinen) verbunden , und incorrect ahmte dies aus der ge-
meinen Volkssprache Sp. L. Petronius nach; in der bessern Prosa
wurde es nur mit dem Dat., alicui (wen man überzeugt oder über-
redet), verbunden; daher auch sich überzeugen, siöi persuad. Das fFo-
von aber wird bei Substantiven durch de^ und bei Sätzen mit dass
durch den Accus, m. d. Inf. ausgedrückt; beredet man aber wozu., dass
Etwas geschehen oder nicht geschehen möge, so wird ut oder 7ie ge-
setzt. — Nur bei Neutris von Adjectiven und Pronominen wird nicht
rfe gebraucht, sondern der Accusativ,z. B. uritmi (von dem Einen),
multa (von Vielem), hoc, id, illud, quid, quidqua7n (Cic. Fam. XI, 28, 1
tibi quidquam persuaderi potuisse, dass du von Etwas hättest überzeugt
werden kön?ien). — Wie das Act/v. wird auch das Passiv, als Imper-
sonale verbimden: mihi, tibi, ei, nobis., vobis , eis persuadetur , ich, du,
er., wir, ihr, sie werden überredet u. s. w.; mihi persuasum est, ich bin
überredet worden u. s. w. So sprechen die Klassiker und die bessern
Lateiner durchgängig. — Abweichungen von dieser Sprechweise, z. B.
me persuadet , er überredet mich, für mihi persuad et , und persuadeor,
ich werde überredet, lasse mich überrede?! , für mihi persuadetur , sind
Seltenheiten, theils bei Dichtern, theils bei Prosaisten, welche nach
griechischer Art sprechen, und verdienen durchaus keine Nachah-
mung. — Jedoch l)rauchten auch die bessern Schriftsteller dasNeutr.
des Partie, persuasum als Adject. in passiver Bedeutung, wovon man
überzeugt worden ist, und im SuperlRt. ptrsuasissifnum , wovon man
die vollkotninenste Ueberzeugung hat , wovon man sich ganz überzeugt
hat., und verbanden es theils mit esse, theils mit habere, auf dieselbe
Weise, wie man aliquid cognitum, aliquid per spectum habere sagt, wozu
man auch, um die subjective Beziehung hervorzuheben, noch bei esse
(weniger bei habere) mihi, tibi , sibi , nobis, vobis hinzusetzte. A'jer
auch diese Seltenheiten sind mehr zu vermeiden, als nachzuahmen.
590
Jm N. L. sind persuaeum tind peranasfssrnmm sibi esse und habere Lieb-
liiiffsformeln; mau sage vieiraehr mihi persuasi oder mihi persuasum
est, ich habe oder hatte mich überzeugt, für mihi persuasum habeo.
Durchaus zu verwerfen sind; persuadeor , persiiasus s//m,imd noch
mehr mihi persuadeor (wie der jüng^ere Burmann [Authol. lat. T. I,
i>. 209] und Andere sagen) und mihi per suasus sum. Und wenn Muret.
(Oper. T. II, p. 244 ed. Fr.) sagt: me persuaderi passus sum, so fügt
Ruhnken ganz einfach liinzu: Imo mihi, wiewohl er auch noch die
Form der Rede mit /io/? hätte rügen sollen , da auch diese nicht eben
lateinisch ist, wovon oben unter Pati die Rede war. Vgl. auch noch
Dietrich's Siutenis p. 10. Klotz Sintenis p. 149. Sciopp. de stylo p. 109.
Ileumanni Poecile T. III, p. 322. Grauff z. Bunell. Epist. p. 697. Herzog
zu Caesar B. G. III, 2, wo sibi persuasum habere vorkommt, und Frot-
scher z. Mureti Oper. T. II, p. 9.
* Persuasum habere kam bei Cicero nur einmal ( Verr. V, 25, 64 "f vor,
aber Zumpt hat nach den besten Haudschr. persuasum gestrichen und blos hahent
beibehalteu, was genügt.
Persuasio, die Ueherzeugung , EinbUdung ; — das Wovon wird
theils durch den Genit., theils durch de ausgedrückt; z. B. de se, von
sich ; scientiae, von seinem Wissen.
Pertaesus (Part, \on pertaedet) in der Bedeut. überdrüssig, mit
dem Genit. oder Accus, des Objectes, steht erst N. hl. bei 'facKus
und Sueton., während das Verb. Kl. nur ein Impersonale ist und im
Pert. für pertaeduit gewöhnlich pertaes?im est gesagt wurde, theils
mit dem Accusat. der Person, theils ohne diese, und mit dem Genit.
des Objectes des üeberdrusses. Jener Gebrauch \on pertaesus werde
vermieden.
Perterrere wird in der Verbindung aliquem ab aliqua re , also in
der Bedeut. Einen von Etwas abschrecken, entfernen , in den Lexicis
aus Cic. Caecin. 13, 36 angeführt, aber dort liest Klotz jetzt für per-
territus — proterritus , 'wodnr eh. die Auctorität und Bedeutung von
perterr. wegfällt.
Pertimer e., sich fürchten , ist wohl ohne alle Auctorität für perti-
mescere.
Pertimescere wird in der Bedeut. Einen oder Etwas fürchten , vor
Einem in Furcht sein mit dem Accus, aliquem (aliquid) verbunden;
in der Bedeut. um Einen oder Etwas in Furcht., Besorgniss sein mit
de aliquo, de aliqua re (Cic. Sest. 43).
Pertinas, beharrlich ; — das Worin wird Ä7. bei Livius durch in
aliqua re., Sp. L. durch den Genit. alicujus rej* ausgedrückt.
Pertinere wird, in welcher Bedeut. es sei, verbunden ad aliqnem,
nie blos aliquem ; also nicht hoc me, sondern hoc ad me pertinet. Vgl.
Heusing. Emendd. p. 478. — N. L. ist es in der Bedeut. Einem ange-
hören, in Jemandes Besitz sein, wie es oft gebraucht worden ist; z. B.
hie liber ad me pertinet, dieses B. gehört mir , ist mein, für tneus est.
Vgl. Vossius de vitiis serm. L. VIII, p. 399. Vorst. de latin. mer. susp.
p. 138. — Man führt dafür an Liv. XL, 11, 7 ad quem jure — regnum
pertinet, aber dies bedeutet dem es gebührt, nicht der es besitzt, denn
er besass es nicht, sondern hatte nur ein Recht dazu, — N. L. sind
ferner Redensarten, wie: proverbia ad hoc (illud) geims pertinent, die
Spr. gehören zu dieser (jener) Art odar Alasse, für in hoc genere sunt.
591
iw hoc gefius conjiciuntttr (Cic. Orat. II, 64, 258) ; ad Ülas opportunf-
iatespertinent eiiam viae publicae S'^n in Ularuin oppo/tunitatum numero
suiii; pertinere iuter aliquos oder aliquas res, unter Leute — ge-
hören, für esse in numero aliquorum oder annumerari hominibus , re-
bus — ; dahin gehören die Bücher Cicero' s , eo pertinent libri , für eis
annumerandi sunt , in eorum numero sunt , eo rcferendi sunt ii. dgl.;
hoc aut illud pertinet ad verbu?ii, dieses oder jenes gehört zu dem Worte^
für hoc aut illud est ad verbum (Quint. Inst. 1,6, 13). — Sp. L. ist
quod ad nie pertitiet, was mich anlangt, in Bezug auf mich , für quod
ad ine attinet, wiewohl auch dieses selten vorkommt. Vgl. darüber
Attinere und Iland's Lehrb. p. 250, welcher bemerkt, quod ad me per-
tinet bedeute bei Cicero was meiner Pflicht gemäss ist , gJeich quod
viei est officii, quod mea interest. Die Lexica mögen über die richtige
Anwendung des Wortes weiter belehren.
Pertingere, sich erstrecketi, reichen, ist bisher, da es früher in den
Texten vieler Schriftsteller (s. Scheller's Lexicon) vorkam, von den
neuem Herausgebern in pertinere umgeändert worden, so dass Scheller
meinte, es wäre wohl kein latein. Wort. Bei Cicero, Caesar, Livius
u. A. sind die Handschr. überall für pertinere, nur nicht bei Sali. Jug.
48 (52): collis in immensum pertinge?is, wo nach Gerlach, welcher es
im Texte hat, keine Variante von pertinens ist; dennoch ist pertinens
von Gttl. Kortte und seinen Nachfolgern für ^er^ew^ews aufgenommen.
Gerlach schweigt darüber, aber Kritz soll es, ich weiss nicht wie, ver-
theidigt haben. Es werde daher als ein seltenes, noch zweifelhaftes
Wort vermieden durch das sicher beglaubigte Kl. pertinere. Am wenig-
sten aber kann es, was im N. L. geschieht, in der Bedeut. zielen, ab-
2?recÄ:e?/ gebraucht werden, wofür gar keine Auctorität spricht; /;er-
tinere ist dafür das alltägliche Wort.
Pertransire kommt nur N. Kl. beim altern Plinius in der Bedeut.
durchgehen, durchdringen vor, uird ist ohne allen Werth; auch in der
Bedeut. vorübergehen hat es jetzt nicht mehr die Auctorität Seneca's,
indem Schweighäuser für pertranseat aus den besten Handschr. das
einfache fro/^se«^ aufgenommen hat.
Perturbator, der Störer, Beunruhiger, ist ganz Sp. L. und durch-
aus zu vermeiden durch turbator und durch das etwas poetische turbo
(Cic. Sest. 11,25 duo rei publ. turbines, wozu Matthiae zu vergleichen
ist). Mit Recht tadelt daher Frotscher den Muret. , welcher (Oper.
T. I, p. 287) in einer Rede regni perturbatorum s/zperA/ff gesagt hatte.
Perturbatio mit und ohne den Genit. animi, die Leidenschaft, kann,
wenn es auch nur von Cicero gebraucht worden ist, von uns recht
wohl nachgebraucht werden, da kein Grund vorhanden ist, es zu
vermeiden, wenn es auch bei den Spätem nie im Gebrauche gewe-
sen ist.
Pervadere , durch Etwas gehen, sich verbreiten, wird in eigent-
lichem Sinne (von Oertern) mit und ohne per verbunden, z. B. per
agros und blos agros; dagegen sagt man pervadere homines , anitnos,
nicht wohl mit per. Und so sagt Cic. (Manil. 9, 23): quae animos gen-
tium barbararum pervaserat , wie jetzt nach der Auctorität der besten
Handschrift gelesen wird für das frühere per animos. Vgl. Wunder
Praef. var. lectt, cod. Erf. p. LXV und Benecke zu Cicero's Stelle
p. 174.
092
PerveUere, zupfeii, kränke?! , hat fni Perf. pervelli, nicht pervulsi.
• — Man sagt gleich gut alicui aurem und alicnjus aiirem pervellere.
Pervenire , gelangeJi , kommen. Man sagt nicht: mihi pervenit ad
aures, es kam mir zu Ohren, sondern ad aures mens pervenit; nicht
patri pervenit ad aures, sondern ad patris aures; und wo wir bildlich
sagen: die Sache ist so tveil gekommen, nicht eo res pervenit, sondern
res eo deducta est. Vgl. Schori Phras. p. 276. — Richtig ist aber: ad
ST/um per venire, zu dem Seinigen kommen; ad ?iumos pervenire, zu
Geld kommen.
Pervidere kommt in der Bedeut. sehen ohne irgend einen Neben-
begrifF nicht vor; denn in Cic. Att. XV, 4 ibi te quaraprimnm pervidere
velim (wie, vor J. Fr. Gronov gelesen wurde) muss per von videre
getrennt und dem Sinne nach zu velim gezogen werden, also pervelim,
ich wünschte sehr.
Pervolutatio , die D urchbl älter un g , Durchsictit , steht N. L. bei
Mnret. (Oper T. I, p. 342) und andern Neuern; es werde durch das
Verbum pervolutare ausgedrückt. Und so ist auch pervolvere , eine
Schrih durchblättern , durcfilese?i,m Prosa ungewöhnlich für pervo-
lutare. Auch ist A. L. aliquid pervolvere animo , Etwas im Geiste
überdenken, überlegen, für das einfache volvere oder volutare animo,
in animo oder secum.
Pes., der Fuss , oder pedes in !)ildlic!iera Sinne, der Fuss des Ber-
ges, ist ganz Sp. L. für radices, wozu oft mftmae tritt. — D. L. ist der
Gebrauch des Sing, pede für pedibus; z. B. pede ire , proficisci, proe-
liari, zu Fusse gehen., reisen, streiten, für pedibus ire, iter facere., pro-
ficisci \mA ähnliche. Auch sagt man nicht, wie Mahne (Crito p. 270):
pergere pede, quo quis coepit. wo pede unnöthig ist. — Hichtig aber ist:
pedem ferre, referre , efferre;z. B. pedem porta non efferre (Cic. Att.
'SXW,'^ , ^.keinen Fnss vor das Thor setzen ; doch kann man nicht
sagen nulluni pedem. — Die bildliche Redensart vom Fusse bis zum
Scheitel -wWd nicht durch a pede , sondern durch ab imis unguibus
usque ad verlicem summum (Cic. Rose. Com. 7, 20) übersetzt. — Für
die im A^. L. vorkommenden bildlichen Redensarten: levi pede aliquid
transire, über Etwas leise hingehen, flüchtig über Etwas hinausgehen,
und sicco pede aliquid transire. Etwas still übergehen, weiss ich keine
Auctorität ; man sage leviter aliquid per str in gere oder attingere ; si-
lentio aliquid transire, praeterire u. a.
Pesliferund alsNebenform (z. B. hei CehusU ß) pesttfer?is bedeutet
nur verderblich, Verderben bringend, schädlich, Unheil., Unglück brin-
gend, nicht Seuchen, Krankheit, Pest bringend ; dafür sagt man lieber
pestilens , was daher oft durch ungesund übersetzt werden kann, aber
\ne, y>/\e pestifer ,\o\\ Menschen gesagt wird. Nur missbrauche maa
es auch nicht in jener Bedeut.
Pestilentia ist das Kl. und eigenthüraliche Wort für Pest oder jede
ansteckende Krankheit , während hingegen pestis bei allen Bessern
fast nur Unglück, Unheil, Verderben bedeutet und nur selten und mehr
P. und Sp. L. Pest in bildlichem Sinne. So brauchen die Wörter Ci-
cero, Caesar, und, was das Wichtigste ist, Celsus, der nie das, was wir
Seuche und Pest nennen, durch pestis bezeichnet, sondern durch
peslilentia. Vgl. Cels. I, 10; 11, 1; III, 7 u. a. — Jedoch brauchten die
Dichter iüv pestilentia. y\e\\ es dem epischen Sylbenmaasse nicht an-
593
gemessen war, ;;es//s ; ebenso Liviu8 einigemal, vielleicht weil es ein
kurzes nnd alltägliches \¥ort war. Vgl. jedoch Hand's Lehrb. p. 148.
Petere wird in der Bedeut. Jemanden bitten in guter Prosa nur
mit ah aliqiio, nie mit ex aliqtio verbunden. Vgl. Heusinger. Emendd.
p. 479. — P. und Sp. L. wird es in dieser Bedeut. auch mit aliquem
verbunden, und so sagt auch, wenn die Stelle nicht fehlerhaft ist, Do-
labella bei Cic. (Fam. IX, 9, 2): illud autem te peto, für a te, wie auch
Lambin, und eine alte Ausg. vor ihm hat. Wer es braucht, schreibt in-
correct. — Man brauche aber nicht petere ab oliqno pecuniom in der
Bedeut. von Jemanden das ihm geliehene Geld fordern, sondern dafür
debitorem appellare oder admonere. — Eine Bitte mit dass wird durch
id und mit dass nicht durch ne ausgedrückt, nicht, wie in andern Spra-
chen, durch den Infinit, oder Accus, m. d. Infinit., wie es Bunellus in
einem Briefe gethan hat und wie es sich im N. L. nicht selten findet.
Vgl. GrauflF zu Bnnell. p. 705. — Auch in der Redensart poenas pe-
tere, Rache nehmen, wird an Jemanden durch ab aliquo ausgedrückt.
Endlich merke man noch, dass weder pe/'o noch ut peto, mit und ohne
a te, nie wie quaeso in die Bitte eingeschoben wird , indem die Bitte
nie im Imperat. dabei steht, sondern mit ut oder ne als von ihm ab-
hängig beigesetzt wird. Wir können sagen; Melde mir, ich bitte dich,
recht bald deine Ankunft, die Lateiner aber nicht :/ac me quamprimum,
peto a te, de advetitu tuo certiorem, wie man wohl mit eingeschobenem
quaeso sagen kann, sondern de adventu tuo ut me quampr. facias cer-
tiorem, etiam atque etiam peto oder rogo.
Petessere aliquid, nach Etwas streben, ist A. L. ; Cicero braucht
es einmal mit d. Acc. laudem , nach ihm aber Keiner ; es werde ver-
mieden.
Petitio ist in der Bedeut. Bitte und in der noch stärkeren Bedeut.
Forderung vielleicht erst Sp. L. für preces oder das seltnere rogatio,
und wo wir sagen: Jemandes Bitte erfidlen., wird sehr oft alicui ve-
niam dare gesagt. Vgl. die Lexica unter Fenia. — Daher bemerkt
Ruhnken (zu Mureti Oper. T. I, p. 237 ed. Fr.) zu den Worten ami-
corum petitioni: Petitio pro precibus non reperitur apud idoneos scri-
ptores. Im N. L. ist es aber häufig, z. B. bei Mahne (Crito p. 227):
petitioni meae satisfaciebant, sie erfidlten meine Bitte. — Ist die Bitte
an Gott gerichtet, so heisst sie precatio. — N. L. ist der philoso-
phische Ausdruck petitionem principii committere, für sumere pro
cerlo, quod dubium sit u. ähnl.
Petitor wird Kl. nur in gerichtlicher Beziehung gebraucht von dem,
der auf Etwas Anspruch macht; besonders ist es ein Kläger in einem
Privatprocesse. — N. Kl. und, ausser beiHoraz, nur bei Sueton. (Jul.
Caes. 23) bedeutet es Bewerber um ein Amt, welcher Kl. candidatus
hiess.
Phalereus (viersylbig) , a, um, als Adj., Phalerisch , z. B. portus,
scheint falsche Form für Phalericus zu sein, wie es denn auch im
Griechischen die Endung iy.6^ hat; und so haben auch die bessern
Handschr. und meisten Ausgg. des Corn. N. Them. 6, 1 Phalerico
portu, für Phalereo oder gar Phaleraeo. — Das dreisylbige Phalereus
ist mehr Subst. und Benennung, z. B. des Demetrius.
PhaiUasia ist ein aus dem Griech. genommenes Wort, welches aber
kein Lateiner gebraucht hat, da es nur griechisch angeführt und von
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Cicero (Acad. 11,6, 18) durch visum und voiiQuintil. durch visio über-
setzt wird, in der lie.Ae\\i .Erschebmng, Phantasiebild; es wird also et-
was ganz Anderes darunter verstanden, als was wir Phantasie oder
Einbildungskraft WGnn^w. Es ist daher ein neues philosophisches Kunst-
wort für diesen Begriff, für welchen in seinen mancherlei Beziehung-en
die Alten kein erschöpfendes Wort hatten. Die philosophische Kunst-
sprache kann es nicht entbehren, aber im gewöhnlichen Gebi*auche
werde es als fremdes Wort vermieden und etwa durch vis aliquid
aniino fingendi, ingenium, animus , mens, cogitatio (Auct. ad Herenn.
111, J9) und sensus ausgedrückt, oder was der Sinn des Gedankens
jedesmal fordert. So heisst z. B. die Phantasie kann sich jede Gegend
denken o^^x voi'stellen , cogitatio qnamvis regionem potest amplecti.
— Was wir bei einem Kranken phantasiren nennen, ist meistens
aliena loqui oder vaiias i/nagi?ies accipere. — Die neuen D. L. Lexica
mögen mehr geben. Vgl. noch Schirlltz Unterlialt. p. 168 und 200.
Wüstemann z. Doering. Comment. p. 57 und oben Imaginatio.
Phantasma, die Erscheintwg, das Bild der Einbildung, steht N. Kl.
bei Plin. (Ep. VII, 27, 1), sonst nur Sp. L. für visum, imago, species
(Cic. Divin. 1, 36, 80), imaginatiofiis species. Nur zu oft findet es sich
im N. L., z. B. bei Heyne im Virgil. Vgl. aucli ^pparentia.
* In jener Stelle des Pliuius haben die Handschr. phantasmata, wofür Ca-
saubonus unnöthig phasmata zu lesen vorschlug, da doch beide eiu und dasselbe
bedeuten ; denn das letztere ist nur attische Form des gewöhnlichen phantasma.
Plinius braucht dafür auch idolon und das latein. imayo, und versteht darunter,
was wir Gespenst nennen. Kurz, phantastna passt gar nicht für JBilcl der Em-
hilduncishraft ( Plian tasie').
Phantasticus findet sich nirgends bei einem Lateiner ; unser Phan-
tast ist oft gleich ineptus,vanus homo, fanaticus oder ähnlichen.
Pharmacum, das Arzneimittel, findet sich nirgends bei einem La-
teiner und hätte von Muret. (V.L. VI, 3) nicht gebraucht werden
sollen für medicamen, tuedicotnentnm u. a.
Pharus, der Leuchtthurtn , ist, wie im Griech., gen. femin.; daran
halte man sich, mag es auch Sueton. (Claud.20) als Mascul. gebraucht
haben (wenigstens lesen alle Handschr. Alexandrini phari).
Pharsalicus, Pharsalisch, ist in Prosa bessere und üblichere Form,
als Pharsalius, welche Oudendorp (zu Lucan. VI, 576) für die poe-
tische hält. Fast überall, wo es z. B. bei Cicero vorkommt, findet sich
die doppelte Variante. Vgl. Cicero Divin. I, 32, 68 und das. die Aus-
leger; jedoch steht Pharsalicum ohne Variante in Cic. Dejot. 10, 29.
Philologia und philologus haben ihre Begriffe mit der Zeit geän-
dert und erweitert. Bei Cicero kommt zwar philologia weder grie-
chisch noch lateinisch vor, wohl aber philologris , theils griechisch als
Adject., qjiXo^nyu multa (Cic. Att. XIII, 52, 2), und sogar im Comparat.:
haec (piloXoyojTeQK (ib. 12, 3), theils lateinisch philologt, ebenfalls als
Adject.: homi?ies nobiles Uli quidem , sed nullo modo philologt; — und
so auch philologa als Subst. gen. neutr. im Abi., de philologis (ib. 29,1),
von philologischen Gegenständen. Aber was Cic. unter philologus ei-
gentlich versteht, sagt er nicht bestimmt und genau erklärend , wie-
wohl er offenbar ausgebreitete Gelehrsamkeit dem trocknen Philoso-
phiren entgegengesetzt denkt, also vielleicht ungefähr das, was man
sich zu Seneca's Zeiten (nach Epist. 308) bei einem Philologen im
Gegensatze zu einem Grammatiker und Philosophen dachte, nemlich
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einen Kenner der Geschichte und AUerthiimer und dessen, was dahin
einschlug : deiiti nach Serieca bekümmerte sich ein Philosoph nur um
den Gedankeninhalt einer Schrift, ein Philolog nur um Geschiclite und
Alterthiimer und derg'leichen, und ein Grammatiker nur um die Worte
(wovon er in jener Stelle Beispiele anführt). Daher war auch nach
Siielon. (Gramm. 10) der Name philologus g-eachteter, als der Name
grammaticus und literator, weil man unter philologus deiijenig-en ver-
stand, welcher vielseitige und mannichfache Gelehrsamkeit besass^ qui
ninltiplici variaque doctrina censehatur. — Später erweiterte man den
Beg'riff des Wortes, verband mit demselben auch den des Gramma-
tikers, und begriff darunter ausser der Kenntniss der Sprachen die
Kenntniss alles dessen, was zum genauen Verstehen der Schriftsteller,
alter sowohl als neuer, sowie auch aller Kunstwerke unentbehrlich
ist. Es ist daher das Wort Philologie bei uns ein im Begriffe sehr er-
weitertes und für unsere lateinische Sprache unentbehrliches Kunst-
wort, und wir behalten es, da es jedem Kenner verständlich ist, wohl
besser bei, als dass wir es auf eine andere, nicht erschöpfende Art
ausdrücken, zumal da wir nicht allein von occidentalischer und orien-
talischer, sondern auch insbesondere noch von klassischer Philologie
sprechen. Wie diese letztere, die von Einigen vorzugsweise Philo-
logie genannt wird, zu übersetzen sei, darüber siehe mehr unter Hu-
manus. — Für philologus sagen Einige litteraruni antiquarum Stu-
diosus.
Philologicus, philologisch, die Philologie betreffend, ist ein den Alten
ganz unbekanntes Adject., welches nicht einmal griechiscli ist, indem
nur tfilöXo/o:; als solches üblich war, was denn auch Cicero (in den
oben angeführten Stellen ) wörtlich aufnahm. Gleichwohl hat sich
jene neue Form - — seit wann und durch wen, weiss ich nicht — für
philologus eingeschlichen, ist sehr gebräuchlich, und wird wohl ferner
im N. L. das Verjährungsrecht haben. Man vermeide sie, so viel man
kann, sei es durch das adjectivische philologus (wie auch Vitruv. VI.
prooem. philologae res sagt), oder durch de philologia, oder durch die
Genitiven philologiae und philologorum ; bisweilen auch wohl durch
grammaticus. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 231 und unten Philoso-
phicfis.
Philomela ist in der Bedeut. die Nachtigall nur P. L. für luscinia.
Lächerlich wäre es, zu sagen: in hoc nefnore multae philomelae nidu-
lantur, was selbst ein Dichter nicht sagen würde.
Philomusus kommt zwar als ehrender Name eines Mannes vor,
aber nie als gewöhnliches Adject. für litteraruni studiosus , wie es
sich im gezierten Latein heutzutage findet. So gab der Franzose Carey
vor Kurzem einen Virgil heraus in usum philom7fsae jttve?itutis.
Philosophaster , ein gemeiner, armseliger Philosoph, ist N. L., wie
poetaster gebildet, und kann nur spottweise im Dialog gebraucht wer-
den, für philosophus de plebe, minutus philosophtis u. a.
Philosophicus , philosophisch, die Philosophie betreffend, ist, wie
philologicus , ein N. L. Wort, welches weder griechisch noch latei-
nisch irgendwo vorkommt, wiewohl aus späten Lateinern philosophicis
tractatibus und philosophice vivei'e erwähnt wird. Sonst stand es auch
bei Cic. (Tusc. V, 41, 121): ad philosophicus scriptiones ; aber schon
Davies nahm aus mehrern Handschr. philosophas dafür auf und ebenso
38*
59(5
Wolf uiul Orelli, welche philosophus für ein Adject. erkannten, wie ea
denn griechisch wirklich so gebraucht wird. Aber Klotz verwarf es
als Adject. und nahm dafür aus Nonius philosophiae auf. Auch Diet-
rich verwirft philosophus als Adject., wie man es wirklich im N. L.
schon hin und wieder findet , und räth, wie Klotz, nur zum Gebrauclie
der Suhst. phi'losophia und des personalen Subst. philosophus. — Bei-
spiele mögen die Anwendung: lehren: Philosophische Vorschriften,
praccepta philosophiae oder philosophormn (Cic. Tusc. 11 , 3, 9) ; phi-
losophische Bücher, libri , qut sunt de philosophia , auch kurz lihri de
philosophia ., philosophiae scripta (Plin. N, IL Xlll, 27) ; philosophische
Sätze oder Gegenstände, quae in philosophia tructantur ( Cic. Tusc.
Y, 1, 1) ; philosophische Gegenmittel, philosophiae remedia (ib. IV, 27,
58) ; ein philosophischer Hörsaal , aiiditoriuni philosophoritm ; philoso-
phische Geschichte, historia philosophiae ; ein philosophisches Gespräch,
sermo de philosophia (Corn. N. Epam. 3) — und ähnliche. Bisweilen
passt auch wohl phihsophorum proprius. — Als Adv. brauche man
weder philosophice noch philosophe, sondern etwa philo sophor um more,
ut philosophi. — Indessen wird, so unlaieimsch philosophicus und selbst
philosophus (als Adject.) ist, sich Beides, besonders das erste, im
JV. //.noch lange erhalten, da jenes zumal zu sehr eingewurzelt ist.
Vgl. auch Reisig's Vorlesung, p. 163.
Phlebotomare , Ader lassen ,\%X Sp. L. aus dem Griechischen ge-
nommen, aber ganz unnöthig wegen der Kl. Ausdrücke sanguinem
mittere, venam incidere oder secare.
Phliasius und Phliu7itius, ein Einwohner von Phlius. Beide Formen
brauchte Cicero, zuerst die ztveite (de Rep. 11, 4), verwarf sie aber
nachher (ad Att. VI, 2) und empfahl ausdrücklich die erste als die
bessere; diese brauchte er auch später (Tusc. V, 3), und so wende
man »uch nur sie an.
Phocaei, die Einwohner von Phocaea in Klein-Asien, ist vielleicht
nur P. Form bei Horaz und dem späten Mela, stattt P hocaeenses (hiv.
XXXVlI,2i,7; XXXV11,39, 12 u. a. Plin. N. H. 111 , 4, 4) , wofür
manche Gelehrte, wie Manutius, Seb. Corradus, Muretus u. A., durch
falsche Lesarten im Livius verführt, irrig Phocenses sagen, welches
die Einwohner von Phocis bedeutet. Vgl. Drakenb. zu den angef. Stellen
des Livius. — Man verwechsele beide nicht, wie es selbst alte Dichter
gethan haben.
Phoehe ist nur P. L. für Diana oder Luna (luna) ; man brauche
es nicht vom Motide. — Ebenso ist Phoehus nur P. L. für Apollo
oder Sol (sol), und wird fälschlich von der Sonne (im gewöhnlichen
Sinne) gebraucht.
Phoenicia, Phönicien, ist im Ä\ L. der gewöhnliche Name der Land-
schaft Asiens, nicht nur in Büchern, sondern auch auf Landcharten,
für Phoenice oder mit latein. Flexion Phoenica. Jenes ist ohne alle
Auctorität, etwa mit Ausnahme später Inschriften. Ueberall steht jetzt
nach den Handschr. entweder Phoenice oder Phoenica: bei Varro (L.
L. V, 6. p. 47 ed. Sp., p. 13 ed. Müll.), Cicero (Fin. IV, 20, 56. Phil.
XI, 13), Caesar (B. C. 111, 3), Plinius (N. H. V, 12), Curtius (oft),
Justin, und Mela, und wer sonst noch des Landes gedenkt. Früher
stand es freilich in den gewöhnlichen Ausgaben des Varro (aberSpen-
gel und Müller haben Phoenice) und sogar bei Cic. (Fin. IV, 20), aber
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nach einer etwas übereilten Verniutluing des P. Manutius für das von
allen Haridschr. gebotene, sinnlose ^oef?cß; und wiewohl Gronov und
mit ihm Verbürg Phoeiiica für dieses poetica und jenes Phoenicia (bei
Manutius) in den Text aufgenommen hatten , behielten dennoch I)a-
vies und Ernesti Phoenicia ohne allen Grund bei. Dagegen nahm Goe-
renz stillschweigend, ohne einer Variante zu gedenken, Phoenica in
den Text, und ihm folgte Orelli. Seitdem findet sich die falsche, vor-
her allgemein gewordene Form Phoenicia nirgends mehr. Auch wird
Phoenica durch das griechische 0oi)iy.rj gefordert. — Dagegen heisst
das Adject. Phoenicius, wofür auch Poenicius und Punicus gesagt
wurde, und die Personalsubstantiven waren Phoenix oder Poemts,
der Phönicier, und Phoenissa^ die Phönicierin. Vgl. insbesondere über
Phoenicia Jac. Gronov zu Pomp. Mela 1, 11.
Phoenix, als Name des fabelhaften, höchst selten erscheinenden
Vogels, kommt bei den Alten nirgends zur Bezeichnung einer grossen
und einzigen Seltenheit vor, und kann so nur im geziertesten Latein
gebraucht werden, wie es der pedantische jüngere Burmann thut, wel-
cher von einem Manne sagt: Phoenix ille ingeniorum.
Phrusis, was bei den Griechen den rednerischen Atisdrjick bedeu-
tete, und was die Lateiner (nach Quintil. VIII, 1) durch elocuiio
übersetzten, hat im N. L. die Bedeut. Redensart ; doch kommt es bei
den Alten nie so vor, für loquendi modus , conjnncta noniina oder verba
oder vocabula, nach Andern locutio, dictio, was wenigstens etwas An-
deres bedeutet. — Da aber keins von diesen ganz passend ist, so
bleibe phrasis als grammatisches Kunstwort ; nur sage man nicht im
Genit. Plur. phraseöii nach griech. Art, sondern mit latein. Flexion
phrasium. — Der im Lateinischen sonst strenge Schorus behielt das
Wort bei und schrieb phrases linguae latinae. — Was wir redne-
rische Phrasen nennen , kann aber nicht durch phrases rhetoricae
oder oratoriae ausgedrückt werden, sondern wohl besser durch rhe-
torum pompa.
Phrygianus und Phrijgtcus, Phrygisck, sind zweifelhafte Formen
für die sichere Phrygitis , welches aber nur Adject. ist; denn das
Subst. der Phrygier heisst Phryx, und nur Dichter brauchen dieses
für Phrygius.
Physiognomus, der Kenner der Natur, ist falsche, nirgends vor-
kommende Form für physiognomon (Gen. gnomonis). Dieses braucht
Cic. (Fat. 5, 10), und erklärt es (Tusc. IV, 37, 80) durch: qui natu-
ram cujusque ex forma perspicit.
Piaculare^ aus- oder versöhnen, ist A. L. und piare fast nur P. L.
für expiare.
Pictura, das Gemälde, wird wohl nur in Beziehung auf Inlialt
und Darstellnng gesagt; ein solches kann daher zwar wohl betrachtet,
gelobt, getadelt, verändert, aber nicht in die Hand genommen und
weggetragen werden; dagegen körperlich betrachtet heisst es ta-
bula picta.
Picturatus, gemalt, buntfarbig , gestickt, ist nur P. L. und selten;
dies erinnert auch Ruhnken gegen Muret's Worte (Oper. T. II, p. 100
ed. Ruhnk.): florum varietate distiuctum picturatumque, indem er sagt:
picturatus poeticum verbura.
Pientissimus ; vgl. Pins.
598
Pien'des, die 3I?isen, ist nur P. L. und wird nur in Beziehung auf
Poesie gehraudit, für Miisae, welches auch in Prosa in allgeraeinerm
Sinne vorkommt.
Pielis?tius, Frömmelei, der Pietismus, ist N. L. und ohne Zweifel
von demjenigen, welclier es erfunden hat, zum Spott gebildet; ebenso
p/edsta, der Frömmler. — Beide sind als neue \^'örter für eine neue,
den Alten unbekannte Idee beizubehalten, jedoch wo möglich mit An-
deutungen, die die Neuheit bezeichnen. So thut es Eichstädt in einer
Rede, indem er zu dem Worte hinzusetzt: Cujus ijtsum nomen por-
teudit barbariem. — Ruhnken drückt es in einem Briefe an Heyne
durch fa/iaticorum discipliua aus.
Piger, träge, saumselig ; — iii Etwas, in aliqua re; zu Etwas , ad
aliquid ; — beide kommen oft auf eins hinaus. — P. L. wird es mit
dem Ge?iit. verbunden.
Pignerare, %um Pfände geben, verpfänden, versetze?) ; als Depo-
nens, mit und ohne s/ä«', heisst es sich zum Pfände nehmen, aiishalien.
Vgl. Cic. Rep. I, 4. Phil. XIV, 12. — Keins von beiden bedeutet aber
pfänden, auspfänden, was pignora capere heisst (Suet. Caes. 17).
Pigrari, saumselig, träge sein, steht vielleicht nur bei Cicero (Att.
XIV, 1, 2) : scribere ne pigrere, säume nicht zu schreiben , für pigrurn
esse ; — es werde vermieden.
Pilare, Ball spiele?!, ist N. L. tnr pila oder pH am ludere.
Pileus, der Hut (selten als Neutr. pileu?n), ist für uns in der bild-
lichen Bedeut. Freiheit nicht anwendbar; die alten Römer verstanden
sie. — De?i Hut (sich) aufsetze??, in der gewöhnlichen Bedeut., heisst
mc\\i pileu??i impo?iere , sondern rapid operire ., und so auch den Hut
ab?ieh?ne?i , abziehe??., nicht ptleum deponere, sondern caput aperire.
Pilus, das Haar. Man bemerke die Gleichheit beider Sprachen in
den Redensarten: ?im ein Haar weniger , pilo mintis : ?t7?i kei?? Haar
we?iiger , ne ullo pilo q?ddein mi?ius; atich nicht ein Haar von einem
ehrliche?? Ma??ne habe??, ne ullu??i quide?n pilum boni vi?i habere.
Pingere,7?iale??, wird bildlich wohl selten für d epin gere gehrawchi',
z. B. vitam verbis (oratione) depi??gere (Cic. Fin, 11,21,69); imaginem
verbis depii?gere ; aliquid cogitatione depingere u. a., wicht pingere.
Pinguedo , die Fettigkeit, ist wohl eben so gut, sXs pi??g?iitudo, was
öfter vorkommt. Vgl. Hand's Lehrb. p. 142.
Pi??sere mit dem Accus. par?e?u , in der Bedeut. Brod bachei?, ist
gegen die Bedeut. des Verbi, welches stampfe?? , stossen heisst, mag
auch der Bäcker — pisfor heissen und diesen Namen vom Stossen des
Getreides haben. Man sage/^flwe?« coy?/ere. Vgl. Heusing. FJraendd.p. 480.
Piraeeus, der Piräische Hofe??. Cicero brauchte im Accus, theils
die griechische Form Piraeea, theils die lateinische Piraee?im ; ]tine
zuerst (Att. VI, 9, 1), diese später (Att. VII, 3, 10), und erklärte (in
der letzern Stelle) Piraeeum für die beste lateinische Form. Man
folge ihm im Gebrauche. Vgl. auch Th. I, §. 25.
Pirata , der Seeräuber, ist zwar ein fremdes Wort, aber eben so
häufig im Gebrauche wie praedo ??iaritim?is.
Piruiu werde nicht verwechselt mit/>«>zzs; jenes ist <//e Birne, die-
ses der Bir?iba?i?n.
Piscafio, das Fischen, ist sehr Sp. L. für pisratus.
Piscosus, fischreich, findet sich zwar nur bei Dichtern, ist aber doch
599
auch für die Prosa brauchbar, für plemts piscium ; wenigstens ist es
besser als das ^. L. piscnhjitus.
Pins ,f/o?nm. Eine eigene Comparativform kommt nicht vor; aber
auch eine eigene Siiperlativform war im bessern Latein nicht im Ge-
brauclie, so dass Cicero den M. Antonius, der in einem öffentlichen
Schreiben pHssimus gebrauclit liatte, tadeln konnte (Phil. XllI, J9),
er habe verbuin oninino nuUinn in liii^ua latina gebraxicht. Später aber
kam diese Form in die Biichersprache, so dass sie sich N. Kl. einige-
mal findet bei den beiden Seneca, Tacitus, Floru« und Curtius. Doch
brauche man sie niclit; — noch weniger aber die ¥orm pientissinws,
welche sich nur auf sehr späten Inschriften findet.
Placare, versöhnen ; — I'Ane?i mit Jema?ide?i, aliquem alicui, nicht
aliquem cum aliquo. So sagt Cic. {i\ii. VII, 1,8): coeperas eum mihi
(mit mir) placare; Farn. XllI, 1, 3 rogavit, ut te sibi (mit ihm) placarem.
Aber sich mit Jemanden versöhfien heisst nicht se placare odtr placari
alictn\ sondern redire in gratiam cum aliquo, und mit Eine7?i versöhnt
sein entweder cum aliqiio in gratia esse oder cum aliquo in gratiam
redisse. Vgl. Cic. Fam. I, 9, 4. — In der Bedeut. besänftigen, beruhigen
passt es wohl zu deum, deos , hominem , animum, iram u. dgl. , aber
nicht zu geniem (ein aufrührerisches Volk), populum u. ähnl., wo pacare
besser ist. — Die Versöhnung , Beruhigung heisst activ. placatio,
passiv, reditus in gratiam.
Placiditas, die Sanftheit, Zahmheit, kommt zwar AI. bei Varro vor,
aber sonst nur Sp. L. und selten, und wird nur denThieren beigelegt,
um ihre Zahmheit auszudrücken; Jiäufiger ist lenitas im Gebranche.
Placitum ist als Subst., in der Bedeut. Lehre, Griindsatz., Meinung,
nur N. Kl. und findet sich nur beim altern Plinius von Vorschriften der
Aerzte und von den Regeln Cato's über die Oelbäume, sonst nirgends,
wiewohl placere oft von Gelehrten gesagt wird, in der Bedeut. meifien,
de7iken, lehren. — Placitum ist unnöthig wegen praeceptum, decretum,
dogma, sententia ., quod placet (placuit). Im N. L. wird es aber oft
gebrauclit, z. B. von Wytteubach (Opusc. I, p. 186): reliquarum
sectarum placita.
Plaga findet sich in der Bedeut. Gegend, Landschaft, Bezirk nir-
gends in Prosa, für terra , terrae pars, regio, ausser in einer wunder-
baren und streitigen Stelle bei Liv. (IX, 41). Vgl. Madvig z. Cic. Fin.
II, 4, 12. — Auch wird es im Singul. in der Bedeut. JVetz verworfen, da
wohl nur plagae im Plur. dafür vorkommt. Vgl. Heus. Cic. Off". 111, 17,2.
Plagiarius bedeutet Kl. nur Einen, der hindere plagt., drückt tcnd
quält ; später Einen, der Mensche?i stiehlt, und N. Kl. nur eiuraal bei
dem Dichter Martial. eijien gelehrten Dieb, der die Bücher Anderer
ausplündert und bestiehlt, gleich /^r, wie Martial. einen solchen eben-
falls nennt. Es ist heutzutage fast Kunstwort für dieses häufige Ge-
werbe.— Auch plagium ist erst Sp. L. und bedeutet bei den Juristen
einen Menschefidiebstahl.
Planare, eben machen, ebnen, ist sehr Sp. L. für aequare, complanare,
planum facere.
Planctus, das Wehklagen, ist fast nur P. L. und kommt N. Kl. nur
bei Tacitus, Florus und Petron. vor, iv^x plangor ,lameiitatio, ploratus.
Planeta oder mit griech. Endung planetes , der Planet, Irrstem,
ist erst Sp. L. im Gebrauche für Stella errans et quasi vaga ( Cic.
«00
Rep. 1,14) oder Stella errans allein ( N. D. II, 20, 51 ), als Gei;eii-
satz zu den Fixsternen, welche stellae inerrantes hiessen. Nach Varro
(Fragment eines verlornen Bnches) nannten sie Einige Stellas erraticaSy
und der Philosoph Nigidius errones.
* In Nizolii lexicon Cicer. werden sogar in Facciolati's Ausgabe für das
Wort planeta zwei Stellen aus Cicero angeführt, während es doch nirgends bei
Cicero vorkommt.
Plangere, schlagen; heulen, klagen, ist nur P. und Sp. L. für per-
cutere ; larnentari, plorare.
Planitudo, die Fläche, das flache Feld, die Ebene, findet sich N. Kl.
nur bei Columella, ist aber zweifelhaft, indem die neuern Ausgaben
dafür plenitudo haben; auch ist es unnöthig wegen planities , locus
planus oder cajiipester und im Plur. loca canipesiria ; auch ca?npi/s.
Planta ist in der allgem, Bedeut. Gewächs, Pflanze ohne alte Auc-
torität für stirps , stirpes ; oft wird es auch umschrieben durch /es
eae, quae gignuntur e terra.
Plantare , pflanzen, junge Bäume u. dgl. setzen, kommt weder Kl.
bei Varro, noch N. Kl. bei Columella vor, welche nur serere,conserere,
surculum in terram deferre, arboremponere u. dgl. brauchen ; es findet
sich erst N. KL beim altern Plinius und bei Spätem. Ebenso kommt
plantarium erst bei Plinius vor, in der Bedeut. Pflanz- oder Baum-
schule., für seminarium, und plantatio, das Pflanzen, für satio. — Sehr
Sp. L. ist plantator, der Pflanzer, für sator.
Planus ist in der Bedeut. Landstreicher, Herumläufer ohne Auc-
torität, da es nur Betrüger bedeutet, für erro, homo vagus u. a. Vgl.
Webers Uebungssch. p. 277.
Plataea, als Name der berühmten boötischen Stadt, ist falsche,
nirgends gebrauchte Form für die Pluralform Plataeae.
Plausibilis , des Beifalls würdig, annehmlich, ist Kl. und gut; aber
das Adv. plausibiliter ist Sp. L. und werde vermieden durch cum
plausu oder die Umschreibung mit dem Verbo plaudere.
Plebs oäer plebes, der gemeine Haufe., wird fast nur in politischer
Beziehung gebraucht und steht deyi P^ornehmen entgegen; selten Leid-
lich, wie unser Pöbel, von den Ungebildeten und Unwissenden im Ge-
gensatze zu den Bessern und Verständigen; in diesem Falle wird mehr
vulgus und multitudo gebraucht.
Plebiscitum in der Bedeut. des griech. \in]qir)tia, Volhsbesschluss,
wie es Muret. (Oper. T. II, p. 234 ed. Ruhnk.) braucht: auctorifatem
plebiscitor?/ni s'ne psephismatum, tndeh Ruhnken, indem ersagt:Rectiu8
dixisset populiscitorum.
Plene, voll, vollständig, ist KL, aber sehr selten, auch weniger pas-
send, wo es auf das Subst. Bezug hat; z. B. Jemandes Worte vollstän-
dig (d. h. sie alle) geben, angeben, nicht alicujus verba plene dare,
afferre, sondern omnia, tota, oder integra.
Plenilunium, der Follmond, kommt erst N. KL bei Columella, dorn
altern Plinius u. A. vor, für die Kl. plena lutia (Cic. Rep. I, 15) oder
luna plena (Caes. B. G. IV, 29).
Plenipotentiarins, der Bevollmächtigte, der mit Vollmacht versehene
Gesandte , ist N. L. und kann durch das acht Kl. legatus cum publica
auctoritate (Cic. Verr. 11,2, 3) vermieden werden; auch sagt tnan bios
legatus cum auctoritate (Att. I, 19, 2).
()01
Phmis,a,ttm,voll, hat Kl. meistens den Genit. bei sicli, selten den
Ablat. Da durcli Auslassung' des Objectes der Sinn oft dunkel und
zweifelhaft werden kann, so sei man in der Auslassunfr vorsichtig. —
Selten ist wohl plenus seiiatus , der volle, d. h. vollzählige Senat., für
freqnens sen. ; aber wiewohl Quintil. (11,8,3) sagt: plenum pueris
(puerorum] gi/7H7iasi/fm , so konniti. er eben so gut auch blos sagen
plemim gy?nnasium ; wenigstens ist ple7inm auditorium niclit selten.
Vgl. Quintil. II, 1], 3. Und so findet es sich auch bei dem Verf. des
Dial. de orator. , Sueton. u. A. — Für plenus annus, plenus 7nensis u.
ähnliche sagt man tolfis oder i7iteger, und verbindet beide auch mit
pleims ; z. B. Cic. ( Milo 9, 24 ) : ut haberet — ple7iU7n annuTu atque
iutegruTn. — üeber pleno jure , mit vollem Rechte, vgl. Jus , und über
ple7ia manu und pleno ore aliquem laudare, welche beide bezweifelt
worden sind, vgl. Manus und Os. — Zu bezweifeln ist plen7is sui, voll
von sich, d. h. einge7iommen für oder von sich, stolz, aufgeblasen, für
sui a77iore captus., inflatus , elatns u. a. — N. L. ist plena mens, der
volle Verstand, für integra mens (Cic. Cato 20 integra mente mori) ;
ce/itutn plenos aimos vivere , volle himdert Jahre leben ., für centum
complere oder esplere annos — und so ähnliche; z. B. Quintil. (V.
prooeni. 4): nondu7n expleto undevicesimo anno, nachdem er noch
nicht volle 7ieunzehn Jahre alt geworden war.
Pleo7iasmus kann, obgleich es nirgends als lateinisches Wort auf-
genommen ist, als kurzes Kunstwort kaum entbehrt werden; Quintil.
erklärt es durch abimdans supra necessitate77i oratio. Aber pleonastici/s
und pleonastice müssen durchaus vermieden werden durch redundans
und redundanter.
Plerusque , pleraque , plerumque, kommt im Sing, selten vor und
nur bei Sallust. und Spätem mit Collectivsubstantiven verbunden; es
werde vermieden. Der Plur. aber ist sehr häufig, nicht allein in der
Ke<leut. die Meisten, sondern auch in der Bedeut. sehr Viele. — Vor
dem Genit. plerorumque und plerarumque warnt Vavassor. (Antibarb.
p. 573), indem er sagt; Durum et insolens, neque usquam in probis
scrij)toribus eo casu multitudinis positum vocabulum. Man verändere
die Construclion, oder setze ma.vimae partis oA^r maximam partem.
Im N. L. finden sich diese Genitiven nicht selten, z.B. bei Wyttenbach
(Opusc. I, p. 183): gravis error plerorumque aninios occupavit, und
bei Vaicken. (Oratt. p. Ib6) : harum plerarumqtie rerum. — Auch ist
plerumque als Subst. mit einem Genit., wie es bei Sallust. und Livius vor-
kommt, als selten zu vermeiden durch 7na.Tima pars. — Endlich warnt
Wüstemann (z. Doeringii Commentatt. p, 19) mit Recht \or plerique
mit dem Genit., indem das dazu gehörige declinirbare Wort mit ihm
in gleichem Casu verbunden werde. Man sagt Kl. plerique 7nilites, n\c\\t
milituin; plerique memi7iistis, die Meiste7i von euch eri7inern sich, nicht
plerique vestrum memiuerimt.
Pleuresis oder pleurisis ist Sp. L. Form für pletiritis , was aber
Celsus nie brauclit; es kommt erst N. Kl. bei Vitruv. und dem altern
Plinius vor, für lateris dolor oder dolor lateralis.
Plicare, falte?? , ist fast nur P. L. für complicore ; die St ir7ie falten
heisst weder plicare, noch complicare frontem, sondern contrahere
fronte77i.
Pluere, regnen, ist nur A. L. ein Personalverbum; bei den Bessern
602
steht 68 nur als Impersonale, pluit. — Was es regnet oder vom Him-
mel herabströmt , steht meistens im ^Ä/ß/., selten im Accus., z. Vi.
sanguine, fapidilms, canie, terra, selten sanguinem, lapides, carnem,
terram. Vgl. Pluvia.
Pluma, die Feder, wird nie für unser Schreibfeder gebraucht; da-
für nur calamns. Vgl. Penna.
Flures , plura , Mehrere (s) , hat meistens den Comparativbegriff,
weswegen es auch einen Zusatz mit quam (als) fordert, welcher ent-
weder da!)ei steht, oder hinzugedacht wird, wie es bei der Redensart
quid plura ea de re dicam? der Fall ist, wenn die Sache vorher nur
erwähnt worden ist, wo also quam opus est hinzu zu denken ist. Vgl.
z. B. Cic. Divin. II, 14, 34 und daselbst Giese. — Im strengen Ge-
brauche unterscheidet es sicli daher von complures, was auch Mehrere
heisst, aber immer oh7ie Comparativbegriff und daher gleich Einige,
eine A?izahl ist. Man verwechsele beide nicht, wie es im N'. L. oft ge-
schieht. So heisst z. B. er hat mehrere Bücher geschrieben, wenn kein
Buch des Mannes vorher erwähnt worden ist: scripsit ille complures
libros, nicht plures libros; wenn aber schon eins oder das andere
erwähnt worden ist, und wenn also gesagt werden soll: noch mehrere,
als das oder die erwähnten, so heisst es plures oder alias plures. Daher
hätte Ernesti (Opnsc. orat. p. 98) wohl natürlicher und dem Sprach-
gebrauche geniässer geschrieben: Cicero complures libros oratorios
scripsit, als plures, da er vorher noch keine rhetorische Schrift er-
wähnt hatte. — IVoch merke man, dass, mit alii, aliae, alia verbunden,
gleich gut zu sein scheint: alii plures und alii complures. Dies lehrt
wenigstens die Stelle Cic. (Orat. II, 23, 94) : aliique comphires, ver-
glichen mit Brut. 9, 36, wo von einer und derselben Sache die Rede
ist. — Bisweilen liegt in Mehrere der Sinn von nicht Wenige, also non
pauci; z. B. es gibt gewiss Mehrere, welche — , certe non pauci sunt,
qui — . Die Redensart ad plures abire, in der Bedeut. sterben, welche
Hemsterh. (Oratt. p. 129 ad plures abiit) und mit ihm viele Holländer,
wie Mahne (Vita Wyttenb. p. XVIII) und Andere brauchen, ist aus
dem Griechischen genommen, kommt aber nirgends in Prosa vor, und
nur bei den Komikern findet sich Aehnliches, z. B. bei Plaut. (Trinnm.
II, 2, 16 [15]): quin prius me ad plures penetravi? tvarum bin ich
nicht früher gestorben? ^ie werde als griechisch und veraltet vermie-
den. — Wo der Deutsche sich doppelt ausdrücken kann, durch mehr
und mehrere, in Verbindung mit als und einem Zahlworte, z. B. jene
brauchten nicht mehrere Farben, als vier oder nicht mehr, als vier
Farben, sagt der Lateiner wohl nie: Uli non sunt usi pluribus quam
quatuor coloribus, sondern plus quam quatuor color. (Cic. Brut. 18,70),
und so bei Livius ( XXXVIII, 38) : wz///« navis plus (nicht pluribus),
quam triginta remis agatur — und so in allen ähnlichen, wo auch oft
quam geradezu weggelassen wird.
Pluries, mehrmals, findet sich oft im Ä\ L., vielleicht nach der
falschen Auctorität einer Stelle des Jul. Caes. (B. C. I, 79) ; aber es
kommt erst Sp. L. bei Trebellius Pollio vor, für saepius, identidem,
pluribus locis , semel atque iterum., wozu Cic. (Font. 8, 16) sogar noch
zur Verstärkung ac saepius hinzusetzt. In den Text des Jul. Caesar
brachte es nach der Vermuthung des Ciacconius erst Jos. Scaliger für
die Lesart aller Handschr. und der altern xlusgaben plures, und nach-
603
her kam es in alle folgenden Ausgaben, selbst in die von Oudendoip;
aber plures ist dort ganz richtig. Vgl. darüber Hase in der Anm. z.
Reisigs Vorlesung, p. 213. — Es werde also, da es Sp. L. ist, nicht
gebraucht.
Phirimtis. Der Genit. plurimi, in der Bedeut. sehr thener, zur Be-
stimmung des Preises bei Kauf u. dgl., ist unlateinisch für pl ur im o, wie-
wohl im Compar. der Genit. ph/n's richtig ist.
P/zis , 7/iehr. — Von phires war schon oben die Rede. — Unser
mehr oder weniger heisst nicht plus auf minus, sondern plus minusve
oder selten ohne ve — plus ?ni?ius; mehr als einmal heisst wohl nicht
phisquamsemel, sondern identidem, saepiusu.a.', vgl, Pluries. \mN.L.
findet sich jenes oft, z. B. bei Mahne (Epicrisis p. 218):^///s quarn
semel animadverti. — Da der Genit. pluris nur zur Angabe des Wer-
thes und Preises dient, so sind N. L. Redensarten, wie: plt/ris cupidus
(nach Mehrerem begierig), cupiditas, appetitio u. a., wofür plus cv per e,
plus appetere , cupidus oder cupiditas plura habendi (Begierde nach
Mehrerem) oder Aehnliches gesagt werden muss. Falsch sagt daher
Sintenis (Versuch p. 74 nach Klotz): quo magis cupidi pluris fueritis. —
Mehr als Alle heisst wicht plus quam omnes, sondern masime omnium;
z. B. dieser förderte mehr als Alle (masime omnium) die griechische
Litterat7ir.Ygl. Hadriani Observatt. p.447. — Gut ist aber plus plusque,
wie magis magisque , z. B. bei Cic. (Att. VI, 2, 10) : Pompejum plus
plusque in dies diligo. — In Redensarten, wie: er brauchte mehr Far-
ben , als vier, sagte man plus quam quatuor coloribus , nicht pluribus
coloribus, quam quatuor. Vgl. Cic. Brut. 18, 70.
Pluvia wird nur vom Regemvasser (Wasserregeji) gebraucht, nicht,
wie pluere, auch mit Objecten, wie Blut, Steine ii. a. ; bei diesen steht
nur das Wort imber ; z. B. der Steinregen, imber lapideus oder lapidum,
nicht pluvia lapidea (der Verf. de bello Afric. 47 sagt dafür saxea
grando); der Blutregen, imber sanguineus (Cic. Divin. II, 28) — und
so gewiss in allen ähnlichen Verbindungen, so dass Perpinian. (Oratt.
p. 169) wohl richtig gesagt hat: panis imber effluit ^ es strömt ein
Brodregen herab , es regnet Brod. Vgl. auch Cic. Divin. I, 44 imber
lapidum, sanguinis , terrae, lactis. — Pluvia bedeutet aber auch mit
und ohne aqua das Regernrasser ; N. hl. sagte man dafür aqiia plu-
vialis oder pluviatilis , Cicero aber aqua pluvia. Vgl. Cic. Top. 9 und
Muren. 9.
Poculum , der Becher. — Ueber poculum hihere und haurire vgl.
Bibere.
Podager, der Podagrisi, soll zwar schon Ennius gebraucht haben,
aber INiemand brauchte es nach ihm. ausser Sp. L. der Dichter Clan-
djan. (Epigr. XXIX [nicht XXXII], 4). Im Gebrauche war nur poda-
gricus (homo) , wie ihn Celsus zu nennen pflegt. — Dagegen kam das
Snbst. podagra , die Gicht, häufig vor, und man brauchte es sogar im
Plur. , pudagrae. Auch Cic. (Tusc. II, 19, 45) hat dolores podagrae,
wofür Celsus (II, 7) auch dolores articulorum sagt. — Vxir pod agram
habere, Gicht haben, an Gicht leiden, sagte man (ex) pedibus laborare,
pedibus aegriim esse, pedum doloribus afjici, doloribus podagrae cruciari,
ordere doloribt/s podagrae.
Poecile., der Name eines mit Gemälden ausgeschmückten Säulen-
ganges zu Athen, ist ein zu gekünstelter Name für ein Buch, welches
604
aus mancherlei Bemerkungen und Aufsätzen gelehrten Inhalts besteht,
wie Heumaun ein solches in drei Bänden herausgegeben hat.
Poctna, das Gedicht, hat in der bessern Prosa im Dat. und Abi.
Plur. nur pofmatis, nicht poematibus, und so auch im Genit. Flur, mehr
poematorum als poematnm.
Poena, Strafe , Rache. — Die Redensart poenae esse , zur Strafe
sein, d. h. gestraft werden, ist wohl kaum erweislich für piiniri, poena
ofßci. Wenn Sallust sagt: pro aliquo poenas capere, um Jema?ides iril-
leti, für Jemanden Rache nehmen, so ist dies so selten, dass man es
nicht nachahmen darf, für alicujus poenas capere, repetere, persequi
u. a. — Ueber die Verbindung des Wortes poena mit Verben vgl. die
Lexica, da der Ausdruck in beiden Sprachen oft abweicht. — Poenas
dare, Strafe leiden, d. h. gestraft werden, hat den Gejiit. dessen bei
sich, wofür man gestraft wird.
Poenitendus, a, vm ist seit Livius zwar j4dject. in der Bedeutung
tadelnswürdig, verachtuf/gstverth, und als solches nicht zu verwerfen;
aber nie kommt es als Gerundivum vor. Daher ist wohl richtig: in lit-
terarum studiis non poenitendos fecit progressus,aber falsch : occasio?ie
usus est temeritatis poenitendae, er benutzte die Gelegenheit, seine U71-
besoTinenheit zu bereuen, für poenitendi temeritatis, also für das Gerun-
dium mit dem von dem Verb, regierten Genit.
Poenitentia, die Reue, kommt zuerst bei Livius vor, ist aber nicht
zn verwerfen, wiewohl KL nur das Verbum poenifere gebraucht wird.
Auch bemerkt schon Lactanz, dass resipiscentia oft richtiger sei als
poeni(e?itia. — Agere poenitentiam alicujus rei, Reue fühlen , haben,
beweisen über Etwas oder wegen einer Sache, brauchen Plinius (Ep. VII,
10) und Andere; im christlichen Latein bedeutet es unser Ä?/sse thun.
Poenitere, gereuen, bereiten, ist als Personalverbimi nur A. L. und
verwerflich; die Stellen, welche in guter Prosa dafür zu sprechen
scheinen, sind anders zu erklären. Wan sage nicht, wie Benj. Weiske
(in Wolfii Mus. antiq. I, p. 93): poenitebat Ciceronem haec peregrinatio
nach dem Deutschen: diese Reise gereute den Cicero, sondern hnjus
peregrinationis ; aber auch eben so wenig: poenitebat Cicero hujus pe-
regrinationis nach dem Deutschen: Cicero bereute diese Reise. Es werde
nur als Impersonale mit dem Accus, der beretienden Person und mit
dem Ge?iit. oder Infinit, des Objectes der Rede verbunden; — ebenso
auch, wenn poenitere abhängig ist von posse, coepisse , so/ere , wo auch
diese Verba als Impersonalia behandelt werden müssen. — Sp. L. und
incorrect ist es z. B., wenn Justin, sagt: Athenienses (als Nomin.) primi
poenitere coeperunt , die Ath. fingen zuerst an , Reue zu fühlen , für
Athenienses (als Accus.) primos poenitere coepit. 31an sage nicht: multi
temeritatis suae sero püenitere solefit, sondern multos tem. suae sero
poe?i. solet; nicht a?itequam nos (als Nom.) poejiitere coepimi/s , son-
dern onteq. nos (als Acc.) poen. coepit (Cic. Tusc. V, 36, 104).
Pvesis, die Popsic, nahm schon Cicero ins Latein, auf. Man vei'-
meide aber die griech. Genitivform /jopseos, welche oft im vornehmen
Neulatein vorkommt, für die latein. pocsis. Vgl. Th. I, §. 30.
Poetaster., ein Dichterlifig , Fersmacher , armseliger Dichter, ist
TV". L., wie philosophaster, für malus poeta ., versificator, poi-ta nescio
quis. Man schlägt auch poetilln vor, welches jetzt aber nur nach Ver-
muthnng eines Gelehrten bei Plaut. (Trucul. II, 6, 4) steht, wo jedoch
605
die Handschr. meistens post illam lesen. — Will man poetaster brau-
chen, so entschuldige man die Neuheit des Wortes. Dies that der
sonst so vorsichti^^e Ruhnken nicht, als er schrieb (Opusc. I, p. 133):
Sed qui poetastrorimi deliriis immoror? weshalb Matthiae dazu be-
merkt: Poetaster non est verbum iatinum, sed e vulgari Italorum ser-
mone ductum.
Poelil/a, der Dichterling ; vgl. Poetaster.
Politia (\on po/itus , fein) ist in der Bedeut. Feinheit, Zierlichkeit
N. L. für elegantia oder humanitas politior. Es kommt nur als IName
der Bücher Piato's vom Staate vor, wofür die Lateiner res publica
brauchten.
Politica oder politice als Subst., die Staatsktmst, Staatswissenschaft,
ist erst Sp. L. und wurde früher als griechisches Wort gehraucht.
Cicero sagt dafür res publicas adininistrandi scientia (Fin. V, 21, 58),
disciplina reipuhlicae (Orat. I, 34, 159. Rep. I, 33), ratio rei pnblicae
administra7idae, civilis prudentia (Rep. II, 25). — Bedeutet aber Politik
nur Weltklugheit, so sage man prudentia, cognitio , consilium urbannm
(Cic. Off. I, 22, 76), civilitas. — Gegenstä?ide der Politik sind res pn-
blicae; über Politik schreiben heisst de rebus publicis scribere. Vgl. noch
Ciiilitas.
Politicus, was wir oft durch politisch ausdrücken, ist mehr aufge-
nommen als das Subst. politica, indem z. B. Cicero (Fin. V, 23. Orat.
111,28) Philosophen, die sich mit der Staatskunst beschäftigten, pÄ?7o-
sophos politicos , und Coelius (Farn. VIII, 1, 4) Cicero's Bücher de
repnblica — politicos libros nennt. Vgl. auch Quintil. 1,10, 15. — Jedoch
kommt weder homo , noch vir politicus vor, Cicero nennt (Divin. I,
49, 111) erfahrne Staatsmänner — in re publica exercitatos ; die gross-
ten Staatsmänner — perilissimmos rerum civilium (Rep. 1,21); er
sagt auch irgendwo: vir regeiidae rei publicae scientissifnus,vir r/ui est
magno usu tractandae rei publicae. Und so brauche man für politicus
— civilis oder publicus, oder, wenn politisch den Begriff" der Verschla-
genheit enthält, caUidus oder was sonst der Sinn verlangt.
Pollex , der Daumen. — Die sprichwörtliche Redensart pollicem
alicui premere , in der Bedeut. Einem günstig sein, kann jetzt nicht
mehr ohne den Zusatz: ut in veterum lio}nanüru7n proverbio est ange-
wandt werden; übrigens ist es für uns unzeitiger Prunk, da alicui
favere dasselbe ausdrückt.
Polliceri. Ueber poll. montes aureos, goldtie Berge versprechen, vgl.
Aureus. — Falsch ist die Verbindung von polliceri mit Ohjecten, die
etwas Böses enthalten, wenn das Object den treffen soll, dem es ver-
sprochen wird, z. B. exitium , malmn u. dgl. , für denunciare , minari.
So schrieb Muret. (Oper. T. I, p. 121 ed. Fr.) : quarum rerum igno-
ratio aeternura ex<7/ww hominibus pollicetur, wobei Frotscher bemerkt:
Pollicemur bo?ia, denunciamus mala.
Pollicitari, versprechen , ist A. und Sp. L. für polliceri, promittere.
Gut aber ist das Suhst. pollicitatio, das Versprechen, im Sing, und Plur. ;
wenn auch nicht von Cicero , so ist es doch von Caesar einigemal,
von Asinius PoUio, Livius u. A. gebraucht worden. Cicero sagt nur
proThissio im Sing, und promissum im Sing, und Plur.
Pollinctura, die Leichenbesorgung, ist zweifelhaft, da es bei Plau-
tus von den Meisten hi polluctura , der köstliche Schmaus, verändert
606
wird; weiter hat es keine Auetorf tat, und man sage daher cnratio
morttiL
Polns , der Pol, die Himmelsachse , ist nur P. L., aus dem Griech.
genommen, für cardo coeli ( Varro R. R. I, 2, 4), Vertex coeli ( Cic.
Rep. VI, 20), axis coeli (N. D. I, 20, 52).
Polyhistor^ der Fielwisser, kommt nur als Beiname eines alten
Grammatikers vor und als Name eines späten Buches von mannich-
faltigem Inhalte, aber nie in allgemeinem Sinne zur Bezeichnung eines
grossen , vielseitigen Gelehrten ; man brauche es daher vorsichtig. Es
wird sonst ausgedrückt durch Homo, in quo multae litterae sunt; homo
multa doctrina ornatissimus u. dgl. — Ganz iV. L. ist aher polyhistorta,
die Fielwisserei, für multa et varia eruditio; auch blos multa scire.
Pometum, der Obstgarten , das Obstfeld, kommt Sp. L. nur bei
Palladius (I, 36) vor, und ist selbst da zweifelhaft für das Kl. poma-
rium bei Cicero, Varro, Columella, Plinius u. A. Seltsam behaupten
einige Grammatiker, /jomßr/?^m sei nur ein Obstbehälter, pometum aber
ein Obstgarten. Vgl. Schneider zu Varro R. R. p. 254.
Pomposus ist N. L.; Bremi hätte es nicht brauchen sollen ; er
nennt hochtrabende Worte — verba pomposa statt grandia oder (nach
Cicero) verborum pompa.
Pomum ist nicht der ^pfel, sondern jede Baumfrucht , im Plur.
poma, das Obst ; ebenso ist po?mis nicht der Apfelbaum, sondern jWer
Frucht- oder Obstbaum ; der Apfel heisst malum und der Apfelbaum
— malus. Im N. L. werden sie oft verwechselt. Vgl. Vorst. latin. mer.
Susp. p. 113.
Ponderare kommt in der eigentlichen Bedeut. unegen, das Ge-
wicht erproben erst N.Kl. beim altern Plinius vor, für ad pondas oder
trutina examinare. In der bildlichen Bedeut. Etwas nach Etwas ab-
wägen, beurtheilen wird es verbunden aliquid aliqua re oder aliquid
ex aliqua re ponderare.
Ponderositas, die Schwere, ist N. L. für pondus, gravitas,
Pone, hinter, hinten, hinten nach, \%i als Ädv. und Praepos. A.L.; bei
Cicero findet es sich nur im Timaeus (wenn Cicero der Verfasser ist),
bei Caesar nie, bei Livius nur einigemal; sonst ist es fast nur P. L.,
und Quintilian. rechnet es zu seiner Zeit schon zu den veralteten Wör-
tern. Man brauche dafür post (Caes. B. G. II, 5 post eum, hinter ihm),
a tergo oder retro.
Ponere, setzen, stellen, legen, verwenden u. dgl., wird fast nur ver-
bunden iji aliquo loco, in aliqua re, selten in aliqueyn locum, in aliquam
rem , Etwas ivohin setzen , stelle?i , lege?i , auf Etwas verwenden ; —
dorthin heisst ibi, nicht eo ; wohin, ubi, nicht quo. Daher heisst z. B.
Etivas unter die Güter (Uebel) rechnen, aliquid ponere in bonis (in
malis); Etwas für ein Lob, für eine Wohlthat halten oder auslegen,
ponere aliquid in laude, in beneficio , wiewohl auch pon. aliquid loco
beneficii gesagt werden kann; PJinem Etwas als ein schändliches Ver-
brechen anrechnen, alicui aliquid in nefario crimine ponere (Cic. Orat.
H, 48, 199). — Einen Accusat. lässt bei Cicero Madvig (zu Cic. Fin.
V, 2, 8) nicht gelten, indem er in aliqua historia vestigium ponimus,
für in aliquam hisloriani aus den Handschr. setzt. — Das örtliche
unter , d. h. darunter, heisst sub mit dem Accus., und vor — ante. —
Einen an Jemandes Stelle setzen, für eifien Andern anstellen heisst,
607
zumal wenn es bedeutet: Einen nur provisorisch als SteÜTertreter an-
stellen, — in aliciijiis locum aliquem siifficere oder substihiere , alicui
vicarimn dare, nicht mit ponere ; Einen einem Andern gleich setzen,
aliquem cum aliquo oder alicui aeqnare oder (wie Livius sagt) ali-
quem alicui in aequo ponere. Vgl. Weber's Uehnngssch, p. 50. — Den
Fuss vor das Thor setzen heisst nicht pedem ponere ante portam , son-
dern pedejn porta efferre (Cic. Att. Vlll,2, 4); Einem einen Tag,
Termin setzen , bestim7nen , nicht pojiere, sondern alicui diem dicere,
dare, constituere, praefinire; die Hände auf den Riicken legen, nicht
ponere, sondern rejicere manusin tergum (Cic. Fam.XI,32). — Richtig
ist: nomen alicui ponere oder imponere , Einem einen Namen geben
(Cic. Tusc. in, 5, 10. N. D. I, 17); aliquem ponere in gratia apud ali-
quem. Einen heiJem. in Gunst setzen. — P.L.ist aber animam ponere,
das Lehen lassen , sterben , inr mori., vitam profundere u. a.; ventus
ponit, der fVind legt sich, für ventus cessat. — Bezweifelt wird exem-
plum ponere ad imitandum , ein Muster zur Nachahmung aufstellen,
für proponere. Vgl. FJllendt z. Cic. de orat. T. II, p. 87. — Die Re-
densarten: setze de?i Fall, d. h. 7iimm an, wir ivolleji den Fall setzen,
gesetzt, dass — werden in guter Prosa nie durch ;;owe/e ausgedrückt;
man sage also n\c\\i:pone (was nur A. L. bei Terenz so vorkommt),
ponamus, posito oder gar posito casu, quod — , sondern fac (Cic. Div.
II, 47, 99), Statue, finge ; fingamus ita esse (dass es so sei), wie Cic.
(Phil. II, 24) sagt. Vgl. Hadrian. de serm. lat. p. 184. — Die Redens-
art gesetzt dass wird oft ausgedrückt durch ut, und gesetzt dass nicht
durch ne ; z. B. gesetzt, es verhalte sich so, quod ut ita sit (Cic. Tusc.
1 , 21 , 49); gesetzt auch Milo wusste dieses , quod ut sciret (Milo 19);
gesetzt es wäre wahr, ut verum esset (Rep. I, 6); gesetzt, dass du nicht
niedergedrückt tvirst , ne opprimare (Tusc. IV, 17, 39) — und so in
vielen andern Stellen. Auch wird blos der Conjunctiv des Haupt-
verbi gesetzt ; z. B. sed haec sane sitzt paria omnia, aber gesetzt dieses
Alles wäre wirklich gleich (Cic. Muren. 19, 41); und so auch etiamsi,
z. B. etiamsi te auctore ., gesetzt auch du wärest der Anstifter (Att.
XVI, 7. 2).
Pons , die Brücke. — Eine Br. über einen Fluss schlagen heisst
Ä'/. pontem inßumine (nicht influmen, wie Drakenb. Liv. I, 33, 6 in
Tibcrim für das gute in Tiberi lesen will) facere, efficere oder injicere;
mehr N.Kl. sind pontem flumitii imponere, indere, inducere. Eine Brücke
abbrechen heisst po/zfewi interrumpere , rescindere, interscindere., dis-
turbare , disjicere , dissolvere, N. Kl. abr?impere, rumpere, solvere, vet-
tere ; theilweise abbrechen heisst recidere. Vgl. Brerai z. Corn. N. Milt.
3, 4. Oudend. Caes. B. G. VI, 29 und Zumpt Gramm. §. 187 u. 189.
Pontus ist in der allgem. Bedeut. Meer nur P. L. für mare.
Popelins, das gemeine Volk, der gemeine Haufe, ist nur P. L. für
plebecula.
Populäre und (als Deponens) populari waren vielleicht gleich üb-
lich; daher kann auch populari passive Bedeut. haben,
Popularitas ist in der Bedeut. Verständlichkeit, Fasslichkeit , wo
wir sagen Popularität, N. L., da es bei den Alten, wo es A. L. und
A". Kl. vorkommt, andere Bedeutungen hat. Es werde daher, wenn
man es so brauchen will, nur mit dem Znsatze ut ita dicam oder ut
hodie toquuntur angewandt, oder man drücke es aus durch sermo ad
608
vulgarem popiilureniqiie aensmn accom?riodatus. — Auch das Adj. po-
vuluris bedeutet vvolil nie eigentlich verständlich , fasslich , sondern,
ausser andern Bedeutungen , ge/He««, «//^«^//cÄ , was freilich oft auf
jenes hinanskomnit ; — ebenso das Adv. populariler. Vgl. über die
Bedeutungen die Lexica.
Popidatio ist in der Bedeut. Volksmenge fast N. L. für populifre-
quentia, pop. multitudo.
Popnlosus, volkreich, ist Sp. L. für celeber ,frequens. Noch später
brauchte man popidositas, die Menge, für midtitudo, freqtientia.
Populus, das Volk. Ungewöhnlich ist loqui pro populo^ ante oder
apud populum, vor dem Volke reden, für publice, in concione.
Porosus; vgl. Porus.
Porrigere , ausstrecken. Wiewohl ma?mm (?namis) porrigere, die
Hand ausstrecken, Kl. und besser ist, als extendere manum (vgl. Ex-
tendere), so ist doch in bildlichem Sinne manum (mann s) ad oder in
aliquid porrigere, die Hand nach Etwas ausstrecken, d.h. Etwas
haben wollen, begehren, zu bezweifeln für (manibus) appetere aliquid.
Porro, ferner, weiter. Man braucht es fast nie zur Aufzählung ein-
zelner Umstände, wozu deinde, tum, praeterea dienen, da es meistens
den Gedanken enthält: z/m weiter zu gehen. Es wird aber dafür bei
theilweisen Fortsetzungen mehr ja7n gebraucht, worin liegt: um nun
auf dieses zu kommen. Und so sagt man auch in lebhaften fragenden
Zusätzen, z. B. was nun ferner oder weiter, quid tum? quidtuinpostea?
ist nicht fei'n er oder hat nicht ferner? u. ähnlichen, ^?^/rf.^ nonne —
oder quid? quod — . So findet es sich oft in den Reden; vgl. auch Cic.
Divin. I, 14. — Auch gebrauchen wir weiter als üebergang zu etwas
Wichtigem ; z. B. aber nun weiter, age vero (Cic. Inv. I, 2, 3. Orat. I,
8, 32), agejam (Att. VIII, 3, 5). — N. L. ist wohl deinde porro , und
dann ferner, für das einfache deinde ; jenes braucht z. B. Mahne (Crito
p. 279); — ebenso ist es N. L., im zweiten oder in einem weitern Cou-
ditionalsalze, wo wir oft mit wenn ferner fortfahren, si porro zu sagen ;
es findet sich im iV. i. nicht selten, sogar bei Ruhnken (Opusc. I,
p. 85) : quod si demonstraro si porro — , wozu Friedeniann be-
merkt: Admodum frequens est recentioribus haec orationis structura,
57 — , si porro — ; cupio equidem scire, quis Romauorum ita dixerit.
Porta, die Thüre,das Thor. Unsere bildliche Redensart: vor der
Thüre sein, d. h. fiahe sein, bevorstehen , wird nicht mit porta ausge-
driickt, sondern mit instare ; z. B. der Winter ist vor der Thüre, hiems
instat.
Portare , tragen , bringen. Selten und vielleicht nur bei Sallust.
steht auxilium portare für aux. ferre. Hülfe bringen, leisten.
Poriabilis, tragbar, ist ganz Sp. L., und portatilis N. L. für quipor-
iari polest.
Portio, Theil, Antheil, Verhältniss , kommt Kl. nur mit der Praep.
pro \or, pro porlione, nach seinem Antheil, nach Verhältniss ; N. AI.,
besonders beim altern Plinius, in der Bedeut. Theil, gleich pars. Es
werde vermieden durch pars, und in der Bedeut. Gleichmässigkeit,
Verhältniss durch proportio. Daher hätte Perpinian. (Oratt. p. 280) für
portio terrae, Theil der Erde, lieber pars terrae sagen sollen. Auch
sage man nicht, wie Tacitus, pro virili portione, inv pro virili parte, so
viel ein Mann thun kann.
609
Porus^ der Aus- oder Durchgang, die Oeffmmg , wie wir es von
den feinen Oeffnungen der Haut des Menschen brauchen, welclie wir
Poreti nennen, ist, wie es scheint, ohne alJe Auctorität und N. L. für
7neatus oder foramen ; — ebenso das Adject. porosus, für foraminurn
plemis, meaübiis abundans. Wenn man diese Wörter brauchen will,
80 setze man, wenigstens bei porus, hinzu: ut graeco verbo utar.
Positio kommt erst N. Kl. vor, aber doch nicht in der Bedeut. das
Stelleii, die Stellung, besonders von Wörtern unter und neben ein-
ander, wie man im N.L. oft findet positio verboruni für collocatio oder
coiiformatio verboruni^ und, wenn von der Stellung oder Anordnung
der Wörter die Rede ist, wie sie sich eben vorfimiet, ordo verborum.
— In der Bedeut. Lage (von einem Orte) ist positio zwar erst A^. ÄL,
aber doch neben sifzis wohl zu brauchen.
Positivus ist zwar ein altlatein. Wort, aber in der Bedeut, wie wir
positiv brauchen, ist es N. L.; z. B. les positiva, ein positives Gesetz,
d. h. ein bestimmtes, mit Worten ausdrücklich abgefasstes Gesetz,
welchem ein natürliches zu Grunde liegt. Man kann es nur mit einem
mildernden Zusätze brauchen, sonst aber lej;, qua diserte oder liq?iido
aliquid esplicntur, jubetur. — Ferner ist positivus N. L. in der Bedeut.
bejahend, für ajens, dem negans oder jariüaws entgegengesetzt. Inder
Grammatik ist es Kunstwort.
Posito, quod — , gesetzt dass — ; vgl. Ponere.
Positura und positus (nach Decl. IV.) sind N. Kl. und oft P. L.
m der Bedeut. Stellung; man vernieide sie lieber i\\\Yc\\ positio , wenn
vom Setzen oder dem Gebrauche die Rede ist, und durch collocatio,
wenn mehr die Stellung einer Sache , z, B. eines Wortes, an irgend
einen Ort darunter verstanden wird. Bisweilen heisst auch Stellujig
— Status, z. B. bei Corn. N. (Chabr. 1); auch kommt es in der Bedeut.
Lage vor, für situs. — Im N'. L. wird positus oft gebraucht.
Posse enthält den Eingriff ve?'ntögefi , im Sta7ide sein, möglich sein,
wo wir auch köfinen i)rauchen. Bei geistigen Dingen steht dafür mei-
stens scire ; z. B. Flöte blasen köniien , scire ßdibus canere ; lateinisch
sprechen können, scire latine loqui, wo aber canere und loqui meistens
fehlt. — Wenn aber unser können, weiches auch als Hülfsverbum
dient, dergleichen nicht enthält, so werde posse nicht gebraucht, son-
dern man drücke das kö?inen nur durch den Conjunct. des Verbi aus.
Dagegen ist im A^. L. oft auch von den besten Schriftstellern gefehlt
worden, und wird noch gefehlt; desshalb machte F. A. Wolf sogar in
der Beurtheilung von Ruhnken's Elogium Hemsterh. auf den falschen
Gebrauch des Wortes jaosse statt des blossen Conjunct. des Verbi auf-
merksam. — N. L. ist posse auch in der Bedeut. wirksam, kräftig
sein, für ejficax oder potens esse; vgl. darüber Sciopp. Infam, p.34. —
Auch passt es nicht in den Redensarten :/m> Etums können und für
Etwas nicht köfinen, welche durch in culpa esse, in culpa non esse zu
übersetzen sind. — Fex'ner hüte man sich, bei den deutschen Con-
junctiven ich könnte und ich hätte gekonnt, wenn sie nicht in einem
hypothetischen Satze stehen, sondern nur in Verbindung mit einem
folgenden aber (sed), im Lat. ebenfalls den Conjunct. zu setzen, da
der Lateiner dann bestimmt im Indicat. zu sprechen pflegt; also pos-
sum, poteram, potui, nicht posse?}i, potuissem, was man so oft ira
N. L. findet. Man sage nicht: possem (ich könnte) multa dicere de ejus
39
610
liberalitate, sed — , soiulern possum multa — (Cic. Sest. 3, 7) ; nicht:
hoc quitlem homiiie neminem potm'sses raittere, qui — , du hättest mir
keinen Mann schicken könneri , der mir willkommener gewesen wäre,
als dieser, sowA^rn potuisti (Cic. Fam, III, 5, 1), — und andere ähn-
liche. Vgl. auch Th. I, §. 56. — Falsch schrieb daher z. B. Ruhnkea
(Opusc. I, p. 236): equidem comraemorare possem, ick könnte erwäh-
nen, für possiim, wie Friedemann richtig' bemerkt, zumal da der Lei-
dener Herausgeber, Bergmann, fälschlich vorschlug, poss2>n zu setzen.
— Den Conjunct. braucht oft falsch Mahne im Crito, z. B. 278 veteres
dicere potmssent, für poterafit oder potuerunt, und p. 294 potuissem
etiara scribere, für poteram oder potui. — Endlich in der deutschen
Redensart; ich Itann nicht umhin, dass ich — oder ich kann nicht um-
hin zu — mit einem Infinit., d. h. ich muss mit dem Inf., sagt der La-
teiner nie: no7i possum non, quin — , was man im N. L. so oft liest, z. B.
bei Görenz (Anm. z. Cicero) : non possunt non, quin loqtiantur ; non
putest non, quin saepe — selectius positum sit — , sondern entweder
no7i posst/m non mit dem hifinit., oder non possum facere , quin — ,
oder, doch sehr selten, o\\ne facere — 7ion possum, quin — , was man
aber als A. L. (bei Plaut. Trin. III, 2, 79) vermeide. Vgl. Cic. Fam. I,
9, 2Q aequitatera tuam non potui non probare; ib. V, 14, 2 non possum
ie non accusare; Fin. 111, 8, 29 is non potest eam (mortem) non
tiniere; Fam. VI, 13, \ facere non potui, quin declararem. —
N. L. aber ist es, für quin zu setzen quo minus, wie es Reiske irgendwo
thut. Vgl. noch Klotz Siiitenis p. 115,
PossibiUs, möglich ; xgL Impossibilis. — Beide Wörter waren nur in
der philosophischen Kunstsprache, nicht im gewöhnlichen Gebrauche
üblich, wo m?(\\ ßeri posse sagte; und wo wir sagen leicht möglich,
sagte man auch facilisfactu; z. B. lioc tibi facile factti est (Cic. Fam.
Xlll, 9, 3); bisweilen auch blos posse, wie in den Redensarten wo
möglich^ wenn möglich, si possum, si potes u, s. w., nach Verschieden-
heit der Hauptperson; z. B. si potes (Cic. Tusc. 1, 12, 26); si possmnus
(ib. IV, 26, 56 u. a.); aber es ist mir gar nicht möglich (nemlich dies
ertragen zu können), sed plane jion possam oder fero (Fam. XVI, 1, 1);
so viel es mir möglich ist, quantzon possum. — Sobald als möglich
wird theils durch quam primum fieri polest , theils blos durch quam
primum, theils auch durch primo quoque tempore ausgedrückt; un-
möglich glauben können heisst oft adduci non posse, ut quis credat.
— Auch das Subst. possibilitas, die Möglichkeit, ist Sp. L. im Gebrauche
und nur als Kunstwort anzuwenden ; man setze dafür facultas oder
potestas (Caes. B. G, II, 6), oder umschreibe es mit esse posse ; z. B.
er läugnet die Möglichkeit dieses Begriffes, negat esse posse haue no-
tionem.
Possidere , besitzen, haben, beschränkt sich fast nur auf Habe und
Gut ;]eder andere Besitz, wie von Freunden, geistigen und leiblichen
Gütern, wird mehr durch habere, esse, inesse u. a. ausgedrückt. Mit
Recht bezweifelt Wyttenbach (Opusc. I, p. 345) possidere amicos, da
man sie nicht eigentlich im Besitze oder in seiner Gewalt und Macht
habe, wie eine Sache.
Post wird selten, aber doch auch Kl., iürpostea als Adv. gebraucht,
und ist nicht zu verwerfen. Es ist aber post , nicht postea, bei einer
Zeitbestimmung, um wie viel Zeit (seien es Jahre, Monate, Tage oder
611
was sonst) nachher, d. li. nach etwas Anderm, was schon geschehen
und erwähnt worden ist, das gesetzliche Wort, und der fast gesetzh'che
Sprachgebrauch fordert, dass die Zeit, ran wie viel, in den Ablat. ge-
setzt werde, nicht in den Accusat.; z. B. wenige Tage nachher starb
j4iigustus, paucis diehus post oder paucis post diebus , selten voran
gestellt, post paucis diebus mortuus est Aug., nicht aber post paucos
dies, wie es im N. L. oft vorkommt. Vgl. die Grammatiken, Anleit.
§. 85, 5 und Th. I , §. 75. — Selten vorkommend und nicht nachzu-
ahmen ist post multo, lange nachher, für multo post , und post brevi,
kurz ?iachher, für brevi, paulo oder ?io?i multo post. — A. L. und N. Kl.
ist post hoc, id, haec, illa, quae, iür postea oder in zwei Wörtern post
ea. Vgl. Horat. Tursell. Partie, p. 582. 583. 590. — In der Redensart
der Zweite, d. h. der Nächste nach Jemanden sagt man Kl. secmidus
oder alter ab aliquo, N. Kl. post aliquem; zmiächst nach Einem, pro-
sime ab aliquo, nicht post aliquem. — Wenn sich iiach weder auf Zeit
noch auf Ort bezieht, sondern einen Rang, zumal vergleichend, an-
deutet, so braucht man secutidum , nicht post ; z. B. nach (zunächst
nach) Cicero verdient Sallust den meisten Glauben, secundum Cice-
ronera, nicht post Cicer.; — ebenso auch, wo 7iach so viel bedeutet wie
zufolge, gemäss ; z. B. 7iach der Natur leben, secundum naturam vivere.
Postea, nachher , bei einem Ablat., um wie viel Zeit, z. B. multo
postea, brevi postea, duobus postea an?iis, für post, ist selten und werde
nicht nachgeahmt, wiewohl man, wie auch in einigen Stellen gedruckt
ist, in zwei Wörtern post ea schreiben kann ; z. B. Cic. (Rep. II , 35) :
annis post ea viginti; Verr. V, 54 perbrevi post ea — und so vielleicht
noch in andern Stellen. Man brauche lieber das einfache post.
Posterior, der letztere (^von poster oder postertis , welche beide in
dieser Form nirgends als Nomin. vorkommen) , gilt streng genommen
nur in Beziehung auf zwei, nimmt fast nur auf Zeit und Ort Rücksicht,
und ist dem prior entgegengesetzt. Wo wir aber bei Angabe von Per-
sonen oder Sachen der erslere und der letztere brauchen, findet sich
nur selten prior und posterior, gewöhnlich nur ille und hie. Vgl. Prior
und Webers Uebungssch. p. 62. — Im N. L. sagt man in Schluss-
folgen: verum est prius, ergo et posterius, wofür nach Cicero zu sagen
ist: verum est primum, verum igitur et extremum (Off. III, 6).
Postmodo und, ffostmodum , nachher , sind erst seit Livius im Ge-
brauche für postea, was man denn auch jetzt allein brauche. Bezwei-
felt wird auch die zweite Form, postmodtim, bei Livius von Draken-
borch, der die erste überall vorzieht. Vgl. Reisig's Vorles. p. 212 mit
der Anm.
Postquam oder posteaquam, nachdem, kommt nur selten bei Cicero
vor, welcher mehr ctim mit dem Plusquampf. Conjunct. oder die
Partikeln ut, ubi und simulac mit dem Perf. Indic. anwendet, wenn er
aber jene braucht, ebenso zu verbinden pflegt, wie ut,ubi\xnd simulac;
z. B. posteaquam sum revocatus , numquam quietus fui, nachdem ich
zurückgerufen worden war — , nicht eram , noch essem revocatus,
wie es im A^. L. so häufig vorkommt, obgleich es von dem fast allge-
meinen Sprachgebrauche abweicht. Die wenigen Beispiele anderer Art
bedürfen eigener Erklärung. Vgl. ausser den Grammatiken Weber's
Uebungssch. p. 151. — Uebrigens kommt bei den Historikern, z. B.
bei Caes. und hivius, postquam häufig vor. — Wenn wir sa^en: amfol-
39*
612
gendeji Ta^e, tiachdem dies geschehen war, so heisst «lies nicht: po-
stero die oder poslridie, postquam, sondern statt poslquam bios q?mm,
tlieils mit dem Per/., theiJs mit dem Plusquamperf.; z. B. Cic. (Orat.
II, 3, 12): postero die, quam illa erant acta; Fam. XIV, 7, 1 postridie
intellexi, quam a vobis discessi.
Postreimts hedeutet zwar bei den Alten auch höchst verächtlich;
aber dennoch ist die Redensart i?i postre?nis jacere in der Bedeut.
in den traurigsten Umständen sein, welche Muret. (Oper. T. I, p.273)
braucht: qui si vestri sinii/es fuissent, vos hodie in postremis jaceretis,
oiiüe alle Auctorität, mag auch Sallust. (Catil. 52) dem ähnlich gesagt
haben: res publica in extremo sita. Frotscher meint, es müsse anders
verstanden werden, sagt aber nicht wie, und gibt auch kein Beispiel
dafür als gute Äuctorität an.
Postponere, nachsetzen, nach oder hinter Etwas stellen , kommt in
der ersten Bedeutung vielleicht gar nicht vor, wenigstens geben sie
die Lexica nicht an; und doch wird das Verbum in dieser Bedeut. im
N. L. sehr häufig und unbedenklich gebraucht, wozu die Anmerkun-
gen in den Ausgaben der Schriftsteller Beispiele genug liefern. Man
brauche jtjowere mit post und dem nöthigen Subst., oder transponere
oder transferre. — Aber auch in der Bedeut., welche die Lexica al-
lein angeben, hintansetzen, geri?ig achte?i, findet es sich selten, bei Ci-
cero nie, aber einigemal bei Caesar für das öfter vorkommende post-
habere.
Postputare , nachsetzen, hintajisetzen, steht A. L. nur bei Terenz
für posthabere.
Postscribere kommt nur N. KL bei Tacitus einmal vor (A. 111,64):
Tiberii nomen suo postscripserat, also in der Bedeut. Jemarides Namen
nach dem ei?ies Andern schreiben, wo sonst subscribere oder adscri-
bere gebraucht wird. Nirgends aber findet es sich in der Bedent. am
Ende dazu schreibe?i , später schreihe?i , für postea adscribere. Daher
sind N. L. postscriptio und postscriptum , die Nachschrift, für quod
ifij'ra oder subscriptutn est.
Postulare., fordern, verlangen, wird nie von Feldherren gebraucht,
welche Contributionen, oder Lieferung von Getreide, oder Stellung
von Soldaten fordern, wo der Spracligebrauch fordert: imperare alicui
aliquid, von Einem Etivas fordern , Einem befehlen. Etwas zu liefern;
— ebenso imperata facere. Auch wird nie von dem Verkäufer, der
für seine Waare Geld fordert , ^e^a^t mimos postulare, sondern po-
scere ; daher heisst wieviel forderst du? nicht quaritum postulas? son-
dern posr/s,* dagegen s^cÄ einen Tag Bedoikzeit ausbitten (fordern),
nicht /^oscere, »andern postulare sibi dient deliberandi. Vgl. Cic N. D.
1, 22. Sest. 34, 74. — Das Subst. postulatio ist mehr activ. , die For-
derung, und hat in guter Prosa keinen Plur. ; dagegen ist postulatum
passiv., was ma?t verla?igt, und kommt daher häufig im Plnr. vor.
Potabilis, trinkbar, ist sehr Sp. L.; es werde umschrieben durch
potui aptus oder accommodatus , ad bibe7idu7n idoneus u. a.
Polare , trinken, steht nur für unser nn7nässig trinken, saufen^
ztchen, während bibere das gewöhnliche massige Trinken bedeutet.
Potentatus i^t in der Bedeut. Obermacht , Herrschergewalt , Kö-
nigsherrschaft, gleich principatus (also die Sache selbst). Kl. und gut,
z. B. bei Cicero(Rep. II, 8), Caesar (B. G. 1, 31,4) und Livius (XXVI, 38) ;
613
aher N. L. ist es, es von der Person zu brauchen, in der Bedeut. der
Mächtige, König, Potentat, für princeps, res, dotninus.
Potentia, die Macht. Ueber den Unterschied zwischen pote?itia^
potestas und opes vgl. Weber's Uebungssch. p. 81. Grotefend's Com-
mentar. p. 123 und Frotsch. z. Mureti Oper. T. I, p. 175, welcher po-
tentia mit potestas verwechselt hatte. So heisst z. B. Macht haben
übe/Jemanden, nicht poteritiam, sondern potestate/n habere in aliquetn,
und die Macht über Leben tmd Tod, potestas vitae necisqiie ; ein Staat
hat Macht heisst weder potentiarn, nocli potestatem, sondern opes,
vires, facultateni habet.
Potestas heisst Sp. L. die Bedeutimg (eines Wortes) , für vis,
signißcatio, und ist in dieser Bedeut. durchaus zu vermeiden. Vgl.
Dietrich Sintenis p. 150. Im N. L. findet es sich so nicht selten.
Potio und potus. Jenes ist der Trank selbst, und wird daher oft
mit cibus verbunden, z. B. cihus et potio (Varro R. R. I, 1, 5) , ciho et
potione cotnpleti (Cic. Tusc. V, 35), contemptissimis escis et potio7iib//s
(Fin. 11,28,90); dieses aber ist das Trinken; daher aliquid potui
dare. Etwas zum Trinken geben. Man sieht dies oft ans Celsus. Gegen
den Gebrauih sagt daher Muret. (Oper. T. I, p. 173): cibo et potu,
für potio?ie ; jedoch auch die Alten verwechseln beide zuweilen,
Potiri wurde im ^. L. nicht nur mit dem Jbl., sondern auch mit
dem Accusat. verbunden, mit letzterem jedoch nur bei Oertern. Beim
Gebrauche des Genitivs und Abi. aber richte man sich nach den Vor-
schriften der Grammatik. Vgl. auch Reisigs Vorles. p. 687.
Potis und ;;o/e, vermögend, mächtig, kommt A. L. und oft auch bei
den folgenden Dichtern vor; aber wiewolil auch Cicero bisweilen an
schicklichen Stellen eins von beiden angewandt hat (vgl. Th. 1. §. 48),
so kann doch kaum heutzutage davon Gebrauch gemacht werden.
Potiiis, vielmehr., wird im N. L. oft da falsch angewandt, wo wir
im Deutschen zur Verstärkung des Gedankens vielmehr hinzusetzen,
indem wir z. B. sagen: nicht sowohl — als vielmehr ; z. B. dieses ereig-
nete sich nicht sowohl durch die Sorge des Volkes , als vielmehr der
Väter, non tam plebis, quam patrum cura, nicht quam potius patrum ;
und ebenso sagt man bei nicht nur (allein) — sondern noch vielmehr,
non modo (solum) — sed etiam ohne potius, oder sed potius ohne etiam.
— Sehr häufig wird im N. L. gefehlt in der Redensart; tveit gefehlt.,
dass — , worauf wir im zweiten Satze zur Verstärkung vielmehr ein-
schieben; der Lateiner braucht hier entweder etiam oder contra, oder
setzt weiter kein Wort zu ut hinzu; z. B. weit entfernt (gefehlt) , dass
ich diesen Mord lobe, tadele ich ihn vielmehr, tantum abest, ut lianc
caedem laudem, 7it eam etiam oder contra reprehendam , oder blos ut
eam reprehendam, nicht ut eam potius reprehendam. Falsch sagt da-
her z. 13. jMahne (Crito p. 241): tantum abest, ut , ut potius omni
modo cavendum arbitrer; ib. p. 305 ?it ipsis potius tribuere debeamus.
— Potius ist in diesem Falle in guter Prosa ohne alle Auctorität; deim
die einzige Stelle, mit der man sich gewöhnlich schützte, bei Hirtius
(de hello Alex. 22), hat die vier besten Handschr. und alten Ausgaben
gegen sich, nach welchen auch Oudendorp in seiner letzten kleinen
Ausgabe vom J. 1740 das Wort potius gestrichen und ausgelassen hat.
Es ist daher durchaus zu verwerfen. — Endlich braucht mau auch
614
potius nicht in der aufmunternden Rede, dass Jemand lieber o^er viel-
mehr als ein Anderer fortfahren solle, wo wir sagtn: fahre du lieber
oder vielmehr fort ; der Lateiner sagt: tu vero perge , nicht tu potius
perge. Ygl Cic. Orat. 11, 28, 124.
Potissime, vorzüglich, hauptsächlich, ist eine sehr seltene Neben-
form für potissimum , die nicht gebraucht werde, wiewohl sie bei
Cic. (Muren. 2) vorkommen soll; doch steht sie dort wohl zweifelhaft.
Potus ; vgl. Potio.
Practicus, praktisch. Weder dieses Wort, noch das Subst. Praxis,
im Gegensatze zu theoretisch und Theorie , kommen bei irgend einem
guten Lateiner vor; sie sind daher dem Gebrauche nach erst N. L.,
und, wie theoreticus und theoria , Kunstwörter für wissenschaftliche
Gegenstände geworden , so dass man sie kaum entbehren kann. Mei-
stens liegen dieselben Begriffe in agere, actio, actfis, exercitatio,
activtis, popularis, prudens (praktischen Ferstand haben, prndenter in-
telligere), civilis, vita, vivere und dergleichen , je nach dem Sinne der
Wörter. Für praxis wird auch oft usus , experieiüia , actio rerum ge-
sagt. — Praktische Philosophie im engern Sinne von Moralphilosophie
ist nach Cic. (Tusc. III, 4, 8) philosophia, quae est de vita et moribus;
Vgl. ib. V, 4, 10. Im weitern Sinne hless sie später nach Seneca (Ep. 95)
philosophia activa, entgegengesetzt der co?iteTnplafiva ; auch wurde sie
ethica und civilis genannt. Mehr Auskunft darüber müssen D. Lat.
Lexica geben. Vgl. auch Moralin.
Prae, t?or, werde vorsichtig angewandt, da oft ante oder pro oder der
blosse Ablat. besser sind. Höchst selten steht prae in örtlicher Be-
ziehung; man sagt nicht: prae oculis esse, vor Augen sein, sondern ante
oculos esse,i?t conspectu esse, atde oder ob ocnlos versari; nicht prae ca-
stris considere, sich vor dem Lager niederlassen, sondern ante castra
und selbst /jro castris. — Auch steht prae nicht bei einem Comparativ
für quam, wo wir vor für als brauchen; z. B. Niemand ist vor Jenem
kliiger, nicht prae illo, sondern quam ille oder mit dem blossen ^A/af.,
illo. Daher steht es auch nicht bei malle, lieber wollen, wovon unter
Malle die Rede war, obgleich es oft bedeutet im, Vergleich mit und
auch durch mehr ß/s übersetzt werden kann. Es hat aber keinen Com-
parativ bei sich, sondern nur einen Positiv; z. ß. tu prae nobis beaius
es, du bist glücklich vor uns , d. h. mehr als ivir (Cic. Fam. IV, 4, 2).
— Jedoch finden sich praequam , praequod und praeut , in Vergleich
mit dem, was — , nur A. L. bei den Komikern und sincl nicht nachzn-
brauclien. — Redensarten aber, vi'ie: prae guudio oder prae laetitia,
vor Freude; prae mein ^ vor Furcht ; prae fame , vor Hunger u. dgl.
werden nach dem bessern Sprachgebrauche nur da angewandt, wo
ein Hinderniss angegeben werden soll, es sei darum nicht geschehen,
weil das Genannte Statt gefunden oder abgehalten habe; liegt dieser
negative Begriff nicht darin, so setze man den blossen Ablativ ohne
prae. Richtig ist also prae in Redensarten, wie: sie vergossen i^or
Freude (prae gaudio) sich zu schmücken ; er ivar vor Zorn (prue ira-
cundia) nicht bei sich ; sie saheti vor der Menge (prae multifuditie) Pfeile
die Sonne nicht ; dagegen incorrect in Redensarten, wie: er starb vor
Freude (prae gaudio, für gaudio); sie starben vor Hunger (prae fame,
inr fame); er schrie laut vor Schmerzen. Vgl. Zumpt's Gramm. §. 310.
Fabri z. Liv. XXII, 3, 13 und Frotscher z. Mureti Oper. T. I, p. 441,
615
gegen Mnrei's Worte: nonm/lN prae nimia faetitia — exspirasse di-
cunhir. Man findet dies im N. L. oft zu weni^ beachtet.
Praebere, bewehen, zeigen. Sich beweisen oder zeigen, se praebere
mit einem Adverb., z. B. be?/e, sich gut beweisefi ; caute, vorsichtig \\. d^^l.,
ist N. L. für den Accus, des Adject., Äow?/m, cautum. Sich so beireisen,
tvie — heisst nicht ita oder sie, tit — , sondern taleni, qualis — ; bei
oder gegen Jemanden wird entweder durch alicui oAer in aliquo aus-
gedrückt, bei Etwas aber nur durch in aliqua re ; z. B. me dissiniilem
in utroque ( gegeii Beide, nicht in utrumque ) praebui (Cic. Süll. G),
oder utrique. — Weher praebere atirem und aures vgl. Auris.
Praebibere, vortrinken, kommt KL zwar nur einmal bei Cicero vor,
ist aber gut neben propinare.
Praecautus in der activen Bedeutung sehr vorsichtig, als Adject.,
ist N. L. für praecavens , percautus oder valde cautus , da praecantus
nur passives Partie, zu praecavere ist. Vgl. Sciopp. Infam, p. 4G.
Praecedere kommt KL nur bei Caes. ( B. G. I, 1 ) in der Bedeut.
übertreffen vor, nirgends in der Bedeut. vorangehen, wofür er ahtece-
dere braucht, z. B. B. G. VII, 54, wo vor Oudendorp in vielen Ausgg.
praecedere stand, von diesem aber aus den meisten Handschr. antece-
dere aufgenommen ist. Aber ganz vermeidet das Verbum Cicero und
braucht antecedere , antegredi, praecurrere u. dgl. Es wird N. KL in
beiden Bedeut. nur mit dem Acciisat. aliquem, aliquid yerbnnden. Man
vermeide es.
Praecellere, sich auszeichnen, ht als Verbum selten und findet sich
nur N. KL beim altern Plinius, Tacitus und Suetoii., nirgends aber
eine Perfectform. — Kl. kommt nur praecellens als Adject. in der
Bedeut. vortrefflich vor.
Praecelsus, sehr hoch, ist nur P.L. Es stand sonst in Cic. Verr. IV,
48, 107, wo aber jetzt nach Handschr. perescelsus awfgenommew ist.
Praeceptum,die Vorschrift ; — Z7i oder für Etwas, nicht ad aliquid,
sondern alicujus rei oder de aliqua re; z. B. ille dedit praecepta
ornandae orationis oder de ornanda oratione , nicht ad ornandam
orationem. Auch sagt Cicero hx^weWew praecepta dare oAex ponere in
aliquam rem, z. B. Inv. II, 17, 53 in quam praecepta danda sunt; ib. II,
34, 10.5 in id quoque praecepta ponemus.
Praecessor und praedecessor, der Forgänger, sind sehr Sp. L. Vgl.
Antecessor.
Praecipue , vorzüglich , vorzugsweise, hebt ein Object besonders
hervor, welchem es Etwas beilegt, und wird daher nur in incorrectem
Style mit dem bedingeiulen wenn (si) verbunden, wo man %on%i prae-
sertitn si sagt. Auch sagt man nicht praecipue cum, vorzüglich da, für
praesertifn cum. — Ueber den Unterschied der Wörter praecipue, in-
primis, maxime, potissimmn und praesertim, die wir alle meistens durch
vorzüglich übersetzen, vgl. Grysar's Theorie p. 533 und GraufF z.
Bunelli Epist. p. 685; auch Etwas in meiner Anleit. §. 603. Reisig's
Vorles. p. 402. Weber's Uebungssch. und Forbiger's Aufg. p. 125.
Praecise ist in der Bedeut. genau, bestimmt N. L. für accurate^
diserte, da es vielmehr kurzweg, mit wenige?! fVorten bedeutet, z. B.
praecise negare. Ebenso heisst praeciszis nicht genau, sondern ahge-
schfiitten, kurz. — Wo wir bei einer Zahl sagen: präcis zehn, sagt
man omnino decem, nicht praecise.
61G
Praeclaritas, die Vortrefflichkeit, ist N. L. tiir praestatitia , excel-
lentia.
Proecogitare , vorher denheii, vorher cmsderiken , überlegen, findet
sich erst bei Liviiis als Varüc. , praecogitattis (sonst Nichts davon),
und TV. KL bei Quintilian. im Infin. — Da es sehr selten ist, vermeide
man es durch animo oder mente praecipere oder concipere.
Praecolere kommt als Verbum nur in der Bedeut. vorziehen, mehr
ehreji und nur N. Kl. bei Tacitus vor, und werde durch /;/-oe/crre ver-
mieden; dagegen ist das Partie, praecxillvs Kl. und bedeutet bei Cic.
vorher, voraus gebildet; doch setzt er, vielleicht wegen der ungewöhn-
lichen Bedeut., quasi vor: ad virtutem quasi praecultns et praeparatus.
Ausserdem steht es auch TV. Kl. bei Quintilian., aber in der Bedeut.
sehr geschmückt , geziert. Man brauche es, in welcher Bedeut. es sei,
nicht nach, man miisste denn, wie es Muret. (Oper. T. I, p. 418 ed. Fr.)
gethan hat, die gesammten Worte Cicero's anwenden, die aber
Kraft in seiner Anraerk. zu jener Stelle missversteht, welcher sogar
percultus zu lesen vorschlägt.
Praeconcipere , vorher auffassen , ausdenken , ist TV. L. und ohne
alte Auctorität für animo oder mente concipere. Selbst das Partie.
praeconceptzfs , welches die Lexica aus Plin. (N. H. II, 82, 84) ange-
ben, beruht in den altern Ausgg. auf falscher Lesart; indem Ilarduin
nach den Handschr. prae vor conceptus gestrichen hat. — N. L. ist
daher praeconcepta opinio, die vorgefasste Meinung, das Vorurtheil,
was im gewöhnlichen Latein nicht selten vorkommt, für opinio prae-
jndicata (Cic. N. D. I, 5), aliquid praejudicali (Cluent. 2, 6) ; im ge-
wöhnlichen Sinne error, prava oi]er falsa opinio, opiftionis commefitum
(N. D. II , 2, 5), oder (nach Quintil. II , 17) praesumpia opinio. Vgl.
Heusing. Emendd. p. 425. Wyttenb. Cic. N. D. I, 5. p. 719 ed. Creuz.
Klotz Si'itenis p. 168 und unten Praejudicium.
* Man sohläg-t auch aus Cic. N. D. I, 16 untecepta animi informatio vor;
aber als Uebersctzung des grie<;li. .^Qo/.t^ii-ic bedeutet dieses nur die Vorstellvng
eines Gegenstandes, die man sich noch vor der eigentlichen Wahrnehmung des-
selben von ihm gebildet hat; es bezeichnet also durchaus nicht unser Vorurtheil.
Praecox , früh reif , frühzeitig , vorschnell, findet sich Kl. nirgends
gebraucht, oft aber TV. KL, besonders beim altern Plinius. Nirgends
aber wird , wie im N. L., das frühzeitige Gedächt?tiss eines Kindes
memoria praecox genannt, wofür Quintil. (XI, 2, 44) praevelox sagt.
Praecuitus; \^\. Praecolere.
Praecunere, voranlaufen, übertreffen, wird theils im eigentlichen,
theils im bildlichen Sinne, in der Bedeut. übertreffen, gleich gut mit
dem Dat. und mit dem ^ccusat. verbunden.
Praecusor, der Forläufer, kommt in bildlichem Sinne nirgends
vor, und ist nur mit dem mildernden quasi anzuwenden, welches
Cicero sogar bei dux in diesem Sinne zusetzt; besser sagt man also
quasi dux, nach Cic. Tusc. IV, 30, 64, wo er von der Furcht (metus)
sagt: est quasi dux co\\^e,r[nGnü^ mo\asi\zQ, sie ist gleichsam V orliin-
ferin — .Und so ist auch das Adj. praecusorius, vorlaufend, voran-
gehend, zwar N. KL im Gebrauche, aber höchst selten, und bei Plin.
(Epist. IV, 13) nur mit dem vorgesetzten quasi — ep/stola quasi
praecursoria.
Praedari, Beute machen , plündern , rauben., kommt hl. nur ohne
617
Object vor, erst N. A7. mit einem u4ccns., praedari ah'quem, Kinen
berauben; praed. nliquid , Etwas rauben ; Aoch ist es fast nur P. 1j.
und werde vermieden. Vgl. Vavassor. Antib. p. 577.
Praedicare ist in der Bedeut. predigen N. L. für concionari, orn-
tionem sacrani habere; ebenso in der Bedeut. beilegen, in der philosopli.
Sprache, für tribuere , aüribziere^ dicere, und das Partie, im Nentro,
prnedicatwn, das Beiwort, Praedicat , ist ein Kunstwort in der Gram-
matik und Logilc für attrihutum (Cic. Inv. I, 24, 34) oder attributio
(ib. I, 26, 38). — B. L. ist die Form praedicamentum.
Praedicator bedeutet zwar Herold und Verkündiger (Cic. Farn. 1, 9.
Balb. 2, 4), Lobredner^ aber nur den des öffentlichen Lobes, und seine
Rede oder Schrift enthält nur Lobpreisimg und lobende Verkündigung ;
es ist daher unpassend , es in der Bedeut. Verki'mdi^er des göltliche?i
Wortes zu brauclien, wie es sich im N. L. findet. Vgl. Concionator.
Praedicere bedeutet Kl. nur ettvas Künftiges vorhersagen, weis-
sagen., und so auch praedictio und praedictum als Subst. mit d, Genit.
die VorherverkündigiiJig , Weissagung ; aber ^. L. und besonders
N. Kl. hat es die Bedeut. früher, oben , im Vorhergehenden sagen,
oben eru'ähfien, für die KL Ausdrücke si/pra dicere, supra memorare.
Da es durch diese unnÖthig wird, so vermeide man es lieber. Noch
weniger aber gebrauche man das Part, praedictus in der Bedeutung
vorher, oben erwähnt, vorbesagt, vorbemeldet, mag es auch sogar bei
Livius, Quintilian. und Andern oft vorkommen; man sage dafür quem,
quam , quod supra dij:i oder memoravi. Vgl. Heusing. Emendd. p. 425
und Ruhnken. Vellej. II, 21 ; auch Anleit. §. 590. — iV. L. ist aber
praedicere in der Bedeut. Einem Etwas vorsagen , damit er es nach-
spreche, für praeire oder praefari verba ; ein Gebet vorsagen zum
JS'aciibeten. alicui preces praeire.
Praediligere , sehr lieb, hoch achten, ist wie alle davon gebildeten
Wörter, z. B. praedilectus, praedilectio, N. L. und als unnöthig zu ver-
werfen.
Praeeminere , sich auszeichnen, hervorragen, \iommt N. Kl. und
sehr selten nur beim altern Seneca und Tacitus vor, ist aber unnöthig
wegen enmiere, excellere, praestare u. a. Ganz Sp. L. ist praeeminentiu
für praestantia, escellentia, principatus.
P raeexistere ., früher dasein, früher existiren, ist N. L. für prius
oder ante esse. — Das theolog. und philosoph. Wort praeexistentia,
die Vorexistenz , ist eben so schlecht wie exsisfentia , wovon unter
Ex ister e die Rede war.
Praefatio, was schon Cicero braucht, findet sich bei ihm und Andern
zwar nur von den ersten einleitenden Worten zu irgend einer münd-
lichlen Verhandlung oder, wie einigemal N. Kl. , zu einer Rede ge-
braucht; da aber Rede und Schrift doch immerhin auf eins hinaus-
laufen, so scheint es für die Vorreden zu Büchern immer noch das
passendste Wort zu sein, während hingegen prooemium mehr der Ein-
gang oder die Einleitung zu dem behandelten Gegenstande ist, wie
denn aucli Cicero seine Eingänge zu seinen Lehrbüchern und philo-
sophischen Schriften prooemia nennt. — Sp. L. ist praefamen. Vgl.
auch Plinius £p. IV, 14, 8; V, 13, 3. Ueber proloquium , was Andere
vorschlagen, vgl. dieses Wort. — Auch stimmt das Verbura praefari
recht wohl damit, da z. B. Colnraeüa in der Vorrede zu seinem Buche
618
sagt: cum prnefaüis fuero, trann ich zuvor (den Hauptzweck des Bu-
ches) angegeben haben werde; — Sp. L. aber ist das Partie, prae-
fatus in passiver Bedeutung, vorausgesagt , vorher genan7it^ vorher
erwähnt , für das N. KL praedictus, wovon unter praedicere die Rede
war. — Endlich ist N. L. praefando aliquid iterare, Etwas in der Vor-
rede tüiederholen.
Praefectus , der Vorsteher, Vorgesetzte, hat das Object, worüber
er gesetzt ist, gleich gut im Ge?iit. und im Dat. bei sich, z. B. praef.
chssis und classic, ein Befehlshaber einer Flotte., den wir auch wohl
Admiral zu nennen pflegen. Seltsam und unlateinisch sagt dafür Gerh.
J. Voss praefectus maris, welches er (in seinem Buche de vitiis serm.
p. 175) für die barbarischen Ausdrücke adtniralis oder admira/ius
vorschlägt. — Das Verb, praeßcere , vorsetzen. Einen über Etwas
setzen, wird aber nur verbunden aliquem alicui rei.
Praefidens , allzusehr vertrauend , ht zwar Ä7., aber sehr selten
und hat nur den Dat. bei sich. Das Verb, praefidere aber kommt viel-
leicht nicht vor.
Praefigere. Da es nur den gewöhnlichen Begriff an Etwas anhef-
test, anstecken , anschlagen enthält, so ist es für geistige Sachen un-
passend, und es muss dem Kenner des Wortes lächerlich erscheinen,
wenn es für praeponere , voraus- (voran) setzen gebraucht wird, wie
man denn nicht selten liest: disputatio?iem progranunati praefigere,
eine Abhandlung dem Progr. vorsetzen; ediüom praefixa sunt prole-
gomena de — und dgl. mehr.
Praefiscine oder Praefiscini. — A. L. und heutzutage nicht mehr
anwendbar ist die Redensart (quod) praefiscini dixerim in der Bedeu-
tung ohne Ruhm zu melden, unberzifen, für das einfache verbo (verbis)
oder dicto absit invidia. Dagegen ist sie wohl erträglich, wenn noch
zugesetzt wird: ut loquebantur veter es , wie es Muret. (Oper. T. I,
p. 335 ed. Fr.) thut.
Praefluere, vorbeifliessen , kommt selten, jedoch bei Livius, für
praeterfluere vor, was vorgezogen werde.
Praefocare, ersticken, ist P. und Sp. L. für suffocare.
Praegnans, schwanger ; vgl. Gravidus. — N. L. ist es in der Be-
deut. wichtig, bedeutungsvoll , wovon sich bei den Alten keine Spur
findet, für gravis, justus ; significans. So sagt Graevius (Epist. p. 4) :
praegnantes ac domesticae causae, für graves,justae, necessariae ; An-
dere sagen : hoc praegnanter est dictum., für significanter u. a.
Praegredi, vorangehen; — Einem, vor Einem wird gleich gut
durch alicui nwd aliquem ausgedrückt. Zweifelhaft ist es in der Bedeiit.
übertreffen.
Praejacere, vorliegen, vor Etwas liegen, mit dem Dat. oder Accus.,
kommt nur N. Kl. und sehr selten beim altern Piinius und Tacitus
vor, für objacere oder objectum esse.
Praeire ist in der ßedeut. übertreffen N. L. i\\r atiteire, antecedere
u. a. Vgl. Sciopp. Infam, p. 75, — Wiewohl man sagt: alicui voce praeire.
Einem mit der Stimme vorangehen (zum Nachsprechen), so wird
doch bezweifelt, ob man sagen köime : alicui exemplo praeire, Einem
mit seinem Beispiele vorangehen, für alicui esemplo esse, quod se-
quatur oder alicui esemplo esse ad imitandum. Vgl. Dietrich Sintenis
p. 225.
619
Praejndkhim bedeutet im bessern Latein nur das "Stim Vor ans
gefällte oder geäusserte Urtheil, eine Vorentscheidung über einen Men-
schen oder eine Sache, wie bei Cic. Cluent. 22, 59. Muren. 28, 60. Verr.
111, 65, IdQ praejndiciuTn de eo per hoc Judicium nolo fieri; — und so
auch das Verb, praejudicare , zum Voraus urtheileu. Nirgends aber
findet es sich in dem Sinne unseres Vorurtheil, vorgefasste, aucli wohl
falsche, verkehrte Meinu7ig ; davon war unter Praeconcipere die Rede. —
N. Kl. al)er und meist juristisch und daher fast unbrauchbar ist es
in der Bedeut, Nachtheil, wie man z. B. wunderlich sagt: hoc ineo fit
praejudicio ; in hoc mihi praejudicatur, das geschieht zu meinein Nach-
theile, für mihi hoc est fraudi, iiicommodo u. a.
Praelectio ist bei den Alten das Vorlesen, z. B. eines Lehrers, wo-
bei die Schüler entweder laut oder still nachlesen, und womit auch
gewöhnlich die Erklärung des Gelesenen verbunden war. Vgl. Qnintil.
1, 2, 15. Da dies nun insbesondere nur von den Büchern der Schrift-
steller galt, welche die Schüler ebenfalls in Händen hatten, aber
nie von Wissenschaften, welche in freiem Vortrage gelehrt wurden,
80 findet %\c\\ praelectio nirgends in der Bedeut. unseres Wortes Vor-
lesung^ mag sie einen Gegenstand betreff"en, welcher es sei. Es ist
daher zur Bezeichnung wissenschaftlicher Vorträge durchaus zu ver-
meiden, und man spreche also nicht \on praelectiones der Universitäts-
und Schullehrer, welche besser scholae heissen. Vgl. Collegium u. Lectio.
Praelector, der Vorleser, kommt nur einmal Sp. L. bei Gellius
(XVIII, 5, 6) und nur, wie praelegere, mit dem Nebenbegriff"e des
Lehrens und Erklärens vor, also gleich magister. Der gewöhnliche
Vorleser hiess lector (Cic.Orat. 1,30,136; U,ö6,22S),recitator (Cluent.
51, 141), oder aus dem Griech. anagnostes. — Von demjenigen, wel-
cher Andern Etwas zum Nachlesen vorliest, sagte man praeit, z. B.
Quintil. 1, 2, 12 lectio non omnis praeeunte eget, bedarf eines Vor-
lesers, d. h. eines Solchen, der durch sein Vorlesen Andern zeigt, wie
es zu lesen sei.
Praelegere, vorlesen (vgl. die beiden vorhergehenden) , kann nur
gebraucht werden, wenn Andere riachlesen oder nachlesen sollen^ also
gleich praeire alicui (legenti, legentibus) voce, oder praeire alicui de
scripto ; unser gewöhnliches vorlese?/ (ohne Nachlesen) heisst nicht
praelegere, sondern legere (Cic. Tusc. V, 39. Verr. II, 2, 51. Orat. II,
55, 223; III, 56, 213) oder recitare (Verr. II, 1, 31 u. a.). — Da man
aber z. B. zu Quintilian's Zeiten vom Lehrer sagte praelegere poetas,
z. B. Firgilium, den Virgil vorlesen, und damit zugleich den Begriff" er-
klären verband (vgl. Sueton. Gramm. 16), so kann allerdings wohl von
Vorlesmigefi über Schriftsteller, welche die Schüler im Texte vor sich
haben, gesagt werden praelegere scriptores, Vorlesungen über Schrift-
steller halten, sie erklären, wiewohl Quintiiian. dafür gewöhnlicher
enarrare sagt und die Krklärtmg — enarratio nennt. Dagegen ist prae-
legere, wie praelectio, bei wissenschaftlichen Gegenständen ein ganz
unpassendes Wort. — Im neuern Latein sind diese drei Wörter, be-
sonders praelectio und praelegere oft falsch gebraucht worden.
Praelibare , vorher kosten, ist nur P. L. für praegustare, und bei
etwas Flüssigem — praebibere.
Praeliunnuris, vorläufig^ ist N. L. für qui, quae, quod prius tra-
ctatur, praemittitur u. a.
620
Praeloquinm y die Vorrede, Ist ohne Anctorilat und N. L., wfewohl
jyraeloqv.f^ wie praefari^ iiacJi dem jungem Plinius den Sinn unseres
Forrede enthalten kann. Vgl. Proloquium.
Praebidmm, das Vorspiel, ist N. L. für praelusio oder prolusio ;
Tgl. Prolusio. — Ueber praeludere, vorspielen, was erst iV.Ä^^. und sehr
selten ist, vgl. die Lexica.
Praelum, die Presse, ist wohl passend für den neuen Begriff 7)rMA:-
kerpresse ^ zumal wenn der Zusammenhang der Rede es begünstigt;
ebenso auch die bildliche Redensart praehmi subire, unter die Presse
kommen, von einem Buche, in der Bedeutung g^e^'r/zcA-^ werden, und
praelo stibjicere, drucken lasseti. Andere verwerfen das Wort. — Vgl.
Imprimere.
Praemalle, lieher trollen, findet sich einmal Sp. L. und noch dazu
zweifelhaft; dennoch kommt es im N. L. vor, für das einfache malle
oder das seltne praeoptare , welches jedoch /{l. ist (bei Cicero und
Caesar).
Praemeditatus , vorher überdacht , kommt in passiver Bedeut. als
Adj. auch Ä7. vor. Aber ein Adv. praemeditate , mit Vorbedacht, ist
N. L. für cogitate, consulto.
Praemetuere , voraus fürchten , kommt in Prosa vielleicht nur im
Partie, vor, praemetuens, verbunden mit dem \)^i.,für wen oder um
it'esse7i tvillen.
Praemittere , vorausschicken, wird Kl. nur im eigentlichen Sinne,
nie bildlich gebraucht, so dass man kaum gut lateinisch nach Raschig
(Progr. p. 26) sagen kann: disputatione?» programmati praemittere,
wie wir sagen : eitie Abhajidlung einem Progr. vorausschicken, wenn-
gleich N. KL vorkommt: cogitatioites und vocem praemittere, die aber
viel weniger bildlich sind. Gut ist praeponere.
Praemiolum, die kleine Belohnung , steht N. L. bei Muret. (Oper.
T. I,p. 416). Wenn es auch als neues Demin. \o\\ praemium nicht
gerade zu verwerfen ist, so ist es doch unnöthig wegen munusculuin
und mercedula.
Pracmonitorius, vor-, zuvor erinnernd, ~ ermahnetid, ist sehr Sp. L.
für prae?nonefis, id quo praemoneitius.
P raenominare findet sich nur einmal in der Bedeut. einen Vor-
namen geben, und ist daher N. L. in der Bedeut. vorher nennen, vor-
her erwälmen, für ante., prius ., supra nominare. Noch schlechter ist
praenominatus, vorbenannt, vorher genannt ; in guter Prosa umschreibt
man dergleichen Ausdrücke relativ. Im N. L. finden sie sich oft; vgl.
Anleit. §. 590.
Praeoccupare , zuvor einnehmen, in Besitz ?iehme?i, kommt zwar
vielleicht nicht bei Cicero vor, da praeocczipavit in Phil. X, 1 unsicher
steht, und die beste Hand sehr. praece/^zV hat, aber doch einigemal bei
Caesar, oft bei Livius u. A.
Praeoptare, lieber wollen , vorziehen. Die Y erhimlung praeoptare
alicui aliquid. Einein Etwas vorziehen, ist zwar selten, aber doch
neben malle zu brauchen.
P raepnramentum , die Vorbereitung, ist N. L., und praeparatura
sehr Sp. L. für praeparatio ; eben so Sp. L. sind praeparator , der
Vorbereiter , und das Adject. praeparatorias., zum Vorbereiten dien-
621
lieh, vorbereitend ; sie rniissen umschrieben werden durch qui prae-
parat ; ad praeparandiim apius.
Praeparare, vorbereiten y kommt fast nur da vor, wo die frühere
Zeit der Zuriistung schärfer hervorgehoben werden soll, sonst nur
parare, zuriisteii, was dem vorbereiten gleich ist. Eben so selten ist
prneparat//s, vorbereitet , was auch in paratus liegt. Und so spriclit
bei Cicero der Redner, der sich vorbereitet hat, nicht praeparalus,
sondern paratus (Brut. 37, 139), und im Adv. nicht praepnrate , son-
dern parate (ib. 68). t— Den Gegensatz bildet imparatus , unvorbe-
reitet, wovon unter Impraeparatus die Rede war.
Praepes, der Vogel , kommt in der heiligen Augurnsprache vor,
sonst nur P. L. für avis; es ist daher kaum anwendbar.
Praeplacere, sehr gefallen^ ist ohne Auctorität, aber im N. L. ein
Lieblingswort für non displicere, prae ceteris placere, perplacere.
PraepoUere, sehr, viel vermögen , kommt als Verbum erst N. Kl.
nur bei Tacitus vor, welcher die mit prae zusammengesetzten Wörter
liebt, für midtum (phis) valere , pltis pollere , praestare u. a. ; nur das
Partie, praepollens als Adject. kommt KL bei Livius vor, und nur
dieses werde nachgebraucht. — Derselbe Fall ist es mit Praeposse
(s. unten),
Praeponderare, überwiegen, überunegend sein, Uehergewicht haben,
kommt KL, was wohl seltsam ist, nur einmal im passiven Inf. praepon-
derari, überwogen werden, bei Cicero vor; im Act. dagegen findet es
sich oft A^. KL, und ist nicht zu verwerfen, wiewohl Kl. dafür propen-
dcre vorkommt, z. B. bei Cic. Tusc. V, 17, 51 und 31, 86.
Praeponere bedeutet zwar vorsetzen, vorstellen, aber nur dann,
wenn vor in der Bedeut. voran, vornan steht. In der Verbindung Einem
Speise und Trank vorsetzen kann man also nicht sagen: cibum et po-
tionem alicui proponere ; denn hier brauchen die Lateiner nur appo-
nere. Vgl. Drakeiib. Liv. I, 7, 13.
Praepositurn , das Aufseheramt, die Befehlshaberstelle, ist erst
Sp. L. für praefectura, niunus praepositi, praefecti, procuratoris. Das
Part, praepositus in der Bedeut. der Forgesetzte, Aufseher , wird , wie
pra(fectus, bald mit dem Dat., bald mit dem Genit. verbunden. — Im
N. L. ist es auch Titel eines höhern Geistlichen, und als solchen muss
man das Wort, da der Titel neu ist, beibehalten.
Praeposse , Uebermacht haben, sehr mächtig sein, mehr vermögen,
kommt als Verbum nur IS. KL bei Tacitus vor (H. V, 8) ; praepotens
aber ist KL — Für praeposse sage man praepote?iiem esse, plus posse,
plus valere. Vgl. oben PraepoUere.
Praeposterus, hintersivörderst, in timgekehrter Ordnung, verkehrt,
ist gut und KL, aber ein Comparat. pr ae posterior , welchen Jos. Sca-
liger brauchte, ist unerwiesen ; auch lässt ihn die wahre Bedeut. des
Adject. nicht zu. Vgl. Sciopp. de stylo p. 171.
Praepotetitia , die vorzügliche , grosse Macht, ist Sp. L. für summa
polentia.
Praeprimis , vorzüglich, ist N. L. und sinnwidrig zusammengesetzt
und gebildet, für inprimis,praecipue. Vgl. Vorst. latin. mer. susp. p. 265.
Praerequirere, zuvor aufsuchen, zuvor erforschen, ist N. L. für ante
oder prius requirere.
Praerogare ist, in welcher Bedeut. es sei, zweifelhaft, und mit dem
622
Accus, pecuniam verbunden, in Jer Bedeut. Geld vorausbezahlen, Sp. L.
und zweifelhaft, für in antecessiitn dare , solvere oder repraesentare.
Praesagium, die Ahnung, Vorahnung , Weissagung, ist P. L. und ,
findet sich N. Kl. beim altern Plinius, Coluniella und Sueton. für die
Kl. Ausdrücke praesagitio, praedictio^ divinatio , pi'aesensio (rerum
futurarum, Cic. N. D. II, 3); — ebenso praesagus , vorahnend., für
praesentiens.
Praescientia, das Forherwissefi, kommt nur Sp. L. bei den Kirchen-
vätern vor, verbunden mit dem Genit. Dei; es werde umschrieben
durch praesentire, praenoscere, ante oder prius scire. Und so ist auch
praescire oder praesciscere , vorher wisse7i , als selten und mehr P. L.
durch jene Verba zu vermeiden. — P. L. und N. KL nur bei Tacitus
ist praescius , vorhenvissejid , für praesetitiens , praenoscens. — Ein
Sahst, aber, praescitt/s., das Vorwissen, ist N. L.; dennoch braucht es
selbst der Antibarbarist Nolten (Praef. Antib. p, 32), ja vielleicht ist
es von ihm selbst gebildet: sine praescitu nieo, ohne mei?i VorwisseUy
für nie inscio, me nescio.
Praescribere in der Bedeut. vorher, im Vorhergehenden, oben
schreibe?!, gleich supra scribere., findet sich nur in mehrern Ausgaben
des Vellej. II, 2i praescripsimf/s ; doch erklärt es Ruhnken für unla-
teinisch und ändert es in praedisinms. Als zweifelhaft werde es ver-
mieden. — Verworfen wird legem praescribere , ein Gesetz vorschrei-
ben, für legem scribere, edere u. a. ; vgl. oben Dare. Richtig aber ist
es ohne legem, da es für sich allein schon vorschreiben, befehlen be-
deutet (Cic. Leg. III, 2, 5). Daher sagt man auch nicht legis prae-
scriptuni, Vorschrift eines Gesetzes:-, sondern ohne legis blos praescri-
ptnm, was Vorschrift , Befehl, Ordre eines Vorgesetzten bedeutet. —
Bezweifelt und verworfen wird auch: conditiones alicui praescribere,
Einem Bedingunge?i vorschreiben, fiirferre. — Wenn der Arzt Etwas
vorschreibt oder verord?iet , so heisst dies praecipit, conscribil, jubet,
imperat, nicht praescribit. Vgl. Receptum.
Praesens, gegenwärtig , bedeutet fast nur den oder das , welcher
oder M'os der Zeit oder dem Orte nach da oder zugegen , sxcXxih^v
und augenscheinlich ist. Falsch wäre es aber,^/-ßesewsda zu brauchen,
wo z. B. nur der Begriff f?/eser oder jetzig darin liegt; hier darf nur
hie, haec, hoc stehen. — N. L. ist z. B. : Cicero praesejitem (die ge-
genwärtige, für hanc) orationem non habuit; Horaeri carmina prae-
sentetn formam ((ürformam, qua?n nunc habent) primo non habuerunt;
praesentia (für haec) tempora; praesenti (für hac) hieme ; praesenti
für hoc) tempore; praesentes (für hi) horainura mores; praesens (für
quae nunc, quae hodie est) terrae facies; mea (tua u. s. w.) praesens
aetas, für mea aetas oder haec mea aetas ; more praesenti insulso,
nach der gegenwärtigen einfältigen Sitte , für more hoc insulso (Cic.
Att. IV, 1, 6), — und so in vielen Redensarten, wo wir gegenwärtig
oder jetzig brauchen. — Ob in praesenti in der Bedeut. jetzt, für
jetzt, dermalen, gut und nicht zu verwerfen, ja eben so gut sei, wie
in praesentia (Cic. Att. XV, 20. Verr. III, 1, 1. Farn. IV, 5. Fin. V, 8.
Caes. B, G. I, 15 u. a.) , wird bezweifelt, da es bei Cicero vielleicht
nur einmal (Fam. II, 10, 4) sicher zu stehen scheint, während sonst
nur in praesentia vorkommt. Letzteres wird dagegen von FLStephanus
(Pseudo -Cicero p. 98) und nach ihm von Oudendorp (Cic. Inv. 1, 17)
623
als nicht gut verworfen, und es wird ihm in praesenW \OTgezof^en, ob-
gleich i?i praesentia in den meisten Stellen fest und ohne Variante
steht. Man vermeide lieber das streitige In praesenti. — Dagegen ist
in praesens, für ^etzt^ für die Gegenwart . Kl. und unbezweifelt. Vgl.
Döderlein's Synon. Th. I, p. 141. — Endlich bemerkt noch Zumpt
(Anm. z. seinen Aufgaben p. 138), dass Amresende wohl nicht leicht
praesentes heisse, sondern ii , qui adsnnt (aderant u. s. w. , wie der
Sinn das Tempus fordere), sowie Ztischauer und Zuhörer oft lieber
durch qui vident, qui aiidiunt zw übersetzen sei.
Praesentaneus ht N. Kl.Yorva für praesens; doch steht es nur
in der Bedeut. schnell wirksam und nur beim altern Plinius von Säften
und Kräutern, die schnell Gutes oder Böses wirken ; es ist also wohl
ein medicinisches späteres Kunstwort für das Kl. praese?is.
Praesentia wird nur selten von der örtliche?! Gegemoart, von dem
Da- oder Ziigegenseiri gebraucht, indem der Lateiner mehr den An-
blick berücksichtigt und conspecfus gebraucht; z. B. eure Gegenwart
erfreut mich, vester co?ispectus, nicht vestra praesefitia. — B. L. ist in
praesentia alicujus oder mit einem Possessiv., mea, tua — , wo durchaus
nur ;;rflese/2s anzuwenden ist; mir in meiner Gegenwart , mihi prae-
senti; dir in deiner Geg., tibi praesenti — und so alle ähnliche. Dahin
gehört auch das unabhängig eingeschaltete in meiner Gegenwart und
Aehnliches, welches 7ne praesente heisst. — Man sage auch nicht: t?ia
praesentia uti non potui, ich konnte mich deiner Gegemoart nicht be-
dienen, deine Gegemoart nicht gemessen, sondern te praesente uti non
polui, te praeseiitem habere non potui. — Richtig ist aber in praesentia
als Adv. gebraucht, in der ^eA. jetzt, dermalen, wo\o\\ unter Praesens
die llede war. — Ueber in praesentiarum vgl. Impraesentiarum.
Praesertim steht meistens nur, wenn unser vorzüglich oder besoyi-
ders so viel ist, als zumal, noch dazu; daher findet es sich oft bei cum,
(da) und si (wenn) , wo nie praecipue und inprimis steht; überhaupt
vor bedeutenden Beisätzen, die das vorher Gesagte näher bestimmen
und heben sollen. Vgl. was bei Praecipue bemerkt ist. — Irrig tadeln
Einige den Ausdruck cuju praesertim , was doch die Alten ebenfalls
neben praesertim cum brauchen. — Wo wir aber vorzüglich oder ins-
besondere aber sagen , setzt der Lateiner zu praesertim weder vero,
nocli autem hinzn, wie dies oft im N. L. geschieht, sondern entweder
blos praesertim, oder inprimis autem.
Praeservare ist sehr Sp. L. und kommt nur in der Bedeut. vorher
beobachten vor, für ante oder prius observare ; nirgends aber, ausser
im N. L., bedeutet es vorbehalten, für excipere, reservare u. a.
Praeses bedeutet wohl nie Vorsitzer in einer Versammlung (der
den Vorsitz hat), für qui praesidet,princeps. — Sp. L. sind praesidalis
oder praesidiaUs, was dem Praeses oder Vorgesetzten zugehört, wofür
der Genit. praesidis genügt, und praesidatws, das Amt, die Würde eines
Praeses, für munus, potestas oder gubernatio praesidis.
Praesidere , über Etwas gesetzt sein , Etwas beschützen, wird Kl.
mit dem Dat., N. Kl. mit dem Accus, verbunden, doch vielleicht nur
bei Tacitus; man ahme es daher nicht nach. — Das Partie. />/-ßes/</e«s
als Subst.,rfer Erste über Etwas, Vor gesetzte, ist sehr Sp. L. tur praeses,
wie denn die Statthalter der Provinzen nicht praesidentes provin-
ciarum (provinciis), sondern praesides hiessen.
624
Praesfdwm hat wohl nie <lie Bedeut. Vorsitz , erster Platz; man
sage i\dii\r pn'nms oi\tiV p/inceps locits. Vgl. P/aeses.
Praestare. Die Perf. form pracstiti ist die bessere, praestavi aber
Sp. L.; dagegen \»i praestiturus die Sp. L. und praestaturus die bessere
Form. Erasmus brauchte nur die Form praestavi für praestiti, und
wie er, viele Andere. Vgl. Drakenb. Liv. XXXVII, 25, 2 u. Reisig's
Vorlesung, p. 235. — Ob ausser praestari und praestandus noch an-
dere passive Formen vorkommen, ist zu bezweifeln, wenigstens hat
ein Partie, praestatus oder praestitus, mit oder ohne esse, wohl nur
sehr späte Auctorität; im N. L. aber findet man nicht selten: hotiores
praestiti, eru'iese?ie Ehrenbezeigungeii, und officia praestita, geleistete
ßie/iste, für ho/iores tributi, habiti, de/ati, redditi , und officia tributa^
persoliita, delata, coUata — und so noch andere. — Selten ist prae-
stare alicui opem, aiixilinvi, subsidium, Eifiem Hülfe leisten, für das
gewöhnliche/erre; und bezweifelt wird obedientiam alicui praestare,
für obedire,parere, diclo ai/dienteni esse u.a. — In Verbindung mit Subst.
sagt man alicui oder aliquem aliqua re praestare, EineJi in oder an Etwas
übertreffen; aliquem oder aliquid, für Einen oder für Ettvas Bürge
sein , gut sein ^ stehen , sich verbürgen; se praestare mit dem Accus,
eines Prädicates, z. B.fortem, dementem, sich tapfer, sanftmüthig be-
weisen, zeigen, nicht sefortiter, clementer praestare , wie es im N. L.
vorkommt. Man sage daher nicht: te ita praesta,ut — , beweise dich
gQ^ ui'iQ — , für te eum (talem) praesta, quem (qunlem) — . Das neutrale
praestat, es ist besser, wird mit einem Infinit., oder bei Nennung einer
Person mit dem Dat. derselben und dem Infinit, gebraucht, nicht mit
der Conjnnct. ut; z. B. es ist besser, dass geschwiegen werde, praestat
taceri, nicht ut taceatur ; es ist besser , dass wir schweigen , praestat
nobis tacere, nicht ut (nos) taceamus, wie Muret. einmal (Var. lectt.
IV, 10) sagt: sed praestat, ut adscribam, im- praestat adscribere, wozu
auch Ruhnk. bemerkt : Rectius, certe usitatius est praestat cum infinitioo.
Praestolari, auf Etwas warten, Etwas erwarten, wird gleich gut
mit dem Dat. und mit dem Accus, verlninden.
Praesultor , der Vortänzer, ist wohl erst Sp. L. Form für praesul
(bei Cicero zweimal nach den bessern Handschr.) oder praesultator,
welches Livius (ebenfalls nach den bessern Handschr.) braucht, wie-
wohl bei Cicero und Livius die Variante praesultor vorkommt.
Praesumere kommt Kl. vielleicht gar nicht vor, aber N. Kl. in der
Bedeut. voraus, vorher nehmen, bei Quintil., dem Jüngern Plinius und
Andern; es kann neben praecipere und prius oder ante capere wohl
gebraucht werden. — P. L. aber ist es in der Bedeut. sich vorher
denken, und Sp. L. in der Bedeut. Etwas unternehmen, sich vorneh-
men, für conari, audere, suscipere, instituere, aggredi u. a.; -— eben
so Sp.L. in der Bedeut. vermuthen, glauben, für suspicari, existimare
u. a. • N. L. aber in der Bedeut. sich Etwas herausnehmen , anmassen,
für sibi s?tmere. Vgl. Vorst. latin. raer. susp. p. 12 u. p. 154.
Praesumptio in der Bedeut. Vorausnehmung, was man in der Logik
bei einem Vernunftschlusse den Major nennt, kommt nirgends vor,
für assumptio; in Cic. Divin. II, 53, 108 stand es als falsche Lesart in
den altern Ausgg., ist aber jetzt in assumptio verändert. — In andern
Bedeutungen ist es nur N. Kl; aber Sp. L. in der Bedeut. Hochynulh,
Vermessenheit, Einbildung (von sich), für arroganlia.
626
Pruesupponere ist ein N. L. Kunstwort in der Logik , den Fall
setzen, unterstelteii, voraussetzen, für ponere, facere, fingere ii. a.
Praete?idere hi in der Bedeut. fordern, verlangen N. L. für po-
scere, postulare, ßagitare ; ebenso praelendens als Subst., der die Herr-
schaft fordert, der Praetendenl , für aeniidus regni, qui imperinm af-
fectat^ imperium sibi deberi censet. — Ein Subst. praetensio aber gibt
es gar nicht; es findet sich nur im N. L. — In A^vBeAeni. Forderung
brauche man postulatum, postulatio.
Praeter , ausser ,\%t in guter Prosa nur Praeposüion, nicht Ad-
verbium^ wie wir unser ausser brauchen; z. B. Niemand war dabei,
ausser ich oder ausser mir, nicht nemo intererat, praeter ego, sondern
praeter me oder nisi ego. Daher stellt es auch nicht vor einer andern
Praeposition; man sagt also nicht: praeter pro patria, ausser für
das Vaterland ; praeter in parentes, ausser gegen die Eltern, sondern
hier wird nisi gebraucht. So sagt Cicero sogar (Off. III, 3, 14 [II]):
nee, praeter sapienteni, cadere in quemquam potest, für praeter in sa~
pientem. — Richtig ist zwar praeter qiiod , wenn es für praeter id,
guod, ausser dem, was (welches), steht, wie bei Caes. B. G. I, 5; aber
Sp. L. ist es, wenn quod Conjunction ist, wo es also ausser dass , aus-
serdem dass bedeutet, für praeterquam quod oder ?iisi quod. iMan
sage daher auch nicht, wie Görenz, praeter enim id, quod — , denn
ausserdem dass — , sondern praeterquam enim quod. — Eben so falsch
ist praeterea quod, für praeterquam quod. — iV. L. ist auch praeter
omne dubitim, ausser allem Zweifel, fürl sine dubio, sine ulla dubita-
tione. — Endlich ist die heutzutage übliche Redensart praeter propter,
in der Bedeut. U7n oder so ungefähr bei Zahlangaben, nur A. L., aber
in der bessern Schriftsprache ganz ausser Gebrauch, fürfere, circiter,
Praeterea., ausserdem ; vgl. Praeter.
Praeterfluere, vorüber-, vorbeifliessen ; an Etwas vorbei wir A durch
den blossen Accusat., aliquid, ausgedrückt, Sp. L. propter aliquid prae-
terfluere, nebe?! Etwas vorüber fliessen.
Praetergredi, vorübergehen, wird ebenfalls mit aliquid \erhnnAe\\.
Praeterire mit dem Accus,, aliquem oder aliquid., an Einem, an
Etwas vorübergehen, thells physisch, theils bildlich; daher sagt man
auch : hoc me praeterit, dieses ist mir unbekannt, ich weiss dieses nicht,
— Bezweifelt wird interea oder inter im praeterire , dazwischen (zwi-
schen zwei Ereignissen), U7iterdessen vergehen, verfliessen von einer
Zeit; man sage dafür nur intercedere ; z. B. es war schon ein Jahr da-
zwischen verflossen, jam annus intercesserat, nicht interea praeterierat.
Auch sagt man nicht: hora (mensis, anmis) praeteriit , es qua (quo) id
factum est , es ist eine Stunde vergangen , seitdem dies geschehen ist,
sondern hora est, cum id factum est. — N. L. ist auch wohl; aliquid
praetereundo loqui, dicere, commemorare u. dgl., Etwas im Vorbeigehen
sagen, wie sogar Ruhnken (Praef. Appuleji) praetereundo braucht.
Vgl. darüber Obiter.
Praeterlabi, vorbeieilen, kommt sehr selten vor, aber nie von der
Zeit, tempus praeterlabitur, für praeterit. Im N. L. kommt es sehr oft
vor, z. B. anni, menses, dies praeterlapsi, verflossene Jahre, Moiiate.,
Tage — , Ausdrücke, die obgleich ohne Auctorität, ganz alltäglich
sind. Das verflossene Jahr (von jetzt an) ist annus superior. — Kein
Lateiner würde gesagt haben: tempus praeterlapsum numquam. re-
40
620
vertitur, sondern etwa, wie CIc. (Cato 19) : tempus praeterüum. Vgl.
darüber Elabi.
Praetermtttere bedeutet schon für eich allein, ohne den Zusatz
silentio. Etwas mit Stillschweigen übergehen ; da aber silentio einmal
in einer Stelle bei Cic. (Phil. XlII, 6) dabei steht, so wird die Lesart
mit Recht bezweifelt, und für praetermiltendiim aus den Handschr.
jetzt p/ße<e/eMW.<//^wj gelesen, da man wohl silentio praeter ire sagt. Man
vermeide daher silentio praetennittere. Vgl. Dietrich Sintenis p. 10.
Praeternaturalis, übernatiirlich, ist N. L. für qui^ quae, quod co?itra
(praeter) naturam est, naturae legibus repugjians, portentosiis.
Praeternavigare aliquid, vor Etwas vorbeischiffen, ist N. KL, aber
selten für praetervehi aliquid, an (vor) Etwas vorüber schiffen , vorbei-
fahren.
Praeterquam ist Kl. das gewöhnliche Adverbium für praeter, wel-
ches Kl. fast gar nicht adverbial vorkommt, und ist unserm ausserdem
(für ausser) ähnlich, indem latein. nur eine relative Erweiterung hin-
zutritt. Jedoch brauche man es nicht für die Praep. praeter , wie es
Paul, a Josepho that, welcher schrieb ; hoc autem consequi profecto
praeterquam sapiens nemo potest, wofür besser wäre praeter sa^
pientem. Es irrt aber Nolten, wenn er (Antibarb. p. 1724) praeter-
quam qtiod, ausserdem dass , iür ^^me\i\ lateinisch hält, da es doch
bei Cicero und allen Bessern vorkommt.
Proetervidere, übersehe?i , nicht achten , ist erst N. L., ohne alte
Auctorität und doch heutzutage nicht selten, wie denn F. A.Wolf
(Analect. I,p.489) ein doppelt falsches Beispiel anführt: vitium quisque
acutissimus praetervidit, den Fehler übersahen die Scharfsin?iigsten,
für vitiu?n acutissimus quisque non vidit ; — anderswo steht sogar:
lias lectiones editor praetervisit. Man brauche dafür non videre oder
negligere, omittere, praeter mittere u. a.
Praetervolare, vorüberfliegen ; — an oder vor Etwas, aliquid.
Praelexta wird Kl. zur Bezeichnung des kindlichen Kleides nie
allein gebraucht, sondern immer mit dem Subst. toga verbunden; erst
N. Kl. findet man es ohne toga. Vgl. Klotz Cic. Lael. 10. p. 146. — Uebri-
gens kann das Wort für jetzige Zustände kaum mehr angewandt wer-
den, wie wenn ich z. B. statt: Jam cum puer esset sagen wollte: jam
cum in praetesta oder praetexta indutus oder praetextatus esset, was
der Wahrheit widerspräche.
Praetextum als Neutr. des Partie, der Vorioand, das Vorgeben,
ist erst N. Kl. und kommt nur bei Sueton. und Tacitus vor, für spe-
cies, simulatio, causa, titulus, calumnia (Cic. Off". 1, 10), oder die Verba
praetexere, simulare ; z. B. unter dem Vorwande, nicht sub (hoc) prae-
texto, sondern per causaam, z. B. valetudim's , von Unwohlsein (Caes.
B. C. 111, 87), specie, titulo u. a. — Bei Befehlen und Verordnungen
sagt man auch praescriplio, z. B. honesta praescriptio , ein ehrenwer-
ther Vorwand (Caes. B. C. 111, 32, 4). — Ein declinirbares Subst.
praetextus gibt es wohl nicht; nur die Ablativform praetextu kommt
einigemal vor, z. B. bei Livius (XXXVI, 6, 5): sub levi verborum prae-
textu, und zwar ohne die Variante praelexto.
Praetor , was im alten Latein jeden Vorsteher und Vorgesetzteti
über Etwas bedeutete, brauchte man Kl. auch in der Bedeut. Heer-
führer, aber nur von den Heerführern// e/wr/er Völker, nicht von den
627
römischen, welche duces oder imperatorea hiesseii. üeberhaupf ver-
meide man das Wort praetor in dieser Bedeutung^, denn für unsere
Zeiten ist es gar nicht wohl anwendbar.
Praeut; vgl. Prae.
Praevalere, vorzüglich gelten, Ueher gewicht, Uebermacht haben,
üherwiege7id sein, kommt zwar als Verbum erst N. Kl. vor (denn Li-
vius braucht nur praevalens), aber auch die Bessern brauchen es, und
es ist daher neben praestare, excellere, praecedere, plus valere oder
pollere nicht zu verwerfen; wenigstens ist es besser, als das oben
erwähnte praeposse (bei Tacitus). Vgl. Webers Uebungssch. p. 9.
Praevemre,zuvor]ionimen, mit dem Accus., ö//^?/ew, £^«*/?em, kommt
zwar erst bei Livius vor, aber oft, und ebenso bei andern Spätem; es
ist nicht zu verwerfen, wiewohl Cicero und Caesar dafür superare,
antevertere, praecurrere u. a. brauchen. Aber vermieden werde es in
der Bedeut. übertreffen., wie es Columella braucht; dafür sind andere
bekannte \ erba besser.
* Früher hatte das Verbum auch die Auctorität Cicero's (Offic. III, 7, 33),
doch ist es schon läng'st durch peremisset (für praevenissei) verdrängt.
Praevidere, (etwas Zukünftiges) vorhersehen, aber wohl ohne allen
Nebenbegriff des Bestrebens, es entweder zu befördern oder zu
verhüten; dagegen bedeutet ;;/-Of/(f/e/e ebenfalls vorhersehen, aber mit
jenem Nebenbegriffe. Daher sagt denn auch Caesar (B. G. V, 8): vir
prudens futura /3raey?rfe< et ex aliorum rationibus suis providet , und
Cicero nennt in diesem Sinne den iMenschen nur providum (Leg. 1,7),
und das Vorhersehen der Zukunft auch futurortim prudentia (Cic.
Sen. 21). Auch leitet er diese prudentia (Leg. I, 23) von providere
ab, denn er sagt: haec virtus ex providendo est appellata prudentia.
Und so bestehen wohl beide, praevidere und providere. Kl. neben ein-
ander. — Anderer Meinung ist W. Freund (Jahrb. 1835. XIII, 3.
p. 277), welcher annimmt, praetvr/ere sei erst N. Kl. für providere,
welches bei Cicero nicht nur vorhersehen, sondern auch Fürsorge
tragen bedeute und überall kritisch begründeter sei, als praevidere.
Virgil und Ovid zuerst, und nachher Tacitus; hätten praevidere in der
Bedeut. vorhersehen gebraucht und neben providere in die Sprache
eingeführt. — Dagegen aber möchte wohl ausser dem oben. Erinnerten
das sprechen, dass noch in vielen Stellen alle Handschr. praevidere
haben, und dass es noch andere, mit prae zusammengesetzte Kl.
Wörter gibt, in denen prae — zum Voraus bedeutet, z. B. praesen-
tire, praedicere, praenuntiare, praenoscere, praesignißcare. Vgl. auch
Giese z. Cic. Divin. p. 133.
Praevius , vorausgehend, ist nur P. L., findet sich aber oft im
N. L., z. B. praevia disputatio, die vorausgehende Abhandlung, für
praeposila disp. oder auf andere Weise umschrieben.
Prandere, frühstücken. Das Partie, pransus hat die Bedeut. der
gefrühstückt hat; daher sagt man im Perf. gleich gut prandi und
pransus sunt.
Pravare, verderben, verfälschen, ist, obgleich depravare davon
gebildet ist, dennoch A^. L. und ohne irgend eine alte Auctorität;
man brauche nur depravare. Ein neues Beispiel davon führt W^olf
(Analect. I, p. 48.9) an : ante nostram editionem haec sphalmatibus plu-
rimis pravata legebantur , für mendis oder vitiis plurimis depravata.
40*
Ü28
Praxis kommt bei Cicero iinr als ^riech. Wort in der Bedeut.
Handlung vor, sonst aber nirgends; im N. L. dagegen ist es sehr ge-
bräuchlich in der Bedeut. Ausübung, \m Gegensatze zur Theorie. Man
vermeide es durch or/Zo reruin, exercitatio , experientia , usus, con-
suetudo ; auch liegt derselbe Begriff in actus, ogere, vita und vivere,
und , von einem Arztn gesagt, in curare^ sanare , mederi. Man kann
z. B. Quintil. Worte (11, 18, 3): medicus, qui ciirandi fecit Hnem —
übersetzen durch: der seine Praxis geendigt hat. Vgl. auch Practicus.
Precari, beten, biiten, wird verbunden mit aliquem und ab aliquo,
iven man bittet, zu tvem man betet ; z. B. precor Deum und a Deo ; um
was man bittet oder betet, mit aliquid oder einem Satze mit ut oder
ne. Im bessern Gebiauche wird /^/eco// nur von Bitten und Gebeten
zu den Göttern angewandt, nicht allgemein von allen Bitten, wo man
rogare, orare und petere braucht. Auf Menschen wird es nur dann
angewandt, wenn man sie demüthig, gleichsam wie Götter, um Etwas
()ittet, und wo es gleich supplicore ist, welches Cicero u. Andere auch
in solchem Sinne als synonym mit />;'ecor^* verbinden. Man brauche es
also nicht im Sinne des gewöhnlichen Bittens, wie es nach Wolf
(Analect. I, p. 499) Jemand brauchte, welcher schrieb: tandeni mihi
precandi sunt lectores, ul — non dedigrientur, für denique mihirogandi
sunt lectores, ne dedignentur ; — eben so falsch ist es, wenn ein Vater
seinem Sohne schreibt: precor te oder abs te, ut omnem operam des —
und dergleichen mehr. — Ebenso ist nuch precatio nicht jede gewöhn-
liche Bitte, sondern nur ein Gebet zu Gott (zu den Göttern). Vgl.
Petitio.
* Sclieller führt auch aus Liv. (XXXVIII, 43) als Verbindung an : precari
ad deos; aber dort bezieht sicli ad quos niclit auf deos, sondern auf jmrietes po-
siesqve, und ad bedeutet an oder bei. Man lasse sich also nicht verführen, es, wie
Forcellini, falsch zu beziehen und falsch zu verstehen Gesner führt zwar auch
jene Stelle an, ohne aber, wie es scheint, bei ad quos zu denken deos.
Prehendere. greifen,fassen. Richtig ist zwar manu (manibus) aliquem
oder aliquid prehendere, aber in der Bedeut. Einen, Etwas mit der
Hand fassen, greifen, nicht nach Einem, nach Etwas greif en , vizl^
manibus appetere aliquem oder aliquid heisst.
Prelufn; vgl. Praelum.
Preiium , der Werth , Preis. Nie kommen die negativen Redens-
arten: pretium non habere, pretio carere, sine pretio esse anders vor,
als in negativem Sinne: ohne (allen) IVerth sem, nicht aber, wie wir
^<tg^w , unschätzbar sein , wnA wie im Franz. ^tre sans prix,navoir
point de prix. Vgl. Inaestimabilis und Vavassor. Antib. p. 583. — N. Kl.
und nur bei 'l'acitus steht /;re/«*?/m est ohne den Genit. operae in der
Bedeut. es ist der Mühe werth, verlohnt sich; z. B. vi.v pretiu?n est
commemorare , für vix operae pretium est. — Richtig ist zwar: non
facere operae pretium, nichts der Mühe IVerthes thun ; aber wenn
Ruhnken (Praef. Velieji) in dieser Bedeut. sagt: nulhim facere operae
pretium, so bezweifelt dies Zumpt mit Recht, da es besser heisse: 7ion
facere operae pretium oder non fac, quod operae pretium sit, auch
wohl nihil fac, quod operae pretiutn sit. — N. L. ist multi pretü esse,
von vielem Werthe seifig für magni pretii esse; pretium virtutis u. ähnl.,
für praemium oder i?isig?ie virtutis, Preis, d. h. Belohnung für Ver-
dienste; — A". L. ist es auch, wenn Görenz sagt: Codices sine pretio
(J29
scripti, ohne Werth, d. h. nachlässig geschrieben, für negligenter ,men'
dose, väiose scripti. — Endlich wird der physiselie VVertli einer Sache
bei Kauf und Verkauf nur zu oft mit dem geistigen, innern Werthe,
der grössern oder mindern Vortrefl'iichkeit einer Sache , vermengt
und vertauscht. Im Deutschen wenigstens sprechen wir nicht allein
vom JVerthe einer käuflichen Sache, z. B. eines Ringes, eines Hauses,
eines Gartens u. s. w., nach dem Geldpreise, — sondern auch vom
Werthe einer nicht käuflichen Sache, in' Betracht ihres Vorzuges vor
andern, z. B. der Freundschaft, der Gottesfurcht, der Beredtsamkeit,
der Poesie, anderer Künste und Wissenschaften. Der Lateiner aber,
behauptet Raschig (Prog. p. 23 n. 24) — auf den Gebrauch wohl
achtend — , wende pretium nicht auf geistigen und innern AVerth an. —
Allerdings bestätigt sich diese Behauptung durch den Gebrauch von
pretium bei guten Lateinern, indem diese den geistigeti, innern Werth
nur durch praestantia, dignitas , laus , principulvs , priinus locus und
ähnliche, wie es der Sinn fordert, bezeichnen. Man sage also nicht
pretium amicitiae^ pietntis, eloquentiae u. dgl.
* Raseliig's Worte sind: Neu raagis probari polest, quod de pretio pietati,
amicitiae, bonarum artium stufliis statueiulo ([Jiacrunt, aut iibii codicisve prae-
stantiatn vel quamvis aliain laudcm, virtutem, dignitatem pretii nomine significant.
Prex , die Bitte, kommt im Sing, in Prosa nur im S\i\. prece vor,
gewöhnlicfi aber im Phir. durch alle Casus, und wird dem Sinne nacli
ganz allgemein von Bitten, die man an i^lenschen und an Götter richtet,
gebraucht. Aber nur P. L. ht preces f andere , wovon unter Furniere
die Rede war.
Pridie, den Tag vor (vorher), hat bei Angabe des Tages, vor wel-
chem, wozu auch die Festtage dienen, nur den Jccas., nie den Ablat.
bei sich; z. B. pridie Kafendas, No?ius^ Idus, Jannarias, pridie Satur-
nalia, Quinquatrus u. dgl. Daher verbessert mit Recht Frotsclier bei
Muret. (Oper. T. II, p. 72) pridie Idibus Jprilis, indem er datnr pridie
Idns Apriles sagt. Andere Substantiven aber, z. B. Ankunft, Weggang,
Abreise, werden nicht substantivisch im Accus, zugesetzt, sondern
durcli quam und das Verbura ausgedrückt; z. B. deji Tag vor meiner
Ankunft in Athen, pridie quam Athejias veni (Cic. Att. \ , 11); den
Tag vor meinem Weggänge , pridie quam discessi. Wenn aber gleich-
wohl in Sueton. Tiber. 85 pridie sortitiofiem in den Ausgg. steht, so
niuss dafür aus den meisten Handsclir. mit Oudendorp und Wolf sor-
titione gelesen und dieses mit ductam verbunden werden, da der Accus,
eines solclien Subst. ohne Beispiel ist.
Priuiaevus, der Aelteste, der Zeit nach Erste, ist P. L. fürprimits,
principalis u. a.
Primarius verbunden mit vox oder vocabulum, in der Bedeutung
Stammwort, ist unerweislich. Vgl. Primitivus.
Primas, der Erste., Vornehmste, Plnr. prima tes, ist erst Sp. L. ; es
hat sich besonders in Ungarn erhalten, inr principes,primores, primarü,
optimates. — Früher schon war im A. L. im Gebrauche primatus, der
erste Platz, Vorrang, Vorzug, und dies brauchte noch Ä7. Varro, nach-
her aber kommt es nur JV. Kl. beim altern Plinius vor. Man sage dafür
principatus oder locus primariu^.
Primitivus steht erst N. Kl. bei Columella von den Blumen^ die
zuerst blühen, sonst ist es nur Sp. i., besonders als grammatisches
630
Kunstwort von den Sta7/mitrö?tern, \f eiche man verba pn'mitwa neimt^
wofür Kl. gesagt vvnr<Ie verbu primigeiüa (bei Yarro L. L, VI, 5, 36.
p, 87 ed. 3IÜ1I. u. p. 216 ed. Speng. ) oder verba nativa (bei Cicer.
Part. orat. 5).
Primitus, zuerst, ist ein ^. L. Adverbinm, welches später nur noch
Varro brauchte und N. Kl. einrni)! Sueton.; es ist also mehr veraltet,
und man sage dafür prinium oder pn'mo.
Pr/'mo, zuejst ; vgl. Primus.
Primogem't//s, «, tim, zuerst geboren. Als Ein Wort ist es vielleicht
erst Sp. L., besser und erträglicher in zwei Wörtern, pr?*mo ge?iitus.
Doch sage man bei Kindern lither major, maamius. Vgl. Sciopp. Infam,
p. 75 und Heusing. Emendd. p. 425. — Erst ganz N. L. ist primogen-
itura,(iie Erstgeburt, besonders jus pri'mogeniturae, für jus Jih'i major ia
oder maximi, oder principatus aetatis.
Primor oder primoris, e kommt in der bessern Prosa vielleicht nur
imPhir. vor, da es im Sing, zweifelhaft ist; vgl. darüber iVladvigzu Cic.
Fin, 111, 16, 62, wo die Lesart ungewiss ist. Häufig aber kommt der Plur.
pn'mores vor, besonders bei Livius, theils a<ljecti\isch mit Subst. ver-
bunden, theils für sich allein, gleich priucipes, primi und dem spätem
prfuiales , -wie denn Tacitus ( A. IV, 33 ) die ArhtokrHten pri'uiores
nennt. Es ist nicht zu verwerfen, am wenigsten adjectivisch, wenn die
Spitzen oder vordem Theile natürlicher Dinge dadurch bezeichnet
werden, z. B. prmwres digü?', tnauus, nares, und mit dem sprichwört-
lichen primoribus labris aliquid gustare oder attiugere lässt sich unser
Etwas leise und obenhin beriihren recht wohl ausdrücken, wie es denn
auch Cicero gethan liat. Ueberhaupt gebraucht man es besser nur in
örtlichem Sinne, nicht in dem des Vorranges ; dieser Begriff ist erst
seit Livius in «las Wort gelegt worden, doch ist dafür p/'//?cj);es ge-
wöhnlicher. Vgl. Döderlein's Synon, Th. V, p. 346.
Primus, erst, der Erste, setzt der Lateiner in der Regel nnr, wenn
von wenigstens Dreien die Rede ist, nicht aber von Zweien, wo wir
ebenfalls oft unser Erster brauchen; der Lateiner aber setzt in diesem
Falle prior, und so sagt z. B. Livius: priori Remo augurium venisse
fertur, nicht /;r/wo , obgleich wir im Deutschen dem Remus zuerst
sagen können. Man halte sich an die Regel, wenngleich selbst Cicero
bisweilen primus für prior gebraucht liat. Vgl. Matthiae Cic. Sest. 19,
114. — Verwerflich und N. L. ist primus verbunden mit Wörtern,
welclie den Begriff schon enthalten, wie z. B. der jüngere Burmann von
prima atispicia muneris spricht, da es doch keine secunda, tertia u. s. w.
gibt; denn in auspicia liegt schon der Anfang und das Erste. — Wie-
wohl man aber den Anfang und den vordem Theil einer Sache nicht
selten durch primus ausdrückt (vgl. Anleit. §. 93), und richtig sagt:
prima nocte, im Jtifnjige der Nacht ; primo diluculo, primis tenebris — ,
so aagt man doch nie in dieser Bedeutung /;r?V«o ^/e,/ir?7A a?« Tage,
sondern prima luce. Dies hat Fikenscher in der A. Seh. Z. 1829.
Nr. 82. 83 richtig bemerkt. — P. L. ist primus post aliquem oder ab
aliquo, der Erste nach Jemanden, für secundus oder alter ab aliquo,
weil der Lateiner den Jemand (aliquis) als den Ersten rechnet und
den Nächsten nach ihm als den Zweiten, wie dies aus dem römischen
Kalender bekannt ist. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 98. — Die Redens-
arten a pri?no, von Anfang an; a primis annis, a parvula aetate, in
681
Beziehung auf eine Person, sind Sp. L. für a pnero, a pf/en's, n piieritia,
ah ineunte pueritia. — Unser Adv. zuerst heisst entweder primo oder
prinnim : beide sind im strengen GebrancJie unterschieden, wiewohl
es niclit an Stellen fehlt, wo sie mit einander verwechselt zu sein
scheinen mögen. Primo deutet meistens ein früheres , das darauf fol-
gende deinde aber ein späteres Ereigniss an, so dass zuerst oft gleich
Anfangs ist; z. B. zuerst wollen wir nach stoischer Weise verfahren,
nachher aber nach unsrer Gewohnheit ausschweifen, primo (nicht
primum ) Stoicoryim more agamus. deinde nostro inslitnto vagabimur
(Cic. Tusc. III, 6. 13). Dagegen zählt primuni mit folg. deinde meist
Gleichzeitiges auf, und bedeutet mehr erstens mit folg. Streitens, wo
denn das Aufgezählte auch in anderer Ordnung folgen könnte. Un-
richtig sagt daher z. B. Görenz (Cic. Leg. p. 9) : primo hie contra
Ciceronis morem verbum desideratur, deinde — scribendum erat — ,
fiir primuni: ebenso Ernesti (Opusc. orat. p. 32) : Thucydides primo
({(ir primum) fide, deinde prudentia ceteris praestat — und so Andere
auf gleiche Weise. — Endlich brauchen wir auch unser erst, Mxn anzu-
deuten, dass Etwas fast zu spät sei und friiher liätte geschehen sol-
len; in diesem Falle ist 7;/7V/<?/w unlateinisch, und es muss i\ai\\Y demum
oder auch bisweilen denique stehen; z. B. alsdann erst, tum demum,
tum denif/ue (was aber nacjj Klotz z. Cic. Tusc. p. 37 nicht dann erst,
sondern da endlich i)e<leuten soll) ; jetzt erst, nunc demum ; am Ende
erst, ad extremum denique (Cic. Sest. 47, JOO) ; erst am siebenten Tage,
sevtimo denique die (Att. XIV, 13). — Man unters{:heide daher nu?ic
primum von nunc demum :]Gnes ist jetzt zuerst, jetzt zum erste??mal;
dieses hlos jetzt erst, jetzt endlich. — Ueber q?tatn primum, sobald als,
vgl. Quam.
Priricpps kommt fast nur als Subst. , selten als Adject. vor. Man
sage also nicht: princeps classis, sondern prima classis — und so ähnl.
Principalis ist nicht zu verwerfen, ai)er in der Bedeut.fi/rstlich
brauche man lieber den Genit. principis, und anstatt es substantisisch
zu brauchen, in der Bedent. Herr, setze man lieber dominus. — Sehr
Sp. L. aber ist principalitas , die Vorzüglichkeit., der Vorrang, ^vlx
principatuS'
Principatus in der Bedeut. Fürstenthum als Land,\nc\\i als Würde,
ist N. L. fiir terra pri/tcipis, regnum, possessio principis.
Principium ist als philosophisches Kunstwort, in der Bedeutung
Princip, d. h. Grundlehre, Grundsatz, von dem andere Lehren aus-
gehen, worauf sie beruhen und gebaut sind, fast N. L., da es sich in
dieser Bedent. so geradezu nicht findet; doch wird es als Kunstwort
oft kaum zu entbehren sein. Bisweilen ist es zu ersetzen durchy)/«-
damentum, ratio, praeceptum primarium, sentcntia, fons ( Cic. Tusc.
III, 32, 82; IV, 9, 22). — Principien des Willens, d. h. Grundsätze,
Ansichten, Ideen des Handelns, sind consilia, wie bei Cic. (Fam.IX, 6) :
consiliorum raeorum conscientia. Wenn Prineipic7i so viel ist als feste
Bestimmu?tgen, so sind es leges impositae, wie bei Cic. (Tusc. V, 11,
33) ; qui legibus impositis disputant. — Vgl. über die Bedeutungen und
VerbiTidungen des Wortes mit andern die Lexica; ausserdem auch
W^eber's Uebnngssch. p. 227.
Prior, prius , wird, wie posterior, nur selten (z. B. einmal bei Cic.
Orat. 6,21) in dem Sinne unseres der Erstere,i\\ Bezug auf zwei vor-
632
her Genannte gebraucht: es werde, weil ea so selten in dieser Bedeu-
fun,;; \ork()min(, vermieden durch ille, sowie für posterior, der Letztere^
Ä/c gebraucht wird. Vgl. Ziimpt's Gramm. §.400 und Dietrichs Sinteuis
j). 39, Von dem Letzteren hier noch folgender wichtige Zusatz: Der
Vorige heisst prior und superior. Prior ist der Frühere der Zeif nach,
und verlangt ein posterior als Gegensatz; superior dagegen bezeichnet
zunächst nur das der Zeit, wie dem Kaume nachEntferntere, steht also
meistens in uimiitteli:arer Bezieliung auf die Gegenwart, und macht
daher einen ähnlichen Gegensatz nicht nöthig. Daher wird in Verbin-
dungen, wie: das vorige Jahr, die vorige Nacht, die vorige7i Zeiten nur
superior, \nc\\i prior ge.%G{zt^ %o dass tiMc priores und posteriores zu-
sammen in Beziehung auf die Gegenwart superiores sind. Daher heisst
super iores litterae ( Cic. Farn. V, 21), der vorige Brief, welcher zu-
gleich der letzte in der bis alif die Gegenwart abgelaufenen Zeit sein
muss; und so nennt Cicero seinen letzten Brief (Farn. VI. 3, 1) irn
Gegensatze zu dem neuen, den er eben damals sclirieb. Priores litterae
verlangt einen Gegensatz mit posteriores oder allerae, und kann nur
dann gesagt werden, wenn wirklich zwei der Zeit nach verschiedene
Bi-iefe einander entgegengesetzt werden. Vgl. Cic. Fam. IX, 15, 1.
Superior annus ist A^va jetzigen entgegengesetzt; prior annus for(\tivt
ein zweites, auch schon abgelaufenes Jahr. Da superior das der Zeit
nach von der Gegenwart Entferntere anzeigt, so wird gewöhnlich das
ihm Nähere durch prosimus ausgedrückt. Vgl. Cic. Fam. V, 19, 2.
So weit Dietrich, — Prius, früher, als Adv., verbinde man nicht mit
einer Zeitbestimmung; z. B, acht Jahre früher, nicht octo aiwis prius,
sondern octo annis ante. — A. L. ist auch prius in der Bedeut. eher,
wo dieses so viel ist als lieber oder vielmehr; in diesem Falle heisst es
potius ; z. B. eher alles yJndere, als dieses, quidvis potius, nicht prius.
— Die philosopliisclie Redensart a priore liegt wohl oft in ratione,
entgegengesetzt dem usu, worin a posteriore liegt. Vgl. Cic. Lael. 15.
Priscus, a, um, alt. Ein Compar. priscior und ein Superl. priscis-
siinus sind Missgeburten des neuern Lateins, wie ich denn noch neu-
lich las; in omnibus mss. priscioribus, und: Codices priscissimi. Mau
brauche aber auch priscus nicht falsch fiir vetus und aniiquas, da es
nur uralt bedeutet und nur Gegenstände der frühesten, dunkeln und
in wissenschaftlicher Hinsicht unberühmten Zeit bezeichnet. Daher
verbindet Cicero oft priscus mit inusilatus , versteht unter verba
prisca — veraltete, ausser Gebratich gelcom/ne?ie Wörter, und erklärt
(Tusc. I, 12) priscos, quos cascos appellat Ennius, die 31enschen der
altern Vorzeit. Man nenne daher nicht alle «//e/zSchriftsteller^mcos
scriptores, und mit Hecht findet Wolf (Analect. 1, p. 469) den Titel
von Scheller's Bucfie: Annotationes in priscos scriptores latlnos, feh-
lerhaft, da sich unter ihnen auch nicht ein einziger vor Cicero und
Caesar lebender befindet; die vorklassischen Schriftsteller können
etwa prisci heissen, aber nicht die klassischen und späteren; diese
sind nur veteres oder antiqui. Aber auch Andere, und selbst Muretus,
haben das Wort falsch gebraucht. — N. L. ist es auch in der Bedeut.
vorig, ehemalig, für pristinus ; z. B. aves nidos priscos {für pristinos)
requirunt, die Fögel suchen ihre allen Nester wieder auf . Vgl. Weber's
Uebungssch. p. 229.
Prius ; vgl. Prior. — Bei dem zusammengesetzten priusquamy eher
638
fl/s, Ifevor beachte man den Modus und das Tempus; vgl. darüber die
Grammaliken und Reisig^'s Vorles. p.525.
Private ist B. L. für privatim.
Privaticns , ver?ieitie?id, eine Verneinung anzeigend, ist erst Sp. //.,
aber seit Gellius Kunstwort der Grammatiker für verneinende Wörter
neben 7iegativus tind abnegativus. Vgl. Priscian. XIV, 5 und 6 (mehr-
mals). — Kl. sagte man privans; so wenigstens Cicero (Topic. 2, 47):
haec, quae ex eodem genere contraria sunt, appellantur adversa: sunt
enim alia contraria, quae privantia licet appellemus, Graeci appellant
GTt^rßiy.ü ■ — er rechnet unter diese die Partikel in in der Zusammen-
setznng. Hiernach wäre in der griech. Grammatik das (t. privativuni
nach Cic. privans zu nennen.
Privatus kann wohl fast überall da angewandt werden, wo wir das
Wort Privat vor Substantiven setzen, und wo der Gegensatz Staat
oder öffentlich (publiciis) ist, wie vita privata, honto privat?/s (der kein
^mt hat oder der nicht als ^n^mterhanAth) , domns privata Jitctnspri-
vatus (Trauer, die nur einen Kinzelnen oder sein Ilans betrifft), ent-
gegengesetzt dem luctus piiblicus (Trauer, die den Staat betrifft). Oft
ist es aber dem domesticiis ganz gleich: und dieses ist auch oft pas-
sender, a\s privatiis, wenn es nur häuslich bedeuten soll ; z. B. der Pri-
vatfleiss heisst wohl besser assidi/itas doniestica; ahav eine Privotvor-
lesa/ig ist wohl schola privata; Privatslunden haben (vom hehrer)^
scho/as privatas habere , vom Schüler aber seh. privatas audire oder
privatim doceri, priv. erudiri. Und so heisst in Privatangelegenheiten
konnnen ganz kurz privatim venire, sowie in Staatsangelegenheiten, im
Auftrage des Staates komme?!, publice venire. So sagt Cic. (Off. 1,41):
in peregrino quaeritnr, privatimtie an publice venerit.
Privilegium, das Vorrecht, Ausnabmsrecht , ist in dieser Bedeut.
erst iV. KL, da es Kl. etwas Anderes bedeutet ; jener Begriff liegt auch in
benefuium, jus jjroecipunm (Cic. Manil. 19, 68 u. das. Hotoman,), auch
\i\ jus allein, in immunitas oder vacatio mit dem Genit. dessen, wovon
Jemand ausgenommen und befreit wird, wenn es dergleichen betrifft.
Da Privileg, schon früh Kunstwort war, so ist es nicht zu verwerfen;
aber iV. L. ist das Verb, privilegiare und das davon abgeleitete privi-
legiatus, im privihgio donare und qui privilegiirm habet, privilegio do-
nutus. Vgl. Schori Phras. p. 662 und Weber's Uebungssch. p. 409.
Pro bedeutet zwar unser />/;■ oder vor, kann aber doch nicht immer
dafür angewandt werden. Richtig ist zwar dicere pro aliqua re, z. B.
pro lege, sowie man auch dicere contra atiquatn rem, z.B. contra legem,
sagt, aber gleichwohl sagt man nie, beide mit einander verbindend,
pro et contra, für und. wider .^ sondern in utramque partem , in C07t-
trarias partes. Und so heisst auch bei erklärenden Zusätzen enttveder
dafür oder dagegen, nicbt vel pro vel contra, sondern vel in eam par-
tem, vel in eam (Cic. Fam. XI, 27, 8). — Für Geld u. dgl., bei Verben
des Kaufs und Verkaufs, heisst nicht pro pecunia, sondern mit dem
blossen Ablat. pecunia, pietio , auro, deceni sestertiis u. dgl. — Für
diesen Tag, dieses Jahr u. dgl., in der liedeut. der kommenden Zeit
von: auf diesen Tag, heisst nicht pro hoc die, sondern in hzinc dient,
in hunc annum ; und so in (für) proximum annum, in multos dies, in
om?ie teinpus, in hiemem u. dgl. Vgl Hadriani Observ. p. 251 u. 256. —
Er war für alte Fällebereit lieisst ad omnes casus (Caes. B. G. IV, 31),
()d4
nicht pro omnibus casibiis paratiis firat. — Das einfache jetzt, für jetzt,
ttermaleti heisst nunc , hi praesenu'a , hoc tempore, nichts wie es im
iV. L. oft \nrkommt , pro tempore, was meistens bedeutet nach Be-
schaffenheit der Zeit, den Zeitumständen gemäss, und oft einen ver-
ächtlichen Begriff, den der IVoth, der Armuth u. dgi. enthält, wie bei
Caes. (B. G. V, 8) : cepit consilium pro tempore et pro re. Daher ist
es nicht zu billigen, dass man im N'. L. von einem Rector, Prorector,
Professor pro tempore (abgekürzt^, t.) spricht, was übel gedeutet
Averden kann. Vgl. Vorst. iatin, ?ner. susp. p. 88. Prasch de barbar.
p. 21 und Anton. Progr. p. 20. — Eben so falsch sind: pro more, nach
Sitte, für ?nore ohne pro\ pro primo, pro secundo u. s. w.^fürs Rrste,
fürs Z?reite u. s. w., für primum, deinde; pro arbitrio, nach Willkühr^
für ad arbitriiim; pro libidine , nach Lnst , für ex Ubidine. \] eher pro
libitu, nach Laune , vgl. Libitus. — Falsch ist: verbum pro i^erbo, par
pro pari — reddere, referre, ff ort für ff^ort wiedergebe?/ , Gleiches mit
Gleichem vergelten; hier muss pro wegbleiben. Vgl. StephanI Pseudo-
Cicero p. 209 und oben Par. Und so gibt es noch viele Fälle, wo für
oder vor nicht mit pro übersetzt werden kann. — Uebrigens ist p?-o
in manchen Redensarten richtig, in welchen es anstössig scheinen
kann; z. B. pro certo (für gewiss) {iliquid habere, accipere, sumere
(nehmen, annehmen), pntare, dicere, polliceri; pro nihilo habere, pu-
tare, ducere u. a. ; z. B. rem non factam pro facta habeo ; vgl. Vavassor.
Antib. p. 591. Gut ist sogar: ille pro orciso relictus est, er wurde für
einen Ermordeten liegen gelassen, wofür es sonst heisst tanquam oder
Uli occisus. Vgl. Cic. Sest. 38. Caes. B. C. III, 109. Livius in vielen
Stellen, und Weber's Uebungssch. p. 223.
Pro oder proh dient zum klagenden Ausrufe, und wird entweder
mit einem Vocat. verbunden, z. B. pro (proh) sancte , supreme Jiip-
piler, da immortales, oder mit einem Accusat., z.B. pro (proh) deorum
oiier deiim ßdem ; ^b er pro (proh) dolor in der Bedeut. ach! leider i
wie es im N. L. oft vorkommt, ist vielleicht der Latinität ganz fremd,
indem schon in pro allein diese Klage liegt. Vgl. Fabri zu Livius p. 234.
Proba, die Probe, der J^ersuch , ist sehr Sp. L. für experimentam,
experientia, periculum, documentum, tentatio u. a.
Probahilis , e ist in der Bedeut. leidlich, erträglich N. L.; ausser
wahrscheinlich bedeutet es meistens beifallstvürdig , lobenswerth, an-
nehmlich, und wenn daher Chr. Saxe von einem verstor!)eneu Ge-
lehrten sHgte : prohabiliter docuit, so war dies ein Loa, aber nicht ein
Tadel, wofür es der Theologe Franz Burmann hielt (dieses falsche
Verständniss veranlasste am Ende noch andere unselige und höchst
inhumane Streitigkeiten zwischen Saxe und dem Jüngern Burmann).
Probare ist in der Bedeiit. versuchen , probiren fast N. L. für
experiri oder tentare aliquid, periculum aticujus rei facere, periclitari
(Cic. Divin. II, 33. Lael. 17), und wenn es beurtheilen bedeuten soll,
für e.vistimare , judicare aliquid ex aliqua re oder de aliqua re. Vgl.
Sciopp. de stylo p. 135. Gut ist aber probare, und noch mehr das zu-
sammengesetzte comprobare , in der Bedeut. bestätigen, beweisen, da
probare alicui aliquid bedeutet Einem Etwas glaublich, annehmlich, zur
Zufriedenheit machen; z. B. quos libros, ut spero, tibi valde probabo
(Cic. Att. IV', 14, 1); und damit hängt im Passiv, die Dativverbindnng
zusammen; z. B. libri mihi probantur, die Bücher gefallen mir; mihi
635
egregie prohata est oratio tua (Cic. Tiisc. IV, 4), deine Rede hat mir
au mehmend gefallen. Vgl. Cic. Brut. 49. — iV. L. aber ist se probare
mit dem Accus, eines Praedicates, sich als Etwas beiveiseri, z. B. gra-
tum, dankbar., wie Ernesti (Oratt. p. 3) sagt: qua oratione non solura
gratos se pro beneficio proba?it , für praestant , obgleich se probare
alicai gut ist, aber nur in der Bedeut. sich bei JSinem beliebt machen.
Probatio ist in der Bedeut. Beweis, Beweisführung zwar erst N, KL,
kommt aber oft bei Quintilian., dem Jüngern Plinius (Epist. 111, 9) u. A.
vor, und ist neben argz/?nentU7n und argumentatio nicht zu verwerfe».
Probiter, wohl, gut, ist veraltete Form für probe.
Problema, die Frage, wurde erst Sp. L. aufgenommen; vorher
braiiclite man es nur griechisch, für quaestio.
Probas, a, am, gut, recht, löblich. Wenngleich dieses Adject. mo-
ralisch gnt bedeutet, so ist doch das Neutrum probarn als Subst., gleich
bonvm, rectum, honeslum ., ohne alle Auctorität; dennoch braucht es
Mahne (Crito p. 322): probt et honesti disciplina, für recti et hon.
Processio bedeutet nur das Vorrücken, Weitergehen, aber nirgends,
ausser im N. L., eine Prozession, einen öffentlichen heiligen oi]er fest-
lichen Zug; dafür sage man pompa solennis, bisweilen auch publica
supplicatio. In Leipzig schrieb im J. 1684 Paul Anton: de sacris gen-
tilium processionibus.
Processus ist in der Bedeut, Prozess oder gerichtliche Streitigkeit,
streitige Rechtssache N. L. und ohne alle Auctorität irgend eines alten
Juristen; dennoch ist es heutzutege sehr gel»ränchlich für lis, causa
u. a. FJs hat bei den Alten eine andere Bedeutung.
Procitictus, das Gürten, Rüsten, kommt Ä'l. nur von Soldaten vor,
wo in procinctu nliquid facere bedeutet: Etwas gerüstet oder im Be-
griffe zu kümpfen thun ; erst N. Kl. heisst /// procinctu ganz allgemein
bildlich in Bereitschaft, aber meistens mit dem vorgesetzten r^elut
oder tnniquam. Da es sehr selten ist, so werde es nicht, was im N. L.
geschieht, falsch gebraucht, indem es Axxrch parat7is oder in promptu
hinlänglich ersetzt wird.
Proclamator, der Schreier, für clamator, beruht nur auf Cic. Orat.
I. 46, 202, wo es viele Handschr. und die frühem Atisgaben haben;
die bessern aber haben clamatnr , was Ellendt aufgenommen hat, so
dass jenes jetzt ohne Auctorität ist. Man brauche clamator., und in der
Bedeut. Ausrufer — praeco. — Sp. L. ist proclamatio , das Schreien,
für clamatio.
Proclivis, geneigt, kommt bildlich gebraucht fast nur in Beziehung
auf böse, unangenehme, schädliche Dinge vor, selten in Beziehung auf
etwas Gutes, wo mahr propejisus üblich ist; und diese Anwendung des
Wortes deutet selbst Cicero (Tusc. IV, 12) an, wiewohl auch er bis-
weilen davon abweicht.
Procreare, erzeugen . wird verbunden mit ex oder de aliquo (ali-
qua); in der letztern Verbindung steht es z. B. bei Cic. (Rep. II, 19):
de matrefamilias procreavit.
Procul,fern, wird Kl. bei Cicero und Caesar nur mit a verbunden,
bei Liviiis und den Folgenden aber stellt es fast mehr ohne a mit «lern
blossen Ablat., was also wolil gleich gut ist. Procul dubio , fern von
Zweifel, ohne Zweifel, ^ligt ebenfalls erst Livius , für sine dubio; doch
halte man sich mehr an letzteres. — Zu bezweifeln ist wohl aliquid
636
prociil habere , Etwas fern von sich haften , verabscheuen , verachlen,
was im A'. L. nicht selten ist; ich kenne keine Auctorität dafür, und
rnan sage daher lieber abhorrere ab aliqua re, posthabere aliquid n. a.
Proculcare, zerstampfen, zertreten^ findet sich zwar beiLivius, aber
selten für das KL conculcare (Cic, Att. VllI, 11, 4).
Procnmbere , Einern (bittend) zu Füssen fallen, wird gleich gut
verbunden ad a/ici/jus pedes oder ge?iua, und alicui ad pedes. Vgl. oben
Cader e und Projicere.
Prodere, fortgeben, verbreiten, bekannt machen, wird oft mit ?ne-
moria verbunden, und zwar theils im Dat., memoriae , theils im Ablat.,
memoria. Nach Zumpt hat prodere im Activ. wohl nur den Dat. bei
sich, wie man denn auch nur sagt: memoriae mandare ; wer Etwas
theils mündlich, theils schriftlich zum Andenken der Nachwelt über-
liefert, der prodit memoriae , schwerlich kann dafür memoria gesagt
werden. Aber im Passiv., hoc proditum est, kann nicht nur der Dat.,
memoriae, sondern auch der Ablat,, memoria, hinzugesetzt werden,
Dciher sind in passiven Redensarten in den Stellen der Alten die
Handschr. sehr oft verschieden. Vgl. Zumpt Cic. V'err. p. 128. Oudend,
Caes. B. G. V, 12 und Drakenb. Liv. XL, 29, 2. — Ohne Beispiel bei
einem Alten ist aber prodere librum, ein Buch herausgeben, vvie
Ruhnken. (Praef. Operum Mureti T. IV, p. VII) sagt, für edere, emit-
tere oder vulgare librum.
Prodigalis ., verschwenderisch, ist N. L. für prodigus , luxuriosns
u.a. Fast zweifelhaft ist prodigalitas , die Verschtvendung ; N. KL,
nur bei Tacitus, findet sich prodigentia und A. L. prodigitas. Sie sind
alle zu verwerfen und durch luxuria (es), effusio , profusio und viele
Verben zu ersetzen. — Eben so N. L. ist prodigaliter, für prodige, effuse.
Prodigere , verschwenden, steht nur A. L. bei Sallust. und Sp. L.;
es werde vermieden durch effundere, profundere, consumere nwd viele
andere mit stärkerm oder schwächerm Begriffe.
Prodigiosus , abenteuerlich, wider- oder unnatiirlicJi. , wunderbar,
seltsam, ist zwar mehr P. L., aber in Prosa N. KL auch von Quintilian.
gebraucht, und kann recht wohl neben po/'/e7//os?/s angewandt werden.
Prodire, hervorgehen, auch weiter- oder fortgehe?i, aber nicht vor-
a7igehen, wie es im N. L. vorkommt; dies heisst praeire. Zu bezwei-
feln ist, ob es in der bildlichen ]iedeüi. hervorgehen, m dem Sinne von
entstehen, zu brauchen sei, wo proßcisci und exsistere gebräuchlicher
sind ; z. B. das glückliche Leben geht aus immerwährenden Freuden
hervor, vita beata exsistit, nicht prodit (Cic. Tusc. V, 23, 67); daraus
gehen viele Annehmlichkeiten hervor, — proficiscuntur oder exsistunt,
nicht prodeunt. — Niciit zu verwerfen ist es wohl, wenn man von ei-
nem Buche, welches herauskommt, »agt: liber prodit , prodiit ; ob aber
der Ort, wo es herauskommt, im Casus der Ortsbezeichnung wo? bei-
gesetzt werde, z. B, Lipsiae prodiit, ist zu bezweifeln, wenn nicht noch
beigesetzt ist: ex officina Teubneri, Tauchnitii, Vogelii; ohne diesen
Zusatz muss wohl Lipsia gesagt werden, \seil prodire die Ortsbezeich-
nung woher? woraus? verlangt.
Producere ist in der Bedeut. erzeugen, schaffen, hervorbringen
P. L., N. KL und selten, für gigner e , efferre , procreare , edere. Vgl.
Ruhnk.Vellej.11,106. Arntzen. Aurel. Vict. 1,2,6. Weber's Uebungssch.
p. 329. — A~. L. aber ist: hoc prodncitfcbrim, das bringt Fieber her-
637
vor, wie Heraert. (Ep. ad Wyttenb.) sagt, für factt, creal ; ferner findet
sich im JV. L. oft: producta terrae, die Lajideser Zeugnisse, Produkte;
producta naturae, Naturprodukte; producta ingenii, Geistesprodukte.
Man sage dafür: res quas agri efferunt (Cic. Rep. II, 4), res quas
terra oder natura gignit; monumenta ingenii - — und so mit ähnlichen
natiirh'chen Umschreibungen, z. B. ea quae gignuntur e terra (Cic.
Off. 11.3, 11). Ein Kunst er zeugniss liehst art/ßcium. — iV. //, ist auch
producere scriptorem, einen Schriftsteller (als Gewährsmann) nnfüh-
reu ; locum scriptoris producere , die Stelle ei?ies Schrif/st. anfuhren,
wie denn auch adducere in dieser Bedeut. N. L, ist; vgl. Addticere.
Daher bemerkt Ruhnken (z. Muret. Oper. T. I, p. 226 ed. Fr.): quod
prolatis ac productis locis proharetn — Producere vel adducere locum,
rationem etc. non dicunt Latini. Vgl. Frotscher zu dieser Stelle.
Profanus, ungeweiht , unheilig, oft sogar mit dem Nebenbegriffe
des Gottlosen, brauchen die spätem christlichen Schriftsteller zur
Herabwürdigung alles dessen, was die Heideri angeht, also profanus
in der Bedeut. heidnisch; sie nennen aWe heidnischen Schriftsteller pro-
fanos, und unterscheiden sogar die Geschichte der heidnischen Völker
von der der Juden durch den Namen historia profana, im Gegensatze
zu der historia sacra. Ein vernünftiger, guter Christ urtheilt nicht so
hart, und vermeidet mit Recht das Wort profanus in der Bedeut.
heidnisch.
Profectus, als Snbst., in der Bedeut. Fortschritt , Fortgang, Zu-
nahme, ist zwar erst N. KL, findet sich aber so bei Quintilian. und dem
Jüngern Plinius, und ist neben den Kl. Ausdrücken progressio, pro-
gressus und processus nicht zu verwerfen, zumal da schon Cicero pro-
ßcere in aliqua re in der Bedeut. in einer Sache fortschreiten, an
Kenntnissen zunehmen, braucht. Andere verwerfen es, wie Sciopp.
de stylo p. 59. — In der Bedeut. Reise, Abreise ist es erst Sp. L. für
profectio, und werde so nicht gebraucht.
Proferre ist in der Bedeut. anführen, vorbringen, erwähnen (eine
Person oder eine Stelle, oder sonst Etwas, als Gewährsmann) das beste
Wort; es hat Kl. Auctorität. Vgl. Adducere. Weniger KL, aber N. KL
ist verba proferre, Worte vorbringen, für verba efferre, (Cic. Orat. III,
11, 46), edere u. a., auch proloqui (vgl. dieses Wort). — N. Kl. ist
auch fruges proferre in der Bedeut. Früchte hervorbringen (von der
Erde, von dem Acker), für efferre, ferre (Cic. Tusc. I, 42, 101), edere
(Cic. Orat. fetus edere), gignere, proer eure u. a. Vgl. Schori Phras.
p. 335 u. fgg.
Professor in der Bedeut. Lehrer, gleich magister, doctor, prae-
ceptor, ist zwar erst N. KL, aber von der Zeit an, wo Lehrer öffent-
lich angestellt und besoldet wurden, das Kl. Wort. Es scheint zu Ci-
cero's Zeit noch gar nicht üblich gewesen zu sein, wiewohl das Ver-
bum profiteri von Gelehrten und Künstlern gebraucht wird, welche
vor- oder angeben, dass sie eine Kunst und Wissenschaft verständen.
Man sagte z. B. ille artem profiletur, se grammaticum profitetur und
Aehnliches; aber in der Bedeut. docere steht es noch nicht. — N. L.
aber sind die Subst., welche das Amt bezeichnen sollen: professura,
analog gebildet wie praetura von praetor, und quaesttira von quaestor,
und das nicht analog gebildete prq/essoro^^^s; beide müssen als neue
Wörter lieber vermieden werden durch munus professoris, wofür
638
Andere geradezu oft sehr unpassend prqfessio brauchen; z. B. Cum ei
prqfessf'o Jitterarum antiquaruni dernaiidata est.
Proßctsci, reisen, gehen, tiehen. Man sagt zwar proßc. in pugnam,
ins Treffen, in den Kampf ziehen, gehen, aber nie i?i bellum, sondern
ad bellum, proßc. Aber bellum proßcisci, ohne ad, ist ohne Beispiel. Vgl.
Weber's Uebungssch. p. 316.
Proßcuus, nützlich, ist N. L. für utilis; ausser Andern braucht es
J. N. Funccius in Argura. Cic. Farn. XI, 29. Ebenso ist proficue N. L.
für ntiliter.
Profligare heisst dem Ende nahe bringen, nicht, wie im N. L., be-
endigen, was perßcere, ad esitum adducere u. dgl. heisst.
Profugere, entfliehen, entgehen, mit einem Accus., aliquem oder
aliquid, Einem, einer Sache, ist fast nur N. Kl. und P. L. ; nur einmal
steht es bei Cicero (Sest. 22, 50): cum vim armorum profugisset; man
vermeide es, und brauche effugere. — Ebenso scheint profugium, die
Zuflucht, überall, wo es vorkommt, zweifelhaft für perfugium.
Profunditas, die Tiefe, ist in eigentlichem und bildlichem Sinne
sehr Sp. L. ; meistens steht dafür profundum oder altitudo, z. B. die
Tiefe des Meeres, profundum, nicht profunditas maris. Noch viel we-
niger aber kann es bildlich gebraucht werden, wo wir von Tiefe der
Gelehrsamkeit sprechen; in diesem Falle ist weder profunditas, noch
profundwn, noch altitudo er uditionis oder doctrifiae gebränchüch. Vgl.
Profundus.
Profundus, tief, steht Kl. fast nur von örtlicher Tiefe, indem Ci-
cero (in Pison. 21) nur die unerschöpflichen und unersättlichen Aus-
schweifungen Piso's profundas libidines nennt, wofür er anderwärts
profundissimus giirges libidinum sagt; und so wird von Spätem pro-
fundus von avaritia., cupiditas, gula u. a. gebraucht. Man dehne es ja nicht
über den bessern Sprachgebrauch aus; tiefe Gelehrsamkeit ist also
nicht wohl Aurch profunda eruditio oder doctrina zu übersetzen, son-
dern durch summa oder recondita eruditio, subtilis doctrina, recon-
ditae litterae, tiefe, gründliche Kenntnisse (Cic. Farn. XV, 21, 5), lit-
ierae interiores (Cic. Cato 4 u. Fam. III, 10), altiores artes (Quintil.
VIII, 3, 2), und so bei Plin. (Bp. IV, 30) altissima eruditio; — tiefer
Friede heisst nicht profunda pas, was erst Sp. L. ist, sondern summa
pax tiefe Trauer, nicht profundus luctus, sondern luctus et squalor ;
tiefe Nacht, nicht profu7ida nox, sondern multa, intempesta nox ; tiefer
Schlaf , nicht profundus somnus, sondern altus oder arctus soninus;
tiefe Stille nicht profunda tn silentium, sondern altum, silentium ; tiefe
Kenntniss der Sprache, nicht profunda linguae notitia, sondern magna
Linguae scientia. Auch sagt man nicht profunda materiae dignitas, wie
Hemsterh. (Oratt. p. 136), sondern summa rei dignitas; tiefes Nach-
denken, nicht profunda meditatio, sondern eher alta, oder man wende
es anders, — und so ähnliche, wie ingenium profundum, für subtile.
— Ebenso wird auch nicht das adverbiale profunde in bildlichem
Sinne gebraucht; tief gelehrt heisst also entweder einfach doclissimus,
oder es wird umschrieben, wie bei Cic. (Cato 4): in quo nou vulgares
sunt litterae, sed interiores quaedam et reconditae ; tief, d.h. scharf
sehen, heisst nicht profunde, sondern alte oder penitus perspicere ;
tief durchdacht, subtiliter excogitatus u. a. Vgl. auch Altus.
Profusio, die Verschwendung., ist N. KL, steht aber beim Jüngern
639
Plinius, Siieton. u. A., und ist nicht 2u verwerfen neben luxuria, effusio,
dissipaiio u. a.
P/ogenerare, erzeugen, steht sehr selten bei Varro, dem altern
Plinius, Columella und Dichtern, für progt'gnere^ gignere, creare,, pro-
creare u. a.
Prognaius, der AhVömmling, Erzeugte, Sohn, wird nie als Subst.
befrachtet und mit dem Genit. verbunden, sondern nur als Partici-
piinn und mit a, ex oder dem blossen Abi. verbunden; man sagt also
nicht prognaius Pelopis, sondern ex oder a Pelope oder blos Pelope.
Vgl. oben Gnatus.
Programma^ das Programm , die An- oder VerliUndigung von
Etwas, kommt zwar erst sehr spät ins Lateinische aufgenommen
vor, kann aber bei seiner ausgebreiteten Anwendung heutzutage nicht
wohl entbehrt, auch selten durch gute kurze latein. Wörter ersetzt
werden. Grysar schlägt prologus vor; Andere nehmen prolusio ; vgl.
dieses Wort.
Prohibere^ abhalten, zurückhalten u. ähnliche, wird verbunden ali-
quem oder aliquid nliqua re (Cic. Rep. II, 22. Caes. B. G. I, 1, 4), ab
aliqua re, bei einem ganzen Satze mit quominus, mit ne oder mit dem
Infinit., aber nicht mit ut. Unerweislich ist wohl der Unterschied zwi-
schen der Verbindung aliqua re und ab aliqua re ; man behauptet, jenes
heisse vo7i Etwas zurückhalten, dieses gegen Etwas schützen. Diesen
Unterschied nimmt z. B. Oudendorp (zu Caesar) an. Vgl. Hensing.
Emendd. p. 481 u. Freund in den N. Jahrb. 1835. XIII, 3. p. 299.—
N. L. aber ist alicui aliquid proh.. Eitlem Etwas verwehren.
Projicere wird, wie procumbere, gleich gut verbunden se projicere
alicui ad pedes und ad alicujus pedes. Vgl. Cic, Sest. 11 und Caes.
ß. G. I, 31.
Prolatatio, das Ver- oder Aufschieben, findet sich nur einmal
i\'. Kl. bei Tacit. (H. III, 82), aber nur in einigen Ausgaben vor Gronov;
jetzt hat man dafür aus den bessern Handschr. prolatio aufgenommen.
Es ist also ohne Auctorität. Das Verbum prolatare aber ist gut und KL,
wiewohl selten; gebräuchlicher ist proferre, differre, propagare u. a.
Proles , die Nachkommenschaft u. dgl. , ist P. L, und findet sich
nur sehr selten in Prosa. Für ein poetisches Wort erklären es schon
Cicero (Orat. III, 38, 153) und Quint. (VIII. 3,26), welche es verbum
poeticum (nicht tragicum, wie die altern Ausgg. haben) neimen. Im
N. L. findet es sich dagegen nicht selten für progenies ; es soll die
Rede schmücken, wird aber vielleicht oft ganz unpassend angewandt.
Proletarius als Adject. , in der Bedeut. gemein , gering , ist nur
A. L. bei Plautus, für vulgaris, obsoletus.
Prolixus und das Adv. prolixe scheinen Kl. nicht zu bedeuten lang,
ausführlich, weitläufig, sondern nur gern, gefällig, willig, wiewohl sie
Sp. L. so gebraucht werden mögen; in jener Bedeut. brauche man
longus , copiosus , verbosus , je nach dem Sinne. Wenigstens verwirft
man mit Recht coma prolixa und capillus prolixus, für promissus. Da-
her tadelt Ruhnken den Muret., wenn er (Oper. T. III, p. 652 ed.
Ruhnk.) %c\\riit\i:cui prolixa coma sit, indem er sagt: Muretum dece-
pit prava lectio Terent. Heaut. 11,3, 49 capillus prolixtis, ubi meliores
libri Jiabent capillus promiss7is. Vide Bentleium. — Man sage daher
auch nicht litterae prolixae, für longae ; oratio proli-xa, für longa ; sermo
640
proIixtiSy für longus; prolixe respondere, für verbose, multis, pluribus
verbis, copi'ose respo/idere ; nicht barba prolixa (wie in Corn. Nep. Datam.
3, ] die g-ewöhniichen Handschr. und Ausg^g. haben), sondern barba
promissa , was in den bessern Handschr. und Ansg^g^. stellt und jetzt
einstimmig aufgenommene Lesart ist, oder barbu prominens : nicht
?wm's prolixus est in hac re, sondern nwltus est ; niclit, wie der jüngere
Bnrmann sagt, ratiocinia — prolixe (für copiose ) deducta. — Sp. L.
ist prolixitas, die Länge, IVeitlätiß gleit, für longitudo, copia u. a. Vgl.
Cellarii Curae post. p. 251 u. Antib. p. 191.
Prolongnre , verlängern , in die Länge ziehen, ist wahrscheinlich
N. L. und ohne alte Auctorität, wiewohl es sich in altern Ausgaben
bei Seneca (Benef. V, 17) und Pljn. (I\. H. XIII, 3,4) findet, wo aber
aus bessern Handschr. jetzt prorogare aufgenommen ist. Man brauche
dafür prorogare, propagare, prodiicere, proferre, trahere, duiere^ und
sage also nicht z. B. bellum prolongare, sondern ducere. — Eben so
N. L. ist prolongatio, die Verlängerung, für propagatio , prorogatio,
productio ( Cic. Fin. 111,14,45), prolalio u. a. Vgl. Schori Phras.
p. 830. 671. 682.
Proloqui, offen sagen, laut sagen,hi fast nur /4. L.; ausserdem findet
88 sich bei Livius einigemal; es werde daher lieber vermieden durch
dicere, loqui^ praedicare. Jedoch wo man sagt: ich konnte kein Wort
vorbringen , ht proloqui richtig, z. B. bei Terent. Andr. 1,5,22. —
Das Subst. proloquium braucht man autfh in der Bedeut. Vorrede, An-
fang einer Rede ; doch kommt es so nirgends bei einem guten Schrift-
steller vor, sondern dafür praefatio, prooernium.
Proludere, vorspielen, und prolusio, das Vorspiel, brauchen die
Alten nur vom Vorüben und den Vorübungen der Fechter für den
bevorstehenden Kampf; sie sind dem pugnare und der pugna ent-
gegengesetzt. Prolusio ist also nur das leichtere Vorspiel, die Plänkelei
der leichtern Soldaten. — Cicero benutzt aber die Worte bildlich auch
für die Rede, und nennt das leichtere Vorspiel vor der Hauptrede
prolusio, z. B. Divin. in Caecil. 14 sin rae( um in hac prolusione (in die-
sem Vorspiele) nihil fueris, quem te in ipaa pugna (Kampf der Haupt-
rede) cum acerrimo adversario fore putemus? — und auf ähnliche
Weise sagt er (de Divinat. II, 10, 26) von dem leichtern Anfange der
W^iderlegung seines Bruders : haec tamquam levis armaturae prima ora-
tionis excursio, und fügt hinzu: nunc commim/s agamus, jetzt aber wol-
len wir handgemein werden, jetzt folgt der Haupt kämpf. — Wunderlich
hat aber jene W örter, ich weiss nicht wer, von den Anzeigen und
Verkündigungen der bevorstehenden Prüfungen und Redeübungen
der Schüler gebraucht, und sogar den oft sehr gelehrten, darin ent-
haltenen Aufsatz prolusio genannt, so wenig Aehnlichkeit zwischen
diesem und jenem Statt findet. Mir scheint das W^ort prolusio für die
Schulprogramme sehr unpassend zu sein, da weder eine Vorübung
zu einem Kampfe, noch an einen nachfolgenden Kampf zu denken ist.
Vgl. auch Schirlitz Methodik des latein. Styls Th. I, p. 50.
Promanare, hervorfliessen, hervorkommen, ist N. L. für proßuere^
effluere, etnanare.
Promereri, sich verdient macheti, gleich mereri, bezweifelt Muret.
(z. Cic. Phil. III, 15, 37), indem er sagt: promereri an latine dicatur,
addubito. Es steht aber auch bei Cicero in raehrern Stellen sicher
641
und uiibezweifelt , mag auch das substantivische promeritum mehr
P. und S[). L. sein, für men'lum. Vgl. vollständige Lexica.
Prominere ist in der bildlichen Bedeut. nach Etwas strebeji wolil
ohne alle Auctorität. Nicht gut sagt dalier Hemsterh. (Oratt. p. 139):
ad lauream prominere, nach dem Lorbeer, d. h. 7iach dem Siege streben,
für lauream petere, appetere oder ad laur. aspirare.
Promissio ist mehr das Versprechen als Handlung, und hat den
Genit. dessen bei sich, was Jemand verspricht; dagegen ist /jrom/ss?^m
das einzelne, concrete Versprechen. Es wird theils mit einem Genit,,
theils mit dem Accus, c. Infin. Futur, verbunden, theils für sich allein
gebraucht. Zu bezweifeln ist der Plnr. promissiones , für promissa.
Auch wird promissio nicht in Redensarten gebraucht, wie: Versprechen
geben, aiinekmeti , halten, brechen, wo man entweder promissum oder
ßdes setzt, indem man sagt: promissum tenere, promisso stare, facere,
servare, satisfacere ;ßdem dare,praestare, servare,fldem datamf allere.
Promotor, der Beförderer, ist vielleicht N.L. für adjutor, patronus,
dig7iitatis ainplificator, oder was der jedesmalige Sinn fordert; wenig-
stens sollte das Wort aus dem akademischen Latein verschwinden, wo
es sich aber wohl fest halten wird.
Promovere kommt A7. bei Cicero, Caesar, Livius u. A. nur in der
physischen Bedeutnng/or^- oder vorwärts bewegen, -rücken, fort- oder
tveiter schaffenvor; erst N. Kl. beim Jüngern Plinius und Sueton. heisst
aliquem promovere in oder ad aliquid. Einen zu Etwas, zu eitlem Amte,
einer Ehrenstelle erheben, befördern, in ordinem aliquem, od munuB
aliquod, was, wiewohl es noch gute Auctorität hat, dennoch zu oft ge-
braucht wird, da Kl. dafür gesagt wurde : perducere aliquem ad honores,
producere ad dignitatem (Cic. Fin. III, 16, 52), provehere ad honorea
(Cic. Phil. XIII, 11), alicui deferre ho?iores u. a. ; — es ist also kein
3Iarigel an KL Redensarten, welche auch noch später häufig gebraucht
wurden. — Auch kommt aliquem promovere in dieser Bedeutung
ohne einen Zusatz beim Jüngern Plinius vor, wo aber der Zusammen-
hang den Zusatz ad honores entbehrlich macht; wo dieses nicht der
Fall ist, ist es lächerlich, proworere so zu brauchen. — Von der Art
ist denn auch die alte akademische Redensart: aliqtiem protnovere in
doctores. Einen zum Doctor machen, unter die Doctoren erheben, und
für B. L. m.uss das einfache promovere in dieser Bedeutung gelten,
wie man denn im N. L. sagt: ego promoveo, ich promovire, werde Doc-
tor. — Fast nur P. L. ist es, zu sagen : promovere studia, litteras, i?id0'
lem alicujus u. dgl. , Jemandes Studien, Jem. Anlagen, die fFissen-
schaften tveiter fördern , iür juvare , adjuvare, amplificare u. dgl., wie
man denn im N. L. findet: ardor scientias (litteras) promove?idi; rem
litterariam promoverunt ; indolem magnani Philippi doctri7ia Thebis et
exempla promoverunt; haec litterar um ornametitum promovet ; ille pu-
rum promovet, er kommt in seinen Studien nicht vorwärts ; culturam
ingenit promovere, und mehr dergleichen. Von dem falschen Gebrauche
des Wortes sprachen schon Sciopp. de stylo p. 129 (p. 155) u. in
Exercitatt. rhet. p. 17. Cellar. Antib. p. 192. Ruhnken z. Muret. Oper.
T. II, p.466 ed. Ruhnk. (Varr. lectt. XVIII, 16), weil Muret. geschrieben
hatte: ad summum episcopi munus promoveri; Anmerkk. z. Mureti
Oper. T. I, p. 341 und T. II, p. 137 ed. Fr. und Eichstädt Deprecatio
latin. acad.
41
642
* Fr. A. Wolf pflegte in seinen Vorlesungen nach seiner Weise über den
Missbraucli des Wortes zu spotten; ein Weinfass, sagte er, könne man wohl aus
und in den Keller promovere, aber nicht litteras, nicht aliquem in doctores, prO'
fessores u. dgl.
Promptitas und promptitudo, die Bereittvilligkeit, Rüstigkeit u. dgl.,
sind N. L. für alacritas, officium, promptas animus u. a.
Promptuarium, die Vorrathskammer, das Magazin, ist erst Sp. L.
für horreuni, cella promptuaria ; unpassend aber ist es zur Bezeich-
nung geistiger Gegenstände, wie wir von wissenschaftlichen Magazinen
sprechen, wofür kein altes passendes Wort vorhanden ist. Im N. L.
aber gibt es promptuaria juris, lati?iitatis u, dgl.
Promptus, bereitwillig zu Etwas, wird Kl. nur mit ad aliquid, N. Kl.
mit 171 aliquid oder alicui verbunden.
Prom'tas, die Neigung, ist vielleicht N. L.; beim altern Seneca
steht es unsicher, und ist daher ganz zu vermeiden. \gl. Klotz Sintenis
p. 127 und Dietrich Sintenis p. 69. Je nach dem Sinne brauche man
dafür cvpiditas, propensio, proclivitas ; und, setzt Dietrich in seinen
handschriftlichen Anmerkk. hinzu, auch applicat io animi (^Cic.hael.S),
motus animi (ib. §.29) und vielleicht auch adversio a?iimi (Cic. Arch.
7,16) ; wenigstens scheine dieser Ausdruck vermöge seiner Ableitung
richtiger durch Neigung, Hin7ieigung, als durch Geistesbeschäftigung
(wie es Andere verstehen) erklärt werden zu können.
Pronuntiare wird erst N. Kl. vom Sprechen und Aussprechen ein-
zelner Buchstaben, Sylben und Wörter gebraucht, was Kl. ausge-
drückt wurde durch appellare (Cic. Brut. 35, 133), exprimere (Orat.
111, 11), dicere (Divin. 11, 46, 96 Demosthenes Rho dicere nequibat
(Orat. 1, 61, 260); enuntiare (Quint. I, 7, 28 quae scribuntur aliter,
quam enuntiantur) ; sehr breit aussprechen , valde dilatare (Brut. 74).
— Kl. bedeutet pronuntiare — Etwas mündlich, z.B. eine Rede rorfra-
gen, sowie mit Geberden Etwas vortragen hiess aliquid gestu agere
(Cic. Orat. 111, 26, 102); und so bedeutete pronuntiatio Kl. den münd-
lichen Vortrag in Beziehung auf die Stimme, aber die Aussprache
hiess im Allgemeinen vox (Qnintil. YIII, 1, 5 verba omnia et vos hujus
alumnum urbis olent), die der Buchstaben und Wörter — appellatio
(Cic. Brut. 74 lenis appellatio litterarum); die breite Aussprache der
Wörter, latitudo verborum (Cic. Orat. 11, 22, 91) ; eine liebliche Aus-
sprache, suavitas loquendi, suavilas appellandarum litterarum (Brut.
35, 133); er hat eine liebliche Aussprache, suaviter loquitur (Orat.
111, 11,43) und ähnliche. — N. L. ist lirigu am pronuntiare, eine Sprache
sprecheJi, für lingua loqui. Auch wird im Ä". L. pronuntiare in der
Bedeut. behaupten von wissenschaftlichen Dingen gebraucht, für cen-
sere ; doch ist dies ohne Auctorität. Vom Richter, der behauptet und
einen Ausspruch thut, wird aber wohl gesagt pronuntiot (Cic. Fin.
1,7,24).
Pronuper, vor Kurzem, steht nur A. L. bei Plautus, für nuper, und
darf nicht so gewöhnlich gebraucht werden, wie es Lucas Fruterius
(in seinen Verisimilibus) sehr oft thut.
Prooemiari, eine Vorrede, einen Eingang zu einer Rede machen,
kommt erst N. Kl. beim Jüngern Plinius vor, aber in dem allgemeinen
Sinne anfangen findet es sich nirgends; dafür steht ordiri, exordiri,
initium capere. Und so ist auch das Subst. prooemium, von jedem An-
643
fange gesagt, nur P. L. für inttium, princijnum. Man ahme keins von
beiden nach.
Prooppidum, die Vorstadt^ ist iV. L. und soll erst von Bembus ge-
bildet worden sein, für suburbinm.
Propagore, verlängern, hinausschieben, wird von prorogare so un-
terscliieden, dass propagare den Begriff der Erweiterung, Vergrös-
serung und Verlängerung in Bezug auf Zeit und Raum enthalte, pro-
rogare aber nur auf die Zeit gehe und nur den Begriff Verlängerung
enthalte. So unterscheidet sie Oudendorp (zu Sueton. Aug. 23. p.193),
und ist dieses richtig, so sagt man gleich gut: vitain propagare und
vitam prorogare, so dass Rulinken den Muret. unnöthig tadelte, wel-
cher (Oper. T. I, p. 194 ed. Ruhnk. [p. 282 ed. Fr.]) sagte: vitam iltius
prorogare, wozu Ruhnk. bemerkt: Rectius propagare, iit nunc editur
apud Cic. Fin. V, 11, S2 ptopagabat tarnen vitam aucupio. Allerdings
sagt Cicero noch anderwärts so, z. B. Invent. I, 2 sibi victu fero vitam
propagabant, was denn auch dem andern (prorogare) vorgezogen
werde. Wenn aber beide Verba mit imperium verbunden werden, so
wird nur von dem Befehlenden und Beschliessenden gesagt :/>/-oro^a<
alicujus imperium; im Allgemeinen aber (es geschehe, aus welchem
Grunde es wolle) sagt man propagare imperium.
Propalare, kund thun, bekamit machen, ist sehr Sp. L. für palam
facere, divulgare, in vulgus edere.
Propatulum. Die Redensart esse in propatulo in der allgem.Bedeut.
(auch in geistigem Sinne) offenbar, bekaimt sein, ist erst N. L. für pa-
tere, manifestum esse u. a. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 413.
Prope als Adv., heinahe, mit einem Verbo verbunden, hat im un-
abhängigen Satze nur den Indicat. Perfecti, nicht den Conjunct. Plus-
quamperf. bei sich, welchen letztern wir zu gebrauchen pflegen; z. B.
heinahe hätte ich vergessen , prope oblitus sum, nicht esse/«; es wäre
beinahe geschehe?i, prope est factum; und so auch mit dem negativen
Comparat., propius nihil est factum, quam ut — (Cic. Q. fr. I, 2, 35);
neque quid quam propius est factum, quam ut — (Cic. Cluent. 21, 59).
— In der Redensart prope esse, nahe daran sein, wird aber nicht, wie
im Deutschen, bald /je/sow«/, bald /mpez-sow«^ gesprochen ; wir können
sagen: es war nahe daran, dass er starb, oder er war nahe daran zu
sterben, — im Lat. aber wird prope esse, wie in eo esse (wovon unter
Esse die Rede war), nur impersonal in der dritten Person mit fol-
gendem ut gebraucht, also prope erat (fuit), ut nioreretur, nicht ille
prope erat, ut mor.; ich war nahe daran, den Gipfel zu ersteigen, prope
fuit, ut in summtim jugum evaderem, nicht prope fui,ut evaderem oder
me evadere ; jene waren nahe daran, Consuln zu werden, prope fuit
(nicht Uli prope fueinnt), ut consules crearentur, oder kurz: Uli prope
consules creati sunt. — Livins braucht diese Redensart melirmals; im
N. L. aber braucht man dafür prope abesse, quin — ; z. B. Hemert.
(Ep. ad Wyttenb.): prope abfuit, quin crura fregerim, für prope fuit,
ut — . N. L. ist prope in der Bedeut. genau, und propius in der
Bedeut. genauer oder, wie wir sagen, näher, z. B. kennen, wissen, er-
forschen; man sage also nicht: prope oAer propius aliquem nosse, co-
gnoscere, inv familiariter noscere; haec propius consideremus, für ac-
euratius, diligentius. Vgl. auch Frotscher zu Mureti Oper. T. I, p. 252.
41*
644
Propejnodo.fast, beinahe, steht j4. L. bei Plautus und einmal zwei-
felhaft bei Livius für propemodum.
Propensio, das Hinneigen, die Zuneigung, der Hang, ist ein sehr
seltenes, nur einmal vorkommendes, vielleicht philosophisches, von
Cicero geschaffenes Kunstwort (Fin. IV, 17, 47). Unerhörte Form
aber ist propensitas.
Properanter, eiligst, ist P. L. u. N. KL für propere, cito,festinan-
ier,celeriter,mature, raptini und die Partie. properans, festi?ians. JNoch
weniger gut sind properatim, properiter und properato.
Properare mit einem Accus., aliquid, also in activ. Sinne, Etwas
beeilen, beschleunigen, ist ^. L., P. u. IS- KL, findet sich bei Tacitus
und ähnlichen Andern, und ist nicht nachzubrauchen, für properare
aliquid facere u. a.
Propheta, der Prophet, Weissager, ist zwar erst Sp. L., muss aber
doch wohl zur Bezeichnung der biblischen Propheten beibehalten
M erden; im gewöhnlichen Sinne aber setze man dafür «a/es (divinus),
konio fatiloquus, vaiicinans, auch woiil augur. Eben so S/;, Z. sind alle
dazu gehörige und davon abgeleitete Wörter, welche man durch
praedicere, vaticinari ; vaticinatio, oraculuni, praedictio u. a. vermei-
den kann.
Propinare, zutrinken. Eine alte, unnütze, gemeine, Redensart ist:
aliquem deridendum propinare, Einen dem Spotte preisgeben ; bei Te-
renz braucht sie ein Schmarotzer, für unsere Zeiten ist sie ganz un-
passend.
Propinquare, sich nähern, ist fast nur P. L., bei Livius steht es
nur vielleicht einmal, ausserdem N. KL, aber wohl nur bei Tacitus,
theils mit dem Dat., theils mit d. Accus., für appropinquare.
Propinquilas, die Nähe, ist zwar KL, doch wird häufiger dafür
prope und propinquum gesetzt ; z. B. in der Nähe, prope ; aus der Nähe,
ex propinquo ; ganz aus der Nähe, ex proxinio ; ganz in der Nähe, in
proxi7no.
Propitiare, besänftigen, versöhnen, kommt sehr selten und fast nur
in Beziehung auf Götter, A. L. und 7V. KL bei Tacitus und Sueton.
vor, für placare, propitiiim reddere oder facere. Es werde vermieden.
Proponere, vorsetze?!, vorstelle?!, wird nicht mit cibum, poiio?ie?n
und ähnlichen verbunden: dafür sage man apponere; vgl. Praeponere.
— N. L. ist senatui aliquid propo?iere, für re7n oder de re ad senatum
referre ; populo aliquid proponere, für ad populum aliq. ferre ; condi-
tiones proponere, Bedingungen vorschlagen, im ferre ; sibi aliquid pro-
ponere, sich Etwas vorsetze?i, in der Bedeut. beschliessen, für aliqtiid
constituere, decer?iere, (i?i) a?ii?num inducere u. a.; — jenes heisst sich
Etwas vorstellen, vorausdenlce?!, i/n Si/me haben. Aber obgleich mau
aliquid a?ite oculos (ausser dem Dat. oculis) prop., sich Etwas vor Au-
gen stelle?!, sagt, so sagt man doch nicht ante a?iimum oder a?ii?nos,
sondern nur animo oder a?ii?nis, wiewolil Snlpic. (Cic. Fam. IV, 5, 5)
apud animwn prop. braucht. Wenn aber Cic. ( Verr, III, 23) a?ite oculos
aniniosque prop. sagt, so beweist dies für a?ite animos Nichts, da ante
in näherer Verbindung mit oculos, als mit a?iimos steht. — N. L. ist
proponere ferner in der Bedeut. vorziehen, {ür anteponere, praeponere,
pmeferre. Zu bezweifeln \^t proponere aliquem oder aliquid in exein-
pbnn, Einen zum Muster vorstelle?!, was von Nizolius als Redensart
645
(aber ohne Stelle) angeg^eben wird, und wornach vielleicht Wyftenb.
(Opusc. I, p. 188) gesagt hat: eamque in exemplian proponeret ; Cicero
wenigstens braucht nur esemplum oder exemplar ohne in. — Selten
ist: quaestionem proponere, eine Frage vorlegeri, wofür häufiger/>o?/ere
steht; und so sagt auch Cicero (nach Zumpt z. Cic. Verr. T. I, p. ]13)
nie: aliquid in medio proponere. Etwas offen darlegen, beka?int macheny
sondern ponere, und so wohl noch mehr Aehnliches.
Proportio?talis, verhältnissmässig, ist Sp. L. für proportionem ser-
vans, congruens, aeqnalis, es proportione, ad proportionem und mit d.
blossen Abi. proportione, pro rata parte, pro cujusqiie opibus et fa-
cultatibus.
Propositnm, das Vorgesetzte, der Vorsatz, die Absicht, kommt viel-
leicht KL nicht als wahres Substant., verbunden mit dem Genit. dessen,
welcher den Vorsatz hat, oder mit einem wahren Adject., wie bonnm,
malum u. dgl. vor, man müsste es denn z. B. in Cic. Part. orat. 3, 9 est
in proposito finis, fides, und dann: quare cum de causa dixero, in qua
est proposituni, de utroque dixero, — und in Caes. ß. C. III, 84 quid-
nam propositi aut voluntatis — als solches ansehen wollen. Kein Klas-
siker sagt wenigstens propositum Ciceronis. Caesaris, Pompeji, ?}ieum,
tmim ; propositum bonum, laudabile, commune u. dgl., sondern Kl. steht
es nur als neutrales Parlicipiuni mit dem Dat. dessen, der den Vor-
satz hat, und mit einem Adverb, zur etwaigen nähern Bestimmung. —
Erst iV. Kl. kommt es als Substant. vor, z. B. bei Seneca (Ep. 65. p. 199
ed. Schweigh.): id, propter quod (acit, facientis propositnm est, und
gleichwohl folgt kurz darauf: Quaeris, qnod sit propositnm Deo, wo
es entweder /^ej'heissen müsste, oder quid sit prop. Deo; bei Plin.
(Ep. V, 15, 10): hujus propositi mei, und (l\, ^9,7 ): proposittim illura
reprehendetidi — und so wohl noch anderwärts. Man beachte mehr
den Kl. Gebranch. Demnach heisst z. B. das ist mein Vorsatz, das
habe ich mir vorgesetzt, hoc mihi est propositn?n; der Zweck dieser
ganzen Rede ist — , omni huic sermoni propositum est (Cic. Brut. 92);
wir müssen uns Alle vorgesetzt haben, das muss unser Aller Vorsatz
sein, Omnibus nobis propositum esse debet ; dein Vorsatz ist löblich,
laudabiliter tibi est propositum oder laudabile est, quod tibi proposuisti.
— Ausserdem vertreten auch andere Wörter die Stelle von propo-
situm, z. B. consilium, conntiim, consideratum Judicium mentis (Cic.
Tusc. IV, 9, 22), indactio animi (Q. fr. I, ], 11); id quod meditatum
infertur (Off. I, 8, 27); mens, ratio voluntasque (Verr. II, 4, 30). —
Das adverbiale mit Vorsatz, d. h. vorsätzlich, heisst nicht cum, de oiler
ex proposito, sondern de industria, constilto, composito, data oder de-
dita opera, sciens (Cic. Rose. Am. 20, 55), prudens et sciens (Fam.
VI, 6), voluntate et judivio (Tusc. III, 28, 66).
Propraetura, die Proprätur, Stelle eines Proprätors, ist, obgleich
dem Worte proconsulatus ganz analog, ohne alle Anctorität; doch
möchte es in Ermangelung eines andern eben so einfachen Wortes
nicht zu verwerfen sein.
Proprietarius, der Eigenthümer, kommt Sp. L. nur bei Juristen
Tor, für possessor, dominus.
Proprietas ist in der Bedeut. Eigenthum, d. h. Habe und Gut, erst
Sp. /f., und wird vorzüglich von Juristen gebraucht, für bona, posses-
siones, mea, tua u. ähnliche. Gleichwohl braucht es nnnöthig Muret.
646
(Explic. Cicer. Catil. U^S): proprietas ipsa aere alieno ontista credi-
toribiis addicebatur.
Propn'us, eige?ithümHch. Unser deutsches eigen verführt nicht
gelten zu falscher Anwendung von propriiis. Dieses beschränckt sich
auf diejenig^e Eigenheit, weiche der Gemeinschaft, dem communis (ge-
?ueinschafllich) entgegensteht, oder wird gebraucht, wo es den Besitz
andeutet, im Gegensatze zu entlehnt, und wo es bedeutet als Eigen-
thum z//lcom?nend, durch eignes Geld zum Eigenthum gemacht, oder
auch wo es, auf Personen bezogen, so viel ist als charakteristisch.
Ausser diesen Fällen wird es oft nur durch ein persönliches Pro-
nomen adjectiv., durch ?neus, tuus, s?ins u. s. w., übersetzt, zumal da,
wo 7nein, dein, sein u. s. w. noch dabeisteht. — N. L. sind daher die
bekannten Ausdrücke: propria mantt, mit eigner Hand; mea, tua, sua
propria manu, mit meiner, deiner, seiner (ihrer) eignen
Hand, für das einfache mea, tua, sua manu, ohne proprio. Vgl. Cic.
Fam. III, 6, 2. Milo 3, 7 und Matthiae z. Cic. Epist. p. 239. — Wenn
sein eigen, ihr eigen nicht reflexiv ist, so heisst es ipsius und bei ei-
nem PJur. ipsorum. In dieser und ähnlichen Verbindungen wird das
verstärkende oder bekräftigende €ige?i nur durch die Voranstelliing
des mens, tuus vor das Subst. angedeutet, und nur selten stehen
dann diese Wörter hinter demselben. — Dem ähnlich heisst: ich füge
kein eig?ies Urtheil hinzu, nullum meum jf/dici?im interpouo ( Cic.
Att. VIII,3s.fin.),\voCic. sed exquiro trmm hinzusetzt; Etwas auf eigne
Kosten z. B. thun, suo sumptu aliquid facere (Fam. 111,8,3); auf eigne
Gefahr., suo periculo ; zu eignem Schaden, suo malo, suo damno; tnit
eignem U illen, sua voluntate ; aus eignem antriebe, sua sponte u.
dgl., wo propriiis unlateinisch ist. — Dagegen fordert aber doch bis-
weilen der Sinn die Verbindung mens — ;>/-o/^/7V/s, wenn e/^pw offenbar
dem gemeinschafllich entgegensteht; daher sagt z. B. Cic. (Rep. 1,4):
suis propriis periculis purere commune reliquis otium ; Fam. 111, 17, 7
quod (periculum) autem meum erat proprium.^ ut — , worauf her-
nach folgt: quod vero illius erat solius ; nisi ipsum cautorem alieni pe-
riculi suis propriis periculis terruisset, zu welcher Stelle Matthiae g^^^w
Ernesti zu vergleichen ist, — und so noch oft anderwärts. — Mit Recht
tadelt ferner Eichstädt (Deprecatio latinit. acad.) den Ausdruck pro-
prius liber, nach welchem ein Professor lehren will, anstatt su.us, a se
conscriptus. da jenes ein liber suo aere redemptus sei. Gewiss würde
er auch die Worte eines Holländers : et in propria libelli editione et in
repetita Schneideriana als unlateinisch getadelt haben. — N. Kl. ist erst
das Neutrum proprium als eine Art von Subst., in der Bedeut. Eigen-
Ihümlichkeit, Eigenthum, für proprietas, o»ler besser (nemlich Kl.)
das Adject. proprius mit dem Gejiit. eines Substantivs o(ler mit einem
Possessivpronom. in Bezug auf ein anderes Subst.; z. B. die Freiheil ist
ein Eige7ithum des römischen Folkes, libertas est propria Romani ge-
ner is ; die Schuld ist mein Eigenthum, culpa mea propria est (Cic.
Fam. XIV, 3, 1). — Uebrigens wird proprius fast nur mit dem Genit.,
höchst selten mit dem Dat. verbunden. — Unerhört ist eine Super-
lativform propriissimus, und dennoch findet sie sich auf dem Titel
eines antibarbarischen Buches von Ge. Vogelmann: Elegantianim ser-
monis lat. praeeeptiones — omnihns incorruptae propriissimaeque la-
tinitatis cupidis, — U eher proprio Marte y gl. Mars, und über es propria
647
esperiefitta vg\. Esperientia. üeber proprius im Alldem, vgl. Schori
Pliras. p. 745. Vavassor. Antib. p. 585 !i. 596. Weber's Uebungsscli.
p. 21 u. 171. Hand's Lehrb. p. 155. Klotz Cic. Tusc. p. 93 u. 158 und
Reisigs Vorles. p. 641 u. 802.
Propter, wegen, ist in iinserni Etwas zugebenden und erlaubenden
Ausdrucke meinetwegen, d. h. ich habe jSichts dagegen, nicht zu brau-
clien, indem man nicht propter me, sondern per me sagt; auch ist zu
bezweifeln, ob um meinetwiUen, d. h. um meines Vortheils ?/7'//e;/, heisse
propter me, welches vielmehr bedeutet : weil ich es hin. Dieses um
meinetivillen heisst mea causa ; vgl. Causa. — Auch wird ^ro/j/er selten
gebraucht, wenn durch wegen Etwas angegeben wird, was hinderlich
oder a7ifhaltend war; z. B. ich konnte wegen meiner Gesundheit, wegen
der Witterung, wegen des Regens u. s. w. nicht kommen, wird gewöhn-
lich durch per valetudineni, per tempestatem, per pluvias ausgedrückt,
selten durch propter valetud. u. s. w. Vgl. Anton. Progr, p. 47. — Ver-
worfen wird in den Fragen weswegeji? warum? propter quam causam;
man sagt dafür quid est, quam ob rem? quid est , quod oder cur — t
Propter in der Bedeut. 7iahe bei, in der Nähe, gleich prope, wird als
Adverb, von Einigen geläugnet und bei den Klassikern in prope ver-
wandelt, wie denn z. B. in Cic. Verr. IV, 48, 107 prope für propter
aufgenommen worden ist. Jedoch in andern Stellen steht es nacli den
Handschr. sicher, z. ß. Cic. Tusc. I, 43, 104. Vgl. darüber Benecke
z. Cic. pro Pompejo p. 124, und über die Präposition propter Reisig's
Vorles. p. 733.
Propterea mit vorgesetztem id in der Bedeut. desswegen, beruht
auf einer zweifelhaften Stelle des Terenz, für das einfache propterea,
ohne id, uud darum missbiiiigt Ruhnken (z. Mureti Oper. T. II, p. 689
ed. Ruhnk.) diesen Gebrauch, indem er sfigt: Pleonasmum id pro-
pterea hausit ex Terent. Andr. II. 5, 3, sed ille versus adulterinus est
Bentlejo judice.
Propugnare, für Etwas streiten. Etwas vertheidigen, wird ver-
bunden pro aliquo, pro aliqua re (Cic. Tusc. V, 27, 79), xV. Kl. mit
dem Accus., aliquam rem, und Sp. L. alicui; die beiden letzten Ver-
bindungen sind nicht nachzuahmen.
Propullulare, hervorsprossen, hervorkeimen, ist N. L. für proger-
minare, pullulare, egerminare u. a.
Propulsare, abwenden u. dgl., wird verbunden aliquid ab aliquo,ab
aliqua re.
Prorogare, verlängern ; vgl. Propagare.
Prorsus (verschieden von prorsum, vorwärts) scheint in der Be-
deut. ganz, durchaus nicht bei alius, dem Adv. aliter und ähnlichen
zu stehen, wo gewöhnlich longe oder mullo gebraucht wird, also /o/z^e
alius, longe oder multo aliter. Man sage also nicht; hoc prorsus alio
spectat., dieses hat einen ganz ander?i Zweck, sondern longe alio.
Pronmipere, hervorbrechen, verbunden mit in vocem, in verba, in
die Worte ausbrechen, ist Sp. L., findet sich aber oft im N. L.\ sogar
Muret. (Explic. Cic. Catil. I, 1) sagt: in haec verba prorumpit, und
Rol. Mares. (Epist. phil. I, 25) : prortipi in illa verba. Vgl. darüber
Erumpere.
Prosa, die Prosa, mit und ohne oratio, ist zwar erst A.A7., aber bei
Quintilian., dem Jüngern Plinius, Sueton. und Coiumella das gewöhn-
648
liehe Kunstwort neben soluta ora^?b, welclies bei Varro (L. L. VII, 1.
p. 11t) nt in soluta oratione, sie \n poemalis) und Cieero (Brut. 8, 32.
Oral. 111, 44, 173 u. a.) der Poesie entg-egengesetzt wird. Jenes iV. KL
prosn kann als ein kurzes, heutzutage allbekanntes Wort kaum entbehrt
werden, mag auch Cicero bisweilen denselben Begriff in das einfache
oratio und eloquentia legen; denn jenes ist zu allgemein , und dieses
enthält einen zu engen Begriff. Zu verwerfen aber ist der Ausdruck
sermo pedester, wovon unter Pedester die Rede war. — Bedenklieh ist
es, die Adjeetiva piosaicus und prosan'us zu brauchen, da sie erst ganz
Sp. L. sind; man vermeide sie daher so viel als möglich. Endlich, wo
das Wort prosaisch nur gewöhnlich, trocken, nüchtern bedeutet, und
nicht dem dichterisch entgegensteht, brauche man etwa sicct/s. Vgl.
Schori Phras. p. 683 u. Weber's Uebungssch. p. 263.
Prosapia ^ die Nachkommmenschaft^ wird schon von Cicero ein
vettis verbum genannt, und er entschuldigt sich wegen der Anwen-
dung desselben, indem er (Timaeusll) sagt: Jovis , titamur veteri
verbo , prosapiam ; Quintilian. aber (I, 6, 40; VIII, 3, 26) verwirft es
ganz, und nennt es verbum insiilstim (ein geschmackloses) et ab ultimis
et jam oblitteratis temporibusrepetitum. Ausser Sallust. haben es auch
wenige der Spätem gebraucht. Man sage i]afnr progenies, posteritas,
germs u. a. Gleichwohl findet es sich im A'. //. , je nach dem Ge-
schmaeke des Schreibers; der jüngere Burmann z. B. spricht von
einer 7iobilissiina prosapia.
Prosarius; vgl. Prosa.
Proseminator, der Verbreiter, Fortpflanzer, kommt sehr Sp. L. bei
dem barbarischen Tertullian. vor, für die Kl. Ausdrücke seminalor
und propagator. Daher hätte es der elegante Muret. nicht in einer
Rede (Oper. T. I, p. 387) brauchen sollen, wo er sagt: ea in vetustis-
stmis Ulis verae ac salutaris religionis nostrae prosemi7mtoribus ac
propagntoribns pietas fuit ; denn die letzte Benennung allein wäre hin-
reichend gewesen.
Prosequi aliqiiid oratione, verbis u. dgl., in der Bedeut. Etwas mit
Worten weiter verfolgen, sich iveiter (sprechend) darüber verbreiten, mag
wohl weniger gut und Kl. sein , als persequi aliqnid oratione., mögen
auch mehrere Stellen der Alten dafür zu sprechen scheinen.
Prosopographia , Pers07ie?ischildernng, Schilderung ei?ier Person,
findet sich nirgends bei einem guten Lateiner und wurde erst vor
Kurzem im TV. L. üblich für das einfache vila.
Prospectare, hinschauen ; — nach Etwas, aliquid, z. B. mare, ?iach
dem Meere, auf das Meer hin (Cic. Att. IX, 10, 5).
Prospectus ist zwar Kl. der Anblick örtlicher Gegenstände, die
Aussicht auf dieselben, aber meistens nur in gerader Linie; der An-
blick oder die Aussicht von der Höhe heisst mehr despectus. — Die
Aussicht benehmen heisst zwar prospectum adimere, prohibere, impe-
dire; aber bei Häuserfi, welche die Aussicht und das Licht benehmen,
wird gewöhnlich luminibus officere und obstruere (verbauen) gebraucht.
— Auch hehst prospectus nicht der Ueberblickm der Redensart: Vie-
les in einen Ueber blick fasse?i, sondern dafür sagt man conspectus oder
adspectus ; z. B. bei Cie. (Inv. I, 52,98) : multa unum sah adspectum
subjicere. Vgl. Obtueri. — Verworfen wird auch von Ztimpt (z. Cic.
Verr. 1, 47, 127): aliquem in prospectmn aliorum producere, Einen
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dem Jnhlicke Anderer vorfiihren, für in conspeclum, wiewolil bei Cic.
fast alle Ilaiulschr. prospecümi scliützen. — Sp. L. ist -prospectus in
der Bedeut. Rücksicht; man sagt a\so nicht: prospectum alicujus rei
habere, sondern ratioiiejn oder rem respicere.
Prosper , glücklich , soll weniger IlL Form sein, als prospenis,
welche letztere Cicero braucht.
Prospicere wird verbunden es aliqtw loco in aliquem locuni , aus
einem Orte in einen anderri sehen, hineinseheii ; aliquem locnm , auf
einen Ort hinsehen, die Aussicht haben; aliquid, Etwas voraussehen;
alicui,fiir Einen oder für Etwas sorgen; alicui aliquid, Einem sorgend
Etivas herbeischaffen.
Prostare in bildlicher HeAeut.., ausgesetzt sein, verbunden mit dem
Dat., ist N. L., z, B. bei Görenz: j/istae reprehensioni prostant, sie
sind dem gerechten Tadel ausgesetzt , für in justam reprehensiofiem
iticurrunt.
Prosternere se genibus ante aliquem, sich vor Einem auf die R'niee
iverfen, ist N. L. für se ad pedes alicujus prost. Vgl. Accidere.
Prostituere, blos hinstellen, preisgebeti^ ist theils P. L., theils
A. Kl. und sehr selten; als ein gemeines Wort werde es ganz ver-
mieden.
Protectio, die Bedeckung, Beschützung , und protector, der Be-
schützer, su\d Sp. L. für patrocinium ,tutela , praesidium, defensio;
patronus, tutor, defensor. Mit Recht bemerkt daher Ruhnken gegen
Miiret. , welcher (O^ier. T. 1, p. 296) sagt: eorum protector, — Pro-
tector vox barbara. Vide Cellar. curae post. p. 202. — Unter Jem.
Protection stehen heisst esse in alicujus fide et clientela.
Protentus in der Bedeut. vorgestreckt., vorliegend , von einer Insel
oder von sonst Etwas, was sich vor etwas Anderm in die Länge aus-
dehnt, scheint ohne Auctorität für projectus ; so sagt z. B. Cic. (Verr.
IV, ö3) : insula in utriusque portus aditum projecta est. Bei Livius
und Tacit. (A. II, 56) stellt auch praetentus.
Proterritus , fort geschreckt .^ vertrieben , ^dAt früher nur für A. L.
bei Plautus, jetzt aber steht es nach guten Handschr. auch in Caes.
B. G. V, 58; Cic. Rep. I, 3 und Caecin. 13, 37, wo Klotz proterritus
iüv perterritus schreibt.
Prutervia, der Muthwille, ist erst Sp. P. L. für protervitas. — Für
proterve, welches nur P. L. ist, und für das A. L. proterviter sage man
lieber petulanter. Jenes braucht gleichwohl W yttenbach (Vita Rulink.
p. 120 [133]) : ni\ proterviae aut levitatis.
Protestari ist ein seltenes Sp. L. Verbum in der Bedeut. öffent-
lich, off'en bezeugen, bekennen, für palam testari., testificari, denuncinre ;
iV. L. aber ist es in der Bedeut. gegen Etwas einirenden, sprechen,
woher wir sagen protestiren, iniiintercedere, contradicere., adversari.
Eben so N. L. ist protestatio, die Einsprache, für intercessio. — Zur
Bezeichnung der Religionspartei der Protestanten wird man aber <!er
Deutlichkeit wegen das Wort protestajttes kaum entbehren können;
doch füge man zur Milderung des Fremdartigen Etwas hinzu.
Protocollum, das Proiocoll , ist zwar Sp. L., wird aher in einem
andern Sinne angewandt, als wir das Wort Protocoll braueben; in ge-
richtlichen Sachen sage man etwa conscriptio quaestionis (Cic. Cluent.
67, 191), und Etwas zu Protocoll bringen drücke man etwa aus durch
650
conscribere quaestione?n oder oliqnid in albtmi (Cic. Orat. II, 12), in
tabidas, in commentarios, iri acta publica referre, in tabulis consignare.
Protopnrentes und protoplasti , die ersten oder Slammelterti , ist
nur B. L. iur pri/ni parentes getieris humani.
Protrahere, ziehen, fortziehen, wird nicht verbunden adlucem,an8
Licht, sondern i?i liicem.
Protritns ist in der ßedent. gemein, bekannt erst Sp. L. für triftis.
Pro?it, welches nur bedeutet ^e nachdem oder i?i dem Verhältnisse
wie^ wird im N. L. falsch nach secus quam, anders als, in der Bedeut.
des einfachen //'?"e gebraucht; Görenz sagtz. ß.'.multa secus corriguntur,
quam prout auctor expresse voluit ; prout Manutius conjecerat; prout
fere in cujusque scripti veterum fine observari licet, — und so noch
öfter, meistens für das einfache ut.
" Provehe?-e, hervorbringen, wird oft mit ad verbunden; aber man
sagt nicht proveh. ad lucem, ans Licht bringen^ sondern in lucem. —
Man brauche nicht proreÄ/ fälschlich für procedere, progredi.
Provenire , hervorkommen, ist KL selten; bei Cicero findet es sich
gar nicht. Er drückt aus der Erde hervorkommen durch de terra
esistere aus (Rep. III, 15).
Proventus ist in der Bedeut. Einkünfte, Einkommen wohl ohne
alte Auctorität; dennoch steht es in dieser Bedeut. bei Muret. (Oper.
T. II, p. J27) : ex ecclesiae tuae prove/itibus , für reditibtis, fructibus
oder vectigalibus. Vgl. Reditus.
Proverbialis, sprichwörtlich, steht Sp. L. nur bei Gellius, welcher
versum proverbialem erwähnt; — noch späteren Ursprunges ist das
Adv. proverbialiter. Man vermeide sie durch das Sxibst. proverbium ;
z. B. wie man sprichwörtlich sagt, ut in proverbio est ; es pflegt sprich-
wörtlich gesagt zu werden, proverbii loco dici solet ; es ist sprichwörtlich,
in proverbium venit , proverbii hcum obtinet , aber nicht, wie Heyne
(Opusc. T. IV, p. 129) sagt, proverbio vetiit, mag dieses proverbio nun
Dat. oder Abi. sein sollen.
Providere wird verbunden mit dem Accus., aliquid. Etwas voraus-
oder vorhersehen; alicui,für Einen oder für Etwas sorgen, und alicui
aliquid , für Einen oder Einem Etwas sorgend herbeischaffe?!. Vgl.
aber Praevidere.
Provincia in geographischem Sinne, in der Bedeut. Land, Ge-
gend, wie wir Provinz brauchen, ist ohne alle, auch die späteste
Auctorität, für terra, regio, und als Theil eines grössern Landes —
pars, weil jene beiden bisweilen zu unbestimmt sind; z. B. Griechen-
land wird in drei Provinzen eingetheilt, in tres partes, nicht in tres
provincias dividitur. So fängt Caesar seine Bücher de hello Gallico an
mit den Worten: Gallia est omnis divisa in partes tres, in drei Pro-
vinzen; und so heisst auch die Haiiiftprovinz, n\c\\i provincia primaria,
sondern pars primaria. Die letzte Bemerkung verdanke ich Hrn. D.
Dietrich. — Provincia hat nur Beziehung auf den Herrn, den Besitzer
und die Verwaltung. Vgl. Heusing. Emendd. p. 426 und Webers
Uebungssch. p. 386.
Provisio ist in der Bedeut. Lebens7nittel, Provision N. L. für ali-
me'nta, commeatus, qi/ae ad victum pertinent n. a.
Provocare mit d. Acc, aliqnem. Jemanden auffordern, aufrufen, und
%u Etwas, ad aliquid ; ah er ad aliqnem, an Einen appelliren. Da Cicero
651
einin.Tl (Att. VI, 1, 7), freilich in einer gerichtiiclien Sache, sagt: ne
ad Cnlonem quidem provocabo, ich werde mich ?iicht einmal auf den
Cnto berufen , so hat man auch im iV. L. gewagt, zu sagen provocare
ad locum scriptoris, z. B. ad Plutarchi locum, in der Bedent. sich auf
eine Stelle eines Schriftstellers als einen Etwas beweisenden Zeugen
berufen. Da aber diese Ausdrucksweise ohne Auctorität eines Alten
ist, so ist sie, wie auch Reisig meint, unlateinisch,
Proximare, sich nähern, stand früher Kl. in Cicero N. D. II, 44;
doch steht jetzt in dieser Stelle projcima für das frühere proximat,
weiches Verbura nur Sp. L. ist, für appropinquare, pro.vime accedere,
prodimmn esse.
Proxime, nächst, zunächst. Richtig ist wohl hoc prosime sequitur,
aber A. L. prosime seqaens, prox. sequentia, das Nächstfolgende y
für quod prox. sequitur, quae prox. sequuntur. Vgl. Klotz Sintenis p. 1 17.
Proximus. Davon einen Comparat. pro.umior (für propior) zu brau-
chen , hat vielleicht aus der gewöhnlichen Sprache Seneca zuerst ge-
wagt (Epist. 108. p. 136 ed. Schw.) : abstinentiae proximiorem. Er ist
durchaus zu vermeiden und nur den Juristen, welche ihn später ge-
braucht haben, zur Bezeichnung bestimmter Fälle der Nähe und Ver-
wandtschaft zu verstatten. — Der Superl. proximus. was sowohl den
Nächstvor her gehende ji, den zuletzt Genannten, Letzten, als auch »len
Nächstfolgenden bedeutet, ist in seiner Anwendung beschränkt, und
mit Recht wird wohl von F. A. Wolf ( Analect. I, p. 490) proximus
paragraphus unter das schlechte Latein gerechnet; besser ist dafür
wohl qui (quae) proxime sequitur. — Auch ist proximus., der Nächste,
in der Bedeut. der Mitmensch, wo an keine Nähe und Verwandtschaft
gedacht wird, erst Sp. L. ; bei Cicero z. B. (Off. 1, 14,7) sind proximi
diejenigen, welche durch natürliche Bande Jemanden nahe stehen,
wie Eltern, Gatten, Kinder, nie aber braucht Cic. proximus in jener
allgemeinen Bedeutung, wie es Hieronymus nahm, welcher in seiner
Bibelübersetzung (Luc. X, 27) lor 7jXi]<ni!v anv (liebe den, welcher dir
nahe ist) übersetzte: dilige tuum proximum., was deutsch übersetzt
wurde: liebe deinen Nächsten. Der Mitmensch heisst etwa homo alter.
Vgl. Vorst. latin. mer. susp. p. 189 und oben unter Alias. — Unbe-
denklich aber kann man wohl sagen: omnes tanquam proxirnos pariter
atque te ipsum ama. Vgl. Anton. Progr. p. 79.
Prnrire, jucken, geil oder lüstern sein., ist ein gemeines Volkswort
bei Plantus, Catull., Martial. und ähnlichen, meist nicht fein auswälilen-
den Schriftstellern, für cuper e , cupidum, procacem, p roter cum esse.
Vgl. Hand's Lehrb. p. 148, welcher vor dem Gebrauche dieses Wor-
tes in Prosa, wenigstens in dem bildlichen Sinne der Lust und Be-
gierde, und besonders vor dem Ausdrucke oratio prurit, welchen man
im N L. nicht selten findet, warnt. — Dasselbe, was für prurire, gilt
auch für die Subst. prurigo und pruritus, das Jucicen, die Geilheit,
Lüsternheit, welche in bildlichem Sinne nur in bitterm Spotte und in
gemeiner Rede zu brauchen sind.
Psalmus, Lied, Gesang, ist Sp. L. und wird nur von den Psalmen
David's, nie allgemein gebraucht; auch ist es unnöthig wegen carmefi
und hymnus (sacer). Dagegen sind andere damit , verwandte griech.
V/ örter, wie psaltes, psaltria, psah'ere. auch in der bessern Prosa neben
den latein. cantor, canere und ca?itare üblich.
652
Psephisma, der Folksbeschluss, ist nur etwa bei griech. Beschlüs-
sen zulässig; sonst sagt man \n\r plebiscüwn.
Ptolemaicus, Ptoleniäisch , den Ptolemaeus oder Plolemais betref-
fend, ist eine falsche N. L. Form für Ptolemaeus oder PtolomneiuSy
zwischen welchen beiden in Cic. Fin. V, 1 die Lesart schwankt. Ueb-
rigens ist in diesen Wörtern die Schreibart Ptolom. für Ptolern. falsch.
Piibes, was die Historiker gern von der jungen mannbaren und
kräftigen Mannschaft brauchen (mehrmals bei Livius), kommt nir-
gends bei Caesar, und nnr einmal bei Cicero vor; es werde daher
lieber vermieden durch Juventus und juvenes. Am wenigsten aber
spreche man von einer pubes schofastica.
Pubh'catms, wie die reichen Pächter der Staatsgüter und Domänen
in den Provinzen genannt wurden, braucht Sp. L. Hieronymus und
Andere von den Zöllnerii, Zollbedienten und 'rhorschreibern, für das
richtigere portitor. Vgl. lieusing. Cic. OIF. I, 42.
Pubitcare bedeutet Kl. zwar nur Etwas zum Staatsgute machen,
einziehen, confiscir eil, z. B. bona, agros, regnutn alicujus; aber bald
nachher erweiterte sich die Bedeut. und es hiess auch Etwas öffent-
lich machen , zum Gebrauche verstatte?i , bekannt machen , gleich
edere, vulgare, in publicum proponere, z. B. beim Jüngern Plinius:
publ. episiolas , orationem , librum (Ep. I, 5, 2; 8, 3; IV, 27, 5) u. a.
Aber dennoch sagte man nie mandata publicare. Befehle publiciretiy
denn 7nafidatum ist in dieser Bedeut. unlateinisch (vgl. Mandatum),
sondern edicta proponere, pervulgare, promulgare, monere edicto, auch
blos edicere; — ebenso auch nicht legem publicare, für promulgare
u. a. — Das Subst. publicatio kommt nie in der Bedeut. Bekajint-
machung vor, für promulgatio.
Publice, öffentlich, verwechsele man nicht, wie es im N. L. oft
geschieht, mit palam und in p?iblico, wovon unter Palam die Rede
war. Es passt überall, wo besonders der Begriff des Befehles eines
Andern vorherrscht, sei es eines Staates oder einer Stadt oder sonst
Jemandes; so sagt z. B. Cic. (Verr. III, 44, 105): legationis princeps
publice dixit, atif Befehl seines Staates; — und daher heisst publice
aliquem defendere, Einen im Namen seines Staates vertheidigen. Wo
aber in öffentlich der Sinn von im Freien liegt, heisst es in publico,
was gleich stib divo ist; z. B. eine Bildsäule öffentlich aufstelle?! heisst
nicht publice., sondern in publico statuam collocare, während publice
hiesse auf Befehl und Kosten des Staates ; öffentlich gesehen werden, in
publico videri, nicht /;?/6//ce,- und wo A^r ^a^rx^ offen, nicht versteckt
darin liegt, heisst es palam ; z. B. Etwas öffentlich in sein Haus tragen,
palam portare, wo weder ifi publico, noch publice passt. Man brauche
daher das Wort publice nicht falsch, wie es selbst Muret., Anderer
zu geschweigen, einigemal falsch gebraucht hat. Vgl. Anmerkk. zu
Mureti Oper. T. I, p. 126 nnd 172. — Für publice passt endlich auch
in publicum bei einem Verbo der Bewegung (wohin) ; z. B. öffentlich
ausgehen, in publicum prodire (Cic. Att. Vill, 11), nicht publice esire
oder prodire.
Publicum ist als eine Art von Subst. vorsichtig zu brauchen, da es
fast nur örtliche Bedeutung hat und nie von Menschen gesagt wird,
wie wir es brauchen; z. B. dieser Schriftsteller hat ein grosses Pu-
blicum. Publicum wäre hier barbarisch, und es muss etwa gesagt werden ;
653
hvjus scn'ptoris libros multi legunt, oder auf ähnliche Weise; es breitet
sich im Publicum aus ist etwa durch: in i'vigus emanat auszudrücken
(Cic. Rose. Am. 1, 3), — und so liegen, je nach dem Sinne, darin:
homines, lectores, auditores, spectatores u. a. — Sich vor dein Publicum
als Redner zeige?i kann heissen procedere in solem et inpulverem (Cic.
Brut. 9,37. Leg. III, 7, ]4). Davon unterscheide man Redensarten,
wie: in publicum prodire, sich öffentlich zeigen, öffentlich ausgehen; in
publico convivari, öffentlich schmause?/, sowie de publica convivari, aus
der Staatskasse, auf öffentliche A'osten schmatisen, z. B. bei Cic. (Verr.
III, 44, 10b): j4pronius quotidie solitus est non modo in publico, sed etiam
de publico convivari; aliquid in publicum promere, Etwas öffentlich be-
kannt machen; orationem in publicum dare, eine Rede herausgeben (Plin.
Epist. VIII, 3), gleich /orßs dare (Cic. Att. XIII, 22) oder in medium
promere (Plin. Paneg. 66). Vgl. mehr darüber in einem vollständigen
Lexic. — B. L. aber ist es, wenn der jüngere Burmann irgendwo sagt:
publico persuadere conatur. — Ueber publici juris aliquid facere,
vgl. Jus.
Puellus, das Knäbchen., war mehr das gemeine Deniinutivum, als
das in der Schriftsprache der Kl. Prosa übliche j!;//e/-?//Ms; jedoch ist
es nicht zu verwerfen, zumal wegen des ähnlichen weiblichen Wortes
puella.
Puer in der alten Bedeut. Sklave, Knecht, Diener heutzutage zu
brauchen, möchte wohl nicht rathsam sein, damit die Rede nicht un-
deutlich werde. Auch gehe man in der Altersbezeichnung nicht über
das fünfzeh7ite Jahr hinaus, bei welchem die adolescentuli und ad~
olescentes anfangen. — Im A^.Z«. verwechselt man oft die Redensarten a
puero und a pueris, von Kindheit an, obgleich man bei den Alten apuero
nur von einem, a pueris aber von mehr als einem gebraucht findet, wie-
wohl letzteres auch dann steht, wenn Einer von sich in der Mehrheit
spricht. Man sagt nur: hoc a puei'O didici, hoc a pueris didicimus, theils
in der Bedeut. wir (mehrere) haben dieses von Kindheit an gelernt,
theils in der Bedeut. ich habe dieses — gelernt. Vgl. Cic. Brut. 27.
Orat. I, 1. — Falsch sagt daher Sadolet. (Epist. VI, 20): in quibus
elaboravimus usque a puero, für a pueris ; Mahne (Crito p. 318): mihi
utpote a pueris adsueto, für a puero; ib. p. 322 te a pueris probi di-
sciplina imbui curavi, für te a puero recti et honesti disciplina — . Etwas
Anderes ist es in der sehr seltenen Redensart: ex pueris excedere,
ans den Kindern, d. h. aus den Kinderjahren herausgehen, wo nur der
Plur. Statt finden kann, wie anderwärts bei Plautus und Terenz ex
ephebis excedere auch von einer Person vorkommt; denn hierin liegt
keine Rückbeziehung.
Puerilis institutio, der Knabenunterricht , Elementarunterricht, ist
AI. und gut. Vgl. Cic. Orat. II, 1, 1. Ausserdem sagt man auch doctrina
puerilis (Cic. Orat. III, 31, 125), disciplina puerilis (N. D. I, 26) und
pueriiiae disciplina (Manil. 10, 28). Vgl. Elementarius.
Puerilitas werde nicht vom Knabenalter gebraucht, welches pue-
ritia heisst, sondern vom kindischen Wesen und Benehmen.
Pugnare, kämpfe?!, streiten ; — mit Einem, in Prosa nur ciim aliquo,
P. L. alicui. — Wiewohl man pugnare aliquam pugnam sagen kann,
für pugnam facere, edere, conserere oder das einfache pugnare, so
sagt man doch nie proeliuTn pugnare. Auch bedarf pugnam eines
654
Adject. oder Pronom., wie es in solchen gleichartigen Verbindungen
nothwendig ist. Man sage daher nicht: pugua vis pugnala, für hac
pugna vis pugnata.
Pulcher (pulcer), schön. Das deutsche Wort ist sehr vieldeutig und
kann daher nicht immer durch pulcher übersetzt werden; z. B. die
schönen Künste, die schönen Wissensrhafteji heisst nicht puhhrae
artes, pu/chroe litterae, sondern artes bonae, liberales, ingenuae, lit-
ierae bonae, honesta studia; ein schöner Acker, ein schönes Feld, nicht
pulcher ager, sondern cultus,fertilis, laetus; ein schöner Rath, nicht
pulchrum co?isilium, soin]ern bonnm,ßdele, salutare, und in ironischem
Sinne vielleicht egregium consilium ; eine schöne Rede, nicht pulchra,
sonA^vn elegans, polita, oriiata oratio ; die Schönheit der Rede, nicht
pulchritudo, sondern elegantia sermonis (Cic. Ätt. VII, 3), eleganiia
disserendi (Tusc. II, 2, 6), nitor orationis (Aft. XllI, 19); — daher ist
auch wohl richtig: elega7itia scribendi. — Auch können einzelne Schön-
heiten oder Blumen in der Rede weder durch pulchritudines, noch
aber auch durch elegantiae (welcher Plur. wohl ohne gute Auctorität
ist) übersetzt werden, sondern AnrcXi flores, flosculi, lepöres, Feneres,
emble?naia. Man sei daher im Gebrauche von pulcher und pulchritudo
vorsichtig, und wage Nichts ohne gute Auctorität. Vgl. auch Hand's
Lehrb. p. 256.
Pulchre, schön. Es gilt dafür dasselbe, was vorher hei pulcher be-
merkt worden ist, nemlich dass es nicht zu allen Verben passt; man
sagte z. B. wohl nie: aliquid pulchre observare. Etwas schön, d.h.
richtig, gut beobachten, bemerken, für rede, bene, vere dicere, statuere,
docere,proJiuntiare. Vgl. Mahne in Wyttenb. Opusc. I, p. 370. — Lächer-
lich wäre es, zu sagen: pulchre olere, schön riechen, für bene olere,
— und ebenso heisst hässlich, garstig riechen, nur male olere. Vgl.
Hand's Lehrb. p. 249.
Pulchrum (pulcrum) in der Bedeut. die Schönheit, als Abstractum
oder als etwas Allgemeines, bezweifelte der gelehrte F. Wfg. Reiz
(Rom. Alterth. p. 41), indem er bei Oberlin's Worten: in augendo et
juvando sensu pulchri bemerkt: FJr hätte lieber sagen sollen sensu
pulchriiudinis. — Gleichwohl kommt sensus pulchri, das Gefühl für
Schönheit, bei andern Neuern, sogar bei Ernesti (Opusc. orat. p. 234
sensus veri, pulchri atque Ao/zes//), Ruhnken (Elog. Hemst. p.25[58]),
W^yttenbach (Vita Ruhnk. p. 135 []'30] pulcri venustique sensu) u. A.
oft vor, aber sensus pulchritt/dinis vielleicht nicht. — Für pulchri-
iudo spricht Cicero's Stelle Inv. II, 1, 3, aber für pulchrum wohl in
gleichem Sinne Horaz Sat. I, 1, 44 quid habet pulchri constructus
acervus, welche Stelle Hr. Rect. Nobbe dafür anführt. Vielleicht un-
terschieden die Römer in einigen Verbindungen pulchritudo und pul-
chr?im nicht immer so genau von einander, wie auch wir sagen: das
Gefühl für Schönheit und für das Schöne. — Uebrigens hat weder
sensus pulchritudim's, noch se?/sus pulchri alte Auctorität. Vgl. mehr
über dergl. Wörter Th. I, §. 84.
P?//mo«es, rf/e //Mwg'ew, wird selten vom Redner gebraucht, der seine
Lungen (Brust) anstrengt; dafür sagt man fast nur /ö/era. Vgl. Pectus.
Pulsare, was nur activ mit einem Acc, aliquem oder aliquid, ver-
bunden wird, in der Bedeut. klopfen, schlagen (Einen., Etwas, an Et-
was), wird im N. L. auch neutral von den Adern gebraucht : vcnoe.
655
arteriae ptdsant, sie schlagen, klopfen, für micant; doch istpnlsus ar-
ieriaruin, pulsi/s venarum, das Klopfen, Schlage?i der Adern (was wir
den Pills nennen), gnt und kommt beim altern Plinius vor.
Pulvinar bedeutet wohl nur das Sopha, Polster, besonders für
die Bilder der Götter bei Schau-Ausstellungen, aber nicht ein Kopf-
kissen; dieses heisst p?ilrijms.
Pulvis, der Staub, findet sich nirgends in der bildlichen Bedeut.
Niedrigkeit, Unbekanntheit, wie wir z. B. sagen: Einen oder Etwas
aus dem Staube erheben ; in diesem Sinne sagt man humile, tenebrae
oder was sonst der Sinn zulässt. — N. L. ist z. B. liiteras ex pulvere
escitare (vielleicht aus falscher Anwendung der Stelle Cicero's [Tusc.
"V, 23]: homunculum (Archimedem) ex pulvere et radio excitabo), die
Wissenschaften aus dem Staube erheben, wie C. F. Roth (Argumenta
lat. serm. p. 1) sagt, für Utteras e tenebris in lucem vocare, oder nach
Cic. (Tusc. II, 2, 5) ab humili ad su?nmum educere.
Punctum, der Punkt, kann nur selten für unser Wort Punkt ge-
braucht werden, da es sich zu sehr auf die Bedeut. Stich beschränkt.
Man sagt zwar punctum, temporis, aber dieses bedeutet nur den Augen-
blick, wofür es der Kl. Ausdruck ist, nicht den Zeitpunkt, wo nur das
einfaclie tempus passt; z. B. im gegenwärtigen Zeitpunkte, hoc tem-
pore, nicht hoc temporis puncto ; der gefährlichste Zeilpunkt, sunimum
tempus, rerum sumnium discnmen. — Wo Punkt so viel ist als Theily
Stück, Abschnitt, z. B. eines Gesetzes, einer Rede, einer Abhandlung
u. dgl., sagt man nicht punctum, sondern /es, caput, pars, locus u. a.
— Ferner heisst ich kounne auf diesen Punkt nur huc venio (Cic.
Farn. IX, 6 huc ut venirem, um auf diesen Punkt zu ko?nmenJ; auf den
höchsten Punkt kommen, gelangen, ad summum venire (Cic. Tusc. II,
2, ö). Her Hauptpunkt, um den sich Alles dreht, wird oft durch cardo
ausgedrückt, aber mit vorgesetztem velut, An cardo ein bildliches Wort
ist. — N. L. ist wohl punctum facere post (aliquam vocem), für inter-
pungere post — . P. L. (bei Horaz) ist omne puncttim ferre in der
Bedeut. aUgemeinen (Aller) Beifall davontragen ; im N. L. sagt man
dafür omnia puncta oder omnium puncta ferre. Aber die Redensart
beruht auf einer uns so fremdartigen Sitte, dass sie jetzt wohl nicht
mehr zu brauchen ist, wiewohl sie im iV. L. bei den Redekünstlern
und Liebhabern alles Alten nicht selten vorkommt. Wer sie brauchea
will, füge hinzu: ut Horatii verbis titar. Da sich aber weiter keine
Stellen dafür linden, so ist es sehr gewagt, für omne einen Genit.,
omnium oder doctorum hominuni, zu setzen; aber noch mehr unla-
teinisch ist es, omnium doctorum puncta auferre (für ferre) zu sagen,
wie es der Alles und Alle bekrittelnde Scioppius (de stylo p. 72) ge-
than hat. Vgl. Webers Uebungssch. p. 436.
Pungere, stechen, wird zwar bildlich gebraucht, aber nirgends
kommt vor: sol pungit, die Sonne sticht, d. h. brennt heiss; dafür sagt
man ardet.
Punire (poenire) und als Deponens pmiiri (poeniri), strafen, sich
rächen; — Jemande?i, au Jemanden, aliquem. Beide scheinen noch
Kl. neben einander bestanden zu haben; wenigstens findet sich das
Deponens bei Cicero wohl viermal. Vgl. Reisig's Vorles. p. 244.
Purgare in der Bedeut. entschuldige7i, wird verbunden se (aliquem)
alicui de aliqua re, sich (Einen) bei Jemanden wegen einer Sache ent-
656
schuldigen : z. B. cui se purgat, bei wem er sich ejiischuldigt (Clc. Orat.
69, 230), iiiclit opiid quem; ego ine tibi purgo^ ich eiitschuldige mich
hei dir (Farn. XV, 17, 1).
Purgatorius, reinigend, fegend, ist sehr Sp. L. für purgans. —
In der katholischen Glaubenslehre heisst ignis purgatorius — das
Fegefeuer, wofür jedoch der acht katholische Perpiiiian. (Oratt.
p. 133), dieses Wort scheuend, ignis purgans sagt. Noch später ist
pzirgalivus, was die Aerzte für ihre Purganzen aufg'enommen haben,
weiche sie purgativa oder purgatoria zu nennen pflegen. Sonst sind
purgare alvum und purgatio alvi KL medicinische Wörter, aber ohne
das Subst. nicht üblich, ausser wenn der Zusammenhang die Auslas-
sung verstattet. Dennoch nennt Celsus die Mittel der Art nicht pur-
gantia, sondern mit dem griech. Kuustnamen cathartica.
Puritas, die Reinheit, ist ein sehr Sp. L. Wort, was Vielen seltsam
scheinen wird, zumal da impuritas (vgl. dieses Wort), freilich nur in
der Bedeut. Geilheit, Kl. ist. Das eine schützt aber das andere nicht,
wie man ja auch z. B. impunitas, impudentia, immensitas u. a. richtig
braucht, nicht aber punitas, pudentia, mensitas, und ähnlich im Deut-
schen: Unwissenheit, Ungestraftheit, Unbändigkeit, aber nicht Wis-
senheit, Gestraftheit, Bündigkeit. Gleichwohl ist puritas im N. L. das
Alltagswort für die Reinheit der Rede, indem fast alle rhetorische
Bücher ein Kapitel de puritate sermonis oder orationis enthalten, und
selbst der hyperkritische Scioppius (de stylo), der grosse Muret.
(Praef. Terent. semper latini sermonis puritatem) und andere grosse
und kleine Neulateiner von einer solchen puritas sprechen. Es werde
aber durchaus vermieden durch integritas (Cic. Brut, 35, 132 incor-
rupti sermonis integritas), mufiditia (es), castitas, sinceritas, oratio
cnsta, emendata. — Richtig aber und Kl. ist das Adj. purus und das
Adv. pure (nicht puriter, was J. L. ist) ; daher pura oratio, pura et
incorrupta dicendi consuetudo (Cic. Brut. 75), purus et emendatus
sermo, purum dicendi genus (Qrai. \Q)\ pure et emendate loqui (Opt.
gen. orat. 2). Den Gegensatz dazu bilden inquinatus sermo, inquinate
loqui. Vgl. Matthiae Exempla p. 198. Hand's Lehrb. p. 119. Friedem.
z. Iluhnk. Opusc. p. 123 u. Frotscher z. Mureti Oper. T. I, p. 123. —
Reinheit der Sitten, sittliche Reinheit ist morum sanctitas oder inte-
gritas ; Reinheit oder Reinlichkeit im Aeussern ist munditia, elegantia.
Purus, rein. Zu bezweifeln ist wohl vinum purum, reiner, unter-
mischter fVein, für merum oder meracum. Purus verbunden mit dem
A. L. Worte puttis, welches ebenfalls rein und lauter bedeutete, kommt
höchst selten und nur A. L. vor, z. B. bei Plautus, wo es meistens
spöttisches Beiwort ist, nirgends aber später. Es sollte daher im
N. L. in guter ernster Prosa nicht angewandt werden, wie es gleich-
wohl z. B. Görenz thut, welcher von pura puta latinitas spricht, für
pura et emendata ; und so müsste sich ein klassischer Philolog wohl
schämen, philologus puriis putus genannt zu werden, für germanus
philologus ; mir wenigstens scheint jenes so spöttisch, wie unser Stock-
philolog, d. h. ein solcher, dem ausser Sprachkenntniss alle andern
Kenntnisse abgesprochen werden.
Pusillanimis, kleinmüthig, ist sehr Sp. L.; das davon abgeleitete
Adverb, pusillanimiter aber und das Subst. pusillanimitas, der Klein-
muth, die Schwachherzigkeit, sind iV. L.; man vermeide sie sämmt-
657
lieh und sage statt pusillanmits entweder minutus et an gustus, weichen
Cic. (Fin. 1, 18, 61) gebraucht, indem er sagt: Einige sind minuti et
angusti, aut omnia seinper desperantes, aut malevoli; oder mit dem
altern Plinius (N. H. XX.II, 24, 51) anhni humüis, wobei er hinzufügt:
quos Graeci dixere nikropsychos (/At>c(joihi'yavg); — statt pusillatiimitas
aber sage man anitmis parvus, humih's, angustus, abjectus, fractus;
ain?ni angustiae, irifirmitas, contr actio oder contracthincida animi (Cic.
Tusc. III, 34;1V, 31).
Pusillus, klein., verwirft Grysar, insofern man es von leiblicher
Grösse brauchen wollte; aber so findet es sich bei Cic. (Orat. II, 60,
245) und Horat. (Sat. I, 5, 69).
¥uta in der Bedeut. zum Beispiel, und nt puta, wie zum Beispiel,
finden sich höchst selten, N. Kl. und Sp. L. bei Juristen, für ut,
exempli causa; sie sind nicht wohl nachzubrauchen, wenigstens nicht
so, wie sie z. B. Görenz braucht: curia Hostilia, a conditore puta
dicta, welche nämlich von ihrem Erbauer so genannt ist; denn hier
wird nicht einmal ein Beispiel gegeben. Vgl. Weber's Uehungssch.
p. 514. Anm. zu Mureti Oper. T. I, p. 224 u. Reisig's Vorles. p. 466.
Putare, glauben ; — an Einen, dass er sei, heisst nicht ^V^ aliquem^
sondern blos aliquem, seil, esse ; z. B. an Gott, an Götter glauben, nicht
in deujn, in deos putare, wie es in latein. Gebetbüchern vorkommt,
sondern deum, deos putare (Cie. Divin. I, 46, 104), wie auf gleiche
Art deos credere (Senec. Epist. 95. p. 70) gesagt wird. — Richtig ist
aliquid pro eerto, pro nihilo, pro eoncesso u. a. putare, Etwas für ge-
wiss., für Nichts, für erlaubt halten. Nur selten wirA puto, oder ut puto,
wie unser glaube ich, wie ich glaube, in den Satz eingeschoben, ohne
dass dieser von piito abhängig gemacht würde. Vgl. jedoch Cic. Att.
XII, 49, 1. Coel. Cic. Farn. VIII, 3, 3. Vatin. Cic. Fam. V, 9, 1. Als
mehr N. Kl. und P. L. werde es vermieden. — Wenn nach einem
Accus, m. d. Inf. der Zusatz folgt: ich glaube auch der und der, z, B.
Cicero (als Nom.), so mnss es puto etiam Ciceronem heissen, nicht
Cicero, weil auch hier der vorhergehende Infinit, gedacht wird. Vgl.
Cic. Fam. XV, 4, Ib puto etiam regem Dejotarum, neml. de me locutu-
rum, ich glaube, auch der König Dejotarus — . Endlich bemerkt noch
handschriftlich Hr. D. Dietrich: Hier war vielleicht vor dem Germa-
nismus pjito me seq. hif. zu warnen, statt videor (mihi), videmur (nobis).
S. Heusing. Cic. Off. I, 1, 2. — Aber wie er dies versteht, weiss ich
nicht; auch spricht Heusinger nicht davon. Vielmehr kommt ptito me
c. Inf. wirklich vor, z. B. bei Cic. (Fam. III, 15, 7) : quod a te tantum
(me) amari — putavi; ib. IX, 16, 2 ut ab iis me amari ptitcm ; Att.
XII, 18, 1 voto quodam et promisso me teueri puto ; Asin. Pollio Cie.
Fam. X, 32, 5 quarum rerum fructum — tulisse me putabo.
Pythagoreus und Pythagoricus, Pythagorisch, der Pythagoreer.
Beide Formen seheint Cicero gebraucht zu haben, aber nach Hein-
dorf (z. Cie. N. D. I, 5) mehr die erste.
Pythias, als Name des treuen Freundes des Dämon zu Syraeus,
beruht auf alter falscher Lfesart für Phintias. Vgl. die Ausleger zu
Cie. Off. III, 10.
Pythicus, Pythisch, ist weniger übliche , vielleicht zweifelhafte
Form für Pythius.
42
658
Q. q.
Qua- qua, theih- theüs ; v^l. unter Qui.
Quadamtenus , in einiger Hinsicht, gewissermassen , ist P. L. und
stellt A^. Kl. beim altern Plinius; es werde nicht nachgebraucht, son-
dern durch aliquo modo, aliqua ex parte, qtwdammodo vermieden.
Quadragesies, vierzigjnal, ist Sp. L. Form für quadragies,
Quadrare mit d. Dat., alicui, heisst Einem passend, gut scheinen,
gefallen; mit in aliquem, in aliquid, auf Einen, auf Etwas passen, sich
schicken., anwendbar se/zz, gleich couvenire oder cadere in aliquem;
oluie einen Zusatz heisst es sich fügen, sich passen, besonders von der
Rede, sowie man auch quadr. aliquid, z. B. orationem, sagt, eine Ikede
i7i Ordnung bringen. Aber wohl muss nach Dietrich vor dem iVl iss-
brauche gewarnt werden, den man heutzutage mit dem Verbo treibt,
z. B. in Redensarten, wie: hoc verbum hie quadrat oder hie non qua-
drat, für aptum oder ineptum est, da es wenigstens nicht hie, sondern
huc oder in hunc locum heissen raüsste.
Qtiadriga , ein Fiergespa?in , vierspänniger Wage?t, ist als Singul.
nur P. L. und N. Kl. (beim altern Plininius) ; es findet sich sonst nur
im Plur., quadrigae ; und so bei Cicero quadrigulae, bei Plinius qua-
drigula.
Quadringenteni, je vier hundert, ist vielleicht zweifelhafte Form für
quadringeni oder quadrigeni.
Quaerere, suchen, fragen u. a. ; — Einen, Etivas suchen oder nach
Einem, nach Etwas fragen , aliquem oder aliquid quaerere ; Einem
oder für Eijie?i Etwas suchen, Einem Etwas erwerben oder zu ver-
schaffen, zu verdienen suchen, alicui aliquid quaerere; Einen um, nach
oder wegen Etwas fragen, es f«, de) aliquo aliquid oder de aliqua re
quaerere ; Etwas, z. B. ein Verbreche?!, unter siichen, de aliqua re quae-
rere, z. B. de anibitu, de repetundis, nicht amhitum, repetundas. — Nur
höchst selten, aber nicht nachzuahmen ist der Acc. rem quaerere^
mögen auch Cic. (Verr. II, 29, 72) und Livius einmal so gesagt haben. —
Jemanden befragen gegen Jemanden heisst de aliquo in aliquem quae-
rere, besonders de servis in dominum (Cic. Milo 22, 59. Att. 1,17, 8),
— und endlich bei sich überlegen, secum quaerere (Att. IX, 11, 1 in
app. ad Caesar.). — Suchen in der Bedeut. holen, z. B. Heil, Rettung
bei Jemanden, heisst nicht quaerere, sondern petere salutem ab aliquo
(Cic. Fam. VI, 1); suchen in der Bedeut. auf Etwas ausgehen, nicht
quaerere, sondern id agere, tit oder 7ie quis quid faciat; und aus Et-
was heraussuchen, nicht quaerere, sondern eligere ; z. B. elegit ex
mnltis Isocratis libris triginta versus (Cic. Orat. 56, 190).
Quaeritare, suchen, fragen, ist nur A. L. für quaerere.
Quaeso, ich bitte , ist fast nur in dieser ersten Person üblich, nur
selten im Plur., quaesumus. Meistens steht es ohne Object, wen man
bittet; hat es ein solches bei sich — was übrigens selten ist — , so
heisst es ab (nicht ex) aliquo; — als Acc. kommt dabei nur deos vor.
Um was man bittet, folgt entweder im Imperat. oder mit ut oder ver-
neinend ne, nie mit dem Accus, einer Sache. Aus der Person des fol-
genden Verbi muss, wenn quaeso allein steht, entweder a te oder a
vohis hinzugedacht werden, da beide gewöhnlich wegbleiben, wie auch
wir sagen: ich bitte, für ich bitte dich oder euch. Vgl. Cic. Quinct. 6,24
659
qiiaeso (neml. a vobis, judices ), ut eum diem memoriae mandetis. —
N. L. ist es, quaeso in solclien Sätzen zu brauchen, in welchen gar
keine Anrede Statt finden kann; z. B. quis, quaeso, dubilet? für quis
tandem dubitet? — Beim Imperat. steht es (nach Klotz) meist unmit-
telbar nach demselben, nicht nach dem mit dem Verbo etwa noch
verbundenen Adverb.; z. B. ich bitte euch, leset diese ßez'ssig, hos legite,
quaeso, studiose (Cic. Cat. 17, 59) ; achtet aufmerksam^ icJi bitte euch,
darauf, attendite, quaeso, diligenter (Caec. 30, 86 nach Klotz).
Quaestio. Man bezweifelt, ob quaestio est, es ist die Frage; non
oder nuUa est quaestio, es ist keine Frage, so einfach ohne ein Adj.,
wie magna, obscura, difficilis u. d^l. , in guter Prosa vorkomme; aber
diese Ausdrucksweisen finden sich sogar bei Cicero einigemal, z. B.
Topic. J5, 59 beatos efficiat, nee ne, sola per se, quaestio est; Tusc.
IV, 13. 30 sed perturbationes sintne ejusdera partes, quaestio est, —
und vielleicht noch anderwärts. Oefter freilich kommen vor: quaeritur,
quaerendum est, qiiaeri potest ; aber A. L. und N. Kl. (beim altern
Plinius) ist in quaestione est, wie unser es steht in Frage. Ygl. die
Lexica und Weber's üebungssch. p. 374.
Quaestor. lieber Quaestor aerarius (nicht aerarii) vgl. Aerarium.
Qualis , verdoppelt, qnalis qualis, wer oder wie er auch sei, findet
sich Sp. L. bei Juristen für qualiscunque ; ebenso das Adv. qualiter
qualiter, wie auch nur, für utcunque.
Qualiscunque, von welcher Art auch, hat in gerader Rede fast nur
den lndicat.,\i\c\\i den Conju7ict. des Verbi bei sich; dagegen wird
oft gefehlt, indem wir theils gern den Conjunct. brauchen, theils
7nögen hinzusetzen ; z. B. von welcher Art er auch sei (sein mag), qualis-
cunque est, nicht sit. Vgl. Th. I, §. 123. — Nach Zumpt (Gramm. §. 128)
ist es erst Sp. L., qualiscu?ique hinter sein Subst. ohne das Verbum
esse zu setzen. Man sage: animus, qualiscunque est; ingenium, quale-
cunque est, nicht ohne est, animus qualiscunque, ingenium qualecunque.
Qualitas, die Beschaffenheit, Eigenschaft, ist ein von Cicero für
die philosophische Sprache dem griech. Troiorr/? nachgebildetes Wort,
welches er aber auch nur als Kunstwort in philosophischen Schriften
brau( ht. Bei den folgenden Schriftstellern findet es sich selten, und
es kann auch zum gewöhnlichen Gebrauche nicht angewandt werden.
— Eine gute Eigenschaft heisst Kl. durchaus virtus, und das Gegen-
theil Vitium. Vgl. D. L. Lexica.
Qualite^; auf welche Weise, toie, steht erst N. Kl. bei Celsus, Colu-
mella u. A. für qua ratione, quo modo, ut u. a. Eben so N. Kl. ist qua-
litercunque, wie auch nur., für utcunque, quacunque ratione. Ueber das
doppelte qualiter qualiter vgl. Qualis.
Quam, Adv., als, steht in der Regel fast nur uach einem Comparat.
und nach der Partikel tam, so, so sehr ; z. B. grösser als du, major
quam tu ; ich liebe dich so sehr als mich, te quam me. Dagegen über-
setze man als nicht mit quam, wenn tantus, so gross, vorhergeht, son-
dern durch quantus; nach tantum,so r/e/, durch quantum; nach talis,
ein solcher, durch qualis; nach totidem, so viele, durch quot ; nach toties,
so oft, durch quoties, und so bei ähnlichen. Vgl. Anleit, §.574. — Nach
dem bejahenden alius, ein Anderer, folgt ebenfalls nicht (wenigstens
selten) quam, sondern ac oder atque ; z. B. das Licht der Sonne ist ein
ganz anderes, als das der Lichter, lux longe alia est solis, ac lychnorum
42*
660
(Cic. Coel. 28, 67) ; — und so ebenfalls ac oder atque^ nicht quam,
was mehr P. L. ist, nach den vergleichenden Wörtern ita, sie, paritery
aeque, dissimilis, diversus, contrarius. Selten jedoch steht dieses ver-
gleichende ac oder atque in der Bedeut. als nach 7ion alius, also ver-
neinend; z.B. ego tarnen in re publica «ow «//«s essera,öf9//eCö/s^ ninic
sinn (Cic. Fam. I, 9, 21). — Nach verneinenden Wörtern, wie: 'Nie-
mand, Keiner^ Nichts, niemals u. a. und nach allen Fragen mit wer
(tvelcher), was und ähnlichen, bei welchen ein Anderer (Anderes) zu
denken ist, und welche die Stelle verneinender Sätze vertreten,
drücken die Lateiner das W'ort als nicht durch quam, sondern fast
nur durch nisi, oder (jedoch selten) durch praeter aus i\\\>^x praeter
wurde schon Einiges oben unter diesem Worte erwähnt) ; z. B. was ist
die Fröinmigkeit, als — , quid est pietas, nisi — ; welche sind gute Bür-
ger, als — , qui sunt boni cives, nisi — (Cic. Plane. 33). Und so heisst
nirgends als — nusquam nisi; niemals als — numquain nisi. Jedoch
bei dem oft zu nihil hinzutretenden aliud, 7iiliil aliud, nichts Anderes,
folgt zwar am meisten, zumal bei Cicero, 7mi, aber doch auch nicht
selten quam. Vgl. oben unter Alius ; Stellen mit quam in Anton. Progr.
p. 73 und bei Benecke zu Cic. pro Pompejo p. 309. — N. L. ist quam
für quanto, wie viel, zur Verstärkung eines Coraparat.; z. B. quampru-
dentior, tvie., tvie viel klüger, für quanto prud., weswegen denn auch,
wo quam plures etwa vorkommt, dafür complures zu lesen ist. Ebenso
sagt man nicht: quam aliter, ivie ganz anders, sondern qua7ito aliter. —
N. L. ist auch quam mit einem Posit. und possum verbunden, wo der
Gebrauch den Superlat. fordert. Daher sagt Manutius (Epist. IV, 20)
nicht gut: orationem quatn potes multis communica, theile so Vielen
als möglich deine Rede mit, für: orationem curn quam plurimis potes
communica (hier ist auch die Verbindung alicui communicare ver-
werflich). Gleichfalls N. L. ist in Ausrufungs- oder Verwwiderungs-
Sätzen quam mit dem Superlat. statt des Posit. ; z. B. wie schön ist er!
quamformosus est! nicht for mos issimus. — In Sätzen, wie: er ist wür-
dig gelobt zu werden, als oder tvie (wohl) irgefid ein Anderer, sagt
man nicht: quam aliquis oder quam quis a//«s, sondern si qtiis oder si
quisquum alitis. Vgl. unter Si. — Ferner in dem Zusätze: als nur Einer
sein kann zu einem adjectiv. Satze mit tarn (so), sagt man entweder
quam qui maxime, oder setzt für maccime wieder das vorhergegangene
Adject. oder ein im Sinne gleiches im Superlat.; z. B. tam mihi id
gratum erit, quam quod gratissimum, als nur Etwas sein kann (Cic.
Fam. XIII, 3); tam sura araicus rei publicae, quam qui maj;ime (ib.
V, 2, 6) ; ego suni tam mitis, quam qui lenissimus (Soll. 31, 87). Vgl.
auch unter Ut. — Dass übrigens bei plus, amplius und minus, wenn
als mit einem Zahlworte folgt, bei allen Casibus oft quam wegbleibt,
ohne Veränderung des Casus, darüber vgl. die Grammatiken; ausser-
dem Anleit. §. 103. Ruhnk. Vellej. II, 1,4 u. Weber's Uebungssch. p.95.
* Von alius quam sag-t Ruhnk. (z Terent. Andr. 111,3, 13): Barbare et
inquiiiate loquentes dicerent aliwn quam (pro atium atque). Sed notaiiduin est
apiid optimos quosque scriptores post alius secjiii atque, ac, numquam jungi so-
lere quam, nisi ncg'ativac particulae no)i, nihil \v\ similes cum a/»\y junctae prae-
cc'daiit; v. Burm. Pctron. c. 86. — Mit Ünrcclit aber bezweifelt der bedachtige
Ochsner (Kclog. Cic. p. 252) bei Cicero quam nacli nihil aliud, für nisi oder
praeter, und verstattet jenes nur den Nachklassikern. Vgl. dagegen unter Alius,
Quam etiam, quam quoque, wie oder wie sehr auch, zur Verstär-
661
kung eines Adject. oder Verb., ist D. L. für qunmvis oder quantumvis
mit dem Conjnnct. ; z. B. wie weise er auch ist (sein mag), quamvis
sapiens sit oder sapiat. Vgl. Ktiam.
Quainlibet ist erst A'. Kl. im Gebrauche und werde besonders in
der ßedeut. we7in a?ich noch so vermieden ; dafür setze man etiamsi,
weswegen denn auch Frotscher bei den Worten Muret's (Oper. T. I,
p. 427) : quamlibet obscura — faniilia natus fuisset, ivenn er auch aus
einer noch so unbekannten Fainilie geboreti gewesen wäre, bemerkt :
Aptius etiamsi.
Quam maxime mit einem Superlat. ist N. L.; neulich schrieb z. B.
Jemand: hujus quam maxime rarissimi libri. Vgl. noch Maxime.
Qtiamprimum als Conjunctio?i gebraucht, nicht als Adv., ist nicht
lateinisch, und beruht auf falscher Lesart für cu?n primum, ut primnm.
Gleichwohl sagt Valcken. (Oratt. p. 223) : quamprimum (sobald als,
gleich sobald als) adoleverint vires, amantes tui populos perambula;
Mahne (Crito p. 257) : qtiamprimum illud Stadium emensi sunt; (ib.
p. 284) quamprimum hi eo pervenerunt; (ib. p. 295) ut, qnamprimran
civis acaderaicus factus fueris u. a. m. Es ist nur Adverb, und heisst
sobald als möglich; z. B. veni quamprimum. Vgl. Ileusing. Eraendd.
p. 426.
Quamquam, obgleich, hat in guter Prosa bei Cicero, Caesar und
Livius den Indicat. bei sich, wenn kein mögen dabei gedacht wird ;
wo aber der Co?ijunct. dabei steht, wird nur mit Bedenklichkeit und
Vernuithung gesprochen; es liegt dann darin der ^egri^ Etwas zu sein
oder zu thtin scheinen, mag er auch immerhin. Erst N. Kl. steht der
Conjunct. ohne den Begriff der Bedenklichkeit und der Vermulhung;
und so kommt es auch im iV. L. nicht selten vor, was nicht sein sollte,
sogar einigemal bei Muret., geschweige bei Andern, Vgl. Frotscher
z. Mureti Oper. T. I, p. 399. — Ohne ein eigenes Verbum steht es
nur einmal bei Cic. (Fin. V, 23, 68) : quamquam expetenda, wo sunt
fehlt. — Erst N. Kl. steht es bei Adjecti\en und Participien, z. ß.
bei Sucton. Quintilian, Plinius und Tacitus; doch ahme man dies nicht
nach. Vgl. Madvig zu Cicero's Stelle; ausserdem Hand's Lehrb. p. 175
u. 232. Wunder z. Cic. Plane, p. 62. Ellendt z. Cic. Orat. I, 6, 21 u.
Reisig's Vorles. p. 451 u. 527. — Sp. L. sagt man sogar quamquam etsi.
Quamvis hat seiner Natur und Bedeut. nach, da es fvie sehr auch,
auch sogar, mag auch bedeutet, den Conjunct. bei sich, und so steht
es fast durchaus in KL Prosa; N. Kl. nhttY bedeutet es das gewöhn-
liche obgleich, obschon,ivieivohl,\x\\t\ wird mit (t€mi Indicat. verbunden,
was denn auch nur zu oft im N. L. gesciiieht, z. B. von Muret. Man
sage nicht: quamvis dives est, so reich re atichist, sondern sit; nicht
quainvis conte7nnitur, so sehr er auch verachtet wird, sondern contcni-
natiir. — Auch schliesst sich quamvis nach seiner ursprüngliclien Be-
deutung, irie sehr auch, nur an Wörter an, deren Begriff eine Stei-
gerung zulässt. Widersinnig ist es daher, zu sagen: quamvis mortuus
sit; quamvis antea nominatus sit (Heyne Praef. Virg. I, p. 7 quamvis
a 7ne no?i nomitiatus) ; quamvis mihi litteras miserit ; quamvis non onines
— evadant poetae, — und Aehnliches, was man im N. L. oft findet ; —
quamqunm ist hier besser. — Daher kann es denn auch nicht mit Su-
perlativen verbunden werden, da diese keine Steigerung mehr zu-
lassen, sondern nur mit Positiven, die gesteigert werden können.
662
Quanivis mit dem Posit. vertritt sogar sehr oft die Stelle eines
Superlat., wie in den von Hensinger z. Cic, Off. 1,25. §. 5 angefülirten
Beispielen. Man sage also nicht : quamvis sapieniissimus, jtistissimus,
erudüissiiniis sis ; quamvis ager sitfertilissi/nus, sondern sapiens, jii-
stus, erudittis ; fertilis. — Quamvis dient daher oft ohne ein Verbura
zur Verstärkung eines Adject. oder Adverb., in der Bedeut. noch so,
so sehr mich; z. B. per populum quamvis justurn atque moderatum
(Cic. Rep. 1,27); hominem q?ia7nvis eruditum (Orat. II, 30, 131 )^
quamvis pauci, auch sehr Wenige (Caes. B. G. IV, 2), und so viele
andere Stellen. Vgl. noch Reisigs Vories. p. 529.
* Fehlerhaft ist daher wohl gewiss bei Cicero (Orat. III, 26, 103): quamvis
vitiosissimus orator, wo auch einige Handschr. richtiger qnivis lesen. Dagegen
spricht auch die Stelle des Plin. (Ep. IX, 17, 1): quamvis lautissimam coenam,
wofür er sonst quamquam m. d. Superl. braucht. Vgl. Ep. IX. 36, 4.
Quando ist in der Bedeut. weif, gut und K'L, aber nur da, wo es,
wie das dazu gehörige quandoquidem, so viel ist als treil denn nun,
weil nun; es werde daher nicht mit quia,quod und quofiiani verwech-
selt, wie es denn auch schon bei Cicero und Andern bisweilen unnö-
thig in quoniam verändert worden ist. Vgl. Madvig z. Cic. Fin. p. 649
und Klotz z. Cic. Tuse. IV, 15, 34; ausserdem noch Anm. z. Mureti
Oper. T. I, p. 166 und Reisig's Vories. p. 465.
Quandojiam, tva?i7i denn? was Mahne (Crito p. 282) braucht, ist
iV. L. und ohne Auctorität.
Qi/.ajidoque ist in der Bedeut. zuweilen erst N. Kl. und selten für
interdian, nonmimquam; dennoch findet es sich im N. L., z. B. bei
Manut. (Epist. III, 26) : haec ego quandoque mecum. Vgl. Sciopp. de
stylo p. 161 u. Heusing. Eraendd. p. 426. — Auch brauche man in der
Bedeut. wann nur, sobald als nur lieber quandocunque.
Quantitas ist in der Bedeut. Grösse, Menge erst N. Kl. und selten,
wiewohl es sich auch bei Qnintilian. findet; man setze dafür lieber
magnitudo, multiludo, numerus. — Was man heutzutage in der Pro-
sodik quantitas eines Vocals nennt, hiess bei den Alten nur tempus.
In der philosophischen Sprache kann es neben qualitas kHum entbehrt
werden. Aber das Adv. quantitative, nach der Grösse, vermeide man
gänzlich, und sage lieber secundum magniludinem, qtiantitatem oder
ratioue quantitatis.
Quantocius odei* quantocyus, so eilig als möglich, aufs schnellste,
je eher, je lieber, ist sehr Sp. L. für quam celerrime, quam primuni,
primo qiioque tempore ; gleichwohl findet es sich im A^. L. nicht seilen,
z. B. oft bei Mahne (Crito p. 254. 269 u. a.).
Quantumvis kommt Kl. noch nicht in der Bedeut. mag auch noch
so sehr als Conjunction mit dem Coiijnnct. vor; so erst JV. Kl., aber
selten. Es hat in jener Bedeut. noch den Zusatz licet bei sich. Fälsch-
lich ist licet in Cic. Lael. 20 in einigen Ausgaben gestrichen.
Quantus, a, um bedeutet im bessern Latein nur wie gross, nicht
wie viel; diese Bedeut. hat nur das Neutr. quantum, ebenso wie tan-
tum, so viel, aber tajitus, so gross. \ crdoppelt, qua7it7is quantus, in der
Bedeut. 7vic gross auch 7iur, ist es n\ir A.L.nnA in Prosa nicht üblich;
dafür sagt man qua7ituscunque. — iV. L. ist das adverbiale q7ia7itum
in der Bedeut. tvie hoch, wie sehr bei Verben der Werthangabe, als
aestii/iare,facere,ßeriu.a., für quanti. Falsch ist z. B. : Parium la-
663
pidern qiiantum (für quanti) fecermt Graeci, wie hoch die Gr. — ^e-
schätzt haben. — N. Kl. ist quantum bei einem Coraparat. für quanto;
elieiiso in qnantum in der Bedeut. wie viel (so viel), wie weit (soweit),
in wiefern, für quatenus, quantum, qiioad. — N. L. ist quantum ad me
atiifiet, wie viel (so viel) mich anlangt, für qtwd ad me attinet. — Der
Abi. quanto, um wie viel, verlangt das dazu gehörige Adject. nach der
Regel in der Comparativ-, nicht in der Possitivform; bisweilen schon
bei Livius (vgl. Gronov. Liv. I, 25) und nach ihm bei Tacitus steht
nur der Posit., und es ist magis dabei ausgelassen. Dies ahme man
nicht nach, und sage also nicht, wie Lactanz (Inst. V, 7, 9) : quanto
frequenler (je häufiger, für frequentius) impellitur, tanto ßrmiter
(desto kräftiger, für ßrmius) roboratur.
Qtiantuscunque, wie gross nur (auch) ; quantumcunque, trie viel
nur (auch), werden in bestimmter Rede nicht mit dem Conjimct., son-
dern mit dem Indicat. verbunden, wiewohl Avir oft mögen hinzusetzen.
Vgl. Anleit. §. 297. Man sage also nicht: copiae, quantaecunque sint,
sondern sunt, obgleich wir im Deutschen sagen: wie gross das Heer
auch sein mag (für ist). Ebenso verhält es sich mit quantiduscunque.
Quantuslibet, wie gross auch, findet sich erst bei Livius, öfter
N. KL, aber immer genau mit dem Subst. verbunden, nicht einzela
für sich mit dem Verbo esse; z. B. der Schwartn der Herrschenden,
wie gross er auch ist, quantalibet turba dominaniium, nicht turba dorn.,
quantalibet est. Auch quantumlibet, wie sehr, wie viel auch, braucht
Livius (XXXIX, 37, 14): quantumlibet intersit, wie gross aiich der
Unterschied ist ; — es kann daher nicht verworfen werden, mag es auch
gelten sein. Frotscher tadelt den Gebrauch des Wortes als Sp. L. bei
Muret. (Oper. T. I, p. 188).
(^uapropter, weswegen, daher, wird nur A. L. als Fragwort, sei
es direct oder indirect, gebraucht; man sage also weder: quapropler
mihi 7mnitaris'! warum, weswegen drohst du mir? noch auch: nescio,
quapropter mihi miniteris (minitere), ich weiss 7iicht, warum du mir
drohst. Es steht nur im Anfange eines Satzes in Bezug auf das Vor-
hergesagte, kann aber dennoch nioht in Schlussfolgen aus dem Vor-
hergehenden, in der Bedeut. demnach oder also nun, gebraucht wer-
den; dafür steht igitur ; z. B. so ist den7i nun oder demnach ist denn
nun die Sache abgethan, nicht quapropter res confecta est, sondern
res igitur oder igitur res confecta est.
Quaquaversus oder quaquaversum, wohin nur, ist Sp. L. für quo-
quoversus. Es stand auch sonst in Cic. Phil. IX, 7 und Caes. B. G. III,
23, ist aber jetzt geändert.
Quare steht höchst selten — nur einmal bei Cic. (Orat. I, 16),
wo alle Handschr. ^//o/e negasti — ? lesen — als Fragwort direct ; melir
kommt es in abhängiger Rede vor. Ausserdem steht es wie quapropter
beim Anfange eines Satzes in Bezug auf das Vorhergehende; nie aber
gibt es eine Folgerung selbst an, sondern leitet sie nur ein.
Quartus, der vierte, üeber den Ausdruck in quarto, bei Angabe
des Formates eines Buches, vgl, oben unter Folium.
Quasi, gleichsam, als loenn, hat das Verbum nie im Indicat.., son-
dern nur im Conjunct. bei sich; falsch ist also bei Muret. (Oper. T.
II, p. 177): quasi m\\n — tribuere licet, für liceat, wie er auch wohl
geschrieben haben mag. — Selten und nicht nachzubrauchen ist quasi
C64
in der Bedent. ungefähr bei Angabe einer Zahl, für circiter^ fe^C' —
N. L. wird das deutsclie als ob in dem Sinne von dass, wie wir es bei
den Verben scheinet! (videri) und sich stellen (simulare) oft branclien,
durch y?<ffs/ ausg-edrückt; z. B. videtur mihi, quasi iste tibi faveat, es
scheint mir, als ob dieser dich begünstige, für iste videtur mihi tibi fa-
vere ; ille sinudat, quasi hujiis rei gnarus sit, er thut oder stellt sich,
als ob er dieses verstände, für ille simulat se hujus rei gnarum esse.
Vgl. Anleit, §. 451. — JV. L. ist auch non quasi, nicht als ob, nicht als
wenn, für non quo; non eo quasi, nicht deswegen^ als wenn, für non eo
q7io (Cic. Rose. Am. 18, 51); tarn quasi, so oder so sehr, als wenn, für
tarn, quam si; no?i quasi non, nicht als oh ?iicht, für non quo non oder
non quin ; quasi tit, gleichsam ivie, für das einfache quasi; z. B. gleich-
sam ivie eine Mutter, quasi mater. — Ueber quasi, ut, tamquam und
velut vgl. Weber's Uebungssch. p. 619 u. Reisig's Vorles. p. 425,
Quatemis bedeutet XL nur inwieweit, inwiefern; erst N. Kl. weil
denn nun, gleich quoniam, und zwar bei Quintilian. und dem Jüngern
Plinius; — es ist nicht zu verwerfen. Es wird aber nicht direct fra-
gend, in der Bedeut. inwiefern, gebraucht; dafür setzt man entweder
quid oder das fragende qui ; z. B. denn inunefern ist dieses klarer als
jenes? quid emm est hoc illo evidentius? (Cic. N. D. II, 2) — inwiefern
überrascht de?m das Alter schneller? qui ^nxm cifiua senectus obrepit?
— In der Redensart est, quatenus — , es gibt ein Ziel, bis wie weit — ,
folgt immer der Cojtjunct., nicht der Indient. Vgl. Cic. Lael. 17.
Quntertiio, ein Haufe vo?i vier, ist ganz Sp. L. und durchaus zu
vermeiden durch das gewöhnliche quatuor.
Quatuor, vier, wird in Redensarten, wie: in meineti vier Wän-
den nicht gebraucht; man sagt blos intra (meos) parietes (Cic. Brut.
8, 32. Fam. IV, 14); unter vier Augen heisat remotis arbilris oder
secreto.
Quntuordecim ist die durchaus gebräuchliche Form, wenn kurz
und ohne genaue Bestimmung gesprochen wird; ist dies nicht der
Fall, so sagt man decem et quatuor, was Redner und Geschichtschrei-
ber bei Angabe nnöthig finden. Dagegen wird von den vierzehn Silz-
bänken der Ritter in Rom nie anders als quatuordecim ordines gesagt,
und meistens ohne das Subst,, in quatuordecim sedere, in der Bedeut.
Ritter seiti. Wo wir aber sagen vor vierzelui Tagen, ohne die Zahl ganz
bestimmt zu denken, da heisst dies nudius quintus decimus, nicht ante
quatuordecim dies.
Que, und, wird in der bessern Prosa, wenn es einen Praeposilions-
satz oder ein das folgende Wort verstärkendes Adverb, mit dem vor-
hergehenden Worte verbindet, nur selten an die Praeposition und das
Adverbium angehängt, sondern an das von der Praeposition abhängige
oder durch das Adverb, verstärkte Wort; z. B. a jneque, ab armisque,
abs teque, ab eodemque, ab omnibusque, a discendoque; ad meqtie, ad
n2/mmosq?/e, ad Caesaremqtie, ad plurimosq?/e ; ex omnique gener e, ex
iisque, ex Hispaniaque ; in foroque, in reque, in rebnsqiie, in convi-
vioque; ob eanique causam — und so bei diesen Praepositionen ähn-
liche Stellen, wogegen selten sind z. B, exque his, exque eo tempore,
deque eo disseri,deq?ie his rebus, inque ea urbe, inque feriis, inque eam
rem, inque iis sacris. — Bei zweisjlijigen Praepositionen wird que
auch wohl immer diesen angehängt, z, B. intraque parietes; aber wohl
665
nie sagt man aqve, itnd von ; adqne, vnd zu. Auf jene Art, obwohl
seltener, sagt man auch bei Adverbien, z. B. qnamprimumquey für quam-
qne primum, tmd so bald als möglich ; tot, tarn varit'sqne virtvlibjis,
inv tdmque variis; t(un praecipitesque, für tamque praec. (Cic, Orat.
III, 4. ]3 nach den besten Handschr.); ta7ito tarn immensoqne cnmpo
(ib. III, 31, 124) u. a. — Ueber das an ah'i, reliqui, ceteri angehängte
qiie nach vorausgegangenen Subst. vgl. oben unter Et. — P. L. ist
es, q?/e an zwei Subst. anzuhängen, z. B. amores Jovisqtie Martisque.
Queo; vgl. (^idre.
i Querceus und qiierneus, zur Eiche gehörig, V07i Eichenlaub. »cXiamen.
in Prosa neben einander bestanden zu haben; dagegen sind quercicus
und quercinus gewiss falsche Formen; sie finden sich z, B. in den
altern Ausgg. von Sueton. Calig. 19, wo Oudendorp zu vergleichen ist.
— P. L. ist quernus.
Quercus, die Eiche. Ob der Dat. und Abi. Plur. quercis oder quer-
cubns gewesen sei, ist ungevviss; vielleicht aber quercis, da (nach
Priscian.) Cicero im Genit. quercorum gesagt haben soll.
Querelare (ari) oder querulare (ari), Magen, ist N. L. für queri;
ebenso qiierelosus und querulosus, für queribundiis, querens, qiierulus.
Qtieri, sich beklagen; — über Etwas, aliquid und de aliqua re;
sich bei Jemanden über Etwas beschiveren, d. h. 7nit ihm über oder
wegen Etwas hadern, queri cum aliquo de aliqua re. Vgl. Matthiae
Cic. Dejot. 3, 9.
Queridus, klagend, ist zwar erst N. KL, aber neben queribnndus
nicht zu verwerfen, wiewohl man es auch durch die Subst. querela
und q?festus und durch das Verbum q?/eri vermeiden kann.
Questio, die Klage, ist ein ganz zweifelhaftes Wort, welches sich
auch in den meisten Lexicis nicht findet, für questus oder conquestio;
es kommt nur einmal vor, und zwar in Cic. Brut. 38, 142, wo alle
Ilandschr. und Ausgg. ausser Lambin. (luestionibus haben; Lambin.
liest dafür conquestionibus, was auch Orelli für das richtige hält, da
questio nirgends vorkomme. Es werde daher nicht gebraucht.
Q//i, quae, quod. Wenn qt/i oder q?/ae personales Subject eines
Satzes ist, so enthält es diejenige Person, aufweiche es sicli bezieht,
und hat im Latein, das Verbum durchaus nur in der ihm zukommenden
Person bei sich, wiewohl im Deutschen zuweilen die dritte Person
auch in Bezug auf die erste oder zweite folgt. Darin wird denn im N. L.
nicht selten gefehlt; z. B. glatibe mir, der dich von Herzen liebt (für
der ich dich vo?i H. liebe), nicht qui te amat, sondern qiiite amo; ich folge
dir. der mir immer treuer Führer gewesen ist, nicht qui fuit, sondern
quißmti — und so auch im Plural. Vgl.Anleit. §.233. Falschist daher:
cave putes, me eum esse, qid avellere cuper et, für qui — cnpinm oder
cupierim ; quamquam non is sum, qui opinionem animo suo conceptam
— ve?iditet, für qui opin. animo meo co?ic. renditem; qtiisnam seit ve-
strimi, qui in tertio ordine sedent, für sedetis — und so noch andere.
— Falsch ist qui autein, qui vero, tvelcher aber, wenn qui etwas An-
deres adversativ fortsetzt; in diesem Falle steht sed qui oder qui
tarnen. Bichtig und gut aber ist es, wenn das, worauf sich y?/« bezieht,
erst nachfolgt. Vgl. Anleit. §. 570 und Klotz Sintenis p. 157 u. 167.
— Falsch ist auch qui etiam, qui quoque, toelcher auch oder auch der,
welcher., für is quoque, j'M« oder etiam is, y^^^ oder quiidcm, \>as be-
666
sonders häufig in negativen Sätzen vorkommt, wo idem auch durch
zugleich übersetzt werden kann; z. B. sie behaupten, Nichts sei nütz-
lich, tvas nicht auch moralisch gut sei, quod non idem honestum (Cic.
Off. III, 7, 34). Vgl. mehr darüber unter Etiam. — Steht aber ?f)e/cÄer
auch in der Bedeut. ivelcher oder wer nur, so ist ebenfalls qui etiam
falsch, und man sagt dafür quisqnis. quicunque ; z. B. auf welche Art
auch dieses geschieht, quoquo modo id fit, nicht quo etiam modo. — Nach
Klotz (z. Sintenis p. 78) unterscheidet sich quod cum ita sit von quae
cum ita sint, worauf im N. L. nicht geachtet wird; der Sing., sagt er,
steht bei philosophischen Gegenständen, der Plur. aber bei Hinwei-
sung auf mehrere erwähnte Thatsachen. Und so beschränkt auch
Reisig (Vorles. p. 329) den Singul. auf wisst-nschaftliche Schriften,
den Plur. a\d Jiede?i und Briefe, wogegen Hase bemerkt, Cicero weiche
dennoch mehrmals davon ab. 3Ian setze also den Sijigul. bei etwas
Einzelnem, den Plur. bei mehrern Gegenständen, was doch wohl das
Natürlichste ist. — N. u. B. L. sind Sätze, wie; latinitas, sine qua, qui
eam non habet, numquam rede scribit, die Latinität, ohne welche, wer
sie nicht hat, niemals richtig schreibt; — sine qua muss mit qui eam
non habet zu einem Satze verbunden werden, alsoi^^^am qui non habet.
Ferner ist D. L.: Xerses tantas habuit copias, qiiibtis Caesar, si eas
habuisset, totnm orbetn terrarum subegisset, für copias, quantas si
Caesar habuisset. — Vgl. mehr über dergleichen Th. I, §. 166 u. ]67.
Qua - qua ist Kl. bei Cicero in der Bedeut. sowohl - als auch;
z. B. homo Omnibus rebus ornatus, qua externis, qua domesticis (Plane.
12, 30); in der Bedeut. bald -bald, für modo- modo, findet es sicli zu-
erst beiLivius und nachher bei den Spätem. Vgl.Gronov. Observ.111,12.
Quia. üeber quia, cum, quod und quoniam, in der Bedeut. weil,
vgl. Weber's Uebungssch p. 524 und Reisig's Vorles. p. 463 u. 530.
Quia enim und quia nam, weil, warum., sind nur P. L. und in Prosa
nicht anwendbar; gleichwohl finden sie sich beiMuret. einigemal, was
Ruhnken nicht gerügt hat. Vgl. Reisig's Vorles. p. 474. — Quia ne
(fragend), etwa weil, ist A. L. und steht bei Virgil.
Quicunque, wer nur, wer auch, hat in der bessern Prosa in gerader,
bestimmter Rede gewöhnlich nur den Indicat., nicht den Cortj?ifict.
bei sich, welcher letztere im N. L. oft gebraucht wird, z. B. bei Po-
litian. (lat. Herodian. IV, 11): quictuique excellerent ; Hemsterh. (Oratt.
p. 155): qiiamcunque doctrinae partem sibi examinandam sumslsset;
Ruhnk. (Praef. Mureti Oper. T. IV, p. 1): quicumque — appeterent;
Muret. (Oper. T. I, p. 276) : cujuscmnque tandem generis illa sint;
ein Anderer sagt: quocunque proficisceretur ; — in allen diesen
Sätzen wäre der Indicat. richtiger. — Bei Wiederholungen wird aber
statt quicunque nur qui wiederholt; z. B. quaecunque navis ex Asia,
quae ex Syria, tjuae u. s. w. (Cic. Verr. V, 56, J45).
Quis., wer; quid, was. Das Neutr. quid, was, fragend, von Personen,
in der Bedeut. wie geachtet, in welchem Zustande u. dgl., als Gegen-
satz von nihil, und ebenso ohne Frage quod, ist gut lateinisch; z. B.
was wärest du, wenn dieses nicht geschehen wäre ? q?iid esses — ? was
du gewesen bist, das bist du noch, quod fuisti, id adhuc es. Vgl. Liv.
XXX, 30 quod ego fui ad Trasimenum, id tu hodie es. — Wo jedocli
blos die Person berücksichtigt wird, heisst es qui; z. B. denke dir, du
wärest, was ich bin, d. h. an meiner Stelle, fac, qui ego sum, esse te
667
(Clc. Farn. VIT, 3). — Ueber quid und quod scribam liei dem Verb.
habere, vgl. Habere. — Quis est, qui — nii( dem hidicat. des folg.
Verl)! fragt nach der Person, welche das Folgende (hut; z. B. quis
est,quiea7n rem?iarrat? heisst kurz: wer erzählt dieses? aber quis
est, qui — mit dem Co/tjunct. ist rednerische Frage {ürnemo; z. B. quis
est, qui eam rem narret f wer (d. h. Niemand) möchte das erzählen?
Und so fragt quid est, quod — mit dem Indicat. nnr nach der Sache,
die Jemand thut, oder welche geschieht; z. B. quid est, quod ait Bai-
bus? was sagt Baibus? — aber quid est, quod — mit dem Conjunct.
fragt meistens nach der Ursache warum? z. B. quid est, quod uon
scribas? warum schreibst du flicht? Vgl. mehr darüber in den Gram-
matiken und unter Quis (nach Quire).
Quid dicOfWas sage ich? kommt zwar bei Verbesserung des Ge-
sagten vor, aber selten; z. B. Cic. Farn. II, 3, 1. Att. \\\ 13, 1. Orat.
II. 90. Weit öfter wird, weil dies lebhafter ist, blos das Wort, wel-
ches verbessert werden soll, wiederholt, und dann mit vorgesetztem
imo (oder noch lebhafter imo vero eiiam) das bessere und stärkere
hinzugefiigt ; z. B. bei Cic. (Sest. 52, 110): cui be?ie disit unqimm bono?
(was sage ich?) Bene dixit? imo, quem fortem et bonum civem non
petulantissime est insectatus? Att. XII, 43, 1 ferendus tibi in hoc error.
Ferendus? imo vero etiam adjuvandus. Vgl. die Ausleg. z. Cic. Catil.
I, 1, 2 und z, Ligar. §. 26.
Qvidni, warum nicht? wird bei einem folgenden Verb, im N. L.
mit dem Indicat. verl)unden, während es doch Kl. nur den Conjunct.
bei sich hat, in dem Sinne ivarum sollte nicht? Falsch sagt daher
Bentley (Horat. Serra. I, 5, 60): quidni emm plures codd. sequimur?
für sequamur ; Schneider (z. Xenoph. ()econ.l4,2): r[\ndm tov scripsit
Xenophon? für scripserit, — und so Andere.
Quidquid, Alles iras, was nur. Wiewohl darin schon der Begriff
Alles liegt, so kann doch im Hauptsatze id omne oder hoc omne fol-
gen: vgl. Cic. Fin. I. 19, 64; aber nicht omnia, was Jos. Scaliger einmal
gesetzt haben soll. Vgl. Sciopp. de stylo p, 107 und noch Einiges unter
Quisquis.
Quilibet bedeutet ein beliebiger, jeder wer es auch sei, tven man
will, ist aber nicht relativ und bedeutet nicht welcher nur, was qui-
cunque heisst. Mit Recht bemerkt daher Baumstark (z. Elog. Hem-
sterh. p. 94), dass Ruhnken nicht richtig sage: quamlibet artem tractet,
in der Bedeut. welche Kunst er auch treiben mag, für quamcunque
arte/n tractat.
Quin hat vielfache Bedeutung; unter Andern spricht davon weit-
läufig Hase in Reisig's Vorlesung, p. 575. — In der Bedeut. warum
nicht? ist es nicht das nach der Ursache fragende warum nicht? was
cur non heisst, sondern das aufmunternd fragende warum denn ?Hcht?
und kann daher nur in gerader Rede mit dem Indicat. gebraucht
werden; z. B. quin tu id poLius profers? warum bringst du denn nicht
lieber das vor? nicht nescio, quin tu id potius proferas? Vgl. Sciopp.
de stylo p. 111 und Heusing. Emendd. p. 482. — Ueber quin bei du-
bitare und ähnlichen Verb. vgl. Dubitare. — Kl. ist quin nach non
dubilare ; N. Kl. steht dafür der Accus. ?n. d. Infln. Beide aber gleich-
sam mit einander zu verbinden, ist lächerlich, wie es z. B. Pogiauus
(Epist. Vol. II, p. 272) thut, indem er sagt: No7i enirn dubito, fore,
668
quin nmlti resipfscant, was Lagomarsini mit Recht rügt; es musste
entvveder ohne fore blos heisseii: 7/ow diibilo, quin nmlti — , oder non
diibito forc, ul rmdli — . N. L. ist prope abesse, quin — , wovon unter
Prope die Rede war. — Ueber das falsche no7i posse non, quin — vgl.
Posse. — Da qi/in nach gewöiinlicliera Gebrauclie nnr auf einen ein-
facli verneinenden Satz folgt, so vermeide man es, quin auf non igno-
rare, negare non posse u. ähnliche folgen zu lassen, wie es freilich
Livius (XL, 36, 2) einmal tliut, welcher sagt: negare non poss?im,
qiiin rectius sif, für rectius esse. Falsch ist es aber auch, wenn Muret.
(Oper. T. I, p. 197) sagt: id esplicari aliter ?ion potest, quin — , da es
wegen aliler heissen müsste nisi. — Ueber quin in der Bedeut. Ja,
welches etwas Gesagtes steigert, und über imoin der Bedeut. j«, wel-
ches Etwas berichtigt und das Gegentheil des Vorigen angibt, vgl.
Weber's Uebungssch. p. ]00.
* Wenn Bunell. {Epist.'Kll)sagt: attu qitinne pluris emerem,praescripseras?
so stösst liier der fleissige Herausg'eber dieser Briefe, Hr. Graufl", mein lieber
ehemaliger Schüler, an, indem er (p. 720) sagt: Maynopcre dithito, mim usquam
reperiatvr quin ne; equidetn mimquam hr/ere mcmini. Quin bedeutet hier wohl
tvaruni nicht, also: warum hattest du mir nicht vorgeschrieben, dass ich sie nicht
theurer ka%ifen sollte! Es hängt also blos ne, nicht auch qxiin, von praescri-
pseras ab.
Quindecimus , der fünfzehnte , ist sehr <^. L. Form für quintus
decimus (aber nicht decimus quintus). -
Qninq?iagesies,fi/tifzigtnal, ist ^. L., vielleicht zweifelhafte Form
für quinquagies.
Quinquennis, fünfjährig, hat zwar keine HCL Auctorität, aber doch
j4. L. und N. KL, und ist wegen ähnlicher Formen nicht zu verwerfen
neben dem Kl. quinque annorum.
Quire, können, ist, wie nequire., nur wenig im Gebrauche. Beide
Verba braucht Caesar nirgends; er begnügt sich mit posse. In der
hessern Prosa kommen nur vor die Formen: q?/eo, queatn, queas, queat^
queant und queunl, und bei den bessern Prosaikern wohl nnr in nega-
tiven Sätzen. In allen Formen ist es durch posse zu ersetzen. — l)as
archaistische quitus sum (für potui) hätte Niemand im Ernst wieder
hervorsnchen sollen; doch hat es der gelehrte Causabonus, weil er
solche Wörter liebt, gethan; er sagt (zu Athen. D. Soph. V, 19): quia
videre quili non sunt, für 7i07i poluerunt.
Quis, wer? uni] q?iis?iam, wer de?i7i? werden nach strengem Ge-
brauche von 7nehr als zireie7i gebraucht, da dieser in Beziehung auf
zwei — uier fordert. Man beachte dieses, wenngleich hie und da
qnis für uter steht, wozu Fabri (zu Livius XXI, 39, 6) Beispiele ge-
sammelt hat. Man sage also nicht: •A\nh\^\i\\\\quaenam forma praestet,'
für utra,we\\\\ nnr von s/re/ Formen die Redeist; utramque lectionem
comparando patet, quae sit probabilior, für vtrn. — Ganz N. L. aber
ist quis oder quid ex his duobus, irer, was vo?i diese7i ziveien? wie der
gelehrte Fruterius (Mureti Oper. T. II, p. 56) schreibt, für utrutn ex
his. Vgl. auch Reisig's Vorles. p. 353. — Der Sing, quis kann aber nicht
wolil gebraucht werden, wo durchaus bei tver — Mehrere zu denken
sind ; z. B. es ist iwgeiviss, tver Griechenla7id zuerst bewohnt habe, nicht
quis oder qui prinais incoluerit, sondern qui pri7ni incolueri/it.
Quisqua7>i, Jemand, irgend Einer, steht fast nur in verneinenden
Sätzen, mag nun ein verneinendes Wort wirklich dabeistehen, oder
669
der Sinn des Satzes eine Verneinung enthalten; z. B. schätzest du
irgend Einen (queinquam) liöher? — er war gelelirter, als irgend
einer (quisquam) der üebrigen ; kaum wird es Einer (qiiisqtiani) wa-
^en. Und so heisst und Keiner — nee oder neque quisquam; und
Nichts — nee (tieque) quidquam. Man sage aber nicht für je mehr
Einer — quo quisquam mit dem Comparat., sondern quo quis oder
quisque; nicht ut quisquam, für tit quisque ; — auch nicht bei Anfüh-
rung eines Beispieles, wo quispium zu setzen ist; z. B. es ?nöchte Einer
sagen, dicat oder dixerit quispiam, nicht quisquam; sollte Einer oder
Jemand sein, si quispiam sit, nicht quisqi/am; wenn Einem das Schick-
sal Geld genommen hat, si cuipiam {nicht cuiquam) ademit. Vgl. weiter
über quisquam Grotefend's Commenlar. p. 298. Reisig's Vorles. p. 347
und was GraufFz, Bunelli Epist. p. 678 gesammelt hat; ausserdem noch,
wegen des falschen Gebrauches des Wortes, Frotscher z. 31uretiOper.
T. II, p. 331. 336 u. 421.
Quisque, Jeder, w ird nur in Beziehung auf Mehrere, nicht auf Zwei
gebraucht, A^ jeder vo7i Zweien — uterque heisst; und so unterschei-
den sich beide, wie quis von uter. Doch werden sie, wie diese, bisweilen
mit einander verwechselt, aber nur quisque mit uterque, was man
übrigens nicht nachahme. Vgl. Fabri z. Livius XXI, 39, 6. — Da quis-
que in den Vergleichungssätzen mit quo und dem Comparat. und mit
ut und dem Superlat. durch Einer oder irgend Einer übersetzt wer-
den kann, so brauche man es niclit falsch für quisquam, z. B. bei dem
negativen vix, wie man im N. L. z. B. liest: vix cuique est credibile,
kaujti ist es Einem glaublich, für vix cuiquam. — Das nur selten in
gewissen Fällen übertretene Sprachgesetz fordert bekanntlich, quis-
que 1) hinter den zu ihm gehörigen Superlat. zu setzen; z. li.fortis-
si/nus quisque, acutissimus quisque, nicht quisque fort., quisque acut.;
aber damit werde der Fall nicht verwechselt, wo der Superlat. das
Praedicat für quisque ist, wie in den Vergleichungssätzen: ut quisque
est optimus, je besser Einer ist; — 2) hinter das reflexive Pronomen
der dritten Person szius, sui, sibi, se, die Casus mögen in beiden sein,
welche sie wollen. Man sage also nicht: quo quisque discipulus natura
sua ducitur, wohin jeder Schüler von seiner Natur geführt unrd., wie
Mnhiie (Crito p. 279), sondern quo sua quisque discipulus — ; nicht,
wie Hemsterh. (Oratt. p- 67) sagt: dtim quisque suo se niodulo metilur,
sondern dum suo se quisque mod. met. ; nicht non quisque beatujn se
appellare potest, sondern 7ion polest se quisque beut, appell. — und so
ähnliche andere. Eine Ausnahme machen die Sätze mit ut quisque mnl
dem Superlat.; z. B. je jnehr Einer auf sich vertraut, ut quisque sibi
plurimum conßdit, nicht iit sibi quisque ; je tveniger Einer zu besitzen
glaubt, ut quisque juinimuni in se esse arbitratur, nicht ut in se quisque
minini. esse arbitr. Auch setzt Livins nicht selten vor suus das Pron.
quisque, wenn es mit grösserm Nachdrucke hervorgehoben werden
soll. Vgl. Fabri zu Livius XXI, 48, 2. p. 146. — 3) wird es hinter
ein zu ihm gehöriges Ordinalzahl wort gesetzt; z. B. quinto quoqtie
anno, in jedem fünf Len Jahre., d. h. alle fünf Jahre, nicht anno quoque
quinto oder quoque quinto anno. Man merke hierbei, dass man nicht
sagt: anno quoque oder quoque anno, in jedem Jahre, alle Jahre ; nicht
die quoque, an jedem Tage, alle Tage u. dgl., sondern singulia annis.,
singulis diebus; in jeder Nacht , alle Nacht , sirigulis noctibus. Vgl.
670
Zumpt's Aiif^. p. 101. — Auch wird quisque in den allgemein zu rerste-
heiiden Redensarten : 7iicht oder kaum der zehnte, zwanzigste, dreis-
sigste u. s. w. entfloh, wobei nicht an einen einzelnen bestimmten Men-
schen aus einer grössern Anzahl za denken ist, noch zu jener Zahl
hinzugesetzt, also vis decimus quisque, vix vigesimus quisque u. s. w.,
nicht ohne quisque. — A^. L. ist quisque a/ius, jeder Andere, für quivis
e medio nach Zumpt (Aufg. p. 103). In vielen Fällen muss quisque
auch (nach Dietrich) mit omnis vertauscht werden, wenn nemlich die
ganze Gattung und nicht ein Individuum bezeichnet werden soll; z. B.
jedes Thier strebt nach Einigem und meidet Einiges, omne animal
appetit quaedara (Cic. N. I). III, 13), nicht quodque animal; beim Aus-
stossen der Stitmne wird jeder Körper angestrengt, omne corpus, nicht
quodque corpus intenditur. Vgl. auch Cic. Off. I, 44 omne officium,
quod ad conjunctionem hominum valet. anteponendura est illi officio.
Und so wird auch quisque aus demselben Grunde nicht leicht mit der
Negation non verbunden. — Wenn Jeder (quisque) mit einem Relativ-
satze in Verbindung steht und Subject des Verbi desselben ist, so
wird es wohl gewöhnlich in den Relativsatz aufgenommen; z. ß. Jeder
wird in der Kunst, worin er sich auszeich?iet — , i?i qzio quisque artißcio
escellit, is — (Cic. Orat. I, 28, 130). — Nach Valla (Elegant, p. 53)
wird quisque in der Bedeut. Jeder, Alle, weder mit einem Posit., noch
mit einem Comparat. — ausgenommen in den Comparaiivsätzen quo
quisque, je mehr Einer — , sondern nur mit einem Superlaf. verbun-
den; man sagt also nicht bonus qziisque, boni quique, ?nelior quisque,
nieliores qnique, sondern nur optimus quisque, optimi quique, aber wohl
omnis bonus, omnes boni, omnes meliores. — Endlich heisst das Neu-
trum theils quidque, theils quodque, welche beide oft, auch in den
Texten der Alten, verwechselt werden; ^M«V/y?/e ist wohl gewiss nur
substantivisch, quodque aber nur adjectivisch, und es muss daher in
vielen Stellen eins in das andere umgeändert werden, wozu Madvig
(Cic. Fin. I, 6, 18) Beweise liefert. Vgl. über quisque auch noch Rei-
sig's Vorles. p. 348 u. 351.
Quisquis, jeder wer nur (auch); qnidquid. Alles tvas, hat in ge-
rader bestimmter Rede gewöhnlich nur den Indicat., nicht den Con-
junct. bei sich; dagegen wird im N. L. oft gefehlt, weil wir oft mögen
zusetzen oder den Conjunct. brauchen; z. B. iver es auch sein mag ;
es sei, wer es wolle, quisquis est, nicht sit; tvie es nur aufgenommen
werden ?nag, quoquo modo accipitur oder accipietur, nicht accipiatur
(Cic. Tusc. 1, 46, 110) ; ich bin begierig zu hören, tvas es auch sei, es
sei, was es wolle, quidquid est, nicht sit (ib. I, 47, 112) ; was nur der-
gleichen Leide sagen mögen, quidquid istius modi liomines dictitant
(dicunt), nicht dictitent, wie Mahne (Crito p. 313) sagt; was nur das
drückende Alter zurückgelassen haben mag, quidquid aetas — reliquit,
nicht reliquerit, wie Muret. (Oper. T. I, p. 359) sagt.
Quoad, in Betreff, in Rücksicht auf, mit einem Accusat., z. B.
animum, corpus, Ciceronem n. a., ist so selten in der bessern Prosa,
dass es nicht nachgebraucht werden darf; dennoch ist es im iV. L.
in dieser Bedeutung sehr gewöhnlich. Unsichere Spuren finden sich
nur bei Varro (R. R. I, 9)-' quoad culturam, und L. L. VIII, 23, 46.
p. 425 ed. Sp., p. 183 ed. Müll., wo Spengel und Müller bemerken,
quoad sei die gewöhnliche Lesart, aber alle Handschr. hätten blos
671
qiiod sexum, für quoad sexum; sonst sage Varro dafür quod ad oder
vollstäuflig quod atti'net od. Ausserdem findet sich mir bei Livius
(XLII, 6) quoad dkm, wofür die Kritiker quam ad. diem als wahr-
scheinlicher vermutheil. Kurz, quoad. ist in obiger Bedeut. zu verwer-
fen; wie dafür zu sagen sei, davon Einiges unter Quod. Vgl. auch
Reisig's Vorles. p. 460. — Ueber q?toad als Conjunction vgl. die Gram-
matiken und Reisig's Vorles. p. 538. — In der Redensart quoad facere
pvssum, so weit oder so gut ich kann, so weit es mir möglich ist, und
quoad fieri potest, so weit es möglich ist, schiebt man im bessern Latein
fast immer ejus nach quoad ein; der Modus aber ist immer der
Indicat. Vgl Weber's tiebungssch. p. 135. — N. Kl. ist quoad usque,
so lange als bis; doch findet es sich nur bei Suet. (Caes. J4) für das
Kl., aber auch seltene usque eo quoad, oder ad cum finem, quoad;
bei Sueton. aber wollte Oudendorp usque nach einigen Handschr.
streichen. Man vermeide beide, und halte sich an qtioad.
Quod (wahrscheinlich unabhängiger Accus, von qui) verbunden
mit st, cum und andern Conjunctionen, wie es Kl. häufig vorkommt,
steht nie zum üeberfluss oder Schmuck, wie Einige glaubten, welche
blos unser gewöhnliches gesetzt wen?i darin fanden, und sogar der
Meinung waren, man könne damit eine Schrift anfangen, wie denn
wirklich noch neulich Einer seine Abhandlung anfing mit den Worten:
Quod si ea, quae fiant, inspexeris u. s. w. Q7/od hat vielmehr stets Be-
ziehung auf etwas Vorhergegangenes und dient zur Anknüpfung einer
Folgerung, mithin zur Verbindung zweier Sätze, in der Bedeut. darum
(drum) wenn, wenn denn nun, gesetzt wenn nun. Wegen quod kann
aber dann nicht noch igitur. vero, autem dabei stehen, wie man es im
N. L. beigesetzt findet. Vgl. Klotz Sintenis p. 156. — Statt des ziem-
lich ungewöhnlichen eo quod, dadurch dass, braucht man mehr cum
(vgl. Anleit. §. 323) oder den Abi, des Gerundii, oder man drückt es
auf eine andere passende Art aus. Auch sagt man nicht bei einer Zeit-
angabe ex eo quod, seitdem dass, sondern entweder Kl. cum mit dem
Indicat., oder Ji. L. und N. Kl. quod, was man jedoch lieber ver-
meide; z. B. es sind nun acht Jahre, dass dieser Prozess währt, anni
sunt ocfo, cum — (Cic. Cluent. 30, 82) ; es ist ein Jahr verflossen, seit-
detn (dass), — an/ms est, cum — , wofür im N. L. fast mehr quod. ge-
braucht wird. Vgl. Hadriani Card. Observ. p. 107 und zu Mureti Oper.
T. I, p. 200 u. 284. — Quod in der Bedeut. wie weit, so viel (als) hat
immer den Conjunct., nicht den hidicat. hei sich, den man oft im
iV. L. findet; z. B. so viel ich weiss, quod sciam, nicht scio ; so viel ich
mich erinnere, quod meminerim, nicht memini. Vgl. Reisig's Vorles.
p. 536. — Die Redensart quod attinet ad aliquem oder ad aliquid end-
lich, was Einen oder Etwas anlangt.^ anbetrifft, in Bezug, in Betreff
Jemandes, ist zwar KL, wurde aber wegen ihrer Weitläufigkeit selten
und meistens nur in kurzen abgebrochenen Sätzen gebraucht, wie in
Cic. Top. 8,32 quod ad definitiones attinet, hactenus ; reliqua videamus.
W'enn attinet schon vorausgegangen ist, so bedarf es bei einer ähn-
lichen Fortsetzung nur der Worte quod ad, ohne das Verbum attinet,
wie bei Varro (L. L. VIII, 23, 44. p. Ih2 ed. Müll.): quod ad partes
singulas orationis, deinceps dicam, wo attinet zu ergänzen ist, da er
kurz vorher gesagt hatte: qttnre quod ad universam naturajuverborum
attinet, haec attigisse modo satis est. Man missbrauche daher nicht,
672
wie es im N. L. geschielit, dieses qjiod ad in der Bedeut. in Betreff,
tu Rücksicht auf. Ueberliaiipt Icaiin diese Redensart auf mancherlei
Weise vermieden werden, wie dies die neuen D. L. Lexica zeigen ;
datier liier nur Einiges. Oft passt de im Anfange eines Satzes; z. B.
in Betreff der Ferse, de versibiis — (Cic. Q. fr. II, 1, 3) ; aber in Be-
treff des Anto?iius,de Antonio vero (Orat. II, 1,3); aber in Betreff des
VatiniuSf de Vatinio autem (Fam. I, 9, 19) ; aber tvas dich selbst an-
laugt, de te autem ipso (Fam. VI, 1, 2) ; in Bezug auf Antonius habe
ich dir schon vorher geschrieben, dass er — , de Antonio jam antea tibi
scripsi, eum — ; bisweilen auch die Praepositt. a und ad; z. B. ihtn fehlt
Nichts, weder in Betreff seiner natürlichen Anlage noch des Unter-
richtes, nihil ei neque a natura neque a doctrina deest ; in Betreff der
Wahrheit bewundernswürdig, ad veritate?n adniirabilis; und wo wir
sagen: tvas das aribetrifft, dass — , sagt man meistens blos quod; z. B.
was deine Frage über die Parther anbetrifft, de Partim quod quaeris ;
in Betreff" deiner Frage über den Titel des Buches, quod de inscriptione
libri quaeris. Vgl. darüber auch Ochsner z. Eclog. Cic. p. 355. 356. —
Ferner: in dieser Rücksicht, hac in re, hoc in genere ; in beiderlei Rück-
sicht, utraque in re, utroque in genere. Vgl. Klotz z. Cic. Lael. 18. In
vielfacher Hinsicht, multis locis (Cic. Tusc. IV, 1, 1) — und mehr
dergleichen, wie es der Sinn fordert. Vgl. auch Weber's üebungssch.
p. 338 und was unter Respectus bemerkt ist.
Quodam7nodo, gewissermassen, passt nicht wohl in Bezug- auf ein
Subst., wo es den Sinn hat ei/ie Art von; dafür steht quidam; z. B.
jeties war gewisser müssen eine blinde Zeit von Sclaverei, fuit quoddam
caecmn tempus servitutis, nicht fuit illud quodamniodo — (Cic. Fam.
XII, 25, 6) — und so oft quidam mit dem Subst. verbunden.
Quomodo, wie, \\Gri\fi nicht falscli gebraucht; es passt eigentlich
nur da, wo wie so viel ist als azif welche Art und Weise. Unrichtig ist
daher z. B. quoniodo vocaris? wie heissest du? für quo nomine es? quod
nomen tibi est? qui vocaris? — wie freut es jnich, dich zu sehen! nicht
^//omof/o, sondern quam oder quanttiin 7ne juvat te videre! — Unser
verwunderndes wie wenn ? — heisst quid si? — ivie steht es oder wie geht
es? quid agis? — Oft steht auch ut; z. ß. wie sich die Sache verhält,
ut res se habet; sehen wir nicht., wie — , nonne videmus oder videmusne,
ut — und so in andern Redensarten. Vgl. D. L. Lexica.
Quomodocunque, wie nur, hat, wie alle mit cunque zusammenge-
setzten Wörter, gewöhnlich nur den Indicat., nicht den Conjunct. bei
sich, wenn wir auch das Verbum ?nöge?i zu Hülfe nehmen; z. B. aber
ivie sich auch nur diese Sache verhalten mag, quoniodocutiqf/e (utcun-
que) haec se res habet, nicht habeat, wie Mahne (Crito p. 228) sagt.
Quoque, auch, verbindet nicht zwei Sätze mit einander, sondern
bezieht sich im Satze nur auf ein einzelnes Wort oder auf einen ein-
zelnen Begriff, welchem es daher auch fast immer unmittelbar enkli-
tisch nachfolgt. Gegen diese Stellung ist im N. L. oft gefehlt worden,
wozu meistens das deutsche auch verführt. Nur selten finden sich in
der iiessern Prosa Abweichungen, die man übrigens nicht nachahme.
Vgl. Reisigs Vorles. p. 429. Incorrect ist z. B.: e,rrdi\\i quoque Muretus,
für Muretus quoque; hoc affert quoque Photius, für Photius qtioque;
similis quoque est ille locus, für ille quoque locus; huc trahenda quo-
que videntur vocabula, für vocabula quoque; huc dLCC^Aii quoque ^rtia-
673
clara vitae commendntio, für vitae quoqiie praecl. comm.; vehementer
quoqiie mirabantiir, für mir ab. quoque; conscius ]\m^\i\\v cum dativo,
qui quoqiie genitwo redditnr, für genitioo quoque. Dergleichen findet
sich sogar hei Muret. und Andern. Vgl. Mureti Opera T. I, p. 195 u.
384; T. II, p. 55. 105. 112 u. a., und Klotz Sintenis p. 166 u. p. 175. —
Daher ranss auch, wenn für sed etiam gebraucht wird sed quoque, vor
dieses quoque das gesetzt werden, worauf sich quoque (auch) bezieht;
z. B. iiicht allein durch Ruth, sondern auch durch Hülfe, sed auxilio
quoque. nicht sed quoque auxilio. Wenn jedoch zwei Wörter in genauem
Verbindung stehen, so kann quoque auch zwischen beiden und sogar
vor dem zweiten, dem Flanptworte, stehen; z. B. bei Liv. (XXIV, 18):
peciiniae quoque pupillares ; XL, J4 civitatem quoque suam. Dies be-
merkt sehr richtig Poppo. — IVennauch in der ^eAcwt. auch tvenn heisst
etiamsi, nicht si quoque oder si etiam. — Ueber is quoque, er auch, für
ebenderselbe, also idem, vgl. imter Etiam. — Selten und zu vermeiden
ist idem quoque, da quoque schon in idem liegt, wenigstens ist es wohl
ohne Kl. Äuctorität.
Quorsum und quorsus sind gleich gut, und es entscheidet daher
nur der Wohllaut über die Wahl des einen oder des andern. Im iV. L.
werden beide sehr gemissbraucht, da sie nach ihrer Bedeutung, wohin,
sich fast nur auf Verba beschränken, welche jenen Begriff zulassen,
wie evadere, ausgehen; spectare, hinsehen, abzwecken; recidere, aus-
fallen; pertinere und tefidere, reichen, sich erstrecken, — selten andere.
Ohne Äuctorität sind daher die Ausdrücke: quorsum necesse est, atti-
jiet, refert , irozu ist es nöthig, dient es, wo quid besser ist. Den Ge-
brauch beider kann wenigstens die Stelle bei Floraz (Sat. II, 7, 116):
quorsum est opus? nicht rechtfertigen; doch scheint Ruhnken (z. Mu-
reti Oper. T. II, p.316 [Var. Lectt. XXIII, 19]) dieser Ansicht zu sein,
indem er gegen Sciopp. (de stylo p. 165 [137] ), welcher Muret's
Worte: quorsus necesse est tadelt, zur Entschuldigung jene Stelle des
Iloraz anführt.
Quot, wie viel, wie viele, kann nicht neutral, für sich allein, als
Subst. gebraucht werden in der Bedeut. wie Vieles; dafür sagt man
quantum oder quam miilta ; unrichtig ist daher z. B. : quot in hac
caussa oraittenda sunt, wie Vieles muss — übergaiigen iverden, für
quam multa. Auch wird quot nicht gesetzt, wenn wie viele so viel be-
deuten soll als wie wenige-, in diesem Falle heisst es qiiotusquisque ;
z. B. wie viele Menschen findet man, deren Leben mit ihrer Bede über-
einstimmt! quotusquisque hominum est — ; auch nicht, wenn wievielzn
einer angegebenen Zahl noch unbestimmt beigefügt wird; dafürsteht
quotquot ; z. B. ivenn zwei oder mehrere Gesetze, oder wie viele es sein
werden, nicht beibehalten werden können, — aut quotquot erunt, nicht
aut quot (Cic. luv. II, 49, 145). — Wo wir sagen: wie Viele sind unser.,
sagt man quot sumus, nicht quot nostrum sunt — und so bei ähnlichen.
Quotidianus ; vgl. Diurnus. Nach dem dort Angegebenen bedeutet
vicius quotidianus — die tägliche, d. h. tagtägliche, alltägliche, alle
Tage wiederkehrende Kost und Nahrung, und hat keinen Bezug auf
die Nacht; aber victus diurnus ist theils die Kost für einen Tag. theils
in Bezug auf die Nacht, die Kost bei Tage. Wo diurnus mit quotidianus
gleich zu sein scheint, z. B. in Cic. Fam. IX, 2 u. XI, 8, mag vielleicht
diutinus richtiger sein.
43
674
Quott'escunque, tvie oft nur, hat in bestimmter Rede meistens nur
den Indicat., nicht den Coiijmict. bei eicli, welcher im N. L. häufig
ist ; z. B. ivie oft er mir auch schreibt oder schreiben mag, quotiescunque
mihi scribit, nicht scribat.
Quotf/uot, wie viele nur. In Rücksicht auf den Modus des dazu ge-
hörigen Verbi gilt dasselbe, wie für quotiescunque. — j4. L. und noch
von Varro gebrauclit ist quotquot armis, quotquot mensibus, für die
gewöhnlichen Ausdrücke quotamiis, in singu/os annos, quot mensibus,
in singulos menses u. a. Es ist nicht zu verwerfen und steht bei Varro
sicher, z. B. L. L. Y, 37. p. 15 ed. Müll.
Quotuples, wie vielfach, ist N. L. für quot.
Quum oder cum, da, als, weil. Bei dem Gebrauche dieser Con-
junction wird im Tempus und Modus oft gefehlt; das Regelrechte
lehrt jede gute Grammatik; ausserdem vergleiche man Reisig's Vorles.
p. 530; auch sind schon in Th. I, bei den Temporibus einige Fälle
erwähnt worden. — Als selten ist quum tarnen, in der Bedeut. da oder
als jedoch, zu vermeiden, da cum allein meistens genügt. Vgl. Dietrich
Sintenis p. 25. Kritz zu Sali. Catil. 35, 3 und Anton Progr. p. 62. —
Da nach den stylistischen Gesetzen der latein. Sprache der Nebensatz
nicht leicht die Periode anfängt, sondern in den Hauptsatz einge-
schlossen wird, so ist quurn igilur viel seltner als itaque quum, indem
durch diese Stellung itaque, welches zum Hauptsatze gehört, densel-
ben anfängt, und der Satz mit cum in denselben eingeschlossen er-
scheint. — Die unmittelbare Verbindung der Q, on']\\nci\on quian (cum)
mit der Praepos. c//m,also quum. cwm, wird zwar meistens durch Um-
stellung vermieden, kommt aber doch zuweilen vor, z. B. beiCic. (Ätt.
VI, 1, 13) : tum, quum cum Democrito tuo — . üeber quum (cum)
'tum, theils - theils, vgl. Stürenb. Cic. Arch. 12, 31. p. 164. Klotz Cic.
Cato p. 138 und z. Cic. Lael. 21, 76. Weber's Uebungssch. p. 521. Rei-
sig's Vorles. p. 421 und was GrauflF z. Bunelli Epist. p. 699 gesammelt
hat; ausserdem noch unten Tum.
R. r.
Rabidus, rasend, ist nur P. L. inr furens, furiosus, insatms u. a.,
wiewohl rabies KL vorkommt und sogar rabide appetens; daher mag
auch rabidus an passender Stelle nicht zu verwerfen sein.
Rabulista, ein Rabulist, ist N. L. für rabula.
Racematio, die Nachlese im Weinberge, ist sehr Sp. L. ; nirgends
aber findet es sich, wie im N. L., in der Bedeut. Nachlese im Allge-
meinen, auch in wissenschaftlichen Dingen. Einige Philologen lieben es;
es werde aber durchaus vermieden. — Ueber das ähnliche spicilegium
vgl. dieses Wort.
Radicalis, die Wurzel betreffend, ist N. L. für primigenius ; z. B.
syllaba radicalis, die Wurselsylbe, für primigenia.
Radicari, wurzeln, Wurzel schlagen., ist N. Kl. und nicht gut, für
radices agere; am wenigsten kann es in bildlichem Sinne gebraucht
werden. — N. L. ist radicaliter, von der Wurzel aus, mit der Wurzel,
für radicitus.
Radix, die Wurzel, ist in der bildlichen Bedeut. vom Fusse eines
Berges fast nur im Plur., radices, üblich, zumal wenn von einem sich
G75
ausbreitenden Berg^e, einer Bergstrecke die Rede ist. Nur selten steht
es im Sif/g., wo es aber passend ist bei dem Fusse von Anliöhen;
Cicero sagt z. B. radix Palatii, Fuss des Palatinischen Hügels.
Ramus, Zweige kann allerdings wohl nach dem Vorgange des altern
Pliiiius von dem Zweige, d. h. Theile eines Berges oder Gebirges ge-
braucht werden; aber gewagt möchte es sein, unser bildliches Zweige,
Brmichen einer Wissenschaft durch ramos zu übersetzen, da dies
aller Auctoritäi ermangelt; wenigstens müsste man es durch einen
mildernden Zusatz entschuldigen; sonst steht Aaiüv partes.
Ranula, das Fröschchen, ist Sp. L. und unnöthig wegen des KL
ranunctihis.
Rapinari, rauben, Räuberei treiben, ist iV. L. für rapere, rapinas
fncere. Hierbei kann bemerkt werden, dass in der bessern Prosa nie
der Sing, rapina, sondern nur der Flur, rapinae vorkommt.
Raptim, eile?ids, eiligst, kommt nur in dieser Positivform, auch in
Bezug auf das eilige Schreiben voi-, nie aber in einer Superlativforra,
raptissime, welche N. L. ist; unter Andern hat sie Buchner (Epist.
P. I, ep. 322) unter einen Brief gesetzt.
Raptor, der Räuber, kommt zwar nirgends Kl., aber A. L. und
N. Kl. bei Quintil. u. A. vor; jedoch ist es mehr P. L. — Neben praedo,
praedotor und direptor ist es übrigens nicht zu verwerfen, wiewohl ra-
ptor waritimtis, ein Seeräuber, für praedo maritimns, N. L. ist, und
raplor templi, ein Tempelräuber, nur Sp. L. bei Justin. (VIII, 2, 9)
vorkommt, für sacrilegus, oder mit den eben angegebenen.
Rare, selten, ist nur y4. L. und N. Kl. Form für die Kl. raro; ge-
radezu zu verwerfen aber ist das A. und Sp. L. rarenter.
Rarus, selten. Die Redensart rarus sum in aliqna re facienda ist
zwar vielleicht ohne Auctorität, und darum zu vermeiden; doch wird
sie geschützt durch die Analogie von assiduus, creber, frequens^
impiger sum in re facienda, ich thue Etwas oft, wie z. B. Cicero (Att.
1, 19, 1) sagt : in scribejido sum multo crebrior, ich schreibe viel häufiger.
Und so möchte wohl Muret. zu entschuldigen sein, dass er in einem
Briefe (Oper. T. II, p. 85) geschrieisen hat: in scribendo sum rarior. —
Aber N. L. möchte sein: rarus est in litteris (epistolis), ohne den Zu-
satz scribendis. Vgl. noch Assiduus.
Raster oder rastrum, der Karst, hat im Plur. rastri und rastra,
welches letztere aber nur selten vorkommt.
Ratificare,für gültig erklären.^ gut heisseti, ist B. L. für ratum
facere oder habere, auch (publice) affirmare, comprobare.
Ratio. Gut ist rationem habere alicujus rei, auf Etwas Rücksicht
nehmen, Etwas beachten u.dgl.; aber die Ablativ-Redensart ra^jowe
habita alicujus, mit Berücksichtigung Jemandes oder einer Sache, ist,
wenn sie nicht mit einem Verbo in Verbindung steht, N. L.; oft findet
man sie so auf Titeln, z.B. disputatio (liber, libellus) de imraortalitate
animorum habita inprimis ratione Piatonis, besonders mit Rücksicht
auf Plato, was ^Q^^n den latein. Sprachgebrauch ist. Auch bedeutet
der blosse Ablat. ratione, verbunden mit einem Genit., nicht in Rück-
sicht auf; man sage also z. B. nicht: haec diversa sunt ratione mate-
riae, in Rücksicht auf den Stoff, sondern entweder setze man den
blossen Ablat., materia, oder a materia (von Seiten des Stoffes), oder
43*
676
ad materiani, oder auch wohl ad ratwnem materiae, wie z. B. Cicer.
(Brut. 13) sagt: fontes ad iiostrorum annaliuin rationem veteres, ad
ipsoriim sane recentes, alt in Rücksicht auf unsere Jahrbücher, neu in
Rücksicht auf die ihrigen. Wenn also Ilemert sagt; ratione scholarum
graecarum^ in Rücksicht auf griechische Forlesungen, so wäre in
graecis scholis einfacher und besser gewesen. — Man vermeide ferner
den AbJ. 7iulla ratione in der Bedeut. auf keine Weise, d, h. kei?ies-
wegs, für nequaquam, da jenes vielmehr heisst ohne allen Grund.
Nicht gut schreibt daher Hemert (Ep. ad Wyttenb.); si ejusraodi quid
oblatum unquam fuisset, nulla id ratione accepissem, iür id nequaquam
accep. — Rationein habere wird zwar in der Bedeut. in Rechnung, in
Verkehr mit Jemanden stehen mit cum aliquo verbunden, aber man
sagt nicht: ratio est aliqua cum aliquo., sondern alicujus rei ; z. B. an-
ders verhält es sich rnit dieser Stelle, anders mit jener, alia hujus loci,
alia illius ratio est, nicht cum hoc, cum illo loco. — In Redensarten,
wie: iTi dieser Hinsicht oder Rücksicht, in beiderlei Hinsicht, in jeder
Hillsicht, ist ratio unstatthaft; passender ist meistens hac in re, hoc in
genere; utraque in re, in omfiibus rebus. — unter ratio loquendi ver-
steht der Lateiner eine Art und fVeise zu reden (vgl, Cic. Orat. 32),
nicht was wir unter Redensart verstehen, wofür man vocabulum oder
das fremde phrasis brauche. Eben so wenig ist ratio cogita?tdi oder
sentiendi unser Denkiveise, was man besser durch ingeriium, animuSy
sensiis ausdrückt; und ratio agendi nicht unser Handlungsweise, was
durch mores, actio oder agere zu übersetzen ist. — ,0b rationem ha-
bere überall anwendbar ist, wo wir sagen: auf Etwas Rücksicht neh-
men, Etwas berücksichtigen, ist zu bezweifeln. Endlich, wenn ratio —
Verstand heissen soll, so gibt es nach Heusing. (Eraendd. p. 427) keine
ratio sajia, caeca,corrupta, aber wohl eine recta ratio, sana ?nens,san-
itas; wieder zur gesunden Vermmft kommen heisst nicht ad sanam.
rationem redire, sondern ad sanitatem redire (Cic. Fam. Xll, 10), ad
sa?iit. reverti (Caes. B. G. 1,42), ad satiam mcntem redire, und zur
Vernunft, auf gesunde Gedanken bringen heisst ad sanitatem perdu-
cere. Vgl. Sanitas.
Ratio fiabilis, vernünftig, ist, wie ratiojialis, ein N. Kl. Kunstwort
in der Philosophie, aber weniger üblich und beglaubigt, als rationalis,
welches letztere als Kunstwort beibehalten werden nuiss, z. B. theo-
logia rationalis ; dagegen heisst vernünftig, verständig, im gewöhn-
lichen Sinne, rationis particeps, ratione utetis.\gi. auch Irrationabilis,
— Als Adv. sind Sp. L. rationabiliter und rationaliter ; meistens sind
dafür rede, ratio7ie, cu?n oder ejc ratio?ie zu brauchen. Endlich wenn
verständig, vernünftig so viel ist als mit Vernunft, auf vernünftige
Weise, so passt meistens ratione oder cum ratione, und überhaupt
nehme man ratio zu Hülfe; z. B. vernünftige Ausweichung, declinatio
si cum ratione fit (fiel) — (Cic. Tusc. IV, 6, 13); vernünftige Einthei-
lung, ratio et distributio (Q. Cic. petit. cons. 1).
Ratis bedeutet in Prosa nur Floss, P. L. Schiff, für navis.
Raucedo, die Heiserkeit, ist ganz Sp. L. für raucitas.
Raucescere, heisser werden, ist N. L. für raucum fieri.
Ruvis., die Heiserkeit, ist A. u. Sp. L. für raucitas.
Reaciio, die Wechsel- oder Rückwirkung, ist A'^. L. für actio reci-
procu; — ebenso mi reagere N. L. für vicissim agere.
677
Reaedißcare, vneder mijhanen, ist Sji. L. für denuo aedißcare (exae-
dißc'ire), reficere, restituere.
* Es stand aucli soast bei Cicero und Livius, beruhte aber auf falschen
Lesarten.
Realis, reell, wirklich, in der That, ist N. L.; man vermeide es
dui-fh res oder verus; — ebenso ist das Ädv. realiter JV. L. für re, re
Vera, re ipsa und das Kl. reapse, was Cicero liebt.
Rebellare, was erst bei Hirtius und Livius, nie aber bei Cicero und
Caesar vorkommt, und zwar nur in dtr Bedeutung den Krieg er?ietiern,
wieder anfangen, sich wieder empören, drückt nicht unser rebelliren,
sich empören aus, da dies ohne allen Be^ritF einer Wiederholung ist;
es werde daher in dieser Bedeut. durchaus vermieden durch bellum,
tumultum, seditionem movere. Ebenso bedeutet rebellio, was schon
Caesar einigemal braucht, nur eine Kriegs- oder Aufruhrs- Er 7ieuerting,
nicht aber unser Rebellion, Aufstand, Aufruhr, wo an Krieg und frü-
hern Aufsta?id nicht gedacht wird ; man vermeide es daher in der
Bedeut. Aufruhr durch seditio, motus, tumultus. Ganz unbrauchbar
sind die Formen rebellium (bei Livius, aber zweifelhaft) und rebel-
lutio (bei Tacitus u. A.). — Das Adject. rebellis, sich empörend, auf-
rührerisch, ist, ausser bei Tacitus, nur P. L. für seditiosus, tumul-
tuosos, rebellans. Endlich brauchen Livius und Ovid. rebellatrix als
Beiwort weiblicher Subst., jener von provincia, dieser von Germania;
es möchte aber gewagt sein, es zu einem Neutro zu setzen, wie zu Bel-
gium (Belgien, Holland), was Valcken. (in Oratt. p. 187) gethan hat:
juste rebellatricis Belgii, für rebellantis, da es ohne alte Auctorität ist.
Recapitulare, Etwas einzeln, nach de?i Hauptpunkten triederholen,
ist ganz Sp. L. für rerum lapita summatim repetere, decurrere oder
repetere per capifa, summa rerum capita oder blos potiora repetere.
Als subst. Ausdrücke gebrauche man orationis enumeratio, rerum re-
petitio, dictorum quam brevissima repetitio.
Recens als Adverb., in der Bedeut. vor Kurzem, soeben, 7ieu, ist
nur A. L. und steht N. Kl. bei Sueton. und Tacitus, für modo, nuper-
es werde nicht nachgebraucht, wie es dennoch im N. L. geschieht;
Wyttenbach z. B. sagt (Vita Ituhnk. p. 112 []28]): Ruhnkenio recens
in cathedra posito; ib. p. 113 (129) : recens advenam, wo auch die
Verbindung mit ar/re;/« auffallend ist, und ebenso Mahne (Crito p. 257):
multi recens advenae, was keine Auctorität hat.
* Ob auch die Worte des Livius (II, 22, 4) : recens ad Regillum lacum
accepta clades — dafür Auctorität sein können, ist zu bezweifeln, da die Hand-
schriften in recens vielfältig abweichen und man überdies recens auch mit dem
Subst. clades verbinden kann, was freilicli Drakenborch und Andere nicht thun.
Rece7?sere steht wohl schwerlich irgendwo bei einem Alten in der
wissenschaftlichen Bedeut. etwas Geschriebenes beurtheilen, durch-
musterti, recensiren ; man sagt dafür judicare, Judicium facere de aliqjia
re, in Judicium vocare aliquid, cognoscere (Plin. Ep. VIII, 21, 6) und
recognoscere aliquid. Ebenso vermeide man recensio, die Beurtheilung,
durch Judicium, recognitio, censura.
* \Vorauf sich F. A. Wolfs irgendwo gemachte Bemerkung stützt, dass
librum alicujus scriptoris rccensere melir sei, als recognoscere, weiss ich nicht;
nach seiner Meinung wird recensere nur von dem Kritiker gesagt, welcher nach
Handschriften durchsieht und verbessert, recognoscere aber bezeichne nur eine
genaue Durchsicht ohne Hülfe neuer Handschriften; jenes sei eine recensio, dieses
eine recoyniiio.
678
Recentare kommt mir einmal als j4. P. Wort vor, für renovare,
i?istatirare, wie unser auffn'scheTi ; es ist (iaher nicht wohl nachziibrau-
chen, was dennoch Valcken. (Opusc. I, p. 257) gethan hat.
Jiecente?; neu, ist Sp. L. für juiper, modo; vg^l. Recens.
Receptator, der Einen aufnimmt, steht gewiss erst N. Kl. beiFlorus
und ist ohne Werth für receptor. JNicht ganz zu verwerfen ist es da-
gegen als Sp. L. Name des Einnehmers, für das früher gebräuchliche
coactor.
* Es steht auch in den gewöhnlicheu Ausgaben und Handschr. in Cic. Milon.
19, 50, wo aber jetzt aus den bessern Handschr. von Steinmetz, Klotz und Freund
receptor aufgenommen ist; ebenso in Yerr. IV, 8 das weibliche receptrix.
Recepttnn, das Recept, d. h. was der Arzt iwr geschrieheu hat, ist
erst N. L. Von dem Arzte, der Etwas verord?iet, vorschreibt, hiess es
praecipit (Geis. III, 18), conscribit (Cic. Leg. II, 5, Vd).,jubet,imperat,
und die ärztlichen Recepte \\\e^^en praecepta (Cic. 1. c.),jussa (Ovid.
Her. XX, 133), auch wohl imperata. Vgl. ül)er jene Verben die Lexica;
ausserdem die Ausleger z. Terent. Andr. III, 2, 4. Ruhnkea in seinen
Dictaten zu Ovid's Stelle, und oben Praescribere.
Recessus, das Zurückziehen, der Rückzug. Sehr selten wird es
von dem Rückzuge eines Heeres gebraucht, wo das fast stehende
Wort receptus war; daher hiess auch zum Rückzuge blasen — receptui
caiiere, nicht, wie im Sp. L., recessui.
Recidere, zurückfallen, scheint für unser Recidiv bei einer Krank-
heit Kunstwort zu sein; daher recidere in morbum, ein Recidiv be-
kommen, was bei Celsus oft und l>ei Livius u. A. vorkommt. Cicero
braucht einmal (Fam. XII, 30, 2) dafür de integro incidere in mor-
bum; Celsus auch morbus recrudescit. Rückfälle heissen bei Cicero
novae tentatioties niorhi.
Recipere, aufnehmen; — Einen irgendwo (irgendwohin), nicht nli-
quem in aliquo loco, sondern in aliquem locum, z. B. iti castra (im ha-
ger), in nrbem (m der Stadt), in domum oder domum (in seinem Hraise),
nicht domi ; bei sich, ad se, nicht ap?/d se (Caes. B. C. II, 20, 5). Jedoch
wird es auch mit dem Abi. verbunden, aber ohne in, z. B. j/rbibus,
teciis, sedibus. Daher wird tco durch q?/o, nicht durch nbi; dort durch
eo, nicht durch ibi oder illic ausgedrückt. — Ohne Auctorität ist reci-
pere alicujus sententiam. Jemandes Meimwg annehmen, was Muret.
(Oper. T. I, p. 127) braucht, von Matthiae aber verworfen wird, für
probare sententiam., ire in se?ftent., assentiri alicujus sententiae. —
Ueber recipere und suscipere aliquid. Etwas übernehmen, vgl. Hand's
Lehrb. p. 244 und dagegen Eilend t z. Cic. de Orat. p. 222.
Reciproce, wechselseitig, findet sich im N. L. nicht selten für in-
vicem, vicissim, mutuo. Das Adj. reciprocus, in der Bedeut. gegen-
seitig, tvechselstitig, ist N. Kl. und s'reht nur beim altern PJinius ; über-
haupt ist es sehr selten für ?nutuus. Iti der Grammatik ist es Kunstwort.
— JNur das Verb, reciprocare ist Kl. in der Bedeut. vorwärts und
rückwärts wenden, sich ivech»elnd zurückwenden.
Recitare findet sich in der Bedeut. hersagen, ausivendig sagen
erst N. Kl. beim altern Seneca (Controv. I. praef. p. 64 ed. Gron.),
Celsus u. A., während es Kl. bei Cicero, Caesar, Livius und auch noch
später nur ablese?!., vom Papiere vorlesen, bedeutete, gleich legere.
Dies hat zuerst J. Schultins: zu Seneca's Stelle bemerkt. Und so be-
679
deutet recitatio Kl. nur das Vorlesen, eine Vorlesung des Geschrie-
benen (oder Gedrziekten). In jener N. Kl. Bedeut. sage man dafür es
memoria expofiere oder ?ne?noriter dicere, mem. prominciare, und für
recitatio, die Vorlesung, wenn sie eine freie, weniger vom Papier ab-
gelesene ist, wie sie wenigstens die der Universitätslehrer sein rauss,
8age man schola. Demnach hätte man denn aucli das Verzeichniss der
Vorlesungen auf Universitäten nicht indicem recitutionum nennen
sollen. Vgl. Collegium und Praeleciio. — N. L. ist recitator, der Vor-
leser, für lector.
Recogitare ist in der Bedeut. zurückdenken N. L., für memoria
aliquid repetere, memoriam alicujns repetere, recordari ; aber recogi-
talio, die fViedererinner?ing, ist N. KL, findet sich jedoch nur einmal
bei Rutil. Lup. (I, 21), für recordatio.
Jiecommendare, e7npfehlen, findet sich, aus dem Französischen ge-
nommen, im N. L. nicht selten, wo mau sogar litierne recomtnenda-
toriae, Recommendations- Schreiben ., sagt. Die neuern latein. Lexica
kennen dieses Verbum nicht; in altern wird es ans Pliaedri Fab. L. II,
prolog. 6 angeführt. Doch darf es dort nicht recommendatur heissen,
sondern in zwei Wörter getrennt, re commendatur, wozu als Gegensatz
folgt non auctoris nomine. Vgl. auch Vorst. latin. mer. susp. p. 209.
Eben so wenig kann recommendatio für commendatio gebraucht werden.
Recompensare , vergüteti, wieder vergelten, ist, wie das vorher-
gehende, aus dem Franz. entnommen und N. L. für compensare, re-
?mmerari; — ebenso recompensatio , für compensatio, remuneratio.
Vgl. Vorst. I. c.
Reconciliare, wieder versöhnen, aussöhnen, vereinigen; — Einen
oder Etwas mit Jemanden, ah'quem oder aliquid (z. B. animum, volun-
tateni) alicui, nicht cum aliquo; auch wird dafür gesagt gratiam ali-
cujus reconc, redire cum aliquo in gratiam ; auch se reconciliare alicui,
sich mit Einem aussöhnen, nicht cu7n aliquo. Das Subst. reconciliatio
bedarf in der Bedeut. fFiederversöhnu?2g mehteus den Geint, gratiae,
wenn diesen nicht der Zusammenhang unnöthig macht; ausserdem
sagt man reditus in gratiam.
Recondere, verbergen, verstecken, mird meistens mit in und dem
Accus., selten mit in und dem Abi. verbunden. Vgl. oben Condere und
Reisig's Vorles. p. 72ö.
Reconvalescere, tvieder gesund werden, ist N. L. für convalescere ;
ebenso reconvalescentia.
Recoquere. Die bildliche Redensart se recoquendum dare, sich von
Neuem bildem lassen., kann ohne das beigesetzte velut dem Quintilian.,
bei welchem sie sich allein findet (Cicero se Apollonio Molo?ii rursus
formandum ac vehit recoquendum dedit), nicht nachgebraucht werden;
31uret. wendet sie einmal richtig an (Oper. T. I, p. 294): seque illi
cottiwx quasi recoque7idum ei expoliendum daret, ein andermal aber
(T. 11, p. 104) nicht gut, weil das mildernde Wort fehlt: ut ibi se —
philosophiae magistris recoquendos darent.
Recordari, ins Herz zurückrufen, sich erinnerii, wird bei Saclwn
fast nur mit dem Accus.., al/quam rem, verbunden, höchst selten mit
dem Genit., alicujus rei: bei Personen findet sich nur de aliquo, in
Rücksicht auf Einen. Man sage also nicht: recordare mei, eri?t?iere
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dich ?netner, sondern de me. — Bei sich überdenken helsst secnm re-
cordari, und in seinem Herzen überlege?! — cum anlmo recordari.
Recreatio, die Erholung, Erquicktwg, ist, wiewohl es nur N. Kl.
beim altern Piinius vorkommt, neben refectio und restitutio nicht zu
verwerfen.
Rede ist zwar für sich allein, als Antwort auf eine Fra^e, gut und
KL, aber nicht als Zusatz zu etwas Gesagtem, wo man vielmelir et
rede (Cic. Tusc. V, 41) oder idque rede, und negativ neque injuria
(Plane. 1), 24) sagt. — Man sa^t aber nicht: rede est cum aliqno, es
geht oder steht gut mit Jemanden, sondern de aliqzio oder apud aliquem,
Reditudo, die Geradheit^ Billigkeit, ist sehr Sp. L. und durchaus
zu verwerfen für aequitas, reda ratio. Seltsam brauchte es Muret.
(Oper T. III, p. 241 ed. Kuhnk.), indem er sagt: a reditudine abdu-
ceremur, für a redo itinere, wie auch Ruhnken zu schreiben räth.
Redor ist, zumal mit dem Genit, scholae oder ludi litterarii in der
Bedeut. der Erste der Schule, nicht zu verwerfen, da regere, redio
und rector selbst die gewöhnlichsten Wörter iur regieren, lenken, ver-
walten sind, und da sogar bei den Römern der Dlctator auch redor
rei publicae hiess, und in der Kaiserzeit der Gouverneur der kaiser-
lichen Prinzen — redor juventae imperatoriae genannt wurde. Man
kann es also unbedenklich brauchen, wiewohl auch praefedus nicht
unpassend ist. Neu sind dagegen die Wörter rectoratus und redura,
welches letztere übrigens nach Praetura und Quaestura gut gebildet
ist; man wähle aber lieber munus oder potestas redoris, oder prae-
feduru, gubernatio, redio scholae.
Redus, a, um, recht, richtig, gerade, passt oft nicht, wo wir recht
brauchen, z. B. bei locus. Ort, und tempus, Zeit; der rechte Ort heisst
uicht redus, sondern opporttinus locus, auch blos locus, wie bei Cic.
(Sest. 37, 80): non percussit locum, er traf nicht den rechten Ort (um
ihn zu tödten); am rechte?? Orte, gehörige?? Ortes, loco opport/mo,
vero (Cic. Rep. 1, 3), suo, auch hlos loco, z. B. verba loco ponere (Cic.
Orat. III, 38, 153); non loco dicitur (Inv, I, 21, 30); am tinrechten Orte,
alie??o loco; 7iach dem rechte?? Orte hii?, i?i locu??i (Off. III, 9, 2). Vgl.
über loco Ochsner z. Eclog. Cicer. p. 857. — Ebenso heisst die rechte
Zeit, nicht red?im, sondern opportu?i?im, coi?tmodu??i, idn?ief/m tempus,
auch blos tempus; zur rechte?? Zeit, te?npore oder s?io ie??ipore (Cic.
Partit. 3), ad te??ipus (Cic. Att. V, 15, 3), opport?me. Ueber in tem-
pore vgl. Grauff" z. Bunelli Epist. p. 670. — Auch sagt man nicht: er-
rante?n i?i rectum via??i revocare, ai?f den rechten Weg leiten, sondern
i?i viam revocare ; auf den rechten fVeg zurückgehe??, in viam redire
(Cic. Phil. XII, 2); vom rechte?? Wege abgehen, abweichen, abirre??, de
via decedere, defledere, via er rare. — A^. L. ist: ??iihi rectu??i est, es
ist mir recht, es gefällt ?iiir, für ?nihi co??i??iodii?ii est, no?? gravor ; es
scliei?it ?nir recht, mihi videtur. Endlich ist rectum est mit folg. ?it, es
ist recht, dass — , N. L. für rediwi est m. d. Acc. c. Inf. Vgl. Cic.
Off. I, 38, 137.
Recudere ist von Freund im Lexic. gar nicht aufgenommen wor-
den, da es wohl ohne alte Auctorität ist. Im N. L. ist es eins der
Verba, welche, wie excudere (wovon oben die Rede war), vom
Bücher drucke?? oder nnederdr??cken gebraucht werden : liber rccusuSf
ein wiederholt abgedrucktes Buch; und selbst Muret. (Oper. T. II,
681
p. 177 ed. Fr.) sa^t: totiim refin^i oc recudi viilt, wobei, was aiiffal-
ItMid ist, Riiliiiken JNichts bemerkt. Man brauclie das Wort nicht nach.
VgJ. hnp? imere.
* Nie. Perottus, aus dessen Lexic. es in spätere übergegangen ist, führte es
mit der Auetorität Varro's an, welcher gesagt habe: ut ii solent, qiii vetera me-
talla recudunt; doch finden sicli diese Worte nirgends bei Varro. Wenn sie acht
sind, so schrieb wohl Varro recohint, d. li. ivelche die alten Beryiverke wieder
hauen, wie Livius (XXXIX, 24) sagt: metalla vetera intermissa recohdt.
Recusare, sich weigern, hat KL ein Verbum theils im Infinit., theils
mit 7ie bei sich, und non recusare auch quin.
Redamare, wieder lieben, in dem Sinne von gegenseitig lieben^
kommt nur einmal bei Cicero vor, und zwar mit dem Zusätze: ut ita
dicmn, gleichsam als ob er sich gescheut hätte, das Wort zu brauchen,
obgleich in der Bildung und Bedeutung nichts Auffallendes liegt. Noch
merkwürdiger aber ist, dass es dem Cicero keiner der Folgenden
nachgebraucht hat; Neuere haben sich nicht gescheut, es zu thun,
z. B. Manutius (Ep. IV, 19): nisi te nostri amantem redameni. Man
vermeide es durch mutuo amore complecti, amorein reddere, mnori ali-
cujus respondere, oder, wenn man es brauchen will, setze man hinzu:
ut Ciceronia?io verbo utar.
Redarguitio, der Tadel, Verweis, ist N. L. für reprehensio, refutatio.
Reddere lässt in der Bedeut. machen theils nicht alle Adjectiven
als Praedicate eines Objectes zu, weswegen man ohne gute Auetorität
keines willkührlich damit verbinden kann, theils kommt es weniger im
Passiv, in der Bedeut, gemacht werden oder werden vor, inr fieri. 3Ian
sagt z.B. nicht: aliquem certioreni reddere. Einen benachrichtigen,
sondern/flcere,und im Passiv.^e/-?*; nicht reddere aliqiiid verisimile, Et-
was wahrscheinlich macÄeyz, was Weber (Uebungssch. p. 323) verwirft,
sondern denw?istrare, studere probnre ; nicht aliquid promptum reddi
oder redditum esse nach Klotz (Sintenis p. 162), sondern fieri prom-
ptum, obgleich im Activ. reddere aliquid facile ac promptum richtig
sei, — und so wohl noch bei andern. — Gut und Kl. ist aliquem ex
aliquo aliquem (aliquid) reddere. Einen axis Einem (Etwas) zu Einem
(KtuHis) machen, z. B, bei Cic. (Inv. I, 2, 2): homines es feris et ini-
manibus milcs reddidit et inaiisuetos. — Man merke noch, dass red-
dere aliciti epistolam wohl nicht bedeutet Einem eine Antwort schicken.
Einem antworten., was respondere , rescribere heisst, sondern Einem
einen Brief zustellen; reddere wird von dem Ueberbringer, nicht von
dem Verfasser eines Briefes gesagt. Vgl. Anton. Progr. p. 44, und über
reddere par pro pari vgl. Par.
Redintegratio, die Erneuerung, Wiederholung, steht A^. Kl. bei «lern
Verf. der Bücher ad Herenn., sonst ist es nur Sp. L. für integratio,
repetitio u. a. Gut alier ist das Verbum redintegrare.
* Es stand aucli früher in Terent. Andr. III, 3, 23, wo aber jetzt integratio
gelesen wird.
Reditns kommt in der Bedeut. Einnahme, Einkünfte zwar nicht
bei Cicero und Caesar, aber bei Corn, Nep. und Livius vor, und war
später das gewöhnliche Wort; es ist um so weniger zu verwerfen, da
Cicero das Verbum redire schon in dem Sinne unseres einkommen
braucht. — Einkünfte des Staates heissen bei Cicero vectigalia; aber
nur selten wird die Einnahme von eignen Gütern so genannt (Cic.
Att. Xll, 25), häufiger steht dafür reditus imPlur. (Cic. Q. fr. 1, 1,34),
682
nixl was Cfrero (Parad. VI, 1) durch suis frnctibvs ausdrückt, nennt
Pliniiis (N. H. XXXllI, 10) reditvs a/mnus. Vgl. aiichSciopp. de styio
p. 152 (127). Gleich AI. ist wohl reditiis in patriam und reditus pa-
triae; reditus in ^ratiam (die Wiederversöhnnng) und reditus gratiae.
— Das Zurückgehen in der mililär. Bedeut. Rückzug eines Heeres
heisst nicht reditus, sondern receptus, so wenigstens der durch Noth
erzwungene Rückzug.
Redolere alicjtiid, nach Etums riechen, in der bildlichen Bedeut.
zu erkennen geben, merken, bemerken lasse?i, wird bei Cicero u. A.
nur im Scherz und Spott gebraucht, und nur so dürfen auch wir es
brauchen.
Redonare, wieder-, zurück schenket?, Ut P. L. für remnnerari.
Reducere, zurückführen. Zu bezweifeln ist vires reducere , die
Kräfte wieder zurückf, für recreare, reficere, restituere.
Reduplicare, wieder verdoppeln, ist N. L. und nur die Form re~
duplicatus findet sich im Sp.L. ;m^n sage dafür iteruni duplicarey
geminare, conduplicare. Eben so N. L. ist rednplicatio, die Wieder-
verdoppelung, für repetita geminatio oder duplicatio.
Refectio ist, in welcher Bedeut. es sei, zwar N. KL, aber nicht zu
verwerfen, zumal da reficere Kl. ist; in der Bedeut. Erholu?ig %\nA KL
relnxatio und remissio und das Verbum se confirmare. Dagegen ist das
Snbst. refectus Sp. L.
Refectorium, der Speisesaal, ist N. L. für coejiatio, coenaculum.
Referre kommt nach Madvig (zu Cic. Fin. II, 30, 97) vor Livius
und den Folgenden zwar noch nicht in der Bedeut. erzählen, melden,
berichten vor, gleich narrare,dicere, exponere, ist aber durchaus nicht
zu verwerfen, mögen auch jene Wörter, sowie noch scribere, tradere,
memorare, ouctorem esse, es hinlänglich ersetzen ; ja selbst bei Cic.
(Att. VIII, 1. ep. ad Pompej.) bedeutet offenbar alicui aliquid referre.
Einem Etums melden. — In der Bedeut. Jemanden in oder unier Et-
was setzen, rechnen, zählen sagt man referre aliquem in aliquid, in ali-
quos, selten mit in und dem Ablat., z. B. in deos, in proscripios, in se-
lectos j?/dices, i7i tabulas, i?i codicem ; ebenso mit in numerum, selten
in numero, mit d. Genit., z. B. unter die Götter, jinter die Redner, in
numerum deorum, oratorum u. a. (Cic. Brut. 86, 297 u. a.). — Etwas
auf Etums richten, beziehen, iverfen heisst referre aliquid ad aliquid
(aliquem) ; z. B. omnia refert ad voluptatem ; Einen um Etwas be-
fragen. Einem Etwas (zur Berathung, Ueberlegung) vortrage?i, re-
ferre ad aliquem aliquid oder de aliqua re; datier der stehende Aus-
druck: aliquid ad senatum referre, aber nie ad populum referre, son-
dern blos/e/re, weil das Volk nicht dabei zur Berathung gezogen wird.
In Verbindung mit er/ /jo;;?//m//i passt nur dann referre, wenn es für
rursus oder denuo ferre, zum zweitenmal vortragen, steht, wie bei
Cic. Cluent. 49, woher vielleicht aus Missverständniss Muret. (Oper.
T. IV, p. 9 ed. Rnhnk.) ad populum referre für das blosse /er^-e braucht ;
daher bemerkt Ruhnken gegen ihn: Latinitas postulat ye/ve ad po-
puhim, referre ad senatum; nee moveor exemplis, qnae pro referre
ad populum attulit Ernestus Clav. Cic. v. Referre. — Daher heisst
auch dem Kriegsrathe vortrage?!., referre ad consilium. Und so wird
denn, bei der Anwendung dieser beiden Verben, referre beim Vor-
trage einer Sache an ein Collegium oder an eine Conferenz , z.B.
683
der Professoren, passend sein, shorferre beim Vortrag'e an eine T'er-
sa7]i7iilu?/g, z. B. der Schüler, wiewohl im Sp. L. dieser Untersrliied
nicht beachtet wird. — N. L. ist culpam referre in aliqnem, die Schuld
auf Jemanden werfen, für cnipam iransferre, conferre, injicere in ali-
qiieni oder alicni attribuere. Gleiches mit Gleichem vergelten Iieisst
par pari referre, nicJit par pro pari referre, wie bei Terenz in einer
vor Bentley fehlerhaften Stelle steht, ebenso wie man paribus paria
reddere (Cic. Orat. 49, 364) sagt. Vgl. Par und Pro. — Den Sieg
über Jemanden davo?itragen heisst referre victoriam ex oder ab ab'quo;
docli kann letztere Verbindung nicht wohl passiv, angewandt werden,
da z. B. victoria a Romanis relata est doppelsinnig wäre. Vgl. Sciopp.
Infam, p. 134 und Vorst. latin. mer. susp. p. 95.
Refert., es liegt daran, koinmt daraiif an., ist von Bedeutung, wird
Kl. nur mit mea, ttia, sua,nostra,vestra und mit den Genitiven illorum,
ipsorum verbunden, aber nicht mit dem Genit. anderer Subst., z. B.
patris, parentum, principis, wie man solche im A^. L. dabei findet; noch
viel weniger aber mei, tut, sui, nostri., vestri, wie z. B. Jos. Scaliger
(Epist. 11, 125) schrieb : mei et illius non parvi refert enm monere.
Refertus, voll, angefüllt , wird bei Personen gleich gut mit dem
Genit. und mit dem Ablat. verbunden, bei Sachen aber vielleicht nur
mit dem Ablat.
Reflectere, was nur zurückbeugen, zurückwenden bedeutet, ist in
der bildlichen Bedeut. auf Ettvas Rücksicht nehmen, auf PJtwas ach-
ten, reflectiren, verbunden mit ad oder in aliquid, N. L. Ebenso ist
reflescio, was ohnehin erst Sp. L. ist und Ztirückbeugung bedeutet, in
dem Sinne unseres Betrachtung, Beobachtung, N. L. Man brauche
considerare, contemplari, reputare, rcspicere, rationem habere, animum
advertere u. a.; consideratio, deliberatio u. a.
Refluere, zurückfliessen, ist nur P. Jj. für retrofluere, recedere u. a.
Refocillare, tvieder erquicken, ist N. Kl. und selten für reflceref
recreare, relaxare.
Reformare , umformen, neu gestalten, verbessern, ist zwar erst
N. Kl., findet sich aber doch beim Jüngern Plinius (corruptos depra-
vatosque tnores reformare et corrigere), also wie unser reformiren,
und ist daher nicht so verwerflich, als man glaubt. Ebenso kommt das
Subst. reformatio mit dem Genit. moruni sclion bei Seneca vor, und
reformator beim Jüngern Plinius. Um so weniger braucht man sich
zu bedenken, es in der Theologie anzuwenden, wo es ohnehin Kunst-
wort ist; man kann also wohl sagen: sacra reformare und sncror?i?n re-
formatio, wofür Andere ijista?irare religionem, sacra emendare oder
repurgare, und als Subst. sacrorum emendatio setzen wollen. Jedoch
brauche man, wenn der Znsammenhang es nicht etwa zulässt, refor-
matio und emendatio nicht ohne sacrorum.
Refractariohis , widerstrebend , streitsüchtig , gleich conte?itiosus,
pugnax, concertatorius, kommt nur in Cic. Att. II, 3, 3 vor, wird aber
(wie die ganze Stelle) von Orelli für zweifelhaft und verdächtig er-
klärt. Diesem Adject. gleich ist das A'. KL, aber auch nur einmal bei
Seneca vorkommende refractarius ; beide werden als seltne Wörter
vermieden.
Refractio, vom Lichte gebraucht, in der Bedeut. Wieder schein, ist
N. L. für repercussio, ?'epercussus.
684
Refn'genlia und refrigerium, die Kühlung, sind fast N. L. für re-
frigprafio, recreatio oder das Verb, refrigerare.
Refugn als Subst., der Entlaufene, Desertetir, ist Sp. L. fiir per-
fiiga, transfuga. Auch das Adj. refiigus ist iV. Ä'/. und mehr P. L.
Rcfugere, zurückfliehen ; — vor Etwas , in eigeutlichem und bild-
lichem Sinne, aliquid und ab ab'qua re.
Refugium, die Zuflucht, kommt Ä7. nur einmal bei Cicero und auch
wohl nicht öfter beiLivius vor; auch später wurde es selten gebraucht
für perfugiurn, wiewohl das Verbum refugere ganz üblich ist.
Regeneratio, die Wiedergeburt, ist Sp. L. und ein theolog. Wort
für nova gener atio.
Regens als Subst., in dem allgem. Sinne Regent, ist Sp. L. für reXf
domijius, oder in der Bedeut. Lejiher, Regierer für rector, moderator.
Regere, regieren, herrschen, steht nie ohne Object. Man sage also
nicht: Aug?istus diu rexit, Aug. hat lange regiert, sondern regnavit;
nicht Alexandra regente. als Alex, regierte, unter der Regierung
Alex., sondern regnante. Ueber regens, der Regent, vgl. dieses Wort.
— iV. Jj. und hei keinem alten, selbst nicht bei einem späten Gram-
matiker vorkommend ist das jetzt übliche grammatische Kunstwort
regere \\\A^x Bedeut. bei sich haben, mit Etwas verbunden tverden,
für jungi, adjungi, conjungi, desiderare, exigere, consequi. Eben so
N. L. ist in dieser Bedeut. das Subst. regimen, wofür consecutio zu
sagen ist.
Reger ere ist in der Bedeut. antworten, erunedern N. L. für re-
spo72dere.
Regimentum, die Regierung., Leitzmg, Führung, ist sehr Sp. L. für
regimen, administ ratio, imperium, und N. L. in dem Sinne unseres
Regiment, d. h. Heeresabtheilung, für legio.
Registrum, das Register, die Ueber sieht, ist N. L. für index; es
findet sich oft in alten Druckwerken am Ende. Eben so N. L. ist re-
gistrare, registriren, in Bücher ei?it ragen, für in tabulas, in codicem
referre.
Regnare, herrschen, regiere?!, hat in guter Prosa nie ein Object
bei sich, sondern ist nur neutral; man sage also nicht regnare popufzim,
ierram u. dgl., sondern regere (aliquem), imperare (alicui). Nur P. L.
und bei Tacitus kommt es als personales Passiv, vor; z. B. populus
regnatur, für regitur oder populo imperatur. Vgl. Heusing. Emendd.
p. 483. Gut aber und Kl. ist regnare in aliquo loco, wo auch bis-
weilen in ausfällt, wie bei Cicero (Verr. II, 54, 136) : Timarchidem
Omnibus oppidis (in allen St.) regnasse.,wo vielleicht in noch zugesetzt
werden muss.
Reg?iicola, der Bewohner eines Reiches, ist sehr Sp. L. für regni
incola, qui in regno vivit.
Regnum, Reich, Herrschaft, hat immer nur Beziehung auf einen
rex, als Alleinherrscher, wie unter Rom's Königen; später sagte man
nur Imperium., welches Wort auch unter den Kaisern blieb, wo man
nur von einem imperium, nicht von einem regnum Romanum sprach.
Regredi, zurückgehen, zurückkehren, ist bei Cicero nur dem pro-
gredi, vonvärfs gehen, entgegengesetzt, nie aber steht es bei ihm in
dem gewöhnlichen Sinne für redire; Caesar braucht es nur in der Be-
deut. sich zurückziehen von den Soldaten, was sonst se reci/>e/'e heiset.
685
Regressio ist in der Bedent. Rücfilcehr Sp. L. i\\r regressus, reditzis.
Jtrgn/a bedeutet nur das Richtscheit, wnrnach FJ'was eiugerichtet,
oder de7i Maassstab, nacli welchem Etwas beurtheilt wird, und hat,
wie norma, keinen PJur. ; nie aber bedeutet es das, was wir Vorschrift,
Gebot, Regel nennen; dies heisst praeceptvin oder lex. Es ist daher
in der Bedeut. Regel ein falsches grammatisches Kunstwort; man sage
dafür praecepta. Vgl. Wüstem, z. Döring. Commentatt. p. 103. — Das
Adject. regularis, in der Bedeut. regelmässig, regelrecht, ist Sp. L.
für regulae oder normae conveniens, qui est secundum regulain ; ebenso
das Verbum reguläre, ei?irichien, in Ordnung bringen, für in ordinein
redigere, ad regulam dirigere.
Rejectaiio, die Vertverfung, ist Sp. L. und zweifelhaft für rejertio.
— Dieses rejectio bedeutet zwar ^biveisung oder Verwerfung, ]g-
doch wohl nie die eines Candidaten von einem Amte, wo nur reptilsa
gebraucht wird; daher heisst auch abgewiesen werden, nicht rejici,
sondern repulsam ferre oder accipere. Auch sagt man nicht rejicere
culpam, crimen, invidiam u. a, in aliquem, die Schuld — atif Einen
werfen, sondern conferre., transferre, injicere in aliquem, alicui at-
tribuere.
Reimpressio, der Wieder abdriick, ist N. L. und unnöthig wegen
iteratio, repetitio., iterata impressio, editio repetita; ebenso reimpri-
mere, ja sogar reprimere, wieder abdrucken, für typis iterare oder
Tepetere.
Reiterare, wiederholen, und reiteratio, die Wiederholung, sind N. L.
für iterare, iteratio; repetere, repetitio.
Rejuvenescere, wieder jung werden, ist iV". L. für rursus oder
de?uio juvenescere., auch repuerascere.
Relabi, zurücksinken, - gleiten, -fallen, ist nur P. L. für retro labt,
recedere, recidere.
Relatio ist in der Bedeut. Vergleichung N. L. für comparatio, col-
latio, wiewohl es N. Kl. bei Quintilian. die Beziehung auf Etwas, ad
aliquid, bedeutet; jedoch sage man für relationern habere ad aliquid,
auf Etwas Beziehung haben, lieber referri ad aliquid, und in der
Bedeut. im Verhältnisse mit Etwas stehen — rationem habere oder
esse. Für relativus und relative aber, welche Sp. L. und nur etwa in
der Grammatik als Kunstwörter beizubehalten sind, sage man lieber
comparatus und comparale.
Relevatio, die Erleichter U7ig, kommt nur einmal j^. L. bei Fronte
vor, für levatio, allevatio, relaxatio.
Religio, die Religion. Wenn nach Cicero diö Alten darunter den
Glauben an höhere W'esen (Götter) und ihre Verehrung, wie ver-
schieden sie auch bei Jedem nach seiner Einsicht und nach der dar-
über erhaltenen Belehrung- war, verstanden, so ist an religio Christia-
noruni, christiania, a Jesu Christo docta et instituta und kurz mit dem
Genit. Jesu Christi, die christliche Religio?i, Christus- Religion, wohl kein
besonderer Anstoss zu nehmen, mag auch der Begriff erweiterter und
veredelter sein, wie er schon früher bei Einzelnen verschieden, rein
und geläutert, aber bei der Volksmasse roh und mehr Aberglaube
war. Daher brauchten religio christiana, wie früher schon Lactanz,
alle neuere bessere Lateiner, wie Bembus, Manutius, Perpinian.,
Muret. u. A. unbedenklich. INeuere verwerfen es und wollen dafür
686
doctrina, was jedoch den Begriff von Religion nur unvollständig ent-
hält. Vgl. Klotz Sinteuis p. 105 und Weber's Uebungssch, p. 336. —
Daher sagt auch Grysar mit Recht: Ist die Religion nur dem äussern
Kullus nach gemeint, so mag man freilich besser sacra chr/stia?wrt/m,
und ist die Lehre darunter zu verstehen, (focZ/vwa oder praecepta chri-
siiana sagen. — Jedoch gilt diese Distinction nur für die Wissen-
schaft, nicht für den allgemeinen Gebrauch. — Das Adject. re/igiosus,
in der Bedeut. religiös, ist, da es Kl. ist, neben pii/s und sanctus recht
wohl zu brauchen; für das Sp. L. religiositas aber sage man lieber
pietas oder simctitas.
Reliquus, übrig, in der Bedeut. noch vorhanden zu brauchen, möchte
wohl ohne Auctorität und N. L. sein; z. B. omnia ejus scripta adhuc
reliqua sunt, für nunc supersunt, exstant.
Remedium ist nur ein Mittel ^e^ew etwas Böses, von dem es ab-
helfen soll; daher wird es von Krankheitsmitteln gebraucht, gleich
medicina. Es wird aber verbunden mit dem Genit., Dal. und den
Praepositt. ad. und adversus; doch steht der Dat. wohljnur da, wo sich
ein Wort einmischt, mit dem er in Verbindung stehen kann; z. B.
haec philosophiae remedia morbis ardmoruin adhibentur, — werden
gegen die Seelenkrankheiten angewajidt (Cic. Tusc. IV, 27, 58). W'ie
unser deutsches Mittel sonst ausgedrückt wird, s. nnter Medium. —
Die von remedium abgeleiteten Wörter remediare, heilen (für sanare);
remediatio, die Heilung (für so?iatio) ; remedintor, der Heiletide (für
medicus, qui sanat, qui medetur), und reniedialis, heilsam (für sahi-
taris), sind alle Sp. L. — Zweifelhaft ist remediabilis, heilbar (für
sanabilis), welches bei Senec. (Ep. 95. p. 64 ed. Schw.) von Ruhkopf
und Schweighäuser für tnedicabilis aus Flandschr. aufgenommen ist,
sonst aber nicht vorkommt. Freund hat es nicht in seinem Lexic. ; man
brauche es nicht.
Remetiri, nneder messen, m der bildlichen Bedeut. wieder vergelten,
ist erst Sp. L. für rependere, r epensare,r emuner ari; es ist wohl nicht
nachzubrauchen; dennoch thut es Wyttenb. in einem Briefe an van
Lynden, obgleich es ohne alle Beziehung auf Maass ist.
Reminiscentia, die Rückerinnerung, ist sehr Sp. L. für recordaiio,
memoria.
Remissio, Erlass, Vergebung ; vgl. Remitiere.
Remitiere heisst zwar erlassen, vermindern, hat aber bei allen
bessern Schriftstellern als Oltject nur das bei sich, was erlassen, ver-
mindert und gemddcrt werden kann, z. B. poenam (Liv. III, 58; remis-
sio poenae bei Cic. Catil. IV, 6), mulctam, o?ms, laborem u. dgl., aber
nicht culpam, eine Schuld; nicht delictum, peccatum, ein Fersehen,
P'ergehe/i ; nicht factum, eine That, weil etwas schon Geschehenes,
was nicht mehr ist, nicht erlassen, gemildert und aufgehoben werden
kann; denn: quod factum est, infectum ßeri nequit. Gleichwolil soll
Sallust. einmal injuriam remittere gesagt haben, die Beleidigung erlas-
sen, ungestraft lassen, sie verzeihen. Dieser unlogische Gebrauch ist
bei den späten Lateinern, besonders im Kirchenlatein, gewöhnlich ge-
worden, seitdem man im Vater unser allgemein betete: remitte nobis
peccata nostra, sicut nos remittimus dcbitoribus nostris, wo also remit-
tere in der Bedeut. verzeihen, die Strafe der Vergehefi erlasseJi ge-
braucht wurde. Und so findet man auch noch heutzutage in den theo-
687
logischen Biichern sehr häufig': remitiere peccata und remissio pecca-
torum. Man sage dafür igiwscere, veiihim dare alicui ref, z. B. delicto,
oAiiv gratiutn alicujus rei aUcnifacere (Siiet. Calig. 15) ; N. Kl. brauchte
man abolere factian und abolitio facti ui der liedeiit. die strafbaren
Folgen einer That wegnehmen, aufheben, erlassen und die That als
nicht geschehen verzeihen, z. B. bei Suet. (Tib. 4) abolilio facti, Auf-
hebung einer That als einer nicht geschehenen, also Erlassung aller
Strafe dafür. Man ahme dies nicht nach. — Nachlassen in seinem
Eifer u. dgl. heisst nicht in studio, sondern Studium remitiere (Cic.
Brut. 93, 320. Caes. B. C. II, 13); nachlassen in seinen Sludieti, studia
remitiere (Cic. Tusc. I, 1). — Selten steht remitiere ohne Object, wie
wir sagen: Etwas lässt 7iach, d. h. vermindert sich; man sage also
nicht : calor oder frigus remittii, die Wärme, Kälte lässt nach, sondern
sefrangit. Vgl. Cic. Orat. I, 62. und oben Frangere^ sowie über remit-
iere, in Verbindung mit concedere, Mencken. Observ. p. 143.
Remotus, zurückgerückt, entfernt, hat fast immer den Begriff des
Oertlichen und wird von der Zeit nur mit einem Zusätze, wovo7i iveg-
gerückt, gebraucht. Ohne alle Auctorität ist es, geradezu zu sagen:
tempus remotum, tempura remotksima, die entfernte Zeit, die entfern-
testen Zeiten, für longinquum tempus, ultima tempora (Cic. Leg. I, 3, 8);
richtig aber ist: remotus ab aetatis nostrae memoria, dem Andenken
unsrer Zeit fern gerückt (Cic. luv. I, 19, 27). — Entfernt von — mit
einer Raumangabe wird selten durch remotus ab — , sondern gewöhn-
lich durch longe ab und den Abi. des Raumes ausgedrückt; z. B. longe
a castris mille passibus. — Eine entfer?ite Aehnlichkeit heisst longin-
qua, nicht remota similitudo.
Removere se, sich entfernen, in der Bedeut. weggehen, ist vielleicht
nur P. L. für abire, discedere. Das unwillige entferne dich, pack' dich!
heisst nicht te re?«oye, sondern abi tuam viam, facesse (Liv.), recede
de medio (Cic. llosc. Am. 38).
Remunerare, vergelten, wieder beschenken, wird jetzt nur für
Sp. L, gehalten statt remunerari als Deponens, da in den für remu-
nerare bisher angeführten Stellen die Handschr. die Form remunerari
darbieten. Vgl. z. B. Orelli zu Q. Cicer, Petit, cons. 9, 38, wo jetzt für
remunerent gelesen wird remunerentur. Man sagt aber: aliquem aliqua
re remunerari. Einen mit Etuuis wieder beschenken. Einem Etwas wie-
der schenken, nicht alicui aliquid; und mag es auch vergelten bedeuten,
so wird es doch hur im guten Sinne gebraucht, aliquid aliqua re, z. B.
maleficia benefactis. Böses mit Gutem, nicht umgekehrt. Vgl. Hand's
Lehrb. p. 175.
Ren ist, wie unser Nieren, nicht im Sing, üblich, sondern nur im
Plur., renes.
Renarrare, ivieder erzählen, ist nur P. L. für denuo narrare.
Renegare, verweigern, abschlagen, ist N. L. für negare, denegare,
recusare, detrectare.
Renidere., wieder glänzen, strahlen, und bildlich heiter lächeln, ist
meistens nur P.h. und in Prosa selten; man wende es nicht zu häufig an.
Reim^ntia, die Renitenz, der Widerstand, die Widersetzlichkeit, ist
N. L. uir repug?iantia, contumacia, pervicacia. Auch das Verbum
reniti für resistere, obniti, obsistere, ist selten und N. Kl.; bei Livius
findet sich nur renitens.
688
Renotmre, erneuern, wieder auffrischen. Man sagt wohl vulnuSf
dolorem, Itictum ii. «Igl. renovnre, aber sinnwidrig ist cicatricem re/to-
vare, wie Mannt. (Epist. X, 7) sagt, da cicatrix — die Narbe, nicht
die JVunde bedeutet; richtig ist cicatricem refricare, rescindere, oder
lieber mit vulnus.
Rennnciare oder rejiuntiare, melden, verkündigen; — Einem Et-
was, alicui oder ad aliquem aliqidd. In dem Ausdrucke Einen zu oder
als Etwas ausrufen, ivcihlen, wird remintiare mit zwei Accusativen
verbunden, z. B. aliquem duceni, praetorem renunt. — N. L. ist mundo
rennnciare, der JVelt entsagen, für rebus humanis renunc. Vgl. Mundus.
Beparabilis, ersetzbar, was sich ersetze?i lässt, ist nur P. L. für
qvi(quod) reparari potest ; jedoch empfiehlt es sich durch seine Kürze,
wie irreparabilis und ähnliche.
Reparare, wieder bereiten oAex herbeischaffen, neu wiederherstellen,
was verloren oder verdorben ist, werde nicht falsch angewandt und
nicht mit Objecten, wie. jactur am, cladem, f erlust, Niederlage, in der
Bedeut. wieder gut machen, ersetzen verbunden, da dergleichen wohl
ohne Auctorität ist, für sarcire, resarcire. Einige verwerfen auch
damnum, dam?ia reparare, aber so sagt doch Horaz (Carra. IV, 7, 13),
und Ovid. nennt ein damnum — reparabile ; auch ist ja r/ö/ww?//» so viel
als res amissae, und diese können reparari. — Sp. L. ist vires repar.,
die Kräfte wieder herstellen, für reficere. Vgl. Sciopp. Infam, p. 132.
Weber's Uebnngssch. p. 60 und Hand's Lehrb. p. 249.
Repedare, zurückgehen, ist A. und Sp. L. für recedere, redire.
Repellere, zurücktreiben ; — von Etwas, ab aliqua re, P. L. aliqua re.
Repentino (e), plötzlich, ist meist nur A. L. und sehr selten; je-
doch steht es einmal bei Cicero für das häufige repente.
Reperire, finden. N. L. und dem Lateiner undenkbar ist se reperire,
sich finden, in der Bedeut. seiii, für reperiri.
Repertor, der Erfinder, ist mehr P. L. und N Kl. für inventor;
ebenso ist repertum als Subst., die Erfindung, nur P. L. für invenlum,
weswegen auch Ruhnken zu Muret's Worten (Oper. T. II, p. 19 ed.
Ruhnk.) : repertum suum esse currus illos nautarum bemerkt: Re-
pertum pro invenlum Lucretii est, non Ciceronis.
Repertorium, das Verzeichniss, steht Sp. L. bei einem Juristen
für indea: ; in anderm Sinne wird es mit reperire umschrieben.
Repetere kommt ohne memoria Kl. nur selten in der Bedent. sich
erinnern, ins Gedächtniss zurückrufen vor, meistens memoria repetere
aliquid oder memoriam alicujus rei repetere; N. Kl. steht aber repe-
tere oft für sich allein. — Ueber supra repetere vgl. Supra.
Repetitus, wiederholt. N. L. sind : repetita vice und das Adv. repe-
tite, zu wiederholtenmalen, wiederholt, für ideritidem, iterum ac saepius,
iterum ac tertio oder tertium.
Replicare ist in der Bedeut. gegen Etwas einwenden, repliciren
Sp. L. bei den Juristen für contra dicere, argumenta afferre, uti
argumentis contra — , occurrere. Vgl. Objicere und Opponere.
Reponere, legen, niederlegen ; — Etwas auf oder in Etwas heisst
meistens aliquid in aliqua re, selten in aliquam rem ; z. B. repj^ caput
in tergo (auf den Rücken) alius (Cic. IV. D. II, 49), Htteras in gremio,
pecuniam in thesauris ; und ebenso in bildlichem Sinne: re;jow. s/>em
in aliqua re, Hoffnung auf Etwas setzen. — In der Bedeut. Einen
689
setzen, rechnen unter Einige wfrd es verbunden aliquem in aliquos
oder in aliquibus, z. B. in deos (Cic. N. D. I, 15, 38 ohne Variante),
oder in aliquorum numero (mit der Variante in numerum) ; z, B. quos
in deorum coetu ac numero rej)ono (Cic. Sest. 68, 143). Vgl. Cic. Inv.
I, 26, 39 u. 51. N. D. II, 21; III, 19, wo Oreili bei Varianten den Abi.
vorzieht; ausserdem Reisig's Vorles. p. 729.
Reportare, davontragen, z. ß. einen Sieg über ein Volk, über einen
König, victoriam report. apopnlo, a rege; seitner wird es mit es, Sp. L,
mit de verbunden. Bei der Verbindung mit a vermeide man das Pas-
si\ura des Verhi, weil dadurcli ein Doppelsinn entsteht; z. B. victoria
reportata est a Macedonibus kann heissen: von den Macedoniern oder
über die Maced. Vgl. Vorst. lat. raer. susp. p. 95 und Th. I, §. 150.
Repraesentare, vergegenwärtigen, kommt in bildlichem Sinne Kl.
bei Cic. nur mit dem Accus, memoriam alicujus rei vor, das Andenken
an Etwas vergegenwärtigen, Etwas ins Andenken bringen; aber sibt
oder aniiuo aliquid repr., sich Etioas vorstellen, denken, findet sicli erst
N. Kl. bei Quintilian. und dem Jüngern Plinius, wogegen geistig vor stel-
leJi bei Cic. (Tusc. 1,16,37) animo oidere oder (N. D. 1, 15) cogitatione
depingere heisst; sich Etwas sinnlich vorstellen, ad oculos referre, sub
oculos oder sub adspectum subjicere, und der Auct. ad Herenn. sagt
(III, 19) : cogitatio quamvis regionem polest amplecti, die Phantasie
kann sich jede Gegend vorstelle?!. — Für das Subst. repraesentatio,
die Fergegentvärtigung, welches erst N. Kl. bei Quintilian. vorkommt,
sagt Cicero sub adspectum paene sujbjectio (Orat. III, 53), subjectio
sub oculos, evidentia. — Verworfen wird von Einigen repräsentare
als N. L. in der Bedeut. darstellen, z. B. von einem Künstler, der Et-
was darstellt, für adumbrare, welches allein von Allen gebraucht
werde, welche Etwas darstellen und abbilden, sei es durch Farben,
Striche oder Worte. Allerdings ist adumbrare das KL, bessere und
gewöhnliche Wort, da repraes. in dieser Bedeut. vielleicht nur N. Kl.
beim altern Plinius vorkommt; docli ist es nicht unlateiiiisch. — N. L.
ist dagegen repraesentare in der Bedeut. die Stelle Jematides vertreten,
wie wir repraesentiren sagen; z. B. die Obrigkeit repraesentirt den Staat,
der Gesandte repraesentirt seinen Fürsten oder sein Volk u.dgl.; hier
sagt man nicht repraesentare, sondern personam alicujus gerere oder
induere, wie bei Cic. (OfF. I, 34, 124) : magistratus gerunt personam
civitatis.
Reprehensibilis, tadelnswerth, kommt Sp. L. zwar bei Lactanz (IV,
28, 8) vor, ist aber zu späten Ursprunges, als dass man es nachbrauchen
dürfte; man sage dafür vituperabilis, reprehensione dig?tus u. a.
Reprimere von einem Buche, ivieder oder von Neuem drucken, ist
N. L. und weicht zu sehr von der eigentlichen Bedeutung des Wortes
ab, als dass es gebraucht werden könnte; es genügt iterare bei dem
zweiten Abdrucke, und bei jedem weitern repetere.
Reprobare, verwerfen, ist in guter Prosa sehr zweifelhaft, da in
Cic. Fin. 1,7,23 für reprobet die Handschr. blosjorofie^ haben, was auch
dem Sinne zufolge Madvig aufgenommen hat; bei Quintil. VI, prooem.3
aber liest die beste tlandschr. für reprobantibus — repugnantibus.
Reprobare ist also nur Sp. L. für improbare.
Republicanus, ein Republikaner, Bürger eines Freistaates, ist N. L.
und ganz unnöthig wegen cicis rei publicae oder liberae civitatis.
44
G90
Repugnare, widerstreiten, widersprechen, entgegen sein, wird ver-
bunden alicui und contra aliquem oder aliquid, N. Kl. auch circa
alixjuid; unter einander , inter se. Verschieden sind : haec sibirepugnant
und haec inter se repug7iant, indem s/6j anzeig't, dass die Dinge (oder
was es ist) ?nit sich selbst im Widerspruclie stehen, nicht eins mit dem
andern, weshalb denn auch von einer Sache gesagt werden kann: hoc
sibi repugnat. Dagegen wird inter se repugn. immer nur von mehrern
gesagt, die gegenseitig und unter einander im Widerspruche stehen,
einander widerstreiten. Derselbe Begriff, welcher in repugnare liegt,
liegt auch in pugnare cum aliqua re ; z. B. ihre Rede steht in wunder-
barem JFiderspruche mit ihrem Lebeii, cum eorum vita mirabiliter
pugnat oratio (Cic. Tusc. II, 4, 12).
Repulsio, die Abweisung, Wider legJing, ist sehr Sp. L. für repulsa,
refutatio.
Reputare bedeutet nur Etwas berechnen, überlegen, nie aber, wie
im N. />., Etwas wofür halten, achten, rechnen, was habere, judicare
u. dgl. heisst. Bei sich überlegen wird meistens durch secutn, selten
durch cu7n animo, nie aber bios durch animo reputare ausgedrückt.
Reputatio hat im N. L. (nach dem Französ.) die Bedeut. Achtung,
Hochachtimg., was ohne ÄJictorität ist, für existimatio, dignitas,
auctoritas, nomen,fama, honos u. a. Auch kommt es in der Bedeut.
Erwägung, Ueberlegung erst N. Kl. beim altern Plinius, Tacitus u. A.
vor, und werde vermieden durch consider atio oAer durch Umsehrei-
bung mit dem Verbo reputare.
Requies bedeutet weniger Ruhe, yve\c\\e quies heisst, als Erholung,
Erheiterung', es kommt zwar bei Cicero vor, aber nie bei Caesar, und
überhaupt selten. Der Genit. heisst requietis, der Acc. requieteni und
requiem (beide Ä7. und gut), und so auch wahrscheinlich im Abi.
requiete und requie.
Requirere ist nicht unser gewöhnliches fordern, verlangen, was
postiilare, poscere heisst, sondern Etwas wünschen., was uns fehlt und
nöthig ist; daher heisst auch ab aliquo aliquid req., E(?vas bei Jeman-
den vermissen (Cic. Fam. VI, 6, 1) ; nihil requirere. Nichts vermissefi,
d. h. Nichts verlangen, weil Nichts fehlt. — Etwas erfragen heisst
requirere ex oder ab aliquo; vgl. Hotoman. z. Cic. leg. Manil. 2, 6.
Requisitio,die Untersuchung, kommt nur einmal Sp. L. bei Gellius
vor, und ist nicht wohl nachzubrauchen für inquisitio, investigatiou.a.
Requisituni kommt als Subst., in der Bedeut. Erforderniss, Bedürf-
niss, fast nicht vor, und nicht lateinisch ist der Titel einer Rede von
Sara. Battier: de requisitis professoris linguae graecae., was er hätte
unischreii>en sollen.
Res. Weniger üblich, als im JV. L., sind die Redensarten: e oder
ex re esse, zum Fortheile, nützlich sein, und in rem esse in derselben
Bedeutung, indem sie mehr A. L. und nur einigemal bei Livius vor-
kommen; bei Cicero findet sich nur: ex re publica esse, zum Fortheile,
zum Besten des Staates sein. Ebenso ist non ab re esse nur J. L.
und kommt bei Livius u. A. vor. Da aber alle diese Ausdrücke sehr
selten sind, so vermeide man sie mehr, als dass man sie brauche, be-
sonders aber 7ion ab re esse in der Bedeut. oÄwe Ursache sein, wie
man es im A"^ L. findet. Vgl. Sciopp. Infam, p. 71. — Die Redensart
qia'd rerum agis? für quid agis? was machst du? wie geht es dir?
691
welche Muret. (z. B. Oper. T. II, p. 83) und Andere in ihren Briefen
braiiclien, beruht auf einer falschen Wörterverbindung in Horat.
Serm. I, 9, 4 yvid agis dulcissime rerum? — denn hier gehört rerum
nicht zu quid, sondern zu dem Superlat., welchen es, wie in mehrern
andern Stellen, verstärkt, was jetzt eine bekannte Sache ist. — üeber
res eo vemt, die Sache ist so tveit gekommen, vgl. f^enire.
Resmiare, wieder heilen^ gesund inachen, kommt Sp. L. bei Lactanz
Tor, fiir denuo, rursvs, Herum snnare.
Resanescere^ trieder gestnid oder heil tverden, findet sich, ausser
bei Ovid., in Prosa nur Sp. L. bei Lacfanz, für convalescere.
Resarcire, wieder ausbessern, ist selten und findet sich in Prosa erst
bei Livius mit dem Accus, tecta, bei Sueton. mit damnum verbunden,
in der Bedeut. einen f'erlust wieder gut machen, wofür Cicero (Farn.
I, 9, 5) damna sarcire sagt, und ebenso Caesar (B. C. III, 67) detri-
mentam sarcire oder (ib. II, 15) detrim. reconciliare (reconcinnare,
wie Andere wollen). Auch brauchen Manche in bildlichem Sinne co//i-
pc?isare aliquid u. dgl. 3Ian brauche es nicht bildlich, und wunderbar
wäre es zu sagen: scholam oder gymnasiuin resarcire, wei:n nicht von
dem Gebäude, sondern von der Einrichtung, dem Znstande, der im
Verfalle ist, die Rede sein soll ; dafür sagt man in meliorem statum
adducere, restituere.
Resecare. Die Form des Partie. Pass. resecatus ist Sp. L. für
resectus.
Resignare aliquid ist in der Bedeut. a?if Etwas verzichten, sich von
Etwas lossagen N. L., für ultro se abdicare aliqua re.
Resipiscentia (was in Scheller's Lex. fehlt), das Vernünftigwer-
den, die Besserung, ist Sp. L., vielleicht von Lactanz selbst gebildet
(VI, 24), für reditus ad sanitaiem, emendatio te?neritatis.
Resipiscere, wieder zur Besinnung, %u Verstand kommen, ist Kl.
und gut neben redire ad sanitatem. Im Perf. ist die Kl. Form wohl
resipivi, nicht resipui, weshalb man denn auch resipivissem (abgekürzt
resipissem), nicht resipuissem sagt, wie jetzt in Cic. Sest. 38 resipisset
nach den Handschr. sicher steht, für resipuisset. Vgl. Sapere.
Resisientia, der Widerstand, ist N. L. für repugnantia oder um-
schrieben durch das Verb, resistere.
Resolvere findet sich in Prosa nur einmal bei Cicero in der Bedeut.
bezahlen, gleich solvere; in andern Bedent. ist es erst seit Livius ge-
bräuchlich, für die Kl. Verba solvere, dissolvere, laxare, relaxare,
liberare u. a., je nach der verschiedenen Bedeutung. Aber B. L. ist se
resolvere in der Bedeut. sich resolviren, d. h. sich enischliessen, für
consilium capere, (in) animum inducere ; und ebenso resolutio, der Ent-
schluss, für consilium.
Resonantia, der Wiederhall, das Echo, kommt nur N. Kl. bei Vitruv.
vor, für repercussus oder repercussio soni, oder mit imago resonat.
Respectivus und respective, sich beziehend, beziehungsweise, ver-
gleichend, Vergleichungsweise, sind N. L. für comparatus, comparaie.
Respectus kommt in der Bedeut. Rücksicht, Beachtung zwar viel-
leicht nur einmal bei Cicero vor (Phil. V, 18): Caesar respectutn ad
senatum et ad bonos nonhabuit,Caesar beachtete den Senat — nicht, nahm
auf ihn keine Rücksicht, was freilich Andere anders erklären; aber
oft braucht es Livius, besonders in Verbindung mit habere, wo es
44*
692
denn den Ausdrücken rationem habere und respicere In der Bedeut.
gleicli kommt. Und so findet sich seit Livins oft respeciu mit einem
Geiiit., in der Bedeut. in Rücksicht, in Hinsicht auf FAnms, was dann
besonders anwendbar ist, wo der Begriff ^eocÄfew (einer Sache) vor-
herrscht. Ueber die üebersetznugsweise des vieldeutigen in Hinsicht,
in Rücksicht vgl. oben unter Qiiod. — B. u. N. L. ist aber respectus
in der Bedeut. Respecf, d. li. Hochachtung, für observantia, ?'evere?itia,
existimatio und die Verba observare, colere, revereri.
Respicere wird in der Bedeut. nach Etwas %iiriicksehen verbunden
mit ad aliquid (ad aliqucin) oder blos aliquid (aliquem), aber in der
Badeut. auf Ei?ien Rücksicht nehmen, für Etiras oi\er für Eincti Sorge
irngen fast nur mit dem blossen Acctisat. Man brauche aber (nach
Frotscher z. Muret. Oper. T. II, p. 860 und Zimipt's Aufg. p. 373)
das Verbum nicht da, wo an keine Sorge fiir Einen oder für Etwas
zu denken ist, indem berücksichtigen ohtie den Begriff der Sorge nicht
respicere, sondern spectare, cogitare, niemorem esse heisst.
Respiritus, das Zurückathme?!, was die altern Lexica unter andern
aus Cic. N. I). II, 55 anführen, und was den Wörtern spiritus und S7t-
spiriius analog ist, findet sich in Freund's Lexicon nicht mehr, weil
man dafür respiratus oder respiratio aufgenommen hat. Es ist zweifel-
haft. Vgl. aucli Orelii zu Cic. Att. I, 18, 3 und unten Suspiritus.
Respondere, antivorten, hat den Dat. der Person bei sich, welcher
man antwortet; das aber, worauf man antwortet, wird theiis durch ad
aliquid, tlieils durch alicui ausgedrückt. — Respondere wird aber
niclit gebraucht, wo keine Frage, sondern nur eines Andern Rede \or-
ausgelit, wo also antworten blos für sagen steht; z. B, cumille dixisset
• — homo quidam rcspondit, für dixit, inquit oder ait. Daher »raucht
man es auch nicht im Dialog, also wo Zwei oder Mehrere mit einander
im Gespräche angeführt werden; hier heisst es nach der Rede eines
Andern nicht: tum ille respondit, aber auch nicht dixit, sondern ent-
weder blos tum nie ohne ein Verbum, oder tum ille mit in die Ant-
wort eingeschobenem inquit. Vgl. Dicere. — N. L. ist es auch, in Dis-
putationen denjenigen, welcher einen ihm bestrittenen Satz oder eine
angegriffene Meinung vertheidigt, respondens zu nennen, wie sich dies
auf dem Titel alter Disputationen oft findet; hier sagt man defensor
oder propugtiaior.
Responsio, die Antwort, ist, wiewohl Kl., doch sehr selten für re-
sponsurn ; nie aber kommt wohl der Plur. responsiones vor, für responsa.
— Sp. L. ist responsus in der Bedeutung j4ntwort, und N. Kl. bei
Vitruv. steht es in der Bedeut. Uebereinstimmimg , Harmonie, Sym-
metrie, für harmonia oder convenientia partium ; — vielleicht war es
damals ein architektonisches Kunstwort.
Res publica oder (nach der gewöhnlichen frühern Schreibart als
ein Wort) respnblica bezeichnet nur den Staat als Verfassung und
Gemeinwesen, nicht als Stadt, Bürgerschaft und Reich; in diesem
Sinne wird Staat durch civitas übersetzt. Bei den Alten bezeichnete
res publ. besonders eine7i Staat mit freier Verfassung, was wir denn
auch eine Republik nennen. Man kann daher nach Weber's treffender
Bemerkung (Üebungssch. p. 255) nicht sagen: debellare, expugnare^
vastare rem publicam, ülmr wohl civitatcm; aber sowohl evertere et-
viUdem, als uucli evertere rem publicam ; denn derjenige, welcher ci-
693
vitatem evertit — zerstört die Stadt, rottet die Bürger aus oder fiilirt
sie anderswohin; der, welclier rempvhlicam evertit, wie Julius Caesar
und Aiiirustus, hebt die Verfassung avf und fülirt eine neue ein. —
Wohl nur zufällig kommt res piibl. im Plur. selten vor, gewöhnlicher
ist der Plur. civitates. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 114. — Auch läugnet
Heusing, die Latinität von res publica litteraria, der Gelehrten- Staat,
die Gelehrten-Republik. Vgl. mehr darüber unter Eruditus.
Restaurare, wiederherstellen, vneder erneuern, steht erst N. Rl.
bei Tacitus, und ist auch nachher selten für instaurare, reßcere (Cic.
Rep. 111, 9), restiinere., sarcire, resorcire, renovare, redintegrare. —
Erst Sp. L.Mi restauratio, die Wiederherstellung , Erneuerung, für
instouratio, renovatio; und noch später restaurator, für reformator, re-
ductor u. a.
Restituere ist in der Bedeut. wieder gut machen, z. B. cladetn, ja-
ctüram, dam?imn, N. L. für sarcire^ resarcire. Vgl. Resarcire.
Resumere ist in der Bedeut. nehmen, hernehmen, wie es Görenz
braucht (quaeque resumta ex communibus legibus), N.L. iur sumere,
depromere.
Resurgere, sich wieder erheben, wieder aufstehen, ist meist P. L.
für dermo snrgere u. a., und Livius, welcher es in Prosa braucht, setzt
daher auch velut vor. — In der religiösen Bedeut, vo?i den Todten
auferstehen ist es erst Sp.L. für in vitam redire,reviviscere,vitae reddi,
ab inferis exsistere; ebenso resurrectio, die Auferstehung, inr reditus
in vitam. Vgl. Anm. z. Mureti Oper. T. I, p. 251.
Resuscilare, wieder erivecken (einen Todten), ist erst Sp. L. für
mortuum. revocare ab inferis oder a mortuis.
Retifientissimus, der an Etivas fest hält, mit einem Genit., z. B.
si?nplicitatis, wie bei Ernesli (Opusc. orat. p. 119), ist wohl nicht zu
verwerfen, wenn es aucli im Superl. vielleicht nur bei Gellius vor-
kommt, da retitietis mit einem Genit. in bildlichem Sinne AI. ist, indem
z. B. Cicero (Q. fr. I, 2, 11) sagt: sui juris dignitatisque retinens; auch
kann man das ähnliche tenax (tejiacissimus) brauchen.
Retinere, zurückhalten, aufhalten. Verworfen wird retinere equum,
currum, für sustinere ; auch sagt man nicht retin. navem, rimos, son-
dern sustinere.
Relrahere, zurückziehen, mit dem Acc. pedem., in der gewöhn-
lichen Bedeut. sich zurückziehen, ist nur P.L. für pedem oder gradum
refe7're,]?i seihst für se relrahere, was nicht zu verwerfen ist, wie
Einige meinen, da es zwar selten vorkommt, aber doch von Cic. (Coel.27)
gebraucht wird ; in der Bedeut. zurückgehen kommt es aber nicht vor,
dafür sagt man se rccipere, se referre, redire, reverti.
Retrimiere, wiedergeben, tviederschenken, wiedervergelten, stellt
Sp. L. bei Lactanz für reddere, referre. In einem latein. Gebetbuche
fand ich: (j?iid retribuam domino?
Retro, zurück, mit einem Subst. verbunden, in der adjectivischen
Bedeut. vergangen, früher, ist nur in später, schlechter Prosa ge-
bräuchlich, wo z. B. ojnnes retro principes vorkommt; und so sagt
denn im N. L. Famian. Strada: r?tro aetas, das frühere Leben, für
ante acta aetas oder vita,mu\ sogar NoUen (Praef. Antiharbari edit. 2),
welchem freilich bei dem, was er selbst schrieb, Alles gut und gültig
ß94
war : a?ite hos riecem retro annos. Vgl.Sciopp, Imfam. p. 2 und mehrere
Beispiele ähnlicher Ansdrucksweiseii in Vechneri Hellenolex. p. 227.
Kevalescere, wieder gesund werden. \%iSp. L. für convalescere, refici.
Revelare, enthüllen, offenbaren, wird A'/. von gewöhnlichen Dingen,
wie ca])ut,frontem, bei Sueton., Tacitus und Spätem gebraucht, für
patefacere, aperire, in luceni proferre u. dgl.; doch ist es zu vermeiden.
— N. L. ist in der neuern Theologie der Kunstausdruck religio re-
velata, die geoffenbarte Religion, für religio din'nitus patefacta, cum
hominibus communicata, — und ebenso revelatio, die Offenbarling. Die
Theologen können aber diese Wörter kaum entbehren.
Revenire, zurückkommen, findet sich oft im A. L., aber Kl. höchst
selten, bei Cicero vielleicht nur einmal, mit domum verbunden, bei
Caesar nie und so vielleicht auch nie bei Livius ; iV^. Kl. bei Tacitus.
Es werde, weil es so selten ist, durch redire oder reverti vermieden.
Re Vera, in Wahrheit, wirklich, kommt viel seltner vor, als man
nach dem Gebrauche im N. L. denken sollte; es steht fast nur dann,
wenn es den Horten (verbis), dem Vorgeblichen, dem Erdichtete?i ent-
gegengesetzt wird, und wenn der Sinn ist: in fVahrheit, ivenn man auf
die Wahrheit sehen will. Es wird daher bei der blossen Versicherung,
wo wir wirklich sagen, nicht gebraucht, sondern dafür certe, profecto,
sane ; daher auch nicht in eingestreuten JNebenbemerkungen und Zu-
sätzen; z. ß. wie es de?m nnrklich ist, sicut est (Cic. Tusc. I, 18, 41),
oder jit est (Orat. 42, 144) ; wie sie es wirklich sind, ut sunt (ilep.
III, 2); es ist wirklich so, wie du sagst, est, ut dicis (Orat. 11,36,152);
80 ist es wirklich, est ita; tvas auch wirklich ivar, id quod erat, — und
80 in ähnlichen, wo der Lateiner unser wirklich nicht ausdrückt. Vgl.
auch Vere und Matthiae zu Cic. Kose. Am. 8, 22.
Reverendus. ehrtimrdig, achtungswürdig., ist fast nur P. L. für co-
lendus, vener andus (aber nicht von Menschen; vgl. Vener ari), amplis-
simus, honore dignus, sanctus u. dgl. Ein Superiat. revere?idissiiinis
aber (verschieden von reverentissimusj ist erst Sp. L. und war vor-
züglich Titel der Bischöfe und aller hohen Geistlichen, wie unser
Hochtvürden, episcopi revere?idissi?ni. Als solcher Titel ist es kaum zu
entbehren, aber sonst vermeide man es. Vgl. auch Anm. z. Mureti
Oper. T. I, p. 420.
Revere7itia, Scheu, Achtzmg., Rücksicht, kommt zwar nur selten Kl.
vor, und bei Cicero nur einmal, hat aber N. Kl. gute Auctorität. und
ist wohl zu brauchen. Es wird theils mit adversus, theils mit dem
Ge?iit. des Objectes verbunden, und Cicero wechselt sogar mit dieser
doppelten Construction ab, indem er sagt: reverentia adversus ho-
mines,et optimi cjijusque et reliqziorum, nicht allein vor — sondern
auch vor allen Uebrigen. Ist es mit dem Verb. Äe?/'e?se« verbunden, so
übersetze man dieses durch adhibere, was Cicero braucht, oder durch
praestnre, nicht durch facere, was noch ungevviss ist. Plin. (Ep. HI,
17, (J) sagt: alicui reverentiatn habere, was Andere zu voreilig ver-
werfen; auch praestare (Ep. VIII, 5, 1).
Reversio ist eigentlich nicht geradezu die Rückkehr, die Zurück-
kunft, welche reditus Iieisst, sondern nur dasUmtveiiden, dasUrnkehren
auf der Heise. Man sage daher ni';ht: frustra e.rspeclas reversionem
meam, sondern rcditum 7ueii?n; nicht in reversione niea secundissimiiin
habui ventum, sondern in reditu meo. Daher sagt Cic. (Att. XVI,
695
7, 15): nie reditu vel potius reversione men laetatus est: denn er hatte
auf seiner Reise «ach Griechenland wegen ungünstiger Winde um-
wende/), um/rehren müssen.
Revertere und reverti, zurückkehren, bedeuten zunächst (wie re-
versio) avf dem Wege, unterwegs, auf der Reise umkehren, wie hei
Cic. (Divin. I, ]5): Dejotarus ex itinere — revertü. — In der bessern
Prosa ist im Praese?is und den dazu geliörigen Teinporibus nur lUe
Form des Deponens (revertor), aber im Perfect. und den dazu gehöri-
gen Temporibus die active Form (reverti u. s. w. ) übh'ch; später
brauchte man dafür reversus sum. Dagegen ist das Partie, reversus
durch Caesar (B. G. VI, 42) und seihst durch Cicero (Phil. VI, 4)
hinlänglich geschützt. Vgl, Heusing. Emendd. p. 455. Oudend. Caes.
B. G. VII, 5, 4 und Reisig's Vorles. p. 249.
Revidere findet sich nur einmal A. L. bei Plautus: ad heram re-
videbo, ich will nach der Herrin tvieder sehen; sonst nirgends. EiS ist
also in keiner Bedeut. zu brauchen, kommt aber im N. L. hie und da
vor. Wieder sehen, wieder besuchen heisst revisere, auch blos videre
(Cic. Fam. XV, 4, 2); Etwas revidiren, d. h. ivieder durchseheti, re-
cognoscere, retractare^ weshalb Cic. (Att. XVI, 3) einen verbesser-
teren Aufsatz — retractatius nennt.
Revisio kommt nur in der Bedeut. Wiedersehen \ot, aher Sp. 2/., und
ist gar nicht nachzubraucheu; man nehme dafür die Verba revisere
oder videre, oder umschreibe es durch das Subst. reditus ; — N. L.
aber ist in dieser Bedeut. revisus. Man sage daher weder vale usque
ad revisionem , noch ad revisum, sondern ad reditum, auf Wieder-
sehen. — N. L. ist auch revisio in der Bedeut. nochmalige Durchsicht
oder Revision, für recogtiilio, retractatio oder mit den Verben reco-
gnoscere, retractare.
Revocabilis, iviederruflich, wiederbrin glich, was zurückgerufen wer-
den kann, ist nur P. L. für qui, quae, quod revocari potest ; es ist je-
doch wegen seiner Kürze nicht zu verwerfen; — irrevocabilis ist in
Prosa üblich.
Revocare. Ungewöhnlich ist der Dativzusatz mihi, tibi, sibi — in
der Redensart aliquid in memoriam revocare, sich Etivas ins Gedächt-
niss zurückrufen. Man sage also nicht: mihi illam ?wclem in ?nemoriam
revoco, ich rife mir jene Nacht ins Ged. zurück; mihi bleibt weg.
Revolulio, die Umwälzung, Umstürzimg n. a., z. B. der Staaten, ist
N. L. für conversio (Cic. Divin. 11,2,6); in dem Sinne von Umdrehung
(vom Himmel und den Himmelskörpern) sagt man auch nicht revo-
lutio, sondern ebenfalls conversio oder circuitus.
Rhetor war freilich nach dem Griechischen auch der öffentliche
Redner, aber bei Cicero und fast allen Folgenden heisst dieser ora/o/",
dagegen rhetor — der hehrer der Beredtsamkeit , der dieselbe \\\
seiner Schule lehrt, aber auch praktisch übt und selbst declamirt;
daher hiess er auch als solcher declamator. Vgl. Klotz Cic. Tusc. III,
26, 63 und Ellendt z. Cic. Orat. T. II, p. 165. Nur selten wird rhetor
nach dem Griechischen für orator gebraucht. Man unterscheide da-
her beide im Gebrauche und nenne den Demostheties, Aeschines, Ly-
sias, Cicero, als Redner, nicht rhetores, sondern oratores. Auch hies-
sen die rhetores bisweilen rhetorici (Cic. Orat. 1,12,52). — Dasgriech.
rhetorica oder rhetorice, mit und ohne ars, ist bei den Lateinern ganz
696
allgemein im Gebrauche, wiewohl sie dafür anch ars orntorts (CAc.
Orat. III, 31), disciph'na dicendi (Brut. 44, 163), scientia hene diccrnli
u. a. brauclien. — Wenn in den Adj. rhetorisch, rednerisch mehr der
Sinn liegt: ivie die Rhetoren zu tktm pflegen, so wird statt rhetorirus
lieber der Genit. Plur. rhetonwi gebraucht; z. B. ein rhetorischer
Schluss, ein rhetorisches Ende eitler Unterredimg, rhetorum epilogus
(Cic. Tusc. I, 47, 112); rhetorische Vorschriften, rhetorum praecepta
(ib. II, 3, 9).
Rythmus, der Rythmus in der Rede und in der Musik, vermeidet
Cicero als ein fremdes Wort und braucht dafür immer numerus; da-
gegen hat es Quintilian. aufgenommen.
Ridere, lachen, steht meistens ohne Object, nur selten mit einem
solchen im Accus,, über Etwas lachen, Ettvas belochen, ridere alio?/id,
z. B. nostram amentiam, über unsern Wahnsinn. — Lachen in der Be-
deut. auslachen, verspotten, wird mehr durch irridere ausgedrückt.
Unser lächelnd in dem Sinne von anlächelnd heisst arridens.
Ridiculosus, lächerlich, soll bei Plautus vorkommen, sonst ist es
nur ganz Sp. L. für ridiculus, jocularis. — ^. L. ist dafür ridicularius
oder ridicularis, welche beide veraltet sind.
Rigidita s, die Steifheit, Härte, gebraucht nur Vitruv. vom Holze,
für das gewöhnliche rigor.
Rigidus, starr, steff, ist in dem bildlichen Sinne von streng, rauh,
finster als nur P. L. zu vermeiden durch severus, asper, tristis, au-
steruSy durus u. a.
Rigor findet sich in dem bildlichen Sinne von Strenge, Härte erst
N. Kl. bei Seneca u. A., für severitas, asperitas, morositas, austeritas,
tristitia. Vgl. Klotz Sintenis p. 156.
Rigorosus, streng, ist N. L., ohne alte Auctorität, und bekannt
durch den Ausdruck esamen rigorosum, eitie strenge Prüfung. ?(^Ian
setze dafür severus oder durus, acerbus, bisweilen auch inhumanus.
Vgl. Anm. z. Mureti Oper. T. I, p. 421.
* Es stand früher in Senec. Epist. 11, wo zwischen den Worten o;w* est aliquo
in den altern Ausgaben noch rigöroso stand, was aber in den neuern gestrichen ist.
Rima, die Ritze., Spalte. Man merke, dass Ritze bekommen nicht
rimas accipere, sondern agere heisst.
Rimari \i\xA in der bildlichen Bedeut. durchforschen, ausforschen
von Einigen für P. und Sp. L. gehalten, obgleich es Cic. (üivin. I,
57, 130) und nach ihm Quintilian. u. A. so brauchen.
Rite werde in der Bedeut. recht vorsichtig gebraucht und nicht
mit rede verwechselt, da in rede der Begriff des Vernünftigen und
Wahren liegt, in rite aber thells der ^^^xW auf gehörige, heilige Weise,
theils auch blos auf rechte, gehörige Weise, a\so immer der Begriff
von ASitfe, Getvohnheit, Art und Weise. Man sage daher nicht; rite
diwitPlato; rite dubitavit Zeno; si rite homines novi, wo nur rede
passend ist. Daher verbindet sich mit merito nie rite , sondern rede
— rede ac merito. Wie es angewandt werde, davon s. Beispiele in den
Wörterbüchern von Freund und Andern.
Rixosus., zänkisch, hat nur die A^. Kl. Auctorität des Columella,
welcher uves ri.vosas erwähnt. Vgl. unter 6'o/2/:ew//osz/s, wo andere pas-
sende Wörter angegeben sind.
Rogare wird in der Bedeut. Jemandeii tun Etwas bitten verbunden
697
aliqnem aliqir.id oder mit folgendem tit oder ne, nicht mit ex, wie es
Muret. tliat, indem er (Var. Lectf. XIIl, 17) schrieb: si qm's ex me
roget, was Sciopp. (de stylo p. 164 [J37]) als unlateinisch tadelt.
Zweifelhaft ist auch rogare ab aliquo ciUquid, wofür man als Auctorität
nur Cic. Farn. XIII, 1, 2 anführt: agam. Ntinc o te iUud rogabo; aber
die Ilaupthandschr. hat, wie eine der altern Ilanptausgaben, ogam
nunc. Ac te illud rogabo, wie auch Andere lesen. Lambin. streicht da-
gegen a geradezu, und liest: Niinc te illud rogabo. Wegen dieser zwei-
felhaften Stelle kann die Constr. ab aliquo nicht nachgebraucht wer-
den. — In der Bedeut. Jemanden nach oder um Ktioas fragen wird
TOgare ebenfalls verbunden aliquein aliquid; z. B. aliquem se?ifejitiam
rogare, Einen um seine Meinung fragen, und im Passiv, sententiam
ragari, um seine Meiming gefragt tverden. Nicht zu verwerfen ist
aliquem rogare pro aliquo. Einen für Einen., zu Jemandes Besten bit-
ten, wiewohl es sich erst N. Kl. bei Phaedrus, Ovid., Sueton. u. A.
findet; es ist analog dem A'/. supplicare alicui pro aliquo. Vgl. ScheflTer
u. Burmann zu Phaedr. III, 2, 16. Bezweifelt wird von Einigen rogare
aliquem ad coenam., ad convivium, Einen zu Gaste bitten, zum Essen
einlade?i, wie auch rogare allein in der Bedeut. einladen:, aber wie-
wohl vocare und invitare gewöhnlicher sind, so kommt doch bei Cicero
auch rogare vor. Vgl. Cic. Fam. XVI, 22, 1. Att. II, 3, 3 und ausser-
dem Anton. Progr. p. 31 u. 34, welcher auf diese Stellen aufmerk-
sam gemacht hat. — Endlich kann rogo te, ich bitte dich, nie, wie oro
te, quaeso, obsrcro, amabo te, mit einem Impcrat. verbunden werden.
Man sage also nicht : mitte mihi, rogo te, quamprimum orationem, wie
wir sagen : schicke mir, ich bitte dich, sobald — , für rogo te, (ut) mihi
quamprimum mitlas.
Rogatio wird fast nur von einer Anfrage in amtlichen Angelegen-
heiten bei irgend einer Behörde gebraucht, fast nie in der Bedeut.
Frage, für quaestio, iiiterrogatio ; sehr selten auch in der Bedeutung
Aufforderung oder Bitte, für preces.
llomaiiensis oder Romanticus liber ist die N. L. Benennung unseres
Wortes Äo/rtow, die aber ohne einen erklärenden und mildernden Zusatz
nicht gebraucht werden kann. Was die Alten fabula Milesia nannten,
bezeichnet fast dasselbe und ersetzt am besten jenes Wort; Andere
sagen liber fahulosus oder historia fabulosa. Vgl. Rolandi Maresii
Epist. I, 20 u. Weber's Uebungssch. p. 261.
Romanus. Man sage nur populus Romanus, nicht umgekehrt. Auch
•werde die lateinische Sprache nicht hngua Romana, sondern nur lin-
gua latina genannt; jenes kommt nur höchst selten vor, z. B. einmal
bei Plinius (Ep. II, 10, 2).
Romulus, a, um und Romuleus, als Adj., römisch, sind P. L. für
Romanus; auch werde das letztere, als ein nur P. W^ort, nicht ge-
braucht in der Bedeut. de7i Romulus betreffend, was theils durch den
Ge?iit. Ro?nuli, theils durch eine Umschreibung auszudrücken ist.
Rorulentus, bethaut, kommt nur A. L. und N. Kl. bei Columella
und dem altern Plinius vor, für roscidus.
Rosa, die Rose, kommt vielleicht nur im Sing, vor, da es ein Col-
lectivwort ist, also mit dem Begriffe der Mehrheit die Rose?i; daher
sagt man auch midta rosa, viele Rosen. Vgl. Cic. Verr. V, 11,27 (zwei-
698
mal) ; Tiisc. III, 18 n. a. und was Th. I, §.59 von dergleichen Wörtern
bemerkt worden ist.
Bosmarhius und ro&marinum (beide auch oft als sz/e/ Wörter ge-
schrieben), der Rosmarin. Die Form des Mascul. findet sich bei den
Bessern, die des Neutr. aber hei den Spätem; in der bessern Prosa
schrieb man es wohl nur in zwei Wörtern und declinirte beide, also
im Genit. roris niarini , wogegen man später rosmarini sagte. Vgl.
Heusing. Emeiidd. p. 446 und Schneider's Formenlehre B. I, p.374.
Rostra (Phir.), die Rednerbiihne, kann nicht wohl für jede der
unsrigen gebraucht werden, zumal da die Römer nur die in Rom auf
dem Markte befindliche so genannt haben, nicht aber jede Redner-
biihne an andern Orten; man brauche s?/ggestifs, und bei gelehrten
Vorträgen möchte das griech. cathedra als ohnehin übliches Kunst-
wort wohl zulässig sein.
Rotundare. Wiewohl dieses Verbura von der jRe</e, in Beziehung
auf Rundi/ng der Sätze, nirgends, ausser sehr spät, vorkommt, dafür
aber bei Quintilian. corrotu?idare mit vorgesetztem ^««si gebraucht
ist und mit ähnlichem Bilde qaadrare orationevi beiCic. (Orat. 58) und
in qvadrum redigere (ib. id\ ) vorkommt, so ist rntundare doch nicht
ganz zu verwerfen, zumal da das Adject. rotundus mehrmals von der
abgerundeten Rede mit und ohne quasi oder ut Ha dicam (vgl. Cic. Brut.
78,274. Orat. 13, 40), und sogar von den Schriftstellern selbst von
Cicero und auf ähnliche Weise auch von Andern gebraucht wurde.
Freilich sagt erst der sehr späte Sidonius: rotundare oratione/n, was
ihm Muret. (Oper. T. I, p. 145 ed. Fr.) nachgebraucht hat. Man halte
sich daher an orationem quasi corrotundare oder orationein quasi ro-
tundam facere. — Wenn wir aber ferner sagen : die Zahlrimden, rund
angeben., eine runde Zahl brauchen, so ist dafür numerum rottindarey
was Muret. (Expl. Cic. Catil. 1,2) braucht, ohne alte Auctorität; denn
was Petron. sagt: cew^/es scä/er//>//;/ co/'/-o///7/^are, hat einen ganz an-
dern Sinn, neml. die Summe von zehn Millionen voll machen. Lipsius
braucht rotundum numerum ponere, aber auch ohne Auctorität, da
rotundus nie ein Beiwort der Zahl ist. Man ssige daher numerum
snmmatim coniprehendere, oder im Allgemeinen bei der Zeit: tempus
sunmiatim comprehendere, wie der Scholiast Asconius z. Cic. Pison.
sagt. — Endlich, wo wir sagen: Etivas rund abschlage?i, ist rotundus
ebenfalls N. L. : man sage aliquid praecidere,praecise negare,pernegare.
Riibedo, die Röthe, ist sehr Sp. L. für das Äl. rubor.
Ruder a, die Trilmmer ; vgl. Budus.
Rudis, e, roh, wird wohl nicht von rohen, d, h. u?ireifen Früchten
gebraucht; dafür crudus. — Grade finden bei rudis nicht Statt; man
sagt also weder rudior, noch rudissimiis, welche Formen im N. L.
vorkommen. Vgl. Rascfiig Progr. p. J5.
Rudis als Subst., der Stab, ist besonders der, welchen Fechter als
Zeichen der Entlassung aus dem Dienste erhielten; daher sagten denn
die Alten sprichwörtlich: rudern accipere, rüde donnri, verabschiedet,
seines Dienstes etitlassen tverden. Aber für unsere Zeiten, wo jener
Gebrauch verschwunden ist, ist auch diese Redensart nicht mehr
anwendbar ohne d^n Zusatz: ut veter e jiroverhio utar oder etwas
Aehnliches.
Ruditas, die Rohheit, Unwissenheit, ist erst Sp. L. für barbaria.
609
inscitm, inscientia, ignorantia, immanitns, feritas, rz/sttcitas n. a., }e
nach dem Sinne.
Ifudus, der Schtiit, besonders von etwas Eingestürztem, nnd so
zuniai im Piur., rudcra, der Schutthaufen. Was wir aber Rudern (so-
gar ins Dentsclie anfgenommen) nennen, sind Heste o(]er VeM'rblcibsel
und noch stehende Wände und Mauern von Hänsern, Kirchen, Schlös-
sern n. s. w., welche nicht rudera genannt werden können. Die Steile
bei Livins (XXVI, 11) beweist Nichts für den Gebrauch des Wortes
rudera in dieser Bedeut. ; vgl. zu jener Stelle Dnker über rudern
jacere. Man brauche besonders parütmae oder diruti muri, dirutn
mocnia und das etwas poetische cadavera. — Pnrietinae sind noch
stehende Wände und Mauern verfallener Gebäude, altes Gemäuer,
denn Cicero (Tusc. 111, 22, 53) nennt die Ueberbleibsel, Ruinen oder
Rudera des zerstörten Korinths — Corinthi parietinas ; vgl. daselbst
Orelli. Tacitus braucht in diesem Sinne auch res//^?o (Ann. 11,60):
mo\ Visit veterum Thebarum magna vestigia, die grosse?/ Reste ?ivd
Trüuinier des alten Thebens. Nur liegende Trümmer, Schutthaufen
können rudera heissen. Vgl. Weber's Üebnngssch. p. 50 nnd nachher
Ruinae.
Ruere. Se ruerdfkich stürzen, ist Sp. L. für ruere oder ganz activ.
se dejicere, se i?nmittere u. a. — P. L. wird es von sol, iiox, vesper ge-
braucht, in der Bedeut. untergehen, sinke?/, für occidere.
Ruina bedeutet theils activ. den Einst?irz (Cic. Divin. 11, 8, 20),
fheils concret das Zusamme?? gestürzte, Zusammengefallene, wie bei
Ovid. M. XV, 424, aber wie rudera mehr liegende, als stehende Ueber-
bleibsel und Iveste \on Gebäuden; es kaini daher so wenig wie /•?/<'/e/'a
zur üe >ersetzung unseres Wortes Rui?ien gebrauclit werden, da wir
dabei an noch stehendes altes Gemäuer denken. Vgl. mehr darüber
unter Rudus.
Rumorigerulus ist zwar erst Sp. L. in der Bedeut. Jl?iekdotenjä(ier,
aber nach Wolf (z. Cic. Tusc. IV, 23, 51) sehr passend und überdies
analog dem A. L. salutigerulus, der Grussüberbringer. Es ist im
Scherz und Spott wohl anzuwenden.
Riunpere, breche?/, mit dem Acc. leges, die Gesetze breche?/, über-
trete?/, ist nur P. L. für perrw/ipere, violare, a legibus discedere u. a.,
wiewohl sonst rianpere mit foed/is, jus ge?/tium, testa/nentimi u. a. ver-
bunden wird. — N. L. ist rianpere oder wolil gar se r?impere in der
Bedeut. sich breche?/, von der Kälte oder Hitze, für frangere, welches
Wort zu vergleichen ist. — P. L. und N. Kl. beim Jüngern Piinius ist
rumpere ?noram (moras), Etwas u?/verzüglich th?i?i ; neben abjicere
Cimet atio?iem, nihil cunctari u, a. ist es übrigens wohl zu brauchen.
Vgl. Anton. Progr. p. 26.
Ruricola, der La?/dman?i, Bauer, ist nur P. L. für agricola, rusticus.
Kursus, tviederum, ist N. L. in der Bedeut. wechsels/veise, für
vicissi/?i, mutuo.
Ruslicu?ius, läudlich, von Personen, welche La?idbau treibe?/, kann
nicht wohl von einem Landpfarrer gebraucht werden; man sage also
nicht pastor rust/'ca?/u8, zumal da pastor ein ganz unpassendes Wort
ist. Vgl. Pastor. — Gut ist aber rustica?/a Juventus, die ländliche Ju-
gend, niclit rustica.
700
S. s.
Sfihbalnm, der Sabbat, Feiertag der Juden, ist nicht im Sing., son-
dern nnr im Plur. iiljücli, sabbaln, onnn.
Saccus, der Sack, Beutel. Die Redensarten aJiqiiid sacco fundere.
Etwas mit dem Sacke ausschütte?!, und pleno sacco fundere kommen
nirgends bei einem guten Lateiner vor, und da sie nur griech. Sprich-
wörter in der Bedeut. reichlich hingeben sind, können sie nicht wohl
ofine den Zusatz ut ajunt örr/ec? gebranclit werden; dennoch hat dies
Uuluiken einigemal gethan. Vgl. Kraft zu Ruhnken Elog, p. 327.
Sacer, heilig. Das Neutr. Plnr. sacra bedeutet Gottesdienst ; einen
solchen kalte??, verrichten, versehen lieisst gewölinlicli obire, facere
oder co?ißcere (Cic. Verr. IV, 45. N. D. III, 23. Farn. XIII, 11).
Sacerdos, der Priester, kann kaum für unsere Priester oder Pre^
diger gebraucht werden, ausser beim Cereraoniendienste, da die
sacerdotes bei den Alten nur gewöhnliche Dienste des heidnischen
Gottesdienstes zu verrichten hatten. Wenn also die Kirchenväter die
christlichen Priester mit dem Worte sacerdotes bezeichnen, so ist das
wiclitige Predigtamt dabei nicht berücksichtigt. Vsl. Concionator. Aher
auch geschmacklos ist es, zu sagen, z. B. sace^Sbs justitiaei in der
Bedeut. ein Jurist, i'\\r jtiris consultus, wie es z. B. Nolten (Antibarb.
T. II, p. 96j braucht.
Sacranie?}tiim ist nicht der gevi^ölinliche Schwur oder Eid im bür-
gerlichen Leben, sondern ein bei allen Göttern feierlich geschworener
Eid (Cic. Farn. VII, 32), besonders Die?isteid, Eid der Treue, wie denn
der der Soldaten nur so heisst. Man sagt aber nicht: sacram. jurare,
ei?ien Eid schwören, sondern sacram. dicere (Caes. B. C. II, 28 u. a.).
Sacricola, der Priester, steht N. Kl. nnr bei Tacitus und Spätem
für sacerdos, sacrißculus.
Sacrißcare, opfer??, ei?? Opfer verrichten, ist zwar KL, findet sich
aber nur einmal bei Cicero (N. D. II, 27, ()7), öfter aber bei Livius,
z. B. XXV, 1, für Sacra oder sacrificium facere. Noch seltner und
nicht nachzuahmen ist sacrißcare aliq?iid.,2i\so mit dem Accms. eines be-
stimmten Opfers, für immolare. — D. L. ist se sacrißcare, sich opfern,
sich a??f opfern, z. ü.fih's Vaterla?id, statt se devorere p?'o patria.
Saeculum, das Jahrh?indert, werde nicht falsch gebraucht, also
z. B. nicht in Beziehung auf einen einzelne?? Mann; einem solchen wird
wohl eine oetas, aber kein saec?din?i zugeschrieben, mag er auch ziem-
lich lange gelebt haben. So findet man im 'N.L. saec?du??i Be?itleya?inm,
R?ih?ihe??ia???im, Hcijnia?inm, wo auch die Adjectiva unpassend sind,
für aetas Bentley;, Rnhnlienii, Hey?m. — iV^. L. und in Gebeten als
feierliche Formel üblich ist i?? saectila saeculorum, auf ewige Zeile??,
in alle Ewigkeit, für i?? aeier??zim.
Saepicule, oft, ziemlich oft, kommt Sp. L. nur bei dem künstelnden
Appulejus vor, und saepiuscule, oft, ist N. L.; beide sind lächerliche
und nicht zu brauchende Wörter für das gewöhnliche saepe.
Sagitta ist nur ein Pfeil, nicht ein fFurfspiess, welcher hasta,
jacidum, tebmi heisst, wiewohl die beiden letztern auch im weitern
Sinne für sagitta gebraucht werden. Das Verbum sagittare, Pfeile
ab schiesse??, ist Sp. L. für sagitiam jacere, co?ijicere,e?nittere, auch mit
sagitta petere.
701
Sag?/?n, das Kleid der Soldaten mi Kriege, li^nw heutzutage nicht
mehr angewandt werden, so wenig wie togn vom Friedeji.
Sa/, Salz und JJilz, werde nur als Masc. gebraucht, da es als
Neuir. nur A. L. und gemein gewesen zu sein scheint; wenigstens
findet sich nirgends der Plur. sah'a, wie man im N. L. die Salze zu
benennen pflegt, sondern bei allen Bessern kommt nur die Form sales
vor. Uebrigens bedeutet sowohl sal als sales — fVitz, tvitzige Reden,
Scherz, Feinheit, wiewohl der Plur. häufiger ist. Vcl. Schneider's For-
inenl. B. I, p. 128 u. Ellendt zu Cic. Orat. T. II, p. 220.
Salaminiacus, Salaniinisch, ist P. L. für Salaminius.
Salarium (oft im Plur., salaria), der Amtsgehalt, das Jahrgeld, ist
zwar erst iV. KL, aber doch dafür das fast Kl. Wort, weil frülier der-
gleichen nicht vorkommt. Oft tritt dazu das Adj. annuiim.m dass man
auch ohne das Subst. blos anmiuni oder im Plur. annua sagte. Vgl.
ausser andern Stellen Sueton. Vesp. 18. — Etwas Anderes ist hmio-
rarinm, wovon oben die Rede war. Doch kann man salarium vermeiden
luid mit Dietricli (Siiitenis p. 47) merces vmneris, mit S.\\C\^Yn mimer is
reditus sagen; aber nicht wohl Stipendium, da dieses die Alten auf die
Bedeut. Kriegssold beschränkten.
Salebrosus, holperig, steht erst A. Kl. bei Quintilian. als Beiwort
der oratio, sonst nur bei Spätem und selten für horridi/s, asper,
incidttis,
Salina, die Salzgruhe, das Salzwerk, kommt als Sing, nicht vor,
sondern nur als Plur., salinae.
Satire hat in der Bedeutung springen, im Perf. als bessere und
sichere Form salui, selten salii; ebenso in den zusammengesetzten
Verben.
Saliva, Speichel, aber auch Lust, Appetit. Seneca braucht einmal
saliva?n movere in der Bedeut. Li/st erregen, den Mund wässerig
machen; doch ist dieser Gebrauch nicht wohl nachzuahmen, wie es
im N. L. geschehen ist.
Sattem ist in der Bedeut. nur N. L.; es schränkt vielmehr ein und
bedeutet wenigstens, zum Wenigsten. Vgl. Sciopp. de stylo p. 172 u.
182 und Vorst. latin. mer. susp. p. 157.
Saltus bildlich gebrauciit, in der Bedeut. Sprung, wenn man in der
Rede schreibend, sprechend oder disputirend von einem Gedanken
zum andern ohne Vorbereitung und Einleitung überspringt, kommt
nirgends vor, ist aber im N. L. nicht sehen, wo besonders oft der
saltu-s poeticus vorkommt. Es muss mit transitus ausgedrückt werden.
Vgl. Wyttenb. Opusc. T. I, p. 369.
Saluber und salubris kommen beide Kl. als Formen des Masculin.
vor, mehr jedoch die zweite; z. B, bei Varro (II. R. I, 2, 8) locus sa-
luber, bei Cicero aber (Divin. II, 57) ager salubris; ib. I, Ö7, 130
annus salubris, und so aucli bei Celsus (11, 1) ventus salubris.
Saluhritas mit dem Genit. einptionis, der ivohlfeile Kauf, was Er-
iiesti (Narrat. de Gesnero) braucht, ist nicht zu verwerfen, da wenig-
stens salubriter emere in der Bedeut. wohlfeil kaufen bei Plin. (Epist.
1, 24), und quam saluberrime, so tvohlfeil als möglich (Ep. VI, 30, 2)
vorkommt. Daher hat auch A. Matthiae (z. Cic. Milo 26, 69) seinen
frühern Tadel (Exempl. eloquent, p. 227) zurückgenommen. Vgl..
auch Gronov. Lectt. Plaut, p. 12. Auch hat sich Eichstädt nicht ge-
702
scheut, irgendwo zu sagen: muUo sah/briore pretto, um einen viel wohl-
feilen/ Preis, wie denn auch bei Columella pretium salubre, ein vor-
theilhofter, wohlfeiler Preis, vorkommt.
Sahitare, grüsseii. — N. L. ist saluta eum a me, grüsse ihri von mir,
für saluta eum meis oder nostris verlns, wie Cic. (Farn. VII, 29, 2)
sagt: Tironera meum saluta nostris verh/s, griisse ihn von mir oder in
meinem Namen; oder blos ego eum saluto, ei salutem dico. Vgl. Cic.
Fam. XIV, 7, 3:14, 2; XVI, 4, 4; 8, 2. Att. XIV, J9 tu Jtticae salutem
dices. Auch sagt man: j?(be eum salvere, grüsse ihn von mir; und so
ist auch /T/. und gut : salve oder salvebis a me, wie bei Cic. (Att. VI, 2):
salvebis a meo Cicerone, du wirst gegrüsst von meinem Cicero oder
mein Cicero lässt dich grüssen. Vgl. die Lexica unter salus, salutare
und salvere.
Salutifer und salutiger, heilbringend; ersteres ist P. L., letzteres
aber erst Sp. L. für salutaris oder saluber (salubris).
Salvare, erretten, ist jetzt nur Sp. L. für servare. Früher stand es
auch in Cic. Pison. 31, 78, wo aber jetzt aus den Handschr. servare
aufgenommen ist. In der ßedeut. Heil und Glück geben, beglücken,
selig machen sagte man dafür salutem dnre (Cic. Verr. 11,63,154).
Soivator oder salvißcator, auch salutißcator, der Retter, Erlöser,
Heiland, Seligmacher, sind Sp. L., das erste aber findet sich bei den
Bessern, wie bei Lactant. (Instit. IV, 2, 6). Sie sind im Kirchenlateiu
die gewölinhchen Beiwörter Jesu, als dessen, der das Menschenge-
schlecht errettet und seiig gemacht hat. Andere haben dafür seryr?/or
gebraucht, worin aber jene hohe Idee nicht liegen soll. Andere neh-
men daher aus dem Griech. Soter, deJssen hohen Begriff man nach
Cic. (Verr. II, 63, 154) nicht Jrno verbo latino ausdrücken kann, da es
denjenigen bedeute, qui salutem dedit. Ebenso ist co7iservator, was,
wie servator, ein Beiwort Jnppiter's ist, nur der Erhalter. Vielleicht
könnte man noch eher die beiden heiligen Wörter und Benennungen
von Göttern salutaris und sospifator anwenden; ersteres (salutaris) ist
ein Name Jnppiter's bei Cic. (Fin. III, 20,66), welcher zusetzt: in
cujus tulela salus est hominum, letzteres (sospifator) braucht auch
Arnohius (adv. gent. I, p. 42) von Jesu, und findet den Begrifl" da-
durch erschöpft. Unter den neuern bessern Lateinern braucht Per-
pinian. theils servator ille hominum, theils jenes späte sa/^ff^o/-, welches
auch Äluret. beibehalten hat. Manutius nennt Jesum (Ep. II, 1) nostrae
sal/itis auctorem, erklärt sich aber dennoch (Commentar. in Cic. Verr.
am angef. Orte) für das Sp. L. salvator. Man behalte es als alten
kirchlichen Namen Christi bei, wenn man nicht servator als das beste
Kl. Wort vorziehen will. Vgl. noch Anm. z, Mureti Opera T. I, p.204.
Ernesti Clavis Cic. v. Soier. — Gleich Ä/j.Z». und nicht zu brauchen sind
salvificare, wie oben salvare, für servare, conservare, salutem dnre,
salvum reddere, und salcificus, für qui servat, salutem dat, salu-
taris u. a.
Salve, sei es als Imperat. oder als Adv. von salvus, verbinden
Einige mit satisne oder salin , und sagen satisne salve? geht es dir
gut, wohl? ist Alles wohl? — aber die Lateiner sollen nicht salve, son-
dern salvae gesagt haben, wobei res zu ergänzen wäre. Vgl. Gronov
u. Dnker z. Liv. I, Ö8, auch Gronov z. Plaut. Stich, p. 10. Jedoch ist
6'ws noch zweifelhaft. Vgl. die Lexica.
703
Salvns. Ueber salva venia yg\. Venia, und über salva conscientia
Tgl. Conscientia.
Sancire. Die Perfectform sancivi ist A. L. für sanxi.
Sanctio ist in der Uedeut. Bestätigimg, Bekräftigrtng eines Ge-
setzes oder einer Verord?iun^ von Seiten eines Andern N. L., da es
die gesetzliche Bestimmung nnd Verordnung selbst ist, weshalb nur
sanctio legis, sanctiones legum oder blos saftctio vorkommen, nicht
sajictio senatus, imperatoris u. dgl. ; in jener Bedent. braucht man au-
ctoritas. Man sage also nicht: Caesar ea ornnia sine sanctione senatus
fecit, sondern sine auctoritate senatus.
Sanctitudo, die Heiligkeit, ist A. L. und veraltet für sanctitas. Mag
es auch Cicero einmal in den Büchern de republ., mit dem Genit.
sepulturae verbunden, gebraucht haben, so hat er es gewiss absichtlich
als alte Formel gewählt.
Sanctuarium wird erst N. Kl. beim altern Plinius von einem gehei-
meJi Orte oder Zimmer des Königs Mithridates gebraucht; Sp. L.
bezeichnet es einen Ort zur Bewahrung der Heiligthümer, eme Sacrisfei,
für das Rl. sacrariuni; dennoch wird jenes im N. L. diesem vorgezogen.
Saneacere, heil, gesund werde7i,ht zwar erst N. Ä7., findet sich
aber bei Celsus u. A. für die AI. Ausdrücke co?isanescere, convalescere.
Sanguineus ist in der Bedent. blutig, mit Blut befleckt nur P. L.,
für cruentus; Kl. bedeutet es nur aus Blut bestehend, z. B. imber
sanguineus, ein Blutregen. Man brauche es nicht als Beiwort, z. ß.
von manus, cuput, victoria, caedes, clades u. a., wo in Prosa cruentus
gei)raucht wird. — Ebenso ist sangtä?iolentus fast nur P. L. Vgl.
VVeber's Uebungssch. p. 101.
Sa/iguis, das Blut. Nur P. L. sind die Redensarten sanguinem
dare und haurire, in der Bedent. Bhit vergiessen, für sang, f andere.
Sanitas wird zwar von Cicero (Tnsc. IV, 13) als corporis tenipe-
ratio, d. h. als die rechte, gehörige Beschaffenheit des Leibes ange-
geben, aber dennoch von ihm zur Bezeichnung leiblicher Gesundheit
nur selten gebraucht; öfter dagegen wendet er das Adject. sanus in
der Bedent. leiblich gesund an, wofür er jedoch häufiger valens , ge-
sund, kräftig, stark (Cluent. 9, 27), und das Verb, valere, gesund,
kräftig, stark sei/i, braucht. Ebenso dient auch bei ihm nnd Andern
das Wort valefudo oder valitudo, welches, wie unser Ges?indheit, nur
aligemein Gesundheitsutnstände bedeutete, ganz gewöhnlich zur Be-
zei!;hnung leiblicher Gesundheit, und wenn er die Vorzüge des Lei.bes
aufzählt, so ist unter ihnen nicht sanitas, sondern das allgemeine va-
letudo. Vgl. Tusc. IV, 13 u. a. — Weit öfter findet sich hei Cic.
sanus, geistig gesu?id, un'd sanitas, gesunde Vernunft, welche auch
sana mens \\g\&%X ; den Gegejisalz zu diesen bilden insanus und in-
sania. — In vielen deutschen Redensarten, in welclien gesund und
Gesundheit vorkommt, wird weit seltner sanus und sanitas, als Valens,
valere und valetudo passen; z. B. wie geht es, wie steht es mit deiner
Gesundheit'^ nicht quam sanus es? qua ^s sanitate? — sondern quam
vales? qua es valetudine? quid agis? — er fragte mich nach meiner
Gesundheit, qua essem valetudine, quid age rem. — Das ^Vort valefudo,
welches nur allgemein die Gesundheit sumst ände , die leibliche Be-
schaffenheit andeutet, erhält durch Beiwörter Bestimmtheit; z. B.
valetudo bona, integra, seciinda, ßrma, com?noda ; dagegen valetudo
704
infirma, adversa, mala, aegra, incommoda^ temits ; ohne eins dieser
Adjectlven zeig^t nur der Sinn und Zusararaenliang die bestimmte lie-
deiituiig- der valetudo. — Zu sanüas können jene Adject. nicht hinzu-
treten, da es den voUkommnen leiblichen Gesundsheiiszusland anzeigt.
— Für die Gesundheit sorgen heisst valetudini (nicht sanitati) sert'ire,
tnservtre, ope?am dare ; curare, iit q?iis vnleat, valetiidinein sustentnre
u. a. ; die Gesundheit verlieren, valetudineni amittere. — In Cic. Farn.
XIV, 4, 6 bedeutet valetudo oculornm nach dem Sinne böse klugen;
gestiTide Auge7i drückt er (Fin. IV, 8, 20) durch integritas oculornm
aus. Gesunde Sinne heissen theils s««/, theils integri oder certise?tsus.
Vgl. Cic. Fin. III, 17, 56 integri; Cato 20, 72 certi; Acad. II, 7, 19
sensus, si et sajii sunt et valentes; ib. 25, 80 sanis modo et integris
seiisibns. — Wo blos an Seele, Geist, Fernuftft gedacht wird, ist sanus
allein richtig; daher lieisst gesunde Vernunft — sana me?ts, sanitas;
— N. L. ist sana ratio, gut aber recta ratio; wieder zur (gesunden)
Vernunft kommen, ad sanitate?n redire oder reverti; wieder zur Ver-
nunft bringen, ad sanitatem reducere, und so ad sanitatem perducere,
iur Vernunft bringen. Gesund werden oder wieder gesund werden
heisst Sanum fieri, aber ohne rursus (Cic. Oif. III, 24. Phil, II, 39),
convalescere oder melius alicui ßeri ; z. B. mir ist besser geworden,
7nihi melius factum est. Ob aber ad pristinam sa?iitatem redire in der Be-
deut. wieder gesund werden, wie es Ruhnken in einem Briefe gebraucht
hat, vorkomme, ist zu bezweifeln. — Uebrigens ist sanus oft auch
unpassend, wo wir gesund brauchen; z.)i. gesunde Luft, gesundes
Klima heisst salubre coelum, salubritas coeli; ein gesunder Ort, locus
salubris (sahiber); eine gesunde Gegend, salubris regio ; gesunde Speise^
salubris (saluber) cibus — und so überall, wo gesuiid so viel als Z7i-
träglich ist. — Vgl. Anton. Progr. p. 29. — Endlich merke man, dass
auf Jemandes Gesundheit irinhen heisse sahitetn propinare.
Sapere. Als Perfectform findet sich nur sapivi und davon die ver-
kürzten Formen sapisti, für sapivisti, und supissem, für sapivissem,
aber nur A. L. und bei Dichtern, nirgends in Prosa; ohne Auctorität
aber ist sap?ii, was im N. L. oft vorkommt; Wyttenbach z. B. sagt: ne
purum sapuisse videant?ir. Als veraltet und in Prosa ungebräuchlich
werde das Perfectum mit den dazu gehörigen Formen ganz vermieden.
Vgl. Resipiscere und Reisig's Vorles. p. 228, welcher auch sapii mit
Recht verwirft. — Die Redensart sapere aliquid, nach Etwas schmecken,
auch wohl nach Etwas riechen, bildlich gebraucht, ist ohne alte Aucto-
rität und nur N. L.; lächerlich wäre den Alten z. B. gewesen: hoc
sapit manum correctoris, das schmeckt nach der Ha?id eines Correctors,
oder glossam, glossatorem, scribam, scribas) wie Görenz oft sagt. —
iV. L. ist auch sapere latine, graece u. dgl., Lateinisch, Griechisch
verstehen, für scire latine; Görenz sagt z. B.: scribae purum latine
sapie?iti, einem Abschreiber, welcher (zu) ivenig Lateinisch verstand.
— N. L, ist endlich auch: sajnt mihi res, mir schmeckt Etwas, für
delector re, gustum rei habeo.
Sapidus, schmackhaft, ist Sp. L. für hont oder secundi saporis, auch
blos jucundus oder conditus (gewürzt) ; daher heisst schmackhaft
machen, cojidire.
Sapiens, weise, der Weise, kann, wenn es gleich substantivisch ge-
braucht wird, dennoch nicht durch Grössenadjectiven verstärkt oder
705
vermindert werden ; nie kommt z. B. vor talis, magnus, egregü/s, par-
vus, majcwinSy minimus sapiens; die Grade des Wortes reichen schon
hin, z. B. sapientior, ein grösserer Weiser ; sopientissimus, der grösste
Weise; sie sapiens, ein solcher Weiser; valde sapiejis, ein grosser
Weiser ; parum sapiens, ein zu kleiner Weiser; minus sapiens, ein klei-
nerer Weiser und ähnliche.
Sapor, der Geschmack, ist nicht der Geschmack als Sinn, welcher
gustatiis heisst, sondern der Geschmack, den man von Etwas beim
Kosten hat, — Den Speisen Geschmack geben, sie schmackhaft machen
wird durch den Kunstausdruck cibos condire bezeichnet; daher heisst
schmackhaft, conditiis, nicht sapidus, wovon oben die Rede war,
Sarcina kommt in der ßedeut. Gepäck nur im Plur. vor. sarcinae,
nicht im Sing.; daher heisst das Gepäck iusa?nmenbringen, sarcinas
conferre.
Snrcinator und sartor, der Flicker, der Etwas ausbessert , sind
keine passenden Wörter für unsre ehrsamen Schneider; das letzte,
was Einige dem ersten vorziehen, hat fast keine Auctorität: das erste
ist zwar nur A. L., wird aber durch kein besseres ersetzt. Vgl. Geist's
Aufgab, p. 194.
Sarmentiim, Reisig, Reisholz, Reiser, kommt in der bessern Prosa
nur im Plur. vor, sarmenta.
Satagere (satagitare), geschäftig sein, mit Etwas geiittg zu thun
haben, findet sich A. L. bei den Komikern, wurde aber später wieder
aus der gemeinen Sprache hervorgesucht, und wird im N. L. (wahr-
scheinlich als schöne Rarität) nicht selten gehraucht. Was Cic. (Lael.
13, 45) ausdrückt durch: satis superque tibi est tuarum rerum, du
hast mit dir selbst^ mit deinen eignen Sachen genug zu thun, bezeichnet
Piautus durch satagis oder satagitas tute tuarum rerum.
Satins, der Ueberdruss, das Genughaben, ist A. L. und kommt
später bei Livius und Tacitus vor, sonst höchst selten, für satietas,
taedium, fastidium.
Satis est, es genügt, wird bei folg. Verbo nicht mit ut, sondern
mit einem Inßnit. oder Acc. m. d. Infinit, verbunden. Man sage also
nicht: satis est, tit attentus sis, sondern te altentum esse oder ohne te.
Satisfactio, die Genugthuung, ist in der gewöhnlichen Bedeutung
erst Sp. L., da es in der guten Prosa nur Entschuldigung, Abbitte be-
deutet; N. L. aber ist satisfactionem dare ; man sagt blos alicui de
oder pro aliqua injuria satisfacere, Einem für eine Beleidigung Ge-
nugthuung geben; passiv, alicui satisfieri, GeTiugthmmg erhalten; mihi
satisf actum est, ich habe Genugthuung erhalten; — aber Genugthuung
fordern heisst res repetere.
Satisfacere. Man zweifelt, dass dieses Verbum in der Bedeutung
befriedigen mit den Dativen libidini, voluptati, irae, avaritiae ver-
bunden werde; daher sei man vorsichtig, es ohne Auctorität in dieser
Bedeut. mit einem Dat. zu verbinden.
Sator ist in der Bedeutung Erzeuger, Vater nur P. L., für pater,
genitor.
Satrapes, der Statthalter, werde nicht allgemein von jedem Statt-
halter gebraucht, da es nur das griech. Wort für die Persischen Statt-
halter ist; man halte sich an praefectus, administrator, procurator,
und die bestimmten Proconsul, Propraetor.
4ö
706
Satur, satt, wird A. und P. L. mit d. Genit. verbunden. Wiewohl
vitae satur, lebenssatt, nirgends vorkommt und daher mit Recht be-
zweifelt wird, so scheint es doch wegen seiner Kürze zulässig statt
der Umschreibung quem satietas vitae cepit; auch wäre jenes durch
<lie Worte des Plautus : hae res vitae me saturant, das macht mich des
Lebens satt, d. h. überdrüssig, zu eutschuUligen.
Satus, gesäet, auch entsprossen, erzeugt, geboren; aber sattis mit
<Jem Abi. einer Person ist nur P. L. und niclit nachznbrauchen, für
nat/fs, ortus. Das Neutr. satum ist in der Bedeut. Saat, Saatfeld, be-
sätes Feld P. L. für seges.
Scala, die Leiter, verwirft Varro (L. L. IX, 41, 68. p. 218 ed. Müll.)
als Sing., für den Plur. scalae, weil sie aus mehrer?! Sprossen be-
stände; und so hält auch Quintil. (Inst. I, 5, 16) den Sing, für fehler-
haft. Man halte sich also an den Plur., obgleich der Sing, einigemal
vorkommt. Vgl. dagegen Hand's Lehrb. p. 182, welcher behauptet,
der Sing, habe genügende Auctorität.
Scandere, steigen, himmsteigen, wird nur mit dem Acc. verbunden,
2, B. auf das Capitol, Capitolium. — P.L., aber später grammatischer
Kunstausdruck ist scandere versus, die Verse nach ihren Füssen mes-
sen, scandiren, für das Kl. meiiri; und so heisst die Handlung selbst
nicht scansio, sondern dimensio.
Scaiere, voll sein, wimmeln, mit dem Abi., findet sich bildlich ge-
braucht nur N. Kl. heim altern Plinius von gemeinen Dingen, und kann
daher auch in unsrer Prosa wohl nur im Scherz angewandt werden,
zumal wenn, wie Carl Beier meinte, ein passendes Gleichniss damit
verbunden würde ; z. B. die Bearbeitung des Stoffes ist voll (scatet)
voji Missgriffen, wie von Ungeziefer. Man vermeide es in bildlichem
Sinne als ein seltenes Wort. Ob Muret. das Lob des Manutius gut
aufgenommen, weiss ich nicht, da ihm dieser (Epist. III, 5) schrieb:
Mehercule non tarn aquis ulli foutes, quam ingenium tuum scatet
graecis et sentetitiis et dictis; für diu fofttes ist es wohl passend, aber
weniger für das ingenium.
Scena ist nur die Bühne im Theater und im allgemeinen Sinne
jeder Schauplatz; im iV. L. aber bezeichnet man damit den Auftritt
in einem Theaterstücke, als Unterabtheilung eines Aufzuges oder
actus; doch werden dergleichen !)ei den alten Theaterstücken nie er-
wähnt, wie auch schon Muret. (Oper. T. II, p. 219 ed. Fr.) richtig be-
merkt: Jieque actuurn, neque ut indocti postea locuti sunt, scenarum —
— uUa certa distinctio erat. Anch haben die ältesten Flandschr. des
Plautus und Terenz nur jedesmal die JNamen der redenden Personen,
nicht die Angabe weder eines Actes noch einer Scene. Heutzutage
gehören die Wörter actus und scena zur theatralischen Terminologie
und können nicht wohl entbehrt werden. Man brauche sie daher
nicht falsch.
Scenicus, das Theater betreffe?id, ist zwar ein Beiwort der Schau-
spieler, welche artifices oder actores scenici genannt werden, und
ebenso heissen auch die dramatischen Dichter bei den Lateinern poetae
scenici, wie bei Varro L.L. IX, 11, 17. p. 202 ed. MüJl.; daher sind auch
poesis scenica, als ^ame der dramatischen Poesie, und poema scenicum,
ein dramatisches Gedicht, ein Schauspiel, obgleich sie, vielleicht zu-
fällig, nirgends vorkommen, wegen />oe/ae scenici wiaht zu verwerfen,
707
zumal da eben so wenli;^ poesis com/'ca, tragica, drumatica und poema
coniicum, tragicwn, dramnücum vorkommen. Viel mehr lateii)isch ist
scenicus als dramaticus, wiewohl dieses das Kunstwort ist. \gl. Drama.
Schediasma werde nach Cicero, welcher es griechisch ^)raucht,
nur von einer kleinen, in Eile liini^eworfenen Schrift jü^^ebraucht, aber
nicht von einer solchen, welche Zeit und Fleiss verräth, wie man es
im N. L. falsch gebraucht lindet. Vgl. Schirlitz 31ethod. der latein.
Styl. p. 50.
Schema, Figur, Zeichnung, Riss, ist fast nur yi. L., indem Kl. und
später dafür/o/v/ja gebraucht wird. Was Vitruv. geometrica Schemata
nennt, nennt Cic. (Kep. I, 17) geomelricae formae, und so nennt er
(Epist. ad Q. fr. II, 6,2) einen Bauriss — formam, wofür aber auch aedi-
ßcandi descriptio gebraucht wird. — Verschie(ien von Schema in den
angegebenen Bedeutungen ist das rhetorische Kunstwort Schemata.,
die Redeßguren, welches von den Khetoren ganz gewöhnlich ge-
braucht wird.
Schola ist in der gewöhnlichen Bedeut. Schule bezweifelt worden,
aber es ist eben so gut, wie Indus, mit und ohne das Ädj. litterarius,
und gymnasium.1 wiewohl nach Döderlein schola nur eine höhere Schule,
ludus dagegen nur eine gewöhnliche, niedere ist. Vgl. oben unter
Ludus. — Die Lexica geben Beispiele für die Bedeutung Schule. Für
schola ist aber disciplina dann besser, wenn mehr der besondere Un-
terricht und die Methode, wohl gar das Si/ste?n und die Sehte darunter
zu verstehen ist; z. B. er ist aus meiner Schule, Zögling meiner Schule,
est alumnus discipl inae meae (Cic. Farn. IX, 14, 2) ; P anaetius lieisst
(Divin. I, 3, 6) ^n«ce/;s e')us disciplinae (der Stoiker); praeter tres
disciplijias (Fin. II!, 11, 36), wo wir Schule brauchen. '
Scholaris, der Scholar, Schüler., ist N. L. für discipulus.
Scholasticus ist zwar erst A^. /iL, findet sich aber bei den Bessern,
theils von Personen gebraucht, die sich mit den Schulgegenstäuden
beschäftigen, theils von Sachen, welche in der Schule behandelt wer-
den; richtig ist daher res scholasticae, Schulsache?i ; homo scholasticus,
ein Schulmann, Sclmllehrer ; — und so ist es nur anzuwenden. — Ver-
schieden sind davon die philosophi scholastici des Mittelalters und ihre
philosophia scholastica.
Scholiastes oder scholiasta, der Erklärer, und scholion oder scho-
tium, die Erklärung, erklärende Anmerkung, kommen nirgends, auch
bei keinem späten Lateiner vor. Erst im N. L. hat man sie in jenen
Bedeutungen aus dem Griechischen genommen, a!)er das erste fast nur
auf die alte?i Erklärer aus der lebenden Zeit der Sprache beschränkt,
und ihre Erklärungen scholia genannt, wie deren über Cicero, Virgil.,
Horaz, Persius, Juvenal. u. A. vorhanden sind. Beide Wörter sind üb-
rigens gut und nicht zu verwerfen, wiewohl interpres und interpretatio
ihre Stelle vertreten. Nach der Analogie von andern Wörtern hat jenes
neben der griech. Form scholiastes auch die lateinische scholiasta,
woruach denn der Accus., da es ein Nomen appellativum, kein pro-
prium ist, entweder nach dem Griech. scholiasten, oder nach dem
Latein, scholiastam heisst, aber nicht, wie es im N. L. oft vorkommt,
scholiastem. Daher tadelt Reisig (Vorlesung, p. 109) Ruhnken, dass
er auch scholiastem gebraucht habe.
Scholicus, zur Schule gehörig, die Schule betreffend, kommt erst
45*
708
Sp. L. bei Gellius und sonst fast niclit vor; es werde nicht gebraucht,
obgleich es im JV. L. wieder liervorgesucht worden ist.
Sciagraphia, die perspectivische Darstellung, der Abriss, Schat-
tenriss, steht nur einmal in altern Ansgg. des Vitvuv. ; in neuern steht
dafür scenopraphia. Man brauche für dieses fremdartige ^oxi forma
oder adumhratio. Vgl. Mattliiae z. Cic. Sulla 18, 52.
Scibilis, erkennhar, was man wissen kann, ist ganz Sp. L. für quod
sciri, i7ilelligi potest, quod scientia comprehendiUir.
Scieiis, wissentlich, mit Hissen, und ebenso insciens und nesciens,
unwissentlich, ohne Wissen, werden nur als Adject. mit einem substan-
tivischen Worte verbunden, und da das Object des Wissens oder
Nichtwissens in den damit verbundenen Worten liegt, so haben sie
nicht den Accus, m. d. Inf. nach sich. Man sagt z. B. : haec ego sciens
7ieglesi ; hoc ille me sciente fecit ; falsch aber ist: ego hanc rem ita
esse sciens neglexi, in der Bedeutung: da ich wusste,dass dem so wäre,
achtete ich es ?iicht, für quam rem ita esse cum scire?n, neglesi.
Sciefiter ist in der Bedeut. wissentlich vielleicht N. L., da es Kl.
nur geschickt, kunstfertig bedeutet; in jener Bedent. brauche man nur
scie?is, und sage also nicht: hoc scienter feci, das habe ich wissentlich,
mit iVissen gethan, sondern sciens.
ScieJitia ist bei den Alten das Wissen oder unser Wissenschaft als
Kunde und Kenntniss, wie wenn wir sagen: er hat davon keine Wis-
senschaft, d. h. er weiss davon Nichts, kennt es 7iicht; es bedeutet daher
im allgemeinen Sinne, ohne einen Ge?iit. dessen, worauf das Wissen
sich beschränkt, die Summe alles dessen, ivas man weiss, die Kennt-
nisse im Allgemeinen, wie bei Cic. (Acad. II, 2, 4) : Antiochus ingenio
scientiaque putatur excellere, d. h. an Geist., Verstand und Kennt-
nissen. In dieser allgemeinen Bedeut. kommt es nur im SinguL, nicht
im Plur. vor, da scientia — die Kenntnisse bedeutet. Jedoch kann der
Plur. auch dann wohl Statt linden, wenn er mit andern Pluralen ver-
bunden wird, wie dies vielleicht in Cic. Cato 21, 78 anzunehmen ist,
•wo es heisst: tot artes, tot oder tantae scientiae, tot inventa, worunter
nach der ersten Lesart so vielerlei Kenntnisse, nach der zweiten so
grosse Kenntnisse mancherlei Art zu verstehen sind, obgleich Andere
tantae scie?itiae als Genit. mit artes verbinden. Vgl. zu jener Stelle
Gernhard, Schütz, Klotz u. A. Und so braucht den Plur. auch Vitruv.
mehrmals, z. B. L. 111, praef. disciplinarum scientiae, wegen des Plur.
disciplinarum und scientias arti/lcioru/n. — Es wird aber durch einen
beigesetzten Genit. des Gegenstandes des Wissefis die Kenntniss oder
das Wissen auf diesen Gegenstand beschränkt; z. B. scie?itia juris y
medicinae, rei militaris, picturae u. dgl., Kenntniss vom Rechte, Rechls-
kunde, Jurist. Kenntnisse ; von der Medicin, medicinische Kenntnisse;
vom Kriegswesen, militär. Kenntnisse ; von der Malerei. So sagt Sulpic.
(Cic. Farn. IV, 5, 5) : qui profitentur tenere se medicinae scientiam,
welche vorgeben, sie besässen Ke?mtnisse von der Medicin; und so
steht bei Cic. (Fam. IV, 3, 2) : tuae scientiae (neml. juris) dem meae
arii (neml. orotoriae) entgegen. — Nie aber bedeutet scientia allge-
mein, ohne Beziehung auf das Wissen einer Person, eine Wissenschaft
als ein systematisches Ganzes von Lehrsätzen, Vorschriften und Re-
geln, wie die des Rechtes, der Medicin, der Theologie i.. s. w., wo wir
statt Wissenschaft auch oft Kunst sagen, z. B. Arzneikunst, Kriegs-
709
kunst, und wo auch die Lateiner oft ars anwendeten. Daher js:ibt es
wohl in diesem Sinne hei den Alten artes, aber niclit scientiae, nnd
unlateinisch ist, wie vielleicht Heusinger (Emendd. p. 428) zuerst
bemerkt liat, was im N. L. auch von den Besten gesagt worden ist
und immer noch gesagt wird: artes ac scientiae, Künste und IVissen-
schoften; academia scientiarum, societas scientinr?/m, eine gelehrte
Gesellschaft; amat stientins, studiosus est scieTttiarum, patronvs est
scientiarum, omne sc.ientiarum genus, sanctissinia scientiarrnn theologia
und Anderes dergleichen. Eine Wissenschaft in diesem Sinne ist do-
ctrina, disciplina oder ars, 7,. IJ. die Rechtswisse?isckaft, doctrina juris;
die fFissenschaften, aoctrifiae, disciplinae, optimae^ artes, auch in ganz
allgemeinem Sinne litfcrae, und etwas beschränkter litterae optiinae;
nie aber kann gesagt werden: hae, illae, reliquae u. dgl. litterae, fiir
artes, disciplinae, doctrinae. Und so verbindet auch Cic. (Rep. 11, J9,
34) disciplinae et artes. — Schöne IVissenschafteji sind bonae, inge-
nuae, honestae (Cic. Brut. 59, 213) artes, welchen die artes sordidae
entgegenstehen. — Wenn daher Paulin. a S. Josepho von der Medicin
sagt: qni sese ad Studium, tarn arduae scientiae dant, so hätte ei' bes-
ser disciplinae sagen müssen, denn das Jfissen kann nicht ardua heis-
sen, und hataucli kein Studium; richtig aber folgt hernach: ?ina cum
scieittia (zugleich tnit dem Wisse?/, mit den Ke?mtnisseii) praeclari
mores co7iju?igendi sunt. Mehr darüber findet sich in Vavass. Antib.
p. 559. Heusing. Emendd. p. 428. Frotsch. z. Muret. Oper. T. I, p.ll7.
Ruhnk. z. Mureti Oper. T. 11, p. 577. Ausleger z. Cic. Ca}o2l. Jen. L. Z.
1822. St. 53. Weber's Uebungssch. p. 41. 42. Klotz Sintenis p. 68.
Hand's Lehrb. p. 355 u. 1G6. üöderiein's Synonym. Th. V, p. 2G5 u.
Reisig's Vorles. p. 133.
Scie?ifißcus und als AAv. scienlißce, wissenschaftlich, sind iV. X. und
müssen anders ausgedrückt werden; z. B. wissenschaftliche Bildung
(Cultur, Ken7it?iisse), eruditio et doctrina; auch blos litterae (Cic. Kose.
Am. 41, 120) ; wissenschaftliche Beschäftigungen, studia optima (Cic.
Fam. VI, 10, 4), bonarum artium studia (Vatin. 3, 8) ; wissenschaft-
licher Eifer, Studium litterarum (Sest. 51,110) ; tiefe wissenschaftliche
Kenntnisse, litterae interiores et reconditae (Brut. 76, 2o5) ; ivissen-
schaftlich gebildet, litter is eruditus ; sehr tvenige wissenschaftliche Kennt-
nisse haben, litterarum nihil admodum scire (Br. 58, 210) ; Etwas wis-
senschaftlich behandeln, aliquid in artem redigere, wie ein Buch Cicero's
den Titel hatte: de jure civili in artem redigendo, über die irissenschaft-
liihe Behandlung ( Bearbeitung) des bürgerlichen Rechtes oder wie
das bürgert. Recht Wissenschaft (ich zu bsha?ideln oder in ein System
zu bringen sei, — und so verfahre man bei ähnlichen Ausdrücken.
Scilicet ist meistens unser freilich, natürlich, versteht sich, oder
macht auf etwas Wichtiges, was nachfolgt, aufmerksam; aber es kann
nicht, wie im N. L., bei näherer Anga!)e der vorher nur allgemein
angegebenen Personen oder Sachen gebraucht werden, wo wir näm-
lich vorsetzen; z. B. es gibt in der That eine Seelenheilkunde ^ nämlich
die Philosophie, animi medicina, philosophia, nicht scilicet philosopkia ;
es gil)t vier Ttigenden, nämlich die Klugheit — , quatuor virtutes, pru~
dentin — , nicht scilicet prudentia. Eben so wenig wird es gebraucht,
um anzugeben, dass ein Wort aufgelassen se?, also bei Ellipsen, in der
Bedeut. ergänze, de?ike dabei, wo scilicet sehr gewöhnlich ist, für
710
audi. — üebrJgens wird da, wo nämlicJi so viel ist als ich meine, nicht
eelten dico gebraucht; z.B. zu den Tugenden, welche bekannt nnd aus-
gezeichnet sind, nämlich Gerechtigkeit, Massigkeit — , justitiam dico,
temperantiam — (Cic. Fin, IV, 2, 4). Vgl. noch ii!)er diese Partikel
Weber's Uebiingssch. p. 512. Iland's Lelirb. p. 230. Stiiremb. Cic.
Arch. p. 69. JMadvig Cic. Fin. p. 618. Reisig's Vorles. p. 466. GrauflF
zu Biinell. Epist. p. 713 und oben unter Netnpe.
Scinne, tveisst du? — vgl. Scire.
Scio/us, der Halbwisser, Ueberkhige, ist Sp. L. und sehr seJteii,
wird aber im N. L. oft gebraucht, für semidoctus, leviter eruditus
oder ernditulus (bei Catull.). Vgl. Weber's Uebungssch. p. 343.
Scire. Bekannt ist, dass für scisne, weisst du? weisst du ?iicht? snc\\
sein'' gesagt wird, aber N. L. und unerweislich ist scinne in dieser
Bedeut., was Gesner in seinem latein. Lucian. häufig braucht. —
Nicht wissen hiess in der bessern Schriftsprache nescire, nicht non
scire; wenigstens sagt Cic. (Orat. 47, 157): non scire barbarum jam
videtur, ?iescire dulcius. Daher braucht er auch nie 7W7i scio, sondern
nescio oder haud scio. — Fi/r gewiss wissen heisst certnvi oder pro
certo scire — und so ähnliche. Vgl. oben Pro. — Weisst du was?
wenn man Etwas lebhaft erzählen wiJI, heisst nicht scisfie (sein') aliquid
oder quid? sondern narro tibi (Cic. Farn. XI, 24, 1. Att. XV, 21, 1). —
Unser gewöhnliches tvohl ivissen heisst nicht bene scire, sondern probe
scire, non ignorare, non esse nescium; denn bene, melius, optime scire
heisst Etwas gut, besser, am besten verstehen; besser wisse7i heisst
magis scire; am besten wissen, maxime scire (Cic. Rep. 19 etiamsi
maaime sciemus, auch wenn tvir es am besten wissen werden, die beste
Äenntniss davon haben werden). Ueber melius scis, für magis scis, bei
Bunell. (Epist. 4) vgl. Grauff zu dieser Stelle. — N. L. ist memoriter
aliquid scire, Etwas auswendig wisseji (vgl. Memoria) ; ferner: gratiam
alicui scire, Einem Bank wissen, für grat. habere (vgl. Gratia) ; —
adhuc scire, noch wissen, für memoria teuere; also ich weiss noch,
memoria teneo (Cic. Fam. VII, 3, 1 quin ipsum diera memoria tento) ;
weisst du noch? tenesne memoria? (Cic. Vatin. 5). — Ich weiss Nichts
zu schreiben, ich weiss nicht, was ich schreiben soll heisst nihil habeo,
quod scribam oder ?ion habeo, quid scribam ; ich weiss keine?i Rath %u
geben, non habeo, quid consilii dem (Cic. Fam. XII, 3, 1), — und so passt
in manchen Redensarten das Verbum scire nicht. Auch bemerkt We-
ber (Uebungssch. p. 53), dass, wenn wissen auf Intelligenz gehe,
nosse oder callere, wenn es auf eine That gehe, posse, audere, auch
studere und id agere gesetzt werde, und dass es in einigen Redens-
arten ganz wegbleiben könne. Von der Art sind z. B.: er will dieses voji
mir gethan wissen, hoc a me factum vult; darunter will ich verstanden
wissen, hoc intelligi volo (Cic. Tnsc. IV, 8, 18(); das will ich so ver-
standen wissen, haec sie accipi volo (Plin. Epist. II, 5) ; sie wollen sich
Praetoren genannt wissen, hi se praetores appellari volunt (Cic. Rull.
II, 34, 93). Vgl. Zumpt's Gramm. §. 610. — In Redensarten, wie: ich
weiss ihn mit Niemanden zu vergleichen, folgt nicht der Infinit.- man
sage also nicht: eum cum nemine cornparare scio, noch nescio eum cum.
quoquam comp., sondern quem ei compnrem nescio, oder quem cui
compnrem neminem novi. — Wenn so trisse nach einem Satze mit damit
(ut), damit nicht (ne) und was das anbetrifft, dass (quod) folgt, so wird
711
sehr selten scito g'esa^t, sondern gewöhnlich bleibt dieses aus, indem
unmittelbar der Hauptsatz in seiner Form als Hauptsatz folgt. Vgl. Cic.
Farn. I, 7, 11; 9, 23: III, 5, 5; V, 12, 9. Att. I, 11, 4 — und so noch
oft. Wo scito vorkommt, da ist die Verbindung gewöhnlich eine
andere und das Wort scito also passend, z, B, in Cic. Att. I, 11, 2.
Fam. I. 9, 24. Auch findet sich dafür, aber selten, dico (so sage ich),
z. B. in Cic. Manil. 8, 20. — Endlich ist es streitig, ob nach hatid scio
oder nescio an in der Bedeut. vielleicht wohl eine Negation folge oder
nicht (also ullus, qidsquam^ unqtiam oder nu/lus, nemo, numquam), und
nach vielen von Gernhard, Matthiae und Beier geführten Streitigkei-
ten behauptet man jetzt anders, als vorher, dass die Fron. uUus, quis-
quam richtig seien und dem Zusammenhange nach negativen Sinn
hätten, so dass haud scio, an uf(a aetas beatior possit esse bedeute:
vielleicht möchte wohl kein Alter gliicklicher sein (Cic. Cato 16, 5(5),
wo nicht nulla zn schreiben wäre; und vielleicht möchte wohl nichts
Besseres den Menschen gegeben sein heisse hand scio, an quidqnom —
(Cic. Lael. 6). Vgl. Klotz z, Cic. Lael. p. 123. Weitläufig handeln da-
von Ochsner z. Eclog. Cic. p. 191. Kraft z. Elog. Ilemst. p. 307 — 312.
W eber's Uebungssch. p. 527. Antn. z. 3Iureti Oper. T, I, p. 277 u.
420. Handii Tursell. T. I, p. 310 und Reisig's Vorles. p. 475.
Scirpus. Das Sprüchwort nodum in scripo qtiaerere, in der Bedeut.
Schwierigkeiten finden, wo keine sind, kommt zwar nur bei Plaut, und
Terenz, nirgends bei Spätem vor, ist aber doch zulässig, wenn nur
ut ajnnt oder ut est in proverbio dabei steht, da es ein Sprüchwort ist.
Sciscere, genehmigen, billigen, wird nur von Gesetzen und öffent-
lichen Vorschlägen, welche von einem ganzen Collegium gebilligt wer-
den, gesagt, nicht von Privatmeinungen, für welche ^/•oÄa/'e und ähn-
liche Verba passen. \gl. Hand's Lehrb. p. 239.
Scitari, forschen, nachforschen u. dgl., ist wohl nur P. L. für das
gewöhnliche sciscitari.
Seins (wovon jiescius und inscius abgeleitet sind), kundig, wissend,
ist nur A. und Sp. L. für sciens, gnarus, perilus.
Scomma, Schimpfwort, ist sehr Sp. L. für convitium, maledictum,
und in der Bedeut. Spötterei, Neckerei für dicterium, facete, acute,
lepide dictum. Vgl. Dicterium.
Scopa bedeutet im Sing, nur ein einzelnes Reis, einen einzelnen
Zweig; im Flur, aber mehrere zu einem Besen verbundene Keiser;
daher heisst der Besen nur scopae, und der Ideine Besen — scopulae.
Scopus (scopos) kommt nur einmal bei Sueton. in der eigentlichen
Bedeutung Ziel für etwas aus der Ferne Geworfenes vor. für meta,
nie aber in der bildlichen Bedeut. unseres Wortes Ziel, Zweck, Ab-
sicht, mag es auch Cicero (Att. VIII, 11, 2), aber griechisch, so ge-
braucht haben. Im A'. L. findet es sich sehr oft in jener Bedeutung,
für con>>ilium, me?iH, propositian, fmis, und umschrieben mit spectare,
sequi, id agere u.dgl., und wenngleich Muret. (Oper. T. 11, p. 813
ed. Ruhnk.) vorsichtig velut davor setzte: hujus poematis veluti scopus,
so bemerkt doch Ruhnken : Melius est latinum consilium \el propo-
silum. — A'^. L. ist auch scopum ferire, das Ziel treffen, für das ein-
fache collineare.
Scorpius, der Scorpion u. dgl., ist nur P. L. Form für die pro-
saische scorpio.
712
Scriba ist bei den Alten nicht der Abschreiber, sondern der, wel-
clier etwas Gesagtes niederschreibt. Solche hatten auch die Römer
bei ihren Versammlungen, und sie fertigten auch nachher die Urkun-
den und Protokolle aus, ähnlich unsern Secrelären. Die gewöhnlichen
Abschreiber einer Schrift sind librarii, welche bei Cicero oft vor-
kommen, und deren er selbst einige in seinem Hause als Sklaven hatte.
Vgl. Cic. Farn. XVI, 22, 1. Att. XII, 14, 3; ausserdem noch Rull. II,
5, 13, und unterschieden werden beide ib. II, 13, 32. Im iV. L. ver-
wechselt man beide, und nennt, besonders oft in den Anmerkungen,
fälschlich den librarhis — scriba.
Scribere. Man verwirft litteros scribere in der Bedeut. Buchstabe?i
schreibe/f, und will dafür sagen pingere /«^ferös, wiewohl gerade dieses
vielleicht nicht vorkommt, jenes aber erweislich ist, indem z. B.
Quintilian. (Inst. I, 2) sagt; pueri scribentis manum manu — regere,
wo vom ersten Schreiben der Buchstabe?! die Rede ist; auch ander-
wärts findet sich littera scribitur, litter ae scribuntur. — N. L. aber ist
scribere in aliqua lingua, in einer Sprache schreiben, für scrib. aliqiia
lingua, oder noch gewöhnlicher mit einem Adverb., z. B. latirie, in
lateinischer Sprache; ebenso graece, gerfnanice. Auch sage man nicht;
aliquid infra scribere in der Bedeut. Etwas unterschreiben, sondern
subscribere. Vgl. Infra. — Wo wir sagen; Etwas schriftlich aufsetzen,
passt mandare litteris, und Etwas schriftlich zu erhalten suchen heisst
aliquid litteris custodire (Cic. Orat. 11,2, 7). — N.L. ist endlich aliquid
in aliquam rem, z. B. in librum, in tabulas scribere, für in libro, in
labulis.
Scriptitare, schreibe?!, hdit meistens den Begriff des Häufigen, wie
es die Form zeigt, und wie es klar liegt in Cic. Att. VII, 12 haec et si
quid aliud ad nie scribas velim vel potius scriptites. Jedoch liegt darin
nach Ellendt (z. Cic. Orat. T. II, p. 220) noch mehr das Schreiben in
Müsse und zu eigner Beschäftigung, nicht das Schreiben dessen, was
Amt und Pflicht fordert.
Scriplio, das Schreiben, hat im N. L. die Bedeut. eine Schrift, und
wird besonders von kleinen Schriften gebraucht, für libellus, disputatio,
liber ; aber diese Bedeut. ist ganz unerweislich, da es bei den Alten
nur die Handlung des Schreibe?is oder die schriftliche Darstelhing und
Abfassufig bedeutet, nie aber eine Schrift, eine?i Aufsatz, eine Ab-
handlung im concreten Sinne; und wenn Cic. (Tusc. V, 41) sagt; ad
philosophiae scriptionem, so heisst dies nicht; zu ei?ier philosophischen
Schrift, sondern zu schriftlicher Beschäftigung mit der Philosophie.
Vgl. Klotz zu dieser Stelle.
Scriptor ist in der gewöhnlichen Bedeutung Schreiber, als Gegen-
satz von lector, der Leser, Vorleser, KL, kommt aber nur selten als
Benennung der Abschreiber vor; diese hiessen librarii. Vgl. Scriba. —
Rl. bedeutet scriptor meistens Schriftsteller.
Scriptum ist in der Bedeut. Brief, wie wir sagen e^V^ Schreiben, ohne
Auctorität und nur N. L., für epistola,litterae. Eben so wenig bedeutet
es die Schrift in Bezug auf die Buchstaben; z. B. die Schiift ist schön,
leserlich^ nicht scriptum, sondern litterar um formae oder ßgurae. Es
bedeutet nur eine Schrift als Geistes-, nicht als Händewerk, und ist
daher gleich liber, libellus u. a.
Scriptura h(ideu{e.l fast dasselbe, was scr/);//o, ne.m\\c\\ das Schrei-
713
be7i als Ilamllung (Cic. Orat. I, 33, 150) ; aber höchst selten und niclit
iiachzübrauchen ist es in der Bedeiit. Schrift oder Schrifüverk, für
scn'ptutn. Über, libellus u. a. Ganz Sp. L. uird besonders die heilige
Schrift oder die Bibel theils scjipturae sanctae oder sacrae, theils,
was noch anffallender ist, als Collectiv. im Sing., scriptura sancta ge-
nannt^ sogar einigemal von Lactanz. Vgl. Biblia.
Scrutator ist erst N. Kl. und kommt nur in der gewöhnlichen Bed.
Durchsucher vor, nie aber in bildliclier, von einem geistigen, wissen-
schafdicheii Forscher ; dafür setze man itivestigator. Ebenso heisst auch
die Forschung, ISachforschimg nicht scrutatio, sondern exploratio,
investigatio, inquisitio; noch weniger scrutinium, was Sp. L. ist.
Sculplor, oder nach Andern scalptor, findet sich erst N. KL beim
altern Plinius in der Bedeut. Bildhauer, Steinschneider, iürßctor, qui
Signa fahr icatur ; doch ist es nicht zu verwerfen. Die Arbeit selbst
hiess davon scuJpiura, welches auch Quintilian. braucht. Aber N. L.
ist das Adject. sculptorius, den Bildhauer und sei?ie Kunst betreffend.
Falsch haben daher die neuern Archaeologen die Bildhauerkunst —
ars sculptoria genannt; Cicero nennt sie ars fingendi, signa fabricandi,
und der ältere Plinius ars statuaria.
Scylha ist, wie Persa, keine Kl. Form ; Kl. sind die Formen Scythes
(Cic. Tusc. V, 32, 90) und Perses (Rep. I, 27).
Se, sich, bei Verben, in Verbindung mit inter, ist N. L.; vgl, Inter.
Secare ist in der bildlichen Bedeut. durchschneiden, durchlaufen,
z. B. mare, aethera und ebenso viam, einefi ff eg, nur P. L.; wenn
aber Muret. (Oper. T. I, p. 403) sagt: medium secare, in der Bedeut.
die Mittelsirasse ivähle7i, — einhalten, in der Mitte bleibe?!, so möchte
dies ohne alte Auctorität sein, für medium, mediam viam oder medium
quendam cursum teuere.
Secretarius kommt nur als Neutr., secretarium, \u der Bedeut. der
geheime, stille, einsame Ort, Sp. L. vor, für locus secretns oder das
N. Kl. secretum; nirgends aber findet sich das Masc. und Femin. —
Erst im 3Iittel-Latein wurde secretarius Titel von Beamten, welche
Gekeimschreiber oder Secretäre ihrer Obern waren. Als noch jetzt
bestehender Titel kann das Wort heutzutage nicht entbehrt werden,
wenn nicht blos ein amtlicher Schreiber, ein scriba, oder gar ein ge-
wöhnliclier Abschreiber, librarius, damit gemeint ist.
Secrete und secretim , geheim, besonders, sind Sp. L. Formen für
secreto.
Secta, die Sekte, der Anhang, die Parthei, hätte nicht von Einigen
bezweifelt werden sollen, da es \oti Jeder Sekte, in welcher Wissen-
schaft und von welcher Art sie auch sei, sogar von einer Parthei im
Staate (wie bei Cic. Farn. XIII, 4, 2 von der Parthei Caesar's) ge-
braucht wird. Sonst setzen die Pliilosophen dafür auch schola (Cic.
Orat. 1, 13, 56 u. a.) und disciplina (Tusc. IV, 4, 7. N. D. I, 7. Fin. I,
4, 12). Ebenso sind auch sectari, anhangen, Anhänger sein, und se-
ctator, der Anhänger, Schüler, in Beziehung auf Philosophen und Ge-
lehrte, obwohl erst N. Kl. und selten, doch nicht zu verwerfen, wie
dies auch mit assectari und assectator der Fall ist. Vgl. diese beiden
Wörter.
Sectarius kommt adjectiv. nur bei Plautus in der Bedeut. rer-
svhnilien vor, und ist also von secare abzuleiten. Im N. L. aber ist e«
714
Siibst., in der Bedeut. SekU'rer, der einer eignen Parthei und Sekte
folgt, ein Andersmeinender , ein Ketzer; neben dem theologisclien
haereticus ist es unnöthig.
Sectio kommt in der Bedeut. Abschnitt, Abtheilung, Theil, beson-
ders in Büchern und Scliriften, nirgends vor, wiewohl es im N.L. ganz
gewöhnlich ist, für pars ; doch kann es bei vielen Unterabtlieihingen
als neues Kunstwort kaum entbehrt und nicht wohl anders ausge-
drückt werden.
Seculnm ; vgl. Saeculum.
Seeundare , begünstigen , beglücken, ist P. L. und kommt A^. Kl.
nur bei Tacilus vor: ventus secuvdat, wie man ventus secundus, der
nachfolgende, gÜ7istige Wind, sagt. Man brauche da£ür favere , for-
tunnre, prosperare.
Secunduin (örtlich) bedeut. ztinächst oder tmmittelbar nach, und
ist gleich proxime, womit es bisweilen auch verbunden wird , z. B. bei
Cic. (Off'. II, 3, li): proxiine autem et secundnm deos, zu?iächst nach
den Göttern: — dadurch unterscheidet es sich von dem allgemeinern
post, nach. \gi. Weber's Uebungssch. p. 80 und Reisig's Vorles. p.731.
— In der Bedeut. nach, gemäss, znfolge steht es [)esonder8 dann, wenn
man dem, was im Accus, dabei steht, folgt, und es zu seiner Richt-
schnur macht; z. B. secundnm naturam vivere ; auch facere aliqvid
secunduni legem (Liv. I, 26, 5) oder leges. neben ex lege, ex legibus.
Vgl. Ilandii Turselün. T. II, p. 651. — Man merke einige Redensarten,
wo secunduin nicht zu brauchen ist; z. B. nach IFujisch, ex sententia;
nach Jemandes Meinung oder Rath, de alicujus sententia, consilio;
nach meiner Gewohnheit, ex oder pro mea consuetudine ; nach seiner
Milde, pro ejus dementia, qtiae ejus est dementia, qua est dementia ;
nach Jemandes JVillen Ktwus thun , ad, alicujus urbitriuni ; sich nach
der Zeit, nach den Zeittimständen richten, tempori servire oder cedere.
— ÄL L. ist es vielleiclit, secnndum bei Eintheilungen und Aufzäh-
lungen als Adverb., für unser ziveitens zu brauchen ,^wo meisJcns
deinde stellen muss. Vgl. Dietrich Sintenis p. 94.
Secundus, der Zweite, bezieht sich fast nur auf die Reiher/folge,
bezeichnet den oder das dem Ersten Nächste, \i\n\ ist s^\e\c\\ proximiis,
wogegen gleicher Rang in dem Pron. alter liegt. Daher heisst der
Nächste an Etwas, secundus ad aliquem oder ad aliqiiid, z. B. se-
cundus ad regium priucipatum, der Nächste an der königlichen Herr-
schaft (Cic. Fin. III, 16,62). — Da secundus dem primus folgt, so
steht es nicht in Verbindung mit ?/w?/s oder alter; man sage also nicht:
tmus et secundus, auch nicht alter, secundus, sondern unus et alter ;
alter, alter. — Wo Gleichheit, gleicher Rang bezeichnet werden soll,
da passt nicht secundus, sondern alter; daher heisst: Coriolan, ein
zweiter Themistodes, alter Themistodes (Cic. Brut. 11, 43); Hnmilcar,
ein zueiter oder ein anderer Mars, alter Mars (Liv. XXI, 10, 8) : Ci-
cero, ein zweiter, ei?i anderer Demosthenes, alter Dem.; und so auch:
ich liebe ihn, wie einen zweiten Bruder, nt altermn fratrem (Cic. Farn.
XIII, 1, 5); er ist mein zweites, mein anderes Jch, alter ego (vgl. Ego);
— hier passt überall nicht sectmdus. — Dagegen sind secundus und
o/fer gleich gut in der Redensart: er ist der Erste oder der Zweite
?iach jenem, secundus ab illo oder alter ab illo. — Vgl. Anm. z. Muret.
Oper. r. 1, p. 536. — Bei Aufzählung von Dingen, z.B. von Briefen, die
7J5
man geschickt oder erhalten hat, wird aber fast nur alter, selten se-
cijjidus gebraucht; vgl. Cic. Att, 111, 15, 1, wo alterae (litterae) den
prioribus entgegengesetzt sind; ib. IV, 2, 2. Q. fr. 11,15, 1, — und
bei mehrern: luia, altera, tertia — . Es erivartet uns ein anderes,
zweites, neues Leben heisst altera vita, nicht secunda (Cic. Att. IV,
1. 8). — Endlich alle zwei Tage, d. h. an jedem zweiten Tage, heisst
altera quoqae die, nicht secundo; zum zweitenmal, nicht secundum oder
secmido, sondern iterum; z. B. zum zweitenmal Consul, Consul Herum.
Vgl. Weber's Uebungssch. p. 130.
Secf/rt/s , sorgenlos , unbekümmert ; — utn Jemanden, um Etwas
wird Ä7. durch de, seltner durch a, N. KL durch pro oder den Geuit.
ausgedrückt. Vgl. Quinlil. VIII, 3, 51. Plin. Paneg. 18, 2. — Das davon
abgeleitete Adv. heisst secure ; doch wird dafür mehr das Adject. ge-
braucht: N. L. ist secnriter.
Sems, ein neutrales Subst., das Geschlecht, ist nur im Accus, üb-
lich, verbunden mit virile oder muliebre, statt des Genit. virilis, mu-
liebris sexus, männlichen, weiblichen Geschlechtes ; doch findet es sich
nur bei den Historikern, und werde daher auch nur so angewandt.
Vgl. die Ausleg. zu Sueton. Octav. 44.
Secus, als Praepos. mit dem Accus., neben, für juxta, secundum,
kommt nur sehr selten vor, und gehörte zur Volkssprache.
Secus, als Adv., anders. Das folg. als wird theils durch qiiam,i\\e\\^
durch atque (ac) übersetzt. Es hat, wie aliter, nur Beziehung auf et-
was Gesagtes, und deutet dessen Gegentheil an. In Gegensätzen steht
es nur dem Guten, nicht dem Schlechten entgegen, da es dem Sinne
nach gleich male ist. — falsch ist: male an secj/s, ob schlecht oder an-
ders, für be?ie oder recte an secus, und wenn daher Muret. (Oper.
T. 11, p. 487 ed. Ruhnk. [Var. lectt. XIX, 10]) schrieb : id num temere an
secus judicem, so bemerkt Ruhnken richtig dabei: Hoc jure repre-
hendit Vavassor. Antib. p. 172 (p. 587 ed. Lips.); dicendum erat recte
an secus. — Nicht besser ist das Beispiel, welches Wolf (Analect. I,
p. 490) anführt: Abitnrientium profectus olim secus ac melius (anders
und besser) explorabantur. — Es kann aber nicht male oöerfnlso
u. dgl. ohne Gegensatz bedeuten, und unlatein. wäre daher z. B.: haec
verba secus vertisti, in der Bedeutung du hast sie schlecht oder falsch
übersetzt.
Sed, aber. — A^. L. ist sed si, wenn aber, als Gegensatz eines andern
Bedingungssatzes, für sin, si7i autem, si vero. Eben so iV. L. ist sed
nou, aber nicht, wenn es nur nebst einem einzelnen Worte Beisatz zu
einem bejahenden Worte ist, ohne dass es einen eignen Satz bildet;
z. B. das ist durch meine Schuld geschehen , aber nicht durch deine,
xi\c\\t sed 71071 ^?/o, sondern hlos non tua ; das sind naiüiUche f er-
g7iüge7i, aber doch nicht nothicendige, — nee tamen 7iecessariae, nicht
sedta/nen non necess. (Cic. Fin. I, 13, 45). Und so heisst auch in sol-
chen Zusätzen aber nicht so, aber nicht ebejiso, ?w7i item, nicht sed
non ite?n; z. B. die Hitzige7i erhole?i sich schneller, aber nicht ebenso
die Schwachsi7inigen , — hebetes ?io)i ite/n (Cic. Tusc. IV, 14, 32).
Vgl. Anleit. §. 581.
Sede7is, siize7id, kann nur von lebe7iden Wese7i gesagt werden, und
passt daher nicht in dem Alisdru'jke sitzende Lebensart; man sage also
nicht sedens vita, sede7is vivendi ratio, sondern lieber sedentnria
716
(wie z. B. Coliiraella die arbeiten, welche sitzend verrichtet werdet/, die
sitzeJiden Arbeiten — opera sedefitaria nennt) ^ oder man brauche sel-
lularins, wie die Handwerker heissen, und ihre Künste artes sellularine.
Sedere, sitzen, ist in der Bedeutung wohnen, seilten Sitz, Wohjisitz
haben (z. B. von einem Yolke: es sitzt irgendwo), obgleich sedes im
Plur. ff'ohnsitz bedeutet, doch ohne Auctorität, für sedes habere, ha-
bitare, consedisse. — Wichtig aber wird es gebraucht von einem
Kleide^ welches gut oder schlecht sitzt, d. h. an den Körper passt;
Qnintil. sagt z. B. (XI, 3, 140): ita to^a sedet metiiis, und dem ähnlich
Horaz (Epist. I, 1, 96) : si toga dissidet impar. — Auch ist es gut
und nicht zu vervverfen in dem Ausdrucke bei Tische oder beim Essen
sitzen, da die KL Wörter acciimbere und acciibnre nur für die Sitten
der attenZeh passen, und daher nur dann richtig sind, wenn von dieser
die Rede ist.
Sedes wird wohl nicht im Sing., sondern nur im Plur. von dem
Wohnsitze eines Volkes gebraucht. Wir sagen: einFolk hat seinen Sitz,
Wohnsitz, der Lateiner al»er: sedes habet; so sagt Caesar (B. G. 1,44)
von Ariovist und seinen Germanen: sedes suas habet, und Liv. (1, 1,4):
Aenean quaerentem sedes.
Sedile, der Sitz, Sessel, ist mehr P. L. und N. KL, für sella,
Sediicere ist in der Bedeut. verführen, zum Bösen verleiten erst
Sp. L. für corrwnpere ., indncere, decipere, depravare. — Kl. und
N. Kl. bedeutet es anf die Seite ziehen, bei Seite führen, abwendig
machen, wie abalienare ; so z. B. in Caes. B. C. I, 7, 1, wo sednctum
heisst von ihm getrennt, abwendig gemacht. — Eben so Sp. L. sind
sedtictio, die Verführung, für corrnptda, und seductor, der V erführ er,
für corruptor. Vgl. Vorst. latin. mer. snsp. p. 751 und Graev. z. Cic.
Fam. II, 7.
Seges, die Saat, ist in bildlichem Sinne (grosse Menge) nur P. L.,
und findet sich ausserdem nur im N. L., z. B. seges e.rewplor//7n,
seges poetarum, philosophon/m, und was man meiu' Gekünsteltes <ler
Art findet, wie denn sogar irgendwo steht: tnm poetarum seges ef-
florescit.
Segnitas, die Trägheit, ist A. L. Form für segnitia oder segnities,
welche jedoch bei Cicero nur einmal (Orat. I, 41, 185) nach der
Mehrzahl der ijessern Handschr. vorkommt.
Sejugare, trennen, absondern., kommt KL bei Cicero nur im Partie,
sejjigatus, vor; daraus kann auf den Gebrauch der übrigen Formen
des Verbi nicht geschlossen werden, zumal da es als Verbum nur
Sp. L. vorkommt; besser sind sejungere, separare, segregare.
Selectus als Subst., die Auswahl., ist N. L. für delectus oder selectio.
Seligere, wählen, atiswählen, ist zwar selten, aber KL neben eti-
gere und deligere. Wenn aber Paul, a Joseph. (Oratt. p. 164) sagt:
seligere aliquem ad magistrum, Eine?izum Lehrer auswählen, so ist ad
doch wohl ein Druckfehler; man sagt nnr deligere aliquem magistrum.
Semel, einmal, bedeutet auch einmal für allemal .für immer, z. B.
in der Redensart ut semel dicam ; man setze also Nichts weiter hinzu.
Vgl. Quintil. Inst. X, 1, 17. Matlhiae z. Cic. Dejot. 3, 9 und Webers
Uebungssch. p. 447. — Falsch aber ist es in der Redensart: quam
(cum) semel in hoc incidi, da ich (nun) einmal darauf gekommen bin,
wie z. B. Heyne (Praef. Virg. T. I, p. XX) sagt, fiir (juando/uidem
717
oder quoniani in hoc incidi. — Etwas Anderes ist ut semel, wie oder
sobald einmal; z. B. bei Cic. (Brut. 13,51): ut semel eioquentia evecta
est, und Att. I, 19, 6 ut semel — gloriam consecutus sura. — Iti Re-
densarten, wie: wann tvird das wohl ei?iinol geschehen? — es ist end-
lich einmal geschehen, wird tandem gebraucht, also quando tandem
hoc fiet? — tandem aliquando factum est. — N. L. ist: jam haec disi
semel et bis, das habe ich schon einmal und zweimal gesagt, für semel
et (atque) Herum, semel et saepius, iterum et (ac) saepius und in vol-
lerem Ausdrucke: semel, Herum ac saepius. — Nicht einmal, sondern
öfter heisst non semel, sed saepe, nicht saepius (Cic. Tusc. V, 19, 56.
Att. I, 19, 7). — Endlich : er achtete dieses das eine- und das andere-
nial nicht heisst hoc semel ille ilerumque neglexit (Cic. Divin. 1, 25,
54). — Ueber adhuc semel, noch einmal, vgl, Adhuc.
Semenfis, die Saat, ist nicht die Saat als stehendes Saatfeld, son-
dern nur die Aussaat ; ^eiies ist seges. Man sage daher nicht: ut se-
gete?n feceris, wie du gesäet haben wirst, sondern ut sementemfeceris.
— Der Acc. heisst A. L. sementim, für sementem.
Semianimis oder semianimus, halb entseelt, halb todt, halb leberid,
ist fast nur P. Z.; jedoch kommt es einmal bei Livius und nachher
N. Kl. vor, für das Kl. semivivus. — Semimortuus , halb todt , steht
nur bei Catull. und Sp. L., ebenfalls für semivivus oder (bei Livius)
semine X o*\(iY seminecis, welche beide jedoch im iV'om. nicht vorkommen.
Vgl. Anm. z. Mureti Oper. T. II, p. 169.
Semicirculus, der Halbkreis, in der ßedeut. ein halbkreisförmiger
Sitz, stand früher in Cic. Fin. V, 20, 56, für sessiuncula, obgleich es
sich in keiner Handschrift findet. Mit Unrecht vertheidigJe es Görenz,
da doch Cicero einen solchen Sitz immer nur mit dem griech. Kunst-
worte hemicyclium nannte. Vgl. Madvig zu Cicero's Stelle. Sonst ist
semicirculus, der Halbkreis, gut neben semiorbis. — N. L. aber ist das
Adject. semicirculatus , halbkreisförmig, für semicircularis oder mit
dem Genit. semicirculi.
Semiebrius, halb betrunken., ist N. L. für semigravis.
Semieruditus, halb gelehrt, ist N. L. für semidoctus.
Semihorium, eine halbe Stunde, ist N. L. für semihora.
Se/nimortuus, halb todt ; vgl. Semianimis, wo auch von seminex und
seminecis die Rede war.
Semisaecularis (semisecularis) , was ein halbes Jahrhundert betrifft,
und semisaecularia, ein fünfzigjähriges Fest, sind, wiewohl saecularis
Kl. ist, ohne alte Auctorität, doch nicht zu verwerfen, da sie theils
gut gebildet, theils als kurze Wörter den Umschreibungen vorzuziehen
sind. Wer das iV. L. semisaecularia vermeiden will, nenne ein solches
Fest quinta decennalia, was auch Andere gebraucht haben, oder sacra
quinquagenalia.
Semivigil, halb wachend, halb schlafend, ist N. L. für semisonmus
(nicht semisomnis).
Semivocalis, der Halbvocal, ist, da littera, Buchstabe, darunter ver-
standen wird , immer gener. femin., nicht masc; also heisst dieser
Halbvocal — haec semivocalis, nicht hie.
Semper, inuner, enthält nur den Begriff der Zeit, und kann
daher oft nicht für das deutsche immer gebraucht werden. Dies
ist der Fall 1) bei einer OrdinalzalU, wo quisque zu setzen ist;
7J8 ;
z. B. immer (allezeit) die ßiiifte Stelle, quintiis qnisqiie locus; immer '
am fünften Tage , quinto quoqite die ; immer in der sechsten Stunde ■
oder immer um sechs Uhr, sexta quoque hora ; — 2) bei einem Su- '■
perlat., wo ebenfalls qnisque gebrauclit wird; z. B, immer die Besten, \
optimus qnisque, optimi quique ,• immer das Beste ist das Selte?iste,
Optimum quodque rarissimutn. Daher sagt man auch: ut quidque pri- j
mum gestum erit^ ita prinium exponatur, was immer zuerst geschehen
ist, werde zuerst erzählt (Cic. luv. I, 20, 29). Vgl. Aiileit. §. 109. — '
3) Immer bei einem Comparat. heisst in dies, d. h. von Tage zu T'ge, \
täglich; z. B. er wird, immer klüger, in dies pnidentior, und wo tag- ]
lieh oder von Jahr zu Jahr schon dabei steht, bleibt es unübersetzt ; z. B. •
du wirst dich täglich immer mehr freuen, quotidie vehementius laeta- ,
here. — Immer mehr heisst nur magis ac magis, magis magisque ; \
immer iveniger, minus ac minus. — Wenn endlich 4) in immer der j
Sinn des Verb, pflegen liegt, so brauche man solere; z. B. die Grie- '\
chen rufen beim Triftken immer den mit Namen, welchefi — , solent tio- |
rninare ewn. \
Sempiternitas, die Ewigkeit, ewige Dauer, ist Sp. L. für aeternitas, i
wiewohl setnpitertius, lange dauernd, immerivährend. Kl. ist. \
Senatus , der Senat. Man vermeide die alte Genitivform senati \
für die gewöhnliche senatus, mag auch vielleicht selbst Cicero einige- |
mal davon Gebraucli gemacht haben, und sage also senatus consultumj i
incht senati co?isultum; senatus auctoritas, wicht senati aiict. — Die ]
bekannte Formel: der römische Senat und das römische Folk heisst se- i
naitis populusque Ramanus (S. P. Q. R.), und zwar fast immer in dieser \
Wortstellung; Livius macht davon einmal (VII, 31) eine Ausnahme, \
indem er sagt: populi Rom. senatusque verbis, im Name?i des römi- ■
sehen Volkes und Senates, und ebenso Vitruv. (Praef. 1, 1): populusque \
Romanus et senatus liberatus timore. j
Senecta, das Alter, hohe Alter, Greisenalter, ist nicht KL, sondern (
steht N. Kl. beim altera Plinius, Tacitus und Sueton., und ist mehr J
P. L., für senectns. j
Senex, alt, der Alte, Greis, wird nur in Beziehung auf das Lebens- j
alter, nicht in Beziehung auf die Zeit gebraucht; von dieser sagt man j
vetus,antiquus. Da?ier heissen die Alten — veteres, antiqui., und wo es 1
gleich ist mit Vorfahren — majores oder patres., nicht senes. — Alt, ;
d. h. ein alter Ma7w, ein Greis werde?i heisst zwar ausser senescere
auch senem fieri, aber älter iverden., in der gewöhnlichen Bedeutung ,
von im Alter vorrücken, heisst nicht seniorem fieri, sondern aetate
procedere (Cic. Orat. 13, 41). j
Senium ist nicht geradezu das hohe Alter, gleich senectus, sondern |
fast nur Altersschwäche , verbunden mit Ueberdruss, verdriess- ;
lichem und mürrischem Wesen; daher wird es auch bei Cic. (Tusc. ^
III, 12, 27) mit aegritudo verbunden. Vgl. Liv. V, 18 und EUendt zu i
Cic. de orat. p. 283. ]
Sensibilis, durch die Sinne vernehmbar, in die Sinne fallend, sinn-
lich, kommt sehr selten N. Kl. vor, und ist nur als philosophisches
Kunstwort, im Gegensatze von intelligibilis, erträglich und anwendbar,
für sensibles subjectus, quod sub sensum sadit, quod sensibus (sensu)
percipitur oder accipitur. — JV. L. ist es in der Bedeut. fähig, Etwas
zu empfinden, wofür ganz Sp. L. sensualis und A. P. sensilis gebraucht
719
wir«!, für sensu praeditus, sentie??f!t vim oder facultatem habens n. a.
Eben so Sp. L. ist sensualilas, die Sinfi/ichkeit , Empfindbai-keü, für
faci/ltas oder vis sentiendi.
Sensim. Die Verdoppelung' sensim sensimque, ganz aVmählig, ganz'
unvermerkt, ist N. L. und ohne alte Auctorität, findet sich aber den-
noch oft bei den IN'eulateinern.
Sensuin als Subst. im Sing., der Gedanke, die Empfindung., kommt
nicht vor, sondern nur im Plur.,sensa, aber auch nur als Nom. n. ^4ccus.,
und nur einigemal bei Cicero, wiewohl Quintilian. bemerkt, die Alten
liätten nicht selten sensa von den Geda?iken, dagegen sensus von den
körperlichen Gefühlen gebraucht. Wie weit man aber im Gebrauche
und in der Anwendung des Wortes gegangen sei (da bei Cicero nur
der Genit. meniis dazu tritt), wissen wir nicht; man nehme also lieber
sentejitiae. Gewagt sclieint mir wenigstens der Titel eines zu Wien er-
schienenen Buches: Sensa sanctorum ecclesiae doctorum.
Sensus ist in der Bedeut. Sinn oder Gedanke, welcher in einem
Worte oder in einer Stelle lieget, oder welchen ein Schriftsteller bei
gewissen Worten gehabt hat, erst iV. A'/., findet sich aber besonders bei
Quintil., und ist daher wohl nicht zu verwerfen, obgleich Kl. meistens
dafür sententia (Cic. Orat. I, 12 verba nulla sui)jecta sententia nee
scientia, Worte ohne allen Sinn, Gedanken imd Verstand), notio oder
vis (Cic. Tusc. I, 36, 87) gebrauclit wurde. Quintil. sagt (1,8,1):
clauditur sensus, der Si7in, der Gedanke wird geschlossen, ist aus;
und I, 9, 2 salvo modo poetae sensu, wenn nur unbeschadet des Sinnes
und Gedankens des Dichters. Er braucht auch dafür intellectus, z. B.
I, 7, 2 eade/n littera alium atque alinm iniellectum facit, ebenderselbe
Buchstabe gibt einefi verschiedenen Sin?i. Wie dem auch sein mag,
man vermeide se7isus lieber, wie es denn auch Andere verwerfen, und
brauche sententia. Vgl. Heusing. Emeiidd. p. 429. Dietrich Sintenis
p. 60 und Weber's Uebungssch. p. 10. Man sage also z. B. nicht: hie
locus est sine sensu, sondern sine sententia: nicht: hie est sensus in
hoc verbo, in hac voce, sondern haec sententia subjecia est huic verbo
oder sub hoc verbo. Und so heisst auch wie viele Menschen , so viele
Sinne, quot homines, tot senteniiae (Cic. Fin. I, 5,15). — Sensus ist
N. L. in der Bedeut. Gefühl als Sinn, den man auch den Tastsinn
nennt; denn sensus bezeichnet allgemein jedes Gefühl, jede Empfin-
dung und jeden Sinn, sowie auch das Verbum seiüire ganz allgemein
ist; der Sinn des Gefühles oder der Tastsinn heisst tactus. — Sp. L.
ist auch sensus verbunden mit den Genit. visus,auditus u. s. w., wie wir
sagen der Sinn des Gesichtes, des Gehörs ii. s. w. ; oft reichen schon
die W örter visiis, auditus hin, oder man sagt besser sensus oculorum,
aurium; seiisus videndi, audiendi. — Schönheitsgefühl heisst nicht
etwa sensus pulchritudinis, sondern blos elegantia; Schaamgefühl —
pudur ; Ehrgefühl — honor et pudor u. a. — Ebenso verhält es sich mit
i\ün mit Sinti zusammengesetzten Wörtern; z. B. Leichtsinn heisst
nicht se?isus levis, sondern blos levitas; Kufistsinn — intelligentia.
In diesen und in allen ähnlichen Ausdrücken ist sensus unstatthaft.
Sentire, empfinden. Oft ist dieses empfinden nichts weiter als haben,
erhalten, aus Etwas ziehen, und dann steht Kl. für sentire häufiger capere,
accipere ea: aliqua re; man sagt also z. B. nicht: sentire dolorem, laeti-
tiam, maerorem, trlstitiam, niolestiam — de aliqua re, Schmerz — über
720
Ktwas etnpßnclen, sondern cupere.accipere e.t — . Beispiele fimlen sich
ia Meng'e bei Cicero, z. B, Att. II, 21, 4 magnum accipere dolorem. Vgl.
Matthiae z. Cic. Süll. 1, 1. Und so heisst auch die Trennung schmerz^
lieh empßnden, discfd/um acerhe ferre, nicht se?ttire (Cic. Att.IV, 1, 1).
Seorsim, abgesondert, für sich, ist eine neue falsche Form, welche
in vielen Ausg:g. der Ahen steht, und daher auch im N. L. oft vor-
kommt, für seorsuin, gleichbedeutend mit separatini. Veraltete Form
ist seorsus.
Separate, abgesondert, ist eine neue, unerweisliche Form für
separatini. — Ueber separalus uud peculiaris vgl. Weber's Uebungssch.
p. 91.
Sepse, sich selbst, für se ipse, ist wahrscheinlich alte Form; doch
kommt sie nur einmal vor, und zwar bei Cic. (Rep. III, 8). Man ver-
meide sie durchaus.
Septemdecim oder septendecim, siebenzekn^ wird von Einigen ver-
worfen, findet sich aber bei Cicero, Livius u. A. neben den Formen
decem septem, decem et septem, decem septe/nque und septem et decem,
und ist also wahrscheinlich sicher.
Septennis oder septnetinis, siebenjährig, kommt nur A. L. bei
Plautus und sehr Sp. L. vor, für septem annoriun; dass es in guter
Prosa nicht vorkommt, ist vielleicht nur Zufall, denn es wird durch
die Analogie ähnlicher Adject. geschützt. Im iV. L. findet es sich nicht
selten, wie denn z. B. Reichard seine Geschichte des siebenjährigen
Krieges — historiam belli septennis genannt hat. — Eben so Sp. L.
wie septennis ist das Subst. septuenniiim oder septennium, ein Raum
von sieben Jahren; doch ist es vielleicht eben so gut wie triennium,
sexenninni u. a.
Septe?itrio oder septemtrio bezeichnet theils das Siebengestirn am
Nordpol (grosser und kleiner Bär), theils die nördliche Himmels- und
Weltgegend, theils den Nordwind ; aber die Klassiker Varro, Cicero
und Caesar brauchen für den Sing, mehr den Plur., septentriones.
Diese Form ist die ursprüngliche und richtigere, weshalb sie auch von
uns mehr zu brauchen ist, als die erste. Man sage also lieber: Europa
jacet ad septentriones, — nach Norden; Gallia vergit ad septentriones ;
Belgae spectant in septentriones ; Gallia sub septentrionibns (im Nor-
den, nicht in septentrio?n'bus) posita est ; ex eo die fuerunt septejitriones
venti. — Uebrigens bedeutet septentr. nie Norden als Land, sondern
nur als Himmelsgegend. Vgl. darüber Aqttilo und Weber's Uebungssch.
p. 102. — Gut ist das Adj. septentrionalis, nördlich; aber Sp. L. ist
septetdrionarius.
Septicollis, siebenhügelig, ist nur P. L., und findet sich noch dazu
nur bei einem ganz späten christlichen Dichter, welcher Rom arx
septicollis nennt. Es kann daher in Prosa nicht nachgebraucht werden
für urbs septem collium oder auf andere Weise umschrieben. Vgl.
Vavassor. Antib. p. 584 und Weber's Uebungssch. p. 216.
Septimatia, eine Zeit von siebefi Tagen, ist für unser Woche (nach
unsrer Jahresabtheilung) nicht zu verwerfen, obgleich es Sp. L. ist,
wenn man nicht hebdomas (vgl. dieses Wort) sagen, oder beiden die
Umschreibung septem diernm spatium, septefn dies vorziehen will. Vgl.
Vorst. latin. mer. susp. p. 117. Grotefend's Commentar. p. 108. Diet-
rich Sintenis p. 175 und Weber's Uebungssch. p. 49.
721
Septuagesies, siebenzi'gmal, ist Sp. falsche Form für septuagies.
Septueiinium, sepluennis ; vgl. Septennis.
Sepulcrah's, zum Grabmale gehün'g, steht nur P. L. bei Ovid., sonst
nirgends ; man drücke es entweder durch sepulcri, sepulcronim aus,
oder umschreibe es. Falsch ist also: carmina sepulcralia,iHScriptione8
sepulcrales, und was man sonst so benannt findet.
Seqiiens, folgend, passt nicht überall für unser deutsches Wort;
es wird nur dann gebraucht, wenn es etwas vorher Erwähntes fort-
setzend bezeichnet; z. B. diese Reden (von denen gesprochen war)
sind gewiss von Cicero; aber ivahrsheinlich nicht die zwei folgenden, — ■
ditae sequentes oder quae sequuntur. Wo aber keine Beziehung auf
das Vorhergehende Statt findet, und wo nur der Begriff dieser darin
liegt, wird es durch hie, haec, hoc ausgedrückt; z. B. darauf hielt Cicero
folgende Rede, — hanc orationem habuit, haec dixit; haec locutus est;
gestern erhielt ich von ihm folgenden Brief, — haue epistolam, has
Jitteras; es geshah nun auf folgende Weise oder ivie folgt, tum res
acta sie (ita, hoc modo) est (Cic. Tusc. III, 3, 7). — Wo folgend so viel
ist als der ?iächste und wo es sich an das Zuvorgenannte zunächst
anschliesst, passt am besten prosimus, wo denn ein Ersteres schon
genannt worden ist. Vgl. Cic. Tusc. IV, 30, 64. Fin. II, 16. Manil. 19.
Wo es aber nicht die Bedeut. des Zunächststehend eji hat, sage man
lieber posterus ; also postero anno, postero die, postridie, im folgenden
Jahre, am folgenden Tage. — Und so heissen auch die Folgenden oAcr
die Nachkornmen — posteri, und wenn ein Comparativbegriff hinein
gelegt wird, /;os^e/'/o/'es; z. B. hie mos a posterioribus (von den auf
Socrates folgenden Philosophen) non est retentus (Cic. Fin. II, 1,2). —
AVenn der folgende so viel ist, als der zweite, so wird auch alter ge-
braucht; z. B. ich bitte darum für das folgende Jahr, in alterum annum
(Cic. Q. fr, II, 15, 3). Nach ausführlicherer brieflicher Mittheilung
Dietrich's wird von Zumpt (Aufg. p. 367) der Ausdruck sequente
anno, im folgenden Jahre, als N, Kl. verworfen, indem man dafür nur
sage insequenti anno. Damit stimme denn auch Herzog's Bemerkung
(zu Caes. B. G. VIII, 23) so ziemlich überein, welcher sage, das
historish in der Zeit Nachfolgetide werde durch insequens, aber das
nuv local oder numerisch Folgende durch sequens bezeichnet. — Die
folge?iden Zeiten heissen nie tempora sequentia oder quae sequuntur,
sondern, wenn schon vergangene in Bezug auf andere darunter ver-
standen werden, — quae secuta sunt, oder, von der Gegenwart aus-
gehend, wenn an zukünftige zu denken ist, — quae sequentur oder
futura. — Das neutrale das Folgende, ohne ein Subst., heisst nicht
sequentia, sondern quae sequuntur (Cic. Tusc. III, 18, 42; 19, 44 u. a.)
und das Nächstfolgende — quae proxime sequuntur. — Vgl. auch noch
Klotz Sintenis p. 117 und Weber s üebungssch. p. 148.
Sequestrare, zur Aufbewahi'ung geben, übergehen, hinlegen, in
Sequester legen, sequestriren, ist sehr Sp. L. für die früher gebräuch-
lichen Ausdrücke sequestro ponere, dare; — Sp. L. aber ist in seque-
stro depofiere.
Sequi, folgen (vgl. Sequens), wird zwar KL in philosophischem
Sinne bei Schlussfolgerungen gebraucht, in der Bedeut. aus Etwas
folgen, sich ergeben, aber N. L. ist, was auch oft bei Bessern vor-
kommt: hi?ic, inde, es eo oder ex quo sequilur. Derartige Zusätze
46
722
kommen bei den Lateinern nie vor; sie sagen im Nachsätze blos seqjii-
tur (Cic. Fat. 12,28 si liaec enuiiciatio vera iion est, sequilur [so folgt
daraus], \\i falsa sit; Fin. III, 7, 26. Tiisc. V, 18, 53), niu! im Anfange
eines Satzes sequitur igilur, es folgt daher daraus (Cic. Parad. ill,3).
Dagegen vor efficitur Icann ex quo stehen (Cic. Tusc. II, 3; III, 5),
oder ita (N. D. III, 12,30). Und so heisst: denn es folgt daraus^
sequitur enim (Cic. Fat. 10, 22), nicht iiide eniin sequitur. Beispiele
aus Neulateinern, deren in philosophischen Büchern viele vorkojnmen,
übergehe ich. — Wenn das, was folgt, in der Zeit oder dem Orte
nach sich anschliessend an etwas Anderes gedacht wird, so hat sequi
nur den Accus, bei sich; soll aber das Zweite für sich als abgekürzter
Satz gedacht werden, was übrigens höchst selten der Fall ist, so folgt
noch post', z. B. Sallust. (Jug. 55, 3).\.meminit post gloriam (nach er-
langtem Ruhme) invidiarn sequi. — Uebrigens beschränken Einige
sequi aiii die Bedeut. unmittelbar folgen oder ?iachfolge?i, und consequi
auf die Bedeut. später folgen. Dass dies aber nicht immer richtig ist,
sieht man aus Cic. Orat. I, 35 haec cum dixisset, silentium est conse-
cutum. Vgl. Matthiae z. Cic. Sest. 23, 51.
Sequior kommt als Masc. und Fem. nirgends vor, höchst selten als
Neutr., sequius, und nur als Adv. in der Bedeut. schlechter., übler;
es ist ganz zu verwerfen. Dennoch wird es im N. L. in der Bedeut.
später, schlechter., schlimmer gebraucht, für posterior, pejor., deterior ;
es findet sich z. B. im N. L.: sequiore te?npore, scriptores sequioris
aetatis, für aetate posteriores ; hi Codices sequioribus accensendi sunt,
für deterioribus, pejoribus ; und Ruhnken bemerkt zu Muret. (Oper.
T. IV, p. 193 sequioris notae): Sequior cadentis latinitatis vocabulum;
in promptu erat deterioris.
Sere, spät, als Adv., ist ungewöhnliche From für sero.
Series, die Reihe, Reihej/folge, ist nicht anwendbar in dem Ausdrucke
eine Reihe von Tagen, von Jahren hindurch; man sage also nicht: per
serietn dierum, annorum, sondern blos (per) dies, (per) annos, und
wenn noch hinter einander dabei steht, so kann man zum Accus, noch
continuos hinzufügen; z. B. (per) multos annos (continuos), eine Reihe
von vielen Jahren hititer einander (hindurch). Falsch findet man es im
N. L. bisweilen angewandt. Vgl. Wüstemann z. Doering. Coramentatt.
p. 149, welcher per longam annorum seriem gebraucht hatte, für (per)
multos oder plurimos atinos.
Serior, später; vgl. Serus.
Seriosus und das Adv. seriöse, ernst, ernstlich, sind N. L., aus dem
Italien, und Franz. genommen, für serius und serio.
Serius, er?ist, wird nur von Sachen, nicht von Personen gesagt, wo
severus, austerus, gravis u. a. passen. Vgl. Vavassor. Antib. p. 592. —
Das Adv. serio findet sich zwar nicht bei Cicero und Caesar, aber oft
A. L. bei Livius und N. Kl. bei den Bessern ; neben vere, ex animo,
extra jocum, remoto joco, non simulale ist es nicht zu verwerfen. Vgl.
Dietrich's Sintenis p. 14.
Sermo ist vielleicht N. L. aus dem Franz. genommen in der Bed.
off entliche, \oi\ einem Einzelnen gehaltene Rede, welche Kl. oratio oder,
wenn sie vor dem Volke gehalten wird, concio heisst; man sage also
nicht sermones Demosthenis, Aeschinis, Lysiae, Ciceronis, Hortensii
723
u. s. w., sondern orationes. — Sermo ist nur Rede mit einem oder meh-
rern Andern, Unterredung, Unierhaltung, Dlscuis; aher aucli Sprache
und Ansdruchsweise der Menschen im AJIg^eraeinen und im Besondein,
wie sermo humanus, sermo patrius (die Muttersprache), sermo latinus
(Cic. Orat. II, 7; III, 11, 42) u. a. — Oi) die Redensart: sermo est de
ttUqua re, es ist die Rede vo?i Etwas, Jamals anders, als in der üedeut.
es ist die Unierhaltung, Unterredung, das Gespräch von Etwas (mit
Andern) vorkomme, wie bei Cic. (Fin. III, 12, 40) : rebus hin, de qni-
bus hie sermo est, — ivovon wir uns jetzt unterhalten, bezweifle icli;
Cicero braucht sie meistens seihst da niclit, wo sie füglich angewandt
werden könnte, z. B. N. D. I, 7, 17 de natura agebarnus deorum, es
tvar die Rede vo?i — , und Fin. II, 25, 80 de i?igenio ejus, von de moribus
quaeritur,es ist die Rede von — und ähnliche Wendungen. — Aber ge-
wiss ist es N. L., wenn in den Anmerkungen zu den Schriftstellern
dieses sertno so oft ohne alle Beziehung auf ein Gespräch vorkommt,
wo nur angegeben werden soll, was ein Schriftsteller sagt oder
meint; — dafür sage man: hie loquitur de hac illave re ; hie agitur,
quaeritur de — u. a. Vgl. .Weber's Uebungssch. p. 225 u. 22G und
Dietrich's Sintenisp. 8. — Auch brauche man das Verbum sermocinari
nur vom Reden und Sprechen im Umgange, im Gespräche, in der
Unterhaltung mit Andern (was man nach dem Franz. discuriren nennt),
nicht gleich dicere, loqui, orationem habere u. a.
Sermusculus, das Gerede, Gespräch, ist falsche N. L. Form für
serinunctilus.
Serus, a, um, spät, zu spät, kommt im Comparat. höchst selten
vor, bei Cicero und Caesar gar nicht, bei Livius aber und andern
Spätem nur da, wo der wahre Comparativbegriff vorherrscht; es ist
daher unstatthaft in den Ausdrücken: die spätere Zeit, die spätein
Schriftsteller, um acht — Tage u. dgl. später, wo im N. L. serior ge-
braucht wird, serior aetas, serius tempus, seriora tempora, seriores
scriplores, acta diebus serius, wofür in den ersten Beispielen posterior
oder inferior, und in dem letzten post gebraucht wurde (octo diebus
post). Vgl. Weber's Uebungssch. p. 56 u. 99. — Auch vermeide man
als höchst selten den Superl. serissimus und als Adv. serissinie, da
derselbe bei Caesar (B. C. III, 75) nur auf einer, wenn auch wahr-
scheinlichen, Vermuthung beruht. Man brauche dafür admodurn serus,
ad?nodmn sero. — Seit Livius kommt das Neutr. serum als Subst. mit
den Genit. diei und Jioctis vor, für serus dies, sera nox ; es war spät
am Abend drückt Livius durch serum diei erat aus; es war spät in der
Nacht, serum noctis erat; und so heisst bei ihm bis ga?iz spät am
Abend, in quam majcime serum diei; bis in die späte Nacht, in serum
noctis. — N. L. aber ist sero vespert, spät am Abend, spät Abends, für
pervesperi (Cic. Fam. IX, 2).
Serva, die Magd, und servus, der Knecht, Diener, sind jetzt fast
nicht mehr anwendbar, da sie den Begriff der Leibeigenschaft enthal-
ten; wo dieses nicht der Fall ist, sage man ancilla,famula und als
Masc. famulus, apparitor, mitäster, wiewohl auch diese nicht ganz
ohne jenen Begriff sind.
Servare, verbunden mit de coelo, heisst in der alten heiligen
Sprache auf Zeichen am oder vom Himmel achten. — Ueber servator
vgl. Salvator.
4G*
724
Servtciilus, ein kleiner, jmiger Sklave, ist ganz Sp. L. Form für
serviilus ; ebenso sag-e man niclit servicula, sondern servula.
Servitiuni bedeutet im Sing, nie einen einzelnen Sklave?}, sondern,
wie faniilia, die ganze Dienerschaft, die Sklaven als ein Colleclivum,
wofür auch der Plur. servitia vorkommt. Sonst bedeutet es noch
Dienst, Dienstbarkeit, Sklaverei; aber nie Dienst in der Bedeutung
Gefälligkeit, was officium hehst ; — Bitiem einen Die?ist erweisen heisst
auch gratuni alicui facere.
Servitor, der Diener, ist ganz Sp. L., aus dem Franz. genommen,
für servtis, apparitor,famulus, minister.
Servitudo, die Sklaverei, findet sich nur einmal bei Livius (XXIV,
22, 2) und noch dazu nach den Handschr. unsicher, indem einige das
gewöhnliche servitutis statt servitudinis haben. Man vermeide es durch-
aus, da servitus das Kl. Wort ist.
Sessio, die Sitzung, ist zwar KL, wird aber nicht gebraucht, wo
wir sagen : Sejiatssitzimg, Rathssitzting halten ; dies heisst blos sena-
tum habere.
Sestertium (nicht sestertiüm) mit einem Zahladverb, (von decies
an) bezeichnet die sogenannten Millionen, z. B. decies sestertium, eine
Million; vicies sestertium, zwei Millionen. Es ist aber in dieser Ver-
bindung nicht Genit., sondern ein neutrales declinirbares Subst. im
Sing., und daher in dieser Verbindung nicht im Plur. üblich. Daher folgt
auch, wenn es Subject. des Satzes ist, das Verbum als Praedicat nur
im Sing., und ist es Object eines Wortes, so bestimmt dieses Wort
den Casus desselben ; z. B. das waren drei Millionen Sesterze, id erat
H. S. (d. li. sestertium als Norain.) tricies (Cic. Fam. V, 20, 3) ; zwei
Millionen Sesterze wurden ihm zuerkannt, vicies sestertium ei decretum
est; es war ein Brautschatz von drei 3Iillionen Sesterzen, dos erat
tricies sestertii ; Hostius sestertii millies servus (ein Sklave für 100 Mill.
Sest.) (Senec. Q. N. I, IG) ; du hast die dir verwilligten zehn 3Iill.
Sest. zurückgelassen, centies sestertium (Accus.) tibi attributum reli-
quisti (Cic. Pison. 35, 8G) ; sein Leichenbegängniss kostete zehn Mil-
lionen, — centies sestertio (Suet. Vesp. 19). Vgl. Cic. Att. IV, 2, 5,
wo vicies sestertio steht, denn so muss H. S. gelesen werden. Vgl.
auch Millio und Decies.
Seu oder sive, in der Bedeut. oder, verbindet nicht Namen ver-
schiedener Personen oder ganz verschiedener Sachen. Falsch wäre
es also, zu sagen: Mars sive Mercurius; uxor seu vidua; calor seu
frigus. Vgl. oben unter Aut (auch über seu potius, oder vielmehr)
und Dietrich's Sintenis p. 42. — In Sätzen mit seu -seu oder sive -sive,
mag dies oder mag jenes sein, sei dies oder jenes, steht das damit ver-
bundene Verbum oder die damit verbundenen Verba bei sonst bestimm-
ter Rede selten im Conjunct., sondarn fast nur im Itidicat., welcher im
iV. L. weniger gebraucht wird ; z. B. 7nag Lavi?iia seine Mutter oder
seine Stiefmutter gewesen sein, Lavinia sive raater ejus fuit, nicht
fuerit; mag Minos die Gesetze verfasst oder rechtskräftig gemacht
haben, sive scripsit, sive satisit, nicht scripserit, sanxerit. Incorrect
sagt daher Mahne (Crito p. 321): sive sint exempla, sive testimonia,
für sive sunt; Mannt, (z. Cic. Sest. 53, 114): sive bona fama sit, sive
divitiae, für sive est; Cardanet. (Epist. ad Mnret. [Oper. T. II, p. Gß'])-.
seu Carmen pangas (und so noch vier Verba im Conjztnct.), für pafigis
725
u. s. w., — und 90 noch Andere. — Ueber das falsche sive als Frag-
partikel bei vorausgehendem «ra, vgl. ^-d?7i. — Wo wir am Schlüsse sagen
oder endlich, sagt man nicht sive demum, sive denique, sive ta?idem,
sondern blos sive etiam. Vgl. Orelli z. Cic. Tusc. p. 409; ausserdem
noch Reisig's Vorlesung, p. 443.
Severus, ernst, wird gleich häufig von Personen und Sachen ge-
braucht, wogegen seriiis (s. oben) nur selten von Personen gesagt
wird, Jedocii bezweifelt Hand ( Lehrb. p. 293) die Richtigkeit der
Ausdrücke litter ae severiores, studia severiora, ernstere Studien^ für
studia graviora.
Sexagesies, sechszigmal, ist Sp. L. falsche Form für sexagies.
Sexcentesiiims, der sechshiindertste, kommt vielleicht nirgends in
dem Sinne der übertreibenden Rede vor, wie sexcenti (ungemein
viele); man sagt nur millesimus ; z. ß. Cic. (Att. 11,4): millesimam
partem vix intelligo ; Cels. (II, 6): in rnillesinio corpore u. a.
Sexennis, sechsjährig, kommt wohl nur zufällig nicht Äl., sondern
^. L. und N.Kl. vor, für sex annoruni ; es ist nicht zu verwerfen, wie
denn auch sexen?iium Kl. ist.
Sextus. Man sage nicht sextus et decimus, der sechszehnte, sowie
auch nicht decimus sextus, sondern nur sextus decimus.
Si, als Wunschpartikel, wejm doch, und besonders o si,o wenn doch!
ist nur P. L. für utinam. — üeber si in der Bedeutung ob, in einem
scheinbaren Fragsatze, vgl. unter A71. — Auf si quisqnani, wenn Einer,
folgt im zweiten Satze gewöhnlich is certe, is projecto, nicht ohne is;
z. B. wenn Einer ein scharfsinniger Kopf geivesen ist, war es Bentley,
si quisquain — fuit, is certe (is profecto) Bentleyus fuit. — Si aliler,
wenn anders, in der Bedeut. tvofern anders, als Nebenbemerkung zu
etwas Gesagtem, werde als selten und N. Kl. vermieden durch das
einfache si oder si quidem ; z. B. wenn es anders Humanität %u nennen
ist, si humanitas appellanda est, nicht si aliter — (Cic. Farn. V, 2. Vgl.
auch Rose. Am. 45 si domus haec habenda est; Farn. XI, 8, 2 si hie de-
lectus appellandus est u. a.) — N. Kl. sagt man dafür si tarnen, was
auch im N. L. oft vorkommt. — Höchst selten ist si autem, wenn aber,
nach vorausgegangenem si, ivenn, für sin oder sin autem (Cic. Q. fr.
1, 1, 39. Fam. V, 12, 10); dagegen findet sich oft si vero, selten aber
und mehr N. Kl. si?i vero, was Görenz (Jahrb. 1826. I, p. 310) sogar
für unlateinisch erklärt, während es doch in sichern Stellen besserer
Nachklassiker vorkommt, wenn es gleich bei Cicero in einigen Stellen
unsicher steht. Vgl. Ochsner Eclog. Cic. p. 233 u. Weber's Uebungssch.
p. 370. — Wenn Einer oder we7in irgend Einer, in andere Worte
ohne eigenes Verbum eingeschoben, heisst nur si quisquam alius,zhe.Y
mit eigenem Verbo si quis. — Wenn nicht oder ivo nicht allein, ohne
ein dazu gehöriges Verbum, heisst nicht si fion, sondern si minus, sin
minus, sin aliter, si contra. We7in zwar t/icht mit folgendem doch
lieisst nicht si quidem non — fawew, sondern blos si non, ohne quidem.
Ueber si non und nisi, loenn nicht, vgl. die Grammatiken u. Anleit. §. GOl.
So heisst; wenn ich nicht irre, wo man sagen will : vielleicht irre ich mich,
immer nisi, nicht si non erro. Vgl. oben Erro. — Wenn auch in der
Bedeut. wenn gleich, obgleich, heisst etiamsi oder qua7rivis, nicht si
etiam, si quoque. — Wenn nur mit dem Begriffe des W?msches heisst
nicht si modo, sondern blos modo, dt/m, dummodo, und so auch bis-
726
weilen qtii modo, wenn er nur. — Denn wenn heisst zwar bei Cicero
meistens nam si, wodurch der Satz mit sl periodisch in den Satz mit
nnm und den Hauptworten eiiiffeschoben wird ; aber auch bisweilen
sienim, z. B. Tusc. III, 16, 32. Fin. II, 5, 16 u. 12,36. — Wenn ferner
in dem Worte wenn kein gegebener Fall, sondern eine Thatsache liegt,
und wenn es also für dadurch dass steht, so heisst es nicht si, son-
dern quod; z. B. wenn (dadjirch dass) du dergleichen beha?iptest,
irrst du, quod talia censes, erras. — Ebenso wird, wenn der Satz mit
wejin das umschriebene Subject oder Object eines Verbi ist, nicht
si, sondern der Accus, mit dem Infinit, oder der blosse Infinit, ge-
setzt; z. B. auch das ist nicht unzeitig, wenn ich von den Pflichte7i der
Obrigkeit spreche, ac ne illud quidem alienum est de magistratuum
officiis dicere, nicht si de — dicam (Cic. OfF. I, 34, 8) ; sie glauben, es
sei von Wichtigkeit für sie, wenn auch ich schriftlich erkläre — .,magni
sua interesse arbitrantur rne etiam per litteras declarare, nicht si de-
clarem, — und so in allen ähnlichen. Wenn aber gleichwohl Cic. (Rep.
IV, 5) gesagt haben soll: apnd Graecos opprohrio fuit adolescentibus,
si amatores non haberent, so lässt sich vielleicht vermuthen, dass der
Schol. Servius, welcher diese Stelle anführt, willkührlich nach seiner
Weise so gesagt habe, statt des einfachen amatores non habere.
Sic, so, für talis, ein solcher, von der Art, wurde, wie unser sOy
nicht nur A. L., sondern auch noch bisweilen Rl. als Praedicat eines
Substantivs gebraucht; z. B. sie est vulgus; sie vita hominum est; vir
acerrimo ingenio (sie enim fuit) neminem plane — videbat (Cic.
Orat. 5, 18). Jedoch vermeide man es lieber, sie so anzuwenden. Erst
N. KL und in guter Prosa selten sind: sie dictus, sie nominatus, sie
oppellatus, sogenajmt , wofür die bessere Prosa die Umschreibung
mit qui vorzieht, sei es activ. oder passiv., also quem dicimus, qui di-
citur und ähnliche. Vgl. Anleit. §. 590. Man sage daher nicht: Strato
sie dictus physicus, Strato der sogenannte Physiker, sondern Strato
is qui physicus appellatur (Cic. N. D. I, 13,35). — Unser so auch, im
zweiten Satze einer Vergleichung nach quemadmodum, ut , sicut,
werde nicht durch sie etiam oder sie quoque, sondern durch das ein-
fache sie oder durch item oder sie item ausgedrückt; z. B. sowie nicht
jeder Wein durch das Alter verdirbt, so auch nicht jedes Alter, — sie
non omnis aetas ; wie es Plato gemacht hat, so, glaube ich, ?nuss ich
es auch machen, — item mihi credo esse faciendum; sowie die Redner
■ auf dem Markte, so auch die Schauspieler im Theater, — ite7n in theatro
actores, nicht sie etiam in theatro. Und so heisst soivie auch, nicht ttl
oder sicut etiam, sondern item oder quandoquidem etiam. Vgl. auch
üt et. W^eber's Uebungssch. p. 47 und Dietrich's Sintenis p. 6.
* Wenn Cicero (Lael. 5, 19 hos vires bonos, ut liabiti sunt, sie etiam appcl-
landos putemus) sie etiam — nach vt zu setzen scheint, so liegt darin keine
Vergleichung', sondern 2it — sie etiam bedeutet 7iicht allein, sondern auch, und
etiam ist hier nothvvendig.
Sicari/is, der Meuchelmörder. Man merke aus der alten Gerichts-
sprache, dass eine Untersuchung wegen Menchclmord — quaestio
inter sicarios heisst; ebenso Einen des Meuchelmordes wegen anklagen,
aliqnem accusare inter sicarios, — und so auch bei defendere u. a. Nur
selten sagte man quaestionem exercere de sicariis.
Siccus, trocken. Das Neutr. siccurn, das Trockne, als Subst., ent-
727
gegengesetzt dem Wasser, also in derBedent. Land^ Ufer, ist meist
nur P. L., wiewohl es einmal bei Liviiis vorkommt; häufiger wird da-
für aridum gesagt, wie oft bei Caesar. — N. Kl. wird es auch erst
von einer trocknen, nüchternen, magern Rede gebraucht, für das Rl.
aridus, da siccvs Kl. mehr ein Lob, als einen Tadel enthielt.
Siculus ist nicht nur als Subst., der SiciUer, sondern auch als
Adject.. shilisch, siknlisch, nblicli, beide sowohl in Prosa als in Versen.
Neben diesem A<lject. braucht man ni\c\\ Siciliensis, ^her nur bAs Adject.^
und im Sinne wohl nicht verschieden. Die sicilhche Meerenge kommt
auch in der rsessern Prosa unter den drei Benennungen fretnm Si-
ciliae (Caes. B. C. II, 3). /re/z/m Smliense (Cic. N. D. 111, 10) und
fretiim Siculmn (Liv. I, 2, 5) vor. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 149.
Sf'gillare, siegeln, versiegeln, ist N. L. für signare, obsignare, si-
gmwi oder sigillnm alicui rei imprimere, signo consignare. — Das
Siegel aufbrechen heisst Signum solvere.
Sigla (als Sing.), das Abkürzungszeichen, ist falsche N. L. Form
für das Sp. L. siglum oder die besseren noia und compendium. Vgl.
Abbreviare.
S/g??anter, klar, deutlich, ausdrücklich, ist Sp. L. für signißcanter,
diserte, evidetiter.
Signeiu7n, der Siegelring, das Pettschaft ; besser ist annulus si-
gnatorius.
Signißcatus, die Bedeutung, ist Sp. L. für significatio, vis,potestas.
Silefitium. Nur bei Sallnst. kommt silentiuni habere, Stille beob-
achten, stillschweigen vor, für silere, silentinvi agere, alicui silentium
esse; N. L. aber ist silentium teuere; denn bei Livius (XL, 8) be-
deutet diu moestum silentium tenuit, lange dauerte eine traurige Stille;
silentium ist hier Nominat.,und bei tenuit wird omnes qui aderant hinzu-
gedacht. — Stille gebieten heisst nicht silentium jubere, sondern si-
lentium fieri juber e (Cic. Divin. I, 28, 59), auch blos silentium facere
oder audientiam facere, z. B. bei Liv. (XLllI, 16) : audientiam facere
praeconem jussit. — In der Stille, stillschweigend heisst immer nur
silentio, z. B. bei Cic. (Prov. cons. 12): illas omnes res s//e/2^/o egi, — habe
ich i7i der Stille azisgeführt, und in der Stille der Nacht — silentio
noctis. — 3Iit Stillschweigen übergehen heisst silentio praeterire, aber
Sp. L. silentio praetermittere. Vgl. Praetermittere.
Silvester, waldig, scheint in dieser Form ohne Auctorilät z«i sein,
für silvestris, was durchaus Kl. nur die männliche Form ist, z. B. bei
Caes. (B. G. II, 18) collis silvestris; ib. VI, 34 locus silvestris u. a. Im
N. L. findet sich neben diesem auch jenes.
Simius, der Affe, ist viel seltnere Form als simia.
Similis. ähtilich, hat bald den Genit., bald den Dat. dessen nach
sich, womit Etwas Aehnlichkeit hat, vielleicht ohne streng beach-
teten Unterschied. Mach Mad\ig (z. Cic. Fin. V, 5, 12) setzt Cicero
bei etwas Lebendem (Thieren, Menschen, Göttern) fast nur den Gefiit.,
selten (und oft zweifelhaft) den Dat.; bei Sachen dagegen ganz gleich
den Genit. und Dat., mit welchen beiden er sogar bisweilen in ei-
nem und demselben Satze wechselt. Nie aber, behauptet Madvig,
sage Cic. anders als veri similis, nicht vero similis, wie es sich erst
bei Spätem finde. Vgl. auch Ochsner Belog. Cicer. p. 246. Keisig's
Vorlesung, p. 673. Iland's Lehrb. p. 243 und unten Veriaimiliter. —
728
Wenn ein vergleichender Satz mit als oder wie dazu geliört, so wird
nicht qua?n, sondern ac oder atqiie gebraucht; z. B. von ihni ist etums
j4eh?diches geschehe?i, wie von den Uehrigen, — atqiie a ceteris, nicht
quam a ceteris. — DasSubst. similitudo hat den Gegenstand der Aehn-
h'chkeit (womit) theils im Genit. bei sich, theils mit cum aliquo, z. B.
mit Gott, cum Deo oder Dei.
Simplex bedeutet ausser einfach nur etwas Lobens- nicht etwas
Tadelnswürdiges, also redlich, offenherzig, nicht unser einfältig oder
thöricht, was stult/is, stolidus, incautus, imprudens u, dgl. heisst; —
ebenso bedeutet das Subst. simplicitas, welches erst bei Livius vor-
kommt, ausser Einfachheit auch Redlichkeit, Offe7iheit, nirgends aber
Einfalt, Thorheit, wofür stultitia, itnprudentia , Stupor u. a. gebraucht
werden. — Vgl. Heusing. Emendd. p. 430 u. Dietrich's Sintenis p. 6.
Simul steht in der Bedeut. zugleich tnit, ohne ctim, mit blossem
^bl. na(h griech. Art, nur bei Tacitus, sonst ist es P. L. — Et oder
ac simul, und ziigleich, ist bei der Verbindung zweier Subsfa?itiven
oder Adjectiüe?i N. L., für et idem, idemque. Man sage also: ille est
vir doctus et idem (idemque, und zugleich, nicht et simul) modestus;
fuit orator et idem (und zugleich) poeta ; Thusnelda uxor fuit Arminii
eademque (und zugleich) ülia Segestis; niusici erant quondam iidem
(auch zugleich) poetae (Cic. Orat. III, 44, J74) ; hie dies casu idem
(zugleich) natalis mens erat (Cic. Att. IV, 1, 4); naturale non potest
idem (kann nicht zugleich auch) esse nimium ; viros fortes eosdem (zu-
gleich auch) bonos — esse volumus (Off. I, 19); idem non potest esse
accusator et testis, Niemand kann Kläger und Zeuge zugleich sein.
— Ueber qui simul, welcher zugleich, für qui idem, vgl. Qui. — Zu
bezweifeln sind wohl simul etiam und simul vero (autem) etiam, aber
auch zugleich, für das einfache simul oder sinmlque.
Simulac, sobald als, wird vor einem Vocale, z. B. simulac ego, si-
mulac omnes, mit Hecht als Sp. L. verworfen, für simulatque ego, si-
m.ulatque omnes. Uebrigens werden beide, wie auch simul allein und
simul ut in derselben Bedeutung, in bestimmter Rede nie mit dem
Conjunct., sondern mit dem Indicat. des Perfecti, nicht des Plus-
quamperf. verbunden, und falsch schrieb daher Jemand : Demosthe-
nes simulatque perplexe titubans dicere coepisset (für coepit), subito
perturbatus obmutuit. Stellen incorrecter Schriftsteller sind ohne
Auctorität.
Simidanter, zum Scheine, verstellt, ist Sp. L., und simulatorie N. //.,
für simulate.
Simulare, vorgeben, sich stellen, als iväre Etwas, was nicht ist, hat
theils den blossen Accnsat. eines Subst. oder Adject. hei sich, theils
einen ^ccusativ. tnit dem Infinit.; z. B. simulo amicitiam, ich gebe
Freundschaft vor ; sitnulo amictim, ich stelle mich, als wäre ich ein
Freund; simulo me hoc scire, ich thue, als wüsste ich das, oder simulo
hu jus r ei non ignarum. — N. L. ist se simulare mit dem Accus, eines
Subst., Adject. oder Particip., da zu einem me, te, se u. s. vf. nur ein
Infinit, oder esse mit einem Praedicatsaccusat. hinzutreten kann, z. B.
me scire, me gnarum esse. Falsch ist: se stullum simulat, er stellt sich
thöricht, für se stullum esse oder blos slultum simulat, ohne se und
esse. — Wenn übrigens etwas Verneinendes folgt, so wird dissiniulare,
nicht simulare gebraucht; z. B. er stellt sich, als wäre er nicht krank
729
heisst disshnulat aegrum oder se esse aegr?im, nicht (wenigstens wohl
nur selten) shnulat se fion esse aegn/tn. Vgl. Dissimiilare.
Sin, wen7i aber; vgl. Si. — Sp. L. ist es in der Bedeut. wenn aber
nicht, für sin minus; mehrmals findet es sich so bei Hieronymus in
der Vulgata.
Sine, ohne, kann ohne einen Ablat. nicht gebraucht werden; doch
ist der Ablat. des Gertindii ausgenommen; z, B. ohne %ii empfinden,
nicht sine sentiendo, sondern sine sensu, üeber solche Fälle vgl. ausser
den Grammatiken meine Anleit. §. 517. — Falsch ist es, sine zu setzen,
wo wir z. B. sagen: ohfie was in der Festung war, also nicht: sine quod
in castello erat, sondern praeterquajn quod — und so bei ähnlichen.
— Ueber sine mit o?imis verbunden, vgl. Omnis. — Sine nie u. dgl. esset,
in der Bedeut. wäre ich nicht, gebildet nach dem alten absque nie —
esset, ist ohne alte Anctorität. Vgl. Absque. — Ungewöhnlich ist sine
testamento mori, ohne Testament sterben, für intestato oder, auf die
Person bezogen, intestatus oder intestata mori. Zu bezweifeln sind
auch wohl: sine joco, ohne Scherz, Scherz bei Seite, für extra jocum,
remoto joco; sine meo merito, ohne mein Verdienst, okfie dass ich es
verdiente, für fiullo meo merito oder ?wn meo merito. Vgl. Cic. Sest. 17.
Sinere, lasse?i, wird so wenig wie pati in Redensarten gebraucht,
wie : sich abschrecken lassen, sich überzeugen lassen, da in sinere nur
der Sinn von zulassen, gestatte?!, geschehen lassen liegt, was bei jenem
lasseti nicht der Fall ist. Daher heisst z. B. ich lasse mich abschrecken,
nicht sino nie deterreii, sondern deterreri possum oder bios deterreor ;
er Hess sich nicht überzeugen, nicht sibi persuaderi non sitiebat, son-
dern non poterat. Vgl. Pati und Klotz Sintenis p. 123.
Singillatim; vgl. Singulatim.
Singularis ist in der Bedeut. einzeln, besonder, abgesondert gut
und KL, und kommt selbst im Plur. so vor, wiewohl für den Plur.
lieber singuli, ae, a gebraucht werde. Aber N. L. ist es in der Be-
deutung wunderlich, seltsatn, für morosus, difficilis. Das Adv. singu-
lariter bedeutet nur ganz besofiders , vorzüglich, aber nicht einzeln,
abgesondert, was separatim, singillatim heisst.
Singulatim ist vielleicht Sp. L. Form für die wahrscheinlich Kl.
singillatim, welche bei den Bessern jetzt der ersteren vorgezogen
wird. Vgl. Klotz zu Cic. Tiisc. V, 33, 94.
Singuli, ae, a. Nur bei Plautus einmal (singulum) und Sp. L. bei
Gellius (s««gM/o7 findet sich der Sifigul. dieses Zahlwortes; im bessern
Gebrauche setzt man dafür das Adject. singularis oder imns; z. B.
ein einzelner Mensch, singularis homo (Cic. Agr, II, 35, 97) ; keine ein-
zelne Sekte, nulla una disciplina. Wo sich aber der Begriff der Mehr-
heit einmischt, da wird fast nur sjwg^?/// gebraucht; z. B. jede einzelne
Legion, singulae legiones, nicht singula quaeque legio. Nicht zu billigen
ist es daher wohl, wenn man (wie dies kürzlich geschah) sagt: singu-
lae fabulae singulum complebunt volumen, ita quidem, ut singulo qui
egeant, sifigulum emere possint — wo überall der Plur. richtiger
wäre; ebenso an einer andern Stelle: ex singulae alicujus philosophiae
principiis, wo freilich weder singularis noch unius zu dem Genit.
philosophiae passt. Wo wir sagen: alle drei Monate, alle fünf Jahre,
ist s/«g?/// unrichtig; man sage also nicht: si?igulis tribus me?isibus, son-
dern ierlio quoque mense ; niclit singulis qmnqtie annis,sonderu quinto
730
qnoque anno. Vgl. Sciopp. de stylo p. 224. — Aus Hunderten kaum
Einer möchte wolil nicht durch e cenienis vis singu/i, sondern durch
vis ce?fiesim?ts qm'sque auszudrücken sein.
Sinister werde in der Bedeut. ungünstig, unglücklich vermieden,
da es melir P. L. und in Prosa nur N. Kl. bei Tacitus und dem Jün-
gern Ph'nius vorkommt, für infeb's, perversus; noclj weniger können
wir es in der Bedeut. glvrktich, für felis, fanstus, brauchen, da es in
dieser Bedeut, nur in der heih'gen Sprache der Römer vorkommt.
Vgl. Klotz Sintenis p. 153 u. ]67. — Das adverbiale sinistra, im Abi.,
bedeutet nur hnlis, d. h. auf der linken Seite, nicht linkshin, nach der
linken Seite zu, was sinistrorsus heisst ; dort wendet sich der Fluss links
nach den Grenzen der — heisst also: illic flumen fleclit sijiistrorsus ad
fines, nicht sinistra.
Sifius, der Busen. Man braucht zwar in alicujus sinu esse, in der
Bedeut. vo7i Jemanden geliebt werden, \md Terenz sagt: in alicujus
si?m gestari in derselben Bedeut., neben amari; aber gymnasium in
siim gestare, ein Gymn. lieb und, werth haben u. dgl., ist doch wohl
kaum zu billigen, und verräth zu viel Künstelei. %
Sistere steht mit und ohne se in der Bedeut. sich stellen., sich ein-
fniden, erscheinen. Vgl. die Lexica und Schori Phras. p. 759.
Sitire, dürsten, wird mit dem Objecte, ivornach man dürstet, wie
ein Activ. mit dem Accus, verbunden, aliquid, nach Etwas, z. B. hono-
res, sanguinem; aber das Partie, sitiens, dürsterid, begierig, wie ein
Adject. mit dem Genit. — Ein Superlat. aber, sitientissimus, ist ohne
Beispiel; dafür sage man ardenter sitiens.
Situari, gelegen sein, und situatio, die Lage (eines Ortes), sind A^,
und B. L., für situm, positum esse; situs, positio; gute Lage heisst
opportunitas loci.
Sive ; vgl. Seu.
Soboles, der Stamm ; vgl. Suboles.
Socielas ist nur die Gesellschaft, die FerÄmJ^/wg-, gedacht als etwas
Verbundenes und Vereinigtes, aber nicht einzelne Menschen, welche
zu irgend einem Zwecke irgendwo versammelt sind. Solche in Con-
creto bestehende Zusammenkünfte heissen circulus (Cic. Orat. I, 34,
159), coetxis (il). II, 57, 233. R. P. I, 25), conventus, sodalitas, con-
gressio, und was sonst noch passend sein wird, wie arbitri; z. B. eine
Gesellschaft gehen lasse7i, arbitros removere ; auch nianus et gremium ;
z. B. consenescebat in amantissimi fratris manibus et gremio, i?i der
Gesellschaft seines liebevollen Bruders (Cic. Cluent. 5, 13) ; in grosser
Gesellschaft leben, in celebritate versari; — in allen diesen Fällen passt
societas nicht. Falsch ist es daher, zu sagen: in societatem ire, in Ge-
sellschaft gehen; societatem oder societates frequentare, convenire ;
nialae societates corrumpunt bones mores. Barbarisch ist societas scien-
tiaruin, eine gelehrte Gesellschaft.
Sol, Sonne, für Sonnenschein, Tageslicht, sonniger Platz, ist in
vielen Verbindungen gewöhnlich; aber obgleich sol meridianus — die
Mittagssonne heisst, so wird doch weder dieses, noch lus meridiana
zur Uebersetzung von sonnenklar gebraucht. Vgl. Lux.
Solamen, der Trost, ist nur P. L., für solatium.
Solare, veröden, verwüsten, ist nur P. L. für vastare, vacuum oder
vacuefacere.
731
Solan, trösten, beruhigen, ist P. L., steht N. Kl. f)ei Tacitns und
dem jiingern Plinius, und wird nnr mit sachlichen, nicht mit persona-
len Siibjecten verbunden; man brauche nur consolari.
Solemnis, solen?iis ; v«:!. SoUemnh.
Solens findet sich in der Bedeut. gewöhnlich , nach Getvohnheit nur
A. L. bei Platitus und nachher veraltet, sowie es auch als Partie, in
der Bedeut. welcher pflegt, ungewöhnlich ist; man brauche inore mit
und ohne nieo, t?io, suo ii. s.w. — Im JV. L. kommt es wieder vor, indem
sogar Graevius (Cic. OfF. III, 8) sagt: ubi omniaexscripsit, idque so^ews,
für ?}iore sno.
Solidare verbunden mit rationes; vgl. Consolidare.
Solfdus in der Bedeut. grimdlich, tief eingehend, A^m flach wntS.
oberflächlich entgegengesetzt, und besonders von eruditio und doclrina
gesagt, kommt erst im N. L. vor; — Kl. braucht man es theils in physi-
schem Sinne, in der Bedeut. dicht, gedrängt. ?nassiv, gediegen, dem
locker und hohl entgegengesetzt, theils in bildlichem Sinne, in der
Bedeut, dauerhaft, bleibe?id, kräftig, dem vergänglich, flüchtig, eitel
entgegengesetzt,' also dem inanis, levis, vanus, mobilis, fugax; daher
sagt man solidum marmor, solida terra, solidum corpus; solida laus,
gloria, iitiWas u. a. Aber im N. L. spricht man besonders seit Muret.,
welchem vielleicht schon Andere darin vorausgegangen waren, von
solida eruditio, solida doctrina, solide doctus, gründlich gebildet (Roland.
Marcs. Epist. I, 46), solida scientia, soliditas eruditionis oder doctrinae,
und Poiret schrieb (Amst. 1707) ein Buch de eruditione solida, super-
ßciosn et falsa; J. A. Ernesti eines unter dem Titel: Initia doctrinae
solidioris; er gebraucht es also sogar im Comparat., obgleich hier
keine Vergleichung Statt findet; und so spricht auch Hemsterh.
(Oratt. p. 176) von doctrinae solidioris lumina. — Dagegen verwerfen
diesen Gebrauch des Wortes mit Recht Ruhnken, F. A. Wolf, Eich-
städt, Zumpt u. A., und schlagen dafür accuratus, subtilis,re(onditus,
exquisitus vor. Ruhnken sagt zu Mureti Oper. T. I, p. 13 ed. Ruhnk.
(p. 119 ed. Fr.), wo solida theologorum doctrina steht: Solida d od ri?ia
iiy.rvor est, nee Latinis usitatum, ut mirer elegantissimum librnm, quo
philosophiae elementa traduntur, ab Ernestio inscriptum esse Initia
solidioris doctrinae. Doch hatte Ruhnken selbst früher mehrmals sich
so ausgedrückt. Vertheidigt wird es von Aug. Matthiae (Exempla eloq.
lat. p. J85) durch solida gloria und solida utilitas, welche aber nicht
gerade damit zu vergleichen sind. Man vgl. noch Frotscher zu Muret.;
Jahrb. 1827. II, p. 326. R. Klotz in den Jahrb. 1832. I, p. 90 — 93 und
W eber's Uebungssch. p. 85. — Ausserdem bemerkt Grysar (Theorie
p. 377), dass gründliche Gelehrsamkeit heisse doctrina exqaisita ;
gründlich dispntiren, subtiliter disputare, disserere; ein gründlich
geschriebenes Buch, liber accurate oder diligenter perscriptus. —
Gründlich liegt auch in per, z. B. perdiscere, gründlich lernen. —
Endlich verwirft Zumpt auch solida virtus (was Ruhnken im Elog,
Hemst. gebraucht hatte), indem er sagt: Solida virtus ist bedenk-
lich; denn solidus, 7nassiv, steht dem inayiis, hohl, entgegen, und be-
deutet also tropisch ivohlbegrÜ7idet, dauerhaft, welchem eitel ent-
gegensteht.
Soliloquium, ein Selbstgespräch, ein Gespräch mit sich allein, findet
sich erst Sp. L. bei Augustin.; man sage dafür etwa sermo secum ipso
732
habilus, wie Cic. (Tusc. II, 22, 52) das stille H er zensge sprach —
sermo iiitimus, cum ipse secum (aliquis lotjuitur) nennt.
Sofäus ist als Adject., in der Bedeut. gewohnt, fast nur P.L.; häu-
figer kommt dafür co?isuetus vor. Alter N. L. und ohne alle alte Auc-
torität sind solito more und consueto more, welche im N. L. oft vor-
kommen, für more mit und ohne meo, tuo, suo u. s. w., oder utnws est.
Solito more findet sich sogar bei 3Iuret. (V. L. XIII, 12) und oft bei
iVolten (im Antibarbarus). — Sp. L. ist auch solite. Vgl. auch oben
Consuetus.
Solitwi, was nur einen grossen Lehnsessel bedeutet, ist in der bild-
lichen Bed. Thron, d. h. Reich, Herrschaft, nur P. L. für Imperium.
Sollennis (sollemnis, sohfiuis, solemnis), eigentlich alljährlich, be-
sonders bei Festen und Spielen, gleich dem Adj. ajiniversarius, nach-
her im Allgemeinen festlich, feierlich, kann in der Bedeut. gewohnt,
gewöh?dich, üblich nicht wohl verworfen werden; nur brauche man es
nicht falsch. Man sage also z. B. für haec vox, hoc vocabidum, kaec
loquendi formida sollemnis est Ciceroni, dieses JVort ist bei Cicero ge-
wöhfdich, lieber: est in usu Ciceronis, zisitata Ciceroni, frequens oder
trila (contrita) apud Cicero?ie?n^ hac voce frequenter utilur Cicero. Vgl.
Weber's Uebuiigssch. p. 345. — üebrigens heisst das Fest theils im
Sing, sollemne, theils (vielleicht bei einem grossen und mehrtägigen)
im Plur. sollemnia, wozu auch noch sacrum und sacra hinzutreten kann.
Solletmitas (sollem?iitas), die Feierlichkeit, Festlichkeit, ist erst
Sp. L., höchst selten und nicht wohl nachznbranchen, für sollcnne
oder sollennia, oder umschrieben durch celebratio oder das Verb.
celebrare.
Sollicitatio kommt nur in der Bedeut. Aufwiegelung vor, nie in der
Bedeut. Bekünimerniss, wie im N. L., für sollicitudo.
Sollicitiis, was mit sollicitatus, aufgeregt, aufgewiegelt, nicht zu
verwechseln ist, bedeutet bekimimert, und das Object, um was man
bekümmert ist, wird Kl. mit de oder pro verbunden, N. Kl. mit circa;
wohl nie aber mit causa, ob oder propter.
Solstitium ist Kl. die Son?iemvende oder der Sonnenstillstand zur
Bezeichnung des längsten Tages, welcher daher dies solstitialis hiess;
N. Kl. auch die Sonnenwende zur Bezeichnung des kürzesten Tages,
mit dem Beisatze brumale oder hibernum, wofür Kl. nur bruma ge-
sagt wurde; daher unterschied man N. A'/. jenes solstitium durch den
Zusatz aestivum von dem letztern. Vgl. Giese z. Cic. Divin. II, 14, 33.
Solum, der Bode?i, ist in Verbindung mit Adj,, wie natale, genitale,
der Geburtsboden, das Geburtsland, nur P. L., für solum patriae oder
patrium oder blos terra (mea, tua — ), oder nach Cic. (Leg. II, 2)
solu7n in quo ortus et procreatus sum. Vgl. Weber's Uebnngssch. p. 5.
Solum, allein, nur, tritt als Adv. nie zu einem Zahlworte hinzu,
wohl aber als Adj., oder dafür tantum; z. B. nur zwei Menschen, soli
duo homines oder tantum duo hom., nicht solum duo hom. Vgl. Reisig's
Vorlesung, p. 434. — Das aus solum und modo zusammengesetzte
solu7nmodo, in derselben Bedeut., /^^/r, ist so selten, dass es nicht ver-
dient, gebraucht zu werden; dennoch findet man es im N. L. sehr
häufig. Es beruht nur auf einer einzigen (vielleicht noch zweifelhaften)
Stelle des altern Plinius (XXXIV, 8, 19,34, nicht 92, wie Freund
meint) und auf der Auctorität eines Sp. L. Juristen. Man brauche
733
dafür die häufig vorkommenden Wörter tantum, solum, diintajcat^
viodo, tantnmmodo. Vgl. aucli Vorst. lat. mer. susp. p. 265 u. Reisig's
Vorles. p. 300.
Solummodo ; vgl. unter Solum.
So/us, a, tim. In der Verbindung nicht allein- sondern auch leh-
ren Einige, dürfe nur 7ion solum - sed etiam stehen, aber für das
Adverb, sohwi nie das x\dject. in Bezug auf sein Subst. Das Ge<Ten(lieil
beweisen einige sichere Stellen, z. B. Cic. Lael. 27, 102 nee mihi soli
(nicht solum) versatur ante oculos — , sed etiam posteris erit ; Cat.
23, 83 neque vero eos solos (nicht solum) convenire aveo, sed etiam
illos u. a. Vgl. Klotz z. Cic. Lael. p. 137. — Man merke noch, dass,
wenn wir sagen: das blosse haben iDollen, der Lateiner ebenso sagt:
solum habere velle (Cic. Tusc. IV, 26, 56).
Solutio bedeutet zwar Zahlung, Bezahlung ; aber der Zahlungs-
tag, Zahbingstermin hiess wohl nie dies solutionis, sondern entweder
pensio oder dies pecuniae (Liv. XXXIV, 6. Colum. I, 7).
Solvere, lösen, verbindet man zwar in Beziehung auf Schiffe mit
navem., naves,funem navis, aber nach Casaubonus (z. Cic. Att. 1, 13, 1)
nicht mit ancoram (Anker), indem der Schifferausdruck sei; ancoram
tollere (Caes. B. G. IV, 23. B. C. 1, 31 ; II, 22) ; daher müsse bei Cicero
für ancora soluta gelesen werden anc. sublata. Mag dies auch richtig
sein, so kann man doch auch mit Orelli annehmen, dass sich Cicero,
wie auch sonst wohl, in dem Kunstworte geirrt habe. Demnach ist
ancoram solvere, als dem Worte nach falsch, zu verwerfen, für ancoram
tollere. — Solvere ßdem bedeutet sein Versprechen nicht halten, bre-
chen, aber nicht, wie es im N. L. gebraucht wird, ei7i Versprechen, ein
gegebenes Wort halten, -Wcisfidem absolvere oder essolvere, promissum
oder Votum solvere heisst. Wenn solvere — zahlen, bezahlen bedeutet
so steht als Accus, nur die Geldsumme dabei, nicht das, wofür man
Etwas bezahlt, was wir im Deutschen ebenfalls in den Accus. z\i setzen
pflegen; z. B. ein Haus, einen Acker, einen Garten, ein Buch u. dgl.
bezahlen; der Lateiner sagt hier: pro domo, pro agro, pro horto. pro
libro — ?iumos, aes, pretium — solvere. Vgl. Vavassor. Antib. p.605.
Ueber solvere und dissolvere pecuniam vgl, oben Dissolvere. — End-
lich merke man, dass: Etwas durch Jemariden auszahlen lassen heisst;
solvere ab aliquo, und gleich b aar auszahlen, repraesentare. Vgl. Gronov.
de pecun. vet. L. I, c. 6.
Somniare, träumen; — von Ettvas, theils de aliqua re, theils ali-
quid; z.B. bei Cic. (Divin. 11,65,134): nemo umquam alius oviim
(von einem Eie) somniavit, aber ib. 66 u. 67 de illo.
Somnium, der Traum, ist dasjenige selbst, was man träumt; wo wir
aber sagen: Etwas im Traume, d. h. m Schlafe sehen, sagt man nicht
i?i somnio aliquid videre, sondern in somtiis, per somnum, per quietem.
Somnolejitus (sotnnulentus), schläfrig, und somnolentia (somnulen-
tia), die Schläfrigkeit, sind Sp. L. für somniculosus, som?io deditus,
und bildlich segnis, lentus, languidus; languor, desidia, oscitatio u. d-^l
Vgl. zu Mureti Oper. T. II, p. 418. "
Sonare hat immer den Begriff von Klang und Ton, und ist daher
N. L., wo unser lauten blos für sein steht; z. B. die Worte lauten so,
d. h. sind folgende, nicht ita sonant, sondern haec sunt, ita se habent.
Vgl. Vorst. latin. mer. susp. p. 224. Richtig ist es, findet sich aber
734
sehr selten in dein Sinne von bedeitte??^ nahen den gewöhiiliclien s;^??i-
ßcare und indicnre.
Sojior, der Rlang, Tim, ist P. L., und steht in Prosa nur bei Tacitus,
für sonns oder soTittns.
Sonor US, klingejid, tönend, to/irei'ch, ist nur P. L. für ca?iorus ; da-
her heisst eine helle, klmig- oAev tonreiche Sliimne — vox canora, niclit
sonora. — A^. L. ist sonoritas, der helle Klang, für canorum (Neutr.).
Sonns bedeutet zwar Ton, Klang, aber nirg^ends findet es sich in
der Bedeut. Beloming eines Wortes in einer Rede, welche von der
Sylbenbetonung- (accenius) verschieden ist. Gottfr. Hermann schlägt
vocidatio dafür vor, was zu Cicero's Zeiten Betonung bedeutet zu
haben scheint. Es wird aber nur einmal gelegentlich bei einem spätem
Schriftsteller erwähnt; Cicero spricht nie davon; doch fehlt uns ein
besseres Wort. Vgl. Reisig's Vorles. p. 806.
Sophisma, der Trugschluss, die spitzfindige, verfängliche Rede oder
Frage,V.omviii bei Cicero noch griechisch vor; später wurde es als
Kunstwort in der Dialektik aufgenommen und als solches ist es auch
beizubehalten; sonst sage man dafür captio, captiu?icula, captiosa in-
terrogatio, fallax conclusiuiiciila, cavillatio.
Sophista, nach dem Griech. sophistes, welches üblicher gewesen
zu sein scheint, hat im Accus, entweder sophistam oder Sophisten, aber
nicht sophistem, was man im N. L. bisweilen findet. Vgl. Scholiasies.
Sopor, der Schlaf, Schlummer, ist fast nur P. L. für somnus.
Sordes, Schmutz, Niedrigkeit, Geiz, kommt selten im Sing., fast
nur im Plur. vor, was man beachte. Vgl. Gottfr. Seebode's Scholien
zu Horaz Heft I. Gotha, 1839. — Das ^. L. sordiludo findet sich bei
Plautus; N. L. aber ist sordities.
Sors ist nur das Jemanden zugefallene Loos oder Schicksal, nie
das Glück, wie es im N. L. bisweilen iür fortuna secu7ida gebraucht
wird ; daher heisst auch das Kriegsglück, nicht sors belli, sondern
fortuna belli.
Sortiri, loosen ; — um Etwas, Kl., aliquid, z. B. provincias, um die
Provinzen (Cic. Att. 1, 13, 5), duas Gallias, um die beiden Gallien (ib.
I, 19, 2) ; A^. Kl. de aliqua re (bei Tacitus, Sueton. u. A.), z. B. de al-
tera consulatu. — Nur selten, aber schon bei Livius und nachher bei
dem Jüngern Plinius, steht es in der allgemeinen Bedeut. erhalten,
erlangen, was man nicht nachahme; man sagt dafür «a//mc?. Ruhnken
behauptet sogar gegen Muret. (Oper. T. II, p. 441 ed. Ruhnk.) : Sor-
tiri pro 7iancisci non est melioris aetatis.
Sospes, und im Fem. sospita, ist in activem Sinne^ rettend, erhaltend,
nur ^. L., und erhielt sich so in Beiwörtern von Göttern und Göttin-
nen, welche Retter, Retteritmen, Erhalter, Erhalterinnen genannt
^ wurden. Dagegen kommt es in passivem Sinne, gerettet, erhalten, zwar
nicht Kl, aber doch seit Livius oft N. Kl. bei den besten Schriftstel-
lern vor, und kann neben salvus und incolumis recht wohl angewandt
werden; aber nicht, wie es Ruhnken (Opusc. T. I, p. 105) gethan hat,
in activem Sinne, ohne dass er von einem Gotte oder einer Göttin
spricht. Er nennt nämlich die ars medica — iilam humanae vitae sospi-
tam et conservatricem, was sich kein alter Redner erlaubt hat. —
Ebenso sind auch die Sp. L. sospitator und sospitatri.r nur Beiwörter
von Göttern und Göttinnen, und bei den christliclien Schrifistcüern
735
ist ersteres ein Beiwort Jesu Christi, als unseres Heilandes und Selig-
machers; dafür ist es eine gute Heneiuiung. \gl. Salvalor. — Aber
gegen allen alten Gebrauch ist es (was im N. L. oft vorkommt), es im
gewöhnh'chen Sinne zu nehmen und einen glücklichen Kritiker oder
einen um seinen Schriftsteller wohlverdienten Herausgeber so zu
nennen, wie z, B. J. Fr. Gronov sehr häufig Livii sospitator, und JN'ic.
Heinsius — Ovidii et aliormn poetarum sospitator genannt werden.
Diesen Gebrauch des Wortes sospitator verwirft auch Wolf (Analect.
I, p. 488). Man sage ganz einfach : optiine de Livio, de Ovidio — ?neritus.
— ^. und Sp. L. ist endlich auch das Adj. sospitalis, heilsam, für
salutaris, und Sp. L. das Subst. sospitas, das Heil, IVohl, für saltis.
Spargere. Man sagt zwar Ä7. spargere rumores (Cic. Dejot. 8),
al)er nicht spargere sermofies, Reden ausbreiten, für disseminare,
diffundere, dissipare ; noch weniger, was Muret. (Oper. T. 1, p. 433)
zu sagen gewagt hat ^ funer a in hostes spargere; dies ist nur P. />.,
aber nicht prosaisch.
Sparsim, zerstreut, ist Sp. L. für disperse und (in ausgedehnterem
Sinne) diffuse (nicht fuse).
Sparta ist wohl IVarae einer griechischen Stadt, aber in der bild-
lichen Bedeut. Amt, Geschäft kommt es nirgends bei einem guten
Lateiner vor. Dennoch findet es sich im N. L. oft gebraucht; mit
Recht hat es also Freund in dieser Bedeutung gar nicht in sein Lexicon
aufgenommen. Bei Cicero kommt es griechisch zweimal vor: Att. IV,
6, 2 vollständig als Sprichwort: Snäoxav tXayeg., laviav y,6aufi, und
ib. 1,20,3 nur ^'nüuic.v, — jenes aber ist ein Vers des Euripides
(Dir ist Sparta ziigefallen, ehre es), welcher nachher fast zum Sprich-
worte wurde, mit dem Sinne: mache deinem Vaterlande Ehre oder
sorge für das, was dein ist, nicht für Fremdes. WunderlicJi hat man aber
Sparta im N. L. ohne Fug und Recht in der Bedeut. von partes oder
munus gleichsam eingebürgert, und afFectirende Schriftsteller haben
es bei uns so gebraucht, z. ß. Manut. (Epist. IV, 5. Casaub. Praef.
Athen, p. XIII. ed. Lips.): ad hanc orna7idam spartam (Spartam);
Ilemsterh. Oratt. p. 143; Heyne (Praef. T. III. Virg.): cwm /;/7V/<?/?/j
spartam hatte susciperetn, und so noch Andere,« welche ihre Gelehr-
samkeit zeigen wollten. Mit Recht sagt Sauppe (im Orell. Cicero Vol.
VIII, p. 91, im Index graeco-lat.) bei Erklärungjenes griech. Verses:
Postea elegantiarum venatores male seduli (die unzeitigen Eleganzen-
Jäger) vocabulo, quod est Sparta, fere pro eo, quod est partes utun-
tur, ita ut dicant: Spartam suam tueri, hanc alii Spartam relinquere
(einem Andern dieses Aint zurücklassen), Spartas distribuere. — Dies
möge hinreichen, um von dem Gebrauche dieses nicht lateinischen
Wortes abzuhalten.
Spartanus kommt selten als Subst. vor, der Spartatier, und ist
kaum zu brauchen für Spartiates oder Laco ; auch als Adject. ist es
mehr P. L., für Lacedaemonizis. Das Fem., die Spartanerin, heisst
nicht Spartana, sondern hacaena. Vgl. Lacaenus.
Spasmus, der Krampf, wurde unnöthig von dem altern Plinius aus
dem Griech. genommen, für convulsio.
Spatiosus, geräumig u. a., ist erst N. KL und mehr P. L., für
amplus, magmis.
Specialis und specialiter, insbesondere, sonderlich., speciell, abge-
736
sondert, einzeln, kommen erst N. Kl. bei Celsus, Columella, Seneca
und Quintilian. vor, aber nie beim jiingern Plinius, als Gegensatz von
generalis, generatim, generaliler. Es ist übrigens niclit zu verwerfen,
wiewolil Kl. dafür singularis, praecipuus, proprius, und als Adv. sin-
gillatim, separatim (Cic. Off. II, 10, 6), proprie, nominatiin (Cic. Att.
I, 6) gesagt wird. So setzt Cic. (Att. V, 2, 1) dem universe mandare,
allgemeine Aufträge gehen, das proprie mand., besondere Aufträge
geben, entgegen ; auch sagt er (Verr. V, 55, 143) : singillatim potius,
quam generatini atque nniverse loquar; an einer andern Steile steht
separatim dem communiter entgegen. Vgl. auch Generaliter. — N. L.
ist specialis in der Bedeut. vertraut, z. B. amicus specialis, für ami-
cissimus, familiaris, i?itimus. — Sp. L. ist speciatim, was vorVictorius
auch in Cic. orat. post red it. in sen. 8, 2l für das von ihm aufge-
nommene separatim stand, zu welcher Stelle F. A. Wolf zu verglei-
chen ist. Vgl. ausserdem Anm. zu Mureti Oper. T. I, p. 242 und Reisigs
Vorles. p. 206.
Species, die Art, Abart, Unterart, ist schon Kl. Kunstwort in der
Rhetorik, Dialektik und Topik, wann neralich Art dem allgemeinen
Gattung, Geschlecht (genus) entgegensteht, wiewohl Cicero auch
pars und forma, mit und ohne generis, dem genus unterordnet, wie
Invent. I, 23. Flu. II, 9; und statt der von ihm gemissbilligten und ver-
worfenen Formen specierum und speciebus sagt ex formarum und /or-
mis. — Bei Varro steht oft (z. B. R. R. I, 9, 3) genera — species. —
Wo aber Art nicht Unterabtheilung von Gattung (genus) ist, passt
auch nicht species, oder je nachdem das eine oder das andere passt,
die Wörter genus, ordo, pars. So nennt Cicero die verschiedenen
Arte?i oder Klassen von Menschen, aus denen Catilina's Anhang be-
stand, genera horainura; auch sagt er: es omni gener e hominum, aus
allen Klassen vot^ Metischen. — Wiewohl aber Plinius in seiner Na-
turgeschichte zwar genera animalium, aber keine species, z. B. avium,
piscium, kennt, ja auch keine classes, so bleibt doch heutzutage die
Terminologie classes, genera, »pecies untadelhaft. Vgl. Classis. — In
der Bedeut. Schein hat species aber nie das Beiwort externa bei sich,
während wir oft von einem äusser?i Scheine sprechen; der Lateiner
denkt dies immer schon bei dem Worte species hinzu, und versteht
darunter die Aussenseite. Daher verwirft Raschig (Progr. p. 26) mit
Recht den Ausdruck species externa rei. -;— N. L. ist species facti, für
narratio rei gestae ; ebenso die Redensart in specie, in der Bedeut. ins-
besondere, als eine Art von Adv. Vgl. unter Specialis.
Specimen ist das, woraus Etwas ersichtlich, erke?mbar ist, ein Be-
weis, ein Ken?izeichen, z. B. specimen ingenii, ein Kennzeichen von
Verstand; populär isjudicii, von Urtheilsfähigkeit des Volkes, — und
so mit ähnlichen Genitiven. Doch können nicht, wie es im N. L. sehr
häufig geschieht, Genitiven, wie: notarum, annotationum, novae edi-
tionis dazu gesetzt, und noch viel weniger kann eine Schrift — spe-
cimen, sei es theologicum,juridicum,philologic?im oder wie sonst, ge-
nannt werden; für diesen Gebrauch findet sich nirgends eine Aucto-
rität. Lächerlich ist es daher, Schülerarbeiten und Schüleriibungen,
welcher Art sie seien, specimina zunennen, um so mehr, da das Wort
im Lateinischen nie im Plur. vorkommt, und meistens sogar den Be-
griff von Muster, Vorbild, Ideal enthält, worauf es Klotz (zu Cic.
737
Tiisc. I, 14. p. 41) zu eng zu beschränken scheint. Diese letztere Ue-
deutuug tritt allerdings z. B. in Cic, Tusc. V, 19, 55 scharf hervor,
wo von Caesar gesag-t wird : ^V^ C. Caesare mihi videtur specimen (ein
Ideal) fufsse hamajiitatis, salis, suavitatis, leporis. — In der gevvölin-
lichen Bedeut. Beweis, Probe passt eher dociimentum, bisweilen si-
gnum, indicium. Aber schwer möchte es (nach Dietrich in einer
brieflichen Bemerkung-) sein, für unser Proheschriß einen Rl. Aus-
druck zu finden, indem die von Zurapt (Aufgab, p. 227) angegebenen
indicium, Signum, dociimentum offenbar noch unpassender seien, als
specimen. Man gebrauche daher das Wort vorsichtig und nie ohne
einen passenden Genit., nie auch im Plur. Vgl. Raschig Progr. p. 24.
Klotz z. Cic. Tusc. p. 41 und Wüsteraana z. Doering Comment.
p. 11)3.
Spectaculum ist zwar ein Schauspiel, aber nur insofern, als man es
sieht, nicht aber insofern, als man es hört und liest, also kein geistiges,
kein Trauer- oder Lustspiel; dafür wird das allgemeine /ff6?//ö und die
besondern tragoedia und comoedia gebraucht. — B. L. ist z. B.: Plautus
multa spectacula scripsit, für fabulas oder comoedias ; ein Schauspiel-
dichter heisst nicht spectaculorum scriptor, sondern poeta scejiicus.
Spectare, Etwas sehen, einer Sache zusehen., wird mit dem Accus,
verbunden; z. B. spectare ludos, den Spielen zusehen; nach Etwas
hinsehen und bildlich (von einem Orte) nach Etwas hin gerichtet
sein, liegen, wird meistens durch ad oder iti aliquid, selten durch ali-
quid ausgedrückt; z. B. nach ßlorgen, ad oder in orientem; auf Etwas
sehen. Etwas im Auge oder zum Zweck haben, beabsichtigen (also
ebenfalls bildlich) wird auch meistens durch ad aliquid, seltner
durch den blossen Accus, ausgedrückt; — ebenso in der Bedeut. be-
treffen, auf Etwas Bezug haben ; Einen nach Etwas beurtheilen heisst
aliquem ex aliqua re spectare (Cic. Tusc. V, 10, 31). — N. L. aber
ist es in der Bedeut. Einem zugehören. Jemandes Eigenthum sein, wie
man oft in Büchern von den Besitzern eingeschrieben findet: hie liber
ad me, ad aliquem. spectat, dieses Buch gehört mir, für meus est, ali-
cujus est. Vgl. Sciopp. Infam, p. Q^. Vorst. latin. raer. susp. p. 138.
Speculatio findet sich nur in der Bedeut. Ausspähung, Auskund-
schaf tung ganz Sp. L., sonst in keiner andern Bedeutung; dafür setze
man das Verbum speculari oder e.xplorare, und in geistiger Bedeut.
contemplatio, investigatio u. a. Vgl. Sciopp. de stylo p. 70.
Specus kommt selten in Prosa vor in der Bedeut. Höhle, Grotte,
für spelunca.
Sperare, hoffen, hat als Object. selten den Accus, eines Subst. bei
sich, z. B. victoriam, adventum, aber oft JNeutra, wie omnia.^ meliora,
7iihil u. dgl. ; meistens folgt ein ganzer Satz im Accus. 7nit dem Infinit.
Dieser Infinit., wenn es etwas Künftiges ist, muss durchaus der des
Euturi sein; z. B. ich hoffe auf deine baldige Ankunft oder dass du
bald kommst, d. h. kommen werdest, te spero quamprimum venturum,
nicht venire. — Die Verbindung spero, ut — beruht theils auf fehler-
haften Stellen, theils auf solchen, in denen der Schriftsteller neben
der Hoffnung noch mehr die Absicht des Hoffenden hervorheben
wollte, was in der Art, wie es die Neuern anwenden, nicht immer der
Fall ist. Vgl. Held zu Caes. B. C. III, 85, 2 u. Liv. XXXIV, 27. —
A. L. ist es, das einfache spero so zu brauchen, dass der dazu ge-
47
738 . >
hörige Satz iiiiabhäng^ig von spero ist und in gerader Rede steht, wo
in guter Prosa nur iit spero gebraucht wird; man sage also nicht: ad
me, spero, quamprimuiu venies, sondern zit spero.
* Wenn Cic. (Q. fr. I, 4, 3) gleichwohl sagt; de novis tribunis plcbis est
ille quidem in me ofticiosissinjus Sestius, et spero (und wie ich hojf'e) Cuisius,
Milo — , so mag es wohl et, ut spero heissen müssen. Eine andere Stelle kenne
ich nicht.
Spernere, verachten, zurückweisen, verschmähen^ bezieht sich im-
mer auf etwas Unnützes, Schädliches, Böses; daher tadelt Lambin.
(Epist. 15, in Mureti Oper. T. II, p. 127) den Muret., dass er vitam
pro patri'a spernere (für contemnere) gesagt habe.
Spes, die Hoffnung. Ganz Sp. L. und dalier durchaus zu vermeiden
sind die Formen des Genit. spernm und des Dat. und \h\.spebus. Uebri-
gens ist KL: in spe esse, in Hoffnung sein, Hoffnung hegen, habefi, wo-
für auch i?i spem adduci und adduci, ut quis speret gesagt wird.
Spha/ma, der Fehler, besonders Druckfehler, wurde erst \mN.L.
unnöthig aus dem Griech. genommen, für Vitium, mendum.
Spicilegiu7n, die ^ehrenlese, Nachlese nach geschehener Ernte, ist
das KL, aber selten und nur bei Varro vorkommende Kunstwort. Man
hat es im N. L. seltsam genug auch auf geistige Dinge angewandt,
wiewohl es nur den Hegriff ^ehre?i (spicae) enthält, welche nach der
Ernte aufgelesen werden. — Wie passen aber dazu Genitiven, wie:
notarum, annotationum, observationum, und was man sonst für spi-
a7eg-?a hat, und wie die Verba edere, scriber^, conscribere? — oder
haben vielleicht diejenigen, welche solche Ausdrücke brauchen, etwas
Anderes dabei gedacht (zumal da Einige ihre Arbeiten specilegia ge-
nannt haben, welches Wort aber ihre eigene Erfindung ist)?
Spiritalis oder spiritualis, luftig, zum Athmen oder Z7ir Luft ge-
hörig, findet sich N. KL bei Vitruv. und bei viel spätem Schi-iftstel-
lern, für spirabilis. — Auch in der Bedeut. geistig ist es ganz Sp. L.
Spiritus, der Lebensathem, ist in der Bedeut. Leben, gleich anima.
Kl. und gut; daher heisst den Geist aufgeben, sterben, spiritum red-
dere oder edere, extremum spiritum edere; N.KL bei Seneca (Ep. 78)
spiritum effundere. — Für wen (was) man stirbt, wird durch den Dat.
ausgedrückt, z. B.für das Vaterland, patriae. Vgl. auch Exhalare. —
In der Bedeut. Stolz wird im Nom. und Accus, nicht der Sing., son-
dern der Plur. gebraucht; z.B. wilder Stolz, feroces (nicht ferox) Spi-
ritus; und so sagt Cic. (Cluent. 39, 109) von einem Volkstribun: Spi-
ritus tribunicii, wornach iMahne (Crito p. 306) nicht spiritus dicta-
torius, sondern spir. dictatorii hätte sagen sollen. Aber von den Formen
spirittium und spiritibus findet sich wohl keine Spur; dafür kommt in
der Bedeut. Stolz nur der Genit. Sing, spiritus und der Abi. spiritu
vor. — Ob es auch in gutem Sinne gebraucht werden kann, weiss ich
nicht; wenigstens spreche man nicht ohne Auctorität von einem spi-
ritus generosus in pectore (edler Stolz in der Brust), was im J\. L.
vorkommt. Wenn auch der ältere Pliuius Alexander den Grossen im-
perator generosi spirittis nennt, so bedeutet dies doch wohl nur von
edlem Geiste, von erhabener Seele. Vgl. Nobilis.
Splendere und splendescere haben ein zweifelhaftes Perf., spletidut,
welches nur auf der Auctorität Priscian's zu beruhen scheint, da er
weder für diese Form, noch für die Supinforra splendiluni eine KL Stelle
739
anfuhrt; dieses letztere zielit daher auch Stfm e hi Zweifel, nicht aber
das Perfect.
Spoliatus, beraubt, kann in der Bedent. ohne, für espers, nicht ge-
braucht werden, wenn nicht eine Beraubungn vorher Statt gefunden
hat. Wer daher Etwas nicht gehabt hat, kann nicht spoliatus aliqua
re gedacht werden, wenn er es nicht hat, sondern er ist espers all-
cujus rei. Und so ist auch spoliatus cupiditate, für espers cupiditatis,
nicht denkbar; daher (adelt Ruhnken den Muret., welcher (Oper.
T. I, p. 238 ed. Fr. [p. t4{J ed. Ruhnk.]) s?tgte: judices omni cupiditate
s;>o//«//, mit Recht, indem er bemerkt: Cupiditate spoliatus pro cupidi-
tatis espers vereor, nt recte dicatur.
Spondiacus, spondeisch, aus Spofideen bestehend, ist N. L. Form
für spondaicus, wiewoJil jenes nach dem griecliischen rsTiord^unög
richtiger ist.
Spongia, der Schwainm. Die Redensart in spongiam incumbere,
sich in den Schwamm stürzen, in der Bedent. ausgelöscht, vertilgt, ver-
nicklet irerden, brauchte Angustus (nach Sueton. Aug. 85) scherzend
von seiner Tragoedie Ajax, indem er seinen Freunden, die sich er-
kundigten, ob dieselbe vollendet sei, antwortete: Ajax mens in spon-
giam incubuit, um dadurch anzudeuten, er habe sie aufgegeben und ver-
nichtet. Dies war sehr passend, da sich der rasende Ajax, von welchem
die Rede war, am Ende in sein Schwert stürzte (in ferrum incubuit).
Wie kann aber dieser Witz in jener allgemeinen Bedeutung jetzt an-
gewandt werden, wie man es im N. L. gethan hat? — Jenen Ausdruck
in ernsten Dingen zu brauchen, ist lächerlich,
Sponsare, verlobeji^ steht Sp. L. bei Juristen und Andern für de-
spondere,w\^\\o\i\ spondere (wovon sponsns, der Bräutigam, und sponsa,
die Braut) nicht so vorkommt. Gut ist auch sponsalia, die Ferlobung,
das VerLobungsfest.
Spontarieus, freiwillig, ist vielleicht erst Sp. L. für voluntarius, indem
bei Seneca (Epist, 121, p, 207 ed. Schweigh,, welche Stelle die Lexica,
auch das von Freund, ohne Variante anführen) nicht mehr spontaneus
motus steht, sondern sponte motis von Schweighäuser aus Handschr.
aufgenommen ist. Eben so Sp. L. ist spontalis ; N. L. aber das Subst.
spontaneitas, der freie Wille, die Ungezwungenheit, für libera voluntas.
Sponte, durch (auf) Antrieb, kommt Kl. und überhaupt im bes-
sern Latein nur mit den Possessivpronominen mea, tua, sua, nostra,
vestra und aliena, aber nie mit einem Eigenschaftsadject. vor, gerade
■wie die blos im Abi. auf u üblichen Subst. Erst P. L. und N. Kl. bei
Tacitus und wenigen Andern tritt der Genit. eines Subst. hinzu; z, B.
non. sponte principis, ohne Willen, Erlaubniss des Fürsten ; sponte in-
colarum u. a., was man im N. L. nicht hätte nachahmen sollen, wie es
z, B, Sadolet, (Epist. II, 3) gethan hat; auch nicht sponte allein, wie
Muret. öfter, nach N. Kl. Manier, gesagt hat. — Da aber beim Ge-
brauche von mea, tua, sua u, s, w, die Person hervorg'ehoben werden
soll, so finden sich jene Pronomina fast immer vor dem Worte sponte,
nicht nach demselben, also ynea sponte, tua spotite, selten anders, wie
z, B, wenn die Person durch ein zugesetztes ipse schon hervorge-
hoben ist. Vgl.MatthiaezuCic.Sest.47,100. UndsosagtLiv. (X,25,]2):
sive ipse sponte sua (rediit), sive senatusconsulto accitus. — Wunder-
lich aber wenden Manche diese Redensart aii, wo sie gar nicht passt.
47*
740
So sag^t Görenz: Non enim potest non, quin saepe nostra sponte et
selectius positum sit, quod — ; denn die Stellung eines Wortes kann
nicht spojite geschehen. Ebenders. sagt: Nostra sponte hoc addi-
dimus nullo id codice monente — und Äehnliches. — Endlich ist aber
die bildliche Anwendung auf Saclien, mag sie auch selbst bei Cicero
und Andern sich finden, mehr zu vermeiden; doch findet man im
N. L. oft z. B. hoc ita esse sponte patet.
* Wenn Cic. (Fin. V, 17,46) nacli allen Ausgaben vor Madvig sagt: summa
nostra sponte movemur, wir werden ganz von freien Stücken angetrieben, wo
denn svmina als Eigenschaftsadject. das Wort sponte verstärken soll, so findet sich
für diesen Gebrauch keine Auctorltät. Madvig sagt in seiner Ausgabe mit Recht
„nirgends;" er hat daher mit einem früiiern Gelehrten dafür «wwme geschrieben
und in den Text aufgenommen, so dass summe zu movemur gehöre.
Spuere, speien, anspeien, ist zwar an sich schon N. KL, aber ohne
alle Auctorität ist alicui in os spuere, Einem ins Gesicht speien, Einen
anspeien, für das Kl. aliquem consputare.
Spurius, unehelich, kommt Sp. L. fast nur bei den Juristen vor,
und in der bildlichen IJedeut. unächt bei einem späten Dichter (von
Homerischen Versen gesagt), für adulterinus, alientis, dubius, in-
certus, non verus, non germanus, subditus, subdititius ; von einem Men-
schen sagt Cic. (Rose. Am. 16): incerto patre natus.
Stabilire, befestigen, feststellen., ist zwar KL, aber Wolf (Analect.I,
p. 490) führt als fehlerhaft an: haec regula stabilita est, ohne Zweifel.,
weil eine Richtschnur (regula) nicht festgestellt weri^en kann; diese
beiden Wörter passen nicht zusammen.
Stadium (nicht stadius, welches eine verdorbene Sp. L. Form ist),
die ReJinbahn. W eichen Missbrauch man in neuern Zeiten mit diesem
Worte getrieben hat, führt Ellendt (z. Cic. de orat. T. II, p. 83. 84)
an, indem er sagt, die Gelehrten hätten in manche Stellen Stadium für
Studium eingedrängt. Man brauche es nur, wo man offenbar das Bild
der Rennbahn anwenden will.
Stannum ist nicht unser Zinn, da es zwei Theile Silber und einen
Theil schwarzes Blei enthielt; Zin7i nennt Caes. (B. G. V, 12) plum-
hmn album und Plinius plmnbum candidum. — iV. h.\s,i stannare, ver-
zinnen, für plvmbo candido obducere.
Stare, stehe?i. Der Hauptbegriff" dieses Verbi ist stehen im Gegen-
satze von liege/i, umgestürzt sein; wo aber dieser Gegensatz nicht
denkbar ist, wird es auch fast nicht gebraucht, und daher stimmt oft un-
ser stehen nicht mit dem latein. stare überein, Folgende Beispiele mögen
es lehren : Da die Sache so steht, res cum ita sit (ita se habeat); wie
stehen dei?ie Sachen? oder wie steht es fnil deinen Sachen? — (in)
quo statu est res tua, sunt res tuae? — so wie jetzt die Sache steht,
ut nunc res se habet ; wie steht es mit mir ? — (in) quo statu sum ? — es
steht besser, meliore statu est; wie steht es? — qtiid agis? — es steht
gut bei mir, apud tne recte est (Cic. Att. I, 7); unter der Hohheit Je-
mandes stehen, imperio alicujus teneri (Q. fr. 1, 1, 34); im Lager stehen,
in caslris esse; es steht gut mit mir, praeclare (bejie) mecum agitur ;
es steht mir frei, mihi liberum est; es steht nicht mehr bei mir, mihi
non est amplius integrmn ; die Wahl steht bei ihtn, optio ei data est;
ich stehe in Verbindung, mihi est (intercedit) necessitudo, conjunctus
sum; in dem Buche steht (geschrieben), in libro scriptum est; er steht
741
für den Schaden, damnum prneslat — und so noch in manchen an-
tk'rn Redensarten, in welchen stare niclit anwendbar ist. Sogar nicht
einmal in der gewöhnlichen Redensart: das Haus, die Häuser stehen ir-
gendwo,^e^izt man s/«/e, sondern esse oi\eT positum esse. Zweifelhaft ist:
stare a partibns alicujus, auf Jem. Seite stehen, was im N. L. oft vor-
kommt, für ab oder cum aliquo stare. — Aber wo wir sagen: es steht
bei mir, d. h. ich kann, sagt der Lateiner nicht allein est in mea po-
testate, penes tne est potestas, sondern auch per nie stal (vgl. Terent.
Andr. IV, 2, 16. Plin. Ep. VI, 34. Suet. Aug. 29 u. a.), und so noch in
einigen andern Ausdrücken. Vgl. noch Schori Phras. p. 405. Sciopp.
de stylo p. 211 und Dietrich's Sintenis p. 30.
Statim, mit ac oder atque verbunden, in der Bedeut. gleich^ so-
bald als, ist Sp. L. für statim mit folg. ut oder sinmlac (sininlatque),
oder für Jß/ft ab illo tempore cum — . Es hätte im A^. L. nicht nach-
gebraucht werden sollen; dennoch sagt z. B. Paulin. a S. Jos. (Oratt.
p. 168): statim ac Labienum aspexit — und nachher: qui statim ac
a scena recesserunt, und so öfter; Hemsterh. (Oratt. p. 167): statim
atque academiae palaestrae (?) se dediderat, me adiit — und so noch
bei Andern.
Statio, der Posten, ist in der Bedeut. Amt, Stelle, die Jemand be-
kleidet, ohne Beispiel und N. L., für locus, munus ; z. B, welchen
Posten bekleidet er? — nicht quam stationem tenet, habet? sondern
qtiem locum tenet, quo munere fungitur? u. a. Falsch sagt daher der
jüngere Burmann : statio publica in academia Franequerana; Mahne
(Crito p. 272): difficultas adipiscendae stationis.
Statua, Bild, Bildsäule, Statue, bedeutet Kl. nicht solche von
Göttern, sondern nur von Menschen ; }anG hiessen signa, simtilacra.
Daher sagt man wohl statua Bruti, Caesaris, Marcelli, aber signum
Jovis, Minervae, Junonis, nicht statua. Diesen Sprachgebrauch lehrt
Cicero's Verrin. Rede de signis, der ältere Plinius (N. H. ß. 34 u. 35)
und Andere. — Im N. L. wird es oft, wie N. KL, für sig?ftim ge-
braucht; so sjigt selbst Mannt. (Cic. Att. VII, 3, 7): statua Minervae;
Hemsterh. (Lennep. lex. etym. v. q.aido6g) statua Jovis — und so noch
Andere. ■ — Ebenso wird statuarius, was erst N. Kl. ist seit Vitruv.,
nicht von jedem Bildhauer gebraucht (dieser heisst ßctor oder qui
Signa fabricatur), sondern nur von einem solchen, welcher statuas
verfertigt. Davon abgeleitet ist das erst seit Plinius gebräuchliche ars
statuaria, die Bildhauerkunst, welche Cicero ars fingejidi, signa fa~
bricandi nennt. Vgl. oben Sculptor und Weber's Üebungssch. p. 192.
Statuere, mit dem Accus, exemplum, wird theils mit in aliquem,
theils mit in aliquo verbunden, wie wir sagen: gegen Einen und an Ei-
nem ein Beispiel staluiren, sehen lassen, zeigen u. dgl. Es ist gut und
KL, und kommt nicht blos J. L. bei Plautus und Terenz vor. Vgl.
Cic. Verr. II, 45, 111 in quo homine tu stattieris exemplum ejusmodi;
ib. III, 90, 210 in quos aliquid exempli popalus Rom. st at ui piitat opor-
tere; Liv. XXIX, 27 statuam in te ese?nplum, und daselbst Gronov.
Vgl. auch Ese7nplaris und Exeinplum.
Statuminare, stülzen, befestigen, ist nur N. Kl. und selten, und
wird nur von gewöhnlichen Dingen gesagt, für slabilire, firmare u. a.
Statutus, eingeführt, fest gesetzt, herkörmnlich, ist wohl neben status
in dieser Bedeut. nicht zu verwerfen und auch wohl bei Cicero durch
742
Ilaiulschi'. gesichert, z. B. Tusc. I, 47, 113 stalutum sacrificium, wo
Andere statum haben; — Cic^ de harusp. resp. 15, 32 statuta loco.
Status, der Stand, Zustand. Ma^ aucli Status feritatis nirgends
vorkommen, so ist es doch gewiss nicht zli verwerfen, wiewohl man
es anch anders ausdrücken kann; z. B. die ersten Meiischen lebte7i im
Stande der If'ildheit, vivebant instar ferarum. — B. L. ist statiis,
wenn Staat so viel ist als Stadt, Reich, Biirgerschaft, i'nr civitas, oder
wo Staat so viel ist als Aufioand, für cultus. — In der Bedeut. Stand
passt es nicht für Lehrstand, Bürgerstand u. dgi. ; dafür gebraucht
man ordo. Vgl. Ordo.
Stella, der Ster?i. In der bildlichen Redensart: Jema7ide?i z?i den
Sternen erheben gebraucht man nicht Stella, sondern man sagt: in astra
tollere (Cic. Att. II, 25, 1), in coelum estollere, ad coelum efferre.
Sternntatio, das Niesen, ist Sp. L. für sternutamentuni ; N. Kl.
beim altern Plinius steht sterniimentuni, aber vielleicht zweifelhaft.
Sterter e, schnarchen, hat im Perf. stertui, nicht sterti.
Slilus (weniger gut Stylus) bedeutet nie die Sprache und Rede im
Allgemeinen, welche lingua, sermo, oratio heissen, sondern xnir Schreib-
griffel, den wir Feder nennen, und daher auch das Schreiben selbst;
dalier hat auch der, welcher viel und häufig schreibt, exercitatum
stilum (Cic. Orat. 44, 150). d. h. eine geübte, geumndte Feder. Aus-
serdem bedeutetes die Darstellungsn-eise od er «S'cÄre?'^«/"^ eines Schrift-
stellers, wie sie seiner Feder gleichsam eigenthünilich ist; nie aber
eine gewisse Art und Manier zu reden und zu schreiben, welche bei
Kednern ars oder genus dicendi mwA bei Schreibenden ors oder g'ew?^«
Äcr/Ae;/f/«" heisst, im Allgemeinen auch dicendi modus; z. B. bei Livius
(II, 32): prisco illo dicendi et horrido 7nodo. — Auf die Sprache eines
Volkes kann es nie bezogen werden, weshalb dem Lateiner stibis la-
tinus, stilus graecus, stilus germanicus u. dgl. ein Unding ist. Zu ver-
werfen ist daher der Titel des Scheller'sclien Buches : ^/•aece/j^ö still
bene latini, für das ^miach^ praecepta artis latine scribendi oder ganz
kurz ars latine scribendi; — eben so falsch ist : stilus bonae latinitatis,
wie Görenz schrieb. Vgl. Wolf Analect. I,p. 489. Weber's Uebungssch.
p. 232 M. 484 und Hand's LeJirb. p. 24.
Siipendiufn, Gehalt, Sold, beschränkt sich in dieser Bedeutung nur
auf die Soldate?i, und hat nie eine auf Andere ausgedehnte Bedeutung;
desshalb passt es nicht für unser Gehalt im Allgemeinen. Vgl. Sola-
rium. — Auch sind stipendia nicht, was wir Stipendien nennen (diese
heissen beneßcia), und wer solclie geniesst, heisst nicht stipendiarius
(was meiir den bedeutet, welcher Steuern bezahlt, steuerbar i^i)., son-
dern beneficiariiis, qui beneflcio aliquo fruitur.
Stirps, der Stamm u. dgl., ist in Prosa meistens Femin., aber mehr
P. und N. Kl. Masc; man folge dem ersteren. Vgl. Schneider's Formeni.
Th. I, p. 125 und Ileisig's Vorles. p. 147.
Stolidus, klotzig, ?inbeweglick, wird fast nur von Sachen ge-
braucht, und ist mehr A. L. und N. Kl, für stultus,fatuus, insipiens,
stupidus.
Stragula, die Decke, ein Teppich, kommt nur in Verbindung mit
dem Subst. vestis vor, auch nur im Sing, als Collectiv., nie im Plur.;
sonst steht auch dafür das Neutr. stragutum, welches vielleicht auch nur
im Sing, vorkommt. — Ein gewebter Teppich heisst testile stragubim.
743
Sirata kann wohl nicht ohne via in der Bedeut. Weg, Strasse ge-
braucht werden; eine gepflasterte Strasse heisst via silice strata oder
miinita.
Strenuitas, die Thätigkeit, Rüstigkeit, ist höchst selten und steht,
wie man sagt, nur bei Varro und Ovid., für alacritas, industria; doch
ist es wohl niciit zu verwerfen, da strenuus niclit selten, besonders
N. Kl., vorkommt, mag es auch Cicero wenig und Caesar gar nicht ge-
braucht haben, weiche dafür acer, alacer, gnavus, industrius sagen.
Strict2ira hat (wie und durch wen, ist mir nicht bekannt) im
iV. L. zwei netie, den Alten unerhörte Bedeutungen erhalten, nemlich
die Bedeut. Beurtheilung, inr judicinm, z. B. bei Heyne (Pra-ef. Virg.
T. I, p. VII) : stricturain in aliquem severam afferre, und die Bedeut.
kurze Anmerknitgen, Verbesserungen u. dgl., wie z. B. der Holländer
Jensius stricturas jnris Äo»i«7z«* geschrieben hat.
Strictns bedeutet bei den Alten in Beziehung auf die Rede — kurz^
eng zusa?n?nengezogen ; N. L. ist ^^i^xer oratio stricta,\ an Aer poeti-
schen, als einer, wie man sagt, gebundenen Kede, entgegengesetzt der
prosaischen oder der sohita; jene nannten die Alten wegen der Fes-
seln des Rhythmus oratio numeris viticta oder adstricta. Vgl. Vavass.
Antih. p. 593.
Strigit, das Schabeisen, der Striegel, ist als Neutr, N. L., und so
soll es Casaub. (z. Athen, p. 119) gebraucht haben, für strigilis als
Femin.; doch finde ich dies nicht in der Lyoner Ausg.
Siructura, was den künstlichen Bau und die künstliche Verbin-
dung der Wörter und Sätze zu einem Ganzen bedeutet, gleich bene
structa collocatio verbortnn (Cic. Orat. 70, 232), hat als bildliches
Wort bei Cicero und Andern immer noch quasi, quaedam oder
beide zugleich bei sich; mau ! eachte dies wohl im Gebrauche. Falsch
wird es im N. L. von Attr gewöhnlichen Verbindung zweier Wörter mit
einander angewandt, was wir auch Construction nennen. Vgl. darüber
Constructio. Weber's Uebungssch. p. 35 und Grysar's Theorie p. 351.
Struthio, der Strauss, ist Sp. L. Form für die frühere struihioca-
melus, wie ihn der ältere Plinius immer nennt.
Studere, sich um oder für Etwas betnühen, hat ein Substant. itn
Dat. bei sich, wogegen neutrale Pronomina und Adjectiva im absoluten
Accus, dabei stehen; z. B. lilteris, novis rebus, laudi ; aber hoc U7ir/m,
nihil, om?iia u. a. Vgl. Eilend t z. Cic. Orat. T. II, p. 29. — Ein dazu
gehöriges Verbum steht im Inßnit., und hat es den NebenbegrifF des
Wunsches, so wird auch wohl der Accus, m. d. ///^7^. gesetzt; — N. Kl.
und höchst selten folgt in aliquid, was nicht nachzuahmen ist. — In der
Bedeut. studieren (ohne den Zusatz einer bestimmten Wissenschaft,
z. B. juri studere, sich um das Recht bemühe?/, das Recht studieren)
kommt es Kl. ohne einen Zusatz, wie litteris, artibus u. a. nicht vor;
ausser durch litteris oder artibus studere wird das allgemeine studie-
ren auch noch ausgedrückt durch litteris, bonis litteris et artibus, doctri-
nis, liberalibus stfid/is se dare, operam dare, deditum esse, oder durch
studia exercere, in litteris oder in doctrinarum meditatio?ie versari.
Ferner heisst^e«s.s?^ studieren — totum esse in litteris; unter Jeman-
den oder unter Jemandes Leittmg studieren, audire aliquem u. dgl. —
Erst N. Kl. wurde seit Seneca, aber auch von den besten Schrift-
stellern, z. B. Quintilian. und dem Jüngern Plinius, studere ohne allen
744
Ziiantz in der Bedeut. sttidiereii gebraucht; der letztere brauchte
(Ej). V, 5 u. VII, 13) auch sogar studens, aber nicht in dem Sinne des
S(iidte/e?ide?i, Studenten, sondern so, dass die Handlung dabei scharf
hervorgehoben werden soll, was in den beiden deutschen Wörtern
gewöhnlich nicht der Fall ist. Es wird dalier im gewöhnlichen Sinne
der Studierende oder Student durch studios?/.s litterarum ausgedruckt
werden müssen. Dagegen ist es gewiss nicht zu tadeln, wenn man
sludere ohne Zusatz dem Quintilian. und Plinius in jener Bedeutung
nachbraucht; nur darf es nicht durch zu häufige Anwendung gemiss-
braucht werden. Vgl, übrigens noch Heumanni Poecile T. III, p. 322.
Matthiae zu Cic. Ligar. §. 35. Weber's Uebungssch. p. 42u.ü2. Spalding
zu Quintil. II, 2, 7. Gierig zu Plin. Ep. 111,5, 5 und Anton. Progr. p. 61. —
Aber für unlateinisch möchte doch zu erklären sein, was Wyttenbach
(z. Eunapius T. II, p. 329) sagt: haec orania adversaria sunt s^?/f/(?7?rfo,
für studiis ; und was anderwärts vorkommt: nullum terapus seponere
ad studendum poteram, für ad studia oder: nullum mihi tempus ad
studia reliquum erat. — N. L. ist ferner : studere orationi, auf eine
Rede studieren, für commentari orationem (Cic. Rose. Am. 29), woher
auch commentatio — das Studieren auf Etwas bedeutet. Vgl. Cic.
Farn. XII, 2, 1 und Schirlitz Methodik Th. I, p. 48. — Endlich: bei
Licht (Abends und Morgens) studieren drückten die Alten durch
lucubrare aus, und eine Arbeit bei Licht hiess lucubratio.
Studiosus werde in der Bedeut. studierend weniger gebraucht, als
es heutzutage geschieht, da es vielleicht nicht genau in dieser Bedeu-
tung vorkommt; besser setzt man discendi oiler litterarum, doctrina-
runtyOptimarum artimn hinzu, und ich möchte weder, wie Longolius
(Ep. I, 28) sagen: de ingenio doctrinaque studiorum, noch das be-
kannte studiosa Juventus in der Bedeut. die studierende Jugend, wie
es auf Büchertiteln (in usum studiosae juventutis) so oft vorkommt,
nachbrauchen, da die Alten bei Studiosus immer den Begriff von eifrig,
fhätig festhielten. — üebrigens wird es in der Bedeut. eifrig in oder
zeni Etwas, bemüht Etums zu thun, mit dem Genit. des Objectes, also
auch des Verbi im Gerundio, verbunden; seltner mit in aliqua re.
Studium hat auch ohne den Genit. litterarum die Bedeut. gelehrte
Beschäftigung, besonders im Plur., wissenschaflliche, gelehrte Studien,
welche aber durch den Beisatz litterarum, artium oder doctrinae
meistens klarer angedeutet werden. — Wenn Studium den Genit. bei
sich hat, bedeutet es Beschäftigung mit Etivas, wenn es aber mit in
oder erga verbunden ist, bedeutet es Zuneigung zu Jemanden oder
zu Etwas, wofür allerdings auch der Genit. stehen kann. So sagt
Cicero oft: Studium oder studia i?i me oder erga me, z. B. Att. II, 19,4
Ponipejus significat Studium erga me non raediocre. Mit Unrecht tadelt
daher Fäsi den Muret., welcher (Var. Lectt. IX, 18. p. 2ö9) studia erga
liberales doctrinas gesagt hatte, und nennt diese Verbindung rariorem
striiendi (wohl conju?igendi) rationem, welche er (Muret.) aus der
Stelle der von Markland und Wolf verdächtig gemachten Rede Cicero's
pro domo (56, 142): 07n7ie suum erga 7neam dignitatem Studium, ge-
nommen habe, wo jedoch Wolf von der Latinität schweigt. — Zu be-
zweifeln ist studia in der Bedeut. gelehrte Arbeiten, wie wir im neuem
Deutsch das Wort Studien brauchen, was Ilülsemann durch studia
übersetzt, indem er irgendwo sagt: Tua interest miscellaneis tuis in-
745
serere philologica stvdin maximam partem crilica. — Ungewöhnlich
ist sf/.'(h'o im A*tJ., in der IJedent. ahsichllich^rorsäizb'ch, 7ml F/eian, tVir
c(HsuJto, data oder iledita opera, de indusiria. \ ^1. \ orst. latiii. mer.
SJ!S|). p. 247. — Ueber Studium mit und oluie generale, in der neuen
Bedeiit. Universität., vgl. ^cade?m'a.
Slultus ist in der Bedeut. Narr, d. h. verrückt, wahnsinnig, N. L.
für niente capitis, demens, amens, insavvs; und ein Narrenhaus heisst
niclu domus stultoruin, sondern hominum mente captorum.
Slupendus, st aunensiverth^ ist Sp. L. und selten für admiratione
diginis H. a. Oft findet man im N. L. vir stupendae doctrinae, für sum-
mae, admirabilis doctr.
Sli/lus; vgl. Salus.
Suada kommt nur ^. L. bei Ennius vor, welcher die Gabe der
Ueberredung so nannte und dicliterisch personificirte; nirgends aber
findet es sich in der Bedeul. Beredtsamkeit, für eloquentia ; jenes ist
«/\s' persuadendi.
Suadere, rathen, verbinde man mit dem Dat. der Person, welcher
man rälh, z. B. tibi snadeo; das, was oder ivozu man räth, setze man
entweder in den ^ccus., oder man brauche 2it (dass), ne (dass nicht) ;
— P. und A^. Kl. wird es mit dem Infinit, verbunden. — Wenn Cicero
zweimal für den Dat. der Person den Accus, gesetzt hat, also me und
te für mihi, tibi, so hat in beiden Stellen das zweite, damit verbun-
dene Verbum als das vorherrschende den Accus, veranlasst, indem
es in der einen Stelle heisst: non solura suasit, verum etiam rogavit,
in der andern: ut te horter et suadeam. Dergleichen nachzuahmen,
wäre fehlerhaft; aber B. L. ist es, im Passiv, zu sagen suadeor, für
mihi suadetur, und D. L. ist: alicui ad aliquid suadere, Einem zu
Etwas rathen.
Sub. Bezweifelt werden als gut lateinisch: sub ea (hac) conditione,
unter der Bedingung, dass — ,• stib his co?iditionibus ; sub ea lege, sub
eis (his) legibus, wiewohl Livius theils (VI, 40, 8) sub conditione in
der Bedeut. unter einer Bedingung, bedingungsiveise, theils (XXI,
J"2, 4) siib conditionibus his, unter folgenden Bedingungen, sagt, und
ebenso auch der jüngere Pllnius (Ep. IV, 13) sub ea conditione. Cicero
und Caesar pflegen die Praeposition auszulassen, mag auch obiges
sub conditione, bedingungsweise, richtig und acht Kl. sein. (In Cic.
pro Arch. 10 liest man jetzt sed ea conditione für das frühere sub ea
conditione.) — Ebenso wird bezweifelt und fast verworfen: sub specie
pacis, tniter dem Scheine des Fr., und doch sagt Livius (XXXVl, 7, 12):
sub specie pacis leges servitutis sibi impositas esse; — ebenso sub
nomine alicujus, s?ib persona alicujtis, wofür Andere in nomine, auch
I)los nomine, in persona (vgl. Persona) vorziehen. — Nothwendig ist
aber stib, wo es Beziehung auf das Verbum hat, wie bei Cicero: sub
nomine pacis bellum latet. — Verworfen wird in Citaten aus dem
Lexic. oder woher es sonst sein mag: sub hac voce, sub hoc twcabulo,
sub hoc titulo (unttr diesem Titel im Corpus juris), für in hac voce
u. s. w. Vgl. Frotscher zu Mureti Oper T. 1, p. 244. — Nach Weber
(IJebungssch. p. 136) ist es richtig, zu sagen: sub duce Crasso, U7der
des Cr. Anführung ; sub rege Romulo; sub imperatore Augusto u. dg!.,
wenn die ganze Zeit dabei gedacht ist; z. B. unter dem Feldherrn
llaindbal dienen, sub duce H. nierere, während, wenn suh wegbleibt,
746 \
i
blos die Zeit gemeint sei, in welcher Etwas j^^eschah. — Verworfen wird ■
auch von Wüstemann (zn Doering Comentalt. p. 138) das im A. //. j
gewöhnliche szib auspfcio oder sub auspicns, unter der heitiing, für i
mispicio oder atispicüs, wie man auch sage imperio, ductit. Und so ,
kommt auch auspicio in Verbindung mit dnctu, z. B. bei Livius (VllI, i
31) vor: cujus ductu auspicioque vicissent, — und ohne sub auch in \
andern Stellen. — Endlich hatten frühere Neulateiner, wie Bembus, i
im Vertrauen auf die Aechtheit der alten Lesart in Cic. Att. IX, 7, 1,
wo der Brief des Baibus mit den Worten Suh posteaquam — anfing,
dies in der Bedeut. kurz nachher^ als — gebraucht; aber seit Rivius ;
liest man dafür: Ä. V. B. (si vales. bene). Posteaquam — . Vgl. La- \
gomarsini ad Jul. Pogiani Epist. T. IV, p. 49.
Suboctus, um- und durchgearbeitet, und subactio, die Durcharbei- J
tung, brauiht Cic. (Orat. II, 30) vom ingenium in bildlichem Sinne,
in der Bedeut. sehr geübt und Uebuvg, aber nur in einer Vergleichung
mit einem Acker; und da sonst nirgends diese Wörter geradezu so
gebraucht werden, so können sie weder in Beziehung auf «w^ew/ww, \
noch in Beziehung auf irgend etwas Anderes in diesem bildlichen
Sinne, ohne Vergleichung mit einem ager subact7is, angewandt werden, ;
und sind daher zu verwerfen. Man brauche exercitatus, cultus und
exercitatio, cultura. ^^\. auch Subigere.
Subalternus, untergeben, der Untergebene, ist B. L. für subjectus,
inferior, secu7idarius. Vgl. Subditus. \
Subaudire, sich hinzudenken, ergänzen, dabei noch verstehen, bei i
Erklärung elliptischer Redensarten, steht Sp. L. bei Juristen und beim
Pseudo - Asconius zu Cicer. Verrin.; — eben so Sp. L. ist das Subst.
subauditio, das Hinzuderikefi. Auf die Auctorität jenes Asconius bauend, j
Melchen man für den a/ten ^scofiius aus der Zeit des Tiberius hielt,
lirauchten das Wort subaudire Muret., Wolf und andere achtbare Ge- !
lehrte, um jenen Begriff damit zu bezeichnen. Andere dagegen verwar-
fen es, und wählten dafür subintelh'gere (vgl. dieses Wort), cogitando \
eaplere, intetligere oder supplere (vgl. Supplere). — Mad^ig braucht ;
immer audire, wofür er die älteste Auctorität an Quintil. hat. Dieser
sagt (IX, 3, 58): Snbtractum verbum aliquid satis ex ceteris intelligitur,
iit Coelius in Antonium: Stupere ^^wA'xo Graecus; simul enim nitdilur
roKPiT, dejin man denkt sich cokpit hinzu, ergänzt dabei (bei dem Infin. j
stupere) coepit. So sagt Madvig: Qui audiunt (dabei ergänzen), nihil I
esse quod insit — ellipsi utuntur perversa ; und : A( cusativus (dolorem)
postulare videtur, ut audiatur (dass ergänzt werde) crescere dicet. — ;
IMan halte sich daher nur an dieses für den Begriff fast AI. Verbum. ;
Subdelegare aliquem. Einen an seine (d. h. eines Andern) Stelle
setzen, ist N. L. für aliquem sibi substituere, alicui negotium (munus j
11. a.) sibi delegatum demandare, aliquem in suum locutn subdere. '
Subditus ist in der Bedent. unterworfen, unterthänig, und als Subst. i
mit einem Genit., in der Bedeut. Unterthan, N. L. In einem Freistaate \
heisst ein solcher civis, in einem monarchischen ebenfalls civis oder i
imperio regis subjectus, is cui quis praeest (Cic. Q. fr. I, 1, 13). Nach '
Sallust. heisst Unterthan — parens (Plur. parentes), wie denn Cic. (Off.
I, 22) sogar im Comparat. sagt parentiores esercitus, unterthänigere
Heere; und Ruhnken erinnert gegen Muret., welcher (Oper. T. I, p.2l8
ed. Ruhnk. [p. 305 ed. Fr,]) subditus legi gesagt hatte: Magis latine '
747
scripsisset sJihjechis legi: nam s?/bd>'f7/s pro pnrens melior ae(as i^ nnrat.
— \^ o es in Beziehung auf einzelne Personen nach nnsrer Höttich-
keiissprache im N. L. für unser unter Ihänig gebraucht wird, setze
man addictus oder die andern unter Addictus angegebenen Wörter.
Was aber Andere als Superlat. empfehlen, s?/bjectissimus, ist, da
Caesar (B. C. 1,84, 5) sagt: haec quam potest demississime atqiie sub-
jectisst'me (höchst demüthig und unterthämg) exponit, wohl nicht zu
verwerfen, sowie überhaupt subjectus den Begriff unseres untergehen
am besten ausdrückt; und so kommt es auch deutlich iV. Kl. bei Co-
lumella vor. Vgl. noch Sciopp. Infam, p, 118. Vorst. latiii. mer. suspo
p. 228 und Weber's Uebungssch. p. 98.
Siibesse wird, in welcher Bedeutung es sei, nur mit dem/?«/, ver-
bunden, also cdicm honiini, alicui rei, unter Einem, verborgen sein,
unter Etwas begriffen sein.
Subhastare, öffentlich versteigern, verkaufen, findet sich Sp. L. bei
den Juristen, für voci praeconis sribjicere, palarn vendere; öffentlich
verkauft werden heisst palam vendi oder venire. Eben so 8p. L. ist
svhhasfatio, für venditio palam habita.
Subjectus ist in der Bedeut. demüthig, unterthämg, untergeben,
und als Subst. in der Bedeut. der Untergebene., der Unterthan, zwar
N. KL, aber gut. Vgl. Subditus.
Subigere war in der Bedeut. durcharbeite?i, bearbeiten ein gewöhn-
liches Wort von allerlei Dingen, z. B. vom Acker; aber nie wurde es
bildlich in edler Bedeut. gebraucht, z. B. vom Geiste, ihn übe?z, wenn-
gleich Cicero von itigenium sabactum spricht. Davon war aber unter
Stibactus die Rede, und es ist also nicht zu billigen, wenn Ruhnken
(Elog. Flemst. p. 250) ohne alle Anspielung auf einen Acker sagte:
qui hac disciplina Ingenium subegerit,\\as er bei hinzugesetztem Gleich-
nisse recht wohl hätte sagen können. — Ob man sibi subigere aliquid,
sich Elums unterjocheti, gesagt habe, ist zu bezweifeln, da nirgends ein
Dat. dabei steht, sondern nur subigere aliquid. Anders ist es bei
Subjicere. Es wird, in welcher Bedeutung es sei, verbunden ali-
quem alicui oder sub aliquem, sub aliquam rem, nicht sub aliqua re,
wie es in einigen fehlerhaften Stellen Cicero's und Anderer steht;
ebenso das Subst. subjectio, z. B. sub oculos, sub adspectwn, nicht sub
oculis, sub adspectu. Vgl. darüber Madvig z. Cic. Fin. II, 15, 48, wel-
cher in dieser Stelle für das falsche sub hac voce — sub hanc vocem
liest, — und so anderwärts auf ähnliche Weise.
Subindicare, anzeigen, ist N. L., z. B. bei Hemert (Epist. ad Wyt-
tenb.), für indicare.
Subinferre, hineintragen, hinzufügen, kommt N. Kl. nur bei Rutil.
Lupus (I, 1) vor, für inferre.
Subiniquus, etwas unbillig, wurde N. L. von Muret. (Oper. T. II,
p. 183) gebraucht, und ist ohne alte Auctorität, aber nach vielen ähn-
lichen gebildet. Ebenso braucht Muret. subinvitus, etwas imgern
(Explic. Cic. Catil. 1, 7): haec annoto subinvitus, ebenfalls ohne Au-
ctorität. Beide wird ein ängstlicher und gewissenhafter Lateiner ver-
meiden.
Subinnuere, leise, still andeuten, ist N. L. für obscure, tecte, oc-
culte signißcare.
Subintelligere ist Sp. L. in der Bedeut. Etwas verstehen, Etwas
748
merlcen, und N. L. in der Bedeut. sich Etwas bei Etwas hinzndenkeji,
ergäiizeji; es ist also ganz zu verwerfen. Vg^l. darüber Subaudire.
S?/bi/e hat im gewöhnlichsten Gebrauche nur den Noctis., nliquem
locutn, aliquam rem, bei sich, mag es nun in eigentlichem oder in bild-
lichem Sinne gebraucht werden, z. B. tectum, onus, perimihi, labores
u. dgl., nur selten den Dat. oder verbunden mit sub oder ad.
Subitanens, schjiell, plötzlich, steht N. Kl. nur einmal bei Colu-
mella, und ist unnöthig wegen des Kl. und häufig vorkommenden su-
bttus. — N. L. ist das davon abgeleitete Adv. subilanee, für subito.
Auch vermeide man subitarius, in Hast U7id Eile gemacht, zusammen-
gebracht, welches A. L. ist und bei Livius nur von zusamme?igerafften
Soldaten gesagt wird, für repentinus, timiultuarius.
Subjugare, unterjochen, ist Sp. L. und wegen suhigere unnöthig;
— ebenso das Subst. subjugafor, welches zu umschreiben ist.
Subjungere in der gewöhnlichen Bedeut. hinziifägen, gleich adderey
ohne den Begriff der Verbindung oder Unterwerfung zweier Gegen-
stände mit und unter einander, verwarf schon Scioppius (de stilo
p. IGO), und auch Ruhnken bemerkt zu Muret. (Oper. T. II, p. 483
ed. Ruhnk.: sub^migam ununi item locum): Subjungere pro addere
non est Ciceronianum, — Man sage daher auch nicht: aliquid ad cal-
cem libri subjungere.
Sublestus, gering, schwach, ist ein gemeines A. L. Wort, für par-
vus, i7ißrfnus, tefitiis u. a. Plautus nennt iVießdes so, was ihm Muret.
und Andere nicht hätten nachahmen sollen; Cicero sa^t ßdes parva,
ßdes infirma, kw^^vo, ßdes levis. Vgl. zu Mureti Oper. T. II, p. 46 und
Döderlein's Synon. Th. II, p. 101.
Sublimare, erheben, in die Höhe heben, ist A. und Sp. L., für tollere,
(in) sublime ferre.
Sublimis, hoch, ist als Adject. wohl A. L.; bei Cicero und Caesar
findet es sich nicht, sondern erst seit Livius in Prosa. Cicero gebraucht
nur das Neutr. sublime als Adverb, in den Bedeutungen i?i der Höhe
und iti die Höhe, wie er denn z. B. sublime ferri sagt, in der Bedeut.
hoch oder i7i die Höhe gehobelt werde??, wofür man im A. L. das Adj.
sublimis brauchte, und N. Kl. in sublime sagte. So sicher aber wohl
bei Cicero subli?ne in dieser Bedeut. steht, wollen dennoch Einige
liefjcr sublimem (in Bezug auf etwas Männliches) ferri sagen, was
schwerlich gute Auctorität hat. "Vgl. Ochsner zu Eclog. Ciceron. und
Wüstemann zu Döring Commentatt. p. ()5. — Das Neutr, sublime
kommt aber nirgends in dem bildlichen Sinne von Höhe, hoher Poste?i,
hohe Ehrenstufe vor, und Muret. sagte daher (Oper. T. II, p. 180)
gewagt: cum diu in sublimi stetissent, für siimnuim oder principem
locum obtinuissent u. a.; vgl. Frotscher zn jener Stelle. — Seltene
A. L. Form des Adv. ist sublimiter, für sublime. Vgl. Anm. zu Mureti
Oper. T. I, p. 379.
Sublunaris, unter dem Monde befindlich, ist iV. L. für qui (quae,
quod) sub luna, infra lunam est.
Submittere. Verworfen wird als N. L. se submittere alicui, sich
Einem unterwerfe??; imperio, der Herrschaft; legibus, den Gesetzen,
für se alicujus i?nperio subjicere, se legib?is subjicere, legibus obte?n-
perare u. a.
Sub?iasci, dari?vter entstehe??, emporwuchsen, findet sich nur N. KL
749
beim altern Plinius und Seneca, und noch dazu selten ; daher brauche
man auch nicht subnatus, wie z. B. irgendwo steht: observationes in
exph'cando Yirgih'o suhnatae, für ortae, obortae.
Subiiectere, anknüpfe?}., anbinden, kann nur bei Verbindung' zweier
Dinge, aber nicht für das blosse hinzusetzen (was addere heisst) ge-
braucht werden; es verhält sich damit, wie mit subju7igere.
Subnervare, entkräften, ist Sp. L. für enervare, infirmare.
Subobsciirus^ etwas dunkel^ lässt keinen Coraparat., siibobscuriory
zu, wie er im N. L. vorkommt.
Subodorari, ein wenig riechen, ein wenig merken, ist als N. L. zu
verwerfen, für odorari. Vgl. Anm. zu Mureti Oper. T. II, p. 3 ed. Fr.
ÄMÄo/erekoramtnur^.Z. bei den Komikern vor, und nur in Aer dritten
Person mit dem Nonmi. des Gegenstandes, welchen man riecht, spürt
und merkt, und mit dem Dat. der Person, welche ihn riecht; z. B.
haec res mihi subolet, ich rieche, spüre dieses. Es in gelehrten Sachen
im Ernste zu brauchen, ist lächerlich; auch tadelt Sciopp. (de stilo
p. 118) mit Recht den Casaubonus, welcher (Praef. Athenaei p. Xlll.
ed. Lips.) die Sache im Genit. dazusetzte, indem er sagte: quorum
interpretibus ne subolevisse quidem videmus.
Suboles, der Spross, Nachwuchs, ist zwar nach Cicero (Oratt. III,
38, 153) für die Prosa veraltet, aber gleichwohl braucht er es einige-
raal selbst, und es erhielt sich auch bei den Folgenden, nicht blos in
der Poesie, sondern auch in Prosa.
Subordinare, unterordnen, ist JV. L. für subjicere, supponere ; z. B.
die Art ist der Gattimg untergeordnet, pars (oder species) subjecta
generi est (Cic. OfF. I, 27), oder subest (Inv.I, 22,32). Vgl. auch Tusc.
IV, 7, 16 und die Lexica unter Subjicere und snppofiere. — Eben so
N. L. ist subordinatio, sogar in der Bedeutung Zucht, Gehorsam, Un-
terwürßgkeit, wo oft disciplina passt; vgl. darüber D. L. Lexica unter
dem Worte Silber dination.
Subsannare., verhöhnen, verspotten, ist sehr Sp. L. für Hindere,
eludere, ludibrio habere ; — JV. L. ist das Subst. subsa?mator, für sannio,
und subsannatio, für irrisio.
Subscribere, unterschreiben, unterzeichnen, ist Kl.; aber D. L. ist
se subscribere., sich unterschreiben, für nomen suum subscribere, mei-
stens auch ohne nomen suum.
Subsequi, nachfolgen, wird, wie sequi, mit dem Acc. aliquem, ali-
quid verbunden. In der bildlichen Bedeut. gehorchen, befolgen, z. B.
alicujus voluntatem subsequi., Jemandes Willen befolgen ; alicujus man-
data subsequi, Jemandes Aufträge befolgen, ausrichten, werde es als
Sp. L. und selten vermieden durch exsequi. Muret. (Oper. T. I,p.259)
brauchte mandata subsequi, was Matthiae mehr missbilligt, als bilhgt;
Andere dagegen vertheidigen es. Vgl. Hand's Lehrb. p. 142.
Subsignare findet sich in der Bedeut. ?//^^erze«cA«e«, unterschreiben
nur iV. Kl. beim altern Plinius, für das Kl. subscribere ; — A". L. aber
ist es in der Bedeut. untersiegelti, für signare, consignare. Vgl. Schori
Phras. p. 247.
Suhsistentia, die Subsistenz, der U?iterhalt, ist N. L. fürvita, victus,
oder was sonst dem Sinne nach passt. Ygl. D. L. Lexica. ,
Substantia, die Substanz, kommt erst N. Kl. bei Quintil. oft vor,
in der Bedeut. Bestand., Inhalt, fVesen u. a., sonst selten; es werde
750
daher lieber vermieden diircli res, natura, vis, copi'a, materia \\. a.,
nach Verschiedenheit des Sinnes. Ais pliilosophisclies Knnstwort ist
es zulässig. Vgl. auch Spalding z. Quintil. Inst. I, prooera. 21.
Siibstitutiis ist als Subst., verbunden mit einem Genit., in der Bed.
Stellvertreter Jemandes, wohl N. L. ; richtig aber ist es als Partici-
pium, verbunden mit in alicujns locum oder pro aliqao, aber nicht
apud aliqiiem; sonst gebraucht man auch dafür vicarius.
Subterfugere, insgeheim entfliehen, wird verbunden mit dem Accus,
aliqutd, z. B. den. Gefahreji, pericula.
Subtimidus und das Adv. subtirnide, etwas, ein wenig furchtsam,
sind N. L.; Bunell. (Ep. 30) hat es gewagt, ersteres zu brauchen, und
bei Muret. finden sich andere ähnliche. Vgl. Subiriiquus. Uebrigens
hat Bunell. die Auctorität des Kl. Verb, sublimere für sich.
Subtrahere, entziehen, entreissen u. dgl., ist gut und gleich srib-
ducere ; aber wo wir es (wie auch das Subst. subtractio) hraucht'U^
nemlich bei Zahlen oder Reckntingen, ist es N. L., für deducere (de-
ductio), seltner detrahere (detr actio). Falsch ist es auch wohl, zu sagen:
navem in aridum u. a. subtrahere, ein Schiff ans Land ziehen, für suh-
ducere ; und so sage man subductio navimn, nicht subtractio.
Subvehere, was nur heraji-, herbeifahren., besonders zu Wasser,
bedeutet, steht nirgends in der Bedeut. erheben, für tollere, efferre,
evehere; daher ist es anstössig, wenn Hemsterh. (Oratt. p. 307) sagt:
is lange supra nostra praeconia subvectus, weit über unser Lob erhabe7i,
für evectus oder elatus.
Succedere ist in der Bedeut. gelingen, glücklich ausgehen neben
procedere, mit und ohne bene, prospere n. dgl.. Kl. und gut; aber mit
Recht tadelt man den passiven personalen Gebrauch des Verbi: hoc
?nihi suvcessum est, haec mihi successa sunt, wie der jüngere Cicero in
einem Briefe (Cic. Fam. XVI, 21, 2) sagt: omnia velles tnihi successa
(esse), für successisse. Weit weniger anstössig ist es, wenn Livins
(11,45) ganz neutral und impersonal sagt: no/le successum (esse) pa-
tribus, er wünsche nicht, dnss es — gelungen sei, für das oewöhnliche
s?iccessisse ; vgl. auch ib. IX, 18. Man ahme es aber nicht nach, und
Rnhnken tadelt mit vollem Rechte den iMuret., welcher (Oper. T. II,
p. 527 ed. Ruhnk.) gesagt hatte: qui non omnia tibi successa cupiat,
indem er bemerkt: Soloecum loquendi genus, quod hausit e Ciceronis
filii epistoia ad Tironera.
Successiv?is, auf ei?iajider folgend, kommt Sp. L. nnr einmal vor,
für deinceps sequens; — N. L. aber ist das Adv. successive, nach und
nach, mit der Zeit, für paulatim, sensim, progressu temporis, progre-
die?ite oder procedente tempore. Ohne Auctorität ist auch successa
temporis, was Mahne (Crito p. 296) und Andere brauchen. Vgl. mehr
darüber unter Tempus.
Succincte und succinctim, kurz, sind sehr Sp. L., für breviter,
strictim. Auch succinctus ist in der Bedeut. kurz, zusammengedrängt
nur Sp. und P. L., für brevis; dennoch finden sich beide im N. L.
nicht selten.
Succurrere ist in der geistigen Bedeut. einfallen, in die Gedanken
kommen Kl. und gut, aber mit dem Nomin. der Sache; z. B. illa res
tnihi succurrit; falsch wird es im N. L. mit dem Genit. verbunden,
ülius rei, gebildet nach illius rei mihi in nietileni venit.
751
Sncci/rsus ist N. L. nach dem Französischen gebihlet, in der Ijed.
Hülfe, oder wohl gar dw Leute, die zu Hülfe kommen, für auxiliumy
auxilia, copiae aiixiliares.
Siiccus. Die Redensart aliquid in succmn et savguinem vertere
oder convertere, Etwas in Saft und Blut verwandeln, in der Bedeut.
sich Etwas gaiiz zu eigen machen, welche im iV. L. oft vorkommt,
findet sich nirgends bei einem Alten; wer sie zuerst gebraucht hat,
weiss ich nicht. Die Alten verbinden allerdings succus et sanguis^ aber
nur in der Bedent. Kraft und Stärke. Wer jene Redensart brauchen
will, muss hinzusetzen: ut hodie dicitur, ut hodie dicunt. Gleichwohl
sagt Muret. (Oper. T. I, p. 261 ed. Fr.) geradezu, sogar ohne quasi
oder einen andern Zusatz: eos saepe relegens in succum ac sanguinem
converlisti, — und so viele Andere nach ihm.
Sudare, schwitzen ; — Etwas, von Etwas, wird in Prosa mehr dtirch
den Abi,, aliqua re, als durch den Accus., aliquam rem, ausgedrückt,
z. B. sanguine, nicht sanguinem, — wie bei pluere. Vgl. Pluere.
Sufficere wird in der Bedeut. Jemanden an Jemandes Stelle setzen
in guter Prosa wörtlich wie im Deutschen übersetzt; aliquem in alicu-
jus locum sufficere; N. KL und höchst selten aliquem alicui sufficere.
— Das neutrale sufficit, es reicht hin, liat selten ut oder negativ ne bei
sich, sondern meistens den Infinit., wie satis est, nie aber si; z. B.
sufficit haec semel vidisse, wenn man — gesehen hat, nicht si quis — vi-
derit. — Das Adv. sufficienter, hinreichend, genug, zur Genüge, ist
Sp. L. für satis, abutide, commode, modice, und das Subst. sufficientiuy
die Genüge, ist ganz Sp. L.; man vermeide es durch die Verba suffi-
cere, satis esse, suppeditare, suppetere.
Suffigere, anhefteii, anschlagen ; — ßw Etivas, alicui rei, seltner in
aliqua re ; Sp. L. in aliquid.
Suffitorium, die Rauchpfanne, das Rauchfass, ist N. Jj. für
turibulum.
Sui; vgl. Situs,
Suicidium, der Selbstmord, ist N. L. für das Kl. mors voluntaria
(Cic. Fin. III, 18, 61), wofür man N. KL, z. B. Plinius (Ep. I, 12, 2)
mors arcessita sagt, Tacitns (Ann. I, 5) ?nors quaesita, mors sumpfa
(ib. III, Ö0),finis voluntarius (ib. IV, 19) u. a.; — eben so N. Jj. ist
suicida, der Selbstmörder, für qui sua manu mortem sibi consciscit u. a.
Sum ; vgl. Esse.
Sumere. Man merke hier nur, dass sibi sumere, sich herausneh-
men, sich anmassefi, bei folg, Verbo nicht mit dem Infinit, oder ^cc.
c. Inf. verbunden wird, sondern mit ut; z. B. ich nehme mir hera?is,
dieses zu tadeln, hoc mihi sumo, ut id reprehendam, nicht id repr eilen-
der e. Ferner: Strafe, Rache an Einem nehmen, über Einen verhängen
heisst sumere supplicium, poenas de oder ab aliquo. — üe!)er mutuo
sufnere, auf Borg nehmen, vgl. Mutuus.
Summa, die Summe, wird zwar schon KL mit Auslassung von res
als Subst. mannichfach gebraucht, auch in Beziehung auf Zahlen und
Rechnungen, so dass man liaec summa, diese Stinune ; quunta summa,
eine wie grosse Sunune u. dgl. (vgl. die Lexica) sagt; wo wir aber
sagen eine Summe Geldes, sagt der Lateiner nicht summa pecujiiae,
sondern blos pecunia, z. B. eine grosse Summe Geldes, tnagjia oder
grandis pecunia. \gl. Multus. — Auch brauchte mau summa summa-
752
rum, aber nur in der Bedeut. der Hcmptmhalt, nicht, wie wir es im
verdorbenen Deutscli brauclien, in der Bedeut. kurz, was im Latein,
bisweilen durch ad sunvnam ausgedrückt wird. Vgl. Heusing. z. Cic.
Off. I, 41, 13. — Etwas Anderes ist in summa, was Kl. bedeutet im
Ganzen, N. Kl. kurz (in dieser Bedeut. findet es sich oft bei dem
Jüngern Plinius). Vgl. auch Frotsch. z. Muret. Oper. T. II, p. 17 und
Grauff z. Bunell. Epist. p. 740.
Summare, su/nmiren, die Summe zusammefiziehen, ist JV. L. für
sutnmam subducere, facere, conßcere oder das N. Kl. consummare
(bei Colum. V, 2).
SutnmitaSy die Höhe, der Gipfel, steht N. Kl. nur beim altern Pli-
nius, sonst ist es Sp. L., für altitudo, cacumen, fastigium.
Sutnmittere ; vgl. Submittere.
Summus (von summa ist bereits die Rede gewesen), der höchste,
grösste. In Beziehung auf Umfang und Zahl aber wird nicht summus,
sondern maxitnus gebraucht. Es gibt daher keine summa gens, summa
provincia, su?nma bibliotheca u. dgl., wenn jene Beziehung darin liegen
soll, sondern maxima. Verschieden sind daher: summa arbor und
maxima arbor. — Das Neutr. summum als Subst., in der Bedeut. An-
höhe, höchste Spitze, Gipfel, mit einem Genit. verbunden, ist Sp. L.,
und werde vermieden; man verbindet vielmehr in diesem Falle sum-
mus als Adject. mit seinem Subst.; z. B. die Spitze des Baumes, summa
arbor, nicht sum,mum arboris; der Gipfel des Berges, summus mons,
nicht summum montis u. a. — Den Genit. des Neutr. summi als Genit.
des iVerthes, oder den Abi. summa ebenfalls als Abi. des Werthes zu
brauchen, ist D. L. Man sage also nicht, wie z. B. Reiske (Praef.
Theocriti p. XXIV) : merita Henr. Stephani summi facio, ich schätze
— sehr hoch, sondern maxitni oder pluritni facio : nicht: domum summo
vendidit, er hat das Haus um einen sehr hohen Preis verkauft, son-
dern plurimo oder maximi. — Ueber ad summum, zum Höchsten,
höchstens, für summum, ohne ad, vgl. oben unter Ad.
Sumptus, der Aufwand, die Unkosten, ist gleich gut im Sing., wie
im Plur., ohne merkbaren Unterschied. Cic. sagt z. B. (Fam. III, 8, 6):
si qui suo sumptu functus esset officio; Cael. 11, 38 ille suis sumptibus
sustentat, und nulli sumptus, nulla jactura. — Aufwand, welchen
Rang und Stand fordern, Standesaufwand, Ehrenausgaben nennt
Cicero sumptus liberales, denen er sumptus necessarii entgegensetzt
(Off. III, 12). — Auf Kosten des Staates heisst stunptu publico.
Supellex (nach Andern suppellex), der Hausrath, kommt nur im
Sing, vor; B. L. ist supellectiles oder wohl gar supellectilia. Vgl. Kei-
sig's Vorles. p. 137. — Auch ist es nwr gener isfemi?i., nicht ^e«. fnasc,
wie man es im N. L. findet. — Der Abi. Sing, kommt bald mit der
Endung e, bald mit der Endung i \or,supellectile und supellectili. — Der
Plur. wird durch niultus oder plurimus angedeutet, z. B. bei Cic.
(Verr. II, 72, 176) : plurima Deliaca supellex. — Da es aucli bildlich
jeglichen Vorrath bedeutet, und da wenigstens N. Kl. verborum und
litterarum supellex vorkommt, so ist auch wohl librorum supellex (für
copia oder apparatus librorum) nicht zu verwerfen.
Super, über, wird von einem Orte nur in dem Sinne von oben dar-
auf adex drüber hin, nicht aber in der Bedeut. durch gebraucht; z. B.
seinen Weg nehmen über die Alpen, über eine Stadt wo anders hin.
753
über ein Land, per Jfpes, per ?irbem, per terram alujuam u. dgl. —
N. Kl. wird es bei einer Zahl gesetzt, wo über so viel ist als mehr
oder länger als — , für die A7. Ausdrücke ^;/;/s oder aiuplhis ; z. B.iiber
tausend oder tatisend und drüber, plus mille, N. Kl. super mille ; nicht
über fünfhundert o^^x fünfhundert, nicht drüber, non amplius quingenii.,
N. Kl. non super quingenti ; über ztvanzig Jahre alt, entweder amplius
(plus) viginti a7inos natus oi]er vigifiti annis natu major; und so \ernei-
nend: nicht über ztvanzig Jahre alt, 7ion amplius vigifiliamios natus oder
viginti a?mos natus, non major. Vgl. Terent. Eun. 111,3 und unten Supra.
Auch drückt Terenz (Ileaut. I, ], 10) oder drüber bei einer vorausge-
gangenen Zahl durch aut plus aus. — Sp. L. ist aliquem super aliquid
ponere, constituere u. dgl., Einen über Etwas setze?i,{ür alicui rei prae-
ficere. — N. L. ist aliquem amare super aliquem, Einen über, d. h.
mehr als einen Andern lieben, wie Mahne (Vita Wyttenb. p. 30 [p.25])
sagt : is Virgilium super omnes scriptores amabat, für omnibus scripto-
ribus praeferebat u. dgl.
Super abundare, Ueberfluss haben, ist Sp. L. für abundare, affluere,
circum- oder super fluere.
Super atio, die Besiegung, Ueherwindung, ist N. Kl. und findet sich
nur bei Vitruv., welcher viel Seltnes und Gemeines hat, für victoria
oder die Verba superare, vincere u. dgl.
Superbia, der Stolz, wird fast nie anders als in bösem Sinne (des
Tadels) gebraucht; es bezeichnet also mehr Hoch- oder Uebermuth,
so dass es wohl für unpassend zu halten ist, wenn Ernesti (Epist. ad
Stiglit.) sagt: nobili qiiadam humanissimaque superbia. Edler Stolz
ist (nach Klotz) libera contumacia, was Cic. (Tusc. I, 29, 71) dem
Socrates vor seinen Richtern beilegt. — Ebenso findet sich auch das
Adject. superbus nicht einmal in der Bedeut. aufgeblasen, was mehr
elatus heisst. Vgl. Caes. B. C. III, 59, — und stolz in dem Sinne von
anmassend übersetze man lieber durch arrogans.
Super biloquentia, die stolze, hochmüthige Sprache, Grosssprecherei,
ist nur P. L., für magniloquentia, ostentatio, jactatio, jactantia, gran-
ditas verborum.
Superexstruere, oben darauf bauen, steht N.L. bei Sadolet. (Epist.
XIII, 14), vielleicht aus fehlerhaften Lesarten von super struere, wel-
ches N. Kl. vorkommt.
Superficialis, oberflächlich, ist ganz Sp. L. und nicht zu brauchen;
es muss theils durch superficies, theils (in bildlichem Sinne) durch /e-
vis, brevis oder wie es der Sinn sonst erfordert, ausgedrückt werden. —
N. L. ist das Adv. super ficialiter , für leviter, breviter, strictim, osci-
tanter u. dgl.
Superfluere, überßiessen, im Ueberßusse dasein, ist zwar N. KL, aber
neben andern Verben mit ähnlicher Bedeut. nicht zu verwerfen. Vgl.
Superabundare.
Superfluitas, der Ueberfluss, kommt nur einmal N. Kl. beim altern
Plinius vor, und ist unnöthig wegen abundantia, redundantia.
Superfluus, überflüssig, unnöthig, ist im N. L. ein Lieblingswort,
obgleich es vielleicht nur einigemal sicher bei Seneca, also N. KL, vor-
kommt und sonst Sp. Ij. ist, für super vacaneus, supervacuus, oder um-
schrieben durch superfluere. — Ganz Sp. L. ist superflue,we,\c\\G^ Görenz
liebt, für abunde, redundanter, inutiliter u. a. Vgl. Sciopp. de stilo p. 86.
48
754
* Aber in vielen Stellen Seneca's haben die Handschr. für svperflims — su-
pervacuus, was denn mit Reciit in den neuern Ausgg. aufgenommen ist, wie in
Epist. 45; dies gibt Freund im Lexic. an, Sclivveighäuser aber liest mpervacuvs.
Dagegen steht in Schvveighäuser's Ausg. Ep. 95. p. 73 noch superßua, wiewolil
gleich darauf svpervacttus folgt. Es steht daher auch bei Seneca vielleicht nicht
sicher, und werde darum gänzlich vermieden. Vgl. Supervacuus.
Superimplere, üherfidlen, kommt nur P. L. einmal bei Virgil. vor,
und sogar getrennt, für implere, cumulare, accumulare u. a.
Superinstruere, über einarider ordnen, an einander reihen, steht
N.Kl. nur bei Seneca, von Gefässen gebraucht; Sp. L. ist es in der Bed.
diiiber, auf Etwas bauen, für esstruere mit sfiper oder in, oder für das
JV. KL superstruere, was Quintilian. u. A. auch bildlich brauchen, wie
z. B. nach Quintii. Worten (I, 4, ö): quidquid his (fundamentis) super-
struxeris, corrtiet, der die Stelle nachahmende Mahne (Crito p. 278)
schrieb : quibus (fundamentis) aedißciiim superinstruere possint, — wo
er also eigenmächtig das schlechtere Verbum für das bessere wählte.
Siiperioritas, der Vorrang, die Superiorität, ist N. i/., für princi-
patiis, praestantia, excelle?itia. — Auch superiores ist als Subst. N. L.,
für pri?icipes, praefecti, duces, primores.
Superius ist als Coraparat. des Adverb, supra, in der Bedeut. oben,
weiter oben, höchst selten, und kommt nur N. Kl. bei Phaedrus und
noch spätem Schriftstellern vor ;Ä7. sagte man dafür h\o% supra oA^v
patilo supra; z. B. ich habe davon oben oder weiter obeti gesprochen,
nicht de ea re dixi superius, sondern blos supra oder paulo supra.
Im N. L. findet es sich nicht selten so; sogar Muret. sagt: quod su~
perius ex T/ieophrasto allatum est. Vgl. Hensing. Eraendd. p. 485 und
oben Inferius, was eben so falsch gehraucht wird, für infra.
StipernaturnUs und das Adverb, supernaturaliter sind N. L., und
können nur in der Sprache der Theologen als neue Kunstwörter ge-
braucht werden. Vgl. Kxtranaturalis.
Stiperscriptio , die Ueberschrifi , Aufschrift, ist iV. L., z. B. bei
Laur. Gronov. (Edit. Plin. libri IX, p. 3) : in super scriptione capitis,
für in tifulo oder inscriptione.
Supersedere hat in der Bedeut. eijier Sache überhoben sein Kl.
das Object nur im Ablat. bei sich, aliqua re ; in der Bedeutung auf
oder über Etwas sitzen wird es nur N. KL mit dem Dat. verbunden,
für insidere alicui rei oder secfere in aliqun re, und in der Bed. unter-
lassen, nicht wollen mit dem Infinit, von Livius und später einigemal,
für nolle, mittere, omitiere.
Superus, a, um, der obere, kommt im Sing, nur als Neutr. vor,
z. B. mare superum; der Plur. superi, in der Bedeut. die Götter, ist
nur P. L., kommt aber dennoch im N. L. oft in Prosa vor.
Supervacuus, überflüssig, unnölhig, ist erst fast N. KL, denn bei
Livius kommt nur ex supervacuo in der Bedeut. zum Ueberflusse vor;
häufig findet es sich dagegen bei Seneca, Quintilian. und dem Jüngern
Plinius; als kürzere Form neben der längern supervacaneus ist es
recht wohl zu brauchen.
Supervidere, übersehen, iet N.L. sowohl in der Bedeut. nicht ach-
ten, vorbeigehen lassen, für negligere, praetermittere, als auch in der
physischen Bedeut. einen Blick über Etwas werfen, überschauen, für
inspicere, perspicere, perlustrare.
Sitpervivere alicui, Einen überleben, steht erst N.Kl. beim jungem
755
Plinius, und ist sonst selten, für alicui superesse oder supersti'tem esse,
Vita ab'que?n superare.
Suppeditari (als Deponens), darreichen, geben, ist unerweislicli, für
das active suppeditare. Falsch sagt daher Gruber (Praef. edit. CensorinI
p. V.): quam editionem Gel. Siebenkees mihi expedite est szippeditatus.,
für siippeditavit.
Stippet iae,^Hülfe, Beistand, ist A.L. und steht N. Kl. bei Sueton.;
man vermeide es durch ausilium, subsidium. Wie Plautus den Accus.
suppetias nach alter Art mit venire, in der Bedeut. zu Hülfe, für
auxilio, subsidio, verband, so verband ihn auch der späte ung^enannte
Verf. des Bell. African. mit venire, proßcisci, ire und occurrere, was
man nicht nachahme.
Stipplere bedeutet nur Etwas ausfüllen, etwas fehlendes und
Mangelndes hinzuthun, damit eine Sache ergänzt, vervollständigt
werde. Ganz falsch braucht man es aber im TV. L. in der Bedeut. hinzu-
de?iken, oder wie wir sagen ergänzen; z. B. hie omnes supplent prae-
posilionem av, hier ergänze?! Alle oder denken Alle die Praeposition
AD hinzu, während doch nicht die etwa fehlende Praeposition ausge-
füllt oder vervollständigt werden soll, sondern die mangelhaft schei-
nende Rede oder der Satz, welchem Etwas fehlt. Vgl. über diese
Redeweise unter Stibaudire.
Supplex, bittend, wird meistens mit dem Dat. der Person verbunden,
welche man bittet; z. B. mihi supplex est, er bittet mich; judicibus
supplex esse noluit^ er wollte die Richter nicht bitten (Cic. Orat. I, 53,
229); selten wird es, wie ein Subst., mit dem Getiit- verbunden, z. B.
Bei, Gott., oder mit einem Possessivpronom., z. B. mens, vester — , michy
euch. — Mit dem Dat. wird auch das Verbum supplicare verbunden,
supplicare alicui, Einen bitten, wozu noch pro aliquo, für Jemanden,
hinzutreten kann. Vgl. Cic. Fam. VI, 34, 3.
Supplicatio bedeutet nur ein öffentliches Dankgebet, Dank- oder
Betfest, Bettag ; Cicero fügt die Dauer der Tage des Festes nur im
Genit. bei, z. B. suppl. quindecim dierum., ein fünfzehntägiges Da?ik-
fest. Nur selten steht dafür ein Accus., wovon Th, I, §. 76 die Rede
war. — iV. L. aber ist supplicatio in der Bedeut. Bittschrift, Supplik,
für supplex libellus, supplex epistola oder supplex scriptum.
Supplicium, wobei immer an Todesstrafe gedacht wird, hat so selten
den Genit. capitis bei sich, dass es in dieser Verbindung mehr zu ver-
werfen, als zu billigen ist. Vgl. Frotscher zuMuret. Oper. T. I, p. 204,
wo nur eine Stelle dafür aus Suet. (Galb. 12) angeführt wird. Daher
heisst hinrichten schlechtweg aliquem supplicio afficere, supplicium
sumere de aliquo. — Selten und nicht wohl nachzubrauchen ist auch
supplicium in den Bedeutungen Dankfest (für supplicatio) und flehent-
liches Bitten (für verba supplicia, voces supplices u. dgl.).
Supponere ist als philosophisches Kunstwort in der Logik, in der
Bedeut. unterstellen, sich als vorhanden, seiend und richtig denken und
a?mehmen, N. L,, für sumere oder ponere, welche durchaus allein zu
brauchen sind.
Supputare, berechnen, und supputatio, die Berechnung, sind Sp. L,,
für computare, computatio.
Supra, über, kann, wie super, nicht immer da gebraucht werden,
wo wir über oder auf brauchen. — N. Kl. und zu verwerfen ist es,
48*
75G
wenn Vitruv. (VII, 1) sagt: eum supra läbliothecam constiluil; man
sagt aliquem bibllothecae praeßcere ; und so ist es überhaupt falsch, zu
sagen: aliqnem supra aliqufd constituere oder ponere, für praeficere
aliquem aliciii rei. — x'Vnch wird zwar supra, wie super, \\\ der Bedeut.
über mit Zahlen verbunden, aber erst seit Livius (111, 31; XXI, 23. 6),
welcher z. B, sagt: supra Septem miUia Iiostmm, einigemal bei den Fol-
genden, nicht aber bei Cicero und Caesar. Man setze dafür lieber ;^/«s
oder amplms; vgl. unter Super, wo auch bemerkt ist, dass unsre Zusätze
bei Zahlen und drüber, oder drüber, nicht drüber nicht durch et oder
aut super, non super und auch niclit durch et, out, non supra ausge-
drückt werden, sondern entweder durch den Zusatz ef, aut, non plus,
oder g-ewöhnlicher mit dem Vorhergehenden verbunden. Jenes aut
plus braucht Terenz ( Heaut. 1, 1, 10): an?ios sesaginta natus es,
aut plus eo, ut conjicio, — oder noch drüber, wie ich vermuthe. —
Auch kann haben über — , verbunden mit einer Zahl, durcli fiumerum
(mit folgendem Genit. der Zahl) excedere ausgedrückt werden; z. B.
ein Weinstock hatte über 2000 Trauben, excessit uvarum numerum
duortim millinm. — Die Redensart supra repetere, bei Erzählungen,
Etwas von früher her, aus der altern Geschichte, aus alter Zeit, weit
herholen, brauchen nur Sallust. und Tacitus, für alte, ex alto petere
oder repetere, longe repetere, und im Compar. altius oder longius re-
petere, weiter herholen. — N. Kl. und weniger nachzuahmen sind die
Ausdrücke supra dictus, szipra memoratus, nominatus u. dgl., in der
Bedeut. oben erwähnt, oben genannt, für die relative Umschreibung
quem, quam, quod supra dixi — , qui supra dictus est. Vgl. Anleit.
§. 590.
Supremat2is, die höchste Macht, Gewalt, das Supremat, der Vorzug,
ist N. L., für principatus, summum Imperium, suimna potestas.
Supremitas ist ganz Sp. L., sowohl in der Bedeut. das Letzte, der
Tod, für mors, als auch in der Bedeutung das höchste Ansehen, für
summa dignitas.
Suprejna, als Neutr. Plur. geradezu in der Bedeut. Tod zw brauchen,
ist unerweislich; wohl aber bedeutet es die letzten Lebensstundeii.
Surdus, taub. Gut ist surdis auribus catiere, wie wir sagen: tauben
Ohren predigen, — und so ähnliche, z. B. surdo aliquid narrare,
cantare.
Surgere, aufstehen, ist in der Bedeut. auftreten, sich erheben, sich
zeigen, ohne alle Beziehung auf einen Ort, J). L., für cvistere, exoriri
u. a. ; z. B. damals standen die ersten Schauspieler auf, exstiterunty
exorti sunt, nicht surrexerunt. — Vor Jemanden aufstehen heisst
alicui assurgere.
Suscipere., übernehmen, z. B. defensionein, causam. Wir setzen oft
hinzu: über mich, dich, sich u. s. w., aber im Latein, wird selten mihi, tibi,
sibi u. s. w. hinzugesetzt ; also mumis, negotium, provinciam suscipere., ein
Amt — über sich nehmen. Auch ist wohl der Zusatz in nie, te, se —
ohne Beispiel, wie z. B. Herasterh. (Oratt. p. 125) sagt: arduam in me
provincia?n suscepi. Wenn aber Cic. (Phil. XI, 4) sagt: scelus in se
suscipere, so ist dies von jenem ganz verschieden und gleich /ac?wz/s,
flagitium in se admittere. — Für den zugesetzten Dat. führt man auch
an Caes. B. G. 1, 8, 4 Is (Orgetorix) sibi legationem ad civitates sus-
cepil ; aber nach Herzog rauss in dieser Stelle mit üaues gelesen wer-
757
den: Is übt fegat. Er erklärt si'bi sr/scipere für eine Caesar'a geradezu
unwürdige lateinische Phrase; es müsste wenigstens heissen in se,
nach der Analogie von in se rec/pere. Vgl. Cic. Farn. XIII, 11. — In
der Redensart: Etwas für Geld zur Besorgung übernehmen wird
nicht suscipere, sondern redimere oder conducere gebraucht. — Man
streitet über den Unterschied zwischen suscipere und recipere, und
nimmt meistens an, dass suscipere bedeute: Etwas freiwillig, aus
eigenem Antriebe übernehmen, aber recipere — etwas Allgetragenes
übernehmen. Vgl. Hand's Lehrb. p. 244, aber dagegen Ellendt zu Cic.
de Orat. T. II, p. 222. — Endlich wird der Ausdruck in manus sus-
cipere, welchen iMuret. (Oper. T. I, p. 256 ed. Ruhnk. [p. 340 ed. Fr.])
in der Bedeut. in die Hände nehmen braucht, von Ruhnken verworfen,
welcher sagt: Scripsit, ni fallor, sumere.
Suspectare ist in der Bedeut. vermuthen, für verdächtig halten
N. KL und findet sich fast nur bei Tacitus, für suspicari, suspectum
habere oder facere.
Suspectio, die Vermuthung, der Argivohn, ist nur A. und Sp. L.,
vielleicht sogar noch zweifelhaft, für suspicio; es werde vermieden,
mag es auch Muret. (Var. Lectt. VIII, 9) gebraucht haben. Vgl. Sciopp.
de stilo p. 128.
Suspendere wird im N. L. in zwei, dem Worte angedichteten Be-
deutungen gebraucht: 1) aliquid suspendere. Etwas aufschieben, für
differre ; 2) aliquem suspendere a munere, Einen von seinem Amte
suspendiren, seines Amtes auf einige Zeit entsetzen, für aliquem ad
tempus aliquod ab administrntione muneris removere oder sum?novere.
Suspicas, argwöhnisch, verdächtig, ist höchst selten für suspicio-
sus; es findet sich einmal bei Livius, sonst nur N. KL bei Seneca und
Tacitus.
Suspicere, in die Höhe nach Etwas sehen, wird theils verbunden
in aliquid, theils aliquid ohne in; z. B. in coelum (Cic. Rep. III, 2;
VI, 9), coelum (N. D. II, 2, 4); — in bildlichem Sinne, in der Bedeut.
hochachten, nur aliquem, aliquid. Nur einmal kommt bei Sallust. sü~
spiciens in der Bedeut. argwöhnend, Verdacht habejid vor, für suspe-
ctum habens. — Im Passiv, ist suspectus im Perf. und den davon abge-
leiteten Formen in der Bedeut. hochgeachtet ohne Auctorität.
Suspicio, die Vermuthung, der Verdacht, hat in der Verbindung
eines Satzes mit als ob entweder den Accus, m. d. Infinit, oder den
Genit. des passenden Particip. mit seinem Subst. bei sich; z. B. rfer
Verdacht, als ob nach der Herrschaft gestrebt würde, suspicio regnum
appeti oder regni appetendi (Cic. Mil. 27, 72).
Suspiritus, das Aechzen (Livius XXX, 15 und Cic. Att. I, 18, 3),
wird bezweifelt, für suspiratus, wie respiritus für respiratus. Vgl.
Orelli z. Cic. 1. c. und oben Respiritus.
Susque deque, verbunden mit ferre oder habere, in der Bedeut.
Etwas gleichmüthig ertragen, für gleichgültig halten, ist nur A. L. und
jetzt nicht mehr anwendbar.
Sustentaculum, die Stütze, ist vielleicht nur N. KL, und findet sich
nur bei Tacitus, für adminiculum, columen, fulcrum, und in bildlichem
Sinne subsidium, firmamentum.
Se/s^iwere, verbunden mit dem Accus. /jocem, in der Bedeut. </(?7^i^/*^e-
den halten, für praestare, wird von Hand (Lehrb. p. 249) verworfen.
758
Sjms und das personale sui. Ihr Gebrauch und ihr Unterschied von
dem demonstrativen ejus und is, ea, id wird im 'N. L. nicht sehr streng
beachtet, und Abweichungen von der Regel werden wohl gar leichtsin-
nig mit anomalen oder anomal scheinenden Abweichungen bei den Alten
entschuldigt. Vgl. Th. I, p. 98 u. 99. — Wir brauchen sein und ihr öfter,
als der Lateiner die Pronomina suvs, a, um; er lässt sie aus, wo sie
ihm unnöthig scheinen; z. B. seine Augen, Hände u. dgl. erheben, blos
tollere oculos, manus, nicht suos oculos, suas manus; sein Leben fah-
ren, vitam degere u. a. m. Vgl. Th. I, §. 101. — Ueber se, sich, bei
Verben, in Verbindung mit inier se, vgl. Inier. — Da sui Sing, und
Plur. ist, so tritt bald im Sing, ipsius, bald im Flur, ipsortnn hinzu,
nicht blos das erstere, auch wenn von MehrerTi die Rede ist. Uebereilt
schrieb daher Jul. Caes. Scaliger (Poet. \ll, p. 265): adeo per tubato
sunt animo, ut etiam sui ipsius (für ipsoriim) obliviscantur. — Wie suus
in der Verbindung mit quisque gestellt werde, s. unter Quisque.
Sycophania, der Chikanew\, findet sich nur A. L. bei den Komikern,
für das sonst allein übliche calumniator.
Syllaba. Unser Sylbe für Sylbe oder von Sylbe zu Sylbe heisst
syllabatim.
Syllabus, das Verzeichniss, ist erst ganz Sp. L., für index.
Syllogisnms, der Fer?iunftschluss, ist ein erst N. Kl. philosophisches
Kunstwort; Kl. war dafür conclusio mit und ohne raiiojiis, oder ratio-
cinatio üblich; auch kann man es umschreiben durch concludere, ratio-
cinari^ argwnentari.
Syjubola, der Beitrag (vorzüglich zu einem gemeinsamen Essen),
kommt A. L. mehrmals bei den Komikern vor, für das KL latein. col-
lecta (Cic. Orat. II, 57, 233).
Syinboluni ist in der Bedeut. Wahlspruch N. L.,{ür sentenlia viiae
quasi regula u. a. -^ A. und Sp. L. ist es in der Bedeut. Zeichen, Merk-
mal, für nota, signum. Als Kunstwort für unser Sinnbild ist es besser
beizubehalten, wenn nicht etwa nota oder signum passend scheinen. —
Auch ist symbolum mit dem Genit. fidei, in der Bedeut. Glaubens-
bekenntniss, N. L. theologischer Kunstausdruck, welchen die besten
Neulateiner, wie Perpinian., beibehalten haben, da kein stellvertreten-
der alter Ausdruck dafür vorhanden ist.
Symmetria, die Symmetrie, Harmonie der Theile, kommt schon
N. Kl. bei Vitruv. u. A. als Kunstwort vor; doch sage man dafür lieber
partium convenientia, congruentia, aequalitas, apia compositio.
Sympathia wird man als altes Kunstwort bisweilen kaum entbehren
können. Cicero erklärt es durch cotivenientia naturae und conjunctio
naturae et quasi concentus atque consensus (Divin. II, 14, 34).
Symposium werde ganz vermieden in der wörtlichen Bedeut. das
Mittrinken, durch compotatio ; in der Bedeut. Gastmahl ist es ohne
Beziehung auf ein griechisches Gastmahl (wo es recht wohl ange-
wandt werden kann) zu gekünstelt, für convivium; richtig ist also
z. B. symposiuin Plalo?iis, Xenophontis, weniger gut convivium.
Synofiymus, gleichbedeutend, wurde erst im N. L. üblich, für idem
significans ; für aliquis aliquid facit synonymum cum — sage man:
dicit idem signißcare atque — .
Syracusius und Syracusanus finden sich beide in Kl. Prosa, wie-
wohl bei Cicero jenes mehr in gelehrten Schriften (Divin. I, 20, 39.
759
Tu8c. V, 35, 100. Orat. II, 13, 57), dieses mehr in den Reden als das
acht lateinische Wort vorkommt.
Syrius oder Syrvs, Syrisch, aus Syrien, ist P. L. und N. KL, für
Syriacus; Syrius bedeutet nur vo?i der Insel Syros, und Syrus nur
der Syrier, der Beivohner Syriens.
Systema, ein System, und systematicus, systematisch oder wissen-
schaftlich, sind nirgends im Gebrauche. Wie sie lateinisch auszu-
drücken sind, lehren die D. L. Lexica lunlänglicli. Der Begriff liegt
z. B. in ratio, disciplina (Cic. Off. 111,4, 20. Fin. 1,9, 29), nach Dietrich
auch in descriptio disciplinae; ein Syste?n aufstellen heisst certam
quandam disciplinae formulam componere (Cic. Acad. I, 4) ; Eiioa»
systematisch behandeln, rationem artemque alicujus r ei tr ädere (Orat.
II, 36) ; der systematische Zusammenhang, cofupositio alicujiis disci-
plinae; in ein System bringen^ aliquid arte (bei mehrern artibus) con-
cludere (Cic. Orat. 1,42,187). Dazu bemerkt noch Rosenheyn: System
heisst auch sententia et disciplina (Cic. Tusc. V, 29, 84) ; das ganze
Pythagoreische System, Pythagorea omnia (ib. I, 17, 39. Fin. V, 4);
welche dasselbe System habe?i, qui idem sentiunt (Tusc. II, 3, 7) ; nicht
aus einzelnen Worten, sondern aus dem ganzen Systeme, — sed ex
perpetuitate et constantia doctrijiae (Tusc. V, 10, 31); dieses brachte
mehrere, unter einander verschiedene philosophische Systeme hervor,
effecit pbira gener a dissentientium philosophorum (Tusc. V, 4, 11); —
und so lässt sich dieser Begriff nach dem jedesmaligen Sinne gar ver-
schieden ausdrücken.
T. t.
Tabefacere, verzehren, kommt als Verbura nirgends vor, sondern
nur ganz Sp. L. als Partie, tabef actus ; man brauche tabe conficere,
absumere, consumere.
Tabernaculum, das Zelt, braucht Cic, (Orat. III, 20) mit dem mil-
dernden quasi bildlich für unser Wohnsitz, indem er sagt: in aliqua
re quasi tabernaculum vitae suae collocare, von einem Fache oder
Zweige der Gelehrsamkeit, mit dem man sich Zeitlebens beschäftigt,
ähnlich der Redensart habitare in aliqua re, wie wir sagen : in einer
Sache wie zu Hause sein. Es werde aber jene Redensart nicht ohne
qtiasi nachgebraucht, wie es dennoch Sluiter (Lectt. Andocid. p. V)
gethan hat.
Tabula, die Tafel, kommt in der Bedeut. Urkunde wohl nur im
Plur. und, wenn Zahlen dazutreten, nur mit Distributivzahlen vor;
daher heisst z. B. eine Testamentsurkimde, ein Testament, unae ta-
bulae testamentorum (Cic. Font. 1, 2) ; zwei Testamentsurkunden, binae
tab. testam.
Tubuläre, täfeln, mit Brettern versehen, kommt als Verbum nicht
vor, sondern nur als Partie, tabulatus, getäfelt u. dgl., wovon auch
tabidatum, eiii Bretterwerk, Stockwerk, abgeleitet ist. Als Verbum
brauche man tabidis consternere.
Tabularium, das Archiv, kann in bildlichem Sinne so wenig wie
tabernaculum ohne ein milderndes quasi oder tamquam angewandt
werden; dennoch spricht Hemsterh. (Oratt. p. 9) ohne einen Zusatz
von einem domesticum memoriae vestrae tabularium.
760
Tactus, der Takt in der Musik, ist N. L., für modus, mimerus; da-
her lieisst den Takt halten, numerum servare ; nach dem Takte tanzen,
in numerum saltare.
Taediosus, verdriesslich, ekelhaft, ist ganz Sp. L., für molestus, cum
taedio conjunctus. Nach Wolf (Aiialect. I, p. 488) schrieb ein JNeuia-
teiner: me accinxi huic tiegotio taediosissimo, wo weder das Adject.
noch der Dat. zu biMigen ist. — Eben so Sp. L. ist auch das Adverb.
taediose, welches Görenz mit superfluus verbindet, für ad taedium oder
moleste supervacaneus, inutilis oder cum molesta abundantia.
Talentum enthält nur den Begriff einer Summe Geldes; aber B. L.
ist talentinn für unser bildliches Talent (gleich Geistesanlage), was
nur durch indoles, ingeniiim u. a. auszudrücken ist.
Taliler, auf solche Art und Weise, so, kommt sehr selten vor,
z. B. N. Kl. beim altern Pliinus; es werde vermieden durch tali modo,
ita, sie. — N. L. ist taliter qualiter, unser verächtliches so so, für
mediocriter.
Tarn, so, so sehr, in dem Grade, hat fast nur Beziehung auf das ver-
gleichende als (quam) oder zur Bezeichnung des Grades auf ein fol-
gendes ut (dass). Daher bemerkt Zumpt (Aufgab, p. 53 u. 70), dass,
wo im Deutschen ein tonloses so vor einem Adject. oder Adverb,
stände, nicht tarn gebraucht werden dürfe, sondern dass dafür mei-
stens der Superlat. stehen müsse; und Friedemann bei den Worten
Ruhnken's (im Elog. Hemst.) : doletnus omnino pauciora, quam — ex
tarn perenni et ineshausto doctrijiae fönte — ^ermawasse, auf gleiche
Weise, dass, wo im Deutschen so (wie hier) nur hinweisend, für die-
ser, stehe, lieber hie, haec, hoc (als tam) zu setzen sei, wie denn sie
in der angeführten Stelle zu dem Adj. ineshaustus kaum denkbar sei.
Tame?i, doch, jedoch, muss vorsichtig gebraucht werden, da es sich
fast nur auf ein entweder dastehendes oder verschwiegenes, aber
hinzuzudenkendes obgleich (quamqua?n, etsi) bezieht und meistens
unserm dennoch gleich ist. Wenn es dagegen für aber oder jedoch
steht, so wird sed gebraucht, wozu tarnen noch hinzutreten kann. —
N. L. sind daher: tarnen autem, tarnen vero, jedoch aber, für sed tamen ;
ferner ut tamen, wie jedoch, für sed ut oder, je nach dem Sinne der
Worte, quamquam ut. Falsch sagt also Valcken. (Oratt. p. 187) : Fer-
dinandi ducis Albani, strenui tamen (eines jedoch thätigen Mannes) —
crudelitas, für quamquam strenui. — W enn mit doch nach einer Par-
enthese eingelenkt und das Unterbrochene wiederholt wird, so
braucht man nicht das einfache tamen, sondern sed tameti. Vgl. Cic.
Farn. IX, 16, 2. — N. L. ist es, zu sagen: tamen haec omittamus, doch
wir tvollen dieses übergehen, für verum oder sed haec omittamus, —
und so in ähnlichen Ausdrücken. — N. L. ist tarnen ferner in bittenden
Kedensarten, z. B. entschuldige mich doch, schreibe mir doch, und ähn-
lichen, wo velim oder quaeso zu setzen ist; — ferner: quae tarnen isla
sunt negotia? — mag es nun bedeuten: doch was für Geschäfte sind
das? für quamquam oder at quae sunt isla negotia, oder: was sind
das doch für Geschäfte? also verwundernd, für quae ta?ide?n sunt ista
negotia? — In dem einschränkenden Znüatze jedoch nur wenn — sagt
man si tarnen, nicht tamen si; so z. B. Plinius (Epist. III, 1, 4) : si
tarnen Uli (amici) jion gravantur. — Richtig aber ist tarnen mit 7ie in
wehmüthigera Sinne, in der Bedeut. damit doch ja flicht. Vgl- Cic.
761
Fam. VII, 31. — Ueber et tatnen, imd doch, vgl. Reisig's Vorlesung^.
p. 448.
Tarmjuam; vgl. Tanquam.
Tandem, e?idlich, hat fast nur den Begriff des Imigst Envarteten
oder Gewünschten, oder drückt bei einer Frage eine Verwunderung
ans, z. B. ubi tandeni? — ivo ivohl, wo in aller Welt? — Dagegen ist es
N. L. bei Aufzählung mehrerer einzehien Personen, Gegenstände oder
Thatsachen, wo wir endlich oder zuletzt sagen, für denique, postre?no.
Falsch sagt z. B. Aug. Matthiae (Epist. Cic. sei. p. 279) : primum —
deinde — tandem Dolabellae; und: /««r/e?« Manilium laudat; Mahne
(Crilo p. 270) : tandem vero etiani haud raro reperiuntnr; falsch ist
es auch, zu sagen : mathematici, poetae, musici, tandem luedici. — Auch
verstärkt tandem nicht das Pron. quicunque, iver nur, wie z. B. Terp-
stra (Antiq. Homer, p. 298) sagt: comae quoque quacunque tandem.
ratione collectae. Vgl. Weber 's Uebungssch. p. 270.
Tangere, berühren, wird selten bildlich gebraucht, in der Bedeut.
mit Worten berühren, eriväJrnen ; dafür steht häufiger attingere, wie
überhaupt bei geistigen Dingen, wo atti7igere — sich mit Etwas be-
schäftigen, sich einer Sache aiinehnien bedeutet. Und so findet sich
«ehr oft: leviter (leise) oder breviter (kurz) attingere, selten tafigere;
summatim aliquid atti?igere, Etwas den Hauptsachen tiach berühren ;
renipublicam attingere, sich des Staates a?i?iehmen, nicht tangere. —
P. L. ist (nach Zumpt zu Cic. Verr. II, 34, 84) dolore tangi, für angi
dolore, wie man auch sage angi cura, angi incommodis, nicht tangi.
Tangibil/s, berührbar, was Lactanz neben visibilis, sichtbar, braucht,
ist Sp. L., für qiiod sub iactum. oder sensum cadit.
Tanquam ist in der Bedeut. zum Beispiel, wie so selten, dass es
z. B. von Freund im Lexic. nicht erwähut wird; es ist also nicht
wohl nachzubrauchen. Gleichwohl sagt Ruhnken (Praef. Mureti Oper.
T. I, p. VII) : utrique doctorum Italorum, tanquam (zum Beispiel)
Corradi, Maffeii, Manutii, consuetudo profuit, und so sehr oft Chr.
Saxe in seinen Büchern; z. B. alii intelligunt Calpurnium Bassum, tan-
quam ürsinus, etsi dubitanter; praeter nonnullos, tanquam Schra-
derum, Gutberlethum — .
* Ich finde für die Bedeut. zum Beispiel, wie nur zwei Stellen, nemlich bei
Colum. (R. R. III, 11, 5): ut nou aliqiios progeneret, tanquam piros silvestres
et prunos, und bei Frontin. (de aquaed. 87) : ut regionibus — plures dareutur,
tanquam Cäelio et Aventino.
Tantillus, so klein, und tantillum, so wenig., sind fast nur A. L.,
indem Kl. und später tantulus dafür gebraucht wurde. Klotz (zu Cic.
Tusc. 11,24,58) hat freilich nach den Handschr. tantillum für das
gewöhnliche tantum aufgenommen. Es werde aber nicht nachgebraucht,
ausser im Scherz. Görenz braucht es oft.
Tantum (Adv.), nur, steht bald vor, bald nach dem Worte, zu wel-
chem es gehört, obgleich z. B. Fr. Passow glaubte, es dürfe blos nach
demselben stehen. — Cic. sagt z. B. (Rep. 1, 10) : Socrates tantum de
vita et de moribus — und so noch oft in andern Stellen. — Das wün-
schende nur heisst nicht tantum, sondern modo; z. B. komme nur zu
uns, tu tnodo ad ?ios veni (Cic. Att. IV, 2,5). — In der Bedeut. soeben,
soeben als ist tafitum N. L., für tantum quod; jenes braucht so Longol.
(Epist. II, 7): tantum epistolam tuam legeram, cum — , soeben hatte
762
ich deinen Brief gelesen, als — , für tantnm quod leger am — . Ueber
dieses tantnm quod, eben a/s,\gl. Heiimaniii Poecile T. lll, [>. 323, imd
über tantum umis oder ttnus tantnm, nur Einer, vgl. Unus. — N. L.
ist tantum non, nur ?iicht, in der Bedeut, ausser, für nisi oder praeter ;
z. B. das war die Meinung aller Philosophen, mir nicht der Stoiker, —
nisi Stoiconim, nicht tantum non Stoicorura.
Tantummodo ist zwar in der Bedeut. ganz dem tantum gleich, aber
nirgends findet sich wohl non od«r haud tantummodo mit folgendem
sed etiam, wie es im N.L. vorkommt; Tork. Baden sagt z. B. irgendwo:
Haec ostentatio haud tanfuftimodo Magnaeo, sed et aliis risus excitavit.
Ta?ittfs, so gross, wird zwar im Neutr. mit einem Genit., in der
Bedeut. so viel, gebraucht, aber tajitus als Adject. bedeutet dies nicht;
so viele Bürger heisst also nicht tanti cives, sondern tot cives oder
tantum civium. — Die Redensart in tantum, in so weit, so sehr, ist erst
]V. KL, für usque eo. — Um so viel oder so lange vorher oder nachher
heisst nicht tantum (Äcc.) ante, tantum post, sondern (im Abi.)
ianto ante, ta?ito post oder ta?n multo ante, tarn multo post.
Tardatio, die Verspätung, Verzögerung, ist N. L., für CJinctatiOy
commoratio, mora, procrastiiiatio.
Tartarus und im Plur. Tartara, die Unterwelt, findet sich nirgends
in Prosa, sondern nur bei Dichtern, für inferi; vgl. Inferi.
Taxare ist in den beiden Bedeutungen tadeln und abschätzen erst
N. KL; tadehi wird KL durch vituperare, reprehendere, perstringere,
invehi in aliquem ausgedrückt, und abschätzen (atischlagen, taxiren)
durch aestimare, sowie auch die Abschätzung — aestimatio heisst.
Dass freilich taxare in der zweiten Bedeut. schon früher üblich ge-
wesen sein muss, zeigt das Subst. taxatio, welches bei Cic. (orat. pro
Tullio §. 7) vorkommt, wo es aber von aesf/ma^/o unterschieden wird;
jedoch waren die Alten selbst über diesen Unterschied nicht einig. Vgl.
die Ausleg. zu jener Stelle Cicero's in Beier's Ausgabe. Tojrflre ist also
neben jenen andern in beiden Bedeutungen nicht zu verwerfen. Ueber
damnum taxare, einen Schaderi schätze?!, vgl. Dainnum. - — N. L. aber
und lächerlich ist es, in bildlicher üebertragung zu sagen: taxare
verborum probitatem et puritatem, die Aechtheit und Reinheit der Wör-
ter taxiren. Eben so wenig brauche man das A^. L. taxa, die Taxe,
was durch taxare, taxatio, aestimare, aestimatio auszudrücken ist.
Tech?ia, der Ku7istgriff, ist aus dem Griechischen genommen, und
kommt nur yi. L. bei den Komikern vor, für die latein. dolus, fallacia,
fraus, machinatio u. a. ; es sollte daher im N. L. nicht gebraucht
werden.
Tectum bedeutet wohl ein Zimmer, aber nicht die einzelne Decke
eines Zimmers; diese heisst lacunar.
Tegere, decken., bedeckeji, verbergen; — Etwas vor oder gegen Et- ■
was, aliquid ab aliqua re. — N. L. ist tegere mensam, lectum, den
Tisch, das Bett decken, für sternere mensam, sternere lectum.
Tellus bedeutet wohl die Erde als Weltkörjier, gleich terra (jedoch
mehr bei Dichtern), aber nie die Erde als Stoff und Element; in die-
sem Sinne wird nur terra gebraucht. Vgl. Weber's Uebungssch. p.257.
Temerare, beflecken, schätiden, verletzen, ist wohl nur P. L., für
polluere, inquinare, violare; in Prosa findet sich seit Livius nur bis-
weilen das Partie, temeratus.
763
Temere, verhnnden mit non oder einem andern neg.ntiven Worte,
in der Bedeut. 7iüht leicht, kaum, fast jiicht, wird von Einigen ver-
worfen, ob£:leich es zwar selten, aber doch sicher bei Cicero, Caesar
(B. G. IV, 20), Corn. Nepos (Att. 20) und andern spätem Schrift-
stellern vorkommt, also Rl. Anctorität hat.
Temnerey terachten, ist nur P. L., für contemnere.
Temperament um bedeutet bei den Alten nur die gemässigte Mi-
schviig zwischen zwei Extremen, aber nie, was wir Temperament, also
jede gute nnd böse Beschaffenheit der Seele oder des Gemüthes, nen-
nen; dafür sagen sie offectio animi, constitutio animi, am'mns natura
consiiiutus. Dennoch findet es sich im N. L. bisweilen in jener neuen
Bedeutung, sogar bei J. A. Ernesti (Opusc. nov. p. 134).
Temper are wird in der Bedeut. sich einer Sache enthalten meistens
verbunden temperare ab aliqua re, selten sibi (nie aber se) ternperare
ab aliqua re ; seit Livius auch temperare alicni rei, sich in Ettvas ?näs-
sigen, z. B. irae, im Zorne, oder den Zorn massigen. Für sibi stellt
aiich bisweilen animo, oder bei Mehrern animis. Wenn es negativ ist,
so wird es mit dem darauf folgenden Satze durch quin oder qi/omin?/s
verbunden, nicht mit dem blossen Infinit.; z. B. ich kann mich nicht
etithalten auszurufen, temperare non possum, quin exclamem, nicht
exclamare.
Temper atura, die gehörige, gemässigte Mischung, ist fast nur N. KL,
und werde als sehr selten vermieden durch temperamentum oder das
noch gewöhnlichere te?Tiperaiio oder das N. Kl. temperies, welches
der jüngere Plinius braucht.
Temperi,friih, zu rechter Zeit, ist A. L. Adverbialform für tem-
pore; den davon abgeleiteten Comparativ temperius hat ausser Andern
sogar Cicero einmal (Fam. IX, 16,8) in der Bedeut. zu mehr gelegener
Zeit gebraucht; es ist also an passender Stelle nicht zu verwerfen.
Tempestas wurde in der Bedeut. Zeit, Zeitpunkt, für tempiis, zu
Cicero's Zeit (vgl. Orat. III, 38, 53) für poetisch und alterthümlich
gehalten, und wiewohl er es, passend angewandt, für zulässig hält,
wurde es doch von ihm und den Folgenden nicht in jener Bedeut. ge-
braucht. Nur Sallust., und nach ihm auch einigemal Livius, folgten im
Gebrauche den altern Schriftstellern ; — Kl. bedeutet es nur Witterung,
Wetter, Sturm., und in bildlichem Sinne Unglück, Ungemach.
Tempestuosus, stürmisch, ist sehr Sp. L., tür proceUosus, turbulentris.
Temporaiis, zeitlich, vergänglich, kurz dauernd, ist N. Kl. und sehr
selten, für caducus, brevis et ad tempus u. a.
Temporarius, zeitgemäss, den Umständen gemäss, eine Zeit lang
dauernd, ist ausser bei Cornel. Nepos, welcher die Freigebigkeit des
Atticus temporaria nennt, nur N. KL, aber als kurzes Wort nicht zu
verwerfen; doch sagt man besser tetnpori (te?Tiporibus) conveniens oder
serviens, brevis u. a. Vgl. Webers Uebungssch. p. 110.
Tempus, die Zeit, wird richtig angewandt, wenn man darunter
Zeit im Allgemeinen versteht: z. B. Zeit auf Etwas verivenden, tempus
insumere ; ich hatte kaum Zeit genug, temporis vix satis habui ; vix
huic tantulae epistolae tempus habui (Cic. Att. I, 14, 1); ich habe keine
Zeit, es fehlt mir an Zeit u. dgl., egeo tempore (Q. fr. III, 5, 4). Wenn
es aber so viel ist ah freie Zeit, Müsse, so wird mehr tempus vadium
oder otium gebraucht ; in diesem Sinne heisst dann keine Zeit haben,
764
olio carere, otü oder vacui tempoHs nihil habere; Zeit überflüssig,
im Ueberflusse haben, otio abundare. Vgl. Anton. Progr. p. 35. —
lieber teinpus est mit dem Infinit, und dem Genit. des Gerundii vgl.
Reisigs Vorlesung, p. 773 und Anleit. §. 390. — Sich Zeil zur Ueber-
legung — fordern, nehmen heisst tetnpus oder spatium ad deliberan-
diim (vielleicht nicht deliberandi) postulare, smnere. Vgl. Cic. ad
Quir. 5. Fin. IV, 1, 1. — Schlechte, böse, ungünstige Zeit heisst nicht
tempus ?nalum, sondern temporis iniquitas oder acerbitas; die Frie-
de?iszeit, nicht tempus pacis, sondern blos pas oder otium; die Zeit
drängt, die Zeit ist zu kurz, nicht tempus urget, tempora urgent, son-
tlern temporis angustiae cogtmt, brevitas est temporis ; — eijiige Zeit,
eine Zeit lang, ein fVeilchen, nicht tempus aliquod, was F. A. Wolf
verwirft, oder ad aliquod (quoddam) te?npus, oder per aliquod tempus,
sondern aliqiiamdiu oder aliquantiim temporis, parumper, paullisper.
Jenes ad quoddam tempus bedeutet bis auf eine gewisse Zeit, und
ebenso aliquid in aliquod tempus reponere, Etioas (bis) aufeifiige Zeit
zurücklegen (Quintil. X, 4, 2). — Falsch ist wohl, wo wir sagen: sie
fordern sechs Tage Zeit, sex dies temporis, für sex dies spatii. — Zu
der Zeit, wo — heisst nicht eo tempore quo, eo tempore cum — , son-
dern blos quo tempore oder cum. — Zti der einen Zeit - zu der an-
dern Zeit oder das eine - das ajideremal heisst nicht u?io tempore
mit folg. alio tempore, sondern alias - alias. — La?ige Zeit vorher
oder nachher heisst nicht longo oder rnulto tempore ante (post), son-
dern ohne tempore, multo ante (post). — Bei Zeiten, in der Bedeut.
eiligst, heisst nicht i7i tempore , sondern mature. — Zu rechter Zeit
heisst nicht tempore recto. Vgl. Rectus. — Kl. aber ist die Redensart
ex tempore dicere, aus dem Stegreif reden. — Uahcr pro tempore, jetzt,
für jetzt, vgl. unter Pro. — Zweifelhaft ist atite meum tempus, für
ante memoriarn meam. — Mit der Zeit, d. h. in Folge der Zeit, nach
imd nach heisst weder c?/m tempore, noch successu temporis, sondern
seTisim, te?iiporis intervallo, procedente oder progredietite tempore,
progressu temporis; auch kann man es umschreiben durch dies tem-
pttsque affcret, und so drückt Cicero: Alle werden mit der Zeit lang-
sflwer umschrieben aus durch: Quo plus cnique aetatis accedit (ac-
cessit), eofit tardior. Vgl. Vorst. latin. mer. susp. p. 90.
Tenaciter,fest, beständig, ist P. und Sp. L., für pertinaciter oder
mit dem Adject. tenax, oder auf andere Art umschrieben.
Tenax, Fiwas festhaltend, wird zwar erst JV. Kl. mit dem Genit.,
alicujus rei, verbunden, aber bei den Bessern, und kann desshalb wohl
nachgebraucht werden.
Tendere, sich bemühen, anstrengen, kommt zuerst bei Livius und
nachher bei den spätem Schriftstellern vor, für das mehr übliche
contendere, was denn auch allein gebraucht werde.
Tenebrae, die Finsterniss, findet sich zwar nicht selten in bild-
licher Uebertragung, aber doch nie mit den Zusätzen mentis, ingenii,
animi, von der Geist es finsterniss gebraucht; wenn nicht schon der
Zusammenhang diesen Sinn zu erkennen gibt, so setze man hinzu : ywae
mentis aciem impediunt, oder quibus mens offunditur, obscuratur, oder
man sage wews tetiebris offusa. Vgl. Klotz Sintenis p. 150.
Tenebrare, verfinster?i, verdunkeln, ist Sp. L. für obsczirare, tene-
765
bras off lindere oder ohdt/cere; ebenso tenehrescere und tenebricare,
finster loerden, für tenebricosvin ßeri.
Tenebricus und tciiebrosus, dunkel, finster, sind P. L., für tene-
brtcostis.
Tenere, halten, beha?ipten,heschränktsichim Gebrauche (sei es phy-
sisch oder bildlich) meistens auf den Begriff fest halte7i (was man ergrif-
fen hat); — wo unser deutsches halten diesen Sinn nicht hat, braucht
man andere Verba; z. B. ehie Rede halten \\e\ssiorationem habere ; eijie
Vorlesung halten, scholam habere; Schule halten, scholam habere; Pferde,
Hunde u. dgl. halten (in dem Sinne von unterhallen) equos, canes — alere.
— P. und Sp. L. ist linguam tenere, silentium tenere, stillschtveigeii,
für silere, tacere. Vgl. oben Silentium und Heusing. Emendatt. p. 'S'SQ.
— Wiewohl memoria tenere aliquid, Etwas im Gedächtnisse behalten,
gesagt wird, so kommt doch nicht tenere ohne memoria in dieser Be-
deutung vor, wie wir z. B. sagen: er kann das nicht Alles behalten, —
memoria tenere non potest. — D. L. ist: campum tenere, das Feld be-
haupten, für locum pugnae obtinere oder geradezu vijicere, superiorem
esse. — Sp. L. ist : leges te?iere, die Gesetze halten, für leges observare,
legibtis obtemperare, und A. L. se legibus tenere, sich an die Gesetze hal-
ten, für legibus teneri oder constringi,wie man auch lege, legibus, edicto,
senatus consulto tene?'isagt. — ünerweislich ist teneri mit einem Infinit,
in der Bedeut. gehalten werden, d. h. verpflichtet sein, Etwas zu thun,
für oportere, debere, auch wohl cogi aliquid facere u. a. Mit Recht ta-
delt es daher Wyttenbach, wenn Sluiter (Lectt. Andocid.) sagt: te7ie-
batur matri alimenfa praestare. Vgl. Vavassor. Antib. p. 600 und Vorst.
latin. mer. susp. p. 153. — Die Redensart vis se tenere oder vis te7ieri,
sich kaum halten, zurückhalten, wird bei einem Objecte mit ab aliqua
re, von Etwas, bei einem Satze nicht mit dem Infinit, (aliquid facere),
sondern mit quin verbunden; z. B. ich halte mich kaum, auszurufen,
vix teneor, quin exclamem. — Wenn eines Verbreche7is, eines Fehlers
überführt, überwiese7i sein durch teneri übersetzt wird, so sagt man
teneri 171 aliqua re, z. B. infurto, in rebus turpissimis u. a. (vgl. Znmpt
zu Cic. Verr. III, 64, 149); N. Kl. aber verbindet man in diesem Falle
teneri xmi dem Genit., z. B.fiati, caedis. — Sp. L. ist endlich: se te-
nere ad aliquid, sich an Ettvas halte7i, in bildlichem Sinne; z. B. sich
an Gott halten.^ se tenere ad Deum, für Deo confidere, m Deofiduciam
habere, se in Dei fidem conferre.
Teuer, zart. Falsche Form ist tenerus, was im iV". L. vorkommt.
— N. Kl. findet sich a tenero, von Ki7idheit an, aber selten; P. L.
auch in te7ieris, in der Kindheit. Aus dem Griechischen genommen
war das Spricliwort a teneris unguiculis, welches jedoch Cicero nur
mit dem Zusätze : ut Graeci dicunt braucht, und so darf es auch nur
heutzutage angewandt werden. Vgl. U7iguiculus.
Teneritudo, die Zartheit, ist Nebenform von teneritas. Ein Plur.
ist nicht erweislich, und lächerlich sagt einmal der jüngere Burmann:
delicias Celticarum te7ieritudi7ium.
Tenor ist in der Bedeut. hihalt Sp. L., für argumentum. Ein Brief
gleichen Inhaltes, ei7i gleichlautender Brief heisst also nicht litterae
ejusdem tenoris, sondern litterae eodem esemplo oder in eandem ra-
tionern scriptae. Sonst bedeutet es fast nur Zug, Fortgang, auch in
bildlicher Anwendung, und Kl. ist uno oder eode7n tenore, in der Be-
766
deutung in Einem fort, in einem Zuge, ununterbrochen. Cicero braucht
es mit dem Zusätze: tit aju7it, Livius und die spätem Scliriftsteller
tliua dies nicht.
Tetitamen, der Versuch, die Probe, ist nur P. L. ; ebenso tenta-
mentum, was jedoch auch Tacitus einmal gebraucht hat, für tentaiio,
experimentum, periculum, und die Verba tentare, experiri u. dgl.
Tentare, versuchen. Bezweifelt wird se in aliqua re teniare, sich
in einer Sache versuchen; man sage lieber dafür vires suas in aliqua
re facienda tentare oder tentare, quid vires in aliqua re valeant, auch
blos aliquid tentare, experiri.
Tenuis, fein, klein, zart, wird zwar zu vielen Subst. gesetzt ; ob
aber auch tenue discrimen, tenuis di ff er entia, in der Bedeut. ein feiner
Unterschied, gesagt worden sei (für subtilis), ist zu bezweifeln ; ebenso
auch, ob man tenuis vox, ei?ie feifie, schwache, leise Stimme, gesagt
habe, für srib?nissa vox — und so noch bei mehrern.
Te?ius, bis an, wird fast gleich gut mit dem Genit. und mit dem
Ablat. (häufiger aber mit diesem letztern) verbunden; doch muss es
immer nach, nicht vor dem von ihm abhängigen Worte stehen, was
im N. L. nicht immer beachtet wird; z. B. bis an den Ocean, Oceano
tenus, nicht tenus Oceano; bis an die Ohren, aurium lenus, nicht tenus
aurium. — Kl. ist auch verbo tenus, aber in der Bedeutung nur dem
Worte nach, entgegengesetzt der res, der Sache, der Wirklichkeit.
Ueber verbotenus in der Bedeutung wörtlich, vgl. unten Verbotenus. —
iV. KL, aber selten, sagt man auch nomine tenus, nur dem Namen nachy
für solo nomine.
Ter, dreimal, dient bei Dichtern zur Verstärkung eines Adject.,
aber nur im Posit., nie im Superlat.; daher sage man nicht, was sich
im N. L. zuweilen findet: Det/s ter optimus, wo der Superlat. allein
hinreicht.
Terceni oder tercenteni, je dreihu?idert, ist nur P. Form für die
prosaische treceni, womit triceni nicht zu verwechseln ist, was je
dreissig bedeutet. Ebenso sagt man auch nicht tercenti, dreihundert,
sondern trecenti. — P. L. ist ter centum (in zwei Wörtern) und alle
ähnlichen.
Terere ist in der bildlichen Redensart tempus terere aliqua re
oder in aliqua re, die Zeit mit Etwas hinbringen, in Beziehung auf
«'^//7/^^e Gegenstände nicht anzuwenden; die Alten brauchen es nur
in verächtlichem Sinne. — Für librum terere in der Bedeut. ein Buch
eifrig und viel lesen, was P. L. ist, sagt Cicero librum conterere.
Tergum, der Rücken. Auch dorsum Iiat diese Bedeut.; vgl. dieses
"^ort. — Im Rücken, in der Bedeut. von hinten, von hinten her., helsst
nicht in tergo, sondern a tergo; z. B. wir sehen flicht, was im Rücken
geschieht, — quid a tergo fiat (Cic. Divin. I, 24) ; er griff die Feinde
im Rücken an u. a. Auch kann man es durch post tergum ausdrücken,
wenn Etwas in Ruhe gedacht wird (Caes. B. G. IV, 15). — Wohl nur
P. L. wird tergum von dem Rücken, d. h. dem Abhänge eines Berges,
Hügels, des Meeres u. dgl. gebraucht, für dorsum.
Terminus bedeutet nur Grenze, Ende, Ziel, örtlich und bildlich;
aber iV. L. sind die Bedeutungen: 1) das Wort, der Ausdruck, für
verbum, vocabulum, vox; daher sage man auch nicht terminus technicus,
das Kunstwort, sondern artis vocabulum. Vgl. Vorst. lat. mer. susp.
7G7
p. 104 ; — 2) der Termin, ein bestimmter, festgesetzter Tag, für dies
dicta, data, C07istitnta, praefinila, auch blos dies, welclies in dieser
Betleut. fast nur generis femin. ist; daher Iieisst eine?i Termin für
Etwas setzen, diem alicui rei dare, dicere, constituere, praefinire, prae-
stitiiere. — Eiti Zahlungstermin heisst nicht terminus solutionis oder
solve7idi, sondern pe?isio (Liv. XXXllI, 30 u. a.).
Ternus im Sin^., dreifach, ist nur P. L. ; der Plur. terni, je drei,
ist das wahre Distributivzahlvvort, und wird daher nicht bei denSubst.
Plur. tantum, wie litterae, miptiae, castra u. a., g^ebraucht, bei wel-
chen, um die Zahl drei zu bezeichnen, trini, trinae, Irina üblich ist;
man sagt also trinae litterae, nicht ternae litterae; trina castra, trini
codicilli; auch trinae catenae in Beziehung auf einen Mann. — Wenn
es aber distributiv verstanden werden soll, so sagt man terfiae epi-
stolae, tertii libri, terna ova. Ist dieser Sprachgebrauch richtig (vgl. die
Lexica unter Tritii), so haben auch bessere Lateiner gefehlt, welche
ternae litterae, drei Briefe, und Aehnliches schrieben, wie Muret.,
welcher (Oper. T. II, p. 100) sagt: Accepi ternas tuas litteras ; Manut.
(Cic. Fam. X, 5): ut binae, ternae, quaternae, non duae, tres, quatuor
litterae, sie duae, tres, quatuor, non binae, ternae, quaternae epistolae,
dicitur. Richtig ist aber auch : ab eo singulis anfiis ternas litteras oder
epistolas accepi. Vgl. noch Th. I, §. 90.
Terra im Sing, bezeichnet die Erde als Element und Stoff, und
als Erdkörper, im Gegensatze zum Himmel oder zu den übrigen Welt-
körpern, sowie auch jedes einzelne Land; daher bedeutet denn der
Plur. terrae nicht nur die Länder der Erde, sondern auch die Erde
selbst, wenn mehr ihre einzelnen Länder darunter verstanden werden.
— Bemerkenswert!! ist, was Wüstemann (zu Döring. Comraentatt.
p. 136) bemerkt, indem er sagt: Terra, nie terrae, stehe als Gegensatz
des Himmels, und sowie coeli cognitio — die Hi?nmelshmde heisse,
so heisse terrae cognitio — die Erdkunde, wogegen terrarum cognitio^
— die Länderkunde oder Geographie sei. So unterschieden sich terrae
orbis und terrarum orbis, wiewohl beide Begriffe oft in einander über-
gingen und verwechselt würden. Bei Cic. Fam. V, 7 extr. ep. ad Pora-
pejum sei Judicium orbis terrae — das Urtheil auf der weiten Erde,
auf dem Erdenrunde, wo terrarum falsch wäre (was doch wohl zu
bezweifeln ist); die Römer hätten wohl imperium totius terrarum orbis
gehabt, aber nicht totius terrae orbis (was freilich wunderlich gesagt
wäre), und so hätte also Caesar's Macht (nach Cic. Marceil. 4, 7 u. 9)
nur terrarum orbem umfasst. Terrae orbis sei gleich terrae globusy
aber terrarum globus sei Nichts. So weit Wüstemann. — Man merke
ausserdem : Rom war die Hauptstadt der Erde heisst nicht caput terrae,
sondern caput orbis terrarum; so viel Geld, als auf der Erde ist, nicht
in terra, sondern in terris; die Erdenleiden, die Leide ti dieser Erde,
nicht miseriae hujus terrae, sondern hujus vitae; wo in aller Welt, wo
auf der Erde, nicht ubi terrae, sondern tibi terrarum; — ebenso bei
quoquo, wohin auch nur. — Zu Lande, z. B. kommen, reisen, wird durch
den blossen Abi., terra, ausgedrückt, sowie der Gegensatz zu Wasser
durch den blossen Abi. mari. — Auch sagten die Lateiner terrae filius
in spöttischem Sinne, wie wir ein Erdensohn, ein Erden- oder Men-
schenkind, z. B. Cic. (Att. I, 13, 4): huic terrae filio nescio cui. —
Ueber terra, tellus und humus vgl, Weber's Uebungssch. p. 257.
768
Terracina ist spätere und ungewisse Form des Namens einer Stadt
in Latium, für Tarracina.
Terrefacere, erschrecken, ist N. L., für terrorem alicui inferre oder
injicere, terrere, perterrere ; P. L. aber ist terrißcare.
Terrenus, terreus, terrestris (für letzteres wurde erst N. Kl.,z.^.
bei Florus, terrester üblich) enthalten alle drei den Begriff von Erde,
jedoch so, dass terrestris nie bedeutete, was «?/s Erde gemacht oder
irden ist, sondern nur, was irdisch ist, zur Erde oder Z2im Lcmde ge-
hört, auf der Erde ist und geschieht ; dagegen bedeutet terrenus (wo-
für nur bei Varro terreus vorkommt) ganz eigentlich, was aus Erde
gemacht oder irden ist; doch erweiterte sich seine Bedeut. schon Kl.
so sehr, dass es ganz gleich mit terrestris gebraucht wird, wie.z. B.
Cicero bestiae terrenae (die Laiidthiere, Thiere, welche sich auf der
Erde aufhalten) und humores terreni (die Feuchtigkeiten, welche aus
der Erde aufsteigen) sagt, wo man terrestres erwartet hätte, was auch an
andern Stellen dafür steht. So heisst ein Landweg — iter terrestre und
iter terrenum. — Wohl aber ist es zu bezweifeln, wenn man behauptet,
beide wären immer gleich gut; denn Cic. nennt z. B. (N. D. III, 6)
Erderschütterungen — perturbationes terrenas, welche er wohl nicht
terrestres genannt haben würde. — üebrigens hält Georges (in der
Jen. L. Z.) terrenus in der Bedeut. irdisch für unlateinisch, wenn es
auch noch häufig genug in dieser Bedeut. bei Neuern, selbst in Schul-
büchern, vorkomme. — Endlich heisst irdische Dinge in bildlichem
Sinne wed^r res terrestres, noch res ^errewae, sondern res esternae, hu-
manae, oder man setzt dafür einzelne Wörter, wie divitiae, opes, vo-
luptates u. a.
Teiiiculamentum, das Schreckniss, Schreckbild, ist Sp. L., für ter~
riculum (nur im Plur., terricula, üblich), terror u. dgl.
Terrißcare, erschrecken ; vgl. Terrefacere.
Territorium ist bei den Alten nur das Ackergebiet, das Land, wel-
ches zu einer Stadt, zu einem Dorfe, zu einer Kolonie gehört, also nicht
Land und Gebiet im Grossen. Daher haben Fürsten kein territorium,
gondern terram.
Testanie?itu?n, das Testament, Vermächtnisse und mit vollerer
Form testamenti tabulae, die Testame?itsurkmide. — Eitlem Etwas im
Testamente oder durch das Testametit vermachen. Etwas verordnen
heisst nicht iti testamento, per testamentum, sondern blos testamento
— legare, cavere. — Ohne Testament sterben heisst nicht sijie testa-
mento (was ungewöhnlich ist), sondern intestato, oder als Adject., auf
die Person bezogen, intestatum (intestatam) mori; — ebenso nach ge-
machtem Testamente sterben — testato 7nori.
Testari und testificari, bezeugen, versichern, kommen als Verba
nur activ. als Deponentia vor; aber die Partie, testatus und testifi-
catus auch adjectivisch, in passiver Bedeutung, bezeugt, beurkundet,
unlängbar.
Testis, der Zeuge. Ungewöhnlich sind (nach Schorus Phras. p. 796)
die Ausdrücke: aliquem testem accipere. Einen zum. Zeugen nehmen;
aliqueni testem implorare, Einen als Zeugen anrufen u. dgl., für ali-
quem testari, z. B. deos testari, die Götter zu Zeugen nehmefi oder als
Zeugen anrufen. — Ueber testis auritus, der Ohrenzeuge, und testis
oculatus, der Augenzeuge, vgl. Auritus und Oculatus.
709
Teutones ist erst N. KL uinl seltene Form für Teutoni, die Teu-
tonen, ein Name, der aber nicht geradezu die Deutschen bezeichnet,
welche Ge/•/nff7^^heissen; — und so sagt man auch nicht Teiitonicus,
für Gerfnrai/cus, wie man es im A\ L. bisweilen findet. Vgl. Reisig's
Vorles. p. 122.
Textus (Genit. textiis) und textnm (was nur substantivisch vor-
kommt) bedeuten bei den Alten nur das fVeben, das Gewebe; das
letztere kommt zwar bildlich von etwas Schriftlichem vor, aber nur
in der Bedeut. Zusa77i7ne?)fii giin g , wie das Verbum texere, zusammen-
fügen, verfertigen bedeutet. Aber beide sind im N. L. Kunstwörier in
der Hermeneutik der Schriftsteller, und bedeuten die Rede und die
Worte des Schriftstellers selbst, entgegengesetzt den beigefügten An-
merkungen. In dieser Bedeutung brauchen wir alltäglich das Wort
Text, indem wir z. B. sagen: der Text ist unverändert geblieben; im
Texte sind 7ioch viele Fehler; er hat sich um de7i Text sehr verdie/it
ge77iacht u. dgl. Die strengen Puristen aber verwerfen textjis und tex-
tum in dieser Bedeutung als unlateinisch, und brauchen dafür verba oder
oratio scriptoris oder a?/c/or/s, welche Ausdrücke auch meistens hinrei-
chen. Andere dagegen, selbst F. A. Wolf, behalten textiis und textur7i
als neue Kunstwörter bei, bald mit, bald ohne einen entschuldigenden
Znsatz, wie : ut ita dicam, qui (quod) dicitur (vocatur), texta quae di-
cuntjir (voca7itur) u. dgl. Vgl. H. Stephani Pseudo-Cicero p. ÜOl, Cel-
larii curae poster. p, 344. Spalding. Qnintil. T. IJI, p. 342. Weber's
Uebungssch. p. 226. Hand's Lehrb. p. 133 und Dietrich's Sintenis
p. 146.
Thalamus ist, in welcher Bedeut. es sei, nur P. L. ; in der Bedeut.
Schlafzimmer setze man cubiculum, und in der Bedeut. Ehe — conjti-
gimn oder con7iubium.
Thaies (Name des alten Philosophen) hat im Genit. doppelte Ca-
susformen, Thalis und Thaletis. Cicero u. A. wählen die kürzere ; w^e-
nigstens braucht Cic. im Accus, die Form Thale77i (Divin. I, 49; II, 27)
und im Abi. Thale (N. D. 1, 33).
Theatralis bezieht sich fast nur auf das Theater, nicht auf die
Schauspieler, ihre Kunst und Poesie ; in Beziehung auf diese letzteren
steht scenicus (vgl. Sce7iic7is). Daher heissen zwar die Sitze im Theater
— C07isess7/s fheatrales, aber nie die Schauspiele — hidi theatrales,
sondern sce7iici; die Schauspieler selbst heissen nicht actores oder
artifices theatrales, sondern scenici. Und so heisst auch; mit den
Händen klatschen ist etwas Theatralisches, nicht 77ianus complodere
theatrale est, sondern scenicum est (Qnintil. XI, 3, 123).
Theatrum wird zwar schon KL, wie sce7ia, allgemein von jedem
Orte und Schauplatze öffentlicher Wirksamkeit gebrauciit; aber doch
möchte zu bezweifeln sein theatrum belli, wie wir sagen das Kriegs-
theuter, der Kriegsschauplatz, von dem Orte, wo ein Krieg geführt
wird. Livius drückt dies vielmehr einigemal (z. B. IV, 31 ; XXVIII,
44) durch sedes belli ans.
Thema, die Aufgabe, der abgehandelte oder abziiha7idel7ide Gegen-
stn7id, ist schon isei Seneca Uiul Qnintil. rhetorisches Kunstwort, und
kann daher recht wohl neben res, argume7itum. propcsitum, propositio,
qnr.estio und id qrtod positum est gebraucht werden. Vgl. Thesis.
Themis, die Göttin der Ge7echtigkeit, wird erst im N. L. für jm-
49
770
stiiiu, in der Bedeut. Gerechtigkeit gebraucht, und affectirt nennt man
die Juristen Themidis studiosi.
Theologia kommt erst Sp. L. bei den Kirchenvätern vor, aber in
der Bedeut. Götterlehre, nirgends in der neuern heiligen Bedeutung;
Lactanz z. B. nannte sein Handbitch der Theologie oder seine Beleh-
rung über Religion und Theologie — institutiones divinas. Eben so
Sp. L. ist theologicus, was nur von dem Geschichtsclireiber Ammian.
gebraucht wird, weicher die alten tnythologischen Sagen und Lehren
— doctrinas theohgicas nennt. Heutzutage sind beide Wörter, sowie
auch theologus, der Theolog, fast nicht zu entbehren. Vgl. Weber's
Uebungssch. p. 48.
Theorema, der Lehrsatz, ist erst Sp. L.; überdies verstanden die
Cfriechen nach Cicero's üebersetzung, perceptum (de Fato 6), etwas
Anderes darunter. Vgl. Hadr. Turneb. zu Cicero in Moser's Ausgabe.
Theoria, die Theorie, ist erst Sp. L. im Gebrauche. Im Gegensatze
zur Praxis drücke man es aus durch ratio, ars, disciplina, doctritia,
artis praecepta. — N. L. ist theoreticus. Ein Theoretiker, als Schrift-
steller, ist artis scriptor; das ist theoretisch falsch heisst hocfalsum
est ratione. Vgl. mehr über beide Wörter unter Practicus.
Thesaurus, Schatz, ist N. L. als schmeichelnde Benennung eines
oder einer Geliebten, für oculus, ocellus, amor,deliciae und viele andere
Ausdrücke, welche sich bei den Komikern finden. — A. L., aber sehr
gelten ist thesaurus in der Bedeut. grosse Menge, für magna copia.
Thesis, ein Satz, steht bei Cicero, welcher es durch propositum
übersetzt, noch griechisch : N. Kl. ist es ein rhetorisches Kunstwort.
Vgl. Thema. — Quintil. (II, 2, 24) erwähnt als thesis z. B.: Rusticane
vita, an urbana potior?
Thessalus, Thessalisch, als Adject., ist nur P. L., für Thessuliciia
oder Tkessalius; Thessalus ist in Prosa Stibst., der Thessalier.
Thraca und Thrace sind P. Formen für Thracia, wiewohl auch
Cicero (Rep. II, 4) nach Servius (z. Virg. A. XII, 335) Thracam für
Thraciam gesagt haben soll; jedoch hat es nur eine einzige Handschr.,
und es ist also noch sehr zweifelhaft. — P. L. ist auch Thras als
Adject., für Thracius. Erst selir spät sagte man Thracicus; man sage
also auch nicht Chersonesus Thracica, sondern Thracia.
Thronus war nach dem Griech. wahrscheinlich Kunstwort für die
erhabenen Sitze der Götter, wie denn der ältere Plinius (N. H. XXXV,
9, 3ö, 63) den Sitz des Juppiter thronum nennt, und so findet es sich
auch in Versen aus Augustus Zeit bei Sueton, Aug. 70, wo Oudendorp
zu vergleichen ist. In Prosa sagte man dafür solium, allus torus, sella
regia. Nirgends aber kommt es in der bildlichen Bedeut. Herrschaft
vor, wo wir Thron brauchen, für imperium, regnum. Den Thron be-
steigen heisst nicht thronum adscendere, sondern regem creari, con-
slitui, fieri ; axif den väterlichen Thron setzen drückt Livius (XXXIX,
53,4) durch in paterno solio collocare aus; auf den Thron setzen,
regem facere, creare u. a. ; vom Throne stürzen, regno spoliare u. a.
Thybris oder Ti/bris sind nur P. Formen für Tiberis ; und so heisst
denn auch das Adject. Tiberinus, nicht Tybrinus oder wie sonst.
Tibicen ist in der Bedeut. Säule, Pfeiler, Stütze, in eigentlichem
und [bildlichem Sinne nur P. L., für columen, adminiculum in eigent-
lichem, \m^ firmamentum u. a. in bildlichem Sinne. Man sage also nicht:
771
haec verba nullo (ibicfne, nfsl conjecturls nituntur, für das einfaclie:
haec verba non niluntur^ iiisi conjecturis, o<ier auf andere Weise.
Timere, fürchten, besorgt sein für Jemanden, wird Kl. mit dem
Vat., alicui, verbunden, N. Kl. und zwar beim Jüngern Plinius (Epist.
III, 17) mit pro: timentem pro capite amicissimo, was nicht zu ver-
werfen ist, obgleich es Gronov für weniger lateinisch hält. Ebenso
kann man auch sagen: metuere pro aliqtio. Vgl. darüber Heusing.
Emendalt. p. 486. Sonst sagt man auch timere aliquid de aliqua re,
Etivas fürchten in Bezug auf Klwas, um einer Sache willen.
Tinctor, der Färber, ist A'^ KL, und findet sich nur bei Vitruv.;
vielleicht war es das gewöhnliche Kunstwort für infector.
Titillare, kitzel7i,\iommi sehr selten, jedoch bei Cicero dreimal vor,
immer als bildliches Wort, verbunden mit quasi und dem Abi. volu-
ptate; und so titillatio mit dem Genit. voluptatum ; sonst ist es nur P. L.
Titulare, betiteln, tituliren, einen Titel geben, ist ganz Sp. L. und
durchaus zu vermeiden; bei Personen sagt man entweder no?nen dare,
indere, nomine oder honoris tiomine, honoris vocabulo ornare oder
insignire; bei Büchern aber inscribere,z. B. bei CIc. (Fam.XV, 20, 1):
oratorem meum, sie enim inscripsi, mein Buch der Redner (orator),
denn so habe ich es betitelt. — Wenn Cicero von fremdeti Büchern spricht,
so sagt er im Praesens liber, qui inscribitur, spricht er aber von seinen
eigenen — liber, qui inscriptus est; beides bedeutet: das Buch ist
betitelt, hat den Titel. Vgl. Cic. Tusc. I, 24, 57. Divin. II, 1. Senect.
17, 59. Gegen diese Behauptung scheint die Stelle in Cic. OfF. II, 9, 31
de amicitia alio libro dictum est, qui inscribitur Laelius zu sprechen;
doch vergleiche man Gernhard, Beier u. A. zu dieser Stelle.
TituluSfder Titel, wird zwar schon Kl. in der Bedeut. Ehrenname,
ehrende Benennung gebraucht, ähnlich unserm Worte Ehrentitel (vgl.
Cic. Tusc. V, 10, 30), welche auch honorum nomina oder vocabula
(Cic. Farn. X, 26) hiessen ; aber noch nicht geradezu von der Aufschrift
oder dem Titel von Büchern; diese nennt Cicero entweder index
(Orat. II, 14,61 deceptus indicibus librorum) oder inscriptio (Topic. 1),
oder er drückt sie durch ijiscribere aus. — N. Kl. steht es ganz
klar, anch bei den besten Schriftstellern, in dieser Bedeutung, z. B.
bei Quintil. (II, 14, 4) : ipsis librorum, quos scripsit, titulis. Es ist da-
her in beiden Bedeutungen, Ehrentitel und Büchertitel nicht zu ver-
werfen, wie es Schorus (Phras. p. 461) fast zu thun scheint. — Auch
kommt titulus schon bei Livius, wie unser Wort Titel, in der Bedeut.
Vorwand, Vorgebe?i vor, wofür Cicero nomen (Flacc. 12 nomine classis
pecuniam imperavit) und Caesa.r praescriptio (B. C. III, 32,4 ut honesta
praescriptione rem turpissimam tegerent, Mwi unter ehrbarem Titel — )
brauchen.
Toga ist heutzutage bei Allem, was die neuere Zeit angeht, nicht
mehr zu brauchen, da unser Kleiderwesen ein ganz anderes ist und
bildliche Bedeutungen ganz wegfallen. Daher ist toga, als Friedenskleid
der Alten, zur Andeutung des Friedens nicht mehr zulässig, und unver-
ständlich ist für uns iti toga, für in pace, im Frieden ; und so können
wir denn auch Cicero's Lob eines Mannes unter gleichen umständen
(vir Omnibus belli ac togae \i\ir pacis'\ dotibus eminens) nicht anwenden,
und eben so wenig togatus in der Bedeut. in Friedenszeiten.
Tollere, erheben. Man sagt zwar ?« oder ad coelum ah'quem laudibus
49*
tollere, aber wohl nie ohne den Zusatz ad coeluiri, für ejferre, estollere
aliquetn laudibifs. Nicht nachzuahmen sind ferner die Ausdrücke //Aez-os
tollere es aliqiia, Kinder mit Einer erzeugen, für gigner e, und liberos
tollere, Kinder erziehen, aufziehen, für educare, da sie höchst selten
vorkommen. — Wiewohl tollere de niedio — tödten heisst, so ist doch
tollere de vita uner weislich. Vgl. Fifa. Auch ist zwar richtig: risum
tollere, ein Gelächter, Lachen erheben, lachen, aber N. L. ist: alicui
risum tollere, Einem Lachen erregen, machen, dass Jemand lacht, was
Lipsius brauchte (ta?itum Victorio risum tolles, quantum mihi sustulisti)
und was Scioppins (de stilo p. 176) mit Recht tadelt, indem er sagt:
Idonei auctores dicunt rismn alicui movere, conritare, eoocare, espri-
mere (auch hätte er noch edere aus Cic.i). fr. II, 11 hinzufügen können).
Tomus, der Theil, Band eines schriftlichen grössern Werkes,
kommt zuerst Sp. L. bei Fronto vor, ist aber für uns als Kunstwort
nicht zu entbehren, da das Wort ^ars es nicht ersetzt, indem die tomi
oft wieder in partes oder die partes in tomi zerfallen.
Tonitru, der Dotiner, kommt als Nominat. nirgends vor, und beruht
nur auf den Angaben alter Grammatiker, welche ihn ohne alle beson-
dere Auctorität anführen. Erweislich sind dagegen tonitrus (nach Decl.
IV.) und tonitrman, wovon im Plur. tonitrus und tonitrua mehrmals
vorkommen.
Totiitruare, donnern, ist N. L., für tonare.
Tonus, der Ton, steht N. Kl. und bei spätem Schriftstellern für
das gewöhnliche sonus oder vos (Cic. Orat. I, 42), und ist (als viel-
leicht noch zweifelhaft) nicht nachzubrauchen.
Tormentare, quälen, martern, ist iV. L., für torquere, escruciare,
angere u. a.
Tornare, drechseln, in bildlicher Bedeutung, mit Accus, wie: ora-
tionem, versus verbunden, in der Bedeut. sie runden, künstlich verfer-
tigen, beruht nur auf einer Stelle in Horaz (A. P. 442), wo er spöttisch
versus male tornatos erwähnt, was aber Bentley sogar ganz verwirft,
weswegen auch Wolf ( Analect. I, p. 489) als schlechtes Latein erwähnt:
ab Homero tarn male tornati versus esse nequeunt, wo er nicht nur ab
Homero (für Homeri), sondern auch tor?iati als fehlerhaft bezeichnet.
Tortura ist in der Bedeut. Tortur, Folter, Marter fast N. L. und
dennoch bei unsern Juristen sehr gebräuchlich, für das Kl. tormenta,
als Plur. von tormentum, welcher Singul. selten im Gebrauche ist.
Tot, so viel, nicht so Vieles, hat nur einen Plur. bei sich, z. B. tot
libri, tot urbes, tot vasa. Aber unlateinisch ist: tot copiae, so viel oder
so viele Truppen, für tantae copiae. Vgl. Copia.
Totalis und totaliler, gänzlich, sind N. L., für iotus, universus;
omnino, plane, funditus, penitus, wie es der jedesmalige Sinn fordert.
Unsere im Kriegswesen gebräuchliche Redensart: gänzlich, total
schlagen liegt in occidione occidere, ad interneciotiem delere.
Totus, ganz, wird oft gebraucht und auf das llauptwortim Satze be-
z<)gen, wo das deutsche ga?iz Adverb, zu sein scheint; z. B. er ist ganz
aus Lug und Trug gemacht, ille est totus ex fraiide et mendacio factus;
er ist mir ganz ergeben, totus mihi deditus est ; ich habe mich ihm ganz
geweiht, me ei totum dedidi. — Ein ganzes Jahr heif^st meistens annus
inleger, plenus, solidus, selten totus annus. — Das Neutr. totum wird
Wühl nie als Subst. mit einem Genit. verbunden, wie wir z. B. sagen
773
das Ganze des Staates, der Republik, was nicht totum rei publicoe,
sondern totuni corpus rei puhlicae (Cic. Off. 1, 25) oder lola res pu-
blica lieisst. — N. Kl. lind selten sind die adverbialen Redensarten
ex toto nnd in totum, ganz und gar, gänzlich, für omnino oder was
sonst passend scheint. Vgl. fJrautf zu Bunell. FJpist. p. 747.
Tractare, Ettvas behandeln, vo?i Etwas handeln. In bildlichem
Sinne, Ettvus mündlich besprechen oder Etwas schriftlich bearbeiten,
behandeln, untersuchen, hat es Ä7. den Gegenstand nur im Accus, bei
sich, aliquam rem, erst N. KL wird es bisweilen auch mit de aliqua re
verbunden, was nicht nachzuahmen ist, wiewohl es selbst Quiutil. eini-
gemal braucht. — üass eine mündliche oder schrij'tliche Abhandlung
oder Bearbeitung eines Gegenstandes nicht durch tractare ausgedrückt
werde, ist eine irrige Behauptung Grysar's, wie Dietrich, welchem ich
auch Vieles des Jiier Gegebenen verdanke, gezeigt hat; das Verb, ent-
Iiält den Begriff einer schriftlichen oder mündlichen Behandlung nnd
Bearbeitung des Stoffes, nnd ist in der Bedeutung gleich disputare,
disserere, agere de aliqua re. Beispiele aus Cicero und Ändern geben
vollständige Lexica zur Genüge. — Es liegt aber nicht das blosse
Bescliäftigtsein mit einem Gegenstande darin, so dass also von «lem,
welcher sich mit den Wissenschaften, mit der Philosophie u, dgl. be-
schäftigt, sie treibt und studiert, nicht gesagt werden kann: iractat
lilteras, philosophiam, snpientiae Studium, sondern blos operam dat lit-
teris, litteranan est studiosus, Studium litterarum colit u. a. ; denn
tractare setzt nicht blos ein Studium, sei es auch ein längeres, sondern
eigene Bearbeitung des Gegenstandes voraus. Da F. A. Wolf auch die
Verbindung des Verbi tractare mit de aliqua re als weniger gut latei-
nisch verwarf, so führt er (Analect. I, p. 489) als schlechtes Latein
an : de illa materia multo pensiculatius oder penitius jatn alii tractarunt,
für illani rem oder illum locum multo diligentius oder accuratius jam
alii tractarunt. Und so würde er auch getadelt haben, was neulich
Einer schrieb: qui libri de virtutibus tractant, für in quibus libris vir-
tutes tractantur oder qui libri sunt de virtutibus, wie Cic. (Tusc. III,
18, 42) sagt: totus liber, qui est de summo bono. — Ueberhaupt sage
man auch nicht von einer Schrift: sie handelt von Etwas, tractat ati-
quam rem, sondern man drücke dies lieher passiv, aus : in eolibro aliqua
res iractatur, de aliqua re agitur, oder in eo est de aliqua re. — Endlich
sagt man auch seit Livius bellum tractare, für gerere, administrare,
was aber nicht nachzuahmen ist.
Tractatio und tractatus (nach Decl. IV.) sind beide KL, aber nur
in activer Bedeut., die Behandlung, Bearbeitung einer Sache, Beschäf-
tigung mit Etfvas; erst Sp. L. bedeuten sie in concretem Sinne das
Bearbeitete oder Ausgearbeitete, die Schrift, Abhandlung, der Tractat,
und so kommen sie im N. L. oft vor, für die bekannten über., libellus,
scriptum, disputatio u. a. Unlateinisch steht in einem neuen Buche:
Cicero de amicilia tractalionem (tractatuni) scripsit, und : nuper legi ejus
tractatum de ofßciis et aliorum de moribus tractaliones (tractatus).
Tradere, übergeben u. a. Verworfen werden die Ausdrücke: manum
ttlicui tradere. Einem die Hand geben, reichen, für porrigere oder dare
jnanttm (vgl. Sciopp. Infam, p. 243) ; alicui epislolam tradere, Einem
einen Brief zusielleji, übermachen, für dare oder noch gewöhnlicher
reddere; z. B. tabellarius mihi reddidit epistolam tnam, nicht iradidit.
774
— und tradere ah'qnid ohlivioni, was freilicli wohl nicht vorkommen
mag'. Doch sagt Livnis dare ohlivioni, wodurch jener Ausdruck viel-
leiclit g^eschiitzt wird.
Traditio kommt in der Bedeut. Unterricht N. Kl. bei Quintil. vor, ist
aber uniiöthig wegen discipli?ia, doctrina und wegen der Verba tradere,
docere. — Sp. L. bei Gellius hat es die Beilent. Ueherlieferting, über-
lieferte Sage, Meinung, Erzählung, für fama (aber nur im Sing.),
fabida, nnr ratio, opinio, zu welchen nocli a parentibus tradita als nähere
Bestimmung hinzutreten kann.
Tradiicere oder transducere wird in der örtlichen Bedeut. Einen
über Etwas hinüber führen entweder mit trans verbunden, also aliquem
Irans aliquid traducere, oder mit dem blossen Acc; man kann also
z, B. sagen; exercitum trans Rhenum oder Rhetmm traducere. — N.
und Franz. L. aber ist es in der bildlichen Bedeut. übersetzen (aus
einer Sprache in die andere), doch findet es sich im N. L. häufig so,
und unter andern führt die üebersetzung Plato's von Marsil. Ficinua
den Titel: Opera Plato?ns a Marsil. Ficino traducta. — Eben so N. L.
sind traductio, die Uebersetzuiig, und tradiictor,der Uebersetzer. Man
brauche interpretari (Cic. Fam, IX, 2ö, 2), interpretatio (Quintil. II,
14, 2) und interpres, oder die Verba vertere (Cic. Fin. I, 3, 7), con~
vertere (ib. I, 2, 5), reddere (latine reddere Cic. Orat. I, 34), expriniere
(Cic. Fin. I, 2, 4), transferre (Cic. Att. VI, 2, 3). Vgl. noch Cic. Divin.
II, 30. de opt. gen. 5, 14. — Seit Livius wird es auch in der Bedeut.
spöttisch vorführen, dem Spotte preisgebefi, verhöhnen gebraucht, aber
meistens mit einem Zusätze, v/ie: per ora hominum,per ora civitatium;
ohne einen solchen Zusatz ist es fast unverständlich, und werde über-
liaupt vermieden. Valckenaer braucht es gern, aber ohne Zusatz, z. B.
Oratt. p. 275 Demosthenes i\ntipatrum — tanquam servos regis tradu-
serat; ib. p. 276 Deraosth. Aeschinem ut Philippi fautorem traducebat.
Tragicus, fragisch, werde nicht in der gewöhnlichen Bed. traurig,
schrecklich, grässtich, unglücklich gebraucht (dafür tristis, funestus,
luctuosus u. a.), da es nur den Begriff in sich schliesst: tvas Stoff zu
einem Tranerspiele gegeben hat, gibt oder geben kafin, der also gross-
artig sein muss und den man in ernstem tragischem Stile bearbeiten
kann, wie Livius (I, 46) die Ermordung des Königs Servius exemplum
sceleris tragici nennt. Anspielend auf den ernsten erhabenen Stil der
Tragödie sogt daher Cicero sehr passend (Orat. III, 8, 30) von dem
Redner Julius Caesar: res tragicas paene comice, tristes remisse —
tractavit. Aber unlateinisch nannte ein gewisser Imbonatus sein Ge-
scliichtsbuch trauriger Ereignisse und Unglücksfälle: Chronicon tra-
gicum sive de eventibus tragicis. Rom. 1699. — Vgl. Weber's Ue-
bungssch. p. 194.
Tragoedicus ist Sp. L., für tragicus.
Tragoedus ist nur der Schauspieler in der Tragödie, nicht der
Trauerspieldichter, welcher poeta tragicus heisst; — ebenso verhält es
sich mit comoedus, wovon oben die Rede war.
Trahere, ziehen. Da es schon an sich in die Länge ziehen heisst, so
ist in longum trahere I). L., für trahere, ducere, producere ; daher
heisst denn auch einen Krieg in die Länge ziehen, bellum trahere oder
ducere; aber eine Linie ziehen lieisst nicht lineam trahere, som\ern
lineam scribere (Cic. Tusc. V, 39, 113) ; Vortheil, Genuss ziehen heisst
nicht commodum, frnctnm frnhere, sondern fructfim capere oder per-
cfpere ; in Zweifel ziehen, nicht in dnbium, in dubiidlionem trahcre,
soiulerii in dubium vncare; eine Venunthnng ans Etwas ziehen, con-
jecturanifacere (nicht trahere) ex aliqun re. — Trahere nomen, einen
Namen erhalten, sagt man nach Weber (Uehungssch. p. 107) von dein
zufällig anfgekonmieneji Namen (solclie waren gewöhnlich die coguo-
mina), aber nomen accipere von dem ersten ertlieilten Namen. — A. L.
ist wohl (wie Sallust sagt): trahere animo oder cum animo suo,\n der
Bedent, überlegen, überdenken, für agitare secum, me?ite, animo, cum
animo.
Trajicere, übersetzen; — Etwas über Etwas, entweder frans ali-
quid oder mit dem blossen Accus., z. B. über den Ganges, Gangem
oder Irans Gangem.
Tranare oder transnare, hinüber schwimmen', — über Etwas, blos
aliquid, mr^ewA^ Irans fl/?'^?/?'rf (vielleiclit zufällig) 5 über den Rhein
schwimmeji lieisst also transnare Rhenum.
Transcendere, hinübersteigen; — über Etwas, blos aliquid, z. B.
murum, über die Mauer.
Transcursus,das Vorbeilaufen, Vor beieilen, ist N. Kl. und sehr sel-
ten, für transitus., cursus ; ebenso das adverbiale in tratiscnrsu,im Vor-
beigehen, kurz, was mir bei dem altern Plinius vorkommt. Vgl. Obiter.
Trn?/senna, das Seil, die Schlinge, ist A. L.; man sagte, wie es
scheint, sprichwörtlich: per transennam, in der ^^A^ni. flüchtig., oben-
hin; docli kommt es nur einmal, obgleich bei Cicero (Orat. I, 35), so
vor; er sagt: quam copiam quasiper transennampraetereuntes strictim
aspeximus. Da es so selten und dunkel ist, so vermeide man es im
Schreiben als unzeitige Zierrath. Vgl. Sciopp. de stilo p.227 (welcher
in Cicero's Stelle die Worte per transennam streicht) und Anm. za
Muret. Oper. T. I, p. 231 ; ausserdem oben Obiter.
Transennter, im Vorübergehen, flüchtig, obenhin, ist ganz Sp. L.;
vgl. unter Obiter.
Transferre hat ausser andern Bedeutungen schon Kl. bei Cicero
die Bedeut. übertragen, d. h. übersetzen aus einer Sprache in die andere,
entweder so, dass z. B. ein griechisches Wort ganz ins Lateinische auf-
und herübergenoramen wird, was oft geschehen ist, oder so, dass eine
wörtliche (ad verbiim) Uebertragung oder Ue'oersetzung geschehen
ist, nicht eine freie, wie sich solche bei Cicero häufig finden. Dies
drückt er durch vertere, co?ivertere, reddere, interpretari, esprimere
aus; man kann daher transferre kaum für unsre Art zu übersetzen
brauchen. Vgl. Cic. Fin. I, 8, 7. Att. VI, 2, 3, wo traTisferre in jener
Bedeutung vorkommt. — N. Kl. erweiterte sich aber der Gebrauch
des Wortes, und wenigstens Quintil. und der jüngere Plinius brauchen
es allgemein in der Bedeut. übersetzen. — Man sagt aber nur trans-
ferre in graecum, in latinum, in germanicum u. dgl., nicht mit den
Adverbien graece, latine, germanice, wie wir sagen griechisch, latei-
nisch, deutsch. Vgl. besonders Quintil. II, 15, 21. Plin. Ep. VII, 9, 3
H. a. — Dagegen ist das Subst. translatio in der allgemeinen Bedent.
Uebersetzung zu bezweifeln; bei Cicero findet sich davon keine Spur,
indem es bei ihm nur die Metapher der Griechen bedeutet ; bei Quin-
tilian. aber (I, 4, 18, welche Stelle man dafür anführt) liegt in dem
Worte nur der Sinn von wörtliche Uebertragung, tvörtliches Herüber-
776
nehmen, indem er von dem lateinischen Worte convmctio sagt: hnec
videUir ex civ}8iai.nji magis propria translatio, A.h. eine ivörtlkhere
Ueberlragung, als das andere lateinische Wort coiijiinctio. — Cicero
würde seine Uebersetzuiigen aus dem Griechischen gewiss nie trans-
laltoiies genannt haben; im N. L. aber findet man es sehr häufig, und
Sintenis braucht es z. B. in seinem Hiilfsbuche immer. Gebilligt wird
es aber auch von Forbiger (Aufgaben p. 154) und Friedemann (zu
lluluik. Opusc. I, p. ]22); gemissbilligt von Anton. (Progr. p. 82.) Man
brauche nur mterpretatio. — Das Subst. translator, der Uebersetzer,
steht Sp. L. bei dem heiligen Hierpnyraus, für interpres. Vgl. auch
Traductio und Versio.
Transfigurare, umgestalten, ist erst iV. Kl. und selten, iür formam,
figuram convertere, mutare, commutare, immutare, auch ab'quid ver-
tere oder convertere in alterius ßguram, formam,faciem. Vgl. Trans-
formare.
Transformare, umgestalten, timbilden, ist P. L., und kommt iV. Kl.
einmal bei Quintilian. vor; man brauche dafür lieber eine von den
unter Transfigurare angeführten Redensarten, oder will man trans-
formare (transfigurare) in bildlichem Sinne anwenden, so setze man
velut oder quodatnmodo hinzu.
Transgredi, in örtlichem Sinne, über Etwas gehen, wird mit dem
blossen Accus, (ohne Irans) verbunden, z. B. Caucasum, über den
Caucasiis ; Padma, über den Po. — Erst N. Kl. erhielt es die bild-
liche Bedeut. übersteige?!, übergehen. — Nach Weber (Uebungssch.
p. 256) wird es nur von belebte?i We«en, nicht von lebloseji gebraucht;
man sage also nicht : nonien transgressum est, der Name ging über, son-
dern tra?isiit. — Nirgends findet sich auch leges transgredi, die Ge-
setze überschreiten, für solvere, dissolvere, perfringere, perrumpere^
concidcare und andere weniger bildliche.
Transjicere; \g\. Trajicere.
Tra?isire, über Etwas gehen, sehreiten, wird in eigentlicher und
bildlicher Bedeut. nur mit dem Accus, (ohne iratis) verbunden. —
Dietrich warnt ^or transire in aliquam rem, in Etwas übergehen,
wenn damit eine Veränderung des Wesens einer Sache bezeichnet wer-
den soll; man sage z. B. nicht: amicitiae saepetranseuntiuitiimicitias,
die Freundschaften gehen oft in Feindschaften über, sondern se con-
vertunt in inimicitias (Cic. Lael. 21, 78), — und so auch das einfache
vcrti um] se vertere (Cic. N. D. III, 12, 31), obgleich Dietrich nicht
bezweifelt, dass sich bei Spätem ähnliche Verbindungen fänden.
Transilus, der Uebergang ; — über Etwas, z. B. über einen Gra-
ben, lieisst nicht tratis fossam, sondern mit dem Genit., fossae ; über
die Alpen, Alpimn.
Translatio, die Uebersetzufig ; vgl. Transferre.
Translaticius (-titius, auch tralatitius) ist in der Bedeut. hildlichf
metaphorisch N. L., da es andere Bedeutungen hat (^g\. die Lexica),
obgleich das Subst. translatio das Kl. Kunstwort in der Rhetorik für
Metapher, Tropus, Bild ist. Man brauche daher per translationem,
per figuram oder metaphoram, auch metaphorice mit einem Partie,
wie dictus, e.vpressus u. dgl. Ygl. Sciopp. de stilo p. 171.
Tra7ismaritimus, überseeisch, was über das Meer herkommt, ist
N. L., für iransmarinus.
777
Transmittere oder trnmittere, hin übersetzen, himiherfahren i — an
einem Orte, nicht in, sondern es oder ab aliqiio loco; z. B. ich setzte
dort über, nicht eo loco oder ibi trayisviisi, sondern inde, es eo foco
(Cic. Att. XVI, 7, 1). Und so heisst uo — tinde, es quo loco ; zu Brun-
dusium, Brundusio oder a Brtmd?/sio, nicht Brundiisii. — Worüber
man setzt, woran man vorübergeht n. dgl., steht im Accnsat. — Auch
wird trnnsmiltere ohne Object oder einen Accusat. (aliquem, oUquid,
Einen oder Etwas) gebraucht, wo man sich (se) dabei denkt; z. B. tra?is-
mitto inare, ich gehe über das Meer, eigentlich ich setze, fahre mich,
lasse triich über das Meer fahren, aber nicht me transmitto. Vgl. Cic.
Rep. I, 4. Fin, V, 29. — Erst N. Kl. sagt man: aliquid silentio (nie
per Silentium) transmittere. Etwas mit Stillschweigen übergehen, für
transire oder praeterire sile?itio.
Transmutare, verwechseln, verändern, umtauschen, ist nur P. L.,
für commutare, convertere, vertere in aliquid. Das Subst. transmutatio
stellt nur A"^ Kl. bei Qnintilian, in der Bedeutung ümtauschujig der
Buchstaben, für commutatio, transpositio, i7nmutatio.
Transnatare, hinüberschwimmen, ist eben so gute Form wie trans-
nare oder tranare ; vgl. diese Verba.
Tratisparere, durchscheinen, durchleuchten, ist N. L., für perlucere,
perlucidum esse.
Transplantare, verpflanzen, steht ganz Sp. L. bei einem Dichter,
für transjferre.
Trafisponere ist in der Bedeutung übersetzeyi (aus einer Spraclie
in die andere) N. L., für transferre u, a. Vgl. Traducere.
Transsumere, herüber tiekme?i, voji Etwas nehmen, ist nur P. L., für
depromere, repetere ; man sage also nicht, wie Heyne (z. Virg. Georg.):
plurima transsumta ex aliis, für deprompta, repetita. Vgl. auch De-
sumere.
Trerniscere, anfangen zu zittern, ist P. L., für contremiscere, tre-
mere, trepidare ; N. L. aber ist tremulare in der Bedeut. zittern.
Triangulus als Subst., das Dreieck, soll falsche Form für trian-
gulum sein; richtig ist es als Adject., in der Bedeutung </;re«ecA/g^. y^\^.
Alencken. Observ. p. 984.
Tribuere ist in der Bedeut. theilen, zertheilen, für distribnere, nach
einigen Stellen Cicero's KL, und wird, wie distribiiere, mit in und dem
y^cc?/s. verbunden, z. B. in duas paites. — In der Bedeut. zuschreiben
oder Einem Etwas als Etwas auslegen hat es, wie esse, ztvei Dativen
bei sich, aber nicht statt des Dat. der Person den Genit. oder das
Possessivpronomen ; falsch ist also : hoc tribuitur ignnviae nieae, igna-
viae illius, — meiner, seiner Trägheit, für hoc mihi (Uli) ignaviae tri-
buitur. Vgl. Cic. Fam. II, 16, 3. Corn. Nep. Timol. 4 und oben unter Esse.
Tribulare, dreschen, ausdreschen, ist A. L., für tribulis esterere.
Tribumis, der Tribun. Unter den verschiedenen Tribunen gibt es
keinen tribunus aerarii (so wenig wie einen qiiaestor aerarii), was man
leicht aus dem Plur. tribuni aerarii Mirmuthcn könnte, sondern einen
tribunus aerarius, also mit adjeclivischem Zusätze. So sagt Cic. (Q. fr.
II, 16): a tribunis aerariis absolutus ; Ssiet. (Caes. 41): tribunos aera-
rios. Vgl. auch Varro L. L. V, §. 181. p. 70 ed. Müll, und oben Aerarium.
Triduanus, dreitägig, ist Sp. L. , für tritim dierum oder mit dem
Subst. triduum.
778
Trifariam, dreifach, an drei Orten, ist gut und Kl., aber das Adject.
trifariiis nur Sp.L., für triplex, triparliiiis, und als Adv. Iripartilo, lur
jenes trifariam.
Trigesies oder iricesies, dreissigmnl, ist falsche Form für Iricies.
Trihorium, ein Zeitraum von drei Shindeu, gebildet wie trienniiim^
ist Sp. L., für spatium trium horarimi; vielleicht war es aus der Volks-
spraolie genommen.
Trini, drei (der Sing, ist nur P. L.), ist kein Distrihutivzahlwort
(dieses lieisst terni), sondern Nebenform von tres für die Subst. Plur.
iantiim, wenn der Satz nichts Distributives enthält, z. ß. trini codicilh
u. a. Vgl. Terni.
Tripertitus, in drei Theile getheilt, ist weniger gute Form, als tri-
partitus.
Trissyllabns, dreisylbig, ist orthographisch falsche Form, welche
noch immer bisweilen im N. L, vorkommt, für trisyllabiis, wie disyl-
labus, nicht dissyllabus.
Tristimonia, die Traurigkeit, kommt Sp. L. bei dem Verf. des
Bell. African. vor, für das gewöhnliche tristitia; und so sind auch tri-
stitas und tristitudo nur ^. und Sp. L. Formen.
Trivialis, gemein, alltäglich, kommt erst N. Kl. bei Quintilian. und
Sueton. vor; jener nennt alle niedere, gemeine. Alltags- Kenntnisse —
trivialefn scientiam, und gemeine, nicht gerade schön gewählte Horte
— verba trivialia, wie denn schon bei C\cGro pöbelhafte Schimpfwörter
brauchen — maledicta ex trivio arripere (Schimpfwörter von der Gasse
aufgreife?i) heisst. Man brauche also trivialis nicht falsch, da es ver-
ächtlichere Bedeut. hat, als vulgaris, trittis, usitatus, qtiotidianus, und
da es gleich plebejus ist.
Triumphare, triumphiren, Triumph halten ; — über Jemanden ent-
weder de aliquo oder ex aliquo; P. und Sp. L. ist triumphare aliquenty
über Einen triumphiren. Einen besiegen.
Triumphator, der, welcher triumphirt oder einen Triutnph hält, ist
erst Sp. L.. für qui triumphal, triumphum agit, tri?imphans, victor.
Es ist auffallend, dass das Wort bei dem so oft vorkommenden Be-
griffe erst spät gebraucht wurde, während doch triumphare ein ganz
gewöhnliches Wort ist. Es bleibt gewagt, triumphator in guter und
reiner Rede zu gebrauchen; auch ist es nicht durchaus nöthig.
Triumphus, der Triumph ; — über Jema?iden, de oder ex aliquo (Cic.
Brut. 73, 255), wie triumphare, und ebenso triumphum agere de oder
ex aliquo. — Für agere triumphum sagt man erst TV. Kl. ducere. Uebri-
gens heisst im Triumph, z. B. nach Hause zurückkehren, triumphans,
niclit in triumpho redire.
Triumvir, ein Dreimann, setzt immer zwei Männer voraus, die
mit ihm gleichsam zu einem Collegium gehören, die einen geraein-
samen Zweck haben und collegialisch verbunden sind; alle drei, welche
CoUegen sind, hiessen Triumviri, wie ztvei eben so gleich verbundene
— Duumviri. Und so wie zwei einzelne, die nicht Collegen oder zu
einem Zwecke verbunden sind, duo viri (nicht duumviri) heissen, so
heissen auch drei einzelne, nicht mit einander in Verbindung stehende,
tres viri, nicht triu7nviri, welche Benennung im N. L. eben so falsch
gebraucht wird, wie duumviri, wovon oben unter diesem Worte die
\IqAg war. So ist es z. B. falsch, zu sagen: Hemsterhusius, Falcke-
779
narius, Ruh?f.kenms, summt Uli triiimvfri; der Lateiner sagt hier blos
stmmn tili virt, ohne die Zalii drei zu beriicksiciitigen; ebenso: iriwn-
viriilli, Ernestius,Reizius, Wolßtis. Anck kann dann von keinem triinn-
viralus gesprochen werden, worunter man nur em Dreimäniier-Col-
legiiim verstellt, deren es in Rom mehrere zu verschiedenen Zwecken
gab. Vgl. auch noch Duumvir. — Noch lächerlicher ist es, wenn im
N. L. triumvir in der Bedeut. ein atis gezeichnet er Mann gebraucht
wird, Avie es z. B. J. H. Majus (Praef. libri Morhofii de rat. conscr.
epist. p. 17) gethan hat, wo es heisst: Quos inter facile primas tenent
triunwiri illi Manutii, Palearius — und nun folgen noch siebenzehn
Namen.
Trojus als Adject., Trojanisch, ist nur P. L., für Troicus oder
Trojamis.
Tropaeum, ein Siegesdenkmal, Siegeszeichen, auch blos Sieg, ist
ein Kl. allgemein aufgenommenes Wort.
Tropus ist das griechische Kunstwort in der Rhetorik für unser
Bild, bildliche Redensart, aber erst N. Kl. bei Quintilian. im Gebrauche ;
bei Cicero u. A. ist dafür translatio oder verborum imnwtatio üblich.
Vgl. Cic. Orat. III, 25. Brut. 17. — Das Adject. tropicus und das Adv.
iropice, in der Bedeut. bildlich, sind erst Sp. L., inr per translationem.
Tr lineare, verstü?nmeln (für detruncare), ist höchst selten und fast
nur P. L. ; bei Livius (XXXI, 30) steht nur truncatus. Etwas Anderes
ist obtruncare.
Tu, mit met verbnnden; vgl. Turnet.
Tueri. Die Participalform tuitus kommt fast nirgends vor, dafür
immer tutatus ; dagegen ist ttitus meist als Adject., in der Bedeutung
sicher, gesichert, geschützt, sehr gewöhnlich; — tuitus findet sich
nicht selten im N. L. Man sage nicht: illum oratione tuitus es^ Cicero,
sondern tutatus est oder defendit. Vgl. Reisig's Vorlesung, p. 236. —
In der bessern Prosa ist tueri durchaus nur Deporiens, wiewohl man
es einmal bei Varro (R. R, III, 1, 4) passivisch gebraucht findet. —
In der Bedeut. sehen, schatten, betrachten ist es nur P. L., für intueri.
Die altern Lexica führten dafür Cic. Tusc. III, 1 an, aber für ttieri
steht dort jetzt aus den Handschr. intueri. — Schützen vor oder
gegen Etwas heisst tueri ab aliqua re, nicht contra aliquam rem;
ebenso wird das participiale tutus, sicher, gesichert, mit ab aliqua re
(gegen Etwas) verbunden, jedoch N. Kl. auch mit ad und adversus.
Tum, dann, ist ungewöhnlich in einem Hauptsätze, der einem Satze
folgt, in welchem ein Wunsch liegt, also nach titinam u.a.; z.B. o hät-
ten wir Zins mit einander besprechen können, dann hätten wir geiriss
helfen können, titinam — potuissemus, profecto — tulissemus, nicht
tum profecto —. Vgl. Cic. Fam. IV, 1, 1 ; X, 28, 1; XII, 3, 1. Att. XVI,
7, 4 u. a. — Erst Sp. L. ist tum temporis oder timc temporis in der
Bedeut. damals, für das einfache tum oder ttmc. Vgl. Zumpt's Gramm,
p. 342. Klotz Sintenis p. 155. — N. L. ist tu?n adhuc oder adhuc tum,
damals noch, noch damals, für etiam tum (lunc). — Unser dann, wenn
— in der Bedeut. in dem Falle, tinter der Bedingung, trenn — heisst
erst iV. Kl. tum., si — für das Kl. und allein anzuwendende ila si. Vgl.
Cic. Off. I, 9. N. D. 1,2. Fam. XIII, 1, 2; XV, 4, 14. Att. IX, 10, 9. Liv.
I, 8, 2 und viele andere Stellen. FJbenso heisst doch nur dann, wenn
— ita tarnen, si — (Cic. Divin. I, Ü, 10), oder ita, wenn der Bedingungs-
780
satz fehlt, aber zu dem dann hinzugedacht werden mnss; z. B. denn
dann (d. h. wenn das vdre) iviirde Alles irenlger dnnhel sein,nnmqt(e
iia (iiiclit tum) omnia minus obscura sint. Auch kann man in diesem
Falle für das einfache ?7« vollständig' als Bedingung einschieben: si
ita sit; z. B. da7in tvürde im Leben und in allen Pflichten Unordnung
entstehen, perturbatio vitae, si ita sit, atque officiorum omnium conse-
qiiatur. Falsch ist es daher, zu sagen: hoc tum esset verisirailius, si
optimi libri pronomen omitterent, dies würde dann wahrscheinlicher
sein, wenn — , für hoc ita esset verisimilius. — Wo aber datm noch
auf Zeit Bezug hat, und nicht in unmittelbarer Verbindung mit wenn
(si) sieht, heisst es tum ( Cic. Verr. IV, Jl). Auch ist davon ver-
schieden dann, wann — tum, cum — , wo blos ein Zeitverhältniss an-
gegeben ist. Vgl. Handii Tursellin. T. III, p. 478 und Reisig's Vorles.
p. 455 u. 456. — üeber tum und tunc, dann, welches letztere meistens
mit einem Futur, verbunden wird, vgl. Morhof de pura dict. p. 236. We-
ber's Uebungssch. p. 118 und Grauff zu Bunell. Epist. p. 749, sowie
über cum oder quum - tum, theils - theils, die unter Quum angeführ-
ten Bücher, nach welchen cum (quum) - tum bedeuten soll nicht al-
lein - solidem auch; theils - theils; eben so sehr - als, indem der Ge-
danke gesteigert werden soll; aber tum - tum blos bald - bald ; nicht
sowohl - als auch.
Tuniet (Nomin.) ist bis jetzt unerweislich; dafür sagt man tute
oder tutemet, sowie auch nie temet, sondern tele; nie tuimet, sondern
blos tui. Gut aber ist tibimet und im Plur. vosmet und vobismet, welche
auch oft noch durcli ipse verstärkt werden. — Im N. L. kommt bis-
weilen tumet vor, z. B. bei Muret. (Oper. T. II, p. 230 ed. Fr.), wo
Frotscher bemerkt: Haec forma vitanda est; dicendum t?ite cum Ci-
cerone atque aliis, aut etiani tutemet cum Terentio et Lucretio.
Tumidus ist in der bildlichen Bedeut. stolz, aufgeblasen nur P. L.,
und findet sich in Prosa nur bei Seneca und Tacitus, aber selten, für
inflatus, elatus, welche beiden Cic. (IluU. II, 85, 97) synonym mit
einander verbindet. Jenes tumidus braucht nicht gut in dieser Bedeut.
Muret. (Expl. Cic. Catil. epist. ad Mocenicum).
Tumultuaris bedeutet nicht aufrührerisch, was seditiosus heisst,
sondern wird nur theils ^on Menschen gebraucht, welche in Hast und
Eile zusammengebracht sind, z. B. milites tumultuarii, theils von Sachen^
welche in Hast und Eile geschehen. Ebenso wird tumultuosus nie von
aufrührerischen Me?ischen gebraucht, welche turb?ilenti, seditiosi heis-
sen, wohl aber bei Liv. (IV, 28) von denen, welche Lärm und Geräusch
machen; er sagt: vos in otio tumultuosi^ in hello segnes; — ähnliche
Stellen sind mir nicht bekannt. Auch findet sich wohl nirgends tempora
tumultuosa, stürmische Zeiten, für turbulenta.
Tunc. Ueber tu7ic tefuporis vgl. unter Tum.
Turbatio, die Verwirrung, ist erst seit Livius im Gebrauche, aber
sehr selten, für conturbatio oAer perturbatio.
Turbidare, trüben, stören, beiniruhigen, ist ganz Sp. L., für turbare,
conturbare.
Turbidus kommt in der Bedeut. aufrührerisch, was freilich mit der
Bedeut. stürmisch., unruhig zusammenhängt, zuerst bei Tacitus vor,
ist aber sonst wohl selten, für seditiosus, turbulenliis, factiosus.
Turißcare, räuchern, ist N. u. B. L., für odores incendere.
781
Turpare, verunstalten, entstellen, ist P. L., und findet sich in Prosa
nur bei Tacitus, für defonnare.
Turpido, die Schändlichkeit^ stellt bei Cic. (Rep. 1, 2) nach dem
einzigen Codex, ist aber g^ewiss Schreibfehler, für turpitudo ; gleich-
wohl will es Ang. Majns für gute Lesart halten,
Turpißcare kommt nur im Partie, turpißcatus, in der Bedeutung
entstellt, cerunreinigt vor, und nur einmal, aber bei Cic. (Off. III, 29,
105); gerade weil es so selten ist, werde es gänzlich vermieden, wie-
wohl es den Wörtern mitificatus und mollificatus ähnlich gebildet ist.
C. Beier hat es sogar mit Görenz als ein von einem Mönche spät zu-
gesetztes Wort ohne allen handschriftlichen Verdacht aus dem Texte
gestrichen.
Tuscia, als Name der italischen Landschaft, worin die Tusker oder
Etrusker wohnten (für Etruria), war nach Servius (z. Virg. A. X, 164)
nicht üblich, wiewohl die Einwohner in der besten Prosa nicht blos
AY/wsc«, sondern auch Tmscj" genannt wurden.
Tutari, schützen ; — vor Etwas, ab aliqua re, wie tueri.
Tute, sicher, mit Sicherheit, Adv. von ttitus, ist in der bessern
Prosa weniger beglaubigte Form, als tuto, und ebenso tutissimo, nicht
tutissime. Vgl. Cic. Fam. XI, 5, 1 ; XIV, 3, 3. Att. VIII, 1, 2.
Tutelaris ist sowohl in der Bedeut. schützend, a\s auch in der Bed.
vormundschaftlich erst Sp. L., und findet sich in der letztern nur bei
Juristen. In der ersten werden die schützenden Gottheiten oder Schutz-
goitheitefi — dii tutelares genannt, und dieser späten Benennung be-
dient sich Ev. Otto, in seinem Buche de tutela viarum, häufig, wiewohl
man früher in der Kl. Prosa nur dii praesides, custodes, servatores,
oder quorum tutelae loca sunt (Liv. I, 6) sagte. Man vermeide daher
den Gebrauch des Wortes tutelaris so viel als möglich. Vgl. Weber's
Uebungssch. p. 41. — In der zweiten Bedeutung umschreibe man es
durch tutela oder tutor.
Tutor, der Vormund, wird meistens mit dem Dat., nicht mit dem
Ger/it. dessen verhunden, welcher bevormundet wird, also alicui {nicht
alicujiis) tutorem esse, institui, scribi, Vormund sein, zum Vormund
eingesetzt, ernannt werden, y^l. Cic. Att. XII, 28, 3. Verr. IV, 17.
Cluent. 14, 41 u. a.
Tutus, sicher, gesichert ; vgl. Tueri.
Tuns, dein, mit den Anhangssylben met und pte, ist nur ^. und
Sp. L., und darum zu vermeiden.
Typus bedeutet bei Cicero und spätem Schriftstellern nur allge-
gemein eine Figur, ein Bild ; aber seit Erfindung der Buchdruckerei
wurde es Kunstwort für die Lettern oder Buchstabenformen, und
kann recht wohl als solches zur Bezeichnung der neuen Sache ge-
braucht werden, mögen auch Einige (wie Muretus) dafür litterarmn
forma brauchen. Vgl. Excudere und Imprimere. — Gleich ^xiie Kunst-
w örter sind ferner iypographia und typographus, für welches letztere
man auch, wo es der Zusammenhang znlässt, das Wort operae, die Ar-
beiter, brauchen kann, wenn blos die Handarbeit berücksichtigt wird.
Durchaus verwerflich aber scheint mir, was die strengen Puristen,
z. B. Anton. Schorus und selbst Muretus dafür nehmen, nemlich //Ära-
rius, wie auch von Einigen der Buchhändler genannt wird, so dass
also dieses Wort heutzutage drei verschiedene Bedeutungen hat: der
782
Abschreiber, der Buchdrucker und der Buchhändler; die Rede kann
dadurch leicht unverständlich werden. Vgl. Librarius.
Tyrannts, tyrannus, tyrannicus, tyrannice. Nur selten und fast nur
in der Poesie stehen diese Wörter nach griechischem Gebrauche in
der Bedeut. König, Fürst, Regent, ohne bösen Nebenbegriff. Seitdem
aber die lateiii. Wörter rex, regius u. a. den Republikanern verhasst
geworden waren und ohne den ^^hcnhe^rx^ geivaltsam, grausajn n. dgl.
nicht gedacht wurden, erhielten auch jene griechischen Wörter den-
selben Sinn, und wurden in noch schlimmerem Sinne gebraucht, als die
lateinischen, so dass Cicero ( Verr. III, 48, 115) sagen konnte: ea quae
regle seu potius tyrannice statuit in oratores Apronius, — und Seneca
(Ep. 114) steigernd: animus noster modo res est, modo tyraniius;
uhi irapotens, cupidus, delicatus est, transit in nomen detestabile ac
dirura, et fit tyrannus. — Man brauche daher alle jene Wörter nicht
in griechischem Sinne, sondern nur in dem spätem, der sich auch bei
uns erhalten hat, vermeide sie aber, wo es geschehen kann, durch die
lateinischen rex, regius, dominus., dominatio, und wo der Begriff ^/•a?f-
snm deutlich hervortreten soll, setze man lieber crudelis, saevus, dirus.
Vgl. Weber's Uebungssch. p. 38.
Tyrrhenus und Tyrrhenia sind mehr P. Z»., für Etruscus, Etruria.
ü. U.
Ubertas, der Reichthum, die Fülle, verbunden mit dem Genit.
ingenii, des Geistes, wie es in Cicero's Rede pro Marc. (2, 4) vor-
kommt, bezweifelt Wolf als Ciceronisch, um einen Grund mehr gegen
diese Rede selbst zu haben; er behauptet, Cicero sage nur überlas
orationis und verborum. Da jedoch Quintilian. (X, 1, 109) ubertas
ingenii braucht, worin auch nichts Seltsames und Neues liegt, so ist
es hinlänglich geschützt.
Ubertim, reichlich, steht N. Kl. bei Seneca und Sueton., für abunde,
affluenter, copiose u. a. Gut sind uberius und uberrime.
libertäre, fruchtbar machen, und uberare, fruchtbar sein, kommen
N. Kl. bei Columella, dem Jüngern Plinius u. A. höchst selten vor,
für fecundum oder uberemfacere, ubertatem oder fecunditatem dare;
feriilem esse, fructum ferre u. a.
Vbi, wo, als Adv., bezieht sich fast nur auf einen Ort, nicht auf
eine Zeit., ausser wenn es für sich als Zeitpartikel steht; als Adv. ist
es in Beziehung auf einen Ort relativ. Unpassend wäre es daher, zu
sagen: nunc, ubi pax est, jetzt, wo Friede ist, für ciim; Ulis temporibzts,
ubi — , in jenen Zeilen, wo — , für quibus oder ciim; fuit quoddam
iempus, ubi — , für cmn (Cic. Inv. I, 2, 2); terapus veniet, ubi — , für
ciwi — und Aehnliches. Gleichwohl sagt Livius einmal (XXV, 38, 4):
et ne tum quidem, ubi — cogitandum est. — Es gibt viele Verba,
welche mit ab oder ej: aliqua re verbunden werden, bei denen also
das wo durch unde, nicht durch ubi zu übersetzen ist; z. B. wo der
Anfang zu machen ist, da werde er gemacht, unde (nicht ubi) necesse
est, inde (nicht ibi) initium snmatur. Ebenso kann bei Verben, welche
mit in aliquem locum verbunden werden, nicht ubi stehen, sondern
dafür muss quo, wohin, gesetzt werden; z. B. wobist du angekommen^
quo (nicht tibi) advenisti? Vgl. Th. I, §. 149. — Wenn in der Redens-
783
art: Wo war wohl Einer, der mir flicht beisfimmte? nicht nach einem
Orte gefragt wird, so ist es J). L., zn sagen: ?/6/fuit quisquam — ? für
num qtiis fuit — ? oder bJos qiiis fuit — ? Wo gibt es ein Maass der
Begierde in diesen Dingen? heisst nicht ubi est modtis — , sondern
quis est modus — ? Das verdoppelte ubi ubi, wo nur, hat in unab-
hängiger Rede nur den Indicat. bei sich, nicht den Coiijtmct,, obsclion
wir im Deutschen mögen einschieben können; z.B. die Seele, wo auch
nur ihr Sitz sein mag, sieht jilles, — tibi ubi est, nicht ubi ubi sit. — Als
Conjunction (der Zeit) bedeutet ubi meistens sobald als, und hat in
bestimmter Rede nur den Indicat., njcht den Co7ijunct. bei sich, wel-
chen man oft im N. L. findet, z. B. bei Terpstra (Anliquitas Homeri
p. 109) : ubi vero uxorem — reliquisset, sobald er aber die Gattin ver-
lassen hatte, für reliquit (Perf. Indic). Vgl. die Grammatiken.
Ubicunque, wo nur, hat, wie ubi ubi, in unabhängiger Rede den In-
dicat., nicht den Conjunct. bei sich, welchen man im N, L. nicht selten
findet; z. B. er wird, wo er nur wohnen mag, zufrieden sein, ubicunque
habital, nicht habitet. — Sowie aber tibi zuweilen mit quo vertauscht
werden muss, so auch ubicunque mit quocunque ; z. B. wo dunur einge-
kehrt bist, quocunque devertisti, nicht ubicunque, weil devertere nicht
mit i}i aliquo loco, sondern mit i?i aliquem locum verbunden wird.
JJbique, wo es auch sei, allenthalbeti, überall, fast gleich omnibus
locis und usquequaque, kann, wie ubi und ubicumque, nicht da ge-
braucht werden, wo, nach d,em dabei stehenden Verbo, überall so
viel ist, als voji allen Orten und Seite?! her, was undique heisst; z. B.
er sagte, was überall gestohlen (geraubt) worden sei, quid ztndique
(nicht ubique) ablatum sit; ich will überall Blümcheti pflücken, undique
(nicht ubique) flosculos carpam (Cic. Sest. 56, 119) — und so bei allen
Wörtern der Entfernung, des Aus- und Wegganges ; z. B. überall
sind Ausgänge, undique sunt exitus ; nimm entweder überall die Re-
ligion weg, oder halte sie überall, aut undique (nicht ubique) religionem
tolle, aut usquequaque (auch wohl ubique) conserva (Cic. Phil. II, 42).
• — N. L. ist ubique verbunden mit einem Getiit., wie z. B. Görenz u. A.
sagen : ubique codicum, in allen Handschriften, für in omnibus codicibus.
Ulcisci, rächen, wird mit dem personalen Accus., aliquem, verbun-
den, theils (und meistens) zur Bezeichnung desjenigen, a?i ivelchem
man sich rächt oder Rache nimmt, wen man (sich rächend) straft,
theils (aber selten und fast mehr P. L.) zur Bezeichnung desjenigen,
welchen, d. h. welchen Beleidigten und Gekränkten, man rächt. Und
so steht der Accus, aliquid, als sachliches Object, zur Bezeichnung
der That, welche man rächt, um welcher willen man sich rächt. Man
sagt aber nicht mit doppeltem Accus., aliquem aliquid ulcisci, sich
für oder wegen einer Sache an Jemanden rächen, sondern aliquem
pro aliqua re.
Ullibi, irgendwo, ist N. L., für usquam, uspiam, ullo, aliquo loco.
Vgl. Nullibi, was eben so A^. L. ist.
Ullus, Ei?ier, irgend Einer, Jemand, ist verschieden von aliquis
(vgl. mehr darüber in den Grammatiken), indem idhis mehr in nega-
tiven, aliquis aber mehr in affirmativen Sätzen steht. Daher kommt es
anch, dass nach dem negativen sine — ullus, aber nach dem affirma-
tiven non sine das Pron. aliquis folgt. Vgl. darüber unter Omnis. —
Unser gewöhnliches irgend Einer, wenn Einer nicht betont ist, heisst
784
blos nlhis, quisquam oder aliqtiis,'}Q. nach Verschiedenheit des Sinnes,
nicht ullus aliquis, wie neulich Einer schrieb : Juvenes in tilla allqua
philosophiae parte exercentur. Wenn aber Einer (in dem Ausdrucke
irgend Einer) betontes Zahlwort ist, so heisst es uniis aliquis oder
aliquis unus. — fVemi irgend Einer lieisst nicht si quis ullus, sondern
blos si quis oder si ullus. Vgl. Vorst. latin. mer. susp. p. 224. — Sonst
irgend Eijier heisst in einem negativen Satze alius ullus (ullus alius)
oder quisquam alius (alius quisquam).
Ullerius, als adverbialer Coraparat. von ultra, in der Bedeut. wei-
ter, mehr, drüber, ist fast nur P. L., und kommt in Prosa einmal bei
Quintil.vor, für ultra, worin schon jener Begriff liegt, oder für /owg^iw«,
umplius. iVIan sage nicht: progreditur ulterius, quam satis est, sondern
ultra, quam — ; nicht wie Mahne (Crito p.305): a ducentis et ulterius
abhinc annis, sondern abhinc amplius ducentis ayinis; nicht aliquid
ulterius persequi. Etwas weiter verfolgen, sondern longius — und
Aelinliches, was im N. L. vorkommt.
Ultimus, der letzte, ohne Rücksicht auf andere vor ihm, nur in
der Bedeut. der nächst vorhergehende, also in Bezug auf die Gegen-
wart, ist unlateinisch, für proximus, Jiovissimus, auch wohl superior
(vgl. Prior); z. B. der letzte Krieg, ohne Bezug auf frühere Kriege,
lieisst proximuni bellum, nicht ultimum; der letzte Brief (für die Ge-
genwart), proximae, novissimae, superiores litter ae, nicht ultimae; die
letzten sehn Jahre (von jetzt an gerechnet), anni decem proximi (Cic.
Att. VI, 2, 5) oder superiores, aber nicht ultimi, was z. B. richtig wäre
von den letzten zehn Jahren des dreissigjährigen Krieges. Vgl. Scliori
Phras. p. 827.
Ultio, die Rache, kommt Kl. erst seit Livius vor (z. B. VII, 30, 14;
XXXI, 24, 1); Cicero und Caesar brauchen es nicht, sondern be-
schränken sich auf ulcisci, vindicta, poena oder im Plur. poenae, wie
denn auch Kl. Poenae — die Rachegeister oder Furien hiessen. —
N. L. scheint zu sein: ultionem sumere ab aliquo, Rache nehmen an
Einem, für aliquem ulcisci, poenas ab aliquo petere oder repetere u. &.
Vgl. Schori Phras. p. 826.
U/(ro in Verbindung mit citro; vgl. unter Citro.
Ultroneus, freiwillig, steht N. Kl. nur bei Seneca (Qu. N. li, 59):
jussi an ullronei, für uliro, voluntarius, sponte; sonst ist es nur Sp. L.
Ulysses ist zwar zweifelhafte, aber jetzt sehr gebräuchliche Form
für Ulixes, welche allein sicher beglaubigt ist.
Umbilicus wird in der bildlichen Bedeut. Mitte, Mittelpunkt nie
anders als bei örtlichen, geographischen Angaben gebraucht, z. B.
Delphi, umbilicus Graeciae. Lächerlich ist es, zu sagen: invasit in
umbilicum hostium, für in medios hostes.
Umber ist als Subst., der Umbrer, richtig, aber als Adject. P. L.,
für Umbricus.
Umbracufum (und im Plur. umcracuta) bedeutet zwar bildlich auch
bei Cicero die Schulen (vgl. Cic. Leg. 111, 6, 14 und Brut. 9, 37), aber
immer nur im Gegensatze zu sol, also von der Oeffentlichkeit; daher
ist umbraculum ohne eine solche Vergleichung nicht geradezu für
schola, scholae, ludus litterarius zu brauchen.
Umbraticus, im Schatten befindlich, sich im Seh. aufhaltend, zu-
rückgezogen, vo?n grossen, öffentlichen Leben e?itfernt, ist N'. KL, für
785
umbratilis, was Cicero in denselhen Bedeut. braucht, entgegengesetzt
dem forensis ; und so ist vita umbratilis oft nur das stille, häusliche,
geräuschlose Lebern. Vgl. Cic. de Orat. I, 34, 157; 19, 64 und Klotz zu
Cic. Tusc, p. 211. Obgleicli Petron. (c. 2) oline bösen NebenbegrifF
(welchen keines der beiden Wörter hat) einen stillen, zu Hause lehren-
den Schulmeister oder Srhuliehrer umbralicum doctorem nennt, so
brauchte doch Ruhnken in seiner Rede de dociure umbratico — ■
diese Benennung in bösem Sinne, von einem Schulpedanten, was Mahne
(vgl. Ruhnk. üpusc. I, p. 114) mit Recht tadelt, da jeder Schullehrer,
sei er nun ein gelehrter oder ungelehrter, ein geschickter oder unge-
schickter, so genannt werden kann. Vgl. auch J. Fr. Gronov. Lectt.
Plautin. p, 93, welcher aber nicht für Ruhnken, sondern für Mahne
spricht.
Una, zugleich, werde nicht zur Verbindung zweier Praedicate
eines Gegenstandes gebraucht; dazu dient idem. Vgl. Simul.
Unanimis, einmülhig, einträchtig, i»t P. Form für unaTiimus, was
freilich auch nur einmal bei Livius (V'II, 21, 5), sonst nicht in Prosa
vorkommt und ebenfalls P. L. ist, für Concors, consentiens. Noch selt-
ner ist das Subst. unanimitas, wozu man nur ein A. L. Beispiel und
eins aus Livius (XL, S, 14) anführt; man brauche dafür concordia,con-
se?isus voluntattim oder senieniiarum. Sehr Sp. L. ist endlich unani-
■ndter, für uno oder omimim consensu, uno ore, uno animo, una voce;
auch Concors, concorditer, co?tcordissitue. — Alle jene Wörter sind in
guter Prosa nicht anzuwenden.
Uncinus, der Haken, die Klammer, ist Sp. L. Form für uncus, was denn
auch aliein für unser Klammern oA<£v Pareuthesenzeichemw brauchen
ist; im N. L. dagegen liest man oft: uncinis includere, für uncis in-
cludere. Uebrigens ist ^nc\\^iicus in dieser ßedeut, ein neues Kunst-
wort, und man kann dafür parenthesis nola oder signum brauchen.
Unde, woher, woraus, steht nur iu localer Beziehung, wohl nie aber,
um streng eine Ursache (weswegen) anzugeben; es bedeutet also nicht
um der Ursache willen, eleich qua re, qua de re, quocirca, ideo u. dgl.;
dennoch wird es im N. L. fälschlich so gebraucht. Vgl. Reisig's
Vorles. p. 468.
Uiidequaque oder undiquaque, von allen Orten her, ist N. L., für
undique.
Unguiculus. Die Redensart a letieris unguiculis, in der Bedeutung
von Kindesbeinen an, von der frühen Kindheit an, kann als griechisches
Sprichwort nicht ohne den Zusatz ut Graeci dicunt (Cic. Farn. I, 6)
oder ut in Graecorum proverhio est von uns gebraucht werden, mag
dies auch Muret. vielleicht nicht beachtet haben. Vgl. Klotz Sinte-
nis p. 136.
U?iice, einzig, als ZahlbegrifF, in der Bedeut. allein, nur, ist wohl
ohne Auctorität: es bedeutet nur vorzüglich, besonders n. dgl. Richtig
ist: unice amare, dil.'gere, laudare, C07?imendare, einzig, d, h. vorzüg-
lich lieben, hochachten, loben, empfehlen; aber falsch ist: hoc unice
verum est, für hoc unum verum est; haue lectionem unice (für unus)
recepit Muretus; Caesar consiliura suum cum Curione unice commu-
nicavit, für cum uno oder solo Curione; unice tantum verborum ratio
habebatur, nur allein auf Worte wurde Rücksicht genommen, wie
Mahne (Crito p. 257) sagt, für verborum. tantum ratio hab. Vgl. Diet-
50
786
rieh's Sinteni« p. 17. — Im N. L. findet man es liänfig so falsch
gebranclit.
Umctts mit einem ZahlbegrifFe, in der Bedeut. ein, einzig, kann
nicht bezweifelt werden; doch war sein Gebrauch in gnter Prosa be-
schräiiitt auf die Verbindung mit fi/ius, filia und maritus (vgl. Cic.
Rose. Am. 14, 41. Verr. I, 41, 104. Farn. IX, 20, 3. Rep. 111, 10 u. a.).
Etwas weiter ausgedehnt war der Gebrauch vielleicht bei Dichtern;
sonst bedeutete es, wie das Adv. unice (unser einzig) — vorzüglich,
ausserordentlich. ■ — Wo aber eirizig nur für allein. Einer, blos steht,
da brauche man nicht unicus, sondern unus oder solus ; z. B. dieser
ei?izige Umstand tröstet mich, haec una res, \\\c\\t unica; dieses Einzige
hätte ihfi abhalten sollen, hoc unum — ; er war der Einzige, welcher
es wagte, iste unns ausus est; es kam kein Einziger, nemo unus\^\ni;
ihrn steht keine einzige Sache im Wege, nulla res una — ; irgend ein
Einziger, unus aliquis oder aliquis unus — und mehr dgl. — FJinzig
in seijier Art heisst meistens singularis.
Uniformis, einförmig, kommt (ausser in Tacit. Dial. 32) nur Sp. L.
vor, für Simplex, unius formae ; — ebenso uniformitas , die Einförmig-
keit, für simplicitas.
Unigenus, von einem Geschlechte, als Adj., kommt nirgends vor,
für unius generis. Nur das Subst. unigejia (gebildet wie indigena,
Trojugena), in der Bedeut. einzig, ein- und allein geboren, braucht
Cicero (im Timaeus) von der Welt; sonst ist es nur P. L. und kaum
nachzubraucheu. — Ganz Sp. L. ist unigenitus, eingeboren, einzig, für
unicus; als altes heiliges Beiwort Christi mögen es die Theologen
beibehalten.
U/ilmodus, von einer Art, einfach, ist Sp. L., für unius modi (Cic.
Att. IX, 7,5).
Unio als Masc, bedeutet im bessern Latein die Perle; aber als
Femin. ist es Sp. L. in der Bedeutung Einheit und Vereinigung, für
unitas; conciliatio, conspiratio, co7}SOciatio, concordia u. a.
Universatis, allgemein, findet sich erst A'^ Kl. bei Quintilian. und
dem Jüngern Plinius neben nniversus und generalis; es ist rbetorisches
Kunstwort, welches jener dem Subst. praeceptum beilegt, also eine
allgemeine Vorschrift, und dem Subst. qtiaestio, eine allgemeitie Frage.
Man vermeide es. — Nirgends findet sich bei einem guten Lateiner
heres universalis, ein Universalerbe, wie man heutzutage sagt. Vgl.
Heres. — Sp. L. sind universaliter und universatim, im Ganzen, ganz^
für generatini, universe, communiter, in Universum. Vgl. Generaliter.
— A. u. Sp. L. ist auch universim. — Unser Kunstwort Universal-
mittel, nemlich ein ärztliches, drückt Cic. (Verr. 111, G5) durch das
griechische Wort panchrestum aus — med.icamentum panchrestnm ;
doch nennt er so nur scherzhaft das Geld. Daher möchten wohl Ufii-
versalpillen auch pillulae panchrestae genannt werden können.
Universitas ist Kl. und gut in der Bedeutung die Gesammtheit, das
Ganze, der Gesammtumfang ; es wird bei Cicero mit dem Genit. rerum
verbunden, in der Bedeut. Weltall. Neu aber ist es in der Bedeutung
Universität ; solche waren den Alten (in unserm Sinne) ganz unbe-
kannt, denn die Benennungen Academia (vgl. dieses Wort) und Ly-
ceum deuteten nur etwas Aehnliches an ; sie können also für Anderes,
was ihnen ühnlicher ist, angewandt werden. Andere übersetzen Uui-
787
versität. zu uiibeslimmt tind allgemein dnrcli sedes litternrum, denn so
kann jede Gelelirteiischule genannt werden. In Italien und anderwärts
nannte man sie im sechszehnten Jahrhundert sttidia generalia, auch
wohl oline das Ädject., blos sti/din, z. B. Studium Bononiense, Pata-
vinum, Ticinense \i. dgl., die Universität zu Bologna, Padua und Pavia;
doch ist dies schwerlich heutzutage verständlich, und wenigstens eben
so neu wie unii^ersitas mit und ohne den Zusatz litteranim oder lil-
teraria (wie bei Ernesti Opusc. orat. p. 3); dennoch nennt F. A. Wolf
die holländischen Universitäten unbedenklich universitates Batavas.
Vgl. Weber's Uebungssch. p. 85.
Universus ist das beste Wort für unser allgemein, Aera Besondern
(proprium) entgegengesetzt. Als Adv. brauche man universe (nicht
vniversim, was Sp. L. ist) oder (was Livius braucht) in Universum,
im Allgemeinen. xAls Zusatz zu einem Subst. passt aber weder nyii-
verse, noch in Universum, sondern nur das Ädject. universus, ver-
bunden mit dem Subst.; z. B. die Gewalt des Redners im Allgemeinen
und Besondern, universa et propria oratoris vis (Cic. Orat. I, 15, 64);
von der Philosophie im Allgemeinen, de universa philosophia (Cic.
Tusc. III, 3, 6). Wenn Döring (Comment. p. 133) das deutsche im
Allgemeinen von der wissenschaftliche?i Cultur durch in Universum
de litterarum cultu ausdrückte, so sagt Wüstemann dafür viel besser
de universo litterarum cultu. Auch sind generatim, omnino und com-
tminiter als gleichbedeutende Adverbien zu brauchen. Vgl. darüber
Heusing, zu Cic. OfF. II, 10, 6. Stürerab. zu Cic. Arch. p. 190. Kühner
und Klotz zu Cic. Tusc. III, 3, 6.
Unoculus, einäugig, ist A. L. und selten für luscus.
Unus, ein, einer, hat als Zahlbegriff im Gegensatze zu Mehrern,
in Verbindung mit einem substantivischen Worte, z. B. einer der
Bürger, einer unter oder von den Bürgern, nur selten in Prosa
(einigemal bei Livius u. A.) den Zusatz im Genit. bei sich; also nicht
unus civium, sondern gewöhnlich unus de oder ex civibus. Im TV. L.
ist der Genit. sehr gebräuchlich. Man sage lieber unus ex militibus,
e discipulis, e magistris, una ex urbibus, e deabus, efe?ninis, unum ex
oppidis — als unus militum, discipulorum n. s. w. — Wenn aber ?itius —
der eine, und uni — die einen, in Beziehung auf alter oder alteri, alius
oder alii, bei Abtheilungen, bedeutet, so hat es wohl nur den Genit,
bei sich; und so sagt Caes. (B. G. I, 1): Gallia est divisa in partes
tres, quarum unam (von welchen den einen) incolunt ßelgae, aliam
Aquitani, tertiam — ,- Cic. (Flacc. 27) : Tria Graecorum genera sunt,
quorum uni (von welchen die einen) sunt Athenienses — . N. L. ist
unus ex utrisque oder ex ambobus. Einer von Beiden, für alter ut er ;
Einen von uns Beiden., alteruter nostrum ; Einer von diesen beiden,
alteruter horum. — Einer ist besser, als der Andere heisst, wenn von
Zweien die Rede ist, alter altero melior est, wenn aber von Mehrern,
alius alio melior est ; hier wird nicht unus gebraucht. — Eins nach
dem Andern heisst entweder aliud post aliud oder alterum post al-
terum — und so in ähnlichen Ausdrücken. Jedoch sagt Cicero gern in
demselben Sinne primus quisque, prima quaeque, primum quidque, und
bei folgendem Subst. primum quodque ; z. B. wir wollen Eins nach dem
Andern betrachten, primum quidque consideremus; ein Thier nach
dem andern, primum quodque animal — und so in ähnlichen Aus-
50*
788
driicken, wenn von einer geregehen, naturgemässen Reihenfolge die
Rede ist, während hei einem zufälligen auf einander — alias post alium
richtig ist. Vgl. Inv. I, §. 33. Fani. XII, 1. N. D. I, §. 77 und andere
Stellen, welche Madvig (zu Cic. Fin. II, 32, 105) anführt. — Wo wir
sagen : jetzt das Eirie, was noch übrig ist, sagt man jain quod unuin
reliquum est, nicht jom unum, quod reliquum est. — Wenn Einer dem
Sinne des Satzes nach distributiv zu denken ist, z. B. Einer aus jeder
Klasse, aus jedem Heere u. dgl., so sagt man singuli ex singulis clas-
sibus, ex singulis exerciiibus, nicht unus ex quaque classe, ex quoque
exercitu. Vgl. Cic. Rep. II, 9. — Einer in dem Sinne von irgend Einer
heisst aliquis, nicht unus, und irgend Einer mit Hervorhebung der
Zahl der Eiyiheit — unus aliquis ( Cic. Off. II, 12, 41 ) oder aliquis
unus (Rep. 1,32). — Dagegen bleibt ein (unus) uniibersetzt in Re-
densarten, wie: ein Jahr vorher (nachher ), anno ante (post) (Cic.
Cluent. 49, 137); selten sagte man uno anno ante (post); vor einem
Jahre, ante annum, nicht atite unum annum (Plin. Ep. VIII, 23, 7).
— Lieber uno verbo, mit einem Worte, vgl, Verbum. — Endlich fügt
auch der Lateiner selten zu unus noch tantum hinzu, ähnlich dem
deutschen //?/;• Einer, indem mehr solus zu unus als Verstärkung hin-
zutritt. Vgl. Matthiae zu Cic. Sest. 19, 43 u. 61. Wir sagen z. B. mir
das Eine wage ich zu schreiben, im Latein, aber blos unum illud audeo
scribere; nur der eine Trost, unum illud solatium; nur eifi Mittel, una
ratio (Cic. Farn. VI, 21, 1); wenn er auch nur einen griechischen
Buchstaben gekannt hätte, ^\ unam litteram graecam scisset; Nichts
als nur das Eine, nihil praeter unum (Cic. Sest. 13. 8) und so ähn-
liche. — Auch hier weicht Livius einigemal ab, z. B. XXXIV, 9, 5 una
tantum porta.
Unusquisque, jeder, bezieht eich nie auf zivei, sondern nur auf
mehrere Personen; daher \\e\s^i jeder vofi beiden, d. h. beide, uterque ;
z. B. er lohte jeden (von zweien), utrufuque laudavit, aber \on mehrern
— unumquemque laudavit.
Urbs, die Stadt. Zur Bezeichnung einer Stadt dient entweder der
Narne derselben allein, ohne urbs, oder er tritt in gleichem Casus zu
urbs hiuzu; aber der Name wird weder im Genit., noch als Adject.
zu urbs gesetzt; z. B. die Stadt Sijracus entweder urbs Syracusae oder
blos Syracusae, nicht ?irbs Syracusarum, noch auch urbs Syracusana,
was man im Ä^. L. nicht selten findet. Der Genit. ist nur P. L., z. B.
bei Virgil. urbs Patavii, oder er wird gesetzt, wenn die Stadt von
ihrem Gebiete (ager urbis) abgesondert gedacht werden soll, wie bei
Cic. Att. V, 18, 1 Cassius i?i oppido A7äiochiae cum omni e.xercitu — ,
wo oppidum Antiochiae dem Gebiete der Stadt entgegensteht. — Das
Adject. findet sich nur bei Rom — urbs Romana, für urbs Roma, in-
dem sie als Hauptstadt des römischen Reiches vorzugsweise die rö-
mische Stadt, d. h. die Stadt der Bürger Rom's genannt werden konnte;
nirgends aber findet sich urbs Athe?iiensis, Corinthia, Thebana, Ca-
puana, Byzantina u. dgl., für Athenae, Coriitthus, Thebae, Capua,
Byzaniium. Man sage also nicht, wie es im TV. L. geschieht, urbs
Berolinensis, Francofurtana, Lipsiana, Vindobonensis u. dgl., sondern
Berolinum, Francqfurtum, Lipsia, Vindobona. Vgl.Weber's Üebungssch.
p. 255. — Man hüte sich aber auch, eine Stadt zu personificiren und
sie als thätig und schafTend darzustellen; für urbs (Stadt) muss viel-
789
mehr civitas, ci'ves (die Bürgerschaft) oder incolae (die Einwohner)
stehen. Man sa^e also nicht nach dem Deutschen : zum A71 denken dieser
That feierte die Stadt ein Fest, in hiijzis rei niemorimn urbs dient festiiin
e^it, sondern civitas oder cives ; Muret hielt im Auftrage der Stadt
Rom eine Rede, nicltt mandatu oder j?/ssn iirbis Romae, sondern, wie
er seihst nach alter feierlicher Art richtig gesagt hat, jussu Senatus
populique Romani; weniger feierlich hätte er dafür jtissu civium Ro-
manorum sagen können.
Urgere, drücken, drängen. — N. L. ist die Redensart verhuni ali-
quod urgere, in der ßedeut. auf ein Wort den Nachdruck legen, in ei-
nem Worte etwas Bedeutsames suche7i; dies oder Aehnliches wurde
nie durch urgere ausgedrückt, mehr durch premere. Gut (aber in
einem andern Sinne) ist aliquem verbo urgere. Einem mit Worten stark
zusetzen, wofür auch (weniger stark) verbo premere gesagt wurde.
Usitare, gebrauchen, kommt nirgends in acticer Form vor, son-
dern nur in passiver ; als Deponens ist es nur Sp. L. und findet sich
nur bei Gellius, aber auch nur im Perfect., usitati sunt, für usi sunt,
sie haben gebraucht. Es ist von diesem Verb, nur usitatus üblich, als
Adject., in passiver Bedeutung, gebraucht, gebräuchlich, gewöhnlich;
dies ist Kl. und gut, aber weiter kann das Verbura nicht angewandt
werden, nicht einmal in passivem Sinne, wie es der jüngere Burmann
(z. Propert. Eleg. p. 252) braucht, indem er sagt: quod verbum a Cali-
gulae imperio coepit usitari.
Uspiam und usquam, irgendwo, an eiyiem Orte; jenes wird mei-
stens in bejahejide7i, dieses in verneinenden Sätzen gehraucht, v/iewohl
auch das erste in verneinenden Sätzen einigemal vorkommt, wo es je-
doch als richtig von Einigen bezweifelt wird. Vgl. Änmerk. zuMureti
Oper. T. I, p. 255 und GraufFzu Bunell. Epist. p. 703.
Usque, bis, als Praepos. mit dem Accus., ist nur selten und mehr
N. AI., für usque ad; z. B. bis ans Capitol, usque ad Capitoliu?n; bis
an den Ocean, usque ad Oceanum ; bis nach yiegypten, usque ad
^egyptum, — nicht ohne ad. Bei Städtenamen sagt man aber usque
ad, wenn bis so viel ist als bis in die Gegend, bis in die Nähe dar
Stadt, z. B. usque ad Nuinantiam (Cic. Dejot. 5), usque ad Iconiuin
(Farn. 111, 8, 4), dagegen ohne ad in der Bedeut. bis fuich, z. B. 7/sque
Romam, bis 7iach Ro/n u. a. Vgl. Reisig's Vorles, p. 216. — Bis jetzt,
bis auf den heutige/i Tag heisst usque adhuc (Cic. Rep. II, 20), usque
ad hunc die7n, sehr Sp. L. usque ad niuic, I). L. usque nunc und usque
huc, was Muret. braucht. Vgl. Anmerk. z. Mureti Oper, T. II, p. 80.
127 u. 207. — Auch findet sich nirgends usque huc vom Orte, bis
hierher, wiewohl illuc usque, bis dorthin, vorkommt. Vgl. Morhof de
pura dict. p. 235. — Selten und vielleicht nur bei Martial. kommt
usque et usque, im77ier und immer, vor, was Muret. einigemal braucht.
— P. u. Sp. L. ist in, tra7is oder ad 7isque mit einem Accusat., z, B.
in (ad) ttsque coelum, für in oder ad coelu77i tisque ; ebenso sagt man
nicht trans ttsque Alpes, sondern tra/is Alpes usque (Cic. Quinct. 3).
— Bis auf Ei7ien, \n der Bedeut. Einen ausge7iommen, heisst nicht
usq?ie ad unu7n, sondern praeter U7ium. Etwas Anderes ist om7ies ad
tmuni, was Alle zusamme7i. Alle mit einander. Keinen ausgeno7n77ien
bedeutet. Vgl. noch über usque Weber's Uebungssch. p. 11.
790
Usfialis, gehräuchUch, gewöhnlich, übHch, ist ganz Sp X., fiir ;/»i"-
tatus, nsu receptus ii. a.
Ustirpare ist in der Bedeiit. gebrauchen, benutzen, anwenden Kl.
und gleichbedeutend mit uü, ohne gehässigen IN'ebenbegrifF. Dies
wird mit Unrecht von Einigen bestritten; aber selbst vocem, vocabn-
Ivni Hsurpnre ist nicht anstössig, obgleich man freilich besser dafür sagt
uti voce, vocabulo. — N. hl. aber ist es in der Öedeut. sich anmassen,
wicieriechtlich gebrauchen, fiir sibi arrogare, sibi vindicare, nbuti; so
brauchen es Sueton., Tacitus u. A, — Auch das Subst. usurpatio bedeutet
KL nur Benutzung, Atiwendung, N. KL widerrechtliche Anmassung.
Nirgends aber steht es in dem Sinne von Bedeutung (eines Wortes),
wie es Muret. (V. L. XI, 5) braucht, fiir significatio. — Die Subst.
Usurpator und usurpalrix sind erst ganz Sp. L., und zwar mit geliäs-
sigem Sinne, der, welcher sich widerrechtlich Etwas atitnasst ; sie sind
durchaus zu verwerfen und durch qui, quae sibi arrogat, vindicat zu
ersetzen. — A. L. ist usurpare aliquetn oculis, Einen sehen, was wir
in guter, edler Prosa schwerlich nachbrauchen dürfen.
Usus, der Gebrauch u. a. — N. Z.,a!)er ganz alltäglich ist usus lin-
guaein der Bed. Sprachgebrauch ; doch kommt es so nirgends bei einem
guten Lateiner vor, für co7isuetudo sermonis (Cic. Tusc. 111,5, 11), con-
suetJido loquendi (ib. 111,7, 14. Orat. 111, 11, 42. Varro L. L. IX [VllI],
11, 17. p. 202 ed. Müll.); unser Sprachgebrauch, sennonis noslri con-
suetudo (Cic. Orat. II, 4, 17); der alltägliche Sprachgebrauch, usus quo-
tidiani sennonis (ib. 111, 3S, 153); der allgemeine lateinische Sprach-
gebrauch, mos omnium latine loqueutinm (Fin. II, 4). Vielleicht sagte
man auch nicht usus loquendi, was wenigstens bei Cic. (Orat. 48, 160)
nur den Gebrauch, Wörter auszusprechen bedeutet. — Streifig ist, ob
usu venire oder usu evenire, in der ßedeut. geschehen, begegnen, wider-
fuhren, richtiger sei; da aber für das erste alle hessern Handschriften
sprechen, so wird es jetzt vorgezogen. Vgl. Orelli zu Cic. Tusc. p.355.
Klotz Sintenis p. 100 und Dietrich's Sintenis p. 45. Das andere, usu
evejiire, zieht Lindemann vor in seinem Progr. de formulis usu venire
et usu evenire (auch im N, Archiv. Jahrg. I, p. 135).
Ut steht in der Bedeut. wie nicht in einem directen Fragesatze;
ivie geht es dir? heisst also nicht ut agis? sondern qiiid agis? — Ut
ist falsch nach tarn, so, so sehr, in der ßedeut. wie, d. h. als, für quam;
z. B. das Ueberflüssige zu hören schadet nicht so, wie das Nöthige
nicht zu wissen, — no7i tum obest, quam (nicht ut) ignorare neces-
saria. — Falsch ist ut et, ut etiam, wie auch, ferner auch^ zur Verbin-
dung zweier Wörter (nicht zweier Sätze), für item, itemque, et oder
atque item, nee minus; z. B. die Finsternisse der Somie, wie auch des
Mondes heisst nicht: defectiones solis, ut et lunae, sondern itemque
lunae. Eben so wenig sagt man ut nee, ut neque, wie auch nicht, wie
Burmann (zu Petron. p. 407) sagt: Hoc epigramma, ut nee sequentia
huc non pertinere certus siim, für non magis quam sequentia oder
tarn hoc epigr. quam sequentia. Auch können die mit item synonymen
Ausdrücke perinde ac, aeque ac, pariter ac für ut et angewandt wer-
den. Vgl. Webers Uebungssch. p. 217. — In der Redensart je mehr
Einer - desto — wird KL entweder quo, quis - eo mit Comparativen.,
oder ut quisque - ita mit Superlativen gebraucht, nur selten und we-
niger gut das letztere mit Comparativen, wie es N. Kl. bisweilen vor-
791
kninint. So sa§:t Muret. (Oper. T. I, p. 176): tit quaeque res plura et
ceitiora illius vestigia retiiieret, /Va esse eam jjerJectiore?n, iür ut qitae-
qiie res plurima et certissima illius vestigia retineret, ita esse enmper-
fectissiniam ; und Eriiesti vereinigt gar beide, indem er (Epist. ad
Stiglit. p. 180 ed. Matthiae in Eloquent. lat. exemplis) sagt: quo quis-
que hiimiliori loco natus est, ita htimilius de Consule Cicerone sentit
(für ut qnisque hiimillimo loco natus est, ita humillime de — ), was Mat-
thiae als unklassisch verwirft. — Das doppelte iitut, in der Bedeut.
wie auch immer, scheint nur A. L. zu sein; es kommt einigemal bei
den Komikern vor, aber in einem unabhängigen Satze nur mit dem
Indicat., nicht mit dem Coujunct., den man im N. L. findet, selbst bei
Muret., welcher utut sit (für ututest) geschrieben hat. Vgl. Vavassor.
Antib. p. 6j3 u. Fäsi zuMureti Var. Lectt. T. II, p. 297. — Aus Cicero
wurde sonst angeführt Fam. XVI, 18. aber dort steht jetzt blos ut
est, nicht mehr utut est. Ganz zweifelhaft ist in der Stelle ad Att. XV,
25 utut sit, zu welcher Orelli zu vergleichen ist. Man brauche dafür
utcutnque. — Verwechselt werden oft ul non und ne; vgl. die Gram-
matiken. Falsch ist z. B. ut non longius discedam, um nicht weiter ab-
zuschweifen, für ne longius disced., und was Wolf (Analect. I, p. 490)
anführt: Tandem (für denique) mihi precandi (für rogandi) sunt le-
ctores, ut variis defectibus libri aequi bonique consulere non de-
dignentur, für ne dedignentur. — Damit desto heisst nicht ut eo, son-
dern quo; z. B. damit du desto leichter Rath geben könnest, quo facilins
consilium dare possis, nicht ut eo facilius — . Wenn wie so viel ist, »Is
von welcher Art, und wenn es also eine Eigenschaft eines substanti-
vischen Wortes enthält, so ist es besser durch q?ialis, als durch ut
zu übersetzen; z. B. wie hast du ihn kennen gelernt? qualem eum co-
gnovisti? nicht ut. — In der Redensart wie Keiner grösser (u. dgl.)
sein kann und ähnlichen, als Zusätzen zu näherer Bestimmung eines
vorausgehenden so (sie, tarn), sagt der Lateiner ut qui oder quam qui
mit einem Superlat.; z. B. te sie colara — tit quem diligentissime, —
wie Keinen mehr, oder als ich nur Einen ehre (Clc. Fam. XllI, 62);
tam si/m arnicus rei publicae, quam qui maxime, — wie 7mr JEiner oder
wie Keiner mehr, Keiner in höherm Grade (ib. V, 2, 6) ; ego sum tam
mitis, quam qui lenissimus, — ?/'?e Keiner sanftmüthiger sein kann
(Süll. 31, 87), und so noch oft bei Cicero, z, B.'Off. III, 4. Fam. XIII,
3; vgl. auch oben unter Quam.
Utcumque, wie auch mir, wie auch immer, hat in unabhängiger
Rede den Indicat., nicht den Conjunct. bei sich, welchen man nicht
selten im iV. L. findet; Muret. hat sogar einigemal ohne Ursache ut-
cumque sit, wie es auch nur ist oder sein mag, geschrieben. In guter
Prosa bildet es mit einem Verb, einen eignen Satz, mit welchem ein
anderer in Verbindung steht. Erst N. Kl. bei Tacifus wird es als ad-
verbialer Zusatz zu einem Adject. oder Verb, gesetzt, in der Bedeut.
so gut es geht, so gut es ging ; und so braucht es auch Mahne gern,
z. B. Crito p. 25, 5 eum — utcunque pertuli; ib. p. 257 tantum ver-
bornm ratio iitcunque habebatur. Vgl. Bötticher Lexic. Tacit.
Uter, wer von Beiden? — Wo nur kurz tver oder welcher (nicht
von Mehrern, sondern nur von Zweien) gesagt wird, brauche man
der Kegel gemäss ^iter, nicht quis; z. B. wer oder welcher ist besser?
welcher ist schlechter? uter est melior? uter deterior ? — Wenn in dem-
792
selben Satze noch der Andere steht, so heisst dies wieder vier, uicJit
aller; z. B welcher von Beiden hat dem andern nachgestelll? uter
utri{\nc\\\ «//er/'J insidias fecit? (Cic. Milo9.23). Vgl.Caes. B.G. \,44.
Liv. XL, 55, 3. Horat. Epist. II, 1, 55. — Daher sagt Muret. in einem
Briefe falsch: uter o/feri pratstet, wer V07i Beide?/ den Ander// über-
träfe, für fiter uiri praestet. — Nur P. L. wird dem fragenden nter
noch das fragende ne angellängt, vas in Prosa nie vorkommt, ansser
bei der Fragpartikel utrm/i. — Ohne alle Auctorität ist //lerr/am?
welcher vo/i Beide// den?/? als stärker fragend, wie quisnam, für q/iis;
es kann, da sich kein einziges Beispiel dafür findet, nicht gebraucht
werden.
Uterque, jeder von zweien, beide, und der Piur. utriqne, beide,
werden nach dem häufigem Gebrauche so unterschieden, dass der
Sing, von zirei eiz/zel/ze/i Gegenstände/i gebraucht wird; z. B. beide
Bedner (Demosthenes und Cicero), teterq/ie orator ; beide Heere (das
römische und sabinische), vterque esercit/is, — der Pl/ir. aber von
zirei Pa/'theien oder Ha//fen, welche beide selbst im Plnr. stehen;
z. B. beide (die Stoiker und Epicuräer , die Bömer und Sabi/ier, die
Bed//er und die Dichter n. dgl. melir), ulriq//e. — Wenn der Sing.
uterque, sei es nun allein, oder mit einem Subst. verbunden (z. B.
uterque oralor, beide Bedner, eigentlich je(/e?" von de?/ zwei Bedner?/),
das Suoject im Satze ist, so richtet sich das Verbum A'l. fast nur nach
dem AVorte uterque, und stellt, wie dieses, im Sing., nicht im Plttr.; —
ist uterque mit eiriem Subst. verbunden, so wird /iterque als Collectiv.
gedacht, und so findet es sich bei den Historikern, wie Caesar, Livius
u. A. der Deutlichkeit wegen oft. Man sage also nicht: vterque nie
a/naf/t, Beide lieben ?/iich, sondern lieber ?//e ar/iat; nicht /iterque
orator pl/irirni/m excellunt, beide Bed//er zeich//e// sich a?n meisten a//s,
sondern pl/i/i//i//7/i excellit ; so spricht wenigstens Cicero fast immer.
Vgl. Zurapt's Gramm. §. 69. Nr. 1, p. 269. Kritz zu Sallust. Catil. 6,2;
49, 2 und Reisigs Vorles. p. 324. — Cicero weicht von dieser natür-
lichen und logischen Verbindung des Verbi im Sing, mit einem Sin-
gular-Subjecte (ein solches ist uterq/ic) nur in Conjunctionsbeisätzen
und in copulativen Zusätzen bisweilen ab, indem er z. B. (Fin. I,5,]3)
sagt: quorum i/tru//\qi/e audivi, cum mihi nihil saue praeter seduiifatem
probare?/t, für probaret, mit Bezug auf /itru/nque, — und (ib. 11, 1):
hie cum //lerque me int/ieret/ir, worauf er fortfährt: seseque ad
audiend//m sigi/ificare?/t paratos, für significaret paratu/n ; — dieser
IJebergang vom Si/ig. zum Plur. ist sehr natürlich. — Mit uterque
(in welchem Casus es sei) verbindet sich ein S/ibstunt., Adject. oder
Participiw/i nur im Singul. in gleichem Casus, nicht im Plur.; z. B.
uterque orator, /itiiusq/je oratoris u. s. w., beide Bed?/er, beider Bed-
ner; uterque civis, beide Bürger; uiraque fe//ii//a, beide Weiber; uter-
que Über compact//s, beide geb?/?ide//e Bücher, — nicht, wie Mannt.
( Epist. IV, 17) sagt: ntrui/ique (librum) satis apie co?//pactos (für
cofiipactum). Wenn aber ein Prono/ne?/ hinzutritt, wie wir, ihr, diese,
jene, welche, so wird es im Ge?/it. Plur. beigefügt; z. B. uterq//e 7/0-
str/i?n, wir beide; uterq/ie vestr/im, horu?n, illoru/n,ihr, diese, jene bei-
den; quorum uterque, welche beide, — nicht ego oder nos uterq/te
o<l('r t/triqve u. s. w. Falsch sagt daher Ingerslev (z. Homer. II. IV,
375): h/i/ic utr/i/nque Adrastus generös sibi fecit, iurhor/i/n utru/nque
793
Adr. generum ßibi fecit; tnxl H. A. Schott (z. Dionys. Hai. Ars rlietor.
p. 84): qtii ziterque vult, für quorum uterque. — Dagegen stellen Sab-
stantiveji fast nie im Gcnit. dabei, sondern, wie oben erwälint. in
gleichem Casus; man sagt also nicht z. IJ. uterque milititm, beide Sol-
duien, sondern uterque viiles ; nicht uterque oratorum, beide Redner,
sondern uterque orutor. — Selten ist (wie Li\ius XLll. 10, 11 sagt):
patres utrique consulum (für consuli) infensi. — Wenn aber uterque
nostrum, ivir beide, und uterque vestrum, ihr beide, Subjecte zu Ver-
ben sind, 80 folgt, da uterque das Hauptwort ist, Kl. oder in der bes-
sern Prosa das Verbura nur in der dritten Person im Sing., nicht aber
bei dem ersten die erste Person im Plur. und bei dem zweiten die
zweite Person im Plur., was nur P. L. und N. Kl. ist; Tacitus z. U.
sagt (A. XIV, 54): uterque (nostrum) irnplevimus, was im N'. L. zu
oft nachgebraucht worden ist. Man sagt Kl. uterque nostrum audivit,
implevit, wir beide haben gehört, haben erfüllt, nicht audivimus, imple-
vimus ; uterque vestrum consenlit, probat, ihr beide stimmet ein, billiget,
nicht consentitis, probatis. — Wenn daher im Satze noch ein Pronomen
seih auf das Subject znrückbezieht, so kann es nur das Reflexiv, der
dritten Person sein; z. B. wir beide nahmen diese Vertheidigiuig über
uns, uterque nostrum hanc defensioneni sibi (nicht nobis) suscepit. Vgl.
Cic. Snll. 4, 13. — Wenn in dem Satze ein auf die beiden bezügliches
einander vorkommt, so kann allerdings wieder (wie die Lateiner das
Wort in andern Fällen zu wiederholen pflegen) uterque gesetzt wer-
den, z. B. bei Caesar (B. G. Vll, 35): cum uterque utrique esset exer-
citus in conspectu, da beide Heere einander gegeni/ber standen : Terent.
(Phorra. V, 3, 17): quia uterque utrique est cordi; Varro (Fragm.
p. 131 ed. Durdr.): uterqzie (accusator et reus) utrumque vituperato;
— aber auch alter, was Cicero und Andere fast natürlicher brauchen.
Vgl. Cic. Tusc. II, 5, 13 ita est utraque res sine altera debilis. Off. 1,14
quorum uterque suo studio delectatus contempsit alterum (einander,
Einer den Andern). Quintil. XI, 3, 168 cum uterque alteri objiciatu. a.
— Das deutsche der Eine oder Beide heisst nicht alter aut uterque,
sondern alter ambove (Cic. Phil. V,19), — und wenn in der Apposition
von zwei Personen gesagt wird beide, z. B. Censoren, so heisst dies
niclit 7tterque censores, sondern duo cetisores, z. B. bei Cic. (Cluent.
42, 120): L. Gellius et Cn. Lentulus, duo censores.
Was aber den Plur. utrique betrifft, welchen wir auch durch
beide übersetzen, so steht er theils bei den Subst. Plural, tantum, z.B.
utraeque litter ae, beide Briefe; utraque castra, beide Lager; utraeqne
Thebae, beide Thebe?i, — theiis wenn von zwei Partheien, zir ei Hau-
fen, zwei Völkern u. dgl., welche in der Mehrzahl genannt werden, die
Rede ist. Nur selten findet es sich (aber dennocli sogar einigemal bei
Cicero, z. B. Ligar. 12, 26. Verr. IV, 14, 32), dass utrique im Plur,
sich auf zwei Kinzelne bezieht; jedenfalls ist dies als selten und unge-
wöhnlich nicht nachzuahmen. Vgl. auch Zumpt zu Cic. Verr. III, 60,
140. Im N. L. aber findet es sich so; Benibus sagt z. B. (Epist. p. 682):
quoniam utrique senes snmus, für quouium uter(:ne nostrum senes est,
und ib. p. 485 qtii 7ws utrosque diligif, für qui utrumque 7wstru?n diligit ;
IVluret. (Expl. Cic. Catil. I, 9): quae utraque dogmata, welche beide
Lehren, für quorum dogmatum zitrumque, wie Cic. (Verr. V, 22, ö6)
sagt: quarum civitatum utraque foederata est, ivelche beide Staaten
794
verbündet sind. — Zn dem Phir. ntrique tritt nie ein Genit., auch '
nicht der der Pronomina hinzu, und daher kann wir, ihr, diese, welche^
wenn sie mehr als zwei Einzelne enthalten, nicht durch Genitiven aus-
gedrückt werden, sondern diese Pronorairia sind in gleichen Casus mit
ntrique zw setzen; also nos, vos, hi, Uli, qiii ntrique, 7vir, ihr, diese, jene,
welche beide. Vgl. Cic. Orat. III, 26, 102. Catil. II, 9, 20 u. a. Zweifel-
haft und streitig ist die Stelle in Cic. Farn. XI, 21, 5 ab utrisqiie ve~
strum, verglichen mit Brut, in Cic. Farn. XI, 20, 3 ab utrisque nobis.
Uli, gebrauchen, wurde ^. L. mit dem Accus., aliquam rem, ver-
bunden; diese Verbindung ist aber für die Ä7. Prosa veraltet, und es
wurde dafür die mit dem Abi., aliqua re, üblich, — FAnen zu Etums
(um Etums auszuführen) brauchen heisst uti aliquo adaliquid; z. B.
eo usus est non ad linguam graecam, sed ad ftrrta et flagitia (Cic.
Verr. III, 37) ; Einen gebrauchen als Etwas, was er sein soll, wird
durch Uli mit zwei Ablativen ausgedrückt; z. B. me formalore morum,
me quasi magistro usus est, er brauchte (hatte) mich zum Bildner sei-
ner Sitten und gleichsam zum Lehrer (Plin. Epist. VIII, 23). — Weber
bemerkt noch üher das Verb, w^« (Uebungssch. p. 393), meistens nach
Grysar, auf dessen Theorie (p. 390) er verweist: In uti tritt der
Zweck des Genusses hervor, indem frui einer Sache /VoÄ werden, sie
m.it Lust geniessen bedeutet, Haben bedeutet ?/// nur, wo der Besitz
einer Sache im Gebrauche derselben (in ihrer Benutzung zu Etwas)
besteht, z. B. uti ventis adversis, praeceptore, honore (Amt, für ma-
gistratu) ; aber nicht uti nomine, patre, glorin. Doch sagt man paire
diligenti uti, da ein zugefügtes Adject. die Andeutung des praktischen
Zweckverliältnisses in sich begreift. So weit Weiter. — Wenn Corn.
Nepos von Atticus sagt: patre divite usus est, so erklärt man dies
meistens blos durch: er hotte einen reichen Vater, Andere aber durch:
er benutzte des Vaters Reichthum. Vgl. Schori Phras. p. 846,
Utibilis, nützlich, brauchbar, steht nur A. L. bei Plautus und
Terenz, und ist wohl nur ein gemeines Wort (für utilis), welches
höchstens im Spott gebraucht werden kann, wie es denn auch Wolf im
Vorworte zu seiner Musterung schlechten Lateins (Analect. I, p. 486)
nach einer Stelle des Terenz braucht, indem er sagt: Neque 7//«Ä?Ye
est et invidiosum, quodvis uicus tangere.
Utinam, o ivenn doch, ist mit vorgesetztem o wohl nur P. L., iri
Prosa findet es sich vielleicht nie.
Utique, was AI. durchaus, allerdings, schlechterdings, gewiss,
wenigstens bedeutet, brauche man nicht, wie es im N. L. geschieht,
als bejahende Antwort auf eine Frsige; so kommt es wenigstens bei
keinem guten Lateiner vor. Vgl. Reisig's Vorles. p. 466.
Utr?rni, als Fra-gpartikel, steht fast nur in einer Doppelfrage, wie es
auch der Sinn des Wortes verlangt; aber dennoch wird es bisweilen
theils in einer einzelnen Fi-age gebraucht, zu welcher man die zweite
fehlende verneinend hinzudenken muss, theils so, dass noch zwei
oder drei andere nachfolgen. Beides werde nicht nachgeahmt, da dies
nur Nachlässigkeiten im Stil sind. Vgl. Zumpt zu Cic. Verr. IV, 16,35.
— In Fragen steht nimm natürlich nur bei der ersten, und die zweite
folgt mit an oder ne; aber neu und unerhört ist es, die zweite Frage
mit utrum anzufangen, wie es z. B. Herrn. Hugo (de scribendi orig.
p. 336) gethan hat, welcSier schreibt: Perinde erat, Augustus (ob Au-
795
gnstuS) ipse subscriberet, utrum (oder ob) iicpotes ejus. — Nicht sel-
ten und gut ist utrwnne ; dieses ange!iäiig-(e ?ie kann aucli in die Frage
nach dem bedeutendsten Worte in derselben eingeschoben wer<Ien.
Vgl. darüber die Grammatiken und Reisig's Vorlesung, p. 472. — Für
utnimnain, ob de?in, findet sich nur eine Stelle bei Livius (XXXVII,
17, 10), und zwar in einer Einzelfrage; doch ist diese Stelle nach Aen
Handschriften noch zweifelhaft. Es kann also nicht nachgebraucht
werden, so wenig wie uternam,tver denn von beiden? — was ohne alle
Auctorität ist.
Uvidus, feucht, nass, ist fast nur P. L., und kommt in Prosa einige-
mal A"". Kl. vor, für humidus, madidus, modens.
V. V.
Vacantia, das Frei- oder Leersein, Müsse haben, die Vacanz, ist
JV. L., für vacatio, vacuitas; bei Schulen und Ujiiversitüten — feriae
litterarum, cessatio a studiis ; die Rechtsferien, nicht vacantia juris,
sondern Justitium. — Das Leersein, Leerstehen, Unbesetztsein eines
^mtes wird nur durch vacare umschrieben; aber das Freisein von
einem Amte, der Ruhestand heisst muneris vacatio.
Facare hat nach der verschiedenen Casusverbindung auch ver-
schiedene und manchmal entgegengesetze Bedeutung. Man sagt vacare
aliqua re, seltner ab aliqua re, in der Bedeut. von Etwas frei sein, sich
einer Sache enthalten. Etwas nicht treiben, sich mit Etwas nicht be-
schäftigen; und in diesem Sinne sagt Cic. (Orat. III, 11, 43): studiis
vacare, die Wissenschaften nicht treiben, sich mit ihnen nicht beschäf-
tigen; — ebenso armis vacare, am Kriege nicht Theil nehmen, nicht
streiten, nicht kämpfen. Aber man sagte auch vacare alicui rei (mit
dem Dat. commodi), Zeit haben zu Etwas, sich Zeit zu Etwas nehmen.
und daher auch sich mit Etwas beschäftigen ; z.B. phi/osophiae vacare,
sich für Philosophie und philosophische Unterhaltungen Zeit nehmen,
sich damit beschäftigen (Cic. Divin. I, 6, 11). Diese Verbindung und
Bedeutung wurde N. Kl. sehr gewöhnlich, und findet sich daher auch
häufig im N. L., für operam dare alicui, se (totum) dedere alicui u. a.
Man vermeide sie aber, da leicht Zweideutigkeit dadurch entsteht;
und weil Missbrauch damit getrieben wird, warnt man allgemein vor
dieser Verbindung. Vgl. Vavassor. Antibarb. p. 604 und die Ausleger
zu Cic. Divin. I, 6 (Hottinger, Moser und Giese). — Das Part, vacans
ist fast ohne alle Auctorität, daher durchaus zu verwerfen und
durch vacuus zu ersetzen. Im N. L. braucht man es, und spricht von
einer vacans cathedra, d. h. von einer unbesetzten Lehrstelle oder
einem unbesetzten Lehramte, für vacuus professoris (magistri, do-
ctoris) locus.
Facuare, leeren, leer machen, ausleere?!, kommt höchst selten in
Prosa vor, nur N. KL, und ist nicht anwendbar; man sage dafür
vadium facere, exhaurire, nudum oder inanem relinquere.
Facuefacere, leer machen. Ob es Kl. bei Cicero vorkommt, ist noch
zweifelhaft, da in Orat. Catil. I, 6, 14 und I, 7, 16 die Handschr. und
alten Ausgaben theils vacuefecisses und vacuefacta, theils vnvuam
(domum) fecisses und vacua facta lesen, und so aucli in den Stellen
Anderer. Vielleicht sind beide Formen gleich gut, wiewohl vacuuni
796
facere üblicher gewesen zu sein scheint. Vgl. Bentley z. Horat.
Ep. II, 2, 92.
Vacuus, leer, frei; — von Etwas theils ab aliqua re, theils aliqua
re ; P. L. wird es, nach griech. Art, auch bei Sallust. mit d. Genit.,
alicujus rei, verbunden, was man aber nicht nachahme.
l agabii7)dus, umherschweifend, ist Sp. L., für vagus, errabundiis,
qui huc et iüuc vagatur u. a.
rage und im Compar. vagius; das erste kommt bei Livius und
Andern vor, a!ier nur in der Bedeut. zveit umher, zerstreut ; das zweite
findet sich bei keinem guten Lateiner. Beide braucht N. L. Görenz,
in der Bedeut. unbestimmt, nicht klar und sorgfältig, für non satis
diligenter; er sagt: üa^eaiiquid explicare; vagius a nobis propositasunt.
Falde zur Verstärkung von mane, sehr früh, und zur Verstärkung
von sero, sehr spät (vom Tage gesagt), ist vielleicht N. Z»., jenes für
mtilto mane und betie mane (Cic. Att. IV, 9, 2), dieses für muHa nocte.
Vgl. Schori Phras. p. 540. — Bezweifelt wird non valde, nicht sehr;
aber es steht fest in Cic. Fam. III, 8, 7; sonst sagt man auch no7i
mag?iopere und no?i tta. — Für valde aegrotare, sehr kranJi sein, sage
man lieber graviter aegrotare; für valde inimicus, sehr feindselig,
lieber graviter inimicus, acer inimicus u. a.
Valedicere oder in zwei Wörtern vale alicui dicere kommt, wie es
scheint, nirgends in Prosa vor, sondern nur bei Ovid. (wiewohl vnle
und valeas, lebe wohl ; valete. lebet wohl, nicht selten sind), für salutare
(Cic. Att. VI, 2), salutem dicere, valere dicere oder jubere (Cic. Att.
V, 2). — Einem ganz Lebewohl sagen, von Etwas ganz Abschied neh-
men heisst alicui multam salutem dicere, wie bei Cic. (Fam. VIII, 33):
ego vero multam salutem et foro dicam et curiae. Vgl. Schori Phras.
p. 495 und Iland's Lehrb. p. 495.
i aledictorius, Lebewohl sagend, Abschied nehmend, ist im N. Ij.
üblich, wo man epistolas luid orationes valedictorias hat; es muss um-
schrieben werden.
Valenter, kräftig stark, wirksam, kommt A'. /iL, sehr selten und
nur bei Columella, Celsus und Seneca vor, für valide, valde, fortiter \\. a.
Valeyitia, die Stärke, Kraft, ist A. und Sp. L. und sehr selten, für
vis,, robur, firmilas.
Valere wird im iV^. L. mit de aliquo oder de aliqua re verbunden,
in der Bedeutung Etivas gilt vorl Einem oder von einer Sache; doch
ist diese Verbindung ohne alle alte Auctorität, da valere AI. nach
Verschiedenheit des Sinnes entwetler mit in und dem Abi., oder mit
in und dem Accus, verbunden wird; ausserdem auch mit apud, und
das wozu wird durch ad aliquid ausgedrückt. Vgl. darüber die Lexica.
Man sage also nicht, wie Mahne (Crito p. 273): idem de omnibus
magistris valet, oder wie Ruperti (z. Tacit. Germ. p. 130) : idem fere
Talet de priscis Germanis u. dgl. — P. und N. Ti'l. wird valere in der
Bedeut. vermögeji, im StaJide sein, können mit dem Infin. verbunden,
als ob es gleich posse wäre; doch geschieht dies nur selten und ist
nicht nachzuahmen. Vgl. Heusing. Emendd. p. 4:33. Orelli z. Cic. Tusc.
p. 373 und Anm. z. Mureti Oper. T. II, p. 222. — Uebrigens liegt in
valere nur das passive Können, die innere Kraft haben, im Stande sein.
Etwas zu vollbringen, dagegen in posse das active KÖ7tnen, wo die Mög-
lichkeit Statt findet, Etwas auszurichten. — Etwas gelten, vermögen.
797
iti einigem Atisehen stehen, eifiiges Gewicht haben heisst aliqtiid vufere
(Cic. Att. II, 11), lind so sa^t ni;iii tieiiu auch multiun, plus, phirimntn
valere, aber nicht mag?ium, magis, masinie; ettvas Grosses gelten heisst
nicht magnum (aliqiiid) valere, sondern muUum\ mehr gelten heisst
nicht rnugis valere, wie Paul. a. S. Joseph, (in seinen Onitt.) sagt:
qua in re nemo magis quam -poeta valet, sondern pbis valere. — ]\'ur
selten wird valere, wie unser gelten, von dem Werthe irgend eines
Geldstückes oder einer Sache gebraucht, und zwar bei Varro mit dem
Accus., wie unser deutsches gelteti; z. B. ein Denar gilt zehn Asse,
denarius denos aeris oder asses valet; der ältere Fünius verbindet
es mit dem Abtat. Dagegen sagt Livius: pro argenteis decem aureus
unus valebat, für zehn Silberlinge galt ein Goldstück. Nirgends findet
es sich so bei Cicero und Andern; sie brauchen esse. — Sp. L.
wird valere in diesem Sinne mit dem Genit. oder Abi. des Werfhes
verbunden; aber N. L. ist es wohl in dem Sinne von bedeuten, wie es
Mnret. (V. L. XII, 19) braucht, für significare. — Endlich hat der wün-
schende Imperat. vale, sei, bleibe gesund., lebe wohl, selten zur Ver-
stärkung bene bei sich; bei Cicero nie, sondern nur bei Curius in Cic.
Farn. VII, 29 und bei Matins ib. XI, 28 bene vale, lebe recht ivohl, was
nachgebraucht werden kann.
Valetudo oder valitudo; vgl. Sanitas.
Vallis oder valles, das Thal. Nirgends findet sich, ausser im N. L.,
vallis miseriarum, wie wir sagen das Jammerthal.
Valium, der Wall, die Schutzwehr, werde nicht verwechselt mit
vallus, der Pfahl, die Pallisade.
Fahr, der Werth, der Preis, die Geltung, ist, in welcher Bedeut.
es gebraucht werden mag, ein N. L. Wort, wofür die altern Lexica
als Auctorität eine Stelle des altern Plinius (N. H. XXXIII, 3) anführ-
ten; aber weder in dieser findet sich das Wort in den neuern Aus-
gaben, noch in irgend einer andern Stelle. Gleichwohl sagt Ruhnken in
iseinen Briefen valor aedium, der Preis eines Hauses, für pretium. Vgl.
Heusing. Emendd. p. 433 und Weber's Uebungssch. p. 460. In Freunds
Lexic. steht es nicht.
Va7ie, eitel, vergeblich, ist Sp. L., für ina7iiter,frustra.
Fanescere, verschwinden, vergehen, ist fast nur P. L. ; in Prosa
steht es bei Tacitus, einmal bei Quintilian. (IV, 3, 8) und vor Lambin.
in den altern Ausgaoen in Cic. Leg. II, 10, 25, wo aber jetzt evane-
scere, das AI. Wort für vanescere, aus einigen Handschr. in allen neuern
Ausgaben aufgenommen ist.
Vaniloquium, das eitle Gerede, ist sehr Sp. L., für vaniloquentia,
oratio vana, sermo inanis u. a.
Vanitas ist nur die Nichtigkeit, das Leer- und EitelseiTt, aber we-
niger die Sucht oder Begierde zu gefallen, welche mehr ambilio heisst.
Selten ist auch vanitas in der Bedeutung Stolz, Hochmuth (Sali. Catil.
23), für insolentia, arrogantia, super bia, spiritus (im Piur.). Vgl.
Mencken. Observ, ling, lat. p. 991. — N. L. aber ist vanitas mundi,
die Eitelkeit der Welt, für res inanes, delectamenta inania. — A. L.
ist die Form vaiiitudo und ganz Sp. L. vanilies.
Vapidus, schlecht, verdorben u. dgl., ist. ein gemeines plebejisches
Wort; man sagte auch adverbial: vapide se habere, in der Bedeutung
798
sich übel beßnden, für male se habere, male ah'cui esse ; ]enes soll Lleb-
liiigsredensart (le8 Äugustus g-evvesen sein.
Variabilis, veränderlich, ist Sp. L. und selten, für mutabUi3,flexi-
bilis, varius.
Variantia, die Verschiedenheit, der Wechsel, kommt nur einmal
bei dem Dichter Lucrez vor, und ist für die Prosa unnölhig wegen
varietas, variatio, commvtatio, vicissitudo. Gleichwohl brauchte es
Scaliger (Epist. 200) einigemal von der Veränderlichkeit der Mag-
netnadel.
Varietas, die Verschiedenheit. Wie es sich von diversitas unter-
scheidet, s. unter diesem Worte, wo auch über die Adjectiven varius
und diversus Einiges bemerkt ist. — Allerdings können Anmerhwgen
zu verschiedetien Schriftstellern — annotationes ad varios scriptores
genannt werden, wenn man dabei an bunt unter eifiander gehende
Schriftsteller denkt; da man dies aber selten darunter versteht, son-
dern meistens nur mehrere Schrif{s(eller damit bezeichnen will, so ist
das Wort varius unpassend und muss mit complures (nicht plures;
vgl. oben unter Phrres) vertauscht werden. Vgl. Kraft zu Mureti
Var. Lectt. sei. p. 261 und zu Epist. Bentleyi alior. p. 296. — Auch
Mahne (Crito p. 245) wendet das Wort varius falsch an, indem
er sagt: victricibus Gallorum armis variae regiones subactae sunt, für
complures.
Varimodus, a, um und das Adverb, varimode, verschiedenartig, auf
verschiedene Weise, sind N. L. und Lieblingswörter des gelehrten
Görenz, welcher z. B. sagt: nexui varimoda via consulunt, und: vari-
mode afFectus, varimode occupatus; hier wäre varius modus, ^\ic\\ bloa
varius oder ein anderes Wort besser gewesen.
Vas, das Gefäss, (iNeutr.) hat einen Plur. vasa (nach Decl. II.) von
dem A. L. vasum; aber weder ein Sing, vasis, noch ein Plur. vases,
welche beide im A". L. vorkommen, findet sich bei einem guten Lateiner.
Vates, der Dichter, ist nur P. L., für poeta.
Vaticinari, iveissagen, vorherverküjidigen, wird von Personen ge-
braucht, welche in Begeisterung weissagen, sonst nur von Schw ärmern,
nie aber von Wundererscheinungen; daher sage man nicht prodigia,
portentd, mofistra vaticiriantur, sondern portendunt, und bei unglück-
lichen meist denuntiant. Das gewöhnliche weissagen eines erfahrnen
Mannes ist nur praedicere, höchstens augurari.
Vaticinator, der Weissager, ist nur P. L. und selten, für vates,
augur, homo fatiloquus: nirgends aber findet sich valicinatrix, firr
vates (gen. commun.).
Vaticinium, die Weissagung, kommt N. KL nur beim altern Plitiins
vor, sonst ist es Sp. L., für vaticinatio, oraculum und das gewöhnliche
praedictio.
Vecordia, der Wahnsinn, die Verstandlosigkeit, steht A. L., dann
bei Sallust. und später bei Tacitus, für insania, Stupor cordis, mens
vecors ; — Cicero braucht zwar vecors, aber nicht vecordia.
Vegetare, erregen, beleben, ermunter7i, ist Sp. L., für escitare,conci-
tare, incitare. incendere, accendere, vegetum reddere u. a. — N. L. ist
es in der Bedeut. lebeii, wachsen, wie wir sagen vegetiren, {ürvivere, vi-
gere. — Seltsam und überkünstlich sagte Hemsterh. (Oratt. p. 137):
Campegius arlium calore et luce vegetatus est ac percoctus, ganz im
799
Stil der späten Lobrediier. — Eben so Sp. L. eind vegetatio, vegeta-
bili's und vegetatü'fis, welche in der Naturgeschichte Knnstwörter ge-
blieben sind. — Gut sind nur vt'gere oder vegere, und vegetus.
Vehementia, die Heftigkeit , Hitze, Stärke, kommt erst N. Kl. beim
altern Plinius vor, theils von Menschen, Iheils von Sachen, z. B. von
Wein, vom Geruch, vom Geschmack; sonst ist es nur Sp. L., und
werde daher so viel als möglich vermieden durch acrimonia, ardor,
impetus, violentia, vehenie?is natura.
Fei, oder, steht im N. L. bei Fragen, für an oder ne. Man sage
also nicht: dioes vel pauper sis, nihil interest, ob du reich oder arm
bist — , sondern a?i pauper sis, — P. L. ist aut - vel, für aut - aut.
Vgl. Sciopp. de stilo p. 118. Vorst. latin. raer. susp. p. 169. — N. L.
ist vel an, oder etwa, für an oder an vero ; falsch sagt daher Hemert.
(Ep. ad Wyttenb.) : vel an in hoc tibi absurdum esse videtur, oder
scheint dir etwa — . Eben so JV. L. ist ne vel in der Bedeut. nicht ein-
- mal sogar, z. B. bei Hemert. : ne vel prima rei — elementa cognita
liabes, ?iicbt einmal sogar die ersten — , für ne prima quidem. — Ueber
vel - vel vgl. Weber 's Uebungssch. p. 522. Reisigs Vorles. p. 442 und
GraufFzu ßunell. Epist. p. 671.
Velitatio, die Plänkelei, das Necken, der neckische Streit, ist nur
ein gewöhnliches Wort, welches sich j4. L. bei den Komikern findet;
es kann höchstens bildlich in Spott und Scherz gebraucht werden,
ausserdem ist es ganz zu vermeiden. Dennoch findet es sich im N. L.
gebraucht von den Versuchen der Ausleger und Kritiker oder gar
bei Disputationen. y%\. Hand's Lehrb. p. 287 und Kraft zu Mureti
Epist. sei. p. 289.
Velle, trollen, werde vorsichtig gebraucht, da nur ein fVunsch darin
liegt; und zwar bezeichnet es nach Klotz (zu Cic. Tusc. III, 14, tiO)
ein solches Wollen und Wünschen, zu dessen Ausführung man schon
selbst mehr thätige Anstalt macht, also ein actives Wollen, während
cnpere ein passives Wollen und Wünschen ist, wobei man noch die
Hände in den Schooss legen kann. Liegt in dem Wollen nur das künftig
zu Erwartende, z. B. dieses wollen wir nachher genauer erkläre?/, so
wird nicht velle, sondern das Futurum des Verbi gebraucht, also : haec
posthac — explicabimus, nicht explicare volurnus. Deutet es eine Auf-
jordcrung an Einen oder Mehrere an, Etwas gemeinschaftlich zu thun,
so genügt der Conjunct. des Verbi ; z. B. wir wollen das Vaterland
lieben, amemus patriam. — Richtig aber und Kl. wird velle angewandt,
wenn es das Wollen, Gedenken, den Rntschluss haben nach einem Orte
hin bezeichnen soll, wo sonst auch cogitare gebraucht wird ; durch
velle wird der Wunsch mehr hervorgehoben; z. B. wir wollten nach
Arpirium, Arpinum volebamus (Cic. Att. IX, 1, 3); ich will nach Grie-
chenland, volo i?i Graeciam (ib. XIV, 7, 2). — Etwas zu bestellen ha-
ben, z. B. in der Frage: hast du Etwas %u bestellen? d. h. willst du
Etwas (dahin oder dorthin ?) heisst num quid vis? z. B. nach Rom, Ro-
mam; nach Sardinien, in Sardiniam. Vgl. Cic. Q. fr. II, 2, J. — In der
Frage: fVas uüllsl du, wünschest du von mir? sagt man theils quid a
me {nQm\. fieri) vis? (Caes. B. G. I, 34 si quid a me velit, wenn er
etiva von mir Etwas irill), theils quid me (ueml.facere) vis? (Terent.
Andr. I, 1 »(uid est, quod me velis ?), theils quid vis, ut faciam?
Erweitert wird die Redensart bisweilen dur<;h ein überflüssiges seltetty
800
wissen, haben, in Verbindurij^ mit einem andern Verbo; z, B. t'ch
tvünsche darüber ausführlicher von dir geschrieben zu sehen, ea de
re copiosiug a te scribi volo (ohne videre); ich will dies von dir getkan
habe?!, hoc a te fieri volo ; sage, was du untersucht haben tviflst, die,
de quo disputari vetis (Cic. Tusc. II, 5, J3). \g\. über dieses über-
flüssige wisse?i Zumpt's Gramm. §. 611. Geist's Aufgaben p. 8 und oben
unter Scire. — In der Redensart: was will das sage?i? tvas ivill das
bedeuten? \^t velle unstatthaft; man sage etwa: quam vim habet? wie
Cic. (Tusc. V, 17, 51): quam vim habet libra illa Critolai? was will
jene Wage des Critol. bedeuten oder sogen? — ib. I, 22 praeceptura
Apollinis hanc habet vim, die Forschrift des Apollo tvill das sagen, hat
die Bedeutung, hat den Sinn. — Wo wir sag€n: sie mögen sein, welche
sie wollen, sagen die Lateiner: hi q?iicumque sunt (erunt) ; z. B, die
Aedilen mögen sein, welche sie wollen, aediles quicumque erunt (Cic.
Plane. 5, 13); du magst stossen, auf welchen Arpinaten du willst oder
du magst auf einen Arp. stossen, auf welchen du ivillst, in quemcunque
Jrpinalem incideris (ib. 8, 20), und Aehnliches. — Wenn mit velle
ein verneinender Satz zusammenhängt, so wird oft besser die Nega-
tion mit re//e verbunden (also nolle geset7A) ; z. B. ich ivollte, es iväre
nicht geschehe?/, fiollem esse fnctuin. — Die KeAGw^^vi: ich mag wollen
.oder ?2icht heisst velim, nolim oder seltner, wie bei Livius, seu velim,
seu nolim, nicht velim aut oder vel nolim; so z. B. in der Formel: ve-
litis, jubeatis (ohne besondere Copula). — Endlich verwechsele man
in den Wunschformeln: ich wünschte, ich ivollte nicht re/Zm und vellem
mit einander, was im A'. L. oft geschieht; velim bezeichnet den Wunsch
mit dem Begriffe der noch möglichen Erfüllung; vellem ist mehr
unser ich hätte gewünscht. Vgl. Anleit. §. 249. Hand's Lehrb. p. 222
und die neuern Grammatiken. — üeber das A^. L. nolens volena vgl.
unter Nolle, und über volens vgl. dieses Wort.
Feilere, reissen. — Kl. und besser soll die Perf. form velli sein, weniger
gut vulsi; ebenso in den zusammengesetzten Verben, wie evello, cvello.
Felocitas, velox, velociter sind gut und Kl. neben celeritas, celer
und celeriter, und werden, wie diese, sowohl von äusserer, als auch
von innerer geistiger Bewegung gebraucht; letztere wollen Einige
nicht durch velocitas, velos und velociter bezeichnen. Vgl. dagegen ein
vollständiges Lexicon.
Fenalis,feiL verkäuflich, wird zwar richtig mit esse verbunden,
aber Etwas feil bieten (z. B. ein Haus, ein Grundstück) heisst ven-
ditare oder proscribere.
Fendere, verkaufen ; — an Jemanden wird durch den/>öt, alicui,
ausgedrückt. — Etwas öffentlich verkaufen heisst nicht publice ven-
dere, sondern auctione (constituta) vendere, auctionari. Für das pas-
sive vejidi wird auch venire gesetzt.
Fenerandus, verehrungswürdig, ist gut und KL; aber der Superl.
venerandissimus ist ganz Sp. L. Dennoch findet er sich im A'^ L. sehr
häufig, besonders vir venerandissi/nus, für majcime oder summe vene-
randus oder venerabilis, auch sanctissimus. — Man vermeide aber
auch den Gebrauch von veneraiidus so viel wie möglich, da das Ver-
hum venerari und das Subst. veneratio fast nur in Beziehung auf Gott
(Götter), nicht auf Menschen gebraucht werden; in Bezug auf letztere
sind revervri, colere u. a. und reverentia vorzuziehen.
801
Venerari, verehren^ wird Kl. nur von Götter?! nnd Allem dem ge-
braucht, was Bezug auf sie hat; es werde daher nicht, wie es im TV. Zr.
geschieht, auf Menschen angewandt; dafür brauche man revereri, co~
lere, observare. Richtig bemerkt daher auch Wüstemann (zu Döring.
Comment. p. 132), dass man für amore aliquem üe?^e^a/•^■ sagen müsse
ajnore aliquem prosequi oder amplecti. — Das Partie, vener atns hat
nur bei Diclitern passive Bedeut., geehrt, verehrt, von dem veralteten
^. L. vener o, ich verehre, iÜT veneror. — B. L. sind vener atior und
vener atissimus.
Venia bedeutet Kl. nur Verzeihimg (alicujus rei, tvegen einer
Sache) oder Willfährigkeit, Gefälligkeit, aber nicht, wie im N. L.,
Erlaubniss Etwas zu thun; diese \\e\%%t facultas (Caes. B. G. 1,7).
Daher heisst veniam petere nicht um Erlaubniss, z. B. zum Weggehen,
ÄiY/e//, sondern vielmehr um Nachsicht, um Verzeihung bitten; und
veniam dare nicht Erlaubniss zu Etwas geben, sondern Einem eifie
Bitte geivähren oder Einem in Etwas willfahren, den Willen thun ;
z. B. bei Cic. (Q. fr. III, 1, 11): Caesar tibi petenti veniam non dedit.
— N. Kl. (aber beim Jüngern Plinius) und nicht zu verwerfen ist die
Redensart: venia sit diclo, Verzeihimg, Nachsicht sei dem Gesagten,
wofür wir sagen : mit Erlaubniss zu sagen, es sei erlaubt zu sageti,
auch wohl, wo wir sagen: Gott behüte, unberufen (Plin. Ep. V, 7, 46)
u. dgl. — Kl. (bei Cicero u. A.) ist bona (tua, vestra oder ein son-
stiger Genit.) venia, cum bona venia oder pace tua — diwerim, dicere
liceat; dagegen iV, L. salva venia, wofür, je nach dem Sinne, theils die
eben erwähnten Ausdrücke gebraucht werden können, theils ut sie
diserim, absit invidia verbo, cum praefatione honoris ; Cicero sagt z. B.
(Fin. II, 10, 29): Epicurus nominat res, quas si appelles, bonos prae-
fandus sit, d. h. Dinge, die man, ohne salva venia vorauszuschicken,
nicht nennen kann. Vgl. Cic. Fam. IX, 22.
Venire, kommen. Das deutsche kommen ist vieldeutiger, als venire,
und daher muss man oft die D. L. Lexica vergleichen. Hier nur einiges
Wenige. Daher kommt es heisst nicht hific ve?iit, sondern hinc oder e.v quo
ßt, evenit, sequitttr ; woher kommt es? qui oder undeflt? — die Sache
kam so weit, res eo oder iji eum locum adducta (deducta) est ; zu je-
nem kommt noch dieses hinzu, haec ad illa accedurtt ; dazu kam ein
Husten, huc tussis accessit — und ähnliche Ausdrücke, in welchen
venire ungewöhnlich ist. — Zu sich kommen, d. h. sich erholen, heisst
nicht ad se venire (was auf sein La?idgut kojumen heisst, wie bei Cic.
Rep. III, 28), sondern adse redire, resipiscere (Cic. Sest.38) , recreari, re-
ßci. — In Redensarten, wie : es kam zum Treffen u. dgl. wird zwar venit ge-
braucht, aber statt des deutschen es wird res gesetzt; also res venit ad
pugnam, ad maniis; das kommt mir gelegen, erwünscht, hoc mihi est op-
portunum, nicht venit. Gut sind übrigens die Ausdrücke in munus venire,
in die Hände kommen (Cic. Verr. IV, 27, ()2); ad aures venire, zu Ohren
komme?!, aber nicht alicuiad aures venire, sondern ad alicujus aures ;mir
zu Ohre?i, ad meas aures, nicht mihi ad aures. Vgl. Pervenire. — Bei Je-
ma?ide?i i?i Verdacht kommen oder in Je?nandes Verdacht, Hass u. dgl.
kommen heisst meistens alicui in suspicionem ve?iire (Cic. Vatin. 1, 2),
i?i odium venire (Att. X, 8, 15), wiewohl auch der Genit. gesetzt wird;
wenigstens steht bei Cic. (Phil. I, 6): in suspicionem populi lioma?ii,
wenn nicht auch hier populo Romano zu schreiben ist. — Riclitig ist
51
802
auch venire, wo wir beim Reden und Schreiben sagen: j'e/s/ komme ich
azif den oder auf das, venio ad illum, ad illud; z. B. bei Cic. (Q. fr.
III, 1, 2): venio ad iertiam epistolam. — Endlich heisst es kommt oder
es erwächst Jemanden ein Vortheil u. dgl. aus Etwas — cojnmodum,
etnoltimentum ad aliquem (nicht alicui) vetiit es aliqua re — und so
noch Anderes. Vg^l. die Lexica unter Venire.
Veno, zum Verkaufe; vgl. Verius.
Ventilare bedeutet KL bei Varro in die'Luft, in die Höhe werfen,
bei Cicero bildlich in Bewegung setzen, beunruhigen; aber iV. L. sagt
man bildlich z. B. dissertationem sub alicujus praesidio ventilare, eine
Schrift vertheidigen, besprechen, wovon sich bei den Alten nirgends
eine Spur findet. So steht irgendwo: dissertatio de Antiphonte a P,
van Spaan sub Ruhnkenii praesidio ventilata, für defensa. Vgl. Wolf
Analect. II, p. 520.
Ventosus kommt zwar Kl. in bildlichem Sinne, in der Bedeutung
veränderlich, wankelmüthig vor, gleich 7nobilis, levis, varius, wie unser
windig; aber ventositas, in der Bedeut. Windmacherei, ist N. L., für
inanis ostentatio.
Veiitus, der Wind, hat wohl nirgends die Adject. bonus und malus
bei sich, sondern secundus und adversus. — Gut sind zwar ventus
niagnus, vehemens, starker, heftiger Wind, und die Substantiv. Aus-
drücke magnitudo, vis, vehementia venti; aber der Wind wird grösser,
stärker heisst wohl nicht major ßt, sondern increbescit (Caes. B. C. III,
26) ; der Wind lässt nach, ventus remittit (ib.).
Venus und venum, der Verkauf, sind als Nomin. nicht üblich, son-
dern nur in den Formen des Dat., veno und venui, und des Acc, ve-
num, — sämmtlich nur in der Bedeut. zum Verkaufe, verbunden mit
den Verbis dare, ire, subjicere u. a. — Kl. ist nur venum, N. Kl. bei
Tacitus veno und Sp. L. venui; doch sind die beiden letzten Formen
zu vermeiden, und auch venum darf nicht zu häufig gebraucht
werden.
Veracitas, die Wahrhaftigkeit, Wahrheitsliebe, ist N. L., für ve-
ritas, veritatis studi?xm oder amor. Jenes braucht der jüngere Bur-
marin, welcher sagt: idem veracitatis candor. — Aber das Adject.
Veras ist Kl.
Verator und veratris, der Wahrsager, die Wahrsagerin, sind Sp. L,
und zweifelhaft, für vates, qui (qiiae) vaticinatur, praedicit. Muret.
(Oper. T. II, p. 450 ed. Kuhnk.) brauchte das erstere (verator aut con-
jector),\i\\A Ruhnken bemerkt dabei: Verator suspectum vocabulum.
Verbauter und verbatim, wörtlich, Wort für Wort, sind iV. L.; letz-
teres braucht sogar Graevius (zu Cic. OIF. III, 8): qui omnia verbatim
ex IL Wolfii notis exscripsit, für ad verbum u. a. Vgl. Verbum.
Verbero, als Subst., ist bei den Komikern offenbar Schimpfwort
(unser Schlingel), und so findet es sich in ähnlicher Bedeutung auch
einmal bei Cicero in einem Briefe; nirgends aber steht es für Bursche,
Bote, wie es Muret. (Oper. T. II, p. 99) ohne verächtliche Neben-
bedeutung braucht, für tabellarius,famulus, apparitor.
Verbositas, die Geschwätzigkeit, Redseligkeit, ist sehr Sp. L., für
loquacitas, garrulitas.
Verbulum, das Wörtchen, ist N. L. ; Muret. (Oper. T. I, p. 450)
hat es zu brauchen gewagt (uno verbulo consequeris).
803
Verbum, das JVort. In der alten Umgang'sspraclie galt unum ver-
bum und tria verba, wie unser ein Wort und drei Worte, zur Bezeich-
nung des Wenigen und Kurzen, vvievvolil mir kein Beispiel von duo
verba, zwei Worte, in diesem Sinne bekannt ist. Jedoch macht Cicero
wenig oder gar niclit Gebrauch von dieser Art zu reden; denn da,
wo er unum verbum oder tria verba braucht, sind gerade, auch nur
80 viele Wörter darunter z« verstehen, und es bedeutet bei ihm nicht
unser allgemeines kurz, wie bei Terent. (Andr. I, 1, 18): quin tu uno
verbo die, quid est, quod me velis; — hier bedeutet ^^«oüerÄo — kurz,
mit wenigen Worte?i. Und so war sehr gebräuchlich: tria verba cum
aliquo commutare, wie wir sagen: drei (für wenige) Worte ?nit Einem
wechseln. Vgl. Terent. Phorm IV, 3, 33 tria non commutabitis verba
hodie infer vos, und so braucht Plaut. (Mil. glor. IV, 2, 30) tribus
verbis in dem Sinne von kurz, mit wenigen Worten. Dass aber Cicero,
wenn er uno verbo und tribus verbis braucht, fast nur ein einziges
Wort, drei eijizelne Wörter darunter versteht, sieht man z. B. aus fol-
genden Stellen: complectar uno verbo — diligentia (Orat. II, 35, 150);
si pudor, si modestia, si pudicitia, si uno verbo, temperantia (Fin. II,
22, 73); accusabat Canutius Scamandrum verbis tribus, venenum esse
deprehensum (Cluent, 18, 50) — und so noch mehrere. Richtig sagt
also Muret. (Oper. T. I, p. 132) : uno verbo, beatissimae — , was zu
voreilig getadelt worden ist. — Wie der Lateiner unser kurz beim
Zusammenfassen der Rede ausdrücke, davon war unter Brevis die
Rede, — A. L. ist verbum in der Bedeutung Spruch, Ausspruch, Rede
(also von mehrern Worten), für dictum, vox oder, wenn der Vei'-
fasser genannt ist, für illud mit dem Namen der Person ; z. B. jenes
Wort des Hesiodus, illud Hesiodeum ; es ist ein altes wahres Wort, est
dictum vetus verumque, nicht verbum. — Wo wir, um Etwas bestimmter
zu erklären, hinzusetzen: mit andern Worten, sage man nicht aliis
verbis., was N. L. ist, sondern id est oder hoc est; z. B. bei Cic. (Farn.
IX, 1): id est cum libris nostris; Rose. Am. 35 hoc est, qui et illorutn.
— Sp. L. sind die Ausdrücke de verbo ad verbum und verbotenus, wie
die oben erwähnten verbauter und verbatim, in der Bedeut. von Wort
zu Wort, Wort für Wort, wörtlich ; im N. L. finden sie sich (zumal
verbotenus) sehr häufig, und selbst da, wo Andere getadelt werden,
wie z. B. verbotenus in den Anmerkungen zu Mureti Var. Lectt. T. II,
p. 320 vorkommt. — Jedoch ist verbotenus Kl. und richtig in der Be-
deutung dem (blossen) Worte oder dem Namen nach, entgegengesetzt
der Sache, der Wirklichkeit nach; unser wörtlich aber heisst ad ver-
bum, z. B. exprimere (Cic. Fin. I, 2, 4); ad verbum de graecis ex-
pressas (Tusc. III, 19, 44) ; ad verbum ediscere (Orat. I, 34, 157);
auch eisdem verbis (Brut. 88, 301 Hortensius, quae — ea sine scripto
eisdem verbis reddebat, quibus cogitaverat); verbum de verbo (Terent.
Adelph. Prol. 11 verbum de verbo expressum, wo Ruhnken zu vergl.
ist); verbum e (ex) verbo, z. B. exprimere (Cic. Fin. III, 4, 15. Top.
8,35); hvuoloyiu id est verbutri ex verbo veriloquium (Acad. 11,6,17)
u. a. Das letzte aber ist nur üblich, wenn von einem Worte die Rede ist,
welches ganz wörtlich ins Lateinische übergetragen ist, wie compre-
hensio für y.azälrulni:; veriloquium für ixvuoXoyiu; superjectio oder
superlatio für vneQßoXi^ u. a. — Ob man verbum verbo reddere, wie
pur pari reddere, oder verbum pro verbo reddere sage, ist streitig.
5] *
804
In Cic. opt. g^en. orat. 5, 14 ist verbum pro verbo die gewöhnliche
Lesart, aber Lambin., H. Steplianus (Pseudo-Cic. p.209) und Ändere
lesen verbum verbo, und so sagt auch Horaz (A. P. 133) : nee verbum
verbo curabis reddere fidus interpres. Vgl. Par. — Sp. L. ist der
kirchliche Ausdruck verbum Bei oder divinum, das Wort Gottes, was
theologischer Kunstausdruck ist. Vgl. Heusing. Emendd. p. 487. — Sein
Wort, d. h. sein Versprechen geben heisst nicht verbum dare, sondern
fidem (suam) dare,facere (Cic. Q. fr. II, 6, 2) oder interponere ; das
gegebene Wort, hlos ßdes ; sein Wort halten, fidem oder dictum prae-
stare, servare, tueri; das Wort nicht halten, fidem /allere, violare,
frangere, laedere, exuere. Vgl. die Lexica unter Fides. — lieber
verbi gratia, zum Beispiel, Beispiels halber, vgl. Exeynplum.
Vere, wirklich, wird in eingestreuten Nebenberaerkungen, z. B.
wie es auch wirklich ist, mc\\.i gebraucht; man sage also nicht: sicut
vere est, sondern sicut est ; wie du es wirklich thust, ut facis (Cic. Q.
fr. I, 1, 16. Fara. VI, 2, 3): wie ihr es wirklich thuet, ut facitis (Senect.
17, 59); wie ich es ivirklich bin, sicut sum (Att. IX, 11 app. ad Caes.);
wie es wirklich das Schwerste ist, sicut est difficillimum (Q. fr. 1, 1, 15).
Vgl. Revera.
Vereri, fürchten, wird fast durchaus nur mit dem Accus, des Ob-
jectes, aliquem oder aliquid, verbunden, A. L. auch mit dem Genit.,
z. B. rait/e?/i//2«e /^r/mf/A/ae, ja sogar einmal bei Cicero mit tui testi-
monii, wenn die Lesart richtig ist. Besonders beachte man die Ver-
bindung eines Objectsatzes mit ne, in der Bedeutung dass, und mit ut
(ne 71071) in der Bedent. dass nicht, wogegen im N. L. oft gefehlt wird,
selbst noch jetzt. Vgl. Sciopp. de stilo p. 110 und Vorst. lat. mer.
Susp. p. 169. Auch merke man, dass jenes ne oder ut nicht fehlen
darf, auch wenn das Verbum dazu fehlt und aus dem Vorhergehenden
zu ergänzen ist; z. B. er ivird kommen; aber ich fürchte, vergeblich, ve-
reor, ne frustra, nemlich veniat, — nicht vereor,frustra.
Verificare , bestätigen, bekräftigen, ist N. L., für verum facere,
probare, confirmare.
Veriloquium. So versuchte Cicero (Top. 8, 35) das griech. Wort
eTv/^ioloyia wörtlich zu übersetzen; doch wurde es weder von ihm
noch von Andern weiter gebraucht; er selbst zieht fwtatio vor.
Feriloquus, wahr redend, ist Sp. L. und selten, für verax, verus,
veridicus, vera loquens,
Verisimilis oder getrennt veri similis, similis veri, wahrscheinlich,
ist fast zu allen Zeiten in der Genit.form üblicher gewesen, als in der
Dat.form vero ; auch weiss ich nicht, ob ausser Livius (VIII, 26 simi-
lius vero und XXVI, 49 simillima veris) noch Andere den Dat. brauchen.
Jedenfalls halte man sich an den Genit. — Das Adverb, verisimiliter
kommt nur Sp. L. vor; man brauche dafür lieber entweder probabi-
liler, oder drücke es durch das Adj. verisimilis aus; und so heisst
denn z. B. Rom ist wahrscheinlich nicht non Romulus erbaut worden,
nicht — probabiliter condita non est, sondern urbem a Romulo non
esse cojiditam verisimile est.
* Der Dat. vero stand bisher bei Cicero nur in Farn, XII, 5, 1, aber Orelli
hat dafür veri aufgenommen, weil die Mediceer Handschr. vere, niclit vero hat.
Feritas, die Wahrheit. Wir brauchen das deutsche Wort in ab-
stracter und in concreter Bedeutung; man versteht darunter theils
805
die Wahrheit als eine nur ffedachte Eigenschaft, das Wahrsein, theils
etwas einzelnes oder mehrfaches Wahre, sei es gesprochen oder ge-
schehen, im Gegensatze zu etwas Falschem und Erdichtetem. — Jene
nur gedachte Eigenschaft ist ye/vYas; einzelnes oder mehrfaches Wahre
ist verum oder vera, wiewohl auch verum im Sing, nach griechischer
Art bisweilen für veritas gebraucht wird. Vgl. Pulchrum und Th. I,
§. 84. — Daher heisst wer die Wahrheit liebt, kennt, einsieht — ve-
ritatis amans, amicus, cultor, veritatis gnarus; die Wahrheit ist ver-
borgen, veritas latet; das Licht der Wahrheit, lux veritatis; die Kraft
der Wahrheit, vis veritatis ; die Wahrheit übertrifft die Nachahmung,
veritas vincit imitationem; er verzweifelt an aller Wahrheit, desperat
omneni veritateni; der Wahrheit gemäss reden, ad veritatem loqui;
Etivas nach der Wahrheit bejiriheilen, aliquid ex veritate aestimare;
er hält die Wahrheit feil, habet iste veritatem venalem — und so an-
dere Ausdrücke, in welchen nur veritas zu brauchen ist. — Wer da-
gegen die Wahrheit spricht, sagt, gesteht, zu hören u?id zu erfahren
wünscht, Wahrheit (einzelnes Wahre) und Ujiwahrheit (einzelnes Un-
wahre) beurtheilt^ in irgend einer Sache die Wahrheit sucht, von dem
sagt man verum oder vera dicit, loquitur, fatetur, audire vel scire vult,
Vera öc/ö/sö judicat, verum in aliqua re quaerit — und andere, in
w eichen veritas unpassend wäre. — Feritas als Eigenschaft tritt theils
zu andern Eigenschaften einer Person oder Sache hinzu, theils nimmt
es Beschaffenheitswörter, wie summus, aeternus, molestns zu sich,
wird sogar als Person betrachtet, und ist in der Mehrheit nicht denk-
bar. — N. L. ist daher veritas in der Bedeut. Lehre, Meinung, Grund-
satz^ und veritates in der Bedeut. die Wahrheiten (mit demselben
Sinne, welcher in den eben angeführten Wörtern liegt), für dogma,
dogniata; praeceptum, praecepta ; sententia, sententiae. Mehr über
den Gebrauch dieser Wörter geben dieLexica, Ern^stiiClavis Ciceron.,
Scliützii lexic. Cicer., Fland's Lehrb. p. 162, Forbiger's Aufgab, p. 60
u. A.; über veritas in der Bedeut. Wirklichkeit vgl. Ellendt z. Cic. de
orat. T. II, p. 217. — Unstatthaft sind veritas, verum und vera in der
scheltenden und höhnenden Redensart Einem die Wahrheit sagen;
dies heisst perstringere, exagitare u. dgl. \g\. Cic. Sest. 6. Plane. 14,
Süll. 16. Brut. 94 u. a.
Vernaculus, was einheimisch, eingeboren bedeutet und dem pere-
grinus, fremd, ausländisch entgegensteht, kann von demjenigen, wel-
cher lateinisch schreibt, mag er sein, aus welchem Volke er wolle,
nur in der Bedeutung lateinisch gebraucht werden; für ihn ist nur die
lateinische Sprache sermo vernaculus, lingua vernacula. JNur zu oft
wird aber vernacuhis im N. L. von den lateinisch schreibenden Deut-
gehen, Franzosen, Engländern u. s. w. von ihrer Muttersprache (der
deutschen, französischen, englischen) gebraucht. Ein Deutscher darf
also, wenn er seine deutsche Sprache darunter versteht, nicht sagen:
in vernaculum sermonem vertere, sondern er muss sagen: in germa-
nicum sermonem; ebenso ein Franzose nur in gallicum u. s. w. Vgl.
Maternus und Dietrich'« Sintenis p. 6. — Das Adv. vernacule ist ohne
Auctorität.
Vernalis, zum Frühling gehörig, kommt nur einmal bei dem Dich-
ter Manilius vor, und ist in Prosa nicht zu brauchen, für vernus oder
die Umschreibung mit ver, z. B. vere oder verno tempore habendus u. a.
806
Im N. L. findet man oft auf dem Titel der Programme exnmen vernale,
eine Frühtmgsprüfung.
Vernilis, sklavisch, steht N. Kl. bei Tacitus, ist aber sehr selten,
für servilis, illiberalis u. a.
Vero, aber, ivahrhaftig, in Wahrheit. — Wenn aber nicht einen
neuen Satz, welcher in genauer Verbindung mit dem vorhergehenden
steht, mit diesem verbindet, so sagt man nicht 7ion vero, sondern nee
vero. Vgl. Anleit. §. 579. Wenn aber durch aber nicht ein Gegefisotz
zu einem vorausgehenden bejahenden Worte angegeben wird, so sagt
man nicht ?ion vero, auch nicht nee vero, sondern blos tioti, ohne vero.
Vgl. Anleit. §. 581. Man sage also nicht, wie Flemert. (Ep. ad Wyttenb.
p. 10): quatuordecim dies, nofi vero (für ?ion) plures ; niclit, wie Ru-
perti (z. Tacit. Germ. p. 197): sed amuletis tanta vis tribui poterat,
?ion vero signis militaribus. Vgl. auch unter Nee.
Versabilis, veränderlich, wandelbar, steht N. Kl. bei Seneca u. A.,
und ist selten, für mutabilis, variabilis, commutabilis.
Versari in der passiven Form von versare, als Medium, wird in
der Bedeut. sich mit Etwas beschäftigen immer verbunden mit in aliqua
re, nicht mit aliqua re, N. Kl. aber mit circa aliquant rem, was man
vermeide. — Vor Augen schweben, versari in oculis oder ante, ob
oculos wird vielleicht nur mit dem Dat.., nicht mit dem Genit. der
Person verbunden, welcher Etwas vor Äugen schweht; z.B. dein Bild
scluvebt vor meinen Augen (mir vor Augen), mihi ante oculos, mihi in
oculis, mihi ob oculos versatur, nicht ante meos oculos, in meis oculis,
ob meos oculos. — In der Bedeut. sich aufhalten kann es nur gebraucht
werden, wenn ein längeres, nicht aber wenn nur ein vorübergehendes
Verweilen an einem Orte gemeint ist; letzteres heisst commorari.
Versiflcare kommt erst N. Kl. bei Quintilian. vor, aber nur in der
Bedeut. Ferse machen, nicht in der Bedeut. Gedichte machen; Cicero
sagt dafür facere, conficere, scribere versus. Ebenso werden die
Subst. versißcatio und versificator nur in dem Sinne technische Vers-
7nacherei und Fersmacher, ohne alle Beziehung auf Poesie, gebraucht;
und so können sie auch von uns recht wohl angewandt werden. QuintiL
(X, 1, 89) unterscheidet daher auch den Versmacher von dem Dich-
ter, indem er sagt: Cornelius Severus versificator, quam poeta, melior.
Versio ist, in welcher Bedeut. man es auch brauchen mag, jetzt
ohne alle Auctorität, und doch im N. L. sehr gebräuchlich in der
Bedeut. Uebersetzung von etwas in irgend einer Sprache Geschrie-
benem in eine andere. Doch ist dieser Gebrauch durchaus zu ver-
werfen, da das Uebersetze?! nicht eine neue, sondern eine alte Sache ist,
indem bei den Alten theils, wie man sagt, wörtliche, theils freie Ue-
bersetzungen schon Statt fanden, wofür die \ erha vertere, convertere^
exprimere, interpretari und N. Kl. transferre (vgl. dieses Verbum)
gebraucht wtirden. — Das beste Wort für unser Uebersetz?mg ist
interpretatio oder das griech. inetaphrasis. Andere dagegen wählen
versio, conversio oder traductio und translatio, von welchen allen be-
reits die Rede war. Vgl. noch fleusinger. Emend. p. 434. A. Matthiae
Eiempia eloq. p. 207. Friedemann z. Ruhnken. Opusc. I, p. 122. Lin-
demann z. Ruhnk. oratt. p. 14 u. 256. Kraft z. Mureti Epist. p. 320.
Dietrich's Sinten. p. 149. Reisig's Vorles. p. 99. Klotz Quaest. Tüll,
p. 73 und z. Cic. Tusc. p. 5, sowie auch oben Interpretatio.
807
Versus wird als Praepos., in der Bedeut. nach — hin oder zu,
immer dem Accus., welchen es bei sich \mi^7iachgesetzt,nnA steiit nie
vor demselben, wie man es so oft im N. L., auch bei ^nten Lateinern
findet, z. B. sehr oft in Gesner's latein. Lucian., oft in Heyne's Schrif-
ten, bei Valcken. ( Oratt. p. 228 versus Ainphipolin, für Amphipolin
versus), sogar bei Ernesti (z, Siieton. Tiber, p. 68 in capite versus
terram, für terram versus, dejecto) und bei vielen Andern. Man sage
also nicht versus Romam, nach Rom zu (hin), sondern Romam versus ;
nicht versus orieniem, nach Morgen oder Osten hin, sondern orientem
versus u. s. w. — Oft findet man aber auch noch vor dem Accus, die
Praep. ad, seltner in; in solchen Stellen ist vielleicht versus mehr
Participialzusatz (in der Bedeut. gewa?idt oder gewendet) ; z. B. nach
den Alpen zu, ad Alpes verstis ; und so fast immer ausser bei Städte-
und Ländernamen. Man brauche es aber durchaus nur von einem Orte,
nach welchem hin sich Etwas bewegt oder neigt, und falsch ist es
(was im N. L. vorkommt), bei einer Schrift zu sagen ßnem versus
oder wohl gar versus finem, in der Bedeut. gegeii das Ende, nicht
weit vom Ende. — Endlich hat versus auch keine Beziehung auf die
Zeit; z. B. gegen Mittag, d. h. U7n die Mittagszeit, heisst nicht ?neridiem
versus, sondern sub meridiem; gegen Abend (die Abendzeit), sub ve-
sperum oder vesperam, nicht vesperum versus.
* Vielleicht nur ein einzigesmal findet man versus seinem Accus, vorge-
setzt, nemlicli bei Liv. (VIII, 20, 8) : orbes positi in sacello Sanci versiis aedcm
Quirini; aber so liest nach Drakenborch nur eine Handschr. und alle Ausgaben
seit dem J. 1535, alle übrigen Haudselir. aber adversus aedem, d. h. dem Tem-
pel des Quir. {/egenüber, wie auch wohl zu lesen ist; dies meint auch Poppe.
Versulia, die Schlauheit, kommt Kl. nur im Plur. vor, aber nur
bei Liv. (XL, 47, 7 verstitiarum Punicarum), sonst ist es nur Sp. //.,
für dolus, calliditas, ast?itia. Gut und Ä7. aber ist das Adject. versutns.
Vertere ist in der Bedeut. übersetzen KL, wiewohl seltner als con-
vertere. Es hat meistens einen Zusatz, wie: de oder es graecis (graeco)
in latina (latinum) ; bisweilen steht es aber auch ohne solchen Zusatz,
was Hensinger (Eraendd. p. 434) leugnet, obgleich Cicero (z. B. Fin.
I, 3, 7) sagt: si sie verterem Platonem — ut verterunt poetae fabulas,
und ib. V, 18, 49 nam verti, ut quaedara Homeri, sie istnm ipsum locum,
— und so vielleicht auch noch anderwärts. Zu vermeiden ist aber, was
man im N. L. so oft findet, die Hinzufügung eines Adverb., wie laline,
graece, germanice u. dgl. ; für diese Sprechweise ist vielleicht Plautus
die einzige Auctorität (fabulam graecam bnrbare, d. h. laline, verti,
ich habe sie lateinisch übersetzt), da sonst nur vorkommt: in latinum
(latina), graecum (graeca), germanicttm (germanica) vertere. Das Adv.
brauchen z. B. Wyttenb. (Opusc. p. 384): Cicero graeca Inline (für
in latinum) vertit; Mahne (Crito p. 279): latinam orationem vernacule
(für in belgicam) vertere u. A.
Verus, wahr. Wo toahr so viel ist als wirklich, unhezweifelt und wo
es also meistens nur den Begriff verstärkt nnd die Stelle eines Super-
lativs vertritt, kann es nicht durch verus ausgedrückt werden, sondern
es muss vere, plane oder certe zu einem Adj., oder dieses Adj. selbst
rauss in den Superlat. gesetzt werden; z. B. ein wahrer Tugendfreund,
viriutis amantissimus, honesti studio sissimiis ; ein wahrer, vollkommncr
Gelehrter, perfecte plajicqiie eruditns. Daher verwirft auch Forbiger
(in seinen Aufgaben) den Ausdruck verus Cicero?iianus, für unser
808
ein wahrer Ciceronianer , und verlangt dafi'ir vere Ciceronianus ; doch
drückt es Mnret. besser durch germanus Cicero aus. — Das Neulr.
verum wird nicht blos concret von etwas Emzeinem, was wahr ist,
verstanden, sondern auch bisweilen (wie bei Cicero und Horaz) ab-
stract von der Wahrheit als Eigenschaft, für veritas. Vgl. Th. I, §. 84.
Vesanire, unsinnig, rasend sein, ist ausser im Partie, vesaniens
(bei dem Dichter CatuU.) ohne Auctorität, für vesanum esse, insanire.
J^esperus, der ^bend, kommt nirgends vor, für vesper nach Decl.
IL; denn in der Stelle bei Varro (R. R. III, 5, 35), welche Scheller
aus Gesner's Thesaurus anführt, steht das griechiscliartige hesperus
zur Bezeichnung des Abeyidsterjies, von welchem er L. L. VI, 6. p. 75
ed. Müll, sagt: Kair^ijov nostri vocant vesperuginem; und weiter setzt
er hinzu : id tempus dictum a Graecis In-neQu^ latine vesper. — Seltene
Nebenform ist vespern, doch ist sie durch die Handschr. in vielen
Stellen Cicero's jetzt durch die Form vesper verdrängt, so dass nicht
mehr ad vesperam, sondern ad vesperum gelesen wird, z. B. Fin. II,
28, 92; III, 2, 8, wo Madvig zu vergleichen ist. Ausserdem vgl. Gern-
hard u. Klotz z. Cic. Lael. 3, 12. Görenz z. Cic. Fin. p. 260. Oudend.
Caes. B. G. 1, 26. — Das adverbiale Abends hiess in alter Form vesperi
oder vespere. — P. L. steht vesper in der Bedeut. Abendgegend, We-
sten, für occidens, und in der Bedeut. die westlichen Völker, für inco-
lae, populi occidentis. — Ungewöhnlich ist vesper fit, es wird Abetid,
für advesperascit.
Vesperascere, Abend werden, ist nur A. u. Sp. L., und nur gut in
den Redensarten coelo und die vesperascente ; Kl. ist advesperascere.
Vestigare, aus- oder aufspüren, ist selten, für investigare. Ellendt
(z. Cic. Orat. II, 39, 166) zweifelt, dass es in guter Prosa irgendwo
sicher vorkomme; er meint, es sei überall investigare zu lesen, und
ändert so die beiden Stellen in Cicero, in welchen vestigare vorkommt.
Man halte sich daher aji investigare.
Vestigium, die Spur. Nacl» Fülleborn (Theorie des latein. Stils p. 91)
kann man nicht sagen praeclara, egregia vestigia u. dgl., wie wir sagen
herrliche Sptiren, sondern etwa perspicua.
Festis ist in guter Prosa nur im Sing. üMich, nicht im Plur., und
bezeichnet unser Zeug, Kleidung, nicht ein einzelnes Kleid; es ist
also gleich vestitus. Man brauche daher nicht vestes, wie denn auch
Cic. (Lael. 15, 55) sagt: parant equos, famulos, üesfem egregiain (wo-
bei wir an 31ehrheit denken müssen), vasa pretiosa — wo einige ge-
wöhnliche Ausgg. vestes egregias lesen; ebenso Verr. IV, 46, 103 ad
vestem itmliebrem conficiendam, wo nach dem Zusammenhange an 77ieh-
rere weibliche Kleider zu denken ist; — ftirner plurima vestis Meli-
tensis ; — und so sagte man auch nur stragula vestis, Teppiche, Decken.
Vgl. Th. I, §. 59.
Fetare, verbieten. Im Perf. kommt in Prosa nur die Form vettii,
P. L. und selten die Form vetavi vor; im Supin. nur vetitu?n, nicht
vetatuin. — Beim Activ. ist fast durchaus nur eine Person das Subject
des Verbi, selten eine Sache, z. B. bei Cicero: rationes a te collectae
nie vetant diffidere; — und so sagt ein Neuerer: brevitas rermnque
copia vetat, was mit Unrecht getadelt worden ist. — Ein Objectssatz
mit dass oder mit dem Bat. und dem Infinit, folgt in Prosa fast durch-
aus nur mit dem Accus, und dem Infinit.; z. B. er verbot, dass ich
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Wein tränke oder er verbot mir Weiji zu trinken, me vimim hibere
vettiil ; — P. L. und niclit iiacliziiahmen ist 7ie mit dem Conjunct., oder
oliiie ne mit dem blossen Conjunct.; man sage also nicht: re/?///, we
vim/m biberem, auch nicht vetuit, vinum biberem. Zu verwerfen ist auch
(juomimis nach velare, wie z. B. Seneca sagt: sapientia nulla re, quo-
mimis se exerceat, vetari potest, für se esercere. Auffallend ist es da-
her, dass Muret. (Commentar. de legibus, Oper. T. IV, p. 252 sqq.)
vetare oft mit ne verbindet, eine Verbindung, welche zwar Dichter
nach griech. Art (wie «?;' nach u-neiTrali^nnA ein negativer Infinit, nach
6t7r«; oo£i\ n' folgt) brauchen, welche aber in Prosa nirgends, auch nicht
bei den spätem Juristen, vorzukommen scheint. — Da vetarehn Passiv.
gerade wie jubere verbunden wird, so ist es auch falsch, wenn Muret.
(Expl. Cic. Catil. I, 11) sagt: quod privatos homines non vetituin est
facere, für quod privati homines non sunt vetiti facere.
Fetus, alt. Die bessere Form des Ablat. Sing, ist wohl durchaus
nur vetere (wenigstens in Prosa), nicht veteri, mögen auch einzelne
Stellen noch bis jetzt die letztere Form haben. Vgl. Th. I, §. 36. —
iV*^. L. ist es, re/w.5, wie recens, als Adv. zu brauchen und zusagen:
libri vetus scripti, glossaria vetus jam edita. — ^. L. bei dem altera
Cato findet sich der Comparat. veterior, wofür in der bessern Prosa
vetustior steht. — Nur P. L. ist es, vetus vom Lebensalter zu brauchen,
für sefies, mag7ius und grandis natu; man ahme dies durchaus nicht
nach. Vgl. Weber's Üebungssch. p. 71.
Fetustus, alt, ist in Beziehung auf das Lebensalter nur N. KL, wie
vetus; es steht so besonders bei Tacitus, wiewohl auch bei dem jun-
gem Plinius, werde aber nicht nachgebrancht.
Fexare, was nur ängstigen, quälen, verfolgen u. dgl. bedeutet, ist
nur iV. Kl. in der Bedeut. verhöhnen, verspotten, vexiren, für Hindere,
irridere, ludibrio habere u. a.
Fexillifer, der Fahnenträger, ist bei uns nicht anwendbar, da
unsere Feldzeichen und Fahnen nur signa, nicht vexilla sind ; wir
sagen daher nur signifer.
Fia, der Weg. Obgleich via juris, der Weg des Rechtes, der Weg
Rechtens, bei Cic. (Q. fr. I, 2, 10 via juris ejusmodi est) vorkommt, so
ist doch via judicialis, der gerichtliche Weg, d. h. der Weg Rechtens,
nicht üblich, und wird mehr durch Judicium oder durch jus allein
ausgedrückt; z. B. at/f gerichtlichem Wege Etwas suchen, jure experiri,
nicht via juris; auf gerichtlichem Wege verfahren, jure agere ; sich auf
gerichtlichem Wege Etwas gefallen lassen, aliquid judicio pati. Vgl.
Klotz z. Cic. Verr. II, 24, 60. p. 754. — Gleich gut ist via laudis (Cic.
Brut. 81, 281) und ad loudem, via gloriae und ad gloriam, der Weg
zum Ruhme — und so ähnliche. Gut ist se in viam dare, sich auf den
Weg begeben; und wie wir sagen: seines Weges gehen, so sagte man
auch wohl ire oder abire suamviam; so wenigstens Plaut. (Rud. IV, 3):
Tu abi tuam viam, gehe du deines Weges. — Der Lebensweg hiess
wohl selten via vitae, mehr vitae cursus, und dalxer einen Lebensweg
einschlagen, vitae cursum tenere (Cic. Rep. I, 6). Vgl. Hand's Lehrb.
p. 250.
Fiare, einen Weg machen, gehen, reisen, ist N. Kl., wird aber nur
von Quintilian. (VIII, 6, 33) als ein unglücklich gebildetes Wort er-
wähnt: Fio pro eo infelicius fictura; — es findet sich daher auch
810
erst Sp. L. im Gebrauche, und ist unnötliig wc^en ire, proßcisct\ viam
facere u. a.
Fibromen, vibratio, vihratus, die Schwhigimg, sind Sp. L., für inci-
tata conversio, impetus. Vgl, Weber's Uebungsscli. p. 318.
Vice ; vgl. Vicis.
Vicecancellarius, vicedirector und alle ähnlich gebildeten Wör-
ter sind erst A^. L.; nirgends findet sich bei guten Lateinern ein ähn-
liches. — Unser Stellvertreter drückte man theils durch vicarlus mit
dem Genit. des Hauptwortes aus (doch scheint so kein Beamter be-
zeichnet worden zu sein), theils durch pro mit dem Ablat., wie man
z. B. neben dem magister (dem Vorsteher und Aufseher) einen pro
?tiagistro, einen Unter auf seh er, halte, welchen wir nach der Analogie
jener neuen Wörter vicemagister nennen würden. Und so müsste man
den Vicekanzler — pro cancellario, den Vicedirector — pro directorcy
den Vicepräsidenten — pro praeside u, s. w. nennen; da uns aber der-
gleichen Ausdrücke sehr unverständlich sein würden, so behalte man
für die neuen Aemter die neuen Benennungen bei. Vgl. Matthiae Cic.
Epist. sei. ep. 59 (Fam. XIII, 65).
Vicesies, zwanzigmal, ist falsche Form für vieles.
Vicinia und vicinitas, die Nachbarschaft, vermeide man in der
Bedeut. Nachbarn (für vicini), da sie nur selten so vorkommen. —
N. L. ist die Form vicinium.
Vicis oder vices, der Wechsel, ist ein mangelhaftes Subst., für wel-
ches vicissitudo mehr im Gebrauche ist. Es findet sich A^. Kl. und Sp. L.
gebraucht, wo es in der bessern Prosa nicht üblich ist. — P. L. ist
tu oder per vices, abwechselnd, für in vicem (invicem), vicissim. — Sp. L,
und durchaus zu vermeiden sind die Redensarten: hac vice,diesesmal,
für nunc; vice prima, altera, tertia u. s. w., das erste-, zweite-, dritte^
mal, für primo, secundo oder iterum, tertio; vice una, vice altera, das
einemal, das anderemal, für semel. Herum, wenn vorausgegangen ist
zweimal (bis ; vgl. Wolf zu Sueton. Tiber. 6) ; wenn aber die Zeit darin
liegt (also gleich unserem bald- bald), so sage man alias, alias ; — ferner
vice iterata, zu wiederholtenmalen, für iterum, und vice repetita, wie-
derholt, zu tviederholtenmaleti, für identidem ; vice versa, mngekehrt,
für contra, e contrario, auch bisweilen für vicissim; vice ultima, zum
letzenmale, für postremum — und andere ähnliche, welche im N. L.
oft vorkommen. Vgl. Heusing. Emendd. p. 434 u. 487. Weber's Ue-
bungssch. p. 283 und Dietrich's Sintenis p. 142. — Bezweifelt wird
vicein oder vices alicujus sustinere, Jemandes Stelle vertreten, für das
N. AI. vice alicujus fuj^si oder das Kl. alicujus partes agere, personam
teuere, sustinere (vgl. Persona), alicujus vicarium esse. — Zu vermei-
den ist endlich vice in der Bedeut. /m/", anstatt; so kommt es nur
N. Kl. bei dem altern Plinius vor, für das Kl. loco, und Ernesti (Opuse.
orat. p. 94) sagt vice mariti, anstatt des Ehegatten, für loco mariti.
Vicissim, abtvechselnd, ist ganz gleich i?ivicem; vgl. dieses Wort. —
N. L. ist vicissim in der Bedeut. unter einander , gegenseitige für iuter
se oder mutuo. Man sagt also nicht vicissim amare, wechselseilig oder
gegenseitig liebe?i; vicissim diligere, gegenseitig hochachten, sondern
inter se (mutuo) amare, diligere. — Von einer Person oder Sache ge-
braucht, zeigt vicissim den Wechsel ihres Zustandes oder ihrer Hand-
lung an; z. ß. odit ille eum, vicissim amat; vigilat homo, vicissim der-
811
mit; terra floret, t^icissim horret; bei swe?' Personen oder Sachen wird
es gesetzt, wenn sie mit einander in Etwas weclisein, und wenn der
Eine das thut, was der Andere vorher gethan hat; z. B. me praebebo
tibi victssim attentum auditorem (Cic. N. D. 111,1); cum ipse dixerim,
te andire vkissim volo — und Aehnliches.
Victimare, schlachten, opfern, ist Sp. L., für mactare, immolare,
viclimam caedere^facere (in heiligem Sinne) u. a.
Vktitare, leben, kommt nur A. L. bei den Komikern vor, für viver0;
nnnöthig braucht daher jenes Muret. (Var. Lect. V, 1).
Victoria, der Sieg. Den Sieg über Jemanden davontragen heisst
victoriain reportore, referre oder ferre ab aliqno, seltner ex aliquOy
Sp. L. de aliquo. Vgl. Reportare. — Siegesgeschrei erheben, Firtoria
rufen heisst victoriam conclamare, nicht vocare. Vgl. Caes. B. G. V, 37
und unten Vocare.
Victor iosus, siegreich, ist A. und Sp. L., für victor,victrix. — Sie-
gesbriefe heissen litterae victrices oder laureatae; siegreiche Waffen,
arma victricia ; ein siegreiches Heer, victor exercitus.
Victualis, die Nahrung betreffend, und viciualia, die Lebens- oder
Nahrungsmittel, sind Sp. L., für victtis, alimenta, cibaria, esculenta et
'poculenta ; im Kriege meistens commeatus.
Videlicet heisst eigentlich man sieht es ja, daher denn ixxich frei-
lich wohl, offenbar, ohne Zweifel, und spöttisch Ja wahrhaftig, sieh' da!
seht da! — Man brauche es nicht falsch für unser gewöhnliches nem-
lich, um etwas Allgemeines näher zu bestimmen. Vgl, Weber's üe-
bungssch. p. 514. Hand's Lehrb. p. 230. Reisig's Vorles. p. 466 und
oben Scilicet.
Videnne, siehst du nicht? ist eine unerweisliche Form für videsne
oder viden; Gesner braucht sie in seinem latein. Lucian. oft. Vgl. Scire.
Videre, sehen. Wenn in sehen, verbunden mit einem passiven Par-
ticip., nicht das leibliche Sehen liegen soll, sondern wenn es nur lel)-
haft das im Particip. liegende Verbum umschreibt, so wird es nicht
ausgedrückt ; z. B. ich sehe mich durch die Umstände gezwungen,
dieses zu thun, haec facere cogor, nicht haec me facere coactum video.
Etwas ganz Anderes ist es, wenn Cic. (Brut. J, 1) sagt: me privatum
videbam, ich sah mich beraubt. Man sei daher in solchen Verbindungen
vorsichtig. Vgl. Klotz Sintenis p. 165. Dahin oder darauf seheii, dass
— heisst nicht eo oder id videre, ut — , sondern (ohne eo und id) blos
videre, ut — ; z. B. es ist nicht allein dahin oder darauf zu sehen, das
zu beachten^ dass — , non solum videndum est, ut — (Cic. Orat. III,
11, 46). — Sich nach Etwas umsehen, um es zu gebrauchen, heisst
sibi videre aliquid, z. B. sedem, locum, sich nach einem Sitze, nach
einem Platze umsehen, wie Cic. (Tusc. IV, 17, 88) sagt : sapiens ita
acrem ia omnes partes aciem intendit, ut semper videat sedem sibi ac
locum sine molestia atque angore vivendi. — Bezweifelt wird von Ei-
nigen videre in der Bedeut. einsehen, wofür wir auch sehen brauchen;
aber es steht so nicht selten bei Cicero u. A. Richtig ist auch vide,
ne — , siehe zu, dass nicht, d. h. hüte dich, dass nicht — . Wie wir sehe
ich in directe Rede einschieben, so thun es auch bisweilen die La-
teiner; z. B. er ist, sehe ich, in die Nähe zu dir gekommen, is ad te,
Video, comminus accessit (Cic. Att. II, 2). — Endlich, wie wir bei hör-
812
baren Dingen sehen für hör€7i brauchen, so auch die Lateiner, und
wir dürfen dies nachahmen. Vgl. Klotz zu Cic. Tusc. II, 8, 20.
J ideri, scheinen. Unser neutrales es scheint kann im Lateinischen
irre führen, da videri nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauclie nicht
ein Tmpersonal- sondern ein Personalverbum ist, und alle Personen
im Sing, und Plur. hat, indem die Person oder Sache, welche in
dem von r/f/er/abhängigfen Satze liegt, Subject zu videri ist und das
von videri abliängige Verbum in den Infinit, gesetzt wird; z. B. es
scheint Allen, dass ich dein Freinid sei, omnibus ego tibi nmictis esse
videor, nicht omnibus videtur nie libi aniicum esse; es scheint, dass
diese Städte gross gewesen sind, hae urbes magnae fuisse videntur,
nicht videtur has urbes magnas fuisse — und so in allen ähnlichen
Fällen. Jedoch weicht mihi videtur in einigen Stellen ab, wenn es be-
deutet das ist ?neine Meinntig, gleich placet fuihi, wo es als selbst-
ständiger Satz erscheint, und der im Accus, mit dem Infinit, stehende
Satz das erklärende Subject des Verbi ist, wie in Cic. Tusc. V, 5, 12;
8, 22 n. a. Stellen. Will man z. B. sagen: dies ist meine Meinung, die
Tugend vermag genug zum g/ück/iche?i Leben, und sollen beide Sätze
mehr für sich stellen, und der letzte Subject, der erste Praedicat
sein, so heisst der erste Satz mihi videtur, der zweite virtr/tem satis
posse ad — ,• will man aber nur sag-en : die Tugend, dihtkt mich, vermag
genug, so heisst es: virtus mihi videtur satis posse. Vgl. Wolf, Orelli
und Klotz zu Cic. Tusculan. — Uebrigens halte man sich streng an
den personalen Gebrauch und vermeide gänzlich die deutsche imper-
»07?ff/e Verbindung, welche man im N. L. nicht selten findet. — Videri
wird aber auch sogar im eingeschobenen Satze mit ivie (ut) als Per-
sonalverbum betrachtet, indem das im Hauptsätze stehende Subject,
als auch zu dem eingeschobenen wie es scheint gehörig, das Verbum
in der Person und im Numerus oft ändert; z. B. wie es scheint, haben
wir dazu viel beigetragen, ad eam rem nos, ut videniur (nicht ut vi-
detur), attulimus (Cic. Off. 1, 1, 2); ich hatte dir fnit wenigen Worten,
wie es mir schien, geantwortet, ut mihi videbar (nicht videbatur), re-
spondera?n (Tusc. I, 46, 111) — und so ähnliche. Vgl. Cic. Farn. IV,
13, 3; VI, 1, 16. Att. I, 18, 2; VIII, 11, 1. Tusc. III, 34, 84 u. a. und
Anleit. §. 459. — Man sage also nicht: haec verba recte, 7it videtur,
deleo, sondern ut videor; nicht: haec verba recte, ut videtur, de-
lemus, sondern itt videmur; nicht, wie Muret. (Var. Lectt. XIII, 2):
qui juvenes immaturam, ut videbatur (für videbantur), mortem obic-
rant ; nicht, wie Gesner (im lat. Lucian. Sacrif. 2) : absque mercede,
ut videtur (für videntur), faciunt nihil; — und so ist im N. L. oft ge-
fehlt worden. — Auch hier macht vielleicht (wie oben mihi videtur)
ut mihi videtur, in der Bedeut. wie meine Meinung ist, bisweilen eine
Ausnahme; wenigstens lesen in Cic. Fin. I, 20, 66 alle Handschriften:
seque facile, ut mihi videtur, expediunt, wofür jedoch Lambin. vi-
dentur las; und ebenso schwankt die Lesart in Cic. Marc. 3, 10 zwi-
schen ut mihi videtur und videntur, ]G\\es aber haben die besten Hand-
schriften, so wie auch Steinmetz und Klotz.
Vidua, die Wittwe. Für falsch und lächerlich erklärt Vavassor.
(Antib. p. 609) vidua mit folg. Gejiit. ihres verstorbenen Mannes.
Viemia ist bei den Alten nur eine gallische Stadt, das heutige
Vienne; aber nicht, wie man es so oft im A^ L. findet, die öster-
813
reichische Stadt Wien, mag man auch bisweilen Austriaca dazu setzen.
— Wien hiess Viridobona oder f'indomi?ta und mit andern älinlichen
Formen. Jener Feliler findet sich häufig auf den Titeln lateinischer,
in Wien gedruckter Bücher. — Ebenso hiessen auch die Einwohner
der französischen Stadt Pien?ie — Fien?ienses, die der Stadt Wien —
Vindobonenses, welche beide Benennungen ebenfalls im N. L. ver-
wechselt worden sind.
Figesies, zwa?izigmaf, ist falsche Form für vicies.
Vigilax, wachsam, munter, steht N. Kl. bei Coluraella, sonst ist es
nur P. L., für vigil, vigilans.
Figiliae, die Wachen, bedeutet nur die Wachen bei Nacht; aber
excubiae — die Wachen bei Tag und Nacht.
Vincere, siegen, geioinnen. Wo wir sagen : im Gerichte, in einem
Processe u. dgl. siegen, den Process gewinnen, sagt man latein. theils
mit dem A.h\. judicio, causa, sponsione, theils mit dem Accus. Judicium,
causam, sponsionem vincere ; und so sagt auch Cic. (Tüll. 36) : unam
rem vincere, in einer Sache siegen. Vgl. Rulink. Vellej. I, 8. — Grie-
chischartig, aber ganz gewöhnlich sagte man vincere Olympia, Isth-
mia u. ähnl., in den Olympischen, Isthmischen Spielen siegen; aber
darnach zu sagen bella vincere, in Kriegen siegen, ist Sp. L. und nicht
nachzuahmen.
Fincire, binden. Obgleich dieses Verbum in Beziehung auf Verse
gebraucht wird, und obgleich die Prosa schon von Cicero oratio soluta
genannt wird, so ist doch oratio vincta, die poetische Rede, die Poesie,
ohne Auctorität, erst N. L. und nach Vavassor. (Antib. p. 593) ohne
den Zusatz numeris nicht zu brauchen.
Findicare, sich zueignen, anmasseii, wird wohl nur ohne sihi ge-
braucht, aber Livius verbindet es mit ad se ; vor oder gegen Etwas
schützen, sichern heisst vindicare ab aliqua re ; ebenso von Etwas
befreien.
Findobona, Wien; vgl. Fienna.
Finne, willst du? ist unerweisliche Form für visne oder vin;
Gesner braucht sie in seinem latein. Lncian. mehrmals. ^^\. Scire.
Fiolens, geivaltsam, ist nur P. L., für violentus ; als Adverb, aber
wird nur violenter gebraucht, nie violente. — Als ungewöhnlich wird
verworfen violenter manus afferre, gewaltsam Hand anlegen, da schon
manus offcrre diesen Sinn enthält, wie im Griech. Tryoa/^oen ycujag.
Fir, der Mann, wird in der Bedeutung Gatte (gleich maritus) von
Einigen verworfen, aber da es bei Cicero (Fam. VII, 23. Coel. 13),
Livius (1,5,8) und Andern so vorkommt, ist es neben maritus und conjux
wohl zu brauchen. Vgl. Anton.Progr. p.3. — Ohne Auctorität aber sind
die Ausdrücke vir adolescens, vir juve?iis, ein junger Mann ; vir sejiex,
ein alter Mann ; vir tritt hier nie hinzu. — Wohl nie wird auch vir bei den
Alten zur Bezeichnung des Alters gebraucht, wie wir den Mann zwi-
schen dem Jüngling und den Greis oder den Alten setzen; die Stufen
des menschlichen Alters folgen so aufeinander: infans,puer, adole-
scens, juvenis^ senior, senex, ohne dass also vir zwischen juvejiis und
senior eingeschoben wird, weil, was wir Mann nennen, bei den Alten
juvenis heisst. Varro nahm (nach Censorin. c. 14) nur fünf Stufen
an: puer, adolesce?is, juvenis, senior und senex, und bestimmte für jede
der vier ersten fünfzehn Jahre, so dass also Männer von 30 — 45 Jahren
814
juvenes, solche von 46 — 60 Jahren sem'ores hiessen. Daher setzte er
nach Juventus unmittelbar senectus, nicht aber eine aetas virilis. —
Vir dagegen steht im Allgemeinen nur der femina oder mulier ent-
gegen, und bezieht sich auf das Geschlecht (genus), nicht auf das
Alter (aetas). Es hat aber, wie unsere Wörter Mann und männlich,
den NebenbegrifF des dem mäntdichen Geschlechte Eigenthümlichen,
der Kraft und Stärke an Geist und Leib, im Gegensatze der Schwäche
und Kraftlosigkeit des weiblichen Geschlechtes, und bildet deshalb
oft einen Gegensatz zu puer, welchem die geistige und körperliche
Kraftausbildung noch fehlt. Und so steht es selbst bei Ovid. Met. XIII,
397, welche Stelle man allein zum Beweise anführt, dass vir auch in
Beziehung auf das Alter gebraucht werde. — Der Name vir ist auch
ehrend, zumal im Verhältnisse zum Staate, und er tritt deshalb häufig,
wie ein Titel, mit einem Adject. zu einem INamen hinzu, z. B. vir for-
tissimus, clarissimus, optimus, gravissimus u, dgl. — Nie stehen aber
auch viri und juvenes, viri und senes einander entgegen, und man
wird sie bei guten Lateinern nie zusammengestellt finden, wie z. B.
Schütz (Commentar. zu Aeschyl, Pers .p. 5) juvenes et viri zusammen-
gestellt hat. Dagegen stellt Cicero (Invent. I, 24, 35) fragend zu-
sammen : puer an adolescens, natu grandior an senex ? — Schwerlich
möchte es also lateinisch sein, zu sagen: cum vir f actus esset, als er
Mann gewordefi war, für cum juvenis oder 7iatu grandior f actus esset.
— Ebenso verhält es sich mit dem Adject. virilis, männlich, welches,
wie vir, eigentlich nur auf das Geschlecht, nicht auf das Alter Bezug
hat; daher gibt es denn auch keine aetas virilis, sondern dafür sagt
man Juventus oder aetas consta?is, media (Cic. Sen. 20), fir mala, con-
firmata, corroborata. Bei den Alten wenigstens folgt auf adolescentia
— Juventus und dann se7iectus, nirgends aetas virilis. — So wie vir,
hat aber auch virilis, als Gegensatz zu muliebris, den Begriff stark,
kräftig, und in diesem Sinne stehen puerilis und virilis einander ent-
gegen, z. B. bei Cic. ( Att. XIV, 21, 3) : animo virili, consilio puerili,
und in demselben Sinne verbindet Iloraz (A. P. 166) aetas animusque
virilis, und sagt doppelsinnig, indem er auf Alter und Ernst Rücksicht
nimmt (A. P. 178): ne forte seniles mandenturjuveni partes, pueroque
viriles. — Im N. L. kommt virilis aetas sehr häufig vor; Mahne sagt so-
gar (Vita Wyttenb. p. XIX) : f[\\ae juventutem ac virilem aetatem meam
aluerunt, was den Alten unerhört sein würde. Vgl. indessen gegen
meine Ansicht Anton. Progr. p. 41 und Trojanski in d. Zeitschr. f. d.
Alterth. 1835. Nr. 148; ausserdem Wei)er's Uebungssch. p. 127; über
vir und homo vgl. Vavassor. Antib. p. 610. Grotefend's Commentar.
z. d. Material. p.304 und den besondern Excurs in Weber's Uebungssch.
Ueber vir immortalis vgl. Immortalis, und über pro virili parte \g\. Pars.
Viretum, das grüne Feld, der Garten, ist P. L., für viridarium.
Virgineus, jungfräulich, ist nur P. L., für virginalis.
Viridis, grün, bedeutet auch Kl. \i\\A\\c\\. frisch, jung, z. B. bei Cic.
(Rep. VI, 8) : viridiora praemiorum genera, im Gegensatze zu arescen-
ies laureae.
Virilim, Mann für Mami, wird nur mit Distributivzahlen, nicht
mit Cardinalzahlen verbunden. Man sage also nicht: militibus viginti
quinque numos viritim dedit, er gab den Soldaten Mann für Mann
fünfundzwanzig Sesterze, sondern vicenos quinos.
815
Viror ist in der Bedeut. Lebhaftigkeit, Kraft N. L., für viriditas,
vigor animi, alacritas a7iimi.
Virluosus ist, in welcher Bedeutung; es sei, N. L.; in der Bedeut.
tugendhaft, für bonus, probus, honestus, integer, sanctus,virtuie prae-
ditus u. a.; in der Bedeut. meisterhaft und als Subst. Meister in einer
Kunst^ für sciens, scie?itissimus u. a.
Virunculus, ein Männchen, ist N. L.,.für homuncio, homunculus.
Virulentus, voll Gift, giftige ist Sp. L., für venenatus, pestifer ; es
ist aber überhaupt nicht zu brauchen, und ganz neu ist der Ausdruck
odium virulentum, ein giftiger Hass, für odium capitale u. a.
Vis ist in der bessern Prosa mangelliaft und im Sing, auf Nomin.,
Accus, und Ablat., vis,vim, vi beschränkt. Ohne Beispiel ist der Genit,
vis, wie neulich Jemand schrieb: Praecepta juris Romani circa crimen
vis, in Beziehung auf das Verbrechen der Gewallt hätigkeit, für circa
vim. — Der Dat. vi steht nur bei dem Verf. des Bell. Afric. 69, was
ein Zeichen der Spätheit dieses Buches ist. — üei)rigens ist vis die
physische Kraft und Gewalt eines Menschen oder dieses und jenes
Diuges, und so sagt man denn auch bildlich vis ingenii, eloquenliae
u. dgl. Wiewohl aber vis oratoris richtig ist, so wäre doch nicht richtig
vis Ciceronis, Demosthenis u. s. w., wenn unter vis ihre Rednergewalt
verstanden werden soll; in diesem Falle muss z\x vis noch dicendi o^gt
eloquentiae hinzutreten. — Erst N. Kl. bei Quintilian. wird der eloquen-
tia nicht vis, sondern vires beigelegt, was man nicht nachahme, wie es
Muret. (Expl. Cic. Catil. III, ep. dedic.) gethan hat. — Auch ist vis
nicht Macht, in der Bedeut. Einfluss, Ansehen; dafür ^iG\iipote7itia ; —
wenn aber Einfluss haben so viel ist als Etwas bewirke?!, verursachen,
befördern können, so ist vim habere richtig. Vgl. Weber's Uebungssch.
p. 31 u. 351. — Ueber vis gravitatis, die Schwerkraft, vgl. Gravitas.
Viscera^ die Eingeweide, bildlich in der Bedeut. Kinder (für liberi,
pueri) zu brauchen, ist nur P. L. Vgl. Spalding. z. Quintil. Inst. VI,
praef. 3.
Visere, sehen, ist ohne den Nebenbegriff der Prüfung und genauen
Erforschung des Gegenstandes N. L., für videre.
Visibilis in activer Bedeut., der sehen kann., steht N. Kl. nur bei
dem altern Plinius, für qui videre, cernere potest; in passiver Bedeut.
sichtbar, der gesehen werden kann, ist es erst Sp. L., für adspectabilis
(Cic. Tim. 4 u. 8), qui sub oculos (adspectum)cadit,qui sub adspectum
venit (Orat. II, 87, 358), oculis expositus.
V/sio ist in der Bedeut. das Sehen, der Anblick Sp. L., für videndi
sensus, adspectus, conspectus. Gut, aber selten und auch mehr Sp. L.
ist es in der Bedeut. eine den Augen sichtbare Erscheinung ; gewöhn-
licher sagt man dafür Visum, species, ostentum ; Livius sagt visus und
Plinius (Epist. VII, 27) phasma oder pha?itasma ; sonst bedeutet es bei
Cicero nur eine geistige, nicht den Augen sichtbare Vorstellung von
Etwas, eifi Bild der Phantasie.
Visitare, besuchen, wird zwar selten gebraucht, ist aber Kl. ; ge-
wöhnlicher sagt man convenire, visere, intervisere ; — Cicero braucht
visitare nur von einem Kra?ikenbesuche. — Eijie Schule besuchen heisst
weder scholam visitare, noch visere, somlcrn fr equeritare. — Das ge-
wöhnliche Einen visitiren, d. h. durchstechen, heisst im N. L. aliquem
visitare, für excutere (Cic. Fam. X, 31, 4), perscrutari, speculari. —
816
Mi7i besuchter Ort ist nicht locus visitatus, sondern celeber ,frequens. — ■
Sp. L. sind die Subst. visitutio, der Besuch (was durcli das Verbum
zu umschreiben ist), und visitator, der Besucher, Bescher, für gut visu,
couiienit,freqnejitat u. a.
Visum ist N. L. in der Bedeut. Einblick einer Sache, sei es nun
ein angenehmer oder ein unangenehmer, für adspectus. — KL bedeu-
tet zwar Visum eine Erscheinung, welclie man mit dem Geiste oder
mit den Augen wahrnimmt, selbst im Traume (daher visum somnii,
eine Traumerscheiming), aber nicht eine JSaturerscheinung ; diese
heisst oste?ttum, und wenn sie wunderbar ist, prodigiu7n, portentum,
monstrum. Vgl. Weber's üebungssch. p. 227 und Anton. Progr. p. 63.
Visus kommt selten in der Bedeut. das Sehen, das Gesicht vor;
gewöhnlich hat es den Zusatz oculorum, oder man sagt acies oculo'
rum, adspectus, sensus videndi, auchblos oculi. Daher heisst e?wscīA/es
Gesicht haben — oculos acres acutosque habere (Cic. Plane. 23); das
Gesicht verlieren, adspectum amittere ; das Gesicht wohin wenden, ad-
spectum aliquo referre ; des Gesichtes entbehren, oculis carere. Vgl.
Schori Phras. p. 123 u. 822.
Vita ist in der Bedeutung Lebensalter vielleicht N. L., für aetas;
z. B. das Lebensjahr, annus aetatis, nicht vitae ; er starb im zwan-
zigsten Jahre des Lebens, anno aetatis, nicht vitae, was man so oft
im N. L. findet. — Auch ist vila fast neu in der Bedeutung Lebens-
beschreibung (etwas undeutlich bei Cornel. Nepos); wenigstens hüte
man sich, Adjective7i dazu zu setzen, welche nicht auf das Leben und
die Lebensweise eines Mannes, sondern nur auf die Beschreibu?ig, Er-
zählung und Schilderung Bezug haben. Man sage also z. B. nicht: bre-
vis, longa, copiosa, bona, elegatis, praeclara u. a. vita Ciceronis, eine
liurze — Lebensbeschreibung des Cicero ; denn brevis vita ist em kurz-
dauerndes Leben. Man sage dafür brevis, longa — vitae expositio oder
adumbratio, oder umschreibe es mit dem Verbo; z. B. Plutarch hat
eine umständliche Lebensbeschreibtmg Cicero' s geliefert, Plut. vitam
oder de vita Cicero?iis copiose exposziit oder enarravit, scripsit u. a.
Vgl. Describere, und über vitae curricuhnn vgl. Curriculum. — Ver-
worfen wird als ungewöhnlich vitae modus, die Lebensweise, für vitae
ratio et consuetudo, victus, cultus, vitae instituta u. a. — Auch einem
Volke legt man eine vita bei, und versteht darunter dessen I^ebensart,
Lebensordnung und Lebenseinrichttingen, was wir das innere heben
eines Volkes nennen. So schrieb Varro ein Buch: Vita populi Romani,
worunter er jenes verstand; dagegen wäre inferior vita unlateinisch.
Wenn aber, sagt Weber (üebungssch. p. 211), unter dem innern
Leben eines Volkes seine Art zu denken verstanden wird, was durch
vita nicht ausgedrückt werden kann, so sage man dafür etwa ingenium
oder sentiendi cogitandique ratio; letztere Redeweise verwirft jedoch
Raschig (Progr. p. 2G) als I). L. — Endlich ist es wohl unstatthaft,
de vita tolli in der neutralen Bedeut. sterbe?! zu brauchen ; dies ist
vielmehr von einem gewaltsamen Ermordetwerden zu verstehen, in-
dem das active tollere e oder de medio, e vita, de civitate u. a. auf
gewaltsames Wegräumen hindeuten. Jch billige es daher nicht, dass
Ruhnken (Elog. Hemsterh. p.267) sagt; Hemsterhusio de vita sublato,
für mortuo oder postquam de vita decessit.
Vitalis, das Leben betreffend, ist nur P. L.; nirgends aber findet
817
gicli bei einem guten Lateiner lux vitnlis, das Lebenslicht, und N. L.
\%i luce vilali privari \n der gewöhnlichen Bedefit, sterben, für »io/Y.
Vitium beschränken Einige fälschlich atif die Bedeut. Fehler der
Seele, da es doch jedes Fehlerhafte bezeichnet, wodurch Etwas ver-
dorben und verschlechtert wird; daher heissen auch Sprachfehler —
vitia (Auct. ad Herenn. IV, 2, 7. Quintil. I, 5, 5), und Druckfehler
werden eben so richtig vitia genannt, wie sonst menda, weil durch
solche Fehler die Wörter verdorben erscheinen. Vgl. Schon Phras.
p. 823.
Vitulari, jatichzen, jubeln, ist nur A. L. und nicht mehr zu brau-
chen, für exsultare (laetitia, gaudio), gestire. Vgl. Varro L. L. VII (VI),
6, 107. p. 163 ed. Müll.
Vituperium, der Tadel, was Freund in seinem Lexico nicht mehr
hat, stand in den Lexicis aus Cic. Leg. III, 10, 23, wo vituperio est in
den Ausgaben vorkam; jetzt wird aber dafür aus den bessern Ilandschr.
vituperabilis est gelesen. Vgl. Moser zu dieser Stelle. Sonst kommt
jenes Wort nicht vor, dafür aber vituperatio, reprehensio. Schon
Schorus (Phras. p. 824) verwarf es.
Vivacilas ist in der Bedeut. Lebhaftigkeit sehr Sp. L., für viri-
ditas, vigor animi, alacritas animi. Früher brauchte man es N. KL in der
Bedeut. lange Lebensdauer, was nicht zu verwerfen ist.
Fivere ist in der Bedeutung erleben N. L., für videre oder in vita
videre;z. B. Unglück e? leben, fnala videre; einen Tag erleben, diem
videre; er erlebte kein Unglück, nihil in vita vidit calamitatis (Cic.
Cluent. 6, 18). Bezweifelt werden die Ausdrücke in egestate vivere,
in Armuth leben, für vitam in egestate degere ; inter spem metumque
vivere, zwischen Furcht u?id Hoffnung leben, für inter spem metumque
animum suspensum habere ; vivere in ore hominum, im Munde der
Leute leben, für esse, vigere, versari in ore hominum. Vgl. Os. — Die
Redensart vivere cum aliquo bedeutet nicht mit Jematiden gleichzeitig
leben, sondern fuit Jem. vertraut leben ; jenes muss durch alicujus (alictci)
aequalem esse ausgedrückt werden. Unerweislich ist homines nunc
viventes, die jetzt lebenden Menschen, für homines qui nunc sunt; die
damals lebenden, nicht tunc viventes, sondern qui tuncfuerunt, vixe-
Tunt. — Ueber vivere in diem vgl. Dies.
Fividus, lebendig, kräftig, ist Ä7., aber die Adv. vivide und vivi-
dius sind fast ohne Auctorität, für alacriler, alacrius.
Vivificare, lebetidig machen, ist ganz Sp. L., für vitam dare, ab in-
feris revocare, a mortuis aliquem excitare, denuo animare.
Vivus, lebetidig. Im N. L. braucht man ad viviini in der Bedeut.
nach dem Leben; aber ad vimmi bedeutet Kl. nur bis ans Lebendige,
bis ans Fleisch, indem man aliquid ad vivum resecare sagte, Etwas
bis auf's Fleisch wegschneiden (darüber weiter unten noch Einiges). —
Im N. L. sagt man aber aliquem oder aliquid ad vivum expriniere,\n der
Bed. Eineji, Etwas nach dem lieben ausdrücketi, darstellen, was bei kei-
nem guten Lateiner vorkommt. Daher verwirft F. A.Wolf als unlateinisch:
Critici imago ad vivum expressa, wie Ruhnken (Elog. Hemsterh. p. 225)
sagte, und ebenso unheilt Hand (Tursellin. T. I, p. 109): Quod nostri
temporis hominibus placuit ad vivum exprimere, barbarum est. Schon
fniher tadelte Sciopp. (Infam, p. 65 [50J) «las von Fam. Strada ge-
brauchte ad vivum agere Iragoediam, ein Trauerspiel 7iach dein Leben
b2
818
aufführen, (er nannte die Redensart fossore aut caprimnlgo dignum
loquendi genus), fnv* Iragoedt'am ogere, tainqmitn vera res o^ere vi-
deatur. Ebenso bemerkte Vavassor. (Aniib, p. 470); Ad vivum erpri-
mere, tirer au vif, au naturel ; non meniini alias legere apud iillum
veterem probatura scriptorera, id quod vulgo nunc omnes loquuntur,
exprimere ad vivtmi. Man sage etwa alicujus vivam oder vividam ima-
ginem esprimere, oder wenn von Jemandes Leben die Rede ist, ima-
ginem C07is?ietudi?its atque vitae alicujus esprimere. Vgl. noch Frie-
demann zu Ruhnken's Stelle. — Es werde aber auch die Redensart
ad vivum aliquid resecare, welche Cicero (Lael. 5, 18) bildlich in der
Bedeut. Etivas scharf, genau nehmen gebraucht, nicht in der Bedeut.
genau, scharf untersuchen angewandt, wie es z. B. Mahne (im Crito)
oft thut, z. B. p. 276 ut omnia ad vivum resecanda putemus. — INir-
gends kommt ad vivum persecare vor, wie in ähnlichem Sinne Ilem-
sterli. (Oratt. p. 155) sagte: ad vivum per secabat. Vgl. Hand's Lehrb.
p. 284 undFrotscher zuMuret. Oper. T. I,p. 331. — Endlich brauche
man den Ausdruck viva vox, die lebende Stimme, in der Bedeut. müfid-
liche Belehrung, da er aus dem Griecli. (tfii« qMit], welches Cicero
brauchte) übersetzt ist und N. Ä7. nicht selten vorkommt, nicht ohne
den Zusatz ut dicitur, ut vulgo dicitur; so findet er sich wenigstens
bei Quintil. (11,2,8) und Plinius (Epist. II, 3), mag auch Seneca
(Ep. 6) ohne Zusatz sagen et viva vox et convictus. Vgl. Vavassor.
Antib. p. 611.
f^tj;, kaum. — N. L. ist vix adhuc, kaum noch, für visdum, vix
jam, tantum quod, co?nmodum; ebenso via; aliquis oder vix quisqtie,
kaum Einer, für vix quisquam. Vgl. Quisque. — Bei zwei Verben, deren
eines im Infinit, steht, schliesst sich vix dem regelmässigen Gebrauche
nach als verneinende Partikel an das Verbum finilum an; dagegen
wird oft gefehlt. Man sage also nicht: vix dici potest, sondern dici vis
potest oder vix potest dici — und so in allen ähnlichen Ausdrücken. —
Unlateinisch ist vix in der Bedeut. soeben ohne einen zweiten Satz mit
cwm, welcher den Hauptsatz enthält; z. B. kazim war ein Jahr ver-
flossen, so klagte jener den Norbanus an, nicht vix annus intercesseraty
iste accusavit Norbanum, sondern cum isie accusavit Norb. — Endlich
findet sich bei Cicero und Andern häufiger die Stellung vix ut (sodass
kaum), als ut vix. Vgl. Dietrich's Sintenis p. 65.
Vocabularium, das Wörterbuch, ist N. L. Vgl. Lexicon.
Vocabulum ist nur ein einzelnes Wort für sich ausser dem Zusam-
menhange betrachtet, und so sind vocabnla — die einzelnen Wörter
ebenfalls ausser dem Zusammenhange, wo wir sagen Wörter, nicht
Worte. Daher heisst z. B. ich habe die Worte nicht verstanden, verba
non intellexi, nicht vocabula ; aber die Wörter dieser Sprache klingen
rauh, vocabula hujus liuguae horride sonant.
Pocare, rufen. Jemandefi zu Hülfe rufen wird P. L. durch aliqnem
auxilio vocare ausgedrückt, in Prosa dnrch alictijus oder ab aliquo
auxilium (opem) petere, alicujus auxilium (opem) iinplorare, nicht
vocare, da es in der Bedeut. rufen nur ein Personal-, nicht ein Sach-
object bei sich hat. Daher ist auch vocare victoriam, Victoria rufen^
Siegesgeschrei erheben, N. L., für victoriam conclamare ( Caes. B. G.
V, 37). Einige schlagen auch canere victoriam vor (gewiss ohne Aue-
torität), und stützen sich vielleicht auf Cic. Divin. 11, 26, 56 galli victi
819
silere sofetit, canere i'icfores, was aber heisst: die Hähne pflegen, wenn
sie (von andern Hähnen) besiegt wo/den sind, zu schweigeji, aber zu
krähen, wenn sie Sieger sind; es liegt also darin niclit jenes canere
victoriam. — Vor Gericht rufen heisst nicht vocare ad judiciufn, son-
dern in Judicium, in jus. Vg^l. Hand's Lehrb. p. 156. — Einen zu einer
Ehreiistelle berufen heisst vielleiclit nicht aliqueni ad honorem oocare,
sondern evocare, wie bei Caes, (B. G. Vll, 57): ad eum est ho?2orem
evocatus. — Gut ist aliquem vocare ad coenam, ad prandium, Einen
%um Essen rufen, d. h. einladen; ebenso das Subst. vocatio, die
Einladung.
Vocatus, der Aufruf, die Aufforderung, ist in Prosa nur im AbL^
vocatu, üblich, aber nicht mit einem zugesetzten Adject., z. B. bene-
volo^ hutnano, wohl aber mit einem Geriit. oder mit meo, tuo, suo u. s. w.
Fociferare, rufen, schreien, kommt in der bessern Prosa nur als
Deponens vor, vociferari.
Voculatio, die Betonung, Accentuirmig, ist zwar sehr selten, aber
doch vielleicht KL und fast das einzige Wort für diesen Begriff. Vgl.
Sonns.
Volare, fliegen. Richtig ist zwar der bildliche Ausdruck tela vola?i-
tia, fliegende Pfeile; aber ohne Auctorität ist crines oder comae vo-
lantes, fliegende Haare, für crines passi.
Volens ist in der Bedeut. willig, gern fast nur P. L., für libensy
non invitus oder für die Umschreibung mit cupere. Fast nur A. L.
und bei Sallust. kommt es vor in der Bedeut. wohlwollend, günstig,
gnädig, für propitius,benevolus. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 234, und
über nolens volens vgl, Nolens. — Das Adv. volenter, gern, ist Sp. L.,
für libenter, summa voluntate ; — N. L. aber sind die Subst. volentia
und volilio, das Wollen, Willensver7nöge7i, welche sich bei den Philo-
sophen finden, für velle, voluntas.
Volsinius, Volsinisch, ist ungewöhnliche Form für Volsiniensis. Vgl.
Weber's Uebungssch. p. 68.
P'olubilis kommt zwar in der bildlichen Bedeut. rasch von der
Zunge niclit vor, weshalb volubilis Lingua von Einigen verworfen
wird ; von fVorten und von der Rede aber wird es nicht selten gesagt,
und da linguae vohibilitas sogar bei Cic. (Plane. 25, Q2) steht, so ist
volubilis Lingua wohl zulässig.
Volumen ist in der Bedeut. Buch zwar alt und gut, wenn von den
alten Bücherrollen die Hede ist, z. B. von den in Herculanura und
Pompeji gefundenen, welche man also ganz passend volumina Hercu-
lanensia nennen kann; aber unpassend ist es, wenn von unsern heu-
tigen Büchern die Rede ist, da diese nicht mehr gerollt werden. Man
brauche nur liber und //Äe////s; jedoch kann volumen als neueres Kunst-
wort von den Bänderi und einzelnen Theilen der Bücher nicht ent-
behrt werden.
Voluminosns, bändereich, dick, ist sehr >S^. L. und ganz zu vermei-
den durch eine Umschreibung mit volumen und durch amplus.
Voluntarie oder voluntario, freiwillig, ungezwungen, von selbst,
sind sehr Sp. L., für sua sponte, non invitus, non coactus, sua voluntate.
Voluntas, welches schon an sich Zuneigung und Wohhvollen be-
deutet, hat wenigstens Kl. nie das Adject. bona !)ei sich, da es (^^w
Begriff gut schon enthält; wohl aber treten verstärkende oder ver-
52*
820
grössernde Adject. hinzu, wie ma^na, exiviia, svmmci, smgulan's^
optima, propensissima u. a. Irrig' wird im Nizolius, sogar in der Pa-
diiaiier Ausgabe, aus Cic. Farn. II, 13, 2 bona voJinitate esse ei'ga a/i-
quetn angeführt; denn dort steht: qna essem votimtate, nicht bo?ia
essem volunt. — Ernetn den Willen thun heisst alinii veniam dare, z. B.
bei Cic. (Q. fr. III, 1, 11) : tibi petenti veniam non dedit. — Dieses ist
nach meinem, deinem — Wunsche oder Willen geschehen heisst hoc
accidit es oder de mea, tua — voluntate, nicht secundum meain, triam
voluntatem. — Bei dem Abi. voluntate, m der Bedeut. willig, freiwillig,
stehen die Wörter mea^ tua, sua u. s. w. fast nur vor, selten nach dem
Worte voluntate. Vgl. Th. I, §. ]64.
Voluptuarius ist späte Nebenform des Kl. voluptarius.
Voluptuosus, wonnereich, erfreulich, kommt N.Kl. bei Seneca und
dem Jüngern Piinius vor, sonst selten, für voluptarius, jucundus, vo-
luptatibus affluens.
Volvere kommt in der Bedeut. überlegen., erwägen, ohne animo
oder secum, fast nur P. L. vor, ausser bei Tacitus; Kl. steht es nur
mit jenen Wörtern verbunden, ist aber überhaupt selten.
Vomitus, das Erbrecheji, steht zwar erst N. Kl. bei Celsus, ist aber
eben so gute Form wie die Kl. vomitio, denn es findet sich schon
im J. L.
Voracitas, die Gefrässigkeit, kommt N. Kl. nur beim altern Piinius
vor, für das Kl. edacitas.
Votum steht selten in der gewöhnlichen Bedeut. ?FimscÄ, welcher
mit keinem Gelübde verbunden ist, für optatwn, voluntas; daher heisst
?iach Wufisch, nicht ad votum oder ex voto, sondern es oder de (animi)
sententia, ad voluntatem. — N. L. ist votum in der Bedeut. Stimme
als Meinung, Etwas anzunehmen oder zu verwerfen, für sententia,
suffragium ; vgl. Fo.v.
Vos ist N. L. in der Bedeut. Stimme als Mein?ing ; bei Wahlen
wird dafür suffragium mit dem \ ^rho ferre gesagt, sei?ie Stimme ge-
ben, aber nicht durch Worte, sondern auf andere Weise. In Gerich-
ten heisst die fnündlich gegebetie Stimme — sententia, verbunden mit
den Verben dicere odev ferre. — Vom Stimmen ausschliessen, Einem
die Sti7nme nehmeji heisst aliquem privore suffragio (suffragiis) oder
nach Livius escludere suffragio. — Obgleich vos auch ein einzelnes
Wort bedeutet, was nicht zu bezweifeln ist, und voces, wie vocabula,
einzelne, nicht zusammenhängende Wörter, so bedeutet doch voces
nicht (wie unser Worte) eine zusammenhängende, verständliche Rede,
wie gross oder wie klein sie auch sei, Sentenz, Spruch; dafür wird
nur der Sing, vox gebraucht. So nennt Cicero (Tusc. I, 46, Hl) die
Worte eines Spartaners: Laconis illa vos. Jedoch heissen einzelne
Aussprüche, z. ß. der Philosophen, natürlich singulae voces.
Vulgaris, gemein, hat weder Comparat. noch Superlat.; ein Comp.
vulgarior stand vor Drakenborch in Liv. XXIV, 17,4, wofür aber jetzt
vulgalior steht. — Etivas gemein machen, aliquid vulgare facere, und
im Passiv, vulgare fieri, verwirft Wüsteraann (z. Döring. Commentatt.
p. 104), für das einfache Verbum vulgare, vulgari. — Vulgaris bedeutet
aber nur gewöh?ilich, alltäglich, nicht tiiedrig, von gemeiner Herkunft,
und ist nur Beiwort von Sachen, nicht von Menschen. Falsch sagt daher
Muret. (Explic. Cic. Catil. II, 13) : homities vulgares, wo fiiv Andere
821
so^ar blos vulgares bvaiicJien; beides isf unerhört, für vnlgns. — Das
Adv. viilgariter ist KL, bedeutet aber nur auf gewöhnliche Weise,
nicht allgemein, und N. L. ist vnlgariler constare, allgemein bekannt
sein, für omnibus oder in vulgiis notinn esse.
Vulgus (volgus) bedeutet zwar Volk und Letzte im Allgemeinen
(woher auch vulgo — insgemein, iiberall, und iji vulgus notitm esse,
allgemein bekannt sein heisst), aber mit einem Genit. verbunden be-
deutet es nur den gemeinen, niedrigen Haufen der durch den dabei
stehenden Genit. bezeichneten Leute; z. B. vulgus 'patronornm heisst
nicht alle Advocaten, sondern nur die gemeinen ; vulgus erudilorum
ist nur der gemeine Schlag von Gelehrten. Daher sagt Ilemert. (Ep. ad
Wyttenöach.) lächerlich: dicam, quid eruditorum de te vulgus statuat,
worunter er die Gelehrten im Allgemeinen verstand, was es nicht heisst;
aiier das Urtheii des gemeinen Haufens der Gelehrten möchte auch
wohl dem grossen Wjttenbach gleichgültig gewesen sein. — Endlich
sagt man nicht vulgo noius, vulgo graius, den Leuten bekannt, ange-
?iehm, sondern in vulgus noius, in vulgus graius; — ebenso verhält es
sich mit ignotus. Vgl. Cic. Att. IX, 5, 2 alter in vulgus ignotus.
X. X.
Xenium, ein Gastgeschenk, ist das griechische, nur selten ge-
brauchte Wort für munus hospitale oder im Piur. lautia.
Z. z.
Zelotypia, die Eifersucht, ist Kl. noch nicht im Gebrauche; bei
Cic. (Tusc. IV, 8, 18) steht es noch griechisch; wenigstens haben es
Wolf, Orelli, Klotz u. A. so drucken lassen; — Cicero übersetzt es
durch oblreciatio. Das griechische Wort lässt nur der Briefstil zu,
unstatthaft ist es aber in einer Rede oder in einem Geschichtsbuche
u. dgl. Vgl. Weber's Uebungssch. p. 167. — Ebenso verhält es sich
mit zelotypus, der Nebenbuhler , für aemulus, rivalis.
Zelus, die Eifersucht, ist eben so selten wie zelotypia, und findet
sich erst N. Kl. im Gebrauche, für oblreciatio, aemulniio, auch Studium.
Zephyrus, der Westunnd, ist fast nur P. L., und steht als griechische
Benennung bei dem altern Plinius, für i^«row?V/s; jedoch war es nach
Seneca (N. Qu. V, 16) auch den des Griechischen Unkundigen bekannt.
Zodiacus, der Thierkreis, ist erst N. Kl. im Gebrauche; Kl. sagte
man signifer orbis (Cic. Divih. II, 42, 89. N. D. II, 20, 53) oder duo-
decim signorum orbis (N. D. II, 20, 52). Spätere sagten circulus signifer.
Zona, der Erdgürtel, steht nur bei dem altern Plinius nach dem
Griechischen; sonst sagte man in Prosa cingt/lus und orbis; z. B. Cic.
(Rep. VI, 20) : cernis terram quasi quibusdam redimitam et circum-
datam cingulis, — und für zona temperata sagt Plin. (JV, H. XXIII, 1)
orbis 7nedius.
In dfiftsclhtn Verlage sind erschienen;
CORPUS
POETARUM LATINORUx^f
UNO VOLÜMINE ABSOLÜTÜM.
CUM
SELECTA VARIETATE LECTIONIS ET EXPLICATIONE BREVISSIMA,
EDIDIT
G. E, WEBER.
PHILOS. DOCTOR, LYCEI BREMENSIS DIRECTOR ATQUE PROFESSOR.
CONTIXENS :
Lucretius Carus. Serenus Samonicus.
Horatius Flaccus. Flavius Aviauus.
Ovidius Naso. Claudius Rutilius Numatianus.
Phaedrus. Valerius Cato.
M. Ann. Lucanus. . Salejus Bassus.
Papinius Statius. Virgilius Maro.
Juuius Juvenalis. Aur. Propertius.
Dionysius Cato. M. Manilius.
Claudius Claudianus. Persius Flaccus.
Prisciauus. Silius Italiens.
Lucilius junior. Sulpicius.
Vaier. Catullus. Aurelius Olympius Neine.sianus.
Albius Tibullus. Magnus Ausonius.
Gratius Faliscus. Flavius Merobaudes.
T. Calpurnius. A. Sabinus.
Valer. Flaccus. Coelius Lactantius.
>aler. Martialis.
95 Bog. Royal 8. cart. Preis fl. 12. — od. Rthlr. 6. 18 ggr.
Velinpap. fl. 15. — od. Rthlr. 8. 12 ggr.
Vorstehend bezeichnete Sammlung der römischen Dich ter wer ke,
ein Buch für alle Zeiten, kann jeder Anpreisung entbehren. Der Herausgeber,
als tüchtiger Philolog bekannt, hat die besten Editionen dem Abdruck zum Grunde
gelegt, und die Werke der 28 Dichter mit einem fortlaufenden kritischen und
erklärenden Commentar versehen. Der Verleger sorgte für typographische Vollen-
dung und höchste Correctheit. Der Preis ist verhältnismässig ungemein billig.
Was sonst nur zerstreut in vielen Bänden, mit Mühe und Aufwand zusammen-
gebracht werden konnte, mag jetzt jeder sorgsame Vater dem zu classischen
Studien bestimmten Sohne als das reichste Geschenk fürs ganze Leben in be-
quemem Volumen übergeben. Aber auch für jeden Schulmann, ja für den ge-
lehrten Sprachforscher, ist gewiss der Corpus Poetarum eine erfreuliche Er-
scheinung. Das oft so mühsame Nachschlagen ist durch die übersichtliche
Einrichtung des reichen Bandes unendlich erleichtert. Nicht weniger findet die
zahlreiche Classe der literarischen Dilettanten hier eine so einladende als über-
schwengliche Nahrung. Mit Horaz und Virgil vertraut, werden sie nicht
verschmähen, auch den weniger allgemein berühmten, aber in andern Rich-
tungen eben so genialen Dichtern des alten Roms den Blick zuzuwenden, den
die Nebeneinanderstellung anzieht und doppelt interessant macht. Die Biogra-
phien der Autoren, so wie die ausführlichen literarischen Notizen über die
verschiedenen Ausgaben ihrer Werke, sind dankenswerthe Zugaben des Her-
ausgebers.
Ciceronis, M. T., Do divinatione et de fato librl, cum omniuin erudi-
torum annotationibus, quas Joannis Davisii editio ultima habet. Textum
denuo ad fidem complurium codd. Msstorum edd. vett. aiiorumque adju-
mentorum recog-novit, Fr. Creuzeri et C. Th. Kayseri suasquc auimadvers,
addidit G. H. Moser. 50 Bog. gr. 8.
fl. 5. 24 kr. od. Rthlr. 3. —
Velinpap. fl. 7. 12 kr. od. Rtidr. 4. —
De legibus libri tres, cum Adriani Turnebi commentario ejusdemque
apologia et omnium eruditorum nolis, quas Joannis Davisii editio ultima
habet. Textum denuo recensuit suasque animadversiones adjecit G. H. Mo-
ser et Fr id. Creuzer. 51 Bog. gr. 8.
fl. 3. 36 kr. od. Rtblr. 2. —
Velinpap. fl. 4. 48 kr. od. Rthlr. 2. 16 ggr.
De re publica quae supersuut recensuit, explicavit, cum notis A. Maji
selectis, Creuzeri, Bardelii aliorum suisque adaotat. edidit G. H. Moser.
44 Bog. gr. 8. fl. 4. 48 kr. od. Rthlr. 2. 16 ggr!
Velinpap. fl. 5. 24 kr. od. Rthlr. 3. —
Fromm mel, C, Scholia in Aelii Aristidis sophistae orationes Panathenaicam
et Platonicas. Plurima ex parte nunc primum ex codd. Mscr. etc.
34'/4 Bog. gr. 8. fl. 3. — od. Rthlr. 1. 16 ggr.
Velinpap. fl. 4. 3 kr. od. Rthlr. 2, 6 ggr.
Creuzer, Fr., Oratio de civitate Athenarum omnis humanitatis parenfe. Editio
secunda emend. 4% Bog. gr. 8. 36 kr. od. 8 ggr.
Velinpap. 54 kr. od. 12 ggr.
Hess, P. C, Observationes criticae in Plutrachi vitam Timoleontis. Praefixa
est epistola ad virum celeberrimum Fried. Creuzerum. 9'/j Bog. gr. 8.
54 kr. od. 12 ggr.
Initia philosophiae ac theologiae ex Platonicis fontibus ducta, sive
Prodi Diadochi et Olympiodori in Piatonis Alcibiadem commentarii. Ex
codd. Mss. nunc primum graece edidit Frid. Creuzer. 4 Vol. Zusammen
81 y* Bog. gr. 8. fl. 9. — Rthlr. 5. —
Vol. IV. a. u. d. T.
Nicolai Methonensis Refutalio theologicae institutionis a ProcIo Platonico
compositae. Ex codd. Mss. nunc primum edidit annotatiouemque subjecit
J. Th. Voemel. I6V4 Bog. gr. 8. fl. 2. 42 kr. od. Rthlr. I. 12 ggr.
Velinpap. fl. 3. 36 kr. od. Rthlr. 2. — °
Ctesiae Cnidii quae supersunt. Fragmenta collegit, textum e codd. Mss.
recognovit, prolegomeuis et pcrpetua annotatione instruxit indicesque adjecit
J. C. F. Beehr. 30 Bog. gr. 8. fl. 2. 24 kr. od. Rthlr. 1. 8 ggr.
Damascii Platonici Quaestiones de primis priucipiis. E duobus Mss. codi-
cibus nunc primum graece ed. J. Kopp. 26 Vj Bog. gr. 8.
fl. 3. — od. Rthlr. 1. 16 ggr.
Velinpap. fl. 4. 3 kr. od. Rthlr. 2. 6 ggr.
Theognidis Reliquiae in novum ordinem redegit et animadversionibus in-
struxit F. T. Welcker. 19'/, Bog. gr. 8. cart.
fl. 1. 48 kr. od. Rthlr. 1. — ggr.
Velinpap. fl. 2. 42 kr. od. Rthlr. 1. 12 ggr.
Sylburgi, F., Epistolae quinque ad Paulum Melissum. ed. F. Creuzer. 2 Bog.
8. geh. 21 kr. od. 5 ggr!
^omertfi^e ^\)mntn, übevfe^t unb mit JCnmerfungen begleitet üon Äonr. (Sd)iüencf
23 »09. 8. gel). fl. 1. 45 fr. ob. mti)lv. 1. — ggr!
aSclinpap. fl. 2. 24 fr. ob. sRti)lr. 1. 8 ggr.
SBelcEer, g=. ®., S^ad^trag ju bcr ®d)rift übet bte ^fefc^^lifctie Srttogie, nebft einer
2{bt)anblung ühtt baä (gatprfpiel. 22% Sog. gr. 8. get).
fr. 3. — fr. ob. mti)U. 1. 16 ggr.
Settnpap. fl. 4. 30 fr. ob. mtijlt. 2. 12 ggr.
Krebs, J. P., Carl Sigonius, einer der grösstcn Humanisten des sechszehuten
Jahrhunderts, ein Vorbild aller Studirenden. 8 Bog. gr. 8. geh.
fl. l. 21 kr. od. 18 ggr.
Dr. ®. (5. ©cJ)irli^,
OtevU'Ovci- am ©Dinitiitium äu Söc^Iat.
Einleitung
ium Ue!)ei:fe|eu a«§ bem iDeutfd^en tn'ö Satemifd^e,
für bte unterjlcn ßlaffen.
S« 3i»et ?(btl)etlun9cn.
S)cr clcmentorifc^cn ^rntax crfte 2Cbt^ett. H'/jSSog. 8. ^reiö 54 !r. ob. 13 99t.
2)erfc(ben jwette 2<:btt)eit. ll'A SSog. 8. ^reiö 45 it, ot». 10 ggr.
Dr. ©. 6. @d)irl{^.
SKaterialten ju lateintfi^ett (St^lübungen^
für mittlere unb ()6l;erc ßlaffen in (^elel)rtenfd)ulcn.
12>/z aSog. 8. ^reis 48 !r. ob. 12 ggr.
Dr. S. C. Schirlitz,
Die lateinischen Stylübungen,
in den oberen Classen, methodisch und prakt. unterstützt. In 2 Bdchn.
Is Bdchn. a. u. d. T.
Methodik der lateinischen Stylübungen
oder
praktische Winke bei Anfertigung eines lateinischen Stylstücks.
10 Bog. 8. Preis 40 kr. od. 9 ggr.
2s Bdchn. a. u. d. T.
Themata und Theses
oder
Aufgaben zu latein. Aufsätzen und Disputirübungen; mit mefhod.,
literär. und andern Nachweisungen versehen.
13 Bog. 8. Preis 54 kr. od. 12 ggr.
Pa Krebs, Tohann Philipp
2319 -intibarbarus der latein-
K7 i sehen Sprache
1U3
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