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Full text of "Antibarbarus der lateinischen Sprache. Nebst Vorbemerkungen über reine Latinität"

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Antibarbarus 


der 


Lateinischen  Sprache. 


In  zwei  Abtheilungen,    ; 

nebst 


Vorbemerkungen  über  reine  Latinität, 


Herzoglich    Nussaiiiscliem     Ober-SchuIrBth( 


Dritte  umo;earl)eitete  und  vermehrte  Auflage. 


©«" 


Frankflirt  a.  ]fl. 

Druck    und    Verlag   von   Heinrich    Ludwig  Brönn er. 

1843. 


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Kl 


PfCu 


Vorrede 

zur  zweiteil  Ausgabe  vom  Jalire  1837. 

(Abgekürzt  und  hie  und  da  verändert.) 


Um  dem  Wunsche  derer  nachzukommen,  welche  rein  lateinisch 
zu  schreiben  wünschten,  und  sich  zu  diesem  Zwecke  nach  einem  nicht 
zu  unvollständigen  Antibarbarus  der  lateinischen  Sprache  umsahen,  da 
ihnen  Nolten's  weitschweifiges  Werk  nicht  zusagte,  schrieb  ich  vor 
vierzehn  Jahren  einen  hleinen  Antibarbarus*^,  welcher  angehenden 
Lateinschreibern  nur  eine  Probe  von  einigen  hundert  Wörtern  und  Re- 
densarten verdächtiger  Latinität  geben  sollte.  Diese  Probe  fand  vielen 
Beifall,  und  Hr.  Prof.  Grysar  erweitertejenes  Werkchen,  indem  er  es  — 
aber  vergrössert  —  seiner  Theorie  des  lateinischen  Stils  fast  ganz  ein- 
verleibte. Hauptsächlich  nahm  er  auch  die  synonymen  Wörter  auf  und 
gab  ihren  Unterschied  meistens  kurz  und  trefflich  an.  Da  aber  die 
Synonymik,  dieser  schon  an  sich  viel  umfassende  Theil  der  Lexico- 
graphie,  in  den  letzten  zwanzig  Jahren  von  mehrern  Gelehrten  einzeln 
behandelt  worden  ist,  so  gehört  ihre  Berücksichtigung  nicht  mehr  zur 


*)  Er  ist  als  Anhang  der  dritten  Ausgabe  meiner  Anleitung  zum  Lateinisch- 
sehreiben vom  J.  1822  angefügt,  und  wurde  bei  den  folgenden  Ausgaben  jedes- 
mal verbessert  und  vermehrt.  So  wie  er  aber  in  der  siebenten  Ausgabe  v.  J.  1834 
erschien,  wurde  er  auch  abgesondert  mit  eigenem  Titel  einzeln  ausgegeben.  Der 
geehrte  Hr.  Verleger  hat  diesen  Abdruck  als  die  erste  Ausgabe  angesehen,  und 
daher  die  jetzige  neue,  wiewohl  sie  ganz  umgearbeitet  ist,  die  zweite  Ausgabe 
ifenannt,  obgleich  beide  in  Zweck,  Behandlung  und  Ausführung  des  Stoßes  sehr 
verschieden  sind. 


Aufgabe  desjenigen,  welcher  einen  besondern  Antibarbarus  schrei^ 
ben  will. 

Ein  Antibarbarus  soll  nur  den  Solöcismen  und  Barbarismen  einen 
Damm  setzen;  er  wird  dadurch  grammatisch  und  lexicaiisch,  und  in 
beiden  Beziehungen  wird  er  durch  den  Gebrauch  der  bessern  Schrift- 
steiler bestimmt.  Denn  das  schlechte  Latein  besteht  nicht  blos  in 
einzelnen  Wörtern,  sondern  auch  in  unklassischer,  wohl  gar  falscher 
Verbindung  klassischer  Wörter,  besonders  der  Verben,  und  über- 
haupt in  grammatischen  Fehlern.  Daher  zerfällt  auch  dieses  Buch  in 
einen  grammatischen  und  in  einen  lesicalischen  Theil.  Es  ist  aber 
anerkannt,  dass  der  Sprachgebrauch  in  der  Ciceronischen  Zeit  der 
beste  gewesen  sei,  weswegen  man  dieser  Zeit  hinsichtlich  der  Sprache 
und  Rede  den  Namen  der  goldenen  beigelegt  und  die  damalige  Sprach- 
weise die  klassische,  d.  h.  die  beste  genannt  hat.  Da  aber  bei  dem  ge- 
geringen Umfange  von  Büchern  jener  Zeit  sehr  schwer  zu  entscheiden 
ist,  ob  nicht  viele  einzelne  Wörter  und  Wörterverbindungen  der  nach- 
Jclassischen  Zeit  ebenfalls  als  klassisch  anzuerkennen  seien,  so  ist 
auch  —  aber  nur  mit  Vorsicht  und  Behutsamkeit  —  das  Nachklas- 
sische, ja  selbst  bisweilen  das  Spätlateinische  zuzulassen.  Eine  solche 
Mittelstrasse  schlägt  daher,  wohl  nicht  mit  Unrecht,  dieser  Antibar- 
barus ein,  indem  er  auch  dem  Nachklassischen  und  Spätlateinischen 
oft  einen  Platz  einräumt  und  dessen  Werth  nicht  verkennt. 

Woher  es  aber  komme,  dass  die  neuern  Lateiner  oft  nicht  nur  so 
unklassisch,  sondern  auch  oft  so  unlateinisch  geschrieben  haben  und 
noch  schreiben,  ist  leicht  zu  erweisen.  Seitdem  die  lateinische  Sprache 
nirgends  mehr  Muttersprache,  sondern  nur  noch  Kloster-  und  Ge- 
lehrten-Sprache war,  behielt  man  nicht  nur  das  schlechte  Latein  der 
letzten  Zeit  bei,  und  sprach  und  lehrte  es  in  den  Klöstern  und  Schu- 
len,,sondern  es  entstand  auch  durch  die  Berührung  mit  der  Aussen- 
welt  und  durch  das  Bedürfniss,  sich  so  deutlich  als  möglich  auszu- 
drücken, ein  noch  schlechteres  Latein  und  ein  trübes  Gemisch  von 
alten  und  neuen,  selbst  fremdartigen  Wörtern,  Redensarten  und  Con- 
structionen,  welche  man  ganz  willkuhrlich  einer  fremden  oder  der 
Muttersprache  nachbildete.  Dies  ist  das  Latein  des  Mittelalters,  wel- 
ches sich  von  Jahrhundert  zu  Jahrhundert  mehr  verschlechterte,  und 
80  ein  Erbtheil  auch  unsrer  Zeiten  wurde.   Erst  am  Ende  des  fünf- 


zehnten  Jahrhunderts  suchten  gelehrte  Männer,  welche  dnrch  das 
fleissige  Lesen  der  klassischen  Schriftsteller,  insbesondere  des  Cicero, 
gebildet  waren,  dnrch  ihre  eigene,  bessere,  dem  guten  Latein  nach- 
gebildete Rede  dem  eingerisseneu  üebel  zu  steuern;  aber  ihr  Bei- 
spiel drang  nicht  durch,  theils  weil  bei  Vielen  die  Kraft  dem  Vorhaben 
nicht  gewachsen  war,  theils  weil  hierdurch  den  Gelehrten  allzu  lästige 
Fesseln  angelegt  wurden,  und  bei  Vielen  das  Kirchenlatein  als  heilige 
Sprachweise  die  Oberhand  behauptete.  Ueberdies  waren  viele  hun- 
dert Wörter  der  schlechtem  Zeiten,  welche  von  Mund  zu  Munde 
übergegangen  waren,  durch  den  Unterricht  und  das  Lesen  so  tief  im 
Gedächtnisse  eingewurzelt,  dass  man  unbedenklich  brauchte,  was  man 
schon  als  Kind  gehört  und  gelernt  und  in  den  halb  barbarisch  ge- 
schriebenen Schul-  und  Lehrbüchern  vorgefunden  hatte.  Dazu  kam, 
dass  die  Gelehrten  der  verschiedenen  Völker  meistens  so  schrieben, 
wie  es  der  Genius  ihrer  Sprache  forderte,  unbekümmert  um  den  der 
acht  lateinischen  Sprache;  denn  diesen  sich  anzueignen  oder  ihm 
wenigstens  nahe  zu  kommen,  schien  ihnen  nicht  der  Mühe  werth  zu 
sein.  So  wie  es  aber  vor  hundert,  zwei-,  dreihundert  Jahren  die  mei- 
sten Lateinschreiber  machten,  so  geht  es  noch  immer  auch  heutzutage 
fort,  indem  nur  Wenige  sich  bestreben,  ehrenvolle  Ausnahmen  zu 
machen.  Was  aber  unsere  neuern  Lateiner  irrig  und  fälschlich  brau- 
chen, haben  sie  meistens  als  Knaben  und  Jünglinge  in  den  Schulen  aus 
ihren  fehlerhaften  Lehrbüchern  oder  von  ihren  Lehrern  gelernt  und 
gehört,  auf  welche  es  auf  gleiche  Weise  von  den  verdorbenen  Zeiten 
der  Sprache  her  übergegangen  war.  —  Man  durchblättere  den  Änti- 
barbarus,  und  man  wird  finden,  dass  man  Vieles  von  dem  hier  als 
schlecht  Verworfenen  aus  dem  Munde  sonst  achtbarer  gelehrter 
Männer  gehört  oder  in  ihren  Schriften  gelesen  habe.  Der  Glaube,  die 
Auctorität  und  die  Nachahmung  haben  hier  viel  geschadet,  indem  diö 
Schüler  grosser  Gelehrten  gern  blind  an  das  glaubten,  was  jene  ge- 
sprochen und  geschrieben  hatten,  und  indem  sie  überhaupt  in  jeder 
Beziehung  meistens  ein  übermässiges  Vertrauen  auf  deren  Gelehrsam- 
keit setzten.  In  solchem  Ansehen  standen,  um  nur  der  neuern  Zeiten 
zu  gedenken,  in  Deutschland  Gesner,  Ernesti,  Heyne,  Schütz,  Beck^ 
Wolf;  in  Holland  Gronov^  Graue,  Burmann,  Drakenborch,  Hemster- 
huis,  Oudendorp,   Valckenaer,  Ruhnken,   Wyttenbach  —  und  so  bei 


VI 

den  übrigen  Völkern  gleich  aclitbare  Männer.  Niir  zu  oft  findet  man 
daiier,  dass  ilire  gläubigen  Schüler  unbedenklich  —  denn  die  holie 
Achtung  verbot  zu  zweifeln  —  nachbrauchten,  was  ihre  Lehrer  ge- 
braucht hatten.  Nur  Wenige,  denen  das  Wort  eben  so  viel  wie  die 
Sache  galt,  machten  mit  der  Zeit  eine  ehrenvolle  Ausnahme,  indem 
oft  die  Jugendschriften  wackerer  Gelehrten  zwar  schon  hoffnungs- 
reiche Proben  künftiger  Gelehrsamkeit  gaben,  aber  durch  ihr  Latein 
weniger  empfehlenswert!!,  durch  Wörter  aller  Zeiten  entstellt  und 
bei  Deutschen  oft  sehr  dentschlateinisch  waren,  während  in  spätem 
Schriften  die  Rede  sich  mehr  klärte  und  reinigte  und  in  lesbares,  oft 
gutes,  fast  klassisches  Latein  überging. 

Gross  aber  und  unbegränzt  ist  das  Feld  des  schlechten  Lateins, 
klein  nnd  beengt  das  des  bessern.  Jenes  sucht  nun  ein  Antibarharns 
durch  Angabe  des  bessern  Lateins  in  die  gebührenden  Scliranken  zu- 
rückzuführen, von  den  Schlacken  zu  reinigen  und  das  Schlechte  aus- 
zumerzen. Wer  vermag  jenes  Feld  zu  durchmessen,  da  es  gewisser- 
massen  mit  der  nachaugusteischen  Zeit,  wenigstens  mit  der  Zeit  der 
Antoninen,  anfängt,  bis  auf  unsere  Zeit  reicht  und  keine  Gränze  kennt? 
Wollte  ein  tüchtiger  Kenner*)  der  lateinischen  Sprache  auch  nur  die 
bessern  lateinischen  Schriften  der  drei  letzten  Jahrhunderte,  welche 
Innern  Werth  haben,  zu  diesem  Behufe  durchmustern,  so  würde  er 
eine  unendlich  grosse  Masse  unlautern  Stoffes  finden,  wodurch  ein 
grosser  Antibarbarus  zu  Stande  gebracht  werden  könnte.  Sowie  früher 
Casp.  Schoppe  (Scioppius)  in  seiner  Infamia  Famiani  Stradae  über 
dessen  Bellum  belgiciim  eine  scharfe  Geissei  schwang,  und  in  seinem 
Buche  de  siilo  historico  das  Latein  des  Justus  Lipsius,  Jos.  Scaliger, 
Is.  Casaubonus,  Muretus,  Thuanus,  Possevinus  und  Anderer  streng 
beurtheilte,  so  liessen  sich  ähnliche  Infamiae  auch  über  viele  neuere 
lateinische  Schriften  unserer  Zeit  anfertigen,  da  das  Unwesen  schlech- 
ten Lateins  noch  immer  fortdauert  und  auch  bisweilen  zur  Schau  ge- 
stellt wird.**) 


*)  So  versuchte  es  F.  A.  Wolf,  eins  der  neuem  lateinischen  Meisterwerke, 
David  Ruhnkcn's  Eloyium  Hemstcrhusii,  auch  in  Bezug  auf  Latinität  zu  beur- 
tlieiien,  und  diese  Beurtheilung-  gefiel  selbst  dem  Meister  nicht  übel. 

**)  Eine  ähnliche  Infamia  enthalt  die  ChresfotnaUna  Pctronio-Bnrmanyiiana 


VII 

Freilich  wie  leirht  und  fast  verzeihlicli  sich  Fehler  in  die  Sprache 
einschleichen  können,  wissen  Alle  die,  welche  sich  schon  im  Latei- 
nischschreiben mehrfach  geübt  haben.  Die  Kunst,  klassisch  und  rein 
lateinisch  zu  schreiben,  ist  dem  Fremdlinge  schwer  und  kaum  er- 
reichbar. Der  grammatischen  Fehler  nicht  zu  gedenken,  welche  auch 
wohl  manchmal  der  Feder  geübter,  trefflicher  und  hochgepriesener 
Neulateiner  entfallen  sind,  —  wie  gar  oft  werden  falsche  Wörter  ge- 
wählt, falsche  mit  einander  verbunden,  Redetheile  mit  einander  ver- 
wechselt, Wörter  ausgelassen  oder  überflüssig  gesetzt,  und  wie  oft 
wird  in  der  Wörterstellung  gefehlt!  Der  Kenner  weiss,  wie  wichtig  es 
ist,  zu  wissen,  mit  welchen  Subjecten  und  Objecten  die  Verben,  mit 
welchen  Adjectiven  die  Substantiven,  und  mit  welchen  Adverbien  die 
Adjectiven  und  Verben  verbunden  werden.  Wenige  Lexica  helfen 
hier  zur  Genüge  aus,  wenigstens  nicht  die  von  Scheller,  Forcellini 
und  andern  Neuern;  am  genügendsten  noch  behandelt  dergleichen 
Gesner^s  jetzt  fast  vergessener  Thesaurus*).  Für  Cicero  befriedigt 
nicht  einmal  Nizolii  Thesaurus,  auch  nicht  in  der  lefzten  Ausgabe 
von  Facciolati.  Solche  Verzeichnisse  vermisste  auch  Hr.  Rector  Köler 
in  seinem  lesenswerthen  Aufsatze:  Ueber  die  Einrichtung  eines  The- 
saurusderlatein. Sprache  (in  Wolfs  Analect.  H.  4,  besonders  S. 864), 
mit  welchem  jeder  Kenner  einer  fremdem  Sprache  übereinstimmen 
wird  und  muss. 

Wo  soll  aber  ein  Antibarbarus  die  Gränzen  des  guten,  klassischen 
Lateins  setzen,  wo  soll  er  anfangen,  wo  endigen?  —  Darin  kann  man  es 


von  einem  Ungenannten,  über  die  falsche  Latinität  des  altern  Burmann  in  seinem 
Petronius,  und  ebenso  der  anonyme  Aufsatz:  Specimen  glossarii  antiqui  cum 
liotis  editoris  (ia  Miscellan.  critica  Friedemanni  et  Seebodii  Vol.  II,  p.  21— 27), 
über  Görenzens  höclist  fehlerhaftes  Latein  in  seinen  Schriften,  sowie  auch  das, 
was  ein  Antibarharug,  wie  er  sich  nennt,  in  der  Krit.  Bibl.  von  J.  1824,  von  der 
Latinität  eines  angeschenen  Theologen,  und  cbend.  J.  1825.  p.  258  bei  einer 
andern  Sciirift  und  1826.  p.  559  fgg.  zum  Besten  gegeben  hat.  Vieles  der  Art 
enthalten  auch  andere  kritische  Blätter  bei  Beurtheilung  neuerer  lateinischer 
Schriften.  Neue  Anm. 

*)  Den  Werth  des  Gesner'schen  Thesaurus  hier  anerkannt  zu  finden,  ist  dem 
Jen.  Rcc.  (Jv  erfreulie!»  gewesen;  dagegen  begreife  ich  nicht,  wie  Hr.  Rector  Mo- 
ser in  seiner  Anzeige  des  Buches  in  den  Heidelb.  Jahrbüchern  klagen  konnte, 
dass  ich  hier  über  Gesner  ein  zioeideutiges  Urtheil  gefällt  hätte.  Neue  Anm. 


VIII 


durchaus  nicht  Allen  recht  machen;  denn  die  strengen  Puristen,  deren 
aber  nur  sehr  wenige  sind,  erkennen  fast  nur  Cicero  und  Caesar  als 
Klassiker  an;  Andere  erweitern  das  Gehiet  der  bessern  Sprache  bis 
zu  den  Antoninen,  z.  B.  Ruhnken  und  die  meisten  bessern  Neulateiner; 
gar  Viele  aber  —  das  viilgus  eriiditorum  —  lassen  Alles  als  gut  gelten, 
was  geschrieben  wurde,  so  lange  die  Sprache  wenigstens  eine  lebende 
war,  und  ihre  Arbeiten  zeigen  mitunter  eine  solche  Gleichgültigkeit 
^egQii  Grammatik  und  Lexicon,  wie  sie  bei  einem  Schriftsteller  in  der 
Muttersprache  kaum  erträglich  wäre.  Wer  so  aus  Grundsatz  schreibt, 
für  den  ist  dieser  mein  Antibarbarus  ein  ganz  unnützes  und  überflüs- 
siges Buch. 

Dass  eine  Mittelstrasse  einzuschlagen  ist,  darüber  habe  ich  in  den 
Vorbemerkungen  des  ersten  Theiles  dieses  Buches  an  mehrern  Orten 
meine  Ansichten  mitgetheilt;  ich  bin  nemlich  der  Meinung,  dass  alles 
Nöthige  und  Gute,  was  sich  im  Nachklassischen  findet,  für  zulässig  zu 
halten,  das  ünnöthige  aber  und  das  minder  gut  Scheinende  zu  ver- 
werfen sei. 

Anspruch  auf  Vollständigkeit  kann  dieser  neue  Antibarbarus,  zumal 
in  diesem  Umfange,  nicht  machen,  da  sie  wegen  der  Menge  des  Schlech- 
ten unerreichbar  ist.  Er  ist  aber  weder  geradezu  aus  Noltenius  grossem 
Schatze,  noch  aus  Janus  philologischem  Lexicon,  noch  aus  hundert 
andern  kleinern  Werken  über  diesen  Gegenstand  neu  zusammenge- 
tragen, sondern  mehr  aus  den  seit  fünfzig  Jahren  gelegentlich  in 
meine  Adversarien  beim  Lesen  alter  und  neuer  lateinischer  Schriften 
eingetragenen  Bemerkungen,  sowohl  eigenen  als  fremden,  zusammen- 
gestellt und  bearbeitet.  Jedoch  sind  allerdings  dabei  benutzt:  Gasp. 
Scioppiilnfamia  Famiani  \x\\A  sein  Buch  de  stilo  historico  (nach  der 
Ausg.  v.J.  1658),  JbA.  Vorsfs  drei  Bücher  de  latinitate  merito  suspecta, 
de  latinit.  falso  suspecta  und  de  latinit.  selecta  et  vulgofere  neglecta; 
Franc.  Vavassoris  Antibarbarus  seu  de  vi  et  usu  quorundam  verborum 
latinorum  observationes  und  J.  Mich.  Heusingeri  antibarbarae  latini 
sermonis  observationes  (Emendatt.  Iibri2);  ferner  was  Hr.  Prof.  Grysar 
in  seiner  Theorie  des  latein.  Stils  an  den  passenden  Stellen  darüber 
Neues  eingestreut  hat,  was  Ruhnken  (und  Frotscher)  zu  Muretus 
Werken  und  Andere  zu  Ruhnkenii  Opuscula  angemerkt  haben ;  insbe- 
sondere aber  auch  noch,  ausser  Weber's  vortrefflicher  Uebungsschule 


IX 


und  einigen  andern  altern  und  neuern  Schriften,  Hrn.  D.  Anton's 
Abhandl.  in  adumbrata  quaedam  de  integntate  atqiie  elegantia  ser- 
mo7iis  praecepta  vom  J.  1831,  Welche  gegen  meinen  frühem  kleinen 
Antibarbarus  vom  J.  1830  gerichtet  war.  Diesem  verehrten  Manne 
und  werthen  Freunde  stimme  ich  jetzt  in  Vielem  bei,  und  weiche  nur 
dann  von  ihm  ab,  wenn  er  mir  durch  manche  Behauptungen  zu  will- 
fährig dem  poetischen  und  spätem  Latein  Thor  und  Riegel  zu  öflFnen 
scheint.  Mir  scheint  es  wenigstens  in  der  Streitfrage,  was  gut  und 
nachzubrauchen,  und  was  schlecht  und  zu  verwerfen  sei,  weit  rath- 
samer,  in  Schulen,  wo  der  Grund  zum  guten  Latein  gelegt  werden 
muss,  junge  ungeübte  Lateiner  recht  frühzeitig  nur  an  das  Bessere  zu 
verweisen,  als  ihnen  auch  das  Späte  und  Seltene  zu  verstatten  und 
wohl  gar  anzurathen.*) 

Uebrigens  habe  ich  mich  bei  Stellen  aus  Mtirelus  meistens  der 
Ausgabe  von  Ruh7iken**)  bedient,  selten  anderer;  bei  denen  aus 
Ruhnken,  Wyttenbach  und  Mahne  s  Crüo  der  Ausgaben  von  Friede- 
tnann,  und  bei  denen  aus  Hemsterhuis  und  Valckenaer's  Reden  mei- 
stens der  Leidener,  doch  bei  den  letzten  auch  der  Leipziger 
Ausgabe. 

Es  bleibe  aber  zur  Ehre  unsrer  neuesten  deutsch -lateinischen 
Wörterbücher  nicht  unbemerkt,  dass  sie  durch  die  Angabe  fast  nur 
guter  Wörter  und  Redensarten  in  mancher  Hinsicht  einen  Antibar- 
barus unnöthig  machen,  wiewohl  ich  bemerkt  habe,  dass  einestheils 
bisweilen  der  beigesetzte  Name  Cicero  oder  Caesar  blendet,  während 
das  Wort  bei  ihnen  nicht  vorkommt,  anderntheils  aber  auch  oft  spätere 
Namen  beigesetzt  sind,  für  welche  der  Name  Cicero's  oder  Caesar's 
hätte  stehen  können;  dass   überhaupt   die   Schriften  dieser  beiden 


*)  Ueberhaupt  gewöhne  der  Lehrer  die  Schüler,  nur  dem  gewöhnlichen 
Sprachgebrauche,  als  der  besten  Norm  und  Richtschnur,  zu  folgen,  das  Seltene 
aber  und  das  Ungewöhnliche,  als  das  von  den  bessern  Schriftstellern  weniger 
Gebilligte,  zu  vermeiden.  Irrig  meint  Mancher,  das  Seltene  verschönere  die  Rede 
und  gebe  ihr  klassisches  Ansehen.  Neue  Anm. 

**)  Dagegen  bin  ich  in  dieser  neuen  Ausgabe  mehr  der  Seitenzahl  der 
Frotscher'schen  (so  viel  davon  erschienen  ist)  gefolgt,  was  ich  nicht  hätte  thun 
sollen,  da  jene  mehr  im  Gebrauche  ist,  als  diese,  und  da  ohnehin  die  Seitenzahl 
der  Leidener  Ausgabe  auf  dem  Rande  der  neuen  angemerkt  ist.  Neue  Anm. 


Römer  für  klassisches  Latein  in  den  Wörterbiicliern  noch  nicht  ^anz 
erwchöpft  sind. 

Jch  werde  mit  der  Zeit,  so  Gott  will,  und  bei  mehr  Müsse,  die 
von  mehreren  Gelehrten,  namentlich  von  Klotz,  Wunder,  Dietrichy 
Slürenburg  und  Andern,  über  gute  Latinität  gemachten  Bemerkun- 
gen noch  mehr  benutzen,  als  dies  bereits  geschehen  ist.  Jedoch  hielt 
ich  es  für  unnütz,  oft  auf  ältere  Bücher  über  diesen  Gegenstand  zu 
verweisen,  weil  dadurch  ohne  Gewinn  für  die  Sache  das  Buch  ver- 
grössert  worden  wäre. 

Möchte  nun  aber  der  in  dieser  Ausgabe  in  grösserm  Umfange  jetzt 
gegebene  Antibarbarus  eben  so  gütig  und  wohlwollend  von  meinen 
gelehrten  Amtsgenossen  im  In-  und  Auslande  aufgenommen  werden, 
wie  der  kleine,  welcher  nur  eine  Probe  sein  sollte.  An  diesen 
Wunsch  reihe  ich  die  Bitte  an  Freunde  und  wohlwollende  Unbekannte, 
mich  theils  mit  Berichtigungen,  theils  mit  Vermehrung  des  Gegebenen 
zu  erfreuen,  damit  das  Buch  in  der  Folge  dadurch  reicher  und  ver- 
bessert ausgestattet  erscheinen  möge.  Jch  selbst  sehe  schon  nach 
vollbrachter  Arbeit,  dass  noch  Vieles  nachzutragen  und  zu  verbessern 
ist.  Reiche  Nachlese  wird  immer  bleiben. 

Weilbnrg,  im  September  1836. 


Vorrede 

z  Ji  r   neuen    dritter.  Ausgabe. 


Die  unerwartet  freundliche  Aufnahme,  welche  dieses  anspruchs- 
lose Buch  ohne  Tielversprechenden  Titel  in  der  Torigen,  sehr  erwei- 
terten Ausgabe  in  den  öffentlichen  Anzeigen  erhalten  hatte,  war  mir 
nicht  gleichgültig;  vielmehr  munterte  sie  mich  auf,  dasselbe  nach 
Kräften  neu  zu  bearbeiten,  zumal  da  die  von  Allen  geübte  Kritik  fast 
nur  die  humane,  bescheiden  und  mild  belehrende,  nicht  die  anmas- 
sende  und  kühn  absprechende  war,  und  daher  nicht  abschreckte,  son- 
dern anspornte.  Dazu  gaben  mir  auch  reichen  und  hinlänglichen  Stoff 
theils  die  seit  der  Erscheinung  des  Buches  meinem  Exemplare  beige- 
schriebenen eigenen  Verbesserungen  und  Zusätze,  theils  die  vielen 
trefflichen  Bemerkungen,  welche  jene  Anzeigen  enthielten,  theils  die 
mir  höchst  unerwartet  von  zwei,  mir  persönlich  ganz  unbekannten  Ge- 
lehrten, dem  Hrn.  Rector  Franz  Edu.  Raschig  zu  Zwickau  und  Hrn. 
M.  Carl  Wilh.  Dietrich  zu  Freiberg,  zugeschickten  schriftlichen  Zu- 
sätze, für  welche  ich  ihnen,  sowie  allen  den  gütigen  Beurtheilern 
meines  Buches,  hier  öffentlich  innigen  Dank  sage. 

Jch  hätte  nun  freilich  allen  den  gegebenen  freundlichen  Winken, 
dieses  und  jenes  zu  ändern,  folgen  sollen;  aber  einestheils  stimmten 
die  Beurtheiler  selbst  in  den  Hauptansichten  über  Einrichtung,  Stoff 
und  Behandlung  eines  Antibarbarus  nicht  überein,  anderntheils  aber 
gebrach  es  meinem  Alter  an  Kraft  und  Lust,  welche  zu  einer  gänz- 
lichen Umarbeitung,  die  von  Einigen  gewünscht  wurde,  unumgänglich 
nothwendig  sind.  Jch  hielt  es  daher  für  besser,  den  alten  Plan  des 
Buches  beizubehalten,  und  es  einem  Jüngern,  kräftigern,  auch  wohl 


XII 

gelehrtern  Manne  zu  überlassen,  ein  besseres  und  vollkommneres 
Buch  zu  liefern.  Wenig^stens  fand  ich  es  nicht  rathsam,  die  mehr  oder 
wenig^er  verdächtigen  Wörter  nach  ihrem  Alter,  ihrer  Abkunft  (z.  B. 
fremde,  wie  griechische  u.  a.),  ihrem  poetischen  Gebrauche,  ihrer 
Endung  und  dergleichen,  getrennt  in  eigene  Abtheilungen  zu  ordnen 
und  dadurch  zu  zersplittern,  da  mir  der  praktische  Nutzen  der  ge- 
meinschaftlichen  lexicalischen  Aufführung  derselben,  welchen  ich  am 
meisten  für  den  schnellen  Gebrauch  bezweckte,  weit  überwiegend  zu 
sein  schien.  —  Auch  wurde  sogar  Manches  vermisst,  was  nach  meiner 
Meinung  in  das  Buch  gar  nicht  gehört,  wiewohl  ein  deutsches  Re- 
gister, welches  der  Jenaer  Recensent,  Hr.  qv,  gewünscht  hat,  eine 
gewiss  sehr  nützliche  Zugabe  des  Buches  sein  möchte.  Dagegen  be- 
mühte ich  mich  mit  desto  mehr  Fleiss  und  Umsicht,  den  reichen  vor 
mir  liegenden  alten  und  neuen  Vorrath  durchzusehen,  zu  berichtigen, 
Widersprüche  zu  heben,  übereilte  Urtheile  zu  streichen,  und  beson- 
ders das  viele,  durch  Mittheilung  von  Seiten  Anderer  neu  Gewonnene 
2u  benutzen  und  einzuschalten. 

Durch  diesen  neuen  reichen  Stoff  (welchen  einzuschränken  und 
abzukürzen  ich  nicht  immer  für  praktisch  gut  hielt)  ist  aber  diese 
neue  Ausgabe  fast  um  ein  Dritttheil  stärker  geworden;  ich  wünsche 
nur,  dass  sie  dadurch  auch  an  Werth  und  Brauchbarkeit  eben  so  viel 
gewonnen  haben  möge.  Wenn  dies  der  Fall  sein  sollte,  so  wird  mich 
der  darauf  verwandte  Fleiss  von  mehrern  Jahren  nicht  gereuen.  Den 
Meisten  aber  wird,  wie  ich  hoffe,  genügen,  was  und  wie  viel  ich  jetzt 
gegeben  habe,  und  es  wird  ihnen  wohl  gleichgültig  sein,  ob  es  neu  und 
noch  unbekannt,  oder  alt  und  bekannt,  oder  ob  es  von  mir  oder  An- 
dern, nicht  namentlich  Genannten  sei.  Namens-Auctorität  thut  Nichts 
zur  Sache,  und  die  Wenigsten,  welche  das  Buch  brauchen,  bekümmern 
sich  darum. 

Auch  in  dieser  neuen  Ausgabe  hielt  ich  es  für  der  Humanität  ge- 
mäss, keinen  noch  lebenden  deutschen  Gelehrten  namentlich  anzu- 
führen, wenn  es  mir  etwa  schien,  als  habe  er  incorrect  oder  falsch 
geschrieben.  Gegen  einen  vielleicht  allgemein  und  auch  von  uns  geach- 
teten Mann  gerichteter  Tadel  kränkt,  auch  wenn  er  gegründet  ist, 
Jeden,  der  diesen  Mann  schätzt;  um  so  mehr,  wenn  man  Einzelnes 


xni 

aus  seinen  Büchern  mit  Bitterkeit  rügt,  und  dieselben  dennoch  viel 
benutzt  und  ausschreibt. 

Meinem  Alter  aber  halte  man  Mängel  und  Gebrechen  zu  Gute, 
deren  das  Buch  noch  manche  haben  mag,  da  alles  Menschliche  unvoll- 
kommen ist  und  bleibt.  Mit  jedem  Tage  wurde  die  Mahnung,  das 
Buch  zu  beendigen,  dringender.  Jch  fand  das  gewünschte  Ende  mit 
Gottes  Hülfe,  und  hoffe,  man  werde  der  Worte  gedenken:  ut  desint 
vires,  tarnen  est  laudaiida  voluntas.  Das  Feld  ist  gross;  jeder  Beitrag, 
jede  Berichtigung  und  Belehrung  wird  mir  stets  willkommen  sein. 

Weilburg,  im  Januar  1843. 


Verzeic  hniss 

der  Beurtheilungen  und  Bücher,  welche   in  dieser  neuen    Ausgabe 
benutzt  worden  sind. 

1.  Stuttgarter  Correspondenzblatt  für  Lehrer  J.  1837.  HeftI,  von  Hrn.  Prae- 
ceptor  Keim  und  einem  Ungenannten. 

2.  Zeitschrift  der  Alterthumswissenschaft  J.  1837.  Nr.  44  — 46,  von  Hrn.  Dr. 
C  W.  Dietrich  in  Freiberg. 

3.  Franc.  Ed.  Raschig  de  antibarbaro  ab  J.  Ph.  Krebsio  edito  Judicium. 
Progr.  Zwiccav.  1837.  8.  Ich  verdanke  es  der  Güte  des  Hrn.  Verf 

4.  Hallische  Allgem.  Lit.  Zeit.  J.  1837.  Nr.  179  u.  180,  von  Hrn.  Professor 
C.  G.  Jacob  in  Schulpforta. 

5.  Heidelberger  Jahrb.  J.  1837.   Heft  10.   Nr.  62,  von  Hrn.  Rector  Moser 
in  Ulm. 

6.  Jahrbücher  für  Philol.  J.  1838.  B.  23.  S.  202  —  217,  von  Hrn.  Prof  Reink. 
Klotz  in  Leipzig. 

7.  Jenaische  Lit.  Zeit.  J.  1839.  Nr.  54  u.  65,  von  einem  Ungenannten,  ge- 
zeichnet 1310  (vielleicht  von  Hrn.  Georges). 

8.  Ebendaselbst  noch  einmal  in   den   Erg.    Bl.  57 — 59,  auch  von  einem 
Ungenannten,  gez.  pv  (vielleicht  von  Hrn.  Direct.  Rotenheyn). 

9.  Gersdorfs  Repertor.  B.  XI,  1.  p.  42  —  44,  von  Hrn.  Rector  Nobbe. 


Andere  lieurtheilungcn  sind  mir  nicht  bekannt  geworden;  eben  so  wenig  die 
Heber  Setzung  des  Buclies  ins  Englische,  welche  mit  Verbesserungen  in  London 
im  J.  1840  erschienen  sein  soll.  Ausserdem  waren  mir  besonders  werthvoH  die 
oben  erwähnten  brieflichen  und  schriftlichen  Bemerkungen  des  Hrn.  Dr.  Dietrich 
und  des  Hrn.  Rectors  Raschiy.  Leid  that  es  mir,  dass  ich  das  zu  Ostern  1842 
erschienene  schätzbare  Progr.  des  ehrenwerthen  Hrn.  Dr.  Dietrich :  Quaestiones 
grammaticae,  über  den  Gebrauch  der  Adjectiven  mit  substantivischem  Begriffe, 
bei  §.  83,  S.  41  nicht  benutzen  konnte,  da  ich  es  erst  vor  Kurzem  kennen  gelernt 
habe.  Viel  Gutes  und  Brauchbares  fand  ich  ferner  in  den  im  J.  1839  herausge- 
kommenen Vorlesungen  über  latein.  Sprachwissenschaft  von  K.  Reisig,  herausgeg. 
mit  Anm.  von  Fr.  Hase.  Auch  konnte  ich  noch,  wiewohl  das  neue  Ms.  schon 
zum  Abdrucke  bereit  lag,  das  Progr.  des  Hrn.  Direct.  Poppo:  de  latinitate  falsa 
aut  merito  suspecta  (Francf.  Viadr.  1841)  benutzen,  aus  welchem  ich  manche, 
mir  noch  neue  und  unbekannte  Auctorität  des  Livius  für  einzelne  Wörter  und 
Wortverbindungen  gewann.  Jedoch  war  das  Meiste  von  dem,  was  der  gelehrte 
Hr.  Verf.  vermisst  oder  unrichtig  gefunden  hatte,  im  Ms.  bereits  ergänzt  und 
berichtigt.  Endlich  hoffte  ich  auch  noch  aus  Hrn.  Heinichens  empfehlenswerthem 
Buche:  TJieorie  des  latein.  Stils  (Leipz.  1842)  gute  neue  Ausbeute  zu  gewinnen, 
fand  aber  fast  Nichts,  als  einen  für  das  Buch  nur  zu  grossen  Auszug  aus  meinem 
eigenen  Antibarbarus ;  —  dem  Hrn.  Verf.  beliebte  es  aber  nicht,  die  Quelle  zu 
nennen,  aus  welcher  er  geschöpft  hat. 


Druckfehler. 


Seite  16  Z.  9  v.  a.  streiche  cordolium  das  H, 

„  17  §.  16  lies  P.  L.  für  L. 

„  28  Z.  10  lies  fulcitns  für  subcitus. 

„  38  §.  78  Z.  7  nach  ex  ist  ein  Punkt  als  Zeichen  der  Abkürzung  von  p.rf.»- 

citus  zu  setzen. 

„  43  §.  86  Z.  3  nach  vir  ist  ein  Comma  zu  setzen. 

„  64  Z.  5  lies  allen  für  alten. 

„  ■ —  Z.  12  V.  u.  lies  Borhecklus. 

„  72  Z/  7  lies  e*  für  as. 

„  99  Z.  15  nach  Jacob  ist  ein  Comma  zu  setzen. 

„  106  unter  Abnegare  lies  recusare  für  rebitsare. 

„  108  unter  Absecare  lies  praecidere  für  draecidere. 

„  125  Z.  19  V.  u.  lies  Schmieder  für  Schneider. 

„  129  unter  Admovere  setze  nach  scriberem  hinzu :  nicht  >«p  admouil. 

„  134  Z.  1  streiche  ?fa. 

„  138  Z.  14  lies  aber  nur  bei  Seneca,  Phaedrus  u.  A.  für  sich  aber  — Jindi  l. 

„  149  unter  Allatrare  lies  caninum  für  canium. 

„  152  unter  Alveare  Z.  2  lies  alvear  für  alveare, 

„  160  unter  Animalcuhim  fehlt  am  Ende:  für  bestiola. 

„  161  Z.  10  V.  u.  lies  nonne  für  wonc. 

„  175  Z.  13  V.  u.  lies  N.  Kl.  für  iV.  i. 

„  182  Z.  6  V.  u.  lies  Auetor  is  für  Auctoris. 

„  195  Z.  9  lies  viginti  für  vinginti. 

„  216  Z.  3  u.  4  V.  u.  streiche  den  Punkt  nach  August, 

„  221  unter  Cogitabilis  lies  A'.  Ä7.  für  N.  L. 

„  224  Z.  6  V.  u.  lies  propins  für  proprius. 

„  243  Z.  5  V.  u.  streiche  a.  vor  1. 

„  252  unter  Contrarietas  lies  Rhetorik  für  Rhethorik. 

„  258  Z.  3  V.  u.  lies  monuisti  für  monusti. 

„  270  unter  Debere  Z.  8  streiche  sogar. 

„  271  unter  Decem  Z.  6  lies  duodeviginti  für  duodevinginti. 

„  307  Z.  5  V.  u.  lies  Ernesti, 

„  309  Z.  8  V.  u.  lies  14  für  74. 

„  342  Z.  14  lies  omnibus  für  omibus. 

„  344  Z.  5  V.  u.  lies  immortalitatem  für  mortui. 

„  350  Z.  15  lies  Jene  factum  für  Jcwe  facerc. 

„  356  Z.  4.  Die  Worte  Es  hat  aber  —  gehören  zum  folgenden  Fern». 

„  360  unter  Firmus  lies  Celsus  für   Celus. 

„  .399  unter  Imberbis  Z.  5  lies  d/csc  für  die  letztere. 

,.  404  unter  Impius  lies  Twa^w  für  magivs. 


Seite  4\()  unter  Incurrere  Z.  8  lies  miseriarxim  für  miseriarium. 
441  unter  Intnitus  Z.  4  Jies  iutuitu  für  intuito, 
—    Z.  5  V.  u,  lies  invaletudo  für  valitudo. 

445  Z.  13  V.  u.  setze  nach  mcmuris:  wie  die  Handschriften  lesen. 
448  Z.  3  V.  u.  lies  aufgezählt  für  mifgezäht. 
464  unter  Liber  Z.  6  lies  guter,  edler  für  ^ritfe,  erf/«. 
469  Z.  3  V.  u.  nach  nur  lies  /oct. 
473  Z.  1  lies  Lucuhr atio  für  Lucrubatio. 
482  Z.  6  streiche  Att.  IV,  83. 
489  unter  Memoria  lies  alicujus. 
496  Z.  9  lies  milliarium  für  millarium. 
501   Z.  9  V.  u.  nach  wan  lies  Ä"/.  M/c//t. 

513  unter  Narrare  Z.  7  lies  Agamemnon  für  Agamemnonem. 
521  unter  Neciere  lies  norfo  für  nodom. 

530  Z.  15  V.  u.  lies  «fo  rfa*   Fer^wm  awcA  für  wo  auch  das   Verbum. 
532  Z.  4  V.  u.  lies  I,  l  für  l.  l. 
572  unter  Parum  Z.  3  lies  oder  für  oper. 
605  Z.  4  lies  gw/d  für  qui. 
610  Z.  9  fehlt  p.  vor  278. 
616  Z.  10  V.  u.  lies   Praecursor  für  Praecusor  und  Z.  5  v.  u.  praecur- 

sorius  für  praecusorius. 
633  Z.  1   lies  Äe?;or  für  bevor. 
658  unter   Quadriga  lies  Plinius  für  Plininius. 
668  unter   Quire  Z,  7  lies  Casaubonus  für  Causabonus. 
685  Z.  8  V.  u.  lies  christiana  für  christiania. 
693  unter  Retinere  lies  remos  für  rimos. 

701  Z.  2  nach  werden  setze  hinzu:  in  der  Bedeut.  Krieg,  für  bellum. 
708  Z.  5  lies  scenographia  für  sccnopraphia. 
711  unter  Scirpus  lies  scirpo  für  scripo,  * 

717  unter  Semicirculus  lies  am  Ende  semicircularis,  halbkr.,  für  semicircu- 

latus  oder . 

744  unter  Studiosus  Z.  5  lies  studiosorum  für  studiorum, 
758  Z.  13  lies  perturhato  für  perttibato. 

779  unter  Twen  Z.  1  lies  Participialform  für  Participalform. 

780  Z.  18  V.  u.  lies  Tumultuarius  für  Tumultuaris. 

783  Z.  22  V.  u.  lies  erhalte  für  Äa/<e. 

784  Z.  7  V.  u.  lies  umbracula  für  umcracula. 
790  Z.  8  streiche  «jäj  vor  vindicare. 
799  unter    FeZ  Z.  6  streiche  m  vor  Aoc. 
804  Z.  7  V.  u.  lies  i^o«  für  «on. 

Nocli  merke  man,  dass  überall  S'f//  zu  schreiben  sei,  nicht  »S*/;//,  —  Bent- 
leius  nicht  BentleyuSy  —  Siürenburg  nicht  Stüremburg,  —  Düker  nicht  Ducker, 


Des 


Antibarbarus 


Brüter  Tlieil, 


enthaltend 


Einleitung  und  grammatische  Bemerkungen 


Abkürzungszeichen,    welche  in  diesem  Uuche  gebrauclit  worden 
sind,  sind: 

A.  L.y  KL,  N.  KL,  Sp.  L.,  B.  L.,  N.  /..,  P.  L.,  Gr.  L.,  Gem.  L. 

über  deren  Bedeutung  siehe  Theil  IL  §.  201. 


Einleitung'. 


^Ver  in  einer  Spraclie,  sei  es  in  seiner  Muttersprache  oder  in  einer  1. 
fremden,  Etwas  schreiben  will,  mnss  nach  den  besten  daseienden 
Mustern  schreiben,  wenn  er  anders  gelesen  und  nicht  getadelt  wer- 
den will.  Denn  nicht  Alles,  was  geschrieben  worden  ist,  ist  Muster 
für  unsere  Nachbildung,  so  gross  auch  der  Werth  dessen  sein  mag, 
was  darin  behandelt  worden  ist^  Soll  daher  die  Rede  selbst  muster- 
haft sein,  und  hat  man  die  Absicht,  auch  von  dieser  Seite  zu  gefal- 
len, so  müssen  alle  die  Eigenschaften  darin  hervortreten,  welche  sie 
nach  den  Vorschriften  der  Kunst  oder  der  Stylistik  zu  einer  muster- 
haften machen.  Es  sind  aber  darin  Alle  einig,  dass  sie,  ausser  gram- 
matischer Richtigkeit,  auch  in  den  einzelnen  Wortformen,  Wörtern 
und  Redensarten  den  besten  Mustern  folgen  müsset.  Man  nennt  diese 
Eigenschaft  die  Reinheit  der  Rede,  welche  fordert,  dass  man  nur 
solche  Formen,  Wörter  und  Redensarten  brauche,  welche  von  den 
Mustern  und  Meistern  der  Rede  gebraucht  worden  sind,  und  dass 
man  dagegen  Alles  vermeide,  was  diese,  als  alt,  rauh  oder  allzu  gemein 
und  nicht  städtisch  und  gebildet  genug,  sorgsam  und  weise  vermie- 
den haben.  Daher  wird  in  den  Rüchern  über  Stylistik  **  vor  Allem 
auch  die  Reinheit  der  Rede  empfohlen,  ohne  welche  keine  Schrift 
musterhaft  genannt  werden  könne.  Wie  kann  aber  diese  Reinheit 
bestehen,  wenn  man  in  einer  Sprache,  lebender  oder  todter,  welche 
vielfachen  Wechsel  erlitten  hat,  sich  nicht  die  klassischen,  d.  h.  7nu- 


1.  Iclj  nenne  hier  nur  aus  den  bessern  Zeiten  der  latein.  Sprache  den  Sal- 
lust,  Terentius  Varro,  Yitruv,  L.  Ann.  Sencca,  Plinius  den  Aeltern  und  den 
höchst  achtungswerthen  Tacitus,  deren  Schriften  zwar  werthvoll  durch  ihren 
Inhalt  sind,  aber  minder  brauchbar  zur  Bildung'  des  Styls  und  oft  gegen  die 
Reinheit  der  bessern  Rede  Verstössen. 

2.  So  sagt  der  Portugiese  Perpinian,  einer  der  besten  Neulateiner,  (Oratt. 
p.  352  ed.  Ingoist.)  :  Et  quoniam  'incorrupta  latini  pnrique  sermonis,  Omnibus 
vitiis  detractis,  integritas  quasi  solum  est  et  fundameiitum  oratoris,  illa  prima 
debet  esse  cura,  ut  latine  qvam  elcf/antissimc  et  apertissime  loquamini;  nach 
der  Vorschrift  Cicero's,  der  im  Brut.  74,  258  den  Atticus  sagen  lässt:  So- 
lum quidem  et  quasi  fundamentum  oratoris  vides  locutionem  emendatam  et 
latinam.  Ebenso  Manutius  mehrmals  in  seinen  Briefen,  Muretus  in  der  Vorrede 
zu  Terenz  und  in  andern  Stellen,  und  so  Alle,  welche  gut  lateinisch  geschrie- 
ben haben.  Semper,  sagt  Muret,  latini  sermonis  puritatem  (für  intei/ritaiem^ 
magnum  quoddam  et  praeclarum  bonum  esse  duxi. 

3.  Ich  nenne  hier  nur  von  den  Neuern  Ferd.  Hand's  Lehrbuch  des  lateini- 
schen Styls.  Jena  183.3.  Ausg.  2.  Ebend.  1839,  wo  im  zweiten  B.  das  zweite 
Capitel  von  der  Reinheit  der  Sprache  bandelt. 

1* 


8terhaften  Schriftsteller  zur  Nacliahmung  auswählt,  sondern  aus  ver- 
kehrtem Eigeushiiie  und  oft  dünkelfiaftem  Stolze  geg^en  Andere 
entweder  in  die  frühere  üngebildetheit  der  Sprache  zurückgeht, 
oder  sich  an  die  spätem,  durch  das  böse  Schicksal  der  Sprache  ver- 
bildeten Schriftsteller  anschliesst,  oder  sich  ganz  willkührlich  aus 
allen  Jahrhunderten  eine  eigene  gemengte  Sprache  bildet,  und  sich 
Ruhmund  Namen  so  zu  erwerben  gedenkt! 

Es  hat  aber  fast  jede  Sprache,  welche  mehrere  Jahrhunderte 
eine  lebende  war,  mancherlei  Wechsel  erlitten,  wodurch  die  frü- 
here gegen  die  spätere  oft  ganz  unkenntlich  ist  *,  indem  sie  bald 
im  Steigen,  bald  im  Sinken  war,  und  das  bürgerliche  Leben  des 
Volkes,  seine  Regierungsverfassung,  Begünstigung  oder  Anfeindung 
der  Künste  und  Wissenschaften,  ihrer  Freunde  und  Liebhaber,  Nach- 
barschaft und  Verbindung  der  Völker  und  Staaten  mit  einander,  die 
Ruhe  oder  Unruhe  von  aussen  und  innen,  endlich  Kriege  und  Ein- 
wanderungen, und  was  sonst  noch,  einen  bedeutenden  Einfluss  auf  sie 
hatten  ^.  Jede  Sprache  war  anfangs,  wie  das  Volk  selbst,  roh,  un- 
gebildet, geist-  und  wortarm,  einfach,  und  durchaus  nur  den  be- 
schränkten Bedürfnissen  des  Lebens  angemessen.  W^ie  sich  aber  ein 
umherziehendes  Volk  in  Städte  vereinigt,  bürgerliche  Verfassung 
annimmt,  Ackerbau  und  Gewerbe  zu  treiben  anfängt  und  mit  der 
Zeit  geistige  und  leibliche  Bedürfnisse  sich  vermehren,  wie  mehrere 
Städte  mit  einander  in  W^echselverbinduug  treten  und  im  Fortgang 
der  Zeit  mit  gebildeten  Nachbarvölkern  in  freundliche  oder  feind- 
liche Berührung  kommen,  nimmt  auch  die  Kultur  der  Sprache  an 
Feinheit  und  Reichthum  zu,  und  steigt  und  blüht  so  lange,  als  Künste 
und  Wissenschaften  unter  dem  Volke  blühen,  und  von  den  Macht- 
habern,  den  Grossen  und  den  Staatsgewalten  geehrt,  begünstigt  und 
befördert  werden.  Wenn  nun  aber  w;ieder  die  wissenschaftliche 
Kultur  durch  mancherlei  Umstände  beschränkt  wird  und  von  Zeit 
zu  Zeit  mehr  ab- als  zunimmt,  wenn  das  Volk  erschlafft,  Sitten- 
verderbniss  durch  Luxus  und  Wollust  einreisst,  Kunst  und  Wissen- 
schaft gering  geachtet,  wohl  gar  verdächtigt  und  angefeindet  wird, 
fremde  und  rohe  Völker  einbrechen  und  die  Bewohner  des  Landes 
zwingen,  ihre  Sprache  zu  reden,  und  am  Ende  selbst  die  Oberherr- 
schaft erhalten,  dann  stirbt  allmählig  zugleich  die  Sprache  aus,  und 
des  Siegers  Sprache  wird  am  Ende  die  der  Besiegten. 


4.  Deutlicli  sehen  wir  dieses  au  unserer  noch  lebenden  Muttersprache.  Man 
vergleiche  die  Sprachprobcu  der  ersten,  noch  crhaltcueu  Reste  und  die  Schriften 
der  folg'enden  Jahrhunderte  mit  der  jetzt  so  vielseitig-  ausg-ebildeten  und  j^leich- 
sam  klassischen  Sprache,  und  man  wird  sit^  von  Jahrhundert  zu  Jahrhundert 
in  Formen  milder,  sanfter  und  fester,  und  im  Umfange  des  Wörterschatzes 
reicher  und  ausg^edehntcr  finden;  die  alte  wird  uns  dagegen  kaum  erst  nach 
vielem  Studium  verständlich  sein.  Wieviel  oft  auch  nur  ein  Jahrliundert  zur 
Bildung  der  Sprache  thue,  kann  bei  unserer  deutschen  das  letzte  zur  Genüge 
zeig-cn,  wo  dem  Sprachbeobachter  ein  Paar  Seiten  eines  Buches  aus  dem  An- 
fange des  vorigen  Jahrhunderts  die  vielfältigen  Veränderungen,  welche  die 
Sprache  in  Formen,  in  Umfang  und  Vortrag  seitdem  erlitten  hat,  sichtbar  und 
in  die  Augen  fallend  maclien  werden. 

5.  Wichtige  und  treftlidie  Bemerkungen  über  Sprache  und  ihre  Ausbildung 
finden  sich  ia  Wieland's  Schriften  B.  6.  S.  345.  fgg.,  sowie  auch  vorher  in  dem 
Aufsätze:   Was  ist  Hochdeutsche 


So  ging  es  der  römischen  oder  Inteinischen  Sprache :  sie  erhob  3. 
sich  aus  ihrer  rohen  Kindlieit  ailmähh'g',  hüiiite  niid  stieg  innerlialb 
500  Jahren  bis  zu  einem  hohen  (j!ij)rei  der  Vollkommenheit,  sank 
aber  in  den  nädisten  500  Jahren  so  tief  herunter,  dass  sie  seit  dem 
sechsten  Jahrliunderte  nach  Christo  von  andern  überall  unterdrückt 
und  verdrängt  ausstarb  und  eine  todie  Spraclie  ward,  sich  aber 
jedoch  unter  den  Gelehrten  im  Gebrauche  erhielt.  Wie  mannich- 
facli  sie  sich  in  der  Zeit  ihres  fast  tausendjährigen  Lebens  verändert 
habe,  zeigen  dem  Kenner  zur  Genüge  die  Ueberreste  von  Denkmälern 
und  Schriften  aus  den  verschiedenen  Jahrhunderten  vom  Anfange 
derselben  bis  zu  ihrem  Ende.  Ihre  Beschaffenheit  änderte  sich  mit 
dem  allmähligen  Steigen,  Blühen  und  Mächtigwerden  der  Römer, 
und  endlich  sank  sie  und  ging  zu  Ende  mit  dem  Verfall  und  Unter- 
gang des  römischen  Reiches.  Achtet  man  auf  ihren  verschiedenen 
Wechsel,  so  nimmt  man  etwa  im  Ganzen  vier  Sprachperioden  wahr, 
eine  vorklassische,  klassische.,  nachklassische  und  verdorbene  oder  spät- 
lateinische,  welche  letztere  sich  bei  mehrern  späten  Schriftstellern 
schon  als  eine  halbbarbarische  zeigt. 

Die  vorklasfiische  begreift  alle  Denkmälei',  Schriften  und  Reste  4. 
derselben,  welche  von  den  ersten  Zeiten  Roms  an  bis  auf  die  Bildner 
und  Verfeinerer  der  Sprache,  Cicero,  Caesar  und  Andere  (60  J.  vor 
Chr.)  übrig  sind  und  erwähnt  werden.  Was  man  freilich  aus  den 
fünf  ersten  Jalirhunderton  Roms  noch  übrig  hat,  das  wich  so  sehr 
von  der  gebildeten  Sprache  der  folgenden  Jahrhunderte  ab,  dass 
selbst  die  gelehrten  Sprachkenner  ^  unter  den  Römern  gestanden 
haben,  es  nicht  mehr  zu  verstehen,  und  dass  man  es  noch  weniger 
wegen  des  gehaltlosen  Inhalts  und  der  rauhen  und  ungeliobelten 
Sprache  aufsuchen  und  zur  Erheiterung  oder  Belehrung  lesen  mochte. 
Jedoch  seitdem  die  Römer  (seit  230  vor  Chr.)  die  Schriften  der 
Griechen  keimen  lernten,  übersetzten  und  nachahmten,  begann  die  bes- 
sere vorklassischeFer\()i]v,  wo  erst  durch  Dichterund  Gcschichtschrei- 
ber  der  Grund  für  höhere  geistige  Bildimg  gelegt  wurde,  und  wo 
man  auch  schon  allen  Fleiss  auf  die  Ausbildung  der  Sprache  zu  ver- 
wenden suchte  und  glückliche  Schritte  that,  sie  zu  verfeinern,  zu 
bilden  und  dt\i  Wörterschatz  zu  vermehren.  Gleichwohl  sind  uns 
aus  dieser  Zeit  nur  von  den  zwei  Komikern  Plautus  und  Teretitius 
ganze  Stücke  erhalten,  von  allen  übrigen  Dichtern  und  Geschicht- 
schreibern kein  ganzes  W^erk,  sondern  nur  abgerissene  Bruchstücke, 
oft  sogar  nur  einzelne,  um  ihres  Alters  und  ihrer  Seltenheit  willen 
später  erwähnte  und  erklärte  Wörtei*.  Indess  sind  dennoch  jewe  swe« 
Komiker  wichtig  zur  Kenntniss  des  kurzen  Gesprächsstyls,  und  für 
die  Sprache  des  Umgangs  höchst  brauchbar  und  beachtungswerth  ^, 


6.  Unter  Andern  sagt  Quintilian,  bekannt  als  s^frosser  Spraehkenner  (Inst.  I, 
6,  40) :  Saliorum  carmina  vix  sacerdotibus  suis  satis  intellecta.  Und  so  wird  sich 
Mancher,  welcher  nur  ausji^ebildetes  Latein  ji^elesen  hat,  über  die  Reste  aus 
den  Zwölftafelg-esctzen,  über  die  Inschrift  auf  der  Duilischeu  Säule  und  über 
andere  auf  andern  Denkmälern  höchlich  verwundern. 

7.  Von  7>re?i^- wenig-stens  sagt  Cicero  (Att  VII,  3,  10):  cujus  fabellae  (Schau- 
spiele) propter  eleyantiam  sermonis  putabantur  a  C.  Laclio  scribi ;  dagegen  nennt 
er  den  Caecil.  Statius,  einen  andern  Komiker  Jener  Zeit,  malum  mtctorem  Ititini- 
tatis  d.  h.  einen  schlechten  Gewährsmann  für  Latinität.  —  Von  Allen  aber  dieser 


jedoch  so,  dass  alle  archaistische  Formen,  von  denen  ihre  Sprache 
noch  voll  war,  und  alle  gemeine,  aus  der  Volkssprache  hergenom- 
mene Wörter  zu  vermeiden  sind,  und  dass  das,  was  in  klassische  For- 
men und  Wörter  umgeändert  werden  kann,  in  diese  umgeändert  werden 
niuss.  So  werden  sie  gewiss  hei  vorsichtigem  Gehrauche  auch  jetzt 
noch  an  gehörigem  Orte  treffliche  Dienste  leisten. 

Die  zweite  Sprachperiode  ist  die  klassische,  welche  von  Vielen 
aucli  die  goldene  genannt  wird.  Sie  reicht  von  Cicero's  Zeit  an  (von 
60  vor  Chr.)  bis  zu  des  Kaisers  Augustus  Tode  (14  nach  Chr.).  Hier 
erhob  sich  die  Spraclie  durcli  ausgezeichnete  Redner  und  Gelehrte, 
unter  denen  M.  Tullius  Cicero  und  C.  Julius  Caesar  vor  allen  ge- 
nannt werden  müssen,  zu  einem  so  hohen  Gipfel  der  Vollkommen- 
lieit  durch  Verfeinerung  der  Formen,  Erweiterung  des  Wörterreich- 
thums  mit  Vermeidung  aller  gemeinen,  zu  alten  und  für  den  Gebrauch 
unnützen  Wörter,  und  besonders  durch  Schönheit  der  Darstellung, 
dass  die  Schriftwerke  jener  beiden  Männer,  auch  nach  dem  Urtheile 
der  Spätem,  wie  des  Quintilian  ^  und  des  Jüngern  Plinius,  für  alle 
Mitlebende  und  Nachfolgende  Muster  sein  konnten.  Aber  sie  wur- 
den es  selbst  nicht  für  alle  Mitlebende,  indem  viele  eigensinnig  und 
geflissentlich  bei  ihren  Grundsätzen  und  ihrem  Style  beharrten,  viele 
auch  wohl  nicht  vermochten  sie  zu  erreichen  und  nachzuahmen,  viele 
andere  sich  mehr  um  Anderes,  als  um  die  Sprache  und  Rede  be- 
kümmerten. Daher  sind  auch  nicht  Alle,  welche  in  dieser  Periode 
schrieben,  so  musterhaft,  dass  sie  als  solche  empfohlen  werden  kön- 
nen. Jenen  Beiden  aber  können  noch  als  Muster  beigesellt  werden 
Q.  Cicero  8,  des  Redners  Bruder,  und  am  Ende  der  Periode  der 
Paduaner  Livius  '",  welchen  Andere  zur  nächsten  Periode  rechnen. 
In  den  Schriften  dieser  vier  Männer  findet  man  nun  die  höchste 
Blüthe  der  Sprache  und  der  Rede,  welche  nachher  von  Keinem  wieder 
erreicht  worden  ist.  Diese  müssen  daher  auch  für  uns,  wenn  wir  Etwas 
leisten  wollen,  die  fast  einzigen  Muster  in  allen  den  Stylarten  sein, 
worin  sie  Etwas  schriftlich  hinterlassen  haben.  Von  geringerm  Wertlie, 
und  daher  vorsichtig  zu  gebrauchen  und  nachzuahmen,  sind  Sallust^^^ 


Zeit  bemerkt  Quintil.  X,  1,97:  ceterum  nitor  et  siunma  in  cxcolendis  operibus 
manus  magis  videii  potcst  tcmporibus,  quam  ipsis  defuisse;  er  nennt  sie  in- 
yeninsos  quidem,  sed  arte  carentes,  ztvar  geistvolle  Köpfe,  aber  ohne  Kunst  und 
Sc/idnheit. 

8.  Vgl.  dessen  glänzendes  Urtlieil  über  Cicero  Inst.  X,  11,  105  —  112  und 
über  Caesar  ebend.  114.  Cicero's  Urtlieil  aber  über  Caesar  und  sich  im  Brut.  72. 

9.  Von  ihm  ein  kleines  belehrendes  Buch  de  pctitione  consulatus  und  einige 
Briefe  an  seinen  Bruder.  Er  war  mehr  Dichter,  als  Prosaist. 

10.  Ihm  warf  freilich  der  geistreiche,  aber  gegen  Viele,  selbst  gegen  Cicero, 
partheiische  Kritiker  Asinius  Pollio  Patavinitatem  vor,  welche  aber  vielleicht  in 
nichts  Anderm  besteht,  als  in  einzelnen  Provincialismen  und  Eigenheiten,  die 
aber  gewiss  schon  damals  so  in  die  Stadtsprache  eingebürgert  waren,  dass  nur 
feine  gelehrte  Kenner  an  ihnen  Anstoss  nahmen,  dagegen  die  meisten,  auch 
gebildetsten  Männer  sie  kaum  almcten.  Uns  aber  steht  es  frei,  für  das,  was  wir 
bei  Livius  etwa  abweichend  von  Cicero's  und  Cacsar's  Sprache  finden,  das  von 
diesen  Meistern  Gewählte  zu   gebrauchen. 

11.  Er  ist  zwar  als  Geschichtschreiber  vorzüglich,  aber  abhold  der  damals, 
zumal  von  seinem  Feinde,  Cicero,  veredelten  und  vielfach  neugebildeten  Sprache, 
folgte  er  mehr  der  Sprache  seiner  alten  Vorgänger  in  der  Gescinchte,  beson- 


A.  Hiriius'^^,  Cornelius  Nepos  '',  M.  Terentius  Varro  '*  und  die  mei- 
sten Epistolograplien  '*  in  beiden  Sammlungen  der  Briefe  Cicero's. 
Von  Wertli  und  Aiictorität  sind  aber  nocli,  mit  vorsichtiger  Aus- 
scheidung aller  poetischen  Formen,  Wörter  und  Redensarten,  die 
Dichter  Virgil,  Horaz  und  Tibull,  indem  besonders  Horazens  Sermo- 
nen und  Episteln  manches  brauchbare,  aus  der  Stadtsprache  genom- 
mene Wort  für  unsre  Prosa  darbieten. 

Die  dritte  Periode  nenne  ich  blos  um  der  Zeit  willen  die  nach-  6. 
klassische.,  von  Andern  die  silberne  genannt,  zu  welcher  alle  Schrift- 
steller zu  zählen  sind,  welche  vom  Anfang  der  Herrschaft  Tiber's 
bis  auf  die  Zeit  der  Antoninen  gelebt  und  geschrieben  Iiaben,  vom 
J.  14  nach  Chr.  bis  etwa  120.  Flier  übte  gleich  anfangs  die  an  56  Jahre 
dauernde  tyrannische  Herrschaft  der  dem  Augustus  zunächst  folgen- 
den Kaiser  einen  höchst  unseligen  Einfluss  auf  Kunst  und  Wissen- 
schaft, indem  vor  Allem  die  öfFentliclie  Beredtsamkeit,  welche  die 
Quelle  der  hohen  Ausbildung  der  Sprache  und  Rede  gewesen  war, 
sich  ganz  veränderte  und  fast  verstummte,  und  der  gerade,  offene 
und  freimüthige  Sinn,  welcher  sich  bisher  in  öffentlichen  Reden  vor 
dem  Senate  oder  vor  dem  Volke  oft  kund  gethan  liatte,  verschwand, 
Niemand  aber  in  Schriften  es  wagte,  offen  und  freimüthig  zu  sein. 
Dieses  bemerkt  auch  der  jüngere  Plinius  (Ep.  HI,  5,  5),  wo  er  von 
den  grammatischen  Schriften  seines  Oheims  sagt:scripsit  sub  Nerone 


ders  des  Cato,  und  gefiel  sich  nicht  allein  in  alten  Formen,  sondern  auch  in 
alten  Wörtern  und  Wörterverbindungen,  welche  meistens  aus  dem  Griechischen 
genommen  waren;  ja  er  bildete  selbst  unnöthig  neue  Wörter.  Daher  heisst  er 
bei  Gellius  N.  A.  I,  15,  18.  IV,  15  novator  verborum,  und  der  Grammatiker 
Lenaeus  nannte  ihn  priscorum  Catonisque  verhoriim  ineruditismniim  furem.  Vgl. 
Sueton.  Gramm.  15  und  Quintil.  VIII,  3,  29  und  IX,  3,  17,  wo  er  sagt,  ex 
graeco  translata  Sallustii  plurima.  So  urtheilte  auch  der  Kaiser  Augustus,  der 
über  Feinheit  der  Rede  ein  gesundes  Urtheil  liatte,  nach  Suet.  Aug.  86.  Vgl. 
auch  was  die  Neuem  über  Sallust's  Latinität  in  den  Ausgaben  zusammenge- 
tragen haben. 

12.  Von  ihm  sollen,  ausser  dem  achten  Buche  de  hello  Gallico,  noch  die  in 
den  Ausgaben  Caesar's  befindlichen  Bücher  de  hello  Alexandrino  und  de  hello 
Afncano  sein;  aber  gewiss  nicht  das  de  hello  Africano,  was  von  einem  viel 
Spätem  ist. 

13.  Mau  ist  aber  durch  die  neu  angeregten  Untersucliungen  über  die  Aecht- 
heit  oder  Unächtheit  der  Vitae  im  Zweifel,  ob  sie  so,  wie  wir  sie  jetzt  lesen, 
aus  Nepos  Hand  gekommen  sind,  da  sich  in  ihnen  manche  unleugbare  gram- 
matische und  stylistische  Anstösse  finden,  welche  ihn  aus  der  Klasse  der  mus- 
terhaften Schriftsteller  ausweisen.  Er  hat  daher  keine  sichere  klassische  Auc- 
torität,  indem  jetzt,  wie  früher,  Aemilius  Prohvs  aus  einer  späten  Zeit  für  den 
Verfasser  dieses  Buches  gehalten  wird ,  der  einen  magern  Auszug  aus  Nepos 
Biographieen  gemacht  habe. 

14.  Dieser  Römer,  ein  Mann  von  gründlicher  und  vielseitiger  Gelehrsamkeit, 
von  welchem  wir  aus  der  grossen  Zahl  seiner  Schriften  nur  sechs  Bücher  de 
linyua  latiiia  und  drei  Bücher  de  re  rustica  ausser  vielen  Bruchstücken  aus  den 
verlornen  übrig  haben,  verwandte  Fleiss  und  Mühe  nur  auf  die  Sachen,  nicht 
auf  die  Sprache  und  den  Vortrag,  indem  er  als  Kenner  der  alten  Litteratur  nur 
zu  oft  alte  Wörter  den  neuen  vorzog  und  die  Sachen  ganz  einfacli  und  ohne 
Kunst  behandelte  und  vortrug.  Er  hat  daher  nur  Werth  und  Auctorität  in  Wör- 
tern, wo  seine  beiden  Freunde  Cicero  and  Caesar  uns  verlassen. 

15.  Unter  ihnen  sind  aclitungswürdige  und  gelehrte  Männer:  Serv.  Sulpichis, 
Luccejus,  Matius,  Pollio,  Calius,  M.  u.  Deeim.  Bnitus,  Cassius,  Pompejui  u.  a. 


8 

novissimis  annis,  cum  omnc  süulioriim  geniis  patillo  liberius  et  ero- 
ctit/s  pen'c?ilos?/?n  serintvs  fecisset.  Dalier  zog^en  sich  die  geistvollen 
Köpfe  in  den  Sdiatten  ihrer  stillen  IJehausnngen  zurück,  und  mit  der 
Zeil  unzufrieden  neigten  sich  Viele  zur  ernsten,  alle  Kunst  und  Scliön- 
heit  der  Rede  verachtenden  stoischen  Philosophie^^ ;  Andere  grü- 
belten nur  über  die  Sprache,  und  ans  Neuerungssucht  das  Bisherige 
verachtend,  bildeten  Andere  neue  Wörter,  suchten  die  alten  der  vor- 
klassischen Zeit,  welche  unter  dem  Volke  noch  gäng  und  gäbe  waren, 
meist  ohne  feine  Auswahl  hervor,  oder  suchten  durch  poetische  Wör- 
ter und  Redensarten,  durch  Bilder  und  schöne  Phrasen  und  aus  dem 
Griechischen  entlehnte  Redeverbindungen  zu  glänzen,  oder  brauchten 
auch  wohl  klassische  Wörter  in  neuem  Sinne  *',  da  ihnen  das  Alte 
nicht  genug  dünkte,  und  sie  sich  durch  Neues  hervorzuheben  such- 
ten; wie  denn  vorzüglich  die  Rhetoren  in  ihren  Schulen  ihren  jungen 
Zöglingen  durch  neue,  ausgesuchte  Phrasen  zu  gefallen  sich  bemüh- 
ten. Dadurch  gewann  allerdings  die  Sprache  an  Wörterreichthum,  der 
immer  willkommen  sein  muss,  zumal  wo  er  nothwendig  erscheint, 
aber  im  Ganzen  verlor  sich  die  wahre  Schönheit  der  Rede,  und  die 
wenigen  geistreichen  Nachahmer  der  bessern  Alten  klagten  darüber, 
wie  verdorben  die  Sprache  ihrer  Zeit  vor  der  bessern  altern  sei  "'. 
Demnach  ist  es  kein  Winider,  dass  auch  diese  oft  sprechend  und 
schreibend  vom  Strome  der  Zeit  fortgerissen  wurden.  Es  kann  aber 


16.  Von  den  Stoikern  sagt  Cic.  Brut.  31.  Stoicorum  adsfrictior  est.  oratio  ali- 
quantoq^ie  contractior,  quam  aures  populi  rcquirunt  —  und  Orat.  III,  18,  66. 
Stoici  orationis  genus  habeiit  fortasse  subtile  et  eerte  acutum ,  sed  exile,  inu- 
sitatum,  abhorrens  ah  auribus  vulr/i,  obscuriim,  inane,  jejunum  et  epismodi,  quo 
uti  ad  vul^us  nullo  modo  possit.  Ebend.  Parad.  proocm.  2.  in  ea  est  hacresi 
(Cato  Stoieus)  ,  quae  nuliitm  sequihir  Jforertt  orationis.  Wie  konnte  daher  der 
Philosoph  Seneca  als  Stoiker  anders,  als  kurz,  gedrängt  und  in  kurzen  Sätzen 
schreiben,  wie  er  es  besonders  in  seinen  Briefen  thut,  und  in  der  Philosophie 
die  neuen  Kunstwörter  billigt  und  aufnimmt,  obgleich  er  selbst  mehrmals  über 
die  neue  Redeweise  seiner  Zeit  klagt!  In  solcher  gedrängten  Manier  folgte  ihm 
später  der  geistvolle  Tacitus,  nur  dass  dieser  noch  mehr  alte  Wörter  aufnahm, 
sich  neue  bildete  und  aus  Dichtern  griechischartige  Constructionen  in  seine 
kräftige  und  grossaifige  Rede  einwebte.  Von  seiner  Latinität  haben  am  besten 
Böttcher  im  Lexicon  Taciteum  und  JSic.  BaeJi  im  zweiten  Bande  seines  Ta- 
citus gehandelt,  womit  auch  das  zu  vergleichen  ist,  was  Boneil  in  seinen  Pro- 
legomenis  de  grammatica  Quintilianea  vor  seinem  Lexicon  gesammelt  hat. 

17.  Richtig  bemerkt  Seneca  Ep,  114,  dass  mit  den  Sitten  sich  auch  die 
Sprache  geändert  habe:  Cum  adsuevit,  sagt  er,  animus  fastidire,  quae  ex  more 
sunt,  etiam  in  oratione ,  quod  novum  est,  quaerit,  et  modo  antiqna  verba  atque 
exoleta  revocat  ac  profert,  modo  ßngit  ignota  ac  deflrctit,  modo  id,  quod  nvper 
increbuit,  pro  cultu  habetur,  audax  translntio  ac  frequens  —  und  was  er  dort 
sonst  noch  Anderes  über  Verwandtschaft  der  Sitten  und  der  Denkungsart  treft- 
lich  bemerkt.  Man  vgl.  auch  noch  Petron.  Sat.  c.  1  ^ —  ö  und  was  im  Dial.  de 
orator.  e.  26  und  .34  u.  fgg.  der  unbekannte  Verf.  über  die  damalige  neue  Be- 
redtsamkeit  sagt,  welches  Buch  überhaupt  für  die  Charakteristik  dieser  Zeit  ganz 
besonders  wichtig  ist. 

18.  So  Quintilian  Inst.  VIII,  3.  dicendi  mutammus  genus.  Quid  multa?  totiis 
prope  mutatns  est  sermo,  Seneca  bemerkt,  ausser  dem  vorhin  Erwähnten,  Ep.  39 
von  den  Wörtern  breviarium  und  summarium  :  plus  proficiet  ratio  ordinaria, 
quam  haec,  quae  nunc  vulgo  breviarium  dicitur,  olim  cum  latine  loqueremur, 
summarium  voeabatur.  Ein  Muster  im  vcrkünstelten  Style  gab  Maecenas  nach 
Seneca  Ep.  114,  welcher  darüber  lesenswerth  ist. 


9 

gleichwohl  diese  Zeit  um  des  reichen  neuen  Wörterschatzes  willen 
nicht  ganz,  wie  einige  frühere  und  neuere  allzustrenge  Sprachkri- 
tiker meinen,  verachtet  und  zurückgewiesen  werden,  selbst  da  nicht, 
wo  die  klassische  Sprache  ausreichen  möchte,  am  wenigsten  aber 
da,  wo  wirklich  jene  aushilft  und  in  Ermangelung  des  Bessern  zum  Er- 
satz dient.  Daher  stimmen  auch  wir  dem  Urtheile  Dav.  Ruhnkens 
bei,  welcher  das  gute  Latein  (versteht  sich  mit  Ausnahmen)  wenig- 
stens bis  auf  die  Anioninen  ausdehnt.  Nur  Wenige  aber  können  den 
Klassikern  fast  gleich  geachtet  werden ;  es  sind  '^u'mtUian  (in  seiner 
Instihdio  oraioria,  denn  die  Declamntiones  sind  nicht  von  ihm  und 
sind  erst  spätem  Ursprungs)  und  der  jüngere  Plinius,  welche  beide 
auch  selbst  dem  Cicero  und  Caesar  die  Meisterschaft  der  Rede  zu- 
gestanden und  sie  zu  erreichen  sich  bestrebten.  Ihre  Auctorität  für 
Wörter  und  Redensarten  mag  wohl  mit  Recht  für  klassisch  gehalten 
werden,  indem,  was  vom  klassischen  Gebrauche  abweiclit,  vielleicht 
aus  klassischen,  uns  verlorenen  Schriften  herstammt,  oder  als  gut  und 
städtisch  schon  in  die  Sprache  der  Gebildeten  aufgenommen  war. 
Gleichwohl  steht  es  auch  hier  Jedem  frei,  das  ihm  neu  und  fremd- 
artig Scheinende  gegen  das  Klassische,  wenn  es  vorhanden  ist,  um- 
zutauschen. Nächst  diesen  beiden  sind  Celsus  '9,  Columelia,  Tacitus 
und  Suetoji  beachtungswerth.  Von  weit  geringerer  Auctorität  für 
Sprache  und  Rede  sind  Fellejus  Paterculus  20^  die  beide?i  Seneca  und 
Frontinus ;  am  wenigsten  Vitrnvius,  Hyginus,  Ruiät'us  Lupus,  Pale- 
rius  Mashnus,  Q.  Asco7iius  (der  von  einem  falschen  miterschieden 
werden  niuss),  der  ältere  Plinius,  Julius  Obsequens,  Pomponizis  Mela 
(an  dessen  Aechtheit  aber  sehr  gezweifelt  wird)  und  der  blumen- 
reiche Florus.  Vgl.  Dukeri  praefat.  Flori.  Unbrauchbar  aber  für  die 
Prosa  sind  fast  alle  Dichter  dieser  Zeit. 

Endlich  die  vierte  Periode  ist  die  verdorbene,  fast  halbbarbarische '• 
(von  Andern  die  eherjie  und  eiserne  genannt)  derjenigen  spätem  Latei- 
ner, welche  vom  J.  120  nach  Christo  bis  zum  Untergange  der  leben- 
den Sprache,  etwa  bis  zum  J.  GOO,  geschrieben  haben.  Dadurch,  dass 
die  griechische  Sprache  nicht  nur  schon  von  Iladrian,  sondern  noch 
mehr  von  den  Antoninen  als  Hofsprache  der  römischen  vorgezogen 
Avurde,  dass  griechische  Gelehrte  fast  in  höherm  Ansehen  als  römi- 
sche standen,  und  dass  aus  den  Provinzen  unzählige  Menschen  ein- 
wanderten, die  lateinische  Sprache  sich  zwar  in  alle  Provinzen  ver- 
breitete, sich  aber  auch  mit  den  Sprachen  der  Provinzen  vermengte, 
verlor  sie  immer  mehr  an  Reinheit,  Aechtheit  und  Schönheit,  und  die 
Rede  verbildete  sich  in  eine  verschrobene,  afFectirte,  gekünstelte 
und  poetische.  Dazu  kam  später  seit  dem  dritten  Jahrhunderte,  wo 


19.  Dieser  und  der  folgende  sind  jeder  in  seinem  Fache,  der  eine  in  der 
Medicin,  der  andere  in  der  Landivirtliscliaft,  klassische  Schriftsteller. 

20.  Von  ihm  sagt  Rulinken,  die  Art  seines  Ausdrucks  sei  zwar  anzieliend 
und  gewählt,  aber  zu  häutig  sei  das  Haschen  nach  witzigen  und  scharfsinnigen 
Gedanken.  —  Da  nun  aber  auch  sein  Buch  nur  aus  einer  ziemlich  fehlerhaft 
geschriebenen  Handschr.  genommen  ist,  so  können  wir  an  vielen  Stellen  kaum 
mehr  wissen  und  errathen,  was  Yellejus  geschrieben  habe,  und  so  ist  jede  Be- 
rufung auf  seine  Auctorität  unsicher  und  zweifelhaft.  —  Wie  viele  unnatürliche 
und  fast  unsinnige  Phrasen  Florus  gebraucht  habe,  hat  Graevius  in  der  Vorrede 
zu  seiner  Ausgabe  gezeigt. 


10 

die  zweite  Abtheiliin^  dieser  Periode,  die  eiserne  anfän^,  die  ehrist- 
liclie  Kirchensprache,  wodurch  eine  Menge  neuer,  bis  dahin  uner- 
Iiörter,  meist  ganz  willkührlich  und  aufs  Gerathewohl  gebildeter 
Wörter  eingeführt  wurde  und  um  ihrer  Ileih'gkeit  willen  fortan  blieb. 
Daher  tragen  die  Schriften  der  Männer  jener  Zeit,  mehr  oder  we- 
niger, je  nachdem  sie  früher,  in  der  ersten  Hälfte  der  Periode,  oder 
später,  in  der  zweiten  Hälfte  lebten,  das  Gepräge  der  durch  veral- 
tete oder  neugebildete  oder  aus  den  Provinzen  aufgenommene  Wörter 
oder  durch  verkehrte,  oft  sinnlose  Tropen  und  poetische  Redens- 
arten ganz  verbildeten  Sprache.  Wie  verdorben  der  damalige  Ge- 
schmack war,  zeigt  der  Lobredner  Eumenius,  der  den  Fronto  Roma- 
nae  eloquentiae  nonsecundnm,  sed  alterum  decus  (den  andern  Cicero) 
nennt.  In  diese  Periode  gehören  ausser  den  Juristen  21,  welche  in 
den  Pandekten  und  im  Justinianeischen  und  Theodosischen  Codex 
vorkommen,  und  unter  denen  einige,  wie  Sext.  Pomponiiis,  Gajus 
(Cajus),  Ulpiomis,  den  alten  Reclitslehrern  auch  im  Ausdruck  oder 
in  der  Sprache  folgten,  zunächst  Fronto,  Gellius  und  Appulejns, 
drei  recht  geflissentliche  Nachahmer  und  Freunde  des  voiklassi- 
scheii  Lateins,  welche,  wie  in  einzelnen  Wörtern,  so  in  der  ganzen  Dar- 
stellung ohne  alle  nachahmenswerthe  Auctorität  sind ;  ferner  die 
Geschichtschreiber  Justinus  und  die  ihm  später  folgenden  sechs  Ver- 
fasser der  Kaisergeschichte  (Historia  Augusta)  um  290,  Eutropius 
(um  3(50),  Sextiis  R?/fus,  Aurelius  Victor,  Ammianus  Marcellinus  (um 
370),  Severus  Sulpicius  (um  400)  und  Paul.  Orosius  aus  derselben 
Zeit.  Nicht  besser  sind  die  Panegyriker  Eumenius.,  Nazarius,  Dre- 
pafiius,  Mamertus  und  Corippus  (um  560),  welclie  verkehrte  Muster 
für  unsre  Lobredner  geworden  sind;  die  Grammatiker  Nonitis  Mar- 
cellns,  Donatus.  Servius.,  Philargyrius.,  Charisius,  Diomedes.,  Priscian 
(um  510)  und  die  übrigen;  ebenso  die  spätem  Rhetoren  und  man- 
cherlei Andere,  wie  Solinus,  Apicius,  Censorinus,  Julius  Firmicus, 
Feget  ins,  Syimnochus,  Palladius,  Macrohius  (um  410),  Salviamis,  Cael, 
Aiirelianus,  Sidonius  (um  450),  Martianns  Capella  (um  460),  Boethius 
und  Cassiodorus  (um  510),  Jorna?ides  (um  550)  und  endlich  Isidorus 
Hispalejisis  (um  600),  welcher  die  Reihe  schliesst.  Dazu  treten  end- 
lich noch  diechristlichenKirchenschriftstellerTe/•;^/Z//(7/^^^s22  (um 200), 
der  in  der  Sprache  abscheulich  ist;  Mimicius  Felix,  Cyprianus  (um  260), 
Arnobius  (um  290) ., Lactantius^^  (um 300),  S.  Hier o?iytnus  (um 360), 


21.  Ueber  ihre  Latinität,  die  noch  meist  Gold  ist  gegen  die  der  Juristen  des 
Mittelalters,  sind  lesenswerth:  C.  Andr.  Dvkeri  opuscula  varia  de  latinitate 
Jctorum  veterum.  Lugd.  B.  1711.  8.  Ed.  2.  auct.  Traj.  Rh.  1761.  8.  Ed.  nova 
cura  J.  Petr.  Schmidii.  Lips.  1773.  8.  und  Ge.  Casp.  Kirchinaieri  opuscula  sex 
de  latinitate  Digestorum  et  Institutionum  Justiniani.  Colleg.  et  praefatus  est 
Ge.  Sam.  Madihn.  Halae  1772.  8.  —  wo  man  Vieles  aufgeführt  findet,  was  vom 
Gebrauche  der  bessern  Schriftsteller  abweicht  und  aus  der  verdorbenen  Yolks- 
spraclie  genommen  scheint,  dergleichen  aber  nachzubrauchen  lächerlicli  ist. 

22.  Dieser,  der  erste  lateinisclie  Kirchenschriftsteller,  ein  geborner  Afrikaner, 
schuf  sich  nach  verkehrter  Ansicht  selbst  seine  Sprache  und  erfand  sich  dafür, 
um  sicli  kurz  auszudrücken  und,  wie  er  meinte,  verständlich  zu  machen,  viele 
neue  Wörter,  wie  hart  und  rauh  und  dem  feinen  römischen  Ohre  barbaris(;h 
sie  auch  waren,  welche  sich  zwar  zunächst  wenig  im  Gebrauche  erhielten,  aber 
im  Mittelalter  wieder  hervorgesucht  wurden, 

23.  Mit  Recht  von  Vielen  der  christliche  Cicero  genannt.   Er  macht  unter  den 


11 

S.  Ambrosius  (um 370),  S.  At/g7/sfin?/s^*  (um  380),  S.  H/far?iis  (um 
430),  S.  Leo  Magyms  u.  a.  m.  Aus  allen  Schriftstellern  dieser  Zeit  kann 
nur  selten  ein  Wort  gewählt  werden,  wenn  es  nicht  durchaus  nothwen- 
dig  ist,  das  heisst,  w  enn  kein  Wort  der  frühern  Zeit  dasselbe  ersetzt. 
Eine  treffliche  Schilderung  der  Verschiedenheit  dieser  vier  Perioden 
findet  sich  in  G.  Bernhardy's  Grundriss  der  Römischen  Litteratur. 

Seitdem  aber  das  Mutterland  der  römischen  Sprache,  Italien,  von  8. 
fremden,  meist  ungebildeten  Völkern  in  Besitz  genommen  war,  und 
ihre  Sprachen  darin  nur  gesprochen  wurden,  starb  zwar  die  römische 
Sprache  als  die  eines  Volkes  aus,  vermischte  sich  mit  andern  und 
legte  so  den  Grund  zur  italienischen,  französischen  und  spanischen, 
erhielt  sich  aber  gleichwohl  noch  bei  den  Gelehrten  als  ein  Mittel, 
sich  durch  sia  Jlle?i  verständlich  zu  machen,  und  hat  sich  als  solches 
bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten.  Es  wurde  aber  in  den  nächst- 
folgenden Jahrhunderten  nicht  das  klassische  Latein  Muster  der  ei- 
genen Nachahmung,  weil  die  Wenigsten  weder  die  Klassiker,  noch  die 
Nachklassiker  kannten  und  lasen,  sondern  ihr  Latein  beruhte  meistens 
auf  dem  Latein  der  römischen  Rechtsbiicher  und  der  heiligen  Kir- 
chenväter, und  vor  Allem  auf  der  der  Kirche  vorgeschriebenen  Vulgata 
oder  der  Bibelübersetzung  des  Afrikaners  Hieronymus,  und  ihr  Studium 
war  Gesetz  und  Vorschrift  ihres  Lateins.  Selten  waren  in  ihren  Klö- 
stern und  Häusern  Schriften  der  altern  blinden  Heiden,  oder  hlieben 
wenigstens  inigelesen.  Wer  Etwas  schrieb, — und  meistens  waren  es 
Mönche  —  schrieb  das  Latein,  wie  er  es  vorfand,  und  wie  er  es  von 
seinen  unlateinischen  Lehrern  gelernt  hatte.  Im  rohen  Mittelalter  nahm 
aber  die  Sprache  an  Barbarei  immer  mehr  zu,  denn  Jeder  behan- 
delte sie  nach  seiner  Einsicht  und  Willkühr,  behandelte  sie  wie  seine 
Muttersprache  und  ermangelte  nicht,  wo  er  es  nöthig  fand,  sie  mit 
neuen  Wörtern  zu  bereichern.  Wie  viele  neue  Wörter  so  der  Sprache 
aufgedrungen  worden  sind,  zeigt  vor  Allem  das  grosse  Glossarium 
mediae  et  infimae  latinitatis,  von  Carl  du  Fresne.  Nur  sehr  Wenige 
aus  dieser  Zeit  haben  eine  ehrenvolle  Ausnahme  von  den  Uebrigen 
gemacht. 

Jedoch  endlich  ging  mit  der  neuen  Bekanntwerdung  der  alten  9. 
Griechen  und  Römer  und  namentlich  ihrer  Klassiker,  befördert  be- 
sonders durch  die  göttliche  Wohlthat  der  Buchdruckerei  im  fünfzehn- 
ten Jahrhunderte,  auch  für  das  Studium  der  lateinischen  Sprache  und 
für  ihre  Anwendung  zum  Schreiben  ein  Glücksstern  auf.  Die  feinern 
Sprachkenner  fanden  das  bisherige  Latein  der  nächst  vorhergehen- 
den Jahrhunderte,  mit  dem  klassischen  verglichen,  ungeniessbar,  und 
bemühten  sich,  durch  eigene  Versuche  das  klassische  nachzuahmen. 


hier  Genannten  eine  ehrenvolle  Ausnahme ;  denn  mit  Cicero's  Schriften  sehr  be- 
kannt, suchte  er  auch  dessen  Sprache  und  Darstellung-,  soviel  er  nur  nacli  sei- 
ner sehr  verdorbenen  Zeit  konnte,  treu  und  sorg^sam  nachzuahmen.  Worin  er 
felilt,  was  selten  g-eschieht,  das  sind  Flecken  seiner  Zeit,  von  denen  er  nicht 
ganz  frei  bleiben  konnte. 

24.  Unter  allen  Kirchenvätern  bei  weitem  der  gelehrteste  und  wohl  bekannt 
mit  den  Schriften  der  gelehrten  Heiden.  —  Wenn  aber  Nolten  zu  den  latein. 
Kirchenvätern  auch  den  Eusehhis  und  den  Socrates,  welche  doch  Griechen  sind, 
recluiet,  so  ist  das  fürwahr  seltsam  und  läclierlich,  da  die  aus  ihnen  angeführ- 
ten Wörter  aus  der  alten  lateinischen  üebersetzung  derselben  sind. 


12 

Aber  viele  von  ihnen  g^ingen  zn  einseitig  zn  Werke,  indem  sie  nur 
den  Cicero  für  das  einzige  Vorbild  erltanaten  und  Alles  verdammten, 
was  niclit  ans  ihm  erwiesen  werden  konnte.  Sie  waren  nnr  sklavische 
Naehalimer  desselben,  indem  sie  aus  seinen  Worten  und  Redens- 
arten zusammensetzten,  was  sie  schrieben,  üalier  wurden  sie  von  de- 
nen, welche  etwas  freiere  Ansichten  hatten,  ohne  der  Barbarei  und 
der  wilikiihrlichen  Mengerei  ans  allen  Jahrhunderten  zu  huldi;^en, 
spöttisch  Ciceronianer^'^  genannt.  Diese  freiem  Ansichten  und  diese 
Spöttereien  verdarben  aber  mehr,  als  sie  nützten,  indem  sie  die  Arbeit, 
Mühe  und  Fleiss  Scheuenden  unbekümmert  und  sorglos  um  Rein- 
heit de?-  Sprache  und  mit  ihr  auch  um  alle  schöne  Darstellung  mach- 
ten. Daher  hat  diese  Sorglosigkeit  lateinische  Schriften  hervorge- 
bracht und  bringt,  setze  ich  hinzu,  leider  noch  hervor,  welche  entweder 
ganz  unlateinisch  sind,  indem  Alles  nur  in  der  Muttersprache  gedacht, 
mit  den  schlechtesten  Wörtern  angefüllt  und  wohl  gar  noch  mit 
Fehlern  aller  Art  gegen  den  lateinischen  Sprachgebrauch  übersäet 
ist  26;  oder  die  zwar  ziemlich  lateinisch  gedacht,  aber  durch  iWw 
Gebrauch  von  Wörtern  aller  Jahrhunderte  entstellt  sind.  Was  ein- 
zelne Wörter  betrifft,  wird  das  im  zweiten  Theil  folgende  Verzeichniss 
lehren,  dass  man  einige  Hundert  7ieue  Wörter,  welche  sich  auf  keine 
Auctorität  stützen  und  doch  dnrch  gute  alte  ersetzbar  sind,  im  neuen 
Latein  findet,  wobei  die  Kunstwörter  nicht  g^erechnet  werden,  da  sie 
oft  nicht  zu  ersetzen  sind. 


25.  Sie  lebten  und  webten  nur  in  Cicero's  Worten  und  Gedanken,  und  legten 
dadurch  dem  freien  Gedankengange  die  lästigsten  Fesseln  an.  Zu  ihnen  geiiör- 
ten  aus  dem  Anfange  des  seehszehnten  Jahrliunderts  die  sonst  sehr  verdienst- 
vollen Männer  Bemhns,  Longol'ms,  Bvnellus,  Laz.  Bonamicus  u.  a.,  denen  nur 
der  frische  lebendige  Geist  fehlte,  ihre  Kenntniss  der  Ciceronisclien  Sprache 
freier  zu  handliaben:  dahingegen  geistvolle  und  freier  denkende  Gelehrte,  wie 
Sadoletus,  Erasmus,  Osorius ,  Manuthis,  Sigonius,  Perpiniamis,  Muretus,  Lam- 
hinus  u.  a. ,  welche  nicht  weniger  klassische  Lateiner  sein  wollten,  und  dem 
Cicero  und  Caesar  auch  die  ersten  Plätze  einräumten,  erlaubten  sich  aus  der 
nachklassischen  Zeit,  ja  bisweilen  aus  der  spätem  Zeit  Wörter  aufzunehmen, 
welche  ihnen  zum  Ausdruck  ihrer  Gedanken  gut  und  passend  zu  sein  schienen. 
Vgl.  darüber  Mureti  Var.  Lect.  XVI,  1  und  Epist  II  (I),  36,  wo  er  indess 
zu  seiner  Vertheidigung  zu  partlieiisch  spricht  und  dem  Gebrauche  späterer 
Wörter  zu  viel  einräumt.  S.  ausserdem  Desid.  Erasmi  Ciceronianus  und  Jul. 
Caes.  Scaligcri  adversus  Erasmum  orationes  duae  eloquentiae  Rom.  vindiccs. 
Tolosae  1621.  4.  und  Walchii  histor.  crit.  ling.  lat.  p.  718  sqq. 

26.  Abgesehen  von  den  EpistoUs  ohscuror.  viror.,  die  zur  Verspottung  des 
Mönchlateius  im  sechszcimten  Jahrh.  absichtlich  unlatcinisch,  wahrscheinlich  von 
Meinem,  verfasst  worden  sind,  abgesehen  auch  von  allen  andern  ähnlichen  Ver- 
suchen, wie  des  altern  BnrmaniL  Umim  episto/ium  epistoUorum  dulcissimor,  dul- 
ctssirmim  unius  ßdelissimi  discipuli  et  ol'nn  scholaris  ad  suum  magistrvm.  Cop- 
penhag.  1706.  4*.,  C.  Ad.  Klotzens  Briefe  in:  Mores  eruditoritm  (S.  1.  1760)  und 
in  dessen  Genius  saecvli  (Altenb.  s.  a.)  und  andern,  welche  absichtlich  ver- 
dorbenes Latein  enthalten,  wimmeln  unabsichtlich  viele  neue  latein.  Bücher  von 
Soloecismen  und  Barbarismen  und  den  Idiomen  der  Muttersprache  der  Ver- 
fasser derselben,  nicht  etwa  blos  in  theologischen,  juristischen,  medicinischen, 
philosophischen,  geschiclitiichen  und  andern  Schriften,  sondern  auch  sogar  selbst 
in  philologischen,  in  Briefen  und  in  Reden,  wo  gutes  Latein  von  Allen  erwar- 
tet wird.  Am  meisten  ging  den  Philologen  der  gelehrte  Jvsf.  Lipsius  mit  einem 
sehr  verderblichen  Beispiele  voran.  Ihn  bekümmerten  nur  die  Sachen,  nicht  die 
Worte;  in  der  Sprache  unterschied  er  kein  Jahrhundert,  und  brauchte,  was  ihm 


13 

Da  nun  aber  die  lateinische  Sprache  bis  in  unsre  Zeiten  in  allen  10. 
Ländern,  wo  Künste  und  Wissenschaften  blühen,  das  Vorrecht  erhal- 
ten hat,  das  Organ  allgemeiner  Mittlieilung  der  Gedanken  und  der 
wissenschaftlichen  Untersuchungen  zu  sein,  und  bis  in  den  Anfang 
des  vorigen  Jahrhunderts  sogar  die  Sprache  der  Unterhandelnden 
bei  Friedensschlüssen  war,  bis  sie  ihrer  Stieftochter,  der  französischen, 
weichen  musste,  und  da  man  sich  auch  jetzt  noch  derselben  zu  all- 
gemeiner Mittheilung  bedient,  so  ist  die  Forderung  gewiss  bilhg  und 
zur  Ehre  der  Sprache  gerecht  und  nothwendig,  dass  dieses  auch  im 
bestell  Latein  geschehe.  Denn  sehr  wahr  sagt  Hand  in  seinem  Lehr- 
buche S.  9:  „Ein  verunstaltetes  Deutschlatein  kann  weder  Lesern 
anderer  Nationen  verständlich,  noch  überhaupt  bei  verfehltem  Zwecke 
kunstreicher  Darstellung  von  einigem  JVerthe  sein.  Daher  bleibt,  setzt 
er  hinzu,  ivenn  die  latein.  Sprache  einmal  zur  Anwendung  kommen  soll, 
unerlässliche  Bedingung,  dass  man  sie  in  ihrer  Reiriheit  und  Rich- 
tigkeit, also  stylistisch  handhabe.'''' — Damit  aber  diese  beiden  Tugen- 
den der  Rede,  wozu  nur  allein  das  vorliegende  Buch  Anleitung, Nach- 
weisungen und  Warnungen  geben  soll,  erreicht  werden,  müssen  die 
gewälilteu  Wörter,  so  weit  es  möglich  und  thunlich  ist,  nur  aus  den 
besten  Schriftstellern  der  ziveiten  und  dritten  Periode  genommen 
sein,  so  dass  die  Rede  frei  ist  von  Soloecismen  und  BarbarismeUy 
wiewohl  Jeder,  welcher  Reinheit  der  Rede  und  grammatische  Rich- 
tigkeit vor  Allem  verlangt,  doch  gern  zugestehen  wird,  dass  ein  und 
das  andere,  aus  Spätlateinern  genommene  Wort  und  ein  und  der 
andere,  nicht  grobe  Soloecismus  eine  sonst  gut  gearbeitete  Rede  noch 
nicht  zu  einer  unlateinischen  mache,  und  dass  am  wenigsten,  wie 
Hand  im  Lehrb.  S.  8  sagt,  durch  ein  neugebildetes  W^ort  der  tech- 
nischen Sprache  schlechtes  Latein  entstehe. 

Aber  mag  nun  freilich  zur  vollkommenen  lateinischen  Rede  nach  11. 
ihrer  Form  mehr  gehören,  wie  in  den  neuern  Zeiten  ausser  Meh- 
rern Matthiae  2^,  Grysar,  Hand  und  ganz  vor  Kurzem  Heinichen  gezeigt 


bei  seiner  grossen  Belesenhcit  aus  irgend  einem  Schriftsteller,  altem  oder  neuem, 
jpitem  oder  sclilechtem ,  gerade  einfiel.  Ebenso  schrieb  Jos.  Scaliger,  Isaac 
Casaul}onus  und  Cland.  Salmasius,  drei  an  vielseitiger  Gelehrsamkeit  unüber- 
trotlene  Männer.  Nicht  besser  auch  noch  andere  unter  den  Frühern.  Dieser  be- 
quemen Art,  lateinisch  zu  schreiben,  folgten  und  folgen  noch  viele  der  Neuern 
aus  allen  Nationen,  und  nur  Wenige  verwenden  Mühe  und  Fleiss  auf  den  Styl, 
wäre  es  auch  nur  auf  Reinheit  der  Rede  und  ani  grammatische  Richtigkeit.  Man 
lese  darüber  des  Direct.  Ellcndt  Klage  bei  Beurtheilung  einer  neuern  philolog. 
Schrift  in  den  Leipz.  Jahrb.  1837.  XIX.  p.  200.  —  dergleichen  auch  anderwärts 
früher  und  später  angestimmt  worden  sind.  Wie  vielfältig  von  neuern  Lateinern 
hierin  gefehlt  worden  sei,  habe  ich  in  diesem  Buche  durch  Beispiele  auch  ach- 
lungswerther  Gelehrten,  welche  aber,  wenn  sie  noch  leben,  nicht  genannt  worden 
sind,  zu  zeigen  gesucht. 

27.  Ich  habe  hier  nur  die  vier  Neuesten  genannt,  da  die  Aeltern  kaum  mehr 
benutzt  werden.  Die  Titel  ihrer  Bücher  sind : 

Aug.  Matthiae's  Entwurf  einer  Theorie  des  latein.  Styls.  Leipz.  1826. 

C.  J.  Grysar's  Theorie  des  latein.  Styls  nebst  einem  latein.  Antibarbarus. 
Köln  1831. 

Ferd.  Handys  Lehrbudi  des  latein.  Styls.  Jena  1833.  Ausg.  2.  verb,  Ebend.  1839. 

Fr.  Adolph  Heinichen' s  Leiirbuch  der  Theorie  des  lateinischen  Styls.  Leipz.  1842. 

Wer  mehrere  andere  Aeltcre  kennen  lernen  will,  findet  sie  verzeichnet  unter 
andern  in  meinem  Handbuche  der  philologisclien  Bdcherkunde  Th.  II.  S.  56  —  61. 


14 

haben,  so  wird  doch  die  llehiheä  der  Rede  nebst  der  gra?nmatischen 
Richtigkeit'^^  ihr  wohibegrüiuletes  Recht  und  den  ihr  gebührenden 
Theil  unangetastet  ferner  behaupten,  und  Soloecismen  und  Barba- 
risme?i  werden  immer  Fehler  und  Gebrechen  einer  Rede  sein.  Damit 
dieses  desto  leichter  durch  Warnung  und  Belehrung  erreicht  werde, 
ist  man  sclion  seit  dem  sechszelinten  Jahrhunderte  vielfach  bemüht 
gewesen,  dem  heillosen  unnützen  Einmischen  wenigstens  spätlateini- 
scher und  barbarischer  Wörter  und  allem  aus  andern  alten  und  neuen 
Sprachen  eingemischten  Fremdartigen  durch  Sammlung  und  Auf- 
zeichnung von  dergleichen  mit  Beifügung  des  Bessern  Einhalt  zu 
thun.  Ich  übergehe  die  frühern  Versuchers  und  erwähne  nur  die 
letzten  von  Janus,  Nolten  und  Grysar  und  meinen  eigenen  kleinen, 
nachher  aber  im  J.  1837  sehr  vermehrten  Antibarbarus,  welclier  in 
dieser  neuen  Ausgabe  wieder  um  Vieles  erweitert  worden  ist. 
12.  Der  Gegenstand  des  neuen  ist  daher  nur  eine  weitere  warnende 
und  belehrende  Ausführung  eines  kleinen  Theiles  der  latein.  Stylistik 
von  der  Reinheit  der  Sprache,  welche  Hand  in  seinem  Lehrbuche 
in  zwei  Abtheilungen  zerfallen  lässt,  deren  erste  von  der  Wahl  achter. 


28.  Unbegreiflich  ist  es ,  wie  Einige,  die  vielleicht  nur  wenig  die  fortschrei- 
tende Ausbildung  und  Vervollkommnung,  sowie  nachher  die  rückgängige  Ycrbil- 
dung  der  lat.  Sprache  beobachtet  haben  und  kennen,  die  Nützlichkeit  solcher 
antibarbarischen  Sammlungen  abläugnen  und  doch  selbst  viele  barbarische  Un- 
richtigkeiten angeben  und  rügen,  so  dass  sie  wohl  nur  die  im  Auge  zu  haben 
scheinen,  welche  zu  einseitig  nur  das  für  lateinisch  erkennen,  was  aus  Klas- 
sikern der  zweiten  Periode  erwiesen  werden  kann,  und  das  verwerfen,  was  nur 
bei  einem  Schriftsteller  der  übrigen  Perioden,  sogar  bei  Livius,  Quintilian  und 
dem  Jüngern  Plinius  vorkommt.  Golden  bleibt  auch  hier  die  Regel :  Media  via 
tenenda  est!  man  schreibe  vorsichtig  und  mit  Auswahl,  indem  man  auch  das 
Gute  nicht  verkennt,  was  Einzelne  der  dritten  Periode  gleichsam  als  Eigenthum 
haben.  So  schrieb  Dav.  Ruhnken,  der  bei  Allem,  was  er  schrieb,  Gesner's  The- 
saurus zur  Hand  hatte,  damit  nicht  unnöthig  ein  zu  spätes  Wort  (er  dehnte 
aber,  wie  oben  bemerkt  ist,  das  gute  Latein  bis  wenigstens  zu  den  Antoninen 
aus)  seine  nach  den  Regeln  des  Styls  wohl  gebaute  Rede  verunstalten  möchte. 

29.  Man  findet  sie  den  Titeln  nach  aufgezeichnet  in  meinem  Handbuche  der 
philolog.  Bücherkunde  Th.  II.  S.  61  —  81,  zu  denen  künftig  noch  viele  andere, 
von  mir  vergessene  werden  hinzugesetzt  werden.  Die  Titel  der  oben  im  Texte 
genannten  Bücher  sind: 

Da7i.  Fr.  Janus  philologisches  Lexicon  der  reinen  und  zierlichen  Latinität 
11.  s.  w.  Leipz.  1730.  In  der  zweiten,  stark  verra.  u.  verbes»  Ausg.  unter  dem 
Titel :  Janus  philologisch-critisches  Schullexicon  der  reinen  u.  s.  w.  Halle  1753.  8. 

*  Es  ist  ein  sehr  empfehleuswerthes  Buch,  wenn  gleich  viel  Unnöthiges  und  Falsches  aus 
den  römischen  nnd  deutschen  Alterthümern  bei  Kunstwörtern  eingemischt  ist. 

J.  Fr.  Noltenii  lexicon  latinae  linguae  antibarbarum ;  accedit  recensio  scri- 
ptorum  latinor.  critica.  Lips.  et  Heimst.  1729.  8.  Ib.  1730.  Venet.  1743.  Edit. 
nova  recogn.  emend.  ac  locupletata.  Acc.  supplementa  et  bibliotheca  latinitatis 
rcstitutae.  Edid.  et  praef.  est  J.  Andr.  Noltenius.  Lips.  et  Heimst.  1744  et  1768. 
2  Tom.  8.  Edit.  III.  recogn.  multum  locupletata  cura  et  studio  Gf.  Joach. 
Wichmanni.  Berol.  et  Stralsund.  1780.  2  Tom.  8. 

*  Hier  sind  die  frühern  Bücher  fleissig  benutzt,  aber  fast  die  Hälfte  der  Nebenbemer- 
kungen sind  für  den  Gegenstand  selbst  ganz  unnütz,  und  der  ganze  letzte  Theil  ist  für  die 
Sache  eine  überflüssige  litterarische  Zugabe.  Möge  es  Keinem  einfallen,  das  Buch  in  dieser 
Ausdehnung  auch  selbst  verbessert  wieder  herauszugeben ! 

C.  J.  Grysar's  oben  (Anm.  27)  erwähnte  Tlieorie  u.  s.  w. 

Mein  eigener  kleiner  Antibarbarus ,  der  zuerst  Anhang  der  dritten  Ausgabe 
meiner  Anleitung  zum  Lateinischschreiben  vom  J.  1822  war.  Er  wurde  nachher 
bei  jeder  neuen  Ausg.  des  Buches  verbessert  und  vermehrt,  bis  er  auch  einzeln 
wörtlich  aus  der  siebenten  Ausg.  abgedruckt  erschien.  Frankf.  1834. 


15 

richtiger  Wörter,  die  zweite  von  der  grammatischen  Richtigkeit  han- 
delt. Auch  mein  Buch  hat  ztvei  Theile,  einen  allgemeinen  und  einen 
besonder?!.  Im  erstem  wird  vor  oft  vorkommenden  Soloecisme?/,  wo- 
durch die  grammatische  Richtigkeit  \er letzt  wird,  gewarnt;  im  zweiten 
werden  zuerst  einige  allgemeine  Regeln  über  die  vorsichtige  Wahl 
lateinischer  und  fremder  Wörter  gegeben,  und  dann  folgt  in  lexi- 
kalischer Form  der  eigentliche  j4fitil)arbarus^^,  der  vor  einzelnen 
}f  örtern,  Constructioneti  und  Redensarien  warnt  und  eines  Bessern 
belehrt. 


30.  Der  Gebrauch  dieses  Wortes  bedarf  gewiss  einer  Rerhtferligung,  weil  es 
selbst  ein  neulateinisches  ist.  Rechtfertigen  können  es  zuerst  die  bei  den  Alten 
vorkommenden  analogen  Wörter  Anticato  (welches  Zwitterwort  sogar  Caesar 
erfand),  antidotum,  antinomia,  antipathia,  antisopldsta,  antithelon  u.  a.,  noch  mehr 
aber  gilt  zweitens  der  auch  in  grammatischen  Dingen  geltende  Gebrauch,  Kunst- 
wörter beizubehalten,  wenn  aus  einem  Alten  kein  Ersatzwort  gewählt  werden 
kann.  Der  gelehrte  Erasmus  war  vielleicht  der  Erste,  welcher  es  bildete  und  in 
seinem  Buche — Antibarharorum  liber  —  brauchte;  ihm  folgte  unbedenklich  Franc. 
Vavassor  und  Chr.  Ceäarius,  und  mit  ihm  nahmen  Alle,  die  diesen  Gegenstand 
behandelten,  das  Wort  als  das  kürzeste  und  bezeichnendste  auf,  um  anzudeu- 
ten, dass  es  der  Barbarei  der  Sprache  ente/effcnarbeüen  solle. 


Grammatische  Bemerkungen. 


13.  fjrrammatische  Richtigkeit  ist  vor  Allem  die  erste  Tugend  lateini- 
scher Rede,  wie  in  jeder  Spraclie.  Feliler  dagegen  heissen  mit  viele» 
Grammatikern^^  Soloecismen,  welche  Andere  Barbarismen  nennen. 
Aus  der  Menge  des  Vielen  aber,  was  hier  zu  beachten  ist,  hebe 
ich  nur  Einiges  aus  in  Bezug  auf  Formenlehre  und  Syntax,  indem 
der  Zweck  des  Buches  keine  vollständige  Grammatik  fordert,  diese 
vielmehr  durchaus  voraussetzt.  Auch  hier  hat  die  Sprache  nach 
den  verschiedenen  Perioden  Veränderungen  erlitten,  wesshalb  bei  un- 
serm  Lateinischschreiben  der  bessere  Gebrauch  aller  in  Sprache  vor- 
züglichen Schriftsteller,  die  wir  im  Allgemeinen  klassische  nennen, 
immer  zur  Regel,  auch  in  kleinlich  scheinenden  Dingen,  dienen  muss. 
Die  Nichtachtung  desselben  bringt  Sohecismem  hervor,  welche  jede, 
auch  im  Inhalt  und  der  Form  sehr  werthvolle  Schrift  um  desto  liäss- 
licher  entstellen. 

A.  Formenlehre. 

14.  Man  hüte  sich  vor  Allem  im  Allgemeinen  vor  Formen,  welche 
entweder  aus  keinem  Alten,  oder  wenigstens  aus  keinem  der  Bessern 
erweislich  sind ;  denn  viele  declinirbare  Wörter  kamen  theils  nur  in 
gewissen  Formen,  theils  nur  in  einzelnen  Casibus  oder  nur  in  einem 
Numerus  vor,  und  ebenso  ist  bei  den  conjugirbaren  manche  Form 
ganz  unerweislich,  oder  nur  alt  und  dichterisch,  oder  spätlateinisch, 
oder  gehörte  zur  gemeinen  Volkssprache ^2  oder  zu  den  Provinzia- 
lismen. Hierüber  handeln  am  vollständigsten  Conr.  Leop.  Schneider  ^^, 
K.  L.  Struve^*  und  J^.  Reisig^^,  Wiewohl  aber  hier  viel  geleistet  wor- 
den ist,  so  bleibt  dennoch  Vieles  zweifelhaft  wegen  der  Verschie- 
denheit der  Handschriften  bei  vorkommenden  Fällen,  und  bei  den 
mancherlei  Schriftstellern  selbst.  Hiezu  kommt,  dass  auch  die  Schrift- 


31.  So  sagt  Donat.  Gramm,  p.  1768  ed.  Putsch.  Soloecismus  est  vitium  in 
contextu  partium  orationis  contra  regulam  artis  grammaticae  factum. 

32.  Dazu  geliört  ausser  mchrcrn:  creduas  für  credas,  cordoHum  das  Herzleid, 
die  Superlativformeu  ignarissimus,  verbcrabilissimus,  ipsissimits  von  ipse  u.  a.  m. 
bei  Plautus. 

33.  Formenlehre  der  tat.  Spr.  B.  I.  Berl.  1819,  wo  aber  nur  die  Formen 
der  Substantiven  und  Adjectiven  behandelt  sind. 

.34.  Grammatische  Unterstichung  über  die  latein,  Declination  und  Conjuyation. 
Königsb.  1823. 

35.  Vorlesungen  über  die  latein.  Sprachwissenschaft.  Leipz.  1839,  ein  Buch, 
welches  erst  in  dieser  ziveiten  (dritten)  neuen  Ausgabe  benutzt  werden  konnte. 


17 

spräche  meistens  diejenig^en  Formen  beibehielt,  welche  in  der  Sprache 
der  Priester,  der  llechtsgelelirten,  der  Kaufleute,  der  Oekonomen  u. 
d^l.  von  Alters  her  üblich  und  herkömmlich  waren,  weswegen  anch 
die  bessern  Schriftsteller  sie  in  solchen  Fällen  beizubehalten  plleg- 
ten.  So  fast  nur  z.  B.  exta  porricere,  nicht  projicere;  di  didnt,  nicht 
dent;  in  Decreten  g-ewöhnlich  uti,  nicht  ut;  in  Gesetzen  danmas  mit 
esto  oder  sunto,  nicht  damnatus  oder  damnati;  im  Mandel  und  Wan- 
del emundus,  vendinidus,  nicht  e7ne?idus,  veiidendus;  in  Rechnungen 
meistens  abs,  nicht  a  oder  ab,  und  so  dergleichen  mehrte.  Es  ist 
aber  anch  sehr  wahrscheinlich,  dass  selbst  die  bessern  Schriftsteller 
nach  verschiedener  Ansicht  verschieden  sprachen  und  schrieben,  ja 
dass  sie  sich  auch  selbst  vielleicht  nicht  immer  theils  in  ihren  ver- 
schiedenen Lebensperioden,  theils  in  den  verschiedenen  Stylarten 
gleich  geblieben  sind  und  dass  sie,  je  nachdem  es  die  Form  der  Rede 
forderte,  bald  diese,  bald  jene  Form  gebraucht  haben.  Man  wird  also 
hier  nie  zu  fester  Gewissheit  in  Allem  in  Beziehung  auf  den  bes- 
sern Gebrauch  kommen.  Daher  folgt  nur  einiges  Wenige  über  diesen 
Abschnitt. 

I.  Declinirbare  Wörter. 

Erste  Declination. 

P.  L.  ist  die  Genitivendung  ai  für  ae,  z.  B.  aquai,  terrai.  Die  Form  15, 
auf  as,  welche  die  älteste,  nachher  veraltete  Form  war,  erhielt  sich 
jedoch  nachher  neben  der  neuern  auf  ae  im  Subst.  familia  verbun- 
den mit  pnter,  mater ,  filius  \im\  ß/ia.  Man  sagte  z.  B.  pater  familias, 
im  Plur,  patres  familias,  aber  auch  pater  familiae,  patres  funiüiarum 
und  sogar  patres  famiUae^  wie  Varro,  Cicero  und  Caesar.  In  andern 
W  örtern  aber  brauchte  man  die  Endung  as  für  ae  nicht. 

L.  ist  die  Genitivendung  im  Plur.  um  für  arum,  ausser  bei  Mßßss- 16. 
und  GeiLHchinamen,  wenn  ein  Zahlwort  mit  ihnen  verbunden  wurde, 
wo  die  Form  um  klassisch  war  und  selbst  ins  Zahlwort  überging, 
wenn  es  zur  ersten  Decl.  gehörte,  z.  B.  duum  millium  amphorum'^'^ 
für  duarum  amphorarum;  septenum  für  septenarum;  sexcentum  für 
sexceniarum.  Ohne  Zahlwort  sagte  man  amphoraruvi,  drachmarum 
u.  a.  Poetisch  dagegen  in  Wörtern,  wie  coelicola  —  coelicolum,  Dar- 
danidum,  Aeneadiim  u.  a. 

Einzig  lateinisch  und  unabänderlich  war  die  Dativ- und  Ablativ- 17. 
form  abus  für  is  in  den  Zahlwörtern  duae  und  ambae,  nur  dunbus, 
ambabus,  sowie  im  Masc.  u.  Neutro  nur  duobus,  ambobus.  Jedoch 
diente  diese  Form  auch  zur  Unterscheidung  bei  allen  denen  Wör- 
tern, welche  eine  männliche  Form  auf  us  nach  der  zweiten  Decl. 
neben  der  weibhchen  auf  a  hatten,  und  wurde  gewiss  durchaus  bei 
diesen  immer  angewandt,  wenn  durch  die  gleiche  Casusform  auf  is 
ein  Missverständniss  entstehen   konnte.    Sie   ist    daher  nothwendig, 


36.  Ein  klassisches  Werk  für  die  Kenntniss  der  gesammten  Kanzleisprache 
und  für  alle  Formeln  ist  Barii.  Brissonii  de  formulis  et  solemnibus  populi  Rom. 
verhis  L.  VIII,  welches  von  dem,  welcher  in  solchen  Dingen  acht  römisch  spre- 
chen will,  benutzt  werden  muss. 

37.  So  Lcntulus  Cic.  Farn.  XII,  15,  2. 

2 


18 

wenn  beide  Subst.,  das  männliche  und  weibliche,  neben  einander 
stehen,  z.  B.  i\'ns  de  ab  in^que  omiiibtis^*^;  servis  servabusque ;  libertis 
libcrtubzisque,  und  so  in  jeder  ähnlichen  Znsammenstellung,  mögen 
auch  Beispiele  dafür  fehlen.  Dagegen  unnöthig  ist  sie  und  wird  ver- 
mieden, 1)  wo  der  Zusammenhang  das  Genus  deutlich  zeigt,  wie  bei 
Yarro  (R.  R.  III,  16)  his  das  fiir  Ins  deabus  in  Bezug  auf  die  vor- 
hergenannten  Musae  und  bei  Cicero  (Farn.  VII,  23,  2)  Bacchis,  nicht 
Bacchabus,  weil  er  vorher  die  Bacchae  genannt  hat;  2)  wenn  diinbus 
oder  arnbabus  dabei  steht,  wie  bei  Cicero  (Fam.  XIV,  14)  duabus 
aiiimis  suis.  Und  so  verhält  es  sich  mit  allen  übrigen  ähnlichen  Sub- 
stantiven, und  muss,  wo  es  nöthig  ist,  beachtet  werden,  mag  es  vor- 
kommen oder  nicht,  indem  die  wenigen  Reste  aus  der  bessern  Zeit 
nicht  Alles  enthalten  können.  Man  beschränke  daher  diese  Form 
nicht  allzusehr  und  tadele  nicht  das  spätere  monachahus  von  monacha 
zum  Unterschied  \on  tno?mchis  von  monnchus,  wenn  dadurch  eiuMiss- 
verständniss  vermieden  wird.  Neu  aber  und  unnütz  sind  aus  der 
spätem  verdorbenen  Latinität  die  Formen  Nymphabus,  matro?iabus, 
aviabus  u.  a. ,  nach  welchen  Beispielen  Isaac  Casaubonus  fiiriabus  und 
Dav.  Ruhnken^a  ancUlabiis  gebildet  haben,  was  nicht  zu  billigen  ist. 

18.  Einige  Substantiva  haben  neben  der  Declination  auf  a  auch  die 
der  fünften  auf  es,  gewiss  ohne  Unterschied  der  Bedeutung,  z.  B. 
materia,materies;luj:iiria,  luxuries;  harbaria,  bar  hartes;  duritiaydu- 
rüies  u.  a.,  welche  verschiedene  Declination  auch  im  besten  Latein 
neben  einander  bestand  und  nur  nach  der  stylistischen  Form  der 
Rede  abwechselte.  Cicero  soll  von  dergleichen  Substantiven  im  Nomi- 
nativ fast  nur  die  Form  es  gebraucht  haben. 

19.  Eben  so  willkührlich  war  in  einigen  aus  dem  Griechischen  auf- 
genommenen Wörtern  im  Nom.  die  Form  e  und  a,  z.  B.  bibliotheca^ 
bibliothece ;  musica,  musice ;  rhetortca,  rhetorice ;  dialecttca,dialecttce; 
epitoma,  epitome.  Diese  hatten  aber  im  Accus,  nie  die  Endung  em, 
welche  man  heutzutage  bisweilen  findet,  sondern  en  oder  arn,  z.  B. 
epigraphe7i,  nicht  epigraphem.  —  Die  griech.  Subst.  auf  as  hatten  im 
Accus,  meistens  am,  nicht  an,  welches  mehr  poet.  Form  war,  z.  B. 
Pythagoram,  Aeneam,  nicht  Pythagoran,  Aenean,  wiewohl  einzelne 
Schriftsteller,  wie  Quuitilian,  nach  eigener  Weise  und  Ansicht  mit 
beiden  wechselten.  Die  griechischen  Wörter  auf  es  behielten  ent- 
weder diese  Endung  oder  nahmen  abwechselnd  mit  ihr  die  latein. 
auf  a  an,  z.  B.  sophista,  sophistes ;  scholiasta,  scholiastes,  hatten  aber 
im  Acc.  nach  Reisig  nur  aw  oder  en,  nicht  etn;  z.  B,  sophistam  oder 
sophistefi,  nicht  sophistem.  —  Die  Subst.  Perses  und  Scythes  haben 
aber  bei  Cicero  nie  die  Form  a,  nicht  Persa,  Scytha.  Ebenso  nur 
Philoctetes,  nicht  Philocteta,  nie  Oresta,  Thyesta,  Abderita  u.  a. ,  son- 
dern Orestes,  Thyestes,  Abderites,  aber  im  Vocativ  und  Abi.  die  Endung 
a,  und  so  im  Acc.  wohl  mehr  Phiioctetam,  als  Phi'locteten.  Vgl.  Madvig 
Cic.  Fin.  II,  29,  94,  wo  Philocteta  Vocativ,  nicht  Nominativ  ist. 


38.  Cic.  Rabir.  2. 

39.  In  einem  Briefe  an  J.  D.  Ritter  in  Opusc.  T.  I,  p.  587  und  in  Dictatis 
ad  Tcrent.  Heaut.  IV,  5,  3  servis  et  ancillabus  für  aneitlis  oder  servabus. 


19 


Zweite  DecUnation, 


Ohne  sichere  Auctorität  ist  im  Nominativ  die  Form  vesperus  für  20. 
Vesper;  denn  bei  Varro   (R.  R.  III,  5,  15)   steht  nicht  vesperus,  wie 
einige  Lexica  angeben,  sondern  griecliiscliartig  hesperus.  Auch  sagt 
Varro  (L.  L.  VI,  6,  p.  75,  ed.  M.)  id  tempus  dictum  a  Graecis  la-niga, 
latine  vesper. 

Vei'werflich  ist  auch  wohl  die  Bildung  neuer  Namen  von  gerere 
und  ferre  auf  gerus,  ferus  für  ger,fer,  z.  B.  nicht  Scaligerus,  Cru- 
ctgerus,  Rhedigerus,  sondern  Scaliger,  Crudger,  Rhediger.  Nicht  gut 
auch  die  Formen  leiiferus,  moriifertis,  morigeriis  u.  a.,  wiewohl  sie 
lieben  den  bessern  auf  er  ebenfalls  gebraucht  worden  zu  sein  scheinen. 

Die  Genitivform  der  Substantiven  auf  ius  und  iimi  war  zwar  gewiss  21, 
nur  ein  einfaches  i,  nicht  ü  in  den  beiden  ersten  Sprachperioden 
bis  Augustus  und  die  von  Cicero,  Caesar,  Varro,  Sallust,  Virgil,Horaz 
und  denUebrigen  aus  jener  Zeit  allein  gebrauchte,  z.  B.  Appi,  Claudi, 
ingeni,  consili  für  Appii,  Claudii,  ingenii,  consüii;  aber  im  heutigen 
Schreiben  möchte  es  rathsamer  und  für  den  allgemein  verständlichen 
Gebrauch  vortheilhafter  sein,  die  nachher  eingeführte  Schreibart  mit 
zwei  i  anzuwenden. 

Die  Vocativendnng  us  für  e  ist  in  allen  Appellativen  Sp.  L. ,  z.  B.  22. 
dominus  für  domine,  agfius  für  agne,  welche  falsche  Form  aus  den 
kirchlichen  Schriftstellern  gleichsam  als  heilige  Form  in  die  latein. 
Gebetbücher  neuerer  Zeit  übergegangen  ist,  wo  man  in  Anreden  oft 
liest:  domimis  Dens,  agnus  Dei.  Ausgenommen  ist  bekanntlich  J)eus, 
welches  im  Vocativ  im  bessern  Latein  unverändert  blieb,  gleichwohl 
aber  im  Sp.  L.  auch  in  Dee  umgeändert  wurde. 

Mag  auch  Kl.  neben  der  Form  do77ii  zu  Hciise  auch  noch  eine  23. 
ältere  Form  rfow?//geb raucht  worden  sein^",  so  behalte  man  dennoch 
im  Schreiben  nur  die  allgemein  üblich  gewesene  Form  domi,  welche 
Jeder  kennt. 

Das  Subst.  deus  hatte  im  Nora.  plur.  Kl.  nur  di  oder  dei,  nicht 
da,  und  im  Dativ  und  Abi.  dis  oder  deis,  vielleicht  neben  einander 
zur  Abwecliselung ;  beide  sind  durch  gute  Auctorität  gesichert.  Viel- 
leicht sclirieb  man  aber  dennoch  dii  und  diis^  sprach  aber  beide  ein- 
sylbig  aus. 

N.  L.  sind  vom  Plur.  sensa,  die  Geda?iken  die  Casusformen  senso- 
runi  und  serisis. 

Neben  der  Genitivform  im  Plur.  orum  war  auch   im  A.  L.  noch  24. 
die  Form  umimä  bei  vorstehendem  v  —  om,  z.B.  deum,  divom,eqnom, 
virum  für  deorum  u.  s.  w. ,  aber  sie  war  nachher  nur  poetisch.  Jedoch 
erhielt  sie  sich  aus  der  alten  Umgangs- und  Kanzleisprache  noch  später 

1)  in  den  Münz-und  MaassTiamen,wie  in  der  ersten Declin.,  wenn 
sie  mit  einem  Zahlworte  verbunden  waren.  Man  sage  daher  d/mm, 
irium,  senum,  sescentum,  numum,  denarium,  sestertiufji,  modiuin,  me- 
dimnum,  jugerum^^  u.  a.  Aber  ohne  ein  Zahlwort  sagte  man  numoruni, 
sestertiorum,  modiorum,  u.  s.  w.; 


40.  Wenigstens  bei  Cic.  Tusc.  1, 22,  51  haben  diese  Form  die  bessern  Handscbr. 
Vgl.  Klotzens  Anm.  und  was  später  unter  Domus  angeführt  ist. 

41.  So  Varro  R.  R.  III,  2  fundus  dncentum  (für  ducentoruni)  jugerum.  Da- 
von abweichende  Stellen  sind  nicht  nachzuahmende  Seltcnlieiten. 

2* 


20 

2)  in  den  Mngistratsnamen  (hiunwir,  triunivir,  septemvir,  decemvir 
u.dgl.,  daher  nur  duumvirnm,  triiimvinun  u.  s.  \v.,  \\\c\\t  duumviro- 
rum,  triunwirorum  u.  s.  w.  Dagegen  von  duo  viri,  welclies  von  duum- 
t)/// vei'schieden  ist,  ist  der  Gfimi\\  duonim  viroriim;  ebenso  von  i^res 
viri-trium  vironim.  Mau  verwechselt  oft  im  neuern  Latein  beide. 
Ebenso  hat  faber,  wenn  praefectus  als  Aintsname  oder  cenliiria  dazu 
tritt,  fabn/ tri,  nicht  f ab/ ormn ;  aber  ohne  eins  von  jenen  beiden  Wör- 
tern/aÄ/-o/7/m,  wie  Cic.  Verr.  1,56, 147  operae/airory^m, • 

3)  auch  wohl  meistens  libenim  fiir  liberorum  (der  Kinder),  wenig- 
stens wohl  immer  in  der  Redensart  in  liberum  loco  (an  Rindesstatt). 
So  bei  Cicero: pro  sepultura  liherum  —  ueque  tuorura  liberum  —  pueri- 
tiam  liberum  nostroriim,  und  bei  Livius  fast  immer,  ^^i.  Drakenb. 
Liv.  XXII,  22,  5; 

4)  oft  in  dem  betheuernden  Ausrufe /jro  deum  hominumque  fidem, 
neben  welchem  jedoch  Cicero  und  Andere  auch  pro  deorum  fidem 
abwechselnd  brauchen.  Cicero  sagt  selbst  (Orat.  46,  156)  pro  deum 
dico  vel  pro  deorum.  Vgl.  Cic.  Tusc.  V,  16,  48  Etenim  pro  deorum 
atqne  hominum  fidem;  pro  Font.  3,  4  deorum  hominumque  fidem. 
Anderwärts  deum  atque  hominum  fidem  implorabis.  Vgl.  Klotz  Cic. 
Lael.  p.  171. 

25.  Uebrigens  haben  die  bessern  Schriftsteller  seit  Terenz  die  grie- 
chischen Wörter  in  Prosa  selten  anders  als  nach  latein.  Art  gebildet, 
und  Cicero  (Att.  VII,  3, 10)  tadelt  sich  selbst,  dass  er  in  einem  frü- 
hem Briefe  (Att.  VI,  9, 1)  von  Piraeeus  den  Accusativ  nach  griech. 
Art  gebildet  habe  Piraeea,  statt  mit  Terenz  Piraeeum  zu  sagen.  — 
Man  vermeide  daher  auch  im  Genitiv  Plur.  die  griech.  Form  on  für 
die  latein.  orum,  z.  B.  Georgicon  für  Georgicorum;  Astronomicon  für 
Astronomicorum.  Gelehrter  ist  wahrlich  jenes  nicht  als  dieses.  Und 
so  noch  Anderes. 

Dritte  Declination. 

26.  Hier  giebt  es  für  viele  einzelne  Substantiven  noch  manche  zwei- 
felhafte Casusformen,  besonders  im  Ablativ  des  Sing,  und  im  Genitiv 
des  Plur.,  indem  die  alten  Grammatiker  oft  einander  bei  einzelnen 
widerstreiten  und  die  Handschriften  in  solchen  anscheinenden  Klei- 
nigkeiten nicht  sorgfältig  genug  verglichen  worden  sind.  Auch  möchte 
es  wohl  gewiss  sein,  dass  die  Alten  selbst  nicht  nur  unter  einander 
verschiedene  Ansichten  hatten,  sondern  auch  selbst  bei  daseiender 
Doppelform  bald  die  eine,  bald  die  andere,  wie  es  ihnen  gut  schien, 
gebraucht  haben,  z.  B.  bald  mensium,  bald  niensum;  sedium,  sedum; 
vatitim,  vatum ;  apium,  apum ;  sapientiu?n,  sapie?itum ;  prudentium, 
prudentum  u.  a. 

27.  Aus  der  grossen  Masse  bemerke  ich  nur  Einiges. 

N.  L.  ist  der  ^ om.  praesepis  und  Sp.  L.  praesepium  für  praesepe; 
zw eiSelhatt  praesepim  für  praesepe;  im  Plur.  im  bessern  Latein  prae- 
sepia  für  praesepe s. 

Schlechte  Form  ist  von  cucumis  der  Acc.  cucumim  für  cucume- 
rem,  und  ebenso  navim  für  navem. 

Sp.  L.  ist  bei  den  Monatsnamen  auf  er  und  is  die  Ablativ- 
endung e  für  i,  da  sie  Adjectiveii,  nicht  Substantiven  shid.  Man  sage 


21 

Aprili,  Quintüi,  Septembri,  Octobri,  nicht  Jprile,  Qtdntile,  Septembre, 
Octobre  ". 

Doppelt  falsch  ist  die  Form  im  Pliir,  supellecfilia  für  den  Sing. 
supellex,  welches  im  bessern  Latein  keinen  Phiral  hat,  und  erst  ganz 
Sp.  L.  in  der  Form  supellectües  mit  andern  Pluraiwörtern  verbunden 
vorkommt. 

A.  L.  und  gemein  ist  in  den  phirah'schen  Festnamen  auf  ia,  z.  B.  28. 
Saturnalia,  Bacchanalia  u.  s.  \v,  ihre  Bildung-  nach  der  ztveitenHacW- 
nation,  da  sie  bei  den  bessern  Lateinern  nur  nach  der  rf/zV/e«  gebil- 
det werden,  z.  B.  SatuniaUn,  Sahir nalimn,  nicht  Satumaliorum; 
Soturnolibus,  nicht  SaturnaUis.  So  bilde  man  auch  die  neuern  christ- 
lichen Festnamen  Hilaria,  Paschalia,  Pe?itecostalia. 

Mehr  P.  L.  ist  die  Genitivform  ioruni  bei  einigen  neutralen  Sub- 
stantiven, z.  B.  vectigol,  lacimar,  torcular  —  für  die  regelmässige  tum, 
z.  B.  vectigaliorum  für  vecügalium. 

Mehr  A.  L.  war  pnpaver  ein  Masc,  später  nur  ein  Neutrum,  daher 
iiicht  papaverem,  sondern  papaver,  und  im  Plur.  nicht  ^f?/;ot'e/-es,  son- 
dern papavera. 

P.  L.  und  fast  nur  einzig  ist  der  Dat.  und  Abi.  Plur.  vasibus^^ 
für  vasis^  da  im  Plur.  nur  vasa,  nicht  vases  üblich  war. 

A.  L.  aber  auch  noch  Kl.  war  allerdings  im  Accusativ  Plur.  die  ,29. 
Endung  is  für  es  bei  den  Substantiven  und  Adjectiven  im  Gebraucli, 
welche  im  Genitiv  ium  nicht  inn  hatten,  z.  B,  vires,  im  Acc.  viris,  nicht 
vires;  navis,  nicht  naves;  partis,  nicht  partes;  nmnis,  nicht  omnes; 
aber  patres,  homines,  carceres.  Da  man  jedoch  schon  in  der  klassi- 
schen Zeit  anfing,  neben  der  Foi'm  is  auch  bei  diesen  die  Form  es 
zur  Abwechselung  zu  gebrauchen,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  auch 
die  bessern  Klassiker  in  Prosa  wie  in  Versen  mit  beiden  Formen 
abwechselten,  wie  es  ihnen  zum  stylistischen  Gebrauche  am  besten 
schien.  Darauf  deuten  auch  die  Handschriften  ihrer  Bücher  hin.  So 
wechselt  Varro  (L.  L.  VII,  §.  109  ed.  M.)  kurz  nach  einander  mit  tris 
und  tres  nach  allen  Ilandschr.  und  sagt  klar  (ib.  VIII,  §.  QsQ.,  p.  190): 
in  accusandi  (casu)  hos  montes,  fontes,  et  hos  montis,  fontis.  Später 
führte  man  bei  allen  nur  die  Form  es  als  einzige  ein,  so  dass  auch 
sie  heutzutage  zum  allgemeinverständlichen  Gebrauche  allein  empfeh- 
lenswerth  scheint. 

Bei  gi'iechischen  Wörtern  merke  man  folgendes  Wenige: 

1)  Sp.  L.  ist  in  Wörtern  auf  is  die  Genitivform  eos  oder  ios,  ob-  30. 
gleich  sie  von  Vielen  als  die  gelehrtere  vorgezogen  wird,  für  die 
gewöhnliche  lateinische  is.  Man  sage  z.  B.  nicht  poeseos  (ios).,  ?natheseos 
(ios)  —  sondern  poesis,  mafhesis.  Ebenso  in  vielen  andern,  wie  afia- 
basis,  basis,  ellipsis,  pareiithesis,  prodosis,  syllepsis,  syntaxis,  protasis 
u.  a.  m.,  wo  die  Nenlateiner  meistens  die  Endung  eos  brauchen. 

Ebenso  Sp.  L.  ist  bei  diesen  Wörtern  im  Genit.  Plur.  die  Endung 
eön,  oder  wohl  gar  griechisch  fcor  geschrieben,  für  die  lat.  Form  ium. 
Man  sage  von  phrasis  nicht  phraseöii  oder  wohl  gar  phraseMV,  son- 
dern phrasium;  nicht  tnetamorphoseon.,  elüpseön  u.  dgl. 


42.  Die  falsche  Form  oft  bei  Neulateinern,  auch  bessern,  z.  B.  Mart.  La^na 
Cic.  Epist.  p.  226  mense  Decembre  extreme. 

43.  So  Burmaun.  Petron.  p.  141. 


22 

üeberhc-mpt  ist  die  Endung  os  im  Genit.  bei  ausländischen  Wör- 
tern nur  poetisch;  jedocli  von  Pan  nur  Panos,  nicht  Panis,  auch  in 
Prosa. 

Eine  Doppelform  im  und  m  gab  es  im  Accus.  Sing,  dieser  Wörter, 
welche  die  Bessern,  wie  es  scheint,  beliebig  brauchten.  So  bei  Cicero 
Seropiin,  basim,  ihim,  poesi'n. 

31.  2)  In  den  Subst.  auf  ma  sind  im  Genit.  Plur.  gleich  gut  die  For- 
men matum  und  matoriim^  z.B.  'poemntiim.,  poematorurn ;  aber  im  Dativ 
und  Abi.  ist  nur  die  Form  7natis  im  bessern  Gebrauche,  nicht  mati- 
b?is,  w'HS  bei  den  Neuern  zu  viel  im  Gebrauche  ist,  und  sich  als  Variante 
oft  in  den  Flandschr.  findet.  Man  sage  nicht  poematihtis,  sondern 
poematis.  Ebenso  in  glossema,  e7ubfema,  psephisma,  diadema,  epi- 
graniraa  u.  a. 

32.  3)  Im  Accus.  Sing,  ist  die  Endung  a  für  die  latein.  em  mehr  P. 
und  Sp.L.^  z.  B.  Hectora,  hacedosmonn ^Helicona,  Cornea,  Salmnina  — 
und  melir  bei  Eigennamen,  als  bei  Appellativen,  wie  denn  auch  Cicero 
Pana,  nicht  Panein  sagt,  aber  bei  den  Appellativen  dieses  a  für  em 
nur  auf  aethera  und  aera  beschränkt,  obgleich  er  mit  Andern  auch 
aej'em  sagt. 

Dagegen  kommt  im  Accus.  Phir.  oft  auch  bei  den  Bessern  die 
Endung  as  für  es  vor,  z.  B.  Aethiopas,  Arcadas.,  Macedotias^  Gretas, 
Ci/clopas,  heroas  u.  a.  m. 

Selten  war  bei  den  Wörtern  auf  es  im  Accusativ  die  Form  en 
für  em,  z.  B.  Socraten,  Periclen,  Callisthe?ie?i  für  Socratem,  Periclem., 
Callistheneni. 

Ganz  unlateinisch  aber  sind  Formen,  wie  Alesidin  von  Alexis^ 
Amphidi?i  von  Aniphis,  für  Alexin,  Amphin.  Selten  auch  von  Namen 
auf  is  im  Genit.  idis  —  im  Accus,  idem  für  ^V^,  z.  B.  Phalarin.,  Toxarin, 
Theognin,  nicht  Phalarideni  u.  s.  w.  Vgl.  Ileusing.  Observ.  p.448.  Ebenso 
N.L.  Eumenidae  im  Nom.  plur.  für  Rnmenides ;  Aristophonis  für  Ari- 
sf ophoTftis  \'on  Aristophon ;  Alcidamae  f\\r  Alcidamautis  —  und  was  mau 
sonst  der  Art  Unerhörtes  bei  Neulateinern  liest. 

Vierte  Declination. 

33.  N.  L.  ist  wohl  als  Neutrum  auf  u  das  Wort  tonitru  (der  Donner) 
für  die  nur  sicliern  Formen  tonitrus  nach  der  vierten,  und  als  ältere 
poet.  Form  tonitruum  nach  der  zweiten  Decl. 

Die  Neutra  auf  ri  haben  erst  Sp.  L.  und  in  gewöhnlicher  Volks- 
sprache im  Genit.  Sing,  wieder  //,  wofür  die  Bessern  die  Form  us 
brauchten,  also  nicht  cornu  im  Genit.  co/w?/,  sondern  cor»?/«*'*. 

AI.  sind  im  Dativ  Sing,  die  beiden  Formen  u  und  ui,  von  welchen 
nach  Gellius  N.  A.  IV,  16  die  erste  Caesar,  die  zweite  Cicero  vorge- 
zogen haben  soll,  z.  B.  venatu  und  venatui;  cursu  und  curszii;  equi- 
tatu  und  equitatui.  Viele  wechselten  mit  beiden. 

Vom  Subst.  lapsus,  der  Fall  heisst  aber  der  Dat.  und  Abi.  lapsi- 
bus.,  nicht  lapsis  ^*. 


44.  Vgl.  darüber  Sclmcider's  Formenlehre  B.  I,  p.  .329  fg.  und  insbesondere 
W.  Freund  in  der  Vorr.  z.  Tli.  I  seines  Wörter!). 

45.  So  Giphanhis  Ep.  ad  Muret.  (Oper.  T.   II,  p.   116). 


23 

Fünfte  Declination. 

Neben  der  Form  ei  im  Genitiv  und  Dativ  brauchte  man  zwar  in  34. 
der  bessern  Zeit  auch  e  oder  /,  oder  auch  es,  z.  B.  diei^  die^  dii  \ii\A. 
dies;  aber  im  Schreiben  bleibe    man  nur   bei    der  ersten  alJgemein 
üblichen  Form'*^. 

Der  Genitiv  Plur.  auf  erwm  kam  nach  den  alten  Grammatikern 
nur  bei  den  Subst.  res  und  dies  vor,  aber  nicht  bei  den  mehrsylbi- 
gen ;  auch  verwirft  Cicero  (Topic.  7,  30)  ausdrücklich  von  species 
nicht  nur  den  Genit.  speciermn.  sondern  aucli  den  Dativ  und  Abi. 
speciebus,  wofür  er  fonnarum  und  formis  gebraucht  wissen  will.  Sp.  L, 
shid  auch  von  spes  die  Formen  sperum  und  spebus. 

Von  den  Adjectiven. 

Auch  hier  ist  bei  denen  der  dritten  Declination  viel  Zweifelhaf-  35. 
tes  und  Ungewisses  im  Abi.  Sing,  und  im  Genit.  Plur..,  so  dass  man 
geneigt  wird  anzunehmen,  dass  auch  in  der  bessern  Prosa  (denn  in 
Versen  war  esgewiss  der  Fall)  die  Formen  e  und  «,  um  und  ium  neben 
einander  in  denselben  Wörtern  gleicl»  üblich  gewesen  seien.  Jedoch 
folge  man  den  Vorschriften  der  bessern  Grammatiker,  und  beachte 
unter  Andern  Folgendes: 

Die  Form  i  ist  im  Abi.  Sing,  bei  den  Adjectiven  Einer  Endung  mehr  36. 
prosaisch,  als  die  Form  e,  welche  wegen  der  Kürze  des  Vocals  den 
Dichtern  willkommen  war.  Man  schreibe  celeri,  veloci,  rapaci,  ingenti., 
supplici,  sapieiiti.,  prudeiiti.,  insolenti  u.a.,  nicht  celere,  veloce  u.  s. w. 
Kl.  war  aber  wohl  nur  veter e.,  nicht  veteri. 

Bei  den  Participien  auf  ans  und  e/zs,  wie ßagra7is, praegnans^fer-  37. 
vens.,  candens,  excellens,  cotitinens,  im  Abi.  z',  nicht  e,  wenn  sie  nur 
adjectivischen  Sinn  haben,  e  dagegen,  nicht  i,  wenn  sie  als  wahre 
Participien  gebraucht  werden,  mag  auch  in  einzelnen  Stellen  der 
Klassiker  nach  älterer  Art  das  wahre  Participiura  ein  i  statt  des  e 
geliabt  haben.  Man  schreibe,  wenn  es  heisst  mit  brennendem  Eifer, 
»tudio ßagranti ;  mit  atihalte?idem  Athem,sinriUi  continenti;  aber  als 
die  Stadt  brannte,  wann  die  Stadt  brennt.,  urbe  flagrante;  als  Jener 
den  Aihem  anhielt,  illo  spiritum  continente. 

Bei  den  Comparativen  war  im  Ablativ  Kl.  wohl  fast  immer  die 
Endung  e,  selten  nur  /.  Man  schreibe  meliore,  majore,  minore,  priore, 
posteriore  u.  a.,  nicht  meliori,  majori  u.  s.  w.  4T 

Ungewöhnlich  sind  \onpleriqne  die  Formen  pleroriimque,  plera- 
rumque,  welche  erst  in  der  spätei'n  rauhen  Latinität  im  Gebrauche 
sind  48. 

Sp.  L.,  zum  Theil  barbarisch    sind    Gradformen,  wie  beneßcior,  SS. 
be7ießcissimns,  assiduior,  strenuior,  piior,  piissimus,  pientissimus,  pro- 


46.  Vgl.  Cic.  Rose.  Am.  45,  131.  Sest.  12  u.  Gell.  N.  A.  IX,  14. 

47.  Die,  Form  i  findet  sich  allerdings  in  vielen  Stellen  der  Klassiker  in  den 
alten  Ausgg.,  aus  welchen  auch  die  Neulateiner  der  frühern  Jahrhunderte  diese 
Form  in  ihre  Rede  aufnahmen  ,  und  wodurch  auch  die  Redensart  der  Philo- 
sophen a  priori,  a  posteriori,  a  potiori  alltäglich  und  herkömmlich  wurde;  aber 
fast  überall  bieten  in  jenen  Stellen  die  bessern  Haudschr.  e  statt  i,  welches  i 
daher  in  den  neuern   Ausgg.  fast  verschwunden  ist. 

48.  Ygl.  Vavassor  Antib.  p.  673. 


24 

priior,  proprüss/'nms,  perpehiior,  repiignantior ,  repugnoniismwis,  pro- 
ximior,  pro.vi'm/ss/'//if/s,parv>'ssimus, ininiimssimuSy  mu/tissimtis,  veneran- 
dior,  vetieramh'ssitims,  reverendior,  reverendissimus,  australior,  austra- 
tissimfjs^^,  liinl  was  niaii  sonst  iiocli  Wniiderliches  der  Art,  theils  im 
Scherz,  tlieils  im  Ernst  g-ebildet,  hei  den  Yorklassikern  und  den  spä- 
ten liateinern  findet  und  was  durchaus  keine  Nachahmung  verdient. 
Vgl.   noch  unten  §.  88. 

Lfehrigens  von  Doppelformen  im  Nomin.  auf  er  oder  m,  z.  li. 
eqiiesicr  neben  equestris,  salnber  ne])en  sahibris  u.  a.  vgl.  den  Lexical. 
Tlieil  unter  den  einzelnen  Wörtern.  Kbenso  über  imbecillus  und  imbe- 
cillis,  imberbus  und  ttnberbis. 

Zahlwörter. 

89.  Auch  hier  sind  manche  jetzt  gebräuchliche  Formen  entweder  als 
poetische  oder  als  spätere  zu  vermeiden,  wiewohl  in  der  bessern 
Schrifäsprache  zuweilen  auch  zwei  Formen  gleich  gut  neben  einander 
bestanden  haben  mögen^*".  Man  beachte  aber  Folgendes. 

Gleich  gut  waren  von  dtio^miA  a/nbo  im  Accusativ  dtios  und  duo, 
anibos  und  ombo,  und  man  glaubt  irrig  in  den  neuern  Zeiten,  dass 
Cicero  nur  duo  und  mnbo,  nicht  duos  und  ambos  gesagt  habe 5^.  Man 
wähle,  wie  es  der  Wohllaut  der  Rede  fordert. 

40.  Kl.  ist  im  Genit.  Phir.  aller  nach  der  ersten  und  zweiten  üeclin. 
gehenden  Zahlformen  die  kurze  Form  uvi  fiir  arum  und  orum.,  wenn 
ein  Wort  des  Maasses  und  Gewichtes  dazu  gehört,  sogar  bei  anno- 
Tum^  z.  B.  duum  amphorwn  für  diiarum  amphorarum ;  duutn  dena- 
Tium  für  duorum  denariorum ;  ducentum  pedum  für  duceiitorum  p.; 
denuni  modium  für  denorum  modiorum.  So  Cic.  Verr.  11,49,122.  pueri 
annorum  sentim  septenunique  denum.  Caes.B.  G.  VII,3G,7  fossa  duo- 
denuin  pedum  u.  a.  m.  y^\.  oben  §.  16  u.  24. 

41.  Selten  sind  die  mit  ocfo  und  wot'em  gebildeten  Zehner  unter  den 
Zalilwörtern,  z.  B.  octodecim,  octo  et  v/ginti  für  duodeviginti,  duode- 
iriginta;  novemdecim  für  tiudeviginii;  novem  et  viginti  für  unde- 
Iriginta  —  und  so  alle  ähnlichen  der  folgenden  Zehner,  z.  B.  duode- 
quudraginta^  tindequadraginta.  Zweifelhaft  sind  auch  w  ohl  für  Cicero 
und  Caesar  und  andere  Klassiker  die  Formen  deceni  octo  oder  octo 
et  deceni;  decem  novem  oder  nooem  et  decem^^.  Ebenso  ist  es  bei 
den  übrigen  Zahlwörtern,  z.  B.  duodevicesimus,  nicht  octavus  deci- 
mus ;  undevicesirnus,  nicht  nonus  decimus — und  so  auch  bei  den 
übriijen  Zehnern. 


49.  Die  beiden  letztern  oft  iu  der  alten  lateiu.  Uebers.  des  Strabo. 

50.  Vgl.  ausser  den  neuern  Sprac  lileliren  auch  Rcisi(/'s  letztes  Werk,  Vorle- 
sungen über  lat.  Sprachwissenschaft,  p.  177  fgg. 

51.  Vgl.  unter  andern  dagegen  R.  Klotz  Cic.  Lad.  p.  120. 

52.  Die  Lexica  (sogar  das  von  W.  Freund)  führen  freilich  aus  Jul.  Caesar 
B.  G.  I,  8  (hcem  tiovcm  an ;  aber  so  lesen  nur  die  altern  Ausgg.,  nicht  die 
neuern,  vvelclie  entweder  blos  decem  ohne  novem,  oder  novem  oluie  decem  liaben, 
da  die  Zahl  vavnzelm  durchaus  fehlerhaft  sei.  Dennoch  liat  die  neueste  Aus- 
gabe von  Sclnieider  jene  wunderliche  Form  decem  novem,  welche  wenigstens 
decem  et  novem  licissen  müsste.  Wo  freilieli  die  Zahl  bedeutend  hervorgehoben 
werden  soll,  haben  die  Alten  auch  wohl  beide  Zahlen  ausdrücklich  gesetzt, 
nicht  jene  Formen  mit  dttode  nnd  unde. 


25 

Zireifelhaft,  wenig^stens   Sp.  L.  sind   die  Formen  octnaginta  fiir  42. 
ocloginta  und  nonin^enti  für  non^enti;  beide  oft  bei  Neulateinern. 

Eben  so  zweifelhaft  sind  die  Formen  dticenttim^^,  trecentum  u.  a. 
für  diicenti,  trecenti;  auch  jene  beiden  oft  bei  den  Neuem. 

Poetisch  sind  die  umschreibenden  Formen  bis  (ter)  quinque  für 
fJece?n,  quiiulecim;  bis  centwn,  tercentum  \\.  d^i.  für  ducenti^  trecenti; 
bis  mille,  ter  mille  u.  s.  w.  für  duo^  tria  millia. 

N.  L.  sind  duo  mille,  quinque  mille,  decem  mille  imd  ähnliche,  sei 
es  mit  darauf  folg^endem  Genitiv  oder  mit  dem  Casus  eines  substan- 
tivischen Wortes,  welcher  dem  Zahlworte  gleich  ist^*. 

Bei  den  Ordinahohltvörtern  sind  gewiss  N.  Kl.  od^-  Sp.  L.  die  43. 
Formen  decimus  tertius,  quartus,  quintus  u.  s.  w.  für  terlius  decimus 
U.S.  w.  in  umgekehrter  Ordnung: ^5;  verwerflich  aber  auch  mit  ein- 
geschobenem et  —  tertius  et  decimus.  Beides  ein  alltäglicher  Fehler 
im  TV.  L.,  anch  bei  den  Bessern ^6.  N.Kl.  ist  auch  wohl  secimdus  et 
vicesimus  und  ähnliche  für  alter  vicesimus,  wie  Cic.  Fam.  XII,  25, 1 
schreibt. 

Bei  den  Distributiven  sind  Sp.  L.  die  Formen  milleni  (je  tausend)  44. 
ixiY ^singula  millia;  bis  milleni  für  bina  millia;  decies  milleni  für  dena 
millia  u.  s.  w,  und  poetisch  sind  Formen,  wie  ter  deni  für  triceni — 
und  so  ähnliche  zusammengesetzte  5'. 

Pronomina. 

Selten  bei  den  Klassikern,  und  in  der  heutigen  Schriftsprache  45. 
ganz  zu  vermeiden  sind  die  altern  Genitiv  -  und  Dativformen  von 
nvllus  —  nulli  und  nullae  für  nulliris;  nullo  und  nullae  für  nulli; 
von  alias  —  alii  und  aliae  für  alius  ;  von  alter  —  altero  und  alterae 
für  alteri;  von  neuter  —  neutri  für  neutrius;  von  solus  —  so/«*  für 
solius;  solae  und  solo  für  soli,  was  bei  Giese  zu  Cic.  Divinat.  einige- 
mal vorkommt,  z.  B.  p,  270  quod  solo  Rathio  placuit.  Jenes  veraltete 
neutri  für  neutrius  blieb  später  in  der  Sprache  der  Grammatiker, 


53.  So  ist  gedruckt  bei  Colum.  R.  R.  V,  3,  7,  wiewohl  er  sonst  immer  die 
richtige  Form  hat.  Jene  falsche  braucht  Ant.  Possevinus  oft,  cum  ducentum 
equitibus,  ducentum  millia,  tercentum  millia  u.  dgl. 

54.  So  sogar  bei  Ruhnken  duo  mille  florenorum,  quinque  mille  florenorum  — 
und  noch  öfter.  Vgl.  Opusc.  p,  584.  Ebenso  andere  Neuere  duo  mille  pedes 
n.  dgl. 

55.  Vgl.  Cic.  Inv.  I,  54,  105,  wo  quartus,  quintus,  sextus  decimus  erwähnt 
werden  —  und  so  auch  sonst  bei  ihm  und  Andern. 

56.  Wie  bei  Bembus ,  Louffolius,  Sadoletus,  Manuti^is ,  Muretus  u.  A.  jener 
Zeit,  welche  diese  Sprechweise  aus  ihren  altern  fehlerhaften  Ausgg.  hatten.  Da- 
gegen bemerkt  sciion  Graevius  z.  Cic.  Fam.  X,  30  bei  Anlass  einer  solchen 
Form:  Sane  Galbam  (von  dem  der  dortige  Brief  ist),  si  non  usus  est  notis 
(^Abkürzungszeichen  XVH),  scripsisse  septimo  decimo,  non  decimo  septimo, 
nemo  latinae  lioguae  mediocriter  peritus  potest  ignorare — ,  welche  Worte  den 
Neuern  entgangen  sein  müssen,  da  die  fehlerhafte  Form  noch  immer  häufiger 
vorkommt,  als  die  bessere. 

57.  Jene  unklassischen  Formen  nahm  ich  selbst  irrig  aus  frühern  Gramma- 
tiken in  die  meinige  auf,  und  sie  hätten  in  der  dritten  Ausg.  von  dem  neuen 
gelehrten  Herausgeber  mit  den  bessern  vertauscht  werden  sollen.  Richtig  gibt 
sie  Zumpt  und  Ramshorn  an.  Jene  aber  oft  im  N.  L.,  z.  B.  Casaub.  Suet.  Vesp. 
18  aureos  bis  millenos  et  quingenos  für  aureorum  bina  millia. 


26 

welche  fast  nur  neutri  generis  für  neutrius  generis  zu  sagen  pfle- 
gen 5ö.  Altlateinisch  ist  ipsus  für  ipse  und  das  im  Scherz  gebildete 
ipsissimus.  Vorklassisch  auch  ipse?net  blos  für  ipse.  Vgl.  darüber 
Th.  n.  Ipsemet. 

Unklassisch  sind  von  nemo  die  Formen  neminis  und  nemine  für 
nullhis  und  nuUo.  Vgl.  darüber  Tli.  II.  Netno. 

Das  Pronomen  iste  hat  im  Neutro  Kl.  die  Doppelform  istud  wnA 
isiuc,  welches  letztere  mehr  zur  stärkern  Hinweisung  auf  den  Gegen- 
stand dient,  und  daher  oft  vor  quidem  steht.  Vgl.  R.  Klotz  Cic.  Lael. 
p.  133. 

Sp.  L.  hat  meiis  auch  im  Vocativ  meus  für  mi,  sowie  auf  der 
andern  Seite  mi  Sp.  L.  auch  die  Stelle  des  Femin.  7nea  vertritt,  wel- 
ches letztere  schon  Vavassor  im  Antib.  p.  562  rügt.  Beides  findet 
sich  nicht  selten  im  N.  L.,  und  selbst  Wyttenbach  schrieb  in  einem 
Briefe  an  seine  Jana  Gallieiia  —  mi  animula,  für  tnea  animula. 

Im  bessern  Latein  wird  nur  den  Possessivpron.  mens,  tnus,  suus 
U.S.W,  im  Abi.  Sing,  pte  angehängt,  z.  B.  meopte,  meapte,  aber  weder 
einem  andern  Casus,  noch  einem  andern  Pron.  Unklassisch  ist  dalier 
mihipte,  mepte,  nospte,  nobispte  u.  dgl. ,  was  man  im  N.  L.  für  schön 
und  ausgesucht  hält. 

II.  Conjugirbare  Wörter. 

46.  Hier  zeigt  sich  noch  mehr  als  vorher  die  Veränderung,  welche 
die  Sprache  in  ihrer  Ausbildung  und  Feststellung  bis  zur  Zeit  der 
Klassiker  und  besonders  durch  diese  erlitten  hat.  Anfangs  hielt  man 
oft  nicht  fest  an  einer  Form,  sondern  wechselte  in  denselben  Wör- 
tern mit  mehrern,  schwankte  in  der  Conjngation  und  erlaubte  sich, 
zumal  im  Volksleben,  viele  harte  Zusammenziehungen  längerer  For- 
men oder  dehnte  kurze  in  längere.  Die  Komiker  und  übrigen  Dichter 
behielten  die  Sprache  meistens,  wie  sie  gerade  gesprochen  wurde, 
und  so  finden  wir  in  den  vorklassischen  Schriften  eine  Menge  For- 
men, welche  mit  der  allmähligen  Ausbildung  der  Sprache  fast  gänz- 
lich verschwanden,  und  nur  wenige  blieben  neben  den  neuen  den 
Dichtern  zu  beliebigem  Gebrauche  und  wurden  in  Prosa  nur  in  weni- 
gen Fällen  angewandt. 

47.  Jede  etwas  vollständige  Grammatik  zählt  eine  Reihe  solcher  archa- 
istischen Formen  auf,  welche  wir  fast  alle  im  Schreiben  als  veraltete 
vermeiden  müssen,  wenn  wir  nicht  etwa  pedantisch  damit  glänzen 
wollen.  Dahin  gehören  Formen  wie  siem,  sies,  siet  u.  s.  w.  für  sim,  sjs, 
sit;  duim,  duis  u.  s.  w.  für  dem,  des ;  fuat  für  sit;  ausim  für  audeam; 
scibo,  reddebo  für  sciam,  reddmn;  vestibam  für  vestiebam ;  esperibor 
für  esperiar ;  floriet  für  florebit ;    solui  für  solitus  sum ;  posivi  für 


58.  Solclier  veralteten  Formen  bediente  sich  unnöthig  selbst  Muretus  einige- 
mal, z.  B.  Yar.  lectt.  IV,  14  alii  neminis  für  alius  uem.  VIII,  4  nulli  pretii 
für  nullius  pr. ;  ferner  J.  Fr.  Gronov  ad  Grotii  de  jure  belli  prolegom.  §.  49 
ob  id  nullus  locus  neutro  generi  für  neutri  u.  a.  Ob  sie  wissentlich  diese  For- 
men wählten,  weiss  ich  nicht;  aber  dergleichen  entfallen  gewiss  manchem  Schrei- 
benden wider  Wissen  und  Willen,  zumal  dem  Eilfertigen.  Jedoch  kann  neutri 
generis  als  stete  Kunstsprache  der  alten  Grammatiker  auch  von  uns  recht  wohl 
nachgebraucht  werden. 


27 

pos7ii;  fulcivi  f.  fulsi ;  fulcitum  i.fuUum;  tetnli  f.  Ulli;  svbolevit  f. 
suboluit;  viilsi,  nivi,  adjuvavi  f.  velli,  nin.Ti\  adjuvi;  mavelim  f.  mal  im; 
vocarier,  vendier,  dicier  f.  vocari,  vefidi,  dici;  nioriri  f.  mori;  sefisti\ 
inielle.vti  f.  sensisti,  intellexisti;  surrese  f.  surrexisse ;  levasso,  faxo 
f.  levavero,  fecero ;  accepso  f.  accepero ;  habessim  f.  habnerim ;  ex- 
pugnassei'e  f.  expugnaturum  esse ;  flebatur  und  faci'ebaturixirßebat  — 
und  so  noch  viele  andere,  welche  Struve  in  dem  oben  §.  14,  Aam.  34 
angeführten  Buche  ziemlich  vollständig  gesammelt  hat. 

Wenn  die  Klassiker,  wie  Cicero  ^^,  Caesar,  Livius  und  Andere  48. 
hald  diese,  bald  jene  alte  Form  in  ihren  Reden  und  andern  Schrif- 
ten brauchten,  so  folgten  sie  dem  allgemeinen  Gebrauche,  in  Reden 
die  Kanzleisprache  nicht  ganz  zu  vermeiden,  in  feierlicher  Rede  das 
Alte  zu  achten  und  in  Rechtssachen  den  Rechtsstyl  nicht  ganz  zu 
vernachlässigen.  Daher  braucht  Cicero  nicht  selten  die  kurze  Form 
di'xti  für  dixisti,  di  immortales  duint  f.  denl;  di  te  perdm'nt  {.  per- 
datit;  di  faxmt  f.  fecerint ;  fines  posiverunt  f.  posuerunt  (sie  steckten 
die  Grunzen  ab);  emundus^  vendundus ;  nectier,  agier,  dicier  u.  a.  in 
Rechtssachen,  und  Livius  scheut  sich  nicht,  in  der  Vorrede  zu  sagen: 
nee,  si  sciam,  dicere  ausim,  und  braucht  im  feierlichen  Wunsche: 
Gott  segne  sein  Unternehmen  immer  die  Form  faxo:  Vos  ([Xiod  faxitis 
deos  velim  fortunare.  Cicero  führt  sogar  (Brut.  46, 172)  ein  Höker- 
weib redend  ein,  welches  pote  für  potest  sagt.  —  Und  so  möchten  auch 
wir  an  schicklichen  Stellen,  wo  die  Rede  guten  Anlass  bietet,  der- 
gleichen ohne  Tadel  nachahmen  können.  Brauchen  doch  Caesar  (B.  G. 
YII,  58)  und  Sulpicius  (in  Cic.Fam.  IV,  5,1)  und  ausser  ihnen  Andere 
(Vgl.  Oudend.  Suet.  Caes.  20)  die  mehr  poetische  Form  conßeri  für 
confici.  Nur  hüte  man  sich  vor  Missbrauch  und  nehme  nicht,  wie 
Vitruv,  aus  der  incorrecten  Volkssprache  calefaciimtur  f.  calefiunt 
auf,  nicht  satisfacitnr  f.  satisflt,  noch  schreibe  man  mit  Ebendemsel- 
ben nocentur  für  iis  nocetur ;  man  sage  nicht  mit  Dichtern  und  spä- 
tem Prosaisten  persuadeor  oder  wohl  gar  mihi  persuadeor  für  mihi 
persuadetur ;  noch  bilde  man  ähnhch  dem  obigen  confieri — auch  inter- 
fieri,  perfieri,  profieri  für  interßci,  perfid,  profici.  Auch  mache  man 
nicht  klassische  Deponentia  zu  Passiven  und  hole  nicht  ihre  veral- 
teten activen  Formen  wieder  hervor,  z.  B.  adulare,  aemulare,  gra- 
tificare,  insequere^  jocare,  morare,  paciscere,  partire  u.  a. ,  welche  alle 
in  der  bessern  Zeit  nur  passive  Form  haben,  aber  Deponentia  sind. 
Bei  solchen  Verben  muss  ein  gutes  Lexicon  zurechtweisen  und  ange- 
ben, was  klassisch  und  nicht  klassisch  ist.  Das  Einmischen  solcher 
veralteten  Formen  zur  Unzeit  und  an  unschicklichen  Orten,  wie  es 
pedantisch  nur  zu  oft  geschieht,  wird  dem  geschmackvollen  Leser 
und  Hörer,  welcher  an  klassische  Formen  gewöhnt  ist,  eben  so  miss- 
fallen, wie  in  gebildeter  deutscher  Sprache  alle  alten  Formen  zur 
Unzeit  widrig  sind,  z.  B.  seye  für  sei;  seynd  f.  sind;  kief  f.  kaufte; 
fragt  L  fragt;  kömmt  f.  kommt;  gefallt  f.  gefällt;  frug  i.  fragte; 
stnnd  f.  stand;  schnie  f.  schneite;  ritfte  f.  rief;  preiste  f.  pries; 
gepreist  f.  gepriesen;  nehme  f.  nimm;  esse  f.  iss;  geschieht  f.  ge- 
schieht; samtnlen  f.  sammeln;  dauren  f.  dauern;  genennt  i.  genannt; 
geloffen  f.  gelaufen;  gerochen  f.  gerächt  w.^.va. 

59.  Vgl.  R.  Klotz  Vorr.  z.  Th.  I  der  Cicer.  Reden  p.  XXXIY. 


28 

49.  Dass  derg^leichen  theils  alte,  theils  g^anz  ungebräuchliche  und  nn- 
erwiesene  Formen  zuweilen  auch  achtbaren  und  gelehrten  Männern, 
unter  welchen  freilich  einige  das  Veraltete  liebten,  wider  Wissen 
und  Willen  entfalle,  zeige  folgende  Reihe  solcher  Formen  aus  den 
Schriften  des  Erasmus,  Paul.  Mamitms,  Jos.  Scaliger,  Is.  Casaubo- 
tms,  Lipsius.  Possevin,  Thuan,  Laur.  Gro?wv,  Rtih7iken,Gaisford,ylng. 
Mr/jo,  Terpstra,  Gierig  und  anderer  Ungenannten.  Man  höre :  Adju- 
vavi  (Seal.),  coliturus  (Th.),  difßdi  (Poss.),  detegerunt  (Gron.), 
dirempsi,  dimetitus  est  (Man.),  ej:o/c?<V?/s  est  (Ang.  M.),  exorturus 
(Ruhnk.) ,  subcitus  (Terp.)  ,  gratificavi  (Seal.) ,  lavarunt,  lavasse 
(Terp.),  mutuavit  (Gron.),  migarunt  (Gr.),  obtrectari  als  Deponens 
(Sc.) .,  pectilus  (C'ds.)^  proetexi  f.  praetexui  (Poss.),  perculsit  ('l'h.), 
possessit  (Gaisf.),  satisfocitur  (Lips.),  scibis  (Cas.),  subolevisse  (Gas.), 
solui  (.  solittis  sum  (Lips.),  sectavi  (Poss.),  suffragare  i.  siiffragari, 
anne.vi  f.  annexui,  consarciimri  als  Depon.,  resarcieris  f.  resarseris, 
pelliciti  f.  pellecti,  praestavi  f.  praestiti  60 ,  praestiturus  f.  praestatu- 
rifSy  gesticiilasse  (Gier.)  f.  geslicidatiim  esse —  und  dergleichen  mehr, 
welche  Beispiele  zeigen,  wie  leicht  eich  Irrthum  und  Uebereilung 
auch  in  Verbalformen  einschleichen  kann. 

*>0.        Für  den  Gebrauch  einiger  Conjugationsformen  merke  man: 

a)  N.  Kl.  und  P.  L.  sind  die  Endungen  iisse,  üssem  u.  s.  w.  für 
die  entweder  vollen  ivisse,  ivisse?n,  oder  für  die  kurzen  isse,  issem, 
welche  letztere  Formen  meistens  vorgezogen  wurden.  Man  schreibe 
quaesissem  oder  quaesivissem,  nicht  qtiaesiissem;  petisse7n  oder  peti- 
vissem,  nicht  petiissem  —  und  so  bei  allen  ähnlichen,  wo  der  Wohl- 
laut zwei  i  vor  s  vermied  ^i. 

oJ»  b)  N.  Kl.  sind  vom  Verbo  sino  die  Formen  sivisti,  sivisse.,  sivts- 
sem  und  ähnliche  für  die  kurzen  sisti,  sisse,  sissem;  aber  wohl  mehr 
klassisch  ist  siverim  oder  sierim,  als  das  kurze  sirim  der  Vorklas- 
siker, was  an  Ort  und  Stelle  richtig  und  gut  ist  ^2.  Ebenso  nicht 
nescirim,  sondern  nescierim  oder  nesciverim.  Für  audiceram,  aiidi- 
verunt  war  mehr  audieram,  audierunt^  luid  für  delectaverunt  mehr 
delectarunt  im  Gebrauch.  Vielleicht  machten  aber  auch  die  bessern 
Schriftsteller  die  Wahl  der  Form  vom  jedesmaligen  Wohlklange  und 
dem  Numerus  der  Rede  abhängig^,  und  das  entschied  wohl,  ob  sie 
sagten  petivit,  quaesivit  und  ähnliche,  oder  petiit,  quaesiit,  welche 
Doppelform  gewiss  gleich  klassisch  ist.  Vgl.  R.  Klotz  Cic.  Lael.  p.l03. 
Auch  glaubte  Reisig  nach  p.  228  seines  Buches,  dass  man  in  der  ersten 
Person  Perf.  nie  ii,  sondern  ivi  gebraucht  habe,  z.  B.  petivi,  nicht 
petii. 

52.  c)  Da  die  Verben  auch  mit  der  Zeit  in  der  Bildung  des  Perfects 
und  des  Svpi?iums  gewechselt  haben,  so  wähle  man  im  Sprechen  und 
Schreiben  nur  die  erweislich  klassischen  Formen,  wie  sie  die  bessern 
neuem  Lexica  angeben.  Man  brauche  nicht  z.  B.  praestavi.,  welches 


60.  Jenes  praestavi  erst  in  den  Pandekten  und  bei  Veg^etius,  aber  so  immer 
Erasmus  und  viele  Neuere.  Dagegen  Iiält  Vavassor  Antib.  p.  557  praestatum 
für  das  allein  Lateinische,  nicht  praestitum,  was   doch  bei  uns  alltäglich  ist. 

61.  Vgl.  Reisig's  Yorlcs.  p.  227. 

62.  "Vgl.  Wunder  zu  Cic.  Plane,  p.  218,  der  aber  sirim  für  die  allein  gute 
Form  in  jecJer  Stelle  hält. 


29 

erst  im  Sp.  L.  aiiHam  (V^I.  §.  49,  Anni.  60)  für  praestiti;  aber  dage- 
gen wieder  niclit  praestitimi^  sondern  praeslatuin;  nicht  ai-ulsi  von 
avello^  sondern  ovelli;  nicht  appliciii^  expUcui^  implicui,  sondern  ap- 
pHcavi,  exph'cavi\  implicavi;  nicht  appUcüiim,  ea;plicitum^  implicitum^'^ ^ 
sondern  applicatum,  explicatiim^  implicatum  —  und  so  noch  andere 
mehr,  welche  ich  jedes  an  seinem  Orte  im  zweiten  TheiJe  erwäli- 
nen  werde. 

d)  Eine  Doppelform  bestand  auch  in  der  besten  Zeit  in  der  53. 
%iveiten  Person  Sing,  der  Passiven  im  Präsens,  Imperfectum  und 
Futurum,  nemlich  re  und  m,  z.  B.  videris  und  videre ;  videaris  und 
videare;  videbaris,  videbare;  videreris,  viderere;  videberis^  videbere. 
Cicero  wählte  fast  nur  die  Form  re,  ausser  im  Indicativ  des  Prae- 
sens, wo  er  die  Endung  ris  offenbar  vorzog,  wiewohl  er  auch  hier 
einmal  (Fam.  V,  13,  3)  videre  nicht  videris  geschrieben  hat,  viel- 
leicht gar  aus  Artigkeit  gegen  Luccejus,  an  den  er  schrieb,  da  die- 
ser auch  im  Indicativ  die  Form  re  der  Form  ris  vorzuziehen  pflegte; 
denn  er  sagte  (Cic.  Fam.  V,  14)  delectare  für  delectaris,  und  an- 
gere  für  angeris.  Ausserdem  findet  sich  auch  noch  bei  Cicero  in 
Caecil.  12,  40  arbiträre  für  arbitraris.  Sonst  hat  er  in  den  obigen 
andern  Fällen  fast  nur  re,  nicht  m,  also  videare^  videbare^  viderere, 
videbere^'^.  Bei  den  Schriftstellern  nach  Cicero  aber  findet  man 
mehr  die  Form  ris  als  re  angewandt,  und  daher  wechsele  man 
mit  beiden,  wie  die  eine  oder  die  andere  die  stylistische  Form  der 
Rede  gestatten  wird. 

e)  Ebenso   findet   sich    in    der   dritten  Person  Plur.  Perf.  ^ct.  54. 
eine  Doppelform  erunt  und  ere,  von  welcher  Cicero  (Orat.  47,  157) 
sagt:  Nee  vero  reprehenderim  scripsere,  etsi  scripsermit  esse  verius 
sentio ;   sed   consuetudini  auribus  indulgenti    libenter    obsequor.   Da 

er  die  Form  erunt  für  wahrer  hält,  so  braucht  er  sie  auch  fast 
einzig  nur^^^  und  ebenso  Caesar  und  andere  Klassiker;  dagegen 
wurde  die  Form  ere  durch  die  Historiker  Sallust,  Livius  und  die 
Folgenden  eine  alltägliche  Form,  welcher  man  heutzutage  nur  zu 
sehr  huldigt  ^ß. 


63.  So  freilich  in  einigen  Stellen  Ciccro's  und  Anderer,  aber  nach  Orelli  im- 
mer mit  Varianten,  wodurch  es  zweifelhaft  wird.  Vgl.  Th.  II  unter  Implico. 
Man  wälile  daher  nur  die  sicher  stehende,  sonst  auch  übliche  Form. 

64.  Hierauf  machte  Vavassor  im  Antib.  p.  585  zuerst  aufmerksam :  Contra, 
sagt  er,  qui  modus  est  verus  ac  rectus,  fatearis,  docearis  vix  usurpatus  a  Tullio, 
sed  potius  fateare,  doceare  etc.  Auflallend  aber  ist  es,  dass  den  Cicerouianern 
des  sechszehnten  Jahrh.  dieser  Gebrauch  des  Cicero  entgangen  ist,  da  sie  die 
Form  re  für  ris  nur  sehr  selten  brauchen.  Es  hat  sich  aber  auch  erst  später 
durch  die  Vcrgleichuog  besserer  Handschriften  die  Menge  der  Beispiele  für  i-e 
so  bedeutend  vermelirt,  dass  sich  jetzt  nur  noch  in  wenigen  Stellen  die  Form 
mit  ris  findet,  wo  Cicero  sie  vielleicht  absichtlich  gewählt  hat.  Vgl.  auch  lleisig's 
Vorles.  p.  241  und  C.  Beier  z.   Cic.  Ofl".  I,  1,  2,  p.  5. 

65.  Wenigstens  nach  Zumpt  z.  Cic.  Verr.  I,  6  (vgl.  mit  der  Anm.  zu  III, 
24,  60)  braucht  Cicero  nur  die  Endung  erunt,  nie  ere.  Bei  Caesar  aber  B.  G. 
IV,  27  steht  zwar  in  den  Ausgg.  convenere,  aber  in  Handschr.  convenire. 

66.  Neuere  nahmen  unter  Andern  bei  Tacitus  im  Gebrauche  der  einen  und 
der  andern  Form  einen  feinen  Unterschied  wahr ,  aber  ob  er  gegründet  sei, 
leidet  grossen  Zweifel,  da  es  doch  allzu  auflällend  wäre,  wenn  gerade  die  feinen 
Sprachkenner  Cicero  und  Caesar  ihn  nicht  gekannt  und  nach  ihm  mit  den  For- 


30 


B.  Syntax. 


55.  Aus  der  grossen  Masse  des  Hierhergehörig^en  hebe  ich  nur  das  be- 
sonders aus,  wogegen  wegen  der  Verschiedenheit  des  Idioms  der 
deutsclien  und  der  lateinischen  Sprache  leicht  zu  fehlen  ist  und  oft 
gefehlt  worden  ist.  Dagegen  wird  der  zweite  Theil  dieses  Buches 
unter  den  einzelnen  Wörtern  oft  auf  die  bessere  und  schiechtere 
Wörterverbindung  aufmerksam  machen,  indem  sich  nicht  selten  darin 
Verschiedenheit  findet,  welche  durch  die  Nachahmung  der  Griechen 
zuerst  in  die  Poesie,  dann  in  die  Prosa  überging,  oder  welche  durch 
das  später  immer  grösser  werdende  Bestreben,  neu  zu  ersclieinen, 
vom  Klassischen  und  Richtigen  abzuweichen,  und  das  vielleicht 
Volksthümliche   in  die  Schriftsprache  aufzunehmen,  entstanden  ist. 

a)  Substantiva. 

56.  J)  Genus  und  Numerus  mancher  Substantiven  waren  in  Prosa 
anders  als  bei  den  Dichtern,  bisweilen  auch  anders  in  verschiedenen 
Zeiten.  Ein  gutes  neues  Wörterbuch  wird  am  besten  zurechtweisen. 
Poetisch  war  z.  B.  talpa  (der  Maulwurf)  generis  inasc,  in  Prosa  nur 
gen.  fem.;  der  Naclten  hiess  in  besserer  Prosa  fast  nur  cervices 
(als  Plur.),  bei  Dichtern  und  später  cervis;  der  Schlund  hiess /«y/fes, 
\\\c\\i  faux ;  das  Wort  snpellex  in  der  bessern  Zeit  nur  im  Sing., 
erst  sehr  spät  auch  der  Plural  supellectües,  m'e  aber  supellectilia, 
wie  Neuere  sagen;  dies  war  in  der  Bedeutung  Zeit,  Termin  ein  Femi- 
ninum, nicht  ein  Masc.^  und  im  Plur.  nur  ein  Masc,  nie  ein  Fe?ni?i. ; 
finis  war  zwar  beides  im  Sing, ,  aber  im  Plur.  nur  ein  Masculinum. 
Und  so  finden  sich  noch  manche  Verschiedenheiten. 

57.  2)  Zu  den  Doppelgeschlechtigen  gehören  die  männlichen  Namen 
von  Schauspielen,  z.  B.  yijas,  Eunuchus,  Colax,  Mercator,  Jdelphi. 
Terenz,  nach  Cicero  bonus  auctor  latinitatis,  behandelt  sie  als  Femi- 
nina, weil  er  fabula  (Schauspiel)  dabei  denkt^^  Andere  dagegen, 
welche  das  wahre  Geschlecht  berücksichtigten,  behandelten  sie  als 
Masculina,  wie  der  Kaiser  Augustus  und  Juvenal.  Es  hat  also  Beides 
seine  Auctorität,  welcher  man  ohne  Tadel  folgen  kann.  Vgl.  Reisig's 
Vorlesungen  p.  311. 

58.  3)  Schriftstellernamen  werden  zwar  auch  für  ihre  Schriften  ge- 
braucht, aber  unlateinisch  war  dabei  die  Präposition  in;  man  sagte 
nicht  in  Homero,  in  Euripide^  in  Cicero?ie,  in  Terentio  u.  a.,  wenn 
mau  dabei  nur  ihre  Schriften  verstand,  indem  bei  in  nur  an  die  Person 
gedacht  wurde;  man  brauchte  apud  oder  sagte  weiÜ'auftiger  in  Homert 
carminibus,  in  Ciceronis  libris.  Vgl.  Theil  II  unter  In.  Richtig  ist 
jedoch:  Homerus  mihi  omnium  maxime  placet  —  Platonem  reliquos- 


men  g-ewechsclt  hätten.  Vgl.  darüber  Haase's  Anm.  z.  Reisig's  Vorles.  p.  224. 
Uebrigens  machte  Vavassor  Antib.  p.  585  zuerst  darauf  aufinerksaai,  dass  Ci- 
cero fast  nur  erunt  brauche,  nicht  ere, 

67.  Er  sagt  z.  B.  Prol.  Eun.  19  quam  nunc  acturi  sumus  Menandri  Eunu- 
clium,  u.  22  occcpta'st.  agi ,  u.  30  C'olax  Menandri  est ,  in  ea  est  parasitus 
Colax,  u.  32  in  Etmuchum  suam.  Dagegen  nannte  Augustus  nach  Sueton.  Octav. 
85  seine  Tragödie  Ajax  nicht  mea ,  sondern  meus ,  und  bei  Juvenal  Sat.  I,  6 
steht  scriptus  et  in  tergo  necdum  ßnitus  Orestes. 


que  Socraticos  legunt  omnes  (Cic.  Tusc.  11,3,8) 
ligi  potest  (Cic.  Fin.  II,  1,  2).  Vgl.  nocli  §.  175. 


31 

ut  e  Piatone  intel- 
-  Auch  merke  man 


110 eil,  (lass  Bücher,  welche  z.  B.  de  officüs,  de  legibus,  de  re  publica 
u.  dgi.  betitelt  sind,  nach  Cicero's  Vorgange  geradezu  Officia,  Leges, 
Res  publica  genannt  werden  können,  was  Einige,  denen  es  ein  Ger- 
manismus scheint,  als  unlateinisch  verworfen  haben.  Aber  Cicero  Nat. 
deor.  I,  2,  30  sagt :  Plato  haec  et  in  Timaeo  dicit  et  in  Legibus,  d.  h. 
in  den  Büchern  von  den  Gesetzen. 

4)  Manche  Substantiva  gingen  in  Prosa  nie  in  den  Phiral  über,  59. 
weil  man  bei  ihnen  nicht  etwas  Einzehies,  sondern  ein  aus  mehre- 
ren Theilen  bestehendes  Ganze  dachte.  So  bei  den  Getreide  -  und 
Metailarten,  z.B.  triticuni  {W  eizen}^  hör  detim,far^^,  aurum,  argen- 
tu7n,  aes,  ferrum.  Nach  derselben  Analogie  kommen  so  manche  nur 
allgemein  gedachte  Singularen  vor,  wie  glans  für  glandes,  faba  für 
fahae,  vestis  für  vestes  in  der  aligemeinen  Bedeutung  Kleidung,  rosa 

nur  als  Singular  üblich.  Daher  sagen  nicht  nur  Dichter,  sondern  aucli 
Prosaisten  multa  canis,  multa  fraxinus,  mulla  populus  (viele  Pappeln) 
u.  a. ,  und  so  konnte  Cicero  nach  dieser  Sprachweise  im  Cato  16,57 
sagen:  Villa  abundat  porco,  hoedo,  agno,  gallina,  lade,  caseo,  melle^ 
u.  Caes.  B.  G.  V,  12  Leporem  et  galhnam  et  anserem  gustare  fas  non 
putant — wo  wir  den  Plur.  Hasen,  Hülmer,  Gänse  brauchen  würden. 
Man  sagte  daher  glande,  faba  vesci,  veste  7iti,  in  rosa  dormire,  und 
so  dehnt  sich  diese  Sprachart  noch  auf  Mehreres  aus.  Vgl.  auch 
Th.  II  unter  Rosa  und  Vestis. 

5)  Jedoch  weichen  die  Lateiner  auch  darin  oft  vom  Deutschen  60. 
ab,  dass  sie,  wenn  Etwas  Mehrer7i  beigelegt  wird,  dieses  oft  als 
einzelne  Gegenstände  concret  in  der  Mehrheit  denken,  und  nur  dann 
den  Singular  behalten,  Avenn  die  Eigenschaft  oder  das  Beigelegte 
nicht  anders,  als  nur  als  ein  Abstractum  gedacht  werden  kann  und 
soll,  indem  der  Plural  mehrfache  Fälle  und  Gelegenheiten,  Arten 
und  Umstände  des  abstract  gedachten  Ganzen  bezeichnet.  Wenn  wir 
sagen  z.  B.  wir  üben  das  Gedächtniss,  so  heisst  es  nur  niemoriam, 
nicht  memorias,  weil  das  Gedächtniss  hier  nicht  als  Mehrheit  in  ver- 
schiedenen Arten  concret  gedacht  werden  kann,  sondern  nur  als 
Abstractum;  aber:  wir  üben  den  Körper  heisst  cor/jor«,  nicht  corpus, 
weil  Körper  hier  nicht  abstract,  sondern  concret.  Jeder  den  Seinigen, 
gedacht  wird;  wir  legen  uns  aui Philosophie,  nicht  philosophiis  operam 
damus,  sondern  philosophiae,  denn  allgemein  soll  nur  die  Philosophie 
gedaclit  werden,  nicht  philosophische  Systeme,  Schulen  oder  Sekten, 
was  im  Plur.  philosophiae  liegen  würde.  Wenn  wir  sagen:  die  geist- 
vollsten Philosophen,  so  wird  ihr  Geist  nicht  abstract,  sondern  con- 
cret an  Grösse  verschieden  gedacht,  daher  summis  ingeniis  philosophi, 
aber  die  gelehrtesten  Philosophen  heisst  philosophi  exquisita  doctrina, 
weil  nicht  eitizehie  ff'issenschafteji  (doctrinae),  sondern  die  Gelehr- 
samkeit allgemein  und  abstrakt  zu  denken  ist,   also  nicht  exquisitis 


68.  Aber  Virgil  wagte  als  Dichter  bei  diesen  dreien  den  Plural  hordea, 
tritica,  farra  zu  brauchen  und  wurde  von  den  engherzigen  Sprachgelehrtcn 
wegen  dieser  Neuerung  bespöttelt.  Ueber  den  vielfältigen  Gebrauch,  welchen  die 
Dichter  vom  Plural  gemacht  haben ,  ist  sehr  lesenswerth  das  gelehrte  Progr. 
C.  Ge.  Jacob's,  de  usu  numeri  pluralis  apud  poetas  latinos.  Numb.  841.  4. 


32 

doctrmis.  —  Ferner  der  Pliir.  animi  und  spiritiis  oft  von  einer  Per- 
son, wenn  Stolz,  Vehennutli^  der  sich  in  einzelnen  Fällen  kund  tliut, 
gedacht  wird,  z.B.  Cic.  Sest.  41,  89  fractierant  unimi  hominis  (Clodii). 
Id.  Verr,  I,  30  Cn.  Dolabellae  spiritus  appellantur.  Dagegen  hätte 
Cic.  pro  Poinpejo  23  wunderlich  gesagt:  Imperatorern  decet  maiius, 
oculos,  animos  cohibere,  da  nur  animuni  statthaft  ist.  Nie  wohl  stiil- 
titiae  multorum  hominura,  sondern  nur  stultäia,  nie  saiiitates  animo- 
rum,  sondern  nur  sanitas.  Gut  aber  wohl  Cic.  Verr.  II,  14,  35  istius 
cupiditates  et  insam'as,  was  concret,  einzelne  unsinnige  Handlnngen^ 
gedaclit  wird;  Off.  I,  22,  78  domesticae  fortitudines,  muthvolle  Thaten 
im  Frieden,  im  Gegensatze  von  militares,  im  Kriege.  Ebenso,  wenn  die 
Lateiner  solatimn^  mors  u.  a.  im  Sing,  brauchen,  verstehen  sie  nur 
Trost,  Tod  im  Allgemeinen,  im  Plur.  sind  solatia  Trostgründe  und 
mortes  Todesarten,  wie  bei  Cic.  Tusc.  I,  48,  116  clarae  fnortes ;  iiiili- 
tas  ist  Nutzen,  Nützlichkeit  im  Allgemeinen,  aber  utilitates,  einzelne 
Arten  des  Nutzens,  Vortlieile,  meistens  äussere;  vnltus  im  Sing,  ist 
Gesicht,  Blich;  im  Plur.  diu  Miefien;  und  so  bei  vielen  andern ^s. 
61.  Wo  nun  bei  Mehrheit  des  Hauptwortes  auch  die  Nebenwörter 
als  Mehrheit  denkbar  sind,  werden  auch  diese  fast  immer  in  den 
Plurcd  gesetzt,  damit  beide  einander,  wie  es  auch  wirklich  ist,  in 
der  Zahl  gleich  seien,  Beispiele  aus  Cicero  mögen  für  ähnliche  Fälle 
die  Anwendung  lehren.  Parva  sunt  omnium  reruni  principia  (klein  ist 
aller  D.  Anfang).  Haec  omnia  nieliores  habebunt  exitus  (Ausgang, 
Ende).  Homines  familias  suas  (ihr  Gesinde )  continent.  Fumi  incen- 
diorimi  procul  videbantur.  Hoc  pertinet  ad  pueroruni  ortus  (Geburt). 
Talia  volatibus  (Flug)  avium  cantibusque  (Gesang)  praedicuntur.  Ejus- 
modi  erant  silus  (war  die  Lage)  oppidorum.  Ingenia  (der  Verstand) 
omnium  paria  esse  non  possunt.  lile  errantium  stellarum  cursus  (den 
Lauf  u.  s.w.)  ,  progressiofies,  iiistitiones  notavit  —  und  so  dergl.  melir. 
So  ist  es  fast  immer  bei  den  aus  zwei  Substantiven  zusammenge- 
setzten deutschen  Subst. ,  wenn  sie  im  Latein,  getrennt  werden, 
z.B.  die  Grabdenkmäler,  sepulcroruni  (nicht sepulc?'i)  momanenta;  die 
f'Vurzelfasern,  radicum  (nicht  radicis)  fibrae;  die  Nussschale7i,  ju~ 
glandiuni  (nicht  juglandis)  putamina ;  die  Wasserleitu?igi;7r,  aquarum. 
(selten  aquae^  ductus ;  das  Kunstwerk,  artis  opus;  die  Kunstwerke, 
artium  opera;  die  Träumer  scheinung,  visum  somnii,  im  Plur.  visa  so- 
mniorum.  Dagegen  die  Seelenkrankheiten  heissen  animi  (nicht  ani- 
morum)  morbi  oder  aegrotationes,  da  sie  nur  von  eitier  Seele,  nicht 
von  mehrern  gedacht  werden;  die  Saatzeiten,  terapora  satio?iis  (nicht 
satio7ium) ;  Händewerke  heisst  opera  manu  (nicht  manibus)  facta.  In 
Substantiven,  wie  das  Sachgedächt?iiss,  der  Wortsinn,  die  fiortarinuth, 
und  ebenso  wortarm  und  ähnlichen,  muss,  weini  nicht  bestimmt  nur 
eine  Sache  oder  ein  Wort  gedacht  wird,  der  Plural  stehen,  memoria 
rerum,  sententia  verborum,  inopia  verborum,  inops  verborum,  inter- 
pretatio  verborum  (d.  Worter kläru?ig^ .  Und  so  wende  man  den  Plu- 
ral überall  an,  wo  er  denkbar  und  passend  ist,  z.  B.  Auge  und  Ohr 
werden  befriedigt,  aures  et  oculi;   zu  Fusse  reisen,  pedibus  nicht 


69.  "V>1.  was  Hand  im  Lclirb.  p.  184  für  einzelne  Fälle  verständlich  bemerkt 
liat,  und  ausserdem  noch  Rcisig's  Vorles.  p.  131  und  Ellendt  z,  Cic.  de  erat, 
p.  378  fj,^g. 


33 

pede ;  zu  Pferde  einen  Weg;  machen  —  von  mehrern  Personen  equis, 
von  einer.,  equo ;  man  sage  niclit :  ea  diclata  magistrorum  tamqunm 
pretiosissimum  •/.iiu)]Xior  sibi  servant^",  sondern  pretiosissima  y.ujj.ij).iu; 
niclit :  optimossibi  quisque  scn'plores  tamquain  ejcemplar  (zum  Muster) 
sumat,  sondern  exemplaria;  nicht:  corrige  quae  tibi  secundum  gram- 
maticae  praeceptum  (Vorschrift^ Regel)  vitiosa  videntur,  sondern  prae- 
cepta,  obgleich  richtig  regulam  sein  würde,  weil  regnla,  wie  jiorma, 
nur  als  Sing,  gedacht  wird,  die  Richtschnur  heisst,  und  daher  keinen 
Plural  hat. 

6)  Collectivuwrter,   wie  pars,  nniltitudo,  Juventus,  werden,  wenn  62. 
Metischen  dabei   gedacht  werden,  tlieils  als  Singularen,  theils  dem 
Sinne  nach  als  Pluralen    betrachtet,  und    daher   kann  das  Verbum 
nicht  nur  im  Si?ig.,  sondern  auch  im  Plur.  mit  ihnen  gleich  gut  ver- 
bunden werden.  Da  der  Plural  die  Erzählung  mehr  veranschaulicht, 

so  ist  er  von  den  besten  Geschichtschreibern  seit  Cäsar  dem  Sin^u- 
lar  meistens  vorgezogen  worden.  Cicero  macht  dagegen  in  seinem 
Lehrvortrage  vom  Plural  wenig  Gebrauch,  nur  dann  etwa,  wenn  ein 
Zwischensatz  das  Subject  vom  Verbo  trennt.  Vgl.  Cic.  Fiu.  1,28  wupulant 
Bxxi  multitudo  bezogen  ist,  und  ebenso  Tusc.  IV, 3,  6  invitabantur.  In 
Erzählungen  ist  der  Plural  am  geeignetsten,  in  anderer  Rede  aber 
missbrauche  man  ihn  nicht,  durchaus  auch  dann  nicht,  wenn  das  Ver- 
bum vorangeht,  nicht  später  nachfolgt  ^l. 

7)  Einzelne  Substantiven  mit  und  ohne  Artikel,  aufweiche  eine  nähere  63. 
Relativbestimmung   folgt,  bedürfen    im  Latein,  noch    des  Pron.  ille, 
wenn  Vergangenheit  gedacht  wird.  Man  sage:  dies  ille,  quo  Cicero — , 
der  Tag,  an  welchem;  annus  ille,  quo  — ,  das  Jahr,  in  weicliem  u.  a. 

8)  Die  Monatsnamen  Januarius  u.  s.  w.  werden  mit  seltnen  Aus- 64. 
nahmen  ^2  nicht  als  Substantiven,  sondern  als  ^f//ec/?i'ew  betrachtet, 
und  bedürfen  daher  eines  substantivischen  Beisatzes,  wie  mensis, 
Kalendae,  Nonae,  Idus ;  man  sagtmensis  Januarius ;  Kalendae,  Nouae^ 
Idus  Januariae,  nicht  blos  Januarius^  auch  nicht  Kalendae  u.  s.  w. 
Januarii  oder  mensis  Januarii.  Diese  fast  gesetzmässige  Sprechweise 
beweisen  theils  die  Verse,  in  welchen  derNameunabgekürzt  steht,  theils 
auch  mehrere  Inschriften  ^^^  j/^uf  doppelte  Weise  aber  haben  wohl 
die  bessern  Lateiner  nicht  gesprochen,  wenn  gleich  in  den  Ausga- 
ben ihrer  Schriften,  sogar  in  manchen  neuern,  viele  Willkühr  herrscht, 
welche  auch  in  die  neulateinische  Schriftsprache  übergegangen  ist^*. 


70.  Wie  Mahne  im  Crito  p.  260  schreibt. 

71.  Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  184  u.  Reisig's  Vorles.  p.  325. 

72.  Wie  z.  B.  Cic.  Provinc.  15  Januario,  Fcbruario  proviiiciam  non  habebit; 
Fam.  X,  26,  1  in  SextUam  ohne  mensem,  und,  wo  es  aber  natürlicli  war,  Att. 
I,  1  excurremus  viense  Septembri,  ut  Januario  revertamur  —  und  so  vielleicht 
noch  da  und  dort,  aber  selten. 

73.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  444. 

74.  Es  ist  kein  Wunder,  dass  die  bessern  Neulateiner  des  secbszehntenJalirh., 
durch  ihre  Ausgg.  verführt,  sehr  willkührlich  geschrieben  haben.  Der  Irrthum 
entstand  durch  die  Abkürzung  des  adjectivischen  Monatnamens,  z.  B.  Jan.  oder 
Januar.,  Febr.  oder  Februar,  u.  s.  w.  Wenn  aber  die  bessern  Handschr.  der 
Klassiker  vollständig  z.  B.  ante  Kalendas  SextiUs,  Septembris  u.  dgl.  schreiben, 
so  ist  das  gewiss  nicht  der  Genitiv  des  Wortes  SextiUs,  September,  sondern 
die  altklassische  Form  des  Accus,  plur.  für  die  spätere  gewöhnliche  Sextiles,  Sep- 
tembres,  so  dass  auch  diese  alte  Schreibart  zum  Irrthum  verführte. 

3 


34 

Man  sage  also  nicht  ante  medium  Januarium'^^,  sondern  lieher  «nte 
m.  mensem  Januar iwn ;  nicht  medio  NovembrP^,  sondern  mediomense 
Novembri;  nicht  extremo  Sestt'h"'''^  für  extr.  mense  Sextül;  nicht 
ilhid  rejecit  in  Octobrem,  für  in  mensem  Octobrem"^^ ;  nicht  Feb- 
ruarius  olira  erat  mensium  ultimus,  für  mensis  Februarius ;  nicht  hoc 
accidit  Kalendis  oder  No?iis  oder  Idibus  Martii,  sondern  Martiis; 
nicht  pridie  Kalendas  Januarii^  sondern  Januarias. 

65.  9)  Die  Apposition  verlangt  bekanntlich  gleichen  Casus  und  bei 
einem  Personalsubstantive  auch  gleiches  Genus  und  gleichen  Nume- 
rus. Die  Verscliiedenheit  der  Sprachen  kann  leicht  Fehler  veran- 
lassen. Besonders  vorsichtig  sei  man  im  Genus  derer,  welche  com- 
muiiia  sind.  Man  sage  z.  B.  memoria^  flda  ctistos,  nicht  ßdus  custos^^; 
pax,  jucu?ida  comes,  nicht  jucundus  comes  —  und  ähnliche.  Wo 
ferner  eigene  ?nännliche  und  weibliche  Formen  neben  einander  be- 
stehen, werde  jedesmal  vorsichtig  die  richtige  gewählt,  z.  B.  reo:, 
regina ;  moderator,  moderatrix ;  victor,  victris ;  consultor,  consultrix. 
Incorrect  schreibt  daher  Sallust.  Jug.  64  cupido  et  \rz,  pessimi  con- 
sultores  für  pessimae  consultrices ;  er  raüssste  denn,  wie  es  fast 
scheint,  cupido  und  ira  als  Personen  und  jene  als  männliche  nach 
Dichterart  gedacht  und  darnach  sich  ausgedrückt  haben.  —  Gegen 
den  Casus  vcrstiess  neulich  Einer,  welcher  schrieb:  Evangelistae 
liaec  miracula  Jesu  commemorant,  1)  sedatio  proceilae;  2)  suscitatio 
mortui ;  3)  sanatio  u.  s.  w.  für  sedationem,  suscitationem,  sanationem. 
—  Poetisch  aber  sind  Verbindungen,  wie  urbs  Trojae^  flumen  Rheni^ 
mofis  Caucasi  und  ähnliche,  wo  die  Prosa  durchaus  die  Appositions- 
verbindung des  gleichen  Casus  fordert,  urbs  Troja,  fltnnen  Rhenus^ 
inons  Caucasus^^.  —  In  Redensarten  aber,  wie  der  Name  Pietät, 
das  Wort  Fergnügen  —  wird  der  Genitiv^  nicht  gleicher  Casus  ge- 
braucht, noraen  pietatis  (Cic.  Fam.  1,  9,  1),  nicht  no?ne?i  pietas ;  vox 
voluptatis  (Cic.  Fin.  I,  2,  6),  nicht  vqx  voluptas  —  und  wenn  gesagt 
wird :  Der  fünfte  April  war  als  Datum  beigeschrieben^  so  sagt  man : 
dies  Nonarum  Aprilium  adscripta  erat  (Cic.  Fam.  III,  11,  1),  nicht 
dies  —  Nonae  Apriles ;  der  dreizehnte  September  —  Iduum  Septem- 
brium  dies  (Tacit.  A.  II,  32,  3). 

^^'  10)  Beim  Ausrufe^  wo  der  Deutsche  den  Nominativ  gewöhnlich 
braucht,  vermeide  man  diesen,  als  den  im  Latein,  ungewönlichen 
Casns,  da  fast  nur  der  Accusativ  gebräuchlich  ist.  Man  sage  nicht, 
wie  wir:   O  ich  Blirider!  o  ich  Uftglücklicher !  o  ein  trauriges  Leben! 


75.  So  Mannt.  Ep.  III,  35. 

76.  So  Sadolet.  Ep.  I,  10. 

77.  So  Ebeiid.   Ep.  III,  2. 

78.  Wie  Cic.  Att.  II,  21,  5. 

79.  Wie  sich  sogar  Ruhnkeii  einmal  übereilte,  indem  er  Elog.  Hemslerli.  p. 
271  schrieb:  H'emstcrh.  memonae  suae,  fidissimo  ceteroquin  omaium  —  cvslodi, 
irasci  solebat  —  für  ßdissimae  custodi,  welche  Uebereilung  neulich  entschuldigt 
wurde  mit  ähnlichen  Uebereilungen  späterer  Griechen,  denen  auch  aus  der 
Vuigata  Prov.  24,  9  ahominatio  honiinum  detractor  est  —  hätte  beigefügt  wer- 
den köimen,  womit  sich  aber  wahrlich  Ruhnken,  der  strenge  Lateiner,  nim- 
mer entschuldigt  hätte. 

80.  Daher  ist  wohl  verdächtig,  was  bei  Caesar  B.  G.  I,  2  Einige  schreiben: 
monfe  Jurae  für  monte  Jvra  und  B.  G.  VII,  56  mous   Cevennae  für  Cevenna. 


35 

o  ego  caeciis!  o  ego  infelis!  o  vita  misera!  sondern  o  nie  caecurn! 
(Cic.  Att.  X,  10,  1)  0  me  infelicem!  (miserum!)  o  vitam  7nisernni! 
Damit  verwechsele  man  die  Anrede  im  Gespräche  nicht,  welche  den 
Vocntiv  fordert,  wobei  noch  zu  merken  ist,  dass  im  bessern  Latein 
nie  Jemand  mit  seinen  Vornamen  angeredet  wurde,  also  nie 
weder  Tidli  Cicero,  noch  Marce  T?illi'  Cicero,  nicht  Lact  Crasse, 
Marce  Pomponi  —  für  die  einfachen  Cicero,  Crasse,  Pomponi.  Die 
Vornamen  traten  vielleicht  nur  höchstens  zur  Unterscheidung  zweier 
Gleichnamigen  hinzu.  Vgl.  Ellendt  z.  Cic.  de  orat.  p.  347. 

11)  Der  Genitiv  und  Ablativ  des  Substantivs  ^m^x  Eigenschaft,^. 
z.  B.  ingenii  (ingenio),  doctrinae  (doctrina),  virtutis  (virtute) ,  pretii 
(pretio)  kann  ohne  ein  passendes  Adjectiv  nicht  zu  einem  andern 
Subst.,  als  dessen  Eigenschafts- Genitiv  oder  Ablativ  hinzutreten, 
wie  bei  uns,  der  Mann  von  Geist,  von  Gelehrsamkeit,  von  Tuge?id, 
eine  Sache  von  Werth  —  nicht  homo  ingenii  u.  s.  w.,  res  pretii,  aber 
wohl  eximii  ingenii,  summae  doctrinae,  magnae  virtutis,  magni  pretii. 
Ebenso  nicht:  ego  sum  laetitiae  (laetttia),  doloris  (dolore),  aber  ma- 
gnae  laetitiae  (magna  laetitia).  Uebrigens  vgl.  die  neuern  Gramma- 
tiken und  meine  Anleit.  §.  149  und  204  über  den  Gebrauch  des 
Genitivs  und  Ablativs  der  Eigenschaft. 

12)  N.  L.  ist  der  Genitiv  in  Redensarten,  wie  keins  meiner  Worte,  68. 
nicht  nullum  meorum  dictorum,  sondern  nullum  meum  dictum  (Cic. 
Fam.  I,  9,  21)  ;  nur  eins  deiner  Worte,  nicht  unum  verborum  tuorum, 
sondern  unum  verbutn  tuum  (Cic.  Farn.  X\,  4,  11)  —  und  so  in 
allen,  wo  noch  ein  Possessivpronomen  meiti,  dein,  sein  zu  einem  Zahl- 
worte, wie  keiner,  einer,  viele,  mehrere,  die  meisten  u.  dgl.  hinzutritt. 
Aehnliche  Beispiele  sind:  millum  officium  twim  (Cic.*Faro.  VI,  16); 
ego  nullam  epistolam  accepi  tuam  (ib.  11,  10,  1);  unis  se  litteris 
meis  omnia  consecutum  putat  (ib.  Xlll,  24,  3) ;  Autronius  multa 
mea  in  se,  nonnulla  etiam  sua  in  me  proferebat  officia   (Cic.  Sulla 

6,  18)  ;  in  tua  quadam  epistola  (Cic.  Att.  IX,  10,  3) ;  ex  muKis  ser- 
monibus  litis  (Tusc.  V,  1,  1)  ;  ex  tuo  sermone  quodam  (Fam.  VII, 
28);  quod  officium  tuum  defuit?  (Fam.  XI,  27,  4);  plurimas  epi- 
stolas  meas  (Plin.  Ep.  IX,  2,  1)  und  so  immer  in  allen  ähnlichen  —  so 
dass  Günther  zu  Com.  N.  Dio  3,  sehr  übereilt  diese  Sprechart  dictio- 
nem  Latinis  non  admodum  frequentatam  nannte,  da  sie  doch  die 
regelmässige  ist. 

13)  N.  L.  jst  der  Genitiv  des  Theils,  wenn  doch  kein  Theil,  sondern  69. 
vielmehr  alle,  wie  viele  oder  wie  wenige  es  sind,  gedacht  werden, 

zu  welchem  Genitiv  meistens  der  deutsche  Genitiv  deren,  derglei- 
chen, unser,  euer,  und  ähnliche,  zu  einem  Zahlworte  zugesetzte  Sub- 
stantiven im  Genitiv  verführen.  Wir  sagen:  Der  Bürger  waren  da- 
mals nur  wenige  anwesend;  die  Lateiner:  Tum  pauci  tantum  cices 
adfuerunt  —  nicht  civium;  denn  pauci  civiiim  heisst  wenige  unter 
den  B.  —  Vgl.  die  Grammatiken  und  meine  Anleitung  §.  156.  Daher 
missbilligt  es  F.  A.  Wolf  mit  Recht,  wenn  Ruhnken  Elog.  Hemsterh. 
p.  226  sagt:  ex  illis,  quorum  (deren)  singuli \ix  —  reperiuntur,  und 
ändert  quorum  in  qui  um,  denn  die  Uli  sind  die  folgenden  singuli. 
Ganz  anders  ist  es  bei  Cic.  Rep.  I,  1  quorum  (unter  welchen)  sin- 
guli saluti  huic  civitati  fuerunt  —  was  man  für  Ruhnken  angeführt  hat. 
14)   Fast  N.  Kl.  kann  man  den  Genitiv  zur  Bezeichnung  des  Gra-  70. 

3* 


36 

des  nach  Wörtern,  wie  eo,  dahin,  sotvett^zu  dem  Grade;  quo,  wieweit; 
huc,  bis  auf  den  Grad  nennen,  da  er  griechischartig  ist,  und  sich 
zwar  bei  Salhist  und  einmal  bei  Livius  (eo  consiietudinis),  sonst  aber 
nie  bei  Caesar  und  Cicero,  wohl  aber  bei  Spätem  findet.  Man  ver- 
meide also  mehr  Redensarten,  wie  eo  fe/icitatis,  eo  7nagiiitudi?iis 
pervenire,  zu  dem  Grade  von  Glück  (Grösse),  zu  solche?n  Glück,  zu 
solcher  Grösse  gelajigen,  und  sage  dafür  ad  eam  felicitatem  (magni- 
tudinem)  oder  eo  felicitate  (magnitudine)  pervenire.  Zumpt  sieht  diese 
Verbindung  als  Fortbildung  des  Bessern  an.  Vgl.  auch  Th.  II  unter  Eo. 

71.  15)  Selten  bei  den  bessern  Schriftstellern  ist  der  Genitiv  dessen, 
welchem  Einer  z.  B.  als  Legat,  Quaestor,  Kriegstribun  u.  dgl.  ge- 
geben und  beigeordnet  ist,  indem  dafür  gewöhnlich  der  Dativ  in 
Bezug  auf  das  Verbum  des  Satzes,  esse,  stellt.  Ebenso  auch  bei  heres, 
der  Erbe,  Jema7ides  Erbe  sein,  alicui  (nicht  alicujus)  heredem  esse. 
Daher:  er  ist  mein  Erbe,  mihi  est  heres,  nicht  7neus;  er  ist  rnein 
Legat,  ynihi  est  legatus,  und  so  auch  quaestor,  tribunus  militum  und 
dergl.,  nicht  meus.  Ebenso  aliquem  sibi  legare,  Einen  zu  seinem  Le- 
gaten machen.  So  bei  Cicero:  Caesar  me  sibi  \\i\t  esse  legatura  (Att. 
II,  19,  5);  Mescinius  w/ä«*  quaestor  fuit  (Farn.  XIII,  26,  1);  Murena 
legatus  Lucullo  fuit  (Muren.  14) ;  Scipio  in  Africam  venit  Manilio 
consjili  ad  quartam  legionem  tribunus  militum  (Somn.  Scip.  1) ;  qui 
M.  Aemilio,  clarissimo  viro,  legati  et  praefecti  fuerunt  (Cluent. 
36,  99)  ;  qui  fratri  meo  legatus  fuit  (Plane.  41,  100) ;  heres  est 
M/ndio,  fratri  suo  (Fam.  XIII,  26,  2)  —  und  so  noch  oft.  Nur  selten 
anders ,  z.  B.  frater  meus  legatus  est  Caesaris  (Att.  I,  9,  21) ;  Q. 
Metellus,  cußis  legatus  erat  (Off.  III,  20,  1)  ;  M.  Antonii,  ct/jus  prae- 
fectus  cum  esset  (Brut.  45,  168) ;  quam  eum,  cujus  quaestor  fueris, 
accusare  (in  Caecil.  20),  wo  kurz  vorher  cui  quaestor  fuerara  ge- 
sagt war  —  und  so  noch  einigeraal. 

72.  16)  N.  L.  dagegen  ist  der  Dativ  für  den  Genitiv,  wenn  bestimmt 
derEigenthümer  oder  Besitzer,  nicht  blos  der,  welcher  Etwas  hat,  ange- 
geben wird.  Wir  sagen:  dieses  Haus  ist  meinein  Vater,  die  Lateiner: 
est  patris  mei,  nicht  patri  meo ;  ist  mir,  est  mea,  nicht  est  mihi.  Falsch 
wäre:  haec  villa  nunc  est  mihi,  quae  quondam  fratri  meo  fuit,  für 
est  mea  — fratris  mei  f. 

73.  17)  N.  L.  ist  bei  esse  laudi  (zum  Lobe),  decori,  dedecori  und  ähn- 
lichen Dativen  der  Zusatz  eines  Genitivs  oder  Possessivpronomens 
zur  Angabe  dessen,  zu  dessen  Lobe,  Ehre,  Schande  —  Etwas  ist  oder 
dient,  anstatt  eines  zweiten  Dativs.  Wir  sagen:  das  dient  zu  meinem 
Lobe,  die  Lateiner:  das  dient  mir  zum  Lobe,  hoc  mihi  est  laudi,  nicht 
meae  est  laudi;  zum  Lobe  meines  Bruders ,  fratri  est  laudi,  nicht 
fratris.  Daher  in  der  Frage  zu  wessen  Vortheil?  cui  bono  ?  nicht 
cujus  bono?  —  und  so  in  ähnlichen.  —  Dagegen  ist  der  Dativ  N.  L., 
wo  wir  sagen:  daskaminir,  den  Eltern  zu  Ohren,  nicht  mihi,  pa- 
renlibus,  sondern  hoc  ad  aures  meas,  ad  aures  parentum  venit;  er 
fiel  den  Feijiden  in  die  Hände,  nicht  hostibus  in  manus  incidit,  son- 
dern in  hostium  manus. 

74.  18)  Vermieden  werde  der  Dativ  einer  Person  für  a  mit  dem 
Ablativ  bei  einem  Passivo  im  Präsens,  Imperfectum  und  Futurum, 
z.  B.  ich  werde  von  Keinem  verstanden,  intelligor  nulli  für  a  nullo, 
indem  dieses  P,  L.  und  in  Prosa  Sp.  L.  ist ;  in  der  guten  Prosa  kommt 


37 

es  jedoch  bei  der  PnTticipialform  des  Perf.  mit  esse  mehrmals  vor, 
sowie  es  bei  dem  passiven  Participioaiif  «/^(/ms  und  endus  ganz  gewöhn- 
lich ist,  wo  jedoch  auch  a  klassisch  ist,  zumal  wenn  es  zur  Verständ- 
lichkeit des  Satzes  nothwendig  ist,  wie  in ///^ÄZ/rff^r/ subveniendiim 
est,  welches,  um  Zweideutigkeit  zu  vermeiden,  entweder  a  me  frotri 
oder  mihi  a  fratre  subv.  est,  heissen  muss.  Vgl.  Reisigs  Vorlesungen 
p.  679  und  748. 

19)  Nur  sehen  bei  den  Klassikern,  d.h.  bei  allen  bessern  Schrift-  75. 
stellern  (und  vielleicht  noch  hie  und  da  fehlerhaft,  wenn  man  nicht 
mögliche  Uebereilung  des  Schriftsteilers  annehmen  will)  ist  der 
jiccusatic  bei  ante  und  post,  wenn  angegeben  wird,  um  wie  viel  Zeit 
vorher  oder  fiachher  Etwas  geschehen  sei,  wo  in  der  Regel  lateinisch 
der  Ablativ  gebraucht  wird,  indem  ante  und  post  nur  dann  den  ^c- 
cusativ  bei  sich  haben,  wenn  sie  Praepositionen  sind  und  vor  und 
nach  bedeuten,  z.  B.  vor  (nach)  wenigen  Tagen,  ante  (post)  paucos 
dies,  aber  wenige  Tage  vorher  (nachher),  paucis  ante  (post)  diebus. 
Sowie  aber  wir  Deutschen  bisweilen  nachlässig  vor  für  vorher  und 
nach  für  nachher  brauchen,  so  vielleicht  auch  bisweilen  die  Latei- 
ner, wenn  für  den  regelrechten  Ablativ  der  Accusativ  steht.  Der- 
gleichen aber  verdient  keine  Nachahmung,  wie  sie  sich  dennoch 
bei  den  Neulateinern  findet.  Jedoch  ist  zu  bezweifeln,  ob  jemals, 
wenn  mit  ante  oder  post  eine  zweite  Zeitangabe  im  Accusativ  folgt, 
auch  die  erste  im  Accusativ  stehe.  Unlateinisch  ist  gewiss:  multos 
ätmos  afite  (post)  proelium  Cannense ;  paucos  annos  ante  (post)  Fir- 
gilii  mortem,  für  mtiltis  annis,  paucis  annis ;  nicht  aliquot  an?ios  post 
Sardes  captas  u.  a.  für  a7inis  — ,  wenn  nicht  etwa  der  Accusativ  die 
Dauer  der  Zeit  eines  angegebenen  Ereignisses  anzeigen  soll,  wie 
bei  Cic.  leg.  Manil.  18,  54  at  hercule  aliquot  annos  continuos  ante 
legem  Gabiniam.  Fehlerhafte  Beispiele  aus  Neulateinern  übergehe 
icii  und  erwähne  dafür,  dass  auf  der  andern  Seite  im  N.  L.  zuwei- 
len der  Ablativ  bei  atite  und  post  da  stehe,  wo  der  Accusativ  er- 
forderlich ist,  z.  B.  Ecce^i  narrabat  (für  narravit)  ille,  se  paucis 
post  diebus  ad  te  esse  profecturum  —  für  post  paucos  dies,  da  Nichts 
erwähnt  ist,  nach  welchem  er  wenige  Tage  nachher  abreisen  würde. 
Fehlerhaft  ist  auch,  wenn  z.  B.  perpaucis  diebus  für  perpaucis  ante 
diebus  gebraucht  wird,  wie  perpaucis  ^^  diebus  ad  te  litteras  rescri- 
pseram,  wo  es  nach  Cicero  (Farn.  IV,  9, 1.  VI,  20,  1  u.  a.)  perpau- 
cis ante  diebus  heissen  musste.   Vgl.  noch  Reisig's  Vorles.  p.  712. 

20)  'Sielten  und  nicht  nachzuahmen   ist   der  Ablativ   zur  Angabe  76. 
der  Dauer  der  Zeit  für   den  Accusativ.   Man   sage    nicht:  regnavit 
dtiobus   annis   für   duos  (duo)  annos;  vixit    octoginta  annis  für  oct. 
annos.  —  Zu  merken   ist  hier  noch  die  Verschiedenheit  des  Aus- 
drucks bei  svpplicatio  (Dankfest),  wenn  angegeben  wird,  wie  lange 

es  dauern  solle  oder  angeordnet  und  angekündigt  sei.  Cicero  und 
Cäsar  (B.  G.  IV,  38.  VII,  90)  wählen  fast  nur  (jener  immer)  den 
Genitiv  als  Zeiteigenschaft  der  supplicatio,  z.  B.  supplicatio  quin- 
decim  dierum  decreta  est.  Jedoch  braucht  Cäsar  B.  G.-  II,  35  auch 


81.  So  Fülleborn  Theorie  des  lat.  Styls,  p.  lOa. 

82.  So  Longol.  Ep.  I,  3.. 


38 

den  Accusativ,  dies  q?i?'ndectm  supplicatio  decreta  est,  und  so  auch 
Livius  XXVII,  4,  15  supplicatio  diem  umwi  Romae  —  nllermn  in 
Capenate  agro  indicfa  est;  XLI,  28,  1  dient  unum  supplicatio  l'uit 
ob  —  et  alterum  diem  supplicatio  ad  Cereris — fuit;  und  wie  wir 
sag^en  mif  einen,  zivei ,  drei  Tage,  so  Livius  mit  der  Präpos.  in, 
wie  XXXVII,  47,  4  iii  unum  diem  supplic.  decreta  est  —  in  alterum 
die7n,  quod  — . 

77.  21)  Sehr  beschränkt  ist  im  bessern  Latein  der  gräcisirende  «6- 
solute  Accusativ,  z.  B.  id  aetatis,  in  dem  Alter ;  id  gemis,  von  der  Art 
(vgl.  Grammatik);  aber  ausgedehnt  auf  Participien  und  Adjectiven 
ist  er  aus  den  Dichtern  seit  Livius  (vgl.  XXI,  7,  10.  XXVII,  37) 
in  die  Prosa  übergegangen  und  ist  nicht  selten  bei  Tacitus,  Sueton 
und  andern  Nachklassikern;  z.  B.  longam  indutus  vestem,  ictus  ad- 
versum  fetnur,  dextrum  genu  lapide  ictus  et  utrumque  hrachiuin 
consauciatus.  Zu  verschweigen  aber  ist  nicht,  dass  auch  schon  Cae- 
sar (B.  G.  II,  8)  bei  einer  kurzen  Ortsbeschreibung  sagt:  collis//o«- 
tem  leniter  fastigatus,  vielleicht  eine  zur  Alltagssprache  gehörige 
Redensart.  Kl.  und  gut  sind  aber  die  Neutra  id,  hoc,  illud,  quid,  quod, 
omnia,  multa  bei  Verbis,  anstatt  der  Verbindung  mit  de,  in  u.  dgl.;  z.  B. 
quid  gatides,  worüber  freust  du  dich;  om?iia  assentior,  in  Allem  stimme 
ich  bei  u.  dgl. 

78.  22)  Wo  wir  in  Redensarten,  wie:  Wasser,  Getraide,  Geld  u.  dgl. 
haben,  geben, nehmen,  herbeibringen  u.  a.  noch  dazu  setzen:  in  Menge, 
im  Ueberfltiss  w.  dgl.,  wird  dieser  Zusatz  im  Latein,  nicht  wörtlich 
übersetzt,  sondern  mit  dem  Haupt  Substantiv  auf  irgend  eine  Art 
verbunden.  Man  sage  nicht:  exercitus  aquam  (in)  magna  copia  ha- 
bebat, hatte  W.  in  grosser  Menge,  sondern  wie  Caes.  B.  C.  III,  49 
ex  summa  aquae  copia  utebatur ;  nicht  frumentum  magna  (ingenti) 
copia  afferunt,  sondern  magnam  frumenti  copiam  äff.;  nicht  ei^^  pe- 
cuniam  magna  copia  dedit,  sondern  ei  magnas  (ingentes,  immensas) 
pecunias  dedit;  nicht  cives  magno  numero  {magna  muUitiidine)  con- 
veniunt,  sondern  magnus  civium  numerus  oder  magna  civiuni  multi- 
tudo  convenit  oA^r  ci\'Q^  fr equentes  conveniunt;  nicht  jumenta  et 
carros  maximo  numero  coemunt,  sondern  wie  Caesar  (B.  G.  I,  3) 
yumentorum  et  carrorum  (quam)  maximum  numerum  coemunt;  niclit 
frumentum  co])ia  suppetit,  Getr.  ist  in  Menge  da,  sondern  wie  bei 
Caes.  ebend.  frumenti  copia  supp.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo,  und  Th. 
II  dieses  Buches  unter  Copia.  —  Auf  gleiche  Art  muss  man  sich  in 
andern  ähnlichen  Verbindungen  ausdrücken  und  den  Ablativ  ver- 
meiden, z.  B.  Jünglinge  werden  am  Körper  (körperlich)  durch  Ar- 
beiten gekräftigt,  corpora  adolescentum  laboribus  firmantur ;  er  un- 
terscheidet sich  im  tlrtheile  nicht  viel  von  den  Thieren,  non  multum 
differt  a  judicio  ferarum. 

79.  23)  Sowie  nach  bekannter  latein.  Sprechweise  bei  Bestimmung 
des  Theils  oder  der  Seite  eines  Ortes,  seines  Atifanges,  seiner  Mitte 
oder  seines  Efides  für  prima,  media,  extrema  loci  pars  blos  gesagt 
wird  priimis,  medius,  extremus  locus,  so  wird  auf  ähnliche  Weise  bei 
Namen  der  Feste,  die  aus  mehrern  Tagen  bestehen,  im  Latein,  mei- 


83.  Wie  Ang.  Politian.  im  latein.  Herodian.  VI,  16. 


39 

stens  für  primus  dies  Saturnalinm  gesajsrt  prima  Soturnalia  und  so 
weiter,  senmdu,  tertia,  der  erste,  zweite,  dritte  Festtag  der  Satur- 
nalien.  So  bei  Cicero  (Att.  XIII,  52,  1)  secvndis  Suturnalibns,  und 
nachher  tertiis  Saturn.,  ajii  zveiten,  am  dritten  Tage  der  Sat.  So 
sage  man  auch  bei  neuern  Festen,  z.  B.  am  ersten  Ostertage,  primis 
Paschalibus,  nicht  primo  die  Paschalium.  Selten  sind  Abweichungen, 
wie  bei  Livius  XIV,  1  ludorum  Romanorum  secundo  die. 

24)  Viele  verwerfen  Redensarten,  wie:  Epicuriliber  de  voluptate ;  SO. 
Ciceronis  epistola  ad  Luccejum;  pugna  nobilis  ad  Cannas  als  un- 
lateinisch oder  wenigstens  als  unklassisch,  wo  nemlich  ein  Subst. 
mit  einem  Präpositionszusatze  ohne  ein  Verbum  oder  Participium 
verbunden  ist.  Allerdings  setzen  die  Lateiner  sehr  oft  für  die  Prä- 
position 1)  den  Genitiv,  z.  B.  similitudo  Dei,  Aehnlichkeit  ynit  Gott, 
oder  2)  ein  stellvertretendes  j4djectiv,  z.  B.  poculum  aurenm,  ein 
Becher  von  Gold,  oder  3)  nehmen  sie  ein  Verbum  zu  Hülfe  als  Stütze 
für  die  Präposition,  z.  B.  Brief  an  den  Luccejus,  epistola  ad  Luc- 
cejutn  missa,  data  oder  scripta,  oder  4)  erweitern  sie  den  Präposi- 
tionszusatz zu  einem  relativen  Nebensatze,  was  besonders  im  redne- 
rischen Style  geschieht,  z.  B.  Plato's  Buch  über  die  Seele,  Piatonis 
über,  qui  est  de  animo,  für  das  einfache  Piatonis  de  animo  über.  — 
Aber  dennoch  findet  man  nicht  selten  Substantiven  verbunden  mit 
einem  Präpositionszusatze,  besonders  bei  denen,  welche  einen  thä- 
iige?i  Verbalbegriff  enthalten,  der  eine  Präposition,  wie  sie  der 
Wortsinn  verlangt,  fordert,  z.  B.  deductio  in  agros ;  via  ad  gloriam, 
ad  laudem,  cursus  et  Impetus  animorura  ad  veram  laudem  atque 
hofiestateni ;  dux  in  Italiam ;  receptus  in  Siciliam ;  adventus  in  urbes  ; 
virtutum  cursus  ad  voluptatem ;  exercitatio  iyi  dialecticis ;  reiUtns  in 
patriam,  in  gratiam  cutn  iiiimicis  (JFiederversöhnung  mit  F.);  fugi- 
tivus  ab  saltu  Pyrenaeo ;  excessus  e  vita;  mansio  in  vita;  conscensio 
in  naves;  fuga  ab  urbe ;  introitus  in  urbem,  sogar  blos  Romam,  wie 
introire  Romam;  defectio  a  mente,  ab  Romanis  ad  Hannibalem  — 
und  so  viele  andere  ähnliche;  und  wie  man  redire  domum  sagt,  so 
auch  domujn  reditio.  Daher  fällt  nicht  auf  lectio  sine  ulla  delecta- 
tione,  da  das  Verbale  lectio  einen  Zusatz  mit  cum  oder  sine  sehr 
wohl  verstattet. 

Aber  nicht  blos  bei  Verbalsubstantiven  und  ihnen  ähnlichen,  son-  81. 
dern  auch  bei  andern  findet  man  Präpositionen  mit  ihren  Subst.  als 
Beisätze  anderer  Substantiven.  Bei  den  besten  Lateinern  kommen 
folgende  Präpositionen  ohne  Verniittelung  eines  Verbi  vor:  ])  ß,  ab, 
z.  B.  firmus  ab  equitatu;  inops  ab  amicis ;  mediocriter  instructus  a 
doctrina ;  perfuga  a  Pyrrho;  legati  ab  Jlexa?idro ;  ancilla  ab  Andria 
(Terent.  Andr.  I,  1,  329);  metus  a  vi;  iiisidiae  u  7neis ;  nostri  illi 
a  Piatone;  litterae  a  Caesare ;  illae  litterae  ab  Hannibale  ad  Phi- 
lippum  (Liv.  XXIII,  34,  7);  nuUa  ab  armis  quies;  vacuitas  ab  ango- 
ribus;  eiictum  a  Bruto ;  imperia  a  populo  Rom.  u.  a.  2)  Ad,  z.  B. 
epistola  ad  Caesarem;  in  nuiltis  epistolis  ß(/ «m?cos  ^wos;  vehemens 
ad  illum  epistola;  si  quid  ad  me  litterarum;  proelium  (pugna)  ad 
Cannas,  ad  Alliam;  victoria  ad  Cannas;  caecitas  ad  omniu;  invitatio 
ad  dolendum;  oranes  tui  ad  laudem  Impetus.  3)  Apud,  z.  B.  proelium 
apud  Cremeram,  apud  Leuctra.  4)  Cum,  z.  B.  morbus  cum  imbecilli- 
tate ;  fletus  cum  singultu ;    optabiles   mortes    cum   gloria ;   interitus 


40 

C7im  sceJere ;  vitae  ciiltiis  cum  eleganiia  et  copia;  similitndo  cnm  den, 
cum  co7'porfb?is,  wofiir  auch  dei  und  corporum  in  demselben  Sinne 
vorkommt;  certamen  cum  patribus ;  bellum  cum  Hannibale.  5)  J)e^ 
z.  B.  Ej)icuri  de  vohtplote  über;  primus  über  de  natura  deornm; 
tertius  de  phf'Josophta  über;  hos  de  philosophia  Mhvo^',  ir^slih^Wx  de 
jure  civili;  sevfcus  über  de  re  publica ;  m  uostris  de  re  publica  übrls  ; 
Demetrii  über  de  concordia;  iüa  (verba)  de  Andromacha  (aus  der 
Andromnche  des  Ennins)  ;  iüa  Acliillis  de  Iphige?iia  (aus  der  Iphi- 
genie);  versus  de  Philocteta,  de  Phoem'ssis  (aus  dem  Ph.) ;  homo  de 
schola;  malus  poeta  de  populo ;  liomo  de  plebe  ;  puer  de  trivio,  ein 
Gassenjunge  (was  man  verworfen  hat);  declamator  f/e  ludo;  rabula 
deforo;  remex  de  classe ;  nescio  qui  de  Circo  maximo;  unus  de  ?nultis 
u.  a.  m.  6)  E,  ex,  z.  B.  Ponticus  Ileracüdes  ex  eadem  schola;  summi 
ex  Graecia  homines;  homines  ex  plebe ;  negotiator  ex  Africa;  omnes 
ex  Gallia  naves;  nepos  ex  ßlia;  soror  ex  matre;  multi  ex  hominibus 
du;  cortex  ex  arboribus;  monile  ex  auro;  signum  ex  ebore ;  hi  ex 
urbe  sicarii;  summa  jucunditas  e  quotidiano  cultu  et  copia;  insatia- 
biüs  quaedam  e  cognoscendis  rebus  voluptas.  7)  Erga,  z.  B.  meritum 
erga  tuos ;  illorum  erga  nos  benevolentia ;  tua  voluntas  erga  nie  n. 
ähnüche.  8)  /w,  z.  B.  Europa  i?i  tauro  (Cic.  Verr. IV,  60,  J35,  wo  die 
Ausgg.  meistens  noch  se^e7?sliaben,  Mas  R.Klotz  g'estrichen  hat);  mala 
imgtia  if/ Leu ctris  ;  Domitins  praetor  in  Sicilia  ;  agros  ifi  Macedonia 
regios;  agros  in  Hispania  upud  Carthaginem  novnm  ;  omnia  in  vita 
commoda;  merita  iu  patriani ;  crudeütas  in  cives;  injuriae  in  socios, 
in  reges,  in  liberas  civitates ;  matris  ^>^  //Äe/*os  scelera;  jusjurandnra 
in  Pompeji  verba.  Endlich  9)  Sine,  z.  B.  senectus  sine  querela;  poten- 
tia  sine  injuria;  homo  sine  ulla  religione  et  fide ;  ignavus  ac  sine 
animo  miies ;  vir  temperatus,  constans,  sine  metu,  sine  aegritudinCy 
sine  luhidine ;  vita  sine  amicis  und  so  viele  andere. 
82.  Nach  diesen  und  vielen  ähnlichen  Beispielen  mögen  die  bei  den 
Neulateinern  vorkommenden  ähnlichen  nicht  zu  vorschnell  als  un- 
klassisch oder  wohl  gar  als  unlateinisch  verworfen  werden.  Aber 
nicht  nur  bei  der  Beurtheilung  solcher,  sondern  auch  bei  eigener  Nach- 
ahmung im  Schreiben  ist  grosse  Vorsicht  nöthig.  Denn  wohl  möchte 
bezweifelt  werden,  ob  z.  B.  Roma  ad  Tiberim  für  R.  ad  Tiberim  sita 
oder  posita,  Milonis  domus  in  Germalo  für  qnae  est  (fuit)  in  G., 
urbes  ad.  mare  für  marilimae,  ad  mare  sitae,  hortus  ante  nrbem  für 
suhirbanus  —  gut  sei.  Auch  möchte  das  obige  praetor  in  Sicilia  als 
etwas  zu  Seltenes  nicht  nachzuahmen  sein;  z.  B.  nicht  rcx  in  Macedo- 
nia, in  Ponto,in  Thracia —  für  rex  Macedoniae,  Ponti,  Thraciae;  nicht 
urbs  in  Graecia  für  Graeciae ;  nicht  victoria  in  Olympiis  (in  den 
Olympischen  Spielen)  für  Olympiorutn;  nicht  prooemium  ad  libruin 
für  libri,  wie  Cic.  Orat.  69,  230  in  prooemio  belli  Punici  (zum  Pun. 
Kriege);  und  so  bezweifelt  R.  Klotz  zu  Cic.  Tusc.  11,3,  7  wohl  mit 
Recht  die  Latinität  von  über  sine  ulla  delectatione,  wiewohl*  es  nach 
dem  richtigen  lectio  sine  ulla  delect.  gebildet  ist.  Es  ist  also  grosse 
Vorsicht  und  gute  Auctorität  für  die  Nachahmung  nöthig  s*. 


84.  Das  Meiste  des  liier  Gegebenen  verdanke  icli  Hrn.  D.  Dietricli  in  der  lebr- 
reicben  Recension  dieses  Buches  in  d.  Zeitschr.  f.  d.  Altherth.  J.  1837.  Nr.  44. 
A«cb  findet  man    manches   Brauchbare   in   d.  Jahrb.   f.   Pliil.  Jahrg.  2.  H.  3. 


41 

b)   Adjectiva. 

1)  Adjectiva  als  Substantiva  zu  g^ebrauchen  ist  im  Deutschen  durch  83. 
den  vorgesetzten  Artikel  sehr  gewöhiilicli,  z.B.  der  Gute,  der  Gelehrte, 
der  Reiche,  der  Arme  u.  s.  w.  Aber  im  Lateinischen  ist  der  Gebrauch 
fast  nur  auf  den  Plural  beschränkt,  weil  dadurch,  dass  dann  eine 
ganze  Klasse  von  Menschen  gedacht  wird,  der  BegriflF  concret  wird, 
der  im  Sing,  mehr  abstract  ist.  Nur  wenige  kommen  im  Singular 
substantivisch  vor,  wie  amicus,  ofßnis,  aemulus,  adolescens,  aequalis, 
adversarius,  cognatus,  familiaris,  inimictis,  juvenis,  iiigeimus,  liber 
(der  Freie),  mortalis,  necessarius,  propiiiquus,  peregrinus,  senex,  so- 
eins,  sponsa  u.  spotistis,  vicinus  —  und  so  wohl  noch  einige  andere, 
deren  substantivischen  Gebrauch  die  bessern  Lexica  angeben.  Ebenso 
patria,  musica,  rhetorica  und  andere  aus  dem  Griechischen  herüber- 
genommene. Zu  ihnen  kommen  noch  die  Participien  der  Gegenwart, 
wenn  sie  Personen  bezeichnen,  da  sie  einen  Satz  mit  is  qui  um- 
schreiben und  concrete Begriffe  enthalten,  z.  B.  ffWßws,  d.  i.  is  qui  amat, 
ein  Liebender  oder  der  Liebende,  em  Ferliebter ;  somnia?is,  d.  i.  is  qui 
soniniat,  ein  Träumer.  Daher:  nihil  difficile  amanti  puto  (Cic.  Orat. 
10,33);  jacet  corpus  dormientis,  ut  mortui  (Cic. Divin.  1,3).  Auch  ist 
bei  Cicero  ganz  gewöhnlich  eloqtiens,  devBeredte  und  sciens,  der  Renner 
ohne  vir  oder  homo,  und  wenn  er  Tusc.  IV,  14,  32  animus  inge?iiost 
ebenfalls  ohne  hominis  sagt,  die  Seele  ei?ies  Geistvollen,  ei7i  grosser 
Geist,  so  war  das  dem  Zusammenhange  ganz  gemäss.  Nicht  auffallend 
konnte  auch  Caesar  B.  G.  IV,  15  confiuens  mit  einem  Genitiv  in  der 
Bedeut.  der  ZusamjneJifluss  brauchen,  und  oft  stehen  bei  ihm  ohne' 
miles  —  defessus,  saucius  \\.  dgl.  wie  Substantiven  mit  jene^  dazu  ge- 
dachten Worte.  Wenn  nun  aber  selbst  Cicero  Orat.  I,  5, 17  eruditio 
libero  digna  ohne  homine  sagt  und  Fin.  V,  17,  47  nihil  est  —  quod 
dignum  libero  aut  indignum,  und  Verr.  11,24,58  quid  est  turpius  z'wg^e- 
nuo,  quid  minus  libero  dignum  (vgl.  noch  Orat.  11,62.  Lael.  24,7),  so 
tadelte  man  übereilt  Ruhnken,  dass  er  (Opusc.  T.  I,  p.  84)  schrieb: 
artem  ingenuo  ac  libero  dignam,  weil  er  homine  ausgelassen  hatte. — 
Im  Plural  aber  kommen,  wie  schon  erwähnt,  die  Adjectiva  häufig 
als  Substantiva  vor  ohne  viri  oder  homines,  welche  nur  bisweilen  aus 
stylistischen  Gründen  noch  beigesetzt  werden.  So  honi,  beati,  docti, 
indocti,  eruditi,  pr?identes,  imprudentes,  diserti,  divites,  pauperes,  ve- 
teres,  coelestes,  pudentes,  pudici,  impudici,  sapientes,  stulti,  noti,  men- 
dici,  sicci,  vinolejiti,furiosiu.  a.  m.;  so  auch  mei,  nostri,  Stoici,  Graeci 
und  alle  ähnliche;  der  Gebrauch  geht  weiter  als  man  denkt.  ^g\. 
Hand's  Lehrb.  p.  160  ^^. 

Es  kann  aber  zu  keinem  Adjectiv  oder  Participium,  wenn  es  sub- 
stantivisch steht,  weder  im  Singular  noch  im  Plural  ein  Adjectiv  der 
Grösse  gesetzt  w  erden,  wohl  aber  Zahlwörter,  wie  multi,pauci,  omnes. 


p.  6  fgg.,  bei  t'abri  z.  Liv.  XXI,  11,  3  u.  63,  2,  in  Ed.  Hänisch  zweiProgr.  über 
d.  Verbindung  der  Nomina  subst^  durch  Präpositionen  in  d.  lat.  Spr.  Ratibor 
18.35  und  1838,  und  darüber  Jahrb.  1838.  XXIV,  p.  234,  u.  Teipel  ebendas.  p. 
219  fg.  und  in  Hrn.  Axt  Progr.  Vestr.  Spurinnae  lyr.  reliq.  Francof.  1840, 
p.  92.  Auch  vgl.  Keisig'.s  Vorlesung,  p.  617. 

85.  Auch  hier  verdanke  ich  das  Meiste  und   Berichtigung   des   ehemals  Ge- 
sagten dem  Hrn.  D.  Dietrich  in  d.  angeführten  Recens. 


42 

aliquot  u.  a.  Unlateinisch  ist  viagnus  sapiens,  major  sap, ,  ?na.vinms 
sap.  für  sapiefitior,  sapientissimus ;  atnans  magfms  oder  maximus  für 
amaiitissimus^^.  Eben  so  unlateinisch  ist  verus  sapiens^  ein  wahrer 
Weiser  für  re?-e  sapiens  ;  verus  Ciceroniamis,  ein  wahrer  Ciceronianer 
für  germanus  Cicero  oder  tJere  Ciceronianus,  oder  auf  andere  Weise 
ausgedrückt. 

84,  2)  Dagegen  hat  das  Neutrum  eines  Adjectivs  im  Singular  nicht 
selten,  besonders  in  der  philosophischen  Sprache,  substantivischen 
Begriff  und  wird  dadurch  in  der  Bedeutung  dem  abstracten  Substan- 
tiv ähnlich,  z.  B.  bo?mm,  verimi  (bei  Cicero,  Horaz  U.A.),  honestum, 
/;///cArMm  (bei  Horat.Sat.  1,1,44  quid  habet /jm/cä/t"  constructus  acer- 
vus),  beatumu.a.,  den  Substantiven  bonitas,  veritas,  honest as,  pul- 
chritudo,  beatitas  (beatitudo,  beata  vita),  und  so  wechselt  Cicero  bis- 
weilen mit  solchen  Neutris  und  den  abstracten  Substantiven,  zumal 
wenn  der  Sinn  auch  concret  zu  denken  ist,  indem,  wo  der  Sinn  nur  ab- 
stract  gedacht  werden  soll,  nur  das  wahre  abstracte  Substantivuni 
steht.  Man  kann  nur  sagen:  veritas  vincit  imitationem,  n\c\\i  verum; 
veritas  et  ratio  eam  mentem  praescribit;  non  me  offendit  veritas  lit- 
terariun ;  pulchritudo  corporis  movet  oculos  —  und  so  ähnliche,  wo 
schon  ein  anderes  zutretendes  Subst.  oder  ein  beigesetzter  Genitiv 
das  Neutrum  eines  Adjectivs  im  abstracten  Sinne  verbieten  würde, 
indem  das  Adjectiv  nie  seine  concrete  Natur  ganz  verläugnet  und 
daher  auch  oft  mit  dem  Plural,  welcher  ganz  concreter  Natur  ist, 
vertauscht  wird;  z.  B.  verum  oder  vera  audire  ;  verum  und  vera  quae- 
rere;  honesta,  laudabilia,  frigida,  calida  u.a.m.,  und  dieser  Plural  ist 
gerade  da,  wo  mehreres  Einzelne  zu  denken  ist,  mehr  als  der  Sin- 
gular im  Gebrauch,  z.  B.  das  Meinige,  mea ;  das  Grosse,  magna ;  das 
Schwere,  difßviUa  und  ähnliche.  Auch  lässt  sich  endlich  durcli  ein 
vorgesetztes  Pronom.  hoc,  illud,  idem  ein  solches  Neutrum  für  ein 
abstractes  Subst.  brauchen,  z.  B.  hoc  simile  (Cic.  Orat.  II,  78),  diese 
Aehnlichkeit,  dieses  Gleichniss  ;  idem  simile  (Tusc.  11.  5,13),  ebendas- 
selbe Gleichtiiss.  Uebrigens  kommen  noch  andere  Singular -Neutra 
substantivisch  vor,  wie  aridum,  das  Trockne,  das  Land  (oft  bei  Cae- 
sar); humile,  die  Niedrigkeit ;  summum,  der  Gipfel  u.  a.  — Das  Gesagte 
wird  im  Allgemeinen  genügen,  die  richtige  Anwendung  des  Substan- 
tivs und  des  Neutrums  des  Adjectivs  im  Sing,  und  Plural  zu  bestim- 
men und  vor  Missbrauch  des  einen  und  des  andern  zu  warnen.  Endlich 
merke  man,  dass  diese  Neutra  fast  nur  im  Nominativ  und  j4ccusativ, 
nicht  in  den  übrigen  Casibus  gebraucht  werden,  und  dass  auch  kein 
Eigenschaftsadjectiv  mit  ihnen  verbunden  wird,  z.  B.  nicht  verum  ho- 
nestum, das  wahre  Edle  für  vera  honesta,  dass  aber  summum  bonum 
(malum),  summa  bona  (mala)  gesagt  werden  kann. 

o*^'  3)  Das  substantivisch  gebrauchte  Neutrum  eines  Adjectivs  mit  einem 
Genitiv  zu  verbinden,  ist  bei  Cicero  und  Caesar  nur  auf  den  Plural 
beschränkt  und  dabei  sehr  selten;  bei  Cicero  summa  j^ctoris  (Farn. 
1,9,  15),  der  oberste  Theil  der  Brust,  und  cujusque  artis  difficillima 


86.  So  liess  neulich  Einer  in  einem  selbst  g-emachten  latein.  Lesebuche  bar- 
barisch drucken:  Jesus  maximus  amans  hominum,  was  wahrscheinlich  bedeuten 
soll,  Jesvs  der  grösste  Menschenfretmd;  aber  von  soclien  Barbarismen  wimmelt 
das  Buch. 


43 

(Orat.  II,  16,  69),  die  schwierigsten  Punkte;  bei  Caesar  nur  einmal, 
occulta  ac  recondita  templi  (B,  C.  111,105),  in  welchen  Stellen  der  Ge- 
nitiv der  des  Theiles  ist.  Jedoch  wurde  dimidimn,  die  Hälfte  seit  den 
frühesten  Zeiten  fortwährend  oft  mit  dem  Genitiv  verbunden.  Noch 
mehr  aber  \ erhandln  Livius  und  Ändere  Adjectiven  der  Zeit  und  des 
Raumes  im  Neutro  Sing,  mit  dem  Genitiv,  z.  B.  extremum  aestatis, 
reliqnum  aestatis,  medium  aiictumni,  serum  diei  —  was  wohl  nach- 
zuahmen ist,  wie  denn  auch  Plinius  Ep.  111,3,4  hoc  lubricum  aetatis 
sagt,  dieser  schlüpfrige,  bedenkliche  Theil  des  Alters ;  aber  Redens- 
arten, wie  amara  curarum,  cuncta  terrarum,  cuncta  camporum  u.  a. 
sind  dichterisch  und  finden  sich  nur  bei  denen,  die  keine  Nachahmung 
verdienen,  dürfen  aber  nicht  mit  adversa  montium,  ohliqua  campi, 
summa  urbis  u.  ähnlichen  verglichen  werden.  Ngi.  Fabri  zu  Livius 
\XI,33,  7. 

4)  Zu  Eigennamen  werden  nicht  leicht  bei  den  Bessern  in  Prosa  86. 
Eigenschaftsadjectiven    in   gleichem    Casus   ohne    ein    vermittelndes 
Subst.  wie  vir   adolescens,  femina  u.  a.  zugesetzt,  wie  wir  sagen:  der 
berühmte  Cicero,  der  tapfere  Achilles,  jene  schöne  (reizende)  Helena, 
die  liebliche  Briseis,  der  ernste  Cato,  das  berühmte  (herrliche)  Corinth 

u.  dgl.  Man  sagt  nicht  clarus  Cicero,  fortis  Achilles  u.  s.w.,  sondern 
drückt  die  Eigenschaft  entweder  durch  einen  vollem  Appositions- 
satz aus,  oder  durch  einen  Eigenschafts -Genitiv  oder  Ablativ,  also 
Cicero,  vir  dar issimus ;  Achilles,  vir  (heros)  fortissimus ;  Helena  illa 
insignis  venustatis  femina ;  Briseis,  puella  suavissima ;  Cato.  homo (\ir) 
gravissiimis ;  Corinthus,  urbs  amplissima ;  Hortensius,  vir  clarissimus 
et  amplissimus,  der  so  berühmte  u.  angesehene  H. ;  L.  Philippus  summa 
nobilitate  et  eloquentia ;  praesta?iti  sapientia  et  nohilitate  Pythagoras ; 
Hannibal  annorum  ferme  novem  (der  ohngefähr  neunjährige  H.)^"^. 
Wenn  aber  Cicero  (Fam.  VI,  18,  5)  Lepta  suavissimus  ohne  puer 
sagt,  so  war  dieser  Zusatz,  da  er  an  den  Vater  selbst  schreibt,  un- 
nöthig.  Ebenso  in  Anreden,  z.  B.  mi  optime  Attice.  Uebrigens  lieben 
die  Alten  durchaus  in  solchen  lobendeii  oder  tadelnden  Zusätzen  den 
Superlativ,  wie  vir  doctissimus,  clarissimus,  optimus,  amplissi?nus, 
illustrissimus  ;  femina  (mulier)  lectissima,  specialis sima,  optima,  san- 
ctissima,  gravissima,  nobilissima  u.  a.  Man  vermeide  daher  zu  sagen: 
confugi  ad  Optimum  Flaccum  (zum  edeln  Fl.)  für  ad  Fl. ,  virum  Opti- 
mum;  domus  Caesaris  clarissimietfortissimi(das  H.  des  berühmte?i 
U7id  biedern  C.)  für  viri  dar.  et  fort.;  libri  Sancti  Hieronymi,  Sayicti 
Basilii  für  Hier.,  viri sanctissimi ;  und  wenn  Ruhnken  irgendwo  schrieb : 
Valentinianus  septemiis  (der  siebenjährige  F.),  so  wäre  römischer 
gewesen  Fal.  septem  annorum,  oder  lieber  voller  puer  Septem  anno- 
rum öö. 

5)  N.L.  ist  der  Gebrauch  des  Adjectivs  für  das  Adverbium  in  der  87. 
Redensart  se  gerere,  sich  benehmen,  betragen.,  aufführen.   Man  sage 
nicht:  se  modestum,  urbanum,  excellentiorem  u.  dgl.  gerere.,  sondern 
modeste,  urhane,  escellentius,  welchen  Fehler  unter  andern  Sintenis 


87.  Bei  Liv.  XXI,  1,  4,  wo  Fabri  xu  vergleichen  ist. 

88.  Vgl.  Dietrich's  Sintenis  Hülfsb.  p.  176.  Grotefend's  Commentar.  p.  70  und 
Weber's  Uebungssch.  p.  16. 


44 

in  seinen  Stylbücliern  einigemal  begangen  hat  ^^.  Ebenso  nicht  fnlem 
se  gerit  für  i'ta  se  gert't,  nicht  qtialem  für  quomodo,  quemadmothim. 
Vgl.  Cic.  Sest.  45  nnd  andere  Stellen,  welche  die  Lexica  anführen; 
auch  noch  Oudend.  Sueton.  p,  391. 
88.  6)  N.  L.  ist  der  Co7nparatw  in  den  Verbindungen  lüterae  huma- 
mores,  litt,  elegantiores,  jurisprudentia  elegantior,  wo  der  Compa- 
rativ  nicht  denkbar  ist,  da  er  keine  Beziehung  hat  —  und  doch  kommt 
auch  bei  den  besten  Neulateinern  nichts  häufiger  vor.  Vgl.  Th.  II 
unter  Elegantior  und  Humanior.  — ^^Es  gibt  aber  noch  mehr  Adjecti- 
ven,  welche  die  Gradformen  gar  nicht  zulassen,  was  zu  wissen  um 
so  wichtiger  ist,  da  viele  derselben  im  Deutschen  durch  alle  Grade 
gebildet  werden,  z.  B.  mfinitus^  unendlich;  immensus^  unermesslich; 
infandus,  unsäglich ;  fer7is,  wild ;  rudis,  roh  u.  a. ;  nirgends  findet  sich 
infinitior,  infandior,  ferioi\  riidior  u.  s.  w.  ^^.  Daher  muss  man  sich 
bei  ihnen  so  ausdrücken,  dass  der  etwaige  Sinn  des  im  Deutschen 
bezeichneten  Grades  nicht  leidet.  Zur  Verhütung  einer  unlatein.Form 
werde  aber  vorsichtig  oft  ein  Lexicon  zu  Rathe  gezogen. 

7)  Sp.  L.,  wenigstens  gegen  die  Regel,  ist  ein  Si/perlativ  bei  Z7irei 
Gegenständen  der  Vergleichung  für  den  Comparativ.  So  schrieb  in- 
correct  Lactanz  (Inst.  II,  3,  17)  quos  dicis  potissimum  stultiores,iJlos- 
ne,  qui  —  an  eos,  qui  —  für  utros  dicis  poii?is ;  und  Wolf  führt  in 
Analect.  I,  p.  490  ans  einem  neulat.  Buche  an:  Nullns  dubita,  es  Ins 
duahus  sententfis  meam  esse  verissimam  —  für  noli  dubitare,  quin 
mea  sit  ex  bis  duahus  sent.  verior^^. —  Auf  der  andern  Seite  wird 
der  Comparativ  bisweilen  falsch  für  den  Stiperlativ  gebraucht.  So 
schreibt  ebenderselbe  Lactanz  (Inst.  I,  6,  14)  :  Omnes  hae  Sibyllae 
unum  Deum  praedicant,  maxime  tamen  Erythraea,  quae  celebrior  inicr 
ceteras  ac  vohiUor  habetur — für  clarissima  ac  nohilissima  oder  quae 
ceteris  clarior  ac  nohilior  habetur  ^2. 


89, 


90 


c)  Zahlwörter. 

1)  Sp.  X.,  wenigstens  incorrect,  werden  die  Cardinalzahlwörter 
für  die  Distributiven  gebraucht,  weil  im  Deutschen  die  letztern  keine 
eigenen  Formen  haben.  Aber  sie  fanden  gewiss  überall  Statt,  wo 
der  Gedanke  des  Jedesmal  oder  einer  Gewohnheit  oder  einer  Wie- 
derholung vorlag,  und  dagegen  nicht  von  einem  Ei77malige?i  die  Rede 
war  9'.  Auch  stehen  sie  bekanntlich  bei  den  Substantiven,  welche  theila 


89.  So  in  seinem  Hülfsb.  p.  134  inurhannm  se  g-erere  für  inurhane  und  in 
seinem  Versuch  einer  prakt.  Anleit.  p.  173  si  ahjectum  atq.  Immilem  se  gerit 
für  ahjecfe  —  kumiliter. 

90.  Vgl.  über  rndis  Fr.  Raschig  Progr.  über  meinen  Antibarbarus,  p.  15. 

91.  Jedoch  machen  die  auf  die  Ze?Y  gehenden,  wie  primus,  oft  eine  Ausnahme, 
Vgl^   A.  Matthiae  Cic.  Sest.   19,  44. 

92.  Vgl.  Laur.  Valla  de  elegant,  p.  51. 

93.  Durch  die  Abkürzung  der  Zittern  sind  aber  manche  Stellen  der  Alten 
ohne  Zweifel  verdorben.  So  steht  bei  Caes.  B.  C.  I,  61  in  den  meisten  neuern 
Ausgg.,  welche  mir  zur  Hand  waren,  fossas  pcdum  trir/inta  in  latitudinem  com- 
plures,  für  das  nothwendige  tricemim  oder  trkenorum,  wo  Oudendorp  in  seinen 
beiden  Ausgg.  vorsichtig  XXX  hat  drucken  lassen,  wie  auch  wohl  die  Handselir. 
haben.  Und  so  bieten  manche  5'chriften  der  Alten,  die  noch  nicht  genug  ge- 
IHutert  sind,  zumal  in  altern  Ausgg.,  viele  fclilerhaftc  Stellen,  welche  ^esit-n  die 
Regel  nichts  beweisen. 


45 

nur  im  Plural  üblicli  sind,  iheils  bei  ihrer  Pluralform  docli  nur  Singii- 
larbedeutung  haben.  Man  merke  auch,  dass  die  Formen  singuli  und 
ter7iin\chi  bei  den  Substantiven  stehen,  welche  nur  im  Plural  üblich 
sind,  indem  bei  diesen  uni  und  triiii  gesagt  wird,  z.  B.  unae,  trinae 
cunae,7mptiae,  bigae,  quadrigae  u.  a.,  nicht  singuloe,  ternae.  Vgl.  Varro 
L.L.  X,  §.  67,  p.  258  ed.  M.  Wo  nun  aber  ein  Wort,  wie  h'tterae,  castra 
auch  einen  Singular,  aber  in  anderer  Bedeutung  hat,  da  ist  sitiguli 
und  term  richtig,  wenn  es  die  Mehrheit  des  Singulars  bedeutet,  wo- 
gegen taii  und  trini  Statt  findet,  wenn  es  nur  etwas  Einzelnes  anzeigt. 
Daher  einzelne  Buchstabe?!,  singiilae  litter ae ;  ein  Brief,  unae  litter ae; 
drei  Buchstaben,ternae  litter  ae;  drei  Briefe,  trinae  litter  ae;  drei  Schlös- 
ser, terna  castra ;  drei  Lager,  Irina  castra.  Vgl.  auch  Reisig's  Vorle- 
sungen p.  177. 

Einige  falsche  Beispiele  aus  Neulateinern. 

Lex  Licinia  plus  quingenta  (für  quingena')  jugera  agri  habere  91. 
civem  Romanum  vetat  ^*, —  üividebatur  manipulus  mduas  (binas)par- 
tes  et  cuilibet  ordini  (singulis  ordinibus)  unus  centurio  (singuli  cen- 
turiones)  praeerat  (praeerant).  —  Ealex  prius  horas  sex  (senas)  vide- 
tur  dedisse;  ternae  vero  tum  horae  datae  sunt  defensori;  nam  duae 
(binae)  tantum  dabantur  accusatori  ^'^.  —  Circuitus  lunae  circa  terram 
viginti dnorum  (vicenorumbinorum)  dierum,  etpaene  octo  (octonarum) 
horarumest. — Bis  duo(bina)  sunt  quatuor.  (Zweimalzwei  ist  vier)^^. — 
Verborum  formae,  quae  binis  tribusve  (ternisve)  litteris  constant^'. 
—  Duae,  tres,  quatuor  —  centesimae  für  binae,  trirbae,  quaternae.  — 
Quotannis  hac  in  urbe  quatuor  (quaternae)  nundinae  instituuntur. — Erat 
tritici  modius  prope  tribus  (ternis)  ^e^ieriih^^.  —  Mihi  merces  pro- 
posita7rt?7/e  quingenti  (singula  millia  quingeni)  quotannis  aurei  numi^'. 
— Tres  (ternas)  epistolas  in  hora  doi"", —  Duas  (binas)  a  te  litteras 
accepi. 

2)  Dagegen  werdei^bisweilen  auch  die  Distributivzahlen  für  die  92. 
Cardinalzahlen  gesetzt,  wo  sie  doch  der  Sinn  zurückweist,  z.  B.  bini 
Codices  legunt"",  für  dtio  Codices  legunt  oder  vielmehr  in  duobus 
codicibus  legitur;  in  hoc  stadio  binos  (duos)  annos  exantlavit '02.  jj 
trinis  (tribns)  modis  repetit^oa.  caesis  millenis  (millibus)  victor  Deo 
grates  agit '  "^ ;  huuc  ex  millenis  (mille  oder  millibus)  elegit  Philippus  '"^ 


94.  So  Muret.  z.  Tacitus  Oper.  T.  IV,  p.  121  ed.  Ruhnk. 

95.  So  Corradus  z.  Cic.  Brut.  94. 

96.  Vgl.  Cic.  N.  D.  II,  18,  49  si  Epicurus  bis  hina  quot  essent,  didicisset, 
und  Plin.  H.  N.  II,  7  bis  dena  viginti  sunt. 

97.  So  Rubnken  elog.  Hemst.,  und  aus  ihm  ßlomfield  in  praef.  Aeschyli 
Septem  p.  IX.  Ebenso  jener  in  Dictatis  ad  Terent.  Heaut.  IV,  5,  6  bina  vel 
tria  epitheta. 

98.  So  Perpinian.  Oratt.  p.  167. 

99.  So  Muret.  Epist.  II,  66  und  noch  einigemal. 

100.  Vgl.  Cic.  Farn.  XV,  16,  1.  Das  nächste  Beispiel  bei  Ruhnk.  Ep.  ad  Ernesti. 

101.  So  sehr  oft  Görenz  in  seinem  Cicero  und  ausser  ihm  Andere,  gewiss 
durcli  irrige  Verwechselung  des  Subst.  Codices  mit  dem  Pluralsubst.  codicilli, 
wobei  bini  richtig  ist. 

102.  So   Hemstcrh.  oratt.  p.  133. 

103.  So  Heyne  z.  Homer  II.  a,  287. 

104.  So  Valcken.  oratt.  p.  189. 

105.  So  Ebeuders.  oratt.  p.  247. 


46 

d)  Pronomina. 

93.  1)  Neben  den  bekannten  acht  lateinischen  Formen  me«,  Um,  sua, 
nostra,  vestra  causa,  um  meinetwillen  u.  s.  w.  kommen  auch  sogar  bei 
Cicero  in  einigen  Stellen,  welche  durch  die  besten  Handschr.  gesi- 
chert stehen,  die  Formen  niei,  tut,  sui,  nostri,  vesiri  causa  vor,  aber 
nur  wenn  die  Personen  wegen  eines  beigefügten  oder  doch  dem 
Sinne  nach  denkbaren  Gegensatzes  eigends  hervorgehoben  werden 
sollen.  So  bei  Cic.  Lael.  16,  57  nostii  causa  wegen  des  folgenden 
causa  amicorum,  wo  die  meisten  Ausgg.  nostra  causa  lesen,  und  Verr.  III, 
52,  121  sui  causa  für  sua  causa,  wie  ebenfalls  die  meisten  Ausgaben 
haben.  Vgl.  darüber  R.  Klotz  zur  ersten  Stelle,  Zumpt's  Gramm,  p.  542 
\\.  Ochsner  zu  Ciceronis  Belog,  p.  222.  Da  aber  eine  solche  scharfe 
Hervorhebung  wohl  selten  wirklich  Statt  findet,  so  beachte  man,  beim 
Schreiben  mea  causa  u.  s.  w. ,  nicht  mei  causa  u.  s.  w.  zu  selzen,  was 
man  bei  den  Neulateinern  zur  Unzeit  nicht  selten  findet,  ünerweis- 
lich  aber  ist  causa  mea,  tua  u.  s.  w.  in  umgekehrter  Stellung,  ausser 

bei  den  altern  Komikern;    und  eben  so  unerweislich  mei für 

mea  bei  interest  und  refert,  welche   aus  andern  Gründen  nur  inea, 
tua,  sua  u.  s.  w.  fordern. 

94.  2)  Es  ist  zwar  richtig  und  gutlateinisch,  besonders  in  Definitionen, 
selbst  von  männlichen  und  weiblichen  Gegenständen  im  Neutro  zu 
sagen :  est  aliquid,  ist,  bedeutet,  gilt  etwas ;  est  nihil,  est  nihil  aliud, 
quid  est,  quid  est  aliud,  wie  bei  Cicero :  hi  nihil  sunt,  nisi  quidam 
operarii  (Orat.  1, 18,  83) ;  pliilosophia  quid  est  aliud,  nisi  —  (Tusc. 
1,26);  aliud  \\AQ.i\\r  esse  oratio,  aliud  disputatio  (Orat.  32,  113) ; 
historia  erat  nihil  aliud,  nisi —  (Orat.  11,12,52)  ;  quid  est  aliud  Anto- 
nius? (Phil.  II,  28);  idem  voluptas  est,  y?/orf  indolentia  (Fin.  11,4,11); 
aber  N.  L.  ist  dagegen  das  Neutrum  in  Beziehung  auf  männliche  und 
weibliche  Gegenstände,  wenn  das  Relativ  tvelches  (jvas)  oder  das 
Demonstrativ  dieses,  jenes,  ebendasselbe  gewissermassen  zu  den  Sub- 
stantiven gehören  und  mit  ihnen  verbunden  werden  können,  z.  R. 
welches  ist  der  Mann,  von  dem  man  sagt,  d.  h.  welcher  Mann  ist  es, 
von  dem  — ;  welches  ist  die  Frau,  voji  der,  d.  h.  welche  Frau  — ,  wo 
es  lächerlich  und  unlateinisch  ist  das  Neutrum  zu  brauclien  für  qui 
vir,  quae  femina.  Falsch  daher:  producitur  tribunus  plebis,  quod  (für 
qui)  fuit  Canutius  i**^ ;  hoc  unum  (f.  hie  unus)  fuit  fons  malorum 
omnium;  hoc  utmm  (f.  haec  una)  fuit  causa  discordiae;  quod  (f.  quem) 
nos  furorem,  uhLayyohnv  illi  vocant;  illud  (f.  illam)  fortasse  per- 
tinaciam  nonnuUi,  virtutem  alii  putabunt  u.  dgl.  mehr.  Vgl.  auch 
Sciopp.  de  stylo  p.  107  u.  121,  der  aus  Neuern  seiner  Zeit  fehler- 
hafte Beispiele  anführt. 

95.  3)  Ein  Germafiismus  und  Gallicismus ,  aber  tmlateinisch  ist  der 
Alltagsfehler  der  Neuern,  is,  ea,  id  (durch  alle  Casus)  mit  einem  Genitiv 
zu  brauchen  in  Bezug  auf  das  dabei  gedachte  vorausgehende  Sub- 
stantiv, wie  im  Deutschen  der,  die,  das  und  im  Franz.  celui  celle  mit 
einem  Genitiv,  z.  B.  Cicero s  Briefe  gefallen  mir  mehr,  als  die  des 
Plinius ,  und  franz.  que  Celles  de  Pline,  aber  nicht  lateinisch  quam 
eae  Plinii,  sondern  entweder  quam  Flinii  epistolae  mit  wiederholtem 


106.  So  Stroth  z.  Cic.  Epist.  sei.  p.  271. 


47 

SiibsJaiitiv,  oder  blos  quam  Pluni.  Ebenso  auch,  wenn  noch  vor  die- 
sem hinweisenden  Pronomen  eine  Praeposiihn  steht,  z.  B.  als  aus 
defieti  des  Ph'nius,  nicht  quam  es  eis  Plinii,  sondern  quam  ex  Plhni 
oder  voller  quam  ex  Plinii  epistolis.  In  beiden  Fällen  ist  aber  die 
^4uslassung  des  Subst.  am  gewöhnlichsten,  und  A.  Grotefend  irrt, 
wenn  er  im  Commentar  zu  den  Material,  p.  61  behauptet,  dass  bei 
einer  Praeposilion  das  Subst.  wiederholt  werden  müsse,  was  g^erade 
weit  weniger  geschieht.  Man  sage  daher  in  folgenden  Beispielen:  Ich 
will  lieber  die  Kunst  des  Gedächtnisses,  als  die  der  Vergessenheit, 
quajH  oblivionis,  nicht  quam  eam  oblivionis;  die  Krankheiten  der  Seele 
sind  gefährlicher ,  als  die  des  Körpers,  quam  corporis,  nicht  quam  ii 
corporis ;  dieser  Brief  ist  nicht  der  eines  Rathgebenden,  sondern  der 
eines  Bittenden,  non  suasoris  est,  sed  rogatoris;  man  errichtete  ihm 
da  eine  Säule ,  wo  die  anderer  Feldherren  waren ,  ubi  aliorum  erant 
imperatorum ;  er  war  im  Heere  des  Sulla  gewesen  und  nachher  m 
dem  des  M.  Crassus ,  et  postea  in  M.  Crassi  (Caes.  B.  G.  I,  21)  ;  ?ims 
in  unsern  Angelegenheiten  zu  tadeln  ist,  ist  in  denen  der  Freunde 
höchst  lobenswerth,  in  amicorum  flunt  honestissime  (Cic.  Lael.  6) ; 
trauriger  war  das  Schicksal  dieses  Mannes  vor  dem  der  Uebrigen, 
prae  reliquorum  (Caes.  B.  G.  I,  32).  Ausser  diesen  drei  Beispiele» 
bei  einer  Praeposition  vgl.  noch  gegen  Grotefend  Cic.  Rose.  Com.  I,  1 
erit  in  illius  tabulis  hoc  noraen;  at  m  hujus  non  erit;  Tusc.II,  27,p.65 
multi  aut  propter  victoriae  cupiditatem,  aut  propter  gloriae  (cupidi- 
tatem)  vulnera  exceperunt.  Ib.  IV,  31,  65  videamus  nunc  de  bono- 
rum (seil,  opinione) ;  Off.  II,  25,  88  commoda  externa  cum  corporis 
comparantur  —  u.  dgl.  mehr  '"t^ 

*)  Maa  verwechsele  damit  nicht,  wenn  jener,  dieser  oder  das  betonte  der, 
die,  das  vor  einem  Genitiv  steht,  wo  entweder  auf  etwas  Allbekanntes  oder  auf 
etwas  früher  oder  eben  Erwähntes  hingedeutet  wird;  hier  ist  ille  und  hie  vor 
einem  Genitiv  richtig  und  zum  Sinne  erforderlich.  Vgl.  Cic.  Rcp.  I,  17  mihi 
Piatonis  illud  perelegans  videtur.  Orat.  II,  64,  258  ut  illud  Scipionis.  Ib.  III, 
48  neque  vero  haec  tarn  acrem  curam  desiderant,  quam  est  illa  (cura)  poeta- 
rum.  N.  D.  III,  10,  25  haec  in  eodem,  quo  illa  Zenonis,  errore  versantur.  Arch. 
II,  28  nullam  virtus  aliam  mercedem  —  desiderat  praeter  haue  laudis  et  gloriae 
u.  a.,  wie  Tusc.  lY,  9,  20.  in  Caecil.  11.  Vgl.  noch  Ochsner  z.  Eclog.  Cicer.  p.  225. 

4)  Incorrect  wird  quis  mit  uter ,  und  nullus  und  7iemo  mit  ?ieuter96. 
verwechselt,  weil  jene  beiden  mit  wer,  und  diese  mit  keiner  ohne 
Unterschied  übersetzt  werden.  Auch  bei  den  Alten  findet  sich  diese 

Incorrectheit,  die  aber  nicht  nachzuahmen  ist.  Vgl.  Anleit.  §.  115. 

Eben  so  streng  halte  man  sich  an  den  regelmässigen  Gebrauch  des 
Sing,  nierque  und  des  Plurals  utrique ,  und  verbinde  beide  weder 
mit  falschem  Casus,  noch  mit  einem  falschen  Numerus  des  Verbi. 
Vgl.  Th.  II  unter   Uterque. 

5)  Richtiger  ist  wohl  nostrum  omnium  oder  omnium  nostrum,  unser  97. 
Aller  als  ?ioster  omnium,  und  vestrum  omnium  oder  omnium  vestrum, 
euer  Aller  als  vester  omnium;  und  wiewohl  man  sagt  paler  noster, 

so  sage  man  nicht  pater  noster  omnium  {unser  Aller  Vater),  sondern 
paler  nostrum  omnium  oder  omnium  nostruin;  euer  Aller  Erwartung 
heisst  vestrum  omnium  exspectatio  —  mögen  auch  einige,  aber  viel- 


107.  Vgl.  Wolf  Suet.  Caes.  8.  Frotscher  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  218.  Webcr's 
LJebungssch.  Exe.  6  u.  Grotefend's  Commentar  p.  61. 


48 

leicht  noch  zweifelhafte  Stellen  für  die  andere  Sprechweise  sein. 
Wenn  daher  IMiiret.  Oper.  T.  I,  p.  397  schrieb  iiostra  omniiim  igna- 
via,  und  p.  421  noüra  omniiim  natura,  so  verbessert  es  A.  Matthiae 
wohl  richtig  in  nostrum  omniiim. 

98.  6)  Aecht  klassisch  ist  es  wohl,  in  eingeschalteten  Sätzen,  welche 
Bezug  auf  das  Subject  des  dazu  gehörigeu  Hauptsatzes  haben,  für  das 
Demonstrativ  lieber  das  Reflexiv  oder  ipse  als  anschaulicher  zu  setzen; 
z.  B.  in  Sätzen  wie:  so  viel  an  ihm  liegt,  hat  er  sich  um  ihn  ver- 
dient gemacht,  sagt  man  qtiantum  in  ipso  est  (Cic.  Flacc.  25)  oder 
quantum  in  se  est  (wie  Corn.  N.  Iph.  3  quantum  iji  se  fuit  und  eben- 
so Livius  II,  43)  ;  nicht  quantum  in  eo  est  (fuit) ;  und  bei  Cic.  Tusc. 
Y,  13,  37  quantum  in  ipsis  (nicht  i?i  eis)  est;  ferner  wie  er  sich 
nemlich  tim  ihn  verdient  gemacht  hatte,  ut  erat  de  se  meritus  (Caes. 
B.  C.  III,  53  Eum  Caesar,  ut  erat  de  se  (nicht  de  eo)  meritus  ad 
primum  pilum  transduxit).  Daher  möchte  ich  nicht  mit  Perpinian 
(Oratt.  p.  1)  sagen;  majora,  quam  quantum  ejus  Ingenium  ac  Aires 
ferre  queant,  sondern  quantum  ipsius  Ingenium. 

99.  7)  Üeberhaupt  werde  das  reflexive  und  demotistrative  Pronomen 
im  eigenen  Schreiben  sorgfältig  unterschieden,  da  die  bei  den  Alten 
vorkommenden  Abweichungen  vom  gesetzlichen  Gebrauche  unsre 
Nachlässigkeit  im  fehlerhaften  Schreiben  nicht  entschuldigen.  Bei- 
spiele, wie  die  folgenden,  sind  heutzutage  nichts  Seltenes:  Pergo  '"^ 
ad  censuram  operum  ingenii  sui  für  ejus;  itaque^^*^  ex  talibus  «Mi 
docuraentis  —  augurabar ,  wo  Zumpt  richtig  ejus  documentis  vor- 
schlägt; quae  scripta^'"  manlbus  omnium  ob  eorum  elegantiam  terun- 
tur  für  ob  elegantiam  suam  oder  blos  ob  elegantiam.  Lesenswerth 
ist,  was  Hand  im  Lehrbuch  p.  188  über  diese  Pronomina  bemerkt 
hat. 

100.  8)  Man  verwechsele  nicht  die  unbestimmten  und  Etwas  nur  all- 
gemein andeutenden  Pronomina  quis ,  quisquam,  ullus  mit  dem  be- 
tonten. Etwas  bestimmt  andeutenden  aliquis ,  was  so  leicht  möglich 
ist,  da  unser  deutsches  Jemand  alle  diese  ausdrückt.  Vgl.  darüber 
theils  Anleit.  §.  131,  theils  Theil  II  dieses  Buches  unter  den  einzel- 
nen Wörtern.  Falsch  ist  z.  B.  vix  aliquis  est,  qui  mortem  contemnat  — 
für  vix  quisquam;  quasi  aliquis  certo  sciat  —  für  quasi  quisquam;  ne 
in  deo  quidem  aliquid  (für  quidquani)  raajus  intelligi  potest;  nega- 
mus  aliquid  (für  quidquam)  majus  posse  optari.  —  Was  über  den 
Gebrauch  des  Pron.  quisque  zu  bemerken  ist,  davon  in  Th.  II  unter 
Quisque. 

101.  9)  Wohl  zu  beachten  ist,  besonders  in  Briefen  und  Reden,  der 
Unterschied  zwischen  hie,  iste  und  ille.  Hie  ist  gleichsam  ein  Pro- 
nomen der  ersten  Person,  und  was  mich  und  uns  angeht  und  nahe 
liegt,  und  wovon  wir  sprechen,  wird  mit  hie  bezeichnet;  iste  ist 
Pronomen  der  zweiten  Person  und  hat  Beziehung  auf  die  Person,  mit 
welcher  wir  sprechen,  an  welche  wir  schreiben  oder  mit  welcher  wir 
zu  thun  haben;  ille  aber  ist  das  eigentliche  Pronomen  der  dritten 
Person  und  hat  Beziehung  auf  jede  Person,  welche  ausser  unserra 


108.  So  Hülsemann  z.  Cic.  Arcli.  p.  31. 

109.  So  Rulink.  Opusc.  T.  I,  p,  449. 

110.  So  Zamoscius  in  Mureti  Oper,  T.  II,  p.  120. 


49 

Kreise  und  entweder  entfernt  ist  oder  früher  erwähnt  worden  ist. 
Daher  steht  hie,  haec,  hoc  oft  für  7neiis,  noster ;  haec  teinpora,  hi 
mores,  wo  wir  sag^en  imsre  Zeiten,  unsre  Sitten;  iste,  ista,  istud 
dagegen  oft  für  tttus,  und  beide  werden  aucli  verbunden ,  und  was 
in  Briefen  sich  auf  den  bezieht,  an  welchen  wir  schreiben,  wird 
durch  iste  angedeutet,  wohin  auch  die  Adverb,  istic,  istinc  und  istuc 
w.  dgl,  zu  rechnen  sind  '^^  Falsch  ist  daher:  Si  quid  novi  in  illa 
(f.  ista)  urbe  est,  nie  velim  quampriraum  certiorem  facias.  Qui  illinc 
(f.  istinc)  veniunt,  ajunt  te  superbiorem  esse  factum. 

10)  In  der  bessern  Prosa  ist  es  fast  ?iicht  üblich,  diePronom.  fueus,  101. 
tuus,  suus  u,  s.  w.  zu  Substantiven  zu  setzen,  wenn  sie  sich  ganz  von 
selbst  dazu  denken  lassen,  oder  durch  ihre  Auslassung  keine  Zwei- 
deutigkeit verursachen,  oder  nicht  durch  einen  Gegensatz  gefordert 
werden.  Man  sage  nicht,  z.  B.  oculos  suos  tollere,  aetatem  suam 
degere,  manum  sua7n  extendere  i*2_^  linguara  suam  teuere:  selten  auch 
animum  siiu7n  vertere,  (in)  animum  smim  inducere,  apud  animum 
suum  statuere,  corpus  suum  exercere;  —  und  so  dehnt  sich  dies 
noch  auf  viele  andere  Formeln  aus.  Wenn  aber  gesagt  wird  ille  se 
sua  nianu  interemit ^  so  wird  durch  das  überflüssig  scheinende  saa 
die  Selbstermordung  schärfer  bezeichnet,  wie  überhaupt  die  Latei- 
ner zur  Deutlichkeit  bisweilen  diese  Pronomina  zugefügt  haben,  wo 
sie  uns  vielleicht  entbehrlich  scheinen.  So :  in  animum  srmm  indu- 
cere; cum  animo  suo  recordari;  cum  animo  suo  volvere ;  cum  animo 
SMO  reputare;  apud  animum  suum  statuere. 

Auf  gleiehe  Weise  setzen  wir  Deutschen  oft  mir,  dir,  sich  u.  s.  w.  102» 
hinzu,  wo  doch  eine  Rückbeziehung  auf  das  Subject  schon  an  sich 
natürlich  ist.  Der  Lateiner  lässt  dergleichen  Zusätze  gewöhnlich  aus, 
wenn  nicht  auch  eine  Beziehung  auf  andere  denkbar  ist;  er  sagt  z.  B. 
nicht:  ea  re  rnihi  contraxi  morbum,  sondern  ohne  mihi;  und  eben- 
so in  ähnlichen:  contrahere  culpam,  odium,  invidiain,  wo  keins  dieser 
Pronomina  zugesetzt  wird.  —  Wir  setzen  ferner  bisweilen  uns  hinzu, 
ohne  dass  wir  uns  allein  darunter  verstehen,  sondern  vielmehr  Alle 
und  Jede;  z.B.  die  Grammatiker  geben  ?ms  viele  unnöthige  Regeln;  die 
Moralisten  lehren  tms  (oder  e«cÄ)  Vieles,  was  sie  selbst  nicht  thun;  — 
hier  bleibt  im  Latein,  uns  und  euch  weg.  —  Endlich,  wo  wir  sagen 
U71S ,  euch,  sich  unter  einander ,  sagt  der  Lateiner  blos  i7iter  7ios, 
inter  vos,  inter  se,  ohne  jene  vorgesetzten  Pronomina  noch  besonders 
hinzuzusetzen,  welche  Zusätze  fehlerhaft  wären ;  z.  B.  wir  lieben  uns 
unter  einander,  inter  nos  amam7is,  nicht  nos  inter  nos  «m;  sie  liehen 
sich  tmter  ei7iander ,  inter  se  amant ,  nicht  se  inter  se  a7natit;  die 
Menschen  si7id  sich  unier  einander  unäh7tlich,  hom.  inter  se  su7it 
dissimiles ,  nicht  sibi  inter  se.   Vgl.  darüber  Theil  II  unter  Inter. 

e)  Verba. 
Die  Verba   bieten  auch   im   Lateinischen,  wie   in  jeder    andern  103. 
Sprache,  so  viele  Verschiedenheit  von  der  unsrigen  und  mannichfache 


111.  Vgl.  darüber  Zumpt's  Gramm,  und  besonders  Franc.  Raschig  Vtogr.  de 
pronom.  Iiic  et  ille.  Schneeb.  1832.  8. 

1 12.  Dieses  bemerkt  sogar  der  gelehrte  heilige  Augustin  gegen  den  Bibel- 
iibersetzer,  den  lieil.  Hieronymus,  welcher  schrieb  extendtt  manum  suam.  Hano 
locutionem,  sagt  er,  Hebraeam  puto :  nam  ubique  sufficeret  extendit  inanum. 

4 


50 

Eigenheiten  dar,  dass  sie  den  umfassendsten  Theil  derSprachvvissen- 
scliaft  bilden.  Vor  Allem  findet  sich  dieses  zuerst  in  der  Casus- 
rection,  welche  niclit  allein  vielfach  verschieden  ist,  sondern  auch 
\  nicht  selten  in  den  verschiedenen  Sprachperioden  von  einander  ab- 
weicht; zweitens  in  der  Anwendung^  der  einzelnen  Theile  des  Verbi, 
der  Tempora,  der  Modi,  des  Infinitivs  und  der  Participien.  Auf  wich- 
tige Abweichungen  in  der  Casusrectio?i  wird  in  Theil  II  dieses  Buches 
unter  den  einzelnen  Verben  die  nöthige  Rücksicht  genommen  wer- 
den, weil  dies  eben  nur  einzelne  Verba  trifft;  dagegen  will  ich  in 
den  nächsten  Paragraphen  auf  die  oft  fehlerhafte  Anwendung  der 
Numeri,  Persone?i,  Ge?iera,  Tempora.,  Modi  u.  s.  w.  der  Verben  auf- 
merksam machen,  woraus  man  sehen  wird,  welche  genaue  Kenntniss 
dieses  Theiles  der  Grammatik  nothwendig  und  erforderlich  ist, 
wenn  man  nicht  fehlerhaft  und  incorrect  schreiben  will.  Am  mei- 
sten wird  aber  ein  genaues  und  zu  diesem  Behufe  eigends  angestell- 
tes Lesen  der  besten  Klassiker  nach  den  correctesten  Ausgaben 
behiilflich  und  erforderlich  sein.  Hier  kann  nur  das  Wichtigere  be- 
rührt werden. 

1)  Person  und  Numerus. 

104.  1)  D.  L.  ist  es,  qui,  quae,  wenn  sie  Subjecte  des  Satzes  sind,  mit 
einer  andern  Person  des  Verbi  zu  verbinden,  als  welche  darin  liegt. 
Wir  Deutschen  brauchen  oft  die  dritte  Person  für  die  erste  und 
zürnte;  z.  B.  ich  bin  ein  solcher,  welcher  glaubt;  du  bist ;  die  La- 
teiner heben  dagegen  im  Verbo  die  Person  hervor,  welche  glaubty 
den  ich  und  den  du,  ego  sum  is,  qui  censeo ;  tu  is  es,  qui  censes  ■ — ;  in 
beiden  wäre  censet  falsch.  Fehlerhaft  ist  also :  nos  sumus  ii,  qui  censent 
(f.  censemus) ;  oderunt  me,  qui  pro  omm'um  salute  laboravit  (f.  laboravi)  ; 
ego  sum  is,  qui  te  confinnat  (f.  confirmo^  ;  vos  ii  estis,  qui  7ios  amant 
(f.  amatis)  ;  nos  omnes  ii  sutnus ,  qui  illum.  admirantur  (f.  admira- 
mur)  ;  quid  de  nobis  dicatn,  qui  ad  laudem  et  gloriam  nati  et  educati 
sunt  (f.  sumus);  haec  ad  me,  qui  te  miice  diligit  (f.  diligo),  perti- 
ne?it;  non  is  sum,  qui  opiniotie?n  animo  suo  (f.  meo)  co7tceptatn  pro 
folio  Sibyllae  venditet  (f.  venditefn) ;  populus  Rom.  te  hominem  per 
se  (f.  te)  cognitum  extulit,  oder  mit  vollem  Satze,  qtii  per  te  es 
cognitus,  nicht  qui  per  se  est  cog?iJ^^.  Vgl.  jetzt  auch  Reisig's  Vor- 
lesungen p.  332. 

105.  2)  Uterque,  welches  durch  Beide  übersetzt  und  mit  dem  Plural 
des  Verbi  verbunden  wird,  hat  im  klassischen  Latein  das  Verbum 
fast  nur  in  der  dritten  Person  des  Sing,  bei  sich  Tind  nur  selten  dem 
Sinne  nach  den  Plural,  was  man  nicht  nachahme.  Ebenso  wird 
uterque  nostrum  (wir  Beide)  und  uterque  vestrum  (ihr  Beide)  klassisch 
nur  mit  der  dritten  Person  des  Sing,  verbunden.  Daher  uterque 
me  amat,  wxcXxi  amant ;  uterque  nostruin  operam  dat,  nicht  damus ; 
uterque  vestrum  illum  admirantur,  nicht  admiramini.  Vgl.  mehr  in 
Th.  II  unter  Uterque.  Eben  so  unklassisch  ist  unus  et  alter  und  Senu- 
tus  populusque  Rom.  mit  dem  Plural  des  Verbi  statt  des  Singulars. 


113.  Vgl.   für   dieses  letzte  Beispiel  Cic.  Catil.  I,  11,  28  und  Flaue.  27  ego 
huc  a  me  ortus  et  per  me  uixus  adscendi. 


51 

2)  Deponentia  und  Passiva. 

Beide  unterscheide  man  im  Schreiben  nur  nach  dem  Gebrauclie  106. 
der  Bessern,  da  viele  Deponentia  in  der  vorkiassischen  Zeit  noch 
Passiva  waren,  neben  welclien  ihre  activen  Formen  mit  dem  Be^'riflFe 
der  Tliätigkeit  bestanden.  Hier  hat  aber  die  Sprache  mit  der  Zeit 
viel  geändert,  die  activen  Formen  verworfen  und  ihre  Passiva  zu 
üeponentibus  gemacht.  Gleichwohl  erhielt  sich  Vieles  in  der  Volks- 
sprache und  blieb  auch  in  der  Schriftsprache  der  Juristen  undgewöhn- 
lichen  Schriftsteller.  Gute  Lexica  müssen  angeben,  welche  Verben 
auf  or  im  klassischen  Gebrauche  activ,  welche  passiv  waren.  Aber 
heutzutage  findet  man  noch  oft  fehlerhaften  Gebrauch,  z.  B.  hi'c  locus 
male  ab  Omnibus  interpretatur  (iDird  erklärt,  wird  übersetzt)  für  hunc 
locum  male  omnes  interpretantur ;  Epicuri  doctrina  a  plerisque  ad- 
mirabatur  (wurde  beumndert)  für  Ep.  doctrinam  plerique  admirnban- 
tur ;  miilti  olim,  ut  dii,  vener ati  sunt  (wurden  verehrt)  für  homines 
olim  fnultos,  ut  deos,  venerati  sunt  —  und  so  Aehnliches  nicht  gar 
selten. 

Jedoch  haben  viele  Participia  Perf.  der  Deponentia  neben  ihrer 
activen  Bedeutung  noch  die  ältere  passive  auch  bei  den  besten  Klas- 
sikern beibehalten,  was  jedoch  nicht  auf  alle  übrigen  ohne  sichere 
Auctorität  angewandt  werden  darf. 

3)  Tempora. 

Bei  allen  bessern  Klassikern  finden  wir  meistens  ein  strenges  107. 
Festhalten  an  der  Zeit,  worin  die  Handlung  oder  der  Zustand  des 
Verbi  gedacht  wird,  so  wie  in  abhängigen  Sätzen  auf  dieFo/*-,  6r/e/cÄ- 
oder  Nachzeitigkeit  in  Bezug  auf  die  sie  regierenden  Sätze  gesehen 
wird.  Das  geringere  Festhalten  der  Deutschen  am  Begriffe  der  zu 
denkenden  Zeit  und  das  Schwankende  der  deutschen  Tempusfor- 
men, zumal  im  Conjunctiv,  veranlasst  oft  unverantwortliche  Fehler. 
Daher  folge  hier  einiges  Einzelne  zur  Warnung  und  Beachtung. 

1)  Fehlerhaft  ist  das  Praesens  für  das  Imperfectu7n,  wenn  die  108. 
Vergangenheit  zu  denken  ist,  und  das,  was  ausgesagt  wird,  mit  einem 
andern  Satze,  der  etwas  Vergangenes  aussagt,  gleichzeitig  ist.  Falsch 
ist  z.  B.  tantum  terroris  oppidanis  injecit,  ut  armis  positis  deditio- 
nem  faciant — für  facerent ;  misi  tibi  hunc  hominem,  ut  dicat  (f.di- 
ceret),  quid  agam  (f.  agerem)  ;  non  desperavi  prorsus  fore,  ut  haec 
mea  editio  suos  inveniat  (f.  inveniret)  fautores ;  Blas  admonitus  est, 
ut  idem  ipsefadat  (J.  faceret)  ;  jamdudum  litteras  ad  te  dedissem, 
nisi  exspectare  voluissem,  quid  novi  Lipsia  afferatur  (f.  afferretur)-^ 
intelligebanti'*  nihil  fore  eloquentia  perniciosius,  si  illa  liomini  ne- 
quam  concedatur  (f.  concederetur) ;  utinam  illos  monerent,  ut  hone- 
statem  et  famam  —  feratit,  qua  amissa  tum  . . .  intelligant  (f.  ferrent 
und  intelligerent)  ;  intelligebatille  vir,  quantura  ea  res  afferat  (f.  affer- 
ret);  vere  dixit,  qui  homines  nescire  dixit,  quid  sibi  velint  (f.  velletit), 
cum  de  vulgata  lectione  loquantur  (f.  loquerentur)  ;  Chr.  Saxius  a 
veterum  libror.  auctoritate  ita  pendebat,  ut  ne  voluminis  quidem  vo- 


114.  So  Paulin.  a  S.  Joseph,  oratt.  p.  165;  ib.  p.  171  und  oft  dergleichen  bei 
ilim.  Die  nächste  Stelle  bei  Pcrpiuiau.  oratt.  p.  227. 

4* 


52 

cabtilo  uteudum  putaiet,  quia  libri  hodie  iion  volvaiitur  (f.  volveren- 
tur)  — und  so  noch  manche  ähnliche  aus  Neuem. 

109.  2)  Fehlerhaft  ist  das  Praesens  für  das  Futurum,  wenn  die  Zukunft 
durchaus  zu  denken  ist,  und  wie  im  Hauptsatze,  so  im  Nebensatze, 
z.  B.  plura  fortasse  a  rae  scribentur,  cum  Aita  suppetit  (f.  suppetet)  ; 
justus,  ubicumque  potest  (f.  poierit)^  juste  faciet;  quamvis  arca  sit 
plena,  dura  te  sapientia  inanem  video  (f.  videbo),  divitem  non  putabo; 
si  annales  evolvere  vultis  (f.  voletis),  iilud  reperietis;  mihi  tuaomnia, 
dum  vivo  (f.  vwam),  curae  erunt;  satis  superque /fltvs  (i.facies)^ 
si  proxima  hieme  tragicos  conficis  (f.  co/ificies).  —  Jedoch  ist  ein 
Praesens  im  Nebensatze  statthaft  und  richtig,  wenn  das,  was  ausge- 
sagt wird,  schon  da  ist  und  Statt  findet,  nicht  erst  in  der  Zukunft 
eintretend  gedacht  werden  soli;z.  B.  quid**^  faciet  is,  qui  nihil  timet 
(nicht  timebit)  '?  —  man  denkt  einen  furchtlosen  Mann  — ;  faciam,  quod 
vultis  {jetzt,  aber  voletis,  wenn  der  Wunsch  noch  bevorsteht),  ut 
possu7n  (J.  potero).  —  Ebenso  auch  in  Verbindung  mit  em^m  Futur o 
exacto ;  z.  B.  mihi  dubium  non  est,  quin,  statim  atque  (f.  statini  ut) 
e  manibus  evolarit  hie  libellus,  in  has  voces  i^\G\\({\\e prorurnpant  (f. 
prorupturi  sint). 

110.  3)  Dagegen  ist  nach  den  Verben  der  Furcht  ein  Futurutn  im  Bei- 
'     Satze  mit  ne  oder  ne  non  (ut)  fast  gegen  den  Gebrauch,  wiewohl  die 

Zukunft  gedacht  wird;  z.B.  equidemii^  certe  raetuo,  ne  omnes  lit- 
terae  funditus  interiiurae  sint  (f.  intereant) .  Eben  so  fehlerhaft  ist 
das  Futurum  nach/ore,  womit  nur  ein  Praesens  oder  Imperfectum 
(nach  Verschiedenheit  des  Tempus  des  regierenden  Verbi)  verbun- 
den wird;  z.  B.  neminem H''  fore  arbitror,  qui  sit  in  dubium  vocatu- 
rus  (f.  quirocei).  Auch  wird  wohl  Muret  mit  Recht  von  Frotscher 
getadelt,  wenn  er  Oper.  T.  I,  p.  200  sagt:  si  ea  minutatim  persequi 
velim,  non  dies  modo,  sed  vox  ipsa  viresque  deßcient  (f.  deficiant)  '^^^. 

111.  4)  Fehlerhaft  ist  es,  bei  etwas  Zukünftigem  das  im  Nebensatze 
ausgesagte  Vorzukünftige  durch  ein  Praesens,  Perfecttim  oder  Futu- 
rum nach  deutscher  Art  auszudrücken,  anstatt  ein  Futurum  esactum 
zu  gebrauchen;  z.  B.  hos  libros,  si  quem,  cui  recte  coramittam,  in- 
veni  oder  inveniam  (L  invenero)^  curabo  ad  te  perferendos ;  vereri 
non  ante  desinam,  quam  te  salvum  cognovi  oder  cognoscatn  (f.  co- 
gfioro)  ;  tu,  si  quid  forte  ad  me  scribes  (f.  scripseris),  perficiam, 
ne  te  frustra  scripsisse  arbitrere;  legatus  meus  cum  venit  oder  veniet 
(f.  vetierit),  quae  primum  navigandi  nobis  facultas  dabitur  (f.  data 
erit),  utemur;  cum  "9,  quae  praecipue  res  progressus  meos  retar- 
daverit,  cognoscetis  (f.  cognoveritis) ^  melius  ipsi  vestris  rationibus 
consuletis. 

112.  5)  Fehlerhaft  ist  dagegen  das  Futurum  exactwn  in  solchen  Sätzen, 
wo    die  Aussage  zwar  etwas  Zukünftiges  angibt,  was  aber  noch  in  der 


115.  So  Cic.  Leg.  I,  14. 
llö.  So  Mahne  Crilo  p.  244. 

117.  So  Hemsterh.  oratt.  p.  9. 

118.  Vgl.  Cic.  N.  D.  III,  32,  31  dies  de/iciat,  si  velim  numeiarc,  wo  freilich 
in  den  altern  Ausgg.  aueli  das  Futurum  steht.  Id.  Verr.  II,  21,  52  me  dies, 
vox,  latera  dejiciant,  si  hoc  nunc  vociferari  velim  u.  a.  m. 

119.  So  Muret.  Oper.  T.  l,  p.  222  ed.  Fr.,  wo  Frotscher  jenes  richtig  verbessert. 


53 

Dauer  und  noch  nicht  vollendet,  nicht  vor  zukünftig  ist;  z.  B.  polli- 
ceor  nie,  qnoad  vixero  (i\viim?n),  oninem  curam  collatnrum;  quo- 
modo  eam  partem  philosophiae  copiose  iaudabit,  nisi  qui  virtutum 
natiiram  diligenter  cognitain  habuerit  (f.  habebit);  richtig  wäre  eogno- 
vert'l ;  de  his  rebus,  cum  in  oixo  fuerinms  (f.  erhiius),  loquemur;  pro- 
pensior  benignitas  esse  debebit  in  calamitosos,  nisi  forte  fuerint  (f. 
eru7it)  digni  calamitate. 

6)  Das  Imperfectum  verwechsele  man  nicht  mit  dem  Perfecto,  und  113. 
gebrauche  es  in  Hauptsätzen  nur,  wo  Geirohnheit,  Wt'ederholung  oder 
lebhaft  veranschaulichte  Darstellung  einer  in  /?<7?/e7' gedachten  Hand- 
lung ausgedrückt  werden  soll,  oder  wenn  noch  Etwas  erwähnt  wird, 
was  wffÄ/-e/?rf  jener  Hand  hing  geschieht,  dieHaupthandhing  also  damals 
noch  nicht  beendigt  gedacht  wird.  Vgl.  darüber  Anleit.  §.  252 — 254. 
Nicht  selten  sind  bei  den  Neulateinern  Fehler  gegen  den  richtigen 
Gebrauch  des  Imperfecta  ;  jedoch  genüge  nnr  ein  Beispiel:  Philip- 
pusi20  dum  Methonem  oppu^naret  {i.  oppugnat) ,   sie  petulans  juve- 

nis  in  regem  jaculabatur  (f.  jaculatus  est),  iit  — ,  was  kaum  ent- 
schuldigt werden  kann. 

7)  Fehlerhaft  ist  ferner  das  Imperfectum  in  abhängigen  und  Neben-  114. 
Sätzen  für  das  Praesens,  wenn  von  etwas  Gegenwärtigem  die  Rede 

ist;  z.B.  vox '21  me  deficiat,  si — persequi  vellem  (f.  ve/im) -,  intel- 
ligunti22  futurum,  ut  aeque  illis  indueretur — sustineret — diceren- 
tur  —  voluisset,  für  welche  Conjuiptiven  A.  Matthiae  richtig  induatur, 
sustineat,  dicantur,  voluerit  vorschlägt;  —  multo  '23  pjus  est  momenti, 
quam  plerique  fortasse  suspivarentur  (f.  suspicentur,  wie  Frotscher 
berichtigt)  — und  so  in  ähnlichen  Beispielen. 

8)  Eine  Eigenheit  der  lat.  Sprache,  und  darum  im  Schreiben  von  115. 
den  Neulateinern  so  wenig  beachtet,  ist  die,  dass  für  den  Conjunc- 

tiv.  Imperfecti  oder  Plusquamperfecti  in  Sätzen,  die  nicht  hypotheti- 
scher Art  sind,  der  Indicativ.  Praes.  für  das  Imperf. ,  und  das  Perf. 
oder  Imperf.  für  das  deutsche  Phisquamperf.  gesetzt  wird;  z.  B.  es 
iväre  %u  iveitläuftig.mehr  davon  anzuführen,  aber — longum  est, \\\c\\t 
esset  oder  for et,  auch  nicht  sit ;  es  wäre  zu  weit^äuflig  gewese?i — aber^ 
longum  erat  oder  fuit,  nicht  fuisset.  Anders  sprechen  die  bessern 
Lateiner  nie.  Jedoch  heisst  es  möchte  zu  weitlüuftig  sein,  longum 
fuerit,  wie  bei  Tacit.  H.  II,  2;  infinit i faerit  laboris,  wie  bei  Quint.  X, 
1,37.  Und  so  ist  es  bei  andern  ähnlichen  Adjectiven,  wie  immensum, 
infinitum,  multum,  difficile,  par,  melius,  satius  u.a. ,  und  bei  den  Verben 
posse  (z.  B.  ich  könnte, possum^ ,  malle,  nihil  esse,  quod (nicht  nöthig  sein). 
So  sagt  Cic.  Verr.  IV,  7,  14  sogar  :  nonne  possum?  sollte  ich  nicht  köji- 
nen?  bei  vorausgegangenem  :  si  velim  nominare  homlnes. — Wenn  aber 
Quintil.  II,  21, 14  ^ossem  hie  —  respondere  —  ,  sed  mihi  satis  est  — 
sagt,  so  ist  «lies  bei  ihm  sehr  auflFallend,  da  manpossutn  erwartet. 
—  Spuren  des  deutschartigen  Gebrauches  finden  sich  erst  bei  den 
spätem,  incorrect  schreibenden  Schriftstellern  '24,  ßgi  Jen  Neulatei- 


120.  So  Valcken.  oratt.  p.  244. 

121.  So  Muret.  Oper.  T.  I,  p.  434.  Vgl.  oben  Anm.  118. 

122.  So  Ebenders.  Opp.  T.  I,  p.  160. 

123.  So  Ebenders.  Opp.  T.  I,  p.  225. 

124.  Ruhnken  z.  Yeliej.  II,  42  bemerkt  vielleicht  dieses  zuerst  bei  den  Wor- 
ten lonyvm  est  (es  wäre  zu  weitläuftic/),  und  tadelte  Ernesti,  ohne  ihn  zu  nen- 


54 

nern  ist  nicht  fehlerliaft,  auch  bei  den  Besten  '25^  häufiger,  z.  B.  immen- 
si\m  esset  liaec  narrare;  esse^  quidem  optabile,  ut  ieges  immutabiles 
essetit  (f.  sint),  sed  quia  — ;  possem  plura  proferre, sed  —  ;possemhoc 
loco  lameiitari;  nomiuare  praeterea  multos  possem,  sed  — ;  Infiiiitum 
esset  narrare  de  omnibus  ;  iiifinitum  esset  omnes  locos  afFerre  ;  melius 
fuisset  (f.  erat  oder  f?iä)  perire,  quam  haec  videre;  ionge  mihi  satiiis 
fuisset  et  utilius;  aiiacolutlium  agnoscere  satius  esset,  sed  necesse  non 
est  —  und  so  andere  mehr.  Wenn  wir  daher  sagen:  Wirst  du  mir  auf 
meine  Frage  nicht  antworten?  —  und  der  Andere  sagt:  Das  tväre  sehr 
unbescheiden  (würde  sehr  grob  sein),  so  muss  dieser  lateinisch  sagen: 
superbum  id  quidem  est,  wie  bei  Cic.  Tusc.  1,8, 17  die  besten  Hand- 
schr.  haben,  nicht  esset,  was  Lallemand  aus  einigen  neuen  Handschr. 
setzen  will. 

IIG.  Ebendieselbe  Eigenheit  findet  sich,  wenn  Pflicht,  Recht,  Billig- 
keit, Nothwe?idigkeit  nicht  bedingungsweise  (hypothetisch)  angegeben 
wird,  wo  wir  ebenfalls  bei  etwas  Gegenwärtigem  das  fmperfectum, 
und  bei  etwas  Vergangeneyn  das  Phisquampeyfectum,  beide  im  Con- 
junctiv  zu  brauchen  pflegen,  die  Lateiner  aber  in  jenem  Falle  das 
Praesens,  im  letztern  das  Imperfectum  oder  Perfectum,  beide  im  Indi- 
catiü  gebrauchen;  z.B.  diese  fForte  hätten  nicht  getadelt  werden  sollen, 
haec  verba  reprehendenda  non  erant  oder  fuerunt,  nicht  fuisserit. 
Fehlerhaft  ist  daher  z.  B.  id  bellum  non  Sullanum,  sed  Mithrida- 
ticum  dicendumy?//sse^  (f.ftiit);  i^fid  potius  praecipiendum  esset  (f. 
est)  ;  haec  lectio  mutanda  non  fuisset ;  sie  etiam  illud  neque  mutan- 
dum  fuisset ;  eum  potius  illius  patrem  dicere  debuisset ;  Volumnia'26 
debuisset  in  te  officiosior  esse,  quam  fuit,  et  id  ipsum,  quod  fecit, 
potuisset  diligentius  facere ;  ab  iis'^^  adjutus  non  es,  a  quibus  (adju- 
vari)  debuisses;  quasi  ego  ad  illos,  non  illi  ad  me  venire  debuissent 
(f.  debuerint,  welchen  Conjunctiv  hier  ^wösi"  verlangt). 

117.  9)  Auch  in  andern  Fällen  verstösst  man  leicht  im  Gebrauche  des 
Plusquamperfects  im  Conjunctiv,  welchen  die  Deutschen  so  gern  in 
abhängigen  Sätzen  brauchen,  wenn  gleich  keine  vorvergafigette  Hand- 
lung in  Bezug  auf  eine  andere  vergafigene  angegeben  wird,  sondern 
entweder  nur  eine  mit  der  andern  gleichzeitig  dauernde  oder  eine 
mit  ihr  gleichzeitig  momentane.  Im  Lateinischen  wird  die  erste  durch 
ein  Lnperfectuin,  die  zweite  durch  ein  Perfectum  ausgedrückt;  das 
letztere  wird  auch  dann  gebraucht,  wenn  die  Handlung  eine  vor  einer 
gegenwärtigen  Handlung  geschehene  ist,  also  in  Bezug  auf  ein  Prae- 
sens. Fehlerhaft  ist  z.  B.  epistola  nihil  habebat,  quod  non  vel  in  con- 


nen,  dass  er  bei  Cic.  Orat.  I,  46  für  quod  et  infinitum  est  (wäre)  et  non  ne- 
cessarium  andern  wollte  esset,  was  unlateinisch  wäre.  Vgl.  auch  Ruhnk.  dietata 
ad  Terent.  Andr,  V,  6,  14.  —  Nachher  haben  Andere  von  diesem  Gebrauehe 
des  Indicativs  weiter  g-ehandelt,  besonders  Gernhard  zu  Cic.  Lael.  im  Exe.  I, 
p.  238  und  in  seinen  Opusc.  gramm.  p.  58  —  80,  und  Krüger  in  seinen  Unter- 
suchungen über  lat.  Spr.  H.  2,  p.  233  fgg.  Ueber  einige  widerstreitend  .sch(?incnde 
Stellen  s,  Dietrich  quaest.  gramm.  p.  32,  und  R.  Klotz  Cic.  Tusc.  I,  34,  84. 

125.  Unter  ihnen  sind  Lorif/olius,  Muretiis ,  Perpinian  und  Manutius ;  da  es 
aber  auf  die  genauere  Angabe,  wo  sich  die  Stellen  finden ,  nicht  ankam ,  habe 
ich  es  unterlassen,  sie  anzugeben. 

126.  Vgl.  Cic.  Farn,  XIV,  16. 

127.  Vgl.  Cic.  Farn.  I,  9,  5. 


55 

cione  leg^i  potm'sset  (hätte  gekonnt,  für  posset);  viderat'^s  perpaiicos 
iIJa  aetas,  quos  rei  niilitaris  peritia  coiitendere  cum  Aetio  potut'sset 
({.possei);  iiullus  fere  locus  fuit,  quo  non  nomeii  Romaiium /;e/-f  e- 
nisset  (f.  pervenerit)  ;  Cai-neades  uuinquam  rem  defendit,  quam  non 
probasset  (f.  probaret  oder  probari't^ ;  nemo  fuit  hostis  patriae,  quin 
mihi  iuiniicus  fuisset  {i.  fuerit)  ;  ubi  est  civitas,  quae  non  malos  cives 
habuisset  (f.  habuerit)  ;  scire  vis,  quibus  rebus  adductus  Cicero  Sullam 
defejidisset  et  laudasset  (f.  defetidert't  et laudarä)^^^.  —  Dagegen  wäre 
wohl  das  Plusquamperfeclum  in  folgender  Stelle  richtiger  als  das 
Imperfectuni  und  Perfecttim:  Si  penes  me  esset  potestas,  nemo  ad 
scholas  admitteretur,  nisi  prius  edito  specimine  ostenderet  (f.  osten- 
dtsset),  quales  progressus /ecf?r/^  (f.  fecisset);  und  so  tadelt  es  auch 
Reisig  in  seinen  Vorlesung,  p.  592  als  fehlerhaft,  dass  Ruhnken  im 
Elog.  Hemslerh.  gesagt  habe:  Arbitrabatur,  quae  profani  scriptores 
dixerint  (i.dixissent  oder  dixerunt) ,impia  esse,  et  quae  ad  rem  geren- 
dam  pertinuen'nt  {i. pertinm'sse?it,  oder  auch  perlineba?it),  congerebat. 

10)  Im  spätem  Latein,  und  auch  da  höchst  selten  i^it^  steht  ein  Im-  118. 
perfectum  im  Conjufictiv  bei  cmn,  wenn  dieser  Satz  nicht  den Nebe?i salz, 
sondern  den  Hauptsatz  enthält,  und  daher  im  Latein,  regelmässig 
mit  diesem  mehr  adverbialen  cum  das  Perfectum  oder  historische 
Praesens  im  Indicatio  verbunden  wird,  wodurch  die  Haupthandlung 
angezeigt  wird.  Diesem  Satze  mit  cum  geht  ein  anderer  voraus,  der 
die  Zeit  und  Handlung  bestimmt,  xvährend  oder  nach  welcher  die  in 
dem  Satze  mit  cum  erwähnte  Thatsache  vorfiel.  Dieser  vorausgehende 
Satz  fängt  meistens  mit  jom  (schon)  ,  vix,  vixdum  (kaum  noch),  com- 
modum  und  tanttim  quod,  beide  in  der  Bedeut.  eben,  soeben  an,  und 
das  Verbum  steht  im  Imperfecta  oder  Plusquampsrfecto.  Wenn  wir 
z.  B.  sagen :  Kaum  war  er  in  das  Zimmer  eingetreten,  da  wurde  er 
von  Allen  begriisst,  oder  als  er  von  Allen  begrüsst  wurde,  oder  so 
wurde  — ,  sagen  die  Lateiner:  vix  —  intraverat,  cum-^  salutatus  est, 
oder  salutatur,  nicht  cum  salutaretur,  noch  auch  mit  ganz  ausge- 
lassenem cum.  Anders  schreibe  man  nicht.  Fehlerhaft  ist:  Jara  Vale- 
rius  lictores  discedere  jussit  (f.  jubebat)^  cum  Appius  se  domum 
reciperet  (f.  recept't)  ;  Tarquinius  muro  lapideo  circumdare  urbem  pa- 
ravit  (J.  parabat).,  cum  Sabinura  bellum  interveniret  (i.  intervenit)  ; 
profectus  su7n  (f.  proßciscebar)  Brundusio,  cum  hoc  ad  te  litterarum 
darem  (f.  dedi)  ;  nondum  erat  auditum  te  in  Italiam   advenire,  cum 

Villium  ad  te  mitterem  (f.  misi) ;  jam  nuntius perlatus  erat,  cum 

nova  spes  affulgeret  (f.  affulsU)  ;  commodum  discesseras  heri,  cum 
Trebatius  ad  me  veniret  (f.  venu)  ;  vix  agmen  novissimum  proces- 
serat,  cum  Galli  flumen  transire  non  dubitarent  (f.  dubitaverunt  oder 
dubitant)  ;  vix  receperat  illos  Codices,  cum  ad  aedes  meas  advolaret 
(f.  advolavit  oder  advolat). 

*)  Wenn  nun  aber  dennoch  Cic.  Verr.  IV,  40  sagt:  Vix  erat  imperatum 
—  cum  videres—,  so  bedeutet  dieses  vichres,  ma7i  konnte  sahen,  hätte  sehen kön- 
nen,  ähnlich  dem  cerncres,  crederes.  Lächerlich  wäre  vidisti  gewesen. 


128.  So  Ruhnk.  Opusc.  I,  p.  52. 

129.  Frotscher  hat  in  seiner  Ausg.  der  Opera  Mureti  mehrere  Stellen  der  Art 
berichtigt,  z.  B.  T.  I,  p.  137,  139,   194.  201,  231,  347,  378  u.  a. 

130.  Wie  bei  dem  späten  Curtius  IV,  3  jamque  conceperant,  cum  haitriren- 
tur et  immitterent,  für  haitsti  sunt  et  immiserunt. 


56 

119.  11)  Im  bessern  Latein  werden  die  Doppelformen  des  Perf.,  Plus- 
quarnperf.  und  Futuri  exact.  im  Passive  mit  sum,  eram,  ero  und  fui, 

fueraniffuero  wohl  unterschieden,  indem  bei  den  letztern  das  damit 
verbundene  Participium  adjectivische  Bedeutung  hat;  z.  B.  captussum, 
ich  bin  gefangen  genommen  worden,  wurde  gefangen,  oder  ich  bi7i 
ein  Gefangener;  captus  fui,  ich  bin  gefangen  geweseri,  ein  Gefange- 
ner gewesen;  —  honoratus  sum,  ich  bin  geehrt  worden,  wurde  geehrt, 
stehe  in  Ehre  und  Achtung ;  honoratus  fui,  ich  bin  geehrt  (in  Ehre 
und  Achtung)  gewesen,  wobei  gedacht  wird,  ich  sei  es  nicht  mehr. 
Auf  gleiche  Art  bei  den  übrigen,  z.  B.  bei  clausus,  espulszis,  legatus, 
missus  u.  a.  Man  findet  aber  schon  in  der  bessern  nachklassischen 
Prosa  öftere  Verwechselung,  besonders  im  Futuro  exacto,  welches 
bei  Cicero  in  seiner  gewöhnlichen  Bedeutung  nur  mit  ero  vorkommt, 
nicht  mit  fuero;  z.  B.  tvenn  ich  einen  solchen  gefunden  haben  tverde, 
si  talem  nactus  ero,  nicht  fuero.  Man  befolge  im  Schreiben  nur  den 
bessern  Gebrauch  und  missbrauche  nicht,  wie  viele  Neulateiner,  beide 
Formen  als  gleichbedeutende.  Vgl.  die  weitere  Untersuchung  Krii- 
ger's  in  seinen  Untersuchungen  aus  d.  Gebiete  der  lat.  Spr.  ,H.  2, 
p.  314  fgg-,  und  über  die  Form  des  Futuri  exacti  Zumpt's  Gramm. 
§.  168  u.  Orelli  Addenda  ad  Cic.  Opp.  Vol.  IV,  P.  II,  p.  123. 

4)  Modi. 

120.  Auch  hier  weicht  der  deutsche  Gebrauch  vielfältig  vom  lateini- 
schen ab,  wovon  der  vorhergehende  Abschnitt  von  den  Temporibus 
schon  einige  Beweise  geliefert  hat.  Hier  noch  einiges  Andere. 

1)  Unstatthaft  ist  es,  in  einem  unabhängigen  Satze  ausser  aller 
hypothetischen  Form  Conjunctive  zu  brauchen,  die  in  Anmerkun- 
gen oft  gebraucht  werden;  z.  B.  /««/?/«>-*',  mallem,  mutem,  muta- 
rem,  legam,  legerem,  credam,  crederem,  intelligerem,  oder  mit  dem 
Conjunct.  Verf.  putaverim,  censuerim,  crediderim  u.  a.,  die  gewiss  un- 
lateinisch sind,  indem  diese  Vorschläge  und  Meinungen  mehr  bestimmt 
im  Indicativ  des  Praesens  auszusagen  sind :  nolo,  malo,  muto,  lego  u. 
s.  w.,  oder,  wenn  man  sich  bescheiden  ausdrücken  will,  durch  den 
Conj.  des  Praesens  nolim,  malim,  mutem,  oder  auf  sonst  irgend  eine 
bescheidene  Art,  z.  B.  haud  scio  an  scribendiim  sit,  fortasse  legen- 
dum  est,  videtur  ita  esse  legendum.  Und  so  drücken  auch  die  La- 
teiner unser  flüchtig  hingeworfenes:  Das  hätte  ich  nicht  gedacht, 
nicht  geglaubt,  durch  den  Indicativ  bestimmt  aus:  non  putaram.  Vgl. 
Cic.  Off.  I,  23,  81. 

*)  Ueber  den  unlatein.  Conjunctiv  in  longum  sit  (esset),  non  mirttm  sit,  sv- 
pervacaneum  sit  u.  a.  m.,  über  Redensarten,  wie:  lecüo  nmtanda  fuisset  (fiierit), 
die  Lesart  hätte  geändert  werden  müssen,  vgl.  oben  die  §§.  115  u.  116- 

121.  2)  Für  unlateinisch  halten  Einige  den  Conjunctiv  in  Ueberschrif- 
ten  von  Abhandlungen  ohne  ein  beigesetztes  Beiwort,  wie  quaestio, 
quaeritur,  exponitur,  explicatur,  disseritur;  z.  B.  Cur  Alexander  ap- 
pellatus  sit  magnus? — indem  in  solchen  Fällen  entweder  i\er  Indicativ 
est  stehen  müsse,  oder  es  müsse  eins  jener  Wörter  zugesetzt  sein. 
Erwägt  man  aber,  dass  Cicero  z.  B.  die  Ueberschriften  seiner  Paradoxa 


131.  Dergleiclien  schon  sehr  oft  bei  dem  altern  Burmann  in  seinen  Ausgaben, 
weswegen  er  auch  in  der  Chrestomathia  Petronio  -  ßurmanniana  p.  186  geta- 
delt wird. 


57 

im  Jccusativ  mit  dem  Infinitiv  ohne  ein  denselben  regierendes  Wort 
gesetzt  hat,  weil  eins  jener  Wörter  leicht  dazu  zu  denken  ist,  so 
kann  auch  bei  Fragen  ebendasselbe  angewandt  werden,  und  so  er- 
scheint der  Conjunctiv  statthaft  und  zulässig.  Richtig  sind  also  wohl 
Ueberschriften,  wie:  Cur  Alexander  appellatus  sit  magnus;  quot 
fuerint  regiones  veteris  Aegypti;  unde  discordia  Caesaris  et  Pompeji 
orta  Sit  u.  dgl.  Enthält  aber  freilich  die  Ueberschrift  keine  Frage, 
auch  keinen  Satz  mit  dass,  so  kann  nicht  der  Conjunctiv  gesetzt  wer- 
den, sondern  nur  der  Indicativ ;  nicht  Exponantur  causae  discordiae 
Caesaris  et  Pompeji,  sondern  expommtur ;  nicht  fmumerentur  regio- 
nes veteris  Aegypti,  sondern  enumerantur,  indem  der  Conjunctiv  nur 
im  Munde  dessen  passend  ist,  der  die  Aufgabe  gibt,  aber  für  den 
unpassend,  der  sie  beantwortet. 

*)  Wie  ich  sehe,  verwirft  auch  Zumpt  in  den  Aufgaben  p.  132  in  Ueber- 
schriften die  directe  Frage  und  fordert  einen  ahhävyiyen  Satz,  weil  immer  eine 
Ellipse,  wie  :  soll  im  Folyenden  aiiseinanderaesetzt  werden  —  zu  denken  sei. 

3)  Unlateinisch  ist  der  Conjunctiv  für  den  Indicativ  in  dem  bedin-  122. 
genden  Zusätze  mit    si  oder   7iisi  nach  den  betheuernden  Formeln 

ne  vivnm,  moriar,  peream,  ich  will  des  Todes  sein ;  ne  sim  salvus,  ich 
will  nicht  gesund  sein.  Falsch  ist:  ne  vivam,  si  aliter  scribam  ac  sen- 
tiam  (ivenn  ich  anders  schreibe,  als  denke)  für  scribo  ac  sentio;  peream, 
nisi  de  te  vehementer  sollicitus  sim  für  sum. 

4)  Selten  in  der  bessern  Prosa  ist  der  Conjunctiv  für  den  hidi-  123. 
cativ  nach  allen  mit  cumque  zusammengesetzten  Relativwörtern,  wie 
quicumque,  qualisctimque,  iibicumque,  utcunque,  tindectinque,  ferner 
nach  quisquis,  qiiotquot,  vi  ut,  sive — sive  u.a.,  wo  wir  unserer  deut- 
schen Uebersetzung  gewöhnlich  mögen  beizufügen  pflegen,  —  wenn 
nur  die  Rede  durchaus  gerade  Rede  ist.  Jener  Fehler  mit  dem  Con- 
junctiv für  den  Indicativ.,  z.  B.  utcumque  sit,  wie  dem  auch  sein  mag, 

für  utcu?nque  est,  ist  bei  den  Neulateinern  sehr  häufig.  Vgl.  Anleit. 
§.  297  und  Th.  II  dieses  Buches  unter  den  einzelnen  Wörtern,  sowie 
auch  Reisig's  Vorlesungen  p.537. 

5)  Es  ist  eine  Eigenheit  der  bessern  latein.  Sprache,  den  Conjunc-  124. 
tiv  in  Zwisihen-  und  Beisätzen  zu  brauchen,  die  nur  allgemein,  nicht 

als  ein  bestimmtes,  wirkliches  Factum  verstanden  werden  sollen,  indem 
weder  das  Subject  noch  das  Object  eine  bestimmt  gedachte  und  ge- 
nannte Person  ist,  bei  einer  zweiten  Person  aber  im  Verbo  nur  das 
unbestimmte  man,  nicht  eine  einzelne  bestimmte  Person,  welche  in 
du  liegen  kann,  gedacht  wird,  sondern  jede  ähnliche  zu  denken  ist. 
Wir  brauchen  den  Indicativ,  die  Lateiner  wegen  jener  Unbestimmt- 
heit den  Co?ijunctiv.  Man  sage  nicht:  Libertas  est  potestas  vivendi, 
ut  vis  (f.  velis)  ;  nihil  est  turpius,  quam  cum  eo  bellum  gerere,  qui- 
cum  familiariter  vixisti  (f.  vixeris)  ;  est  animi  ingenui,  cui  multum 
debes  (f.  debeas),  eideni  plurimum  velle  debere;  qui  semel  verecun- 
diae  fines  transiit  (f.  transierit^.,  eum  naviter  oportet  esse  irapnden- 
tem;  illud  est  in  officio  (pflichtmässig),  ut  ei  plurimum  tribuainus, 
a  quo  phuimum  diltgimur  (f.  diligamur)  ;  quae  possunt  esse  cupidi- 
tates  in  eo,  qui  ruri  semper  habitavil  (f.  habitaverit.  hahitarit^  et  in 
agro  colendo  vixit  (f.  vixerit)  ;  proprium  est  irati  cupere,  a  quo  laesus 
videtur  (f.  videattir)^  ei  quam  maxiraum  dolorem  innrere;  qui  autem 
concupivit  (f.  concupiverit) ,,  eum  necesse  est,  si  id  consecutus  est  (f 
sit)^  magnopere  laetari. 


58 

125.  6)  In  indirecter,  abhängiger  Frage  brauche  man  nur  den  Con- 
jtinctiv,  nicht  den  Indicniiv,  welchen  der  Deuts(he  in  solcher  Frage 
meistens  anwendet.  Die  wenigen  Abweichungen  mit  dem  Indicativ 
statt  des  Conjunctivs  berechtigen  nicht  zur  Nachahmung.  Man  sage 
nicht:  cognosrere  cupimus,  quanti  nostra  interest  ({.  intersit);  me- 
mento,    quam  pulchros  dies  viximus  (f.  viserimus);  audi,  cur  haec 

feci  (f.  fecerim)  ;  scio,  quid  litterae  prosimt  (f.  prosint)  ;  Ignorant, 
qiiibus  jacturis  \va.e.c  feci  {t  fecerini);  non  satis  intelligo,  quid  sum- 
raum  dicis  (f.  dicas)  esse  dolorem ;  Graece  ^luriuv  unde  appellant  (f. 
appellent)^  non  facile  dixerira;  quis  seit,  an  perpetua  haec  erunt 
(f.  futura  sint).  Vgl.  ausser  den  Grammatiken  auch  Reisig's  Vorle- 
sung, p.  597. 

*)  Die  Redensarten  nescio  quis,  nescio  quo  pacta,  nescio  quomodo  werden 
entweder  so  gebraucht,  dass  sie  ganz  für  sich  als  Nebenbemerkuagen  stehen,  oline 
dass  das  folgende  Vcrbum  von  qids,  quo  pacto  (modo)  abhängt,  wo  denn  der 
Indicativ  richtig  ist,  oder  dass  zu  quis,  quo  pacto  (modo)  das  folgende  Verbum 
gehört,  wo  denn  der  Conjunctiv  erforderlich  ist.  Nach  dem  verschiedenen  Sinne 
ist  daher  auch  der  Modus  verschieden. 

126.  7)  Der  Conjunctiv  steht  in  der  bessern  Prosa  immer  bei  den 
Co7ijunctionen  licet,  quamvis,  quasi,  modo  und  dtimmodo,  die  beiden 
letzten  in  der  Bedeut.  wen7i  nur  mit  dem  Begriffe  des  Wunsches  — 
und  andern,  bei  denen  der  Indicativ  incorrect  ist.  Man  sage  nicht: 
licet  omnes  in  me  terrores  impendent  (f.  impendeant)  ;  quamvis  sa- 
piens es  (wie  weise  du  auch  bist)  für  sis. 

*)  Vom  Modus  bei  den  Conjunctionen  handeln  die  neuern  Grammatiken 
sehr  sorgfältig;  man  beachte  den  dort  erwähnten  bessern  Gebrauch  und  ver- 
meide den  schleclitern. 

Anhang  über  Einiges,  was  die  Uebersetzung  der  Conjunction 
dass  betrifft. 

127.  1)  Vielfältig  wird  bei  der  Uebersetzung  der  deutschen  Conjunction 
dass  gefehlt,  indem  nicht  allein  die  Conjunctionen  ut,  ne,  ut  non, 
quin,  quo  minus  und  quod  oft  falsch  gebraucht  werden,  sondern  mit 
ihnen  auch  die  Construction  des  Accusativ  mit  dem  Infinitiv  verwech- 
selt wird,  wiewohl  die  neuern  grammatischen  Bücher  jetzt  ziemlich 
befriedigende  Auskunft  über  ihren  Gebrauch  und  Unterschied  geben. 

Einige  fehlerhafte  Beispiele  aus  Neuern : 

Spero,  quod  mecura  Romam  prqfecturus  sis  —  für  te  mecum  II. 
profecturum  esse;  spero,  ut  per  te  ejus  dignitas  adaugeatur  —  für 
fore,  ut  per  te  — ;  vetus  est  sententia,  ut  nemo  fatum  effugere  pos- 
sit  —  für  neminem  f.  eff.  posse;  haud  multum  inde  profeciraus,  ut  illa 
excerpta  contuleriraus —  f.  quod  illa  — ;  majorem  fructum  inde  per- 
cepi,  w<  totumSuidam  perlustrarim  —  f.  quod  ioiwva  — ;  sapientis  est, 
ut  secundum  naturam  vivat — f.  secund.  n.  vivere ;  unde  factum  est, 
quod  eum  interficere  potuerint  —  f.  ut  eum  — ;  eo  semper  specta- 
bam,  ut  id  meam  cognitionem  non  effugeret — f.  ne  id  m.  cogn.  effu- 
geret;  brevior  loquendi  forma  esse  Aristotelis  liquet  —  f.  breviorem 
lo q.  formam  esse  — ;  per  legatos^'^  ajj  gQ  gi^i  petunt  episcopos  mitti 


1.32.  So  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  216,  wo  Frotscher  anmerkt:  Insolcns  liaec 
est  constructio  neo  imitanda  —  und  sie  wie  oben  berichtigt.  Ebenso  Yaicken. 
Ep.  ad  Em.  p.  46  quas  tecum  communicari  benigne  petis,  für  quae  vt  tecum 
conimunicentur.  Die  nächste  Stelle  ist  aus  Paulin.  a  S.  Joseph,  oratt.  p.  67. 


59 

—  f.  petunt,  ut  sibi  ab  eo  episcopi  mittantur ;  huc  quoque  accedit, 
orationis  vim...  scatere  vitiis  —  f.  quod  \is  scateat;  de  Caesareixar- 
rat  etim  fuisse  —  f.  Caesare?n  narrat  fuisse ;  de  Cicerone  nemo  exi- 
stimabit  e^ml  jure  expulsura  esse  —  f.  Ci'cerotiem  nemo  exist.  jure 
exp.  esse ;  —  de  me  dicit  me  hoc  dixisse  (er  sagt  von  mir,  dass  ich  — ) 
f.  /ne  hoc  dixisse  di  it  — ,  und  Vieles  dergleichen  in  unsern  neuern 
latein.  Schriften.  —  üeber  jubere  und  vetare  mit  ut  und  ne  vgl.  Th.II 
unter  Jubeo  und  Veto. 

2)  Unlateinisch  ist  es,  in  Redensarten,  wie  bene,  commode,oppor- 128. 
ttme  (und  ähnlichen)  accidit,  cadit,  evenit,  factum  est,  die  Conjunct. 

ut  folgen  zu  lassen  für  quod,  da  der  Satz  nicht  die  Folge,  welche 
schon  in  den  Adverbien  liegt,  sondern  die  Ursache  des  glücklichen 
Ereignisses  angibt.  Daher  bei  Cicero  (Fam.V,  6,  2)  bene  evenit,  9?/or/ 
haue  domum  emisti,  nicht  ut  emeris.  Vgl.  weiter  Att.  I,  17,2.  Tusc. 
IV,  30,  64.  Act.  I  Verr.  2, 5.  Orat.  II,  4,  J5  u.  Caesar  B.  G.  IV.  13.  Fehler- 
haft ist  daher:  accidit^^*  incommode,  ut  ex  urbe  discesseritis,  für 
quod  discessistis ;  illud  peropportune  cecidit,  ut  mihi  hac  ratione 
tuam  epistolam  legendi  potestas  facta  sit,  für  quod  facta  est ;  hoc 
cecidit  mihi  peropportune,  ut  ad  Antonium  audiendum  veneritis,  für 
quod  venistis. 

3)  In  der  besten  Prosa,  wenigstens  bei  Cicero  und  Caesar,  folgt  129. 
auf  71071  dubito,  non  dubium  est,  quis  dubitat  die  Conjunction  qui7i, 
nicht  der  Accusativ  mit  dem  Infinitiv,  welcher  bei  den  Nachklassikern 
fast  mehr  als  qui7i  gebraucht  wird.  Im  Schreiben  hätten  die  Neu- 
lateiner  sich  nach  dem  bessern  und  allgemeinem  Gebrauche  richten 
sollen,  was  aber  nicht  geschehen  ist  und  auch  jetzt  oft  nicht  ge- 
schieht. Man  halte  sich  an  quin.  Vgl.  auch  noch  Th.  II  unter  Dubito. 

4)  Beim  Gebrauche  des  Accusativs  m.  d.  Infin.  ist  es  fehlerhaft,  130. 
in  einem  damit  verbundenen  Vergleichtmgssatze,  der  kein  eigenes 
Verbum  hat,  das  Subject  desselben  nach  deutscher  Art  im  Nomi- 
nativ folgen  zu  lassen,  da  es  doch  im  Accusativ  stehen  rauss  in  Be- 
ziehung auf  den  Accusativ,  der  beim  Infinitiv  steht.  Man  sage  nicht: 
nihil  melius  esse  diiit,  ({WBxn  virtus,  iür  virttitem;  mulieresi34  prae- 
nomine  usas  vario,  sicuti  viri  {f.  viros) ,  Sigonius  ostendere  conatur; 
scio  nos  dignitatis  vocabulo  alio  prorsus  sensu,  quam  Tullius  (f.  Tul- 
lizim)^  usos  esse;  affirmas  me  de  raetro  judicare,  ut  p?ier  schola- 
sticus  (f.  puerum  scholasticum)  ludimagistri  dictata  venera?is  (f.  vene- 
ra7ite7n)  ;  Judicium  feci,  paucos  aeque  eleganter  scripsisse  atque  tu 

(f.  te),  eruditius  certe  neminem  (nicht  nemo);  Lazarum  Bonamicura 
dicunt  maluisse  loqui,  sicut  Cicero  (f.  Ciceronem) ,  quam  Pontificem 
R.  esse;  Platonem  '35  dicunt sensisseidem,  quod  Pythagoras  {i.Pytha- 
goram)  ;  minime'^ß  rairamur  te  tuis,  ut  egregius  artifex  {i.egregium 
artifice7ji)^  praerlaris  operibus  laetari;  suspicor'^'  iisdem  rebus  te, 
quibus  ego  ipse  (f.  me  ipsum)  gravius  commoveri ;  eam  scimus  sectari 
cervos,  veluti  altera  I)ia?ia  (f.  alter  am  Diana7n).  Vgl.  Cic.  Plane.  41 ,  99. 


133.  So  Manut.  Ep.   Xr,  10. 

134.  So   Roberten,  Emendatt.  II,  9. 

135.  Vgl.  Cic.  Tusc.  I,  17. 

136.  Vgl.  Cic.  Farn.  I,  7,  7. 

137.  Vgl.  Cic.  Senect.  1. 


60 

Li'i^ar.  1,  2  und  Ochsner  zu  Eclog.  Cic.  p.  398.  399.—  Und  so  wohl 
reg^ehnässig^  in  allen  Verg^leichun^'^ssätzen  ohne  eigenes  Verbum.  Daher 
sdireibt  Sallust.  Jug.  58  incorrect:  Locum  ceperunt  paulo  quam  aHi 
editiorem,  für  quam  alios.  —  Ebenso  ist  es  unlateinisch,  in  Zusätzen 
zu  vorherg:enannten  Personen  den  Nominativ,  wie  im  Deutschen,  statt 
des  Accusativs  zu  setzen;  z.B.  spero  etiam  tu  (ich  hoffe,  auch  du)^\\r 
etiam  te  (venturum);  puto  etiam  Dejotarus,  für  Dejotarum . . . ,  da  ein 
Infinitiv  aus  dem  Vorhergehenden  zu  ergänzen  ist.  Vgl.  Cic.  Farn. 
XV.  4,5,  und  so  sagt  er  ib.  VII,  20,  1  quid  dico  te,  was  sage  ich  du 
—  nicht  tu,  weil  amari  fehlt,  und  Rose.  Am.  37  quis  eum  nunrium 
misit?  nonne  perspicuum  est  eundem  (misisse),  qui — nicht  idein  qni, 
wie  im  Deutschen  eben  der,  welcher — . 

13Ü .  5)  Bei  der  Anwendung  des  Accusativs  mit  dem  Inf.  ist  es  ungebräuch- 
lich, ein  Object,  welches  zweimal,  im  regierenden  und  regierten  Satze, 
im  Deutschen  vorkommt,  zweitnal  zu  setzen,  da  im  Latein,  beide  nur 
einen  Satz  ausmachen.  Fehlerhaft  ist  es  wohl,  wenn  Vit  torius  '**8 
schreibt:  cum  quidam  //// pollicitus  esset,  se  artem  e/ memoriae  tra- 
diturum,  für  cum  quidam  Uli  artem  memoriae  se  trad.  pollicitus  esset. 
Vgl.  Cic.  Orat.  II,  74, 299. 

132.  6)  Statt  des  Accusativs  m.  d.  Inf.  wählen  die  Lateiner,  wenn  das 
regierende  Verbum  ein  Passivum  im  Neutro  ist,  lieber  den  Nomi- 
nativ mit  dem  Inf,  indem  sie  das  Subject  des  abhängigen  Satzes  zum 
Subjecte  des  regierenden  Verbi  machen  und  für  dicitur  me  esse,  (man 
sagt,  dass  ich  sei)  sagen :  (ego)  dicor  esse.  So  bei  d/ci,  putaii^  videri 
u.  andern.  IVur  selten  sprechen  sie  anders,  besonders  in  den  Per- 
fectformen  traditum,  creditum,  nunciatum,  froditum  est  u.  a. ,  und  in 
der  Conjugatio  periphr.  putandum,  credendum,  dicendum  est.  Der 
Sprachgebrauch  muss  bei  den  einzelnen  Passiven  die  Wahl  und  Form 
des  Satzes  bestimmen,  indem  wenigstens  bei  dici,  negari,  nuntiari, 
putari  und  videri  fast  nur  der  Nom.  m.  d.  Inf.  gebräuchlich  ist;  nur 
selten  bei  narrari.  Man  sage  nicht:  dicitur  Ciceronein  nimis  ambitio- 
sum  fuisse,  sondern  Cicero  fuisse  dicitur  nimis  ambitiosus;  nicht:  nos 
illa  facturos  fuisse  dicitur,  sondern  7ios  illa  factu?i  f.  dicimur ;  nicht: 
Omnibus  videtiir  mein  hac  re  negligentem  fuisse,  sondern  videor  omiu- 
bus  in  hac  re  negligens  fuisse;  nicht:  mihi  vidett/r  has  res  a  Panaetio 
esse  praetermissas,  sondern  hae  res  mihi  a  P.  esse  praetermissae  vi- 
dentur.  Vgl.  Anleit.  §.  457 — 459  und  über  videri  Theil  II  unter  Videor. 
—  Und  so  findet  sich  eine  ähnliche  Attraction  in  abhängigen  Fragen, 
indem  das  im  Neutro  Sing,  stehende  passive  Verbum  mit  dem  Sub- 
jecte der  indirecten  Frage  ver!)unden  wird.  Man  sagt  z.  B.  anstatt: 
scriptum  est  in  eo  libro,  quae  Ciceronis  merita  in  patriam  fuerint — 

scripta  sunt  in  eo  libro,  quae ;  anstatt:  constituendum  est  autem, 

qui  sint  in  aniicitia  fines  —  constituendi  sunt  autem,  qui  sint  —  und 
so  ähnliche.  Vgl.  Reisig's  Vorlesung,  p.  330. 

5)  Imperativ. 

133.  In  der  bessern  Prosa  unterscheiden  sich  die  beiden  Formen  ama 
und  amato,  sepeli  und  sepelito  so,  dass  die  erste  auf  die  Gegentrart, 
die  zweite  auf  die  Zukmifl  Bezug  hat,  indem  jene  einen  Befehl,  eine 
Bitte  zur  Ausführung  in  der  Gegenwart,  diese  zur  Ausführung  in  der 

138.  In  Epp.  ad  Muret.  (Mureti  Opp.  T.  11,  p.  130.) 


61 

ZukuTjft  anzeigt,  weswegen  die  letztere  auch  immer  in  Gesetzen  und 
Verordnungen  allein  üblij  h  ist.  Irrig  suchten  die  Meisten  in  der  ersten 
Form  ein  mildes,  in  der  zweiten  ein  strenges  Gebot.  Vgl.  Zumpt's 
Gramm.  §.583  und  Anleit.  §.376.  —  Im  neuern  Latein  werden  beide 
Formen  verwechselt,  und  weil  die  zweite  edler  und  kräftiger  scheint, 
wird  sie  meistens  der  ersten  auch  an  unpassenden  Stellen  vorgezo- 
gen.—  Es  wird  ferner  zwar  quaeso,  ich  bitte,  oft  mit  einem  Impera- 
tiv verbunden,  aber  nie  geschieht  dies  bei  rogo  und  peto;  man  sage 
nicht:  peto  abs  te,  (te  etiam  atque  etiam  rog-o),  cura  omnia  ejus  nego- 
tia  (ich  bitte  dich,  besorge — ),  sondern  ut  eures  omnia — . 

6)  Infinitiv. 

1)  Der  Infinitiv  wird,  ausser  wenn  er  Suhject  eines  andern  Verbi  134. 
ist,  in  der  Prosa  nach  klassischem  Gebrauche  sehr  beschränkt  mit 
einem  ihn  regierenden  Verbo  verbunden.  Die  Deutschen  wenden  ihn 
fast  überall  an,  wo  beide  Verba  gleiches  Subject  haben;  z.  B.  ich  hoffe 
dich  bald  zu  sehen;  du  versprichst  mir  bald  zu  schreibeii ;  ja  selbst 
auch  dann,  wenn  das  zweite  Verbum  sich  auf  das  Object  des  ersten 
bezieht;  z.  B.  er  bittet  mich,  dafür  zu  sorgen.  Der  Lateiner  aber 
wählt  hier  entweder  eine  Conjunction  oder  den  Accusativ  mit  dem 
//?/.,  je  nachdem  der  Sprachgebrauch  das  Eine  oder  das  Andere 
fordert;  er  sagt:  spero  fore,  ut  te  mox  videam;  mihi  polliceris  te 
mox  esse  scripturum;  petit  a  me,  ut  ea  eurem.  Er  fürchtet  zu  ster- 
ben heisst  timet,  ne  moriatur.  Man  sei  also  bei  der  Anwendung  des 
Infinitivs  sehr  vorsichtig.  Fehlerhaft  ist  z.  B.  cave  dubitare,  für  cave 
dubites;  peto  a  te  id  curare,  für  ut  id  eures;  incumbe  (operam  da) 
bellum  perficere,  für  ut  b.  perficias;  impedior  hoc  facere,  für  quo 
minus  hoc  faciam ;  me  hoc  suscipere  adduxit,  für  me,  ?/^  hoc  susci- 
perem,  adduxit;  Bias  idem  facere  admonitus  est,  für  B..  ut  ideni  fa- 
ceret,  adm.  est;  ille  putabat  hac  in  re  cautior  fuisse,  für  hac  in  re 
se  ille  putabat  cautiorem  fuisse;  nulli  labori  peperci  eum  praeceptis 
augere,  für  quin  eum  pr.  augerem;  Jason  raissus  est  aureum  vellus 
afferre,  für  qui  aur.  v.  affer r et  —  und  so  andere,  nach  dem  Deut- 
schen gebildete,  die  meistens  unlateinisch  sind. 

*)  Poetisch  ist  der  Infinitiv  nach  giiech.  Art  bei  vielen  Adjectiven  und  bei 
vielen  Verben,  entweder  für  ut  oder  ad  mit  deni  Gerundium,  z.  B.  dig-nus  est 
amari  für  qui  ametur. 

2)  Der  Infinitiv  des  Praesens,  der  im  Latein,  nur  Gleichzeitiges  mit  135. 
dem  Hauptverbo  anzeigt,  wird  oft  unlateinisch  für  den  des  Futurmns 
gebi-aucht,  wozu  die  deutsche  Sprache  verführt,  die  in  Ermangelung 
einer  eigenen  Form  den  des  Praesens  auch  für  den  des  Futurums 
gebraucht.  Wir  sagen:  ich  hoffe  bald  zu  Rom  zu  sein,  der  Lateiner: 
me  spero  mox  Romae  futurum.  Fehlerhaft  ist  daher:  brevi  te  cojh- 
plecti  speramus,  für  nos  te  brevi  complexuros  esse  speramus;  spera- 
vit  eum  Romae  videre,  für  se  eum  Romae  visurum;  ejus  '39  eruditionis 
decimam  partem  attingere  speravi,  i\ir  fore  ut  attingerem;  Catilina 
urbem  incendere  rainatus  est,  für  se  urbem  incensurum;  pollicitus  ^^o 
sum  tibi  id  primo  quoque  tempore  scribere,  für  me  id  —  scripturum  ; 


139.  So  Blomfield  Pracf.  Aeschyli    Septem  p.  IX. 

140.  So  Longol.  Ep.  I,  15. 


62 

hrevP''^  (lomum  redire  existimat,  für  se  rediturum;  piito  Kalendis 
Septemhrihiis  Romae  esse,  für  me  futurum.  Abweichende  Stellen  der 
Alten  berechtigen  nicht  zur  Nachahmung^.  Vgl.  Ruhnk.  Terent.Andr. 
I,  5,4.  Ausleg.  zuLiv.11,5.  Davis.  Caes.  B.  G.  IV,  21,  5. 

136.  3)  Der  Infinüiv  des  Praesens  hat  im  Accusativ  eine  Doppelform, 
entweder  die  des  Nominativs  oder  die  Form  ondumwnA  endum,  welche 
man  die  des  Gerundiums  nennt.  Man  bemerke  hierbei  nur,  dass  z.  B. 
bei  der  Praepos.  inter  beide  Formen  vorkommen,  die  erste  aber  nur, 
wenn  der  blosse  Begriff  des  Verbi  gedacht  wird,  die  zweite,  wenn 
die  Handlung  selbst  als  wirklich  eingetreten  bezeichnet  werden  soll. 
Man  sage  daher:  Quid  interest  inter  docere  et  erudire,  nicht  inter  docen- 
dum  et  erudiendum,  wie  man  bisweilen  geschrieben  findet.  Richtig 
ist:  ille  inter  docendum  (ivährend  des  Lehrens),  mier pugnandum, 
inter  spectandum —  mortuus  est.  Vgl.  Cic.  Fin.  11,13. 

7)  Gerundium  und  Gerundivum  oder  Participium  Futuri  Passivi. 

137.  Den  Gebrauch  beider  und  ihr  gegenseitiges  Verhältniss  lehren  zur 
Genüge  die  vollständigen  grammatischen  Bücher.  Es  ist  nur  Weniges, 
wogegen  man  bisweilen  verstösst. 

1)  Fast  regelmässig  und  von  allen  bessern  Schi'iftstellern  beob- 
achtet ist  beim  Dativ,  Accusativ  und  Ablativ  die  Vertauscluing  des 
Gerundiums  mit  dem  Gerundivum  oder  Participium,  wenn  ein  Accu- 
sativ das  Object  des  Gerundii  ist.  Man  sage:  legibus  scribendis  für 
leges  scribendo ;  conßciendo  novo  apographo  für  conßcietido  novum 
apographum;  fructibus  demete?idis  für  fn/ctus  demetendo;  ad  cofi- 
nectendas  amicitias  für  ad  connectendu?n  aniicitias ;  in  urbe  evertenda 
für  in  urbem  evertendo ;  ab  homine  colendo  für  ab  hominem  colendo. 
Nur  selten  scheinen  die  Bessern  um  stylistischer  Gründe  willen  davon 
abgewichen  zu  sein,  wenn  anders  die  Stellen  nicht  fehlerhaft  sind, 
sowie  manche  der  angeführten  bezweifelt  werden.  Vgl.  unter  Andern 
Giese  zu  Cic.  Divinat.  p.l23.  In  z?vei  ähnlichen,  mit  einander  verbun- 
denen Sätzen  haben  aber  die  Bessern  wohl  nur  auf  einerlei  Art 
g-esprochen ;  z.  B.  in  Cic.  Sest.  I,  2  wohl  nicht  in  agendis  gratiis  com- 
memorandoque  beneficium,  wie  Eitn'ge  haben  drucken  lassen,  sondern 
entweder  commemorandoque  beneficio  oder  commemorandisque  bene- 
ficiis.  Gleichwohl  steht  z.  ß.  bei  Cic.  Phil.  V,  3  populum  Romanum 
opprimendi,  obgleich  vier  Gerundiven  im  Genitiv  vorausgehen,  und 
es  also  popttli  Romani  opprimendi  heissen  müsste.  Dagegen  wenn 
Caesar  B.  G.  IV,  14  sagte  :  neque  consilii  haberidi  neque  arma  capiendi 
spatio  dato,  so  hatte  er  wohl,  wenn  er  so  geschrieben  hat,  einen 
stylistischen  Grund. 

138.  2)  Nur  altlateinisch  wird  das  Neutrum  der  passiven  periphr.  Con- 
jugation,  z.  B.  amandum  est,  nach  griechischer  Weise  mit  einem  Ac- 
cusativ des  Objects  verbunden,  aber  ausser  Varro,  der  noch  das 
Altertliümliche  liebt,  kommt  es  bei  den  übrigen  Klassikern  und  allen 
andern  Bessern  nirgends  vor,  es  sei  denn,  dass  ein  besonderer  sty- 
listischer Grund  vorhanden  wäre,  so  zu  sprechen;  denn  wenn  Cicero 
(Off.  I,  31,112)  sagte:  Catoni  —  moriendum  potius,  quam  tyranni  viil- 


141.  So  Jiunell.  Epist.  5. 


63 

tum  ndspiciendum  fuit,  für  miltus  adspiciendus  fuit,  so  geschah  diese 
Yerbiiuluiig  um  der  GJeicliJieit  Avilleii,  und  wenn  ei-  pro  Scauro 
(c.  13)  sagte:  obliviscendum  vobis  putatis — scelera,  für  obh'viscenda, 
so  hob  er  den  Begriff  gleicli  vorn  aUgernei?i  im  Neutro  hervor. 
Dergleichen  werde  aber  durchaus  vermieden,  und  in  der  guten  Prosa 
wird  für  fehlerliaft  gelten  parentes  tuos  amandum  est,  für  parentes 
Uli  amandi  sunt;  occupanduin  est  animos,  für  occupandi  sunt  animi; 
canes  paucos^^^^  et  acres  habejiduni  est,  für  canes  pauci  et  acres 
habendi  sunt  —  und   so  alle  ähnliche. 

3)  Fast  unlateinisch  ist  es,  die  passive  periphr.  Conjugation  in  139. 
der  Bedeut.  des  passiven  Könnens  oder  der  passiven  Möglichkeit  zu 
brauchen,  da  sie  bei  allen  Bessern  mir  die  Bedeut.  der  passivischen 
Nothwendigkeit  oder  des  passiven  Müsaens  hat,  wiewohl  auch  der 
Begriff  dürfen  in  negativen  Sätzen,  besonders  mxtvix  (kaum),  dadurch 
ausgedrückt  wird.  Daher  bedeutet  liber  legendus  est  nur  das  Buch 
itiuss  gelesen  werden,  nicht  es  kann  gelesen  u'erde?i,  welches  legi  potest 
heisst.  Man  halte  sich  an  diesen  Sprachgebrauch  der  bessern  Prosa. 
Vgl.  Heusinger.  Emendatt.  p.  469;  Zumpt's  Grammatik  §.  650  und 
Reisig's  Vorlesung,  p.  746  m.  d.  Anm. ;  auch  neulich  Madvig  z.  Cic. 
Fin.  I,  2,  6. 

4)  U?ilatemisch  aber  ist  die  oben  §.  137  erwähnte  Vertauschung  140. 
des  Gerundiu?ns  mit  dem  Gerundivum,  wenn  das  Object  des  Gerun- 
diums  nicht   im    ^ccusativ,  sondern  in    einem  andern  Casus  steht. 
Sätze,  wie  urbi parcendum  est,  ictibus  resistendum  est,  lassen  sich  nicht 

in  urbs  parcenda  est,  ictus  resistendi  sunt  umändern,  und  so  auf  gleiche 
Weise  in  den  übrigen  Casibus,  nicht  urbis  parce7idae,  ictuum  resi- 
stendorum  im  Genitiv,  für  urbi  parcendi,  ictibus  resistetidi ;  nicht  im 
Dativ  urbi  parcendae,  ictibus  resistendis,  für  urbi  parcendo,  ictibus 
resistendo  —  und  so  in  den  übrigen  Casibus.  Fehlerhaft  sind  daher: 
liaec  materia  ictibus  resistendis  apta  est;  firmandus  est  animus  ad 
dolorem  (für  dolori)  obsistendum ;  propensus  est  urbi  parcendae,  für 
urbi  parcendo  oder  ad  parcendum  urbi;  hostis  parcendus  est,  für 
hosti  parceiidum  est ;  ratio  obtemperanda  est,  für  rationi  obtempe- 
randum  est  —  und  so  in  ähnlichen  Fällen. 

5)  Man  achte  auch  darauf,  dass  das  Gerundivum  wwc  gehr^\\c\\\\\\. 
werden  darf,  wenn  etwas  Gleichzeitiges  mit  dem  Hauptverbo  oder 
etwas  Künftiges  angegeben  wird,  nicht  etwas  schon  Vergangeties 
oder  Forzeitiges,  wo  das  Participium  der  Vergangenheit  Statt  findet. 
Verschieden  sind  z.  B.  edendis  libris  und  editis  libris,  wiewohl  Beides 
durch  Herausgabe  von  Büchern  heisst.  Wenn  wir  sagen:  er  macht 
sich  durch  Herausgabe  vortrefflicher  Bücher  verdient,  so  heisst  es 
edendis  libris;  aber  er  hat  sich  durch  Herausgabe  vortr.  B.  verdient 
gemacht,  heisst  editis  libris. 

8)  Das  Supinum  auf  u. 

Es   wird  heutzutage  bisweilen  unlateinisch  angewandt  und  z.  B.  142. 
mit  esse  verbunden  ohne  Vermittelung  eines  Adjectivs;  z.  B.  editio 
hujus  anni  non  est  inve7itu^  non  est  repertu,  wie  wir  sagen :  ist  nicht 
zu  finden,  für  7ion  reperilur.  Ebenso:  librum  alicui  dare  lectu.  Einem 


142.  Wie  Varro  R.  R.  I,  21  schreibt. 


64 

ein  B.  zum  Lesen  geben,  für  lege7idtim  oder  quem  legat;  oder  wenn 
geschrieben  wird:  vide,  quae  ibidem  lectu  dantur,  für  legenda. 

9)  Participia. 

143.  Ihr  Gebrauch  ist  bei  Cicero,  welcher  volle  Perioden  liebt,  selir 
beschränkt,  häufiger  dagegen  bei  alten  Historikern  seit  Caesar  und 
Sallust,  indem  sie  Nebenhandlungen  und  Nebenumstände  wo  mög- 
lich in  Participien  der  Haupthandlung  beifügen.  Späterhin  aber  miss- 
brauchte Tacitus  die  Participien,  besonders  die.  ^4blativi  absohiti,  in 
denen  er  oft  wichtige  Umstände  angibt,  welche  Andere  in  vollen 
Sätzen  hervorgehoben  haben  würden.  Auch  heutzutage  treibt  man 
mit  ihnen  Missbrauch,  weil  man  sie  für  Schönheiten  der  Rede  hält. 
—  Hier  jedoch  nur  Einiges,  was  zu  beachten  ist. 

144.  1)  Das  Partie.  Futuri  Act.  bedeutet  bei  Cicero  und  Caesar  nur 
das  thun  tvollen.,  das  im  Begriff  sein.,  Etwas  zu  thun.,  nicht  das  ihun 
sollen,  wie  es  manche  Spätere  brauchen;  z.  B.  misit  legatos  oraculum 
consulturos,  für  qui  co?isulere?it  oder  consuletites.  Richtig  ist:  ciconiae 
abiturae  (welche  oder  wenn  sie  wegziehen  wollen)  in  loco  certo  con- 
gregantur;  vivitis  tamquam  semper  f«cf?/y/.  Wohl  aber  möchte  dieser 
mehr  N.  Kl.  Gebrauch  des  Partie,  anwendbar  und  nicht  verwerflich 
sein.  Aber  unlateinisch  ist  er,  wenn  nichts  Zukünftiges  dadurch  an- 
gegeben wird,  z.  B.  poetae  ^^^  soli  Veneri  tres  jungunt  Gratias  in- 
dicaturi  (um  anzuzeigen),  für  ut  indicent,  denn  sie  thun  es  eben  da- 
durch, wollen  es  nicht  erst  thun.  —  Eben  so  falsch  findet  es  Reisig 
in  seinen  Vorlesungen  p.  742,  wenn  in  •  Lectionscatalogen  stehe: 
Explicabo  hanc  rem  secuturus  oder  adhibiturus  librum  aliquem,  für 
secutus  (sequens) ,  da  die  Zuziehung  eines  Buches  nicht  später,  als 
das  Erklären,  sondern  gleichzeitig  mit  ihm  geschieht. 

145.  2)  Unlateinisch  ist  der  Ablativus  ab  solutus ,  wenn  er  entweder 
Wörtern  beigesetzt  ist,  die  gar  kein  Verbum  haben  und  daher  keinen 
Satz  bilden,  oder  wenn  er  Etwas  anzeigt,  was  mit  dem  andern  Satze 
in  keiner  wirklichen  natürlichen  Verbindung  steht.  Dergleichen  kommt 
in  neuern  Büchern  oft  vor  und  alltäglich  auf  Büchertiteln  ,  wie  in 
folgenden  Beispielen:  Antiquitas '^^  Homerica  edetite  Jo.  Terpstra., 
für  quam  edidit  J.  T.;  specimen^'*^  emendationum  petitaruin  ex  cod. 
Gudiano,  auctore^"^^  L.  Kulenkamp,  für  cujus  auctor  est  L.  K. ;  hoc 
vocabulum,  Ruhnkenio^^'"  docente  (monente),  apud  Libanium  legitur, 
für  ut  Ruhnkenitis  docuit  oder  lieber  verbunden  hoc  iioc.  apud  L. 
legi  docuitRuhnk.;  sie  legendum  censuit  Scaliger.,probante^*^  Heynio, 
für  idque  oder  quod  probavit  Heynius ;  Borhecnius  receperat  6(o|f'»r, 
me  non  probatite ;  magna^*^  tarnen,  haec^  •"»"  dicente  Cicerone,  ejus  aerarii 


143.  So  Sinteiiis  Versucli  etc.  p.  174,  was  dort  schon  R.  Klotz  gerügt  hat. 

144.  Ist  der  Titel  eines  zu  Leyden  1831   erschienenen  Buches. 

145.  Ebenfalls  der  Titel  einer  Disputation. 

146.  Das  würde  heisscn    auf  den  Ratli  L.  Kulenkamp's,  nach  der  Erzählung 
K.  — ,  wozu  wieder  ein  Verhum  fehlt. 

147-  Das  hiesse  auf  Rulmken's  Erinneruny  steht  dieses  im  L. 

148.  Das  hiesse  mit  Heyne' s  Billigung,  da  doch  beide  Männer  weder  gleicli- 
zeltig,  noch  je  beisammen  waren. 

149.  So  Atanut.  Cic.  Verr.  11,  2. 

150.  Das  liiesse  da   Cicero  dieses  sagt. 


65 

fiiit  iaopia.  So  ist  auch  wunderlich  gesag:t:  ambilione^^^  seposüa  ce- 
tera vitia  Pliilippus  magfiiis  boiiis  aequavit,  für  zit  atubüiojiem  prae- 
termittain,  um  den  Ehrgeiz  zu  übergehen.  —  Und  dergleichen  Vieles 
im  Neulatein. 

3)  Nach  der  bekannten  kurzen  Sprechart,  audito  zu   sagen  für  146. 
cum   auditum   esset,  bildeten  die    Historiker  seit   Livius   (denn    bei 
Cicero  und  Caesar  kommt  sie  selten  voi')  viele  andere  ähnliche,  wie 
nunciato,  cognito,  exposito  u.  a.,  welche  im  Schreiben  nachzuahmen 
sind  und  von  Zunipt  als  Fortbildung  im  Bessern  betrachtet  werden. 

Ja  selbst  der  neutrale  Ablatio  eines  Adjectics  findet  sich  schon  bei 
Livius,  Tacitus  und  Andern,  was  nur  selten  nachzuahmen  ist,  z.  B. 
periculoso^  dubio  (Liv.  XXVIII,  17),  haud  dubio.,  incerto  (Liv.  XXVIII, 

36),  sereno.,  tranquiUo  für  cum  periculosuni esset.  Aber  gewagt 

ist  es  und  ohne  Beispiel  eines  Klassikers,  wenn  Fiorus  (Hl,  21)  sagt 
adversariis  hostibus  judicatis,  y\o  Object  und  Prädicat  eines  Verbums 
beide  in  den  Ablativ  gesetzt  sind.  —  Vgl.  auch  Reisig's  Vorlesung 
p.  762. 

4)  Ä\  Kl.  und  mehr  zu  vermeiden  als  nachzuahmen  sind  die  dem  147, 
Deutschen  ähnlichen  Participialverbindungen  ita,  sie,  supra,  ??iodo, 
infra  ■ —  dictus,  nominatus.,  appellatus.,  memoratus  u.  a.,  sowie  auch 
praedictus,  praeno?ninatus^  wie  wir  sagen  so,  obe?i,  soeben,  unten  ge~ 
Jian7it,  erwähnt,  vorbenmint,  dergleichen  sich  bei  keinem  bessern 
Klassiker  findet,  von  welchen  sie  nur  mit  qui,  quae,  quod  umschrie- 
ben werden :  qui  dicitur,  qui  dictus  est,  quem  dicimt,  quem  supra  — 
dixi  und  so  auf  ähnliche  Weise,  z.  B.  die  sogenannten  Dialektiker, 

qui  diaJectici  appellantur.,  nicht  dialectici  sie  appeUati  oder  dicti,  der- 
gleichen im  N.  L.  häufig  ist.  Vgl.  Anleit.  §.  590  und  an  mehrern 
Stellen  in  Th.  II  dieses  Buches. 

f)   Praepositionen. 

Im  Gebrauche  und  in  der  Anwendung  der  Präpositionen  ist  wegen  148^, 
der  Verschiedenheit  der  Sprachen  grosse  Vorsicht  nöthig.  Von  dem 
Vielen,  was  im  Lateinischen  vom  Deutschen  abweicht,  kann  hier  nur 
einiges  W  enigc  berührt  werden.  Vollständig  findet  sich  das  Einzelne, 
was  jede  Präposition  anlangt,  in  //awrfiV  Tursellinus  behandelt,  ausser 
welchem  auch  die  frühern  Bücher  über  die  Partikeln  benutzt  wer- 
den können. 

1)  Die  Lateiner  denken  oft  den  Ort,  wo  wir  Etwas  als  geschehen  149. 
angeben,  wo ch  fern  abliegerid ,  und  verbinden  viele  Verba  und  die 
von  ihnen  abgeleiteten  Substantiva  nur  selten  mit  t?i  und  dem  Abi., 
meistens  mit  in  und  dem  Accusativ,  z.  B.  abdere,  advenire,  adventus, 
appellere  und  applicare  navem,  coetus,  cogere,  coire,  concurrere, 
confluere,  congregare,  convenire,  conventus  u.  a.  m.  Wir  sagen  irgend- 
wo, an  einem  Orte  ankommen,  die  Lateiner  nicht  in  aliquo  loco.,  son- 
dern i?i  aliquem  locu?n  advenire;  wir  sagen  irgendwo,  bei  Jemande?i 
eitikehreti,  nicht  in  aliquo  loco,  apud  aliquem  devertere,  sondern  in 
(ad)  aliquem  locurn,  ad  aliquem.  Vgl.  was  Teipel  gesammelt  hat  in 
d.  Jahrb.  X,  p.  120  fgg.   Und    eo    noch   andere   Verschiedeuheiten, 


151.  So  Valcken,  oratt.  p.  239. 


66 

z.  B.  wir  sagen :  ein  Schiff  an  irgend  einem  Orte  besteigen,  nicht  in 
aliquo  low,  soiidei'n  ab  oJiquo  loco;  au  oder  avf  irgendeinen  Ort 
Etwas  setzen,  stellen,  nicht  in  aliquem  lociim,  sondern  fast  nur  in 
aliquo  loco;  an  irgend  einem  Orte  (der  höher  liegt)  eine  Rede  hal- 
ten, nicht  in  aliquo  loco,  sondern  ex  aliquo  loco  orationem  habere; 
überall  ist  der  Weg  in  die  Unterwelt  gleich  gross,  nicht  onmibus 
locis,  usquequaque,  ubique,  sondern  ex  omnibus  locis ,  zindique.  Wo 
wir  in  Briefen  (oben  oder  unten)  sagen  von  Hause,  sagt  man  ex 
aedibus,  nicht  ab  aedibt/s,  und  wo  wir  ohne  alle  Präposition  den  Ort, 
wo  der  Brief  geschrieben  ist,  angeben,  z.  B.  Berlin,  Frankfurt,  Bres- 
lau, setzten  die  Lateiner  vielleicht  nur  den  Ablativ  auf  die  Frage 
woher,  um  anzugeben,  woher  der  Brief  komme  (mit  oder  ohne  den 
Beisatz  data  oder  datae)^  also  Berolino,  Francofurto,  Vratislavia^ 
Ro7na^  Brundisio  u.  dgl.,  und  so  sagten  sie  ex  castris,  e  promontorio, 
a  Pontio,  ex  Trebtilano^^^  u.  s,  w\  —  Wir  denken  uns  ferner  biswei- 
len Etwas  als  Ursache,  inodurch  Etwas  geschielit,  die  Lateiner  aber 
als  Quelle  und  Folge,  und  brauchen  ex^  z.  B.  dadurch  oder  in  Folge 
dessen  entsta?id  eine  Parthei,  ex  ea  re  oder  inde  exstitit  factio;  und 
so  meistens  bei  allen  Verben,  welche  entstehen  bedeuten,  woher  man 
auch  lateinisch  sagt:  liberos  habere  ex  aliqua,  wo  wir  sagen  mit  oder 
von  Einer.  —  Wir  sagen  von  einer  Reise  kommen,  zurückkehren,  die 
Lateiner  ex  ilinere^^^ ;  mit  Etwas  anfangen,  den  Anfang  macheyi, 
latein.  ab  aliqtia  re ;  daher  adverbial  mit  i7ide,  unde.,  z.  B.  fange  tnit 
de?n  an,  tvomii  es  nöth/g  ist,  ?*w</e  initium  sume,  unde  necesse  est 
(Cic.  luv.  1,  20,  28)  ;  und  so  gibt  es  der  Verschiedenheiten  mehrere, 
liier  genüge  diese  Probe,  damit  man  aufmerksam  werde. 
150.  2)  Wenn  schon  mit  dem  Verbo  im  Activo  die  Präpos.  a  verbun- 
den wird,  z.  B.  victoriam  reportare  ab  aliquo,  den  Sieg  über  Jeman- 
den davontragen,  so  entsteht  im  Passivo,  zumal  wenn  noch  ein  neues 
a  dazu  tritt,  eine  Zweideutigkeit,  die  nur  durch  Vermeidung  des 
Passivs  am  besten  vermieden  wird.  So  ist  z.  B.  zweideutig  ab  Antonio 
Victoria  ab  Octavia7io  reportata  est,  und  sogar  schon  einfach  ab  An- 
tonio oder  ab  Octaviano  victoria  rejjortata  est,  da  es  ungewiss  lässt, 
7ver  der  Sieger  und  wer  der  Besiegte  gewesen  sei.  Und  so  entsteht 
Zweideutigkeit  bei  allen  ähnlichen  Verben,  Avie:  repulsam  ferre 
ab  aliquo,  pacem  redimere  ab  aliquo,  aliquid  afferre  ab  aliquo,  ali- 
quem defendere  ab  aliquo  (gegen.  Jemanden)  u.  a.  Vgl.  Vorstii  lati- 
nil.  raerito  susp.  p.  97.  —  Dagegen  wird  bei  einer  offenbaren  Zwei- 
deutigkeit zweier  Accusativen  zu  einem  Infinitiv,  wovon  der  eine  das 
Subject,  der  andere  das  Object  angeben  soll,  lieber  die  Präpos.  a 
mit  M^endtim  passiven  Inß?ittiv  gewählt,  was  schon  Quintiliau  (Inst. 
VII,  9, 10)  erinnert:  Accusativi  geminatione  facta  araphiboüa  solvitur 


152.  Vgl.  Cic.  AU.  VII,  3.  Solche  Redensarten  am  Ende  vieler  Briefe  Cicero's 
beweisen  übrigens,  dass,  wenn  nicht  ausdrücklich  vom  Schreiben  die  Rede  ist, 
die  Alten  s^ewiss  nur  so  g^credet  und  dare,  data,  datae  dazu  g-edaclit  haben.  In 
den  Ausf^g.  der  Briete  Cicero's  wechselt  der  Casus,  ob  aber  mit  Recht,  ist  zu 
bezweifeln.  Die  Neidatciner,  auch  die  bessern,  bleiben  sich  ebenfalls  niciit  gleich. 

153.  Vgl.  Cic.  Inv.  I,  30,  47.  Eine  reiche  Zusammenstellung  von  Eeispielen 
des  latein.  und  deutschen  Gebrauchs  der  Praepos.  in  findet  sich  von  Teipel  in 
d.  Leipz.  .Jahrb.  1840.  XXVIII,  2,  p.  120  —  130. 


67 

Ablativo,  ut  ilhid,  Lachetem  audlvi  percussisse  I)et7ieam,  fiat  a  Lachete 
perciissiim    (esse)    Denieofii. 

3)  Vom  Gebrauche  der  Prc/'j)ositio??szusätze  zu  eiuem  andern  Suh-  J51. 
staiitive  ist  schon  oben  §.  80  —  82  das  Nöthige  erinnert  worden, 
dabei  aucli,  wie  sie  auf  andere  Art  vermieden  werden.  Dahin  g^ehört 
insbesondere  der  Gebrauch  des  Genüivs  (worüber  in  den  Gramma- 
tiken mehr  bemerkt  ist)  und  der  eines  den  Sinn  enthaltenden  Ad- 
jectivs.  Adjectiva  werden  dazu  häufig  benutzt,  z.  B.  bei  Namen:  Phi- 
lippus  Macedo^  Cicero  Ar'pinas^  Democritus  Ahderiles  u.  a.,  ferner: 
triumphus  castellamis  (über  Castelle),  bellum  reghnn  (mit  oder  gegen 
den  König),  bellum  servile  (mit  Sklaven)^  terror  hostilis  (vor  de?i 
Feinden),  metus  consularis  (vor  deti  Consui/i),  metus  olienns  (vor 
einetn  Andern),  pugna  Leuctrica  (bei  Levctra),  quaestiones  naturcdes 
(über  die  Natur),  malum  domesticum  (im  Hause,  in  der  Familie),  senex 
comicus  (in  den  Comoedien),  concordia  equestris  (unter  den  Rittern) 
—  und  so  viele  andere,  wo  nicht  nur  oft  der  Genitiv,  sondern  auch 
selbst  die  Präposition  statthaft  wäre.  Und  so  wird  auch  durch  die 
Possessiven  meus,  tuus  u.  s.  w.  am  natürlichsten  unser  von  meiner, 
deiner  —  Seite  ausgedrückt,  z.  B.  nullae  meae  litterae  (keine  Briefe  i 
von  mir,  von  meiner  Seite) ;  quot  tuae  petitiones  (tvie  viele  Angriffe  1 
von  dei?ier  Seite);  sine  ulla  mea  contumelia  (ohne  alle  Beschimpfung  i 
von  mei?ier  Seite)  u.  a.,  worüber  schon  oben  §.  68.                                                     ] 

4)  Nach  Reisig's  Bemerkung  in  seinen  Vorles.  p.  702  lassen  die  152.  | 
Verbalia  auf  us,  die  nur  im  Abi.  vorkommen  und  dem  zweiten  Supino  j 
gleichen,  im  bessern  Latein  keine  Präposition  zu.  Fehlerhaft  ist  e  ro- 

gatu  tuo,  ex  mojiitu  patris,  ex  hortatu  parentiim^^  ex  J2/ssn  prtJicipis 
u.  dgl.  Ebenso  sei  es  falsch,  eine  Praeposition  bei  einem  Subst.  mit 
einem  Partie.  Perf.  Pass.  zu  gebrauchen,  z.  B.  ex  co7nparatione  instituta 
intellexi,  wo  ex  wegbleiben  müsse.  Jene  nur  im  Ablativ  vorkommenden 
Verbalia  können  aber  ferner  kein  Eigenschaf tsad'jectiv,  z.  B.  boniis,  j 

benevolus,  durus  u.  dgl.  zu  sich  nehmen,  sondern  nur  den  Genitiv  einer  i 

Person  oder  ein  Pemonaladjectiv,  z.  B.  regis,  regius.  Man  sagt  wohl  i 

jussu  regio,  aber  n\c\ii  jnssu  benevolo,  hortatu  magno^  gravi,  severo.  ] 

5)  Unlateinisch  ist  die  Verbindung  zweier  Präpositionen  mit  einem  153.  j 
Substantiv,  wenn  sie  verschiedene  Casus  regieren,  z.  B.fi/r  und  wider  ' 
diese  Meinimg,  nicht  pro  et  contra  hanc  sententiam,  sondern  pro  hac  \ 
senteniia  et  contra  eam;  sowohl  in  als  nach  deinem  Consulate,  nicht 

et  in  et  post  consulatmn  tuum,  sondern  et  in  consulatu  tuo  et  post  con-  I 

st/latum;  gegen  tind  für  das  Gesetz,  nicht  contra  et  pro  lege^  sondern  ' 

contra  legem  proque  lege.   Daher  auch  nie  allein  p?o  et  contra,  was  * 

man  oft  hört  und   liest,  sondern  i?i  utra?iigue  parte?n,  in  contrarias  \ 

partes.  Eben  so  wenig  hoc  non  modo  non  pro,  sed  contra  me  est  potius,  ^ 
sondern  non  pro  me,  sed  contra  me  (Cic.  Orat.  III,  20,  75),  wo  wir  sa- 
gen das  ist  nicht  nur  nicht  für,  sondern  vielmehr  gegen  mich.  Dagegen 

können  zM'e«  Präpositionen,  die  einerlei  Casus  regieren,  mit  et  oder  que  i 

verbunden  werden,  wiewohl  auch  so,  dass  das  Subst.  gleich  nach  der  j 

ersten  folgt  und  die  zweite  Präposition   dem  Subst.  mit  et  nachgesetzt  | 

wird  ohne  Subst.  oder  Pronomen,  z.  B.  citra  et  ultra  Padum  oder  j 

cilra  Padum  ultraque  ;  intra  extraque  munitiones ;  ante  signa  circaque  \ 
u.  a.  Vgl.  Auleit.  §.  541. 

*)  Ob  in  Cic.  Att.  VlII,  3  die  Worte:    cum  fratre,   an  sine    (ob  mil  dum 

5*  : 


68 

Bruder  oder  ohne)  statt  an  sine  eo  richtig  seien,  bezvveitle  ich,  da  sich  keine 
äimlichc  sicliere  Stellen  finden. 
154.  6)  Wenn  nur  eme  Präposition  zu  zwei  oder  mehrer?i  Substantiven 
geliört,  so  kann  sie,  wie  im  Deutschen,  entweder  wiederholt,  oder  beim 
zweiten  ausgelassen  werden.  Die  Wiederholung  aber  ist  fast  gesetz- 
mässsig  in  partitiven  und  disjunctiven  Sätzen,  also  bei  et  —  et,  partim 
— partim^  cum  —  tum,  mit  —  aut,  vel — vel,  non  solnm  —  sed  etiam 
und  ähnlichen.  In  den  andern  Fällen  fordern  nur  Deutlichkeit,  Wohl- 
klcmg  und  der  Wunsch,  auch  das  zweite  Subst.  hervorzuheben^  die  Wie- 
derholung, da  diese  sonst  nicht  nothwendig  ist.  Man  kann  sich  hiernach, 
was  durch  Beispiele  aus  Cicero  erwiesen  werden  kann,  theils  im  eige- 
nen Sclireiben  richten,  theils  das  Fehlerhafte  in  anderen  Schriften 
beurtheilen.  Fehlerhaft  ist  wohl:  vitia'^'*  tamex  animi  levitate,  quam 
petut aut ia  atqne  malitia  oriunda  —  für  quam  ex  petulantia;  hominis '^^ 
pretium  (f.  dignitas)  non //«  sola  mentis  intelligentia,ser/  maxime  animi 
integritate  cernitur  —  für  non  solum  in  m.  intell.,  sed  etiam  maxime 
in  animi  int.;  animi  in  coelum,  quasi domicilium  suum  perveniunt  —  für 
quasi  in  domicilium;  mens  aut  in  corde,  aut  Empedocieo  sanguine  de- 
mersa  jacet  —  für  aut  in  Emped.;  a  magnitudine  animi  ductus,  non 
superbia  —  für  non  a  superbia;  per  neminem  id  rectius  curari  potest, 
quamfratrem  tuum  für  quam  per  fr.;  tum  ob  rerum  varietatem,  tum 
verborum  antiquitatem  —  für  tum  ob  verborum  — ;  hoc  probatur  non  qui- 
dem  ex  Festo,  sed  Macrobio  —  für  sed  ex  M.,  und  so  ähnliche  Stellen. 
Gegen  diese  Vorschrift  finden  sich  aber  viele  Stellen,  wo  man  die 
Wiederholung  der  Präposition  nicht  findet,  und  die  doch  durch  Hand- 
schriften gesichert  sind.  Vgl.  W^eber's  Uebungssch.  p.  257,  Handys 
Lehrbuch  p.  233  u.  Reisigs  Vorles.  p.  738. 

155.  7)  Dagegen  ist  merkwürdig  und  wohl  seltsam  die  Auslassung  der 
Präposition  bei  Pronominen,  welche  auf  einen  Präpositionssatz  folgen, 
wenn  das  Verbum  des  ersten  Satzes  beim  Pronomen  nicht  von  Neuem 
wiederholt  wird.  Wir  sagen  z.  B.  das  Greisenalter  zieht  von  Geschäf- 
ten ab.  Von  tvelche?i?  ettva  von  denen  u.  s.  w.,  die  Lateiner:  a  rebus 
gerendis  senectus  abstrahit.  Quibus?  an  iis  —  für  a  quibus?  an  ah  iis. 
Vgl.  Cic.  Senect.  6.  So  noch  anderwärts,  z.  B.  ante  te?npus  morimise- 
Tutn  est.  Quod  tandem  tempus'f  —  für  ante  quod  tandem  tempus?  (Cic. 
Tusc.  I,  39) ;  si  per  alios  fecisse  dicis,  quaeso,  servosne  an  liberos  — 
für  per  servosiie.,  an  per  liberos  (Cic.  Kose.  Am.  27,  74)  ;  traducis  co- 
gitationes  nieas  ad  voluptates.  Quas?  —  für  ad  quas?  (Cic.  Tusc.  III, 
17,  37)  ;  incidit  in  eandetn  invidiam,  quam  pater  suus  —  für  in  quam 
(Corn.  N.  Cim.  3,  wo  Bremi  zu  vergleichen  ist).  Falsch  ist  aber  wohl: 

judicat  de  quibusdam.,  quibus  (für  de  quibus)  alii  judicare  non  possunt. 
—  Vgl.  auch  Reisig's  Vorles.  p.  737  und  die  Anm. 

g)   Adverbia. 

156.  Adverbia  nach  griechischer  Art  als  Stellvertreter  von  Adjectiven 
mit  Substantiven  zu  verbinden,  ist  fast  nur  poetisch,  z.  B.  ante  7nala, 
die  frühern  Leide?i ;  setnper  lenitas,  die  immerwährende  Milde;  olim 


154.  So  Sintenis  Versuch  etc.  p.  152,  wo  R.  Klotz  das  Falsche  schon  gerügt 
hat,  wie  auch  das  Folgende. 

155.  So  Ebenders.  ebendas.  p.  169. 


69 

ardor,  rfas  ehemalige  Feuer ;  nunc  \\ox\\\\\es,  die  jetzigen,  jetzt  lebenden 
M.  u.a. —  Nichts  der  Art  findet  sicli  bei  den  Prosaisten,  und  wenn  Cae- 
sar sa;£rt  reliqui  dei?iceps  dies,  so  ist  dieses  iinserm  die  übrigen  Tage 
sofort  ähnlich  gesagt.  Nur  allein  circa  (circum)  findet  man,  besonders 
häufig  bei  Livius,  mit  Substantiven  so  verbunden,  dass  es  die  adjecti- 
vische  Bedeutung  herumliegend  hat,  z.  B.  circa  salt?is,  die  herumlie- 
genden ffaldufigen ;  multae  circa  civitates,  ex  agris  circa  u.  a.,  was 
wieder  unserm  herum,  dem  Subst.  aber  nachgesetzt,  ähnlicli  ist,  die 
Städte  herum  (ringsherum).  Vgl.  darüber  Düker,  z.  Liv.  I,  4,  6  und 
Fabri  z.  Livius  XXI,  7,  5  n.  36,  8.  —  Dagegen  ist  die  Verbindung  eines 
Adverbiums  mit  einem  Ferbalsubst.  auf  um  (also  eigentlich  mit  dem 
Neutro  des  Partie.  Perf.  Pass.)  klassisch  und  gewöhnlich,  so  dass  beide 
Wörter  fast  ei7i  Wort  bilden  und  auch  von  den  Lateinern  als  ein  zu- 
sammengesetztes Subst.  betrachtet  worden  zu  sein  scheinen,z.  B.  ftewe 
factum,  bene  inventum,  bene  praeceptum,  reete  facttim,  male  factum, 
bene,facete  dictum — ,  womit  der  Genitiv  des  Urhebers  verbunden  wer- 
den kann,  z.B.  Catonis,  hominum;  und  so  mit  ante —  ante  factum 
(Cic.  Inv.  II,  10,  32  ex  ante  f actis),  ante  peccatum  (Cic.  ib.  ^V^  pari  ante 
peccato),  üTite actum  (Quint.  VII,  2,S4  vanum  in  anteactis argumentum), 
u.  a.,  bei  welchen  aber  auch  Adjectiva  für  die  Adverbia  stehen  können. 

Mehr  poetisch  und  nur  in  nachklassischer  Prosa  stehen  die  Accu- 157. 
sativen  multum,  permultum,  quantum,  tantum,  aliquantuni^  paullum 
u.  a.  vor  Comparativen  und  den  Präpositionen  inframxd  supra  für  die 
Ablat.  multo,  permulto,  quafitou.  s.w.  Die  wenigen  noch  zweifelhaften 
Beispiele  aus  Klassikern  berechtigen  nicht  zur  Nachahmung,  wie  sie 
sich  bei  den  Neulateinern  nur  zu  oft  findet.  Man  sage  nicht:  est  multum 
amplior  für  multo ;  eum  paullum  (i.paullo)  sapientiorem  esse  duco ;  na- 
ves  duae  paullum  (f.  paullo)  infra  (etwas  weiter  tinten)  delatae  sunt. 

Einiges  über  die  Wörterstellung. 

Die  Lehre  von  der  Stellung  derjenigen  Wörter  im  Satze,  die  an  158. 
sich  keine  feste,  bestimmte  Stelle  haben,  ist  noch  nicht  auf  sichere 
Vorschriften  gegründet,  einestheils,  weil  die  Ausgaben  der  besser^ 
Klassiker  sich  oft  sehr  unter  einander  unterscheiden,  nicht  selten 
auch  eine  Stelle  der  andern  widerstreitet,  und  die  Ansichten  der 
Kritiker  oft  von  einander  abweichen;  anderntheils,  weil  man  nicht 
sicher  weiss,  ob  nicht  auch,  wie  bei  uns,  so  bei  den  Alten  der  Rede- 
aecent  ein  vielleicht  nach  unsern  Regeln  falsch  gestelltes  Wort  den- 
noch hinlänglich  als  bedeutend  hervorgehoben  habe.  Das  Geschäft  des 
Grammatikers  ist  in  diesem  Theile  der  Grammatik  die  einzelnen  Fälle 
zu  beachten  und  darüber  zu  belehren,  wie  es  denn  z.  B.  noch  dunkel 
ist,  wie  die  Pronomina  in  einem  Satze  zu  stellen  seien.  Der  Zweck 
des  vorliegenden  Buches  geht  aber  nicht  soweit,  und  beschränkt  sich 
darum  nur  auf  wenige  Fälle,  zumal  auf  solche,  die  nur  selten  erwähnt 
werden. 

1)  N.  L.  ist  es,  in  Sätzen,  welche  zwei  Praepositionen  mit  ihren  159. 
Subst.  enthalten,  unmittelbar  nach  der  ersten  die  zweite  mit  ihrem 
Substantiv  zu  setzen,  z.  B.  in  ^^^   ^j.   Parnasso  velaiionibus  (in  den 

156.  So  Crenius  im  Museo  philol.  T.  II,  p.  3.    Auch   die    übrigen   Beispiele 
sind  aus  Neulateiuern. 


70 

Berichten  aus  dem  P.)  für  in  relationib.  ex  Parnasso,  was  aber  anch 
iiklit  genug  lateiiiisch  ist ;  ille  Pindaruni  comparat  cmn  iri  nubibus 
volante  cygno  —  für  cum  cygno  in  nub.  vol. ;  super  in  Circo  positam 
stntuam;  in  de  Finibus  libris  —  für  in  libris  de  F.;  ad  a  Furia  textum 
constitutum ;  in  ab  Ernestio  edito  Cicerone ;  haec  in  per  Italiam  itinere 
scripsit ;  Aristotelis  liber  in  de  re  tragica  commentatio7iem  revocatus ; 
haec  via  ducit  ad  a  diis  seclusum  locuni ;  in  ad  lectorem  praefatione 
u.  a.  m,,  die  im  N.  L.  vorkommen. 

*)  Jedoch  kann  die  alte  latein.  Datumformel  ante  cliem  im  römischen 
Kalender  eine  Präposition,  wie  m,  ex  vor  sich  haben,  weil  jenes  eine  stehende 
Redensart  bei  den  einzehien  Tagen  war.  Richtig  ist:  comitia  m  ante  diem  VI. 
Kai.  Junias  dilata  sunt. 

löO.  2)  Eben  so  N.  L.  ist  es,  bei  zivei  Substantiven  eines  Satzes,  deren 
eines  eine  Praeposition  vor  sich  hat,  diese  Praeposition  vor  das 
Subst.  zu  setzen,  das  von  ilir  nicht  abliängt.  Man  sage  nicht:  ad  mole- 
stia  te  liberandum,  für  ad  te  raol.  über.;  ad  hominibus  salutem  dandam, 
für  ad  salutem  hora.  d.;  ad  omnibus  disciplinis  animum  excolendum, 
für  ad  animimi  disc.  excoJendum;  hoc  verbum  ductura  est  a  fortunam 
alterius  intuendo,  für  ab  intue?ido  fort.  alt. ;  versatur  in  civibus  auxilio 
ferendo ,  für  in  auxilio  civ.  fer.  —  Mehrere  dergleichen  Verstösse  hat 
Frotscher  in  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  265  u.  424  und  in  Addendis  p.  452, 
auch  T.  II,  p.  215  angemerkt. 

*)  Davon  maclicn  Genitiven,  die  von  einem  Subst.  abhängen,  eine  Aus- 
nahme, z.  B.  in  rei  publicae  periculo;  ex  Clodii  telis;  ad  ejus  competitores ;  de 
linyaarum  praestantia ;  a  ijeyieris  similitudine.  Auch  ist  gleich  gut  z.  B.  in  tri- 
buendo  svum  cuiqne  (Cic.  Oft'.  I,  5,  14)  und  in  suum  cuique  tribuendo  (Cic. 
Brut.  21);  a  suum  cuiq.  tribuendo  (Cic.  Leg.  I,  6,  9)  und  a  trib.  suum  cuique. 

161.  3)  Erst  N.  hl.  findet  man  die  Praeposition  dem  von  ihr  regierten 
einfachen  Worte  nachgesetzt ,  da  sie  bei  den  bessern  Lateinern  nur 
bei  den  Pronom.  hie  und  qui  oft  nachgesetzt,  bei  andern  Wörtern  vor- 
gesetzt wird,  z.  B.  quem  per .,  quos  contra,  hunc  post.,  hunc  adversus^ 
aber  in  hortis .  nicht  hortis  in;  ab  istis,  nicht  istis  ab;  ex  inopia  homi- 
nnm.  nicht  inopia  ex  hominum  u.  dgl.  Jedoch  bei  zwei  Subst.  setzt 
Caesar  einmal  (B.C.  III,  6)  inter  nach  dem  ersten:  saxa  inter  et  alia 
loca.,  was  auch  Livius  thut  (XXII,  3,  3)  Faesulas  inter  Arretiumque. 
Dichter  und  Nachklassiker  suchen  dagegen  in  der  Nachstellung  eine 
besondere  Schönheit.  Man  schreibe  z.  B.  nicht,  wie  Bentley:  qiiando 
reges  Pergami  et  Alexandriae  inter  mutua  intercedebat  aemulatio, 
für  inter  reges  Pergami  w.  dgl. 

162.  4)  P.  L.  u.  A.  Kl.  ist  es,  die  Conjunctionen  nam,  namque,  etenim. 
sed .  verum,  et,  atque  und  nee,  welche  in  der  bessern  Prosa  immer 
die  erste  Stelle  im  Satze  behaupten,  nach  zu  stellen,  so  wie  auch  die 
cnhlitischen  Wörter  que,  ve  und  ne  (das  fragende)  einem  ihnen  frem- 
den Worte  anzuhängen.  Man  sage  nicht  Sotrates  nam  isla  docuit ;  a 
vobis  etenim  salubritas  "laedam  petitur;  isti  etenim  ipsi;  haec  verum 
absurda  sunt;  Platonem  laudatque  Aristotelem  für  Aristotelemque ; 
Cicero  dixitne  Quintilianus  für  dixit,  an  (luintil.  oder  Quintilianusne. 
Ueber  das  nachgestellte  itaque  vgl.  Th.  II  unter  Itaque. 

163.  5)  Nach  Reisig  in  seinen  Vorlesung,  p.  827  stellt  in  den  Ueber- 
schriften  der  Briefe  der  Alten  der  Gruss  Salutern  dicit  (S.  D.)  oder 
Snhitem  plurimam.  dicit  (  S.  P.  D.)  fast  immer  zwischen  den  beiden 
Namen,  dem  des  Schreibers  und  dessen,  an  den  der  Brief  gerichtet 


71 

ist,  sehr  selten  am  Ende;  dagegen  das  blosse  Sahitetn  (S. )  steht 
immer  nur  am  Ende;  z.  B.  M.  TulL  Cicero  S.  D.  (S.  P.  D.)  Jppio 
Pu/chro;  C.  Julms  Caesar  M.  Tiill.  Ciceroni  S,  —  Bekannt  ist  aiidi. 
dass  in  Briefen  der  Alten  bis  oft  iiocli  in  die  spätem  Zeiten  der  Manie 
des  Schreibers  voransteht,  und  dass  der,  an  wehhen  der  Brief  ge- 
richtet ist,  und  wenn  es  selbst  in  der  ersten  Periode  der  Kaiser  war, 
erst  jenem  nachsteht.  Erst  in  den  Zeiten  der  Antoniiien  fingen  Einige 
an,  bei  Höhern  die  Stellung  der  Namen  zu  verändern,  wovon  man  in 
Fronto's  Briefen  an  den  Kaiser  Beispiele  findet.  Jedodi  Andere  ahmten 
die  neue  Sitte  nicht  nach.  Die  Neulateiner  schwanken  zwischen  der 
alten  und  neuen  Sitte,  so  aber,  dass  die  meisten  Neuern  sich  an  die 
neue  halten.  Vgl.  auch  Vavassor.  Antib.  p.  552  ed.  Kapp. 

6)  Adjectiva  und  unter  den  Pronominen  besonders  die  Possessiva  164. 
werden  in  der  Regel  vor  das  Subst.  gesetzt,  wenn  sie  entweder  in 
klarem    Gegensatze  eines    andern   stehen,  oder  doch    offenbar  dem 
Sinne  nach  bedeutend  sind,  ausser  wenn  die  beiden  Worte  am  Ende 
stehen,  wo  das  Schlusswort  in  solchen  Fällen  betont  zu  werden  pflegt. 

Daher  sagen  die  Alten  fast  nur  mea,  tua ,  sua sponte;  mea, 

tua  —  voluntate  (willig ,  freiwillig) ;  ?neo nomine ;  meis ver- 

bis  ;  meo motu  (aus  eigenem  Antriebe) ;  meo arbitrio  oder 

arbitratu;  mea  —  —  causa  oder  gratia  (um  meinetivillen) ;  publica 
res  —  im  Gegensatz  der  privata;  domesticus  labor  entgegengesetzt 
dem  forensis  ,  publicus  u.  a.  Auf  gleiche  Weise  in  allen  ähnlichen  Fäl- 
len ^^^.  Wo  die  Alten  abweichen  ,  mögen  sie  einen  stylistischen  Grund 
gehabt  haben.  Wenn  aber  auch  neulich  vermuthet  wurde,  dass  der 
ältere  Plinius  sein  Werk  nidit  historiam  naturalem,  sondern  natura- 
lem historiam  genannt  habe,  so  ist  dazu  kein  Grund  voihanden,  da 
kein  Gegensatz  da  ist,  der  jene  Umstellung  forderte.  Und  so  wird 
auch  der,  welcher  über  lateinische  Sprache  ein  Buch  schreibt,  sagen 
müssen  de  lingua  latina,  nicht  de  latina  lingua,  weil  ein  Gegensatz 
nicht  dabei  gedacht  wird.  Und  so  in  allen  ähnlichen,  wie  scriptores 
graeci,  scr.  latini. 

Anhang.    Von  zwei  besondern  Eigenheiten  der  latein.  Sprache. 

1)  In  Redensarten,  wie:  Der  Name  Lentulus  kommt  von  lens^  der  J65. 
Name  Cicero  von  cicer,  das  Wort  fanum  von  fari.,  das  Verbum  volo 
von  voluntas;  Neptun,  sagen  die  Alten,  sei  von  nare  benannt,  das  Wort 
virtus  von  vir  entlehnt,  und  in  solchen  ähnlichen,  stellen  die  Lateiner 
alle  declinirbare  Wörter  nicht,  wie  im  Deutschen,  im  Nominativ  unab- 
hängig hin,  sondern  machen  sie  von  den  mit  ihnen  in  Verbindung 
stehenden  Wörtern  abhängig.  Sie  sagen  daher:  Lentulus  nomen  ducit 
a  lente,  Cicero  a  cicer e .,  a  fando  dictum  est  fanum  ^  a  voluntate  volo, 
veteres  Neptunum  dicunt  appellatum  esse  a  nando.,  virtutem  nomen 
esse  mutuatam  a  viro  oder  a  viris.  Falsch  ist  daher:  Etymologi  nomen 
religio  deducunt  aut  a  relegere  aut  a  religare.,  für  Etym.  religionem 
oder  religionis  nomen  ductum  putant  aut  a  relegendo  aut  a  relegando; 


157.  Selten  anders,  wie  bei  Cic.  Verr.  II,  59,  145  quod  si  lioc  voluntate  sua 
nuUa  civitas  fecit,  und  157:  pecunias  maximas  voluntate  sua  contulisse.  Dass 
die  Alten  auch  mei  causa  für  mea  causa  g-esag^t  haben,  aber  nie  in  diesem  Sinne 
causa  mea,  ist  oben  §.  93  bemerkt  worden. 


72 

falsch:  Belgarum  *^^  vox  alle  modo  si^nificat  cuncti^  modo  singuli 
für  cmictos  —  singt/los;  falsch:  ergo  nofi  (f.  ne)  interpreteris  aQiarog 
optwms ,  sed  fortisstnms ,  für  üijißTor  oplrnmm  ^  sed  fortisshnum.  Vgl. 
mehr  darüber  in  meiner  Anleit.  §.  590,  wo  auch  die  etwaigen  Aus- 
nahmen erwähnt  sind.  Und  so  fasst  der  Lateiner  auch  lateinische 
Titel  der  Bücher,  wenn  deren  Haupttheil  ein  declinirbares  Wort  ist, 
und  bringt  dieses  mit  dem  Worte  in  Verbindung,  welchem  as  ange- 
schlossen wird.  Man  sage  z.  B.  nicht:  vide  oder  confer  Harlesii 
chrestomathia  graeca^  sondern  chrestomathiam  graecam;  nicht:  vide 
Ernesti  institutio  interpretis,  sondern  instüiäionem ;  nicht:  lege  Sanctii 
Minerva^  sondern  Mhiervam,  dergleichen  oft  in  Citaten  alter  und 
neuer  Bücher  heutzutage  zu  lesen  ist. 

166.  2)  Eine  im  Deutschen  auch  nicht  durch  wörtliche  Uebersetzung 
erreichbare  Eigenheit  der  latein.  Sprache  ist,  das  Relativ  qui^  quoe, 
quod  (in  allen  Casibus)  ,  wenn  es  noch  einen  Beisatz  mit  einer  Co?i- 
junction  hat,  in  welchem  auf  die  Person  oder  Sache,  die  im  Relative 
liegt,  eine  Beziehung  stattfindet,  im  Casus  mit  diesem  Conjunctions- 
satze,  wenn  er  ihm  unmittelbar  folgt,  zu  verbinden,  mag  auch  das 
Verbum ,  welches  nach  dem  Deutschen  zu  qui  gehört,  einen  andern 
Casus  fordern.  Wo  diese  Eigenheit  vorkommt,  ist  sie,  da  sie  vom 
Deutschen  ganz  abweicht,  oft  verkannt,  ja  bisweilen  durch  Aenderun- 
gen  verdrängt  worden.  Die  Lateiner  sagen  z.  B.  für  qui  (kann  in  jedem 
Casus  stehen),  mim  ejus  —  cujus  cum  — ;  für  qui,  cum  ei —  cui 
cum  — ;  für  qui^  cum,  eum  —  quem  cum,  — ;  für  qui.,  cum  (^ab.,  in,  es) 
eo  —  fß,  in,  es)  quo  cum.  —  Und  so  in  allen  ähnlichen  Verbindungen 
und  mit  jeder  andern  Conjunction.  Da  aber  hierdurch  qui  \on  den  zu 
ihm  eigentlich  gehörenden  Wörtern  getrennt  und  abgerissen  wird,  so 
tritt  zur  Deutlichkeit  bisweilen  in  den  zuletzt  folgenden  Worten  ein 
hinweisendes  hie,  is  oder  ille,  auch  ego  und  tu  (wenn  von  diesen  die 
Rede  ist)  im  erforderlichen  Casus  hinzu. 

J67.  Folgendes  Beispiel  mag  durch  die  möglichen  Abänderungen  den 
Gebrauch  lehren. 

Alexander  Babylone  mortuus  est.  qzii  (welcher,  wenn  er)  si  diutius 
vixisset,  totum  orbem  terrarum  subegisset.  Hier  ist  Alles  dem  Deut- 
schen gleich,  wiewohl  im  Latein,  qui  si  nivht  getrennt,  sondern  ver- 
b?indeTi  gedacht  wird.  Verändert  man  aber  den  Conjuunctionssatz 
nach  qui,  so  ändert  sich  auch  oft  der  Casus  des  Pron.  qtit,  wie  bei 
folgenden  Abänderungen: 

Alexander  B.  m.  est,  c?ijus  (der,  wenn  sein  L. — )  si  vita  longior 
fuisset,  totum  is  orb.  — 

—  —       — ,  cui  (der,  wenn  ihm  —  )  si  vita  longior  contigisset, 

totum  is  orb. — 

—  —      — ,  qiiem  (der,  wenn  ihn  —  )  si  vivum  fortuna  longius 

reservasset,  totum  is  — 

—  —      — ,  a  quo  (der,  wenn  ihm — )  nisi  deus  vitam  imma- 

ture  abstulisset,  totum  is  — . 
Darnach  sind  folgende  Stellen  aus  Cicero  zu  beurtheilen: 

Ut  Prometheus  ille  Aeschyli,  ctii  cum  dictum  esset respon- 

dit — ,  nicht  qui,  cum  ei  dictum  — . 


158.  So  Mahne  Crito  p.  287,  Anm. 


73 

Ad  M.  Flaccum  me  contiili,  cui  cum  exsilium  —  propoiieretur, 
haec  perpeti  inaluit  — ,  wieder  für  qui,  cum  ei. 

nie  est  Torquatus,  cid  si  vita  suppeditavisset,  consul  factus  esset 
(für  qui,  si  ei). 

Mors  ejus  oranes  cives  suos  perdidit,  quos  quia  servare  volebat, 
ipse  ab  iis  intereraptus  est,  für  a  quibus,  quia  eos  — . 

Saepissime  legi,  nihil  mali  esse  in  morte,  ^>^  qua  si  resideat  sensus, 
iminortalitas  illa  potius  quam  mors  ducenda  sit,  für  qtiae,  si  in  ea — . 

Tullia  non  habuit  liberos,  quos  cum.  florentes  videret,  laetare- 
tnr,  für  de  quibus,  cum  eos  fl. — . 

Und  so  noch  viele  andere.  Die  deutsche  Uebersetzung-  muss  dess- 
wegen  oft  im  Lateinischen  abweichen,  weil  wir  das  Relativ  mit  den 
im  Lateinischen  erst  später  nachfolgenden  Worten  so  gut  als  mög- 
lich in  "Verbindung  bringen  müssen,  was  bisweilen  schwer  ist,  z.  B. 
Verebar,  ne  ea  cogiiosceres  absens,  qziae  quia  non  vides,  mihi  videris 
meliore  esse  conditione,  quam  nos,  qui  videmus,  —  welche  Worte 
etwa  so  zu  übersetzen  sind:  Ich  fürchtete,  du  möchtest  abwesend 
das  erfahren,  ivesswegen  du  mir  in  einer  glücklichern  Lage  zu  sein 
scheinst,  iveil  du  es  nicht  siehst,  als  wir,  die  wir  es  sehen. 

Dieses  Wenige,  wozu  die  Grammatiken  noch  reichen  Stoff  geben.  J 68. 
genüge,  damit  man  darauf  aufmerksam  werde,  wie  vor  Allem  gramma- 
tische Richtigkeit  \\\\^  Beachtung  des  grammatischen  Sprachgebrauchs 
die  erste  Tugend  einer  Schrift  sei.  Auch  ein  kleiner  Fehler  dagegen 
beleidigt  den  Kenner  und  verunstaltet  jede  Schrift,  so  gediegen  auch 
ihr  Inhalt,  so  reich  und  grossartig  sie  auch  an  Gedanken  sein  mag 
und  so  meisterhaft  auch  ihre  Form  durch  rednerischen,  nicht  über- 
ladenen Schmuck  gearbeitet  ist.  Man  wird  aber  beim  sorgfältigsten 
Studium  der  Grammatik  und  des  Sprachgebrauchs  nie  ganz  auslernen. 


D  e  ä 


Antibarbarus 


Zweiter  Tlteil, 


enthaltend 


Vorschriften  über  die  vorsichtige  Wahl  lateinischer  und  fremder 
Wörter,  und   den  Antibarbarus  selbst. 


In  zwei  Abtheilungen. 


Erste  Abtheilung'. 


Einige  Vorschriften  über  die  vorsichtige  Wahl  lateinischer 
und  fremder  Wörter. 

U  m  gut  lateinisch,  wofür  wir  auch  bisweilen  klassisch  sajjeii  wollen,  169. 
zu  reden  und  zu  sclireiben,  ist  es  nothwendi^  und  erforderlich,  dass 
die  besten  und  für  einen  Beg^riff  geeignetsten  Wörter  gewählt  wer- 
den. Gross  aber  ist  der  Wörterschatz  für  die  fast  immer  da  gewe- 
senen Begriffe,  und  fiir  neue  ist  er  an  keine  Zeit  gebunden  und  wächst 
mit  ihnen.  Da  aber  viele  Wörter,  Constructionen  und  Redensarten, 
welche  ein  und  dasselbe  ausdrücken,  an  Werth  und  Güte  oft  sehr 
verschieden  sind,  so  beachte  man  folgende  Vorschriften. 

Erste  Vorschrift. 

Vermeide  alle  vorklassische  oder  altlateinische  Formen  und  Wör-  170. 
ter,  wenn  sie  in  der  bessern,  klassischen  Zeit  ausser  Gebrauch  ge- 
kommen und    durch    andere    ersetzt    worden    sind.    Ihren  etwaigen 
Gebrauch  muss  entweder  der  Inhalt  der  Schrift,  oder  der  Schreiber 
muss   das  Wort  selbst  als  ein  altes  entschuldigen. 

*)  Veraltete,  ausser  Gebrauch  gekommene  Wörter  zu  vermeiden,  ist  in  jeder 
Sprache  Vorschrift  der  Redekünstler  oder  Stylistiker.  Cicero  (Orat.  III,  25,  97) 
sagt:  Moneo,  ut  caveatis,  ne  cxilis,  ne  inculta  sit  vestra  oratio,  ue  vv/(/aris,  ne 
obsoleta.  Ebenderselbe  (Orat.  III,  37,  150):  In  propriis  verbis  est  illa  laus  ora- 
toris,  ut  abjecta  atque  obsoleta  fug-iat.  Ebenders.  (Orat.  III,  10,  39):  Non  erit 
utendum  verbis  iis,  quibus  jam  consuetudo  nostra  non  utitur,  und  (Orat.  III, 
38,  153):  Imtsitata  sunt  prisca  fere  ac  vetusta  et  ab  usu  quotidiani  sermonis 
jam  diu  intermissa,  quae  sunt  poetarum  licentiae  liberiora,  quam  nostrac  (der 
Prosa).  Ebenso  rieth  Julius  Caesar  (bei  Gellius  N.  A.  I,  10,  4),  von  welcliem 
Quintilian  (Inst.  X,  1,  114)  sagt:  Exornat  omiiia  mira  sermonis,  cujus  propric 
Studiosus  fuit,  elegantia  —  er  rieth:  Tanquam  scopulum,  sie  fuge  inaudifum 
atque  insolens  verbuui,  —  worunter  er  ausser  neuen,  erst  gebildeten,  gewiss  auch 
alle  alte,  ausser  Gebrauch  gekommene  Wörter  verstand.  Gleiclier  Meinung  ist 
Quintilian;  denn  wiewohl  er  (Inst.  I,  6,  l)  sagt:  Vetera  (vocabula)  majestas 
quaedam  et,  ut  sie  dixerim,  religio  commendat,  so  fügt  er  doch  hinzu :  Abotita 
atque  abrogata  retinere  insolentiae  cujusdam  est  et  frivolae  in  parvis  jaclantiae 
—  fuerit  paene  ridiculum  malle  sermonem,  quo  locuti  sunt  homines,  quam  quo 
loquantur.  —  Diesen  Vorschriften  zuwider  nahmen  zu  Cicero's  Zeit  unter  An- 
dern Sallust,  später  ein  gewisser  Arru7itiiis,  Seneca  und  Tacitus  und  nach  Ha- 
drian's  und  der  Antoninen  Zeit  Fronto,  Gellius  und  Appulejus  viele  alte,  in  der 


78 

Schriftspraclie  niclit  mehr  gewöhnliclic  Wörter  in  ihre  Sprache  wieder  auf. 
AVas  l'ür  einen  Gebrauch  Cieero  und  andere  Klassiker  von  alten  Formen  und 
Wörtern  maciien,  ist  schon  oben  §.  14  und  48  erwähnt  worden.  —  Bisweilen 
war  auch  neben  einem  neuen  Worte  ein  altes  noch  nicht  ganz  verdrängt,  und 
man  schwankte  noch,  bis  das  frühere  mit  der  Zeit  veraltete.  In  solchen  Fällen 
muss  freilich  das  seltene,  auch  wenn  es  noch  hie  und  da  bei  den  Bessern  vor- 
kommt, dem  mehr  üblichen  Worte  weichen  und  vermieden  werden.  Dahin  ge- 
hört es  besonders,  wenn  Deponentia  noch  bisweilen  als  Passiva  gebraucht  wer- 
den, was  durchaus  im  jetzigen  Schreiben  zu  vermeiden  ist  und  durch  Stellen 
aus  Cicero  kaum  entschuldigt  werden  kann.  Kurz,  man  halte  sich  in  Formen 
und  Wörtern  nur  an  den  Gebrauch  der  Bessern;  alte  wieder  ohne  Notli  her- 
vorzusuchen,  wäre  lächerlich  und  undankbar  gegen  die  Verdienste  jener  Sprach- 
reiniger und  Sprachbildner,  und  es  wäre  ein  voreiliges  Unternehmen,  das  Ur- 
theil,  den  Geschmack  und  das  Ansehen  der  gelehrtesten  Männer  jener  Zeit, 
für  welche  die  nächste  dankbare  Nachwelt,  welche  darüber  besser  als  wir  Fremd- 
linge urtheilen  konnte,  sie  erkennt,  herabzuwürdigen '*.  Freilich  im  sclierzhaften 
Style  und  im  muntern  Gespräche  sind  eine  Menge  zum  Scherz  gebildeter  Wör- 
ter, welche  bei  Plautus  und  Terenz  vorkommen,  ebenfalls  zu  gleichem  Zwecke 
zu  benutzen  und  am  passenden  Orte  zu  gehöriger  Zeit  anzuwenden  ,  wo  denn 
auch  kein  Kenner  daran  Anstoss  nehmen  wird.  Endlich ,  wenn  uns  ein  altes 
vorklassisches  Wort  gerade  das  passendste  für  den  Sinn  unsrer  Rede  zu  sein 
seheint,  so  kann  es  leicht  durcii  die  Formel:  vt  Enniano,  Plautino,  Tcrentiano, 
Catoniano  —  verbo  utar,  deren  sich  auch  Cicero  mehrmals  bedient,  entschul- 
digt werden.  Aber  Altes  unnöthig  herbeiziehen,  ist  geschmacklos,  zumal  wenn 
es  bei  Plautus  und  Terenz  Menschen  der  niedrigsten  und  gemeinsten  Klassen, 
Sklaven,  Bauern,  Schmarotzer,  Soldaten  u.  dgl.  nach  ihrer  Manier  gebraucht 
haben. 


1.  Auch  im  Deutschen  haben  wir  eine  Menge  alter  gewöhnlicher  Wörter,  For- 
men und  Redensarten,  weiche  die  jetzige  klassische  Schriftsprache  vermeidet, 
und  nur  etwa  da  gebraucht,  wo  die  vertrauliche  gewöhnliche  Sprache  nachgeahmt 
wird,  zumal  wenn  wir  entweder  aus  älterer  Zeit  Etwas  angeben  oder  eine  fremde, 
gewöhnliche  Person  in  ihrer  Sprache  redend  einführen.  Veraltet  sind  bei  uns  z.  B. 
alldieiveilen,  derohalhen,  dessnahen,  sintemal,  ehender,  hinfiiro,  dannenhero,  der- 
gestalten.  ebenmässig,  vorne,  in  Bälde,  solckerfjestalt,  iinterweilen,  dermassen. 
sonsten,  Stücklein,  abhanden  kommen,  anberaumen,  beigeben  lassen,  werkstelliy 
machen,  niedermetzeln,  in  die  Pfanne  hauen.  Etwas  in  Schwang  bringen,  ver- 
merken und  dergl.  mehr,  ohne  der  ganz  alten,  kaum  mehr  verständlichen  und 
der  aus  fremden  Spraciien,  besonders  aus  dem  Lateinischen  und  Französischen 
entleiuiten  vielen  Wörter  zu  gedenken.  So  kommen  nun  auch  bei  Plautus  und 
den  ersten  latein.  Dichtern  viele  Wörter  vor,  welche  in  der  spätem  Schrift- 
sprache nicht  mehr  gebraucht  wurden,  wovon  sich  aber  dennoch  viele  in  der 
Umgangssprache  erhalten  haben  mögen,  welche  die  nachfolgenden  Alterthiimler 
in  die  ihrige  aufnahmen,  wie  vorzüglich  Eronto.  Gellivs  und  Appnllejus. —  Von 
alten  Formen  in  Declination  und  Conjugation  ist  im  ersten  Theile  dieses  Bu- 
ches melirmais  die  Rede  gewesen;  die  alten  Wörter  finden  sich  in  vollständi- 
gen Wörterbüchern  verzeichnet,  wo  man  darauf  achte,  ob  sie  als  veraltete  und 
nur  auf  alter  Auctorität  beruhende  angegeben  werden.  Zu  solciien  gehören  unter 
andern  viele  Subst.  auf  itvdo  für  das  mildere  itas  oder  eine  andere  Endung, 
z.  Ji.  averbltiidn,  alhitudo,  aptitudo .  aspritudo,  caecitudo,  castitudo,  camtudo, 
claritudo.  gratitudo.  nobilitudo.  sanctitudo,  severitudo,  suavitudo  u.  a.  ni.,  wehihe 
von  denen,  die  das  Alte  lieben,  den  neuern  Formen  auf  itas  oder  ities  meistens 
vorgezogen  wurdoi. 

'2.  Aber  dennoch  hat  es  immer  Gelehrte  gegeben,  welche  durch  veraltete 
Wörter  ilir  Latein  zu  würzen  und  zu  verschönern  und  sich  dadurch  auch  wohl 
den  Sciiein  grosser  und  tiefer  Gelehrsamkeit  zu  geben  meinten.  Und  so  suclien 
aucli  noc'ii  heutzutage  Manche  durch  geflissentlich  angebrachte  veraltete  Wör- 
ter die  Rede  zu  sciimücken,  und  eine  tiefe  Kenntniss  der  Sprache  kund  zu 
geben.  Ein  früheres  Beispiel  eines  aus  alten  und  fremden  Wörtern  zusammen- 
gesetzten  Hriefes  gibt   Vorst.  de  latin.  nier.  susp.  p.  .5  zum  Besten. 


79 

Zweite  Vorschrift. 

Vermeide  wo  möglicli  alle  dichterische  Wörter,  Redensarten  und  171, 
Wörterverbindungen,  selbst  der  klassischen  Zeit.  Auch  ihr  etwaiger 
Gebrauch  werde  entschuldiget. 

*)  Wie  verschieden  die  Sprache  der  Dichter  von  der  Prosa  schon  in  der 
Wahl  der  Formen,  in  der  Syntax  und  in  Bildung  neuer  Wörter  auch  bei  den 
Lateinern  gewesen  sei,  lehrt  uns  jede  etwas  vollständige  poetische  Gramma- 
tik, auf  welche  ich  mich  hier  nicht  einlassen  kann'.  Darum  verweise  ich  auf 
Chr.  Dav.  Jani  ars  poetica  latina  (Halae  1774),  wo  das  Meiste  zur  Genüge 
gesammelt  ist.  Was  aber  von  poetischer  Sprache  und  poetischem  Ausdruck  zu 
halten  sei,  darüber  höre  man  das  Urtheil  Cicero's  und  einiger  Andern.  So  sehr 
nemlich  Cicero  in  seineu  rhetorischen  Büchern  wünscht  (womit  alleKhetoren  und 
Stylistiker  übereinstimmen),  dass  sich  die  Rede  vor  der  gewöhnlichen  Alltags- 
rede durch  Schönheit  auszeichne,  so  warnt  er  doch  vor  allenthalben  ausge- 
streuten Blumen;  er  wünscht  vielmehr  (Orat.  III,  25),  dass  sie  so  vertheilt 
seien,  dass  sie  nur  als  hervorstrahlende  Sterne  wie  Verzierungen  erscheinen. 
Jede  Rede,  sagt  er  weiter,  poetische  wie  prosaische,  welche  eine  gar  zu  gekün- 
stelte, in  die  Augen  falleuc^e  und  geschmückte  Aussenseite  hat,  worin  es  gar 
keine  Abwechselung  gibt,  mit  wie  hellen  Farben  sie  auch  spielen  mag,  kann 
kein  dauerndes  Vergnügen  gewähren.  Kurz,  er  wünscht,  dass  die  Rede  zwar 
blumenreich  sei,  aber  nicht  mit  Blumen  und  Bildern  überladen.  —  Hier  spricht 
aber  Cicero  nur  von  der  öffentlichen  Rede,  nicht  von  Briefen,  nicht  von  beleh- 
renden Schriften,  nicht  vom  Geschichtsstyl,  nicht  vom  Dialog.  Er  würde  gewiss 
in  den  meisten  übrigen  Schriftarten  den  schlichten,  einfachen  und  ungekün- 
stelten Vortrag  nur  allein  empfohlen  und  den  blumenreichen,  fast  poetischen 
verworfen  haben.  Hierher  gehört  auch  Quinlilian's  Warnung  vor  der  zu  seiner 
Zeit  blühenden  Schreibart.  Duo  yenera,  sagt  er  (Inst.  II,  5,  19),  maxime  ca- 
venda  pueris  puto:  unvm,  ne  quis  (ein  Lehrer  der  Jugend)  eos  antiquitatis  ni- 
mius  aflmiralor  in  Gracc/iorutn  Catonisque  et  alioriim  similium  *  lectione  dure- 
scere  velit :  ßent  enim  horridi  atque  jejuni; —  alterum,  quod  huic  diversum  est, 
ne  recentis  Itujus  (der  jetzigen,  gegenwärtigen)  lasciviae ßosculis  capti  voluptate 
quadam  prava  deliniantur,  ut  praedulce  illud  genus  et  purriiihus  mgeniis  hoc 
ffratius,  quo  propms  est,  adament.  Nur  da  ist  wohl  in  Prosa  eine  blumenreiche 
Darstellung  zulässig,  wo  es  der  Inhalt  der  Rede  fast  fordert,  wie  bei  maleri- 
schen Schilderungen  schöner  Gegenden,  wovon  Muret  (Aar.  lectt.  V,  1)  in 
der  Beschreibung  der  Inseln  der  Seligen  ein  lesenswerthes  Beispiel  gibt,  jedoch 
so,  dass  er  sie  mit  poetischen  Farben  und  Worten  bisweilen  überladet. 

Eine  Ueberladung  aber  mit  Blumen  und  Bildern  ist  um  so  weniger  noth-  172. 
wendig,  da  die  lateinische  Sprache  reich  ist  an  sinnlichen  und  bildlichen  Aus- 
drücken, indem  sie  schon  früh  dergleichen  in  ihre  gewöhnliche  Rede  aufgenommen 


3.  Ich  erinnere  nur  an  terrai,  aquai  für  terrae,  nquae ;  navita  f.  nauta;  cae- 
lituum  f.  caelitum;  caelicolum  f.  caelico/arum ;  oUi  f.  Uli;  saechim  f.  saeculum ; 
accestis  f.  accessistis ;  vestibam  f.  vestieham ;  an  Constructionen,  z.  B.  it  clamor 
caelo  f.  ad  caelum ;  venire  Italiam  f.  in  Italiam ;  puynare  alicui  f.  cum  aliquo ; 
an  die  Adjectiva  m.  d.  In/in.,  z.  B.  audax  perpeti.  bonits  dicerc  verstis,  oder 
mit  beigesetztem  Accus,  nacli  griech.  Art,  z.  B.  similis  vocem  coloremque ;  stra- 
tus  membra;  an  convexa  coeli,  strata  vianim;  an  dignus  m.  d.  Genit.  oder  m.  d. 
In/in.;  an  verba  neutra  mit  einem  Accus.,  z,  B.  properare  aliquid,  triumphare 
aliquem  —  und  an  viele  andere  griechischartige  Verbindungen,  welche  aus  den 
Dichtern  später  in  die  Prosa  übergegangen  sind.  Dazu  kommt  aber  auch  noch 
eine  Menge  von  den  Dichtern  gewagter  neuer  Wörter,  besonders  zusanmicn- 
gesetzter,  welche  höchstens  nur  bisweilen  in  feierlichen  Reden,  wo  man  einen 
höhern, fast  poetischen  Ausdruck  verlangt  und  erwartet,  angewandt  werden  können. 

4.  Diese  scheinen  mir  mit  den  Gottschedianem  bei  uns  Deutschen  verglichen 
werden  zu  können.  —  Wir  Fremdlinge  aber  können  über  jene  Redner  vor 
Cicero's  Zeit,  von  denen  wir  ohnehin  nur  noch  wenige  Bruchstücke  übrig  ha- 
ben, nicht  urtheilen.  Cicero,  wie  auch  Quintilian,  schreibt  ihrer  Sprache  allen 
Mangel  an  Politur  und  Rhythmus  zu  und  nennt  ihre  Worte  meistens  horrida. 


80 

hatte,  und  oft  auch  bei  gcwöhnliclien  Gegenständenden  bildlichen  Ausdruck  liebte, 
wiewohl  man  bei  vielen  Wörtern  gewiss  nicht  mehr  lebhaft  an  das  dachte,  was 
sie  eigentlich  bezeichnen.  Dieses  mag  eine  Reihe  von  Beispielen  aus  Cicero  be- 
weisen. Er  sagt:  Ardct  bello  orbis  terrarum  —  actum  est  —  aculei  sollicitudi- 
nura  —  ayitare  meute,  animo  —  architectus  sceleris  —  aniare  amorem  alicujus 

—  aiireoliis  libellus  —  adducere  aliquem  in  odium  —  castra  movere  (sicli  ent- 
fernen olme  Rücksicht  auf  Krieg)  —  claudit  mihi  adhuc  pudor  ejus  consuetu- 

dinem  —  collustrare  animo,  oculis  —  colores  orationis  —  conglutinare  amicitiam 

—  condimentum  humanitatis  —  concidere  (den  Muth  verlieren)  —  contriicidare 
rem  publicam  —  contrahere  vela  (sich  zurückziehen,  stillschweic/en)  —  creber 
sum  in  scribendo  —  cumulus  magnus  commendationis  —  cursus  animi,  vitae, 
industriae  —  depingere  vitam  alicujus  —  devorare  libros  —  dirtimpi  dolore  — 
ei'olat  oratio  —  ederc  vitam  (sterben)  —  effvndere  gratiam  (die  Gunst  verachten) 

—  erigit  oculos  et  vivit  res  nostra  —  ercubat  cura  rei  publicae  —  exhaurire 
vitam,  spiritum  —  exultat  alacris  improbitas  — faces  doloris  —  ßuit  oratio  lon- 
gius  —  ßvctus  concionum  — familiam  ducit  aliquis  in  jure  civili  (er  ist  der  erste 
Jurist)  —  flumen  verborum  —  florere  gratia ,  gloria,  auctoritate,  omni  genere 
virtutis  u.  a.  —  frangere  in  vielen  Verbindungen  — fulmina  fortunae  —  guber- 
nacula  rei  publicae  —  g^^^i)''^  libidinum  —  gustare  nullam  partem  rei  publicae 

—  hahitare  in  oculis,  in  aliqua  re  —  haurire  luctum,  dolorem  — jacere  terrores 

—  impetus  fortunae  —  imponere  alicui  vulnus  —  iHcendium  belli,  invidiae  — 
incnmbere  in  (^von  geistigen  Dingen,  wie  wir  sagen  sich  legen  auf  Etwas)  —  incur- 
rere  in  reprehensionem  u.  a.  —  ingredi  in  spem  (Hoffnung  fassen)  —  interit 
pecunia  —  innrere  alicui  dolorem  —  iter  amoris  nostri  —  lucet  virtus  in  tenebris  — 
lucent  Athenae  —  lux  forensis  —  in  luce  Asiae  versari  —  mederi  (gut  machen,  be- 
friedigen) —  viovet  mc  Cappadocia  (ich  thue  es  wegen  C)  —  mortuus  plausus  (ein 

todter  Beifall)  —  militia  haec  urbana  (von  den  Staatsgeschäften)  —  murmur  maris 

—  naufragium  rei  familiaris,  rei  publicae  u.  a.  —  obscurare  laudem,  gloriara, 
famam  —  offerre  se  in  discrimen  —  orbis  rei  publicae  —  pennas  alicui  inci- 
dere  —  penicillus  (von  der  Feder  des  Schriftstellers)  —  pingere  (vom  Redner 
und  seinen  Worten)  —  plagam  accipere  (Unglück  erleiden)  —  praeferre  civi- 
bus  suis  vitam,  ut  legem  (^Cic.  Rep.  I,  34,  wo  das  gleich  einem  Gesetze  zum 
Muster  dienende  Leben  mit  einer  Fackel  verglichen  wird,  die  zur  Leuchte  und 
Leitung  dienen  soll)  —  regnat  amicitiae  nomen  -  revocare  se  ad  industriam 
(wieder  ßeissig  iverden)  ■ — ■  retexere  se  (ein  neuer  Mensch  werden)  —  saucius 
animus  (ein  gekränktes  Gemüth)  —  sepelire  dolorem  —  silva  rerum,  sententia- 
rum  —  signifer  (ein  Anführer  ohne  Beziehung  auf  Krieg)  -  stuprare  Judi- 
cium —  siffusus  animus  nulla  malevolentia  —  tela  fortunae  —  tempestas  rei 
publicae,  populi  —  tinctus  litteris  (wissenschaftlich  gebildet)  —  tcnet  me  spes, 
Studium,  difficultas  rei  numariae  (ich  bin  in  Geldnotli)  —  tractare  vitam,  reliqui 
tcmporis  spatium  —  transfundere  laudes  suas  ad  aliquem  —  vela  orationis 
paudere  —  verbera  contumeliarum  —  venire  in  suspicionem  u.  a.  —  vocare  in 
suspicionem,  iuvidiam,  discrimen,  contentionem ,  disceptationem,  quaestionem 
u.  a.  —  undae  comitiorum  —  und  so  noch  hundert  andere  bildliche  Redens- 
arten, die  man  sich  beim  Lesen  Cicero's  und  anderer  Klassiker  anmerken  kann. 

173.  r*'*^  vielfache  Anwendung  sinnlicher  Wörter  verführte  auch  bald  dazu,  leblose 
Gegenstände  zu  personificiren  und  sie  durch  zugesetzte  active  Verba  als  thätige 
und  handelnde  darzustellen,  besonders  solche,  bei  denen  man,  wie  auch  in  an- 
dern Sprachen,  Personen  denkt.  So  z.  B.  civitas,  Juventus,  vicinia,  nobilitas, 
scrvitium,  posteritas,  saeculum,  domus,  magistratus,  colonia  u.  andere  ähnliche. 
Auffallender  aber  sind  pestilentia,  religio,  voluptas,  gratia,  vitia,  amicitia,  oratio 
(sedate  placideque  loquitur.  Cic.  Orat.  27,  92),  epistola  (tuae  epistolae  pure  lo- 
quuntur.  Cic.  Att.  I,  10),  communis  vita  (die  Menschen  im  gemeinen  Leben,  z.  B. 
hac  de  re  non  dubitavit.  Cic.  Divin.  I,  39,  86),  sententia  (erant  scnteniiae  —  quae 
censcrent.  Caes.  B.  C.  II,  30),  dies  (quintus  hie  dies  fuiem  faciet  Tusculanarum 
disputationum.  Cic.  Tusc.  V,  1,  1),  annus,  nox  (perfecit  bellum.  Liv.),  lux 
(aperuit  bellum  ducemque  belli.  Liv.),  induciae  (tacitae  ind.  quietum  annum 
tenuere.  Liv.)  it.  a.  Den  obigen  ähnlich  werden  Länder-  und  Städtenamen  für 
ihre  Bewohner  gesetzt,  z.  B.  Italia  ff.  Itali),  Sicilia,  Hispania,  Africa,  Asia, 
Athenae,  Locri  (Locri  urbs  desciverat  ad  Poenos.  Liv.  XXIX,  6),  ora  inari- 
iima  (requisivit.  Cic.  Manil.23),  oppidum  despectat  regiouem  (Liv.  XXXVI,  25), 


81 

mercos  (die  Waaren)  urbiiim  ad  eain  urbem  possunt  adnarc  (heranschwim- 
men)  bei  Cic.  Rep.  II,  4  u.  a.  Und  so  wird  von  einem  Orte  gesagt:  ille  la- 
troniim  occu/tator  et  receptor  locus  (Cic.  Mil.  19,  50)  und  Messana  wird  ge- 
nannt: omnium  istius  furforuni  ac  praedarum  raceptrix  (Cic.  Verr.  IV,  67). 
So  wie  aber  Cicero  oben  der  Rede,  eine  Sprache  leiht,  so  leibt  er  ilir  aucb 
einen  oniatus,  vires,  sanguis ,  snccvs ,  intcyra  valetudo ,  und  nennt  sie  compta, 
venusta,  incompta,  inornata  u.  dgl.  *.  Vgl.  auch  Hand's  Lehrbuch  p.  286. 

Je  reicher  nun  ohnehin  die  Sprache  schon  in  der  bessern  unverdorbenen  Zeit  174. 
an  bildlichen  Ausdrücken  war,  um  desto  weniger  hielten  es  die  bessern  Schrift- 
steller für  gut  und  notliwendig,  sie  noch  mehr  mit  Blumen,  Bildern  und  poeti- 
schen Wörtern,  Redensarten  und  Sprachfügungen,  welche  meistens  griechisch- 
artig  waren,  zu  bereichern  und  zu  überladen.  Dagegen  suchte  und  meinte 
die  spätere  verdorbene  Zeit,  durch  dergleichen  der  Rede  noch  mehr  Schönheit 
zu  geben,  verdarb  aber  durch  solche  aufgelegte  Schminke  die  einfache  Farbe 
der  ungeschminkten  Schönheit.  Der  falsche,  verdorbene  Geschmack  nannte  das 
schön,  was  der  unverdorbene  widrig  und  lächerlich  fand.  Auch  heutzutao-e  o-e- 
fallen  sich  Viele,  nicht  nur  in  Reden,  sondern  auch  in  belehrenden  Abiiand- 
lungen,  in  solchen  ausgesuchten,  zierlichen,  vermeintlich  schönen,  oft  nie  erhör- 
ten Redensarten ,  welche  sie  sich  aus  Phrascologieen  zusammensuchen ;  und 
je  mehr  sie  von  der  einfachen,  edlen  und  ungekünstelten  Sprache  abwei- 
chen, desto  schöner  meinen  sie  zu  reden  und  zu  schreiben*.  Daher  ist,  um 
klassisch  zu  reden,  die  Kenntniss  des  ganzen  Umfangs  der  klassischen,  d.  h. 
der  bessern  Prosa  noth wendig,  und  ebenso  die  der  poetischen  Grammatik  und 
des  poetischen  Spracligebrauchs ,  damit  die  Grenzen  nicht  geflissentlich  über- 
schritten werden  '.  Wenn  Cicero  sich  eines  Wortes  oder  Ausdruckes  bedie- 
nen will,  der  ihm  bildlich  scheint,  so  gebraucht  er  mildernde  und  entschuldi- 
gende Zusätze,  z.  B.  quasi,  tamquam,  qnodammodo,  paene,  quidam,  nt  ita  dicam  ^  ; 
bei  sprüchwörtlichen  itt  ajunt,  ut  dicunt,  ut  dicitur,  quod  ajiint,  und  bei  grie- 
chischen sprüchwörtlichen  ut  Graeci  dicunt.  Einige  Beispiele  aus  Cicero:  Omnis 
ubertas  et  quasi  silva  dicendi  —  quasi  amicitiae  fores  aperiuntur  —  magistratus 
quasi  rei  publicae  villici  —  quasi  quidam  aestus  ingenii  —  verborum  quasi  stru- 
ctura  —  qui  quasi  officinas  instruxerunt  sapientiae  —  hanc  quasi  fabulam  (dieses 
Drama,  wenn  ich  so  sagen  darf)  rerum  eventorumque  —  in  eo  quasi  taberna- 
culum  *  vitae  suae  collocarunt  —  seeuritate  frui  non  potest  animus,  si  tanquam 
parturit  unus  pro  pluribus  —  accurata  et  facta  quodammodo  oratio  —  archi- 
tecti  paene  verborum  —  hi  maxime  forti  et,  ut  ita  dicam,  ririli  utuntur  ratione 
—  amicos  parant  optimam  et  pulcherrimam,  ut  ita  dicam,  supellectilem  —  ver- 


5.  Eine  Sammlung  solcher  poetischer  Ausdrücke  wünschte  auch  Morhof  in 
seiner  Diss.  de  Patavinitate  Livii.  Daher  bemerkt  wohl  mit  Recht  Paul.  Ma- 
nutius  (Ep.  VI,  16):  Quorsum  ad  figuras  oratorum  similia  aggregarc  poetarum 
loca  ?  cum  ab  uno  Cicerone  omnis  ubertas  et  quasi  silva  tum  rerum  tum  ver- 
borum sumi  possit. 

6.  Wie  weit  man  auch  hierin  gegangen  sei,  bedürfte  einer  weitern  Untersu- 
chung, da  die  spätem  Schriftsteller,  welche  in  blumenreicher  Rede  zu  glänzen 
suchten,  das  Maass  überschritten  zu  haben  scheinen.  Man  vergleiche  z.  B.  Flo- 
rus  Sprache  mit  der  des  Caesar  und  Livius,  in  welcher  genügende  und  den 
Leser  einnehmende  ubertas  orationis  ist,  aber  nicht,  wie  bei  Florus  und  Andern, 
jene  ßosculi,  über  welche  Quintilian  in  der  oben  angeführten  Stelle  klagt.  Reich 
an  solchen  sind  die  spätem  Lobredner. 

7.  Ein  gutes  Kapitel  darüber  hat  Morhof  in  seinem  B.  de  pura  dictione. 
Unter  den  Neuern  ist  Famian  Strada's  Geschichte  de  hello  Belgico  voll  von 
verkehrten  und  widersinnigen  Phrasen,  welche  Casp.  Scioppius  (Schoppe)  in 
seiner  Infamia  Famiani  scharf  gerügt  hat. 

8.  Dafür  erst  iV.  Kl.  beim  jungem  Plinius  die  Redensart  venia  sit  verbo  oder 
dicto,  welche  bei  uns  nur  zu  viel  im  Gebrauche  ist. 

9.  Auch  in  Sluiteri  lectt.  Andocid.  p.  V.  u.  in  Eichstad.  orat.  de  antiq.  Grae- 
corum  juvenum  instit.  p.  9,  aber  bei  Beiden,  was  mich  wundert,  ohne  das 
mildernde  quasi, 

6 


bum  ardcns,  vt  itn  dicam  —  t/randifoqvi.  vf  itn  dicam  —  omni  eontonfione,  velis, 
vt  ita  dicam,  remisqiie  fiij^icndus  —  ut  cum  aequalibus  possis  ad  ca/cem,  ut  di- 
citur,  pervcnire  —  urgc  ig^itur  nee  transversum  unguem,  quod  ajunt,  a  stylo  — 
qui  mihi  a  teneris,  vt  Graeci  dicunt,  unyinculis  es  coguitus  —  viris  eqiiixque, 
ut  dicitur,  decertandum  est  —  totum  hominem  tibi  trado  de  manu,  ut  ajiint,  in 
manum  tuam  istam  —  si  eum,  qui  tibi  promiserit.  fucum,  ut  dicitur,  facere  vclle 
senseris  u.  a.  m.  Manche  anfangs  so  gemilderte  Ausdrücke  wurden  aber 
nachher  so  gewölinlich,  dass  man  sie  ohne  Zusatz  brauchte,  z.  B.  grcx  in 
der  Bedeut.  Haufe  Menschen;  ansam  dare,  Gelegenheit  geben;  architectus  in 
der  Bedeut.  Urheber  u.  a.,  bald  mit,  bald  ohne  Zusatz  — ,  wodurcii  der  bildlichen, 
verschönernden  Schreibart  noch  Spielraum  genug  gelassen  wird  Und  so  kann 
manches  poetische,  selbst  alte  Wort,  wenn  man  es  für  seine  Rede  nothwendig 
hält,  gebraucht  werden,  zumal  wenn  mau  sich  ausserdem  der  oben  erwähnten 
Redensart  bedient:  ut  Enniano,  Plautino,  Terentiano,  CatuUiano,  l-ncretiano  — 
verbo  utar,  und  bei  wörtlicher  Uebersetzung  deutscher  Spruch wörter  (wofür 
man  nicht  ängstlich  lateinische  zu  suchen  braucht),  nach  Cicero's  Vorgange  bei 
griechischen,  den  Zusatz  macht  ut  Germani  dicunt,  ut  in  Germanorum  prover- 
bio  est;  Z.  B.  edit  araneas ,  ut  Germani  dicunt  (er  hat  Spinnen  gefressen  nach 
dem  deutschen  Sprüchworte) ;  wie  bei  einem  griechisclien :  Ne  noctuas  Athcnas, 
ut  Graeci  dicunt,  um  zu  sagen:  Bemühe  dich  nicht  vergebens  (Trage  nicht  Eu- 
len nach  Athen).  —  Was  aber  die  Klassiker  ohne  einen  mildernden  Zusatz 
nicht  zu  brauchen  wagten,  werde  auch  nicht  geradezu  ohne  einen  solchen  gebraucht, 
175.  Gleichwohl  aber  kann  ein  solcher  Zusatz  nicht  den  Gebrauch  jedes  Wor- 

tes und  jeder  ungewöhnlichen  Redensart  (fremde  Sprüchwörter  ausgenommen) 
mildern,  da  dieselben  von  der  Art  sein  können,  dass  sie  der  Denkart  und  dorn 
Sprachgebrauche  der  Lateiner  ganz  zuwider  sind,  oder  wenigstens  die  Grenzen 
der  Prosa  überschreiten,  oder  wohl  gar  von  der  Art,  dass  sie,  wie  Seneca  sggt, 
non  modo  extra  sanitatem,  sed  extra  naturam  sind.  Dergleichen  sinnlose  Redens- 
arten bietet  der  beliebte  Florus  dar.  So  kommen  z.  B.  nie  in  Prosa  die  Namen 
der  Götter  für  die  Sachen  vor ,  deren  Vorsteher  sie  sind,  z.  B.  Juppiter  für 
coelum,  aether,  aer;  Neptunus  für  mare,  aqua;  Vulcanus  für  ignis;  Ceres  für 
fruges ;  Bacchus  für  vimtm;  Apollo  oder  Phoebus  für  sol;  Phoebe  für  luna  u. 
dgl.,  ausser  in  Spruch  Wörtern,  die  aus  der  sinnlichen  Sprachperiode  herrührten, 
wie  Sine  Baccho  et  Cerere  friget  Venus.  Nie  brauchte  man  coelum,  wie  wir 
Himmel^  für  dei  oder  deus,  und  falsch  ist  coelum  te  servet  (der  Himmel  er~ 
halte  dich)  für  Qeus  (dei,  di)  te  servet  (servent);  nie  mundus,  wie  unser  Welt, 
in  der  Bedeut.  Menschen,  für  homines ;  nie  hora,  Stunde,  in  der  Be(ieut.  Unter- 
richt, für  disciplina;  nie  nucleus,  der  Kern,  in  der  Bedeut.  das  Beste,  Kräftigste, 
für  robur  oder  sonst  wie ;  nie  catena,  die  Kette,  in  der  Bedeut,  die  ununterbro- 
chene Reihe,  für  continua  series  — •  und  so  viele  andere  Subst.  in  bildlichem 
Sinne.  Ebenso  eine  Menge  Verba  mit  bildlicher  Bedeutung,  z.  B.  gehen,  was 
wir  leblosen  Dingen,  wenn  sie  in  einer  Bewegung  sind,  beilegen,  wie  der  Mühle, 
dem  Wagen,  dem  Winde,  dem  Schiffe,  der  Uhr  u.  a.;  aber  nicht  so  das  lat, 
ire,  wofür  andere  Verba,  meistens  auch  bildliche,  z.  B.  currere,  volare  u.  a.  ge- 
wählt werden.  Da  beide  Sprachen,  wiewohl  sie  oft  im  bildlichen  Gebrauche 
übereinstimmen,  dennoch  auch  oft  abweichen,  so  ist  hier  grosse  Vorsicht  nö- 
thig.  —  So  wie  wir  aber  die  Namen  der  Schriftsteller  für  ihre  Schriften  brau- 
chen, ebenso  auch  die  Lateiner,  wie  bei  Cicero  (Tusc.  III,  26,  62):  Scipio 
'Xenophontem  scmper  in  manibus  habebat;  ib.  II,  3,  8  Platonem  reliquos- 
que  Socraticos  —  legunt  omnes,  Epicurum  autem  nemo  in  manus  sumit,  und 
(Fin.  II,  1,  2)  hoc  e  Piatone  intelligi  potest  u.  s.  w.  Aber  dennoch  wurde  nicht 
gesagt  in  Xenophonte,  in  Piatone  u.  s.  w. ,  sondern  nur  apud  Xenophontem, 
apnd  Platonem.  Vgl.  unter  In.  — Auch  sollen  die  Klassiker  nie  Länder-  unA 
Stüdtenamen  mit  einem  Verbo  der  Seelenthätigkeit  verbunden  haben,  was  wir 
thun;  z.  B.  Rom  dachte  jetzt  auf  Krieg  gegen  die  Nachbarn,  nicht  Roma  urbs 
cogitabat  — ,  sondern  Romani  cogitabant;  Rom  schickte  Gesandte  nach  Athen, 
nicht  Roma,  sondern  Romani ".  Gleichwohl  sagt  Livius  (XXIX,  6)  Locri  urbs 


10.  Vgl.  Weber's  Ucbungssch.   p.  17  u.  Grotefend's  Comment.  I,  7,  2;  II, 
4,  4  u.  am  Ende  p.  323. 


83 

—  desciverat  ad  Poenos,  und  vicllciclit  Achnliclics  nocli  anderwärts.  Gewisser 
ist  wohl ,  dass  sie  nie  von  einer  Schrift  sagten :  a^it  de  aliqua  re,  tractat  ali- 
quam  rem,  sie  handelt  von  Etwas,  für:  in  eo  (ea)  affititr  de  aliqua  re,  tractatur 
aliqua  res;  eben  so  wenig  von  einer  Stelle:  hie  locus  ejus  rei  mentionem  facit 
(thiit  Erwähnmu/  ^^),  sondern  hoe  loco  —  mentioßt;  oder  was  lieutzutage  oft 
gesagt  wird,  weil  wir  Deutschen  es  sagen :  Codices,  editiones  Icyunt,  scribunt, 
hahtnt,  omittunt,  peccant,  mutant  u.  a.*^,  wofür  überall  passivisch  gesprochen 
werden  muss.  So  legen  wir  auch  manche  Handlungen  Sachen  bei ,  welche  die 
Lateiner  nur  Personen  beilegen,  wo  mildernde  Zusätze  nichts  helfen,  wenn  der 
Sprachgebrauch  entgegen  ist.  Widersinnige  Bilder  aber  können  durch  Nichts 
gemildert  werden,  z.  ß.  wenn  Bentley  in  einem  seiner  Briefe  sagt:  vltimam  suis 
cogitationibus  manum  imponere;  Muretus'^:  nrbs  in  caede  natabat;  Famian 
Strada:  Comiti  Barlomontio  senectus  supremam  imposuerat  vianiim  (in  der  Be- 
deut.  hatte  die  höchste  IVtlrde  verliehen) ,  und  integnmento  corporis  se  evol- 
vere  (sterben);  Muret'*:  tu  depravatas  hominum  mentes  velut  de  integro  m- 
terpolasti;  ein  Anderer:  obscuritatem  quaudam  enuclcare ;  uterque  tractatus 
in  se  est  totus  et  absolutus;  Aristoteles  rem  habet  cum  auditoribus;  Görcnz: 
vaffu  haeret  interpretis  sententia ;  nodum  in  scirpo  sibi  nectit  (nach  einer  fal- 
schen Anwendung  eines  bekannten  Sprüehwortes)  ;  Andere:  scriptoris  loco  alicui 
lucem  oder  lumen  affmidere;  artes  et  litteras  promovere  (F.  A.  Wolf  meinte, 
tvic  ein  Fass  aus  dem  Keller) ;  deponere  onus  naturae  (für  purere) ;  in  corpore 
esse  (für  vivere) ;  aliquem  benificiorum  plaustris  obruere  (für:  multis  ac  magnis 
beneficiis  afticere);  aliquid  silentii  peplo  involvere ;  librum  m  dias  lucis  auras 
emittere;  l'ibrum  juherc  fo  ras  abire ;  der  jüngere  Burmann:  Musarum  connu- 
bium  Mercurio  junxerunt ;  aurae  papillaris  ßatu  mentem  pascere  ;  scientias /;ro- 
movendi  causa  Apollinis  aras  incendit ;  ad  interiora  totius  orieutis  viscera  ri- 
manda  (von  Gelehrten,  die  im  Orient  Lieder  aufsuchen)  ;  seri  in  coelum  redeatis 
(als  ob  sie  schon  vorher  im  Himmel  gewesen  wären) ;  aliquem  propriis  mani- 
bus  formare  (etwa  wie  ein  schlagsüchtiger  Orbil) ;  vulneris  cubile  indagare 
(von  einer  fehlerhaften  Stelle);  hie  locus  in  mendo  cubatu.  a.  dgl.  Wenn  aber 
Hemsterhuis '*  sagte  domesticum  memoriae  vestrae  tabularium,  so  bedurfte  die- 
ses gute  Bild  dennoch  eines  mildernden  Zusatzes,  den  er  niciit  beifügte.  Lächer- 
lich und  gekünstelt  sind  die  neuen  Redensarten  sacerdos  justitiae  oder  The- 
midis  cnltor,  der  Jurist;  Aesculapi ßlius,  der  Arzt  u.  ähnl.  Vgl.  übrigens  We- 
ber's  üebungssch.  ao  mehrern  Stellen,  wie  S.  69.  76.  83.  213.  293.  324. 

Dritte  Vorschrift. 

Gebrauche    die    klassischen   Wörter  nur    in    der  Bedeutung  und  176. 
Verbindung,  in  welcher  sie  bei  den  Klassikern,  nicht  in  welcher  sie 
bei  nachfolgenden  spätem  Schriftstellern  gefunden  werden. 

*)  Dass  viele  klassische  Wörter  der  zweiten  Sprachperiode  oft  sogar  schon 
am  Ende  derselben,  noch  mehr  aber  in  der  folgenden  Zeit  Bedeutung  und  Construc- 
tion  verändert  haben,  lehren  zur  Genüge  die  Wörterbücher;  und  es  war  dies 
oft  allerdings  ein  Schritt  zum  Bessern  und  zur  weitern  Ausbildung  und  Ver- 
vollkommnung der  Sprache.  Es  ging  den  latein.  Wörtern  wie  vielen  deutschen, 
die  mit  der  Zeit  ebenfalls  Bedeutung  und  Construetion  verändert  haben.  So  wie 
wir  aber  uns  hierin  nur  nach  unsern  Klassikern  im  Schreiben  richten  dürfen, 
wenn  unser  Deutseh  nicht  für  undeutsch  gelten  soll,  so  müssen  wir  auch  im 
Latein,  den  klassischen  Gebrauch  für  den  am  meisten  richtigen  und  fast  einzig 
nachahmenswerthen  erkennen.  Es  kann  aber  ein  Wort  wohl  klassisch  sein, 
und  doch  ist  es  in  einer  besondern  Bedeutung  und  Verbindung  unklassisch.  Das 


11.  So  Ernesti  opusc.  phil.  p.  26:    hi  loci   mentionem  faciunt  solarii;   —  ein 
Alltagsfehler  bei  Vielen. 

12.  Diese  Sprechweise  findet  sich  häufig  bei  Görenz  in  seinen  Ausgg.  des  Cicero. 

13.  In  Muret.  Opp.  T.  I,  p.  125,  wo  Frotscher  zu  vergleichen  ist. 

14.  Ebendas.  T.  1,  p.  15,  wobei  Kuhnken  anmerkt:  Dura  et  abhonens  trans- 
latio,  praesertim  cum  interpolare  sca\\n:t  J'raudis  significationem  adjunctam  habeat. 

15.  Hemsterh.  oratt.  p.  9. 

6* 


84 

wird  der  tblg'endo  AntibTrbarus  bei  vielen  Wörtern  lelircn.  Nur  einige  Bei- 
spiele mögen  geniigen.  Unter  den  Substantiven  bedeutet  z.  B.  desiderinm  nur 
Sehnsucht,  Verlaiiyen  nach  Etwas,  später  die  Forderung,  für  ]>ostvlatum  ;  ßnrji- 
tiiim,  eine  entehrende  That,  später  ebenfalls  eine  Forderung,  für  cfßayitatio ; 
sponte  wurde  nur  mit  Possessiven  mea,  tua  u.  s.  w.  verbunden,  später  auch  mit 
Genitiven;  unter  den  Adjectiven  hiess  vetus  nur  alt,  aus  der  frühem  Zeit,  spä- 
ter auch  n/t  an  Jahren,  für  senex ;  crudus,  roh,  unreif,  später  grün,  frisch,  leb- 
haft; p/rnus  hatte  nur  den  Genitiv  bei  sich,  später  auch  den  Ablativ'*;  unter 
den  Verben  z.  B.  amittere,  verlieren,  später  auch  übergehen,  für  umittere ;  am- 
pliare,  aufschieben,  später  erweitern,  vermehren,  verherrlichen  ;  componere,  zu- 
sammensetzen, vergleichen,  später  beisetzen,  begraben,  f.  sepelire ;  educere,  her- 
ausführen, später  erbauen;  transmittere,  hinüber  schicken,  später  mit  Stillschweigen 
übergehen,  für  transire,  omittere ;  superesse,  übrig  sein,  später  übcrtrejf'en,  sich 
auszeichnen,  überleben;  abhorrere,  entfernt  sein,  hatte  nur  ab  aliquo  bei  sich, 
später  den  Dativ;  adulari  nur  den  Accus.,  nachher  den  Dativ;  incumben;  in 
geistiger  Bedeut.  sich  auf  Etwas  legen,  nur  mit  in  oder  ad  m.  d.  Acc,  später 
mit  dem  Dativ  alicui;  invadere,  angreifen,  anfallen  nur  mit  in  aliquem  {in  ali- 
quid),  nachher,  schon  seit  Livius,  ohne  in;  invidere.  Einen  um  Etwas  beneiden, 
alicui  aliqvam  rem,  später  alicui  aliqua  re;  unter  den  Partikeln  z.  B.  apud,  bei, 
in  der  Nähe,  nachher  auch  m,  a7i  einem  Orte,  für  in;  sogar  apud  Romam  u.  a. 
für  Romae ;  circa,  um,  von  Zeit  und  Ort,  später  auch  in  Betreff ;  juxta,  neben, 
nachher  (wie  bei  den  Aeltern)  auf  gleiche  Art,  ebenso,  wie,  für  aeque,  auch  für 
secvndiim,  zufolge ;  purum,  zu  wenig,  nicht  genug,  später  blos  wenig;  adhuc,  bis 
fetzt,  von  der  Zeit,  später  bis  hierher,  vom  Orte;  auch  als  Verstärkung  des  Com- 
parativs,  wie  unser  noch;  hactenus,  bis  hierher,  blos  vom  Orte,  später  auch  von 
der  Zeit;  quamvis  nur  so  (wie)  sehr  auch,  immer  mit  dem  Conjunctiv,  später 
mit  dem  Indicativ  in  der  Bedeut.  obgleich  —  und  so  eine  Menge  anderer  Wör- 
ter, die  sich  in  der  Bedeutung  und  in  der  Construction  in  den  folgenden  Zei- 
ten geändert  haben.  Hier  gilt  nun  das  (wo  es  nur  möglich  ist)  Festhalten  an  der 
Proprietas  oder  der  Eigenthümlichkeit  der  Wörter  in  Bedeutung  und  Construction 
zur  klassischen  Zeit,  und  man  wähle  das  Neuere  nur,  wo  es  um  der  Form  der 
Rede  willen  besser  und  angemessener,  als  das  Aeltere  scheint,  zumal  wenn  es 
von  Livius  und  den  bessern  Nachklassikern,  wie  Quintilian  und  dem  Jüngern 
Plinius  gebraucht  worden  ist. 
177.  Noch  eine  besondere  Beachtung  aber  verdient  die  Verbindung  richtiger  Ad- 

jectiven mit  Substantiven  und  richtiger  Adverbien  mit  Verben,  indem  sie  bald 
nur  einen  activen,  bald  nur  einen  passiven  Begriff  haben,  so  dass  jene  nur 
lebenden  Wesen,  diese  nur  leblosen  beigelegt  werden  können,  selten  aber  beide 
Begriife  in  sich  schliessen.  So  ist  z.  B.  unlateinisch  accuratus  (ein  genauer, 
sorgsamer)  scriptor,  poeta,  orator ;  accurata  mulier,  puella;  richtig  aber  accu- 
ratus sermo,  accurata  oratio,  orationis  copia,  contentio  u.  a.  Unrichtig  ist:  haec 
accurate  (genau)  cohaerent,  ille  accurate  vivit  u.  a.,  richtig  accurate  scribere, 
perscribere,  facere,  disputare,  defendere  u.  a.  —  alle  in  der  Bedeut.  genau.  Vgl. 
den  Antib.  unter  Accuratus.  Ebenso  sind  den  Römern  ein  unermüdliches  (inde- 
fessum,  non  defatigatum)  Studium,  ein  feindliches  (hostilia)  Lager,  Land,  eine 
(feiehrte  (doctus)  Schrift,  Müsse,  Werke,  gelehrtes  Alterthum  fast  fremd.  Vgl. 
den  Antib.  unter  Antiquitas,  Doctus,  Eruditus,  Hostilis.  Und  der  Art  gibt  es  noch 
mehr  Sprachverschiedenheiten;  denn  gesetzt  auch,  zwei  Wörter,  ein  Subst.  und 
ein  Verbum,  wären  in  ihrer  Bedeutung  richtig,  z.  B.  gratia.  Dank;  scire,  wissen; 
dicere,  sagen,  so  ist  doch  unlatein.:  gratiam  scire.  Dank  wissen,  für  gratiam  ha- 
bere; gratiam  dicere.  Dank  sagen,  für  gratias  agere ;  ßdes  heisst  der  Glaube, 
dare  oder  donare,  schenken,  aber  unlatein.  ist  fidem  alicui  dare  oder  donarc, 
Einem  Glauben  schenken,  für  alicui  ßdem  adhibare;  ludere,  spielen,  aber  nicht 


16.  Dieses  und  Anderes  bemerkt  schon  Quintil.  X,  3,  1:  Verborum  figurae 
et  mutatae  sunt  semper,  et,  utcumque  valuit  consuetudo,  mutantur.  Itaque  si 
antiquum  sermonem  nostro  comparemus,  paene  jam,  quidquid  loquimur,  ligura 
est,  ut  hac  re  invidere,  non  ut  omnes  veteres  et  Cicero  praecipue  haue  rem ; 
et  incumbere  Uli,  non  vi  illum;  et  plcnum  vino,  non  vini ;  et  huic  non  hunc 
adulari  jam  dicitur,  et  millc  alia. 


85 

ludere  comoediam,  tratfoediam,  sondern  agere ;  nicht  ludere  li/ram,  tibiam  — , 
sondern  canerc  u.  a.  Auf  solchen  falschen  V  erbindungen  yuter  Wörter  beruhen 
sehr  viele  Germanismen,  wesswegen  grosse  Vorsicht  nöthig  ist. 

Endlich  fordern  auch  noch,  wenn  man  gut  lateinisch  schreiben  und  spre-  178. 
eben  will,  die  synonymen  oAt^r  sinnverwandten  Wörter  viel  Vorsicht  und  Studium, 
da  durch  ilire  Verwechselung  oder  Nichtkenntniss  etwas  Geschriebenes  und  Ge- 
sprochenes leicht  unlateinisch  werden  kann.  Verschieden  sind  und  dürfen  nicht 
wohl  verwechselt  werden,  z.  B.  si,  cum;  si  non,  nisi;  praecipue,  maxime,  im- 
prhms,  praesertim,  potissimum,  plunmum ;  impetrare,  assequi,  conseqyi,  adipisci, 
nanvisci,  accipere  ;  aut,  vel,  sive ;  adhvc,  hactenus  ;  mayisier,  doctor,  praeceptor ; 
gratis,  frustra ;  eloquens,  disertus,  facundus ;  potentia,  potestas,  vis  ;  regnum,  Im- 
perium; libertits,  libertiiius ;  bellum  gerere  und  ducere;  simulacrum,  siguum, 
statua,  imago ;  und  so  viele  andere,  die  oft  willkührlich  gebraucht  und  ver- 
wechselt werden.  Für  die  genauere  Kenntniss  und  Unterscheidung  empfehle  ich, 
älterer  Versuche  nicht  zu  gedenken,  ausser  Grysar's  oben  erwähntem  Buche, 
die  neuern  von  Ernesti  •',  Düderlein,  Habicht,  Ramshorn,  Schmalfeld  und 
Schultz,  sowie  das,  was  Weber,  Grotefend  und  Farbiger  in  ihren  Uebungsbüchern 
zum  Lateinischschreiben  in  den  Anmerkungen  über  einzelne  Wörter  bemerkt 
haben. 

Vierte  Vorschrift. 

Vermeide  alle  nachklassische  und    spätlateinische  Wörter,  Wort-  179. 
Verbindungen  und  Redensarten,  wenn  klassische  aus  den  bessern  Schrift- 
stellern vorhanden  sind,    besonders  diejenigen,  welche   erst  in  der 
vierten  Sprachperiode  sich  neben  altklassischen  in  die  Sprache  un- 
nöthig  eingeschlichen  haben. 

*)  Was  in  Beziehung  auf  diese  Vorschrift  Quintilian  warnend  sagt,  ist 
oben  §.  171  erwähnt  worden.  Und  doch  spricht  dieser  Sprachkenner  nur  von 
den  Schriftstellern  seiner  Zeit;  wie  würde  er  erst  gewarnt  haben  vor  der  in  der 
spätem  Zeit  nach  den  Antoninen  verdorbenen  Sprache!  Ich  verstehe  daher 
hier  alle,  nach  der  bessern  Zeit  neugebildete  spätere  Wörter,  wenn  sie  wegen 
der  vorhandenen  klassischen  ganz  unnöthig  sind  und  den  Sinn  und  Begrifl' 
unserer  Gedanken  weder  einfacher  noch  deutlicher  bezeichnen.  Wenn  sie  noch 
überdies  in  ihrer  Construction  griechischartig  sind,  so  müssen  sie  verworfen 
werden,  wie  überi)aupt  alle  neuen  Veränderungen  in  der  klassischen  Syntax. 
Dahin  gehört  z.  B.  der  übertriebene  Gebrauch  des  Ablatiuus  absolutus  von 
Subst.  und  Adjectiven,  z  B.  tribunatu  militum,  im  Kriegstrihunate  (Suet.  Caes. 
5),  für  cum  tribunus  militum  esset  oder  einfach  tribunus  militum;  proscri- 
ptione  (ib.  11),  für  c%tm  proscriptio  esset,  zur  Zeit  der  Achtserklärung;  dubio  für 
cum  dubium  esset,  wovon  schon  oben  §.  146;  ferner   die   übermässige  Auwen- 


17.  Von  den  hier  Genannten  sind  folgende  Bücher  erschienen: 

Versuch  einer  allgemeinen  latein.  Synonymik  in  einem  Handwörterbuche  der 
synonym.  Wörter  der  klass.  latein.  Sprache.  A.  d.  Franz.  des  Hrn.  Gardin 
Dumesnil  Svnonymes  latins.  Zum  Gebr.  für  Deutsche  bearb.  von  J.  C.  G,  Er- 
nesti. Leipz!^  1799.   1800.  3  Th. 

Lateinische  Synonyme  und  Etvmologieen  von  L.  Döderlein.  Leipz.  1826  — 
1838.  6  Th.  Dazu  Beilage:  Die  iatein.  Wortbildung.  Ebend.   1839. 

Synonymisches  Handwörterbuch  der  latein.  Sprache  für  angehende  Philo- 
logen von  E.   C.  Habicht.  Lemgo  1829.  Ausg.  2  verb.  1839. 

Lateinische  Synonymik.  Nach  Gardin  Dumesnil's  Synon.  lat.  neu  bearb.  u. 
verm.  von  L.  Ramshorn.  Als  neue  Aufl.  der  allg.  lat.  Synonymik  von  Ernesti. 
Leipz.  1831.   1833.  2  Th. 

L.  Ramshorn's  Synonymisches  Handwörterbuch  der  lat.  Sprache.  Leipz.  1835. 

Fr,  Schmalfeld's  Lateinische  Synonymik  für  d.  Schüler  gelehrter  Schulen  z. 
Gebr.  beim  Lesen  der  latein.  Schriftsteller  u.  beim  Abfassen  latein.  Stylübungen. 
Eisleb.  1835.  Aufl.  2  verb.  u.  verm.  Ebend.  1836.  Aufl.  3  verb.  u.  verm.  Ebend.  1839. 

Ferd.  Scliultz's  Lateinische  Synonymik,  zunächst  f.  d.  obern  Gymn.  Klassen. 
Arnsb.  1841. 


86 

duiig  dos  Genitivs  bei  Adjectiven  und  Verben;  der  substantivische  Gebrauch 
des  Neytrums  der  Adjectiven  im  Sing,  und  Plur.,  z.  B.  terum  diei,  incerta  ca- 
sitvm  hitmanorum,  extrevia  imperii,  asperrimum  hiemis,  duhia  proeliorum;  {eraer 
die  Uebcrtragiing  der  klassischen  Construction  eines  Verbi,  wie  potiri,  auf  ein 
anderes,  in  der  Bedeutung  ähnliches,  z.  B.  adipisci  rentm  gleich  dem  potiri  re- 
rum.  Wie  viel  die  Nachklassiker,  und  noch  mehr  die  Spätem,  im  Spracligebrauche 
geändert  haben,  sieht  man  aus  dem,  was  darüber  G.  Bötticher  aus  Tacitus 
in  seinem  Lexicon  Taeiteum,  in  kürzerer  Form  Nie.  Bach  in  Band  II. 
seines  Tacitus  und  Boiiell  m  seinem  Lexicon  Quintilianeum  lleissig  gesam- 
melt haben.  Dort  findet  man  auch  die  vielen  neuen  Wörter,  welche  Tacitus 
entweder  selbst  gebildet  oder  aus  andern  Schriftstellern  seiner  oder  der  alten  Zeit 
genommen  hat.  Die  Veränderungssucht  dehnte  sich  sogar  damals  auf  die  Kanz- 
leisprache aus,  welche  sonst  in  allen  Sprachen  sich  am  längsten  gleich  bleibt. 
Man  brauchte  z.  B.,  um  nur  ein  Wort  zu  erwähnen,  für  designare,  wählen,  bestim- 
men, was  bei  Wahlversammlungen  das  herkömmliche  Verbum  war,  entweder  de- 
stinare  oder  nominare.  Vgl.  Suet.  Caes.  1.  Calig.  12.  Dazu  kommen  noch  die 
vielen  poetischen  Wendungen  und  gekünstelten  Redensarten,  welche  sich  bei 
vielen  nachaugusteischen  Schriftstellern  finden,  und  die  der  einfache,  kunstlose 
Styl  so  viel  als  möglich  vermeiden  muss.  Vgl.  darüber,  was  bei  den  beiden  vor- 
hergehenden Vorscliriften  schon  bemerkt  worden  ist. 
180.  Wer  aber  das  Wörtermengen  aus    allen  Zeiten,  wie  billig  und  vernünftig 

ist,  für  verwerflich  hält,  wird  vor  Allem  den  klassischen  Wörtern  den  Vorrang 
einräumen  und  die  spätem  nur  dann  mit  in  seine  Sprache  ziehen,  wenn  sie 
gut  gebildet  sind  und  einen  Begriff  eben  so  gut  und  treffend  bezeichnen,  wie 
jene,  zumal  wenn  sie  bei  Quintilian,  dem  jungem  Plinivs,  Celsus  und  andern, 
mit  Auszeichnung  Genannten  vorkommen;  denn  wir  dürfen  nicht,  wie  einst  die 
sogenannten  Ciceronianer '*,  zu  engherzig  urtheilen  und  die  nachaugusteischen 
Wörter  alle  ohne  Ausnahme  verwerfen,  am  wenigsten  dann,  wenn  sie  zur  Ab- 
wechselung mit  bessern  dienen  und  als  gleichbedeutende  die  Rede  voller  und 
deutlicher  machen  können.  Wer  bürgt  überdies  auch  dafür,  dass  die  von  den 
Nachklassikern  gebrauchten,  aber  bei  den  Klassikern  nicht  vorkommenden 
Wörter  nicht  wirklich  ebenfalls  klassischen  Ursprungs  sind ,  da  uns  ja  aus 
jener  bessern  Zeit  gewiss  mehr  als  die  Hälfte  des  Geschriebenen ,  selbst 
von  Cicero's  und  Caesar's  Werken  Vieles,  fehlt,  und  daher  Niemand  mit  Ge- 
wissheit sagen  kann,  ein  Wort  sei  neu,  weil  es  in  den  wenigen  Resten  aus 
der  klassischen  Zeit  nicht  vorkomme?  So  urtheilte  auch  Muret.  (Var.  lectt.  XV.  I) 
und  nahm,  jedoch  behutsam  und  vorsichtig,  auch  aus  der  nachklassischen  Zeit 
mehrere  Wörter  in  seine  sonst  klassische  Rede  auf.  Nur  müssen  sie,  je  später 
sie  sind,  desto  mehr  vermieden  werden,  und  es  würde  zu  tadeln  sein,  wenn 
wir  geflissentlich  und  Mühe  scheuend  ohne  Ursache  Erz  oder  wohl  gar  Eisen 
und  Blei  gegen  Gold  umtauschen  wollten.  Gewiss  es  zeigt  Gleichgültigkeit  und 
Geschmacklosigkeit  im  Sprechen  und  Schreiben,  wenn  man  den  bessern  Aus- 
drücken nnd  Wörtern  die  spätem  schlechten  vorzieht,  z.  B.  solummodo  für 
tantvmmodo  ;  inniirnrrvs  (ein  poetisches  Worf)  für  invumerabilis ;  coaetnts  und 
coaetaneus  für  aequalis,  ejusdem  aetatis ;  verbotcnns  für  ad  verbiim ;  libitu  oder 
pro  libitu  für  meo  arbitratu;  necator  für  interfector,  percvssor ;  praetervidere 
für  nctjUgere,  omittere,  non  videre ;  praeterlapsi  anni  für  praeteriti  anni;  sedu- 
cere,  verführen,  für  inducere,  corrnntpere ;  frustra,  vmsonst,  d.  h.  unentgeltlich, 
für  gratis ;  taediosus,  verdriesslich,  lästig,  für  taedio  conjnncins,  molestus ;  sub- 
jvgare,  vnterjochen,  für  suhigere;  insipidvs,  geschmacklos,  einfältig,  für  insvlsus; 
passio  für  perpessio,  und  so  unzählige  andere.  —  Dieses  ist  aber  von  den  neuen 
Lateinern  zu  wenig  beachtet  worden,  da  die  Wenigsten,  welche  Lateinisch 
schreiben,  ein  gutes  lateinisches  Wörterbuch  zur  Hand  haben  und  sehen,  ob 
ein  Wort,  welches  ihnen  gerade  aus  dem  Wörterscliafzc,  welchen  ihr  Gedächt- 
niss  aus  der  Lektüre  aller  Zeiten  aufbewahrt,  einf-illt,  auch  ein  gutes,  untadel- 
haftes  sei.  Viele  schreiben,  ihr  Augenmerk  allein  auf  die  Sachen,  welche  sie 
behandeln,  richtend,  aber  unbekümmert  um  den  klassischen  oder  unklassischen 
Werth  der  Wörter.  Nur  selten  sind  und  waren  die  Männer,  welche  reines  und 
klassisches  Latein  zu  schreiben  bemüht  sind  und  waren;  und  dennoch  wurden 


18.  Von  ihnen  oben  zu  §.  9.  Anm.  25. 


87 

unter  den  altern  Bessefn  des  fünfzehnten  und  sechszehnten  Jahrhunderts  Viele 
durch  den  fbsteü  Glauben  au  die  Aechtheit  mancher  Wörter  getäuscht,  und 
brauchten  sie,  indem  falsche  Lesarten  ihrer  damaligen  Ausgaben  sie  zum  Ge- 
brauche unäciiter,  falscher  Wörter"  verführten,  und  selbst  die  Wörterbücher 
diese  als  klassisclie  aufgenommen  hatten.  Endlich  ist  es  auch  nicht  selten  der 
Fall  gewesen,  dass  bei  vielen  altern  und  neuern  Gelehrten  die  Zeit  der  Jugend 
und  die  des  gereiften  Alters  einen  grossen  Unterschied  machte,  indem  ihre 
jugendlichen  Scliriften  noch  manche  Auswüchse  des  Unklassischen  enthalten, 
wovon  die  spätem  ziemlich  rein  sind*".  Und  wer  ist,  dem  dieses  nicht  Selbst 
begegnet  wäre?  Man  lernt  hier  nie  aus;  Tag  und  Stunde  belehrt. 

Fünfte  Vorschrift. 

Zulässig:  dageg-en  und  anwendbar  sind  alle  nachklassische  und  181. 
spätlateinische  Wörter,  zu  deren  BegrlfFsbezeichnung  sich  noch  kein 
Wort  aus  der  bessern  Zeit  vorfindet,  und  welche  demnach  klassi- 
sche Geltung  haben  müssen.  Bei  mehrern  gleichbedeutenden  sind  die 
altern  immer  den  spätem  vorzuziehen.  Diese  Vorschrift  gilt  vor  Allem 
für  die  Kunst-  oder  technischen  Wörter,  aus  welcher  Sprache  und 
Zeit  sie  auch  sein  mögen  21. 

*)  Mit  Recht  sagt  Cicero  (Fin.  III,  1,3):  imponenda  sunt  nova  novis  rebus 
numina,  u.  (N.  D.  I,  17)  sunt  enim  rebiis  novis  nova  ponenda  nomina.  Eine 
neue  Sache  und  mit  ihr  ein  neuer  Begriff  fordert  ein  neues  Wort;  und  das 
dehnt  sich  bis  auf  die  spätesten  Zeiten  aus,  und  berechtigte  alle  auf  Cicero  fol- 
gende Schriftsteller,  neue  Wörter  für  neue  Sachen  zu  erfinden,  und  Jeder  that 
dieses  in  seinem  Fache.  Bei  dem  ewigen  Wechsel  der  Dinge  im  menschlichen 
Leben,  wo  theils  das  Alte  dem  Neuen  weichen  muss,  theils  Beides  sich  mit 
einander  verbindet,  müssen  mit  der  Erweiterung  der  Begriffe,  mit  der  Ent- 
deckung und  Auffindung  neuer  Sachen  in  Künsten  und  Wissenschaften  und 
mit  der  Bekanntwerdung  mit  dem,  was  andern  Völkern  eigeuthümlich  ist,  noth- 
wendig  auch  neue  Wörter  für  die  neuen  Sachen  gebildet  werden.  Was  nun  so 
die  Römer  bei  den  Griechen  oder  andern  Völkern  Neues  in  Künsten  und 
Wissenschaften  oder  sonst  im  menschlichen  Leben  fanden,  davon  nahmen  sie 
entweder  meistens  die  fremdartigen  Benennungen  mit  mehr  oder  weniger  ver- 
änderter Form  in  ihre  Sprache  auf,  oder  sie  bildeten  sich  eigene  neue  Wörter 
als  Stellvertreter  der  fremden;  (über  griechische  vgl.  unten  §.  186.  187)  —  und 
so  wie  sie  mit  griechischen  verfuhren,  so  auch  mit  Wörtern  anderer  Sprachen; 
sie  sagten  z.  B.  für  das  punische  sc/iophet  (eine  höhere  Magistratsperson)  — 
snjfes,  im  Plur.  sxiß'etes ;  für  das  altdeutsche  Amhac/U,  Andhaht,  der  Diener  — 
ambactus;  für  das  celtische  fearyobreith  —  vert/obretus  (Caes.  B.  G.  I,  16); 
für  souidur,  der  Söldner  —  soldurivs  (Caes.  B.  *G.  III,  22) ;  für  das  syrische 
yamal  —  camehts  (nacli  Varro),  und  so  die  fremdartigen  acinaces,  f/aza,  braca 


19.  Vöü  der  Art  sind  Wörter,  wie  coaevvs,  applausus ,  attestari,  latere  alt- 
quem,  intrvdere,  enudare,  illicitus  u.  a.  m.  Das  erste,  coaevvs,  hatten  vor  Lam- 
bin's  Ausg.  des  Cicero  vom  J.  1556  alle  Ausgg.  in  Cic.  orat.  in  Vatin.  13.  Aber 
Lambin  schrieb  mit  Turnebus  aus  Handschr.  dem  Sinne  der  Stelle  gemäss 
dafür  coquus.  Daher  brauchten  jenes  die  frühem  Neulateiner  und  selbst  Muret 
vor  dem  J.  1.566  auf  Treu  und  Glauben  Ciceronischer  Auctorität,  bis  die  Näch- 
sten, eines  Bessern  belehrt,  es  meistens  verwarfen.  Aber  dennoch  hört  und  liest 
man  es  noch  heutzutage;  ebenso  die  andern  angeführten. 

20.  So  bei  Ernesti,  Rvhnken,  Wyttenbach,  Wolf  und  andern  Bessern,  deren 
erste  Schriften  manches  Unklassische  und  Tadelhafte  enthalten,  wogegen  ihre 
spätem  desto  klassischer  sind.  Jenes  verdunkelt  iiiren  Namen  und  Ruhm  nicht, 
ermuntert  aber  uns  Jüngere,  schon  früh  vorsichtig  zu  sein.  Scheu  vor  der  Ar- 
beit, das  Bessere  aufzusuchen,  ziemt  dem  Manne  nicht,  dem  es  um  Lob  und 
Ruhm  zu  thun  ist. 

21.  Vergl.  darüber  Hand's  Lehrb.  p.  142;  Reisig's  Vorles.  p.  298  u.  Weber's 
Uebungssch.  Votr.  p.  XVII. 


88 

(bracca),  carnts,  mniara,  framea,  tiara,  satrapes,  nap/itfia,  essedum,  petorn'tum, 
r/teila,  vrus,  mannus  u.  a.  m.,  deren  mehre  aufzuführen  unnötliig  ist.  Die  meis- 
ten lieferte  die  griech,  Sprache,  nicht  blos  für  die  Wissenschaften,  Philosophie, 
Poetik  und  Rlietorik,  sondern  auch  für  die  gewöhnlichen  Gewerbe  und  Künste, 
für  Kochkunst  (vgl.  Apicius  de  re  culinaria),  Bauhinst  (vgl.  Vitruv.),  Kriegs- 
wissenschaft  (vgl.  Vegetius  u.  A.),  Ackerbau,  Jac/d  u.  s.  w. 

182.  Es  möchte  aber  eine  unzeitige,  fast  lächerliche  und  überängstliche  Vor- 
liebe für  Klassicität  verrathcn,  wenn  man  die  neuen,  oft  gar  verschiedenen  Be- 
griffe alten  klassischen  Wörtern  unterlegen,  oder  für  ein  einfaches  Wort  eine 
aus  klassischen  Wörtern  bestehende  Umschreibung  wählen  wollte,  wie  man  von 
beiden  Arten  Beispiele  hat,  z.  B.  für  unser  Bürgermeister  —  consnl^^  zusetzen  und 
Cardinal  durch  pater  purpuratus  auszudrücken,  oder  in  noch  vollerer  Form 
nnus  de  pvrpvratis  aulae  pont.ißciae,  qiii  Cardina/es  vocantur.  Die  beiden  ersten 
sind  zur  Bezeichnung  der  Begriffe  unverständlich,  ja  das  Wort  consul  ist  zu 
hoch  und  anmassend;  das  letzte  aber  leidet  an  Schwerfälligkeit.  Und  wie  denn 
nun  mit  den  vielen  hundert  neuen  Wörtern  für  das  viele  Neue,  was  seit  Au- 
gustus  die  Welt  gesehen  hat .'  wie  mit  den  Namen  der  unter  den  Kaisern, 
Königen  und  Fürsten  alter  und  neuer  Zeit  neu  bestallten  Staatsdiener?  wie 
mit  den  neuen  Namen  in  Jurisprudenz,  Medicin,  Kriegskunst,  Baukunst  und 
allen  übrigen  Künsten  und  Wissenschaften  ?  wie  mit  der  Menge  neuer  Wörter, 
die  durch  die  christlichen  Religionslehrer,  durch  griechische  und  lateinische, 
in  die  Theologie  gekommen  sind  ?  —  Durcli  klassische  Wörter  sind  sie  nicht  er 
setzbar  und  müssen  durchaus  nach  der  Meinung  aller  bessern  Neulateiner, 
eines  Sadolet,  Manutius ,  Perpinian,  Muret  (vgl.  dessen  Var.  lectt.  X\,  1) 
u.  A.  beibehalten  werden,  wie  man  sie  bei  den  bessern  lateinischen  Theologen 
findet.  Es  ist  unnöthig,  dies  weiter  zu  verfolgen;  gut  wäre  es  aber,  wenn 
jede  Wissenschaft  und  jede  Kunst  ihr  eigenes  Lexicon  hätte,  worin  für  jeden 
Begriff  die  besten  und  verständlichsten  Wörter  nach  der  besten  Auctorität  auf- 
geführt wären*).  —  Wenn  aber  freilich  neue  Wörter  zu  barbarisch  klingen  und 
wohl  gar  nicht  einmal  dem  Lateinischen  analog  gebildet  sind,  .so  ist  es  wohl 
gut,  bei  Anführung  eines  solchen  fremdartigen  Wortes,  zumal  in  feierlichen 
Reden,  sich  mildernder  Zusätze  zu  bedienen ,  z.  B.  iit  ita  dicam,  ut  ea  voce 
vtar  u.  dgl.  Von  der  Art  sind  besonders  neue  theologische  und  philosophische 
Wörter,  wie  egoismas,  nihilismus,  nonismvs,  sgncretistnus ,  pietismus ,  rationalis- 
mus,  obscurantismus,  scepticismvs,  idealismvs,  yngsticismiis  u.  a.  m.  der  Art;  ebenso 
haecceitas,  perseitas,  vbietas,  qvidditas  —  und  was  sonst  der  Art  in  den  barba- 
rischen Zeiten,  besonders  des  Mittelalters  und  später,  neu  gebildet  worden  ist. 
Löblich  war  es  daher,  dass  Eirhstädt,  als  er  in  einer  öffentlichen  Rede  den 
Pietismus  erwähnte,  sagte:  Pietismus,  quod  verbum  ipsum  barbariem  portendit, 
wodinch  der  klassische  Redner,  weil  für  Frömmelei  und  Kopfh'dngerei  kein 
klassisches  Wort  vorhanden  war,  den  Gebrauch  jenes  barbarischen  Wortes  in 
seiner  sonst  klassisch-lateinischen  Rede  milderte. 

183.  Aber  ebenso,  wie  in  den  bisher  erwähnten  Fällen  die  neuen  Wörter  wo 
möglich,  wenn  sie  nicht  etwa  durch  besser  und  klassischer  gebildete  ersetzt 
werden  können,  beizubehalten  sind,  so  muss  aucii  Alles  den  neuen  Sitten  ge- 
mäss*', wenn  von  ihnen  die  Rede  ist,  ausgedrückt,  und  Alles  vermieden  wer- 


22.  F.  A.  Wolf  pflegte  in  seinen  Vorlesungen  diese  Ucbersetzung  nach  sei- 
ner Weise  zu  bespötteln,  und,  weil  er  der  Meinung  war,  alles  Ausländische 
müsse,  wenn  es  einen  den  Römern  fremden  Begriff  enthielte,  nach  der  Weise  der 
Römer  ohne  Weiteres  nur  in  eine  lateinische  Form  gegossen  werden  und  zwar  mit 
geringer  Abänderung,  wollte  er  sogar  Burgermeisterits  sagen;  ebenso ßinta,  die 
Flinte;  pistola,  die  Pistole  und  ähnliche;  anders  wären  sie  nicht  übersetzbar.  Man 
könnte  aber  vielleicht  doch  Bürgermeister  ziemlich  verständlich  übersetzen 
durch  magister  civinm,  civihus  oder  vrhi  praefectus ;  Cardinal  aber  behalte  man 
durchaus  mit  seinem  schon  latein.  Namen  bei,  und  so  andere,  schon  an  sich 
lateinische  oder  aus  dem  Griechischen  genommene,  wiewohl  sie  vielleicht  im 
Begriffe  abweichen,  z.  B.   Decanus,  Episcopns  u.  a. 

*)  Für  philosophische  Wörter  und  Begriffe  soll  das  Lexicon  philosophicum  von  PlcxiacHS. 
Hag.  Com.  716.  4,  brauchbar  sein. 

23.  Da  Deutlichkeit  und   Verständlichkeit  Erforderniss  jeder  Rede   ist,  so 


89 

den,  was  von  römischer  Sitlc  durch  die  Länge  der  Zeit  ausser  Gebranch  g:e- 
kommen  ist  und  von  unsrer  Denkweise  abweiclit,  wozu  aucli  gehört,  was  der 
christliche  Glaube  im  Glauben  und  in  der  Rede  geändert  hat.  Daher  heisst  bei 
Tische  sitzen  nicht  epulis  accumhere,  sondern  epulis  assidere ;  der  Friede  niclit 
to(/a,  sondern  pax ;  öffentlich  kaufen  oder  verkaufen  nicht  suh  corona  oder  snb 
hasta  emere  oder  vendere,  sondern  palam,  in  publico  — ;  nicht  si  diis  placet, 
sondern  si  Deo  placet.  Und  so  sind  heutzutage  viele  Redensarten  nicht  mehr 
anwendbar,  weil  unsre  Sitten  von  den  römischen  abweichen,  z.  B.  volumen, 
das  Buch;  arena,  der  Uebunysplatz,  wohl  gar  die  Schule;  in  arenam  descendere, 
sich  in  Streit  einlassen;  fasces  submittere ,  bescheiden  nachgeben;  pulvis  nicht 
mehr  von  den  Mathematikern,  die  sonst  in  Glasstaub  ihre  Figuren  einzeich- 
neten; qui  aere  lavantur  von  Kindern;  claves  adimere  tixori,  sich  von  seiner 
Frau  scheiden;  oratori  aquam  dare,  einem  Redner  Zeit  zum  Reden  verstatten; 
sti/lum  vertere,  andern ;  latum  clavuni  alicui  tribuere.  Einen  zum  Rathsherrn 
viaclten;  latum  clavum  adipisci  oder  impetrare,  Rathsherr  werden;  pucrum  tol- 
lere für  educare ;  puncta  ferre,  gewühlt  loerden;  velitatio ;  pro  aris  ac  focis ; 
lar  familiaris,  der  häusliche  Herd;  Palilia,  das  Stftungs-  oder  Gründungsfest; 
dii  immortales,  numina,  superi,  Juppiter  für  Dens,  deus  aliquis;  tartarus,  orcus; 
magno  hominum  et  deorum  studio;  ut  deos  orem;  diis  hominibusque  approbanti- 
bus ;  quam  ob  rem  deos  oro ;  o  dii  immortales!  —  und  so  noch  Vieles,  was  theils 
unsern  Sitten  nicht  mehr  angemessen,  theils  unserm  christlichen  Glauben  zu- 
wider ist.  wiewohl  es  Niemand  anstössig  finden  wird,  der  Musen  zu  gedenken 
und  die  bösen  Geister  und  Teufel  unseres  Aberglaubens  durch  Furiae  auszu- 
drücken, wie  überhaupt  zu  recliter  Zeit  und  am  rechten  Orte  alle  Anspielungen 
auf  die  mythologische,  antiquar.  und  histor.  Yorwelt  nützlich  und  zweckmässig 
sein  können.  Vgl.  darüber  auch  Heumanni  Poecile,  T.  III,  p.  386  u.  Hand's 
Lehrb.  p.  151. 

Kurz,  es  ist  ein  falsches  Vorurtheil,  zu  glauben,  dass  ein  fremdartiges  oder 
neugebiidetes  Kunstwort,  wenn  es  nur  nicht  hart  und  rauli  und  wohl  gar  den 
lateinischen  Sprachgesetzen  zuwider  gebildet  **  ist,  schlechtes  Latein  verrathe. 
Vgl.  was  schon  Ubert.  Folieta  de  linguae  lat.  usu  p.  180  und  J.  Vorst  de 
latinit.  merito  susp.  p.  7  über  neue  technische  Wörter  sagen. 

Sechste  Vorschrift. 

Griechische  Wörter,    mit    griechischen    Buchstahen  geschrieben,  J84. 
können  nur  dann  ohne  Tadel   in  die    lateinische  Rede  eingemischt 


dürfen  klassische  Wörter  da  nicht  angewandt  werden,  wo  sie  verwirrend  und 
unverständlich  sind,  indem  sie  das  niclit  bezeichnen,  was  wir  nacii  unsrer 
Sprache  damit  bezeichnen  wollen.  So  ist  es  fast  mit  allen  Staatsämtern  vom 
höchsten  bis  zum  niedrigsten,  indem  die  zwar  reichhaltige  Notitia  dignitatum 
imperii  Romani  doch  nicht  genügende  Hülfe  dazu  darbieten  wird,  so  dass  es 
immer  besser  sein  wird,  die  neu  eingeführten  Namen  beizubehalten.  —  Was  ist 
auch  im  Geldwesen  Anderes  zu  thun,  als  die  neuen  Namen  nur  in  lateinische 
Formen  umzugiessen,  da  wir  beim  Gebrauche  der  alten  mit  zu  vielen  Schwie- 
rigkeiten zu  kämpfen  haben? —  Ebenso  bei  unserer  Wegeeintheilung  in  Meilen 
und  Stunden,  bei  der  täglichen  und  nächtlichen  Zeitangabc  nach  unsern  Uhren, 
und  dergleichen,  wiewohl  wir  den  alten  Kalender  ohne  alle  Verwirrung  auf 
unsern  neuen  übertragen  können,  da  sieh  beide  nur  in  Bezeichnung  der  Tage 
unterscheiden.  Jedoch  würde  auch  gewiss  unsre  Bezeichnung  den  Alten  selbst 
niclit  unverständlich  gewesen  sein,  wenn  wir  z.  B.  statt  Kalendis  Januariis  sag- 
ten die  primo  mcnsis  Januarii ;  statt  a,  d.  (ante  diem)  VI  (sextum)  Nonas  Ja- 
nuarias  ganz  kurz  die  secundo  mensis  Januarii,  und  so  die  übrigen.  —  Wir 
müssen  ja  bei  unserm  Schreiben  immer  denken,  dass  wir  nicht  für  die  Alten, 
sondern  für  unsere  heutige  Welt  schreiben. 

24.  Das  ist  leider  gar  oft  der  Fall  bei  den  neuen  latein.  Kunstwörtern  in 
der  Medicin,  Chemie,  Physik,  Mathematik,  Naturgeschichte  und  andern,  wie 
ja  die  Linne'sche  Terminologie  der  Naturkörper  von  solchen  Fehlern  wimmelt. 
Eine  weitere  Ausführung  alles  dessen,  was  diese  fünfte  Vois(lirift  nur  kurz 
berührt,  überlasse  ich  Jüngern,  welche  Lust  und  Kraft  dazu  haben. 


90 

werden,  wenn  von  ihnen  die  Rede  ist,  jedoch  auch  in  Briefen, 
scherzhaften  Gesprächen  und  erheiternden  Aufsätzen.  Eine  Aus- 
nahme machen  alle  Wörter,  welche  die  Lateiner  in  Ermangelung 
eigener  aufgenommen  und  mit  ihren  Buchstaben  geschrieben  haben, 
wohin  besonders  die  Kunstwörter  gehören. 

*)  Nur  von  Wörtern  und  Redensarten  ist  liier  die  Rede,  nicht  von  Grä- 
ciimen,  welclie  durchaus  verwerflich  sind ,  mögen  sie  auch  von  Dichtern  und 
Nacfiklassikern  gebraucht  worden  sein.  Lateinische  Wörter  müssen  auch  in  der 
Verbindung-  mit  aMern  rein  lateinisch,  nicht  griechischartig  gebraucht  werden, 
z.  ß.  f%/iM%  weder  mit  dem  Genitiv,  noch  mit  dem  Infinitiv,  weil  Beides  Grä- 
cismus  ist.  —  Griechisch  geschriebene  Wörter  aber  unter  die  lateinisciien  zu 
mengen,  ist  nur  unter  den  oben  angeführten  Bedingungen  zulässig,  ihdem  sie 
sonst  die  lateinische  Rede  ebenso  verunstalten,  wie  vor  hundert  Jahren  unsre 
deutsche  durch  griechische,  lateinische  und  französische^^  hässlich  und  abscheu- 
lich verunstaltet  und  verunreinigt  worden  ist.  Davor  warnt  auch  mit  Recht  der 
gelehrte  Eichstädt  in  seiner  Deprecatio  latinitatis  academicae :  Graeca  adnnscere, 
sagt  er,  elegantiori  orationi  latinae  non  minus  harbarum  est,  quam  germanicam 
dictionem  inquinare  verbis  latinis  vel  franco-gaUicis,  quod  ab  elegantiae  stiidiosis 
merito  reprehenditiir.  —  Zulässig  sind  sie  dagegen  nach  Cicero's  und  Anderer 
Vorgänge  da,  wo  von  ihnen  die  Rede  ist,  wie  so  oft  in  den  philosophischcö 
Schriften  Cicero's,  wo  sie  entweder  übersetzt  oder  erklärt,  oder  mit  den  latei- 
nischen verglichen  werden  sollen;  dann  aber  auch  in  vertraulichen,  scherzhaf- 
ten Briefen,  wo  es  Cicero  und  der  jüngere  Plinius  häufig  thun;  und  so  gilt 
dasselbe  auch  in  allen  heitern  und  scherzhaften  Gesprächen  und  Aufsätzen 
und  in  witzigen,  satyrischen  Scliriften,  wo  jedes  Gemisch  fremder  Wörter, 
ganzer  Redensarten  und  ganzer  Stellen,  wie  bei  uns,  zur  Erreichung  des  Zwe- 
ckes des  Schreibenden,  neralich  Zuhörer  und  Leser  aufzuheitern,  wohl  gar 
Lachen  zu  erregen,  förderlich  und  dienlich  ist.  Hierin  gefiel  sich  vor  Cicero  der 
Dichter  Luciliits  in  seinen  Satyren,  deren  erhaltene  Fragmente  ein  Muster  davon 
geben. 
loO.  Ganz  anders  ist  es  aber  —  und  das  meint  auch  der  erwähnte  Eichstädt  — , 

wenn  man  ganz  zwecklos,  fast  nur  um  zu  glänzen  und  der  Rede  einen  ge- 
lehrten Anstrich  zu  geben,  griechische  Wörter  statt  lateinischer  braucht,  wie 
bei  den  Neulateinern  die  Formeln  ö  jräw  (durch  alle  Casus),  o  tiayaoirrjc 
(ebenso),  xar'  f^oy?'v.  ('c  ev  n)  .raporho;  und  besonders  der  Gebrauch  des  Ar- 
tikels ö  (in  allen  Casibus)  vor  einem  Worte,  von  welchem  Etwas  bemerkt  wer- 
den soll,  welcher  Gebrauch  des  Artikels  aus  den  spätem  Grammatikern  des 
vierten  Jahrh.  in  das  neue  Latein  übergegangen  ist.  So  findet  man  auch  bei 
den  besten  Neulateinern:  6  jräw  Scaliger;  verba  rov  jrdrv  Bentleii;  ex  biblio- 
theca  Ernestii  Tov  (laxapirov ;  haec  vox  xar'  e^oyjiy  significat  certamen ;  illa 
dirit  o)^-  tv  !Ta.gö(^(o;  quid  hie  est  t6  morem  gerere?  —  sensus  ror  indignari ;  vis 
in  roj  placandum  inest.  —  Solche  Ausdrucksweisen  beruhen  auf  keiner  Auctorität 
eines  Lateiners  der  lebenden  Sprache.  Aber  nicht  nur  diese  alltäglichen  Phra- 
sen, sondern  auch  andere  griechische  Wörter  findet  man  heutzutage  in  An- 
merkungen zu  Schriftstellern  und  in  ernsten,  belehrenden  Untersuchungen  für 
lateinische  Wörter  eingemischt,  wie  z.  B.  Bentlejus  6  juerpixi/raroc;  ea  vox 
mihi  nagt^xEiv  videtur ;  dubia  est  hvjus  orationis  yvr^r,iörr^c;  bis  Cicero  nimiam 
axgißsiav  jureconsultorum  tangit ;  haec  verba  r/-&oc:  orationis  defendit;  librarius 
in  aliis  verbis  vecoregt'Cet;  loquitur  cum  Ttccoötjoia  quadam;  t6  est   in   quibusdam 


25.  Man  lese  ein  älteres  deutsches  Buch,  und  es  werden  uns  Wörter  zum 
Ekel  und  Grauen  begegnen,  z.  B.  Condolenz,  condoliren,  Bless^ir,  blessiren, 
Figur,  figvriren,  Passage,  passiren,  Attaque,  attaquiren,  Honneur,  honoriren,  pro- 
biren,  justißciren,  important,  Affaire,  Condition,  Consens,  Ordre,  Reputation, 
Dexterität,  declariren,  speculiren,  persuadiren.  Succ7irs,  Resolution,  Tractat, 
formidable.  favorable,  plausible,  präsentiren,  Präsent,  Desperation,  desperat,  fou- 
chiren,  Charge,  Fatalität,  Respect,  sich  divertiren,  frequentiren,  Visite,  condem- 
niren,  hrilliren,  prätendiren,  Prätension,  honett,  die  solide  Glorie  —  und  so  un- 
zählige andere. 


91 

nrjOeCi  vidctur  esse  siispectnm ;  dvae  senUnifinn  ex  raoa/^.yj^.ov  positae ;  qvae  sit 
Intjnsce  (priäötco:  mens,  u.  a.  ni.  So  tadelt  es  auch  Zumpt  mit  Recht,  dassRuhn- 
ken  (in  pracf.  Apuleji)  das  Wort  y.o:xo^rj.iia  in  seine  gelehrte  Untersuchung  ein- 
g-emischt  habe,  wofür,  wie  er  glaubt,  affectatio  gleich  gut  gewesen  wäre.  We- 
niger tadelhaft  braucht  Muretus  in  einem  Briefe  (Epist.  III,  2)  das  Wort 
:reloti/pia,  wofür  er  freilich  nach  Cicero  hätte  obtrectatio  brauchen  können. 
Höchst  seltsam  sagt  aber  der  verkappte  Wilh.  Küster  in  einer  Anm.  zu  Xenoph. 
Occon.  p.  61  dianoeam  (für  sentenfiam)  tothis  loci  hanc  habe,  und  van  Hemert 
(Epist.  ad  Wyttenb.  p.  151)  (ptihns  artihvs  technisqve,  welche  technae,  aus  dem 
Halbgriechen  Terenz  entlehnt,  sich  neben  artes  wunderlich  ausnehmen;  und  so 
braucht  auch  ganz  unnöthig  Mahne  im  Crito  (in  Wyttenbach.  Opusc.  ed.  Frie- 
dem.)  mehrmals  griech.  Wörter  statt  lateinischer,  z.  B.  choraghtm  multorum 
testimoniorum,  paneyyris  virorum  eruditorum  u.  a.,  was  unnützer  Flitterstaat 
ist.  Ja  diese  Sucht,  solche  Wörter  zu  brauchen,  verleitet  ihn.  auch  den  Namen 
seines  verehrten  Lehrers  Wyttenhach  lächerlich  in  Eurypotamus  zu  verwandeln 
(Crito  p.  276). 

Einen  ganz  andern  Gebrauch  macht  Cicero  von  griechischen  Wörtern,  indem  er  186. 
1)  in  seinen  wissenschaftlichen  Büchern  A\e  griechischen  Kunstwörter  nur  erwähnt, 
entweder  um  sie  mit  den  lateinischen  zu  vergleichen,  oder  um  sie  zu  übersetzen 
oder  zu  erklären,  wo  er  denn  bisweilen  freimtithig  gesteht,  kein  passendes  und 
den  Begriff  ganz  erschöpfendes  Wort  dafür  finden  zu  können.  Beispiele  davon 
finden  sich  vor  Allem  in  seinen  Tusculanen,  in  den  akademischen  Quästionen, 
in  den  Büchern  de  divinatione  und  in  den  rhetorischen  Büchern.  Aber  anders 
wendet  er  sie  2)  in  seinen  Briefen  an  gclelirte  Freunde,  besonders  an  den 
Halbgriechen  Atticus  an,  wo  er  aus  Vorliebe  für  das  Griechische  dieses  viel- 
fältig mit  dem  Lateinischen  vermengt,  sogar  nicht  selten  ganze  Verse  und 
Stellen,  wie  auch  Spruch  Wörter,  griechisch  anführt,  ohne  das  Eingemengte  la- 
teinisch zu  übersetzen,  was  auch  freilich  bei  seinen  gelehrten  Freunden  höchst 
lächerlich  gewesen  wäre.  Eine  gleiche,  nicht  anstössige  Anwendung  ist  daher  in 
Briefen  auch  uns  erlaubt,  jedoch  so,  dass  wir,  wie  Cicero,  das  Griechische,  so 
wie  es  ist,  unverändert  einmischen.  Beispiele  findet  dazu,  wer  dergleichen  sucht, 
besonders  in  den  Briefen  ad  Atticum  ,  wo  man  unter  andern  auch  das  Wort 
'f?.ir''r  im  bildlichen  Sinne  der  Menge,  der  grossen  Masse  von  Unglücks- 
stofli'  zu  einem  Gedichte  findet.  Vgl.  Ätt.  VII,  11,  3.  Wie  er  das  Griechische 
in  Harmonie  mit  dem  beigesetzten  Lateinischen  bringt,  lehren  unter  andern 
folgende  Stellen.  Er  sagt  (Att.  V,  19):  t6  veusoäv  interest  mv  <p3o\eh\  wo  in- 
terest  wie  dtacpf'ofi  mit  dem  Genitiv  verbunden  ist;  und  (Att.  I,  16.  13,  wo 
freilich  die  Stelle  in  den  Handschr.  und  Ausgaben  sehr  verschieden  gelesen 
wird) :  ut  opinor,  (pi^.noncpijreov  et  istos  consulatus  non  flocci  facteon  (fac-Zov), 
—  wo  cinstati  faciendum  jene  zwitterartige  Form  gebraucht  ist,  damit  das  Wort 
dem  (piXoönipqrioy  gleich  sei.  Aber  eben  solches  Gemisch  von  Lateinisch  und 
Griechisch  findet  sich  nur  in  seinen  Briefen,  nirgends  in  seinen  Reden,  nirgends 
in  seinen  rhetorischen  und  philosophischen  Schriften.  Ebenso  auch  in  den 
Briefen  des  Plinius. 

Von  ganz  anderer  Art  sind  die  vielen  griechischen  Namen,  Titel  und  Wör-  187. 
tcr,  welche  schon  früh  seit  der  Bekanntwerdung  mit  Griechenland  in  die  latein. 
Sprache  mit  meistens  geringer  Abänderung  übergegangen  und  gleichsam  ein- 
gebürgert sind.  Die  Benennungen  von  Gewerben,  Künsten  und  Wissenschaften 
wurden,  ohne  dass  man  an  ihre  Uebersetzung  dachte,  meistens  mit  den  Sachen 
selbst  aufgenommen.  Dahin  gehören  alle  Nomina  propria  von  Menschen,  Thie- 
ren,  Städten,  Bergen  u.  dgl.,  alle  Titel  von  Aemtern,  Namen  der  Künste  und 
Wissenschaften  und  der  zu  ihnen  gehörigen  Werkzeuge  und  der  Kunstsachen 
selbst,  welche  die  Römer,  in  Ermangelung  eigener  Benennungen,  alle  ohne  Be- 
denken in  ilire  Sprache  aufnahmen,  wie  auch  wir  fremde  Wörter  in  die  uns- 
rige  aufnehmen.  Schon  die  ersten  latein.  Komiker  mussten  dies  nur  allzuoft 
thun;  vorsichtiger  tliat  es  Terenz,  der  nur  diejenigen  aufnahm,  welche  ihm 
durch  ein  lateinisches  unerreichbar  zu  sein  schienen,  z.  B.  argentnm  in  der 
Brdeut.  Geld,  astu  von  der  Stadt  Athen,  citharistria,  comoedia ,  ci/atlnis,  dica 
(der  Prozess^,  drachma,  elephantus,  ephehns,  cpistola,  eimuchvs,  giptaecevm, 
hora,  lampas,  mina,  moeclnis,  mnsicns,  obolus,  ohsonium,  obsonarr,  paedagogns, 
palaestra,  platea,  pacta,  sandalitini,  satrapa,  sycophanta,  techna  (Kunstgriff,  List). 


92 

Die  meisten  von  diesen,  zu  welclien  noch  viele  andere  kamen,  gingen  auch  in 
die  gelelirte  Schriftsprache  und  selbst  in  die  der  üfl'entlichen  Redner  über,  so  dass 
man  sich  nicht  scheute,  sie  als  allgemein  bekannte  Wörter  selbst  in  öfient- 
lichen  Reden  zu  brauchen.  Die  Rhetoren  aber  und  die  Philosophen  vermehrten 
sie  noch  mit  vielen  aus  der  rhetorisciien  und  philosophischen  Terminologie  der 
Griechen,  und  wagten  es  kaum,  sie  durch  lateinische  zu  ersetzen.  Cicero  selbst, 
so  viel  er  auf  Reinheit  der  Sprache  hielt,  seine  Muttersprache  selbst  der  grie- 
chischen nicht  nachsetzte  und  als  strenger  Purist  viele  neue  Wörter  zum  Ersatz 
der  griechischen  erfand  und  brauchte,  konnte  doch  die  Namen  seiner  beiden 
Lieblingswissenschaften,  rhetorica  und  philosophia,  nicht  entbehren;  und  in  sol- 
chen Wörtern  Sprachreiniger  zu  werden,  hielt  er  mit  Andern  für  unnütz  ver- 
schwendete Mühe  Vgl.  auch  Cic.  Fin.  HI,  4,  15.  Leicht  lassen  sich  vom  ersten, 
abaciis  an  bis  zum  letzten,  zythnm,  mehr  als  hundert  griechische  Wörter  an- 
führen, die  in  die  latein.  Sprache  übergegangen  sind,  und  von  denen  viele  auch 
bei  den  besten  Schriftstellern  im  Gebrauche  Avarcn. 

188.  Bei  der  Aufnahme  solcher  Wörter  folgte  wenigstens  Cicero  der  Analogie 
lateinischer  Wörter  in  Hinsicht  ihrer  Declination,  und  vermied  dabei  alles  Grie- 
chischartige. Daher  brauchte  er  für  crater  —  cratera  nach  Declin.  L*®;  Salamina 
für  Salamis^'' ;  Elevsina  für  Elensis;  Ancona  ü\r  Ancon;  poematorum  nach  Decl. 
II.  neben  poematnm,  aber  nur  pocmatis,  nie  poematibus ;  Piraeeum  für  Piracea; 
Ensehen  als  Accus,  für  Eusehe,  nach  ivosdrj  und  PMloromap.um  für  Philoro- 
maeon^^ ;  die  Wörter  auf  agxyc  meistens  auf  archus  nach  Decl.  IL,  selten  auf 
CS,  z.  B.  navarchiis,  c/i/mnasiarchus,  phylarchtis,  polemarchns  u.  a.  Vgl.  darüber 
auch  oben  §.  25.  30  —  32. 

189.  Wenn  nun  aber  Cicero  oft  nicht  wusste,  wie  er  wissenschaftliche  Kunst- 
wörter einfach  und  treffend  übersetzen  sollte,  und,  wenn  er  es  versuchte,  den- 
noch die  griechischen  Wörter  dabei  bemerkte,  sie  aber  lieber  unbedenklich  in 
seine  Sprache  aufnahm,  —  warum  wollten  wir  Bedenken  tragen,  solche  Kunst- 
wörter und  Namen,  was  sie  auch  betreffen  mögen,  aufzunehmen,  wenn  kein 
kurzes,  deutliches,  sie  treffend  bezeichnendes  lateinisches  Wort  daist?  Gesetzt 
aber,  es  wäre  ein  gutes  lateinisches  Wort  vorhanden,  welches  aber  vielleicht 
nicht  sehr  gebräuchlich  ist,  so  bedarf  es  nur  bei  Anwendung  des  griechischen 
des  entschuldigenden  Zusatzes  vt  t/raeco  verbo  utar,  ut  ita  dicam,  ut  Graeci 
dicunt  u.  dgl. 

190.  Wer  aber  die  griechischen  Namen  der  Götter,  für  welche  die  Lateiner 
eigene  besondere  Namen  hatten,  die  sie  für  jene  überall,  nicht  allein  in  Prosa, 
sondern  sogar  in  ihren  Gedichten  brauchten,  indem  sie  die  griechischen  <lurch- 
aus  unbenutzt  liessen,  in  seiner  Prosa  brauchen  wollte,  der  würde  dem  latei- 
nischen Sprachgebrauche  ganz  zuwider  reden  und  schreiben.  Man  sage  nicht 
Zeus  für  Juppiter,  nicht  Hera  für  Juno,  nicht  Ares  für  Mars,  nicht  Hermes 
für  Mercurius,  nicht  Athene,  Aphrodite,  Demeter,  Selene,  Hestia,  Hephaeslus, 
Poseidon,  Helius,  Charites,  Dioscuri  u.  s.  w.,  an  deren  Statt  die  lateinischen 
Namen  treten  müssen ,  da  jene  von  keinem  Lateiner  gebraucht  werden. 
Darin  fehlte  daher  oft  J.  Terpstra  in  seiner  Antiquitas  Homerica,  welcher  die 
griech.  Namen  für  die  lateinischen  brauchte,  ohne  sie  im  mindesten  zu  ent- 
schuldigen, und  in  ihrem  Missbrauche  sogar  so  weit  ging,  dass  er  sie  de- 
clinirte,  z.  B.  Zeus,  Gen  Zei ;  Ares,  Gen.  Aretis.  Selbst  in  latein.  Gedichten  ist 
jenes,  wie  dieses,  fehlerhaft,  wie  z.  B.  neulich  Poseidon  für  Neptunus  gesagt 
wurde.  Sogar  die  Namen  Hellas  und  Hellenes  kommen  nirgends  bei  einem  La- 
teiner schlechtweg  für  Graecia,  Graeci  oder  Graji  vor,  wiewohl  beide  heutzu- 
tage  oft  angewandt  werden. 

191.  So  wird  denn  nach  dem  bisher  Gesagten  für  unser  Lateinisch- 
schreiben Foli^endes  die   allgemeine  Vorschrift  sein  : 

„Meide  Alles,  was  gegen  den  Usus  der  bessern  Lateiner  ist;  meide 


26.  Vgl.  Zumpt  z.  Cic.  Vcrr.  IV,  59. 

27.  Vgl.  Klotz  z.  Cic.  Tusc.  I,  46,  10,  wo   der   Accus.    Salaminam   für   den 
griech.  Accus.  Salamina  aus  Handschr.  hergestellt  ist. 

28.  Vgl.  Cic.  Farn.  XV,  2,  3.  Beide  Adjectiva  waren  ehrende  Beiwörter  des 
Asiatischen  Königs  Ariobarzanes. 


93 

„  alles  Seltene ;  tvähle  die  besten  und  richtigsten  Wörter,  auch  aus  der 
„  nnchkhissischeii  hniinität ;  meide  alles  G riechischartige  und  Poetische, 
„verbinde  aber  t/iit  der  Reinheit  der  Rede  in  Formen  und  Wörtern 
„vor  Allem  die  acht  lateinische  Form  in  Stellung  der  Wörter  und 
„  Verbindung  der  Sätze,  damit  Form  und  Einkleidung  acht  römisch 
„sei.  Seltene  Wörter  und  seltene  Constructionen  sind  immer  Abnor- 
„7nitäten,  welche  wir  beim  Schreiben  mehr  vermeiden,  als  nachahmen 
„  müssen.'-" 

*)  Sehr  wahr  sagt  EichstäcW^^,  der  Erste  unter  den  Neulateinern  unserer 
Zeit:  Sinffula  verba  non  fachmt  artißcem  scribendi,  sed  verborum  cotnpositio,  ora- 
tionis  setitentüs  congruae  /tabitus  colorque  Romanus  —  und  setzt  bescheiden  von 
sich  hinzu :  ISos  quidem,  si  projiteri  hoc  liceat ,  non  pudeat  in  scribendo  par- 
spicultatis  majorem  quam  eleyantiae  rationem  habere ,  ita  ut  saepcnumero  hand 
inscii  committamus,  qiiae  carpendi  reprehendendupte  copiam  faciant  iis,  qui  Ci- 
ccronianum  morem  et  sectam  instaurare  cupiunt  et  in  oratione  latina  non  nisi 
singula  verba  aucupantur.  —  Wie  vorklassische  und  selbst  spatere  Wörter,  wenn 
sie  uns  passender  als  klassische  dünken,  anzuwenden  seien,  ist  oben  erwähnt 
worden,  nemlich  so,  dass  man  sie  durch  einen  Zusatz  entschuldigt,  wie  ut 
Plautiiio,  Enniano,  Terentiano,  Catoniano,  Sallustia>w,  Tacitino,  Gelliano,  Senecae 

verbo  utar,  was  Muretus  mehrmals  vorsichtig  thut;  z.  B.sub/esta  est,  ut  P/au- 

tus  loquitur,  ßdes ;  a  cordatis,  ut  Ennii  verbo  utar ;  qui  talibus,  ut  Plautino  verbo 
utar,  dcliramentis  infatuati  sunt.  Von  seltenen  Wörtern,  selbst  der  klassisclien 
Zeit,  bemerkt  aber  Ruhnkcn  (zu  Mureti  Opera  T.  I,  p.  .^'iO) :  Sed  semel  aut 
rarissimc  dictis  abstinere  prudeiitius  est,  quod  saepe  accidit,  ut  talia  melioribus 
libris  inspectis  vitiosa  reperiantur.  Anders  dagegen  dachte  Manutius,  der  zu  Cic. 
Farn.  X,  33  bemerkt:  »SV  quae  semel  tantum  dicta  nobis  occurrunt,  ea  mutare 
tanquam  corrupta,  et  usitata  resiituere  conabimur,  latinam  linguam,  quae  paucis 
omnino  libris  conservata  vix  ad  aetatem  nostram  pervejiit,  majorem  ad  inopiam 
redigemus  maleque  merebimur  de  studiis  litterarum.  Und  er  hat  wohl  Reclit. 
Für  wie  manches  bei  Cicero  nur  einmal  vorkommende  und  vielleiciit  auch 
nachher  niclit  mehr  gebrauchte  Wort  genügt  das  einmalige  Vorkommen,  wenn 
der  Begrift',  den  das  W^ort  bezeichnet,  nur  selten  ist.  Wie  kann  man  auch  er- 
warten, dass  in  den  Schriften  Cicero's  und  der  übrigen  Klassiker  Alles  vor- 
komme, was  damals  in  allgemeinem  Gebrauche  war?  iJedenkt  man  nun  auch 
zugleich,  dass  wir  vielleicht  aus  der  klassischen  Zeit  nur  die  Hälfte  des  da- 
maligen Sprachschatzes  übrig  haben,  und  dass  vielleicht  ein  grosser  Theil  des 
uns  Fehlenden  in  nachklassischen  und  spätem  Schriftstellern  sich  erhalten  hat, 
so  muss  man  wohl,  um  der  Rede  ein  noch  grösseres  und  freieres  Feld  in  der 
Wahl  der  Wörter  zu  eröflhen,  mit  Muretus  und  andern,  um  einzelne  Wörter 
weniger  ängstlichen  Gelehrten  allen  wohlklingenden,  analogisch  gebildeten  und 
otVenbar  guten  und  passenden  Wörtern  der  altern  und  der  spätem  Zeit  den 
Zutritt  einräumen.  Wie  manches  Wort  würden  wir  für  unklassisch  erklären, 
wenn  die  einzige  Stelle,  durch  die  es  klassische  Auctorität  erhält,  verloren 
wäre!  Solche  nur  einmal  in  den  Klassikern  vorkommende  Wörter  gibt  es  aber 
mehrere,  welche  dagegen  später  alltäglich  sind.  Zudem  ist  der  Vorrath  klassi- 
scher Wörter  durch  die  neu  aufgefundenen  Fragmente  von  Cicero's  Republik 
und  einigen  Reden  wieder  gewachsen,  welche  bisher  nur  nachklassische  Auc- 
torität hatten  ^^ ;  und  so  ist  mit  der  Zeit  vielleicht  noch  mehr  zu  erwarten. 
Dagegen  vermeide  man  alle  nur  poetische  Wörter  und  griechischartige  Wörter- 


29.  In  seiner   Deprecatio  latinitatis  academicae. 

30.  Für  Cicero's  Sprache  sind  dadurch  jetzt  neu  gewonnen  z.  B.  conven- 
titium  (ein  Subst.),  decessor  (der  Amtsvorg'dnger),  demutatio,  dissaepire,  excur- 
sare  (aber  noch  zweifelhaft),  famulari,  incommutabilis,  intermenstrmis,  mitra, 
oratrix,  Perses,  potentatns ,  proterritus,  perßare,  resticula,  subrogare  (dreimal), 
viculus,  villicare  —  und  vielleicht  noch  andere.  —  Die  meisten  bei  Cicero  sel- 
tenen oder  imr  einmal  vorkommenden  Wörter  hat  Ellendt  in  Explicatt.  Cic.  de 
orat.  p.  211  gesammelt,  und  vor  ihm  schon  mehrere  Olivet  z.  Cic.  Fat.  5,  p.  582 
in  Moser's  Ausg.  Beide  haben  den  Gegenstand  noch  nicht  erschöpft. 


94 

Verbindungen,  zumal  wenn  sie  der  bessern  Prosa  ganz  fremd  sind;  ebenso  alle 
unnötliige  spätere,  barbarische  und  neue  Wörter  und  Iledensarten,  zu  welchen 
vor  Allem  für  jede  neuere  Sprache  ihre  Idiomen  oder  Eigenheiten  gehören,  für 
uns  Deutsehe  alle  erweisliche  Germanismen".  Vgl.  Weisse  de  stylo  lat.  p.  222 
und  Hand's  Lehrb.  p.  154. 
192.  Nichts  aber  schleicht  sich  leiciitcr  in  die  Rede  ein,  als  die  Eigenheiten  der 

Muttersprache  eines  jeden  Schreibenden,  weil  Jeder  in  ihr  zu  denken  und  nach 
dieser  Denkweise  zu  reden  und  zu  schreiben  gewöhnt  ist.  Daher  die  wahre 
Vorschrift  der  lateinischen  Stylisten:  Denke  das  zu  Schreibende  lateinisch!  Man 
lernt  aber  lateinisch  denken,  nur  durch  vieles  Lesen  und  genaue,  lang  fortge- 
setzte Vergleichung  seiner  Muttersprache  mit  der  lateinischen.  Aber  darin  ler- 
nen wir  Fremdlinge  nie  aus.  Die  Wahrheit  des  Gesagten  erfährt  man  z.  B., 
wenn  man  acht  lateinische  Sätze  gut  deutsch  übersetzen  will ,  weil  dann  die 
eine  Sprache  der  andern  nur  zu  oft  widerstrebt;  und  so  begegnet  uns  dies  im 
entgegengesetzten  Falle  noch  leichter  und  öfter,  wenn  wir  acht  Deutsches  la- 
teinisch wiedergeben  wollen.  Zum  Beweise  nur  einige  Beispiele:  Die  Entschul- 
diyunf)  Idsst  sich  hören,  lasse  ich  gelten  heisst  accipio  excusationem ;  in  einem 
Stücke  sind  wir  besser  daran,  als  du,  vno  te  vincimus;  ziveifle  doch  ja  nicht, 
cave  dithites ;  der  Himmel  erhalte  dich,  Deus  te  servet;  ich  verlor  ihn  zur  Un- 
zeit, evm  alieno  tempore  amisi;  es  ist  doch  verdammt,  dass — facinus  indignum ; 
o  herrlich!  o  factum  bene !  —  o  traurig,  ach  schlinnn!  o  factum  jnale!  —  der 
Sieger  ist  die  Mdssigung  selbst,  victore  nihil  est  moderatius ;  er  thut,  als  zürne 
er,  simulat  irasci;  er  thut,  als  zürne  er  nicht,  dissimulat  irasci;  er  that  dieses 
in  der  Eigenschaft  eines  Consuls,  hoc  fecit  consiil ;  einen  Tag  um  den  andern, 
atternis  diebus ;  Scherz  bei  Seite,  extra  jocum,  remoto  joco  ;  er  stellt  es  mir  frei, 
integrum  (integrum  rein)  mihi  relinqiiit;  es  steht  mir  frei,  mihi  est  integrum; 
hast  du  Eticas  nach  Rom  zu  bestellen]  luim  quid  vis  Romam?  —  es  ist  ganz  voll- 
kommen, omnes  numeros  habet;  nun  (ei!)  fürwahr  das  wäre  schon  (allerbebst), 
wenn  der  das  nicht  wüsste,  hoc  vero  Optimum,  ut  id  iste  nesciat ;  unsre  Anklage 
ist  durch  die  Länge  der  Zeit  vergessen,  accusatio  nostra  in  oblivionem  diuturni- 
tatis  adducta  est.  Wer  findet  hier  bei  Vergleichung  beider  Sprachen  eine  Aehn- 
lichkeit?  Noch  mehr  Verschiedenheit  wird  klar  hervortreten,  wenn  längere  Sätze 
und  Perioden  in  beiden  Sprachen  verglichen  werden;  es  wird  sich  dann  zeigen, 


31.  Vom  heutigen  Latein  bemerkt  Scljorus  (de  ratione  discendae  linguae  lat.) 
sehr  wahr;  Lingua  latina  nunc  dissimillima  est  ei,  qua  olijn  intcgra  incorruptaque 
Romani  sunt  usi,  sed  et  alia  nunc  Itali,  aliaGalli,  alia  Germani,  alia  Angli  loipii 
vidcntur ;  quaeque  enim  gens  et  natio  eam  ad  suam  lingxiam  deßexit  vulgarique 
harbarie  cuntaminavit.  Dies  ist  nur  allzu  wahr  für  Sciiorus  Zeiten,  wo  das  Mönclis- 
latein  berüchtigt  war,  und  wo  man  sogar  bildliche  deutsche  Redensarten  oft 
wörtlich  in  das  Lateinische  übertragen  findet,  die  kein  alter  Lateiner  verstände, 
wenn  er  sie  läse;  z.  ß.  in  die  Pfanne  hauen,  über  Hals  und  Kopf  Knall  und 
Fall,  das  kommt  uns  spanisch  vor,  ei?i  Windbeutel,  ein  Jammerthal,  er  blieb 
stehen,  Einen  bei  der  Nase  herumführen.  Einem  über  den  Hals  kommen,  sich 
einen  guten  Tag  machen,  auf  die  Seite  schaffen,  hinter's  Licht  führen,  Mienen 
schneiden  —  und  so  unzählige  andere,  welche  der  Lateiner  anders  ausdrückt. 
Bei  solchen  hilft  ein  gutes  Wörterbuch  meistens  aus.  —  Zu  den  erweislichen 
Germanismen  gehören  aucii  Wortgebilde,  dergleichen  die  latein.  Sprache  nicht 
kennt,,  z  B.  novantiquus,  philologico-criticus,  historico-criticus,  theologico-philoso- 
phicus,  ja  noch  voller  zusammengesetzte,  z.  B.  historico-philologico-theologicus  u. 
äiiidiclie.  Aber  el)enso  auch,  wenn  gesagt  wird  lex  Caecilio-Didia,  Licinio-Junia, 
Papio-Poppaea,  für  lex  Caecilia  Didia,  Licinia  Junia,  Papia  Poppaea.  \gl  Cic. 
Sest.  64  und  Weber's  Uebungsseh.  p.  479.  —  Wunderlich,  wie  im  Deut- 
schen, wäre  z.  B.  das  Ab-  und  Zuthun,  ab-  et  adjectio,  für  abjectio  et  adjcctio ; 
heraus-  und  zusammenziehen,  ex-  et  contrahere,  für  extrahere  et  contrahere ;  der 
Ab-  und  Zugang,  de-  et  accessio,  für  accessio  et  decessio  —  und  so  alle  ähnliche. 
Nur  selten  linden  sich  auch  Zwitterwörter,  wie  Cic.ero's  Pseudocato  und  Cae.sar's 
Anticato;  aber  unerhört  sind  z.  B.  neograecus,  neolatinus,  neofrancus,  neonatus, 
protoparentes  (die  Stammeltern,  ersten  Menschen),  bigamus,  monoculus  u.  a.;  zu- 
lässig dagegen  sind  sie  als  Kunstwörter. 


95 

wie  walir  es  sei,  dttts  man  lateinisch  denken  lernen  müsse.  Daher  kommt  es 
aber  auch,  dass  so  viele  Jateiiiisclie  Wendung-en  und  Redensarten  selten  in  den 
Neulateinern  vorkommen,  und  manche  fast  verschwunden  zu  sein  scheinen. 

jinhang.   Von  der  Bildung  neuer  Wörter  nach  der  Analogie  schon 

vorhandener. 

Dass  für  neue  Begriffe  und  Sachen  auch  neue  Wörter  zu  bilden  I93, 
seien,  ist  oben  als  ein  notliwendi^es  Bediirfniss  der  Deutlichkeit  der 
Rede  nach  Cicero's  und  Anderer  Vorg^ange  anerkannt  worden,  da  alte 
Wörter  in  ganz  neuer  Bedeutung  unverständlich  sein  würden.  Ob  man 
aber  auch  für  gewöhnliche,  alltägliche  Begriffe,  welche  nichts  Neues 
enthalten,  z.  B.  das  Spielchefi,  Kätzchen.,  Bäumchen  u.  a. ,  wenn  für 
sie  nirgends  in  einem  Alten  Wörter  zu  finden  sind,  sich  selbst  neue 
nach  der  Analogie  anderer  bilden  dürfe,  ist  eine  bestrittene  Frage. 
Für  unerlaubt  und  tadelhaft  halten  es  diejenigen,  welche  den  vor- 
handenen Wörtervorrath  mit  dem  letzten  Lateiner,  Isidorus,  gleich- 
sam für  geschlossen  halten  (wogegen  aber  doch  die  §.  191  gemachte 
Bemerkung  streitet)  —  und  welche  es  daher  nicht  wagen,  über  den  be- 
kannten Wörtervorrath  hinauszugehen.  Dagegen  thaten  dies  Muret, 
Ruhnhen  u.  A.,  und  bildeten  sich  meistens  zum  Scherz,  wie  die  alten 
Komiker,  neue  Wörter  nach  der  Analogie  anderer,  welche  kurz  und 
verständlich  ihren  Sinn  und  ihre  Gedanken  aussprechen  sollten.  Von 
der  Art  sind  unter  andern  Deminutiva,  weiche  die  Alten  ebenso, 
wie  wir,  wo  der  Sinn  Etwas  der  Art  forderte,  besonders  liebten, 
namentlich  gerade  Cicero  '2,  welcher  reich  daran  ist  und  gewiss 
die  meisten  ohne  allen  Vorgang,  wie  es  die  Stimmung  nach  Aktw 
verschiedenen  Beziehungen  dieser  Wörter  forderte,  selbst  gebildet 
hat.  Wie  sollte  aber  auch  diese  Klasse  von  Wörtern,  welche  uner- 
schöpflich ist,  in  den  wenigen  noch  vorhandenen  Resten  schon  er- 
schöpft sein?  Da  dies  nicht  denkbar  ist,  so  scheint  es  mir  wunder- 
lich, jedes  neue,  gut  gebildete  Deminutivum  verwerfen  zu  wollen.  Glei- 
cher Meinung  ist  mit  mir  auch  Reisig  in  seinen  Vorlesung,  p.  153,  und 
untadelhaft  scheinen  mir  Muret's  neugebildete  Deminutiva  concertati- 
inicula,  fortujiulae  (vom  Plur.  fortiinae)  ,  lusiuncula,  eniendntiun- 
cula,  placejitula  u.  a. ,  und  ebenso,  wenn  der  ältere  Burmann  die  ga- 
lanten Franzosen  comptulos  Gallulos,  und  Ruhnken  (Epist.  ad  Dorvill.) 
die  feinen  französischen  Abbes  sehr  treffend  politulos  Gallulos  nannte. 

Eben  so  wenig  darf  es  auch  heutzutage  einem   Gelehrten  verargt  194. 
werden,  wenn  er  sich  für  andere  Fälle  und  Verhältnisse  nach  Plautus, 
Terenz  und  besonders  des  witzigen  Cicero  Manier  im  Schei'z  neue 


32.  Er  braucht  sie  in  mannichfachem  Sinne  und  in  mancherlei  Beziehungen, 
z.  B.  actatula  (das  zarte  Alter),  specula  (von  spes,  nicht,  wie  ein  Reccnsent  meinte, 
sperula),  litterulae  nostrae  (unsre  armen  Studien,  welimüthig),  conciliatricula, 
porticula,  animula,  muliercvla,  ramusculus,  ranunculus,  commentariolum,  versi- 
cnliis,  febricnia,  vomla,  navicula,  oratiuncula,  ßiiolus,  ßliola,  parwlus  iyniculus, 
tjloriula.  anciUula,  aureolus  libellus,  puichellus,  integellus,  servu/us,  leviculus, 
viculus,  lectivncala,  appmdicula,  vindemiola,  simioius,  quaesticu/us,  lucellum,  li- 
matulum  et  politulum  tuuni  Ingenium,  conciuncnla,  amicula,  mendaciuncu/um,  ani- 
cula,  ratiuncula,  forticulus,  acriculus,  dulcicuius,  acutulns,  contortulus,  contra- 
ctiuncula,  conclusiuncvla,  candidulus,  senariolus,  intcrrogatiuncula,  Atticula,  ce- 
nula,  memoriola,  scintillula,  resticuia  —  und  noch  unzählige  andere,  welche  die 
Lexica  angeben. 


96 

Wörter  bildet,  um  deren  Alter  oder  Neuheit  Jeder,  welcher  sie  ver- 
steht, unbekümmert  sein  wird.  So  bihlete  Cicero  spottend  und  sclier- 
zend  die  Wörter  yJppietas,  Lentulitas ;  Antoniasler,  fubninaster  oder 
Fulviaster  (Cic.  Att.  XII,  44,  wo  die  Haudschr.  u.  Ausgg.  verschieden 
lesen)  ,  und  die  Verba  proscripturire,  petüurire,  sullaturire  (Cic.  Att. 
IX,  10,  wo  er  von  Pompejus  spricht). 
195.  Da  man  endlich  einen  Mangel  an  entweder  männlichen  oder  weib- 
lichen Personalbenennungen  auf  or  und  ix  fühlt,  dieser  Mangel  aber 
gewiss  nur  zufällig,  sogar  natürlich  ist,  da  solche  Beziehungen  nur 
selten  sind  und  oft  durch  Umschreibungen  ersetzt  werden,  so  kann 
die  Zahl  der  hierher  gehörigen  klassischen  Wörter  leicht  durch  vor- 
oder  nachklassische  bereichert  werden,  indem  man  zu  den  vorhan- 
denen männlichen  auf  or  die  weiblichen  auf  ix  aus  der  vor-  oder 
nachklassischefi  Zeit  hinzufügt,  und  ebenso  zu  den  weiblichen  auf  ix 
die  fehlenden  männlichen  auf  or  ebendaher  entlehnt;  es  müssten 
denn  die  auf  or  unter  die  Comnmnia  gehören,  wie  auctor,  oder  das 
eine  oder  das  andere  durch  ein  eigenes  Wort  ersetzt  werden.  Daher 
verschmähe  man  nicht  acceptor  und  acceptrix;  accusatrix  neben  acmi- 
sator;  admo7iHrix  neben  admonitor ;  adversator  neben  adversatrix ; 
amatrix  neben  ainator ;  ambulator,  ambulatrix ;  assentatrix  neben 
assentator  —  und  so  noch  viele  andere  aus  den  übrigen  Buchstaben 
des  Alphabets,  wie  calumniatrix  neben  calumniator ;  confectrix  neben 
confector,  wie  effector  und  effectrix ;  consectalor  neben  coiisectatrix. 
Vgl.  über  die  Wörter  auf  ix  J.  Sam.  Meiner s  grammat.  krit.  Handb. 
p.  240,  dessen  Sammlung  aber  sehr  unvollständig  ist. 


Zweite  Abthelliuig. 


i:ig:o!itlielier  Aiiti9>ar1>ariis 

oder  Verzeichniss  unklassischer  Wörter,  Constructionen 
und  Redensarten. 

XJisher  war  im  ersten  Theile  dieses  Buches  vor  einigen,  oft  nicht  196. 
seltenen  Fehlern  gegen  die  Formenlehre  und  Syntax,  welche  man 
Soloecismen  zu  nennen  pflegt,  gewarnt  und  zur  Belehrung  das  Bessere 
beigefügt  worden.  Auch  waren  ferner  in  der  ersten  Abtheilung  des 
zweiten  Theiles  zur  Vorbereitung  auf  das  zunächst  folgende  Ver- 
zeichniss einige  Vorschriften  zur  vorsichtigen  Wahl  lateinischer  Wör- 
ter gegeben,  und  namentlich  war  vor  dem  pedantischen  Gebrauche 
vor  klassischer  und  poetischer,  so  wie  vor  der  unnöthigen  Anwen- 
dung spätlateinischer  Wörter  gewarnt  worden.  Dass  aber  überall  neue 
Wörter,  aus  welcher  nachklassischen  und  spätem  Zeit  sie  sein  mögen, 
welche  für  neue  Begriffe  und  Sachen  gut  gebildet  worden  sind,  eine 
Ausnahme  machen,  und  unbedenklich  gebraucht  werden  können,  war 
dort  ebenfalls  als  natürlich  angenomm.en  worden.  Jetzt  soll  nun  ein- 
zeln in  dem  folgenden  lexikalischen  Verzeichnisse  auf  eine  Anzahl 
Wörter,  Constructionen  und  Redensarten  aufmerksam  gemacht  wer- 
den, welche  sich  in  den  Büchern  der  bessern  Schriftsteller  nicht 
finden,  und  doch  durch  bessere  klassische  zu  ersetzen  sind.  Wie 
weit  aber  dennoch  auch  von  allen  vor  -  und  nachklassischen  und 
spätlateinis(  hen  Wörtern  Gebrauch  zu  machen  sei,  davon  ist  hinläng- 
lich in  den  vorhergehenden  Paragraphen  der  ersten  Abtheilung  ge- 
redet worden. 

Es  soll  aber  in  diesem  Verzeichnisse  nicht  nur  den  alteti  und  197. 
später?i  unnöthigen  Wörtern,  Constructionen  und  Redensarten,  welche 
so  oft  Eingang  in  unsere  Latinität  finden  und  gefunden  haben,  ein 
Damm  gesetzt  werden,  sondern  auch  vielen  neuen  der  mittlem  und 
folgenden  Zeiten  der  nicht  mehr  lebenden  Sprache,  die  sich  in  grosser 
Anzahl  theils  aus  unsrer  deutschen,  theils  aus  den  andern  neuen  Spra- 
chen, theils  von  den  Gelehrten  selbst  geschaffen,  in  die  lateinische  ein- 
geschlichen haben. —  Jedoch  alle  spätere  barbarische  oder  unlateini- 
sche, ihren  neuen  Ursprung  oft  leicht  verrathende  Wörter  aufzuführen, 
halte  ich  für  unnöthig,  theils  weil  ihrer  zu  viele  sind,  theils  weil  sie 
heutzutage  nur  selten  mehr  gebraucht  werden.  Ohnehin  vei-führen  die 

7 


98 

neuern  lateiiiisclien  WÖrlerbiirher '^  \on  Bauer,  Kraft,  JÄinenianny 
Kärcher,  Wüstemann  und  Georges  ]e.{zi  nicht  mehr,  wie  die  frühem, 
oder  doch  nur  selten,  zu  scliiechten  spätlateinischen  und  barbarischen 
Wörtern,  da  sie  fast  nur  die  bessern  klassischen  als  entsprechend  an- 
geben, wog-egen  in  den  altern  von  Hedrich,  Kirsch,  Weissmann,  Baiier, 
Wag7ier,  Carrach,  Scheller  u.  A.  den  altern  Wörtern  ^ar  oft  viel  Fal- 
sches beigemischt  ist.  Auch  habe  ich  fast  alle  nova  novarum  reriim 
üerÄa  übergangen,  womit  Nolten  und  Janus  ihre  Bücher  angefüllt  haben. 
198.  Da  aber  viele  gute  Wörter  nach  den  verschiedenen  Zeiten  der 
Sprache  in  ihrer  syntaktischen  Verbindung  Veränderungen  erlitten 
haben,  so  hielt  ich  es  auch  für  gut,  diese  bemerkbar  zu  machen, 
damit  die  bessere  im  Schreiben  gewählt  würde;  und  da  überhaupt 
hierin  vielfältige  Verschiedenheit,  besonders  bei  der  Verbindung  mit 
Präpositionen,  in  beiden  Sprachen  Statt  findet,  und  der  Schreibende 
sich  oft  in  Verlegenheit  sieht,  zumal  wenn  ihn  sein  lateinisches  Wör- 
terbuch verlässt,  so  glaubte  ich  dieser  Verlegenheit  am  besten  begeg- 
nen zu  können,  wenn  ich  diese  Verbindungen  einzeln  angäbe,  wodurch 
denn  dieses  Buch  zugleich  auch  ein  grammatisches  Lexicon  vertre- 
ten kann.  Es  findet  sich  aber  auch  oft,  dass  manche  lateinische 
Redensart  deutsch-lateinisch  klingt  und  darum  wohl  gar  in  den  Ver- 
dacht eines  Germanismus  gekommen  ist,  wiewohl  sie  acht  lateinisch 
ist  und  gute  Auctorität  für  sich  hat.  Darum  glaubte  ich  auch  diese 
bemerken  und  das  von  Andern  Verworfene  für  tadellos  und  unver- 
werflich erklären  zu  müssen,  so  dass  dadurch  nicht  selten  ein  Pseudo- 
barbarus,  wenn  ich  so  sagen  darf,  neben  dem  Anübarbarus  erscheint; 
und  darin  waren  mir  auch  schon  in  vielen  Joh.  Vorst^^  und  J.  Sam. 
Meiner  ^^  vorangegangen,  deren  Bücher  ich  dabei  benutzt  habe. 


33.  Wiewohl  man  durch  deutsch-lateinische  Wörterbücher,  auch  durch  die 
besten,  durchaus  nicht  lateinisch  denken  lernen  kann,  so  kann  doch  ihr  Nutzen 
nicht  wohl  geläugnet  werden,  so  oft  dies  auch  heutzutage  geschieht,  und  eä 
Einer  dem  Andern  naclispricht,  Sie  bieten  uns  ja,  wenn  sie  gut  gearbeitet  sind, 
da,  wo  uns  das  Gedächtniss  verlässt,  in  der  Verlegenheit  die  für  jeden  Begriff 
und  für  jeden  Ausdruck  eines  Gedankens  passendsten  und  trefl'endsten  Wörter 
und  Redensarten,  welche  ohnehin  nicht  immer  dem  Gedächtnisse  nach  Wunsch 
zu  Gebote  stellen,  und  die  besonders  dem  vielbelesenen  Gelehrten,  welcliem,  wie 
mir  der  selige  C.  Beier  eingestand,  Wörter  aller  Jahrlnuiderte  einfallen,  will- 
kommen sind,  wenn  er  wünscht,  dass  seine  gut  lateinisch  gedachte  Rede  sich 
auch  von  dieser  Seite  auszeichne.  Daher  wäre  wohl  zu  wünschen,  dass  man- 
cher Neulateiner  neben  seinem  lateinischen  Wörterbuche,  welches  Ruhnkcn 
beim  Schreiben  immer  neben  sich  liegen  hatte,  auch  ein  deutsch-lateinisclies  zur 
Hand  hätte,  damit  er  nicht  gemächlich  und  sorglos  alsbald  zu  Papier  brächte, 
was  ihm  so  gerade  in  die  Feder  kommt.  Auch  dann  aber  wird  es  immer 
noch  viel  zu  glätten,  zu  feilen  und  zu  reinigen  geben.  Nur  hüte  man  sich  vor 
den  sogenannten  Phraseoloyieen  (wohin  aber  Ant.  Schori  phrases  nicht  zu 
rechnen  sind),  welche  uns  für  einfache,  gute  Wörter  und  kurze  Phrasen  nur 
zu  oft  lange,  aus  allen  Winkeln  der  Latinitat  zusammengesuchte  Phrasen  dar- 
bieten, die  in  unserra  Latein  nur  zu  viel  Unwesen  angerichtet  haben,  da  man 
sie  irrig  für  schöner  und  einzig  gutes  Latein  ansah  und  die  einfachen,  nack- 
ten, ungekünstelten  Wörter  versciimähtc.  Nur  selten  findet  man  solchen  Flitter- 
staat in  der  guten  alten  Prosa. 

34.  Jo.  Vorstii  de  latinitate  falso  suspecta  deque  latinae  linguae  cum  ger- 
manica convenientia  über.  Lips.  1703.  8. 

35.  Grammatisch-kritisches  Handbuch  für  angehende  Lehrer  in  der  lateinischen 
Spraclie  (ohne  Namen  des  Verf.).  Halle  1796,  dessen  Sammlung  freilich  fast 
nur  aus  Vorst's  Buche  genommen  ist. 


99 

Uebrigens  sind  bei  dem  folgenden  Antibarbarns  ausser  den  oben  199. 
(§,  11)  erwähnten  Büchern  von  Janus,  Nolten  und  Grysar  auch  oft 
einige  der  frühem,  hierher  gehörigen  Bücher  benutzt  worden,  wie 
die  von  CeUarius,  Günther,  Hadrian,  Heiisinger,  Morhof,  Schanis, 
Scioppius,  Vavassor,  Forst  und  Gerh.  J.  P^oss ;  von  Neuern  besonders 
Ruhnkeii  zu  Mureti  Opera,  A.  Matthiae  zu  seinem  Buclie:  Eloquen- 
tiae  latinae  exempla,  Friedemann  und  Zumpt  zu  Ruhnkenii  und  Wytten- 
bachii  Opuscula,  IVebers  Uebungsschule,  Dr.  Dietrich's  Ausgabe  von 
Sintenis  Hüifsbuche  zu  Stylübungen  (Leipz.  1832),  Reinh.  Klot%  in 
seiner  Ausg.  von  Sintenis  Versuclie  einer  prakt.  Anleitung  zu  Cicero's 
Schreibart  (Leipz.  1832)  und  was  ich  sonst  noch  für  meinen  Zweck 
Brauchbares  fand.  Höchst  willkommen  waren  mir  für  die  neue  Bear- 
beitung des  Buches  die  reichhaltigen  Beurtlieilungen  der  beiden  zu- 
letzt genannten  Gelehrten,  der  Hrn.  Dr.  Dietrich  und  Prof.  R.  Klotz, 
sowie  die  der  Herren  Georges,  Rosenheyn,  Moser,  Raschig,  Jacob 
Poppo  und  Anderer,  in  den  verschiedenen  litterarischen  Zeitschriften. 

Zur  Bezeichimng  der  verschiedenen  Zeiten  der  Latinität  der  200. 
Wörter  brauchte  ich  das  Wort  altlateinisch  (A.  L.)  von  denen,  welche 
vor  Cicero's  Zeit,  besonders  von  den  Komikern  Plautus  und  Tere?iz, 
gebraucht  und  manchmal  auch  von  Spätem  aus  Liebhaberei  ohne 
besonderfi  Grund  angewandt  worden  sind;  das  Wort  klassisch  (Kl.) 
von  denen,  welche  in  den  Schriften  der  beideti  Cicero,  Caesar,  Com. 
Nepos,  Livius  und  der  Uebrigen  der  zweiten  Sprachperiode  sich 
linden;  das  Wort  nachklassisch  (N.  Kl.)  von  denen,  welche  die  Schrift- 
steller der  dritten  Periode  bis  zu  den  Antoninen  gebraucht  haben, 
und  von  welchen  diejenigen,  welche  sich  bei  Celsus,  Quintilian  und 
dem  Jüngern  Plinius  finden,  fast  klassischen  Werth  haben  und  fast 
unbedenklich  gebraucht  werden  können,  es  müsste  denn  dies  und 
jenes  von  den  oben  erwähnten  Klassikern  anders  ausgedrückt  oder  bei 
Wörterverbindungen  anders  verbunden  sein.  Mit  dem  Worte  spät- 
lateinisch (Sp.  L.)  benenne  ich  Alles,  was  sich  7ieu  und  nie  vorher 
gebraucht  bei  den  Schriftstellern  nach  den  Antoninen  bis  zum  letz- 
ten, /s/rforMs  (um  600  nach  Chr.),  findet;  und  endlich  alles  Andere, 
noch  Spätere  ist  barbarisch  (B.  L.)  oder  neulateinisch  (N.  L.).  Was 
uur  Dichter  gebraucht  haben,  ist  poetisch  (P.  L.) ,  und  wie  w  eit  davon 
Anwendung  zu  machen  sei,  ist  §.  171  — 175  gezeigt  worden.  Uebri- 
geus  steht  die  Wahl  frei;  aber  jeder  Verständige  wird  —  wie  bereits 
früher  gesagt  —  wohl  überall,  wie  im  Leben,  so  beim  Schreiben  das 
Gold  davaEiseji  und  Blei  vorziehen.  Auch  ist  es  eines  Gelehrten  wür- 
diger, gewissenhaft  und  ängstlich  zu  schreiben,  als  gewissenlos  und 
arbeitsscheu. 

Jene  Bestimmungen  des  Werthes  habe  ich,  um  Raum  zu  erspa-  201. 
ren,  durch  folgende  Abkürzimgszeichen  angegeben; 

A.  L.,  altlateinisch  oder  vorklassisch. 
KL,  klassisch,  aus  der  besten  Zeit. 

N.  KL,  nachklassisch,  theils  aus  bessern,  den  klassischen  fast 
gleichen,  theils  aus  minder  guten  Schriftstellern. 

Sp.  L.,  spätlateinisch,  aus  denen  nach  Hadrian,  fast  ohne  Aucto- 
rität,  und  durchaus  da  verwerflich,  wo  man  sich  mit  Wörtern  aus 
klassischer  und  nachklassischer  Zeit  helfen  kann. 

B.  L.,  barbarisch -lateinisch,  nicht  nur  aus   den  meisten  christ- 

7* 


100 

liehen  und  spätem  hcidnisclien,  sondern   aucli  aus  den  mittelalter- 
lichen und  neuen   Schriftstellern.  Ihm  gleich  ist 

N.  L. ,  neulateinisch,  ohne  alle  Auctorität  eines  nocli  lateinischen 
Schriftstellers,  und  ohne  alle  Nothwendigkeit  aus  Willkiihr  gebildet. 
Bisweilen  dafür  1).  L.,  d.  h.  deutsch -lateinisch,  wenn  nemlich  ein 
Wort  aus  dem  Deutschen  genommen  ist. 

P.  L.,  poetisch -lateinisch,  gehört  nur  der  Dichtersprache  an  und 
wird  von  den  bessern  Prosaisten  vermieden. 

G.L.,  griechisch -lateinisch,  wenn  ein  Wort  aus  dem  Griechi- 
schen genommen  ist. 

Gem.  L.,  geraein  -lateinisch,  aus  der  Sprache  des  gemeinen  Volks, 
wie  sehr  viele  Wörter  bei  den  alten  Komikern  Plautus  und  Terenz, 
und  wahrscheinlich  viele  bei  Vitruv,  Coluraella,  dem  altern  Plinius, 
Palladius,  Frontinus  u.  A.  vorkommen. 

Da  die  Masse  des  im  Allgemeinen  oft  sogenannten  Nachklassi- 
schen zu  gross  und  zu  ungleich  ist,  so  billige  ich  es  nicht,  wenn 
man  auch  das  Spätlateinische  der  vierteyi  Periode  ebenso  benennt, 
wie  das  der  dritteyi,  und  wenn  man  sich  nur  des  Wortes  fiachhlas- 
'  stsch  bedient,  sogar  für  viele  neue,  halb  barbarische  Wörter  und 
Redensarten  der  Kirchenväter  und  ähnlicher  Schriftsteller  jener  spä- 
tem Zeit. 
202.        Im  folgenden  Verzeichnisse  sind  daher  aufgenommen: 

1)  viele  neue  Wörter,  welche  gar  keine  alte  Auctorität,  auch  nicht 
die  späteste  der  noch  lebenden  Sprache  haben,  und  von  Neulatei- 
nern  selbst  erfanden  worden  sind.  Ausgeschlossen  sind  aber  alle 
neue  Kujistwörter  in  Wissenschaften  und  Künsten,  wiewohl  auch  ihrer 
bisweilen  Erwähnung  geschehen  wird; 

2)  klassische  und  sonst  unceriverfliche  Wörter,  wenn  sie  in  der 
spätem  Zeit  oder  im  Neulatein  eine  falsche  neue  Bedeutung  ange- 
nommen haben; 

3)  alle  gute  mustergültige  Wörter  nach  ihrer  verschiedenen  Ver- 
bindung" mit  andern  Wörtern  und  mit  der  dabei  nothwendlgen  Bemer- 
kung und  Auszeichnung  der  bessern,  allein  anwendbaren  Verbindung, 
da  dergleichen  nur  zu  oft  in  den  Wörterbüchern  nicht  bemerkbar 
gemacht  ist; 

4)  altlateinische,  welche  entweder  veraltet,  oder  nur  noch  in  der 
poetischen  oder  spätlateinischen  Sprache  wiederzufinden  sind,  wobei 
denn  bemerkt  ist,  ob  sie  etwa  noch  für  den  jetzigen  Gebrauch  un- 
verwerflich sind.  Endlich 

5)  alle  klassisch  seltne,  wohl  gar  nur  einmal  vorkommende  Wör- 
ter, zumal  wenn  sie  vielleicht  noch  zweifelhaft  oder  durch  spätere 
leicht  zu  ersetzen  sind. 


101 


A.  a. 


A  oder  ah;  a  nie  vor  Vocalen  und  dem  h;  ab  aber  nicht  nur 
vor  Vocalen,  sondern  auch  vor  fast  allen  Consonanten,  so  wie  bei 
den  Bessern  oft  vor  s,  jedoch  nicht  vor  in  und  i\  Selten,  aber  doch 
nicht  zu  verwerfen  ist  ab  vor  t,  wo  aber  kräftiger  abs  gesagt  wurde;  — 
davon  nachher  unter  Abs.  —  Man  sage  nicht  a  Enripide,  a  hospite, 
ab  matre,  ab  vitulo,  für  «ä  Etir.,  ab  hosp.,  a  viatre,  a  vitulo.  Vgl. 
EUeiidt  z.  Cic.Orat.  1,35,  160. —  Selten  und  zu  vermeiden  sind  Ver- 
bindungen, wie:  legati  ab  Alexandro  (Cic. Tusc. V,32, 91);  «Pyrrho 
perfuga  (Cic.  Off.  1, 13) — wovon  oben  §.80  —  82,  indem  gewöhnlich 
durch  ein  Parlicipium  die  Verbindung  gemildert  wird.  —  Richtig  ist 
zwar  esse  ab  aliquo  in  der  liedeut.  von  Jemandeii  herstammen.,  z.  B. 
Cic.  Brut.  16,  62  si  ego  me  a  M,  Tullio  esse  dicerem,  und  in  der 
Bedeut.  %u  Jemandes  Parthei gehören,  Jem.  Anhänger  sein,  z.B.  Cic. 
Oratt.  II,  38, 160  erat  ab  Aristotele,  u.  Tusc.  II,  3,  7  (vgl.  besonders 
Ellendt  z.  Cic.  de  Orat.  T.  II,  p.l74),  oder  vo7i  Etwas  hergenommen 
sein;  aber  iV.  2/.  ist  es,  um  anzugeben,  tvessen  Werk  Etwas  ist,  wer 
der  Urheber  sei,  z.  B.  hi  versus  sunt  (non  sunt)  ab  Homero,  a  Vir- 
gilio,  a  Sophocle,  für  Homeri,  Virgilii,  Sophoclis ;  haec  oratio  (non) 
est  a  Cicerone,  f.  Ciceronis.  So  Cic.  Fam.IX,  16,  4  hie  versus  Plaiiti 
(vom  Plautus)  non  est.  Id.  Att.  1, 19, 10  illas  historias  proljabat  Ro- 
mani  hominis  (von  einem  Römer)  esse.  Eben  so  N.  L.  exstare  ab  ali- 
quo, von  Jemanden  da  - ,  vorhanden  sein,  z.  B.  a  Demade  nulla  exstant 
scripta,  vom  J).  sind  Iceine  Sehr,  vorhanden,  für  Demadis.  Vgl.  Cic. 
Brut.  9, 36.  Off.  II,  14.  —  N.  L.  ist  ferner  esse,7iasci,gigniu.s.w.  ab 
aliquo  (aliqua),  von  Jemanden  geboren  werden.  Jemandes  Kind  sein, 
für  esse,  nasci,  gignies  aliquo  {ex  aliqua).  Vgl. Cic.  Verr. III,  69, 161 
erateorinerti  —  parente  gnavus  —  filius,  nicht  ab  inerti;  Id.  Caec.  4,11 
habebat  e  (nicht  «)  Caesennia  filium.  Terent.  Andr.  I,  3,  11  gravida 
est  e  Pamphilo  —  und  weiter  unten  Nasci,  Gigni  \i.  a.  —  TV.  Z>  ist  der 
Gebrauch  der  Praeposition  a  bei  Angabe  einer  Zeit,  wenn  dadurch 
nicht  ausgedrückt  wird  voti  da  an  bis  wohin ;  man  sage  dann  nicht 
a  quo  tempore,  von  tvelcher  Zeit  an,  von  wann  an,  für  ex  quo  tem- 
pore, quam  dudum ;  nicht  a  longo  tempore,  von  langet  Zeit  her., 
für  jampridem,  pridem,  jam  diu,  diu  est  mit  folg.  cttm,  oder  besser 
ohne  es^  mit  dem  folgenden  Verbo  verbunden;  nicht  a  multis,  tri- 
bus  — annis  u.  s.  w. ,  von  oder  seit  vielen,  drei — Jahren,  für  multi, 
tres  —  anni  sunt,  cum  oder  abhinc  multos  (multis)  annos  (amiis). 
Vgl.  Vavassor  Antib.  p.467.  Man  sage  nicht:  ille  jara  a  triginta  annis 
mihi  est  amicissimus,  für  jam  triginta  anni  sunt,  cum  ille  mihi — , 
er  ist  schon  seit  30  /.  mein  bester  Fr.,  oder  jam  abhinc  triginta  annos 
(annis)  ille  mihi  est  am.  —  Zweideutig  ist  a  bei  einem  Passivo,  wenn 
das  active  Verbum  schon  mit  a  verbunden  wird,  z.  B.  defendere  ali- 
quem  ab  aliquo,  Jem.  gegen  Einen  vertheidigen.  ^^\.  darüber  oben 
§.150. —  N.  L.  ist  convalescere  a  morbo,  uneder  genesen  von  einer 
Krankheit,  für  ej;  morbo;  redire,  reverti,  venire  ab  itinere,  von  einer 
Reise,  für  ex  itinere.  —  P.  u.  Sp.  L.  ist  abusque  mit  einem  Abi. ,  für 
vsque  ab,  z.  B.  abusque  Oceano,  für  usque  ab  Oceario,  wie  Cic.  Sext. 
58, 124  usque  a  Capitolio,  u.  Cluent.  68, 192  u^que  a  mari  supero. — 
Ueberhaupt  sind  B.  L.  Verbindungen  wie  ab  extra,  von  aussen,  ^ur 


102 

extrinsecus ;  ab  intra,  von  inrien,  für  mtnnserns ;  ab  invicem,  von  einan- 
der, f.  i?iter  se.  Ueber  den  Gebrauch  der  Praepos.  a  bei  Verben,  die 
sie  nicht  fordern,  um  die  Quelle,  woher  Etwas  kommt,  anzuzeigen, 
vgl.  Elleudt  Cic.  Orat.  T.  11,  p.  40. 

*)  Ueber  a  zur  Bezeiclinung  des  von  bei  Adeligen  vgl.  die  neuern  latein. 
Lexica;  unter  den  altern  Bernhold' s  lat.  W.  Th.  II,  p.  93,  ferner  Anton' s  Progr. 
p;  78.  Zimipt's  Aufg,  S.  71,  Nr.  1,  und  besonders  Teipel  in  den  Leipz.  Jahrb. 
1838.  XXIV,  2,  p.  219.  220.  —  Ueber  salutare  aliquem  ab  aliquo  s.  Salutare, 
und  über  ab  antiqno,  von  Alters  her  s.  Antiqinnn. 

Abalienare,  N.  L.  aliquem  alicui,  Einen  Einem  abgeneigt  machen, 
entfremden,  für  aliquem  ab  aliquo  oder  seltner  aliquo.  Daher  abalie^ 
iiatus  a  nie,  nicht  mihi. 

Abblandiri,  liebkosen,  Schmeicheleien  sagen,  N.  L.  f.  blandiri. 

Abbreviare ,  abhilrzeji,  Sp.  L.  u.  selten,  für  per  notas  scribere, 
wenn  ein  Wort  fast  nur  durch  einen  Buchstaben  geschrieben  wird, 
z.  B.  S.  V.  B.  E. ,  d.  h.  si  vales,  bene  est;  a.  d.  im  Kalender,  für  ante 
diem;  oder  verborum  compendia  facere,  wenn  ein  längeres  Wort  in 
ein  kürzeres  verwandelt  wird,  z.  B.  Jctus  für  juris  consultus.  Das 
erstere  einfache  Zeichen  oder  die  Abbreviatur  heisst  nota,  die  an- 
dere Abkürzung  compendium.  Vgl.  Weber's  Ueb.  p.  256.  —  Ablcürzen 
von  der  Rede,  d.  h.  ins  Kurze  ziehen  heisst  contrahere,  in  angustum 
cogere  oder  deducere,  incidere  sermonem;  N.  Kl.  bei  Quiiitilian  bre- 
viare.  Ein  Wort  durch  Auslassung  eines  Vocals,  oder  eine  Sylbe  im 
Sprechen  abkürzen  heisst  imminuere.  Cic.  Orat.  47;  z.  B.  audisse, 
für  audiisse,  audivisse.  —  So  wie  abbreviare  sind  auch  alle  übrige 
abgeleitete  Wörter  abbreviatio,  abbreviatura  u.  a.  Sp.  L.  oder  N.  L. 

Abdere  se  oder  aliquem  wird  Kl.  meistens  mit  in  und  d.  Accus. 
verbunden,  171  aliquem  locum,  nicht  ?>;  aliquo  loco,  verbergen  in  oder 
an  einen  Ort,  z.  B.  in  terram  (Cic.  Divin.  11,  23,  51),  in  intimam 
Macedoniam  (Cic.  Farn.  XllI,  29, 4)  ,  in  contrariam  partem  terrarum 
(Cic.  Muren.  41,89)  u.  a.,  Arpinum,  zu  Arpimim  (Cic.  Att.  IX,  6,  1), 
in  occulhwi  (Caes.  B.  G.  VlI,  30)  ,  rus,  auf  dem  Lande  (Terent.  Hec. 
I.  2, 100).  Daher  auch  domum,  zu  Hause,  in  seinem  H.,  nicht  dotni; 
quo,  wo,  nicht  i/bi;  quoctimque,  wo  nur.,  nicht  ubicumque ;  eo,  dort, 
nicht  ibi ;  aliquo,  irgendwo,  nicht  alicubi,  und  so  in  ähnlichen.  Sel- 
ten nur  ifi  aliquo  loco,  z.  B.  in  insidiis  abdiderat  (Liv.  XXXI,  36), 
wenn  es  nicht  insidias  heissen  muss.  Jedoch  in  der  bildlichen  Re- 
densart sich  in  die  JVissenschaften  vertiefen  sagt  Cicero  theils:  se 
totum  ijt  litteras  abdere  (Cic.  Fam.  Vll,  33)  ,  theils  se  litteris  abdere 
(Cic.  Arch.  6,  12),  was  wohl  der  Ablativ  ist.  Natürlich  ist  auch  in 
mit  dem  Abi.  beim  Partie,  abditus^  versteckt,  weil  die  Handlung  des 
Verbergens  schon  beendigt  ist,  z.  B,  in  tectis  silvestribus  abditos 
(Cic.  Inv.  1,  2),  abditi  in  tabernaculis  (Caes.  B.  G.  I,  39),  wiewohl 
auch  da  bisweilen  mit  dem  Accusativ,  z.  B.  iisque  —  in  silvam  Ar- 
duennam  abditis  (Caes.  B.  G.  V,  3)  und :  Amphiarae  sub  terram  (nicht 
sub  terra)  abdite  (Cic.  Tusc.  II,  25,  60). 

Abdicare  wird  KL  nur  verbunden  se  aliqua  re,  sich  von  Etwas  los- 
sagen. Etwas  aufgeben,  niederlegen,  z.  B.  magislratu,  munere,  ein  Amt; 
dictatura,  die  D.;  consulatu,  das  C;  tutela,  die  Vormundschaft  u.  dgl. 
Bei  den  Historikern  seit  Saunst  auch  abd.  aliquid.  Etwas  niederlegen, 
und  N.  Kl.  auch  von  3Ienschen  abd.  aliquem,  sich  von  Einem  los- 


103 

sagen,  ihn  Verstössen,  z.  B.  patrem,  ßlium,  liberos.  N.  L.  ist  ahdtcare 
oder  se  abdicare  ab  aliqua  re,  z.  B.  a  munere  abdicavi  oder  me  ab- 
dicav?',  ich  habe  das  ^nt  7iiedergelegt.  N.  L.  ist  senatores  abdicati 
sunt,  sie  sind  abgedarikt,  abgesetzt  ivorden;  curae  sunt  abdicatae,  die 
Sorge?i  sind  aufgegeben  worden,  wie  3Iuret.  Oper.  T.  I,  p.  279  sagt. 
N.  L.  ohne  Auctorität  ist  aliquid  a  se  abdicare.  Etwas  von  sich  ent- 
Jernen,  sich  ?nit  Etwas  tiicht  beschäftige?!,  wie  Miiret.  Oper.  T.  I, 
p.  261  ed.  Frotsch.  sagt;  cum  a  te  oinne  aliud  scriptorum  genus  ab- 
dicasses,  wo  Matthiae  richtig-  bemerkt:  insolens  plane  est  locutio. 
N.  L.  auch  im  bildlichen  Sinne  humanitate  se  abdicare,  keine  Huma- 
nität beweise?!  wie  Ruhnk.  Opusc.  I,  p.  86  sagt,  für  humanitateni  exuere 
(Cic.  Att.  XIII,  2.  Ligar.  5,  14),  ho?ni?ie?n  ex  homine  exuere  (Cie. 
Fin.  V,  12,  35) ,  ab  humanitate  desciscere  (Matius  in  Cic.  Farn.  XI, 
28,  4) ,  omnem  humanitatem  repellere  (Cic.  Off.  I,  19,  62)  u.  a. 

Abdicatio,  die  Niederlegung,  Lossagzmg  von  Etwas  —  selten,  aber 
bei  Livius  ra.  d.  Genitiv  dictaturae,  also  aliciijus  rei,  nicht  ab  aliqua  re. 

Abdicativus,  vernei?iend,  Sp.  L.,  für  negans. 

Abdicere,  absagen,  absprechen  —  sehr  beschränkt  im  Gebrauche, 
Kl.  nur  ein  heiliges  Wort  von  den  Vögeln,  abdicunt  aliquid,  sie  veruiei- 
gern  Etwas,  willige??  in  Etwas  nicht  ein;  Sp.  L.  bei  den  Juristen  aliquid 
ab  aliquo  abdicere.  Einem  Et?vas  verweiger??,  für  aliq?iid  alicui  de?ie- 
gare.  Freund  liat  in  seinem  Lex.  dem  Livius  das  Wort  zugeschrie- 
ben; doch  braucht  er  es  nicht  so,  sondern  Pomponius  in  den  Pandekten. 

Abdit?is,  versteckt.  Vgl.  Abdere.  Sp.  L.  ist  der  Coraparativ  u. 
Superlativ  für  occultior,  occultissimus. 

Abducere  wird  im  gewöhnlichen  und  bildlichen  Sinne,  abführen, 
abziehen,  nur  P.  L.  und  sonst  fast  nie  mit  blossem  Abi.  ohne  Prae- 
position  verbunden;  gewöhnlich  mit  a,  gleich  mit  avocare  aliquera 
ab  aliqua  re,  z.  B.  ab  omni  reip.  cura  (Cic.  Q.  fr.  III,  5),  ab  omnibus 
molestiis  (Cic.  Fam.  V,  13,  5);  bei  Oertern  meistens  de  oder  ex, 
z.  B.  de  foro  (Liv.  II,  56.  XXIII,  23)  ,  ex  acie  (Cic.  Brut.  62)  ,  e  foro 
(Cic.  Verr.  V,  13,  33) ;  bildlich  auch  de  consiliis  (Cic.  Leg.  agr.  II, 
13). —  In  der  Redensart  Ei??en  abführe??  (in's  Gefängniss)  ist  ducere 
mehr  üblich,  als  abducere.  Vgl.  Mannt,  Cic.  Verr.  II,  12.  Ueberdies 
heisst  nach  oder  in  einen  Ort,  in  aliquem  locum,  und  zu  Etwas,  ad 
aliquid. 

Aberratio  kommt  nirgends,  als  bei  Cicero,  und  da  nur  bildlich 
zweimal  vor  mit  a  dolore  und  a  molestiis  in  der  Bedeut.  E?itfer- 
nung,  Zerstreuung.  N.  L.  bedeutet  es  den  Irrthu?n  in  Etwas,  für  error, 
errutum.  Ebenso    nicht  aberrare  in  der  Bedeut.  irre??,  für  errare. 

Abesse,  e?itfer??t  sei??,  wird  Kl.  verbunden  mit  ab  aliqua  re,  nicht 
ohne  ab.  ausser  etwa  bei  einigen  Ortsbezeichnungen,  z.  B.  do??io, 
foro,  urbe,  ytatiia,  villa,  bei  denen  jedocii  auch  a  vorkommt.  Nicht 
weit  vo??  einem  Orte  aus  heisst  non  lo?ige  ex  aliquo  loco.  Caes.  B. 
G.  V,  21  non  longe  ex  eo  loco  oppidum  abest.  Man  sage  nicht:  pro- 
pius  absum  vero,  veritate,  culpa,  peric?ilo,  molestiis  u.  s.  w.,  für  a 
vero,  a  ve?'it. ,  a  culpa  u.  s.  w.  In  der  Bedeut.  fehlen,  nicht  habe?? 
Kl.  mit  d.  Dativ  alicui,  und  so  auch  in  der  bildl.  Bedeut.  nicht  bei- 
stehen, als  Gegensatz  von  alicui  adesse.  Ueber  den  Unterschied  von 
alic?ii  deesse.  Einem  fehle??.,  s.  Iland's  Lehrb.  p.  239  u.  243.  Reisig'» 
Vorles.  p.  293  u.  EUendt  Cic.  Orat.  T.  II,  p.  38. 


104 

Abesse,  mit  tanivm  verbunden,  so  viel,  so  weit  entfernt  sein,  wird 
fast  nur,  wenn  zwei  Sätze  mit  ut  darauf  folg-en,  neutral  oder  imper- 
sonal g'ebrauclit,  weil  der  erste  Satz  mit  iit  ^ubject  zum  Verbo  ist, 
also  übest,  aherat,  abfuit  u.  s.  w.  nothwendig-  macht,  da  hingegen  der 
zweite  Satz  mit  ut  von  tantum  abhängt.  Ungewöhnlich  schreibt  daher 
Hirtius  B.  Alex.  22  hoc  detriraento  milites  nostri  tantum  abfuerunt^ 
w^  perturbarentur,  ut — ,  wo  man  abfiiii  arwiiviet.  Wenn  dagegen  der 
erste  Satz  mit  zit  durch  die  Praeposition  a  mit  einem  Subst.  ausge- 
drückt ist,  so  wird  abesse  dadurch  personal,  z.  B.  tveit  entfernt,  ihn 
zu  todein,  ziehe  ich  ihn  Andern  vor  heisst  entweder  tantum  abest 
(nicht  absum)  ,  ut  eum  reprehendam,  ut  aliis  etiam  praeferam,  oder 
ta7itum  absmn  ab  ejus  reprehensione.  ut  aliis  eum  etiam  praeferam, 
wo  abest  unlateini^ch  wäre.  Wenn  der  zweite  Satz  mit  ut  negativ 
ist  (dass  sogar  nicht) ,  so  ist  JV.  L.  ut  etiam  non  für  ut  ne  —  quidem, 
weil  etiam  non  nicht  gesagt  wird.  Vgl.  Etiam.  —  Lieber  das  falsche 
potius  (vielmehr)  beim  zweiten  ut  vgl.  Potius.  —  Bei  zwei  Sätzen  mit 
ut  ist  das  neutrale  abest  so  beständig,  dass  sogar  eg'O,  tu,  nos,  vos, 
Uli  als  Personalsubjecte  des  zu  ut  gehöiigen  Verbi  vor  tantum  abest 
vorausgehen  können,  z.  B.  ego  vero  illum  tantum  abest  (nicht  absum)., 
ut  reprehendam,  ut — .  Vgl.  Cic.  Phil.  XI.  14,  36  ego  vero  istos  otii  — 
inimicos  tantum  abest,  ut  ornem,  ut  effici  non  possit  — .  Endlich 
möchte  es  wohl  N.  L.  sein,  für  das  erste  ut  mit  dem  Conjunctiv 
einen  Accusativ  m.  d.  Inf.  zu  setzen,  wie  Drakenb.  (Praef.  Livii 
p.  CIX  ed.  Stuttg.)   thut:  Tantum  abest  id  viro  maximo  vitio  verten- 

dum  esse,  ut .  Ob  aber  auch  lojtge  abesse  mit  darauffolgendem 

?/t,  und  non  longe  abesse  mit  darauf  folgendem  quin  im  bessern 
Gebrauche  ebenso,  wie  tq?itum  abesse,  nur  impersonal  gewesen  sei, 
wird  so  lange  mientschieden  bleiben,  bis  man  in  sichern  Stellen 
absu7n  oder  abes  u.  dgl.  gefunden  hat,  da  es  bei  der  dritten  Per- 
sonalform auch  bei  vorausgehendem  Nominativ  ille  noch  zweifelhaft 
sein  kann,  ob  das  Verbum  abest,  aberat  u.  s.  w.  personal  oder  im- 
personal hinzugesetzt  sei,  wie  es  z.  B.  m  Cic.  Acad.  II,  36,  117  ille 
longissime  aberit,  ut  credat — nach  R.Klotz  noch  nicht  ausgemacht 
ist,  ob  ille  auch  zu  aberit  gedacht  werden  müsse,  wie  es  zu  credat 
gehöre,  und  es  eine  ebenso  in  einander  geschobene  Redeform  sei» 
köiuie,  wie  in  der  oben  erwähnten  Stelle  (Phil.  XI,  14,  36)  zwischen 
ego  —  ut  ornem  —  das  Impersonale  tantum  abest  eingeschoben  ist. 
Man  enthalte  sich  daher  der  ohnehin  seltnen  Phrase  longe  abesse 
mit  ?d  bei  der  ersten  und  zweiten  Person.  Das  damit  verwandte 
prope  esse,  ut  wird  wenigstens  impersonal,  nicht  personal  gebraucht. 
Vgl.  Prope.  —  Die  Phrasen  nihil,  paulum,  haud  multum,  non  multuniy 
haud  procul  abesse  haben  im  Zusätze  nicht  ut  oder  ut  non,  sondern 
q?/in.  N.  L.  aber  ist  non  abesse,  quin,  wie  Lipsius  Tacit.  III,  51  sagt: 
Sidonius  ergo  noji  abest,  quin  falsus  sit — .  und  ebenso  parum  ab- 
esse, quin  für  paullum  abesse,  quin — ,  wovon  unten  wni^r  Parum. 
Sp.  L.  ist  endlich  die  Phrase  absit,  ut,  es  sei  ferne,  dass  —  tnr  velim 
hoc  absit  oder  quod  procul  absit  oder  mit  tantum  abest,  ut.  Vgl. 
Sciopp.  de  stylo  p.  109. 

Abhinc  im  örtlichen  Sinne,  von  hier,  ist  P.  L.  und  dabei  selten 
für  hinc.  Es  wird  nur  von  der  Zeit  gebraucht,  in  der  Bedeut.  von 
jetzt  an,  aber  [uir  in  Bezug  auf  die  Vergangenheit  (unser  j^tzt  vory 


105 

gleich  a?ite) ,  nicht  in  Beziig^  auf  die  Zuhmft,  wo  es  für  post  ste- 
hen würde.  Man  sagt  nicht  abhinc  qnatnor  dies  (diebus)  ad  te 
scribam,  für  post  quatuor  dies.  Falsch  daher  bei  Muret.  Oper.  T.  l, 
p.  26*2  qui  abhinc  centum  annis  scripta  ejus  legent,  für  post  centum 
annos.  Die  Zeit,  um  wie  viel  oder  wann  vor  jetzt  wird  entweder  im 
Accusativ,  welcher  häufiger  ist,  oder  im  Ablativ  beigesetzt,  z.  B. 
quaestor  fuisti  abhinc  annos  quatuordecim  (Cic.  Verr.  I,  12,  34) ,  du 
bist  (nun)  vor  vierzehn  J.  Q.  gewesen,  oder  es  sind  jetzt  vierzehn  J., 
dass  du  Q.  geivesen  bist;  comitia  jam  abhinc  diebus  triginta  facta 
sunt  (ib.  11,  52).  Das  Zahlwort  ist  immer  ein  Cardinale,  nie  ein  Ordi- 
nale, also  nicht  anno  quarto  decitno,  die  tricesimo,  und  daher  schreibt 
gegen  den  Usus  Sadolet  Epist.  III,  2  quarto  decimo  admodum  abhinc 
die;  Muret.  Oper.  T.  I,  p.  186  ut  me  tertio  abhinc  anno  dicere  niemini, 
und  Mannt.  Epist.  1, 15  quintum  abhinc  annum  Roraae  —  ,  in  welchen 
Stellen  auch  noch  das  fehlerhaft  ist,  dass  abhinc  in  die  Zeitbestim- 
mung eingeschoben  ist,  da  es  nie  anders,  als  vor  derselben  steht. 
Darin  irrt  auch  Muret  noch  einigemal,  z.  B.  Oper.  T.  I,  p.  218  annos 
abhinc  amplius  ducentos,  für  abhinc  annos  a.  d.  —  Beides  bemerkt 
auch  Frotscher,  der  noch  bei  den  Worten  (Oper.  T.  I,  p.  214)  ante 
sexcentos  abhinc  annos  erinnert,  dass  ante  nie  bei  abhinc  noch  hin- 
zugesetzt werde.  Ebenso  lässt  der  Usus  den  Zusatz  von  praeteritis, 
esactis  oder  g.ar  elapsis,  praeterlapsis  u.  dgl.  nie  zu,  wie  es  sich  im 
Neulatein  findet.  Vgl.  Vorst.  lat.  raer.  susp.  p.  223.  Auch  passt  abhinc 
nicht,  wenn  die  ganze  Zeit  vorher  von  jetzt  an  verstanden  werden 
soll.  Falsch  ist  daher:  Evolve  omnes  libros,  qui  de  ea  re  abhinc 
viginti  annis  prodierunt,  wenn  dabei  nicht  das  einzelne  zwanzigste 
Jahr  vor  jetzt,  sondern  die  ganze  Reihe  von  20  Jahren  geraeint  ist, 
wo  es  besser  hiesse  proximis  viginti  annis  oder  intra  proximos 
viginti  annos.  Vgl.  Vorst.  1.  c.  p.  163.  Ueber  abhinc  vorzüglich  Handii 
Tursell.  I,  p.  63  sq. 

Abhorrere  hat  besonders  in  bildl.  Bedeut.  fast  nur  a  bei  sich, 
und  so  nur  in  der  bessern  Prosa,  selten  den  Accusativ,  noch  seltner 
einen  Dativ.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  696.  Man  sage  daher  nicht:  Cicero 
huic  sententiae  oder  ha7ic  sententiam  abhorret,  Cic.  ist  dieser  Mei- 
nung abgeneigt,  verwirft  sie,  stimmt  mit  ihr  nicht  überein,  sondern 
ab  hac  sententia. 

Abhorrescere,  Sp.  L.  für  abhorrere. 

Abjecte  passt  nicht  zu  sentire  de  aliqua  re,  verächtlich,  wegwer- 
fend V071  Etwas  denken,  für  cojiiemptim  loqui,  da  die  Gedanken  in 
Worten  ausgedrückt  sind. 

Abjicere.  Gleich  gut  ist  se  alicui  ad  pedes  und  se  ad  alicujus  pedes 
abjicere,  sich  Einem  zu  F.  werfen.  Vgl.  Cic  Att.  VIII,  9, 1  cui  me  ad 
pedes  abjecissem;  ib.  IV,  2,4  se  ad  generi  pedes  abjecit;  id.  Fam. 
IV,  4,  3.  Man  sagt  auch  blos  se  alicui  suppUcem  abjicere.  Cic.  Mil. 
36,  K)0.  Vgl.  Accidere,  Procumbere,  Projicere.  Auf  die  Erde,  auf 
den  Bode?i  werfen  heisst  ad  terram  (Cic.  Verr.  V,  54),  aber  ins  Gras, 
in  herbara.  Von  Etwas  herab,  ex  oder  de  aliqua  re,  z.  B.  e  inuro, 
de  capite. 

Abire  wird  verbunden  mit  a  oder  es  oder  de,  von  oder  aus  Ettvas 
weggehen,  selten  mit  d.  blossen  Abi.,  wie  do7no,  cotnilio,  inogistratu, 
honore,  dictatura  und  ähnlichen,  —  alle  bei  Cicero,  Livius  u.  A.  Aber 


106 

immer  ab  jnre,  vom  Rechte  abgehen;  nfahjilis,  die  Fabeln  übergehen; 
e  vüa,  aus  dem  Leben.  Richtig-  ist  auch  abire,  wo  wir  sagen  abgehen, 
abschtveifen  von  einem  Gegenstände,  z.  B.  non  longius  abibo,  ne  lon- 
gius  abeam ;  und  unser  so  hingehen,  abgehen  bei  einem  Versehen  oder 
Verbrechen  heisst  auch  sie  abire,  z.  B.  hoc  tibi  non  sie  abibit.  Vgl. 
Terent.  Andr,  I,  4.  Cic.  Fin.  V,  3.  Att.  XIV,  1.  Ob  aber  je  bene,  male, 
impune  oder  impiinite  gesagt  wurde,  für  bene,  prospere,  male  cedere, 
ist  nicht  erwiesen.  Gut  ist  es  auch  von  der  Zeit,  z.  B.  annus  abit, 
das  Jahr  vergeht;  von  einer  ansteckenden  Krankheit:  pestilentia  abit 
de  loco.  Cic.  Farn.  XIV,  1.  Ferner,  wie  wir  im  Unwillen  sagen:  Geh' 
deines  Weges!  deiner  Wege!  so  im  Lat.  abi  tuam  viam,  wofür  sonst 
recede  de  medio.  Cic.  Rose.  Am.  38.  —  Ueber  die  Redensart  ad  plures 
abire  für  mori  vgl.  Plures.  N.  L.  ist  wohl  abire  in  proverbium, 
sprüchwörtlich,  zum  Sprüchtvorte  werden,  für  cedere  oder  venire  in 
prov.  Lächerlich  und  JV.  L.  sagt  Görenz:  fios  nobis  non  valde  abi- 
bimus  dissimiles,  wir  zverden  uns  ziemlich  gleich  bleiben. 

Abitio,  das  Weggehen,  A.  L.  Form,  welche  ohne  Ursache  Muret. 
(Epist.  T.  II,  p.  158)  hervorgesucht  hat,  für  die  Kl.  abilus  oder  ge- 
wöhnlicher discessus. 

Abitus  vom  Orte  des  Ausgangs  P.  u.  N.  Kl..,  selten  für  esitus. 
Aber  auch  abitus  in  der  Bed.   Weggehen  selten  für  discessus. 

Abiturire,  abgehen  wollen,  N.  L.  für  abire  cupere,  und  so  abitu- 
rientes  heutzutage  von  Schülern,  welche  die  Schule  verlassen  wol- 
len, für  abire  cupientes,  abitum  oder  discessufii  parantes. 

Abjudicare,  durch  Urtheil  absprechen,  wird  meistens  verbunden 
ab  aliquo  aliquid.  Einem  Etwas,  selten  alicui  aliquid.  Ueberhaupt 
ist  das  Verbum  selten. 

Abjunctio.,  die  Abtrennung,  Entfernurt^,  N.  L. ,  gebraucht  von 
Lipsius  Epist.  Cent.  VI,  50  abjunctio  locorum,  für  intervallum  loco- 
rum,  quo  disjuncti  sumus.  Das  Verbum  abjungere  dagegen  ist  gut, 
wiewohl  höchst  selten,  jedoch  findet  es  sich  bei  Cic.  Att.  II,  1  und 
Caes.  B.  G.  VII,  57  für  das  gewöhnliche  sejungere. 

Ablactare,  von  der  Milch  etitwöhneti  und  ablactatio,  B.  L.  für 
depellere  lade  oder  a  lade. 

Ablatio,  die  Wegnahme,  B.  L.;  es  wird  ausgedrückt  durch  die 
Verba  auferre.,  detrahere,  tollere,  rapere,  eripere,  amovere  u.  a. 

Ablegare,  wegschicke?!,  absondern,  wird  verbunden  ab  aliquo,  ab 
aliqua  re,  nicht  ohne  a,  fast  nur  in  böser  Absicht,  gleich  removere ; 
daher  auch  N.  Kl.  ablegatio  gleich  dem  Kl.  relegatio. 

Abludere  ab  aliquo,  bildlich.  Einem  unähnlich  sein,  P.  L.,  nur  bei 
Iloraz;  es  kann  nur  mit  dem  Zusätze  ut  Horatiano  verbo  utar  ge- 
braucht werden. 

Abnegare,  abschlagen,  vertveigern,  abläugnen,  P.  L.  u.  N.  Rl.  für 
negare,  denegare,  rebusare.  Eidlich  Etwas  abläugnen  heisst  ahjurare 
aliquid,  nicht  cum  juramento  aliq.  abnegare.  Das  Subst.  ahnegatio 
ist  Sp.  L.  und  ebenso  abnegativus,  verneinend,  von  Wörtern,  wie 
non,  haud,  für  privans.  Vgl.  Privativus. 

Abnodare,  die  Nacht  auswärts  zubringen,  N.  Kl.  bei  Seneca  und 
selten,  für  foris  oder  extra  domuni  pernoctare. 

Abnormis  regellos,  den  Vorschriften  nicht  gemäss,  nur  bei  Horaz 
von  einem  Weisen:  sapiens  abnormis,  für  qui  non  est  ad  alicujus  nor- 


107 

mam  (nach  Cic.  Aniic.  5)   oder  nnUnm  normnm   sequens,  a  norma 
(h'scedens. 

Abohre,  verderben,  vertilgen,  zuerst  bei  Livius,  wo  auch  die  Per- 
fectformen  ohne  einen  Aecusativ  passive  oder  neutrale  Bedeut.  ha- 
ben, wenn  diese  Fälle  nicht  zu  abolescere  gehören;  ausserdem  oft 
N.  KL,  besonders  bei  Tacitus.  Kl.  dafür  delere,  tollere,  dirimere,  ex- 
stinguere.  Für  abolere  legem,  ein  Gesetz  abschaffen,  sage  man  abro- 
gare  oder  tollere  legem.  Die  Form  abolescere,  vergehen,  verschumi- 
den,  ist  ausser  dem  Perf.  nur  P.  L.  und  sehr  selten.  B.  L.  ist 
abolefacere. 

Abominabilis,  verabscheuenstverth ;  abominatio,  die  Verabscheunng ; 
abominamentum ,  der  Gräuel  und  abominosris,  verhäiignissvoll  sind 
alle  Sp.  L. ,  fast  B.  L.  für  detestabilis,  detestandus,  exsecrabilis,  abo- 
minandus  —  detestatio.,  essecratio  —  res  abominanda,  essecranda  — 
ominosus. 

Abominari,  veriimnschen,  hinwegwünschen,  zwar  erst  bei  Livius 
und  nachher  N.  Kl.  beim  Jüngern  Plinius,  Sueton.  u.  Quintil. ,  aber 
nicht  zu  verwerfen,  zumal  wenn  ein  heiliger  Sinn  damit  verbunden 
ist,  besonders  in  der  Formel  qnod  abominorl  das  möge  Gott  ver- 
hüten! sonst  lieber  detestari,  exsecrari,  male  precari,  auch  depre- 
cari,  und  mit  schwächerer  Idee  des  Verabscheuens  aspernari  und 
horrere  (Cic.  Q.  fr.  I,  1,  33),  respuere,  abhorrere.  Vgl.  Hand's  Lehrb. 
p.  142. 

Abripere,  abreissen,  wird  verb.  mit  a,  de,  ex,  seltner  mit  d.  Dativ, 
oder  Abi.,  z.  B.  a  oder  e  complexu,  a  conjuge,  a  liberis,  de  convivio, 
periculo,  littore  oder  liitori. 

Abrogare,  abschaffen,  aufheben,  nur  mit  d.  Accus.,  z.  B.  legem, 
ein  Gesetz,  nicht  m.  d.  Dativ,  legi,  der  nicht  sicher  zu  erweisen  ist; 
wohl  aber  alicui  aliquid.  Einem  Etwas  neh7ne?i,  entziehen,  z.  B.  regi 
imperium  abrogant,  wofür  auch  etwas  verändert  gesagt  wird  impe- 
rium  regis  abr.  Wir  sagen  oft  kurz  Einen  absetzen,  der  Lateiner  nicht 
aliquem  abrogare,  sondern  alicui  munus,  magistratum.  u.  a.  abrogare. 
Uebrigens  heisst  legem  abrog..,  ein  schon  bestehendes  Gesetz  durch 
ein  neues  abschaffen,  aber  legem  antiquare,  ein  in  Vorschlag  ge- 
brachtes verwerfen  und  das  alte  beibehalten. 

Ahrumpere,  abbrechen,  ohne  einen  Aecusativ,  z.  B.  sermonem,  ist 
N.  L. ;  z.  B.  haec  locutus  abrupit,  bei  (nach)  diesen  Worten  brach  er 
ah,  hörte  er  auf  zu  sprechen,  für  desiit,  institit  (Cic.  Orat.  66,  221). 
Es  kommt  zwar  Kl.  nirgends  vor  sermonem  abrumpere,  die  Rede 
oder  in  der  Rede  abbrechen,  aber  theils  sagt  Virg.:  bis  dictis  medium 
sermonem  abrumpit,  theils  nachher  Sueton.  Tiber.  21  Augustus  non- 
numquam  hilariores  sermones  —  abrupit;  Tacit.  A.  IV,  60  inceptura 
sermonem  abrtipit^  und  Quintil.  IV,  3,  13  abrupto  sermone,  quem  in- 
choaverat  — ,  so  dass  es  zulässig  und  nicht  verwerflich  ist  neben 
loqui  desinere  und  insistere;  nur  nicht  in  sermone  abrumpere.  Uebri- 
gens sagt  auch  Plin.  Ep.  II,  14,  10  in  Beziehung  auf  Worte:  repetiit, 
quod  abruperat.  Etwas  Aehnliches  bezeichnen  abscindere  (Auct. 
Herenn.  IV,  17),  incidere  (Cic.  Phil. II,  19)  und  praecidere  (Auct.IIer. 
IV,  30  u.  54).  —  N.  L.  ist  abrumpere  pontem,  eine  Brüche  abbrechen, 
für  rumpere,  interrumpere  u.  a. ;  vgl.  Pons',  abr.  ramum.  folium  u.  a., 
f.  avellere,  defringere.  Ebenso  JV.  L.  ex  abrupto  in  der  Bedeut.  unver- 


108 

Sehens,  nnvermuthet ,  für  improviso,  ex  oder  de  improviso,  inopinato, 
necopinato. 

Abs  bei  allen  Bessern  nur  vor  c,  q  und  t,  nicht  vor  den  übrigen 
Consonanten,  wiewohl  auch  a  vor  jenen  richtig:  und  meistens  wolil- 
kiingender  ist,  z.  B,  a  te  neben  abs  te.  Man  sage  aber  nicht  abs  bove 
f.  o  bove;  abs  deo  f.  a  deo;  abs  me  f.  a  me ;  abs  fiobt's  f.  a  nobis; 
abs  re  f.  a  re.  Vgl.  Handii  Tursell.  I,  p.  6. 

Abscedere,  abgehen,  weggehen^  wird  verbunden  mit  a  und  e,  z.  B. 
a  curia,  e  foro,  e  conspectu,  u.  bildlich,  abstehen,  auch  blos  mit  dem 
Abi.,  z.  B.  incepto,  von  seinefji  Forhaben.  Uebrigens  ist  es  selten  für 
abi're,  discedere.  Eben  so  selten  sind  die  Stubst,  abscessio  und  absces- 
stis,  das  Weggehen,  die  Entfernung  für  discessio  und  discessus ;  jene 
beiden  nur  einmal  bei  Cicero,  abscessio  im  Gegensatz  zu  dem  dabei 
stehenden  accessio  und  ebenso  abscessus  im  Gegensatz  zu  dem  dabei 
stehenden  appulsus.  Man  vermeide  sie,  ausser  in  ähnlichen  Fällen, 
wie  dies  in  allen  Sprachen  ist.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  186. 

Abscidere,  absch?ieidefi,  abhauen,  und  abscifidere,  abreissen  —  beide 
gut;  aber  Ä\  L.  in  Verbindung  mit  frumentinn,  commeatwn  alicuiy 
Einem  die  Zufuhr  abschneiden  für  intercludere  aliquem  frumento, 
commeatu. 

Abscondere  hat  im  Perf.  besser  ahscondi  für  d.  A.  L.  u.  P.  Form 
abscondidi.  Es  wird  verbunden  mit  in  und  dem  Acc.  oder  Abi.,  P.  nur 
mit  dem  Abi.,  sonst  sehr  selten  in  Prosa,  mehr  N.  KL;  nie  bei  Caesar, 
nur  einmal  bei  Cic.  (Rose.  Am.  41,  121)  zur  Abwechselung  mit  dem 
vorausgehenden  occidtare.  Oefter  aber  kommt  abscoiiditus  und  das  Ad  v. 
absco?tdite  vor.  Man  brauche  aber  für  se  absco?idere,  welches  sich 
JV.  Kl.  bei  Seneca  findet,  lieber  se  abdere  und  se  occidtare.,  und  für 
se  abscondisse,  sich  verborge?i  habe?/,  die  Verba  latere  und  delitescere. 
N.  L.  ist  die  Redensart  hoc  oculis  nieis  oder  ab  oculis  nieis  abscon- 
dil?im  est,  nach  dem  Deutschen  dieses  ist  ineinen  Augen,  vor  meinen 
Allgen  verborgen,  für  hoc  me  fugit,  fallit.,  praeterit,  mihi  est  in- 
cognitum  u.  a. 

Absconsio,  das   Verbergen,  N.  L.  für  occultntio. 
Absecare,  abschneiden ,  JV.  L.  f.  abscidere,  ahscindere,  sejungere, 
draecidere,  desecare  (aures, Caes.  \l,4),decidere  (aures,  Liv.  XXIX,  18), 
amputore  (membrum,  Cic.  OflP.  III,  6, 32)  u.  a.  Zweifelhaft  ist  absectus, 
abgeschnitten,  nur  einmal  bei  einem  späten  Juristen. 

Absentare,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  Sp.  L.  f.  amovere,  aman- 
dare,  ablegare,  abesse,  absentem  esse. 

Absenfia,  die  Abwesenheit,  zwar  Ä7. ,  werde  aber  nicht  überall 
angewandt,  wo  wir  unser  Subst.  anwenden.  Man  sage  z.  B.  nicht  in 
absentin  mea,  in  meiner  Abwesenheit,  wo  vielmehr  absens  (in  ver- 
schied. Casibus)  gebraucht  wird. 

Absimilis,  unähnlich,  ist  nicht  erst  N.  Kl.  (wie  fast  alle  Lexica 
angeben) ,  sondern  schon  Kl.  bei  Caes.  B.  G.  III,  14  non  absimili 
forma,  aber  mit  non,  wie  auch  in  den  übiigen  Stellen. 

Absistere,  abstehen,  sich  entfernt  halten,  wird  verbunden  ab  aliqua 
re  und  ohne  a,  zwar  nie  bei  Cicero,  aber  bei  Caesar,  Livius  und 
den  Folgenden  oft,  für  desistere. 

Absolvere,  lösen,  frei  machen,  wird  verbunden  mit  und  ohne  a; 


109 

lossprechen  von  einem  Verbrechen  oft  m,  dem  Genitiv,  z.  B.  niaje- 
stutis,  inyariarum  ii.  a.  Vg^l.  Gramm. 

Absolutus.  Das  Wort  ist  ins  Deutsche  übergegangen,  ohne  dass 
es  desswegen  im  Latein,  gut  anzuwenden  ist,  z.  B.  in  d.  Bed.  unum- 
schränkt von  der  Herrschaft,  nicht  absolutum,  sondern  summum 
Imperium,  infinita,  immoderata  potestas  (Liv.  III,  9);  nicht  absoluta 
necessttas,  eine  absolute  JVothwendigkeit,  für  siimnia,  extrema  necess.; 
nicht  Ahlativus  absolutus,  sondern  absolute  positus,  wiewohl  es  als 
Kunstausdruck  in  der  Gramm,  nicht  verwerflich  ist.  Als  Adv.  in  der 
Bed.  geradezu,  ohne  Weiteres^  nicht  absolute,  sondern  prorsus  oder 
simpliciter,  welchem  comparate,  beziehujigswetse  entgegensteht.  Vgl. 
£>.  L.  Lexica.  Die  Superl.  form,  welche  Einige  läugnen,  findet  sich 
auch  bei  Plin.  Ep.  I,  6,  gleich  dem  pe?fectissimus  bei  Cicero. 

Absonus  in  d.  Bed.  nicht  übereinstimmend  verb.  mit  a  oder  dem 
Dat.,  zwar  nicht  bei  Cicero  u.  Caesar,  aber  bei  Livius.  Für  «6so7^e, 
ungereimt,  was  Sp.  L.  ist,  brauche  man  absurde. 

Absorbeo  im  Perf.  in  Prosa  absorbui,  P.  L.  absorpsi. 

Absque,  ohfie,  A.  L.  für  sine.  Mag  auch  Cicero  einmal  (Att.  I, 
19,  1)  absque  argumento  ac  sententia  nach  allen  Handschr.  für  sifte 
arguin.,  vielleicht  mit  Absicht,  geschrieben  haben,  wesswegen  es  dann 
nicht  zu  ändern  ist  (s.  F.  Hase  zu  Reisig's  Vorles.  j).  217,  der  eine 
alterthümliche  Formel  in  absque  sententia  findet,  welche  auch  der 
sonst  reine  Quintil.  Inst.  VII,  2,  44  braucht),  so  rauss  doch  absque  für 
sine  in  andern  Verbindungen  durchaus  vermieden  werden,  und  selbst 
jenes  absque  sententia,  da  wir  dabei  nichts  mehr  als  das  gewöhnliche 
sine  sententia  denken.  Ausser  jener  Stelle  Cicero's,  wo  freilich  alle 
Neuere  trotz  aller  Handschriften  sine  für  absque  schreiben  wollen, 
stand  es  früher  auch  noch  de  Invent.  I,  36,  wo  aber  nach  den  besten 
Handschr.  sine  aufgenommen  ist.  Auf  diese  doppelte  Auctorität  ge- 
stützt, brauchten  auch  die  bessern  Neulateiner  der  altern  Zeit,  wie 
Muretus,  absque  für  sine.  Jetzt  aber  möchten  Redensarten,  wie 
absque  dubio  für  sine  dubio,  absque  libris  f.  si7ie  libris,  absque  magno 
aut  absque  ullo  labore  für  siyie  magno  aut  sine  ullo  labore  (Cic.  Inv. 
II,  56,  169)  und  alle  ähnliche  für  unlateinisch  gelten.  B.  L.  aber  ist 
absque  omni  dubio,  absque  omni  dubitatione  (wie  bei  Goerenz  Cic. 
Leg.  p.  12)  für  sine  dubio,  sine  ulla  dubitatione.  Uebrigens  blieb  es, 
wie  unser  sonder  für  ohne.,  vielleicht  in  der  Volkssprache,  und  wurde 
von  den  Spätem  noch  gebraucht.  Eben  so  unbrauchbar  für  uns  ist 
die  gewöhnliche  Redensart  der  Komiker  absque  me  {te,  illo  u.  s.  w.,) 
esset  oder  foret,  in  der  Bedeut.  wenn  ich  nicht  wäre  (gewesen  wäre), 
die  dennoch  auch  im  Neulatein  noch  vorkommt,  für  nisi  ego  essem. 
Vgl.  Handii  Tursellin.  I,  p.  66  —  70.  Frotsch.  zu  Mureti  Oper.  I, 
p.  488.  Ruhnk.  Terent.  Hec.  IV,  2,  25  u.  Reisig's  Vorles.  p.  216. 

Abstantia,  die  Entfernung,  der  Abstand,  Gem.  L.  bei  Vitruv.  für 
intervallum,  spatium.  Vgl.  Distantia. 

Abstemius.,  enthaltsa?n,  besonders  des  f Feines,  \iell.  G^em.  Zt.,  jedoch 
bei  Horaz,  für  abstinens. 

Abstergere,  wegwischen,  entfernen,  mehr  ein  Verb,  der  zweiten 
Conjug. ,  als  der  dritten;  Cic.  Q.  fr.  II,  10  extr.  abstergebo  dolorem, 
nicht  abstergam. 


110 

Absterrere,  abschrecketi,  wird  in  Prosa  verb,  mit  a,  P.  L.  ohne 
a  mit  d.  Abi. 

Ahstinentia,  die  Enthaltsamkeit ;  —  von  Etwas  nur  alictijus  rei, 
z.  B.  vi7ii,  amoris  u.  s.  w. 

Abstinere,  enthalten,  abhalten,  wird  verbunden  ab  aliqua  re,  seltner 
blos  alifjua  re,  besonders  bei  Saclien.  Ebenso  se  abstinere,  sich  ent- 
halteti.  P.  L.  mit  dem  Genitiv  nach  griech.  Art. 

Abstractus  mit  seinem  Adv.  und  dem  Verbo  abstrahere  selbst 
wird  fast  nicht  im  philosOph.  Sinne  unseres  abstract  und  abstra- 
hiren  gebraucht,  wenigstens  nicht  ohne  einen  Accus.,  wie  mentem 
u.  dgl.  Vgl.  die  D.  L.  neuern  Lexica  imter  diesen  Wörtern.  Er  ab- 
strahirt  vom  Sinnlichen  heisst  mentis  aciem  a  consuetudine  sensiium 
abducit  (Cic.  N.  D.  II,  17);  mentem  a  sensibus  sevocat  (ib.  III,  8); 
se  avocat  a  corpore  (id.  Divin.  I,  49) ;  animus  a  corpore  se  abstrahlt 
(Cic.  Somn.  Scip.  9)  oder  aliquis  sevocat  (nach  R.  Klotz  revocat)  men- 
tem a  sensibus  et  cogitationem  a  co?isiietudi?ie  abducit  (Cic.  Tusc.  I, 
16,  39) ;  abstract  oder  in  abstracto  bisweilen  separatim  (Cic.  Orat. 
II,  27,  118)  ,  entgegengesetzt  dem  definite,  d.  h.  concret;  oder  cogita- 
tione,  entgegensetzt  dem  re,  d.  h.  in  concreto  (Cic.  Tusc.  IV,  11,  24 
haec  cogitatione  inter  se  difFerunt,  re  quidem  copulata  sunt).  — 
Uebrigens  wird  abstrahere  Kl.  verbunden  mit  ab  aliqua  re,  und  wo 
es  passt  mit  ex  oder  de,  z.  B.  a  soUicitudine,  de  matris  complexu,  e 
sinu  gremioque.  Bildlich  steht  das  Verbum  nur  von  raschem,  gewalt- 
samem Zuge  heftiger  Begierden,  wofür  milder  ist  avocare. 

Abstrudere,  verbergen^  wird  gleich  gut  verbunden  mit  in  aliquem 
locum  und   iti  aliquo  loco. 

Absumere,  verzehre?},  vertvetiden,  aber  wohl  nie  anders  als  im 
schlimmen  Sinne.  N.  L.  ist  daher,  was  neulich  gesagt  worden  ist, 
duo  libri  in  amicitiam  absumpti  sunt  für  de  amicitia  scripti  stmt. 

Absurditas,  die  Uii gereimtheit,  Sp.  L.  für  insulsitas,  perversitas, 
pravitas  (Cic. Tusc. IV,35, 76),  ineptiae  (Cic.  Orat.  II,  4, 18)  ;  im  concre- 
ten  Sinne  res  oder  ratio  absrirda,  monstrzmi  (Cic.  Tusc.  II,  24,  54), 
und  für  haec  dicere  est  absurditas  sage  man  hoc  absurdum  est  dicere. 

Abundare,  worin  nur  das  Vollsein  bis  zum  üeberttiessen  liegt, 
heisst  daher  nicht  überflüssige  d.  h.  unnöthig,  unnütz  sein,  wie  es 
Sp.  L.  besonders  von  den  Grammatikern  gebraucht  wird,  für  redun- 
dare  (Quintil.  I,  4,  9)  ,  supervacaneum  esse,  superesse.  Falsch  also  der 
Pseudo-Asconius  (Cic.  Verr.  I,  44,  114)  confusa  locutio:  abundare 
enim  videtur  jion  —  und  so  oft  heutzutage,  z.  B.  Eustathius:  ällü  atnm- 
dure  putat.  Ebenso:  haec  vox  abimdanter  ^.([Aitz.  est,  für  redundanter. 
Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  137. 

Abunde  mit  einem  Genitiv,  ausser  bei  Sallust  nur  iV.  Kl.,  aber 
bei  Quiiitilian  u.  Sueton.  Uebrigens  Kl.  auch  selten,  nie  bei  Caesar, 
öfter  large,  copiose;  oft  aber  N.  KL,  wie  bei  Plin.  Jun.  und  Quintil. 
in  der  Bedeiit.  ztir  Genüge,  hinreicke?id. 

Abusiü,  der  Missbrauch,  ist  nur  ein  rhetorisches  Kunstwort  vom 
falschen  Gebrauche  oder  falscher  Anwendung  bildlicher  Wörter, 
wird  aber  sonst  weiter  von  andern  Dingen  nicht  gebraucht.  In  dem- 
selben Sinne  steht  auch  das  Adv.  abusiüe  bei  Quintilian  neben  der 
Redensart  per  abusionem.,  wobei  bemerkenswerth  ist,  dass  das  Adj. 
abusivus  erst  sehr  »S^.  L.  ist  und  vermieden  werden  muss. 


111 

Ahusque,  vgl.  oben  unter  A,  ab. 

Abusus  höchst  selten  und  nui'  in  juristischen  Stellen  in  der  Bedeut. 
Ab-  oder  Veriiutzung,  Verbrauch^  gänzliche  Verwendung  und  Ver- 
zehrung, doch  nicht  gerade  Missbrmich.  Daher  ist  N.  L.  das  bekannte: 
Abusus  non  tollit  usum.  Ausser  dem  Corpus  jui'is  nur  bei  Cic.  Topic. 
3,  17,  wo  er  sagt,  der  Frau  sei  nur  die  Benutzung  (usus  fructus) 
der  Güter  vermacht,  nicht  das  Verthun,  die  A?ifzehru?ig  derselben: 
usus,  sagt  er,  non  abiisus  legatus  est.  Man  brauche  daher  für  ab?is?is 
im  gewöhnlichen  Sinne  usus  mit  einem  passenden  Adjective,  wie 
fualus,  perversus,  intemperans,  insolens  u.  ähnl.,  oder  die  Verba  uti 
und  abuti,  besonders  mit  Adv.  wie  male,  perverse,  intemperanter, 
insolenter ,  oder  mit  einem  sonstigen  Zusätze,  der  den  bösen  Zweck 
angibt.  Das  andere  Subst.  abusio  aber  ist  nicht  dafür  zu  brauchen. 
Vgl.  Abusio. 

Abuti  bedeutete  zuerst  weder  blos  brauchen,  noch  missbrauchen, 
sondern  verbrauchen,  abnutzen.,  verzehren,  gänzlich  brauchen,  gleich- 
viel ob  auf  erlaubte  oder  unerlaubte  Weise,  und  erhielt  daher  auch 
in  der  bessern  Prosa  die  Bedeut.  niissbraxichen,  verkehrten,  unge- 
mässigten Gebrauch  von  Etwas  machen,  wie  in  der  bekannten  Stelle 
Cicero's  (Catil.  1,1):  Quousque  tandem  abutere — .'und  wird  oft 
noch  verstärkt  durch  Adverbien,  wie  intemperanter  (Cic.  Tusc.  I, 
3,  6)  ,  perverse  (Cic.  luv.  I,  4) ,  insolenter  oder  sonst  durch  Zusätze, 
wie  ad  quaestum  et  lubidinem  (Cic.  Rose.  Am.  19)  ,  ad  suos  quaestus 
(Cic.  Verr.  II,  25,  6J )  und  ähnliche.  —  Uebrigens  wird  es  nur  A.  L. 
mit  dem  Accusativ  verbunden,  später  nur  mit  dem  Ablativ. 

Abyssus,  der  Abgrund,  erst  Sp.  L.  im  Gebrauche  für  vorago, 
profundum,  und  bei  den  christlichen  Schrifstellern  für  unsre  Hölle, 
gleich  dem  heidnischen   Tartarus,  was  den  Vorzug  verdient. 

Ac  und  atque.  Ac  vor  Vocalen  und  h  zu  brauchen,  werde  jetzt 
durchaus  vermieden,  da  durch  die  Handschr.  erwiesen  ist,  dass  alle 
bessere  Schriftsteller  um  des  Wohllautes  willen  nie  ac,  sondern 
atque  oder  et  vor  Vocalen  und  h  gebraucht  haben.  Alte  Ausgaben 
beweisen  dagegen  nichts,  noch  weniger  die  Neulateiner,  welche  jenen 
folgten.  Man  sage  nicht  ac  antea,  ac  Eurus,  ac  idem,  ac  omnes,  ac 
usus,  ac  hie,  ac  homo,  sondern  atque  antea,  atque  Eurus  u.  s.  w. 
Nur  im  schlechtem  Latein  kommt  ac  wohl  wirklich  so  vor.  Vgl. 
Handii  Tursell.  I,  p.  454. 

in  der  Bedeut.  als  nach  einem  Comparativ  für  quam  ist  fast. 

nur  P.  L.,  und  so  selten,  dass  es  nicht  nachzuahmen  ist,  daher 
auch  nicht  ?i07i  magis  ac,  nicht  sowohl  als  und  non  minus  ac,  nicht 
tveniger  als,  eben  so  sehr  als,  für  quam.  Ebenso  P.  L.  ac  nach  tarn 
für  quam.  Richtig  aber  ist  es  nach  positiven  Wörtern,  welche  Gleich- 
heit oder  Ungleichheit  anzeigen,  nach  aeque,  par,  pariter,  perinde, 
non  secus,  item,  idem,  totidem,  aequus,  aeque,  similis,  similiter,  alius, 
aliter.,  co?itrarius,  dissimilis  und  in  der  Redensart  pro  eo,  nach  dem, 
vermöge  dem,  z.  B.  pro  eo  ac  debeo,  nach  dem,,  als  ich  schuldig 
bin,  nach  meiner  Schuldigkeit.  Falsch  sind  demnach:  Demosthenes 
fuit  eloquentior  ac  Cicero,  für  quam  C. ;  multo  majorem  numerum 
ac  (für  quam)  antea  contuleruut;  non  minus  ac  Augustum  ipsum  (Paul, 
a  S.  Jos.  Oratt.  p.  125)  u.  dgl.  Falsch  ist  auch  ac  nach  tantum,  talis 
und  ähnlichen,  für  quantum,  qualis  u.  s.  w.  Man  sage  nicht,  wie  Hern- 


112 

slerli.  in  Leniiep.  Etym.  unter  (rroaro'c:  Alioquiii  moaTOg  et  ffroncrrmer^ov 
tantimi  differunt,  ac  (f.  quantum)  Latinorum  eserct'tus  et  castra. — 
Falsch  ist  ac  iiacli  nihil.  Nichts,  für  iiisi,  und  nach  nihil  aliud  für  nisi 
oder  seltner  quam^  wovon  unter  Alius.  üeber  das  falsche  statim  ac 
oder  atque.  \^\.  Statim.  —  N.  L.  ist  ac  si  in  der  Bedeut.  als  tvetin, 
gleichsam  als  wenn  bei  vorausgehendem  ita  oder  tam,  aber  keinem 
vergleichenden  Worte,  wie  perinde,  aeque;  z.  B.  neque  vero  ita  hoc 
dico,  ac  si  existimem  (Wyttenb.  Opusc.  I,  p.  178)  ,  für  quasi  oder  ut 
si  existimem;  ferulam  arripiebaut,  ac  si  sine  illa  —  nulla  auctoritas 
esset  (Mahne  Crito  p.  254) ,  für  perinde  ac  si;  Luculli  filii  ita  injici- 
tur  mentio,  ac  si  inter  hos  —  institueretur  (Goereuz  Cic.  Fin.  praef. 
p.  X\  III)  ,  für  ut  si;  ille  te  tam  diligit,  ac  si  tecum  vixerit,  für  quam 
si.  —  Ueber  ac  simul,  tmd  zugleich  vgl.  Simul.  —  Einige  verwerfen 
ac  tarnen,  aber  mit  Unrecht.  Vgl.  Cic,  Orat.  2,  6.  Goerenz.  Cic.  Fin. 
p.  208.  250.  653  und  Wunder  Cic,  Plane,  p.  57.  Dagegen  will  Goerenz 
(Cic.  Leg.  I,  3,  8)  überall  solutus  ac  über  \\.  ähnliche  lesen  und  ver- 
wirft et  über,  wogegen  aber  oft  die  Handschriften  sind.  Vgl.  Giese 
Cic.  Divin.  p.  8.  —  P.  L.  ist  atque  —  atque  für  et  —  et  zur  lebhaften 
Aufzählung,  wie  bei  Dichtern  atque  hinc,  atque  illinc;  atque  deos 
atque  astra.   Man  sage  nicht  atque  Plato  atque  Zeno  ita  censet. 

Acndemia.  So  hiess  bei  den  Griechen  theils  ein  Gymnasium  zu 
Athen,  in  welchem  Plato  und  seine  Nachfolger  Philosophie  lehrten 
und  von  dem  sie  Akademiker  genannt  werden,  theils  ein  Ort,  der 
später  in  Alexandrien  zu  Versammlungen  und  zum  Aufenthalte  ge- 
lehrter Männer  von  mancherlei  Wissenschaften  diente.  Mit  dieser 
letztern  Akademie  haben  auch  unsere  neuern  gelehrten  Gesellschaf- 
ten, welche  diesen  Namen  führen,  viel  Aehnliehkeit,  wesswegen  man 
sie  auch  unbedenklich  lateinisch  so  nennen  kann.  Bedenklicher  dagegen 
ist  es,  unsere  Universiläten  oder  Hochschulen,  die  zum  Unterrichte 
und  zur  weitern  Ausbildung  junger  Studirenden  in  den  mancherlei 
Fächern  der  Gelehrsamkeit  dienen,  Academias  zu  nennen,  ausser  etwa 
mit  dem  Zusätze  quas    Universitates    appellamus.    Vgl.   Universitas. 

Accantare,  P.  L.  und  accinere  Sp.  L.,  bei  oder  zu  Etwas  singen  — 
sind  zu  vermeiden  und  durch  canere  oder  cantare  mit  einem  Zusätze 
auszudrücken. 

Accedere  hat  in  der  Bedeut.  hinzutreten,  sich  nähern  bei  allen 
Bessern  fast  nur  ad  aliquem,  ad  aliquid  bei  sich,  nur  selten  und  mehr 
poetisch  und  in  Prosa  fast  zu  bezweifeln  ohne  ad  mit  dem  blossen 
Accusativ,  was  nicht  nachzuahmen  ist.  In  einen  Ort  hinein  drückt  in 
m,  d.  Accus,  aus,  z.  B.  in  urbem,  in  senatum,  in  Macedo?iiam.  In  der 
Redensart  accedere  prope,  propius  (auch  Adj.  propior),prosime  (audi 
Adj.  proximus)  steht  dabei  ad  oder  der  blosse  Accus,  oder  der  Dativ, 
also  ad  me,  nie,  tnihi ;  der  Dativ  auch  meistens,  wenn  es  treffen  oder 
bildlich  vermehren  bedeutet,  z,  B.  iilud  nobis  accedit  incommoduni 
(Cic.  Quinct.  1,  3) ;  tnihi  animiis  accedit;  tertius  annus  accedit  ^es«- 
derio  nostro  et  labori  tuo  (Cic.  Q.  fr.  I,  1);  dolor  a.cessit  bonis  viris, 
die  Edeln  empfanden  Schmerz.  Ebenso  mit  ad  oder  mit  d.  Dativ  in 
der  Bedeut.  beitreten,  beistimmen,  z.  B,  cui  opinioni  noa  quoque  acce- 
dimus  (Quint,  II,  15,  29);  non  accedo  Celso  (ib,  VIII,  3,  35),  In  der 
kurzen  neutralen  Redensart  dazu  ko?nmt  sagt  man  nur  hiic,  eo  oder 
eodem  accedit,  wohl  nirgends  huic  oder  ad  hoc,  ei  oder  ad  id,  eidem 


113 

oder  ad  (dem.  Vgl,  Cic.  Att.  I.  IJ,  1  u.  13, 1.  Fam.  IV,  13,  5.  Auch 
ohne  solchen  Beisatz,  z.  B.  nccedit  ilhid  (Cic.  Att.  VIII,  3,  2)  ;  accedat 
etiain  ilhid  (Cic.  Balb,  28  extr.).  Im  nächsten  Satze  folgt  quod  oder 
ut.  aber  Ä\  L.  der  Acc.  c.  Inf.  Vgl.  Th.  I,  §.  127.  Man  sage  demnach 
nicht:  accedo  re7n  jmblicaiu,  für  ad  rem  public  am;  illud  poenam 
accessit,  f.  ad  poenam;  illi  gloriam  accesserunt,  f.  ad  gloriam,  wie 
Muret  auch  in  der  letzten  Pariser  Ausg.  seiner  Explic.  Catil.  in  praef. 
für  jenes  gloriam  verbessert  hat,  welches  in  der  ersten  Ausg.  stand. 

Acce7isere,  hin%u%ählen,  hinzurech?ien,  ist  so  selten,  dass  es  nicht 
gebraucht  werden  kann,  für  od?inmerare,  in  numerum  referre.  Vgl. 
Weber's  Uebungssch.  p.  100.  Im  N.  L.  ist  es  häufig,  z.  B.  hi  Codices 
antiquis  accensendi  sunt 

Äccefittis,  der  yiccent,  Ton,  erst  A\  Kl.  bei  Quintilian  und  als 
Kunstwort  beizubehalten;  Cicero  sagt  dafür  in  gewissem  Sinne  vos^ 
sonus  oder  inteniio  vocis.  N.  L.  aber  ist  das  Verb,  acceninare,  was 
neuere  Grammatiker  eingeführt  haben,  für  syllaham  vccis  sono  efferre 
oder  acuere  syllabam   (Quint.  I,  5,  22). 

Acceptabilis,  annehmlich,  annehmbar,  erst  Sp.  L.  f.  acceptus,  dignus 
qui  accipiatur. 

Acceplare,  annehmen,  in  Empfang  nehmen.  Gem.  L,  f.  accipere, 
bei  Plaut,  und  einmal  bei  Quintilian. 

Acceptio,  der  Etnpfa?ig,  die  Ein-  u.  Annahme,  nur  bei  Sallust 
acceptio  frumenti,  und  einmal  bei  Cic.  Top.  8  neben  andern  gewöhn- 
lichen juristischen  Wörtern  donatio  und  deditio;  ausser  dem  Lehr- 
vortrage gebe  man  es  mit  accipere.  Sp.  L.  auch  im  philos.  Sinne  der 
Einrämnung  und  Annahme  einer  zu  billigenden  Sache  für  das  Kl. 
assumptio  (Cic.  Fin.  III,  5)  u.  a. —  In  der  Bedeut.  der  Sifin  oder  die 
Bedeutung  eines  Wortes,  wie  es  Muret.  Oper.  III,  p.  26  ed.  Ruhnk. 
braucht,  verwirft  es  Ruhnken  mit  Recht:  Acceptionem  nominis  pro 
signißcatione  dubito,  an  idoneus  scriptor  dixerit. 

Accessibilis,  zugänglich,  sehr  Sp.  L.  für  aditu  facilis,  ad  quem 
aditus  oder  accessus  patet. 

Accessiuncula,  der  kleine  Zusatz,  die  kleine  Vermehrung.,  N.  L. , 
vielleicht  zuerst  von  Turnebus  gebraucht  (Adversar.  XV,  7)  ;  in  be- 
scheidener Rede  ist  es  wohl  zulässig,  zumal  mit  dem  Zusätze  ut  ita 
dicam.  Vgl.  Th.  I,  §.  193  über  Deminutiven. 

Accessus  in  der  Bedeut.  Zutritt,  Zugang  zu  Jemanden  gleich  mit 
aditus,  yi'vc^  fälschlich  verworfen,  da  es  doch  bei  Cic.  (Q.  fr. I,  1,54) 
vorkommt;  gebräuchliclier  ist  aditus.  Aber  P.  L.  und  N.  Kl.  ist  es 
in  der  Bedeutung  der  Zugangsort,  für  aditus.  Daher  nicht:  duo  sunt 
accessus  in  Ciliciam  ex  Syria,  für  aditus  in  Cilic.  —  N.  L.  ist  es  in 
d.  Bedeut.  Zusatz,   Vergrösserung,  für  accessio,  incrementuni. 

Accidere,  begegnen,  zustossen,  meistens  von  zufälligen,  nicht  er- 
warteten Begegnissen,  sei  es  glücklichen  oder  unglücklichen,  wäh- 
rend evenire  mehr  von  natürlichen,  nothwendigen,  ebenfalls  glück- 
lichen und  unglücklichen  gebraucht  wird,  dagegen  contingere  fast 
nur  von  glücklichen.  N.  L.  ist  mecum  accidit  nach  d.  Deutschen  es 
geschieht,  ereignet  sich  7nit  mir,  f.  mihi  accidit;  mit  mir  ist  es  derselbe 
Fall  heisst  »i/Ä/ idem  accidit,  nicht  mecum.  Wann  accidit  utwviA  wann 
acc.  quod  zu  setzen  sei,  welche  beide  im  N.  L.  verwechselt  werden, 
siehe  Th.  1,  §.  128.  —  N.  L.  ist  es  auch,  den  Accus,  c.  Inf.  für  quod 

8 


114 

zu  setzen;  z.  \i.  quam  ridicule  accidit  h/c  Ulk  legi  i\\r  quod  aliquolies 
legatf/r.  —  !Man  sagt  gleich  gut  accidere  (fallen)  alicui  ad  pedes 
("entia)  und  accid.  ad  al/'ci/jus  pedes  (ge/ma).  Vgl.  Cic.  Alt.  I,  J4,  5. 
Auch  mit  dem  Dativ  bei  Liv.  XLIV,  31  ge?iibus  praetoris.  \gl.  ^4bji- 
cere,  Procumbere  und  Projicere.  —  Ueber  den  Ausdruck  Acridenz  m 
seinen  verschiedenen  Bedeut.  vgl.  D,  L.  Lexica.  Wo  es  zufällige  Ein- 
künfte bedeutet,  kann  com/noda  fortuita,  reditus  fortuiti  gesagt  wer- 
den, als  Gegensatz  von  reditus  stati;  oder  auch  emolumenta. 

j4ccinere,  dazu  singen,  Sp.  L.  \g\.  Accaniare. 

Accingere  und  ßc«//g^/ finden  sich  zwar  nicht  bei  Cicero  und  Caesar, 
aber  schon  beiTerenzund  seit  Linus  mehrmals,  besonders  bei  Tacitus, 
verbunden  mit  ad  oder  in,  sich  rüsten  zu  oder  für  Etwas;  P.  L. 
mit  dem  Dativ  oder  m.  d.  Inf.  Gewöhnlicher  ist  parare  aliquid,  z.  B. 
bellum,  sich  zum  Kriege  rüsten,  oder  se  parare  ad  aliquid,  z.  B.  te 
para  ad  haec  ferenda  (Cic.  Farn.  VI,  12,  5)  ,  da  jenes  zum  gewöhn- 
lichen Gebrauche  zu  hoch  ist.  Vgl.  Raschig  Progr.  p.  35.  Bezweifelt 
wird  accinctus  gladio,  pugione,  wofür  man  bei  Livius  succinctus  lesen 
will.  \' gl.  Ernesti  Glosssirmm  Liv.  Jedoch  ausser  Livius  findet  es  sich 
auch  bei  Tacitus. 

Accipere.  Wiewohl  es  mit  unserm  bekommen,  annehmen,  empfaii- 
gen  viel  übereinkommt,  so  sind  doch  einige  Verbindungen  zu  bezwei- 
feln, z.  B.  accipere  maritum  für  7iubere  marito;  tixorem  f.  ducere  us.; 
liberos  f.  suscipere  Hb.;  ebenso ßlium,ßliatn ;  magistrum  f.  habere,  uti; 
amorem  und  benevolentiam  f.  amorem  conciliare,  amari;  benev.  susci- 
pere, conciliare,  contrahere  u.  a.  Gut  ist  daninum  accipere,  einen  Scha- 
den erleiden  (Ilorat.  Epist.  1,  10,  28)  neben  facere  damnum.  N.  L. 
ist  rimas  accipere,  Spribige,  Ritzen  bekommen^  f.  agere  rimas.  Mau 
sagt  zwar  accipere  epistolam,  litteras,  ungewöhnlich  ist  es  aber  im 
Passivo,  wo  reddi  oder  afferri  gebraucht  wird.  Man  sage  nicht:  Kai. 
Januar,  epistola  tua  a  me  accepta  est,  sondern  mihi  reddita,  allalQ 
est  oder  activ:  epistolam  accepi.  —  Selten  ist  accipere  aliquid  bene 
oder  male,  Etwas  (eine  Rede  oder  sonst  Etwas)  gut  oder  übel  neh- 
men, aufnehmen,  auslegen,  beurtheile?i;  man  sagt  besser  acc.  in  ho- 
nam,  in  malam,  in  opli?nam  partem,  amice,  sine  offensione,  oder  aequi 
bontque  aliquid  facere,  non  moleste,  non  aegre  ferre  und  so  ohne 
non  —  moleste,  aegre,  aspere,  oder  ifidignari  u.  a.,  jedoch  auch  dure 
und  duriter  accipere,  wie  Cic.  Att.  1,  1,  4  durius  accipere  hoc  mihi 
Visus  est.  Und  so  heisst:  wie  hast  du  es  aufgenommen"^  quam  in 
partem  accepisti?  (Cic.  Farn.  III,  7,  6).  Wenn  es  hören,  vernehmen, 
erfahren  bedeutet,  so  wird  es  meistens  verbunden  mit  es  uliquo, 
von  Jeinanden,  der  es  erzählt.  Was  man  hört,  steht  gewöhnlich  im 
Accus,  m.  d.  Inf.  oder  in  einer  abhängigen  Frage;  z.  B.  quae  gerantur, 
accipies  ex  PoUione  (Cic.  Fam.  I,  6),  oder  mit  nuntium  und  dem 
Genit.  des  Gegenstandes.  Unrichtig  soll  es  sein,  den  Gege?isto?id  selbst 
in  den  Accusativ  zu  setzen;  z.  B.  accepi  calamitatem  tuam,  ich  habe 
dein  U?iglück  erfahren,  für  nuntium  calumitatis  tuae,  oder  te  cala- 
mitatem accepisse.  Verschieden  davon  ist,  wenn  Cicero  sagt  (Verr. 
II,  34,  82)  :  Accipite  nunc  aliud  ejus  facinus  iiobile.  —  Ueber  acci- 
pere aliquid  mutuo  vgl.  Mutuus. 

Accitus,  das  Herbeirufen,  ist  nur  im  Abi.  Sing,  accitu  üblich ;  wo 
ein  anderer  Casus   nothwendig  ist,  brauche  man  die    Verba  accire. 


115 

arcessere,  advocare.  Zu  acci'tu  kann  wohl  ein  Genitiv  dessen,  der 
herbeiruft,  hinzutreten,  aber  nicht  ein  Adjectiv  als  Beiwort,  und  falsch 
wäre  cito  fratris  accitu,  auf  des  Br.  sch?ielles  H.,  für  cito  a  frotre 
arcessitus  (Particip.). 

Acciamare,  zurufen,  zuschreien,  soll  zwar  Kl.  nur  vom  missbilli- 
^enden  Zurufe  gebraucht  werden,  jedoch  schon  bei  Livius  den  Bei- 
fallsruf bedeuten;  es  kann  also  auch  so  recht  wohl  angewandt  wer- 
den, wie  es  denn  Quintilian  mit  plausus  verbindet. 

Accola,  der  Anicohner .  Nochbar,  kann,  wiewohl  es  sich  nur  ein- 
mal bei  Cicero  findet  (Verr.  IV,  50,111),  nicht  wohl  entbehrt  werden, 
zumal  da  es  bei  Livius  mehrmals  und  oft  bei  den  Folgenden  vor- 
kommt. Ändere  Wörter,  wie  vicinus,  ßnitimus,  bedeuten  nur  allge- 
mein den  Nachbar. 

Accolere,  anwohnen,  bei  Etwas  wohnen,  wird  verb,  mit  d.  Accusa- 
tiv  aliquem  locwn,  bei  einetn  Orte,  zwar  nur  einmal  bei  Cicero  Somn. 
Sc.  5  (Rep.  VIII, 5),  aber  mehrmals  bei  Livius  u.  d.  Folgenden. 

Acconimodare  wird  in  der  Bedeut.  Etwas  an  Etwas  anpassen,  an- 
fügen, anlegen  verb.  alicui  aliquid.,  z.  B.  corpori  vestem  ;  Einem  Etwas 
an  Etwas  anp.  u.  s.  w.  alicui  aliquid  ad  aliquid,  z.  B.  alicui  coroiiara 
ad  Caput  (Cic.  Orat.  II,  61,  250) ;  Etwas  nach  Etwas  einrichten,  ali- 
quid ad  aliquid;  Etwas  auf  Etwas  anwenden,  aliquid  in  aliquid,  z.^. 
in  plures  causas,  auf  mehrere  Fälle  (Cic.  luv.  1,18).  N.A'l.  wird  auch 
für  ad  der  Dativ  gebraucht,  z.  B.  oft  bei  Quintilian.  Auch  sagt  Cic.  Verr. 
IV,  57  alicui  aliquid  acconimodare  in  der  Bed.  Einem  Etwas  leihen. 
Bezweifelt  aber  wird  accomodare  alicui  de  aliqua  re,  Einem  in  einer 
Sache  gefällig  sein,  wie  bei  Cic.  Fam.  XIII,  2, 3  steht,  aber  von  Orelli 
mit  Ernesti  aus  einer  Handschr.  in  commodare  geändert  wurde,  da 
Cicero  dieses  Verbum  sonst  brauche.  Falsch  aber  ist  se  accom.  alicui. 

Accommodatus,  a?igepasst,  gemäss  einer  Sache,  entweder  mit  ad 
oder  mit  dem  Dativ.  —  Poet,  dafür  accommodus. 

Accredere,  glaubend  beistimme?!,  nur  einmal  bei  Cic.  Att.  VI,  2,3, 
aber  zweifelhaft;  bei  Corn.  N.  Dat.  3,4  und  bei  Quintil.  VI,4, 8  (nach 
Zumpt's  Vermuthung),  sonst  nur  A.L.  u.  P.  Als  seltnes  Wort  werde 
es  vermieden,  da  credere  zureicht. 

Accrescere,  wachsen,  zunehmen,  meistens  von  dem,  was  zufällig 
zunimmt  und  sich  vergrössert,  aber  auch  ebenso  allmählich  wieder 
abnimmt  (decrescit).  So  von  einem  Flusse,  der  accrescit  (anschwillt, 
anwächst)  und  wieder  decrescit  (abnimmt,  fällt)  :  aber  vielleicht  nir- 
gends von  einem  Baume,  einer  Pflanze,  deren  JNatur  nur  das  Wach- 
sen (crescere),  aber  nicht  das  Abnehmen,  sondern  nur  das  Verwelken 
und  Absterben  zulässt.  Jedoch  gebraucht  es  Quintilian  von  einem 
heranwachsenden  Knaben.  Mau  vermeide  es,  da  crescere  und  adole- 
scere  dasselbe  bedeuten. 

Accubare  und  accumbere  sind  beide  Kl.  und  gut,  und  fälschlich 
wird  jenes  für  prosaisch  und  dieses  für  poetisch  gehalten. 

Accubitus,  das  Beiliegen,  vielleicht  nur  im  Abi.  accubitu  und  nur 
P.  für  accubitio,  wofür  accubatio  falsche  Form  ist. 

Accumulare,  anhäufen.  Kl.  nur  einmal  bei  Cic.  als  Beisatz  von  augere, 
addere;  sonst  nur  beim  altern  Plinius  in  Bezug  auf  Pflanzen,  um  welche 
Erde  angehäuft  wird,  und  so  bei  ihm  auch  das  Subst.  accumulatio,  was 
Bonst  nirgends  vorkommt.  Man  brau<  he  dafür  coacervare,  cumulare. 

8* 


116 

Acciirare,  besorgen,  ist  viellekht  Getn.  L.  {ür  curare^  pronirnre 
u.  a.;  in  Prosa  nur  einmal  bei  Cirero  in  seiner  Jii^'^erulschrift  de  Inv. 
I,  34,  sonst  ^ielleieht  nirgends  ausser  bei  Komikern.  Im  N.  L.  häufig, 
aber  unnöthig. 

Accurate,  vgl.  jdccuratus. 

Accuratio,  die  Sorgeverwendimg,  höchst  selten  und  ausser  bei 
Cic.  Brut.  G7, 238  nur  noch  Sp.  L.  für  cura,  diligeiitia.  Muret  brauchte  es 
Oper.  T.  I,  p.  401  ed.  Fr.  und  wurde  desswegen  von  Ruhnken  getadelt. 

Accuratus,  in  Prosa  nur  in  passiver  Bedeut.,  besorgt,  mit  Sorgfalt 
bereitet,  bearbeitet,  atisgefiihrt,  daher  auch  nur  von  Sachen,  nie  von 
Personen,  z,  B.  oratio  acc,  sermo  acc.,  litterue  acc.  u.  a.  Im  N.  L.  wird 
es  dagegen  aucli  von  den  Gelehrtern  und  Bessern  oft,  wie  unser  genau^ 
im  activen  Sinne  von  Personen  gebraucht,  die  in  einer  Sache  sorgfäl- 
tig sind,  indem  man  es  verbindet  mit  homo,  scriptor,  poeta  u.  dgl.,  wo- 
von sich  bei  den  Alten  nirgends  eine  Spur  findet,  für  diligens,  religio- 
sus.  In  diesem  Gebrauche  fehlt  schon  Muret  häufig,  und  es  ist  also 
kein  Wunder,  wenn  es  auch  andere  Neuere  thun.  Bei  Muret;  Sallustius 
ßccz^/"a^?/s  cumprimis  homo:  Propertius  nervosior  est  et  accuratior ; 
bei  Casaubonus:  philosophus  accuratior ;  bei  Andern:  accuratissimi 
grammatici,  lexicographi,  critici  u.  dgl.,  wo  die  Alten  entweder  diligens 
oder  religiosus  gebraucht  hätten.  Vgl.  Cic.  Att.YI,  1,18  Durin  Samiura, 
horainem  in  historia  diligentem.  Brut.  15  diligentissimus  antiquitatis 
investigator.  Att.  II,  44  quem  (Atticura)  rerum  Romanarum  auctorem 
laudare  possum  religiosissimum.  Unpassend  ist  es  auch  wohl  bei  einigen 
Sach-Substantiven,  wie  doctrina,  scientia  und  ähnlichen,  für  ej:y?//s/7MS, 
subtilis,  singularis,  interior,  excellens,  elegans,  optimus,  sutnmus  u.  a. 
So  hielt  Ernesti  (Opusc.  orat.  p.  8(>)  eine  Rede:  de  doj  trinae  flfc?/rafae 
et  promtae  laudibus,  und  Mahne  (Crito  p.  319)  spricht  von  einer  ac- 
curata  und  einer  «cc?//a</o/"  litterarum  scientia.  Eben  so  vorsichtig  sind 
die  Adv.  accurate,  accuratius,  accuratissime  anzuwenden,  wo  uns  das 
deutsche  genau  ebenfalls  oft  zu  falschem  Gebrauche  verführt,  indem 
jene  nur  da  passen,  wo  sie  soviel  sind  als  7nit  Sorgfalt,  gleich  dem  cum  cura. 
Richtig  ist  accurate  loqui  (Cic.  Farn.  VII,  5,  2),  disputare,  scribere, 
facere,  tractare,  administrare u.  a.,  aber  gewiss  unrichtig:  haec  accurate 
cohaereiü,  das  hängt  genau  zusammen,  für  arcte;  hoc  accuratius  videa- 
mus,  für  diligentius ;  aliquid  accurate  teuere,  £ür  ßrmiter,  probe  ;  accu- 
rate scire  für  esploratu?n  aliquid  habere  u.  a. ;  accurate  nosse,  für  pe- 
nitus,  bene,  recte,  optime;  vir  accurate  doctus  —  und  so  andere  Ver- 
bindungen. 

Accurrere,  herzulaufen,  wird  verb.  mit  ad,  zu  Jema?id.  imd  mit  i?i, 
wohinetn.  Selten  ist  das  Subst.  accursus,  erst  N.  Kl.  bei  Tacitus  und 
Valer.  Max. 

Accusabilis,  tadelnswerth,  zwar  nur  einmal,  aber  bei  Cicero,  und 
nicht  verwerflich  neben  vituperabilis,  reprehensione  dignus  u.  a. 

Accusare,  anklagen,  wird  im  gerichtlichen  Sinne  ^erb.  mit  dem  Ge- 
nitiv des  angeschuldigtenVergehens,  z.B.  ;;ecc«^?',wia/e/?c«,sce/e/"/s,/Mrfi, 
parricidii,  ausser  wo  de  oder  /«/er  Statt  findet,  z.  B.  de  vi,  de  veneßciis, 
tnter  sicarios;  aber  freilich  nicht  mit  dem  Genitiv  c/vVmw/s,  sondern  ra. 
d.  Abi.  crimine,  da  crimen  blos  die  Anschuldigung  bedeutet,  wobei 
das  Verbrechen  selbst  im  Genitiv  folgt.  Ebenso  capitis  accusare,  auf 
Tod  und  Leben  anklagen.  Wo  es  nur   f^orwürfe  machen  über  Etwas 


117 

oder  tadeln  bedeutet,  folgt  der  Accusativ  mit  der  Person  im  Genitiv, 
oder  aliquem  de  aliqua  re,  z.  B.  acc.  aliciijus  fieglj'genh'am  oder  alt- 
qiieni  de  negUgentia.  Vgl.  Cic.  Att.  I,  6,  1.  Fam.  II,  3,  1.  VII,  16,  3. 

Acerbare,  verbittern,  nur  P.  L.  für  acerbumfacere,  insuavem  reddere. 

Acerbiludo,  die  Bitterkeit,  A.  L.  für  acerbitas. 

Acerbus  enthält  immer  etwas  Empfindliches,  Kränkendes  und 
Schmerzliches,  was  einer  Person  durch  eine  andere  widerfährt.  Wenn 
daher  Livius  VII,  3  sagt  delectu  acerio  juventutem  agitavit,  er  äfigstigte, 
plagte  die  junge  Mannschaft  durch  seine  sirenge  Werbung  (Aushe- 
bung), so  war  der  Aushebende  bitter  und  streng  und  schmerzlich  für 
die  Ausgehobenen.  Und  so  spricht  Livius  öfter  von  einer  delectus  acer- 
bitas (Vgl.  XXI, 11, 13).  Wohl  aber  möchte  bezweifelt  werden,  ob  man, 
wie  Ruhnken  (Elog. Hemst. p.262)  sagen  könne:  hie  omnia  cum  acerbo 
delectu  explicabat,  da  diese  strenge  Auswahl  Keinem  empfindlich  war. 
Jedoch  meint  R.  Klotz,  dass  man  es  sich  so  denken  müsse,  wie  bei  Cic. 
Balb.  5, 11  omnia  acerbissuma  diligentia  perpendemus,  wo  Cicero  nicht 
blos  die  Strenge,  sondern  die  gehässige  Strenge  ausdrücken  m  olle,  so- 
wie Ebenders.  bei  superbo  delectu  (de  provinc.  cons.  2,  5)  auf  das 
Uebermüthige  des  die  Auswahl  Uebenden  anspiele. 

Acervare,  aufhäufen,  ist,  obgleich  es  sich  bei  Livius  und  Quintil. 
findet,  weit  seltner,  als  coacervare  und  cunmlare. 

Achaeus  und  Achajus,  beide  als  Adject.  Achäisch,  aus  Achaja, 
P.  L.  für  Achaicus. 

Acheroji.  Die  Redensart  Acheronta  movere  in  d.  Bedeut.  das  Aeus- 
serste  versuchen,  ist  P.  L.  für  extrema  experiri.  Wir  sagen  Himmel 
und  Erde  bewegen,  und  darnach  Hesse  sich  wohl  sagen  coelum  et  ter- 
ram  movere,  ut  ajunt  Germani,  ut  Germani  dicunt. 

Acheronticus,  Acherontiacus,  Acheronteus,  Acherontius,  —  Ache- 
rontisch,  poet.  Formen  für  Acherusius. 

Achivus  a[s  Adject.  ist  Poet,  für  Achaicus;  richtig  als  Subst.  der 
Achäer,  Grieche. 

Acies  in  der  Bedeut.  Heer,  nur  das  in  Reihe  und  Glied,  nicht  auf 
dem  Zuge  befindliche,  wo  es  agmen  heisst. 

Acquirere,  worin  immer  das  Erwerben,  sich  Herbeischaffen  liegt, 
kommt  in  der  Bedeut.  an  sich  ziehen,  in  Besitz  nehmen,  sich  zueignen 
nicht  vor,  und  daher  wird  Jan.  Sluiter  mit  Recht  von  Wyttenbach  ge- 
tadelt, dass  er  in  Lectt.  Andocid.p.  81  schrieb:  hereditatem  paternam 
sibi acquirebant  für  adibant,  und  p.  86  bona  paterna  et  a\ita  sibi  acqui- 
rebat  für  occupabat,  bonis  —  potiebatur  u.  a.  Selten  und  zu  vermeiden 
ist  acq.  sibi  gratiam,  sich  Gunst  erwerben,  für  inire,  conciliare  ali- 
cujus  gratiam,  benevolentiam,  animum  alicujus  sibi  conciliare. 

Acquisitio,  Ertcerbung,  Sp.  L.  für  comparatio,  adeptio. 

Acrimonia  bedeut.  nie  Hitze  und  Heftigkeit,  sondern  nur  Lebhaf- 
tigkeit, Energie,  wird  auch  nie  von  der  Schärfe  des  Geistes,  des  ür- 
theils  gebraucht,  was  ingenii  oder  mentis  acies  oder  acumen,  Judicium 
acre  et  certum  (Cic.  Orat.  III,  47)  heisst.  Verwerflich  ist  daher  acri- 
monia judicii  bei  Muret  zu  Cic.  Catil.  III,  2.  Uebrigens  ist  acrimonia 
höchst  selten,  besser  oft  vigor  oder  fervor. 

Acritas  und  acritudo,  beide  A.  u.  Sp.  L.  für  vi§or.  In  der  Bedeut. 
Schärfe  bei  Sachen  des  Geschmacks  Gem.  L.  hei  Vitruv  für  acor. 


118 

^croasis  in  der  Bedeiit.  gelehrter  Vortrag,  Vorlesnng,  Rede  vor 
Gelehrten,  nicht  zu  verwerfen,  obgleicli  erst  N.  KL,  da  es  nach  Seneca 
und  Sueton.  Kunstwort  dafür  war,  wiewohl  es  bei  Cicero,  wo  es  ein- 
mal vorkommt,  nur  eine  Versammlung  von  Gelehrten  bedeutet.  Man 
sagt  aber  nicht  habere,  sondern/ccere  acroasin,  einen  Vortrag  hallen. 

Acroaterium,  der  Hörsaal,  nirgends  bei  einem  Alten,  erst  von  Neu- 
ern wohl  unnÖthig  gebraucht  für  anditorium,  was  zwar  erst  N.  Kl.y 
aber  für  den  Begriff  A7.  ist. 

Acronyctus.,  abendlich,,  von  Sternen,  ein  Sp.  L.  Kunstwort  für  ve- 
spertinus. 

Acropolis,  die  HöheTistadt,  nirgends  bei  den  Alten;  es  ist  aus  dem 
Griech.  genommen  für  ars,  wie  bei  Nepos  Them,  2  arj;,  im  Gegensatz 
von  reliqvum  oppidum,  die  Acropolis  von  Athen ;  bei  Horaz  Thebana 
ars,  die  Acropolis  von  Theben;  bei  Cicero  arx,  die  Acropolis  von  Ta- 
rent  —  und  so  von  andern. 

Acta  oder  acte,  das  Ufer,  das  Griech.  «kt//,  einigemal  bei  Cicero 
für  littus,  aber  nur  wo  er  von  einem  griechischen  Lande  spricht  oder 
im  vertraulichen  Briefstyl;  es  werde  vermieden. 

Actio  ist  nur  äussere  Thätigkeit,  nicht  Thätigkeit  der  Seele,,  sogar 
nicht  mit  dem  Zusätze  mentis  oder  animi,  wofür  agitatio  mentis  (Cic. 
N.  D.  I,  17  und  daselbst  die  Ausleger)  gesagt  wird.  Richtig  aber  ist 
actio,  wo  wir  sagen  die  Action,  von  der  ganzen  Haltung  und  Bewegung 
des  Körpers  beim  Sprechen. 

Activitas,  die  Activität,  Thätigkeit,  N.  L.  für  alacritns,  industria, 
Studium,^  actio;  (Cic.  Tusc.  V,23, 66  vitae  modus  actioque, seine  Lebens- 
weise und  Thätigkeit,  wie  er  lebte  und  si«  h  beschäftigte,  was  er  that 
(vgl.  Sest.  33,  72),  und  in  Bezug  auf  die  Seele  agitatio  mentis  (Cic. 
Off.  I,  6),  sollertia  (Cic.  Tusc.  V,  23,  66). 

Activus,  activ,,  thätig,,  erst  N,  Kl,,  philosoph.  und  grammatisches 
Kunstwort,  aber  nirgends  in  der  gewöhnliclien  Bedeutung  von  thütigen, 
ßeissigefi  Menschen,  für  ijidustrius,  gnavus,  stre?iuus,  impiger,  prom- 
ptus,  hajid  segnis,  laboriosus,  efficax,  agilis  u.  a.,  sowie  mit  dem  Verbo 
vigere,  thätig,  activ  sein,  z.  B.  animi  vigent  vigilantes  (Cic.  Divin.  11,67, 
J39).  Zulässig  ist  es  aber  als  Kunstwort,  z.  B.  philosophia  activa  (prak- 
tische, vgl.  Practicus) ,  der  contemplativa  (theoretische?!)  entgegenge- 
setzt. Vgl.  Senec.  Ep.  95.  Ebenso  in  der  Grammatik  verba  activa,  wie 
bei  den  alten  Grammatikern,  wiewohl  die  frühern  Grammatiker  fl'g'e///?a 
verba  sagten.  Unbrauchbar  aber  sind  die  sehr  Sp.  L.  actorius  und 
actualis,  welches  letztere  neues  Kunstwort  von  der  praktischen  Philoso- 
phie wurde,  actualis  et  spectativa. 

Actu,  Abi.  von  actus,  N.  L.  in  der  Bedeut.  in  der  That,  in  der 
Wirklichkeit,,  für  re,  re  vera,  re  ipsa,,  reapse. 

Actum  est,  vgl.  Agere. 

Actuosus,  voll  Thätigkeit,  findet  sich  Äl.  bei  Cicero  nur  1)  als  Bei- 
wort der  virtus  (N.  D.  1,40),  deren  Lob  in  Thätigkeit  besteht,  wie 
Cic.  Off.  I,  7,  19  sagt:  virtutis  laus  omnis  in  actione  consistit,  was  die 
Griechen  durch  nQa-ATiy.r]  ausdrücken;  2)  als  Beiwort  desjenigen  Theils 
einer  guten  Rede,  worin  Handlung  und  Leben  durch  Worte  und  Vor- 
trag dargestellt  ist,  Cic.  Orat.  36,  125.  N.  Kl.  nennt  Seneca  Ep.  39 
auch  ein  unverdrossen  thätiges  Leben  vitam  actuosam,  und  die  immer 
regsame  Seele  animum  actuosum  (auch  agilem),  wo  Cicero  für  das 


119 

erste  (nach  de  Senect.  8)  gesagt  haben  würde  operosa,  semper 
agens  aliquid  et  moliens  —  und  von  der  Seele  (nach  N.  1).  I,  27,  (i6) 
animns,  qui  viget,  omnia  niovet  et  praeditus  est  motu  sempiterno.  Das 
Wort  werde  daher  nur  wenig  angewandt  und  dnrch  eins  der  unter 
Activus  erwähnten  Wörter  ersetzt.  Vgl.  auch  Klotz  zu  Sintenis  p.  123. 
Das  Adv.  actuose  ist  zwar  Kl.  bei  Cic.  (Orat.  III,  26,  102),  aber  nur 
von  einem  Schauspieler,  der  voll  Leben,  Feuer  und  Thätigkeit  spielt. 

Actus,  in  der  Bedeut.  Thätigkeit,  beruhte  vor  Muret  auf  einer  fehler- 
haften Stelle  in  Cic.  (pro  domo  24,63)  :  erumpebat/w  actum,  wogegen 
Jener  sagt:  Vocabulum  actus  pro  eo,  quod  Graeci  dicunt  liioyeiur 
(Thätigkeit),  plane  barbarum  est  etpriscis  illis  teraporibus,  quibusRo- 
mani  sermonis  integritas  viguit,  inanditnm.  Er  liest  nacta,  wie  auch  jetzt 
im  Texte  steht;  vgl,  Muret.  V.  L.  VI,  19.  Uebrigens  ist  aber  actus  vitae, 
der  Act,  Abschnitt  des  Lebens,  vom  Schauspiele  entlehnt,  Kl.  Vgl.  Cic. 
Verr.  I,  12,  32:  primum  actum  istius  vitae  praetermittam  u.  a.  m. 

Actiitum, flugs,  geschwind,  A.  L.  und  nur  einmal  bei  Cicero,  ebenso 
bei  Livius  und  Virgil,  sonst  nur  bei  den  Komikern  und  wahrsch. 
Gem.  L.,  wie  xmaev  flugs;  dafür  cito,  confestim,  extempto,  illico  u.  a. 

Ad  erfordert  Vorsicht  beim  Gebrauche  und  bei  der  Verbindung 
mit  andern  Wörtern.  Man  merke  unter  dem  Vielen  Folgendes :  Sp.  L. 
sind  ad  i/istar  für  instar  (Mahne  Epicr.  p.  245)  ;  ad  vicem  für  vice; 
ad  minus  f.  minus ;  ad  summum  (höchstens.,  zum  Höchsten)  f.  summum ; 
ad  minimum  (wenigstens.,  zum  Wenigsten,  nach  der  kleinsten  Angabe) 
f.  minimum.  Die  beiden  letztern  finden  sich  auch  bei  den  besten  Neu- 
lateinern häufig,  welche  die  Auctorität  der  altern  Ausgaben  Cicero's 
und  Anderer  für  sich  hatten,  wo  aber  durch  die  neuere  Kritik  jenes 
ad  entweder  dem  aut  hat  weichen  müssen  oder  ganz  gestrichen  wor- 
den ist.  Vgl.  Gronov.  Liv.  XXI,  35.  Victor,  u.  Graev.  Cic.  Farn.  II,  21. 
Matfh.  Cic.  Milon.  5, 12.  Richtig  ist  aber  ad  summam  in  d.  Bedeut.  kurz. 
Cic.  Fam.  XIV,  14. — N.L.  ist  es,  als  Zahladverbia  zu  brauchen  :  ad  pri- 
mum, ad  secundum  u.  s.  w.,  wie  wir  zum  ersten,  d.h.  erste?is,  zum  zweiten, 
d.  h.  zweitens,  Tnr  primum,  seciindum.  Richtig  ist  aber  ad  extremum,  ad 
postremum,  ad  ultimum;  z.  B.  addunt  ad.  extremum,  am  Ende,  zuletzt, 
endlich  (Cic.  Divin.  II,  10,  25)  ;  addidisti  ad  extremum  (Cic.  Fin  I,  8, 
26).  N.  L.  ist  es,  bei  Bezeichnung  eines  Tages  nach  dem  Römischen 
Kalender  zu  sagen,  z.  B.  ad  diem  sextum  Kalendas  Januarias,  für  ante 
diem  oder  a.  d.  —  Fehlerhaft  sind  darin  die  alten  Ausgaben,  welche 
ad  für  a.  d.,  d.  h.  ante  diem  haben,  woher  sich  aucli  bei  den  besten 
altern  Neulateinern  dieser  Fehler  findet.  In  der  Redensart  zu  seinem 
Vergnügen,  zur  Lust  braucht  man  selten  ad,  sondern  mehr  causa; 
z.  B.  animi  voluptatisque  causa,  deliciarum  causa.  —  Wenn  in  zu  der 
Begriff  verbunden  mit  liegt,  indem  mehr  die  Wirkung  und  der  Erfolg, 
als  die  Absicht  bezeichnet  werden  soll,  wird  lieber  cum  als  ad  ge- 
braucht; z.  B.  hoc  retinemus  hodie  magna  C7im  salute  reipublicae,  wir 
behalten  dieses  noch  heutzutage  bei  zum  grosseti  Heile  des  St.  (Cic. 
Rep.  II,  9).  Vgl.  auch  Cic.  Att.  IV,  3,  4.  Muren.  1,  2.  —  Zweifelhaft 
ist  ad  aliquem  esse,  bei  Jemanden,  in  Jem.  Hause  sein,  für  aptid  ali- 
quem  esse.  Man  stützt  sich  auf  Cic.  (Att.  X,  4,  8)  :  fuit  ad  me  sane 
diu,  und  (ib.  X,  16,  1):  cum  ad.  rae  bene  raane  fuit;  —  aber  Oreili 
zieht  mit  Lambin  apud  vor.  Es  werde  als  unsicher  vermieden.  —  Ad 
mit  einem  Accus.,  von  einem Subst. abhängig  oder  dazugehörig, kommt 


120 

zwar  in  einigen  Verbindungen  vor  (vgl.  Th.  I,  §.  81),  aber  nie  wohl 
prooe7niu?n  oder  praefatio  örfaliquein  librum,  wo  nur  der  Genitiv  nfi- 
cujus  libri  statthaft  ist,  z.  B.  prooemiüm  belli  Punici^  Vorrede  zu  oder 
Einleitung  in  den  P.  Kr.  Cic.  Orat.  25,  227.  Der  Fehler  kommt  bei 
Neulateinern  oft  vor.  Ob  man,  wie  bei  einigen  Subst.  mit  ad  und  dem 
Gerundium,  statt  des  Genitivs,  z.  B.  voluntas  «rfhunc  opprimendum  (Cic. 
Font.  14,  30),  argumentum  ad  scrihendum  (Cic.  Att.  IX,  6),  facultas 
ad  dicendum  (Cic.  Font.  6,  12)  und  andern,  die  man  mit  ad  statt  des 
Genitivs  fi\\(let,anch  velocitas  ad  disce?idum  {inr  discendi)  sagen  könne, 
wie  Wyttenbach  Ep.  ad  Lynd.  behauptet,  wird  wohl  mit  Recht  bezwei- 
felt, da  die  Stelle  in  Cic.  (Off.  I,  30,  J07):  alios  videmus  velocitate  ad 
cursumy  alios  viribus  ad  luttandum  valere.  Nichts  beweist,  weil  ad 
cursum  mit  valere,  nicht  mit  velocitate  zu  vei binden  ist.  Man  sagt  we- 
nigstens alacritas  scrihendi  (Cic.  Att.  XVI,  3).  Ueberhaupt  sei  man 
vorsichtig,  ad  so  zu  brauchen,  wenn  nicht  ein  sicheres  Beispiel  zur 
Nachahmung  vorliegt.  Vgl.  Handii  Tursell.  I,  p.  116.  —  TV.  L.  ist  ad 
opinionem  nsque,  der  Meinung  nach,  was  Sintenis  einmal  in  seinen 
Stylübungen  als  Phrase  empfiehlt.  Vgl.  Klotz  zu  Sintenis  p.  169.  Ueber 
adusque  y^\.  dieses  Wort. — Richtig  ist  ad  id  mit  folg.  ut,  dazii,  zu 
dem  Zwecke,  dass  oder  damit,  sowie  ad  id  m.  folg.  quod  bedeutet 
ausserdem  dass,  gleich  dem  praeterquam  quod,  was  häufiger  ist;  rich- 
tig, wo  ad,  zu,  so  viel  ist  als  tiach,  dem  ge?näfis,z.  B.  ad  vohintatem  lo- 
qui,  7iach  dem  Willen;  ad  nutum,  nach  dem  Winke;  richtig  ist  ferner 
ad  manum  habere,  zur  oder  bei  der  Hand  haben  ;  ad  se  redire,  wieder 
zu  sich,  d.  h.  zur  Besinnung  kommen,  sich  erhole?i;  adfnemoriam,  zum 
Andenken,  neben  iti  und  ob  memoria?Ti,  rnonimenti  causa  —  und  so 
vieles  Andere.  Am  umständlichsten  hat  von  ad  gehandelt  Hand  im 
Tursellin.  I,  p.  74  —  134;  vgl.  auch  Reisig's  Vorles.  p.  723  fgg. 

Adaeque.,  auf  gleiche  Weise,  für  aeque,  nur  A.  und  Sp.  L.  bei  den 
Liebhabern  des  Alten  und  Gewöhnlichen.  Bei  der  Stelle  Liv.IV,43,  6 
theilen  sich  die  Handschr. ;  einige  haben  id  aeque,  andere  adaeque, 
welches  letztere  Drakenb.  vorzieht. 

Adaeq?tare  wird  in  der  Bedeut.  Einem  Etwas  gleich  machen,  cum 
aliqua  re  (aliquo)  aliquid  verbunden;  in  der  Bedeut.  Einem  in  Etwas 
gleichkommen.  Einen  oder  Etwas  in  einer  Sache  erreichen,  alicui  ali- 
qua re  oder  aliquid  alicujus ;  z.  B.  nostris  virtute  adaequare  non  pos- 
ßunt,  oder  nostrorum  virtutem  adaeq.  n.  p.  Aber  Etwas  dem  Boden 
gleich  machen  heisst  aliquid  solo  adaequare  (Liv.  I,  29  omnia  tecta 
adaequat  solo).  Vgl.  Aequare. 

Adagio,  das  Sprüchwort,  A.  L.  für  proverbium ;  später  bildete  man 
adagium,  was  ebenso  verwerflich  ist.  Von  dem  erstem  sagte  schon 
Varro  L.  L.,  es  sei  schon  verschwunden. 

Adam  oder  AdamTis  kann  in  unsrer  sprüch wörtlichen  geistlichen  Re- 
densart der  alte  Adam,  d.  h.  die  eingewurzelte  Sündhaftigkeit,  wörtlich 
übersetzt  werden,  Adamus  vetus,  aber  mit  dem  Zusätze,  ut  Germani 
dicunt ;  nur  dem  Sinne  nach  heisst  es  etwa  innatae  libidines,  innata  cupi- 
ditatum  lenocitiia,  ^edes  wie  es  der  Zweck  fordert.  Vgl.  Th.  I,  §.  174. 

Adaperire,  öffne?i,  erst  seit  Livius  für  aperire  und,  wiewohl  es  sel- 
ten ist,  doch  nicht  zu  verwerfen.  Vgl.  Raschig  Progr.  p.  35. 

Adaptare,  artpassen,  iV.  L.,  ohne  Auctorität.  Es  kommt  nur  N.  Kl. 
bei  Suet.  \or  adaptatus,  was  ebenfalls  durch  accommodatus  ersetzt  werde. 


121 

Adbibere,  B.L.  in  derBedeut.  zutrinken,  fürpropinare;\n  d.  bild- 
lichen Bedeut.  mif nehmen,  ZleÄer2/g^e^^,  findet  es  sicli  zwar  nur  bei  Horaz, 
kann  aber  mit  Benutzung  seiner  Worte  in  lebhafter  Rede  nachge- 
braucht werden. 

Addere,  hinzufügen,  hinzuthun,  wird  bei  Sachen  verbunden  alicui 
und  ad  aliquid,  bei  Personen  nur  alicui,  z.  B.  mihi  aniraura  addis,  nobis 
aniraos  addunt;  mit  in,  wenn  Etwas  in  Etwas  verflochten,  eingeschaltet 
wird;  Cic.  Att.  I,  13.  5  in  illam  orationem  addidi  quaedam.  Wenn  der 
Begriff"  sagend  hinzusetzen  darin  liegt,  so  folgt  bei  einem  Satze  mit 
dass  der  Accusativ.  c.  Inf.,  wogegen  bei  adde,  füge  hinzu,  der  Satz  mit 
quod  folgt.  Jedoch  ist  das  letztere,  adde  quod,  erst  N.  KL,  so  wie  über- 
haupt der  Imp.  adde  in  adverbialer  Bedeutung  dazu,  ferner,  nur  selten 
KL  vorkommt,  dagegen  mehr  bei  Dichtern,  wo  es  ganz  als  Adverb., 
auch  in  der  gedachten  oder  wirklichen  Anrede  an  3/eÄrere  gebraucht 
wird.  Bildlich  kommt  aber  se  adderemcXitm  der  Bedeut.  sich  anschlies- 
sen  vor,  und  es  ist  N.  L.,  wenn  Görenz  in  seinem  Cirero  mehrmals 
sagt:  hie  codex  oder  haec  editio  saepe  se  melioribus  addit,  fürest,facit, 
stat  cum  melioribus  u.  a. 

Addicere  alicui.  Einem  zusprechen,  beistimmen,  N.  L.  für  assentiri, 
wiewohl  in  der  heiligen  Sprache  der  Augurn  gesagt  wurde  aves  addi- 
cunt,  die  Vögel  genehmigen  es,  heissen  es  gut.  Richtig  aber  ist  se  ali- 
cui addicere,  sich  Einem  ergeben,  sich  an  Einen  afischliessen,  was  denn 
in  geistigen  Dingen  heissen  kann  Einem  ganz  folgen,  beistimmen;  z.  B. 
Epicurus  in  physicis  se  Democrito  addixit  (Cic.  Fin.  I,  6).  —  Daher 
heisst  auch  addictus  in  reflexiver  Bedeutung,  der  sich  Einem  ergebefi, 
zugesagt  und  geweiht  hat,  und  ist  in  der  Bedeut.  ergeben,  zugethßn 
nicht  zu  verwerfen,  wiewohl  ein  Superl.  addictissimus  unerweislich  ist; 
daher  auch  nie  in  einem  Briefe,  wo  man  ßdissimus,  (tibi)  deditissimus, 
amicissimtis,  studiosissimus,  amantissimus  oder  observantissimus  sagt. 
Vgl.  über  jene  Bedeut.  Cic.  Tusc.  II,  2,  5.  Horat.  Ep.  I,  1,  14  u.  a. 

Addiscere,  welches  noch  mehr  dazu  lernen  bedeutet  (vgl.  Cic.  Cat. 
8,  26),  wird  im  Sp.  L.  auch  für  das  einfache  discere,  lernen,  erfahren, 
gebraucht,  was  Sintenis  in  seinen  Stylübungen  nicht  hätte  einigemal 
empfehlen  sollen,  wie  auch  R.  Klotz  (zu  Sintenis  p.  84  u.  161)  bemerkt 
hat.  Uebrigens  wird  damit  dirrchaus  nicht  geleugnet,  dass  das  Lernen 
dessen,  was  man  zu  dem  schon  Gelernten  noch  hinzu  lernt,  blos /erwe/« 
genannt  werden  kann ;  aber  nicht  alles  Lerneri  ist  addiscere. 

Additamentum  ist  zwar  KL  in  der  Bedeut.  Zugabe,  Zusatz,  was 
noch  beigegeben,  hinzugefügt  ist,  aber  freilich  nirgends  als  Kunstwort 
derKritikervom^?/so/se  einzelner  oder  mehrerer  Wörter  eines  Andern 
zur  Rede  des  Schriftstellers,  also  \\\cA\i  fremder  Zusatz.  Da  aber  kein 
eigenes  Kunstwort  der  Alten  für  solche  Zusätze  vorhanden  ist,  so 
scheint  es  nicht  verwerflich,  zumal  da  Cicero  es  sogar  von  einer  unbedeu- 
tenden Person  braucht,  welche  er  spöttisch  additamentum  inimicorum 
meorum  nennt.  Andere  wollen  accessio,  adjectio,  additio  u.  dgl.,  welche 
Wörter  aber  alle  eben  so  wenig  für  den  Begriff"  erweislich  sind.  Zulässig 
ist  ohnehin  auch  die  Umschreibung  mit  dem  Verbo  addere.  In  andern 
Redensarten  wird  Zugabe  am  besten  durch  cumulus  in  Verbindung  mit 
dem  Verbo  accedere  ausgedrückt;  vgl.  die  Lexica  unter  Cumuh/s. 

Additicius  (tins)  xind  additivus,  hinzugefügt,  beide  sehr  Sp.  L.  für 
addilus,  appositus. 


122 

Adilocere,  noch  dazu-,  dabeilehren,  findet  sich  nur  in  einer  scherz- 
haften Stelle  bei  Horaz  und  ist  kaum  anders  als  mit  seinen  Worten 
anwendbar,  für  docere.  Was  man  aber  aus  Cic.  (Cluent.  37, 104)  anführt: 
addoct i  su/d  judices^  ist  jetzt  aus  Flandschr.  in  ßrf^/Mc^?  verändert. 

Adducere,  an-,  heran-,  herbeiführen,  ein  vielfach  g-ebrauchtes  Ver- 
bum.  Bezweifelt  wird  adducere  locum  Homeri,  Piatonis  u.  a.,  oder 
g'eradezu  adducere  Homerum,  Plaloiiem  in  der  bildlichen  Bedeut.  eine 
Stelle  Homer' s,  den  Homer  erwähnen^  wie  wir  sag'en  anführen.  Da 
dieser  Sprachgebranch  nicht  zu  erweisen  ist,  ausser  dass  Seneca  de 
ira  II,  16,  2  (was  der  Jenaer  Bec.  dafür  anführt)  sagt:  ea  animalia  in 
exemplura  hominis  adducit,  quibus  — ,  er  führt  diejenigen  Thiere  zum 
Vorbilde  des  M.  an,  tc eiche  —  (wo  zwar  das  Vorführe7i  sehr  passend 
ist,  aber  kaum  für  jene  gewöhnliche  Redensart),  —  so  vermeide  man 
adducere  und  halte  sich  an  proferre  (Cic.  Tusc.  IV,  25,  55),  aß'erre 
und  citare.  wobei  die  angeführten  Stellen  gleichsam  Zeugen  (testes) 
für  etwas  Behauptetes  sind.  Zulässig  sind  auch  bei /oÄewr/e/- Anführung^ 
laudare  (Cic.  Rep.  I,  10)  und  hei  tadelnder  notare.  Die  Neulateiner 
brauchen  entweder  dieses  adducere,  oder  producere,  wie  Muret,  der 
beide  benutzt.  Dagegen  sagt  aber  Ruhnken  (zu  Mureti  Opp.  T.  II, 
p.  62) :  Adducere  et  producere  locum  pro  afferre  non  reperitur  apud 
antiquos.  Recentiorura  consuetudo  sie  verbum  usurpans  nobis  quoqne 
aliquando  fraudi  fuit.  Auch  Hand  (Lehrb.  p.  154)  verwirft  adducere 
als  deutschartig,  ^her  afferre  locum  billigten  Lindemann  will  apponere. 
Wiewohl  proferre  oft  mit  einem  Accnsativ  der  Person  vorkommt,  so 
möchte  dies  doch  nicht  von  afferre  gelten;  also  iiicht  Homerum,  Pla- 
to?ie?n,  wohl  aber  locum,  locos.  —  N.  L.  ist  auch  adducere  testimonium, 
ein  Zeugniss  beibringen,  für  aff'erre  (Caes.  B.  C.  III,  53,  3)  ;  auch  spevi 
add.  für  afferre,  dare,  inßcere ;  jedoch  adducere,  inducere  in  spem,  ut 
speret,  ist  richtig.  Noch  merke  man,  dass  nach  adducor  in  der  Bedeut. 
ich  tverde  zum  Glauben  beivogen,  selten  ut  credam,  putem,  existimem^ 
sondern  ohne  diesen  Zusatz  der  Accus,  c.  Inf.  folgt,  weil  adducor  auch 
für  adducor,  ut  existimem  steht.  Vgl.  Cic.  Leg.  11,  3.  Cluent.  37,  104 
(wo  adducti,  nicht  addocti  die  rechte  Lesart  ist).  N.  L.  möchte  auch 
wohl  sein  adducere  adminicula,  Stütze?i  gebrauchen,  für  adhibere  ad~ 
minicula.  Seltner  ist  auch  wohl  aliquem  adducere  ad  alicujus  partes, 
wie  JMuret.  (Catil.  III  epist.  dedicat.)  sagt,  als  aliquem  ducere  oder 
transducere  (traducere)  ad  — . 

Ademptio,  die  Wegnahme,  Kl.  nur  in  der  bezweifelten  Rede  Cic. 
pro  dorn.  30  ademptio  civitatis;  sonst  nur  N.  Kl.  bei  Tacitus;  es  werde 
durch  die  Verba  adimere,  auferre,  pricare  u.  a.  ausgedrückt. 

Adeo  weicht  im  A.  und  Sj).  L.  im  Gebrauche  vom  Kl.  L.  ab;  davon 
und  von  seinem  falschen  Gebrauche  hier  nur  Einiges.  A.  L.  ist  es  in 
der  örtlichen  Bedeut.  so  weit,  bis  dahin,  für  eo ;  in  der  Bedeut.  ebenso 
mit  folg.  ut.,  wie,  in  Vergleichungen,  für  ?ion  nmius  quam,  aeque  ac 
u.  a. ;  in  der  Bedeut.  fioch  dazu,  noch  obendrein,  für  praeferea,  und  in 
der  Bedeut.  in  der  Absicht  mit  folg.  ut  —  adeo  ut,  für  das  einfache 
ut  oder  eo  consilio,  ut.  N.  Kl.  ist  es  in  der  Bedeut.  so  sehr  in  Beisätzen 
ohne  folg.  dass  (ut),  z.  B.  so  sehr  verachten  sie  ihn,  adeoeinn  contem- 
nunt,  für  tantum,  sie,  tantopere  — .  N.  L.  aber  ist  wohl  ut  adeo.  so  dass 
sogar,  ebenfalls  im  Beisatze,  z.  B.  ut  «r/eoPlacidiaeancillae  aegre  risum 
continerent,  wie  Kuhnk.  (Opusc.  I,  39)  sagt,  für  ut  ipsae  etiam  Plac. ; 


123 

ferner  quam  adeo  noii,  wie  sogar  nicht,  für  quam  non  ohne  adeo  (Cic. 
Ligar.  3)  ;  ferner  Redensarten  wie  ipse  adeo  Cicero,  seihst,  sogar  Ci- 
cero, für  ipse  ille  Cicero;  oder  cum,  adeo  amo,  ich  liebe  ihn  sogar,  für 
eum  etiam  amo,  quin  etiam  eum  amo ;  ferner  adeo  mit  folg",  quam,  so 
sehr  als,  fnr  tam  — quam,  z.  B.nulla  re  adeo  laetor,  quam  conscientia  of- 
ficiorum  raeorura,  für  nulla  re  tarn  — ;  neminem  adeo  diligo,  quam  te, 
iurnemijiem  tarn  d.  — Endlich  in  der  Bedeut,  daher,  also,  um  eine  Fol- 
gerung zu  ziehen,  für  ideo,  igiiur,  wovon  Reisig  ( Yorles.  p.  469)  sagt, 
dass  adeo  nie  gebraucht  werde,  um  zu  folgern,  ausser  bei  Heyne,  der 
es  mit  ideo  verwechsele.  Allerdings  findet  es  sich  oft  so  bei  Heyne, 
z.  B.  zu  Virg.  A.  I,  4  adeoqiie  et  ipsa  ira,  und  daher  auch  der  Zorn 
selbst;  aber  auch  so  bei  Andern,  z.  B,  Valck.  (Oratt.  p.  236)  :  hunc 
secutus  est  Trogus  atque  adeo  (und  daher)  Justinus  —  und  Ruhnk. 
(Elog.  p.  229)  :  licetque  adeo  (und  daher  lässt  sich),  quod  Democritus 
de  poeta  dixit,  ad  criticum  transferre;  Id.  (dedicat.  Velleji)  :  neque 
adeo  (und  darum  nicht)  de  nllo  discipulorum  meorum  spem  concepisse 
majorem,  wozu  Zumpt  bemerkt:  Dubito,  num  adeo  h.  1.  verum  sit:  ni 
Ruhnkenius  esset,  putarem  de  ideo  cogitasse;  certe  malim  abesse  — 
und  J.  A.  Ernesti  (in  Epist.  ad  Stiglitium) :  quod  non  sciebant,  qui 
essent  —  adeoque  confunderent  artem — ,  wobei  A.  Matthiae  bemerkt: 
contra  usum  latinae  linguae,  si  est  pro  ideoque.  Ueber  ergo  adeo, folg- 
lich auch  noch,  s.  Ergo.  —  Was  atque  adeo  bei  Cicero  u.  A.  bedeute, 
davon  s.  Stüremb.  in  seiner  deutschen  Ausg.  von  Cic.  pro  Archia  p.  123. 
Sehr  vollständig  handelt  von  adeo  Handii  Tursell.  I,  p.  135  —  155. 

Adeptus  in  passiver  Bedeut.  theils  yi.  L.  und  noch  bei  Sallust,  theils 
bei  Tacitus  und  Siieton.  aber  nie  Kl.  und  bei  andern  bessern  Stylisten, 
die  es  niir,  wie  das  Verbum  selbst,  in  activer  Bedeutung  brauchen.  In 
Cic.  Stelle  (Cato  2,  4),  die  man  nach  einigen  Ausg.  für  die  passive 
Bedeut.  als  erwiesen  gut  angibt,  lesen  viele  g'ute  Handschr.  adepti 
(activ)  für  das  passive  adeptam.  Mit  Ruhnk.  (Opusc.  II,  p.  507)  ver- 
wirft auch  R.  Klotz  dieses  adeptam  als  unklassisch.  Es  werde  daher 
nicht  in  passiver  Bedeut.  gebraucht. 

Adequitare,  her  anreiten,  wird  verb.  mit  ad  oder  mit  d.  Dativ;  mit 
flrf  bei  Caes.  B.  G.  I.  46  ad  nostros  nach  den  Handschr.  und  bei  Liv, 
XXXV,  35  ad  suos;  m.  d.  Dativ  oft  bei  Livius,  z.  B.  muro,  portis,vallo 
u.  a.,  und  einmal  sogar  ohne  ad  —  Sijracusas,  an  Syrahus  heran. 

Adesse,  dasein,  beschränkt  sich  fast  nur  auf  lebende  Wesen,  die 
leiblich  an  einem  Orte  zugegen  oder  gegenwärtig  sind,  und  nur  in  we- 
nigen Stellen  der  Klassiker  wird  es  von  leblosen  gebraucht,  deren  Da- 
sein durch  die  Wirkung  sichtbar  ist,  wie  tariti  aderant  morbi  (Cic. 
Fin.  II,  30).  —  Das  Dasein,  d.  h.  die  Existenz  Gottes  heisst  daher  nicht 
deum  adesse,  sondern  esse;  es  ist  schon  Hoffnung  da,  nicht  adest, 
sondern  est;  es  ist  kein  Grund  da  (vorhanden),  nicht  adest,  sondern 
est ;  die  Reden  sifid  noch  da,  nicht  adsiint,  sondern  exstant;  darüber 
sifid  viele  Stellen  da,  su?it  oder  reperiuntur,  nicht  adsunt —  und  so  in 
ähnl.  —  Wiewohl  alicui  adesse  in  aliqua  re  oft  vorkommt,  so  scheinen 
die  Alten  doch  nicht  adesse  alicui  in  auspicio  (auspiciis)  gesagt  zuha- 
ben, sondern  blos  esse  alicui  m.  s.  w.  Vgl.  Cic.  Rep.  II,  9u.  das.  Moser, 
und  Divin.  II,  34,  71  u.  das.  Creuzer. 

Ade.vpetendus,  noch  dazu  wünschensiverth,  ein  nach  Muret's  Ansicht 
in  Senec.  Epist.  117.  p.  180  ed.  Schw.  und  in  die  nachfolgenden  Aus- 


124 

gaben,  sogar  in  die  von  Gronov,  eingeschwärztes  neues  Wort  für  das 
unverfälschte  aller  Handschr.  und  der  alten  Ausgg.  ejcpetibUis,  was 
Schweigh.  umständlich  gegen  Muret  rechtfertigt.  Die  ueuen  Lexica 
führen  liieriia(  h  sogar  das  Wort  adespeto  auf,  ohne  sonst  Etwas  dabei 
und  dagegen  zu  erwähnen. 

Adgregare  se,  sich  anschliessen,  ad  aliquem,  ad  aliquid,  an  Einen^ 
an  Etwas,  bei  Cicero  und  Caesar;  in  aliquid,  z.  B.  in  numerum,  in  oder 
an  eine  Anzahl,  bei  Cicero. 

Adhaerere,  anhangen,  meistens  alicui,  an  Etwas,  Einem. 

Adhaerescere,  hängen  bleiben  an  Etwas,  meistens  ad  aliquid;  in 
Etwas,  in  aliqua  re ;  bildlich  sich  a?ischliesse?i  an  Etwas,  alicui. 

Adhaesitatio  und  adhaesio,  das  Anhangen.  Welche  dieser  Formen 
bei  Cic.  (Fin.  I,  6,  19)  die  rechte  sei,  ist  streitig,  indem  vor  Davies 
«rfÄaesibwesgelesen  wurde,  wofür  aber  dieser  aus  den  meisten  Handschr. 
adhaesitationes  aufnahm,  was  in  die  folg.  Ausgg.  überging.  Dagegen 
hat  die  beste  Handschr.  adhaesiones,  was  Madvig  für  das  allein  rich- 
tige erklärt.  Uebrigens  kommen  beide  sonst  nirgends  vor;  der  Dichter 
Lucretius  braucht  dafür  immer  das  ähnliche  ailhaesus. 

Adhibere,  was  meistens  zuziehen,  anwenden  für  und  brauchen  zu 
Etwas  bedeutet,  drückt  doch  nie  das  blosse  brauchen  und  gebrauchen 
ohne  einen  bestimmten  Zweck  aus,  wie  im  N.  L.  oft  vocent,  vocabuluin 
u.  a.  adhibere  blos  in  dem  Sinne  von  uti,  usurpare  steht,  z.  B.  lioc  \o- 
cabulum  poetae  numquam  adhibent ;  haue  vocem  de  diis  adhibuit  poeta; 
Homerus  multas  comparationes  adhibuit;  illud  artificium  (diesen  Kunst- 
griff) adhibet  Cicero;  Romani  curias  adhibuerunt  rebus  divinis.  Und 
daher  bemerkt  Ruhnk.  (praef.  lexici  Schell.);  Adhibeo  non  est  utor, 
ut  in  lexicis  traditur,  sed  admoveo,  advoco,  assumo.  Ex  quo  intelligitur 
nostros  homines  singulis  prope  paginis  dicentes  adhibere  vocem,  lo- 
quendi  formulam  parum  latine  loqui.  Auch  Muret  wandte  es  einige- 
mal falsch  in  dieser  Bedeut.  an,  wovon  Fäsi  (zu  Mureti  V.  L.  T.  II, 
p.  313)  einige  Beispiele  anführt.  Jedoch  erinnern  der  vorsichtige 
Dietrich  (in  seiner  Recens.  dieses  Buches)  und  Frotscher  (zu  Mureti 
Oper.  T.  II,  p.  219)  mit  Recht,  dass  adhibere  in  der  scheinbaren 
Bedeut.  gebrauchen  angewandt  werden  könne,  wenn  zugleich  der 
Zweck.,  wozu  oder  der  Gegenstand,  wobei  und  worin  Etwas  gebraucht 
werde,  hinzugesetzt  sei,  oder  aus  dem  Zusammenhange  dazu  gedacht 
werde,  wie  in  Cic.  Orat.  57  jambicus  numerus  potissimum  propter 
similitudinem  veritatis  adhibetur  (wird  gebraucht)  in  fabulis.  Man 
sei  daher  im  Gebrauche  sowohl,  als  im  Tadel  vorsichtig.  —  Sp.  oder 
N.  L.  ist  adhibere  fidem  alicui  in  der  Bedeut.  Einem  Glauben  bei- 
messen,, Einem  glauben,  für  habere  fidem,  tribuere  fidem,  credere 
alicui,  da  jenes  heisst  Redlichkeit  amcenden  oder  zeigen  in  einem 
einzelnen  Falle.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  471.  Vorst.  lat.  mer.  susp. 
p.  146.  Drakenb.  Liv.  XXII,  1,  13.  Selten  und  nicht  nachzuahmen  ist 
se  adhibere  für  se  gerere,  sich  benehmen,  sich  betragen,  wie  Cic. 
(Q.  fr.  I,  1,  2)  sagt  sie  se  adhibere,  ut  — ,  sonst  aber  wohl  nirgends. — 
Eineri  zu  Rathe  ziehe?i  heisst  od  oder  in  consilium,  nicht  cojisilio  (im 
Dativ)  aliquem  adhibere.  Endlich  selten  imd  nur  bei  Cic.  de  harusp. 
resp.  10  kommt  animum  adhibere  vor,  für  animum.  attendere  oder 
intendere,  seine  Seele,  seinen  Geist.,  seine  Auffnerksamkeit  auf  Etwas 
richten. 


125 

Adhortamen  und  adhortatus,  die  Ermunterung,  beide  Sp.  L.  für 
adhortath. 

Jdhortari,  er7nu7itern  zu  Etivas^  Kl.  ad  aliquid,  N.  KL  u.  seltefi 
bei  Tacitus  u,  A.  in  aliquid;  bei  einem  foJg-.  Satze  mit  ut  oder  ?ie 
oder  mit  ad  und  dem  Gerundio, 

Adhuc  bedeutet  Kl.  fast  nur  bis  jetzt.,  bisher,  bis  dahin,  wo  der 
Sprechende  die  jetzige  Zeit  denkt,  und  so  bis  jetzt  noch  nicht,  ad- 
hiic  non,  bis  jetzt  noch  Nichts,  nihil  adhuc.  Unser  noch,  was  wir  für 
adhuc  oft  brauchen,  wird  aber  auch  bei  etwas  Vergangenem  ge- 
braucht, wo  meistens  nur  Dichter  und  Historiker  (vgl.  Livius  XXI, 
48,  4  u.  daselbst  Fabri;  auch  XXIV,  22),  welche  das  Vergangene  gern 
lebliaft  vergegenwärtigen,  adhuc  brauchen,  da  eigentlich  dafür  tum, 
eliam  tutn,  tum  etiam,  ad  id  tempus,  tisqtie  ad  id  oder  illud  tempus 
in  der  bessern  Prosa  steht.  Man  sage  nicht:  Tacitus  haec  scripsit 
vivente  adhuc  Nerva,  für  viv.  etiam  tum  N. ,  wie  Fabricius  oder 
Ernesti  (bibl.  lat.  T.  II,  p.  387)  sagt;  cum  adhuc  maturum  videri  pot- 
erat  (Muret.  Oper.  I,  p.  112)  ,  was  Frotscher  rügt.  —  Noch  in  der 
Bedeut.  ?ioch  heutzutage,  noch  jetzt  heisst  hodie,  hodieque.,  etiam  nam, 
nicht  adhuc;  z.  B.  man  sieht  dieses  Bild  noch.  Adhuc  \n  der  Bedeut. 
sogar  noch  in  einem  verstärkenden  Zusätze  ist  N.  L. ,  z,  B,  idque 
adhuc  (und  dieses  sogar  noch)  exeunte  anno ,  wie  Bergmann  (praef. 
Ruhnk.  oper.  p.  XIV)  sagt,  für  idque  etiam  oder  blos  idque  exeunte. — 
Unser  noch  Andere,  ausserdem  noch  Andere  heisst  Kl.  etiam  oder 
praeterea  alii,  N.  Kl.  adhuc  alii,  wie  Quintil.  II,  21,  6  sagt:  atq^ie  adhuc 
alibi  —  ,  was  nicht  nachzuahmen  ist.  In  einer  Frage  mit  dem  ver- 
stärkenden noch  ist  adhuc  nicht  üblich,  sondern  etiam,  z.  B.  stehst 
du  noch  hier?  etiamne  tu  hie  stas?  (Terent.  Eun.  II,  2,  55)  ;  biat  du 
noch  böse?  etiamne  iratiis  es?  Unser  ?wch  heute,  noch  heutzutage 
heisst  nicht  adhuc  hodie,  sondern  hodie  etiam,  auch  blos  hodie  oder 
adhuc;  noch  la7ige,  noch  auf  lange  Zeit,  nicht  adhuc  diu  oder  diu 
adhuc,  sondern  diu  ohne  adhuc.  Falsch  sagt  Mahne  im  Crito  p.  313 
dent  dii,  ut  Phaedria  diu  adhuc  hujus  sermonis  recordetur,  für  ut 
Ph.  diu  h.  s.  rec.  Schneider  praef.  Arriani  anab.  p.  IX  diu  adhuc  tra- 
ductio  Faciana  scripta  niansit,  für  diu  interpretatio  Fac.  • — N.  L.  ist 
adhuc  semel  in  der  Bedeut.  der  Zahl,  noch  einmal  für  iterum  {y^\. 
Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  162)  ;  N.  L.  adhuc  se?nel  tanturn,  noch  einmal 
so  viel,  für  alterum  tantum;  adhuc  semel  tum  longus,  noch  einmal 
so  lang,  für  allero  tanto  longior ;  etiam  adhuc,  auch  noch,  auch  noch 
bis  jetzt,  für  etiamdum,  etiamnum;  adhuc  addere,  adjtingere,  noch 
hinzufügen,  für  addere,  adjungere  ohne  adhuc.  Sp.  L.  ist  es  auch  in 
der  gewöhnlichen  Bedeut.  überdies  für  etiam,  •praeterea  etiam,  z.  B. 
adhuc  consideranda  sunt  mala,  auch  müssen  noch  — ;  exempia  adhuc 
adducta,  die  noch  überdies  angeführten  B.  u.  dgl.  Was  man  aus  Cic. 
Fin.  IV,  25,  71  anführt:  idem  adhuc,  bedeutet  nach  Madvig  bis  dahin, 
und  bei  Livius  XXII,  49,  10  et  adhuc  mori,  U7id  jetzt,  noch,  in  diesem 
Augenblicke,  mit  dem  Begriffe  der  jetzigen  Zeit.  Auch  Madvig  iäug- 
net  jene  Bedeutung  für  die  bessere  Prosa.  Es  werde  daher  auf  die 
angegebene  Art  vermieden.  —  Richtig  sind:  no?i  adhuc  oder  adhuc 
77011,  bis  jetzt  7iicht,  noch  7iicht ;  7iihil  adhuc  oder  adhuc  nihil,  bis 
jetzt  (noch)  Nichts;  nemo  adhuc  oder  adhuc  7iemo,  bis  jetzt  noch 
Niema7id.  Vgl.  Cic.  Ca(.  9,  ü.  Verr.  II,  11,29.  Att.  IV,  1,  12.  Farn.  IX, 


126 

17.  Q.  fr.  II,  2, 1.  Off.  I,  L  16.  Farn.  II,  8.  —  Eiullich  ist  es  erst  N.  Kl. 
aus  Seiiecas  und  Qiiiiitiliaii's  Zeit,  adhuc  zur  Verstärkung  des  Com- 
parativs  zu  brauchen,  wie  wir  unser  noch,  z.  B.  ille  adhuc  ditior  est 
Croeso,  dieser  ist  ?ioch  reicher,  als  Cr.;  adhuc  fortior ,  noch  tapfe- 
rer - — ,  wofür  sich  bei  den  Klassikern  kein  Beispiel  findet,  welche 
entweder  etiam  hinzusetzen  oder  meistens  gar  Nichts,  also  etiam 
ditior,  etiam  fortior.  Wenn  aber  bei  Cicero  adhuc  bei  einem  Cora- 
parativ  steht,  so  liegt  in  adhuc  der  Zeitbegriff  Ä?s/«e/-,  bis  jetzt,  z.  B. 
Cic.  Farn.  VIII,  7  quo  adhuc  facilius  rem  gessisti,  d.  h.  je  leichter  du 
bis  jetzt  —  und  so  in  andei'u  Stellen.  Man  vermeide  es  als  späteres 
Latein  und  als  eine  unnöthige  Sprachveränderung.  Die  Neulateiner 
folgen  mehr  dem  neuern  Gebrauche,  als  der  klassischen  Redeweise, 
und  die  Gelehrten  sind  in  ihren  Meinungen  verschieden.  Vgl.  Sciopp. 
Infam,  p.  230.  Anton.  Progr.  p.  23.  Spalding  z.  Quintil.  I,  5,  22.  W  eber's 
Uebungssch.  p.  24  (welcher  bemerkt,  dass  es  auch  durch  ipse  ausge- 
drückt werden  könne)  und  B.  Klotz  zu  Sintenis  p.  154.  Uebrigens 
findet  sich  Vieles  über  den  falschen  Gebrauch  von  adhuc  in  Morhof 
de  pura  dictione  p.  225  —  244.  Am  vollständigsten  spricht  über  adhuc 
Hand  Tursell.  I,  p.  156  —  167. 

^4djacere,  anliegen,  bei  Etwas  liegen,  wird  am  sichersten  mit  d. 
Dativ  verbunden,  alirui,  bei  Etwas,  seltner  und  zweifelhaft  mit  d.  Accus. 
aliquid.  Vgl.  Caes.  B.  G.  VI,  33.  Corn.  N.  Timoth.  2,  1  u.  das.  Staveren. 
Livius  VII,  12,  6  u.  das.  Drakenb.  n.  XXVI,  42,  4. 

Adjectio,  erst  N.  Kl.  und  nur  activ  das  Hinzuthun,  N.  Kl.  der  Zu- 
satz, wie  es  Muret  braucht. 

Adigere,  treiben,  bringen,  bei  sinnlichen  Gegenständen  mit  d. 
Dativ,  alicui,  z.  B.  jugulo,  turri;  bei  nicht  sinnlichen  mit  ad,  z.B. 
ad  insaniam.  Mit  dem  Worte  jusjurandu7n  verbunden  sagte  man 
aliquem  ad  jusjurandum  oder  blos  jusjurandum  oder  jurejurando 
adigere.  Einen  schwören  lassen,  oft  mit  dem  Zusätze  in  alicujus 
verba,  auf  Jematides   Worte. 

Adjicere,  werfen.  Etwas  (Geist,  Augen)  auf  Etwas  richten,  wird 
verb.  ad  aliquid  oder  alicui,  z.  B.  ad  omnia,  hereditati;  ebenso  in  d. 
Bedeut.  hinzufügen.  N.  Kl.  und  selten  adjice,  wie  adde  (s.  oben), 
auch  im  Gespräche  mit  Mehrern  im  Sing.,  in  fast  adverbialer  Bedeut., 
dazu  Tioch,  theils  mit  folg.  Accus.,  theils  mit  quod  oder  ut  (wie). 
Vgl.  Senec.  Benef.  III,  33.  Epist.  15,  p.  45  ed.  Schw.  Ovid.  M.  VI,  182. 
Man  vermeide  aber  überhaupt  adjice  und  adde  in  solcher  Verbindung. 

Adimplere,  anfüllen,  gewiss  Sp.  L.  für  implere,  esplere.  Zweifel- 
haft ist  es  wenigstens  bei  Liv,  XXXVIII,  7,  13,  wo  für  complesset  in 
alten  Ausgg.  und  einigen  Hdschr.  adimplesset  steht.  —  Ebenso  ad- 
impletio  nur  bei  kirchlichen  Schriftstellern. 

Adiplsci,  durch  geistige  oder  leibliche  Mühe  das  erlangen,  wor- 
nach  man  gestrebt  hat,  fast  gleich  assequi  und  consequi;  dage- 
gen nancisci,  durch  glücklichen  Zufall  erlangen,  finden ;  impetrare, 
erlangen  durch  Worte.  Von  und  bei  wem  man  Etwas  erlangt,  wird 
durch  a,  nicht  durch  apiid  bezeichnet.  Cic.  Fam.  XII,  22,  4  maximam 
ab  Omnibus  (bei  Allen)  laudem  adeptus  es.  A".  Kl.  und  nur  bei  Taci- 
tus  adipisci  rerum,  die  Oberherrschaft  erlangen,  für  potiri  rertim.^ 
wornach   es  gebildet  ist.  Ueber  adeptus  in  passi\erBed.  s.  Adeptus. 

Adire,  hinzugehen,  Einen  angehen,  wird  in  eigentl.  u.  bildl.  Bedeut. 


127 

mit  ad  oder  dem  blossen  ^ccusofiv  wohl  meistens  ohne  Unterschied 
verbunden,  z.  B.  deos  und  ad  deos ;  mit  in,  wenn  es  hineingehen  be- 
deutet, z.  B.  i7i  conventu7n  (Cic.  IV,  11)  ,  in  Jundum  (Cic.  Caecin.  8) ; 
ebenso  in  jus,  vor  Gericht  gehen;  aber  nicht  i?i  Judicium,  sondern 
ad  Judicium,  ad  arbitrum.  Vgl.  auch  Matth.  Cic.  Sest.  10,  13.  Obgleich 
adire  libros  Sibtjlhnos  übersetzt  werden  kann  die  Sihyll.  Bücher  nach- 
schlagen, so  folgt  daraus  nicht,  dass  man  so  auch  librum,  libros  adire 
von  allen  Büchern  sagen  kann,  die  man  vor  und  bei  sich  hat,  indem 
bei  jeuer  Redensart  ein  wirkliches  Gehen  auf  das  Kapitol  Statt  fand. 
Im  N.  L.  findet  man  es  oft  so  angewandt,  z.  B.  adii  Homerum,  Pla- 
tonem,  lexicon  Suidae;  non  potui  adire  Eustathium. 

Adilialis  ist  klassisches  Adjectiv  von  dem  Schmause  (coena,  epu- 
lae),  den  Einer  beim  Antritte  seines  Amtes  gibt,  z.B.  auguralis  adi- 
tialis  coena,  der  Antrittsschmaus  eines  Augurn.  So  möchte  aber  auch 
wohl  unbedenklich  eine  Rede,  die  beim  (zum)  Antritt  eines  Amtes 
gehalten  wird,  oratio  adilialis  genannt  werden  können,  besser  wohl 
als  inauguralis^  was  gar  kein  latein.  Wort  ist.  Vgl.  Inauguralis. 

Aditio,  das  Hinzugehen,  A.  L.  Form  für  aditus,  die  sich  nur  noch 
später  vom  Antritt  einer  Erbschaft  in  der  juristischen  Sprache  er- 
halten hat. 

Aditus,  Zugang,  Zutritt  zu  Etivas,  zu  Jemajiden,  entweder  mit 
ad  oder  mit  d.  Genitiv,  z.  B.  Cic.  Somn.  Sc.  8  limes  ad  coeli  aditum 
patet,  es  breitet  sich  ein  Pfad  aus,  um  zum  Himmel  zu  kommen; 
auch  mit  i7i,  wenn  es  in  Etwas  hinein  bedeutet,  z.  B.  aditus  in  id 
terapli  sacrarium  (Cic.  Verr.  IV,  45).  In  der  Bedeut.  Audienz  bei 
Jemandeji  nicht  apud,  sondern  ad  aliqnem,  z.  B.  ad  consulem,  bei  dem 
Consul.  Man  brauche  es  aber  nicht  von  der  Audienz  bei  einem  Für- 
sten, welche  admissio  hiess.  Vgl.  Admissio. 

Adjudicare,  Eine7n  Etwas  zusprechen,  wird,  wie  im  Deutschen, 
verbunden  alicui  aliquid. 

Adjtingere,  anschliesse7i,  a7ikniipfen,  verbinden,  7vora7i  oder  7V07nil, 
nicht  cwn  aliquo,  sondern  alicui  und  noch  öfter  ad  aliquem  (aliquid). 
Cic.  Att.  I,  14,  4  hie  dies  me  valde  Crasso  adjunxit,  machte  7nichganz 
zum  Freunde  des  Cr. —  Rep.  11,9  ad  vi/n  (mit  der  Gewalt)  domina- 
tionis  —  adjuncta  est  auctoritas. 

Adjutare,  helfen,  unterstützen,  nur  einmal  bei  Cicero  in  einem 
Briefe,  sonst  A.  und  P.  L.  für  adjuvare. 

Jdjutor,  der  Helfer,  Gehülfe ;  ivessen  Gehülfe  oder  zu  wessen 
Beistand  wird  theils  durch  den  Genitiv,  theils  oft  natürlicher  durch 
den  />ö!^/ü  ausgedrückt,  wie  bei  vielen  Substantiven.  Cic.  N.  D.  1,7  nolo 
existimes  me  adjutorem  huic  venisse,  bei  welchem  Verbo  venire 
gern  ein  Dativ  steht. 

Adjuvare,  helfen,  beistehen,  wird  im  bessern  Latein  nur  mit  dem 
Accusativ  verbunden,  A.L.  m.  d.  Dativ.  —  Kl.  heisst  die  Perfectform 
mehr  adjuvi,  als  adjuvavi,  und  das  Supinum  mehr  adjutum,  als  adju- 
vatum.*  —  Selten  hat  adjuvare  nach  griech.  Art  den  Infinitiv  bei 
sich,  wie  bei  Plin.  N.  11.  XI,  24,  89  adjuvat  mas  inc7ibare ;  gewöhn- 
lich mit  i/i  oder  ad  und  dem  Gerundio,  z.  B.  Jener  hilft  mir  das 
Buch  abschreiben,  entweder:  ille  me  in  libro  describe7ido  adjuvat, 
wie  in  Cic.  Off.  11,16,56  liberales  sunt,  qui  araicos  in  filiaruni  collo- 
catione  adjuvant;  oder:  ille  me  adjiivat  at/ librum  describendum,  wie 


128 

Cic.  Quinct.  23  ad  verum  probaiidum  aiictoritas  adjnvat,  Liv.  XXXVn,26 
Eumeiiis  classis  adjiivit  consuleni  ad  trajiciendas  in  Asiam  legioiies;  — 
oder  auch  woh! :  ille  me  librura  describentein  adjnvat. 

*  Seltsamer  Weise  verwundert  sich  Giese  (z.  Cic.  Divin.  II,  25,  55),  dass 
alle  Handschr,  uud  Ausgg.  hier  und  Phil.  XII,  4,  10  adjuverunt  hätten,  da  doch 
Cic.  immer  adjuvarunt  schreibe  (alibi  Tullius  semper  adjitvarunt),  ohne  seine 
nichtige  Behauptung  durch  Stellen  zu  erweisen.  Vgl.  auch  Hase's  Anm.  z.  Rei- 
sig's  Vorles.  p.  235. 

Jdminiculator,  der  Gehülfe,  der  Einen  unterstützt,  Sp.  L.  für  ad- 
julor,  adrnim'ster,  socius. 

Admirabundus,  sich  verwundernd,  N.  L.  für  admirafis,  ?nirabundus. 

Admirari,  sich  verwundern,  wird  nur  verbunden  aliquid,  über 
Etwas,  z.  B.  brevitatem  litterarum,  über  die  Kürze  des  ßr. ;  wenn 
de  gebrauclit  wird,  was  wohl  nur  im  Anfang  eines  Satzes  geschieht, 
so  bedeutet  dies  in  Beziehung,  in  Rücksicht  auf  —  und  ist  da  nicht 
wohl  anwendbar,  wo  der  Accusativ  erforderlich  ist. 

Admiscere,  beimischeri,  mischen,  wird  theils  mit  d.  Dativ,  theils  mit 
d.  Ablativ  dessen,  dein  Etwas  beigemischt  oder  mit  de?n  Etwas  ge- 
mischt wird,  verbunden,  z.  B.  aliquid  admiscere  aquae  oder  aqua, 
lacti  oder  lade.  Was  im  Dativ  steht,  ist  wohl  grösser,  was  im  Abla- 
tiv, kleiner. 

Admissio  in  der  Bedeut.  Zutritt,  Audienz,  erst  in  den  Zeiten  der 
Kaiser,  und  nur  von  der  Audienz  bei  einem  Fürsten  und  Herrn, 
welcher  den  Zutritt  zulässt,  wovon  auch  das  besondere  Amt,  für 
die  Audienzen  zu  sorgen,  officium  ad?nissioTiis  und  Jeder,  der  es  be- 
sorgte, admissionalis,  ferner  der  höchste  Beamte,  der  für  dieselben 
zu  sorgen  hatte,  also  der  erste  Rammerherr  oAgv  Hof  mar  schall,  magi- 
ster  admissionum,  und  der  nächste  nach  ihm  (gleichsam  der  Vice- 
Hofmarschall)  proximus  admissionum  (Ammian.  XXII,  7)  hiess.  Vgl. 
Scheller's  grösseres  Lex.  u.  das  neue  Freundische.  Man  verwech- 
sele daher  nicht  admissio  mit  aditus,  wiewohl  admittere  ganz  allge- 
mein zulasse7i,  Zutritt  ertheilen  bedeutet.  So  meistens  der  Jen.  Rec. 
(Georges). 

Admodum  bei  Zahlwörtern  braucht  man  im  N.  L.  in  der  Bedeut. 
ungefähr,  beinahe,  etwa,  z.  B.  admodum  decem,  etiva  zehn,  für  drei- 
ter,  ad  oder  fere,  da  es  vielmehr  unser  gerade  zehn,  nicht  mehr 
noch  weniger  bedeutet.  So  Freund  im  Lex.  nach  Handii  Tursell.  I, 
p.  175.  —  N.  L.  ist  auch  7ion  oder  haud  admodum  bei  einem  Adject.  oder 
Adverb,  in  der  Bedeut.  nicht  sehr,  nicht  gar  sehr,  nicht  eben,  für  non 
oder  haud  ita,  z.  B.  ich  wünsche  mir  einen  nicht  sehr  (nicht  eben) 
grossen  Garten,  hortum  non  ita  magnum  — ,  nicht  ?io?i  oder  haud 
admodum  lu.,  wie  neulich  Einer  haiid  adinodum  coacte,  nicht  sehr 
gezwungen,  für  haud  ita  coacte  sagte. 

Admonefacere,  ermahnen,  ist  zweifelhaft,  da  es  nur  einmal  und 
nur  in  einer  alten  Handschr.  in  Cic.  Plane.  34  vorkommt,  wo  für 
admonfästi  ad?no?iefecisti  steht,  welches  R.  Klotz  unbedenklich  auf- 
genommen hat,  wiewohl  Wunder  Anstand  nimmt. 

Admo?iere  \sir  diu  der  Bedeut.  Einen  wegen  einer  Sache  warnen, 
erinnern  verbunden  aliquem  de  aliqua  re,  nicht  ob  (propter )  aliq. 
rem:  in  der  Bedeut.  Einen  an  Ettvas  erinnern,  tiliquem  alicujus  rei, 
indem  nur  die  Meiitra  der  Fron,  hoc,  id,  illud,  quid,  quod  und  m?ilta 


129 

nach  vielfachem  Gebrauche  nn  Accusntiv  statt  des  Genitics  stehen. 
Falsch  ist  es  daher,  wenn  iieuJicIi  gesag^t  wurde  verba  admoneri, 
für  verborum.  P.  L.  steht  der  Inf.  oder  Acc.  c.  Inf.  für  nt  oder  war- 
nend ne,  womit  der  Gebratich  des  Acc.  c.  Inf.  nicht  zu  verwechseln 
ist,  bei  w  elchem  admonere  bedeutet  Einen  an  Etwas  erinnern,  was 
ht^  gewesen  ist  oder  sein  wird,  ohne  allen  Begriff  des  sein  Sollens, 
wie  bei  Livius  XXIV,  9  u.  XL,  56,  wo  der  Inf.  ganz  richtig  ist.  Dage- 
gen sagt  nicht  gut  Muret.  (Oper,  T.  I,  p.  143  ed.  Fr.)  :  nisi  rne  tein- 
poris  ratio  brevern  esse  admo?ieret  für  ut  brevis  essem,  wie  Frotscher 
richtig  dazu  bemerkt:  Immo  juberet  \tl  ut  brevis  essem  adm.;  neque 
enim  perinde  est,  utrum  admonendi  verbum  sequatur  infinitivus,  an 
nt  particula.  Und  so  sage  man  nicht:  saepe  te  adnioiiui  mihi  quam 
primum  scribere  für  ut  scriberes.  Falsch  ist  auch  admonere  aliqueni 
ad  aliquid,  Einen  zu  Etivas  aufmuntern,  ermahnen.,  für  hortari  oder 
adhortari  ad  aliquid. 

Admonitus,  wovon  nur  der  Abi.  admonitu  in  der  Bedeut.  auf  den 
Rath,  auf  die  Ermahnung,  Erinnerung  eines  Andern  vorkommt,  be- 
deutet nie,  wie  Scheller  im  Lex.  angibt,  das  Andenken  oder  die  Erin- 
nerung an  Jemanden  (objectiv).  Der  Plur.  von  admonitum,  admonita 
(nur  einmal  bei  Cic.  Orat.  II,  15, 64)  durfte  nicht  beanstandet  werden, 
für  das  gewöhnliche  admom'tiones ;  jedoch  brauche  man  ihn  auch 
nicht  nach. 

Admovere,  bewegen,  in  Bewegung  setzen  u.  s.  w.,  wird  verb.  ali- 
quid  alicui  oder  ad  aliquem,  ad  aliquid.  Nicht  jedes  Subst.  passt  im 
Accus,  dazu,  z.  B.  medicinam  admov.  für  adhibere,  affer re  med.  —  N.  L. 
ist  auch  Einen  bewegen,  Etivas  zu  thun,  ihn  aufmuntern,  aliquem 
admovere  für  impellere  ad  aliquid  oder  mit  ut,  z.  B.  me  impulit  ad 
scribendum,  ut  scriberem. 

Adnare,  her  anschwimmen,  ist  die  bessere  Kl.  Form  für  die  ge- 
wöhnliche N.Kl.  ad?tatare,  ebenso  vi/ifi  nare  für  natare.  Vgl.  Drakenb. 
Liv. XXI,27,  5.  Es  wird  verb.  mit  ad  aliquid,  blos  aliquid  oAer  alicui, 
z.  B.  ad  eam  urbem  (Cic.  Rep.II,  4)  ;  naves,  an  die  Schiffe  (Caes.  B.  C. 
11,44)  ;  navibus,  an  die  Seh.  (Liv.  XXV1II,36, 12).  Bei  Cicero  kommt 
es  übrigens  nur  einmal  vor,  aber  mit  poetischer  Farbe  :  merces  ad 
eam  urbem  possutit  adnare. 

Adnectere  und  andere  mit  Adn.  anfangende  s.  unter  Ann. 

Adolere  ist  in  der  allgemeinen  Bedeut.  verbre7inen  erst  Sp.  L. 
für  comburere,  da  es  eigentlich  ein  heiliges  Wort  ist  und  vom  Fer- 
brenyien  auf  einem  Altare  gebraucht  wird. 

Adolescere,  heranwachsen,  hat  in  der  bessern  Prosa  im  Perfect.  nur 
adolevi,  nicht  adolui,  wie  vielleicht  das  vorige  adolere  hat. —  Davon 

Adolescefis,  heranwachsend,  als  Subst.  der  junge  Ma?in,  Jüngling, 
die  Jungfrau.  Es  lässt  wohl  Subst.,  wießhus,  filia,  und  (überflüssig) 
homo  zu,  aber  nie  vir,  wie  bei  uns,  der  junge  Mann.  Die  Benennung 
adolescens  kommt  zunä(  hst  denen  zu,  welche  zwischen  dem  14.  bis 
30.  Jahre  stehen,  vor  ihnen  inieri  wwA  nach  \\\\\e\\  juvenes ;  das  Alter 
der  adolescentes  ist  die  adolescentia.  Oft  aber  werden  auch  die  jix- 
venes,  welche  über  30  Jahre  alt  sind,  so  genannt  in  Bezug  auf  blü- 
hendes Aussehen,  Rüstigkeit,  Lebendigkeit  und  Kraft,  und  die  Wörter 
werden  so  oft  mit  einander  verwechselt,  was  jedoch  nie  geschehen 
darf,  wenn  nur  das  Aller  berücksichtigt  wird.  Daher  möchte  es  wohl 

9 


130 

tadelliaft  sein,  wenn  Im  JV.  L.  auf  dem  Titel  vieler  Schnlbiiclier  steht 
m  iisiiin  jiive7mtn  odei'  ^ar  studiosne  jiiventuUs.  Uebri^eiis  nennt  Ci(ero 
jnn^e  Leute,  so  lange  sie  sich  auf  ein  Staatsamt  oder  auf  den  lledner- 
und  Advocaten- Stand  vorbereiteten  und  sich  bei  Juristen,  llednerii 
und  Philosophen  übten,  niemals  juve?ies,  sondern  nur  adolescefites,, 
und  ebenso  hiess  im  Kriegsdienste  der,  welcher  sich  demselben  vor 
den  gesetzmässigen  Jahren  widmete,  noch  nicht  juve7its,  sondern 
adolescens.  Auch  merke  man  noch,  dass  bei  zicei  glei(  hnamigen  Per- 
sonen aus  einer  Zeit  der  jüngere  zum  Unterschiede  von  dem  altern 
oft  adolescens  genannt  wird,  dass  aber,  wenn  Vater  und  Sohn  un- 
terschieden werden  sollen,  wo  wir  gewöhnlich  jenen  den  ß//e/?,  diesen 
den  jungen  nennen,  die  Lateiner  vielmehr  pater  und  ßlius,  nicht 
senex  und  adolescens  brauchten,  z.  B.  Curio  pater,  Curio  ßlius,  der 
alte  Curio,  der  junge  C.  —  Was  von  adolescens  und  juvenis  gesagt 
worden  ist,  gilt  audi  von  adolescentia  und  juve?itus.  Man  beachte  aber 
wohl,  dass  adolescentia  nie  bei  den  Alten  für  adolescentes  gebraticht 
wird,  wie  doch  Juventus  für  juve?ies.  Denn  wenn  gleicliin  Cic.  (Arch. 
7,  IG) :  haec  stndia  adolescentiarn  agunt  (beschäftigen  die  Jugend) 
und  Cato  (8,  25):  in  ea  quidem,  quae  non  vult,  saepe  etiam  ado- 
lescentia incurrit,  das  Wort  im  Sinne  von  adolescentes  verstanden 
werden  kann,  so  denkt  Cicero  doch  nur  an  das  Jünglingsalter.  Falsch 
schreibt  daher  J.  M.Gessner  (in  praef.  Heineccii  fiindam.styli)  :  magno 
cum  applausu  adolescefitiae  für  magno  cum  plausu  adolescentium ; 
falsch  ein  Anderer:  7iunc  etiam  graece  scribit  adolesceiitia  für  scribunt 
adolescentes.  Und  so  sagt  Cic.  Att.  II,  24,  2  nicht  manus  adolescentiae, 
sondern  manus  juve?ituiis  —  und  Cato  9,  28  nicht  quid  est  jucundius 
se?iect?ite  stipata  studiis  adolescentiae,  sondern  juventutis,  wofür  er 
auch  adolescentium  hätte  schreiben  können.  JV.L.  ist  daher  adolescentia 
Romana,  Germanica;  adolescentium  erudire,  docere  u.  a.  Vgl.  auch 
noch  Vavassor.  Antib.  p.  471  u.  Webers  Uebungssch.  p.  338. 

Adolescentiari  und  adolescenturire ,  Jugendstreiche  tnachen,  sich 
jugendlich  benehmen,  sind  zwar  Ä7.,  aber  stehen  so  einzeln  da  (jenes 
bei  Varro,  dieses  bei  Laberius)  .  dass  dafür  besser  juveiiiliter  agere-, 
juv.  e.Tsultare  u.  s.  w,  gesagt  wird. 

Adoperire,  bedecken,  findet  sich  als  Verb,  finit.  nur  in  der  Form 
adoperiunt  N.  KL  bei  Columelia,  so  dass  man  dafür  adobruunt, 
ein  Lieblingswort  desselben,  vermuthen  konnte;  sonst  kommt  seit 
Livius,  besonders  bei  Dichtern,  nur  das  Partie,  adopertus  vor.  Man 
brauche  dafür  operire,  obtegere  u.  a. 

Adoptare  hat  zwar  mit  und  ohne  sibi  die  Bedeutung  an  oder  zu 
sich  7iehme?i  zu  seinem  Dienste  und  Gebrauche,  umhlen,  und  hat  daher 
fast  nur  ein  Personen -Object,  z.  B.  hjinc  Tnihi  patronum  adoptavi, 
diesen  habe  ich  mir  zum  Vertheidiger  gewählt;  aber  unerweislich  und 
nirgends  in  der  allgemeinen  Bedeut.  nehmen,  aufnehmen,  ivähleri, 
mit  einem  Sach-Objecte,  wie  im  N.  L.  adoptare  lectiojietJi,  scriptu- 
ram  (eine  Lesart^  ,  librum  alique7n,  Ho7neri  carmina  n.  dgl.,  theils 
für  recipere,  theils  für  eligere,  sibi  sumere.  Daher  eben  so  wenig 
ordi7iem  aliqucTn  adoptare,  irgend  einen  Sta7id  (Orde7i)  an7iehmen, 
umhlen,  für  das  passive  cooptari  i7i  ordi7iem,  in  einen  St.  aufgeriom- 
mcn  werden.  Vgl.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  140  und  Sciopp.  Infam,  p.  96 
gegen  Famian  Strada,  der  jene  Ausdrucksweise  brauchte. 


131 

Adoptatio,  und  mit  kürzerer  Form  adoptio,  die  yin?iahme,  be- 
sonders an  Kindes  Statt,  sind  beide  Äf.  und  ^ut,  und  die  erste,  ältere 
Form  aucli  in  einigen  Stellen  Cicero's  (wie  z.  B.  Tusc.  I,  14,  31  und 
pro  Balb.  25,  57)  durch  die  besten  Handsclir.  beglaubigt,  was  be- 
zweifelt worden  ist.  JV.  Kl.  und  später  wurde  die  kürzere  Form 
vorgezogen. 

Adorare,  verehren  (die  Götter),  beten,  bitten  um  Etwas,  zwar  nie 
bei  Cicero  und  Caesar,  welche  venerari,  coJere^  precari  und  siippU- 
care  dafür  brauchen,  aber  doch  seit  Livius  ganz  gewöhnlich  bei 
Diclitern  und  Prosaisten,  die  es  nicht  nur  von  demüthiger  äusserer 
Verelirung  in  Bezug  auf  Götter,  sondern  auch  auf  Menschen  brau- 
clien.  3Iau  benutze  es  daher  neben  den  obigen  Wörtern.  Ebenso 
auch  adoratio  neben  veneratio,  cultus,  suppUcatio;  aber  adorabilis 
und  adorator  sind   Sp.  L. 

Adp.  \    die  so  anfangenden  Wörter  s.  unter  App. 
Adr.  f   —    —  —  —       s.  unter  Arr. 

Ads,  {   —    —  —  —       s.  unter  Ass. 

Adt.  )    —    —  —  —       s.  unter  Att. 

Adulari,  schmeicheln,  im  bessern  Latein  gewöhnlich  nur  Depo- 
nens, wiewohl  es  Cic.  (Off.  I,  26,  91)  wahrscheinlich  auch  passiv 
braucht;  —  A.  L.  auch  in  activer  Form  adulare.  Nacli  Belieben  ver- 
band man  es  mit  dem  Accusativ  und  Dativ,  aliquem  und  alicui,  ]e.Aoc\\ 
seit  Livius  mehr  mit  d.  Dativ,  früher  mehr  mit  d.  Accusativ ;  wenig- 
stens bemerkt  Quintilian  (IX,  3,  1):  huic  non  hnnc  adulari  jam  dici- 
tur.  Uebrigens  bedeutet  es  bei  den  Bessern  auf  eine  niedrige,  krie- 
chende Art  schmeicheln,  wesshalb  sich  davon  assentari  und  blandiri 
unterscheiden.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  60. 

Adulterains,  verfälscht,  nachgemacht,  wird  in  Verbindung  mit 
nvmus,  Münze,  Geld,  signum,  Siegel,  Petschaft,  clavis,  Schlüssel 
u.  a.  nicht  gebraucht,  indem  bei  ihnen  adulterinus  üblich  ist. 

Adultus,  herangewachsen,  ist  gut,  aber  aduUiores  m  der  Bedeut. 
die  Aeltern  N.  L.  für  majores  natu.  Vgl.  Klotz  zu  Sintenis,  p.  110. 

Adunare,  vereinigen,  Sp.  L.  f.  conjungere,  in  nman  cogere  oder 
congregare.    Noch  später  adunatio,  die   Vereinigung. 

Adusque,  bis  an,  P.  u.  Sp.  L.  für  usque  ad.  Vgl.  Handii  Tursell.  I, 
p.  189. 

Advecticius,  her  betgebracht,  fremd,  ausländisch,  zwar  nur  bei  Sal- 
lust  vom  Weine,  vinum  advect.,  aber  gut  neben  importatus. 

Advehere  als  Activ.  m.  d.  Accusativ,  und  advehi  als  Passiv,  oder 
Neutr.  mit  der  Praep.  ad,  wohin,  zu  welchem  Orte;  mit  in,  hinein;  — 
P.  ohne  ad  mit  dem  Acc. 

Advenerari,  verehren,  A.  L.  bei  Varro  und  P. 

Advenire  und  das  seltnere  adventare,  aiiJcommen,  werden  nur 
verbunden  entweder  mit  ad  oder  mit  in  und  dem  Accus..,  aber  nie 
mit  in  und  dem  Abi. ;  P.  mit  dem  blossen  Acc,  wiewohl  wir  nicht  allein 
sagen  an  einen  Ort  kommen,  sondern  auch  an  einem  Orte  ankommen. 
Man  sage  daher:  advenire  in  urbem,  in  domum  (im  Hause),  oder 
blos  domum  {zu  Hause),  Delphos  (zuD.),  ad  me  (bei  mir),  niclit  m 
nrbe,  in  domo,  domi,  Delphis,  apud  me.  Daher  auch  wo,  quo,  nicht 
nbi;  hier,  huc,  nicht  hie;  dort,  eo,  istuc  oder  illuc,  nicht  isfic,  ibi, 
illic.    So  auch   bei   dem    Subst.   adventus.,  die  Ankunft,  z.  B.  in  der 

9* 


132 

Stadt,  in  urheni;  bei  Cicero,  ad  Ciceronem,  nicht  apud;  in  Rom, 
Nomani,  nicht  Itomae.  Vgl.  Cic.  Manil.  5,  13.  Phil.  I,  3.  Att.  XIV, 
13,  2.  X,  8,  2. 

Adventorius,  die  Ankunft  betreffend,  P.  u.  N.  Kl.  f.  adventicius 
(tius);  daher  coena  adventicia,  nicht  adcentoria,  der  Ankunftsschmaus. 

Adversari,  widerstreiten,  sich  widersetzen,  wird  verb.  alicui,  und 
nur  bei  Tacitus  aliquem.,  so  wie  A.  L.  mit  contra  oder  adversus 
aliquem,  was  beides  nicht  nachzuahmen  ist. 

Adversaria,  als  Subst.  im  Plur.  die  Adversarien,  sind  bei  den 
Alten  nur  die  Hausbücher  zum  Eintragen  der  Geldposten  im  Handel 
und  Wandel  und  in  der  Wirthschaft;  erst  im  N.  L.  wird  es  von 
Gelehrten  angewandt  auf  ihre  Notizbücher,  in  welche  bei  Gelegen- 
heit Bemerkungen,  theils  eigene,  theils  Anderer  zu  künftigem  wei- 
term  Gebrauche  und  weiterer  Ausführung  eingetragen  werden.  Da- 
für brauchten  die  Alten  commentarii,  wovon  unten  bei  diesem  Worte. 

Adversarius,  zuwider,  feifidlich,  wird  als  Adjectiv  nur  mit  dem 
Dativ,  aber  als  Subst.  mit  dem  Genitiv  und  mit  dem  Dativ  verbun- 
den, z.  B.  Cic.  Tusc.  V,  27,  76  acerrimus  virtuti  adversarius.  Wenn 
der  Begriff  7/7^^/^^^Ä•/^c/^,  ungünstig  darin  liegt,  wird  mehr  das  Adject. 
adversus  gebraucht,  z.  ß,  bei  valetudo,  fortuna,  res,  ventus ;  daher 
res  adversae  nicht  adversariae,  das  Unglück,  die  Noth,  Bedrängniss 
u.  a.    Man  achte  auf  die  Verbindung  mit  Subst. 

Adversio,  das  Hinwe7iden,  die  Richtung,  ein  höchst  seltenes  Wort, 
welches  die  Lexica  bisher  nur  als  Sp.  L.  bei  einem  kirchlichen 
Schriftsteller,  verbunden  mit  dem  Gen.  animi,  angeben;  jetzt  steht 
aber  dieses  adversio  animi,  die  Geistesrichtung,  durch  die  besten 
Hdschr.  gesichert  auch  in  Cic.  Arch.  7,  16,  wo  Stürenburg  zu  ver- 
gleichen ist. 

Adversitas,  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  in  d.  Bedeut.  das  Wider- 
liche; aber  sehr  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  die  Widerwärtigkeit,  das  Un- 
glück. Man  hat  dafür  viele  andere  gute  Wörter,  z.  B.  malum,  res 
adversa,  casus  u.  a. 

Adversus  a,  um.  Mit  dem  Nentr,  adversurn  fanden  sich  in  der 
gewöhnlichen  Sprache  mit  ex  und  in  die  Redensarten  ex  adverso, 
von  der  andern  Seite  her,  gegenüber  und  in  adver sum,  nach  der 
entgegengesetzten  Seile  hin,  welche  beide  seit  Livius  (das  erste  für 
das  KL  e  regione,  das  andere  f.  in  adversam  parte?n)  in  der  N.  Kl. 
Zeit  gebraucht  wurden. 

Adversus  als  Präposition  wird ,  wie  unser  gegen,  nicht  nur  in 
feindlichem,  sondern  auch  in  freundlichem  Sinne  gebraucht,  z.  B. 
reverenfia  adversus  homines,  justitia  adversus  infimos.  IVur  bei  Sal- 
lust  und  Nepos  steht  es  hinter  dem  Accusativ,  nie  bei  Cicero  und 
Caesar,  wesshalb  diese  Stellung  nicht  nachzuahmen  ist. 

Advertere  verbunden  mit  animnm.,  vgl.  Animadvertere.  Verbun- 
den mit  i7i  aliquem  in  d.  Bedeut.  Jemanden  bestrafen  ist  es  A'.  A7., 
nur  bei  Tacitus  für  das  Kl.  animadvertere  in  aliquem. 

Advocare,  N.  L.  in  der  Bedeut.  advocireii,  d.  h.  eine  Rechtssache 
führen,  für  alicujus  causam  agere,  aliquem  defendere  u.  a.  Ebenso 
nicht  advocare  aliquem  ad  aliquem  im  gewöhnlichen  Sinne,  für  vocare. 

Advocatw  ohne  Auctorität  in  d.  Bedeut.  das  Herbeirufen;  man 
drückt  es  durch  advocare,  vocare,  arcessere  aus,  und  in  d.  Redensart 


133 

auf's  Herheirufen  durch  accitu  oder  arcessifu,  welche  beide  in  andern 
Casibus  ungebräuchlich  sind. 

AdvocaUis  ist  in  unsrer  Bedeut.,  der  Advocat,  d.  h.  der,  welcher 
den  Prozess  eines  Ändern  führt,  erst  N.  Kl.  und  bezeichnet  zudem 
doch  nur  den,  welcher  es  aus  Gefälligkeit,  nicht  um  Geld  thut; 
unser  heutiges  Advocat  heisst  causidicus.  Kl.  hiess  advocatus  nur  der, 
welcher  beim  Gerichte  auf  des  Andern  Seite  ist,  dagegen  der,  wel- 
cher mündlich  eine  Sache  verfocht,  hiess  causae  patronus,  auch 
blos  patronus. 

Advolare,  herbeifliege?!  oder  -eilen,  wird  Kl.  verbunden  ad  aliquem 
(selten  ohne  ad)  und  mit  in  — ,  hinein;  P.  Li  und  N.  Kl.  alicui. 

Advolvere  se  oder  advolvi,  sich  ivälzen,  niederfallen,  nirgends  bei 
Cicero  und  Caesar,  welche  accidere,  procumbere,  projicere  hrauchen; 
zuerst  findet  es  sich  bei  Livius  u.  Andern  ni.  d.  Dativ,  z.  B.  genibus,  zu 
den  Knieen;  Andere  verbinden  es  mit  ad,  und  Tacitus  m.  d.  blossen 
Accusativ,  z.  B,  genua. 

Adytum,  das  Innerste,  Allerheiligste  eines  Tempels,  zwar  nur 
P.  L.  für  occulta  ac  recoudita  templi  (Caes.  B,  G.  III,  105) ,  intima 
aedis  pars,  interiora  aedis,  auch  pejietralia;  aber  dennoch  in  der 
Bedeut.  das  Allerheiligste  etwa  so  anzuwenden,  wie  es  Caesar  thut, 
der  zu  jenen  Worten  hinzusetzt:  quae  Graeci  adyta  {ädviu)  ap- 
pellant. 

Aedes  oder  gleich  gut  aedis  (s.  Zumpt  Cic.  Verr.  IV,  55)  be- 
deutet im  Sing,  nur  den  Tempel,  nie  das  Haus,  für  welche  Bedeut. 
nur  der  Plural  diente;  mehrere  Tempel  heissen  nur  aedes  sacrae 
(Cic.  Sext.  44)  oder  deorum  (mehrmals  bei  Sueton.),  ausser  wo  der 
Zusammenhang  die  Bedeut.  unterstützt.  Man  merke:  zwei  Tempel 
heisst  duae  aedes  sacrae,  aber  zwei  Häuser,  binae  aedes. 

Aedificare  dehnt  sich  Kl.  auf  Alles  aus,  was  hervorgebracht  oder 
geschaffen  wird,  nicht  blos  auf  Häuser;  daher  z.  B.  navem  (Cic. 
Verr.  IV,  53)  ,  urbein  (Cic.  Off.  II,  5),  mmidum  (id.  Tusc.  I,  25), 
hortos,  Piscinas  u.  a.  In  dem  Sinne  bebaue?i  (einen  Ort),  d.  h.  mit 
raehrern  Häusern  besetzen,  sage  man  nicht  aedificare,  sondern  coaedi- 
ßcare;  daher  bei  Cic.  Partit.  10  loci  coaedißcati  an  vasti.  yg\.  Cic. 
Att.  XIII,  33,  4.  Verr.  IV,  53,  wo  für  aedificatam  mit  Zumpt  u.  Klotz 
coaedißcatam  zu  lesen  ist. 

Aeditirnus  oder  aeditumus  und  aedituus,  der  Kirchner,  Küster, 
Tempelhüter,  —  drei  Formen,  die  zu  Cicer.  Zeit  im  Gebrauche  wa- 
ren; die  beiden  ersten  waren  die  älteren,  die  dritte  die  neuere  von 
den  Städtern  (Varr.  R.  R.  I,  2)  gebrauchte  und  nachher  allein  geblie- 
bene Form.  Cicero  brauchte  in  seinen  ersten  Reden  vielleicht  noch 
die  ältere  Form,  später  die  neue.  Vgl.  Verr.  IV,  44  u.  Topic.  8,  36. 

Aeginensis,  von  Aegina,  weniger  gute  Form  als  Aegineta  (Subst.) 
und  Aegineticus   (Adject.) 

Aeger,  krank.  iVicht  verwerflich  ist  aeger  animi  für  unser  ge- 
müths-  oder  seelenkrank.,  mehrmals  bei  Livius,  aber  nie  aegrotus 
animi. 

Aegre.  Die  Redensart  hoc  mihi  aegre  est,  das  ist  mir  verdriesslich, 
ich  bifi  darüber  verdr.,  ist  A.  L.  und  findet  sich,  wahrscheinlich 
aus  der  Volkssprache  genommen,  nur  bei  den  Komikern.  Gleichwohl 
braucht  es  Muret.  Expl.  Cic.  Catil.  1,  12.,  29  cui  hoc  ipsum  per  se  aegre 


134 

est  für  gm  aegre  fert,  cui  ita  molestum  est.  Ebenso  Epist.  I,  23 
(Oper.  T.  II,  p.  50  ed.  Fr.)  mihi  aegre  est,  quod  iioa  jampridein 
vivere  coeperini. 

Aegrere,  krank  sein  und  aegrescere,  krank,  bekümmert  werden, 
beide  fast  nur  P.  L.  und  das  letzte  in  Prosa  nur  bei  Tacitus;  jenes 
für  aegrtim  oder  aegrotum  esse,  aegrotare,  dieses  für  in  morbum 
incidere,  morbo  afflictari. 

Aegrimonia,  der  Kummer,  nur  einmal  bei  Cicero,  sonst  nur  bei 
Dichtern,  für  aegritudo. 

Aegritudo  und  aegrotatio,  die  Krankheit ;  jenes  Kl.  nur  von  der 
Seele,  dem  Gemüthe,  also  Ge7nüthskrankheit,  N.  Kl.  aber  auch  vom 
Körper;  das  zweite  aber  nur  vom  Körper.  Cic.  (Tusc.  III,  10,22)  sagt: 
ut  aegrotatio  in  corpore,  sie  aegritudo  in  animo  nomen  habet  non 
sejunctum  a  dolore.  Vg-1.  ib.  IV,  7,  14.  Uebrigens  bedeutet  in  philos. 
Sprache    aegrotatio  jeden  krankhaften  Zustand  im  Allgemeinen. 

Aegyptiacus,  schlechtere  N.  Kl.  Form  für  Aegyptius,  was  Adj. 
u.  Subst.  ist. 

Aemulari  im  guten  Sinne  nacheifern,  nachahmen,  nachringen. 
Kl.  nur  m.  d.  Accusatic,  im  üblen  Sinne  neidisch  7iacheifern,  beneiden, 
m.  d.  Bativ.  Vgl.  Spald.  Quintil.  X,  I,  122  u.  Reisig's  Vorles.  p.  667 
u.  677. 

Aemulatus,  die  Nacheiferung,  N.  Kl.  nur  bei  Tacitus  für  aemu- 
latio. 

Aenigma  hat  im  Dat.  u.  Abi.  Plur.  aenigmatis,  nicht  aenigmati- 
bus.  ^'^\.  Th.  I,  §.  31. 

Aenus  und  ahenus,  ehern,  P.  Form  für  aeneus  oder  aheneus. 

Aeolia,  Name  einer  kleinasiatischen  Landschaft,  welcher  nach 
llandschr.  sicher  steht  in  Cic.  Divin.  I,  ],  3  und  Corn.  N.  Cono  5;  Livius 
und  der  ältere  Plinius  brauchen  dafür  Aeolis  (Gen.  Aeolidis).  Es 
fehlt  in  Freund's  Wörterbuche. 

Aequaevus,  gleichalterig,  von  gleichem  Alter,  nur  P.  L.  und  in 
Prosa  beim  altern  Plinius  aus  einer  Schrift  eines  zu  Tiberius  Zeit 
lebenden  Juristen,  für  das  Kl.  aequalis,  welches  für  diesen  Begriff 
am  meisten  gebraucht  wird.  Vgl.  Cic.  Brut.  68,  239  meus  aequalis 
Cn.  Pompejiis,  welcher  ein  Geburtsjahr  mit  Cicero  hatte.  Id.  Orat. 
III,  8,  31  duo  prope  aequales.  Id.  Fin.  V,  15,  42  von  Kindern:  aequa- 
libus  delectantur;  tum  aequalibus  decertant  u.  s.  w.,  wiewohl  es  bis- 
weilen nur  den  Zeitgenossen  bedeutet  und  gleich  dem  ejusdem  aetatis 
ist,  was  Cic.  ebenfalls  in  diesem  Sinne  braucht,  wie  in  Caecil.  13,  41 
ut  ejusdem  aetatis  aut  nemo  aut  pauci.  Ausserdem  aetati  alicujus  ad- 
junctus  oder  co7ijunctus.  Cic.  Leg.  I,  2,  6.  Brut.  26,  99;  47,  174;  63, 
226.   Jenes  ist  in  Prosa  durchaus  verwerflich. 

Aequalis,  gleich,  wird  verbunden  wie  ein  Subst.  mit  dem  Genitiv. 
und  wie  ein  Adject.  mit  d.  Dativ.;  P.  mit  cum.  Es  ist  ohne  Com- 
parationsformen. 

Aequalitas  mit  dem  Genit.  animorum,  Gleichheil  der  Gesinnun- 
gen, verwirft  R.  Klotz  zu  Sintenis  Stylüb.  p.  146;  man  sage  dafür 
eadem  studio,  eaedem  voluniates  (Cic.  Off.  I,  17,  56),  voliintotian, 
Studiorum.  sententiarinn  (summa)  consensio  (Id.  Laei.  4,  15)  und  nach 
Lael.  8,  27  cujus   cum  moribus    et  natura   congruimus   maxime.  — 


135 

Auch  liegt  dies  in  aequab'tas  fraterna ,  zumal  bei  Brüdern,  wie  bei 
Cic.  Ligar.  ]2,  34,  und  in  fratemi  animi  bei  Horat.  Epist.  I,  10,  4. 

Aeqtianimis  und  aequanimus,  gleichmüthi'g,  gleichgesinnt,  beide 
Sp.  L.  und  ganz  zu  vermeiden,  für  aequo  animo  oder  constans,  und 
in  der  zweiten  Bedeut.  für  Concors,  fraterno  animo  u.  a.  Ebenso  das 
Adv.  aequanimiter.  Aber  auch  aequanimitas,  bedeute  es  Wohlwollen, 
oder  Gleichmuth,  ist' verwerflich,  da  es  in  jener  Bedeut.  für  bene- 
voleniia  nur  A.  L.  und  in  der  zweiten  für  aequus  animus,  aequitas 
animi,  constantia  nur  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  vorkommt. 

Aequare,  gleichmachen.  Kl.  meistens  cu7n  aliquo  (cum  aliqua  re), 
mit  Einem,  mit  Etwas  oder  Einem;  seltner,  wie  bei  Livius  und 
Quintilian.  alicui,  und  so  immer  solo,  dem  Bodeti  gleich  machen ;  in 
der  Bedeut.  Einen  erreichen.  Einem  gleich]iommen  meistens  m.  d. 
Acc.  aliquem,  und  in  der  Bedeut.  sich  Einem  gleich  stellen,  se  alicui 
aequare.  Vgl.  Zurapt  Cic.  OfF.  I,  1,  3  und  Reisig's  Vorles.  p.  678.  Auch 
vgl.  Adaequare. 

Aequator,  der  Aequator  auf  der  Erdkugel,  N.  L.  für  circulus 
aequinoctialis  nach  Varro  L.  L.  VIII  (IX),  18,  p.  471  ed.  Speng. 
(p.  203  ed.  Müller)  oder  circulus  meridianus  nach  Seneca  N.  Q.  V,  17. 
Aeque  ac  nicht  vor  einem  Vocal  für  aeque  atque.  Vgl.  oben 
Ac.  Aeque  verbindet  zwei  gleiche  Gegenstände  Kl.  durch  ac  (atque) 
oder  et,  jenes  ac  immer  vor  si ,  z.  B.  ebenso  wie  oder  als  ivenn, 
aeque  ac  si.  A.  L.  u.  P.  ist  aeque  cum ,  z.  B.  aeque  mecum ,  ebenso 
tvie  ich  — ,  oder  mit  dem  blossen  Abi.,  z.  B.  aeque  illo,  ebenso  wie 
(als)  jener.  Bei  Cicero  u.  Caesar  findet  sich  auch  nie  aeque  mit  folg. 
quam;  so  erst  bei  Livius  und  den  Folgenden.  N.  Kl.  und  selten, 
jedoch  beim  Jüngern  Plinius  aeqiie  ut ,  und  P.  auch  bei  Tacitus 
das  doppelte  aeque  —  aeque  f.  aeque  ac  oder  tarn-- quam.  Man  sage 
nicht:  illi  aeque  tibi,  quam  oder  ut  mihi  (dir  ebenso,  wie  oder  als 
mir)  noti  sunt,  für  aeque  tibi  ac  mihi — ;  tua  negotia  tueor  aeque, 
quam  oder  ut  si  mea  essent,  für  aeque,  ac  si  m.  e.  — N.  L.  ist  aeque 
multi,eben  so  Fiele,  und  Sp.  L.,  wie  Lactanz  sogar  sagt,  aeque  tolidem 
für  das  einfache  totidem  ohne  aeque.  JV.  L.  ist  aeque  bene  ac,  eben  so 
gut  a/s,  in  der  Bedeut.  eben  so  sehr  oder  eben  so  als,  für  aeque  ac 
oder  peritide  ac  Richtig  ist  aeque  bene  ohne  ac  in  der  Bedeut.  gleich 
gut,  wie  bei  Quint.  IV,  1,  53  hoc  aeque  bene  dici  potest.  N.  L.  ist 
aeque  minus  ac  in  derBedeut.  eben  so  wenig  als,  für  non  magis  quam., 
nihilo  plus  quam  oder  neque  —  neque,  z.  B.  Wynperssium  aeque  minus  ac 
Muntinghium  in  scenam  produxi  (bei  Hemert.  Ep.  ad  Wyttenb.),  für 
W.  non  magis  oder  nihilo  plus  quam  M.,  oder  ?ieque  Wynp.,  neque 
M.  —  Zu  bezweifeln  ist  wohl  aeque  lojige  abesse,  gleichweit  entfernt 
sei?i,  wenigstens  steht  es  nicht  bei  den  Bessern  für  aequo  spatio  oder 
pari  intervallo  abesse,  wie  Caesar  beide  braucht. 

Aeqiiicrurius,  gl  eichschenk  elig,  z.  B.  von  einer  Figur,  ist  sehr  Sp. 
L.  für  aequis  cruribns.  Ebenso 

Aequilateralis,  aequilaterus,  aequilatus  (G.  eris,  wie  vetus).,  gleich- 
seitig, von  einer  Figur,  —  sind  alle  Sp.  L.  für  aequis  lateribus,  nach 
Quintil.  I,  10,  3  data  linea  constitui  triangula  aequis  lateribus  possunt. 

Aequilibris,  wagerecht,  horizontal,  wahrscheinlich  das  Kunstwort 
bei  Vitruv..  wofür  Varro  (R.  K.  I,  0,  6)  von  einem  ganz  eben  oder 
wagerecht  liegenden  Orte  sagt:  loius  ad  libellam  aequus. 


136 

Aeqtdparare  oder  aequiperare  in  der  Bedeut.  gleichkommen,  er- 
reichen wird  verbunden  m.  d.  Accus,  aliquem;  aber  Etiras  (sich)  Ei- 
nem gleichstelle?!  mit  dem  Dativ.  So  bei  Nepos  und  Livius,  denn  bei 
Cicero  und  Caesar  kommt  es  nirgends  vor.  Auch  ist  das  Subst.  aequi- 
paratio  Sp.  L.  für  aequatio. 

Aequipollere,  gleichgelten,  ist  ohne  alle  Auc.torität;  jedo(;h  aeqni- 
pollens  Sp.  L.  für  idem  signißca?is,  ejnsdem  significationis,  Jiotionis. 
N.  L.  ist  aequipoUentia. 

Aequitos  in  der  Bedeut.  Gleichheit,  Gleichförmigkeit  N.  Kl.  und 
selten  bei  Seneca  und  Sueton,  für  aeqiialitas  oder  aequabilitas.  Kl. 
bedeutet  es  die  Billigkeit,  Gelassenheit,  Gleichmuth,  zumal  mit  dem 
Genit.  animi. 

Aequivalere.  gleich  viel  vermöge?},  fast  N.  L.  für  tantundem  valere. 

Aequor  in  der  Bedeut.  das  Meer  ist,  ausser  in  einem  Fragm.Sal- 
lust's,  nur  P.  L.  und  N.  Kl.  bei  Wenigen  für  mare,  und  in  Prosa  kaum 
zu  brauchen,  so  häufig  es  auch  im  A.  L.  dafür  gebraucht  worden  ist. 
Für  P.  erklärt  es  auch  Cic.  in  einem  Fragm.  ^uid  tarn  planum  vide- 
tur,  quam  mare?  ex  quo  etiam  aequor  illud  poetae  vocant.  Ausser 
dieser  P.  Bedeutung  hat  es  die  jeder  ebenen  Fläche,  theils  in  Prosa, 
theils  bei  Dichtern,  aber  sehr  selten  für  die  gewöhnlichen  planities, 
planus  oder  aequus  locus  und  campus.  Vgl.  Anton.  Progr.  p.  90,  der 
es  für  die  höhere  Rede  empfiehlt. 

Aequus.  Nach  R.  Klotz  (in  der  Vorr.  z.  Cic.  Reden  Th.  1,  p. 
XXIX)  sagte  man  in  der  bessern  Prosa  nur  aequum  et  honum,  nicht 
honum  et  aequum;  aequius  et  melius  mehr  als  melius  et  aequius  und 
in  der  kurzen  juristischen  Formel  ohne  et  —  aequi  boni  facere, 
aequum  bonum,  aequius  melius. 

Aer,  Luft,  fast  nur  als  Element,  mit  den  dazu  als  solchem  pas- 
senden Beiwörtern  spirabilis,  purus ,  tenuis ,  aber  nicht  von  der  ei- 
ner Gegend  eigenen  Luft,  welche  caelum  heisst,  wozu  man  denn 
auch  nach  der  Verschiedenheit  des  Climas  crassum,  nebulosum,  tem- 
peratum,  caliginosum,  salubre,  grave  u.  d.  gl.  hinzusetzt.  Nur  selten 
kommt  dann  aer  vor,  wie  bei  PJin.  Epist.  V,  19  aer  salubris. 

Aera,  die  Zeitrechnung,  ist  das  einzige  latein.  Kunstwort,  frei- 
lich aus  der  spätesten  Zeit  ,•  es  ist  der  Kürze  wegen  in  Ermange- 
lung eines  andern  nidit  zu  verwerfen.  Daher  bei  unsern  Chronolo- 
gen aera  Varroniana,  Catoniana,  Christi,  Olympiadum  u.  s.  w.  An- 
dere wählen  das  griechische  epocha^  was  nur  im  N.  L.  vorkommt. 
Wenn  nicht  streng  jener  Begriff  dadurch  ausgedrückt  werden  soll, 
so  umsdireibe  man  es  durch  computatio  annorum,  temporum  nota- 
tio  oder  ratio. 

Aerarium  ist  jede  öffentliche  Kasse,  nicht  die  Kasse  oder  Cha- 
touUe  des  P'ürsten,  welche  fiscus  hiess.  So  unterscheiden  sich  beide 
in  den  Zeiten  der  Kaiser.  Die  Quaestoren  und  Tribunen,  welche 
bei  den  öffentlichen  Kassen  angestellt  waren,  erhalten  aber  zur  Be- 
zeichnung das  Adj.  aerarius,  nicht  den  Genit.  von  aerarium,  z.  B. 
Quaestor  (Tribunus)  aerarius,  nicht  aerarii.  Falsch  sagt  daher  Bem- 
bus  Epist.  X,  42  sescentorum  (für  sexcenorzim)  numüm  auveorum 
pensionem  in  annos  singulos  tibi  ut  dent,  aerarii  (f.  aerariis)  quae- 
storibus  mando.  Vgl.  Tribunus.  Richtig  aber  ist  praefectus  aerarii. 


137 

Aereus,  ehern,  kupfern,  nur  P.  und  N.  Kl.  Form  für  aeneus 
oder  aheneus. 

Aerii/s,  luftig,  wird  nie  von  einem  Orte  gesagt,  welcher  der  Luft 
ausgesetzt  ist  und  von  derselben  durchweht  wird ;  dafür  perßabt'lfs. 
Falsch  braucht  es  so  Lipsius  Epist.  I,  40. 

^erumna,  der  Kummer,  drückendes  Leiden,  fast  nur  P.,  bei  Ci- 
cero nur  in  philosophischen  Bestimmungen,  sonst  nicht  gebraucht, 
da  viele  andere  Wörter  den  Sinn  von  Leiden  und  Kummer  enthal- 
ten; auch  später  ist  es  höchst  selten  und  daher  mehr  als  ein  A. 
u.  P.  Wort  zu  vermeiden.  Auch  Quint.  (VIII,  3,  ^Q)  bemerkt  da- 
rüber: Aerumnas  (dicere)  quid  opus  est?  tanquam  parum  sit,  si  di- 
catur  quod  horridum  (in  andern  Ausgg.  si  dicatur  labor.  Horridum 
etc.),  wo  er  von  alten  Wörtern  spricht.  Die  Stelle  ist  noch  strei- 
tig. Jedoch  das  Adj.  acrtimnosus  (aber  nicht  das  P.  u.  Sp.  L.  aeru- 
vinabilis)  braucht  Cicero  und  Andere  öfter. 

Aesculapius,  der  bekannte  Schutzgott  der  Aerzte.  Die  Redensart 
Aesvulapii  filius,  Sohn  des  Aesculap,  als  Bezeichnung  eines  Arztes, 
welche  heutzutage  oft  gebraucht  wird,  kommt  nirgends  bei  einem  Al- 
ten vor. 

Aesopicus,  Aesopisch,  ganz  Sp.  L.  Form  für  die  bessere  Aesopius. 

Aestheticus,  ästhetisch,  N.  L.,  aus  dem  Griech.  amv>?;T*xoc  (worin 
aber  der  Begriff  nicht  liegt),  kann  als  neueres  Kunstwort  in  der 
Philosophie  kaum  entbehrt  werden.  3Ian  verbindet  damit  den  Be- 
griff des  Schönen,  wesswegen  in  vielen  Fällen  die  W^örter  pulchri- 
tudo,  pulchrum,  elegans,  honus,  z.  B.  honae  litter ae,  honae  artes  den 
Gedanken  ausdrücken.  So  heisst  z.  B.  er  hat  ästhetisches  Gefühl, 
in  eo  i?iest  elegantia.  Dav.  Ruhnken  Ep.  ad  Heynium  (Opusc.  T.  II, 
pag.  689)  spricht  von  dem  Worte  sehr  verächtlich:  In  praef.  ad 
Virg.,  sagt  er,  et  alibi  tibi  excidit  vos  aesthetica,  quam  belli  homines, 
qui  nunc  in  Germania  bellas  literas  colunt ,  voluntque  Graecis  et 
Romanis,  a  quibus  toto  differunt  coelo,  similes  videri,  quam  igitur 
Uli  minus  belle  finxerunt.  Eam  graecam  non  esse  hoc  sensu,  inde 
colligas,  quod  vir  in  graecis  literis  primarius,  V  ulckenarius,  ex  me, 
qui  ut  Germanus  scire  deberem,  quid  hoc  vocis  esset,  quaesivit,  et 
ubi  dixissem,  Germnnorum  ineptias  risit.  Man  beschränke  daher  den 
Gebrauch  des  W^ortes  so  viel  als  möglich. 

Aestimabilis,  nur  einmal  bei  Cicery  (Fin.  III,  6,  20)  als  Ueber- 
setzung  eines  griech.  philosophischen  W  ortes  in  der  Bedeutung  was 
der  Schätzung,  Beachtung  und  daher  der  Wahl  würdig  ist,  beach- 
tenswerth.  Da  es  sonst  nirgends  vorkommt,  muss  es  ganz  vermieden 
und  etwa  durch  aestimatione  dignus  ausgedrückt  werden,  zumal  da 
der  Begriff  unseres  Wortes  schätzbar  nicht  gerade  darin  liegt.  Da 
es  weiter  nicht  gebraucht  wird,  wissen  wir  seine  richtige  Anwen- 
dung nicht. 

Aestimare  ist  in  der  Bedeut.  werthschätzen ,  hochachten  N.  L., 
wie  es  heutzutage  oft  vorkommt,  da  in  gutem  Latein  ein  Genitiv 
des  Werthes,  magni,  pluris,  plurimi  u.  ähnliche  in  solcher  Bedeut. 
dazu  treten  müssen.  N.  L.  sind  z.  B.  virtutem  aestimo,  bonos  ho- 
mines aestimamus,  Aristidis  justitia  ab  omnibus  aestimatur,  aestimat 
ille  et  praedicat  manuscriptos  suos  libros  — ,  wo  überall  das  AVort 
magni  fehlt;    denn    ohne  einen  Genitiv  des  Werthes  heisst  dieses 


138 

Verbum  nur  beiirtheilen,  de7i  Werth  berechnen  und  angehen,  wobei 
ein  Zusatz  mit  ex  oder  im  l)Jossen  Ablativ  das  ang'ibt,  woraus  das 
Urtheil  gezogen  und  wornacrh  der  Werth  berechnet  und  angegeben 
wird;  z.  B.  vnlgus  ex  veritate  pauca,  ex  opinione  multa  aestimat; 
amicitias  inimlcitiasque  non  ex  re,  sed  ex  comniodo  aestimaraus.  Man 
sagt  aber  dennoch  nach  Weber's  feiner  Bemerkung  (Uebuiigsscli.  p. 
396)  nie:  Deum  magni  aestimare,  als  zu  schwach,  ü\r  colere,  suspi- 
cere,  venerari.  N.  L.  werden  bei  moralischer  oder  sittlicher  Beur- 
theilung  u.  Schätzung  Adverbia  für  die  Genitiven  des  Wertlies  magnt 
u.  s.  w.  gebraucht,  z.  B.  valde  für  magni;  plus  oder  magis  für  phi- 
ris;  optime,  maxime  f.  maximi,  plurimi.  —  Falsch  schreibt  Mahne 
(Crito  p.  238):  sicut  virtutes  —  optime  aestimari  soleiit,  L  pinrimi 
oder  maximi.  Hierbei  merke  man,  dass  niajoris  f.  pluris  N.  Kl.  ist, 
sich  aber  auch  nur  bei  Seneca  findet.  Ueber  den  Ablativ  des  Wer- 
thes  bei  diesem  Verbo  s.  meine  Anleitung  §.  206.  —  Ueber  aesti- 
matus  als  Adjectiv  s.  unter  diesem  Worte.  —  B.  u.  N.  L.  ist  es, 
aestimare  mit  dem  Accusativ  und  dem  Inf.  zu  verbinden. 

Aestimatio  bedeutet  nur  Abwägung,  Beurtheilungy  Schätzung,  Be- 
achtung oder  den  relativen  Werth  einer  Sache ,  eines  Gutes  (vgl. 
Cic.  Fin.  III,  13),  aber  weder  Achtung,  Verehru?ig,  Hochschätzung, 
die  ich  einem  Gegenstande  erweise,  welche  meistens  observantia 
heisst,  noch  auch  die  Achtung  und  ff'erthschätzu?ig,  in  der  ich  bei 
Andern  stehe,  und  die  mir  bewiesen  wird,  welche  existitnatio  heisst. 
Vgl.  Cic.  Fam.  XIII,  65,  1.  Es  gibt  daher  wohl  eine  aestimatio  fru- 
menti,  jjoenae,  litis,  librorum,  manuscriptorum  u.  dgl.,  aber  nur  im 
Sinne  der  Abschätzung  des  Geldwerthes,  nicht  der  Werth-  oder 
Hochschätzung,  wiewohl  nicht  zu  läugnen  ist,  dass  bei  Cicero  in 
aestimandus  und  aestimatione  digmis,  freilich  dem  Zusammenhange 
gemäss,  eine  Annäherung  an  die  Bedeut.  schätzensiverth,  wenigstens 
heachtenswerth,  was  Beachtung  verdient  liegt.  Vgl.  die  oben  ange- 
führte Stelle  Cic.  Fin.  III,  13  und  Mencken.  Ohservatt.  p.  35. 

Aestimator  ist  nur  der  Beurtheiler .,  aber  weder  der  Verehrer, 
noch  der  Kenner  eines  Gegenstandes,  wie  es  im  N.  L.  oft  vorkommt. 
Der  Kenner  heisst  existimator .,  eigentlich  der,  welcher  den  Werth 
einer  Sa(  he  berechnet  hat,  mit  seiner  Berechnung  und  Beurtheihing 
fertig  ist,  sie  also  zu  beurtheilen  versteht  und  sie  kennt;  daher  der 
Kenner,  der  Sachverständige^  Den  Unterschied  beider  erkannte  viel- 
leicht zuerst  Lambin.,  der  in  Cicero  überall  existimator  zu  lesen 
vorschlug,  wann  es  den  Kenner  bezeichnen  sollte.  Genau  und  be- 
stimmt sprach  davon  J.  Fr.  Gronov  zu  Liv.  XXXIV,  2  u.  zu  Gell. 
N.  A.  I,  3.  Dem  existimator  fügt  daher  Cicero  bisweilen  das  syno- 
nyme judex  oder  ein  den  Kenner  bezeichnendes  Adjectiv  bei,  wie 
Fin.  III,  2,  6  te  haben  aequissimum  eorum  studiorum  existimatorein 
et  judicem,  u.  Brtit.  93,  320  qnantum  existimator  doctus  et  intelligens 
poterat  cognoscere.  Uebrigens  finden  sich  noch  viele  Stellen,  wo 
für  aestimator  zu  schreiben  ist  existimator. 

Aestimatus,  oder  mit  alter  Form  aestumatus ,  hat  erst  im  N. 
L.  die  erdichtete  Bedeutung  hochgeschätzt,  hochgeachtet,  verehrt 
erlialten  und  findet  sich  so  sehr  häufig,  z.  B.  collega  aestimatissi- 
mus,  vir  acceptus  mihi  et  aestimatus,  editio  aestimata  et  perrara  u. 
dgl.  Was  es  bedeute,  siehe  unter  Aestimare. 


139 

Aetas  in  d.  Bedeut.  die  Menschefi  irgend  einer  Zeit  ist  nicht  verwerf- 
lich; es  findet  sicli  zwar  vielleicht  nie  bei  Cicero,  aber  doch  beiLivius  u. 
den  bessern  Folg^enden,  wie  bei  Quintil.  XII,  1,  36  quos  gravissimos 
sapientiae  magistros  aetas  vetiis  (die  alte  Welt,  die  Me?iscfien  der 
Forzeit)  credidit.  Darauf  beruht  auch  der  Gebrauch  der  Alten,  das 
Wort  von  den  verschiedenen  Perioden  des  Menschengeschlechtes  zu 
brauchen  und  ihre  Verschiedenheiten  nach  altgriechischer  Redeweise 
durch  die  Adjectiven  aurea,  argentea,  ae?wa,  ferrea  zu  bezeichnen; 
aber  dennodi  nie  als  bildliche  Benennungen  der  Perioden  der  Litte- 
ratur  eines  Volkes;  wollen  wir  aetas  so  brauchen,  so  bedarf  es  des 
Zusatzes  quam  vocant,  z.  B.  scriptores  aureae  aetatis,  quam  vocnvt. 

—  In  aetas  iniens  liegt  aber  nach  Dietrich,  welchem  Heusinger  (zu 
Cic.  Off.  I,  34)  und  schon  vorher  Manutius  (zu  Cic.  leg.  Manil.  I,  1) 
vorangegangen  sind,  welcher  sagt:  wow  pueritiam^  sed  adolescentiam 
significat  — ,  nur  die  frühe  Jugend,  nicht  die  Kindheit,  welchen  Be- 
griff die  Neuern  oft  damit  verbinden,  besonders  in  der  Redensart 
ab  ineimte  aetate.  Vgl.  besonders  Cic.  Off.  II,  13  und  Orat.  II,  1,  3, 
wo  er  sieh  adolesce?ituhi?n,  und  sein  Alter  ineuntein  nennt.  Auch  liege, 
meint  Dietrich,  ebenfalls  der  Begriff  adolescentia  in  der  Redensart  ah 
initio  aetatis  (Cic.  Off.  II,  1,9)   und  in  aetas  prima  (Suet.  Caes.  80). 

Aeternahilis  u.  aeternalis,ewig,  theils  A.,  theils  Sp.L.  f.  aetermis. 

Aeterne,  ewig,  als  Adv.  N.  L.  ohne  Anctorität,  z.  B.  aeterne  vi- 
vere,  ewig  leben,  für  aetermim  esse,  agere  vitam  perpefuam  u.  a. 

Aeternitas,  die  Ewigkeit.  Unser  von  Ewigheit  zu  Ewigkeit  heisst 
ab  aeterno  tempore  in  aeternum  (Cic.  Tusc.  V,  25,  70),  und  ist  nicht 
durch  aeternitas  auszudrücken,  welches  in  andern  Verbindungen  ge- 
braucht wird.  Vgl.  die  Lexica.  Verworfen  wird  wohl  mit  Recht  in 
omjiem  aeternitatem  hoc  non  fiet,  das  wird,  in  alle  Ewigkeit  nicht 
geschehen,  für  hoc  nidlo  unquani  tempore  fiet.  Vgl.  Vorst.  latin.  merit. 
Susp.  p.  46.  Endlich  unser  von  Ewigkeit  her,  in  aller  (alle)  Einig- 
keit, immer  und  ewig  heisst  ex  oder  ah  omni  aeternitate.  Vgl.  Cic. 
Divin.  I,  55,  II,  7,  19.  Fat.  14.  Auf  immer,  auf  eivig,  für  alle  Etoig- 
keit  heisst  in  aeternum  (Liv.  IV,  4.  XXVIII,  28.  Quintil.  V,  11,  41 
neque  durassent  haec  in  aeternum),  oder  auch  in  perpetuum,  wel- 
ches aber  mehr  fär  die  Dauer  bedeutet. 

Aeternus ,  ewig,  in  der  Bedeut.  beständig ,  fortwährend ,  werde 
vermieden,  für  assiduus ,  z.  B.  ein  ewiges  Schtvanken  zwischen  Tu- 
gend und  Laster,  assidua  jactatio  inter  — ,  nicht  aeterna. 

Aevum,  Kl.  wohl  nur  in  der  Bedeut.  Leben,  Lehefisdauer,  nicht 
Zeit  im  Allgemeinen,  für  tempus;  so  kommt  es  erst  N.  Kl.  und  P. 
vor.  Im  iV.  L.  sehr  häufig,  sogar  bei  den  Bessern,  wie  Muret.  (Oper. 
T.  I,  p.  314,  ed.  Fr.)  optimus  aevi  sui  poeta  Claudianus,  für  aetatis 
suae,  teinports  sui;  Ruhnk.  praef.  Velleji  (Opusc.  T.  II,  pag.  460) 
munditia  Augustei  aevi.  wo  Zumpt  bemerkt:  Vox  aevum  Ciceronis 
quidem  iniitandi  studiosis  poetica  videbitur  — ,  und  so  findet  man 
im  N.  L.  oft  nostrum  oder  hoc  aevum,  unsere  Zeit,  für  nostrum 
tempus,  nostra  aetas,  nostra  memoria.  Ohne  Beweis  ist  für  diese 
Bedeut.  Cic.  Somn.  Scip.  3  (Rep.  VI,  13)  aevo  sempiterno  frui.  Jedoch 
findet  es  sich  auch  einmal  bei  Liv.  XXVIII,  43  omuis  aevi  claris  viris. 

—  Die  Pluralform  aeva  ist  ohne  alle  Anctorität.  Vgl.  Sciopp.  de 
stylo  p.  110. 


140 

Afer  als  Adj.  afrikanisch  ist  nur  P.  L.  für  Jfricanus;  in  Prosa 
nur  Subst.  der  Afrikaner. 

Jffabiliter,  freundlich,  gefällig,  als  Adv.  Sp.  L.  f,  comiter,  libe- 
raliter,  benigne,  wiewohl  affabilis  und  affabilitas  Kl.  sind. 

Affamen  und  affatus  als  Subst.  das  Anreden,  beide  P.  L.  und 
Sp.  L.  für  appellatio,  alloquium,  allocntio. 

Affeciare,  affectatio,  affectator,  affectatus  kommen  bei  Cicero  u. 
Caesar  fast  gar  nicht  vor,  und  wenn  sie  gebraucht  werden,  haben 
sie  den  Sinn  des  Strebens  nach  Etwas.  N.  Kl.  erhielten  sie  den 
Begriff  des  eitlen  Strebens  nach  Etwas  und  der  Sucht,  in  Worten  oder 
sonst  in  einer  Sache  zu  gefallen  oder  Aufsehen  zu  erregen,  was  wir 
auch  affectiren,  affectirt  oder  geziert  nennen.  Quintilian  braucht  die 
Wörter  oft  in  solchem  Sinne,  und  sie  können  so,  wie  er  sie  braucht, 
angewandt  werden.  Vgl.  Bonnell's  lexicon  Quintilian.  Aber  N.  L.  ist 
es,  das  letzte,  affectatus.,  von  Menschen  zu  gebrauchen,  da  nur  Sa- 
chen so  genannt  werden,  z.  B.  affectata  scurrilitas,  off.  castitas  u.  a., 
wo  es  erheuchelt,  nachgemacht,  erkünstelt  bedeutet:  und  dennoch 
muss  es  auch  da  vorsichtig  angewandt  werden.  Von  Personen  sage 
man  homo  putidus,  alienos  mores  affectans ,  arte  quadam  in  osten- 
tationem  alicujus  rei  f actus  (nicht  cotnposittis ) ;  bei  Sachen  mehr 
quaesitus,  assumptus,  fucatus,  adventitius  u.  a. 

Affectio  ist  in  der  Bedeut.  Zuneigung,  Liebe,  Wohlwollen  erst  N. 
KL,  findet  sich  nicht  bei  den  Bessern  und  steht  selten  für  amor, 
voluntas,  Studium,  benevole?itia  u.  a.  Man  vermeide  es.  —  Sp.  L.  ist 
affectiosus  oder  affectiiosus,  voll  Neigung,  Zuneigung. 

Affectus  bedeutet  Kl.  nur  eine  Regung,  Stimmimg ,  einen  Zu- 
stand der  Seele,  oder  auch  des  Körpers,  gleich  affectio;  N.  KL,  wie 
vorher  affectio,  Liebe,  Zuneigung,  Vorliebe,  für  Studium,  graiia ;  bei 
Seneca  und  in  der  damaligen  Sprache  der  Philosophen  bezeichnet 
es  eine  unerlaubte  Leidenschaft,  für  die  Kl.  perturbatio,  concitatio, 
niotus ,  impetus  animi,  welche  den  Gebrauch  des  Wortes  ganz  un- 
nöthig  machen  und  höchstens  auf  die  Philosophie  beschränken.  Vgl. 
Sciopp.  Infam,  p.  7  und  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  120. 

Afferre  wird  in  seiner  vielfachen  Anwendung  verbunden  aliquid 
alicui  oder  aliquid  ad  aliquem,  z.  B.  mihi  oder  ad  ?ne  litteras  attu- 
lit;  vobis  oder  ad  vos  periculura  allatum  est.  Nur  in  einigen  Redens- 
arten ist  nicht  ad,  sondern  nur  der  Dativ  üblich,  z.  B.  afferre  alicui 
vim,  manus,  necem,  Gewalt  brauchen,  Hand  anlegen,  ermorden.  Neu- 
tral sagt  man  auch  mihi  affertur  de  aliqua  re,  mir  unrd  Etwas  ge- 
meldet, z.  B.  de  7noite  alicujus.  Cic.  Brut.  I,  1.  Das  Object  bei  afferre 
ist  eigentlich  nur  eine  tragbare  Sache,  nicht  ein  Mensch,  ausser  wenn 
er  getragen  wird;  daher  wohl  epistolam,  litteras,  librum,  mensam  — 
und  in  bildlicher  Anwendung  metum,  dolorem,  nuntium,  rumorem, 
exemplum,  locum   (Stelle  eines  Schriftstellers)  u.  a.  m.,  aber  nicht 

hominem,  equum,  navem,  einen   M. herbeibringen    (  Ausdrücke, 

welche  sogar  bei  dem  Ciceronianer  Bembus  vorkommen),  für  addu- 
cere ;  so  auch  nicht  scriptorem,  poetam  —  afferre,  einen  Schriftstel- 
ler anführen,  erwähnen.,  für  proferre,  indem  adducere  so  nicht  üblich 
ist.  Vgl.  Adducere.  Volkssprache  bei  den  Komikern  ist  se  afferre, 
sich  tvohin  begehen.^  -gehen,  für  se  conferre.  —  Ueber  nuntii  af- 
ferunt   vgl.  Nuntius.  —  Einen    Eid  antragen,   d.  h.  fordern  heisst 


141 

nicht  j?isjurandu7n  afferre,  wie  Muret.  Epist.  III.  30  (Oper.  III,  p.  378) 
sagt:  si  qiiis  jusjurondum  attuh'sset,  sondern,  wie  Kiihiiken  dazu  h^- 
mcrkt.,jusjur.  deferre  oder  offerre,  iit  jurisconsulti  veteres  ioquiintur. 

Affictitius  in  der  Bedeut.  erdichtet  N.  L.  für ßctus,  cornmentithis. 

Affigere,  anfügen,  anheften,  wird  gleich  gut  verbunden  mit  ad 
oder  m.  d.  Dativ,  z.  B.  ad  caput,  oder  capiti  alicujus;  ad  crucem 
oder  cruci.  Ebenso  afflxtis. 

Affin gere  wird,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  nur  m.  d.  Dativ  ver- 
bunden. 

Affinis,  was  bei  Cicero  und  Caesar  nur  vertvandt,  anverioandt 
oder  an  Eltvas  Theil  nehinend  bedeutet  und  mit  dem  Geiiitiv  oder 
Dativ  verbunden  wird,  findet  sich  nur  bei  Livius  XXVIII,  17,  5  in 
der  Bedeut.  angränzend  in  örtlicher  Beziehung,  und  ist  wegen  dieser 
Seltenheit  durch  finitinms  oder  confinis  zu  vermeiden. 

Affirmanter ,  versichernd,  mit  Gewissheit,  mit  Betheuemng^  Sp.  L. 
bei  Gellius,  vielleicht  A.  Z.,  für  affirniate  oder  asseveranter. 

Afßrmativus,  versichernd,  bejahend,  Sp.  L.  Kunstwort  in  der  (»rara- 
matik  und  Philosophie  für  ajens,  uffirmans ;  und  so  affirmative  für  - 
affirmate,  cum  affirniatione. 

Afflatio,  das   Atiwehen,  Anhauchen,  N.  L.  für  afflatus. 

Affinere  in  der  Bedeut.  an-  oder  vorbeiströtnen  an  Etwas  wird 
verb.  ad  aliquid;  in  der  Bedeut.  überströmen  von  oder  reich  sein 
an  Etivas,  aliqua  re;  so  auch  affiuens. 

Affimdere.,  hinziigiessen,  erst  N.  KL,  beschränkt  sich  hinsichtlich 
seiner  Bedeutung  sehr  auf  seinen  eigentlichen  Sinn,  hinsichtlich  seines 
Gebrauches  auf  den  altern  Plinius  und  Tacitus,  und  hinsichtlich 
seiner  bildlichen  Uebertragung  auf  Dichter.  Es  werde  vermieden 
durch  f lindere  ad  aliquid.  N.  L.  ist  daher  affundere  lucem  alicui 
loco,  in  irgend  eine  (dunkle)  Stelle  Licht  bringen,  sie  aufhellen,  auf- 
klären, erklären,  was  sich  häufig  in  den  Anmerkungen  der  Heraus- 
geber findet.  Eben  so  unlat.  ist  es  daher  auch,  wenn  der  jüngere 
ßurmann  sagt;  locum  obscuriorem  majori  luce  afftisum.   Vg\.  Lumen. 

Africanus  wird  nur  als  Adj.,  nicht  als  Subst.  gebraucht;  als  sol- 
ches kommt  nur  Afer  vor. 

Age,  wohlan,  verbunden  mit  dem  Plur.  eines  andern  Verbi,  z.  B. 
cojisideremus,  verwerfen  Einige,  wie  Laur.  Valla  Eleg.  II,  16,  als 
schlechtlateinisch,  aber  mit  Unrecht.  Vgl.  Cic.  Rose.  Am.  33  u.  3t). 
Milo  21.  TuU.  46  u.  a.  Ebenso  agedum  mit  dem  Sing,  und  Plural, 
z.  B.  agedum  mittit0  quaerite. 

Agere.  Dieses  vielfach  gebrauchte  Wort  werde  vorsichtig  ange- 
wandt, einestheils  damit  unlatein.  Verbindungen  vermieden,  andern- 
theils  seltnere,  wohl  gar  ganz  verworfene  weniger  gebraucht  wer- 
den. N.  L.  ist  es,  agere  absolut,  ohne  ein  Adverbium  oder  ein 
Object,  was  man  thut,  zu  brauchen,  z.  B.  agit,  er  handelt,  d.  h.  er 
ist  thätig;  nur  der  Infinitiv  mit  seinen  Gerundien  und  im  Neutro 
agendum  est,  es  muss  gehandelt  werden,  ist  zulässig.  Vgl.  Iland's 
Lehrb.  p.  166.  —  N.  L.  ist  agere  orationem,  eine  Rede  halten,  für 
habere  orationem,  indem  agere  bei  einer  Rede  sich  nur  auf  die  Action 
oder  Gesticulation  bezieht  und  das  Vortragen  bedeutet,  z.  B.  Cic. 
Orat,  III,  56,  213  ut  aguntur,  wie  sie  vorgetragen  iverden.  Er  spricht 
hier  von  der  actio,  dem    Vortrage  oder  Halten  der  Rede.  So  heisst 


142 

auch  aclor  in  dieser   Beziehung  der  Redner,  insofern   er  die  Rede 
hält   oder   vorträgt,  wie    in  jener   nämliclien  Stelle    actore    mutato; 
und   so  wird  von  einem    Schauspieler  gesagt  agit  versum,  er  trägt 
einen   Vers  mit  Geberden  vor.  Vgl.  Promintiare.  Höchst  selten  und 
vielleicht  zweifelhaft  ist  agere  proeliiim.,  pugTiam,  eine  Schlacht,  ein 
Treffen  liefern,  für  facere  oder  committere.  Scioppius  erklärt  es  für 
unlateinisch  in  der  Infam.  Famiani  Stradae,  welcher  (Strada)  es  oft 
brauchte.  Es  kommt  aber  bei  Liv.  XXII,  9  vor  levibus  proeUis  cum 
Gallis  actis,  wo  J.  Fr.  Gronov/«c</s  liest;  dagegen  lesen  dieHandschr. 
oft  actus  dafür,  wo  Liv.  sonst  imme^r  f actus  braucht.  Als  zweifelhaft 
werde  agere  in  dieser  Verbindung  durchaus  vermieden.  Uebrigens 
bedeutet   das   ähnliche   agere   bellum   bei  Caesar  u.  A.  nicht  Krieg 
fähren,  sondern   einen  Krieg  betreiben,  d.  h.  dafür  sorgen,  dass  er 
geführt  werde.  —  Sp.  L.  ist  agere  se  exulein,  principein  u.  dgl.,  sich 
wie  ein   Verbannter,  zvie  ein  Fürst  —  benehmen,  die  Rolle  desselben 
.spielefi,  für  das  N'.  Kl.  agere  exvlem  ohne  se  (vgl.  Oudend.  Sueton. 
p.  613),  oder   für   das  Kl.  partes  exulis  —  agere,  personam  exulis 
sustinere  oder  tueri.  Aber  N.  L.  ist  personam  agere,  eine  Rolle  spie- 
len. Vgl.  Persona.  Wiewohl  agere  fortim,  Gerichtssitzung  halten  (in 
den  Provinzen)   Kl.  ist,  so  kommt  dagegen  senatum  agere  für  habere 
nur  N.  Kl.  bei  Sueton.  einmal  vor  und  werde  desshalb  vermieden.  — 
Mit  Recht  verwirft  auch  wohl  Laur.  Valla  Eleg.  III,  75  agere  allquem 
certiorem,  alicui  gratutn,ludos,rem  divinam,  sacrißciiim,  solejuiitatem. 
Her,  für  facere.  Obgleich  agere,  zumal  mit  cum  aliquo,  bedeutet  mit 
Jemanden  sprechen,  besonders  im  politischen  Sinne  des  Unterhan- 
delns   oder   Sprechens,  um   Etwas   zu    erlangen,  so  kommt   es  doch 
nirgends   vom   geistigen  Besprechen  einer  Sache  und  vom  Handeln 
und  Sprechen  von  einer  Sache  vor,  was  im  N.  L.  sehr  gewöhnlich 
ist,  wo    man    entweder   sagt  in   hoc  libro  agitur  de  natura  deortim, 
oder   hie  liber  (hi  libri)  agit  (agunt)  de  nat.  deor.   Wo  steht  etwas 
Aehnliches  bei  einem  Alten?  Ohne  eine  Beweisstelle  bleibt  es  un- 
lateinisch für  hie  liber  est  de  nat.  deor.,  in  hoc  libro  tractatur  natura 
deorum,  disseritur   oder   disputatur  de  nat.  deor.  —  Obgleich  vitam 
agere,  das    Leben   hinbringen.  Kl.   und   sehr   gewöhnlich  ist,  so  ist 
doch  N.  L.  vitae  cursum  agere  für  v.  c.  te?iere.  Zu  bezweifeln  ist 
aber    tempus    agere,  die  Zeit  hinbringen,  für   tradiicere,  consimiere 
und  N.  Kl.  beim  Jüngern  Plinius  exigere.  Bei  Sallust  aus  dem  A.  L. 
und  bei  Tacitus  findet  sich  agere  mit  einem  Adjectiv  in  der  Bedeut. 
leben    für  vivere,  z.  B.  felix  ago  i\\r  feliciter,  ^ne  vivo,  sumfelix.  — 
Man  merke  auch,  dass  agitur  mea  salus  bedeutet:  für  mein   Wohl 
wird  gearbeitet,  auch  mein   Wohl  ist  in  Gefahr,  steht  auf  dem  Spiele., 
aber  actum  est  de  mea  salute,  es  ist  um  mein  Wohl  geschehen,  actum 
est   mecutn   bene,  praeclare,   optime,  es   steht  gut,  herrlich  mit  mir, 
ich  hin  in  einem  glücklichen  Zustande,  inid  so  entgegengesetzt  male, 
pessime.  find  lieh  ist  N.  L.  agere  fiihil  7iisi  mit  Holzendem  quod  oder 
dem  blossen   Coiijunctiv,  für  nisi  7it ;    z.  B.  er  that  Nichts,  als  dass 
er  sich   Mühe  gab,  nihil  egit,  nisi  ut  operam  daret,  nicht  nisi  quod 
operam  daret  oder  nisi  operam  daret. 

Jggredi,  unternehmen,  wird  bei  folg.  Infin.,  Etwas  %u  thun,  sel- 
ten Kl.  mit  dem  Infinitiv  verbunden  (nur  einmal  bei  Cic.  Off.  II,  1 
de  quibus  dicere  aggrediar) ;  gewöhnlicli  mit  ad  und  dem  Gerundio. 


143 

j4ggressio,  aggressiira,  nggressns,  der  Angriff,  AnfaU,  sämmtli(>h 
S])  L.  für  Impetus,  oppiignotio,  incursio^  t'ncursus  u.  a.,  oder  mit  dem 
Verbo.  Ebenso  aggressor,  der  A7igreifer. 

Agilis,  thätig,  geschäftig,  fast  nur  Poet,  und  in  Prosa  nur  N.  KL, 
jedoch  bei  Quintil.  von  A^v  natura  ingenii  hiimani.  Y gl.  Activus.  In 
Prosa  ist  es  kaum  anwendbar. 

Agitare  hat  mit  ogere,  dessen  Frequentativ  es  ist,  ziemlich  gleiche 
Bedeutungen,  wird  aber  Kl.  nur  von  unruhiger,  stürmischer  Bewe- 
gung gebraucht  und  vorzüglich  von  der  Seele,  animo.,  in  unimo,  cum 
animo.  mente  oder  in  mente,  sectini.  A.  L.,  und  so  auch  bei  Sallust 
Hiid  Tacitus,  in  der  Bedeut.  lebefi,  was  in  Prosa  nicht  wohl  nach- 
zuahmen ist,  z.  B.  aeviim  oder  vitam  agitare  für  vitam  agere,  vivere ; 
laetus  agitat  für  vivit;  pacem  agitare.,  in  Frieden  leben,  für  jyacem 
habere,  pace  uti.  Noch  viel  weniger,  da  es  ohne  Auctorität  ist,  kann 
man  sagen  agitare  proelium,  was  Fam.  Strada  braucht,  für  facere, 
cotmnittere  proeliutn.  Vgl.  Agere  und  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  J41. 

Agmen,  der  Zug,  wird  in  der  bessern  Prosa  nur  vom  ziehenden., 
fortgehenden  Heere  gebraucht,  indem  exercitus  allgemein  das  Heer 
bedeutet,  acies  aber  das  gestellte,  geordnete.  Nur  Poet,  steht  aginen 
für  exercitus.  N.  L.  ist  agmen  cogere  in  der  Bedeut,  ein  Heer  zu- 
sammenbringen, da  es  vielmehr  eiji  Heer  im  Zuge  schliessen  be- 
deutet. Vgl.  Cic.  Fam.  XV,  13  nee  duces  sim?is,  nee  agmen  cogamus, 
wir  wollen  weder  die  Ersten.,  noch  die  Letzten  sein. 

Agnatus,  der  Vericandte,  nach  streng  juristischem  Gebrauche 
nur  der  von  väterlicher  Seite,  und  daher  nur  selten,  indem  cognatus 
allgemein  beide,  von  väterlicher  und  mütterlicher  Seite,  bedeutet  und 
daher  im  gewöhnlichen  Gebrauche  das  passendste  Wort  für  den 
f  erwa?idten  ist. 

Agnotiien,  der  Beiname,  Sp.  L.  erst  bei  den  Grammatikern  zur 
bestimmten  Unterscheidung  der  verschiedenen  Namen  oder  Beinamen 
einer  Person,  wofür  man  in  der  bessern  Prosa  nur  das  allgemeine 
cognomen  gebraucht  findet. 

Agon,  der  Wettkampf,  das  Wettspiel,  nur  einigemal  N.  Kl.  für 
cer tarnen  oder  ludus.,  —  beschränkt  auf  agones  g ynwici  imd  jnusici. 
N.  L.  in  der  Bedeut.  Todeska?npf,  wo  der  Lateiner  nur  animam 
agere,  extremum  spiritum  agere  oder  ducere  braucht,  ohne  Bezie- 
hung auf  einen  Kampf. 

Agrarius  brauche  man  vorsichtig,  da  es  nur  die  Aeckerverthei- 
lung  und  was  damit  zusammenhängt,  betrifft  und  mit  agrestis  nicht 
zu  verwechseln  ist.  Vgl.  die  Lexica. 

Agrestis,  ländlich.  Cicero  (Rose.  Am.  27)  scheint  vita  agrestis, 
das  Landleben,  zu  missbilligen  für  vita  rustica,  vielleicht  weil  in 
agrestis  mehr  der  Begriff  des  Rohen,  Verwilderten  und  Ungebil- 
deten ohne  Feinheit  lag,  wesswegen  er  (Orat.  I,  8,  33)  sagen  konnte 
fern  agrestisqiie  vita.  Vgl.  was  über  beide  Wörter  Döderlein  (Syno- 
nym. 'I'h.  I,  p.  71   fgg.)   trefflich  bemerkt  hat. 

Agricolatio,  der  Ackerhau,  N.  Kl.  nur  bei  Colura.  R.  R.  I,  9. 
Vgl.  Agricultio. 

Agrieultio  (oder  besser  getrennt  agri  cultio,  agri  cultura,  agri 
cultor),  der  Ackerbau,  KL,  aber  nur  bei  Cicero,  jedoch  zweimal, 
sonst   nirgends;  es    dient   zur    Abwechselung   mit   agricuUura  oder 


144 

cultura  agri  oder  agrorum,  und  cultus  agrt  oder  agrorum.  So  kommt 
auch  ausser  agri  cullores  vor  agrorum  cultores  oder  cultores  agrorum. 

Agrosus,  an  Aecliern,  an  Feld  reich,  A.  7/.,  nur  bei  Varro  einmal 
für  locuples,  dives  agri's;  jedoch  findet  es  sich  nie  in  den  Büchern 
vom  Land  bau. 

Ajo.  Da  es  ja  sagefi,  bejahen  bedeutet,  so  tritt  kein  Wort  zur 
Bezeichnung  des  ja  hinzu;  nein  sagen  kann  aber  nicht  durch  non 
ajo  ausgedrückt  werden,  sondern  nur  durch  negare.  Das  Verbum 
steht  bald  vor  den  Worten,  die  Jemand  sagt,  bald  nach  denselben, 
bald  eingeschoben;  das  Subject  aber  hat  es  immer  bei  sich,  und  es 
wird  nicht  von  ihm  getrennt.  Daher  z.  B.  noji  male  ait  CallimachiiSt 
lacrimasse  Priainum,  aber  nicht  non  male  Callimachus,  larrimasse, 
ait,  Pr.  Dem  gewöhnlichen  bessern  Gebrauche  nach  steht  es  bei  der 
ungeraden  (obliqua)  Rede  eines  Andern,  nicht  bei  der  geraden 
(recta),  bei  welcher  der  Sprachgebrauch  inquit  verlangt,  ausser  wo 
es,  weil  inquit  im  andern  Satze  steht,  zur  Abwechselung  mit  dem- 
selben dient,  wie  Cic.  Orat.  U,  36  Ennio  delector,  ait  (f.  inquit^ 
quispiam,  quod  — ,  Pacuvio,  inquit  alias.  Dichter  beachten  den 
Sprachgebrauch  nicht  genau,  und  in  Prosa  weicht  Livius  einigemal 
ab.  Vgl.  Fabri  zu  Livius  p.  163.  Eben  so  schwankend  sind  die  Neu- 
lateiner. Vgl.  Heusinger  Eemendatt.  p.  412.  Wenn  bei  gerader  Rede 
ut  ait  gebraucht  wird,  was  der  Gebrauch  zulässt,  so  steht  das  Subject 
fast  nur  nach  dem  Verbo,  nicht  vor  demselben,  z.  B.  ut  ait  Plato, 
ut  ait  Homerus,  nicht,  wie  bei  den  Neulateinern,  ut  Plato  ait,  ut 
Hom.  ait.  Cicero  stellt  es  vielleicht  nur  vor  das  Verbum,  wo  zwei 
Personen  in  ihrer  Rede  einander  entgegengestellt  werden.  Nichts 
beweist  jetzt  Cic.  Tusc.  I,  26,  64,  wo  für  ut  Plato  alt,  donum,  ut 
ego,  inventum  deorum  R.  Klotz  nach  den  bessern  Handschr.  ait  ganz 
streicht.  In  Redensarten,  wie;  Carneades  sagt  bald  dieses,  baldje?ies, 
braucht  Cicero  dieses  Verbum,  C.  modo  ait  hoc,  modo  illud  (Divin. 
I,  30,  62).  Vgl.  Ochsner  z.  Cic.  Eclog.  p.  230.  Kurz,  wenn  ait  bei 
gerader  Rede  gebraucht  wird,  lasse  man  ut  davor  nicht  aus,  wie 
sich  dies  nur  zu  oft  bei  Muretus  findet. 

Ala  ist  in  der  Bedeut.  Flilgel  der  Reiterei  Kl.,  aber  selten.  Öfter 
dafür  cornu ;  in  der  Bedeut.  Flügel  eines  f'ogels  nur  Poet,  für  penna, 
und  ebenso  P.  von  den  Segehi  und  den  Rudern,  für  vela  und  remi. 
Ebenso  ist  alatus,  geflügelt,  nur  P.  für  pennatus  oder  penniger 
(pinniger). 

Alacer.  Dafür  ist  alacris  A.  L.  Form,  die  nicht  nachzuahmen 
ist,  indem  alacris  später  nur  Form  des  Femin.  ist. 

Alaris,  e,  zum  Flügel  eines  Heeres  gehörend,  ist  bei  Livius  über- 
all navh  den  Handschr.  zweifelhaft,  wiewohl  es  bei  Tacitus  fest  zu 
stehen  scheint.  Sichere  Form  dafür  ist  alarius.  z.  B.  cohortes  aluriae 
für  alares.  Anders  ist  es  mit  au.viliaris  und  ausiliarius. 

Alatus.  vgl.  Ala. 

Albedo,  die  JVeisse,  weisse  Farbe,  wie  nigredo.,  d.  Schwärze,  schwarze 
Farbe.  Von  beiden  sagt  Muret.  Epist.  I  (II),  36  (Oper.  T.  II,  p.  74 
ed.  Fr.)  geradezu:  Albedo  latinum  est  non  magis,  quam ///^/-er/o,  und 
darin  stimmt  Vavassor  (Antib.  p.  477)  mit  ihm  überein.  Beide  sind 
zwar  nicht  iV.  L.,  aber  sehr  Sp.  L.,  daher  verwerflich  und  zu  er- 
setzen   entweder   durch    albitndo  (bei  Plautus)   oder  durch  allmm 


145 

(bei  Liviiis  und  Virgil)  oder  umschrieben  albus  color;  die  blendende 
JVeisse  heisst  Kl.  vandor.  Jenes  albedo  nimmt  Hand  im  Lehrb.  p.  142 
in  Schutz. 

Albesvere,  weiss  werde?!,  zwar  AI.  bei  Cicero,  aber  nicht  vor 
Furcht  und  Schaam,  wo  exnlbescere  oder  pallescere  gebraucht 
wird.  Vgl.  Cic.  Orat.  I,  26,  121  ut  exalhescam  in  principiis  dicendi. 

Alcyon  oder  halcyon,  der  Eisvogel,  ist  die  griech.,  nur  bei  Dich- 
tern gebräuchliche  Benennung  für  die  lat.  alcedo  (halcedo). 

^leo,  der  Hazardspieler,  ./.  L.  und  bei  CatuU  für  das  Äl.  aleator. 

Alere,  ernähren,  hat  im  Supino  alitum  und  alttirn,  beide  viel- 
leicht neben  einander  auch  bei  den  Bessern.  Vgl.  Garaton  zu  Cic. 
Plane.  33,  81. 

Ales,  der  Vogel,  ist  in  Prosa  nur  der  in  der  Augurspi'ache 
herrschende,  heilige  Name  der  Flugvögel,  die  durch  ihren  Flug 
Etwas  verkündigen,  sonst  nur  Poet,  für  das  pros.  avis. 

Alias  geht  Kl.  auf  die  Zeit,  ein  andermal,  zu  anderer  Zeit,  sonst, 
sei  es  ehedem  oder  künftig.  Ihm  entgegen  steht  nunc,  jetzt,  daher 
alias  —  nunc,  ein  andermal  (wird  das  geschehen),  nunc ^  jetzt  aber 
(geschieht  das).  Mehr  N  Kl.  und  dabei  selten  ist  es  in  öX/ZcAe/*  Bed. 
an  einem  andern  Orte,  anderswo,  wie  unser  sonst,  für  alibi,  alio  loco, 
aliis  locis.  Verwerflich  ist  es  auch  wohl,  \\enn  unser  sonst  die  Stelle 
einer  verneinenden  Bedingung  vertritt,  für  wenn  das  nicht  ist,  nicht 
wäre.  Dann  gebrauche  man  aliter  oder  umschrieben  quod  nisi  ita 
est  (esset),  auch  wohl  alioqui.  Sp.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  auf  andere 
Weise,  für  aliter,  alio  modo.  Vgl.  vorzügl.  Handii  Tursell.  T.  I, 
p.  219—226. 

Alibi,  anderstvo,  ist  weniger  gebräuchlich,  als  man  heutzutage 
nach  der  häufigen  Anwendung  denken  sollte,  indem  es  bei  Cicero 
nur  zweimal  vorkommt,  und  zwar  nur  negativ,  mit  niisquam  und  nee 
usquam  verbunden,  bei  Caesar  nirgends,  aber  seit  Livius  etwas 
öfter.  Es  kann  durch  alio  loco,  aliis  locis,  wenn  man  will,  vermieden 
werden.  ]V.  Kl.  ist  es  auch  noch  in  andern  Bedeutungen;  Sp.  L. 
alibi  gentium,  terrarum,  locorum,  was  Valckenaer  u.  Andere  nicht 
hätten  nachbrauchen  sollen. 

Alienare  wird  fast  nur  verbunden  aliquem  (aliquid)  ab  aliquo,  Einen 
einem  Andern  entfremden,  abgeneigt  machen,  z.  B.  conatur  voluntatem 
meam  a  te  alienare;  bei  Livius  auch  einmal  alicui,  z.  B.  regem  sibi 
(f.  a  se)   alienavit. 

Alienigenus,  a,  um  ist  als  volles  Adjectiv  A.  L.  und  N.  Kl.  nur 
bei  Valer.  Maximus,  da  sonst  nur  alienigena  (wie  advena  u.  a.)  theils 
als  Subst.,  theils  als  adjectivischer  Beisatz  eines  Subst.,  jedoch  fast  nur 
von  Masculinen,  gebraucht  wird,  z.  B.  alienigena  (ein  fremder,  auslän- 
discher) deus,  ho7no,  exercitus  u.  a. 

Alienus  wird  wie  alienare  (s.  vorher)  in  der  Bedeut.  abgeneigt 
fast  nur  mit  ab  aliquo,  Einem  abg.,  verbunden.  Vgl.  Cic.  Fam.  VI,  10,2; 
N.  Kl.  bei  Tacitus  mit  d.  Dativ;  in  andern  Bedeutungen  anders.  Y^L 
Grammatik  u.  Lexica.  —  Ein  blutfremder  Mensch,  der  mit  uns  nicht 
verwandt  ist,  heisst  alienissimus.  In  der  Bedeut. /re/wf/ passt  es  aber 
nicht,  wenn  darin  das  Oertliche,  unser  atisländisch  liegt ;  dafür  sage 
man  esterus,  peregrinus,  alie7iigena,  z.  B.  ein  fremdes  Volk,  gens  per e- 
grina,  nicht  aliena.  N.  Kl.  ist  es,  nach  alienam  est,  es  ist  unpassetid, 

10 


146 

den  folgenden  Satz  mit  s/ anzufangen,  wo  nur  der  Infnntw  zu  folgen 
pflegt.  Vgl.  Ileusing.  Cic.  Ofl".  1.  34,  S  und  wasunter  Ä"  über  dessen 
falsche  Anwendung  gesagt  ist.  Eben  so  N.  L.  ist  es,  die  Redensart  ich 
bin  nicht  geneigt,  dieses  zu  thun  auszudrücken:  alienus  sum,  ut  hoc 
faciam,  für  noio  oder  mihi  non  libet  (labet)  hoc  facere. 

Aliger,  geflügelt,  P.  L.  für  pennatus,  ■penniger.  Vgl.  Ala. 
Alinioniiitn,die  Nahrung,  ein  altes,  gemeines  Wort,  noch  beiVarro, 
nachher  auch  N.  Kl.  selten  für  alimentum. 

Alioqui  (alioquin)  in  der  Bedeut.  sonst,  ivenn  das  nicht  umre,  wird 
in  den  beiden  Stellen  Cicero's  Orat.  ]5,  48  (49)  und  Leg.  11,25,  62 
von  Hand  (Tursell.  T.  I,  p.  236)  als  verdächtig  ganz  gestrichen,  wie- 
wohl es  nach  Dietrichs  Meinung  in  beiden  Stellen  nicht  wohl  ange- 
tastet werden  kann.  Oefter  aber  kommt  das  Wort  seit  Livius  bei  den 
Nachklassikern  vor  und  ist  nicht  verwerflich.  In  der  Bedeut.  anders- 
wo, für  alio  loco,  aliis  locis,  auch  wohl  alibi  ist  es  N.  L.,  und  dennoch 
empfiehlt  es  Sintenis  (Hülfsb.  z. Styl)  oft,  wogegen  ebendaselbst  Diet- 
rich zu  vergleichen  ist  (p.  112.  J 39.  223.  226).  Ebenderselbe  hält 
für  etwaigen  klassischen  Ersatz  das  Wort  aliier,  welches  von  Cicero 
ganz  wie  unser  so?ist,  wenn  das  nicht  ist,  gebraucht  werde.  \gl.  Ileu- 
sing. Cic.  Off".  I,  39,  6  und  Kritz  Sali.  Cat.  29,  3.  Man  brauche  auch  in 
der  Bedeut.  des  Wortes  sortst,  d.  h.  in  alleji  andern  Dingen,  das  volle 
ceteris  in  rebus,  i.  B.  Cic.  Cat.  17,  59.  Sehr  vollständig  spricht  von 
dieser  Partikel  Hand  (Tursell.  T.  I,  p.  234—241)  und  nach  ihm 
Freund  (Lat.  Lexic). 

Aliorsum,  anderswohin,  A.  L.  und  aus  der  Volkssprache  erst  spät 
wieder  in  die  Schriftsprache  herübergenommen,  für  das  Rl.  alio. 

Aliqualis  und  aliqualiter,  N.  und  B.  L.,  irgend  ivelcher,  auf 
irgend  ei7ie  Weise,  für  aliquis,  aliquantus;  aliquo  modo,  aliqua  ex 
parte,  quodammodo,  utcumque. 

Aliquant  verbunden  mit  mulli,  ziemlich  Viele,  wie  aliquamdiu, 
ziemlich  lange,  findet  sich  nur  einmal  bei  Cic.  (Verr.  IV,  25,  56), 
aber  durch  Handschr.  beglaubigt  und  von  Znmpt  und  Klotz  ver- 
theidigt;  sonst  ist  es  nur  Sp.  L.  bei  Gellius  und  Appulejus,  den  Freun- 
den seltner  Wörter.  Hand  verwirft  es  bei  Cicero  und  liest  aliiquam  mulli. 
Aliquantisper  ist  in  der  Bedeut.  eine  ziemliche  Zeit  nur  A.  L.  und 
einigemal  Sp.  L.  für  aliquantum  temporis;  N.  L.  in  der  Bedeut.  eine 
kleine  Zeit,  nicht  lange  bei  Politian.  u.  Muret,  (Cic.  Catii.  I,  12)  für 
paulisper  oder  parumper   (Cic.  Orat.  III,  35,  143). 

Aliquantus  bedeutet  weder  wenig  (wie  Drak.  Liv.  XLI,  16  mit 
den  Frühern  meinte),  noch  viel  (wie  Ern.  Suet.  Caes.  86  zuerst  be- 
hauptete), sondern  eine  zwischen  wenig  (paullum)  und  viel  (muhum) 
in  der  Mitte  liegende  unbestimmte  Quantität,  deren  wahrer  Gehalt 
erst  aus  der  jedesmaligen  Beziehung  und  aus  dem  Zusammenhange 
erkannt  werden  kann.  Ais  ein  relatives  Wort  nähert  es  sich  bald 
dem  wenig,  bald  dem  viel.  So  erklärte  es  zuerst  F.  A.  Wolf  (z.  Suet. 
Caes.  10),  und  meinte  in  seinen  Vorlesungen,  es  liege  darin  unser 
ziemlich,  bedeutend,  um  ein  gut  Thei/,  aber  auch  einigermassen,  etwas, 
60  dass  eine  urbs  aliquanto  amplior  etwas  Anderes  wäre,  als  eine 
urbs  paullo  oder  multo  (multis  partibus)  amplior.  Im  Neulatei7i.  be- 
deutet es  meistens  wenig.  —  Mehr  P.  und  griechischartig  ist  bei 
einem  Comparativ  der  Accusativ  aliquantum,  für  das  ächtlatein.  ali- 


147 

quanto  im  Abi.,  mag  auch  Liviiis  einigemal  jewes  für  dieses  gebraucht 
haben,  z.B.  I,  7,  9  forniain  viri  aliquantiini  {L  aliquanto)  ampliorem. 
Man  sage  nicht  aliqiiajitnm  phis,  u?n  ein  gut  Theil  mehr,  sondern 
aliquanto  p/us. 

JUquis.  Ueber  die  Verschiedenheit  dieses  Pronomens  von  den 
synonymen  ullus^  quisqiiam  \\.  a.  vgl.  die  Sprachlehren  und  andere 
grammat.  Bücher,  wie  Reisigs  Vorles.  p.  337  fgg.  j>Ian  hüte  sich  be- 
sonders, es  in  verneinenden  Sätzen  zu  gebrauchen,  wo  ganz  allgemein 
von  einer  nicht  bestimmten  Person  oder  Sache  die  Rede  ist,  da  aliquis 
auf  einen  Bestimmten  —  oder  etwas  Bestimmtes  hindeutet.  N.  L.  ist 
daher  cave  turpe  aliquid  facias,  für  quidquam;  N.  L.  non  reperiliir 
aliud  quid  oder  aliquid  aliud,  etwas  Anderes  findet  man  nichts  für 
aliud  quidquam;  ebenso  7ion  est,  non  reperitur  aliquis,  es  gibt,  man 
findet  Niemanden,  für  quisquam,  oder  nemo  est,  nemo  reperitur. 
N.  L.  ist  es  bei  sine  in  der  Bedeut.  einiger,  für  ullus,  z.  B.  sine  ali- 
qua  injuria,  ohne  einige  oder  alle  Kränkung^  für  sine  ulla  — ,  aber 
richtig  nach  non  sine,  was  bejahend  ist.  —  Vgl.  Omnis.  —  Da  in 
Comparativsätzen  mit  quo,  je  —  eo,  desto  das  Subject  Einer  ganz 
unbestimmt  gedacht  wird,  so  ist  aliquis  dabei  N.  L.  für  quis  oder 
quisque,  welches  letztere  immer  gesetzt  wird,  wenn  noch  ein  Subst. 
dazu  gehört,  z.  B.  quo  quisque  medicus,  quo  quneque  causa.  N.  L. 
ist  aliquo  zur  Verstärkung  eines  Comparativs,  für  paulo  oder  ali- 
quanto, um  etwas,  um  ein  gut  Theil,  wie  z.  B.  Lipsius  Epist.  misc. 
centur.  I,  ep.  22  quis  non  a  Tnrnebo  aliquo  (für  aliquanto)  doctior 
redeat?  —  Da  das  Neutr.  aliquid  nicht,  wie  unser  etwas,  gleichsam 
adverbial  gebraucht  wird  und  daher  ein  Adjectiv  oder  Verbum  nicht 
verstärkt,  so  wird  dafür  bei  Adjectiven  im  Positiv  entweder  nonni- 
hil  oder  sub  vorgesetzt,  wenn  es  eine  mit  sab  zusammengesetzte 
übliche  Form  des  Adjectivs  gibt,  oder  es  wird  der  Positiv  zum  Com- 
parativ  erhoben  ,•  z.  B.  diese  Stelle  ist  etwas  dunkel,  —  nonnihil  ob- 
scurus  oder  subobscurus  oder  obscurior ;  ferner  hei  Adjectiven  im 
Comparativ  wird  paulo^  auch  wohl  etwas  erhöhter  aliquanto  ge- 
braucht, z.  B.  ein  etwas  heilsamerer  Rath,  consilium  paulo  oder  ali- 
quanto salubrius;  und  endlich  bei  Verben  wird  jjaulnm  oder  pau- 
luhi7n  gebraucht;  z.  B.  er  schweifte  etwas  ab,  paululum  digressus 
est  (Cic.  Partit.  4).  Wenn  aber  Cic.  Sest.  4,  10  sagt:  ut  jam  pue- 
rilis  tua  vox  possit  aliquid  significare,  so  liegt  darin  keine  Verstär- 
kung, sondern  das  Object  als  Aecusativ  zum  Verbo,  also  einige  An- 
deutung von  dem  geben,  was  von  dir  zu  erwarten  sei.  —  Wo  wir 
von  einer  Person  sagen  sie  ist,  gilt  Etwas,  sagt  man  auch  lateinisch 
est  aliquid.  Vgl.  Cic.  Farn.  VI.  18,  4  ego  quoque  aliquid  sum  ,•  in 
Caecil.  15,  48  tu  aliquid  esse  videris;  Dejot.  13,  35  und  das.  Mat- 
thiae  —  u.  a.  —  N.  und  D.  L.  ist  es,  in  neutralen  Sätzen,  wie;  etwas 
Grosses,  etwas  Schweres  ist  es,  nicht  zu  zürnen  — ,  zu  sagen  aliquid 
magnu?n,  aliquid  difficile  est,  f.  magnum  est,  difficile  est  ohne  ali- 
quid, oder  magna  res  est  (Cic.  Tusc.II,  5,  15)  —  und  so  in  allen  ähn- 
lichen, z.  B.  etwas  Anderes  ist,  aliud  est;  etwas  Anderes  verlangt,  aliud 
desiderat ;  etwas  ganz  Anderes  ist,  longe  aliud  est ;  so  zu  leben,  ist  etwas 
höchst  Trauriges,  fniserrimum  est;  ich  halte  das  für  etwasTr auriges, 
miserumduco;  was  für  dich  etwas  An  ge?iehmes  ist,  quod  tibi  jucundum 
est,  nicht  aliquid  jucundum  est;  was  für  dich  etwas  Leichtes  ist.  quod 

10* 


148 

tibi  facile  est.    Und  so  bleibt  in  allen  ähnJiclien  Ausdrücken  oliquid 
weg,  was  man   so  hänfig  im  N.  L.  dabei  lindet. 

Aliter,  anders,  sonst.  Vgl.  darüber  Alioqui  und  ausser  Ilnndii 
Turseliin.  T.  I,  p.  267  fgg.  noch  Reisig'sVorles.  p.  460  u. Freund  im  lat. 
Lexic.  Ueber  d.  Redensart  aliter  fieri  non  potest,  quam  ut  \gl.Fiert. 

j4liubi,  anderstvOy  werde  als  noch  zweifelhafte  Form  für  alibi^ 
wie  es  sich  beim  altera  Plinius,  Seneca  und  etwa  sonst  noch  findet, 
ganz  vermieden. 

Alius.  In  der  Regel  steht  es  nur  in  Bezug  auf  mehr  als  zwei, 
dagegen  alter  in  Bezug  auf  zwei,  worauf  man  im  Schreiben  achte; 
z.  B.  der  Eine  tödtete  den  Andern,  alter  alterum,  aber  Einer  tödtete 
den  Andern,  alins  alium;  der  Eine  starb  nach  dem  Andern.^  al- 
ter post  alterum,  aber  Einer  starb  nach  dem  Andern,  alius  post 
alium.  Bei  Cicero  findet  sich  auch  in  einigen  Verbindungen  pri- 
mus  quisque ,  wovon  unten  bei  Unus.  Wenn  ferner  ein  Anderer 
dem  Subjecte  des  Satzes  selbst  entgegensteht,  so  dass  es  sich  dem 
Begriffe  unserer  Subst.  der  Nebenme7isch ,  der  Nächste  nähert,  so 
heisst  es  alter,  nicht  alius;  z.  B,  wer  Nichts  um  eines  Andern  willen 
thut,  der  — ,  qui  nihil  alterius  causa  facit.  Cic,  Leg.  I,  14.  Ebenso 
auch  alter.,  nicht  alius  in  Redensarten,  wie:  er  war  fast  ein  ande- 
rer Laelius,  ein  anderer  Verres,  alter  Laelius,  alter  Verres,  wo  ein 
anderer  gleich  dem  zweiten  ist.  Ueber  alter  ego  u.  s.  w.  vgl.  Ego.  — 
Die  Andern  heisst  nie  alii,  sondern  ceteri.  Vgl.  Weber's  Uebungssch. 
p.  65  u.  Grotef.  Mater.  Exe.  5,  p.  277.  Auch  das  einfache  Andere^ 
bemerkt  Dietrich,  muss  in  manchen  Verbindungen  durch  ceteri  ge- 
geben werden,  wenn  nemlich  nicht  einige  Andere,  sondern  alle  An- 
dere gedacht  werden.  Vergl.  Sintenis  Hülfsb.  p.  152  und  Zumpt's 
Aufgab,  p.  220.  Ebenderselbe  verwirft  auch  alii  omnes  oder  omnes 
alii,  alle  Andere,  und  will  dafür  ceteri  omnes  oder  alii  multi;  aber 
omnes  alii  braucht  z.  B.  Livius  XXXV,  14  ante  omnes  alias  impera- 
tores;  und  so  wie  man  gewöhnlich  findet  alia  multa,  alia  plura,  nicht 
multa  alia  (vgl.  Görenz  z.  Cic.  Acad.  II,  7,  19.  Fin.  II,  14,  45),  so 
durchaus  immer  in  der  Formel  bei  Abstimmungen  alia  omnia  cen- 
sere,  in  alia  omnia  ire,  transire,  discedere;  und  Cicero  sagt:  pauci 
tenent  honores,  provincias  et  alia  omnia;  Plinius  (Ep.  VII,  15,  2) 
te  alia  omnia  —  agere  moleste  ferrem.  N.  L.  ist  alius  als  Adj.  in 
der  Bedeut.  eines  Andern,  fremd,  für  alienus,  z.  B.  die  Briefe  ka- 
men in  andere  Hände,  in  alienas  manus,  nicht  in  alias  ra.  —  Sp.  L. 
ist  alius  hoc,  alius  illud,  ein  Anderer  dieses,  ein  Anderer  jenes; 
alius  hie,  alius  illic,  ein  Anderer  hier,  ein  Anderer  dort  —  für  die 
abgekürzten  zusammengedrängten  Formeln  alius  aliud,  alius  alibi  — 
und  so  viele  ähnliche  Verbindungen.  Vgl.  Lexica  u.  meine  Anleit. 
§.  585.  Incorrect  ist  es,  wenn  Robortell  irgendwo  sagt:  dum  alius 
hanc,  alius  illam  co?ijectura?n  sequitur,  für  dum  alias  aliam  conject. 
seq.  N.  Kl.  und  selten  ist  in  dem  vergleichenden  ein  Anderer  als., 
alius  quam,  und  fast  nur  P.  der  vergleichende  Ablativ  für  das  ä7. 
alius  ac,  alius  atque  oder  et,  und  bei  Verneinungen,  non  alius,  Jiihü 
aliud  folgt  tiisi,  wofür  imr  sehr  selten  in  Kl.  Prosa  quam  gesetzt 
wird,  wenn  man,  wie  R.Klotz  (in  den  Jahrb.  B.  22,  p.  171  fg.  u. 
B.  23,  p.  208  fg.)  meint,  eine  Gradation  in  Gedanken  hat,  derglei- 
chen Statt  finden  soll  bei  Cic.  Leg.  I,  8,  25:  est  autem  virtus  nihil 


149 

aliud,  quam  in  se  perfecta  et  ad  suramum  perducta  natura,  indem 
nihil  alind  dann  meistens  bedeutet  nichts  Geringeres.  Vgl.  Cic.  Rabir. 
perd.  reo  2,  4.  Ausserdem  findet  sich  bisweilen  auch  nihil  aliud 
praeter.  Vgl.  Heusing.  Cic.  Off.  II,  2,  7.  Zu  vermeiden  ist  ausser  dem 
poet.  Abi.  auch  das  N.  Kl.  alius  quam,  und  bei  non  alitis,  nihil  aliud 
halte  man  sich  an  nisi  und  vermeide  quam.  Man  sage  daher  nicht: 
est  hie  alius  vate  cognomini,  dieser  ist  ein  Anderer,  als  der  gleich- 
nainige  Weissager,  für  quam  vates  cog?iOfninis ;  nicht:  longe  alia  mihi 
quam  tibi  nunciantur,  für  ac  tibi;  nicht:  erat  historia  nihil  aliud, 
qtiam  annalium  confectio,  für  nisi  ann.  conf.  Vgl.  unten  Quam. — 
iV",  L.  ist  wohl  alius  a  in  der  Bedeut.  verschieden  von,  ein  Anderer 
als,  für  diversus  a  oder  alius  ac,  oder  mit  doppeltem  alius.  Incor- 
rect  schreibt  daher  Ernesti  (Opusc.  phil.  p.  23)  alia  graeci  et  ro- 
mani  solarii  ratio  a  nostra  fuit,  für  ac  nostra  fuit,  oder  einzeln  am 
Ende  alia  nostra  fuit,  oder  diversa  a  nostra  ixnt;  ebenso  G.  J.Voss 
(hist.  gr.  I,  22)  hunc  alium  a  Polyhistore  puto,  für  ac  Polyh.,  oder 
diversum  a  P.  —  N.  L.  ist  alia  ratio  est  cum  aliqua  re,  anders  ver- 
hält es  sich  mit  Etwas,  für  alicujus  rei,  z.  B.  nunc  alia  ratio  est 
omnium  rerum,  nicht  ciim  omnibus  rebus.  Vgl.  Cic.  Fam.  X,  3  und 
Weber's  üebungssch.  p.  291.  Ueber  alius  quam  vgl.  noch   Quam. 

Allabi  bei  Cicero  nur  als  Partie,  allapsus,  von  Feuchtigkeit  (hu- 
mor),  die  sich  wo  ansetzt,  und  bei  Livius  von  Schlangen,  die  heran- 
schlüpfen, —  sonst  vielleicht  nur  P.  in  dero Bedeut.  herankommen. 
In  der  gewöhnlichen  Bedeut.  herannahen,  von  Menschen  und  Gott- 
heiten, ist  es  ohne  Auctorität,  von  Gott  zu  niedrig  und  nach  christ- 
lichen Ideen  unpassend.  Wenn  daher  Valckenaer  ( Oratt.  p.  186) 
Gott  anruft:  Coeptis  nostris  allabere  benignus,  so  ahmt  er  gewiss 
Virgil.  (Culex  25)   nach:  Octavi  venerande,  raeis  allabere  coeptis. 

Allatrare,  anbellen,  wird  verbunden  aliquem;  es  ist  ein  gemeines, 
seltnes  Wort,  meistens  bildlich  und  wohl  zufällig  nirgends  von  Hun- 
den., ausser  bei  Colum.  (Praef.  L.  I)  canium  Studium  allatrandi 
(von  Rednern  und  Advocaten) ;  doch  ist  es  nicht  zu  verwerfen.  N. 
L.  dagegen  ist  allatrator,  was  Muret.  Oratt.  (Oper.  T.  I,  p.  857) 
gewagt  hat:  de  toto  isto  allairatorum  genere,  für  hominum  alia- 
trantium. 

Allegare,  Einen  zu  oder  an  Jemanden  absenden,  abschicken,  wird 
verbunden  alicui  oder  ad  aliquem.,  bedeutet  aber  nur  absenden  m 
Privatangelegenheiten,  nicht  in  öffentlichen,  wo  legare  aliquem  ge- 
sagt wird.  Im  N.  L.  werden  beide  verwechselt.  Vgl.  Vorst.  latin. 
mer.  susp.  p.  141  und  Gronov.  Liv.  XXXVI,  11,  1.  Ebenso  unter- 
scheidet sich  allegatio  von  legatio ;  jene  gilt  wohl  ad  amicos  u.  diese 
ad  civitates,  aber  nicht  wohl  umgekehrt.  N.  Kl.  ist  allegare  in  der 
Bedeut.  anführen,  erwähnen,  z.  B.  Script orem,  locum  scriptoris,  exeni- 
plum  u.  s.  w.,  doch  nicht  ganz  verwerflich,  da  es  sich  beim  Jüngern 
Plinius  findet.  Vgl.  übrigens  Adducere. 

Allevatio,  die  Erleichterung,  Erheiterung,  und  allevamentum,  das 
Erleichterungsmittel,  finden  sich  beide  nur  bei  Cicero  in  diesen  Be- 
deutungen, sind  aber  darum  nicht  als  verdächtig  zu  bezweifeln,  wie 
Orelli  thut,  der  das  erstere  in  beiden  Stellen  (Fin.  I,  12,  40.  Farn. 
IV,  1,  1),  wo  es  vorkommt,  ohne  allen  Grund  in  levaiio  umändert. 
B.  L.  ist  aber  alleviatio. 


150 

Alh'cefacere ,  anlocken,  N.  Kl.  und  iiniiöthig  wegen  des  Kl.  nl- 
licere. 

AUidere,  ansiosseti,  wird  verb.  ad  aliquid,  z.  B.  ad  scopulos. 

Afligare ,  anbinden  an  Etwas.,  wird  ^erb.  ad  aliquid.  Rl.  sOj^ar 
von  einer  Wtinde,  einem  verwundeten  Theile  des  Körpers  —  sie  (ihn) 
zubi?iden.  verbinden,  alUgare  neben  obligare.  Zu  bezweifeln  ist  alli- 
gare  navem  ad  terram,  für  deligare  ad  terrani,  ad  ripam,  ad  anco- 
ras,  —  alle  bei  Caesar.  Kl.  aber  ist  das  Verbum  in  der  bildlichen 
Bedeut.  unseres  anbinden,  binden  an  Etwas,  verpflichten  zu  Etwas. 
^^\.  aurh  Quintil.  VIII,  prooem.  2:  ad   dicendi  leges  alligatus. 

AUinere,  anschmieren.,  kann  nur  in  Spott  und  Scherz  angewandt 
werden  auf  Anmerkungen  \i.  Glossen  zu  Büchern,  und  da  der  Ge- 
brauch ohne  alle  Auctorität  ist,  muss  das  Wort,  wenn  man  es  so  an- 
wendet, entschuldigt  werden.  Ebenso  das  unten  erw'ähtüe  Aspergere. 

Allocutio,  das  Anreden,  die  Anrede,  nur  N.  Kl.  und  selten,  je- 
doch beim  Jüngern  Plinius,  Quintilian  u.  Sueton  und  nicht  verwerflich 
neben  alloquhun  und   dem  noch  bessern  appellatio. 

Alloquium,  die  Anrede,  Ermunterung,  findet  sich  zwar  nicht  bei 
Cicero  und  Caesar,  aber  bei  Livius  und  dem  jung.  Plinius,  und  ist, 
wie  allocutio,  nicht  zu  verwerfen. 

AUoqui  aliquem,  Einen  anreden,  sei  es,  um  mit  ihm  zu  sprechen, 
oder  um  ihn  aufzumuntern,  KL,  aber  selten;  öfter  dafür  appeUare. 
N.  L.  aber  ist  es  in  der  Bedeut.  unseres  Jemanden  iim  Etwas  an- 
sprechen, d.  h.  Einen  um  Etivas  bitten,  für  adire  aliquem,  petere 
ab  aliquo. 

Allotria.,  fremdartige  Dinge,  erst  im  N.  L.  ans  dem  Griech.  ge- 
nommen, für  nugae ,  ineptiae ,  alienoe  (aliae)  res,  z.  B.  alias  res 
agere ,  Allotria  treiben. 

Alludere,  anspielen  auf  Etwas  (alicui)  in  der  Rede,  findet  sich 
nur  bei  dem  späten  und  gekünstelten  Valer.  Max.  (III,  7  extr.  4) 
und  ist  nicht  nadizubrauchen.  \^\.  Hand's  Lehrb.  p.  ]54.  Man  sage 
significare  ( Cic.  Tusc.  II,  25,  60.  Att.  XVI,  7,  5.  Suet.  Caes.  9), 
desigiiare  aliquem  oder  aliquid  oratione  (Caes.  B.  G.  I,  18),  deno- 
tare  aliquem  oder  aliquid  (Liv.  IV,  55),  jocari  in  aliquid,  scherze?id 
ans]jielen  auf —  (Liv.  XXXII,  34),  aliquem  signiflcatione  appellare, 
Jem.  durch  deutliche  Winke  so  gut  als  mit  Namen  nennen  (Cicero 
Fam.  I,  9,  20),  auch  oft  blos  respicere  u.  a.  Wenn  der  Begriff  ver- 
steckt darin  liegt,  so  setze  man  iecte  hinzu.  Und  so  heisst  denn  die 
Anspiehnig  nicht  allusio,  sondern  signißcatio  (Suet.  Nero  37  u.  das. 
Bremi),  wie  es  auch  der  Jen.  Rer.  (Georges)  meistens  ausdrückt. 

Alluere,  anspülen  an  Etivas.,  aliquid,  vom  Wasser,  z.  B.  oppidum, 
an  die  Stadt. 

Almas,  nährend,  gütig,  hold,  nur  P.  L.  und  durch  andere  Wörter 
dem  jedesmaligen  Sinne  nach  zu  ersetzen,  z.  B.  durch  alens,  ?iu- 
triens,  alibilis,  benignus,  benevobis,  propitius,  u.  a. 

Alphabetum  ist  erst  sehr  Sp.  L.  für  litterae,  elementa  litterarum, 
auch  blos  elementa;  in  Beziehung  auf  die  Reihenfolge ,  litterarum 
ordo,  litterarum  notae  digestae  (nach  Rosenheyn).  So  auch  nicht 
alphabetice,  alphabetisch  (geordnet),  in  aiphabet.  Ordmmg,  sondern 
litterarum  ordine ;  Etwas  alpkab.  ordnen,  disponere,  digerere  ad  oder 
in  litter  am,  ordine  litterarum. 


151 

Alsjis,  hühl.  Bei  Cicero  kommt  davon  zweimal  der  Comparativ  vor, 
nihil  alsitis,  sonst  nirg-ends,  auch  alsus  findet  sich  sonst  nicht,  wess- 
wegen  Muret.  Epist.  (Oper.  T.  1,  p.449  ed.  Fr.)  sehr  gewagt  schrieb: 
locus  iile  a/stis  inprimis.  Der  Positiv  kommt  nur  in  der  verlängerten 
Form  alsius,  a,  um  bei  dem  Dichter  Lucrez  vor.  Nichts  ist  sicher 
und  ohne  Tadel  nachzubrauchen,  als  jenes  nihil  alsius  aus  Cicero. 

Altare,  atiar  oder  altarium,  der  Altar,  sind  erst  Sp.  L.  Formen 
für  die  einzige  Kl.  und  auch  in  den  spätem  Zeiten  noch  übliche  Plu- 
ralform altaria,  was  einen  Hochaltar,  Altar  (ara)  mit  einem  Aufsätze 
bedeutete,  da  ara  der  Name  des  niedrigen  Opfer-  oder  Rauchal- 
tars war. 

Alter  ist  in  der  Regel  nur  der  Eine  von  zweien,  daher  altvr  — 
alter,  der  Eine,  der  Andere,  und  unterscheidet  sich  so  von  alius. 
Vgl.  Alius.  Unser  der  Eine  und  der  Andere  in  der  Bedeut.  ein  Paar 
heisst  ujius  et  alter;  aber  in  der  Bedeut.  Mancher,  nonnemo,  nicht 
alter  et  alter.  Ferner:  auf  der  andern  Seite  in  der  Bedeut.  dagegen, 
heisst  nicht  altera  es  parte,  sondern  rursus  oder  e  co?itrario.  Vgl. 
Heusing.  Cic.  OfF.  II,  2,  5  und  R.  Klotz  Cic.  Tusc.  p.  50  u.  p.  463.  — 
Gut  und  acht  AI.,  selbst  bei  Cicero,  oft  aber  bei  Livius  steht  alter 
geradezu  f.  alteruter,  der  eine  von  Beiden.  Vgl.  Frotscher  zu  Quintil. 
Inst.  X,  I,  26  und  Fabri  zu  Livius  p.  26. 

Atlercare,  zanken,  streiten,  nur  A.  und  Sp.  L.  für  altercari  als 
Deponens. 

Atlernatim,  wechselsweise ,  A.  u.  Sp.  L.  für  alternis,  vicissim,  in- 
vicem,  mutuo  oder  das  N.  Kl.  alterne  bei  Seneca  u.  d.  altern  Plinius. 
Ebenfalls  Sp.  L.  ist  alteriiatio,  der  Wechsel,  und  N.  L.  alternitas  für 
vicissitudo.  Auch  das  N.  AI.  alterjiare,  abwechseln,  werde  vermieden. 
Vgl.  Lexica. 

Alteruter,  einer  (der  eine)  von  Beiden.  Meistens  wird  alter  unver- 
ändert zu  dem  declinirten  uter ,  utra,  utrum  hinzugesetzt,  z.  B.  al- 
ter utra ,  nicht  altera  utra;  alterutrius,  niiht  alterius  utrius.  —  Im 
A.Z». findet  man  bisweilen  den  Beisatz  duorum,  was  aber  schon  in  dem 
Worte  liegt.  So  findet  es  sidi  in  Gesner'sUebers.  Lucian's  de  gymn.  17. 

Altitudo,  die  Höhe.  Ueber  in  altitudinem ,  wo  wir  im  Dativ  sagen 
in  der  Höhe  vgl.  In.  Es  findet  sich  auch  nicht  concret,  als  Gegen- 
satz der  Erde,  z.  B.  ob  in  der  Höhe  oder  auf  der  Erde,  heisst  sublime, 
an  hutni.  Siehe  Sublimis. 

Altrinsecus,  nach  der  andern  Seite  hin,  A.  u.  Sp.  L.  für  ad  oder 
in  alteram  partem.  Ebenso  ist  es  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  von  beiden 
Seiten,  für  ab  utraque  parte. 

Altus,  a,  um.,  hoch,  tief.  Beide  Wörter,  das  latein.  und  die  deut- 
schen, werden  bildlith  gebraucht,  aber  wie  weit  die  Gleichheit  der 
Anwendung  im  bessern  Latein  gehe,  ist  bei  manchen  Fällen  noch 
zweifelhaft ;  mau  achte  auf  den  bessern  Sprachgebrauch.  Von  Gott 
(deus)  sage  man  nie  altus  oder  im  Snperlat.  altissimus  für  sum- 
mus .  maxiimts ;  nie  alta  aetas ,  ein  hohes  Alter,  noch  altior  aetas, 
ein  höheres  Alter,  für  grandis ,  grandior  aetas;  eben  so  wenig 
darf  es  gebraucht  werden,  wenn  von  Wörtern  die  Rede  ist,  für 
verborum  vettistas  prisca  (nach  Cic.  Orat.  I,  43,  193);  nie  alta 
opiiiio ,  eine  hohe  Meinung,  für  magna  opinio;  nie  altae  cogitatio- 
nes.,  tiefe  Gedanken;   in   tiefen  Gedaiiken   sein  heisst  i7i  cogitatione 


152  ' 

defisum  esse  (Cic.  Orat.  III,  5,  17);  auch  wohl  nicht  alta  nos,  die 
tiefe  Nacht,  für  multa,  intempesta  tiox.  Sallust.  sagt  zwar  alta  pax, 
der  tiefe  Friede,  und  der  jung.  Ph'niiis  aJtissima  tranquillitas,  Cicero 
aber  summa  pax;  und  wiewohl  Horaz  und  Livius  altus  som?ius,  der 
tiefe  Schlaf,  sagen,  so  sagt  dagegen  Cicero  arctus  somnus  und  arcte 
oder  graviter  dormire,  somno  oppressum  esse,  tief,  fest  schlafen.  Un- 
verwerflich ist  auch  altiores  litterae  (Senec.  Benef.  V,  13),  altiores 
artes  (Quint.  YIII,  3,  2),  altiores  disciplinae  (ib.  II,  1,  3),  altiora 
studia  (Piin.  Ep.  V,  16,  8),  und  da  Cicero  sagt  in  altiorem  locum 
adscendere  (Cluent.  40,  HO)  und  altiorem  dignitatis  gradum  consequi 
(ib.  55,  150),  so  möchte  auch  altior  classis,  eine  höhere  Klasse  und 
altior  ordo,  eine  höhere  Ordnung,  neben  superior  nicht  zu  bezweifehi 
sein.  Und  so  wie  Livins  I,  34  sagt:  excelsa  et  alta  sperare,  und  ad 
altiora  tendere ,  so  möchte  auch  alta  petere,  nach  Hohem  streben, 
nicht  verwerflich  sein ,  wiewohl  Cicero  es  durch  magna  spectare, 
magnas  res  appetere  ausdrückt.  Aber  schlechtweg  altiim  als  Subst, 
die  Höhe,  in  bildlichem  Sinne  für  Ehre  und  Ansehen  ist  wohl  N.  L.; 
er  kommt  in  die  Höhe  nicht  in  altum  venit,  sondern  emergit,  altjim, 
summum,  principem  locum  (gradnm)  adscendit  u.  a.  (vgl.  oben). 
Wiewohl  altus  oft  durch  //e/"  übersetzt  werden  kann,  so  heisst  doch 
das  tiefe  Meer  nicht  altum,  sondern  profundum  mare,  und  die  Tiefe 
des  Meeres  ebenfalls  profundum. 

Alucinari  (Halucinari)  ist  ein  gemeines,  seltnes,  aber  von  Cicero 
nicht  verschmähtes  Wort,  wie  unser  faseln,  und  im  Spotte  wohl 
anwendbar.  Ebenso  allucinatio,  die  Faselei,  Träumerei  und  alucinator, 
der  Faseler. 

Alumnus  und  alumna  in  activem  Sinne  der  Pfleger,  Ernährer 
erst  sehr  Sp.  L.  und  so  durchaus  verwerflich;  gut  aber  in  passivem 
Sinne  der  Pflegling,  das  Pflegelind ;  auch  im  bildlichen  Sinne.  Daher 
tadelte  Lambin  (Ep.  15  ad  Muret.  Opex.  T.  II,  p.  21  ed.  Fr.)  den  Muret, 
welcher  (V.  L.  V,  2)   nox  siderum  xilumna  für  nutrix  gesagt  hatte. 

Alveare,  der  Bienenstock,  erst  N.  Kl.  Form  für  die  KL  alvearium; 
eine  Form  alveare  ist  nicht  erweislich. 

Amans  hat  zwar  den  Genitiv  dessen  bei  sich,  den  Jemand  liebf, 
aber  nie  ein  Adjectiv  als  bestimmendes  Beiwort,  z.  B.  magnus  amans 
hominum,  ein  grosser  Mefische?ifreu?id,  was  B.  L.  ist;  und  doch  wird 
Jesus  in  einem  neuen  latein.  Lesebuche  maximus  amans  hominum 
genannt,  für  amantissimus  hom.  Aber  auch  dieser  Superlativ  ist,  im 
passiven  Sinne  gebraucht  {der  Geliebteste,  Liebe?isunirdigste),  N.  und 
B.L.  für  carissiinus,  suavissimus,  da  es  vielmehr  den  innigst  Lieben- 
den, hiebevollsten  bedeutet,  und  so  auch  von  Sachen  gesagt  wird, 
die  von  liebenden  Menschen  ausgehen,  z.  B.  verba  ama?itissima  (Cic. 
Farn.  V,  15),  consilia  amantissima  (id.  Fam.  II,  1,  2)  u.  a.  Bei  Per- 
sonen tritt  meistens  ein  Gegenstand  der  Liebe  im  Genit.  hinzu,  z.  B. 
mei,  patriae,  litterarum,  vini  u.  a.,  ohne  welchen  es  deti  Liebevollsten 
bedeutet.  In  Reden  ist  daher  die  Anrede  auditores  oder  adolescentes 
oder  juvenes  amantissimi  sehr  seltsam,  da  unentschieden  ist,  cujus 
hominis  oder  cujus  rei  amantissimi  sint.  Häufig  findet  es  sich  so  in 
einer  Rede  von  Sintenis  in  seinen  Stylübungen,  wo  es  mit  carissimi 
und  dilectissimi  abwechselt.  Ebenderselbe  sagt  sogar  (p.  149)  mihi 
(f.  mei)  amantissimus.    Auch  in  Reden  Anderer  findet   man   jenen 


153 

Fehler,  vor  welchem  schon  Janiis,  wie  ich  finde,  gewarnt  hat.  Und 
60  sage  man  daher  auch  in  Briefen  nicht:  amantissime  Jrater,  son- 
dern carissime  frater  atq.  optime  (Cic.  Orat.  II,  3,  10). 

JmaJiuensts,  ein  Sekretär,  Schreiber,  sonst  auch  servus  a  manu, 
ist  zwar  erst  N.  Kl.  bei  Sueton,  zumal  vom  Gehülfen  und  Diener 
beim  Schreiben,  aber  durch  kein  Kl.  Wort  zu  ersetzen,  da  minister 
und  administer  allgemein  einen  Diener  bedeuten,  und  librarius 
mehr  einen  Abschreiber.  Zu  voreilig  verwirft  es  Sciopp.  de  stylo 
p.  192  und  Infam.  Fam.  p.  87. 

Amare.  Als  unlateinisch  verwarf  Sanctius  (Minerv.  III,  2)  amare 
deum,  ohne  Grund,  da  es  doch  bei  Plaut.  (Poen.  I,  2,  70  deos  et  amo 
et  metuo),  Seneca  (Ep.  47  deus  colitur  et  amatur)  und  in  der  latein. 
Bibel  der  Vulgata  unzähligemal  vorkommt  (vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  240). 
Wenn  dagegen  Sallust,  nach  ihm  Tacitus,  und  ausser  ihnen  Horaz  das 
Verbum  in  der  BeAewi.  pflegen,  für  solere,  mit  einem  Infinitiv  brau- 
chen, so  ist  dies  nicht  lateinisch,  sondern,  wie  auch  schon  Quintil. 
(Inst.  IX,  3,  17)  bemerkt,  dem  Griechischen  nachgeahmt;  er  sagt: 
ex  Graeco  translata  Sallustii  plurima,  quäle  est,  vulgus  amat  fieri. 
Es  darf  daher  nicht  nachgeahmt  werden,  und  mit  Recht  bemerkt 
Ruhnken  gegen  Muret,  welcher  (V.  L.  XI,  2)  amat  tarnen  ipse —  dicere 
geschrieben  hatte:  Amat  dicere  Graerismus  non  usitatus  Ciceroni; 
sed  Sallustius  sie  loquitur  ejusque  imitatione  Tacitus.  Vgl.  auch 
Hand's  Lehrb.  p.  177. 

Amaritas,  die  Bitterkeit,  bei  Vitruv,  und  amarities  bei  Catull, 
sind  beide  weniger  gut  und  üblich,  als  das  bei  Varro  und  Ändern 
öfter  vorkommende  amaritudo. 

Amasia,  das  Liebchen,  ganz  N.  L.,  amasiuncnla  Sp.  L.,  amasio  u. 
ämasiunculus, der  Liehhaber  Sp. L.  und  endlich  amasius  A.  u.  Sp.  L. ;  sie 
sind  alle  als  wahrscheinlich  nur  gemeine  Alltagswörter  zu  verwerfen  und 
durch  amator,  amatrix,  amica  und  amicula  zu  ersetzen.  Uebrigens  ist 
nach  Cic.  Tusc.  IV,  12,  27  amator  der,  bei  welchem  die  Liebe  herr- 
schende Ijeidenschaft  ist,  amans  aber,  als  Partie,  nur  der,  welcher 
zu  Zeiten  Eine  oder  Einen  oder  Ettvas  liebt. 

Amatus,  a  um,  N.  L.  in  der  Bedeut.  lieb,  tcerth,  beliebt,  wofür 
wir  auch  geliebt  sagen,  und  ebenso  amatior  und  amatissimus  für 
carus,  suavis,  amore  dignus  u.  a.  Falsch  sind  pater,  fnater,  magister 
u.  a.  amatus,  in  der  Bedeut.  der  geliebte,  d.  h.  liebe  Vater,  für  ca- 
rus u.  s.  w. 

Ambages,  Umschweife,  Räthselhaftigkeit,  ist  im  Sing,  nur  im  Abi. 
üblich,  sonst  nur  im  Plur.,  zwar  schon  A.  L.,  aber  in  Prosa  erst 
bei  Livius,  der  es  liebt,  bei  Plinius  dem  Aelt.,  Quintilian  u.  Tacitus, 
sonst  nur  bei  Dichtern;  es  werde  lieber  vermieden  durch  anfractus, 
circuitio,  circuitus,  ambiguitas  und  mit  Hülfe  des  Adj.  ambiguus  oder 
des  Subst.  aenigma. 

Ambigere  bei  den  Bessern  fast  nur  mit  dem  Sinne  des  Streitens 
darüber,  was  recht  und  das  Wahre  sei,  oder  wie  Etwas  sei.  Es  wird 
activ.  veiAunden  mit  de  aliqua  re,  passiv,  entweder  mit  de  oder  mit 
dem  Nominativ  des  streitigen  Gegenstandes  als  des  Subjects  des 
Verbi. 

Ambire.,  herumgehen,  fordert  den  Accusativ  der  Person,  die  man 
um  einer  Sache  willen  angeht,  wozu  dann  noch  ein  zweiter  Accusativ 


154 

jener  Sache  dazu  treten  müsste,  wozu  sicli  aber  Tielleicht  kein  Bei- 
spiel findet,  ausser  einem  im  Passivo  bei  Tic.  Rep.  1,  31  cives  ?nagi- 
stratiis  amhmntur,  rogantur,  d.  h.  die  Bürger  werden  um  der  Aemter 
willen  angegangen,  werden  gebeten.  Nur  bei  Plautus  kommt  vor  quasi 
magist rattim  sibi  ambiverit,  wo  die  Personen,  die  er  angegangen  ist, 
d.  h.  bei  denen  er  darum  angehalten  hat,  nicht  beigesetzt  sind.  Man 
sage  daher  nicht  magistratuni  anibire,  ohne  den  Accus,  einer  Person, 
bei  der  man  sich  darum  bewirbt,  sondern,  was  das  gesefzmässige 
ist,  petere.  Und  so  braucht  auch  Q.  Cicero  in  seinem  Buche  de  pefi- 
tione  consulatus  nie  ambire,  sondern  nur  petere.  N.  L.  ist  es  daher, 
wenn  Muret  (Oper.  T.  I,  p.  394)  eloquentiae  laudem  ambienti  sagt 
für  petenti,  so  wie  anderwärts  in  ambienda  gloria  für  in  petenda, 
wo  (Oper.  T.  I,  165)  Frotscher  richtig  bemerkt:  Usitatius  est  petere 
gloriam;  nam  accurate  si  scribas,  illi  potius  ambiuniur,  apud  quos, 
a  quibus  honores,  magistratus  petas.  Incorrect  schreibt  daher  A.  Mat- 
thiae  (z.  Cic.  Sest.  8,  18) :  Gabinius  tribuuatum  ambiit  für  petivit. 
—  Als  Subst.  übei'setzt  man  das  Herumgeheii  durch  ambitio,  das 
A7ihalten  durch  petilio;  dagegen  ist  ambitus  nur  das  twgesetzliche, 
strafwürdige  Anhalten.  Man  verwechsele  also  ambire  und  petere., 
so  wie  ambitio,  ambitus  und  petitio  nicht  mit  einander,  was  im  N.  L. 
auch  von  Bessern  oft  geschieht.  Vgl.  auch  Weber'sUebungssch.  p.  338. 
So  schreibt  denn  auch  A.  Matthiae  wieder  nicht  gut  (in  Vita  Cicer. 
a.  55):  Ambitus  non  more  majorum,  sed  largitione  aperta  agebatur  — 
für  ambitio  oder  petitio.  —  Uebrigens  hüte  man  sich,  das  Verbum 
nach  eo  —  ire,  gehen,  zu  bilden,  wie  man  dies  im  N.  L.  zuweilen 
findet,  z.  B.  ambibat  für  ambiebat.  Endlich  ambitio  mit  dem  Genit. 
gloriae  verwirft  ;ils  N.  L.  Wüstemann  (z.  Döring.  Comment.  p.  139), 
da  ambitio  hinreiche,  oder  gloriae  Studium  zu  brauchen  sei. 

Ambrosius,  unsterblich,  göttlich,  lieblich,  ist  nur  P.  L.  und  in  Prosa 
Sp.  L.  für  immortalis,  divinus,  suavis. 

Ambulacnan,  der  Spazirgang,  sei  es  das  Gehen,  oder  der  Orty 
A.  u.  Sp.  L.  für  amhulatio. 

Amicus,  Freund,  getvogen,  befreundet,  wird  verbunden  mit  dem 
Genitiv  u.  Dativ  (s.  Gramm.) ;  N.  L.  oder  D.  L.  mit  cum ;  z.  B.  ille 
est  cu7n  fratre  tuo  amicus,  er  ist  mit  deinem  Br.  befreundet,  gut 
Freund  mit  deinem  Br.,  für  fratris  tui  oder  fr atri  tuo.  Das  Wort 
gut,  welches  wir  zur  Verstärkung  hinzusetzen,  kann  nicht  durch 
bo?ius  übersetzt  werden,  sondern  bleibt  etjtweder  weg,  oder  man 
wählt  den  Superlativ  amicissinms,  der  beste  Freund,  oAer  familiär  Her 
amicus,  nicht  amicus  optimus,  indem  bonus  mehr  den  tretien  Freund 
bezeichnet.  Man  sagt  auch  nicht  magnus  amicus  in  der  gewöhnlichen 
Bedeutung  unseres  grosser  Freund,  da  magnus  amic.  vielmehr  einen 
mächtigen,  viel  vermögenden  Freund  bedeutet,  und  so  auch  summus 
amicus  theils  im  Ernst,  theils  im  Scherz.  N.  L.  ist  ein  Comparativ 
amicitior  für  amicior.  —  P.  L.  aus  dem  Griech.  ist  amicum  est 
mihi  in  d.  Bedeut.  es  ist  mir  lieb,  für  mihi  placet,  videtur,  optatum 
est  u.  a. 

Amissus  findet  sich  als  Subst.  der  Decl.  IV.  in  der  Bedeut.  der 
Verlust  nur  einmal  bei  Corn.  N.  (Ale.  6,  2) ,  für  das  häufig  vor- 
kommende amissio,  jactura.  Es  ist  wohl  zweifelhaft  und  werde  ver- 
mieden. 


15Ö 

Jmittere  steht  meistens  da,  wo  wir  verlieren  brauchen,  z.  B.  vitam, 
animam,  oculos,  lumina,  adspectum  \i.  a.  A^.  L.  aber  ist  wohl  amütere 
proelium,  pugnum,  ein  Treffen  verlieren,  für  vinci  oder  inferiorem 
discedere  acie,  pugna,  proelio;  animum  amittere,  den  Muth  verlieren, 
für  cadere  animo,  deflcere  animo ;  mentem  amilt. ,  den  Verstand  ver- 
lieren, für  mente  capi,  mentem  alienari  [mens  alienatur).  So  heisst 
auch  m  Gefahr  sein,  den  Kopf  zu  verlieren,  capitis  periculnm 
adire  (Cic.  Rose.  Am.  38).  Verworfen  wurde  auch  von  Schorus 
(Phras.  p.  156) ,  Cellar.  u.  A.  amittere  causam,  litem,  einen  Process 
verlieren,  für  causa  cadere;  aber  bei  Cic.  (Orat.  II.  24,  100)  steht 
causam  amittere  und  (Rose.  Com.  4,  10)  liteju  amitt.  Ebenso  causam 
perdere  (ebend.)  und  litem  perdere  (Orat.  I,  36,  167).  Uebri^ens 
wird  in  manchen  Verbindungen  sonst  noch  amittere  vermieden.  Vg:l. 
Deutsch -lat.  Lexica.  Gut  ist  aber  multum  amittere  in  aliquo  homine, 
viel  in  einem  Menschen  (durch  seinen  Tod  oder  Abgang)  verlieren 
(Qnintil.  X,  1,  89  multum  in   Valerio  Flacco  amisirnus). 

Amnestia,  die  Amnestie,  Vergebung  eines  Staatsverbrechens,  ist  erst 
Sp.  L.  und  ohne  Umschreihung^  (wie  sie  sich  bei  Valer.  Max.  IV, 
],  4  findet:  haec  oblivio,  quam  Athenienses  (Graeci)  ajirr,nTiui  vocant) 
niclit  anzuwenden;  man  gebrauche  dafür  oblivio,  ve?iia  et  oblivio, 
abolitio  facti.  So  Qnintil.  IX,  2,  97  sub  pacto  abolitionis. 

Amnis  scheint,  wie  unser  Strom,  das  höhere  Wort  für  fluvius, 
Fluss,  gewesen  zu  sein. 

Amoebaeus,  abwechselnd,  findet  sich  erst  bei  den  späten  Gram- 
matikern als  Kunstwort  zur  Bezeichnung  eines  Wechselliedes  zweier 
Sänger  in  gleichen  Strophen,  Carmen  amoebaeum,  sonst  aber  nicht; 
abwerhHelnd  werde  durch  alternus  u.   a.  übersetzt. 

Amoenitas  und  amoenus  beschränken  sich  bei  Cicero  und  den 
Bessern  auf  das  Angenehme  und  Liebliche  sinnlicher  Gegenstände 
der  Natur  und  Kunst,  wie  in  Bezug  auf  letztere  bei  Livius:  cultus 
amoenior,  allzu  zierliche  Kleidung.  N.  Kl. ,  was  aber  nicht  nachzu- 
ahmen ist,  wird  es  von  geistigen  Dingen  gebraucht,  wie  ingenium  amoe- 
num,  litterae  amoeniores,  verba  amoe7iissima.  Auf  gleiche  Art  sagt 
Muret.  Oratt.  (Oper.  T.  I.  p.  224  ed.  Fr.)  amoeniores  disciplinae 
für  jucundiores,  pleniores  delectationis  oder  jucunditatis,  und  so  ver- 
wirft man  auch  inamoenus  von  geistigen  Dingen.  Vgl.  Inamoenus. 
Ebenso  tadelt  als  N.L.  Hand  (Lehrb,  p.  249)  amoena  fortuna  für 
laeta,  secunda.  florentissima  fort. 

Amoliri,  fortschaffen,  in  Prosa  erst  seit  Livius,  welcher  amolita 
onera  in  passivem  Sinne  braucht,  sonst  ist  es  nur  N.  Kl.  und  selten, 
und  bei  Quintilian.  nur  in  der  Bedeut.  abweisen,  widerlegen,  für  re- 
fulare;  als  ein  kräftiges  Wort  ist  es  jedoch  wohl  anwendbar.  In 
jener  ersten  Bedeut.  braucht  man  öfter  demoliri,  summovere,  tollere. 
Gem.  L.  bei  den  Komikern  ist  se  amoliri,  sich  entfernen^  weggehen, 
für  die  Rl.  abire,  discedere,  se  conferre  u.  a. 

Amor  im  Sing,  nie  der  Liebling,  sondern  nur  im  Plur.  amores, 
einigemal  bei  Ci(ero   (Att.  II,  19). 

Amovere,  entfernen,  wird  verbünd,  ab  aliqua  re,  von  Etwas  weg 
und  es  aliqua  re,  aus  Etwas  heraus.  Für  amovere  jocum,  Scherz  bei 
Seite  setzen,  was  Horaz  braucht,  sagt  Cicero  removere ;  sonst  ist 
es  gut. 


156 

Amphibtum^  ein  aus  dem  Griech.  in  anderer  Bedeut.  erst  im  N.  L. 
aufgenommenes  Kunstwort  in  der  Naturgeschichte;  es  ist,  wie  alle 
mit  dem  Griech.  «u(jf/  (amphi)  anfangende,  theils  alte,  theils  auch 
erst  neuere  Kunstwörter  beizubelialten.  Cicero  (N.  D.  I,  37)  gebraucht 
dafür  ajiceps  bestia  et  in  utraqiie  sede  vivens. 

Jmphibologia,  die  Doppelsinnigkeit,  ist  eine  schlecht  gebildete 
Form  der  spätem  Zeit  für  die  schon  bei  Cicero  und  Andern  vor- 
kommende amphibolia,  wofür  wiederum  amphilogia  schlechtere  Les- 
art ist,  Uebrigens  heisst  es  gut  lateinisch  arnbiguitas   (sermonis). 

Amphimacer  (ein  bekannter  Versfuss  -w-)  ist  eine  schlechte 
neue  Form  unsrer  Grammatiker  für  amphimacriis,  welcher  jedoch, 
wie  Quintilian  sagt,  häufiger  creticvs  genannt  wurde. 

Amphitheatricus  ist  weniger  übliche  Form  für  die  acht  latein. 
amphilheatralis. 

Amplesare,  umfassen,  ist  A.  L.  und  bei  Cicero  zweifelhafte  Form 
für  die  sichere  amplesari als  Deponens,  wie  amplecti,  nicht  amplectere. 

Ampliare  ist  in  der  Bedeut.  eriveitern,  vergrössern  nur  N.  Kl. 
und  selten  für  das  Kl.  mnplißcare;  dagegen  Kl.  in  der  gerichtlichen 
Bedeut.  die   Entscheidung  aufschieben. 

Ampliter,  Adv.,  A.  L.  bei  Plautus  und  veraltet  für  das  Kl.  ample; 
es  durfte  von  dem  Ciceronianer  Bembus  (Epist.  VIII,  3)  der  quam- 
primum  quamque  ampliter  sclirieb,  nicht  gebraucht  werden. 

Amplius.  Es  wird  im  N.  L.  in  negativen  Sätzen  mit  nicht  mehTy 
nirgends  mehr,  nie  mehr  ohne  ein  folgendes  ah  falsch  gebraucht, 
indem  man  sagt:  iion,  ?iusquam,  numquam  amplius  und  so  in  andern 
ähnlichen,  wo  Kl.  jam  steht;  z.  B.  damals  gab  es  nirgefids  mehr 
königliche  Prinzen,  jarn  nusquam  erant  (Cic.  Plane.  24),  nicht  nus- 
quam  amplius.  Etwas  Anderes  ist  non  amplius  in  der  Bedeut.  nicht 
weiter,  nicht  länger  in  Bezug  auf  ein  vorausgehendes  Thun,  z.  B. 
Cic.  Orat.  I,  17  non  luctahor  tecum  amplius.  Vgl.  auch  Frotscher 
zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  326. 

Amussis,  das  Senkblei,  die  Stellwage,  das  Richtscheit ,  ist  ein  altes 
Kunstwort;  aber  ad  amussim  und  examussim  in  der  Bedeut.  genau, 
für  accurate^  exacte,  ist  nicht  wohl  nachzuahmen. 

An.  N.  L.  ist  an  —  an  in  Alternativfragen,  z.  B.  ist  er  reich  oder 
arm?  an  dives  est,  an  pauper?  für  dives  est  oder  divesne  est,  an 
pauper ;  und  ebenso  indirect:  es  ist  im^ewiss,  ob  er  reich  oder  arm 
ist,  nicht  an  dives  sit,  an  pauper,  sondern  divesne  (dives)  sit, 
an  pauper.  Ruhnken  tadelt  es,  dass  Muret  (Oper.  T.  II,  p.  742) 
an  —  a7i  in  der  Bedeut.  ob  —  oder  gebraucht  hatte,  mit  den  Wor- 
ten: Duplex  an  pro  utrum  —  an  non  usitatum  est  veteribns.  Falsch 
sagt  auch  Laur.  Valla  Elegant.  I,  27  dubitari  potest,  an  dativus  sit, 
an  ablativus;  und  Benj.  Weiske:  dubito,  an  pro  inepta  glossa  sit 
habend  um,  an  pro  vitio.  N.  L.  ist  auch  «w  mit  folg.  necne.,  welcher 
Gebrauch  auf  früher  fehlerhaften,  jetzt  aus  Handschriften  geän- 
derten Stellen  Cicero's  (Caecin.  11,  31  und  Catil.  II,  6,  13)  beruht. 
Man  schreibt  daher  nicht,  wie  Mahne  (Crito  p.  228):  ignoro,  an 
illud  —  sit,  necne,  für  ignoro,  illudne  (utrum  illud)  sit,  necne.  Ferner 
ist  N.  L.  an  —  sive  oder  an  —  vel,  oder  an  —  aut,  wie  bei  Vi- 
ctorius  Epist.  (in  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  130  ed.  Fr.)  :  quem  spero 
facile    cogniturum,  an  verum   ego    in   hac  re  attigerim,  sive  contra 


157 

lapsus  opinione  fuerim,  wofür  Frotscher  vorschläg-t  num  oder  ulriim 
verum  oder  verumne  —  an,  weil  an  auch  vorn  nicht  Kl.  ist;  denn 
Ziimpt  (Gramm.  §.  353  und  zu  Cic.  Verr.  III,  12,27)  zweifelt  mit  Recht, 
ob  an  in  der  abhängigen  Frage  Kl.  sei,  da  es  erst  N.  Kl.  sicher 
vorkomme.  3Ian  sage  daher  nicht:  Interrogavi,  an  j)ater  domi  esset, 
für  mim  pater  d.  esset,  oder  domine  pater  esset.  Wenn  daher  Muret 
Oratt.  (Oper.  T.  I,  p.  232  ed.  Fr.)  schreibt:  Hoc  an  in  physicis 
vere  dicatur,  viderint  qui  illa  tractant,  so  setzt  Frotscher  für  an 
das  ohnehin  hier  passende  man.  Jedoch  gehören  hierher  nicht  dubito 
an  und  nescio  oder  haud  scio  an  mit  einem  einzelnen  folgenden 
Satze;  damit  hat  es  eine  eigene  Bewandtniss.  —  Auch  ist  es  wohl 
N.  L.,  an,  num  oder  ne  zu  brauchen,  wenn  in  dem  deutschen  ob 
nichts  Fragendes  liegt,  sondern  wenn  es  in  der  Bedeut.  unserm  wenn 
gleich  ist,  wo  also  lateinisch  si  gesetzt  wird ;  z.  B.  sie  versuchen, 
ob  sie  durchbrechen  können,  s«'perrumpere  possint,  nicht  num,  noch 
an,  noch  7ie ;  ich  öffnete  das  Packet,  ob  etwa  ein  Brief  an  mich  da- 
rin läge,  si  quid  ad  me  esset  litterarum,  nicht  num  quid — ;  er  war- 
tete, ob  er  käme,  si  veniret;  sie  warten,  ob  Etwas  geschieht,  si  quid 
fiat;  er  ging  dorthin,  ob  er  ihn  vielleicht  fände,  si  forte  inveniret; 
ich  will  sehen,  ob  er  etwa  zu  Hause  ist,  si  domi  est;  und  so  ähnliche. 
Uebrigens  ist  über  a7i  noch  zu  vergleichen  Vorst.  latin.  mer  susp. 
p.  170.  Heusinger  Emendatt.  p.  458,  vorzüglich  aber  Handii  Tur- 
sell.  I,  p.  296 — 361  und  Reisig's  Vorles.  p.  474. 

Anabaptismus,  die  Wiederiavfe,  muss  als  ein  neues  spätlat.  Wort 
für  eine  neue  Idee,  so  wie  alle  andere  spätere  und  neuere,  mit  dem 
griech.  «i«  (ana)  anfangenden  Wörter,  da  sie  meistens  Kunstwörter 
sind,  in  Ermangelung  klassischer  oder  erträglich  lateinischer  Wörter 
beibehalten,  und  etwa  durch  que7n  (quam,  quod)  dicunt  gemildert 
werden.  Von  der  Art  sind  z.  B.  anachronismus,  analecta,  analogiam 
afiabasis  u.  a. 

Anagnostes  ist  in  der  Bedeut.  Dollmetscher  N.  L.  und  verwerflich 
für  interpres.  Auch  in  der  Bedeut.  Forleser  werde  es  nicht  von 
jedem  gebraucht,  wofür  lector  da  ist  (Cic,  Orat.  I,  30,  136.  II,  55, 
223),  indem  Cicero  u.  A.  nur  die  zum  Vorlesen  bestimmten  Sclaven 
nach  griechischer  Art  so  zu  nennen  pflegen. 

Analogia.  JNach  Quintil.  I,  6,  3  fing  man  zwar  zu  seiner  Zeit  an, 
nach  dem  Vorgange  Cicero's  (oder  wer  der  Verfasser  ist)  im  'rimäus4 
dafür  proportio  zu  brauchen,  aber  da  es  den  Begriff  des  griech. 
Wortes  nicht  erschöpfte,  behielt  man  jenes  auch  später  bei,  da  man 
die  Auctorität  Varro's,  Jul.  Caesar's  u.  A.  im  Gebrauche  des  Wor- 
tes für  sich  hatte. 

Anapaesiicus,  a,  zim,  Sp.  L.  Form  für  die  bessere  Kl.  anapaesfus, 
a,  um;  daher  bedeutet  anapaestus  (seil,  pes^  den  Versfuss  ^,.^- 
und  anapaestum  (seil,  carmen)  ein  aus  Anapästen  gebildetes  Gedicht. 

Anatomus,  der  Anatom,  ist  erst  N.  L.  für  das  freilich  Sp.  L. 
Wort  anatomicus  (sc.  medicus).  Wunderbar  ist,  dass  anatomia  (zwar 
nur  erst  8p.  L.)  üblich  war,  wiewohl  die  Griechen  es  nicht  so,  son- 
dern anatome  (uyuzofxri)  nannten.  Lateinisch  hiess  es  corporum  aper- 
tio,  und  Cicero  nennt  das  Anatomiren ,  corpora  aperire,  Celsus  aber 
Corpora  incidere. 

Ancilla  hat  nirgends,  auch  nicht  Sp.  L.,  im  Dat.  u.  Abi.  Plur., 


158 

■ —  wie  sehr  natürlich  bisweilen  serva,  —  oncillabus ;  als  neue  u,  unnütze 
Form  hätte  es  der  später  so  vorsichtige  D.  Kuhnkeii  Ep.  ad  Elitter. 
(Opusc.  I,  p.  587)   nicht  schreiben  sollen.  Vgl.  Th.  I,  ^.  17. 

Ajicora ,  der  Anker.  Ob  ancoras  solvere  oder  tollere  zu  sagen 
sei,  vgl.  Solvere. 

j4nfr actum,  die  Krümmwig,  Biegung,  A.  L.  f.  das  Kl.  anfr actus. 

Allgere,  ängstigen.    Nirgends  findet  sich  davon   eine  Form  des 

Perf.  und  Supini,  nur  des  Praesens.  Man  hüte  sich  daher,  die  nur 

geda«  hten  Formen  anxi  u.  anxuni  zu  braudien,  welche  einige  Lexica 

angeben. 

AngluSy  der  Engländer  und  Anglia,   England,  finden  sich  noch 
nicht  bei  einem  Alten   und  sind  erst  N.  L.  für  Britannus,  Britannia. 
Angululus.,  das   Hinreichen,  Eckchen,  ist  schlechtere  Form  für 
angellus.  was  Wakefield  im  Lucrez  für  jenes  aufgenommen  hat. 

Angulus ,  der  fVinkel ,  ist  KL,  aber  bezweifelt  wird  latere  in 
angulo  für  in  occulio,  occulte. 

Angastare  (B.  L.  nngustiare),  verengen,  enge  machen,  verkleinern^ 
ist  zwar  ein  kui'zes  Wort,  aber  in  zu  seltnem  Gebrauche  TV.  Kl.  beim 
altern  Pliiiius  und  Seneca.  Man  brauche  lieber  die  Kl.  Umschrei- 
bungen in  angustum  deducere  oder  adducere  oder  co7icludere  ;  auth 
contrahere,  minuere,  angustum  facere.  —  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut. 
ängstigen,  für  angere.  sollicitare  u.  a. 

Angustia.  Für  diesen  Singular  kennt  man  bis  jetzt  nur  sehr  we- 
nige Stellen,  und  zwar  bei  Cicero  M.  D.  II,  7,  20,  wo  er  die  Kürze 
und  Gedrängtheit  der  Rede  angustiam  conclusae  orationis  nennt,  und 
bei  Plin.  IN.  H.  IV,  13,  18  und  XIV,  6,  8  aou  einem  engen,  kleinen 
Räume.  In  gewöhnlichem  Gehrauche  war  zu  allen  Zeiten  der  Plu- 
ralis  angustiae  in  mancherlei  Verbindungen  und  Bedeutungen  ühlich, 
z.  B.  angnstiae  temporis  in  der  Bedeut.  bedeyikliche  Zeit,  wofür  Muret. 
Oratt.  (Oper.  T.  I,  p.  428)  den  Singular  ganz  unnöthig  brauchte  in 
hac  temporis  angustia.  Man  vermeide  den  Singular.  Verworfen  wird 
angustiae  animi  in  der  Bedeut.  Angst,  Aengstlichkeit ,  welcher  Be- 
triff" nicht  darin  liegt,  so  wenig,  wie  in  dem  vorhergehenden  angustare. 
Angnstus,  eng,  schmal  u.  s.w.  Es  wird  Rl.  auch  von  einem  Worte 
gebraucht,  so  dass  man  sagt  angustius  valet  in  der  Bedeut.  es  hat 
einen  engern ,  eingeschränktem  Gebrauch ,  ist  im  Gebrauche  ein- 
geschränkter (vgl.Cic.  Tusc.  III,  8,  16),  wie  sonst  im  entgegengesetz- 
ten Sinne  es  hat  weitern  Umfang,  ist  im  Gebrauche  ausgedehnter, 
latius  patet  (Cic.  Tusc.  III,  5,  11).  Und  so  kann  auch  wohl  richtig 
unser  eine  enge  (engere)  Deßnition  von  Etwas  gehen  übersetzt  werden 
durch  aliquam  rem  auguste  ( arigustius )  definire.  Jedoch  hüte  man 
sich  vor  der  von  Neuern  oft  gebraui  hten  Redensart  angustiore  sefis?i, 
im  enger?}.  S'^V^/^e,  wofür  jenes  (/uod  a?ig?istius  valet,  oder  quod  proprie 
vereque  dicitur  (Cic.  Off.  III,  3,  9)  anzuwenden  ist;  so  Dietrich.  Vgl. 
Latus. 

Anhelare  wird  im  bildlichen  Sinne  mit  einem  Objecte  im  Accusa- 
tiv  (aliquid)  verbunden,  nach  Etwas  trachten,  z.B.  scehis,crudelitatem  ; 
aber  N.  L.  mit  ad  aliquid  und  wohl  gar  mit  etwas  Gutem ,  was  ohne 
Beispiel  bei  einem  Alten  ist.  Falsch  ist  daher  in  der  dem  Ci(  ero 
beigelegten  Consolatio:  Magnuni  est  ad  gloriam  anhelantis  Awinn  fo- 
mentum  spes  futurae  utilitatis. 


159 

Anima.  In  der  bessern  Schriftsprache  unterscheidet  es  sicli  von 
ani/nus,  indem  es  sich  auf  die  f?edeu(.  Hnf/ch.  Lf/ff,  Jthem  ,  Leben 
und  auf  die  allgemeine  ein  lebendes  Wesen  beschränkt;  dng^e^en  be- 
deutet animus  den  de7il{ejiden,  bekehrenden  mu\  fühlenden  Geist  oder 
die  Seele.  Daran  halte  man  sich  im  Sdireiben,  mag  auch  wirUich  !)is- 
weilen  anima  für  animus  gesetzt  sein,  wie  denn  z,  B.  Caesar  (äj.  G. 
VI,  J4)  von  den  Druiden  sagt:  docent  non  interire  animas,  wo  keine 
Handsclirift  animos  liest,  was  man  docli  erwartet,  da  ja  die  anima  mit 
dem  Körper  scliwindet  und  nicht  unsterblich  ist;  und  mag  auch  später 
z.  !J.  Qiiintilian  noch  sagen  anima  iramortalis  est  (V,  14,  10.  VII,  4,  !). 
Nur  über  den  aninuis  stritt  man,  ob  er  slerbücJi  oder  unsterbli.h 
sei;  und  so  spreche  man  nicht  de  immortalitate  animae  (animannn), 
sondern  animi  oder  animonim.  Auch  bei  Cicero  soll  bisweilen  anima 
fiir  animus  stehen.  Auf  jene  Bedeutungen  des  Wortes  anima  .';ezie- 
hen  sich  die  Redensarten  animam  efflare,  den  Lebe7ishuuch  aushau- 
chen, sterben;  animam  amittere,  das  Leben  verlieren  und  ähnliche 
andere;  ferner  die  Anrede  a7i  einen  (eine)  Geliebten  (Geliebte),  o 
anima  mea,  wie  Cicero  die  Seinigen  anredet  vos  meae  varissiinae  ani- 
mae; und  so  wie  Tacitus  (Illst. IV,  32)  sagt:  vos  Treveri  et  ceterae 
servientium  animae.,  und  all  ihr  andern  Shlavenseelen  ,  so  heissen 
auch  wohl  die  gemeinen  und  niedrigen  Seelen  animae  (nicht  animi, 
wie  Andere  Avollen)  plebejae,  ani?nae  htivnles  u.  dgl, 

Animadversio  hängt  mit  animi  adver sio,  die  Richtung  des  Geistes, 
genau  zusammen  und  hat  daher  auch  meistens  ifi  mit  dem  Accusativ 
bei  sich,  wie  unter  andern  fast  durchaus,  wenn  es  bedeutet  Tadel, 
Bestrafung,  Ahndimg,  —  in  aliquem,  z.  B.  i7i  servos,  i/i  cives,  w  ogcgen 
im  Genitiv  die  tatehide,  strafende  Person  liegt.  Jedoch  setzt  Cicero 
(Ciuent.  46)  auch  den  Ge7iitiv  statt  i7i  aliquem,  denn  in  dieser  Stelle 
muss  ani7nadversio  civium  so  verstanden  werden,  nemlich  ^>^  cives.  Zu 
voreilig  tadelt  daher  Sciopp.  (Infam.  Fam.  p. 97)  den  Famian,  welcher 
crebra  reorum  animadversio  brauchte,  für  i/i  reos.  —  Mit  Recht  wird 
es  aber  jetzt  allgemein  verworfen,  es  in  der  Bedeut.  einer  erklären- 
de7iA77merku7igT\\  etwas  Geschriebenem  oder  Gesagtem  zu  brauchen, 
da  es  ohne  alle  alte  Auctorität  und  selbst  ^^^^n  den  Sprachgebrauch 
des  Wortes  ist,  nach  weichem  es  ausser  der  Bedeut.  Wahrnehmung 
und  Beachtung  nur  noch  die  eben  berührte  der  sittliche7i  Rüge  der 
Censoren  und  der  Ah7idung  und  Bestrafung  hat.  Das  Wort  ist  den 
Gelehrten  heutzutage  in  jener  neuen  Bedeutung  einer  erklärenden 
Anmerkung  oder  überhaupt  einer  geistigen  Bemerkung  zu  Etwas  ganz 
gewöhnlich,  was  die  vielen  Bücher  zeigen,  welche  den  Namen  A7ii- 
madversio7ies  in  aliquem  libriim,  i7i  scriptores  u.  s.  w.  führen.  N.  L. 
ist  es  daher  auch,  wenn  z.  B.  Fleyne  (praef.  Virg.  T.  I,  p.  15)  sagt: 
Virgilius  ea  animadrersione  instructus,  was  kein  alter  Lateiner  ver- 
stehen würde.  Man  brauche  in  jenem  Sini^e  esplicatio,  interpretatio, 
esplanatio,  scholium,  annotatio,  und  als  Verha  «rawo?«Ae,  explicare, 
inierpretari,  expla/iare.  Vgl.  Dietrich  zu  Sintenis  p.  J79.  Forbiger 
Aufgab,  p.  28.  Iland's  Lehrb.  p.  137.  Kraft  zu  Ruhnken.  elog.  p.  327 
und  Webers  Uebungssch.  p.  91. 

A7iimadversu77i  kommt  als  Subst.  und,  wie  eben   bemerkt  worden 
ist,  in  Aev  ^eAewi.  belehre7ide  Bemerku7ig  mvgenAs  vor;  unlateinisch 


160 

hat  also  liadr.  Jiinius  seinen  Büchern  gelehrter  Anmerkungen  den 
Titel  Ubri  aniinadversoriim  gegeben. 

Animadvertere  ist  gleich  mit  unimum  adccrtere ;  jenes  wird  aber 
nur  verbunden  mit  dem  Accusativ  aliquid,  Etwas  wahrnehmen,  rilgen, 
tadeln ;  an  ivein  man  Etwas  wahrnimmt,  mit  in  aliquo,  in  aliqna  re, 
aber  loen  man  rügt,  tadelt  und  straft,  mit  in  aliquern.  Dagegen  wird 
animum  advertere,  seinen  Geist  richten  auf  Etwas,  zunächst  mit  ad 
aliquid  \erhui\den,  aher  auch  ebenso,  wie  jenes,  ohne  ad,  blos  atiqnid, 
was  Bentley  zn  Cic.  Tusc.  V,  23,  65  läugnet,  so  dass  Klotz  zu  dieser 
Stelle  bemerkt,  der  Unterscliied  zwischen  beiden  sei  blos  formell, 
und  es  sei  gegen  den  Sprachgebrauch,  dass  animum  advertere  blos 
mit  ad  aliquid  verbunden  werde.  Cicero  z.  B.  sagt  in  der  angeführten 
Stelle  animum  adverti  columellam  ,  ich  bemerkte  (nahm  wahr)  eine 
kleine  Säule;  Caesar  B.  G.  I,  24  postquam  id  animum  advertit,  und 
IV,  12  cum  Piso  id  —  procul  animum  advertisset,  —  und  andere 
Stellen,  aus  denen  erhellt,  dass  es  auch  mit  jenem  ganz  gleich  ver- 
bunden wird.  Vgl.  auch  Gronov.  Liv.  XXIV,  48  u.  Oudend.  zu  Cic. 
Inv.  11,  51.  Falsch  sagt  aber  Mahne  (Crito  p.  268):  nee  animadver- 
tunt  ad  aureum  illud  dictum,  wo  entweder  ad  wegbleiben,  oder  ani- 
mum  adoertu?it  geschrieben  werden  musste. —  N.L.  ist  aber  ani?nad- 
vertere,  wie  oben  animadversio,  in  der  Bedeut.  Etivas  mündlich  oder 
schriftlich  be?nerken,  zur  Belehrung  Anderer  eine  Anmerkung  machen, 
anmerken,  wiewohl  man  es  jetzt  häufig  so  findet,  z.  B.  ad  illum  locum 
haec  Wolfius  animadvertit  für  annotavit,  docuit,  adscripsit.  Eben  so 
wenig  heisst  in  einem  Briefe,  bei  etwas  Schriftlichem  noch  dabei  be- 
merken—  animadvertere ,  sondern  adscribere.  Vgl.  Cic.  Fam.  I,  9,  4. 
Ueber  das  Verbum  s.  Weber's  Uebungssch,  p.  91. 

Animalculum^  das  Thierchen,  N.  L.  und  unnöthig,  vielleicht  von 
Muret  gebildet,  der  (Oper.  T.  II,  971  ed.  Ruhnk.)  schreibt:  minima 
animalculo,  wozu  Ruhnken  bemerkt:  Animalculum  forma  incognita 
veteribus. 

Animare,  KL,  beleben,  beseelen,  wird  oft  im  N.  L.  in  der  Bedeut. 
ermuntern,  anreizen,  ermuthigen,  Muth  einflössen  gebraucht,  wofür 
höchstens  Tac.  Germ.  29  einige  Auctorität  sein  kann,  wo  er  von  un- 
sern  Nassauern  sagt:  Mattiaci  terrae  suae  solo  ac  coelo  acrius  a7ii- 
mantur,  sie  iverden  hitziger  beseelt,  d.  h.  muthiger;  aber  es  fällt  in 
die  Augen,  dass  dies  weit  verschieden  ist  davon,  wie  man  es  jetzt 
braucht,  wenn  z.  B.  Muret.  (Oper.  I,  p.250  ed.  Fr.)  sagt:  nostros  uni- 
mavit,  oder  der  jung.  Burmann:  illi  omnes  ad  nobilem  aemulationem 
animarunt,,  und:  vestra  attentione  animatus,  so  dass  Ruhnken  mit 
Recht  zu  den  Worten  Muret's  bemerkt:  animare  aliquern  pro  incitare^ 
incendere  Gallicismum  sapit.  —  N.  L.  ist  auch  aw/oto/ms  in  der  Bedeut. 
lebend,  wie  wir  so  belebt  brauchen  —  für  animans. 

Animitus,  vo7i  Herzen,  findet  sich  nur  bei  einem  späten  Gramma- 
tiker für  ex  animo, 

Animositas,  Muth,  Beherztheit,  sehr  Sp.L.  £är  animus,fortitudo. 
Dagegen  sind  a7iimosus  und  animose  Kl.  und  gut,  sollen  aber  in  der 
Bedeut.  muthig  selten  vorkommen  und  vielmehr  aufgeregt,  heftig 
bedeuten  ;  muthig  aber  heisse  fortis,  magno  animo. 

Animus  (vgl.  oben  Anima)  ist  zwar  im  Allgemeinen,  als  Gegen- 
satz des  corpus,  die  Seele,  der  Geist,  und  begreift  Verstand,  ff'illen 


161 

und  Empfindung  in  sich;  aber  bei  streng-erer  Unterscheidung  sonderte 
man  den  T  erstand  oder  den  denkenden  Geist  ab  und  bezeichnete 
diesen  durch  mens  oder  ing,enium,  und  so  findet  man  Tuens  u.  animus 
einigemal  als  einander  ergänzende  Begriffe  beisammen,  wie  bei  uns 
Geist  und  Gemüth,  Herz  und  Geist.  Gesondert  ersclieinen  sie  in  den 
Redensarten  ifi  animo  habere,  im  Sinne  haben,  d.  h.  wollen,  Willens 
sein,  wo  mens  nicht  gebraucht  wird;  aber  in  mentem  venire,  in  den 
Sinn  kommen.,  einfallen,  nicht  in  animum.  Ebenso  inducere  (in)  ani- 
THum,  Etwas  thun  (unternehmen)  wollen,  nicht  (in)  mentem.  Muth, 
Beherztheit  heisst  auch  nie  fnens,  sondern  animus,  wiewolil  fast  nur 
mit  dem  Adject.  mag?ms;  jedoch  ohne  magnus  in  der  Redensart 
animus  ei  accedit,  er  beko7mnt  Muth,  wird  muthig,  der  Muth  wächst 
ihm.  Merkwürdig  ist  es,  dass  der  Scharfsifi?i  nicht  allein  acies  (acu- 
men)  mentis  oder  ingejiii  heisst,  sondern  auch  acies  animi,  wie  bei 
Cic.  Tusc.  V,  13.  Senect.  28.  —  Der  Plur,  animi,  von  einer  Person 
gebraucht,  bedeutet  meistens  Stolz  u.  Hochmuth.  Aber  wiewolil  der 
Plur.  animi  m  der  Bedeut.  Muth  bei  Mehrern,  z.  B.  bei  luilites,  sehr 
natürlich  ist,  so  findet  man  ihn  dabei  doch  nie  im  Eigenschoftsablativ, 
nicht  iis  animis  esse,  ei?ie?t  solchen  Muth  habe?i,  sondern  eo  a?iimo 
esse.  —  N.  Kl.  bei  Sueton.  u.  Quintil.  und  bei  Dichtern  ist  animus 
mihi  est  mit  dem  Inf.,  ich  habe  Lust,  Etwas  zu  thun,  für  das  Ä'l.  in 
animo  habeo,  oder  mihi  est  in  animo.  Vgl.  Frotscher  zu  Mureti  Oper. 
T.  I,  p.  383.  In  unsrer  deutschen  Redensart  man  zählt  hier  tausend 
Seele?i  passt  im  Latein,  weder  animi,  noch  animae,  sondern  capita. 
Uebnr  animum  advertere  s.  oben  Animadvertere. 

Annalis,  jährig,  die  Jahre  betreffend,  wird  auch  ohne  das  Subst. 
liber  in  der  historischen  Bedeut.  Jahrbuch  gebraucht,  wovon  Ge- 
schichtswerke, in  einzelne  Jahrbücher  getheilt,  annales  hiessen.  Man 
sagte  aber  nicht,  wie  man  im  N.  L.  oft  findet,  liber  primus,  secundus 
u.  s.  w.  annalium,  sondern  primus  annalis,  secundus  annalis  u.  s.  w. 
So  Cic.  Brut.  15,  58  in  nono  annali.  Qulnt.  VI,  3,  86  de  libro  Eunii 
annali  sexto.  Uebrigens  wird  ausser  diesem  Gebrauche  und  der  Ver- 
bindung mit  lex  (ein  die  Jahre  bestimmendes  Gesetz)  meistens  dafür 
annuus  gebraucht. 

Annare  und  annatare.  Vgl.  oben  Adnare. 

Anne  ist  in  der  Bedeut.  und  im  Gebrauche  gleich  mit  an,  wie 
man  utriinine  oft  für  utrum  findet.  N.  L.  ist  es  aber  in  der  Bedeut. 
oder  Tiicht,  f.  annon  oder  necne,  wie  Muret  V.  L. XVIII,  5  es  braucht: 
cum  id  ipsura  quaeritur,  sitne  aliquid,  anne  sit,  wo  Fäsi  richtig  be- 
merkt: hoc  a7ine  vitiosum  videtur,  et  mutandura  in  annon  vel  necne. 
Ebenso  N.  L.  ist  anne  und  annon  in  abhängiger  Frage  in  d.  Bedeut. 
ob  nicht,  für  none.  Vgl.  Cic.  Orat.  63.  Fin.  III,  4.  Acad.  II,  24.  Tusc. 
V,  12,  wo  Ernesti  für  nonne  lesen  wollte  anne  oder  annon. 

Annectere,  anknüpfen  an  Etwas,  wird  verbunden  alicui  und  ad 
aliquid. 

Annexio,  die  Verknüpfung,  Sp.  L.,  und  annestts  iV".  Rl.  und  wohl 
nur  bei  Tacitus  für  die  Äl.  adjunctio,  conjunctio. 

Annihilare  und  annullare,  zu  nickte  machen,  Sp.  und  fast  B.  L. 
für  delere,  abolere,  irritum  facere  u.  a. 

Anniti,  sich  stemmen  an  Etwas,  wird  verbunden  ad  aliquid,  N. 
Kl.  und  P.  mit  dem  Dativ. 

11 


162 

Annon,  oder  nicht;  vgl.  Necne.  Ob  nnnon  in  derBedeut.  oh  nicht, 
also  in  abhängiger  Frage  gebraucht  werde,  ist  zu  bezweifeln;  Cic. 
braucht  iionne. 

Annosus,  alt,  hoch  bejahrt,  P.  L.  für  vetus,  senes,  grandis  natu. 

A?inotare  u.  annotatio  sind  zwar  erst  N.  KL,  können  aber  in  der 
Bedeut.  Anmerkungen  (schriftliche)  machen  über  etwas  Geschriebe- 
nes, anmerken,  für  KL  gelten,  da  dergleichen  erst  in  der  nachangu- 
steischen  Zeit  durch  Grammatiker  u.  Khetoren  üblich  wurde.  Vgl. 
Quintil.  1,  14,  7  de  quibus  in  orthographia  pauca  annotaho,  u.  Plin. 
Ep.  VII,  20  a  te  librum  meum  cum  annotationibvs  tuis  exspecto.  Für 
gut  und  gleichsam  KL  eikennen  sie  auch  Weber  (Uebungssih. 
p.  91)  und  Hand  (Lehrb.  p.  138).  Ausser  diesen  sind  auch  noch 
einige  andere  passend,  welche  oben  bei  Auimadversio  erwähnt  sind. 

Annotamentiim ,  die  Anmerkung,  f.  annotatio,  ist Sp.L.  nur  bei 
Gellius  und  vielleirht  von  ihm  selbst  gebildet. 

Annuatim,  jährlich,  N.  L.  f.  quotannis. 

Annuere  ist  in  der  Bedeutung  zusagen,  versprechen  P.  L. 
für  coticedere ,  permittere ,  polliceri ,  promittere  ,  jedoch  als  feierli- 
ches Wort  von  Gott  (Göttern)  wohl  zu  brauchen,  wie  es  auch 
Liv.  VII,  30  passend  thut.  Gut  ist  daher  wohl:  deus  nobis  annuit, 
Gott  winkt  zu,  ist  gewogen  verspricht,  aber  nirgends  findet  sich  Kl. 
coelum  annuit,  si  coelum  annuerit,  wie  man  bei  Neulateinern  oft 
findet.  Coelum  wird  nie  so  gebraucht;  vgl.  Coelum  und  Vavassor.. 
Antibarb.  p.  493. 

Atinullare,  s.  oben  Annihilare. 

Annumerare,  zuzählen,  hinzurechnen  zu  oder  unter  Etwas,  wird 
verb.  alicui. 

Annunciare ,  verkündigen,  ankündigen,  zuerst  bei  Livius,  nur  ein- 
mal und  zweifelhaft  (XXXI, 2,  3),  und  dann  noch  beim  altern  Pli- 
nius,  für  nunciare,  und  bei  etwas  zukünftigem  Bösen  denunciare. 

Annus.  „In  unsrer  Redensart,"  sagt  Dietrich,  „ich  hin  in  meinem 
zehnteti  Jahre,  steht  weder  das  Possessiv,  mez/s,  noch  blos  ofinus,  son- 
dern annus  aetatis,  also  ago  decinumi  annum  aetatis.  Ebenso  in  ähn- 
lichen, z.  B.  ?7Z  seinem  zwanzigsten  Jahre,  anno  aetatis  vicesimo,  oder 
in  Bezug  auf  die  Person :  annos  viginti  flatus.  Nur  dann  bleibt  aetatis 
weg,  wenn  der  Zusammenhang-  es  auszulassen  gestattet,  was  oft  der 
Fall  ist.  Auch  sagt  man  nicht  dafür  annus  vitae,  wie  wir  das  Le- 
bensjahr. Ferner  vermöge  seiner  Jahre  heisst  per  aetatem,  nicht  ;;er 
annos.''''  —  Am  Efide  des  Jahres  heisst  KL  anno  exeunte  oder  bei 
Livius  extremo  anno;  auch  anno  vertente,  mit  Umlauf  des  Jahres, 
da  annus  vertit  heisst  das  Jahr  geht  zu  Efide.  N.  u.  D.  L.  ist  novum 
annum  optare,  ein  Neujahr  wünschen,  zum  neuen  Jahre  Glück  wün- 
schen. Vgl.  darüber  Gratulari. 

Annuus  heisst Ä7.em  Jahr  dauernd,  im  ganzen  Jahre  geschehend; 
erst  N.  KL  und  bei  Dichtern  findet  es  sich  in  der  Bedeut.  nach 
einem  Jahre  oder  in  einetti  Jahre  wiederkehrend,  jährlich,  was  Kl. 
anniversarius  heisst;  z.  B.  dies  jesti annicersarii,  sucra  anniversaria, 
alle  Jahre  einmal  wiederkehrende  Feste,  nicht  annui,  annua.  Daher 
heissen  die  jährlichen  Abwechselungen  der  Jahreszeiten ,  die  Jahr 
für  Jahr  wiederkehren,  anniversariae  (nicht  annuae)  vicissitudines 
(Cic.  N.  D.  11,38).  Wenn  aber  Cicero  von   annuae  commulationes 


163 

spricht  (Inv.  I,  34),  so  versteht  er  darunter  die  Veränderungen  im 

ga7ize?i  Jahre,  das  ganze  Jahr  hincb.irch;  und  so  ist  bei  ihm  (Verr. 
III,  48)  annuus  labor  agricolarum,  die  Landarbeit,  die  während  des 
ganzen  Jahres  geschieht. 

Anonymus,  nicht  mit  Namen  genannt,  ist  erst  im  N.  L.  aus  dem 
Griecli.  genommen.  Man  sage  von  Sachen  sine  nomine  mit  einem 
Participio,  z.  B.  ein  anonymer  Brief,  iitterae  sine  nomine  scriptae 
(Cic.  Catil.  III,  5) ;  aucli  sine  auctore,  bei  Suet.  (Aug.  70)  sogar  ohne 
ein  Partie,  sine  auctore  notissimi  versus;  —  von  Personen  iiescio  qui. 

Ante,  vor  u.  s.  w.  Es  wird  nicht  immer  für  unser  vor  gebraucht; 
man  sage  nicht  ante  Judicium  ire,  venire,  vor  Gericht  gehen,  kom- 
men, sondern  in  jus  adire;  nicht  ante  Judicium  adesse,  vor  Gericht 
erscheinen^  sondern  ad  jxidicium  adesse;  nicht  aliquem  ante  Judicium 
vocare,  adducere,  deducere,  sondern  in  jus,  in  Judicium  vocare,  in 
judicittm  Sidducere,  deducere;  nicht  (gerichtlich)  ««fe  judicem  (judi- 
ces) ,  praetorem,  für  apud  — .  Selten  ist  auch  ante  aliquem  dicere, 
orationem  habere,  vor,  in  Jemandes  Gegenwart  reden,  für  ad.  oder 
apud  aliquem,  coram  aliquo  dicere.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  515.  Man 
sage  nicht  arite  brevi,  kurz  vorher,  für  brevi  oder  pauUo  ante.  Vor- 
siclitig  sei  man  bei  ante  mit  einem  Subst,  der  Zeit,  ob  mit  dem 
Accusativ  oder  dem  Ablativ,  und  folge  dabei  nicht  dem  Seltenen, 
sondern  dem  Regelmässigen.  Vgl.  Th.  I,  §.  75,  N.  L.  ist  ante  oder 
antea  mit  folgendem  anteqiLum  (ehe),  z.  B.  is  qui  ante  sagit  (vorher 
empfindet,  vorher  ahnt) ,  antequam  oblata  res  est,  dicitur  praesagire, 
für  ante  sagit,  quam  —  oder  qui  sagit,  antequam — . 

Jntea,  vor,  vorher,  werde  als  selten  bei  den  Bessern  bei  Abla- 
tiven des  tim  icie  viel,  z.  B,  paucis  diebus,  decem  annis.  midto,  paido, 
vermieden  und  es  werde  dafür  ante  gesetzt.  —  Die  Form  aiiteaquam 
für  antequam  verwarf  als  ungebräuchlich  Düker  (zu  Liv.XXXV,25, 3), 
und  ihm  stimmten  Andere  bei.  Hand  (Tursell.  T.  I,  p.  402)  beschränkt 
mit  Scheller  ihren  seltenen  Gebrauch  auf  Trennung  beider  Wörter 
nntea,  quam  und  sagt,  dies  sei  zumal  dann  zulässig,  wann  antea  in 
den  vor  quam  vorausgeschickten  Satz  eingeschoben  wäre.  Jedoch 
vermeide  man  lieber  die  Form  ganz  und  halte  sich  an  antequam. 

Anteambulo,  der  Vorläufer,  ein  gemeines,  mehr  zur  Beschimpfung 
dienendes  Wort,  welches  daher  selten  ist;  es  kann  nicht  im  guten 
Sinne  gebraucht  werden,  wie  es  der  jüngere  Burmann  thut,  für 
praecursor  mit  oder  ohne  das  mildernde  quasi,  je  nach  dem*  Zu- 
sammenhange, oder  auch  umschrieben. 

Antecede?is  ist  im  Gebrauche  sehr  beschränkt,  und  nur  7V^.  Kl. 
beim  altern  Plinius  a?itecedens  annus,  für  das  Kl.  prosimus  oder 
superior  annus,  indem  proximus  das  zunächst  vorhergehende  Jahr 
heisst,  und  die  vor  diesem  vorausgehenden  superior  es.  Am  vorher- 
gehenden Tage  aber  heisst  pridie.  Eben  so  wenig  sagt  man,  was  im 
N.  L.  oft  vorkommt,  liber  antecedens,  das  vorhergehende  Buch,  für 
über  superior;  epistola  antecedens,  für  ep.  superior,  wie  bei  Cic. 
(Fam.  I,  9,  26)  in  der  Nachschrift  der  vorausgehende  Brief  mit 
superior  bezeichnet  ist.  N.  Tj.  ist  auch  dijci  in  antecedentibus ,  im 
Vorhergehenden,  für  supra.  Vgl.  Klotz  zu  Sintenis  p.  159.  Ein  Kunst- 
ausdruck aber  in  der  Logik  und  Rhetorik  war  afitecedentia,  welclien 
consequentia  entgegenstand,  das  Vorhergehende,  die  vorhergehenden 

11* 


164 

Ursachen  (einer  That)  und   dieses   das  Nachfolgende,  die  Folgen, 
woraus  die  Beueis^rriinde  gezogen  wurden. 

j^ntecedere  wird  in  beiden  Bedeut.,  vorangehen  und  übertreffen, 
mit  dem  Dativ  und  Accusativ  verbunden,  allem  und  allquem. 

Aniecellere,  übertreffen,  sich  auszeichnen,  KL  mit  d.  Dativ,  alicui, 
N.  Kl.  auch  mit  dem  j4ccusativ.  Die  Formen  des  Perf.  und  Supi7ii 
kommen  nicht  vor,  ebenso  wie  bei  exvello  und  praecello.  Gleichwohl 
findet  man  im  N.  L.  ajitecellui,  wie  bei  Muret.  (Oratt.  Oper.  T.  I, 
p.  353  ed.  Fr.)  :  qui  ceteris  antecelluerunt,  u.  (p.  142)  antecelluisse, 
und  noch  öfter. 

Antecessor  ist  in  keiner  Bedeut.  KL,  und  wird  entweder  mit 
antevedere  oder  mit  einem  andern  Verbo,  wie  es  der  Sinn  verlangt, 
umschrieben,  z.  B.  der  Vorgänger  (im  Reden),  qtii  ante  dixit  (Cic. 
Sest.  2).  Den  eben  abgehenden  Amtsvorgänger  nennt  Cicero  (Scaur. 
33)  decessor;  successori  decessor  invidit, — was  freilich  ohne  Bezug 
auf  einen  Abgang  ni(  ht  passt,  und  daher  besser  zu  umschreiben  ist. 
In  der  spätem  Kaiserzeit  ward  es  Kunstwort  nicht  nur  für  den 
Amtsvorgänger,  sondern  sogar  Titel  für  einen  Rechtslehrer,  Lehrer 
der  Jurisprudenz,  wie  sie  sich  auch  noch  nennen.  Vgl.  noch  Heu- 
singer. Emendatt.  p.  388  u.  Weber's  Uebungssch.  p.  179.  —  Uebrigens 
ist  es  im  militärischen  Sinne  des  Vortrabes  ein  gutes  Kl.  Wort; 
N.  L.  aber  sind  antecessores,  die  Vorfahre?i,  für  majores,  patres. 

Antecess7im  war  als  neutrales  Subst.  nur,  wie  unser  zum  Voraus, 
mit  der  Praeposition  ^V^,  bei  den  Verben  geben,  zahlen,  amiehmen 
und  ähnl.  ein  gewöhnliches  Kunstwort,  also  meistens  bei  Zahlungen, 
wurde  aber  nie  im  weitern  Sinne  für  vorher,  ante,  prius  gebraucht. 
Es  kommt  erst  N.  Kl.  vor.  Man  missbrauche  es  nicht;  lächerlich 
wäre  es  zu  sagen:  haec  tibi  i7i  antecessutn  scripsi. 

Antecurrere,  voranlaufen,  höchst  selten ,  nur  einmal  N.  KL  bei 
Vitruv.  für  das  Kl.  praecurrere,  antecedere,  antegredi,  anteire.  Ebenso 
ist  antecursores,  die  Vorläufer,  nur  ein  militärisches  Wort  vom  Vor- 
trabe, wie  antecessores ;  sonst  heisst  der   Vorläufer  praecursor. 

Anteferre,  Einem  vorziehen,  verbünd,  m.  d.  Dat.,  alicui. 

Antegredi,  vor-  oder  vorangehen,  wird  nur  m.  d.  Acc.  verb.,  ali~ 
quem,  und  soll  nur  bei  Cicero  vorkommen. 

Antehabe?'e,vorziehefi,  istiN^.  Kl.  und  unnöthig,  nur  bei  Tacitus  für 
anteferre,  praeponere  u.  a. 

Anteire  wird,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  m.  d.  Dat.,  alicui,  oder 
Acc,  aliquem,  verbunden. 

Anteloquium,  das  Vorwort,  die  Vorrede,  sehr  Sp.  L.  für  prae- 
fatio,  prooeinium. 

Anteludium,  das  Vorspiel,  Sp.  L.  für  prolusio  oder  praelusio,  aber 
nicht  praeludium;  vgl.  unter  diesem  Worte. 

Atitemeridialis,  vormittägig,  sehr  Sp.  L.  für  antemeridianus. 

Antemittere,  vorausschicken,  zwar  einigemal  bei  Caesar,  sonst 
höchst  selten  für  praemittere,  was  vorzuziehen  ist. 

Antepefiullimus ,  der  drittletzte,  Sp.  L.  Kunstwort  in  der  Prosodik, 
welches,  wenn  es  der  Kürze  und  Verständlichkeit  wegen  nicht  zu 
vermeiden  ist,  beibehalten  werden  muss,  in  andern  Fällen  werde 
dafür  tertius  ab  extremo  gesagt,  ähnlich  dem  bei  Cic.  Orat.  64,  216, 


165 

wo  für  ■peniiHimus  gesagt  ist  proximua  a  postremo.  Vgl.  auch  Sciopp. 
de  stylo  p.  217. 

Anteponere,  Etwas  (zum  Essen  und  Trinken)  vorsetzen,  vorstellen, 
A.  L.  bei  Piautus  für  das  Kl.  und  solenne  apponere.  Vgl.  Drakenb. 
Liv.  I,  7,  13.  N.  L.  ist  aliquem  alicni  antep.,  Einen  Einem  vorstellen 
als  Beispiel,  für  ante  oculos  po7iere,  z.  B.  die  Geschichte  stellt  uns 
grosse  Manner  vor,  nicht  anteponit,  sondern  a/ite  oculos  ponit.  Für 
aliquid  alicui  anteponere.  Einem  Etwas  vorziehen,  steht  ^.  L.  bei 
Ennius  aliquid  ante  aliquant  rem  ponere,  was  nur  Sali.  (Jug.  18)  nach- 
gebrancht  hat:  ne  verba  inimici  ante  facta  sua  ponerent  für  factis 
suis  a?iteponere?it,  was  nicht  nachgeahmt  werde. 

Antequam,  ehe,  ehe  als ;  welchen  Modus  es  bei  sich  habe,  s.  in  den 
Grammatiken  u.  Handii  Tursell.  T.  I,  so  wie  Reisig's  Vorles.  p.  525. 
Ueber  ante  (vorher)  mit  folgendem  antequam   (ehe)   vgl.  A/ite. 

Afiterior,  vom  Orte  der  Fordere,  von  der  Zeit  der  Frühere,  bei- 
des Sp.  L.;  der  Vordere  heisst  prior,  in  pectore,  in  pectus  oder  ad- 
versus;  der  Frühere  heisst  superior,  z.  B.  der  Forderf/iss  nicht  pes 
anterior,  sondern  prior;  das  vordere  Glied,  membrum  prius,  nicht 
anterius,  und  so  oft  beim  altern  Plinius;  der  Vorderleib,  adversuin 
corpus,  z.  B.  vulnus  (cicatrix)  adverso  corpore  exceptum  (excepta)  ; 
die  frühern  Könige,  reges  superior  es,  nicht  anteriores,  wie  bei  Sul- 
picius  Severus. 

Aniesignanus  kann  nur  im  Scherz  von  einem  Amtsvor ganger  ge- 
braucht werden,  wie  man  es  wohl  im  N.  L.  findet.  Vgl.  Antecessor. 
Antestari,  ein  altes,  gerichtliches  Wort,  Jemanden  zum  Zeugen 
anrufen,  sich  auf  Einen  als  Gewährsmann  berufen,  wird  verb.  m.  d. 
Acc.  aliquem;  es  ist  auch  wohl  ausser  der  Gerichtssphäre  zulässig. 

Antevenire,  zuvorkommen,  übertreffen,  wird  verb.  alicui  und  ali- 
quem, ist  aber  ausser  bei  Sallust  A.  L.  und  N.  Kl.  und  dabei  sehr 
selten  für  antevertere,  praevertere,  praecurrere,  superare  u.  a.  Bei 
Livius  kommt  nur  anteveniens  vor,  woraus  nicht  viel  zu  schliessen  ist. 
Antibarbartis  findet  sich  zwar  nirgends  bei  einem  Lateiner,  aber 
als  N.  L.  Kunstwort  von  einem  Buche  gegen  die  Sprachbarbarei  ist 
es  zulässig  und  nicht  zu  verwerfen,  da  ein  kurzes  lateinisches  fehlt. 
Anticus,  der  vordere,  A.  L.  und  später  fast  ungebräuchlich. 
Antidotum,  das  Gegengift,  ist  das  kurze  Kl.  Kunstwort  bei  Celsus, 
wofür  auch  remedium  adversus  venena  gesagt  werden  kann. 

Antiochemis,  zu  Antiochien  gehörig,  Sp.  L.  Form  für  Antiochensis. 
Antipodes,  die  Gegenfüssler ,  war  wolil  ausser  dem  früher  schon 
aufgenommenen  aiitichthones  das  geographische  Kunstwort;  Cicero 
braucht  es  nur  griechisch  und  erklärt  es  (Acad.II,  39)  qui  adversis 
vestigiis  stant  contra  ?iostra  vesiigia,  und  kürzer  (Somn.  Scip.  6) 
qui  adversa  nobis  urgent  vestigia. 

Antiquare  legem,  ein  Gesetz  verwerfen,  ist  verschieden  von  abro- 
gare.   Vgl.  Abrogare. 

Antiquitas.  Es  kommt  im  Gebrauche  fast  ganz  mit  dem  deutschen 
Alterthum  überein,  indem  es  nicht  nur  das  Altsein  einer  Sache,  son- 
dern auch  concret  die  Menschen  der  alten  Zeit,  saramt  ihrer  Ge- 
schichte, ihren  Sitten  und  Gebräuchen  bedeutet.  Zu  voreilig  ver- 
wirft man  es,  wo  es  von  den  Menschen  gebraucht  wird,  da  doch 
Cicero   antiquitas  multis  in  rebus   erravit,  und   Plinius  sogar  antiq. 


166 

fabulose  narravü  gesagt  haben,  obgleich  freilich  Adjectiven,  wie 
docta,  erudüa,  lltterata  (gelehrt),  sapiens  (weise)  und  ähnliche  andere 
nirgends  damit  verbunden  vorkommen,  und  daher  vermieden  werden 
müssen,  oder  der  Gedanke  muss  umgeändert  werden.  Vgl.  Dietrich's 
Sintenis  2>-  1-  Ebenso  bedeutet  wohl  ajitiquitas  die  alte  Zeit,  aber 
unerweislich  ist  doch  z.  B.  in  antiqnitate  Graeci  maxime  excellunt, 
wie  wir  sagen  im  Alterthtime  zeichnen  sich....  aus,  für  antiquis  tem- 
poribus.  Vgl.  Dietridi  ebendas.  u.  Webei's  Uebungssch.  p.  21.  Un- 
verwerfliih  aber  ist  es,  sowohl  nntiquitas,  als  auch  antiquitates  von 
dem  zu  brauchen,  was  wir  Alterthümer  nennen,  wiewohl  allerdings 
jenes  nur  allgemein,  was  zum  Alterthum  gehört,  bedeutet,  dieses 
aber  einzelne  Sachen,  Sitten,  Gebräuche  u.  dgl.  andeutet.  So  reist 
z.  B.  nach  Tacitus  (A.  11,59)  Germanicus  nach  Aegypten  cognoscendae 
afitiquitatis  causa,  um  alles  Alterthümliche  zu  sehen,  und  Varro,  so 
wie  Andere,  schrieben  antiquitates.  Indess  möchte  es  dorli,  wenn 
unser  Wort  Alterthümer  den  Sinn  alter  J)e?ihnäler  hat,  zur  Bezeich- 
nung besser  sein,  aritiqua  tnonumenta  zu  setzen,  als  antiquitates.  — 
Ueber  afitiquitatis  scientia,  Alterthumsivissefischaft  vgl.  Hiimanus. 

Antiquus^  alt,  in  der  Bedeut.  bejahrt  vom  Lebensalter  ist  P.  L. 
und  N.  Kl.  nur  bei  Tacitus  für  niagnus  oder  grafidis  natu,  senex. 
Das  Neutrum  antiquum,  das  Alte,  d.  h.  alte  Sitte,  Getvohnheit,  scheint  in 
der  Verbindung  mit  obtinere  eine  gewöhnliche  Redensart  gewesen  zu 
sein,  wie  sie  wenigstens  bei  Plautus  und  Terenz  vorkommt,  antiquum 
hoc  oblines  tuum,  und  einfach  ohtines  antiquum,  du  behältst  das  Alte, 
bleibst  beim  Alte/i ,  und  darum  ist  es  an  passender  Stelle,  wie  in 
Briefen  und  Gesprächen,  wohl  anzuwenden,  wiewohl  man  auch  voll- 
ständig antiquinn  morem  obtinere  dafür  brauchen  kann.  N.  L.  aber 
ist  ab  antiquo,  von  Alters  her,  für  antiquitus,  und  schoji  von  Alters 
her  heisst  jam  inde  antiquitus. 

Antrorsum,  vorwärts,  N.  L.  für  prorsum. 

Antrum,  die  Höhle,  Grotte,  P.  L.  für  spelunca,  caverna,  specus. 

Ansietas  oder  ansitudo  (anxietudo)  ist  AengstlichJceit,  nicht  die 
Angst  selbst,  wie  es  P.u.  Sp.  L.  gebraucht  wird;  übrigens  kommt 
unxitudo  nur  einml  vor  bei  Cic.  Rep.  II,  41,  sonst  ist  es  A.  u.  Sp.  L.; 
Afigst  aber  ist  migor. 

Anxius,  ängstlich,  in  Angst,  besorgt,  hat  bei  Cicero  und  Caesar  kein 
Object  bei  sich,  bei  Livius  hat  es  ein  solches  im  Genitiv  oder  Ablat.y 
bei  Andern  de  oder  pro  (Plin.  IV,  21).  aber  nicht  propter,  ob  oder 
causa;  bei  Seneca  (Ep.  115  init.)  auch  das  N.  Kl.  circa,  in  Rücksicht 
auf,  wie  unser  um,  z.  B.  noio  nimis  anxium  esse  te  circa  verba. 

Apennin  US  wird  nur  im  Sing.,  nie  im  Plur.  gebraucht,  während 
wir  die  Apenninen  zu  sagen  pflegen. 

Aperire,  öffnen.  N.  L.  ist  se  aperire,  sich  öffnen,  mit  terra  oder 
coelum  verbünd.,  nach  d.  Deutschen  die  Krde,  der  Himmel  öffnet 
sich,  spaltet  sich,  für  terra,  coelum  discedil ,  patefit.  Vgl.  Dehiscere. 
Richtig  ist  aber  vulvae  se  ipsae  aperiunt  (Cic.  Divin.  1,  34,  74),  und 
ohne  ipsae  —  vaivae  clausae  subito  se  aperuerunt  (ib.  II,  31,  07). 
N.  L.  ist  se  aperire  in  der  Bedeut.  seine  Meinung,  seine  Gedanken 
sagen,  eröffnen,  für  sensus  suos,  sentej?tia7n  suam  aperire;  etwas 
Anderes  bedeutet  es  bei  Terenz  (Andr.  IV,  1,  8)  u.  Liv.  (II,  15),nem- 
lich  sich  zeigen,  wie  man  ist  und  denkt,  aber  nicht  mündlich.  JV.  L. 


167 

ist  ferner  sif)t  senfentiam  oder  sensum  alicnjus  loci  aperire,  sich  den 
Sinn  einer  Stelle  öffnen,  zu  erklären  suchen,  für  illustrare,  expli- 
care,  declarare.  Jene  Redensart  findet  sich  bei  Maline  (Crito  p.  319). — 
Der  alizuängstliche  Schorus  hielt  aber  aperire  epistolam,  litteras,  einen 
Brief  öffnen,  aufmachen,  für  N.  L.,  und  wollte  dafür  vincula  epi- 
sfolae  laxare  setzen,  was  doch  heutzutage  unpassend  ist,  wenn  unter 
vincula  das  Siegel  verstanden  werden  soll.  Er  übersah  ohnehin,  dass 
Cic,  (Att.  1, 13,  2)  sagt:  litterae  —  aut  interire,  aut  aperiri,  aut  inter- 
cipi  possunt,  und   (ib.  V,  11,  7)   fasciculura   (epistolarura)   aperire. 

u4pertus.  Nirgends  findet  sich  apertis  verbis,  mit  offenen,  klaren, 
deutlichen  JVorten,  für  perspicuis,  planis  verbis,  oder  aperte,  liquido, 
-plane;  nirgends  se  apertum  facere,  sich  offenbaren,  für  se  aperire  (^gl. 
xorher),  oder  animi  se?isus  aperire;  nirgends  ingenium  apertum,!.,  B. 
ad  haurienda  praecepta,  wie  Hemsterh.  (Oratt.  p.  163)  sagt,  für 
acre,  paratum  u.  a. 

Apex  ist  in  der  Bedeut.  Spitze,,  Gipfel  eines  Berges,  Baumes 
u.  dgl.  P.  L.  iür  fastigium,  Vertex,  von  Bergen  auch  culmeri  und  von 
Bäumen  cacuynen;  mit  dem  Genit.  litterae  (litterarum)  in  d.  Bedeut. 
Zug  eines  Buchstabens  ist  es  Sp.  L.  für  ductus  litterae  (litterarum), 
wie  Quintilian  es  ausdrückt. 

Apisci,  erlangen,,  ist  alte,  einfache,  auch  noch  Kl,,  aber  s-elten 
vorkommende  Form  für  die  theils  Kl.,  theils  nachher  gewöhnliche 
Form  adipisci.  Später  brauchte  nur  Tacitus  noch  das  alte  apisci. 

Apographon,  die  Abschrift,  Copie,  ist  Kl,  noch  griechisch,  und  auch 
später  noch  nicht  im  Gebrauche,  für  exemplar,  eä:emplum.  Der  ältere 
Plin.  (N.  H.  XXXV,  11,  40)  erwähnt  die  Copie  eines  Gemäldes  mit 
den  Worten:  hujus  tabulae  exemplar,  quod  apographon  vocant. 

Apologatio,  die  Fabel  in  Aesopischer  Manier,,  —  nach  Quintil.  V, 
11,  20  ein  neues  Wort  seiner  Zeit,  aber  wenig  im  Gebrauche  (non 
sane,,  sagt  er,  recepto  in  tisum  nomine)  für  das  bei  Cic.  aus  dem 
Griech.  genommene  apologus  oder  das  latein.  fabula, 

Apologia,die  V^ertheidigung,  ist  erst  spät  von  christl.  Schriftstellern 
aus  dem  Griech.  uiinöthig  aufgenommen  für  defensio,  Dass  Ruhnken 
(Elog.  Hemst.  p.  276  optima  criticorum  apologia)  es  brauchte ,  ist 
auffallend,  aber  durchaus  nicht  mit  einem  haltbaren  Grunde  in  Scliutz 
zu  nehmen,  was  Lindemann  thut. 

Apologus,  eine  Fabel  in  Aesopischer  Manier.  Cicero  behielt  dieses 
griecli.  Wort,  indem  er  es  ins  Latein,  aufnahm,  in  jener  Bedeut.  bei 
und  unterschied  davon  das  gewöhnliche  fabula  (jede  erdichtete 
Erzählung  ofine  Absicht  der  Belehrung),  welches  aber  so  wie /«- 
hella  N,  Kl.  das  gewöhnliche  Wort  auch  für  diese  Bedeut.  wurde. 
Beide  sind  gleich  gut. 

Apotheosis,  die  Vergötterung,  ist  ganz  unnöthig  erst  sehr  Sp.  aus 
dem  Griech,  genommen,  für  consecratio  oder  in  deorum  numerum 
referre, 

Apparatus,  Herbeischaffung,  herbeigebrachter  Reichthum,  firtde 
ich  nirgends  auf  geistige  Dinge  angewandt,  wie  man  im  N,  L.  von 
einem  apparatus  doctrinae  et  eruditionis  spricht,  worunter  man 
Reichthzim  und  Fülle  von  Gelehrsamkeit  versteht,  für  überlas  oder 
cupia, 

Appareniia,  die  Erscheinung,  ist  Sp.  L.,  in  welcher  Bedeut.  es  sei; 


168 

will  man  die  Erscheinung  für  die  Augen  bezeichnen,  so  sind  dafür 
besser  visio,  visinn,  visus,  ostentum,  m.07istrum,  portentum ;  bei  Geni- 
tiven, wie  deortim  — praesentia  (Cic.  N.  D.  II,  QQ)  ;  in  der  Bedeut.  An- 
kunft^ advenlus,  in  der  Bedent.  Sehern,  species.  Vgl.  auch  Apparitio. 

Apparere.  Wiewohl  es  in  die  Augen  fallen,  klar  und  sichtbar  sein 
bedeutet,  so  ist  es  doch  wohl  selten  bei  Traumerscheinungen,  für 
die  gewöhnlichen  Ausdrücke  se  alicui  ostendere  in  somnio,  videri 
in  somnis ,  per  somnum,per  quietem,  in  quiete.  N.  L.  aber  ist  dies 
apparet,  der  Tag  erschei/?t,  f.  venit;  reus  in  judicio  apparet  f.  in  jus 
adit^  ad  Judicium  adest.  Und  wiewohl  es  appnrentia  vitia  corporis 
gibt,  so  gibt  es  doch  keine  appar.  vitia  oratiojiis  et  sermonis,  und 
eben  so  wenig  apparentes  germanismi,  über  welche  Euch.  Oertel. 
einige  Programme  geschrieben  hat.  N.  L.  ist  es  auch  in  der  gewöhnh 
Bedeutung  sein,  gesehen  werden,  für  esse,  conspici,  z.  B.  nymphae 
in  comitatu  Dianae  appare?it  für  sunt,  conspiciuntur. 

Apparitio  istiV!  L.  in  der  Bedeut.  Erscheinung,  da  es  nur  die  Be- 
dieriung  als  Handlung  und  als  Persone?i  bedeutet.  Vgl.  Apparentia. 

Appellare,  Etwas  Tiach  Etwas  benennen,  wird  verbunden  ab  oder 
ex  aliqua  re;  anreden,  ansprechen  %im  Etwas  oder  we^en  einer 
Sache,  de  aliqua  re.  In  der  Bedeut.  an  Jemanden  appelliren  wird 
es  verbünd,  aliquem,  erst  <S^.  L.  ad  aliquem.  Anders  ist  es  bei 
"provocare. 

*  Mit  ad  fand  es  sich  sonst  auch  in  Cic.  (Quinct.  20,  64  ad  tribunos  appel- 
Jat),  wofür  aber  jetzt  in  dieser  Stelle  seit  Hotoman,  blos  tribunos  steht.  Nach 
jener  falschen  Stelle  sagten  daher  einige  gute  Neulateiner  ad  aliquem. 

Appellere,  herantreiben ,  ist  das  gewöhnliche  Verbum  von  Schif- 
fern, die  ihr  Schiff  irgendwohin  treiben:  nautae  navem  appellunt; 
wohin,  ad  aliquid,  und  bei  Städtenamen  ohne  ad  mit  dem  blossen 
Arcusativ,  z.  B.  ad  Delum,  Si/ractisas.  Für  das  handelnde  Subject 
nauta  oder  nautae  steht  auch  jede  stellvertretende  Person,  sogar 
venti  (die  JVinde).  Unser  Schifferansdrnck  aber  weicht  ab:  für  die 
Schiffer  landen  irgendwo  mit  ihrem  Schiffe  sagen  die  Lateiner  mehr 
die  Seh.  treiben  das  Schiff  irgendwohin.  Schon  Caesar  (B.  C.  II,  23) 
und  nach  ihm  Livius  brauchen  einigemal  appellere  schlechtweg  ohne 
einen  Acc,  wie  navem, naves,  classem,\\\  der  Bedeut.  landen.  Man  halte 
aber  jenen  bessern  Sprachgebrauch  fest,  nach  welchem  auch  wo 
man  landet,  fast  nur  mit  quo,  selten  mit  uhi, —  bei  wem  man  landet, 
mit  ad,  nicht  mit  apud  ausgedrückt  wird.  Man  sage  daher  lieber 
passivisch  navis  appellitur,  nicht  appellit,  wo  wir  sagen  das  Schiff 
landet.  Beisp.  geben  die  Lexica.  Jedoch  sagte  man  im  Passivo  auch 
appellor  navi  oder  naiu'gio,  ich  lande  mit  oder  auf  dem  Schiffe;  appulsi 
sunt  navigiis  in  Africam,  sie  sind  mit  oder  auf  deri  Seh.  in  Africa 
gelandet.  Erst  N.  Kl.  (zweifelhaft,  ob  je  bei  Livius),  ähnlich  dem 
Deutschen,  ist  appello  navi  (navigio),  ich  lande  mit  einem  Schiffe,  und 
navis  appellit,  naves  appellunt.,  das  Schiff  landet,  die  Seh.  landen,  — 
für  appellor  navigio,  navis  appellitur,  naves  appelluntur,  und  ohne 
navis  —  aliquis  appellit.  Jemand  landet.  Diese  spätere  Sprachweise 
ist  im  N.  L.  üblicher,  als  jene  KL,  welche  doch  allein  nachzuahmen 
ist,  und  mit  Recht  hält  Hand  (Lehrb.  p.  154)  die  letztere  für  ver- 
werflich. 

Appendere  ist   in    der   Bedeut.   aufhängen  N.  L.  für  suspendere 


169 

aliqiiid  ex  aliqua  re,  Etwas  an  Etwas  außi.  Falsch  sagt  Heyne 
(z.  Virg.  E.  III,  12)   arcum  in  fago  appensinn  für  e  fago  st/spensum. 

Appete7iter,  begierig,  ist  bei  Cic.  Off.  I,  10,  33  von  Einigen  be- 
zweifelt und  verändert  worden,  da  es  sonst  nicht,  ausser  Sp.  L. 
vorkommt.  Es  ist  aber  nicht  zu  verwerfen  und  durch  andere  ähn- 
liche, eben  so  seltene  geschützt.  Vgl.  zu  jener  Stelle  C.  Beier's  lau- 
nige Anmerkung. 

Appetitus,  der  Appetit,  wird  sogar  mit  dem  Genit.  cibi  als  N.  L. 
verworfen,  da  es  nirgends  vorkommt  für  appetentia  cibi  oder  aviditas 
(beim  altern  Plinius),  oder  cupiditas  cibi  (bei  Celsus).  H^x  fehlende 
Appetit  heisst  fastidium  cibi;  den  Appetit  reizen,  aviditatem  escitare, 
incitare  oder  facere. 

Applaudere,  beifällig  ziihlat sehen,  kommt  ausser  bei  dem  vor- 
klassischen Plautus  nur  noch  ein  einzigesmal  vor  bei  Cic.  Sest.  54, 
wo  nach  allen  Handschr.  applaudatur  stehen  soll,  nicht,  wie  sonst 
nur  gesagt  wird,  plaudatur,  so  0ass  wohl  die  Aechtheit  der  Lesart 
bezweifelt  werden  kann.  Häufig  kommt  dagegen  vor  plaudere  und 
davon  plausus,  nicht  applausi/s,  plmisor,  nicht  applausor ;  denn  in 
Plin.  Paneg.  46  haben  für  applausor  die  bessern  Handschr.  plausor, 
was  auch  Schwarz  vorzieht  und  Gierig  in  den  Text  aufgenommen 
hat.  Man  brauche  daher  nicht  mehr,  wie  bisher  so  oft,  applaudere, 
sondern  plaudere  oder  plausum  dare  (Cic.  Q.  fr.  III,  1,  13).  —  Was 
nun  das  im  N.  L.  so  häufige  applausus  betrifft,  so  ist  es  N.  oder 
B.  L.  ohne  alle  Auctorität  bei  irgend  einem  Alten,  selbst  den  spä- 
testen, für  plausus,  approbatio,  assensus.  Lambin.  nahm  es  in  Cicero 
(Divin.  II,  50,  104)  aus  eigener  Vermuthung  ohne  handschriftliche 
Auctorität  auf,  für  plausu,  was  alle  Handschr.  u.  alte  Ausgg.  haben 
und  was  aucli  in  den  neuern  Ausgg.  wieder  steht.  Auch  die  besten 
iV^.  Lateiner,  wie  Perpinian,  Muret,  Stephanus,  Graevius  u.  A.  haben 
aber  jenes  gebraucht. 

Applicare.  Mehr  Kl.  ist  im  Perf.  die  Form  applicavi,  als  applicui, 
und  im  Supino  mehr  applicatum,  als  applicitum,  wiewohl  heutzutage 
mehr  die  spätem  Formen  gebräuchlich  sind.  Vgl.  Reisig's  Vorles. 
p.  250.  Es  wird  meistens  verbunden  mit  ad,  N.  KL  u.  P.  auch  mit 
dem  Dativ;  daher  wird  auch  das  wo  nicht  durch  ubi,  sondern  durch 
quo  (wohin);  dort  nicht  durch  ibi,  sondern  durch  eo  ausgedrückt. 
Mit  navis,  Schiff,  verbunden  kann  es,  wie  oben  appellere,  durch 
landen  übersetzt  werden,  hat  aber  dieselbe  Construction,  wie  dieses, 
welches  daher  zu  vergleichen  ist.  N.  L.  ist  applicare  aliquid  in  aliquem 
in  der  Bedeut.  Etwas  auf  Jemanden  amvenden,  für  transferre  in 
aliquid,  accommodare  ad  allq.  Das  Subst.  applicatio  hat  N.  L.  aus 
dem  Französischen  die  Bedeut.  Fleiss,  für  industria. 

Apponere,  bei-  oder  zu  Eiivas  setzen.,  wird  verbünd,  ad  aliquid 
oder  alicui,  nicht  apud;  in  der  Bedeut.  Einen  einem  Andern  bei- 
geben,  aliquem  alicui,  wobei  ein  zweiter  Accusativ  angibt,  wozu  man 
Einen  beigibt,  z.  B.  aliquem  alicui  custodem,  moderatorem,  rectorem. 
Sp.  L.  ist  esemplum  apponere,  ein  Beispiel  beisetzen,  für  subjicere. 

Apportare,  herbeitrage?i,  -bri?ige7i,  -schaffen.  Kl.  nur  von  dem, 
was  tragbar  ist,  bei  allem  Andern  werde  ein  anderes  Verbum  ge- 
wählt, besonders  afferre,  oder  wie  bei  equum  und  navem  —  adducere. 

Apprehendere  ist  in  geistiger  Bedeut.,  Etwas  hegreifen,  erst  sehr 


170 

Sp.  L.  fiir  mente  comprehendere,  percipere,  intelligere ;  ebenso  Sp.  L. 
apprehensio,  das  geistige  Begreifen,  Verstehen^  für  comprehensio^ 
perceptio,  inteUigentia,  und  g^leich  Sp.  L.  apprehensilHlis,  begreiflich, 
für  comprehensibilis  u.  a.  Das  Verbum  braucht  auch  Muret  (V.  L. 
VIII,  7)   für  percipere,  was  auch  Fäsi  g^etadelt  hat. 

yjpprime,  vor  Allem,  vorzüglich,  ist  fast  nur  A.  L.  und  kommt  nach- 
her nur  bei  Varro,  sonst  nirgends,  ausser  im  Sp.  L.  vor.  Zu  voreilig 
wollte  es  Ang.  Majus  in  einem  selbst  gemachten  Zusätze  zur  Ausfüllung 
einer  Lücke  in  Cic.  Rep.  II,  30  einschwärzen.  Es  werde  ganz  vermie- 
den, wiewohl  einige  der  bessern  N.  Lateiner  es  gebraucht  haben,  wie 
Sadolet  (Epist.  II,  6),  Longol.  (Epist.  1,5)  u.  A.,  die  sich  wahrschein- 
lich auf  die  alte  Lesart  in  Cic.  Fin.  III,  9,  32  stützten,  wo  es  früher 
stand,  jetzt  aber  nach  den  Spuren  in  den  Handschr.  in  a  prima 
geändert  ist.  Vgl.  Madvig  zu  dieser  Stelle, 

Appropinqnare,  sich  nähern,  nahe  kotnmen,  wird  verbunden  mit 
ad  und   dem  Dativ.  " 

Appropriare,  aneignen, und  appropriatio,  die  Aneignung,  s\\\A  gleich 
Sp.  L.  für  rcTu  proprium  oder  sitamfacere,  adsciscere  oder  vindicare 
sibi  aliquid. 

Appugnare,  bestürmen,  angreifen,  z.  ß.  classem.,  castellum,  für 
oppugnare,  findet  sich  nur  bei  Tacitus,  und  ist  vielleicht  zu  bezwei- 
feln, gewiss  aber  ohne  Unterschied  von  dem  andern. 

Apricus,  sonnig,  ist  KL;  aber  N.  L.  bildlich  aliquid  in  apricoponere 
für  declarare,  aperire,  wie  neulich  Einer  schrieb:  sed jam  consilinm 
ejus  in  aprico  ponendum  est. 

Aptare,  anpassen,  nicht  Kl.,  nur  N.  Kl.  oft  bei  Quintilian  für 
accommodare ;  es  wird  mit  ad  oder  dem  Dativ  verbunden.  Bei  Cicero 
findet  sich  nur  das  Partie,  aptatus  als  Adjectiv.,  passend  zu  Etwas. 

Aptitudo,  die  Tauglichkeit,  ist  N.  L.  für  habilitas. 

Aptns.  In  der  ersten  Bedeut.,  befestigt  an  Etwas,  hangend,  an- 
gekniipfl  an  Etwas,  wird  es  verbunden  ex  aliqua  re,  z.  B.  gladius 
e  lacunari  aptus  (Cic.  Tusc.  V,  21,  62);  ebenso  in  der  bildl.  Bed. 
der  von  Etwas  abhängt,  z.  B.  officium  ex  honesto  aptum  est  (Cic. 
OfF.  I,  18,  5).  —  Uebrigens  ist  aptus  meistens  der,  mit  dem  Etwas 
gethan  werden  kann,  aber  idoneus  der,  welcher  Etwas  thun  kann. 
In  der  Bedeut.  passend  wird  es  mit  ad  oder  dem  Dativ  verbunden. 

Apud.  Bei  mancher  Aehnlichkeit  im  Gebrauche  mit  unserm  deut- 
schen bei  findet  doch  manche  Verschiedenheit  und  Abweichung  Statt. 
Wir  fragen  z,  B.  bei  vielen  Verben  mit  ?/o?  die  Lateiner  aber  mit 
wohi7i?  oder  wir  brauchen  bei,  die  Lateiner  ad,  d.  h.  nach  Etwas 
hin.  Vgl.  Advenire,  Convenire.,  Devertere  u.  a.  und  Th.  I,  §.  149. 
Auch  bleiben  sieh  die  Lateiner  oft  selbst  nicht  treu.  A.  L.  (sogar 
einmal  bei  Cicero,  später  oft  bei  Tacitus)  ist  es,  aptid  bei  Städte- 
und  andern  Ortsnamen  zu  brauchen  für  in  mit  dem  Abi.  oder  was 
sonst  Kl.  üblich  war,  z.  B.  apud  Romam  für  Romae,  zu  oder  in 
Rom,  nicht  bei  Rom,  in  der  Nähe  Ro?ns  ;  apud  Graeciam  f,  in  Graecia ; 
apud  forum,  apud  oppidmn,  apud  villam  u.  dgl.,  was  in  der  Um- 
gangssprache alltäglich  gewesen  zu  sein  scheint  und  bei  uns  höch- 
stens im  Dialog  zulässig,  sonst  aber  zu  vermeiden  ist.  Gut  ist  apud 
aliquem  esse,  bei  Jemanden  sein,  wenn  es  heisst  in  seinem  Hause 
leben,  sich  aufhalten;  aber  nicht  in  seiner  Nähe,  in  seitier  Gesell- 


171 

Schaft  sein,  umgehen  mit  ihm,  was  esse  cum  aliquo  heisst.  B.  L.  ist :  hoc 
est  (non  est)  apud  me,  das  steht  (steht  flicht)  bei  mir,  d,  h.  in  mei- 
ner Macht,  für  pefies  me,  in  mea  potestate ;  esse  ap7id  manum,  bei 
der  Hand  sein,  für  ad  manum;  apud  se,  apud  animum  suum  cogi- 
tare,  bei  sich  denken,  überlege?!,  für  secum,  cu?n  animo  suo  cogifare, 
wiewohl  richtig  ist  apud  animum  suum  statuere,  proponere.  N.  L. 
ist  aliquid,  z.  B.  numos,  apud  seferre  für  secumferre ;  —  B.L.  disertus 
est  apud  vinum  u.  ähnl.,  beim  Weine,  für  ad  vinum  (Cic,  Coel.  24). — ■ 
Gut  ist  apud  illos  est  consuetudo;  apud  me  valet  illius  auctoritas 
(Cif.  Lael.  4.  Parad.  I,  1).  Auch  ist  apud  se  esse,  bei  sich,  sei?!,  bei 
Besin?iu?/g  sein,  im  Dialog  nicht  verwerflich,  und  findet  sich  oft  bei 
Tercuz.  Uebrigens  vgl.  Haiidii  Tursell.  T.  I.  Reisigs  Vorles.  p.  722 
und  für  einzelne  Redensarten  gute  deutsch-lat.  Wörterb. 

Aqua.  Der  Sing,  ist  bisweilen  ungebräuchlich  für  den  Plural, 
z.  'ß.  grosses  Wasser  in  derBedeut.  lJeberschiremmung,aquaemagnae, 
ingentes;  und  in  diesem  Sinne  aquarum  magnitudo,  nicht  aqua  magna, 
i?igens,  aquae  magnitudo;  ferner  heilbringendes  Wasser,  das  W.  einer 
Hei/quelle,  nicht  aqua,  sondern  aquae;  daher  aquae  fttedicatae,  mine- 
ralisches Wasser  (Senec.  N.  Qu.  III,  25),  aquae  Bajanae,  das  Was- 
ser, das  Bad  zu  Bojä  u.  a.  Wenn  Wasser  dem  Lande,  nicht  der 
Erde  als  Element,  entgegensteht,  so  wird  in  Prosa  mare,  nicht  aq?ia, 
gebraucht,  und  so  mare  bei  einer  Reise  zu  Wasser,  und  unser  zu 
Wasser  u?id  zu  Lande  immer  nur  terra  marique ,  oder  seltner  et 
viari  et  terra,  muri  atque  terra,  aber  nie  aqua,  lieber  aquae  und 
aquarum  ductus  vgl.  Ductus. 

Aquaticus,  i?n  Wasser  lebend,  ~  befindlich,  steht  N.  Kl.  oft  beim  altern 
Plinius  für  aquatilis,  in  aqua  vive?is,  habitans. 

Aquilo,  der  Nordwind,  nie  eigentlich  der  Norden  als  Land  für 
Aquilonis  partes,  partes  septentrionibus  subjectae,  regio  aquilonaris, 
terra  subjecta  aquiloni  oder  ad.  septentriones  spectans. 

Aquilonius,  nördlich,  ist  N.  Kl.  für  aquilo?iaris  oder  öfter  septen- 
trionalis,  aquilo?ii  subjectus. 

Aquosus,  ivasserreich,  ist  fast  nur  P.  L.  u.  N.  Kl.  f.  aquae  -plenus. 

Arabus,  arabisch  und  der  Araber,  ist  mehr  P.  NeI)enform  für  das 
Adject.  Arabicus  und  das  Subst.  Arabs,  welche  beide  in  Prosa  nur 
zu  brauchen  sind. 

Arator,  der  Pflüger,  werde  als  mehr  P.  vermieden  durch  agri- 
cola,  indem  aratores  in  Prosa  gewöhnlich  nur  die  Pächter  der  Staats- 
güter hiessen. 

Arbiter  ist  in  der  Bedeut,  Herr,  Gebieter  nur  P.  Tj.  für  dominus; 
dem  ähnlich  auch  bei  Tacitus  einigemal  für  domimis  oder  moderator. 

Arbitrari  ist  als  Passiv. ,  gehalte?i  werden ,  wohl  nur  A.  L.  bei 
Plautus  und  im  Sp.  L.,  bei  Cicero  sehr  zweifelhaft,  da  in  Verr.  V, 
41,  106  R.  Klotz  für  arbilraretur  aus  Handschr.  putaretur  liest,  da 
ferner  in  Muren,  16  bei  a?bitraretur  Pompejus  zu  denken  ist  und 
endlich  Att.  I,  11  bei  arbitrari  homines  zu  denken  sind.  Zumpt  nimmt 
dagegen  alle  Stellen  passivisch.  —  Für  die  Kl.  Verbindung  zweier 
Accusativen  ohne  esse  bei  diesem  Verbo,  die  man  vielleicht  läugnen 
könnte,  diene  folg.  Beispiel  aus  Cicero  (Fam.  V,  12,23)  :  non  eos  raagis 
invidos,  quam  eos,  qui  laudnnfe^,  assentatores  arbiträre. 

Arbitratus  ist  nur  im  Ablativ  üblich,  arhitratu,  nach  Gutdünken, 


172 

WtllJtühr,  freier  Wahl,  fast  immer  in  Beziehimg;  auf  die  handelnde 
Person  mit  den  Pronom.  meo,  tuo,  suo  ii.  s.  w. ,  selten  mit  einem 
andern  Genitiv.,  und  da  jenes  Pronomen  dem  Sinne  nacli  meistens 
voji  Bedeutung  ist,  so  steht  es  meistens  davor,  nur  selten  7iach,  also 
meo  arbitratu,  nicht  arbitratu  meo,  wie  es  sich  z.  B.  bei  Cic.  Acad.  II, 
32  findet;  licet  haec  quivis  arbitratu  suo  reprehendat.  N.  L.  ist  es 
aber,  ein  Adjectio  hinzuzusetzen,  wie  z.  B.  Sintenis  räth,  sapienti 
noch  beizufüg^en;  dies  ist  bei  solchen  Ablativen  nicht  üblich.  Vgl. 
dagegen  R.  Klotz  zu  Sintenis  p.  143. 

Arboretum,  Baumgarten,  Baumstück,  ist  A.  L.  u.  selten  f.  arbustum. 

Arcadius,  Arcadisch,  P.  Form  für  Arcadicus ;  ebenso  Areas  als 
Adjectiv.,  da  es  in  Prosa  nur  Subst.  ist. 

Arcane ,  heimlich,  geheim,  ist  ungewöhnliche  Form  des  Adv.  für 
arcano. 

Arcere,  abhalten,  wird  bei  Personen  verbunden  mit  a,  bei  Sachen 
mit  dem  Ablativ  mit  und  ohne  a ;  P.  L.  mit  dem  l>ativ.,  alicui. 

Arcessitus,  das  Herbeirufen,  ist  nur  im  Ablat.  üblich,  arcessitu, 
wozu  ein  Genitiv,  aber  kein  Adjectiv  treten  kann.  Falsch  wäre  celeri 
ejus  arcessitu  veni,  auf  sein  schfielles  Herb.,  für  celeriter  ab  eo  arces- 
situs veni.  Vgl.  Aibitratus. 

Archetypum,  das  Original,  erst  bei  Varro  ins  Lateinische  auf- 
genommen, bei  Cicero  in  d.  Briefen  ad  Att.  noch  u^ytTt-nov,  in 
Reden  möchte  es  nicht  anwendbar  sein  und  lieber  umschrieben 
werden  durch  Über  ipsius  auctoris  manu  scriptus. 

Architectari  vermeide  man  im  Sinne  des  Bauens,  Erbauens  und 
behalte  aedißcare ;  ohnehin  ist  es  sehr  selten. 

Architecton,  der  Baumeister,  bei  Plautus  und  später  bei  Seneca, 
ist  unnöthig  für  die  latein.  Form  architectus. 

Archium  oder  archivum.  das  Archiv,  ist  erst  Sp.  L.  für  tabularium; 
unnöthig  wählte  es  Muret  in  einer  Rede  (Oper  T.  I,  p.  381  ed.  Fr.), 
wo  fremde  Wörter  selten  passen. 

Ardejis,  brennend,  wird  allerdings  bildlich  von  der  Rede  gebraucht, 
die  feurig  ist  und  mit  Feuer  der  Seele  gehalten  wird,  aber  den- 
noch findet  man  nirgends  ardentes  preces  für  unser  heisse  Gebete, 
heisses  Flehen;  —  es  wird  daher  von  dem  Jenaer  Rec.  dieses  Buches 
als  unlateinisch  verworfen,  wiewohl  es  an  sich  nicht  gerade  verwerflich 
scheint:  und  so  möchte  auch  gratiae  arde?ites,  heisser,  umrmer  Dank, 
und  im  Superl.  ardentissimae  nicht  ganz  verwerflich  sein. 

Ar  der  e  ohne  den  Zusatz  amore,  von  Liebe  brennen,  heiss  lieben, 
ist  nur  P.  L.,  in  Prosa  amore  ardere,  auch  Avohl  ardenter  amare. 

Ardescere,  entbrennen,  in  Brand  gerathen,  ist  P.  L.  und  N.  Kl, 
nur  bei  Tacitus  für  exardescere. 

Arduus  bezeichnet  ausser  den  gewöhnlichen  Bedeut.  hoch,  steil, 
nur  was  schiver  zu  erreichen,  zu  unternehmen  ist,  aber  N,  L.  scheint 
es  eine  schwer  zu  erklärende,  dunkle  Stelle,  locum  arduum  f.  diffi- 
cilem  zu  bezeichnen.  Die  Formen  des  Compar.  u.  Superl.  sind  un- 
gewöhnlich. P.  L.  ist  res  arduae  in  der  Bedeut.  Unglück,  Missge- 
schick ,  für  res  adversae. 

Arena  ist  bei  den  Alten  auch  der  Kampfplatz  der  Fechter  im 
Amphitheater;  daher  im  N.  ^die  bildliche  Redensart  in  arenam 
deacendere  sogar  in  der  Bedeut,  sich  in  einen  gelehrten  Streit  ein- 


173 

lassen,  was  aber  heutzutage  ganz  unpassend  ist,  da  die  arenn  für 
Fechter  (gladiatores)  des  gemeinsten  Schlages  war;  es  ist  also  höch- 
stens nur  in  heiterem,  scherzliaftem  Gespräche  zulässig.  In  ernster 
Rede  verwirft  es  daher  Eichstädt  (Deprecatio  Jatinit.  acad. )  und 
mit  ihm  aucli  Hand  (Lehrb.  p.  287).  Anständiger  ist,  was  Cic.  orat. 
]3,  42  braucht,  in  aciem  dimicationemque  descendere. 

^reopagtis.So  oder  ^n'opagtis  nahmen  die  Römer  den  im  Griech. 
aus  zwei  Wörtern  bestehenden  Namen. '/oeio?  Träyogin  ihre  Sprache  als 
ein  einziges  Wort  auf,  was  neuerdings  Einige  zu  voreilig  geläugnet  ha- 
ben. Sicher  steht  wenigstens  die  Form  bei  Varro  L.  L.  \  II,  2,  19, 
p.  126  ed.  M.;  in  Cic.  N.  D.  II,  29,  74  cousilio  ^reopagi  oder  ^n'o- 
pagi ;  Rep.  II,  27  sublato  Areojyago  u.  OfF.  I,  22,  mag  auch  in  Cic. 
Divin.  I,  25,  54  die  Lesart  Areopagum  nicht  ganz  fest  stehen,  da 
sich  in  einigen  Handschr.  Arium  paguni  findet,  was  dort  die  Einen 
vorziehen,  die  Ändern  verwerfen;  auch  bei  Senec.  Tranq.  an.  3, 
p.  352  ed.  Gron.  —  Gesichert  wird  es  auch  durch  das  davon  ab- 
geleitete Wort  Areopagitae,  was  schon  bei  Ennius  vorkommt,  dann 
bei  Varro,  Cicero  (OfF.  I,  22)  u.  A.  Es  Jdeibt  also  im  Latein,  unbe- 
denkliche Form,  mag  es  auch  im  Griech.  nur  gesondert  in  zwei 
Wörtern  vorkommen. 

Ares,  der  griech.  Name  des  Gottes  Mars,  vertritt  nie,  ausser 
wenn  eine  griech.  Stelle  von  einem  Dichter  nachgeahmt  wird,  die 
Stelle  von  Mars. 

Aretalogus  werde  nicht  im  Ernste  von  einem  Moralisten  oder 
Sittenprediger  gebraucht;  denn  nur  im  Spott  kommt  es  bei  den  La- 
teinern so  vor. 

Argentoratus^  der  Name  der  Stadt  Strassburg,  kommt  als  ein 
Femi7i.  zweimal  bei  Amraian.  Marcell.  vor,  und  sein  Zeugniss  muss 
uns  gültiger  sein,  als  das  der  Griechen  ^Tosiraus,  der  sie  Argentor, 
und  des  Ptolemäus,  der  sie  Argentoratum  nennt,  welcher  letztere 
Name  heutzutage  der  alltägliche  ist. 

Argentum.  Nur  in  der  gemeinen  Volkssprache  galt  argentum, 
wie  so  oft  bei  Plaut,  u.  Terenz,  für  das  Allgemeine  Geld,  und  wird 
daher  ganz  anwendbar  sein,  wo  wir  auf  gleiche  Weise  Silber  brau- 
chen, z.  B.  Etwas  versilbern,  zu  Silber  macheiii^  was  man  nur  im  Scherze 
sagt,  so  dass  es  mich  wundert,  dass  die  D.  L.  Lexica  unter  Versilbern 
nicht  gerade  das  gleich  komische  uliquid  argenteum  facere  gesetzt  ha- 
ben. Dagegen  ist  ör^ewiz/m  für  Geld,  Geldstück  gebraucht  N.  od.  Franz. 
L.,  und  daher  von  gangbarer  Münze  durchaus  zu  vermeiden,  welche 
nuinus  oder  im  Plur.  numi  heisst.  Auch  bei  grossen  Zahlungen,  die 
in  Silber  geschahen,  ist  argentum  unser  Allgemeines  Geld,z.  B. 
argentum  numerare,  solvere,  sumere.  Der  Pedant  L.  Arruntius,  der 
aflfectirte  Sprache  liebte,  sagte  (nadi  Seneca  Ep.  114,  17):  exer- 
citum  ar genta  fecit,  für  pecunia  coegit  oder  paravit  exercitum. 

Argeus  und  Argius  sind  neben  Argivus,  Argicisch,  aus  Argos, 
gleich  gute  Formen.  Vgl.  R.  Klotz  Cic.  Tusc,  I,  47,  113. 

Argumentum  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  Inhalt,  Inhaltsanzeige 
einer  grössern,  längern  Schrift,  wie  es  in  neuem  Schriften  so  häu- 
fig den  Büchern  der  Alten  voransteht,  da  es  vielmehr  den  Gegen- 
stand, sei  er  nun  etwas  Einzelnes  oder  Mehrfaches,  bedeutet.  So 
ist  argumentum  orationis,  epistolae,  das,  wovon  eine  Rede,  ein  Brief 


174 

.  i 
handelt,  der  Stoff;  argumentum  picturae,  das,  was  das  Gemälde  vor-  \ 
stelleJJ  soll;  argum.  scidptiirae ,  der  Gegenstand  eines  Bildwerkes.  ■ 
Vgl.  Cic.  Att.  IX,  4,  1  egeo  argtimejito  epistolarura.  Verr.  IV,  56,  i 
188.  —  Inhaltsanzeige  oder  Auszug  aus  grössern  Werken  heisst  \ 
summorium  oder  epitome,  aus  kleinern  exemplam,  wie  Cic.  (Att.  j 
IX,  6,  3)  sagt:  litterae  sunt  allatae  hoc  exemplo,  folgenden  Inhalts.  \ 
Der  Hauptinhalt  ist  summa  (Caes.  ß.  C.  III,  57).  —  N.  L.  bedeu-  \ 
tet  es  das ,  wodurch  man  Etwas  zeigt ,  an  den  Tag  legt ,  Beweis  \ 
für  Etwas,  z.  B.  er  gab  einen  Beiveis  seiner  Beredtsamkeit ,  nicht  ' 
argumenUim,  sondern  documentum  eloquentiae  (Liv.  XLV,  37).  —  j 
Wenn  argu7nentum  Beweis  bedeutet,  wodurch  Etwas  erwiesen  wird,  | 
so  kann  nicht  pro  mit  einem  Subst.  folgen,  sondern  der  Zusatz  wird.  ! 
entweder  in  einen  Beisatz  verwandelt,  z.  B.  ein  Beineis  für  Gottes  \ 
Dasein,  argumentum ,  quo  Deum  esse  deinojistratur ,  oder,  wo  es 
geht,  mit  dem   Genitiv  des  Sahst. ^  z.  B.  veritatis,  für  die  Wahrheit.    \ 

Argutari,  spitzfindig  in  Reden,  Meinungen  und  Aeusserungen  ! 
sein,  ist  nur  A.  L.  und  dabei  so  selten,  dass  es  auffallt,  wie  man  es  ; 
im  N.  L.  so  oft  gebraucht  findet,  wenn  z.  B.  in  Anmerkk.  gesagt  j 
wird:  ar gutaturMwr eiw^.,  Lambinus  u.  s.  w.  Man  vermeide  es  gänzlich.    \ 

Aridus.  Das  Neutr.  aridum  wird  KL,  wie  unser  das  Trockne^  ' 
vom  Ufer,  dem  Wasser  entgegengesetzt,  gebraucht;  und  so  bei  Caes.  ; 
B.  G.  IV,  29  naves  in  aridum  subducere  (nicht  subtrahere^  ,  aufs  \ 
Trockne,  an's  Land  ziehen.  Kl.  ist  es  auch  von  der  Rede  und  so-  i 
gar  vom  Redner,  arida  oratio,  aridus  orator,  wie  auch  wir  trockeri  \ 
brauchen.  ■ 

Aristocratia,  die  Aristocratie,  Herrschaft  der  Forneh?nen,  kommt  ; 
bei  keinem  Lateiner,  ja  bei  Cicero  nicht  einmal  griechisch  irgend-  i 
wo  vor.  Es  werde  daher  nur  da  angewandt,  wo  es  den  griech.  Na-  ^ 
raen  dieser  Verfassung  gilt;  dagegen  brauche  man  sonst  das  latein.  ' 
optimatium  dominatus  (bei  Cic.  Rep.  I,  27);  ein  aristokratischer 
Staat  (nach  Cic.  Rep.  I,  26)  civitas ,  quae  optimatium  arbitrio  re-  , 
gitur,  und  so  heisst  denn  ein  Aristokrat,  optimas,  wie  bei  Cic.  Brut.  , 
89,  306  optimales  Atheniensium.  Dass  Cicero  bisweilen  optimales  , 
anders  erklärt,  wo  und  wann  er  es  für  nöthig  findet,  beweist  Nichts,  I 
zumal  da  die  uqkitoi  uiui  optimales  im  Begrifl'e  gleich  sind.  Tacitus  I 
(A.  IV,  33)  nennt  sie  im  Gegensatze  des  Volkes  und  der  Allein-  i 
herrscher  —  primores.  i 

Aristotelicus,  Aristotelisch,  ist  wenigstens  bei  Cicero  nach  den  • 
Handschr.  schlechtere  Form  für  Aristotelius. 

Arithmeticus  kommt  als  Subst.,  der  Arithmetiker,  Rechner,  nicht   j 
vor.  Cicero  nennt  (Att.  XIV,  12,  3)   einen  geübten,  tüchtigen  Rech- 
ner., in   arithmeticis    satis   evercitatum ;   sonst  heisst    der    Rechner   \ 
N.  Kl.  bei   Seneca    (Ep.  87)    computator,  mit    dem  Beiworte  dili-   \ 
ge?itissimus,  ein  recht  genauer.  I 

Armifer  und  armiger,  der  JFaffentragende,  sind  als  Subst.  in  der  : 
gewöhnlichen  Bedeut.  Soldat  erst  N.  L.  und  aff"ectirt  für  miles.         \ 

Armistitium,  der  Waffenstillstand,  ist  N.  L.  gebildet  nach  Justitium 
und  solstitium,  für  induciae  (indutiae).  ] 

Arrectus,  aufgelichtet,  gespannt.  Weder  dieses  Wort,  noch  das  ! 
Verbum  arrigo  kommt  bei  Cicero  und  Cäsar  vor,  so  dass  man  die  j 
Redensart  bei  Virgil.  arrectis  auribus  adstare,  audire,  mit  gespann-   \ 


175 

ten,  (gespitzten)  aufmerhsamen  Ohren  — ,  kaum  anwenden  kann, 
ohne  auf  Virgil's  Worte  Rücksicht  zu  nehmen,  wiewohl  Cicero  en- 
gere und  attejidere  aiires  beim  Anhören  braucht;  und  so  können  wir 
lieber  mit  Seneca  (Ep.  108  sub  fin. )  auribiis  erectis  curiosisque 
audire  sagen. 

Arrepere,  heranschleichen ,  wird  Kl.  verbunden  mit  ad  aliquid, 
N.  Kl.  m.  d.  Dativ  ah'cui. 

Arridere,  anlachen,  wird  verbünd,  mit  d.  Dativ.  In  der  Bedeut. 
günstig  sein  ist  es  nur  P.  L.,  und  für  fori iina  nobis  arrideal,  das 
Gl.  lache  uns  an,  sei  uns  günstig,  sagt  Cic.  (Att.  V,  9)  fortuna  tios 
juvef,  und  QuintiJ.  (XI,  3,  147)  brauclit /or/?/wa  afflat.  In  der  Bedeut. 
gefallen  verwerfen  es  Einige  übereilt  als  N.  L.,  da  es  doch  bei 
Cic.   (Att.  XIII,  21,  3  quod  verbum  valde  mihi  arriserat^  vorkommt. 

Arripere.  Sehr  fein  tadelt  Sciopp.  (infam.  Fam.  p.  243)  die  Re- 
densart ignis  arripit  dornum,  das  Feuer  ergreift  das  Haus,  da  der 
Lateiner,  die  Gegenstände  umkehrend,  sage  das  Haus  ergreift  das 
Feuer,  domus  corripit,  capit,  concipit,  comprehendit  ignem.  So  Cic. 
Orat.  II,  45,  190  nulla  materies,  nisi  admoto  igni,  ignem  concipere 
potest;  Caes.  B.  G.  V,  42  casae  ignem  comprehenderiint ;  id.  B.  C. 
II,  14  ut  tormenta  flamniam  conciperent.  Indess  sagt  doch  Liv,  XXVI, 
27  comprehensa  postea  sunt  privata  aedificia,  neml.  igni,  so  dass 
beides  gleich  gut  zu  sein  scheint.  Jedoch  wird  das  Verbum  arri- 
pere nie  in  dieser  Redensart  gebraucht. 

Arrodere,  nagen  an  Etivas,  wird  verb.  m.  d.  Accus.,  aliquid. 

Arrogare,  zueignen,  aneignen.  Kl.  nur  sibi  aliquid,  sich  Etwas 
anmasseji,  aneignen,  P.  L.  auch  auf  Andere  übergetragen,  aliciii 
aliquid.  Einem  Etwas  verschaffen. 

Arsis ,  die  Hebung  des  Tones,  ist  das  späte  Kunstwort  in  der 
Metrik,  weiches,  wo  es  nöthig  ist,  beizubehalten,  sonst  aber  auch 
durch  sublatio  zu  ersetzen  ist. 

Arsus ,  verbrannt,  von  ardere ,  ist  B.  L.  für  deustus,  exustus, 
deflagratus. 

Arteria  ist  nicht  jede  Ader,  sondern  nur  die  Pulsader,  dagegen 
Vena  jede  Ader,  auch  die  Pulsader. 

Arthritis,  die  Gliederschmerzen,  Gicht,  ist  ein  selten  gebrauch- 
tes Kunstwort,  wiewohl  Cicero  arthriticus,  gichtisch,  in  einem  Briefe 
scherzhaft  braucht;  gewöhnlich  sagt  man  dafür  rein  latein.  bei  Ci- 
cero und  Celsus  (IV,  24  u.  a. )  dolor  (dolores)  arimim  oder  urti- 
culorum  und  N.  L.  morbus  articularis. 

Articalatus,  gegliedert,  articulirt ,  scheint,  wie  das  Verbum  ar- 
ticulare,  ein  Kunstwort  der  alten  philosophischen  Grammatik  gewe- 
sen zu  sein  von  den  in  Gliedern  deutlich  gesprochenen  Wörtern, 
indem  schon  Lucrez  in  seinem  philosophischen  Gedichte  von  der 
kunstreichen  menschlichen  Zunge  sagt :  articulat  voces,  quas  cor- 
pore nostro  exprimimus,  sie  gliedert,  spricht  in  Gliedern  die  Töne 
und  Worte  aus.  Wo  es  nöthig  ist,  bleibt  es  als  Kunstwort.  Ein  ähn- 
licher Begriff  liegt  in  vos  significabilis  bei  Varro  L.  L.  VI,  52,  p. 
92  ed.  Müll.:  Fatur  is,  qui  primum  homo  significahilem  ore  eraittit 
vocem. 

Articulus.  Da,  wo  wir  Artikel  zu  sagen  pflegen,  ist  articulus 
fast  nicht  anwendbar,  ausser  in  der  Grammatik,   wie  es  schon  bei 


176 

Varro  und  Quintilian  vorkommt.  Dagegen  können  die  Artikel  eines 
Vertrags,  eines  Gesetzes,  des  christlichen  Glaubens,  eines  Friedens- 
schlusses (Friedensartikel)  nicht  durch  articuli,  sondern  nur  durch 
capita  übersetzt  werden.  Vgl.  Schori  phras.  pag.  165. 

Artificialis,  künstlich,  kunstgemäss,  N.  Kl.  zuerst  bei  Quintilian, 
aber  nur  rhetorisches  Kunstwort,  da  das  Kl.  artißciosus  allgemei- 
ner ist  und  jenes  seine  Stelle  nicht  ganz  vertritt. 

Artista,  Lehrer  einer  Kunst.,  B.  L.,  ein  Wort  auf  italienischen 
Universitäten  für  die  Lehrer  der  Künste;  man  sage  dafür  artis 
(artium)  doctor  (doctores). 

As,  der  Ass ,  die  alte,  kleine  römische  3Iünze.  Davon  war  ea: 
asse  ein  Ausdruck  bei  Erbschaften,  wodurch  das  Ganze  angedeu- 
tet wurde,  heres  es  asse,  ein  Universalerbe;  aber  im  allgemeinen 
Sinne,  ganz  und  gar.,  wie  es  heutzutage  gebraucht  wird,  ist  es  sehr 
Sp.  L.  Man  sage  nicht  hoc  ex  asse  respondet ,  das  entspricht  völlig, 
oder  ganz  und  gar,  für  plane. 

Ascendere,  steigen,  ersteige?!,  wird  verbunden  mit  dem  Accusa- 
iiv  aliquem,  aliquid  oder  in  aliquem,  in  aliquid;  bildlich  auch  mit 
ad,  bis  zu.  N.  Kl.  nur  bei  Tacitus  super  aliquem,  supra  aliquid. 
Jemanden  oder  Etwas  weit  übersteigen,  übertreffen ;  —  ganz  unnö- 
thig.  N.  L.  ist  ascendere  von  Krankheiten,  welche  steigen,  für  in- 
crescere;  von  Preise?!,  für  ingravescere,  augeri,  incendi  (Varro  R.  R. 
III,  2,  16)  ,•  steigen  bis  zu,  bis  auf,  pervenire  ad  (Caes.  B.  C.  I,  52 
annona  pervenit  ad  denarios  quinquagenos),  exardescere  {N.  Kl.  bei 
Sueton.),  pretium  alicui  rei  accedere  u.  a.  Der  Mangel  an  Allem 
steigt,  inopia  omnium  crescit  (Liv.  XXI,  11). 

Asciscere.  Einen  als  Etwas,  z.  B.  als  Bürger  at/fnehmen,  heisst 
aliquem  civem  asc. ;  in  die  Familie  u.  ähnl.  in  familiam ;  Einen  mit 
sich  verbinden,  aliquem  sibi  asc. 

Ascribere,  beischreibe?i,  hinzusetzen,  wird  verbünd,  alicui,  zu  Et- 
was ^  hei  Etwas;  auch  in  aliqua  re ;  aufnehmen  in  einen  Staat,  in 
civitatem ;  zählen ,  rechnen  zu  Etwas ,  ad  aliquid.  Ygl.  Mencken. 
Observ.  p.  30. 

As7na,  das  Lied,  der  Gesang,  findet  sich  nirgends  bei  einem 
Alten,  und  ist  ganz  unnöthig  für  Carmen  einigemal  von  Muret  ge- 
braucht, wie  V.  L.  IV,  1  Pindarus  in  asmate,  und  Epist.  III,  30 
(Oper.  T.  II,  p.  178)  de  asmate  illo. 

Aspectus  (adspectus).  N.  L.  ist  aspectu  in  der  Bedeut.  dem  An- 
blicke, d.  h.  dem  Scheine  nach,  für  specie;  ebenso  in  adspectu  esse, 
im  Anblicke,  vor  Augen  sein,  für  in  C07ispectu  (Cic.  Tusc.  IV,  1,  2), 
in  oculis ,  in  luce  esse.  Vergl.  Matthiä  Cic.  Epist.  13  und  Manil. 
3,  7.  Gut  aber  ist:  plura  sub  uno  aspectu  ponere,  Mehreres  in  eine 
gemeinschaftliche  Ueher sieht  bringet?;  ebenso  tmo  aspectu,  bei  eitlem, 
eine?n  einzige??  Blicke  (Cic.  Brut.  54),  und  primo  aspectti,  bei?n  er- 
ste?? Blicke. 

Asperare  in  der  Bedeut.  reize??,  erzürne??,  P.  und  N.  Kl.,  aber 
nur  bei  Tacitus,  unnöthig  für  exasperare,  ira??i  oder  bilem  co??i?no- 
vere  u.  a. 

Asper gere,  bespritzen,  kann  nur  im  Scherz  in  der  Bedeut.  hin- 
zufüget?, für  addere ,  gesetzt  werden,  wie  bei  Cic.  Farn,  II,  16,  7 
hoc  adspersi  für  hoc  addidi.  Unedel  aber  ist  es,  im  Ernste  von  J??- 


177 

merkungeji  zum  Texte  eines  Buches  zu  sagen  aspergere  annotatio- 
7ies,  scholia  (notas,  notulas)  u.  tlg-i.,  was  man  im  N.  L.  oft  findet. 
Ganz  anderer  Art  ist  aliciii  labeculam,  maculam  oder  aUqiiem  la- 
bectila ,  macula  —  aspergere,  dergleichen  noch  mit  andern  älinii- 
chen  Subst.  vorkommen. 

Aspicere  (Jdspicere),  anblicken ,  aiisehen ,  wohin  sehe7i  u.  s.  w., 
wird  KL  mit  dem  Accus,  aliqiiem,  aliqiiid  verbunden.  Aliquem  aspi- 
cere  lieisst  Einen  afisehen,  aliq.  conspicere.  Einen  erblicken,  gewahr 
werden.  —  JV.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  Einen  wofür  anseheti,  hal- 
ten, für  habere,  existiniare,  piitare,  z.  B.  aliqiiem  beatiun  — ,  Einen 
für  einen  Glücklichen  ansehen. 

Aspirare  in  der  Bedeut.  wohin  wehen,  a?iwehe?i,  wird  verbun- 
den ad  aliquem,  ad  aliquid;  ebenso  sich  nach  Etwas  hindrängen, 
streben  nach  Eine?n  oder  Etwas,  und  mit  ///  —  in  einen  Ort  hin- 
ein, aber  nicht  ohne  ad  oder  in.  —  P.  L.  ist  alicui  adsp.,  Einem 
oder  einer  Sache  günstig  sein.     . 

Aspredo  und  Aspritudo,  die  Rauhheit.,  N.  Kl.  bei  Celsus,  schei- 
nen gemeine  Wörter  für  asperitas  gewesen  zu  sein. 

ylssecla  oder  (nach  den  besten  Ilandsclir.  bei  Cicero)  assecula 
ist  immer  nur  der  Begleiter  mit  verächth'cliem  Sinne,  nirgends,  wie 
im  N.  L.,  im  edlen  Sinne  ein  Anhänger,  Schüler,  für  auditor,  di- 
scipulus    alumnus,  assectator  (]V.  KL).,  qui  est  ab  aliquo  u,  a. 

Assectator,  der  Anhänger,  Begleiter  im  guten  Sinne,  steht  zwar 
erst  N.  KL  beim  altern  Plinius  in  der  Bedeut.  Schüler,  Anhänger 
eines  Lehrers,  ist  aber  durchaus  nicht  verwerflich,  so  dass  auch" 
wohl  untadelhaft  von  einem  solchen  das  Verbura  assectari  gebraucht 
werden  kann,  assectalur  magistrum ,  wodurch  ein  eifriges  Anhän- 
gen an  ihn  angedeutet  wird,  wenn  gleich  keine  Stelle  dafür  spricht. 
So  hat  es  unter  den  Neuern  Muret  angewandt,  wenn  er  (Oper. 
T.  I,  p.  143  ed.  Fr.)  von  Pericles  sagt:  Anaxagorae  se  Physico  eru- 
diendum  dabat  eumque  assectabatur,  was  Kraft  ohne  hinreichenden 
Grund  getadelt,  Frotscher  aber  in  Schutz  genommen  hat. 

Assecutio,  das  Erlangen,  Erhalten,  ist  A^.  L.  für  adeptio,  conse- 
cutio,  oder  mit  einem  Verbo. 

Assentari  steht  wohl  nirgends  in  dem  gewöhnlichen  Sinne  bei- 
stimmen,  gleicher  Meimmg  sein,  sondern  immer  mit  dem  Begriffe 
aus  Schmeichelei ;  es  werde  daher  vorsichtig  gebraucht,  und  nicht 
mit  assentiri  verwechselt.  Falsch  wäre  es  z.  B.  zu  schreiben:  ego 
Manutio  assentor.,  wo  der  Begriff  Schmeichelei  ganz  fern  liegt,  — 
für  ussentior.  Ebenso  vermeide  man,  wenn  sie  nicht  den  Sinn  von 
Schmeichelei  enthalten  sollen,  die  Wörter  assentatio  und  assentator 
für  assensio  oder  assensus,  und  assejisor  oder  astipulator,  da  jene 
beide  in  dem  gewöhnlichen  Sinne  des  Beistimmens  ohne  sichere 
Auctorität  sind,  mag  auch  Ruhnken  (zu  Vellej.  II,  48)  beide  schützen. 

Assentire  und  assentiri,  beistimmen.  Beide  Formen  sind  zwar 
in  der  bessern  Prosa  gleich  üblich,  die  zweite  aber  ist  bei  Cicero 
und  den  Uebrigen  voi-herrschend,  und  verdient  daher  im  Gebrauche 
den  Vorzug.  Vgl.  Heusing.  Emend.  p.  450 — 452  u.  Ellendt  z.  Cic. 
Orat.  I,  24,  110.  Das,  worin  man  beistimmt,  steht,  wenn  keine  Per- 
son einzeln  genannt  ist,  im  Dativ;  aber  Einem  worin  beistim?nen 
heisst  alicui  in  oder  de  aliqua  re  assent. ;  nur  neutrale  Wörter,  wie 

12 


178 

hoc,  id,  i/lud,  cetera,  omnia  haben,  wie  bei  allen  Verben,  die  Eig^en- 
heit,  dass  sie  im  Accusotw  absolut,  als  Object  des  Verbi,  worin 
man  beistimmt,  beig^esetzt  werden  können,  z.  B.  omnia  assentior,  in 
^4llem  stimme  ich  bei,  für  in  oder  de  omnibus  rebus  assentior,  — 
zu  welchem  Accusativ  auch  noch  ein  bestimmendes  Adjectiv  hinzu- 
treten kann,  z.  B.  assentiri  qiiidquam,  aut  falsum,  aut  incognilum, 
—  wobei  man  aber  merke,  dass  dergleichen  Accusative  nicht  als 
Subjecte  in  einen  passiven  Satz  überg-ehen  können,  indem  hoc  assen- 
titur,  cetera,  omnia  assentitmtur  in  der  passiven  Bedeut.  inan  stimmt 
darin,  in  dem  Uebrige?i,  in  Allem  überein,  B.  L.  ist.  Scheller  irrt 
hier  im  Lexic. 

Assequi  ist  immer  nur  erreichen,  erlangen  mit  leiblicher  oder 
geistiger  Bemühung;  daher  heisst  seinen  Wunsch  erreichen,  wenn 
er  sofort  ohne  Bemühung  gewährt  wird,  nicht  optatum  assequi,  son- 
dern impetrare. 

Asserere  kommt  in  der  Bedeut.  behaupten,  versichern  nur  einmal 
N.  Kl.  beim  altern  Plinius  vor,  sonst  ist  es  nur  Sp.  L.  und  durch- 
aus verwerflich  für  censere,  afßrmare,  dicere,  docere  u.  a.  Da  es 
Muret  (Opera  T.  II,  p.  803  ed.  Rnhnk.)  so  gebraucht  hatte,  bemerkte 
Ruhnken  dabei:  Asserit  pro  dicit,  affirmat  minus  latinum  esse  docet 
Sciopp.  de  stylo  p.  194.  Es  stand  früher  in  mehrern  Stellen  Cicero's, 
wo  es  aber  andern  Lesarten  hat  weichen  müssen.  Gleich  verwerf- 
lich ist  das  Subst.  assertio  in  der  Bedeut.  Behauptung,  Versiche- 
ru?ig,  wie  es  nur  Sp.  L.  vorkommt,  vorher  aber  auch  in  Cic.  Acad.  I, 
12,  45  stand,  wofür  jetzt  assensio  aufgenommen  ist.  Noch  viel  weni- 
ger ist  zn  brauchen  das  B.  L.  assertum,  die  Behauptung,  für  sen- 
tentia,  dictu?n,  effatum  u.  a. 

Assertor,  was,  wie  asserere  und  assertio,  ein  gerichtliches  Wort 
war  von  dem,  der  Jemanden  in  den  Freiheits-  oder  Sklavenstand 
versetzt,  konnte  wohl,  was  N.  Kl.  geschah,  im  allgemeinen  Sinne 
von  Erretter,  Befreier  gebraucht  werden,  aber  für  uns  ist  es  daher 
unbrauchbar  und  durch  Hberator,  servator  zu  ersetzen.  Gleichwohl 
hat  es  Muret.  Oratt.  (Oper.  T.  I,  p.  430  ed.  Fr.)  so  gebraucht: 
Christe  Jesu,  humani  generis  conditor  et  assertor,  als  Nachahmung 
von  Sueton.  Galb.  9. 

Asservire,  behülflich  sein,  soll  nirgends  ausser  einmal  bei  Cic. 
(Tusc.  II,  24,  56)  vorkommen:  toto  corpore  —  contentioni  vocis 
asserviunt,  wo  es  sehr  passend  die  Beihiitfe  oder  das  noch  nebenbei 
Unterstützen  kurz  ausdrückt.  In  passenden  Fällen  kann  man  es  an- 
wenden. 

Asseveranter,  ernstlich,  betheuernd,  soll  nach  Sciopp.  (de  stylo 
p.  224)  nicht  in  verneinenden  Sätzen  und  bei  verneinenden  Verben, 
wie  negare,  gebraucht  werden.  Aber  wiewohl  dies  in  den  beiden 
Stellen  Cicero's,  wo  asseveranter  (Att.  XV,  19)  und  asseverantius 
(ib.  IV,  19)  vorkommt,  so  ist,  so  steht  doch  nach  der  Bedeutung 
dieser  Wörter  Jener  Verbindung  Nichts  im  Wege,  zumal  da  das 
Verbum  asseverare  wirklich  mit  negativen  Sätzen  verbunden  wird. 
Vgl.  Tacit.  A.  III,  49.  üebrigens  heisst  ernstlich  vernei?ie?i  auch 
prnecise,  praefracte,  pertinuciter,  liquido,  plane,  prorsus,  omnino 
negare  u.  a.' 

Assidere.  bei  Jemanden  sitzen,  zur  Hülfe  sein,  wird  verb.  alicui : 


179 

N.  Kl.  ist  es  in  der  Bedeut.  belagern,  eingeschlossen  halten ,  für 
ohside/e  —  und  meistens  mit  d.  Acc,  aliquern  locum;  als  selten  werde 
es  vermieden.  P.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  ähnlich  sein,  für  similli- 
mum  esse. 

^ssidere,  sich  setzen  neben  Jemanden,  wird  verb.  aliquem;  auf 
Etwas,  super  aliqm'd  (Cic.  Rep.  III,  26.  Fin.  II,  19,  59). 

Assidutis.  Gut  und  richtig'  ist  assidmis  sum  in  aliqua  re  in  der 
Bedeut.  ich  thue  Ettvas  häufig,  wo  auch  wohi  in  fehlen  kann,  wie 
bei  impiger,  indem  bei  Cic.  (Farn.  II,  1,  1)  scribendo  (in  Rücksicht 
auf  das  Sehr.)  impiger  nach  der  Lesart  der  besten  Handschr.  steht, 
wofür  aber  Orelli  i7i  scrib.  aufgenommen  hat;  —  auch  bildlich  in 
aliqno  vitio,  ich  begehe  oft  einen  Fehler,  und  assiduus  sum  in  oculis 
homimim,  ich  zeige  ?nich  viel  den  Augen  der  M.  — Und  so  bedeutet 
assiduitas  das  häufige  Dasein  und  Zugegensein,  die  häufige  Gegen- 
wart. Vgl.  Mencken.  Observatt.  p,  Ql,  Als  Adv,  ist  assidue  häufiger 
als  assiduo. 

Assimilis,  ähnlich,  ist  sehr  selten,  einmal  bei  Cicero,  für  dag 
gewöhnliche  similis ;  es  ist  meist  P.   u.  N.  Kl. 

Assimulare,  nachmachen,  nachahmen,  verstellend  nachbilden,  fin- 
det sich  bei  Cicero  nie  ausser  in  den  Particip.  assimulatus  und 
assimulandus,  sonst  nur  P.  u.  JV.  Kl.  für  imitari,  simulare. 

Assiste?itia,  das  Beistehen,  der  Beistand,  ist  N.  L.  für  praesentia, 
auxilium,  praeslo  esse,  adesse. 

Assistere  alicuiiw  der  Bedeut.  Einem  beistehefi,  aber  nur  gericht- 
lich, ist  N.  Kl.  beim  Jüngern  Plinius,  für  alicui  adesse,  non  deesse;  es 
ist  daher  nicht  wohl  anwendbar. 

Assitus,  bei,  neben  Etwas  gelegen,  ist  Sp.  L.  f.  prope  situs,  adjacens. 

Associare,  verbinden,  ist  Sp.  L.  für  cousociare.  N.  L.  ist  das 
Subst.  associatio,  die   f'erknüpfung,  f.  consociatio,  z.  B.  idearura. 

Assolere,  pflegen,  ist  nur  gut  in  der  neutralen  Redensart  ut  assolet 
in  d.  Bedeut.  wie  es  zu  geschehen  pflegt,  wie  gewöhnlich. 

Assuefactio,  die  Angewöhnung,  ist  N.  L.  für  usus,  consuetudo., 
oder  mit  dem  Verbo. 

Assuefacere  und  assuescere  werden  Kl.  verbunden  mit  d.  Dativ, 
am  meisten  m.  d.  Aälativ  oder  mit  ad,  an  Etwas  gewöhnen,  sich 
gewöhne?i;  andere  Verbindungen  sind  selten;  bei  einem  Verbo  steht 
es  mit  d.  Infinitiv.  Cicero  und  Caesar  brauchen  nur  den  Dativ  oder 
Abi.,  Livius  auch  ad;  ebenso  bei  assuef actus ,  assuefieri  und  assuetus. 

*  Ed.  Wunder  will  (im  Rhein.  Museum  J.  1829.  III,'  2,  p.  287)  nur  den 
Dativ  für  das,  woran  sich  Einer  gevvöiint,  nicht  den  Ablativ,  welchen  dagegen 
W.  Freund  dem  Dativ  bei  Cicero  und  Caesar  vorzielit.  Vgl.  auch  Gronov.  u. 
Drakenb.  Livius  XXXI,  35.  Ruddiman.  Inst.  gr.  T.  II,  p.  71  u.  137,  so  wie 
Zumpt  u.  Ramshorn  in  ihren  Gramm. ;  auch  Reisig's  Vorles.  p.  699. 

Assurgere,  aufstehen,  sich  erheben  vor  Jemanden,  wird  verbunden 
alicui.  P.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  sich  ver grössern. 

Assutus,  angeflickt,  N.  L. ,  ist  ein  unerweisliches  Partie,  von 
assuere,  wovon  jedoch  auch  nur  assuitur  bei  Horaz  vorkommt,  sonst 
nirgends  Etwas.  Jenes  braucht  Mahne  (Crito  p.  304) :  verbis  a  tuo 
magistro  tibi  dictis  assutum. 

Ast,  aber,  ist  alte,  fast  nur  P.  Form  für  at,  welche  jedoch  in  feier- 
lichen Formeln  sehr  passend  ist;  bei  Cicero  in  Briefen  nach  Belieben. 

12* 


180 

Astringere,  aribinden,  —  an  Etwas,  ad  aliquid,  z.  B.  ad  statnam 
(Cic.  Verr.  IV,  42). 

Astronojnia,  die  Stertikunde  und  astronomus,  der  Ster?ikundige, 
kommen  erst  N.  Kl.  bei  Seneca  Ep.  95  in  dieser  Bedeutung  vor, 
da  mau  vorher  KL  nur  astrologia  und  astrologzis  sagte,  welche  beide 
erst  im  Sp.  L.  die  neuere  bekannte  Bedeut.  Sterndeuterei  und  Stern- 
deuter "erhielten.  Um  Zweideutigkeit  zu  vermeiden,  muss  astronomia 
und  astrojiomus  in  den  neuern  Bedeut.  genommen  werden,  und  ebenso 
astrologia  und  astrologus  in  d.  Bedeut.  Sterndeuterei  und  Stern- 
deuter. Andere  wollen  und  mögen  dem  Kl.  Gebrauche  folgen.  Vgl. 
Ileusing.  Cic.  OfF.  I,  6. 

Astruere  ist  Kl.  sehr  selten,  bei  Cicero  nie,  bei  Caesar  nur  in 
der  Bedeut.  bedecken,  befestige?!,  N.  Kl.  hinzufügen,  beilegen,  für 
addere,  adjungere,  tribuere,  jedoch  findet  es  sich  beim  Jüngern  Pli- 
nius  und  Quintilian,  und  ist  nicht  verwerflich.  N.  L.  aber  ist  es  in 
der  Bedeut.  versichern,  bestätigen,  beweise?!,  lehren,  für  affinnare, 
asseverare,  probare,  docere. 

Astu,  die  Stadt,  ein  Indeclin.,  wird  nur  von  Athe?i  gesagt,  und 
darf  nie  die  Stelle  jeder  urbs  oder  jedes  oppidum  vertreten.  Jetzt 
wird  es  auch  nicht  mehr  von  Atheii  gebraucht. 

Astupescere,  anstaunen,  ist  N.  L.  für  admirari. 

Astiis,  List,  Gewandtheit,  werde  vermieden  durch  astutia,  dolus, 
calliditas.  Es  kommt  Kl.  nie  vor,  obgleich  wohl  so  astutus  und 
astutia;  A.  L.  und  N.  Kl.  fast  nur  im  Abi.  astu.  Bei  Tacitus  und 
andern  Spätem  ist  der  Plur.  astus  für  doli  gewagt,  und  früher 
stand  es  sogar  bei  Cic.  Off.  Ill,  16,  wo  aber  für  astus  jetzt  astutos 
gelesen  wird.  Muret  (Oper.  T.  I,  p.  286)  hätte  es  nicht  brauchen 
sollen.  Ob  aber  astu  quodam  und  ähnliche  von  Bessern  gesagt  wor- 
den sei,  dergleichen  man  im  N.  L.  findet,  ist  zu  bezweifeln.  Vgl. 
Grauff  zu  Bunelli  Epist.  p.  735. 

Asylum  war  bei  Agw  Alten  nur  ein  als  Freistätte  geheiligter  Ort, 
nicht  jeder,  der  uns  eine  sichere  Zuflucht  bietet;  daher  missbrauche 
man  es  nicht  für  das  allgemeine  perfugium. 

Asymbolus,  der  Nichts  beiträgt,  findet  sich  nur  bei  Terenz;  in 
Prosa  muss  mau  dafür  immunis  brauchen. 

Asyndeton,  das  Unterbundene,  kann  in  der  Rhetorik  als  Kunst- 
wort nicht  entbehrt  werden;  sonst  heisst  es  caesa  oratio  (Auct. 
ad  Herenn.  IV,  19). 

Athene,  griech.  Name  der  Minerva,  kommt  nirgends  bei  einem 
Lateiner  geradezu  für  Minerva  oder  Pallas  vor.  Vgl.  Th.  I,  §.  390. 

Athens,  der  Atheist,  kommt  in  der  Form  Atheos  als  Name  des 
Philosophen  Diagoras  nur  bei  Cic.  N.  D.  I,  23  vor;  ob  griechisch, 
oder  lateinisch,  ist  zweifelhaft  und  in  den  Ausgaben  verschieden. 
Für  den  theoretischen  Atheisten  hatten  die  Lateiner  kein  Wort, 
wohl  aber  kann  man  den  praktischen  durch  implus  ausdrücken; 
umschrieben  ist  es  qui  deum  non  credit,  qui  deum  non  putat.  Cic. 
Divin.  I,  46,  102.  Für  den  gelehrten  Atheisten  behalte  man  den 
Namen  Atheos  oder  Athens,  und  so  auch  für  das  Nichtglauben  des 
Daseins  Gottes  (der  Götter)  das  griech.  Wort  Atheisimis.  Ohne 
Kunstwort  sagten  die  Alten  deos  non  putare  (Cic.  Div.  I,  46) ;  wir 
müssen  sagen  deum  non  putare.  Die  Worte  Cicero's  in  jener  Stelle: 


181 

Id  ipsum  est  deos  non  putare,  quae  ab  iis  significantur  contemnere  — 
können  wir  übersetzen:  Gerade  das  ist  Atheismus y  die  Anzeigender 
Gütler  zu  verachte?i. 

Athlon,  der  Kampfe  ist  ein  griech.  Wort  für  certamen;  die  Dicliter 
braueben  es  nur  von  Kämpfen  der  Grieclien,  und  N.  Kl.  nennt  ITjgin. 
die  Kämpfe  des  Hercules  athla,  für  labores.  N.  L.  ist  es  in  der 
Bedeut.  die  Mühe,  für  labor, 

Atrocia,  die  Wildheit,  Strenge,  ist  N.  L.  bei  Wyttenbach ,  für 
atrocitas. 

Aique.  Vgl.  Ac,  mit  welchem  es  in  der  Bedeut.  gleich  ist. 

Attalicus,  Attalisch,  ist  in  der  Bedeut,  reich,  prachtvoll  fast  nur 
P.  L.,  wiewohl  es  einmal  bei  Cic.  (Verr.  IV,  12,  27)  vorkommt,  und 
werde  daher  nicht  gemissbraucht  für  dives,  splendidus,  magnificua. 

Atta7ninare,  befleckeji,  beschmutzen,  ist  Sp.  L.  für  contaminare, 
niaculare,  polluere. 

Alte?idere,  richten,  spannen,  hat  bei  zugesetztem  animum  oder 
animos  den  Gegenstand  mit  ad  bei  sich,  ad  aliquem,  ad  aliquid,  aber 
ohne  animum  (animos)  in  der  Bedeut.  achteri,  aufmerken  auf  Einen, 
auf  Etwas  blos  aliquem,  aliquid,  nicht  mit  ad,  z.  B.  ich  achte  auf 
dich,  atte?ido  te,  aber  animum  attendo  ad  te.  JV.  Kl.  wird  es  auch 
mit  dem  Dativ  alicui  verbunden,  z.  B.  sermonibus  für  sermones,  und 
ebenso  in  der  Bedeut.  sich  be7Tiühen  um  Etiras,  z.  B.  eloquentiae  (für 
studere  eloquentiae) ,  was  nicht  nachzuahmen  ist. 

Attentio  kommt  in  der  Bedeut.  Aufmerksamkeit  nirgends  allein 
vor,  sondern  nur  mit  dem  Genitiv  animi,  und,  was  seltsam  ist,  nur 
bei  Cicero,  und  auch  da  nur  einmal  (de  orat.  II,  35,  160).  Im  N.  L. 
wird  dagegen  attentio  in  dieser  Bedeut.  oft  allein,  ohne  animi,  gegen 
den  Sprachgebrauch  gesetzt,  wie  es  sogar  einigemal  Muret  thut, 
z.  B.  Orat.  21  (Oper.  T.  I,  p.  263  ed.  Fr.):  Alite  vos  quoque  Studium 
meum  attentione  vestra,  wo  animi  fehlt.  Sonst  drückt  Cicero  und 
alle  Andere  den  Begriff  durch  attentus  animus  aus,  z.  B.  Einen  mit 
der  grössien  Aufmerksamkeit  anhören,  audire  aliquem  attentissimo 
animo  (attentissimis  animis).  Ferner:  seine  Aufmerksamkeit  auf  Etwas 
richten  heisst  a?iimum  mentemque  traducere  ad  aliquid.,  oder  animum 
intendere  ad  aliquid.  Dass  aber  attentt/s,  gespa7int,  dem  Zusammen- 
hange gemäss  auch  für  sich  allein  aufmerksam  bedeuten  könne,  ist 
natürlich,  und  es  findet  sich  so  mehrmals.  So  auch  attentio  einmal 
ohne  animi  bei  Quintilian  (IV,  1,  34),  wo  er  von  dem  spricht,  was 
den  Richter  bei  einer  Untersuchung  auf  den  Vortrag  gespannt  und 
dadurch  belehrungsfähig  (docilem)  mache,  was  aber  für  den  gewöhn- 
lichen Gebrauch  des  Wortes  in  dieser  Bedeutung  im  N.  L.  wenig 
beweist.  Uebrigens  liegt  fast  derselbe  Begriff  in  intentio. 

Atiesfari,  bezeugen,  bescheinigen,  bestätigen,  erst  N.  KL  und 
sehr  selten  bei  Phaedrus  und  dem  altern  Plinius,  ist  zu  vermeiden 
für  tesfari,  confinnnre.  Man  sage  daher  nicht,  wie  oft  im  N.  L.,  atte- 
stor  tibi  für  iestor  mit  dem  Accus,  c.  Inf.  Sehr  Sp.  L.  ist  attestalio, 
die  BescheiTiigimg,  Bezeugung,  und  N.  L.  ist  attestatum,  das  Zeug- 
?u'ss,  für  testimoiiium,  auctoritas. 

*  Früher  stand  das  \  crbum  auch  iu  Cic.  Sull.  29  in  allen  frühern  Aasgg., 
atteitante  memoria,  was  schon  Lambiu.  beanstandete,  bis  man  in  den  neuesten 
Ausgg.  nach  der  besten  Handschr.  ad  testandam  memoriam  in  den  Text  aufnahm. 


182 

Attexere,  anfügen  an  Etwas,  wird  verb.  ad  aliquid,  Sp.  L.  ah'cui; 
es  ist  sehr  selten. 

Aitiguus,  angränze?id,  nachbarlich,  ist  Sp.  L.  für  ßnitimus,  afßnis, 
vicinvs  u.  a. 

Jttinere  wird  in  der  Bedeut.  angehen,  betreffen,  Bezug  haben 
fast  durchaus  nur  mit  ad  aliqiiem,  ad  aliquid  verbunden,  nicht  ohne 
ad,  indem  Stellen,  wo  ad  fehlt,  weg^en  ihrer  Seltenheit  als  richtig 
bezweifelt  werden  können.  N.  L.  ist:  liaec  res,  hie  über  ad  me  atiinet 
in  der  Bedeut.  dieses  gehört  mir,  ist  mein,  für  mea,  mens  est.  N.  L. 
ist  quod  ad  id  atiinet,  qiiod — ,was  das  anbetrifft,  dass  — ,  in  Beireff 
dessefi,  dass  — ,  für  das  einfache  quod.  Uebrigens  bedeutet  hoc  ad  me 
aitinet,  das  geht  mich  an,  betrifft  mich,  hat  Bezug  auf  mich,  ich  bin 
dabei  bei  heiligt;  aber  hoc  ad  me  pertinet,  dieses  ist  wichtig  für  mich, 
hat  Einfluss  auf  7mch,  Vortheil  für  mich,  gleich  hoc  mea  interest.  — 
Wiewohl  qiiod  atiinet  mit  einem  Subst.,  z.  B.  ad  librum,  richtig  ist, 
wenn  noch  ein  einzelner  Satz  in  Beziehung  darauf  folgt,  z.  B.  was 
das  Buch  anlangt,  so  wisse  — ,  quod  ad  librtan  attinet,  scito  (vgl.  Cic. 
Fam.  VI,  7)  ,  so  ist  diese  Umschreibung  dennoch  in  folgender  Re- 
densart A^.  u.  D.  L.:  hac  de  re  multi  scripserunt,  et  quod  ad  Ci~ 
ceronem  attinet,  is  quinque  de  ea  re  libros  scripsit  — ,  wofür  gut 
Lat.  gesagt  wird,  et  Cicero  quidem  quinque  u.  s.  w.  —  Endlich  ist 
A.  L.  und  N.  KL,  besonders  bei  Tacitus,  aliquem  custodia,  castris 
u.  s.  w.  atiinere  in  der  Bedeut.  Einen  im  Gefängnisse ,  im  Lager 
fest-  und  zurückhalten,,  für  teuere,  retinere. 

Attingere,  eigentlich  Etwas  anrühren,  berühren,  hält  sich  in  allen 
seinen  andern,  auch  bildlichen  Bedeutungen  an  die  ihm  natürliche 
Construction  mit  dem  blossen  Accusativ  ohne  «</,  also  aliquid,  aliquem. 

Attrahere,  anziehen.  Wiewohl  es  fast  nur  in  eigentlicher,  selten 
in  bildlicher  Bedeutung  vorkommt,  so  ist  dennoch  aitr.  nervum  {die 
Sehne),  arcum ,  habenas ,  balista?n,  tormentum  u.  s.  w.  fast  nur  P. 
für  adducere;  nirgends  aber  sj6/ (müsste  wenigstens  ßrf  se  heissen) 
atir.  invidiam,  vituperationem ,  inimicitiam  (iniinicitias),  suspicionem 
und  andere  ähnliche,  wie  im  Deutsdien  sich  Neid,  Tadel  u.  s.  w. 
zuziehen ,  für  invidiam  sibi  facere,  parare,  in  vituperatio?iem  incur- 
■/ere,  inimicitias  suscipere,  in  suspicionem  venire  oder  vocari. 

Audio  ist  in  der  Bedeut.  P'ermehrung ,  Zuwachs  Sp.  L.  für 
accessio,  amplißcatio,  incrementum  u.  a.,  oder  mit  dem  Verbo  augere. 
Kl.  aber  ist  es  in  der  Bedeut.  Versteigerung  —  und  ebenso  auctio- 
7iari,  Auctiofi  halten,  versteigern. 

Auetor.  Dieses  vieldeutige  Wort  hat  Kl.  nie  die  allgemeine  Be- 
deutung Schriftsteller,  denn  bei  Cic.  (Att.  XII,  18,  a.  habes  nonnulios 
ex  iis,  quos  nunc  lectito,  auctores,  qui  dicant  id  fieri  oportere) 
bedeutet  auctores  nicht  Schriftsteller,  wie  auch  W.  Freund  im  Lexic. 
meint,  sondern  Raihgeber,  die  Lehre  Gebenden,  indem  qui  dicant 
dasselbe  näher  erklärt  und  bestimmt;  und  so  hat  Paul.  Manutius 
(zu  Cic.  Fam.  I,  1)  Recht,  wenn  er  sagt:  Auctoris  est,  cujus  aucto- 
ritate  et  sententia  aliquid  fit.  Scriptor  autem  alicujus  libri,  quam 
lafine  auctor  dicalur,  viderint  ii,  qui  non  dubitanter  usurpant.  Equi- 
dem  neque  Ciceronem,  nee  ejus  aequales,  aut  omnino  quemquam 
staute  republica  ita  locutum  existimo.  Er  führt  dann  weiter  die  Kl. 
Bedeutungen    des  Wortes   an,  z.  B.   Urheber,  Rathgeber,  Erzähler, 


183 

Geschieht  Schreiber,  Bürge  für  Etwas  (z.  B.  bonus  latinifatis  auctor, 
der  für  Latinität  ein  tüchtiger,  vollwichtiger  Bürge  und  Gewährs- 
mann ist,  auf  den  man  in  dieser  Beziehung  bauen  kann  ;  Cic.  Att. 
Vll,  8,  10),  Gewührsmmm  u.  dgl.  Vgl.  Lexica.  Die  allgemeine  Bedeut. 
Schriftsteller,  Verfasser  von  Büchern  ist  erst  N.  Kl.  bei  Seneca 
(Epist.  2  ista  lectio  multorum  aiictorn/n),  Quintil.  (X,  1,  48  hunc 
auctorem,  nemlich  Homer;  ib.  X,  5,  3  reruin  copia  graeci  aticto- 
res  abundant;  ib.  I,  5,  11  auctores,  quos  praelegunt;  ib.  I,  8,  8  La- 
tini  quoque  auctores  afferent  utilitatis  aliquid  u.  a.  m.),  Suetou. 
(Aug.  89  evolvit  utriusque  linguae  auctores),  und  so  bei  andern  Fol- 
genden. Wer  daher  Kl.  schreiben  will,  brauche  scriptor,  was  für 
diesen  Begriff  einzig  passt,  und  es  scheint  unnöthig,  das  in  dieser 
Bedeut.  N.  KL  auctor  zu  wählen,  da  ohnehin  das  Wort  auctor  oft 
genug  zu  brauchen  ist,  wo  es  jenen  Begriff  mit  zu  enthalten  scheint. 
Man  spreche  daher  von  scriptores  veteres,  Script,  graeci,  Script. 
latini,  nicht  von  auctores  veteres,  graeci,  latini,  was  zwar  nicht  un- 
lateinisch und  verwerflich,  aber  doch  weniger  gut  ist.  —  Auctorem 
esse,  rathen  zu  Etwas,  hat  Kl.  ut  nach  sich,  aber  in  der  Bedeut. 
Etwas  erzählen,  für  Etwas  Bürge  seilt  den  Accusativ  m.  d.  Infm. 
Daher  tadelt  Reisig  ( Vorles.  p.  564)  den  Halbgriechen  Atticus, 
dass  er  (Cic.  Att.  IX,  10,  5)  geschrieben  habe:  ego  tibi  non  sim 
auctor,  si  Pompejus  Italiam  relinquit,  te  quoque  profugere,  für  ut 
tu  quoque  profugias.  Endlich  merke  man,  dass  Redensarten,  wie: 
me  auctore,  auf  mein  Anrathen,  da  ich  dazu  rieth,  Herodoto  auctore, 
nach  Herodot's  Erzählung ,  richtig  im  Zusammenhange  mit  einem 
andern  Satze  und  dessen  Verbo  gebraucht  werden,  dass  es  aber 
meistens  auf  Titeln  der  Bücher  N.  L.  ist,  da  es  mit  keinem  andern 
Verbo  in  Verbindung  steht  und  der  absolute  Ablativ  nicht  mit  einer 
Conjunction  erklärt  werden  kann.  N.  L.  ist  z.  B.  Q.  Horatii  Fiacci 
vita  auctore  C.  Suetonio  Tranquillo,  oder  de  Sabinarum  raptu  jus 
gentium  band  violante  auctore  D.  C.  Ferd.  Schmid  u.  dgl.,  wie  man 
solch  falsches  Latein  nur  zu  oft  findet.  Vgl.  darüber  Th.  I,  §.  145. 
Hand's  Lehrb.  p.  137  u.  Dietrich  z.  Sintenis  p.  4. 

Auctrix  ist  als  Fem.  von  auctor  fast  B.  L.,  da  in  der  bessern 
Prosa  auctor  seine  Stelle   vertritt. 

Auctus,  die  Vermehrung,  werde  als  A.  L.  und  N.  Kl.  als  sel- 
ten ganz  vermieden.  Vgl.  Audio. 

Audaciter  und  azidacter ;  jenes  war  das  ältere  und  wurde  von 
Cicero  wahrscheinlich  wenig  gebraucht;  meistens  wählte  er  dieses. 
Den  Gebrauch  jener  Form  tadelt  schon  Quinfilian  (I,  6,  17):  in- 
haerent  quidam  molestissima  diligentiae  perversitate,  ut  audaciter 
potius  dicant,  quam  audacter.  In  Clcero's  Ausgaben  ist  keine  Be- 
ständigkeit. 

Audas,  kühn,  beherzt  für  oder  zu  Etwas,  wird  verbunden  ad 
aliquid,  P.  L.  bei  einem  Verbo  mit  dem  Infinitiv. 

Audens,  kühn,  steht  P.  u.  N.  Kl.  oft  bei  Tacitus  für  audax ; 
es  werde  vermieden. 

Andere.  Ueber  ausim  vgl.  dieses  Wort. 

Audiens,  gehorsam ;  vgl.  Audire. 

Audientia  ist  in  besserer  Prosa  nicht,  was  wir  Audienz  oder 
Zutritt  nennen,  und  bildet  Sp.  L.  die  schlechten  Redensarten  audien- 


184 

tiam  dare  alicui.  Einem  Audienz  gehen,  für  aliquem  admittere,  adi- 
ium  convem'ef/dt  dare ;  audlentiam  apud  alüiuem  habere ,  Audienz 
hei  Jem.  haben,  für  aditum  ad  aliqtieni  habere,  admissum  esse,  iind. 
audientiafJi  apud  aliquem  accipere,  Audienz  bei  Jem.  erhallen,  für 
admiüi  (ad  colloqiihiin),  audiri.  Für  adifus  steht  auch  accessio  (Cic. 
Verr.  II,  53,  J33).  Vgl.  auch  Cic.  Q.  fr.  I,  ]  ,  32.  Corn.  N.  IX,  3 
nemo  admittilur ;  und  oben  Admissio.  Die  bessern  Lateiner  brau- 
chen nur  audientiatn  facere  alicui  in  der  Bedeut.  Einem  das  ge- 
neigte Zuhören  Anderer  verschaffen,  die  Aufynerksamkeit  rege  ma- 
chen, auch  wohl  Stille  gebieten.  Vgl.  Cic.  Cato  9.  Divin.  Caec.  J3, 
42.  Liv.  XLIII,  16  audientiam  facere  praeconem  jussit,  er  befahl  dem 
Ausrufer,  Stille  zu  gebieten. 

Audire.  Man  verbindet  es  mit  oä,  ex  und  sogar  de  aliquo,  wenn 
es  den  bezeichnen  soll,  welcher  Etwas  erzählt;  mit  de  aliquo  oder 
de  aliqua  re,  wenn  es  den  oder  das  bezeichnet,  iiber  den  und  über 
das  man  Etwas  hört;  mit  aliqtiem.  Einen  hören,  anhören.  Einem 
zuhören,  und  ebenso  in  der  Bedeut.  Einem  gehorchen,  auf  Einen 
hören,  wo  auch  A.  L.  und  N.  KL,  aber  selten,  alicui  audire  gebraucht 
wird.  Richtig  sagt  man  von  einem  Schülei-,  der  einen  Lehrer  hö?t, 
audit  cum,  was  Verdammungssüchtige  verwerfen.  Daher  auch  audi- 
tor,  der  Schüler.  —  P.  L.  ist  audire  in  der  Bedeut.  genannt,  ge- 
halten werde??  für  Etwas  mit  dem  Nomi?iativ  des  Prädicats,  N.  L. 
aber,  wenn  Görenz  (praef.  Cic.  Fin.  p.  IX)  sagt;  haec  utraque  Tullio 
Peripatetica  audit,  diese  beiden  Lehren  werden  von  Cicero  für  pe- 
ripatetisch  gehalten.  —  In  der  Redensart  ich  kann  ihn  oder  das  nicht 
anhören,  d.  h.  es  ist  mir  zuwider,  ist  N.  L.  eum  audire  non  pos- 
sum,  für  ferre  non  possum  oder  Aehnliches.  Richtig  ist  aber  audio 
in  der  Bedeut.  das  lässt  sich  hören.  Dagegen  wird  für  audite,  quid 
fecerit,  wenn  das  lebendig  geschildert  wird,  was  er  that,  auch  ge- 
sagt videte.  Vgl.  Cic.  Rose.  t\m.  40,  IKj  videte  (hört)  }am  porro  ce- 
tera.—  N.  L.  ist  be?ie,  male  audire,  gut.  schlecht  hören  in  der  Bedeut. 
ein  gutes,  schlechtes  Gehör  haben,  für  ajiditu  valere,  non  valere 
oder  surdastr7im  esse  (Cic.  Tusc.  V,  40.  136);  denn  bene  audire 
bedeutet  in  gutem  Rufe  stehen,  ?nale  audire,  in  bösem  (schlimmem) 
R.  stehen,  und  so  tninus  cotiimode  audire,  in  weniger  gutem  R.  ste- 
he??, zu  welchen  Redensarten  ab  aliquo  in  der  Bedeut.  bei  Jeman- 
de?i  tritt.  Endlich  heisst  unser  nicht  oder  Nichts  hören  in  der  Be- 
deut. kei?i  Gehör  haben,  nicht  ?io?i  oder  nihil  audire,  sondern  sensu 
audiendi  carere.  auribus  captum  esse.  —  Das  Partie,  audiens  in  der 
Bedeut.  gehorsam  ist  ohne  diclo,  auf's  Wort,  N.  L.;  man  sagt  nur 
diclo  sum  audie?is,  wozu  oft  noch  ein  Dativ  dessen  tritt,  welchem 
man  gehorsam  ist,  z.  B.  tibi,  domino,  patri,  jussis  patris  u.  a. 

Auditio  ist  in  der  Bedeut.  das  Gehör,  der  Sinn  des  Gehörs  Sp.  L. 
für  anditus,  se?isus  audie?idi. 

A?iditorium,  der  Hörsaal,  ist  zwar  nur  N.  KL,  aber  für  diese 
und  damit  verwandte  Bedeut.  A7.;  ja  selbst  für  die  Zuhörer  steht 
es  bei  Quinlilian  und  dem  Jüngern  Plinius ,  wie  unser  Sch?/le  für 
Lehrer  u?id  Schüler,  üebrigens  kann  es  durch  auditores  oder  audie?i- 
tes  vermieden  werden,  z.  B.  vor  (bei)  einem  grossen  Auditorio,  in 
mag?ia  audie?itium  (auditortmi)  celebrilate  (frequentia)  oder  frequen- 
tibus  auditoribus. 


185 

Auditus  ist  in  der  Bedeiit.  das  Hören,  Anhören  N.  Kl.  bei  Qiiin- 
tilian  ii.  A.  für  auditio;  gut  ist  es  nur  in  der  Bedeiit.  das  Gehör 
neben  sensus  andiendi.  Aber  N.  L.  ist  mihi  auditus  et  visus  abit, 
mir  vergeht  Hören  und  Sehen,  für  neque  auribus,  neque  oculis  sa- 
us consto  (nach  Livius  V,  42,  3  nnd  VII,  26  ocuh's  simul  ac  mente 
turbatus  sum),  oder,  in  Ermang^elung  anderer  Ausdrücke,  nach  Ta- 
citus  A.  III,  46  (Tgl.  Tac.  H.  III,  73)  neque  oculis  7ieque  auribus 
satis  competo. 

Auferre,  Einem  Etwas  nehmen,  wird  meistens  verbunden  ab  ali- 
quo  aliquid,  nur  selten  und  mehr  später  alicui  aliquid ;  bei  Oertern 
steht  für  ab  auch  de  und  es.  Vgl.  Cic.  TV.  D.  III,  34.  Farn.  VII,  20, 
3.  Verr.  IV,  12  und  so  in  der  ganzen  Rede.  Zumpt  z.  Cic.  Verr. 
T.  I,  p.  IJO.  Daher  sage  man  auch  nicht:  Vbi  haec  abstulisti?  für 
unde  — ;  nicht:  Verres  7ibique  oder  omnibus  locis  vasa  abstulit,  son- 
dern undique ,  ex  omnibiis  locis  — .  Vgl.  Cic.  Verr.  IV,  59,  132. 
Wenn  jedoch  die  beraubte  Person  mit  a  steht,  kann  der  noch  da- 
bei stehende  Ort.  wo  der  Raub  geschieht,  im  Genit.  folgen,  wie  in 
Cic.  Verr.  IV,  17,  37.  Aus  der  Volkssprache  haben  die  Komiker  se 
auferre,  sich  wegbegeben,  fortgehen,  genommen,  was  nur  im  Dialog 
anwendbar  ist. 

Augmen,  die  Vermehrung,  ist  A.  u.  P.  L.,  augmentum  fast  Sp. 
L.,  höchst  selten;  —  beide  sind  unnöthig.  Vgl.  Aucfio.  B.  L.  ist 
augmentare  und  augmentatio.  —  Als  Kunstwort  muss  augmentum 
bei  der  Lehre  vom  griech.  Verbo  beibehalten  werden. 

Augur  in  der  allgemeinen  Bedeut.  Wahr-  oder  Weissager  kann, 
wiewohl  es  nur  bei  Dichtern  so  vorkommt,  dennoch  neben  vates 
recht  wohl  so  gebraucht  werden,  da  Cicero  augurium  allgemein  von 
jeder   Wahrsagung  braucht. 

Augurari  steht  in  besserer  Prosa  nur  als  Deponens.  Passivisch 
findet  sich  von  dem  A.  L.  angurare  nur  das  Partie,  auguratus,  ein- 
geweiht, geheiligt,  und  der  kurze  Abi.  absol.  augurato,  nach  A7istel- 
lung  der  Augiirien ,  gleich  cum  augurium  actum  esset.  Bei  augu- 
rium brauche  man  als  Verbum  agere,  nicht  facere  oder  capere, 
welche  beide  N.  Kl.  dabei  stehen;  auch  nicht  habere,  Vogelschau 
halten. 

Augustus  und  als  Fem.  Augusta  sind  für  uns  die  Kl.  Wörter 
für  Kaiser,  kaiserliche  Majestät,  Kaiserin,  kaiserliche  Hohheit,  wo- 
für auch  Caesar  und  Imperator  gebraucht  winde  und  bis  auf  Hadrian 
als  Titel  verdoppelt  Cäsar  August?is.  So  redet  Plin.  (Paneg.  3,  3) 
den  Kaiser  Trajan  Caesar  Auguste  an.  —  Der  Monatsname  Augustus 
(mensis  Augustus)  ist  auch  N.  Kl.  nur  selten  im  Gebrauche  für  das 
alte  mensis  Sextilis,  aber  heutzutage  bei  Veränderung  des  alten  Na- 
mens in  Sachen  unsrer  Zeit  durchaus  zulässig,  obgleich  gerade  nicht 
noth  wendig. 

Aula  in  der  Bedeut.  des  (innern,  tinbedecMen)  Hofes  eines  Hauses 
ist  N.  L.  iüv  propatulum,  impluvium  oder  das  N.  Kl.  area  J)eim  Jün- 
gern Plinius.  Kl.  aber  ist  es  schon  bei  Cicero  (Fam.  XV,  4.  6)  in  der 
Bedeut.  Hof  eines  Fürsten,  fürstliche  Macht;  und  so  heissen  auch 
schon  l)ei  Corn.  N.  (XIV,  5,  2)  die  Hofleute  im  Allgemeinen  aidici, 
sowie  die  höhern  purpuraii  hiessen.  Beide  sind  also  für  diese  Begriffe 
die  ächten  Wörter. 


186 

Auloedus,  der  Flötenspieler,  ist  ohne  Auctorität  für  tibtcen  ;  jener 
ist  der,  welcher  den  Flötenspieler  mit  Gesang  accompagnirt. 

^ura  ist  in  der  wahren  Bedent.  Luft  nur  P.  L.  für  aer,  wiewolil 
auram  communem  haurire  alltäglirlt  gewesen  zu  sein  scheint ;  dage- 
gen ist  8s  im  bildlichen  Sinne,  z.  B.  aura  populär is,  sehr  häufig.  Im 
N.  L.  kommt  es  häufiger  vor,  als  es  die  Lateiner  in  Prosa  anwenden, 
indem  selbst  der  Plur.  aurae ,  der  nur  Poet,  ist,  in  die  gewöhnliche 
Prosa  eingeschwärzt  wird. 

Aureus,  golden,  kann  in  der  Bedeut.  herrlich,  schön  nicht  verworfen 
werden,  wie  denn  auch  Cic.  aureolus  Uhellus  und  aureola  oratiuncula 
sagt,  und  Plin.  (Ep.  11,  20)  fabulam  aiiream.  Aber  wenn  wir  von  gol- 
denen Samen  sprechen,  sagte  selbst  kein  Dichter  aurea  semina,  und 
wo  wir  sagen  goldejie  Berge  verspreche?!,  sagt  der  Lateiner  doch 
nie  oureos  montes,  sondern  mo?/^es  ««r/polliceri.  Vgl.  Terent,  Phorm. 
I,  2,  18. 

Auricula  ist  nicht  etwa  das  Ohrläppchen,  sondern  nur  Nebenform 
für  auris ;  jenes  heisst  aurt'cu/a  inßma.  Cic.  Q.  fr.  II,  15,  4. 

Auriga  ist  nicht  der  gewöhnliche  Fuhrmann,  der  Waaren  fährt, 
gondern  der  Pferde-  und  Wagenlenlter,  der  Kutscher,  gleich  agitator; 
jener  heisst  qui  vecturam  facit,  merces  plaustro  vehit,  oder  mit  einera^ 
spätem  Worte  vecturarius.  Vgl.  Heusing,  emendatt.  p.  390. 

Auris.  Wir  beachten  beim  Gebrauche  des  Sing.  Ohr  nicht  immei*, 
ob  nur  eins  oder  beide  zu  denken  seien,  worauf  im  Latein,  mehr  ge- 
achtet wird;  daher  praehere  oder  admovere  aurem  nur,  wenn  man  ein 
Ohr  hinreicht,  damit  ein  Anderer  uns  Etwas  zuflüstere  (Cic.  Orat.  II, 
36, 153.  Suet.  Calig.  22,  wo  Oudendorp  zu  vergleichen  ist)  ;  aber  prae- 
here aures,  wenn  man  aufmerksam  einem  Sprecher  zuhört.  —  Einige 
verwerfen  die  Redensart /j/ffc/r/fl-m  aurem  alicui  praeb..,  Einem  geneig- 
tes Ohr  leihet?,  aber  dennoch  scheint  placidas  oder  faciles  aures 
alicui  pr.  tadellos.  —  Gut  ist  zwar  ad  o?ires  venire  oder  accidere 
ad  aures,  zu  Ohren  kommen,  gelangen,  hören,  aber  nicht  mit  dem 
Dativ  derer,  welchen  Etwas  zu  Ohren  kommt,  sondern  mit  dem  Ge- 
nitiv und  den  Pronom.  meas,  tuas,  suas  u.  s.  w.  3Tan  sage  nicht  hoc 
mihi  ad  aures  venit,  wie  wir  dieses  Icam  mir  zu  Ohren,  sondern  hoc 
ad  aures  meas  venil.  —  Gut  ist  auch  dicere  in  aurem,  in's  Ohr  sagen, 
was  Vielen  als  Poet,  bei  Plautus  (Trinum.  I,  2),  Horaz  (Serm.  I,  9, 
10)  und  Ovid  (Her.  III,  23)  verwerflich  scheint;  aber  so  sagt  auch 
Auct.  ad  Herenn.  IV,  50  ei  dicit  in  aurem;  Cicero  selbst  (in  einem 
Bruchstücke  aus  dem  Buche  de  fato  bei  Macrob.  II,  12)  in  aurein 
Pontius,  Sripio  inquit;  auch  Quintil.  (XI,  3,  31)  in  ourem  altcujus 
loqui,  und  (IV,  2,  124)  ad  aurem  invocare.  Auf  ähnliche  Weise  sagt 
man  ad  aurem  aliquem  admonere.  Einem  warnend  in's  Ohr  sagen 
(Cic.  Fin.  II,  21,  69),  ad  aurem  oder  in  aures  insusurrare,  in's  Ohr, 
in  die  Ohreti  flüstern ;  auch  blos  insusurrare. 

Aurittis  ist  in  der  Bedeut.  der  Etwas  gehört  hat  nur  A.  L.  bei 
Plautus,  vielleicht  aus  der  Volkssprache  genommen,  indem  er  den  bei 
\ins  so  genannten  Ohrenzeugen  testem  auritum  nennt  und  ihn  dem 
Atigenzeugen  (testis  oculatus)  entgegensetzt.  Es  kommt  aber  nirgends 
weiter  vor  und  erhielt  sich  nicht  einmal  bei  den  Juristen,  kann  also 
kaum  mehr  gebraucht  werden.  3Ian  sage  testis,  qui  audivit.  Vgl.  be- 
sonders Oculatus. 


187 

Auscultare,  hören,  und  mit  d.  Dativ  zugleich  mit  dem  Begrifte  ge- 
horchen, ist  nebst  den  davon  abgeleiteten  Wörtern  aiiscultatio  und 
ausciiltator  fast  nur  A.  L.  und  alltäglich,  aber  nachher  in  der  bessern 
Sprache  fast  nicht  mehr  gebräuchlich;  es  werde  daher  vermieden. 
Bei  Cicero  findet  sich  auscnltare  und  ausctdtator  nur  einmal,  aber 
das  letztere  nicht  in  der  Bedeut.  der  Horcher,  sondern  der  Zuhörer ; 
jener  heisst  bildlich  sernwnis  alicujus  auceps  (bei  Plaut.  Mil.  I\,  1, 
9),  oder  arbiler  (Cic.  Verr.  V,  31,  80). 

Aiishn,  A.  L.  kurze  Form  für  ausi/s  si'm,  ich  möchte  es  wagen ,  ist 
in  der  bessern  Prosa  nur  wenig  üblich  und  nur  da.  wo  man  bedeut- 
sam und  fast  feierlich  sprechen  will,  wie  einigeraal  bei  Livius  und 
Quintilian;  bei  Cicero  wird  der  Gebrauch  geläugnet,  wiewohl  in  Brut. 
5,  18  Einige  ausim  der  Lesart  aiisits  sim  vorziehen,  wie  Schütz,  Ellendt 
und  Frotscher  (zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  235).  Am  gehörigen  Orte 
ist  es  wohl  passend.  Verworfen  wird  aber  von  Malthiä  zu  lAIuret. 
Oratt.  (Oper.  T.  I,  p.  261),  si  ausim  zu  sagen,  da  es  mit  einer  solchen 
Conjunction  unerhört  sei.  Vgl.  noch  Th.  I,  p.  48. 

Ausjiicari  ist  KI.  nur  ein  heiliges  Wort,  Aiispicien  halten,  gleich 
auspiciiim  oder  atispicia  habere,  wo  man  nicht  agere  sagte,  wie  bei 
aiigurium.  Vgl.  Atigiirari.  N.  KL,  aber  sehr  selten  und  kaum  nachzu- 
brauchen  ist  es  in  der  Bedeut.  anfangen,  wobei  das  mit  Etwas  durch 
ab  aliqua  re  ausgedrückt  wird.  Vgl.  Plin.  Ep.  II,  14,  2.  ISodi  selt- 
ner und  Sp.  L.  ist  auspicium  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Anfang, 
was  nicht  nachzubrauchen  ist.  —  Von  der  altern  activen  Form  wird 
das  Partie,  auspicatus  in  der  Bedeut.  geheiligt  gebraucht,  und  so  im 
Abi.  absol.  auspicato ,  nach  gehaltenen  Auspicien,  für  cum  auspicium 
(auspicia)  habitum  (habita)  esset  (essent). 

Auster,  der  Süden  als  Land  selbst,  ist  N.  L.  für  Austri  partes, 
australis  regio  oder  ora.  Man  sage  nicht:  Auster  incognita  fere  est 
pars  terrae,  für  Austri  partes  fere  sunt  incognitae.  Sonst  bedeut. 
Auster  nur  den  Südtvind. 

Australis,  südlich.  B.  u.  JV.  L.  sind  australior  und  australissimus, 
die  sich  beide  in  N.  Lateinern  finden.  Noch  neulich  (im  J.  1835)  hat 
Einer  de  plantis  Africae  australioris  geschrieben,  und  der  alte  latein. 
Uebersetzer  des  Strabo  brau<  ht  oft  australissimus. 

Ausum,  das  Wagstück,  für  audax  facinus  sagt  in  Prosa  nur  der 
ältere  Plinius  (ausum.  improbum),  sonst  ist  es  nur  P.  L.  und  nur  mit 
sichtbarer  Anwendung  einer  poetischen  Stelle  in  Prosa  zu  brauchen. 

Aut,  oder,  und  aut  —  aut,  enttveder —  oder,  stehen  fast  nur,  wenn 
zwei  Personen  oder  Begriffe  einander  entgegengesetzt  und  von  einan- 
der verschieden  sind,  z.  B.  (aut)  dives  aut  pauper,  frigus  aut  calor, 
Cicero  aut  Pompejus.  Bei  Personen  oder  Dingen,  die  nur  dem  W^orte 
nach  verschieden  sind,  wird  seu,  aber  nicht  aiit  gebraucht.  Daher  ist 
falsch:  Pallas  aut  JVIinerva;  Cybele  aut  Ops;  Ilortalus  ß?// Hortensins, 
denn  beide  Namen  bezeichnen  eine  und  dieselbe  Person.  Eben  dess- 
halb  braucht  man  auch  fast  nicht  aut.,  wenn  man  ein  eben  gewähltes 
Wort  durch  ein  anderes  verbessert,  sondern  gewöhnlich  vel,  vel  di- 
cam,  vel  potius,  z.  B.  benevolentia,  vel  amor  potius  (Cic.  Fam.  III,  9, 
1)  ;  fateor  a  plerisque,  vel  dicani  ab  omnibus  (ib.  IV,  7,  3)  ;  vulgi  vo- 
luntaiS,  vel  potius  consensus  omnium  (ib.  IV,  13,  5)  ; — seltner  sivc  po- 
tius und  aut  potius ;  z.  B.  hoc  discessu  sive  potius  turpissima  fuga  (Cic. 


188 

Att.  VIII,  3,  3)  ;  erravit  mit  potiua  insanivit  (Id.  Verr.  III,  48, 113). 

—  Auch  wird  aut  —  aal  gebraucht,  wenu  die  Begriffe  nur  schärfer 
geschieden  werden  sollen,  meistens  so,  dass  es  bedeutet  entiveder  — 
oder  wem'ßstevs,  z.  B.  mit  in  omni,  mit  in  magna  parte  vitae  (Cic. 
Tusc.  III,  J7.  38).  —  Falsch  ist  aut  in  Fragen,  wo  Eins  dem  Andern 
entgegensteht,  z.  B.  sanusne  est,  mit  aeger?  für  mi  aeger.  —  In 
Fragesätzen  mit  quid,  quamdo  und  ähnlichen,  z.  B.  tvas  sich  passe,  oder 
?iicht,  tvas  zu  thim  sei,  oder  nicht,  sagt  man  weder  necne,  noch  aut 
nov,  sondern  man  wiederholt  das  Verbum  mit  und  ohne  quid,  also 
quid  conveniat,  mit  quid  non  conveniat  (Cic.  luv.  I,  22,  31)  ;  quid  iis 
faciendum  sit,  aut  non  faciendum  (Id.  Fin.  IV,  17,  46)  ;  quid  ab  eo 
factum,  aut  non  factum  sit  (Id.  Cluent.  25,  70)  ;  quando  utendura  sit, 
aut  non  sit,  narratione  (Id.  Orat.  II,  81,  330)  ;  —  ebenso:  er  ma^  ivol- 
len  oder  nicht,  velit  aut  noiit,  oder  blos  velit  ?iolit.  —  N'.  L.  sind 
Fragen  mit  afi  —  aut,  oder  an  —  vel,  wovon  Sciopp.  de  stylo  p.  124 
als  Beispiele  angiebt:  Arabigo,  an  hoc  (haec)  Veneris  sit  imago,  vel 
Berenices;  ambiguus  fuit,  an  nuptui  (nuptum^  tradi  (dari)  filiam,  aut 
monastico  instituto  obligari  expediret.  —  P.  L.  ist  aut  —  vel,  oderre/ 

—  aut  für  aut  —  aut.  Endlich  unser:  Einer  oder  Mehrere  heisst  unus 
pluresve  (Cic.  Rep.  I,  32),  nicht  U7ius  aut  phires. 

Autem,  aber.  Nach  Laur.  Valla  (Eleg.  II,  24)  wird  nicht  tum 
autem,  theils  aber,  bei  vorausgehendem  tu7n,  theils,  gesagt,  sondern 
tjim  vero;  auch  sage  man  nur  age  vero,  sane  vero,  jam  vero,  enim 
vero,  at  vero,  nicht  autem  statt  vero.  Ferner  ist  autem  im  negativen 
Gegensatze  aber  nicht,  nicht  aber,  ungewöhnlich  für  das  einfache  7ion. 
Vgl.  darüber  Anleit.  ^.  581  ;  ausserdem  sind  aber  über  autem  lesens- 
werth:  Handii  Turseilin.  T.  I.  und  Reisig's  Vorles.  p.  445. 

Authenticns,  acht,  nrktindlich,  ist  ein  erst  spät  von  den  Juristen 
aus  dem  Griech.  genommenes  Wort,  für  verus,  certus,  sincerus,  certae 
fidei,  fide  dignus  u.  a.  Ebenso  authentice  für  cum  auctoritate,  certo 
auctore. 

Autochiria,  der  Selbstmord,  ist  erst  im  N.  L.  üblich,  für  mors  vo- 
luntaria,  oder  TV.  Kl.  quaesita  (Tacit.  A.  I.  5),  oder  siimpta  (ib.  III, 
50),  voluntarius  finis  (ib.  IV,  19),  oder  mit  Verben  umschrieben,  wie 
es  der  Zusammenhang  gerade  fordert.  B.  L.  aber  ist  suicidium,  wo- 
von unten. 

Autochtho7i,  der  Eingeborne,  ist  erst  Sp.  im  Latein,  und  unnöthig 
für  indigena. 

Autographus  ist  als  Adj.,  eige7ihändig,  N.  Kl.  bei  Sueton  und  un- 
nöthig für  sw«  (ipsius)  manu  scriptus;  Sp.  L.  ist  erst  autographum 
als  Subst.,  die  eige7ie  Handschrift,  und  eben  so  unnöthig,  wie  jenes. 

Autumare,  sagen,  behaupten,  ne7ine7i,  ist  nur  A.  L.  und  findet 
sich  nachher  nicht  mehr  in  der  Schriftsprache,  wesshalb  es  zu  ver- 
werfen ist,  für  dicere,  affirmare,  proßteri.  Qnintil.  (VIII,  3,  26)  führt 
es  mit  unter  den  veralteten  Wörtern  auf  und  nennt  es  nach  Zumpt's 
Ausgabe  tragicum,  d.  h.  für  den  hohem  tragischen  Styl  brauchbar. 
Im  N.  L.  findet  es  sich  nicht  selten,  wie  in  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  343, 
nnd  sonst  noch. 

*  Quintilian's  Worte  lauten  in  den  Ausg-g.  verschieden,  in  einigen:  tohrabile 
antnmo;  tragicum  proleyn  dncendam;  in  Zumpt's  Ausg.  aber:  reor  tolerabilc; 
autumo  tragicum;  prolem  dicemus  u.  s.  w. 


189 

Auxiliari,  helfen^  steht  zwar  bei  Cicero,  wiewohl  nur  einmal,  und 
einig:emal  bei  Caesar  und  Salhist,  aber  sonst  sehr  selten  und,  was  zu 
verwundern  ist,  nirg^ends  l)ei  Livius.  Eben  so  selten  und  ert  N.  Kl.  ist 
das  Subst.  aiixiliator  für  adjutor,  adminisier,  und  sehr  Sp.  L.  auxih'a- 
trix  für  adjutrix.  Man  spreche  daher  nicht  von  copt'ae  auxiliatrkes, 
das  HiUfsheer,  für  auxilia,  auxiUares,  copiae  subsidiariae  u.  a. 

AveUere,  ab-  oder  losreissen,  wird  verbunden  mit  a  oder  de,  von 
Etwas,  und  mit  ex,  aus  Etwas;  P.  u.  N.  Kl.  mit  dem  Dativ  oder 
Ablativ. 

Aventer,  gierig,  begiei'ig,  ist  Sp.  L.  für  cupide,  avide. 

Averruncare,  abwenden.,  abwehren,  wird  nur  in  Bezug  auf  die  Göt- 
ter bei  Naturwundern  gebraucht:  dii  averruncent ! —  sonst  averterey 
removere. 

Aversatio  ist  nur  etwa  in  der  eigentlichen  Bedeut.  das  sich  Ab- 
wenden zulässig,  wiewohl  es  nur  einmal  bei  Quintil.  vorkommt,  aber 
von  dem  KL  aversari,  sich  abwenden,  gebildet,  womit  es  auch  um- 
schrieben werden  kann.  Mit  Recht  tadelt  es  R.  Klotz,  dass  Sintenis 
(p.  158)  in  einer  lateinischen  Rede  schrieb:  contemptione  et  aversa- 
tione  dignus,  was  durch  die  Verba  ausgedrückt  werden  konnte. 

Avertere,  abtuenden,  wird  verb.  ab  aliqua  re,  und  einmal  mit  de, 
de  publico  (Cic.  Verr.  IV,  24);  ebenso  aversus,  abgeicandt,  abgeneigt, 
mit  ab  aliqua  re  ;  P.  u.  N.  Kl.  mit  d.  Dativ.  —  N.  L.  ist  wohl  se  aver- 
tere a  sollicitudine,  maerore  u.  s.  w.,  sich  von  Etwas  abwe7iden,  sich 
einer  Sache  entschlagen.,  für  animuni  abducere  ab  aliqua  re.  Richtig 
aber  ist  se  totutn  avertere,  sich  gatiz  abwenden,  im  eigentlichen  Sinne. 

Avocamentu?n  bedeutet  bei  Plinius  dem  Jüngern,  wo  es  allein  vor- 
kommt, ein  Beruhigungsmittel,  Trost,  Linderung ,  was  sonst  solatii/tn, 
leva7nentum,  adjumentitm  heisst,  nirgends  aber  eifie  Abhaltung,  Zer- 
streuung, was  Hemsterhuis  darunter  versteht,  wenn  er  (Oratt.  p.  169) 
sagt:  nullis  avocamentis  interrupta  assiduitas,  für  nullis  rebus,  quue 
aninium  poterant  avocare. 

Avunculus,  der  Mutterbruder,  Oheim,  erhält  zum  Unterschiede 
von  patruus ,  der  Vatersbruder,  nie  einen  besondern  Zusatz,  z.  B. 
maternus,  welchen  ihm  Gessner  (Uebersetzung  von  Luciani  Somn.  1) 
gi!;t;  dagegen  sind  bei  avus,  der  Grossvater, 'tMe  Zusätze  paternus  und 
maternus  zulässig. 

Axioma,  der  Grundsatz,  die  Behauptung ,  ist  erst  Sp.  in's  Latein, 
aus  dem  Grie(  h.  genommen  und  unnöthig  iüv  pronuntiatum,  enuntia- 
tum,  pro-  oder  effatum,  dogma,  decretum  u.  a. 

B.  b. 

Baccha,  die  Bacchantin.  Wann  im  Dat.  u.  Abi.  Plur.  Bacchabus 
zulässig  ist  für  Bacchis,  s.  Th.  I,  §,  17.  Man  verwerfe  jene  Form 
nicht  zu  voreilig. 

Bacchus  steht  nirgends  in  Prosa  für  vinum,  Wein,  was  im  N.  L. 
für  ausgezeichnet  und  schön  gehalten  wird. 

Baceolus,  einfältig,  damisch,  stockicht,  ist  ein  gemeines  plebeji- 
sches Adjectiv  in  der  Klass.  Zeit  für  stultus ,  insipiens,  insulsus, 
stupidus. 

Baculus  und  baculum,  ein  Stock,  neben  bacillum,  was  bei  Cicero 


190 

einmal  vorkommt.  Ob  die  männliche  oder  neutrale  Form  die  Kl.  und 
wenigstens  bessere  in  Prosa  gewesen  sei,  entscheidet  keine  Stelle,  da 
weder  Cicero,  noch  Caesar  je  eins  von  beiden  ge!)rauc!it  hat,  und  die 
bei  Livius  vorkommenden  Formen  zu  beiden  gehören  können.  Reisig 
(Vorles.  p.  114)  will  beide  neben  einander  annehmen:  baculus  sei  ein 
geivöhnh'cher  Stock,  baculum  aber  ein  dicker  Knüttel,  was  nicht  eben 
wahrscheinlich  ist. 

Bajulus,der  Lastträger,  und  hajtilare,  eine  Last  tragen,  forl- 
schleppen,  sind  Wörter  der  Volkssprache  von  gemeinen  Leuten  und 
niedrigen  Arbeitern,  und  daher  am  gehörigen  Orte  wohl  zu  gebrau- 
chen ;  auth  im  Hohn  und  Spott. 

Balbiities  wird  N.  L.  von  dem  Stammeln,  dem  Anstossen  mit  der 
Zunge  gebraucht,  für  haesitantia,  haesitatio,  titnbantia  Linguae  oder 
oris. 

Balneum  oder  balineiim,  das  Bad,  hat  im  Plur.  Kl.  babieae  oder 
halineae  in  der  weiblichen  Form,  seit  Livins  aber  auch  balnea  als 
Neutrum,  üebrigens  bedeutet  es  meistens  nur  ein  Privatbad,  nicht 
ein  öffentliches.,  welches  therinae  hiess.  Verschieden  davon  ist  auch 
aquae :  vgl.  Aqua  und  Weber's  Uebungssch.  p.  86. 

Barathrum,  der  Schlund.^  ffhig,  wiewohl  es  schon  früh  aus  dem 
Griech.  in's  Latein,  aufgenommen  wurde,  doch  nie  in  die  Prosa  über; 
man  brauche  vorago. 

Barbaria  und  barbaries.  Beide  Formen  sind  KL,  aber  ohne  Unter- 
schied der  Bedeutung;  jene  ist  häufiger.  In  der  Bedeut.  Ausland ksnn 
es  heutzutage  kaum  mehr  angewandt  werden,  so  wenig  als  barbarus 
in  der  Bedeut.  ausländisch. 

Barbaricus  ist  fast  nur  P.  Form  für  barbarus,  welche,  ganz  zu  ver- 
meiden ist;  ebenso  barbarice  als  Ädv.  für  barbare. 

Barbarus.  Davon  steht  bei  Ovid  der  Comparativ  barbarior  so  ein- 
zeln, dass  er  nicht  nachzubrauchen  ist;  dennoch  hat  es  Muret.  Epist. 
(Op.  T.  II,  p.  102)  gewagt. 

Baratts  findet  sich  als  Subst.  in  der  allgemeinen  Bedeut.  Dichter, 
Sänger,  wie  wir  Barde  brauchen,  nirgends  bei  den  Alten  fi'ir  poeta; 
es  war  nur  bei  den  Galliern  Name  für  ihre  Sänger  und  Dichter. 

Basiare,  küssen ;  basium,  der  Kuss  und  basiatio,  das  Küssen  sind 
alle  fast  nur  P.  L.  für  osculari,  osculum,  osculatio. 

Basilicus,  könig/ich,  ist  nur  A.  L.  bei  Plautus  aus  griech.  Komi- 
kern genommen  für  regius,  regalis,  und  ebenso  das  Adv,  basilice  für 
regie.  Nur  als  Kunstwort  erhielt  sich  basilica  von  einer  Säulenhalle., 
und  basilica  vitis,  die  Königsrebe,  eine  vorzügliche  Reben- Art. 

Batavia  ist  erst  Sp.  L.  Benennung  von  Holland  für  die  alte  Kl. 
Batavorum  insula,  wiewohl  es  als  kurzer  Name  nicht  zu  verwerfen  ist, 
damit  man  nicht,  wie  heutzutage  geschieht,  zu  dem  neuen  seltsamen 
Hollandia  greife. —  Das  Adject.  heisst  aber  Batavus,  \\\c\\X  Batavicus, 
was  einige  Holländer  brauchen. 

Beare,  beglücken,  glücklich  machen,  ist  nur  P.  L.  für  beatum  ali- 
quem  efficere,  fortunare,  sonpitare.  Sp.  L.  aber  sind  beatißcare  und 
beatificus ,  beide  unnölhig,  und  in  der  Bedeut.  selig  sprechen  für  bea- 
torum  numero  addere  u.  a.  gebraucht. 

Beatitas  und  beatitudo^  die  Glückseligkeit,  finden  sich  zuerst  bei 
Clc.  (N.  D.  I,  34,  95),  der  sie  entweder  selbst  gebildet  oder  als  sei- 


191 

teile  Wörter  zu  seiner  Tevminolog'ie  benutzt  hat;  sie  wurden  von  iiim 
nicht  weiter  gebraucht,  und  erst  spät  Ann  Andern  benutzt.  Er 
braucht  dafür  sonst  beata  vita,  beate  vivere  und  sogar  beatnm  als 
Subst.  Vgl.  Cic.  Tusc.  V.  15,  45.  Ausserdem  hegt  mfelicitas  oft  ganz 
derselbe  Begriff.  —  Uebrigens  ist  beatiis  der,  welcher  sich  an  geistigen 
und  leiblichen,  Innern  imd  äussern  Giitern  befriedigt  fühlt,  wie  es  der 
Weise  und  der  Christ  nach  den  Grundsätzen  gesunder  Philosophie 
und  des  Christenthums  sein  muss,  er  sei  reich  oder  arm.  Da  aber 
reich  sein  nach  gewöhnlichen  Begriffen  die  Quelle  des  Glückes  ist, 
so  bedeutete  beatus  oft  geradezu  reich.  Die  beiden  andern  Wörter, 
felia:  und  fortunatus,  beziehen  sich  meistens  fast  nur  auf  äusseres 
Glück.  Nach  Cicero  (Tusc.  V,  6)  hat  der  beatus  —  secretis  maus 
omnibns  cumulatam  bonorum  complexionem,  nee  quidquam  ei  deest.  — 
Sehr  Sp.  L.  ist  die  Redensart  beatae  memorine,  seligen  Aiidetikens, 
wie  überhaupt  der  Gebrauch  des  Wortes  beatus  von  einem  Ferstor- 
henen,  was  durchaus  zu  vermeiden  ist. 

Belgium,  BelgaxiwA  Belgiens  müssen  heutzutage  von  Bataviaoder 
terra  Batavia  und  Batavus  wohl  unterschieden  werden,  da  jetzt  ge- 
trennte Länder,  Belgien  und  Holland,  und  getrennte  Völker  darunter 
verstanden  werden,  was  nicht  immer  der  Fall  war. 

Bellator  kommt  nie  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Jeder,  der  ff  äffen 
träs;t  (unser  Soldat,  was  miles  heisst)  vor,  sondern  nur  Einer,  der  mit 
Äriegsmfith  streitet,  wie  Cic.  Tusc.  IV,  19,  43.  Unser  Wort  Arieger 
verführe  nicht,  da  wir  es  oft  für  Soldat  brauchen.  Bei  Cicero  u.  A. 
kommt  es  auch  oft  nur  im  Wortspiele  neben  andern  Substantiven  vor, 
die  sich  auch  auf  ator  en^ig^^'i,  z.  B.  aut  bellatori,  aut  iniperatori  aut 
oratori  (Cic  Tusc.  IV,  24,  53).  Das  davon  abgeleitete  Ädj.  bellatorins, 
welches  der  jüngere  Plinitis  (Ep.  VII,  9,  17)  ,  aber  mit  dem  Beisatze 
quasi,  braucht  und  der  streitsüchtigen, polemische?!  Rede  beilegt  (sera- 
per pugnax  hie  et  quasi  bellatorius  Stylus),  kann  recht  gut  auch  von 
uns  gebraucht  werden. 

Bellicus  und  bellicosus,  kriegerisch,  dürfen  nicht  verwechselt  wer- 
den: bellicus  passt  zu  Subst.,  wie  laus,  virtus..  gloria,jus,  virtus  und 
dem  aligemeinen  res ;  bellicosus  zu  gens,  naiio,  civitas,  proviiicia,  sowie 
zu  Völkern  und  Personen.  Nur  Dichter  verwechseln  sie.  Für  ars  oder 
disciplina  bellica,  die  A'riegswissenschaft,  braucht  man  gewöhnlich  ars 
oder  disc.  militaris,  wiewohl  auch  jenes  bei  Cic.  (N.  D.  II,  64)  steht. 

Belligerare,  Krieg  führen,  ist  A.  L.  und  sehr  selten  für  das  ge- 
wöhnliche bellum  gerere  oder  6e//a/"e,  jedoch  findet  es  sich  zweimal 
bei  Cicero  und  einmal  bei  Livius  (XXI,  1(1),  aber  nach  R.  Klotz  nur 
da,  wo  ein  förmliches ,  feierliches  und  kunstgerechtes  Kriegführeii 
angedeutet  werden  soll,  ähnlich  unserm  einen  Strauss  auskämpfen, 
was  auch  nur  feierlicher  Ausdruck  ist.  Mir  scheint  es  nur  ein  gewöhn- 
liches Wort,  wie  bellare,  für  ordentlich  fechten .,  zu  sein,  minder  edel 
als  bellum  gerere,  und  daher  auch  selten ;  es  werde  nicht  gemissbraucht. 

Belluinus  oder  beluinus,  thierisch,  ist  Sp.  L.  und  muss  durch  bel- 
lua,  bestia  oder  aidmal  ausgedrückt,  oder  durch  ferus,  immanis  er- 
setzt werden. 

Bellum  cum  aliquo,  der  Krieg  mit  Jemanden,  werde  vermieden, 
wenn  das  Verbum  des  Satzes  nicht  mit  cu7n  in  Verbindung  steht,  z.  B. 
Livius  bellum  cum    Ilannibale  accurate   narravit,  wenngleich  bellum 


192 

cum  Ilaiinibale,  certamen  cum  patribiis  und  ähnliche,  so  gebraucht, 
nicht  ohne  Kl.  Beispiele  sind.  Vgl.  Th.  I,  §.  Si.  Gewöhnlicher  ist  dann 
ein  Genitiv,  z.  B.  bellum  Pyrihi,  Hannibalis,  Krieg  mit  Pyrrkus,  mit 
Hannibal,  bell.  Persarum,  mit  den  Persern,  oder,  wo  es  vorlianden  ist, 
ein  Adjectiv.,  z,  B.  bellum  Persicum,  oder  es  tritt  ein  Partie,  noch  liin- 
zu  als  Stütze  der  Praep.  cum,  z.  B.  bellum  cutfi  Hamiibale  gestum.  — 
P.  L.  oder  A.  L.  ist  der  Genitiv  belli  in  der  Bedeut.  im  Kriege,  ohne 
dass  domi,  im  Frieden,  damit  in  Verbindung  steht,  für  in  hello;  aber 
do7ni  bellique  oder  belli  domique  oder  vel  domi,  vel  belli  sind  sehr  ge- 
bräuchlich. Man  sage  nicht  bei  einem  bestimmt  genannten  Ki'iege  in 
hello,  sondern  blos  hello,  z.  B.  hello  Punico,  hello  Persico.  Man  merke: 
einen  Krieg  einleiten  und  betreiben  heisst  bellum  agere ;  einen  Krie^ 
heginnen,  h.facere;  einen  Kr.  führen ,  b.  g^ere/-e ,  nicht  ducere  ;  aber 
ei?ien  Krieg  in  die  Länge  ziehen,  b.  ducere  oder  trahere;  einen  Krieg 
endigen.,  b.  conficere,  componere,  perficere,  selten  finire. 

Bene  dicere  {henedicere  als  ein  Wort)  alicui  und  aliquem  in  der 
Bedeut.  Einen  lohen.  Einen  segnen,  ist  erst  Sp.  L.  für  laudare,  prae- 
dicare ;  fortunare,  hene  alicui  precari;  dagegen  Kl.  alicui  hene  dicere  in 
Aev  Bei\eni.  Gutes  con  Jemanden  sagen,  gut  von  Jemanden  sprechen. 
Ebenso  ist  Sp.  L.  henedictus,  gesegnet,  im-  fortimatus.  Sonst  bedeutet 
bene  dicere  ohne  Object  gut ,  schön  sprechen ,  reden.  Gut  ist  auch 
be7ie  aliquem  nosse ,  Einen  gut  oder  tvohl  keimen;  bene  valere,  recht 
Wühl  leben  (sein).  Matth.  Cic.  Farn.  XI,  28,21.  Curius  Cic.  Farn.  VII, 29; 
sonst  selten.  Gut  ist  bene  tnihi  est,  es  ist  (geht)  mir  wohl;  melius  oder 
meliuscule  mihi  est,  mir  ist  (geht  es)  besser;  melius  inihi  est  factum  nicht 
blos  zur  Anzeige  eines  Grades  der  Besser^ig,  es  ist  mir  besser  gewor- 
den, sondern  auch  um  anzuzeigen,  dass  Einer  wieder  gesund,  ganz 
hergestellt  sei,  wo  wir  uns  auch  so  ausdrücken.  y^\.  Klotz  Cic.  Tusc.  I, 
35,  86. 

Bene,  male  u,  dgl.  zu  Adjectiven,  wie  graecus,  latinus,  germanicus 
und  andern  ähnlichen,  und  ebenso  zu  ihren  Adverbien  graece ,lalinei 
als  uäJier  bestimmende  Eigenschaftswörter  der  schon  bestimmt  ange- 
gebenen Sprache  hinzuzusetzen,  verwarf  als  uulateiuisch  F.  A.  H  olf 
und  mit  ihm  Spalding  (in  Wolfii  Museum  antiq,  I,  p.  92)  gegen  viele 
Neuere,  welche  z.  B.  sagen:  hoc  non  est  heiie  laiinum,  wie  Ernesti  oft 
in  seinem  Cicero,  und  ^e^en  Scheller,  der  bekanntlich  Praecepta  stqli 
hene  /r///w/ schrieb.  Dieser  Tadel  kann  auffallend  scheinen,  da  Cicero 
oft  sagt  loqui  (dicere)  bene,  perhene,  optime,  male,  inquinate,non  pes~ 
sime,  diligenter,  eleganter,  elegantissime  latine,  wo  doch  die  Adverbien 
das  Wort  latine  zu  bestimmen  scheinen.  Aber  sie  beziehen  sich  wohl 
nicht  auf  latine,  sondern  nur  auf  das  Verbum  loqui  oder  dicere,  und 
geben  die  Art  und  Weise,  das  Wie  der  Darstellung  der  Rede  an,  daher 
auch  ohne  einen  Zusatz,  wie  latine,  gesagt  wird  hene,  male,  eleganter 
loqui,  dicere,  enuntiare,  pronuntiare ,  und  die  Sprache,  der  Aus- 
druck und    Vortrag  in  Bezug  auf  das  Rhetorische /ocm/«o honUy 

mala,  elegans  genannt  wird.  Und  so  wird  denn  auch  gesagt:  dicendi 
elegant ia,  nccurata  elegantia  latine  loque?idi,  incorrupta  latini serinonis 
integritas ,  purus  sermo ,  locutio  emendata  ,  sermo  inquinatus  u.  a.  Da- 
her heisst  bei  Cic.  (Fin.  II,  3,  10):  tu  illud  dixisti  he7ie  latine,  parura 
plane,  Lateinisch  hast  du  das  zwar  gut  gesagt,  aber  nicht  verständlich 
genug,  und  (Id.  Olf.  I,  37)  optime  uti  lingua  latina,  einen  herrlichen 


193 

Gebrauch  von  der  latein.  Sprache  machen.  Und  so  antwortet  bei  Cic. 
(Orat.  11,18,75)  Hanuibal  zwar  griechisch,  aber  non  optinie,  nicht 
zum  bestefi,  artigsten ,  feinsten,  aber  doch  fr eimütkig,  libere, —  wo 
nur  die  zwei  Adverbien  den  Gegensatz  bilden,  Uebrigens  steht  tat inus 
und  latine  auch  bisweilen  vorzugsweise  in  dev^eiXent.  acht  (gtit)  latei- 
nisch, wie  denn  Cicero  z.  B.  sagt:  locutio  emendata  et  latina,  und 
Seneca  (Ep.  39) :  cum  latine  loqueremur,  da  ivir  noch  (gut)  lateinisch 
sprachen.  —  Gleicher  Ansicht  war  darüber  auch  Reisig  (nach  seinen 
\  orles.  p.  393).  Noch  vgl.  jetzt  Madvig  zu  Cic.  Fin.  I,  3,  8. 

Bene  facere ,  ivohl  thun  ,  ist  richtig  in  der  Redensart  bene  facis 
quod — ,  du  thust  wohl  daran,  dass  du — ;  gut  auch,  aber  Kl.  selten, 
alicui  bene  facere ,  Einein  wohl,  Gutes  thun,  eine  Wohl t hat  erweisen, 
gewöhnlicher  benigne  alicui  facere ,  beneßcium  in  aliquein  conferre, 
deferre,  alicui  dare,  in  oliquo  collocare  u.  a.  Aber  N.  u.  D.  L.  ist  haec 
res  mihi  bene  facit ,  dies  thnt  mir  wohl,  für  jucunda  est;  auribus  bene 
facit,  es  thut  den  Ohren  wohl,  inr  jucu7ida  est  auditu,  und  bildlich/e/-jY 
aures  hominum  (Cic.  Orat.  II,  84).  Das  Subst.  benef actum,  die  edle, 
gute  That,  neben  bonum  factum  ist,  wie  auch  male  factum  und  rede 
factum,  nicht  üblich,  indem  nur  der  Plur.  benef  acta ,  nmlefacta, 
rede  facta  gebräuchlich  war.  N.  und  B.  L.  ist  daher  illud  tuuni 
benefadum  ab  omnibus  laudatur.  Wann  bene  factum  richtig  sei,  s. 
unter  Factum.  A.  L.  und  P.  ist  es  in  der  Bedeut.  von  beneficium, 
eine  Wohlthat.  Das  Subst.  benefador,  der  flohlthäter,  ist  Sp.  L., 
vielleicht  auch  Jl.  L.  wie  malefador,  aber  im  bessern  Latein  nie 
üblich  für  (homo)  beneficus,  qui  beneflcio  aliquem  afficit,  äuget,  ornat, 
beneßcium  in  aliquem  cotifert  u.  a. 

Bene  vivere,  ist  iV.  L.  in  der  Bedeut.  wohl,  herrlich,  lustig  leben, 
für  laute,  jucunde,  ?nolliter,  liberaliter,  magnifice  vivere;  jenes  bene 
vivere  bedeutet  gut,  vernünftig  leben  und  mit  beateque  verbunden, 
gut,  u7ibescholten,  tugendhaft  leben. 

Benevolens,  gütig,  wohlwollend,  ist  A.  L.  für  benevolus,  als  Adv. 
aber,  benevole,  neben  benigne  gut;  aber  B.  L.  ist  benevolentius,  bene- 
voleiitissime  für  befiignius.  be7iig7iissime, 

Bestialis ,  thierisch,  viehisch,  ist  sehr  Sp.  L.  tiir  fertis ,  inmia7iis, 
brutus,  bestiariim  more  vive7is  u.  and.  Umschreibimgen.  N.  L.  aber  ist 
bestialitas  für  feritas,  immanitas. 

Bibere.  Davon  ist  weder  bibitum,  noch  was  davon  herkommt, 
im  Gebrauche;  man  setzt  dafür  potum  oder  potatum  und  das  davon 
Abgeleitete.  N.  L.  ist  wohl  (wenigstens  findet  sich  nirgends  etwas 
Aehnliches)  bibere  in  alicujus  salutem  oder  gar  sa7iitatem,  auf 
Jema7ides  Gesundheit  trinken;  besser  wohl  bibere  alicui^  propinare 
alicui  salutem;  und  beim  Trinken  selbst  bald  mit  dem  Dativ,  bald 
mit  dem  Accusativ,  bene  tibi  oder  bene  te,  auf  dein  Wohl,  atif  deine 
Gesiaidheit;  bene  patri  tuo  oder  patre7n  tuum,  auf  deines  Vaters 
Wohl  (Gesundheit) ;  und  so:  bene  Pri7icipi (Pri7icipe7n),  Duci(Ducem), 
Regi  (Regem),  Imperatori  (Imperatorem).  Gut  und  nachzuahmen  ist 
die  griechische  Art  zu  reden,  bibere  dare,  zu  trinke7i  geben.  P.  L. 
ist  bibere  poculu7n,  scyphum,  phiala7n,  pateram,  wie  wir  sagen  ei7i 
Glas,  einen  Becher  trinke7i,  für  e  poculo,  ex  scypho  u.  s.  w.  Etwas 
Anderes  ist  vinum,  aquam,  ve7ienufii  u.  s.  w.  bibere.  Richtig  aber  ist 
haurire  poculum  (Liv.  XXX,  15). 

13 


]94 

Bibitus  als  Subst.  im  Dativ  b/'bttmist  olme  alle  Auctorität,  zumal  da 
die  Form  bibitnm  von  bibeie  img^ebräiichlich  ist.  Murct  (Oper.  T.  III, 
p.  65  ed.  Riiluik.)  wagte  zu  schreüjen:  esui  ac  bibilui  für  potui  oder 
potio7ii,  wesswegen  ihn  Ruhnkeu  mit  Recht  tadelt.  Leer  ist  Reisig 's 
Elltschuldigung  (Vorles.  p.  103). 

Biblia  kommt  weder  als  Sing.,  noch  als  Plur.  bei  einem  Lateiner, 
nicht  einmal  bei  dem  spätesten  vor;  als  Plur.  wäre  es  erträglich, 
als  Sing,  aber  B.,  da  es  im  Griech.  die  Bücher  bedeutet,  mögen  es 
auch  gelehrte  Theologen  als  Singular  gebraucht  haben.  N.  L.,  mei- 
stens mit  dem  Zusätze  sacra,  versteht  man  darunter  das,  was  wir 
die  Bibel  nennen.  Der  kirchliche  Cicero,  Lactanz,  sagt  dafür  litterae 
sanctae  (Inst.  II,  16,  4.  IV,  7,  2  u.  a.)  oder  litterne  divinae  (ib.  IV, 
11,  3),  und  (wie  wir:  die  heilige  Schrift)  scriptura  sancta  (ib.  IV, 
5,  9) ,  was  aber  durchaus  verw  erflich  ist.  Vgl.  Scriptura.  Man  halte 
sich  an  jene  beiden  Ausdrücke,  oder  sage  mit  Sadolet  und  Perpinian 
libri  sacri,  libri  divini. 

Bibliopola,  der  Buchhändler,  ist  das  für  diesen  Begriff  gleichsam 
AI.  Wort,  obgleich  es  N.  Kl.  (beim  Jüngern  Plinius  u.  Martial)  ist, 
da  man  es  durch  kein  früheres  ersetzen  kann.  Neuere  bi'auchen 
librarius  (der  Bücherabschreiber)  oder  rede?nptor  {der  Käufer,  Pach- 
ter, Eutrepreneur),  —  beides  unpassende,  den  Begriff  nicht  enthal- 
tende Wörter. 

Bibliothecarius  ist  das  kürzeste,  schon  bei  Fronto  (im  zweiten 
Jahrh.)  vorkommende  Wort  und  neben  Umschreibungen,  wie:  prae- 
feclus  bibliothecae,  qiii  praeest  bibliothecae,  zu  brauchen. 

Bibo.  der  Trinker,  Zecher,  ist  sehr  Sp.  L.  für  potator,  compotor, 
wiewohl  combibo,  der  Zechbruder,  Trinkgenosse,  Kl.  ist. 

Biduum,  zwei  Tage,  aber  nur  zwei  auf  einander  folgende,  nicht 
getrennte,  welche  duo  dies  heissen. 

Biennis,  zweijährig,  ist  zweifelhaft  für  duorum  annvrurn  oder 
biennii  oder  das  gewöhnliche  bitmts,  a,  um. 

*  Bei  Suet.  (Galb.  15)  stellt  niclit,  wie  die  Lexica  angeben,  bienni  spatio, 
sondern  biemiii  spatio,  bei  Oudend.  und  Wolf  ohne  Variante,  und  in  Plin.  N. 
H.  II,  82,  84  schwanken  die  Ausgg.  zwischen  bienni,  bienmi  und  biennio  spatio. 

Bifarius,  a,  um,  zwiefach,  doppelt,  ist  Sp.  L.  für  duplex;  KL 
aber  ist  das  Adv.  bifariam. 

Biga,  das  Zweigespann,  steht  erst  N.  Kl.  bei  Dichtern  und  eini- 
gen Prosaisten  für  das  Kl.  bigae  im  Plur.  —  P.  L.  ist  bijugi. 

Bilis,  die  Galle,  der  Zorn,  ist  KL;  aber  dennoch  ist  N.  L.  sine 
bile  loqui,  ohne  Galle  (Zorn)  reden,  für  sine  ullo  stomacho  (Cic.  (^. 
fr.  III,  5),  aequo  animo,  leniter  u.  a. 

Bimaris,  e,  an  zwei  Meere  stossend,  ist  P.  L.  für  duo  maria 
attingens. 

Bimensis,  zwei  Monate,  stand  ehedem  überall  in  Livius  XXXXV, 
15,  9:  anni  et  bime?isis  tempus,  eine  Zeit  vo?i  einem  Jahre  und  zwei 
M.,  aber  in  Kreisig's  Ausg.  nach  Cre^ier's  Vermuthung  F/  (sex) 
mensium.  Es  kommt  sonst  nirgends  vor. 

Bini,  je  zwei.  N.  L.  braucht  es  Görenz  und  Andere  von  zwei 
einzelnen  Dingen,  wo  kein  Distributivbegriff  Statt  findet,  z.  B.  bini 
Codices,  bini  libri,  binae  ediliones;  binos  illos  libros  in  quatuor  divisos 
vult;  Ciceronis  priora  academica  binis  libris  comprehendebaatur.  Vgl. 


195 

Tli.  ],  §.  92.  Wo  wir  sag;eii  %u  zweie7i  oder  zwei  und  zwei,  sagt  man 
blos  bini,  weder  hini  et  bini,  iiocli  dno  et  diio. 

Biographia,  die  Lebensbeschreibung,  ist  weder  ein  aitgriechisches, 
noch  ein  altlateinisclies  Wort,  und  erst  N.  L.,  icli  weiss  niclit  von  wem, 
angenommen.  Man  brauclie  nur  vita  oder  vitae  expositio,  descn'ptio. 

Bipedaneus,  zwei  JP^uss  fnessend,  ist  ]V.  KL,  fast  nur  bei  Colu- 
mella  für  das  Kl.  bipedalis. 

Bis  mit  Cardinalzahlen  verbunden,  ist  P.  L. ,  z.  B.  bis  quinque,  bis 
decem,  bis  mille  u.  s.  w. ,  für  dece?n,  vingititi,  duo  millia.  Jene  Aus- 
drucksweise ist  nicht  selten  im  N.  L.  Vgl.  Th.  I,  §.  42.  Ueber  semel 
et  bis  hoc  disi  vgl,  Semel. 

Blnndidicus,  blandiloquens  und  blandiloquus  sind  A.  u.  P.  L.  und 
müssen  vermieden,  oder  behutsam  angewandt  werden.  Ebenso  blan- 
diloquentia  und  blandiloquium.  Man  reicht  mit  blandus,  blandiri, 
hlandimentum  und  blanditiae  aus. 

Blcmdities  (und  nur  im  Abi.)  istSp.L.  für  blandinientmn,  blanditia. 

Blaterare  und  seltner  blatire,  plappern,  albernes  Zeug  schwatzen, 
ist  A.  L.,  oft  bei  den  Komikern  und  von  Spätem  an  passender  Stelle 
im  niedern  Style  wieder  gebraucht;  sonst  nugari,  garrire,  und  von 
Personen   (für  blatero)   nugotor. 

Boatus,  das  laute  Geschrei,  ist  Sp.  L.  für  clamor  niagnus ;  N.  L. 
das  Brüllen  der  Ochsen,  für  ?u?fgitus. 

Bonus,  a,  um  stimmt  im  Gcbrauclie  oder  in  der  Verbindung  mit 
Subst.  meistens  mit  unserm  gut  überein;  selten  ist  aber  wohl  bonus 
aer,  gute,  d.  h.  gesunde  Luft,  für  salubris,  purus,  temiis  aer,  wie- 
wohl bonum  coeluni  so  vorkommt;  bo7ius  amicus,  ein  guter  Freund,  im 
gewöhnlichen  Sinne,  da  es  einen  wirklich  wohlwolle ndeji,  treuen 
Freu?id  heAeutet ;  bonus  dies,  ein  gtiter  Tag^  d.  h.  em  heiterer,  froher 
Tag,  für  hilarus,  jucundus,  laetus,  pulcher;  sich  einen  gute?i  Tag 
machen  heisst  se  dare  jucu7iditati,  genio  suo  indulgere,  animum  re- 
laxare.  Selten  ist  wohl  bonus  ventus,  guter  Wind,  für  secundus 
ventus,  wiewohl  bona  tetnpestas  bei  Cic.  (Q.  fr.  II,  2,  extr.)  für  das 
gewöhnliche  idonea  tempestas  steht.  —  N.  L.  aber  ist:  bonum  ?nihi 
videtur,  es  scheint  mir  gut,  d.  h.  ich  bin  der  Meinu7ig,  z.  B.  dass 
dieses  geschehe,  für  7nihi  videtur,  7nihi  placet,  7/iihi  übet,  lieber  bo7ium 
factum,  ivohl,  gut  gethan,  für  be7ie  factui7i  s.  Factu7ii.  Ueber  aeqiiU7u 
et  bo7ium  und  bonum  et  aequiim  s.  Aequus. 

Borealis,  nördlich,  ist  Sp.  L.  und  steht  bei  einem  Dichter  für 
aquilo7iaris,  septe7itrionalis,  septe7itrionibus  subjectus,  ad  septentriones 
spectans,  vergens.  Ebenso  ist  P.  L.  boreus,  a,  um. 

Boreas  ist  griechische  u.  fast  nur  P.  Benennung  des  Nordwi7ides, 
für  aquilo,  septe7itrio,  septentriones  venti.  Auch  brauche  man  es  nicht 
für  den  Norde7i  als  Land  oder   Volk.  Vgl.  Aquilo. 

*Wenn  Cornel.  N.  (Milt.  2,  4)  Boreas  vom  Nordwinde  brauchte,  so  nahm 
er  das  Wort,  wie  die  ganze  Erzählung,  aus  dem  Griechischen. 

Bovile,  der  Kuhstall,  ist  A.  gemeine  Nebenform  vom  Kl.  huhile., 
weiclie  spät  wieder  Vegetius  brauchte;  Varro  (L.  L.  VIII,  30,  117) 
erklärt  sie  für  ungebräuchlich. 

BoviUus  ist  A.  L.  und  bovinus  Sp.  L.,  zum  Rinde  gehörend,  für 
das  Kl.  häufige  bubulus  und  darum  für  den  Gebrauch  ganz  unnöthig. 

Brachiu7ii,  der  Arm.  D.  L.  ist  in  brachiis  alicujus  7nori,  m  Je7iia7i- 

13* 


196 

des  Armen  sterben,  für  in  manihus  aliciijns  mori  (Cic.  Inv.  I,  55,  308) 
oder  in  alicujns  complesu  mori  (emori)  oder  extremnm  spirilum 
edere  (Cic.  Fam.  XIV,  4,  1,  Phil.  XII,  9)  ;  ferner  ex  ah'cujns  br.  avel- 
lere,  aus  Jem.  Armen  reissen,  für  ex  alicujus  complexu  avellere  oder 
abripere  (Cic.  Att.  III,  9, 1.  Verr.  I,  3,  7).  Gut  ist  brachium  von  einem 
Gebirgsarme  und  kann  nachgebraucht  werden;  D.  L.  aber  ist  bra~ 
chiiim  in  der  Verbindung  der  uieltliche  Arm,  d.  h.  Gewalt,  Macht, 
für  imperium,  potestas  magistratuum. 

*  Zu  bezweifeln  ist  brachium  vom  Arme  eines  Flusses,  da  eine  sichere  Stelle 
dafür  fehlt;  denn  in  Liv.  XLIV,  35,  23  ist  wohl  unter  hrachium  ein  vorragender 
Theil  der  Verschanziingen  zu  verstehen,  und  in  Plin.  Epist.  VI,  31,  13  eben- 
falls der  vorragende  Theil  einer  Hafenmauer.  Caesar  (B.  G,  IV,  10)  nennt  den 
Arm  eines  Flusses  pars. 

Breviare,  abkürzen,  zusammenziehen,  ist  zwar  erst  N.  KL,  aber 
bei  Quintilian,  und  nicht  zu  verwerfen,  da  kein  kürzeres  Kl.  Wort 
vorhanden  ist.  Vgl.  Abbreviare.  Sehr  Sp.  L.  ist  breviator,  der,  wel- 
cher abkürzt. 

Breviarium,  der  kurze  Auszug,  die  kurze  Uebersicht ,  ist  eben- 
falls N.  Kl.  und  wegen  des  Kl.  summarium,  welches  freilich  bei 
Cicero  nicht  vorkommt,  der  epitoma  braucht,  für  uns  unnöthig,  wenn 
auch  nicht  verwerflich.  So  sagt  auch  Cicero  summatim  perscribere, 
die  Hauptsacheji  melden,  was  den  Sinn  des  kurzen  Auszugs  enthält. 
Wichtig  ist,  was  Seneca  Ep.  39  sagt:  Plus  proficiet  ratio  ordinaria 
(die  gewöhtiliche  ff  eise,  Etwas  vollständig  vorzutragen) ,  quam  haec, 
quae  nunc  vulgo  breviarium  dicitur,  olira,  cum  latine  loqueremur, 
summarium  vocabatur. 

Brevis,  e,  kurz.  N.  L.  ist  brevibus,  z.  B.  dicere,  exponere,  mit  iveni- 
gen  Worten  sagen,  für  paucis,  brevi,  breviter ;  ebenso  N.  L.  afite  breve 
tempus,  brevi  ante  tempore  in  der  Bedeut.  vor  Kurzem,  für  nuper. 
Richtig  ist  brevi  ante  in  der  Bedeut.  kurz  vorher,  gleich  paulo  ante. 
N.  L.  ist  es,  die  adverbialen  Wörter  brevi  und  breviter  ohne  irgend 
ein  Verbum  für  sich  allein  zu  brauchen  in  der  Bed.  kurz,  um  es 
?m't  ivenigen  Worten  zu  sagen,  wenn  man  zu  Ende  eilt;  dafür  quid 
nwlta?  quid  jüura'l  ne  multa,  ne  plura,  ne  multis,  quid  quaeris'l  noli 
quaerere,  ad  summam,  und  bei  Aufzählung  von  Mehrerm,  wenn  noch 
alles  Aehnliche  zusammengefasst  wird ,  denique  oder  postremo. 

Brevitudo,  die  Kürze,  ist  N.  L.  bei  Jul.  Caes.  Scaliger  für  brevitas. 

Britannus,  a,  um  ist  als  Adject.  nur  P.  L.  für  Britannicus,  was 
auch  zu  Beinamen  dient;  dagegen  als  Subst.  Britannus,  der  Bri- 
lannier,  Britte. 

Bruma  m  der  Bedeut.  Winter  werde  als  fast  nur  P.  L.  vermie- 
den; dafür  hiems. 

Bru7nalis  in  d.  Bedeut.  winterlich  ist  fast  nur  P.  L.  für  hiemalis; 
N.  L.  aber  ist  brumosus. 

Brutus,  a,  um  in  der  Bedeut.  tinvernünftig  als  allgemeines  Bei- 
wort aller  Tliiere  ist  N.  L.  für  ratione  carens,  ratioiiis  expers,  da 
es  nur  Beiwort  gefühlloser,  stzimpf sinniger  Thiere  und  ihnen  ähn- 
licher Menschen  ist.  Vgl.  Heusing.  Emendatt.  p.  391  nach  Vossitis 
de  vitiis  sermon.  L.  I,  c.  33.  Das  Neutr.  brutum  als  Subst,,  das  Thier, 
ist  TV.  L. 

Bubulinus,  zum  Rinde  gehörend,  ist  «S^.  L.  Form  für  bubulus. 


197 

B?ile,  der  Senat;  hulevta,  der  Senator ;  buleriterinm,  das  linth- 
'ha?is,  sind  gricch.  Wörter,  die  von  Cicero  und  dem  jiiii^'eru  I'liiiiiis 
nur  gebraucht  wurden,  wenn  sie  von  griecliischen  Din;^en  spraciien, 
und  nur  so  sind  sie  auch  von  uns  zu  brauclien  für  sejialns,  Senator, 
curia. 

Byzantium  ist  der  frühere  alte  Name  der  nachher  von  Constantin 
d.  Gr.  Constantinopolis  g^enannten  Stadt.  Im  Gebrauche  des  einen 
oder  des  andern  werde  die  Zeit  beachtet,  von  der  man  spricht.  — 
Das  Adjectic  heisst  in  der  bessern  Form  Byznntiiis,  in  der  schlech- 
tem Byzantineus  und  in  der  noch  spätem  Byzantimis;  sie  ist  im 
N.  L.  leider  die  gewöhnliche.  Auch  der  Einwohner  dieser  Stadt  heisst 
Byzantius. 

C.  c. 

Caballus,  das  Pferd,  ist  A,  L.,  nachher  fast  nur  P.  Wort  für 
equiis ;  ebenso  die  dazu  gehörigen  Wörter  caballinus  und  cabalUo. 
Alle  sind  nur  selten  anzuwenden. 

Cachinnari,  heftig  lachen,  stand  als  Deponens  früher  in  allen  Aus- 
gaben des  Cic.  (Verr.  III,  25,  62)  vor  Zumpt,  für  cachinnare,  wie  die 
Handschr.  lesen  und  wie  das  Verbum  auch  nur  in  dieser  Form  vor- 
kommt (nie  in  der  passiven).  Es  hat  aber  kein  Object,  worüber  man 
lacht,  bei  sich,  ausser  im  Sp.  L.,  was  nicht  nachzuahmen  ist,  mag 
auch  Casaubonus  (Athen.  V,  13)  gesagt  haben:  cum  Diogenem  cachin- 
narent  omnes.   Vgl.  über  die  Form  Zumpt  zu  Cicero  Verr.  p.  481. 

Cacunien  ist  Äl.  nur  bei  Caesar  von  den  Spitzen  der  Aeste,  N.  Kl. 
öfter  von  den  Baum-  und  Bergspitzen,  wie  bei  Livius  VII,  34  cacumina 
montium ;  est  ist  gut  neben  fastigi'imi  und  Vertex.  Vgl.  Calmen. 

Cadere.  Es  wird,  wie  unser  fallen,  in  tropischer  Anwendung  oft 
demselben  ganz  gleich  gebraucht,  weicht  aber  dennoch  nicht  selten 
ab.  Man  sage  z.  ß.  nicht  cadere  ad  alicujus  pedes  oder  genua  bei 
einem  Knie- und  Fussfalle,  um  zu  bitten,  sondern  accidere,  procurn- 
bere  (vgl.  diese  Verba)  ;  nicht  cadere  in  poenain,  in  multam,  in  eine 
Strafe  fallen,  verfallen,  für  poena  affici,  poena  teneri,  tnultam  com- 
mittere  (Cic.  Cluent.  37);  nicht  in  oculos  cadere,  in  die  Atigen  fallen 
in  der  Bedeut.  offenbar,  deutlich  sein,  für  insigne,  co7ispicvum  esse; 
z.  B.  der  Fehler  fällt  in  die  Augen,  Vitium  insigne  oder  conspicuum 
est ;  nicht  cadere  circum  alicujus  collmn,  Jem.  um  den  Hals  fallen, 
für  invadere  in  colluni  alicujus  (Cic.  Phil.  II,  31)  ,  oder  collum  am- 
plesu  petere  (M.  Caelius  bei  Quint.  IV,  2,  124)  ;  nicht  cadere  in  ali- 
cujus brachia,  in  Jem.  Arme  fallen,  für  ruere  in  alicujus  amplesum, 
cofnplecti  aliquem  u.  a. ;  nicht  cadere  alicui  in  manus  oder  in  alicu- 
jus m.,  in  Jemandes  Hände  fallen,  gerathen,  für  incidere  in  alicujus 
manus;  —  und  so  noch  andere  deutsche  Redensarten.  —  N.  L.  und 
wunderlich  ist  es,  wenn  Görenz  irgendwo  sagt:  Aptius  nihil  cadere 
potest,  quam  Varronis  persona  ad  philosophiam  Antiochi  —  für  nihil 
accommodatius  esse  potest.  —  Uebrigens  werden  manche  Verbindun- 
gen bezweifelt,  die  dennoch  gut,  sogar  Kl.  sind.  Dahin  gehört  auch 
das  obige  in  oculos  cadere  mehr  in  wahrer  Bedeut.,  sichtbar  sein, 
gesehen  werde?i,  gleich  i?i  co?ispectmn  cadere  (Cic.  Tusc.  I,  22,  50), 
wie  man  auch  sonst  sagt  in  oculis  esse,  habitare,  sub  oculos  cadere 


198 

(Cic.  Oral.  3).  Ebenso  ist  iiiclit  z«  bezweifeln:  Aetas  Romiili  in  id 
saeculuin  cecidit  (Cic.  Rep.  H,  10)    IVir  das  gewöhnliche  incidit. 

Cadnciis,  welches  Rnhnken  (Elog-.  Meinst,  p.  36)  von  der  possessio 
branchte:  involanfibns  fere  in  illam ,  quasi  in  vacnam  et  cadiicmn 
possessionem,  conipilatorihns,  —  ist  von  tlinigen  beanstandet  worden, 
da  eine  vactta  possessio  wohl  Etwas  sei,  aber  nicht  eine  caduca.  Ohne 
Zweifel  verstellt  aber  Rnhnken  ebendasselbe  darnnter,  was  Cic. 
Orat.  III,  31, 122,  welche  Stelle  fast  mit  denselben  Worten  von  ihm 
nachgealimt  ist.  Es  ist  eine  juristische  Redensart,  wie  wir  von  ver- 
fallcnen  Gütern  sprechen.  Vgl.  die  Lexica  und  Eilend  t  zii  Cicer.  Stelle. 

Caecitado,  die  Blindheit,  ist  fast   ohne  Auctorltät  für  caecitas. 

Caecus.  Blind  fiir  Etums,  d.  h.  in  Bezug  auf  Etwas  heisst  caecns 
ad  aliquid,  z.  B.  ad  oninia,  fiir  Alles ;  und  so  braucht  Cicero  (Tusc. 
III,  5,  12)  sogar  caecitas  mit  dem  Znsatze  ad  omnia,  wofür  er  auch 
omnium  rerinn  sagen  konnte.  /*.  L.  ist  caecits  ahvni  rei,  blind  für 
Etwas.  Nirgends  aber  findet  sich  wohl  caecus  terror,  ein  blinder 
Schrecken,  für  vajit/s  terror. 

Caecutire,  blind  sein,  steht  zwar  bei  Varro,  ist  aber  sonst  nur 
Sp.  L.  und  zu  vermeiden  durch  caecnni  esse,  oculis  captuni  esse,  und 
geistig  mente  captum  esse. 

Caelare,  eingrabe?!,  wird  meistens  mit  dem  blossen  Abi.  des  Stoffes 
verbunden,  z.  B.  atrro,  argento,  aber  auch  mit  in  und  dem  Abi.  des 
Geräthes,  z.  B.  in  poculis. 

Caehnn,  der  Himmel;  s.   Coelum. 

Caerimonialis  (caeremonialis)  und  caerimomosus  sind  Sp.  L.  für 
ritualis  oder  auch  religiosus. 

Caeruleatus,  blau  gefärbt,  ist  nur  A^.  Kl.  und  steht  nur  bei  Velle- 
jus,  für  caerulens,  caerulea  colore  iinrtus. 

Caesarens,  Cäsarisch,  kaiserlich,  den  Caesar  betreffend,  ist  nur 
P.  L.  für  Caesarianus. 

Caespitore  oder  cespitare  ist  N.  L.,  in  welcher  Bedeutung  es 
auch  gebraucht  werden  mag. 

Calabricus,  a,  um,  Calabrisch,  ist  vielleicht  weniger  KL,  als  Cala- 
ber,  bra,  brnm. 

Calamns  kaiui  mit  und  ohne  das  Adjectiv  scriptorius  wohl  unbe- 
denklich für  unser  Schreibfeder  (Feder)  gebraucht  werden ,  da  die 
Lateiner  eben  so  wenig  bei  ihrem  Worte,  wie  wir  bei  unserra,  an  den 
Stoff  dachten,  sondern  nur  an  das  Werkzeug,  womit  sie  schrieben. 
Für  uns  ist  es  das  Kl.  Wort,  nicht  das  erst  im  B.  L.  gebräuchliche 
penna.  N.  L.  aber  ist  ifi  calamum  dictare,  in  die  Feder  dictiren,  fiir 
das  einfache  dictare. 

Calathus,  der  Korb,  ist  fast  nur  P.  L.  für  corhis,  corbula,  qna- 
sillum. 

Calculare,  berechnen,  beurtheilen,  ist  erst  Sp.  L.  für  computare, 
ad  calculos  vocare,  calculos  subducere  u.  andere,  mit  ratio.,  raliones 
(welche  die  Hauptwörter  für  Rechnung  sind;  s.  Lat.  Lexica)  gebildete 
Redensarten.  Ebenso  Sp.  L.  ist  calculatio,  die  Berechnung^  für  com- 
putatio,  numeratio.  Etwas  früher  findet  sich  calculator,  welches  nicht 
verwerflich,  wiewohl  ratiocinator  besser  ist. 

Calculns.  Es  kann  für  sich  allein  nicht  Stimme  und  Beifall  bedeuten, 
sondern  nur  mit  dem  Beiworte  albus,  wie  beiPlin.  (Ep.  1, 2, 5):  tu  for- 


199 

lasse  errori  nostro  alb?im  calc7fhim  adjicis.  Aber  Iieiifznfaire  ist  diese 
Redensart,  mit  welclier  Neuere  ihre  Rede  verschönern  wollten,  über- 
haupt nicht  melir  anwendbar.  N.  L.  aber  ist  cdlcuhim  n/icftjr/s  ferre. 
Jemandes  Beifall  erhalten,  in  IIems<erh.  Oratt.  p.  170  calcalos  riri 
clarissimi  Burmanni  tii.h't ;  und  ebenso,  wenn  der  jüngere  Burmanii 
sagt:  siiffragn  tut  calcitlzan  periciitatur  hoc  volunien. 

Caldor,  die  Wärme,  Hilze,  steht  nur  bei  Varro  und  dann  Sp.  L. 
für  das  Kl.  und  häufige  culor,  aestus. 

Calendarium  war  bei  den  Alten  nur  das  Schidd-  und  Zinsenbuch, 
worin  nur  die  Caleiidae  und  [das  jedes  Monates  verzeichnet  waren, 
nicht  alle  Tage  jedes  Monates.  Es  passt  daher  eigentlich  für  unser 
Kalender  nicht,  der  vielmehr  mit  dem  zusammenstimmt,  was  die  Alten 
fasti  nannten.  Gleichwohl  will  unter  Andern  Hand  (Lehrb.  p.  145) 
das  Wort  als  ein  uns  verständliches  Kunstwort  zulassen. 

Calere,  brennen^  ist  N.  L.  im   bildlichen  Sinne  für  ordere. 

Caliditas,  die  lFärm.e,  ist  N.  L.  für  calor,  aestus. 

Callere  mit  einem  Accus.,  aliquam  rem,  mit  Etwas  genau  bekannt 
sein.  Etwas  ivohl  und  gut  kennen,  ist  KL,  aber  selten  und  daher  we- 
niger, als  jetzt  geschieht,  zu  brauchen.  Ebenso  ist  das  Partie,  callens 
in  der  Bedeut.  kundig,  bekannt,  m.  d.  Genitiv  des  Gegenstandes,  z.  B. 
vaticinandi,  utritisque  linguae,  zwar  erst  N.  Kl.  beim  altern  Plinius 
und  später  bei  Gellius,  aber  doch  nicht  verwerflich,  am  wenigsten  die 
Redensart  linguam  aliquam  callere,  einer  Sprache  ganz  kundig  sein, 
was  Lindemann  (zur  Vita  Meermanni  p.  240)  bezweifelt.  Wenn  aber 
der  jüngere  Burmann  %<i^i'.  lingaarum  callentissimus ,  ^o  braucht  er 
den  Superlativ  ohne  alle  Auctorität,  da  ohnehin  in  dem  Worte  selbst 
schon  die  genaue,  grosse  Kenntniss  liegt. 

Calor,  die  Wärme,  Hitze.  Davon  braucht  Cicero  und  Andere  oft 
den  Flur,  calorcs,  um  vielleicht  dadurch  lange  anhaltende  Hitze  zu 
bezeichnen. 

Cahwmiosus,  verläumderisch,  ist  Sp.  L.  für  criminosus,  malig7ius ; 
ebenso  calumniose  für  per  calumniam ,  vriminose. 

Calvus,  kahl.  J).  L.  und  lächerlich  wäre  calva  excusatio  für  unser 
kahle  Entschuldigung,  statt  levis,  non  accipienda  excus. 

Cals,  das  Ziel,  E?ide,  ist  in  Prosa  Kl.  wohl  nur  ein  Femininum,  bei 
Andern  ein  Masc.  In  der  Bedeut.  Ende  kommt  es  bei  den  Alten  nur 
so  vor,  dass  man  das  Bild  von  der  Rejinbalui  (carceres)  hernimmt, 
wo  das  Ziel  calx  hiess,  und  womit  auch  ein  Verbum  der  Bewegung, 
besonders  des  Laufens,  verbunden  wird,  und  wobei  auch  noch  fast 
immer  mildernde  Wörter,  wie  ut  dicitur,  tanquam.,  quasi  eingescho- 
ben werden.  Vgl.  die  Stellen  in  den  Lexicis.  Aber  ohne  alle  Auctori- 
tät ist  es,  wenn  man  im  N.  L.  sagt :  haec  in  calce  libri  (am  Ende  des 
Buches)  dicam  ;  de  qua  re  ad  catcetn  (libri,  epistolae)  quaedam  appo- 
sui,  und  Aehnliches,  was  man  in  neuern  Schriften  nicht  selten  findet. 
Wenn  aber  der  späte  Ammian  (XXI,  1  extr.)  sagt:  extra  calcem  de- 
currere  in  der  Bedeut.  über  das  Thema  hinausgehen,  so  ist  dies,  wenn 
ut  dicitur  hinzugesetzt  wird ,  nicht  verwerflich,  wiewohl  man  dafür 
besser  sagt:  extra  cancellos  egredi  (wie  Cic.  Quinct.  10). 

Camena  oder  Cawoena,  die  Muse  in  der  Bedeut.  das  Gedicht,  das 
Lied,  ist  nur  P.  L.  für  carnien. 


200 

Camera  ist  nur  eine  gewölbte  Deche,  nicht  ein  Zimmer,  eine  Kam- 
mer, wie  es  im  N.  L.  vorkommt,  für  conclave,  cuhiculum. 

Camerinus  ist  nicht  ein  Einwohner  von  Camerinum,  einer  Unihri- 
schen  Stadt,  sondern  ein  Einwohner  von  Cameria,  einer  Stadt  Latinms; 
jener  heisst  Cffmers,  im  Plur.  C«  wer /es,  wovon  man  adjectivisch  theils 
Camertinus,  theils  Camers  braucht. 

Campanicus,  Campa?iisch,  ist  mehr  ^.  L.  Form  für  die  Ä7.  Cam- 
panus. 

Campester.  Scherzhaft  vielleicht  nennt  Livius  (VII,  1)  die  Zunei- 
gung, die  sich  beim  Volke  in  den  Comitien  auf  dem  Marsfelde  für 
Jemanden  zeigt,  gratiam  campestrem,  ein  Ausdruck,  der  wohl  fast 
nirgends  heutzutage  anwendbar  ist;  und  dennoch  braucht  ihn  Mahne 
(Crito  p.  245) :  deraagogi  illi  gratiam  campestrem  captant,  wofür  pas- 
sender und  natürlicher  auram  popularetn  gewesen  wäre. 

Campus  geradezu  in  der  ßedeut,  Schlachtfeld  ist  N.  L.  für  locus 
pugnae  oder  proelii  (Tacit.  A.  II,  18), /o«/s  ubi  pugnatum  est;  und 
ebenso  sage  man  nicht  campum  teuere,  das  Schlachtf.  behaupten.,  für 
locum  pugnae  teuere  oder  obtinere,  siiperiorem  discedere,  vicioriam 
reportare.  Caesar  und  Livius  sagen  nie  campus  pugnae.,  sondern  nur 
locus.  Noch  viel  weniger  hat  es  den  bildlichen  Sinn  unseres  Wortes 
Feld,  wo  wir  von  Feldern  des  Alterthums  sprechen,  also  nicht  campi, 
sondern  partes,  loci  antiquitatis. 

Canalis  bedeutet  nicht  einen  bedeckten,  imter irdischen  Kanal, 
welcher  aqune  ductus  heisst,  sondern  nur  eine  Wasserrinne  und  Was- 
serröhre. Vgl.  Ileusing.  Emend.  p.  891. 

Candelaber  oder  candelabrus  sind  schlechte  gewöhnliche  Formen 
für  die  Kl.  candelabrum,  der  Leuchter. 

Candentia,  die  Weisse,  der  helle,  weisse  Glanz,  ist  Gem.  L.  bei 
Vitruv  für  candor. 

Candidatorius,  den  Amtsbewerber  betreffend,  findet  sich  nur  ein- 
mal, und  zwar  bei  Cicero,  statt  des  Genit.  candidati  oder  candidato- 
rum.  Es  werde  vorsichtig  angewandt,  da  es  wohl  nur  zum  Scherz  ge- 
bildet ist. 

Canere.  Nirgends  findet  sich  das  Supinura  cantum  und  die  üb- 
rigen Formen ,  dafür  cantatum  oder  cantitatum,  cantaturus.  N.  L. 
wird  es  mit  dem  Accus,  des  Instruments  verbunden,  welches  ge- 
spielt wird,  z.  B.  citharam.,  tibias  —  für  den  Abi.  cithara,  tibiis, 
fidibus,  voce  (eine  Stimme  singen)  u.  a.  Wiewohl  der  Gegenstand 
des  Gesanges  und  Spieles  im  Accus,  steht,  so  ist  doch  receptum 
canere,  den  (zum)  Rückzug  blasen,  P.  L.  für  den  Dativ,  receptui, 
was  alte  stehende  Redensart  ist.  N.  Kl.  ist  canere  in  der  gewöhn- 
lichen Bedeut.  verherrlichen  ohne  Lied  und  Gesang  in  Prosa  für 
celebrare;  so  wenigstens  Seneca  (Ep.  79):  Epicurus  in  quadam  epi- 
stola  amicitiam  suam  et  Metrodori  grata  commemoratione  cecinerat, 
für  celebraverat.,  wie  Cicero  (nach  Plane.  40,  95)  gesagt  haben  würde, 
da  canere  Kl.  nnr  bedeutet  im  Liede  verherrlichen. 

Caniculus,  das  Hündchen,  der  kleine.,  junge  Hund,  ist  N.  L.  ge- 
bildet nach  canicula,  aber  ohne  Auctorität,  für  catellus,  catulus. 

Canitia,  die  graue  Farbe,  steht  nur  bei  Plin.  (N.  II.  XXXI,  7,  42), 
und  ist  zweifelhaft  für  canities,  was  er  sonst  immer  braucht.  Ebenso 
ist  canitudo  A.  L. 


201 

Canonicus,  a,  um  ist  .S);.  L.  in  der  allgemeinen  Bedeut.  geistlich, 
für  po?itißcius :  und  so  sage  man  jus  puntificium  für  canonicum. 

Cnnor,  Gesaug,  Ton,  findet  sich  nur  einmal  in  Prosa  bei  Quintil.  mit 
soni  verbunden,  sonst  ist  es  nur  P.  L.  für  cantus. 

Cantaber  ist  als  Adject.  P.  L.  für  Cantabi icus ;  es  ist  nur  Subst., 
der  Cantabrer. 

Cantare  soll  in  der  Bedeut.  spielen  ('ein  musikalisches  fnstrument) 
nirgends  vorkommen,  ausser  in  Corn.  Nepos  Vorrede,  für  canere. 
Man  sage  z.  B.  tibiis  canere,  nicht  cantare. 

Cantator,  der  Sänger,  ist  selten  für  cantor  oder  psaltes,  und  als 
Fem.  psaltria. 

Capabilis,  fähig  zu  Etwas,  gelehrig,  ist  Franz.  L.  für  docilis, 
sollers. 

Capacitas  bezeichnet  im  bessern  Latein  nur  öitliche  Geräumigkeit, 
wie  bei  Cic.  Tusc.  I,  25,  61,  nirgends  geistige  Fähigkeit  oder  Fas- 
sungskraft, für  vis  percipiendi,  indoles  praeclara,  ingenii  magnitudo. 
Auch  das  Adjectiv.  capax  bedeutet  in  besserer  Prosa  nur  geräumig, 
gross,  um  Vieles  zu  fassen,  nicht  aber  geistig,  vom  Begreifen  und 
Fassen;  denn  selbst  Cic.  (Orat.  29)  nennt  in  Beziehung  auf  Demosthe- 
nes  Rede  seine  Ohren  aures  avidas  et  capaces,  d.  h.  so  geräumig,  dass 
sie  gleichwohl  durch  Demosthenes  Rede  nicht  voll  und  z?ir  Genüge 
befriedigt  werden,  oder  wie  er  selbst  sagt:  Demosthenes  non  semper 
implet  aures  meas.  Erst  bei  Dichtern,  wie  bei  Ovid,  wird  es  dem  in- 
genium  und  dem  animus  in  geistigem  Sinne  beigelegt  und  kann,  vor- 
sichtig und  verständig  gehraucht,  wohl  angewandt  werden;  sonst  setze 
man  dafür  ingenium  magnum,  acre,  praestans,  sollers.  N.  L.  aber 
ist  iiomo  capax,  ein  fähiger  Mensch,  der  fasseJi  und  begreifen  kann, 
für  hojtio  docilis,  sollers,  ad  discendum  promptus,  qui  vlm  habet  per- 
cipiendi. Vgl.  noch  Hand's  Lehrb.  p.  136  u.  Webers  Uebungssch. 
p.  243. 

Capeila  ist  in  der  Bedeut.  heilige  Kapelle  N.  L.  für  aedicula, 
sac'.'llum. 

Caperare  frontem,  die  Stirn  runzeln,  in  Runzeln  zusammenziehen^ 
ist  A.  L.  inr  fro7item  in  rugas  contrahere  oder  colligere  rugas,  vultum 
contrahere,  supercilium  adducere  u.  a. 

Capere,  fassen,  nehmen.  Man  sage  capere  dolorem  (Schmerz  em- 
pfinden über  Ettvas),  voluptateju,  fructum,  desiderium  u.  s.  w.  ex 
aliqua  re,  oder  mit  d.  Genit.  alicujus  rei,  nicht  ab  oder -de  aliqua 
re,  wo  wir  nach  verschiedener  Uebersetzung  verschiedene  Praeposi- 
tionen  wählen,  üeber  den  Genitiv,  welcher  dann  gesetzt  wird,  wenn 
das,  woraus  Etwas  genommen  wird,  an  oder  bei  der  Person  selbst  ist, 
vgl.  Fructus.  Dem  ähnlich  ist  documentum  capere  ex  aliquo  (Cic. 
Phil.  XI,  2,  5),  wiewohl  bei  Terent.  (Andr.  IV,  1,  27.  Adelph.  III,  4, 
52)  exemplum  capere  de  aliquo  vorkommt.  Wohl  N.  L.  ist  periculum 
capere  alicujus  rei,  einen  Versuch  mit  Etwas  machen,  iuv  peric.fa- 
cere.  N.  L.  ist  capere  alicui  lumen,  prospectum.  Einem  das  Licht,  die 
Aussicht  nehmen,  für  prospectum  alicujus  impedire,  alicui  prospectum 
adimere,  obstruere  alicujus  luminibus,  —  wie  denn  überhaupt  capere 
selten  Einem  Ettvas  nehmen,  wegnehmen  bedeutet,  was  eripere,  sur- 
ripere  u.  a.  heisst,  wiewohl  ganz  gewöhnlich  ist  aliquem  oder  aliquid 
capere,  Einen,  Etwas  fassc?i,  ergreifen,  in  Besitz  nehmen.  Bezweifelt 


202 

wird  von  Rascijig  (Projjr.  p.  25)  die  Bedeut.  verstehen.  Etwas  geistig 
fassen,  wiewohl  sie  natli  VV.  Freund's  Beisp.  (Lexic.)  nicht  ^anz  be- 
zweifelt werden  kann.  Jedoch  vermeide  man  es,  das  Wort  in  dieser 
Bedent.  zu  nehmen  nnd  wähle  dafiir  intelligere.  N.  ii.  B.  L.  ist  end- 
lich aliquid  in  se  capere,  Etwas  auf  sich  (über  sich)  nehmen,  für  aliquid 
suscipere. 

Capessere.  Das  im  N.  L.  oft  vorkommende  capessere  occasionem, 
eine  Gelegenheit  ergreifen,  ist  ohne  Auctorität  für  occas.  arripere^  ca- 
ptare,  non  praetermitiere,  auch  im  A.  L.  bei  Plaut.  (Pseud.  IV,  3,  6) 
capere  occas. 

Capitalis,  worin  bei  den  Alten  der  Begriff  von  KopfxmA  Leben  lieg^t, 
hat  auch  einmal  bei  Cicero  (  Q.  Fr.  II,  13)  die  Bedeut.  geistvoll,  vor- 
züglich, der  Erste,  indem  er  den  Hauptg-eschichtschreiber  Siciliens, 
Philistus,  capitalem  nennt,  und  ebenso  sagt  Ovid  (Fast.  III,  839)  ca- 
pit a le  \oca.mus  Ingenium  sollers;  aber  sonst  findet  sich  dafür  keine 
Auctorität  und  es  muss  daher  wohl  fast  ganz  vermieden  werden.  Man 
spreche  nicht  von  einem  ingenimn  capitale,  wie  es  Ruhnken,  Valcke- 
naer  u.  A.  dem  Ovid  nachgebraucht  haben;  man  nenne  einen  grossen 
Philologen  nicht  capitalem  eruditio7iis  antiquae  vindicem,  für  stim- 
nium,  wie  Broukhuis  den  J.  Fr.  Gronov  nennt;  man  sage  nicht  ea  est 
capitalis  emendatio  oder  conjectura,  für  palmaria.  Auch  heisst  eine 
Hauptstadt  nicht  urbs  capitalis,  sondern  caput  (urbium,  alicujiis 
regni  oder  regionis).  Vgl.  Liv.  IX,  31  u.  37;  XXIII,  10;  XXX,  IQ. 
Corn.  N.  Epam.  10  und  Weber's  Uebungssch.  p.  57.  Man  sage  nicht 
capitalis  res.,  die  Hattptsache,  der  Hauptpunkt,  soixüern  caput  (rerum), 
quod  rem  oder  quod  maxime  rem  causamque  continet.  Vgl.  Cic.  Fam. 

III,  7,  4.  Tusc.  IV,  10,  23.  Brut.  29,  112;  44,  1G4.  N.  D.  I,  1  u.  das. 
Wyttenb.,  u.  Matthiae  zu  Cic.  Rose  Am.  12,  34. 

*  Es  bestreitet  sogar  bei  Cicero  die  Bedeut.  (jeistvoll  vielleicht  mit  Recht 
der  jüngere  Ernesti  (Lcricon  technol.  Latinor.  rhctor.   p.  48 — 51). 

Capitatio,  die  Kopfsteuer,  ist  Sp.  L.  bei  den  Juristen  für  exactio 
capitum  ;  Cic.  Fam.  III,  8.  5. 

Capitulum  ist  in  der  Bedeut.  Köpfche7i  nur  A.  L.  bei  den  Komi- 
kern, doch  nicht  verwerflich;  aber  in  der  Bedeut.  Kapitel,  Theil,  Ab- 
schnitt  einer  Schrift  ist  es  Sp.  L.  für  caput.  pars. 

*  Es  stand  auch  früher  in  den  altern  Ausgg.  Cic.  Leg.  I,  7,  21  primnm  capi- 
tulum Optimum,  wo  jetzt  steht  primum  caput  viri  optimi, 

Captatio  mit  dem  Genitiv,  benevolentiae.  Streben  nach  Zuneigung, 
bezweifeln  Einige,  weil  es  nicht  vorkommt;  es  wird  aber  hinlänglich 
geschützt  durch  die  Kl.  Ausdrücke  captare  benevolentiam,  plausus, 
favorem,  misericordiam  u.  a.  und  durch  captator  aurae  popularis  (bei 
Liv.  111,33). 

Capfivitas,  die  Gefangenschaft,  findet  sich  zuerst,  was  seltsam  ist, 
N'.  KL  bei  Seneca,  nachher  auch  bei  Andern  ;  es  kann  vermieden  wer- 
den durch  captivum  esse,  servitus  und  conditio  servitutis  (Cic.  Catil. 

IV,  8, 16). 

*  Es  kann  aber  das  späte  Vorkommen  des  Wortes  vielleicht  bezweifelt  wer- 
den, wenn  die  altern  Ausgg.  der  Fragm.  des  Cicero  vor  Madvig  u.  Orelli  die 
richtige  Lesart  darbieten,  indem  sie  (in  Fragm.  Cic  orat.  pro  C.  Cornelio)  als 
Worte  Cicero's  geben:  cum  —  omnibus  gentibus  finem  diuturnae  captivitafis, 
turpitudinis  et  servitutis  aflerret  (Oper.  T.  IV,  P.  II,  p.  499  ed.  Orell.).  So  stände 
also  captivitas  klar  und  deutlich  bei  Cicero ;  —  dagegen  erklärt  sich  Madvig  (Oper. 


203 

Cic.  T.  V,  P.  II,  p.  71").  Weil  nemlicli  1)  in  der  ältesten  ersten  Aiisj;:abe  des 
Äsroiiius  (Venetiis  1477),  der  von  dieser  Rede  viele  Fragmente  erhalten  hat, 
cvpiditatis  stehe,  was  freilich  nicht  passe;  weil  2)  captivitatis  am  unrecliten 
Platze  stehe,  da  es  vor  scrvitntis  stehen  müsste;  weil  3)  Cicero  bei  drei  gleich- 
artigen Wörtern  nicht  vor  das  dritte  et  setze,  und  weil  endlich  4)  das  Wort  erst 
bei  Saneca  vorkomme,  so  hat  Madvig  (und  mit  ihm  Baiter  oder  Orelli)  das  Wort 
captiritatis  gestrichen  und  es  so  seiner  Klassicität  beraubt.  Ob  die  Gründe  alle 
haltbar  sind,  mögen  Andere  entscheiden,  indem  ja  z.  B.  nur  zwei  Hauptsubst. 
gedacht  werden  können,  die  beiden  letzten  nemlich,  so  dass  die  Worte  diuf. 
captivitaüs  von  turpitudinis  abhängig  seien,  also:  das  Ende  der  Schande  einer 
lanydaitcrnden  Gefangenschaft  vnd  Sklaverei.  Genug  davon;  man  entbelirt  das 
Wort  nicht  gern. 

Capitis  kommt  als  Subst.  in  der  bildlichen  Bedeiit.  Einsicht,  Fas- 
sfingskrnft  in  der  bessern  Sprache  l)ei  Terenz,  Cicero  und  Caesar  nur 
in  der  Redensart  ?it  captus  est  mit  einem  Genitiv.  Flur,  (servori/m, 
hotninum ,  Germanorum)  vor,  aber  nie,  ausser  im  Sp.  L.,  mit  Praepo- 
sitionen  wie  supra  und  pro  verbnnden.  Verwerflich  sind  daher  pro 
capiu  pueroruviy  supra  captiim  puerorum,  iiromnn  discipulorum,  ad 
talis  aetotis  captu?n,  captui  juvemim  acco7nodatiis,  dergleichen  sich  im 
N.  L.,  sogar  bei  Muret,  Ruhnken  und  andern  Bessern  findet.  Nur  der 
bessere  Sprachgebrauch  werde  festgehalten. 

Capularis  ist  ein  ^.  L.,  nachher  ganz  ungebräuchliclies  AVort  von 
dem,  der  dem  Tode  7iahe  ist,  arti  Rande  des  Grabes  steht.  Nach  Hand 
(Lehrb.  p.  J24)  ist  es  nicht  zu  verwerfen,  was  an  passender  Stelle 
wohl  sein  mag. 

Caput,  Kopf.  Nur  in  der  Volkssprache  brauchte  man  caput  m  Be- 
zug auf  Geist  und  Verstand,  wie  incolmni  capite  esse,  vernünftig  sein ; 
von  incoliimi  capite  esse,  im  Kopfe  nicht  recht,  nicht  gescheit  sein. 
Sonst  wird  dafür  ingeninm,  mens,  sanitas,  sanits  u.  a.  gebraucht; 
z.  B.  er  hat  Kopf  %um  Studieren,  ingcnio  est  docili ;  er  ist  ganz  kopf- 
los, espers  consHii  atque  ingenii ;  ein  vergesslicher  Kopf,  immemor  in- 
genium  (Cii-.  Brut.  60,  218)  u.  s.  w.  Unser  den  Kopf  verlieren  in  der 
Bedeut.  enthauptet  Zierden  heisst  nicht  caput  perdere  oder  amittere, 
capite  minui  oder  plecti,  sondern  securi percuti  oder  feriri,  capite  pu- 
niri,  capitali  poena  affici.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  497,  Wo  Kopf  für 
Gedächtniss  steht,  heisst  es  memoria. 

Carbasus,  und  im  Plur,  carbasa,  ist  in  der  Bedeut.  Segel  nur  P.  L. 
fiir  vehnn,  vela. 

Cardinalis  ist  sehr  selten  und  in  der  Bedeut.  vorzüglich  sehr  .S";;. 
L.  und  ganz  zu  vermeiden  für  prijiceps,  primarius,  palmarius  \\.  a. 
Als  Titel  hoher  Geistlichen  ist  es  ein  nicht  zu  vermeidendes  N.  L. 
Kunstwort,  und  ebenso  in  der  Arithmetik  numeri  cardinales.  Aber  N. 
L.  bleibt  virtutes  cardinales. 

Carere  ist  in  der  Bedeut.  nicht  nöthig  haben,  wo  wir  bisweilen  ent- 
behren sagen,  ]V.  L.  für  ?io7i  opus  esse,  z.  B.  caremus  facillime  conje- 
ctura  Mureti,  für  non  oder  nequaquam  opus  est  conject.  M.  Verdäch- 
tig ist  Einigen  carere  morbo,  febri,  aere  alieno,  da  dies  nicht  wün- 
schenswerthe  Dinge  seien.  Cicero  (Tusc.  I,  36,  87)  äussert  sich  selbst 
über  diesen  Gebrauch,  folgte  aber  doch  dem  gewöhnlichen  Gebrau- 
che, nach  welchem  luan  den  Begriff  des  Bedürfnisses  einer  Sache  mit 
dem  Begriffe  des  Wollens  und  der  Sehnsucht  nach  dem,  was  man 
entbehrte,  nicht  hineinlegte ;  und  so  sagt  er  daher  von  sich  selbst 


204 

(Tusc.  V,  2,  4)  :  culpa  omni  carens,  wo  man  vaca?is  erwartete.  Eben- 
so carere  maJo  (ib.  III,  18,  40). 

Carina  ist  in  der  Bedeut.  Schiff,  Fahrzeug,  Nachen  P.  L.  für  na- 
vis,  navigiam^  scapha. 

Carminicus  und  carminice,  dichterisch,  in  Versen,  finden  sich  N. 
11.  B.  L.  oft  auf  alten  Büchertiteln  neulat.  Dichter,  für  poeticus,  ine- 
triciis  —  versibus. 

Carnifex  (carnvfex),  der  Henkex,  ist  bei  unsern  Verwünschungs- 
formeln %um  Henker  gehen  und  der  Henker  soll  ihn  holen!  nicht  an- 
wendbar; jenes  heisst  ire  oder  abire  in  malam  crucem,  in  malam  pe- 
stem  malumque  cruciatnm  (Cic.  Phil.  XIII,  21),  —  dieses  dii  eum  per- 
dnint!  eum  dii  tnorluum  (noch  im  Grabe)  perduintl  (Cic.  Att.  XV,  4, 
3)  ;  dii  isti  (homini)  male  faciant !  (Cic.  Farn.  V,  11  Dalraatis  dii  male 
fac. ;  ib.  XI,  21  dii  isti  Segulio  male  f.)  ;  —  auch  kurz  zum  Henker,  in 
malam  crucem! 

Carpere  in  der  bildlichen  Bedeut.  ^ewzesse«,  verbunden  mit  Subst., 
wie  gaudia,  voluptates,  soporeni,  vitam  u.  ähnl.,  ist  nur  P.  L.  türfrui, 
capere,  perfundi  (aliqua  re),  und  selbst  in  Reden,  wie  es  Muret  u.  A. 
gebraucht  haben,  kaum  zulässig.  Ebenso  sind  P.  L.  carpere  viam,  cam- 
pum,  iter,  mare  u.  a.,  wofür  gewöhnliche  Wörter  besser  sind.  Manche 
meinen  die  Rede  dadurch  zu  verschönern,  und  sagen  nach  Horaz 
wohl  gar  supremnm  iter  carpere,  für  rnori. 

Carptim  in  der  Bedeut.  kurz,  für  brevi,  ist  N.  L.;  es  hat  andere 
Bedeutungen,  l^alsch  ist:  ea  de  re  carptim  (kurz)  dicam.  Vgl.  Heusing. 
Emend.  p.  393. 

Carthaginensis  ist  falsche  Form  für  Carthaginiensis  ;  jenes  findet 
sich  übrigens  sogar  in  Texten  alter  Schriftsteller. 

Carus  kommt  nur  .^.  L.  bei  Plautus  und  N.  Kl.  bei  Seneca  substan- 
tivisch vor,  bei  Plautus  cnri  mei,  meine  Lieben,  für  we/ allein  oder  ho- 
mines  mihi  cari;  bei  Seneca  (Cons.  ad  Marc.  7)  :  ex  discessu  carissi- 
7norum.  Man  sage  aber  dennocli  nicht  nii  carissime,  tu  7neus  es  carissi- 
?}i>/s,  ?nein  Tlieuerster,  für  mihi  carissime,  tu  mihi  es  carissimus ;  rich- 
tig aber  ist  Tui  carissime  f rater. 

Cascus,  alt,  ist  ein  A.  L.  Wort  der  frühesten  Zeiten,  wofür  nach- 
her priscus  gebräuchlich  wurde.  Vgl.  Cic.  Tusc.  I,  12,  27:  illud  insi- 
tura  erat  priscis  ilh"s,  quos  cascos  appellat  Ennius.  Kl.  ist  es  so  veral- 
tet, dass  man,  wenn  man  es  gebraucht,  eine  Entschuldigung  zusetzen 
muss,  wenn  nicht  gerade  von  der  uralten  Zeit  die  Rede  ist,  wo  indess 
immer  priscus  oder  ultimus  verständlicher  bleibt.  Daher  tadelt  es 
aucli  Zumpt,  dass  Ruhnken  in  der  Vorrede  zu  Appulejus  von  diesem 
Schriftsteller  gesagt  habe:  e casca  vetustate  suam  orationem  conflavit, 
wo  entweder />A/scß  oder  ultima  zu  setzen  gewesen  wäre,  da  es  ja  ein 
W^ort  von  der  Art  wäre,  welche  Ruhnken  zu  brauchen  verböte.  Da- 
gegen hielt  es  F.  A.  Wolf  für  diese  Stelle  höchst  passend,  da  Ruhn- 
ken von  Wörtern  der  ältesten  Zeit  spräche ;  es  hätte,  meint  er,  nur 
eines  Zusatzes  bedurft.  —  Lächerlii  h  aber  wäre  es,  unsere  alten 
Schriftsteller  cascos  zu  nennen,  deren  bessere  nicht  einmal  prisci  zu 
nennen  sind,  sondern  veteres  oder  aiitiqui. 

Cassis,  Plur.  casses,  ist  in  der  Bedeut.  das  Netz  P.  L.  für  rete, 
aber  in  der  Bedeut.  der  inetallene  Helm  Kl.  bei  Caesar. 

Cassus,  in  der  Bedeut.  leer,  unnütz,  für  vanus,  inam's,  inutilis,  ist 


205 

Kl.  sehr  selten,  und  werde  vermieden;  P.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  be- 
raubt, entbehrend,  für  espers,  privatns. 

Castigare  heisst  in  der  bessern  Prosa  nie  (gewaltsam)  züchtigen, 
ausser  wo  verberibiis  oder  etwas  Aehiiliches  dabei  steht,  sondern  nur 
zurechtweisen,  in  Schra?iken  halten,  meistens  mit  Worten.  Man  miss- 
brauche es  also  nicht;  ebenso  castigatio.  Beide  Averden  erst  Sp.  L. 
von  Schlägen  gebraucht.  I\och  weniger  kann  es  für  emendare,  oder 
vom  Ferbessern  fehlerhafter  Stellen  der  Alten  gebraucht  werden, 
und  N'.  L.  ist  locos  castigare,  und,  wie  auf  Büchertiteln  oft  steht: 
nuiUis  locis  castigatus.  Dies  hat  E.  Geist  (Aufgaben  p.  133)  richtig 
bemerkt. 

Castitndo,  Keuschheit,  ist  A.  Z.,  höchst  seltene  Form  für  castitas, 
castimonia. 

Castrametatio  oder  castrimetatio,  die  LagerabstecJmng,  und  eben- 
so castrametator  oder  castrimetator,  der,  welcher  das  Lager  absteckt, 
sind  neue,  unlateinisch  zusammengeselzte  Wörter,  die  sich  aus  dem 
falschen  Titel  eines  Buches  des  Hyginus  in  Lipsius  Buche  de  militia 
RomaJia,  und  von  da  in  den  Rosinns  und  andere  Bücher  der  Art,  sogar 
in  Reiz  Antiquitäten  eingeschlichen  haben,  für  cnstrorum  metatio, 
castroriim  metator.  Vgl.  Heusing.  Emendatt.  p.  330. 

Castrum,  das  Schloss,  ist  gleich  dem  häufiger  vorkommenden  ca- 
slellum,  dessen  Plural  nicht  zu  verwechseln  ist  mit  dem  Plur.  castra 
in  der  Bedeut.  r/«s  Lager,  indem  zwei  Schlösser,  dno  castra,  aber  zwei 
Lager,  bina  castra  heisst.  Vgl.  Th.  I,  §.  90. 

Casualis  ist  in  der  Bedeut.  zufällig,  Sp.  L.  für  fortt/itus,  in  casu 
positus  ;  und  ebenso  casualiter  iür  fortuito,  casu,  temere,  forte  fortuna. 
Kl.  aber  ist  casualis  als  grammatisches  Kunstwort  in  der  Bedeut.  den 
Casus  betreffe7id. 

Casus  entspricht  häufig  unserm  Worte  Fall,  werde  aber  vorsichtig 
gebraucht,  zumal  wenn  nur  der  Begriff  Umstand  und  Veranlassung 
darin  liegt,  nicht  Zufall  oder  Ereigniss,  z.  B.  tvichtige  Fälle,  magnae 
res  (Cic.  Lael.  20) ;  in  diesem  Falle,  in  isto  ge?iere  (Cic.  Farn.  III,  7 
4)  ;  in  beiden  Fällen,  in  utraque  re  (Cic.  Att.  VIII,  3,  5)  ;  in  derglei- 
chen Fällen,  in  hujusmodi  causis  (Cic.  Off.  III,  12)  ;  es  trete?!  Fälle 
ein,  incidunt  causae  (ib.)  ;  i7i  andern  Fällen,  aliis  in  locis  (Cic.  Cluent. 
2,  5)  —  xuid  so  ausser  res,  causa,  genus,  auch  tempora  (Cic.  Off.  I 
10)  und  andere,  wie  sie  der  Sinn  verlangt.  —  In  der  Grammatik  ist 
casus  ein  Kl.  Kunstwort,  sogar  für  die  einzelnen  Formen  und  Endun- 
gen der  Conjugation.  Vgl.  fieisig's  Vorles.  p.  219. 

Cataclysmus,  die  Xleberschwemmung,  Flut,  hat  zwar  Varro,  wo  er 
von  der  Ogygischen  Flut  spricht,  aber  wahrscheinlich,  wie  Corn,  Ne- 
pos  das  Wort  Boreas,  aus  einer  griechischen  Stelle  genommen,  ohne 
es  mit  einem  lateinischen  zu  vertauschen;  es  blieb  aber  nicht  im  Ge- 
brauche, ausser  dass  es  später  wieder  hervorgesucht  wurde.  \s\. 
Diluvies. 

Catalogus,  ein  Verzeich7iiss,  eine  Aufzählung,  ist  Sp.  L.  für  index 
enumeratio. 

Catastropha  und  catastrophe  sind  erst  Sp.  L.  im  Gebrauche,  aber 
höchst  selten.  W^e  wir  es  brauchen,  ist  es  meistens  casus  adversus, 
commutatio  oder  conversio  rerum,  vicissitudo  fortunae  u.  a.  Es  ist  lä- 
cherlich, jene  Formen  zu  gebrauchen. 


20G 

Cate?ia,  die  Kette,  kommt  in  Prosa  wohl  nicht  im  Sing,  vor,  son- 
dern nur  im  Plnr.,  daher  in  catenas  co?ijicere,  cateiins  alicui  injicere, 
eatenis  vincire  oder  constringere,  wo  wir  aucli  nur  von  Ketten  spre- 
chen, und  daher  ist  auch  das  Zahlwort,  welches  damit  verbunden 
wird,  nur  ein  Distrihutivzahlwort,  binae,  trinae  —  catenae,  z.  B.  Caes. 
B.  G.  I,  53  Procillus  trijiis  eatenis  vinctus,  der  mit  drei  Ketten  ge- 
bunden war.  D.  L.  wäre  catena  malonim,  eine  Kette,  d.  h.  zusammen- 
hängende Reihe  von  Unglücksfällen,  für  series  (continua)  malorura. 

Catenare ,  verketten,  verbinden,  in  Ketten  legen,  ist  erst  Sp.  L., 
wiewohl  catenatus  als  Partie.  N.  Kl.  üblich  war,  und  schon  vorher 
brauchte  es  Iloraz. 

Canpona    bedeutet  Kl.   nur   das   Wirthshaus,  die  Schetike,  nicht 
die  JFirthin,  wie  es  einmal  ^.  L.  und  Sp.  L.  wieder  vorkommt,  für 
copa  öder  cupa,  so  dass  Burm.  (z.  Petron.  p.  309)  nicht  liätte  schrei- 
ben sollen:  caupona  isla  assem  lucrata  fuerat,  sondern  copa  ista  — . 
Causa.  Es  dient  mit  einem  Genitiv  in  der  Bedeut.  wegen  in  der 
bessern  Prosa  fast  nur  (selten  anders,  s.  Matthiae  z.  Cic.  Sest.  20,  45) 
zur  Allgabe  der  Absicht ,  sl\so  dessen,  was  man  thun  und  erreichen 
will,  geht  auf  die  Zukunft,  und  enthält  die  Conjunct.  ut,  damit,  um 
zu,  z.  B.  disce?idi  causa,  quaestus  causa;  aber  propier,  u'ege?i,  gibt  die 
schon  vorhandene   Ursache  an,  und  enthält  die  Conjunct.  quod,  iveil, 
z.  B.  propter  injuriam  illatam,  wegen  zugefügter  Beleidigu?ig ,  nicht 
injuriae  illatae  causa,  wohl   aber  i?ijuriae  ittferendae  causa,  wegen 
Zufügufig  von  Beleidigung.  Vgl.  auch  Weber's  Uebungssch.  p.204.  — 
In  den  Redensarten  meinet-,  deinet-,  seinetwegen  u.  s.  w.  sagen  die 
Lateiner  fast  durchaus  tnea,  tua  sua causa,  selten  mei ,  tut,  sui,  nostri, 
vestri  causa;  \ gl.  darüber  Th.  I,  §    93.  Eben  so  selten  ist  es  auch, 
den  Genitiv  oder  ?nea  u.  s.  w.  dem  Worte  causa  nachzusetzen,  z.  B. 
causa  mea,  causa  amicorum,  was  nur  daim  geschieht,  wenn  mit  Be- 
deutung gesagt  werden  soll  und  zwar  um  —  willen.  Umgestellt  findet 
es  sich  mehrmals  bei  Livius;  jedoch  werde  dies  niclit  nachgeahmt, 
so  wenig  als  mei,  tui,  sui  —  causa ,  was  sich  nur  zu  oft  im  N.  L. 
ohne    allen    Grund  und   ohne   Absicht   findet.  —  Wo    wir  sagen  die 
Ursache,  wesswegen  oder  um  derettvillen,  sagt  man  Kl.  meistens  causa, 
cur   oder  causa,  qua  re ;  dagegen  A.  L.  bei  den   Komikern  causa, 
quamobrem  und  N.  Kl.  causa,  propter   quam.    Ferner   heisst  unser 
jneinettvege?i  in  der  Bedeut.  ich  erlaube  es,  habe  JVichts  dawider,  nicht 
mea   ca«s« ,  sondern  per  me ,  sowie  man  in   Redensarten,  wie:   des 
Wetters  wegeji  konnte  ich  nicht  kom?neTi,  nicht  sagt  tempestatis  causa, 
sondern   fast  nur  per  tempestatem,  weniger  propter  tempestatem,  weil 
in   per   Iheils    ein  Zugeständniss,  theils  in  verneinenden  Sätzen  ein 
Ilinderniss    liegt.  —  Verworfen  wird  von    Lagomarsini   (zu  Pogian. 
Vol.  I,  p.  219)    die  Conjunct.  ut  nach  causa  est,  haec  est  causa,  quid 
c/iusae  est,  wo  für  ut  nach  seiner  Meinung  cur,  qunre  oder  quamobrem 
folgen  müsse.  Ihm  folgte  auch   Reisig   (Vorles.  p.  565) ;  aber  Hase 
hält  diese   Bemerkung  nicht  für  richtig,  indem  er  eine  Anzahl  Bei- 
spiele dagegen  auffuhrt,  in   denen  ut  auf  causa  folgt,  wodurch  ent- 
weder die  Absicht,  welche  man  hat,  oder  das  aus  ihr  hervorgehende 
Ereigniss  angezeigt   werden    solle.    Verworfen    wird  auch  in  causa 
esse  für  causam  esse,  Ursache  sein;  aber  auch  dieses  ist  nicht  ohne 
Beispiel,  z.  B.  Cic.  Fam.  I,  1,  2  in  causa  haec  sunt;  Liv.  XL,  26  vis 


207 

morbi  in  causa,  fuit,  quo  serius  perficeretur;  vielleicht  auch  Cic.  Q. 
fr.  I,  3,  2  vides  iioii  fiiisse  iraciiiuliam  in  causa,  wo  jedoch  die  Medic. 
Ilaiidsclir.  iraciindiae  causa  hat.  Audi  bei  Quiiitih'aii  steht  es  einig^e- 
inal,  z.  B.  XII,  5,  2  verecundiam  multis  in  causa  fuisse,  ut  — ,  u.  Piin. 
Ep.  VII,  5.  Als  etwas  Seltenes  werde  es  Tcrmieden.  N.  L.  aber  ist 
wohl  causam  dare  alicui  rei  oder  ad  aliquid,  Veranlassu?ig  zu  Etwas 
geben,  für  alicujus  rei,  z.  B.  lioc  dedit  causam  harum  litterartim,  zu 
diesem  Briefe;  Cic.  Farn.  XI,  27,  8. 

Causari  aliquid,  Etwas  als  Grund  vorschützen,  vorgebe?i,  findet 
sich  erst  bei  Livius  eiiiig^emal,  N'.  Kl.  bei  Tacitus  und  Sueton.  Es 
ist  selten ,  und  man  sage  daher  lieber  causam  fingere,  interserere 
oder  afferre,  praetexere,  excusare,  z.  B.  morhum,eine  Krankheit  vor- 
schützen. Vgl.  Excusare. 

Causidicus  hiess  noch  N.  KL,  wie  vorher  bei  den  geraeinen  Leu- 
ten, der  Advocat  oder  Rechtsafiwalt,  für  das  edlere  causae  patronus. 

Cautela,  die  Vorsicht.,  ist  Sp.  L.  für  cautio,  Providentia,  provisio 
oder  umschrieben  mit  cavere. 

Cautio  ist  A7.  wohl  eine  Schuldverschreibung,  eine  Obligation,  aber 
nicht,  was  wir  so  nennen,  zur  Sicherheit  niedergelegtes  Geld;  dieses 
heisst  satisdatio ;  Kaution  stellen,  satisdare,  fidem  praestare,  spofi- 
sionem  facere,  cavere  de  aliqua  re,  und  Kaiition  erhalten,  satis  ac- 
cipere. 

Cavere.  N.  L.  ist  sibi  oder  se  cavere  ab  aliquo,abaliqtia  re,  sich  vor 
Einem,  vor  Etivas  in  Acht  nehmen,  hüten,  für  cavere  a  ohne  s/ä?  oder 
se.  Falsch  sagt  Mahne  (Crito  p.  318) :  quomodo  sibi  a  simili  errore 
caveat.  A.  L.  u.  P.  ist  es  mit  dem  Infin.,  für  ne  m.  d.  Conjunct. ,  z.  B. 
sapiens  cavet  stulte  agere,  für  ?ie  agat;  beim  Imperativ  cave,  cavete 
mit  und  ohne  we,  z.  B.  cave  putes  oder  ne  putes.  Auch  aliquid  cavere., 
sich  vor  Etwas  hüten;  alicui  cav.,  für  Einen  sorgeri.  Das  Adject. 
cautus,  vorsichtig,  wird  verbunden  i?i  aliqua  re,  bei  Etivas,  ad  ali- 
quid, oder  adver  SU  s  aliquid,  gegen  Etwas. 

Cavillari,  verhöhnen.,  verspotten,  wird  N.  Kl.  verbunden  in  ali- 
quem,  in  cdiquid,  für  aliquem,  aliquid,  ohne  in.  Falsch  sagt  Politian 
(üebers.  des  Ilerodian  III,  11)  :  in  aurigam  cavillatus  est,  und  C.  F. 
Roth  (Argumenta  lat.  serm.  excerpta,  p.  2):  aut  in  illum  etiara  cavil- 
lari. Meistens  steht  das  Verbum  ohne  Object. 

Cavitas.,  die  Höhlung,  ist  N.  L.  für  cavatio;  caverna. 

Cedere,  weggehen;  —  aus  Etwas,  .ex  cdiquo  loco  und  aliquo  loco, 
z.  B.  e  vita  und  vita^  e  patria  und  patria;  militärisch  abziehen,  sich 
tvegziehen,  de  loco.  In  der  Bedeut.  Einem  Etivas  abtreten,  für  Einen 
von  Etwas  abstehen,  alicui  aliqua  re  cedere;  ferner  multa,  paululum 
de  aliqua  re,  in  vielen  Stücke7i,  in  Etwas  abgehen  von  einer  Sache, 
z.  B.  de  jure  suo,  von  seinem  Rechte;  Einem  in  einer  Sache  tiach- 
slehen,  nachgehen,  alicui  aliqua  re  oder  in  aliqua  re:  jedoch  nihil 
alicui  cedo,  wie  vorhin  miilta,  paululum,  ich  stehe  in  keiner  Sache 
Hinem  nach,  für  nulla  re. 

Celare.  In  der  bessern  Prosa  wird  es  nur  verbunden  aliquem 
aliquid  oder  de  aliqua  re  celare.  Einem  Etwas  verbergen,  verheim- 
lichen, nicht  alicui  aiiquid;  im  Passivo  ist  de  aliqua  re  fast  allein 
üblich,  z.  B.  dir  sind  die  wichtigsten  Dinge  verheimlicht  wordeti  (tu) 
maximis  de  rebus  celatus  es.  N.  L.  steht  es  hin  und  wieder  mit  dem 


208 

Dativ,  z.  B.  cur  Fabricio  celavit?  warum  verschwieg  er  es  dem  Fabr.? 
für  Fabrkiiim. 

*  Beim  activen  Yerbo  findet  sich  nirgends  der  Dative,  nur  beim  Passivo 
weicht  Corn.  N.  (Alcib.  5,  2)  ab,  indem  er  schrieb:  id  Alcihiadi  diutius  celari 
non  potuit,  für  Alcibiades,  was  auch  alle  Grammatiker  für  seltsam  erklären.  Es 
werde  durchaus  vermieden.  Vgl.  auch  Heusing.  Emendatt.  p.  460. 

Celeber  (N.  Kl.  auch  celebris ) ,  bris^  e,  wurde  erst  seit  Livius 
(XXVI,  21,  16  celeberriini  viri)  von  Personen  gebraucht,  vorher  nur 
von  Oerter?i,  die  viel  besuclit  werden,  an  Menschen  und  Bewohnern 
reich  sind,  als  Gegensatz  zu  desertus,  öde,  verlassen,  oder  secretus, 
geheim;  daher  nie  bei  Cicero  u.  Caesar  ho7nines  celebres  in  der  Bedeut. 
berühmte  Männer;  aber  wohl  bei  Cic.  (Partit.  10,  36)  loci,  celebres 
an  deserti;  (Sest.  67,  140)  celeberrimum  monumentum,  als  Gegensatz 
von  desertissimum  sepulcrum;  (Divin.  I,  10)  nunquam  illud  oraculum 
Delphis  tarn  celebre  (viel  besucht)  et  tarn  darum  fuisset;  auch  von 
Üertern  heisst  es  nicht  berühmt,  durch  irgend  einen  Ruhm  ausge- 
zeichnet, fiir  nobilis,  illustris,  clarus.  Und  so  bedeutete  auch  celebritas 
damals  nur  eine  weite  Ferbreitung  (Cic.  OflF.  II,  13),  grosse  Men- 
schenmenge, Zulauf,  grosse  Theilnahme  an  Etwas,  nicht  aber  Be- 
rühnitheit ;  daher  in  maxima  celebritaie  vivere,  unter  vielen  Menschen 
leben.  Erst  seit  Livius  wurde  es  auch  von  Menschen  und  göttlichen 
Wesen  gebraucht,  die  geehrt  und  geachtet  werden,  woraus  der  Be- 
griff Berühmtheit  entstand;  seitdem  findet  sich  erst  ho7no  celeber- 
rimus  für  olarissimus,  amplissimus,  spectatissimus  u.  a.  Wer  nach 
Cicero  schreiben  will,  vermeide  daher  vir  celeberrimus.  Vgl.  über 
das  Wort  Ruhnken  Vellej.  Fat.  II,  12.  Hottinger  Eclog.  Cicer.  p.  325. 
Döderlein  Synon.  Th.  I,  p.  25.  Weber's  Uebungssch.  p.  19  u.  62.  Aus- 
führlich soll  davon  sprechen  Stüremb.  in  der  lat.  Ausg.  von  Cicer. 
Arch.  p.  40. 

Celebrare  wird  Äl.  nur  dann  von  Festen  gebraucht,  wenn  sie 
feierlich  und  öffentlich  von  grosser  Menschenmenge  begangen  wer- 
den, sonst  blos  festum  diem  edere,  agere,  agitare  (wie  jetzt  nach 
Handschr.  in  Cic.  Verr.  II,  21,  51  iit  ceteros  dies  festos  agitare  pos- 
sent)  ,  z.  B.  diem  natalem  agere,  nicht  celebrare,  da  diese  Feier  mehr 
eine  stille  Privat -Feier  ist;  Spiele  feiern  oder  hatten,  ludos /ocere 
oder  committere,  und  die  Feier  der  Spiele,  commissio  ludorura.  Und 
so  heisst  aucii  celebritas  nicht  jede  Feierlichkeit,  wie  es  im  A"^.  L. 
vorkommt,  sondern  nur  ein  feierliches  Begehen  durcli  Theilnahme 
vieler  Menschen,  wie  bei  feierlichen  Processionen.  Vgl.  Celeber. 

Celer,  schnell,  ist,  vom  Tode  gebraucht,  nur  P.  L.  für  cita,  re- 
pentina  mors,  nicht  celeris  mors. 

Celeritudo,  die  Schnelligkeit,  für  celeritas,  findet  sich  nur  einmal 
bei  Varro  in  einer  Stelle,  deren  Aechtheit  ohnehin  bezweifelt  wird. 

Celticus,  celtisch,  für  Galliens,  gallisch,  französisch,  ist  lächerlich 
und  höchst  affectirt;  der  jüngere  Burmann  spricht  z.  B.  von  Celticae 
ieneritudines,    und  versteht  darunter  französische  Artigkeiten. 

Censere  in  der  Bedeut.  beurtheilen,  kritisiren  (eine  Schrift),  ist 
wohl  nicht  verwerilich,  da  das  Subst.  censor  von  Cicero  (Orat.  III, 
24)  von  dem  strengen  Beurtheiler  in  geistigen  Dingen  gebraucht  wird, 
welcher  tadelt  und  verwirft;  ebenso  auch  censura.  Uebrigens  sind 
percensere,  durchmustern,  und  judicare  gleichbedeutend;  Judicium 


209 

ist  gleich  cejisura,  und  judex  gleich  censor.  Unbrauchbar  sind  aber 
für  diesen  Begrifl"  ceiisus  uiid  censio,  und  N.  L.  ist  in  censum  venire 
für  censeri.  Vgl.  Raschig  Progr.   p.  25. 

Censon'iius  ist  wohl  Name  von  Personen,  wie  z.  B.  eines  späten 
latein.  Schriftstellers,  aber  bedeutet  nicht  den  geioesenen  Censor, 
welcher  Censorms  heisst,  wie  Praetorius,  der  gewesene  Praetor, 
Qufiestorms,  der  gewesene  Quoestor.  Fälschlich  wird  daher  in  vielen 
Geschichtsbüchern  der  alte  Cato,  der  von  seiner  strengen  Censur 
den  Ehrennamen   Cejisoritcs  erhielt,   Censorinus  genannt. 

Centesies  ist  B.  L.  Form  für  centies,  hmiderttnal. 

Ce7ities,  hundertmal,  für  sehr  oft,  und  centum,  hundert,  für  sehr 
viele,  war  beides  gewiss  ebenso  im  Alltagsgebrauche,  wie  sexcenties, 
sexcenti,  7nillies  und  7m'lle,  die  nur  mit  noch  mehr  üebertreibung  den- 
selben Begriff  ausdrücken.  Alle  drei  sind  gleich  gut.  mag  auch  sex- 
centi und  sexcenties  häufiger,  als  die  beiden  andern  vorkommen.  Man 
beschränkt  sonst  den  Sprachgebrauch  zu  sehr. 

Centum.  Man  merke  hier  nur  die  Redensart:  unter  Hundert  kaum 
Einer,  vix  centesimus  quisque. 

Centrum,  der  Mittelpunkt,  das  griech.  zfirooi,  gehört  zur  mathe- 
matischen Kunstsprache,  kommt  N.  Kl.  bei  Vitruv  und  Plinius  als  all- 
gemein übliches  Wort  vor  und  ist  wegen  seiner  Kürze  dem  weitläufi- 
gen punctum  in  medio  situm  und  der  Umschreibung  bei  Cic.  (Tnsc.  I, 
17,  40)  quasi  puncti  instar ,  quod  yJrtQov  Uli  vocant  (die  Erde  ist  im 
grossen  Weltgebäude  in  der  Mitte  gleichsam  wie  der  vo?i  den  Griechen 
Centrum  genannte  Punkt)  weit  vorzuziehen.  Nie  haben  aber  die  Alten 
darunter  jerfew  mittlem  Theil  in  jeder  Fläche  verstanden,  weswegen 
erst  N.  L.  der  mittlere  Theil  eines  geordneten  Heeres  und  Haufens 
von  Soldaten  oder  andern  Menschen  centrum  geiiaiMit  wird,  für  me- 
dia acies,  da  centrum  blos  den  Mittelpunkt  eines  Kreises  bedeutet. 

Cerebrum,  Gehirn,  für  Verstand,  Leidenschaft ,  gehört  zur  scherz 
haften  Volkssprache,  und  wurde  so  benutzt  von  Horaz,  Phaedrus  u.  ,\., 
kommt  aber  in  Prosa  nur  selten  so  vor. 

Ceres  für  Frucht,  Getreide,  Speise  ist  nur  P.  L. ;  in  Prosa  steht 
dafür  nwr  fr uges,  panis,  fr umentum,  cibus,  und  wiewohl  Cicero  selbst 
(N.  D.  n,  23,  ()0)  sagt:  fruges  Cererem  appellamus,  vinum  autem  Li- 
berum, so  machte  er  doch  mit  allen  andern  Prosaisten  nirgends  davon 
Gebrauch. 

Cerevisia;  s.  Cervisia. 

Cerjiere  in  der  Bedeut.  streiten,  kämpfen,  mit  oder  ohne  ferro,  ar- 
mis,  ist  den  Dichtern  zu  überlassen.  Uebrigens  bedeutet  cernere  mei- 
stens scharf  sehen,  mit  den  Augen  Alles  unterscheiden,  videre  dage- 
gen nur  wahrnehmen,  und  enthält  nur  den  allgemeinen  Begriff  des 
Sehens. 

Certamen,  Streit ;  —  7nit  Jemanden,  cum  aliquo,  sehr  selten  ali- 
cf/jus,  und  so  einmal  bei  Cic.  (Fin.  V,  24,  71)  :  certamen  virtutis  für  cum 
virtute. 

Gerte  und  certo.  Jenes  wird  bei  allen  Verben  angewandt,  certo 
aber  beschränkt  sich  in  der  bessern  Prosa  nur  auf  scire,  und  zwar 
wohl  so,  dass  ich  sage  certe  scio,  wenn  ich  von  mir  versichern  will, 
dass  ich  Etwas  weiss  — ja  gewiss,  in  der  That,  wahrhaftig  ich  weiss 
es ;  aber  certo  scio,  wenn  ich  angebe,  wie  ich  es  weiss,  mit  Geivissheit, 

14 


210 

als  etwas  Gewisses  und  von  meiner  Seite  Unbezweifeltes.  Vgl.  vor  Al- 
len Stiiremb.  Cic.  Arch.  p.  li)4.  Jleisig's  Voiles,  p.  2()9  n.  Anm. ,  R. 
Klotz  Cic.  Senect.  §.  2,  p.  73  u.  Hand  Tursellin.  T.  11,  p.  14—29. 
Certiflcare,  bestätigen,  für  gewiss  erklären,  ist  N.  L.  fiii'  confir- 
mare,  declarare,  certius    oder  flrmius  aliquid  Jacere   oder  reddere 

Certiorare,  benachrichtigen,  anzeigen,  ist  Sp.  L.  und  findet  sich 
oft  bei  den  Juristen  für  certiorem  aliquem  facere. 

Certitudo,  die  Gewissheit,  ist  ohne  alle  alte,  auch  die  späteste 
Anctorität,  aber  dennoch  im  N.  L.  nicht  selten,  sogar  bei  dem  alles 
Späte  tadelnden  Scioppius.  Vgl.  Vorstii  latin.  mer.  susp.  p.  65.  Mau 
brauche  dafür  ßdes  oder  certa  fides,  oder  umschreibe  es  durch  cer- 
tus,  exploratus,  non  dnbius. 

*  Es  stand  in  den  frühem  Ausgg.  des  sehr  späten  Ammian.  (XXX,  1,3),  und 
aus  ihm  in  den  altern  Lexicis,  wurde  aber  schon  von  Valesius  nach  den  Handschr. 
gestriclieu.   W.  Freund  hat  es  in  seinem  Lexico  ganz  ausgelassen. 

Certus.  Man  verbindet  aliquem  certum  oder  certiorem  facere. 
Einen  von  Etivqs  benachrichtigen.  Einem  Etwas  verkünden,  theils  mit 
de,  theils  mit  dem  Genitiv  dessen,  was  man  Einem  verkündet,  z.  B. 
de  victoria  oder  victoriae.  Ob  für  die  Redensart  certo  hoc  est  certius, 
das  ist  gewisser  als  gewiss,  für  quo  nihil  est  certius,  eine  alte  Ancto- 
rität vorhanden  sei,  bezweifle  ich,  und  rathe  daher,  sie  zu  vermeiden. 
Cervical,  das  Aopfkissefi,  ist  erst  N.  KL  bei  Dichtern  und  Suetoti 
für  das  KL  pulvinus. 

Cervisia  oder  cerevisia,  ein  unserm  Bier  ähnlicher  Trank,  ist 
der  vom  altern  Plinius  aus  der  Gallischen  Sprache  genommene  Name, 
der  mit  jeder  neuern  Umschreibung  nicht  zu  vertauschen  ist. 

Cervix^  der  Nacken,  ist  im  Sing.  A.  L.  bei  Dichtern,  KL  wohl  nie, 
ausser  einmal  zuerst  bei  Livius,  und  dann  IS.  Kl. ;  KL  nur  im  Plnr, 
cervices  bei  Cicero,  Caesar  und  oft  bei  Livius,  jedoch  auch  früher 
schon  bei  Terenz.  NachVarro  (L.  L.  VIII,  5,  107)  brauchte  den  Sing, 
in  Prosa  zuerst  Hortensius,  durch  welchen  sein  Gebrauch  sich  wei- 
ter verbreitete.  Darnach  bildete  Cicero  vielleicht  mit  leisem  Spotte 
über  ihn  auch  das  neue  Wort  cervicula,  indem  er  (Verr.  III,  19)  von 
Hortensius  sagt:  cerviculam  jactabit,  nicht  cerviculas.  Man  halte  sich 
an  den  Plur.  cervices.  Celsus  braucht  cercix  und  cervices  neben  ein- 
ander. 

*  In  allen  frühern  Ausgaben  von  Cic.  Verr.  V,  42,  110  steht  cervicem,  aber 
Zunipt  und  R.  Klotz  lesen  cervices. 

Cessare,  aufhören,  kommt  wohl  nicht  von  Krankheiten  vor,  wo 
abire  oder  discedere  gebräuchlich  sind;  Cic.  Fam.  XIV,  1  abiit  pe- 
stilentia. 

Ceteroqui  oder  ceteroquin,  übrigens,  sonst,  wird  als  Kl.  bezwei- 
felt, wiewohl  es  bei  Cicero  einigemal  sehr  sicher  steht,  wie  Orat.  25, 
93;  N.  D.  1,  22;  Att.  XII,  3,  1;  XIV,  16,  10.  Jedoch  passt  oft  eben  so 
gut  ceterum,  ceteris  in  rebus  (Cic.  Sen.  17).  \^\.  Handii  Tursell.  T. 
U,  p.  44. 

Ceu,  une,  gleichwie,  ist  in  Vergleichungen  A.  L.  und  P.  L.  und  in 
Prosa  N.  KL  für  ut,  velut.  N.  L.  aber  ist  es  für  ut,  wie.,  wie  zum  Bei- 
spiel, zur  Angabe  eines  Beispiels  oder  für  was,  ausser  aller  Verglei- 
chung,  wie  es  Chr.  Saxe  mehrmals  braucht,  z.  B.  im  Onomasticon: 


211 

Calpurnius  siib  Ädriano  famam  consecutus  esse  videtur,  ce?i  (für  nt 
oder  (juod)  .1.  F.  Gronovius  e  fragmeiitis  Jctorum  probavit.  Vgl.  über 
diesen  falschen  Gebrauch  Drakenb.  Liv.  XXI,  iQ^  10. 

Chalcidensis  oder  Ckalcidi'censis  (wohl  zweifelhaft),  adjectivisch 
ChalcMisch,  ist  Sp.  L.  für  Chafcidicus ;  richtig  a!)er  als  Subst.  ein 
Cha/cidetiser. 

Chaldaeus  ist  als  Adjectiv,  Chaldäisch,  P.  L.  für  Chaldaicus  ;  rich- 
tig als  Subst.  der  Chaldäer. 

Chalybs  ist  in  der  Bedeut.  Stahl  als  Metall  gut,  aber  in  andern 
Bedeutungen  P.  L.  für  Schiverd,  gladius,  ensis,  —  Dolch,  sica,fer- 
rum  u.  a. 

Character,  was  wir  in  unsere  Sprache  aufgenommen  haben,  brauchte 
der  gelehrte  Varro  von  der  Art  der  Abfassung  einer  Schrift  für  dns 
gewöhnliche  Stylus,  scribendi  ge?ms ;  hei  Columella  bedeutet  es  N. 
Kl.  ein  eingebranntes  Zeichen,  für  signuni.  Sonst  ist  es  erst  Sp.  L.  im 
Gebrauche;  bei  Cicero  nur  griechisch.  Wir  brauchen  es  von  i\itr  Seele, 
für  animiis,  mores,  ingenium,  iiidoles,  natura;  und  wenn  Beides  darin 
liegt,  Gesinnung  und  Handlungsweise,  so  sagt  man  animus  oder 
Ingenium  et  mores.  Es  werde  also  ganz  vermieden.  Vgl.  Weber's 
Uebungssch.  p.  48. 

Charis,  die  Grazie,  und  Charites,  die  Grazien,  sind  nur  P.  L.  For- 
men, die  sich  einmal  bei  Plinius  finden,  wo  das  griech,  Wort  als  Name 
eines  Bildwerkes  beibehalten  werden  musste;  man  sage  dafür  Gratiae. 
Vgl.  Vavassor.  Antibarh.  p.  515. 

Charta  ist  das  Kl.  Wort  für  unser  Papier,  mag  auch  StoflF  und 
Bereitung  anders  sein.  Königspapier  nennt  Cicero  macrocoUum,  wo- 
für man  freilich  für  unsere  Zeit  verständlicher  entweder  Augtistea 
oder  Regia  vharta  brauchen  kann,  welche  als  neuere  Kunstwörter 
gültig  sind;  geglättetes  Papier  besser  nach  Cic.  (Quint.  fr.  II,  1.5,  6) 
Charta  dentata,  als  levigata,  wie  es  jetzt  genannt  wird.  Nicht  anzu- 
wenden ist  aber  charta  für  die  Redensart  vom  Papier  ablesen,  was 
legere,  oder  dicere  de  scripto  heisst.  Cic.  Plane.  80,  74.  Farn.  X,  13,  1. 
Sest.  61.  Phil,  X,  2;  —  oh7ie  Papier  ivieder  hersagen,  sine  scripto 
aliquid  reddere.,  Cic.  Brut.  88,  301. 

Chelys,  die  Schildkröte,  ist  P.  L.  für  testudo,  und  ebenso  in  der 
Bedeut.  Leier,  für  lyra  oder ßdes  (Plur.). 

Chirographum,  die  Handschrift,  ist  Kl.  und  gut,  steht  oft  bei  Ci- 
cero und  bedarf  keiner  Vertauschung  mit  manus,  was  aber  auch  ge- 
braucht werden  kann. 

Choragium  ist  ausser  seiner  wahren  griech.  Bedeutung  in  der  bild- 
lichen von  Zurüstung,  Auftvand,  Erwerbungsmittel  bei  uns  nicht  mehr 
anwendbar,  wenn  der  Styl  nicht  afFectirt  sein  soll.  Die  Worte  des 
Auct.  ad  Herenn.  (IV,  50,  63)  :  fragile  falsae  gloriae  choragium  von 
einem  prahlsüchtigen  Reichen  nahm  Perpinian  (Orat.  p.281)  in  seine 
Rede  auf.  Lächerlich  aber  sagt  Mahne  (Crito  p.  260)  :  explicare  so- 
lent  multo  testimoniorum  choragio,  was  gelehrt  sein  soll,  für  magna 
copia. 

Chorea  und  chorus  sind  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Ta7iz  nur 
P.  L.  für  saltatio  oder  umschrieben  mit  saltare ;  Chorus  in  der  Be- 
deut. Chorgesang,  das  Lied  des  Chores,  ist  N.  L.  und  ohne  alte  Aucto- 
rität  für  canticum,  chori  Carmen,  da  es  nur  die  Chorsänger  bedeutet. 

14* 


212 

Falsch  ist:  in  hoc  Aeschyli  choro  multa  correxit  Ilermaiinus;  totuin 
choiimi  earegie  emendavit  edi(or.  Auch  ist  cÄor//s  in  der  g-cwöhnlicheii 
Bedeut.  Menge,  Schoar,  für  turba^  imilläudo,  bei  Cicero  nnr  ////  Spotte 
gebraucht,  nnd  bei  Andern  kommt  es  in  Prosa  nicht  vor.  Endlich  be- 
deutet es  auch  im  N.  L.  den  einstimmigen  Gesang,  wie  in  unserm  im 
Chore  singen.  Dies  heisst  aber  KL  concentio  (Cic.  Sest.  55). 

Chronica,  die  Chronik,  ist  N.  L.  als  Sing.,  da  es  Plur.  ist,  Genit. 
chronicorum,  wie  alle  ähnliche.  Das  Wort  selbst  ist  gut,  obgleich  an- 
nales  libri  und  commentarii  annorum  denselben  Begriff  bezeichnen. 
Morbi  chronici,  chronische,  langwierige  Krankheilen  ist  erst  Sp.  L. 
für  morbi  longi  bei  Celsus  III,  1:  Graeci  alios  (morhos)  acutos,  alios 
longos  esse  dixerunt. 

Chronologia,  chrono/ogus,  chronologicus  sind  erst  N.  L.  Kunstwör- 
ter die  nicht  ganz  zu  vermeiden  sind;  indessen  kann  man  bisweilen 
ausweichen,  z.  B.  durch  compulatio  temporis  oder  temporuni,  ordo  oder 
ordines  temporum,  descriplio  temportim;  Römische  Chronologie,  Roma- 
norum  annalium  ratio  (Cic.  Brut.)  ;  ein  genauer  Chronolog,  diligens 
in  esquirendis  temporibus  (Cic.  Rep.  II,  14,  27) ;  Beschäftigung  mit 
der  Chronol.,  notatio  temporum ;  sich  mit  Chron.  beschäftigen,  annos 
dinumerare,  temporum  annales  per  sequi  (Cic.  Ilep.  II,  15) ;  die  Chron. 
beachten,  servare  temporis  ordinem ;  —  daher  heisst  unchronologisch, 
no7i  servato  temporis  ordine. 

Cibare,  füttern,  Speise  gebeji,  ist  N.  KL,  sehr  selten  und  nur  bei 
Columella  u.  Sueton  für  alere,  pascere. 

Cicatricare,  sich  vernarben,  zuheilen,  ist  Sp.  L.  für  cicatricem  du- 
vere  oder  inducere  (Cels.  VII,  28),  ad  cicatricem  tendere  (Cels.  VII, 
27  vulnus  ad  cic.  tendit),  venire  ad  cicatricem  (Senec.  Ep.  2)  u.  a. ; 
auch  cicatrix  coit,  obducitur.  lJe!>er  renovare  cicatr.  vgl.  Renovare. 

Cicero?natius  als  Subst.,  e?«  Ciceronianer ;  es  ist  freilich  heutzu- 
tage ziemlich  verständlich,  welchen  Sinn  es  habe,  wiewohl  es  in  dem 
Worte  nicht  gerade  liegt;  es  lässt  sich  aber  besser  umschreiben  und 
man  kann  mit  Muret  (Op.  II,  p.  74  ed.  Fr.)  sagen  germanus  Cicero, 
worin  auch  zugleich  das  liegt,  was  wir  unter  eiti  wahrer  Ciceronianer 
verstehen,  indem  verus  Ciceronianus  B.  L.  ist,  da  Ciceronianus  als 
Adiectiv  kein  neues  Adjectiv  zu  sich  nehmen  kann,  sondern  höchstens 
nur  ein  Adverb.,  also  wohl  vere  Ciceronianus,  was  Forbiger  in  seinen 
Aufgaben  vorschlägt.  Vgl.  auch  Ferus. 

Cicur,  zahm,  ist  nur  Adj.  einer  Endung.  Vgl.  Heusing.  Emend.  p. 
437.  Es  ist  sehr  selten,  nur  bei  Varro  und  Cicero,  und  nur  von  Thie- 
ren  gebraucht,  wo  es  Aexw  ferus  oder  immanis  entgegengesetzt  ist; 
später  sagte  man  dafür  mansuetus,  was  KL  nur  bildlich  von  Men- 
schen u.  a.  Dingen  gesagt  wurde.  Das  Verbura  aber,  cicurare,  zahm 
machen,  ist  nur  A.  L.,  und  dafür  ist  matisuefacere  das  beständige 
Wort.  N.  L.  ist  cicuritas,  die  Zahmheit,  für  rnansuetudo. 

Cilix  als  Adject.,  Cilicisch,  ist  mehr  P.  L.  für  Ciliciensis  oder  N. 
KL  Cilicius,  da  Cilia;  und  Cilissa  die  Völkernamen  ein  Cilicier  und  eine 
Cilicierin  sind. 

Cimber  als  Adject.,  Cimbrisch,  ist  P.  L.  für  Cimbricus;  jenes  ist 
nur  Subst. 

Cinctutus,  gegürtet,  umgürtet,  ist  P.  L.  für  cinctus,  succinctus. 
Circa  ist  selten  bei  Cicero  und  Caesar  und  nur  in  der  örtlichen 


213 

Bedeut.  nm,  herum,  in  der  Nähe  bei,  für  circum.  Erst  bei  Livifts  und 
späfer  welter  wurde  es  nicht  mir  örtlich,  sondern  auch  von  der  Zeit 
gebraucht, —  inn  eine  gezvisse  Zeit,  für  circiter.  S7ib,  de.  Man  vermeide 
daher  lieber  zu  sagen  circa  nnniim  ocfoi'//?n,  circa  meridieni,  circa  ho- 
rani  primam,  circa  Idus  Majas  u.  dgl.  Bei  Cicero  Att.  II,  17,  1  steht 
dafiir:  a.  d.  sevtum  circiter  Idus  Majas;  Fani.  IV,  32,  2  circiter  hora 
decima  noctis:  Q.  fr.  II,  2,  1  sub  dies  festos;  ib.  3  dih"genter  naviga  de 
raense  Decembri;  Caes.  B.  G.  1.40  circiter  meridieni.  Ebenso  wurde 
es  erst  seit  Li^ius  zur  ungefähren  Bestimmung-  einer  Zalil  gebraucht, 
unser  um  oder  a?i,  für  ad  oder  circiter,  z.  B.  circa  quindecini,  um^  an, 
ohngefähr  fünfzehn,  für  ad  quindecim  (Cic.  Att.  I,  14,  5)  ;  circa  pas- 
sus  sexcentos,  für  circiter  p.  (Caes.  B.  G.  I,  49).  N.  Kl.  ist  ferner  und 
häufig,  aber  bei  Quintiiian,  circam  der  Bedeut.  in  Beziehung, iii  Rück- 
sicht auf,  in  Betreff  einer  Sache,  für  de  oder  quod  mit  einem  Verho. 
Es  ist  wohl  nicht  ganz  zu  verwerfen,  da  die  besten  N.  Klassiker  es 
gebraucht  haben,  und  da  es  auch  schon  einmal  bei  Livius  (\XVI1, 
27,12)  vorkommt:  multos  c/Vc«  unam  rem  amhitus  fecerim,ich  würde 
in  Betreff  eines  einzigen  Umstandes  viele  Weitläufigkeiten  machen, 
zu  weit  abschweifen,  wenn  — .  Vgl.  über  diese  Bedeut.  Wolf  Suetoii. 
T.  II,  p.  70.  Damit  hängt  auch  zusammen,  dass  N.KI.  versari  und  occu- 
patum  esse,  sich  beschäftige?i  mit  Etwas,  mit  circa  aliqiiam  rem  ver- 
bunden wird  für  in  aliqua  re.  Vgl.  über  circa  Handii  Tursell.  T.  II, 
p.  49 — 70  u.  Heisig's  Vorles.  p.  730.  —  Ueber  circa  mit  einem  Orts- 
accusativ  in  der  Bedeut.  ringsu7n  zu  oder  a?i  oder  in  s.  Circüm. 

Circularis  ist  ganz  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  kreisförmig ;  es  werde 
umschrieben  mit  orbis  oder  circus,  circulus,  qui  in  orbem,  in  circum 
fertur ;  auch  mit  der  Praepos.  circum,  herum. 

Circulus  bedeutet  nicht  das  Instrument,  mit  dem  ein  Kreis  gezo- 
gen wird,  was  wir  Cirkel  nennen  (dieser  heisst  c/rc««//s),  sondern  nur 
den  Kreis  selbst,  der  gleich  gut  auch  circus  hiess.  Gut  ist  es  in  der 
Bedeut.  Zusammenkunft,  Gesellschaft  von  Menschen,  wie  wir  Cirkel 
sagen,  N.  L.  aber  von  Herumstehenden ,  die  einen  Kreis  bilden,  für 
Corona,  wiewohl,  wenn  sie  in  einem  doppelfe?i  und  mehrfache?!  kreise 
hinter  einander  stehen,  gesagt  werden  kajin  duplici,  multiplici  circulo. 
Vgl.  Plin.  Ep.  VI,  33,  3.  Einen  Kreis  (von  Menschen)  schliessen  heisst 
orbem  (nicht  circulum)  colligere,  in  orbem  consistere ;  das  philoso- 
phisclie  einen  Cirkel  im  Beweis  machen  etwa  eodem  revoivi  (nach  Cic. 
Divin.  II,  5).  —  N.  L.  wird  es  von  einer  Fläche  Landes  gehraucht, 
wie  wir  sagen  Fränkischer,  Baierischer  —  Kreis,  circulus  für  pagus 
oder  geradezu  Franconia,  Bavaria  u.  s.  w. 

Circum,  um,  wird  IS.  L.  von  der  Zeit  gebraucht,  für  circiter,  de, 
sub  und  das  N.  Kl.  circa  (vgl.  Circa)  ;  es  ist  nur  auf  Ortsangaben  be- 
schränkt. Merkwürdig  ist  der  im  Latein,  feststehende  Gebrauch,  bei 
Verben,  wie:  mittere,  ducere,  cursare,  errare  u.  a.  ähnlichen,  circum, 
wie  auch  circa,  mit  einem  Accusativ  in  der  Bedeut.  ringsherum  zu,  an 
oder  in  (Oerter  und  Menschen)  zu  brauchen,  und  z.  B.  für  aliquos 
circum  mittere  in  urbes  zu  sagen  aliquos  mittere  circa  urbes  ohne  wei- 
tere Praeposition,  z.  B.  Naevius  pueros  circum  amicos  {zu  den  Freun- 
den umher)  dimittit  (Cic.  Quinct.  6,  25)  ;  ego  volo  circum  villas  meas 
errare,  ich  wünsche  in  meinen  Landhäusern  hcrumzuirren  (Att.  VIII, 
9,  3)  ;   Apronius   ducebat   eos   circum   civitates,  ringsherum  in  die 


214 

Städte  (Verr.  III,  26,  05)  ;  ille  vircmn  hospites  (bei  seinen  Gastfrenn- 
den  herum)  cursabat  (ib.  IV,  19,  41).  Jedoch  kommt  es  auch  biswei- 
len Kl.  vor,  (lass  circuin  mit  dem  Verbo  verbunden  wird,  wo  denn  zum 
Subst.  theils  eine  Praeposition  hinzutritt,  theils  ausg^elassen  wird; 
z.  B.  le^ationes  in  omnes  partes  circnmmittuntur  (Caes.  B.  G.  VII,  63)  ; 
oline  in  bei  Caes.  B.  G.  V,  51  u.  y.  Nie  aber  wird  circ?im,  weini  es  mit 
dem  Verbo  verbunden  ist,  noch  einmal  beim  Subst.  wiederholt,  wie  wir 
sagen  um  Einen  henimgeheii ;  der  Lateiner  sagt  blos  circuire  oder  cir- 
vumire  aliquem.  Selir  selten  ist  das  verdoppelte  circumcirca,  ringsher- 
um, was  Ä7.  nur  in  einem  Briefe  des  Sulpicius  (Cic.  Fam.  IV,  5,  8)  vor- 
kommt. Sp.  L.  und  nur  einmal  kommt  circumquaque  vor  für  vir  cum  ; 
ebenso  Sp.  L.  circum  undique. 

Circuire,  vgl.  Circumire. 

Cir Climen r r er e,  herumlaufen,  ist  sehr  selten  und  TV.  Kl.,  weil  circum 
mehr  von  dem  Verb,  getrennt  und  mit  dem  Subst.  verbunden  wird; 
auch  wird  mehr  discurrere  «Vc«  gebraucht.  Eben  so  selten  ist  circum- 
cursare. 

Circumcursatio,  das  Herumlaufen,  was  bei  Bunell.  Epist.  27  vor- 
kommt, ist  N.  L.  und  vielleicht  von  ihm  selbst  gebildet.  Um  so  seltsamer 
ist  es  aber,  dass  es  von  Kraft  im  Lexico  sogar  mit  dem  Beisatze  Cic. 
aufgeführt  wird.  Es  hat  gar  keine  Auctorität,  und  das  ebendaselbst 
angeführte  Circumcursio  ist  erst  Sp.  Z».,  kommt  nur  einmal  vor  und  ist 
zweifelhaft.  Man  brauche  das  Verbum  oder  das  Snbst.  discursus. 

Circumdare,  umgeben,  wird  verbunden  entweder  aliquid  (aliquem) 
aliqua  re  oder  alicui  aliquam  rem.  N.  L,  ist  circumdare  mit  dem  Acc. 
ohne  einen  Abi.,  womit,  wofür  man  cingere  sagt.  Falsch  ist:  eum  mul- 
titudo  hominum  circumdedit,  ih?i  umgab,  timringte  — ,  für  cinxit;  flu- 
men  Dubis  paene  totnm  oppidum  circumdat,  für  cingit;  aber  der  Da- 
tiv kann  fehlen  und  aus  dem  Zusammenhange  hinzugedacht  werden. 

Circumducere ;  wohin  mit  ad  oder  wodurch  mit  per,  aber  auch, 
was  Freund  ausgelassen  hat,  mit  dem  blossen  Accusativ  des  Ortes, 
wo  und  wodurch  Jemand  herumgeführt  wird ;  wenigstens  sagt  Caesar 
(B.  G.  III,  61,  1)  nach  allen  Handschr.,  denen  Oudendorp  mit  den 
Neuem  folgt:  Pompejus  eos  omnia  sua  praesidia  circumduxit,  wofür 
äüere  Äusgg.  per  omnia....  haben;  es  stellt  für  eos  circum  omn.  s.  pr. 
duxit.  Vgl.  Circum. 

Circumfluere,  umfliesseti,  steht  nie  Kl.  in  eigentl.  Bedeut.,  dafür 
circumluere,  circumfundere,  cingere;  z.  B.  terra  circuniluitur  mari, 
alluitur  mari,  continetur,  circumfunditur ,  cingitur,  mare  attingit  ter- 
ram.  Das  Adject.  circumfluus,  umströmend  und  umflossen,  ist  nur  P. 
L.  und  N.  Kl.  bei  Tacitus  für  cir cumf usus,  cinctus  (mari,  fluctibus; 
Cic.  Rep.  II,  4). 

Circumforaneus  ist  in  der  Bedeut.  alltäglich,  gemein,  in  welcher 
es  im  N.  L.  (z.  B.  bei  Muret)  genommen  wird,  ohne  Auctorität,  für 
quotidianus,  vulgaris,  plebejus.\\as  es  bedeute,  darüber  s.d.  Wörter!». 

Circumire  oder  circuire  wird  verbunden  ra.  d.  Acc.  aliquem  oder 
aliquid,  und  zwar  oft  mit  dem  Nebenbegriff  des  Bittens  um  Etwas  oder 
in  anderer  Absicht;  so  wie  auch  in  der  Bedeut. 2«  einem  Orte,  in  einer 
Gegend  herumgehen,  nicht  in  aliquo  loco.  Vgl.  darüber  Circum. 

Circunijacere,  herum-,  in  der  Nähe  anliegen  an  Etivas,  wird  ver- 
bünd, alicui  loco,  z.  B.  um  oder  «w  Europa,  Europae. 


215 

Circumjectus,  die  Umgebmig^  ist  hei  Cicero  sehr  selten,  eiiiinai  in 
einem  Verse  und  das  anderemal  liep.  II,  G,  sonst  nur  mit  cingere,cir- 
cnmdare,  sepire. 

Ctrcumlifiere,timschmterefi,  wird  verbunden  aliquid  aliqzia  re,  selt- 
ner alkui  aliquid,  z.  B.  mortuos  cera  oder  mortm's  ceram  circumlin. 

Circumlociitio  erwälint  Quintil.  (Inst.  VIII,  6,  59)  als  das  g^ewöhn- 
liche  Wort  für  das  g-rietli.  'jceoüfuaai^.,  die  Umschreibung,  zieht  ihm 
aber  circuitus  eloquendi  vor,  wofür  auch  circuitio  gebraucht  werden 
kann.  Auch  möchte  das  griech.  Wort  periphrasis  als  Kunstwort  nicht 
zu  verwerfen  sein.  Sp.  L.  ist  das  Verbum  circumloqui  für  das  N.  Kl. 
circuire  (verbis,  eloquendo). 

Circumportare,  herumtragen,  ist  N.  L.  und  ohne  Auctorität  für 
circumferre,  circumgestare. 

Circumquaque,  vgl.  Circum. 

Circumretitus,  umgarnt,  umgeben,  bildlich,  findet  sich  nur  bei  Ci- 
cero einmal  an  passender  Stelle;  das  Verbnra  circumretire  ist  nur 
A.  P. 

Circumscribere  und  circumscriptio  (von  der  Rede)  werden  mehr 
für  die  Periode  gebraucht,  als  für  das,  was  man  umschreiben  oder 
Umschreibung  nennt.  Vgl.  darüber  Circumlociitio.  Auch  Hand  ver- 
wirft es  (Lehrb.  p.  136). 

Circumspectus,  bedächtig,  überlegt,  umsichtig,  von  Sachen  und  Per- 
sonen, ist  zwar  erst  N.  KL,  steht  aber  bei  Celsus,  Quintil.  und  Sueton, 
und  ist  darum  nicht  zu  verwerfen.  So  nennt  Quintil.  (X,  1,  26)  ein 
umsichtiges,  wohl  überlegtes  Urtheil,  Judicium  circumspecium.  Cicero 
umschreibt  es  (Milo  35)  durch  omnia  circujuspiciens.  So  auch  schon 
circumspectio,  Umsicht,  Bedachtsa?nkeit  bei  Cicero. 

Circjjfnstantia  kann  weder  im  Sing.,  noch  im  Plur.  für  die  gewöhn- 
lichen Wörter  Umstand,  Umstände  gebraucht  werden,  da  es  im  Lat. 
einen  ganz  andern  Begriff  enthält;  man  brauche  res,  co7iditio,  momen- 
tum,  oder  was  sonst  der  Sinn  nach  dem  Zusammenhange  fordert, 
z.  B.  kleine  Umstände  müssen  beachtet  werAün^parvae  res, parva  mo- 
menta;  nach  Zeit  und  Umständen,  pro  tempore  et  pro  re  (Caes.  B. 
G.  V,  8) ;  die  Zeitumstände,  tempora,  ratio  temporis  (temporum),  tem- 
porum  vincula  (Cic.  Farn.  X,  6,  2),  nicht,  wie  manchmal  im  N.  L.,  cir- 
cumstantiae  temporis  oder  temporum. 

Circumstipare,  umdrängen,  ist  P.  für  circumdare,  cingere. 

Circumstructio,  das  Herujnbauen,  ist  N.  L.  und  muss  umschrieben 
werden. 

Circumtueri,  umherschauen,  ist  Sp.  L.  für  circumspicere. 

Circumversus,  um-  oder  rückunirts  gekehrt,  ist  A\  L.  für  retro- 
versus ;  in  umgekehrter  Ordnung,  nicht  circumverso  ordine,  sondern 
blos  retrorsum,  z.  B.  dicimus  potius  diern  ac  Jioctem,  quam  retrorsttm, 
als  timgekehrt,  in  ntn  gekehrt  er  Ordjiung. 

Cis  von  der  Zeit  in  der  Bedeut.  binnen,  ist  nur  A.  und  Sp.  L.  und 
nicht  nachzubrauchen;  dafür  i?itra,  z.  B.  cis  paucos  menses,  für  izitra 
paucos  m. 

Cissos,  das  griech.  Wort  für  Epheu,  steht  bei  Plinius  als  botani- 
sches Kunstwort  für  das  latein.  hedera,  was  allein  gebraucht  werde. 

Citare.  Kl.  und  gewiss  ist  die  gerichtliche  Bedeut.  vorfordern,  auf- 
rufen, aber  bezweifelt  wird,  ob  man  auch  scriptorem,  locum  aliquem 


2J6 

scriptoris  citare,  etilen  Schriftsteller,  eine  Stelle  als  zeiig-end  und  Fj'twas 
beweisend  anführen  sagen  könne.  Dietrich  (in  seinen  handschriftl. 
Anmerkk.)  glaubt,  dass  citare  locum  scriptoris  als  Kl.  Ausdruck  nicht 
hinlängh'ch  gerechtfertigt  werden  könne,  da  die  aus  Cicero  angeführ- 
ten Stellen:  Satamis  citatur  testis  und  iji  hanc  rem  testeni  tota?n  Sici- 
liom  citabo  dnrcliaus  nicht  bewiesen,  dass  man  aucli  locum  scriptoris 
testem  citare  sagen  könne,  da  sich  der  metonymische  Gebrauch  der 
Ländernamen  Salamis  citatur  iestis,  und  m  hanc  rem  testem  tolam 
Siciliam  citabo,  eigentlich  nicht  auf  Sachsubstantiven,  wie  locus,  aus- 
dehnen lasse;  auch  würde,  setzt  er  hinzu,  dieser  Tropus  in  den  mei- 
sten Fällen,  wo  wir  citare  so  brauchen,  unpassend  und  schwerfällig 
sein.  Wenn  aber  dennoch  Livius  (IV,  20)  sagt:  Magistratuum  libros 
Macer  Licinius  cilat  identidem  auctores,  so  finden  wir  hier  ein  dem 
locus  ganz  ähnliclies  Suhst.  Jiber,  und  beim  Verbo  nicht  einmal  das  ge- 
richtliche testes,  sondern  ein  der  Sache  angemessenes  Wort,  auctores; 
ein  solches  muss  immer  und  überall  hinzugedacht  werden,  mag  nun 
citare  oder  ein  anderes,  wie  afferre  oder  proferre,  gebraucht  werden. 
Ueber  den  Misshrauch  solcher  Tropen  urtheilen  wir  bisweilen  in  ein- 
zelnen Fällen  zu  streng.  Ich  halte  daher  <7V«;e  mit  und  ohne  ein  Wort 
wie  testis  und  auctor  für  ganz  zulässig  und  nicht  verwerflich.  Andere 
mögen  anders  urtheilen.  Vgl.  noch  Adducere.  Dagegen  ist  es  N.  L.  und 
wohl  nicht  zu  rechtfertigen,  wenn  man  das  Neutr.  des  Partie,  citatuni 
als  Subst.,  r/ffs  C/Zo/,  die  angeführte  Stelle,  braucht,  wie  z.  13.  bei  Heyne 
(Virg.  praef.  T.  I,  p.  16)  :  citatum  inutile;  und  so  bei  Andern:  citata^ 
die  Citate,  die  angeführten  Stellen. 

Citatim,  eiligst,  für  cito,  propere,  ist  höchst  unsiclier  beglaubigt, 
wenigstens  fehlt  das  Wort  bei  Ci( .  Att.  XIV,  20,  5  in  den  bessern 
Ilandschr.;  von  geringer  Auctorität  aber  ist  der  Verf.  des  Bellum  Afric, 
wo  es  c.  80  steht.  Man  vermeide  es. 

Citatio,  die  Forladung,  ist  Ä\  L.  für  vocatio  in  jus,  oder  mit  dem 
Verbo  citare. 

Citerior  ist  in  der  Bedeiit.  früher  Sp.  L.  für  superior. 

Citra  in  der  Bedeut.  vor  von  der  Zeit  ist  N.  Kl.  und  selten  für 
ante;  aber  in  der  Bedeut.  ofme,  sonder,  ausgenom?nen,  für  si?ie,  prae- 
ter, ist  es  zwar  N.  KL,  aber  bei  den  Bessern,  Quintilian  und  dem  jiin- 
gern  Plinius,  so  häufig,  dass  es  kaum  verwerflich  ist.  N.  L.  ist  aber 
citra  dubium  für  sine  dubio,  was  ausser  Andern  Schütz  (Aeschyli 
Prora.  p.  9)  braucht.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  202  und  Handii 
Tnrsell.  T.  II. 

Citro  hat  in  der  Verbindung  mit  ultro  das  Eigene,  dass  es  diesem 
immer  folgt,  nicht  voransteht,  also  ultro  citroque,  ultro  et  oder  «f  citro, 
ultro  citro,  was  C.  Beier  (Cic.  Off".  I,  17,  56,  wo  Zumpt  zu  vergleichen 
ist)  für  allein  richtig  hielt,  da  es  doch  gerade  nur  selten  ist.  IVicht 
üblich  ist  ultroque  citroque. 

Civicus,  bürgerlich,  wird  in  der  bessern  Prosa  nur  mit  corona  (die 
Bürgerkrone)  verbunden,  ausserdem  steht  immer  civilis,  wofür  nur 
die  Dichter  jene  Form  brauchen. 

Civilis  bedeutete  vor  August,  nur  bürgerlich,  den  Bürger  angehend; 
seit  AugusX.  aber  populär,  herablassend,  höflich  ;  schon  bei  Liv.  sermo 
civilis,  bei  den  Folgenden  steht  es  oft  für  humanus,  comis  und  in  der 
Bedeut.  höflich,  für  urbanus,  polilus. 


217 

Civilitas  bed(Mitet  erst  N.  Kl.  die  Letii Seligkeit  w.  dg^l.  für  hitmavi- 
tas,  comitas,  iirhnnitas,  Mur  bei  Qiiintil.  findet  es  sich  in  der  Bedeut. 
Staat  ^Wissenschaft  als  Uebersetzung-  des  griech.  TiokiTixij  für  civilis 
scientia  ii.  a.  V^l.  Politica. 

Civitas,  der  Staat,  wurde  im  bessern  Latein  nur  gedacht  als  ver- 
einigte Bürgerschaft  sammt  ihren  Rechten,  ohne  Beziehung  auf  die 
Häf/ser ,  (  die  in  i/rbs  und  oppidmn  liegt)  und  auf  die  Verfassung, 
welche  res  publica,  das  Gemeiniresen,  und  in  monarchischen  Staaten 
mehr  inrpcriiim,  regniim  heisst.  Fast  nur  P.  kann  gesagt  werden  cim- 
iatem  incendere^  per  civitatem  errare  u.  dgl.  Vgl.  Heiising.  Emend.  p. 
394.  Ich  würde  daher  Plato's  Bücher  über  den  Staat  lieber  Piatnnis  res 
publica  oder  de re publica,  ah  civitas  nennen.  Ueber  civitas  erudita,  dncta, 
litteraria  oder  litterata,  der  gelehrte  (Gelehrten-)  Staat  \g\.  Eraditus. 

Clam  findet  sich  als  Praeposition  nicht  bei  Cicero,  nur  einmal  bei 
Caesar,  in  einer  nicht  sichern  Stelle  (B.C.  II,  3,26),  und  werde  daher 
vermieden;  es  steht  sonst  nur  als  Adv.  heimlich.  Für  clam  abire,  heim- 
lich weggehen,  ist  gewöhnlich  se  subducere. 

Clanculum,  heimlich,  ist  ein  gemeines  Wort,  ^.  L.  bei  den  Komi- 
kern für  clam,  und  ebenso  Sp.  L.  cla?iculo;  beide  sind  für  den  bessern 
Styl  zu  gemein. 

Clarere,  sichtbar,  berühmt  sei??,  glänze??,  ist  nur  ^.  und  P.  L.  für 
darum  esse  u.  a.;  in  Prosa  findet  es  sich  nirgends,  denn  in  Quint.  \I1, 
1,  30  steht  Jetzt  nach  Spalding  in  Zumpt's  Ausg.  c/a?«,  et  für  das  ehe- 
malige claret. 

Clarescere  ist  in  der  Bedeut.  berühmt  werden  N'.  Kl.  und  selten, 
nur  bei  Tacitus  und  Sueton.;  der  Kürze  wegen  ist  es  nicht  ganz  zu 
verwerfen  für  darum,  nobile??}  fieri,  ??obilitari,  ilhistrati,  florescere 
u.  a.,  oder  i?iclarescere  beim  Jüngern  Plinius. 

Clarißcare.,  berühmt  ??iache?i,  ist  Sp.  L.  für  illustrare  n.  a. 

Clariludo.  die  Berüh??üheit,  der  Ruh??},  ist  Jl.  L.  Form  für  cla?itas 
und  von  daher  bei  Sallust,  nie  KL,  sondern  Ä\  Kl.,  aber  nur  bei  Vel- 
lejus  und  Tacitus;  es  ist  ganz  überflüssig  wegen  daritas,  nobilitas,  glo- 
?-ia,  splendor,  sum??}a  dig??itas.  a?nplit?ido,  no??ii??is  celebritas  u.  a. 

Classic?is,  klassisch,  ist  N.  L.  in  den  beiden  Bedeutungen,  weiclie 
das  Wort  klassisch  bei  uns  hat,  neml.  1.  das  griech.  und  rnm.  jilter- 
thum  betreffend  und  2.  ausgezeich?}et.  vorzüglich,  vortrefflich.  In  Jener 
ersten  Bedeut.,  wo  wir  z.  B.  alle  griech.  und  laf  ein.  Schriftsteller,  gute 
und  schlechte,  klassische  nennen,  oder  von  klassischem  Alterthiime 
sprechen,  kann  dassicus  gar  nicht  angewendet  werden,  sondern  es 
muss  dafür  antiqui  scriptores  uiriusqiie  li??guae  oder  veteres  scripto- 
res  graeci  et  lati?ii,  oder  a??tiq?iitas  Graecorum  et  Romanorum  gesagt 
werden.  Vgl.  mehr  unter  H??ma?2iores  und  Philologia.  —  In  der  zivei- 
te?i  Bedeut.,  a??sgezeich??et,  scheint  es  allerdings  Auctorität  zu  haben, 
indem  Gellius  (aus  dem  Zeitalter  der  Antoninen  um  130  J.  nach  Chr., 
der  seinen  ganz  eigenen  Styl  hat  und  affectirt  schreibt)  XIX,  8  von 
einem  scriptor  classic?is  und  proletarius  spricht;  er  nimmt  also  seine 
bildlichen  Benennungen  von  der  Klassenei?itheilung  der  Römer  her, 
nach  welcher  die  Reichsten  und  Vorzüglichsten,  neml.  die  der  ersten 
Klasse  vorzugsweise  dassici  hiessen,  die  Aermsten  hingegen,  die  der 
letzten  (sechsten)  Klasse,  pr ölet arii.  Ausser  Gellius  hat  es  aber  Nie- 
mand gewagt,  dassicus  auf  etwas  Anderes  anzuwenden,  und  da  es  für 


218 

die  Prosa  durchaus  ohne  Auctorität  ist,  so  muss  das  Wort  in  die- 
ser allg'eraeinen  Bedeut.  ebenfalls  durcliaus  vermieden  werden.  Man 
spreche  also  nicht  von  scriptores  classici,  sondern  von  scn'ptores 
optinii,  praestantissimi  oder  nach  Cicero  Script,  primae  classis.  Vgl. 
Classis. 

Classis,  die  Klasse.  Wiewohl  es  für  die  Klassen  in  Schulen  von 
Einigen  verworfen  und  ihm  ordo  vorgezogen  wird,  so  ist  es  doch  die 
älteste  Benennung  für  die  Schulklassen;  denn  die  Schulmeister  hat- 
ten, wie  Quintilian  (Inst.  1,2,23)  berichtet,  in  jenen  Zeiten  ihre  Schü- 
ler in  Klassen  (classes)  abgetheilt,  nicht  in  Ordnungen  (ordines); 
Praeceptores  mei  (sagt  er)  pueros  in  classes  distribuerant ;  ^?/('e;e 
vero  classem  {der  Erste  in  einer  Klasse  sein)  multo  pulcherrimura 
fuit.  Dies  ist  wohl  hinreichende  Auctorität  für  classis,  nicht  für  ordo. 
Wo  freilich  die  Schülerzahl  in  Ordnungen  getheilt  ist,  zumal  in  den 
Klassen  selbst,  da  brauche  man  auch  ordo,  und  passend  ist  dann  disci- 
puli  primi  (seciindi)  ordinis,  primae,  secundae,  tertiae  classis,  oder 
discip.  primorum  ordinum,  die  Seh.  der  ersten  Ordnungen.  Hergenom- 
men ist  dieses  Wort  von  den  Unterabtheilungen  im  römischen  Heere, 
welche  ordines  hiessen;  es  ist  also  passend  für  jene  Ordnungen.  Es 
findet  sich  aber  jene  bildliche  Uebertragung  von  den  Vermögens- 
klassen der  Römer  auf  Abtheilung  der  Menschen  nach  geistigem  Werthe 
schon  bei  Cicero,  der  (Acad.  11,  23,  73)  Philosophen  des  niedrigsten 
Rafiges  nennt,  philosophos,  qui  mihi  quintae  classis  videntur,  die  in 
die  fünfte  Klasse  zu  gehören  scheine?/.  Auf  diesen  Sprachgebrauch 
gründet  es  sich  auch,  dass  auf  den  meisten  Schulen  prima  classis  die- 
jenige genannt  wird,  welche  die  geistig  reifsten  Schüler  enthält,  und 
so  abwärts.  Dagegen  nennt  man  diesem  Sprachgebrauche  zuwider  in 
Holland  urid  anderwärts  prima  classis  die  ufiterste,  niedrigste  Klasse, 
welche  die  ersten  A?tfänger  enthält.  Wo  aber,  ohne  dass  man  den 
Werth  beachtet,  grosse  Massen  in  Abtheilungen  oder  Klassen  ge- 
bracht werden,  wo  es  so  viel  ist  wie  Arten,  da  passt  nur  genus,  nicht 
classis.  Und  so  kennt  auch  Plinius  in  der  Naturgeschichte  keine  clas- 
ses animalium,  sondern  nur  ge?iera.  Gleichwohl  kann  man  in  der  Ter- 
minologie, bei  den  vielen  Unterabtheilungen,  des  Wortes  classes  für 
unser  Oberabtheihingen  nicht  entbehren,  denen  gefius  und  species  un- 
tergeordnet sind. 

Cl andere.  Man  sagt  claud.  alicui  aliquid.  Einem  Etwas  verschlies- 
sen,  z.  B.  conventus  portas  f  arrom  clausit  (Caes.  B.  C.  II,  19).  Nicht 
verwerflich  ist  es  in  der  Bedeut.  endigen,  beschliessen,  wiewohl  nur 
N.  Kl.  bei  Quintilian,  sogar  nach  den  Handschr.  gleich  oft  mit  der  al- 
ten Form  cludere.  Kl.  aber  ist  mehr  concludere,  z.  B.  epistolam  ;  eine 
Rede  sckliessen  oft  perorare,  so  wie  der  Schluss,  peroratio.  Vgl.  auch 
Finire.  Aber  J).  L.  wäre  claudere  circulum,  einen  Äreis  sckliessen, 
von  Menschen  oder  Thieren,  die  sich  in  die  Runde  stellen  oder  drän- 
gen, für  in  orbem  consistere,  orbem  colligere. 

Claudicare,  hinken,  ist  gut  auch  da,  wo  wir  bildlich  hinken  brau- 
chen in  der  Bedeut.  ?/npassend,  ?nangelhaft  sein,  mit  und  ohne  quasi, 
wie  es  mehr  oder  weniger  iiothwendig  scheint.  Vgl.  d.  Lexica. 

Clemens,  mild,  sajift,  gelinde,  von  Luft,  Wind,  Wetter,  ist  mehr  P. 
L.  für  mitis,  lenis,  placidus,  quietus;  Kl.  aber  vom  Gemüthe. 

Clepere,  stehlen,  ist  A.  L.  für  furari,  jedoch  steht  es  auch  einmal 


219 

bei  Cic.  Rep.  IV,  5,  p.  423  ed.  3Ioser.  als  Uebersetziing  des  griecli. 
ylinreir  und  offenbar  aus  einem  alten  Verse  genommen.  Vgl.  Madvig 
Cic.  Fin.  V,  25,  75. 

Cli'ma,  das  Klima.  Beschaffenheit  des  Hifnmels  und  der  Luft  einer 
Gegend,  ist  Sp.  L,  und  unbrauchbar  für  coelum,  natura  coeli,  tempe- 
ratio  coeli,  statiis  coeli  (Colum.  V,  5,  4),  inclinotio  coeli  (Vitrnv.  1,  1)  ; 
daher  heisst  abwechselndes  Klima,  Wechsel  der  Luft,  coeli  varietas 
(Cic.  Divin,  I,  36,  79). 

Clipeus,  Schild,  bildlicli  für  Schutz,  ist  Sp.  P.  L.  für  scutum  (bei 
Livius),  j!;rfles?V/iM;«,  und  persönlich  custos,  tuior. 

Cloacimis,  kothig.  schmutzig,  ist  von  dem  hyperkritischen  Scioppius 
erfunden,  für  sordidiis ;  er  nennt  die  alte  Methode  der  Grammatik 
cloacina  grammatica. 

Ciostrum,  das  Kloster^  ist  N.  L.  für  die  altern  Formen  coenobiurn, 
monachium,  monasterium. 

Cluere,  geiiannt  irerden,  heissen,  sein,  ist  eine  A.  L.  Form,  deren 
sich  schon  der  reine  Terenz  enthielt,  für  nominari,  dici,  appelhui,  esse. 

Coacervare,  aiifhäufen.,  aliquid  theils  in  aliquem  locum,  theils  in 
aliquo  loco. 

Coactus,  gezumngen,  ist  in  der  Bedeut.  geMlnstelt,  mit  Mühe  ge- 
sucht, unnatürlich,  Sp.  L.  Tind  findet  sich  nur  bei  Gellius,  z.  B.  inter- 
pretatio  coacta,  eine  gezivungene  Krklärung,  für  contortus,  violeiitus, 
impeditus,  arcessitus  u.  a.  So  sagt  Goerenz:  vulgatus  ordo  coactior  est ; 
hoc  foret  coactius  u.  dgl.  ;  ebenso  haud  admodiim  coacte,  coactius 
interpretari.  Für  coacte,  was  erst  Sp.  L.  ist,  sage  man  per  vim.  Ueber 
coactum  se  videre  vgl.  Videre. 

Coadjutor,  der  Gehülfe,  Beistand,  ist  N.  L.  für  adjutor,  collega. 

Coaequalis,  gleich,  gleich  alt,  gleichzeitig,  ist  N.  Kl.  gemein  und 
selten,  ininöthig  und  ganz  verwerflich.  Auch  Ruhnk.  (z.  Terent.  Andr. 
II,  6,  22,  wo  meoriim  oequaliuin  vorkommt)  sagt  davon:  id  est  ejus- 
(lem  aetatis  hominum,  quos  barbari  dicunt  coaeqtiales.  Wodurch  es  zu 
ersetzen  ist,  s.  unter  Aequaevus.  Ganz  A.  L.  ist  coaequus. 

Coaetaneus  und  coaevus,  gleichalterig,  gleichzeitig,  sind  beide  Sp. 
L.,  aber  dennoch  im  N.  L.  beim  Sprechen  und  Schreiben  alltäglich, 
für  aequalis  u.  a.  Vgl.  Aequaevus. 

*  Das  Wort  coaevus  stand  vor  dem  J.  1566  in  allen  Ausgg.  Cic.  in  Vatin.  13, 
und  wurde  auf  diese  Auctorität  hin  von  den  besten  Neulateinern,  auch  von  Per- 
pinian  und  Muretus,  gebraucht,  indem  der  Erstere  (Oratt.  p.  300)  sagt :  coaevurn 
ipsi  tarnen,  und:  calor  utrique  coaevus,  Muretus  aber  im  J.  1558  (\ar.  lectt.  II, 
14)  schrieb:  Martialis  Silii  Italici  coaevus  fuit.  Lambiu  aber  strich  es  im  J.  1566 
in  seiner  Ausgabe  des  Cicero  mit  Adr.  Turnebus,  und  schrieb  für  inter  coaevos 
aus  Handschr.  inter  coquos;  auch  machte  er  nachber  den  Muret  in  Ep.  15  (Mu- 
reti  Oper.  T.  II,  p.  21)  darauf  aufmerksam ,  welcher  es  auch  später  nicht  mehr 
brauchte. 

Coelicola,  der  Hi77?melsbewohjier,  ist  nur  P.  L.  für  deus,  Sp.  L.  aber 
in  der  Bedeut.  Himmelanbeier ,  für  qui  coelum  colit. 

Coelictis,  himmlisch,  ist  P.  L.  f.  coelestis. 

Coelifes,  die  Hi?n7nlischen,  die  Götter,  ist  wohl  nur  P.  L.  für  coe- 
lestes,  da. 

*  Moser  zu  Cic.  Somn.  Scip.  (vgl.  dessen  Symb.  crit.  III,  6,  p.  12)  mag  wohl 
Recht  haben,  wenn  er  sagt,  dass  bei  Cicero  die  Worte  Grates  tibi  —  coelites  aus 
einem  alten  Jambischen  Gedichte  genommen  seien. 


220 

Coelitjis,  vom  Himmel  herab  (das  Wort  fehlt  in  Freiuurs  VVörferb.), 
ist  erst  sehr  Sp.  L.  für  e  oder  de  coelo,  divinitus,  und  verdiente  die 
Enipfehhui^  iVIiirets  (V.  L.  XV,  1)  als  unnöthiges  Wort  g^ewiss  nicht, 
da,  wenn  es  f^ut  und  im  Gebrauche  der  Alten  gewesen  wäre,  die  Bes- 
sern es  gewiss  gebraucht  hätten,  indem  der  Begriff  des  Wortes  zur 
Anwendung  ganz  gewohnlich  war.  Ausser  Muretus  braucht  es  auch 
Perpinian.  (Oratt.  p.  95),  anderer  gewöhnlichen  Neulateiner  nicht  zu 
gedenken.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  495. 

Coelum,  der  Himmel.  Fast  nie,  ausser  bei  Dichtern  und  den  Kir- 
chenvätern, kommt  etwas  Anderes  als  der  Sing,  vor,  nicht  ein  Phir. 
coela.  Eine  männliche  Form,  roelus  (Coelus),  war  der  persönliche  Name 
der  alten  Gottheit,  die  bei  den  Griechen  Uranus  hiess,  welche  die 
Dichter  für  Himmel  brauchten,  und  sogar  auch  im  Plur.  coeli,  was  die 
neuern  Redner  nicht  hätten  aufgreifen  sollen,  um  schöner  zu  spre- 
chen, wie  Hemsterhuis  (Oratt.  p,  10)  :  in  coelos  invectus,  für  in  coe- 
lum. Was  Burmann  (Petron.  p.  171)  vom  vielfältigen  Gebrauche  des 
Plur.  coe//,  nicht  nur  bei  Dichtern,  sondern  auch  bei  Rednern,  sagt, 
ist  leer  und  nichtig.  —  N.  L.  ohne  alle  Auctorität  ist  es,  coelum,  wie 
unser  Himmel,  für  Dens,  Gott,  und  dii,  die  Gölter.,  zu  brauchen.  Falsch 
ist  coehim  (der  Himmel)  te  servet!  coelum  tibi  faveat!  coelum  eum 
amat ;  hoc  det  coelum,  das  gehe  der  Himmel!  für  deus  (dii)  te  servet 
(servent) :  deus  tibi  faveat  (propitius  sit) ;  aequns  deus  eum  amat,  deo 
est  carus  (er  ist  ein  Günstling  des  Himmels):  Deus  fnxit!  das  gebe  der 
//.,  d.  h.  Gott!).  Ebenso  sagt  man  auch  nicht  coelum  annuit  für  deus 
juvat.  deo  incepta  placent.  und  so  überall,  wo  Him?nel  für  Gott  steht. 
Vgl.  Vavass.  Antib.  p.  493.  Sonst  steht  es  fast  überall,  wo  wir  Himmel 
brauchen,  z.  B.  im  Himmel  sein,  ivie  im  Himmel  sein,  d,  h.  sich  glücl- 
lich  fühlen,  in  coelo  esse  (  Cic.  Att.  II,  9);  Einen  (lobpreisend  )  zum 
Himmel  e/AeÄe/?,  aliquem  (laudibus)  in  oder  ad  coelium  ferre  oder 
efferre  (Cic.  Att.  VII,  1.  9.  XVI,  7,  13.  Fam.  IX,  14.  2.  XII,  25,  M  u.a.). 
Richtig  ist  auch  in  coelum  venire,  migrare,  adscendere  in  der  religiö- 
sen Bedeut.  iiach  de?n  Tode  glücklich  und  selig  werden,  indem  auch 
bei  den  verwirrten  und  schwankenden  Vorstellungen  der  Alten  über 
die  Fortdauer  der  Seele  nach  dem  Tode  dennoch  der  grosse  Haufe 
den  Glauben  hatte,  dass  die  Seele  nach  Abtrennung  vom  Körper  sich 
in  den  Himmel,  als  den  JVohnsitz  der  Guten,  erheben  würde.  Vgl.  Cic. 
Tusc.  I,  22.  51;  29,  71  u.  a.  —  Endlich  aber  brauche  man  die  sprüch- 
wörtliche Redensart  toto  coelo  errare,  gewaltig  irren,  die  erst  Sp.  L. 
ist  und  für  vehementer  errare  steht,  nur  mit  dem  Zusätze  (juod  ajunt ; 
übrigens  kaim  für  errare  auch  ein  anderes  Verbum  stehen,  wie  z.  R. 
Muret.  Oratt.  Vol.  2,  orat.  27  (Oper.  T.  I,  p.  428  ed.  Fr.)  sagt:  toto, 
qnod  ajunt,  coelo  dissentire.  Es  sagt  aber  Terenz  (Eun.  II,  2,  14)  bei 
er  rare  passender  tota  via  er  ras. 

Coejiohita,  Coenobium,  vgl.  Monacha. 

Coepisse  und  coeptum  esse  bedeuten  nicht  anfangen,  sondern  an- 
gefangen haben,  da  hingegen  incipere  den  Anfang  angibt,  womit  Etwas 
begoniien  und  angefangen  ist;  es  ersetzt  das  Praesens,  bnperfe- 
ctum  und  Futurum  von  coepi.  Vgl.  Incipere.  —  Es  werden  aber  jene 
zwei  Formen  im  bessern  Gebrauche  bei  Cicero  und  Caesar  nur  so  an- 
gewandt, dass  coepi  bei  einem  activen  Infinitive,  coepfus  sunt  aber  bei 
tinem  passiven  steht,  wovon  nur  ßeri  eine  Ausnahme  macht,  bei  wel- 


221 

cliem  roepit  steht,  z.  B.  Cic.  Brut.  27,  106  ßeri  coepit.  In  Tiisc.  I,  13, 
29  aber  raiiss  mit  W.  Klotz  u.  A.  für  trnrtdii  coepissent  aus  der  besten 
Haiidschr.  tractare  gelese»  werden.  Für  unser  Latein  gelte  dieser  (Ge- 
brauch, von  welchem  Andere,  besonders  iVachkiassiker,  nachlässig  ab- 
gewichen sind,  als  Regel,  die  nicht  übertreten  werde.  Gleicher  Mei- 
nung sind  Viele;  Andere  dagegen  lassen  weniger  streng  beides  als 
gleich  gut  gelten,  wie  denn  auch  wirklich  im  N.  L.  ganz  willkiihrlich  im 
Gebrauche  beider  Formen  verfahren  wird ;  Beispiele  dazu  auch  aus 
den  bessern  Neulateinern  anzuführen,  wäre  unnütz.  —  Man  merke  je- 
doch, dass  bei  coeptum  esse  nie  etwas  Anderes,  als  ein  passiver  Infini- 
nitiv  steht,  bei  Livius  einigemal  auchße/i,  z.  B.  VIII,  2,  6  deditio  coe- 
pta  ßeri  est. 

Coetus  (von  coire),  das  Zusammengehen,  Zusammenkommen,  Zu- 
sammensei?i,  wird  verbunden  in  aliquem  locum,  wie  coire,  nicht  in  ali- 
qvo  loco,  z.  B.  coetus  i?i  domum  (nicht  iji  domo)  Pisonis  (Tacit.  A.  IV, 
41).  Daher  auch  nicht  apud,  sondern  ad  aliquem,  nicht  ubi,  sonder» 
quo,  tvo,  u.  dgl.,  wie  bei  dem  folgenden  cogere. 

Cogere  hat  in  der  Bedeut.  zusammenbringen,  zusammenziehen  das 
Wo  oder  Wohin  gewöhnlich  nur  n\\iin  und  dem  Acc,  in  aliquem  locum, 
nicht  in  aliquo  loco,  bei  sich;  und  daher  uo,  quo,  nicht  ubi;  dort,  eo, 
nicht  ibi:  in  der  Provinz,  in  provinciani,  nicht  in  provincia.  Vgl.  Cic. 
Farn.  XV,  4,  2.  —  N.  L.  ist  wohl,  wenn  ich  sage:  dazu  hat  er  mich 
gezwungen,  ad  hoc  me  coegit,  für  hoc  (quod)me  fcicere  oder  hoc  (quod) 
ut  facerem  coegit.  Und  so  sagt  Cicero  { Rose.  Am.  49, 143),  wo  er  seine 
freimütliige  Rede  erklärt,  qua  me  uti  —  coegit,  wo  wir  sagen:  U7id 
dazu  hat  mich  gezwungen.  Es  kann  aber  cogere  theils  verbunden  wer- 
den aliquem  facere  aliquid,  theils  aliquem,  ut  faciat  aliquid,  theils  auch 
mit  dem  Acc.  u.  d.  Inf.,  wenn  beim  Verbo  cogere  kein  Personal- 
object  steht.  Vgl.  Fabri  zu  Livius  p.  27.  üeber  coactus  s.  oben 
Coactus. 

Cogitabilis ,  denkbar,  ist  N.  L.  und  selten,  als  philosophisches 
Kunstwort  bei  Seneca;  sonst  wird  es  umschrieben  mit  qui  (quae, 
quod)  cogitari,  mente  comprehendi  polest  oder  in  cogitationeni  ca- 
dit  u.  dgl. 

Cogitatiter,  mit  Bedacht,  ist  N.  L.  für  cogitate  (Cic.  Arch.  8,  18), 
considerate. 

Cogitare  ist  denken  und  überlegen,  dagegen  sentire,  denken  und 
meinen.  FJs  wird  verbunden  de  aliquo,  an  Jemanden  denken,  zurück- 
denken, sich  Jemanden  vorstellen ;  de  aliqua  re,  über  Etivas  nachden- 
ken. Etwas  (Künftiges)  im  Sinne  haben;  aliquid,  an  Etwas  denken, 
auf  Etwas  sinnen,  sich  Etwas  im  Geiste  vorstellen,  und  daher  aliquid 
facere,  Ettvas  thun  wollen.  Etwas  zu  thun  im  Sinne  haben ;  secum,  bei 
sich  nachdenken,  überdenken ;  in  locum,  nach  einem  Orte  zu  reiseri  ge- 
denken, z.  B.  cogito  in  Italiam,  cogito  Romam  (Cic.  Fam.  VII,  4.  Att. 
II,  8.  VIIL  25.  XVI,  2.  Vgl.  Matthiae  Cic.  Ligar.  9,  28  u.  Webers 
Uebungssch.  p.  219. 

Cogitatio  ist  nicht  nur  das  Nachdenken  und  die  Ueberlegung  selbst, 
sondern  auch,  weil,  wie  R.  Klotz  sagt,  die  Handlung  des  Denkens  und 
das  Gedachte  bei  manchen  Ausdrücken  zu  nahe  an  einander  gränzt 
und  in  einander  verschmilzt,  der  Geda?ike,  d.  i.  das  Gedachte  und 
Ausgedachte  selbst,  wofür  zwar  eigentlich  das  Wort  cogitatum  vor- 


222 

liamlen  ist,  aber  weniger  als  jenes  jj^ehrauclit  wird.  Daher  sagt 
z.  H.  Cic.  (Tusc.  1,  3,  ()):  litteris  mandare  cogitotiones  si/ns,  seifte 
Gedanken  aufzeichiien,  wo  es  für  cogitata  sua  steht.  Wenn  die  Ge- 
danken in  Worte  gefasst  sind,  so  heissen  sie  sententiae,  und  sind  es 
Gedanketi  des  Uil/efis,  Ansichten,  Grtmdsätze,  so  heissen  sie  cofisilia 
oder  quidquid  quis  sensit.  Bedeutet  Gedanke  hlos  den  Sinti  Jemandes, 
so  ist  es  mens,  z.  B.  Jemandes  Gedajiken  errathen,  aliciijus  mentem 
assequi,  nicht  cogitationem.  Auch  heisst  wohl  in  Gedanketi  ein  Wort 
ergänzen,  ein  Wort  hinzudenken,  verbura  aliquod  mente  supplere,  nicht 
cogitatione,  wie  Ändere  wollen,  oder  nach  Quintil.  simul  audire. 

Cogitato  kann  als  Adv.,  überdacht,  bedächtig,  nach  Madvig  (Cic. 
Fin.  V,  16,  41)  nicht  für  sich,  ohne  ein  Wort  wie  cotisulto,  gebraucht 
werden ;  dafür  cogitate.  Vgl.  Cic.  OfF.  1, 8,  wo  indess  die  besten  Handschr. 
cogitata  als  Adjectiv  lesen.  Jenes  aber  kommt  sonst  nirgends  vor. 

Cognatus,  verwandt,  wird  verbunden  mit  dem  Dativ,  alicui,  mit 
Jemanden ;  das  Subst.  cognatio  aber  mit  cum. 

Cognitio  bedeutet  nur  das  Erkejtnen,  Kennenlernen,  Erforschen, 
die  Erforschung,  aber  nicht  was  dadurch  erlangt  ist,  die  dadurch  er- 
worbene Wissenschaft  oder  Kenntnisse,  weder  im  Sing.,  noch  im  Plur., 
in  welchem  Numerus  cognitiones  bei  Cicero  Begriffe  bedeutet,  innatae 
cogniliones,  angeborne  Begriffe  (Cic.  N.  D.  I,  17,  44).  Kenntnisse 
heisst  also  weder  cognitio,  noch  auch  cognitiones,  sondern  doctrina, 
scientia,  disciplina,  eruditio  u.  a.,  z.  B.  aliquem  scientia  augere,  Jeman- 
des Ketminisse  vertnehren  (Cic.  OfF.  I,  1)  ;  ingenio  scientiaque  Antio- 
chus  excellit,  Ant.  zeichnet  sich  durch  Geist  (Kopf)  und  Kenntnisse 
uns  (Cic.  Acad.  II,  2,  4) ;  litterarum  admodnm  nihil  sciebat,  er  hatte 
sehr  wenige  gelehrte  Kenntnisse  (Brut.  58,  210) ;  erant  in  eo  plu- 
riniae  litterae  nee  eae  vulgares,  sed  interiores  quaedam  et  reconditae,  er 
hatte  sehr  viele  und  zwar  keine  gemeine,  sondern  tiefe,  gelehrte  Kennt- 
nisse (ib.  76,  265).  Gelehrte  Kenntnisse  heissen  ausser  doctrina  und 
litterae  auch  optimarum  artium  scientia   (Cic.  Fam.  VII,  3,  4). 

Cognitus  (was  in  Freund's  Wörterb.  fehlt)  hat  nur  P.  L.  den 
Comp.  cog?iitior  und  den  Sii[ier[.  cog?iilissimus ;  der  letztere  ist  bei 
Catull  offenbar  zum  Scherz  gebildet,  und  so  auch  noch  jetzt  zu- 
lässig, wie  ihn  Muret  in  einem  Briefe  (Oper.  T.  II,  p.  68  ed.  Fr.) 
angewandt  hat. 

Cognominis,  gleichnamig,  ist  P.  L.  und  kommt  einigemal  N.  Kl. 
bei  Suetou  vor  für  ejusdem  cognominis. 

Cognometitum ,  der  Beiname,  ist  mehr  P.  L.  u.  N.  Kl.  bei  Ta- 
citus  für  cognomen.  Bei  Cic.  (Fin.  II,  5,  15)  kommt  es  in  einem 
alten  Verse  vor. 

Cognominare,  einen  Beinamen  geben,  kommt  Kl.  bei  Cicero  nur 
im  Partie.  Perf.  vor,  woraus  für  den  Gebrauch  des  Wortes  Nichts 
folgt,  sonst  ist  es  nur  N.  KL,  aber  als  kurzes  Wort  wohl  nicht 
verwerflich.  Früher  brauchte  man  es  für  das  active  cognomen  dare 
und  für  das  passive  cognometi  accipere,  trahere,  sumere. 

Cognoscere  wird  in  der  Bedeut.  Etwas  erfahreti,  vernehmen  von 

Jemanden,  verbunden  aliquid  ex  aliquo  (von  dem ,  der  es   erzählt) , 

oder  per  aliquem;  Einen  an  Etwas  erkennen,  aliquem  ab  aliqua  re. 

Cognoscibilis,  erkennbar,  ist  N.  L.  für  qui  cognosci  potest;  doch 

ist  es  besser  gebildet,  als,  was  als  A.  L.  erwähnt  wird,  cognobilis. 


223 

Cohaerere,  zusammenhängeji;  —  mit  Etwas,  cum.  aliqua  re  oder 
alivui  rei;  mit  einnndpr,  inter  se,  nicht  secinn.  Genau  ztisammenh., 
apte,  nicht  acciirate  cohaer.  N.  L.  steht  es  von  Oertern,  die  an  ein- 
ander stossen,  ztisam?nenhängen,  für  continens  esse  cum  —  (Cic. 
Farn.  XV,  2,  2). 

Cohaesio,  das  Zusammenhä7ige7i,  der  Zusammenhang,  ist  N.  L. 
für  i'ohaerentia,  was  freilich  auch  nur  einmal  bei  Cicero  und  dann 
N.  Kl.  höchst  selten  vorkommt,  und  durch  das  Verbum  cohaerere 
oA^x  continens  esse  u.  dgl.  zu  ersetzen  ist.  Dieses  cohaerentia  braucht 
man  im  N.  L.  verbünd,  mit  verborum  oder  sententiarum  vom  Zusam- 
menhange der  Gedanken  unter  einander,  aber  ohne  alle  Auctorität. 
Vgl.  Nexus. 

Cohors  ist  in  der  bildlichen  Bedeut.  Me?ige,  Haufe  mehr  P.  L. 
und  findet  sich  einigemal  N.  KL;  es  werde  so  viel  als  möglich  ver- 
mieden. 

Coincidere,  zusammenstossen,  auf  eins  Mnausltommen  u.  dgl.,  ist 
N.  L.  für  concurrere,  eodem  redire  u.  a. 

Coire,  zusamme?igehen,  zusanunenkommen ;  —  wo,  ?rohi?i  selten  in 
aliquo  loco,  gewöhnlich  in  aliquem  locum,  wo  denn  Alles  gilt,  was 
oben  bei  jdiienire  erwähnt  ist.  Ebenso  bei  dem  Subst.  coitio.  Bild- 
lich aber  aliquid,  nicht  /«  aliquid,  Etwas  oder  in  Etwas,  z.  B.  ei7ie 
Verbindting  eingehen.  Etwas  schliessen,  societatem  cum  aliquo  coire. 
N.  L.  aber  und  seltsam  schrieb  neulich  Einer:  Has  animadversiones 
in  regulam  coire  haud  admodura  coacte  posse  non  despero,  ich  hoffe, 
dass  nicht  sehr  gezicimgen  diese  Bemerkungen  eine  Regel  bilden 
können,  wo  fast  Alles  felilerhaft  ist. 

Cole/idissimus,  sehr  verehrenswerth,  hochgeehrtest,  ist  N.  L.  u.  B. 
Superl. ,  für  maxime  colendus;  es  findet  sich  oft  in  neuern  Briefen. 
Vgl.  Reverendissimus. 

Colica  ist  als  8ubst.,  die  Colik,  N.  L.,  wiewohl  das  Adj.  colicus, 
an  der  Colik  leidend,  schon  beim  altern  Plinius  vorkommt;  man 
brauche  dolores  alvi,  oder  ex  intestinis  laborare. 

Collabascere,  zugleich  mit  zu  uHinken  anfange7i,  kommt  j4.  L.  nur 
einmal  bei  Plinius  vor,  und  rauss  durch  labi,  labare,  collabi,  concidere, 
corruere   ausgedrückt   werden,   da  es  für  den  Gebrauch  zu  alt  ist. 

Gleichwohl  braucht  es  Hemsterh.  (Oratt.  p.  169) ;  ubi  vis  rationum 

collabascit. 

Collatio  ist  in  der  Bedeut.  die  Schmauserei  N.  L.  für  convivium, 
coena  collaticia;  wohl  aber  bedeutet  es  einen  Geldbeitrag,  eine  Bei- 
steuer. 

Collatus,  der  Angriff,  steht  nur  bei  dem  Verf.  des  Bellum  Hispan., 
ist  also  wohl  Sp.  L.  für  collatio,  incursus,  concursus,  pugna. 

Collectanea  (Flur. ) ,  Sammelbuch,  worin  allerlei  gesammelt  ist,  ist  in 
dieser  Bedeut.  N.  L.  für  electorum  commentarii  (nach  Plin.  Ep.  III,  5, 17) . 

Collectio  war  bei  den  Alten  nur  die  Handlu7ig  des  Sammeins,  nicht 
das  Gesammelte  selbst,  wie  es  im  N.  L.  (nach  dem  Deutschen  Samm- 
lirng)  gebraucht  wird.  Bei  andern  Subst.  auf  io  findet  zwar  die  Dop- 
pelbedeutung Statt,  aber  gewagt  und  bedenklich  ist  es,  dies  auf  alle 
auszudehnen.  Man  drücke  es  daher  mit  dem  Partie,  collectus  aus,  z.B. 
Sanunlimg  vo7i  Gedichie7i  aus  Mehrern,  poemata  in  unum  collecta  ex 
pluribus  poetis,  nicht  collectio  poematum  plurium  poetarum.  Andere 


224 

nelunen  das  Wort  als  ein  bequemes  und  kurzes  in  Schutz.  —  Ebenso 
ist  ohne  alle  Auctorität  collector,  der  Sattim/er,  und  coUevtiunciiIa, 
als  Deminutiv,  von  collectio,  die  kleine  Sammlung,  was,  wie  jenes,  ent- 
weder vertheidigt  oder  verworfen  wird. 

Collegiitm  ist  in  der  neuen  Bedeut.,  die  Vorlesung  eitles  Lehrers, 
ganz  N.  und  B.  L.  für  schola.  Ein  Collegium,  d.  h.  eine  Vorlesung  Äö/ew 
heisst  scholnm  audire ;  ein  Collegiimi  lesen  (von  einem  Lehrer  ge- 
sagt), scholam  habere;  ein  Collegium  endigen,  scholam  dimittere  (Suet. 
Gramm,  (j). 

Collidere,  zusammenstossen,  und  collisio,  das  Zusani?ne7ist.,  wer- 
den nie  von  Buchstaben  u.  8ylben  gebraucht,  dafür  immer  nur  con- 
currere,  concursus  —  vocalium,  litterarum,  oder  congredi  und  con- 
gressus. 

Collimare  ist  jetzt,  gleichviel  in  welcher  Bedeut.,  ganz  aus  der 
Reihe  latein.  Wörter  ausgestossen,  indem  es  z.  B.W.Freund  ganz 
ausgelassen  hat.  Es  stand  früher  zweimal  in  Cicero  (Divin.  II,  59,  J21 
und  Fin.  111,  6),  wo  aber  jetzt  nach  Handschr.  dafür  colliiieare  steht. 
Aus  den  frühern  Ausgg.  Cicero's  nahm  es  Muret  und  andere  Neula- 
teiner. Verworfen  wurde  es  schon  von  Sciopp.  de  stylo  p.  137  (165), 
Vorst  (latin.  mer.  susp.  p.  207)  und  Ruhnken  zu  Mureti  Oper.  T.  II, 
p.  425  ed.  Ruhnk.  (oder  Mureti  V.  L.  T.  II,  p.  359). 

Collocare,  stellen,  setzen,  vernetzen,  hatte,  wie  dergleichen  Wörter 
bei  uns,  eine  doppelte  Verbindung:  in  aliquem  locum  und  in  aliquo 
loro,  von  welchen  die  letztere  die  gebräuchlichste  war,  da  sie  sich  Kl. 
wohl  nur  allein  findet.  Man  beachte  sie  daher  im  Schreiben,  und  sage 
lieber  collocare  aliquid  in  navi,  in  foro,  in  mensa,  Romae ,  als  in 
navem,  in  forum,  in  mensam,  Romam  Ebenso  in  der  bildlichen  Bedeut. 
Etwas  auf  Etwas  verwenden,  aliquid  in  aliqua  re,z.li.  adolescentiam 
suam  in  aniore  et  voluptatibus.  Vgl.  auch  Reisigs  Vorlesung,  p.  729. 
Einem  eine  ffohlthat  enreisen,  beneficium  collocare  apud  aliquem; 
Eine  an  Jemanden  verheiratheri,  alicui  aliquant  in  matrimonium  oder 
in  mairimonio  colloc. 

Colloqui.  Man  sagt  zwar  colloqui  cum  aliquo,  aber  sich  mit  ein- 
ander besprechen,  unterreden  heisst  colloqui  inter  se,  nicht  secum; 
daher  wir  besprechen  uns  mit  einander,  colloquiraur  inter  nos.  Da- 
gegen bedeutet  secum  colloqui,  mit  sich  (in  der  Stille)  reden,  bei  sich 
überlegen. 

Colluvies,  der  Zusammenfluss,  ist  seltene  N.  Kl.  Form  für  colluvio, 
was  bei  allen  Bessern  im  Gebrauche  ist. 

Colophonem  alicui  rei  imponere ,  eine  Sache  beendigen,  ist  eine 
sprichwörtliche  Redensart,  die  bei  keinem  Lateiner  vorkommt,  son- 
dern von  einem  Neulateiner  (ich  weiss  nicht  welchem)  aus  dem 
Griech.  genommen  und  £\\r  fastigium  alicui  rei  imponere  oder  ßnem 
facere  alicujus  rei  gebraucht  worden  ist.  Will  man  es  brauchen,  so 
muss  man  ut  ajunt  hinzusetzen,  ohne  welches  es  lächerlich  ist.  Görenz 
z.  B.  (Cic.  Fin.  p.  641)  sagt  pedantisch:  quo  proprius  a  Colophone 
absint. 

Color  und  colores,  Farbe,  Colorit,  Anstrich,  wird  nur  der  Rede 
und  der  Schrift  beigelegt,  nicht  dem  Redner  und  dem  Schriftsteller 
selbst,  wie  es  Wyttenbach  thut,  der  (Opusc.  T.  I,  p.  150  ed.  Leid.) 
sagt:  quum  orationem  vestram  dictionibus  coloribusque  Ciceronianis 


225 

orna\eriüs,türßosct//tsque.  Vgl.Forbf^er's  Aufgab,  p.  139. —  Eine  Farbe 
annehmen  heisst  nicht  colorem  sutnere  oder  accipere,  sondern  ducere. 

Columna  kommt  in  der  bildlichen  Bedeut.  Stütze,  Schutz  nur  ein- 
mal P.  bei  Horaz  vor,  für  columen,  praesidium.  Muret  (Oper.  T.  I, 
p.  153)  brauchte  es  als  Anspielung  auf  den  damals  ausgezeichneten 
Römer  ^nt.  Columna,  was  Ruhnken  zu  jener  Stelle  frigidum  lusum 
in  nomine  nannte. 

Combinare,  vereinigen ,  ist  sehr  Sp.  L.  für  jüngere,  conjungere, 
consociare,  connectere.  Ein  Neulateiner  sagte:  plures  versus  perverse 
comhinati  sunt.  Ebenso  Sp.  L.  ist  combinatio  f.  conjunctio,  consociatio. 

Comfcus  in  der  Bedeut.  unseres  Wortes  komisch,  nemlich  lächer- 
lich, ist.iV.  u.  D.  L.  ohne  alte  Auctorität,  für  ridiculus,facetus,jocosus. 
Man  sage  nicht:  comicum  aliquid  accidit,  es  hat  sich  etwas  Komisches, 
A.  h,  Lächerliches  zugetragen,  für  ridiculum  aliquid. 

Comitari,  begleiten.,  hat  regelmässig  den  Accusativ  aliquem  bei 
sich,  aber  bei  Cicero  an  drei  Stellen  auch  den  Dativ'  alicui,  nach  F.  A. 
Wolfs  Bemerkung,  die  auch  R.  Klotz  billigt,  nur  in  metaphori- 
schem Gebrauche,  wo  sich  eine  Sache  an  Einen  oder  Etwas  an- 
schliesst,  sich  ihm  zugesellt,  mit  ihm  verbunden  ist.  —  Kl.  und  gut  ist 
das  Partie,  comitatus  in  passiver  Bedeuturig,  wiewohl  comitari  nicht 
so  gebraucht  wird. 

Comitatio,  die  Begleitung,  ist  N.  L.  für  comitatus. 

Comitia,  die  Fersammhingen,  aber  nicht  der  Fürsten  und  Herren, 
welche  passender  conventus  genannt  werden,  sondern  nur  des  Volkes, 
so  dass  sie  eher  für  unser  Landtage  und  Parlamente  passen.  Dabei 
merke  man  auch,  dass  in  Ve r Sammlungen  zusammenkommen  heisse 
comitiis  coire,  convenire,  nichts//  comitiis  oder  in  cofnitia — ;  ebenso 
bei  creari,  gewählt  werde?i  u.  and.  Verben. 

Co7nma  ist  in  der  Bedeut.  Abschnitt  eines  längern  Satzes  nicht 
ins  Lateinische  aufgenommen  worden,  dafür  incisum.  N.  L.  ist  es  in 
der  wunderbaren  Bedeutung  Art,  für  genus.  So  sagt  sogar  Morhof, 
wiewohl  er  de  pura  dictione  spricht,  cujus  commatis(A.  h.  generis) 
illae  voces  sunt,  und  so  noch  oft  anderwärts 

Commemorabilis,  denk-  oder  ?nerkwürdig,  erklärt  F.  A.  Wolf  zu 
Cicer.  Marcell.  4,  wo  es  vorkommt,  für  Plautinisch,  und  findet  darin 
ein  Zeichen  nicht  Kl.  Latinität  jener  Rede;  aber  es  kommt  ja  auch 
de  N.  D.  II,  52  vor:  multaque  alia  in  aliis  locis  commemorabilia,  und 
steht  dort  fest  und  sicher.  Es  bleibt  also  ein  Kl.  Wort  und  unver-- 
werflich.  Aber  das  Neutr.  Flur,  commemorabilia  ist,  wie  memorabilia, 
als  Subst.  in  der  Bedeut.  die  Merkwürdigkeiten  N.  u.  B.  L.,  z.B. 
commemorabilia  hujus  urbis. 

Commendatorius,  empfehlend,  die  Empfehlung  angehend,  ist  Sp.  L, 
für  commendatitius,  z.  B.   litterae  commend.,  ein  Empfehlungsbrief. 

Commendare  aliquem  apud  aliquem.  Einen  bei  Jemanden  empfeh- 
len, ist  Sp.  L.  für  aliquem  alicui;  ebenso  commendare  aliquid  memo- 
riae  für  mandare  aliq.  mem.  —  Sich  empfehlen  heisst  nur  dann  se 
commendare,  wenn  das  Object  sich  entweder  Andern  entgegensteht, 
oder  wenn  ein  Anderer  zugleich  mit  genannt  wird,  z.  B,  se  et  fratreni 
commend.;  aber  J).  L.  ist  se  commendare  für  commendari,  wo  der- 
gleichen nicht  Statt  findet,  z.  B.  ein  JüngUng  empfiehlt  sich  (commen- 
datur,  nicht  se  commendat)  durch  Bescheidenheit 

15 


226  , 

Coymnensnlis,  der  Tisch  genösse,  ist  N.  L.  für  conviva,  sodfflis,  auch 
wohl  vonvicior.   Vgl.  Vorst.  Jat.  iner.  siisp.  p.  259. 

Co?nmensus  proportionis,  das  Ebeninaass,  die  Symjtietrie,  braucht 
Vitruv  eiuigemal  neben  dem  griech.  sijmmetria,  vielleicht  als  gewöhn- 
liches Kunstwort.  Aber  der  ältere  Plinius  muss  dasselbe  gar  nicht 
gekannt  haben,  weil  er  sagt:  Non  habet  latinura  nonien  symmetria. 
Der  jüngere  Plinius  drückt  es  aus  durch  congruentia  et  aequalitas. 
Vgl.  Gesneri  Plin.  Chrestoni.  p.  898. 

Commentarius  und  vomme?itariuni  und  als  Demin.  cownientariolum 
oder  als  Sp.  L.  Form  commentariohis.  Im  Plur.  kommt  fast  nur  die 
männliche  Form  commentarii  vor,  nicht  rommentaria.  Die  Wörter 
bedeuten  aber  alle  nichts  weiter  als  liber,  scriptum,  jede  Schrift, 
welches  Inhaltes  sie  auch  sei.  Erst  N.  AI.  findet  man  comineiitarii 
und  commentaria  in  der  Bedeut.  Erklärungen ,  Anmerkungen  zu 
einem  Schriftsteller,  indem  Gellius  (N.  A.  II,  6)  von  Annaeus  Cornu- 
tus,  einem  Grammatiker  und  Rhetor  aus  Vespasian's  Zeit,  commentaria 
in  Virgilium  erwähnt,  deren  Inhalt  wir  freilich  wenig  kennen.  Darauf 
beruht  der  heutige  Gebrauch,  commentarius  und  commentarii,  mit  und 
ohne  perpet7ws ,  von  einer  meist  umständlichen  und  vollen  Erklärung 
eines  Schriftstellers  zu  bvauchen,  was  aber  wohl  schwerlich  in  jenem 
Worte  liegt.  Da  nun  aber  einestheils  bei  Suet.  (Gramm.  2)  commen- 
tari  carmina,  Gedichte  erklären  bedeutet,  anderntheils  das  Wort  im 
" N.  L.  seit  Muret.  und  Manutius  alltägliches  Kunstwort  geworden  ist, 
so  ist  es  nicht  zu  verwerfen. 

Commeritatio  ist  in  der  Bedeut.  Ahhandlung  oder  Schrift  zwar  erst 
N.  KL,  aber  neben  commentarius  und  commentariolum  unbedenklich 
zu  brauchen.  Vgl.  Schirlitz  Method.  d.  lat.  Styl.  p.  48. 

Commentatus  kommt,  obgleich  es  von  dem  Depon.  commentari 
abstammt,  doch  passivisch  bei  Cic.  (Fam.  XVI,  26, 1)  vor:  commen- 
tata  oratio. 

Cofnmenttim  ist  in  der  Bedeut.  Erklärung .,  AbhajidJung  Sp.  L., 
indem  der  Grammatiker  Donat  unter  dem  Titel  commenlum  artis 
eine  Art  von  Grammatik  schrieb.  Im  N.  L.  des  15.  und  16.  Jahrh. 
werden  die  Auslegujigen  der  Schriftsteller  ganz  gewöhnlich  com- 
menta  genannt,  was  nicht  nachzuahmen  ist. 

Commercium  ist  mit  dem  Genit.  epistolarum  verbunden  der  fast 
Kl.  Ausdruck  für  unser  Briefwechsel,  da  er  bei  Vellej.  (II,  65)  und 
Senec.  (Ep.  38)  vorkommt  und  oft  anwendbarer  ist,  als  litteras  mit- 
tere  et  accipere  (Cic.  Fam.  XV,  21,  6)  und  colloquia  amicoruni  abse?i- 
tium  (ibid.).  N.  L.  aber  ist  commercium  epistolicum  und  litterarium, 
welcher  Titel  sich  auf  gedruckten  Briefwechseln  findet.  —  Sonst 
bedeutet  es  oft  Handel  und  Waiidel. 

Commerere,  verdieneii,  nur  von  Strafe  für  ein  Vergehen,  ist  fast 
nur  A.  L.  bei  den  Komikern  und  steht  nur  einmal  bei  Cicero  (Orat. 
I,  54),  wogegen  nierere  von  Belohnungen  gesagt  wird.  In  beiderlei 
Sinne  steht  sonst  dignum  esse  aliqua  re,  und  nicht  verdienen ,  in- 
dignum  esse. 

Cominiles.  Vgl.  die  Anmerk.  zu  dem  folg.  Worte. 

Commilitones,  in  der  geistigen  Bedeut.  die  Mit  studier  enden  und 
wohl  gar  als  Anrede  an  die  Studenten  oder  Schüler,  ist  tiieils  ohne 
alte  Auctorität,  theils  in  unsern  friedlichen,  nicht  militärisch  einge- 


227 

richteten  Staaten  nicht  anwendbar.  Einem  Römer  ist  es  zu  verzeihen, 
wenn  er  viele  militärische  Wörter  auf  andere  Dinge  überträgt,  wie 
denn  Ovid  wirklich  einmal  von  einem  C07nmilitiinn  studion/m,  d.  h. 
einer  Gemehischaß  in  Studien  spricht;  aber  bei  ihm  ziehen  auch 
Liebende  zu  Felde,  militant  amantes.  Für  uns  klingt  commilitones  zu 
burschikos  und  unfriedlich.  Hand  (Lehrb.  p.  169)  verwirft  das  Wort 
mit  Eichstädt  (Deprecatio  latinit.  acad.)  ;  Andere  nehmen  es  in  Schutz. 
*  Aber  das  Subst.  commiles,  der  Mitstreiter,  ist  gewiss  erst  ganz  Sp.  L.  für 
commitito,  wenigstens  kommt  es  uicht  mehr  bei  Caesar  und  dem  altern  Pünius 
vor;  denn  in  Caes.  B.  C.  I[,  29  steht  jetzt  commilitones  für  commilites .und.  in 
Plin.  N.  H.  XXXVII,  2,  6  militibiis  für  commilitibus.  Uebereilt  corrigirte  es  ein- 
mal Hugo  Grotius  in  eine  Stelle  bei  Tacitus. 

Commisereri,  Mitleid  haben,  ist  Sp.  L.  und  kommt  vielleicht  nur 
einmal  vor;  commiserescere,  Mitleid  haben,  ist  A.  L.  u.  selten.  Beide 
sind  zu  vermeiden  durch  cotnmiserari,  misericordia  frangi  oder  com- 
moveri  u.  a. 

Commissarius,  ein  Commissär,  dem  Etwas  übertragen  ist,  ist  zwar 
gut  gebildet,  wie  emissarius,  aber  N'.  L.  für  curator, procurator,  lega- 
tiis,  ciii  negotium  datum  oder  mandatum  est. 

Commissio  in  der  Bedeut.  Auftrag  ist  N.  L.  für  mandatum  (Cic. 
Rose.  Amer.  38,  111).  negotium.  Mit  einem  Genitiv,  wie  ludorum, 
proelii,  belli ,pugnae,  rixae  u.  a.  bedeutet  es  aber  nicht  die  Handlung 
seihst  von  Anfang  bis  zu  Ende,  die  Feier  der  Spiele,  die  Lieferung 
eines  Treffens,  Führung  eines  Krieges  u.  s.  w.,  sondern  nur  das  An- 
fangen, Beginnen,  wiewohl  es  im  N.  L.  anders  verstanden  wird.  Es 
kommt  aber  imr  selten  commissio  so  vor,  wie  z.  lti.ja?n  ab  ipsa  coinmissione, 
neml.  ludortim,  schon  vom  Anfange  der  Spiele  ati;  Cic.  Att.  XV,  26, 1. 
Ob  je  commissio  proelii,  pugnae,  belli  u.  a.  gesagt  wurde,  weiss  ich  nicht, 
weder  oh  es  den  Anfang,  noch  ob  es  die  Lieferung  seihst  bedeute.  Es 
werde  daher  vermieden.  Vgl.  Committere. 

Committere  verbunden  mit  bellum,  spectaculum,  ludos,  proeliuniy 
pfig7iam  ist  wohl  fast  immer  nur  anfangen,  beginnen,  gleich  dem  Verbo 
inire,  incipere;  so  bei  Liv.  VIII,  25  bellum  prospere  commissum,  d.  h. 
inchoatum,  imtu7n,  inceptum ;  ib.  XXI,  40  nos  decuit  heWum  commissum 
(den  angefarigenen)  ac  profligatum  conficere  (zu  Ende  bringen);  ib. 
II,  36  nondum  commisso  spectaculo,  wofür  aber  Cic.  (Divin.  I,  26)  bei 
derselben  Erzählung  sagt:  antequam  (ludi)fierent,  ?Aso  vor  Anfang  der 
Spiele;  —  und  so  wird  man  nach  geliefertem  Treffen  nicht  übersetzen 
comfnisso  proelio  (pugna),  sondern  facto,  profligato,  confecto.  —  Wie- 
wohl man  sagt  committere  delictum,  caedein,  fraudem  u.  s.  w.,  ein  Ver- 
sehen, einen  Betrug,  einen  Mord  begehen,  indem  etwas  Thatsächliches 
damit  verbunden  wird,  so  kann  aber  doch  nicht  gesagt  werden  e/rorem 
committere,  einen  Irrthum  begehen.  Dies  kommt  auch  nirgends  vor,  ist 
aber  im  N.  L.  sehr  häufig,  für  errare,  in  errore  versari,  errore  capi 
oder  duci,  in  errorem  induci  u.  a.,  und  Ruhnken  hatte  Recht,  wenn  er 
in  seinem  Elogium  p.  250  das  früher  geschriebene  Joc?//«res  e/rores 
committere  abänderte  in  lahi  in  joculares  errores.  Audi  kann  man  wohl 
alicui  aliquid  coinmittere.  Einem  Etwas  anvertrauen,  aber  es  muss  Et- 
was zur  Verwahrung  und  Behütung,  nicht  aber  ein  blosses  Geschäft 
sein,  also  nicht  negotiu7n  alicui  conwiittere.  Einem  Etwas  übertragen, 
was  er  thun,  ausrichten  und  ausführen  soll,  für  dare  alicui  negotium. 

15* 


228 

Endlich  sagt  man  nicht  commütere  in  se,  gegen  sich  sündigen,  irider 
sich  selbst  handeln.,  sondern  admillere  in  se,peccare  in  se:  aucUfacinus, 
delictum  in  se  adrnittere. 

Commodare,  leihen,  darleihen,  wird  nur  von  Sachen  gebraucht,  die 
man  in  natura  wieder  zurückgibt,  also  nur  hi?igeben  zum  Gebrauche 
lind  zur  Benutzung,  z.  B.  librum,  domtim,  hortum;  aber  nicht  pecuniam, 
nnmos ,  frumentum ,  vinum,  oleum  und  was  man  sonst  wohl  leihen 
kann,  wofür  man  aber  nur  Aehnliches  oder  ein  Aequivalent  zu- 
rück erhalten  kann;  hier  wird  statt  comwof/«/e  gesagt  tver/e/e  «/«cmi 
pecuniam^  dare  mutiiam  pecuniam ,  mutuos  numos.  Wenn  aber  Cic. 
(Cael.  13,  32)  sagt:  Clodia  se  aurum  Caelio  commodasse  non  dicit,  so 
versteht  er  unter  aurum  goldnes  Geräthe ,  nicht  Geld  i?i  Golde. — 
N.  L.  ist  auch  wohl  commodato  dare.  Etwas  leihen,  was  Muretus 
(V.  L.  T.  II,  p.  153)  gebraucht  hat,  wo  Fäsis  x\nm.  zu  vergleichen  ist. 
Was  wir  aber  lehnen  nennen,  d.  h.  Etwas  lehnsweise  erhalten,  heisst 
nicht  commodato  accipere,  sondern  titendum  accipere  oder  mutuari  ah 
aliquo.  Ausgeliehenes  Geld  heisst  pecuniae  creditae.  —  Falsch  wäre 
daher:  a  viris  virtus  nomen  cömmodavit  (hat  den  Namen  e?itlehnt)  für 
mutuata  est  (Cic.  Tusc.  II,  18,  43).  Falsch  ist  wohl  se  commodare  alicui, 
Einem  gefällig  sein,  für  commodare  ohne  se.  Vgl.  Manut.  Cic.  Farn. 
XIII,  53  und  Orelli  z.  Cic.  Farn.  XIII,  2,  3.  Sich  nach  Einem  in  Etwas 
richten  wird  theils  durch  in  aliqua  re,  theils  durch  aliqiia  re  ausge- 
drückt. Vgl.  Cic.  Farn.  XIII,  35,  2;  53,  1.  Dagegen  steht  bei  Quintil. 
(II,  8,  4)  :  praeceptor  se  commodabit  singulis,  er  wird  sich  nach  den 
Einzelnen  richten,  seinen  U?iterricht  nach  ihnen  einrichten. 

Comnioditas  bedeutet  nicht  Bequemlichkeit,  was  opporttinitas\iG\s&t^ 
sondern  Passlichkeit,  Geschicklichkeit. 

Commoditer  ist  eine  iinlat.  Form  für  commode;  sie  ist  zwar  von 
Gulielmius  und  Jac.  Gronov  aus  Ilandschr.  in  den  B.adHerenn.  111,18 
empfohlen  worden,  aber  jetzt  wird  dort  ganz  anders  gelesen.  Das  Wort 
fehlt  daher  in  den  nenern  Lexicis  von  Scheller,  Forcellini  und  Freund, 

Commonefacere,  Einen  an  Etwas  erinnern,  wird  verb.  aliquem  ali- 
cujus  rei  oder  aliquid ;  dagegen  commojiere  alicujus  rei,  aliquant  rem 
und  de  aliqua  re. 

Commonitoritim,  das  Er  inner  ungsschreibeji,  ist  Sp.  L.  für  monitum, 
monitio,  admonitio,  commonitio,  admonitum. 

Commori,  niitsterben,  verb.  alicui  oder  cum  aliquo,  ist  höchst  selten, 
und  steht  bei  Sallust  und  Seneca;  —  es  ist  zu  vermeiden. 

Communicare ,  mittheilen,  wird  Kl.  verbunden  cum  aliquo,  mit  Je- 
manden, Sp.  L.  alicui.  Wo  bei  Klassikern  anscheinend  ehemals  der 
Dativ  in  den  Texten  stand,  ist  jetzt  cum  hinzugesetzt  worden.  So  liest 
daher  jetzt  auch  Dähne  mit  Andern  in  Caesar  B.  C.  III,  18  für  quibus 
communicare,  wiewohl  gegen  alle  Handschr.,  ohne  Zweifel  richtig  r/w/- 
buscum  commtin.  Der  früheren  doppelten  Verbindung  alicui  und  cum 
aliquo,  die  man  in  den  Ausgaben  der  bessern  Schriftsteller  fand,  folg- 
ten die  Neulateiner,  und  wählten  bald  den  Dativ,  bald  cum  mit  dem 
Abi.,  was  ihnen  nicht  zum  Tadel  gereichen  kann.  Heutzutage  aber 
wird  wohl  von  allen  Kennern  die  Dativverbindung  als  schlecht  lateinisch 
verworfen.  —  Es  ist  aber  auch  nicht  lateinisch,  wenn  J.  A.  Ernesti 
(Oratt.  p.  124)  sagt:  communicare  sibi  invicem,  sich  gegenseitig  oder 
einander  Etwas  miltheilen,  inr* communicare  inter  se;  z.  B.  wir  theilen 


229 

uns  Alles  gege?iseitig  (einander)  mit,  opinta  inter  7J08  commtuiicanms, 
nicht  nobis  invicem.  Und  so  in  ähnlichen  Fällen,  wo  einander  oder 
gegenseitig  sich  einmischt.  Das  Verbnm  commnnicare  aber  möchte 
wohl  da  nicht  ganz  passend  sein,  wo  an  kein  Gemeinsammachen  ge- 
dacht wirdjZ.  B.  Belehrunge7iniittheilen,  wicht praeceptacommunicare, 
sondern  tradere. 

Cornmiinis  ist  in  der  Bedeut.  gemein,  d.  h.  gewöhnlich,  alltäglich, 
mit  dem  Neben  begriffe  des  ünwertheii ,  der  Niedrigkeit  und  Ge- 
meinheit N.  L.  für  vulgaris;  es  enthält  vielmehr  den  Begriff  des  Ge- 
meinschaftlichen oder  Genieinaamen,  dessen,  was  wir  mit  y\ndern  oder 
wohl  gar  mit  Allen  gemeinschaftlich  haben  und  was  nicht  uns  allein 
eigenthümlich  ist.  Daher  ist  ein  gemeiner  Mann,  nicht  homo  communis, 
-wiewohl  auch  nicht  vulgaris,  sondern  homo  de  plebe,plebejtis,sordidus, 
obscurus,  obscuro  oder  infimo  loco  natiis ;  gemeine  Menschen ,  vulgtis; 
gemeine  Soldaten,  vulgus  inilitmn;  gemeine  Sitte  und  Art,  nicht  co7n- 
mujiis,  sondern  vulgaris  mos,  modus,  und  wenn  Burmann  (Petron.p.  335) 
schreibt:  orania  in  hujus  supellectile  extra  commufiem  modum  sunt,  so 
musste  er  entweder  vulgarem  sagen,  oder  blos  7nodum  excedunt.  In 
vulgaris  liegt  meistens  der  Genitiv  vulgi,  in  communis  aber  der  Genit. 
oninium.  Was  daher  beiden,  dem  vulgus  und  den  omnibus  gilt,  kann 
vulgaris  und  communis  genannt  werden:  ein  mos  vulgaris  ist  eine  Sitte 
des  geraeinen  Volkes,  ein  tuos  communia  eine  allgemeine  Sitte,  eine 
Sitte,  die  von  Allen  befolgt  wird.  Ebenso  heisst  communiter,  gemein- 
schaftlich mit  Andern,  aber  nicht  gemei7ii glich,  gewöhnlich,  alltäglich, 
>vas  vulgo,  vulgariter,  plerumque  heisst.  Wunderbar  ist  es  aber,  wenn 
Wyttenbach  (Polymath.  I,  p.  2)  sagt:  ambo  communiter  apud  rae  fue- 
runt,  wo  für  commu7iiter  entweder  una  stehen,  oder  commtaiiter  ganz 
wegbleiben  musste. 

Comoedia.  Eine  Comödie  az/ffiihren,  spielen  heisst  comoediam  agere, 
und  der,  welcher  sie  aufführt  und  mitspielt,  actor  comoediae  (comoe- 
diariira)  oder  comoedus ,  w'm  der  eigentlich  wahre  Comoediant  oder 
der  comiscke  Schauspieler  genannt  wird,  da  der  Comoediant  im  all- 
gemeinen Sinne,  d.  h.  der  Schauspieler,  histrio  oder  actor  heisst.  Co7noe- 
das  aber  bedeutet  nicht  den  Comoediendichter,  wi^lcher  poeta  comicus 
oder  blos  co7nicus  heisst.  sowie  tragicus,  der  Tragoediendichter.  N.  L. 
ist  comoedialis  und  Sp.  L.  comoedicus  für  co/nicus. 

C'ompactum  ist  als  Subst.  /iL  nur  im  Abi.  compocto  üblich  in  der 
Bedeut.  7iach  P erabredur/g ,  verabredetermasse7i ,  wofür  auch  de  oder 
ex  compacto  gesagt  wird;  alle  drei  sind  aber  selten  imd  mit  dem  bes- 
sern ex  composito  zu  vertauschen. 

Compages,die  Fuge,  Verbindung,  mit  der  in  Prosa  seltnen  Neben- 
form coi7ipago —  kommt  überhaupt  selten  und  bei  Cicero  nurimPlur. 
vor:  in  his  compagibus  corporis;  für  compages  braucht  er  sonst 
vincula. 

Comparare  in  der  Bedeut.  vergleichen  wird  verbünd,  aliquem  (ali- 
quid) alicui  oder  cum  aliquo.  Einen  (Etivas)  mit  Einem  (Etuws)  verb. : 
sich  bereiten  (rüsten)  auf  oder  für  Etwas,  se  comparare  ad  aliquid,  z.  B. 
Caes.  B.  G.  VII,  79:  se  comparare  ad  omnes  casus,  sich  auf  alle  Fälle 
gefasst  7nachen.  So  wird  es  aber  nur  in  Bezug  auf  die  handelnde  Per- 
son selbst  verbunden,  also  nicht  se  comparat  ad  bellum  für  comparat 
belhan.  Verworfen  wird  auch  als  N.  L.  die  Redensart :  ita  comparaiu7n 


230 

est  ctim  alifjuo,  so  t'st  es  mit  Jemanden  beschaffen,  wofiir  entweder  ein 
Dativ,  ß//c?/?,  eintritt,  oder  d^r  Jemand  m\i\  das  Etwas  Subjectdes  Verbi 
wird,  oder  statt  dessen  ein  Satz  folgt.  Man  sage  z.  B.  nicht  ita  vom- 
paraturn  est  cum  Ungna  lotina ,  nt  cum  homine ,  es  ist  mit  der  latein. 
Sprache  so  beschaff'e?i,  wie  mit  dein  M.,  sondern  ita  (peri?ide)  linguae 
latinae  ratio  comparatn  est,  ut  homitiis.  Vgl.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.32 
und  Ruhnk.  z.  Terent.  Heaut.  III,  1,  97. 

Comparative,  i'ergleichu?igs?reise,  mit  Vergleichung,  ist  erst  Sp.  L., 
wiewohl  comparativus  sogar  Ä7.  einmal  bei  Cicero  steht,  für  comparate 
oder  ex  comparatione  (Cic.  Orat.  III,  29,  116). 

Comparere  bedent.  zwar  sichtbar  sein,  sichtbar  erscheinen ,  nher 
iingewöhnlicli  ist  comparere  in  judicio  ,  ante  Judicium,  ante  judicem, 
vor  (im)  Gericht  erscheinen,  für  se  sistere ,  in  jus  adire,  ad  Judicium 
adesse. . 

Cotnpassio,  das  Mitleide?!,  und  compati,  mitleiden.  Mitleiden  haben,, 
sind  beide  sehr  Sp.  L.  und  durchaus  zu  vermeiden.  Man  wähle  andere 
Wörter,  wie  sie  der  Sinn  verlangt.  Vgl.  Condolere. 

Compendif actus ,  abgekürzt,  steht  N.  L.  bei  Valckenaer  (  Oratt. 
p.  272):  Portus  vocem  credidit  compendif  actum  für  imminutam,  con- 
tractam,  decurtatam,  correptam  u.  a.  —  Es  ist  wahrscheinlich  vom 
V\-Aniim&c\\Qi\  compendii  fucere  oder  ßeri  gebildet,  aber  bei  Plautus 
bedeutet  verba  compendii  facere  alicui.  Einem  If  orte  sparen,  Kinen 
der  ff  orte  nberhebe?i.  N.  L.  wird  es  auch  als  ein  Wort  geschrieben, 
compejidifacere. 

Co?npeftdium ,  was  im  bessern  Latein  nur  Fortheil,  Gewinn,  Er- 
sparniss  bedeutet  und  N.  AI.  auch  einen  Inirzefi  Weg,  gleich  via  com- 
pendiaria,  wobei  Zeit  gewonnen  und  Mühe  erspart  wird,  hat  im  N.  L. 
auch  die  Bedeut.  Handbuch  oder  Lehrbuch  über  irgend  eine  Wissen- 
schaft oder  Kunst  efhalten,  wozu  vielleicht  Qnintil.  (Inst,  I,  1,24) 
Anlass  gegeben  hat.  Dieser  sagt:  Pudeatne  me  in  ipsis statim  elementis 
(gleich  bei  den  Anfangsgründen)  etiam  brevia  docendi  monstrare  com- 
pendia?  Beachtet  man  diese  Worte,  so  ist  es  N.  L.,  wenn  man  sagt: 
Co/npendium  antiquitatum  Romanarum  edidit  Cellarius  oder  editum  a 
Cellario —  und  so  viele  ähnliche  Titel,  für  Compendium  docendi anti- 
quitates  Romanas  7nonstrarit  oder  fecit  Cellarius  oder  monstratnm 
(factum)  a  Cellario.  So  sind  alle  ähnliche  Titel  zu  ändern,  üebrigens 
liiess  Lehrbuch  einer  Kirnst,  artis  libelhis  (Qnintil.  II,  13, 15),  bei  Cic. 
auch  oft  blos  ars ,  z.  B.  Orat.  II,  15,  64  praecepta,  quae  in  artibus 
rbetornm  —  (i7i  den  rhetorische??  Lehrbüchern,  i?i  den  Lehrbücher??  der 
Rhetorik);  id.  Fin.  IV,  3,  7  arte?n  rhetoricam  (ei??  Lehrbuch  der  Rhet.) 
scripsit  Cleanthes,  und  wenn  er  (Orat.  14,43)  sagt:  quid  sit  Optimum, 
i??  tradenda  arte  dici  solet,  so  würden  wir  sagen:  das  pflegt  i?i  ei?iem 
Lehrbuche  der  Rhetorik  angegebe??  zu  ?iierde?i.  Und  so  kann  denn  auch 
hiernach  ein  mehr  lateinischer  Titel  gebildet  werden,  lieber  ars  und 
artes  vgl.  Freund's  Lexicon. 

Co7?ipe?isare,  a?is gleiche??,  abwägen,  erka??fen,  ersetzen  (Etwas  durch 
oder  gege?i  Etwas),  wird  gleich  gut  verb.  aliq?iid  aliq?ia  re  und  cum 
aliq?ia  re ,  z.  B.  vol??ptate??i  cu??i  curis  oder  curis ,  Vergnüge??  gege?i 
oder  mit  Sorger?  erkaufen. 

Co?iipensatio  mit  einem   Genitiv,  z.  B.  meritorum ,  in  der  Bedeut. 


231 

Verßeltnn^  ist  N.  L.  für  remnneratio,  pensatio,  aequatio.  Vgl.  Sciopp. 
de  stylo  p.  130. 

Competere  alicui  oi]er  in  aliquid,  für  Etwas  passe?!,  geeignet  sein, 
möchte  als  N.  Kl.  und  selten  kaum  anwendbar  sein  für  convenire  in 
aliqnem  {aliquid).  Wenn  3IovIiof  (de  jjura  dict.  p.  5)  sagt:  quntenus 
oralioni  competit,  insofern  es  für  die  Hede  passt,  so  wäre  besser  ge- 
wesen :  quat.  in  orationern  covvenit.  Das  Snbst.  competentia  aber,  wel- 
ches Sp.  L.  ist,  ist  in  der  Bedeut.  Befugniss,  in  welcher  wir  Competenz 
brauchen,  A\  L.  iiir  jus  oi\i^r  potestas. 

Cümpilare  ist  zwar  KL,  iiedeutet  aber  nur  Etwas  bestehlen,  berau- 
ben,plündern  mit  dem  y^cc.  des  Gegenstandes,  welcher  bestohlen  oder 
ausgeplündert,  und  mit  dem  ylbl.  des  Gegenstandes,  dessen  jener  be- 
raubt worden  ist,  z.  B.  aede?n  Omnibus  ornamentis  compilare ,  eineti 
Tempel  alles  seines  Schmuckes  berauben.  N.  L.  aber  wird  ganz  ver- 
kehrt gesagt:  iste  librum  suum  (ex  aliis)  compilavit,  da  hei  den  Alten 
nur  ein  fremdes  Buch  compilirt,  d.  h.  geplündert  wird,  nicht  ein  eigenes, 
indem  nicht  der  Begriff  des  Sammelns ,  sondern  des  Stehlens  darin 
liegt.  Auch  lässt  sich  niclit  sagen  diviiias  co?npilare,  Reichthütner  sam- 
meln,  für  colligere  divitias.  Vgl.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  ]33.  Schade 
ist  es,  dass  das  Wort  compilator ,  der  Plünderer ,  Dieb,  welches  gut 
gebildet  ist,  sehr  Sp.  L.  ist,  so  dass  es  nur  bedenklich  nachgebraucht 
werden  kann.  Man  wende  es  vorsichtig  mit  einem  mildernden  Zusätze 
an.  Andere  verwerfen  es  geradezu. 

Complacere  alicui.  Einem  gefallen,  ist  A.  L.  und  N.  KL,  selten 
und  unnöthig  für  placere. 

Complecti.  Das  Partie,  complexus  kommt  Kl.  auch  adjertivisch 
in  der  passiven  Bedeut.  vereinigt  vor,  wie  dies  bei  vielen  ähnlichen 
der  Fall  ist.  Vgl.  Cic.  Rose.  Am.  13.  Unser  Etwas  in  Worte,  in  eine 
liede  fassen  lieisst  nicht  aliquid  complecti  in  verba ,  in  oratione?n, 
sondern  verbis,  oratione. 

Complere  bezieht  sich  meistens  auf  etwas  U?ivollständiges ,  und 
heisst  vervollständigen,  volhählig  machen,  ausfällen;  implere  aber 
auf  etwas  Leeres,  also  anfüllen.  Auch  wird  complere  tropisch  ver- 
bunden mit  Wörtern,  wie  gaudio,  spe,  terrore,  was  bei  implere  nicht 
der  Fall  ist,  wenigstens  nicht  bei  Cicero.  Vgl.  Implere. 

Comples ,  Plur.  complices,  die  iMitschu/digen,  VerbündeteJi ,  ist 
selir  Sp.  L.  für  sceleris  socii,  affines,  populäres.  Es  stand  sogar  früher 
als  falsche  Lesart  in  Cic.  Catil.  I,  5, 12,  wo  für  comituni  gelesen  wurde 
complicium. 

Complexio  ist  in  der  Bedeut.  körperliche  Beschaffenheit  sehr  Sp.  L. 
für  constilutio,  natura,  affectio,  und  N.  L.  in  der  Bedeut.  Umarmung, 
für  cnmplexus. 

Complicare,  zusamme7ifalteti,  hat  Kl.  im  Perf.  complicavi,  N.  Kl. 
complicui,  und  ebenso  im  Supino  KL  complicalum,  N.  KL  complicitum. 

Complures  lässt,  da  es  nicht  als  Comparativ  gebraucht  wird  und 
sich  dadurch  von  plures  unterscheidet,  keinen  Ablativ  des  Grades  um 
■wie  viel  zu,  z.  B.  ?iiulto ,  um  Vieles,  weit.  Ein  Adverb,  compluries, 
mehrmals,  ist  nur  A.  L.  und  galt  später  als  minus  usitatum  et  bar- 
bare dictum;  vgl.  Gell.  N.  A.  V,  21.  31an  brauche  dafür  saepe,  saepius, 
identide?n,  interdum.  pluribus  locis,  nonnumquani  u.  a.  Zweifelhaft  ist 
aber  pluries.  Vgl.  dieses  Wort. 


282 

Comphirimus  ist  Sp.  L,  und  findet  sich  nur  bei  GelJ.  (IV,  A.  XI, 
1,  1)  :  buceta  —  comphirtma,  was  aber,  wenn  niclit  mit  einigen  Gelehr- 
ten compluria  zu  lesen  ist,  als  alle  gemeine  Latinität  keine  Beai  h- 
tung  verdient.  Für  den  Superl.  reicht  plnrimus  hin.  Vgl.  Heusing. 
Eraend.  p.  396. 

*  Ehedem  stand  es  auch  in  den  altem  Ausgaben  vor  Scaliger  in  Hirtius 
B.  G.  VIII,  14,  wo  aber  jetzt  für  complurimis  diebiis  seit  Scaliger  aus  d.  Haadschr. 
comphiribus  diebus  geleseu  wird. 

Componere.  Wiewohl  man  sagt  comp,  versits,  carmina,  cantica^  was 
aber  nur  vom  Dichter  gilt,  so  kann  componere  doch  nicht  von  dem  Musi- 
ker, der  ein  Gedicht  in  Musik  setzt,  also  componirt,  gebraucht  werden; 
dafür  sagt  man  (nach  Quintil.  1, 12, 14)  musicis  notis  (modis)  canticum 
excipere.  —  In  der  Bedeut.  vergleichen  wird  es  verb.  alivui  und  cum 
aliquo.  Nach  Cicero  bedeutet  verba  componere  nicht,  was  wir  sagen, 
ein  Paar  Wörter  zusammensetzen,  in  eins  verbinden,  sondern  nach 
Ordnung  tmd  Gesetz  zusammenstelleri  und  ordnen.  Und  so  bedeutet 
compositio  verborum  nicht  die  Verbindung  zweier  Wörter,  sondern 
die  schickliche  Stellung  und  das  Ordnen  der  Wörter.  Vgl.  Cic. 
Orat.  68.  Zivei  Wörter  verbinden  oder  zusammensetzen  drückt  Cicero 
(Orat.  45,  154)  durch  copulando  verba  jüngere  aus,  und  nennt  solche 
Wörter  nicht  composita ,  sondern  copuluta ,  juncta  oder  conjuncta; 
und  da  Livius  (XXVII,  11,  5)  diese  Wörterverbindung  verba  dupli- 
care  nennt,  kann  man  sie  auch  duplicata  nennen.  Da  aber  schon 
Quintilian  (I,  5,  3  u.  öfter)  solche  Wörter  composita  nennt,  so  hat 
diese  Benennung  für  unsern  Gebrauch  hinreichende  Auctorität.  Ob  man 
aber  corpora  composita,  zusammengesetzte  Körper,  nemlich  aus  ver- 
schiedenen Stoffen  zusammenges.,  sagen  dürfe,  kann  bezweifelt  werden; 
nach  Cicero  heissea  sie  corpora  concreta.  Auch  sagt  man  Mohl  nicht: 
homo  isie  est  totus  ex  fraude  et  menducio  compositus,  aus  Lug  und 
Trug  zusammengesetzt,  sondern  f actus,  wie  Cluent.  26,72,  oder  con- 
cretus,  wie  in  Pison.  9,  wo  sich  eine  ähnliche  Redensart  findet,  wie- 
wohl richtig  ist  aliquis  ad  aliquid  est  compositjis,  Jemand  ist  zu  Etwas 
gemacht,  geboren. 

*  In  Nizolii  lexic.  Clc.  unter  Meiulacium  stellt  allerdings  in  der  Stelle  aus 
der  Orat.  pro  Cluent.  nwhtfactvs,  sondern  comj>osilus;  aber  Orelli  erwähnt  keine 
andere  Lesart  für  das  richtige /ac^w* ,  so  dass  bei  Nizolius  ein  Druckfeliler 
sein  muss. 

Compotator,  der  Mittrijiker,  Zechbruder,  ist  iV.  L.  eine  nach  dem 
Rl.  compotatio  bei  Cicero  gebildete  Form  für  compofor,  wovon  jnan 
auch  bei  Terenz  ein  Femin.  compotrix  hat,  oder  für  combibo,  was 
jedoch,  vielleicht  zufällig,  nur  im  Plur.  combibones  vorkommt.  Jenes 
compotatio  aber  ist  Cicero's  wörtliche  Uebersetzung  des  griech.  r,vn- 
7i(',oiijr,  und  ist  nicht  nachgebraucht  worden. 

Comprandere,  7nitessen,  ist  N.  L.  und  ohne  Auctorität,  wiewohl 
coiiipransor  sogar  bei  Cicero  vorkommt;  man  sage  dafür  una  cum 
aliquo  (aliis)  prandere. 

Comprecari,  bitten,  beten,  ist  nur  P.  L. ,  jedoch  steht  es  bei  Terenz, 
ixxY  precari,  und  unnöthig  sagt  Longolius  (Epist.  l,  21) :  Deum  immor- 
talem  coinprecnbor,  was  nichts  mehr  als  precabor  ist. 

Compr eilender e,  sogar  mit  animo  oder  mente  verbunden,  soll  nacli 
Hand  (Lehr!),  p.  153)  nicht  bedeuten  begreifen.,  einsehen,  verstehen,, 
wie  intelligere ,  sondern  nur  Etwas  in  die  Seele,  in  den  Geist  aufueh- 


238 

me7i,  ergreifen,  erfassen;  Tlaiul  nennt  jene  Bedeutung  sogar  italie- 
nisch-lateinisch. Aber  beide  Bedeutungen  sind  so  in  einander  ver- 
schmolzen, dass  eine  aus  der  andern  fliesst.  Dagegen  möchte  wohl 
comprehendere  für  sich  allein  ohne  animo,  mente,cogitatio7ie,m  dieseW 
Bedeutung  so  genannt  werden  können,  wie  es  denn  wirklich  im  iV.  L. 
gebraucht  wird.  Ihm  synonym  ist  7nente,  animo  concipere. 

Compressus.  Im  JV.  L.  wird  compressa  vos  gesagt  in  der  Bedeut. 
die  leise  Stimme,  was  al)er  summissa  oder  suppressa  vox  ist,  indem 
voceni  aticnjus  comprimere  bedeutet  Jemanden  zum  Schweigen  brin- 
gen, und  compresse  loqui,  kurz  und  gedrängt  reden.  Der  vos  sum- 
missa steht  die  contenta  entgegen. 

Computus,  die  Berechnung,  ist  sehr  Sp.  L.  für  computatio,  ratio, 
numeratio.  Vgl.  auch   Caiculare. 

Conamen,  Versuch,  Anstrengimg,  Bemühung,  ist  P.  L.  für  cnna- 
tum,  conatus. 

Conari,  versuchen,  unternehmen,  verbunden  mit  ut  stftt  des  Infin., 
ist  N.  L.  und  wenn  daher  Muret.  Oratt.  (Oper.  T.  I,  p.  185  ed.  Fr.) 
sagt:  Meum  est  conari,  ut  auditu  digna  afferam,  so  wird  von  Frot- 
scher  richtig  bemerkt:  inusitata  Lati7iis  structura  est  conor,  w  hoc 
FAciAM  pro  simplici  Inßn.,\ind  wenn  Ebend.  Oratt.  (T.  I,  p.  274)  sagt: 
connri,  ut  quidquam  ex  eorum  gloria  deteram,  so  schreibt  dagegen 
Matthiae:  Conari  ut  vix  usquam  legitur;  scribendum  erat  co?iari  ex 
eorum  gloria  aliquid  deterere. 

Conatum,  der  Versuch,  steht  eben  so  fest  als  conatus.  Vgl.  Dra- 
kenb.  Liv.  XLII,  11,  3.  Ruhnk.  Vellej.  II,  35,  5. 

Concatenare,  zusammen  verbinden,  verketten,  ist  Sp.  L.  und  findet 
sich  bei  Lactanz;  an  passender  Stelle  ist  es  nicht  zu  verwerfen,  aber 
concatenati  labores ,  für  co?di?iui,  lassen  wir  gern  dem  verdorbenen 
Geschmacke  des  Minucius  Felix  und  halten  es  nicht  mitBasilius  Faber 
für  zierlich  und  schön. 

Concedere  verbünd,  mit  vita  und  sogar  ohne  vita,  in  der  Bedeut. 
sterben,  ist  nur  N.  Kl.  bei  Tacitus  und  unnöthig  für  das  alltägliche 
cedere  vita. 

Conceptus  anitni,  der  Gedanke,  Vorsatz,  Begriff,  ist  sehr  Sp.  L. 
für  cogitatio,  cogitatum ;  propositu7n,  consiliuin;  notio,  vis  u.  a. 

Concernere  ist  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  vermischen,  aber  ganz  N.  L. 
in  der  Bed.  betreffen,  angehen,  verbünd,  mit  dem  Accus,  aliquid,  für 
spectare,  attinere,  pertinere.  So  nennt  Heinr.  Meibom  seine  opuscula 
historica  —  concernentia  antiquitates  Germanoriim ;  und  so  noch  sonst 
öfter. 

Concertatiuncula,  ein  kleiner  Streit,  ist  ein  N.  L.,  vielleicht  von 
Muret,  der  es  in  einer  Rede  (Oper.  T.  I,  p.  381  ed.  Fr.)  braucht,  ge- 
bildetes Wort,  für  parvula  concertatio.  Die  meisten  neuern  strengen 
Beurtheiler  verwerfen  es,  wie  alle  ähnliche  neue  Derainiutiva.  Vgl. 
darüber  Th.  I,  §.  193. 

Concessus,  die  Erlaubniss,  Bewilligung,  ist  nur  im  Ablat.  concessu 
üblich,  wozu  zwar  ein  Genitiv,  aber  kein  Adjectiv  treten  kann;  man 
sage  z.  B.  nicht  communi  concessu  omnium,  mit  der  gemei?ischuftlichen 
Bewilligtmg  Aller.,  sondern  blos  concessu  omnium.  Zur  Vervollstän- 
digung des  Wortes  dient  das  KL  concessio,  was  Janus  im  Lexic.  ver- 

• 


234 

wirl't,  obgleich  es  bei  Cicero  (ed.  Orelli,  T.  II,  p.  522,  in  dem  Frag^m. 
Tog.  cand.)  vorkommt. 

Co?iciere,  aufregen  ;  vgl.  Co7icitiis. 

Cojiciliare  wird  verbunden  sibi  (aliciii)  aliquem,  Einen  mit  sich  ver- 
hinden,  sich  Einen  geneigt  machen,  nicht  cum  aliquo ;  alicui  aliquid,  nb 
aliqiio  oder  alicujus.  Einem  Etwas  (z.  B.  Liebe)  bei  Jemanden  erwer- 
beti,  verschaffen;  aliquos  inter  se,  Einige  unter  einander  verbinden. 
Da  es  nirgends  mit  cum  aliquo  verbunden  werde,  so  tadelt  Reisig 
(Vorles.  p.  677)  die  neuern  Herausgeber  von  Cic.  de  legibus,  dass  sie 
(I,  7,  13)  conciliati  homines  cum  diis  aus  zwei  Handschr.  aufgenom- 
men hätten,  für  consociati,  was  in  andern  Handschr.  stände. 

Co7icinniter, passend,  schiciilich,  ist  Sp.  L.  und  findet  sich  nur  ein- 
mal bei  dem  alterthümlichen  Gellius  für  concinne. 

Concio,  die  Rede,  ist  nur  die  Volksrede,  nicht  jede  andere  öffent- 
liche Rede,  welche  oratio  heisst. 

Concionator  kommt  nur  ein  einzigesmal  vor,  was  gewiss  höchst  selt- 
sam ist,  und  zwar  bei  Cicer.  (Catil.  IV,  5,  9):  quid  intersit  inter  levi- 
tatem  concionatorum  et  animum  vere  populärem.  Der  Form  nach  be- 
deutet es  den,  qui  concionatur,  d.  h.  der  öffentlich  spricht,  vor  der 
versammelten  Menge  (concio)  redet,  also,  wenn  er  vor  dem  Volke 
spricht,  den  Volksredner.  In  dem  Worte  liegt  daher  weder  ein  guter, 
noch  ein  böser  Nebenbegriff,  wie  J.  M.  Gesner  sehr  richtig  bemerkt, 
und  offenbar  irren  Alle,  welche  darin  nur  den  Volksnufunegler  suchen 
und  dies  wohl  gar  aus  Cicero's  Worten  herausklauben.  Man  kann  ja 
aber  einmal  von  dem  Ernste  (gravitas),  ein  andermal  von  der  Leicht- 
fertigheit (levitas)  der  Prediger  oder  Parlamentsredner  sprechen, 
ohne  das  erstemal  alle  für  ernste,  oder  das  anderemal  alle  für  leicht- 
fertige zu  halten,  so  dass  es  graves  und  leves  oratores  und  coiicionato- 
res  geben  kann  und  wirklich  gibt.  In  dem  Worte  liegt  nur  der  Begriff 
öffentlicher  Redner,  und  so  lässt  sich  also  ohne  Anstand  fragen,  ob 
ein  A'arizelredner,  ein  Prediger,  sei  er  ein  christlicher  oder  jüdischer, 
so  genannt  werden  könne.  Nach  der  wahren  Bedeutung  der  Wörter  ora- 
tor  und  concionator  sind  beide  gleich  gut  zu  brauchen,  und  damit  unser 
Begriff  des  heiligen  oder  religiösen  Predigers  klarer  hervortrete,  kann 
man  den  Zusatz  a  sacris  machen,  also  orator  oder  concionator  a  sacris; 
—  und  so  nenne  man  auch  eine  Predigt  entweder  orationem  sacram  oder 
concionem  sacram.  Den  Geistlichen  im  Allgemeinen  kann  man  nennen 
sacrorum  antistes  oder  qui  rebus  divinis,  sacris  oder  sacrae  concioniprae- 
est.  Die  meisten  Neuem  verwerfen  concionator,  und  haben  vorgeschla- 
gen, praeco  divini  verbi,  verbi  divini  minister  (davon  unter  Minister), 
sacrorum  minister,  orator  ecclesiasticus,'\a  sogar  die  ganz  verwerflichen 
Ausdrücke  sacrorum  praesul  oder  sacerdos  oder  parochus,  und  was 
sonst  noch,  zu  setzen.  Wähle  sich  Jeder,  was  er  will.  Uebrigens  lia!)ea 
Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  288  ed.  Fr.:  Piorum  et  eruditorum  co?icionatornm 
vox)  und  Perpinian  (Oratt.  p.  346:illa  materiara  tdininm  concio?iatori  »\\\^- 
peditat),die  beiden  besten  Neulateiner, sich  nicht  gescheut,  das  Wort 
concionator  von  dem  Prediger  und  concionari  von  dem  Predigen  zu 
brauchen. 

Concipere,  mit  und  ohne  animo  oder  mente,  sich  denken,  meinen, 
glauben,  wird  Aon  Hand  (Lehri),  p.  153)  als  italien.-latein.  verworfen, 
wiewohl  nach  Freunds  Wörterb.  Stellen  aus  Cic,  Liv.,  Cels.,  Quintil., 

• 


235 

Suet.  II.  A.  diese  Bedeut.  erweisen.  Vgl.  auch   Compreheiidere.  lieber 
eonvipere  nniignis  oiler ßaiimta  verbunden  s.  ylrrtpere. 

Concitns,  Partie,  von  conciere,  aufregen,  einem  mehr  P.  Verbo, 
ist  ebenfalls  mehr  P.  und  N.  KL,  selten  in  Prosa  für  das  Kl.  con- 
citatus.  Vor  R.  Klotz  stand  es  auch  in  Cic.  Caecin.  5,  14,  wo  aber 
für  coTic/'tt  ad  rixam  von  Klotz  contriti  ad  re^iam  aufgenommen  ist. 
Vgl.  dessen  Vorr.  z.  Cic.  Reden  Th.  1,  p.  XU. 

Conciüis,  der  Mitbürger,  ist  erst  sehr  Sp.  L.,  für  civis  oder  ejus- 
dem  civitatis,  nach  ähnlichen,  z.  B.  co?idiscipuliis,  gebildet.  Jenes  ci- 
vis steht  oft  so  bei  Cicero,  z.  B.  Divin.  II,  2,  6  dabunt  mihi  veniara 
mei  cives  (meine  Mitbürger). 

Conc/arnalus  im  bildlichen  Sinne  von  einer  Stelle  oder  von  Wor- 
ten eines  Schriftstellers,  deren  Erklärung  man  zu  finden  verzwei- 
felt hat,  also  ein  locus  conclatnatus,  ist,  da  dem  Aehnliches  bei  den 
Alten  nicht  vorkommt,  nur  etwa  dann  zulässig,  wenn  quasi  oder  ut 
ojunt  hinzugesetzt  wird,  was  aber  im  N.  L.  nicht  ges<  hiebt.  Dem 
ähnlich  ist  das  Wort  depositus,  was  mit  dem  vorgesetzten  prope 
in  der  Bedeut.  verzweifelt,  in  verzweifelter  Lage  von  Cicero  der 
Republik  beigelegt  wird  (Verr.  I,  2  prope  deposita?n  rei  publicae 
partem  suscepi). 

Concludere,  einschliessen.  Wir  sagen  tvo  und  wohin,  und  so  auch 
latein.  ubi  und  quo,  z.  B.  in  corpore  und  in  corpus.  D.  L.  ist  pacem 
concludere,  einen  Frieden  sckliesse?i,  für  pacem  facere  u.  a.;  ebenso 
apud  se  oder  secutn  concludere,  bei  sich  beschliessen ,  d.  h.  einen 
Be-  oder  Entschluss  fassefi,  für  constituere,  apud  aninium  statuere, 
decernere  u.  a. 

Concoenare,  mitspeisen, mitessen,  ist  N.  L.  aus  dem  Kl.  concoenatio 
gebildet,  für  tma  coejiare ;  ihm  ähnlich  comprandere.  Aber  auch  jenes 
co7icoenatio,  was  Cicero  wörtlich  dem  griech.  (jj'j^£t7T)or  nachbildete, 
ist  nicht  weiter  gebraucht  worden. 

Concorda?2tia ,  die  Uebereinstimmung ,  ist  N.  L.  und  concorditas 
A.  L.;  beide  sind  unnöthig  wegen  concordia,  consensus. 

Concredere  ist  ein  seltenes  und  N.  Kl.  ungewöhnliches  Verbum, 
welches  nur  in  der  Bedeut.  anvertrauen,  übergeben  vorkommt.  N.  L. 
ist  es  in  der  Bedeut.  glauben.  Etwas  für  wahr  halten,  für  credere; 
so  bei  Valckenar.  (Opusc.  T.  I,  p.  3)  :  nee  ulli  quicquam  fuisse  con- 
creditum,  für  esse  creditum. 

Co?icretus  hat  bei  den  Alten  andere  Bedeutungen,  als  die,  welche 
in  dem  philosophischen  Kunstworte  concretiis  liegen,  was  wir  in  unse- 
rer Kunstsprache  concret  nennen;  dafür  kann  es  im  reinen  Latein 
nicht  gebraucht  werden.  Ein  concreter  Begriff  ist  7iotio  rei  singu- 
laris.  Für  unser  in  Concreto  steht  in  einzelnen  Fällen  re,  z.  B.  Cic. 
Tusc.  IV,  11,  24  haec  re  copulata  sunt,  wo  es  dem  cogitatione,  d.  h. 
dem  i7i  Abstracto  entgegengesetzt  ist;  oder  deßnite,z.  B.  Cic.  Orat. 
II,  27,  118,  wo  es  dem  separatim,  d.  h.  abstract,  ent'gegensteht.  Vgl. 
Deutsch-Lat.  Lexica. 

Concubitio,  der  Beischlaf,  ist  Nebenform  von  concubitus,  kommt 
nur  einmal  N.  Kl.  vor  und  ist  unnöthig. 

Concupiscentia,  das  Verlangen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  cupiditas,  animi 
libido. 

Concurrere,  zusammenlaufen,  wird  in  der  bessern  Prosa  nur  ver- 


236 

buiiden  in  aliquem  locum,  nicht  in  aliqiio  loco ;  ad  aliquem,  \\\v\\{  apud 
aliquem,  und  so  Aelinliches  wie  bei  Advenire;  —  ebenso  das  Subst. 
concursus.  Man  sagt  aber  nicht  von  zwei  Flüssen,  die  zusammenlaufen, 
concurrunt,  sondei-n  conflutint,  und  von  zivei  ff'egen,  competunt. 

Concussio  ist  in  der  ßedeut.  Erschütterung  nur  N.  Kl.  bei  Seneca 
für  conqiiassatio.  Auch  concutere  ist  seltner  als  conquassare. 

CoTidecorare,  schmücken,  zieren,  ist  nur  A.  L.  und  in  Prosa  N.  KL; 
es  findet  sich  nur  bei  Vitruv  für  das  gebräuclih'che  decorare.  Unuöthig 
brauchte  es  Perpinian.  (Oralt.  p.  22) :  meutern  sapientia  condecora- 
tani,  und  Hemsterli.  (Oratt.  p.  ]25)  :  memoria  —  est  condecora?ida. 

Condemnare,  verdammen.  Zum  Tode  verd.  heisst  Kl.  nur  capitis 
condemn. ;  N.  Kl.  bei  Tacitus  (A.  XVI,  21)  ad  mortem  ;  gut  dag^egen 
ist  ad  rnetalla,  ad  bestias ;  N.  L.  aber  mortis,  morti  oder  morte.  Falsch 
sa^^t  Valckenaer  (Oralt.  p.  271) :  morti  Timag^oram  condemnaverant 
Athenienses.  N.  L.  ist  es  auch,  wenn  Grotefend  (Coramentar  z.  d. 
Material,  p.  50)  sagt :  aliquem  infamia  condemnare.  Vgl.  Vorstii  lat. 
mer.  susp.  p.  175. 

Condemnatio,  die  Verdammung,  steht  nur  bei  spätem  Juristen  für 
damnatio. 

Condensare  se,  sich  zusammendrängen  ;  —  wo  oder  wohin,  ge- 
wöhnlich nur  in  aliquem  locum.  Das  Partie.  co?idensatus,  dicht  gedrängt 
(von  einem  Haufen),  ist  ungebräuchlich,  für  confertus;  ebenso  sagt 
man  nicht:  stant  condensati,  sondern  C07iferti. 

Cundere,  verbergen ;  —  wo  oder  wohin,  fast  nur  in  aliquem  locum, 
selten  in  aliquo  loco,  wie  sogar  in  Cic.  (Tnsr.  V,  9,  27)  steht:  qui 
omne  bonum  in  visceribus  medullisque  co?fdideris ; —  ebenso  ganz  pas- 
send beim  Partie,  conditus,  wo  die  Handlung  des  Verbergens  schon 
beendigt  ist,  wie  Cic.  Verr.  IV,  63,  140  quas  in  aerario  sanctiore  con- 
ditas  habent.  Es  ist  derselbe  Fall,  wie  bei  Abdere,  welches  zu  verglei- 
chen ist.  In  der  Bedeut.  erbauen  wird  es  nicht  von  einem  einzelnen 
Hause  gebraucht,  also  nicht  domum,  aedem,  sondern  von  mehrern,  die 
ein  verbundenes  Ganze  bilden,  z.  B.  urbem.  Auch  sagt  man  nicht  mim- 
dum  condere  und  nicht  conditor  mundi.  Vgl.  Creare. 

Condictus  dies,  ein  bestimmter,  a?iberaumter  Tag;  co?tdicta  hora, 
eine  angesagte,  bestimmte  Stunde,  ist  in  guter  Prosa  selten,  für  dictus, 
constitutus  dies;  dicta,  constituta  hora. 

Condignus,  würdig,  ist  A.  u.  Sp.  L.  für  dignus. 
Conditio  und  conditus  sind  in  der  Bedeut.  Gründung,  Erbauimg 
Sp.  L.;  man  brauche  dafür  condere  oder  gebe  es  durch  aedißcatio, 
esstructio.  Ferner  findet  sich  bei  Cicero,  obgleich  er  sagt  condere  ur- 
bem, eine  St.  grüfide?i,  doch  nie  conditor  urbis,  wie  es  wohl  bei  An- 
dern vorkommt,  sondern  creator  urbis,  wie  Balb.  13,  31,  wo  er  den 
Ronuilus  so  nennt,  von  dem  er  doch  irgendwo  sagt  urbem  cojididit. 
Indess  möchte  dies  wohl  zufällig  sein,  und  conditor  möchte  zu  streng 
und  voreilig  als  mehr  N.  Kl.  verworfen  werden. 

Conditionalis,  bedingend,  unter  Bedingung,  ist  Sp.  L.  und  werde, 
wo  es  nicht  nothwendigerweise  als  Kunstwort  angewandt  werden  muss, 
durch  conditio  vermieden  ;  —  ebenso  das  Adv.  conditionaliter,  wtl che s 
N.  Jj.  ist,  bedingungsweise,  für  ea  oder  aliqun  conditione  n.  ähnliche. 
Conditura  und  conditus,  das  Einmachen,  JVürzen,  sind  gewöhr)li- 
chere  iV.  Kl.  Formen  bei  Columella  u.  A.  für  die  Kl.  conditio. 


287 

Conducere,  lehret?,  üben,  ist  höchst  selten  und  findet  sich  nur  A. 
L.  bei  Piautus  und  Sp.  L.  bei  dem  Verf.  des  Bell.  Afr.,  für  cofidoce- 
facere. 

Condolere  ohne  ein  Perf.,  da  condolui  zu  condolescere  gehört,  ist 
fast  B.  L.  in  der  Bedeut.  sehr  leiden;  N.  L.  aber  ist  condolere  alicui, 
Kinem  condoliren,  seine  Theilnahme  an  Jemandes  Leiden  zn  erkennen 
geben,  für  pari  dolore  affici,  prope  aeque  dolere,  dolorem  alicui  decla- 
rare,  de  alterius  dolore  siium  dolorem  testari,  alicujus  doloribus  con- 
gruere  (Cic.  Tusc.  V,  i,  3).  Ebenso  ist  N.  L.  condolentia  für  commi- 
seratio.  Gutlatein,  aber  ist  condolescere  mit  dem  Perf.  condolui  \\\  der 
Bedeut.  loehe  thun,  Schmerzen  empfinden. 

Condonare  ist  in  der  Bedeut.  schenken,  beschenken  nur  A.  L.  für 
donare ;  wohl  aber  sag^t  man  alicui  aliquid  condon.,  um  Jemandes  wil- 
len, nach  Jem.  JFunsche  Etwas  aufgeben,  davon  ablassen,  und  ebenso 
alicui  aliquem,  um  Jem.  willen  Einem  verzeihen. 

Condormire  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  zusammenschlafen,  für  U7ia 
dormire  oder  (mit  dem  Begriff  der  Liebe)  concubare. 

Conducere,  mietheii,  pachten;  —  von  Jemanden,  ab  aliquo  uiul  de 
aliquo.  Vgl.  Cic.  Att.  1,  17,  19.  Divin.  II,  21,  47. 

Coftducibilis,  nützlich,  ist  wahrscheinlich  nur  ein  gemeines  A.  L. 
Wort  bei  Piautus  für  utilis,  ähnlich  dem  A.  L.  utibilis.  Vgl.  dieses 
Wort. 

Conduplicare ,  verdoppeln ,  und  conduplicatio ,  die  Verdoppelung, 
sind  A.  L.  für  duplicare,  geminatio. 

Confabulari,  zusammen  plaudern,  sich  unterreden,  ist  ein  gemeines 
Wort,  wie  unser  schwatzen  von  niedrigen  Dingen,  wo  es  daher  auch 
anwendbar  ist,  nicht  von  edeln,  wo  man  colloqui  sagt.  Davon  abgelei- 
tet sind  confabulatio  und  confabulatus,  sehr  Sp.  L.  in  gleichem,  nied- 
rigem Sinne  für  die  edlern  sermo  und  colloquium. 

Confectris,  die  weibliche  Form  von  dem  Ä7.  confector,  kommt 
zwar  nur  einmal  und  Sp.'L.  bei  Lactanz  vor,  ist  aber  eben  so  wenig  zu 
verwerfen,  wie  das  Kl.  effectrix.  Muret  wandte  auch  jenes  confectrix 
wirklich  an  passender  Stelle  an.  Vgl.  Mur.  Oper.  T.  I,  p.  157. 

Conferre  wird  nach  den  verschiedenen  Bedeutungen  verschieden 
verbunden.  Einem  Etwas  beilegen,  zuschreiben,  erweisen.  Etwas  auf 
Einen  verwenden  heisst  conferre  aliquid  in  aliquem;  auch  Etwas  auf 
Etwas  verwenden,  aliquid  ad  aliquid.,  z.  B.  cur  am  ad  philosophiam ; 
ebenso  Mühe  auf  Elivas  veru\,  operam  conf  ad  oder  in  aliqjiam  rem, 
nicht  in  aliqua  re;  (sich)  einander  Etwas  mittheilen,  aliquid  inter  se 
conferre;  Etwas  mit  Einem  oder  mit  Etwas  vergleichen ,  aliquid  cum 
aliquo  oder  cum  aliqua  re,  oder  mit  dem  Dativ  alicui  conf;  sich  an 
eitlen  Ort  begeben,  se  in  aliquem  locum  conf,  und  daher  sich  attf  die 
Flucht  begeben,  se  in  fugam  conf. ;  Etwas  irgendwo  oder  wohin  zusam- 
menbringen, aliquid  conf.  in  aliquem  locum,  nicht  in  aliquo  loco.  Man 
merke  auch:  atn  meisten  zu  Etwas  beitragen  heisst  plurimum  conf. 
ad  aliquid,  nicht  maxime.  JV.  L.  wird  aber  conferre  für  das  einfache 
mit  bringen  gebraucht,  wenn  man  Etwas  von  einem  Orte  mitgenommen 
hat,  z.  B.  ich  bringe  Bücher  mit  nach  Hause,  nicht  libros  domum  con- 
fero,  sondern  mecumfero,  unafero  oder  tina  affer o  u.  dgl. 

Confessum  als  Subst.  und  der  Plur.  confessa  kommen  N.  Kl.  bei 
Seneca,  den  beiden  Plinius  und  Quintilian  einigeraal  in  besondern  Re- 


238 

clensarten  mit  in  und  ex  vor;  als  selten  sind  sie  lieber  zu  vermei- 
den. Man  sagt  in  confesso  oder  in  confessin  esse  in  der  Bedeut.  all- 
gemein  zugestanden,  d.  h.  geiriss,  ausgemacht,  7inbe':iweifelt  sein,  für 
Jion  dubiuni,  certtim,  exploraturn  esse ;  in  confessum  ve?iire,  allge- 
mein zugestanden,  gebilligt  iverden,  für  eomprobari ;  ex  confesso,  un- 
streitig, für  sine  dubio,  sine  cojitroversia.  —  Wenn  in  der  cliristlichen 
Kirehengeschichte  und  Dog'matik  eine  Confessio  Augtistana  vorkommt, 
worunter  man  das  Glaube?isbekenntniss  der  Protestanten  versteht, 
welches  in  Augsburg  übergeben  und  vorgelegt  wurde,  so  ist  zwar  diese 
Benennung  nicht  eben  gut  lateinisch,  kann  aber  doch  als  stehendes 
Kunstwort  nicht  abgeändert  werden. 

Co7ißcere.  N.  L.  und  gekünstelt  ist,  was  Einer  vor  Kurzem  schrieb: 
extremum  diem  morte  confecit  für  das  einfache  mortuus  est  oder  ex- 
tremum  (supremuin)  diem  obiit  u.  a. 

Conßdefitia  ist  in  der  guten  Bedeut.  Vertrauen  auf  sich  fast  nur 
j4.  L.  und  N.  Kl.  i\\r  fidiicia,  da  jenes  in  besserer  Prosa  Vermessen- 
heit, Keckheit,  Dreistigkeit  bedeutete ;  und  ebenso  das  Partie,  con- 
fidens,  vermessen,  dreist,  nicht  voll  Vertrauen  in  gutem  Sinne,  was 
ßdens  heisst.  Vgl.  darüber  Cic.  Tusc.  III,  7,  der  freilich  die  böse  Be- 
deutung missbilligt,  jedoch  dem  Sprachgebrauche  folgt. 

Co7ißdere.  Im  Perf.  werde  durchaus  nur  co?ißs?is  sum,  nicht  con- 
ßdi  gebraucht,  obgleich  bei  Liv.  (XLIV,  13)  confiderunt  für  conßsi 
sunt  in  allen  Flandschr.  stehen  soll.  Mag  dies  auch  der  Fall  sein,  so 
ist  es  doch  lächerlich,  es  nachzubrauchen,  da  es  sonst  nirgends  vor- 
kommt. —  Das  Verbura  wird  verbunden  mit  dem  Dativ  oder  Ablativ 
dessen,  worauf  man  vertraut. 

Confieri  für  cotißci  brauchen  zwar  Caesar  und  Sulpicius  (in  Cic. 
Farn.  IV,  5),  und  so  noch  andere  dazu  gehörige  alte  Formen,  wie  con- 
ßt,  co7tßat,  conßeret  u.  dgl.,  nie  aber  Cicero,  und  sie  werden  lieber  als 
alte  Formen  nur  der  P.  Sprache  überlassen.  Man  halte  sich  an  das 
passive  conßci. 

Conßnis,  benachbart,  findet  sich  zwar  Kl.  nur  selten  bei  Varro  und 
Caesai-,  mehr  N.  KL,  aber  es  ist  nicht  zu  verwerfen. 

Conßscare,  in  ßscum  redigere  oder  fisco  inferre,  conßsciren,  ein- 
ziehen, ist  ein  erst  N.  Kl.  Wort  und  nur  dann  brauchbar,  wenn  das 
Eingezogene  in  den  Schatz  des  Regenten  kommt,  aber  nicht,  wenn  es 
in  die  Staatskasse  fliesst,  wo  man  publicare,  in  aerarium  redigere,  in 
publicum  addicere  sagt.  Bücher  conßsciren  ist  etwa  durch  proscribere 
oder  ifiterdicere  libros  auszudrücken. 

Conßagrare,  im  bessern  Latein  nur  neutral,  also  ohne  Object,  ver- 
brefmen,  iti  Flammen  aufgehen,  vom  Feuer  verzehrt  werden ;  erst  Sp. 
L.  wird  es  activ.  mit  einem  Acc.  verbunden,  z.  B.  urbem,  eine  Stadt 
verbre?inen,  durch  Feuer  verzehren,  für  incendere,  concremare. 

Co7)flictns,  das  An  einander  schlagen,  ist  Kl.  nur  im  Abi.  üblich; 
ausserdem  ist  es  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  Streit,  Kampf,  für  conflictio. 
Wahrscheinlich  ist  auch  conflictalio  Sp.  L.  für  conflictio. 

Confluere,  zusammenfliessen.  zusainmenströmeti ; —  wo  oder  wohin, 
in  aliquem  locum,  nicht  in  aliquo  loco.  Weiteres  darüber  s.  unter 
Advenire. 

Confluvium,  der  Zusammenßziss,  ist  A.  u.  P.  L.  für  confluens  oder 


239 

meistens  coiißnentes :  l>ei  amlern  Dingen  (ausser  bei  Flüssen)  concur- 
suti,  colliivias. 

Conßuens,  der  Zusanimenfluss,  ist  N.  L.  Vgl.  vorher. 

Confoederare,  durch  eiüi  Bündniss  vereinigen^  verbunden^  ist  sehr 
Sp.  L.  tür  foedere  jüngere,  adjungere,  coiijungere;  ebenso  ist  Sp.  L. 
confoederatus  für  das  Kl.  foederatus,  foedere  ju7ictus  oder  socius,  und 
confoederatio  für  foedus,  socielas,  consociatio. 

Conformare  animum,  mores  ii.  s,  w.,  die  Seele,  den  Charakter  bil- 
den, kann  mir  mit  Ablativen,  z.  B.  artibns^  disciplina,  praeceptis,  cogi- 

tatione  hominum  excellentium,  philosophia verbunden  gebraucht 

werden,  sonst  sagt  man  animum  colere.  Als  Subst.  aber  kommt  confor- 
7natio  animi  nur  in  der  Bedeut.  die  Forstellung,  tvelche  sich  die  Seele 
von  Etwas  macht,  ein  Begriff  vor,  bedeutet  aber  nicht  Ausbildung 
der  Seele,  was  animi  cultus  heisst.  '^^\^.  Weber's  Uebungssch.  p.  72. 
Klotz  zu  Sintenis  p.  83. 

Confor?nis,  gleichförmig,  übereinstimmend,  ist  sehr  Sp.  L.  für  cofi- 
gruens,  co?weniens  u.  a. ;  ebenso  ist  conformitas  fast  iV.  L.,  die  Gleich- 
förmigkeit, für  consensus,  congruentia,  convenientia. 

Confortare,  stärken,  bekräftigen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  corroborare, 
confirmare  u.  a. 

Confrater,  der  Mitbruder,  ist  N.  L.  und  ganz  unnöthig  im  eigentl. 
Sinne  für  f rater,  in  dem  Sinne  Amtsbruder  für  collega. 

Confrontare  (woher  unser  confrontiren) ,  gegenüberstellen,  ist  iV. 
u.  B.  L.  für  reutn  cum  indice  oder  socio  componere,  reum  et  delatorem 
componere  u.  dgl. 

Confugium,  die  Zuflucht,  ist  P.  L.  für  perfugium. 

Confundere  ist  in  der  Bedeut.  verwirren.  Einen  in  der  Rede  — 
(aliquera  dicentem)  wohl  richtig,  aber  se  conf.,  sich  verwirren,  d.  h. 
verwirrt  werden,  sagt  man  lateinisch  nicht;  dafür  confuse  loqui,  verba 
conf  andere ; — daher  auch  oratio  confusa.  —  Mit  dem  Acc.  proelium,  in 
der  Bedeut.  einen  Kampf  anfangen,  ist  es  nur  P.  L.  für  committere 
proelium,  congredi  cum  aliquo.  Confundi  in  der  Bedeut.  sich  schämen 
ist  Sp.  L.  für  pudore  affici. 

Congaudere,  sich  mitfreuen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  una  cum  aliquo 
gaudere. 

Congeminare,  verdoppeln,  ist  A.  u.  P.  L.  für  geminare. 

Congejiitus,  zugleich  geboren,  angeboren,  ist  nur  N.  Kl.  und  findet 
sich  bei  dem  altern  Piinius  von  gemeinen  Sachen;  in  besserer  Prosa  ist 
es  unbrauchbar;  man  sage  dafür  irigenitus,  insitus,  ingener attis,  inna- 
Uis.  Dennoch  sagt  Hemsterh.  (Oratt.  p.  12)  :  indoles  animique  con- 
genita semina. 

Congerere,  zusammentragen,  zusammenhäufen,  wird  verbunden  in 
aliquem  locum,  selten  in  aliquo  loco;  Weiteres  darüber  s.  unter  Adve- 
nire.  Selten  und  mehr  TV.  KL,  jedoch  auch  bei  Livius,  steht  es  ra.  d. 
Dativ,  alicui,  auf  Jemanden. 

Congeries,  der  Haufe,  die  Masse,  ist  nur  N.  Kl.  u.  P.,  auch  selten, 
für  acervus,  copia,  ?noles ;  doch  ist  es  nicht  zu  verwerfen. 

Conglobare,  ziisammendrängen,  wird  fast  nur  verbunden  ///  ali- 
quem locum,  nicht  in  aliquo  loco. 

Cotigredi,  %7isammenkommen,  wird  verbunden  cum  aliquo,  mit  Je- 
manden ,  P.  L.  alicui. 


240 

Congregabilia,  gesellig,  zur  Gesellschaft  gemacht,  findet  sich  nur 
einmal,  aber  bei  Cicero,  von  ßienenschwärmen  gebraucht,  und  ist  nicht 
zu  verwerfen. 

Congregare,  versammeln,  vereinigen ;  —  wo,  wohin,  fast  nur  in  ali- 
quem  locinn,  selten  in  allquo  loco,  wie  Plin.  (N.  H.  X,  23,  31)  sagt:  ci- 
coniae  abiturae  congregantur  iu  certo  loco  ;  bei  Jemanden,  ad  aliquem, 
niiht  apud  aliquem  (Liv.  I,  10,  1). 

Congregatim,  in  Haufen  vereint,  ist  Sp.  L.  für  congregali  oder 
ctmjnnctim. 

Congressio  ist  in  der  Bedeut.  das  feindliche  Zusammentreffen,  der 
Angriff,  Kampf  nur  Sp.  L.  für  das  Kl.  congressus ;  aber  Kl.  wird  es 
von  dem  freundlichen  "Züsa.mmQnkommo.n  gebraucht,  welches  auch  con- 
gressus heisst. 

Congruere,  zusammenstimmen,  angemessen  sein,  wird  gleich  gut 
mit  cum  und  mit  dem  Dativ  alicui  verbunden;  UTiter  einander,  inter  se. 

Congruentia,  die  Ueber einstimmun g,  ist-  N.  Kl.  und  selten  für  co7i^ 
sensus,  consensio,  convenientia.  ^ 

Congruus  und  congrue,  übereinstimmend,  passend,  sind  A.  u.  Sp. 
L.  und  selten;  man  vermeide  sie  ganz  und  sage  dafür  congruens,  con- 
cinnus,  congruenter,  concinne  u.  a. 

Conjectanea,  ein  Plur.,  kommt  nur  als  Titel  von  Schriften  mancher- 
lei Inhalts  vor,  aber  nicht,  wie  im  N.  L.,  in  der  Bedeut.  Fermuthungen, 
wofür  conjecttirae  das  Kl.  Wort  ist. 

Co7ijectatio,  die  Vermuthung,  ist  N.  Kl.  und  steht  nur  bei  dem 
altern  Plinius  für  conjectio  oder  noch  gewöhnlicher  conjectura. 

Conjectator,  der  Zeichendeuter,  der  Vermuthungen  angibt,  ist  B. 
L.  für  conjector. 

Conjecturare,  vermuthen,  eine  Fermuthung  aufstellen,  kommt  im 
N.  L.  bei  Kritikern  vor,  ist  aber  jetzt  ohne  alle  Auctorität,  seitdem  es 
in  Seneca  (N.  Qu.  VII,  29)  durch  Lipsius  aus  Handschr.  in  conjectura 
ire  verändert  und  aus  allen  neuern  Ausgaben  verschwunden  ist.  Man 
brauche  conjicere,  conjecturatn  facerc,  conjectura  aliquid  assequi  u.  a. 

Conjugatio  und  conjugare  von  Verben  in  dem  Sinne  unsrer  Gram- 
matik ist  zwar  erst  Kunstwort  der  spätem  Grammatiker  für  declinutio 
oder  declinatus  und  declinare,  welche  bei  Varro  und  den  Folgenden 
dafür  gebraucht  werden,  aber  heutzutage  müssen  jene  Wörter  den 
letztern  als  verständlichere  und  allein  gangbare  vorgezogen  werden. 

Conjunctio.  D.  L.  ist  in  conjunctione  alicujus  oder  cum  aliquo  esse, 
mit  Jemanden  in  Ferbiridung  stehen,  für  cii/ti  aliquo  oder  alicui jungiy 
conjunctum  esse;  in  der  engsten  Verbindung  stehen,  conjunctissimum 
esse  u.  a. 

Conjunctus  wird,  wie  das  Verbura,  verbunden  alicui  oder  cum 
aliquo. 

Conjurare,  sich  verschwöre?!,  verbinderi  Etwas  zu  thun.  Griechisch- 
Lat.  ist,  wenn  man  sagt  conjurare  aliquid  facere,  also  mit  dem  Infin. 
statt  ut  aliquid  faciat  aliquis  oder  mit  de  und  dem  Gerundio  des 
Verbi,  de  aliqua  re  facienda,  z.  B.  die  Stadt  anzustecken,  ut  urbetn 
incenderent  oder  de  urbe  incendenda ;  auch  in  uliquid,  z.  B.  in  mortem 
alicujus,  Jim  Einen  zu  ermorde?i. 

Cunnatus,  zugleich-,  mitgeboreti,  ist  fast  B.  L.  Vgl.   Congenitus. 


241 

Das  Verbum  connasci  aber  ist  unerhört.  Jenes  Wort  brauchte  Laur. 
Gronov  (Praef.  edi(.  PJinii  N.  II.  L.  1\)  :  quae  ei  aetati  co/mata   est. 

Co?inectere,  verbinden,  wird  fast  nur  mit  cum  verbunden,  selten 
m.  d.  Dativ. 

Comiexio  findet  sich  nur  bei  Qnintih'an  und  nur  in  der  Bedeut.  die 
logische  Schlussfolge,  nie  aber  im  Allgemeinen  in  der  Bedeut.  Verbin- 
dung, der  Zusaminenhang,  wie  es  im  N.  L.  gebraucht  wird,  wo  man 
von  einer  comiexio  se7ite7i(iarum  oder  verborum  spricht,  was  bei  einem 
Lateiner  nicht  vorkommt;  eben  so  wenig  auch  ro/^wej;?/«,  was  zwar  die 
Verbindung  bedeutet,  aber  nur  P.  L.  ist  und  nur  bei  Lucrez  vor- 
kommt. Vgl.  mehr  unter  Nexus. 

Conniventia,  die  Nachsicht,  ist  Sp.  L.  für  indulgentia,  venia.,  oder 
mit  dem  Verbo  connivere  selbst. 

Cojimimerare,  mit-  oder  unter  Etwas  zählen,  ist  sehr  Sp.  L.  für 
una  numerare,  in  eundem  numerum  referre,  ad  aliquorum  numerum 
adscribere,  aliquibus  annunierare. 

Conqueri,  klagen,  steht  nirgends  in  passiver  Bedeutung  und  nur 
einmal  neutral  bei  Sueton :  Postero  die  in  senatu  conquestian  est,  aber 
doch  nicht  mit  einem  Beisatze  a  quo,  vo?i  wem,  wie  es  unlateinisch 
vorkommt  in  der  Vorrede  der  Leidner  Ausg.  des  Corpus  juris  vom 
J.  1664:  Infinitos  errores  cunclis  in  exemplai'ibus  (für  m  cu7icta  exein- 
plaria)  irrepsisse  ab  omjiibus  pene  juris  peritis  conqueslum  est,  für 
omnes  —  periti  conquesti  su7it.  N.  L.  ist  apud  aliquem  de  aliqua  re 
C07iqueri,  sich  bei  Jem.  über  Etwas  beklage7i,  für  apud  aliq.  aliquid 
oder  cu7n  aliquo  de  aliqua  re  C07iq. 

Conrector  (scholae),em  Conrector,ist  ein  in  Form  und  Bedeutung 
ganz  neues  Wort;  der  Form  nach  müsste  es  nach  dem  Gesetze  der 
Assimilation  der  Buchstaben  Corrector  heissen,  aber  die  Bedeutung 
weicht  ganz  von  denen  des  Wortes  Corrector  ab.  Es  müsste  daher 
durchaus  verworfen  werden;  da  es  aber  als  neuer  Amtstitel  nur  durch 
weitläufige  Paraphrase  zu  ersetzen  wäre,  so  muss  es  heutzutage,  wie 
alle  neue  Namen,  beibehalten  werden. 

Consa7igui7iitas,  Blutsverwa7idtschaft,  kommt  in  engerer  Bedeut. 
nur  bei  Juristen  vor,  in  weiterer  einigemal  bei  Livius;  es  lässt  sich 
durch  co7iju7ictio  oder  communio  sangui7iis  ausdrücken. 

Consar cinar e ,  zusa7nmenschle.ppen ,  zusamme7i7iühe7i ,  ist  Sp.  L. 
und  selten  für  colligere,  co7igerere,  comportare.  Ohne  Auctorität  aber 
ist  co7isarcinator ,  was  Ruhnken  vielleicht  selbst  gebildet  hat.  In  spot- 
tender Rede  ist  es  wohl  nicht  zu  verwerfen,  da  vielleicht  kein  Subst. 
zum  Ersatz  dient,  indem  auch  co7iipilator  verworfen  wird. 

Consauciare,  verwu7ide7i,  ist  N.  Kl.  und  sehr  selten  für  sauciare^ 
vulnerare. 

Co7iscendere,  besteigen,  braucht  Cicero  nur  von  Schiffe7i  und  zwar 
entweder  i7i  navem  oder  blos  7iave7n;  Caesar,  Livius  und  die  Folgen- 
den verbinden  es  auch  mit  andern  Objecten  und  ebenfalls  mit  oder 
ohne  in.  IVo  man  einsteigt,  denken  die  Lateiner  als  ivober,  z.  B.  ztt 
Ostia,  nicht  Ostiae,  sondern  Ostia,  oder  ab  Ostia;  nicht  Brmidusii, 
sondern  Brimdusio  oder  a  Brund.  Vgl.  Cic.  Att.  IX,  14,  J3.  Phil.  I,  3, 
7,  wo  ab  eo  loco  unser  dort  ist;  Att.  XIV,  16,  1  ab  hortis  Cluvia7iis,  in 
den  Cluv.  Gärte7i;  ib.  VI,  8,  4  Epheso.  Daher  heisst  wo  nicht  m6?,  son- 
dern U7ide,  a  quo  loco;  dort,  i7ide,  ab  eo  loco.  Vgl.  Cic.  Phil.  I,  3,  7. 

16 


212 

Falscli  sa^st  daher  Maiiut.  (Epist.  III,  35)  :  ut  Mantuae  coiisoeiule- 
rem,  für  Manfua  oder  a  M.  und  (ib.)  :  Caneti  coiisceiuii,  lur  Caneto 
oder  a  Can.  —  und  ähnliche  bei  Andern. 

*  Dagegen  finde  ich  bei  Livius  (XLIV,  23,  9):  legati  Thessalonicac  (für 
Thessalonica')  conscenderc  jussi.  Ob  es  so  noch  anderwärts  vorkommt,  weiss 
icli  nicht. 

Conscensus,  das  Besteigen,  ist  N.  L.  für  conscensio,  was  sehr  auf- 
fällt, da  von  adscendere  gesagt  wird  adscensio  und  adscens?is ,  und 
die  letztere  Form  häufiger  vorkommt.  Hinsichtlich  des  Wortes  con- 
sce7isio  merke  man,  dass  Cicero,  der  es  allein  braucht,  nicht  den 
Genitiv  iiaviiiin  hinzusetzt,  sondern /;2  naves.  Die  Seltenheit  des  Subst. 
conscensio  fällt  ebenfalls  auf. 

Conscientia,  theils  mit  den  Genitiven  animi  oder  mentis  (Cic. 
Cluent.  58,  159),  theils  ohne  dieselben,  hat  in  der  Bedeut.  Beiviisst- 
sein,  Gefühl  des  Rechts  und  Unrechts,  Gewissen,  oft  ein  bestimmen- 
des Adjectiv  für  unser  gut  und  böse  bei  sich,  z.  B.  bo7ia,  recla,  prae- 
clara,  optima,  mala,  was  Einige  nicht  zugestehen  wollen.  Vgl.  ein  voll- 
ständiges Latein.  Lexicon.  Aber  nach  dem  Zusammenhange  hat  das 
Subst.  auch  ohne  ein  Adjectiv  die  Bedeutung  gutes  oder  böses  Gewis- 
sen. Wenn  wir  aber  sagen:  ich  thue  das  mit  gutem  Gewissen,  so  heisst 
dies  hoc  salvo  officio  facio,  nicht  bo7ia  conscientia.  Das  N.  L.  salva 
conscie/itia,  unbeschadet  des  Gewissens,  was  bei  Versicherungen  ge- 
braucht wird,  man  habe  Etwas  redlich,  ohne  Betrug  gethan,  muss  nach 
Ruhnken  (z.  Terent.  Andr.  IV,  3,  14)  übersetzt  werden  durch  sine 
frai/de,  liquido,  vere.  —  J).  L.  ist  conscientiam  mihi  facio,  ich  mache  fnir 
ein  Gewisseji  (daraus),  für  mihi  religio  est,  in  religionem  traho,  habeo 
rem  religioni ,  habeo  religiosum  aliquid  facere  u.  a.;  verneinend  mihi 
non  est  religio  mit  folgendem  quo  jninus. 

Conscire  sibi,  sich  bewiisst  sein,  kommt  nur  ein  einzigesmal  beiHo- 
raz  vor:  nil  conscire  sibi,  sich  Nichts  bewusst  sein,  und  kann,  als  oflFen- 
bar  P.,  ausser  mit  Anspielung  auf  diese  Stelle  nicht  angewandt  wer- 
den; man  sage  sibi  conscium  esse  alicujus  rei,  z.  B.  culpae,  nullius 
culpae. 

Co?isciscere,  zuziehen,  annehmen.,  ergreifen,  mit   dem   j4ccusativ 

eines  Objectes,  hat  oft  noch  ein  reflexives  mihi,  tibi,  sibi  bei  sich,  was 

jedoch  gleich  gut  auch  fehlen  kann;  bei  Livius  ist  es  auch  einmal  in 

aliquem  verbunden:  in  se  ac  suos  facinus  foedura  ac  ferum  consciscunt 

(XXVIII,  22,  5). 

Conscius,  mitwissend,  bewusst,  hat  den  Gegenstand,  um  den  Jemand 
raitweiss  und  dessen  er  sich  bewusst  ist,  fast  nur  im  Genitiv  bei  sich, 
sehr  selten,  jedoch  auch  bei  Cicero,  im  Dativ,  z.  B.  illius  facinoris  und 
Uli  facinori. 

Cows6T/6///ore  ist  höchst  selten;  Varro  braucht  es  vom  Schreiben 
nichtswürdiger  Dinge ;  es  kann  aber  kaum  nachgebraucht  werden. 

Conscriptor,  der  Schriftsteller,  ist  Sp.  L.  für  scriptor. 

Consecrare.  Wüstemann  (z.  Doering.  Comment.  p.  114)  verwirft 
mit  Recht  als  A'.  L.  virtutibus  se  consecrare  immortalitati ;  sed.  sagt 
er,  virtutes  aliquem  ad  immortalitatis  7iiemoria?n  cotisecra7it,  sive  vir- 
tutibus 7nemoria  ?iominis  alicujus  co7isecratur. 

Conseclaneus,  folgerecht,  ist  Sp.  L.  für  co7iseque/ts  oder  consecta- 


243 

rius;  als  8ubst.,  der  Anhänger,  ist  es  ebenfalls  Sp.  L.  für  assectator. 
Vgl.  dieses  Wort., 

Consectarms  wird  nur  von  Cicero  als  philosophisches  Kunstwort 
gebraucht,  sonst  aber  von  Niemanden.  Man  wende  es  vorsichtig  an. 
Mehr  im  Gebrauche  ist  conseqnens  mit  dem  Subst.  cowse^rMewZ/a.  Neuere 
lieben  consectarius,  oft  an  unpassender  Stelle. 

Consec?/tio  ist  in  der  Bedeut.  das  Erlangen,  Erreichen  sehr  S/J.  L. 
und  nicht  anzuwenden;  dafiir  das  Verbura  consequi  und  das  Subst. 
adeptio.  Bei  Cicero  (Fin.  I,  11,  37)  bedeutet  es  theils  die  Folge  (hoc 
cowsec?^fib«em  alTertvoluptatis,  r/iteses  hat  Fergfiiigen  zur  Folge),  theils 
die  Anordnung  und  Verbindung  der  Wörter.  Als  Plur.,  die  Folgen, 
kommt  es  nur  in  der  philosophischen  Sprache  vor.  Vgl.  Co/isequentia. 
Conseyisio  und  cotisensus,  die  Uebereinstimmung,  sind  beide  Kl. 
und  gleich  häufig:  aber  der  blosse  Ablativ  co?isensu  in  der  Bedeut. 
einstimmig  ist  erst  seit  Livius  bei  den  Historikern  üblich  für  uno, 
o?nnium  oder  communi  consensu,  uno  ore,  una  voce,  una  mente. 

Consentanee,  Adv.,  gemäss,  übereinstimmend,  ist  Sp.  L.  für  con- 
venienter,  congrue?iter. 

ConsentaneuSj  gemäss,  passend  u.  dgl.,  wird  meistens  mit  dem 
Dativ  verbunden,  seltner  mit  cum.  Das  neutrale  coiisentaneum  est  hat 
bei  einem  folgenden  Satze  nicht  ut,  sondern  den  Inßn.  oder  Accus,  c. 
Inf.  bei  sich,  z.  B.  dass  dieses  geschehe,  hoc  fieri,  nicht  ut  hoc ßai. 

Consentire,  übereinstimmen,  wird  verbunden  mit  dem  Dativ  alicui 
oder  cum  aliquo,  und  mit  dem  Inßn.  in  der  Bedeut.  gemeinschafllich 
beschliessen.  Etwas  zu  thun.  In  oder  für  Etwas  übereinstimmen  heisst 
nicht  in  aliquid,  sondern  in  aliqua  re;  jenes  hiesse  gegen,  wider  Etwas. 
Man  sage  nicht  in  hanc  lectionem  omnes  codd.  consentiunt,  sondern  in 
kac  lectione. 

Consequentia  lindet  sich  als  Subst.,  die  Folge,  das  Aufeinander- 
folgen, nur  einmal  bei  Cicero,  consequentia  eventonim,  die  Folge  der 
Ereignisse,  sonst  nirgends  ausser  bei  spätem  Juristen,  wo  auch  erst 
ein  Plural  consequentiae,  die  Folgen,  vorkommt,  wofür  Kl.  gesagt  wird 
quae  sequuntur  oder  consequuntur,  oder  consecutiunes  nehen  causae 
als  philosophisches  Kunstwort:  causae  rerum  et  consecutiones  (Cic. 
Fin.  II,  14,  45).  üeberhaupt  liegt  in  den  Verbis  sequi  und  consequi 
der  Begriff  der  Folge;  z.  B.  die  Strafe,  welche  die  Folge  jenes  Verbre- 
chens war,  poena,  quae  sequebatur  (cojisequebaiur)  illud  scelus.  — 
Das  philosophische  Wort  Consequenz  oder  Folgerichtigkeit  heisst  coti- 
stantia ;  folgerichtig  oder  co?isequent,  constans  oder  consenta?ieus  (Cic. 
Tusc.  V,  9,  25),  und  das  Adv.  constanter ;  als  Verbum  gebrauche  man 
co7istare.  Vgl.  Cic.  Tusc.  II,  2,  5  co7istantiae  causa,  tun  der  Consequenz 
willen.  Die  Consequenz  im  Systefne  oder  die  syste?natische  Consequenz 
heisst  perpetuitas  et  coiistantia  (Cic.  Tusc.  V,  15,  31). 

Consequi  ist  mehr  erfolgen,  als  Folge  eintreten,  Folge  von  Etwas 
sein;  aber  sequi,  begleitend  folgen,  nachfolgen.  Die  Bedeut.  erlangen, 
erreichen  hat  es  nur,  wenn  Mühe  und  Arbeit  damit  verbunden  ist,  la- 
bore,  opera,  studio.  Vgl.  Adipisci.  Wenn  bei  Cic.  (Farn.  1,  5,  a.  1 
afficior  summo  dolore  ejusmodi  tempora  post  tuam  profectionem  con- 
secuta  esse)  vor  dem  Accus,  die  Praep.  post  steht,  so  glaube  man 
nicht,  dass  consequi  ^\ic\\  mit  post  und  dem  Accus,  statt  des  einfachen 
Accusativs  verbunden  werde;  vielmehr  stehen  jene  Worte  für  sich  in 

16* 


244 

der  Bedeut.  in  der  Zeil  nach  deiner  Abreise^  so  dass  consecuta  esse 
ganz  für  sich  oliiie  Object  steht. 

Coiiserere  mit  dem  Objecte  sermojiem,  Unterhaltung  wechseln,  sich 
unterhaUen,  ist  Sp.  L.  bei  zwei  Wortküiistlerii,  Curtius  und  Fronto, 
welcher  letztere  (Ep.  ad  Ver.  3,  6,  p.  159  ed.  ßerol.)  das  Perf.  C07i- 
sevisti  gebrauclit  hat,  für  cotiseruisti,  was  Niebuhr  vorschlägt.  Bei 
Curtius  (VIII,  12,  9)  steht  im  Inf.  conseri,  woraus  mau  Nichts  schlies- 
sen  kann.  Uebrigens  ist  die  Redensart  ganz  zu  vermelden  durch  ser- 
monem  ronferre  cum  nliquo,  was  auch  3Iuret  jener,  die  er  auch  Oper. 
T.  1,  p.  293  braucht,  hätte  vorziehen  sollen.  Ueber  conserere,  bepflan- 
zen, vgl.  Consitiis. 

Consider anter,  bedächtig,  ist  Sp.  L.  für  considerate. 

Considernntia,  die  Ueberlegtheit,  Besonnenheit,  Bedachtsamkeit,  ist 
JV.  Kl.  und  findet  sich  nur  bei  Vitruv,  daher  ist  es  auch  kaum  nachzu- 
brauchen,  wiewohl  es  durch  inconsiderantia,\\^^  sogar  bei  Cicero  vor- 
kommt, geschützt  wird.  Sonst  wähle  man  consideratio,  circumspectio, 
prndentia,  cautio  oder  umschreibe  durch  cotisiderate  agere. 

.  Considerare,  betrachten,  überlegen,  Etwas  nach  Etwas  beurtheilen, 
wird  verbunden  aliquid  ex  aliqua  re  (Cic.  Inv.  II,  58,  176). 

Consideratus,  überlegt,  überdacht,  hat  zwar  eigentlich  nur  diesen 
passivefi  Sinn,  aber  gleichwohl  hat  es  als  Adjectiv  schon  in  der  AI. 
guten  Prosa  einen  activeji  angenommen,  bedachtsam,  behutsam,  und 
wird  Personen  beigelegt.  Dieser  Gebrauch  wurde  neulich  übereilt 
verworfen.  Vgl.  Incon^ideratus. 

(Jonsidere,  sich  niedersetzen  u.  dgl. ;  wo,  wohin  heisst  in  aliqua  locOy 
nicht  in  aliqueyn  locum;  darnach  richten  sich  andere  Ortsbestimmun- 
gen. Wohin  heisst  ubi,  nicht  quo;  dort,  ibi,  nicht  eo  u.  a. 

Consiliator,  der  Rathgeber,  ist  N.  Kl.  und  selten  und  steht  beim 
Jüngern  Plinius  für  das  Kl.  consiliarius. 

Consilium,  Entschluss  Etwas  zu  thun,\idLn\\  mit  dem  Genit.  des  Ge- 
ruiidii,  was  dasUeblichste  ist,  oder  mit  dem  Infinitiv,oA.GY  mit  ut  ver- 
bunden werden ;  z.  B.  consilium  cepi  ante  lucem  urbe  ej:e//w^«',  oder 
ex//"e,  oder  ut  exirem;  —  Alles  gleich  gut  und  Kl.  —  Da  consilium 
auch  Plan  und  Absicht  bedeutet,  so  fragt  es  sich,  ob  man  in  diesem 
Sinne  von  consilium  libri,  dialogi,  carminis  alicujus  sprechen  könne. 
Da  nirgends  etwas  dem  ganz  Aehnliches  von  Sachen  vorkommt,  so  wird 
an  der  Latinität  dieser  Ausdrucksweise  gezweifelt  und  dafür  zu  Um- 
schreibungen mit  spectare  gerathen.  Da  jedoch  der  Genitiv  in  so  viel- 
fältigem Sinne  genommen  wird,  so  ist  wohl  auch  diese  Art  zu  reden 
zulässig,  zumal  wenn  es  dem  Zusammenhange  der  Worte  nach  ver- 
ständlich ist.  Vgl.  Raschig  Progr.  p.  26.  —  N.  L.  aber  ist  cojisilium  depo- 
nere,  einen  Entschluss  oder  Plan  aufgeben,  für  consilium  nbjicere. 

Consitura,  die  Bepflanzimg,  steht  nur  bei  Cic.  Rep.  I,  17  mit  dem 
Genit.  agri.,  was  auffallend  ist;  und  ebenso  consilio ,  das  Besäen.,  Be- 
pflanzen, bei  Cic.  Senect.  15  für  das  gewöhnliche  salio. 

Consitus  in  der  Bedeut.  gepflanzt  von  einem  Baume,  einer  r  lume 
und  jeder  andern  Pflanze  soll  nirgends  vorkommen,  da  es  nav  bepflanzt 
bedeute,  also  nur  von  einem  Felde,  Garten,  Beete  gesagt  werde,  wes- 
wegen Frotscher  zu  Muretus  (Oper.  T.  I,p.216),  der;  nuperin  horto 
—  consitas  plantas  schrieb,  bemerkt:  Consitus  non  tam  de  plantis  dici- 
tur,  quam  de  locis,  in  quibus  sunt  plaatae.  Er  hat  darin  Recht,  denn 


245 

nur  selten  und  nicht  nachziihrauchen  ist  conserere  in  der  Bedeiit. 
pflanzen,  für  das  einfache  serere.  \gl.  mehr  darüber  bei  Drakenb.  z. 
Liv.  X,  24,  5. 

Consociaüis.  Bezweifelt  wird  die  Superlativform  consociaü'ssitnus, 
tmif'ßst  verbunden,  m  Cic.  Farn.  III,  3,  wo  Orelli  zu  vergleichen  ist,  und 
H.  Stephani  Pseudocicero  p.  79. 

CoTisolaH  wird  verbunden  aliquem  aliquid  oder  de  aliqua  re,  Einen 
wegen  oder  über  Ettvas  trösten,  zu  beruhigen  suchen;  seltner  aliquid 
aliqiia  re,  sich  wegefi  Etwas  mit  Ettvas  tröste?!,  wie  bei  Cic.  (Tusc.  V, 
31,  88)  :  magnitudineTn  doloris  brevitate  consolatur. 

Consolidare  stand  sonst  in  der  Partie,  form  consolidatus  in  Cic. 
Fam.  V,  20,  2  von  Rechnung-en  gebraucht,  welche  verglichen  oder  be- 
glaubigt warefi;  aber  da  die  Verba  solidare  und  consolidare  \o\\  Rech- 
nungen (ratio7ies)  in  dieser  bildlichen  Bedeut.  erst  bei  späten  Juristen 
vorkommen,  nemlich  in  der  Bedeut. /es/s/e//ew,  solidiren,  consolidiren, 
sichern,  nirgends  aber  in  der  Bedeut.  vergleichen,  was  dorthin  gehört, 
so  liest  man  jetzt  in  jener  Stelle  dafür  conlatas  oder  collatas.  Vgl. 
Orelli.  Man  sage  rationes  conßcere  et  conferre.  In  der  eigentl.  Bedeut. 
dicht  machen  braucht  es  der  Ärchitect  Vitruv  von  einer  3Iauer  oder 
Wand,  wahrscheinlich  als  Kunstwort;  anders  kommt  es  nicht  vor. 

Cojisonantia,  Harmonie,  Einklang,  ist  vielleicht  ein  gewöhnliches 
Wort,  N.  Kl.  nur  bei  Vitruv,  sonst  nicht,  Sp.  L.  öfter  für  concentus 
(Cic.  OfF.  I,  40),  consensus,  conspiratio  u.  a. 

Consonare  steht  Kl.  bei  Varro  von  Bienen,  die  zusammen  summen, 
und  bei  Livius  consonans  vlamor,  einstimmiges  Geschrei;  öfter  N.  Kl. 
bei  Quintilian,  und  nicht  zu  verwerfen;  sonst  sagt  man  dafür  Kl.  con- 
cinere.,  assentiri,  conseniire  u.  a. 

Consortitmi ,  die  Verbindung ,  Gemeinschaft ,  ümi et  sich  zwar  bei 
Livius,  Quintilian  u.  A.,  aber  selten  für  consortio,  societas. 

Conspectus  ist  in  der  Bedeut.  Uebersicht,  Entwurf  einer  schriU- 
lichen  Arbeit  Sp.  L.  und  findet  sich  nur  bei  Gcllius  nach  dem  griech. 
avrounq;  im  N.  L.  ist  es  sehr  gewöhnlich  für  adnmbratio,  auch  wohl 
swnmarium. 

Conspicere  vgl.  j4spicere. 

Conspirare,  sich  vereinigen,  einstimmen  in  oi]er  für  Etwas,  in  aliqua 
re.,  aber  gegen  Etwas,  in  aliquid.  Man  unterscheide  beide,  und  sage 
daher  nicht:  omnes  codd.  m  ha7ic  lectione7n  (scripturam)  conspirant, 
sondern  in  hac  lectione ;  jenes  heisst  gegen  diese  Lesart. 

Conspurcare,  beflecken,  besudeln,  ist  N.  Kl.  und  steht  nur  bei  Co- 
lumella  u.  Suet.  (Ner.  35);  es  ist  höchstens  bei  ganz  gemeinen  Dingen 
zu  brauchen. 

Constdbilire.,  befestigen,  ist  nur  A.  L.  und  findet  sich  einigemal  bei 
den  Komikern,  sonst  ist  es  erst  ganz  Sp.  L.  für  stabilire.  fundare. 

Conslare.  Die  neutrale  Redensart  oinnibus  oder  inter  omnes  con- 
stat  bedeutet  nicht:  es  ist  Allen  bekannt,  sondern  Allen  oder  bei  Allen 
ist  gewiss,  iinter  Allen  steht  fest,  Alle  glauben,  bei  Allen  ist  ausge- 
77iacht,  Alle  si7id  dari7i  ei7iversta7iden ;  daher  auch  mihi  constat,  ich  bin 
fest  e7itschlosse7i ,  z.  B.  quid  agam,  ?vas  ich  thiai  solle.  Vgl.  Cic.  Tusc. 
IV,  15,35.  Caes.  B.  G.  III,  14.  —  Obgleich  cojistare  mit  einem  Genitiv 
oder  Abi.  der  Grösse  des  Werthes  kosten  heisst,  so  wird  doch:   Was 


246 

kostet  es  für  Mühe?  nicht  mit  cnnstare  übersetzt,  sondern  quanti  est 
lahoris  ?  qumitae  est  moUs  ?  quid  est  negotii? 

Constellatio ,  ihr  Stand  der  Gestirne ,  die  Constellation  ,  mit  äiiin 
Nebensinne  des  Einflnsses  auf  den  Menschen,  ist  Sp.  L.  für  nffectio 
coeli,  äff.  astrorum,  silus  coeli  et  slellarum. 

CoHsternare  I^ann  fast  nur  im  Partie,  consternatns  mit  und  ohne 
esse  an^^ewandt  werden,  da  es  seit  Caesar  bei  den  Historikern  in  der 
Bedeut.  in  Verwirrung,  in  Schrecken  gesetzt  oft  vorkommt,  Cicero 
aber  braucht  es  nie.  Vom  Actio,  kommt  bei  Livius  nur  consternavit 
und  consternans  vor.  Cicero  braucht  dafür  perterrere  und  conturbare. 

Coiistituere  hat,  in  welcher  Bedeutung  es  sei,  bei  einem  Orte  iti 
nur  mit  dem  Ablativ  bei  sich,  niclit  in  mit  dem  Accusativ,  z.  B.  in 
urbibus,  in  civitate ,  in  acie  u  dgl.  In  der  Bedeut.  beschliessen  Etwas 
zu  thun,  wird  es  Kl.  fast  nur  mit  dem  Infin.  des  folg.  Verbi  ver- 
bunden,  selten  mit  ut  (Cic.  Fin.  V,  ],  1.  Att.  XVI,  10).  D.  L.  ist 
coiistituere  aliquem  in  imperio,  in  regno,  in  magistrata  u.  a.,  oder  wohl 
gar  in  imperinm,  Einen  auf  den  Thron  setzen,  in  ein  Amt  einsetzen., 
für  aliquem  constituere  iniperatorem ,  regem,  alicui  mogistratum  dare, 
mandare,  committere,  oder  im  passiven  Sinne  obtinere,  consequi  im- 
perium,  magist ratum. 

Constitutio  ist  in  der  Bedeut.  Anordnung,  Einrichtu?ig  nicht  zu 
verwerfen,  da  es  bei  Cic.  (Leg.  II,  10)  mit  dem  Ohjectsgenitiv  reli- 
gionum  und  hei  Livius  (XXXIX,  53,  10)  mit  dem  Subjectsgenitiv 
scnutus  so  vorkommt,  wiewohl  es  ohne  einen  solchen  Genitiv  lieber 
mit  institutum,  decretum ,  zumal  im  Plur.,  zu  vertauschen  ist.  Aber 
was  wir  Constitution  ,  d.  h.  Verfassung  ,  Staatsverfassung ,  nennen., 
liegt  nicht  darin;  dafür  sage  man  inslituta  et  leges  (Caes.  B.  G.  I,  1) 
oder  descriptio  civitatis  a  majoribus  constituta  (Cic.  Sest.  65,  137), 
was  nach  dem  Sinne  jedesmal  abzuändern  ist. —  Richtig  ist  aber  con- 
stitutio corporis ,  die  Leibesbeschaffenheit ,  körperliche  Constitution, 
wiewohl  auch  dafür  corporis  affectio  (Cic.  Tusc.  V,  9,  27)  und  cor- 
poris habitus  ( Cels.  III,  22)  steht.  Man  tadelt  aber  bona  corporis 
const.,  weil  Cicero  anderwärts  nicht  bonus,  sondern  firmus  brauche; 
vgl.  Cic.  Off.  111,33,117.  Tusc.  V,  9,  27.  Da  aber  Ebenders.  (Fin. 
II,  28,92)  corpus  be7ie  constitutum  sagt,  so  möchte  bonus  eben  so 
wenig  verwerflich  sein. 

Constructio  verborum,  die  Construction  der  Wörter ,  ht  in  dem 
doppelten  grammatischen  Sinne  erst  Sp.  L.,  da  es  in  der  bessern 
Pi'osa  nur  die  passende,  schickliche ,  nmneröse  Verbindung  und  Zu- 
sammenstellung  der  Wörter  bedeutet.  Als  Kunstwort  kann  es  kaum 
vermieden  werden.  ^^  o  es  zu  vermeiden  ist,  brauche  man  dafür  im 
Sinne  der  logischen  Folge  der  Wörter ,  co7isectitio  verborum  (nach 
Cic.  Partit.  6),  und  im  Sinne  der  Verbindung  eines  Wortes  mit  dem 
andern,  conformatio  verborum  (nach  Cic.  Orat.  I,  33,  15).  Das  Ver- 
bum  construere  aber  ist  im  grammatischen  Sinne  eben  so  Sp.  L., 
2.  B.  hoc  verb?im  construitur  cum  Ablafivo  u.  ähnliche,  für  jungilur, 
conjungitur  cum  Abi.,  wie  auch  selbst  die  spätem  Grammatiker  mei- 
stens sagen.  In  der  Kl.  Bedeutung  aufhäufen,  zusammenbringen  wird 
das  Wollin  ausgedrückt  durch  in  mit  dem  Abi.,  nicht  durch  in  mit 
dem  Accus. 

Consttasor,  der  Rathgeber,\i.ommi  nur  ein  einzigesmal  vor  und  zwar 


247 

bei  Cicero  für  das  sonst  beständige  s//«sorj  vielleicht  mit  dem  Neben- 
begrifFe  des  dringende?!.  Als  seltnes  Wort  werde  es  vermieden. 
Gleich  selten  und  nur  A.  L.  ist  das  Verbum  co7isuadere  für  suadere, 
so  dass  beide  geraeine  Volkswörter  gewesen  zu  sein  scheinen. 

Co7isueßen\  gewohnt  icerden,  sich  geiröhnen,  ist  B.  L.  für  consiie- 
scere,  in  cousiietudinem  venire;  ebenso  ist  N.  L.  consuetiim ßeri. 

Consuehis  siim,  ich  biri  gewohnt,  d.  h.  ich  pflege,  ist  fast  nur  u4.  L. 
für  consuevi.  Und  so  kommt  das  Partie.  C07isnetiis  ausser  bei  Dichtern 
nur  bei  Sallust  in  der  Bedeut.  gewohnt ,  gewöhnlich  vor.  Ohne  alle 
Auctorität  aber  ist  das  N.  L.  bekannte  alltägliche  consi/eto  7nore,  7iach 
getciohnier  Sitte  oder  Weise,  für  more  oder  C07is7iettidine  allein,  wozu 
oft  mens,  tniis,  suus  —  hinzutritt.  Ebenso  auch  die  co7isneto,  hora  co7i- 
sueia  und  dergleichen  mehr.  Nach  Sitte  heisst  auch  iit  fit  oder  ut 
co7isuevi  u.  s.  w. 

C'onsit/ere  wird  in  der  Bedeut.  Einen  um  Rathfragen,  befrage7i,  zu 
Rothe  %iehe7i  verbunden  aliqvem  consu/.;  tvege/i  ei7ier  Sache,  de  aliqiia 
re ;  in  der  Bedeut. /?/r  Einen,  für  Ehvas  sorgen,  bedacht  sein,  cdiciii 
(rei)  consniere :  fur's  aUgemei7ie  Beste.,  in  77iediu77i,  i/i  comm^ine ;  i/i 
Riicksicht  auf  Jemande7i  oder  gegen  Jem,  Etwas  besch1ie8se7i  oder 
gege7i  ih7i  verfahre7i,  de  atiqiio  oder  in  alique7n  cons.  Das  Etivas  oder 
wie  verfahre7i  wird,  wird  durch  ein  Adv.  ausgedrückt,  z.  B.  graviter, 
crudeliter ;  doch  kommt  eine  solche  Redensart  nie  [)ei  Cic.  vor. — N.  KL, 
vielleiclit  aus  dem  altern  Latein,  findet  man  boni  aliquid  constilere. 
Etwas  gütig  aufnehmen,  7nit  Etwas  zufrieden  sei7i ,  einigemal  bei 
Quintilian,  sonst  "selten  für  bonuin  aliquid  judicare ;  es  werde  ver- 
mieden. Aber  mali  consulere  kommt,  da  es  luinatürlich  ist,  nicht  vor. — 
Ts.  L.  ist  es  auch,  alicui  consulere  in  der  Bedeut.  Einem  rathen^  einen 
Roth  gehe7i  zu  brauchen,  für  alicui  suadere,  alicui  auctorem  esse, 
consilium  dare.  Allzu  heilig  oder  juristisch  ist  es  aber,  zu  sagen,  z.  B. 
Homerum,  Plat07iem,  Livium  u.  s.  w.  consulere  in  der  Bedeut.  sei7ie 
Bücher  um  irgend  einer  Sache  willen  nachschlagen,  nachlese?!,  um 
Etwas  daraus  zu  beweisen,  was  im  N.  L.  oft  zu  lesen  ist,  für  inspicere, 
conferre,  legere.  —  Wiewohl  man  aber  sagte  consulere  oraculum,  das 
Orakel  befragen,  so  sagte  man  doch  nicht  consulere  libros  Sibyllinos, 
sondern  entweder  inspicere  oder  adire  libros  S.,  weil  man,  um  sie 
aufzuschlagen,  erst  nach  dem  Tempel,  wo  sie  lagen,  gehen  musste.  - — 
Viel  seltner  wird  für  consulere  das  Verbum  co?isultare  gebraucht, 
wiewohl  auch  bei  Cicero,  Caesar  und  Livius,  jedoch  nur  in  der  Bedeut. 
sich  berathe7i,  überlegen,  mit  de  oder  einem  folgenden  Relativsätze. 

Consultator,  der  um  Roth  fragt,  ist  vielleicht  erst  Sp.  L.,  da  es 
bei  Quintilian  (VI.  3,  87)  zweifelhaft  ist,  für  das  Kl.  co7?sultor. 

Co7isulte,  vorsätzlich,  absichtlich,  vermeide  man  als  seltene  Form 
für  die  AI.  consulto. 

Consultns  als  Subst. ,  die  Einsicht,  der  Beschluss,  ist  alte  Form 
für  consultum. 

Consumere.  Man  schreibe  im  Perf.  co7isumpsi  für  co7isumsi,  und 
im  Supino  consumpt7im  für  consu7nt7/?}i.  Etiras  auf  Etwas  oder  auf 
Einen  verwenden,  mit  Ettvas  hinbri7igen  heisst  consum.  aliquid  in 
aliqua  re  oder  in  aliquo ,  selten  (was  mehr  P.  ist)  i7i  aliquid,  in 
atiquem,  nie  aber,  wenigstesis  bei  Cicero  nicht,  aliqua  re. 

Consu7nmare,  zum  höchsten  Gipfel,  Grade  oder  ztir   Vollendung 


248 

hr'w^en,  vollenden,  ist  zwar  erst  seit  liivius  im  Gebrauche,  aber  nach- 
her bei  guten  Nachklassikern,  besonders  bei  Quintiiian.  Und  fast  ist 
es  ein  Gewinn  für  die  Sprache  zu  nennen,  indem  absolvere  und  perfi- 
cere  als  einzelne  Wörter  den  Begriff  nicht  erschöpfen.  Cic.  (Leg.  I, 
8,  25)  braucht  ad  summnni  perducere. 

*  Die  Beispiele,  w  eiche  bei  Sclieller  und  in  andern  Lexicis  schon  aus  Cicero 
dafür  ang-eführt  werden,  beruhen  auf  falselien  Lesarten,  wie  in  Cic.  Oft'.  I,  2,  4 
und  Phil.  XI,  7,  18. 

Consur^ere,  aufstehen,  wird  nicht  allein  von  Mehrern,  sondern 
auch  von  Einem  gebraucht;  so  wenigstens  bei  Livius  ausser  frühem 
Dichtern,  z.  13.  bei  Lucrez.  —  Hand  (Lehrb.p.löO)  findet  etwas  Feier- 
liches und  Förmliches  darin. 

Contages  und  contagium,  die  Berührung^  ist  nur  P.  L.  für  con- 
tactus  oder  contagio. 

Conteninere.  Man  schreibe  im  Perf.  contempsi  für  contefnsi,  und 
im  Supino  co?iiemptum  für  contemtum. 

Contemporaneus,  der  Zeitgenosse,  ist  Sp.  L.  bei  Gellius  und  selbst 
da  zweifelhaft.  Dafür  und  für  das  ganz  Sp.  L.  contemporalis  sagt  man 
aeqiialis  temporiim  illorinn  (Cic.  Div.  I,  20, 39)  oder  mit  Livius  aequalis 
temporibus  oder  homo  ejusdem  temporis,  ejusdem  aetatis.  Unsere  Zeit- 
genossen heisst  nostri  homines.  Vgl.  Aequaevus. 

Contemptihilis,  verächtlich,  ist  Sp.  L. ,  wie  auch  das  Subst.  con- 
temptibilitas.,  die  Verächtlichkeit ;  beide  sind  zum  Gebrauche  fast  B., 
und  hätten  von  keinem  Neulateiner  gebraucht  werden  sollen  für  die 
Partie,  cojitemplus  oder  contemnendus  und  das  Subst.  conternptio. 

Comteniptus,  die  Verachtung,  findet  sich  zwar  schon  bei  Dichtern 
der/T/.  Zeit,  aber  noch  nicht  im  gewöhnlichen  Gebrauclie  bei  Cicero 
und  Caesar,  welcher  nur  contemptni  esse  braucht.  Aber  seit  Livius 
kommt  es  N.  Kl.  besonders  bei  Quintiiian  häufiger  vor,  als  das  KL 
contemptio,  theils  activ,  das  Verachten,  theils  passiv,  die  Verachtung, 
in  der  man  steht.    Man  brauche  beide. 

Contendere  bedeutet  zwar  Etwas  dringend,  beharrlich,  hartnäckig 
behaupten  oder  versichern,  aber  ein  einzelner  Objectsaccusativ,  z.  B. 
sentejitiam,  die  Meinung,  tritt  niclit  hinzu,  sondern  ein  voller  Satz  im 
Acc.  m.  d.  infin.,  oder  sonst  eine  Umschreibung,  z.  B.  mit  si  quis,  wie 
Cic.  Farn.  II,  6,  1.  Vgl.  Cic.  Sest.  50,  107.  Arch.  7.  —  N.  L.  ist  daiier 
sententiam  contendere,  eine  Meinung  behaupten,  für  sententiam  teuere, 
dicere,  ferre  nnd  stärker  dejendere ,  oder  mit  contendere ,  wobei  die 
Meinung  selbst  im  ^rc. /7i.  d.  Inf.  steht.  Vgl.  auch  Webers  Uebungssch. 
p.  216.  —  Irrig  verwerfen  Einige  Sätze,  wie:  ut  Asclepiades  conlendU, 
wie  A.  behauptet,  wozu  kein  Grund  vorhanden  ist;  vielmehr  spricht  so 
z.  B.  Celsus  (Praef.  L.  I,  p.  5  ed.  Krause).  —  Uebrigens  heisst  Jeman- 
den ernstlich  bitten,  ab  aliquo  conte7idere ;  nach  Ejtivas  eifrig  streben, 
ad  aliquid  co7ite?idere  wnd  nach  eitlem  La?ide  oder  Orte  hin,  in  oder 
ad  aliquem  loci/m ;  sich  bemühen  Etivas  zu  thun,  contendere  mit  folg. 
Infinitiv  oder  jnit  ut  (Cic.  Fat.  30)  ;  bei  Ettvas  seine  Kraft  anstrengen, 
sie  auf  Etwas  vertuenden,  nervös  contendere  in  aliqua  re. 

Contenebrnscere  (contenebrescere),  finster  werden,  kommt  theils 
bei  Varro  vor  in  der  Form  contenebravit,  theils  sehr  Sp.  L.  für  obscu- 
rari  oder  (es  wird  finster)  tenebrae  oboriuntur.  Vgl.  Noctescere. 


249 

Contente,  zufrieden,  ist  als  Adv.  von  contentns  A.  u.  8}).  L.:  z.  B. 
er  lebt  zufrieden,  nicht  contente,  sondern  contentus  vivit  oder  est. 

Contentio  (von  continere)  ist  in  der  Bedeut.  Zufriedenheit  7nit  nnd 
ohne  den  Genit.  aninii  N.  L.  für  animus  contentus  oder  aeqtius,  animi 
aequitas. 

Conte?itiosus,  streitsüchtig,  ist  N'.  KL,  kommt  aber  nur  einmal  bei 
Plin.  vor  (Ep.II,  19,  4)  :  co?itentiosa  et  pugnax  oratio,  sonst  ist  es  nur 
Sp.  Jj.  für  pugnax^  perpugnax,  contentionis  amans  oder  content,  cvpi- 
dus,  rixae  oder  jurgii  amans,  liiigiosus. 

Contentus,  zufriede7i^  genügsam,  wird  richtig'  angewandt  von  dem, 
der  Nichts  mehr  verlangt,  als  was  da  ist,  was  er  hat,  U7id  sich  damit 
begnügt.  Unser  Adject,  zufrieden  dehnt  sich  in  seinem  Begriffe  weiter 
aus,  und  oft  passt  dafür  contentus  nicht.  So  ist  es  z.  B.  J).  L.  zu  sagen  : 
lioc  discipulo  co?itejit?is  suni,  für  hunc  discipulum  probo;  und  in  diesem 
Sinne  stellt  oft  probabilis.  Vgl.  Cic.  Orat  I,  28,  129.  Ebenso:  ich  bin 
mit  deiner  Rede  zufrieden,  orationem  tuam  probo,  oratio  tua  mihi  non 
displicet  u.a.,  aber  nicht  mit  contentus ;  mcht  studio  meo  co7itentus 
fuit,  wie  Mahne  (Crito  p.  281)  sagt,  für  studium  meum  probavit.  Da 
contentus  selten  absolut,  ohne  einen  Abi.  steht  (wofür  bono  animo 
esse  gesagt  wird)  ,  so  heisst  sei  zufrieden  oder  gib  dich  zufrieden 
(wenn  man  Einen  beruhigt),  äowo  sis  animo,  oder,  wo  es  erforderlich 
ist,  quiesce,  face.  Ferner:  ich  bin  es  wohl  zufrieden,  facile  patior,  non 
molestefero;  ich  bin  nicht  zufrieden,  oft  molestefero. — Franz.  L.  ist  male 
contentus,  missvergfiügt,  sehr  unzufrieden,  für  indigtiabundus.  Oft  ist 
daher  für  contentum  esse  passender  satis  habere,  aliquid  probare, 
alicui  satisfacere  aliqua  re.  Vgl.  Caes.  B.  G.  I,  15.  Cic.  Rose.  Am.  52, 
150.  Fam.  XIII,  20  u.  a.  Einen  ganz  zufrieden  stellen  heisst  alicui 
cuinulate,  cumulatissiine  satisfacere.  Vgl.  noch  Weber's  Uebungssch. 
p.  ]29  und  die  neuern  D.  L.  Lexica. 

Cotiterere  wird  oft  bildlich  gebraucht,  z.  B.  die  Zeit  mit  Etwas  ver- 
bringe??, conter.  teynpus  in  aliqua  re,  nicht  cum  aliqua  re;  sogar  se  con- 
terere  in  aliqua  re ,  sich  mit  Etwas  beschäftige??.  Auch  sagt  Cicero 
scherzliaft  lib??im  lege??do  co??terere,  ein  Buch  eifrig  und  oft  durchlesen. 

Co?itermi7??is,  a7?gre?izend ,  benachbart ,  ist  erst  N.  Kl.  und  findet 
sich  bei  weniger  guten  Schriftstellern  für ß7?itimu8,  co?iß7?is,  co7?ti??ens 
cu?n  a/iquo  loco  (Cic.  Fam.  XV,  2,2)  oder  alicui loco  (Cic.  Caec.  5, 15), 
attingens  locum  (Cic.  Fam.  XV,  4,  4). 

Co?iterraneus,  der  ha7?ds??ia7in ,  findet  sich  nur  ein  einzigesmal  bei 
dem  altern  Plinius  und  selbst  da  ist  es  zweifelhaft  und  verdächtig,  da 
man  dort  congerro7?e7n  lesen  will.  Es  ist  also  vielleicht  N.  L.,  aber 
dennoch  heutzutage  im  Gebrauche  für  civis, popularis,  ejusdem  terrae, 
civitatis  oder  urbis.  Unser  La7?dsma7?7i  heisst  bei  Cicero  7iosier  homo 
oder  i?ostras ,\\n  Plur.  nostrates ,  i7icola  noster  (Cic.  Cato  21,78). 
Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  101.  Dagegen  vertheidigt  esHand  (Lehrb. 
p.  134),  welcher  meint,  Plinius  habe  das  Wort  gewiss  vorgefunden. 

Co7ttestari  soll  ohne  einen  Accusativ  dessen,  den  man  zum  Zeugen 
bei  seiner  Versicherung  aufruft,  in  der  Bedeut.  laut  versicher??  ohne 
Beispiel  sein,  und  daher  wird  Muret  getadelt,  welcher  (Oper.  'i\  I, 
p.  283  ed.  Fr.)  blos  contestatus  sagte.  Hoc  verbum  (sagt  Frotscher) 
aptid  optimos  scriptores  non  ponitnr  absolute  de  eo ,  qui  aliqnid  affir- 
raet;  sed  est  i.  q.  testem  aliquem  facere  vel  obtestari  aliqnem  atque 


250 

ol)secrare.  —  Man  merke  noch,  dass   conteslatiis  auch  im  passiveo 
Sinne,  beglaubigt,  bei  den  Bessern  vorkommt. 

Contexere ,  zusammenweben ^  verweben,  wird  verb.  cum,  aliqua  re, 
mit  Etwas. 

CoJiticescere ,  verschweigen ;  Etwas  verschweigen ,  contic.  dt  aliqua 
re,  nicht  aliquid. 

Conligmis,  angrenzend,  ist  P.  und  N.  Kl.  und  findet  sich  nur  selten 
bei  weniger  guten  Schriftstellern  ^\\x  finilinms  u.  a.  Vgl.  Contermlmis. 

Continens  als  Adj.,  zusammenhängend ,  nahe,  wird  verbunden  mit 
ciim  oder  mit  d.  Dativ.  Als  Subst.  ohne  terra  (was  häufiger  ist  als 
mit  terra^^  das  Festland,  ist  es  wohl  nur  ein  Femininum,  nicht  ein 
Mascullnum,  wie  es  Ang.  Politian.  in  seinem  Herodian  braucht,  z.  B. 
IV,  5  uierqtie  continens  und  adver sus  continens,  das  gegenüberliegende 
Festland.  —  Sp.  L.  ist  ex  oder  in  continenti  von  der  Zeit,  sogleich^ 
sofort,  alsbald,  für  confestim,  e  vestigio.,  nulla  interposita  mora. 

Continere.  Sich  einer  Sache  enthalte?i  heisst  se  continere  ab  aliqiia 
re,  z.  B.  contineo  me  ab  exemplis  (Cic.  Fin.  11,  19,  62)  ;  eingeschlossen 
sein  vo?/  Etwas  (övtWch),  contineri  (passiv)  aliqtia  re,  nicht  contenlum 
esse;  ebenso  in  Etwas  enthalten  sein,  nicht  contentum  esse  in  aliqua 
re,  sotidern  cojitineri  aliqua  re.  In  der  Bedeut.  enthalten ,  worin  beste- 
hen werde  aber  nach  dem  bessern  Gebrauche  mehr  das  Passivum, 
als  das  Aclivum  gebraucht,  contineri  aliqua  re ,  nicht  continere  ali- 
quant rem  ,  was  wohl  fast  nur  N.  Kl.  ist;  z.  B.  die  Moralität  enthält 
diese  Tugenden  ,  honestas  his  virtutibus  continetur  (Cic.  Fin.  II,  15), 
nicht  has  virtutes  continet.  Aber  noch  viel  weniger  heisst  (dem  Deut- 
schen ge?näss  )  i7i  der  Moralität  sind  diese  Tugende?i  enthalten ,  in 
honestate  hae  sunt  contentae  virtutes.  Vgl.  Cic.  Orat.  II.  35,  150. 
Man  beachte  diese  Art  zu  reden.  Dagegen  sagt  Plin.  (Ep.  V,  9,  1 ) ; 
litterae  tuae  partim  laeta  partim  tristia  continent. 

*  Das  Meiste  über  dieses  Wort  verdanke  ich  Hrn.  Dr.  Dietrich. 

Contingere  in  der  Bedeut.  Etwas  berühren ,  angehen ,  erreichen 
und  örtlich  an  Etwas  angrenzen  wird  nur  verbunden  aliquid,  nicJit 
alicui  oder  ad  aliquid;  aber  in  der  Bedeut.  Einem  widerfahren ,  %u 
Theil  werden,  glücken  hat  es  den  Dativ  alicui,  selten  den  Accusativ 
bei  sich,  der  nicht  zu  brauchen  ist.  Vgl.  Ruhnk.  Vellej.  I,  1.  Die  im 
N.  L.  vorkommende  Redensart  jnihi  contigit  esse  ta7nfelici,  ut  —  wird 
mit  Recht  von  Hand  (Lehrb.  p.  169)  für  N.  L.  erklärt,  da  die  dafür 
angeführten  Beispiele  ganz  unähnlich  sind.  Mihi  contingit  aliquid  hu- 
manitus,  es  trifft  mich  etwas  Menschliches,  es  stösstmir  Etwas  zu,  oder 
si  quid  mihi  conti nger et,  wenn  mir  Etwas  zustiesse,  —  in  der  Bedeut. 
ich  sterbe,  wenn  ich  stürbe,  ist  erst  Sp.  L.  für  accidit,  accideret.  Auch 
passt  das  Verbum  durchaus  nicht,  wenn  es  nicht  das  Glück  haben 
bedeutet. 

Continuare  und  continuatio  übersetzen  wir  gewöhnlich  durch 
fortsetzen  und  Fortsetzung ;  aber  selten  stimmt  die  Bedeut.  dieser 
Wörter  mit  der  Bedeut.  jener  üherein,  und  so  werden  jene 
lateinischen  oft  falsch  da  angewandt,  wo  wir  unsere  gebrauchen.  In 
continuare  ist  der  Ilauptbegriif  «7i  einander  reihen,  mit  ei?ia?ider  ver- 
binden, und  in  continuatio  der  von  u4neinanderreihu?ig,  Verbindung., 
Aufeinanderfolgen ,  Zusammenhang.  —  Daher  kann  eine  Reise  fort- 
setzen nicht  heissen  iter  continuare ,  sonA^rn  pergere  Her  conßcere ; 


251 

einen  Krieg  fortsetzen ,  nicht  bellum  vontinuare ,  sondern  bellum  per- 
seqni,  renovare,  instourare ;  seine  Sttidien  fortsetzen,  artes  oAer  studia 
persequi;  und  so  bei  ähnlichen  Fällen.  Wenn  nnn  aber  in  üeberschrif- 
ten  von  abg^ebrochenen  und  nachher  fortgesetzten  Aufsätzen  verschie- 
dener Art,  dergleichen  sich  bei  den  Alten  nirgends  findet,  bei  uns  ge- 
wöhnlich das  Wort  conttnnatio  gebraucht  wird,  so  ist  dies  nicht  A.-, 
sondern  N.  L.  Die  kürzesten  üeberschriften  sind  dafür /;«?•«  oder /;ör- 
ticula  altera,  tertia  u.  s.  w.;  Andere  brauchen  porro  oder  amplins  tra- 
ctatur  eadeni  res  oder  de  eadem  re,  was  aber  zu  schwerfällig  ist  und  zu 
modern  scheint.  Unpassend  ist  aber;!;ar*;  sequens. 

*  Vieles  von  dem  Gesagten  verdanke  ich  ebenfalls  Hrn.  Dr.  Dietrich. 

Continue  ist  vielleicht  zweifelhafte  Form  für  continuo,  welches 
N.  Kl.  bei  Quintilian  in  der  Bedeut.  in  einem  fort,  beständig  vorkommt, 
wofür  melir  Kl.  continenter  oder  assidue  zu  setzen  ist.  Gut  und  Kl. 
ist  es,  wo  wir  sagen  den  Augenhlicli,  sofort,  alsbald,  und  so  auch  non 
coniirmo  für  unser  nicht  gleich,  nicht  desivegen  gleich.  Vgl.  Cic.  Rose. 
Am.  33. 

Contra  als  Praeposition,  gegen,  wird  fast  nur  in  feindlichem  Sinne 
gehraucht,  ausser  N.  Kl.  heim  altern  Plinius,  da  im  freundlichen  Sinne 
in  oder  erga  üblich  ist.  In  der  medicinischen  Sprache  findet  sich  co/.'- 
tra  von  Heilmitteln  nur  bei  dem  altern  Plinius  und  bei  Spätem,  aber 
nicht  bei  dem  Kl.  Celsus ,  der  adversns  braucht,  sowie  hei  Cicero 
einigemal  blos  ad.  Gegen  den  Strom  oder  Strom  aufirärts  heisst  mei- 
stens adverso  flumine,  sowie  Strom  abwärts,  secu?ido ßumine ;  nur  der 
ältere  Plinius  sagt  contra  aquas  fluitare,  und  ebenso  Seneca  (Ep.  V22 
extr.)  :  contra  aquam  remigantibus.  Selten  ist  auch  contra  spem,  con- 
suet?/dinem ,  esspectatio7iem ,  opinionem  für  praeter  spem  u.  s.  w.  Das 
adverbiale  contra  ea,  dagegen  (wie,  praeterea,  interea)  braucht  zwar 
Cicero  nicht,  aber  Caesar  und  oft  Corn.  Nepos,  Livius  u.  Andere.  Aber 
sehr  Sp.  L.  ist  e  contra,  dagegen,  für  contra,  e  contrario,  contrarie. 

Contractus  kommt  als  Subst.,  der  Contralt.  abgeschlossene  Ver- 
trag, nur  bei  den  spätem  Juristen  vor  für  res  contracta,  z.  B.  rerzim 
contractarum  fides  (Cic.  Off.  I,  5,  2)  ,  das  Halten  der  Contrakte,  oder 
mit  dem  Verbo  contrahere,  z.  B.  bei  jedetn  Contrakte,  bei  Rauf,  in 
omjii  re  contrahenda,  in  emendo  (Cic.  Off.  II,  18)  ;  und  so  contrahere 
negotium,  einen  Cojitrakt  wegen  eines  Geschäftes  abschliessen,  z.  B. 
in  contrahendis  negotiis  (Cic.  Off.  II,  11)  u.  a.  So  sagt  man  auch  con- 
trahere cum  aliquo  (Cic.  Tusc.  V,  36). 

Contradicere  mit  einem  Dativ,  FAnem.  ivid er  sprechen,  ist  erst  N.  Kl. 
etwa  seit  Quintilian,  für  contra  aliqiiem  dicere,  alicui  adversari.  Vor- 
her sagte  man  nur  ohne  Object  contra  dicere,  entgegen,  dagegen 
sprechen;  so  bei  Cicero,  Caesar,  Livius  u.  A.  Vgl.  Cic.  Att.  I.  17,9. 
Verr.  II,  24,  59.  III,  7,  18.  Rose.  Am.  33,  93.  luv.  I,  17,  25  u.  a.  Livius 
VIII,  2,  2.  Man  halte  sich  mehr  an  den  Kl.  Sprachgebrauch.  —  Nach- 
lässig ist  darüber  gesprochen  in  Reisig 's  Vorlesung,  p.  663.  —  Auch  ge- 
braucht man  es  nie  von  Sachen,  die  einander  widersprechen ;  dafür  re- 
pugnare. 

Contradictio  findet  sich  erst  JV.  KL,  besonders  bei  Quintilian,  aber 
in  der  Bedeut.  die  Gegenrede  eines  Andern,  nicht  was  wir  Widerspruch 
nennen,  wo  etwas  Gesagtes  mit  etwas  Anderem,  von  Ebendemselben 
Gesagten  im  Widerspruche  steht,  demselben  widerspricht.  In  dieser 


252 

Bedeiit.  ist  contradictio  wohl  N.  L.;  z.  E.  das  steht  mit  jenem  im  VF., 
hoc  Uli  rep?igfiat,haec  inter  se  repugjiant;  in  diesen  Worten  ist  ein  W., 
haec  verha  inter  se  repugnant,  non  cohaerent;  dieses  ist  in  völligem 
fV.,  ist  ganz  widersprechend^  illud  vehementer  repugnat.  Und  so  heisst 
der  W.  in  Sachen,  rerum  repugnantia  (Phil,  II,  8)  u.  ähnl.  —  N.  L.  ist 
auch  contradictorius,  und  für  conlradictoria  ist  zu  sagen  haec  (quae) 
inter  se  repugnant,  sunt  contraria. 

Contrahere,  zusammenziehen ,  zusammenbringen,  versammeln.  Auf 
die  Frage  tvo  oder  wohin  wird  es  nur  verbunden  in  aliquem  locum,  nicht 
in  aliquo  loco.  Vgl.  Weiteres  darüber  unter  ^</üe7«V-e.  Verworfen  wird 
contrahere  familiär itatem  cum  aliquo,  was  im  N.  L.  oft  vorkommt, 
aber  ohne  alte  gute  Auctorität  ist  für  recipere  aliquem  in  familiär i- 
tatem  u.  a. 

Contraire  mit  dem  Dativ,  alicui,  gegen  Jemanden  gehen,  sich  ihm 
entgegenstelle?!,  ist  seJir  Sp.  L. ;  vorher  sagte  man  contra  aliquem  ire. 

Co?ilrarietas,  der  Gegensatz,  ist  Sp.  L.  für  oppositio ;  in  der  Khe- 
thorik  disparatum  oder  das '  Griechische  antithesis  oder  N.  TT/,  bei 
Qnintil.  co?itra  posittim. 

Contrario  als  Adverb.,  dagegen,  im  Gegentheil,  wird  bezweifelt  für 
es  oder  e  contrario  oder  contrarie,  contra.  Vgl.  Heusing.  z.  Cornel. 
Eum.  I,  .5  und  Emendd.  p.  397;  besonders  aber  Handii  Tursellia. 
T.II,p.  631. 

Contrarium  als  Subst.  mit  einem  Genitiv  in  der  Bedeut.  das  Gegen- 
theil von  einer  Sache  ist  TV.  L.  und  findet  sich  nirgends  bei  einem  La- 
teiner, denn  die  Neutra  contrarium  und  contraria  sind  alltäglich  und 
beweisen  Niclits.  Falsch  ist  z.  B.  contrarium  doloris  est  voluptas  (das 
Gegentheil  vom  Schinerz  ist  Vergnügen)  oder  contrarium  voluptatis 
est  dolor  (das  Gegentheil  von  V.ist  der  Schtn.);  dafür  steht  im  Latein, 
das  Adjectiv  contrarius,  im  Genus  auf  das  Hauptsubstantiv  bezogen 
und  entweder  mit  dem  Dativ  oder  mit  dem  Genitiv  verbunden,  also 
contraria  doloris  oder  dolori  est  voluptas,  nnd  contrarius  voluptatis 
oder  voluptati  est  dolor.  Vgl.  Cic.  Fin.  II,  9,  28.  IV,  24,  67  und  andere 
in  den  Lexicis  angeführte  Stellen.  —  Auch  ist  contrarium  facere 
quam  — ,  ettvas  Anderes  thun,  als  — ,  das  Gegentheil  thun  von  dem, 
was  man  sonst  thut,  Sp.  L.  für  contra  facere,  ac.  Vgl.  Heusing.  Einend. 
p.  465.  —  Auch  kann  in  einer  Alternativ-  oder  entgegengesetzten 
Frage,  wo  wir  anstatt  oder  nicht  auch  sagen  oder  das  Gegentheil,  mcht 
gesagt  werden  a??  contrarium,  sondern  nur  an  contra,  z.  B.  utrum  felis 
Sit,  an  contra.  Vgl.  Cic.  Inv.  I,  24,  35. 11,23,  70.  Orat.  II,  81,  330.  Ueber 
contra  s.  vorzüglich  Handii  Tursellin.  T.  II. 

Contraversus,  a,  um,  gegeiiüberliegend,  ist  sehr  Sp.  L.  für  adver- 
sus,  contrarius. 

Contribuere.  zutheilen,  vertheilen,  findet  sich  bei  Cicero  nie,  bei 
Caesar  nur  einmal  das  Partie,  contributus ;  es  ist  erst  seit  Livius,  aber 
nur  wenig  bei  den  Bessern,  im  Gebrauche.  Das  Suhst.  co?itributio  aber, 
welches  erst  Sp.  L.  bei  Juristen  vorkommt,  findet  sich  in  der  Bedeut. 
Contribution  nirgends  {iir  tributum,  Stipendium, pecuniae  imperatae, pe- 
cuniae  exactae  (die  beiden  letztern  als  Plural). 

Contristare,  belriiben,  steht  Kl.  nur  bei  Coelius  (in  Cic.  Fam.  VIII, 
9),  sonst  nur  N.  Kl.  und  höchst  selten;  auch  ist  es  ganz  unnöthig. 

Controversari,  streitig  sein,  sich  streiten,  kommt  nur  einmal  bei 


253 

Cicero  vor,  sonst  nirgends,  ausser  sehr  Sp.  L.;  es  werde  daher  lieber 
vermieden  durch  conti oversiaiii  esse  oder  controversimi  esse. 

Coiitrovertere,  streitig  sein,  ist  N.  L.,  mög^en  ailch  controvers7is 
und  controversia  Kl.  sein  und  häufig'  vorkommen. 

Contubernalis,der  Gefährte,  wird  verbunden  theils  mit  dem  Ge?iit., 
wessen  Gefährte  Jemand  ist,  theils  mit  dem  Dativ,  %vem  er  zugetheilt 
worden  ist,  nach  gewöhnlicher  Römischer  Manier.  Vgl.  Th.  I,  §.  71. 

Convalere,zti  Kräften  kommen,  wieder  gesund  loerden,  ist  N.  L.  für 
convalescere.  Jenes  Wort  braucht  Paul.  Mannt,  (zu  Cic.  Farn.  V,  13, 4) : 
cum  saepe  is  —  ita  convcdeat,  wenn  er  nicht  vielleicht  <'OJivalescat  ge- 
schrieben hat. 

Co7ivalescere,  stark  werden.  Wodurch  Jem.  stark  wird,  wird  ausge- 
driickt  durch  aliqua  re,  aber  wieder  gesund  werden  vo?i  Etwas,  ex  oder 
de  aliqua  re.  Für  die  Praep.  a,  welche  Muret  (Oper.  T.  I,  p.  313) 
braucht:  cum  convaluisset  a  periculoso  morbo,  ist  kein  Beispiel  vorlian- 
den.  Sp.  L.  ist  das  Subst.  convalescentia,  die  Wieder genesu?ig ,  für  vale- 
tudo  conßrmata,recuperata,  sanilas  resliluta,  oder  m.d.Verbo  selbst. 

Convellere,  weg-  oder  losreisse?i,  hat  im  Perf.  convelli,  nicht  con- 
vulsi.  Es  wird  verbunden  mit  ex  und  selten  mit  de,  aus,  von  Etwas 
weg.  Vgl.  Cic.  Verr.  V,  72.  Leg.  I,  21.  Att.  VIll,  15. 

Conveniens,  übereinstimmend  mit  Etwas,  passend  zu  Etwas,  wird 
verbunden  mit  dem  Dativ  oder  mit  ö«/,  selten  mit  cum,  z.  B.  convenien- 
ter  cum  natura  (Cic.  Tusc.  V,  28),  sonst  naturae. 

Convenire.  In  der  Bedeut.  zusammenkommen  wird  das  Wo  oder 
Wohin  fast  immer  durcli  in  und  den  Accusativ,  selten  durch  i7i  und 
den  jiblativ  ausgedrückt;  und  so  auch  ad  aliquem,  nicht  apud  aliquera. 
Vgl.  Weiteres  über  diese  Verbindung  unter  Advenire.  Man  sa^t  also 
in  senatum  (nicht  in  senalu)  convenimus  (Cic.  Att.  I,  16,  9) ;  in  ununt 
locum  (nicht/«  unoloco)  conveniunt  (Cic.  Verr.  III, 48);legati  ad  (nicht 
apud)  Caesarem  gratulatum  convenerunt  (Caes.  B.  G.  1,30)  u.  so  viele 
andere.  —  Dagegen  heisst  Jemanden  irgendwo  besuchen,  aliquera  conv. 
in  aliquo  loco,  z.  B.  Bruti  pueri  Laodiceae  (nicht  Laodiceam)  me  con- 
venerunt (Cic.  Farn.  III,  7,  1).  —  Sich  für  Einen  passen,  schicken,  ge- 
lege?i  sein,  conv.  alicui,  in  oder  ad  aliquem  ;  aber  das  ziemt  sich,  schickt 
sich  nicht  für  ihn  nach  seinem  Alter  heisst  nicht:  hoc  ei  non  convenitcrf 
ejus  aetatem,  sondern  hoc  non  conv.  ejus  aetati,  und  so  ähnliche.  Ferner: 
ich  bin  darin  mit  Jemanden  eins  heisst  mihi  cum  aliquo  concenit,  und 
wir  sind  darin  einig,  hoc  inter  nos  convenit.  Aber  nirgends  findet  sich 
convenire  persönlich  auf  die,  welche  übereinkommen,  bezogen, ^e  ali- 
qua re,  über  eine  Sache  übereinkommen,  wie  bei  Muret.  (Explic.  Cic. 
Catilin.  II,  8)  :  ilU  convenerant  cum  feneratoribus,  jene  waren  darin 
mit  den  Wucherern  übereingekommen,  für  eis  cum  feneratoribus  con- 
venerat  oder  inter  eos  et  feneratores  convenerat.  Gut  ist  das  neutrale 
convenit,  es  passt,  schickt  sich,  was  Einigen  zweifelhaft  scheint.  Vgl. 
aber  Benecke  zu  Cic.  Catil.  I,  2,  4.  —  Sp.  L.  ist  convenire  alicui,  mit 
Jemanden  zusammenkommen,  für  cum  aliquo  conv.  Auch  passt  das  Ver- 
buni  nicht  immer,  wo  wir  zusammenkommen  brauchen,  z.  B.  zwei 
Flüsse  kommen  da  zusammen,  eo  confluunt ;  Briefe  kommen  zusammen, 
concurrunt ;  Ungliick. fälle  kommen  zusammen,  ebenfalls  concurrunt ; 
daher  auch  concursus  calamitatum  (Cic.  Fam.  V,  13,  2). 

*  Für  das  obige  convenire  in  aliquo  loco ,  an  einem    Orte  zusammenkommen, 


254 

statt  in  alhiufin  loenm,  führt  man  aus  Cicero  zwei  Stellen  an,  nemlicli  de  Divinat.  II, 
24,  52 ,  wo  die  neuern  Ausgg.  aus  Handsclir.  uno  in  loco  lesen,  ältere  dagegen 
ebenfalls  aus  Handsehr.  unum  in  lorum;  die  Stelle  ist  also  zweifelhaft;  —  und  Ep. 
Attic.  XIV,  17  in  Ins  locis  conveniant,  wofür  dag'egen  in  einer  von  Cicero  beige- 
legten Abschrift  ebendesselben  Briefes  (Fani.  IX,  14,  1)  in  haec  loca  conveniant 
steht,  wo  es  also  streitig  ist,  ob  Cicero  dieses  oder  jenes  geschrieben  habe.  Von 
uns  muss  der  gewöhnliche  Sprachgebrauch  befolgt  werden. 

Conventare,  zusamnienkomTnen,  ist  Sp.  L.  für  convenire. 
Coiiversari,  sich  aufhalten,  init  Jem.  zusammenleben,  umgehen,  ist 
erst  N.  KL  und  findet  sich  bei  vvenig-er  guten  Schriftstellern,  wie  bei 
Seneca,  fiir  morari,  versai~i,  vivere  cum  a/iquo,  uti  aliquo  u.  a.  Jedoch 
ist  es,  wie  auch  das  Subst.  conversalio,  welches  ebenfalls  erst  N.  Kl. 
ist,  aber  von  Mehrern,  selbst  von  Quintilian  gebraucht  wird,  nicht  ver- 
werüich,  wiewohl  dafür  Kl.  gesagt  wird  usus,  consuetudo,  convictus, 
societas  vitae,  famtliaritas.  An  Redensarten  aber,  wie  lexicon  conversa- 
ti'onis,  das  Conversalionslesico7i,  Umgangswörterbuch,  muss  man  sich 
in  unserm  Modelatein,  wenn  von  dergleichen  die  Rede  ist,  gewöhnen, 
da  Para-  und  Periphrasen  schwerfällig  und  meist  unverständlich  sind. 
Es  fordert  aber  einen  Zusatz,  wenn  man  es  brauchen  will. 

Co7iversio  kommt  nirgends  in  der  Bedeut.  Uebersetzung  (nemlich 
aus  einer  Sprache  in  die  andere)  vor,  da  Qnintilian  in  der  einzigen 
Stelle,  welche  man  dafür  aus  seinen  Inst.  X,  5,  4  als  Beweis  angeführt 
hat,  ex  latinis  conversiones  als  nützlich  für  den  Stylisten  erwähnt,  wo- 
bei er  ja  aber  doch  für  den  lateinischen  Stylisten  keine  Uebersetzun- 
gen  aus  Lateinern  in's  Lateinische  (von  etwas  Anderra  ist  aber  bei 
Quintilian  nicht  die  Rede)  verstehen  kann,  sondern,  wie  es  Freund  im 
Lexic.  richtig  versteht,  Uebertragung  (Umtva?idlufig)  aus  einer  Rede- 
trattung  in  die  andere,  indem  er  ja  zunächst  von  der  nützlichen  Uebung 
der  Verwandlung  eines  poetischen  Stückes  in  prosaische  Rede  spricht. 
Scheller  gab  irrig  als  sechste  Bedeutung  des  VVortes  —  Uebersetzung 
an,  was  man  von  ihm  zu  voreilig  angenommen  hat.  Man  bleibe  also  zu- 
näi  hst  bei  interpretatio.  Von  den  Verben  cotivertere  und  vertere  aber 
kann  die  Bedeutung  kaum  geläugnet  werden.  Vgl.  Fersio  und  Vertere. 
Convertere  ist  in  der  Bedeut.  übersetzen  eben  so  gut  und  KL,  wie 
vertere.  Was  sonst  dabei  zu  merken  ist,  darüber  vgl.  Vertere.  Etions 
nach,  auf  oder  zu  Etwas  tuenden  wird  mit  in  oder  ad  aliquid  ausgedruckt. 

Converti  in  der  Bedeut.  sich  bekehren  ist  Sp.  L.  bei  den  christi. 

Schriftstellern,  für  ad  sanitatetii,  ad  bonam  frugem  redire. 

Conviciari  alicui,  auf  Einen  schmähen,  schimpfen,  kommt  nur  einige- 
raal N.  Kl.  bei  Quintilian  vor,  für  aliquem  conviciis  insectari,  contumelüs 
insequi;  vorher  bedeutete  es  nur,  aber  selten,  Vorwürfe  machen, 
schimpfen,  ohne  einen  Casus. 

Convictio  in  der  Bedeut.  Ueberführung  ist  N.  L.,  wiewohl  convin- 
cere,  womit  es  ausgedrückt  werden  muss,  Kl.  und  gewöhnlich  ist;  in 
der  Bedeut.  Beweis,  Darlegung  ist  es  sehr  Sp.  L.  und  nicht  anzuwen- 
den: sonst  kommt  es  gar  nicht  vor,  ausser  noch  in  der  Bedeut.  Um- 
gang, gesell  schaftliches  Leben  in  einer  zweifelhaften  Stelle  bei  Cicero 
dem  Sohne  (Fam.  XVI,  21,  4)  für  das  KL  gewöhnliche  convictus. 

Convictor,  der  Tischgenosse,  G^as^,  findet  sich  ausser  beim  jungen 
Cicero  (Fam.  XVI,  21,  5)  nur  N.  KL  bei  Seneca,  Sueton  und  dem  Jün- 
gern Plinius  (Ep.  II,  6,  4),  sowie  auch  bei  Horaz,  für  das  KL  conviva 
oder  sodalis  ;  es  ist  nicht  zu  verwerfen. 


255 

Conviclus  (gilbst.)  in  derBedeut.  das  Gastmahl  kommt  nur  ciiii^'^e- 
mal  N.  Kl.  vor;  es  ist  aber  unnolhig-  we^^en  vojirivf't/iii. 

Convhirere,  überf Uhren,  überze?igen  von  etwas  Gutem  und  Wahrem 
\%i  N.  L.  inr  persuadere. 

Convinvire,  mit  einander  oei'binden,  und  davon  besonders  convin- 
cfns,  verbunden,  sind  Formen,  die  auf  falschen  Lesarten  fiir  ronjt/n- 
ctus  beruhen.  Nur  convinrtio,  als  wörtliche  Uebersetzung;  des  griech. 
oviöecito^  (bei  Quiutil.  I,  4,  18),  kann  als  grammatisches  Kunstwort 
gelten,  ist  aber  dem  gewöhnlichen  conjunctio  nicht  vorzuziehen. 

Convivere  aliqiio,  mit  Jemanden  zusammenleben ,  kommt  erst  N.  KL 
bei  Seneca  vor,  sonst  sehr  selten  für  das  Kl.  vicere  cum  aliqno^  was 
auch  Seneca  neben  dem  andern  abwechselnd  braucht  ( Epist.  J04, 
p.ll9ed.  Schw.).  Ebensoist  es  auch  erstA^.  Ä7.  in  der  Bedeut.  gemein- 
schaftlich speise?i,  für  convivart;  es  steht  so  nur  bei  Quintilian,  z.  B. 
V,  9,  14  convivere  cum  adolescentibus. 

Cotivulnerare,  veruu?/den,  ist  A.  Kl.,  aber  selten,  jedoch  findet  es 
sich  auch  beim  Jüngern  Plinius,  für  die  Äl.  vulnerare  oder  sauciarey 
worin  nicht  mehr  und  nicht  weniger  als  in  jenem  liegt. 

*  Besonders  liebt  das  Wort  der  Verf.  des  Belli  Africani  (wo  es  wolil  zehn- 
mal vorkommt),  für  welchen  man  A.  Hirtius  halt,  der  aber  weder  in  seiner  Ge- 
sciiiclite  de  hello  Alexandrino,  noch  in  seiner  Fortsetzung  von  Caesar  de  hello 
Gaüico  dieses  Wort  jemals  gebraucht  liat. 

Cooperari,  mitarbeiten,  ist  N.  L.  iür  una  operari  \\.  a.  —  Sp.  L.,\\?i\h 
B.  und  unnöthig  sind  cooperatio  und  cooperator. 

Coordinare,  neben  einander  ordnen,  ist  A^.  L.  für  in  ordinem  cogere 
oder  redigere,  oft  auch  blos  adjungere,  annectere. 

Cvpia  hat  ausser  den  Bedeutungen  Menge,  Reichthum,  Vermögen 
und  Gelegenheit  keine  andere.  Im  A^.  L.  gibt  man  ihm  die  Bedeut. 
Abschrift  von  Etwas,  woher  unser  Wort  Kopie.  Kl.  steht  dafür  exem- 
pliini  oder  exemplar,  wie  bei  Cicero  sehr  oft.  üeber  beide  ist  zu  ver- 
gleichen Döderlein's  Synonym.  Th.  V,  p.  359  und  vor  ihm  Mencken. 
Observ.  p.  340.  —  Ebenso  N.L.  ist  das  Verbum  copiare,  eine  Abschrift 
machen,  kopiren,  für  describere,  exscribere ;  von  einem  Bilde  bei  Plin. 
(FJp.  IV,  28)  imaginem  exscribere  et  pingere.  —  A^.  L.  ist  (in)  copia,  (in) 
magna,  ingenti  copia  esse  oder  aliquid  habere,  in  Menge,  grosser  M. 
da  sein.  Etwas  haben  u.  dgl.,  wie  wenn  z.  B.  Politian  in  seinem  Hero- 
dian  sagt:  Pectmiam  ei  dedit  magna  copia,  er  gab  ihm  Geld  in  grosser 
Menge.,  oder  Strada :  Aurum,  quod  ingenti  copia  Mispana  classis  ab  In- 
dia  avexit;  jenes  müsste  vielmehr  heissen :  ei  magnas  oder  immensas 
pecuuias  dedit,  und  dieses:  aurum,  cujus  ingentem  vim  oder  copiam 
riisp.  u.  s.  w.,  da  copia  immer  eines  Genitivs  bedarf.  Vgl.  über  diese 
Redeweise  Th.  I,  §.  78.  Daher  heisst:  das  Heer  hatte  Alles  in  grossem 
i'eberßusse,  exercitns  omnium  rerum  abundabat  copia  (Caes.  B.  C.  I, 
49).  —  A^.  L.  sind  auch  Zahladjectiveu  bei  copia  und  copiae,  Truppen 
für  Heer;  also  niclit  multae,  plures,  plurimae,  paucae,  quot,tot  copiae, 
sondern  magnae,  majores,  maximue,  quantae,  tantae  copiae ;  das  ganze 
Heer,  nicht  totae  copiae,  sondern  omnes  copiae.  Daher  auch  nicht  mul- 
tiludo  copiarum,  Menge  der  Truppen,  sondern  magnitudo  cop.,  entge- 
gengesetzt der  exiguüas  cop.,  der  kleinen  Zahl,  der  Wenigkeit  der  Tr. 
Vgl.  Paucus. 

Copula,  Band,   Verbindung,  ist  nur  ein  gemeines  Wort,  welches 


256 

Kl.  nur  bei  Nepos  in  der  Bedeut.  Strick  und  Verbindung  vorkommt, 
und  in  dieser  Bedeut.  aucli  N.  Kl.  bei  Quintiiian  von  der  Rede,  sonst 
nur  P.  u.  Sp.  //.,  wiewohl  copulare  und  copnlatio  gut  sind  und  liäufig 
voriiommen.  Aber  copulare  canicitiam  für  conciliare,  contrahere  u.  a. 
ist  wolil  nicht  gesagt  worden,  —  und  so  noch  vielleicht  mit  andern 
Accusativen. 

Cor  geht  in  der  bessern  gebildeten  Prosa  nicht  über  die  Bedeutung 
Herz,  als  Theil  des  menschlichen  Körpers,  hinaus,  und  nur  alicui  cordi 
esse.  Einem  am  Herzen  liegen,  macht  eine  Ausnahme,  wiewohl  nir- 
gends curae  cordique  esse  mit  einander  verbunden  vorkommt,  was  im 
N.  L.  oft  zu  lesen  ist.  In  der  Volkssprache  der  Komiker  sagte  man 
corde  amare,  toto  corde  amare,  von  Herzen,  von  ganzem  Herzen  lie- 
ben, wofiir  man  später  ex  animo  amare  sagt.  Wo  wir  Herz  brauchen, 
ist  meistens  animus  anzuwenden,  nicht  cor;z.  B.  er  hat  kein  Herz  (kei- 
ne7i  Muth),  animus  ei  deest ;  in  seinem  Herzen  denken,  cogitare  cum 
animo,  in  afiimo  secum  versare ;  —  und  so  hätte  Muret  (Oper.  T.  I,  p. 
277  ed.  Fr.)  nicht  cordi  suo  carissimum,  sondern  animo  suocar.  sagen 
sollen,  wie  Kraft  richtig  zu  dieser  Stelle  bemerkt.  Ueber  das  ähnliche 
toto  pectore  amare  vgl.  Pectus.  Aus  dem  ^.  L.  blieb  auch  Kl.  noch 
cor  sapit,  wofür  Plautus  auch  pectus  sapit  sagt.  \gl.  Cic.  Fin.  II,  8,  24. 
Corbis,  der  Korb,  ist  bei  den  Bessern,  wie  bei  Cicero  (Sest.  38,82 
corbis  messoria)  ein  Femininum,  bei  Columella  (VI,  3,  5 ;  XI,  2,  99) 
aber  ein  Masc.  —  Dergleichen  Abweichungen  sind  bei  Wörtern,  welche 
den  Flaushalt  betreffen,  nicht  auffallend. 

Cordatus,  verständig,  kommt  ausser  bei  Ennius  nur  einmal  N.  Kl. 
bei  Seneca  und  Sp.  L.  einmal  bei  Lactanz  vor.  In  dieser  Bedeut.  kann 
es  kaum  mehr  angewandt  werden  ausser  mit  dem  Zusätze  ut  Enniano 
verbo  utar.  N.  L.  aber  ist  es  in  der  Bedeut.  unerschrocken,  beherzt, 
wie  es  Muret  (Oper.  T.  II,  p.  693  ed.  Iluhnk.)  braucht:  gravem  et 
cordatam  orationem,  wobei  Ruhnken  bemerkt:  cordata  oratio,  vereor, 
ut  latine  dicatur;  ebenso  wenig  in  der  Bedeut.  edel,  aufrichtig  ge- 
sinnt u.  dgl.,  für  candidus,  sincerus.  Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  J55. 

Cordolium,  Herzleid,  ist  ein  Wort  der  Volkssprache  bei  Plautus, 
welches  nachher  Sp.L.  von  einem  Liebhaber  des  Alten  und  Gemeinen 
gebraucht  wurde  und  sich  auch  in  neuern  Büchern  findet,  für  a?iimi 
dolor,  maeror,  angor  u.  a. 

Corijithiacus,  Korinthisch,  zu  Korinth  gehörig,  ist  seltnere  Form 
als  Corinthius;  noch  seltner  ist  Corinthiensis. 

Cornucopia,  das  Füllhorn,  kommt  Sp.  L.  bei  Ammian  vor,  der 
viel  Neues,  Seltenes  und  Wunderbares  hat,  für  cornu  Copiae ;  weniger 
gut  ist  es  in  einem  Worte  geschrieben,  cornucopiae.  Ammian  braucht 
zweimal  jene  Form:  XXII,  9  cornucopiam  u.  XXV,  2  im  Abi.  cornu- 
copia. Freund  hat  die  Form  in  seinem  Wörterbuche  ganz  übergangen. 
CoroUarium  ist  allerdings  ein  altes  Wort,  aber  N.  Z-.  in  der  Bedeut; 
Zugabe,  Zusatz,  z.  B.  zu  einer  Schrift,  für  addendum  oder  addenda. 
Corona,  die  Krone,  kommt  selten  im  bildlichen  Sinne  vor.  Krone 
in  der  Bedeut.  der  Erste,  Vorzüglichste  ist  etwa  durch  decus  et  lumen, 
oder  decus  atque  ornamentum,  oder  splendor  mit  einem  Genitiv  aus- 
zudrücken;—  ro/ow«  passt  dafür  nicht.  Ebenso  wenig  in  der  bild- 
lichen Redensart  einer  Sache  die  Krone  aufsetzen,  was  etwa  mit  alicui 


257 

rei  aliquid  lanquam  fastfgtum  imponere  zu  geben  ist  (vgl.  Fastighnn), 
oder  mit  ?jiaximo  oder  supremo  cutmilo  uliqziid  atigere,  oder  mit  der 
Redensart  ?/iaa7m?/s  (supremus)  ciimuliis  accedit  ad  aliquid,  oder  hoc 
alkui  rei  tanquani  ornamentnm  accedit,  oder  mit  palma  oAex  plaiisus, 
oder  auf  älinliche  Art.  So  kann  bei  Pliiiius  (Ep.  II,  1)  supremus 
felicitati  ejus  cumulus  accessit  hoc  übersetzt  werden:  dieses  setzte 
endlich  seinein  Glücke  noch  die  Krone  auf.  Und  ebenso  braucht 
Cicero  sehrliäufig  tnagnus  ciwiulus  accedit  in  diesem  Sinne.  Vgl.  d. 
Lexica  unter  Cumulus  und  Cic.  Dejot.  II,  34.  Fatn.  Xll,  26.  XIll,  62. 
XVI,  21.  Att.  XVI,  3.  —  Endlich  heisst  die  königliche  Krone  bei  den 
Alten  nie  corona  regia.,  sondern  nur  diadema,  insigne  regium  (Cic. 
Sest.  27,  58).  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  518. 

Coronare,  kränzen,  krönen,  wird  in  dem  bildlichen  Sinne  nicht  ge- 
braucht ,  wie  wir  z.  B.  sagen  mit  glücklichem  Erfolge  krönen,  felici 
successu  coronare ;  dies  wäre  J).  L.,  und  man  sage  dafür  blas  felicem 
successum  habere,  felicem  esitum  contingere  oder  etwas  der  Art. 

Coronis,  was  bei  den  Alten  den  krumme?!  Federzug  bedeutet,  den 
manche  Schriftsteller  am  Ende  einer  Schrift  zu  ziehen  püegten  ,  im 
bildlichen  Sinne  in  der  Bedeut.  das  Ende,  i\\Y  finis,  zu  brauchen,  hat 
nur  eine  Stelle  bei  Martial  für  sich,  so  dass  es  heutzutage  nicht  wohl 
mehr  zulässig  ist  zu  sagen:  libro  coronidern  imponere,  iur  fuiem  facere, 
was  man  nicht  selten  findet. 

Corporalis,  körperlich,  den  Leib  betreffend,  kommt  erst  N.  KL  bei 
Seneca  vor  und  ist  nur  philosoph.  Kunstwort  mit  dem  Gegensatze 
incorporalis ;  später  aber  wurde  es  sehr  häufig  gebraucht.  Kl.  kann 
dafür  nur  der  Genit,  corporis  gebraucht  werden.  — Davon  abgeleitet 
ist  das  Sp.  L.  corporalitas. 

Corporatus,  mit  einem  Leibe  versehen,  abgeleitet  von  dem  N.  KL 
Verbo  corporare,  welches  der  ältere  Plinius  braucht  (sonst  nur  Sp.  X.), 
soll  in  dem  von  Cicero  übersetzten  Timaeus  vorkommen,  wo  es  aber 
zweifelhaft  ist  und  wo  corporeus  dafür  sicherer  steht.  Dieses  corporeus 
bedeutet  was  einen  Leib  hat,  im  Leibe  ist  und  aus  Leib  und  Fleisch 
besteht ;  es  kommt  bei  Cic,  (Timaeus  4.  Fin.  III,  14,  45  nach  den  bes- 
sern Handschr.  und  N.  D.  II,  15,  41)  ,  dem  altern  Plinius  und  bei  Dich- 
tern als  das  bessere  Wort  vor.  Wo  jedoch  unser  leiblich  oder  kör- 
perlich nur  bedeutet  den  Leib  angehend ,  sin?ilich,  da  wird  von  allen 
Bessern  nur  der  Genitiv  corporis  gebraucht,  z.  B.  corporis  commoda, 
leibliche  Vortheile;  corporis  voluptas,  leibliches  Vergnügen,  nicht 
corporea  voluptas,  wie  Muret  in  seinen  Reden  (Oper.  T.  I,  p.  143  ed. 
Fr.)  corporearum  voluptatum  blandimenta  braucht,  und  mit  Recht 
deswegen  von  den  Kritikern  getadelt  wird  ;  —  ebenso  heisst  die  leib- 
licheji  Bande,  corporis  vincula,  nicht  corporea  vincula,  wie  ebenfalls 
Muret  (Oper.  T.  I,  p.  126)  sagt,  was  aber  Frotscher  tadelt;  leibliche., 
körperliche  Schnelligkeit,  corporis  (auch  corporum^  celeritas,  wie  bei 
Cicero  (Senect.  6, 17)  :  non  celeritate  corporum  res  magnae  geruntur. 
So  ist  nun  dieser  Genitiv  fast  das  beständige  Wort  für  unser  leiblich, 
körperlich,  wie  es  denn  in  Cic.  Off.  II,  25,  88  siebenmal  unser  leiblich 
ausdrückt.  Bisweilen  passt  auch  dieses  nicht;  z.  B.  das  leibliche  Leben 
heisst  nach  Cic.  (Marc.  9)  vita,  quae  corpore  et  spiritu  continetur ; 
die  leiblichen  Bedürfnisse ,  usus  vitae  necessarii ,  res  ad  vicendum 
necessariae,  aber  nicht  corporis  necessitates,  was  man  im  N.  L.  findet. 

17 


258 

Endlich  lieisst  die  Seele  ist  ?iichts  Körperliches^  animus  noii  est  cor- 
pus. Cic.  Tusc.  I,  11,  24.  —  Anderes  werden  die  ]).  L.  Lexica  bieten. 

Coipuleiiius  war,  wie  es  scheint,  schon  bei  Piautus  das  gewölin- 
Jiche  Wort  für  unser  ivohbeleibt,  corpulent;  obgleich  aber  selten  im 
Gebrauche,  ist  es  doch  nicht  zu  verwerfen;  —  ebenso  corpiilentia. 

Corpus.  Wiewohl  es  schon  bei  den  Alten  ein  aus  Theilen  heste- 
hendes  Ganze.,  eine  Masse  bedeutet,  die  auch  wir  Körper  oder  ein 
Corpus  nennen,  weshalb  corpus  senatorum,  das  Korps,  das  Ganze, 
die  gesatnmte  Zahl  der  Senatoren,  nicht  unlateinisch  ist,  so  ist  doch 
1).  L.  se7iatus  in  corpore,  der  Senat  in  corpore,  wie  neulich  Einer 
sclirieb,  für  corpus  senatorum.,  oder  noch  besser  blos  sefiatus  mit 
und  ohne  freque/is ,  oder  omnes  senatores.  Richtig  ist  zwar  corpus 
von  Bücherti,  aber  nur  als  ein  Gesammtwerk,  welches  aus  mehreru 
einzelnen  Theilen  bestehen  kann;  —  einzelne  Theile  oder  Bände 
heissen  nicht  corpus,  sondern  volumen,  tomus  oder  pars.  Vgl.  Webers 
Uebungssch.  p.  55  u.  410.  —  Endlich  kann  unsere  Redensart  sich 
Einem  mit  Leib  und  Seele  er  geben  wicht  durch  animus  et  corpus  ausge- 
drückt werden,  sondern  etwa  durch  se  alicui penitus  totumque  tradere 
(nach  Cic.  Tusc.  V,  2). 

Correcte,  correct,  ist  N.  L.  für  emendate,  pure. 

Correclor  ist  nicht  zu  verwerfen,  wenn  es  denjenigen  bezeichnen 
soll,  welcher  Druckfehler  verbessert  (qui  menda  corrigit) ,  indem  es 
mit  emendator  verbunden  bisweilen  den  ganzen  Begriff  eines  Verbes- 
serers erschöpft. 

Correctura  ist  in  der  Bedeut.  das  Verbessern  von  Druckfehlern, 
wie  überhaupt  in  der  Bedeut.  Verbessern,  N.  L,  für  correctio,  emen- 
datio,  und  N.  L.  ist  es,  von  einer  correctura  und  von  einer  niolestia  cor- 
reclurae  zu  sprechen,  wie  es  Görenz  (praef.  edit.  Cic.  Fin.  p.  VIII) 
tliut;  dafür  molestia  eme?idandi  oder  corrigendi. 

Correlatum,  meistens  im  Plur.  correlata,  ist  N.  L.  grammatisches 
Kunstwort;  nach  Nolten:  quae  se  mutuo  respiciunt,  quae  sub  eandem 
raiionem  cadunt. 

Correspondere  ist,  in  welchem  Sinne  es  auch  sei,  N.  L.  in  der 
Bedeut.  passest;  dafür  convenire,  congruere,  auch  blos  respondere; 
in  der  Bedeut,  Briefe  tvechseln,  für  colloqui  cum  aliq?io  per  litteras. 
Und  so  heisst  die  Correspondenz  (von  Briefen) ,  commercium  episto- 
larum.  Vgl.  Commercium. 

Corrigere.  An  der  moralischen  Bedeut.  von  se  oder  hofninem  cor- 
rigere,  sich,  einen  Menschen  besserji,  d.  h.  seilte,  eifies  Menschen  Sin- 
nesart ändern.,  zweifeln  Einige,  wie  Weber  (Uebungssch.  p.  ()0)  und 
Dietrich  (z.  Sintenis  p.  225)  ,  weil  der  Genius  der  latein.  Sprache 
meistentheils  ein  specielleres  Object  verlange,  als  das  allgemeinere 
der  Person.  Dass  dies  richtig  sei,  ist  bekannt  und  gewiss.  Aber  gleich- 
wohl ist  auch  jenes  nicht  wider  den  Sprachgebrauch,  indem  Cic. 
(Catil.  1,9,22)  sagt:  tu  ut  umquam  te  corrigas?  für  tuos  mores,  tuum 
animum,  und  (wtis  Rosenheyn  anführt)  Tusc.  IV,  31,  65  alia  ratione 
malevolus  (für  malevoli  aninms)  ,  alia  amator  u.  s.  w.  corrigendus,  und 
Muren.  29,  60  ut  (tu)  corrigendus  potius  —  esse  videare.  So  auch 
Seneca  (Ep.  XXVII)  :  Jam  enira  te  ipse  monusti,  jam  correxisti?  Und 
so  sagt  Cic.  (Leg.  III,  13,  30) :  tota  civitas  (i.  e.  cives)  emendari  et 
corrigi  solet  continentia.  Diese  Stellen  beweisen  wenigstens  die  Zu- 


259 

lässigkeit  eines  Personalobjectes.  üeberdies  finden  wir  auch  ein  Glei- 
clies  bei  andern  Verben. 

Corripere  ist  in  der  Bedeut.  tadeln,  schelten^  wiewolil  es  nicht  bei 
Cicero  vorkommt,  so  viel  Anlasser  dazu  gehabt  hat,  doch  nicht  zu 
verwerfen,  da  es  sonst  g-ute  Auctorität  (Caesar,  Livius  und  Quintilian) 
hat.  lieber  corripere  ignem,  flammam  vgl.  Arripere. 

Corrugare,  runzeln,  in  Runzeln  ziehen,  z.  B.  frontem,  ist  mehr 
P.  L.  für  contrahere  frontem  (Cic.  Cluent.  26,  72)  oder  N.  KL  bei 
Senera  adducere,  adstringere,  attrahere  frontem. 

Corruptela  morum  in  der  Bedeut.  verdorbene  Sitten  ist  wohl  mit 
Raschig  (Progr.  p.  26)  zu  bezweifeln,  für  mores  corruptela  depravati 
(Cic.  Leg.  II,  15),  da  unter  corruptela  nur  das  verstanden  wird,  was 
zum  Verderben  beiträgt,  was  verderblich  ist,  oder  das  Verderben 
als  Handlung,  z.  B.  juventutis  (passiv). 

Coryphaeus,  der  Erste,  Vorzüglichste,  steht  nur  ein  einzigesmal  bei 
Cicero,  wo  es  gar  nicht  auffallend  ist,  dass  er,  aus  dem  Munde  des  Grie- 
chen Philo,  ein  griechisches  Wort  anwendet.  Bei  uns  aber  ist  es  nicht 
anwendbar,  wenn  es  auch  Muret  in  den  Briefen  für  pri?iceps  braucht. 

Cos7nicos  oder  Cosmicus,  der  Weltbürger,  hat  Martial  unverändert 
aus  dem  Griechischen  genommen;  Cic.  (Tusc.  V,  37,  108)  sagt  dafür 
mundanus  und  setzt  von  Socrates  erklärend  hinzu:  qui  totius  muiidi 
se  incolam  et  civem  arbitratur.  Eben  dieses  mundanus  ist  daher  auch 
das  latein.  Wort  für  unser  Cosmopolit ,  wofür  kein  Alter  cosmopolita 
gebraucht  hat. 

Cothurnus  braucht  Cicero  nur  von  den  hohen  griechischen  Schuhen, 
nie  aber  im  bildlichen  Sinne  von  dem  erhabenen  Style,  wie  es  ausser 
Dichtern  zuerst  Quintilian,  jedoch  nur  von  dem  erhabenen  tragischen 
Style  braucht,  nicht  allgemein. 

Crassitas  und  crassities,die  Dicke,  sind  Sp.  L  Formen  für  das  Kl. 
crassitudo. 

Crassus,  dick,  ist  in  der  bildlichen  Bedeut.  gross  J).  L.;  man  sage 
also  z.  B.  nicht  crassum  Vitium,  ein  dicker,  grober,  arger  Fehler ,  son- 
dern magnum,insigne,turpei  ein  dickes  Werk  (Geisteswerk),  grande^ 
spissum  opus  (Cic.  Q.  fr.  II,  14,  1).  Es  kommt  zwar  bei  Horaz  crassa 
Minerva,  wie  bei  Cicero  pingiii,  ut  ajunt,  Minerva,  sprichwörtlich 
für  indoctus ,  ungelehrt,  vor,  und  auf  ähnliche  Weise  crassiore,  ut 
vocant,  Musa  (bei  Quintil.  1,10,28),  als  Erweiterung  des  vorausgehen- 
den imperiliores ,  also:  die  noch  ungebildeter,  ungelehrter  sind,  aber 
nirgends,  was  sich  im  N.  L.  findet,  crassiore  Minerva;  —  es  ist,  da 
es  aller  Auctorität  ermangelt,  nicht  zu  brauchen. 

Crastino,  rnorgen,  kommt  Sp.  L.  bei  Gellius  u.  A.  für  das  Kl.  cras  vor. 

Creore.  Da  hierin  nicht  der  Begriff  der  Wahl  oder  Auswahl  liegt, 
80  ist  D.  L.  creare  amicum,  amicos  für  deligere.  Es  liegt  darin  der 
Begriff  des  Machens,  Schaffens  und  Hervorbringens ,  und  daher  sagt 
man  wohl  co?isulem  u.  dgl.  creare,  d.  i.facere.  Gleichwohl  sagt  Cicero 
z.  B.  nicht  creare  mundum,  die  Welt  schaffen,  was  im  N.  L.  sehr  ge- 
wöhnlich ist  (Dens  creavit  mundum),  sondern  procreare  und  noch 
öfter  aedißcare,efficere,fabricari,  u.dgl.  Gott  ist  bei  ihm  nicht  creator 
mundi,  sondern  procreator,  aedificator,  effector ,  fabricutor.  D.  L.  ist 
auch  aliquem  creare  ad  consulatum  u.  dgl.  für  aliquem  creare  consnlem 
u.  8.  w.,  und  für  aliquem  creare  ad  dignitatem,  ad  magistrntum.  Einen 

17* 


260 

für  ein  Amt  erwählen ,  sagt  man  altem  dignitatem ,  magistratum  con- 
ferre.  Vgl.  Weber's  Uebiiiigssch.  p.  338.  Zweifelliaft  ist  creare  sedi- 
ü'onem,  einen  Aufstand  erregen  (Veliej.  11,20)  und  zu  vermeiden 
durch /arere,  concitare,  commovere  u.  a. 

Creator,  Urheber,  Schöpfer,  ist  fast  nur  P.  L. ,  wie  auch  creatrix. 
Cicero  nennt  nur  einmal  den  Romulus  creator  hujus  urbis,  sonst  ge- 
wöhnlich parens.  Vgl.  Creare. 

Creatura,  das  Geschöpf,  die  Creatur,  ist  sehr  Sp.  L.  und  dennoch 
im  N.  L.  sehr  häufig  fiir  res  creata,  animal,  auch  oft  blos  res. 

Crebescere  oder  crebrescere ,  sich  vermehren ,  sich  verbreite?i ,  iai 
erst  N.  Kl.  und  findet  sich  fast  nur  bei  Tacitus  fiir  increbescere. 

Credere,  glauben.  JV.  L.  ist  credere  in  aliquem,  in  aliquid,  an  Einen, 
an  Etwas  glauben;  man  sagt  nicht  itt  deum,  in  deos  credere,  an  Gott, 
an  Galt  er  glauben,  sondern  deum,  deos  credere  (Seneca  Ep.  95,  p.  70 
ed.  Schw.),  und  B.  L.  ist  daher,  was  in  den  latein,  Gebetbüchern  steht, 
credo  in  unum  deum  für  credo  unum  deufn ,  oder  (mit  Cicero)  deum 
oder  deos  putare  (Divin.  I,  46,  ]04).  Man  merke  auch,  dass  unser  ma« 
hätte  glauben  sollen ,  crederes  heisst.  Zu  voreilig  aber  verwarf  man 
früher  als  nicht  Ciceronisch  crede  mihi  für  mihi  crede ,  aber  man 
beachte,  dass  mihi  crede  meist  dann  gesetzt  wird,  wenn  mihi  (mir) 
hervorgehoben  werden  soll,  crede  mj'Äj*  dagegen ,  wenn  glaube,  traue 
von  grösserer  Bedeutung  sein  soll.  Vgl.  darüber  mehr  in  Raschig  Progr. 
p.  27.  28.  R.  Klotz  z.  Cic.  Tusc.  p.  100  und  Stürenb.  z.  Cic.  Arch.  p.  18. 
deutsche  Ausgabe. 

Credibilis,  glaublich.  N.  L.  ist  alicui  aliquid  credibile  facere,  Einem 
Etwas  glaublich  machen ,  Einen  von  Etwas  überzeugen ,  für  alicui 
aliquid  oder  de  aliqua  re  probare  (Cic.  Att.  XVI,  7,  4) ,  wiewohl  cre- 
dibile aliquid  facere  richtig  ist. 

Credilum,das  Darlehn,  das  A7ivertraute ,  findet  sich  zuerst  bei 
Sali.  (Cat.  25,  4) ,  sonst  nur  Ä^.  Kl.  für  pecunia  oder  res  credila  bei 
Cicero.  So  der  Jen.  Rec.  (Georges). 

Crementum ,  der  Zuwachs,  steht  A.  L.  bei  Varro  und  dem  altern 
Plinius  für  das  bessere  incrementum. 

Cremor  ist  in  der  Bedeut.  die  obere  Fettigkeit  Aiir  Mi\c\\,  die  Sahne, 
der  Rahm,  Schmant  N.  L.  für  spuma  lactis.  Vgl.  Heusing.  Emendatt. 
p.  397,  dessen  Bemerkung  von  Forcellini  und  den  neuern  Heraus- 
gebern nicht  benutzt  worden  ist. 

Crepare,  knarren,  rauschen  u.  dgl.,  ist  fast  nur  P.  L.  und  N.  Kl. 
sehr  selten  für  concrepare,  increpare. 

Crescere,  icachsen ,  zunehmen.  Man  bezweifelt  a7iimus  crescit ,  der 
Muth  wächst;  aber  Cic.  sagt  (Manil.  15,  45):  hostium  opes  animique 
creverunt ;  Liv.  (V,  46)  :  non  animi  tantum,  sed  etiam  vires  crescebant ; 
Quint.  (Inst.  I,  2,  3)  :  animus  laude  crescit.  Gut  ist  auch  barba  crescit, 
der  Bart  wächst;  aber  den  Bart  wachsen  lassen  heisst  alere  oder 
pascere  barbam,  und  ist  nicht  mit  crescere  auszudrücken. 

Cresius  und  Cretaeus,  kretensisch,  zu  Kreta  gehörig,  sind  P.  For- 
men für  CreteTisis  und  Creticus.  Als  Subst.  der  Kretenser  ist  Kl.  Cres, 
Plur.  Cretes,  bei  Andern  gleich  gut  Crelenses;  als  Adject.  am  besten 
Cretensis,  weniger  gut  Creticus,  was  nur  als  Beiname  von  Personen 
Kl.  ist. 

Crimen  ist  fast  nie,  ausser  N.  Kl.  und  P.,  ein   Vergehen  selbst. 


261 

sondern  nur  die  j4nschuld{gung ,  Beschuldigung  oder  der  Vorwurf 
eines  Verbrecliens,  wie  man  aii8  den  lledensarten  crimini  dure ,  zum 
Forirurf  machen ,  vorwerfen ,  und  in  crifnine  esse,  beschuldigt  werden, 
ersieht.  Ihm  ist  gleich  an  Bedeutung-  rri7mnnlio.  Eben  dalier  tritt  zu 
crimen  das  angeschuldigte  Vergehen  im  Genitiv,  nicht  in  gleicliem 
Casus  hinzu.  Man  sagt  wohl  z.  B.  crimen  parricidii  sumtnum  erat,  aber 
weder  suinmum  crimen  erat  parricidiatn ,  noch  auch  summum  erat 
crimen  parricidium  ;  richtig  ist  scelus  ?naj-immn  erat parricidium.  Vgl. 
Webers  Uebungssch.  p.  154  u.  Grotefend's  Commentar.  p.  92. 

Criminalis,  kriminell,  eine  Strafe^  wohl  gar  den  Tod  verdienend, 
kommt  sehr  Sp.  L.  nur  bei  den  Juristen  vor;  in  guter  Prosa  steht  dafür 
meistens  capitalis,z.  B.  ein  Criminalverhrechen,  res  capitalis,  nicht  cri- 
minalis; Einen  wegen  eines  Criminalverbrechens  fwege?i  Criminalver- 
hrechen)  anklagen  oder  verdammen,  aliquem  rei  capitalis  ( rerum 
cupitaliuvi)  reum  facere ,  accusare ,  damnare  oder  condemnare.  Ein 
Criminalprozess  ist  capitis  Judicium  oder  dimicatio.  Nach  Klotz  kann 
man  sich,  wenigstens  in  acht  römischen  Verhältnissen,  mit  Judicium 
publicum  und  quaestio  im  engern  Sinne  öfters  helfen. 

Criminari  werde  nur  als  Deponens,  anschuldigen  u.  dgl.  gebraucht, 
nicht  als  Passivura,  mag  es  auch  selbst  Cicero  einmal  (Kuli.  111,4 
Sullanas  res  defendere  criminor,  ich  werde  beschuldigt ,  dass  ich  — ) 
in  passivem  Sinne  gebraucht  haben. 

Crtminosus  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  verbrecherisch,  voll  Vergehen, 
da  es  Tielmehr  verläumderisch ,  vorwurfsvoll  bedeutet;  jenes  heisst 
sceleratiis,  facijiorosus  u.  a. 

Crisimus,  bedenklich,  entscheidend,  kritisch^  wurde  erst  Sp.  L.  von 
Aerzten  neben  criticus  gebraucht.  Celsus  nennt  solche  kritische  Tage, 
dies  graves,  potentes,  quibus  de  aegris  judicatur,iuid  führt  das  griech. 
Wort  y.ülnitiog  nur  gelegentlich  als  Kunstwort  an,  ohne  es  zu  brauchen. 

Crisis  findet  sich  als  medicinisches  Wort  vom  entscheide7iden  Zu- 
stande eines  A'ranke?i ,  welcher  noch  heutzutage  crisis  heisst,  noch 
nicht  bei  Celsus,  sondern  erst  bei  Seneca  (Kp.8S),fiir Judicium.  Aus- 
serdem kommt  es  in  der  jetzt  ganz  gewöhnlichen  Bedeutung  A'rjVjA-, 
Beurtheilung  einer  Lesart  nirgends  bei  einem  Alten  vor ,  kann  aber 
als  neueres  Kunstwort  neben  ars  critica  nicht  wohl  entbehrt  werden; 
es  werde  aber  nicht  gemissbraucht,  da  Judicium  oft  dafür  hinreicht. 
Doch  vermeide  man  bei  dem  Gebrauche  desselben  den  Genitiv  criseos 
für  rn'sis.  Vgl.  Th.  I,  §.  30.  Ebenso  N.  L.  ist  crisis  in  politischem  Sinne, 
der  bedenkliche  Zustand ,  inv  discrimen  (Cic.  Orat,  1,1,  3.  Rose. 
Am.  6,  W). 

Criticus  kommt  in  der  Bedeut.  Kmistrichter  als  Subst.  schon  bei 
Cicero  vor,  weswegen  es  unbedenklich  gebraucht  werden  kann,  da  es 
ohnehin,  wie  ars  critica,  als  neues  Kunstwort  gültig  ist,  mag  es  auch 
als  Adjectiv  erst  Sp.  L.  von  den  Aerzten  für  das  oben  erwähnte  crisi- 
mus gebraucht  worden  sein.  Aber  inr  critice  correctus,  kritisch  berich- 
tigt, sage  man  nach  F.  A.  Wolf  ad  criticam  rationem  eme7idat?es. 
Lächerlich  ist  es  aber,  das  Adj.  criticus  in  der  allgemeinen  Bedeut. 
bedenklich,  gefährlich  zu  brauchen,  und  kritische  Zeiten  auszudrücken 
durch  tempora  critica  für  periculosa;  kritische  Lage  heisst  discri- 
men (rerum). 


262 

Crotoniates ,  Pliir.  Crotoniatae ,  der  Krotoniate ,  als  Subst.;  davon 
das  Adj.  Croto7iie7isis,  welches  N.  Kl.  auch  Subst.  ist. 

Cruciabüis,  martervoll,  ist  Sp.  L.  für  miser^  miserahilis ;  ebenso  ist 
Sp.  L.  cr?icf'abt'h'ter ,  wiewohl  es  schon  ^.  L.  bei  Plautus  vorkommt, 
der  auch  cruciabilitos  braucht. 

Cruciumen,  die  Marter,  Qual,  ist  Sp-  und  P.  L.  i\\r  cruciamentum 
oder  das  gewöhuliche  crnciatus. 

Cruciare,  kreuzigen,  ist  Sp.  L.  V^i.  das  folgende  Wort. 

Crucißgere  oder  getrennt  crucißgere  fso  schreibt  es  Freund,  wes- 
halb es  bei  ihm  unter  Figo  zu  suchen  ist),  a?is  Kreuz  schlagen,  steht 
erst  N.  Kl.  bei  dem  altern  Plinius,  Quintiiian  und  Sueton,  für  cruci 
affigere,  suffigere ,  in  crucem  tollere,  in  crucem  agere  (Cic.  Fin.  V, 
28,  84),  cruce  affleere  (Cic.  Verr.  I,  4,  9,  wie  auch  Sueton.  Galb.  9). 
Sp.  L.  ist  in  cruce  suffigere. 

Cruor,  Blut,  ist  fast  nur  N.  Kl.  und  P.  L.  für  das  allgemein  übliche 
sanguis,  welches  nicht  nur  das  Blut  in  den  Adern,  sondern  auch  das 
ausser  denselben  befindliche  bedeutet,  sowie  auch  cruor  nur  A.  L. 
bei  Diclitern  von  dem  Blute  in  den  Adern  steht.  Bei  Caesar  steht  nie 
cruor,  sondern  nur  sanguis,  und  bei  Cicero  vielleicht  nur  zweimal  in 
Reden  (Rose.  Am.  7,  19.  Tüll.  24). 

Cruslulum ,  das  Backwerk,  Zuckerplätzchen.  Der  Plur.  crustula 
wird  heutzutage  zu  einer  lächerlichen  Benennung  von  Büchern  ge- 
braucht, welche  Sprüclie  und  allerlei  interessante  Erzählungen  für 
die  ersten  Anfänger  im  Lateinischen  zum  Lesen  und  Uebersetzen  ent- 
halten. Bei  den  Alten  findet  sich  nirgends  eine  Spur  davon. 

Crustmnerinus  ist  wohl  nur  Adject.  und  vielleicht  zweifelhaft,  nicht 
Subst.  ,rfe/-  Einwohiier  von  Crustumeria;  Axe^ev  hexs^t  Crustuminus, 
was  zugleich  das  bessere  Adject.  ist. —  P.  L.  ist  aber  Crustumerius. 

Crux  kommt  nur  in  der  Volkssprache  (daher  oft  bei  den  Komi- 
kern) in  der  Bedeut.  Ungemach,  Pein,  Qunl  vor,  nie  in  der  edlern 
Schriftsprache,  wo  viele  andere  Wörter,  wie  malum,vmeria,cruciatus, 
molestia,  calamitas  u.  a.  seine  Stelle  vertraten.  Im  N.  L.  wird  es  da- 
gegen oft  von  einer  schweren,  mühselig  zu  verstehenden  und  zu  erklä- 
renden Stelle  gehraucht,  was  hö(  hstens  mit  dem  Zusätze  von  quasi 
oder  quaedam  zulässig  ist;  z.  B.  hie  locus  quasi  (mala)  qxiaedam  crux 
interpretum  fuit.  Noch  lächerlicher  aber  ist  es  (wieGörenzzuCic.Fin. 
p.  21),  zu  sagen:  non  poterarit,  quin  sibi crucem figerent,  es  war  Jialiir- 
lich,  dass  sie  sich  Mühe  machten  —  von  Auslegern ,  die  eine  nicht 
schwere  Stelle  schwer  finden.  Lieber  cruci flgere  vgl.  Crucifigere. 

Cubare,  liegen.  Woher  im  N.  L.  die  lächerliche  Redensart  kommt, 
welche  sich  seit  Graevius  und  Burmann's  Zeiten  so  oft  bei  den  Kri- 
tikern, auf  fehlerhafte  Stellen  angewendet,  findet:  in  mendo,  in  mendis, 
in  vitio  cubare  für  mendosum,  vitiosu?n  esse,  weiss  ich  nicht.  Sogar  der 
ernste  Ruhnken  sagt  (zu  Vellej.  II,  66):  ego  verbum  nunciari  in 
mendocubare  puto,  und  selbst  der  Antibarbarist  Noiten:  /w  vitio  cubare. 
Da  es  fast  nur  gestreckt,  gemach  liegen  bedeutet,  wird  es  wenig 
gebraucht. 

Cubicularius,  zum  Schlnfzimmer  gehörig,  ist  als  Adjectiv  schlech- 
tere Form  für  c?/ÄeV;tt/r?/-/s,- gut  aber  ist  es  als  Subst.,  r/e/"  Kammerdiener. 

Cubiculum  ist  nicht  jedes  Zimmer.,  was  conclave  heisst,  sondern 
wohl  nur  das  Schlaf-  und  Ruhezinuner. 


263 

Cucurbita  ist  in  der  Bedeiit.  Schröpfkopf  Sp.  L.  für  cucurhitida 
bei  Celsus, 

Cudere,  schlagen,  stosseft,  Ettvaa  aus  Metall  arbeit  eii,h(tAcn{^i  nie 
etwas  Geistiges  ausarbeiten ;  dafür  ist  der  Ausdruck  nicht  edel  geiiii^. 
In  Briefen  an  Freunde  ist  es  erträglicli,  wie  aucli  wohl  sclierzend 
Muret  (Oper.  T.  II,  p.  203  ed.  Fr.)  in  einem  Briefe  sagt:  ego  quid- 
quid  cudero  (für  scripsero),  mittam. 

Cuicfiimodi ,  vo?i  tvelcher  Art  es  auch  sei,  hat  in  der  Regel,  wenn 
nicht  der  Conjunctiv  durch  andere  Umstände  erfordert  wird,  den 
Indicativ  bei  sich,  wie  es  auch  jetzt  die  Grammatiken  lehren.  Die  Neu- 
lateiner setzen  oft  unnöthig,  den  neuern  Sprachen  gemäss,  den  Con- 
junctiv, wie  selbst  Muretus.  Vgl.  d.  Anmerkk.  z.  Mureti  Oper.  T.  I, 
p.  274  ed.  Fr. 

Culinarius ,  zur  Küche  gehörig.  Die  neuen  Redensarten:  latinitas 
culinaria  oder  in  culina  nata,  Küchenlatein,  und  poesis  culinaria, 
A?iche?ipoesie ,  bezeichnen  neue  Ideen  und  sind  insofern  nicht  zu  ver- 
werfen. Daher  ist  es  denn  auch  wohl  nicht  unpassend  zu  sagen: 
latinitas  culinam  redolet ,  die  Latinität  (das  Latein)  riecht  (schmeckt) 
nach  der  Ä'üche,yfi(i  Cic.  (Brut.  21,82):  orationes  ejus  redolent  magis 
antiquitatem. 

Culmen  kommt  bei  Cicero  nur  im  Verse  von  der  Himmelskuppel 
vor,  und  bei  Caesar  nur  von  dem  Gipfel  oder  der  Spitze  der  Alpen. 
Cicero  nennt  dergleichen  Berggipfel ,  vertices  (Verr.  IV.  48,  10(j  ex 
Aetnae  ve rtice} .,  hi\ms  u.  A..  jugum.  Ygl.  Cacumen.  Bildlich  nennt 
schon  Livius  den  höchsten  Gipfel  des  Glückes,  sum/num  cuhnen  for- 
tunae.  Zu  gewagt  aber  ist  es ,  wenn  Ruhnken  (Opusc.  I,  p.  104)  von 
der  Optik  sagt:  optice  ad  quantum  culmen  fuit  a  Graecis provecta!  wo 
fasiigium  oder  summus  gradus  vielleicht  passender  gewesen  wäre. 

Culpa,  Schuld.  ]).  L.  ist  ego  sum  culpa  u.  ähnl.  ausdrücke,  ich  bin 
Schuld,  für  surn  in  culpa  (Cic.  Fam.III,8,16.  XV,  2,  7.  Att.  VIII,  6,  3. 
Plane.  4,  10),  oder  in  me  est  culpa  (Cic.  Fam.  I,  9,  13),  oder  mea  est 
culpa  (Cic.  Fam.  III,  8,  6  tiia  sumtna  culpa  est,  du  bist  am  meisten 
Schuld).  Daher:  haec  mea  culpa  est,  daran  bin  ich  Schuld  (Cicero 
Brut.  35,  133);  tua  tamen  nonnulla  culpa  est ,  jedoch  bist  du  etwas 
Schuld.  Auch  heisst  Schuld  sein ,  culpam  sustinere,in  se  admittere, 
suae  culpae  tribuere,  culpam  ab  aliquo  non  abesse  u.  a.  —  Für  culpam 
punere  in  aliquo,  die  Schuld  auf  Jemandefi  schiebeji  oder  iverfen ,  was 
bei  Plautus  vorkommt,  sagt  man  culpam  conferre,  conjicere,  verlere  in 
aliquem  u.  a. 

Culpare,  tadeln,  kommt  theils  P.  L.,  theils  N.  Kl.  einigemal  bei 
Quintilian  vor,  für  vituperare,  reprehendere. 

*  In  der  von  Freund  anj^cführten  Stelle  aus  Varro  L.  L.  IX,  5  (p.  200  ed. 
M.  und  p.  463  ed.  Speng.)  stellt  jetzt  in  den  beiden  ang-eführten  Ausgaben  aus 
Handsclir.  cum  vititperandus  non  sit  medicus,  für  die  gewöhnliche  Lesart  dtvul- 
pandiis  oder  culpandus. 

Cutter,  das  Messer,  bedeutet  nicht  das  der  Aerzte ,  welches  mei- 
stens scalper  oder  scalpellum  heisst. 

Cultio ,  die  Bebauung,  ist  nur  in  Verbindung  mit  c^r2' üblich.  Vgl. 
Agricultio.  Erst  Sp.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  Verehrung,  für  cultus. 

Cultura  ist  in  der  Bedeut.  Verehrung  nur  P.  L.  und  selten  für 
cultus;  überhaupt  bezeichnet  es  activ  nur  das  Bilden  und  Bearbeiten 


264 

läiid Heller  Gegenstände,  und  ist  daher  mit  dem  Genit.  a§[^rt  ganz  ge- 
wöhnlich, mit  welcliem  es  gleichsam  ein  Wort  hildet.  Und  so  ver- 
bindet Cicero  (Tnsc.  11,5,13)  in  der  Vergleichung  der  Aerker 
mit  der  Seele  und  ihrer  beiderseitigen  Bebauung,  Pflege  und  Bildung 
cullura  sogar  mit  unimi,  was  er  ausser  der  Vergleichung  nicht  gethan 
haben  würde.  Es  bedeutet  daher  nie  für  sich  allein  Bildung  und  Aus- 
bildung ,  oder  das  Gebildetsein,  was  wir  Kultur  nennen,  ebenso  wenig 
wie  das  folgende  Cnltus. 

Ctiltiis  kann  ohne  den  die  Bedeutung  bestimmenden  Genitiv  animi 
nicht  Bildung  oder  Ausbildung  heissen,  da  es  für  sich  allein  nur 
Pflege,  Wartung,  Bearbeitung  bedeutet  und  durch  Genitiven  nähere 
Beziehung  und  Bedeutung  erhält.  Ganz  allgemein  ist  htimamis  cnltus 
(Cic.  Orat.  1,  8,  33),  eingeschränkter  ajiimorum  corporurnque  cnltus, 
z.  B.  bei  Liv.  XXXIX,  8  multas  artes  ad  animortim  corporumque  cidtuni 
nobis  eruditissima  omnium  gens  invexit.  Bildung  im  Leben  und  in  den 
Sitten  ist  hunianitas,  und  acht  städtische,  tirbanitas;  wissenschaftliche 
Bildung,  eruditio,  doctrina,  anitni  cultits,  litterae  (Cic.  Tusc.  I,  1,  3) ; 
Cultur  eines  Folkes,  cnltus  atque  hunianitas,  und  meistens  blos  mores. 

—  Ebenso  bedeutet  das  Partie.  c«/;?/s  nicht  gebildet,  worür  escultus, 
eruditus,  politus  gesagt  wird;  daher  bei  Cic.  (Fam.  XIII,  J,  5):  est 
omni  überall  doctrina  politissimus,  er  ist  ein  allseitig  gebildeter  Mann. 

—  Vgl.  auch  Webers  Uebungssch.  p.-  248. 

Ctim  (Praeposit.).  Als  N.  und  D.  L.  wird  cu7n  von  Hand  (Tursellin. 
T.  II,  p.l41)  verworfen  in  der  Bedeut.  wie,  so//7't?,  in  welcher  wir  unsre 
Praeposit.  mit  brauchen;  z.  B.  ich  habe  das  mit  Ruhnken  aufgenom- 
men, \\oc  cum  Rnhnkenio  reeepi;  ebenso :  hanc  vocera  cum  Mureto 
addidi  oder  omisi;  ut  cum  Mureto  loquar,  um  mich  mit  M.,  d.  h.  7vie 
M.  auszudrücken  u.  dgl.,  wo  doch  von  keiner  Gemeinschaft  mit  der 
gedachten  Person  die  Rede  sein  Tcann.  Aber  obgleich  die  Bedent.  trie 
nicht  ganz  abgeleugnet  werden  kann,  da  sie  in  den  bekannten  Worten 
Cicero's:  errare  malo  cum  Piatone,  quam  ctnn  aliis  sentire  (Cic.  Tusc. 
1, 17,  39;  vgl.  Att.  VI,  1,  18)  nicht  wegzuleugnen  ist,  so  muss  sie  doch 
lieber,  da  sonst  so  Weniges  für  sie  spricht,  vermieden  werden,  z.  B. 
durch  suadente,  docente,  iiolente.jube?fte,praeeu?ite  Ruh?ikenio,  Ruhn- 
keniimi  secjitus,  welche  Rosenheyn  dafür  vorschlägt,  und  ?it  Mureti 
verbis  utar.  —  Man  sagt  wohl:  vidi  argenteum  Cupidinem  cum  lam- 
pade  (Cic.  Verr.  II,  47,  115),  simulacrum  Cereris  ciim  fa(i!)us  (ib. 
IV.  49),  aber  dazu  noch  einen  Zusatz  in  manu,  in  hiimeris,  in  capite 
u.  dgl.  zu  machen,  ist  D.  L.;  z.  B.  pinxerat  Fortunam  cum  retibus  in 
maiju  et  Dianam  cum  arcu  in  humeris  für  retia  manu  tenentem  et  ü. 
gesinntem  arcum  in  h.  —  Unser  mit  Gott,  d.h.  mit  Gottes  Hülfe,  heisst 
nicht  cwn  Deo,  sondern  cum  Deo  rolente,  cum  Deo  juvante,  oder  ohne 
cum,  Deo  jnvante,  Deo  voleiite,  Deo  auspice.  —  Ueber  cuin  bei  idem 
vgl.  Idem,  und  über  cum  tempore,  mit  der  Zeit,  d.  h.  in  der  Folge,  vgl. 
Tempiis.  Ueber  die  Conjunction  ciim  vgl.  ^/^?^/».  Sehr  vollständig  han- 
delt von  C7im  Hand  im  Tursellin.  T.  II.  —  Zu  merken  ist  hier  noch: 

Cu?npriinis  als  eine  seltne  Verbindung,  wie  ein  Adverb.,  in  der 
Bedent.  vornehmlich,  vor:iüglich,  für  inprimis,  sogar  bei  Cicero.  Vgl. 
Cic.  Divin.  I,  32,  68  cumprimis  hoiuineai  prudentem  atque  doctum,  u. 
Verr.  11,  28,  68  homo  domi  suae  cumprimis  locuples  atque  honestus. 


265 

Ctimaeus,  zu  Ciimae  gehörig,  ist  P.  Form  für  Ctimanus,  was  tlieils 
Adjectiv,  theils  Subst.  ist. 

Ciimulare,  häufen,  aufhäufen.  Gut  ist  wohl  cumulare  onera,  Lasten 
häufen ,  aber  nicht  aliquem  oneribus  cumulare  für  obruere.  Vgl. 
Wüstemann  Doering.  Comment.  p.  78. 

Ciwiulatim,  in  Haiifen,  stellt  nur  einmal  bei  Varro  und  ausser- 
dem Sp.  L.  Man  sage  dafür  cumulate  oder  drücke  es  durch  das  Subst. 
cumultis  oder  das  Verbum  cumulare  aus. 

Cumulus.  D.  L.  ist  pecuniam  (und  andere)  in  cumtdo  coUigere, 
Geld  in  Haufen  sammeln,  für  pecunias  coacervare,  numorum  acervos 
coTtstruere  oder  pecunias  construere. 

Cunabuhmi  ist  im  Sing,  veraltet,- es  steht  dafür  der  Plur.  cuna- 
bnla,  der  aber  im  bessern  Latein  nur  die  Wiege  bedeutet,  wofür  je- 
doch cunae  noch  häufiger  ist.  Erst  Sp.  L.  hat  es  bildlich  die  Bedeut. 
Ursprung,  z.  B.  urbis,  einer  Stadt,  wofür  nur  i7icunabula  oder  origo 
üblich  ist. 

Cupere.  Es  hat  wohl  nie  in  Prosa  ut  nach  sich,  sondern  nur  den 
Infin.  oder  ^cc.  c.  Inf.  Man  sagt  zwar  alicui  cupere,  Eiiiem  gewogen 
sein,  alles  Gute  unhischeyi,  aber  N.  L.  ist  cup.  alicui  aliquid,  z.  B. 
omnia  bona,  divitias,  honores  u.  dgl.  c?</;e/'e,  für  alicui  aliquid  esoptare, 
opfare,  ut  cui quid  cofitingat ,  auch  alicujus  causa  omnia  cupere;  A.  L. 
ist  auch  alicui  bene  cupere,  da  bene  auszulassen  ist. 

Cupidus,  begierig,  hat  in  Verbindung  mit  einem  Verbo  nur  den  Ge- 
nitiv des  Gerundii,  aber  nicht  ut,  noch  auch  den  Infinitiv  bei  sich,  der 
P.  L.  ist.  3Ian  sage  nicht  oinnes  cupidi  sunt,  ut  te  audiant  oder  te 
audire,  sondern  te  audiendi. 

*  Nach  Freund  (im  Lex.)  ist  cupidus  in  der  Bedeut.  geldgierig,  nemlich 
ohne  den  Gcnit.  pecuniae,  erst  N.  Kl.;  er  gibt  zu  dieser  einzeln  erwähnten  Bed. 
als  Auctorität  den  Quintilian  und  Sueton  an ;  aber  der  Jenaische  Rceensent 
(Georges)  führt  dafür  schon  Cic.  Sest.  43,  93  und  Vitruv.  I,  1,  7  an,  wo  freilich 
schon  durch  den  Zusammenhang  diese  Bedeutung  bedingt  wird,  ohne  dass  das 
Adjectiv  des  Zusatzes  bedurfte. 

Cuprum,  Kupfer,  ist  Sp.  L.  für  aes  Cyprium. 

Cur,  warum?  fragt  nach  der  Ursache,  warum  oder  woher  Etwas 
geschieht,  und  verlangt  eine  Antwort  mit  weil ;  dagegen  fragt  quare, 
warum,  nach  der  Absicht,  wessivegen  Etwas  geschieht,  und  verlangt 
eine  xlntwort  mit  ^OOTi'i.  Man  kann  daher  nicht  fragen :  ^?/fl7-e  ningit? 
quare  hieraat?  sondern  cur  ningit?  cur  hieraat?  Im  spätem  Lat.  aber 
werden  beide  verwechselt.  Vgl.  Döderlein's  Synonym.  Th.  VI,  p.  93. 
—  N.  L.  ist  es  wohl,  cur  in  der  verwundernden  Frage  mit  dem  Infini- 
tiv statt  des  Conjunctivs  zu  setzen,  wie  Paulin.  a  S.  Josepho  sagt:  Cur 
e^o  nunc  poetas  tantis  in  coeliim  laudibus  tollere?  umrum  sollte  ich  — 
erheben?  wobei  A.  Matthiae  mit  Recht  bemerkt:  Infinitivus  tollere  est 
ex  usu  Italicae  et  Gallicae  linguae,  non  item  Latinae.  Er  konnte  zu 
Gallicae  hinzusetzen  et  Germanicae;  wir  sagen  auch  m.  d.  JNomin.: 
Warum  ich  —  erheben?  Am  anstössigsten  ist  Aer  Nominativ,  wemg&r 
anstössig  der  hifinitiv.  —  Wenn  ivarum  nicht  nur  lebhafter  Ausdruck 
für  sollte  also  wohl  nicht  — .^  ist,  aber  nicht  Frage,  auf  die  man  eine 
Autwort  erwartet,  so  heisst  es  quidni  mit  dem  Coujunctiv,  nicht  cur 
non.  Ferner  heisst  in  Aufmunterungen  warum  nicht  viehnehr  (ausser 
aller  Frage)  nicht  cur  no?i  potius,  sondern  quin  potius. 

Cura,  die  Sorge;  — für  oder  um  Etwas  meistens  mit  dem  Geni- 


2ßG 

tiv,  seltner  mit  de,  z.  B.  omnis  de  re  p?/bh'ca  ciira  (Cic.  Brut.  3,  10). 
—  M;in  sagt  zwar  curae  esse,  zur  Sorge  sein,  am  Herzen  liegen,  aber 
nie  mrae  cordique  esse.  Vgl.  Cor.  —  In  der  Bedeut.  R'ur,  Heilung  ist 
es  N.  Kl.  und  sehr  selten  für  curatio,  da  cum,  von  Kränzen  ge- 
brancht,  fast  nur  Pflege  und  Wartung  bedeutet.  Daher  sag^t  man  auch 
niclit  curam  adhibere,  eine  Kur  hrauchen,  sondern  curationem  oder 
medicinam  aegro  oder  ynorbo  adhibere  oder  admovere.  Dagegen  be- 
deutet curare  nicht  nur  pflegen,  warten,  besorgen,  sondern  auch,  be- 
sonders in  der  Verbind,  mit  corjms,  morbus,  vulnus,  —  heilen.  Vgl. 
Cic.  Cluent.  14,  40.  Tusc.  III,  2,  5.  Marc.  8.  Senect.  19,  67.  Sulpic,  Cic. 
Farn.  IV,  5,  5  u.  a. ;  und  so  immer  bei  Celsus.  Ein  Adjectiv  curabilis 
aber,  in  der  Bedeut.  heilbar,  findet  sich  zwar  bei  Juvenal,  ist  aber 
zweifelhaft  und  unnöthig  wegen  sanabilis  und  medicabilis. 

Curare,  sorgeti,  sich  Sorge,  Kummer  wegen  Etums  ?nachen,  wird 
verbunden  mit  de  (Cic.  Att.  XIII,  21);  sorgen  für,  besorgen,  sich  be- 
kümmern um  —  mit  dem  Accusativ  aliquem,  aliquid;  A.  u.  Sp.  L.  ali- 
cui.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  787.  Bei  einem  folg.  Verbo  steht  nur 
N.  Kl.  bisweilen  der  Infinitiv,  auch  wohl  der  Accus,  c.  Inf.,  was  ver- 
mieden werden  muss  für  das  Kl.  Gerundium  im  Accus,  mit  seinem 
Objecte,  auch  mit  ut  oder  verneinend  ne ;  auch  wohl  mit  blossem 
Conjunctiv.  Man  sage  nicht  cura  epistolam  describi,  sorge,  dass  der 
Brief  abgeschrieben  7/'e/"f/e,  sondern  cura  epistola7n  describendam,oAav 
ut  epistola  deacribatur.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  787.  —  Ueber  curare 
in  der  Bedeut.  heilen  vgl.  Cura.  —  N.  L.  ist  die  Redensart  curare 
7norborum  scienliam,  sich  um  die  Pathologie  bekümmern,  wie  neulich 
Einer  schrieb. 

Curatela,  die  Vormundschaft  u.  a.,  ist  N.  L.  und  findet  sich  nir- 
gends bei  den  Alten  für  tulela,  mtinus  tuloris;  bei  spätem  Juristen 
auch  curatio.  Ebenso  bedeutet  curator  erst  Sp.  L.  den  Vormund,  für 
tutor  ;  früher  verstand  man  darunter  nur  den,  der  Etwas  besorgt,  einen 
Aufseher,  Verwalter  u.  dgl. 

Curatus  und  das  Adv.  curate,  sorgfältig,  genau,  stehen  N.  KL  bei 
Tacitus  für  accuratus,  accurate. 

Curetes  sind  nicht  die  Einwohner  der  Sabinischen  Stadt  Cures; 
diese  heissen  Curenses. 

Curia  ist  in  der  Bedeut.  /To/"  regierender  Herren,  besonders  geist- 
licher, sehr  Sp.  L.  für  atila;  und  so  auch  das  Adj.  curialis,  zum  Hofe 
gehörig.,  fiir  aulicus,  und  als  Subst.  der  Hofmann,  für  aulicus  oder 
purpuratus. 

Curriculum  ist,  mit  vitae  oder  vioendi  verbunden,  nicht,  was  wir 
Lebenslauf  nennen.,  d.  h.  des  Lebens  Ereigjiisse,  das  Leben  selbst,  son- 
dern nur  die  Lebenszeit  der  Dauer  oder  Länge  nach,  die  Lehensbahn, 
und  hat  daher  nur  Adjectiven,  wie  longum,  esiguum,  breve  u.  ähnliche 
bei  sich,  wesswegen  es  auch  unpassend  ist,  Verba,  wie  narrare,  e.v- 
ponere,  referre  u.  dgl.  dabei  zu  brauchen.  Lebenslauf  heisst  nur  vita. 
Vgl.  Cursus. 

Cursorius,  zum  Laufe  gehörig,  schnell,  ist  in  beiden  Bedeut.  sehr 
Sp.  L.,  ausser  in  dem  Kunstworte  nain's  cursoria,  eine  Jacht.  Im  N.  L. 
spricht  man  von  einer  lectio  cursoria  und  nennt  so  das  cursorische  Le- 
se?i  eines  Buches,  wovon  die  Alten  Nichts  wissen;  dem  Sinne  nach 
sagt  man   dafür  im  bessern  Latein  lectio  cursim  instituta  oder  um- 


267 

schriebet»  quae  a  cnrrendo  vel  cursu  nomen  habet.  Ebenso  ist  N.  L. 
cursorie,  z.  B.  legere,  für  cursi'm,  festmanter. 

Cursus,  der  Lauf.,  wird  zwar  vielfältig  bildlich  gebraucht,  aber 
D.  L.  wäre  cursus  mundi  in  der  Bedeiit.,  in  welclier  wir  sagen  der 
Weltlauf,  Lauf  der  Welt,  für  cursus  rerum,  Lauf  der  Dingte,  wie  Cic. 
Fain.  IV,  2,  3,  da  mundus  nicht  so  gebraucht  wird.  Vgl.  Mundus. 
Richtig  aber  ist  cursus  vitae  oder  vivendi,  der  Lauf  des  Lebens,  aber 
auch  nur  in  der  Bedeut.,  in  welcher  curriculum  vitae  bei  den  Alten 
steht.  In  der  Redensart  die  ganze  Lebenslauf  bahn  sagt  man  aber  nicht 
iotus  vitae  cursus,  sondern  totius  vitae  cursus.  Vgl.  Cic.  Off.  I,  4. 

Curvare  mit  dem  Acc.  arcmn,  den  Bogen  spannen,  ist  nur  P.  L. 
für  arcu7n  tendere,  ifitendere. 

Curvitas,  die  Krümmung.,  ist  Sp.  L.  für  die  frühern  und  etwas  bes- 
sern Formen  curvatura,  curvatio,  cttrvamen  oder  aduncitas  und  mehr 
j4.  Ij.  bei  Varro  cnrvor.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  150. 

Curvus,  ]crumm,  ist  nach  den  Lexicis  nur  P.  L.  und  findet  sich  nir- 
gends in  Prosa  für  curvatus,  incurvus,  inflexus,  aduncus. 

Custodire,  bewachen,  bewahren,  hüten.;  —  Etwas  vor  Etwas,  ali- 
quid ab  oliqua  re  oder  ab  aliquo. 

*  Wie  die  von  Freund  bei  dem  Adv.  custodite  zugesetzten  Worte:  „Adv.  des 
ah  Part,  nicht  iveiter  vorkommenden  custoditns"  zu  verstehen  seien,  weiss  icli 
nicht,  da  das  Partie,  nicht  nur  bei  Livius,  sondern  auch  bei  Andern  vorkommt. 

Cutis  kann  nur  selten  in  unsern  vielen  bildlichen  Redensarten  in 
der  Bedeut.  Haut  gebraucht  werden.  Vgl.  D.  Lat.  Lexica. 

Cipwsarges,  ein  Gymnasium  zu  Athen,  muss.  wiewohl  es  nirgends 
bei  einem  Lateiner  vorkommt,  wenn  es  in's  Lateinische  aufgenommen 
wird,  nicht  als  Femininum,  sondern  als  Neutrum  behandelt  werden, 
wie  im  Griech.  Vgl.  Heusinger  Emend.  p.  437. 

Cypris  für  Venus  ist  unerweislich.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  514. 

Cythera,  Name  einer  Insel,  ist  nicht  Singular,  sondern  Plur.,  Genit. 
Cytherorum.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  262.  Als  Adj.  brauche  man 
davon  nur  Cythereus  oder  Cytherius,  da  die  übrigen  vorkommenden 
Formen  mehr  P.  sind. 

D.  d. 

Daemon,  daemofiium  und  alle  dazu  gehörige  Formen  sind  Sp.  L.  in 
der  Bedeut.  Geist  und  bei  christl.  Schriftstellern  böser  Geist,  Teufel; 
sie  können  aber,  da  sie  mehr  neue  Begriffe  enthalten,  kaum  durch  ^e- 
7iius,  malus  genius  ersetzt  werden. 

Dalmatius  ist  eine  N.  L.  Form  und  weder  Subst.  noch  Adj.;  als 
Subst.,  der  Dalmatier,  gebrauche  man  Dalmata,  als  Adj.,  Dalmatisch, 
Dabnaticus. 

Damnabilis,  verdammungswürdig,\st  Sp.  L.  für  damfiatione  dignus, 
damnandus,  dig?ius  qui  datnnetur. 

Damnare,  verdammen,  verurtheilen ;  zum  Tode  verurth.  heisst  Kl. 
capitis  oder  capite  damn.,  bei  Livius  einmal  (XLII,  43)  capitalis  poe- 
nae ;  P.  L.  mortis  oder  morti,  N.  Kl.  und  nur  bei  Tacitus  (A.  XVI, 
21):  ad  mortem  damnabantur.  Vgl.  Condemnare. 

Dammim  bedeutet  meistens  Schaden  an  Geld  und  Vermögen;  aber 
einen  Schaden,  der  zur  Klage  gekommen  ist,  schützen  oder  taxiren 
heisst  nicht  damnum,  sondern  litem  aestimare,  worauf  iWitpoena  folgt. 


268 

Vgl.  die  Lexica  unter  Lis.  lieber  dammim  altem'  dare,  Jemnriden  Seh. 
ztiff/ge7i,  vgl.  Dare;  über  damnum  facere,  Seh.  thtm,  vgl.  Facere,  und 
über  dnmnum  pati.  Seh.  leiden,  vgl.  Patt. 

JJaps,  Plur.  dapes,  Mahl,  Festmahl,  ist  nur  P.  L.  für  epulae,  coena, 
co>iinviu?n  ;  bei  Livius  kommt  es  nur  einmal  im  Sing,  vor  von  einem 
Opfermahle. 

Dare,  geben.  Es  hält  sich  im  Gebrauche  fast  nur  an  die  Bedeutun- 
gen geben,  weggebe?!,  schenken,  und  in  beiden  Sprachen  ist  theils 
Uebereinstimmung,  theils  nicht.  Man  merke  etwa  Folgendes: />«repoe- 
nas  aliciii  bedeutet  nicht  Jemanden  strafen,  sondern  von  Jemanden 
gestraft  werden;  dabei  wird  das  Wofür  durch  den  Genit.  ausgedrückt, 
alicifjus  rei.  —  Dare  fabulam,  ein  Sehmispiel  geben,  wird  nur  vom 
Schaiispieldichter ,  nicht  vom  Schauspieler  gesagt,  insofern  er  es  auf- 
führt (was  durch  agere  ausgedrückt  wird).  Lässt  es  der  Dichter  den 
Schauspieler  einstudieren,  so  sagt  man  docet  fabulam,  und  von  dem 
Schauspieler,  der  es  einstudiert,  —  discit  fabulam,  von  dem  aber,  auf 
dessen  Kosten  oder  Veranstaltung  das  Stück  gegeben  und  aufgeführt 
wird,  sagt  man  edit,  seltner  dat  fabulam. —  N.  L.  ist  dareßdem  alieui, 
Einem  Glauben  schenken,  trauen,  glauben,  für  habere  fidem,  credere; 
jenes  bedeut.  Einem  Etwas  versprechen.  —  N.  L.  ist  dare  midtum  ali- 
CUJ21S  judirto,  auf  Jem.  Urtheil  viel  geben,  für  tribuere;  ebenso  dare 
plagam,  einen  Schlag  geben,  für  imponere,infligere,i7ijicere ;  dessglei- 
chen  dare  ludos,  Spiele  geben,  iür  facere  oder  N.  Kl.  edere ;  ferner 
dare  coenam,  ein  Mahl  geben,  tür  facere  coenam  (Cic.  Fam.  IX,  24,  2) ; 
endlich  dare  senteniiam,  seine  Meinung  geben,  für  dicere,ferre  sen- 
tentiam,  snffragium  ferre  oder  i7iire.  Verworfen  werden  ancli  dare 
alieni potestatem.  Einem  Erla?.ibniss  gebe?i,  für  facere  alieui pot.;  dare 
liberis  oder  pueris  magistrum,  den  Kindern  einen  hehrer  geben,  für 
constituere  o  i\  er  facere ;  dare  alieui  rein  traetandam.  Einem  einen  Ge- 
genstand zu  bearbeiten  gehen.,  für  ponere  oder  proponere  —  und  so 
wohl  noch  andere  mehr.  Man  verwirft  auch  dare  epistolam,  litteras 
von  dem  Boten  oder  Ueberltringer,  und  verlangt  reddere,  weil  der 
Verfasser  des  Briefes  ihn  gäbe,  also  von  diesem  dare  gelte,  der  Bote 
aber  gäbe  ihn  zurück,  wo  reddere  nothwendig  sei.  So  findet  es  sich 
auch  meistens;  al)er  selbst  Cicero  sagt  vom  Ueberi)ringer  bisweilen 
dedit,  nicht  reddidit;  vgl.  Cic.  Att.  V,  4,  1.  —  ^.  L.  bei  den  Komikern 
und  in'cht  nachzuahmen  ist  dare  alieui  damnum.,  Einem  Sehaden  zu- 
fügen, für  damnum  alieui  afferre  oder  inferre  u.  a.  —  Gut  sind  dagegen 
dare  foros  librum,  ein  Buch  herausgeben  (Cic.  Att.  XIII,  22)  ausser 
dem  gewöhnlichen  edere  librum;  ferner  dare  alieui  bibere  oder  potui, 
Einern  zu  trinken  geben.  —  Viele  verwerfen  auch  dare  legem,  ein  Ge- 
setz geben,  aber  es  kommt  vor  Cic.  Verr.  II,  49, 121.  in  Ruil.  II,  19.  52 
u.  20,  54.  Leg.  III,  2,  4  leges  da?nus  liberis  populis.  Häufiger  brau- 
chen die  Alten  allerdings  ü\r  dare — seribere,  constituere,  auch  condere 
(Liv.  III,  3)  und  in  der  Bedeut.  öffentlich  in  Vorschlag  bringen  zur 
Genehmigung,  legem  ferre,  rogare  und  promulgare.  Der  Gesetzgeber 
aber  heisst  nie  legis  o<\gt  legum  dator,soni]ern  /a^o/- (Cic.  Muren.  2,3) 
oder  scriptor  legis  (Cic.  Leg.  II,  25,  63),  auch  wohl  conditor ,  und 
N.  Kl.  heisst  Lycurg  bei  Quintil.  (I,  10,  15)  legum  auctor.  Im  Spotte 
heisst  auch  der  Gesetzgeber  architeelus  legis  (Cic.  RuU.  1,4,  11).  Vgl. 
Le.T.  —  Das  Geben  oder  Vorschlagen  eines  Gesetzes  heisst  meistens 


269 

latio  legis,  wie  bei  Cic.  Muren.  3,  5,  selten  dntio,  wie  hei  Cic.  Riill.  II, 
22,  60  legum  datio,  was,  wie  leges  dare^  nacli  den  Beispielen  in  Cice- 
ro's  Gesetzbiicliern  vorziiglicli  dann  anwendbar  ist,  wenn  ein  g'eist- 
voiler  Kopf  für  sich,  ohne  beauftragt  zu  sein,  Gesetze  entwirft.  —  Un- 
ser das  gebe  Gott!  das  gebe  der  Himmel!  lieisst  nicht  hoc  det  Dens 
oder  coelum,  sondern  Deusfaxit! —  Nach  welclier  Auctorität  aberHeni- 
sterhuis  (Oratt.  p.  166)  geschrieben  hat:  ille  egregiitm  poetam  datu- 
rusfuerat  (was  offenbar  bedeuten  soll:  er  würde  einen  vortrefflichen 
Dichter  gegeben  haben,  d.  h,  geworden  sein),  was  D.  L.  ist  für  ille 
egregitis  poeta  f actus  fuisset,  ist  mir  unbekannt.  Audi  tadelt  wohl  mit 
Recht  Ruhnken  den  Muret,  welcher  (Op.  T.  II,  p.  416  ed.  Fr.)  sag^t: 
sperare  non  dalur,  mit  den  Worten:  Sic  poetae  loqnuntur,  non  Cicero 
ant  ejus  aequales.  —  N.  u.  D.  L.  ist  auch  der  Gebrauch  des  passiven 
dari  für  esse  oder  inveniri  für  unser  deutsches  Impersonales  es  gibt, 
welcher  im  N.  L.  nicht  selten  ist,  z.  B.  dantur  sane  interdum  viri  eru- 
diti,  es  gibt  bisweilen  —  (so  Weisse  de  stylo  p.  13),  für  sunt  oder  iji~ 
ve7iiu?itur,  —  und  so  mehrmals  bei  Paulin.  a  S.  Josepho,  z.  B.  cur  7io?i 
dantur,  ut  ait  poeta,  Marones?  warum  gibt  es  nicht  — ?  wo  g-erade 
Martial,  von  dem  der  Gedanke  entlehnt  ist,richtig^  sagt:  des imt  für 
?ion  dantur.  Ebenso  N.  L.  ist  das  philosophische  tertium  non  datur, 
ein  Drittes  gibt  es  nicht,  für  non  oder  nihil  est  tertium  (Cic.  Fam.  IX, 
22,  1),  oder  tertium  nihil  inveniri  potest  (Cic.  Senect.  19,  66),  oder 
medium  esse  quidqiiam  nego  (Cic.  Phil.  II,  13).  Vgl.  Heusinger.  Emend. 
p.  398.  —  Ueber  dare  mutuo  endlich  vgl.  Mutuus. 

Dator,  der  Geber,  ist  ein  gemeines  A.  L.  Wort,  welches  einigemal 
bei  Plautus  und  einmal  bei  Virgil,  sonst  aber  nicht  vorkommt.  Ueber 
legis  dator,  der  Gesetzgeber,  vgl.  legem  dare  unter  Dare. 

Datum  kommt  als  Subst.  mit  dem  Genitiv  epistolae,  das  Datum 
eines  Briefes,  nicht  vor;  dafür  blos  dies;  z.  B.  als  Datum  war  der 
erste  Januar  beigeschrieben,  dies  Kalendarum  Januariarum  adscripta 
erat.  Vgl.  Cic.  Fam.  III,  11, 1.  Ebenso  heisst  Briefe  von  demselben  Da- 
tum, epistolae  eode?n  die  datae. 

De.  Diese  Praeposition  wird  in  manclien  Verbindungen  falsch  ge- 
braucht. Dahin  gehört  de  die  in  diem,  von  Tage  zu  Tage,  für  in  dies 
(Cic.  Top.  16,  62  Vitium  in  dies  crescit),  in  dies  singulos,  quotidie  (Cic. 
Att.  V,  7  quotidie  vel  potius  in  dies  singulos  breviores  litteras  ad  te 
niitto);  ferner  de  hora  in  horam,  von  Stunde  zu  St.,  für  in  horas,  und 
so  alle  ähnliche.  So  heisst  auch  von  Tage  zu  Tage  warten,  diem  ex  die 
exspectare  oder  diem  de  die  prospectare  (Liv.  V,  48).  Ueber  de  verbo 
ad  verbum,  von  Wort  zu  W.,  vgl.  Verbum.  Von  Haus  zu  Haus  heisst 
ostiatim;  von  Neuem,  nicht  de  novo,  sondern  denuo,  de  integro-,  von 
Alters  her,  nicht  de  (ab)  antiquo,  sondern  antiquitus.  Falsch  sind  auch 
die  Ausdrücke  de  proposito,  de  consulto,  vorsätzlich,  absichtlich,  für 
consulto  oder  seltner  ex  consulto,  data  opera,  de  industria.  Ygi.  Pro- 
positum.  —  Zu  merken  ist  ferner:  nach  Wunsch  heisst  immer  ex  sen- 
tentia,  ex  animo;  nach  dem  Senatsbeschlusse,  ex  senatusco?isulto  (Cic. 
Att.  I,  14,  10),  ex  setiatus  auctoritate ;  aber  nach  der  Meinung  aller 
Cot  legen,  aller  Tribunen,  nach  gemeinschaftlicher  Meinung,  de  sen- 
tentia  omnium  u.  s.  w.,  nicht  ex  sententia.  Auch  bemerkt  F.  A.  Wolf  zu 
Ruhnk.  elog.  Hemst.  (Opusc.  p.  2Jil),dass  man  wohl  sage  face re  quid- 
piatn  de  sententia,  de  conjectura  alicujus,  aber  nicht  stipplere  quidp. 


270 

de  conjectnrn,  sondern  ex  conjectura,  so  dass  die  verschiedenen  Verba 
auch  verschiedene  Verbindun^s^en  forderten.  Vgl.  auch  Ilandii  Tiirsell. 
T.  II,  p.  216  11.  618.  —  Ueber  de  zur  Bezeiciniung  des  von  der  Adeli- 
gen vgl.  die  unter  der  Praepos.  a  in  der  Anmerkung  angeführten 
Schriften,  und  über  die  Verbindung  von  Substantiven  mit  der  Praep. 
de  vgl.  Th.  I,  §.  81.  —  Endlich  sind  als  N.  L.  Redensarten  zu  vermei- 
den :  tot  de  hoc  Ciceronis  libro  Codices,  so  viele  Handschriften  von  die- 
sem Bliche  des  Cicero,  für  tot  hujus  libri  Ciceronis  Codices. 

Deambulacrum,  der  Spaziergang  (vom  Orte),  ist>S^/j.  L.  für  ambu- 
latio  oder  ambulacrum.  Deambulatio  ist  A.  L.  für  ambulatio. 

Deambulare,  auf-  und  abgehen,  spazieren  gehen,  ist  zwar  Kl.,  aber 
viel  seltner  als  ambulare. 

Deanibulaliuncula,  der  kleine  Spaziergang,  ist  N.  L.  für  ambula- 
tiuncula.  Jenes  braucht  der  Ciceronianer  Bunellus  Epist.  3  ed.  Grautf,, 
wo  p.  688  die  Anm.  zu  vergleichen  ist. 

DeargenLatus,  übersilbert,  ist  sehr  Sp.  L.  für  argentatus. 

Dearmare,  entwaffnen,  ist  als  Verbura  wohl  nur  Sp.  L.  für  armis 
spotiare,  armis  exuere,  N.  Kl.  exarmare.  Aber  das  Partie,  dearmatus, 
entwaffnet,  kommt  schon  bei  Livius  vor. 

Deaurare,  vergolden,  ist  als  Verbura  sehr  Sp.  L.  für  inaurare ;  je- 
doch N.  Kl.  steht  bei  Seneca  deauratus  für  das  Kl.  auratus. 

Debellare,den  Krieg  zu  Ende  führen,  war  erst  seit  Livius  gebräuch- 
lich, bei  welchem  es  jedoch  meistens  nur  als  passives  Impersonale 
vorkommt,  debellatur  u.  s.  w.  —  N.  Kl.  u.  P.  wird  es  mit  einem  Accu- 
sativ  verbunden  in  der  ßedeut.  gänzlich  besiegen,  für  devincere.  N.  L. 
steht  es  in  der  Bedeut.  bekriegen,  für  bellum  inferre,  bellare  cum 
aliquo. 

Debere,  müssen,  sollen.  Man  brauche  es  nur  da,  wo  in  müssen  oder 
sollen  der  Begriff  gebühren,  schuldig  oder  Pflicht  sein  liegt.  Vgl.  üö- 
derlein's  Synonym.  Th.  V,  p.  323  und  Grotefend's  Commentar  p.  2 
u.  323.  Wo  aber  jene  Begriffe  nicht  hervorzuheben  sind,  wie  es  auch 
oft  bei  können  der  Fall  ist,  da  bleibt  das  Verbura  ganz  unübersetzt 
und  beide  werden  als  schwache  Hülfsverba  durch  den  Conjunctiv  des 
Hauptverbi  ausgedrückt,  wogegen  debere  oft  im  N.  L.  eine  ganz 
unnütze  Rolle  spielt,  wie  dies  F.  A.  Wolf  sogar  in  seinen  Bemerkun- 
gen zu  Ruhnkens  elog.  Hemsterh.  einigemal  gezeigt  hat.  Vgl.  Ruhnk. 
Opusc.  T.  I,  p.  273.  Auch  ist  der  häufige  Missbrauch  des  Conjunctivs 
des  Verbi  debere  im  N.  L.  zu  tadeln,  da  die  Lateiner  nach  ihrer  Denk- 
weise die  Pflicht  bestimmt  durch  den  Indicativ  ausdrücken,  wo  wir 
sie  dagegen  unbestimmt  durch  den  Conjunctiv  des  Verbi  sollen  oder 
müssen  bezeichnen.  Vgl.  darüber  Th.  I,  §.  116. 

Debilum  kommt  als  Subst.,  die  Schuldigkeit,  Pflicht,  erst  Sp.  L. 
vor  für  officium  oder  ^wW  debeo,  quod  meum  est.  Aber  Kl.  ist  debitio, 
das  Schuldigsein,  z.  B.  pecuniae,  von  Geld,  wiewohl  es  sich  nur  bei 
Cicero  zweimal  findet,  sonst  nirgends;  öfter  steht  dafür  das  Verbum 
debere,  wie  denn  auch  debitmn  fast  wie  ein  Subst.  vorkorarat  in  der 
Bedeut.  die  Schuld,  was  man  schuldig  ist,  besonders  mit  dem  Verbo 
solvere.  Meistens  heisst  die  Geldschuld,  aes  alienum  oder  debita  pe- 
cunia,  so  wie  pecunia  credita,  eine  geliehene  Geldsumme  bedeutet, 
und  pecuniae  creditae,  active  Schuldposten  sind.  Eine  Schuld  abschwö- 


271 

ren  heisst  nicht  dehitum  abjurare,  sondern  credümn  ahjurnre,  und 
eine  Schuld  von  Jemanden  fordern,  n\c\\i  debilum  ah  (diqnopetere  oder 
posfulare,  sondern  debüorem  admonere  oder  aliqueni  de  "peciinia  de- 
bita  (quam  quis  debet)  appellare.  —  Schulden  emtreibe?i  heisst  nomina 
exigere. 

Decedere,  weggehen;  tcovon  man  weggeht  wird  durcli  de  oder  den 
blossen  Abi.,  wohl  nicht  durch  a  bezeichnet,  indem  in  Cic.  Plane.  26, 65 
für  me  a  provincia  decedere  zu  lesen  ist:  me  e  provincia,  da  e  eben 
dann  passt,  wo  aus  einem  Orte  heraus  ausg-edrückt  werden  soll,  wie 
dort  auch  vorher  e  j^roü/wc/a  gesag't  ist.  Dageg^en  kann  in  bildlichem 
Sinne  auch  a  gesetzt  werden  ausser  de  und  dem  blossen  Ablativ. 
Einem  aus  dem  JFege  gehen  heisst  alicui  de  via  decedere  (Cic.  Rep.  I, 
43.  Cluent.  59, 163.  Coel.  16,  38). 

Decem  et  septem,  siebenzehn,  hält  Muret  (z.  Cic.  Phil.  V,  7)  für 
unlateinisch  (latine  dici  non  puto)  für  septemdecim,  was  auch  dort 
aufgenommen  ist;  aber  in  andern  Stellen  scheint  die  Form  sicher  zu 
stehen,  z.  B.  Livius  XXXIII,  21,  und  nach  Einig'en  selbst  bei  Cicero, 
Tacitus  U.A.  —  Ebenso  ist  es  mit  decem  et  acta  (Liv.  IX,  33,  4)  für  das 
häufigere  duodecinginti.  So  geben  auch  Einige  aus  Caes.  B.  G.  I,  8  de- 
cem novem  an,  da  doch  jetzt  dort  weit  g^ewisser  entweder  blos  decem 
oder  blos  7iovem  gelesen  wird.  Die  Zahl  ?ieunzeh?i  ist  gewiss  falsch; 
wenigstens  müsste  es  decem  et  novem  heissen. 

Vecemviri  hatte  als  Name  eines  Collegiums  oder  einer  Commission 
von  zehn  Männern  nach  alter  Weise  im  Genit.  Plur.  decemvirum,  nicht 
decemvirorum,  dagegen  decem  viri,  zehn  nicht  gemeinsam  verbundene 
Manner,  decem  virorum. 

Decennalis,  zehfijährig,  ist  Sp.L.  für  das  AT/,  decem  annorum  oder 
das  N.  Kl.  decennis. 

Decenniam,  ein  Raum  von  zehn  Jahren,  ist  zwar  erst  Sp.  L.,  aber 
wie  biennium,  triennium,  quinquennium,  welche  KL  sind,  nicht  zu  ver- 
werfen. 

Deceptio,  die  Täuschung,  der  Betrug,  ist,  seitdem  es  in  Vitruv. 
II,  8  durch  eine  andere  Lesart  verdrängt  worden  ist,  sehr  Sp.  L.  für 
fvaudatio,  fallacia,  circumscriptio,  fraus.  Ebenso  kommt  nur  einmal 
deceptor  P.  L.  in  der  Bedeut.  der  Betrüger  vor,  für  homo  fraudu- 
lentus,  fraudator,  circumscriptor. 

Decere,  sich  schicken,  gebühren,  geziemen,  ist  mit  dem  Dativ  a/i- 
cui  für  aliquem  nur  ^.  L.  bei  den  Komikern;  man  sage  also  nicht 
mihi  decet,  es  geziemt  sich  für  mich,  sondern  me  decet. 

Decerpere,  abpflücken,  ivegnehmen,  wird  verbunden  aliquid  ex  ali- 
qua  re,  Ettvas  aus  Etwas  herausnehmen.,  und  so  sibi  aliquid  es  ali- 
qua  re,  sich  Etwas  aus  Etwas  zueignen,  anmassen,  z.  B.  ex  alicujus 
laude.  Vgl.  Cic.  Marc.  2,  wo  man  es  fälschlich  versteht  in  der  Be- 
deut. Etwas  verkleinern ; —  decet p.  aliquid  de  aliqua  re,  einer  Sache 
Etwas  nehmen,  sie  in  Etwas  vermindern. 

Decertare,  streiten,  kämpfen,  wird  verbunden  cum  aliquo,  P.  L. 
alicui,  mit  Jema?iden.  Es  ist  ein  Lieblingswort  Caesars  und  kömmt 
bei  ihm  öfter  vor  als  certare. 

Decessor,der  P^or^änger,aher  nur  im  Amte,  und  bei  Cic.  Scaur.  33 
(welche  Stelle  man  früher  nicht  kannte  )  nur  in  Bezug  auf  seineu 
Abgang  (decessus)  aus  der  Provinz,  passt  daher  nicht  wohl  zu  dem 


272 

Begriffe,  (lev  in  unserem  Worte  Vorgänger  liegt;  man  wird  also  bes- 
ser sagen:  qui  ante  — fult  {dixit  u.  dgi.)>  C2//  alius  successit.  Vgl. 
j4utecessor. 

Decies,  zehnmal,  bedeutet  beim  Gehle  der  Alten  mit  dem  dazu 
gedachten  centena  millia  —  ei7ie  Million,  wird  aber  nicht  als  Plura- 
lis,  sondern  als  Singularis  betrachtet,  und  zwar  als  Neutnwi,  wo- 
her decies  solidum  (Horat.  Sat,  II,  3,  240),  eine  ganze,  volle  Mil- 
lion, und  decies  numeratum,  eine  baar  ausgezahlte  Milliofi  bedeutet. 
Es  hat  daher  auch  das  Verbum  im  Singular,  bei  sich,  z.  B.  tibi  est 
decies  sestertiuin?  tvo  sind  die  zehninal  hundert  tausend  Sesterze? 
wo  ist  die  Million  Sesterze?  (nach  Cic.  Phil.  II,  37  ubi  est  septies 
miJlies  ^e^iertium,  quod in  id}in\i'& patebat?)  —  Vgl.  Rarashorn  Gramm. 
§.  15(),  Not,  5,  c.  p.  516  (Ausg.  2).  Auch  ist  sestertiu?n  in  dieser 
Redensart  ein  Singular,  nicht  Genit.  Plur.  Vgl.  Sestertium. 

Decima  (decunia),  der  Zeh?ite,  kommt  selten  im  Sing,  vor,  son- 
dern meistens  im  Flur,  decimae  (decumae),  weswegen  es  nur  Par- 
titivzahlwörter  bei  sich  hat,  z.  B.  binae,  quaternae  u.  s.  w. 

Decinius  und  Decius  werden  bei  Namen  oft  verwechselt.  Decimus 
ist  Vorname  mehrerer  Römer ,  z.  B.  Decimus  Junius  Brutus;  Decius 
aber  Familienname,  die  Decier. 

Decimus  tertius  bis  dec.  septimus  sind  in  dieser  Wortstellung  gegen 
den  bessern  Gebrauch  für  tertius  decimus  u.  s.  w.  So  steht  jetzt  wohl 
überall  in  Cicero's  und  Caesar's  Schriften.  Anders  gestellte  Formen, 
wie  eben  decimus  tertius,  tertius  et  decimus,  tertius  deciniusque ,  sind 
erst  N.  KL  u.  Sp.  L.  Die  frühern  Neulateiner  folgten  bei  ihren  wech- 
selnden Formen  den  fehlerhaften  Texten  des  Cicero  und  Anderer. 
Die  wahre  Stellung,  tertius  decimus  u.  s.  w.,  beweisen  auch  Formen 
wie  tertiadecimanus ,  quartadecimanus  u.  s.  w. ,  ein  Soldat  der  drei- 
zehnten, vierzehnten  Legion. 

Declamare  und  declamitare  bedeuten  im  N.  L.  eine  öffentliche 
Rede  halten,  für  orationem  habere,  und  vor  dem  Volke  und  Aen  Sol- 
daten concionari.  Die  eigentliche  Bedeut.  Jener  Verba  ist  nur  sich  in 
der  Beredtsamkeit  üben ,  im  Redehalten  Üebungen  anstellen.  Solche 
Uebungen,  wie  sie  in  den  Schulen  über  ein  gegebenes  Thema  gehalten 
wurden,  hiessen  declamationes.  Und  so  unterscheidet  sich  auch  decla- 
mator  von  orator. 

Declarare  mit  dem  Accus,  bellum,  einen  Krieg  ankündigen,  kommt 
nirgends  vor  für  bellum  indicere,  und  ebenso  indictio  belli,  die  Kriegs- 
ankündigung, nicht  declaratio  belli,  weil  der  Krieg  nicht  öffentlich 
ausgerufen  wurde,  was  in  declarare  liegt.  Wiewohl  es  auch  von  gei- 
stigen Dingen  in  der  Bedeut.  klar  machen,  erklären,  zeigefi,  was  ihr 
Sinn  und  ihre  Bedeutung  sei,  oft  bei  den  Alten  vorkommt,  so  ist  es 
docli  bedenklich,  zu  sagen:  scriptoretn  oder  scriptoris locum  declarare, 
einen  Schriftsteller ,  eine  Stelle  erklären,  wiewohl  nicht  unlateinisch 
ist:  declaravit,  quae  loci sententia  sit,  quid  scriptor  senliat ,  oder,  wie 
Quintil.  (VII,  3,83)  sagt:  verba  ipsa  per  se  declarant  intellectum 
(loci),  zeigen  den  Sinn  einer  Stelle.  —  Für  declaratio,  die  Erklärung, 
halte  man  sich  an  explicatio,  interpretatio.  Das  Adj.  declarativus  und  das 
Adv.  declarative,  welche  im  N.  L.  gebraucht  werden,  sind  erst  Sp.  L. 
und  müssen  vermieden  werden. 

Declinare.  Man  kann  wohl   sagen  de  (a)  via  declinare,  vom  ffege. 


273 

vo?i  der  rechten  Bahn  abweichen ,  aber  geradezu  in  viam  declinare  ist 
wohl  iiiierweislich  (Goerenz  z.  Cic.  Fin.  p.  63  braucht  es),  da  dechnare 
ehien  Gegenstand  fordert,  von  tre/chem  (a  qua)  abgewichen  ivird,  der 
aber  der  rechte  ist. 

DecoUare,  enthaupten,  köpfen,  ist  i\.  AL,  findet  sich  aber  nur  bei 
Seneca  und  Sueton,  und  dazu  noch  so  selten,  dass  es  wohl  besser  ganz 
zu  vermeiden  ist.  AI.  sind  dafür:  capite  punire,  secnri  percutere  oder 
ferire,  caput  cervicihus  abscidere.  Vgl.  Caput. 

JJecremenlum  und  decretio,  die  /ibnahme,  ist  Sp.  L.  fiir  deminutio, 
defectio.  Auch  ist  decrescentia  (beiVitruv)  zu  vermeiden,  wiewohl 
decrescere,  abnehme/i,  AL  ist. 

Decumbere  ist  in  der  Bedeiit.  sterben  N.  L.  fiir  occumbere;  es 
bedeutet  blos  s?<  Boden  fallen. 

Decurrere,  her  ablaufen  ;  von  einem  Orte  herablaufen,  de,  a  oder  ex 
aliquo  loco  decurr. 

Dedecens,  unanständig,  i%i  N.  L.  ohne  Auctorität  (wiewohl  rfecews 
N.  Kl.  häufig  vorkommt)  ,  für  quod  dedecet ,  inhonestus ,  indecorr/s, 
turpis,  foedus ,  indig/ius.  Sp.  L  ist  dedecorosus,  und  y^.  L.  u  A'^.  RL, 
aber  nur  bei  Tacitus,  dedecorus ; —  diese  Formen  sind  eben  so 
verwerflich. 

Dedicare ,  weiheri ,  und  in  derselben  Bedeut.  rf/cr/re,  welche  sonst 
nur  bei  Gegenständen  angewendet  werden,  die  einer  Gottheit  oder 
einem  heiligen  Zwecke  geweiht  waren,  werden  zwar  erst  N.  KL, 
aber  doch  von  Quintilian,  von  Büchern  gebraucht,  die  aus  Achtung 
einer  Person  gewidmet  werden.  Quintil.  sagt  ( Inst.  I,  prooem.  6)  : 
quod  opus,  JMarcelle  Victori,  tibi  dicamus,  und  ib.  IV,  prooem.  1: 
Perfecto  operis  tibi  dedicati  terlio  libro.  So  brauchen  auch  Phaedrus 
und  der  ältere  Plinius  das  Verbum  dedicare.  der  Le(z(ere  auch  dicare. 
Auf  solche  Auctorität  stützt  sich  der  heutige  alhiigliche  Gebrauch 
dieser  Verben,  und  beide  sind  durchaus  nicht  zu  verwerfen.  Dagegen 
drücken  sich  Varro  und  Cicero  mit  einem  andern  Verbo,  nemlich 
mittere  alicui  oder  ad  aliquem,  in  ähnlichem  Sinne  aiis.  Sie  reden 
nemlich  bisweilen  im  Anfange  ihrer  Bücher  Freunde  oder  achtungs- 
werthe  Personen  an,  und  weil  sie  diesen  die  vollendeten  Bücher  2?/- 
scÄ/cA-^ew,  passt  dann  auch  w«V^e/e  ganz  gut.  So  sagt  Varro  (de  ling. 
lat.  V,  1) :  libros,  quos  Septimio  misi,  was  wir  übersetzen,  welche  ich 
dem  Septimius  gewidmet  (dedicirt)  habe.  Vgl.  auch  Cic.  Aft.  VllI,  11,  7. 
XIV,  21.  3.  Brut.  35,  132.  Divin.  II,  1,  3,  wo  Giese  noch  mehrere 
Stellen  anführt.  An  besondere  Dedicationsblätter,  Briefe  und  Schrei- 
ben ist  aber  bei  den  Alten  nicht  zu  denken.  Gewöhnlich  stand  nach 
dem  Titel  des  Buches  noch  z.  B.  ad  M.  Brutum,  ad  Q.  fratrem,  ad 
^tticum,  ad  Septimium  u.  dgl.  —  Andere  wählen  für  die  Verba  mittere, 
dicare  und  dedicare  die  Verbindung  inscribere  alicui  librum.  —  Das 
Subst.  dedicatio  kommt  zwar  nicht  so  vor,  ist  aber  doch  auch  gewiss 
nicht  verwerflich. 

Dedig7iari ,  für  u?iwürdig  erkennen,  verwerfen,  verschmähen,  ist 
N.  AI.,  aber  fast  nur  P.  L.,  ausser  bei  Tacitus  und  Curtius;  es  werde 
vermieden  durch  indignum  judicare,  spernere,  adsper?iari,  contemnere. 
Gleichwohl  braucht  es  Muret.  (Expl.  Cic.  Catil.  I,  6)  :  mollia  planaque 
itinera  dedignatur  virtus. 

Deducere,  wegführen,  abbringen ;  von  oder  aus  einem  Orte,  de.  a 

18 


274 

oder  es  allquo  loco,  P.  L.  mit  dem  Abi.  ohne  Praeposition.  Mit  navem 
verbunden  heisst  es  nicht  ein  Schiff  ans  Land  ziehen,  wie  man  es  im 
N.  L.  findet,  sondern  ins  Meer,  in  einen  Sl/o?n  ziehen  oder  lassen; 
jenes  heisst  navetn  subducere.  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeiit.  hernehfnen, 
z.  B.  inst it Uta,  leges,  arma,  vestitiim,  ciiltum  n.  dgl.,  für  ducere,  sumere; 
ebenso  in  der  Bedeut,  Wörter  ableiten,  hernehmen,  verba  deducere, 
für  ducere,  und  in  der  Bedeutung-  die  Abstammung,  den  Ursprung 
der  Wörter  angeben ,  für  originem  (verbi),origines  (verborum)  repetere. 
Unrichtig  sagt  z.  B.  Mannt.  (Cic,  Att.  II,  1):  nomen  fortasse  deductnm 
a  TOKoc.  Vgl.  Derivare  und  Ducere. 

Deductus  ,  die  Ableitung^  Leitung,  z.  B.  aquae ,  aquarum,  beruht 
auf  falscher  Lesart  in  Cic.  OflF.  11,4,  wo  für  at  deductus  aquarum  j^izt 
aus  den  Handschr.  gelesen  wird  adde  ductus  aq. 

Deerrare,  abirren,  abweiche?t  von  Etwas,  wird  verb.  aliqua  re,  z.  B. 
itinere,  verbis. 

Deesse.  N.  L.  ist  deesse  aliqua  re,  an  Ettvas  fehlen ;  z.B.  mihideest 
oratione,  mir  fehlt  es  an  Redestoff,  für  mihi  deest  oratio,  da  deesse  ohne 
Subject  wohl  nicht  vorkommt.  So  sagt  man  auch:  mihi  ipse  desum ,  es 
fehlt  an  mir  selbst ;  tute  tibi  defuisse  videris ,  es  scheint  an  dir  selbst 
gefehlt  zu  haben. 

.  Defatisci  oder  defetisci,  müde,  abgemattet  werden,  ist  als  Verb.fin. 
nur  A.  L.  für  defatigari  (defetigari),  und  werde  desshalb  nicht  ge- 
braucht. Im  bessern  Gebrauche  ist  Jiur  das  Part,  defessus  üblicli.  Wie 
jenes,  so  steht  auch  defatiscens  nur  beim  altern  Plinius.  —  Muret. 
Epist.  II,  89  (Oper.  T.  II,  p.  132  ed.  Fr.)  nahm  die  Worte  non  defe- 
tiscar  experiri  wörtlich  aus  Terent.  (Phorm.  IV,  1,  23  neque  adeo 
dtfetiscar  umquam  experirier),  für  defatigabor  (defetigabor),  wie  Cicero 
u.  A.  sagen. 

Defalcare,  mit  der  Sichel  abschneiden,  ist  N.  L.  iür  falce  amputare 
oder  desecare. 

Defectio  und  defectus  sind  N.  Tj.  in  der  Bedeut.  Mangel,  Unvoll- 
kommejiheit  von  Geist  und  Seele  und  irgend  einer  sonstigen  Sache  zur 
Bezeichnung  des  Schadhaften  und  Mangelhaften,  für  vitium;  und 
ebenso  das  Partie,  defectus  in  der  Bedeut.  fnangelhaft ,  unvollständig, 
für  mancus.,  vitiosus,  non  integer,  ciirlus  u.  a.  und  in  der  Bedeut.  ver- 
stiimmelt  ,i\\v  mutilus.  Ebenso  ist  N.  L.  viribus  defectus,  entkräftet, 
i\\Y  fractus,  afflictus,  debilitatus  u.  a. 

Defendere,  Einen  gegen  oder  vor  Jemanden  vertheidigen,  schützen, 
wird  selten  verbunden  aliquem  contra  aliquem  (aliquid),  sondern  mei- 
stens aliquem  ab  aliquo,  P.  L.  alicui  aliquid. 

Deferisare,  vertheidigen ,  ist  A.  und  fast  nur  P.  L.  für  defensitare, 
wiewohl  auch  dieses  selten  gebraucht  wurde,  da  defendere  hinreicht. 
Defensio,  die  Vertheidigung,  Schutzrede,  wird  N.  L.  mit  pro  aliquo 
(pro  aliqua  re)  ,  für  Jemanden,  für  Etwas,  verbunden  statt  mit  dem 
Genitiv.  Man  sage  nicht,  wie  Fr.  Plafner,  defensio  pro  linguae  latinae 
tttilitate,  sondern  def.  utilitatis  linguae  lat.  Auch  bezweifelt  Frotscher, 
ob  Muret  (Orat.  Oper.  T.  I,  p.  203)  richtig  gesagt  habe:  quae  Uli  pro 
hujus  sa?ictae  sedis  def ensione  pie  for titer que  gesserunt,  da  in  pro  schon 
der  Begriff  defensio  liege,  und  pro  hac  saticta  sede  gesserunt  hinge- 
reicht hätte;  etwas  Anderes  wäre  pro  hujus  sanctae  sedis  gloria 
oder  commodis. 


275 

Defensor,  der  Vertheidiger,soU  von  dem,  welcher  vor  Gericht  eine 
Vertheidi^uiigsrede  für  einen  Andern  hält,  nicht  vorkommen,  für 
patromis. 

Defer/e,  Einem  Etwas  bringen,  übertragen,  melden,  wird  verbun- 
den alicui  oder  ad  aliquem  aliquid. 

Defervescere,  ausbrausen ,  hat  im  Perf,  defervi  und  deferbui,  aber 
jene  Form  wird  bei  Cicero  und  den  Bessern  der  andern  vorgezogen. 

Defetisci,  vgl.  Defatisci. 

Deflcere  wird  in  der  Bedeut.  von  Einem  abfallen.  Einem  abtrünnig 
oder  untreu  werden  verbunden  ab  aliquo;  in  der  Bedeiit.  fehlen,  ?nan- 
geln  an  Etwas ,  nicht  aliqua  re ,  sondern  aliqua  res  als  Nomin.  und 
Subject  zum  Verbo,  z.  B.  es  fehlt  an  Beispielen,  de ficiunt  oder  desunt 
esempla,  nicht  deficit  exemplis ;  wem  Etwas  fehlt  oder  loen  Etwas  ver- 
lässt,  werde  nur  durch  den  Accusativ  ausgedrückt,  da  der  Dativ  ent- 
weder P.  L.  oder  bei  Prosaisten  noch  zweifelhaft  ist,  wie  in  Caes.  B. 
G.  III,  5.  —  N.  L.  ist  deficit,  es  fehlt,  als  Impersonale  mit  dem  Abi. 
üeberhaupt  wird  bezweifelt,  ob  es  fehlen,  nicht  r/a  sei«  bedeutet  habe, 
da  es  als  Intransitiv,  überall  abnehmen,  verlassen  werden ,  schtvach 
werden  bedeutet. 

Defigere,  Etwas  in  Etwas  heften,  schlagen,  stossen,  wird  verbun- 
den aliquid  in  aliquo  loco ,  P.  L.  m.  d.  Dativ  alicui  oder  m.  d.  Abi. 
aliquo  loco.  Wiewohl  Livius  sagt:  cultrum  defigere  in  corde,  so  sagt  er 
doch  auch  einmal  gladium  def.  jugulo  für  in  jugulo. 

*  Scheller  im  Lex.  führt  aus  Cic.  (  Acad.  IV,  15)  auch  in  aliquid  an,  aber 
dort  steht  quod  parum  detigunt  et  intenduut  in  ea,  wo  also  in  ea  von  intendunt 
abilängt.  Wo  jedoch  lebhaft  auf  Etwas  hin ,  auf  einen  Ort  hin  gedacht  wird  in 
der  Bedeut.  eifrig  ivohin  richten,  steht  auch  in  aliquid,  z.  B.  oculos  in  alicujus 
possessiones  et  fortunas  defigere  ( Cic.  Phil.  XI,  5)  ,  oculos  defigere  in  terrani 
(Quintil.  XI,  3,  158)  u.  a. 

Deflectere,  abbeugen,  abbiegen,  ablenken  von  Etums,  örtlich  mit  de, 
z.  B.  de  via,  de  recta  regione,  de  spatio,  bildlich  mit  a,  z.  B.  a  veritate, 
ab  amicitiisy  a  proposito;  daher  heisst  wo  nicht  ubi,  sondern  unde. 
Die  davon  abgeleiteten  Subst.  deflexio  und  deflexus,  das  Abbeugen, 
Ablenken,  sind  Sp.  L.  für  declinatio. 

Deflorare,  verblühen,  ist  N.  L.  für  deflorescere.  Zweifelhaft  ist  auch 
wohl  defiorere,  wenigstens  kommt  nur  einmal  bei  Columella  defloret 
vor,  welcher  sonst  deflorescere  braucht. 

Defraudatio ,  Betrügerei,  Verminderung,  hi  sehr  Sp.  L.  für  frau- 
datio,  deminutio ;  ebenso  defraudator,der  Betrüger,  für  fraudator,  und 
defraudare ,  betrügen,  bevor theil en ,  ist  fast  nur  A.  L.  und  kommt  nur 
einmal  bei  Cicero  (Oratt.  66),ein  andermal  in  einer  alten  sprüchwört- 
lichen Redensart  vor,  für  das  Kl.  häufige  fraudare. 

Defunctorius ,  oberflächlich ,  flüchtig ,  leicht,  ist  N.  Kl.  und  ebenso 
defunctorie,  für  negligens,  negligenter,  levis,  leviter ;  beide  sind  höchst 
selten  und  unnöthig. 

Defiingi,  beenden,  vollenden,  bestehen,  wird  mit  vielerlei  Ablativen 
verbunden,  aber  nur  mit  solchen,  die  etwas  Unerfreuliches ,  Lästiges 
und  Drückendes  bezeichnen,  was  man  beendet  und  übersteht.  Caesar 
braucht  es  nie,  Cicero  nur  einigemal,  N.  Kl.  kommt  es  aber  oft  vor, 
wie  auch  vita  defungi  bei  Dichtern,  und  bei  Sueton  morie  defungi  für 
mori,  sterben.  Ja  es  wurde  N.  Kl.  von  Quintilian,  Sueton  und  dem 
Jüngern  Plinius  (Ep.  111,21)  defunctus  für  mor^Mws  gebraucht,  was 

18* 


276 

denn  im  N.  L.  als  zierlich  dem  mortuus  meistens  vorgezogen  wird.  — 
N.  L.  aber  ist  exemplo  aliquo  defiingi,  ein  Beispiel  gebrauche?!,  für  uti. 

Degener,  entartet,  ist  P.  L.  und  N.  Kl.  und  kommt  nur  beim  altern 
Plinius  und  Tacitus  für  indignus  parentibus ,  ?najoribus  u,  a.  vor;  es 
werde  vermieden,  wiewohl  das  Verbum  degenerare  ab  aliquo  und  ah 
aliqna  rc  (P.  L.  alicni),  von  Einem  oder  von  Etwas  ausarten,  Kl.  ist. — 
N.  L.  ist  es,  wenn  Bnrmann  (z.  Petron.  p.  296)  sagt:  pleraque  degene- 
rantia  antiquam  veniistatem,  für  ab  antiqua  venustate. 

Degere  vitam  ,  aetatem ,  sein  Leben,  sein  Alter  hinbringen ,  ist  Kl. 
und  gut,  aber  nur  ohne  die  Fron,  meam,  tuarn,  suatn  u.  s.  w. 

Dehinc,  sofort,  von  nun  ow,  ist  P.  und  N.  Ä7.,  findet  sich  aber  nicht 
bei  den  Bessern,  und  ist  daher  zu  vermeiden  für  deinde  oder  dein. 

Dehiscere ,  sich  spalte?! ,  sich  öff?ie?i,  braucht  zwar  Varro  von  der 
Erde  (terra),  aber  sonst  ist  es  fast  nur  P.  L.  und  N.  Kl.  und  findet  sich 
bei  weniger  guten  Schriftstellern,  für  discedere,  patefieri.  Vgl.  Aperire. 

])eho?iesta?ne?itum ,  die  E?itehrti?ig .,  Beschi?npfung ,  steht  zwar  Kl. 
bei  Sallnst,  aber  sonst  nur  bei  Seneca  und  Tacitus,  und  ist  darum 
weniger  zu  brauchen,  als  dedecus,  ignomi?iia.  Sehr  Sp.  L.  ist  dehone- 
stalio.  Gleich  schlecht  ist  deho?ie8tus ,  u?ia?iständig ,  für  inkonestus, 
indecorus  u.  a.  Vgl.  Dedecetis. 

Dehonestare,  entehren,  beschimpfe??,  findet  sich  Kl.  nur  einmal  bei 
Livius,  sonst  nur  Ä\  Kl.  bei  Sueton  und  Tacitus,  und  beruht  also  auf 
geringer  Auctorität;  man  vermeide  es  durch  dedecorare ,  igfiominia 
afficere,  ignominia??i  afferre. 

Dejerare  oder  dejurare,  schwören,  ist  A.  und  Sp.  L.  für  j?/rare. 

Deißcare,  von  dem  Sp.  L.  deificus  abgeleitet,  zu  einem  Gölte 
machen,  ist  B.  L.  für  i?t  deorum  n?imeru?n  referre,  consecrare ;  N.  KL 
deu??ifacere, 

Dehortatio ,  die  Ab?nah?iung ,  das  Abrathen ,  ist  sehr  Sp.  L.  für 
dissuasio,  avocatio  oder  mit  den  Verbis  dehortari,  dissuadere  u.  a. 

])ejicere,heralnve?fe?i,  vertreibe??,  wegwende??  u.  dgl.,  wird  verbunden 
Eine??  aus  Et?vas ,  aliquem  (aliquid)  ex  — ;  Ei??e??  von  Etwas ,  aliquem 
(aliquid)  ab  aliq?ia  re ,  auch  oft  ohne  a,  z.  B.  spe ,  honore  ('neben  de 
ho??ore),  aedilitate,  praetura. 

Dei??ceps  bedeutet  N.  Kl.  oft  nur  nachher,  für  deinde,  postea,  denen 
es  nicht  so  vorgezogen  werden  muss,  wie  es  oft  im  A\  L.  geschieht, 
z.  B.  bei  Muret  (vgl.  Oper.  T.  I,  p.  260  ed.  Fr.  und  daselbst  die  Anra.), 
Ruhnken,  Wyttenbach  u.  A.  —  Kl.  bedeutet  es  nur  in  der  Reihe  weg, 
nach  der  Reihe,  in  einem  fort,  und  von  Personen  Einer  nach  dem 
Andern. 

Deinde.  Kl.  sind  deinde  postea,  darauf  nachher ;  deinde  postremo 
(Cic.  Inv.  1,28)  und  deinde  ad  extremum  (Cic.  Pison.  ^l).,  darauf 
endlich,  darauf  zuletzt;  deinde  deinceps,  darauf  nach  einander,  darauf 
hinter  einander  (Cic.  Divin,  I,  30.  Leg.  111,2).  Auch  kann  es  nach 
primi?m  zwei-,  dreimal,  ja  noch  öfter  folgen,  wo  dann  bei  dem 
letzten  steht  dei??de  postremo.  Aber  dei??de  rursus  ist  Sp.  L.  und  eben- 
so sind  zu  bezweifeln  deinde  autem,  dei??de  vero.  —  A^.  L.  aber  ist 
multo ,  paulo,  brevi  u.  dgl.  dei?ide,  lange,  k?irz  nachher,  wo  für  deinde 
nur  post  zu  brauchen  ist.  Ebenso  ist  es  N.  L.,  wenn  Görenz  sagt:  pa?ilo 
post  dei?ide,  kurz  darauf,  oder  gar  paucis  verbis  dei??de^  wenige  ff  orte 
nachher. 


277 

Deitas ,  die  Gottheit  oder  Göttlichkeit ,  ist  Sp.  L.  für  deus,  numen 
divinum,  divinitas. 

Delabi,  herabsinken ,  herabgleiten  von  Etwas ,  wird  verbunden  </<?, 
a  oder  aucli  ex  aliqua  re,  P.  L.  alicui,  z.  B.  capiti,  für  de  capite. 

Delassare,  ermüden,  ist  nur  P.  L.  für  def atigare (defetigare).  —  N.  L. 
ist  das  Subst.  delassatio,  die  ErmüdvMg ,  für  defa(e)tigatio,  lassitudo. 

Delator ,  der  Angeber,  ist  nur  N.  KL  aus  den  Zeiten  der  Kaiser, 
und  bezeichnet  den,  der  heimlich  Etwas  angibt,  wogegen  index  der 
öffentliche  Angeber  ist,  der  es  mehr  auf  rechtliche  Weise  thut.  —  Das 
Subst.  delatnra,  die  Jngobe,  Anklage,  ist  Sp.  L.  für  delatio. 

IJelectabih's ,  ergötzlich,  angenehm,  steht  jY.  Kl.  bei  Tacitus  und 
wenigen  Andern;  es  werde  vermieden  durch  jmmndus ,  stiavis,  amoe- 
nus,  durch  das  Verb,  de/ectare  und  das  Subst.  delectatio ;  z.  B,  tvasfür 
Ergötzliches?  quid  delectationis? 

Delectare  und  delectari,  ergötzen  und  ergötzt  werden,  sich  ergötzen, 
werden  verbunden  aliqua  re,  mit,  durch,  an  Etwas,  bei  einem  Verbo 
ebenfalls  mit  dem  Abi.  des  Gerundii,  nicht  mit  dem  Infinitiv,  der  P.L. 
ist,z.  B.  (bei  Phaedrus)  delectaris  bibere  humarium  sanguinem.  für 
bibendo  humano  snnguine. 

Delectus  findet  sich  als  Particip.,  der  Erwählte,  Ausgewählte,  sub- 
stantivisch mit  dem  Genit.  partit.  ^/wfe/•,  zuerst  bei  Livius:  delecti  Aeto- 
lorum,  delecti patrum,  aus  oder  unter  de7i  Aetolern,  unter  den  fätern; 
delecti  peditum  equitumqtie  u.  a. 

Delegare  in  der  Bedeut.  Etwas  auf  Einen  schieben  wird  verbunden 
alicui  aliquid. 

Deletio,  die  Vertilgung,  Vernichtung,  wird  nur  einmal  A.  L.  vom 
Heere  gesagt,  für  internecio,  occidio;  sonst  steht  dafür  eversio,caedere 
und  delere,  und  das  Auslöschen  und  Ausstreichen  der  Buchstaben  und 
Wörter  heisst  meistens  litura. 

Delibare,  Etwas  von  Etwas  wegnehme?i,  wird  verbunden  aliquid  de 
aliqua  re.  Da  es  nur  den  Begriff  des  Verminderns,  Verkleinerns  enthält, 
so  ist  es  N.  L.  in  der  Bedeut.  hernehmen,  entlehnen,  für  depromere,  wie 
es  oft  im  N.  L.  vorkommt. 

Deliberatus  ist  N.  L.  in  der  Verbindung  deliberato  animo,mit  Vor- 
satz, mit  Bedacht;  vgl.  darüber  Propositum.         , 

Delicia  (Sing.)  und  delicium,  die  Lust,  Ergötzlichkeit  u.  dgl.,  sind 
nur  alte  P.  Formen  für  die  prosaische  deliciae. 

Delicus,  Delisch,  von  oder  aus  Delos,  ist  N.  L.  für  Deliacus  u.  Delitis. 

Deligare,  an-  oder  festbinden  a?i  Etwas,  wird  verbunden  aliquem 
oder  aliquid  ad  aliquid. 

Deligere ,  auswählen  aus  oder  von  Etwas ,  wird  verb.  ex  aliquo 
numero,  P.  L.  ab  aliquo  numero. 

Delineatio  ist  im  N.  L.  häufig,  und  bedeutet  Abriss ,  Entwurf, 
Zeichnung ,  kurze  Darstellung ,  und  dennoch  ist  es  erst  Sp.  L.  bei 
einem  schlechten  kirchlichen  Schriftsteller  iur  forma,  z.  B.  Cic.  Q. 
fr.  II,  6,  2,  wo  es  den  Bauriss  bedeutet,  und  Rep.  I,  17  geometricae 
formae,  geometrische  Zeichnungen ;  ferner  deformatio,  der  Riss,  Zeich- 
nung,hei  Vitruv,  oder  adumbratio  in  derselben  Bedeut.  bei  Ebendem- 
selben, und  im  bildlichen  Sinne  bei  Cicero.  In  andern  Verbindungen, 
ohne  Bezug  auf  Zeichnung,  sage  man  etwa  designatio,  brevis  expositio, 
enarratio,  summa  alicujus  reiu.  s.  w.  —  Auch  das  Verb,  delineare  kommt 


278 

nur  einmal  vor,  aber  IV.  AI.  beim  altem  Plinius:  trnagineyii'jlelmeare, 
ein  Bild  zeichnen,  —  sonst  Uneis  describere. 

Delinimen  oder  delenimen  ist  A.  L.  Form  für  delenimentum ,  was 
Livius  und  Spätere  brauchen.  Ebenso  N.  L.  ist  delenitio  oder  delinüio. 
Sonst  sagt  man  auch  dafür  hlandüiae,  illecebrae.  oder  in  anderm  Sinne 
levanientum. 

Deh'qnium  ist  A.  L.  nur  in  der  Bedeut.  Verlust,  und  N.  KL  beim 
altern  Plinius  mit  dem  Genit.  soUs  in  der  Bedeut.  Verfinsterung  der 
Sonne  für  die  bessern  g-ewöhnlichen  Ausdrücke  defectio  oder  defectus. 
Ruhnken  hätte  es  dem  Plinius  in  seinem  sonst  klassischen  Elog. 
Herastei'h.  (Opusc.  I,  p.  99)  nicht  nachbrauchen  sollen.  —  N.  L.  ist 
detiquium  miimi,  die  Ohnmacht^  für  defectio  animi  (animae). —  B.  L.  ist 
pati  detiquium  animi,  in  Ohnmacht  fallen.,  was  man  durch  animus 
aliquem  relinquit,  7nentis  suae  non  est.,  anima  deficit  ausdrückt.  —  Die 
neuern  Kunstwörter  sind  nur  g:riechische,  die  nirgends  bei  Celsus  \qx- 
^Lominew,  lipothymia ,  syncope ,  aposphyxia  nach  Verschiedenheit  des 
Grades ,  daher  z.  B.  lipothymia  affici,  in  Ohnmacht  fallen,  oh?imächtig 
werden,  wie  im  N.  L.  gesagt  wird. 

Deliramentuin ,  die  Albernheil ,  albernes  Geschwätz  u.  dgl. ,  ist  ein 
gemeines  A.  L.  Wort  und  findet  sich  N.  Kl.  nur  beim  altern  Plinius, 
sonst  nur  bei  Spätem  für  nugae,  ineptiae,  oder  auch  deliratio. 

Delitescere ,  sich  verstecke7i ,  eigentlich  u.  bildlich;  wohin  oder  wo 
wird  verbunden  in  aliq?io  loco,  in  aliqua  re. 

Delphin,  der  Delphin,  ist  nur  P.  L.  für  das  pros.  delphinus,  mag 
es  nun  das  Thier  oder  das  Gestirn  bezeichnen. 

Delusio,  die  Täuschung,  Verspottu7ig,  ist  Sp.  L.  für  ilhisio ,  irrisio. 

Demagogus,der  De?nagog,  Volksanfuhrer  und  Volksauf iriegler,  ist 
erst  im  A^.  L.  aus  dem  Griechischen  aufgenommen  .  für  populi  oder 
plebis  dus  oder  signifer,  homo  popularis ,  und  als  Redner  concionator 
popularis,  qui populi  gratiam  affectat  oder  captat.  Es  ist  ganz  unnöthig, 
und  hätte  von  VVyttenbachund  Andern  nicht  gebraucht  werden  sollen; 
es  kann  höchstens  mit  dem  Zusätze  quos  Graeci  vocant  demagogos 
angewandt  werden.  Demagogisch  verfahren  heisst  populariter  agere 
(Cic.  Verr.  I,  58,  151). 

Dementare  und  deme?itire,  tvahnsinnig  sein,  sind  A.  u.  Sp.  L.  und 
ganz  unnöthig  fiir  dementem  esse,  insanire,  deseii  a  mente ,  exire  es 
oder  de  potestaie. 

Dernerere  ist  in  der  Bedeut.  Etwas  verdienen  nur  A.  u.  Sp.  L.  für 
merere :  auch  wird  es  nur  von  Vortheil  und  Gewinn  gebraucht.  — 
A^.  L.  ist  demerere  poenam,  Strafe  verdienen ,  für  commerere  poenam 
Oi\er  dignum  esse  poenn.  Oefter  kommt  es  als  Deponens  \or,  demereri, 
jedoch  erst  seit  Livius  (und  da  nur  im  Gerund.,  demeretidi)  und  nach- 
her A^.  Äl.  auch  bei  Quintilian:  demereri  aliquem  oder  aliquid,  sich 
um  Einen.,  um  Etwas  verdient  machen,  wofür  aber  mereri  öfter  ge- 
braucht wird. 

Demetari  und  demetatus,  vgl.  Dimetari. 

Demetere,  abmähen ;  in  bildlichem  Sinne  abhauen,  z.  B.  capita,  ist 
es  nicht  blos  P.  L.,  sondern  steht  auch  nachGesner's  Vermuthung  bei 
Q.  Cic.  Petit,  cons.  2,  wo  Andere  demere  haben. 

Demigrare,  tvandern.,  tveg-  oder  fortwandern ;  von  einem  Orte  weg- 
wandern, de,  ex,  oder  ab  aliq.  loco. 


279 

Demirnri,  sich  vertvuiideTv.  wird  im  bessern  Latein  nur  mit  dem 
Act',  c.  Infin.  verbunden,  Sp.  L.  mit  einem  Objeetsacciis.,  für  admi- 
rari  nUquid;  daher  demirand7ts,  verwu7/derfiswerth ,  für  udmirandiis, 
adniirabiUs,  admiratione  di^nus. 

Demissus  ist  in  der  Bedeut.  ufiterthäm'g  N.  L.  für  addictus,  obser- 
vans  u.  a.,  da  es  nur  bescheiden,  demüthig,  niedergeschlagen  bedeutet. 
Vgl.  Heusing.  Emendatt.  p.  398. 

Demitte/e,  herablassen  u.  dgl.,  wird  verbunden  mit  iti  aliquem  lo- 
cum,  ausser  wo  zii  oder  bis  zu  gedacht  werden  soll,  wo  es  mit  ad,  oder 
usque  ad  verbunden  wird.  Wenn  übrigens  bei  einigen  N.  Lateinern 
demittere  pudorem  gesagt  wird,  so  beruht  dies  auf  der  alltiigliclien 
Verwechselung  von  dernittere  und  dimitiere,  indem  man  dimittere  pu- 
dorem sagt.  Auch  sagt  man  nicht  demittere  ex  carcere,  e  cnstodiay 
aus  dem  Gefängnisse  lassen,  sondern  einittere. 

Democratia,  die  Demokratie,  Volksherrschaft ,  und  democraticus, 
demokratisch,  sind  aus  dem  Griech.  genommen,  kommen  aber  nirgends 
bei  einem  Lateiner  vor,  selbst  da  nicht,  wo  von  (iriechischer  Volks- 
herrschaft die  Rede  ist.  Man  vermeide  sie,  und  brauche  sie  höchstens 
nur  mit  dem  Zusätze  ut  Graeco  verbo  utar,  oder  etwas  Aehniicliem. 
Cicero  nennt  sie  civitos  popularis  (Rep.  I,  26),  res  publica  popiilaris 
(ib.  in,  35),  ratio  popularis  (ib.),  potestas  populär is,  imperiirm  popu- 
läre, imperium  populi:  Corn.  Nepos:  populi  poteiitia,  und  Quintiiian: 
civttas  populi.  —  fCin  Demokrat  heisst  meistens  homo  popularis. 

Demorari  ist  in  der  Bedeut.  sich  aufhalten  A.  u.  Sp.  L.  für  juo- 
rari,  da  es  sonst  nur  Einen  aufhalten  bedeutet  und  mit  einem  Accusa- 
tiv  verbunden  wird. 

Demordere,  abbeissen,  kommt,  wiewohl  es  gut  und  passend  scheint, 
nur  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  vor,  fiir  mordicus  auferre. 

Demori,  sterben.,  ist  vielleicht  nur  als  Verbum  finitum  A.  u.  Sp.  L., 
aber  in  der  bessern  Prosa  nur  als  Partie,  deuiortuus  gebräuchlich,  wie 
bei  uns  verstorben  für  gestorben.  Es  genügt  7nori,  wiewohl  demorSuus 
als  Kl.  nicht  vermieden  zu  werden  braucht. 

Demovere,  von  Etwas  entfernen,  wird  meistens  verbunden  mit  de 
oder  a,  seltner  mit  dem  blossen  Abi. 

Demulcere  aliquem  ist  in  der  Bedeut.  Einen  besänftigen  N.  L  für 
delinire  alicujus  ani?num,  mitigare,  placare  aliquem  u.  a.  Das  Verbum 
ist  überhaupt  nur  selten. 

Demum,  über  dessen  Bedeutung  und  Gebrauch  ausser  den  Lexicis 
vorzüglich  Handii  Tursell.  (T.  II,  p.  260)  nachzulesen  ist,  wird  N.  Kl. 
in  der  Bedeut.  nur  (für  iantum^  gehraucht.  Es  kommt  zwar  mehr- 
mals bei  Quintiiian  u.  A.  in  dieser  Bedeut.  vor,  ist  aber  lieber  zu  ver- 
meiden. —  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  nachher,  für  deinde,  und  bei 
Aufzählungen  zur  Angabe  des  endlich,  zf/letzt,(ür  denique,  so  wie  auch 
zur  Verstärkung  von  Wörtern,  wie  quajituluscumque,  quicunque,qua- 
liscunque,  quisquis,  zu  welchen  es  nicht  zu  treten  pflegt.  Man  sage 
nicht :/ama  quantulacumque  demum  sit,  türfama  quantulac?imque  est; 
nicht  quicumque  demum  arte  insignes  sunt,  sondern  ohne  demum. 

Demutatio,  die  Veränderung,  Umwandlung,  kam  sonst  nur  sehr 
Sp.  L.  bei  einem  sehr  unlatein.  Schriftsteller  vor,  jetzt  aber  steht  es 
auch  in  Cic.  Rep.  II,  4,  wo  jedoch  in  der  Handschr.  von  einer  zweiten 
Hand  darüber  steht  7nutatio,  so  dass  es  noch  sehr  zu  bezweifeln  ist; 


280 

vielleiclit  ist  dort  für  ac  demutatio  zu  schreiben  atque  mutatio,  zumal 
da  auch  das  Verbum  demutare  selbst  fast  nur  A.  \\.  Sp.  L.  ist.  Es  ist 
unnöthig  wegen  nmlare  und  immutare. 

Dennrrare^  erzählen,  hererzähhn,  ist  sehr  selten,  nur  P.  \\.  Sp.  L. 
für  narraie,  enarrare. 

DefiasvL  sterben,  ist  in  den  beiden  Stellen,  wo  es  (wie  z.  B.  bei 
Varro)  vorkommt,  mit  Absicht  als  dem  ?iasci  enti,^egenstehendes  Wort 
gebildet.  Es  ist  durchaus  zu  verwerfen,  wie  denn  auch  denatns,  ge- 
storben^ nirgends  bei  einem  Lateiner  vorkommt;  im  N.  L.  aber  wird 
es  für  s(  höiier  und  besser  als  morluus  gehalten.  Vgl.  auch  Heusing. 
Emend.  p.  399. 

Denegnre  ist  in  der  einfachen  Bedeut.  läugnen  fast  N.  L.  für  ne- 
gare ;  es  bedeiilet  verweigern,  abschlagen.  Man  sage  nicht:  Epicurus 
denegnt  animum  esse  immortalem,  sondern  negat. 

Denique  steht  N.  L.  in  Sätzen  der  Verwunderung  (unser  endlich, 
in  aller  fVelt,  wohl)  fiir  iandem:  z.  B.  qui  denique  finis  contentionis 
erit?  welches  ivird  denn  wohl  das  Eiide  des  Streites  sein?  für  qui  t an- 
dern — .  Sp.  L.  ist  denique  postremum.  —  Ueber  et  denique  vgl.  Et. 

Denominare,  benennen,  ist  erst  N.  Kl.  und  findet  sich  fast  nur  bei 
Quintilian  für  nominare,  meistens  wo  von  abgeleiteten  Namen  die  Rede 
ist,  z.  ]i.  jaculari  von  jac?durn.  Cicero  brauchte  aber  auch  da  nominarCy 
da  gewöhnlich  dabei  steht,  rrovon  (ex  qua  re)  der  IName  genommen 
ist,  z.  B.  Etwas  von  der  Mehrzahl  benennen,  aliquid  ex  majore  parte 
nominare  (Cic.  Tusc.  V,  8,  22). 

Denotare  ist  in  der  Bedeut.  bedeuten,  die  Bedeutung  haben  N.  h. 
für  designare,  significare ;  z.  B.  hoc  vocahulum  denotat,  für  signißcat. 

Dens  wird  selten  von  den  Zähnen  oincs  Kammes  gebraucht,  dafür 
meistens  radins. 

Denuntiare.  Einem  Etwas  an-  oder  verkündigen,  wird  wie  im  Deut- 
schen m.  d.  Dat.  verbünd.,  alicui  aliquid,  und  so  auch  in  der  Bedeut. 
von  Einem  Etwas  fordern,  z.  B.  alicui  testimo?iium  denunt. 

Deornamentum,  die  Verunzierung,  was  nicht  ehrt,  nicht  schmückt, 
ist  N.  L.  von  Laur.  Valla  (de  elegant,  p.  9)  gebildet  als  Gegensatz  von 
ornamenfum:  non  deornamento  est,  sed  ornamento. 

Deorsns,  abwärts,  scheint  weniger  beglaubigte  Kl.  Form  zu  sein, 
als  deorsu?n. 

Depellere,  Einen  oder  Etwas  von  oder  aus  Etzvas  vertreiben,  ver- 
drä?igen,  entfernen,  wird  verbunden  aliquem  (aliquid)  de,  a  oder  ex 
aliquo  loco  (aliqua  re),  auch  mit  dem  blossen  Abi.,  z.  B.  loco,  terra, 
vallo,  spe  neben  a  spe.  sententia  neben  de  sent.  u.  a.;  fast  nur  P.  L. 
wird  es  mit  d.  Dativ  «//c/// verbunden,  wiewohl  auch  in  der  bezweifel- 
ten Rede  Ciceros  post  reditum  in  sen.  8,  19  steht:  timorem  huic  or- 
dini,  Servituten!  depulit  civitati^in  welcher  Verbindung  F.  A.  Wolf  ein 
Zeichen  der  ünächtheit  und  Spätheit  findet.  Er  erklärt  daher  die  von 
Scheller  aus  Cicero  sonst  augeführten  Stellen  anders,  indem  Tusc.  III, 
32,  77  der  Dat.  sibi  zum  nächsten  traderet  und  Fam.  V,  20,  4  die  Dati- 
ven zu  gravis  gehörten.  Man  vermeide  daher  die  Dativverbindung,  als 
eine  wenigstens  seltene  und  mehr  P. 

Dependere,  von  Ettvas  herabhangen,  wxvA  verbunden  es  oder  ßA 
aliqua  re ;  an  Etwas  mit  d.  Abi.  —  Kl.  kommt  es  nur  einmal  bei  Livius 
vor:  dependentem  laqueo,  sonst  nur  N.  Kl.  und  selten  fiir  pendere. 


281 

N.  L.  aber  ist  dependere  in  der  bildlichen  Bedeut.  abhängen,  abhän- 
gig sein  von  Einem,  vo?i  Etwas,  für  pendere  es  aliquo;  z.  B.  haec  de 
principis  arbitrio  dependent,  dieses  hängt  \on  dem  Willen  des  F.  ab, 
für  pendefit  es  arbitrio  princ. 

Deperdere  ist  mehr  als  perdere,  es  bedeutet  ga?iz  find  gar  verlie- 
ren; und  so  ist  liber  deperdilns,  ein  ganz  und  gar  verlornes  Buch,  von 
dem  gar  Nichts  mehr  iibrig  ist.  Ha  aber  von  den  meisten  sogenannten 
re/7o/7?e«Biichern  der  Alten  wenigstens  noch  einige  Brnchstücke  vor- 
handen sind,  so  können  diese  auch  nicht  deperdili  libri  geuaimt  wer- 
den, wie  es  so  oft  heutzutage  geschieht,  sondern  blos  perditi.  Auch 
ist  deperdilns  in  der  Bedeut.  moralisch  verderbt  Sp.  L.  für  corrnpti/s, 
depravatns,  oder  homo,  adolescens  —  moribus  corrnplis  oc  deprovatis. 

Depingere  aliquem.  Einen  abmalen,  schilderji,  darstellen  (nach  sei- 
nem Charakter),  kommt  für  sich  allein  nicht  vor,  wolil  aber  in  der 
Verbind,  alicujns  vifam  depingere,  oder  imaginem  consuetudinis  atque 
vitae  alicujns  exprimere. 

Deponere  aliquid.  Etwas  niederlegen ;  tvo,  wohin  wird  gleich  Kl. 
durch  in  aliquo  loco  und  in  aliquem  locum  ausgedrückt.  Jnimam  depo- 
nere, den  Geist  aufgeben,  sterbe??,  kann  für  ?nori  w.  a.  nicht  so  gerade- 
zu gebraucht  werden;  Corn.  N.,  der  es  (Mann.  1)  Ihut,  braucht  es 
mehr  in  Beziehung  auf  odiurn,  als  auf  a??i?uam,  da  deponere  odiu?n,  i?i- 
vidiam,  si?nultates  u.  a.  ähnliche  gewöhnlicl»  waren,  dagegen  vitam, 
a?ii?nam  deponere  für  sich  allein  nirgends  sonst  vorkommt.  Auch  sagt 
man  zwar  deponere  imperiu?n,  dominationenu  magistratum,  die  Herr- 
schaft, ei?iJ?nt  niederlegen,  aber  aliquc??i  depo?iere.  Einen  absetze??, sei- 
7ies  Amtes  entsetzen,  ist  D.  u.  B.  L.  Auch  möchte  wohl  consiliu?n  de- 
ponere, ei?ien  Plan  aufgeben,  was  Görenz  brauclit,  ohne  Beispiel  sein 
für  co?Jsiliu?n  abjicere.  Vgl.  Depositus. 

Depopulare,  verwüsten,  ist  nur  /i.  u.  Sp.  L.  für  depopulari  als  De- 
ponens. Jedoch  kommt  depop?ilatus  oft  als  Adjectiv  passivisch  vor, 
z.  B.  depopulati  agri  bei  Caesar  und  Livius. 

Deposcere.  Richtig  und  gut  ist  wohl  der  Dativ  in  der  Verbindung 
sibi  aliquid  deposcere ;  zhe^r  aliquei?i  deposcere  ?norti.  für  ad  ?nortem, 
ad  supplici?i?n,  kommt  nur  bei  Tacitus  vor  und  ist  fast  nur  P. 

Depositus  kann  in  der  Bedeut.  verzweifelt  nicht  überall  für  despe- 
ratus  gebraucht  werden,  da  man  es  nur  von  einem  Kra?iken  sagt,  der 
seinem  Ende  nahe,  oder  gar  sclion  gestorben  ist.  Cicero  wendet  es 
(Verr.  I,  2)  bildlich  sehr  passend  auf  den  zerrütteten  Staat  an:  ma- 
xime  aegra?n  ac  prope  deposita?n  reipubl.  partem.  ]Vur  in  diesem  Bilde 
und  mit  einem  Zusätze,  -wie  prope,  q?tasi,  ist  es  anzuwenden. 

Depraedari,  pli'mde?'??,  ausplünder??,  ist  Sp.  L.  für  prnedari,  prae- 
dam  agere,  depopulari,  depeculari.,  spoliare  u.  a.  Ebenso  sind  Sp.  L. 
depraedatio  und  depraedator. 

Depraedicnre,  preisen,  riihmen,  ist  N.  L.,  wie  man  sagt,  von  Desid. 
Erasmus  gebildet,  dem  es  sogar  Muretns  einigemal  nachgebraucht 
hat,  z.  B.  V.  Lectt.  XVil,  12  und  Oratt.  15  (Oper.  T.I,p.  359  ed.  Fr.), 
für  das  einfache  praedicnre. 

*  Seltsam  und  für  einen  Lexicograplien  läclierlich  und  schimpflicli  ist  der 
Irrthum  Nolteris,  der  (in  seinem  Antibarbarus  p.  498)  als  Gewalirsmann  für  die- 
ses Verbum  den  Eusehius  in  seiner  liistor.  eceles.  anführt,  und  den  Irrtlium  da- 
durch uoch   verdoppelt,  dass  er  in  den  Addendis  für  Eusebim  gcscizi  haben  will 


282 

Socratfis.  Wusste  er  nicht,  dass  beide  griech.  Kirchenhistoriker  sind,  nicht  latei- 
nische!  so  dass  er  also  wolil  von  ihrer  Kirchengeschichte  nur  eine  lateiii.  Ueber- 
setzung,  vielleicht  eben  von  Erasmus,  vor  sich  hatte? 

Deprehendere  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  finden,  für  reperire, 
ist  ans  guter  Prosa  kaum  zu  erweisen.  Daher  bemerkt  Ruhnken,  wo 
Muret  in  dieser  Bedeut.  deprehensi  sunt  sagt:  mimis  proprie  pro  le- 
perii su?if.  Es  ist  nur  vom  Wahrnehmen,  Finden  und  antreffen  von 
etwas  Bösem  zu  verstehen,  was  man  nicht  zu  finden  wünscht.  Es  werde 
vorsichtig  gebraucht,  da  es  N.  Kl.  bei  Quintilian  nicht  selten  reperire 
gleichkommt.  Man  sage  nicht:  in  hac  oratione  omnes  oratoriae  virtutes 
deprehend?intur^  sondern  reperiuniur. 

Deproeliari,  streiten,  kämpfen,  muss,  wiewohl  deproelians  bei  Ho- 
raz  (aber  sonst  nirgends)  vorkommt,  vermieden  werden,  da  es  ohne 
alle  Auctorität  ist.  Ueblich  aber  ist  proeliari. 

Depromere,  hernehmen ;  tvoher  wird  bei  Personen  mit  a  und  bei 
Sachen  mit  ex  oder  de,  aber  nicht  mit  a  verbunden,  z.  B.  ex  arca,  de 
fibji's,  a  peritis.  Jedoch  in  der  Verbind,  mit  donms  sagt  man  deproin. 
domo  (Cic.  Verr.  III,  66).  —  P.  L.  wird  es  mit  dem  blossen  Abi.  ver- 
bunden. 

Deputare  aliquem  oder  aliquid.  Einen  oder  Etwas  für  Etwas  hal- 
ten, entweder  mit  doppeltem  Accusativ  oder  mit  dem  Accus,  und  dem 
Inf.  ist  nur  A.  L.  aus  der  gemeinen  Volkssprache  bei  Plautus,  Terenz 
und  andern  alten  Diditern  genommen,  und  findet  sich  nirgends  in 
Prosa;  auch  ist  es  wegen />M/ore  ganz  unnöthig,  so  dass  es  zu  tadeln 
ist,  dass  es  Muret  und  Andere,  sogar  der  Ciceronianer  Bunellus,  den- 
noch gebraucht  haben.  Sp.  L.  aber  ist  es  mit  dem  Dativ,  Einem  ver- 
ordnen, bestimme?i,  zuschreiben,  für  destinare,  assignare ;  N.L.  in  der 
Bedeut.  absenden,  tvegsrhicken,  für  legare :  und  so  deputatus,  der  J)e- 
putirte,  der  Abgesandte,  für  legatus  (nicht  delegatus).  Was  wir  aber 
Deputat,  d.  h.  ehvas  ausgesetztes,  z.  B.  von  Wein  u.  dgl.,  nennen, 
heisst  nicht  deputaium.  sondern  demensuui,  und  ist  es  jährlich,  so 
nennt  es  Plinius  (Ep.  X,  14)  auch  blos  amiuum. 

Derelinqnere  ist  in  der  Bedeut.  zurücklassen,  hinterlassen  Sp.  L. 
für  relinqtiere,  da  es  nur  verlassen,  im  Stiche  lassen  bedeutet.  iMaa 
sage  nicht:  Cicero  multas  orationes  dereliquit,  sondern  reliquit.  Im 
N.  L.  findet  man  beide  zuweilen  verwechselt,  weil  derelinqnere  als 
selten  für  schöner  gehalten  und  darum  gemissbraucht  wird. 

Derepente,  plötzlich,  für  repente,  ist  aus  dem  altern  Texte  in  Cic. 
Ligar.  5,  14  ins  N.  L.  gekommen  und  von  den  besten  N.  Lateinern, 
wie  von  Majoragius,  Muret,  Perpinian  u.  A.  gebraucht  worden.  Es  ist 
aber  in  jener  Stelle  nach  allen  Ilandschr.  dem  gewöhnlichen  repente 
gewichen.  Vgl.  Soldan  zu  jener  Stelle.  Es  kommt  allerdings  im  A.  L. 
vor,  nirgends  aber  bei  einem  der  Folgenden,  da  es  in  Tacit.  Hist.  1,63, 
was  Freund  anführt,  nur  durch  Vermuthung  steht,  und  in  Liv.  XXI,  4 
auch  verdrängt  ist. 

Deridere,  verlachen  u.  a.,  wird,  wie  im  Deutschen,  mit  dem  Accus. 
verbünd.,  aliquem   (aliquid). 

Deridiculus,  lächerlich,  ist  ein  seltnes  Adj.  für  ridiculus,  welches 
bei  Cicero  und  Caesar  nie  vorkommt,  aber  einmal  bei  Livius  und  ein- 
mal bei  Quintilian.  Es  werde  vermieden. 

Derisio,  die  Verspottung,  ist  Sp.  L.  für  irrisio,  illusio.  Ebenso  ist 


283 

derktis  (^nach  Decl.  IV.),  obgleich  es  bei  Setieca,  Qiiintiliau  und  Sue- 
ton  vorkommt,  dennoch  zu  vermeiden. 

Derivare,  ableiten,  ist  in  der  eigentlichen  und  bildlichen  Bedeut. 
KL,  aber  in  der  Bedeut.  Wörter  ableiten,  aus  einem  Worte  ein  anderes 
bilden  ist  es  erst  N.  KL,  doch  häufig  bei  Quintilian,  für  ducere,  decli- 
nare,  dicere^  appellare  u.  a.  —  Cicero  sagt  z.  B.  nomen  (Jani)  ab  eundo 
ducium  est;  Varro :  proprio  nomine  dicitur  facere  afacie.  So  kann  nun 
auch  derivare  recht  wohl  gebraucht  werden,  nemlich  von  Wortbild- 
nern, welche  aus  vorhandenen  Wörtern  neue  bilden  und  hernehmen. 
Eine  Verwechselung  mit  dieser  Bedeut.  des  Wortes  ableiten  und  des 
latein.  derivare,  ducere  findet  im  N.  L.  Statt,  wenn  man  jene  Wörter 
auch  in  der  Bedeut.  de?i  Ursprung  von  Wörtern  angeben,  sie  abgelei- 
tet glauben  braucht.  Wenn  ich  z  B.  sage:  ich  leite  amicitia  von  amare 
ab,  so  heisst  dies  nicht :  duco,  derivo  amicitiam  ab  amando,  wie  mau 
dies  alltäglich  in  den  Wörterbüchern  findet,  sondern  amicitiam  ab 
amando  ductam,  fictam,  appellatam,  dictam  u.  dgl.  esse  puto.  Wörter 
ableiten  heisst  in  dieser  Bedeutung  origines  verborum  ex  aliis  repetere 
oder  ducere,  enodare  verba;  z.  B.  woher  leitest  du  Neptun  ab?  unde 
Neptunum  ductuni,  dictum,  appellatum,  fictum  esse  putas  ?  —  U7tde 
hujus  no7ni?iis  originemrepetis  oder  ducis?  —  und  so  auf  ähnliche  Weise, 
aber  nicht:  unde  Neptunum  ducis  oder  derivas? —  N.  L.  ist  daher: 
Ferbum  religio  derivamus  rel  a  relegere,  vel  a  religare,  für  religio  de- 
rivata,  ducta,  dicta  —  est  vel  a  relegendo,  vel  a  religando,  oder  reli- 
gionem  ductam  —  puto  a  rel. 

Derogare,  Ei7iem  oder  von  Einem  Etwas  wegnehmen,  entziehen, 
wird  verbunden  alicui  oder  de  aliqua  re  aliquid;  bei  Personen  nur  mit 
dem  Dativ. 

Desaevire,  wüthen,  rasen,  toben,  ist  N.  KL  u.  selten  für  saevire. 

Descendere,  herabsteigen ;  vo7i  Etwas,  ex,  a  oder  de  aliquo  loco, 
P.  L.  mit  dem  blossen  Ahl. ;  in  bildlicher  Bedeut.  ab  aliqua  re.  —  N.L. 
ist :  haec  vox  desce7idit  a  — ,  kommt  von  — ,  für  ducta  est. 

Describere  kommt  in  der  Bedeut.  beschreiben,  durch  Worte  dar- 
stellen allerdings  mit  mannichfachen  Accusativen  vor,  z.  B.  regionem, 
pugnam  (Cic.  Orat.20,  66);  aber  ausser  describere  auch  andere  Verba; 
z.  B.  die  Thaten  Jemandes  beschreiben,  res  alicujus  persequi  (Cic. 
Divin.  1,  24,  49):  das  Lebe7i  Je7na7ides  beschr.,  vitam  explicare  (Cic. 
Caecil.  8,  27),  vitam  alicujus  depingere  (Cic.  Rose.  Am.  27),  de  vita 
alicujus  exponere,  imagincTn  vitae  alicujus  exprimere ;  Etwas  schil- 
dern, beschr.,  aliquid  adumbrare  (Cic.  Orat.  111,  4,  16)  ;  Jema7iden 
beschr.,  schilder7i,  exprimere  aliquem^  scribere  de  aliquo;  Jem.  kurz 
beschr.,  aliquem  i77formare  (Cic.  Att.  VII,  3,  2)  ;  ein  Land  malerisch 
beschr.,  terram  pingere  (Cic.  Q.  fr.  II,  15,  2)  u.  so  andere. 

Descriptor.  Wiewohl  describere  libru7n,  ei7i  Buch  abschreibe7i,  KL 
ist,  so  ist  descriptor  dennoch  in  der  Bedeut.  Abschreiber  N.  L.  für 
librarius.  Gleichwohl  braucht  es  so  Ilemsterhuis  (Arist.  Plut.  p.  260): 
culpa  descriptoris.  \gl.  Wolf  Analect.  I,  p.  489. 

Deserere,  verlasse7i.  Zweifelhaft  ist  es,  ob  man  sagen  darf:  mor- 
bus  €11771  deserit,  die Kra7ikheit  verlässt  ihn.  für  discedit  oder  abii  ab  eo. 

Desertor,der  Ausreisser,  Ueberläufer,  Deserteur,  ist  nicht  Fr a7iz.L., 
sondern  KL  bei  Caesar  B.  G.  VI,  23,  "8.  Liv.  XXIII,  18.  u.  A. 

Desertum  als  Subst.,  die  Wüste,  Einöde,  ist  Sp.  L.  für  solitudo. 


284 

locus  desertus,  regio  deserta.  —  P.  L.  ist  deserta  für  loca  deserta,  loca 
inculla. 

Desiderare  wird  in  der  Bedeut.  Ettvas  bei  Jemanden  vermissen 
verbünd,  aliquid  in  aliquo  (in  aliqua  re)  oder  ab  aliquo;  dagegen  ist 
es  in  der  Bedeut.  von  Jemanden  Etwas  verlangen^  fordern  Sp.  L.  für 
postulare  aliquid  ab  aliquo.  —  Das  Partie,  desiderantissimus,  sogar  in 
der  passiven  Bedeut.  der  Erseknteste,  ist  Sp.  L.  öei  Fronto  und  Aehn- 
lichen.  Ebenso  ist  zu  vermeiden  desideratissimus  in  derselben  Bedeut. 
beim  altern  Plinius,  für  exoptatus,  exoplatissimus. 

Desiderium  ist  nur  ein  Verlangen,  eine  Sehnsucht  nach  Etwas,  was 
man  schon  gehabt,  genossen,  besessen  hat,  also  nach  einer  Person 
oder  einer  Saclie,  die  jetzt  abwesend  ist,  und  die  man  jetzt  nicht  hat 
und  zurückwünscht.  Daher  gibt  es  z.  B.  kein  desiderium  habendi  divi- 
tias  und  ähnliche,  für  amor,  cupiditas  habendi.  Vgl.  Orelli  zu  Cic. 
Tusc.  p.  411. 

Desilire,  herabspringen,  wird  verbünd,  ex  oder  de  aliquo  loco,  P.L, 
mit  a  oder  dem   blossen  Ablativ, 

Desinere,  ablassen  von  Elinas,  aufhören  mit  Etwas,  wird  meistens 
mit  dem  Infinitiv  eines  Verbi  verbunden,  z.  B.  desino  laborare,ich  höre 
mit  der  Arbeit  auf,  lasse  i'on  der  A.  ab ;  P.  Jj.  (nach  griech.  Art)  mit 
dem  Genitiv,  z.  B.  desine  admirationis,  wie  bei  Lipsius,  der  den  Ho- 
raz  nachahmt,  welcher  sagt:  desine  querelarum.  In  der  Verbind,  auf- 
hören, endigen  mit  Etwas  wird  das,  womit  man  endigt,  durch  in  aliquid 
ausgedrückt,  z.  B.  a  praeceptis  incipio,  desino  in  exempla.  —  Zweifel- 
haft ist  wohl:  ?norbus  desinit,  eine  Kra7ikheit  hört  auf,  für  abit,  disce- 
dit  (Cic.  Farn.  XIV,  1  abiit  pestilentia,  die  Seuche  hat  aufgehört).  — 
Bei  einem  passiven  Infinitiv  steht  oft  für  die  active  Form  desii,  desiit 
ebenfalls  die  passive  desitus  sum,  desitus  est,  wie  beim  Verbo  Coepi 
(vgl.  Coe/j/) ;  jedoch  wechselt  man  hier  mehr  ab;  Livius  sagt  z.  B. 
(XX\II,7):  quodjam  timeri  desierat.  —  Bei  fieri  findet  sich  eben- 
falls nur  die  active,  nie  die  passive  Form,  z.  B.  Cic.  Att.  I,  19,  9.  Verr, 
IV,  59,  133.  N.  D.  III,  16,  41. 

Desistere,  abstehen,  ablassen  vo?i  Etwas,  wird  verbunden  mit  a,  de 
und  dem  blossen  Abi.,  bei  einem  Verbo  mit  dem  Infinitiv,  und  bei 
einem  doppelt  negativen  Satze  mit  quin. 

Desolare,  veröden,  verlassen,  ist  meistens  P.  L.  für  deserere,  de- 
stituere,  vnstare,  vacuefacere,  evertere  u.  a.  Sehr  Sp.  L.  ist  desolatio, 
die  Verödung,  für  vasiitas,  vastatio,  depopulafio  u.  a. 

Despectus  findet  sich  als  Subst.  in  der  Bedeut.  Verachtung  nur  irn 
Dativ.,  despectui,  verbTinden  mit  esse,  verächtlich  sein ,  jedoch  nur 
N.  KL;  Cicero  sagt  dafür  despicatui  oder  co?itemplut  esse.  Als  volles 
Subst.  dient  despicientia. 

Desperare,  verzweifeln  an,  wegen  Ettvas,  wird  verbunden  de  aliqua 
re,  aliquid,  alicui  rei  und   bei  einem  Sa(ze  mit  d.   Acc.  c.   Inf. 

Desperatio,  die  Verzweiflung.  Vielleicht  nie  kommt  vor  extrema 
desp.,  die  ausser  sie  Verzweiflung,  für  summa,  nia.vima  desper.  oder 
extrema  spes,  wie  bei  Ca  es.   (B.  G.  II,  27) :  in  extrema  spe. 

Desperatus,  verziveifelt ,  ist  in  der  Bedeut.  gefahrvoll,  tollkühn, 
z.  B.  ein  verzweifeltes  Unternehmeyi,  I).  L.  für  pcriculosus,  discriminis 
ple?ius,  temerarius  u.  a. 

Despicari,  verachte7i,  ist  höchst  selten  und  findet  sich  nie  bei  den 


285 

Bessern  für  despicere.  Gleichwohl  ist  despicatus  als  Partie.  KL  und 
davon  der  Superlativ  bei  Cicero,  despicatisstmus.  —  Auch  finden  sich 
zwei  Substantivformen,  despicatui  als  Dativ  von  einem  ungebräuchli- 
chen despicatus,  und  ein  von  Cicero  für  seine  philosophische  Sprache 
gebildetes  despicatio,  und  zwar  im  Plur.  despicationes  (Cic.  Fin.  I, 
20,  67),  was  aber  nicht  nachgebraucht  worden  ist. 

DesponsaUis,  verlobt,  stehtA^.  KI.  selten  bei  Sueton  für  despousus. 
y^l  Draken!).  Liv.  I,  26,  2.  XXVI,  50,  2.  —  Sp.  L.  ist  auch  desponsare 
für  despondere.  Uebrigens  kommt  nur  vor  despondere  aliqiiem  alkui. 
Einen  mit  oder  an  Jemand  verloben,  versprechen,  und  so  selbst  mihi 
illam  despondi,  ich  habe  mich  mit  Jener  versprochen. 

Desubito,  auf  einmal.,  plötzlich,  ist  als  ein  Wort  eben  so  unlatein. 
Form  wie  derepe?ife,  für  de  subito  (Cic.  Rep.  VI,  2),  oder  blos  subito, 
welches  allein  zu  brauclien  ist. 

Desuescere,  entwöhnefi,  entwöhnt  werden,  ist  als  Verb.  fin.  nur 
P.  L. ;  aber  das  Partie,  desuetus  findet  sich  auch  bei  Livius. 

Desuetvdo,  die  Entwöhnung,  ist  sehr  selten,  kommt  aber  bei  Li- 
vius vor.  Die  Redensart  in  desuetudinem  ablre,  ausser  Gewohnheit 
kommen,  abkommen,  ist  Sp.  L.  bei  einem  Juristen,  für  desueßeri, 
obsolescere. 

Desultare,  her  abspringen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  desUire. 

Desultorius,  herab&pringend,  kommt  Kl.  und  N.  Kl.  nur  von  Pfer- 
den vor,  die  dem  wettrennenden  Reiter  zum  Auf-  und  Abspringen 
dienen,  und  wird  auch  bildlich  auf  andere  Gegenstände  angewandt. 
Sehr  Sp.L.  ist  es  in  dem  Sinne  abschweifend.,  unbeständig,  wie  es  denn 
als  ein  ganz  bildliches  Wort  Q\\i\G qua si\u\A  quidam  von  fremdartigen  Sa- 
chen nicht  gebraucht  werden  kann.  So  spricht  Mahne  (Crito  p.  293) 
von  einer  lectio  desultoria,  welche  wahrscheinlich  der  bedächtigen  und 
gründlichen  oder  geregelten  Lektüre  entgegengesetzt  sein  soll,  wo 
er  doch  wenigstens  quasi  hätte  hinzusetzen  sollen.  Bei  dem  Sunst. 
lectio  ist  es  aber  kaum  anwendbar,  und  man  sage  dafür  vaga,  instabi- 
lis.  temeraria,  improvida  ac  caeca,  volatica  lectio,  oder  auch  wohl  um- 
schrieben durch  quae  a  saliendo  vel  desiliendo  nomen  habet. 

Desumere  ist  in  der  Bedeut.  nehmen,  hernehmen,  entlehnen  N.  L. 
und  oluie  alle  Auctorität  für  depromere,  repetere,  wird  aber  heutzu- 
tage viel  gebraucht;  z.  B.  haue  sententiam  ex  Homero,  Aeschylo,  Pia- 
tone desumpsit;  omnia  haec  ex  Timaeo  Ruhnkeiüi desumpta  sunt;  ver- 
sus ex  antiquo  poeta  desumti, —  für  deprompsit.  deprompta,  deprompti. 
Falsch  sagt  auch  der  jüngere  Burmann  (ad  Propert.  p.  364)  :  non  po- 
tuit  ex  galli  cantu  malum  oraen  desumi,  für  capi. 

Deterere  ist  in  bildlicher  ^GA^wi..,  schwächen,  vermindern,  fast  nur 
P.  L.,  und  werde  daher  vermieden  durch  imminuere,  corrumpere,  de- 
trectare  u.  a.,  und  für  deterere  laudem,  famam  alicujus  sage  man  in 
Prosa  detrahere  de  laude,  de  fama. 

Deterior,  deterius  bedeutet  nach  Heusing.  (Emendatt.  p.  400)  we- 
niger gut,  an  IVerth  geringer,  schwächer,  nicht  gerade  schlechter.  Da- 
von ist  dasiS"/;.  L.  deteriorare  in  der  Bedeut.  verschlechtern  abgeleitet, 
für  in  pejus  mutare:  sich  verschlechtern  heisst  nicht  deteriorari,  son- 
dern in  pejus  niutari;  in  der  Bedeut.  verringern^  schmälern  ist  dafür 
deterius  facere  oder  reddere  zu  setzen  (Caes.  B.  G.  I,  36.  Cic  IV. 
D.  II,  34). 


286 

Determinare,  bestimmen,  z.  B.  diem,  einen  Termin  setzen,  ist  N.  L. 
für  constituere,  dicere  u.  a.  —  eberjso  in  der  Bedeut.  bestirmnen,  er- 
klären, für  deßnire.  Nicht  gut  sagt  z.  B.  Bremi :  generale  determinare 
per  speciale,  für  generale  definire  proprio. 

Deterrere,  Einen  voti  Etwas  abschrecken,  wird  verbünd,  aliquem 
ab  aliqna  re,  selten  de,  z.  B.  de  sententia,  de  statu,  und  P.  L.  aliqua  re. 
Detorquere,  Etwas  vofi  Etwas  weg-  oder  abwenden,  wird  verbünd. 
aliquid,  ab  aliqua  re ;  das  Wohin  wird  durch  in  oder  ad  aliquid  aus- 
gedrückt. 

Detrahere,  ab-  oder  entziehen,  wegnehmen  u.  dgl.,  wird  nach  den 
verschiedenen  Bedeutungen  und  Verhältnissen  verschieden  verbünd., 
z.  B.  alicui  aliquid,  aliquem  de  aliqua  re  u.  a.  Vgl.  Lat.  Lexica.  Bezwei- 
felt wird  se  detrahere  curis,  sich  den  Sorgen  entziehe?i,  für  animu?n 
abducere  a  curis,  a  molestiis,  ab  angoribus,  a  solticitudifie  u,  a.  Gut  ist, 
was  Einige  verwerfen,  detrahere  aliquid  de  oder  es  summa,  von  einer 
Summe  Etwas  abziehen,  wiewohl  deducere  und  deductio  (der  Abzug) 
häufiger  vorkommen. 

Detrectare,  veriveigern,  welches,  wiewohl  es  Cicero  nicht  braucht, 
dennoch  Kl.  ist,  wird  von  Wüsteraann,  verbunden  mit  dem  Acc.  obse- 
quium,  als  iV.  h.  verworfen;  er  will  dafür  sagen  obseq.  non  praestare, 
obedientiam  relinquere,  abjicere,  alicui  non  parere  u.  a.;  richtig  sei 
aber  imperium  alicujus  detrect.  Man  vermeide  das  Wort. 

Detrimentum,  Verlust,  Schaden.  Man  merke  hier  nur,  dass  detri- 
mentum  pati  in  der  Bedeut.  Schaden,  Verlust  haben  oder  erleiden 
J).  L.  ist,  für  detrimentum  facere,  capere  oder  accipere,  da  pati  detrim. 
nur  Verlust  ertragen,  aushalten  heissen  kann.  Vgl.  Pati.  Das  davon 
abgeleitete  detrimentosus,  schädlich,  verderblich,  kommt  nur  einmal 
bei  Caesar  vor  und  ist  als  seltnes  Wort  zu  vermeiden ;  dafür  noxius, 
perniciosus,  pestifer. 

Detrudere,  herabstosseri,  wegstossen,  verdrängen  von  oder  aus  Et- 
was, wird  verbunden  es,  de  oder  ab  aliquo  loco;  bildlich  ist  aber  wohl 
immer  de  sententia  detrud. 

Deturbare  wird,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  mit  de  und  es  aliqua 
re  auch  blos  mit  aliqua  re  verbunden:  daher  z.  B.  de  vallo  und  es 
rallo,  es  magna  spe  und  blos  spe,  tabula  (Cic.  Rep.  III,  20).,  posses- 
s?bwe  (Cic.  Fam.  VII,  25). 

Deiurpare,  entstellen,  verunstalten,  ist  N.  Kl.  und  sehr  selten  für 
deformare,  maculare,  polluere,  inquinare  u.  a. 

Devergentia,  die  Abneigung,  ist  Sp.  L.  für  declinatio. 
Deversnri  oder  diversari  dürfen  nicht  mit  dem  folgenden  dever- 
tere  verwechselt  werden;  sie  bedeuten  nicht  einkehren,  sondern  ein- 
gekehrt  sein,  sich  irgendivo  aufhalten  (als  Gast  oder  Fremder),  und 
werden  verbunden  apud  aliquem  (Cic.  Tnsc.  V,  8,  22),  in  aliquo  loco, 
in  domo  oder  rfom^  alicujus  (Cic.  Verr.  IV,  31,  70  domi  suae  deversa- 
tum  esse  Antiochum).  Anders  ist  es  mit 

Devertere  oder  divertere,  einkehren.  Seltner  und  mehr  A.  L.  ist 
dafür  die  mediale  Form  deverti,  jedoch  findet  sie  sich  einmal  bei  Ci- 
cero und  auch  bei  Livius.  Wir  fragen  wo  und  wohin?  A^v  Lateiner 
meistens  quo?  selten  ubi?  MnA  daher  ad  aliquem  oder  in  aliquem  lo- 
cum,  an  irgend  einem  Orte;  ad  aliquem,  bei  Jemanden,  z.  B.  ad  hospi- 
tem,  bei  einem  Gastfreunde,  nicht  apud  hosp. ;  ad  oder  in  ratiponnm. 


287 

in  einem  Wirthshause,  nicht  in  caupona;  domunt  oder  in  domuni  ali- 
cujus,  in  dem  Hause  .leninrules,  nicht  in  domo  oder  domi:  ad  vi/fam, 
in  der  Villa  (Cic.  Fam.  Vll,  18,  3).  Daher  wird  tvo  mehr  durch  quo, 
als  durch  m6/ ausgedrückt;  dort  mehr  durch  eo,  als  durch  ibi  \\.  ähn- 
liche. Man  sage  nicht:  Caliias,  ajmd  quem  Gorgias  deverterat,  sondern 
ad  quem;  nicht:  devertebam  apf/d  (fiir  ad)  comicura  quendam  poetam; 
nicht:  eo  die  deverti  Franrofurti  apud  illum,  sondern  Francofurtum 
ad  illum  u.  dgl. 

*  Wenn  in  Livius  (XLIl,  1,  7)  uhi  diverteretur  steht,  für  quo  divert. ,  und 
(ib.  10)  apud  quos  (f.  ad  quos)  diverti  mos  esset,  so  mag  dies  als  einmal  vor- 
kommend gelten;  aber  man  ahme  es  nicht  nach. 

Deviare,  vom  ff  ege  abgehen,  abirren,  ist  Sp.  L.  für  de  oder  a  via 
deflectere,  decUnare,  devertere,  wiewohl  das  Adj.  devins,  vom  ff'ege 
abliegend,  vo?n  fVege  entfernt.  Kl.  ist  und  auch  bildlich  gebraucht 
wird.  Ein  iter  devium  ist  ein  Seiten-  oder  Nebenweg  (Cic.  Att.  IV, 
3,  4.  XIV,  10,  1)  ;  aber  via  devia,  der  Jbiveg,  was  Ruhnken  (Opusc.  I, 
p.  90)  gebraucht  hat,  kommt  wohl  nicht  vor, 

Devorare,  verschlingen,  verbunden  mit  librum,  orationem  u.  dgl., 
ein  Buch,  eine  Rede  verschlinge?!,  d.  h.  eifrig,  begierig  lesen,  ist  nicht 
nur  nicht  J).  L.,  sondern  sogar  KL  Vgl.  Cic.  Att.  VII,  3,  2  und  Orelli 
z.  Cic.  Sest.  10,  23  in  der  kleinern  Ausg.  —  So  kommt  es  auch  noch 
bei  andern  Objecten  vor,  mo  wir  auch  verschlingen,  verschlucken 
brauchen. 

Devotare,  zum  Tode  weihe?i,  ist  A.  L.  für  devovere;  jedoch  hat  es 
Cic.  (Parad.  I,  2,  J2)  einmal  gebraucht.  Da  aber  eine  gute  Handschr. 
devota  vita,  immisit  hat.  so  zieht  dieses  Madvig  (Cic.  Fin.  II,  19,  61) 
dem  gewöhnlichen  devotavit,  immisit  vor.  Es  werde  daher  vermieden. 

Devovere  ist  in  der  Bedeut.  geloben,  feierlich  versprechen,  das» 
man  Etwas  thun  wolle,  N.  L.  für  vovere.  Unrichtig  sagt  also  z.  B.  Sadolet 
(Epist.  I,  10):  quod  reliquum  dabitur  vitae,  id  et  Deo  et  Musis  sie 
impendere  totum  devovi,  ut  — ,  da  vielmehr  se  oder  aliquid  alicui 
devovere  bedeutet  sich  oder  Etwas  Einem  zum  Opfer  und  Eigenthum 
weihen.  —  Das  Subst.  devotio  in  der  Bedeut.  die  Andacht,  und  devotus 
in  der  Bedeut.  andächtig,  sind  beide  erst  Sp.  L.  und  kommen  bei 
christlichen  Schriftstellern  vor,  für  pietas,  religio,  reverentia  Dei; 
pius,  religiosus,  Deum  verens,  reverens,  und  als  Adv.  religiöse,  reveren- 
ter  Deum  rolere,  Gott  andächtig  verehren.  Vgl.  Heusing.  Emend,  p.  477. 
Das  Adj.  devotus  ist  in  der  Bedeut.  ergeben,  anhänglich,  N.  Kl.  und 
kommt  bei  Seneca  und  Sueton  vor,  für  deditus;  doch  ist  es  nicht  zu 
verwerfen .  zumal  da  es  bei  Caes.  (B.  G.  III,  22)  in  substantivischer 
Bedeut.,  der  Getreue,  Ergebene,  vorkommt. 

Dextans,  zehn  Zwölftel,  wird,  wiewohl  es  Varro  braucht,  doch  von 
Cicero  vermieden  durch  se?nissis  et  triens  (Cic.  Sest.  25,  55)  und 
dimidia  et  tertia  pars  (Cic.  Fam.  XIII,  29,  4). 

Dextella,  die  kleine  rechte  Hand,  ist  scherzhaft  und  vielleicht  zum 
Spotte  von  Cic.  (in  einem  Briefe)  gebildet,  aber  in  welchem  bild- 
lichen Sinne,  ist  nicht  ganz  klar;  wohl  vielleicht,  was  wir  von  einem 
tüchtigen  Gehülfen  siigen:  eines  Mannes  rechte  Hand;  im  Scherz  ist 
es  wohl  anwendbar. 

Dexteritas  i.st  nur  Gewandtheit  mit  Menschen  umzugeheti,  und 
überhaupt,  wie  Rosenheyn  meint,  die  AnstelUglceit  und  das  angeborne 


288 

Talent,  sich  in  Alles  leicht  zu  finden,  nicht  aber  eine  ancelernlei  er- 
worbene Geschicklichkeit,  und  daher  auch  nie  geistige  Geschicklichkeit 
in  gelehrten  Dingen,  wie  es  im  N.  L.  nicht  selten  vorkommt.  Ihm  ent- 
gegen steht  sinisteritas,  wie  wir  sagen  das  linkische  Wesen,  die  ange- 
borne  Ungeschicklichkeit,  die  Alles  verkehrt  angreift  und  sich  nii'- 
gends  geschickt  zu  benehmen  weiss,  dergleichen  man  auch  gelehrten 
Männern  bisweilen  nachrühmt.  Fliernach  wird  der  falsche  Gebrauch 
des  Wortes  dejcleritas  und  des  Adject.  dexter,  geschickt,  gewandt 
(Liv.  V11I,36)  heurtheilt  werden  können.  Vgl.  Liv.  XXVIII,  18,  6: 
tanta  inerat  comitas  Scipioni  atque  ad  orania  naturalis  ingenii  dex- 
ter itas. 

Dextrorsus,  rechtshin,  7iach  der  Rechten  hin,  ist  vielleicht  nur 
A.L.\x\n\  aus  der  Volkssprache  bei  Iloraz  in  den  Satyren  entnommen; 
denn  zweifelhaft  ist  es  in  Liv.  VI,  31.  Man  vermeide  es  durch  dextera 
oder  dexter  am. 

Diadema,  das  Diadem,  der  königliche  Kopfschmuck.  Cicero  braucht 
dieses  aus  dem  Griech.  von  den  Römern  aufgenommene  Wort 
sogar  in  Reden,  wiewohl  er  auch  lateinisch  dafür  sagt  insigne  regium 
(Cic.  Sest.  27,  58).  Man  brauche  dafür  ja  nicht  Corona  regia.  Vgl. 
Vavassor.  Antib.  p.  518. 

Dialeclica  ist  als  Subst.  der  Decl.  I.  eben  so  üblich,  wie  der 
Plur.  dialeclica,  orum.  Zumpt  (zu  Cic.  Off.  I,  6,  5)  hält  die  erstere 
Form  für  nicht  gel-räuchlich.  Vgl.  Lexica. 

Dialogus,  der  Dialog,  das  Gespräch,  ist  ins  Latein,  aufgenommen 
und  wird  neben  sermo  gebraucht;  aber  für  das  Gespräch  im  Schauspiele 
war  das  Kunstwort  dicerbium. 

Diameter  oder  diametrus  ist  nur  der  mathematische  Kiuistaus- 
druck  für  unser  Durchmesser.  Im  N.  L.  sagt  man  wunderbar  e  (ex) 
diametro  in  der  Bedeut.  dagegen,  hingegen,  für  contra,  e  contrario; 
und  ebenso  toto  diametro  ab  aliqno  discrepare  oder  disseniire,  für 
prorsus  u.  a.  Jenes  ex  diametro  piignare  brancht  sogar  Mnret  (V.  L. 
VII,  1)  mit  dem  Zusätze  nt  ojunt,  wiewohl  es  kein  altes  Sprichwort  ist. 
Diarium,  das  Tagebuch,  kommt  zwar  in  dieser  Bedeutung  von 
historischen  Dingen  nur  in  einem  Fragmente  des  Geschichtschreibers 
Asellius  vor,  kann  aber  neben  dem  griech.  ephemeris,  welches  Cicero 
oft  gebraucht  hat,  sogar  in  Reden,  und  neben  dem  latein.  diurni  com- 
mentarii  recht  wohl  angewandt  werden. 

Diatriba  oder  dialribe  ist  in  der  Bedeut.  Abhandlimg ,  Unter- 
suchung  erst  von  neuern  Lateinern  aus  dem  Griech.  herübergenora- 
men,  jedoch  wegen  der  latein.  Wörter  commentatio,  disputatio,  libellus 
u.  a.  ganz  unnöthig,  zumal  wenn  die  diatribe  nicht  gerade  etwas  Ge- 
lehrtes enthält. 

Dica,  ein  Prozess,  kommt  allerdings  wohl  in  den  griechisch-latei- 
nischen Komödien  vor  und  bei  Cicero  einigemal  in  dem  Verrinischen 
Prozesse  mit  dem  griechischen  Sicilien,  kann  aber  desshalb  kaum  an- 
ffewandt  werden  für  das  bekannte  causa  oder  lis,  indem  es  für  diese 
gewöhnlichen  Wörter  meistens  viel  zu  vornehm  und  unpassend  ist. 

Dicere.  Richtig  ist  zwar  dicere  ad  aliquid,  in  Bezug  auf  Etwas 
sagen,  d.  h.  antworten,  z.  B.  Cic.  Rep.  I,  18  non  audeo  ad  isla  dicere; 
Tusc.  111,32,78  ad Epicuri consolationem  satis  est  dictum;  aber  dicere 
ad  aliquem,  sagen,  sprechen  zu  Jemanden,  ist  A'.  L.  nach  dem  Deut- 


2S9 

sehen  und  selbst  nach  dem  Griech.  ttqo^  xiva  neben  dem  Dativ  nri;  — 
im  Lat.  kann  man   nur  sagen  dicere  alicui.  Jenes   dicere  ad  aliquem 
braucht  oft  Marsil.  Ficinus  als  wörtliche  Uebersetzung  griechischer 
Redensarten;  und  so  sagen  Andere  z.  B.  soleo  saepe  dicere  ad  amicos 
für  ainicis  ;  Ulysses  ad  patrem  dixit  u.  a.  —  iV.  L.  ist  es,  im  Gespräche 
Mehrerer  zur  Angabe  der  sprechenden  oder  vielmehr  der  antwor- 
tenden Person  dixi,  respondi  zu  brauchen,  für  inqitam,  und  disit  oder 
respondit  für  i?iquit  Davon  liefern  die  Dialoge  bei  Cicero  Beweise. 
Auch  vgl.  Cic.  Att.  I,  16,  10.  Schori  Phras.  p.  459  u.  Vorstii  latin. 
mer.  susp.  p.  211.  —  iV,  L.  wird  es  ferner  nach  deutscher  Manier  in 
die  Worte  eines  Sprechenden  eingeschoben,  z.  B.  animus  aeger,  dicit 
Plaio,  errat,  iür  tnqmt  Plato  oder  ut  ait  Plato;  richtig  ist  es  aber, 
wenn  die  Worte  nachfolgen,  also  Plato  dixit:  Animus  aeger  errat. — 
N.  L.  ist  es,  zu  einem  Verbo  dicendi  noch  dicendo  hinzuzusetzen,  wo 
wir  sagen  dadurch  dass  er  oder  indem  oder  wenn  er  sagt,  für  qtiuni 
dicit  oder  quod  dicit;  z.  B.  dieses  lehrt  Plato,  indem  er  sagt.,  die  Seele 
sei  ein  Theil  der  Seele,  hoc  docet  Plato,  quiim  dicit  — ,  nicht  dice?ido  ; 
Vespa  entschuldigte   den  Titius  dadurch  (damit),  dass  er  sagte,  er 
habe  — ,  quod  diceret,  eum  — ,  nicht  dicendo  — ,  und  so   andere  ähn- 
liche.—  Auch  wird  nicht  als  Zusatz  zu  etwas  Vorausgegangenem  ge- 
sagt et  dicit,  wie  wir  zusetzen  u?id  sagt.  Vgl.  Heusiiiger.  Emendatt. 
p.  465  und  Weber's   Uebungssch.   p.  141.  —  Auch  wird  unser  tvie 
gesagt,  in  Bezug  auf  etwas  Vorhergesagtes,  nicht  durch  zit  dictum  est 
ausgedrückt,  sondern  durch  ut  (supra)  divi  (naih  Verschiedenheit 
der  Person).  —  Bei  Sprichwörtern  heisst  ivie  man  sagt,  nicht  ut  dicunt, 
sondern  ut  ajunt,  obgleich  ut   Graeci  dicunt  und  ut  dicitur  gesagt 
wird.  In  der  verwundernden  Frage  was  sagst  du?  heisst  es  quid  ais? 
nicht  quid  dicis?  —  Unsere  Redensart  das  sei  unter  uns  gesagt  oder 
blos  unter  uns  gesagt  heisst  nicht  hoc  inter  nos  sit  dictum,  sondern 
hoc  (quod)  inter  nos  liceat  dicere  (Cic.  Att.  II,  4)  ;  Nichts  ztt  sagen 
(zu  befehlen)  haben  \ieh%t  wicht  nihil  dicendum  habere,  sondern  nihil 
potestatis  habere;  z.  B.  hierbei  haben  wir  Nichts  %u  sagen  (zu  befehlen), 
nihil  nos  in  eo  potestatis  habemus  (Cic.  Verr.  IV,  34,  75).  —  Endlich 
wenn  eine  unterbrochene  Rede  bei  uns  durch  sage  ich  wieder  aufge- 
nommen und  fortgesetzt  wird,  so  braucht  man  nicht  dico,  sondern  in- 
qtiam,  indem  dico  theils  nur  zur   Verbesserung  eines  gebrauchten 
W^ortes  dient ,  z.  B.  gerade  an  jenem   Tage,  sage  ich  — ;  am  Tage, 
sage  ich?  nein,  in  derselben  Stunde  und  sogar  in  demselben  Augen- 
blicke, illo,  inquam  (nicht  rfico),  ipso  die;  die,  dico   (nicht  ijiquam^? 
immo  hora  atque  etiam  puncto  temporis  eodem  (Cic.  Sest.  24,  53), — 
theils  um  Etwas  bestimmt  anzugeben,  wo  wir  nemlich  oder  ich  meine 
einschieben;  z.  B.  in  einigen  Stücken  ist  er  unter  dir,  nemlich  an  Ge- 
schlecht und  Ruhm,  nonnullis  rebus  hie  inferior  est,  q?iam  tu,  generis 
dico  et  nominis  (Cic.  Plane.  12,  30).  —  Ueber  in  aurem  dicere  vgl. 
Auris;  über  gratias  dicere,  vgl.  Gratia,  und  über  sie,  supra,  infra  — 
dictus  vgl.  Dictus. 

Dicis  causa  wird  im  N.  L.  oft  in  der  Bedeut.  zum  Scheine  ge- 
braucht und  da  angewandt,  wo  es  nicht  passt.  R.  Klotz  sagt  darüber 
Folgendes:  „Es  bedeutet  nicht  zum  Scheine,  sondern  wie  das  Griech. 
8inr]g  luQiv,  vouov  yjwn.,  für  den  äussersten,  schlimmsten  Fall;  da- 
gegen zum  Scheine  heisst  simulatione,  specie  oder  es  rauss  umschrie- 

19 


290 

ben  werden.  Die  Formel  dici's  causa  wurde  in  jener  Bedeutung  im 
gemeinen  Leben  gewiss  öfter  gebraucht  und  werde  dalier  auch,  aber 
nur  in  dieser  Bedeutung,  vom  Gehrauclie  nicht  ausgeschlossen."  Da- 
gegen erklärt  es  Reisig  (Vorlesung,  p.  138)  durch:  damit  der  Form 
ihr  Recht  geschieht^  twi  deji  alten  Schlendrian  zu  befolgen,  und  fast 
ebenso  Freund:  der  Form  tvegen,  zum  Scheine. 

Dictamen,  Spruch,  Forschrift,  ist  TV.  L.  für  dictum,  praescriptum, 
praeceptum. 

Dictare  bedeutet  wohl  nicht  gerade  sagen,  ausser  bei  Spätem, 
sondern  nur  vorsagen,  dictiren;  dagegen  heisst  sagen  auch  ausser 
dicere  noch  dictitare.  Richtig  und  gut  ist  daher  dictata  (aber  nur  als 
Pliir.)  ,  das  J)ictirte,  die  Dictate.  V eher  dictare  in  calammn  oder  in 
pennam  s.  Calamus. 

Dicteriu7n  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  Schimpf-  oder  Schmährede, 
für  maledictum,  convicium;  im  altern  Latein  bedeutet  es  tVitzwort, 
für  dicttim  oder  lepide,  facete,  acute  dictuiu,  wofür  es  nach  Cicero 
(bei  Macrob.  II,  1)  der  gelehrte,  eigentliche  Kunstausdruck  war.  der 
sich  nach  Döderlein  (Synonym.  Th.  IV,  p.  29.  30)  auf  die  Sprache 
der  Gelehrten  und  Gebildeten  beschränkte,  so  dass  das  Wort  noih 
heutzutage  trotz  seiner  Seltenheit  in  dieser  Bedeutung  angewandt 
werden  kann. 

Dictio,  was  bei  den  Alten  fast  nur  das  active  Reden  und  Sprechen, 
den  Vortrag  bedeutet,  hat  im  N  L.  die  Bedeut.  das  Wort,  für  ver- 
buJii,  vocabulum,  oder  bedeutet  die  y^rt  zu  reden,  Redensart,  für  locu- 
tio.  So  braucht  es  selbst  Muret.  (Eipl.  Cic.  Catil.  1,  5.  11):  harum 
dictionum  (Salus  su?nma)\itraml\hei  sustuleris,  orationem  elegantiorem 
effeceris  —  für  horum  verborum  utrnmiibet  — ;  ebenso  Mahne  (Crito 
p.  289)  :  omnes  dictiones,  in  quas  incidimus,  aeque  bonae  sunt,  und  so 
noch  oft  Andere.  —  Vgl.  auch  Hands  Lehrb.  p.  144,  der  es  aber, 
wiewohl  es  ganz  unnöthig  ist,  nicht  verwirft. 

Dictionarium  oder  dictionarius  (sciJ.  liber)  ,  das  Wörterbuch,  ist 
N.  L.  und  falsch,  weil  dictio,  wovon  es  gebildet  ist,  nicht  das  Wort 
bedeutet.  Ein  Unding  aber  ist:  Dictionarium  editionum (ein  sol- 
ches hat  Hebenstreit  Vindob.  1828  herausgegeben) ,  w  eil  hier  nicht 
eiimial  Wörter,  sondern  Ausgaben  aufgeführt  werden.  Ebenso  ge- 
missbraucht  wird  das  Wort  lexicon.  Vgl.  Lexicon.  —  Für  dictionarium. 
ist  das  Wort  lexicon  noch  immer  das  passendste;  denn  es  ist  theils 
die  griechische  Benenimng,  theils  liegt  nichts  Falsches  darin.  Per- 
pinian  sagt  (Oratt.  p.  467)  collectio  verborum. 

Dictus,  gesagt,  genannt,  wird  erst  Sp.  L.  mit  Adverbien,  wie  sw, 
iia,  supra,  infra.,  modo  gleichsam  zu  einem  Worte  verbunden,  während 
im  bessern  Latein  nur  in  einem  besondern  Relativsatze  gesprochen 
wird.  Falsch  ist:  de  postea  ita  dictis  daemonibus,  von  den  nachher  so 
genannten  Dämonen;  ex  supra  dictis  satis  patet;  turpitudo  vere  s?c 
dicta  u.  dgl.  Vgl.  darüber  mehr  in  meiner  Anleitung  z.  Lat.  schreiben 
§.  590  und  Th.  I,  §.  147. 

Didactrum,  das  Lehr-  oder  Schulgeld,  Honorar  für  Unterricht, 
ist  das  griech.  Wort,  welches  aber  von  keinem  Lateiner  gebraucht 
wurde.  Nur  das  Wort  merces  war  In  diesem  Sinne  üblich;  und  doch 
hat  sich  F.  A.  Wolf  nicht  gescheut,  das  griech.  Wort  aufzunehmen. 
Vgl.  Honorarium. 


291 

Dies,  T«^,  ist  gen.  feiniii, ,  wenn  der  Begriff  Termin.  Zeitpunkt 
darin  liegt;  daher  Jconirat  es  auch  in  dieser  Bedeut.  nur  im  Singular 
vor,  und  bei  Cicero,  Caesar,  Livius  u.  A.  mit  den  Beiwörtern  certa, 
stata^  statuta,  constituta,  ea  verbunden,  wiewohi  aucJi  da  oft  als  Masc, 
wie  im  Plur.  immer.  —  P.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  Tagesanbruch  oder 
Licht,  für  lux ;  daher  heisst  vor  Tagesanbruch,  ante  lucem,  nicht  ante 
diein;  lange  vor  Tag,  bene  ante  lucern  (Cic.  Orat.  II,  64)  ;  es  ist  Tag, 
lucet,  nicht  dies  est;  es  war  noch  nicht  Tag,  nondum  lucebat  (Cic. 
Rose.  Am.  34,  97)  ;  ehe  es  Tag  ivar,  antequam  luceret  (Cic.  Cluent.  9, 
27);  es  wird  Tag,  lucescit,  nicht  dies  fit;  es  ist  Tag  geworde?i,  lusit 
oder  mit  dies  —  dies  illuxit.  —  Stiftungs -  oder  Grilndungstag  einer 
Stadt  heisal  dies  nntalis  nrbis  (Cic.  Divin.  II,  47) ,  und  so  der  Stif- 
tungstag einer  Schule,  dies  natalis  scholae  oder  ludi  litter arii.  — 
Selten  und  mehr  P.  L.  ist  diesf/ue  noctesque  oder  noctesque  diesque^ 
Tag  und  Nacht,  für  dies  noctesque,  et  dies  et  noctes,  noctes  et  oder 
ac  dies.  —  Ueber  die  Redensart  von  Tage  zu  Tage,  de  die  in  dient, 
vgl.  De.  —  Gut  aber  ist  i?i  diem  vivere,  in  den  Tag  hinein  leben,  d.  h. 
ganz  unbesorgt  um  die  Zukunft  leben,  gleichsam  nur  für  den  eijjen 
Tag  (Cic.  Orat.  II,  40,  169).  —  N.  L.  ist  (in)  diebus  ?iostris,  in  unsern 
Tagen,  d.  h.  jetzt,  für  hoc  tempore,  his  temporihus,  nostra  memoria.  — 
N.  L.  ist  es,  bei  Festen,  die  aus  mehrern  Tagen  bestehen,  zu  sagen: 
die  primo,  die  secundo  mit  dem  Genitiv  des  Festnamens.  Vgl.  darüber 
Th.  I,  §.  79.  —  Beizubehalten  sind  als  neue  Benennungen  die  neuen 
Namen  der  Tage  einer  Woche,  dies  Solis,  Lunae,  Mercurii.^  Martis, 
Veneris,  Saturni,  —  welche  den  Alten  fehlten,  üeber  diem  sunm 
obire  vgl.  Obire,  und  über  die  und  diu,  bei  Tage,  vgl.  Diu. 

Diescere,  Tag  tverdeti.,  ist  JV.  L.  für  lucescere,  dilucescere. 

Diffamare,  in  üblen  Ruf  bringen,  ist  P.  L.  und  findet  sich  bei 
Tacitus  und  Spätem;  es  werde  vermieden  für  infamare  aliquem,  in- 
famiam  alicui  inferre  oder  inurere.  —  Sp.  L.  ist  es  in  der  Bedeut. 
bekannt  rnachen,  für  vulgare,  divulgare.  —  Davon  abgeleitet  ist  diffa- 
matorius,  welches  iV.  L.  in  der  Bedeut.  verunehrend,  ehrenrührig  vor- 
kommt, für  probrosus,  maledicus,  ignominiosus,faniosus. 

Differre  istiV.  L.  in  der  activen  Bedeut.  unterscheiden,  für  discer- 
nere,  interjioscere ;  es  hat  nur  neutrale  Bedeut.  unterschieden  sein, 
.sich  unterscheiden;  in  Etwas.,  aliqua  re  und  voji  Etwas,  ab  aliqua  re; 
unter  diesem  und  jenem ,  inter  hunc  et  illum ;  vielfaltig ,  in  vielen 
Stücken,  multum,  nicht  multa ;  in  sehr  vielen  St. ,  plurimum.  —  P.  L. 
wird  es  verbunden  alicui,  von  Etwas;  so  auch  bei  dem  altern  Plinius. 
In  Cicero's  Jugendschrift  de  Inventione  findet  es  sich  zweimal  ver- 
bunden cum  aliqua  re,  von  Etwas,  was  nicht  nachzualnnen  ist.  —  Wie- 
wohl differre  aliquid,  Etivas  verschieben  heisst,  so  ist  doch  Judicium 
diff.,das  Urtheil  verschieben,  ungebräuchlich;  man  gebrauche  dafür 
ampliare  aliquid,  das  Urtheil  über  Etwas  verschieben,  und  ampliare 
aliquem,  das  Urtheil  über  Eitlen  verschieben,  —  also  ohne  judiciurn. — 
Einen  Tag  nach  dem  andern  verschieben  heisst  die?n  de  die  differre. 

Difficile  kommt  als  Adv.  Kl.  vielleicht  nirgends  vor,  und  ist  auch 
N.  Kl.  nur  selten  für  difficulter ;  eben  so  selten  ist  auch  difßciliter, 
wiewohl  es  in  Cic.  Acad.  II,  16,  49  sicher  zu  stehen  scheint.  Vgl.  Reisigs 
Vorles.  p.  208  und  daselbst  die  Anmerk. 

Difßdere,  misstrauen.  Misstrauen  in  Jemanden  setzen,  hat  im  Perf. 

19* 


292 

nicht  diffidi,  wie  es  Sp.  L.  vorkommt,  sondern  diffisus  sum.  Es  wird 
meistens  mit  dem  Dat.,  alicui  rei,  einer  Sache  oder  i7i  Etwas,  verbun- 
den, seltner  mit  dem  Abi.  aliqiia  re;  doch  steht  dieser  schon  sicher 
bei  Caesar.  B.  C.  1,  12,  2,  wo  Oudendorp  und  die  neuem  Ausgg.  aus 
de»  besten  Handsclir.  volu?itate  für  voluiitati  lesen.  Vgl.  auch  Reisigs 
Vorlesung,  p.  699.  —  Es  bedeutet  zwar  wohl  an  Etwas  verzweifebi, 
aber  nicht  /.einen  Glauben  schenken,  nicht  glauben,  was  non  credere, 
fidem  non  habere  heisst.  —  Misstrauen  wird  auch  oft  durch  das  Part. 
diffisus  ausgedrückt,  z.  B.  aus  Misstrauen  in  seifte  eigene  Sicherheit, 
difßsus  suae  saluii. 

Diffluere,  aus  einander  fliessen,  findet  sich  im  JV.  L.,  verbunden 
mit  in  alia  omnia,  in  der  Bedeut.  sich  (in  geistigen  Arbeiten)  gänz- 
lich zerstreuen,  allerlei  vornehmen,  aber  nirgends  bei  einem  Alten. 

Diffu7idere,  azisgiessen^  verbreiten ;  diffundi,  sich  verbreiten ;  — 
das  JVo  oder  fVohin  wird  wohl  nur  ausgedrückt  durch  in  aliquem 
locutn,  z.  B.  in  onine  corpus,  im  ganzen  Körper. 

Digamma  (Gen.  atis)  oder  auch  digammoji  als  Neutr.,  das  Doppel- 
gamma,  sind  beide  wohl  gute  Formen,  aber  seilen  kommt  diga/ntnus 
als  Femin.  vor;  also  nicht  diga/nmus  aeolica,  sondern  digamma  oder 
digammon  aeolicum. 

Digeries,  das  Ordnen,  die  Eintheilung  u.  a.,  ist  Sp.  L.  für  digestio, 
descriptio. 

Digitus,  Finger.  D.  L.  ist  per  digitos  videre,  unser  bildliches  durch 
die  Finger  sehen,  für  indulgere,  connivere ;  Kl.  aber  ist  digitus  in  dem 
Sprichworte  keinen  Finger  breit  abgehen,  digitum  nusquam  disce- 
dere  oder  7ion  transversu7n  digitum  discedere.  Man  merke:  Etwas  an 
den  Fi7iger7i  her%ähle7i ,  aiigebe7i,  i7i  digitis  suis  aliquid  co7istituere 
(Cic.  Caecil.  14),  oder  in  digitos  aliquid  digerere  (Quintil.  XI,  3,  114); 
mit  dem  Finger  auf  Etwas  hifiweisen,  nicht  digito  i7itendere  in  oder 
ad  aliquid,  sondern  digitum  i7itendere  ad  — . 

Dignari,  die  passive  Form  des  A.  L.  dignare,  würdigen,  kommt 
Kl.  nur  als  Passiv  vor,  gewürdigt  werde7i,  und  so  einigemal  bei  Cicero, 
sonst  selten;  bei  Caesar  und  Livius  nie.  So  wie  Cic.  kann  man  es  also 
wohl  brauchen,  doch  vermeide  man  es  so  viel  als  möglich.  Vgl.  Klotz 
Sintenis  p.  173.  Dagegen  als  l)epo7iens,  dig7iari  aliquem  aliqiia  re, 
E!iie7i  einer  Sache  würdigen,  kam  es  durch  Dichter  in  die  A^.  Kl.  Prosa, 
aber  nur  bei  Sueton  und  Tacitus,  nirgends  bei  einem  der  Bessern. 
Es  werde  also  auch  lieber  ganz  vermieden  und  durch  dignum  judicare 
ersetzt.  —  So  kommt  denn  auch  dignatio  höchst  selten  vor,  bei  Cicero 
und  Caesar  nie,  zuerst  bei  Livius  einigemal  für  dignitas,  in  der  Bedeut. 
uJtisehefi,  Würde,  und  N.  Kl.  u.  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  IVürdigufig, 
JFerthschätzufig.  Man  gebrauche  es  nicht,  wiewohl  es  im  Ä\  L.  oft 
vorkommt,  sondern  setze  dafür  exislimatio,  observantia ;  dig7iitas,  am- 
plitudo. 

Digfioscere  aliquid.  Etwas  unterscheiden,  ist  P.  L.  u.  N.  Kl.  und 
nicht  wohl  nachzubrauchen  für  discerfiere,  internoscere. 

Digitus,  würdig,  wird  verbunden  mit  dem  Abi.  dessen,  wessen 
Jemand  ivürdig  ist,  F.  oder  Gr.  L.  mit  dem  Ge/iitiv,  wie  Baibus  (Cic. 
Farn.  VIII,  15,  1  im  Anhange) :  dignus  tuae  virtutis,  was  nicht  nach- 
zuahmen ist.  Bei  einem  dazu  gehörigen  Satze  mit  dass  oder  einem 
blossen  Itifinitiv  wird  qui  oder  ut  mit  dem  Co7ijunctiv  gesetzt;  P.  L., 


293 

bei  Livius  nur  einmal  und  aurh  Ä\  AI.  selten  der  Inßm'tit\  der  ver- 
raieden  werde,  was  im  Ä'.  L.  nicht  gescliielit.  Man  sage  nicht:  Ui 
dtgnus  es  coli,  du  bist  würdig  geehrt  zu  werden,  für  nt  oder  (jui  colare 
(colaris).  Vgl.  darüber  meine  Anleit.  §.  344.  —  Wir  brauchen  aber 
unser  Wort  würdig  auch  ohne  einen  Genitiv  in  der  Bedeut.  achtungs- 
tvürdig,  z.  B.  ein  tvürdiger  und  verständiger  Mann,  oder  in  der  Bedeut. 
höchst  passend,  z.  B.  ein  würdiger  Gegenstand;  aber  der  Lateiner 
braucht  dignus  nur  dann  für  sich  allein  ohne  einen  Ablativ,  wenn  ein 
solcher  aus  dem  Zusammenhange  leicht  hinzu  zu  denken  ist.  Daher 
muss  digmis  oft  durch  einen  Ablativ  oder  einen  Satz  mit  qui  vervoll- 
ständigt, oder  es  muss  dafür  gravis,  honestus  u.  dgl.  gebraucht  wer- 
den. —  Zu  vermeiden  sind  die  im  N.  L.  oft  vorkonmienden  Verbin- 
dungen mit  sogenannten  Siipinen  auf  u,  z.  B.  dignus  seilte,  cognitu, 
memoratu,  notatu  u.  a. ,  wo  Substantiven  oder  Umschreibungen  mit 
qui  üblicher  sind.  Auch  helsst  die  gewöhnliche  Redensart:  es  ist  der 
Mühe  werth,  ich  halte  es  der  Mühe  werth,  nicht  est  oder  duco  opera 
dignum,  sondern  operae  pretium  mit  folgendem  Infinitiv.  Eben  so 
N.  L.  ist  verus  amicus  auro  est  dignus,  für  auri  pretio  aequat. 

Dijudicare  findet  sich  im  N.  L.  auch  in  der  Bedeut.  beurtheilen, 
ohne  dass  von  zwei  Personen  oder  Sachen  und  ihrer  gegenseitigen 
Beschaffenheit  geurtheilt  wird,  für  judicare.  Falsch  ist  z.  B.  Iloratii 
ingenium  dijudicare,  über  Hör.  Geist  urtheilen,  oder  Hör.  Geist  beur- 
theilen :  aber  richtig  cotitroversiam,  vera  et  falsa,  inter  duas  seJiten- 
tias  u.  dgl.  dijudicare. 

Dilabi  kommt  in  der  bildlichen  Bedeut.  zerrinnen,  verfliessen  (von 
der  Zeit)  nur  einmal  bei  Sallust  vor  (Jug.  36,  4):  dilapso  tempore,  \uni 
werde,  als  zu  selten  vorkommend,  nicht  nachgeahmt.  Vgl.  Elabi, 
Praeterlabi. 

Dilaceratio.,  das  Zerreissen,  ist  erst  sehr  Sp.  L.  für  laceraiio.  Auch 
dilncerare  ist  mehr  P.  u.  N.  Kl.  und  werde  vermieden  durch  lacerare 
oder  dissipare,  wie  denn  für  respublica  dilacerata  (bei  Sali.  Jug.  41,5) 
Livius  (II,  28)  dissipata  sagt. 

Dilatatus  in  der  Bedeut.  tveit  entfernt  wird,  da  es  nur  iveit  ausge- 
breitet bedeutet  und  da  der  Begriff  Entfernung  nicht  darin  liegt,  ver- 
worfen für  disj?i?ictus,  remotus. 

Dilaudare.  loben,  findet  sich  nur  bei  Cic.  Att.  VI,  2,  9,  wo  es  aber 
nach  den  Handschr.  zweifelhaft  steht.  Es  werde  nicht  gebraucht,  da 
laudare  genügt.  Frotscher  (z.  3Iuretus,  der  es  Oper.  T.  II,  p.  125  ed. 
Fr.  braucht)  vertheidigt  es;  dagegen  hat  Freund  das  Wort  in  seinem 
Wörter b.  ganz  ausgelassen,  was  zu  voreilig  scheint. 

Dilectus  als  Adj.  geliebt,  werthgeschätzt,  ist  P.  u.  Sp.  L.,  dabei 
höchst  selten  ;  es  kommt  im  N.  L.  in  Briefen  und  Reden  als  Anrede 
an  die  Zuhörer  sehr  häufig  vor,  z.  B.  adolescentes  (juvenes)  dilectis- 
simi^  was  Sintenis  in  der  oben  (vgl.  Amans^  angeführten  Rede  oft  ge- 
braucht hat.  Man  brauche  carus,  suavis,  beide  auch  im  Superlativ; 
ausser  der  Anrede  kann  man  es  auch  mit  qui  und  diligere,  observare 
u.  andern  umschreiben.  Vgl.  Aestimatus  und  Amatus. 

Diligens  und  diligentia  sind  nicht  gleichbedeutend  mit  Fleiss  und 
fleissig.  Wir  verbinden  damit  die  Begriffe  anhaltende  Be/nühung,  An- 
strengung und  Thätigkeit,  welche  weniger  in  jenen  Wörtern,  als  in 
assiduitas,  industria,  Labor,  opera  und  den  dazu  gehörigen  Adjectiven 


294 

liegen.  Diligentia  und  diltgens  sind  vielmehr  i/mere  Eigenschaften  des- 
sen, der  Etwas  mit  Sorgfalt,  Pünktlichkeit  nnd  Genauigkeit  im  Unter- 
scheiden nnd  Auswählen  betreibt  und  ausführt.  Ein  ßeissiger  Schü/er 
ist  niclit  discipiihis  di/igens,  sondern  indnstritis,  laborios?is,  assidutfs, 
g7iavus,  Studiosus,  und  seinMe/ss  ist  nicht  diligentia,soi\dern  industria, 
assiduilas,  Studium,  labor ;  er  lernt  flcissig  heisst  studiose  discit;  was 
aber  Jemand^Ze/ss/g'  ausgearbeitet  hat,  das  ist  diligenter  scriptum,  elucu- 
bratum,  elaboratum.  Wenn  Einer  von  einem  geschickten  Lehrer^e/ss«g' 
unterrichtet  wird,  so  heisst  dies  docetur  diligenter  (Cic.  Q.  fr.  111,3, 1); 
Belohnungen  des  Fleisses  sind  nicht  praemia  dilige7itiae,  sondern  in- 
dustriae,  laboris,  assiduitatis.  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  93  und 
Herzog  zu  Caes.  B.  G.  I,  40.  —  Das  Adv.  diligenter,  welches  nur  mit 
Sorgfalt  bedeutet,  wird  im  N.  L.,  wie  unser  mit  Fleiss,  in  der  Bedeut. 
vorsätzlich  gebraucht,  was  aber  de  industria  heisst.  Vgl.  noch  andere 
Bedeutungen  unter  Propositum. 

Dihicidare,  Mar,  verständlich  machen,  aufklären,  werde,  wiewohl 
dilucidus  gut  ist  und  nicht  selten  vorkommt,  doch  vermieden,  da  es 
nur  N.  Kl.  bei  dem  Auct.  ad  Ilerenn.  vorkommt  (III,  4,  8  rei  diluci- 
dandae  causa)  ;  dafür  dilucidum  reddere  u.  a.  Im  N.  L.  findet  sich 
ohne  alle  Auctorität  dilucidare  scriptorem,  librum,  locum  alicujus  scri- 
ptoris  u.  dgl.,  für  enodare,  explicare,  interpretari  u.  a. 

Diluculare,  dämmern,  ist  Sp.  L.  für  dilucescere. 

Diluvies,  die  Ueberschwemjjiung,  ist  fast  nur  P.  L.  und  d/luvio  ganz 
Sp.  L. ;  dagegen  scheinen  diluvium  (bei  Seneca  und  dem  Jüngern  Pli- 
nius)  und  das  Ä'l.  inundatio  die  für  grosse  Fluthen  (unser  Sünd- 
ßuthen)  eigenthümlichen  Wörter  gewesen  zu  sein.  Beweise  dafür  lie- 
fert die  Schilderung  solcher  grossen  Fluthen  in  Seneca  (Qu.  N.  III, 
27  u.  29),  wo  die  Wörter  diluvium  und  inundatio  mit  einander  ab- 
wechseln. Kleinere  Ueber schwemmungen  hiessen  alluvies  oder  eluvio, 
oder  umschrieben  mit  diffunduntur  aquae,  wiewohl  inundatio  ganz 
allgemein  war. 

Dimefisus  als  Part,  vom  Depon.  dimetiri  kojnmt  KL  auch  in  passi- 
ver Bedeut.,  abgemessen,  vor.  Falsche  Form  dafür  ist  dimetitus,  die 
auch  in  fehlerhaften  Stellen  für  dimetatus  steht.  Auch  im  N.  L.  findet 
es  sich  für  dimeusus. 

Dimetare,  abstecken,  abgränzen,  ist  ein  seltnes,  alier  Kl.  Verbum, 
wovon  bei  Livius  dimetari  und  bei  Cicero  dimetatus,  abgesteckt,  abge- 
gränzt,  vorkommt,  wiewohl  mit  der  fehlerhaften  Form  dimetitus.  Ge- 
wiss ist  dieses  Verbum  auch  in  der  Form  dimetandam  nach  Theod. 
Bergk  (in  Cic.  Arch.  ]1,  29)  für  das  nicht  passende  dimitte7idam  zu 
setzen,  was  auch  Stüremburg  gethan  hat. 

Dimicare,  streiten,  kämpfen ;  —  für  Etwas,  pro  aliqua  re ;  um  Et- 
was,  de  aliqua  re ;  zu  Pferde,  nicht  in  ei/wo.  sondern  ex  equo;  zu  oder 
auf  dein  Wagen,  ex  curru;  zu  Fusse,  nicht  pedibus,  sondern  mit  dem 
Personalsubst.  pedes,  als  Fuss  ganger.  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.290. 

Dimidius,  halb,  kommt  Kl.  nur  mit  dem  Subst.  pars  verbunden  vor, 
erst  N.  Kl  mit  andern  Subst.;  ausser  dimidia  pars  auch  noch  das 
Neutr.  dimidium,  die  Hälfte,  mit  einem  Genitiv,  z.  B.  die  halbe  Erde, 
dimidia  pars  oder  dimidium  terrae.  Halb  mit  einem  Subst.  wird  zuwei- 
len auch  mit  s emi  wnA  einem  damit  zusammengesetzten  Subst.  über- 
setzt, z.  B.  eine  halbe  Stunde.,  semihora;  ein  halber  Fuss,  sernipes.  Da- 


295 

her  drittehalb  Ftiss,  duo  (bhti)  pedes  et  semt'pes,  Sp.  L.  duo  (bim)  pe- 
des  et  diinidius  ;  ein  Halbjahr,  sex  me?ises  oder  mit  dem  Adj.se/«esf/"/s,• 
z.  B.  dies  dauert  ein  Halbjahr,  hoc  se7nestre  est  (Cic.  Att.  X,  8,  17); 
anderthalb  Jahr,  annus  et  sex  menses,  Sp.  L.  a?i??us  et  dimidius.  Da- 
gegen ist  KL  dimidium,  die  Hälfte,  mit  dem  Genitiv. 

Dimissio  ist  wohl  nur  das  Gehenlasse?i,  Wegschicken,  aber  nicht 
die  Verabschiedung,  Dienstentlassung,  wie  es  im  iV.Z.  gebraucht  wird, 
für  missio.  Ebenso  wird  das  Verb,  dimittere  nicht  von  einem  Eifizel- 
nen  gebraucht  in  der  Bedeut.  verabschieden,  ans  dem  Dienste  entlas- 
sen, was  mittere,  missum  farere  heisst,  sondern  von  Mehrern,  z.  B. 
einem  Heere,  weiches  man  entlässt,  wie  bei  Caes.  B.  C.  I,  32.  lieber 
missio  und  mittere  vgl.  die  Lexica  und  Cic.  Phil.  V,  19.  Caes.  in  Cic. 
Att.  IX,  7,  2  im  Anhange  ad  Oppium.  —  N.  L.  ist  aliquem  dimittere  e 
custodia,  Einen  aus  dem  Gefängnisse  entlassen,  für  emittere,  und  D.L. 
aliquid  es  oculis  dimittere.  Etwas  aus  deji  Augen  lassen,  was  Heyne 
(Praef.  Virg.  T.  I,  p.  7)  braucht. 

Dimovere  ist  selten  und  wird  meistens  mit  demovere  verwechselt. 

Diploma,  die  Urkunde,  ein  Diplo?n,  kommt  schon  bei  Cicero  und 
nachher  auch  N.  Kl.  bei  Seneca  und  Sueton.  vor,  ist  also  wohl  an- 
wendbar, mögen  auch  andere  Wörter,  z,  B.  tabula  publica,  auch  wohl 
monumentum,  für  das  Wort  Urkunde  oft  besser  sein.  Als  Kunstwort 
ist  es,  wie  der  Name  der  W^issenschaft,  ^«);/o»ja/jca,  kaum  entbehrlich. 
Uebrigens  vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  249. 

Directim,  gerade  aus,  ist  Sp.  L.  für  directe. 

Director  ist  ein  neues  Wort,  das  nur  als  Titel  gebraucht  werden 
sollte;  ausserdem  aber  sage  man  dafür  rector,  praef ectus,  moderafor. 
Bei  den  Alten  steht  in  manchen  Verhältnissen  dafür  magister,  sowie 
pro  magistro  für  unser  Vicedirector ;  beide  aber  als  Titel  dafür  zu 
brauchen,  möchte  heutzutage  sehr  anstÖssig  sein. 

Directus.  Das  davon  abgeleitete  Adv.  directe  oder  directo  in  bild- 
licher Bedeut.,  geradezu,  z.  B.  aliquid  petere ,  steht  sogar  bei  Livius 
(1,11  eam  directo  arma  petisse  dicunt);  sonst  aperte,nulla  circuitione, 
und  als  Gegensatz,  indirect,  per  ambages,  circuitione  quadam.  Vgl. 
Terent.  Andr.  I,  2,  31  ita  aperte  ipsam  rem  modo  locutus,  nil  circui- 
tione usus  es.  Cic.  Divin.  II,  17,  40  circuitione  quadam  (indirect)  deos 
tollit.  Ebenso  auch  das  Adj.  directus  bei  Liv,  XXI,  19  directa  percun- 
ctatio  et  denunciatio  belli. 

Dirigere.  Verworfen  wird  oculum  (oculos)  ad  aliquid  dirigere,  das 
A7ige  auf  Etwas  richten,  für  oculos  alic?ii oder  ad  aliquid  adjicere  oder 
conjicere  in  aliquid. 

Dirimere  se,  sich  scheiden,  tretmefi  (ehelich),  ist  N.  L.  für  divor- 
tiiim  facere  cum  aliquo  (aliqua). 

Discedere,  weggehen,  sich  trennen  u.  a.,  wird  verbunden  mit  a,  es 
und  de  aliqua  re. 

Disceptare  hat  im  N.  L.  die  Bedeut.  streiten,  streitig  sein  mit  Je- 
manden, für  cum  aliquo  dissentire,  controversiam  habere,  in  conlrover- 
sia  esse,  contendere,  da  jenes  die  Grunde  hin  und  her  erwägen,  über 
Etwas  urtheilen,  entscheiden  bedeutet.  Ebenso  heisst  daher  inter  se 
disceptare,  nicht  unter  einander  über  Etxvas  streitig  sein,  sondern  mit 
dem  Acc.  controversiam,   einen  Streit  unter  einander  ausmachen,  ent- 


296 

scheiden.  Und  so  bedeutet  disceptaior  iiiclit  ehien  Zänicer,  Streiter, 
sondern  einen  Schiedsrichter,  Ferjnittler. 

Discere  mit  dem  Adv.  memoriter,  auswendig  lernen,  ist  N.  L.  für 
ediscere,  memoriae  mandare. 

Discernere,  von  einander  trennen^  unterscheiden,  wird  verbunden 
aliquid  ab  aliqua  re,  z.  B.  jus  ab  itijnria,  und  noch  gewöhnlicher  mit 
zwei  Accusativen,  JMS  et  irijuriam,  aiirwn  et  argentum. 

Discidimn  wird  gewöhnlich  von  dissidium  unterschieden ;  jenes  soll 
Trennung,  Absonderung,  Zwiespalt  bedeuten,  oft  gleich  defectio,  die- 
ses nur  Meinu7igsverschiedenheit,  gleich  dissensio.  So  fasst  es  auch 
\\.  Klotz  (zu  Cic.  Lael.  p.  148)  ;  aber  3Iadvig  (Cic.  Fin.  p.  812  sq.) 
beweist,  dass  nur  discidium  ein  latein.  Wort  sei  und  jede  Spaltung 
und  Zwiespalt  bedeute,  dissidium  aber  sei  kein  lat.  Wort. 

Discordantia,  Zwietracht,  U?ieinigheit,  ist  N.  L.  für  discordia,  dis- 
crepantia. 

Discordiosus,  ztvie trächtig,  uneinig,  kommt  nur  bei  Sallust  vor  mit 
seditiosus  verbunden,  sonst  ist  es  nur  sehr  Sp.  L.  wahrscheinlich  ein 
gemeines  Wort  für  discors. 

Discrepatio,  die  Uneirri^keit,  Disharmonie,  kommt  höchst  selten 
vor,  bei  Livius  nur  einmal  für  discrepaniia,  discordia.  —  Das  Verbum 
discrepare,  verschieden  sein,  nicht  übereinstimmen,  wird  verbünd,  ab 
und  cum  aliqua  re.,  auch  inter  aliquos ;  P.  L.  m.  d.  Dativ  alicui  rei. 

Discretio  ist  ein  Sp.  L.  Wort,  aber  nur  in  d.  Bedeut.  Absonderung, 
Unterscheidung ;  im  N.  L.  aber  bezeichnet  es,  wie  im  Franz.  discre- 
tion,  die  Unterscheidimg  des  Schicklichen  vom  Unschicklichen,  und 
ebenso  wird  discretus  von  dem  gesagt,  der  Alles  wohl  unterscheidet. 
Dieser  Begriff  des  Subst.  liegt  aber  \n  Judicium,  elegantia,  discrimen, 
dilectus,  und  der  des  Adj.  in  elegans.  prudens,  modestus.  Vgl.  Sciopp. 
Infam,  p.  212.  Id.  de  stylo  p.  140.  Yorst.  latin.  mer.  susp.  p.  122.  — 
Das  deutsch-franz.  sich  auf  Discretion  ergeben  heisst  se  in  fidem  ali- 
cujus  recipere,  conferre  oder  tradere.  Vgl.  Iridiscretus. 

Discupere,  heftig  wünschen,  ist  ein  gemeines,  seltnes  Wort,  wel- 
ches im  A.  L.  bei  den  Komikern,  bei  Catull  und  nur  einmal  Kl.  bei 
Coelius  (Cic.  Farn.  VIII,  35,  2)  vorkommt,  der  im  Ausdruck  eben 
nicht  elegant  ist.  Man  vermeide  es  in  edJcr  Rede  durchaus,  und  sage 
dafür  vehementer  cupere ;  in  Briefen  aber  ist  es  nicht  ganz  zu  ver- 
werfen. 

Discurrere  ist  in  der  Bedeut.  von  Etwas  reden  sehr  Sp.L.  für  ser- 
mocinari,  disserere,  disputare,  colloqui;  ebenso  auch  das  Subst.  discur- 
sus,  die  Unterredung,  UtiterhaltvngA^s  Gespräch  (wohav  das  franzö- 
sische diacours) ,  für  sermo,  colloquium,  disputatio,  dialogus.  Eine  ars  dis- 
currendi (Kunst  zu  sprechen)  de  qualibet  materia,  dergleichen  J.  A.  We- 
ber, Norib.  1671  geschrieben  hat,  würde  heutzutage  verlacht  werden. 

Discussio  und  discuteresinA  in  der  geistigen  Bedeut.  Uyiter suchung, 
untersuchen,  über  Etwas  sprechen  sehr  Sp.  L.  und  durchaus  zu  ver- 
werfen für  disputaio,  quaestio,  cognitio;  disserere,  cognoscere  \i.  a.  — 
Im  N.  L.  kommen  beide  oft  vor,  bedeuten  aber  im  bessern  Latein 
etwas  Anderes.  Wenn  daher  selbstMuretus  caussa  discussa  für  caussa 
cognita  braucht,  so  sagt  Ruhnken  mit  Recht  davon:  hoc  cadentis 
vel  potius  jacentis  latinitatis  est.  Vgl.  Mureti  Oper.  T.  I,  Praef. 
p.  XXIII  ed.  Fr. 


297 

Diserti/8,  beredt,  Einer,  der  klar  und  bestimmt  spricht,  und  das 
Adv.  diserte  und  disertissime  bei  Livius  in  der  Bedeut.  klar,  deutlich, 
bestimtnt,  gleich  aperte,  liquido,  clare,  plane,  was  denn  unser ra  aus- 
drücklich, mit  ausdrücklichen  Worten  meistens  entspriclit.  —  N.L.ahev 
ist  es,  dafiir  disertis  verbis  zu  brauchen.  Auch  kann  für  diserte  noch 
distijicte,  dilucide.  omnino  (Cic.Tusc.  V,9, 24),  und  bei  Personen  nomi- 
natim  (Cic.  Att.  IV,  1,  6.  Q.  fr.  111,1,  10)  gebraucht  werden.  Vgl.  Ex- 
presse; Weber's  üebungssch.  p.  90.  Döderlein's  Synon.  Th.  IV,  p.  17. 
Reisigs  Vorles.  p.  211  und  Fabri  zu  Livius  XXI,  19,  53. 

Disharmonia,  die  Disharmonie,  ist  N.  L.  für  discrepantia,  discor- 
dia,  disjunctio,  dissensio  u.  a. 

Disjungere  oder  dijzingere.  Etwas  vo?i  Etwas  abtrennen^  wird  ver- 
bunden aliquid  ah  aliquo,  P.  L.  aliquid  aliqua  re. 

Dispalari,  herumschweifen,  ist  A.  L.  bei  Corn.  Nepos  und  Sp.  L.; 
es  werde  als  selten  und  unnöthig  vermieden  durch  palari. 

Disparere,  verschwinden,  ist  fast  N.  L.  für  eva?iescere  u.  a. 

Jh'spendiuTn,  der  Aufivand,  Unkosten,  findet  sich  nur  A.  L.  und 
N.  Kl.  selten  bei  weniger  guten  Schriftstellern  für  sumptus,  detrimen- 
tum,  damnum. 

Dispe7isator,  der  Verwalter,  nnddispensare,  verwalten,  werden  sogar 
bildlich  von  der  Staatsverwaltung  gebraucht  bei  Cic.  (Rep.  \,  3), 
aber  in  der  Vergleichung  mit  dem  Hausverwaltei-,  und  mit  dem  beige- 
setzten quasi,  für  das  gewöhnliche  administrare.  So,  wie  es  bei  Cicero 
gebrajiclit  ist,  kann  man  es  also  wohl  anwenden.  —  Das  Verbum  dis- 
pensare  aber  in  der  Bedeut.  unseres  dispensiren,  d.  h,  amtlich  frei- 
sprechen V071  Ettvas,  ist  N.  L.  für  aliquem  lege  oder  legibus  solvere, 
d.  h.  Einen  von  einem  Gesetze  (von  den  Gesetzen)  losmachen,  befreien. 

Disperditio,  die  Zerstörung,  das  Zugrunderichten,  steht  in  der  ein- 
zigen Stelle,  wo  es  vorkommt  (in  Cic.  Phil.  III,  12),  sehr  zweifelhaft, 
da  die  beste  Handschr.  dispersio  hat,  wofür  aber  Lambin  direptio  auf- 
nahm, obgleich  dem  Zusammenhange  nach  das  freilich  ebenfalls  im 
bessern  Latein  ungebräuchliche,  ert  Sp.  L.  vorkommende  diapertilio, 
die  Vertheilung,  passender  scheint.  Man  vermeide  jenes  ^\ort,  wel- 
ches Muret  einigemal  als  ein  unzweifelhaftes  aufgenommen  hat,  z.  B. 
in  der  Explic.  Cic.  Catil.  I,  6  u.  IL  1. 

Dispergere.  Verworfen  wird  aliquid  ijiter  homines  dispergere.  (eine 
Nachricht)  tinter  die  Leute  bringen,  für  aliquid  sermonibus  divulgare. 

Displicenter,  missfällig,  mit  Missfallen,  ist  N.  L.  für  gravate,  mo- 
leste,  aegre  u.  a. 

J)isplicentia,das  Missfallen^ündet  sich  nur  N.  AI.  bei  Seneca  (Tranq. 
an.  2)  ;  es  werde  vermieden  durch  taedium.  improbatio,  offensio  u.  a., 
sowie  durch  das  Verbuni  displicere. 

Disponere.  Ettvas  vertheilen,  stellen,  legen ;  ivo  oder  wohin,  aliqnid 
in  aliquo  loco ;  längs  oder  an  einem  Orte  hin,  ad  oCiev  per  aliquem  lo- 
cum ;  ringstim  in  Gegenden,  circum  loca. 

Disposittis  kann  nicht  von  einem  Menscheti  in  Rücksicht  auf  seine 
Seelenstimmung  gebraucht  werden;  also  nicht  bene  oder  tnale  disposi- 
tus,  wie  wir  sagen  gut  oder  übel  dispojiirt,  sondern  be?ie ,  male  affe- 
ctus.  Vgl.  Schori  Phras,  p.  71. 

Dispudere,  sich  sehr  schämen,  kommt  A.  L.  einigemal  bei  Plautus 


298 

und  Terenz  vor,  und  ist  nicht  wohl  nachzubrauchen;  gleichwohl  hat 
es  Muret  gethan,  z.  B.  Oper.  T.  II,  p.  196  ed.  Fr. 

Disputare  enthält  an  und  für  sich  nicht  den  Begriff  des  Streitens 
über  PJtwas  mit  Worten  mit  Einem  oder  Mehrern,  sondern  nur  den 
"Rcgr]^  Envä gen,  Uniersuchen,  allein  oder  mit  Andern,  wobei  Gründe 
und  Gegellgründe  erwogen  oder  vorgebracht  werden.  Der  Gegenstand 
als  Subst.  wird  damit  nur  durch  de  verbunden,  de  aliqun  re,  nicht  ali- 
quam  rem,  wovon  nur  neutrale  Pronomina,  wie  id  (Cic.  Fam.  111,8,3), 
haec  (ib.),  hoc  (Tusc.  I,  34),  quae,  multa  u.  dgl.  eine  Ausnahme  ma- 
chen. Falsch  ist  es  daher  wohl,  wenn  Muret.  (Explic.  Cic.  Catil.  I,  1) 
schreibt:  Miror,  qua  ralione  motus  Ramus  dixerit,  dispulari  hoc 
loco  copnt  deliberationis,  für  dp  capile.  Und  so  bemerkt  Reisig  (Vor- 
lesung, p.  690)  richtig,  man  könne  nicht  sagen  disputo  phiiosophiam, 
dogmnticam,  sondern  nur  de  philosophia.  —  Man  merke  noch  die  Mg- 
Atnsartcu:  dispi/tore  in  a/tcujus  sente?iliam,fiir  Jema?ides  Meinung 
spreche?};  in  ?iuflat}i  partern,  für  keine  Partei;  in  utramque  parteni 
oder  in  contrarias  partes,  für  beide  Parteien,  oder,  wie  wir  sagen,  /«r 
tmd  irider  spreche?},  wofür  B.  im  N.  L.  gesagt  wird  pro  et  contra  dis- 
putare,  dicere  u.  dgl.  Vgl.  noch  Heusinger.  Emehdatt.  p.  400,  und 
Disseriaiio. 

Disquirere,  untersuchen,  kommt  im  N.  L.  oft  vor.  da  es  doch  nur 
höchst  selten  gebraucht  wurde  und  für  uns  nur  aus  Horat.  Satyr,  er- 
weislich ist;  —  es  werde  also  vermieden.  Selbst  das  Subst.  disquisitio 
kommt  nur  in  der  Bedeut.  gerichtliche,  nicht  tvissenschaft liehe  Unter- 
suchung vor.  In  der  letztern  Bedeutung,  in  welcher  es  im  N.  L.  bei 
den  Gelehrten  oft  vorkommt,  ninss  es  ebenfalls  vermieden  werden. 

Dissecare,  zerschneiden,  steht  N.  Kl.  nur  beim  altern  Piinius  und 
Suetnn.und  ist  selten  für  secare.  —  N.  L.  ist  dasSubst.  dissectio  (irgend- 
wo bei  Görenz)  in  der  Bedeut.  Trennung,  inv  disjunctio.  —  Zerschnei- 
dung eines  Körpers  heisst  bei  Celsus  laceratio  mortuorum,  i?icidere 
Corpora,  und  bei  Cicero  aperire  corpora ;  bei  ihnen  findet  sich  weder 
secare,  noch  sectio,  noch  das  N'.  L.  dissectio. 

Disseminatio,die  Verbreitung, \^t  sehr  Sp.  L.,  wiewohl  disseminare 
Kl.  ist.  Man  sage  daher  nicht  disseminatio  oder  dissetninationes  ser- 
monum,  Ausslreuiwg,  ^usspr  engung  von  Reden,  für  sparst  rumor  es, 
disseminati  sermofies. 

Dissensus,  U?ieinigkeit,  ist  P.  u.  Sp.  L.  sehr  selten  für  dissensio, 
obgleich  consensus  und  consensio  Kl.  sind. 

Dissentire,  nncins  sein  mit  Jemanden,  wird  verbunden  ab  aliquo 
und  cum  aliquo,  N.  Kl.  u.  P.  mit  dem  Dat.  ulicui;  aber  tinter  einander, 
inter  se,  z.  B.  i?iter  nos  dissentimus,  wir  sind  unter  einander  uneins 
(Cic.  Phil.  I,  2). 

Dissepire  (dissaepire),  tren?ien,  scheiden,  ist  jetzt  aucli  Kl.  bei  Cic. 
(Rep.  IV,  4),  wegen  seiner  Seltenheit  aber  zu  vermeiden  durch  se- 
cernerc,  separare  u.  a. 

Dissertatio.  Da  das  Verbum  disserere  nur  ^om  Sprechen  zu  und  mit 
einem  Andern,  auch  über  wissenschaftliche  Gegenstände,  gebraucht 
wird,  so  kann  auch  dissertatio,  wiewohl  es  gar  nicht  Kl.,  sondern  erst 
N.  Kl.  und  nur  beim  altern  Piinius  und  bei  noch  Spätem  vorkommt, 
nur  in  der  Bedeut.  Unterredung  und  getneinschaftliche  Besprechung 
und  U?itersuchung  gebraucht  werden,  nicht  aber,  wie  dispulatio,  smch 


299 

Ton  jeder,  selbst  für  sich  allein  angestellten  Untersuchung',  wie  es  im 
N.  L.  ganz  gewöhnlich  gebraucht  wird.  Dies  beweisen  die  vielen  Dis- 
sertationes,  die  nicht  mündliche  Besprechungen,  sondern  nur  häusliche 
stille  Untersuchungen  enthalten.  Besser  sind  dafür  disputatio,  com- 
mentatio,  libellus,  opziscuban. 

Dissidere,  uneins  sein,  wird  wie  dissentire  verbunden.  Vgl.  über 
das  Verbum  auch  Reisig's  Vorlesujig.  p.  736. 

Dissidium;  vgl.  Discidium. 

Dissimulare,  sich  stellen,  als  ob  oder  dass — ,  wird  gebraucht,  wenn 
eine  Verneinung  folgt,  dagegen  simulnre,  sich  stellen,  als  ob  — ,  wenn 
eine  Bejahung  folgt;  z.  B.  er  stellt  sich,  als  wäre  er  flicht  krajik,  dissi- 
mulat  se  esse  oegrum,  wo  im  \  erbo  die  Verneinung  liegt;  aber  er 
stellt  sich,  als  wäre  er  krank,  simulat  se  esse  aegrum,  oder  blos  simu- 
lat  aegrum  ohne  se  und  esne. 

Dissipare,  zerstreuen,  verbreiten ;  wo  und  wohin,  in  aliquo  loco  und 
in  aliquem  locmn  (beides  gleich  gut),  z.  B.  in  urbibus,  in  fnitnmas 
civitates.  —  N.L.\%i  se  dissipare,  sich  zerstreue/i,  geistig,  in  bildlichem 
Sinne,  für  animum,  animi  partes  dissipare.  Daher  heisst  sich  aus  der 
Zerstreuung  sammeln ,  dissipatas  animi  partes  in  suum  locum  cogere, 
oder  kurz  se  ipsum  colligere. 

Dissittis,  aus  einander  liegend,  entlegen,  entfernt,  ist  Sp.  L.  für  di- 
versus,  remotus,  longinqiius,  disju72ctus.  So  sagt  selbst  jMurct.  (Oper. 
T.  II,  p.  888  ed.  Rnhnk.) :  rcgiones  dissitae,  was  Rnluiken  barbarum 
nennt;  Hemsterhuis  (Oratt.  p- 4)  :  quam  longe  dissitos  ac  sejunctos 
fines  invenies,  und  so  noch  Andere.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  186  und 
Heusing.  Emendatt.  p.  400. 

Dissolvere  pecuniam,  Geld  auszahlen,  wird  nur  vom  schuldigen 
Gelde  gesagt;  aber  pecu?iiam  solvere  im  Allgemeinen,  Geld  auszahlen; 
daher  sagt  man  aes  alienum  dissolvere .  nicht  solvere.  Activ.  wird  nur 
vom  Gläubiger  gesagt  dissolvit,  seil,  nomen,  er  hebt  den  Schuldposten 
auf,  aber  passiv,  vom  Schuldner  dissolvttur,  er  wird  von  der  Schuld 
befreit.  —  Vgl.  Wunder  Cic.  Plane,  p.  179. 

Dissona7itia ,  die  Disharmonie ,  ist  sehr  Sjs.  L.  für  discrepantia, 
discordia. 

Dissuadere  alicui  aliquid.  Einem  Etwas  oder  von  Etwas  ahralhen, 
ist  selten  u.  N.  KL,  da  Kl.  nur  dissuadere  aliquid  oder  de  aliqua  re 
gesagt  wird,  —  B.  L.  ist  dissuadere  aliquem  ab  aliqua  re.  Vgl.  Sciopp. 
de  stylo  p.  69.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p,  179. 

Dissyllabus,  zweisylbig,  ist  falsche  Form  für  disyllabus. 

Distantia,  die  Distanz,  Entfernung  (vom  Orte),  kommt  nur  iV.  Kl. 
bei  Vitruv  vor  (VI,  1,7),  der  auch  abstant in  braucht,  und  beim  altern 
Plinius; —  es  wird  von  Rnlinken  gemissbilligt,  indem  er  zu  Muret's 
Worten  (Oper.  T.  I,  p.  221  ed.  Fr.):  propter  locorum  distantiam 
bemerkt:  Meliores  scriptores  potins  dicunt  intervallum.  Diesem  inter- 
vallum hätte  er  auch  spalium  beifügen  können.  Vgl.  Livius  VIII.  8 
distantes  inter  se  modicnm  spntium. 

Distinguere  bedeutet  zwar  auszeichnen ,  aber  se  disiingnere  ist  in 
der  gewöhnlichen  Bedent.  sich  auszeichnen ,  d.  h.  hervorthun  ,  N.  L. 
für  excellere,  superare,  praestare  u.  a.  Ebenso  ist  A^.  L.  se  distinguere 
oder  blos  distinguere  in  der  Bedent.  sich  unterscheide?!,  für  differre. 

Distrahere  kommt  in  der  Bedeut.  einzeln  verkaufen  erst  N.  Kl.  bei 


300 

Sueton  und  den  spätem  Juristen  vor,  für  das  Kl.  divendere;  noch 
später  das  Subst.  distraclio.  In  der  Bedeut.  trennen,  losreissen  wird 
es  verbunden  mit  dem  Abi.  mit  und  ohne  «,  wleches  letztere  aber 
selten  ist.  Vg^l.  Cic.  Dejot.  5. 

Disirihuere  in  der  Bedeut,  in  Etwas  emtheilen,  wird  verb.  aliquid 
in  aliquid,  z.  B.  populum  in  partes  duos;  unter  Etwas  vertheilen,  aliquid 
alicui  oder  in  aliquos,  z.  B.  numos  militibus  oder  i7i  milites. 

Districtus ,  gebunden ,  verhindert ,  wird  verb.  aliqiia  re  und  ab 
aliqua  re. 

—  als  Subst.,  ein  Bistrikt ,  ein  Bezirk,  ist  N.  L.  für  ager ,  tractus, 
regio,  territorium,  und  in  Vervvaltungs-  und  Kirchensachen  dioecesis. 

Ditare,  bereichern .  reich  machen,  kommt  zwar  vielleicht  erst  seit 
Livius  vor,  selten  und  fast  nur  bei  Dichtern,  ist  aber  doch  neben 
lociipletare,  divitiis  ornare  u.  a.  nicht  zu  verwerfen;  dagegen  ist  dite- 
scere,  reich  werden,  nur  P.  Z».,  selten  und  daher  nicht  zu  empfehlen  für 
divitem  ßeri,  divitiis  ornari,  locupletari,  rem  augere,  ditari  \\.  a.  Man 
vermeide  es. 

*  Jenes  findet  sich  auch  in  den  altern  Ausg-g.  von  Cic.  Off.  I,  43  copiis 
ditetiir:  aber  die  neuern  Ausg-g.  lassen  es  nacli  vielen  Handsciir.  aus. 

Ditio ,  was  als  Nominativ  nirgends  vorkommt,  ist  in  der  Bedeutung 
Land,  Landschaft ,  Gegend  fast  N.  L.,  und  Ruhnken  tadelt  daher  mit 
Recht  den  Muret,  der  es  so  braucht  (Oper.  T.  I,  p.  120  ed.  Fr.). 
Ditio,  sagt  er,  apud  veteres  nihil  est,  nisi  potestas,  Imperium.  Sed  ut 
impenum  pro  regno  vel  republica  dicitur,  sie  etiam  ditio  cadente  lati- 
nitate  pro  regione  vel  regno  dicicoepit.  Hoc  igitur  Muretoexinferioris 
aetatislectionesiirrepsit.  Ebenso  falsch  sagtHemsterhuis  (Oratt.  p.7)  : 
ut  suis  adjungeret  ditionibus  (wo  auch  der  Plural,  unerhört  ist),  für 
ut  in  suam  redigeret  potestatem. 

Diu  (alter  Ablativ),  bei  Tage ,  kommt  nirgends  allein  vor,  sondern 
nur  (und  selbst  so  sehr  selten)  in  Verbindung  mit  noctu,  also  noctu 
diuque ,  noctu  et  dm;  überdies  nur  im  A.  L.,  und  es  ist  also  für  unsre 
Schriftsprache  gar  nicht  zulässig,  wiewohl  beide  im  A^.  L.  häufig  ge- 
misshraucht  werden.  Man  brauche  die  und  in  Verbindung  mit  7iox,  die 
et  (ac)  nocte,  ?iocte  et  die;  auch  in  derselben  Bedeutung  im  Acc.  diem-, 
und  ebenso  diem  ?wctemque,  diem  ac  noctem  und  im  Plur.  dies  noctesque, 
noctes  aique  (et)  dies.  Vgl.  Interdiu. 

Diu,  Adv.,  lange,  ist,  den  Praep.  ante  und  post  vorgesetzt,  in 
der  Bedeut.  lange  vorher ,  lange  nachher,  D.  L.  für  multo  ante,  miilto 
post,  indem  in  diu  fast  nur  die  la?ige  Dauer  einer  Handlung  liegt.  Man 
schreibe  nicht,  wie  J.  M.  Gesner  (in  der  lat.  Uebers.  von  Luciani 
Cliaron  c.  23)  :  illa  ipsa  quoque  (Babylon)  non  diu  post  quaeretur, 
für  no?i  multo  post,  oder  vielmehr  post  breve  tempus.  —  Sp.  L.  ist  diu 
diuque  für  das  einfache  diu.  lieber  diu  est,  cum  oder  quod — ,  es  ist 
lange,  lange  Zeit  her,  dass —  vgl.  Jamdiu,  und  über  diu  adhuc ,  noch 
lange,  vgl.  ^dhuc.  —  N.  L.  sind  Redensarten,  wie  diutius  est  quam 
octo  dies,  es  ist  länger  als  acht  Tage,  für  amplius  sunt  octo  dies. 

Diurnus,  täglich,  beschränkt  sich  auf  einen  Tag  oder  auf  das,  was 
bei  Tage  geschieht;  wenn  der  Begriff  ß//e  Tage,  tagtäglich  darin  liegt, 
braucht  man  quotidianus.  Vgl.  dieses  Wort.  Tagebücher,  Journale  sind 
comm  entarii  diurni. 

Divagari oder  devagari,  abschweifen,  umher schtveifen,  kommt  Sp.L' 


301 

nur  bei  Lactanz  vor,  und  ist  unnöthig  für  vagari,  dtgredi.  Verwerflich 
ist,  was  Rulinken  (Opusc.  I,  p.  89)  braucht:  nientis  errore  divagari  h\ 
der  Bedeut.  irren,  sich  täuschen,  getauscht  werden,  für  decipi,  labt  u.  a,. 

Jh'vellere ,  aus  eitumder  -  oder  abreisseti ,  trennen ,  y^ird  verbünd, 
ab  aliqua  re^  ab  aliquo,  P.  L.  ohne  a. 

Diversari;  vgl.  Deversari. 

Diversicolor,  verschiedenfarbig,  ist  sehr  Sp.  L.  für  discolor. 

Diversim ,  ganz  verschieden ,  steht  N.  L.  vielleicht  nur  bei  Görenz 
(Cic.  Fin.  praef.  p.  IV):  Codices  in  alia  oninia  diversim  abeunt,  für 
diver si,  diverse  oder  in  diversnm. 

Diversiniode ,  auf  verschiedene  Weise,  und  ebenso  diversiniodusy 
verschiedefiartig,  sind  N.  L.  für  diverse,  diverso  modo,  diversis  modis, 
varie  u.  a.  —  Jenes  Adv.  steht  noch  auf  dem  Titel  einer  1827  ge- 
schriebenen medicinischen  Abhandlung  und  vielleicht  noch  später 
anderswo. 

Diversitas ,  die  Verschiedenheit ,  kommt  zwar  erst  N.  KL,  aber  bei 
Quintilian  und  dem  Jüngern  Plinius  vor,  und  ist  daher  neben  dem  Kl. 
dissimilitudo  oder  dem  in  dieser  Bedeut.  einmal  bei  Cicero  vorkommen- 
den disiantia  wohl  zu  brauchen,  wie  es  auch  heutzutage  ganz  gewöhn- 
lich ist.  Es  wird  aber  meistens  nur  von  der  Verschiedenheit  Mehrerer 
unter  einander  in  Charakter,  Meinungen,  Lebensweise,  Wort  und  That 
gebraucht,  wogegen  varietas  fast  nur  Ma?michfaltigkeit  und  Abwech- 
selung im  Aeussern  bei  sonstiger  Aehnlichkeit  der  Naturen,  und  bei 
einzelnen  Personen  auch  Unbeständigkeit  im  eigenen  Charakter  be- 
deutet. So  unterscheiden  sich  auch  meistens  die  Ädjectiven  diversus 
und  varius.  Bestimmt  gedachte  Menschen,  deren  Charakter  in  Grund- 
sätzen und  Ansichten  einander  fast  entgegen  und  feindlich  ist,  heissen 
diver  si.  Meinungen  (opiniones)  sind  diver  sae,  wenn  sie  einander  ent- 
gegengesetzt sind,  wie  die  meisten  der  Stoiker  und  Epikuräer;  aber 
variae  (Cic.  Farn.  I,  9,  75)  sind  sie,  wenn  sie  im  Grunde  gleich,  aber 
in  Kleinigkeiten  verschieden  sind,  wie  die  der  verschiedenen  Akade- 
miker. Verschiedene  Lesarten  sind  diver  sae, \ye.nn  sie  entgegengesetzten 
Sinn  geben;  dagegen  sind  die  Lesarteri  in  den  Handschriften  meistens 
nur  variae,  und  eine  Samtnlung  solcher  Lesarten  ist  nur  collectio 
variarum  lectionum,  nicht  diversarum.  Man  spreche  also  lieber  von 
einer  varietas  lectionum,  als  von  einer  diversitas.  Anderer  Ansicht  ist 
Frotscher  (z.  3Iureti  Oper.  II,  p.  115  ed.  Fr.).  —  Falsch  ist  gewiss 
die  Benennung  der  Briefe  Cicero's  an  seine  mancherlei  Freunde, 
epistolae  ad  diverses,  die  eher  ad  varios  heissen  konnten,  wie  auch 
J.  Mich.  Heusinger  meinte,  wiewohl  ad  familiäres  die  beste  Benennung 
zu  sein  scheint,  wenn  anders  Cicero  oder  sein  Freigelassener  T^Vo  der 
Sammlung  einen  Namen  gegeben  hat.  —  In  einigen  Redensarten ,  in 
welchen  wir  verschieden  brauchen,  passt  nicht  wohl  eines  von  jenen 
beiden;  z.  B.  Verschiedene  sind  der  Meinung,  entweder  sunt  qui  cen- 
seant ,  oder  complures ,  nonnulli,  niulti  censent.  —  Uebrigens  wird 
diversus ,  verschieden ,  abweichend  V071  Je/«ff7?</e?2,  verbunden  mit  ab 
aliquo  oder,  wie  alius ,  auch  mit  quam.  —  Eine  Comparativfoim  findet 
sich  wohl  nirgends ;  dafür  dissimilior ;  im  ^u^erl.  ?LhGY  diversissimus 
und  majcime  diversus.  Endlich  findet  sich  N.  Kl.  bei  Sueton  e  (ex) 
diverso  in  der  Bedeut.  dagegen,  im  Gegentheil,  für  contra^  e  contrario, 
während  es  bei  Quintilian  u.  A.  auf  der  entgegengesetzten  Seite  be- 


302 

deutet.  —  V^^I.  noch  Heiisinger.  Emend.  p.  401.  Weber's  Uehntigssch. 
p.  17  und  Varieltis. 

Divertere;  vgl.  DeverieTe. 

Dives,  reich.  Die  Gradfornien  divitior  und  dfvilissünns  sind  Kl.  und 
namentlich  von  Cicero  vielleicht  mehr  gehraucht  worden,  als  die  zum 
alten  Adj.  dis,r}itis  gehörigen  Formen  ditior  und  ditissim?/s ,  \\e\che 
man  heutzutage  als  schöner  vorzieht.  Man  sei  vorsichtig  im  bildlichen 
Gebrauche  des  Wortes,  indem  wohl  nicht  gesagt  wird  z.  B.  dives  fru- 
ctus,  der  reiche  Genuss,f\\r  iiber  fr.,  auch  wohl  nicht  dives  Wngndi,  eine 
reiche  Sprache,  für  copiosa  (Cic.  Fin.  Jll,  15,  51,  im  Gegensatze  zu 
innps),  im  Compar.  auch  uberior;  ebenso  nicht  dives  praetnium,  reiche 
Belohnvvg ,  sondern  aniplum,  amplissimum ,  magmim,  permagnum, 
maximuvi,  summuni  u.  a. 

Dividere  wird  in  der  Bedeut.  theilen.,  in  Stücke  zerlheilen  mit  in 
u.  d.  Acc.  verbunden,  z.  B.  in  partes;  in  der  Bedeut.  von  Etwas  tren- 
nen, ab  aliqua  re  (Caes.  B.  G.  I,  1.  Cic.  Att.  V,  20)  ;  in  der  Bedeut. 
vertheilen,  z.  B.  unter  Lente,  hominibus,  in  fnilites,  wohl  nicht  infer, 
ausser  unter  einander ,  inter  se ;  A.  L.  u.  P.  cum  aliquo ,  aber  mehr 
wo  gemeinschaftliche  Theilung  Statt  findet.  Selten  wird  es  von  der 
rhetorischen  Kintheihmg  einer  Hede  gebraucht,  dafür  mehr  dispuner^, 
und  die  Eintheilung ,  dispositio.  Zweifelhaft  ist  lignum  dividere,  Holz 
theilen,  spalten,  Uir ßndere. 

Divinator  und  dioinotrix,  der  Weissager  (-in),  Wahrsager  (-in),  ist 
sehr  Sp.  L.  für  vates,  augiir,  ho7nofaliloquus,  mulier  fatiloqua. 

Divisibilis  ,  theilbar  ,  ist  Sp.  L.  für  dividuus,  qui,  quae ,  qiiod  dividi 
potest. 

Divisim,  getheilt,  getrennt,  ht  Sp.  L.  für  separate  oder  utdividatur, 
separetur.  » 

Divitiae ,  der  Reicht hvm  ,  wird  gewöhnlich  nicht  von  der  Rede  ge- 
hrawcht .,  diviliae  orationis,  dafür  copia ,  überlas  orationh ,  fecunditas 
(Cic.  Orat.  II,  21).  Cicero  sagt  ausdrücklich  (F'am.  IV,  4,  1),  Servius 
Sulpicius  lege  ihm  per  jocum  (scherzweise)  divitias  orationis  bei;  es 
war  also  ungewöhnlicher  Ansdrnck,  den  man  ausser  im  Scherz  nicht 
wohl  brauchen  kann.  Dennoch  spricht  Ernesti  (Opusc.  orat.  p.  119) 
von  oratio?iis  divitiis.  Gut  aber  ist /w^e/z«  divitiae  (Cic.  Orat.  1,35, 161) 
und  verborutn  divitiae  et  uhertas  (Quintil.  X,  1,  13). 

Divortium,  die  Trennung;  verbunden  nVii  facere ,  sich  scheiden 
(ehelich)  vo7i  Einem,  vo7i  Einer,  nicht  ab  aliquo,  ab  aliqua,  sondern 
cum  (Cic.  Phil.  II,  28  )  ;  das  Subst.  aber  allein  wird  mit  dem  Genitiv 
dessen,  von  dem  man  sich  tremit,  verbunden, z.  B.  divort.  uxoris,  Tren- 
nung von  der  Frau. 

Divus  ist  als  Adj.  in  der  Bedeut.  göttlich  A.  L.  u.  P.  für  divinus, 
und  ebenso  sind  divus  und  diva  als  Snbst.  P.  für  deus  und  dea.  Später, 
seit  Julius  Caesar,  ist  divus  Beiwort  der  Vergötterten  und  unter  die 
Götter  Erhobenen,  und  passt  bei  uns  durchans  niiht  von  den  Ver- 
storbenen,  reihst  nicht  von  den  Aposteln,  z.  B.  divus  Petrus ,  divus 
Paulus  u.  s.  w.  Wir  Evangelischen  überlassen  solche  Ausdrucksweisen 
den  Andersgläubigen,  und  begnügen  uns  bei  den  Aposteln  und  ihnen 
Aehnlichen  mit  dem  ehrwürdigen  Beiworte  sanctus,  satictissitnus. 

Docere  mit  dem  \cc.  fabulam  bedeutet  nur  ein  Schauspiel ,  ein 
Stück  (mit  den  Schauspielern)  eifiüben ,  was  der  Schauspieldichter 


303 

Ihat,  aber  nicht  ein  Sliick  aufführen ,  was  die  Acteurs  thaten  und  was 
agere  heisst.  Vgl.  unter  Dare.  —  Man  sagt  zwar  docere  aliquem  aliquid, 
Einen  in  Etwas  uv1errichte7i,  auch  wohl  arteni  tmisicam,  in  der  Musik, 
aber  bei  einzehien  Instrumenten  wird  der  ^blat.  gesetzt,  aliqiia  re, 
weil  canere  dabei  gedacht  wird,  z.B.  Socratem  docuh  ßdibi/s  (Cic. 
Fam.  IX,  22,  3).  —  Einen  über  Etwas  belehren  heisst  docere  aliquem 
de  aliqua  re. 

Docilis  ist  in  der  Bedeut.  lehrfähig,  der  lehren  kann  N.  L.  für 
aptus  qd  docendum  (Cic.  Atl.  VIII,  4),  da  jenes  nur  g^e/eAr/^  bedeutet. 
Eine  Superlativform  I<omnit  niclit  vor. 

Doclor  ist  in  unserm  neuern  Sinne,  der  Arzt,  N.  L.  für  medicus. 

Dociorolis ,  einen  Doctor  betreffend ,  ist  N.  L.;  sogar  Henisterh. 
(Oratt.  p.  139)  braucht  es,  indem  er  doctoralis  laurea  von  der  Doctor- 
würde,  dem  Doctorhzde  sagt,  für  doctoris  hojiores  oder  dignitas.  Ebenso 
ist  N.  L.  doctoratus ,  die  Doctor uür de,  iur  doctoris  munus ,  honores, 
dignitas.  Doctor  werden  (in  unserm  neuern  Sinne)  heisst  doctoris  di- 
gnitatis  grudum  adipisci. 

Doctrina  in  der  Bedeut.  Gelehrsamkeit  ralssbilligen  Einige  und 
wollen  nur  eruditio  und  copia  dafür  gelten  lassen  (welche  Ausdrücke 
dafür  seltsam  sind).  Aber,  sagt  Dietrich,  rfof/m;« ist  allerdings  urspning- 
lich  der  Unterricht ,  die  Unterweisung  (Cic.  Off.  1,44)  .  woher  auch 
doctrina puerilis,  der  Knubeniinler rieht  (Cic.  Orat.  III,  31,  125),  dem 
Naturell  (natura^  entgegengesetzt  ist  (vgl.  Cic.  Arch.  7).  Dann  aber 
bezeichnet  es  auch  überhaupt  die  durch  Unterweisung  und  Lehre  erwor- 
benen Kenntnisse ,  VLwA  entspricht  also  vollkommen  unserm  Gelehr- 
samkeit oder  gelehrten  Kenntnissen,  wie  aus  unzähligen  Stellen  hervor- 
geht. Vgl.  Dähne  zu  Corn.  Nep.  Epam.  2,  2  u.  Schütz  Lexic.  Cicer. 
unter  diesem  Worte,  sowie  die  neuern  latein.  Lexica. 

Doctus  wird  theils  als  Participiuni  oder  Adjectiv.,  theils  als  Sub- 
stantiv gebraucht;  jedoch  als  Subst.  nicht  im  Sing.,  wo  vir  oder  homo 
dazu  treten  niuss,  sondern  nur  im  Plural,  wo  jedoch  auch  noch  homines 
aus  stilistischen  Gründen  nicht  selten  hinzutritt.  Vgl.  darüber  R.Klotz 
zu  Cic.  Lael.  5,  17,  p.  115  und  Th.  I.  §.  83.  —  Als  Partie,  oder  Adject. 
tritt  es  wegen  seiner  Bedeut.,  ge/eAr/,7/«/e/-/-/c///e^  einer  Sache  kundig, 
eigentlich  nur  zu  persönlichen  Substantiven,  nicht  zu  Sachsubstantiven, 
ausser  wo  die  Beziehung  auf  eine  Person  sehr  nahe  liegt  und  von  ihr 
dem  Substantiv  beigelegt  wird,  z.  B.  doctissimae  voces  Pythagoreovura 
(Cic.Tusc.  1V,1,  2),  doctus  liberund  doctum pectus  (beide  bei  Martial), 
docta  carmina  (bei  Tibull.).  Dichter  benutzen  dies  überhaupt  häufiger, 
was  in  Prosa  mehr  vermieden  wird.  Im  Deutschen  aber  hat  das  Wort 
gelehrt  einen  ausgedehntem  Begriff,  indem  es  Allem  beigelegt  wird, 
was  auf  Gelehrsamkeit  oder  auf  gelehrte  Sachen,  wie  wir  sagen,  Bezug 
hat,  wo  im  Latein,  nicht  doctus  steht,  sondern  eher  eruditus  und  lit- 
teratus.  Wir  sagen  z.  B.  gelehrte  Beschäftigungen,  der  Lateiner  nicht 
docta  studia,  sondern  entweder  blos  studia  (wenn  es  der  Zusammen- 
hang begünstigt)  oder  studia  humanilatis  (Cic,  Mur.  29,  61),  oder 
studia  doctrinae  (Cic.  Fin.  V,  1 9, 53)  ;  eine  gelehrte  (Gelehrten-)  Sprache 
etwa  veterum  lingua ;  ein  gelehrtes  Leben,  vita  litterata ;  eine  gelehrte 
Müsse,  otium  litter atum  (Cic.  Tusc.  V,  36,  105),  nicht  litterarium; 
eine  gelehrte  Schule,  gymnasium  oder  Indus  litter arius;  gelehrte  Zei- 
ten, erudita  temporu  (Cic.  Tusc.  IV,  2,  4);  eine  gelehrte  Rede,  oratio 


304 

erudita  (der  popularis  entgegengesetzt)  ;  gelehrte  Utitersuchtaigeti, 
erudäissimae  disputationes  (Cic.  Orat.  117);  die  gelehrte  Welt  über- 
setzt F.  A.  Wolf  durch  civitas  litteraria,  oder  wohl  verständlicher  ho- 
mines  docti,  lUterati;  gelehrte  Bildung  ist  liberalis  eruditio ;  daher  er 
hat  gelehrte  Bildmig  erhalten,  liberalitcr  est  eruditus;  das  gelehrte 
jilterthum,  antiquae  litterae,  gewiss  nicht  docta  antiqui'tas,  und  so  noch 
viele  ähnliehe  Verbindungen.  —  Ueber  docta  civitas,  der  gelehrte  (Ge- 
lehrten-) Staat  vgl.  Eruditus.  —  JV.  KL  bei  Sneton  ist  graece  doctus, 
der  Griechisch  versteht ;  latine  doctus,  der  Lateinisch  versteht,  für 
graecis  litteris,  latinis  litteris  doctus.  —  Endlich  heisst  kein  Gelehrter, 
7ienio  doctus  (Cic.  Att.  XVI,  7,  9). 

Documentum  ist  in  der  Bedeutung  die  Urkunde,  das  Document 
N.  L.  für  diploma,  tabula  publica  (Cic.  Verr.  III,  36,  83.  Partit.  4), 
auch  wohl  jnonumentum. 

Dogma,  die  Lehre,  der  Lehr-  oder  Grundsatz,  aber  nur  der  philo- 
sophische, ist  als  neutrales  Subst.  (als  Femin.  fast  ungebräuchlich) 
von  Cicero  ohne  Entschuldigung  der  Fremdheit  aus  dem  Griech.  auf- 
genommen und  neben  decretum  gebraucht  worden,  so  dass  es  fast  un- 
bedenklich nachgebraucht  werden  kann,  mag  auch  A.  Matthiae  bei 
Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  172  ed.  Fr.),  der  es  oft  braucht,  tadelnd  hinzu- 
setzen: rectius  praecepta  vel  decreta.  —  Auch  werden  wir  den  Theo- 
logen ihre  dogmata  und  dogniatica  lassen  und  zugestehen  müssen. 
Dolentia,  der  Schmerz,  ist  A.  L.  für  dolor.  «- 

Dolere,tve}ie  thun,  Schmerzen  empfinden,  y/irA  verbunden  entweder 
aliquid  (meistens  etwas  Körperliches^  mihi  dolet,  Etwas  macht  mir 
Schmerzen,  thut  mir  wehe,  z.  B.  pes  dolet,  oculi,  genua  —  mihi  dolent, 
oder  ego  doleo  aliquid  oder  aliqua  re  (etwas  Geistiges^ ,se\ien  de  oder 
ex  aliqua  re,  ich  betrübe  mich  über  Etwas,  mich  schmerzt  Etwas,  z.  B. 
doles  meum  casum,  meo  casu,  de  oder  ex  meo  casu.  —  N.  L.  aber  ist 
doleo  oculos,  pedem,  genua ;  mens  casus  tibi  dolet ;  auch  hoc  nie  dolet, 
für  hoc  doleo;  und  dolere  ob  oder  propter  aliquid,  wegen  Etwas  be- 
trübt sein. 

Dolorificus,  Schmerz  erregend,  ist  N.  Ij.  für  dolore  afficieiis,  dolo- 
rem afferejis  oder  inurens. 

Dolorosus,  Schmerz  empfindend,  trauernd,  ist  sehr  Sp.  L.,  bekannt 
durch  die  mater  dolorosa,  für  maerens,  maestus. 

Dolosus,  betrügerisch,  ist  P.  L.  für  fallas,  insidiosus,  und  in  der 
Bedeut.  listig  ist  es  N.  L.  für  callidus,  astutus.  Kl.  aber  ist  das  Adv. 
dolose. 

Domare,  zähmen,  hat  in  der  bessern  Prosa  im  Perf.  domui,  nicht 
domavi,  und  im  Supinc  domitum,  nicht  domatum;  so  auch  als  Subst. 
domitor,  nicht  domator. 

Domatim,  von  Hause  zu  Hause,  ist  N.  L.  für  ostiatim. 
Bomina,  vgl.  Dominus. 

Dominari'm  der  Bedeut.  herrschen  über  Je7nanden  wird  verbunden 
in  aliquem,  P.  L.  alicui;  unter  Einigen,  inter  al^quos;  in  der  Bedeut. 
in  irgend  Etwas  die  Oberhand  haben,in  aliqua  re.  —  NurP.  L.  kommt 
es  auch  in  passiver  Bedeutung  vor. 

Dominicus,  was  des  Herrn  ist,  ist  Getn.  L.  und  selten  in  der  Schrift- 
sprache, wo  der  Genit.  domini  die  Stelle  vertritt;  man  sage  also  nicht 


305 

oratio  dominica,  das  Gebet  des  Herrn,  das  Vater  unser,  sondern  pre- 
catio  domini. 

Do7niniuTn,  die  Herrschaft,  ist  N.  Kl.  höchst  selten  für  dominatiOy 
dominatus'An  der  Bedeut.  Eige7ithuTnsrechthiQ^Sp.L.hQii\\xhiQi\^ah^r 
in  der  Bedeut.  Gebiet,  Grundstück,  wo  Andere  doma?iiti7n  sagen,  B.  L. 
(daher  das  franz.  domaine),  für  terra,  ager,futidus, possessio  u.  a.  Man 
sage  nicht;  Qnaecunque  vides,  meum  est  dominium,  für  ?nea  sunt.  Vgl. 
Sciopp.  de  stylo  p.  141.  Schori  Phras.  p.  326  u.  Weber's  Uebungssch.» 
p.  447. 

Dominus,  Herr,  kommt  als  ehrender  Titel  eines  Mannes  erst  in 
den  Zeiten  der  Kaiser  vor,  wo  man  nicht  nur  die  Kaiser,  sondern  Je- 
den, den  man  dem  Namen  nach  nicht  kannte,  dominum  zu  nennen 
pflegte,  und  ebenso  die  Kaiserin  und  Jede,  die  man  nicht  kannte,  do- 
minum. Vgl.  Senec.  Ep.  3.  Vorher  bediente  man  sich  in  öffentlicher 
Rede  oft  des  Ausdruckes  vir  amplissinius,  clarissimus  u.  a.,  und  bei 
einer  Frau  nicht  domina,  sondern /em«wa  spectatissima  u.  a.  Vgl.  Cic. 
Mur.  41,  88. —  Unser  Herr  von  —  (bei  Adeligen)  kann,  wiewohl  Herr 
hier  oft  so  viel  als  Besitzer  des  dabei  stehenden  Zusatzes  (also  domi- 
nus) bedeutet,  dennoch  nicht  mit  dominus  de  oder  a  übersetzt  wer- 
den, da  dies  unlateinisch  ist.  Vgl.  darüber  die  unter  der  Praepos.  ^ 
angeführten  Schriften.  —  N.  L.  ist  dominus  auch  in  der  Redensart: 
ich  bin  mein  eigener  Herr,  was  sunt  mei  juris  heisst. 

Domisedus,  zu  Hause  sitzend,  findet  sich  nur  auf  späten  Inschrif- 
ten von  einer  stillen,  zurückgezogen  Iebende?i  Frau  gebraucht,  casta, 
domiseda  matrona.  Darnach  nennt  auch  Ruhnken  (Ep.  ad.  Ritter.)  eine 
Yranfemiuam  modestam  ac  domisedam.  Wunderlich  aber  braucht  es 
Mahne  (Vita  Wyttenbachii)  vom  sitzenden  Leben,  welches  er  domi- 
sedam vitam.  nennt,  da  es  doch  nur  von  einer  Perso?i,  nicht  vom  Leben 
gesagt  wird.  Dies  ist  eben  so  seltsam,  wie  unser  Gebrauch  des  Wortes 
sitzend.  Erträglicher  wäre  noch  das  A.  u.  Sp.  L.  sedentarius  oder  die 
Wörter  sellularius  und  umbraticus.  Das  beste  ist  wohl  reconditus, 
worin  besonders  die  Zurückgezogenheit  liegt.  Vgl.  Graevias  z.  Cic. 
Quinct.  18  natura  fuit  tristi  ac  recondita. 

Domuitio,  das  Heim-  oder  Nachhause  gehen,  ist  A.  u.  iS";;.  L.,  und 
wird  als  falsche  Form  verworfen  für  domum  itio,  so  wie  man  auch 
nicht  domureditio  sagt,  sondern  domum  reditio. 

Domus.  Nach  R.  Klotz  (zu  Cic.  Tusc.  I,  22,  51)  ist  für  domi,  zu 
Hause,  bei  Cicero  wohl  fast  überall  nach  den  besten  Handschr.  domui 
als  alte  Form  zu  schreiben;  so  Cic.  Catil.  I,  13,  32;  II,  6,  13  u.  10,  21, 
Off.  III,  26,99  u.  anderwärts.  Vgl.  Zeitsrhr.  für  Alterth.  1835.  p.  737  fgg. 
—  Aber  in  unserm  Latein  würde  doch  domui  für  domi  seltsam  und  an- 
stössig  sein.  —  N.  L.  ist  de  domo  ad  domum,  voti  Haus  zu  Haus,  z.  B. 
gehen,  für  ostiatim.  Daher  heisst  von  Haus  zu  H.  bettebi,  stipem  ostia- 
tim  cogere.  Zweifelhaft  ist  res  belli  domique,  res  domi  militiaeque,  für 
res  domesticae  et  bellicae. 

Donare,  schenken,  beschenken,  wird,  wie  im  Deutschen,  verbunden 
alicui  aliquid,  oder  aliquem  aliqua  re.  —  N.  L.  und  gekünstelt  sind 
Ausdrücke, wie:  locum  luce  oder  loco  lucem  donare,  eine  Stelle  aufklä- 
ren, für  locum  illustrare,  explicare,  enodare  u.  a. ;  librum  latinitate  do- 
nare, ein  Buch  lateinisch  übersetzen  (wie  oft  geschrieben  wird),  für 

20 


306 

Ubrum  in  latinum  vertere ;  alicui fldem  donare.  Einem  Glauben  schen- 
ken, für  habere  alicui ßdem  (Cic.  Ätt.  VIII.  3,  2). 

Donum,  das  Gesche?ik,die  Gabe.  Die  Geistesgabe,  d.  h.  die  Geistes- 
fähigkeit,heisst  nie  animi  oder  iifgetiii  dcmum,  sondern  animi facultas, 
aniini  virtus,  auch  blos  ingenium,  animns  oder  indoles.  Dasselbe  liegt 
auch  in  dem  allgemeinen  ?iaturae  munus,nat.  munera.  Auch  ist  Ovid's 
Ausdrucksweise,  ingenii  dotes,  wohl  selbst  für  die  Prosa  nicht  zu  ver- 
«werfen. 

Dorsum,  der  Rüchen,  wird  in  der  bessern  Prosa  mir  bei  Lastthie- 
ren  gebraucht,  dagegen  tergum  bei  Menschen  und  Thieren ;  dahec 
heisst  i7n  Rücken  oder  von  hinteti  (bei  Menschen)  nur  a  tergo.  Vgl. 
Tergum.  Dorsu?n  wird  auch  von  Bergabhängeii  gebraucht. 

Dos  wird  ausser  der  Bedeut.  Mitgabe,  Jusstattung  fast  nur  von 
Dichtern  für  donum,  virtus  oder  bonum  gebraucht;  und  so  ist  auch 
das  im  N.  L.  oft  vorkommende  animi, ingenii,  corporis  dos  (dotes)  zwar 
nur  P.  L.,  aber  doch  nicht  verwerflich,  wenigstens  nicht,  wenn  es  mit 
den  Genit.  naturae  wnd  fortunae  verbunden  ist.  Vgl.  Donum. 

Drama,  das  Schauspiel,  kommt  nur  einmal  Sp.  L.  und  in  einem 
Verse  bei  Ausonius  vor:  dramata  fabellarum,  für  das  Kl.fabula  oder 
für  die  einzelnen  Wörter  tragoedia  und  comoedia;  nirgends  aber  fin- 
det sich  das  Adj.  dramaticus  für  das  Kl.  scenicus.  In  der  Kunst-Ter- 
minologie können  i)eide  bisweilen  kaum  entbehrt  werden. 

Dubietas,  der  Ziveifel,  ist  Sp.  L.  für  dubitatio,  ambiguitas,  oder  mit 
dem  Adj.  dubius  und  dem  Verbo  dubitare.  Im  N.  L.  hat  man  auch  ge- 
wagt zu  sagen  dubioh/m,  der  kleine  Ztveifel. 

Dubiosus,  zweifelhaft.,  ist  Sp.  L.  aus  der  geraeinen  Sprache  genom- 
men für  dubius. 

*  J.  Fr.  Gronov  wollte  es  sogar  bei  Livius  XLV,  36,  1  in  einer  verdorbenen 
Lesart:  in  re  minime  dubia,  si  quisquam  —  finden,  wofür  er  duhiosa  quisquam  ver- 
niuthet,  was  Drakenborch  verwirft,  welclier  mit  den  Frühern  si  streiclit. 

Dubitabilis,  ztveifelhaft,  ist  P.  L.  für  dubius. 

Dubitare  wird  in  der  Bedeutung  Bedenken  tragen,  anstehen,  zö- 
gern, mit  und  ohfie  non  fast  nur  mit  dem  Infinitiv  verbunden ;  jedoch 
folgt  auf  no7i  dubitare  in  dieser  Bedeutung  auch  bisweilen  quin  mit 
dem  Conjunctiv,  und  zwar  so  einigemal  bei  Cicero  und  Caesar.  In  der 
Hauptbedeutung,  ziveifelhaft  sein,  zweifeln,  unterscheide  man,  ob  es 
mit  oder  ohne  jion  steht.  Dubitare  ohne  non  hat  denObjectssatz  nicht 
mit  qui7i  nach  sich,  sondern  fragend  mit  an  oder  wMm,  selten  und  mehr 
Sp.  L.  den  Accusativ.  c.  Infin. ;  aber  non  dribitare  imd  ebenso  no7i  du- 
bia m  esse,  und  die  ebenfalls  negativen  Ausdrücke  cave  dubites,  cur 
oder  quid  dubitas,  quid  est  quod  dubites,  d.  h.  du  brauchst  nicht  daran 
zu  zweifeln,  haben  bei  Cicero  und  Caesar  nur  quin  nach  sich,  in  der 
gewöhnlichen  Sprache  aber,  welche  schon  Cornel.  Nepos,  Cicero  der 
Sohn,  Trebonius  (in  Cic.  Fam.  XVI,  21,  3),  Hirtius  und  Livius  beach- 
teten, den  Accus,  c.  Infin.,  welcher  nachher  ganz  gewöhnlich  wurde. 
Jener  bessern  Sprechweise  mit  qui7i  hätten  die  Neulateiner  nur  allein 
folgen  sollen ;  aber  selbst  die  bessern,  wie  Muret,  brauchen  beide 
gleich  häufig  abwechselnd,  und  so  geschieht  es  auch  heutzutage.  — 
Noch  merke  man,  dass,  wenn  nach  dubitare  zwei  Objectssätze  als  dis- 
junctive  Fragen,  ob  —  oder,  folgen,  nicht  an  —  an  folgen  darf,  son- 
dern dass  für  das  erste  an  entweder  utru7n  oder  ne  steht,  oder  dass 


307 

man  kein  Fra^wort  setzt.  Man  sage  nicht:  Diibito,  an  mihi  faveat,  an 
adversetiir,  ob  er  mir  günstig  oder  ungünstig  sei,  sondern  mihi  faveat, 
an  adv.,  odei*  utrum  mihi  f.  an  adv.,  oder  faveatne  mihi,  an  adv.  \gl. 
Spalding  in  \\  olfii  Museum  Antiq.  I,  p.  93.  Hensing.  Emend.  p.  466  u. 
Reisig's  Vorlesung,  p.  573.  — ,  Beispiele  aus  Neuern  hier  anzuführen, 
die  den  gegebenen  Vorschriften  nach  nicht  correct  und  gut  Ä7.  sind, 
halte  ich  fiir  zu  weitläuftig,  wiewohl  es  belehrend  sein  könnte.  —  Das 
Obeng-esagte  gilt  auf  gleiche  Weise  für  das  Wort  dubitatio  und  das 
Adject.  dubius.  —  Nachträglich  ist  noch  zu  bemerken,  dass  dubitare 
bei  einem  folgenden  Subst.  mit  de  aliqua  re  verbunden  wird,  z.  B.  de 
tua  erga  me  voliintate,  und  nur  bei  Pronominen  im  Neutro  mit  dem 
Accusativ,  z.  B.  hoc  (haec)  dubitant  philosophi,  darüber  si?id  die  Phil, 
in  Ungewissheit. 

Dubitatio  hat  ausser  der  gewöhnlichsten  Bedeutung  BedenJdichkeit, 
Anstand,  Zögerung  auch  die  Bedeut.  Zweifel,  was  Einige  und  unter 
den  Neuern  Stürenburg  (z.  Cic.  Off.  p.  136)  bezweifeln  und  verwer- 
fen, wiewohl  mehrere  Stellen  Cicero's  sie  bestätigen.  Vgl.  Anton's 
Progr.  p.  49.  Matthiä  z.  Cic.  Ep.  p.  315.  Webers  Uebungssch.  p.  199. 
Hand's  Lehrb.  des  Styls,  p.  155  u.  Freund's  Wörterb.  —  Zu  in  dubi- 
tationem  vocare,  in  der  Bedeut.  bezweifeln,  findet  sich  kein  Beispiel. 

Dubitatious,  zweifelhaft,  ist  sehr  Sp.  L.  für  dubius;  es  kann  aber 
als  grammatisches  und  logisches  Kunstwort  oft  kaum  entbehrt  werden. 

Dubius.  Das  Neutr.  dubium  wird  als  Subst.  gebraucht,  aber  nur  in 
Redensarten,  wie:  in  dubio  esse,  in  dubium  vocare,  devocare,  veiiire,  in 
dubio  ponere,  sine  dubio,  procul  dubio,  wo  wir  dubium  durch  Zweifel 
übersetzen.  Aber  dennoch  tritt  weder  ein  Adj.,  noch  ein  Pronomen 
hinzu  ;  man  sagt  also  nicht  hoc,illud,omne,  ullum,  nullum,quodvis,  inini- 
mum,  magnum  dubium  u.  a.  Diese  und  ähnliche  findet  mau  heutzutage 
damit  verbunden,  denn  man  liest  oft:  hoc  dubium,  nullum  dubium,  ne 
minimum  quidem  dubium,  sine  ullo  oder  wohl  gar  sine  omni  oder  abs- 
que  omni  dubio,  für  das  einfache  sine  dubio.  Vgl.  auch  Absque  und 
Sine.  —  Eben  so  N.  L.  ist  dubio  locus  non  est,  es  findet  kein  Ziveifel 
Statt.  Auch  bedeutet  dubius  ohne  homo  eben  so  wenig  den  Zweifler; 
dafür  ist  eine  Umschreibung  besser. 

Ducentum,  zweihundert,  kommt  zwar  bei  Columella  (V,  3,  7)  vor, 
ist  aber  gewiss  als  N.  L.  Form  für  ducenti  zu  bezweifeln.  Lächerlich 
wäre  es,  es  nachzubrauchen.  Vgl.  Th.  I,  §.  42,  Anm.  23. 

Ducere  ist  in  der  Bedeut.  ableite?!,  herleiten  (ein  Wort  von  einem 
andern,  d.  h.  gebildet,  gemacht  glauben,  die  Abstammung  angeben) 
N.  L.,  indem  es  nur  von  den  Wortbildnern  selbst  gebraucht  wird,  z.  B. 
ab  amando  nomen  ductum  est  (von  dem,  der  das  neue  Wort  daraus 
bildete)  amicitiae  (Cic.  Fin.  II,  24,  78)  ;  falsch  aber  wäre  ab  amando 
nomen  duco  amicitiae,  und  auctor  (das  Wort  auctor)  ducendum  est  a 
verbo  augere,  für:  origo  vocabuli  auctoris  repetenda  est  ab  augendo. 
Vgl.  darüber  mehr  unter  Derivare.  —  In  der  Bedeut.  glauben,  ver- 
bunden mit  einem  Accus,  u.  dem  Inf.,  z.  B.  haec  tolerabilia  esse  duco, 
verwarf  es  J.  A.  Erensti  als  unlateinisch,  denn  der  Inßn.,  meint  er, 
müsse  fehlen.  Es  ist  aber  richtig.  Vgl.  Matthiä  Cic.  Manil.  17  iind 
mehrmals  in  seiner  Ausg.  von  Cic.  Epist.  select. ;  Frotscher.  z.  Mureti 
Oper.  T.  I,  p.  115  ed.  Fr.  —  N.  L.  ist  ducere  alicui  aliquid,  honorem. 
Einem  Etwas  als  Ehre  anrechnen  (und  so  andere),  für  honori.  Falsch 

20* 


308 

sagt  Terpstra  (Antiquit.  Homer,  p.  293)  :  heroibus  honor  ducebatur. 

—  Verworfeil  wird  sibi  aliqiiid  religioni  ducere,  steh  afis  Etwas  ein 
Gewissen  machen.  Vgl.  Conscienlia.  —  KUoas  unter  Ktwas  rechnen 
heisst  ducere  allquid  (aUqiiem)  in  aliquibus  oder  iii  ?iuniero  aliquorum, 
selten  und  vielleiclit  zweifelhaft  immer o  aliqiior um  (Caes.  B.  G.  VI,  21 
deonan  numero  eos  ao/os  ducimt,  für  deor.  in  numero). —  P.  L.ist  bel- 
ban  ducere ,  einen  Krieg  führen,  für  bellum  gerere,  da  jenes  in  Prosa 
heisst  einen  Krieg  in  die  Länge  ziehen.  Vgl.  Heusing.  Eraend.  p.  466. 

—  N.  L.  ist  ducere  magistratum,  ein  Amt  führen,  bekleiden,  für  gerere.  — 
S]).  L.  ist  ducere  vilam  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  das  Leben  hin- 
bringen, leben,  für  vitam  agere  oder  degere,  ausser  wenn  der  Begriff 
des  Kümmerlichen,  Traurigen  oder  der  Verlängerung  darin  liegen 
soll,  wo  Zusätze  meistens  das  Wie  angeben.  Dagegen  spricht  nicht  Cic. 
Manil.  ]2,  33  quibus  vitam  et  spiritum  ducitis,  indem  hier  zeugmatisch 
gesprochen  ist,  für  vitam  agitis  et  spiritum  ducitis.  Vgl.  auch  Cic. 
Marceil.  9.  Jedoch  sagt  er  (Fin.  V,  19,  50):  aetatem  in  litteris  ducere, 
wofür  er  sonst  traducere  braucht.  —  Sein  Alter  bringen  bis  auf  — 
heisst  aber  aetatem  perducere  ad  —  (Cic.  Senect.  17,  60).  —  Eine 
Kolonie  irgendwohin  führen  heisst  selten  ducere,  mehr  deducere  ali- 
quo  coloniam;  und  so  überhaupt  mehr  deducere,  wo  die  Rede  ist  vom 
Führen  von  einem  Orte  zum  andern.  Vgl.  Cic.Orat.  1,8,33  und  Mencken. 
Observ.  p.  223.  —  Im  Spotte  sagt  nach  dem  Latein  der  Komiker  Asi- 
nius  Pollio  (Cic.  Fam.  X,  32,  ]):  Baibus  dusit  se  a  Gadibus,  B.  ist  von 
G.  tveggegangen,  hat  sich  wegbegeben,  für  abiit.  Vgl.  Educere. 

Ductare,  führen,  anführen,  kommt  bei  Sallust  aus  dem  A.  L.  ent- 
nommen und  später  nur  bei  Tacitus  vor,  für  ducere;  —  ebenso  nur 
A.  L.  ductitare. 

Ductio,  Leitung,  Führung,  ist  Gem.  L.  bei  Vitruv  u.  A.  und  sehr 
selten  für  ductus. 

Ductus,  die  Ijeitung.  Verbunden  mit  dem  Gen.  Sing,  aquae  bedeu- 
tet es  nur  eine  Wasserleitung,  dagegen  heissen  mehrere  Wasserleitun- 
gen meistens  aquarum  ductus,  selten  aquae  ductus,  wie  einigemal  bei 
Vitruv. 

Dudum  in  der  Bedeut.  längst,  schon  lätigst  ist  zu  bezweifeln,  we- 
nigstens in  der  bessern  Prosa,  für  jampridem. 

Duellum  ist  bei  den  Alten  nur  die  alte  Form  für  bellum,  Krieg 
im  Allgemeinen  zwischen  zwei  Völkern,  und  ist  als  alte  Form  bei 
Dichtern  dafür  geblieben;  nirgends  aber  bedeutet  es  einen  Kampf  zwi- 
schen ztvei  Einzelnen,  einen  Zweikampf  ein  Duell,  und  muss  in  dieser 
Bedeutung  durchaus  vermieden  werden.  Es  genügt  certamen,  z.  B.  bei 
Ijivius  (XXIV,  8,  5):  Valerius  arma  cepit  ad  versus  Gallum  ad  certa- 
men provocajitem,  wofür  Sp.  L.  singularis  pugna,  singulare  proelium 
gesagt  wird.  Vgl.  Vorst,  latin.  mer.  susp.  p.  110.  Vertheidigt  wird  es 
von  Anton  (Progr.  p.  79). 

Dulcitas,  die  Süssigkeit,  ist  A.  u.  Sp.  L.  für  dulcedo. 

Dulcitudo,  die  Süssigkeit,  wechselt  mit  dem  gewöhnlichen  dulcedo 
in  zwei  Stellen  Cicero's  (Orat.  III,  25,  99  u.  40,  161)  in  den  Hand- 
schriften, ist  aber  durch  gute  Zeugnisse  gesichert;  —  sonst  findet  es 
sich  fast  nirgends,  und  man  brauche  es  daher  lieber  nicht. 

Dum.  Bei  dem  Gebrauche  dieser  Partikel  wird  vielfältig  nach  ihren 
verschiedenen  Bedeutungen  im  Tempus  und  Modus  des  damit  verbun- 


309 

denen  Verbi  gefehlt.  Darüber  belehren  jetzt  g^enügend  die  Grammati- 
ken. Vgl.  auch  Reisig's  Vorlesung-,  p.  458.  Falsch  ist  es  z.  B.,  wenn 
Ang-.  Politian  in  seinem  Herodian  schreibt:  Haec  dum  Uli agitarent  — 
ita  Julia  mater  locuta  est,  für  dum  Uli  agitant ;  oder  wenn  Valckenar. 
(Oratt.  p.  244)  sagt:  Phllippus  Methoneni  dum  oppug7iaret  (für  oppu- 
gnat),  sie  de  muro  petulans  juvenis  in  regem  jacuiabatur  ({ür  jacula- 
tus  est),  ut  ipsius  (ejus)  oculum  effoderet  (besser  effoderit)  —  und  so 
öfter  im  N.  L.;  denn  du?»  hat  in  der  Bedeut.  ivährend,  nicht  das  Im- 
perfectum  (weder  Indicat.  noch  CojijuncL)^  sondern  nur  das  Praesens 
Indic,  nemhch  in  bestimmter  Rede,  bei  sich.  Auch  brauchen  wir  oft 
während,  wo  nicht  zwei  Facta  in  der  Zeit  verbunden  sind,  was  dum 
anzeigt,  sondern  wo  eine  innere  Verbindung  der  Ursache  und  Wirkung 
Statt  findet,  und  wo  also  nur  cum  (quum)  gesetzt  werden  kann.  Vgl. 
Grotefend's  Commentar.  Excurs.  2,  13.  —  Auch  ist  dum  fehlerhaft 
für  cum  m.  d.  Indicat.  in  der  Bedeut.  indem,  für  da  oder  dadurch 
dass.  Vgl.  Dietrich  zu  Sintenis  p.  141  und  Klotz  zu  Sintenis  p.  174,  wo 
Sintenis  falsch  sagt:  dtim  nihil  prius  vobis  curandum  suadeo,  für  cum 
(quum)  nihil  — .  Auch  wird  es  unrichtig  da  angewandt,  wo  unser  iväh- 
rend  für  aber  steht,  und  wo  autem,  vero,  contra  vero  dafür  zu  setzen 
ist.  —  üeber  dummodo  ne  und  du7nmodo  non^  ivenn  nur  nichts  vgl.  die 
Grammatiken.  Das  letztere  steht  bei  einem  JFutische  nur  dann,  wenn 
nicht  (non)  ein  einzelnes  Wort  bestimmt  verneinen  soll. 

Duntaxat,  nur,  steht  gewöhnlich  nur  bei  Maass-  und  Zahlbestim- 
mungen in  der  Bedeut.  mehr  nicht ;  sonst  auch  um  anzudeuten  nur  die- 
ses, aber  nicht  Anderes,  in  Bezug  auf  einzelne  Wörter.  Man  sage 
nicht:  Persium  duntaxat  legit,  non  intellexit.  —  N.  L.  sagt  man  aucli 
non  duntaxat  mit  folg.  sed  (verum)  etiam,  für  non  sohan.  Falsch  sagt 
Ficinus  in  seinem  latein.  Plato:  nee  sine  mercede  duntaxat,  verum 
etiam  — . 

Duo,  zivei.  Im  Accusativ  sind  die  Formen  duos  und  duo  gleich  KL; 
die  letztere  galt  eine  Zeit  lang  bei  den  Gelehrten  für  die  bessere  und 
fast  einzig  gute,  wird  aber  jetzt  wieder  mehr  zurückgedrängt.  In  der 
W^ahl  der  einen  oder  der    andern  bestimme  uns  die  Form  der  Rede. 

—  Man  verwechsele  duo  nicht  mit  bini,  und  sage  z.  B.  nicht:  duae 
Thebae,  zwei  Theben ;  duae  litterae,  zwei  Briefe,  für  binae  Thebae,  bi- 
nae  litter  ae,  da  duae  litt  er  ae  zwei  Buchstaben  heisst.  Vgl.  Th.  I.  §.  90. 

—  Zwei  imd  zwei  gehen  mit  einander  (und  ähnliche)  heisst  nicht  duo 
et  duo,  sondern  bini  incedunt;  ei7ier  oder  zwei  müssen  bestraft  wer- 
den,—  nicht  unus  aut  duo,  sondern  ttmis  alterte  — ;  einen  oder  höch- 
stens zwei  ausgenommen,  nicht:  excepto  uno  aut  summura  duobus,  son- 
dern aut  summum  altero  (Cic.  Fam.  V,  21,  1).  Wähle  von  den  Zweien, 
was  (wen)  du  willst,  nicht  elige  e  duobus,  quod  {quem)  vis,  sondern 
elige  utrumlibet  (Cic.  Quinct.  26,  81),  oder  elige,  utrum  velis  (Cic.  in 
Caecil.  74,  45).  Ein  Tag,  zwei,  mehrere  (z.  B.  verfliessen),  nicht  dies 
unus,  duo,  plures,  sondern  unus,  alter,  plures  (Cic.  Verr.  IV,  29,  66). 

—  In  Bezug  auf  zivei  vorhergenannte  Personen  oder  Dinge  schieben 
wir  oft  überflüssig  im  Beisatze  oder  in  der  Apposition  das  Zahlwort 
s?/'e/oder  ei?i  Paar  ein,  wo  der  Lateiner  duo  weglässt.  Wir  sagen  z.  B. 
Demosthenes  und  Cicero  sind  die  zivei  grössten  Redfier;  mit  seinem 
Leben  tvill  ich  das  des  Plato  und  Archytas,  zweier  gelehrten  und  ivei- 
sen  Männer,  vergleichen;  das  eine  Bild  war  das  der  Ceres, das  andere 


310 

das  des  Tn'ptole?nus,  zwei  (ein  Paar)  herrliche  und  kostbare  Stücke ; 
die  j4vf7nerksamkeit  Aller  zogen  Scipio  und  Hannibal  auf  sich,  (ei?i 
Paar)  zwei  Feldherrn,  die  sich  gleichsam  zum  letzten  Kampfe  gerüstet 
hatten; — in  diesen  und  ähnlichen  Beispielen  findet  sich  im  Latein,  duo 
nicht  ausgedrückt,  also  :  sunt  summi  oratores ;  doctorum  hominnm  et 
plane  sapientium  ;  pulcherrima  ( Signa)  ac  peranipla ;  velut  ad  supre- 
?num  ceriame?i  comparati  duces ;  —  und  so  in  ähnlichen  Zusätzen  fast 
überall.  Anders  ist  es  mit  den  Fällen,  wo  duo  als  bedeutend  beigefügt 
wird,  z.  B.  Liv.  XXI,  1],  13  qui  duo  populi —  omiserunt  mota  arma, 
diese  beiden  Völker  — ;  ebenso  YIll,  17,  9, 

Vuodecimus.  Ueber  die  Redensart  in  duodecimo  von  dem  Format 
der  Bücher,  in  Duodez,  vgl.  Folium. 

Duplicatio,  die  Verdoppelung,  findet  sich  N.  Kl.  nur  bei  Seneca 
für  das  gebräuchlichere  geminatio,  wiewohl  duplicare  und  duplicatus 
Äl.  und  häufig  vorkommen. 

Durabilis,  dauerhaft,  steht  N.  Kl.  bei  Coluraella,  sonst  selten  für 
stabilis,  ßrmus,  solidus,  constans,  diuturnus.  Obgleich  es  also  zum  Ge- 
brauche unnöthig  ist,  so  wendet  es  dochErnesti  an:  m\n\me  durabilem 
honorem,  und  Valckenar.  (Orat.  p.  225)  :  durabilem  libertatem  u.  a. 

Durare  ist  in  der  Bedeut.  dauern,  ir (ihren,  fortwähren  fast  nur 
P.  L.  und  kommt  in  Prosa  zuerst  und  nur  einmal  l)ei  Livius  (I,  9)  vor: 
hominis  aetatem  duratura  magnitudo  erat,  später  selten,  jedoch  bei 
Quintilian  für  esse,  mauere,  vigere;  lange,  länger  dauern,  manere  diu, 
diutius  ;  diuturmmi,  diutinum  esse,  per diuturnum  esse;  auch  longtim., 
longiorem  (longius)  esse,  z.  B,  opinio  mortis  longior  fuit,  dauerte  län- 
ger (Cic.  Sext.  38).  Bezweifelt  und  verworfen  wird  bellum  dural,  du- 
ravit,  indem  dafür  oft  esse  mit  dem  Zeitaccusativ  genügt;  TV.  L.  aber 
ist  ditrante  hello,  während  des  Krieges.  —  Wo  wir  sagen :  Es  dauerte 
wenige  Tage,  so  starb  er,  sagt  man  lateinisch  intra  pauros  dies  mortuus 
est,  und  so  ähnliche. 

*  In  Nizolii  Tiiesaur.  stehen  für  durare  als  Auctorität  bei  Cicero  zwei  Stel- 
len faus  de  Sencct.  20,  74  isque  ad  exiguiim  tempus  durat,  und  aus  Oft.  II,  16,  56 
ad  breve  exiguumque  duratura  sit  tempus,  nach  alten  Ausgaben),  aber  die  besten 
Handschr.  lassen  in  beiden  Stellen  das  Verbum  aus ;  so  auch  die  neuern  Aus- 
gaben. 

Duratio,  die  Dauer,  z.  B.  belli,  ist  N.  L.  Vgl.  Wolf  Analect.  I,  p,  490. 
Man  braucht  longinquitas,  diuturnitas,  wie  Liv.  V,  L5  per  longinquita- 
tem  belli,  wegen  der  langen  Dauer  des  Krieges;  die  Dauer  des  Alters, 
longijiquitas  aetatis  bei  Terent.  Hecyr.  IV,  2,  20,  wo  Ruhnken  zu  ver- 
gleichen ist;  Caes.  B.  G.  III,  4  diuturnitas  (die  lange  Dauer)  pugnae. 
Vgl.  auch  Gronov.  Observ.  IV,  11. 

Duriter,  hart,  als  Adv.  von  durus,  ist  weniger  gute  Form  als  dure. 
—  B.  L.  ist  duriuscide,  was  im  N.  L.  bisweilen  vorkommt. 

Duumvir  und  im  Plur.  duumviri.  Letzteres  bedeutet  bei  den  Alten 
nur  zwei  Männer,  die  ein  Collegium,  eine  Verbindung  mit  einander 
bilden,  und  gleichsam  gemeinschaftliche  Beamte  für  einen  und  densel- 
ben Zweck  und  zur  Besorgung  eines  und  desselben  Geschäftes  be- 
stimmt sind;  jeder  einzelne  hiess  duumvir,  ein  Zireimann.  So  gab  es 
triumviri,  decemviri,  quindecimviri  u.  dgl.  Wenn  aber  ztoei,  drei,  zehn, 
fünfzehn  Männer  nicht  so  zu  gleichem  Zweck  verbunden  waren,  hies- 
sen  sie  duo,  tres,  decem,  quindecim  viri,  und  jeder  einzelne  hiess  nur 


311 

vir,  nicht  aber,  wie  die  obigen,  duumvir,  triumvir,  decemvir,  quinde- 
cimvir.  Im  iV.  L.  raissbrauclit  man  jene  Amtsnamen,  und  nennt  in  vor- 
nehmem Style  %wei  Männer,  die  in  keiner  Verbindung  zur  Besorgung 
eines  und  desselben  Geschäftes  stehen  und  gestanden  haben,  die  wohl 
gar  nicht  zu  derselben  Zeit  an  einem  und  demselben  Orte  gewesen 
sind,  dennoch  duimiviri.  So  hat  ein  Buch  den  Titel:  Vitae  summorum 
duumvirorum  Hemsterhusii  et  Rufmke?m,  oder  man  spricht  von  dnum- 
viriHeynhis et  fVolßus,duu}nviri  Hermanniiset  Boeckliius ;  s.\t\xA  diiuyn- 
viros  Saxhwi  et  Wytte7ibachiu?n  (wie  Mahne  im  Crito  p.  243),  und  so 
viele  andere,  wo  meistens  nicht  einmal  duo  viri  lateinisch  ist;  vgl.  dar- 
über unter  Duo.  —  Ueber  den  Genitiv  von  duumviri  in  der  ersten  Be- 
deutung vgl.  Th.  I,  §.  24,  2.  Auch  vgl.  noch  J.  A.  Ernesti  Tacit.  Ann. 
I,  2.  Döderlein's  Synonym.  Th.  IV,  p.  348  und  Weber's  Uebungssch. 
p.  243. 

E.  e. 

E  oder  ex,  aus.  Diese  Praeposition  wird  öfter  angewandt,  als  wir 
unser  ans  anzuwenden  pflegen,  was  man  aus  Handii  Tursellin.  T.  II, 
Reisig's  Vorlesung,  p.  722  und  aus  den  neuern  lat.-dentschen  Lexicis, 
z.  B.  von  Scheller,  Georges  und  Freund,  bei  einer  Durchsicht  dessen 
finden  wird,  was  über  dieses  Wort  bemerkt  ist.  —  Ja,  wo  man  den  Ge- 
brauch des  Wortes  bisweilen  angefochten  und  verworfen  findet,  z.  B. 
ex  hac  re,  es  hac  causa,  ex  mu/ti's  catisis,  hi's  ex  causis  u.  dgl.,  daher, 
aus  dieser  Ursache,  aus  diesem  Gr?inde,  aus  vielen  Ursachen,  —  wo- 
für man  freilich  öfter  hac  de  re,  hac  de  causa,  multis  de  causis,  co/n- 
pluribus  aliis  de  causis  findet,  durfte  dies  nicht  so  geradezu  geschehen. 
So  sagt  z.  B.  Cicero  (de  Rep.  II,  7):  qua  ex  causa  cum  bellum  Roma- 
nis Sabini  intulissent ;  Plinius  (Epist.  I,  3,  6)  :  ex  pluribus  causis ;  V,  8 
his  ex  causis  7ion  adducor ;  VI,  6,  8  quibus  ex  catisis  exigo,  ui  venias; 
Seneca  (Epist.  29):  7mlla  alia  ex  causa,  quam  quod — ,  auf  welche  Stel- 
len ich  beim  Lesen  gestossen  bin,  und  deren  sich  wohl  noch  mehrere 
finden  lassen  möchten,  wiewohl  de  weit  Öfter  so  vorkommt,  als  ex, 
wesshalb  es  denn  auch  für  unser  Lateinischschreiben  allein  zu  empfehlen 
ist. —  Ex  consuetudine,  ex  legibus  u.  a.  ist  üblich,  aber  doch  sagt  man 
nicht  ex  more,  wie  es  sich  bei  Sallust  und  N.  Kl.  findet,  sondern  nur 
more.  Vgl.  Handii  Tursellin.  T.  II,  p.  652.  —  Sp.  L.  ist  e  contra,  im 
Gegentheil,  dagegen,  für  contra,  contrarie,  e  (ex)  contrario,  contra  ea. 
—  Erst  seit  Livius  kommt  ex  quo  als  eine  Partikel  in  der  Bedeut.  seit- 
dem, seitdem  dass  vor,  für  ex  eo,  cum;  und  so  auch  bei  ihm  nach  vor- 
ausgegangener Zeitbestimmung,  z.  B.  nach  per  omnes  dies  (XXVII,  50) 
nach  per  aliquot  aefates  (XXXIV,  26),  wo  für  ex  quo  sonst  cum  zu  fol- 
gen pflegt.  Es  werde,  da  es  selten  ist,  vermieden,  und  man  sage  daher 
nicht:  est  annus,  ex  quo;  duo  sunt  anni,  ex  quo  — ,  sondern  cum,  es 
ist  ein  Jahr,  seitdem  — . 

Ea  propter,  desswegen,  ist  P.  L.  u.  N.  KL  für  propterea. 

Eblanditus,  er  schmeichelt ,  durch  Schmeicheleien  hervor  gelockt,  steht 
bei  Cicero  und  Andern  in  diesem  passiven  Sinne,  obgleich  es  von  dem 
Deponens  eblandiri  l^ommi. 

Ehoreus,  aus  Elfenbein,  ist  N.  Kl.  für  eburneus. 

Ebraeus,  ebrairus;  vgl.  Hebraeus. 


312 

Ebriare,  trunken  macheii,  berauschen,  ist  Sp.  L.  für  ebrium  facere 
oder  das  N.  KL  inebriare. 

Ecce,  siehe,  wird  nur  j4.  L.  mit  d.  Accus,  verbunden,  z.  B,  ecce  nie, 
Kl.  nur  mit  d,  Norninativ ;  früher  freilich  auch  bei  Cicero  einigemal 
mit  d.  Acc,  z.  B.  Caecin.  10,  30  ecce  eum,  qui  solet,  wofür  aber  jetzt 
im  Texte  steht  ecce  idein^  qui  — ,  und  Fin.  II,  SO  eccemiserum  hominem, 
wo  mit  den  Handschr.  nach  Zumpt  (z.  Cic.  Verr.  T.  I,  p.  173)  ecce 
gestrichen  werden  muss,  was  auch  Madvig  gethan  hat;  denn  (sagt  er) 
Görenz  verderbe  es  noch  durch  e?i.  Vgl.  En.  Nirgends  aber  findet  sich 
ecce  vero,  stehe  da  aber,  für  ecce  aiitem  oder  sed  ecce. 

Ecclesia  kommt  bei  d.  Kirchenlateinern  häufig  in  der  Bedeut.  H/"cÄ- 
liche  Versammlung  vor,  wofür  concio  sacra  gebraucht  werden  kann, 
und  in  der  Bedeut.  christliche  Kirche ,  d.  h.  die  Christen,  ecclesia  chri- 
stiana,  was  kaum  zu  entbehren  und  nur  durch  Umschreibung  auszu- 
drücken ist;  in  res  publica  oder  civitas  christiana,  civilas  Dei liegt  es 
nur  unverständlich.  Endlich  ist  ecclesia  in  der  Bedeut.  Kirche,  als  Ge- 
bäude, fast  N.  L.;  man  sage  dafür  aedes  sacra  oder  templum.  Bei  den 
Neulateinern  aber  steht  oft  ecclesia  S.  Mariae,  S.  Nazarii,  S.  Pauli, 
S.  Ignatii  u.  a.  —  Vgl.  Dietrich  zu  Sintenis  p.  16. 

Eccur,  warum,  steht  N.  L.  bei  Hemert  (Epist.  ad  Wyttenb.) 
für  cur. 

Echo,  Gen.  echus,  das  Echo,  der  Wiederhall,  findet  sich  wohl  bei 
Dichtern,  aber  selten  in  Prosa,  für  vocis  iniago  oder  umschrieben 
durch  resonare  und  voci  respondere. 

Eclipsis,  das  astronom.  Kunstwort  für  Verfinsterung  der  Sonne 
und  des  Mondes,  steht  nur  N.  Kl.  und  selten  für  die  KL  Ausdrücke 
defectio  und  defectus.  Vgl.  Cic.  Divin.  II,  6.  Rep.  I,  14.  Eclipsis  ist  nur 
in  der  Astronomie  anwendbar. 

Econtra,  vgl.  unter  E. 

Ecquando  in  der  Bedeut.  wann?  und  ecquis,  wer?  %\nA  N.  L.,  da 
sie  nicht  Äesf«/«?«^, sondern  unbestimmt  fragen.  Falsch  sagt  z.B. Hemert 
(Epist.  ad  Wytt.  p.  60):  sed  ecquis  est,  qui  ista  narraverit?  ofl*enbar 
in  dem  Sinne:  aber  wer  hat  dieses  erzählt? also  für  sed  quis  est,  qui  ista 
narravit  ? — Ecquis  es^  bedeut.  vielmehr :  ist  Jemand  (Niemand),  der  —  ? 
Falsch  ist  ecquando  ad  nos  redibis?  in  der  Bedeut.  wann  wirst  du  zu 
uns  zurüclikehren  ?  da  es  heisst :  wirst  du  nie  einmal  — ? 

Edere,  essen,  ist  das  allgemeine  Wort  des  Verzehrens  von  Allem 
und  zu  jederzeit.  Damit  nicht  zu  verwechseln  ist  coenare,  was  zu  Mit- 
tag essen  oder  die  Hauptmahlzeit  halten  bedeutet ;  und  daran  denken 
wir  auch  in  Redensarten,  wie:  dr aussen,  ausserhalb  des  Hauses  essen, 
•was  foris  coenare  heisst;  zum  Essen  einladen,  «r^  coenam;  ich  schreibe 
dieses  unter  dem.  Essen,  inter  coenam  — ,  wo  edere  nicht  zu  brau- 
chen ist. 

Edere,  herausgeben,  ist  sehr  gebräuchlich  ;  aber  vitam  edere  in  der 
Bedeut.  sterben  ist  selten,  jedoch  steht  es  bei  Cic.  Fin.  V,  2,  4.  Vgl. 
Edilio. 

Ediscere  in  der  Bedeut.  lernen,  ohne  den  Beoriflf  des  Austvendig, 
ist  den  Dichtern  zu  überlassen;  in  Prosa  steht  dafür  discere.  Man  kann 
wohl  librum.,  versus,  dicta  u.  dgl.  ad  verbum  ediscere,  aber  nicht  artem 
aliquant,  rem  mililarem,  virtutem,  linguam  u.  a.,  wo  nur  discere  statt- 
haft ist. 


313 

Edüio  von  Büchern,  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Ausgabe,  also 
concret,  ein  besonderes  Exemplar,  nicht  activ.,  äas  Herausgebe?!,  vfurile 
als  gut  lateinisch  zuerst  bezweifelt  von  Vorst.  (lat.  select.  et  vulgo 
negl.  p.  111),  Heusing.  (Emend.  p.  401)  u.  Ä.,  weil  es  sonst  nur  die 
Handlung  des  Herausgebens,  nicht  das  Herausgegebene  selbst  be- 
deute. Da  aber  weder  Varro,  noch  Cicero,  noch  sonst  ein  Klassiker 
von  verschiedenen  abweichenden  Exemplaren  eines  Schriftstellers 
spricht,  die  wir  Ausgaben  nennen,undda  sich  also  bei  ihnen  kein  Wort 
für  diesen  Begriff  findet,  so  muss  man  sich  an  den  Schriftsteller  hal- 
ten, welcher  zuerst  dergleichen  erwähnt,  nemlich  an  Quintilian.  Er 
sagt  (Inst.  V,  11,  40)  :  Homeri  versus,  qui  tarnen  ipse  non  in  om7u'  edi- 
tione  reperitur,  welcher  Vers  selbst  aber  sich  nicht  in  allen  Ausgaben 
findet.  Hier  kann  editio  nicht  anders  verstanden  werden,  als  von  dem, 
was  wir  Ausgabe  nennen,  damals  nur  Abschrift  oder  Exemplar,  der- 
gleichen es  von  Homer  verschiedene  und  sehr  abweichende  gab.  So 
bleibt  dennoch  für  uns  editio  das  Kl.  Wort,  und  es  entspricht  ganz 
dem  griech.  ey.8o(iiz,  welches  die  griechischen  Grammatiker  in  diesem 
Sinne  brauchten,  die  z.  B.  von  Homer  mehrere  töonnq  (Ausgaben) 
anführten.  Uebrigens  folgte  Quintilian,  wenn  er  es  zuerst  so  brauchte, 
der  Analogie  der  Wörter  auf  io,  von  denen  viele  nicht  blos  die  Hand- 
lung, sondern  auch  das  durch  die  Handlung  Hervorgebrachte  und  Be- 
wirkte bedeuten.  Vgl.  Anmerk.  zu  Ileisig's  Vorlesung,  p.  99.  —  War- 
um aber  Reisig,  welcher  editio  in  jener  Bedeut.  vertheidigt,  den  Plur. 
editiones  deimoch  barbarisch  nennt,  weiss  ich  nicht.  Uebrigens  brau- 
chen Andere,  welche  editio  in  dieser  Bedeut.  verwerfen,  dafür  codex 
ifnpresstis,  exemplar,  über,  über  editus  oder  emendaius  ab  (aliquo), 
und  nennen  z.  B.  die  Aldinischen  Ausgaben  (die  Ausgaben,  welche  Al- 
dus Manutius  verbessert  hatte), //ä/os  Aldinos.  —  Das  Personal-Subst. 
editor,  der  Herausgeber,  ist,  wenn  es  auch  bei  den  Alten  nie  in  dieser 
Bedeut.  vorkommt,  gewiss  nicht  zu  verwerfen.  —  Kl.  ist  übrigens 
edere  librum,  aber  durchaus  ohne  den  Zusatz  in  lucem;  aber  lächer- 
lich ist  librum  edere  in  (dias)  luminis  auras,  wie  sich  Einige  pretiös 
ausdrücken. 

Editus ,  erhoben ,  hoch ,  ist  zu  stark  für  die  Höhe  einer  Redner- 
hühne,  so  dass  Ruhnken  (Opusc.  I,  p.  210)  ,  anstatt  von  ihr  zu  sagen 
ex  hoc  illustri  atque  edito  loco,  lieber  hätte  sagen  sollen  ex  hoc  superiore 
et  illustri  loco. 

Edomitus,  gezähmt,  für  domitus,  braucht  auch  Cicero  einmal  (Fat. 
5,  10),  wo  nur  eine  Handschr.  und  einige  alte  Ausgg.  domitus  haben; 
sonst  ist  es  mehr  P.  L.  und  N.  Kl.  beim  altern  Plinius,  und  werde 
vermieden. 

Educere  in  der  Bedeut.  erziehen,  für  educare ,  ist  fast  nur  A.  L. 
und  nur  selten  von  Cicero  und  Andern  aus  der  Umgangssprache  ge- 
nommen und  gebraucht,  z.  B.  Cic.  Orat.  II,  28,  124  quem  procrearit  et 
eduxerit,  für  educaverit.  So  auch  eductus  für  educatus.  Man  überlasse 
diesen  Gebrauch  mehr  den  Dichtern.  Vgl.  R.  Klotz  z.  Cicer.  Reden 
Th.  I,  Vorr.  p.  LXI.  —  N.  L,  aber  wird  es  von  Waaren  gebraucht  in 
der  Bedeut.  ausführen,  educere  merces,  aurum,  frumentum  u.  dgl.,  für 
exportare.  Auch  gebrauche  man  nicht  in  diesem  Sinne  eductio  für 
exportalio.Ygl.  htducere. —  A.  L.  bei  den  Komikern  und  der  gewöhn- 
lichen Umgangssprache  angehörend  ist  se  educere,  sich  wegbegeben, 


314 

weggehen ,  ähnlich  dem  se  ducere,  wovon  unter  Ducere  die  Rede  war. 
Vgl.  darüber  Beiitley  z.  Terent.  Hecyr,  IV,  1,7  u.  Ruhnken  z.  Hecyr. 
III,  3,  4.  Nachgeahmt  hat  es  Muret.  (Explic.  Cic.  Catil.  II,  1)  :  CatUina 
ex  urbe  sese  —  ediixerat. 

Effari,  aussprechen ,  sagen,  kommt  fast  nur  P,  L.  und  in  heiligem 
Sinne  vor,  für  eloqui\fan' ;  gut  ist  es  jedoch  in  der  philosophischen 
Sprache  in  der  Bedeut.  Etwas  kurz  als  Satz  behaupten,  wovon  auch 
effatum,  der  Satz. 

Effectivus,  ausübend,  thätig,  praktisch,  kommt  nur  N.  KL  bei  Quin- 
tilian  als  philosophisches  Beiwort  einer  Art  der  Kunst  (ars)  der  Be- 
redtsamkeit  vor,  für  das  alltägliche  efßcie?is. 

Effectus,  a,  urn.  Aliquid  effectum  dare,  reddere,  tradere.  Etwas  ver- 
wirkliche?/, ist  nur  A.  L.  für  ad  effectum  adducere. 

Effeminatio ,  die  Fer/reichlichung ,  ist  zu  Sp.  L.,  als  dass  es  nach- 
gebraucht werden  könnte;  man  setze  das  Y  erh.  effe?niTiare  odermores 
effeminati,  vita  effeminata,  mollis ,  enervata,  delicata.  Ebenso  gibt  es 
auch  von  mollire  und  emollire  keine  Substantiven  (z.  B.  mollitio  und 
emoUitio).,  die  aushelfen  könnten. 

Efferitas,die  Wildheit,Vommt  nicht  blos  bei  Lactanz,  sondern  nach 
R.  Klotz  mit  den  besten  Handschr.  auch  bei  Cic.  (Sest.  42,  91)  vor, 
und  bedeutet  den  Zustand  gänzlicher  Rohheit,  ist  also  stärker,  als 
feritas.  Andere  verwerfen  es  als  unlateinisch. 

Efferre  ist  in  der  Bedeut.  Einen  namentlich  anführen,  aufführen 
wohl  un erweislich  für  proferre ,  afferre,  indicare  u.  a.  Vgl.  Adducere 
und  Weber's  Uebungssch.  p.  198. 

Efferus,  tüild,  veruiildert,  ist  P.  L.  i\\r  ferus,  efferatus. 

Efficacia,  Wirksamkeit,  Thätigkeit,  kommt  sehr  selten,  nur  A''.  Kl. 
beim  altern  Plinius  vor,  für  efflcacitas ,  efßcientia ,  industria,  agendi 
nlacritas;  oft  kann  es  auch  durch  vis,  valere  u.  a.  ausgedrückt  werden, 
je  nach  dem  Sinne.  Vgl.  Actimtas. 

Efficaciter,  wirksam,  mif  unrksame  Weise,  ist  zwar  erst  N.  KL, 
aber  häufiger  als  das  Kl.  und  seltne  efßcienter. 

Efficax,  wirksam, kommt,  wiewohl  es  Coelius  (Cic.  Fam.  VIII, 10,3) 
und  Livius  gebraucht  haben,  bei  Caesar  und  Cicero  nirgends  vor,  ob- 
gleich der  Letztere  das  Subst.  efflcacitas  braucht.  Zum  Ersatz  dienen 
ihnen  meistens  die  Verba  efflcere^  valere,  vim  habere  u.  a. 

Efßcere  oliquem  mit  einem  Praedicate,  z.  B.  cofisulem,  dictatorem, 
dioitem  u.  dgl. ,  gab  ich  früher  als  Kl.  sehr  selten  an  iiirfacere.  Da- 
gegen erinnert  Dietrich ,  es  sei  ein  Unterschied  zwischen /«rere  und 
efficere,  und  es  komme  also  auf  das  oft  und  selten  hier  nicht  an.  la 
efßcere,  sagt  er,  liegt  der  Begriff  der  Mühe  und  Anstrengung ,  mit 
welcher  man  aus  einer  Person  Etwas  zu  machen  strebt,  gleichwie  der 
Künstler  aus  sprödem,  widerstrebendem  Stoffe  miihvoU  ein  Kunst- 
werk her  ausarbeitet,  wes^XvsXh  auch  efßcere  \md  effmger  e  \erbivnieii 
werden.  Vgl.  Görenz  Cic.  Fin.  IV,  24.  So  schlägt  der  Akademiker 
Cotta  (in  Cid.  IN.  D.  I,  39)  die  nicht  ohne  eine  gewisse  Anstrengung 
von  den  Epikuräern  versuchte  Beweisführung  mit  den  Worten  zurück: 
Nullo  modo  immortalem  deum  efflcitis.  So  sagt  auch  Cic.  (Lael.  20.  73) : 
consulem  efßcere;  Senect.  I,  2  eff'ecit  rnolle/n  —  senectutem ,  und  so 
Parad.  I,  3,  5.  N.  D.  I,  37;  II,  52;  HI,  32.  Tusc.  I,  11  u.  34;  also  Etwas 
zu  Stande  bringen ^  hervorbringen.  Vgl.  Quintil.  II,  13,  13  quem  sum- 


315 

muni  poterat  ars  efficere  maerorein  ,  addidit  (pictor  in  tabula)  Me- 
nelai.  —  Ob  der  hier  geraachte  Unterschied  überall  Statt  finde,  lasse 
ich  unentschieden.  Wenn  hiernach  Muret's  Worte  (Oper.  T.  II,  p,  J80 
ed.  Fr.):  repente  dives  effectus ,  zu  beurtheilen  sind,  so  ist  effectus 
falsch  gewählt  für  factns,  da,  was  rcpenle  geschieht,  nicht  efficitur, 
sondern  blos  ßt.  —  Wo  man  sagt  Grausamkeit ,  Milde  u.  dgl.  gegen 
Einen  oder  an  Einem  aus-  oder  verüben,  sagt  man  Äl.  wohl  nur 
efficere  aliquid  in  aliquo,  nicht  in  aliquem.  Vgl.  Cic.  Phil.  XIV,  3. 
Senect.  12.  Lael.  12,  41,  wo  nach  Handschr.  ^>^  P.  Scipione  für  in 
Scipionem  gelesen  wird. 

Efflare,  aushauchen,  lässt  sich  wohl  mit  animam  (Lebenshauch) 
und  mit  estremum  spiritum  verbinden,  aber  (wenigstens  in  Prosa) 
nicht  wohl  mit  vitam;  dafür  sind  jene  beiden  zu  wählen.  \gl.Eshalare. 

Effligere,  zu  Boden  schlagen,  tödten^  muss,  da  es  bei  Cic.  (Att.  IX, 
19^2  ad efßigendum  Pompejimi)  zweifelhaft  steht,  gänzlich  vermieden 
werden,  indem  es  sich  sonst  nur  A.  L.  u.  N.  Kl.  bei  Seneca  findet. 

*  Bei  Cic.  lesen  alle  bessern  Handschr.  efßigcndum,  und  so  die  meisten  Aus- 
gaben, selbst  Orelli,  und  Graevius  vertfieidigt  es;  einige  wenige  lesen  affliyen- 
dvvi.  Freund  bat  im  Lex.  diese  Auctorität  Cicero's  gar  nicht  beachtet,  und  hält 
es  wahrscheinlich  dort  für  fehlerhaft;  Ellendt  (Explicatt.  Cic.  Orat.  T.  II,  p.  213) 
nimmt  es  in  Schutz, 

Efflorere,  aufblühen,  ist  sehr  Sp.  L.  und  selten  für  efflorescere. 

Efßuere,  verfliessen,  wird  von  der  Zeit  meistens  nur  dann  gebraucht, 
wenn  sie  ungenutzt  und  schnell  verflossen  ist,  und  passt  daher  bei  dem 
nicht,  der  in  Mühe  und  Arbeit  die  Zeit  hinbringt;  diesem  praeteretini 
dies  et  anni,  non  effluunt.  Für  das  Perf.  eßßaxit  kommt  im  N.  L,  auch 
B.  effluxum  est  vor. 

Effocare,  ersticken,  kommt  nur  N.  Kl.  einmal  (und  noch  dazu  zwei- 
felhaft) bei  Seneca  vor,  für  das  Kl.  sußocare,  fauces  elidere. 

Efformare  ist  ein  N.  L.  Verbura,  mag  es  nun  bilden,  ausbilden  bedeu- 
ten, für  erudire,  escolere,  oder  abbilde??,  für  alicujus formam  exprimere 
oder  effmgere. 

Effrenus,  zügellos,  ist  fast  nur  P.  L.  für  effrenatus ;  nur  einmal 
findet  es  sich  bei  Livius  von  einem  equus  gebraucht,  während  er  die 
Pferde  sonst  ejfrenatos  nennt, 

Effringere  in  der  Bedeut.  brechen,  zerbrechen,  z.  B.  mit  dem  Accus. 
crus  (das  Bein),  steht  zweifelhaft  zweimal  in  Sueton.  (Octav.  43  u.  67), 
wo  aber  eine  Ilaupthandschr.  beidemal  richtig  das  einfache /r^w^ere 
hat.  So  wird  sonst  nur  gesagt,  und  Oudendorp  und  Ernesti  haben  es 
auch  in  den  Text  aufgenommen. 

Effugere  wird  im  eigentlichen  Sinne,  enißiehen ,  entkommen  aus 
Etwas,  verbunden  ex  (de,  ab)  aliqua  re ;  im  bildlichen  Sinne,  Einem 
ausweichen ,  Etwas  ( Eine?i)  vermeiden,  m.  d.  Acc.  aliquid  (aliquem), 
nicht  aiicui. 

Effundere.  Die  bildlichen  Redensarten  se  effundere  oder  effnndi 
ad  preces  lacrimasqiie,  in  licentiam  socordiamque,  in  aniorem,  injocos, 
in  cachi?inos,  in  questus,  in  lacrimas  u.  a.  sind  seit  Livius  bei  den  iV. 
Klassikern  nicht  ungewöhnlich:  Kl.  wird  zwar  dafür  effundere  lacrimas 
gebraucht,  aber  für  andere  tollere  cachinnum,  risum,  questusu.  dgl,  — 
P.  L.  ist  vitam  effundere ;  und  so  könnte  animam  effundere,  was  Virgil 
braucht,  auch  für  P.  gelten,  wird  aber  wegen  effundere  extremuvx 


316 

spiritum  bei  Cic.  (Phil.  XIV,  12)  auch  wohl  in  Prosa  nicht  zu  ver- 
werfen sein. 

Egenus ,  dürftig ,  kommt  zwar  einmal  bei  Livius  und  später  bei 
Tacitiis  vor,  ist  aber  sonst  meistens  P.  L.  für  egens. 

Ego,  ich.  Wir  brauchen  es  auch  als  Subst.,  das  Ich,  aber  nicht  nur 
in  Beziehung  auf  die  erste,  sondern  auch  auf  die  zweite  und  dritte 
Person,  mein  Ich,  dein  Ich,  sein  Ich,  mein,  dein,  sein  anderes  Ich.  Im 
Lat.  findet  aber  ego  nur  bei  meifi  Statt,  bei  dein  aber  tu,  bei  sei?i  (ihr) 
reflexiv  ipse  und  in  den  ohh'quen  Casibus  s?ii,  sibi,  se,  demonstrativ 
aber  idem.  Wo  wir  ei^efi  hinzusetzen,  tritt  ipse  noch  hinzu,  und  jenes 
anderes  heisst  alter,  nicht  alius  oder  secu?idus ;  z.  B.  ich  klage  dich  an, 
gleichsam  mein  anderes  Ich,  quasi  me  alterum  (Cic.  Att.  111,  15,  4)  ; 
dein  Ring  sei  gleichsam  dein  eigenes  Ich,  tanquam  ipse  tu  (Cic.  Q.  fr. 

I,  1,  13);  Pompe  jus  sagte,  ich  würde  in  Allem  sein  anderes  Ich  sein, 
me  alterum  se  fore  (Cic.  Att,  IV,  1,  7)  ;  ein  Freund  ist  gleichsam  ein 
anderes  Ich,  tanquam  alter  idem  (Cic.  Lael.  21).  Vgl.  noch  Cic.  Fam. 

II,  15,  14;  VII,  5,  1.  Man  drückt  es  auch  mit  tanquam  exemplar  mei, 
tui,  sui —  aus,  z.  B.  wer  eifien  Freund  hat,  sieht  in  ihm  gewisser- 
mussen  sein  zweites  (anderes)  Ich,  is  tamquam  exemplar  aliquod  intue- 
tur  sui  (Cic.  Lael.  6). 

Egredi,  hinausgehen ,  wird  selten  anders  als  mit  ex  oder  mit  dem 
blossen  Ablativ  verbunden;  drüber  hinaus  heisst  extra,  2..  B.  extra 
ßnes,  terminos,  da  ex  suis ßnibus  nur  heisst  aus  seinem  Lande;  wohin 
aussteigen,  in  aliquem  lociim,  selten  in  aliquo  loco,  und  so  wie  wir  dort 
für  dorthin  brauchen,  so  Liv.  I,  ]  ibi  egressi,  für  eo.  In  der  Bedeut. 
überschreiten  steht  es  auch  schon  bei  Caesar  mit  dem  blossen  Accu- 
sativ  aliquid,  z.  B.  provinciae  ßnes,  bei  Livius  urbem  u.  a.,  und  oft  so 
N.  Kl.  in  bildlicher  Verbindung',  z.  B.  modum,  leges,  veritatem. 

Egregius,  vortrefflich,  vorzüglich,  wird  meistens  nur  da  angewandt, 
wo  eine  Auswahl  unter  Mehrern  Statt  findet,  unter  denen  Etwas  sich 
auszeichnet;  daher  werde  es  vorsichtig  angewandt.  Hand  (  Lehrb. 
p.  284)  tadelt  z.  B.  egregia  vestigia,  herrliche  Spuren. —  Das  Ad v. 
egregie  kommt  allerdings  bei  Terenz  in  spöttischem  Sinne  vor,  aber 
N.  L.  ist  doch  egregie  errare,  egregie  falli,  sich  sehr  irren,  iür  vehe- 
menter, valde  errare ;  ferner  egregie  ignorare,  für  vehementer  ignorare. 
Vgl.  R.  Klotz  z.  Sintenis  p.  169.  Im  launigen  Gespräche  kann  mau  probe 
errare  sagen,  wie  die  Komiker;  nirgends  aber  findet  sich  egregie  cor- 
datus,  egr.  catus  u.  dgl. 

Ejicere,  herauswerfen ,  wird  verbunden  mit  ex  oder  de,  selten  mit 
dem  blossen  Ablativ,  ausser  bei  domo. 

Elabi,  entgehen,  entwischen,  verschwinden ,  wird  verbunden  mit  ex 
oder  de  oder  dem  blossen  Ablativ.  Auch  dieses  Verbum  wird  im  N.  L., 
wie  labi  und  die  übrigen  Composita,  von  der  Ze«'^  gebraucht ,  wovon 
sich  nirgends  bei  einem  Lateiner  eine  Spur  findet;  nie  sagt  man  hora^ 
dies,  mejisis,  annus,  tempus  elabitur ,  was  im  N.  L.  so  oft  vorkommt, 
z.  B.  annus  elapsus  est,  das  Jahr  ist  ve?flosse?i;  Muret.  (Evpl.  Cic. 
Catil.  II,  8) :  in  annum  elapsiim  ;  Ernesti  (Oratt.  p.  95)  :  quampatici 
anni  elapsi  sunt,  und  so  andere  mehr.  Es  ist  unnöthig  wegen  der  Verba 
praeterire  (Cic.  Rep.  U,  SO) ,  conßci,  intercedere ,  interponi,  peragi 
(Liv.  I,  32)  ,  circumagi,  consumi,  effluere  (vgl.  aber  dieses  Verbum), 
transire  u.  a.,  z.  B.  vix  annus  intercesserat  (war  verflossen)  ab  hoc  ser- 


317 

mone  (Cic.  Orat.  II,  21,  89);  dies  nondum  decem  intercesserant  (Id. 
Cluent.9, 28)  ;  biennio  jnm  confecto,  nachdem  schon  —  verflossen  waren 
(Id.  Quiiict.  12,  40) ;  diiae  horae  in  eo  siieiitio  consumptae  sunt,  sind 
verflossen  (Id.  Oratt.  III,  5,  17);  —  im  verflossenen  Jahre,  anno 
stiperiore ,  exacto ,  transacto,  circumacto  \\.  a.  —  Nicht  verwerflich  ist 
es  nur  dann,  wenn  ein  unnützes,  fruchtloses  Verschwinden  angedeutet 
wird,  wie  bei  Senec.  (Ep.  1)  :  magna  vitae  pars  elabitur  male  agen- 
tibus.  Vgl.  Effluere. 

Elaborare,  transitiv  mit  dem  Accus.  aliqind,z.^.orationem,libriim, 
opus  aliquod,  in  der  Bedeut.  Etiras  ansarbeiten ,  verfertigen  ^  sich  mit 
Etwas  beschäftigen,  kommt  RL  nirgends  weder  von  einem  Gelehrten, 
noch  von  einem  Künstler  vor,  und  selbst  N.  KL  ist  es  fast  ohne  Bei- 
spiel, indem  nur  aus  Plinius  dem  Aeltern  ein  immer  noch  unsicheres 
Beispiel  aufgeführt  wird,  welches  durchaus  nicht  nachgeahmt  werden 
und  den  heutigen  Gebrauch  des  Ausdruckes  aliquid  e/aborare,  Etwas 
ausarbeiten,  für  scribere,  conflcere^perficere,  condere,  commentari  \\.  a., 
nicht  entschuldigen  darf.  —  Kl.  wird  es  nur  mit  i7i  aliqua  re  verbunden 
in  der  Bedeut.  Mühe  auf  Etwas  verwenden,  oder  es  hat  einen  8atz 
mit  ut  nach  sich,  oder  steht  absolut.  Im  Passiv,  aber  wird  Kl.  aller- 
dings das  Partie,  elaboratus  in  der  Bedeut.  was  mit  Mühe  gearbeitet 
ist,  worauf  Mühe  verwandt  ist  gebraucht,  also  für  magno  labore  con- 
fectus^  diligenter  accurateque  scripttis ,  nicht  einfach  für  cofifectus 
und  scriptus.  Vgl.  Cic.  Oratt.  II ,  36.  Manil.  1.  Brut.  90,  312.  Ueber- 
haupt  aber  beweisen  diese  Participien  fast  Nichts  für  den  Gebrauch 
der  activen  Verben,  wie  man  blus  triumphatus,  evigilatus,  domi?iatus, 
erratus,  persuasus  u.  a.  sieht.  —  Kurz,  es  bleibt  N.  L.,  zu  sagen  ela- 
borare opus,  librum,  orationem  u.  dgl.  —  Jedoch  vgl.  dagegen  Frotscher 
zu  Quintil.  X,  4,  4  und  Anton  Progr.  p.  61.  —  Etwas  neu  ausarbeiten, 
umarbeiten  heisst  retractare,  nicht  denuo  elaborare. 

Elaboratio  kommt  nur  einmal  N.  Kl.  bei  dem  Auct.  ad  Herenn.  vor, 
und  zwar  nur  in  der  activen  Bedeut.  Handlung,  Ausarbeitung ;  aber 
N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  Aufsatz,  den  wir  auch  Ausarbeitung  nen- 
nen, für  libellus,  commentatio,  disputatio,  opusculum.  —  B.  ist  elabora- 
tionem  tuam  summa  c?i?n  voluptate  legi. 

Elapsus,  vergajigen,  verflossen ;  vgl.  Elabi. 

Elargiri,  verschenken,  ist  jetzt  fast  ganz  zweifelhaft,  da  es  auch  in 
der  einzigen  Stelle,  in  welcher  es  noch  vorkommt,  nemlich  beiPersius, 
nicht  mehr  sicher  steht  für  largiri.  Früher  fand  man  es  in  den  Texten 
des  Cicero  (Fam.  I,  5,  a.  4)  und  Livius. 

Electio.  Die  Redensart  electionem  dare,  die  Wahl  lassen  oder  ver- 
statten, ist  vielleicht  nur  A^.  Kl.  bei  Vellejus  (II,  72,  5)  für  das  Kl. 
optionem  dare  oder  facere.  Vgl.  Optio. 

Elegans.  Was  so  genannt  werde  und  welche  Bedeutung  das  Wort 
habe,  lehrt  das  Lexicon.  Cicero  nennt  zwar  alle  Künste  und  Wissen- 
schaften, durch  die  der  Mensch  gebildet  wird,  artes  elegantes  (Fin. 
III,  2),  aber  nie  erwähnt  er  artes  elegantiores,  da  ein  Comparativ  ohne 
allen  Gegensatz  nicht  denkbar  ist.  Denn  wenn  Cic.  (Tusc.  I,  25,  62) 
sagt:  ff  necessariis  artiflciis  ad  elegantiora  defluximus,  so  liegt  in  arti- 
ficia  der  einfache  Begriff  von  elegans,  der  aber,  weil  höhere  Künste 
und  Wissenschaften  im  Gegensatze  angedeutet  werden  sollen,  durch 
den  Comparativ  erhöht  wird,  indem  sich  Cic,  den  Begriff  Kunst,  Ge- 


318 

schmack  und  Feinheit  in  liöherm  Grade  denkt.  Eben  so  weing  wird 
auch  sonst  artes  Uberaliores  und  artes  mugis  ingenuae  gesagt,  für  ar- 
ies  liberales  et  ingeniiae,  worunter  dieselben  Künste  und  Wissenschaf- 
ten verstanden  werden,  als  solche  neralich,  welche  jedes  freigebornen 
Menschen  würdig  sind.  Neu  ist  daher  auch  der  Ausdruck  Utterae  ele- 
gantiores  von  der  Alterthumsivissenschnft,  wie  er  in  neuern  Schriften 
oft  vorkommt,  z,  B.  bei  Hemsf erhus.  (Orat.  p.  133) :  Jieglectis  littera- 
rum  elegnntiorutn  initiis^  und  Bergmann  (Praef.  Ruhnk.  Opusc.  p.  VI): 
tironibus  lilterarum  elegantiorum.  Vgl.  mehr  darüber  unter  Hunianus. 
Eben  so  falsch  hi  jiirisprudeiitia  elegantior  bei  Bergmann  (Praef.  Ruhnk. 
Opusc.  p.  XIII),  und  zu  bezweifeln  ist  selbst  doctrina  elegans  (ib.  p. 
XLII)  und  jtaisprudentia  elegans;  —  nirgends  findet  sich  ferner  Ut- 
terae elegantes,  indem  zu  diesem  Subst.  ausser  interiores,  recondilio- 
res,  exqiiisitae  kaum  irgend  ein  anderes  hinzutritt.  Endlich  wird  ele- 
gantia  nicht  in  der  Bedeut.  Schönheit,  Gesuchtheit  oder  Geki'uistelt- 
heit  der  Rede  (in  dem  Sinne  unseres  elegant)  gebraucht,  sondern  nur 
von  der  Rede,in  welcher  sich  die  Sprache  des  feingebildeten  Städters 
in  Worten  und  Ausdrücken  findet.  Ein  Plur. aber, elega?ifiae, die  Schön- 
heilen  der  Rede,  schöfie  Arten  des  Ausdrucks,  ist  erst  Sp.  L.  und  sel- 
ten, aber  im  N.  L.  durch  Sammlung  solcher  elegantiarum  nur  zu  sehr 
bekannt.  Vgl.  Pulclier. 

Elementarius,  a,  um,  Einer,  der  sich  mit  den  Elemente?!  (des  Un- 
terrichts) beschäftigt,  kommt  nur  einmal  N.  Kl.  bei  Seneca  von  einem 
Alten  (senex)  vor,  der,  anstatt  weiter  in  Kenntnissen  fortzuschreiten, 
noch  bei  den  Elementen,  dem  Alphabet  oder  den  Anfangsgründen 
steht.  Ausserdem  findet  es  sich  noch  einmal  mit  Utterae  verbunden 
Sp.  L.  in  der  Bedeut.  Eleme?ilarkenntnisse.  Im  N.  L.  braucht  man  ele- 
mentaria  institutio  oder  disciplina  vom  Elementarunterrichte,  was  nicht 
gerade  zu  verwerfen  ist,  wiewohl  Cicero  nur  von  puerorum  elementa 
(Orat.  1,35,163)  und  von  Utterae  doctrinaque  puerilis,  der  erste  Sprach- 
unterricht (ib.  III,  10,  38  u.  13,  48),  oder  von  prima  puerilis  institutio 
(ib.Il,l,l)redet.  Auch  Quintil.,  der  viel  vom  ersten  Unterrichte  spricht, 
braucht  nur  docere  elementa,  tr ädere  prima  literarum  elementa.  Vgl. 
Puerilis.  Die  Alten  nannten  ihn  auch  mit  Umschreibung  ;;r^■//^ß  littera- 
tura,  per  quam  pueris  elementa  traduntur  (nach  Seneca  Epist.  88). 

Elenchus  in  der  Bedeut.  Uebersicht,  Register,  Inhaltsanzeige  ist 
aus  einem  Alten  kaum  erweislich,  da  der  elenchus  scriptorum  am  Ende 
des  ersten  Buches  von  Plinius  Naturgeschichte  gewiss  nicht  von  ihm 
und  die  Ueberschrift  neu  ist.  Anderwärts  (z.B. in  Sueton. Gramm.  10) 
bedeutet  es,  wie  im  Griechischen,  Tadel,  Rüge.  Man  brauche  dafür 
index.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  401. 

Elephas  und  elephantus;  jenes  findet  sich  fast  nur  im  Nominativ, 
dieses  aber  in  allen  Casibus;  so  wenigstens  bei  Livius. 

Elevare,  erhebe?!,  wird  nur  von  dem  gesagt,  was  wirklich  in  die 
Höhe  gehoben  wird,  z.  B.  manus,  aber  nicht  oculos.,  was  im  N.  L.  vor- 
kommt, für  tollere;  auch  wird  es  nie  in  bildlichem  Sinne  gebraucht, 
indem  laudibus  aliquem  elevare^  Einen  mit  Lohsprüchen  erhebe??.,  N.  L. 
ist,  und  verbis  aliquem  elevare  gerade  das  Gegentheil  bedeutet,  iiem- 
lich  Einen  durch  W.  herabsetzen,  verkleinern,  welchem  dann  extollere 
entgegensteht.  —  Sp.  L.  ist  elevare  sjj  Hab  am,  eine  Sylbe  durch  den  Ac- 
cent  liervorheben,  accentuiren,  für  neuere  syll.  (Quintil.  I,  5,  22). 


319 

Elkere,  hervorlocken,  wird  verbunden  mit  ex  und  bei  Personen 
auch  mit  a.  Es  wird  zwar  mit  mancherlei  Objecten  und  maiiclieriei 
Oertern  (auf  die  Frage  iioraus?)  verbunden;  ob  aber  passend  sei,  was 
Ruhnken.  (Opusc.  T.  I,  p.  85)  sagt:  Graecos  multas  disciplinas  elmnsse 
ex  tenebris,  bezweifelt  Friedemann  wohl  mit  Recht.  Warum  sagte 
Ruhnken  nicht:  iii  hicem  vocasse? 

Elimare,  ausfeilen,  ausarbeiten  (von  etwas  Wissenschaftlichem), 
ist  höchst  selten,  jedoch  steht  es  bei  Quintilian,  und  ist  neben  espolire 
recht  wohl  zu  brauchen. 

Eliminare,  Einen  aus  dem  Hause  stossen,  ist  A.  L.  und  kommt  spä- 
ter nur  bei  Dichtern  vor,  für  domo  expellere,  exterminare,  foras  pro- 
jicere. 

Ellipsis,  die  Ellipse,  ein  bekanntes  grammat.  Kunstwort,  ist  nicht 
zu  vermeiden,  wiewohl  detractio  bei  Quintilian  dasselbe  bedeutet  und 
für  ellipticus  und  elliptice  gesagt  werden  kann praecisus, praecise,  wenn 
nur  dieKürze  der  Rede  angedeutet  werden  soll.  Vgl.  Cic.  N.  D.  II,  29. 

Elogium  war  bei  den  Alten  nur  jede  kurze  Angabe,  jedes  Zeugniss 
und  jede  Aufschrift  auf  einem  Denkmale,  oft  nur  Worte  (gleichviel 
von  welcher  Art)  in  einer  öffentlichen  Urkunde,  z.  B.  in  einem  Te- 
stamente, wiewohl  Fr.  Wfg.  Reiz  (bei  Cic.Sen.l7,  61  u.  19,  73)  dafür 
elegimn  lesen  wollte,  was  F.  A.  Wolf  billigte.  Vgl.  Cic.  Cluent.  48. 135, 
Döderlein's  Synon.  Th.  IV,  p.  11  und  R.  Klotz  z.  Cic.  Tusc.  I,  14.  Da- 
gegen kommt  es  im  N.  L.,  wahrscheinlich  von  einem  Franzosen  zuerst 
gebraucht  (nach  dem  französ.  eloge),  in  der  Bedeut.  Lobrede,  Lob- 
schrift vor,  und  wenn  der  grosse  Ruhnken,  dem  unter  Mehrern  J.  A. 
Ernesti  vorangegangen  war,  statt  laudatio  Hemsterhusii  sagte  elogium 
H.^  so  entschuldigt  er  als  Kenner  der  Latinität  den  Gebrauch  des 
Wortes  in  dieser  Bedeut.,  indem  er  sagt:  sed  temporum  nostrorum 
consuetudini  aliquid  dandum  fuit.  Vgl.  Ruhnk.  Opusc.  T.  I,  p.  223. 
Man  ahme  es  durchaus  nicht  nach,  da  laudatio  bei  den  Alten  das  be- 
ständige Wort  dafür  ist. 

Elucere,  hervorleuchten,  wird  verbunden  mit  ex  oder  in,  z.  B.  in 
puero  scintilla  ingenii  elucebat  (Cic.  Rep.  II,  21), 

Elucescere  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  Tag  trerden,  für  lucescere,m\d 
in  der  Bedeut,  hervorleuchten,  für  elucere.  Daher  tadelt  Ruhnken  den 
Muret,  welcher  (Oper.  T.  I,  p.  317  ed.  Fr.)  schrieb:  ut  potestas  Dei 
tanto  magis  elucescat,  indem  er  sagt :  Eluceo  latinum  est,  non  elu- 
cesco.  Vid.  interpretes  ad  Lactant.  VII,  14,  6.  Vgl.  auch  Weber*« 
Uebungssch.  p.  251. 

Ehicidare,  aufklären,  aufhellen,  ist  N.  L.  für  illustrare,  colln- 
strare,  illuminare ;  —  ebenso  die  Subst.  elucidarius  und  elucidarium, 
von  kleinen  Wörterbüchern,  für  das  gewöhnliche  lexivon.  Und  so 
ist  auch  elucidus  N.  L.  für  lucidus,  dilucidus,  perspicuus. 

Eluminare,  blenden,  des  Gesichts  berauben,  ist  JV.  L.,  wiewohl 
eluminatus  Sp.  L.  vorkommt,  für  excaecare  (excoecare),  visu  pri- 
vare,  oculos  effodere  u.  a.  nach  der  Verschiedenheit  des  Sinnes. 

Eluvies,  die  Ueber schwemmung,  ist  N.  Kl.  für  eluvio,  alluvies,  in- 
undatio.  Vgl.  Diluvics. 

Elysium  und  das  Adj.  Elysius,  verbunden  mit  campi,  agri,  domus, 
sedes,  kommen  nur  bei  Dichtern  vor;  el'.sium  ist  daher  in  Prosa  für 


320 

unser  Himniel,  den  wir  für  den  Sitz    der  Seligen  halten,  nicht  an- 
wendbar. 

Emacidare,  reinigen,  kommt  N.  Kl.  nur  bei  dem  altern  Plinius 
vor,  sonst  Syt.  L.,  oft  im  N.  L.  sogar  von  wissenschaftlichen  Dingen, 
wie  auf  Titeln  :  Über  tnultis  locis  emaculatus,  für  das  KL  emenda- 
tns.  Sogar  Ruhnken  braucht  es  in  Briefen,  und  im  N.  L.  wird  ge- 
sagt: mu'.a  raenda  emaculavit. 

Emanare,  ausßiessen,  sich  verbreiten,  wird   örtlich  verbünd,  mit 

ex  und  bei  Personen  mit  a,  z.  B.  a  domesticis  auctoribns  (  Q.  Cic. 

petit.  5)  ;  unter  den  grossen  Haufen,  in  vulgus,  nicht  inter  vulgus. 

Emblema  hat  im  Dat.  u.  Abi.  Flur.  Kl.  emblematis,  nicht  emble- 

malibus,  im  Genit.  aber  sowohl  eniblematum  als  emblematorum. 

Emendare,  verbessern.  Man  bezweifelt  die  Richtigkeit  der  Ver- 
bindung emetidare  hominem  für  hominis  mores.  Mag  dies  auch  bei 
Cicero  nie  vorkommen,  so  liegt  doch  bei  ihm  etwas  Aehnliches  in 
emendatur  civitas  und  in  corrector  emendatorque  civitatis,  wiewohl 
nicht  geleugnet  werden  kann,  dass  die  einzelne  concrete  Auffassung 
mit  7nores  oder  vitia  oder  animus  hominis  im  Latein,  gewöhnlicher 
ist,  als  das  allgemeine  honio.  Vgl.  darüber  Corrigere. 

Einendatiuncula,  eine  kleiiie,  leichte  Verbesserung  einer  Stelle  in 
einer  Schrift,  wurde  zwar  N.  L.  von  Muret  gebraucht,  ist  aber  wohl 
nicht  zu  verwerfen.  Vgl.  Th.  I,  §.  193. 

Emercari,  erkaufen,  kommt  N.  Kl.  nur  einigemal  bei  Tacitus  vor, 
für  mercari. 

Emere,  kaufen;  —  von  Jemanden,  ab  und  de  aliquo,  beides  KL, 
jenes  aber  häufiger  ;/?/r  Jemanden,  alicui;  wofür  mit  dem  Ablativ, 
z.  B.  auro,  decem  sesterliis;  für  einen  Tag,  für  ein  Jahr  u.  ähnliche, 
in  diem,  in  annum. 

*  Janus  (Lexic.  philolog.)  irrt,  indem  er  entere  de  aliquo  allein  für  Kl.  hält. 
Vgl.  auch  Anton  Progr.  p.  54. 

Emerere  und  emereri  sind  A.  L.,  P.  u.  ]V.  KL,  und  zu  vermei- 
den durch  mereri;  Kl.  ist  fast  nur  emeritus. 

Emigrare,  auswandern,  ohne  einen  Beisatz,  welcher  das  Woher 
oder  Wohin  bezeichnet,  ist  wohl  N.  L.  für  migrare,  domicilium  mu~ 
tare.  Man  sage  nicht:  ob  eam  causam  Tyrrheni  emigrabant,  für  mi- 
grabant,  domic.  mutabant,  oder  man  setze  dazu  e  Lydia.  Gleich  emi- 
grare ist  demigrare. 

Emigratio,  die  Auswanderung,  ist  Sp.  L.  für  migratio,  demigra- 
tio,  domicilii  mutatio. 

Eminentia,  die  Hervorhebung.  Die  Redensart  per  eminentiam  in 
derBedeut.  vor%ugsiveise,K\x  dasgriech.  ^^ax  ti^nyfiY ,  kommt  erst  Sp.  L. 
bei  Ulpian  vor,  für  per  oder  propter  excellentiam,  oder  mit  proprius, 
Primarius,  oder  dem  Adv.  praecipue.  Jenes  findet  sich  einigemal  bei 
Neulateinern.  Vgl.  Excellentia. 

Emissio  mit  dem  Genit.  libri  oder  einem  ähnlichen,  in  der  Bedeut. 
Herausgabe,  Bekanntmachung,  ist  N.  L.  für  editio,  wiewohl  emittere 
librum  u.  ähnl.  Ausdrücke  gut  und  KL  sind. 

Emollescere,  weich  werden,  kommt  zweifelhaft  nur  bei  Celsus  vor, 
wo  in  einigen  altern  Ausgg.  emollescit,  in  den  neuern  aber  7nollescit 
steht. 

Emonere,  aufmuntern,  auffordern,  findet   sich   höchst  selten,  nur 


321 

einmal  bei  Cic.  (Fam.  I,  7,  9),  und  nur  nach  der  Lesart  derHaupt- 
haudsclir.,  wogegen  alle  andere  Handschr.  und  alle  frühem  Ausg-g. 
moneo  für  emoneo  lesen.  Das  Wort  fehlt  daher  in  den  frühern  Lexicis, 
auch  bei  Scheller,  und  man  vermeide  es  als  selten. 

Einovere,  entfernen,  kommt  erst  seit  Liviiis  in  Prosa  vor,  und  fast 
nur  bei  ihm,  für  movere,  removere;  vielleicht  war  es  provinziell.  3Ian 
vermeide  es  also. 

Emphasis,  die  Emphase,  ein  griechisches,  von  Quintilian  gebrauch- 
tes Kunstwort,  welches  lateinisch  durch  pojidus  oder  sig?i/'ßcatio  ge- 
geben wird.  Ungebräuchlich  ist  aber  emphaiicus  und  emphaiice,  wo- 
für sig?iißcans,  signißcanter ;  gravis,  graviter,  cum  pondere  gesagt 
werde. 

Emungere  und  davon  abgeleitet  emunctus.  Das  Verbum  findet 
sich  nirgends  in  dem  bildlichen  Sinne  verfeinern;  wohl  aber  kommt 
emunctus  neben  limatus,  gefeilt,  bei  Quintilian  von  Rednern  vor,  limati 
et  emuncti,  was  auch,  zumal  in  solcher  Verbindung,  nachgebraucht 
werden  kann.  Dagegen  passt  die  gemeine  Volksredensart  homo  emun- 
ctae  naris,  welche  Phaedrus  von  Aesop.  und  Horaz  von  dem  Saty- 
riker  Lucilius  (in  der  Bedeut.  eiti  fein  beobachtender ,  witziger  und 
spöttischer  Mensch)  brauchen,  nur  in  scherzhafter,  launiger  Rede, 
nicht  aber  für  den  ernsten  Styl.  Vgl.  auch  Hand's  Lehrb.  p.  148  und 
Matthiae's  Theorie  p.  7.  Höchst  lächerlich  und  fast  kindisch  sagte 
J.  Fr.  Reitz  von  einem  Gelehrten:  Musae  ipsae  ei  nares  einunxisse 
videntur. 

*  Vollständig  führt  die  letztem  Worte  F.  A.  Wolf  (Analect.  B.  I,  p.  487) 
an  mit  den  beigesetzten  Buclist.  J.  F.  R,,  welche,  wie  er  mir  selbst  darüber 
schrieb,  J.  Fr.  Reitz  bedeuteten,  ohne  dass  er  jedoch  angeben  könnte,  wo  jene 
Worte  ständen.  Irrig  meinte  man  neulich,  sie  wären  von  Fr.  Wfy.  Reitz,  sogar 
mit  dem  Beisatze:  m  Praefat.  de  accentus  indinat.,  wo  doch  keine  Sylbe  da- 
von steht. 

Emutare,  verändern,  und  emutatio,  die  Veränderitng^  kommen  N.  Kl. 
nur  bei  Quintilian  vor,  und  sind  unnöthig  wegen  mutare,  mutatio,  im- 
mutare,  immutatio,  commutare,  commtitatio. 

En,  siehe!  verbinde  man  nur  mit  dem  Nominativ  (so  thut  es  we- 
nigstens Cicero),  nicht  mit  dem  Accusativ.  Vgl.  Zumpt.  Cic.  Verr. 
T.  I,  p.  173. 

Enarrare  ist  neben  explicare,  explanare  und  interpretari ^\xt  und  Kl. 
auch  von  nicht  geschichtlichen  Sachen,  in  der  Bedeutung  darlegen, 
auseinandersetzen,  erklären; —  ebenso  enarratio,  und  selbst  das  spä- 
tere enarrator  neben  interpres,  explicator  und  explanator. 

Enasci,  hervorkommen,  findet  sich  erst  iV.  KL,  aber  nur  in  eigent- 
lichem, nicht  in  bildlichem  Sinne,  wo  es  durch  quasi  gemildert  wer- 
den muss.  Görenz  sagt:  inde  enata  obscuritas,  für  orta. 

Encomium,  das  Lob,  die  Lobrede,  kommt  erst  im  N.  L.  vor,  für  lauda- 
tio, praecoiiium,  laudes,  wiewohl  der  Kaiser  Antonin,  der  Halbgrieche, 
encomiographus  vom  Lobredner  braucht,  für  laudator,  praeco  u.  a. 

Encyclopaedia  ist  in  dieser  Form  weder  griechisch  noch  lateinisch, 
und  beruht  auf  der  altern  falschen  Lesart  bei  Quintil.  I,  10,  1,  wo 
vor  J.  M.  Gesner  eyxvxlonaLÖeiar  stand,  von  seiner  Zeit  an  aber  aus 
den  bessern  Handschriften  entweder  e)icvy.lor  oder  tyy.vy./.ior  naidilur 
aufgenommen  ist.  Vitruv  (Arch.  I,  1)  sagt  dafür  halb  griechisch, 
halb  lateinisch  encyclios  disciplina;  VI,  praef.  encyclios  doctrinarum 

21 


322 

omnium  dlsciplina,  und  Qnintil.  (I.e.):  orbis  ille  (foctri/iae, quam  Graeci 
tyy.uaXov  (so  Ziunpt;  Spalding  und  Gesiier  iyy.uy.hor)  'jKadsinr  vo- 
catit.  Man  vermeide  jenes  ungriechische  encyclopaedia,  wiewohl  es 
allgemeines  Kunstwort  ist,  und  halte  sich  an  Quiutilian's  Umschrei- 
bung oder  an  die  von  Dietrich  (zu  Sintenis  p.  151):  brevis  quaedarn 
omnium  arliuni  ac  disciplinarum  descriplio,  quae  (vulgo)  encyclopae- 
dia vocatur ;  oder  man  sage  nach  Vitruv.  encyclios  omnium  doctri- 
narum  discipUna,  was  Grysar  vorzieht.  Einen  Theil  davon  führt  Ci- 
cero (Orat.  in,  35)  mit  den  Worten  auf:  artes,  quibus  liberales  do- 
ctri?iae  atque  tngenuae  continetitur,  geometria,  musica,  litterarum 
cognitio  et  poetarum. 

Enecare^  tödten,  ist  in  der  bessern  Prosa  nur  im  Partie,  enectus 
(nicht  etiecatus)  üblich,  wiewohl  necare  vollständig  im  Gebrauehe 
ist  und  davon  das  Part,  nur  necatus. 

Enervis,  kraftlos,  kommt  selten,  nur  N.  KL,  aber  bei  Quintilian 
und  dem  Jüngern  Plinius  vor,  für  das  Kl.  enervatus. 

Enixe,  dringend,  ernstlich,  eifrigst.,  mit  Verben  des  Bittens,  ro- 
gare,  petere,  obsecrare,  verbunden,  ist  N.  L.  für  etia?n  atque  etiam, 
vehemetiter  u.  a. ;  richtig-  aber  ist  es  in  Verbindung  mit  solchen  Ver- 
ben, die  die  Ausführung  einer  Sache  bezeichnen,  z.  B.  juvare,  sus- 
cipere,  operatn  dare  (navare)  u.  a. 

Enortnis,  was  über  die  Norm,  Vorschrift  und  das  Maass  geht,  über- 
gross, kommt  zwar  erst  N.  KL,  aber  bei  den  Bessern  vor,  und  ist 
neben  den  KL  immensjis,  immodicus,  summus,  tnasimus,  effusus  u.  a. 
wohl  zu  brauchen.  So  sagt  z.  B.  Eichstädt  enorme  portorium,  wo 
Cicero  vielleicht  pergrande,  grave,  iniquum  gebraucht  hätte,  da  jenes 
Wort  zu  seiner  Zeit  nicht  üblich  war.  —  Auch  das  Adv.  enormiter, 
ausserordentlich,  ist  N.  Kl.  für  maxime,  vehetnenter  u.  a.,  findet  sich 
aber  oft  bei  Seneca. 

Ens,  ein  -Ding,  ein  (einzelnes)  Wesen,  wörtlich  übersetzt  nach 
dem  Grieeh.  rö  öV,  wovon  im  Plur.  entia  für  r«  Öjtm,  blieb  nur  ein 
philosophisches  Wort,  wurde  aber  wenig  gebraucht,  da  res  hinreichte. 
Vgl.  auch  Essentia. 

*  Nach  Priscian.  (XVIII,  8,  75)  brauchte  Caesar  zuerst  ens,  ob  im  gewöhii- 
liclien  Sinne  auch  als  Masc,  oder  im  philosophischen  als  Neutrum,  weiss  man 
nicht;  Caesar,  sagt  er,  non  incongrue  protulit  ens  a  verbo  sum,  es,  quomodo  a  verbo 
possum,  potes ,  potens.  Von  ens,  als  einem  philosopliischcn  Worte,  wusste  aber 
wenigstens  Seneca  (Ep.  58,  5)  noch  Nichts,  indem  er  sagt,  es  sei  für  ro  ov  kein 
latein.  Wort  vorhanden,  wesshalb  dieses  durch  qiiod  est  umschrieben  werden 
nuisste.  Nach  Quintil.  (VIII,  3,  33)  bildete  zuerst  der  Rhetor  Sergius  Flavius 
die  beiden  Wörter  ens  und  essentia. 

Ensis,  das  Schwert,  ist  fast  nur  P.,  und  kommt  nur  einmal  in 
Prosa  bei  Livius  vor  (VII,  10),  für  das  gewöhnliche  gladius. 

Enthusiasmus.,  die  Begetsterufig,  ist  nirgends  im  Gebrauche;  Ci- 
cero braucht  es  in  griechischer  Form  (ad  Q.  fr.  III,  4,  4),  sagt  aber 
in  demselben  Sinne  anderwärts  inflammatio  animi  (animorum),  mentis 
divina  incitatio,  ardor  animi  oder  mentis,  animi  alacritas  (Cic.  Q.  fr. 
Wl.,  ii,  A);  jugendlicher  E?ithusiasmus  heisst  ardor  juvenilis. 

Enudare  stand  früher  einzig  und  allein  in  der  Bedeut.  erklären^ 
entwickeln  in  allen  Ausgaben  von  Cic.  Leg.  I,  9,  selbst  noch  bei  Er- 
nesti;  seit  Görenz  aber  wich  es  der  Lesart  der  bessern  Handschr. 
enodare,  welches  auch  Cic.  sonst  so  braucht,  z.  B.  lav.  II,  2,  6.  N.  D. 


323 

III,  24,  62:  Hiul  so  enodatio,  die  Erklärung  (Topic.  7,  31).  —  In 
W.  Freiiiid's  Wörterbuch  fehlt  das  Wort  schon  ganz  als  ein  uner- 
wieseiies. 

Eo  (Abi.  von  is)  in  der  Bedeut.  dort,  an  dem  Orte,  für  eo  loco, 
ist  seiir  zu  bezweifeln;  es  bedeutet  dorthin,  a?i  den  OrL  wie  quo^ 
wohin.  In  der  Bedeut.  bis  dahin,  bis  zu  dem  Grade,  mit  dem  Genit. 
verbunden,  z.  B.  eo  magniludinis,  eofuroris,  insaniae,  sapientiae  u.  a., 
ist  es  als  griechischartig'  und  selten  zu  vermeiden  ;  man  sage  dafür  ad 
eum  gradum  ma^nitiidinis,  auch  blos  ad  eam,  ad  tantam  magnitu- 
dinem.  So  sagt  Matius  (Cic.  Fam.  XI,  28,  2):  ad  istum  gradiim  sa- 
pientiae pervenire,  für  eo  sapientiae  pervenire.  Jener  Genit.  bei  eo 
kommt  zwar  bei  Sallust  vor  und  einmal  bei  Livius:  eo  consiietudinis 
adducta  res  est,  aber  nie  bei  Cicero  und  Caesar,  und  selbst  N.  Kl. 
sehr  selten.  Vgl.  Th.  I,  §.  70.  —  N.  L.  aber  ist  eo  mit  in  und  einem 
Subst.  (eo  in  aliqua  re),  z.  B.  eo  in  furore,  so  weit  in  der  Maserei, 
für  ad  eum,  tantuni  furorem. 

Ephesiacus   und  Ephesinus  sind  unsichere  Formen  für  Ephesius. 

Epilogus,  Schluss  der  Rede,  ist  Kl.  und  gut  neben  peroratio  und 
conclnsio;  bei  Cicero  kommt  es  mehrmals  vor,  sogar  in  der  Rede 
pro  Plane.  34,  83. 

Epirensis,  aus  Epirus,  ist  ein  seltnes  Adj.,  welches  nur  bei  Li- 
vius vorkommt  (VIII,  17,  9),  für  Epiroticus.  Subst.  ist  Epirotes. 

Epistola  ad  aliquem  ohne  ein  verbindendes  Verbum,  z.  B.  scri- 
pta, ist  nicht  zu  verwerfen,  da  es  Kl.  ist.  Mit  vollerem  Ausdrucke 
sagt  man  z.  B.  Ciceronis  epistola  ad  Luccejum  scripta,  missa,  data, 
oder  quae  a  Cicerone  ad  L.  scripta  est.,  oder  quam  Cic.  ad  L.  scri- 
psit.  Vgl.  darüber  Th.  I,  §.  80,  81.  —  Epistolae  im  Plur.,  von  einem 
Briefe,  wie  litterae,  ist  Sp.  L.  —  Einen  Brief  an  Jem.  addressiren 
heisst  epistolam  alicui  inscribere.  Vgl.  Cic.  Att.  VIII,  5.  —  Das  Demin. 
epistulium,  das  Briefchen,  welches  sich  bei  Catull  findet,  ist  nur  in 
scherzhafter  Rede  zu  brauchen. 

Epislolicus,  brieflich,  was  in  Briefen  verfasst  ist,  findet  sich  Kl. 
schon  bei  Varro,  wiewohl  sonst  nirgends.  Gegen  die  Bedeutung  ist 
aber,  was  man  im  N.  L.  findet,  thesaurus  epistolicus,  commercium 
epistolicum,  für  den  Gen.  epistolarum  oder  litter arum.  Vgl.  Commercium. 

Epitaphium  ist  in  der  Bedeut.  Grabschrift  oder  Grabmal  weder 
griechisch,  noch  lateinisch.  Bei  Cic.  (Tusc.  V,  12,  36)  ist  unter  Epi- 
tnphius  der  Dialog  Plato's  Menexenus  zu  verstehen,  in  welchem  eine 
Leiche7irede  auf  die  gefallenen  Athenienser  vorkommt,  die  im  Griech. 
snirücpto^  (löyog)  heisst.  Eine  Grabschrift  aber  heisst  Carmen  oder 
elogium  in  sepulcro  incisum. 

Epitheton  ist  ein  Kunstwort  in  der  Rhetorik,  welches  auch  bei 
Quintiliau  vorkommt;  lateinisch  findet  sich  dafür  appositum. 

Epitomare,  in  Auszug  bringen.,  ist  Sp.  L.  für  escerpere  cogTiitioTie 
dignissima  (vgl.  auch  Abbreviare)  ;  ausserdem  wird  es  auch  mit  dem 
Subst.  epitome,  summarium  oder  compendium  gegeben.  Uebrigeiis  sind 
A'.  L.  epitomarius  und  epitomator,  die  sich  hin  und  wieder  gebraucht 
finden. 

Epocha,  die  Epoche,  ist  ein  griechisches,  aber  von  keinem  Lateiner 
gebrauchtes  Kunstwort  in  der  Chronologie,  welches  kaum  zu  verraei- 

21* 


324 

den  ist,  da  ein  lateinisches  für  den  Begriff  des  Wortes  fehlt;  denn 
iempus,  aetas  und  saecuhwi  erschöpfen  den  Begriff  nicht. 

Epos,  das  Heldengedicht ,  ist  nur  P.  L.  für  carmen  epicum  oder 
heroicum. 

Epida  (im  Sing.)  ,  das  Gastmahl,  ist  ganz  j4.  L.;  dafür  kann  nur 
ept'dae  oder  epiilum  stehen;  und  zwar  epulum  meistens  nur  in  derBed. 
Festmahl,  epulae  aber  zur  Bezeichnung  eines  gewöhnlichen  Mahles, 
gleich  convivium,  bei  welcliera  Gäste  eingeladen  sind. 

Epiilo  ist  in  der  Bedeut.  ein  Gast,  welcher  mit  isst,  Sp.  L.  für  con- 
viva.  Sonst  bedeutet  es  einen  Priester,  der  ein  Festmahl  besorgt. 
Wenn  zu  diesem  Zwecke  zwei  bestellt  sind,  so  heisst  jeder  duumvir 
epulo,  beide  aber  duiimviri  eptdones,  nicht  epuloniim,  wie  früher  in 
Plin.  Ep.  II,  11,  12  stand ;  —  ebenso  triumvv\,  septemvir  —  epulo. 

Equester,  ritterlich.  Neben  dieser  männlichen  Form  braucht  Livius 
zuerst  auch  equestris ,  was  wenigstens  die  Uandschr.  einigemal  bieten. 
Die  Früheren  brauchen  nur  jene  Form,  und  sagen  nur  ordo  equester, 
nicht  equestris.  Vgl.  zu  Liv.  XXVII,  1  u.  42. 

Equidem.  Da  es  in  der  bessern  Prosa  vielleicht  nur  mit  der  ersten 
Person  des  Sing,  des  Verbi  verbunden  wird,  selten  und  noch  zweifel- 
haft mit  einer  andern,  so  beachte  man  im  Schreiben  nur  jenen  vor- 
herrschenden Gebrauch,  was  im  N.  L.  nicht  geschieht.  Vgl.  übrigens 
Handii  Tursellin.  T.  II,  p.  423  u.  Reisig's  Vorlesung,  p.  261. 

Eradicare,  entwurzeln  ,\^X  fast  nur  A.  L.  und  kommt  einmal  bei 
Varro  als  Volkswort  vor,  für  radicitus  evellere. 

Eremita  und  eremus,  der  Einsiedler,  eiti siedlerisch,  sind  Sp.  L.  und 
mögen  auch  fernerhin  nur  von  den  wahren  Einsiedlern  gebraucht 
werden,  welche  einsame ,  abgesonderte  Einsiedeleien  bewohnen;  im 
allgemeinen  Sinne  aber  gebrauche  man  nur  homo  solitarius  \on  Jedem, 
der  fast  einsam  für  sich  lebt. 

Erga ,  gegen ,  kommt  in  der  bessern  Prosa  fast  durchaus  nur  in 
wohlwollendem,  nicht  in  feindlichem  Sinne  vor;  in  letzterem  setzt  man 
contra,  in  oder  adversus. 

Ergo  ist  als  Abi.,  verbunden  mit  einem  Genit.  in  der  Bedeutung 
wegen,  sehr  selten  und  kommt  Ä7.  nur  in  feierlichen  Ausdrücken,  in 
Urkunden  und  Gesetzformeln  vor,  z.  B.  donari  virtutis  ergo.  Man  miss- 
brauche das  Wort  nicht.  Vgl.  Handii  Tursellin.  und  Reisigs  Vorles. 
p.  201. 

Ergo,  daher.  A.  u.  Sp.  L.  ist  ergo  igitur  und  ergo  propterea ;  jedoch 
steht  bei  Livius  einigemal  itaque  ergo.  Stüremhurg  (z.  Cic.  Arch.  6, 13 
lat.  Ausg.)  verwirft  als  B.  ergo  etiam  in  der  Bedeut.  des  schlussfol- 
gernden  folglich  auch,  was  durch  atque  adeo  ausgedrückt  werden 
müsse.  Aber  Dietrich  bemerkt  dagegen,  erg^o  etia7n  finde  sich  nicht 
selten  bei  Cicero,  z.  B.  N.  D.  III,  17,  43  ergo  etiam  Orcus;  ib.  18,  47 
ergo  etiam  Spes;  ib.  20,  51  quodsi  Luna  dea  est.  ergo  etiam  Lucifer 
u.  a.  m.  —  Verschieden  davon  wäre  jenes  atque  adeo,  welches  in  den 
angeführten  Stellen  falsch  gewesen  wäre.  Folglich  auch  noch  heisst 
ergo  adeo,  z.  B.  Cic.  (Leg.  11,  10,  23)  :  ergo  adeo  exspectate  leges. 

Erigere  enthält  immer  den  Begriff  des  Aufrichtens,  Erhebens;  aber 
coUegium,  academiam,  gymnasium  erigere,  wie  der  jüngere  Burmann 
sagt,  ist  N.  u.  B.  L.  für  instituere.  Eben  so  wenig  sagt  man /oerfMS, 
amicitiam  —  cum  altquo  erigere,  sondern  facere,ju?igere. 


325 

Krinnys  ist  nur  P.  L.  für  Furia. 

Erogare,  Etwas  für  oder  at/f  Ehvas  verwenden ,  geben,  wird  ver- 
bunden aliquid  in  aliquain  remjniclit  alicui  rei,  z.  B.für,  auf  Spiele, 
in  iudos,  nicht  ludis. 

Erotema,die  Frage,  kommt  nirgends  im  Latein,  vor,  und  wird 
unnötliig  im  N.  L.  gebraucht,  für  quaestio,  inierrogatio. 

Errare,  irren  oder  sich  irren  (denn  se  errare  ist  g-anz  falsch)  in 
Etwas,  wird  entweder  verbunden  aliqua  re  oder  in  aliqua  re ;  nur  bei 
neutralen  Pronominen  mit  dem  Accus,  hoc,  id,  illud,  quid.  Aber  errare 
errorem,  einen  Irrthum  begehen,  Icomrat  nur  Sp.  L.  einmal  bei  Gellius 
vor:  Vir  gilii  error  es  in  historia  erratos ,  was  verwerflich  und  nicht 
nachzuahmen  ist.  Ueber  toto  coe/o  errare  \gl.  Coelum.  —  A.  L.  ist  si 
quid  erro,  wenn  ich  (inich)  in  Etwas  irre ,  für  si  quid  nie  fallil  (Cic. 
Fam.  III,  5,  4).  Nirgends  findet  sicli  nisi  erro,  wenn  (woferii)  ich  nicht 
irre,  für  nisi  nie  fallo  (Cic.  Phil.  XII,  8),  nisi  mefallit,  seil,  animus 
(Cic.  Att.  XIV,  12,  2.  Fam.  XII,  5,  2.  Sest.  50, 106  u.  daselbst  Matth.), 
nisifallor  (Cic.  Att.  IV,  17,  1;  XVI,  6,  2)  und  nisi  (me)  omniafallunt, 
wenn  ich  nicht  in  Allem  irre  (Cic.  Att.  VIII,  7, 1).  —  P.  L.  ist  nifallor. 

Erro  als  Subst.  und  Adj.,  herumirrend,  -ziehend, -streifend ,\&t 
N.  Kl..,  kommt  aber  beim  Jüngern  Plinius  vor,  für  vagus,  errabun- 
dus  (nicht  vagabundus^. 

Erroneus  ist  in  der  Bedeut.  irrig  N.  L.,  z.  B.  eine  irrige  Meinung, 
Forstellung,  nicht  erronea  opinio,  sondern  opinionis  error  (Cic.  Off.  1,8). 
Vgl.  auch  Wolf  u.  Orelli  z.  Cic.  Tusc.  III,  38.  —  Irrig  sein  heisst  oft 
in  errore  versari,  sogar  bildlich  von  Meinungen.  Zweifelhaft  ist  erroneus 
auch  in  der  Bedeut.  herumschweifend,  wie  es  nur  bei  Colum.  (VII,  12,5) 
vorkommt,  wo  für  erronei  canes  ßuhnken  errones  canes  liest.  Vgl.  We- 
ber's  Uebungssch.  p.  276. 

Error  ist  in  der  Bedeut.  das  Umherirren ,  Herumziehen,  die  Irr- 
fahrt gut  und  Kl.  (Cic.  Rep.  II,  4  und  Verr.  IV,  49,  1«8) ;  aber  N.  L. 
wird  es  von  de?n  gesagt^  was  durch  Irrthum  oder  Nachlässigkeit  gefehlt 
ist,  ein  Fehler,  Irrthum,  für  erratum,vitium.  Es  gibt  z.  ß.  keine  errores 
typographici ,  Druckfehler ,  sondern  errata,  menda,  vitia.  i\ach  errore 
teneri,  irren,  im  Irrthum  befangen  sein,  folgt,  wie  überhaupt  bei  error, 
ein  Satz  mit  dass ,  nicht  mit  dem  blossen  Accus,  c.  Inf.;  es  wird  also 
noch  ut  credam,  credas  u.  s.  w.  vorher  eingeschoben. 

Erubescere,  über  Etwas  erröthen.,  sich  einer  Sache  schämen,  wird 
N.  L.  verbunden  alicujus  ret\  für  aliqua  re  oder  in  aliqua  re ;  zweifel- 
haft ist  es,  ob  man  es  verbinden  könne  mit  aliquain  rem,  da  jetzt  bei 
Senec.  (Ep.  95,  p.  58  ed.  Schw.)  steht:  Grammaticus  non  erubescet 
soloecismo,  wofür  früher  soloecismum  stand. 

Erudire,  verbunden  mit  dem  blossen  Abi.,  aliqua  re .,  heisst  Einen 
durch  Etwas  bilden,  ausbilde?i,  z.  B.  artibus,  disciplinis,  litteris  (graccis, 
roraanis),  institutis,  praeceptis  u.  a.,  aber  verbunden  mit  in  aliqua  re, 
in  Etwas ,  in  einer  einzelnen  Kunst  oder  Wissenschaft  unterrichten., 
darin  belehren,  z.  B.  in  jure  civili,  in  re  militari,  in  arte  medica  u.  a., 
wo  auch  bisweilen  blos  der  Abi.  steht;  de  aliqua  re,  über  Etwas  be- 
lehren, in  Kenntniss  setzen. 

Eruditio  in  der  objectiven  Bedeut.  der  Unterricht,  die  Unterwei- 
sung in  Etwas,  ist  zwar  Kl,  aber  selten  (z.  B.  Cic.  Q.  fr.  111,  1,  4  u. 


326 

Quintil.  11,  3,  10);  gewöhnlicher  sieht   dafür  disciplina,  institvito, 
doctn'?ia. 

Erudittis,  gebildet,  entgegengesetzt  dem  rudis  oder  r?ys/?*c?/s,  ist,  wie 
dochis,  ein  natürliches  Beiwort  von  Pe/-so7/e»,  wird  aber  bildlich  auch 
SacheJi  beigelegt,  wenn  sie  mit  Personen  verbunden  oder  auf  Personen 
bezüglich  gedacht  werden,  und  von  ihnen  und  durch  sie  gleichsam  Bil- 
dung und  Feinheit  erhalten  haben.  Wir  sprechen  von  einem  mvsihali- 
ftrÄe«,/ewew  Gehöre,  der  Lateiner  von  aureseruditae  (C.  Orat.  34,  ]19)  ; 
Zeiteil  und  Jahrlnuiderte ,  h\  welchen  Kultur  und  Bildung  unter  den 
Menschen  herrschte,  werden  saecuta,  teinpora  ert/dita  gei]ani\t;  und 
so  heisst  ei?ie  Menge  gebildeter  Griecheii,  eriidita  Graecorum  copia 
(Cic.  Leg.  I,  2,  7).  Vgl.  oben  Doctus.  Zweifelhaft  ist  man  aber,  wie  der 
Gelehrten- Staat,  die  Gelehrten-Republik  zu  nennen  sei,  ob  civitaserudita 
oder  docta  oder  litter aria,  oder  respublica  eriidita,  docta ,  litter aria. 
oder  mit  dem  Genitiv  eriiditormn  oder  doctoritm  ( hominum).  Kaum 
möchte  eins  von  allen  diesen  hinlänglich  zu  rechtfertigen  und  durch 
ein  Beispiel  zu  erweisen  sein,  auch  keins  von  ihnen  eine  nur  ideale  Ge- 
lehrten- Bepublik  bedeuten,  sondern  einen  wirklichen,  aus  Gelehrten 
bestehenden  Staat,  der  aber  doch  nicht  dabei  gedacht  wird.  Daher 
meint  Dietrich,  da  das  ganze  Bild  den  Alten  unbekannt  wäre,  müsse  es 
auch  wohl  aufgegeben  werden.  Jedoch  in  manchen  Verbindungen,  sagt 
er,  würde  sich  vielleicht  dafür  senatiis  dociornm  brauchen  lassen,  wie 
Cic.  (N.  D.  1,34)  sage:  cum  tanquam  senutiim philosophoriini  revitares. 
Vgl.  noch  unter  Orbis. 

Eruere,  hervorbringen ,  kommt  zwar  bildlich  mit  argumenta,  veri- 
tatem,  causam  reruin  \\.  dgl.  verbunden  vor,  aber  eruere  sensum  ati- 
cujus  loci  ist  unerweislich  und  daher  zu  vermeiden ;  dafür  locum  expli- 
care,  enodare ,  declarare  u.  a. 

Erumpere.  Man  sagt  zwar  Kl.  vox,  risus,furor,sermo  alicujus  u.  a. 
erumpit,  auch,  wo  es  passt,  mit  in  alif/tiem ,  gegen  Jemanden,  ferner 
erumpo  stofnachu?n  (Zorn)  in  aliquem  und  so  ähnliche,  aber  nicht 
erumpo  iji  vocem.  in  risum,  in  furorern,  in  stomachnm  u.  a.  —  N.  Kl. 
jedoch  sagt  z.  B.  Quintil.  (VIIL3.  4):  eruperunt  in  hunc  voluptatis 
affectum ,  sie  brachen  in  diese  freudige  Stimmimg  aus,  wornach  jene 
Ausdrücke  niclit  ganz  verwerflich  scheinen.  Gewiss  ist  freilich,  was 
Ruhnken  zu  Mureti  Expl.  in  Catil.  L  praef.  (Oper.  T.  II,  p.  530  ed. 
Ruhnk.)  Catilinam  in  eam  vocem  erupisse — sagt:  Erumpere  in  vocem, 
prorumpere  in  rerba  cadente  lotinitate  dici  coepit  (coeptum  est  ?).  Vide 
Cellar.  Cur.  poster.  p.  195;  und  wegen  dieser  Ungewöhnlichkeit  werde 
es  daher  vermieden.  Man  sage  liel)er:  edere,  mittere ,  emittere  vocem, 
verba,  edere  oder  tollere  risum,  cachinnum,  cachinnare  (nicht  cachin- 
nari^.  Gut  sind  erumpere gaudium,  iram  u.  a.  Vgl.  Gronov.  Liv.XXXII,7. 
Zweifelhaft  ist:  bellum  erumpit,  der  Krieg  bricht  aus,  für  bellutn  eso~ 
ritur,  exardescit  oder  belli  flamma  esardescit.  Und  so  setzt  man  ex'ör- 
descere  auch  bei  ira,  odium  u.  a.  Auch  sagt  man  wohl  nicht  lacrimae 
erumpunt,  Thränen  brechen  hervor,  für  oboriuntur. 

Escendere  werde,  da  es  seltne  Nebenform  von  ascendere,  auf-  oder 
empor  steigert,  ist,  nicht,  wie  es  heutzutage  geschieht,  gemissbraueht; 
anwendbar  ist  es  vielleicht  nur  beim  Ersteigen  einer  gefährlichen 
Höhe.  Vgl.  Ochsner  Eclog.  Cicer.  p.  288.  —  Neue  Wörter  sind  aber 


327 

esceiisfo  und  escefisvs,  sei  es  in  der  Bedeut.  Aufsteigen  oder  Ausstei- 
gen (aus  einem  Schiffe),  für  ascetisus,  ascensio  oder  exscensio,  appuhus. 

*  Uebereilt  gibt  Grotefend  ( Commentar.  p.  73)  als  Plirase  an:  Escensio 
non  sine  multa  caede  facta  est.  Escenms  aber  für  ascenuvs  ist  ohne  sicliere  Auc- 
torität,  da  bei  Liv.  (XXXIV,  28)  und  bei  Tacit.  (A.  XIII,  39,  2)  für  escensu 
jetzt  ascensu  steht. 

-     Esquilius,  Esquilisch,  ist  P.  Form  für  Esquili7ms. 

Esse,  sein.  Unter  Vielem  merke  man:  Einem  sein  oder  gehören 
(wodurch  der  Eigenthümer  und  Besitzer  ang:egeben  wird) ,  lieisst 
nicht  o/«CMi*,  sondern  alicujus  esse;  z.  B.  dieses  Haus  gehört  m«V-,  nicht 
mihi  est,  sondern  mea  est;  —  ist  meinem  Pater,  nicht  meo  est  patri, 
sondern  mei  est  patris.  Bei  geistigen  und  leibh'chen  Eigenschaften 
eines  Menschen  wird  esse  nicht  mit  dem  Dativ,  sondern  mit  in  und 
dem  Ablativ  oder  in  veränderter  Redeweise  mit  dem  Eigenschafls- 
Genitiv  oder  -Ablativ  ausgedrückt,  und  im  erstem  Falle  wird  mehr 
inesse  als  esse  gebraucht.  Man  sage  nicht:  Fratri meo  magna  est  comi- 
tas  ( mollis  ajiimus,  morum  suavitas ) ,  sondern  infratre  meo  est  oder 
inest — .  Jemand  steht  (ist)  mit  Einem  in  Freundschaft ,  auf  vertrau- 
lichem Fusse  ,  nicht  in  amicitia  ,  in  familiär it ate  ,  sondern  alicui  est 
(intercedit)  familiaritas  cum  aliquo  (Cic.  Att.  VIII,  3, 2)  u.  a. —  Zuerst 
bei  Livius  (aber  sehr  selten,  z.  B.  XLII,  4],  2),  auch  bei  den  iVach- 
klassikern  selten, und  fast  nur  P.  L.  steht  est  mit  dem  Itijuutiv,\n  der 
Bedeut.  man  kann,  darf,  soll;  z.  B.  est  videre,  audire,  deprehendere, 
man  Icann  sehen,  höre?!,  wahrnehmen.  Es  ist  dies  ein  Graecismus,  der  bei 
keinem  Klassiker  vorkommt,  der  sich  aber  bei  den  besten  Neulateinern 
nicht  selten  findet.  So  sagt  Muret  (Oper.  T.  I,  p.  163  ed.  Fr.)  :  quarum 
(arborum)  in  ramis  cernere  est fructus  fnites,  wozu  Ruhnken  bemerkt: 
Hie  graecismus  poetis  proprius  est,  non  orationis  prosae  scriptoribus. 
So  sagt  auch  Perpinian  (Oratt.  p.  23)  :  itaque  videre  est  eos  ;  J.  M.  Ges- 
ner :  multa  miserandaque  erat  audire  ac  videre  —  und  so  viele  andere. 
Wenn  in  dem  deutschen  sei?i  mit  dem  Infinitiv  das  Müssen  und  Dür- 
fen liegt,  so  braucht  man  das  Gerundivum,  z.  B.  videndus,  audiendus, 
deprehendendus  u.  dgl.;  wenn  das  Kön?iefi  darin  liegt,  das  Verbum 
posse,  oder  man  ändert  den  Satz  um;  z.  B.  das  ist  flicht  zußjiden,hoc 
non  reperitur ,  reperiri  non  polest.  Vgl.  darüber  Heusing.  Emendatt. 
p.  403.  Weber's  üebungssch.  p.  191  und  Hand's  Lehrb.  p.  177,  und 
über  die  Stelle  in  Cic.  Rep.  I,  38,  wo  Mai  zuerst  las  et  illud  videre  est, 
später  aber  richtig  et  illud  vide ,  si —  vgl.  Heinrich's  Anm.  in  seiner 
Ausg.  —  Man  verwechsele  dieses  est  mit  dem  bifinitiv  nicht  mit  Re- 
densarten, wie:  facile  est  haec  cernere  in  primis  puerorum  annis,  was 
einen  ganz  andern  Sinn  hat.  —  N.  L.  ist:  est  meum ,  tuum  (oder  ein 
sonstiger  Genitiv)  mit  folgendem  ut,  da  nur  der  Infinitiv  darauf  fol- 
gen kann.  Man  sage  nicht:  est  patris,  ut  te 77W7ieat, sondern  te  monere. 
Mit  Unrecht    verwerfen  Einige  Redensarten,  wie:  stulti,  prndentis, 

sapienlis  est,  und   wollen  nur  den  Plural  stultorum est,  da  doch 

beides  gleich  Kl.  ist.  —  N.  L.  ist:  hoc  meae  est  laudi,  das  dient  zu 
meinem  Lobe ;  patris  est  honori,  dient  zur  Ehre  des  Vaters ;  ornamento 
urbis,  zur  Zierde  der  Stadt,  —  für  hoc  mihi  est  laudi,  po/r/ est  honori, 
nrbi  est  ornamento;  —  kurz,  zu  solchen  Dativen,  wie  laudi  w.  dgl.  tritt 
kein  Genitiv  und  kein  PossessivproTiomen ,  sondern  nur  ein  zweiter 
Dativ  der  Person.  Wird  der  Dativ  laudi,  curae  u.  a.  durch  ein  Adverb. 


328 

(mehr  oder  iveiiiger )  näher  bestimmt,  so  wird  weder  mogis^  noch 
minus,  sondern  majori,  m.i?iori  hinzugesetzt;  z.  B.  das  liegt  mir  ireniger 
am  Herzen,  hoc  minori  mihi  est  curae ,  nicht  minus.  Falsch  schrieb 
nenlicli  Einer:  Avaritia  mag-no  est  raalo  hominum,  für  magno  est  komi- 
nibus  nialo.  Unser  von  guten  Elter?i,  aus  guter  Familie  sein  heisst 
7iatmn  esse  bonis  parentibus,  honesto  loco,  nicht  blos  a  bonis  esse  paren- 
tibus,  ex  bona  esse  familia,  wiewohl  richtig  ist  familia  esse  consulari 
Ol] er  fatnil/ae  esse  consularis.  —  Die  Redensart  in  eo  esse,  ut  — ,  an 
dem,  daran,  im  Begriff  seilt,  Etivas  zu  thun,  ist  im  bessern  Latein 
nicht  personal,  sondern  neutral ;  z.  B.  als  die  Soldaten  schoji  daran  (im 
Begriffe)  waren,  die  Mauern  zu  ersteigen,  nicht  cum  milites  jam  in  eo 
essent,  ut  in  muros  evaderent,  sondern  cum  jam  in  eo  esset,  ut  milites 
in  m.  evad.  Vgl.  Düker  zu  Livius  II,  17,  5  u.  Gronov.  z.  Liv.  VII,  35,7; 
ausserdem  vgl.  Prope.  —  N.  L.  ist  sit,  ut  oder  qzwmodocumque  velit, 
es  sei,  wie  es  wolle,  für  ut  oder  utciimque  est.  —  Esse  cum  aliquo  bedeu- 
tet nur  bei  Jemände7i  sein,  mit  ihm  leben,  nicht  es  mit  Jemanden  halten, 
wag  Stare  cum  oder  ab  aliquo  heisst.  Endlich  über  Redensarten,  wie: 
esset  longmn,es  iväre  zu  weitläuftig.  für  est  longum,  vgl.  Th.  I,  §.  115. 

Essentia,  das  Wesen,  die  Weseriheit,  Beschaffenheit,  soll  nach  Se- 
neca  (Ep.  58)  von  Cicero  wörtlich  für  ot-a/«  übersetzt  sein,  was  man 
aber  nirgends  bei  ihm  findet.  Nach  Seneca  brauchte  es  auch  ein  ge- 
wisser Fabian,  und  er  selbst  wandte  es  als  Lückenbüsser  in  seiner 
philosophischen  Sprache  an.  Auch  Quintilian  erwähnt  das  Wort  einige- 
mal, legt  es  einem  Sergius  Flavius  (bei  Zurapt  Platäus)  II,  14,  2;  III, 
6,  23;  VIII,  3,  33  bei,  und  nennt  es  hart,  aber  nothwendig,  ohne  es 
weiter  zu  brauchen,  was  auch  später  nicht  geschehen  ist.  Man  brauchte 
dafür  vis,  natura,  proprietas. 

Est.  Ueber  est  videre,  est  reperire  u.  dgl.  vgl.  Esse. 

Esuriare,  aushungern,  und  esuriatus,  ausgehungert,  sind  N.  L.  für 
fame  ?iecare,  macerare,  suffocare;  fame  ?iecatus  oder  enectus  (Cic. 
Att.  IV,  3). 

Esurtes,  der  Hunger,  kommt  selten  vor,  vielleicht  aus  der  gemei- 
nen Volkssprache  entnommen,  bei  Coeiius  (Cic.  Fam.  VIII,  1),  sonst 
nur  Sp.  L.  für  fames,  i?iedia.  Eben  so  selten  und  gemein  ist  esuritio. 

Et  in  der  Bedeutung  auch  werde  nicht,  wie  es  im  JV.  L.  geschieht, 
für  etiam  oder  quoque  gebraucht,  indem  man  glaubt,  es  sei  schöner. 
Wo  es  bei  Cicero  vorkommt,  hat  es  schwächere  Kraft,  als  das  stei- 
gernde etiam,  und  dafür  kann  kaum  et  gebraucht  werden.  Daher  ist  es 
nach  Dietrich's  Meinung  am  gerathensten,  sich  des  et  in  diesem  Sinne 
ganz  zu  enthalten.  —  Nicht  zu  verwerfen  ist  et  etiam,  woinr  man  über- 
all atqne  etiam  lesen  will;  denn  et  ist  bei  vorhergegangenem  et  noth- 
wendig, und  wenn  etiam  bei  einem  Comparativ  steht,  verstärkt  es  die- 
sen und  hat  mit  et  keine  Verbindung.  Dietrich,  der  es  vorher  mit  Znmpt 
bezweifelte,  verweist  jetzt  auf  Cic.  Fam.  IX,  25,  3;  XII,  18;  XIII,  7. 
Coel.  6.  Divin.  1,58;  Att.  II,  1,  3;  XVI,  16,  9.  Sueton.  Caes.  76.  Aug.  19. 
und  auf  Ilandii  Tursell.  T.  II,  p.  522.  —  N.  L.  ist  et  itaque,  et  quare, 
et  quapropter,  wo  et  wegbleiben  mnss;  aber  et  igitur,  et  ergo  (durch 
andere  Wörter  getrennt)  können  stehen,  wenn  ein  Gegenstand  oder 
Satz  mit  der  Schlussfolge  angereiht  wird  ;  jedoch  kommen  dann  öfter 
et  ideo,  et  idcirco  vor.  In  der  einfachen  Schlussfolge  aber  sagt  man 
nur  igitur  und  ergo,  nicht  mit  et.  Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  232.  —  Sp.  L. 


329 

ißt  bei  Aiifzählung'en  et  deinde,  et  post,  et  denique  (ausser  wo  es  und 
kurz  bedeutet,  wie  Cic.  Rose.  Am.  13);  et  muss  hier  wegbleiben.  Man 
sage  nicht,  wie  Ruhnken.  (Opusc.  I,  p.  39) :  et  caedem  denique,  und 
endlich  die  Ermordung,  für  denique  caedem;  nicht  (wie  im  Elog. 
Hemsterh.  p.  266):  primum,  ut  eos  juberet  —  et  post,  quid  — ,  für 
post,  quid ;  nicht  (wie  Mahne  Crito  p.  319)  :  ut  primum  —  deinde  ipso- 
Tum  —  et  denique,  für  denique.  Wo  aber  deinde.,  post  und  de7iiq2ie  die 
Zeit  anzeigen,  da  kann  auch  et  oder  ac  davor  stehen.  —  Ebenso  ist  A. 
und  Sp.  L.  et  ecce,  und  siehe!  für  ecce!  ohne  et.  —  Theils  —  theits,  et 

—  que,  kommt  erst  seit  Livius  vor  und  ist  selten  für  et  —  et.  Auch 
sage  man  nicht  et  —  et  vero,  wie  wir  theils  —  theils  aber,  sondern 
entweder  blos  et  —  et,  oder  non  solum  —  sed  etiam.  —  Wo  wir  als 
Beisatz  zu  etwas  Erwähntem  sagen:  tind  das  thust  du  (auch),  und  das 
thut  ihr  (auch),  sagt  man  nicht  e^  hoc  facis  (etiam),  et  hoc  facitis  (etiam), 
sondern  ut  facis,  ut  facilis  oder  quod  facis,  quod  facitis,  ohne  et  und 
etiam.  Vgl.  Cic.  Farn.  VI,  2,  3;  XIII,  19,1;  Q.  fr.  1, 1, 16.  Senect.  J7,59. 

—  Unser  und  noch  dazu  der,  und  noch  obendrein  der  heisst  nicht  et 
ad  hoc  is,  et  insuper  is,  sondern  blos  et  is ;  z.  B.  vergiss  nicht,  dass  du 
Cicero  seist,  und  noch  dazu  der,  welcher  — ,  et  eum,  qui  —  (Sulpic. 
Cic.  Farn.  IV,  5,  5).  Vgl.  Anleitung  §.  116.  —  Es  ist  gewöhnlich,  dass 
für  et  wow,  wenn  der  ganze  Satz  verneint  werden  soll  (nicht  ein  einzel- 
nes Wort  des  Satzes),  wec  oder  neque  gesagt  wird;  ebenso  necunquam 
für  et  numquam;  7iec  quisquam  für  et  ?iemo,  et  ?iullus ;  nee  usquam  für 
et  nusquam ;  necdum,  neque  dum  für  et  nondum  u.  a.  Vgl.  Anleitung 
§.  578.  —  Falsch  ist;  quaeritur,  quid  faciendura  et  non  faciendum  si(, 
was  zu  thun  und  nicht  zu  thun  sei,  für  quid  fac,  non  faciendiimve  sit 
(Cic.  Fin.  I,  14,  47),  oder  quid  fac.  sit ,  aut  non  faciendum  (ib.  IV, 
17,  46).  Vgl.  wwi^x  Aut.  —  Falsch  ist  auch:  nihil  e^ingenioe^  doctrina 
valet,  für  nihil  neque  ing.  neque  doctr.,  oder  nihil  vel  ingen.  vel  doctr. 
Talet,  —  In  Sätzen,  wie:  lies  das  Buch,  ufid  du  wirst  finden,  schiebt 
man  nicht  et  ein,  sondern  sagt:  lege  librum.^am  iutelliges.  —  Wenn  zu 
der  unbestimmten  Angabe  eines  Tages,  z.  ß.  den  Tag  vorher  (nachher), 
noch  der  Tag  bestimmt  beigesetzt  wird,  z.  B.  7iemlich  oder  U7id  das 
war  den  (am)  erste7i  Januar,  so  sagt  man  id  est  Kalendis  Januariis 
oder  qui  fuit  dies  Kale7idarum  Ja7iuariarum.  Ueber  et  oder  ac  simul, 
welche  oft  für  ide7u  stehen,  vgl.  Simul. 

Et  quidem,  U7id  zivar,  werde  nicht  gebraucht,  wenn  ein  vorausge- 
gangener Name  oder  ein  Wort  mit  einem  den  Gedanken  erhöhenden 
Zusätze  iviederholt  wird;  hier  reicht  et  oder  (doch  seltner)  atque  hin; 
z.  B.  mein  Schwiegersohn  und  ztvar  mein  Schw.  Piso,  gener.  meus  et 
Piso  gener,  nirht  et  quidem  Piso  geuer  (Cic.  Sest.  24,  54) ;  von  ei7iem 
Volkstribu7i  U7id  zwar  von  dem  Folkstrib.  Curio,  a  tribuno  plebis,  et  a 
Curione  tribwio  (Cic.  Fam.  II,  7,  4)  ;  und  so  noch  oft,  z.  B.  lex  erat 
lata,  et  ea  lex,  U7id  zwar  das  Gesetz  (Cic.  Sest.  24,  53)  ;  et  quaestor 
est,  et  quaestor  tuus,  ?md  zivar  dein  Q.  (Cic.  Fam.  II,  18,  2)  ;  magna 
vis  est  conscientiae,  et  mag7ia  in  — ,  7nid  zwar  gross  in  —  (Cic.  Milo 
23,  61)  ;  turbam  coiigregat  ignotorum  deoruni,  atque  ita  ignotorum  — , 
und  zwar  so  unbeka7inter  (Cic.  N.  D.  I,  15,  39).  Vgl.  Cic.  Rabir. 
perduell.  reo  3.  Sest.  24,  53;  36,  78;  Sull.6  extr.  Fam.  VI,  12.  Muren. 
7,  15.  Leg.  Man.  3,  7  u.  a.  —  Incorrect  sagt  daher  Muret.  (Explic.  Cic. 
Catil.  III,  epist,  dedic.)  :  ubi  ipsae   inter  se  disside7it  reip.  partes,  et 


330 

quidem  Ha  dissident,  für  atque  ita  dissident.  Wo  aber  kein  Wort  wie- 
derholt wird,  sondern  nur  noch  eine  ?iähere  Bestimmtwg  mit  und  zwar 
hinzutritt,  da  ist  et  quidem  und  negativ  nee  quidem  (Cic.  Farn.  VI,6, 1) 
ri<!hti^\  z.  B.  ego  cum  illo  locutus  sum,  et  snepius  quidem,  und  zwar 
öfter  (Cic.  Att.  XVI,  16,  5  in  einem  Br.  an  PJancus)  ;  veniet  tempus, 
et  quidem  celeriter  (Cic.  Tusc.  I,  31,  76) ;  orania  videntur  subita  majora, 
et  quidem  ob  daas  causas  (ib.  111,22,  52)  ;  conscende  nobiscuni,  et  qui- 
dem adpuppim  (P^am.  XII,  25,  5).  Vgl.  noch  Phil.  II,  31.  Att.  X,  8,  6; 
XIV,  11.  Farn.  IV,  13,  9.  Unerhört  aber  ist  der  Gebraucli  von  et  qui- 
dem, wo  es  ganz  unnölhig  ist,  z.  B.  in  Lucae  evangelio  capite  secundo  et 
quidem  versu  decimo,  oder:  apud  Homerum  in  lliade  et  quidem  iibro 
secundo,  oder:  in  Iliadis  Iibro  secundo  et  quidem  versu  decimo,  oder: 
in  vita  Rulinkenii  et  quidem  in  scholiis  (und  zwar  in  den  Anmerkungen). 
Vgl.  Wyttenb.  Opusc.  I,  p.  343.  —  Bei  zwei  Vorliergenannten  heisst 
im  näher  bestimmenden  Zusätze  und  zwar  der  ^/we,  nicht  et  alter  qui- 
dem, sondern  blos  alter  quidem.,  z.  B.:  P.  Crassum  et  P.  Scaevolam 
ajunt  Tib.  Graccho  auctores  legum  fuisse,  alterum  quidem  palam  (und 
zwar  der  Eine),  alterum  obscurius  (Cic.  Acad.  IV,  5,  13). 

Etenim  steht  fast  nur  voran  und  wird  nicht  eingeschoben,  und  wo 
es  bei  Cicero  und  sonst  nachgesetzt  vorkommt,  scheint  die  Lesart  un- 
richtig; wenigstens  ahme  man  es  nicht  nach.  Vgl.  Hand.  Tursellin. 
T.  II,  p.  544.  Wunder  Cic.  Plane,  p.  123.  Fabri  z.  Liv.  p.  323  u.  Rei- 
sig's  Vorles.  p.  462. 

Ethnicus  als  Subst.  imd  Adjectiv,  der  Heide  und  heidnisch,  kommt 
zwar  später  als  gentilis  und  idololatra  (tres),  sowie  ethnicismus  fast 
JV.  L.  für  gentilitas,  vor,  ist  aber  neben  den  andern  nicht  zu  verwer- 
fen, zumal  da  es  sich  im  Gebrauche  mehr  festgesetzt  hat.  Perpinian 
(Oratt.  p.  75)  sagt  ethnici  homines.  Andere  sagen  homo  profamis,homo 
non  christianus,  oder  umschreiben  es  durch  sacrorum  christianorum 
espers,  qui gentilis  (idololatres  [tra],  ethnicus)  vocatt/r,  veri  divinicultus 
expers.  Eine  von  diesen  Ausdrucksweisen  ist  ausser  dem  theologischen 
Zusammenhange  nothwendig,  da  es  sonst  eine  falsche  Idee  gibt.  Vgl. 
Weber's  Uebungssch.  p.  407.  Dietrich's  Sintenis  p.  144,  und  unten 
Paganus. 

Etiam,  auch,  kann  oft  eben  so  wenig  wie  quoque  da  gebraucht  wer- 
den, wo  wir  auch  zu  setzen  pflegen,  indem  beide  fast  nur  dann  stehen, 
wenn  nach  etwas  vorhin  Erwähntem  eine  neue  Person  oder  eine  wewe 
Sache  angegeben  wird.  Wenn  aber  von  ebenderselben  Person  oder 
Sache  die  Rede  ist,  und  dersell)en  zwei  Praedicate  beigelegt  werden, 
wo  wir  er  auch,  auch  er,  auch  dieser  statt  ebenderselbe  sagen,  ist  is 
etiam,  etiam  is,  is  quoque  Ä\  L.  für  idem;  z.  B.  musici,  qui  iidefu 
(welche  auch)  quondam  erant  poetae;  Libera,  quam  eandern  (welche 
man  auch)  Proserpinam  vocant;  ibi  mihi  Tullia  mea  fnit  praesto  nalali 
suo  ipso  die,  qui  casu  idem  (welcher  zufällig  auch)  natalis  erat  Brun- 
disiiiae  coloniae  (Cic.  Att.  IV,  1,  4).  Vgl.  Matthiae  Cic.  Arch.  7. — 
Neulateiner  fehlen  oft,  z.  B.  Chr.  Saxe  (Onom.  P.  II,  p.  450):  Sincerus 
Hollandus,  qui  etiam  (für  idem)  Petr.  Burmannus  major  est.  —  Wenn 
aber  in  auch  mehr  das  adverbiale  ebeiifalls  liegt,  so  heisst  es  item.  — 
N.  L.  ist  et  hoc  etiam  facis  u.  dgl.,  2ijid  das  thust  du  auch;  vgl.  unter 
Et.  —  Unser  noch  auch  nach  weder  heisst  blos  neque,  nicht  neque 
etiam,  z.  B.  neque  hos  novi,  neque  illos  (noch  auch  jene).  —  In  den  re- 


331 

lativeii  Verbindungen  tvo  mich,  wie  sehr  auch,  trieviel  auch,  wer  (wel- 
cher) auch,  wenn  auch  (oft  mit  dem  Adv.  nur)  tritt  weder  etiam,  noch 
iantuvi  hinzu ;  man  sagt  also  bloss  ubicunque,  quamvis,  quamvis  multus, 
qumaique  oder  quisqnis,  qnandocunque ;  z.  B.  quamvis  multa  (ivie  Vie- 
les auch)  docti  dica?it;  quoquo  tempore  (zu  welcher  Zeit  auch)  fiel  (Cic. 
Aft.  IX,  10,  9).  Falsch  sagt  C  D.  Beck:  qiiidquid  etiam\\n\m\\\s  oppo- 
suerit,  für  quidquid  opposuit  (denn  auch  der  Conjunctiv  ist  falsch). 
—  In  den  Redensarten  noch  viel  mehr,  ?wch  viel  grösser  u.  dgl.  sagt 
man  multo  etia?n  magis,  multo  etiam  major,  nicht  etiam  multo  7nagis, 
eliam  multo  fnajor.  Vgl.  Dietrich's  Sintenis  p.  33.  —  Unser  auch  nicht 
mit  dem  Zusätze  wen7i  dos  wäre  heisst  7i07i  siidsit,  aber  nicht  etinni 
von  oder  nee  siid  sit,  z.  B.  Liv.  VII.  10,  2injussu  tuo  numquam  pugna- 
verim,  no?i  si  (auch  flicht  ivenn)  certam  victoriam  videam.  Ferner  heisst 
wenn  auch,  für  auch  wenn,  obschon,  nicht  si  etiam,  sondern  etiam  si; 
ipenfi  auch  nicht,  etiam  si  noji,  und  we7in  auch  sogar  nicht  oder  sogar 
auch  wenn  nicht,  ne  si  —  quidem.  Unser  so  auch  in  Vergieichmigs- 
sätzen  nach  wie  (ut,  quemadmodum)  übersetzt  man  nicht  durch  Ha 
oder  sie  etiam,  sondern  blos  durch  ita,  sie,  item  oder  simillime.  Vgl. 
Schirlitz  Unterhalt,  p.  186.  —  Endlich  ist  etiam  non,  auch  nicht;  et 
etiam  non,  und  auch  7iicht;  sed  etiam  non,  aber  auch  nicht,  in  Gegen- 
sätzen fast  N.  L.  für  ne  —  quidem  (flieht  ei7imal).  Man  sagt  daher  : 
Nemo  ne  minimum  quidem  maleficium  (auch  flieht  das  kleinste  Verbre- 
chen) sine  causa  admittit  (Cic.  Rose.  Am.  26,  73)  ;  nulia  we  7ni7iima 
quidem  aura  (kein  hiiftchefi,  auch  nicht  das  kleifiste)  fluctus  agitat  (Cic. 
Tusc.  V,  6)  ;  üemosthenes  neniini,  ne  Cicero?ii  quidem  (auch  7iicht  defu 
Cicero)  cedit;  ne  posiea  quidem,  auch  sogar  fiachher  nicht;  ne  seftiel 
quidem,  auch  7iicht  ein  ei7izigesmal.  —  N.  L.  ist  auch  fiec  vero  etiam, 
aber  auch  nicht,  für  nee  vero  oder  blos  7iec  oder  verstärkt  ne  quidem. 
Falsch  ist  7iec  vero  magis  etiam  illud  arridet;  nee  vero  etiam  quem- 
quam  fugit;  nee  vero  etiam  majoris  momenti  altera  est  ratio.  Vgl.  noch 
Weber's  Uebungssch.  p.  216. 

*  Der  sei.  Passow  leugnete ,  dass  etiam  auch  nach  seinem  Worte  stelle ,  was 
jedocli  auch  bei  Cicero,  wiewolil  selten,  vorkommt.  Vgl.  Cic.  Tusc.  IV,  28,  60. 
Divin.  ],  26,  53  und  Zumpt  z.  Cic.  Ofl'.  I,  24.  Man  stelle  es  aber  nicht  getrennt 
von  dem  Worte,  wozu  es  geliort,  wie  es  Liv.  (XXXIV,  24)  gestellt  haben  soll: 
ad  Aetolos  legatum  etiam  misit,  da  doch  etiam  zu  ad  Aetolos  gehört.  Auch  möchte 
bei  Cicero  selten  sicher  stehen:  etiain  illud  addo,  addam  etiam  illud,  für  illud 
etiam  addo,  addam  ilhid  etiam.  Vgl.  Klotz  Cic.  Lael.  p.  165  und  Reisig's  Vor- 
lesungen p.  430. 

Etiamdian,  auch  noch,  was  Schütz  in  vielen  Stellen  bei  Cicero  für 
etiamtum  gesetzt  hat,  wird  für  N.  L.  gehalten;  wo  es  noch  vorkommt 
(z.  B.  Cic.  Att.  XIII,  31),  wird  es  verworfen.  Vgl.  Orelli.  —  Richtig  ist 
etiamfium  und  etiamtum ;  aber  etiamnwn  in  der  Bedeut.  ausserde7n, 
wie  wir  dafür  auch  sagen  auch  fioch,  ist  N.  Kl.  für  praeterea.  Man 
brauche  aber  jenes  etiufnnum  oder  etiamnunc,  worin  Gegemvart  ange- 
deutet wird,  nur  von  etwas  Gegenwärtigem,  hingegen  etiamtum  oder 
etiamtunc,  worin  Vergangenheit  angedeutet  wird,  von  etwas  Vergan- 
genem, mag  auch  bisweilen  der  eine  und  der  andere  Schriftsteller 
Aon  diesem  Gebrauche  abgewichen  sein,  wie  denn  in  Briefen  die  Ver- 
gangenheit für  die  dem  Schreibenden  dauernde  Gegenwart  gilt.  Vgl. 
Klotz  zu  Cic.  Lael.  deutsche  Ausg.  Vorr.  p.  X.  —  Etwas  Sicheres  und 
Festes  hat  man  über  den  Gebrauch  beider  Formen   noch  nicht.  Vgl. 


332 

HaiuHi  Turselliii.  T.  11.  Herzog  z.  Caes.  B.  G.  YI,  40  u.  Kritz  Sallust. 
Ca(il.  2,  1.  Für  de»  Gebrauch  im  Lateiiiischschreiben  reicht  jenes  hin. 
Kuhoeus,  Eubölsch,  ist  P.  L.  für  Eiiboicus. 

Eiiergetes,  der  Wohlthäter,  werde  als  fremdes  (g'riechisches)  Wort 
niclit  falsch  gebraucht;  man  setze  es  nur  da,  wo  es  als  Benennung  nö- 
thig  ist,  sonst  aber  vir  oder  homo  beiießcus,  de  aliqiio  bene  meritus. 

Eupheim'sticus  ist  N.  L.  und  weder  griech.  noch  lateinisch;  es 
werde  ganz  vermieden  entweder  durch  j!;e/  euphemismum  oder  durch 
tri'stitiam  rei  Jenitote  verbi  mitigans. 

Etiropae/'cus,  Europäisch,  ist  N.  L.  Form  für  Europaeus. 

Evacziare,  ausleeren,  kommt  N.  KL  beim  altern  Plinius  vor,  ist 
aber  unnötliig  wegen  vacuum  facere,  vaciiefacere,  exhaurire  u.  a. 

Evadere  in  der  bildlichen  Bedeut.  entgehen,  z.  B.  einer  Gefahr, 
wird  verbunden  mit  es,  also  e  periculo,  e  morbo  (Cic.  Divin  11,  5,  13); 
in  der  Bedeut.  aufsteigen  auf  einen  Ort,  in  locum  (Cic.  N.  D.  II,  37). 
Es  -bedeutet  nur  dann  werden,  wenn  darin  der  Begriff  s?cA  hervorheben, 
sich  zeigen  liegt,  oder  wenn  das  Ausgehe?!  (tvohin),  das  Auslaufen  mit 
werden  fast  zusammenfällt;  z.  B.  wenn  irgend  ein  Traum  wahr  geiror- 
den  ist,  d.  h.  wenn  er  als  wahrer  ausgegangen  ist,  si  somnium  verum 
evasit  aliquod  (Cic.  Divin.  II,  71)  —  und  so  Cic.  Leg.  II,  17,43.  Brut.  35. 
Verr.  II,  3,  69.  Phil.  II,  7.  Rep.  I,  43.  Orat.  I,  28,  ^Q  (tales  non  pos- 
sunt  oratores  evadere,  aus  solchen  können  heine  Redner  werden).  — 
N.  L.  ist  es  gewiss,  wenn  Mahne  (Crito  p.  286)  von  der  Geographie 
sagt,  sie  diene  dazu,  ut  de  locis,  ubi  quid  gestum  sit,  certiores  evada- 
musy  wo  wenigstens  flamus  besser  gewesen  wäre.  Man  merke  noch, 
dass:  toas  tvird  daraus  werden?  ivie  wird  dieses  ablaufen?  quorsum 
hoc  evadet?  heisst.  —  iV^.  L.  ist  es  auch,  wenn  Majorag.  (Oratt.  15, 
p.  314)  sagt:  nonnunquam  i?i  praestantes  viros  evadunt,  iür  praestan- 
tes  viri  (als  Nominat.). 

Evagari,  ausschtveifeii.  auf  fremde  Dinge  kommen.  Es  ist  zweifel- 
haft, ob  es  von  der  Rede  gesagt  werden  köima, z.B. oratio  longius  eva- 
gatur,  für  vagatur,  excurrit,  digreditur,  abit,  labitur,  prolabitur.  Vgl. 
Cic.  Divin.  II,  37,  79  Inbor  longius;  Leg.  I,  19,52  labebar  longius; 
Caecin.  35  prolabi  longius;  Orat.  III,  49  oratio  excurrit  longius. 

Evaginare,  aus  der  Scheide  ziehe?!,  ist  Sp.  L.  für  e  vagina  educere, 
Vagina  nudare,  und  bei  gladium  blos  stringere,  distri??gere. 

Evalescere,  stark,  kräftig  ?verden,  erstarken,  ist  N.  KL  und  selten; 
bei  Quintilian  kommt  es  einigemal  vor,  für  fir??iari,  co?ifirmari,  in- 
valescere  u.  a. 

Evangeli?i?n  ist  nur  in  der  kirchlichen  Sprache  für  die  Evangelien 
des  N.  Testamentes  beizubehalten,  aber  nicht  in  der  Bedeut.  frohe 
Botschaft,  in  der  es  Cicero  (Att.  II,  3),  aber  griechisch,  braucht;  da- 
für sage  man  bo?ius,  laetus  —  mmtius.  Wenn  aber  Muret.  (Expl.  Cic. 
Cat.  II,  1,  1)  sagt:  ii  qui  suave?n  (für  bonum,  optatum,  exoptatum,  lae- 
tnm)  aliquem  nuntium  afferunt,  ita  grati  solent  esse,  ut  eos  plerumque 
eva?igeliis  prosequamur,  so  braucht  er  es  in  der  ungewöhnlichen  Be- 
deutung Danksagung,  also  für  gratiaru??i  actio. 

Evanidus,  vergehend,  vergänglich,  ist  P.  und  A^.  Kl.  und  kommt 
bei  weniger  guten  Schriftstellern  vor,  iür  fragilis,  caduciis. 

Evastare,  verwüste??,  steht  fast  nur  bei  Livius  für  vastare. 

Evectio,  die  Ausfuhr  (von  Waaren),  ist  Sp.  L.,  und  eveclus  kommt 


833 

zwar  bei  Varro  und  dem  altern  Pliniiis  vor,  ist  aber  unnöthig  wegen 
esportatio. 

Evellere,  ausreissen;  das  Perf.  heisst  Kl.  nur  evelli,  nicht  evulsi. 
Evenire  ist  in  der  Bedeut.  herauskommen,  hervorgehen  selten  und 
fast  nur  P.  L.  für  egredi,  provenire,  prodire.  Ein  Loos  kommt  heraus, 
sors  ejccidit,  exit,  nicht  evenit.  Vgl.  Mentken.  Observ.  p.  336.  —  Eve- 
nire  tisu  in  der  Bedeut.  begegnen,  sich  ereignen,  halten  Orelli  (Cic.  Tusc. 
p.  354),  R.  Klotz  u.  Andere  für  unlateiiiisth,  und  wollen  dafür  vsu 
venire;  anderer  Meinung  ist  Lindemann.  Vgl.  auch  GraulF  zu  Bunelli 
Epist.  p.  760. 

Eventum,  das  Ereigniss.,  der  Erfolg,  kommt  selten  und  fast  nur  im 
Flur,  vor;  gewöhnlicher  ist  evenlus  nai  h  Oecl.  IV.,  sowohl  im  Sing., 
als  im  Flur.  —  Wiewohl  eventus  der  Erfolg  heisst,  so  ist  es  doch  D.h., 
zu  sagen:  hoc  edictam  sine  eventu  fiiit  oder  eventum  non  hahuit, 
war  ohne  Erfolg,  hatte  keinen  Erfolg,  für  irritum  fuit.  Vgl.  Weber's 
Uebungssch.  p.  356. 

Evidenter,  augenscheinlich,  findet  sich  zwar  erst  bei  Livius,  ist 
aber  gut,  da  evidefis  Kl.  ist ;  aber  evidenter  videre,  deutlich  sehe7i,  ist 
ohne  Beispiel ;  man  sage  dafür  plane,  aperte,  penitus,  perspicue  videre. 

Evincere  ist  in  der  Bedeut.  überführen  N.L.  für  convincere ;  eben- 
so evictus,  überführt,  für  co7wictus.  Es  stand  sonst  in  Cic.  Verr.  1, 1, 1, 
aber  jetzt  hat  man  dafür  ausHandschr.  co//t7c^2/s  gesetzt.  In  der  Bedeut. 
besiegen  kommt  es  erst  bei  Livius  vor,  ist  aber  neben  vincere,  da  es 
den  Begriff  stärker  bezeichnet,  wohl  zu  brauchen. 

Evolare,  herausfliegen,  entgehen,  wird  nur  verbunden  ex  aliqua  re, 
nicht  ohne  ex.  Früher  stand  zwar  auch  bei  Cic.  (Frov.  consul.  6)  quam 
poenam  evolarunt,  aber  seit  Ernesti  steht  dafür  nach  den  Handschr. 
qua  e  poena. 

Ex ;  vgl.  E. 

Exacerbare ,  erbittern,  er%ürnen,  kommt  zwar  erst  bei  Livius  vor, 
ist  aber  neben  irritare  ^  exulcerare ,  exagitare,  ira  incendere  wohl  zu 
brauchen.  —  N.  L.  aber  ist  exacerbatio,  die  Erbitterung,  für  irritatio 
oder  mit  dem  Verbo. 

Exactus  in  der  Bedeut.  genau,  vollkommeit  von  Sachen  und  Perso- 
nenist erst  N.  KL,  höchst  selten  und  kaum  nachzubraucheu  für  diligens, 
perf e  et  US ,  und  bei  Sachen  accuratus.  Ganz  Sp.  L.  ist  das  Adv.  exacte 
für  diligenter,  accurate  u.  a.,  welches  daher  ganz  zu  vermeiden  ist. 

Exadversus  oder  exadversuni  findet  sich  höchst  selten  mit  dem 
Jccusat.  verbunden,  wiewohl  einmal  bei  Cicero;  dafür  e  regione  mit 
d,  Genitiv  oder  contra  m.  d.  Accus. 

Exaequare,  Einen  einem  Andern  gleichstellen,  gleichmachen,  wird 
verbunden  aliquem  cum  aliquo  oder  alicui. 

Exaltare  ist  in  der  Bedeut.  erheben,  erhöhen  höchst  selten;  so  bei 
Seneca,  doch  ist  es  zu  vermeiden  durch  extollere,  efferre,  evehere  u.  a. 
In  der  Bedeut.  ausgraberi,  für  effodere,  ist  es  Gem.  L.  und  kommt  nur 
bei  Columella  vor. 

Examen  ist  in  der  Bedeut.  Prüfung,  Untersuchung  P.  und  Sp.  L. 
Audi  sagt  man  nicht  examen  habere,  eine  Prüfung  halten,  sondern 
examinare,  explorarc,  exquirere,  quid  sciant,  quid  didicerint  discipuli; 
auch  cognitio  discipuloriim. 

Examussim  ,  genau,  vollkommen ,  ist  A.  und  Gem.  L.,  und  wurde 


334 

später  wieder  hervorg^esiicht ;  heutzutage  ist  es  nicht  zu  brauchen, 
und  man  setze  dafiir  accurate,  dilfgejiter  u.  a.,  wie  es  der  Sinn  fordert. 

Exantlare  ist  nach  F.  A.  Wolf  (zu  Cic.  Tusc.  I,  49,  118)  falsch 
latein.  Form  für  exmiclare,  ausschöpfen,  ausdulden.,  überstehen.  Es  ist 
ein  altes  Wort,  findet  sich  aber  noch  bei  Cicero  nicht  nur  in  Versen, 
sondern  auch  in  Prosa,  jedoch  nur  mit  dem  Accus,  von  labor  verbun- 
den,  ea:<2W^/.  laborem,  grosse  Mühseligkeit  bestehen.  Schon  50  Jahre 
nach  Cicero  war  es,  wie  Quintilian  sagt,  veraltet  und  wurde  nicht 
mehr  gebraucht ;  man  setze  also  datüv  perfu?igi,  sustinere,  tolerare, 
perferre  u.  a.  Gegen  den  alten  Gebrauch  ist  es  aber,  wenn  Ilemsterh. 
(Oratt.  p.  133)  sagt:  post  esantlatos  in  hoc  studio  binos  (für  duos) 
annos.,  indem  annum,  diem  u.  a.  exantlare  nur  P.  L.  ist. 

Exa7iimis  oder  e.vanimus,  entseelt,  ist  fast  nur  P.  L.  und  in  Prosa 
selten  für  das  KL  exanimatus. 

Exarare  in  der  Bedeut.  schreiben,  aufzeichnen,  lässt  sich  von  dem 
Griffel  der  x\lten  recht  wohl  auf  die  Feder  übertragen,  und  kann  also 
für  scribere  gebraucht  werden;  aber  nicht  zulässig  ist  es,  es  vom 
Drucken  zu  gebrauchen,  typis  exarare,  für  typis  describere,expri7nere, 
imprimere.  Uebrigens  liegt  in  exarare,  was  nur  von  dem  Schreiben 
auf  Wachstafeln  gebraucht  wird,  nur  das  flüchtige  Hinwerfen  im 
Brouillon,  und  es  passt  daher  nicht  wohl  für  das  bedächtige  Abfassen 
einer  Schrift. 

Exnrdere  ist  N.  L.  Form  für  exardescere,  welche  Jul.  Pogia- 
luis  (  Epist.  T.  I,  p.  58)  braucht,  der  exardeo  sagt.  In  Ernesti's  Lex. 
Livianum  wird  Exardere  erwähnt,  und  aus  X,23  exardet  altercatio 
angeführt;  aber  dort  steht  exardescit. 

Exarmare,  entwaffnen ,  ist  iV.  Kl.  und  findet  sich  bei  Seneca,  Ta- 
citus  und  Aehnlichen  für  armis  spoliare  oder  exuere. 

Exasciare  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  ausglätten,  vollkommen  ?nacheti ; 
es  ist  gebildet  aus  dem  y^.  L.  exasciatus  bei  Plautus;  man  gebrauche 
dafür  pe?ßcere,  absolvere,  consunifnare.  Es  gehört  zum  zierlichen  Latein 
der  Neuern,  und  ist  so  schön,  wie  unser  aushobehi,  von  einem  Geistes- 
werke gesagt,  sein  würde.  —  Lächerlich  ist  doctrina  oder  disciplina 
exasciata,  lingua  exasciata ,  und  was  man  sonst  im  N'.  L.  so  genannt 
findet. 

Exasperare ,  erbittern,  aufreizen  u.  a.,  kommt  erst  seit  Livius  vor, 
und  ist,  wie  exacerbare,  nicht  zu  verwerfen;  aber  exasperatio  ist  erst 
Sp.  L. 

Exaudire  bedeutet  in  der  bessern  Prosa  nur  deutlich,  vernehmlich 
höreii,  nicht  erhören,  das  Gehörte  gewähren ;  und  so  ist  preces  exaudire 
nur  P.  L. ;  Kl.  wird  dafür  nur  preces  atidire  oder  ad?nittere  preca- 
tionem  (Liv.  XXXI,  5  u.  das.  Gronov)  gesagt. 

Exredere,  herausgehen ,  wird  bei  Oertern  verbunden  loco,  ex  loco 
und  locum.  Der  AcLUsativ  wird  in  bildlicher  Bedeut.  immer  gebraucht, 
kommt  aber  noch  nicht  bei  Cicero  und  Caesar  vor,  seit  Livius  alier 
oft  N.  Kl..,  z.  B.  excedere  modura,  das  Maass  überschreite?!,  exced.ßdem, 
die  Glaubwürdigkeit  u.  a.  überschr. 

Excellentia ,  die  Vorzüglichkeit ,  der  Forzug.  Unser  vorzugsweise 
(yuT  i'^o/^rr)  übersetzt  man  oft  mit  Seneca  (Ep.  58,  p.  176  ed.  Schw.) 
per  excell€7itiam ;  besser  wohl  mit  Cicer.  (Topic.  13,55)  propfer  excel- 
leniiam.  Ausserdem  passt  auch  oft  proprie  (Cic.  1.  c),  praecipue,  prae 


335 

ceten's,  eximio  nomine,  z.  B,  nliquem  oder  aliquid  nominare  \\.  dgl.  Vgl. 
Eminentia. 

Kxcellere,  sich  auszeichnen.  Nur  bei  Gelliiis  findet  sich  die  Perfect- 
form  excellui,  welche  heutzutage  oft  gebraucht  wird,  sonst  nirgends; 
äa{ürßori/i,  vigui,  eminui, praestiti  u.  a.  Jene  Form  werde  vermieden.  — 
Sich  auszeichne7i  in  Etwas  heisst  excellere  in  aliqua  re ;  durch  Ettvas, 
aliqua  re;  unter  Einigen,  inter  aliquos,  und  vor  Einigen  meistens  mit  dem 
J)at.,  aliquibus  (Cic.  Fin.  III,  2,  8  vir  omnibus  escellens,  der  sich  vor 
MIen  auszeichnet)^  oder  mit  praeter  oder  super;  nirgends  aber  mit 
prae,  wie  bei  3Iuret.  (Explic.  Cic.  Catil.  I.  12)  :  aut  unum  jiffie  celeris 
excellere.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  239. 

Exceptio,  die  ^u.s7iahme,  ist  gut  und  Ä7.,  aber  nicht  in  der  Redens- 
art ^fle  ohne  Ausnahme ,  omnes  sine  exceptione ;  dafür  sagt  man  ad 
unum  omnes. 

Exceptus ,  ausgenommen ,  kommt  häufig  mit  dem  Abi.  eines  sub- 
stantivischen Wortes  vor,  z.  B.  me,iUo,patre  excepto ;  nobis^illis^patri- 
bus  exceptis.  Richtig  ist  auch  duobus  exceptis,  zwei  ausgenommen; 
aber  einen  oder  höchstens  zwei  ausgenommen  heisst  excepto  ufio  aut 
summtim  altera,  nicht  duobus.  Ferner  Alle,  keinen  ausgenommefi  heisst 
omnes  ad  unum;  ausgenommen  dass  oder  wenn  heisst  Kl.  nisi  quod, 
praeterquam  quod,  si  modo,  modo,  dum,  nisi,  je  nachdem  das  eine  oder 
das  andere  passt;  erst  N.  Kl.  excepto  s?*oder  ^'e/or/,  jedoch  so  bei  Pli- 
nius  und  Quintilian.  In  jnristischen  Formeln  steht,  wenn  exceptio  vor- 
angegangen ist,  auch  extra  quam  si  —  mehrmals  bei  Cicero. 

Excerpere ,  herausziehen,  herausnehmen.  Man  sage  nicht  librum 
excerpere  nach  uuserm  Deutschen  ein  Buch  ausziehen .  sondern  ex 
libro  excerpere ,  wozu  denn  das,  was  man  auszieht,  in  allgemeiner  An- 
deutung dazu  tritt,  z.  B.  qnaedam,  quae  placent,  veroa,  exerapla  u.  dgl. 
Nirgends  aber  kommt  vor  excerptum  und  im  Plur.  excerpta,  Auszüge, 
für  electa;  daher  heisst  ein  Excerptenbuch ,  electorum  commentarius 
(Plin.  Ep.  III,  5). 

Excessus,  der  Alisgang;  —  aus  Etwas  entweder  mit  ex  oder  mit 
dem  Genitiv,  z.  B.  e  vita  und  vitae,  aus  dem  Leben.  In  der  Bedeut.  das 
Vergehen,  die  Ausschweifung,  der  Excess  ist  es  Sp.  L.  für  delictum, 
peccatum,  petulantia  u.  a. ;  ebenso  in  der  Bedeut.  Uebermaass,{nr  im- 
moderatio,  oder  mit  dem  Verbo  excedere  modum,  oder  der  Redensart 
praeter  modum. 

Kxcipere ;  vgl.  Exceptus. 

Excitare  wird  oft  im  N.  L.  ohne  Auctorität  in  der  Bedeut.  arif/ih- 
ren,  erwähnen  gebraucht,  nicht  allein  verbunden  mit  scriptores,  son- 
dern sogar  mit  locos,  testimonia  u.  a.  Vgl.  Adducere  und  Citare. 

Excludere,  ausschliessen ;  —  Einen  von  Etwas,  aliquem  ab  aliqua 
re  oder  ohne  ab  mit  d.  Abi.;  aber  Ju?tge  aus  den  Eiern  ausbrüten,  excl. 
pullos  ex  Ovis. 

Exclusio,  die  Ausschliessung,  ist  selten,  und  kommt  nur  A.  L.  und 
i\'.  Kl.  bei  Vitruv  vor;  es  werde  durch  die  Yerba  excludere,  eximere, 
sejungere  u.  a.  vermieden. 

Exclusivus  und  das  Adv.  exclusive  sind  ä\  L.  für  hoc  (eo)  excluso, 
excepto,  ita  ut  hoc  (id)  excludatur^  eximatur  u.  dgl. 

Excommunicare,  in  den  Bann  thun,  vofi  der  Kirche  ausschliessen, 
und  excommu?2icatio,  der  Kirchenbann,  sitid  Sp.  //.Wörter  kirchlicher 


336 

Schriftsteller,  welche  zur  Bezeichnung  der  neuen  Kirchensitte  kaum 
zu  entbehren  sind.  Man  hat  dafür  vorgeschlagen :  sacris  oder  rebus 
divinin  (oder  sacra,  res  divinas)  alicui  interdicere,  was  gut  und  Ä7.  ist; 
aliqueni  devovere,  a  sacris  aliquem  excludere,  sacrum  cdiquem  esse  ju- 
bere,  e  chn'stü/norum  homtnum  communttate  exterminare,  ex  numero 
christianorum  ejicere  oder  expellere,  ab  ecclesia  christianorum  exclu- 
dere u.  dgi.  Als  Subst.  mag  etwa  devotio  gelten,  nur  nicht,  wie  Petr. 
Bembus  wollte,  aqua  et  igni  interdictio.  Im  politischen  Sinne,  in  die 
Acht  erklären,  brauche  man  lieber  proscribere,  und  für  Achtserklä- 
rimg, proscriptio. 

Excrementosus,  voll  Excremente,  kommt  N.  L.  bei  Burmann  vor 
(Petron.  p.  275)  :  excremejitosa  caro  anatina  creditur. 

Excrescere,  auf-  oder  emporwachsen,  kommt  selten  N.  Kl.  in  ge- 
meiner Prosa  vor,  besonders  beim  altern  Plinius,  für  crescere,  efflore- 
scere,  adolescere.  Ob  es"  von  einer  Person  gesagt  werden  kann,  ist  zu 
bezweifeln;  Valcken.  sagt  z.  B.  (Oratt.  p.  230):  Philippus  in  quantum 
virum  excrevit,  zu  was  für  eine7n  grosseTi  M.  wuchs  er  auf. 

Excubare  verbunden  mit  ova,  Eier  ausbrüten,  was  ehedem  beiCo- 
lumella  einigemal  stand,  ist  in  den  neuern  Ausgg.  verworfen,  und  man 
hat  dafür  excludere  gesetzt. 

Excudere  librum,  mit  und  ohne  typis,  in  der  Bedeut.  drucken,  ver- 
wirft mit  Recht  F.  A.  Wolf  (Analect.  I,  p.  490)  ;  es  stimmt  mit  dem 
Gebrauche  des  Verbi  nicht  überein,  indem  weder  in  Wachs,  noch  in 
Metall  geprägt  und  gedruckt  wird.  Im  N.  L.  kommt  oft  vor  librum 
excudere  und  über  excusus.  Vgl.  Exarare  und  Imprimere.  Einige  ver- 
stehen unter  excudere,  ausbrüten,  gleich  excludere,  was  Cic.  einmal 
scherzhaft  bildlich  vom  stillen  Ausarbeiten  einer  Schrift  gebraucht 
habe. 

Excurrere.  Sehr  Sp.  L.  ist  die  Redensart  et  quod  excurrit,  und 
tras  drüber  ist,  und  drüber  (bei  Zeitangaben),  z.  B.  acht  Jahre  und 
drüber,  octo  anni  et  quod  excurrit,  für  octo  anni  et  amplius  oder  annt 
octo  amplius  oder  amplius  octo  anni;  ein  Jahr  und  drüber,  amius  et 
quod  excurrit,  für  plus  annum.  Heutzutage  wird  leider  diese  Redens- 
art oft  gebraucht,  und  kommt  sogar  mehrmals  in  Ruhnken's  Briefen 
vor;  auch  bei  Wyttenbach  (Mahnii  vita  Wyttenbachii  p.  160):  ja/«  duo 
et  quod  excurrit  sunt  tnenses,  quod  u.  s.  w.,  für  j am  amplius  octo  men- 
ses  sunt,  cum  u.  s.  w.  Vgl.  auch  Ochsner  Eclog.  Cicer.  p.  394. 

*  Grotefend  (Commentar  z.  d.  Material,  p.  73)  bezeichnet  diese  Redensart 
als  Livianisch ,  indem  er  als  Phrase  angibt:  efßcere  numerum  milium  hominum 
cenümi  et  quod  excurrit,  mit  dem  Zusätze:  Liv.  —  Allerdings  mag  wohl  efjicere 
numerum  bei  Liv.  vorkommen,  aber  gewiss  nicht  die  Redensart  quod  excurrit. 

Excursus  in  der  Bedeut.  tveitläufigere  Erörterung  eines  Gegen- 
standes auf  Veranlassung  einer  Stelle  eines  Schriftstellers,  sollte  we- 
niger, als  es  seit  Heyne  geschieht,  gebraucht  werden,  da  es  ohne 
Auctorität  ist,  zumal  da  eine  Abschweifung  in  der  Rede  mehr  excur- 
sio,  digressio  oder  egressio  heisst. 

Excusare,  etitschtildigen  ;  sich  mit  Etwas  entsch.,  nicht  se  excusare 
aliqua  re,  sondern  alicujus  rei  causa  oder  aliquam  rem;  z.  B.  ich  ent- 
schuldige mich  mit  Krankheit,  me  excuso  oder  excusor  inorbi  causa 
oder  excuso  morbum;  Etwas  entschuldigen  heisst  theils  excusare  ali- 
quid, theils  se  de  aliqua  re  excusare;  Einen  oder  Etwas  bei  Jemanden 


337 

entschuldigen,  aliqnem  (aliqtiid)  alicui,  selten  a])nd  oliquem  esciis.; 
sich  ivegeii  einer  Sache  mit  Etwas  e?itsch.,  se  esc.  de  aliqua  re  mit  der 
Coiijuiict.  qiiod  und  dem  Conjuuctiv.  Vgl.  Caes.  B.  G.  IV,  22,  1.  Kut- 
sc/izildigung  mit  Etivas  heisst  excusatio  alicujiis  rei,  z.  B.  mit  dem 
j4lter,  aetatis.  Vgl.  Dietrich's  Siiitenis  p.  136.  137  und  m.  Anleit. 
§.  427  u.  455. 

Ejccutere,  welches  auch  ausschütteln,  untersuche?!  und  ausforschen 
heisst,  rauss  vorsichtig  angewandt  werden,  da  z.  B.  quaestionem  excu- 
tere  in  der  Bedeut.  eine  Frage  untersuchen,  nirgends  vorkommt. 

Exegesis,  die  Erklärung,  welches  nirgends  bei  einem  Lateiner 
vorkommt,  wird  unnöthig  für  explanatio,  explicatio  u.  a.  gebraucht. 
Vgl.  Expositio. 

Exemplar^  Muster,  Vorbild.  Man  sage  nicht  exemplar  ducere,  zum 
Muster,  zum  Vorbilde  nehmen,  wie  Ruhnken  im  Elog.  Hemsterh.,  son- 
dern exemplar  oder  exemplnm  sumere.  Vgl.  Exemplum. 

Ex(jniplnris,  exemplarisch,  musterhaft,  ist  sehr  Sp.  L.  und  nicht  zu 
brauchen ;  von  einer  Person  sagt  man  dafür  sanctus,  vir  exempli  recti, 
vir  singularis  exempli,  exemplum  innocentiae.  Nirgends  kommt  als 
Adv.  e.vemplariter  vor,  für  unser  exemplarisch.  Einen  exemplarisch 
bestrafe?!  heisst  in  aliquem  insig?ie  docunientu?n  dare  (Liv.  I,  28)  ; 
exemplum  severitatis  in  aliquo  edere  (Cic.  Q.  fr.  I,  2,  5)  ;  poe?ia  ali- 
quem  ofßcere,  ul  exemphmi  statuatur  oder  ut  aliis  documento  sit. 
Dahin  gehört  auch,  was  Caes.  (B.  G.  Vlll,  44)  sagt:  exemplo  suppli- 
cii  (durch  exemplarische  Bestrafung)  reliquos  deterrere.  Vgl.  auch 
Statuere. 

Exemplum,  das  Beispiel.  Man  sage  nicht  exemplum  severitatis  u.  dgi. 
dare,  ei?i  Beispiel  —  geben,  sondern  exempl.  sever.  edere.  A?i  Jeman- 
den ein  Beispiel  (Muster,  Vorbild  zur  Nachahmung)  neh?nen  heisst 
exemplum  (sibi)  petere  ab  aliquo  (Cic.  OfF.  111,  4);  exemplum  capere  de 
aliquo  oder  sianere  ex  aliquo,  wozu  noch  sibi  treten  kann.  —  P.  L. 
aber  ist  aliqtiem  i?i  exe?nplum  sumere.  Ei?i  böses  Beispiel  (Andern)  ge- 
be?! heisst  periculosa?n  exe?npli  imitatione?n  (aliis,  reliquis)  prodere 
(Cic.  Flacc.  11).  —  Man  verwechsele  nicht  exempli  oder  verbi  causa 
oder  gratia  mit  dem  einfachen  ut  oder  velut,  indem  man  jene  Aus- 
drücke (oder  dafür  abgekürzt  e.  c,  e.  gr.)  nur  zu  oft  für  unser  zum 
Beispiel  braucht,  da  sie  doch  nur  da  gebraucht  werden  dürfen,  wo 
der  Sinn  ist:  um  ei?!  Beispiel  anzugeben,  und  wo  sie  mit  einem  Verbo 
oder  einem  ganzen  Satze  zusammenhängen,  und  wo  ein  historischer 
Fall,  eine  ganze  Sentenz,  ein  ganzer  Satz  angeführt  wird.  So  in  Redens- 
arten, wie:  aliquos  exempli  causa  nominare,  Ei?iiä;e  zum  Beispiel,  d.  h. 
als  Beispiele  nennen;  nomen  aliquod  exempli  causa  invenire,  afFerre  u.  a. 
—  Wenn  dagegen  durch  zum  Beispiel  oder  wie  zum  Beispiel  nur  ein- 
zelne Gegenstände,  Namen,  Wörter, Redensarten  u.  dgl.  als  Erklärung 
und  Erläuterung  beigefügt  werden,  wo  denn  oft  nichts  weiter  darin 
liegt,  als  unser  ?!ämlich,  sagt  man  blos  ut  oder  velut,  welche  mit  kei- 
nem besondern  Verbo  in  Verbindung  stehen.  Wenn  Cicero  (Inv.  I, 
22,  32)  sagt:  Gattung  ist,  was  mehrere  Theile  in  sichfasst,  zum  Bei- 
spiel Thier,  so  heisst  dies:  ut  ani?nal;  oder:  auf  ähnliche  Weise  wird 
erklärt  der  Weiber  Hass,  wie  zum  Beispiel  der  des  Hippolijtus,  u?!d  der 
Me?!schen  Hass,  zum  Beispiel  der  des  Timon,  —  tit  Hippolyti,  ut  Ti- 
monis.  Und  so  heisst  tvie  zum  Beispiel  in  dem  Sinne  des  einfachen  wie 

22 


338 

nur  tit.  Sehr  lächerlich  wäre  es,  dafür  zu  sagen  7it  exempli  causa, 
z.  B.  vt  cum  exetiipli  causa  ridemus,  wie  inenii  wir  zum  Beispiel  lachen, 
für  ut  cum  ridetnus.  —  Vgl.  auch  Haud's  Lehrb.  p.  154  u.  Weber's 
Uebungssch.  p.  453. 

Ksemphis;  vgl.  Fjximere. 

Exercere.  Man  gagt  se  exercere  oder  exerceri  aliqtia  re  oder  in  ali- 
qua  re,  sich  in  Etwas  üben,  sich  mit  Etwas  beschäftigen^  auch  z.  B.  in 
laboribus,  in  casibus,  sich  mit  Etwas  quäleii,  plagen.  Bei  Uebungen  des 
Körpers  wird  für  die  Person,  die  sich  übt,  mehr  corpus  gebraucht, 
z.  B.  ^ur  juve7ies  exercentur  sagt  man  lieber  corpora  juvenum  exerc. 
In  den  Redensarten:  Grausamkeit,  Milde  u.  dgl.  ausüben  gegen  Jeman- 
den, an  Jemanden,  wird,  wie  im  Deutschen,  theils  in  aliquem,  theils  in 
aliquo  gesagt,  eben  so  wie  man  sagt  dementem,  crudelem — esse  in  ali- 
quo  und  in  aliquem.  Vgl.  auch  Efficere  und  Expromere.  —  Ungewöhn- 
lich ist  das  Partie,  exercitus  in  der  Bedeut.  geübt,  ausgeübt,  für  exer- 
c/<a/?/s,  da  jenes  mehr  gequält  bedeutet.  Aber  ^e?7Ä^e,  d.  h./e«»^Ohren 
(um  Etwas  zu  unterscheiden)  heisst  weder  exercitae,  noch  exercitatae 
aures,  sondern  tritae;  Cic.  Farn.  IX,  6,  6  eruditae  aures  (Cic.  Orat. 
34,  1J9). 

Exercitamentmn,  die  Uebung,  ist  Sp.  L.  für  exercitatio. 
Exercitatio,  Uebung  ;  —  in  einer  Sache  heisst  entweder  in  aliqua 
re  oder  alicujus  rei,  z.  B.  in  dialecticis,  dicendi,  scribendi  u.  a.  Das 
Wort  passt  daher  allerdings  wohl  bei  den  Schulübungen  in  diesem 
und  jenem  Fache;  aber  schreiben  lägst  sich  keine,  wohl  vornehmen; 
also  nicht  scribere,  sondern  habere,  facere  exercitationem,  uti  exercita- 
tione.  —  D.  L.  ist  daher  scripta  exercitatio  für  habita,  facta.  Ueber- 
hauj)t  ist  das  Wort  mehr  von  der  Handlung  oder  Ausübung,  als  von 
der  Sache  selbst  zu  brauchen,  und  daher  im  gewöhnlichen  Sinne  ganz 
zu  verwerfen ;  man  spreche  also  nicht  von  exercitationes  latinae  oder 
exercitia  latina. 

Exercitium,  die  Uebung,  ist  als  N.  Kl.  und  selten  noch  weniger  zu 
brauchen,  als  exercitatio. 
Exerere ;  vgl.  Exserere. 

Exhalare,  aushauchen,  kommt  bei  Cicero  nur  mit  vinum  und  cra- 
pulani  verbunden  vor;  F.  L.  auch  mit  animam  und  vitam  in  der  Bedeut. 
sterben,  wie  es  denn  aucli  in  unserm  neuern  gezierten  Latein  oft  vor- 
kommt. Man  hrauche  ausser  dem  gewöhnlichen  mori  u.  dgl.  efflare 
animam  (Cic.  Miion.  18,  48),  agere  animam  (Cic.  Tusc.  I,  9,  19), 
edere  animam  (Cic.  Sest.  38),  extremum  spiritum  edere  (Cic.  Phil. 
XII,  9)  u.  a. 

Exhaustus,  er  schöpft,  kommt  in  der  bildlichen  Bedeut.  ausser  Athem 
wohl  nirgends  vor,  für  exanimatus  (Caes.  B.  G.  III,  19). 
Exhereditare,  enterben,  ist  sehr  Sp.  L.  für  exheredare. 
Exhibere  wird  in  einigen  Verbindungen  verworfen,  z.  B.  alicui  ho- 
norem, reverentia?n  exhibere,  Eine?n  Ehre  erweisen.,  für  habere,  tri- 
buere,  honore  aliquem  afßcere  u.  a.,  wiewohl  N.  Kl.  gesagt  wird  ßdem, 
benevolentiam,  liberalitatem  alicui  exhib.,  wesshalb  es  wohl  nicht  ge- 
radezu zu  verwerfen  ist.  Falsch  aber  ist  aliquid  exhibere  in  sptcimen  ali- 
cujus rei.  Etwas  als  Probe  von  Ettras  zeigen,  z.  B.  als  Probe  einer 
neuen  Ausgabe,  novae  editionis,  da  sich  für  diese  Verbindung  mit  in 
kein  Beispiel  findet. 


339 

Exhibitor,  der  Etwas  übergibt,  einhändigt-,  z.  B.  litterarum,  einen 
Brief,  ist  sehr  Sp.  L.  für  tabellarius,  qui  litteras  reddit. 

Eshilarare,  erheiter?},  ist  mehr  N.  Kl.  als  hilarare;  aber  exhilaratio, 
die  Aufheiterung,  ist  Sp.  L.  für  hilaritas,  remissio  u.  a. 

Eshinc,  darauf,  nachher,  ist  Sp.  L.  fiir  deinde,  poslea. 

Exhoriari,  aufmuntern,  ist  A^.  Kl.  und  melir  P.  für  adhortari,  co- 
hortari;  ebenso  kommt  exhortatio  für  cohortatio  KL  nur  bei  Plancius 
(Cic.  Fam.  X,  7,  1)  vor,  nirg^ends  bei  Cicero. 

Exigentia,  das  Erforde rniss,  ist  N.  L.  für  necessitas,  postulatinn 
oder  m.  d.  Verbis  exigere,  postulare  u.  a. 

Exigere  mit  dem  Object  aetatem,  in  der  Bedeut.  ^«s  Leben  hin- 
bringen, kommt  vielleicht  nirg^ends  vor  (ausser  dass  man  exaeta  aetas 
sagt  in  der  Bedeut.  das  hohe  Alter),  für  aetatem  agere  oder  degere. 
Dagegen  kommt  N.  KL,  aber  beim  Jüngern  Plinius,  tempus  exigere 
vor,  die  Zeit  hinbringen,  was  nicht  zu  verwerfen  ist,  für  das  KL  tem- 
pus traducere  oder  consumere,  indem  agere  tempus  vielleiclit  nicht 
vorkommt.  —  N.  L.  ist  auch  wohl  rationem  exigere  in  der  ßedent. 
Recherischaft  fordern,  für  poscere,  reposcere  aliquem  oder  ab  aliquo 
rationem,  repeiere  ab  uliquo  rationem,  postulare  ab  aliquo,  ut  ratio  red- 
datur.  —  N.  L.  aber  ist  es  gewiss,  wenn  Muret  (z.  Tacit.  Ann.  p.  9. 
Oper.  T.  IV.  ed.  Ruhnk.)  sagt:  rationem  se  postea  —  exigendos,  von 
ihnen  müsste  nachher  Reche?ischaft  gefordert  werden. 

Eximere,  herausnehmen,  wird  verbunden  aliquid  ex  oder  de  aliquo 
loco ,  bei  Personen  aliquid  alicui,  N.  KL  auch  aliquid  alicui  rei.  Vgl. 
Bach  zu  Tacit.  A.  I,  48.  —  N.  L.  wird  es  verbunden  ab  aliqua  re,  z.  B. 
a  iuiseriis  eximitur,  für  e  miseriis;  exemtus  est  ab  oneribus  publicis,  für 
de  ojieribus. 

Exin  und  exinde  in  der  Bedeut.  darauf ,  nachher,  sind  bei  den 
Klassikern  selten  für  dein  und  deinde.  —  N.  KL  kommen  sie  in  der 
Bedeut.  von  da  an,  seitdem  vor,  für  ex  illo  tempore;  N.  L.  in  der  Bed. 
dadzirch,  desswegen,  und  in  der  örtlichen  Bedeut.  V07i  daher,  iür  inde, 
oder  daraus,  aus  diesem.  Falsch  ist  exitide  sequitur,  daraus  folgt,  für 
das  einfache  sequitur.  Vgl.  Sequi. 

Exire,  aus-,  hervorgehen,  wird  verb.  mit  ex,  de  und  a.  Daher  heisst 
da,  dort,  inde,  und  wo,  unde ,  z.  B.  nescio,  iinde  exeam,  ivo  ich  hinaus- 
gehen soll,  nicht  ubi.  Es  wird  selten  oder  nicht  bildlich  angewendet. 
N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  ausgehen  auf  Etivas  (um  es  auszuführen), 
für  aliquid  agere  mit  folg,  ut;  z.  B.  sie  gingen  auf  nichts  Ayideres  aus, 
nihil  aliud  egerunt,  nisi  iit  —  (Cic.  Fam.  IX,  24,  1)  ;  —  ebenso  sind 
hejie  exire,  male  exire,  gut,  schlecht  ausgehe?!,  gute?},  schlechten  Aus- 
gang oder  Erfolg  haben,  N.  L.  für  everiire.,  evadere,  wiewohl  das  Subst. 
exitus,  Ausgang,  Erfolg,  Ende  heisst.  Von  dem  Ausgehen,  d.  h.  sich 
E7idige?i  der  Sätze  einer  Rede  sagt  man  cadere,  z.  B.  cadunt  mmierose, 
sie  haben  einen  ?vohlkli7igenden  Ausgang  (Cic.  Orat.  52,  175),  und  so 
manches  Andere. 

Existere ;  vgl.  Exsistere. 

Existimare  mit  einem  Genitiv  des  Werthes,  magni,  parvi,  pluris, 
minoris,  in  der  Bedeut.  schätzen,  achten,  ist  wohl  N.  L.  für  aestimare. 
In  der  Bedeut.  rechnen,  zählen  unter  —  sagt  man  exist.  in  numero  mit 
dem  Genit.,  z.  B.  unter  die  Feinde,  in  hostiutn  numero. 

Exitium  ist  in  der  milden  Bedeut.  Schade?i,iür  damnum,  detrimen- 

22* 


340 

ttim,  calamitos,  ohne  Beispiel,  da  es  vielmehr  Tod  und  Verderben  be- 
deutet. Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  120. 

Exitus,  derAuzgan^.  Man  hüte  sich,  wie  bei  exire,  wo  durch  ubi, 
und  überall  durch  ubiqne  oder  usquequaqiie  zu  übersetzen,  da  viel- 
mehr wo  unde  heisst,  und  überall,  undique;  z.^.  diese  Insel  hat  überall 
Ausgänge  ins  (auf's)  Meer ,  undique  exitus  raaritimos  habet  (Cic. 
Verr.  II,  75,  185). 

Exoptabilis ,  wünschejisiverth ,  erwünscht,  ist  nur  A.  und  P.  L.  für 
exoptatus,  expetendus. 

Exordiri,  anfangen;  —  mit  Etwas ,  ab  aliqua  re,  nicht  cum  aliqua 
re;  ebenso  exordium  ducere ,  seltner  capere,^u7nere  ab  aliqtiare;  und 
also  auch  mit  den  Adverbien  hinc ,  inde,  unde.  Das  Partie,  exorsus 
kommt  sogar  bei  Cicero  passivisch  vor.  —  Merkwürdig  ist  das  Subst. 
exorsus,  der  Anfang ,  Eingang,  für  exordium ;  es  findet  sich  nur  bei 
Cic.  Manil.  4,  und  ist  daher  nicht  nachziialuiien. 

Exortus ,  der  Aufgange  das  Hervorkommen ,  steht  nur  einmal  bei 
Varro  und  Livius  (zweifelhaft)  ,  sonst  ist  es  N.  Kl.  und  kommt  fast 
nur  beim  altern  Plinius  vor,  für  ortus. 

Exosculari,  küssen,  kommt  N.  Kl.  selten  bei  Sueton  u.  Tacitus  vor, 
für  osculari,  suaviari;  ebenso  exosculatio  beim  altern  Plinius,  für 
osculatio. 

Exosus,  hassend  und  verhasst,  ist  P.  u.  Sp.  L.  für  perosus,  invisus, 
odiosus. 

Expectorare  ist  ein  A.  L.  Wort,  welches  zwar  bei  Ennius  u.  A.  in 
der  Bedeut.  aus  dem  Herzen,  aus  der  Brust  verdrängen  vorkommt, 
sonst  aber  nirgends.  —  B.  L.  ist  se  expectorare ,  sich  expectoriren, 
seine  Herzensmeiming  sagen ,  sein  Herz  ausschütten ,  für  sensus  suos 
aperire,  se  totum  alicui  patefacere,  se?isa  meiitis  explicare  u.  a. 

Expedire  wird  in  der  Bedeut.  von  Etwas  losmachen,  befreien 
verbunden  ab  oder  ex  aliqua  re,  selten  blos  aliqua  re. 

Expellere ,  aus-  oder  vertreiben ,  wird  verbunden  ex,  de  oder  ab 
aliquo  loco,  auch  blos  aliquo  loco. 

Expensa  und  im  Plur.  expensae,  Unkosten,  Aufwand,  ist  erst  Sp.  L. 
für  impensa,  sumptus ,  wiewohl  in  Rechnungssachen  expensum  luid 
acceptum  die  gevvöhnlichen  Wörter  für  wnser  Ausgabe  und  Einnahme 
waren,  und  die  dazu  nöthigen  Bücher  labulae  oder  codex  accepti  et 
expe?ist  hiessen. 

Expergefacere ,  erwecken ,  aufwecken ,  steht  nur  einmal  bei  Cicero 
(Verr.  V,  15,  38)  :  si  forte  expergefacere  te  posses,  sonst  dafür  somno 
excitnre ,  auch  blos  exsuscitare  (Cic.  Mur.  9).  Dagegen  findet  sich 
expergisci,  aufwachen,  und  das  Partie,  experrectus  mehrmals. 

Experientia  hat  überall  im  guten  Latein  nur  die  Bedeut.  Probe, 
Versuch,  nicht  was  wir  Erfahrung ,  d.  h.  durch  Versuche  und  Zeit 
erworbene  Kefint?iiss  nennen.  Diese  Bedeutung  ist  erst  später  in  das 
Wort  gelegt  worden,  wie  wohl  immer  die  Bedeut.  Versuch  vorherrscht. 
Erfahrung  heisst  usus,  res.,  rerum  usus,  tempus,  experta  virtus;  und 
so  wird  auch  das  Partie,  expertus  oft  dafür  angewandt.  Daher  heisst 
z.  B.  aus  Erfahrung,  durch  Erfahrung  belehrt,  nicht  experie?itia  doctus 
oder  e doctus ,  noch  viel  weniger  ex  experientia,  sondern  re  doctus 
(Cic.  Fam.  XIII,  15,  1),  usu  oder  exitu  doctus,  expertus  u.  a. ;  aus 
eigener  Erfahrung,  expertus,  bisweilen  mit  dem  Zusätze  in  ine  u.  dgl., 


841 

wie  Cic.  (Fam.  XIII,  9, 3)  sagtrilliid  tibi  espertus promt'(to,ich  verspreche 
dir  das  aus  eigener  Erfahrung ;  amn'ia^  quae  dico  ,  dico  espertus  i?i 
7/obis, —  aus  eigener  Erfahrung  (Cic.  Plane.  9,  22)  ;  experti  hoc  scire 
debemus,  das  müssen  wir  aus  eigener  Erfahrung  toissen  (Cic.  Milo 
26, 69) .  —  B.  L.  wird  dafür  g-esag't  ex  propria  experieniia.  Ueberhaiipt 
ist  im  N.  L.,  auch  bei  den  Bessern,  z.  B.  Mnretus,  der  Gebrauch  des 
Wortes  häufig;,  und  allbekannt  ist  experieniia  docet ,  docuit ,  docebit, 
für  tempus  oder  tisus  rerum  docet.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  130  (157) 
u.  Klotz  Sintenis  p.  107. 

Experimentum  heisst  nicht  Erfahrung,  sondern  Versuch. 

Experiri  bedeutet  nur  versuchen ,  Versuche  machen,  aber  nicht, 
wie  es  oft  im  N.  L.  vorkommt,  erfahren,  höre?i.  für  comperire,  audire, 
accipere,cognoscere.  Sehr  selten  ist  se  experiri a/iqua  re,  steh,  d.  h.  seine 
Kräfte  in  Etwas  versuchen,  erprobeji,  für  vires  in  aliquare  periclitari 
oder  periclitari  quid  possis  u.  a.  Jenes  braucht  Plin.  (Ep.  IX,  29,  1): 
variis  me  studiorum  generibus  experior. —  Ebenso  bedeutet  das  Part. 
experiens  nicht  den  Erfahrenen  (  welcher  expertus  heisst)  ,  sondern 
de?i  Versuchenden  ,  Thätigen ,  Unternehmende?! ;  ein  vir  experiens  ist 
nicht  ein  Mann  von  Erfahrung^  sondern  ei?i  kühner ,  unternehmender 
Mann. 

Expers,  nicht  theilnehmend ,  wird  Kl.  nur  mit  dem  Genitiv  verbun- 
den, z.  B.  humanitatis ,  periculorum ;  A.  L.  mit  dem  Abi.,  was  Sallust 
nachahmt. 

Expertio,  der  Versuch^  steht  wahrscheinlich  Gem.  L.  nurbei  Vitruv 
für  experientia,  experimentum. 

Expelere  mit  dem  Qh\^c\.  poenas  u.  ähnl. ,  Rache,  Strafe  nehmen 
an  Einem,  wird  verbunden  ab  aliquo  oder  in  aliqnem,  nicht  in  aliquo, 
wie  in  Scheller's  Lex.  verdruckt  steht. 

Expiscari  (niclit  expiscaie,  wie  bei  Ang.  Majus  Praef.  edit.  fragm. 
Cic.  oratt.p.LXI  stellt)  werdein  der  bildlichen  Bedeut.  atisforschen  nur 
im  Scherz.. in  Briefen,  oder  aucli  im  Spott  g^ebraucht;  aber  verkehrt 
wird  es  angewandt  in  dem  gelehrten  Sinne  von  errathen,  das  Rechte 
und  Wahre  finden,  für  divinare.  So  findet  man  im  N\  L.:  quid  hoc  signi- 
ficet,  expiscari  tiequeo,  oder  ?ion  nisi  ignota  mihi  expiscari so/ebam  u.  dgl. 

Explantare  kommt  nur  bei  Columella  in  der  Bedeut.  Pflanzen  aus- 
reissen  vor;  es  heisst  aber  nicht  allgemein  ausrotten,  vertilgen,  wofür 
delere,  exscindere  w.  a.  zu  brauclien  sind. 

Explere  mit  dem  Object  officium,  die  Pflicht  erfüllen,  kommt  sehr 
selten  vor,  vielleicht  nur  bei  Cic.  dem  Sohne  (Fam.  XVI,  25),  für 
exsequi,fungi,  servare ,  tueri,  officio  satisfacere  u.  a.  Zweifelhaft  ist 
promissum  explere,  ein  Versprechen  erfüllen,  für  promisso  stare,  satis- 
facere, promissfjm  solvere ,  exsolvere,  persolvere ;  vollkommen  erfüllen, 
accurate  praestare. 

Explicare  hatte  Kl.  im  Perf.  explicavi,  nicht  explicui,  und  im  Supino 
explicatufn ,  nicht  explicitum ;  daher  auch  die  davon  abgeleiteten  ejr- 
plicatio,  explicator  u.  a.  Das  Object  der  Erklärung  oder  Erläuterung 
steht  entweder  im  Accusativ,  aliquam  rem,  oder  mit  der  Praep.  de  — 
de  aliqua  re.  Einfache  Erklärungen  einzelner  Wörter  und  Stellen  sind 
in  explicare  aliquam  rem  enthalten;  aber  vollere  und  gleichsam  voll- 
ständige Erörterungen  über  einen  Gegenstand  liegen  in  explicare  de 
aliqua  re.  So  unterscheide  man  beide.  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  299. 


342 

E.vplicativns,  erklärende  ist  N.  L.  und  werde  umschrieben. 

Explorore ,  erforschen,  wird  im  N.  L.  von  gelehrten  Sachen  gc- 
brauclit,  bei  welclien  es  aber  die  Lateiner  nie  anwenden;  ilafnr  exqm- 
rere,  indagnre,  investignre  u.  a.;  —  eben  so  wenig'  sagt  man  bei  gelehr- 
ten Gegenständen  esp/orator  und  explorntio.  Vgl.  Rascliig.  Progr.  p.27. 

Exponere  hat  in  der  Bedeut.  aussetzen  den  Ort,  wo  es  geschieht, 
Kl.  fast  nur  mit  in  nliquo  loco  bei  sich,  selten  und  selbst  zweifelhaft 
so,  wie  bei  Caes.  (  B.  C.  I,  31  n.  III,  23,  wo  die  besten  Flandschr.  in 
terra  für  in  terram  haben)  in  aliqnem  locum.  Selten  sagen  die  Bessern 
exponere  praemiuni,  gewöhnlich  lieber  proponere ;  selten  auch  expon. 
se  ])ericulo,  fortunae,  casibus  u.  ähnl.  für  se  offerre,  se  objicere,  se  com- 
mittere  periciilo;  adire,  obire,  suhire  periciibim,  inferre  se  in  periculum 
u.  a.  8o  heisst  dem  Schicksal  ausgesetzt,  objectus  fortufiae  (Cic.  Tusc. 
I,  46,  111)  ;  omibus  telis  fortunae  proposita  est  vita  vostra  (Cic.  Fam. 
V,  16);  virtns  subjecta  sub  varios  inccrtosque  casus  (Cic.  Tusc.  V,  1,2); 
mare  ventis  subjectum  (ib.  IV,  26,  57) ;  qui  se  opponit  periculis  (Cic. 
Corn.  Balb.  10,  26)  ;  ad  omne  periculum  —  opponitnr  (Cic.  Muren. 
40, 87)  ;  mannichfachem  Tadel  ausgesetzt  sein,  in  varias  reprehensiones 
incurrere  (Cic.  Fin.  1, 1, 1),  und  so  vieles  Aehnliche.  Jedoch  sagt  Liv. 
(XLII,  23):  libertas  exposita  ad  i?ijurias.  —  Verworfen  wird  auch, 
wenn  3Iuret  (Oper.  T.  I,  p.  287  ed.  Fr.)  sagt:  vita  in  omne  discrimen 
exponenda  und  (Oper.  T.  I,  p.  200)  m  pJurima  se  ac  ynaxima  pericula 
exposuit ,  besonders  wegen  der  Verbindung  mit  in,  sowie  auch  offerre 
und  objicere  besser  sei.  —  Neu  ist  es  in  der  Bedeutung-  erklären,  wie 
es  so  oft  heutzutage  vorkommt,  für  explanare ,  enodare ,  interpretari, 
enucleare ,  explicare  und  enarrare,  was  Quintilian  oft  vom  Erklären 
der  Schriftsteller  braucht.  Vgl.  Inst.  I,  4.  Eben  so  neu  ist  expositio, 
die  Erklärung,  für  explanatio,  interpretatio ,  enucleatio ,  explicatio, 
enärratio,  und  expositor,  der  Erklärer,  was  sich  auf  alten  Titeln  findet, 
für  explanator,  inferpres,  explicator,  auch  wohl  enarrator. 

Expresse  in  der  Bedeut.  ausdrücklich,  mit  ausdrücklichen  Worten, 
z.  B.  wollen^  verlangen,  sagen,  ist  N.  L.,  indem  z.  B.  expresse  dicere 
wohl  vorkommt,  was  aber  treffend ,  ganz  wahr  bedeutet.  Vgl.  Plin. 
Ep.  II,  14,  2.  Man  sage  diserte.  Vgl.  Disertus.  —  Etwas  aus- 
drücklich thun,  d.  h.  mit  Fleiss,  absichtlich,  heisst  dedita  opera, 
sciens  u.  a. ;  vgl.  Propositum.  Und  so  sind  N.  L.:  expresse  aliquid  velle, 
aliquid  monere,postulare  u.  dgl. ;  ebenso  expressis  verbis,  mit  ausdrück- 
lichen IVorten ,  da  verba  expressa  nur  Worte  sind,  welche  klar  und 
vernehmlich  von  dem  Redenden  ausgesprochen  worde^w  sind.Uebrigens 
bedeutet  expressus  oft  bildlicli  klar  ausgeprägt ,  deutlich  dargestellt, 
z.  B.  expressa  efßgies ,  ein  wohl  getroffenes  Bild.  Vgl.  Wunder  Cic. 
Plane.  12,  29.  p.  101.  FJine  Superlativform  expressissimus  gibt  es  nicht. 

Expressio  ist  in  der  Bedeut.  Ausdruck ,  Hervorhebung,  schärfere 
Andeutung  N.  L.,  aus  dem  Französischen  genommen  und  findet  sich 
einigemal  bei  Muretus ,  wesswegen  Ruhnken  z.  Mureti  Oper.  T.  II, 
p.  34  und  p.  227  ed.  Fr.  (T.  I,  p.  411  u.  644  ed.  Ruhnk.)  rügend  be- 
merkt: Expressio  insolens  hoc  sensu;  magis  latine  scripsisset  s/^w?- 
ficationem.  Soll  es  Nachdruck,  Hervorhebung  bedeuten,  so  wähle  man 
vis  oder  significatio ;  soll  es  das  Wort  bedeuten,  so  brauche  man 
vocahulum,  vox,  verbum,  nomen, 

Exprimere  kann  vielfach  angewandt  werden,  wo  wir  ausdrücken 


343 

sagen.  Das  Object  ist  aber  fast  mir  eine  Sache,  nicht  eine  Person, 
ausser  wo  esprhnere  bedeutet  darstel/efi,  abbilden  ,  schildern,  z.  B. 
orolorem  imitando  esprimere  (Cic.  Orat.  II,  22,  90)  ;  moderalorem  rei 
publicae  —  quem  nostris  libris  satis  diligenter  e:ipressinws  (Cic. 
Att.  VIII,  11,  1).  Aber  sich  ausdrücken,  d.  h.  seine  Meinung,  Geda?i- 
ken  mit  Horten  angeben  lieisst  nicht  se  exprimere ,  sondern  serisa 
(nientis)  dicendo  exprimere  (Cic.  Orat.  I,  8,  32),  oder  verbis  exprimere, 
quid  qnis  sentiat ,  oder  sensz/s  suos  explicare  (  Cels.  V,  26,31);  oft 
auch  blos  dicere ^  wenn  es  sich  auf  Worte  bezieht;  z.  B.  demi  so  hast 
du  dich  ausgedrückt ,  sie  enim  dixisti  (Cic.  Sest.  44,  96).  —  iV.  L.  ist 
daher:  vir  doctus  hoc  loco  paulo  obscurius  se  expressit ;  non  possum 
nie  latine  exprimere,  für  latine  loqui  oder  scribere ;  is  se  in  utraque 
lingua  aeque  bene  exprimere  potest ,  er  kann  sich  —  gleich  gut  aus- 
drücken,  für  par  est  in  utriusque  orationis  facultate  (Cic.  Off.  1,  1); 
scriptorem  vertendo  plane  exprimere  (wie  Sintenis  Hülfsbuch  p.  149), 
für  menteni  oder  sensa  scriptoris  in  alium  sernioneni  vertendo  expri- 
mere; scriptorem  ex  alicujus  recensio7ie  exprimere  (wie  Heyne  Praef. 
Virg.  T.  I,  p.  IX),  für  scriptoris  verba  ex  alic.  rec.  describenda  curare, 
und  so  andere  ähnliche.  Richtig  ist  rem  aliquam  versibus  exprimere, 
einen  Gegenstand  in  Versen  ausdrücken,  darstellen  (Cic.  Div.  1,36. 79)  ; 
Etwas  fVort für  Wort  ausdrücken  (übersetzen),  \erhmn  e  verbo  expri- 
mere (Cic.  Fin.  III,  4,  15)  ;  aus  dein  Griechischefi  wörtlich  übersetzen, 
ad  verbum  de  graecis  exprimere  (ib.  I,  2,  4) ;  Etwas  lateinisch  aus- 
drücke?i,  aliquid  latine  exprimere  (Cic.  Rep.  I,  43).  Da  aber  exprimere 
nach  Dietrich's  Bemerkung  nur  da  passt,  wo  der  Tropus  des  Abdrük- 
kens  von  einem  Original  oder  Vorhilde  zu  Grunde  liegt,  so  ist  da,  wo 
er  in  unserm  deutschen  ausdrücken  nicht  liegt,  ein  anderes  \  erbum 
zu  setzen.  So  ist  nach  Dietrich's  Ansicht  falsch:  sententiani  aliquam 
oder  aliquid  ita  oder  his  verbis  exprimere ,  für  notare  (Cic.  Fin.  III, 
4,  14.  Tusc.  111,5,10),  oder  verbis  efferre  (Cic.  Orat.  22).  Und  so  sagt 
Cic.  (Fin.  II,  7,  20)  :  breviter  comprehensae  gravissimae  senteutiae, 
kurz  ausgedrückte  Gedanken,  für  expressae,  und  (ib.)  breviter  enun- 
tiatae  sententiae. —  A".  L.  ist  es  daher  wohl,  wenn  gesagt  wird :  T?ioriturjis 
est  futurum,  ergo  praesens  exprimere  non  potest,  für  notare,  signi- 
Jicare,  oder:  in  eo  praesentis  vis  esse  non  potest;  und  wenn  Muret 
(Oper.  T.  I,  p.  128  ed.  Fr.)  sagt:  muKa  scriptis  expressa  sunt,  für 
tradita,  proposita ,  mandata.  Man  sei  also  beim  Gebrauche  des  Verbi 
exprimere  vorsichtig. 

Expromere,  Etwas  gegen  Einen  zeigen,  an  den  Tag  legen^  wird 
bald  mit  in  aliquem  (Cic.  Verr.  V,  53  in  cives  Bomanos),  bald  mit  in 
aliquo  (Cic.  Mil.  13)  verbunden,  wie  dies  bei  den  meisten  Verben  der 
Art  der  Fall  ist.  Vgl.  Exercere. 

Expungere  bedeutet  zwar  ausstechen,  aber  dennoch  findet  sich 
nirgends  oculos  exp.  für  effodere  oder  eruere. 

Exquirere,  Einen  über  Etwas  ausfrage?!,  ausforschen,  wird  ver- 
bunden ex  oder  ab  aliquo  de  aliqua  re.  —  N.  L.  kommt  es  wohl  in  der 
Bedeut.  aus  Mehrern  aussuchen,  heraussuchen  vor,  für  eligere,  z.  B. 
elegit  ex  ejus  libris  mukös  versus,  nicht  exquisivit,  er  suchte  heraus. 

Exquisitio,  die  Erforschung,  ist  erst  Sp.  L.  für  investigatio. 

Exscindere,  zerstören,  zu  Grunde  richten,  gleich  delere,  vastare, 
sollte  man  nach  Scheller  für  P.  und  A.  Kl.  halten;  aber  es  kommt  bei 


344 

Cicero  inelirmals  so  vor.  Vgl.  Cic,  Mil.  33.  Soran.  Scip.  2.  Plane.  41. 
Phil.  IV,  5. 

Exsecare,av8sclweiden,  hat  im  Perf.  KL  nur  exsecui  und  im  Supiii. 
exsectujn,  nicht  easecavi,  easecatuni. 

Exsecutio  ist  in  der  Bedeut.  Bestrafung,  Straf voUziehu7ig  erst 
Sp.  L. ;  man  umschreibe  es  durch  poe7iam  oder  supplicium  de  oder  ab 
ah'quo  sumere.  Ebenso  werde  exseqiii  vermieden,  wiewohl  bei  Livius 
jura  violata  exseqni  in  der  Bedeut.  das  verletzte  Recht  bestrafen  vor- 
kommt, nie  aber  poenam  essequi  in  aliquo. 

Exserere  ist  in  der  Bedeut.  zeigen,  klar  7nachen,  an  den  Tag  legen 
so  selten,  dass  es  kaum  nachgebraucht  werden  kann.  Die  fast  einzig 
sichere  Stelle  ist  in  Plin.  Ep,  VIll,  7,  2  exseram  in  libriim  tuum  jus, 
quod  dedisti^  für  exercebo,  exigam,  experiar.  Man  brauche  es  daher 
nicht  so  willkürlich,  wie  es  im  N.  L.  geschieht,  wo  man  sagt  vim  exse- 
rere, Kraft  zeigen,  betveisen^  für  vjm  exercere,  proferre,  afferre,  ad- 
hibere,  praebere  u.  a.;  humanitutem  exserere  iJi  aliquefn,  für  decla- 
rare  u.  a.  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  221. 

Exsistere  findet  sich  im  N.  L.  oft  für  das  gewöhnliche  esse,  da  es 
docli  nur  dann  für  esse  steht,  wenn  in  sein  ein  thätiges,  öffentliches 
Sein,  entstehen,  sich  erheben,  hervorheben,  zeigen,  auftreten^  erschei- 
nen liegt  und  wenn  es  gleich  exoriri  ist,  so  wie  in  exstare  das  datier7ide 
Sein,  Da-  oder  Vorha7ide7isei7i.  —  B.  L.  ist  exsistens  für  das  fehlende 
Partie,  von  esse.  Und  so  ist  auch  exsistentia,  das  Dasein,  die  Existenz, 
N.  L.  und  in  der  Philosophie  und  Theologie  Kunstwort,  wofür  die  Al- 
ten blos  esse  brauchen ;  z.  B.  sie  läug7ien  das  Dasei7i  Gottes,  negant 
esseDeu77i.  Vgl.  Atheis7ntis,  und  Webers  Uebungssch.  p.  361.  Das  Ver- 
bura  exsistere  in  der  Bedeut.  sicä  erheben  hat  de  oder  ex  bei  sieh,  z.  B. 
de  terra,  ex  arvis. 

Exspectare,  umrten,  erivarten;  —  bis  Etwas  geschehe,  dum  hoc 
fiat;  dass  Etwas  geschehe,  ut  hocßat,  oder  hoc  futuru7n,  auch  mit  dem 
Accus,  eines  Subst.,  z.  B.  adve7itum  tuiwi,  für  7it  advenias ;  ob  Etwas 
geschehe,  nicht  «w  hoe  fiat  (oder  eine  andere  Fragpartikel),  sondern 
si  hoc  fiat. 

Exspirare,  aushauchen,  mit  und  ohne  anima7n,  in  der  Bedeutung 
sterben,  kommt  zwar  bei  Livius,  aber  sonst  selten  und  fast  nur  P.  L. 
vor.  Vgl.  Exhalare. 

Exspuere  findet  sich  in  der  allgemeinen  Bedeut.  Ettvas  V07i  sich 
geben  theils  nur  in  scherzhafter,  theils  in  gekünstelter  Rede,  z.  B.  ex- 
spuere lacrymas,  was  man  dem  Plautus  nachgeahmt  hat.  Vgl.  Fland's 
Lehrb.  p.  149  u.  286. 

Exsternatus,  in  Schrecke7i  gesetzt,  ist  wohl  nur  P.  L.  für  conster- 
7iatus,  pertiirbatus.  Vgl.  Consternare. 

Exstimulare,  aiireizen,  ist  mehr  P.  L.  und  N.  Kl.,  und  kommt  sel- 
ten vor,  für  stiniulare,  excitare,  incendere,  inßatnmare  u.  a. 

Exstruere  wird  zwar  bildlieh  angewandt,''aber  Muret  missbraueht 
und  übertreibt  die  tropische  Anwendung  des  Wortes,  indem  er  (Explic. 
Cie.  Catil.  ep.  dedie.)  sagt:  exstruere  7nortalitatem,  Unsterblichheit  be- 
reite7i,  gri'mden,  für  immortalitati  tradere,  7nandare,  commendare,  ad 
iinmortalitatis  memoriam  conservare.  So  sagt  richtig  Kraft  (z.  Mureti 
epist.  select.  p.  265).  Vgl.  auch  Weber's  Uebungssch.  p.  93. 

Exsulare  in   der  Bedeut.  austvandern,  verbunden   mit  ex  aliquo 


345 

loco,  ist  nur  j4.  L.  und  nicht  naclizuahmen,  da  es  sonst  nur  vom  Vater- 
lande  anifernt,  im  Atislaride  leben  nedentet.  Man  sage  nicht,  wie  Malme 
(Crito  p.  238)  :  virtutes  e.r  homhuim  soci'etate  celerrime  exsulant^  für 
exulaiinn  abeiint,  societatem  relinquiint  u.  a. 

Exsultaburidus,  jauchzend,  ist  Sp.  L.  für  essultaus. 

Ex  super  antia  ist  in  der  gewöhnh'chen  Bedeut.  Uebermaass,  ohne 
den  Begriff  der  Vortrefflichkeit,  ohne  Auctorität  für  abundtmtia,  re- 
dundantia.  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  92. 

Extemporalis,  was  atis  de?n  Stegreif  geschieht,  z.  B.  oratio  extem- 
poralis,  kommt  zwar  noch  nicht  bei  Cicero  vor,  der  sie  subita  et  for- 
tuita  oratio  (Orat.  I,  33,  350)  nennt,  aber  oft  bei  Quintilian  und  dem 
Jüngern  Plinius,  und  ist  als  Kunstausdruck  nicht  zu  verwerfen.  — 
N.  Kl.  nannte  man  die  Fertigkeit  zu  extemporiren,extemporalitas  oder 
extemporalis  facultas,  für  facultas  ex  tempore  dicendi.  —  Sp.  L.  ist 
aber  das  Adv.  extemporaliter,  aus  deru  Stegreif,  für  subito  (Cic.  Orat. 
I,  33,  150)  oder  ex  te?npore.  —  JV.  L.  ist  das  Adj.  extemporaneus  in 
dieser  Bedeutung. 

Extendere,  ansstreclceii.  Wohl  nie  wurde  gesagt  linguam  exteii- 
dere,  die  Zunge  (zur  Verspottung)  ausstrecken,  sondern  exserere  lin- 
guani  (Liv.  VII,  10,  5).  Auch  kommt  in  dieser  Bedeut.  nur  digitus  ex- 
tentiis  fextensus).  manus  extenta,  brachium  extentum  vor,  aber  nicht 
das  Verbum  extendere  selbst,  wofür  porrigere,  tendere,  iiitendere,  pro- 
jicere,  und  als  Subst.  nur  projectio,  z.  B.  brachii  (Cic.  Orat.  18,  59) 
oder  porrectio  üblich  sind.  Auch  fällt  meistens  die  Bezeichnung  mein, 
dein,  sein  (ihr)  weg,  wenn  die  gleiche  Person  im  Verbo  liegt.  Vgl. 
Th.  I.  §.  101.  —  P.  L.  ist  extendere  Vit  am  ad  — ,  sein  Leben  hinbringen 
bis  zu — ,  für  producere  vitam  ad —  mit  einer  Ordinal-,  iiieht  Cardinal- 
zahl :  man  sage  also  z.  B.  nicht  ad  octoginta  cnijws,  sondern  ad  octoge- 
simum  a?}fi7im.  Ferner  sagt  man  von  einem  Lande,  einem  Felde,  einer 
Fläche  nicht  se  extendit,  sondern  patet,  welches  Verbum  (patere)  fast 
von  Allem  gebraucht  wird,  was  einen  Umfang,  eine  Ausbreitung  und 
Ausdehnung  hat,  sich  weit  erstreckt  und  verbreitet.  So  sagt  man  von 
einem  Worte,  dessen  Bedeutung  weit  ausgedehnt  ist,  lote  patet  (Cic. 
Tusc.  III,  5,  11).  Vgl.  Angustus.  —  Eine  Rede  über  die  Gebühr  aus- 
dehnen heisst  orationem  ultra  quam  satis  est  producere  (Cic.  Inv.  I, 
1.8,  26),  wiewohl  schon  der  jüngere  Plinius  sagt  epistolam  extendere, 
einen  langen  Brief  schreiben,  und  Liv.  (XXVIII,  43):  cupiditas  gloriae 
extenditur. 

Extente  und  im  Comp,  extentius  sind  Sp.  L.  und  kommen  nur  in 
eigentlicher  Bedeut.,  ausgedehjü,  vor,  nicht  in  der  Bedeut.  weitlänf- 
tig,  7imständlich,  für  copiose,  copiosius  oder  uberius.  So  sagt  Görenz : 
nisi  extentius  proponantur.  —  Ein  Subst.  extentio  oder  extensio,  die 
Ausdehnung,  braucht  nur  Vitrnv  aus  dem  Gem.  L. 

Exterminare,  austreiben,  vertreiben ;  —  aus,  von  Etvjas,  ex  oder 
de  oder  ab  aliquo  loco,  mit  geringem  Unterschiede. 

Externus,  äusserlich,  bedeutet  nur,  was  von  aussen  ist  und  kommt, 
und  bildet  immer  den  Gegensatz  zu  intestinus  oder  domesticus;  es 
passt  daher  nicht,  wo  ein  solcher  Gegensatz  nicht  Statt  findet,  wenn 
man  z.  B.  von  einer  exterjia  species  rei  spricht.  Da  aller  Schein  nur 
äusserlich  ist,  so  kann  species  nicht  das  Adj.  externus  als  Beiwort  er- 


846 

halten,  und  erhält  es  auch  nie;  docli  findet  man  es  im  N.  L.  oft.  Vgl. 
Raschi|2^  Prog^r.  p.  26. 

Extimus,  der  letzte,  ist  alte  feierliche  Form  für  die  gewöhnliche 
extremus,  auch  bei  Cic.  Somn.  Scip.  4  (Rep.  VI,  17). 

Extollere,  erheben  (ohne  Perfect-  und  Supinforra,  welche  von 
efferre  entlehnt  werden),  findet  man  wohl  nicht  mit  tJocem  verbunden, 
in  der  Bedeut.  die  Stimme  erheben,  für  vocem  attollere  oder  intendere; 
auch  wohl  nicht  in  der  Verbindung  se  super  alios  extoUere,  sich  über 
xindere  (iibermüthig)  erheben Anr  se  efferre  (s?/per  alios),  elatius  se  ge- 
rere,  se praeferre  nliis  ;  auch  nicht  maimm  extoll.,  sondern  tollere;  — 
noch  weniger,  wie  Wiistemann  (z.  Doering.  Commentatt.  p.  174)  be- 
merkt: animum  od  Deian  ext.,  den  Geist  zu  Gott  erheben,  für  animum 
convertere  ad  cogitationem  Dei. 

Extorquere,  enttvinden,  entreissen,  wird  mit  de  oder  ex  manibus 
Terbunden,  bei  Personen  aber  mit  dem  Dativ,  wenn  von  etwas  Geisti- 
gem die  Rede  ist,  z.  B.  errorem,  opiinmiem,  ve?itaiem,  oder  wenn  es 
Snbst.  sind,  wie  regn?ffn ;  jei]och  auch  ab  aliquo,  wenn  es  Dinge  zum 
Fortbringen  sind,  z.  B.fr?fmeni?/m,  talenta,  pecninam ;  aber  nicht  ex- 
torquere sicam,  gladinm,  armn  ab  aliquo.  Vgl.  Wolf  Cic.  Marc.  p.  66. 
Ellendt  Cic.  Brut.  2,  7  und  Kraft  Mureti  Epist.  sei.  p.  253. 

Extra.  Man  merke,  dass  ausgenommen  oder  ausser  wenn  im  Canz- 
leistyl  bei  juristischen  Formeln,  wo  von  einer  exceptio  ( Ausnahine) 
die  Rede  ist,  extra  quaui  s/ heisst.  So  findet  es  sich  einigemal  bei  Ci- 
cero; sonst  sagt  man  nisi  oder  nisi  quod,  praeter  quam  si.  Vgl.  Exce- 
ptus.  —  B.  L.  ist  extra  se  (prae)  ga?idio  oder  laetitia  esse,  vor  Frei/de 
ausser  sich  seift,  für  elatum  esse  gaudio  oder  laetitia;  ebenso  extra 
animam  oder  spiritum  esse,  ausser  Alhem  sein,  für  exanimatum  esse. 
Draussen  oder  austvärts,  z.  B.  speisen,  heisst  nicht  extra,  sondern /o- 
ris  coenare. 

Extractum  und  extractus  als  Subst.,  der  Auszug,  sind  N.  L.  für 
epitome,  summarium,  breviarium,  electa. 

Extrahere,  ausziehen,  kommt  nirgends  mit  einem  Accusativ,  z.  B. 
librum,  verbunden  vor,  in  der  Bedeut.  Auszüge  aus  einem  Buche  ma- 
chen, es  ins  Kleine  ziehen;  dafür  excerpere  e  libro,  librum  in  angustum 
deducere,  in  breve  cogere  u.  a.  Zweifelhaft  ist  extrahere  dentem,  einen 
Zahn  ausziehen,  für  evellere  (und  so  brauche  man  eviilsio,  das  Aus- 
ziehen, nicht  extractio);  extrahere  sanguinem,  Blut  ablassen,  zur  Ader 
lassen,  für  sanguinem  mitter e ;  aber  der,  welcher  es  thut,  incidit  oder 
secat  venam. 

Extranaturalis,  ausser-,  übernatürlich,  ist  sehr  Sp.  L.  für  qui  (quae, 
quod)  praeter  naturam  est,  a  natura  abhorrens,  naturae  ordinem  oder 
vires  superans,  auch  supra  naturam,  extra  ordinem  naturae.  Aehn- 
liche  N.  L.  Wörter  sind  Praeternaturalis  und  Supernaturalis.  Vgl. 
beide. 

Exiraordinnrius,  ausserordentlich,  ist  in  der  Bedeut.  vorzüglich, 
einzig  in  seiner  Art  N.  L.  für  singtilaris,  insigfiis,  eximius  n.  a.  Rich- 
tig ist  es  in  der  Bedeut.  was  ausser  der  Ordnung  oder  Reihe  ist.  — 
iV.  L.  ist  das  Adv.  extraordinarie  für  extra  ordinem,  und  zur  Verstär- 
kung perquam,  valde,  fnaxime. 

Extreme  ist  als  Adverb,  zu  senex  ganz  iV.  L.  bei  Muret.  (Oper.  T. 
III,  p.  860)  in  der  Bedeut.  steinalt,  hochbejahrt ;  Ruhnken  bemerkt 


347 

dazu:  Forle  {hesser  fortasse)  scripsH  estrema senectute ;  extreme  qiii- 
dem  iioii  est  forma  latitia.  x\ls  Adv.  kann  nur  ad  extremum  gesagt  wer- 
den, aber  nur  in  der  Bedeut.  unseres  zuletzt,  am  Ende,  endlich. 

Extremus,  der  letzte,  ist  in  der  Bedeutung  der  zuletzt,  zunächst  ge- 
schrieben, gehalten,  geführt  u.  s.  w.  worden  ist,  gegen  den  bessern  Ge- 
brauch, nach  welchem  es  das  angibt,  was  unter  ?nehrerrn  Genannten 
das  letzte  ist.  Wo  es  also  gleich  der  nächste  ist,  da  heisst  es  nicht  ex- 
iremus,  sondern  proxinms,  novissinms,  superior,  z.  B.  in  Bezug-  auf 
den  Sprechenden  nicht  litterae  extremae,  oratio  extrema,  bellum  ex- 
tremum u.  dgl.  So  heisst  im  letzten,  zujiächst  verflossenen  Jahre,  anno 
superiore ;  in  der  letzten  Nacht,  nocte  superiore.\g\.  Meiicken.  Observ. 
p.  387.  Wenn  man  sagt  in  litteris  extremis,  so  bedeutet  dies  a?n  Ende 
des  Briefes,  sowie  kurz  gesprochen  am  Fmde  heisst  in  extremo ,  aber 
ohne  einen  Genitiv.  Vgl.Cic.  Att.  VI,  9  quod  erat  in  extremo,  und  Fani. 
YII,  16. —  Extremum  aber  als  Subst.  mit  einem  Genitiv  kommt  ausser 
bei  Sallust,  Livius  und  den  Historikern,  die  es  für  flnis,  das  E?ide, 
brauchen,  nicht  vor.  Sclieller  u.  A.  führen  ans  Cicero  Lael.  10,  33 
(nicht  7  in.)  ad  extremum  vitae  an,  aber  die  meisten  und  bessern 
Handschr.  haben  noch  diem,  was  auch  Klotz  mit  Andern  aufgenommen 
hat.  Der  letzte  Theil  des  Lebens  heisst  entweder  extrema  vitae  pars 
oder  extrema  vitae  oder  extremum  vitae  tempus  (Cic.  Tusc.  V,  19, 56), 
oder  auch  extrennis  vitae  dies.  —  Wiewohl  schon  Livius  (11,47)  sagt: 
ad  extrema  venire,  zum  Aeussersten  kommen;  Sallust :/o;7?/?/oe  in  ex- 
tremo sitae  sunt  und  respublica  in  extremo  sita,  und  Cicero  :  ad  extrema 
dcsce?fdere  oder  decurrere,  so  kommt  doch  nirgends  vor  in  extremis 
esse  ot]er  jacere,  in  den  letzten  Zügen  liegen,  dem  Tode  nahe  sein,  für 
animam  agere,  spiritum  extremum  ducere.  Dagegen  braucht  Quintil. 
(Inst.  VI.  Praef.  11)  in  supremis,  im  Sterben,  bei  seinem  Sterben.  — 
Richtig  aber  ist  ad  extremum,  wie  wir  sagen  am  Ende,  zuletzt,  für 
endlich  bei  Aufzählungen,  sogar  deinde  oder  tum  ad  extremum,  dar- 
auf, dann,  nachher  zuletzt.  Vgl.  Cic.  Orat.  II,  19,  79. 

Extrinsecus,  äusserlich,  ist  nur  Adv.,  nicht  Adject.,wie  es  im  N.  L. 
bisweilen  vorkommt.  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  3.  Vorst.  latin.  mer.  susp. 
p.  \QQ.  —  B.  L.  ist  ein  neues  Adv.  extrinsece. 

Exturbare,  heraus-,  wegtreiben,  wird  theils  mit  ex,  theils  mit  dem 
blossen  Abi.  verbunden. 

Exuberantia,  das  Uebermaass,  ist  Sp.  L.  und  selten  für  abundan- 
tia  oder  umschrieben  mit  dem  Verbo  redundare. 

Exundare,  überfliessen,  überströmen,  ist  als  P.  L.  und  N.  Kl.  zu 
vermeiden  für  redundare,  inundare,  e.ffundi;  ebenso  ist  e.vundatio,  das 
Ueberflies^en,  N.  Kl.  und  kommt  nur  beim  altern  Plinius  vor,  für  inun- 
datio,  effusio. 

F.  f. 

Faber,  der  Schmied,  scheint  nur  in  der  sprichwörtlichen  Redens- 
art sitae  quisque  fortunae  est  faber.  Jeder  ist  seines  Glückes  Schmied, 
bildlich  gebraucht  worden  zu  sein;  sonst  wird  bildlich  von  dem,  der 
PJtwas  schmiedet,  aussinnt  und  schafft,  architectus  gebraucht,  z.  B.  ver- 
bornm,  sceleris,  simtilationis  u.  a.  Für  jenes  Sprichwort  sagt  man  auch 
mores  cujasque  flngunt  fortunam. 


348 

Fabrefacere,  kimstlick  arbeilen,  ist  ohne  Aiictorilät;  nur  fabre- 
f actus  kommt  eiiiig^emal  bei  Livins  vor,  sonst  selten,  und  fabreße/i  ist 
Sp.  L.  —  Man  sage  scüe,  venuste,  summo  artificio,  summa  arte — facere 
oder  perficere. 

Fabrkare  nwA  fabricari  sind  in  bildlicher  Bedeut.  selten  und  nur 
P.  L.  und  A'^  KL,  z.  B.  in  der  Bedeut.  bildefi,  unterrichten,  in  welcher 
sie  als  g^eziert  zu  vermeiden  sind.  Gemildert  sagt  Seneca  formare  et 
fabricare  animum.  Seltsam  sagt  dagegen  Valcken.  (  Oratt.  p.  233) :  ille 
senex  (Lysis)  fabricaverat  Epaminondara,  für  erudiverat.  Uebrigens 
ist  Kl.  nur /öÄAjcan  als  Deponens  üblich,  veiewohl /aöncaf ms  auch  pas- 
sivisch steht. 

Fabulari  (A.  L.  auch  fabulare),  schumtzen,  ist  A.  L.  und  kommt 
erst  seit  Livius  in  Prosa  vor,  aber  selten,  für  garrire,  und  ist  wohl  an- 
zuwenden. Das  Subst.  fabnlator,  welches  N.  KL  vorkommt,  bedeutet 
nur  einen  muntern  Erzähler  wahrer  und  falscher  Dinge,  einen  Anec- 
dotenkrämer,  aber  nicht  einen  Fabeldichter,  ■welcher  fabularnm  scri- 
ptor  heisst,  wiewohl  Gellius  auch  den  Aesop  fabulator  nennt. 

Fabulista,  der  Fabeldichter,  ist  ein  ganz  neues  Wort  für  fabularum 
scriptor. 

Facere  wird  zwar  oft  da  gebraucht,  wo  wir  machen,  thtin,  verur- 
sachen brauchen,  aber  auch  in  andern  Bedeutungen.  Auch  bemerkt 
Seneca  (Ep.  114),  dass  Arruntius,  Geschichtschreiber  der  Punischen 
Kriege,  nach  Sallnst's  Manier  das  Verbum  falsch  gebraucht  habe;  er 
habe  neralich  gesagt  facere  esercitum  argento,  facere  fugam,  facere 
bellum  u.  a.  m.;  doch  kommen  jene  beiden  aucli  bei  Livius,  und  belhan 
facere  in  der  Bedeut.  einen  Krieg  erregeji  bei  Caes.  (B.  G.  III,  29) 
vor.  —  Verworfen  werden  :/«cere  damnum,  detri?nentum  u.  ähnlidie 
in  der  Bedeut.  Schaden  thu7i.  Seh.  verursachen,  da  sie  Schaden  leiden, 
erleiden  bedeuten,  für  afferre,  inferre  damnum,  detrimentum,  dare  da- 
mnum (Terent.  Andr.  1, 1, 116  u.  das.  Ruhnk.),  afßcere  incommodo  u.  a. 
Vgl.  Patt.  — -  Bezw  eifelt  werden ;  facere  alicui  curam,  Kinem  Sorge 
machen,  für  cura  aliquem  afßcere,  curam  alicui  afferre  oder  dare;  fa- 
cere locum,  Platz  machen^  für  dare  locum ;  facere  munus,  sein  Amt 
vertvallen,  fürfungi  munere;  facere  conditiones,  Bedingungen  machen, 
Vorschläge  thun,  fürferre,  dicere  conditiofies  ;  facere  factum,  ei?ie  That 
thzin,  für  rem  gerere ;  facere  aliquid  pro  valetudine.  Etwas  für  seijie 
Gesundheit  thun,  für  valetudini  tribuere  aliquid  (Cic.  Tusc.  I,  49, 119), 
servire  valetudini  \i.  a.;  facere  alicui  negotium.  Einem  Mühe  machen, 
iÜY facessere  oder  exhibere  negotium;  auch  nicht  in  der  Bedeut.  ein 
Geschäft  ve?richteJi,  für  co?ißcere  7iegotium ,-  facere  risum,  Gelächter 
machen,  Lachen  erregen,  für  movere,  excitare  risum  :  facere  legem,  ein 
Gesetz  machen;  vgl.  Dare.  —  Selten  wird  im  guten  Latein  gesagt  fa- 
cere aes  alienum,  Schulden  mache?},  für  contrahere,  suscipere  aes  alie- 
num,  aber  wohl  nomina  facere. —  P.  u.  Sp.  L.  ht  facere  aliquem  ridere, 
flere  u.  a.,  also  mit  dem  Acc.  c.  Inf.,  Einen  lachen,  weinen  —  machen, 
für  risum,  lacrimas  alicui  commovere  oder  facere,  ut  rideat,  fleat.  — 
—  D.  L.  ist  facere  quasi  oder  ut  si  — ,  thun  als  ob,  als  u'en?i  — ,  d.  h. 
sich  stelle?},  für  simulare  oder  dissi??iulare ;  z.  B.  er  that,  als  ire?i?i  er 
zürne,  simulavit  se  irasci;  alicui  aliquid  facere  crimini.  Einem  Etivas 
%um  Verbreche??  i?iachen,  für  dare  crimi?ii;  is  laudatorem  ejus  reifa- 
eit,  er  ??iacht  de?i  Lobred?ier  dieser  Sache,  für  agit  laudatorem,  —  und  so 


349 

noch  andere.  Aber  man  merke  auch  melirere  mit  dem  Deutschen  über- 
einstimmende Veibinduiigeii,  z.  B.  rem  facere,  sich  VerniögeJi  machen; 
pecuniam  (pecunias)  sibi  ex  aliqua  re  facere  (Cic.  Verr.  II,  6,  37)  ;  fa- 
cere  iter,  iiiitium,  pacem,  laeÜtiam;  verba  (multa)  facere  (was  nicht 
immer  verächtlich  ist),  auch  verbum  facere  in  der  Bedeut.  ein  Wort 
tnache?i,  d.  h.  bilden,  erfinden  (Cic.  Fiii.  III,  15,  51)  ;  foedus,  pacem, 
amicitiam  facere  cum  aUqiio ;  ne  longum  faciam,  damit  ich  es  nicht 
(zu)  lang  mache ;  non  faciam  longius,  ich  will  es  nicht  allzu  lang  ma- 
chen (Cic.  Leg.  I,  7)  u.  a.  m.  —  Gut  ist  aucii  proelium  facere,  ein 
Treffe?i  liefern  (Liv.  XXI,  12,  i);  promissum  facere,  sein  Versprechen 
erfüllen;  dagegen  ist  promissionem  facere  gleich  dare  promissum  oder 
promittere,  versprechen.  Zu  verwerfen  ist  aucli  wohl  niclit  orationem 
facere  (wie  Sauctius  Minerva  III,  2.  p.  894  ed.  Bauer  thut),  da  Cic. 
Senect.  7  sagt:  Sophocies  tragoedias  fecit.  Gut  ist  auch  se  (aliquem) 
locupletem  (divitetnj  facere  (\erhh),  sich  (Einen)  reich  machen,  d.  h.für 
reich  ausgeben.  Vgl.  Cic.  Flacc.  20,  46  cu7n  verbis  se  locupletem faceret. 

—  Die  Frage  quidfacis?  was  7nachst  du  ?  ündet  hauptsächlich  nur  bei 
Verwunderinig  und  Tadel  Statt;  dagegen  bei  höflicher  Frage  nach  dem, 
was  Einer  thue  oder  wie  er  sich  befinde,  sagt  man  quidagis? —  A7.  ist 
zwar  facere,  ut  —  iiur  Umschreibung  des  folgenden  Verbi,  besonders  bei 
Cicero;  aber  selten  ist  non  facere,  ut  — ,  wofür  non  committere,  ut  — 
das  gewöhnliche  ist.  Die  Redensart:  äoc /a«Y  ad  aliquid  oder  alicui 
rei,  dieses  dient  zu  Ktuas,  schickt  sich  zu  Etwas,  ist  nur  P.  L.  tnid 
N.  KL,  kommt  auch  nur  in  gemeiner  Prosa  vor;  dagegen  findet  sich 
oft  im  N.  L.,  wie  bei  Lipsius  (Var.  lectt.  I,  3) :  sed  hoc  non  tantura 
ad  lectionis  correctionem.,  sed  etiam  ad  historiae  veritatem  facit.  Eben 
so  N.  L.  ist  huc  facit  Suidae  glossa  u.  ähnliche,  für  huc  referri  potest. 

—  Kl.  aher  ist  hoc  facit  a  me  und  mecum,  das  ist  mir  günstig,  ist  auf 
meitier  Seite,  spricht  für  mich.  —  Zulässig  ist  auch  wohl  sibi  bene  fa- 
cere, sich  gütlich  thun,  bei  Plaut.  (Asinar.  V,  2  sub  fin.).  Ueber/ate/e 
non  possum  non,  quin  vgl.  Posse. 

Pacesso.  Man  halte  sich  in  den  Formen  des  Perf.  nur  an  die  mehr 
beglaubigte  Form  facessivi  oder  facessii^  nicht  an  face ssi,  welches  sich 
hin  und  wieder  in  Stellen  der  Alten  findet.  Vgl.  Reisigs  Vorlesung. 
p.  229. 

Facetia,  die  Artigkeit,  ist  in  der  Singular  form  nur  A.  und  Sp.  L., 
in  der  guten  Prosa  kommt  nur  facetiae  als  Plur.  vor. 

Facies  ist  das  natürliche  äussere  Gesicht^  da  säussere  Ansehen ;  vul- 
tus  aber  Gesicht  in  Bezug  auf  Miene  und  Geberden.  Daher  heisst  Einen 
von  Gesicht,  dem  Aeussern  nach  ke7inen,  aliquem  de  facie  oder  blos 
facie  (wie  bei  Livius)  nosse.  Ueber  aliquem  infaciem  laudare.  Einen 
ins  Gesicht  loben,  vgl  Os.  —  Das  Gesicht.,  d.  h.  die  Sehkraft  verlieren 
heisst  adspectum  amittere  (Cic.  Tusc.  I,  30,  73). 

Faciliter,  leicht,  war  als  Adv.  für  facile  vielleicht  im  Volkslatein 
üblich;  es  findet  sich  nur  bei  Vitruv,  und  wird  von  Quintil.  (Inst.  1, 
ti,  17),  wie  audaciter  für  audacter,  verworfen.  Noch  gemeiner  war/a- 
culter.  Vgl.  Reisigs  Vorlesung,  p.  208. 

Factiosus  bedeutet  nur  den,  der  ei?ien  grossen  Anhang  hat,  mäch- 
tig ist,  gleich  potens,  praepotens.  Es  findet  sich  zwar  bei  Sallust,  aber 
nie  bei  Cicero,  Caesar  und  Livius,  wiewolil  bei  Cornel.  Nepos  und  dem 
Jüngern  Plinius;  sonst  ist   es  selten  und  werde  vermieden.  Nirgends 


350 

al)er  bedeutet  es  parthet'süchtig  oder  g'ar  Sektirer,  für  partmm  Studio- 
sus, fact/'onis  parandae  cupidus. 

Factor,  der  Thäter,  der  Etwas  tnackt,  Schöpfer,  ist  A.  L.  und  ver- 
altet; erst  Sp.  L.  findet  es  sich  wieder  im  Gebrauch  bei  Juristen  und 
den  kirchliclien  Schriftstellern  für  auctor,  actor,  procreator  u.  a.  Vgl. 
Creare.  Im  Kirchenlatein  kommt  vor:  Deus,  factor  coeli  et  terrae  — 
rerum  omniuni. 

Factum.  Wiewohl  als  Subst.  g^leich  gut  gesagt  wird  hene  und  bouum 
factinn,  male  und  malum  factum,  so  ist  doch  bene  und  male  da  vorzu- 
ziehen, wo  factum  mehr  Partie,  ist,  wie  in  dem  Ausrufe  wohl  gethafi! 
theils  für  sich  allein,  theils  mit  folgendem  dass  (quod).  Mit  Recht  än- 
dert Zumpt  (bei  Ruhnk.  im  Elog.  Hemst.  p.  260)  sed  bonum  factum, 
quod  —  in  be7ie  factum.  Und  so  kommt  es  oft  im  N.  L.  vor,  z.  ß. 
Sarrav,  (Ep.  ad  Salmas.  G^)  :  bo?ium  factum,  quod  meae  litterae  — ju- 
verint,  für  be?ie  facere.  Noch  unrichtiger  sagt  Chr.  Saxe  (Onomast. 
T.  III,  p.  410):  interim  bo?iu?n  factutn,  illud  typis  renovatum  esse,  für 
Interim  berief,  quod  illud  —  renovatum  sif.  Ebenso  sagt  man  bei  dem 
Ausrufe:  schlimm!  schlimm  genug,  dass — ,  nicht  malum  factum,  son- 
dern male  factum,  quod — ,  und  so  auch  optime  factum!  \]  eher  aliquid 
pro  facto  habere.,  Etwas  für  gethan  halten,  vgl.  Pro. 

Factus,  gemacht.  Man  halte  nicht  für  D.  L.  homo  est  f actus  ad  ali- 
quid, er  ist  zu  Etwas  gemacht;  denn  so  sagt  Cic.  (Verr.  I,  25,  64)  : 
ho?no  factus  ad  istius  lubidines ;  Off.  I,  29:  ad  ludum  et  jocum  facti  esse 
videntur;  und  wo  wir  sagen  er  ist  ganz  a?is  Lug  U7id  Trug  gemacht 
oder  zusammengesetzt,  sagt  man  auch  totus  ex  fraude  et  mendacio  fa- 
ctus (Cic.  Cluent.  26,  72)  oder  concretus  (Cic.  Piso  9),  nicht  aber 
compositus. 

Facultas  geht  im  Gebrauche  nicht  weit  über  die  Bedeutungen 
Leichtigkeit,  leichte  Fähigkeit,  Etwas  zu  thun  (gleich  facilitas)  und 
Möglichkeit,  Gelegenheit,  Etwas  zu  thun;  und  wenn  gleich  Cicero  in- 
genii  facultates  erwähnt,  d.  h.  Gaben  und  Fertigkeiten  des  Geistes,  so 
werden  doch  die  verschiedenen  Vermögen  des  Geistes,  das  Urtheils-, 
Denk-,  Erkenntniss-  und  Gefühlsvermögen,  von  ihm  nie  so  genannt. 
Im  philosophischen  Neulatein  sind  facultas  judica?idi,cogitandi,cogno- 
scendi,  sejitiejidi  ganz  gewöhnlich,  Cic.  aber  braucht  dafür  meistens 
blos  die  \ erb.  jtidicare,  cogitare,  cog?ioscere,  sentire,  sowie  er  i\\ü  fa- 
cultas videndi,  das  Sehvermögen,  und  facultas  atidiendi,  das  Verrnögen 
zu  hören,  braucht  für  visus,  auditus.  Diese  feine  Bemerkung  macht 
Raschig  (Progr.  p.  26).  —  Ueberhaupt  waren  die  Lateiner  in  der  phi- 
losophischen Terminologie  gegen  die  Griechen  sehr  zurück.  —  Lächer- 
lich aber  und,  wie  man  sagt,  erst  seit  dem  12.  Jahrh.  üblich,  ist  der 
Universitätsausdruck  facultas  theologorum,  juris  consultorum,  medi- 
corum,  philosophorum,f//e/^ßc?///«Y  der  Theologen  oder  die  theologische 
Facultät  u.  s.  w.,  zur  Bezeichnung  des  Collegiums  der  Lehrer  der  ein- 
zelnen Fächer;  entweder  brauche  man  dafür  collegium,  oder  ordo, 
welches  letztere  auch  Eichstädt  (Deprecat.  latin.  acad.)  vorschlägt. 
—  Man  merke  auch  noch,  dass  für  den  Genit.  des  Gerundii  nach /«- 
cultas  Kl.  auch  «(/gesetzt  wird,z.  B.  magnam  ad  se  defendendum  (für 
se  oder  sui  defendetidi)  facultatem  dabit  (Cic.  Cael.  20). 

Facundus,  beredt,  das  Adv.  facunde  und  das  Subst.  fucundia,  die 
Beredt samkeit.,  kommen  bei  Caesar  und  Cicero,  obgleich   sie  häsiiig 


351 

Aülass  hatten,  diese  Wörter  zu  brauchen,  nie  vor,  selten  auch  bei  Li- 
vius  (das  Siibst.  facnndia  vielleicht  nie);  urd  docJi  waren  sie  vorher 
im  Gebrauche,  bei  Varro  und  Sallust  und  N.  Kl.  nicht  selten.  —  Kl. 
sind  nur  disertus,  eloqiiens  und  e/o9?/e7z/««.  Verwerflich  sind  jene  Wör- 
ter aber  nicht,  zumal  wenn  man  Geivandtheit  und  Leichtigkeit  damit  be- 
zeichnen will.  Vgl.  Döderlein's  Synonym.  Th.  IV,  p.  14  und  Hand's 
Lehrb.  p.  342. 

Fallacitas,  die  Betrüglichkeit,  der  Betrug,  ist  N.  L.  für  fallacia. 

Faller e,  tätischeii;  Jemanden  in  Etivas,  z.  B.  in  der  Erwartung', 
Hoffnung  —  täuschen.,  niclit  aliquem  fallcre  in  aliqua  re,  in  opi- 
nione,  in  spe,  sondern  entweder  alicujus  upinio7iem,  spem /allere,  oder 
opinio,  spes  —  fallit  aliqiiem ;  z.  B.  ich  tausche  mich  in  meiner  Hnff- 
7mng,  entweder  spem  fallo  (Caes.  B.  G.  II,  10),  oder  spes  me  fallit.  Ich 
täusche  7iiich  in  Ä^ichts,  ?iihil  me  fallit.  Für  se  fallere,  sich  täuschen, 
irren,  sagt  man  falli,  und  für  fallor  auch  animus  me  fallit.  Ueber  die 
Redensart  trenn  ich  (mich)  Jiicht  irre  vgl.  Errare. 

Fallibilis,  fehlbar,  der  irren  kanii,  ist  Franz.  L.  für  qui  errare,  labi, 
falli  polest,  auch  bisweilen /oZ/öj:. 

Falsare,  verfälschen,  ist  Sp.  L.  für  adulterare,  depravare,  circuin- 
scribere ,  fraudare  u.  a. ;  ebenso  falsatio,  die  Verfälschung,  für  deprava- 
lio,  adulteratio,  fraudotio,  circu?nscriptio  u.  a.  Die  Juristen  nannten  es 
falsuTU ;  daher  crimen  falsi.  —  N.  L.  aber  istfalsator,  der  Veräflscher, 
Betrüger,  für  falsarius,fraudalor,  circumscriptor ,  subjector  alicujus 
rei  u.  a. 

False, falsch,  ist  ungewöhnliche  Form  iür  falso. 

Falsiloquium,  die  Lüge,  ist  Sp.  L.  für  mendacium. 

Fahitas,  die  Falschheit,  Unwahrheit,  ist  Sp.  L.  für  mendacium,  va- 
nitas.,  falsum.  In  altern  Lexicis  steht  es  als  KL,  mit  Verweisung  auf 
Cic.  Cluent.  2,  wo  aber  jetzt  für  falsitas  gerade  das  entgegengesetzte 
Wort,  nemlich  veritas,  dem  Sinne  gemäss  steht. 

Falso,  falsch,  als  Adv.  in  der  Bedeiit.  fehlerhaft,  z.  B.  schreibe?i,  ist 
wohl  nicht  zu  erweisen  für  metidose. 

Falsus.  Wo  falsch  so  viel  ist  als  nachgemacht,  z.  B.  falsches  Geld, 
falsches  Siegel,  falscher  Schlüssel,  ist  es  wohl  N.  fj.,  zu  sagen  falsus 
numns,  falsum  sig?ium,  falsa  clavis ;  dafür  setze  man  das  Adj.  adul- 
terinus. 

Fama,  Sage,  Gerücht,  war  —  wodurch  es  sich  auch  von  rumor, 
Gerücht,  unterschied  —  im  Lateinischen  nur  als  Singular  gebräuch- 
lich, wesshalb  auch  Seneca  (Ep.  114)  den  PJural,  welchen  Sallust 
brauchte  (aequi  boniqtie  fumas  petit),  für  seitsam  erklärte,  und  es 
lächerlich  fand,  dass  L.  Arruntius,  ein  Historiker  und  Sallust's  sklavi- 
scher Nachahmer,  auf  gleiche  Weise  famae  i7ige?ites  de  Regula  gesagt 
habe.  Es  findet  sich  auch  sonst  nirgends  eine  Spur  vom  Plur.,  indem 
fama  nie,  wie  unser  Sage,  eine  einzehie  Erzählung  bedeutete  (in  wel- 
cher Bedeutung  wir  Sagen  brauchen),  sondern  nur  das,  was  wir  Tra- 
dition nennen.  Eine  Sage,  als  einzelne  Erzählung,  ist  rumor,  narratio, 
narratiuncula,  und  eine  mährchenhafte  Sage,fabula,  N.  Kl.  res  fabu- 
losa,  historia  fabxilaris.  Zweifelhaft  ist  incerta  fama,  ungewisse  Sage, 
unsicheres  Gerücht,  iur  rumor  incertus,  sine  capite,  sine  auctore.  Un- 
ser gewöhnliches:  es  geht  die  Sage,ii\r  es  ist  die  Sage, heisst  hlosfama 
est,  nicht /am«  it,  welches  bedeutet  die  Sage  verbreitet  sich,  wiewohl 


352 

dafür  mehr  ?na?iat,percrebescit  u.  dgl.  gesagt  wird.  —  Uafatna  allgemein 
den  Ruf  bmlautet,  in  welchem  Jemand  steht,  so  bestimmt  der  Zusam- 
menhang oft,  ob  es  einen  guten  oder  schlechte??,  böse?i  Ruf  bedeute, 
wo  denn  ein  Zusatz,  wie  bo?i?is  oder  ?nalus  unnöthig  ist.  Mag  nun  aber 
auch /r//«a  bo?ia  uwA  fa?na  ?nala  sehr  selten  sein,  so  kann  es  doch  nicht 
verworfen  werden;  doch  kann  existi?natio  für  das  erstere  und  i?ifamia 
für  das  letztere  gebraucht  werden.  Auch  kann  in  böse?n  Rufe  stehen 
durch  iiividia  luborare  ausgedruckt  werden. 

Fatnelicus,  h?mgrig,  hungerleide?id,  ein  gemeines  seltnes  Wort, 
brauclit  3Iuret  ohne  alle  Auctorität  nicht  selten  von  einer  ?nagern^ 
trochien,  saß-  u?id  kraftlosen  Rede  (vgl.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  375  ed. 
Fr.),  für  lan^?iidus,  exilis,  tncultus,  jeju?ius,  nudus,  rudis  u.  a. 

Farnes,  Hunge?.,  ist  in  der  Bedeut.  g?osse  Begierde  fast  nur  P.  L. 
für  sitis  und  sitire,  welche  in  Prosa  melir  gebraucht  wurden. 

Famiger,  der  ein  Gerücht  ansspre?igt  u?id  verbreitet,  kommt  nur 
hei  Varro  ^  or,  und  ist  wahrscheinlich  ein  Volkswort.  Davon  abgeleitet 
findet  sich  im  A.  L.  famigeratus,  was  auch  im  Sp.  L.  wieder  vor- 
kommt,/aw«g^e/a/«o,/(am?^e/"«^o/*  und  fa?nigerabilis,  —  welche  alle  iii 
der  bessern  Prosa  nirgends  vorkommen.  Und  dennoch  sagt  J.  Fr.  Keitz 
irgendwo:  fa?nigeratissi??ti  sunt  doctores  hujatis  academiae, für  claris- 
s«W  sunt  d.  hujus  academiae,  und  Ang.  Ma^us:  famiger atum  monaste- 
rium,  und  so  andere  mehr. 

Familia  kommt  nirgends  bei  einem  Alten  in  dem  beschränkten 
Sinne  unseres  Wortes  Familie,  d.  h.  Frau  u?id  Ki?ider,  vor,  was  nur 
in  dem  Worte  domus  liegt  (wie  in  unserm  Worte  Haus),  oder  durch 
mei,  tui,  s?u  ausgedrückt  wird.  Richtig  ist  es  dagegen  im  allgemeinen 
Sinne  des  Wortes,  gleich  ge?is,  slirps,  locus,  also  in  der  Bedeut.  Ge- 
schlecht, Geschlecht sverwa?idte.  Vgl.  Beispiele  im  Lexic.  Nicht  anwend- 
bar ist  aber  auch  das  Wort  in  dem  Sinne  unseres  Gesinde,  Knechte 
und  Mägde,  welche  Bedeutung  es  sehr  oft  bei  den  Alten  hat,  die  aber 
in  unserm  Latein  sehr  anstössig  sein  würde. 

Fa?niliarescere,  vertraut  werde??,  ist  Sp.  L.  für  familiärem  ßeri  u.a. 
Familiaris,  vertraulich,  freu?idschaftlich,  kann  nur  da  angewandt 
werden,  wo  der  Begriff  inniger  Freu?idschaft  vorwaltet.  Wenn  aber 
eine  populäre  Erklärung  eines  Schriftstellers,  welche  weder  zu  tri- 
viale, noch  allzu  gelehrte  und  tief  eingehende  Erörterungen  enthält 
(wie  sie  denn  für  eine  Gelehrtenschule  oder  Universität  passend  ist), 
interpretatio  fa??iiliaris  genannt  wird,  wie  es  nach  F.  A.Wolf  (Analect. 
I,  p.  277,  wo  eine  solche  Vorlesung  über  Cic.  N.  D.  1,1 — 10  so  genannt 
wird)  auch  Orelli,  ich  selbst  und  Andere  schon  früher,  besonders  im 
15.  u.  Anfang  des  16.  Jahrh.,  gethan  haben,  so  vermisst  man  dabei  die' 
Rechtfertigung  dieses  Gebrauches  fiei  den  Alten,  und  kann  es  nur  als 
ein  neues  Kunstwort  für  diesen  Begriff  entschuldigen.  Uebrigens  ent- 
hält/;o/j«i/Gm  jenen  Begriff  so  ziemlich. 

Fa??iosus  wird  von  Cicero  und  allen  altern  Schriftstellern  nur  in 
dem  Sinne  übelberüchtigt,  in  üblem  Rufe,  ehrenrührig  gebraucht,  erst 
später  bedeutet  es  berühmt,  für  clarus,  nobilis,  und  werde  daher  in 
dieser  Bedeutung  vermieden. 

Fari,  sagen,  spreche??,  ist  fast  nur  P.  L.  für  dicere,  loq?ii,  und  bei 
Cicero  kommt  nur  fando  audire,  durch  die  Sage  höre??,  durchs  Gerücht 
ver?iehmen,\or.Es  werde  daher  auch  nur  in  dieser  Redensart  gebraucht. 


353 

Farina.  Ausser  der  gewöhnlichen  Bedeutung  kommt  es  in  der  Re- 
densart homo  ejus  (ejusdetn,  ?iostrae  — )  farinae  vor,  aber  doch  viel- 
leicht nur  einmal  bei  Persius:  cumfueris  nostrae farinae,  in  dem  Sinne 
da  du  unsers  Gleichen  gewesen  bist.  Da  der  eigentliche  Sinn  ganz  ge- 
meiner Art  ist,  so  kann  die  Redensart  nur  bei  Spott  und  Verachtung 
gebraucht  werden,  sonst  sage  man  dafür  nur  ejus  generis,  ejusmodi. 
Vgl.  Webers  üebungssch.  p.  185. 

Farrago  ist  fast  nur  ein  ländliches  Wort  von  geme?igte?n  Viehfut- 
ter ,  ausserdem  kommt  es  N.  Kl.  und  nur  bei  Dichtern  vor  von  einem 
Mischmasch.  In  gelehrter  Beziehung  ist  es  kaum  zu  brauchen,  obwohl 
man  im  N.  L.  dergleichen  farragines  als  Titel  mancher  guten  Bücher 
findet. 

Fascinare,  bezaubern ,\^t  in  dem  bildlichen  Sinne  von  ergötzen 
N.  L.  für  capere,  delinire,  nndcere. 

Fastigium ,  was  meistens  an  etwas  Hohem  den  oben  hervorragen- 
den Theil,  den  Giebel  hedewiei ,  nicht  die  Höhe  oder  Spitze  selbst, 
kommt  wohl  nicht  von  den  Höhen  und  Spitzen  der  Berge  vor ;  also 
wohl  nirgends /«s/i^j'i/m  montis,  für  cacumen  oAev  Vertex  montis,  oder 
für  das  allgemeinere  jugum.  Da  es  aber  den  am  meisten  hervorstrah- 
lenden Theil  oben  an  Häusern  bedeutete,  so  brauchte  es  schon  Cicero 
(Off.  III,  7,  33)  bildlich  von  dem,  was  er  zu  Ende  seines  Buches  als 
das  Wichtigste,  wie  eine  Zierrath,  beisetzen  wollte:  hoc  operi  tafiquam 
fastigium  imponimus.  Seit  Livius  brauchte  man  es  bildlich  öfter  von 
jedem  hohen,  angesehenen  Standpunkte ,  so  dass  Quintil.  (XII,  1,  20) 
von  Cicero  sagen  konnte:  stetisse  ipsum  irifastigio  eloquentiae  fateor. 
Und  so  kommt  es  auf  das  hinaus,  was  wir  in  einer  Kunst  und  Wissen- 
schaft und  sonst  in  Etwas  den  Gipfel  nennen,  so  dass  Ruhnken  (Elog. 
Hemst.)  recht  wohl  sagen  konnte:  in  ea  arte  omnis doctrinae fastigium 
est.,  was  getadelt  worden  ist.  Uebrigens  kann  Etwas  bis  zum  höchsten 
Gipfel  bringen  auch  durch  aliquid  ad  summum  perducere  ausgedrückt 
werden  (Cic.  Brut.  43,  161.  Quint.  XII,  11,  28) ;  sowie  man  auch  bild- 
lich sagt  ad  summum  venire  (Cic.  Tusc.  II,  2,  5). 

Fastus,  Stolz,  ist  fast  nur  P.  L.  für  arrogantia,  insolentia  und  spiritus, 
besonders  im  Plur.,  womit  auch  «wrm/ (im  Plur.)  als  synonym  meistens 
verbunden  wird. 

Fatalis  hält  sich  im  Gebrauche  durchaus  nur  an  den  Begriff  unseres 
vom  Schicksale  bestimmt  oder  verhängt,  und  enthält  somit  oft  den 
Sinn  unseres  unglücklich;  aber  nie  bedeutet  es  unglücklich  im  gewöhn- 
lichen Sinne,  was  nur  infelix,  tristis,  miser,  pestifer  u.  a.  heisst. 

Fatalitas,  das  Verhängniss,  ist  Sp.  L.  inv  fatum,  und  wenn  es  U7I' 
glücksfall  bedeutet,  für  casus  mit  und  ohne  adversus. 

Fatifer,  tödtlich,  ist  nur  P.  L.  für  mortifer. 

Fhtigatio ,  die  Ermüdung ,  wurde  seit  Livius  oft  gebraucht  für 
defatigatio. 

Fattifn,  und  besonders  im  Flur,  fata,  in  der  reinen  Bedeut.  Torf,  ist 
wohl  nur  P.  L. ,  und  kann  kaum  so  in  Prosa  angewandt  werden,  wie 
Saxe  für  mori  sagte  fatis  fungi. 

Faustitas,  das  Glück ,  ist  P.  L.  und  kommt  nur  einmal  bei  Horaz 
vor,  für  felicitas. 

Fafix,  Schlund,  ist  im  Sing,  nur  im  \hl.fauce  und  nur  bei  Dichtern 
üblich;  in  Prosa  nur  im  Plural.  Daher  sagt  va^nfauces  hominis,  por- 

23 


354 

fiis,  Ciliciae  — ,  nicht  faus ;  der  E7igj)ass,fuuces  angustae,  wichifaux 
ungusta. 

Favilla  bedeutet  uiclit  Funken,  welcher  scintiUa  lieisst,  sondern 
glimmende  Asche. 

Favor ,  Gu?ist,  Beifall ,  was  zu  Cicero's  Zeit  erst  fast  neu  war,  ist, 
weil  es  von  Cicero  und  Andern  gebraucht  wurde,  nicht  mehr  anstössig; 
übrigens  bedeuten  stadiian,  henevoletttia,  plausus  u.  a.  dasselbe. 

Favorabilis  findet  sich  erst  N.  KL  bei  Vellejus,  Seneca,  Quintilian, 
dem  jungem  Plinius  u.  Ä.,  und  ist  nicht  zu  verwerfen;  doch  werde  es 
nur  in  der  passiven  Bedeutung,  begtm^tigt,  in  Gutist  stehend,  beliebt, 
synonym  dem  ^r«/?0ft7/s,  gebraucht,  da  die  aclive  Bedeutung,  begünsti- 
gend, kaum  erweislich  ist.  Vgl.  Heusing.  Emend.  p.  405. 

Fax  ist  in  der  gewöhnlichen  Bedeutung  Licht  nur  P.  L.  Zu  gewagt 
ist  es  daher,  wenn  im  N.  L.  sogar  bildlich  gesagt  wird  :  huic  locofacem 
accendam ,  wo  die  Lateiner  nicht  einmal  weder  lux  noch  lu7nen  brau- 
chen. Vgl.  Lumen.  Ausser  Andern  braucht  es  Bentley.  Noch  fremd- 
artiger ist  alicui  loco  facem  praeferre,  für  locum  illustrare. 

Febris ,  Fieber.  Man  merke  nur:  das  Fieber  hat  Einen  verlassen 
heisst  wicht  febris  aliquem  reliquit  oder  deseruit ,  ^onA^rn  ab  aliquo 
discessit. 

Febrilis ,  fieberhaft ,  steht  N.  L.  bei  Joach.  Camerarius  (vita  Me- 
lanchth.  )  für  den  Genit.  febris,  z.  B.  ein  fieberhafter  Anfall,  tentatio 
febris,  nicht  febrilis. 

Felicitare,  beglücken,  ist  N.  L.  inr  fortunare,  beare,felicem  reddere. 

Felicitas  ist  in  der  Wnnschformel  Glück  zu!  Glück  aufl  nicht  üb- 
lich; man  sagte  nur  feliciter  !  mit  dem  Dativ  der  Person,  der  man  Glück 
wünschte;  oft  auch  ohne  einen  Dativ. 

Femineus ,  weiblich ,  ist  fast  nur  P.  Form  für  den  Genit. /emmae 
oder  iux  femininus ,  weiche»  bei  Varro  und  Andern  vorkommt;  am 
besten  aber  ist  nach  Cicero  und  der  Schriftsprache  der  Uebrigen 
muliebris,  welches  sogar  Varro  vorn  weiblichen  Geschlechte  der  Wör- 
ter, genus  muliebre ,  allein  braucht,  wofür  jedoch  schon  N.  Kl.  nur 
genus  femininum  üblich  ist,  was  man  denn  auch  als  Kunstwort  bei- 
behalte. Bei  Thieren  wird  aber  weiblich  fast  nur  durch  /e/nj««,  sowie 
männlich  durch  mas  ausgedrückt,  z.  }^.femina  unguis,  eine  ic eibliche 
Schlange. 

Feneratus  (foeneratus).  N.  L.  sagt  man  fenerato  alictii  aliquid  dar e, 
fenerato  aliquid  accipere,  sumere,  collocare,  invfeneratum  (feneratam), 
oder  noch  mehr  /ewon  oder /ewore,  sowie  Geld  gegen  Zinsen  borgen 
heisst  pecuniam  feizore  occupure. 

Feracitas,  die  Fruchtbarkeit,  ist  sehr  selten,  und  kommt  nur  bei 
Columella  vor,  für  überlas, fertilitas,fecunditas,  wiewohl /erax  neben 
andern  synonymen  Adjectiven  gut  nnd  Kl.  ist. 

Feralis,  die  Todten  betreffend,  ist  theils  das  stehende  Wort  für 
Leichenfeste  (feralia),  Leichentnonate  (menses  ferales) ,  Leichentage 
(dies  ferales) ,  tlieils  wird  es  P.  für  alles  Andere  gebraucht,  was  dazu 
gehört,  wo  in  Prosa  funebris  üblich  ist. 

Fere  steht  in  Verbindung  mit  negativen  Wörtern  gewöhnlich  nur 
nach  denselben,  nicht  vor  ihnen;  daher  no?ifere,  nihil  fere,  nemo  fere, 
nullus  fere ,  nurtiquam  fere  u.  a.,  und  so  auch  meistens  bei  allen  Zahl- 
wörtern, bestimmten   und  unbestimmten,  z.  ß.  decem  fere  homines, 


355 

tertia  fere  hora,  omnes  fere  cives,  eodem  fere  tempore,  niid  so  tiocli  in 
vielen  andern  Fällen,  z.  B.  ea  dem  fere ,  hisce  fere  verbls.  Seiten  stellt 
es  anders. 

Feriari ,  Feiertage  haben  ,  ist  Sp.  L.  für  ferias  habere  oder  agere; 
dagegen  ist  feriatus  in  der  Bedeutung/eie/^rer/,  geschäftslos  Kl.^  aber 
neben  otiosus  selten.  —  N.  L.  aber  ist  male  feriatus  (was  bei  Horaz 
zur  lJ?izeit  fniissig  bedeutet)  in  der  Bedeut.  ungelehrt ,  einfältig,  wie 
es  neuere  Lateiner  brauchen.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  244. 

Feiire  scopum,  das  Ziel  treffen^  ist  N.  L.  und  ohne  Auctorität  für 
coli  ine  are. 

Ferme,  fast,  hat  dieselbe  Stellung  'wie.  fere. 

Ferocire,  muthig,  ivild,  trotzig  sein,  ist  Sp.  L.  und  selten  türferocein 
esse,ferociter  se  gerere. 

Ferre,  tragen,  bringen.  —  N.  L.  ist  culpam  ferre,  die  Schuld  tragen., 
d.  h.  Schuld  sein,  Schuld  haben,  für  culpam  sustinere,  in  culpa  esse. 
Vgl.  Culpa.  —  D.  L.  ist  natura  secumfert,  die  Natur  bringt  es  so  mit 
sich,  will  es,  fordert  es,  für  natura  (ita)fert  ohne  secum,  —  und  eben- 
so alle  ähnliche,  z.  B.  mos,  tempus  —  secum  fert.  Vgl.  Cic.  Muren.  2. 
Sonin.  5.  Farn.  V,  2,  3.  —  Sp.  L.  ist/e/re  iriumphum  (victoriam)  de 
aliquo, einen  Triumph  (Sieg)  über  Jemanden  davontragen,  für  ex  oder  ab 
aliquo.  Vgl.  Referre.  —  Da  nur  eine  Magistratsperso?i,  die  ein  Gesetz 
beim  Volke  in  Vorschlag  bringt,  legem  fert ,  niclit  das  Folk,  welches 
legem  jubet,  mchtfert.,  so  tadelt  Ruhnken  den  Muret,  welcher  (Oper. 
T.  IV,  p.  9  ed.  Ruhnk.)  schrieb:  populus  leges  ferebat,  iür  jubebat.  — 
Richtig  ist  zwar  ferre  ad  populum,  aber  nicht  ferre  ad  senatum  ,  für 
referre,  dem  Senate  Etwas  vortragen.  Ueber  referre  ad popuhim  vgl. 
Referre.  Ebenso  ist  zwar  richtig  sententiam  oder  suffragium  ferre, 
aher  Judicium  ferre ,  ein  Urtheil  fällen  oder  sprechen  ,  \^ovami  nicht 
vor.  für  Judicium  facere  oder  dicere.  Vgl.  Wunder  Variae  lectt.  ex  cod. 
Erf.  p.  140,  welchem  auch  Klotz  (z.  Sintenis  109  u.  p.  149)  beistimmt. 
Wenn  es  aber  gleichwohl  bei  Cic.  (Orat.  in  toga  cand.  p.  525  ed.  Orell.) 
heisst:  quare  praeclara  dicentur  judicia  tulisse,  nicht  fecisse  oder 
dixisse ,  so  erinnert  Klotz  (in  seiner  Rec.  dieses  Buches)  dagegen, 
Cicero  brauche  hier  judicia  für  sententias,  weil  die  damaligen  Richter 
ihr  ürtheil  oder  ihre  Meinung  über  eine  Person  auf  Stimmtäfelchen 
abgegeben  (tulisse)  hätten.  Wo  aber  dergleichen  nicht  Statt  fände, 
solle  man  durchaus  nur  Judicium  dicere  oder  facere  sagen,  nicht  ferre.  — 
Zweifelhaft  ist  wohl  curam  ferre.,  Sorge  tragen,  für  curam  habere, 
sibi  aliquid  curae  habere  (Cic.  Farn.  VllI,  8)  u.  a.  Ferre  mit  agere  ver- 
bunden, in  der  Bedeut.  rauben,  plünderji,  kommt  erst  bei  Livius  vor, 
für  agere,  rapere  (so  bei  Cic.  Rep.  111,33),  ist  aber  gleich  gut. —  Sel- 
ten und  N.  Kl. ,  vielleicht  Sp.  L.  ist  acceptum  aliquid  ferre.  Etwas  als 
empfangen  eintragen.  Etwas  erhalten  haben,  für  acc.  aliq.  referre,  was 
fast  stehende  Redensart  ist.  Vgl.  die  Lexica  unter  Accipio.  —  Ettvas 
unter  die  Leute  bringen  heisst  nicht  aliquid  ferre  inter  homines,  in 
vulgus,  sondern  efferre  in  vulgus ,  famam  alicujus  rei  divulgare  u.  a. ; 
eine-  Leiche  zu  Grabe  tragen,  nicht  funus  ferre  ,  sondern  efferre.  — 
Veher  ferre  optionem,  die  Wahl  lassen,  vgl.  Optio.  -  Man  missbraucht 
im  N.  L.  prae  se  ferre  aliquid  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Etwas 
haben,  für  habere;  z.  B.  hoc  verbum  hanc  prae  se  fert  signißcationem, 
für  habet. 

23* 


356 

Ferrum.  Man  ^a^i  m^i^iGVi^  ferro  ignique  ,  ferro  atque  igni,  ferro 
flainmaque,  ferro,  igni,  qiiaciimqiie  t7*,  selten  in  uragekelu-ter  Ordnung, 
wie  bei  Cic.  (Pliil.  Xlll,  21,  47)  :  igni  ferroque,  u,  (Verr.  IV,  33,  78)': 
ex  flamma  ferroque  servare  und  ex  flamniis  ferroque  eripere.  Es  hat 
aber  keine  Gradformen.  Vgl.  Rascliig  Progr.  p.  16. 

Ferus,  wild,  von  Früchten,  ist  mehr  P.  L.  für  silvestris. 

Fervens,  glühejicf,  heiss.  —  N.  L.  ist  es,  von  Bitten  zu  sagen  preces 
ferventes  oder  ardentes.  Vgl.  Ardens.  Auch  brauche  man  fervere, 
was  fast  nur  von  heftigen  Leidenschaften  und  hitzigen  Dingen  gesagt 
wird,  nicht  bei  milden  Gegenständen,  z.  B.  bei  anior  oder  Studium  lit- 
terarutn;  dafür  gebrauche  man  vigere. 

Festinantia,  die  Eile,  ist  Sp.  L.  oder  B.  L.  für  festinatio,  celerüas, 
velocitas. 

FestiJiate  und  festinatius ,  eilig,  eiliger,  beruhen  wohl  auf  falschen 
Lesarten  i\\r  festinanter ,  festiuantius ;  ebenso  festi/ie ,  was  einige 
Handschr.  bei  Cic.  Att.  IV,  14  haben,  wogegen  in  andern  festive  steht, 
was  die  neuern  Ausgg.  vorziehen. 

Festivitas  und  festivus,  welche  heitere  Laune,  Heiterkeit,  artig,  ge- 
fällig, witzig  u.  dgl.  bedeuten,  haben  erst  Sp.  L.  die  Begriffe  Festlich- 
keit, Feierlichkeit;  Festivität,  welche  durch  solenms,festus ;  celebratio, 
celebritas,  pompa  auszudrücken  sind. 

Festum,  das  Fest  ^  ist  als  neutrales  Subst.  wohl  nur  P.  L.  für  dies 
festus  oder  solennis,  welche  beide  oft  verbunden  werden.  Jenes  kommt 
im  N.  L.  auch  bei  den  besten  Schriftstellern,  wie  bei  Muretus  vor, 
z.  B.  (Expl.  Cic.  Catil.  III,  1)  :  institiiiafesta,  ajigeordnete  Feste.  Ein- 
zelne Feste  haben  auch  ihre  eigene  Namen,  z.  B.  das  Geburtstags- 
fest, natalitia ;  das  Hochzeitsfest,  7iuptiae ;  das  Verlobungsfest,  sponsalia ; 
das  Dankfest,  supplicatio ,  n\c\\i  festum  oder  dies  festus  gratiarum 
actio?iis. 

Fetifer  (foetifer)  und  fetißcus ,  befruchtend ,  kommen  nur  N.  Kl. 
beim  altern  Plinius  vor,  inr  fecu?idus ,  fertilis ,  qui  laetißcat ;  ebenso 
fetificare,  befruchten,  fruchtbar  machen,  bei  Plinius  für  laetificare,fer- 
tilem  efflcere. 

Fetus  (foetus),  Geburt,  Frucht,  wird  fast  nur  von  Thieren  und  Feld- 
früchten gebraucht,  nicht  von  Menschen,  wo  vielleicht  nur  partus 
üblich  ist.  Da  aher  fetus  schon  etwas  wirklich  Vorhandenes  ist,  so  ist 
fetum  concipere,  was  im  N.  L.  vorkommt,  lächerlich. 

Fictio,  die  Dichtung,  im  passiven  Sinne  von  etwas  einzelnem  Erdich- 
tetem,  gleich  Fabel ,  fabelhafte  Erzählung ,  ist  Sp.  L.  für  fabula,  res 
ßcta  ,  commentu77i ,  fabula  ficta  et  commeiititia ;  bisweilen  auch  opinio 
enientita.  Ebenso  \s,ißgmentuin  Sp.  L. ;  vgl.  dieses  Wort. 

Fictitius ,  erdichtet ,  bezweifelt  Vavassor  (Antibarb.  p.  531)  mit 
Recht  {ürßctus,  commentitius.  In  der  Bedeut.  nachgemacht,  7iicht  acht 
kommt  es  bei  Plinius  dem  Aeltern  nach  Harduin's  Ausgabe  mehrmals 
vor,  aber  andere  Ausgaben  lesen  wohl  r\c\\i\^er factitius.  Jedoch  er- 
wähnt der  Jurist  ülpian  actiones  fictitiae  mit  der  Erklärung:  inquibus 
heredes  essefinguntur. 

Ficus ,  der  Feigenbaum ,  hat  im  Dat.  und  Abi.  Plur.  nur  ßcis,  nicht 
ßcubus. 

Fidejubere,  gut  sagen,  Bürge  sein,  kommt  Sp.  L.  bei  den  Juristen 


357 

vor,  für  spondere,  praestare,  sponsionem  facere :  ehenso ßdejussor,  für 
Sponsor,  praes,  vas. 

Fidelis,treti, ist  wohl  der,  auf  den  man  sich  bei  Uebernahme  eines 
Dienstes  oder  Auftrags^  einer  Verrkhtn?}^  verlassen  kann,  nnd  so 
wird  Klotz,  der  (zu  Sintenis  p.  151)  behauptet,  ein  treuer,  d.  h.  ge- 
wissenhafter Lehrer,  sei  nicht  magister  fidelis,  sondern  diligens,  von 
Nobbe  getadelt,  welcher  sagt,  dies  sei  eine  Injurie  gegen  die  magistri, 
welche  doch  wohl  das  bei  Uebernahme  des  Amtes  in  sie  gesetzte 
Vertrauen  zu  rechtfertigen  haben. 

Fideliter,  treulich,  in  Verbindung  mit  servire  valetudini  (suae),  was 
Cicero's  Freigelassener,  l'iro,  in  einem  Briefe  gesagt  hatte,  tadelt  Ci- 
cero (Fam.  XVI,  17),  weil  ^r/e//s  nur  in  Betreff  eines  officium,  i\Gr 
Treue  und  Ergebenheit  gegen  Andere,  nicht  gegen  sich  selbst,  ge- 
braucht werde;  Cicero  sagt  dafür  di/igenter,  d/ligentissime. 

Fides.  Es  wird,  mit  einigen  Verben  verbunden,  im  N.  L.  in  falschen 
Bedeutungen  gebraucht,  z.  B.  fldem  habere  in   der  Bedeut.  tre^t  sein, 
Treue  beweisen,  iürßdem  praestare, ß dum  oi]er  ßdelejn  esse,  in  aliquo 
ßdem  ifiesse  u.  a.,  ^aßdem  alicui  habere  bedeutet  Jemanden  glauben, 
trauen,  Glauben  beimessen,  mit  einem  Genit.,  alicujus  rei.  Einem  Etwas 
anvertrauen  (Cic.  Verr.  II,  53,  131),  und   ohne  einen  Dativ  Glauben 
finden,  Glaubwürdigkeit  haben,  geglaubt  werden  (Cic.  Fam.  VI,  6)  ; 
ferner  ist  N.  L.  ßdem  facere,  ein  Versprechen  inachen,  Etwas  verspre- 
chen, für  ßdem  dare,  da  ßdem  facere  heisst  Etwas  glaublich,  glaub- 
würdig machen,  fest  versichern  (Cic.  Q.  fr.  II,  6,  2).  Vgl.  Vorstii  latin, 
mer.  susp.  p.  249.  Nie  tritt  daher  auch  ein  Adj.  hinzu,  und  verwerflich 
ist  desswegen  eximiam  (u.  dgl.)  ßdem  facere,  was  N.  L.  ist.  —  Lieber 
ßdem  adhibere  vgl.  Adhibere.  —  Im  neuern  theologischen  Latein  liat 
ßdes  die  Bedeut.  unseres  Wortes  Glaube,  z.  B.  ßdes  christiana,  der 
christliche  Glaube,  worunter  aber  mehr  verstanden  wird,  als   unter 
doctrina,  was  man  dafür  vorgeschlagen  hat;  denn  doctr.    würde  nur 
die  Lehre  Christi  bedeuten.  Man  behalte  daher  lieber  j^rfes  bei,  wozu 
auch  Muretus    (Var.  lectt.  XV,  1)  räth.  Oft  passt  auch  religio,  und 
für  den  Glauben  fanatischer,  abergläubischer  Völker  superstitio.  Vgl. 
noch  Weber's  Uebungssch.  p.  220  u.  Hand's  Lehrb.  p.  143.  —  Aber 
ßdes  Dei  in  der  Bedeut.  der  Glaube  an  Gott,  ist  B.  L.  und  kann  nacli 
Cic.    (Tusc.  I,  13,  30)  durch  opinio  Dei  ausgedrückt  werden,   wenn 
man  es  nicht  mit  dem  Verb,  credere  oder  putare   geben  will.  Vgl. 
Credere,  so  wie  Klotz  Anm.  zu  Cicero's  Stelle. 

Fides  in  der  Bedeut.  Leier  ist  im  Sing,  fast  nur  P.;  in  Prosa  kommt 
es  nur  im  Plur.,  nach  Decl.  III.  vor,  z.  ß.  die  Leier  spielen.,  ßdibus  ca- 
nere.  In  der  Bedeutung  Gestirn  aber  wird  der  Sing,  gebraucht. 

Fidissime  als  Adv.  im  Superl.  \onßdus  wird  in  der  Stelle  Cic.  Fam. 
II,  16,  4  von  Ernesti  und  Orelli  für  unlateinisch  erklärt,  welche  dafür 
ßdelissime  setzen ;  doch  istßdissimtis  Kl. 

Fieri,  werden,  geschehen.  Es  wird  meistens  vermieden,  wenn  von 
dem  damit  verbundenen  Subst.  oder  Adj.  ein  Verbum  inchoativum  ge- 
bräuchlichist; Einige  brauchen  dann  /?en  gar  nicht;  z.B.  Tag  iverden, 
luciscere  (lucescere),  nicht  lucein  oder  diemßeri;  Abend  werden,  ad- 
vesperascere  (A.  L.  vesperascere)  oder  invesperascere  (Cic.  Verr.  V, 
35,  J91  und  Livius),  niclit  vesperum  ßeri.  —  Die  Redensart:  es  ist 
nicht  anders  möglich,  als  dass  —  heisst  Ä'l.  hlos ßeri non  polest,  quin  — , 


538 

N.  Kl.  fieri  7ion  pntest  aliler ^  qtiom  itt  — .  Vgl.  Haiid's  Lehrb.  p.  138. 
Uehrigens  heisst:  es  war  nicht  anders  möglich,  ohne  einen  Zusatz  mit 
als,  entweder  aliter  fieri  non  potuit,  oder  fieri  non  potuit  aliter,  nicht 
non  aliter  fieri  potuit.  Vgl.  Cic.  Ätt.  VI,  6,  3.  Ueber/fft/ws  vgl.  dieses 
Wort. 

Figere,  heften,  stossen,  wird  bei  körperlichen  Gegenständen  mit  iti 
und  dem  j4ccns.  oder  Jbl.  verbunden,  z.  B.  oculos  fig.  in  terram  und 
in  terra;  aber  bei  geistigen  wohl  nur  mit  in  und  dem  Abi.,  z.  B.  meu- 
tern figere  in  constilatu.  nicht  in  consulatiim  ;  Mühe  auf  Etwas  ver- 
wenden, Studium  fig.  i7i  atiqtia  re,  nicht  in  aliquam  rem.  —  N.  Kl.  ist 
aliquem  crucifigere,  für  cruci  affigere  u.  a.  Vgl.  Crucifigere.  —  P.  u. 
Sp.  Jj.  sind  die  Bedensarten  /?^eAe  sedem  und  domicilium  in  aliquo  loco, 
sich  irgendwo  niederlassm,  seiften  Sitz  aufschlagen,  für  das  gewöhn- 
liche considere  in  aliquo  loco. 

Figlinus,  irden,  thönern,  aus  Erde,  aus  Thon,  ist  Gem.  L.  für  das 
edlere^c<;7?s,  welches  Ä7.  allein  üblich  ist.  Figb'jius  kommt  N.  Kl.  bei 
Vitruv  und  dem  altern  Plinius  vor:  daher  heisst  die  Topf  er-  (Hafner-) 
Ku7ist  nicht  ars  figlina,  sondern  ars  fictilis. 

Figmentum,  Dichtung,  Erdichtung,  Bild,  ist  Sp.  L.  für  res  ficta, 
commentitia  u.  a.  Vgl.  Fictio.  — -  Im  A^.  Z.  kommt  es  oft  vor,  z.  B.  nil 
nisi  scribarnm  (für  librariorjim)  figmenta,  für  commenta  bei  Görenz 
(Cic.  Leg.  p.  4)  ;  hoc  figme?/to  bei  Muret.  (Oper.  T.  1,  p.  19  ed.  Fr.), 
wo  Buhnken  bemerkt:  \ox  figmentum  non  habet  idoneum  auctorem 
(den  Gellius,  Appulejus  und  Ammian).  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  111  und 
de  stylo  p.  167. 

Figura  wird  wohl  nicht  von  den  Figuren  in  der  Zeichnenkunst  ge- 
braucht, bedeutet  also  nicht  Biss,  Bauriss:  dafür  steht  forma;  z.  B. 
fignrae  geometricae,  statt  formae  geom.  (Cic.  Bep.  I,  17).  Vgl.  Orat. 
1,42, 187  in  geometria  lineamenta, /brm«e  etc.,  nicht  ^^wr^e.  Daher 
lieisst  bei  Cic.  (Q.  fr.  II,  6,  2)  ein  Bauriss,  forma,  nicht  figfira. 

Figuraliter  und  figurate,  figürlich,  sind  sehr  Sp.  L.  für  tecte,  per 
figuram,  per  translatiotiem,  oder  nach  dem  Griech.  tropice  oder  me- 
taphorice. 

Filius,  der  Sohn.  Wir  sagen  Erdensohn,  meistens  mit  Spott,  für 
Me?isch,  und  so  gebraucht  es  selbst  Cic.  (Att.  I,  13,  4)  :  huic  terrae 
filio  nescio  cui.  JJeher  filius  naturae,  ein  Sohn  der  Natur,  vgl.  Natura. 
—  Im  N.  L.  wird  oft  von  den  Aerzten  gesagt  filii  medicorum  für  me- 
dici;  Nolten  braucht  im  Antibarbarus  oft  sowohl  diesen  Ausdruck,  als 
auch  filii  Aesc?/lop/i,  welche  beide  nur  im  gezierten  N  L.  vorkommen. 

Filum  mit  dem  Gen.  oratio7iis,  in  der  Bedeut.  der  Faden  der  Rede, 
d.  h.  die  fortlaufende  Rede,  der  Zusammenhang,  ist  N.  L.  für  cursus 
oder  series  orationis;  ebenso  filum  oratiofiis  abnimpere,  den  Faden 
der  Rede  abbrechen,  für  incidere  orationem.  Ueber  die  Bedeutung  von 
filum  vgl.  Ernesti  lex.  technolog.  Latinor.  rhet.  p.  171. 

Finalis,  endlich,  schliesslich ,  das  Ende  betreffend,  ist  Sp.  L.  für  ulti- 
mus,  extreinus,  novissimus.  Nirgends  kommt  es  sogar  in  der  Bedeut. 
die  Absicht,  den  Zweck  anzeigend  vor,  wie  es  jetzt  als  philosophisches 
Kunstwort  gebräuchlich  ist,  für finetn  sig?i/ficans  u.  a.  Nirgends  findet 
sich  auch  das  Ady.finaliter.,  am  Ende,  endlich,  für  ad  e.rtremttm,  dem- 
que,  landein,  novissime  (Cic.  Fam.  X,  24.  Plin.  Ep.  II,  14). 

Fingere.  Nirgends  kommt  im  guten  Lat.  -vor  fingere  litteras  in  der 


359 

Bedeiit.  Buchstaben  schreiben,  \on  einem  Kinde,  wie  Hemsterh.  (Oratt. 
p.l62)  sagt:  litterasteuera  maiui  fingere  didicerat;  dafür  nur scr/'bere. 

Fim're,  endigen,  schliesse?/.  ^ur  selten  brauchen  Cicero  und  Caesar 
ßnire  aliquid  in  der  Bedeut.  Etwas  endigen,  beendigen,  mehr  in  der 
Bedeut.  bestimmen, begränze7i,  einschränken  ;  Cic.  sagt  in  jener  Bedeut. 
lieber^wem  alicujns  reifacere  oder  afferre,  aliquid  conßcere,  terminare, 
concludere  u.  a.,  z.  B. ßnem  facere  scribendi,  einen  Brief,  ein  Schreibe?i 
e7idigen,  zu  schreibe?!  aufhören :  epistolam  concludere^  einen  Brief  en- 
digen, schliessen ;  bellum  conßcere,  perßcere  oder  comjyrimere  (wie- 
wohl aucli  ßnire),  einen  Krieg  endigen ;  imperium  terminare.  eine  Herr- 
schaft endigen;  cur  sunt  vitae  co?fßcere,  den  Leöensla?/f  endigen;  Car- 
men absolvere,  ein  Gedicht  endigen  ;  verbum  cadit  in  —  syllabam.  das 
Wort  endigt  auf  eine —  Sylbe;  der  Schluss  endigt  sich,  clausula  iermi- 
natur  oder  concluditur.  —  Vgl.  über  cadere  Cic.  Orat.  57,  und  über 
similiter  cadere  und  desinere  den  Auct.  ad  Herenn.  IV,  20.  Cic.  Orat. 
111,54.  —  Uebrigens  ist  seit  \A\m&  ßnire  liäufig  im  Gebrauche.  Da 
es  aber  eine  Gränze  stecken,  ein  Ende  machen  bedeutet,  kann  es  ohne 
Object  nicht  wohl  gebraucht  werden  in  der  Bedeut.  ein  Ende  haben 
oder  sich  endigen,  was  ßnem  habere,  ßniri,  terminari,  cojul  udi  \missi; 
und  so  auch  nicht  mit  Etwas  efidigen  (activ)  ohne  ein  Object,  wie 
z.  B.  Görenz  sagt:  sed  idem  (Cirero)  quoque  cum  tertio  libro ßnivisse 
videtur,  wo  quoque  falsch  gestellt,  cum  unrichtig  und  ßnire  ohne  Ob- 
ject falsch  gebraucht  ist.  —  Nach  dem  Obigen  kann  aber  auch  infam 
ßjiire,  sein  Lebe?i  endigeii,  d.  h.  seinem  Leben  ein  Ende  machen,  nicht 
für  (eines  natürlichen  Todes)  sterben  gebraucht  werden;  es  heisst  nur 
sterben  durch  eigene  Mittel  oder  durch  eigene  Gewalt;  wesshalb  denn 
auch  alic?£i  vitam ßnire  gesagt  wird,  wenn  das  Leben  dnrch  Gewalt  von 
Seiten  eines  Andern  geendigt  wird.  Vgl.  Plin.Ep.  III,  7,1  modo  nuntiatus 
est  Silius  inedia  vitam  ßnisse.  Man  sage  aber  nicht  i?i  hac  urbe  me 
spero  vitam ßniturum.  —  Vgl.  aucJi  noch  Weber's  Uebungssch.  p.  360. 

Finis  hat  \m  Sing,  ein  doppeltes  Genus,  niascul.  und  femin.;  als 
Femininum  halten  es  die  Meisten  für  dichterisch,  wiewohl  in  Prosa 
z.  B.  mehr  quae ßnis,  als  qui  ßnis  gesagt  worden  sein  soll,  und  auch 
noch  einigemal  bei  Cicero  und  Livius  das  Femininum  sicher  steht. 
Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  J46.  Schneider's  Sprachlehre  p.  228  u.  Iland's 
Lehrb.  p.  181.  —  Im  Flur,  aber  ist  es  durchaus  nur  MascuL,  nie  Fe- 
mininum.—  P.  u,  N.  Kl.  steht  es  bei  Tacitus  ohne  vitae  in  der  Bedeut. 
das  Lebensende,  der  Tod,  für  vitae  ßnis,  exitus^  extremum  vitae  tem- 
piis,  z.  B.  bei  seinem  Ende,  am  Ende  des  Lebens,  extremo  vitae  tempore 
(Caes.  B.  C.  II,  41).  Durch  das  Adj.  extremus,  statt  durch  ßnis,  wird 
unser  Ende  ausgedrückt,  z.  B.  am  Ende  des  Briefes,  des  Buches,  in 
extrema  epislola,  in  e,vtremis  litteris,  in  extremo  libro ;  und  bei  voraus- 
gehendem Subst.  heisst  arn  Ende  blos  in  extremo,  in  extremaparte,  ad 
exfremum ;  am  Ende  der  Rede,  ad  extremam  orationem  (Caes.  B.  G. 
VII.  53,  1).  Mehrere  Beisp.  von  extremus  in  dieser  Bedeutung  findet 
man  in  Menckenii  Observ.  p.  387.  —  Selten  aber  kommt//««  in  guter 
Prosa  so  vor.  Jm  Ende  des  Jahres  heisst  zwar  bei  Tacitus ///e  anni, 
aber  Kl.  gewöhnlicli  a?ino  vertente:  am  Ende  des  Monats,  mense  ver- 
te7/te.  Bezweifelt  wird/«?«  in  der  Bedeut.  Zweck,  Endzweck,  Jbsicht, 
für  propositum,  consilium,  animus,  mens,  vis  (Cic.  Tusc.  V,  13,  38  vis 
naturae,  die  Tendenz,  Absicht  der  N.),  da  ßnis  vielmehr  den  End-  oder 


360 

Zielpunkt,  das  Aensserste,  Höchste  bedeute,  wie  in  ßnis  bonortim,  das 
höchste  Gut,  und  in  Cic.  OfF.  I,  39,  138  donms  ßnis  est  usus,  der  Ge- 
brauch ist  das  Höchste  bei  eifiem  Hause.  Andere  übersetzen  hier  finis 
durch  Zneck,  worauf  es  allerdings  am  Ende  hinausläuft.  Vgl.  Cic.  Inv. 
I,  5,  (j.  Partitt.  orat.  4,  ]2.  Fin.  II,  3,  9  u.  a.  und  Ellendt  Cic.  Orat.  I, 
42,  188;  T.  II,  p.  107  u.  108.  —  Eine  giite  Absicht  heisst  daher  nicht 
bonus  ß?iis,  sondern  honum  consilium;  in  dieser  Absicht,  hoc  consilio, 
hoc  ?n€?ite ;  sei?ien  Ziveck  erreichen,  propositum  assequi ;  —  und  so 
wähle  man  inr ßiiis  immer  einen  passenden  andern  Ausdruck.  —  Falsch 
ist  daher  in  oder  ad  evm ßnem  in  der  Bedeut.  zu  dem  Ende,  in  der 
Absicht,  desswegen,  für  ad  eam  rem  (Cic.  Verr.  IV,  15),  id  spectans, 
und  nicht  ad  quem  ßnem,  in  welcher  Absicht,  für  ad  quam  rem,  quid 
spectans  in  Bezug  auf  ein  Subject  (Cic.  Tusc.  I,  14,  31),  quorsum  hoc 
(haec),  quorsum  haec  spectant ;  denn  (usque)  adeumßnem,  worauf  rfw/n 
(bis)  folgt,  bedeutet  bis  so?veit,  bis  dahin,  und  ad  quem  ßnem,  bis  wie 
lange,bis  wie  ti'eit,bis  aufweichen  Pmikt,  gleich  qt/ousque.  Vgl.  Heusin- 
ger Emend.  p.  406.  Emend.  Corn.  Nep.  p.  64.  Schirlitz  Unterhalt,  p.  184. 
Gr\ sar's  Theorie  p.  296  und  Reisigs  Vorles.  p.  290.  Uebrigens  hat 
ßnem  facere,  ein  Ende,  Ziel  setzen,  das  Object  theils  im  Genitiv, 
theils  im  Dativ  bei  sich.  Unser  adverbiales  am  Ende  für  endlich  heisst 
ad  estremum,  nicht  i/i  fine. 

Eirnia?nen,  die  Stütze,  Befestigung,  kommt  nur  bei  Ovid  vor,  für 
ßrmamentum.  welches  nur  diese  Bedeutung  hat,  aber  nicht,  wie  im 
Kirchen lat.,  die  Bedeut. ///wime/  (woher  unsere  Benennung  i^iVw«?rtew/j. 

Firmiter,fest,  ist  eben  so  gut  wießrtne;  beide  kommen  bei  Cicero 
vor  (Rep.  I,  45;  VI,  2),  und  jenes  auch  bei  Caesar  (B.  G.  IV,  26). 

Firmitudo,  die  Festigkeit,  hi  eben  so  gut  wiejf/wiVas;  bei  Cicero 
kommt  es  mehr  als  sechsmal  vor;  auch  bei  Caesar  (B.  C.  III,  28,  4). 

Fir7nus,  fest,  stark ;  aber  das  feste  Land  \m  Gegensatze  zum  Wasser 
heisst  nicht  terra ßrma,  sondern  terra  continens ;  fester  Schlaf,  nicht 
ßrmus,  sondern  arctus  (arctior)  sotn7i?is ;  feste,  stete,  sichere  Hand 
eines  Chirurgen,  nicht  manus  ßrma,  sondern  strenua,  stabilis,  welche 
beide  Celns  (L.  VII.  prooem.)  zusammen  braucht. 

Fiscus  wird  N.  Kl.  von  der  Kasse  des  Fürsten,  aher  aerarium  von 
d^r  des  Staates  gebraucht;  diesem  Gebrauche  müssen  wir  wohl  jetzt 
folgen,  da  sich  die  Sitten  geändert  haben. 

Fiscfest.,  starr,  ist  Sp.  L.  und  kann  nicht  gebraucht  werden  beim 
Sehen ;  dafür  sage  man  acriter,  acri  oder  intento  animo ;  Einen  starr 
ansehen,  aliquem  intentis  oculis,  acerrime  contemplari  (Cic.Flacc.il). 

Fixus,  bestimmt,  fest,  wird  N.L.  von  dem  Gehalte  oder  dem  Einkom- 
men gebraucht,  für  reditus  stati. ßxer  Geholt  (nach  Plin.Ep.  111,19,  5). 

Flagitium  ist  nach  Lanibin.  (Ep.  15  ad  Muret.)  auf  das  beschränkt, 
was  entehrt,  schändet  und  beschimpft,  was  aber  nicht  zur  Anklage 
kommt  und  nicht  bestraft  wird,  z.  B.  Wollust,  Trägheit,  Unmässigkeit, 
Vergesslichkeit  u.  dgl.,  und  so  auch  ßagitiosvs  wnA  ßagitiose ;  dagegen 
was  die  Hand  gewaltsam  thut  und  was  bestraft  wird,  \%ifaci7ius,  sce- 
lus,  und  der,  welcher  es  thut,facinorosus,  sceleratus,  scelestus;  eben- 
so die  Adverhia. 

Flagrare.  Nur  selten  sagt  man:  cupiditas  flagrat,  vitia  libidinis  fla- 
grant apud  Ulum,  sludium  alicujus  flagrat  u.  dgl.,  wiewohl  flagrans 
cupiditas  u.  a.  vorkommen;  gewöhnlich  sagt  man  nur  aliq?iis  oder  ah'- 


3ßl 

ct/jus  animiis  flagrat  ctipiditate^  amore,  destderio,  odio,  invidia  «.  a., 
aber  wohl  nur  in  activem  Sinne,  begehren,  liehen,  sich  sehnen,  hassen, 
nicht  (wenigstens  nicht  nachzuahmen)  in  passivem,  hegehrt,  gelieht, 
gewünscht,  gehasst  werden,  wie  es  im  N.  L.  bisweilen  vorkommt.  Vgl. 
Frotscher  z.  Mureti  Op.  T.  I,  p.  178. 

Flamen,  der  Wind,  ist  nur  P.  L.  für  ventus. 

Flammare,  entzünden,  entflammen,,  kommt  ausser  bei  Tacitus  nur 
P.  L.  vor,  für  inflarmnare,  incendere  u.  a. 

Flavedo,  die  hlonde  Farbe,  ist  Sp.  L.  ixw  flavus  color,  mag  auch^ß- 
vvs  nirgends  als  bei  Dichtern  vorkommen. 

Flectere,  beugen.  Merkwürdig  ist  es,  dass  man  nicht  sagt:  circa 
oder  circum  Promontorium  flect.,  vm  ein  Vorgebirge  herumbeugen, 
sondern  blos  Promontorium  ohne  Praeposition,  z.  ß.  Leucotam,  um 
Leuc,  (Cic.  Att.  V,  9) ;  in  flectendis  promontoriis,  beim  Herumbeugen 
um  die  Vorgebirge  (Cic.  Divin.  II,  45,  94). 

Flere,  weinen,  wird  verbunden  de  aliqua  re,  um  Etwas;  P.  L.  und 
N.  Kl.  bei  Tacitus  aliquid. 

Flesilis, beugsam,  steht  P.  und  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  iürflexibitis. 

Florens,  blühend,  ist  zwar  bei  Cicero  ein  Beiwort  Ae^Alters,  z.  B. 
(Senect.  6,  20)  florentis  aetatis,  um  die  frische  Juge?id,  die  besten 
Jahre  zu  bezeichnen,  wie  die  eines  Vierzigers  (nach  Cic.  Farn.  II, 
13,  2),  aber  nach  bietrich  sagt  man  nicht  aliquem  florenti  (florente) 
aetate  esse,  sondern  florentem  aetate  esse,  wie  denn  florere  aetate 
melirmals  vorkommt.  —  Ferner  nennt  zwar  Cicero  den  Demetrius 
Phalercus  ^ow//or,  blühender,  aber  mit  dem  Zusätze  ut  ita  die  am ;  er 
erwähnt  auch  oit  flores  verhör  um  et  sententiarum,  flosculos  orationis 
u.  dgl.,  aber  nirgends  gebraucht  gy  florens  weder  von  der  Rede,  noch 
von  einem  Redner,  welchem  jedoch  nach  dem  Obigen  das  Beiwort ^o- 
ridus  gegeben  werden  kann. 

Flos,  Blume,  Blüthe.  Es  wird  zwar  von  dem  besten,  ausgezeichnet- 
sten Theile  eines  aus  Mehrern  bestehenden  Ganzen  gebraucht,  z.  B. 
flos  juventutis,  jtivejitim.,  Italiae,  aber  nach  Dietrich  nicht  von  einem 
einzelnen  Menschen,  obgleich  Ennius  als  Dichter  den  Cethegus^orem 
populi  (Cic.  Brut.  15,  58)  nennen  konnte.  Auch  gibt  es  wohl  nicht  y?o- 
rem  artiutn,  eine  Blüthe  der  Künste,  von  der  Zeit  gesagt,  in  weicher 
die  Künste  blühten ;  also  nicht  in  flore  ortium,  in  der  Blüthe  der  K., 
sondern  cum  artes florerent.  Man  sei  in  der  Anwendung  dieses  Wor- 
tes vorsichtig. 

Fluctuare  und  (als  Deponens)  ^z/cf?/<7r«' waren  nach  Quintil.  (IX, 
3,  7)  N.  Rl.  neben  einander  im  Gebrauche,  wie  assentio  und  assen- 
tior;  die  active  Form  brauchte  vielleicht  nur  Cicero,  die  des  Depo- 
nens war  seit  Livius,  der  nur  diese  gebraucht,  häufig.  Vgl.  Gronov. 
Observ.  IV,  6.  Drak.  Liv.  XXXVI,  10,  4.—  Ein  Ad\.  flu  et  uant  er,  zwei- 
felhoff, bedenklich,  ist  N.  L.  für  dubitanter. 

Fluere,  von  der  Zeit,  ve?fliessen,  vergehen,  ist  nur  P.  L.,  z.  B.  tarda 
fluunt  tempora;  in  Prosa  sagt  man  dafür  efflnere;  vgl.  dieses  Verbum. 

Flumen  wnd  fluvius,  Strom,  Flnss.  Da  man  he\  fluvius  nur  an  Fluss 
denkt  ohne  die  Nebenidee  des  Fli'essejis  und  Strömens,  so  Mird  es 
aurh  nicht  bildlich  angewandt,  so  dass  nicht  einmal  flvvio  secundo, 
Strom  abwärts,  und  fluvio  adverso,  Strom  avftvärts  gesagt  wird,  wo- 
gegen flumine  richtig  ist,  weil  in  flumen  auch  der  Begriif  Fliessen 


362 

lie^rt-  Dieses  Wort  wird  auch  bildlich  f^ehra\icht^x.'B.flf/me?i  oratiojiis, 
ingeiui  u.  a.,  aber  wiewohl  daijei  an  Menge  und  Fülle  gedacl)t  wird, 
so  kommt  doch  nirgends  vor ßume?i  lacrimarum.  profundere,  wie  wir 
sagen  :  einen  Strom  Thränen  vergiessen,  für  vim  lacrim.  pro/.  (Cic. 
Somn.  Scip.  3). 

Ftuxiis,  das  Fliessen,  ist,  wiewohl  es  N.  Kl.  neben  dem  Kl.  fluxio 
steht,  niclit  zu  verwerfen. 

Fncus,  Heerd.  Unsere  Mechaniker  nennen  so  den  Brennpunkt; 
doch  kommt  es  bei  den  Alten  in  dieser  Bedeutung  nicIit  vor,  und  muss 
also,  wenn  es  in  derselben  angewandt  wird,  durch  einen  Zusatz  ge- 
mildert und  verständlicht  werden,  z.  B.  Strahle?!  in  eine??  Bren?ipiinkt 
sammeln,  rndios  lanquam  i?i  forum  quendam  colligere.  Vgl.  Weber's 
Uebungssch.  p.  367. 

Foederare^  verbinden,  ist  ersl  Sp.  L.  und  nicht  zu  brauchen.  Sich 
mit  Einem  verbinden  heisst  sihi  aliquem  foedere  jüngere,  adjungere, 
co??jungere  u.  a.  lieblich  ist  mir  foederatus,  verbündet. 
Foe?ieratus;  vgl.  Fe?ieratiis. 

Foetor,  der  üble  Geruch,  Gcsfa??k,  ist  Gem.  L.  u.  A^.  Kl.  und  kommt 
bei  Columella  und  dem  altern  Plinius  vor,  i \ir  foeditas  odoris.  So  setzt 
man  auch  für  das  Verbum  foetere,  stinke??,  lieber  male  olere,  obgleich 
das  \i\].  foetidus,  stinkend,  mit  es  verbunden   bei  Cicero  vorkommt. 

Folium,das  Blatt.  Vom  Frz/i/e-/- gebraucht,  kommt  es  vielleicht  nir- 
gends vor,  da  es  in  der  einzigen  Stelle  des  altern  Plinius  (XXXVII,  7, 29) 
nicht  sicher  steht,  indem  die  Handschr.  und  altern  Ausgg.  abweiclien. 
Das  Kl.  Wort  dafür  ist  plagu/a  oder  charta,  und  eiti  ei?izeh?es  Stück 
Papier  hiess  sched?/la.  Die  plog?/la.  charta  oder  ein  Stück  Papier  hatte 
zwei  Seite??,  welche  pogi??ae  hiessen,  die  eine  pagi?ia  prior,  die  andere 
pagi?ia  altera. —  Ueber  unsere  Redensart  vom  Blatte  ablesen  vgl.  Charta. 
—  N.  L.  ist  von  Büchern  die  Redensart  i?i  Folio,  welche  ohne  den 
Zusatz  ut  dicitur,  ut  uns  dicimus  nicht  anwendbar  ist.  Nach  Rosen- 
heyn ist  die  natürlichste  Bezeichnung  dafür  forma  hi?iaria,  und  eben- 
so für  in  Quarto,for?na  quaternarv? ;  für  i?i  Octavo,  forma  octonaria, 
und  für««  Duodecimo^ forma  duodenaria.  Nur  diese  Zahlwörter  sind 
seiner  Ansicht  nach  zu  brauchen. 

Fonie?itare,  bähen,  und  Jmientatio,  dieBähung,  sind  erst  Sp.  L.  für 
fovere  und  fo?ne??tu??i. 

Föns.  Wiewohl  ybw/es  bisweilen  von  Heilquellen,  mineralischen 
Quellen  gebraucht  wird,  indem  Celsus  (lY,  ö)  frigidos  medicatosque 
fontes  erwähnt,  und  Horaz  (Epist.  1, 15,  8)  die  kalten  Schwefelquellen 
zu  Clusium  und  Gabii — fontes  Clusinos  Gabi?iosque  nennt,  so  ist  doch 
aquae  das  fast  stehende  Wort  für  heilbringende  Gewässer;  und  so 
sage  man  also  lieber  aquae  Spadanae ,  die  Heilquelle??  und  Bäder  von 
Spna,  als  fontes  Spadani;  aquae  Mattiacae,  Badenses ,  Pyrmo?itenses 
u.  a.  lieber,  als  fontes  Matt.  u.  s.  w.  Vgl.  Friedemanni  orat.  in  encaeniis 
gymn.  Weilb.,  und  unter  Jqua. 

Fora?ninare ,  durchbohren,  ist  N.  L.,  wiewohl  forami??atus  Sp.  L. 
vorkommt,  für  perforare,  pe?terebrare. 

Foras,  hina?/s,  nicht  drausse??,  was  foris  heisst.  Man  verwechsele 
heide  nicht;  z.  B.  drausse??,  auswärts  oder  s?/  Gaste  esse??  heisst  foris, 
nicht  foras   coenare.  Nicht  verwerflich  ist  librum  foras  dare  (Cic. 


3(J3 

Alt.  Xlll ,  22  dari  foias  scripta)  ,  edere ,  proferre,  efferre,  ein  Buch 
(öffentlich)  hemtisgeheji. 

Foris  als  Sing^.  bedeutet  Kl.  eine  einfache  Thüre,  fores  als  Plur. 
aber  ei7ie  Fliigelthüre.  Unser  vor  der  Thüre  sein,  A.  h.  nahe  sein,  heisst 
nicht  foris  esse,  sondern  instare.  prope  adesse. 

Fonna.  D.  L.  ist  unser  pro  forma  in  der  Bedeiit.  %tim  Schein,  fiir 
simulans,  specie  u.  a.  V^l.  Praetextum.  Ebenso  ist  T>.  L.  in  forma,  in 
der  Form,  d.  h.für,  gleich,  ähnlich  ,  für  pro,  z.  B.  pro  testimonio  (Cic. 
Cluent,  48),  iji  der  Ft/rm  eines  Zeugnisses.  Was  wir  Form,  d.  h.  ^4us- 
druck,  Darstellung  —  einer  Schrift  nennen,  ist  meist  nur  oratio, 
nicht  forma. 

Formare  wird,  wie  conformare  und  informare,  nicht  ohne  den  Abi. 
eines  geisti;S:en  Mittels,  z.  B.  artibiis  (v^l.  Conformare),  ]\i  der  Bedeut. 
(geistig)  bilden,  ausbilden  gebraucht,  für  erudire;  und  selbst  mit  Zu- 
sätzen kommt  es  fast  nicht  vor.  Daher  heisst  ein  gebildeter  Mann,  homo 
eruditvs,  w\c\\i  formatns.  Ebenso  ist  formatio  nicht  Bildung  in  gei- 
stigem Sinne,  für  eruditio  (vgl.  auch  hiformatio) ,  wiewohl  es  mit  Genit., 
z.  B.  animi ,  morum ,  ingeniorum  verbunden,  wie  N.  Kl.  gesagt  wird, 
nicht  verwerflich  ist. 

Formidabilis ,  furchtbar ,  ist  nur  P.  und  in  Prosa  Sp.  L.  fnrformi- 
dolosus,  terribilis  u.  a. 

Formulare  oder  formularium,  ein  Fortnular,  ist  N.  L.  iür  formnla, 
exemphim,  verba  quae  quis  edidit. 

Fors  ,  fors  sit  \md  forsit  als  Adverb,  in  der  Bedeutung  rje/Ze/cÄ/, 
sind  nur  P.  L.  iüv  fortasse. 

Forsaji,  vielleicht,  ist  fast  nur  P.  L.,  kommt  in  Prosa  erst  i)eiLivius, 
aber  nur  einmal,  vor  (111,47,5),  A.  Ä"/.  nur  einmal  bei  Quintil.  XII.  1,  3J 
(denn  1,5, 16  steht  nach  Zwmiit jetzt  forsit  an) ,  bei  Curtius  und  Spätem. 
Es  werde  daher  durch  fortasse  oder  forsitnn  vermieden.  Im  N.  L.  fin- 
det es  sich  bei  den  besten  Schriftstellern.  Noch  weniger  ist  nisi  forsan 
zu  brauchen,  für  nisi  forte ,  z.  B.  bei  J.  F.  Reitz  (de  ambiguis,  in  pro- 
oeni).  Vieles  hat  darüber  gesammelt  GraufF  (zu  Bunelli  epist.  p.  678 
lind  707). 

Forsitan,  vielleicht,  hat  Kl.  fast  nur  den  Conjunctiv  bei  sich,  ausser 
wenn  es  in  den  Satz  nur  eingeschoben  ist,  um  eine  Fermnthung  anzu- 
zeigen, ohne  dass  das  Verbum  von  ihm  abhängig  ist.  Vgl.  Handii  Tur- 
sell.  T.  II,  p.7J5.  Es  steht  aber  wohl  nur  in  Hauptsätzen,  nicht  in  Con- 
junctionssätzen;  man  sage  also  nicht:  cum  forsitan  haec  tibi  nota  sint: 
licet  niea  forsitan  asperneris,  für  fo?- fasse.  Auch  wird  es  eben  so  wenig 
wie  die  nächsten  weder  in  Fragen  eingemischt,  wie  wir  vielleicht  und 
2vohl  einschieben,  noch  bei  si,  nisi  und  ne  gebraucht,  wo  forte  stehen 
rauss.  Vgl.  Fortasse  und  Fo?-te. 

Fortasse,  fortasse  an  uud  fortassis.  Die  zuleite  Form  kommt  ausser 
bei  Varro  nur  Sp.  L.  bei  Gellius  vor,  und  ist  nicht  zu  brauchen.  Die 
dritte,/or//7Ss«s,  wurde  schon  von  Manutius  (z,  Cic.  Farn.  II,  13)  als 
gut  prosaisch  bezweifelt,  und  steht  bei  Cicero  in  vielen  Stellen,  wo  sie 
sonst  stand,  nicht  mehr,  sondern  dafür  fortasse ;  z.  B.  Cluent.  71, 
201  u.  Sest.  56,  121.  Man  vermeide  sie  also.  —  Die  beste  Form  ist 
fortasse,  aber  weder  in  Fragen  üblich,  noch  bei  si,  nisi  (ni)  und  ne, 
wo  dafür /o/7c  stehen  muss.  Nur  einmal  findet  sich  incorrcct  nisi  for- 
tasse für  nisi  forte  in  den  oiuiehin  gewiss  unäcliten  Briefen  Cic.  ad 


364 

Brut.  5,  mag'  auch  im  A.  L.  bei  den  Komikern  dergleichen  zu  finden 
sein.  —  Im  N.  L.  findet  man  nur  zu  oft  sifortasse,  nisi for lasse ,  ne 
fortasse  und  sinfortasse,  wo  forte  stehen  muss.  Das  letzte,  sinfortasse, 
findet  sich  sogar  z.  B.  bei  Muret.  Epist.  111,  2  (Oper.  T.  II,  p.  142) 
für  sin  forte  (Cic.  Tusc.  V,  40,  117),  was  auch  Frotscher  gerügt  hat. 
lieber /brfe  an  um]  fortan  vgl.  unter  Forte,  und  über  alle  hier  genann- 
ten Formen  HandüTursellin.  T.  II,  p.  710  —  742. 

Forte,  von  Ungefähr,  zufällig,  hat  auch  die  Bedeut.  etwa^  vielleicht, 
aber  nur  bei  si,  sin,  nisi  (ni)  und  7ie ,  wovon  oben  die  Bede  war.  IVur 
bei  Dichtern  und  einigen  Nachklassikern,  z.  B.  bei  Vitniv  (denn  bei 
Cicero  ist  es  nicht  sicher)  ,  hat  es  ausser  den  genannten  die  Bedeut. 
vielleicht,  so  dass  man  es  für  incorrect  erklären  muss,  wenn  forte  im 
N.  L.  auch  bei  den  besten  altern  und  neuern  Schriftstellern  in  dieser 
Bedeutung  gebraucht  wird,  wo  nur  fortasse  oder  forsita?i  Kl.  und  gut 
sind.  —  So  findet  man  denn  leider  zu  oft:  itaforte  legendum,scribendura 
est ;  ita  fo7'te  hie  locus  explicandus  est;  forte  huc  pertinet  glossa  Ti- 
mae'i;  forte  Pompejum  intelligit;  nee  forte  injuria,  bei  Longolius,  Ma- 
nutius,  Perpinianus,  J.  Fr.  Gronov,  J.  G.  Graevius,  R.  Benlley,  Gesner, 
Ruhnken ,  Ernesti,  Heyne  u.  Andern.  Vgl.  noch  Handii  Tursell.  T.  II, 
p.  735  _  741. 

*  Früher  glaubte  icli,  6&SS  forte  ausser  bei  si,  sin,  nw?  und  ne  auch  nach  dem 
negativen  nitm  und  ecqnid  in  der  Bedeut.  vielleicht  stehen  könnte.  Zu  dieser  An- 
nahme wurde  ich  verführt  durch  Görenz,  der  in  Cic.  Acad.  I,  1,  12  für  et  sirpfid 
forte  aufnahm  ecquid  forte ,  welches  mit  imm  ('</?«>/) /br^e  gleichbedeutend  ist. 
Aber  die  von  GÖrenz  gemachte  Veränderung  ist  unnöthig;  jener  Gebrauch  hat 
keine  Auctorität,  und  so  möchte  bei  diesen  Fragwörtern,  wie  bei  den  andern,  das 
etwa  oder  vielleicht  am  besten  wolil  unübersefzt  bleiben.  Wenn  also  Mosheim 
(praef.  Üb.  Folietae  libri  de  ling.  lat.  p.  16)  sagt:  ant  mim  (juis  forte  tarn  avdax 
est,  so  möchte  wolil  besser  o\\i\c  forte  gesagt  werden:  ant  num  qiiis  tarn  audax 
est.  —  A.  L.  ist  aber  wohl  forte  an  undfortan,  welclies  letztere  in  Cic.  Rep.  III,  3ä 
in  dem  einzigen  Codex  steht;  will  man  es  hier  nicht  ändern,  so  ist  anzunehmen, 
dass  es  Cicero  vielleicht  absichtlich  zur  Naciiahmung  des  dort  sprecliendcn  Alten 
geschrieben  habe.  In  unserm  Latein  ist  es  dnrchaus  zu  verwerfen,  indem  dasselbe 
dadurch  mehr  entstellt,  als  verscliönert  wird,  wenn  z.  B.  Buchner  (Epist.  P.  II, 
ep.  35)  sagt:  audacvlus  tibi  fortean  videar,  oder  Terpstra  (Antiquitas  Homer, 
p.  168)  :  fortean  ;^£r6jvfr.  —  Wenn  man  endlich  auch  noch  aus  Cic.  (Manil.  8,  20 
nach  den  altern  Ausgg.)  dafür  anführt:  7ie  forte  an  vobis  —  contemnenda  esse 
videantur,  so  ist  zu  bemerken,  dass  hier  ohne  Zweifel  a  vobis  gelesen  werden  muss. 

Fortis,  tajyfer ,  stark.  Im  bessern  Latein  ist  es  nur  Beiwort  der 
Menscheti  und  des  ihnen  Angehörigen ,  wenn  damit  der  BegriflF  der 
Kraft  und  des  Muthes  der  Menschen  verbunden  wird,z.  B.  fortis 
oratio,  sententia,  animus, forte  factum.  Selten  geht  es  wohl  darüber 
hinaus,  wie  bei  Caesar  ,  welcher  (B.  C.  II,  2)  starkes,  kräftiges  Holz, 
ligna  fortissima  nennt.  Nirgends  aber  wird  wohl  von  kräftigen,  starken 
Tkieren  fortis  gesagt,  sondern  frmus ;  auch  sagt  man  mc\\i  fortis  vale- 
tiido,  starke  Gesimdheit,  sondern  firma;  n\c\\i  forte  verbtim,  ein  starkes 
Wort,  sondern  grave ;  n\c\\i  forte  castellum,  ei?ie  starke  Festtmg,  son- 
dern ßrmu/n,  und  so  andere  ähnliche.  Man  sei  im  Gebrauche  vorsichtig. 

Fortnitii,  von  Ungefähr,  gleich  fort  uito  und  forte,  ist  wohl  überall, 
wo  es  vorkommt,  zweifelhaft,  da  fortuilo  Nebenlesart  ist.  Hand  (Tursell. 
T.  II,  p.  743)  verwirft  diese  Form  als  eine  Sp.  L.,die  sich  eingedrängt 
habe.  Man  brauche  nur  fortnilo.  Vgl.  Heusig.  Cic.  Off.  1,29,103. 
Oudend.  Sueton.  p.  410.  Garaton  z.  Cic.  Agrar.  11,7  und  Ellendtz.  Cic. 
Orat.  I,  24,  111,  der  es  nicht  verwirft. 


365 

Fortuna.  Wiewohl  es  im  Sing,  und  Im  Pliir.  Glück  und  Unglück, 
glückliche?!  und  unglücklichen  Zustand  (je  nach  dem  Zusammenhange) 
bedeuten  kann,  so  steht  doch  meistens  bestimmter  A^inr  fortima  se- 
ciinda  oder  piospera,  und  fortu?iae  seciindae  oder  prosperae,  sowie 
fortuna  adversa  oder  afßicta ,  und  forttniae  adversae  oder  afflictae. 
Nirgends  aber  kommt  wohl  \or  :fortu?iani  dare.  Glück  gebe?i,  beglücken, 
seg7ien,  sondern  fortunare,  sospitare.  Man  sagt  aber  Jortunarealiquem, 
Einem  Glück  geben,  oder  alicui  aliqiiid  fort.,  Einem  Glück  zu  Eiivas 
geben ,  Einem  Etwas  segnen ;  z.  B.  Gott  gebe  dir  Glück,  Dens  te  for- 
tuTiet  oder  sospitet,  nicht  tibi  fortimam  det;  Gott  gebe  dir  Glück  zu 
dei?ietn  neuen  Amte,  Dens  tibi  nomim  honorem  fortunet,  wo  wir  auch 
sagen  Gott  segne  dein  neues  Amt^  latein.  aber  nicht  novinn  tuuni  hono- 
rem. Daher  sagt  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  180)  falsch:  Dens  fortunet  tuos 
labores ,  für  tibi  labor es  fortunet ,  was  auch  Frotscher  rügt.  —  Unser 
doch  das  wollen  wir  dem  Schicksal  überlassen  heisst  lateinisch  sed  hoc 
(haec)  fortuna  oder  fors  viderit.  Vgl.  Cic.  Ätt.  XIV,  11,  1;  13,  3.  — 
Der  Flur,  fortunae  mit  und  ohne  secujidae  oder  adversae,  in  den  Bed. 
Glücks-  oder  Unglücksfälle,  ist  selten;  dafür  steht  öfter  casus  secf/ndi, 
casus  adversi,  und  das  allgem.yß^a  und  casus.  —  Von  dem  Plur.  /br- 
tunae,  in  der  Bedeut.  Vermögensumstäjide ,  wagt  Muret.  FJpist.  II,  Qß 
(Oper.  T.  II,  p.  103  ed.  Fr.)  das  Demin.  fortiaiulae ,  die  kleinen  Ver- 
mögensumstände, ohne  alle  alte  Auctorität.  was  ich  jedoch  nicht  ver- 
werfe, wie  es  Andere  thun.  Vgl.  Th.  I,  §.  193. 

Fovere ,  er  wärmen,  bähen ,  er  quicken,  \st  in  bildlicher  Bedeutung 
vorsichtig  anzuwenden;  im  N.  L.  ist  es  ein  Lieblingswort  für  habere. 
Bezweifelt  wird  zwar  spem  fovere,  ah  er  Livius  sagt  nicht  allein  «//9?^em 
spe  fovere,  sondern  auch  alicajus  spemfov.  (XL,  ^,ö),  Jemandes  Hoff- 
nung  nähren,  zu  vergrössern  suchefi.  —  Nie  aber  kommt  sententiam 
fov.,  ei?ie  Meinung  haben,  vor,  wie  man  es  oft  im  TV.  L.  findet. 

Fragfnen,  Bruchstück,  \st  P.L.;  dafür  steht  in  Prosa  fragmentum, 
aber  nie  von  Resten  und  Ueberbleibseln  geistiger  Dinge ,  von  Worten, 
Reden ,  Briefen  und  Geisteswerken,  mag  es  auch  im  physischen  Sinne 
richtig  sein,  \\\e  fragmenta  tabularum,  quibus  fasti  (u.  dgl.)  continen- 
tur;  ebenso  codicum,  inanuscriptorum,  aher  nicht  orationis  alicujus, 
hujus  libri  u.  dgl.;  dafür  sagt  man  besser  reliquiae,  pars  (partes)  non 
integra  (integrae) ,  quae  restant  ex  libro  (libris),  qui  periit  (perierunt). 

Fragrare ,  duften,  riechen,  kommt  fast  nur  P.  L.  vor,  ausser  bei 
Sueton,  welcher  sagt  fragrans  unguento  (nach  Salbe),  also  m.  d.  Abi.; 
Sp.  L.  m.  d.  Accus. 

Frangere,  brechen,  zerbrechen,  wird  bei  den  Alten  oft  bildlich  ge- 
braucht. Man  sagt  aber  nicht  nubes  frangunt,  sefrangtint,franguntur, 
die  Wolken  brechen  sich,  sondern  ru?npunt,  rumpu?itur ;  nicht  nubes 
fractae,  gebrochene  ^f^.,  sondern  ruptae ;  auch  nicht  fulmen  fra?igit 
nubes,  der  Blitz  durchbricht  die  W.,  sondern  rumpit  (Senec.  N.  Q. 
II,  58).  Aber  gut  ist  calor  se frangit ,  die  Hitze  bricht  sich,  lässt  nach 
(Cic.  Orat.  I,  62)  und  frigus  se  frangit,  die  Kälte  bricht  sich  (Varr. 
R.  R.  11,2,  18)  •,  frangere  fidem,  seiji  tVort,  seine  Zusage  brechen  (Cic. 
Rose.  Com.  6,16):  testamentum  frangere,  ein  Testament  brechen; 
foedus  frang.,  das  Bündniss  brechen  (Cic.  Scaur.  42;  in  Pison.  12)  ; 
bruchium  frang.,  den  Arm  brechen  u.  a. ;  sogar  navem  frangit,  er  leidet 
Schiffbruch  (Terent.  Audr.  I,  3,  17  isfregit  navem  apud  Andrum). 


366 

Fratncidinm,  der  Brudermord ,  ist  selir  Sp.  L.  fiirfratris  caedes, 
Jratvrna  iiex,  parricidiiimfraternuni. 

Fraiidulosus,  belrüß:erisch,  ist  Sp.  L.  iiir  fraudulentus. 
Fre?iffs,der  Zügel,  im  Sing.,  ist  zu  bezweifeln,  da  //ez/Mm  der  Accus, 
von  dem  f^omm.  frenum  sein  kann;  im  Piur.  kommen  beide  Formen 
vor,  frenos  und  frena,  so  wenigstens  bei  Cic.  (Rep.  II,  33)  frenos,\u\d 
(Topic.  8,  36)  f renn.  Vgl.  Reisigs  Vorles.  p.  120. 

Freque7is  wnA  freqiientes  wird  zwar  in  Bezug  auf  ein  Personahub- 
ject  mit  dem  Verbo  statt  der  Adverb,  frequenter,  saepe,  crebro  ver- 
bunden, aber  nicht  in  Bezug  auf  ein  Sachsubject.  iMan  sagt  zwar:  ille 
freqiiens  est  nohiscum;  illi />e(/?/ew^es  Antonii  domum  ventitant;  venio 
in  senatum  freqiiens;  frequens  aderat  in  senat»;  aber  nie  Aehnliches 
wie:  haec  sententia  veteribusyVe(/?/e«s  commemoratur,  für  «  veteribus 
saepe  (crebro)  commemoratur.  —  Einige  verwerfen  frequens  sum  in 
ah'qua  re ,  ich  thue  Etwas  häufig  ,-  aber  Cic.  sagt  (Orat.  50,  167)  :  nos 
etiam  in  hoc  genere //e^wew/eÄ  sumus,  und  (ib.  60)  :  in  utroque //e- 
</^^e7^//o7•e6•  sunt  poetae.  Ebenso  werden  Assidiius,  Creber  und  Multus 
gebraucht,  welche  Wörter  zu  vergleichen  sind. 

Frequentare  ist  in  der  Bedeut.  A«?//?g'  brauchen,  oft  anwenden  zwar 
selten,  aber  doch  Kl.  bei  Cicero,  der  frequenlatus  (Orat.  III,  38)  so 
braucht,  für  usitatus.  Man  vermeide  freque?itare  durch  usurpare,  und 
frequentari  durch  in  usu  esse,  usurpari. 

Frigefacere,  abkühlen,  kalt  machen,  ist  N.  L.  für  refrigerare ; 
ebenso  frigefieri,  kalt,  abgekühlt  iverden,  für  refrigerari,  frigescere, 
refrigescere. 

Frons  kommt  nie  in  der  bildlichen  Bedeutung  Anfang  vor,  für. 
principium,  initium,  wie  es  z.  B.  Heyne  braucht  (zu  Virg.  A.  I,  5)  :  in 
prima  stat im  fronte  //ä/v",  wiewohl  Quintil.  (VII,  1,  56)  prima  fronte 
sagt,  aber  in  einem  andern  Sinne,  in  welchem  es  noch  oft  bei  ihm  vor- 
kommt. Man  vermeide  es.  Unser  bildliches  die  Stirne  reiben,  d.  h.  be- 
denklich sein,  heisst  os  perfricare,  wie  bei  Cic.  Tusc.  III,  18,  41,  wo 
Klotz  zu  vergleichen  ist. 

Frontispicium,  der  Giebel,  ist  ein  N.  L.  Wort  iür  frons,  fast igium. 
Friictificare,  Frucht,  Früchte  bringen,  -tragen,  ist  Sp.  L.  Uirfru- 
ctum  (fruclus)ferre. 

Fructus.  In  der  Redensart  Frucht,  Nutzen,  Vortheil  ziehen,  fru- 
ctum  capere,  wird  das  Wovon  oder  Woraus  entweder  mit  ex  aliqua  re 
oder  mit  dem  Genit.  alicujus  rei  ausgedrückt;  durch  es  nemlich,  wenn 
es  ausserhalb  der  Person  liegt,die  den  Vortheil  zieht,  durch  den  Genit. 
alicujus  rei,  wenn  es  die  Person  selbst  besitzt;  z.  B.  aus  deinen  Briefen 
habe  ich  grossen  Fortheil  gezogen,  ex  tuis  litteris ;  aber:  der  grösste 
Fortheil  wird  aus  Geist  und  Tugend  und  jeder  Vollkommejtheit  gezogen, 
ingenii  et  virtutis  omnisque  praestantiae ;  ich  ziehe  grosse?i  Fortheil  aus 
meiner  Bemühung,  capio  magnum  laboris  mei  fructum.  Doch  wird  auch 
im  ersten  Falle  oft  der  Genitiv  gesetzt.  Vgl.  Klotz  z.  Cic.  Lael.  19,70. 
Frugalis,  was  im  N.  L.  nicht  selten  ist,  kommt  in  der  Positivform 
nirgends  vor;  nur  der  Comparat.f rugnlior  bei  l'erenz  und  Varro,  aber 
oft,  und  bei  Cicero  frugalissimus ,  was  man  sich  für  den  Gebrauch 
merke.  Von  frugalis  bemerkt  Quintil.  (I,  6,  17),  es  sei  veraltet;  man 
brauche  dainr  frugi.  Veherfrugis  und  frugi  \gL  Frux. 

Frui.  Das  PerLfructus  sum  kommt  bei  Cicero  nur  einmal  in  einem 


367 

Bruchstücke  aus  dessen  Hortensius  vor;  fruitus  sunt  aber  brauclite 
A\  Kl.  Seneca.  Die  Constr.  aliqiiid  frui,  für  aliqua  i  c,  ist  nur  ^^/.  L.  — 
Da  frni  immer  frohen  Genuss  anzeigt,  so  kann  es  nie  da  g^ebraiicht 
werden,  wo  es  blos  haben  bedeutet;  daher  sagt  man  niclit//?/«  rrt«, 
für  das  gewöhnliche  vivere,  lebefi;  nicht  frui felicitate,  Glück  haben,  Sur 
uti ftlicilate  (Cic.  Brut.  1,  4  perpetua  qnadam  feh'citate  usus  est) ;  nicht 
frui  valetudine  bona,  mala  — ,  sondern  uti.  Vgl.  Caesar  B.  C.  111,  49. 

Fivstra  heisst  umsonst,  aber  nur  in  der  Bedeutung  vergeblich,  un- 
niit':=;  N.  L.  aber  steht  es  für  unentgeltlich  ,  ohne  Vergütung ,  was 
gratis, gratuito  heisst.  Man  verwechsele  beide  nicht.  Falsch  sagt  daher 
Lennep  (Etymol.  gr.  \erb.  unionoA):  üarius  Sylosontis  amicuhun 
frustra  accipere  cupiebat. 

Friistraneus ,  vergeblich ,  überßüssig ,  ist  JV.  L.  für  rnutilis,  irrit?/s, 
supervacaneus.  Fergebliche  Arbeit  thun  ,  sich  vergebliche  Mühe  geben 
heisst  operam  perdere,  operam  frustra  insumere ,  auch  wohl  acta,  ut 
ajunt,  agere ;  vgl.  darüber  Klotz  Cic.  Lael.  p.  106. —  lergebliche  Worte 
reden  heisst  inanes  voces  fundere. 

Frustrare ,  täuschen,  soll  noch  zu  Caesar's  Zeiten  neben  dem  De- 
ponens  frustrari,  welches  mehr  im  Gebrauche  \var,üblich  gewesen  sein; 
jedoch  findet  es  sich  in  Caesar's  Büchern  nicht  mehr. 

Frux  ist  als  Nom.  ohne  Beispiel;  von  dem  Gttnit.  frugis  findet  sich 
nur  ein  sicheres  bei  Horat.  (A.  P.  341) :  expertiafrugis,  was  ohne  Vor- 
iheil  ist,  unnütz,  was  nicht  frommt ,  vvo  es  auch  als  Subst.  zu  stehen 
scheint.  An  andern  Stellen  wird  bo7iae frugis  bezweifelt  und  in  bonae 
y>?/g^«*verändert.  Selir  gewöhnlich  isty>-?/^/als  Indeclinabile,  wie  nequam, 
und  zwar  adjectiviscli  in  der  Bedeut.  brav,  bieder  mit  andern  Adjec- 
tiven  als  Beiwort,  besonders  von  Menschen,  verbunden,  z.  B.  essefrugi., 
brav,  ein  braver  Mann, ein  braves  Weib  sein  ;  selten  kommt  bonae  fragt 
esse  vor,  aber  gar  nicht  bonae  frugis,  indem  man  zweifelt,  ob  Redens- 
arten, wie  plenus  bonae  frugis  gut  seien. 

Fucus,  die  Schminke.  Die  bildliche  Redensart  fucuni(alicui)facere, 
Einen  hintergehen,  täuschen,  Einem  Etwas  weiss  machen,  kann  ohne 
den  Zusatz  ut  dicitur  nicht  wohl  angewandt  werden,  wie  denn  auch 
Q.  Cicero  (Petit,  cons.  9,  35)  sagt:  si  eum  —  axuWerxs. fuctan,  ut  dici- 
tur, facere  velle. 

Fuga,  Flucht.  Wo  wir  sagen:  auf  der  Flucht  —  sich  wohin  wenden, 
sagt  der  Lateiner  ex  fuga,  nicht  iufuga.  Vgl.  auch  Iter  u.  Fabri  zu 
Livius  XXII,  55. 

Fugaciter,  flüchtig,  ist  in  der  Bedeut.  schnell  ohne  Beispiel,  wie  es 
überhaupt  nicht  vorkommt,  für  cito,  celeriter,  ocyus.  Der  Comp./?/^a- 
cius  bei  Liv.  (XXVIII ,  8)  bedeutet  mehr  durch  die  Flucht,  mehr  flie- 
hend, sich  zurückziehend,  dem  audacius  entgegengesetzt. 

Fugere.  Der  \mpev.fuge  mit  einem  Infinitiv,  z.  B.f?/ge  qtiaerere, 
in  der  Medent.  forsche,  frage  nicht,  ist  P.  L.  für  noli  quaerere. 

Fugitare,  fliehen, vermeiden, ist  ein  u4.  L.  Verbum,  kommt  jedoch  ein- 
mal bei  Cic.  in  der  Jugendrede  pro.  Kose.  Am.  für  das  gewöhnliche 
fugere  vor. 

Fugitivus  ist  im  hessern  Latein  nur  ein  entflohener,  fortgelaufen ar 
Sklave,  nicht  allgemein  ein  Flüchtling ,  welclter  profugus  heisst.  Vgl. 
AVeber's  Uebungssch.  p.  109.  Fugitivus  oculus ,  ein  flüchtiges  Auge 
(z.  B.  in  unserer  Redensart  Etwas  mit  flüchtigen  Augen  ansehen),  ist 


368 

ohne  alle  Auctorität;  eher  kann  man  velocibus  oculis  sa^^en  (nach  Ho- 
raz,  welcher  veloci  octilo  percurre  sagt,  lies  es  mit  flüchtigem  Auge 
durch). 

Fuh'imen ,  die  Stütze,  ist  P.  L.,  und  fulcimentum  Sp.  L.  für  admi- 
niculum  und  N.Kl.fulcrum;  bildlich  heisst  es  Schutz,  {uv firmamen- 
tiim  (Cic.  Att.  1,  18,  3.  Rep.  II,  10)  oA^v  flrmum  subsidium  (Cic. 
Sest.  8,  20)  u.  a.  Auch  fulcrum  kommt  in  dieser  Bedeutung  nicht  vor, 
denn  es  hat  nur  die  physische  Bedeut.  Stütze. 

Fulcire,stütze?i.  Die  beste  Perf.forra  ist/w/s«',  nicht /«/c/w,  und  die 
beste  Supinforra/^^/^^/m,  nicht  fttlcitum. 

Fulcrum;  vgl.  F\ilcimen. 

Fulgetruin  ist  nur  der  leuchte7ide ,  wicht  A^v  f euer  gehende  Blitz, 
welcher  fulmen  heisst;  jedoch  ist  fulgetrum  mehr  iV.  Kl.  inr fulgur^ 
oder  bei  Senaca  fulguralio. 

Fulgidus,  blitzend,  leuchtend,  ist  P.  L.  und  selten  für /?//g'e7/s. 

Fulmen ,  der  Blitz.  Wiewohl  fulmine  ictus  gesagt  wurde,  so  sagte 
man  doch  fast  nur  de  coelo  tactus,  nicht  fulmine  tactus;  überhaupt  de 
coelo  tangi. 

Fulminare,  blitzen,  leuchten,  ist  mehr  P.  L.  inr  fulgere,  fulgurare. 
Ein  vom  Blitze  Getroffeiier  hiess  Gem.  L.fulguritus  oder  fulminatus, 
für  f?ilmine  ictus,  de  coelo  tactus  oder  percussus. 

Fulvedo,  die  Fnchsröthe,  ist  N.  L.  iürfulvus  color^ 

Functio,das  Verrichten,  die  Besorgung,  bedarf  als  Handlung  eines 
Genitivs,  z.  B.  muneris.,  sieht  aber  nicht  in  der  Bedeut.  Geschäft,  Amt, 
wie  es  N.  L.  vorkommt,  für  munus. 

Fundam.en,der  Grund,  ist  P.  L.  inr  fundamentu7n ;  ^\e\ch\\oh\  sagt 
Valcken.  (Oratt.  p.  187):  quid  prima  jecit/?/«f/«m/««? 

Fundametitalis ,  gründlich ,  auch  anfänglich ,  wird  N.  X.  je  nach 
dem  Sinne  bald  mit  primus,  primarius,  bald  mit  principium  u.  a.  ver- 
bunden. Der  Grundbegriff  heisst  nicht  notio  fundamental is ,  sondern 
prima  notio  oder  notitia, principium  (Cic.  Leg.  I,  22),  intelligentia  quasi 
fundamentum  scientiae  (Cic.  Leg.  I,  9) ;  e?«  Grundgesetz,  nicht  lex 
fundamentalis,  sondern  lex  primaria. 

Fundamentum,  der  Grund,  Grundstein.  Mit  Recht  tadelt  J.  M.  Ges- 
ner  in  der  Vorrede  zu  Heineccii fundamenta  sti/li  latijii  diesen  Titel, 
da  dem  Stylus,  möge  er  nun  Feder  oder  Schreibart  bedeuten,  keine 
fiindamenta  eigen  wären.  So  ist  es  auch  mit  andern  Büchern,  die  die- 
sen Titel  führen,  indem  nicht  zur  Sache  selbst,*sondern  nur  zur  Wis- 
senschaft oder  Lehre  ein  Grfmd  gelegt  werden  soll.  Falsch  ist  es  auch, 
wenn  darauf  folgt:  edidit  oder  edita,  da  ja  die  fundamenta  nicht  edun- 
tur,  sondern  jaciuntur  oder  ponuntur.  Sinnlos  ist,  was  irgendwo  stehen 
soll,  adolescentes  fundame7itis  scholasticis  praediti. 

Fundare  ist  in  der  Bedeut.  anlegen,  stzfte?i,wo  wir  auch  sagen 
gründen,  ohne  an  einen  festen  Grund  und  Befestigung  zu  denken, 
zweifelhaft  für  cotidere ,  instituere ;  man  sage  also  nicht  bibliothecam, 
urbetn,  schotam,  testamentum  u.  dgl.  fundare ,  indem  es  fast  nur  be- 
festige?!,  fest  gründen  (und  zwar  etwas  schon  A?igelegtes  und  Ge- 
stiftetes) bedeutet,  gleich  firmare  und  stabilire.  Weiui  Ruhnken 
(Elog.  Hemst.)  gloriam  fundare  in  der  Bedeutung  den  schon  bestehen- 
den Ruhm/esi  gründen  gesagt  hat,  so  ist  dies  nicht  zu  tadeln,  mag  es 
auch  sonst  nicht  vorkommen;  soll  es  aber  bedeuten  den  Grund  zum. 


369 

Ruhme  legen,  so  muss  seine  Ausdrucksweise  verworfen  werden.  - — 
Ebenso  bedeutet  auch  f an datur  nur  P.  L.  den  Stifter,  Gründer  einer 
Sache,  für  cot/ditor ,  creator ,  auctor,  i?istitzitor ,  wiewohl  Muret  den 
Romulus  fundatorem  urbis  nennt,  der  in  Prosa  conditor  oder  creator 
heisst.  Und  so  übersetze  man  Griindmfgs  -  und  Stiftungstag  einer 
Stadt,  einer  Schule  u.  dgl.  nicht  durch  dies fundationis,  sondern  nach 
Cic.  (Divin.  II,  47,  99)  durch  dies  natalis  urbis,  schulae. 

Fundere  wird  oft  bildlich  gebraucht;  abernianche  Ausdrucksweise 
ist  nur  P.  L.,  z.  B.  preces fundere ,  für  precari,  beten,  was  im  N.  L. 
selbst  bei  Muretus  häufig  ist;  ithen^o  lacrimas  fundere,  iüv profujidere 
oder  effundere.  —  N.  L.  und  lächerlich  sind  die  alltäglichen  Redens- 
arten fundere  sensum,  nuUum  sensum,  bonum  sensum,  einen  Sin?i, 
keinen  Sinn, guten  Sinn  geben,  welche  ganz  anders  auszudrücken  sind, 
z.  B.  durch  intellectuni  facere  (Quint.  I,  7,  2  eadem  littera  alium  atque 
alium  intellectuni  facit,  gibt  verschiedenefi  Si?i7i). 

Funditare ,  ausgiessen ,  von  sich  geben,  ist  A.  L.  fnrftindere,  und 
kommt  nur  bei  Plautus  vor:  verba  funditare ,  was  minder  edel  ist  als 
verba  fundere.  Gleichwohl  braucht  es  Muret.  (Var.  lectt.  V,  1)  in  sei- 
ner schönen  Beschreibung  der  Inseln  der  Seligen,  vielleicht  um  der 
Seltenheit  willen. 

Funditus,  von  Grund  aus,  wird  nicht  mit  geistigen  Verben,  wie 
cognoscere,  perspicere  verbunden;  dafür  penitus. 

Fundus  bedeutet  Grund,  Boden.,  aber  nie  Quelle,  aus  der  Etwas 
genommen  ist,  oder  das,  worauf  sich  Etwas  stützt;  dies  drücke  man 
aus  durch  fo?is,  titide  aliquid  petitum  est,  fundamentum,  quo  res  cdiqua 
nititur.  Heyne  braucht  fundus  oft  in  dieser  Bedeutung,  z.  B.  (\  irg. 
A.  I,  39):  fabulae  fundus  est  in  Homero.  —  N.  L.  ist  fundum  jacere, 
für  fundamentum  jacere,  wie  ebenfalls  Heyne  (  Praef.  Virg.  T.  III, 
p.  III)  sagt:  statim  ab  hntio  fu?idum  ^eci  interpretaiionis  meae. 

Funera,  das  Klageweib  bei  Leichenbegängnissen,  beruht  besonders 
auf  der  falsch  verstandenen  Stelle  des  Ennius  in  Cic.  Tusc.  I,  49, 117, 
wo  es  aber  Acc.  Piur.  von  funus  ist.  Es  ist  unlateinisch. 

Funerare ,  begraben,  kommt  N.  Kl.  nur  bei  Siieton  und  d.  altern 
Plinius  vor,  für  sepelire,  humare,  aliquem ßi7iere  efferre  u.  a. 

Fungi  m.  d.  Accus,  verbunden  ist  A.  L.  und  findet  sich  bei  ?tiunus 
statt  des  Abi.  munere  auch  noch  N.  Kl.  bei  Sueton  und  Tacitus,  ist 
aber  zu  vermeiden.  Dichter  verbinden  es  mit  dapibus,  ein  Mahl  halten; 
lacrimis,  weinen;  sepulcro,  begraben;  ferner  vita,  morte,  fato,  sterben, 
und  sogar /^///g«  allein  in  derselben  Bedeutung;  —  alles  dieses  vverde 
vermieden.  —  N.  L.  ist  auch  aevo  fungi  und  fatis  fungi  in  der  Bedeut. 
sterben,  so  dass  man  «eyo,  vita,  fato  fundus  nur  zu  oft  für  mortuus 
findet,  weil  man  die  Rede  dadurch  zu  verschönern  glaubt. 

Furenter,  rasend,  kommt  zwar  nur  bei  Cicero  einmal  vor,  ist  aber  gut. 

Furere,  rasen.  Das  Perf./^^A^^^*hat  keine  gute  und  sichere  Auctorität. 

Furiare,  rasend  machen,  ist  nur  P.  L.;  ebenso  furiatus ,  rasend, 
für  furens,furibundus,furiosus  u.  a. 

Fusim,  ausführlich,  ist  N.  L.  für  fuse;  der  Comparat./?/s«Msist  gut, 
aber  der  Superl. /^^s^*ss^/ne,  den  Bunellus  (Ep.  44)  braucht,  kommt  nir- 
gends vor. 

Fusus ,  das  Giessen,  z.  B.  aquae,  steht  nur  bei  Varro  für  das  bes- 
sere fusio. 

24 


870 


»• 


Gahiensis,  Gabisch,  Gnbmi'sch,  zur  Stadt  Gabii  gehörig-,  ist  seltnere 
Form  beim  äiterii  PJiiüus  für  das  öftere  Gabi/n/s  bei  Cicero  ii.  Livius. 

Godes  oder  Gadis  als  Sing.,  Name  der  spanischen  Stadt  Cadix,  ist 
zweifelhafte  Form  für  die  sichere  Gades  als  Plur. 

Gallicamts  heisst  den  Galliern  disseits  der  J/pen  (nach  römischen 
Begriffen)  gehörig,  dagegen  Gallicus,  den  Galliern  jenseits  der  Alpen 
gehörig,  wiewohl  diet?es  auch  für  jenes,  aber  jenes  nicht  für  dieses 
gebraucht  wird.  Man  merke  noch,  dass  Gallus  nur  P.  L.  als  Adjectiv 
für  Gallicus  gebraucht  wird,  da  es  in  Prosa  nur  der  Gallier  heisst. 

Garritus,  das  Schwatzen,  Geschwätz,  ist  sehr  Sp.  L.  für  loquacitas 
oder  das  N.  KL  garrulitas. 

Garrulus,  geschwätzig ,  ist  N.  Kl.  und  meist  P.  L.  für  loquax.  — 
N.  L.  aber  ist  garralare ,  was  ich  neulich  irgendwo  las,  für  garrire, 
garrulum  oder  locjuacern  esse. 

Gaudere  in  der  Bedeut.  haben,  ohne  den  Begriff  der  Fretide  über 
das,  was  man  hat,  ist  A'.  L. ,  z.  B.  hoc  verbum  gaudet  signißcntio?ie, 
dieses  Wort  hat  die  Bedeutung,  wie  nicht  selten  gesagt  wird.  Als  tol- 
les Latein  führt  man  aus  einer  medicinischen  Dissertation  an:  ille 
scabie  gaudebat ,  jejier  halte  die  Krätze.  Man  sagt  aber  auch  sogar 
nicht  bona  valetudiue  gaudere,  sich  einer  guten  Gesundheit  erfreuen, 
d.  h.  sie  habe?i,  für  botja  oder  integra  valetudine  esse;  er  erfreute  sich 
bis  in  sein  höchstes  Alter  der  besten  Gesundheit ,  vixit  ad  summani 
se7iectutem  valetudine  optima ,  und  so  in  ähnlichen.  Gut  ist  es,  von 
heimlicher,  stiller  Freude  zu  sagen:  in  sinu  gaudere. 

Gaza,  Schatz,  Reichthum,  beschränke  man  im  Gebrauclie  nur  auf 
Könige. 

Genealogia  kann  als  Kunstwort  neben  dem  KL  genealogus  recht 
wohl  bestehen;  sonst  sagt  man  dafür  origo  familiae  (familiär um). 

Gefieralitas ,  die  Allgemeiiiheil ,  ist  N.  L.  für  universitas ,  z.  B. 
Fun.  (Ep.  IX,  4)  :  m  universitate iii  partibus. 

Generaliter,  im  Allgemeinen,  kommt  bei  Cicero  nur  einmal  in  der 
Jugendschrift  de  invent,  (^,  26,  39)  vor,  öfter  N.  KL,  was  nicht  zu 
verwerfen  ist.  Ungleich  häufiger  steht  generatim,  entgegengesetzt  dem 
singillatim  oder  iiominatim;  ferner  communiter,  entgegengesetzt  dem 
separatim  (Cic.  Off.  II,  10,  26).'  Vgl.  Stüremb.  Cic.  Arch.  p.  390.  Bei 
Livius  findet  sich  in  Universum  entgegengesetzt  dem  nomifiatim.  Vgl. 
tJniversus.  —  Ein  Comp,  generalius  ist  N.  L. ;  Bremi  braucht  ihn: 
gener  alias  videtur  usurpari,  für  ejus  significatio  latius  videtur  patere. 

Generatio,  die  Erzeugung ,  Geburt,  kommt  N.  KL  nur  beim  altern 
Plinius  vor,  für  das  KL  procreatio  und  ortus,  auch  partus. 

Genialis  wird  bei  Cicero  nur  mit  lectus  verbunden,  das  Braut-  oder 
Ehebett,  welches  Livius  tortis  getiialis  nennt;  aber  in  der  Bedeutung 
festlich,  fröhlich  u.  dgl.  findet  es  sich  fast  nur  bei  Dichtern. 

Genitor  ist  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Vater  zu  hoch  und  mehr 
P.  L.  für  pater,parens,  da  Cicero  es  nur  bei  Göltern  anwendet;  eben- 
so genitores,  die  Eltern,  inx parentes ,  procreatores  und  genitrix ,  die 
Mutter,  für  maier. 

Genius,  Sclmtzgeist,  Schutzgott.  Wem  ausser  den  Menschen  solche 
Genien  beigelegt  worden  seien,  gibt  dasLexic.  an.  Weber  (Uebungssch. 


371 

p.llO)  bemerkt  wenigstens,  dass  Zäw^/erw  keine  genii gegeben  worden 
seien,  sondern  dii  praes/'des  oder  custodes ,  woliin  auch  die  du  patrii 
und  penates  gehören.  Aber  einzehie  Oerter  und  Völker  hatten  den- 
noch ihre  gem'os,  was  Insciiriften  lehren.  —  Was  Socrates  seinen  ihm 
inwohnenden  gejiius  nannfe  ,  nennt  Seneca  (Ep.  41)  sacrum  spirilnm 
—  sacer  intra  nos  spirltus  sedet,  maloruin  bonorumqne  nostrorum 
observator  et  custos.  —  In  ganz  anderer,  neuer  Bedeutung  spricht  man 
im  IV.  L.  von  einem  genins  saecu(i\  te/nporis ,  orationis,  sermonis,  (in- 
giine,  und  von  dem  Genius  einzelner  Menschen,  wie  SchiUeri,  Goethii, 
Klopstockii — , worunter  man  aber  das  französische  genie  und  das  deut- 
sche Geist  in  der  Bedent.  Eigentlitimlichkeit,  eigenthiimliche  Beschaffen- 
heit denkt.  Dies  ist  ganz  neu.  Schon  Scaiiger  sagte;  raro  genium  iUurn 
Ciceroniani  saeculi  assequuntur;  J.  Fr.  Gronov:  ille  non  cepit  genium 
scriptoris;  Heyne  [sagte:  genium  poeticae  orationis,  und  schrieb  eine 
Dissert.  de  genio  saeculi  Ptolemaeorura,  —  und  so  bei  Andern  in  den 
oben  erwähnten  Bedeutungen.  Die  bessere  Uebersetzung  ist  aber 
nach  Verschiedenheit  der  Verbindung  verschieden,  z.  B.  der  Zeitgeist, 
saeculu/n  (Tacit.  Germ.  10),  hi  (Uli)  mores  (Cic.  Q.  fr.  1, 1,11),  natura 
saeculi  oder  temporis ;  ratio  atque  inclinatio  tempuris  (temporum)  bei 
Cic.  (Verr.  V,  69.  Plane.  39,  94)  ;  bei  Rede  und  Sprache  — proprietas 
oder  natura  sermoiiis ,  orationis,  linguue;  bei  einzelnen  Mcinner7i  — 
ingenium,  natura,  proprietas.  Der  Simi  und  Begriff  muss  die  jedesmal 
beste  Uebersetzungsart  bestimmen.  Vgl.  ein  gutes  Wörterbuch. 

Gens  kommt  in  der  allgemeinen  Bedeut.  Geschlecht,  z.  B.  Menscheji- 
geschlecht,gens  humana,  für  ge?iiis  humanum  nur  einmal  und  zwar  bei 
Cic.  (Fin.  V,  23,  65)  vor;  es  ist  also  nicht  nachzubrauchen. 

Genticus ,  national,  einem  Volke  eigen,  kommt  N.  Kl.  nur  bei  Ta- 
citus  als  Beiwort  von  7nos  vor,  für  gentis  proprius. 

Geritilis  in  der  Bedeutung  der  Landsmann  beruht  auf  falsch  ver- 
standenen Stellen,  in  denen  es  vielmehr  den  bedeutet ,  welcher  zu 
einer  Familie  gehört.  Vgl.  Conterraneus.  —  Sp.  L.  bedeutet  es  den 
Heiden  zum  Unterschiede  von  dem  Christen.,  und  ist  für  diese  neue 
Idee  fast  Kl.  Vgl.  Ethnicus.  Ebenso  gentilitas ,  das  Heidenthum. 

Genu,  das  Knie.  Wo  wir  sagen  vor  Jemanden  auf  die  Kniee  fallen, 
braucht  zwar  Cicero  nicht  genita ,  sondern  pedes ,  wohl  aber  Terenz 
(Ilecyr.  III,  3, 18)  und  Livius,  der  theils  genibus  alicujus  accidere  oder 
se  adcolvere,  theils  ad  genua  alicujas procumbere  sagt.  Andere  drücken 
es  anders  aus.  Vgl.  Accidere.  Für  genua  wird  noch  öfter  pedes 
gebraucht. 

Genuinus ,  was  bei  Cic.  (Rep.  II,  15)  eingeboren,  einheimisch  be- 
deutet, gleich  domesticus ,  hat  Sp.  L.  bei  Gellius  die  Bedeutung  acht, 
wahr ,  von  ächten  Schriften,  wofür  sonst  verus  (Cic.  Orat.  II,  55,  224 
tot  enim  ^ni\iveri  Bruti  Vibri) .^probus  (Ljv.  XXXII,2  argenturaproÄi/m, 
achtes  Silber)  und  germanus  (Cic.  Verr.  IV,  26  verum  et  germanum 
Metellum;  Brut.  86,  296  haec  germana  irouia  est)  bessere  Wörter 
sind.  So  sagt  man  auch  n\c\\i  genuini numi,  öcA/e  Münzen,  sondern  boni 
numi  (Cic.  Off.  II,  23,  91).  Das  Wort  sollte  daher  weniger  gebraucht 
werden;  dagegen  kommt  es  oft  im  N.  L.  vor,  z.  B.  genuini  dialogi 
V\dXon\% ,  genuinae  orationes  Demosthenis,  genuina  scripta  Luciani 
u.  dgl.,  wie  denn  sogar  F.  A.  Wolf  es  bisweilen  gebraucht  hat.  —  Ein 
N.  L.  Wort  ist  ferner  genuinitas,  die  Aechtheit,  für  veritas,  probilas, 

24* 


372 

auch  auctorüas  wnA  fides;  ja  F.  A.  Wolf  braucht  sogar  das  ^riech. 
uvDerria.  , 

Genus  ist  meistens  uiipasseud  in  der  Redensart  eine  Art  von  — , 
mit  einem  Subst. ,  wenn  es  für  gewissermassen  steht,  wo  nur  quidnm 
zu  brauchen  ist;  z.  U.  jenes  irm-  eine  Art  von  blinder  Sklaverei ,  fuit 
illa  quaedani  servitus  :  4iß  Mie7ie  ist  eine  Art  von  stillem  Gespräche,  xnhiis 
sermo  quidam  tacitus  mentis  est:  es  ist  eine  Art  von  fVürfelspiel ,  alea 
quaedam  est.  Verworfen  wird  als  \\\\\a{Gh\\^v\\  omnis  generis,  aller  Art, 
als  Zusatz  zu  einem  Subst.,  z.  B.  sententiae  omnis  generis,  Gedanken 
aller  Art,  für  omyie  genus  se?itentiafuni;  Schandthaten  aller  Art,omne 
Steins  (Cic.  Milo9,  24)  ;  Forsicht  aller  Art,  omfie  genus  cautionis  (Cic. 
Q.  fr.  11,2,2).  Darnach  behandle  man  ähnliche.  Ohne  Beispiel  ist  aber 
jener  Genitiv  nicht;  denn  Liv.  (XLiV,  10)  sagt:  om/z/s  generis  tor- 
raenta,  und  (ib.  33)  ludicrum  omfiis  generis  u.  a.  —  Uebrigens  liebte 
Varro  in  solchen  Kedensarten  den  Zusatz  omne  genus  als  Accusativ, 
z.  B.  aves  omne  genus,  Jögel  aller  Art ,  wie  er  auch  hoc  und  id  genus 
für  hujvs  und  ejus  ge?ieris  gern  braucht,  wozu  sich  bei  Cicero  nur 
•wenige  Beispiele  finden.  —  Kl.  ist  zwar  genus  in  der  Bedeut.  Folfr,  für 
^ews  ,  aber  da  es  selten  so  vorkommt,  ist  es  nicht  nachzuahmen. — 
Endlich  ist  wohl  N.  L.  in  gerrere  und  Sp.  L.  nur  bei  Gellius  in  genus 
in  der  Bedeut.  im  yJllgemei?ien ,  überhaupt ,  (iir  generatim,  zmiverse. 
Vgl.  Generaliter. 

Geometer,  der  Geomeler,  ist  N'.  Kl.  Form  bei  Seueca  für  geometres 
bei  Cicero. 

Gerere  wird  im  bessern  Latein  mit  mauclieu  Objecten  entweder 
nicht  oder  doch  nur  selten  verbunden,  z.  B.  vitam  gerere,  das  Leben 
hinbringefi,  N.  Kl.  für  vitam  agere  oder  degere;  aetatem  gerere  nur 
bei  Sulpicius  (Cic.  Fam.  IV,  5,  3),  und  eben  so  N.  Kl.  tempus  adole- 
scenliae,  annum  aetatis  gerere ,  für  agere.  Man  sagt  ferner  nicht  ser- 
monem  (sermoues)  gerere,  für  conferre,  conserere;  nicht  nomen  gerere, 
für  habere;  nicht  ^ubernaculum  gerere,  für  tenere ,  tractare.  Wiewohl 
Cicero  zweimal  sagt:  personam  gerere,  eine  Person  vorstellen,  eine  Rolle 
spielen.^  für  tenere,  sustinere,ferre ,  so  ist  doch  diese  Ausdrucksweise 
zu  vermeiden,  da  sie  sonst  nicht  vorzukommen  scheint.  Ohne  alle  Auc- 
torität  aber  ist  partes  gerere,  eine  Rolle  spielen,  was  Sadolet.  (Ep.  II,  1) 
gehraucht  hat.  Vgl.  unter  Agere.  —  N.  L.  ist  auch  aliquem  (aliquid) 
in  ore  gerere.  Einen  oder  Etwas  im  Mtin  de  führen ,  für  habere.,  esse, 
versari.  vgl.  Os.  —  Sp.  L.  u.  P,  ist  gerere  aliquem  (wie  man  agere 
aliquem  braucht)  in  der  Bedeut.  Einen  vorstellen,  die  Rolle  Eines 
spielen  icollen,  z.  B,  consulem  gerere,  einen  Consul,  eines  Consuls  Rolle 
spielen  wollen;  ebenso  se  gerere  aliquem  in  dieser  Bedeut.,  für  se  pro 
aliquo  gerere,  wie  Cic.  (Arch.5)  sagt:  se  pro  cive  gerere,  sich  als  Bür- 
ger benehme?!  oder  betrageiu  Wiewohl  Liv.  (II,  27)  sagt:  se  medium 
gerere, sich  neutralverhalten,  so  setzt  man  doch  nicht  den  Accus,  eines 
andern  Adjectivs,  um  zu  bezeichnen,  wie  man  sich  beträgt,  sondern  ein 
Adverbium.  —  Falsch  ist  se  modestuin,  immodestum,  liberiorem  (allzu- 
frei) u.  a.,  gerere,  für  modeste,  immodeste ,  liberius  u.  dgl.  se  gerere. 
Vgl.  Th.  I,  §.  87  und  Oudend.  Sueton.  p.  391. 

Germanice,  deutsch,  kann,  wiewohl  es  nirgends  vorkommt,  doch 
von  »ms  nicht  entbehrt  werden,  wo  es  in  seiner  wahren  Bedeut.,  uem- 
lich  von  Aar  deutschen  Sprache  vorkommt;  wenn  es  aber  bedeutet  ge- 


373 

rade  heraus,  derb,  freimüthig,  niuss  es  in  der  iateinisclieii  Rede  a»ch 
durch  laiine  übersetzt  werden,  welches  die  Lateiner  ebenfalls  in  die- 
ser Bedeutung  brauchen.  Vgl.  Cic.  Verr.  IV,  J,2  und  die  Lexica  unter 
Laiine.  Auch  sagten  sie  in  ebendemselben  Sinne  Romano  more  (Cic. 
Farn.  VII,  5,  3;  VII,  18,3). 

Germanilas  kommt  in  der  Bedeut.  Aechtheit,  Wahrheit  nirgends 
vor.  Vgl.  mehr  darüber  unter  Genuinus. 

Germanus  als  Adject.,  in  der  Bedeut.  deutsch,  ist  kaum  zu  erweisen 
für  germanirus,  wiewohl  es  im  A.  L.  so  gebraucht  wird;  z.  B.  germa- 
nus  sermo,  die  deutsche  Sprache,  für  gernian'cus ;  mores  gerrnani,  die 
deutschen  Sitten,  für  gerniauici  oder  Germajiorum. 

Gestare,  tragen,  Ut  Kl.  selten  i'(\r  ferre,  portare,  habere,  ger er e; 
da  es  aber  N.  Kl.  bei  Sueton  «.  A.,  und  früher  bei  Terenz  oft  vor- 
kommt, so  ist  es  nicht  zu  verwerfen.  Man  verbindet  es  aber  theils  mit 
in  und  dem  \h\..,  auf  Etwas,  theils  mit  dem  blossen  Äbl.,  z.  B.  digito, 
am  Finger  ;  aber  N.  Z.  ist  ex  aliqua  re,z.  B.  clavem  ex  cingulo  geslare, 
einen  Schlüssel  am  Gürtel  tragen,  wobei  noch  der  Zusatz  suspensam 
oder  pendente7n  nothwendig  ist. 

Gesticulari,  Geberden  machen,  gesticuliren,  kommt  N.  Kl.  und  sel- 
ten bei  Sueton  vor,  für  gestum  agere  vom  Schauspieler  (Cic.  Orat.  II, 
57,  233),  gestum  facere,  gestu  u(i.  Eben  so^V.  Kl.  steht  bei  Sueton  ge- 
sticnlatio  fnv  gestus  (im  Sing.),  z.  B.  ^es^?/s  ejus  natura  ita  venustus 
fuit,  seine  Gesticulation  war  —  (Cic.  Brut.  78). 

Gestio,  das   Verrichten,   Besorgen,  z.  B.  negotii,  eines  Geschäftes, 
findet  sich  zwar  bei  Cicero,  aber  in  seiner  Jugendschrift  de  invent. 
(1,26),  sonst  nirgends;  man  setze  dafür   lieber  actio,  administratio, ^ 
functio,  oder  drücke  es  durch  die  Verba  gerere,fungi,  administrare 
u.  a.  aus. 

Gestitare,  tragen.,  ist  A.  L.  für  gestare. 

Gestum  als  Subst.,  die  That,  kommt  im  Sing,  nicht  vor,  und  der 
Plur.  gesta  ausser  einmal  beiCornel.  Nepos  vielleicht  nur  bei  Spätem, 
für  res  gestae  oder  blos  res;  —  es  werde  daher  vermieden.  Für  den 
Sing,  sage  man  res  oder  res  gesta. 

Gestus  als  Subst.,  die  Geberde?i,  kommt  bei  einer  Person,  der  sie 
beigelegt  werden,  nur  im  Sing,  vor,  indem  der  Plural  nur  dann  steht, 
wenn  von  ?nehrern  Personen  die  Bede  ist,  wie  bei  Cic.  (Off.  1,36, 130): 
histrionum  no?inulli gestus  inepti.  Es  kann  also  der  Sing,  mit  unserm 
Ausdrucke  Gesticulation  verglichen  werden.  —  Im  iV.  L.  wird  dage- 
gen bisweilen  gefehlt.  Vgl.  auch  Gesticulari. 

Gibbosus,  höckerig,  bucklig,  ist  falsche  Form  für  gibberosus,  gibber, 
era,  erum  oder  gibbus,  a,  um. 

Gignere,  erzeugen ;  —  von  oder  aus  Einem  (Einer,  Etwas)  wird  fast 
nur  durch  ex  oliquo,  ex  aliqua,  nicht  durch  ab  ausgedrückt.  Vgl.  An- 
leitung §.  223. 

Gloria,  Ruhm.  Bezweifelt  werden  von  Grysar  gloria  afficere  und 
gJoriam  iribuere,  da  sie  widersinnig  seien,  freilich  nach  dem  zu  engen 
Begriffe,  welchen  er  dem  Worte  gibt;  dagegen  führt  Georges  (Rec. 
meines  Buches)  an:  Plaut.  Amph.  V,  2,  10  te  immortali  afflciet  gloria 
u.  Phaedr.  I,  7,  3  gloriam  fortuna  tribuet.  Aber,  sagt  Wüstemann  (zu 
Doeringii  Comment.  p.  160),  falsch  lege  man  einem  litterarisch  be- 
rühmten Manne  eine  liiterarum  gloriam  bei,  die  es  nicht  gebe,  wohl 


374 

.iber  Imis  mn\  fa7na.  da  glorfa  durch  Verdienste  um  den  Staat  erwor- 
ben würde.  Gloria  werde  daher  uiclit  g^emissbraucht,  und  man  sage 
lieber  doctrmae  fonia  oder  laus. 

Gloriari  wird  verbunden  mit  in  und  d.  Abi.,  in  der  Bedeut.  seinen 
Ruhm  in  Etivas  suchen,  aber  mit  de  in  der  Bedeut.  sich  wegen  einer 
Sache  rühmen. 

Gloriator,  der  Prahler,  ist  Sp.  L.  für  ostentator,  jactator,  vendita- 
tor,  honio  gloriosus,  grandiloguus. 

Glossa  und  g/ossema  sind  erst  N.  KL  im  Gebrauche,  und  zwar 
nach  Quintiiian  und  Andern  in  der  Bedeut.  voj:  ??iinus  usitata,  ein  ice- 
niger  gebräuchliches  Wort,  also  was  einer  Erklärung  bedarf,  nicht 
aber  die  Erkläru7ig  selbst,  wie  es  in  der  heutigen  Kritik  und  Herme- 
neutik g'ebraucht  wird,  wo  man  jedes  zur  Erklärung  beigeschriebene 
TFort  und  überhaupt  alles  zur  Erklärung  von  Andern  Beigeschriebene 
so  nennt.  So  werden  aber  die  Bedeutungen  verdreht  und  die  Begriffe 
verwirrt;  daher  sollte  man  in  der  letztern  neuen  Bedeutung  dafür  in- 
ierpretatio  aliena  sagen;  für  das  N.  L.  glossare  —  interpretari,  es- 
planare  u.  a.,  und  für  glossator  —  interpres,  explanaior  u.  a.  Vgl. 
Exponere. 

Glossarium  ist  nach  altem  Gebrauche  nicht  jedes  Wörterbtich, 
welches  alle,  auch  die  gewöhnlichsten  Wörter  enthält,  sondern  das, 
worin  die  seltenen  und  minder  üblichen  erklärt  werden.  Auf  diese  Be- 
deuiung  beschränke  mau  daher  den  Gebranch  des  Wortes ;  denn  im 
N.  Ij.  enthalten  viele  glossaria  zu  viel.  Vgl.  auch  Dictionarium. 

Gnarus  kommt  im  bessern  Latein  nur  activ  vor,  in  der  Bedeutung 
kundig,  der  Etwas  keimt;  erst  N.  Kl.  und  nur  bei  Tacitus  passiv,  in 
der  Bedeut.  bekannt,  für  ?iotns,  was  nicht  nachzuahmen  ist.  —  N.  L. 
aber  findet  man  es  in  der  Bedeut.  verständig,  tmisichtig,  z.  B.  gnara 
accurataque  cognitio ;  gtiara  codicum  variae  aetatis  indag^io,  derglei- 
chen es  im  Latein,  nicht  gibt, 

Gnatiis,  der  Sohn ;  vgl.  Natus. 

Gracilitudo,  die  Schlankheit,  Magerkeit,  kommt  A.  L.  selten  vor, 
für  gracilitas. 

Gradus,  die  Stufe,  wobei  an  Höhe  gedacht  wird,  lässt  nicht  wohl 
Wörter  zu,  in  welchen  keine  Erhebung  oder  das  Gelangen  wohin  liegt; 
daher  kann  man  wohl  sagen :  ad  gradum  adscendere,  ad  gradum  ve- 
nire, pervenire,evehi,gradum  consequi  (Cic.  Plane.  25.  Cluent.  55, 150), 
persequi,  adipisci ;  aber  nicht  sibi  compnrare  gradum,  sich  eine  Stufe 
erwerben;  ni<  ht  accipere  gradum,  eine  St.  erhalten.  Als  Beiwörter  pas- 
sen nicht  magnus.parvus.perfecfus  n.  dgl.,  sondern  alfus,  summus,  in- 
ßmus,  wiewohl  in  unserer  Redensart  im  hohen,  höchsten  Grade  ge- 
wöhnlich nur  STiinmus  ohne  das  Subst.  gradf/s  gebraucht  >vird  ;  z.  B. 
du  besitzest  diese  Gabe  im  höchsten  Grade,  ea  facultas  in  te  est  summa 
(Cic.  Farn.  IV,  13, 4);  dir  sind  diese  Eigenschaften  m  geringerm  Grade 
gegeben,  tibi  ea  minora  data  sunt  (Cic.  Orat.  I,  29,  132).  —  N.  L.  ist 
usque  ad  eum  gradum,  ut  — ,  bis  zu  dem  Grade,  dass — ,  für  usque  eo  oder 
usque  adeo  ut  — .  Auch  möchte  es  1).  L.  sein,  zu  sagen:  hoc  omnes  ha- 
bet in  se  gradus  veritatis,  für  mimeros,  dieses  hat  alle  Grade  der 
Wahrheit  (Cic.  Divin.  I,  12,  23).  Mit  Recht  wird  auch  bezweifelt  gra- 
dus perfectionis,  Grad  der  Vollkotnmenheit,  da  die  perfectio  oder  ab- 


375 

solutio  schon  an  sich  das  Höchste  in  ihrer  Art  ist.  Vgl.  Bergmann  z. 
Riihnk.  Opiisc.  T.  I,  p.  104. 

Graecan/'cus  bedeutet  nicht  griechisch,  w'm  graecus,  sondern  nur 
griechischartig,  aus  dem  Griechischen  genommen,  den  Griechen  nach- 
gemacht. 

Graecum  als  Siibst.,  das  Griechische,  in  der  Bedeutung  die  grie- 
chische Sprache,  oder  auch  wolil  in  noch  umfassenderer  Bedeut.,  ist 
J).  L.  für  lingua  graeca  oder  sermo  graecus,  wenn  die  Sprache  ge- 
meint ist;  litterae  graecae,  wenn  die  griech.  Schriftsteller,  Schriften 
und  ilir  Verständniss  gemeint  sind,  und  res  graecae,  wenn  allgemein 
Griechenland  und  seine  Geschichte  gedacht  wird  :  ausserdem  auch  der 
Plur.  graeca,  z.  B,  graeca  latinis  cojijunxi  (Cic.  Off.  I,  1),  oder  graece 
verbunden  mit  doctus,  scire,  loqui,  z.  B.  bewandert  im  Griechischen, 
graece  doctus;  er  versteht,  spricht  griechisch  oder  das  Griechische, 
graece  seit,  graece  loquitur. 

Grajus,  der  Grieche,  auch  als  Adj.,  griechisch,  kommt  meistens  bei 
Dichtern  vor,  aber  doch  auch  mehrmals  bei  Cicero  (vgl.  Kep.  1,  37; 
II,  4;  III,  9;  VI,  16  u,  a.),  wie  es  scheint,  immer  mit  Lob  und  mit 
Rücksicht  auf  das  klassische  Heldenvolk  der  Vorzeit,  nicht  aber  für 
das  gewöhnliche  GAöetv/s  in  geographischer  und  historischer  Hinsicht. 

Grammaticnlis  ist  sehr  Sp.  L.  für  grammaticus. 

Grandaevus,  alt,  kommt  fast  nur  P.  L.  vor,  ausser  beim  altern  Pli- 
nius  und  Tacitus,  für  grandis  natu. 

Grandiloquus  bedeutet  allerdings  in  Cic.  Tusc.  V,  31,  89  gross- 
sprecherisch  in  verächtlichem  Sinne,  und  Orat.  5,  2  den,  der  in  erha- 
benen Worten  spricht,  aber  mit  dem  Zusätze  nt  ita  dicam;  ein  Subst. 
grandiloquentia  aber  ist  N.  L.  und  von  Wyttenbach  (Orat.  de  philo- 
sophia)  gebraucht:  grandiloquentiam  ac  sonum  Aeschyli,  für  magni- 
loquentia  oder  granditas  verborum.  Man  brauche  es  auch  nicht  in  dem 
Sinne  unseres  Grosssprecherei,  für  superbiloquentia,  jactantia,  oste7i- 
tatio,  venditatio,  vaniloquentia. 

Grandis  animus,  die  grosse  Seele,  und  granditas  animi,  die  Grösse 
der  Seele,  sind  ohne  Au)  torität  für  magnus  animus  und  magnitudo 
animi.  Grysar  (unter  Magnus)  sagt,  grandis  werde  von  Personen  in 
der  Bedeut.  erhaben,  grossartig  nicht  gebraucht;  aber  vgl.  Cic.  Brut. 
7,  29.  Orat.  34,  119  u.  a. ;  die  Lexica,  und  ausserdem  Klotz  Cic.  Tusc. 
p.  45.  —  Die  spanischen  Grandes,  die  Grossen,  heissen  etwa  optima- 
les. —  Das  Adv.  granditer,  sehr,  ist  Sp.  L.  für  admodum,  valde, 
mag?wpere. 

Granuni.  Die  Redensart  cum  grano  salis  kann  als  eine  sprich- 
wörtliche nur  mit  dem  Zusätze  ut  ajunt,  ut  dicitur  u.  dgl.  gebraucht 
werden. 

Graphice  kommt  in  der  Bedeut.  malerisch  nicht  vor;  und  wenn 
daher  Ruhnken  (Opusc.  I.  p.  89)  sagt:  ille  formam  Constantii  satis 
graphice  descripsit,  so  hätte  er  dafür  etwa  sagen  können:  satis  pinxit 
coloribus  oratio?iis. 

Gratabundus,  Glück  wünschend,  ist  ganz  zweifelhaft  für  gratulans 
oder  gratulabundus. 

Gratari,  Gluck  wünschen,  danken,  ist  gut,  wird  aber  nur  bei  Göt- 
tern gebraucht;  sonst  gratulari. 

Grate,  dankbar,  ist  neben  grato  animo  nicht  zu  verwerfen. 


376 

Grates  verbunden  mit  agere,  habere,  Dank  sagen,  Dank  wissen, 
wird  im  bessern  Latein  nur  vom  feierlichen  Danke  gebraucht,  der  an 
Gott  und  erhabene  Personen  gerichtet  wird,  und  so  oft  bei  Dichtern. 
Vgl.  Drakenb.  Liv.  XXIII.  32,  7  und  Döderkin's  Synon.  Th.  IJ,  p.  ]]3. 

Gro.tia.  Man  unterscheide  wohl:  gratiam  (nicht  gratias)  habere. 
Dank  wissen;  gratiam  (nicht  gratias)  referre,  danlsbar  vergelten, 
dankbar  sein  ;  gratiam  (nicht  gratias)  debere,  Dank  schuldig  sein  und 
gratias  (nicht  gratiam)  agere.  Dank  sagen.  Ueber  grates  agere  vgl. 
Grates.  Ebenso  heisst  die  Danksag?tng,  gratiartan  (nicht  gratiae) 
actio,  und  die  Danksag?ingsformel,  gratiarnm  actionis  oder  gratiarnm 
agend.arnm  forvmla,  aber  nicht  blos  gratiarnm  Jormula,  wie  Ruhnken 
(üpusc.  'V.  1,  p.  108)  sagt:  exquisifis  gratiarnm formulis.  —  Nie  aber 
kommt  der  Plnr.  gratiae  in  der  Bedeut.  Dank,  dankbare  Gesinnung 
vor,  und  unerhört  ist  es,  zu  sagen  :  animus  alicujus  calet  gratiis,  die 
Seele  Eines  brennt  von  Dank.  —  Wiewohl  man  sagt:  gratiam  referre 
pro  aliqua  re,  so  sagt  man  doch  bei  den  übrigen  ob  aliquam  rem  oder 
meistens  mit  einem  Satze  mit  der  Conjunct.  quod.  Dass  bei  mehrern 
Menschen  auch  gratias  habere  und  referre  gesagt  wird,  ist  natürlich. 
Ferner  heisst  Dank  oder  Gnade  bei  Jemanden  finden.  Jemandes  Dank 
einernten,  sich  bei  Jemanden  beliebt  machen,  gratiam  inire  ab  ali^juo 
oder  (bei  Livius)  apud  aliquem ;  bei  Jemanden  beliebt  sein,  in  Gnade 
stehen  wird  durch  die  Redensalt  alicui  est  gratia  cum  aliquo  (Cic. 
Farn.  1,  9,  20)  oder  aliquis  est  cum  aliquo  in  gratia  (ib.  4)  ausge- 
drückt. —  Gratiam  facere  alicujus  rei,  Etwas  erlassen,  ist  nicht,  wie 
Bremi  meinte,  erst  N.  KL,  sondern  findet  sich  schon  bei  Sali.  (Cat. 
52,  7.  Jng.  104,  3)  und  Liv.  (III,  f}Q). —  iMan  sagt  zwar  in  alicujus  gra- 
tiam (für  alicujus  gratia),  um  Jemaudes  tvillen,  zu  Jemandes  Gunsten, 
aber  wunderbar  ist  es  doch,  wenn  Burmann  (Petron.  p.  623)  sagt:  in 
gratiam  Circae  placandae,  für  Circae  placandae  gratia.  Ueber  esempli 
gratia,  zum  Beispiel,  vgl.  Exemplum. 

Gratißcari  pro  aliquo  (für  alicui),  sich  für  Einen  gefällig  beweisen, 
beruht  auf  der  unsichern  Stelle  in  Livius  XXI,  9,  4,  wo  aber  für  pro 
Ronianis  wahrscheinlich  populo  Romano  zu  lesen  ist. 

Gratiosus  wird  in  der  Bedeut.  g.-/iig,  gefällig  Etwas  zu  thun.  mit 
in  aliqua  re  verbunden,  ist  aber  selten,  z.  B.  Cic  (Brut.  84,  290):  gra- 
tiosi  sunt  scribae  ///  dnndo  et  cedendo  loco,  gefällig  Platz  zu  mache7i, 
den  Platz  zu  überlasse?i.  Mehr  wird  dafür  gebraucht  humanus,  comis, 
ofßciosus,  indem  gratiosus  apud  aliquem  (nicht  alicui)  meistens  be- 
deutet beliebt  und  angesehen  bei  Jemanden.  Vgl.  Cic.  Att.  XV,  4,  3  und 
Wunder  z.  Cic.  Plane,  p.  138.  —  Ganz  entire":eniresetzt  braucht  man  es 
im  J\.  L.  in  der  Bedeut  gnädig,  geneigt,  hochachtend,  für  clemens, 
und  nennt  sich  selbst  in  Briefen  in  der  Unterschrift  tuus  gratiosissi- 
nius  für  unser  dein  dir  hochgeneigter,  wohl  affectionirter,  oder  was  es 
sonst  heissen  soll.  —  Das  x\dv.  gratiose  ist  in  der  Bedeut.  artig,  auf 
gefällige  Art  Sp.  L.  für  eleganter,  humane,  jucunde  u.  a. 

Gratitudo  ist  in  der  Bedeut.  Dankbarkeit  ganz  zweifelhaft,  da  es 
auf  einer  falschen  Ueberschrift  in  Valerius  Max.  beruht;  im  A^.  L. 
aber  ist  es  nicht  selten  für  animus  gratus,  beneßcii  (beneßciorum)  me- 
mor,  welche  bei  Cicero  und  Seneca  diesen  Begriff  allein  ausdrücken. 
Das  Gefühl  der  Dankbarkeit  liegt  in  pietas,  und  heisst  nicht  sensus 
grati  animi.  Vgl.  auch  In  gratitudo. 


377 

GratuMum  als  Subst.,  das  Geldgeschenk,  ist  N.  L. 

Grattilari,  Glück  irünsvhen,  Freude  bezeiigeji,  wird  verbunden  ali- 
cui  de  aliqua  re  oder  cdiqnam  rem,  oder  mit  quod  und  dem  Lidic. ;  der 
Wunsch  aber  bezieht  sich  nur  auf  etwas  Vergmigenes  oder  Gegeri- 
wärtiges,  nicht  auf  etwas  Zukihifliges;  man  bezeigt  seine  Freude  über 
Etwas,  was  geschehen  ist  oder  geschieht,  z.  B.  über  einen  davon  getra- 
genen Sieg,  graliilor  tibi  de  nictoria  oder  victorimn,  vicliim  hostem, 
victos  hostes,  oder  q?/od  victorimn  reportasti,  auch  gratulor  victoriae 
tuae  ohne  tibi  (Cic.  Farn.  IV,  8,  1 ;  IX,  14,  7  felicitati  tvae),  auch  wohl 
mit  cum  statt  quod,  z.  B.  nach  Orelli  Cic.  Farn.  IX,  14,  3.  —  Zweifel- 
haft aber  ist  der  blosse  Ablativ  ohne  de,  der  von  Einigen  ganz  ver- 
worfen wird,  indem  sie  bei  Cic.  Att.  V,  20  für  celebritate  —  celebrila- 
tem,  und  bei  Coelius  (Cic.  Farn.  VIII,  13)  für  offinitate  —  ofßnitatem 
lesen. —  N.  L.  ist  gratulor  tibi  de  novo  anno  (wie  Morhof  de  conscrib. 
ep.  p.  29S  sagt),  oder  wohl  gar  ad  novain  anniim,  ad  novi  anni  ini- 
tium,  ich  tvünsche  dir  zum  neuen  Jahre  Glück,  was  wenigstens  de  novo 
anno  inito  heissen  müsste.  Da  sich  aber  die  IVeujahrswünsche  fast  nur 
auf  kütiftiges  Glück  beziehen,  so  passt  gratulari  gar  nicht,  sondern 
vielmehr  omnia  bona  dicere  (Terent.  Andr.  I,  1,  70),  omnia  bona  ali- 
cui precari  (Liv.  XXIV,  16,  10) ,  fausta  o?mjia  precari,  ominibus  opti- 
mis  aliquem  prosequi,  optare  ominarique  in  proximum  annum  (Plin. 
Ep.  IV,  15). 

Gratiilatio  für  sich  allein  und  verbunden  mit  dem  Verbo  facere 
oder  seltner  habere,  bedeiitet  Glückwunsch,  Bezeigung  der  Freude 
wegen  des  einem  Andern  widerfahrenen  Glückes,  wird  aber  nicht  mit 
den  Praepos.  de,  pro^  propter  verbunden,  sondern  mit  dem  Genitiv, 
z.  B.  gratulatio  victoriae,  laudis  nosirae  (Cic.  Att.  I,  17,  6,  wo  Mafthiae 
irrt:  es  heisst  wann  ich  geloht  wurde,  ivar  mir  dein  Glückwunsch, 
deine  freudige  Theilnahme  angenehm),  rei  publicae  conservatae  u.  a. 
Vgl.  Matthiae  Cic.  Sest.  52.  111. 

Gratulator,  der  Glück  wünscht,  stützt  sich  nur  auf  Cic.  Fin.  II, 
33,  los,  wird  aber  von  den  Neuern  (auch  von  Mad\ig)  verworfen,  da 
es  in  einem  wahrscheinlich  spätem  Zusätze  steht. 

Gratus  wird  in  der  Bedeut.  angenehm  fast  nur  mit  dem  7^«/?^  ver- 
bunden, ausser  bei  vulgiis,  wo  detn  Volke  heisst  in  vulgus  ;  aber  in  der 
Bedeut.  dankbar  vielleicht  nie  mit  dem  Dativ,  da  in  den  Stellen,  wel- 
che dieser  Ansicht  zu  widersprechen  scheinen,  der  Dativ  zum  Verbo 
gehört,  —  sondern  mit  erga,  adversus  oder  in;  ob  aber  mit  dem  ^rr«s. 
oder  ^bl.,  ist  zweifelhaft,  da  es  sich  nach  in  ?ne,  in  te  nicht  entschei- 
den lässt,  und  in  Cic.  Farn.  III,  8,  3  —  grati  in  te  bene  merilo —  Orelli 
dafür  meritum  aus  Vermuthung  aufgenommen  hat,  wiewohl  Cicero 
gratus  in  aliquo  gesagt  haben  kann,  wie  clemens^  misericors,  crudelis 
u.  a.  in  aliquo,  neben  in  aliquem.  Vgl.  Vavassor.  Aiitib.  p.  535. 

Gravamen,  Beschtverde,  Klage,  Beschwerlichkeit,  ist  ganz  Sp.  L. 
für  molestia,  difficultas ;  querela  u.  a. 

Gravüre,  beschweren,  ist  selten  und  nur  P.  u.  N.  Kl.  für  onerare, 
onus  imponere ;  bei  den  Besrsern  kommt  es  nur  als  Deponens  in  eige- 
ner Bedeutung  vor;  doch  ist  gravari,\\\\A  besonders  gravatus,  in  pas- 
siver Bedeut.  nicht  zu  verwerfen. 

Gravescere,  lästiger-,  drückender  werden,  steht  P.  L.  u.  N.  A7.  bei 
Tacitus  für  ingravescere. 


378 

Grnvidus,  trächtig,  schwavger,  wird  fast  nur  von  Meuscheji  ^e- 
braiicltt,  nicht  von  TIneren  ;  docli  findet  es  sicli  so  bei  Dichtern  und 
N.  hl.  beiCelsus,  Columella,  Plinius  u.  A. — Am  meisten  im  Gebrauche 
ist  das  allgemeine  praegyians  (von  Menschen  und  Thieren),  was  Varro 
nur  allein  braucht,  nie  gravidus.  Dies  ist  die  Ansicht  des  Jen.  Rec. 
(Georges). 

Gratis  und  gravitas,  in  der  Bedent.  wichtig  und  Wichtigkeit ,  müs- 
sen sehr  vorsichtig  gebrauclit  werden,  da  oft  andere  Wörter  besser 
und  passender  sind,  besonders  magnus  —  magnitudo,  dignitas,  aucto- 
ritas,  po??dns  —  iiiteresse,  'pertinere,  valere,  magni  momenti  esse ;  z.  B. 
es  ist  ivichtig,  eine  wichtige  Sache,  res  est  magna;  ein  wichtiger  Be- 
weis, argumentum  magnvm-,  das  ist  das  Wichtigste,  hoc  maximum  est 
(Cic.  Att.  II,  23,  3);  dieses  muss  dir  %ur  Milderung  des  Kummers 
zvichtig  sein,  magna  esse  debent  (Cic.  Fam.  IV,  3,  2) ;  die  Wichtigkeit 
der  Sache  gab  uns  Kraft  %u  reden,  magnitudo  rei  vim  quandam  nobis 
dedit  (Cic.  Att.  IV,  2,2;  vgl.  Plane.  30  oratio,  quae  propter  rti?nag??.i- 
tudinem  dicta  de  scripto  est)  ;  trenn  mein  ansehen  von  einiger  Wich- 
tigkeit ist,  si  quid  ponderis  habet  (Cic.  Fam.  XV,  1,4);  dieses  ist  für 
unser  Lob  sehr  wichtig,  von  grosser  Wichtigkeit,  hoc  —  mn/tum  i?iter- 
est;  (Cic.  Fam.  V,  12,  2);  das  ist  vo?i  einiger  Wichtigkeit,  quiddam  in- 
terest  (ib.)  ;  dieses  ist  vo?i  atisserordentlicher  Wichtigkeit,  hoc  mir  um 
quiddam  valet  (Cic.  Orat.  II,  43,  184)  ;  das  ist  für  die  Geschichte  wich- 
tig, hoc  ad  historiam  magni  est  momenti  —  und  so  in  ähnlichen  Sätzen. 
Ein  etwas  vollständiges  Lexicon  entscheide  über  die  Zulässigkeit  der 
Wörter  ^;v7t7s  und  gravitas.  —  Der  N.  L.  Ausdruck  vis  gravitatis,  die 
Schwerkraft,  ist  ohne  Auctorität ;  Cicero  sagt  dagegen,  beide  mit  ein- 
ander verbindend,  vis  et  gravitas  (N.  D.  II,  37). 

Gressus,  der  Schritt,  das  Schreiten,  der  Gang,  ist  P.  L.  für  gra- 
di/8  oder  incessus,  ingressus. 

Grex  ist  im^^.  L.  ein  Femininum,  ah  er  in  Prosa  nur  ein  MascuL,  so 
dass  es  für  incorrect  zu  erklären  ist,  wenn  irgendwo  in  einem  neuen 
Buche  gesagt  wird :  miiltae  ovium  greges,  für  multi. 

Gubernaculum  ist  im  Sing,  in  der  bildlichen  Bedeutung  Leitung, 
Regierung  nicht  üblich,  sondern  nur  im  Phir.  gubernacula,  z.  li.  rei 
publicae,  imperii,  civitatium ;  es  wird  also  nur  von  leblosen  Dingen  ge- 
braucht. Vgl.  Habena. 

Gubernator  ist  in  der  Bedeut.  Hofmeister  zwar  oline  Auctorität, 
kommt  aber  doch  Kl.  bildlich  vom  Lenker  und  Regierer,  z.  B.  eines 
Staates,  rei  publicae,  vor;  jedoch  brauche  man  dafür  lieber  mode- 
rator.  Auch  sagt  man  nicht  gubernator  provinciae,  sondern  rector^ 
praeses. 

Gulositas,  die  fjeckerhaftigkeit,  ist  N.  Ij.;  man  sage  dafür  etwa  in- 
temperantia  oder  intemperies  gvlae,  auch  blos  gula  oder  liguritio. 

Gurgulio,  die  Gurgel,  Kehle,  findet  sich  ausser  bei  Varro  und  Spä- 
tem jetzt  auch  bei  Cic.  Tüll.  21  gurgulionibus  insectis,  gleich  gula 
und  guttur. 

Gustus,  der  Geschmack,  als  einer  der  fünf  Sinne,  ist  kaum  erweis- 
lich für  gustatus  (Cic.  N.  D.  II,  63.  Orat.  III,  25,99);  meistens  bedeu- 
tet es  nur  das  Koste?!,  durch  Geschmack  Fersuchen  und  bildlich  die 
Theihiahine,  z.  B.  Cic.  Phil.  11,45,  115  illi  verae  latidis  gusturn  (bei 
Orelli  U.A.  gnstatum)  non  habent,  sie  7iehme?i  an  wahrem  Ruhme  nicht 


Theil,  gemessen  keinen  wahren  Ruhm.  Auf  diese  Bedeutungen  be- 
schränkt sich  meistens  das  Wort;  dagegen  findet  es  sich  nirgends  in 
dem  Sinne,  in  welchem  \\'n-  Geschmack  in  ästhetischer  Bedeutung  brau- 
chen und  von  gutem,  feinem  Geschmacke,  d.  h.  Sinn  und  Gefühl  für 
Schönheit  sprechen.  Erst  im  TV.  L.,  sogar  bei  J.  A.  Ernesti,  Dav.  Ruhn- 
ken  und  nachher  bei  vielen  Andern  findet  sich  gustus  eleganliae  et 
pulchritndinis,  gustus  incorruptus  veritalis,  wofür  se?isus,  elega?itia, 
Judicium,  venustas,  inteUigentia,  inleUigens  Judicium,  teretes  aures,  sto- 
rnachus  anwendbarer  sind;  z.  B.  diese  Spiele  sind  jiicht  nach  meinem 
Geschmacke,  noti  sunt  mei  stomaclii  (Cic.  Farn.  VII,  1.  2),  und  bei  sinn- 
lichen Dingen  der  Wollust  voluptas,  wie  bei  Virg.  (Ecl.  II)  :  trahit  sua 
(|uemque  voluptas.  Jeden  reisst  sein  Geschmack  fort.  Auch  passen  oft 
die  Adjectiven  politus  und  elegans,  z.  B.  ein  Mann  V07i  Geschmack, 
homo  politus ;  ein  Mann  vom  feinsten  Geschmack  bei  allem  Urtheile, 
homo  in  omni  judicio  elegantissimus  (Cic.  Fam.  VII,  23).  —  N'.  L.  ist 
ferner  die  Redensart  alicui gustum  rei  alicujus  instillare.  Einem  Ge- 
schmack an  Ettras  beibringe?!,  fiir  amorem.  Vgl.  Schirlitz  Unterhalt, 
p.  200  und  Grotefend's  Commentar.  p.  186. 

Guttare,  tröpfeln,  ist  N.  Kl.  höchst  selten  für  stillare. 

Gymnasticus,  gymnastisch,  kommt  A.  L.  bei  Plautus  vor,  für  ^^- 
?nnicus ;  man  sagt  also  nicht  hidi  gymnastici,  gymnastische  Spiele, 
sondern  gymnici. 

H.  h. 

Habejia  im  Sing,  bedeutet  nur  einen  Riemen,  nicht  den  Zügel,  der 
(im  Plur.)  habenne  heisst.  Doch  werden  damit  nur  die  beiden  Riemen 
bezeichnet,  die  der  Reiter  in  der  Hand  hält,  denn  der  Zaum  oder  das 
Gebiss  im  Maule  des  Pferdes  heisst  freni  oder  frena.  Bildlich  wird 
habenae  in  der  Bedeut.  Leitung,  Regierung  mehr  von  Dichtern  ge- 
braucht, und  nur  bei  Cic.  Orat.  I,  52,  226  steht  es  mit  Entschnldigung: 
ciii  populus  ipse  moderandi  et  regendi  sui  potestatem,  quasi  quasdam 
habenas,  tradidisset,  wo  das  bildliche  gubernacula  sehr  unpassend  ge- 
wesen wäre,  indem  dieses  nur  auf /ei/ose Gegenstände,  wie  respublica, 
civitas,  imperium  Bezug  hat,  habenae  aber  an{  lebende,  wie  populus. 

Jinbentia  als  Sing.,  die  Habe,  das  Hab  und  Gut,  kommt  nur  A.  L. 
bei  Plautus  vor,  für  o;;es,  fortunae,  bona,  possessiones ;  z.  B.  all  sein 
Hab  und  Gut  auf  Etivas  verwenden,  omnes  rationes  et  copias  s?ias  in 
aliquid  conferre  (Cic.  iManil.  7). 

Habere.  Dieses  Verbum  hat  zwar  oft  die  Bedeutung  haben,  ist  aber 
auch  oft  nicht  anzuwenden,  wo  wir  es  brauchen.  —  N.  L.  ist  liabere 
aliquid  i?i  magna  copia,  für  alicujus  rei  magnam  copiam,  uti  alicujus 
rei  (magna)  copia.  Vgl.  Th.  I,  §.78.  — D.  L.  ist  in  aliquo  aliquem  oder 
aliquid  habere,  an  Einem  Einen  oder  Etwas  haben,  z.  B.  dii  hast  an 
ihm  einen  treuen  Gefährten,  eum  fidelem  habes  comitem,  nicht  i7i 
eo  — ,•  habere  quaestum,  Gewinn  habe??,  für  facere  quaestum ;  nihil 
tecum  habeo  facere  (agere)^  ich  habe  Nichts  mit  dir  zu  thun  (schaffe?!), 
für  ?uhil  mihi  tecu?n  est  (also  auch:  ivas  habe  ich  ?nit  dir  zu  thu?i? quid 
7nihi  tecum?  quid  rei  mihi  tecum  est?)  —  D.  L.  ist  ferner  habere  pa- 
tientiam  cum  aliquo,  Geduld  mit  Jem.  haben,  für  alique?n  patienter 
ferre ;  habere  bo?iu?n  ve?itu?n,  guten  Wind  haben,  für  uti  secundo  ve?üo 


380 

(secundis  ventt's) ;  esafnen  habere,  eine  Prüfung  halten,  für' evunn'nare 
(v^l.  Kxamen) ;  aliqnem  ((diqnid)  libe?iter  habere^  Emen  (Etwas)  gern 
haben,  für  delectari  aliquo  (aliqua  re);  habere  Judicium,  Gericht  hal- 
ten,(iir  facere  oder  seltner  consfituere  judic.  —  Gut  aber  ist  es,  wenn  es 
htileutct  Rücksicht  nehmen, ^\(i\c\\rationein  habere, respicere.  Richtig  ist 
zwar  habere  aliquem  oder  aliquid  pro  aliquo  (pro  aliqua  re) ;  aber  man 
sagt  auch  in  ähnh'chem  Sinne  loco  oder  in  loco  alicujus  habere,  z.  B. 
aliquini  in  liosfis  loco  habere,  fiinen  für  einen  Feind  hallen  (Caes.  B.C. 
II,  25),  hoslis  loco  (ib.  III,  21).  So  lieisst  auch  Einen  rechnen  unter — , 
aliquem  habere  in  —  mit  dem  Abi.  oder  mit  numero,  in  numero  und  d. 
Genit.,  z.  B.  in  suis,  in  numero  suorum,  unter  die  Seinigen;  bei  Caes. 
(B.  C.  III,  82,  2):  habere  servorum  numero;  unter  die  schändlichsten 
Dinge,  in  turpissimis  rebus.  Vgl.  auch  Eilend t  Cic.  de  orat.  p.  366.  Man 
sage  nicht  liheros,  fiUum,  filiam  ab  aliqua  habere,  für  ex  aliqua,  wie- 
wohl habere  aliquid  ab  aliquo,  in  dem  Sinne  Einem  Etwas  verdanken, 
richtigist.  Ueber  pro  vgl.  unter  diesem  Worte  u.  Vavassor.  Antib.  p.59I. 
Gut  sind  ausser  vielen  andern  Verbindungen:  habere  febrim,  Fieber 
habe7i  (Cic.  Fat.  8.  Fam.  VII,  26,  ])  ;  habere  finem,  ein  Ende  haben 
(Cic.Somu.8);  habere  homines  in  armis, Leute  in  oder  unter  den  ^f  äf- 
fen, d.  h.  bewaffnet  haben  (Liv.  XXI,  8, 3).  Haben  mit  einem  Inf.,  z.B. 
Etwas,  A^ichts  zu  schreibe?!  haben,  htlsst  Kl.  habere  aliquid  (nihil)  scri- 
bere,  N.  Kl.  scribcndum,  N.  L.  ad  scribendum ;  z.  B.  quid  habes  dicere 
(Cic.  Rose.  Am.  35);  nihil  habeo  scribere  (Cic.  Att.  II,  22,  6),  wofür 
denn  auch  voller  gesagt  werden  kann  no7i  habeo,  quid  (nicht  quod) 
scribara.  oder  nihil  habeo,  quod  (nicht  quid)  scribam.  Man  verwech- 
sele beide  nicht.  Vgl.  Heusing,  praef.  Cic.  Off.  ;  Zumpt  z.  Cic.  Off. 
p.  110  n.  Reisig's  Vorles.  p.  595.  Ebenso  sagt  man:  quid  habes  oppo- 
nere?  was  hast  du  eijizuivenden?  unA  voller:  quid  habes,  quod  oppo- 
nas?  (Cic.  Phil.  11,4,  8).  —  Man  sagt  in  den  allgemeinen  Redens- 
arten: so  ist  es,  steht  es,  verhalt  es  sich,  sie  (ita)  res  se  habet;  ebenso 
nt  res  se  habet,  res  se  praeclare  habet,  aliler  se  res  habet,  non  ita  se 
res  habet,  wohl  aber  nie  ohne  res  und  selten  ohne  se,  falsch  auch  mit 
einem  Zusätze  von  cum ;  z.  B.  es  verhält  sich  anders  mit  der  Geschichte 
des  Regulas,  nicht  cum  Reguli  hisloria,  sondern  aliter  se  habet  hislo- 
ria  Reguli,  oder  alia  est  ratio  historiae  Reguli.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer. 
Susp.  p.  38  und  57,  wo  er  auch  beweist,  dass  habeo  dicere  nicht  be- 
deute ich  rnuss  sagen,  was  Einige  vorgeben,  sondern  ich  habe, ich  kann 
sagen,  7iennen,  z.  B.  Cic.  Rose.  Am.  35,  100.  —  Ueber  hie  habes,  hie 
habelis,  da  (hier)  hast  du,  habt  ihr.  vgl.  Hie. 

Habililare.,  habilitatio  und  habilitudo  sind  N.  L.  Wörter,  die  durch 
andere  auszudrücken  sind,  je  nachdem  der  Sinn  es  fordert.  Vgl. 
Habitus. 

Habitaculum,  TFohnplatz,  Jf'ohnung,  ist  Sp.  L.  für  habitatio,  domi- 
cilium,  wird  aber  von  Einigen,  z.  B.  von  Hand  (Lehrb.  p.l42),  als  für 
Thiere  passend  nicht  verworfen. 

Habitare,  wohnen,  mit  dem  Jccusativ  ist  vielleicht  nur  P.  L.  und 
kommt  nirgends  in  Prosa  vor;  man  sagt  also  nicht  locum,  nrbem,  eam 
nrbis  partern  u.  dgl.  habitare,  sondern  in  loco,  in  urbe,  in  ea  urbis  parte, 
in  agris,  in  vicis  u.  dgl.,  wohl  aber  habitare  cum  aliquo,  apud  aliquem. 
Nur  das  Passiv,  macht  bisweilen  eine  Ausnahme,  indem  es  den  Ort,  der 
bewohnt  wird,  als  Subjectsnominativ  zu  sich  nimmt;  so  bei  Cicero,  Li- 


881 

Tius  u.  A.  —  Riclitigist  dagegenmcohre  oder  colere  locum^  agrum,  do- 
rnvm  u.  a.  Auch  sagt  inan  zwar  bildlich  habittire  in  aliqua  re,  sich  mit 
Etwas  eifrig  beschüßigen  (vgl.  Clc.  Orat.  II,  38,  160)  ;  aber  unerweis- 
licli  ist  habitare  in  Ungua  lutina  in  der  Bedeut.  gründliche  Kennttiiss 
der  latein.  Sprache  haben. 

Habilndo,  die  Beschaffenheit,  ist  yl.  L.  und  kommt  später  selten 
vor,  für  Habitus. 

Habitus  ist  in  geistiger  Bedeut.,  die  Fertigleit,  ohne  animi  oder 
einen  ähnlichen  Zusatz  N.  L.  für  facultas,  firma  facilitas,  und  ist  sie 
angeboren,  dexteritas,  indoles.  Vgl.  Idoneilas. 

Hacpropter,  desswegen,  ist  A.  L.  für  quapropter. 

Hactenus,  bisher,  bis  hierher,  bis  so  iveit  (von  der  Zeit),  ist  wohl 
nicht  KL,  sondern  erst  N.  Kl.  für  adhuc.  iMan  sage  nicht:  hoc  nemo 
hactenus  docuerat;  ea  omnia,  quae  hactenus  de  ea  re  dicta  sunt;  hy- 
ems  hactenus  prohibnit,  quominus  ad  te  veniremus  u.  ähnliclie,  wo  ad- 
huc correcter  ist.  In  guter  Prosa  steht  es  meistens,  wenn  man  von  Et- 
was abbricht  und  zu  etwas  Anderra  übergeht,  z.  B.  ergo  haec  quoque 
hactenus:  redeo  ad  urbana;  sed  liaec  hacte?ius:  nunc  ad  ostenta  ve- 
niamus,  —  in  welchen  Formeln  zu  merken  ist,  dass  haec  wohl  nie  da- 
bei fehlt.  Vgl.  Cic.  Att.  V,  13,  2.  Divin.  II,  24;  86,  75,  wo  es  bis  dahin, 
bis  so  weit  bedeutet.  —  In  andern  Stellen,  z.  B.  Cic.  Orat.  11,  27,  1J9 
bedeutet  es  insofern,  worauf  ein  erklärender  Satz  folgt,  sowie  es  re- 
lativ heisst  quatenus,  bis  icie  weit  und  inwiefern.  —  Ueber  den  Unter- 
schied von  hactenus  und  adhuc,  die  im  N.  L.  oft  verwechselt  werden, 
vgl.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  155.  Morhof  de  pura  dict.  p.  243.  Anm. 
z.  iMureti  Oper.  T.  I,  p.  429  u.  T.  II,  p.  411  ed.  Fr.;  Kuhnk.  z.  Mureti 
0|>p.  T.  IV,  p.  593  ed.  Ruhnk.;  Ileusinger.  Eraend.  p.  410,  und  was 
Grauff  (z.  Bunelli  Epist.p.7J2)  gesammelt  hat.  —  Noch  merke  man,  dass 
es  falsch  ist,  nach  den  angeführten  Worten  eines  Schriftstellers  zu 
sagen;  hactenus  ille,  wie  wir:  so  tveit  jener  — ,  für  haec  ille,  wiewohl 
jenes  im  N.  L.  oft  vorkommt.  Wenn  endlich  auf  hactenus  ein  verglei- 
chender Satz  folgt,  wo  wir  als  voranzustellen  pflegen,  so  wird  dies 
nicht  durch  quam.,  sondern  durch  qua  oder  quoad  oder  durch  das 
vollere  quatenus  ausgedrückt.  Vgl.  noch  Handii  Tursellin.  T.  III, 
p.  4  fgg. 

Hadria  ist  in  der  Bedeut.  das  Hadriatische  Meer  fast  nur  P.  L. 
und  nur  von  Plinius  bisweilen  aus  Dichtern  entlehnt. 

Hadriacus,  Hadriatisch,  von  der  Stadt  Hadria  sowohl,  als  vom 
Meere,  ist  nur  P.  L.  für  Hndrianus,  was  Cicero  braucht,  oder  für 
Hadriaticus,  was  Caesar  (ß.  C.  I,  25),  Li\ius  u.  A.  hiauchen. 

Haedile,  der  Ziegenstall,  für  caprile,  beruht  auf  einer  unsichern 
Lesart  in  Ilorat.  Carm.  I,  17,  9,  wo  aber  Bentley  für  haedilia  aus 
Handschr.  haeduleae  liest,  was  jetzt  aufgenommen  ist. 

Haerere  verbunden  mit  m  ancipiti,  in  der  Bedeut.  ganz  ungewiss, 
bedenklich  sein,  scheint  ohne  alte  Auctorität  und  werde  daher  vermie- 
den; im  N.  L.  findet  es  sich  mehrmals,  z.  B.  bei  Sadolet.  Ep.  I,  4.  — 
Widersinnig  ist  es,  wenn  Görenz  einmal  sagt:  caga  interpretis  haeret 
sententia,  indem  vagus  und  haerere  einander  widersprechen. 

Haeresis  in  der  Bedeut.  Sekte,  Schule,  Parthei  bei  Philosophen  und 
andern  Gelehrten  braucht  selbst  Cicero,  und  es  ist  neben  den  übri- 
gen Synonymen  nicht  zu  verwerfen.  Bei  christlichen  Schriftstellern 


382 

bedeutet  es  Ketzerei,  in  welchem  Sinne  es,  wie  haereticiis,  der  Ketzer, 
als  theologisches  Kunstwort  kaum  zu  entbehren  ist. 

HaesHanter,  zögernd  u.  dg^I.,  ist  N.  L.  für  ctmctanter,  diibüanter, 
haesitaris,  haesitabundi/s. 

Halitus,  Hauch,  Alhem  (vom  Leben),  ist  P.  L.  für  cmima,  Spiri- 
tus. Man  sage  niclit:  extremum  halitum  efflare,  sondern  blos  animam 
efflare,  vitam  profundere. 

Habidnari ;  vgl.  Ahicinnri. 

Hariolari  hi  in  der  Bedeut.  Lächerliches,  Wunderbares  reden  und 
denken  nur  A.  L.  für  inepta,  absurda  loqiii,  nugnre,  delirare  u.  a. 

Hasta  kann  in  der  Bedeut.  Ferkauf,  Auction  heutzutage  nur  selten 
angewandt  werden. 

Hastiludium,  das  Lan%enrennen,  ist  N.  i.,aber  für  das  neue  Spiel 
ein  passendes  Wort,  Vgl.  Gcist's  Aufgab,  p.  216. 

Hand,  nicht.  —  Man  ist  verschiedener  Meinung  darin,  ob  es  dem 
non  ganz  gleich  verneine,  indem  Einige  es  für  eine  stärkere.  Andere 
für  eine  sch/rächere  Negation  halten.  Klotz  überg.etzt  es  durch  ebe?i 
nicht,  gar  nicht,  ?iicht  einmal.  Vgl. .Klotz  z.  Cic.  Tusc.  p.  143  und  173. 
Stüremb.  Cic.  Arch.  p.  201.  Weber's  Uebungssch.  p.  258  und  Reisigs 
Vorles.  p.  407  mit  F.  Hase's  Anm.  —  Cicero  soll  nie  sagen  haud  ita, 
sondern  nur  7ion  ila,  Livius  dagegen  öfter  haud  ita;  vgl.  Fabri  z.  Liv. 
p.  57.  So  braucht  auch  Cicero  nondum,  noch  nicht,  Livius  aber  wohl 
siebenmal  haud  dum.  —  Ueber  haud  scio  an  vgl.  Nescio  an.  Sehr  imi- 
stäudlich  handelt  von  haud  Ilandii  Tursellin.  T.  III,  p.  14 — 42. 

Haurire,  schöpfen,  wird  meistens  verbunden  aUquid  ex  aliqua  re, 
aber  auch  de  und  ab  aliqua  re  und  blos  aliqua  re;  bildliche  Redens- 
arten beurthelle  man  also  nach  der  in  denselben  enthaltenen  Praepo- 
sition.  Die  Adv.  sind  daher  inde,  unde,  ntidiqiie,mag  es  auch  deutsch 
vielleicht  darüber,  tvorüber,  überall  heissen.  Wiewohl  haurire  bildlich 
mit  voluptalem,  luctum,  dolorem  u.  dgl.  verbunden  wird,  wo  wir  sagen 
Vergnügen  —  empfinden  über  Etwas,  so  soll  doch  nicht  vorkommen 
haurire  fructu?n,  Forlheil,  Nutzen  ziehen,  für  capere,  percipere  fru- 
ctuni;  nicht  haurire  praecepta  ex  alicujus  ore.  für  percipere  nnA  so 
vielleicht  noch  andere,  worüber  das  Lexicon  belehren  mag. 

Hebdomada  (nach  Decl.  I.  Sp.  L.)  und  hebdumus.  Gen.  hebdomadis 
(bei  Varro,  Cic.  u,  A.)  bedeuten  schon  eine  Reihe  von  sieben  Tagen 
und  sind  daher  nicht  unpassend  für  unsere  neue  Monatsabtheilung,  die 
Woche,  wie  sie  denn  auch  im  A'^  L.  angewandt  werden.  Später  L.  ist 
septimana.  Da  jedoch  diese  Ausdrucksweise  fast  nur  in  der  Astrono- 
mie und  in  der  Medicin,  nicht  im  alltäglichen  Leben,  gebraucht  wurde, 
so  vermeide  man  sie  lieber  durch  se/^/em  r//es.  Vgl.  Weber's  Uebungssch. 
p.  49  u.  Grotefend's  Commentar.  p.  108.  —  Wochenweise,  wöchentlich, 
alle  Wochen  heisst  nicht  hebdomadatim,  was  N.  L.  ist,  sondern  entwe- 
der singulis  hebdotnadibtis  oder  septenis  diebus. 

Hebetudo,  die  Stumpfheit,  ist  Sp.  L.  für  obtusa  oder  hebes  acies 
oder  das  A".  Kl.  hebetatio  bei  Plinius. 

Hebraeus  ist  nur  Subst,  aber  //eÄ/ß/cwsAdject. —  Man  sage  nicht 
lingua  hebraea,  sondern  hebraica. 

Hei,  ach,  wehe.,  hat  nur  den  Dativ  einer  Person  bei  sich,  nicht  den 
Nomi7iativ  oder  Accus.,  z.  B.  hei  mihi  misero  l  ach  ich  Unglücklicher  ! 

Hellas  ist  in  der  allgemeinen  Bedeut.  Griechenland  nur  geogra- 


383 

phisch  als  alte  Benennung  richtig^,  sonst  sagt  man  durchaus  nur  Grae- 
cia.  Im  N.  L.  ziert  man  oft  die  Rede  mit  diesem  Worte.  Ebenso  miss- 
brauclit  man  Hellenes  für  das  allgemeine  Graeci  oder  Giaji,  da  es  nur 
von  den  alten  Hellenen  angewandt  werden  kann.  Gleichwohl  sagt  ein 
geachteter  Neulateiner:  de  Hellenibus  et  Romanis. 

Helveticas^  Helvetisch,  ist  N.  L.  Form  für  Helvetius,  was  allein 
vorkommt. 

Hera,  die  Herrin,  Frau  vom  Hanse,  ist  nur  A.  \\.  P.  L.  für  domina, 
lind  ebenso  herus,  der  Herr,  für  dominus.  —  Hera  als  griech.  Name 
der  Juno  ist  nirgends  gebraucht  worden. 

Heracleus  (clius)  und  selbst  Herculeus,  Herkulisch,  den  Herkules 
betreffend,  sind  wohl  nur  P.  L. ;  in  Prosa  kommt  kein  Adj.  vor,  und 
man  ersetzt  es  durch  den  Genit.  Herculis ;  daher  sage  man  nicht  co- 
lumnae  Heracleae  oder  Herculeae,  sondern  Herculis  columnae. 

Herbam  dare  oder  porrigere  ist  in  d.  Bedeut.  sich  für  iibertvunden 
erklären  eine  alterthümiiche  Redensart,  die,  als  von  unsern  Sitten  ab- 
weichend, für  uns  nicht  mehr  anwendbar  ist. 

Heredare  «nd  hereditäre,  erben.  Erbe  sein,  sind  iV. />.,  wiewohl  ex- 
heredare,  enterben,  gut  ist,  für  heredem  esse  u.  a. ;  z,  B.  ich  erbe,  mihi 
venit  (obvenit)  hereditas,  aliquid  mihi  hereditate  venit  u.  dgl. 

Heredipeta,  der  Erbschleicher,  findet  sich  N.  Kl.  nur  bei  Petron.; 
es  werde  durch  Umschreibung  vermieden. 

Heres,  der  Erbe;  —  Jemandes  im  eigentlichen  Sinne  wohl  nur  bei 
esse  mit  dem  Dativ,  nicht,  wenigstens  selten,  mit  dem  Genitiv  verbun- 
den, z.  B,  Mesciuius  heres  est  Mitidio,  fratri  suo  (Cic.  Fam.  XIII, 
2(j,  2),  nicht  Mi?idiifratris  sui ;  mihi  licres  est,  er  ist  rnein  Erbe,  n\c\\t 
7tiens  heres  est.  Ein  U?iiversalerbe  ist  heres  ex  asse  oder  ex  libella, 
N.  L.  heres  universalis ;  ein  Intestaterbe,  heres  ab  intestato,  nicht  he- 
res intestatus.  Vgl.  Testamentum.  —  Wie  man  aber  ex  asse  sagt,  so 
steht  ex  auch  immer  bei  Angabe  des  Theiles,  z.  ß.  heres  ex  parte 
sexta  (Plin.  Ep.  VI,  33,  6). 

Heroicus,  heroisch,  hat  nie  die  gewöhnliche  Bedeut.  sehr  tapfer, 
muthvolL  sondern  hält  den  griechischen  Begriff  eines  Heros  der  My- 
thenzeit fest.  Daher  sind  heroica  tempora  und  heroicae  aetates  bei  Ci- 
cero nicht,  was  wir  Heldenzeiten  nennen,  d.  h.  Zeiten,  in  welchen  nur 
Heldenthaten  verrichtet  wurden,  sondern  Zeiten,  in  welchen  alle  grosse 
und  vorzügliche  Männer  Heroen  hiessen,  die  Zeiten  der  Voncelt.  — 
Unser  Hetdenthat  heisst  nur  forte,  incredibile,  divinum  factum,  oder 
wie  man  das  Subst./öc/«?«  durch  ein  Beiwort  erhöhen  mag.  Vgl.  Wolf 
u.  Orelli  Cic.  Tusc.  V,  3,  7.  —  Auch  unser  gewöhnliches  Held,  d.  li. 
tapferer,  muthvoller  Mann,  heisst  nicht  heros,  sondern  vir  fortissimus, 
wiewohl  heros  einigemal  bildlich  von  ausgezeichneten  Männern,  wis- 
senschaftlichen und  politischen  Heroen,  gebraucht  wird,  z.  B.  Plato 
et  Aristoteles  —  heroes  (Cic.  Rep.  111,8);  heros  ilie  noster  Cato  (Cic. 

Att.  I,  17,  9)  ;  cum  heroibus  nostris  (ib.  XIV,  6,  1)  und  von  Milo  

quantum  in  illo  Äeroe esset auimi  (ib. IV, 3, 5).  Vgl.  Webers  Uebungssch. 
|).  63  u.  Dietrich's  Sintenis  p.  121.  —  Endlich  nennt  Cicero  die  heroi- 
schen oder  dactijlischen  Hexameter  nicht  heroicos,  wie  es  später  Quin- 
tilian  u.  A.  thun,  somlern  heroos,  und  die  Dactylen  pedes  heroos,  wie- 
wohl die  epischen  Dichter  nur  heroici poetae  heissen. 

Herus;  vgl.  Hera. 


384 

Hesperia  ist  in  der  allgemeinen  Bedeiit.  Abendland  nur  P.  L.  für 
occidentis  so! is  partes ;  ebenso  für  das  einzelne  Italia  und  Hispania. 

Hesperus  ist  in  der  Bedeut.  die  Abendgegend  als  Land,rfe/-  fVesten, 
nicht  erweislich  für  occidens. 

Heu  hat  das  beigesetzte  Object  im  Accusativ  bei  sich,  nicht,  wie 
hei,  im  Dativ;  z.  B.  heu  7ne  misert/m  !  Dagegen  hat  Äe?/s  als  rufende 
Interject.  den  Vocativ,  z.  B.  heus  5'//re. 

Hiatio,  das  Klaffen^  die  Sprdte,  ist  TN.  L.  für  hiatus. 

Hu-,  als  Adv.,  hier,  da.  —  /?.  L.  ist  A/c  babes,  hier,  da  hast  du;  hie 
habetis,  hier,  da  habt  ihr,  d.  h.  jetzt  weisst  du,  jetzt  wisst  ihr,  wenn 
man  Einem  Etwas  erzählt,  gelehrt  oder  mitgetheilt  hat,  für  habes,  ha- 
betis ohne  hie ;  z.  B.  habes  res  Romanas,  hier  hast  du,,  das  sind  die  Sa- 
chen aus  Rom;  habes  reversionis  caiisas,  hier  hast  du  die  Griinde  der 
Rückkehr;  habetis,  quid  sentiam,  Ä/er  habt  ihr,  was  ich  denke  (Cic. 
Orat.  11,85,350).  Vgl.  auch  Cic.  Att.  1,14,6;  V,4,4;  VIII,  II,  4.  Tusc. 
III,  17,38;  IV,  14,  33  u.  a.  m.  So  sagte  auch  der  Verkäufer  einer 
Sache,  wenn  er  sie  dem  Käufer  lassen  wollte,  habe  tibi,  hier  (da)  hast 
du  es,  mit  dem  Abi.  des  Preises  (Plaut.  Pers.  IV,  4,  110).  —  Uichtig 
ist  hie  mit  folgendem  i/lic,  wenn  jedes  seinen  Zusatz  hat,  also  hier  mit 
folg.  dort;  aher  beide  verbunden,  hie  illic  in  der  Bedeut.  einigemal 
oder  hin  und  wieder,  an  mehrern  Orten,  ist  P.  L,  und  sehr  selten  für 
aliquolies,  subinde,  nonmimqnam,  interdum  oder  compluribus  in  locis. 
Man  sage  daher  nicht:  hie  illic  legitur;  hie  illic  invenies  u.  dgl.,  was  im 
N.  L.  nicht  selten  ist.  Davor  warnte  auch  Reisig  (Vorlesung,  p,  801). 
—  Gut  und  richtig  aber  ist  es,  wenn  hier  (oder  da)  im  Dialog  oder  in 
Erzählungen  steht  für  bei  dieser  Gelegenheit  oder  darauf,  wofür  auch 
ibi  gebraucht  wird;  z.  B.  hier  (da,  darauf)  sagte  Laelius,  hie  Lae- 
lius  (dixit);  Cic.  Rep.  I,  30;  IV,  4.  Farn.  I,  9;  III,  8;  V,  15;—  ebenso, 
wo  wir  sagen,  als  nun  hier  — ,  hie  cum.  Vgl.  Hand.  Tursellin.  T.  III, 
p.  78.  79.  Und  so  wird  auch  dann  hie  gesetzt,  wo  wir  aus  Spott  und 
mit  Unwillen  hier  brauchen,  z.  B.  hier  (oder  da)  erwähnt  mir  Mancher 
die  Vortheile  des  Friedeiis,  hie  mihi  quispiam  pacis  commoda  comme- 
morat.  Vgl.  Ruhnk.  Terent.  Andr.  II,  3,  15  und  Beiiecke  Cic.  Manil. 
p.  232.  Endlich  ist  hicce  als  Adv.,  hier,  ohne  alle  Auctorilät. 

Hie,  als  Pron.,  dieser.  —  Ue!)er  hie,  is,  iste,  ille  vgl.  ausser  den 
Grammatiken  u.  Andern  jetzt  noch  Reisigs  Vorlesung,  p.  354 — 362. 
Fr.  Ed.  Raschig  brevis  disputalio  de  pronom.  Hie  et  Ille.  Progr. 
Schneeb.  832  u.  Weber's  Uebungssch.  p.  4.  Ueber  den  bald  richtigen, 
bald  falschen  Gebrauch  in  Redensarten,  wie:  der  Brief  des  Sulpicius 
ist  schöner,  als  der  des  Cicero,  also  wann  quam  haec  Ciceronis,  und 
wann  quam  Ciceronis  zu  sagen  sei,  vgl.  Th.  I,  §.  95  und  unter  Is.  — 
Richtig  ist  zwar  ante  se.v  meitses,  ante  tres  annos;  aber  hie  damit  zu 
verbinden,  z.  B.  ante  hos  sex  menses,  ante  hos  tres  annos,  ist  in  Prosa 
wohl  ohne  Auctorität  und  findet  sich  nur  bei  Phaedrus  (I,  1,  10),  der 
atite  hos  sex  menses  sagt.  Daher  schreibt  Mahne  (Crito  p.  252)  incor- 
rect:  ante  hos  paucos  dies  für  ante  paucos  dies,  oder,  was  eben  so  gut 
IsU  abhinc  paucis  diebus,  abhinc  paucos  dies,  oder  his  paucis  diebus 
(Cic.  Sen.  14,  .50).  —  Uebrigens  tritt  hie  sehr  oft  zur  uähfern  Bestim- 
mung Aev  jetzigen,  gegenwärtigen  Zeit  hinzu,  z.  B.  tribus  his  proximis 
nnnis,  in  diesen,  den  letzten  drei  Jahren;  so  oft  bei  Cicero.  Vgl.  Wop- 
kens  Lectt.  Tüll.  p.  259.  Moser.  Cic.  Rep.  I,  37  u.  II,  10.  Giese  Cic. 


385 

Divin.  p.  131.  ^^Ir  bei  ante  mit  dem  Accusativ  ist  hie  nicht  üblich.  — 
Richtig  ist  hoc  et  illud,  wie  wir  sagen  dieses  tnid  jenes ;  Cic.  Verr.  I, 
20,53  non  dicam  iilinc  hoc  Signum  ablatum  esse  et  illud, dieses  und  je- 
?ies  Bild;  richtig  auch  hoc  et  hoc,  dies  und  das,  z.  B.  hoc  et  hoc  deraon- 
stratum  est,  dies  und  das  ist  gezeigt  worden  (Cic.  luv.  1,52,  99);  vobis 
hoc  et  hoc  planum  factum  est  (ib.).  —  Man  sagt  zwar  fragend  gewöhn- 
lich hiccine,  hoccine,  haccine,  hiscine,  aber  auch  hicne,  hocne,  hacne, 
huicne,  was  F.  A.  Wolf  (zu  Cic.  Tusc.  p.  390)  für  unrichtig  hält;  vgl. 
aber  Cic.  Tusc.  I,  25  ex  hacne  natura;  Att.  IX,  7,  3  cum  hocne;  Fat. 
3,  5  ex  hocne  equo;  Rose.  Am.  48,  141  hicne;  Liv.  XXXVIII,  49  huic- 
ne u.  a.  —  Endlich  wird  hicce  wohl  nur  dann  gebraucht,  wenn  auf  Et- 
was stärker  hingewiesen  werden  soll,  da  es  dieser  da  bedeutet,  so  dass 
neulich  Einer  in  einem  Schriftchen  falsch  nur  hicce  brauchte  und  nir- 
gends das  einfache  hie,  welches  er  wohl  für  nicht  schön  genug  hielt. 

Hierosolyma,  orum,  als  Plur.,  Jerusalem,  ist  Kl.  Form  bei  Cicero; 
erst  N,  Kl.  bei  Tacitus  u.  Sueton  findet  es  sich  als  Sing.  Vgl.  Oudend. 
Suet.  Aug.  93  u.  Reisigs  Vorlesung,  p.  113  mit  Hase's  Anm. 

Hilaris,  e  und  hilarus,  a,  um,  heiter.  Beide  Formen  finden  sich  in 
den  Handschr.  Cicero's,  ob  aber  beide  gleich  gut  sind,  ist  ungewiss. 
Das  Adv.  heisst  gewöhnlich  hilare,  nicht  hilariter. 

Hinc  von  der  Zeit,  in  der  Bedeut.  nachher,  darauf,  steht  N.  Kl. 
bei  Tacitus  für  deinde,  postea,  posthac.  Eben  so  N.  Kl.  ist  es  zur  Be- 
zeichnung der  Ursache,  in  der  Bedeut.  desswegen,  daher,  folglich,  für 
ea  de  re ,  ea  de  causa,  quapropter.  Daher  tadelt  F.  A.  Wolf  (Analect. 
I,  p.  491)  die  W^orte:  hinc  plura  in  proximam  prolusionera  diff'eram. 
Vgl.  Horatii  Tursell.  de  partic.  p.  279  und  Anton  Progr.  p.  91,  der  ea 
in  Schutz  nimmt;  dagegen  die  Anm.  z.  Reisigs  Vorles.  p.  468  und  das. 
Hase  gegen  Handii  Tursell.  III,  p  89  u.  90.  —  N.  L.  ist  hinc  inde,  wie 
oben  hie  illie,  da  dort,  in  der  Bedeut.  an  mehrern  Orten,  für  complu- 
rihiis  in  locis,  aliquoties ;  z.  B.  exemplar  est  hinc  i7ide  notis  raanuscri- 
ptis  illustratum,  und  so  oft  Aehnliches ;  —  ebenso  hijic  —  hinc  in  der 
Bedeut.  bald  —  bald,  für  tnodo  —  modo.  Endlich  ist  P.  L.  hinc  et  hinc 
in  der  Bedeut.  von  allen  Seiten  her,  für  undiqiie,  ab  omni  parte.  — 
Ueber  hinc  sequitiir,  daraus  folgt,  vgl.  Sequi,  und  noch  mehr  über 
hinc  in  Handii  Tursell.  T.  111,  p.  84—91. 

Hispanius,  spanisch,  ist  ungewöhnliche  Form  für  Hispanus,  Hispa- 
niensis  oder  seltner  Hispanicus. 

Hispidus,  rauh,  rauch,  ist  P.  L.  und  findet  eich  in  Prosa  nur  bei 
Plinius  für  hirsutus,  hirtus,  horridus. 

Historia  kann,  da  es  Geschichte,  Erzählung  von  Thatsachen  im 
Allgemeinen  bedeutet,  weder  die  Adjectiven  profana,  unheilige,  heid- 
nische, und  Sacra,  heilige,  noch  auch  Adj.  wie  Graeca,  Romana,  Ger- 
manica u.  dgl.  erhalten,  sondern  zur  nähern  Bestimmung  tritt  ein  Ge- 
nitiv, wie  rerum  Graecarum,  Romanarum  u.  s.  w.  hinzu.  Wenn  wir 
jene  profana  und  sacra,  als  den  Alten  unbekannte  Begrilfe  und  Gegen- 
sätze, gebrauchen  wollen,  so  müssen  wir  sagen :  quam  dieimus  profa- 
nam  oder  sacram,  oder  vielmehr  rerum  profanarum,  rerum  sacrarum. 
—  Graeca  historia  Sileni  (bei  Cic.  Div.  I,  24,  49)  war  nicht  eine  Ge- 
schichte Griechenlands,  sondern  eine  griechisch  geschriebene  Ge- 
schichte. Vgl.  auch  Cic.  Brut.  19,  77.  Tusc.  V,  38,  112,  wo  an  grie- 
chisch geschriebene  Geschichtsbücher  Roms  zu  denken  ist.  —  Erst 

25 


386 

N.  Kl.  bedeutet  historia  eine  eiiizelne  Geschichte,  eine  Erzählung,  eine 
Anekdote,  für  narratio,  narratiunctila,  res  gesta,  fabula,  wiewohl  der 
Plnr.  historiae  Kl.  so  vorkommt.  Vgl.  Cic.  Brut.  11.  —  Was  wir  Ge- 
schichte nennen,  liegt  auch  im  Piur.  res,  z.  B.  mit  der  Römischen  Ge- 
schichte bekan?it  sein,  memoriam  rerum  Romanarum  tenere;  Cic.  Brut. 
93, 5322.  —  Zu  bezweifeln  ist  historia  narrat,  wiewohl  historiae  nar- 
rant  gesagt  wird.  —  N.  L.  aber  sind  historiola  und  historiu?icida,  für 
narratiuncula. 

Hisloricus,  als  Subst.,  bedeutet  nach  Reiz  (Rom.  Alterth.  p.  32) 
nnr  den  Kenner  der  Geschichte,  den  Geschichtsicundigen,  nicht  den 
Geschichtschreiber ;  doch  kann  diese  Bedeutung  nicht  wohl  bezweifelt 
werden.  Vgl.  Cic.  Top.  20,  78.  Orat.  II,  14,  59  u.  a.  und  Weber'« 
üebungssch.  p.  246.  —  Als  Adj.,  historisch,  wird  es  nur  sehr  be- 
schränkt gebraucht,  indem  es  z.  B.  bei  Cicero  nur  dem  oratorius  ent- 
gegensteht, genus  (orationis)  historicum,  genzis  Oratorium.  Nirgends 
aber  kommen  libri  historici,  geschichtliche  Bücher,  Geschichtsbücher 
vor,  für  litterarum  monumenta,  commentarii,  annales,  litterae  (Cic. 
Sest.  68,  142)  u.  a.  —  Endlich  heisst  die  historische  Treue,  Glaubwür- 
digkeit nicht ßdes  historica,  was  nur  Ovid  braucht,  sondern^t/es  histo- 
riae (Cic.  Q.  fr.  I,  1,  23). 

Historiographus,  der  Geschichtschreiber,  ist  sehr  Sp.  L.  für  histo- 
ricus,  scriptor  rerum,  und  ist  damit  der  Begriff  Gewährsmann  verbun- 
den, auctor  rerum,  auch  blos  auctor  (Cic.  Brut.  11,  44). 

Histrio  tragicus,  der  trag.  Schattspieler,  wird  bezweifelt,  wiewohl 
histrio  tragoediarum  und  actor  tragicus  vorkommt. 

Hodie,  heute.  Richtig  und  nicht  zu  verwerfen  sind :  hodie  mane, 
heute  früh  (Cic.  Att.  XIII,  9),  hodierno  die  mane  (Cic.  Catil.  111,  9) 
und  hodie  sunt  Nonae  Sextiies,  heute  ist  der  —  (Cic.  Verr.  I,  10,  31). 

Hodiedum  und  hodienum,  noch  heute,  noch  heutzutage,  sind  N.  L. 
für  hodie  oder  hodie  quoque.  So  sagt  Blomfield  (praef.  Aeschyli  Agam. 
p.  V,  codex  Medic):  hodiedum  in  bibl.  Laur.  adservatur;  Valcken. 
(Opusc,  T.  II,  p.  5):  qui  hodiedum  viridi  floret  senecta — und  so  noch 
Andere.  —  Ueber  hodie  adhuc,  was  Andere  brauchen,  vgl.  Adhuc.  — 
N.  L.  Form  ist  hodienus  für  hodiernus. 

Hodieque  ist  Kl.  und  gut  in  der  copulativen  Bedeut.  und  heute 
noch,  und  auch  noch  heute  (wie  Cic.  Orat.  I,  22,  103;  Rabir.  Post. 
16,  43  u.a.)  ;  aber  bezweifelt  wird,  ob  es  in  guter  Prosa  in  der  Bedeut. 
noch  bis  heute,  noch  bis  Dato  vorkommt,  für  hodie  allein  (Cic.  Orat.  II, 
23,  95.  Rep.  II,  9  und  sonst  noch  oft),  oder  hodie  quoque  (Cic.  Rose. 
Am.  25,  70  u.  a.)  und  etiam  hodie,  sogar  noch  heutzutage,  noch  bis  auf 
deji  heutigen  Tag  (Cic.  Orat.  I,  55,  235  nach  der  sichersten  Lesart). 
Vgl.  Morhof  de  pura  dict.  p.  239.  Horat.  Tursell.  de  partic.  p.  282. 
Gronov.  Liv.  I,  26,  ]3.  Drakenb.  Liv.  V,  27.  Oudend.  Suet.  p.  594  und 
Handii  Tursellin.  T.  III,  p.  100.  Ganz  unlateinisch  aber  sagt  Mahne 
(Crito  p.  304):  et  hodieque  illa  facultate  adhuc  florere. 

,  Hodiernus,  heutig,  ist  nur  beschränkt  auf  die  Bedeutung  der  heu- 
tige Tag,  nirgends  aber  findet  es  sich  in  der  allgemeinen  Bedeut.  jetzig, 
jedt  lebend,  für  hie,  haec,  hoc,  qui  nunc  est,  noster.  Im  A".  L.  wird  es 
oft  so  gemissbraucht,  z.  B.  von  Manut.  (Ep.  I,  7) :  hodierni  mores,  die 
heuligen,  jetzigen  Sitten,  für  hi  mores  (Cic.  Q.  fr.  I,  1, 11) ;  Maresius 
(Epist.  II,  20)  :  in  kodiernorum   scriptorum  vulgns,  für  qui  nunc,  qui 


387 

hodie  sunt  (vgl.  Cic.  Brut.  71  u.  72) ;  Mahne  (Crito  p.  289) :  hodierni 
populi;  Wyttenbach  (vita  Ruhnk.  p.  137  [143]):  hodierni  Wbvi;  Id. 
(Opusc.  p.  185)  :  de  veteris  hodiernaeque  philosophiae  comparatione  ; 
(p.  186)  hodierna  eloquentia;  (p.  195)  ab  hodiernis  m  rnetaphysicam 
inducta  vis  —  und  so  oft  hei  Andern.  —  Wenn  Quintil.  (IX, 3,1)  sagt: 
si  antiquura  serraonem  nostro  coraparemus,  so  sagen  wir:  loenn  wir  die 
alte  Sprache  mit  (unsrer)  heutigen  vergleichen.  —  Endlich  heisst  un- 
ser heuliges  Tages,  in  der  Bedeut.  jetzt,  nicht  hodierno  die,  sondern 
nunc. 

Hodoeporicon  oder  hodoeporieum,  die  Reisebeschreibung,  sind  Sp.  L. 
für  descriptio  itineris. 

Hoedile;  vgl.  Haedile. 

Homo.  —  N.  L.  ist  7nei,  tut  —  homtnes,  meine,  deine  —  Leute,  für 
mei,  tui  ohne  homines.  Ueber  homo  magnus,  ein  (körperlich)  grosser 
Mann  vgl.  Magnus,  üeber  homo  und  vir  vgl.  Döderlein's  Synon.  Th,  V, 
p.  130.  Weber's  Uebungssch.  p.  80  u.  Grotefend's  Coiumentar.  p.  304. 

Honestus,  ehrbar,  wird,  mit  Jons  verbunden,  als  N.  L.  verworfen. 

Honor  oder  (wenigstens  meistens  bei  Cicero)  honos  scheint  in  der 
Kedensart:  Einem  die  letzte  Ehre  erweisen  nicht  üblich  gewesen  zu  sein; 
man  sage  also  nicht  honorem  alicvi  ultimum  eshibere  oder  habere,  tri- 
huere  u.  a.,  sondern  supremo  in  aliquem  officio fungi.  Gut  ist  aber  aliquem 
in  honore  habere.  Einen  in  Ehren  halten.  Ueber  exhibere  honorem  vgl. 
Exhibere.  —  Wo  wir  sagen:  7nit  Ehre?i  zu  melden,  um  ein  Wort  zu 
entschuldigen,  sagt  man  lat.  c^im  honoris praefatione  (Plin.  N.  H.  Praef. 
L.  I,  p.  6  edit.  Hard.).  Vgl.  Venia. 

Honorare,  ehren.  Das  Partie,  honoratus  steht  meistens  als  Adj.,  in 
der  Bedeutung  der  in  Ehre  und  JlchtJing  steht;  hei  den  Römern  ist 
es  das  Beiwort  eines  jeden  Mannes  von  Rang  und  Stand,  der  ein  Amt 
bekleidet  oder  bekleidet  hat,  und  daher  ist  honor atissimus  jeder  in 
einem  hohen  Amte  stehende  Mann.  Ebenso  werden  ornatus  und  orna- 
tissimns  gebraucht.  Man  brauche  daher  beide  Wörter  nicht  falsch  in 
Anreden  an  eine  sehr  gemischte  Versammlung,  welche  selten  blos  aus 
auditores  ho7ioratissimi  besteht,  wiewohl  man  da  in  der  Rede  ein  Ue- 
briges  thut.  —  Unser  Ehrgeiz,  Ehrsucht  ist  nicht  honoris  Studium,  wel- 
ches das  nicht  fehlerhafte  Streben  nach  Ehre  bedeutet,  sondern  ambi- 
tio.  —  Ehrenhalber  im  gewöhnlichen  Sinne  heisst  ofßcii  causa,  nicht 
honoris  causa,  welches  bedeutet  aus  Hochachtung,  um  Jemanden  zu 
ehren,  wofür  N.  L.  in  honorem  gesagt  wird  ;  die  Lateiner  aber  sagen 
honoris  causa. 

Honorarium  ist  bei  den  Alten  nur  ein  Ehrengeschenk  für  gehabte 
Mühe,  wie  solche  die  Advocaten  oder  auch  andere  Beamten,  z,  B. 
Statthalter  von  Provinzen  erhielten.  So  heisst  denn  auch  ein  freiwilli- 
ges Ehrengeschenk  bei  Cic.  (Fam.  XVI,  9,  3)  honos  —  honos  haben- 
dus  est  medico,  der  Arzt  muss  beschenkt,  belohnt,  honorirt  werden, 
und  N.  Kl.  hat  honorare  diese  Bedeutung  (Sueton.  Aug.  45).  So  pas- 
sen denn  beide  Wörter  wohl,  wenn  unter  Honorar  ein  freiwilliges 
Ehrengeschenk  zu  verstellen  ist.  Bedeutet  es  aber  einen  vorher  be- 
stimmten, gleichsam  bedungenen  Lohn,  bei  Lehrern  das  Lehrgeld.,  so 
möchten  jene  Wörter  unpassend,  dagegen  merces,  pacta  merces,  und, 
ist  es  auf  ein  Jahr,  awwwa  merces  passender  sein.  Vgl.  über  merces  Cic. 
Phil.  II,  4.  Acad.  IV,  30  und  oft  in  Sueton  de  grammaticis  et  rhetori- 

25* 


388 

bns.  —  Man  missbraiiche  daher  das  Wort  honorarium  nicht,  was  im 
N.  L.  oft  geschieht.  In  der  Bedeut.  Lehrgeld  wollen  Andere  pretium 
di'sciplinae,  Andere  didacirnm  (vgl,  dieses  Wort),  Andere  Mhierval.  — 
Verschieden  aber  von  Honorar  ist  Gehalt  oder  Salair,  wovon  unter 
Salarium. 

Honorarius  kommt  nie  mit  sedes  verbunden  vor,  wie  im  N.  L.  ho- 
noraria  sedes,  für  sedes  honoris,  der  Ekrensitz. 

Honorißcentia,  die  Ehr  er  Weisung,  und  honoriflcare,  ehren,  Ehre 
erweisen,  sind  Sp.  L.  für  honos,  observantia,  honoris  signißcatio  u.  a. ; 
honorare,  in  honore  habere,  colere  u.  a. 

Honorus,  ehrend,  ehrenvoll,  ist  P.  L.  und  findet  sich  bei  Tacitus 
für  honorificus. 

Hora  von  der  Stunde  als  Zeit  können  wir  wohl  auch  jetzt  brau- 
chen, müssen  uns  aber  in  der  Stundenabtheilung,  welche  von  der  der 
Alten  verschieden  ist,  der  unsrigen  bedienen,  und  sie  nach  unsern 
Cliren  angeben.  Aber  hora  als  Ortsmaass  geradezu  für  unser  Stunde 
zu  brauchen,  ist  unlateinisch,  da  die  Alten  die  Ortsentfernung  nicht 
nach  der  Zeit,  sondern  nur  nach  Längenmaassen  bestimmten,  so  dass 
quinque  millia  passuum  nach  unserm  Maasse  eine  Meile  oder  zwei 
Stunden  sind,  eine  Stunde  aber  mille  ducenti  quinquaginta  passus, 
wozu  wir  zur  Verständlichkeit  hinzusetzen  können:  quos  horam  Ger- 
mani  dicunt.  —  Eine  Stunde  bestimmen  heisst  horam  dicere,  nicht  ho- 
ram  constituere.  Von  Stunde  zu  Stunde,  fast  gleich  stündlich,  heisst  in 
horas,  in  singulas  horas ;  vgl.  Dies.  —  Noch  andere  Bedeutungen  des 
W  ortes  Stunde,  wo  hora  nicht  passt,  s.  in  deutsch-Iat.  Lexicis. 

Horizon,  der  Horizont,  ist  P.  u.  Sp.  L. ;  Cic.  (Divin.  II,  44)  sagt 
dafür  orbis finiens,  und  Seneca ßnitor. 

Hornus,  heurig,  vo?i  diesem  Jahre,  ist  P.  L.  für  hornotinus. 

Horologium,  die  Uhr.  So  verschieden  die  Uhren  der  Alten  von  den 
unsrigen  waren,  so  können  wir  doch  dieses  Wort  unbedenklich  von 
unsern  Uhren  brauchen,  zumal  da  die  Somienuhr  den  besondern  Na- 
men Solarium  und  die  Wasseruhr  den  Namen  clepsydra  hatte. 

Horrere  wird  verbunden  mit  dem  Accus,  aliquem,  aliquid,  sich  vor 
Eitlem,  vor  Etwas  fürchten,  schaudern ;  horrescere  aber  ist  in  dieser 
Bedeut.  nur  P.  L. 

Horrificare,  erschrecken ,  in  Schrecken  setzen,  ist  nur  P.  L.  für 
terrere,  exterrere,  perterrere  u.  a. 

Horsum,  hierher,  kommt  J.  L.  bei  Plautus  und  Terenz  vor,  und 
ist  wahrscheinlich  veraltet  für  A?/o.  Es  ist  also  kaum  zu  brauchen;  den- 
noch thut  es  selbst  Noiten  (Antib.  praef.  p.  1). 

Hortamen  und  hortamentum,  die  Ermunterung.,  Anreizung,  kom- 
men zwar  bei  Sallust,  Livius  und  Tacitus  vor,  sind  aber  selten  für  die 
gewöhnlichen  hortatio,  adhortatio,  exhortatio. 

Hortatorius,  aufmunternd,  rathend,  ist,  wie  alle  andere  dazu  gehö- 
rige Formen,  z.  ß.  adhortatorius,  cohortatorius,  dehortatorius,  exhor- 
tatorius,  N.  L.  —  Wiewohl  bei  Quintilian  hortntivus  in  diesem  Sinne 
vorkommt,  so  werde  es  doch  lieber  vermieden  und  durch  die  Verba 
oder  Substantiva  umschrieben.  Auch  wird  eine  aufmunternde  Rede 
nach  Cicero  lieber  suasio  genannt  werden.  Vgl.  Schori  ratio  discen- 
due  ling.  graec.  p.  231. 

Hör  latus,  die  Ermunterung,  kommt  im  Sing,  nur  im  Abi.  hortafu 


389 

Tor;  im  Plur.  ist  ea  P.  L.,  jedoch  steht  aiicli  bei  Tacitus  mutui  horta- 
tus  für  mutuae  hortationes. 

Hortensia,  zum  Garten  gehörig,  wird  von  Einigen  verworfen  für 
das  häufigere  hortensius. 

Hortulanus,  der  Gärtner,  ist  erst  Sp.  L.;  der  Begriff  soll  in  olitor 
liegen,  was  aber  zu  eng  dafür  ist;  man  lasse  daher  entweder  jenes 
Wort  zu,  oder  brauche  topiarius  oder  Iwrtorum  cultor. 

Hortus  im  Sing,  soll  meistens  einen  Gemüse-  oder  Grasgarten 
(ohne  Kunst)  bedeutet  haben,  aber  (im  Plur.)  hör ti,  einen  Lustgarten, 
dergleichen  die  Alten  besondere  hatten,  wie  die  horti  Sallustiani,  horti 
Maecenatis,  horti  pensiles  (der  hängende  Garten)  Semiramidis  u.  a. 
Vgl.  Reisig's  Vorlesung,  p.  134. 

Hospes  ist  nur  der  Wirth,  der  einen  Andern  gastlich  und  unent- 
geltlich aufnimmt,  wogegen  caupo  derjenige  Wirth  ist,  welcher  sich 
die  Aufnahme  und  Bewirthung  bezahlen  lässt.  Eben  so  verschieden 
sind  hospitium  und  caupo?ia. 

Hospitalis.  Das  Neutrum  davon,  hospitafe,  mit  und  ohne  cubiculum, 
bedeutete  bei  den  Alten  nur  ein  Gastzimmer,  nie  aber,  wie  im  N.  L., 
ein  Hospital  für  Kranke,  was  besser  durch  valetudinarium  oder  nach 
dem  Griechischen  durch  nosocomium  zu  geben  ist. 

Hospilari,  Gast  sein,  einkehren,  findet  sich  N.  Kl.  nur  bei  Seneca 
und  dem  altern  Plinius,  für  hospitem  esse,  deverti ;  nie  aber  bedeutet 
es  gastlich  aufnehmen,  was  hospitaliter  oder  hospitio  aliquem  accipere 
oder  excipere  heisst. 

Hosticus,feindlich,  ist  fast  nur  P.  L.  Kr  hostilis ;  Livius  verbindet  es 
nur  mit  ager  und  braucht  das  Neutr.  hosticum  vom  feindlichen  Lande ; 
—  es  werde  vermieden.  Ein  ähnliches  Wort  ist  civicus^  wo^on  oben 
die  Rede  war. 

Hostilis,  feindlich,  wird  meistens  nur  da  gebraucht,  wo  der  Begriff 
der  feindlichen,  feindseligen  Gesi7inung  vorherrscht,  und  so  dürfen 
auch  wir  es  allein  gebrauchen;  selten  aber  da,  wo  es  gleich  hostiurn, 
der  Feinde,  ist.  Damit  vertausche  man  es  daher  immer,  mag  auch  terra, 
ager,  regio  hostilis  sogar  bei  Cicero  u.  A.  vorkommen ;  bei  Caesar  findet 
sich  nie  ein  Ausdruck  der  Art.  3Ian  sage  daher  nicht  castra  hostilia^ 
exercitus  hostilis,  agmen  hostile,  sondern  gebe  es  durch  hostium. 

Hostis,  Feind,  imterscheidet  sich  von  i?iimicus  so,  dass  es  denjeni- 
gen bedeutet,  welcher  gewaltthätig  ^^gen  Andere  verfährt,  wie  die 
Krieg  Führenden,  und  in  Rücksicht  auf  Einzelne,  z.  B.  Clodius  ^^g^n 
Cicero  und  seine  Anhänger  (Cic.  Sest.  61,  129)  ;  Verres  gegen  römi- 
sche Bürger  und  andere  Leute  einer  Provinz;  Catilina  gegen  das  Va- 
terland; liegt  aber  dieser  Begriff  nicht  darin,  wie  hei  Privat-Feind- 
schaffen,  z.  B.  Catilina  gegen  Cicero,  so  ist  inimicus  zu  setzen. 

Huba,  die  Hufe  La?ides,  ist  N.  L.  und  kann  wohl  als  Kunstwort  für 
das  bestimmte  Ackermaass  gebraucht  werden,  doch  muss  es  zur  Ver- 
ständlichkeit einen  Zusatz,  ut  Germanico  verbo  utar  u.  dgl.,  erhalten; 
aber  im  allgemeinen  Sinne  brauche  man  nur  jugerum. 

Huc,  zu  diesen  (von  Personen),  braucht  zwar  Cicero,  doch  werde 
es  nicht  nachgeahmt,  wie  es  Muretus  gethan  hat.  Vgl.  Frotscher  z. 
Mureti  Opp.  T.  I,  p.  411  ed.  Fr.  —  N.  L.  ist  huc  unum,  alterum 
illuc,  das  Eine  dahin,  das  j4ndere  dorthin,  für  aliud  alio,  z.  B.jacere, 
werfen,  dissipare,  zerstreuen  u.  dgl.  —  N.  Kl.  wird  huc  nach  griech. 


390 

Art  mit  einem  Genitiv  Terbunden,  z.  B.  huc  arrogaräiae,  zu  dem  Grade 
von  Arimassun^,  was  jedoch  liöchst  selten,  nur  bei  Tacitus  u.  A.  vor- 
kommt lind  nicht  nachzuahmen  ist.  ^gL  Eo,  und  Handii  Turseliin. 
T.  111,  p.  107. 

Hujns  ist,  in  welcherBedeut.  es  sei,A'.  Z.  —  J.Fr.Reitz  brauchte  es: 
fami^eratissimi  doctores  Juijalis  academiae,  für  hvjus  acad. 

Hucusque  findet  sich  nuriV.  Kl.  beim  altern  PJinius  und  noch  Spä- 
tem, aber  nur  in  örtlicher  Bedeutung-,  bis  hierher, bis  soireil,  für  usque 
ad  hunc  locmn,  usqiie  eo,  vsqiie  ad  id;  N.  L.  aber  ist  es  in  der  Bedeut. 
bisher,  für  adhuc  oder  usque  adhuc.  So  kommt  es  oft  im  N.  L.  vor, 
z.  B.  hi  omnes  codd.  hucusque  incogniti  fuerunt. 

Humane  und  humaniter  sind  gleich  gut,  und  haben  auch  wohl  keine 
verschiedene  Bedeutung.  Für  wunderlich  hält  es  Raschig  (Progr.  de 
antibarb.  p.23),  wenn  Jemand  von  sich  sagte:  humanissime  ab  eo  petii 
oder  eum  ^'w^'^■/«^'^■  u.  dgl., indem  er  sich  dann  selbst  Humanität  beilegte. 
Sollte  dies  ohne  Beispiel  sein? 

Hnmanista,  ein  Humanist,  Philolog,  ist  N.  L.  für  litterarum  anti- 
quarum  Studiosus,  wenn  man  nicht  geradezu  das  neuere  Kunstwort 
philologus  für  diesen  Begriff  nehmen  will. 

Humanitas  ist  in  der  Bedeut.  die  Menschheit,  d.  h.  die  Menschen, 
N.  L.  und  lächerlich  für  homines,  genus  humanum.  Auch  bedeutet  es 
nach  Döderlein  nie  Menschlichkeit  mit  dem  Begriffe  menschlicher 
Schwäche,  wiewohl  in  humanus  dieser  Begriff  bisweilen  liegt.  Da  hu- 
manitas auch  Bildung,  feine  Leben sbildiing  bedeutet,  so  verstellt  Cic. 
(Orat.  II,  17,  72)  unter  politior  humanitas.,  feinere  wissenschaftliche 
Bildung,  erworben  durch  Sprachkenntniss,  Philosophie,  Geschichte 
und  Bekanntschaft  mit  Poesie  und  Beredtsamkeit,  welche  alle  in  stu- 
dia  humanitatis  begriffen  waren,  wovon  unsere  Philologie  nur  ein  ein- 
zelner Theil  war. 

Humanus.  Bei  den  Alten  wird  dieses  Adjectiv,  in  welcliem  Grade 
es  sei,  nirgends  der  doctrina,  den  artes,  litterae,  studia  beigelegt,  und 
so  werden  denn  die  seit  langer  Zeit  üblichen  Ausdrücke  doctrina  hu- 
m.anior ,  litterae  humaniores ,  studia  hnmaniora  und  humaniora  allein, 
unter  denen  man  vorzugsweise  die  Alterthumswissenschnft  versteht, 
verdächtig,  zumal  da,  wie  Wolf  (Museum  I,  p.  12  u.  89)  bemerkt  hat, 
der  Compnratiü  in  dieser  Benennung  seltsam  und  ganz  unzulässig  ist, 
und  die  Frage  gestattet,  welche  litterae  —  humanae,  und  welche  huma- 
nissimae  zu  nennen  seien?  Wer  zuerst  so  gesagt  hat,  weiss  ich  nicht; 
aber  schon  Mannt.  (Epist.  IV,  6)  braucht  humanioris  doctrinae  studia; 
Perpinian.  (Orat.  I,  p.  39)  sagt  humaniores  litterae,  und  wem  ist  Mu- 
retus  Rede  de  utilitate  ac  praestantia  litterarum  humaniorum  unbe- 
kannt? Auch  Henr.  Stephanus  (schediasra.var.  111,11.  p.30)  gebraucht 
diesen  Ausdruck.  —  Durch  solche  Männer  erhielt  diese  Redensart 
Auctorität,  wurde  gangbar  und  ist  es  noch  jetzt,  selbst  nach  Wolfs 
Tadel.  Sie  ist  gleichsam  Kunstwort  für  unser  ^Iterthumsivissenschaft, 
wofür  litterae  antiquae  oder  antiquitatis  studia  die  passendsten  Aus- 
drücke sind,  wenn  man  nicht  lieber  das  Wort  philologia  in  der  allge- 
meinen erweiterten  Bedeutung  der  gesammten  Alterthumswissenschaft 
beibehalten  will,  so  dass  klassische  Philologie  etwa  philologia  litterarum 
graecarum  acromanarum  liiesse. — Andere  wollen  nach  Cic.  (Orat.  I, 
42,  187)  grammatica,  orum,  was  nach  unserra  heutigen  BegriflFe  von 


891 

Grammatik  zu  en^  und  kleinlich  ist;  Ändere  litterarum  antiquarum 
studio  (disciplina,  doctrtna),  artes  bonae  (liberales,  ingenuae,  honestae), 
studia  humanitatis  et  litterarum,  doctrina  (disciplina)  humanitatis  \\.  a. 
Humectare,  befeuchten,  benetze?!,  kommt  ausser  beim  altern  Plinius 
fast  nur  P.  L.  vor,  für  irrigare,  hiimore perfunderd  humidum  reddere 
(efßcere). 

Humidare,  befeuchten,  ist  zweifelhaft. 

Humiditas,  die  Nässe,  Feuchtigkeit,  ist  N.  L.  für  humor. 

Humilis,  niedrig,  gemein,  gering,  ist  N.  L.  in  der  ßedeut.  demüthig, 
bescheiden,  ergeben,  unterthänig ,  für  modeslns ,  deniissus ,  submissus, 
subjectus,  da  humilis  bildlich  nur  Schwäche  und  UnvollkommeTikeit  der 
Seele  anzeigt.  Daher  passt  humillimus  als  Unterschrift  in  Briefen  nicht 
für  tibi  amicissimus ,  tut  amantissimus ,  tibi  deditissimus,  tui  studiosis- 
simus  oder  observantissimus.  Vgl.. auch  Addicere ;  ausserdem  Schori 
Phras.  p.  288  u.  411.  Vorst.  lat.  nier.  susp.  p.  194.  Mosheira.  praef.  üb. 
Folietae  de  ling.  lat.  p.  XVI.  —  Und  so  brauche  man  als  Adv.  demisse^ 
submisse,  modeste.  Caes.  (B.  C.  I,  84)  drückt  Etwas  unterlhänigst  vor- 
tragen durch  deynississime  atque  subjectissime  exponere  aus.  Eben  so 
wenig  kann  humilitas  gebraucht  werden  in  der  Bedeut.  Demuth  als 
Tugend,  für  modestia,  animi  submissio,  moderatio  u.  a.  Verwerflich  ist 
auch  de  aliqua  re  humiliter  sentire  in  der  Bedeut.  von  Etwas  verächtlich 
denken,  für  contemptim  loqui,  da  die  Gedanken  durch  Worte  ausge- 
drückt sind.  —  Humilis  ist  auch  unpassend,  wo  wir  sagen :  die  Preise  sind 
(stehen)  niedrig,  die  Dinge  stehen  in  niedrigem  Preise ;  also  nicht  hnmile 
pretium,  sondern  pretia  rerum  ^acent,  magna  est  rerum  vilitas,parvum 
est  rerum  pretium. 

Hymenaeus,das  Hochzeitslied,  ist  nur  P.  L.  für  Carmen  nuptiale. 

Hymnus,  Lied,  Lobgesang,  kommt  fast  nirgends  vor,  und  ist  meist 
Sp.  L.  für  Carmen,  canticum. 

Hyperbolicus,  übertrieben,  ist  fast  N.  L.  für  quod  veritatem  superat, 
excedit. 

Hypocaustum  ist  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Stube,  JFohnzim?ner 
N.  L.,  da  es  bei  den  Alten  ein  von  unten  durch  Röhren  geheiztes  Zim- 
mer—  (um  Schweiss  hervorzubringen)  bedeutet;  man  setze  dafür 
cubiculum  oder  conclave.  Vgl.  Heusing.  Emend.  p.  410. 

Hypocrisis ,  Verstellung ,  Scheinheiligkeit ,  ist  kaum  erweislich  für 
simulatio ,  pietatis  simulatio ;  zulässig  ist  es  aber  als  Kunstwort  in  der 
Dramatik  von  der  Nachahmung  der  Gebärden.  Gut  ist  auch  das  Wort 
hypocrita  von  einer  Pei'son,  aber  nicht  in  der  Bedeut.  Heuchler,  was 
Simulator  oder  dissimulator  (nach  der  Verschiedenheit  der  Hand- 
lung) heisst. 

Hypofhesis  war  bei  den  Alten  nur  ein  Thema  zu  einer  Rede  u.  dgl., 
nirgends  aber  findet  es  sich  weder  in  der  Bedeutung  Bedingung,  für 
conditio,  noch  in  der  Bedeut.  ein  ohne  sichere  Gründe  angenommener 
Satz,  eine  Hypothese.  Als  Kunstwort  ist  es  in  beiden  Bedeutungen  bis- 
weilen kaum  zu  entbehren;  im  letztern  Siime  sagt  daher  Eichstädt 
irgendwo :  novae  opiniones,  quas  hypothesium  nomine  celebrant. 


392 

I.  i.     • 

Jacere,  liegen,  von  einem  Lande  und  Orte,  kommt  zwar  selten  vor. 
iet  aber  nicht  zu  verwerfen.  Es  findet  sich  zwar  nie  bei  Cicero  und 
Caesar,  aber  bei  Brutus  (in  Cic,  Fam.  XI,  Ü3,  2),  Corn.  Nepos,  Livius 
und  Spätem,  gleichbedeutend  mit  esse,  si'tum  oder  positutn  esse ;  z.B. 
Caes.  (B.  G.  I,  IG):  Gallia  sub  septemtrionibus  posüa  est,  und  (111,9): 
Britannia  contra  eas  regiones  posi'fa  est  (liegt  diesen  Gegenden  gegen- 
über). Bei  Ang;abe  der  Weltg-egend  sagt  man  auch  spectare  in  — ,  z.  B. 
in  meridiem.  Von  einem  Kranken  sagt  man  für  graviter  aeger  est  auch 
graviter  jacet  {Pl'm.  Ep.  II,  20,  2;  V,  9),  er  liegt  schwer  darnieder.  Gut 
ist  auch  jacere  ad  alicujus  pedes  (Cic,  Fam.  VI,  14.  Quinct.  31,  96. 
Q.  fr.  II,  5,  2)  oder  jacere  alicui  ad  pedes  (Cic.  Verr.  V,  49,  129),  als 
Folge  von  se  abjicere  oder  occidere  ad  alici/jus  pedes.  Vgl.  Jacere. 

Jacere  se  ad  alicujus  pedes  oder  alicui  ad  pedes,  sich  Einem  zu 
Füssen  werfen,  ist  wohl  ohne  Auctorität;  vgl.  dagegen  Abjicere.  — 
N.  L.  ist  jacere  culpam  in  aliquem,  die  Schuld  auf  Jem.  tverfen,  für 
culpam  ira?2sferre,  conferre,  injicere  in  aliq.,  culpam  alicui  attribuere. 
Ebenso  ist  N.  L.  aliquem  jacere  oder  jactare  lapidibus  u.  dgl.,  Einen 
mit  Steinen  —  werfen,  für  jacere  oder  coftjicere  lapides  —  in  aliquem; 
lapidibus  aliquem  appetere.  Vgl.  Schori  Phras.  p.  105. 

Jactantia,  das  Prahlen,  Grossthun,  kommt  zwar  erst  N.  Kl.,  aber 
bei  Quintilian  vor,  und  ist  wehew  jactatio  und  ostentatio  nicht  zu  ver- 
werfen. Das  Prahlen  mit  JForten  heisst  auch  magniloquentia, granditas 
verborum.  Vgl.  Weher's  Uebungssch.  p.  241. 

Jam  ist  nicht  immer  unser  schon.  Vgl.  wegen  einzelner  Redens- 
arten die  deutsch-lat.  Lexica  und  Handii  Tursell.  T.  III,  p.  110  fgg. 
—  Hier  geniige  die  Warnung  vor  dem  falschen  Gebrauche  des  Wortes. 

Jamdiu,  jamdudum,  jampridem  est  mit  darauf  folgendem  5'^/orf  oder 
cum,  es  ist  schon  lange,  la?ige  Zeit,  dass  — ,  findet  sich  j4.  L.  bei  Plau- 
tus  und  ist  nicht  nachzuahmen;  man  verbinde  vielmehr  beide  Sätze  zu 
einem  ;  z.  B.  es  ist  schon  lange,  dass  du  mich  erwartest,  nicht  jamdiu 
est,  quod  oder  cum  me  exspectas,  sondern  blos  jamdiu  me  esspectas. 
Richtig  aber  ist  jam  sunt  sex  anni,cum  (nicht  quod)  me  exspectas.  Vgl. 
Horat.  Tursell.  de  partic.  p.  288.  —  Uebrigens  sagt  Aug.  Grotefend 
(Coramentar.  p.  162).  jamdudum  bedeute  schon  seit  langer  Zeit,  aber 
jampridem,  schon  i'or  langer  Zeit,  längst,  und  so  behauptet  auch  G.  F. 
Groieiend,  jamdiu  sei  das  schon  la?ige  in  der  Wirklichkeit,  aber  Jom- 
dudum  sei  Sprache  des  Ungeduldigen,  welchem  ein  Augenblick  schon 
eine  Ewigkeit  dünke;  falsch  sei  es  daher,  zu  sagen:  mos  jamdudum  in- 
valuit.  scho7i  lange  ist  die  Sitte  eingerissen,  für  jamdiu  oder  jampri- 
dem. Vgl.  auch  Handii  Tursell.  T.  III,  p.  158  fgg. 

lapetioniades,  der  Sohn  des  lapetus,  ist  falsche  Form,  welche  Mu- 
retus  irgendwo  braucht,  für  Tapetionides. 

Iber,  Plur.  Iberes,  und  Iberus,  Plur.  Ibei-i,  die  Spajiier,  scheinen 
gleich  gute  und  übliche  Formen  gewesen  zu  sein,  wiewohl  Cicero  und 
Caesar  nur  Celtiberi  brauchten. 

Ibi,  da.,  von  der  Zeit,  in  der  Bedeut.  darauf,  für  tum,  ist  nicht  nur 
A.  L.,  sondern  findet  sich  auch  oft  bei  Livius  und  ist  nicht  zu  verwer- 
fen. Vgl.  Drakenb.  Liv.  VII,  23,  4.  Ebenso  in  der  Bedeut.  bei  der  Ge- 
legenheit,  wo    denn   bisweilen  tum    pleonastisch   beigesetzt  ist.  Vgl. 


393 

Mannt.  Cic.  Quinct.  p.  IT  ed.  Graev.  und  ohen  ITic.  —  N.  Kl.  nur  beim 
äilern  Plinius  iiiul  seifen  findet  sicli  «ä«  mit  dem  Genit.  loci,  für  eo  loco 
oder  blos  ibi.  —  N.  L.  aber  ist  es  wohl,  in  Sätzen,  wie:  schon  oder 
kaum  icor  das  geschehen,  da  verliessen  Alle  den  Platz,  zu  sa^en  —  ibi 
reliqnerunt,  für  cum  locura  —  reliquerunt  oder  relinquunt.  Ueber  ibi 
habes  in  Sätzen,  wie:  da  hast  du,  vgl.  das  Adv.  Hie. 

Ichnographia,  ein  Riss,  Wn^Gt  sich  nnr  bei  Vitruv,  und  werde  als 
fremdes  Wort  lieber  vermieden  durch /o/"?«g  oder  adunihratio. 

Icon,  das  Bild,  steht  N.  Kl.  nur  beim  altern  Plinins,  und  ist  noch 
dazu  zweifelhaft  für  imago,  simulacrum,  efßgies ;  ebenso  kommt  iciin- 
c?ila,  em  Bildchen,  nur  bei  Siieton  vor,  der  jedoch  an  andern  Steilen 
dafür  imagiincula  braucht.  Man  vermeide  sowohl  icoJi  als  icuncula. 
JVirg-ends  findet  sich  icon  in  der  Bedeut.  Abbildung  e'mer  Münze  oder 
sonstiger  Gegenstände;  dafür  ßgura,  tabula  aenea.,  tabula  lilhogra- 
phica  u.  dgl. 

Idea,  die  Idee,  eine  gedachte  oder  gestige  Vorstellung,  ein  Begriff 
Ton  einer  Sache,  ist  von  Cicero  und  Seneca  als  philosopliisches  Wort, 
wiewohl  selten,  gebraucht  worden,  wie  es  denn  aucli  für  die  philoso- 
phische Sprache  bisweilen  unentbelirlich  ist.  In  der  Bedeut.  Begriff 
sagt  man  dafür  oft  noiio,  doch  kann  es  auch  oft  auf  andere  Weise  aus- 
gedrückt werden  ;z.  B.  ich  kann  mir  davon  keine  Idee  machen,  eam  rem 
non  possum  cogitatione  comprehendere ;  die  Idee  von  Göttern,  deorum 
opinio  (Cic.  Tusc.  I,  J3,  30)  ;  in  der  Idee  uTiterscheidefi  sich  diese,  co- 
gitatione haec  inter  se  differunt  (Cic.  Tusc.  IV,  31,  24)  ;  wir  haben 
eine  Idee  davon,  opinamur  (ib.  I,  16,  36);  eine  Idee  fassen,  cogitatione 
complecti  (Cic.  Orat.  I,  1).  Auch  ist  Idee  bisweilen  quod.  Jingimus, 
fortna  oder  species  tnenti  objecta  (Cic.  Divin.  I.  37,  81).  —  Für  unser 
davon  abgeleitetes  Wort  Ideal  findet  sich  im  Latein,  kein  einzelner, 
immer  anwendbarer  Ausdruck;  dies  macht  daher  oft  Schwierigkeit. 
Es  wird  oft  durch  species  optima,  eximia  ausgedrückt  (Cic.  Orat.  1,  2 
und  2,  9);  ein  Ideal  der  Tugend  heisst  species  ho7iesta  (Cic.  Tusc.  II, 
22,  52);  ein  Ideal  der  Beredtsamkeit  aufstellen,  ejccellentis  eloquentiae 
speciem  et  formam  adumbrare  (ib.  14,  43);  ein  Ideal  einer  gerechten 
Herrschaft,  efßgies  justi  imperii  (Cic.  Q.  fr.  I,  1,  8);  ein  Ideal  des  Be- 
sten angeben,  formam  optimi  exponere  (Orat.  11,  36);  mein  Ideal,  id 
quod  volumus  (ib.  6,  23);  das  Ideal  eines  vollkommnen  Redners,  iniago 
perfecti  oraloris  (Quintil.  I,  10,  4).  Nach  Andern  wäre  der  Begriff 
Ideal  auch  durch  specimen  (Cic.  Tusc.  I,  14,  32;  V,  19,95),  ese7nplar., 
eocemplum,  cogitata  species,  quod  cogitatione  tantum  et  mente  comple- 
ctimur  \\.  a.  zu  bezeichnen.  Vgl.  besonders  Weber's  üebungssch.  p.  46. 
—  Ein  Adj.  idealis,  welches  fast  N.  L.  ist,  fällt  bloa  der  philosophi- 
schen Sprache  anheim,  die  es  nicht  wohl  entbehren  kann ;  bisweilen 
kann  dafür  auch  opti?nus,  perfectus,  pulcherritnus  u.  a.  gesagt  werden. 

Idem,  ebenderselbe.  Bei  Vergleichungen  sagen  wir  zuweilen  eben- 
derselbe mit  Jemanden,  z.  B.  Apollo  ist  mit  Phoebus  ebenderselbe ;  so 
auch  im  Latein.,  wenigstens  bei  Livius  (XXX,  12,  15)  und  Andern  idem 
cum.  Aber  man  wähle  lieber  dafür  das  AV.gewöhnliche  qui,quae,  quod 
oder  ac  (atque),  z.  B.  Apollo  idem  £st,  9^/^■  Phoebus  oder  ac  Phoei)us. 
Den  Gebrauch  mit  cum  haben  Viele  übereilt  als  unlateinisch  verwor- 
fen. Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.542.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  231.  Ileusingei-. 
Emendd.p.471;  —  dagegen  HandüTursell.  T.  11,  p.  140.  Benecke  z.  Cic. 


394 

Catil.  p.  74  (wo  aber  die  Stellen  aus  Cic.  für  cum  Nichts  beweisen), 
Reisig's  Vorlesung,  j).  416.  4J7  und  die  Anm.  —  P.  L,  ist  idem  mit  d. 
Datic,  wie  z.  B.  Ruhnken  (praef.  Velleji)  sagt:  P.  Feliejum  eundem 
stalimnt  C.  Fet/ejo  historiae  scriptori,  wo  Zumpt  (in  Ruhnk.  Opusc. 
II,  p.  459) bemerkt,  es  hiesse  besser:  euiidem  statuunt  esse  atque  hunc 
C.  Felleju7n.  Vgl.  auch  Reisig's  Vorles.  p.  416  und  die  Anm.  —  Auch 
lassen  wir  wie  folgen,  welches  aber  nicht  ut  heisst,  wenn  wie  so  viel 
ist  als  welcher,  sondern  qui :  z.  B.  die  Behandhing  solcher  Wörter  ist 
ebenso  (ebendieselbe),  tvie  die  der  obigen,  nicht  est  eadem,  ut  superio- 
rnvt,  sondern  quae  svp.  (Cic.  Top.  11,  48).  —  Als  Sp.  L.  verwirft 
Matthiae  mit  Andern  idem  ipse,  und  liest  in  Cic.  Manil.  I(),46  für  idem 
ipse  Mithridates,  was  alle  ältere  Aiisgg.  haben,  blos  ipse  iV.,  ohne  idem, 
wogegen  Klotz  aus  den  bessern  Handschr.  idem  iste  liest.  Vgl.  Renecke 
zu  Cicero.  Auch  an  andern  Stellen  Cicero'«,  wo  es  vorkommt,  wird  es 
verändert.  —  Wann  idem  für  er  auch  stehe,  s.  unter  Etiam.  —  N.  L. 
ist  auch  idem  etiam,  idem  quoque,  wie  wir  sagen  ebenderselbe  mich ; 
der  Lateiner  braucht  hier  blos  idem.  Falsch  ist  z.  B.  qui  fortis  est, 
idem  est  etiam  fidens,  oder  fidens  quoque,  wo  etiam  und  quoque  weg- 
bleiben müssen. 

Idioma  ist  nach  dem  Griech.  wohl  die  Eigenheit,  Eigenthiimlich- 
keit,  z.  B.  einer  Sprache,  aber  nicht  die  Sprache  selbst,  wie  man  es  im 
N.  L.  findet,  z.  B.  idioma  graecum,  die  griechische  Sprache,  für  lingua 
graera,  sermo  gr accus. 

Idiota  kann  in  der  Be<leut.  Ignorant  nach  Cicero  zwar  in  unssen-^ 
schaftlichen  Divgen  und  in  Kiinstsnchen  gebraucht  werden;  denn  Ci- 
cero setzt  z.  B.  dem  vollkommnen  Weisen.,  dem  sapiens  den  idiota  ent- 
gegen, welchen  die  Lateiner  sonst  stultus  nennen,  und  so  den  Kunst- 
kennern den  idiota,  welchen  wir  einen  Laien  zu  nennen  pflegen;  aber 
nicht  jeder  Unwissende  und  Unverständige  heisst  so,  sondern  rudisy 
indoctus,  imperitus,  illiteratus  u.  a. 

Idiotismus  bedeutet  nur  eine  Gemeinheit  einer  Sprache,  Eige?iheil 
der  gemeinen,  niedrigen  Volkssprache,  nicht  die  Eigenheit  oder  Eigen- 
thiimlichkeit  der  bessern  Schriftsprache;  dafür  setzt  man  proprieias 
oder  das  griechische  idioma.  Falsch  nannte  daher  Fr.  Viger  sein 
bekanntes  Buch  ?/ber  die  Eigenheiten  der  griech.  Sprache,  de  idioti- 
smis  graecae  dictionis. 

Idololatra  oder  idololatres  (nicht,  wie  Andere  wollen,  idolatra,was 
weder  eine  griechische,  noch  latein.  Form  ist),  der  Götzejidienery 
Heide,  ist  aus  den  griech.  Kirchenvätern  auch  in  die  lateinischen  über- 
gegangen; für  die  neue  Idee  ist  es  nicht  verwerflich  und  sogar  viel- 
leicht verständlicher  als  ethnicus  und  gentilis.  Davon  abgeleitet  ist  auch 
idololatria,  der  Götzen  dien  st, das  Heidenthum, was  ebenfalls  die  Kirchen- 
väter brauchen.  —  Das  Wort  idolum  aber,  in  der  Bedeut.  Götzenbild. 
ist  unnöthig  wegen  signum,  simulncrum  dei.  In  der  Bedent.  Gespenst 
oder  Erscheinung  braucht  es  der  jüngere  Plinius  für  spectrum. 

Idoneitas,  Geschicklichkeit,  ist  Sp.  L.  für  animi  habitus,  indoles, 
dexteritns,  sol/ertia,  facultas,  scie?)tia  u.  a. 

Idoneus  hat  in  der  bessern  Schriftsprache  keine  Comparativ-  und 
Superlativform.  In  der  Bedeut.  (»^escA/cA^  beschränkt  es  sich  auf  solche 
Leute,  welche  entweder  von  Natur  oder  durch  ihre  Lage  und  Um- 
stände fähig  sind,  Etwas  zu  thun,  bedeutet  aber  nicht  g^e/s/Zg-  geschickt^ 


395 

gelehrt,  was  intelh'gens,  doctus,  eruditvs ,  peritiis  u.  dgl.  heisst.  —  Ge- 
scliichtschreiber  und  Zeugen  in  einer  Sache  werden  auctores  idonei 
genannt,  wenn  sie  vollgültige  Gewälirsmänner  sind,  denen  man  glau- 
ben kann,  indem  sie  Tliatsachen  berichten,  welche  sich  entweder 
gleiclizeitig  mit  ihnen  oder  kurz  vor  ihnen  ereigneten,  und  die  also 
gleichsam  als  Augenzeugen  Glauben  verdienen.  Von  gelehrten  und  ge- 
schickten Kunstrichtern  möchte  es  daher  unpassend  gebraucht  wer- 
den, wie  z.  B.  J.  A.  Ernesti  (Opusc.  orat.  p.  ]20)  sagt:  magnnm  est 
rem  —  ita  exornare,  ut  semper  a!i  ?Wo??e?'s  judicibus  probere,  dass  man 
immer  den  Beifall  geschickter  Kunstrichter  erhalte,  wo  intelli^entihus, 
peritis  oder  doctis  passender  gewesen  wäre.  —  P.  L.  wird  es  mit  dem 
Inf.  verbunden,  für  ut  oder  g?ii,  z.  B.  dn  hntiest  vielleicht  keinen  Tang- 
lichen dorthin  zusenden,  tibi  fortassse  idoneus  fuit  nemo,  wf  (qui)\\\\xc 
legaretur  (mitteretnr),  nicht  illuc  legare. 

Je junare,  fasten,  sich  der  Speise  enthalten,  ist  erst  sehr  Sp.  L.  für 
cibo  (ac  potu)  abstinere. 

Jejunium  ist  mehr  ein  bestimmter  Fasttag,  eine  heilige  Fastenzeit, 
als  das  gewöhnliche  Fasten,  d,  h.  Nivhtessen,  welches  inedia  heisst. 

Jentaculum,  das  Frühstück,  ist  nach  Sneton  das  erste  Frühstück 
gleich  nach  dem  Aufstehen;  das  zweite,  spätere  war/)rßw</»M/n,  worauf 
später  die  coena  folgte. 

Igitur,  daher,  hat  Kl.  gewölinlich  im  Satze  die  zweite  oder  dritte 
Stelle,  und  die  e;s/enur  in  Schlussfolgerunge7i  und  beim  Anfange  einer 
Erklärung  oder  Erzählung,  wo  wir  also,  min  braue  heu.  Dies  ging  in 
den  Gebrauch  der  Geschichtschreiber  über,  wie  es  sich  denn  schon 
bei  Livius  so  oft  vorangestellt  findet.  —  Falsch  ist  es  nach  einem  Re- 
lativum.  welches  sich  auf  das  Vorhergehende  bezieht;  hier  muss  es 
wegbleiben,  wesshalb  denn  auch  quod  si  igitur,  wann  dahernun,  {a\sch 
ist  für  quodsi  ohne  igitur.  Falsch  gestellt  ist  interea  dum,  igitur,  unter- 
dess' also,  dass — ,  für  interea  igitur,  du?n.  Auch  sage  man  nicht  et 
oder  atfjue  igitur,  igiturque,  und  daher,  sondern  et  idcirco,  et  proinde, 
et  ideo,  ideoque,  auch  nicht  ftec  (?7eque)  igitur,  sondern  nee  ideo,  nee 
idcirco,  wenn  dadurch  die  Schlnssfolge  gebildet  werden  soll. 

Ignarus  kommt  Kl.  nur  in  activer  Bedeutung  vor,  der  nicht  kennt, 
Fttvas  nicht  treiss,  mit  Etwas  unbekannt  ist,  wo  es  denn  auch  oft  den 
Genitiv  bei  sich  hat.  Nur  so  werde  es  gebraucht,  mögen  auch  Sallust, 
Tacitus  und  Dichter  es  passiv  gebraufht  haben  für  ignotus.  Andern 
unbekannt,  der  nicht  gekannt  ist.  Vgl  Gnarus. 

Ignavitas,  Trägheit,  steht  zweifelhaft  und  noch  dazu  Sp.  L.  bei  Ju- 
stinus  für  ignavia. 

Ignaviter,  träge,  schlaff,  ist  vielleicht  nicht  verwerfliche  Form  ne- 
ben ignave,  was  Cicero  braucht;  jenes  steht  bei  Hirtius  (in  Cic.  Att. 
XV,  6,  2). 

Igneus,  feurig,  wwA  ignis,  das  Fetter,  werden  ausser  bei  Dichtern 
fast  nicht  bildlich  gebraucht;  also  z.  B.  nicht  von  der  Rede  und  dem 
Redner,  wo  urdens,fervidus,  incitatus,  acer,vehemens  und  die  Subst. 
ardor,fervor,  animi  impetus  gebraucht  werden.  Das  jugendliche  Feuer 
heisst  nicht  /^w/s,  sondern  cö/or  oder  ardor  juvenilis ;  das  Feuer  des 
Alters,  fervor  aetatis  (Cic.  Senect.  33,  45);  Feuer  des  Geistes,  aestus 
ingenii  (Cic.  Orat.  III,  36);  Feuer,  Brand  des  Krieges,  incendium  belli 
(Cic.  Rep.  1,  ])  ;  ein  feuriger  Geist,  alacre  ingenium ;  feurig  ermun- 


396 

terti,  ardenter  cohortari.  Ueberhanpt  kommen  ardor  nnd  ordere  oft 
von  dem  Feuer  und  der  Hitze  der  Leide7i8chojten,  eines  Kampfes  u.  dgl. 
vor,  nicht  ignis  und  ig?ieus. 

Ignitiis,  feurig,  glühend,  ist  Sp.  L.  für  igneus,  arden8,fervens  u.a. 

Ig/iiio?ni/s,  feuerspeiend,  kommt  sehr  Sp.  L.  bei  einem  Dichter 
vor,  für  flanwiifer  oder  (nach  Virgil)  ignem  vomens,  auch  wohl  igni 
ardens. 

Ignobiliter,  unberühmt,  ist  fast  iV^  L.  und  muss  durch  das  Adject. 
ausgedrückt  werden. 

Ignomi?iiose,  schimpflich,  ist  Sp.  L.  für  per  igjiominiam,  cum  igno- 
minia  oder  m.  d.  Adj, 

Ignorabilis,  was  man  nicht  wissen  kann,  unbekannt,  kommt,  ausser 
einmal  in  Cicero's  Jngendschr,  de  invent.  (11,32)  zwischen  vier  andern 
Adjectiven,  nur  A.  L.  bei  Plautus  und  Sp.  L.  bei  Appulejus  vor,  für 
ignoratus,  ignotus,  oder  es  wird  umsclirieben. 

Ignoranter,  univ'ssend,  ist  Sp.  L.  für  inscienter,  imprudenter  oder 
durch  die  Adject.  imprudens,  tjisciens. 

Ignorantia,  die  IJnunssenheit,  Nicht kenntniss,  ist  Kl.  selten;  bei 
Cicero  findet  es  sich  nur  einmal  (Acad.  I,  11,  42)  ohne  einen  Genitiv 
geradezu  in  der  Bedeut.  Umvissenheit  (denn  pro  Flacc.  20,  46  steht 
ignorantia  Utterarum  in  einer  nach  Klotz  wahrscheinlich  eingeschobe- 
nen Stelle)  ;  bei  Caesar  ebenfalls  nur  einmal  (B.  C.  III,  68):  ignoran- 
tia loci;  bei  Ovid  mit  den  Genitiven  culpae  und  veri,  und  einigemal  bei 
Tacitus.  Gewöhnlicher  sind  inseitia,  inscientia  und  ig?ioratio,  welches 
letztere  bei  Cicero  oft  und  nur  in  Verbindung  mit  Genitiven  vor- 
kommt ;  es  ist  daher  dem  Worte  ignorantia  vorzuziehen.  Vgl.  Klotz  z. 
Cic.  Lael.  19,  70.  p.  188  und  Reisig's  Vorlesung,  p.  117. 

Ignorare^  nicht  ?rissen,  nicht  kerinen.  In  der  Bedeut.  unwissend  sein 
oline  irgend  ein  Object  ist  es  N.  L. ;  ebenso  Awch.  ignor ans  in  der 
Bedeut.  unwissend,  oder  gar  als  Subst.,  der  Unwissende.,  Ignorant,  für 
Homo  rudis,  indocfus,  inscius  (Cic.  Leg.  11,  13.  Acad.  II,  22).  —  Wie- 
wohl haud  is^norare,  wissen,  sehr  gewöhnlich  ist,  so  kann  es  doch  in 
der  fragenden  Redensart :  ?/'e/-  iveiss  <f/eses?  nicht  gebraucht  werden, 
sondern  dafür  steht  das  gewöhnliche  quis  hoc  seit? 

Ignoscere,  verzeihen.  Verworfen  wird  die  Form  ignoscituriis  für 
ignotnrus  oder  veniam  daturus.  Fast  nur  ^.  L.  wird  mit  dem  Dativ 
der  Person,  welcher  Jemand  verzeiht,  der  Accusativ  dessen,  was  man 
verzeiht,  verbunden,  z.  B.  ignoscere  alicui  festinationem.  Einem  die 
Eile  verzeihen,  wofür  man  nur  zu  sagen  pflegt  ign.  alicujus  festinatiom 
(Cic.  Fam.  V,  12,  1).  Nur  neutrale  Objecte  der  Pronominen  hoc,  id, 
illud,  quod  machen  natürliche  Ausnahmen.  Verworfen  wird  ig?ioscere 
licentiae  oder  audaciae  mit  folg.  quod,  Eimern  die  Freiheit,  die  Kühn- 
heit verzeihen,  dass  — ,  für  ignoscere,  quod  hoc  mihi  sumo.  Vgl.  Cic. 
Fam.  VII,  5;  XIII,  51. 

Ignoscibilis,  verzeihlich,  ist  A.  L.  und  höchst  selten  für  venia  di- 
gnus  oder  cui ig?wscatur. 

Tgnotus,  ?i?)beknn?it,  den  man  nicht  kennt  (passiv),  kommt  nur  sel- 
ten Kl.  in  activer  Bedeut.  vor,  der  nicht  ke?mt,  iur  ignarus.  So  bei  Cic. 
(Fam.  V,  12,  14)  :  illi  simulacra  ignotis  nola  faciebant.  Vgl.  Abram. 
Cic.  Coel.  2,  3,  wo  auch  von  notus  in  activer  Bedeutung  die  Rede  ist, 
und  Kritz  z.  Sallust.  Catil.  p.  53.  —  Es  werde  nicht  nachgeahmt.  — 


897 

Es  hat  sollet  den  Dativ  bei  sich,  z.  B.  mihi,  tibi,  aber  man  sagt  nicht 
ctilgo,  dem  Volke,  sondern  iji  vufgus.  Auch  merke  man:  unbekannt  von 
Gesicht  heisst  de  facie,  selten  facie,  wie  nosse  aliquem  de  facie  und 
fade.  Vgl.  Facies. 

Jlicus,  Ilisch,  ist  falsche  Form  für  Iliacus  oder //ms,  wiewohl  beide 
nur  bei  Dichtern  für  Trojanus  vorkommen,  sowie  überhaupt  Ilium 
und  Ilienses,  die  Einwohjier  von  Ilium,  nur  geographische  Namen  sind. 

lllaborare,  arbeilen,  wird  mit  dem  Abi.  in  — ,  an  einem  Orte,  ver- 
bunden; nur  bei  Tacitus  kommt  es  ohne  in  vor:  illaborare  domibus,  für 
laborare  in  domibus,  was  nicht  nachzuahmen  ist. 

Illacrimare  und  illacrimari,  weinen,  verbunden  m.  d.  Dat.,  über  Etwas, 
sind  beide  gut;  die  active  Form  gebraucht  Livius,  die  passive  Cicero. 

Illaesibilis,  unverletzlich,  \%i  Sp.  L.  und  werde  vermieden  durch  in- 
violatus,  qui  laedi,  violari  non  polest;  —  ebenso  kommt  illaesus  in 
dieser  Bedeutung  nur  N.  Kl.  beim  altern  Plinius,  Seneca  und  Dich- 
tern vor. 

lUaetabilis,  unerfreulich,  ist  nur  P.  L.  für  non  laetabilis,  tj'istis, 
infucundus. 

Illatinus,  nicht  lateinisch,  unlateinisch,  kommt  erst  im  N.  L.  vor, 
ist  aber  ohne  Auctorität  für  noTi  latimis;  sogar  Weise  (de  styl,  latino) 
braucht  es  häufig, 

Illaudabilis,  nicht  lobe?isu'erth,  ist  P.  u.  Sp.  L.  für  lande  indignus 
oder  non  dignus,  non  laudabilis.  Fast  ebenso  illaudatus,  was  man  auch 
nach  dem  Jüngern  Plinius  vermeide. 

Illectameiitum.!  die  Anlockung,  Anreizung,  ist  Sp.  L.  für  illecebra, 
incitamentum. 

lllectus,  ungelesen,  findet  sich  nur  bei  Ovid  für  non  lectus. 

lUegitimus,  ungesetzmässig,  für  non  legitimus,  ist  vielleicht  ohne 
Auctorität,  da  in  der  einzigen  Stelle  des  Valer.  Maximus  jetzt  dafür 
legitimus  gelesen  wird.  Bei  filius  braucht  man  nothus,  incerto  patre 
natus.  Vgl.  Spurius. 

Ille?net,  jener  selbst,  für  ille  ipse,  beruht  einzig  auf  einer  falschen 
Lesart  in  Cic.  (Leg.  1,3,  8):  in  illummet  memorabilem  annum  siium, 
wiewohl  die  Hand  sehr,  entweder  illum  et  memor.  oder  blos  illum 
memor.  haben;  jenes  illummet  steht  in  allen  neuern  Ausgg.  Dagegen 
sagt  Reisig  (Vorlesung,  p.  197):  Aber  dieses  met  wird  nie  an  ein  Pron. 
demonstr.  angehängt;  falsch  ist  also  illemet,  welches  Görenz  bei  Cic. 
auf's  Gerathewohl  annimmt.  —  Es  ist  daher  zu  verwerfen. 

Illibenter,  ungern,  ist  N.  L.  für  non  libenter,  aegre,  gravate  oder 
mit  den  Adject.  non  libeyis,  i?ivitus  u.  dgl. 

Illicitus,  tmerlaubt,  beruhte  früher  auf  der  Stelle  Cic.  Cluent.  47 
multiludinem  illicitum  est,  woher  es  auch  bei  den  Ciceronianern  vor- 
kommt; aber  dort  steht  jetzt  nach  den  Handschr.  multitudini ;  nemini 
llcitum  est.  Es  ist  also  für  N.  Kl.  zu  halten,  kommt  aber  beim  Jüngern 
Plinius  und  Tacitus  vor,  sonst  selten  und  werde  daher  lieber  vermie- 
den durch  non  oder  minime  licitus,  non  cojicessus,  nefas  oder  (mit 
Quintilian)  inconcessus.  Noch  später  ist  das  Adv.  illicite. 

Il/ico  atque,  gleich  sobald  als,  ist  Sp.  L.  und  illico  ubi  A.  L.,  für  si- 
mulatque,  worauf  im  Hauptsätze  noch  illico  folgen  kann.  Gut  ist  ?ion 
illico  für  unser  nicht  gleich  bei  darum  und  desswegen  oder  nicht  den 
Augenblick ;  ebenso  non  continuo. 


lUimitahis,  uneingeschränkt,  ist  fast  N.  L.  für  inßnttus,  intra  nut- 
los ßjies  u.  a. 

lüisio,  das  Anstossen,  Anschlagen,  ist  Sp.  L.  für  agitaiio,  impulsus, 
pulsatio. 

7///7era///s  bedeutet  nicht  jeden  Rohen  und  Ungebildeten,  sondern 
nur  den,  welcher  ohne  gelehrte  Bildiing  ist,  zunächst  daher  den,  wel- 
cher niclit  einmal  lesen  und  schreiben  kann. 

Illucet,  es  ist  Tag,  ist  N.  L.  für  lucef,  dies  oder  sol  illusit.  Uebri- 
gens  sollen  Cicero  und  Caesar  illucescit  und  illusit  nicht  für  sich 
allein,  sondern  verbunden  mit  dies  und  so/ gebraucht  haben,  aber  ohne 
diese  Subst.  blos  hicel  und  luxit,  wogegen  schon  Livius  illucescere 
ohne  die  Subst.  brauchte.  Vgl.  Freund  in  d.  Leipz.  Jahrb.  1835. 
XUI,  3.  p.  298. 

llludere  wird  in  der  Bedeut.  verspotten  mit  d.  Dativ  und  Accus, 
verbunden,  und  bei  Personen  in  aliquem. 

lllmninare,  was  n nr  erleuchten,  hell  machen  und  bild lieh  verschönern 
heisst,  ist  in  der  Bedeut.  iUuniiniren  von  einer  Zeichnung,  einer  tabula, 
N.  L.;  aber  illuminare  picturam,  tabulani  pictam  ist  durch  den  Pleo- 
nasmus wunderlich  ,  für  tabulani  oder  irnaginem  pingere,  tabulae  vivos 
colores  inducere,  tabulam,  irnaginem  —  coloribus  distinguere. 

Illustrare  scheint  C.  Beier  in  Verbindung  mit  commenlariis,  z.  B. 
orationes  Ciceronis  — ,  verworfen  zu  haben,  da  er  irgendwo  zu  dieser 
von  Ang.  Majns  gebrauchten  Redensart  parenthetisch  zur  Verbesse- 
rung explanare  hinzusetzt;  aber  illustrare  obsctrros  locos ,  an  welche 
man  doch  immer  hei  den  Erklärungen  denkt,  ist  acht  römisch. 

Iltyria  und  Illyris,  das  Land  lllyrien,  sind  mehr  N.  Kl.  und  P.  L., 
als  llhjricum  ;  dagegen  heisst  der  Illyrier,  Illyrius,  nicht  Illyricusy 
das  Adject.  Illyrisch  aber  tlieils  Illyricus,  theils  seltner,  jedoch  auch 
bei  Livius,  Illyrius.  Vgl.  Weber's  Uebungssch,  p.  100. 

Imaginari,  sich  Etwas  einbilden,  im  Geiste,  in  der  Seele  vorstellen, 
kommt  erst  N.  KL  beim  altern  und  Jüngern  Plinius  vor  (Ep.  V,  5), 
für  animo  fingere  (Cic.  Milo  29,  79)  , /'/n«(0?/?em  cogitatione  fingere 
(Cic.  ib.),  cogilatione  depingere  (Cic.  N.  I).  I,  15),  auch  blos  sibi per- 
suadere,  conjicere,  cogitare  u.  a. ;  auch  wohl  somniare ,  wiewohl  imago 
schon  bei  Cicero  ein  der  Seele  vorschwebendes  Bild  ist.  Eben  so 
N.  hl.  beim  altern  Plinins  und  Tacitus  ist  imaginatio,  d'e  Kinbildung, 
Phantasie,  für  cogitatio  n.  a.  Vgl.  Phantasia.  —  Ein  Bild  der  Kinbil- 
dungskraft  ist  forma  oder  species  menfi  objecta  (Cic.  Divin.  I,  37,81). 
Uebrigens  sind  imaginatio  und  vis  imaginandi,  die  Einbildungskraftj 
in  einem  philosophischen  Lehrbuche  erträglich,  und  oft  verlangt  sie 
die  Kürze  und  Deutlichkeit.  Vgl.  noch  Weber's  Uebungssch.  p.  264. — 
Imagiiiari  aber  in  der  Bedeut.  sich  Etwas  einbilden  mit  dem  Begriffe 
stolz  thun,  sich  anmassen  ,  ist  B.  L.  für  tribuere  sibi  aliquid,  niultum 
sibi  arrogare,  sumere ,  adscribere,  und  als  Subst.  vana  sui  opinio  oder 
esistimatio,  sfulta  arroganliau.  a.  —  Ebenso  ist  auch  B.  L.  das  Adject. 
imnginarius,  eingebildet,  inv svnulatus,fictus.  Vgl.  Weber's  Uebungssch. 
p.  382. 

Imago,  das  Bild.  Man  merke  nur:  Jemanden  im  Bilde  sehen  heisst 
nicht  aliquem  in  imagine  videre,  sondern  alicujus  imaginem  videre,  und 
so  ähnliche  Redensarten.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  204. 

Imbecillia,  e  und  imbecillus,  a,  um  waren  wohl  beide  gebräuclüich, 


899 

«ber  die  zweite  Form  wurde  offenbar  in  der  Schriftsprache  zu  jeder 
2'eit  vorgezogen.  In  Cicero's  Büchern  haben  die  bessern  Handschr., 
wo  sie  von  einander  abweichen,  nur  die  Form  auf  ?/s,  und  ebenso  bei 
allen  Folgenden.  Bei  Caesar  kommt  nur  der  Comparativ  vor.  Wie  der 
Positiv  doppelte  Formen  hat,  so  auch  der  Superlativ,  jim6ec////m//s  und 
imbeci7/issitm/s.  Keine  von  beiden  findet  sich  bei  Cicero  und  Caesar, 
die  letzte  war  aber  die  üblichste,  z.  B.  bei  Celsus,  und  wo  bei  Seneca 
neben  der  zweiten  Form  die  erste  erwähnt  wird,  bieten  die  Handschr. 
entweder  die  zweite  (wie  Ep.  85),  oder  dafür  den  Positiv  hnbecillmn 
(wie  Consol.  ad.  Marc.  c.  11).  Vgl.  Schweigh.  Ausg.  —  Mehr  darüber 
s.  in  Reisigs  Vorlesung,  p.  ]57.  Ochsner  z.  Eclog.  Cic.  p.  199.  Orelii 
Cic.  Lael.  13  u.  a.  Mad vig  Cic.  Fin.  V,  24,  71. 

Imherbls,  e  und  tmberbus,  a,  um,  i/nbärt/g,  waren  ebenfalls,  wie  es 
scheint,  bei  den  Alten  gleich  übliche  Formen,  von  denen  aber  die  erste 
gebräuchlicher  war;  wenigstens  wird  sie  bei  Cicero  (in Catil.  11,10,22 
und  de  N.  D.  111,34)  von  allen  Handschr.  bestätigt.  Man  brauche  daher 
nur  die  letztere.  Vgl.  auch  Wolf  Cic.  pro  domo  14. 

Imbuere,  erfüllen ,  mit  mancherlei  Ne!)eiibegriffen,  kommt  kaum 
anders  verbunden  vor,  als  oliquem  (aliquid)  aliquare.  Daher  hält  Klotz 
(z.  Sintenis  p.  151,  welcher  schrieb:  in  imbuendis  ingenns,  beim  Un- 
terrichte, für  in  ertidiendis  oder  esrolendis  ingeniis)  die  Redensart 
Ingenium  oder  rnentem  imbuere,  den  Geist  bilden,  für  N.  L. —  Falsch 
ist  auch  nach  Hand  (Lehrb,  p.249)  imbuere  voluntatem  in  der  Bedeut. 
den  Wunsch,  den  Willen  einflössen,  für  itijicere  voluntatem. 

Imitamen,  die  Nachahmung,  kommt  P.  L.  und  imitamentum  N.  Kl. 
bei  Tacitus  und  Spätem  vor,  für  imitatio.  Das  letztere  braucht  F.  A. 
Wolf  (praef.  oratt.  Cicer.  p.  XIX)  ,  vielleicht  um  sich  verächtlich 
auszudrücken. 

Imitandus  ist  in  der  Bedeut.  nqchahmbar,ivas  nachgeahmt  werden 
kann  zweifelhaft  für  imitabilis,  quem  (quod)  imitari  possumus ;  es  be- 
deutet der  nachgeahmt  iverden  muss,der  der  Nachahmung  tviirdig  ist. 
So  unterscheidet  beide  Wörter  Plin.  (  Ep.  VII,  20,  4)  ;  tu  (Tacitus) 
mihi  maxime  i?nitabilis,  maxime  imitandus  videbaris. 

Imitari,  nachahmen,  findet  sich  Kl.  nirgends  mit  d.  Accus,  vestigia 
verbunden,  wie  es  im  N.  L.  vorkommt,  ebenfalls  in  der  Bedeut.  7iach- 
ahneri.  Jemandes  Fussstnpfen  folgen ,  für  premere ,  persequi  vestigia  ; 
jenes  ist  ungereimt.  —  Das  Partie,  imitaius,  passivisch  gebraucht,  wie 
nicht  selten  im  N.  L.,  für  imitatione  simnlatus ,  beruht  nur  auf  einer 
gewiss  verdorbenen  Stelle  in  Cic.  Timaeus  c.  5,  wo  die  Handschr.  u. 
Ausgg.  imitata  et  efßcta  simulacra  haben,  wo  aber  mit  Pinzger  zu  lesen 
ist:  cum  ingressa  et  imitata  est  efficta  sim.,  durch  welche  Aenderung 
es  seine  aclive  Bedeutung  behält.  Muret  hätte  das  Wort  nicht  so  unbe- 
denklich einigemal  passiv  brauchen  sollen,  wie  Expl.  Cic.  Catil.  praef. 
und  Oper.  T.  I,  p.  371  pluris  facit  imitata  quam  vera.  Ganz  unlateinisch 
aber  sagt  Görenz  (z.  Cic.  Fin.  p.  83) :  videtur  ille  gladius  ab  hoc  Tan- 
tali saxo  quasi  imitatus  esse,  —  scheint  de?n  Felsen  des  Tant.  nachge- 
bildet zu  sein,  für  ad  hoc  T.  saxum  adumbratus  esse. 

Immaculatus,  unbefleckt,  ist  P.  L.  und  kommt  nur  einmal  bei  Lucan. 
vor,  für  integer ,  incorruptus .,  inviolatus;  das  Verbum  immaculare  ist 
übrigens  ganz  Sp.  L.  und  bedeutet  beflecken. 


400 

Immanere ,  bei  Etwas  bleiben,  verharren ,  ist  ganz  Sp.  L.  und  noch 
zweifelhaft  für  manere  in  aliqua  re,  perseverare,  permanere. 

Im?narce8cibilis,  unverzvelklich,  ist  sehr  Sp.  L.  für  7ion  marcescens. 

Immediatus ,  iinmittelbar ,  ist  N.  L.  —  Der  Begriff  muss  nach  dem 
verschiedenen  Sinne  verschieden  ausgedrückt  werden,  z.  B.  durch 
ipse  (per  se),  proximus,  ?iullo  interveniente ,  sowie  mittelbar  durch  alio 
interveniente ;  eine  unmittelbare  Ursache  ist  causa  efßciens,  absoluta  et 
pei-fecta  per  se ,  proxima  u.  a.  Ais  Adv. ,  z.  B.  unmittelbar  vorher,  ge- 
brauche man proxime ; unmittelbar  als,cu7Ji primum,simulac primumn.a. 
Mehr  bieten  die  deutsch-lat.  Lexica. 

Iminedicabilis,  zmheilbar,  ist  nur  P.  L.  für  insanabilis,  inexplicabilis. 

Immensurabilis ,  unermesslich ,  ist  N.  L.  für  immensus,  immodictis, 
quem  metiri  non  possumus. 

Immergere,  eintauchen,  verse?ilien ,  wird  meistens  verbunden  in 
aliquam  rem.  Nur  selten  wird  es  bildlich  gebraucht,  wie  bei  Cicero 
einmal  se  in  consnetudinem  alicujus  immerg.,  sich  in  Jem.  Umgang  ein- 
schleichen. Gekünstelt  ist  bei  Seneca  se  studiis  immer gere,  sich  mit  den 
Wissenschaften  eifrig  beschäftigen ,  und  hei  \aler.  Max.  se  praecepfis 
Pythagorae  penitus  immer  gere  ,  sich  ganz  ergeben ,  für  se  totum  de- 
dere.  Dergleichen  Ausdrucksweisen  vermeide  man  lieber,  als  dass  man 
sie  nachahme. 

Imminuere,  verkleinern,  findet  sich  nirgends  mit  dem  Accus,  einer 
Perso?i ,  aliqnem ,  Einen  verkleinern  ,  sondern  immer  nur  vollständig 
alicnjus  famam,  laudem,  existimationem  oder  aliquid  de  alicujus  fama 
iitwmiuere,  oder  alicujus  famam  atterere  u.  a. 

Imriiiscere,  ei?imischefi,  findet  sich  erst  bei  Livius  mit  d.  Dativ  ver- 
bunden in  der  Bedeut.  in  oder  unter  Etwas  mischen;  sonst  selten  und 
bei  Dichtern.  Etwas  in  eine  Rede  oder  Schrift  eimnischen  wird  nicht 
durch  im?niscere  ausgedrückt,  sondern  durch  ititerponere  atiquid  mit 
und  ohne  einen  Dativ,  oder  alicui  aliquid  admiscere.  Gut  ist  aber  se 
immiscere  alicui  r ei,  sich  in  Etwas  mischen  oder  einmischen,  wiewohl 
sich  einmische?!  in  der  Bedeut.  sich  ins  Mittel  schlagen  bei  Cicero  se 
interponere  heisst,  woher  7iihil  me  interpono,  ich  jnische  ?nich  gar  nicht 
ein.  Ein  Subst.  immistio  oder  immixtio,  die  Einmischung,  ist  N.  L.  für 
interpositio,  oder  mit  dem  Verbo  immiscere. 

Immisericordia,  die  Unbur mherzigkeil,  ist  sehr  Sp.  L.  für  inhuma- 
nitas ,  crudelitas.  Vermieden  werde  aber  auch  als  selten  immisericora, 
unbarmherzig,  da  es  nur  einmal  bei  Cicero  und  Sp.  L.  vorkommt,  und 
ebenso  immisericorditer,  was  nur  Terenz  einmal  neben  duriter  braucht ; 
man  wähle  durtis,  inhumanus,  crudelis  und  davon  wieder  die  Ad\  erbien. 

Immitis,  unsanft,  strenge ,  grausam,  findet  sich  zwar  erst  bei  Livius 
und  nachher  fast  mehr  bei  Dichtern,  als  in  Prosa,  ist  aber  doch  nicht 
zu  verwerfen,  zumal  da  mitis  gut  und  Kl.  ist. 

Immo;  vgl,  Imo. 

Immobilia ,  imbewegliches  Hab  und  Gut ,  liegende  Gründe ,  sagen 
nicht  einmal  die  spätem  Juristen,  sondern  res  immobiles ,  wofür  auch 
gesagt  werden  kann  bona,  quae  moveri  non  possunt. 

Immoderatio,  die  Unmässigkeit,  U7ie?ithaltsamkeit,  kommt  zwar  nur 
einmal  bei  Cic.  (Manil.  10,30)  vor,  ist  aber  durchaus  nicht  zu  ver- 
werfen, mag  es  sich  auch  sonst  niclit  weiter  finden. 


401 

Immodicus,  unmässt'g,  kommt  zwar  erst  bei  Livius  und  dann  bei  den 
Folgenden  vor,  ist  aber  nicht  zu  verwerfen  neben  immoderatus ;  — 
ebenso  immodice  neben  immoderate,  zumal  da  modicus  und  modice  Kl. 
bei  Cicero  vorkommen. 

Immorari  alicui  rei  oder  in  aliqua  re,  bei  Etwas  verweilen,  ist  zwar 
erst  N.  KL,  wird  aber  vom  jiing-ern  Plinius  u.  Quintii.  gebraucht,  und 
ist  neben  morari  in  aliqua  re  nicht  zu  verwerfen. 

Inimori  alicui  rei,  6e«  oder  in  Etwas  sterbeji,  kommt  N.  KL,  aber 
nur  einmal  bei  Quintilian  vor;  häufiger  das  Partie,  immortmis.  Jedoch 
sind  beide  lieber  zu  vermeiden  durch  mori  in  aliqua  re  und  mortuus. 

Imtnoriger  oder  immorigerus ,  u7igehorsam,  ist  N.  L.  für  7ioji  obe- 
diens,  alicui  diclo  ?ion  audiens. 

Immortalis ,  unsterblich ,  vnvergäyiglich,  wird  ausser  den  Göttern 
nur  den  Seelen  und  andern  Gegenständen  als  unvergänglichen  und 
bleibenden  beigelegt, z.  B.  gloria, memoria, opera — ,  aber  nie  denMen- 
schen  als  Ehrentitel,  z.  B.  vir  immortnlis,  und  darum  verwarf  es  F.  A. 
Wolf  mit  Recht,  wiewohl  ihn  selbst  Walch  (Dedic.Observ.  Liv.)  virum, 
immortalem  nannte.  Bei  den  Alten  ist  dieser  Ehrentitel  unerhört,  bei 
uns  sehr  gewöhnlich.  Das  höchste  Lob  war  bei  den  Alten  vir  divinus^ 
oder  (wie  Plato  bei  Cicero)  deus  philosophorum.  Ganz  anders  verhält 
es  sich  aber,  wie  C.  Beier  meinte,  mit  dem  Caeneus  j4tracides ,  mit 
dem  ewigen  Juden  Ahasverus  und  mit  jedem  andern  vivax  silicernium 
und  jeder  anicula,  die  ihrem  Ehemanne  zu  lange  lebt,  —  welche  aller- 
dings so  genannt  werden  können. 

Immotus,  unbewegt ,  unbeweglich,  ist  ausser  bei  Tacitus  nur  P.  L. 
für  immobilis,  firmiis. 

Immundus ,  unrein,  A.  L.,  P.  und  N.  Kl.  für  sordidus ,  horridus, 
incomptus  u.  a. 

Immutatus  bedeutet  wohl  nur  verändert,  gleich  mutatus,  nie  aber 
unverändert,  was  non  mutatus  heisst. 

Imo  oder  immo  ist  nicht  unser  zusagendes  und  Beifall  gebendes 
jß,  sondern  meistens  verwirft  man  damit  das  Vorhergesagte;  es  ist 
vielmehr  verneinend,  nein,  im  Gegentheil,  bildet  aber  nie  für  sich  eine 
verneinende  Antwort,  wie  mi7iime,  sondern  bedarf  in  der  Regel  einen 
näher  bestimmenden  Zusatz,  welcher  dem  Vorhergesagten  entgegen- 
steht. —  N.  L.  aber  ist  imo  potius,  imo  etiam,  nein  vielmehr,  für  imo 
vero,  imo  vero  etiam,  und  seit  Livius  imo  contra,  aber  sehr  selten.  Das 
bejahend  steigernde  Ja  vielmehr,  ja  sogar  heisst  quin,  quin  etiam,  quin 
contra,  quin  potius,  atque  adeo  (Cic.  Tüll.  31)  ;  erst  A.  Kl.  bei  Plinius 
und  Quintilian  quin  imo.  —  Unser  entweder  ja  oder  nein  heisst  aut 
etiam  aut  non  (Cic.  Acad.  II,  32,  104).  Endlich  im  Laufe  eines  Bewei- 
ses heisst:  ja,  was  noch  mehr  ist ,  es  kann  nicht  geleugnet  werden, 
quid?  quod  negari  non  polest,  nicht  imo  negari  no7i  polest.  —  Kl.  hat 
imo  seine  Stelle  nur  im  Anfange  des  Satzes;  man  sagt  also  nicht:  vivit 
imo,  nein,  er  lebt,  sondern  imo  vivit.  Vgl.  noch  Weber's  Uebungssch. 
p.  100  u.  Reisigs  Vorles.  p.  446. 

Impartire  und  impartiri  sind  wohl  weniger  gebräuchliche  Formen, 
als  impertire  und  impertiri;  vgl.  Impertire. 

Impatibilis,  unerträglich ,  findet  sich,  ausser  einmal  bei  Cic.  (Fin. 
II,  17),  in  einer  philosophischen  Stelle,  wo  der  dolor  so  genannt  wird, 
fast  nirgends  für  intolerabilis,nonferendus;  von  Cicero  ist  es  nur  nach 

2ö 


402 

einem  griech.  Worte  g'ebildet.  Man  brauche  es  also  nicht  nacli,  wie  es 
Muret.  (Expl.  Cic.  Catil.  IV,  ep.  dedic.)  gethan  hat. 

Impatitins,  der  nicht  ertragen  kmm^tmgeduldig,  kommt  erst  iV.  Ä7., 
besonders  beim  altern  Plinins,  Veliejns  und  Columella  vor,  und  ist 
daher  lieber  zu  vermeiden  durch  intolerans  (bei  Livius  m.  d.  Genit.), 
qiii  pati,ferre,  sustinere ,tolerare  7wn  potest,  auch  Intbecillus,  moUls  u.  a. 
Eben  so  N.  Kl.  u.  selten  ist  impatieniia  ixirimbecULüas,  mollüudo,iiifractio 
oder  demissio  animi ,  imj)ote7itia,  iniquus  animus ,  iniqua  mens,  beson- 
ders mit  ferre  verbunden.  Für  impatienter  sage  man  lieber  intoleraiiter, 
non  patienter,  moleste,aegre,  besonders  hei  ferre. 

Impavidus,  unerschrocken,  kommt  zwar  erst  bei  Livius  vor,  und  ist 
mehr  P.  L.,  aber  dennoch  nicht  zu  verwerfen  neben  non  tiniidus,con- 
stans,  millo  metu  perterritiis ,  aniinosiis,  fortis,  sedatus,praesenti  oder 
acri  afii/no,  intrepidus  und  interritus. 

Impedimentum  im  Sing,  lieisst  nur  das  Hinderniss;  das  Gepäck 
aber  impedimenta  im  Plur. 

hnpedire,  verhindern,  abhalten,  wird  entweder  verbunden  alicujtis 
rein  ,  oder  aliquem  ab  aliqua  re ,  Einen  in  oder  an  Etwas  verhitidern, 
niclit  in  aliqua  re.  Fast  ^.  L.,  nur  bei  Varro  L.  L.  IX,  §.  14.  p.  469  ed. 
Speiig.  (p.  203  ed.  Müll.)  ist  es  mit  dem  Dativ  verbunden  in  der  Bed. 
im  Hege  stehen,  für  obstare  —  novitati non impedit  vetus  consuetudo  — , 
was  nicht  nachzuahmen  ist,  wie  es  dennoch  Muret.  (V.  L.  X,  12)  ge- 
than  hat,  indem  er  sagt:  syllabae  modus  obstare  atque  impedire  htiic 
mutationi  videtur,  was  Ruhnken  als  male  constructum  tadelt.  Selten 
steht  nach  impedire  für  quominus  ein  Infinitiv  oder  ne;  doch  ist  dies 
nicht  zu  tadeln.  —  Bezweifelt  wird  impeditus  tempore  und  temporibus, 
durch  die  Zeit,  die  Zeitumstäfide  verhindert,  für  exclusu»  tetnp. 

Impeditio ,  was  bei  Cic.  (Divin.  I,  51)  die  Handlung  des  Hinderns 
bedeutet  und  ebenso  bei  Vitruv,  sonst  aber  nirgends,  braucht  iMuret. 
Epist.  IV,  3  (Oper.  T.  II,  p.  156)  für  impedimentum,  das  Hinderniss, 
wie  es  Kl.  nicht  vorkommt. 

Impellere ,  antreiben,  wird  verbunden  aliquem  ad  aliquid ,  und  bei 
einem  Verbo  mit  ad  und  dem  Gerundium  oder  mit  ut ;  P.  L.  mit  dem 
Infin. ,  wie  im  Deutschen ;  z.  B.  du  treibst  mich  an  zu  schreiben ,  me 
impellis  scribere,  für  ad  scribe?idum,  ut  scribam. 

Impendere ,  über  Etwas  hängen,  schweben,  werde  verbunden  mit 
dem  Dativ  alicui(mihi,  7iobis)  oder  in  aliquem  (in  me ,  in  nos) ;  A.  L. 
findet  man  es  verbunden  saper  aliquem  oder  blos  aliquem. 

Impendere ,  verwenden,  wird  Kl.  nur  verbunden  in  aliquam  rem, 
auf  Et7vas  ,  sowie  eo  ,  darauf;  N.  Kl.  alicui  rei;  Sp.  L.  in  aliqua  re. 
Bezweifelt  wird  beneficium  impendere  in  aliquem.  Elftem  eine  IVohlthat 
erweisen,  für  benef.  conferre  in  aliquem,  ponere  in  aliquo  oder  locare 
apud  aliquem. 

Impefidium,  Aufwand,  Unkosten,  kommt  in  dieser  Bedeut.  mehr 
im  Plur.  vor.  Selten  und  mehr  A.  u.  Sp.  L.,  jedoch  einmal  bei  Cic.  (Ätt. 
X,  4, 9),  kommt  der  Abi.  impendio  in  der  Bedeut.  um  Vieles,  iur  multo, 
bei  einem  Comparativ  vor,  was  nicht  nachzuahmen  ist. 

Imperare ,  befehlen,  regieren,  beherrschen,  wird  verbunden  alicui, 
nicht  aliquem;  und  voji  Einem  Etwas  fordern  heisst  alicui  aliquid  im- 
perare. Daher  ist  bei  jenem  einfachen  Objecte,  alicui,  das  Verbum  im 
Passivo  nur  impersonal,  also  mihi  imperatur ,  nicht  ego  imperor^  mir 


403 

wird  befohlen,  ich  irerde  regiert,  beherrscht.  Falsch  sagt  daher  Leunclav 
im  latein.  Xeuoplion:  qui  imperantur,  für  quibus  imperutur,  und  Lydi 
imperantur,iuv  Lydis  imperatiir.  Griechischartig-  sagt  dagegen  Horaz: 
haec  procurare  imperor ,  für  mihi  imperatur.  Uebrigens  scheint  es 
gleich  gut  zu  sein,  ob  man  einen  Satz  mit  dass  durcli  ut  oder  durch 
den  Accus,  c.  Inf.  ausdrückt,  wiewohl  in  activen  Sätzen  mehr  ut  und 
in  passiven  mehr  der  Accus,  c.  Inf.  vorkommt. 

Imperator  war  Ä'/.  nur  ein  Feldherr,  Afiführer  des  Heeres,  gleich 
rf?/.r,  aber  Ehrentitel;  seit  Tiberius  aber  hörte  diese  Benennung  als 
Ehrentitel  auf  und  wurde  nur  Titel  der  Kaiser.  Vgl.  Tacit.  A.  III,  74. 
Es  wurde  aber  nicht  nach  dem  Namen,  sondern  ror  denselben  gesetzt, 
also  Imperator  Claudius,  nicht  Claudius  Imperator.  Vgl.  Wolf  z.  Tacit. 
A.  I,  9.  —  Man  gebe  daher  jetzt,  wo  sich  die  neue  Ansicht  festgesetzt 
hat,  den  Heerführer  mit  du.r,i\en  Oberanfnhrer  mit  summus  dus,  und 
imperator  behalte  man  für  Kaiser.  Die  Kaiserin  aber  nenne  man  Au- 
gusta,  wenn  man  das  in  dieser  Bedeutung  Ä\  L.  imperatr ix  \ ermei- 
den will. 

Imperfectus  kommt  Kl.  gar  nicht  vor,  erst  N.  Kl.  bei  Quintilian 
und  besonders  bei  Dichtern  in  der  Bedeut.  unvollendet,  für  inchoatus, 
7ion.  peifectus ,  und  nur  bei  Seneca  in  geistiger  Bedeut.  unvollkommen, 
mangelhaft ,  ebenfalls  für  inchoatus  (  Cic.  OfF.  I,  43)  ,  non  perfectus, 
vitiosus.  in  quo  multa  desiderantur,  requiruntur.  Ganz  Sp.  L.  ist  imper- 
fectio,  die  Unvollkommenheit,  für  imbecillitas,  vitiositas,  conditio  vitiosa 
oder  manca  u.  a. 

Imperitia.^  die  Unwissenheit,  Unerfahrenheit,ündet  sich  Kl.  nirgends 
ausser  bei  Sallust,  wohl  aber  N.  Ä7.,  jedoch  nur  beim  altern  Plinius 
und  Tacitus,  obgleich  peritia  Kl.  ist.  Es  werde  vermieden  durch  inscitia 
(angeborner  Unverstand)  oder  inscientia  und  ignoratio  (mit  einem  Ge- 
nitiv). Vgl.  Ignorantia.  Die  Neuern  brauchen  es  unbedenklich,  z.  B. 
Longol.  (  Epist.  1 ,  14  u.  20  )  :  rerum  humanarum  imperilia ;  Wytten- 
bach  (Opusc.  I ,  p.  184)  :  ex  vestra  imperitia.  —  Kl.  ist  aber  das  Adv. 
imperite,  imperitius,  imperitissime ,  da  das  Adject.  imperitus  theils  mit, 
theils  ohne  einen  Genitiv  Kl.  ist.  Vgl.  auch  Peiitia. 

Impermissus ,  unerlaubt ,  ist  P.  L.  und  kommt  sehr  selten  vor,  für 
non  licitus,  inconcessus.  Vgl.  Illicilus. 

Imperterritus ,  uner  sehr  och  e?i,  ist  P.  L.  und  findet  sich  bei  Virgii 
u.  A.  Vgl.  Impavidus. 

Impertinens  ist  ein  fast  N.  L.  Wort  mit  mancherlei  Bedeutungen, 
z.  B.  grob,  für  impolitus;  nicht  zur  Sache  gehörig,  für  ad  rem  nihil 
pertinens ;  ungereimt,  für  absurdus. 

Impertire  und  impertiri ,  mittheilen.  Als  Deponens  kommt  es  Kl. 
wohl  nicht  vor  und  ist  in  vielen  Stellen  Cicero's  jetzt  in  die  active 
Form  übergegangen.  Man  ziehe  daher  die  active  der  passiven  vor. 
Einem  Etwas  mittheilen  heisst  impertire  alicui  aliquid,  A.  L.  und  in 
guter  Prosa  selten  aliquem  aliqua  re. 

Imperturbatus ,  ungestört ,  ist  N.  Kl.  und  kommt  sehr  selten  bei 
Ovid  und  Seneca  vor,  für  non  perturbatus,  non  conturbatus. 

Impetere  aliquem.  Einen  anfallen, ist  P.  L.  für  aliqaetn  petere  oder 
appetere,  invadere  in  aliquem,  impetum  facere  in  aliquem. 

Impetrare,  erlangen,  erhalten,  beschränkt  sich  anf  Worte,  wenn 

26* 


404 

man  mündlich  oder  schriftlich  um  Etwas  anhält  und  es  erhält.  Vgl. 
Adipisci. 

hnpeluosus ,  stürmisch,  heftig,  steht  noch  zweifelhaft  beim  altern 
Plinius  für  violentus,  vehemens.  —  N.  L.  ist  itnpetuositas ,  ein  stür- 
mischer Anfall,  für  violentia,  violentus  irnpetus. 

Impetus.  Die  Alten  sprechen  zwar  in  ihrer  Militärsprache  von 
einem  primus  impeius ,  einem  ersten  stür?nischen  Anlaufe ,  z.  B.  priino 
impelu  (facto),  beim  ersten  Angriffe  — ,  aber  nie  von  einem  secundus, 
tertius  u.  s.  w.,  so  dass  man  nicht  geradezu  von  einem  triples  impetus 
sprechen  kann,  wie  es  neulich  geschehen  ist.  Synonym  mit  impetus 
sind  signorum  collatio  (Cic.  Orat.  I,  48,  210)  ,  congressus  (nicht  con- 
gressio),  ea.cursio,  incuraio,  incursus,  petitio  u.  a. 

Impej;us  kommt  in  der  Bedeut.  ungebildet  (von  der  Rede  und  von 
Schriftstellern)  nur  bei  dem  Verf.  des  Dialogus  de  orat.  20  vor,  für 
i?icultus,horridus,incomptus,und  durfte  von  Muret.  Oratt.  (Oper.  T.  I, 
p.  374  ed.  Fr.)  nicht  wohl  nachgebraucht  werden. 

Impigritas,  die  Unverdrossenheit,  kommt  nur  einmal,  aber  bei  Cic. 
(Rep.  111,28)  vor,  und  werde  vermieden  durch  alacritas.,  animus 
alacer  oder  prompt us  u,  a. 

lmpingere,at{f  oder  an  Etwas  sfossen,  kommt  nur  in  gemeinen  Re- 
densarten vor;  Cicero  braucht  es  nur  selten  und  meist  im  Scherz.  — 
N.  L.  aber  ist  pedem  impingere  in  aliquo  loco,  de?i  Fuss  irgendwo  hin- 
setzen, für  pedem  ponere  in  aliquo  loco,  und  impingere  in  oder  contra 
aliquid ,  gegen  Etwas  Verstössen,  fehlen,  \\'\e  Mahne  (Crito  p.  279) 
sagt:  imping.  in  vulgares praeceptiones  grammaticas, gegen  geivöhnliche 
grammatische  Regeln  fehlen,  für  peccare  in  aliqua?n  rem  oder  in 
aliqua  re. 

hnpius.  Die  Superlativform  impiissimus  ist  Sp.  L.  für  maxime 
impius;  der  Comparativ  heisst  nur  magius  impius. 

Implacabilitas ,  die  Unversöhnlichkeit ,  ist  sehr  Sp.  L.  für  animus 
implacabilis.  Das  Adj.  implacabilis ,  unversöhnlich ,  wird  verbunden 
alicui  und  in  aliquem,  gegen  Jemanden  ;  beide  Kl. 

Implantare,  einpflanzen,  ist  N.  L.  für  inserere,  ingenerare. 

Implere,  anfüllen,  erfüllen.  Selten  kommt  es  bei  Cicero  und  den 
Bessern  in  der  bildlichen  Bedeut.  befriedigen ,  Genüge  leisten  vor. 
Bezweifelt  werden  impl.  legem  (leges),  das  Gesetz  erfüllen,  für  servare, 
oder  sequi  legem,  purere  legi  u.  a.;  impl.  officium,  eine  Pflicht  erfüllen, 
für  exsequi  oder  ohire  officium,  satisfacere  officio  u.  a.  (vgl.  unter 
Facere),  wiewohl  Plinius  (Ep.  V,  56)  partes  offirii implere  sagt;  ferner 
itnpl.  voluntaiem,  einen  Wunsch,  Willen  erfüllen,  für  obsequi  vohmtati 
(Cic  Fam.  111,  5,  8)  u.  a.  Für  implere  aliquem  voluptate  sage  man  lieber 
perfundere.  —  Richtig  aber  sind  impl.  spem,  promissum,  consilium, 
■wenigstens  N.  Kl.  Vgl.  Iland's  Lehrb,  p.  154. 

Implicare,  verflechten,  verwickebi  u.  dgl.,  hat  in  der  bessern  Prosa 
im  Perf.  implicavi ,  nicht  impl icui ,  und  im  Supino  implicat um,  nicht 
implicitutn,  wiewohl  bei  Cicero  einigemal,  besonders  in  der  Jugend- 
schrift de  inventione  (1,  51,  97;  11,  21,  62;  23,  69;  29,  89;  37,  110) 
implicitus  vorkommt,  aber  meistens  mit  der  Variante.  Vgl.  Reisigs 
Vorlas,  p.  250.  —  Es  wird  gewöhnlich  verbunden  implicare  aliquem 
oder  implicari  aliqua  re ,  selten  in  aliqua  re;  aber  in  eine  Krankheit 
verfallen  heisst  sowolil  morbo,  als  auch  in  morbum  implicari.  —  N.  L. 


405 

ist  impUcare  aliquid  in  der  Bedeut.  Etwas  enthalten,  ohne  den  Begriff 
des  Verwickelten;  z.  B.  liaec  narratio  j/n/^ftlcaf  errores,  für  in  hacnar- 
ratione  insunt  errores.  Vgl.  das  ähnliche  Involvere. 

Implorare,  anßehen,  wird  verbunden  ab  aliquo  aliquid  oder  aliquid 
alicujus ,  Einen  um  Etwas ,  nicht  aliquem  aliquid;  z.  B.  er  flehte  den 
Consul  um  seinen  Schutz  an,  entweder  a  consule  fidem,,  oder  noch 
gewöhnlicher  consulis  fidem  imploravit;  er  flehte  mich  um  Hülfe  an^ 
a  me  auxilium  oder  meum  auxilium  imploravit. 

Imponere  m  der  Bedeut.  Etwas  in  Etwas  hineinlege?i  wird  verb. 
aliquid  in  aliquid,  z.  B.  milites  in  naves;  ebenso  in  der  Bedeut.  auf 
Etwas  setzen,  legen,  aliquid  in  aliquid,  seltner  in  aliqua  re,  auch  alicui 
aliquid.  Auch  sagt  man  aliquem  imponere ,  Einen  afistellen  als  Etwas, 
mit  einem  zweiten  Accus.,  z.  B.  aliquem  vilUcum  imponere;  wo,  in 
aliquo  loco,  z.  B.  in  hortis ;  worüber,  alicui  rei,  z.  B.  classi,  wo  aber 
nicht,  wie  FJinige  meinen,  nothwendig  ein  Accus.,  wie  ducem,  praefe- 
ctum  u.  dgl.  hinzugesetzt  zu  werden  braucht.  Vgl.  Tacit.  A.  I,  3  Ger- 
manicum  octo  legionibus  imposuit.  —  Vgl.  auch  Reisig's  Vorles.  p.  728 
mit  der  Anm.  —  N.  L.  ist  epistolam  impo?iere ,  einen  Brief  in  einen 
andern  einlegen,  wie  Lipsius  (Epist.  IV,  12)  sagt,  für  addere  oder 
adjungere  (Cic.  Fam.  III,  8,  10).  Die  Redensart  manum  alicui  rei 
imponere,  die  Hand  an  Etwas  legen,  ist  ausser  bei  dem  altern  Plinius 
fast  nur  P.  L.,  und  besonders  manum  extremam,  summam  oder  supre- 
mani  alicui  rei  imponere ,  was  indessen  mit  einem  mildernden  Zusätze 
nicht  verwerflich  ist,  wiewohl  Cicero  dafür  sagt:  extremamanus  alicui 
rei  accedit ;  auch  kann  man  es  ausdrücken  durch  aliquid  absolvere, 
perficere,finem  facere  alicujus  oder  alicui  rei. 

Importabilis,  unerträglich,  ist  sehr  Sp.  L.  für  intolerabilis. 

Importare  kommt  in  der  Bedeut.  verursachen  bildlich  nur  bei 
schlimmen  Dingen,  als  fremdartigen  und  nicht  einheimischen,  vor,  z.  B. 
pestem,incommodum,  aber  mc]\tcommodum,laetitiam\i.  ä^l.importare. — 
N.  L.  ist  nihil  importat ,  es  bringt  Nichts  ein,  nützt  Nichts,  auch  es 
macht  Nichts,  für  nihil  conducit,  nihil  refert. 

Impos ,  nicht  mächtig ,  ist  A.  und  Sp.  L.  nur  mit  animi  verbunden, 
und  N.  Kl.  bei  Seneca  (N.  Q.  VI,  1)  mit  sui.  Es  werde  gänzlich  ver- 
mieden durch  impotens ,  non  compos.  Nach  Cicero  heisst  der,  welcher 
seines  Ferstandes  nicht  ?nächtig  ist,  qui  non  est  in  potestate  mentis 
(Tusc.  III,  5,  11),  oder  qui  exiit  ex  (de)  potestate. 

Impossibilis ,  unmöglich,  und  possibilis ,  möglich ,  kommen  zuerst 
N.  Kl.  bei  Quintilian  als  rhetorische  und  philosophische  Wörter  vor, 
für  die  griech.  dwuio:;  und  udvvaxoq',  er  sagt  davon  (111,8,25): 
f)i;)«TOi,  quod  nostri  possibile  nominant:  quae  ut  dtira  videatur  appel- 
latio,  tarnen  sola  est;  —  und  so  braucht  er  auch  beide  nur  als  Kunst- 
wörter, nicht  um  das  gewöhnliche  ?nöglich  oder  unmöglich  auszu- 
drücken ,  wofür  nur  fieri  posse  und  fleri  non  posse  gebraucht  wird. 
Ausser  bei  Quintilian  und  späten  Lateinern  kommen  beide  Wörter 
nicht  vor  und  müssen  daher,  ausser  in  der  philosophischen  Sprache, 
durchaus  vermieden  werden.  Vgl.  mehr  unter  Possibilis. 

Impostor,  der  Betrüger,  und  impostura,  die  Betrügerei,  sind  Sp.  L. 
für  homo  fraudulerdus,fallax,  versutus  ;  fraus,fraudatio. 

Impraemeditatus,  u?ivorbereitet ,  ohne  vorhergegangene  lieber  le- 
gung, ist  N.  L.  für  imparatus,  ?ion  praemeditatus. 


406 

Impraeparatus ,  unvorbereitet ,  ist  N.  L.  und  häufig  im  Gebraiiclie 
für  hnpnrutus.  non  prneparatus. 

Imprnesentiarum,  unter  den  gegenwärtigen  Umständen,  ist  höchst 
selten,  und  kommt,  ausser  bei  Cato  R.  11.  (Cornel.Nepos)  und  Tacitus, 
nur  bei  Spätem  vor.  —  Nacli  Einigen  ist  es  ein  auf  wunderbare  Weise 
aus  in  praesentia  reriini  verdorbenes  Volksvvort.  Es  ist  ganz  zu  ver- 
meiden und  etwa  durcli  pro  temporibns,  in  praesentia  (Cic.  Farn.  XIV, 
14,  1),  in  praesenti,  in  praesens  oder  hodie  (Cic.  Att.  V,  21,2.  Sest.  Q%y 
zu  ersetzen.  Vgl.  HeumanniPoecile  T.  111,  p.  319.  Weber'sUebungssch. 
p.  87.  GraufF  z.  Bunell.  Epist.  p.  655  und  besonders  Handii  Tursellin. 
T.  III,  p.  235  fgg. 

Imprecari  ist ,  mag  es  nun  Gutes  oder  Böses  nmnschen  bedeuten, 
P.  L.  und  kommt  in  Prosa  höchst  selten  vor,  nur  beim  altern  Plinius 
und  bei  Spätem;  es  werde  ganz  vermieden  durch  botia  (befie)  oder 
7naJa  (male)  precari,  exsecrari.  —  N.  KL  bei  Seneca  und  dem  altern 
Plinius  steht  imprecatio  in  der  Bedeut.  Verumnschujig,  für  exsecratio, 
detestatio ;  B.  L.  aber  ist  es  in  der  Bedeut.  Anrufung ,  Gebet,  für 
preces ,  precatio. 

Impressio  kommt  nirgends  in  bildlichem  Sinne,  £'mr/r?/fÄ- auf  das 
Gemüth,  vor,  für  vis;  daher  heisst  Blind ruch  machen,  vim  habere,  auch 
movere,  co?nmovere.  Uebi'igens  ist  für  unsere  neue  Idee,  der  Bücher- 
druck,  librorum  impressio  nicht  unpassend,  wie  auch  das  Verbum 
imprimere  (vgl.  unten),  drucken.  Andere  wählen  expressio,  exaratio, 
descriptio.  —  A\  L.  aber  ist  impressor ,  in  welcher  Bedeutung  es  sei, 
unter  andern  in  der  Bedeutung  Drucker,  wie  man  es  erst  kürzlich 
brauchte,  für  typographus ,  welches  das  älteste  und  noch  immer  das 
deutlichste  Wort  dafür  ist,  und  hesser  als  librarius.  Vgl.  Typographus. 

Imprime  ist  N.  L.  Form,  wie  apprime,  für  das  ächte  ifi  primis  oder 
impriniis.  Jene  braucht  Lipsius  (Epist.  I,  81)  und  Andere  nach  ihm. 
Uebrigens  kommt  das  adverbiale  in  primis  (imprimis)  bei  Cicero  nicht, 
wie  Stüremburg  angibt,  nur  zweimal  vor,  sondern  nach  Ellendt  (z.  Cic. 
Orat.  T.  II,  p.  214)  mehr  als  eilfmal. 

Imprimere ,  eindrücken,  wird  Kl.  verbunden  in  aliqua  re,  nicht  in 
aliquaTii  rem.  Man  braucht  es  im  N.  L.  für  die  neue  Bezeichnung 
Bücher  drucken,  libros  imprimere ,  mit  und  ohne  das  Wort  typis,  und 
nennt  gedruckte  Bücher,  libros  impressos,  dagegen  geschriebene,  spri- 
ptos.  Für  imprimere  sprechen  auch  Stellen  der  Alten,  wo  ein  ähnliches 
Kindrücken  imprimere  heisst,  z.  B.  sigillum  in  cera  impressum,  littera 
humi impressa.  Andere,  wie  A.  Matthiae,  wollen  e.vprimere  oder  typis 
oder  litterarum  formis  describere ,  Andere  typis  exarare ,  exscribere, 
excudere ;  vielleicht  auch  litteras  in  charta  imprimere.  Vgl.  jene  Verba. 
—  Damit  Kl.  gesprochen  werde,  wollte  Schorus  (Phras.  p.  508)  das 
alte  a  librariis  describi,  wie  auch  der  gleichzeitige  Muretus  irgendwo 
schrieb :  liber  a  librariis  describitur,  das  Buch  wird  gedruckt,  wiewohl 
dieses  eigentlich  heisst  das  Buch  wird  von  Schreibern  abgeschrieben, 
was  ja  auch  noch  heutzutage  geschieht.  Vgl.  Librarius.  —  F.  A.  Wolf 
nennt  den  Druckbogen,  plagula  typis  descripta. 

Improbus  ist  in  der  Bedeut.  sehr  gross,  übermässig  fast  nur  P.  L., 
und  das  bekannte  improbus  labor,  tüchtige ,  grosse  A7istre7igung  (bei 
Virgil)  kann  nur  mit  dem  Zusätze  ut  Virgiliano  verbo  utar  angewandt 
werden,  was  freilich  Muret.  (Praef.  Explic.  Cic.  Catil.)   nicht  gethan 


407 

hat.  Man  wähle  ein  gehräuchh'cheres  Adj.,z.  B.  mognus,  ijtfinihis, 
multus,  gravis,  assiduus  u.  a. 

hnproßcuus,  unnütz,  undienlich,  ist  N.  L.  für  inutilis,  tiihil proßciens. 

Improsper,  unglücklich,  ist  erst  N.  Kl.  und  kommt  nur  bei  Tacitus 
vor;  doch  ist  es  auch  uiuiöthi^  wegen  infelix ^  miser,  adversus  u.  a.  — 
Das  Adv.  improspere  ist  ebenfalls  N,  Kl.  und  kommt  bei  Columeila 
(improspere  cedere)  und  Tacitus  vor,  für  ?nale,  infeliciter. 

Impune ,  ungestraft,  verbunden  mit  habere  in  der  Bedeut.  iinge- 
straft  bleiben,  findet  sich  wolil  nur  bei  Terenz  und  'Vac'iius^ur  impune 
esse  oder  ferre ,  impimitum  discedere.  —  Es  werde  nicht  nachgeahmt, 
wie  es  Muret.  (Expl.  Cic.  Catil.  1, 1)  gethan  hat.  Von  impune  ist  auch 
ein  Compar.,  impunius,  vorlianden. 

Impunite  ist  sehr  selten  für  impune, ieizi  vielleicht  nur  bei  3Iatius 
(Cic.  Fam.  XI,  28  3)  ,  wo  jedoch  Larabin  und  Andere  impune  lesen. 
Zweifelhaft  ist  es  auch  in  Cic.  Fin.  II,  18,  59,  wo  vor  Davies  impune 
stand,  dieser  aber  aus  seinen  Handschr.  impunite  aufnahm,  und  darin 
in  Brenii  und  Görenz,  so  wie  wegen  der  Auctorität  der  Handschr.  auch 
an  Madvig  Nachfolger  fand.  Man  halte  sich  mehr  an  impune.  Vgl.  aber 
Hand's  Lehrb.  p.  140. 

Impurare ,  verunreinigen ,  heflecken,  kommt  nur  N.  Kl.  einmal  bei 
Seneca  vor,  für  maculare ,  inquinare ,  polluere  u.  a.  —  A.  und  Sp.  L. 
aucli  impuratus. 

Impure,  impurus  und  impuritas  haben  bei  den  Alten  nur  Beziehung 
auf  schändliche,  wollüstige  Lebensiveise,  nirgends  aber  werden  sie  mit 
dicere,  loqui  uwA  sermo  so  verbunden,  dass  sie  falsche,  gemischte,  bar- 
barische Rede  bedeuten;  vielmehr  ist  impure  loqui  so  viel  als  obscoe?ie 
loqui,  unzüchtig  reden.  Man  brauche  dafür  barbare,  inquinuie ,  non 
pure,  non  caste ;  inquinatus  sermo,  inquinata  oratio,  nulla  castitas  oder 
sinceritas  orationis,  nihil  castitatis  sermonis.,  corrupta  sermonis  integri- 
tas ,  so  dass  wir  jene  Wörter  entbehren  können.  Das  Subst.  imptiritas 
aber  soll  im  Sing,  nirgends  vorkommen,  sondern  nur  im  Plur.  iinpuri- 
tates ,  und  nur  bei  Cicero  in  der  Bedeut.  Schändlichkeiteji.  Vgl.  mehr 
darüber  unter  Ptiritas  und  Hand's  Lehrb.  p.  119.  Bergmann  in  Ruhnk. 
Opusc.  p.  362  u.  507  und  Frotscher  z.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  145. 

*  Ob  Muretus  oder  Schorus,  die  gleiclizeitig  lebten  und  diese  Wörter  von 
der  verdorbenen  Rede  brauchten,  sie  zuerst  so  gebraucht  habe,  weiss  icli  nicht. 
Sie  sind  aber  so  gewöhnlich,  dass  man  in  den  Büchern  de  stylo  ein  eigenes 
Kapitel  de  impuritate  styli  (sermonis,  orationis)  zu  finden  pflegt,  und  dass  sogar 
der  strenge  Scioppius  über  die  impuritas  sermonis  klagt. 

Impuiare  ist  erst  A^.  Kl.  theüs  in  der  Bedeut.  berechnen,  theils 
auch  bildlich  Einem  Etwas  ( alicui  aliquid)  anrechnen,  zuschreiben, 
Schuld  geben,  vorwerfen,  nher  nicht  blos  beiScneca,  sondern  auch  beim 
Jüngern  Piinius  und  Quintilian,  für  tribuere,  attribuere,  adscribere,  as~ 
signare  u.  a.  Die  strengen  Ciceronianer  Schorus  und  Scioppius  ver- 
werfen es,  gehen  aber  in  ihrem  Urtheil  wohl  zu  weit. 

hl.  Diese  Praeposition  steht  nicht  immer,  wo  wir  i?i  oder  ßw/ brau- 
chen. Von  vielen  Fällen  führe  ich  nur  einige  an.  N.  L.,  und  auch  bei 
den  besten  Schriftstellern  sehr  gewöhnlich,  ist  bei  Schrißstellernafuen 
in  mit  dem  Abi.,  z.  B.  in  Cicerone,  in  Hornero,  in  Livio  u.  dgl.,  obgleich 
man  nicht  an  die  Person,  sondern  nur  all  ihre  Schriften  denkt,  für 
apud  Ciceronem,  apud  Homerum,  ajmd  Livium,  wie  bei  Cicero  :  apud 


403 

Ennium  (Tusc.  1,  44),  op7id  Sophociem  (Tusc.  II,  8),  apud  floraeruin 
(ib.  III,  9),  und  so  immer.  Falsch  sag^t  daher  Manutiiis:  in  Plutarcho, 
Minet. : /«  Virgilio,  in  Terentio,in  Cicerone  aliisqne  antiqids  scripta- 
ribus,  A.  Matthiae:  in  Livio  et  aliis  —  und  so  viele  Andere.  Dies  ist 
auffallend,  da  doch  die  Alten  sag^en,  z.  B,  Platonem  legere,  Plato's 
Srhrifte?i  lesen  (Cic.  Tusc.  II,  3,  8).  Richtig-  ist  aber  in,  wenn  ein  ein- 
zelnes Buch  eines  Schriftstellers  einen  Personennamen  führt,  z.  B.  in 
Gorgta,  in  Menone,  in  Timaeo  —  Piatonis;  in  Laelio,  in  Hortensio,  in 
Catone  Majore  Ciceronis,  u.  dgl. ;  richtig-  ist  auch  in,  wenn  nicht  eine 
einzelne  Schrift  damit  g-emeint  ist,  sondern  wenn  von  eines  Schrift- 
stellers Eigenheit,  seiner  Schreibart,  seiner  Glaubwürdigkeit  u.  dgl. 
die  Rede  ist.  Daher  sagt  Cic.  (Orat.  71):  in  Thucydide  orhem  modo 
orationis  desidero,  und  Quintil.  (Inst.  IX.  4,  8):  in  Herodoto  omnia  le- 
niter  fluunt,  was  dem  obigen  falschen  Gebrauche  von  in  nicht  gleich 
ist,  und  unnöthig:  will  daher  Spalding-  in  Herodoti,  seil,  libris,  lesen. — 
N.  L.,  wenigstens  selten,  sind  Redensarten,  wie:  est  in  Jiatura  rei,  es 
liegt  in  der  Natur  der  Sache,  für  ea  7iatura  rei  est  (Cic.  Att.  II, 
17,  1);  sedebat  iti  iunica^  er  sass  im  Unterkleide  da,  für  cum  tunica; 
aliquem  in  manibus  auferre,  3em.  auf  den  Armen  davontragen,  für 
inter  manus  (Cic.  Verr.  V,  11,  28);  ire  in  agmine  quadrato,  im  Quarre 
gehefi,  für  ire  agmine  quadr.;Vh\A^v\\%  in  diiabus  rebus  (in  zwei  Stük- 
ken)  Horatio  superior  est,  für  duabus  rebus:  de  ea  re  scripsit  in  ver- 
sibus,  in  Versen,  für  versibus  (Cic.  Fam.  I,  9,  23.  Tusc.  I,  44,  107)  ; 
sententiae  in  optimis  verbis  (in  de?i  besten  W.)  explicatae,  für  optimis 
verbis ;  est  in  verbis  expeditus,  in  W.  gewandt,  für  verbis  (Cic.  Brut. 
62,  221);  aliquid  ?'«  graeco  sermone  (in  griech.  Sprache)  tractare,  für 
graeco  sermone,  graecis  litteris  tractare  oder  mandare  (Cic.  Fin.  I, 
I,  1);  in  verbis \oc^x\,  laudare  aliquem  u.  dgl.,  für  verbis  ohne  in,  der- 
gleichen sich  bisweilen  im  N.  L.  findet;  aliquid  facere  in  spe  alicujus 
rei,  in  der  Hoffnung  auf  Etwas,  für  ad  oder  in  spcm  (Cic.  Rep.  II,  3 
urbem  ad  spem  diuturnitatis  condere);  creari  in  comitiis,  für  comitiis 
(vgl.  Comitia);  /w  ludis  Circejisibiis,  bei  oder  ivährend  der  Circ.  Spiele, 
für  ludis  Circ.  u.  dgl.  mehr.  —  N.  L.  ist  ferner:  in  aliquo  habere  ad- 
versarium,  an  Einem  einen  Gegner  haben,  für  aliquem  hab.  adv.;  huc 
oder  eo  in  impudeniia  pervenire,  so  weit  in  der  Uliverschämtheit ,  für 
eo  impudeiitia  oder  ad,  eam  impudentiam  (vgl.  Eo).  —  Selten  sind  die 
Verbindungen  res  in  Ponto,  praefectus  in  provincia  für  die  Genit. 
Ponti, provinciae,  wenn  in  nicht  mit  dem  Verbo  in  Verbindung  steht; 
z.  B.  accepit  nuntios  a  praefectis  in  Persia,  inr  Persiae.  Vgl.  über  die- 
sen Fall  Th.  I,  §.  80.  82.  —  N.  L.  ist  auch  in  alicujus  nomine,  in  Je- 
mandes Namen,  z.  B.  Einen  grüssen,  für  alicujus  nojnine  oder  verbis; 
also  7neo  nomine,  meis  verbis.  Vgl.  Cic.  Fam.  XIII,  21,  2.  Att.  I,  16,  16. 
Ueber  in  alicujus  persona,  in  Jemandes  Person,  z.  B.  Etwas  sagen,  vgl. 
Persona.  —  N.  KL  und  häufig  bei  Tacitus  ist  in  mit  dem  Neutro  eini- 
ger Adjectiven,  z.  B.  in  quantum,  in  tantum  u.  dgl.,  für  quantum,  tan- 
tum,  welche  auch  im  N.  L.  gebraucht  werden  (sogar  von  Muretus), 
aber  zu  vermeiden  sind.  Verworfen  werden:  in  alicujus  honorem, lau- 
dem,  gratiam  dicere,  facere,  scribere  u.  a.,  für  alicujus  honoris,  laudis, 
gratiae  causa  (Cic.  Fam.  XIII,  26,  2  u.  31,  1)  ;  daher  gratiae  causa, 
um  Jemanden  zu  gewinnen  (Cic.  Orat.  II,  21,  89).  Vgl.  Dietrichs  Sin- 
tenis  p.  223  u.  Vavassor.  Antib.  p.  549.  —  Aber  geschützt  wird  von 


409 

Drakenh.facere  afiquid  tti  honorem,  in  gratiatn  alterius  durch  Beisp. 
aus  Livius  (zu  XXXIX,  26,  12).  Ueber  in  alicujiis  menwriam  vgl.  Me- 
moria. —  Verworfen  wird  in  —  libro,  in  —  libris,  wenn  sich  das  Buch 
oder  die  Bücher  ga7iz  mit  dem  g-enaunten  Gegenstande  beschäftigen, 
für  Ubro,  libris  ohne  in  (Cic.  Fin.  I,  ],  2);  dagegen  steht  in  richtig  da- 
bei, wenn  Etwas  nur  irgendwo  in  dem  genannten  Buche  oder  in  den 
genannten  Büchern  erwähnt  wird,  z.  B.  Cic.  OfF.  III,  18,  7  in  primo  libro 
(nemh'chnur  in  Cap.7);  Att.  VIII,  11,  1  qninto.nt  opinor,  zw  libro.  Daher 
steht  es  auch  immer  bei  bestimmter  Angabe  eines  Tlieils  eines  .Buches, 
Briefes  oder  Etwas  der  Art,  z.  B.  Cic.  Farn.  VII,  5,  2  quibus  in  extre- 
mis litteris,  an  dessen  Ende.  Vgl.  Cic.  Off.  II,  17,  60  und  Heusinger  z. 
Cic.  OflF.  II,  13.  —  Kl.  ist  zwar  gratus  in  vtilgiis  (vgl.  Grattis).,  aber 
ohne  Auctorität  ist  wohl  probotns  in  plnres,  wie  Muret.  (Oper.  T.  I, 
p.  231  ed.  Frotsch.)  sagt.  —  Man  sagt  wohl  nicht  aliquem  vulnerare 
in  fronte,  an  der  Stirne;  in  ore,  im  Gesichte,  sondern  in  frontem,  in 
OS.  Vgl.  Caes.  B.  G.  V,  35.  —  Bei  Angabe  des  Maasses  in  der  Höhe,  in 
der  Länge,  in  der  Breite  wird  nicht  in  mit  dem  Abt.,  sondern  in  mit  d. 
Accus,  gesetzt,  also  in  altitiidinem,in  longitudinem,in  latitudinem,  wo- 
für auch  die  Genit.  altitudinis  u.  s.  w.  vorkommen,  z.  B.  aggerem  in 
altitvdinem  pedum  octoginta  exstruil  (Caes.  B.  C.  II,  1);  vallus  qua- 
draginta  pedes  altitudinis  habebat  (Hirt.  B.  Alex.  2).  —  A.  L.  und 
N.  Kl.  ist  in  tempore,  zur  rechten  Zeit.,  wofür  Kl.  blos  tempore  (tem- 
pori)  vorkommt.  Ueber  in  beim  Abi.  der  Zeit  v^l.  die  Grammatiken 
und  Reisig's  Vorlesung,  p.  710.  —  Richtig  aber  ist  in  pueritia,  in  ado- 
lescentia;  ferner  bis,  ter  —  in  anno,  in  mense,  in  die,  in  hora,  zweimal 
—  im  Jahre,  d.  h.  innerhalb,  im  Verlaufe  eines  Jalires,  wo  fast  nur  bei 
Dichtern  in  fehlt.  Falsch  ist  aber:  periit  «'«  octavo  mense  anni,  für 
octavo  mense.  —  D.  L.  ist:  periit  in  suo  quadragesimo  anno,  in  seinem 
vierzigsten  Jahre,  für  quadragesimo  anno  aetatis  ohne  in  und  ohne 
suo,  aber  mit  aetatis,  oder  auch  quadraginta  an7ios  natus.  —  Gut  sind: 
in  sole  arabulare,  in  der  Sojuie  spazieren  gehen;  in  diem,  in  hör  am  — 
vivere,  in  den  Tag  hinein  leben  ;  centum  talenta  in  auro,  wie  wir  sa- 
gen :  hundert  Talente  in  Gold  (Sueton.  Galb.  8);  in  praesentia,  in  prae- 
senti,  in  der  Gegenwart,  für  jetzt  (vgl.  Praesentia)  ;  iii  orbem  consi- 
stere,  sich  in  einen  Kreis  stellen  —  und  so  noch  vieles  dem  Deutschen 
Aehnliche  oder  davon  Abweichende. —  Ueber  infuga,  auf  der  Flucht, 
vgl. /^//^a,  und  üher  initinere, auf  der  Reise,\^\.  Iter.  —  Endlich  ist  Sp.  L. 
in  verbunden  mit  einer  Praeposition  oder  einem  Adverb.,  z.  B.  inante, 
iitcoram,  incircum,  was  entweder  Archaismen  oder  Neuerungen  sind. 
Ausgenommen  davon  ist  die  Ausdrucksweise  im  römischen  Kalender: 
in  ante  diem  (in  a.  d.),  wie  im  Deutschen  auf  übermorgen,  auf  vor- 
gestern u.  a.  —  Reiclie  Belehrung  über  in  findet  sich  in  Flandii  Tur- 
sellin.  T.  III  und  in  Reisig's  Vorlesung,  p.  724. 

Inaccessus,  unzugänglich,  ist  erst  N.  KL,  kommt  aber  beim  jun- 
gem Plinius  vor;  als  kurzer  Ausdruck  ist  es  kaum  zu  verwerfen  und 
nicht  durch  einen  ähnlichen  zu  ersetzen.  Aber  Sp.  L.  ist  inaccessibilis 
und  inndibilis.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  94, 

Inadspectabilis,  unsichtbar,  ist  N.  L.  —  Vgl.  Invisibilis. 

Inadsuetus,  ungewohnt,  ist  nur  P.  L.  für  insolitus,  insolens.  Gleich- 
wohl braucht  es  Valckenaer  (Oratt.  p.  185):  inadsuetum  Belgis  Lu- 
dovici  Imperium. 


4J0  ' 

hmestiinahilis,  nnschäizhar,  in  dem  Sinne  unseres  vorzüglich,  aber 
auch  nicht  schätzejiswerth,  wie  es  Cicero  brauciit.  rauss  wegen  dieser 
doppelten  Bedentung  als  vocabulu7n  ambigmim  vorsichtig  gebraucht 
werden. 

hmffectatus,  ungeziert,  ungehünstelt,  ist  zwar  erst  N.  KL,  kommt 
aber  beim  Jüngern  Piinius  und  Quintilian  vor,  und  ist  nicht  zu  verwer- 
fen. Vgl.  jjjectatus. 

Ininnoenus,  tinerfreulich,  xinangenehm,  ist  selten  und  wird,  von  gei- 
stigen Dingen  gebraucht,  verworfen;  daher  wird  Muret  getadelt,  wei- 
cher (Oper.  T.  I,  p.  148  ed.  Fr.)  sagt:  inamoenum  Studium,  für  ingra- 
Uim,  injucundum,  insnave.  Doch  sagt  Plin.  (Ep.  IX,  10,  13):  id  genus 
operis  inamabile,  inamoenum.  Vgl.  auch  ATUoenus. 

Inanimare  ist  fast  N.  L.,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  z.  B.  in  der 
Bedeut.  beseelen,  beleben,  für  animare,  und  in  der  Bedeut.  Muth  ma- 
chen, für  animum  augere,  offerre,  dare.  Vgl.  Animare. 

Inanimatiis,  ?jnbeseelt,  unbelebt,  dem  animatus  entgegengesetzt,  ist 
fast  überall,  wenigstens  bei  Cicero,  nach  den  bessern  Handschriften 
zu  verwerfen,  für  inonimus.  Vgl.  Madvig  Cic.  Fin.  IV,  14,  3ö. —  N'.  L. 
aber  ist  es  in  der  Bedeut.  ermuthigt,  beseelt.  Vgl  Inanimare. 

hianis,  eitel,  stolz,  leichtfertig  (von  Personen),  ist  fast  nur  P.  L. 
für  va?ius,  levis.  Vgl.  Cic.  Sest.  57. 

Inauditns  bedeutet  Kl.  blos  unerhört,  N.  Kl.  unverhört,  z.  B.  ali- 
quem  inauditum  pu7iire,  damnnre ;  nie  aber  sagte  man,  was  N.L.  ist,  re 
oder  causa  inaudita,  unverhörter  Sache,  ohne  dass  die  Sache  unter- 
sucht ivorden  ist,  fiir  ijidicta  causa,  re  inorata  (Cic.  Kose.  Am.  9,  26), 
causa  iticognita  (Cic.  Verr.  I,  9).  Zwar  steht  bei  Cic.  (Balb.  J8)  re 
inaudita,  aber  in  der  Bedeut.  als  maii  gehört  hatte,  cum  inauditum, 
d.  h.  auditum  esset. 

Inauguralis  ist  ein  iV.  /i.,  sogar  akademisches  Wort  in  der  Bedeut. 
zur  Eiyiiveihung,  zum  Antritt  einer  Würde,  eines  Aintes  gehörig,  z.  B. 
oratio  inauguralis,  eine  Antrittsrede ;  disputatio  iiiauguralis,  derglei- 
chen es  viele,  auch  von  gelehrten  Männern,  gibt.  Ein  weit  besseres 
Wort  ist  wohl  aditialis,  mag  es  auch  noch  nicht  mit  oratio  und  dispu- 
tatio verbunden  vorkommen.  Vgl.  Aditialis. 

Inaugurare,  einweihen,  einführen,  einsetzen.,  wird  Kl.  nicht  blos 
von  0er/e/7z,  sondern  auch  von  Priestern  gesagt,  und  kann  daher  recht 
wohl  auch  von  der  Einweihung  und  Einführung  eines  Priesters  oder 
Pfarrers  gebraucht  werden,  da  seine  Einführung  eine  heilige,  durch 
einen  Priester  geschehende  Handlung  ist.  Vgl.  Cic.  Phil.  11,  43.  Liv. 
XXX,  26;  XLl,  28.  —  Ein  Subst.  aber,  inauguratio,  die  Einweihung 
oder  der  Antritt,  ist  fast  N.  L.  für  dedicatio,  consecratio  und  aditus 
oder  principium,  oder  es  wird  umschrieben. 

Licalescere  findet  sich  in  der  blldi.  Bedeutung  gereizt,  ermuntert 
n^erden  ohne  Auctorität  im  N.  L.  für  incitari. 

Incantatio,  die  Zauberei,  und  incantator,  der  Zauberer,  ölnd  sehr 
Sp.  L.  für  fascinatio,  incantamenlu7n  ;  magus,  qui  incantat,  cantionem 
oder  Carmen  magicum  canil.  So  heisst  auch  der  Zauberspruch,  die 
Bannformel ,  cantio,  carmen  magicuin,  auch  blos  Carmen. 

Incapabilis  und  incapax,  unfähig,  sind  sehr  Sp.  L.  für  non  aptus, 
non  accom7nodatus,  auch  impar  alicui  rei. 

Incastus,  unkeusch,  ist  ungewöhnliche  Form  für  i7icestus. 


411 

Incentor,  der  Jnsftfter,  ^nf-  oder  Anreizer,  ist  selir  .S/;.  h.  für 
auctor,  concitator,  sthmdator. 

Ificeptio,  welches  Kl.  nur  das  Anfangen  als  Handlung  bedeutet,  ist 
in  der  Bedeut.  das  Unfejyiehmefi  A.  L.  für  coeptum,  inceptum;  gleich- 
wohl brauclit  es  Muret.  (B^xpl.  Cic.  Cafil.  II,  2). 

IncertUudo,  die  Ungewissheit,  kommt  im  N.  L.  utid  nicht  selten 
vor,  für  dubitatio,  error  (Cic.  Att.  VlI,  2,  2.  Vgl.  Fabri  z.  Liv.  XXII, 
1,  3),  incerliim,  incerta.  Vgl.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  66  und  Certitudo. 

Ificessabi/is,  unaufhörlich,  ist  sehr  Sp.  L.  für  perpehius,  continuus, 
iion  intermissus  u.  a.  Eben  so  Sp.  L.  ist  inceasanter,  unaufhörlich,  für 
continenter  u.  a.  Vgl.  Indesinenter. 

Incidere,  einhauen,  einschneiden,  wird  wohl  gleich  gut  verbunden 
in  rem  und  in  re;  aber  das  Partie,  incisvs  wohl  nur  in  re. 

Incidere,  einfallen,  gerathen ;  —  i?i  oder  auf  Etwas,  in  aliquid,  in 
aliquem;  unter  Leute,  inier  homines;  Einem  ividerf obren,  begegnen, 
alicui  (Cic.  Fani.  V,  17,3.  Orat.  1,7).  Man  sagt  wohl  nicht  sermo, 
mentio  incidit  in  aliquem,  in  aliquid,  die  Rede  fällt  auf  Einen,  auf  Et- 
was, sondern  de  aliquo,  de  aliqua  re  (Liv.  I,  57);  aber«?/?  falle,  ich 
lco?mne  auf  einen  Stoff,  in  aliqiiam  niuteriam  (Plin.  Ep.  IX,  33),  und 
ich  komme  darauf.  Etwas  zu  thun,  incido  od  aliquid  faciendura  (Cic. 
Fam.  V,  8).  Bezweifelt  wird,  und  wohl  mit  Recht,  aliquid  incidit  in 
oculos.  Etwas  fällt  in  die  Augen,  für  sub  oculos  cadit  (Cic.  Orat.  3), 
sub  oculos  venit  (Quintil.  V,  9,  14)  oder  in  oculos  incurrit  bei  Cicero, 
Quintilian  u.  A. ;  —  ebenso  apparet  in  aliqua  re,  es  fällt  bei  Etwas  in 
die  Augen.  Vgl.  Wolf  z.  Cic.  Tusc.  I,  33,  80.  —  N.  L.  ist  auch  mihi  in- 
cidit, es  fällt  mir  ein,  kommt  mir  in  den  Sinn,  für  incidit  oder  ve7iit  in 
mentem,  aninio  occurrit;  «Z/c?/«  incidere  in  manus.  Einem  in  die  Häiide 
fallen,  gerathen,  für  in  ulicujus  manus  incidere,  z.  B.  in  hostium  ma- 
nus incidere,  nicht  hostibus  in  manus,  den  Feinden  in  die  Hände 
fallen. 

Incipere.,  anfangen ;  —  mit  Etwas,  ab  aliqua  re,  nicht  aliqua  re 
oder  cum  aliqua  re ;  daher  ivomit  oder  wo,  nnde,  z.  B.  wo  fängt  der 
Nachsatz  an?  unde  (nicht  ubi)  incipit  opodosis?  —  Das  Passivum  ist  ohne 
Auctorität,  und  sich  a?ifa?/gen  heisst  incipere,  nicht  incipi;  z.  B.  annus 
incipit,  das  Jahr  fängt  sieh  an,  nicht  incipitur.  Für  incepi  und  incepe- 
ram  aliquid  focere  sagt  man  gewöhnlich  coepi,  coeperam,  wiewolil  im 
historischen  Style  incipio  als  historisches  Praesens  für  coepi  gebraucht 
wird,  z.  B.  bei  Cic.  (Verr.  II,  23,  56):  queri  cum  multis  incipiunt; 
Caes.  (B.  C.  1,73):  vallum  ducere  incipiunt.  —  Das  Vari.  incepitnus 
steht  bei  Cic.  Verr.  II.  76,  187. 

Incitomentum,  das  Anreizungstnittel,  kommt  Kl.  zwar  nur  einmal 
bei  Cicero  vor,  ist  aber  nicht  zu  bezweifeln ;  JV^.  Ä'/.  findet  es  sich 
einigemal, 

Incitus,  rasch,  schnell,  ist  nur  P.  L.  in  der  Bedeut.  angereizt,  für 
incitatus.  Dazu  gehört  die  alte,  nur  bei  Plautus  vorkommende  und 
von  Spätem  wieder  aufgenommene  Volksredensart:  aliquem  ad  inci- 
tas  redigere.  Einen  auf's  Aeusserste,  in  die  grösste  Verlegenheit  brin- 
gen, für  ad  extremum  redigere,  in  ultimum  discrimen  adducere.  Vgl. 
AVeber's  Uebungssch.  p.  163. 

Incivilis,  unhöflich;  incivilitas,  die  Unhöflichkeit  und  inciviliter,  als 
Adv.,  u?ihöflichj  sind  Sp.  L.  für  inurbanus,  invenustus,  rusticus,  illibe- 


412 

raiis ;   ruaticüaa,   inhummiltas,  i/liberalttas :  inhnmnne  u.   a.    — •  Vgl. 
Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  126  und  Grosse  Eiiileit.  z.  Eutrop.  LVIII. 

hiclarescere,  berühmt  werden,  ist  zwar  N.  KL,  kommt  aber  beim 
Jüngern  Plinius,  Sueton  u.  A.  vor,  und  ist  nicht  zu  verwerfen.  Vgl. 
Clarescere. 

Inclementia,  Uiibarmherzfgkeit,  Härte  u.  dgl.,  ist  nur  P.  L.  für  in- 
hiimanitas,  crudelitas,  immanitas,  severitaa,  saevitia.  Diese  und  ähn- 
liche Wörter  braucht  Seneca  (in  seinem  Buche  de  dementia)  als  Ge- 
gensatz von  dementia,  nie  aber  jenes  inclementia,  wiewohl  incle?nens 
und  inclementius  bei  Livius  vorkommen. 

Indinare  (se),  sich  hinneigcTi,  und  inclinatio,  die  Zuneigung,  mit 
dem  Begriffe  der  Liebe,  sind  ohne  alle  Auctorität;  mehr  wird  appli- 
care  so  gebraucht.  Sich  zur  Milde  hinneigen  drückt  Cic.  (Q.  fr.  I, 
1,  11)  durch  incumbere  ad  lenitatem  aus;  dass  aber  auch  ifich'nare  ad 
oder  in  letiitatem  gesagt  werden  könne,  möchten  Seneca's  Worte 
(Ep.  114):  inclinatio  ingeniorum  in  quaedam  vitia  beweisen. 

Inclitus;  vgl.  hiclytus. 

Includere,  einschliessen,  einsperren;  —  in  Ettvas,  meistens  iri  ali- 
quid, seltner  ifi  aliqua  re,  auch  blos  aliqua  re,  z.  B.  carcere,  in  car- 
cerem,  in  carcere;  Cic.  (Divin.  I,  36,  79) :  cavernis ;  Somn.  Scip.  9  in 
corpore;  N.  D.  II,  24  in  impias  fabulas ;  Verr.  V,  55, 144  in  praedonum 
custodias.  —  Ei?t  von  Gestaden  eingeschlossenes  Meer  heisst  nicht 
mare  inclusnm,  sondern  conclusum  (Caes.  B.  G.  III,  9). —  Einen  Brief 
einem  Pakete  beischliessen,  beifügen  heisst  nicht  epistolam  in  fasciculo 
includere,  wie  Lipsius  (Ep.  IV,  63)  sag(,  sondern  epist.  in  fasciculum 
conjicere,  adjufigere  (Cic.  Fam.  III,  8,  10)  oder  addere.  Etwas  Anderes 
ist  orationem  in  epistolam  includere  (Cic.  Att.  I,  16,  10),  eine  Rede  in 
den  Brief  selbst  einmischen,  einschalten.  Vgl.  auch  Cic.  Q.  fr.  III,  1,24. 
—  Einen  Brief  dem  andern  beilegen  heisst  epistolam  cum  aliqua  con- 
jungere;  so  Cic.  (Farn.  VII,  30,  30):  eam  epistolam  cum  hac  epistola 
C07ijunxi.  Vgl.  auch  Imponere.  —  N.  L.  ist  wohl  aliquid  includere  sub 
aliquid,  wie  Muret.  (Explic.  Cic.  Catil.  I,  9  und  Epist.  dedic.  2)  sagt: 
sub  quod  genus  includendi  sunt ,  für  in  quod  genus  (in  qno  genere) 
includendi  oder  referendi  sunt.  —  Zu  bezweifeln  ist  aliquid  includere 
finibus  alicujus  rei  in  dem  bildlichen  Sinne  Ettras  in  die  Grunzen  oder 
Schranken  von  Etwas  eitischliesse?i ,  für  cancellis  alicujus  rei  circum- 
scribere  (Cic.  Orat.  1, 12,  52)  oder  finibus  aliquid  circumdare  (Cic. 
Orat.  I,  62,  264). 

Inclytus  oder  inclitus,  berühmt,  ist  ein  altes,  fast  nur  P.  L.  Wort, 
welches  jedoch  Livius  einigemal  von  sehr  ber?/h?nte?i  Saclie?i,  nie  aber 
von  Personen  braucht;  ausserdem  findet  es  sich  beim  altern  Plinins, 
sonst  fast  nirgends.  Es  werde  also  weniger  gebraucht  und  dafür  clarus, 
nobilis,  illustris  gesetzt. 

Incoenare ,  speisen,  für  coenare,  steht  nur  bei  Suet.  (Tib.  39),  ist 
aber  nach  den  Handschr.  falsche  Form,  was  auch  Ruhnken  und  Wolf 
annehmen. 

Incogitanter,  unbedachtsam,  ohne  Ueberlegung,  ist  N.  L.  für  incon- 
sulte,  inconsiderate,  temere.  Muret  hat  es  gebraucht  (Oper.  T.  I,  p.ll8 
ed.  Fr.):  stulte  incogitanterque,  wo  Huhnken  bemerkt:  Incogitans  Te- 
rentius  dixit:  sed  incogitanter  aeque  insolens  est  ac  cogitanter  pro 
cogitate.  Auch. incogitantia,  die  U?ibedachtsa}ukeit,  wns  Casaub.  (Athe- 


413 

naeus  V,  15  extr.)  und  Mahne  (Vita  Wyttenb.  XVIII)  brauchen,  steht 
nur  u4.  L.  bei  Plautus  für  temeritas ,  tT/consu/ta  ratio,  incuria,  oder 
auch  inconsiderantia.  —  Für  jenesi  mcogita?is  bei  Terenz  setze  man 
inconsideratiiSy  temerarius. 

Incognüus ,  vngekan7it.  —  N.  L.  ist  incognilo  iter  facere  u.  dgl., 
für  occultato  nomine  oder  mit  dem  Adj.  incognitus  \\.  a. 

Incolere,tvohnen,  betvohnen,  wird  theils  verbunden  mit  dem  ^ccus.y 
aliquem  locum,z.  B.  urbem,  arcem,  lerras,  oder  mit  Ortspraepositionen, 
wie  ci.v,  trans ,  inter,  prope ,  proxi7ne  mit  dem  Acc,  z.  ß,  Rhenura  u.  a., 
aber  nie  in  aliquo  loco. 

Incommendatiis ,  U7ie??ipfohlen,  steht  P.  L.  nur  einmal  bei  Ovid  für 
non  commendatus, 

Incommodare ,  mit  und  ohne  Dativ,  ist  nicht  zu  verwerfen,  da  es 
bei  Cicero  sogar  dreimal  vorkommt  (Quinct.  16.  Fin.  V,  19,  50.  Q.  fr. 
I,  2,  10)  ,  wiewohl  mit  Abweichung  der  Handschr.  —  Sonst  findet  es 
sich  nur  bei  Terenz  und  späten  Lateinern,  und  werde  daher  lieber 
vermieden  durch  commodis  alicujus  non  servire ,  no7i  considere.  — 
N.  L.  aber  ist  aliqueTn  incomTnodare,  Ei7ier7  belästigen,  incomTnodiren. 
Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  121  und  Ruhnk.  z.  Terent.  Andr.  I,  1,  135. 

Inco7nmodatio,  die  Beschwerlichkeit,  was  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  154) 
braucht,  beruht  auf  einer  verdorbenen  Stelle  in  Cic.  Att.  I,  17,  7,  wo 
jetzt  incominoditate  steht.  Aber  selbst  dieses  incoTnmoditas  ist,  wie- 
wohl es  auch  Livius  einmal  braucht,  sonst  nur  A.  und  Sp.  L.,  so  dass 
es  lieber  vermieden  werde  durch  inco7nmodum,  molestia,  difßcultas  u.  a. 

IncomTnutahilis ,  unveränderlich ,  hat  jetzt  ausser  der  Auctorität 
Varro's  und  Späterer  auch  die  des  Cicero  (Rep.  II,  33). 

Incomparabilis,  V7ivergleichlich,  ist  N.  KL,  kommt  aber  höchst  sel- 
ten vor,  jedoch  bei  Quintilian,  der  einen  Lehrer  (magister)  incompa- 
rabilis nennt.  Gleichwohl  brauche  man  es  weniger,  als  es  heutzutage 
geschieht,  und  ersetze  es  durch  homo  divinus,  7iulli  comparandus,  und 
bei  Sachen  durch  singularis,  summus,  incredibilis. 

Incompositns  kommt  in  der  Bedeut.  ungeord7iet  u.  dgl.  erst  bei  Li- 
vius und  nachher  bei  Quintilian  vor,  gleicli  inconditus ;  im  N.  L.  aber 
findet  es  sich  in  der  Bedeut.  7iicht  z?isammengeselzt,  für  non  composi- 
tus,  no7i  copulatus  u,  a.  Vgl.  Compo?iere. 

Incomprehensibilis,  (dem  Verstände)  unbegreiflich,  findet  sich  noch 
nicht  bei  Cicero,  wiewohl  co7iiprehe?isibilis  so  vorkommt,  aber  N'.  KL 
bei  Celsus  und  Quintih"an  (IX,  1,  12),  und  kann  als  kurzer  Ausdruck 
wohl  gebraucht  werden.  Aber  inco7nprehensus  in  derselben  Bedeutung 
hat  gar  keine  Auctorität  mehr,  seitdem  es  bei  Cic.  (Acad.  II,  29)  in 
no7i  comprehensus  verändert  worden  ist. 

l7iconcin7ie,  inconcin7iiter ,  unschicklich,  und  inconcinnitas,  die  Un- 
schicklichkeit, sind  Sp.  L.,  denn  auch  das  letzte  beruht  bei  Sueton 
(Aug.  86)  auf  einer  falschen  Lesart  für  das  entgegengesetzte  co7ici7i- 
nitas,  wie  Ruhnken  und  Wolf  behaupten.  Man  brauche  non  concinue, 
non  congrueiüer,  non  convenienter  und  als  Subst.  nulla  concinnitas, 
7iulla  convenientia  u.  a. 

Incongruus,  inco7igrue,  incongruenter,  unpassend,  unschicklich,  und 
i7icongruentia^  Unpasslichkeit^  sind  Sp.  L.  und  nicht  zu  brauchen.  Vgl. 
das  vorhergehende.  Für  das  Adj.  incongrtius  steht  auch  i7icongriieiis 
beim  Jüngern  Plinius  (Heusinger  Eraendd.  p.  411). 


414 

Inconsentaneus,  unschicklich,  ist  ganz  Sp.  L.  für  non  consentaneus. 

hiconsiderans,  imbedachtsam,  unüberlegt,  steht  zweifelhaft  in  Cic. 
Divin.  II,  27,  59,  wo  die  Neuern  aus  Handschr.  iticonsiderati  lesen.  Es 
ist  sonst  fast  ohne  Auctorität.  —  Sehr  Sp.  L.  ist  das  Adv.  inconside- 
ranter  für  inconsiderate. 

Inconsiderantia,  die  Unbedachtsamkeit,  ist  zwar  bei  Cic.  Q.  fr.  III, 
9,  2  nur  Verrauthung  des  Manntius  für  das  ganz  unpassende  und  in 
allen,  auch  den  besten  Handschr.  stehende  cows/r/er«?«^/«,  wird  aber  be- 
stätigt durch  Sueton  (Claud.  39):  oblivionem  et  inconsideranliam,  und 
ist  wohl  eben  so  gut,  als  das  zwar  KL,  aber  selten  gebrauchte  indili- 
genlia.  Sonst  sind  synonym  tefue/itas,  inconsulta  ratio,  incuria.  Dage- 
gen ist  inconsideratio  zu  bezweifeln. 

Inconsideratus  hat  zwar  als  Partie,  passiven  Sinn,  aber  als  Adject. 
auch  activen  von  Personen,  die  unilberlegl  handeln,  wie  unser  deut- 
sches unüberlegt.  So  bei  Cic.  (Divin.  II,  27,  59):  leves  atque  inconside- 
ra^^*  sumus,  und  bei  Quintil.  (11,15,28):  Polus  juvenili  calore  inconside- 
ratior.  Vgl.  Co?isideratus  und  Inconsultus. 

Inconsolabilis,  untröstlich,  steht,  nur  P.  L.  bei  Ovid  von  einer 
Wunde  (vulnus),  die  nicht  zu  mildern  ist.  Es  ist  zwar  kurzer  Ausdruck, 
der  aber  doch  lieber  umschrieben  werde  durch  quem,  quam,  quod 
consolari  non  possumus,  oder  auf  andere  Art. 

fncotisultus  hat,  wie  consideraius  und  inconsideratus,  nicht  nur 
passiven,  sondern  auch  acticen  Sinn,  unbedachtsa7n.  Da  es  aber  in  der 
Bedeutung  nicht  befragt,  nicht  zu  Rathe  gezogen  wohl  ohne  Auctori- 
tät ist,  so  möchte  zu  bezweifeln  sein,  ob  es  richtig  sei,  wenn  Muret. 
(Oper.  T.  IV,  p.  89  ed.  Ruhnk.)  sagt:  inconsulto  principe,  ohne  den 
Regenten  gefragt  zu  haben,  für  7i07i  cotisulto,  fion  ad  consiliu/n  adhi- 
bito  principe.  W^  Adv.  brauche  man  inconsulte,  aber  nicht  ificonsulto, 
welches  schlechte  Auctori(ät  hat. 

Incontentus  ist  in  der  Bedeut.  unzufrieden,  N.  L.  für  7ion  con- 
tentus. 

lucontroversus,  unbestritten,  steht  nur  nach  Lambin's  Verrauthung 
in  Cic.  Orat.  I,  57,  241,  wo  aber  Andere  in  controversiis  lesen.  Es 
kommt  nirgends  vor,  und  man  brauche  non  cojitroversus,  wie  denn 
auch  in  jener  Stelle  wahrscheinlich  J?//"/s  non  controversi  xm  sc\\re\- 
ben  ist. 

Inconvenienter,  unpassend,  nicht  schicklich,  ist  sehr  Sp.  L.  für  non 
convenienter,  non  congruenter,  non  accommodate,  absurde  u.  a. 

Incorporalis,  was  keinen  Körper  hat,  ?inkörperlich,  steht  N.  Kl.  bei 
Seneca  und  Quintilian  für  corporis  expers,  sine  corpore,  und  ist  nur  als 
philosophisches  Kunstwort  zn  brauchen  (vgl.  Corporalis);  ebenso  iji- 
coi'poreus,  waz  zwar  erst  Sp.  L.  vorkommt,  aber  von  Neuern  als  philo- 
sophisches Wort  gebraucht  wird,  z.  B.  von  Perpinian.  (Orat.  p.  253 
incorporeas  mentes). 

Incorporare,  einverleibe?!,  ist  ganz  Sp.  L.  für  adjungere,  innectere 
u.  a.  —  ]\'.  L.  aber  ist  incorporatio,  die  Einverleibung,  für  adjectio., 
additio,  conjunctio,  interpositio  u.  a. 

Incorrectus,  unverbessert,  steht  nur  P.  L.  bei  Ovid  für  non  eorre- 
ctus,  mendosus,  vitiosus  u.  dgl. 

Incorrigibilis,  unverbesserlich,  ist  TV.  L.  für  insanabilis. 


415 

Incorruptibüis,  unverderblich,  unvergänglich,  ist  sehr  Sp.  L.  für 
tncorn/ptus,  aeternus,  itmnortalis  u.  dgl. 

Iniredibilitas^  die  Unglaiiblivhkeil,  ist  N.  L.  fiir  nulla  odei'  mala 
fides.  In  der  Bedeut.  Unglaube  ist  es  Sp.  L.  für  dubitatio,  difßdentia, 
scrupulus  u.  a. 

IncreduluSy  ungläubig,  kommt  zwar  erst  N.  Kl.  bei  Quintilian  und 
Horaz  vor,  ist  aber  nicht  zu  verwerfen  neben  den  Synonymen  diffi- 
dens,  dubitans. 

Increpare  kommt  in  mancherlei  Bedeutung^en  vor.  Kl.  liat  es  im 
Perf.  nur  increpui,  nicht  iiicrepavi,  und  im  Supino  increpitum,  nicht 
increpatum. 

Incriminari,  beschuldigon,  vorwerfen,  ist  N.  L.  für  criminari,  cri- 
mini  dare,  viiio  dare,  vitio  vertere,  objicere ;  dagegen  ist  Sp.  L.  iiicri- 
minatio,  die  Schuldlosigkeit,  Unsträßichkeit,  für  innocentia,  integrilus, 
sanctitas  u.  a. 

Incruente,  ohne  Blutvergiessen,  ist  sehr  Sp.  L.,  und  incruentex 
N.  L.  für  sine  sanguine,  sine  caede^  und  mit  dem  Adj.  incruentus. 

Inculcare  hat  meistens  den  Begriff  unzeitig  einmischen,  eindrän- 
gen, mit  Mühe  beibringen,  beizubringen  suchen,  und  werde  daher  vor- 
sichtig gebraucht,  nicht  aber  geradezu  für  interponere,  i?nmiscere, 
oder  wohl  gar  für  tradere.  Vgl.  Cic.  Off.  I,  31, 111  graeca  verba  incul- 
care ;  Orat.  I,  28, 127,  und  se  inculcare  alicui,  sich  Einem  aufdrängen, 
Orat.  II,  5,  19.  —  Man  sage  nicht  praecepta  alicujus  arlis  inculcare, 
die  Regeln  einer  Kunst  lehren,  vortragen,  Einem  beibringen,  sondern 
tradere,  ausser  wenn  der  Begriff  von  Mühe  und  Anstrengung  vorherr- 
schen soll. 

Inculpare,  beschuldigen,  als  Schuld  vorwerfen ,  ist  N.  L.  wie  incri- 
minari, wovon  oben  die  Rede  war. 

IncuHus  ist  mehr  unbebaut,  als  u7ibewohnt  (von  Menschen),  was 
vacuus  heisst  oder  mit  vacare  ausgedrückt  wird  (Caes.  B.  G.  IV,  3)  ; 
auch  ist  es  fast  nur  P.  L.  in  der  geistigen  Bedeut.  ungebildet,  roh,  für 
rudis,  humanitatis  expers  (  Cic.  üivin.  II,  38,  80,  wo  die  Cilicier,  Pisi- 
dier  u.  Phryger  so  genannt  werden)  u.  a. ;  sonst  wird  es  nur  von  äus- 
serer Rohlieit,  Ungebildetheit  und  Schmucklosigkeit  gebraucht,  gleich 
horridus.  Vgl.  Cic.  Sest.  9,  21. 

Licumbere  in  geistiger  Bedeut.,  sich  auf  Etwas  lege?i,  sich  mit  Ettvas 
beschäftigen  u.  dgl.,  m.  d.  Dativ,  alicui  rei,  z.  B.  arti-,  lilteris,  studiis,  hello, 
laudi  u.  a. ,  ist  Sp.  L.  für  in  oder  ad  aliquam  rem,  z.  B.  in  artem,  in 
litteras ,  in  alicujus  perniciem.  Vgl.  Cic.  Plane.  7.  Muren.  28,  59  u.  viele 
andere  Stellen.  Ja  sogar  in  körperlichem  Sinne  wird  es  bei  Cicero  nur  mit 
in  verbunden,  wo  Andere  den  Dativ  brauchen.  Im  N.  L.  ist  oft  dagegen 
gefehlt  worden,  z.  B.  von  Hemsterh.  (Oratt.  p.  130),  welcher  sagt: 
vos  ita  studiis  incumbite;  p.  125  suae  stationi  ornandae  totus  incubuit, 
imd  p.  140  non  segni  inertiae,  sed  locupletandis  doctrinae  suae  the- 
sauris  incubuit;  und  neulich  schrieb  Einer:  per  totam  vitam  philologiae 
incubui.  —  Sp.  L.  bei  den  Juristen  liest  man:  mihi  incumbit ,  mir  liegt 
ob,  für  meiim  est;  und  so  steht  auf  dem  Titel  einer  Diss. :  deobligatione, 
quae  nationi  Germanicae  incumbit.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  227. 
iland's  Lehrb.  p.  175.  Grauff  z.  Bunell.  p.702u.  Reisigs  Vorles,  p.  662. 

Incunabula  (der  Sing,  incunabulum  findet  sich  nirgends),  die 
yViege.,  kommt  auch  in  der  bildlichen  Bedeut.  der  erste  Anfang,  die 


416 

ersten  Anfänge,  z.  B.  des  Lernens,  vor.  aber  fast  nur  mit  den  mildern- 
den Zusätzen  velut,  quasi.  Ob  es  aber  geradezu  für  initinm  von  der 
2^e/if  gebraucht  werde,  bezweifelt  Friedemann,  indem  er  bei  Hemsterh. 
zu  dessen  Worten:  sub  acadeniiae  tnc?inabula  anmerkt:  Num  sie  de 
tempore  solo  dici  possit.  vehementer  dubito. 

I?icujic(a?7ter,  ohne  Zögerung,  ist  Sp.  L.  für  non  (haud)  cunclanter, 
sine  inora,  nulla  mora  interposita. 

hicurabilis,  unheilbar,  ist  N.  L.  für  insanabilis. 

hicurius,  sorglos,  unbekümmert  u.  dgl.,  ist  der  richtige  Ausdruck 
für  das  N.  Kl.  incuriosus  bei  Piinius,  Sueton  u.  A. 

Incurrere  wird,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  Kl.  und  später  fast  nur 
mit  in  und  dem  Accusativ  verbunden,  nur  selten  mit  dem  Dativ  oder 
mit  dem  Accusativ  onne  in,  welches  letztere  zu  vermeiden  ist.  Zu  be- 
zweifeln ist  aber  incurrere  in  partum,  in  den  Hafen  einlaufen,  für 
intrare  portum,capere  partum  (Cic.  Sest.  46,  99), pervenire  oder  itivehi 
in  partum  u.  a.  Auch  Redensarten,  wie:  conwumes  miseriae  in  ?nemo- 
riam  incurrunt  sind  wohl  nicht  zu  billigen,  für  incurro  in  memariam. 
cammuniuni  miseriarium  ( Cic.  Brut.  71).  —  Verworfen  wird  von 
Wolf  u.  A.  (z.  Cic.  Tusc.  1,  33,  80)  incurrere  in  oculos,  aber  einige 
Stellen  Cicero's  sichern  es.  Vielleicht  meinte  Wo\£  incidere  in  oculos; 
vgl.  Incidere.  AuchQuintll.  (X,3, 16)  sagt:  pleraque  in  oculos  incurrunt. 

Incursitare ,  angreifen,  anstossen,  kommt  N.  Kl.  nur  bei  Seneca 
▼or,  ist  aber  unnöthig  für  incursare. 

Incusare  aliquem.,  Einen  gerichtlich  anklagen,  steht  wohl  nirgends 
für  accusare,  da  es  nur  tadeln,  Forwürfe  machen  bedeutet.  Vgl.  Cic. 
Senect.  5.  Caes.  B.  G.  I,  40;  II,  15.  Vgl."  Klotz  Sintenis  p.  104  u.  164. 
Dagegen  steht  accusare  in  beiden  Bedeutungen. 

Indagare,  verbunden  mit  locum  oder  locas,ei7ie  Stelle,  Stellen  auf- 
spüren, finden ,  verwirft  Wüstemann  (z.  Döring.  Comment.  p.  71)  als 
unedel  und  ungewöhnlich,  was  es  aber  wohl  für  den  Lateiner  nicht 
war;  daher  ist  es  auch  gewiss  nicht  zu  verwerfen. 

Indago ,  ein  besonders  von  der /a^f/ gebrauchtes  Subst.,  die  Ein- 
schliessung,  kommt  erst  N.  KL  und  sehr  selten  in  der  bildlichen  Bedeut. 
Erforschung  vor.  Erst  Sp.  L.  sagt  man:  ampliorem  indaginem  espo- 
scere ,  woraus  im  N.  L.  die  Redensart:  haec  est  res  altioris  i7idaginis, 
dieser  Gegenstand  fordert  tiffere  Forschung,  entstanden  ist,  in  wel- 
cher das  Beiwort  altior  für  amplior  unlateinisch  ist.  Diese  Künstelei 
ist  unnöthig,  da  derselbe  Gedanke  durch  haec  res  diligentius  oder 
accuratius  est  indaganda  u.  a.  ausgedrückt  wird.  Vgl.  auch  Hand's 
Lehrb.  p.  155. 

hide  a,  voti  da  an,  bei  einer  Zeitangabe,  z.  B.  ijide  a  principio,  ist 
ohne  vorgesetztes  Ja/«  kaum  erweislich,  für  jam  inde  a  princ.  —  Auch 
bessere  Neulateiner  sagen  fehlerhaft:  eVirfe  a  prima  pueritia,  «Vzr/e  a 
renatis  litteris,  «'«rfe  a  primis  pueritiae  nostrae  annis ,  und  so  vieles 
Andere,  indem  s\c\\  jam  fast  immer  an  das  temporale  i/zrfe  anschliesst, 
sowie  auch  blos  Jam  a  ohne  inde  gesagt  wird,  z.  B.jam  a  principio,  jam 
a  prima  adolescentia .,  jam  ab  illo  tempore  u.  dgl.  —  Vgl.  auch  Handii 
Tursellin.  T.  111,  p.  119,  der  auf  Drakenb.  (Liv.  I,  2,  3;  VI,  40,  3;  IX, 
29,  8)  verweist.  —  Falsch  ist  es  aber  auch  im  N.  //.,was  wohl  gar  für 
schöner  gehalten  wird,  wenn  inde  in  die  Zeitbestimmung  eingeschoben 
oder  ihr  nachgesetzt  wird,  da  es  doch,  wie  abhinc,  nur  vor  derselben 


417 

stehen  darf,  z.  B.  ab  eo  inde  tempore,  für  jam  inde  ah  eo  tempore.  Dar- 
nach beurtheile  man:  a  prima  «wr/e  pueritia,  ab  antiquissimis  inde  tem- 
poribus,  ab  illo  inde  tempore,  a  Cnjacio  inde.  \gl.  Klotz  Sintenis  p.  105 
u.  152  und  Reisigs  Vorlesung-,  p.  827. —  N.  L.  ist  inde  in  der  Bedeut. 
dessuegen ;  z.  B.  sed  sunt  hi  itide  praestantiores  (Görenz.  Cic.  Fin. 
p.  IV).  Vgl.  Reisigs  Vorlesung,  p.  468.  —  N.  Kl.  ist  inde  est,  quod  — 
und  N.  L.  inde  vefiit ,  iit  — ,  daher  kommt  es,  dass  — ,  für  hinc  fit, 
ut — ,  haec  causa  est,  quod  oder  cttr  — .  Jt.  L.  ist  zwar  inde  loci,  aber 
nirgends  findet  sich  inde  loco,  was  Ernesti  (in  Cic.  Muren.  12)  für  das 
juristische  inde  ibi  setzen  wollte.  —  N.  Kl.  ist  hinc  —  inde  oder  inde 
—  hinc,  für  hinc  —  Ulinc.  —  Ueber  inde  sequilur ,  daraus  folgt,  vgl. 
Sequi,  und  über  die  Partikel  Inde  selbst  vorzüglich  llandii  Tursellin. 
T.  III. 

Indebitus,  nicht  schuldig ,  ungebührlich,  kommt  P.  L.  und  in  später 
Prosa  vor,  für  non  debitus ,  z.  B,  poena  indebita.  Eben  so  Sp.  L.  ist 
indebile  für  immerito,  injuste. 

Indecere  in  negativer  Bedeut.,  ungeziemend  sein,  setzt  gegen  den 
Sprachgebrauch  der  jüngere  Plinius  für  7;ow  decere,dedecere,  wiewohl 
Quintilian  und  Andere  ijidecens  und  indecenter  für  non  decens  u.  dgl. 
brauchen,  für  indecorus  und  indecore. 

Indefatigatus  steht  N.  Kl.  bei  Seneca,  und  indefessus ,  unermüdet, 
N.  Kl.  beim  Jüngern  Plinius.  Man  vermeide  sie  durch  non  defatioatus, 
und  sage  für  Studium  indefessum  liel)er  Studium  acerrimum.  Vgl.  Diet- 
rich's  Sintenis  p.  43  u.  Reisig's  Vorlesung,  p.  206. 

Indere,  geben,  beilegen,  ist  ^.  L.  und  JY.  KL,  kommt  aber  nur  bei 
Tacitus  u.  A.  vor.  Doch  verbindet  es  Livius  gern  mit  nomen,  was  man 
auch  thun  kann. 

Indesinens ,  unaufhörlich ,  ist  N.  L.  für  assiduvs ,  conti?iens ,  per- 
petuus,  continuus;  z.  B.  lacrimae  assiduae ,  unaufhörliche  Thränen 
(Cic.  Farn.  IV,  7).  Das  Adv.  indesinenter  ist  Sp,  L.  für  continenter, 
semper,  perpetuo ,  sine  intermissione ,  nullo  puncto  temporis  intermisso 
u.  a.,  auch  mit  non  desistere,  non  desinere  u.  d.  Infin. 

*  Es  stellt  zwar  auch  in  vielen  Ausgg.  des  Varro  (R.  R.  II,  9),  aber  Vic- 
torias hat  es  in  identidem  verändert. 

Indevictus,  unbesiegt,  ist  -V.  L.  für  invictus. 

Indicare,  ankündigen,  ist  mit  einigen  Accus,  verbunden  N.  Z.,  z.  B. 
bellum,  indicare,  für  indicere  oder  denunciare  bellum;  mortem,  inimici- 
tias  indicare,  für  denunciare.  —  N.  L.  ist  ferner  se  apud  aliquem 
indicare,  sich  bei  Jemandeti  anzeigen,  meldeii,  für  nomen  profiteri  apud 
aliquem.  Bei  Cic.  (Arch.  11)  bedeutet  jom  me  vobis  indicabo ,  ich  will 
mich  euch  offenbaren,  meine  Gedanken  sagen. 

Indicens,  der  nicht  sagt,  kommt  zwar  im  Abi.  absoI.,?we  —  indicente, 
ohne  mein  Sagen,  hei  Terenz  und  einmal  bei  Livius  vor,  ist  aber  lieber 
ganz  zu  vermeiden,  für  me  tacente,  non  dicente. 

Indicium,  Anzeige,  aber  nur  eine  mündliche  von  etwas  Geschehe- 
nem, die  als  Handlung  significalio  heisst,  nicht  aber  eine  Anzeige  oder 
Verkündigung  von  etwas  Künftigem  in  der  Natur ,  welche  signum, 
ostentum,  prodigium  oder  monstrum  heisst. 

Indictus  werde  in  der  Bedeut.  nicht  gesagt  vermieden,  da  es  ge- 
wöhnlich bejahende  Bedeut.,  angekündigt,  hat;  jenes  heisst  no?i  dictus. 

Indidem,  ebendaher,  wird  nur  bei    Ländern  und  Oertern  im  AU- 

27 


418 

gemeinen  mit  ex  verbunden,  nicht  bei  Städten,  wo  es  falsch  ist,  2.  B. 
vidiffern  es  Ameria,  e  Delphis,  e  Thebis  u.  a.,  für  indidem  Ameria  \\.  s.  w. 
ohne  ex. 

Indigere,  bedürfen,  nöthi'g  haben,  wird  Kl.  meistens  mit  dem  Geni- 
tiv, selten  mit  dem  Ablativ  verbunden. 

Indigestio  ist  in  der  Bedeut.  Unverdatdichkeit  sehr  Sp,  L.  für 
cruditas,  und  in  der  Bedeut.  Unordnung  N.  L.  für  confusio. 

Indigestus  ist  in  der  Bedeut.  unverdaut  Sp.  L.  für  crudus,  und  in 
der  Bedeut.  ungeordnet  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  und  Ovid  für  in- 
compositus. 

Indigetare  oder  indigitare  ist  ein  A.  L.  heiliges  Wort  in  der  Bed. 
anrufen,  für  invorare ,  und  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  erwähnen,  angeben, 
nennen.,  für  commemorare ,  nomin ar e ,  indicare.  Nicht  gut  sagt  daher 
Görenz  (Cic.  Fin.  p.327)  :  auctoris  est  proverbia  trita  indigetare  magis, 
quam  plene  ponere.  Vgl.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  139. 

[ndignari,  unwillig  sein,  wird  Kl.  mit  dem  Acc.  verbunden,  aliquid, 
über  Etwas,  Sp.  L.  de  aliqua  re  oder  alicuirei;  bei  folg.  daasvoM  quod 
oder  dem  Acc.  c.  Inf.  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  150  (185). 

Indigmis,  unioürdig,  steht  P.  L.  mit  dem  Genitiv  statt  des  Ablativs, 
und  ebenso  mit  dem  Infinitiv  für  qui  oder  ut. 

Indigus,  bedürftig,  ist  fast  nur  P.  L.  und  kommt  N.  KL  nur  beim 
altern  Plinius  vor,  für  indigens. 

Indipisci,  erreichen,  einholen,  erlangen,  ist  fast  nur  A.  und  P.  L. 
für  consequi,  adipisci;  jedoch  findet  es  sich  bei  Livius  zweimal  mit 
navein  und  naves  verbunden,  vielleicht  als  Kunstwort. 

Indirectus,  nicht  geradezu,  kommt  nur  einmal  N.  Kl.  bei  Quintilian 
mit  actio  verbunden  vor,  aber  so  zweifelhaft  und  dem  Sinne  wider- 
streitend, dass  dort  mit  Spalding,  Zumpt  u.  A.  für  indirecta  theils  dem 
Sinne  gemäss,  theils  nach  Handschriften  inde  recta  (in  zwei  Wörtern) 
zu  lesen  ist.  Da  es  also  ohne  Auctorität  wäre,  so  sage  man  7wn  directus, 
non  rectus ,  obliquus  ,  und  für  indirecte  oder  per  indirectum  ,  auf  in- 
directe  Weise,  nicht  geradezu,  nicht  frei  nnA  unverholen,  —  circuiiiorie 
(Cic.  Divin.  II,  17,  40)  oder  per  ambages,  tecte,  und  N.  Kl.  oblique. 
Vgl.  Directus. 

Indiscretus  ist  zwar  in  der  Bedeut.  ungetrennt ,  nicht  abgesondert 
JV.  Kl.  und  selten  für  non  discretus, aber  nicht  zu  verwerfen;  jedoch  in 
der  Bedeut.  unbescheiden,  indiscret  ist  es  N.  L.  für  if}epiU8,immodestus, 
inhumanus,  itiurbanus,iemerarius,  rtisiicus  u.a.  \ gl.  Discretus.  Ebenso 
ist  indiscretio  N.  L,  in  der  Bedeut.  Unbescheidenheit ,  für  rusticitas, 
und  indiscrete,  ohne  Unterschied,  kommt  N.  Kl.  uur  beim  altern  Plinius 
vor,  für  protniscue,  sine  discrimine. 

Indispositus ,  ungeordnet ,  steht  N.  Kl.  nur  bei  Tacitus,  und  indis- 
posite  N.  KL  bei  Seneca,  für  tumultuarius,  confusus,  incompositus,  in- 
ordinatj/s,  und  davon  die  Adverbien. 

Indiüiduus  braucht  Cicero  nur  von  untheilbaren  Körpern,  als  üeber- 
setzung  der  griechischen  Atomen;  N.  Kl.  bedeutet  es  bei  Seneca  U.A. 
blos  unzertrennlich,  für  inseparabilis,  assiduus  u.  ähnl.  —  Was  wir  ein 
Individuum  nennen,  ist  meistens  unum,  und  kein  Individuum  heisst 
nihil  unum,  z.  B.  nihil  est  uni  unum  tarn  simile,  kein  Individuum  ist  dem 
andern  so  ähnlich. 

Indivisus ,  ungetheilt ,  ist  zwar  selten,  aber  gut;  jedoch  kommt  pro 


419 

indtviso  in  der  Bedeut.  ohne  Unterschied ,  gemeinschaftlich  N.  Kl.  nur 
bei  Pliuius  und  Seneca  vor,  für  promiscue,  sine  discrimine,  oder  pari- 
ter,  aeque. 

Indolenter,  schmerzlos,  gefühllos ,  ist  TV.  L.  für  nullo  oder  sine  do- 
loris  sensu. 

Indolentia  ist  bei  Cicero,  wie  auch  bei  Seneca,  in  der  Bedeut. 
Schmerzlosigkeit  ein  philosophisches  Wort;  Cic.  sagt  dafür  meistens 
non  dolere ,  doloris  vacuitas.  Er  braucht  es  aber  auch  Tusc,  III,  6,  12 
in  der  Bedeut.  Gefühllosigkeit  wnd  Geistesstumpfheit ,  für  Stupor,  im- 
manitas,  torpor.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  542,  der  letztere  Bedeut. 
läugnet. 

Indolere,  Schmerzen  empfinden,  ist  N.  L.  für  indolescere,  wozu  auch 
das  Perf.  indolni  gehört.  Jenes  braucht  z.  B.  Majoragius  (  Oratt.  13. 
p.  283)  :  Quis  in  unius  rauscae  morsu  vehementer  indolet?  f\xr  indolescit. 

hidoles  ist  in  besserer  Prosa  nur  im  Singular  üblich,  wo  es  die 
natürliche  Anlage,  die  Eigenschaften,  und  vom  Geiste  die  Fähigkeiten 
und  Talente  bedeutet,  die  einer  Entwickelnng  fähig  sind.  —  N.  L.  ist 
es  daher  in  der  Bedeut.  Eigenschaft,  Beschaffenheit,  die  eine  Sache 
hat,  z.  B.  indoles  carminis,  editionis  alicujus,  orationis  u.  dgl.,  wie  man 
es  heutzutage  häufig  braucht.  Gleich  gut  sind  aber  indoles  virtutis  und 
ad  virtutem  (beide  bei  Cicero). 

Indomabilis ,  unbezähmbar ,  kommt  A.  L.  nur  bei  Plautus  vor,  für 
indomitus,  effrenatus. 

Indonatus ,  unbeschenkt ,  ist  Sp.  L.  für  nullo  munere  affectua,  inho- 
noratus  u.  a. 

Indubitanter,  unbedenklich,  ist  Sp.  L.  für  non  duhitanter,  fidenter, 
sine  ulla  dubitatione,  non  dubitans  (Cic.  Fin.  V,  9, 26.  Farn.  V,  16  u.  a.). 

Indubitate,  unbezweifelt  u.  dgl.,  beruht  fast  nur  auf  Livius  XXXIII, 
40,  wo  aber  nach  den  Handschr.  anders  zu  lesen  ist.  Vgl.  Kreyssig  zu 
der  Stelle;  auch  Ruhnken  Vellej.II,  60  und  dessen  Praef.lexici Schel- 
ler. —  Man  brauche  sine  dubio,  certe,  non  dubitaider.  Dagegen  findet 
sich  indubitatus,  unbezweifelt,  wiewohl  N.  KL,  bei  Quintilian  u.  A.,  und 
ist  nicht  zu  verwerfen.  Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  142. 

Indubius,  unzweifelhaft,  kommt  N.  Kl.  nur  bei  Tacitus  vor;  es 
werde  vermieden  durch  tion  (haud)  dubius,  certus,  esploratus. 

Inducere  kann  nicht  überall  für  unser  deutsches  einführen  ge- 
braucht werden.  Man  sage  z.  B.  nicht  regnum  inducere,  Königsherr- 
schaft einführen ,  für  instituere ;  esercitationem  induc,  eine  Uebung 
einführen,  ebenfalls  für  instituere  (Cic.  Fin.  V,  4,  10)  ;  artes  induc, 
Künste  einführen,  für  importare  (Cic.  Rep.  II,  15);  dolorem  induc, 
Schmerz  verursachen ,  tut  facere,  afferre ,  commovere  u.  a.  (vgl.  Kraft 
ÄU  Muret.  V.  L.  XIII,  12)  ;  merces  induc,  JVaaren  einführen,  für  in- 
vehere,  importare ,  inferre ;  und  so  auch  nicht  i7iductio  mercium,  Ein- 
führung von  Waaren ,  für  invectio.  —  In  der  Redensart  inducere  (in) 
animum,  sich  vornehmen,  fest  entschliessen ,  vorsetzen,  ist  der  Zusatz 
meum,  tuum  —  in  guter  Prosa  selten,  jedoch  mehr  üblich  bei  in  ani- 
mum ,  als  bei  animum.  Cicero  soll  nach  R.  Klotz  mehr  animum  indu- 
cere,  Livius  aber  mehr  in  animum  ind.  gesagt  haben.  Uebrigens  folgt 
darauf  entweder  der  Infinitiv  oder  ut  von  dem,  wozu  man  sich  ent- 
schliesst.  Vgl.  Cic.  Cluent.  15,  45.  Att.  III,  9,  2.  Tusc.  V,  10.  Divin.  I, 

27* 


420 

13;  II,  28,  46.  Oudend.  Suet.  p.  471.  Drakeiib.  Liv.1, 17,  4  und  Hand's 
Lehrl).  p.  273. 

Induclae  oder  indutiae  in  der  Bedeut.  Stillstand  werde  nicht  falsch 
gebraucht,  da  es  nur  auf  Krieg  und  Streit  Bezug  hat;  sonst  braucht 
man  nur  institio. 

Indultus  als  Partie,  gewährt,  zugestanden,  ist  Sp.  L.  für  conccssns ; 
—  ebenso  als  Subst.,<//e  Bewilligung,  für  concessio,  facultas  alicujus  rei. 

Industria.  Gut  und  Kl.  ist  de  industria,  mit  Fleiss,  vorsätzlich  (Cic. 
Orat.  III,  11,  42.  Fin.  IV,  1,  2.  Inv.  I,  53,  102  consulto  et  de  industria 
factum  est)  ;  seit  Livius  auch  ex  industria,  wofür  j4.  L.  oh  industriam 
und  N.  Kl.  vom  altern  Plinius  blos  industria  gesagt  wird. 

Lidustriosfis ,  thätig  ^  emsig ,  kommt  nur  N.  Kl.  bei  Seneca  vor, 
sonst  nicht;  man  wähle  dafür  industrius ,  gnavus ,  sedulus  u.  a.  Vgl. 
u4ctivus.  Ebenso  sagt  man  nicht  industriose,  sondern  Industrie,  gnaviter, 
sedulo  u.  a. 

Inebriare ,  trunken  rnachen  u.  dgl. ,  kommt  N.  Kl.  nur  beim  altern 
Plinius  vor,  für  ebriumfacere,  vino  ohruere,  und  für  inebriatus  —  bene 
potus,  ehrius,  vino  gravatus  u.  a. 

Ineffabilis,  unaussprechlich ,  kommt  N.  Kl.  nur  beim  altern  Plinius 
vor,  wahrscheinlich  aus  alten  Dichtern  genommen ,  für /wewarrß6///s, 
quem  ( quod)  nemo  verbis  complecti  polest  u.  a. ;  auch  in  der  Bedeut. 
erschrecklich,  für  infandus. 

Inefficax,  umvirksam,  kraftlos,  steht  N.  Kl.  nur  bei  Seneca  und  dem 
altern  Plinius  für  non  efficax,  effectu  carens,  vim  efßciendi  non  habens. 

Inelegantia,  die  Geschmacklosigkeit ,  kommt  Sp.  L.  nur  bei  dem 
Juristen  Cajus  vor  (Inst.  I,  84) ,  und  ist  zu  verwerfen,  wiewohl  Cicero 
(Brut.  81)  non  inelegans  sagt,  für  instilsitas  (Cic.  Brut.  82),  milla 
elegantia,  Judicium  corruptum  u.  a.  Unbedenklich  braucht  es  Longol. 
(Ep.  I,  28)  :  multo  minus  inelegantiam. 

Ineloquens,  unberedt,  ist  Sp.  L.  für  indisertus,  infacundus. 

Ineluctabilis ,  unvermeidlich ,  unaus?veichlich,  kommt  erst  IV.  KL, 
dem  Virgil  nachgeahmt,  der  es  vom  Schicksal  braucht,  bei  Vellejus 
und  Seneca  vor ,  für  quod  evitari  non  polest  oder  quod  nemo  effugere 
polest  u.  a.  Vgl.  Ruhnk.  Vellej.  II,  51. 

Inemori  alicui  rei,  bei  Etwas  sterben,  findet  sich  nur  bei  Horaz  und 
ist  ihm  vielleicht  eigenthümlich ;  doch  ist  es  nicht  anwendbar  für  mori 
in  aliqua  re. 

Inenarrabilis ,  unaussprechlich ,  \&i  nicht  zu  verwerfen ,  denn  es 
steht  bei  Livius,  Quintilian  u.  A. ,aber  das  Adv.  inenarrabiliter  bei 
Livius  (XLI,  15)  beruht  auf  einer  falschen  Lesart.  Vgl.  die  Ausleger 
und  Ineffabilis. 

Inermis  und  inermus ,  unbewaffttet ,  scheinen  beide  gleich  gut  Ä7. 
Formen  zu  sein,  indem  beide  an  einzelnen  Stellen  durch  die  Handschr. 
gesichert  stehen.  Man  wähle  für  die  Form  der  Rede  jedesmal  die 
passendste.  Vgl.  auch  Orelli  Cic.  Fam.  XI,  12.  Victor,  zu  X,  34  und 
Reisigs  Vorles.  p.  158  mit  der  Anmerk.  Aber  von  dem  Femin.  inerma 
findet  sich  keine  Spur. 

Inesse  mit  dem  Dativ,  alicui  rei,  in  Einem,  in  Etwas  sein,  sagt 
zwar  Sallust,  aber  sonst  steht  es  vielleicht  nur  N.  KL,  wie  beim  altern 
Plinius  u.  A.  —  KL  sagte  man  wohl  durchaus  nur  inesse  in  aliquo ,  in 
aliqua  re,  indem  auch  bei  Cic.  (N.  D.  I,  43)  im  inesse  um'versitati  nach 


421 

den  meisten  Handschr.  inesse  in  unhersitate  zu  lesen  ist,  was  auch  die 
Kritiker  vorziehen.  Man  sage  nicht,  wie  Mahne  (Crito  p.  245):  cid 
(hoinini)  raulti  Phalarides  inerant,  für  m  quo.  Vgl.  Klotz  Siiitenis 
p.  150  und  zu  Cic.  Tusc.  I,  19,  44,  wo  Wolf  für  inest  mentibus  richtig 
in  mentibus  aufgenommen  hat.  —  Nicht  anwendbar  ist  aber  wohl  das 
Verbum  in  der  Redensart:  in  hoc  verbo  inest  notio,  in  diesem  Verbo 
lieget  der  Begriff,  für  huic  verbo  subjecia  est  notio,  oder,  wie  Cic. 
(Fin.  II,  15,  48)  sagt:  sub  hac  voce  honestatis  haec  est  snbjicienda 
sententia. 

Inexcusabilis,  unverantwortlich,  nicht  zu  entschtildige?i ,  findet  sich 
nur  P.  L.  und  in  später  Prosa  für  qui  nihil  habet  escusationis  oder  non 
ej:cusa?idus. 

Ineshauribilis,  unerschöpflich,  ist  N.  L.  für  inexhaustus.  Aber  auch 
dieses  kommt  nur  bei  Virgil  und  in  Cic.  Fin.  III,  2,  7  vor,  wird  aber 
von  Madvig  in  dieser  Stelle  für  ein  unpassendes  Beiwort  der  aviditas 
legendi  erklärt  und  verworfen.  Man  brauche  qui  eshauriri  non  potest 
oder  inexplebilis. 

Inexperientia ,  die  Unerfahrenheit ,  ist  sehr  Sp.  L.  für  inscitia,  in- 
scientia.  Vgl.  Imperitia. 

Inexspeclato,  als  Adverb.,  unerwartet,  ist  A^.  L.  für  praeter  exspec- 
tationem,  subito  oder  mit  inexspectatus,  de  improviso  u.  a. 

Inexstinctus  und  inexstinguibilis,  unauslöschlich ;  jenes  ist  nur  P.  L,, 
dieses  Sp.  L.  für  inexplebilis,  inexhaustus ;  bei  odium,  Hass,  setze  man 
lieber  acerbissimum,  acerrimum,  infinitum,  implacabile,  inexpiabile. 

Inextricabilis ,  unauflöslich,  steht  theils  P.  L.,  theils  N.  Kl.  beim 
altern  Plinius  und  später  für  i?wxplicabilis,  inenodabilis. 

Infacundia,  die  Unberedtsamkeit,kommt  Sp.  L.  nur  bei  Gellius  vor, 
für  infantia. 

Infallibilis,  untrüglich  y  der  sich  nicht  irren  kann,  ist  N.  L.  für  qui 
fallt,  errare  ?ion  potest. 

Infandus  ist,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  fast  nur  P.  L.;  bei  Cicero 
kommt  es  vielleicht  nur  einmal  vor  (Sest.  6^  corpus  inf.),  und  bei  Livius 
epulae  i/ifandae ,  für  nefandus.  Früher  stand'  auch  in  Cic.  Orat.  II, 
79,322  res  infanda,  wo  jetzt  nach  den  besten  Handschr.  we/ow^a  steht. 

Infans  kommt  in  der  Bedeut.  Kind  nur  von  einem  solchen  vor, 
welches  noch  nicht  sprechen  kann,  ein  Meines  Kind,  bisweilen  sogar 
infans  puer ;  es  ist  also  verschieden  von  puer,  und  im  Plur.  verschieden 
von  pueri  und  liberi,  die  Kinder. 

lnfatigahilis,unermüdlich,VomvaiN.  Ä7.,aber  nur  bei  Seiieca,  dem 
altern  Plinius  und  N hier.  M^a\\n\VL%  \ or  ^  iuv  qui  defetigari  non  potest, 
a  labore  invictiis  u.  a. 

Infavorabitis,  tingünstig,  unlöblich,  ist  Sp.  L.  für  improbabilis. 

Infecundus,  unfruchtbar,  kommt  selten  vor,  zwar  bei  Sallust,  aber 
sonst  nur  P.  L.  und  N.  Kl.  bei  Columella  und  dem  altern  Plinius,  für 
sterilis,  nonfecundus,  no?i  fertilis  u.  a. 

Infelicitare,  unglücklich  machen,  ist  nur  ^.  L.  fürinfelicem  reddere, 
per  der  e  u.  a. 

Inf ensus,  feindselig ;  die  Superlativform  fehlt. 

hiferi, wobei  die  Alten  nicht  loci,  sondern  homines,a]ao  die  manes, 
die  Verstorbeneii  denken,  kann  mit  Unterwelt  übersetzt,  muss  aber 
dann  doch  vorsichtig  gei>raucht  werden,  da  es  nicht  Ortsbezeichnung 


432 

ist.  Daher  heisst  in  der  Unterwelt,  apud  inferos,  nicht  in  ififeris ;  aus 
der  Unterwelt,  ab  inferis ,  nicht  ex  inf.;  in  die  Unterw.,  ad  inferos, 
nicht  i7i  inf.;  Todte  aus  der  Unterw.  her  aufrufen,  nicht  excitare  mor- 
tuos  ex  inf.,  sondern  ab  inferis;  aus  der  Unterw.  hervorkommen,  ab 
inferis  exsistere,  nicht  ex  inf.  —  Was  wir  die  Hölle  nennen,  nennt  Cic. 
(Chient.  61,  171)  sceleratorum  sedes  atque  regio,  \xnA  die  Strafen  der 
Hülle,  impiorum  supplicia. 

Inferius,  weiter  unten,  z.  B.  narrare,  dicere,  ist  fast  TV.  L.  für  infra, 
worin  der  Begriff  des  Comparafivs  schon  liegt,  weil  quam,  als,  und 
Wörter  wie  paulo,  multo  hinzutreten  können.  Jenes  inferius  findet  sich 
oft  im  iV.  Jj.  Vgl.  Superius  und  Heusing.  Emendd.  p.  485. 

Inferior  itas,  der  lait  er  geordnete,  niedere  Staud,'i%i  (wie  super  ioritas) 
N.  L.  für  inferior  ordo,  Status,  conditio  u.  a. 

Infernalis ,  unterirdisch ,  ist  Sp.  L.  bei  Dichtern  für  inferus,  infer- 
nus ;  man  sagt  also  nicht  dii  infernales,  die  unterirdischen  Gölter,  son- 
dern da  inferni,  inferi  oder  inferorum.  —  Infernum,  die  Unterwelt, 
die  Hölle,  ist  ohne  Auctorität,  wiewohl  inferna  im  Plur.  bei  Tacitus 
so  vorkommt.  Vgl.  Inferi. 

Inferre.  Gleich  gut  und  Kl.  ist  alicui  und  in  aliquem  aliquid  inferre, 
Eifiejn  Etwas  zutragen,  einbringe?! ,  oder  wie  es  sonst  übersetzt  wer- 
den kann,  z.  B.  bellum  inferre  Italiae  und  in  Italiam,  Italien  bekriegen. 

Infest are,fei?idlich  behandeln,  kommt  N.  Kl.  und  bei  weniger  guten 
Schriftstellern  vor,  für  aliquid  iftfeslutn  reddere,  facere,  habere  (Cic, 
Tüll.  19). 

Inßcetiae  (infacctiae),  Possen,  Plattheiten,  kommt  nur  einmal  bei 
Catull  vor,  für  nugae,ineptiae  u.  a.,  wiewohl  Cicero  inßcetus(inface1u8) 
braucht.  Jenes  inßcetiae  braucht  auch  Wyttenbach  (Opusc.  p.  323) 
unbedenklich:  sordes  et  inßcetiae. 

Inßdeliter,  ujiredlich,  treulos,  ist  sehr  Sp.  L. ,  wiewohl  es  auch  in 
den  verdächtigen  Briefen  Cicero's  ad  Brut,  vorkommt,  für  malaßde. 

Inßeri ,  anfangen ,  ist  nur  in  der  dritten  Person  üblich,  und 
wird  nur  von  Personen  gebraucht,  inßt ,  er  fängt  an,z.  B.  loqui,  nie 
von  Sachen,  z.  B.  epistola,  oratio  inßt  u.  a.,  für  incipit ;  übrigens  ist  es 
meist  j4.  L.,  und  kommt  einigemal  bei  Livius  vor. 

hißmus.  Man  unterscheidet  ab  inßmo  und  ab  imo,  von  unten,  unten; 
jenes  gebraucht  man  bei  einer  Anhöhe  (Caes,  B.  G.  VII,  19),  dieses 
bei  Beschreibung  eines  ausgedehnten  Körpers  (Caes.  B.  G.  IV,  17 
tigna  pauUum  ab  i?no  praeacuta). 

Inßnitus  wird  nur  von  dem  gesagt,  was  in  Raum  und  Zeit  kein  Ende 
hat,  end-  und  gränzenlos  ist,  aber  nicht  was  unzählbar,  unendlich  viel  ist, 
wiewohl  eine  inßnita  multitudo  natürlich  ist,  z.  B.  librorum  (Cic.  Tusc. 
II,  2,  6).  Noch  weniger  wird  es  von  Personen  gebraucht,  wie  z.  B. 
Mahne  (Crito  p.  311)  falsch  sagt:  veluti  Corneliis,  Raciniis,  Bollaviis 
et  infinitis  aliis,  für  innumerubilibus,  permultis.  Richtig  ist  zwar  inßnita 
mala  (Cic.  Q.  fr.  I,  3,  22)  ,  aber  Xerxes  hatte  nicht  infinit as ,  sondern 
innumerabiles  copias.  So  findet  sich  im  N.  L.  oft  inßnita  loca  oder 
inßniti  loci  von  Stellen  aus  Schriftstellern,  für  innumerabiles  loci; 
inßniti  errores ,  für  innumerabiles ,  und  viele  ähnliche  Fehler.  Auch 
das  Adv.  inßnite,  tinendlich ,  wird  oft  falsch  gebraucht,  z.  B.  inßnite 
major,  unendlich  grösser ,  für  omnibus  partibus  major  (Cic.  Fin.  II,  33, 
108),  inßnite  gaudere,  laetari  u.  a.,  für  ifisolenti  voluptate  efferriu.  dgl.; 


423 

ferner  in  der  Bedeut.  unbestimmt,  dunkel,  wie  wenn  Göreiiz  sagt: 
saepius  sie  infinite  loquitur  Cicero,  für  obscure,  non  satis  diserte  u.  a. 

Inflrmitas  ist  in  der  Bedeut.  Kränklichkeit ,  ohne  den  Zusatz  cor- 
poris oder  valetudinis,  ohne  Auctorität.  Vgl.  Schori  phras.  p.  805  und 
Weber's  Uebungssch.  p.  63. 

Infitias  ire,  läugnen,  ist  A.  L.,  kommt  bei  Cicero  u.  Caesar  nie  vor, 
aber  seit  Livius  auch  bei  den  Foigenden,  für  infitiari;  es  war  vielleicht 
gemeine  Redensart.  Vgl.  Heuraanni  Poecile  T.  III,  p.  320. 

Inflammare ^  anzünden;  —  Etwas  an  Etwas,  aliquid  ex  aliqua  re 
(Gic.  Verr.  IV,  48). 

Influere,ein-  oder  AmezV/^/essew,  wird  Ä"/.  verbunden  mit  ad  oder  in 
und  dem  Accusativ;  P.  u.  Sp.  L.  mit  dem  Dativ.  —  N.  L.  ist  influere 
in  aliquern  in  der  Bedeut.  auf  Jema?iden  Einßtiss  haben,  für  vim  habere, 
movere,  pertinere,  affici  ab  aliqua  re ,  oder  wie  es  der  Zusammenhang 
fordert;  z.  B.  ein  Wort  hat  auf  das  andere  Eivfluss,  alterum  ab  altera 
afficitur.  Bei  Cic.  (Off.  II,  9,  31)  bedeutet  ad  universorum  animos  tan- 
quam  influere  possumus ,  wir  könne?i  Eingang  in  die  Herzen  Aller 
finden,  wo  das  mildernde  tanquam  zu  merken  ist,  welches  er  an  andern 
Stellen  weglässt,  wenn  er  von  Sachen  spricht,  z.  ß.  Orat.  III,  24,  91 
oratio  quam  maxime  in  sensiis  eorum  qui  audiunt  influat,  die  Rede  er- 
greife so  sehr  als  möglich  die  Empfindungen  und  Gefühle  der  Zuhörer. 

*  Sclieller  sagt  im  Lex.,  influere  werde  aucl»  oline  in  mit  dem  blossen  Aco. 
verbunden,  wofür  er  aus  Caesar  (B.  G.  I,  8)  inßuit lacum  anführt;  aber  dort  steht: 
qui  (lacus)  in  Humen  Rhodanum  influit. 

Influentia,  influxio,  influxics,  der  Einfiuss ;  das  erste  ist  N.  L.,  die 
beiden  andern  sind  «S;;.  i.undniezu  brauchen.  Wegen  des  vielfachen  Sin- 
nes des  deutschen  Wortes  vgl.  deutsch-lat.  Leiica.  —  Das  Einfliessen, 
Einströmen  des  Wassers  heisst  illapsus  oder  man  gibt  es  durch  das 
Verbum  influere.  —  Einfluss  des  Mondes,  der  Sterne  —  auf  irdische 
Dinge  heisst  nach  Cic.  (Divin.  II,  46,  97)  tactus  lunae,  wo  man  früher 
tractus  las.  Einfluss  des  Himmels  heisst  auch  vis  coelestis  ad  aliquid. 
Einfluss  auf  Beurtheilung  ist  auctoritas ;  sonst  gebraucht  man  auch 
oft  vis  u.  a.  Zu  verwundern  ist,  dass  Sadolet,  einer  der  besten  Neu- 
lateiner, sagt:  instinctu  influxuque  divino  (Ep.  XIII,  2).  Vgl.  Vorst. 
lat.  raer.  susp.  p.  109. 

Infodere^  eingraben,  wird  nie  Ton  Metallen  gebraucht,  z.  B.  in  «es, 
in  aurum  u.  dgl.,  sondern  dafür  incidere. 

Infoederatus,  nicht  verbunden^  ist  sehr  Sp.  L.  für  non  foederatus. 
Vgl.  Foederare. 

Informare  kommt  fast  nur  in  physischem  Sinne  vor,  bilden,  abbil- 
den, entwerfen,  gleich /oz-mare;  aber  in  geistigem  Sinne,  bilden,  beleh- 
ren, unterrichten,  sehr  selten  und  bei  Cicero  nur  mit  dem  Zusätze  ad 
humanitatem,  ohne  welchen  es  nicht  unser  informiren  bedeuten  kann; 
dafür  sagt  man  erudire,  instituere.  —  Geistige  Bildung  ist  daher  nicht 
informatio,  sondern  eruditio,  und  für  das  Sp.  L.  Informator  sage  man 
praeceptor,  magister,  doctor.  Vgl.  Heusinger.  Emend.  p.  411  und 
Formare. 

Infortunitas,  das  Unglück,  ist  Sp.  L.  und  vielleicht  zw  eifelhaft  für 
infelicitas,  res  adversae,  fortuna  adver sa  u.  a.  m.  Ebenso  vermeide 
man  infortunium  als  ein  A.  L.  Wort,  welclies  jedoch  Livius  einmal 
sehr  passend  einem  Römer  der  ersten  Zeit  in  den  Mund  legt.  Ohne 


424 

alle  Aiictorität  aber  ist  der  Plur.  inforUmia,  welchen  Schütz  (z. 
Aeschyl.  Ag^am.  p.  128)  braucht.  Vgl.  auch  Heusing.  Emend.  p.  41 J. 

/w//a, verbunden  mit  scribere, ist  nicht  unser  unterschreiben, unter- 
zeich?ien,  was  stibscribere  heisst,  und  so  auch  subscriptio,  die  Unter- 
zeichnung, Unterschrift,  und  subscriplor,  der  Unterzeichner.  Jenes  be- 
deutet nur  weiter  unten,  nachher  von  Etwas  schreiben,  als  Gegensatz 
von  supra.  Auch  ist  infra  richtig  für  unser  unter,  wenn  Einer  oder 
Etwas  an  Grösse,  Würde,  Eigenschaft  oder  in  der  Zeit  einem  Andern 
nachsteht,  später  als  ein  Anderer  ist  oder  lebt.  Jedoch  wird  unter  Je- 
manden  stehen  (an  Rang  u.  dgl.)  mehr  coraparativ  gedacht,  tiefer  als 
Jemand  sein,  daher  inferiorem  esse  aliquo.  Vgl.  Cic.  Brut.  35,  134. 

Infractus  hat  doppelte  Bedeutung:  geschivächt  und  ungeschwächt, 
aber  die  Bessern  brauchen  es  nur  in  der  Bedeut.  geschwächt.,  entkräf- 
tet, niedergebeugt,  als  Partie,  von  infringo;  erst  Sp.  L.  bedeutet  es 
ungeschwächt,  ungebeugt.  Vgl.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  40.  Moshem. 
Praef.  üb.  Folietae  de  usu  —  p.  17  und  Hand's  Lehrb.  p.  259. 

Infrenatus  ist  in  der  passiven  Bedeut.  ungezi/gett,  ungezähmt  Sp.  L. 
für  effre?iaius,  indomitus. 

Infrequentatus,  nicht  sehr  gebräuchlich,  ist  sehr  Sp.  L.  für  infre- 
quens,  non  frequenlatus. 

Infrequenler,  nicht  häußg,  selten,  ist  ohne  Auctorität:  gleichwohl 
findet  es  sich  im  N.  L.  nicht  selten,  wie  bei  Heyne  (Opusc.  IV, 
p.  362):  locus  infreqnenter  habitatus,  für  locus  aedißciis  infrequens,  lo- 
cus no?i  celeber,  desertus  u.  a. 

Infrigidare,  abkühlen,  erfrischen,  ist  Sp.  L.  für  refrigerare. 

Infucatus  hat  doppelte  Bedeutung:  geschminkt  und  ?in geschminkt ; 
im  bessern  Latein, wie  bei  Cicero,  bedeutet  es  geschmiiikt,  geschmückt, 
übertüncht ;  Sp.  L.  ungeschminkt,  gleich  non  fucatus.  Vgl.  Hand's 
Lehrb.  p.  155  u.  260. 

Infundatus,  ungegründet,  ist  N.  L.  für  nonfundatus,  nullo  funda- 
nie?ito  nixus. 

Infundere,  eingiessen,  verbreiten  u.  dgl. ;  —  in  Etivas,  in  aliquid, 
mehr  N.  Kl.  alicui  rei. 

Ingeminnre,  verdoppeln,  wiederholen,  ist  nur  P.  L.  für  iterare,  du- 
plicare,  repetere. 

Ingenitus ;  vgl.  Ingignere. 

Ingenium  ist  zunächst  und  vorzüglich  die  natürliche  Beschaffen- 
heit von  Menschen,  N.  Kl.  (durch  Dichter)  von  Thieren  und  leblosen 
Dinge?},  was  mehr  durch  natura  oder  proprietas  ausgedrückt  wird. 
Man  sage  z.  B.  nicht  ingenium  linguae,  orationis,  sermonis,  für  natura, 
proprietas ;  nicht  ingenium  saeculi,  der  Zeilgeist  (vgl.  Genius)  u.  a.  — • 
Viel  Genie,  viel  Kopf  \\Qhsi  nicht  muUum  ingenium,  sondern  magnum 
ingenium  oder  multum  ingenii;  von  Menschen :  er  ist  ein  grosses  Ge- 
nie, ein  guter  Kopf,  nicht  ille  magnum  est  ingenium,  sondern  magnum 
ejus  est  ingenium ;  er  ist  kein  Genie,  wie  du  heisst  Tion  täte  ejus  est 
ingenium,  quäle  tuum.  So  sagt  Cic.  (Farn.  VI,  6,  8):  mirißce  ingeniis 
excellentibus,  quäle  est  tuum,  delectatrir,  was  wir  persönlich  ül)ersez- 
zen  können  :  ausgezeichnete  Genies,  wie  du,  erfreuen  ihn  sehr.  Ferner 
übersetze  man  grosse  Genies  lieber  durch  magnis  ingeniis  praediti 
(Cic.  Fin.  IV,  4,  10),  oder  homines  excellentes  ingeniis  (Cic.  Orat.  I, 
23,  106),  als  durch  magna  ingenia.  — -  Uebrigens  kann  besonders  der 


425 

Plur.  ingenia  persönlich  gebraucht  werden,  wo  mit  dem  Beg rifle  Geist 
zugleich  die  Person  zu  denken  ist,  wie  bei  Cic.  (Off.  I,  22)  :  id  in  raa- 
gnis  animis  ingenifsque  pierumque  contingit,  das  ereignet  sich  meistens 
bei  grossherzigen  und  geistvollen  Männern;  Sali.  (Cat.  8):  ibi  prove- 
nere  scriptorum  magna  ingenia,  grosse  geistvolle  Schrift sl "lle r ;  Liv. 
(II,  43,  10):  adeo  excellentibus  i?fßeniis  citius  defuerit  ars;  Sueton. 
(Aug.  89):  ingenia  saeculi  sui  omnibus  modis  fovit  u.  a. 

Ingenuns,frei,  als  Subst.  für  hämo  ingetiuus  ist  nicht  zu  tadeln. 
Vgl.  Th.  1,  §.  83. 

Ingens,  gross.  Der  Comp,  ingentior  ist  P.  L.,  der  Snperl.  ingentis- 
simvs  sehr  Sp.  L.,  und  doch  gebraucht  ihn  Turnebus  (zu  Cic.  Scaur. 
p.  213  ed.  Beier). 

Ingerere,  eintragen,  einwerfen  u.  dgl.,  wird  verbünd,  in  aliquem 
oder  alicni. 

Ingignere,  ei?ipßanzen.Ks  kommen  davon  nur  die  Formen  ingenuit 
und  das  Partie,  ingenitus  vor,  vielleicht  aber  nur  einmal  bei  Cic.  (Fin. 
V,  23,  Q'o)  nach  den  besten  Handschr.  für  das  in  den  alten  Ausgaben 
stehende  innatus ;  aber  seit  Livins  ist  es  bei  den  Folgenden  üblich  ne- 
ben ingeneratuSy  insiltis,  innatus.  Im  N.  L.  wird  oft  dagegen  gefehlt. 
Die  fehlenden  Formen  bilde  man  von  ingenerare. 

Ingloriosus,  unrühndich,  ist  N.   L.,  z.  B.  bei  König  (de  Pausaniae 
fide  p.  51),  für  inglorins. 

Ingratiis,  trider  Willen,  unger?i,  ist  ^.  L.,finöet  sich  jedoch  einige- 
mal auch  bei  Cicero;  doch  muss  nach  Zumpt  (zu  Verr.  IV,  9)  ingra- 
iis  geschrieben  werden.  Sonst  gebrauche  va^n  invitus,  non  libens  u.  a. 

higratitudo^  die  Undankbarkeit,  ist  sehr  Sp.  L.  für  animus  ingra- 
tus,  wofür  Cicero  (Att.  IX,  6)  auch  ayaoinri«.  brauchte,  was  in  einem 
Briefe,  zumal  an  Atticus,  zulässig  war.  Vgl.  Gratitudo  und  Grauff  z. 
Bunell.  Ep.  p.  663. 

Ingravare,  beschweren,  belasten,  ist  nur  P.  L.  und  kommt  N.  Kl. 
beim  altern  Plinius  u.  Spätem  vor,  für  gravare ;  ebenso  sagt  man  für 
ingravatus  besser  gravatus. 

Ingredi,  eingehen  (örtlich),  wird  verbunden  theils  mit  in  oder  in- 
tra  aliquem  locum,  theils,  in  d.  Bedent.  betreten,  blos  aliquem  locum, 
aliquid,  z.  B.  in  urbem;  pontem.  —  Etwas  beschlossen  haben  zu  thun, 
meistens  ad  aliquid,  z.  B.  ad  dicendum  (Cic.  Orat.  I,  21,  94).  —  Sich 
einlassen  i?i  Etwas,  meistens  in  aliquid,  z.  B.  in  disputationein  (Cic. 
Rep.  I,  24)  ;  aber  Ettvas  anfangen,  aliquid,  z.  B.  disputationem  (Cic. 
Caec.  28,  79,  wo  Einige  noch  in  zusetzen  wollen);  Etwas  antreten,  ali~ 
quid,  z.  B.  consulatum.  —  Verworfen  wird  ingredi  societatem,  eine 
Verbindu7ig  eingehen,  für  inire  oder  coire  societatem. 

Tnhabitare,  wohnen.,  kommt  N.  Kl.  nur  beim  altern  Plinius  und 
Spätem  vor,  für  habitare,  incolere,  ausser  dass  der  jüngere  Plinius  in- 
habitantes,  die  Bewohner,  für  incolae  sagt,  wofür  Sp.  L.  inhabitator 
vorkommt.  —  Kl.  ist  iiihabitabilis,  unbewohnbar. 

Inhaerere.,  hängen  an  Eticas,  theils  alicni  rei,  theils  in  aliqua  re, 
auch  ad  aliquam  rem. 

Inhiare  ist  in  der  Bedent.  nach  Etwas  trachten,  streben  nur  P.  L. 
für  captare,  appetere,  sitire. 

Inhonestare,  entehren ,  kommt  nur  bei  Ovid  vor,  und  Sp.  //.auch 


426 

inhonorare,  für  dehonestare,  dedecorare,  infamare  u.  a.  Gut  aber  ist 
das  Adj.  inhonoratus,  nicht  geehrt,  gleich  non  honoratus. 

Inhorrescere  aliquid,  schauern,  erschrecken  vor  Etwas,  ist  yi.  L. 
und  in  Prosa  selten,  wiewohl  bei  Cic.  (Rep.  IV,  6)  steht:  horura  se- 
vertfalem  dicitur  tnhorruisse  civitas.  Als  selten  ist  es  nicht  nachzu- 
ahmen. 

InhospUaliier,  ungastlich,  ist  sehr  Sp.  L.  für  non  hospitaliter. 

Inhumare,  in  die  Erde  scharren,  kommt  N.  Kl,  nur  beim  altern 
Pliniiis  vor,  für  infodere  in  terram;  Kl.  aber  ist  das  Adj.  inhumatus, 
unbegrahen,  nicht  beerdigt. 

Tnibi,  ein  altes  Ortsadverbium,  da,  dort,  gerade  da,  ist  selten,  wie- 
wohl es  bei  Cicero  einigemal  vorkommt;  nirgends  aber  findet  sich  in- 
ibi  esse,  ut  — ,  daran  sein,  bevorstehen,  dass  Et  ums  geschehe,  wie  es 
Muret  braucht  (Oper.  T.  I,  p.  111  ed.  Frotsch.):  cum  inibi  esset^  ut 
(orationes)  ederetJtur,  und  (Expl.  Cic.  Catil,  IV,  2):  cum  jam  inibi  es- 
sent,  ut  urbem  caperent,  wofür  sonst  gesagt  wird  cum  jam  in  eo  esset, 
ut  — .  Vgl.  unter  Esse. 

Inidoneus,  ungeschickt,  kommt  N.  L.  oft  bei  Erasmus  vor,  viel- 
leicht von  ihm  gebildet,  für  non  idoneus. 

hijicere,  hineinwerfen ;  —  in  Etums  meistens  in  aliquam  rem,  selt- 
ner alicui;  aber  in  mehr  bildlicher  Bedeut.  meist  alicui.  —  Metitionem 
injicere,  Erwähnung  thun,  steht  vielleicht  nur  P.  L.  bei  Horaz,  für 
facere  oder  inferre. 

Inimicare,  feindselig  behandeln,  befeinden,  ist  P.  L.  für  vexare,  in- 
festuin  aliquem  habere,  hostililer  aliquem  tractare,  premere  u.  a. 

*  Früher  stand  inimicatvr  bei  Cic.  (Att.  III,  19,  4),  aber  Orelli  liest  nach  den 
Handsclir.  inimicus  est. 

Inimicitia  kommt  nur  in  der  philosophischen  Sprache  im  Sing,  vor, 
in  der  Bedeutung  Fei?idschaft,  feindselige  Gesinnung.,  als  ein  Fehler 
der  Seele  im  Allgemeinen  (Cic.  Tusc.  IV,  7,  16  u.  9,  21);  dagegen 
steht  meistens  der  Plur.  inimicitiae  in  der  Bedeutung  die  Feind- 
schaft Ziveier  oder  Mehrerer  gegen  einander.  Daher  sagt  man  inimici- 
tias  exercere,  gerere  cum  aliquo,  suscipere  cum  aliq.,  habere,  deponere 
u.  a.;  inimicitiae  mihi  sunt,  intercedunt  u.  a., nicht  im  Sing,  ininu'citiam, 
inimicitia.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.l33.  —  Man  sage  aber  nicht:  aper ta 
inter  eos  inimicitia  exercetur. 

Inimicus.  Davon  findet  sich  B.  L.  ein  Comp.,  inimicilior,  für  in- 
imicior. 

Inimitabilis,  unnachahmlich,  kommt  zwar  erst  N.  Kl.  bei  Qnintilian 
u.  A.  vor,  ist  aber  als  kurzer  Ausdruck  brauchbar  für  die  Umschrei- 
bung quem  (quam,  quod)  imitari  non  possumus. 

Inire,  hineingehen ;  —  in  Etwas  mit  in  und  d.  Acc,  oder  mit  dem 
blossen  Acc.  ohne  in,  z.  B.  urbem,  in  urbem;  in  der  bildlichen  Bedeu- 
tung anfangen,  antreten  wird  es  nur  m.  d.  Acc.  verbunden.  Bei  inire 
gratiam,  sich  beliebt  ?nacken,  steht  bei  Cicero  und  Caesar  ab  aliquo, 
bei  Jemanden,  bei  Livius  auch  apud  (XXXVI,  5)  und  ad  aliquem 
(XXXIII,  46),  N.  L.  cum  aliquo,  was  früher  auch  bei  Cic.  (Fam.  VII, 
9,  3)  stand,  wo  aber  jetzt  a  steht.  —  Verworfen  werden:  inije  condi- 
tionem,  eine  Bedingung  eingehen,  für  accipere  cond.,  und  inire  haere- 
ditatem,  eine  Erbschaft  antreten,  für  adire  oder  cernere  haered.  — 
Was  iniens  aetas  heisse,  darüber  vgl.  unter  Aetas. 


427 

Initiare  ist  in  der  Bedeut.  anfangen  Sp.  L.  für  initium  eapere,  in- 
cipere ;  in  der  Bedeut.  weihen,  einweihen  wird  es  Ä7.  nur  von  gehei- 
mem Gottesdienste  gebraucht;  erst  Quintilian  und  der  jüngere  Plinins 
übertragen  es  auf  die  Wissenschaften,  lilteris,  studiis,  jener  aber  vor- 
sichtig: sacris  iisdem  studiis.  Es  werde  daher  nur  mit  solchen  Zu- 
sätzen angewandt,  aber  nicht  geradezu,  wie  man  im  N.  L.  findet :  ali- 
quem  praecepU's  i?iitiare,  Einen  belehren,  für  aliqnem.  erudire,  docere ; 
und  für  aliquem  lilteris  initiare  sage  man  lieber  einfach  aliq.  lilteris 
imbuere. 

Initium,  Anfang.  Man  verwechsele  nicht  initio,  Anfangs,  dem 
nachher  entgegengesetzt,  mit  i?i  initio,  im  Anfange,  z.  B.  der  Rede, 
des  Buches,  wo  der  wirkliche  Anfang  oder  Eingang  gemeint  ist,  wäh- 
rend z.  B.  ifiitio  orationis  bedeutet  beim  Anfange  der  Rede,  als  er  die 
Rede  anfing,  wo  i7i  initio  falsch  wäre.  Vgl.  Ellendt  z.  Cic.  Orat.  I, 
2ö,  121.  —  Man  sagt  wohl  rem  ab  initio  exponere  (Cic.  Rose.  Am.  5), 
aber  nicht  leicht  mit  repelere,  wobei  dafür  a/te,  allius,  a  copiie,  ab 
ultimo  u.  a.  gebraucht  werden.  —  üeber  ab  initio  mundi  \^L  Mundus. 
—  Den  Anfang  mit  Etwas  machen  heisst  nicht  cum  aliqua  re  initium 
facere,  sumere,  ducere  u.  dgl.,  sondern  ab  aliqua  re,  und  bei  ducere 
auch  ex  aliqua  re. 

Injuriari,  Unrecht  zufügen,  kommt  N.  Kl.  nur  bei  Seneca  vor, 
sonst  ist  es  Sp.  L.  für  injuria  aliquem  afficere,  injuriam  alicui  inferre. 

Injarius,  ungerecht,  ist  fast  nur  A.  L.  für  injuriosus ;  es  kommt 
nur  einmal  bei  Cicero  vor,  sonst  nicht. 

Injussus,  unbefohlen,  ungeheissen,  steht  nur  N.  Kl.  bei  Seneca, 
sonst  ist  es  P.  L.  für  non  jussus.  —  N.  L.  aber  ist  es  in  activer  Be- 
deutung, ohne  meinen  Befehl,  wie  Jos.  Scaliger  sagte  ;  me  injusso  qui- 
dam  versus  ciaustra  refregerunt,  für  meo  injussu,  me  non  jubente. 

Innaturalis,  unnatürlich,  ist  N.  L.  für  q7ii  —  est  contra  noturam, 
7wn  naturalis, non  innatus,  portentosus,  auch  arcessiius,immanis,  oder 
wie  es  der  Sinn  verlangt. 

Intiatus,  angeboren ;  —  Einem,  alicui  und  in  aliquo.  Vgl.  Cic.  Fin. 
II,  3],  99;  V,  8,  48.  Tusc.  III,  1,  2.  Caes.  B.  C.  III,  92. 

Innecessarius,  nicht  nothwendig,  ist  iV^.  L.  für  non  necessarius. 

Innocuus,  unschädlich,  ist  fast  nur  P.  L.  und  steht  beim  altern 
Plinius  für  innocens,  nihil  nocens,  innoxius,  insons. 

Innominatus,  ungenannt,  steht  N.  L.  bei  Casaub.  (Athen,  p.  144), 
auch  einigemal  bei  Bergmann  (Ruhnk.  Opusc.)  u.  A.,  für  non  noynina^ 
tus,  sine  nomine. 

Innotescere,  bekannt  werden,  kommt  N.  Kl.  bei  Sueton  u.  A.  vor, 
aber  selten  ;  besser  ist  enotescere. 

Innovatio,  die  Erneuerung,  ist  sehr  Sp.  L.  für  instauratio,  renova- 
tio.  Heyne  braucht  es  (Praef.  Virg.  T.  I,  p.  IX).  Auch  innovare,  wel- 
ches ausser  einmal  bei  Cicero  nur  Sp.  L.  vorkommt,  werde  vermieden 
durch  renovare,  instaurare  u'.  a. 

Innnere  ist  A.  L.  und  kommt  nur  in  der  Bedeut.  zuwinken  vor,  in 
Prosa  möchte  es  sich  kaum  irgendwo  finden;  dagegen  kommt  es  N.  L. 
in  der  Bedeut.  meinen,  andeuten,  auf  Etwas  anspielen,  verstehen  vor, 
für  significare,  censere  u.  a.  So  sagt  Muret.  (Var.  lect.  V,  18):  hoc  mu- 
rem  innuit,  das  bedeutet  die  Maus,  wo  Ruhnken  bemerkt:  Innuo  pro 
significo  barbarum  est,  —  und  so  noch  einigemal,  z.  B.  Görenz  (Cic. 


428 

Leg.  p.  10) :  hoc  loco  certi  quidam  itinuuntnr.  Vgl.  Hand's   Lehrb. 
p.  155. 

Innumerus,  un%ähUg,\%t  fast  nur  P.  Z. und  kommt  nur  beim  altern 
Pliniiis  vor ;  gleichwohl  findet  man  es  oft  im  i\^.  Z.,  sogar  her  Perpi- 
nian.  (Oratt.  p.  75)  und  andern  Bessern,  für  innumerahilis.  Vgl.  Rei- 
sig's  Vorles.  p.  300. 

*  Aus  Ciceio's  Schriften  ist  es  jetzt  überall  verdrängt,  z.  B.  Orat.  II,  22 
inmimen  principcs,  wo  \  ictorius  aus  Nonius  meri  princ.  liest,  was  Ellendt  in  dea 
Text  aufg:enomniea  hat,  und  pro  Marc.  9,  28  steht  für  innumera  jetzt  munera.  — 
Andere  nehmen  es  in  Scliutz. 

Ijimipia  (von  einem  Mädchen),  unverheirathet,  ist  nur  P.  L.  für 
vt'rgo,  z.  B.  virgo  filia,  die  U7werheirathete  Tochter  (Cic.  Rep.  11,  37). 

hiobaudire  oder  iriobedire,  nicht  gehorchen,  ist  sehr  Sp.L.;  ebenso 
auch  inobediens  und  inobedientia,  ungehorsam^  der  Ungehorsam,  für 
no7i  obedienSy  dicto  non  audiens,  cotitumaj:;  cotitumacia,  dedignatio  pa- 
rendi  (Plin.  Paneg.  18)  u.  a. 

hiobscurare,  verdunkeln,  beruht  nur  auf  Cic.  Phil.  IX,  5,  wo  viele 
Ausgg.  inobscnrabit  haben,  die  besten  Handschr.  aber  obscurabit,  was 
Orelli  mit  Andern  aufgenommen  hat. 

hiobservaiitia,  die  Nichtbeachtung,  kommt  nur  einmal  A^.  Kl.  bei 
Sueton.  (Aug.  76)  vor,  wo  aber  einige  Handschr.  observa?itia  liaben, 
was  Oudendorp  vorzieht,  dem  aber  Wolf  nicht  beistimmt.  Als  seltnes 
und  unsicheres  Wort  werde  es  vermieden  durch  i?idiligentia,  negli- 
gentia, incuria,  temeritas. 

hioccupatus,  unbeschäftigt,  ist  N.  L.  für  non  occupatus,  nihil  ogens. 

Inopinns,  unvermuthet,  unverhofft,  steht  fast  nur  P.  L.  ausser  ein- 
mal bei  Plin.  (Paneg.  30)  für  i?iopinatus,  insperatus,  nee  opinatus^ 
nicht  ?2on  opinalus.  Als  Adv.  gelten  nee  opinato,ex  inopinato,  ex  inspe- 
rato,  N.  Kl.  inopinato,  inopinanter. 

*  ISec  ist  hier  verstärkend  und  bedeutet  auch  nicht,  nicht  einmal,  und  ist  nicht 
gleich  dem  blossen  non. 

Inopportune,  unpasse7id  u.  dgl.,  ist  N.  L.  für  non  opportune. 

Inordinate,  unordentlich,  findet  sich  N.  Kl.  nur  bei  Celsus  für 
nullo  ordine,  sine  ordine,  coiifuse,  tumultuarie ;  Sp.  L.  ist  inordinatim. 

Liordinatio,  die  Unordnung,  ist  sehr  Sp.  L.  für  confusio,  ordinis 
perturbatio. 

Inquam  wird  erst  N.  Kl.  in  der  oratio  obliqua  gebraucht,  wo  Kl. 
ait  steht.  Kl.  nur  in  der  oratio  recta.  Vgl.  Fleusinger.  Emend.  p.  472, 
der  die  wenigen  Stellen,  welche  dagegen  sprechen,  für  fehlerhaft  er- 
klärt. Wenn  aber  Cic.  (Tusc.  V,  37,  108)  sagt:  Socrates  cum  rogare- 
tur,  cujatem  se  esse  diceret,  und  zusetzt:  Mundarnwi,  inqnit,  so  ist 
hier  nicht  oratio  obliqua,  indem  zu  ergänzen  ist:  me  mundatiuni  esse 
dico.  Incorrect  schreibt  man  daher:  Epicurus  ob  eam  rem,  inquit, 
amicitiam  colendam  esse,  für  ob  eam  rem,  inquit  Epicurus,  amicitia 
colenda  est,  oder  ait  für  jenes  inquit.  Heutzutage  beachtet  man  dies 
wenig.  —  Dass  es  dem  ersten  oder  zweiten  Worte  der  Rede  Jeman- 
des, wie  unser  sagte  ich,  sagte  er,  nachgesetzt  werde,  nie  aber  vor  den 
Worten  des  Sprechenden  stehe,  lehren  die  Grammatiken,  und  die  da- 
gegen sprechenden  Stellen  erklärt  Heusinger  (1.  c.)  für  verdorben. 
Gleichwohl  wird  im  N.  L.  gefehlt,  und  wenn  sogar  Muret.  (Op.  T.  II, 
p.  726  ed.  Ruhnk.)  schrieb:  Versum  paene  totum  usurpavit  Lucretius, 
inquie?2S  — ,  so  tadelt  ihn  Ruhnkenmit  Recht ;  nur  hätte  er  auch  noch 


429 

die  Sp.  L.  Form  inqm'ens  für  dicens^  dictitans  tadeln  sollen.  Vgl.  Heu- 
siiig^er  1.  c.p.453.  —  AuchErnesti  (z.  Sueton.Claud.l)  sagt  falsch :  Pedo 
post  illatumurbiDrusura  inquit,  Certat  omis. —  Auch  setzt  Cicero, ausser 
wo  ein  Gegensatz  mehr  das  Andere  fordert,  das  Subject  selten  vor 
das  Verbum,  sondern  fast  nur  7iach  demselben,  wenn  er  es  nicht  etwa 
ohne  das  Verbum  vor  die  Worte  des  Sprechenden  setzt.  Daher  so  oft: 
inquit  Crassiis,  inquit  Ennius,  inquit  Hie,  inquit  Pinto,  —  nicht  um- 
gekehrt. Vgl.  Giese  Cic.  Divin.  I,  5,  8  und  Eilendt  z.  Cic.  de  Orat. 
T.  II,  p.  85.  Aber  Madvig  (Cic.  Fin.  II,  4,11)  hält  die  drei  Stellen  aus 
Cic.  de  Orat.,  wo  das  Subject  vor  inquam  steht,  für  verdächtig.  —  Auch 
kommt  wohl  nirgends  vor:  ut  inquit  Cicero  oder  ut  Cicero  inquit  u.  dgl., 
für  ut  ait  Cicero  oder  seltner  ut  Cicero  ait,  indem  bei  ut  nicht  inquit, 
sondern  ait  üblich  ist.  Dennoch  findet  es  sich,  sogar  bei  achtbaren 
Neulateinern,  wie  bei  Sadolet.  (Epist.  VII,  11):  ut  poeta  inquit  qui- 
dam;  bei  Paul,  a  Josepho  (Oratt.  p.  67):  ut  poeta  inquit;  p.  88  Jit  Pli- 
nius  inquit,  und  so  noch  öfter,  und  eben  so  oft  in  Ficinus  latein.  Plato 
und  bei  mehrern  Andern.  —  Nie  kommt  es  für  sich  allein,  ohne  Je- 
mandes Worte  vor,  z.  B.  Plato  modo  itiquit  hoc,  modo  illud,  wo  ge- 
wöhnlich ait  gebraucht  wird.  Vgl.  Cic.  Div.  I,  30,  62.  —  Unser  sag' 
ich,  was  wir  einschieben,  wenn  die  ersten  Worte  eines  Satzes  durch 
Nebenbemerkungen  unterbrochen  worden  sind,  und  der  Faden  der 
Rede  wieder  aufgenommen  wird,  wird  nur  dann  durch  inquam  über- 
setzt, wenn  das  erste  Wort  hervorgehoben  werden  soll,z.  B.  Cic. 
(3Iilo  25,  67):  tuas,  Cn.  Pompei,  te  enim  jam  appello  et  ea  voce,  ut 
rae  exaudire  possis,  tuas,  tuas,  inquam,  suspiciones;  Sest.  69,  146 
multo  mihi,  m«/fo,  inquam^  judices  praestat, —  und  so  oft,  wo  die  Rede 
lebhaft  ist;  sowie  auch  dann,  wenn  alles  Vorhererwähnte  zusammen- 
gefasst  wird,  wo  denn  auch,  anstatt  ein  vorhergegangenes  Wort  zu 
wiederholen,  ein  anderes  stärkeres  gewählt  wird,  z.  B.  dura  haec,  i7i- 
quam,  de  Oppianico  constabunt  (Cic.  Cluent.  44,  V2b)',  condemnemus 
(vorher  gehen  andere  schwächere  Verba),  inquam,  hos  aut  stultitiae 
u.  s.  w.  —  Wo  aber  dergleichen  nicht  der  Fall  ist,  geschieht  die  Wie- 
derholung des  unterbrochenen  Anfanges  durch  sed,  ergo,  igitur.  Vgl. 
Matthiä  Cic.  Catil.  III,  2  u,  a.  —  Ob  aber  je  bei  jenem  inquam  noch 
sed  vor  das  wiederholte  Wort  gesetzt  werde,  wie  es  Mahne  im  Crito 
oft  thut,  z.  B.  (p.  245)  cui  —  sed  cui,  inquam  — ,  ist  zu  bezweifeln. 
—  Von  dem  N.  L.  inquiens,  für  dicens  oder  dictitans,  war  bereits  die 
Rede. 

Inquies,  unruhig,  ein  altes  Adj.,  findet  sich  bei  Sallust,  dem  esTa- 
citus  U.A.  nachgebraucht  haben.  Es  werde  vermieden  durch  non  quie- 
tus  oder  seltner,  wie  bei  Livius,  inquietus. 

hiquietare,  beunruhigen,  kommt  erst  N.  KL,  aber  beim  Jüngern 
Plinius  (Ep.  I,  9;  IX,  15),  Sueton  u.  A.  vor;  doch  ist  es  gut  ne- 
ben quietem  turhare,  molestia  afficere,  molestiam  afferre,  molestum 
esse  u.  a. 

Inquirere,  nachforschen ;  —  nach  Etwas,  bei  Jemanden,  in  Bezug 
auf  Etwas,  in  aliquem,  auch  de  aliquo,  nicht  in  aliquo.  Vgl.  Cic.  Leg. 
1, 1,  4.  Off.  II,  13,  44. 

Inquisitio  in  aliquem,  eine  gerichtliche  Untersuchung  gegen  Jeman- 
den, ist  erst  N.  Kl.  für  quaestio  in  aliquem  oder  de  aliquo. 

Insalutatus,  unbegrüsst,  ist   nur  P.  L,  und  selten  für  non  saluta- 


430 

ttis.  Vgl.  Anm.  t.  Muretl  Oper.  T.  II,  p.  180,  wo  es  Muret  in  einem 
Briefe  braucht. 

Insanus,  körperlich  ungesund^  ist  vielleicht  ohne  Aiictorität  für 
non  sanus,  aeger,  aegrotus,  inßrmus  u.  a,,  da  es  nur  geistig  ungesund, 
U7iver7iünftig,  rasend  bedeutet.  Auch  wird  es  nicht  physisch  \on  der 
Luft  und  von  Oerterji  gebraucht,  also  nicht  aer  insa?ius,  ungesunde 
Luft,  für  aer  gravis,  coelum  grave,  gravitas  coeli;  ungesunder  Herbst, 
gravis  auctuninus  (Caes.  B.  C.  III,  2);  ein  ungesutider  Ort,  locus  non 
salubris  oder  insnlubris,  pestifer,  pestilens,  gravis,  und  so  bei  ähnli- 
chen, wie  amius  pestilefis,  ein  ungesundes  Jahr ;  aestas  gravis  peati- 
lensque,  ein  ungesunder  Sommer. 

Insanilas  (bei  Cic.  Tusc.  III,  5,  10)  scheint  nach  den  Beisätzen 
quasi  quaed am  ein  von  Cicero  neu  gebildetes  Wort  zu  sein,  um  jeden 
kra?ihhaften  Zustand  des  Leibes  und  der  Seele  zu  bezeichnen,  da  in- 
sania  eine  s(  hlimrnere  Bedeut.,  neraiich  die  von  Raserei,  angenommen 
hatte.  Da  es  Cicero  nicht  zum  Gebrauche  bildete,  wurde  es  auch  nicht 
nachgebraucht,  weil  dafür  morbus  und  aegrotatio  vorhanden  waren. 

Liscendere,  einsteige?!,  besteigen,  ist  j4.  L.  und  steht  N.  KL  bei 
Sueton,  Tacitus  u.  A.  für  adscendere,  conscendere. 

Inscientia  ist  verschuldete  Umoissenheit  in  Allem,  was  man  nicht 
gelernt,  kennen  gelernt  hat,  und  bezieht  sich  auf  specielle  Gegen- 
stände, die  oft  im  Genitiv  beigesetzt  werden;  aber  inscilia  ist  unver- 
schuldete Unwissenheit,  Unverstand,  Dummheit,  Ungeschicktheit ;  mit 
einem  Genitiv  aber  die  unverständige  Benutzung,  AnweJidung  und 
das  Nichtver stehen  einer  Sache.  Vgl.  Reisig's  Vorlesung,  p.  117  und 
vorzüglich  Gernhard  im  Excurs.  zu  Cic.  Cato. 

Inscindere,  zerreissen,  ist  A^.  L.  für  co?iscindere.  Longol.  braucht 
es  (Ep.  I,  4):  inscindere  epistotam. 

Inscribere,  aufschreiben,  einzeichnen ;  —  auf  Etwas,  in  aliqua  re, 
nicht  in  ali.quid.\g\.  Cic.  Farn.  XII,  3,  1.  Tusc.  V,  23,  64.  Bei  Cic. 
Arch.  11,  26  haben  die  Handschr.  theils  in  Ulis  libellis,  theils  blos 
Ulis  libellis ;  für  ]enes  stimmen  Matthiae,  Klotz  u.  A.,  für  dieses  Stü- 
renburg  ohne  zureichenden  Grund.  —  Richtig  ist  librum  inscribere, 
einem  Buche  einen  Titel,  eine  Aufschrift  geben,  z.  B.  Über  quiinscribi- 
tur,  qui  inscriptus  est  Hortensius,  welches  Hortensius  betitelt  ist,  den 
Titel  Hort.  hat.  Vgl.  Titulus,  wo  auch  über  den  Gebrauch  des  Prae- 
sens und  des  Partie.  Einiges  bemerkt  ist.  —  Nirgends  aber  findet  sich 
wohl  aliquid  in  libro  oder  in  librum  inscr..  Etwas  in  ein  Buch  ein- 
schreiben, eintragen,  wie  Mahne  (Crito  p.  281  u.  321)  sagt:  in  quo 
(libro)  omnia  —  inscriberem,  für  in  quem  referrem,  in  quo  litteris 
consignarem,  in  quo  inducerem.  Vgl.  Cic.  Farn.  III,  10,  6  in  quibus  — 
indusit,  worin  er  (Rechnungen)  eingetragen  hat,  u.  a. 

Insculpere,  eingraben,  wird  verbunden  in  aliqua  re,  nicht  in  ali- 
quid. Vgl.  Cic.  IV.  D.  I,  17,  45  in  mejitibus.  —  N.  Kl.  und  gleich  gut 
wird  es  m.  d.  Dativ  alicui  verbunden;  bei  Livius  (II,  33)  nur  einmal  m. 
d.  Abi.:  columna  aenea  insculptum. 

Tnsensibilis,  unsinnlich,  nicht  in  die  Sinne  fallend,  ist  Sp.  L.  für 
guod  senstis  non  movet,  sensibus  non  percipitur  (accipitur),  sensibus 
non  subjectum,  sub  sensum  non  cadens,  und  in  d.  Bedeut.  unempfind- 
lich, für  sefisu  carens,  sine  sensu,  stupidus  u.  a.  Ebenso  insensibilitaa 


431 

die  U?iempßndlichkett,  für  Stupor,  immanitas,  torpor  oder  dag  philoso- 
phische indolentia,  wovon  oben  die  Rede  war. 

hiserere,  einpflanzen,  wird  verbunden  ah'cui  rei  oder  in  uliqua  re. 
Davon  ist  meistens  nur  insitus  im  Gebrauche,  sonst  mehr  ingenerare. 

Inserere,  einfügen,  einmischen,  wird  verbunden  in  aliquid  oder  ali- 
cui  rei.  In  der  Bedeut.  einmischeyi  braucht  Cicero  nielir  interponere, 
includere,  intesere,  adiniscere.  Vgl.  Immiscere.  —  Das  Subsi.  insertio 
ist  in  der  Bedeut.  Ei?imischung  N.  L. 

hiservire  alicui  rei  ist  in  der  Bedeut.  zu  Etwas  dienen,  dienlichy 
nützlich  sein  N.  L.;  dennoch  wird  es  oft  gebraucht.  Es  bedeutet  viel- 
mehr  für  Etwas  bemüht  sein.  Vgl.  Raschig  Progr.  p.  24. 

Insignire,  auszeichnen,  kenntlich  machen.  KL  findet  sich  davon 
nur  die  Form  insigriitiis ;  erst  N.  KL,  aber  such  beim  jiingern  PJinius, 
andere  Formen.  Bei  Livius  u.  A.  steht  auch  ein  Compar.  insigm'tior,us. 
—  Sjnonoym  mit  insignire  sind  ornare,  notare,  distinguere,  i7isignem, 
conspicuutn  facere  u.  a. 

Insinuare  (se)  alicui, sich  hei  Einem  einschmeicheln,  wird  von  Eini- 
gen bezweifelt,  wiewohl  es  bei  Cic.  (Orat.  J,  20,  90)  vorkommt,  und 
ebenso  blos  se  insinuare  (Lael. 26);  jedoch  meisten«  mit  dem  Znsatze 
in  alicujus  familiaritatem,  consueiudinem  u.  a.  CJebrigens  sagt  Cicero 
theils  se  insinuare,  theils  blos  insinuare ;  beide  stehen  gesichert. 
Zumpt  (zu  Cic.  Verr.  p.  579)  und  Klotz  (zu  Cic.  Tusc.  V,  12)  lassen 
beide  Ausdrucksweisen  gelten,  Orelli  nur  insinuare.  Vgl.  auch  Garat. 
Cic.  Phil.  V,  3.  p.  103  u.  Matlhiae  Cic.  Farn.  IV,  13. 

Insipidus,  abgeschmackt,  thöricht,  eififältig,  ist  fast  N.  L.  für  inst' 
piens,  insulsus.,  stultus  u.  a.,und  in  der  Bedeut.  geschmacklos,  für  nul- 
lius saporis,  sine  sapore,  sapore  carens.  Es  ist  nicht  zu  brauchen;  den- 
noch hat  es  Bunellus  gethan.  Vgl.  Grauff  z.  Bunelli  Epist.  p.  768. 

Insolare,  sonnen,  der  Sonne  aussetzen,  kommt  N.  AI.  nur  bei  Co- 
lumella  vor,  für  sali  exponere,  in  sole  oder  ad  solem  siccare,  sole  oder 
ad  solem  calefacere. 

Insolescere, stolz  werden,  nahm  Sallust  aus  dem  alten  Cato,  und  ihm 
brauchten  es  Tacitus  und  später  Justin  nach,  für  insolentem  esse  oder 
fieri,  se  insolenter  efferre  oder  gerere,  intumescere  (bei  Plinius)  u.  a. 

Insolite,  ungewöhnlich,  ist  sehr  Sp.  L.  für  insolenter,  praeter  mo~ 
rem  oder  consuetudinem. 

Insolubilis  steht  N.  Kl.  bei  Seneca,  aber  in  der  Bedeut.  unbezahl- 
bar; Sp.  L.  findet  es  sich  in  d.  Bedeut.  unauflöslich,für  inexplicabilis, 
inenodabilis. 

Insomnium  (meistens  im  Plur.)  bedeutet  Traum,  und  ist  mehr 
P.  L.  für  somnium  ;  aber  insomnia  als  Sing.,  was  auch  im  Plur.  vor- 
kommt, bedeutet  die  Schlaflosigkeit,  schlaflose  Nacht.  Vgl.  Ruhnk. 
Terent.  Eun.  II,  1,  13.  —  Sp.  L.  ist  insomnietas,  die  Schlaflosigkeit. 

Inspectio.  Ueber  inspectio  ocularis  vgl.  Ocularis. 

Inspirare,einhai/chen, begeistern,  wurde  als  N.  KL  und  mehr  P.  L. 
vermieden  durch  afflatu  et  instinctu  concitare.  Und  so  sage  man  für 
inspiratus,  begeistert,  was  Sp.  L.  ist,  numine  divino  oder  spiritu  divino 
offlatus  oder  instincius.  —  Sp.  L.  ist  auch  das  Subst.  inspiratio,  die 
Eingebung,  Begeisterung,  was  sogar  Wyttenb.  Vita  Ruhnk.  p.  103 
(123)  braucht,  für  offlatus  oder  instinctus  divinus.  Durch  göttliche 
Eingebjing  heisst  auch  divinitus  (Cic.  Att.  I,  16,  22). 


432 

histahilis,  t/nheständig.  veränderlich  (von  der  Seele) ^  ist  nur  P.  L. 
für  van'i/s,  niutabt'h's,  cotnmittabilis,  vagus,  vohibilis;  das  Subst.  insta- 
bilitas  aher^die  Unbeständigkeit,  ist  A^.  A7.  und  kommt  nur  beim  altern 
Pliuius  vor,  der  es  mit  mentis  verbindet,  für  inconstantia,  mutabilitas 
mentis  (Cic.  Tusc.  IV,  35,  76),  levitas,  varia  natura  u.  a.  —  Da  es 
sonst  keine  Auctorität  hat,  hätte  es  Muret.  (Var.  L.  VI!,  17)  nicht  als 
Eigenschaft  der  fortuna,  die  freilich  ein  altiatein.  Dichter  instabilis 
nennt,  brauchen  sollen,  sondern  dafür  varietas,  mobilitas,  levitas  oder 
volubi/itas. 

Instar.  Sp.  L.  ist  ad  instar,  wie,  gleich,  für  das  blosse  instar.  Vgl. 
unter  j4d. 

Instare,  eindritigen,  zusetzen,  wird  bei  den  Bessern  nur  mit  dem 
Dativ  verbunden,  z.  B.  hostibus;  nur  bei  Corn.  Nepos  m.  d.  Acc.  ho- 
stes,  wo  jedoch  Andere  hostibus  lesen.  —  N.  L.  ist  rebus  incojistajiti- 
bus,  bei  solchen  vorwaltenden  Umständen,  für  rebus  ita  se  habentibus, 
cum  res  ita  sint  oder  se  habeant. 

Instaurare  bedeut.  bei  den  Bessern  nur  erneuern,  wiederholen, 
und  hat  daher  beschränkten  Gebrauch,  z  B.  sacrificium,  bidos,  bellum 
u.  a., aber  nicht  von  Gebäuden  in  der  Bedeut.  wiederherstellen^  für  re- 
ficere,  renovare.  In  der  ersten  Bedeutung  sagt  man  dafür  auch  inte- 
grare,  redintegrare.  —  Ti.  L.  ist  auch  instaurare  religionem,  die  Re- 
ligion verbessern,  reformiren,  was  Bunellus  braucht,  für  emendare.  Vgl. 
Reforniare  und  Weber's  üebungssch.  p.  60. 

Instillare  ist  in  bildlicher  Bedeut.  einflössen,  beibringen  P.  L.  und 
findet  sich  in  Prosa  nur  N.  Kl.  bei  Seneca  für  dare,  imbuere,  tradere 
u.  a.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  64. 

Instinctus  kommt  in  der  Bedeut.  geschmückt,  atisgerüstet  N.  L. 
bei  Hemsterh.  vor  (Oratt.  p.  161):  mater  eximiis  naturae  morumque 
dotibus  inst/ncta,  für  praedita,  oriiata,  instructa  u.  a.,  oder  dachte  er 
an  distinctus?  Vielleicht  nalim  er  es  aus  Vitruv  (IX,  praef.):  literarum 
jucunditatibus  instinctae  mentes,  wo  es  aber  gereizt,  angespornt  be- 
deutet. 

Instituere,  einrichte?i,  werde  vorsichtig  gebraucht.  Verwerflich  ist 
wohl:  natura  hominum  ita  est  instituta,  für  comparata ;  auch  sagt  man 
wohl  nicht  civitatem  instituere  für  constituere. 

Institutio  bedeutet  bei  allen  Bessern  nur  activ  die  Eijirichtung, 
Anordnung.,  nicht  passiv  eine  einzelne  (geraachte)  Einrichtung  oder 
A?/ordnung,  welche  i?istitutum  heisst;  und  so  steht  bei  Cicero  und 
Andern  nur  instituta  raajorum,  nicht  institutiones,  die  Einrichtungen 
der  Vorfahren.  Anders  urtheilte  J.  Gottl.  Heineccius,  welcher  sagt: 
Semibarbarum  est  vocabulum  instituta  pro  institutionibus.  —  Richtig 
ist  institutio  m  d.  Bedeut.  Unterweisung,  Belehrung,  Unterricht  (Cic. 
Orat.  111,9,  35);  Jugendunterricht  (Schulunterricht)  heisst  pueritis 
institutio  (Cic.  Orat.  II,  1,  1 )  oder  discipUna  puerilis  (Cic.  Bep. 
IV,  3),  aucli  discipUna  und  doctrina,  z.  B.  dicendi  (Cic.  Orat.  II,  1,  5); 
ohne  Unterricht,  sine  doctrina  (Cic.  Fin.  III,  3,  11).  —  Man  brauche 
es  aber  nicht  objectiv  in  der  Bedeut,  Anweisung,  Anleitung  zu  Etwas; 
eine  Anleitung  zum  Lateinischschreiben  ist  nicht  institutio  latine  scri- 
bendi,  sondern  etwa  praecepta  oder  ars  latine  scrib.,  wie  bei  Livius 
(XXV,  2):  ars  sacrificandi  conscripta,  eine  Anleitung  zum  Opfern.  — 
Sehr  Sp.  L.  ist  das  Subst.  institutor,  der  Lehrer,  der  unterweist,    was 


433 

sogar  Muret.  (Oper.  T.  H,  p.  244  ed.  Fr.)  braucht,  wo  Frotscher  be- 
merkt: Institutorem  pro  praeceptore,  magistro  non  dixeruat  nisi  det^- 
rioris  latinitatis  auctores. 

Instrnctio  ist  in  der  Bedeiit.  Untertveisung,  Unterricht  sehr  <Sja.  L. 
für  itistitHtio,  doctthin,  discipUna,  iind  passiv  oder  objectiv  iür  prae- 
ceptum,  praecepta.  Eben  so  wenig  heisst  das  einfache  instruere,  unter- 
richteu,  unterweisen,  wohl  aber  mit  Ablativ-Zusätzen,  wie  artibus  (Cic. 
Coei.  30,  72),  doctrinis,  scientia  alicujus  rei.  —  N.  L.  ist  instructor, 
der  Lehrer,  für  mogister,  praeceptor. 

Instrumentum  kommt  bei  allen  Bessern  fast  nur  im  Sing,  vor,  in- 
dem es  zwar  (ein)  Hülfsmittel  und  oft  ein  geistiges,  aber  kein  einzel- 
nes Werkzeug  bedeutet,  sondern  nur  was  wir  Geräthe  nennen  (collec- 
tiv,  wie  Hausrath ,  stipellex).  Werkzeuge  von  Metall  heissen /e/ra- 
menta  (Caes.  B.  G.  V,  42).  —  Bei  Celsus  kommen  als  Werkzeuge  des 
Arztes  und  Chirurgen  nur  scalpellum  und  ferramenta  (im  Allgemei- 
nen) vor.  So  findet  man  instrumentum  rusticum,  vefiatorium,  inllae 
u.  dgl.  von  allem  Geräthe,  was  zur  Landwirthschaft,  zur  Jagd,  zu  einer 
Villa  gehört.  Daher  sagt  auch  Cic.  (Verr.  III,  23,  57);  omne  instru- 
mentum diripuit,  nicht  omnia  itistrumenta ;  Fin.  II,  34,  111  quid  tafito 
opus  est  instrumento,  wozu  bedürfen  wir  so  grosser  Zurüstung,so  vie- 
ler Hülfsmittel;  ib.  V,3, 7  sine  eo  instrumento,  ohne  diese  Hülfsmittel. 
Vgl.  Heusing.  Emend.  p.  411.  —  Indess  brauchen  auch  Cicero,  Livius 
U.A.  den  Plur.,z.  B.  Fragra.  Xenoph.  Oecon.  p.  474.  Nr.  10  (ediOrell.): 
in  altera  parte  instrumenta,  qtiibus  ad  lanificia  utuntur;  Catil.  II,  2  in- 
strumenta virtutis;  Liv.  XXI, 30,  9  instrumenta  belli;  Quint.  II,  15,  32 
haec  tam  perniciosa  nocentissimis  moribus  dare  instrumenta  —  und 
so  noch  Einige.  Aber  N.  L.  ist  es,  es  von  Personen  zu  brauchen,  wel- 
che helfen  und  die  wir  Werkzeuge  (Etwas  zu  Stande  zu  bringen)  nen- 
nen, für  odjutor,  minister. 

Insubidus,  roh,  einfältig,  ist  Sp.  L.  für  rusticus,  stolidüs,  insulsus. 

Insuetus,  ungewoli?it ;  —  einer  Sache,  am  besten  alicujus  rei;  bei 
einem  Verbo  auch  mit  dem  Genit.  Gerundii,  dem  Infmitiv,  oder  ad 
aliquid. 

Insufficiens,  unzureichend,  ist  Sp.  L.  für  non  sufflciens,  exiguus, 
qui —  non  satis  est;  ebenso  insufßcienter  für  non  satis. 

Insultus,  der  Angriff,  ist  fast  N.  L.  und  kommt  nur  bei  einem 
späten  Dichter  vor,  für  incursio,  incursTis,  impetus,  irruptio,  excursio, 
petitio.  Sogar  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  200  ed.  Fr.)  braucht  insultibus, 
was  Frotscher  gerügt  hat.  Häufiger  aber  braucht  es  Hemsterhuis  in 
seinen  Reden  von  den  geistigen  ^7igriffen  der  Gegner,  auch  von  einer 
Krankheit  u.  dgl.,  z.  B.  p.  159  tenacis  morbi  diutinis  insultibus ;  p.  136 
dexterrime  refutatis  adversariorum  insultibus,  wo  auch  refutare  für 
repellere  falsch  ist. 

Insulula,  das  Inselchen,  beruht  blos  auf  Cic.  Verr.  III,  37,  85, 
nach  der  von  Graevius  fortgepflanzten  Lesart  Lambin's,  für  insula  in- 
culta,  wie  nach  den  Handschr.  jetzt  gelesen  wird. 

Insuper  braucht  zwar  Cicero  nirgends,  aber  Caesar  einigemal  und 
Livius  in  der  Bedeut.  oben  darauf,  oben  drüber,  z.  ß.  aliquid  insuper 
injicere,  wofür  Cic.  (Divin.  1,  27)  supra  injicere  sagt.  Oft  findet  es 
sich  bei  Livius,  nicht  aber  bei  Caesar  und  Cicero,  in  der  Bedeut.  «^e/-- 
dies,  noch  obendrein.  Aber  falsch  wäre  es  in  Redensarten,  wie:  einige, 

28 


434 

und  7ioch  obendrein  gelehrte  Männer,  wo  der  Lateiner  sagt:  quidam 
ei  ii  quide7n  docli  hoinines.  Vgl.  Keisig's  yorles.  p.  431.  —  Sp.  L.  ist 
insuper  aliijuem  habere.  Einen  verachleif,  für  contemnere,  despicere, 
negligere.  Vgl.  Weber's  Uebmigssch.  p.  324. 

Insusfentabilis,.u?ierträglich,  ist  Sp.  L.  (Ar  t?ifolerabih's,  non  tole- 
randus,  intolerandus. 

Intectus  brauche  man  wegen  der  Doppelbedeutung  bedeckt  und 
ufibedeckt  vorsichtig,  und  setze  für  das  letztere  lieber  7ion  tecfus. 

Integer  in  der  Bedeut.  schuldlos  verbindet  nur  Horaz  mit  d.  Genit. 
vitae,  was  in  Prosa  durchaus  fehlt. 

Ititegriludo,  die  Reinheit,  Unversehrtheit  u.  a.,  ist  Sp.  L.  für  inte- 
gritas ;  als  ein  juristisches  Wort  empfiehlt  es  der  oft  paradoxe  J.  G. 
Heineccius. 

lutellectits  kommt  erst  N.  KL,  aber  oft  bei  Qnintilian  vor,  in  der 
Bedeut.  Verstarid,  Fassu?igskraft,  Vermögen  de?i  Sinn  von  Etwas  zu 
fasseji,  auch  der  Sijin  einer  Stelle  und  von  Wörtern  auch  die  Bedeu- 
tung, synonym  den  KL  intelligentia,  ratio,  cognitio :  vis,  signi/icatio  u.a. 
Es  ist  nicht  zu  verwerfen,  zumal  wo  es  passend  und  anwendbar 
geheint. 

Intelligere  beschränkt  sich  im  bessern  Latein  auf  die  Bedeut.  den 
Sinn  von  Etwas  fassen.  Etwas  begreifen,  einsehen,  verstehe?i.  Da  aber 
unser  Wort  verstehen  vielerlei  andere  Bedeutungen  hat,  so  wird  ijitel- 
ligere  iin  N.  L.  sehr  oft  falsch  gebraucht;  z.  B.  eine  Sprache  ver- 
stehen lieisst  linguam  nosse  (Cic.  Orat.  II,  1,  2)  oder  scire;  also  er 
versteht  Griechisch,  seit  graece ;  er  versteht  von  der  Kritik  Nichts,  ar- 
tis  criticae  imperilus  est;  ich  verstehe.,  d.  h.  ich  meine  den  andern  Theil, 
alteram  partem  significo,  diqo,  volo ;  ich  verstehe,  A.\\.  erkläre  dieses 
Wort  so  oder  von  dem,  hoc  verbum  ita  interpretor  oder  accipio,  oder 
mit  folgendem  ^cc.  c.  Inf,  oder  mit  veränderter  Rede,  sowie  auch 
mit  ztvei  Accusativen.  In  allen  diesen  Ausdrücken  passt  intelligere 
nicht.  —  iV'^  L.  ist  auch  intelligere  aliquid  sub  aliqua  re  oder  per  ali- 
quid. Etwas  unter  Etwas  versichert,  für  intelligere,  signiflcnre,  dicere, 
vocare,  appellare,  inlerpretari  u.  a.  mit  zwei  Accusativen  oder  einer 
Abänderung  der  Rede;  z.  B.  zven  verstehen  wir  unter  einem  Reichen? 
quem  intelligimus  divitejn? — unter  s an i  verstehen  wir  diejenigen,  sanos 
intelligimus  eos ;  darunter  will  ich  dieses  verstanden  wissen,  illud  in- 
telligi  hanc  rem  volo ;  wir  begreifen  nicht,  was  ihr  unter  Fergnügen 
versteht,  —  quam  dicatis  voluptate/n  ;  unter  thörichten  Greisen  ver- 
stehe ich  leichtgläubige,  stultos  senes  signißco  credulos;  ich  weiss  nicht, 
was  ich  u?iter  jenem  Gute  verstehen  soll,  non  haheo,  quod  intelligam 
bonum  illud  (Cic.  Tusc.  III,  18,  41)  ;  es  ist  klar,  was  ich  unter  Guten 
verstehe,  —  quid  dicam  bonos  (Cic.  Tusc.  V,10, 28).  Bisweilen  drückt 
man  sich  auch  voller  aus  ;  z.  B.  unter  diesem  Horte  bkatvs  versteht 
man  — ,  huic  verbo,  cum  beaium  dicimus,  subjecta  notio  est  (Cic.  Tusc. 
V,  10,  29);  was  versteht  man  unter  diesem  tVorte?  quae  res  huic  voci 
subjicilur'f  (Cic.  Fin.  II,  2,  6).  —  IVach  diesen  und  ähnlichen  Stellen 
ist  also  Vieles  in  den  Neulateinern  für  fehlerhaft  zu  halteUyAuc  h  sagt 
man  nicht:  hoc  per  se  intelligitur,  das  versteht  sich  von  selbst,  sondern 
hoc  ex  se  intelL 

Intelligibilis,  detikbar,  versiehbar,  verständlich,  kommt  A'.  KL  als 
philosoph.  Wort  bei  Seneca  vor,  für  qui  sub  (in)  intelligentiam  ca- 


485 

dit,   intelh'gi  potest ;   allgemein    verständlich,   communi  intelligentiae 
obvius. 

Intentio  iii  der  Bedeut.  Ab^ht,  Vorhaben  korarat  Sp.  L.  nur  bei 
Juristen  vor,  z.  B.  intentm  defnncti,  die  Absicht,  des  Verstorbenen^  für 
propositum,  consilium,  mens,  a^imus,  voluntas.  \gl.  Schwarz  Pliii. 
Paneg'.  78,  wo  es  nicht  Absicht,  sondern  Bemühung  bedeutet,  und 
Ruhnk.  Praef.  lexici  Sclieller. 

Intepidus,  lau  (nach  altern  Lexicis),  beruht  auf  falscher  Lesart  in 
vielen  Ausgaben  des  Celsus,  wo  (VIII,  4)  für  loco  intepido  zu  lesen 
ist  loco  in  tepido;  ohnehin  raüsste  das  Adj.  verneinenden  Sinn  haben, 
nicht  lau,  was  dem  Sinne  des  Celsus  widerstreitet. 

hiter,  unter.  31an  sei  im  Gebrauche  vorsichtig,  da  man  oft  dafür 
besser  ex,  de,  in  oder  den  Genitiv  des  damit  verbundenen   declinir- 
baren  Wortes  setzt.  Selten  ist  z.  B.  inter  bei  einem  Superlativ  statt 
des  Genitivs,  z.  B.  inter  eos  (für  eorutn)  doctissimus,  dergleichen  sich 
selbst  bei  Cicero  findet,  ähnlich  dem,  wie  man  sagt:  inter  suos  nobilis, 
inter  om?ies   unus  excelUt,  oder  wie  apud  bei  Caes.  (B.  G.  I,  2):  apud 
Helvetios  longe  nobilissimus;  —  selten  auch  inter  eos  (für  ex  iis)  di- 
gni  sunt,  qui  nominentur;  inter  supellectilem  (für  in  supellectile)  com- 
plura  reperta  sunt.  Falsch  aber  ist  es,  zu  sagen  :  inter  horum  librorura 
auctores  nominandus  est  Wolfius,  für  in — auctoribus  oder  in  numero 
—  auctorum;  ferner  uter  inter  ?ios,  wer  unter  uns  beiden,  für  uter 
nostrum  —  und  ähnliche  andere  Ausdrucksweisen. —  Inter paucos  (as,  a) 
mit   einem  Adj.,  für  inaxime,  inprimis,  ist  erst  seit  Livius  und  selten 
im  Gebrauche;  z.  B.  disertus   inter  paucos,  pugna  memorabilis  inter 
paucos  u.  ähnliche.  Man  vermeide  es.  —  Inter  decem  annos  bedeutet 
während  zehn  (voller)  Jahre,  zeh?i  Jahre  hindurch,  aber  intra  decem 
annos,  in  weniger  als  zehn  Jahren,  oder  es  dauerte  keine  zehn  Jahre, 
z.  B.  intra  paucos  dies  mortuus  est.  Vgl.  Gronov.  Liv.  I,  10,  7.  Zumpt 
Cic.  Verr.  T.  1,  p.  78  u.   Keisig's   Vorles.  p.  730.  —  Bei  den  Redens- 
arten inter  nos,  vos,  se  darf  das  Ohject   uns,  euch,  sich,  welches  im 
Deutschen    zu   ufiter   einander  noch  hinzugefügt   wird,   nicht   ausge- 
drückt werden.  Falsch  ist:  7ws  (als  Accus.)  inter  nos  amamns,  vos  in- 
ter vos  amatis,  se  inter  se  amant,  wir  lieben  uns  unter  einander  u.s.  w., 
für  inter  nos  amanius  mit   Weglassung  des  ersten  nos  —  und  so  in 
allen  ähnlichen  Verbindungen,  z.  B.  inter  se  adspicere,  sich  tinter  ein- 
ander ansehen  (Cic.  Catil.  III,  5,  13  u.  das.  Matth.),  ijiter  se  consalu- 
tare  (Cic.  Orat.  II,  3.   13),  inter  se  amare  (Cic.  Q.  fr.  III,  3,  1.  Att. 
VI,   1),  inter   se  colere   (Cic.  Lael.  22,  82.   wo   noch  Ernesti  falsch 
drucken  Hess  se  colent  inter  se).  Vgl.  Gernhard  zu  Cic.  Lael.  u.  Ochs- 
ner Eclog.  Cicer.  p.  237.  —  Schon  Laur.  Valla  (de  Elegant.  III,  74) 
machte  auf  diesen  Gebrauch  aufmerksam  :  ihm  widersprach  mit  Un- 
recht Wilh.  Budaeus,  indem  er  sich  auf  Stellen   wie  Terent.  Ad.  II, 
4,  7.  Cic.  Divin.  I,  28   (wo  Giese  sich  mit  ihm  irrt),  Att.  X,  4.  N.  D. 
I,  26  n.  a.  berief,  wo  aber  beim  Accus,  c.  Infin.  nos,  vos  nicht  Object, 
sondern  Subject  zum  Verbo  ist.  —  Das  Obige  gilt  auch  in  Redensarten, 
wie:'?^^/>  sind  U71S  einander  ähnlich,  nicht  nobis  inter  nos  similes  su- 
mus,  oder  wohl  gar  nos  nobis  inter  nos — ,  sondern  blos  inter  ?ios  similes 
sumus.  Etwas  Anderes  aber  ist  es,  wenn  Subject  und  Object  verschie- 
den ist;  z.  B.  respublica   nos  inter  nos  conciliabit  (Cic.  Fam.  V,  7,  2). 
Vgl.  jetzt  besonders  Handii  Turseil.  III,  p.  397. 

28  * 


436 

Intercalaris  und  mtercalarius^  eingeschaltet,  scheinen  gleich  gut 
und  Kl.  gewesen  und  von  Cic.  u.  A.  gebraucht  worden  zu  sein. 

Intercedere  wird  in  der  Bedeut.  §egeii,  wider  Etwas  sein  mit  dem 
Dat.  verbunden,  alicui  rei.  Gut  ist  intercedere  pro  aliquo,  sich  für  Je- 
manden verbürgen,  für  ihn  gut  spreche?i  (in  Geldsachen),  auch  mit 
dem  Acc.  der  Geldsumme,  die  man  verbürgt,  wie  Cic.  Att.  VI,  1,  5. 
Phil.  II,  18;  aber  in  der  Bedeut. /«r  Jemanden  bitten,  sich  für  Jem. 
verwenden  ist  es  wohl  JV.  L.  für  supplicare  oder  deprecari  pro  aliquo. 
Vgl.  Schori  Phras.  p.  296  u.  480.  —  Ganz  gewöhnlich  ist:  mihi  aliquid 
(z.  B.  amicitia)  c?/m  aliquo  intercedit,  ich  bin  Jemandes  Freund ;  z.  B. 
ich  bin  deiti  Freund,  ich  u/id  du  sind  Fr.,  ?nihi  tecum  amicitia  inter- 
cedit;  und  bei  zwei  genannten  Personen  inter  nos  am.  intercedit,  wir 
sind  unter  einander  Fr. 

Intercessio  ist  in  der  Bedeut.  Fürbitte  N.  L.  für  deprecatio ;  eben- 
so intercessor,  der  Fürbitter,  für  deprecator.  Vgl.  Mediator. 

Intercipere  in  der  Bedeut.  versperren,  z.  B.  viam,  ist  wohl  ohne 
Auctorität  für  intercludere,  indem  bei  Liv.  (XXV,  39)  medio  itinere 
intercepto  bezweifelt  und  dafür  intersepto  gelesen  wird. 

Intercludere  wird  in  der  Bedeut.  Einem  Etwas  abschneiden,  ver- 
sperren \erhunden  alicui  aliquid  und  aliquem  aliqua  re  oder  ab  aliqua 
re,  und  für  den  Dat.  steht  auch  der  Genit. ;  z.  B.  dem  VergnügeJi  den 
Zutritt  versp.,  aditum  voluptatis  (für  voluptati)  intercl.  Vgl.  Cic.  Fin. 
II,  35, 118. 

Interdicere,  untersagen ;  —  Einem  Etwas,  alicui  aliqua  re.,  seltner 
alicui  aliquid,  und  immer  alicui  aqua  et  igni  interd.  Statt  des  zwei- 
ten Objectes  folgt  auch  ein  Satz  mit  ne  oder  ut  ne,  N.  Kl.  der 
Acc.  c.  Infin. 

Interdiu,  bei  Tage,  kommt  zwar  nirgends  bei  Cicero,  aber  bei  Cae- 
sar einigemal  (B.  G.  VII,  69.  B.  C.  1,67),  mit  und  ohne  noctu, bei  Nacht, 
vor;  bei  Livius  mehrmals  bald  mit  noctu,  bald  mit  nocte  verbunden, 
und  bald  vor,  bald  nach  dem  andern.  Sonst  sagt  man  dafür  auch  die 
und  diem,  aber  nicht  diu.  Vgl.  ])iu. 

Interdum,  bisiveilen.  In  der  Bedeut.  eine  Zeit  lang,  für  aliquamdiu, 
ist  es  erst  N.  Kl.  und  findet  sich  so  nur  bei  Tacitus.—  Sp.  L.  aber  ist 
es  in  der  Bedeut.  unterdesseii,  für  interea. 

Interea,  welches  im  bessern  Latein  nur  auf  die  Zeit  geht  und  un- 
terdessen, währe7id  der  Zeit  bedeutet,  wird  im  N.  L.  auch  gehraucht, 
wo  unser  indess,  indessen  so  viel  ist  wie  aber,  doch,  wiewohl,  und  wo 
man  vero,  verum,  tamen,  sed  tamen,  attamen,  verumtamen,  etsi,  quam- 
quam  und  nach  Wolf  (z.  Cic.  Tusc.  V,  7,  20)  auch  tantisper  setzen 
muss.  —  A.  L.  bei  den  Komikern  ist  interea  loci  und  A.  L.  interea 
fe7«/;om,  was  der  jüngere  Burmann  braucht.  Vgl.  VV'eber's  Uehungssch. 
p.  23.  —  iV. /y.  ist  auch  interea  quod,  unterdessen  dass  oder  bis,  für  in- 
terea mit  cum,  dum,  quoad  oder  donec. 

Interesse  wird  in  der  ^^A^xii.  bei  Etwas  sein  verbunden  alicui  oAev 
in  aliqua  re,z.  B.  pugnae,  in  pugna;  ztvischen  Etwas  sein,  inter  aliquid. 
—  Das  imperson.  interest  wird  in  der  Bedeut.  es  ist  ein  Unterschied 
mii  inter  verbunden;  z.  B.  ?/'«r  unterscheiden  uns,  inter  nos  interest; 
ich  und  du  unterscheiden  uns,  inter  me  et  te  i?iterest.  Darin,  worin 
und  ähnliche  werden  neutral  ausgedrückt:  hoc,  quod,  quid,  quantum 
nihil,  multum  (nie  magnum),  non  multum  (nicht  parvum),  minimtim 


437 

u.  ähnliche.  Selten  ist  haec  res  interest  ab  Uta,  z.  B.  bei  Cic.  CAcad. 
U, 27 ):?7la Visa  ufalsis  nihil  intersunt  u.a. —  Ohne  gutes  Beispiel  ist  es, 
M'enn  Muret  das  Verbum  in  dieser  Bedeut.  personal  braucht,  und 
(Expl.  Cic.  Catil.  IV,  10)  sagt:  quid  intersit  senahis  decretum  ac  seiia- 
tusconsultum,  wie  in  allen  Ausgg.  dieser  Expl.,  auch  in  der  besten  Pa- 
riser steht,  für /w/e/*  Senat  US  decretum.  —  Falschist  ferner: /;/^/r^m«m 
in  faciendo  interest  doctiis  et  riidis  hotno,  beim  Thun  unterscheiden 
sich  ein  Geschickter  und  Ungeschickter,  für  inter  doctum  et  rudern  ; 
nescit,  quid  intersit  inter  docendufn  et  per suadendutn,  für  inter  docere 
et  pers7/adere,  da  jenes  bedeutet  während  des  Lhiterrichtes.  —  Das 
andere  im  personale  inter  esse,  von  Wichtigkeit,  von  Interesse  sein  u.  dgl,, 
wird  im  N.  L.  mit  den  Genitiven  rnei,  tut,  sui  u.  s.  w.  verbunden,  an- 
statt mit  mea,  tua,  sua.  Falsch  sagt  daher  Blomfield  (Praef.  Aeschyli 
Agam.  p.  VIII):  nihil  mei  interest.  —  Wie  das  Wieviel  auszudrücken 
ist,  s.  in  den  Grammatiken.  —  Folgt  ein  Satz  nach,  so  wird  er  nicht 
mit  quod,  sondern  mit  dem  y4ccus.  c.  Inf.  oder  als  Fragesatz  ausge- 
drückt, wie  es  gerade  am  natürlichsten  scheint,  höchst  selten  mit  ut. 
Auch  hier  tritt  ausser  jenen  neutralen  Wörtern  hoc,  id,  ilhid  u.  s.  w., 
wie  oben,  kein  Nominativ  als  Subject  hinzu.  Falsch  sagt  daher  Paul,  a 
S.  Jos.  Oratt. :  at  vero  quauti  intersit  ad  omnes  disciplinas  in?ioce7itia 
morum  et  i^irtus,  für  quantam  vim  habeat  ad  — .  Wofür  oder  ivozu 
Etwas  wichtig  ist,  wird  mit  ad  beigesetzt,  z.  B.  ad  honorem  (Cic.  Farn. 
XVI,  ],  1):  ad  decus  et  ad  lat/dem  civitatis  (Cic.  N.  D.  I,  4,  7). 

Interfatio,  das  Dazwischenreden,  die  Unterbrechung  einer  Rede, 
steht  jetzt  in  Cic.  Sest.  37,  79  nach  den  kritischen  Ausgg.  fest  für  in- 
terfectio,  was  ältere  Ausgg.  haben.  Auch  Quintilian  braucht  es,  und  das 
Verbum  interfari  brauchen  Livius  und  der  jüngere  Plinius.  Es  ist  also 
gut  neben  interpellatio. 

Interfectio,  die  Ermordung,  ist  N.  Kl.  und  kommt  nur  einmal  bei 
Asconius  vor,  für  die  bessern  Ausdrücke  caedes,  occisio. 

Interfector  ohne  einen  Genitiv,  alicujus,  findet  sich  erst  N.Kl.  bei 
Seneca,  und  ist  kaum  nachzuahmen;  eiti Mörder  im  Allgemeinen,  nicht 
der  einer  bestinmiten  Person,  heisst  homicida,  sicarius,  percussor.  Vgl. 
Weber's  üebungssch.  p.  277.  Jedoch  statt  patris,  matris,fratri8  inter- 
fector sagt  man  patriclda,  matricida,  fratricida. 

Interßcere  se,  sich  ermorden,  wird  von  Einigen  verworfen,  aber 
Sulpic.  (Cic,  Farn.  IV,  12,  2)  sagt:  se  ipsum  interfecisse :  Cic.  (Orat. 
III,  3,  10);  Crassum  suapte  manu  interfectum;  Liv.  (XXXI,  18,  7):  se- 
que  ispi  —  interficiunt ;  auch  Tacitus  u.  A.  brauchen  es  oft,  und  es  ist 
also  nicht  zu  verwerfen.  Vgl.  Heuaing.  Emendd.  p.  475  u.  Frotsch.  z. 
Muret.  Oper.  T.  I,  p.  430. 

Interibi,  tinterdessen,  für  interea,  ist  A.  L.  und  von  Spätem  aus 
der  gemeinen  Sprache  wiederholt. 

Interim,  indessen.  In  der  Bedeut.  bisweilen  kommt  es  N.  Kl.  bei 
Quintilian  vor,  für  interd^im.  Eben  so  N.  Kl.  ist  interim  —  interim, 
bald  —  bald,  für  modo  —  modo;  Beides  ist  nicht  nachzuahmen. 

Interitio,  Tod,  Untergang,  für  interitus,  steht  zwar  bei  Cicero 
einigemal  fest,  werde  aber,  da  es  im  Ganzen  sehr  selten  ist,  vermie- 
den. Sciopp.  (de  stylo  p.  190)  verwirft  es. 

Interjiingere,  mit  einander  verbinden,  ist  fast  nur  P.  L.^  da  bei  Li- 


438 

vius  mir  das  Partie,  interjunctus  vorkommt;  man  setze  dafür  inter  se 
jüngere  oder  conjv7igere. 

hiterlabi,  dazunschen  fliessen  (vom  Wasser),  ist  nur  P.  L.  für  in- 
terfluere;  \on  der  Zeit,  dazirfsche?i  verfliessari,  ist  es  N.L.,\\\\A  so 
braucht  es  Görenz:  mterlapso  tetnpore,  für  interjecto  oder  interposito 
tempore  oder  spatio.  Sonst  steht  dafür  iiitercedere  und  das  Piirtio. 
interpositf/s ;  z.  B.  tridtii  mora  mte/pusita,  nachdem  drei  Tage  dazwi- 
schen verflossen  waren  (Caes.  B.  G.  IV,  11),  was  mit  intercedere  nicht 
so  kurz  ausgedrückt  werden  kann. 

Interlociitor  ist  ein  N.  L.  Wort,  mag'  es  nun  bedeuten  der  dazioi- 
schen  spricht,  der  Zwischenredner,  für  qui  inter loquitur,oAGY  der  Mit- 
sprechende, für  qui  cum  altera  (ceteris)  cofloquilur,  sert}wcinati/r,und 
im  Piur.  q?fi  inter  se  colloquuntur,  sermocinantur  u.  a.  Gut  ist  interlo- 
cutio  bei  Quintiiian. 

Inierludium,  das  Zwischenspiel,  ist  N.  L.  für  eniholium,  ludus  inter- 
positus,  interjectiis,  iimnijctiis,  i7iter7nixtus. 

Interlunium,  der  Neumond,  kommt  N.  Kl.  nur  beim  altern  Plinius 
und  vorher  bei  Horaz  vor,  für  nova.  Inna,  tempus  internienstruuin. 
Vgl.  Novilunium. 

Interminate,  v?ibestimmt,  steht  N.  L.  bei  Muret.  (Oper.  T.  III, 
p.  649ed.Huhnk.):  infinite  atque  interminate,  für  sine  tennino;  Ruhn- 
ken  bemerkt  dazu:  Hoc  adverbio  nemo  Latinorum  usus  est. 

lutermitlere  ist  in  d,  Bedeut.  aufhören  (ohne  Fortsetzung)  N.  L. 
für  desinere,  omittere,  desislere ;  es  bedeutet  nur  ein  Jnfhören  auf 
gewisse  Zeit,  Falsch  ist:  quod  cum  assecutus  eris,  queri  inlermittes, 
für  desines.  Vgl.  fleusing.  Emendd.  p.  412.  —  Da  intermittere,  unter- 
lassen, einen  Accus,  fordert,  so  ist  es  N.  />.,zu  sagen:  intermittere now 
possum,  quin  tibi  litteras  mittam,  für  nnUiim  diem  (tempus)  interm. 
possum  oder  neminem  praetermittere  possum,  quin  — .  Vgl.  Heusing. 
Emendd.  p.  4S2  gi^^en  Noiten. 

Internocffi,  bei  Nacht,  gebildet  nach  interdiu,  ist  N.  L.  für  noctu, 
welches  so  wie  nocle  nur  ilan  Gegensatz  von  interdiu  bildet.  Freins- 
heim  (z.  Floriis  IV,  2)  nimmt  es  in  Schutz,  weil  es  nothwendig  sei. 
Ob  er  es  gebildet  hat,  oder  wer  sonst,  weiss  ich  nicht. 

Internus,  innerlich,  kommt  erst  N.  Kl.  und  nur  bei  Seneca,  dem  al- 
tern Plinius  und  Tacitus  vor;  es  werde  vermieden  durch  intestinus, 
dojnesticus,  oder  auch  wohl,  wenn  es  der  Sinn  fordert,  durch  den  Gen. 
animi  o{\qv  natnrae;  z.  B.  ein  innerer  Krieg,  bellum  domesticum;  in- 
nerliche Unruhe,  seditio  intestina;  der  innerliche  Schmerz,  dolor  in- 
test iiins;  innere  Ruhe,  animi  tranquillitas;  entweder  äussere  oder  in- 
nere Güter,  rel  externa  rel  naturne  /;o??«.  Bisweilen  kann  auch  inferior 
stehen;  N.  L.  aber  ist  interus.  —  Wunderbar  sagt  Heyne  (Virg. praef. 
T.  I,  p.  XX):  iitternae  librorum  dotes.  Vgl.  Weber's  Uebungssch. 
p.  72  u.  416.  Klotz  Sintenis  p.  122.  Dietrich  Siiitenis  p.  78. 

Interpellare  ist  in  der  Bedeiit.  aufmuntern,  ermunternd  anreden 
N.  L.  für  appellare,  compellare,  adhortari,  incilare  u.  a. 

Interpolare,  welches  bei  den  Alten  nnr  auffrischen,  neu  gestalten 
bedeutete,  wird  jetzt  im  N.  L.  in  der  Bedeut.  durch  Zusätze  verfäl- 
schen, verderben  gebraucht,  für  alienis  verbis  adulterare,  corrumpere, 
vitiare.  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  15)  brauchte  es  sehr  verkehrt:  tu  de- 
pravatas  hominum  meutes  velut  de  integro  interpolasti,  wozu  Kuhn- 


439 

keil  bemerkt:  Dura  et  abhorrens  translatio,  praesertim  cum  interpo- 
lare semper  fraudis  sigiiificationem  adjuiictam  habeat. 

[nterprelamen,  die  Erklärung,  steht  TV',  L.  bei  Valcken.  (Opiisc.  I, 
p.;^24;3);  Sp.  L.  aber  ist  interpretamentum ;  für  beide  gebrauche  rean 
interpretatio,  explanatio  u.  a. 

Interpretari  wird  mit  de  aliqua  re  nur  in  der  Bedeut.  row  Etuas 
eine  Erklärung  geben.  Etwas  erklären  gebraucht;  aber  N.  L.  ist  ali- 
quid de  aliqua  re  interpret..  Etwas  von  Etwas  verstehen,  meinen,  dass 
Etwas  davon  zu  verstehen  sei.  Daher  wird  Sintenis,  welcher  p.  113 
sagte:  Quod  si  de  immortalitate  animi  interpretaremur ,  trenn  wir  die- 
ses von  der  Unsterblichkeit  der  Seele  verständen,  verstanden  wissen 
trollten,  von  Klotz  getadelt,  welcher  dafür  setzt:  ad  animi  immortali^ 
tatem  si  sententiam  pertinere  interpretaremur.  Vgl.  auch  Einiges  un- 
ter Intelligere.  —  Man  merke  noch,  dass  interpretatus  auch  bei  Ci- 
cero u.  A.  passive  Bedeutung  hat.  \gl.  Heusing.  Emendd.  p.  455. 

Interpretatio  wird  in  der  Bedeut.  Ueber Setzung  von  Einigen  als 
unerweislich  bezweifelt,  aber  offenbar  braucht  es  so  selbst  Cicero 
(Balb.  (j,  14)  und  Quintilian  (11,14,2)  :  haec  interpretatio  verbi  rheto- 
ricae,  und  überdies  heisst  schon  Kl.  interpres,  der  Uebersetzer  (Cic. 
Opt.  g^n.  orat.  5)  und  interpretari,  übersetzen  (Cic.  Fin.  11.  7,  20). 
Warum  diese  Bedeutung  des  Wortes  von  Scheller  übergangen  wor- 
den ist,  weiss  ich  nicht.  —  Sehr  Sp.  L.  aber  und  durchaus  verwerf- 
lich ist  interpretator,  der  Ausleger.,  was  sich  im  N.  L.  findet. 

Interritus,  tinerschrocken,  ist  N.  KL,  kommt  aber  bei  Quintilian 
und  Seneca  vor,  und  ist  nicht  zu  verwerfen.  Vgl,  Impavidus. 

Interrogare,  um  Etwas  fragen,  befragen,  w'ivA  von  Einigen,  in  amt- 
lichen Angelegenheiten  gebraucht,  verworfen,  welche  meinen,  man 
dürfe  nur  rogare  sagen,  z.  B.  sententiam;  aber  auch  interrogare  sen- 
tentiam kommt  bei  Livius  u.  A.  vor. 

IntersccTiium,  das  Zwischenspiel,  ist  ]V.  L.  Vgl.  Interludium. 

Intersecare  von  einem  Flusse,  der  eine  Stadt  durchströmt  oder 
zwei  Oerter  theilt  und  trennt,  ist  Sp.  L.  für  interfluere.  Vgl.  Sciopp. 
Infam,  p.  214. 

Interserere  ist  in  der  Bedeut,  einschieben,  einschalten  wohl  uner- 
weisüch  für  interponere,  intexere. 

Interstitium,  der  Zwischenraum,  ist  Sp.  L.  für  intervallum. 

Intertexere,  eiji-  oder  dazwischenweben.  In  der  Bedent.  eif/mischen 
ist  es  ohne  Auctorität,  und  man  sage  datür^admiscere,  intexere,  inter- 
ponere.  Vgl,  auch  Immiscere. 

Intestatus  heres;  vgl.  Heres. 

Intimare,  ankündigen,  kund  thun,  bekannt  machen,  ist  Sp.  L.  für 
denuntiare,  publice  indicare  oder  proponere ;  ebenso  intimatio  für  de-^ 
nuntiatio. 

Intime.,  herzlichst,  innigst,  kommt  zwar  nur  einmal  bei  Cicero  vor 
(Q.  fr.  I,  2,  4)  :  aiiquem  aiicui  intime  commendare,  und  einmal  bei 
Corn.  N. :  intime  uü  aliqno,  sonst  nur  Sp.  L.;  doch  ist  es  nicht  zu  ver- 
werfen neben  vehementer,  etiam  atque  etimn,  familiarissime. 

Intimus  bedeutet,  obgleich  es  nur  Adj.  ist,  schon  für  sich  allein 
i?inigster  Freund,  und  lässt  als  Zusatz  vielleicht  nur  familiaris  (Cic. 
Fam.  111,  1)  zu,  aber  amicus  intimus  findet  sich  nicht,  wiewohl  intimi 


440 

amicorum.  nach  Tacitiis  (H.  II,  63;  III,  56)  üulässig  ist.  —  Im  TV.  L. 
findet  sich  davon  ein  Comp.,  intimior,  für  amicior,  familiär ior, 

Intitniare,  betiteln,  z.  B.  librum,  ist  N.  L.  für  inscribere ;  liber  in- 
scriplus  est,  das  Buch  ist  betitelt. 

hitra,  innerhalb,  bei  Zeitangaben;  vgl.  Inter. 

Intrare,  eingehen  in  einen  Ort,  wird  nur  mit  dem'  blossen  Accus. 
Terbnnd.,  z.  B.  urbem^  castra,  nicht  ?>?  urbem,  in  castra,  was  P.  L.  ist; 
aber  im  bildlichen  Sinne  mit  in,  z.  B.  in  fomiliaritatem,  wo  P.  L.  auch 
der  blosse  Accus,  steht.  —  Diese  Menge  geht  nicht  ins  Haus,  d.  h.  ist 
für  das  Haus  zu  gross  (wo  also  gehen  bildlich  gebraucht  ist),  heisst: 
hanc  copifim  domus  non  capit,  N.  L.  domum  non  jw^rfl^  Vgl.  Cic.  Catil. 
II,  10.  Agr.  II,  22. 

hürepidus  und  das  Adv.  intrepide  sind  selten,  finden  sich  aber  bei 
Livius,  und  sind  also  nicht  zu  verwerfen.  Vgl.  Impavidus. 

Intricare,  verwickeln,  und  intricatus,  verwickelt,  verwirrt,  sind  nur 
A.  und  Sp.  L.  und  nicht  zu  brauchen;  man  setze  dafür  contortus,con- 
fusus,  impedittis,  involufus ,  perdifßcilis ,  perplexus.  Im  N.  L.  findet  es 
eich  oft,  z.  B.  locus  intricatus. 

Intrinsecus,  a,  um,  innerlichy  ist  als  Adj.  N.  L.  für  intestinns,  do- 
mesticus.  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  3.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  166.  FJben 
80  neu  ist  das  Adv.  intrinsece,  von  innen,  für  das  seltne  intrinsecus 
oder  das  gewöhnliche  intus. 

Intro  in  der  Bedeut.  darin,  in  einem  Orte  und  tJitus  in  d.  Bedeut 
hinein  erklärte  schon  Lucilins  und  nach  ihm  Quintil.  (I,  5,  50)  für 
fehlerhaft,  wie  denn  diese  Wörter  im  Volkslatein  verwechselt  wur- 
den; ?>?f/-o  bedeutet  vielmehr  hinein  und  intus,  darin.  Quintil.  sagt: 
Intro  et  intus  sunt  loci  adverbia  ;  eo  (ich  gehe)  tarnen  intus  et  intro 
8um  soloecismi  sunt.  Dennoch  kommen  diese  Soloecisnien  bei  Alten 
(aber  in  zweifelhaften  Stellen)  und  im  A^.  L.  vor.  Man  sage  nur:  eo 
intro,  sum  intus;  venit  ijitro,  sedet  intus.  Vgl.  Sciopp.  de  slylo  p.  119. 
Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  166. 

Introducere  bedeutet  fast  nur  in  einen  Ort  hineinführen,  hinein- 
bringen ;  bildlich  steht  meistens  dafür  inducere;  z.  B.  Homer  führt 
den  Jupiter  klagend  ein,  stellt  ihn  klagend  vor,  nicht  introducit,  son- 
dern inducit  (Cic.  Divin.  II,  10,  15).  So  heisst  auch  einführen  in  der 
Bedeut.  zuerst  anordnen  meist  instituere  oder  inducere.  —  Ueber  die 
Uebersetzungsweise  unseres  Waarcn  einführen  vgl.  Inducere,  und 
über  unser  Einen  in  ein  Amt  einführen,  einsetzen  vgl.  deutsch-lat. 
Lexica.  Hier  erwähne  ich  nur  das  Eine,  dass  von  einem  Geistlichen 
wohl  das  beste  Wort  inaugurare  sein  möchte,  welches  die  Alten  von 
Augurn  brauchen,  die  von  einem  altern  Augur  nach  ihrer  Wahl  einge- 
weiht, d.  h.  eingesetzt  wurden.  Vgl.  Cic.  Brut.  1,  1  et  inauguratum  ab 
eodem,  und  der  von  Ebendemselben  ins  Amt  eingeführt  war. 

Introductio  soll  nur  einmal,  und  zwar  bei  Cicero,  mit  dem  Genit. 
Tnulierum  verbünd,  vorkommen  in  der  eigentl.  Bedeut.  das  Hereinfüh- 
ren; es  kann  daher  nicht  wohl  anders  nachgebraucht  werden.  —  N.  L. 
ist  es  daher,  die  Eitdeitung  in  eine  Schrift  oder  in  ein  Buch  introdu- 
ctio zu  nennen,  statt prooemium  oder  principium,  wenn  darunter  der  ein- 
leitende Anfang  verstanden  wird,  oder  das  fremde  prolegomena,  wenn 
sie  mehr  enthält,  ein  einzelnes  Ganze  für  sich  bildet  und  den  Schrift- 
steller, seine  Schriften  oder  sonstiges  den  Gegenstand  der  Schrift  Be- 


441 

treffendes  erläutert.  Was  wir  Einleihivg  nennen,  muss  oft  anders  aus- 
gedrückt werden,  nur  nicht  mit  introductio. 

Introire,  hineingehen,  wird  meistens  mit  in  verbunden,  N.  Kl.  mit 
dem  blossen  Accusativ,  z.  B.  urbem,  für  in  urbem;  ebenso  ijiiroitus. 

Introitus,  Eingang,  bildlich  vom  Anfange  eines  Buches,  einer 
Rede,  ist  selten  und  steht  bei  Cicero  vielleicht  nur  pro  Coel.  2,  3  in- 
troitus defensionis;  man  brauche  aber  lieber  'principitim,  exordium 
(Cic.  Orat.  II,  77,  315),  prooemium  und  so^ar  ingressio. 

Introspicere,  hineinsehen ;  —  in  Etwas  gleich  gut  iji  aliquid  und  blo8 
aliquid,  z.  B.  in  casas  oder  casas  (Cic.  Divin,  II,  51,  105). 

Intnidere,  hineindrängen,  hneinstossen,  ist  jetzt  ohne  alle  Aucto- 
rität,  seitdem  Klotz  in  der  einzigen  Stelle  Cic.  (Caec.  5,  13),  wo  es 
stand,  aus  Handschr.  intro  dahat  für  intrudebat  aufgenommen  hat. 
Vgl.  Klotz  z.  Cic.  Reden  Th.  I,  Vorr.  p.  XII.—  Im  TV.  L.  findet  es  sich 
oft,  zumal  wenn  von  gewaltsamem  Einschwärzen  und  Einsetzen  von 
Wörtern  in  den  Text  die  Rede  ist,  wie  z.  B.  neulich  Einer  schrieb: Uli 
ejusmodi  opiniones  in  —  Äristofelis  sententias  intruserunt. 

Intueri  wird,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  gleich  gut  mit  in  und  dem 
Accus,  oder  mit  dem  blossen  Accus,  verbunden,  z.  B.  solem  nnA  in 
solem,  vitam  und  in  vitam. 

Intuitus  findet  sich  nirgends  in  der  Bedeut.  Hinblick;  in  der  Bed. 
Riicksicht  kommt  es  erst  Sp.  L.  bei  den  Juristen  vor,  und  ist  also  ganz 
zu  verwerfen  für  adspectus ,  respectus.,  ratio.  Falsch  ist  daher  iino 
intuilo,  mit  eineniBlicke,  für  uno  adspectu  (Cic.  Sest.  1,  1)  ;  primo  in- 
tuitu,  für  pr.  adspectu  (Cic.  Farn.  VII,  3, 1).  Ponere  sub  7ino  adspectu 
(  Q.  Cic,  petit.  cons.  1);  nihil  primo  adspectu  contemptius  (Liv. 
XXXV,  11,  7). 

Intus,  hinein ;  vgl.  Intro. 

Intutus ,  unsicher,  steht  nur  beim  altern  Plinius  und  Tacitus  für 
non  tutus,  aber  in  der  Bedeut.  fwgeschützt ,  nicht  verwahrt  bei  Livius 
und  schon  bei  Sallust,  gleich  7ion  tuitus,  non  custoditus. 

Inumbrare ,  beschatten,  ist  meist  P.  u.  Sp.  L.  für  opacare ;  in  der 
Bedeut.  verdunkeln  steht  es  N.  Kl.  beim  Jüngern  Plinius  für  obscurare. 

Invadere,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  verband  Cicero  (bei  Caesar 
steht  es  nur  ohne  Object)  nur  mit  in  und  d.  Accus.,  z.  B.  in  urbem,  in 
hostes,  in  collum  u.  a.,  nicht  ohne  in,  wie  Andere  vor  ihm  und  die  Mei- 
sten nach  ihm,  z.  B.  urbem,  hostes.  Nur  einmal  (Fam.  XVI,  12,  2)  ist 
es  P.  L.  mit  d.  Dativ  verbunden.  Hirtius  braucht  es  schon  ohne  iw  — 
invadunt  agmen,  Livius  aber  sowohl  mit  in,  als  ohne  in;  ebenso  die 
Folgenden. 

Invalentia,  das  Unvermögen,  ist  Sp.  L.  für  imbecillitas,  inßrmitas  u.  a. 

Invaletudo  oder  itivaliludo,\vas  Viele,  selbst  iManutius  und  Muret., 
unbedenklich  in  der  Bedeut.  Unpässlichkeit,  Kränklichkeit,  Krankheit 
brauchen  ,  beruht  nur  auf  einigen  höchst  unsichern  Stellen  Cicero's, 
nämlich  Att.  VII,  2,  2  u.  5,1.  Cato  11,35.  Lael.  2,  8;  aber  in  den  beiden 
letzten  Stellen  haben  die  meisten  Handschr.  valetudo.  Auch  in  Ann 
ersten  hat  Orelli  valetudo  geschrieben  und  verwirft  überall  valitudo; 
ebenso  Ruhnken  (z.  Mureti  Oper.  T.  II,  p. 94  ed.  Fr.)  und  Hand  (Lelirb. 
p.  136),  der  es  zu  den  Fehlern  der  Abschreiber  rechnet.  —  Da  vale- 
tudo allgemein  Gesrindheitsumstände  bedeutet,  so  ergibt  oft  der  Zu- 
sammenhang die  Beschaffenheit  derselben,  und  Beiwörter,  wie  adrersa. 


442 

hißrma,  sowie  infirntitas  valetvdinis  bezeichnen  unser  Unpässlichkeit. 
hinlänglich :  ja  es  kommt  valetudo  einigemal  geradezu  für  Krankheit 
vor.  Vgl.  Plin.  Ep.  I,  22,  1;  VII,  1,  1;  ]9,  1;  30,  1  u.  a. 

bivalidus,  unvermögend,  schvutch,  ist  erst  seit  Livius  im  Gebrauche, 
aber  gnt  neben  hnbecillus  und  inßrmus ;  in  der  Bedeut.  ungültig  aber 
ist  es  N.  L.  für  irritns. 

Invariabi/is,  mtver änderlick,  ist  N.  L.  für  immutabilis. 

Invosio,  der  Einfall ,  ^'infall,  Angriff,  ist  sehr  Sp.  L.  für  incursio, 
aggressio  u.  a. ;  ebenso  invasor,  der  Angreifer,  für  gui  ijivadit  u.  a. 
Iland  (Lehrt),  p.  142)  nimmt  es  in  Schutz  durch  die  Analogie  suasor; 
dergleichen  Analogieen  täuschen  aber  oft. 

Inveciivus ,  losfahrend ,  schmähend ,  ist  sehr  Sp.  L.  und  zwar  von 
Reden  und  Büchern,  wie  denn  die  Reden  gegen  Catilina  von  den  späten 
Grammatikern  invectivae  genannt  werden.  iMan  brauche  dafür  ji^/orjs, 
ardens  ,  contiimeliosns ,  adversarins ,  acer,  acerbior,  veheme?is  ,  atrox, 
fnriosus  ,  aculeatns  ,  minax,  probrosus ,  wornach  auch  ein  Schmähge- 
dicht, Carmen  probrosum  heisst  (Tacit.  A.  IV,  31). 

Invehere  oder  inveki  wird  in  der  eigentl.  Bedeut.  ein-  oder  hinein- 
führen,ein-  oder  hineinfahren  verbunden  in  aliquem  locum  und  aliqnem 
locnm  ohne  in,  aber  invehi  (nicht  invehere)  in  der  Bedeut.  losziehen, 
anfahren ,  schelten  nur  in  aliquem  (in  aliquid),  nicht  ohne  in.  —  N.  L. 
aber  ist.  was  sogar  Muret  braucht,  invehere  oder  invehi  in  inare,  in 
alttim ,  für  evehi  oder  classem  evekere  in  altum,  wiewohl  riclitig  ist 
invehi  in  partum,  in  ostium  portus,  littori  u.  a.  Vgl.  Drakenb.  Liv. 
XXXVII,  23  u.  Frotsch.  z.  .\Iureti  Oper.  T.  I,  p.  129. 

Invenire  beschränkt  sich  meistens  auf  die  XiedewX. finden,  erfinden^ 
wogegen  xmticrfi nde/i  vieldeutiger  ist.  Man  hüte  sich  vor  Allem  se  in- 
venire ,  sich  finden .,  in  der  Bedeut.  sein  zu  brauchen,  für  inveniri.  — 
D.  L.  ist  auch  wohl  receptuni  invenire.  Auf  nähme  finden ,  für  rec. 
habere  (Caes.  B.  G.  VI,  9) ;  gratiam  invenire  apud  aliquem,  Gnade  hei 
Jem.  finden,  für  i7iire  gratiam  ab  aliquo  oder  apud  (ad)  aliquem.,  alicu- 
jus  gratiam  conciliare;  ?iecesse ,  nec.essariu7n ,  opus  aliquid  inven.. 
Etwas  nöthig  finden  ,  für  opus  esse  arbitrai'i;  quietem  invenire  in  ali- 
quo, in  aliqna  re,  Ruhe  in  Ei  was  finden,  für  acquiescere,  conquiescere  in 
aliqua  re.  Und  so  hüte  man  sich,  ohne  Auctorität  noch  andere  Oi)jecte 
damit  zu  verbinden,  z.  M. gloriam.plausum,  assensionem  u.  dgl.  —  Richtig 
aber  ist  ?iomen  invenire  in  der  Bedeut.  den  Namen  erhalten,  was  bei 
Cicero  oft  vorkommt,  wiewohl  auch  nomen  reperire  ebenso  gebraucht 
wird,  z.  B.  Divin.  1 ,  10  Aristolochia  nomen  es  inventore  reperit.  JVach 
Klotz  aber  (z.  Cic.  Tusc.  I,  47,  113)  bedeutet  inventi  sunt,  man  traf 
sie,  aber  reperti  sunt,  man  fand  sie.  Lieber  den  Unterschied  beider 
Verben,  in  Betreff  dessen  man  noch  nicht  einig  ist,  \gL  \^eber's 
Uebungssch.  p.  322  und  die  Bücher  über  die  Synonymen. 

Inveutio,  die  Erfindung,  ist  nur  suhjectiv  die  Handlung  des  Finden» 
oder  vielmehr  Auffindeus ,  niclit  auch  das  Gefundene,  Entdeckte.,  was 
wir  auch  Erfindung  nennen;  dieses  Objective  heisst  nur  inventum.  — 
Falsch  ist:  hae  sunt  inventiones  Kepleri,  das  sind  Erfindungen  Kepler's, 
für  haec  sunt  inveuta  K.  —  Mit  inventum  wird  aber  nicht  nur  ein 
Adj.,  sotidern  auch  ein  Adv.  verbunden,  z.  B.  Jemandes  gute  Erf.,  bene 
inventa  aliciijus  (nach  Cic.  luv.  II,  2,  4)  oder  bona,  wie  Quintil.  (V, 
12,  19)  sagt:  optima  i?wenta.  Vgl.  Geist's  Aufgaben  p.  24. 


443 

Inverecundia,  die  Unverschämtheit ,  ist  sehr  Sp.  L.  für  impudeniia, 
wiewohl  inverecuiidus  Kl.  und,das  Adv.  inverecunde  N.  Kl.  bei  Seneca 
und  Qiiintil.  vorkommt. 

Inceterare  und  inveterascere ,  alt  weiden.  Davon  gebildet  ist  ein 
Adj.,  inveteralus,  alt ;  man  sagt  al)er  niclit  inipersonal  inveterntmn  est 
mit  folg.  uf ,  es  ist  verjährt,  ist  alte  Gewohnheit ,  dass  — ,  sondern  in- 
■veteravit,  ut  — . 

Invicem  y  abwechselnd ,  wechselsweise yVommt  nirgends  bei  Cicero 
vor,  welcher  nur  vicissim  braucht;  denn  in  der  einzigen  Stelle,  welche 
man  dafür  angibt  (Cic.  Att.  V,  10.  5),  ist  für  invicem  wohl  richtiger 
J7/ncti  Aber  bei  Caesar  (B.  G.  IV,  1;  VIl.  85)  und  Ilirtins  (  ß.  G. 
VlII,  6)  findet  es  sich,  und  ist  nachher  seit  Li\iiis  in  aligemeinem  Ge- 
branche  neben  vicissim.  Beide  geben  aber  nur  in  kleinerm  oder  grös- 
serm  Zwischenräume  »abwechselnde  Handinngen  Eines,  Zweier  oder 
Mehrerer  an,  z.  B.  invicem  ridet,  invicem  flet ;  invicem  vißilant,  itivicem 
dormiunt,  sie  tvachen  vnd  schlafen  wechselsweise,  abwechselnd.  —  So 
sagt  man  invicem  cantare  von  Zweien,  welche  Wechsellieder  oder  ab- 
wechselnd  singe?i.  Wo  ein  solcher  AVechsel  nicht  Statt  findet,  sondern 
nur  das  Gegenseitige  zugleich,  da  sind  beide  Wörter  Kl.  unstatthaft, 
und  man  sagt  dafür  nur  inter  se;  z.  B.  i/tter  se  amnre,  sich  wechselseilig 
lieben;  inter  se  complecti ,  sich  werh.^elseilig  umarmen  u.  dgl.,  nicht 
invicem  amare,  invicem  complecti.  Aber  N.  Kl.  sind  beide  gleichbedeu- 
tend, indem  z.  B.  der  Jüngere  Plinins  (Ep.  IV,  ],  2)  invicem  amare 
brajicht,  für  inter  se  amare,  dergleichen  auch  bei  (^nintilian  vorkommt. 
So  heisst  sich  wechselseitig  schreiben  A.  Kl.  invicem,  Kl.  inter  se  scribere 
(Cic.  Att.  X,  8,  1).  —  Die  natürliche  Verbindung  der  Begriffe  ivech- 
sefsweise  und  vnter  einander  maclite,  dass  anch  die  Bessern,  wie 
Qnintilian  nnd  Plinius,  sie  verwechselten,  was  man  nicht  geradezu  ver- 
werfe. Falsch  aber  ist  sibi  invicem  comnmnicare ,  sich  einander  mit- 
theilen,  wie  J.  A.  Ernesti  (Oratt.  p.  124)  sagt,  für  inter  se  communi- 
care.  Vgl.  noch  Vicissim  und  Handii  Tursellin.  T.  III.  —  Sehr  Sp.  L. 
sind  die  unnöthigen  Znsamraensetzungen  ab  und  ad  invicem. 

Invidentia ;  vgl.  Invidia. 

Invidere,  beneiden,  wird  P.  L.  m.  d.  Genitiv,  alict/jus  rei,  um  Etwas, 
ver!)unden  ;  N.  Kl.  aliciii  aliqna  re  y  Einen  vm  Etwas. —  Kl.  und  allein 
zu  beachten  ist  alicui  a liquid  \mi\  noch  gewöhnlicher  beide  in  anhän- 
giger Verbindung  mit  dem  Dativ  dessen,  um  was  man  beneidet  und  d. 
Genitiv  dessen,  den  man  beneidet,  z.  B.  alicnjus  virtuti.  gloriae,  divitiis 

invidere ,  Jem.  z/m  seine  Ti/ge?id beneide?/,  für  alicujus  virtutem, 

gloriam.  divitias.  —  N.  L.  ist  wohl  aliitii  ob  oder  propter  aliijua/n  rem 
i/ivid.,  wie  31uret.  (Expl.  Cic.  Catil.  I,  12)  sagt:  qi/ibus  et  qi/as  ob  res 
iijvideant,  und  hernach  qtiib/ts  et  propter  quae  fere  invideant.  Nur 
P.  L.  ist  das  personale  Passi\um  invideor  für  das  prosaische  mihi  in- 
videtvr  u.  s.  w.  Vgl.  fleusing.  Emendd,  p.  473.  Iland's  Lehrb.  p.  174. 
Reisig's  Vorles.  p.  666.  —  Uebrigens  kommt  die  Partie,  form  i/ividen- 
dus,  beneidensiverth,  nHr1)ei  Horaz  vor,  und  ist  nicht  Avohl  anwendbar 
für  d/gnns,  cni  invideatur.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p,  222. 

I/ividia.  Zu  beachten  ist,  was  Cic.  (Tusc.  IV,  7,  16)  bemerkt,  in- 
vidia sei  activ  und  passiv,  das  Beneiden  und  das  Beneidetiverden  ,  der 
Neid,  welclien  man  hegt,  und  der  Hass,  in  welchem  man  steht;  da- 
gegen sei  invidentia  blos  der  active  Neid,  und  müsse,  wiewoJil  es  ein 


444 

verbvm  minus  usitatiim  sei,  doch  in  genauer  bestimmter  Rede  gebraucht 
werden.  V^l.  auch  ib.  III,  9,  20.  —  Mit  Recht  verwirft  Raschig  (Progr. 
p.  27)  als  uiierweislich  invidia  teynporis,  die  Ufigunst  der  Zeit,  ungün- 
stige Zeit,  was  man  im  N.  L.  findet,  für  tempus  non  opportuman,  uon 
idoneum,  grave,  alienum,  inimicwn,  infestum,  durum,  temporis  atrocitas, 
temporis  injuria  u.  a. 

Invidiosus  ist  zwar  Ä7.  in  der  Bedeut.  der,  welcher  Neid,  Hass  er- 
regt, aber  aliquem  invidiosum  facere.  Einen  verhasst  machen,  ist  N.  L. 
für  das  gewöhnliche  aliquem  in  invidiam  vocare ;  ja  selbst  aliquem 
invisum  facere  ist  zu  bezweifeln. 

Invigilare ,  wachen,  ist  fast  nur  P.  L.  Neu  und  gekünstelt  ist  die 
Redensart  invigilare  studiis,  für  operam  dore  studiis,  incumbere  in  (ad) 
studio,  teneri  studiis,  exercere  studia;  ebenso  ähnliche,  z.  Yi.  invigilare 
saluti  populi.  « 

Invincibilis,  unbesiegbar,  ist  sehr  Sp.  L.  für  invictus  (Cic.  Fin.  III, 
22,  76),  qui  Vinci  non  potest.  Anton  (Progr.  p.  80)  vertheidigt  es  durch 
ähnliche  klassische  Ausdrücke,  da  doch  die  Analogie  oft  trügt. 

hwiolabitis,  unverletzlich,  ist  P.  u.  Sp.  L.  für  sanctus,  sanctissimue, 
sacrosanctus  ,  inviolatus ,  qui  violari  non  potest.  Eben  so  Sp.  L.  ist  in- 
vlolabiliter  für  inviolate.  —  N.  L.  ist  inviolabilitas,  die  Unverletzlichkeit, 
für  sanctitas. 

Invisihilis,  unsichtbar,  kommt  nur  einmal  A".  AI.  bei  Celsus  vor  von 
einer  7iicht  sichtbaren  Oeffnung  (foramen)  ,  sonst  wird  es  nur  Sp.  L. 
von  Gott  gebraucht,  für  qui  cerni  non  potest ,  qui  sub  oculos  (adspe- 
ctum)  non  cadit,  non  adspectabilis,  occultus,  quifugit  aciem  (Cic.  Tusc. 
I,  J9),  7ion  Visus,  invisus,  besonders  neben  inauditus  u.  a.  —  N.  L.  ist 
invisibil/tas. 

Invisitatus,  ungesehen,  war  wahrscheinlich  erst  seit  Livius  im  Ge- 
brauche, für  non  visus,  invisus;  bei  Cicero  ist  es  unsicher.  Vgl.  Moser 
u.  Giese  zu  Cic.  Divin.  I,  42. 

Invisor,  der  Neider,  ist  Sp.  L.  für  invidus,  qui  invidet,  und  durch 
das  analoge  suasor  nicht  zu  schützen. 

Invite,  ungern,  kommt  uur  einmal,  aber  bei  Cicero  vor,  sonst  nir- 
gends für  invitus. 

Involatus ,  der  Flug,  beruht  nur  auf  Cic.  Fam.  VI,  6,  7,  wo  aber 
Andere  volat/t  lesen.  Manutius  verwirft  es  und  ebenso  F.  A.  W  olf  (z. 
Sueton.  Tiber.  39).  Jener  sagt:  Nee  Cicero  umquam  aut  alius  quis- 
quam  ex  iis,  quornm  scripta  exstant,  aliter  quam  volatus  vocavit ;  nee 
vero  involare  idem  est,  quod  volare,  sed  intro  volare  etc. ;  involatu  pro- 
bare vix  possum.  Dagegen  sagt  Orelli,  es  scheine  artis  proprium  voca- 
bulum,  ohne  es  zu  erweisen,  da  doch  in  den  Büchern  Cicero's  de  Divi- 
natione  von  den  Vögeln  nur  volatus  und  volare  vorkommt,  und  auch 
anderwärts  nicht  involatus.  —  Es  ist  also  wohl  gewiss  fehlerhafte  Form. 

Tnvoluntarius,  unfreiwillig,  unwillig,  ungern.^  ist  Sp.  L.  und  selten 
für  non  voluntarius,  invitus. 

Involvere  wird  meistens  verbunden  aliquid  aliqua  re.  Etwas  in 
Etwas  einhüllen,  nicht  in  aliqua  re  oder  in  aliquid ,  z.  B.  tenehris ,  in 
Dunkelkeit :  vestimejitis,  nubibus  — ,  nicht  in  tenebris.  —  Es  wird  zwar 
bildlich  gebraucht,  aber  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  in  sich  schliessen, 
enthalten  ohne  den  Begriff  des  Verwickelten,  für  inesse  in  aliqua  re, 
contineri  aliqua  re  u.  a.  —  Man  sage  nicht:  hoc  verbum  tautologiam 


445 

involuit ,  für  in  hoc  rerbo  inest  tautologia;  nicht:  haec  verba  hunc  sen- 
simi  ( hanc  sententiam )  involvunt  —  und  was  man  der  Art  mehr  im 
N.  L.  findet. 

Invulgare,  bekannt  machen,  steht  nwr  einmal  bei  Cic.  (Ätt.  II,  1,3), 
sonst  ist  es  nur  Sp.  L.  für  vulgare.  Es  werde  nicht  gebraucht. 

Joculariter,  scherzhaft,  auf  lustige  Art,  kommt  N.  Kl.  beim  altern 
Plinius  u.  Sueton  vor,  Tuv  jocose,  per  jocu?n. 

Jocus,  der  Scherz;  Plur.  joci  und  joca.  Nur  die  letzte  Form  braucht 
Cicero,  und  sie  werde  in  der  Verbindung  mit  seria  der  Form  jori\or- 
gezogen,  da  man  sprichwörtlich  nur  sagte  ;  Joe«  seria  agimus,  wir  trei- 
ben Scherz  nnd  Ernst.  Vgl.  Cic.  Fin.  II ,  2(),  85  at  quicum  joca  seria, 
ut  dicitur.  —  Indessen  sagt  doch  Livius  (I,  4,  9) :  seria  ac  jocos  cele- 
brare.  Vgl.  Piin.  Ep.  II,  13;  IV,  17,  5.  Tae.  A.  II,  13.  Sali.  Jug.  96.  — 
Unser  Scherz  bei  Seite  heisst  estra  jocutn  oder  remoto  joco ;  im  Scherz 
sagen,  per  jocum  dicere,  nicht  joco  oder  in  joco;  noch  öfter  blos 
jocari.  Man  verbindet  auch  per  ludum  jocumque. 

Ipse  kann  nicht  immer  für  unser  selbst  gesetzt  werden;  z.  B.  und 
er  loird  es  selbst,  d.  h.  sogar  wünschen,  etiani  cupiet ;  selbst  ein  einzi- 
ger Tag  wird  mir  niitzen,  vel  unus  dies  mihi  erit  utilis  (Cic.  Att. 
XII,  50).  —  Vel  wird  auch  gesetzt,  wenn  selbst  bei  einem  Superlativ 
steht,  z.  B.  selbst  die  fehlerhaftesten  Redner,  vel  vitiosissinii  oratores  ; 
Alles,  selbst  das  Grösste  (Kleinste),  oinnia  (vel)  maxima  (minima).  — 
Falsch  ist  ferner  ipse  in  negativen  Sätzen,  wo  selbst  nicht  oft  so  viel 
ist  als  7iicht  einmal;  z.  B.  er  kennt  selbst  diese  nicht,  iste  ne  hos  quidem 
novit.  —  lieber  ipse  in  Verbindung  mit  einem  andern  Pronomen  glei- 
cher Person,  ego,  tu,  ille,  ipse,  vgl.  Hoffmann  in  den  Jahrb.  VII,  1. 
p.  33.  Klotz  Cic.  Cat.  2,  4  u.  Lael.  1,  5.  Iland's  Lehrb.  p.  194.  Reisig's 
Vorles.  p.  364  u.  A.  —  Mehrmals  tadelt  Frotscher  den  Muret  wegen 
des  falschen  Casus  in  solcher  Verbindung,  z.  B.  zu  Oper.  T.  I,  p.lJ2, 
150,  183  (zweimal),  322  und  noch  öfter.  — lieber  ipsissimus  vgl.  die- 
ses Wort.  Richtig  sind;  nunc  ipsum,  selbst  jetzt,  und  tum  ipsum,  selbst 
damals. 

Ipsemet,  er  selbst,  ist  im  N.  L.  häufiger,  als  bei  den  Alten,  so  dass 
es  kein  Lexicograph,  ausser  Forcellini  (auf  keine  Auctorität  gestützt), 
unter  dem  Worte  ?net  anführt.  Ich  kenne  nur  zwei  Stellen,  in  wel- 
chen es  vorkommt:  bei  Plaut.  (Amphitr.  prol.  102):  ipsemet  abiit  und 
bei  Cic.  (Verr.  III,  1,  3):  ipsimet  nobis;  in  einer  dritten  bei  Frontini 
(de  aquaed.  74)  steht  nur  nach  Conr.  d'Allio's  Vermuthung  ipsismei 
mensuris,  für  ips  mensuris.  In  den  unzähligen  andern  Stellen  bei  Ci- 
cero und  allen  übrigen  Schriftstellern  wird  tuet  nie  dem  ipse  ange- 
hängt, und  wenn  ipse  in  Verbindung  mit  einem  andern  Pron.  steht,  so 
wird  met  im  Gegentheil  diesem  andern  Pron.  beigefügt,  z.  B.  egomet 
ipse,  mihimet  ipse,  memet  ipse.  nosmet  ipsi,  nobismet  ipsi,  nicht  anders; 
ebenso  bei  tu  —  tumei  ipse,  tibimet  ipse  — ;  und  so  auch,  wenn  beide 
Pron,  in  gleichem  Casus  stehen,  z.  B.  tnihimet  ipsi,  nobismet  ipsis,  so 
dass  nach  diesem  feststehenden  Gebrauche  Cicero  nobismet  ipsi  oder 
ipsis  hätte  sagen  müssen.  Warum  er  nicht  so  sagte,  wissen  wir  nicht; 
aber  eine  Variante  findet  sich  hier  nicht.  —  Wir  dürfen  dieser  Selten- 
heit nicht  folgen,  und  müssen  ipsemet  fast  für  fehlerhaft  erklären, 
mögen  auch  die  besten  Neulateiner,  wie  Jng.  Politianus,  Sadoletus, 
Manuiius,  Muretus  (der  es  zum  Ueberdruss  brauclit)  und  viele  An- 


446 

dere  seiner  Nation,  sowie  mehrere  Andere  so  gesagt  haben.  —  Rnhn- 
ken  tadelt  es  zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  308  ed.  Fr.  (p.221  ed.lluhnk.) 
und  verweist  auf  J.  G.  Berger  Praef.  ad  oratt.  lect.  p.  13. —  Auch  be- 
hauptet noch  iViatthiae  (Vermischte Schriften,  p.31),  Cicero  habe  ipse 
in  der  Verbindung  mit  einem  andern  Pronomen,  welcliem  «<e/^  ange- 
hängt sei,  nur  in  gleichem.  Casus  mit  dem  andern  gebranclit, z.  B.  mihi- 
met  ipsi,  nicht  mihimet  ipse,  wie  Ernesti  sagt  (Prolus.  2.  p.  143); 
meinet  ipsuin,  nicht  niemet  ipse;  einige  dagegen  sprechende  Stellen 
müssten  geändert  werden.  Livins  aber  weicht  davon  ab.  Vgl.  Fabri  zu 
Liv.  XXI,  14, 1  semet  ipsi;  XXII.  22,  14  u.  60,  23. 

Ipsissimus,  ganz  ich  (du,  er)  selbst,  kommt  nur  einmal  bei  Plaut. 
(Trinumm.  IV,  2,  146)  vor,  und  ist  in  komischer  Laune  gewiss  von 
ihm  selbst  gebildet.  Es  kann  von  uns  nur  im  heitersten  Scherze  ge- 
braucht werden,  wie  es  Muret  in  einem  Briefe  gethan  hat.  Vgl.  iVlureti 
Oper.  T.  II,  p.  58  ed.  Fr. 

Irasci  bedeut.  A.  L.  u.  Kl.  in  Zorn  gebracht  werden,  zornig  iver- 
den,  und  daher  iratus  sunt,  ich  bin  erzürnt,  zürne  .•  dagegen  heisst  ich 
habe  gezürnt,  succensui.  —  N.  KL  aber  heisst  //«sc*  geradezu  erzürnt 
sein,  zürnen.  Daher  ist  iratus  esseni  bei  Cic.  (Rep.  1,  38,  59)  dasselbe 
wie  irascerer,  was  Seneca   (de  ira  I,  15)  dafür  in  gleicher  Erzäblung 
braucht,  was  aber  bei  Cicero  hiesse  ich  gerielhe  in  Zorn,  ivürde  in  Zorn 
gebracht.  Vgl.  Klotz  Cic.  Tusc.  IV,  36,  78.  —  Einen   zornig  inachen. 
Jemandes  Zorn  reizen  heisst,  wenn  nicht  dabei  steht  gegeti  wen,  nicht 
iratum  uUcjuem  facere,  sondern  alicui  bilem  oder   stoninchiim  movere. 
Ire,  gehen,  werde  vorsichtig  gebraucht,  da  unser  deutsches  nicht 
immer  gleiche  Bedeut.  mit  dem  lat.  hat.  —  Man  sagt  nicht:  flumen 
it  (geht)  per  agrum,  agros,  fines,  ^onAern  fertur  (Caes.  B.  G.  IV,  10); 
nicht:  via  it  in  Indiatn,  sondern  est  in  Indiara    (Cic.  Fin.  III,  14,  45); 
nicht  ad ßnem  ire,  zu  Ende  gehen,  sondern   in  exitu  esse  u.  a.;  nicht 
a  suojure  ire,  von  seiueui  Rechte  abgehen,  sondern  decedere  oder  con- 
cedere  de  jure  suo ;  nicht  ab  alicujus  latere  non  ire,  nicht  von  Jeman- 
des Seite  gehen,  sondern    non   discedere  ab  — ;  nicht  ire  ad  alter nm 
partem,  zum  zweiten  Theile  gehen,  übergehen,  sondern  venire  ad — ; 
nicht  iter  it  aliqno,  die  Reise  geht  irgendwohin,  sondern  iter  est  aliquo 
(Cic.  Att.  VIII,  11,  5);  nicht  ire  in  annuni,  in  ein  Jahr  gehen,  sondern 
inire  onnum,  und   bei  Jahren   des  Lebens   annum  a gere ;  mchi  alicui 
ire  ex  oculis,  sondern  se  auferre,  decedere,  abire  ex  alicujus  conspectu; 
nicht  ire  in  aliquem  locnm,  sondern  se  conferre,  se  recipere  in  —  ,-  nicht 
ire  in  plateam,  auf  die  Strasse  gehen,  sondern  prodire  in  publicum; 
nicht  ire  od  convivium,zu.  Gaste  gehen,  sondern  inire  couvivium  ;  nicht 
non  omnes  eunt  in  aliquem  locum,  nicht  Alle  gehen  in  einen  Ort,  d.  h. 
nicht  Allefasst  ein  Ort.,  sondern  locus  non  omnes  capit ;  nicht   ire  in 
scholam  in  dem  Sinne  die  Schule  als  Schüler  besuche?i,  sondern  fre- 
quentare,  visilare  scholam;  nicht  rumor,  J'ama  it,  das  Gerücht,  die  Sage 
geht,  sondern  est ;  nicht  berie  it  cum  aliquo,  es  geht  gut  mit  Jemanden, 
sondern  bene,  rede  est  de  aliquo,  apnd  aliquem  (Cic.  Att.  I,  7  u.  8  ; 
XIV,  16  sub  fin.  u.  a.)  ;   nicht  mihi  it  bene  (male),  mir  geht  es  gut 
(schlecht,  übel),  sondern  mihi  est  bene  (male),  z.  B.  numquani  tatn  inale 
est  (geht  es)  Siculis  (Cic.  Verr.  IV,  43,  95):  ebenso  mihi  est  (geht  es) 
melius,  quam  — .  Vgl.  Ruhnk.  Terent.   Andr.  II,  5,  16.  —  Ebenso  sagt 
man  in  dem  Wunsche:  es  gehe  dir  wohl,  bene  sit  tibi.  —  Auch  sagt 


447 

man  nicht  eat,  er  oder  sie  mag  gehen,  wenn  man  unwillig  spricht,  in 
dem  Sinne  ich  mag  mit  ihm  (Ihr)  Nichts  zu  thun  hohen,  sondern  va- 
leat.  —  Gehen  in  Verbindung  mit  aus  wird  last  nur  durch  exire  ex, 
nicht  durch  Ire  ex  ausgedrückt,  z.  B.  avs  dem  Munde  gehen,  exire  es 
ore  —  und  so  noch  vieles  Andere.  —  Gut  aber  ist  die  Redensart:  res 
melius  it,  res  7nelius  eunt,  die  Sache  geht  l)esser  (vgl.  Cic:  Att.  XIV, 
35,  3)  ;  sonst  auch  res  prospere  procedil.  Ebenso  sagt  man  auch  ennt 
res,  sicut  eunt,  es  mag  gehen,  wie  es  geht.  Vgl.  Vorst.  lat.  i'also  susp. 
p.  141.  —  Für  das  obige  bene  it  cum  alh'iio  oder  de  aliquo  spricht 
aber  freilich  die  Stelle  in  Cic.  Att.  Xll,  24,  3,  welche  auch  Va^assor. 
(Antib.  p.  592)  dafür  anführt:  de  Attica  optime  it.  Da  aber  nacli  den 
oben  angeführten  Stellen  sonst  nur  esse  steht,  anderwärts  das  Ver- 
bum  ganz  fehlt,  und  nur  gesagt  wird  :  de  Attica  optime  (Cic.  Att.  XII, 
45,  2;  XIII,  26,  6;  XIV,  16,  4),  so  mag  Torkill  Baden  wohl  Recht  ha- 
ben, wenn  er  für  it  entweder  est  oder  et  lesen  will,  welches  letztere 
auch  bei  Orelli  steht.  —  Ueber  den  bildlichen  Gebrauch  von  ire  bei 
leblosen  Dingen,  z.  B.  von  der  Mühle,  dem  Rade,  dem  Schiffe  u.  a. 
vgl.  Einiges  in  Th.  II,  Abth.  I,  §.  175. 

Ironia  hat  zwar  schon  Cicero  (Brut.  87.  298)  u.  A,  aufgenommen, 
dafür  aber  auch  die  üebersetzung  dissimulotio  gGWü^i  (Acad.  IV,  5), 
und  Orat.  II,  67,  270  mit  ironia  noch  dissimulantia  verbunden.  Jenes 
und  die  beiden  lateinischen  sind  gleich  gut.  Das  Adv,  ironice  aber  ist 
Sp.  L.  für  per  ironiam,  per  irrisionem,  per  dissimulationetn,  auch  wohl 
dissimulanter.  Das  Adj.  ironicus  kommt  nirgends  vor;  man  umschreibe 
es  also  etwa  durch  Ave  Subst.  simufator  und  dissimutator.  Vgl.  über 
dieselben  die  Ausleg.  zu  Cic.  Off.  I,  30,  108. 

Irrationabilis,  unvernüjiftig,  ist  Sp.  L.  Form  für  rationis  expers, 
irrationalis,  welches  letztere  für  irrationabilis  bei  Celsus  und  Quinti- 
lian  jetzt  aufgenommen  ist.  Vgl.Spalding  Quintil.  II,  16, 16.  Jedoch  ist 
irrationalis  nur  ein  philosophisches  Wort,  dem  rationalis  entgegen- 
gesetzt. Vgl.  Seneca  Ep.  71.  Sonst  brauche  man  nur  rationis  ex- 
pers, a  ratione  aversus,  sine  ratione.  Vgl.  Cic.  Tusc.  IV,  6,  13  und 
Rationalis. 

Irregularis,  gegen  die  Regel,  unordentlich,  ist  N.  L.  für  praeter 
oder  contra  regulnm,  declinans  ab  regula,  a  norma,  N.  Kl.  enormis ; 
auch  kann  man  dafür  solutus,  dissolutus  u.  a.  setzen. 

Irreligiosus,  gottlos,  ist  erst  seit  Livius  gebräuchlich,  sonst  impius. 
Sehr  Sp.  L.  ist  irreligiositas  für  impietas. 

Irreparabiiis,  unersetzlich,  kommt  zuerst  bei  Virgil  von  der  Zeit 
vor  (tempus  irreparabile),  und  auf  gleiche  Weise  N.  Kl.  bei  Colu- 
mella  und  Seneca.  Es  empfiehlt  sich  durch  seine  Kürze,  da  es  sonst 
umschrieben  werden  muss,  etwa  durch  qui  reparari,  compensari  non 
potest. 

Irrepere,  einschleichen,  wird  KL  verbunden  in  aliquid,  N.  Kl.  auch 
alicui,N.L. ahev  in  aliqua  re,  wie  in  der  Praef.  edit.  Lugd.  Bat.  (1664) 
des  Corpus  juris: /w/Z/2//os  (für  innumerabiles)  cu?ictis  in  exemplari- 
biis  (für  cuncta  in  exeuiplaria)  irrepsisse  errores. 

Irrevocabilis,  nicht  zurückzurufen,  ist  seit  Livius  bei  den  Folgen- 
den üblich  und  seiner  Kürze  wegen  gut;  doch  kann  man  auch  sagen: 
qui  revocari  non  potest. 


448 

Irridere,  verspotten,  verlachen,  wird  nur  mit  d.  Accus,  verbunden, 
aliquem,  aliquid,  N.  L.  mit  d.  Dativ. 

Irrigare,  beivässern,  befeuchten,  ist  in  bildlichem  Sinne  nur  P.  L. ; 
aber  ohne  Beispiel  ist  pectus  irrigant  praecepta,  was  Muret.  Oratt. 
(Oper.  T.  I,  p.  164  ed.  Fr.)  zu  sagen  wagte,  und  was  nitr  bei  einem 
Dichter  zulässig  ist. 

Irritamentum,  das  Reizmittel,  findet  sich  nach  Sallust  auch  bei  Li- 
vius  u.  A.  für  incitamentum,  invitamentum  (Cic.  Rep.  II,  4.  Fin.  V,  6, 
17.  Süll.  26,  74)  und  illecebra,  welche  Cicero  braucht. 

trrumpere,  einbrechen,  eindringen,  wird  Kl.  mit  in  und  dem  Accus, 
verbunden,  selten  (wie  bei  Caes.  B.  C.  II,  13  quin  oppidum  irrumpe- 
rent;  ib.  lil,  111  domum  ejus)  und  mehr  N.  Kl.  ohne  in  m.  dem  blos- 
sen Accus.  ;  P.  L.  mit  dem  Dativ. 

Is,  ea,  id.  Vor  Allem  ist  vor  dem  Gebrauche  dieses  Pronomens  in 
Verbindung  mit  einem  Genitiv  und  dem  aus  der  vorhergehenden  Rede 
dazu  gedachten  Subst.  zu  warnen,  da  er  D.  L.  ist  und  noch  häufig 
vorkommt;  z.  B.  cum  ex  natura  universa,  tum  ex  ea  hominis  (theilsaus 
der  des  Menschen),  für  tum  ex  natura  hominis  oder  auch  blos  tum  ex 
hominis  (bei  Görenz  Cic.  Fin.  praef.  p.  XX  und  so  öfter  bei  ihm);  Ci- 
ceronis  epistolae  et  eae  (und  die)  Plinii,  für  et  Pli?iii,  —  und  so  viele 
ähnliche.  Nur  da,  wo  mehr  als  der  Artikel  des  verschwiegenen  Subst. 
erforderlich  ist,  wird  auch  im  Latein,  ein  Pronomen  dafür  gesetzt, 
aber  nicht  is,  sondern  entweder  ille  oder  hie.  Vgl.  darüber  mehr 
Th.  I,  §.  95  und  Ochsner  Eclog.  Cic.  p.  225.  —  D.  L.  ist  auch  is  de 
officiis,  das  über  die  Pflichten,  für  is  qui  est  de  ofßciis,  und  daher  rügte 
es  F.  A.  Wolf,  dass  Ruhnken  (Elog.  Hemst.  p.  252)  geschrieben  hatte: 
maxime  in  eo  (loco)  de  moribus  commorantur,  für  in  eo,  qui  est  de 
moribus,  weil  ihm  ein  solches  einzelnes  is  mit  einem  Praepositions- 
zusatze  mit  Recht  neu  und  unlateinisch  schien.  —  A^.  L.  sind  ferner 
Redensarten,  wie:  in  ea  tuarum  orationum.,  quam  mihi  misisti,  in 
derjenigen  deiner  Reden,  welche  —  fiir  in  ea  tua  oratione.  Vgl.  dar- 
über Th.  I,  §.  68.  —  In  Redensarten,  wie:  unter,  von.,  aus  ihnen  oder 
und  unter  —  ihnen,  als  Zusatz  zu  etwas  Allgemeinem,  sagt  man  sel- 
ten (et)  inter  eos,  (et)  in  iis,  (et)  ex  iis,  sondern  fast  nur  relativ  in- 
ter  quos.,  in  quibus,  ex  quibus;  z.  B.  Cicero  multos  habuit  amicos,  in 
quibus  (und  unter  ihnen)  Atticum,  Sulpicium,  Torquatum.  —  Ueber 
eo  m.  d.  Genit.  vgl.  Eo. 

Isce,  der  da,  ist  keine  sicher  erweisliche  Form  für  is,  hicce;  denn 
in  Cic.  Caecin.  34,  99  muss  mit  Klotz  für  iisce  rebus  gelesen  werden 
Ä/sce.  Verwerflich  ist  daher  bei  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  424)  ejusce  für 
hujusce. 

Iste;  vgl.  darüber  Th.  I,  §.  101  und  Reisigs  Vorles.  p.  361.  Man 
verwechsele  es  nicht  mit  hie  und  ille,  wie  es  im  N.  L.  oft  geschieht. 
In  gerichtlichen  Reden  bezieht  es  sich  meistens  auf  den  Gegner,  der 
nur  selten  mit  hie  bezeichnet  wird,  insofern  er  dasitzt  und  gegen- 
wärtig ist  und  insofern  auf  ihn  hingewiesen  wird;  in  Briefen  aber  geht 
es  auf  den,  an  welchen  man  schreibt. 

Ha,  so,  also.  Unser  also  zuerst,  wenn  nach  einem  Eingange  der 
Rede  Einzelnes  aufgezäht  werden  soll,  heisst  nicht  ifa  primmn,  son- 
dern jam  primufn,  ac  primum  quidem;  sowie  nicht  ita  m<,  sondern  blos 
ut  oder  sicut.  In   der  Antwort  jö  sagt   man  nicht   blos   ita,  sondern 


449 

meist  ita  est;  so  zum  Betspiel,  nicht  i'ta,  sondern  ut  oder  veltit;  z.  B. 
Cic.  N.  D.  I,  1,  2  velut  in  liac  quaestione  pleriqiie  dixernnt,  so  haben 
zum  Beispiel  in  — ;  Inv.  II,  31,  95  ut  apud  quosdam  lex  erat,  so  ivar 
zum  Beispiel  bei  — ;  Brut,  85,  292  ut  apud  Platonem  Socrates,  so  zum 
Beispiel  bei  — ;  Tusc.  V,  12,  34  velut  in  Gorgia  Socrates  —  inquit,  so 
sagte  zum  Beispiel.  \^\.  Cic.  Off.  I,  5  velut  ex  ea  parte  — ,  Utirichtig 
steht  daher  irgendwo:  ita  unus  ex  recentioribus  —  sie  dicere  solebat. 
—  Nach  ut,  sicut  oder  quemadmodum,  wie,  foJg-t  nicht  im  zweiten 
Satze  sie  oder  ita  etiam,  wie  bei  uns  oft  in  Verg-Ieichung^en,  (eben)  so 
auch,  sondern  blos  sie,  ita  oder  ite7n.  Vgl.  Cic.  Off.  I,  30,  107,  wo  für 
sie  in  am'Tnis  alte  Ausgg.  und  sclilechte  Haudschr.  sie  et  in  —  lesen. 
Im  verneinenden  Zusätze  eines  bejahenden  Satzes  (aber)  nicht  so  — 
der  und  der  —  sage  man  nicht  non  ita  oder  sed  non  ita,  sondern  iion 
item;  z.  B.  £!ie,  Tusc.  IV,  14  corporum  offensiones  sine  culpa  accidere 
possunt,  ß/«*wor?/m  non  item,  (aber) nicht  so  die  der  Seelen.  —  3Ian  sage 
nicht:  ita  7iomi?iatur,  so  heisst  er,  so  ist  sein  Name,  sondern  hoc  no- 
mine est  (Cic.  Rose.  Am.  16,  46).  —  Wo  wir  sagen :  Ja,  so  ist  es,  ivie 
du  sagst,  sagt  man  latein.  est  ita.,  ut  dicis  oder  blos  est,  ut  dicis  (Cic. 
Fin.  III,  5,  19),  auch  blos  ita  ut  dicis.  —  In  Redensarten,  wie:  wenn 
ich  gefragt  würde,  wer  ein  Philosoph  hiesse,  so  würde  ich  den  so  nen- 
nen, heisst  dies  blos  eum  dicerem  (Cic.  Orat.  I,  48),  nicht  eu7n  ita 
oder  sie  dicerem.  —  N.  Kl.  und  gänzlich  zu  vermeiden  sind  die  kur- 
zen Participialredensarten  ita  dictus,  ita  nominatus,so  genannt, u.dgl., 
wofür  /Cl.  nur  mit  Umschreibung  gesagt  wird  qui  dicitur,  quem  dici- 
mus.  Vgl.  Anleitung  §.  590.  Man  sage  z.  B.  nicht:  Graevius  receptus 
est  in  scholam  ita  dictum  Portensem,  in  die  sogenannte  Schzdpforte^ 
für  in  scholam  quam  dicimus  Porfensem,  quae  dicitur  Portensis.  — 
Endlich  ist  es  N.  L.,  ita  im  Nachsatze  zu  brauchen,  wenn  im  Vorder- 
satze ohne  alle  Vergleichung  ut  in  der  ßedeut.  ivie,  sobald  als  steht. 
So  braucht  es  mehrmals  Vvyttenbach,  z.  B.  Vita  Ruhnk.  p.  127  (137): 
Mf  vidit,  ita  ad  Hemsterhusiuni  suum  volavit;  ib.  p.  12'^  hie  item  ut 
audiit  et  locum  inspexit,  ita  rationes  Ruhnkeiiii  probavit. 

Italicus  und  Italus  geradezu  blos  für  latinuszu  brauchen, ist  erst  sehr 
Sp.L.,x.l&.  lingua  Italica  für  liiigua  latina.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.412. 

Itaque  stellt  Cicero  fast  durchaus  nur  im  Satze  voran,  nur  in  zwei 
oder  drei  Stellen,  welche  aber  nach  Hand  (Tursell.  III,  p.  509)  ver- 
dächtig sind,  nach  dem  ersten  Worte,  ego  itaque,  est  itaque. —  N.  Kl. 
steht  es  oft  nach,  was  man  aber  nicht  nachahme,  wie  es  im  N.  L.  nur 
zu  oft  geschieht.  —  Nach  einem  Relativ  ist  es  unlateinisch,  wie  bei 
Heyne  (Praef.  Virg.  T.  I,  p.  71):  quod  itaque  und  nachher  ^z/o  itaque. 
Ebenso  findet  sich  auch  nie  et  itaque  für  das  blosse  itaque  oder  et  id- 
circo,  et  ideo,  et  proinde.  —  Richtig  aber  ist  und  findet  sich  mehrmals 
bei  Livius  itaque  ergo,  daher  also ;  aber  nicht  gut  in  Schlussfolgen  für 
unser  so  denn  nun,  für  igitur;  z.  B.  so  ist  denn  nun  die  Sache  ab ge- 
than,  res  igitur  confecta  est,  nicht  itaque  res  — .  Vgl.  über  itaque  auch 
Reisig's  Vorles.  p.  466. 

Item,  ebenfalls,  ebenso,  steht  wohl  nie  in  Beziehung  auf  qui,  son- 
dern dafür  das  Pron.  idem.  Falsch  wäre:  Quid  est  enim,  quo  non  pro- 
grediatur  item  ira,  utfuror,  —  wohin  nicht  ebenfalls  der  Zorn  gerathe, 
wie  die  JFutk,  für  quo  non  eodem  progr.  ira,  q7io  furor  (Cic.  Tusc.  IV, 
36,77).  —  Ebenso  auch  heisst   nicht  ite/n   etiam,  sondern  ilein  ohne 

29 


450 

etiam.  Auch  sagt  man  nicht  unus  itemque  alter,  sondern  iinus  et  alter 
oder  1/71US  alterve,  umis  out  alter.  Vgl.  Weber's  Uebuiigssch.  p.  315. 

Iter,  die  Reise.  Eine  Seereise,  eine  Reise  zu  Wasser  heisst  nicht 
iter  maris,  mari,  maritimnm,  aqua,  aquarium,  sondern  navigatio,  cur- 
8US  manY/mwÄ,  wiewohl  richtig  ist  iter  rnari petere,  facere,  ingredi u.a. 
—  Eine  Landreise,  Reise  zu  Lande  machen  heisst  nicht  iter  terrestre 
facere  (wie  Sadolet.  Epist.  I,  1  sagt),  sondern  iter  terra  petere  (vgl. 
Ruhnk.  Veliej.  II,  82),  facere,  pedibus  iter  facere.  —  yiuf  der  Reise, 
zinterwegs  Etwas  wegschicken  u.  dgl.  heisst  nicht  in  itinere,  sondern 
ex  itinere.  Vgl.  Fabri  z.  Liv.  XXII,  61.  —  Zivei,  drei  —  Tagereisen 
heisst  nicht  itinera  duorum,  trium  dierum  oder  bidui,  tridiii,  sondern 
iter  duorum  u.  s.  w. 

Iterare,  wiederholen,  wird  nur  dann  gebraucht,  wenn  Etwas  zwei- 
mal geschieht,  also  gleich  duplicare;  dagegen  hat  repetere,  wieder- 
holen, ganz  aiigem.  Bedeut.  Ebenso  ist  iteratio  —  eine  einmalige  Wieder-^ 
holung,  repetitio —  Wiederholung  im  Allgemeinen.  Gleichwohl  braucht 
Quintilian  einmal  multa  iteratio  (vielfältige  Wiederholung),  was  nicht 
nachzuahmen  ist.  —  Man  sage  nicht:  haec  editio  multoties  (?)  Her  ata 
est,  für  saepe  repetita  est.  —  Das  Partie,  iteratus  ist  erst  Sp.  L.  und 
ebenso  das  Adv.  iterato  für  iterum.  —  N.  L.  aber  ist  iterata  vice,  zu 
wiederholten  Malen,  zum  aridem  Male,  für  iterum. 

/fe/wm  bedeut.  nur  zum  zweitenmal ,  nicht  das  allgemeine  wieder 
oder  wiederum,  welches  denuo  oder  rursus  heisst.  Lächerlich  ist:  In 
Gallia  haec  scripta  seorsim  (für  Separatini)  prodierunt,  nuperque  quo- 
que  ita  iterum  sunt  excusa.  —  Im  TV.  L.  findet  es  sich  auch  in  der 
Bedeut.  von  vicissim,  dagegen  wieder,  abwechselnd.  —  Falsch  ist;  ego 
iterum  tibi  gratificabor,  ich  werde  dir  wieder  einen  Gefallen  thun,  für 
vicissim;  si  tu  mihi  epistolam  scripseris,  ego  tibi  iterum  (für  vicissim) 
scribara.  Vorst.  de  lat.  falso  susp.  p.  165.  —  Das  doppelte  Herum  ite- 
rumque  oder  iterum  atque  iterum  ist  fast  nur  P.  L.  und  in  Prosa 
höcht  selten  für  Herum  ae  tertio,  iterum  et  (ac)  saepius;  auch  biswei- 
len etiam  atqiie  etiam. 

Itinerare  oder  itinerari,  reisen,  eine  Reise  machen,  steht  JV.  L.  bei 

,  Ev.  Otto  (de  tutela  viarum  p.  116):  eura  etiam  itinerantium  credebant 

esse  numen  tutelare,  für  iter  facientium  oder  viaiorum,  wo  auch  tute- 

laris  Sp.  L.  ist.  —  N.  L.  ist  auch  itinerator,  der  Reisende,  für  viator, 

iter  faciens  u.  a. 

Itinerarius,  zu  einer  Reise  gehörig,  und  itinerarium,  eine  Reisebe- 
schreibung, sind  Sp.  L.  und  müssen  durch  iter  umschrieben  werden; 
z.  B.  eine  Reisebeschr.,  itineris  desrriptio,  iter  descriplum. 

Jubere,  befehlen.  Selten  und  nicht  nachzuahmen  sind  die  beiden 
Verbindungen  dieses  Verbi  (mögen  sie  auch  selbst  bei  Cicero  noch 
als  Reste  der  altern  Sprache  oder  als  juristische  Sprechweise  vor- 
kommen) mit  dem  Dat.  c.  Infin.  und  statt  des  Inf.  iit.  Dafür  war  ge- 
setzmässige  Redeform  der  Accus,  c.  Inf.  nicht  allein  bei  den  Klassi- 
kern, sondern  auch  bei  den  Spätem,  so  dass  man  heutzutage  jene  an- 
dern, als  seltne  alte  Redeformen,  als  fehlerhaft  verwerfen  muss,  mö- 
gen auch  bessere  Neulateiner  ihnen  bisweilen  in  wunderlicher  Laune 
gefolgt  sein.  —  Man  sage  also  nicht:  J?/Äeo  tibi,  ut  cubitum  eas,  ich  be- 
fehle dir,  zu  Bette  zu  gehen,  sondern  jf/beo  te  cubitum  ire.  Mit  Recht 
sagt  Ruhnken  gegen  Muret.,  der  ut  nicht  selten  brauchte,  zu  Oper. 


451 

T.  I,  p. 85  ed.  Rulink.  (p.  184 ed.  Fr.):  rarior  nee  imitanda  cnnstructio 
jubet  iit.  Vide  Düker,  ad  Liv.  XXIII,  21.  Ausserdem  vg^l.  ürak.  Liv. 
XXXII,  16,  9.  Heusing.  Emendd.  p.  473.  Markl.  u.  Wolf  z.  Cic.  pro 
domo  p.  184.  Hand's  Lehrl).  p.  177  u.  Reisig's  Vorles.  p.  561  m.  d. 
Anm.  Auch  hält  Herzog  (zu  Caes.  B.  G.  1,  7)  jubere  mit  einem  Accus, 
des  Objects  ohne  Infinitiv  für  Unsinn,  da  es  allemal  eine  Handlung, 
ein  Geschehen  als  Zweck  und  Object  erfordere.  —  Auch  der  Imper- 
sonale Gebrauch  von  juberi  werde  vermieden,  da  der  personale  häufi- 
ger ist,  und  ebenso  j?ibere  mit  folg.  ne,  was  sich  ebenfalls  bei  den  be- 
sten Neulateinern,  wie  Longolius,  Muretus  u.  A.  findet,  für  vetare  m.  d. 
Acc.  c.  Infin,,  da  es  wohl  zu  bezweifeln  ist,  oh  jubere  auch  bei  Verbo- 
ten gebraucht  und  negativ  m.  d.  Acc.  c.  Inf.  verbunden  wird.  —  Da 
jubere  nur  befehlen,  ernstlich  bitten  bedeutet,  so  ist  es  TV.  L.,  zu  sa- 
gen: jubeo  librum  in  lucem  esire,  ich  lasse  das  Buch  öffentlich  erschei- 
nen, wo  nur  curare  passt.  Auch  kann  das  Gerundioum  nicht  damit 
verbunden  werden,  so  dass  es  N.  L.  ist,  zu  sagen:  eum  interßciendmn 
(esse)  jussit,  für  eum  interßci  jussit. 

Jubilaeus,  a,  um,  ist  fast  N.  L.  Es  wird  theils  mit  annus,  theils 
mit  sacrum  verbunden,  und  sogar  ohne  diese  Subst.  als  Subst.  ge- 
hraucht  (jubilaeum).  In  beiden  Fällen  passt  saecularis;  also  annus  sae- 
cularis,  das  Jubeljahr ;  sacrum  saeculare,  solemnia  saecularia  oder  Sa- 
cra saecularia,  das  Jubelfest.  Daher  heisst  ein  dreihundertjähriges 
Jubelfest,  solemnia  saecularia  tertia  oder  tertia  sacra  saecularia. 

Jubilare,  jauchzen,  war  schon  A.  L.  nach  Varro  (L.  L.  VI,  69. 
p.  244  ed.  Sp.),  wurde  aber  nur  von  Bauern  gesagt,  die  laut  und  wild 
um  Hülfe  rufen;  man  findet  es  jedoch  nicht  weiter  gebraucht.  Unser 
jubiliren,  jauchzen  heisst  gaudio,  laetitia  exsullare,ovare,  exsultatione 
clamare,  conclamare.  —  Das  von  jubilare  abgeleitete  Suhst.  jitbilaiia, 
das  Jauchzen,  ist  Sp.  L.  für  ea:sultatio,laetus  clamor ,laeiae  voces,  lae- 
titia. Unrichtig  sagt  daher  Majorag.  (üratt.  p.  9):  profusam  populi 
jjibilatiotie?n,  für  prqfusos  populi  laetos  clamores  u.  a. 

Jndicare  wird  in  der  Bedeut.  Einen  nach  Etwas  beurtheilen  ver- 
bunden aliquem  (aliquid)  ex  oder  de  aliqua  re,  auch  blos  aliqua  re, 
nicht  ad  aliquam  rem  ;  über  Einen  urtheilen,  de  aliquo.  In  der  gericht- 
lichen Bedeut.  Jemanden  richten,  ein  Urtheil  über  Jem.  sprechen  sagte 
man  nach  Vavassor.  (Antib.  p.  555)  in  der  bessern  Prosa  nie  judicare 
aliquem,  sondern  judicare  de  aliquo,  und  so  auch  Judicium  facere  oder 
dicere  de  aliquo,  sententiam  pronuntiare  secundum  (für,  zum  Beste?i) 
oder  contra  aliquem.  —  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  verurtheilen,  d.  h. 
verdammen,  für  damnare,  condemnare ;  z.  B.  zum  Tode  verurth.,  nicht 
capitis  oder  wohl  gar  ad  mortem  judicare,  sondern  capitis  damnare. 
—  Zwei  einander  entgegenstehende  Dinge  beurtheilen  möchte  besser 
durch  dijudicare,  als  durch  judicare  auszudrücken  sein;  z.  B.  wahre 
und  falsche  Liebe  beurtheilen,  dijudicare  amorem  verum  et  fictum. 

Indicatio,  ein  vielleicht  von  Cicero  gebildetes  Wort,  bedeutet  nur 
die  Entscheidung,  nicht  das  Urtheil  oder  die  Beurtheilung,  welche 
Judicium  oder  censura  heissen.  Vgl.  Klotz  Cic.  Tusc.  IV,  11,  26. 

Judicialis,  gerichtlich,  ist  zwar  A7.,  aber  eine  via  judicialis  kommt 
nicht  vor,  wie  wir  sagen  der  gerichtliche  Weg.  Vgl.  darüber  unter  P^ia. 

Judiciosus,  urtheilsfähig  (von   einem  Manne),  ist  iV.  L.  für  homo 

29* 


4Ö2 

(vir)  acri  magnoque  judicio,  qui  habet  intefltgens  Judicium,  auch  blos 
tnte/ligejis. 

Judicium.  U eher  Judicium  ferre  für  facere  oder  dicere  vgl.  unter 
Ferre. —  Ein  Urtheil  über  Etwas  fällen  heisst  entweder  Judicium  ali- 
cujus  rei  oder  de  aliqua  re  facere.  Vgl.  Cic.  Brut.  1,  \  Judicium  dignt- 
tatis  meae,  über  meine  Würdigkeit ;  Caes.  B.  G.  I,  41  quod  de  se  Opti- 
mum Judicium  fecisset;  Cic.  Orat.  140.  Leg.  Man.  43.  Farn.  XI,  29.  — 
Gut  und  Kl.  ist  auch  Judicium  in  der  geistigen  Bedeut.  Urtheil,  Ur- 
iheilskraft ;  daher  Judicium  habere,  wie  wir  sagen  Judicium  haben, 
d.  h.  beurtheilen  können,  urtheilsfähig  sein;  z.  B.  Cic.  Farn.  IX,  16,  4 
i])se  Caesar  habet  per acre  Judicium,  wo  von  wissenschaftlichen  Gegen- 
ständen die  Rede  ist;  Divin.  II,  13,  30  cui  (Democrito)  certo  »c\o  Ju- 
dicium numquam  defuisse  u.  a. 

Jugulatio,  die  Erdrosselung,  Ermordung,  kommt  Sp.  L.  nur  bei 
dem  gehaltlosen  Auct.  belli  Hisp.  vor,  für  caedes,  occisio  oder  mit  d. 
"Verbo  jugulare. 

Junctura,  die  Verbindung.^  Zusammenfügung,  ist  zwar  erst  N.  Kl.y 
aber  nicht  zu  verwerfen,  wenn  von  genauer  Verbindung  zw  eier  Dinge 
neben  und  mit  einander  die  Rede  ist,  wie  z.  B.  Iloraz  von  einer  fun- 
ctura  verborum  spricht,  und  Quintilian  von  einer  apta  junctura  der 
Wörter  in  einer  Rede,  wofür  auch  commissura  oder  copulatio  stehen 
kann.  Die  grammatische  Verbindung  zweier  und  mehrerer  Wörter 
heisst  aber  nicht  junctura,  sondern  conformalio  oder  cofisecutio 
verboru7n. 

Junior  und  juniores  kommen  Kl.  vor  Livius  nicht  vor,  und  nur  als 
Bezeichnung  einer  Abtheiluug  der  Senatoren  und  der  im  Kriege  die- 
nenden Bürger,8onst  aber  nicht;  sie  sind  daher  auch  geradezu  i\ir  juvenis, 
juvenes  oder  adolescens,  adolescentes  kaum  erweislich  und  müssen  als 
N.  L.  angesehen  werden.  Da  man  aber  auch  bei  beiden  nur  an  im 
Jünglingsalter  Seiende  denkt,  so  kann  die  relative  Altersbestimmung 
zweier  Menschen,  z.  B.  zweier  Brüder,  von  denen  der  eine  jünger, 
als  der  andere  ist,  nicht  durch  junior  ausgedrückt  werden,  sondern 
nur  durch  7iatu  minor,  sowie  der  ältere —  ?iatu  major  oder  superior 
heisst,  nicht  aber  senior,  wodurch  das  Greisenalter  angezeigt  wird,  an 
welches  man  aber  hierbei  nicht  denkt.  —  Im  N.  L.  w'ird  bisweilen 
dagegen  gefehlt.  Jünger  heisst  im  Allgemeinen  aetate  oder  anyiis  mi- 
nor. Daher  tadelt  auch  Kühner  mit  Recht  Redensarten,  wie:  juniores 
lector es,  jüngere  Leser  u.  ähnliche,  wo  nnr  juvenes  oder  adolescentes 
oder  das  \d].  juvenilis  angewandt  werden  kann. 

Juppiter  (Jupiter)  ist  in  der  Bedeut.  Himmel  nur  P.  L.  inr  coel um, 
und  das  dichterische  siib  Jove,  utiter  dem  freien  Himmel,  heisst  in 
Prosa  sub  coelo  oder  gewöhnlich  sub  divo. 

Juramentum,  der  Eid,  ist  Sp.  L.  für  jusjurandum.  Ein  Diensteid 
aber  ist  sacramentum,  und  der  der  Soldaten,  sacram.  militare.  —  Je- 
nes juramentum  ist  nur  für  Juristen  zulässig.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo 
p.l87.  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  200. 

Juratus,  a,  um,  bedeut.  bei  den  Bessern  theils  was  beschworen 
worden  ist,  theils  Eijier,  der  geschtvoren  hat,  daher  auch  oft  blos  auf 
mein  Wort,  auf  meine  eidliche  Versicherung.  —  N.  L.  aber  ist  es,  den 
khX.jurato  als  Adv. beizusetzen,  wie  es  Hemert.  thut  (Ep.ad  Wyttenb.): 
si  vultis  idem  me  jurato  dicere,  für  me  juratum. 


453 

Jurgiosrts,  zänkisch,  ist  Sp.  L.  für  jurgii  amans  (cupidus),  litigio- 
8US,  contentiom's  amans,  contritus  ad  rixam,  pugnax,  perpugnaa:  und 
N.  Kl.  contentiosus. 

Jurisprudentia,  die  Recht sgelehrsamkeit,  ist  erst  Sp.  L.  für  juris 
scienfia  (Cic.  Brut. 41, 152.  Topic.  22,  85);  auch  sagt  man  nicht  jtiris- 
prudens  (wiewohl  prüde f/s  ifi  jure  gesagt  wurde,  und  die  Rechts- 
gelehrten schlechtweg  prudentes  hiessen),  sondern  juris  consultus, 
selten  jure  consultus  (Cic.  Fam.  III,  1;  unsicher  Muren.  11,25  u. 
12,  27,  wo  Garaton.  zu  vergleichen  ist).  —  N.  Kl.  ist  juris  sciens,  und 
N.  L.jurista. 

Jus,  das  Recht.  Im  Plur.  kommt  es  selten  vor,  und  fast  nur  im 
Nom.  u.  Acc.,jura,  da  der  Sing,  schon  die  Gesammtheit  der  Rechte 
Jemandes  bezeichnet.  Daher  findet  sich  nirgends  </ejV/r/Ä«ssMis,  sondern 
de  jure  suo  cedere,  concedere,  decedere.  —  Selten  ist  bei  Cicero  (Ärch. 
5,  10.  Caecin.  34)  und  Andern  jws  civitatis,  das  Bürgerrecht,  für  civi- 
tas  allein;  daher  civitate  donari,  mit  dem  Bürgerrechte  beschenkt  oder 
Bürger  werden.  \gl.  Dietrich's  Sintenis  p.  7. —  Der  \hl.  jure,  mit 
Recht,  kommt  nicht  allein  als  beistimmender  Zusatz  zu  etwas  Vorher- 
gesagtem vor,  wie  wir  hinzusetzen  mit  Recht,  sondern  nur  in  der  Ver- 
bindung idque  jure,  et  jure,  und  das  mit  Recht;  z.  B.  Cic.  Tusc.  III, 
12,  26  et  jure  fortasse.  —  N.  L.  ist  jure  merito,  mit  verdientetn  Rechte, 
richtig  aber  merito  ac  jure,  jure  meritoque  oder  ac  merito.  Und  wenn 
die  Lateiner  meo,  tuo,  suo  — jure  in  einen  Satz  einschieben,  so  liegt 
darin  meistens  der  Begriff  mit  vollem,  vollkommnem  Rechte,  wo  N.  L. 
pletio,  perfecto,  magno  jure  gesagt  wird.  —  Zu  jure  kann  keine  Stei- 
gerung durch  Grössenadjectiven  hinzutreten;  mit  grösserem,  vollerem 
Rechte  heisst  also  hlos  justius  oder  rectius,  und  7nit  dem  vollsten,  voll- 
kommensteti,  grössten  Rechte  blos  justissime,  rächt  aber  plenissimo, 
masimo,  perfectissimo  jure,  was  N.  L.  ist.  Jedoch  kommt  bisweilen 
optimo  jure  vor,  was  zunächst  juristisch  einen  Zustand  bedeutet,  der 
durch  alle  Rechtstitel  geschützt  ist.  Falsch  ist  es  aber,  in  diesem 
Sinne  summo  jure  zu  brauchen,  da  dieses  vielmehr  bedeutet  nach 
strengem,  strengstem  Rechte,  wo  man  also  die  Sache  auf  die  Spitze 
stellt  und  die  Rücksicht  der  Billigkeit  ganz  aus  den  Augen  setzt,  — 
wie  denn  auch  summa  jure  agere  dem  ex  aequo  et  bono  agere  entge- 
gensteht. Man  vermeide  es  daher,  summo  jure  für  optimo  jure  oder 
justissime  zu  brauchen.  —  Das  Meiste  von  dem  hier  Gesagten  ver- 
danke ich  dem  Hrn.  D.  Dietrich,  der  noch  auf  Ernesti's  Clavis  Cicer. 
verweist.  —  Unser  mit  vollem  Rechte  heisst  auch  justo  jure  (Liv, 
XXI,  3,  4);  mit  wie  viel  Recht,  quam  juste  oder  quam  justo  jure,  nicht 
quanto  oder  quam  magno  jure.  —  N.  L.  ist  aliquid,  z.  B.  librum, /;m- 
hlici  juris  facere,  Etwas  öffentlich  bekannt  machen,  herausgebe?}  (ge- 
bildet nach  der  Redensart  aliquem  sui  juris  facere),  für  edere,  vul~ 
gare.  Oft  kommt  es  so  im  N.  L.  vor,z.  B.  bei  Bergmann  (Praef.  Ruhnk. 
Opusc.  p.  XIV):  quae  ut  aliquando  publici  juris  fiant,  speramus,  für 
quae  aliquando  editum  iri  sper.,  wo  auch  ut  bei  spero  seltsam  ist.  — • 
Die  oben  erwähnten  Ausdrücke  meo,  tuo,  suo  — jure  braucht  der  La- 
teiner auch  da,  wo  wir  sagen :  und  ich  habe  ein  Recht  dazu.,  und  das 
7nit  Fug  und  Recht,  z.  B.  postremo  meo  jure  a  te  peto,  endlich  bitte 
ich  dich,  und  ich^habe  ein  Recht  dazu,  und  ich  thue  das  mit  Recht; 
jocari  videtur,  et  fortasse  suo  jure,  und  vielleicht  mit  Fug  und  Recht, 


454 

und  er  hat  viell.  ein  Recht   dazu.   (Cic.  Fin.  V,  2,  4);  daher  auch :  ich 
habe  ein  Recht,  dieses  zu  thun,  lioc  ?neo  jure  facere  possum. 

Jusjurandum  ist  nur  ein  Eid  im  bürgerlichen  Leben,  bei  einer 
Rechtssaclie,  nicht  ein  Diensteid.  Vgl.  Jummentrtm. 

Jussus,  der  Befehl,  kommt  ausser  im  Abi.  jtissu  bei  den  Bessern 
nicht  vor,  dafür  nur  J?/ss7/»j;  aber  nie  im  Abi.  j?/s«o,  wo  nur  jenes 
Statt  findet.  Unerhört  aber  ist  jussibus,  was  ich  neulich  irgendwo  las. 
—  Ein  Senatsbefehl  heisst  weder  jtissnm  noch  jussus  senatus, sondern 
senatus  auctoritas ;  ein  Befehl  in  Staatsangelegenheiten  ist  edictum; 
z.  B.  Caesar  (als  Feldherr)  edictum  praemittit.  nicht  jussum. 

Justificare,  für  gerecht  erklären,  und  justificatio  sind  Sp.  L.  theo- 
logische Wörter  für  aliquem  justum  declarare.  Vgl.  Geist  Aufg.  p.212. 

Juvenalis,  jugendlich,  ist  seltne  Nebenform  \on  juvenilis. 

Juvenescere,  jung  tverden,  steht  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  für 
adolescere,  adolescentem,  juvenem  ßeri. 

Juvenis,  jimg,  der  Jihigling,  und  juve?itus,  die  Jugend,  bedeuten 
nach  strengem  Gebrauche  rüstige  Leute,  junge,  krciftige,  im  Kriege 
helfende  Männer,  welche  im  Alter  zwischen  den  adolescentes  und  se- 
niores  stehen  und  so  dem  Alter  nach  auf  die  adolescentes  folgen.  Bis- 
weilen werden  jedoch  adolesce?it€s  und  juve?7es  fast  gleich  gebraucht 
und  \ene  juvenes  genannt,  indem  man  nicht  auf  das  Alter,  sondern  auf 
die  Juge?idkraft  Rixcksicht  nimmt;  und  so  bedeutet  denn  auch  ;wye- 
nilis,  jugendlich,  so  viel  als  rasch,  rüstig.  Vgl.  Cic.  Oif.  II,  13,  45,  wo 
juvenis  gleich  adolescens  ist.  Daher  wird  denn  auch  die  aetas  juvenum 
der  aetas  senum  entgegengesetzt.  Vgl.  Cic.  Cat.  19.  —  Die  Jünglinge 
(Jugend)  auf  Schulen  heissen  besser  adolescentes  und  ihr  Alter  adole- 
scentia.,  aber  die  auf  höhern  Gelehrtenschulen  und  im  thätigen  Men- 
schenleben jMre«es  und  ihr  Alter  Juventus.  Vgl.  Fir.  —  D.  L.  ist  viri 
jttvenes,  die  jungen  Männer,  für  juvenes  allein.  Auch  wird  es  nicht  ge- 
braucht in  Redensarten,  wie:  der  junge  Cicero,  was  entweder  (in  Be- 
ziehungauf das  Alter)  Cicero  adolescens,  oder  (zur  Unterscheidung  von 
dem  Vater)  Cicero  filius  heisst.  Derselbe  Fall  ist  es  bei  dem  weiblichen 
Geschlechte,  z.  B.  die  junge  Tullia,  entweder  Tullia  adolescens  oder 
Tullia  filia.  —  Weder  juvenis  noch  juvenilis  wird  gebraucht,  wenn 
wir  vom  Jugendunterrichte  sprechen,  welchen  die  Lateiner  nur  mit 
puerilis  institutio  oder  disciplina  puerilis  ausdrücken;  z.  B.  Cic.  (Orat. 
IL  1,  1):  quantum  prima  illa  ptierili  institutione  attingere  potuit ;  Rep. 
IV,  3  disciplinam  puerilem.  —  Ueber  den  Compar.  junior  vgl.  die- 
ses Wort. 

Juventa,  die  Jugend,  das  Jünglingsalter,  kommt  erst  seit  Livius  für 
das  gewöhnliche  j?/re«/Ms  vor.  —  R.  L.  sagt  man  dafür  j?iventas,  wel- 
ches im  gewöhnlichen  Gebrauche  die  Göttin  der  Jugend  bedeutete. 
Vgl.  Reisigs  Vorles.  p.  116. 

Justa  (A.  L.justim,  was  einige  Spätere  wieder  hervorgesucht  ha- 
ben) braucht  Cicero  nirgends  als  Praeposition  in  der  Bedeut.  neben, 
sondern  dafür  secundum,prope,propter,  ad  und  apud;  nur  einmal  sagt 
er  juxta  ac  si,  gerade  als  wenn,  wie  nenn  (in  der  Einigen  verdächti- 
gen Rede  post  redit.  in  sen.  c.  8),  wofür  er  sonst  sagt  non  secus  ac  si 
( Mur.  4)  oder  perinde  ac  si.  Als  Praepos.  aber,  sowie  auch  als 
Adv.  in  der  Bedeut.  neben  braucht  es  Caesar  und  oft  die  Folgenden; 
es  ist  also  nicht  zu   verwerfen.  —  A.  L.  und   noch  bei  Sallust  findet 


455 

sich  juxta  cum  aliquo  in  der  Bedeut.  ebenso  wie  irgend  Einer,  z.  B. 
juxta  mecum,  ebenso  wie  ich, —  was  durchaus  zu  vermeiden  ist.  Dage- 
gen steht  es  ^.  L.  bei  Sailust  und  nachher  seit  Livius  (nie  aber  bei  Ci- 
cero und  Caesar)  in  der  Bedeut.  ebenso  wie,  eben  so  sehr  als,  verglei- 
chungsweise  verbunden  meistens  mit  ac  oder  quam,  auch  blos  in  der 
Bedeut.  auf  gleiche  Art,  ohne  Unterschied,  —  welcher  Gebrauch  nicht 
zu  verwerfen  ist.  —  Sp.  L.  aber  wird  es  mit  einem  Accus,  verbünd, 
in  der  Bedeut.  zunächst^  nach,  zufolge,  gemäss,  für  secundum  oder 
(bei  einem  Personennamen)  ex  sententia,  ut  auctor  est,  ut  ait,  ut  pla- 
cet,  ut  videtur  u.  dgl.  Man  sage  daher  nicht  juxta  Herodotum,  juxta 
Livium,  juxta  Plutarchum  u.  dgl.,  nach  der  Erzählung  Herodot's  u.  s.  w., 
was  im  N.  L.  oft  vorkommt.  Mit  Recht  tadelt  daher  Ruhnken  den  Mu- 
ret,  welcher  Oper.  T.  II,  p.  105  ed.  Ruhnk.  (p.  370  ed.  Fr.)  schrieb: 
juxta  praeceptum  Hesiodi  — ;  er  sagt:  Imo  secundum;  alterum  est 
cadentis  latinitatis.  Idem  notavit  Scioppius  rhetor.  exerc.  p.  17.  de 
stylo  p.  161.  Vgl.  vor  Allen  Handii  Tursellin.  T.  III. 

L.  1. 

Lahascere,  anfangen  zu  wanken,  einzufallen,  steht  A.  L.  bei  den 
Komikern  und  ist  nicht  mehr  anwendbar;  man  drücke  es  aus  durch 
labi,  labare,  concidere,  corruere.  Vgl.  Collabascere. 

Labi,  verfliessen,  von  der  Zeit,  ist  nur  P.  und  Sp.  L.;  gleichwohl 
wird  es  im  N.  L.  wie  e/a6i  und  /^raefer/afi/gebraucht,  z.  B.  von  Hemert. 
(Strena  p.  58):  omnes  ab  ea  morte  lapsos  dies,  und  oft  von  Chr.  Saxe: 
labente  tempore,  labentibus  annis.  Vgl.  melir  unter  Elabi. 

Labia,  die  Lippe,  kommt  als  Sing,  nur  A.  L.  bei  Plautus  vor,  und 
wurde  Sp.  L.  wieder  gebraucht  für  labium  (was  jedoch  fast  nur  im 
Flur,  üblich  ist)  oder  für  labrum,  labellum.  Daher  heisst  die  Ober- 
lippe, labrum  superius  (Caes.  B.  G.  V,  14) ;  die  Unterlippe,  labium  (la- 
brum) inferius. 

Labilis,  hinfällig,  leicht  verschwindend, Ist  sehr  Sp.  L.  für  caducus, 
brevis,  infirmus,  tenuis,  dehilis,  imbecillus,  non  tenax  u.  a.  Hemsterh. 
(Oratt.  p.  154)  braucht  es:  memoria  labilis  et  incerta,  wofür  bei  Cic. 
(Att.  XII,  1)  memoria  vacillans  steht;  sonst  auch  brevis,  hebes  u.  a. 

Labor  ist  in  der  bildlichen  Bedeut.  geistige  oder  künstlerische 
Arbeit  (von  etwas  Ausgearbeitetem)  oder  gleich  unserm  fFerk  kaum 
erweislich  und  N.  L.  für  opus,  und  bei  Tacitus  (A.  IV,  11)  bildlich 
cura.  Nach  Cic.  (Tusc.  III,  34,  81)  suchen  sich  die  Philosophen  eine 
Arbeit  (opus),  Etwas  zur  Bearbeitung.  Für  unser  Kunstarbeit  wird 
theils  opus,  theils  artificium  gebraucht;  Cic.  Verr.  IV, 46,  103  antiquo 
opere,  von  alter  Arbeit;  Act.  I,  51,  14  quod  antiquo  artificio  factum 
videbatur.  Nirgends  aber  findet  sich  in  dieser  Bedeut.  labor,  welches 
sich  auf  die  Begriffe  Mühe  und  Beschwerlichkeit  beschränkt.  —  Ohne 
Mühe  heisst  nicht  sine  labore  oder  nullo  labore,  sondern  sine  ullo  la- 
bore,  nullo  negotio. 

Laborare,  leiden,  Noth  leiden  an  Etwas,  wird  verbunden  ab,  de, 
ex  aliqua  re,  auch  blos  aliqua  re;  krank  sein,  krank  liegen  an  Etwas, 
aliqua  re  oder  ex  aliqua  re;  bei  einem  einzelnen  leidenden  Theile 
braucht  Cicero  ex,  z.  B.  ex  capite,  ex  pedibus,  e  renibus,  ex  alvo,  Cel- 


45G 

sus  aber  den  blossen  Abi.,  capite  ii.  s..  w.  Wenn  aber  die  Krankheit 
selbst  allgemein  oder  einzeln  erwähnt  wird,  so  steht  blos  der  AhL, 
z.  B.  morbo,febri,  wiewohl  Celsus  aucli  ex  partu  laborare  sagt.  Jedoch 
drehen  die  Lateiner  auch  die  Redensart  tim  und  machen  den  leiden- 
den Tlieil  zum  Subjecte,  z.  B.  capiit  allcnjus  laborat,  artus  laborant 
(Cic.  Tusc.  II,  25,  61).  Bei  geistigen  Krankheiten  braucht  man  ex, 
z.  B.  ex  invidia,  ex  desiderio.  —  In  der  Bedeut.  wegen  Jemandes  in 
Sorgen^  bekümmert  sein  heisst  laborare  de  aliqiio  (Cic.  Inv.  I,  26,  78), 
alicujus  causa  (Cic.  Farn.  III,  7,  6), /;ro  aliquo  (Cic.  Plane.  11,  28), 
und  in  der  Bedeut.  sich  mit  Etwas  beschaff  igen,  mit  Ettvas  beschäftigt 
sein,  labor,  in  aliqua  re  (Cic.  Att.  IV,  1,  3).  —  P.  L.  ist  aliquid  labo- 
rare., Etwas  arbeiten,  zu  Stande  bringen,  was  im  N.  L.  oft  vorkommt; 
und  auch  hier  kommt  laboratus,  gearbeitet,  verfertigt,  nicht  in  Be- 
tracht. Vgl.  Elaborare.  —  Ue!)er  den  Unterschied  von  laborare  und 
elaborare  s.  Grauff's  Collektaneen  zu  Bunelli  Epist.  p.  656.  —  Man 
verwirft  als  N.  L.  laborare  angustia  temporis,  an  Zeit  Mangel  haben, 
nicht  Zeit  genug  oder  zu  wenig  Zeit  habeii,  für  excludi  angustiis  tem- 
poris oder  blos  tempore. 

Lacaenus,  a,  um  als  Adj.  ist  P.  L.  für  Lacedaemonius;  aber  als 
Subst.  gen.  fem.  ist  das  gewöhnliche  Lacaena,  die  Lacedämonierin, 
nicht  Lacedaemonia,  —  und  das  Masc.  Laco  und  Lacedaemonius.  der 
Lacedämonier.  Vgl.  Cic.  Tusc.  I,  42,  100  u.  46,  111.  Jedoch  ist  der 
Plur.  Lacones  inr Lacedaemonii  fast  nur  P.  L.  Vgl.  Spartanus. 

Laconia,  das  Land  der  Lacedämonier.,  scheint  fehlerhafte  Form 
in  den  Ausgg.  des  altern  Plinius  zu  sein,  inrLaconica;  denn  auch  grie- 
chisch hat  es  die  Endung  r/.i]. 

Lacrimare  (lacryinare),  wei?ie?i,steht  fast  nur  ohne  Object,  ausser 
einmal  bei  Corn.  Nepos  :  ejus  (AIcibiadia)  casum;  mit  einem  Objecte 
aber  stehen  collacrimare  (aliquid)  oder  illacrimari  (alicui). 

Lactare  und  lactere  dürfen  nicht  verwechselt  werden,  wie  es  in 
Handschr.  oft  geschieht  und  vielleicht  auch  selbst  von  den  Alten  bis- 
weilen geschehen  ist;  die  Mutter  lactat,  gibt  Milch,  stillt;  das  Kind 
(infans)  lactet,. saugt  die  3i//fÄ,- daher  mater  Inctans,  infans  lactens. 
—  A.  L.  ist  lactare  in  der  Bedeut.  an  sich  ziehe?i,  hintergehen,  z.  B. 
lad.  aliquem  spe,  Einem  Hoff?iu7ig  mache?i,  für  complere  spe. 

Laedere  findet  sich  mit  dem  Acc.  majestatem  verbunden  höchst 
selten,  nur  bei  dem  Rhetor  Seneca,  Valer.  Max.  und  späteir  Juristen; 
nirgends  kommt  vor  crimen,  lex,  Judicium  laesae  majestatis,  sondern 
ohne  laesae;  und  so  auch  damnatzis,  arcessitus  majestatis,  wegen  be- 
leidigter, verletzter  Majestät.  Dies  ist  im  Schreiben  wohl  zu  beachten. 

Laetatio,  die  Freude,  steht  nur  ein  einzigesmal  bei  Caes.  (B.  G. 
V,  52),  aber  zweifelhaft,  für  laetitia. 

Laetificare  ist  in  der  eigentl.  Bedeut.  erfreuen  nur  P.  L.  für  laeti- 
tia, gaudio  qfficere;  gut  aber  ist  es  in  der  bildlichen  Bedeut.  fruchtbar 
mache?!,  z.  B.  bei  Cic.  (N.  D.  II,  52):  Indus  (der  Fluss  Indus)  agros 
laetißcat,  wie  Virg.  sagt:  laetas  facere  segetes. 

Laetitia  kommt  in  Prosa  nur  im  Sing,  vor;  A.  u.  P.  L.  im  Plur. 
laetitiae  für  das  prosaische  gaudia  ;  denn  auch  bei  Cic.  (Fara.  II,  9,2) 
ist  incessi  Omnibus  laetitiis  offenbar  aus  einem  alten  Dichter  ge- 
nommen. 


457 

Lamentum,  die  Klage,  kommt  nirgends  im  Sing,  vor,  sondern  nnr 
im  Pliir.  lameJita. 

Lampada,  die  Leuchte,  für  lampas,  ist  P.  wohl  noch  zweifelhafte 
Form,  wie  Bentley  (z.  Manil.  I,  359)  meinte. 

Laniatio,  das  Zerfleischen,  steht  N.  Kl.  beiSeneca;  Cicero  braucht 
dafür  laniaius  oder  laceratio. 

Laniena  ist  in  der  Bedeut.  Niedermetzelung,  Blutbad  sehr  Sp.  L. 
für  /aniatus,  caedes,  strages,  occisio ;  im  A.  u.  Rl.  L.  bedeutet  e8  die 
Schlachtbude,  das  Schlachthaus.  Muret,  der  über  die  Pariser  Blut- 
hochzeit,  welcJie  er  laniena  Parisiensis  nennt,  eine  Rede  hielt  (Oper. 
T.  I,  p.  264  fg^.  ed.  Fr.),  hat  weder  von  dem  Gebrauche  dieses  Wor- 
tes, noch  von  der  Rede  selbst  besondere  Ehre. 

Lanio,  der  Fleischer,  Metzger,  ist  erstSp.L.  Form  für  lanius  oder 
auch  niaceUarius. 

Lana;.  Eine  gezierte  Redensart  findet  sich  beim  altern  Plinius; 
lance  aequa  aUqiiid  pensitare.  Etwas  unparteiisch  ab-  oder  erwägen; 
sie  ist  im  N.  L.  nachgebraucht  worden,  doch  sagen  die  Bessern  ein- 
facher dafür:  d^'h'genter.,  diligentissime  aliquid  es-  oder  perpendere. 
Eben  so  geziert  ist,  was  man  oft  im  N.  L.  liest:  per  lancem  saturam 
in  der  Bedeut.  gemischt,  bunt  unter  einander.  Die  Alten  brauchten 
diese  Ansdrucksweise  nicht,  sondern  blos  per  saturam,  was  aber  heut- 
zutage eben  so  wunderbar  sein  würde.  Vgl.  über  den  Gebrauch  die 
Lexica  unter  Satur. 

Lapidare  kommt  in  der  Bedeut.  steinigen.  Einen  oder  Etwas  mit 
Stellten  werfe?!,  erst  N.  Kl.  bei  Sueton  vor,  denn  bei  Livius  steht  es 
nur  impersonal:  lapidat,  es  regnet  Steine,  und  ebenso  bei  ihm  lapida- 
tutn  est  mit  und  ohne  de  coelo.  Man  brauche  lapidibus  obruere,  coope- 
rire  oder  percutere.  —  Kl.  aber  sind  lapidatio,  die  Stei7iigung.,  und 
lapidator,  der  mit  Steinen  wirft. 

Lapidaris,  die  Steine  betreffend,  ist  N.  L.  P^rm  für  die  bessere 
lapidarius,  wofür  Andere  falsch  lapideus  vorschlagen.  Der  Lapidar- 
styl heisst  daher  nicht  Stylus  lapiduris,  sondern  lapidarius. 

Lapis.  Die  Redensart  omnem  lapidem  movere  in  der  Bedeut.  Alles 
versuchen  findet  sich  nirgends  bei  einem  Lateiner,  und  kann,  da  sie 
aus  dem  Griech.  genommen  ist,  nur  mit  dem  Zusätze  ut  Graeci  dicunt, 
ut  in  Graecorum  proverbio  est  angewandt  werden,  für  das  gewölinliche 
omnia  experiri. 

Lapsio  kommt  bei  Cic.  nur  Tusc.  IV,  12,  28  vor,  in  der  Bedeut. 
Neigung,  Hang,  und  ist,  wie  es  scheint,  von  Cicero  selbst  als  pliiloso- 
phisches  Wort  gebildet,  für  das  gewöhnliche  fapsus.  Dieses  lapsus 
aber  ist  nur  Subst.  nach  Decl.  IV.,  nie  nach  Decl.  IL,  wie  es  doch 
Giphan.  ad  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  116)  brauchte:  lapsis  für  lapsibus ; 
ein  Subst.  lapsum  aber  gibt  es  nicht. 

Lar,  der  Hausgott.,  mit  und  ohne  familiär  is,  in  der  Bedeut.  Haus, 
für  domus,  ist  bei  uns  ohne  Zusatz  kaum  anwendbar, 

Largiri  in  der  Bedeut.  ei/iräume?i,  zugestehe?!,  verlangt  einen  Dativ 
und  Accusativ  oder  dafür  einen  Satz  mit  ut ,  und  ist  daher  wenig  zu 
brauchen  für  das  gewöhnliche  coticedere.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  119. 
Da  aber  largiri  nicht  gerade  blos  das  gewöhnliche  zugeben,  zuge- 
stehen bedeutet,  sondern  gern,  gütig,  g\eic\\sa\n  freigebig  einräumen, 
so  darf  es  nicht  falsch  gebraucht  werden  für  concedere.  Und  so  möchte 


458 

denn  auch  woMfacile  largiri  für  f adle  concedere  zu  pieonastiech  und 
nicht  zu  erweisen  sein. 

LargiUido,  die  Freigebigkeit ,  inr  largitaa ,  »oM  Corn.  Nepos  (in 
einer  verlornen  Schrift)  gebraucht  haben  ;  sonst  findet  es  sich  nirgends. 

Larva  kommt  in  der  Bedeut.  Maske  nur  bei  Horaz  vor,  für  das 
gewöhnliche  persona.  ' 

Lascivitas,  der  Muthwille,  ist  sehr  Sp.  L.  für  lascivia. 

Lassare,  ermüden,  müde  machen,  ist  fast  nur  P.  L.,  findet  sich 
jedoch  einmal  beiCelsus  und  Seneca  (Ep,98.  p.  354),  f ür  f atigare,  de- 
f atigare ,  lassititdine  conßcere,  languefacere  u.  a. ;  —  ebenso  lassus, 
müde,  für  fes8iis,fatigatus,  defatigatus.  —  KL  aber  ist  lassitndo;  N.  L. 
lassißcare. 

Latere ,  verborgen  sein ,  wird  meistens  ohne  Object  gebraucht.  So 
immer  von  Caesar;  Varro  aber  verbindet  es  mit  einem  Objecto,  bald 
im  Dat.,  z.  B.  ocf/lis  et  aaribus  latere  solent  (L.  L.  VIII  [IX],  52,  92), 
bald  im  Accus.,  z.  B.  quod  latet  nostrum  sensntn  (R.  R.  I,  40) ;  und  so 
auch  Dichter  und  einige  spätere  Prosaisten  bald  mit  dem  Dat.,  bald 
mit  dem  Accus.  —  Wie  aber  Cicero?  Zwei  Stellen,  in  welchen  er  es 
mit  einem  Objecte  verbindet,  sind  von  den  Gelehrten  schon  für  ver- 
dächtig erklärt  worden,  da  die  Handschr.  sie  verwerfen:  Sulla  23 
populum  Romannm  latuit,  wofür  es  nach  der  besten  Handschr.  heisseu 
muss:  Kalendis  Januariis,  was  auch  Orelli  aufgenommen  hat,  und 
Catil.  I,  6,  15,  wo  die  in  den  altern  Ausgg.  stehenden  Worte  yMorf/rt/Ä? 
oder  me  latere  valeat  oder  possit  in  tempore  (wie  die  Handschr.  von 
einander  abweichend  lesen)  von  den  Gelehrten  mit  Recht  verworfen 
werden,  zumal  da  sie  in  den  bessern  Handschr.  fehlen.  So  bleibt  nur 
eine  dritte  Stelle  noch  übrig  in  der  Rede  post  redit.  in  senat.  6,  13 
ubi  nobis  haec  auctoritas  tamdiu  tanta  latuit?  m  welcher  diese  Ver- 
bindung zu  den  Spuren  der  spätem  Latinität  dieser  von  Markland  und 
Wolf  verdächtigten  Rede  gerechnet  werden  kann.  —  Für  Sp.  L.,']^ 
sogar  für  nicht  lateinisch  erklärten  die  Redensart  latet  me  oder  mihi, 
es  ist  mir  verborgen,  ich  weiss  es  nicht,  Scioppius  (de  stylo  p.  128  u. 
de  rhetor.  exerc.  p.  146)  ,  Schorus  (Phras.  p.  504)  ,  der  wenigstens 
den  Accus,  verwarf,  und  Heusing.  (Emendd.  p.  473),  denen  auch 
Reisig  (Vorles.  p.  665)  beistimmt.  —  Im  N.  L.  ist  latet  mihi  oder  me 
sehr  gewöhnlich,  da  doch  sicher  stehende  Redensarten  dafür  vorhan- 
den sind ,  z.  B.  fugit,fallit,  praeterit  me  mit  dem  Nominativ  der  ver- 
borgenen Sache.  Verdächtig  wird  die  Redensart  auch  wohl  dadurch, 
dass  Quintilian  (X,  1, 12)  als  Synonymum  von  scio  nicht  iion  latet  mihi 
oder  me  erwähnt.  Vgl.  auch  noch  Frotscher  zu  Mureti  Oper.  T.  I, 
p.  183,  wo  Muret  sagt:  numqtiid  —  deum  latet.  —  Verworfen  wird 
auch  als  ungebräuchlich  latere  in  angulo ,  in  einem  Winkel  verborgen 
sein,  für  latere  occulte  oder  in  occnlto. 

Latex,  die  Flüssigkeit,  Wasser,  ist  nur  P.  L.  für  liquor,  aqua. 

Latinismus,  Eigenheit  der  lat.  Sprache,  ist  zwar  ein  Kunstwort  der 
Grammatik,  werde  aber  als  N.  Ij.  so  sehr  als  möglich  vermieden  durch 
proprietas  latini  sermoTiis. 

Latim/m,  das  Latein,  als  neutrales  Subst.,  mit  oder  ohne  Beiwörter, 
ist  N.  L. :  z.  B.  tuum,  hoc,  bonum  latinum,  dein,  dieses ,  gutes  Latein, 
da  es  nur  eine  linguam  latinam,sermonenilati?iumgibt,wo,weim  nicht 
von  der  lateln.  Sprache  im  Gegensatze  zu  einer  andern  die  Rede  ist. 


459 

das  Adject.  immer  nachsteht ;  z,  B.  observatm/es  Ihiguae  lattiiae,  nicht 
lalinae  Ihignae.  Vgl.  Heinrich.  Cic.  Oratt.  p.  252  ed.  Beier.  —  Was 
wir  das  Latein  nennen,  ist  entweder  latinitas ,  oder  sermo  latinus, 
Ungua  latina,  oder  litterae  latinae,  z.  B.  Küchenlatein,  latinitas  cnli- 
naria ,  nicht  latinuvi  culinarium.  Vgl.  Ctdinarius.  —  Wenn  aber  ge- 
sagt wird  :  in  latinum  aliquid  convertere  (Cic.  Tusc.  III,  14,  29),  so  ist 
dabei  sermonem  hinzuzudenken. 

Latini/s,a,nm^  lateinisch,  hat,  wie  das  Adv.  latine,  erst  sehr  Sp.  L. 
die  Grad  formen  latinior,  latinius ,  latinissimva ,  latiniasime ,  die  man 
auch  bisweilen  im  N.  L.  nachgebraucht  findet,  indem  sogar  Muret. 
(Oper.  T.  II,  p.  74)  sagte:  turdto  latinins ,  J.  Fr.  Gronor  oft:  latinius 
imo  est,  und  Weisse  (de  stylo  p.  114)  latinissimus  braucht;  el)en80 
Mencken.  (  Observ.  1. 1.  p.  25  )  und  selbst  J.  M.  Heusiifger  (Praef.  Corn. 
JNep.). —  Für  scriptor  latinior  und  latinissimus  will  Janus  scn'ptor 
pi/rioris  und  p?/rissi?nae  latiJiitatis  setzen.  —  Uebrigens  sagt  man  ausser 
latine  lo(/ui  auch  latine  scire,  Latei?iisch  iierstehen,  wo  loqui  bei  latine 
hinzuzudenken  ist;  auch  latine  doctus ,  der  Latein  versteht.  —  lieber 
bene  latine  loqui  u.  a.  vgl.  unter  Bene. 

Latium  ist  in  seinem  Gebrauche  beschränkt  auf  die  Landschaft 
n?n  Rom;  N'.  L.  ist  es  aber  in  der  Bedeut.  die  Lateiner  oder  Römer 
und  das  römische  Reich ,  für  Latini ,  Romani ,  imperium  Romamon. 
Daher  ist  es  nicht  zu  billigen,  wenn  z.  B.  Ruhnk.  (Elog.  Hemst.  p.  261) 
sagt:  momimenta  Graeciae  Latiique ,  wobei  Friedemann  richtig  be- 
merkt: Hoc  non  raagis  probo,  quam  si  quis  in  carmine  scripserit  Hel- 
ladis  et  Latii,  quod  vulgo  fieri  sexcenties  videmus.  ^^\.  Hellas. 

Latius,  a,  um.  Lateinisch.,  ist  P.  Form  für  Latinus. 

Lator  kommt  nie  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Träger  vor,  denn 
bei  Senec.  (Tranq.  5)  steht  für  latore  jetzt  actore,  nach  Andern  ve- 
ctore;  auch  nicht  in  der  Bedeut.  Ueberbringer,Zf  B.  eines  Briefes,  also 
der  Briefträger,  für  tabellariiis  oder  qui  litter as  reddit.  Richtig  ist  es 
nur  in  Verbindung  mit  den  Gen.  legis,  legiim,  senatusconsulti,  ple- 
hisciti  u.  a.,  der  Etwas  öffentlich  in  Vorschlag  bringt. 

Latus,  die  Seite,  wird  in  örtlicher  Beziehung  nur  dann  gebraucht, 
wenn  es  im  Gegensatze  \o\i  fr  ons  und  tergum  steht;  also  z.B.  nicht  in 
Redensarten,  wie:  nach,  welcher  Seite  zufliesst  der  Fluss? —  nicht  in 
quod  oder  in  utriim  latus,  sondern  in  quam  oder  utram  partem;  keine 
Briefe  von  meiner  Seite ,  nullae  ineae  litterae.  —  Bei  Abstammung 
von  väterlicher,  mütterlicher  Seite  sagt  man  pater?io ,  materno  genere, 
und  so  Mehreres  der  Art,  wo  lat7is  nicht  passt.  —  Man  merke  auch, 
dass  in  Beziehung  auf  die  Anstrengung  der  Seite,  wo  wir  Brust  sagen, 
Kl.  nur  der  Plur.  latera  üblich  ist,  und  erst  N.  Kl.  bei  Plinius  und 
Quintilian  der  Sing,  latus.  —  Endlich  heisst  Einem  zur  Seite  stehen, 
alicui  assistere,  also  mit  Weglassung  des  unnützen  latus. 

Latus ,  a,  um,  tveit,  breit,  wird  von  Raschig  (Progr.  p.  25)  in  Ver- 
bindung mit  sensus,der  tveitere  Sinn,  bezweifelt;  vielleicht  mtt  Recht, 
und  besser  braucht  man  wohl  late ,  latius  patere ;  z.  B.  hoc  verbum 
latius  patet,  dieses  Wort  hat  einen  weitern  Sinn  ;  ebenso  hu^us  verbivis 
latius  patet,  nicht  latiore  est  sensu.  Vgl.  Angustus. 

Laudare.  Ueber  in  os  und  plejio  ore  laudare  \g\.  Os ,  und  über 
plena  manu  laudare  vgl.  Manus. 


460 

Laudatio,  die  Lobrede ;  —  auf  Jemanden  wohl  nie  in  aliquem,  son- 
dern mit  dem  Genit.  alicujus;  z.  B.  nonnullae  mortuorum  (auf  Ver- 
storbene) laudationes  (Cic.  Brut.  16,  61). 

Laurus,  der  Lorbeerbaum,  Lorbeerkranz.  Nirgends  findet  eich  der 
Dat.  und  Abi.  Plnr.  Jauris  oder  lauribus ,  sondern  laureis  von  laurea 
(nach  Decl.  I.).  —  Ueber  lauream  in  ?nustaceo  \gl.  Muslaceum. 

Lava,  die  Lava,ht  ein  JV.  Ij.  Ä'unstwort  von  der  aus  feuerspeien- 
den Bergen  ausströmenden,  heissen,  flüssigen  Masse.  Es  werde  um- 
schrieben, etwa  durtli  liquor  oder  maleria  candens,  quae  lava  dicitur. 

Lavacrum,  das  Bad,  der  Badeort,  ist  Sp.  Ij.  für  den  Plur.  balneae 
oder  balnea;  ebenso  in  der  Bedeut.  das  Baden,  für  lavatio  oder  lotio. 
Vgl.  Weber's  üebungssch.  p.  86.  —  Man  hätte  daher  das  Aovtqov 
ndlXadog  bei  CäUimachus  lieber  durch  lavatio  oder  lotio  PalladiSf 
als  durch  lavacrum  Pall.  übersetzen  sollen. 

Lavari.  Nicht  anwendbar  ist  für  unsre  Zeiten  statt  p?ieri impuberes, 
unmündige  Knaben,  die  nur  bei  Dichtern  vorkommende  Redensart: 
qui  nondum  aere  lavantur,  welche  man  im  N.  L.  nicht  selten  findet. 
Vgl.  Iland's  Lehrb.  p.  286. 

Laxamen,  die  Linderung,  Erleichterung,  ist  N.  L.  für  laxamentum. 

Laxativus ,  lindernd,  mildernd,  auflösend ,  ist  Sj).  L.  für  laxans, 
laxandi  vim  habetis ;  alvum  solvens,  resolvens,  movens. 

Lectica  ist  nicht  unser  Tragstuhl,  worin  man  sitzend  fortgetragen 
wird,  welcher  sella  gestatoria  heisst,  sondern  eine  Sänfte,  worauf  die 
Alten  lagen. 

Lectio  bedeutet  im  bessern  Latein  nur  activ  das  Sammeln,  Zusam- 
meidesen  und  das  Thesen  von  etwas  Geschriebenem ;  im  N.  L.  aber  liat 
es  einige  andere  Bedeutungen  erhalten.  Man  braucht  es  nemlich  1)  für 
Vorlesting  über  einen  Gegenstand,  z.  B.  lectio  de  antiquitatibus  Ronia- 
norum,de  historia  antiqua,deHomero,de  Pandectis,  de  anatomiau.  dgl., 
für  schola;  z.  B.  eine  Forlesung  halten,  scholam  habere,  nicht  lectionem ; 
Jemandes  Vorlesung  besuchen,  ad  alicujus  scholatn  (scholas)  venire. 
So  brauchte  sogar  Ruhnken  (Elog.  Hemst.  p.  279)  das  Wort  falsch: 
exteri,  qui  ad  ejus  lectiones  (tür  scholas)  venissent,wo  Matthiae 
( Exempla  eloq.  p.  181)  diesen  Gebrauch  rügt,  wie  schon  vorher 
f^egen  Andere  Heumann  (Poecile  T.  III,  p.  321)  und  Nolten  im  Antib. 
Vgl.  Frotscher  zu  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  243,  wo  von  praelectio  die 
Rede  ist,  sowie  Eichstädt's  Deprecatio  latinitatis  acad.,  der  gegen  den 
Gebrauch  der  Wörter  lectio ,  praelectio  und  recitatio  für  schola  \iro- 
testirt.  —  Eben  so  falsch  ist  das  Verbum  legere  in  der  Bedeut.  lesen, 
d.  h.  Vorlesung  halten  über  Etwas,  wiewohl  legere  librum  u.  dgl.,  aus 
einem  Buche  oder  das  Buch  vorlesen  bedeutet.  —  N.  L.  aber  ist 
legere  de  aliqua  re,  über  einen  Gegenstand  eine  Vorlesung  halten,  z.  B. 
wie  oben:  de  antiquitatibus  Rnmanor,  u.  s.  w.,  ebenfalls  für  scholam 
habere  de  aliqua  re ,  tr ädere  aliquam  disciplinam,  artem  u.  dgl.  Auch 
sagt  man  nicht  lectiofiem  aperire,  eine  Vorlesung  eröffne?!,  sondern 
scholatn  aperire,  docendi  oder  scholam  habendi  i?iitiumfacere.  —  Richtig 
ist  aber  legere,  wenn  der  Name  eines  Schriftstellers  im  Accus,  dazu 
tritt,  z.  B,  legere  Virgiliuni,  was,  wenn  es  von  einem  Lehrer  in  einer 
Schule  gesagt  wird,  bedeutet:  eine  Vorlesung  über  Virgil  halten,  ihn 
erklären;  aber  nicht  legere  de  Virgilio.  Vgl.  Praelegere.  —  2)  braucht 
man  es  auch  in  der  Bedeut.  die  (verschiedene,  abweichende)  Lesart 


461 

in  einer  Schrift,  und  dafür  ist  es  Iientzutage  in  der  Kritik  Kunslaiis- 
druck.  Es  wird  allerdings  fast  mit  Reclit  für  unlateinisch  erklärt, 
und  Reisig  (Vorlesung,  p.  99)  nennt  es  eine  Erfindung  neuerer 
Notenschreiber;  jedoch  finde  ich  diese  Bedeutung  bei  Isidor.  (Origin. 
I,  20,  3):  obelus  apponitur,  ubi  lectio  aliqua  (irgend  eine  Lesart)  fai- 
sitate  notata  est.  Andere  wollen  dafür  scriptura  oder  scriptio,  welche 
aber  ebenfalls  in  dieser  Bedeutung  7ieu  sind,  so  dass  leclio  noch  ferner 
als  Kunstwort  gültig  bleiben  wird  und  nicht  zu  verwerfen  ist.  Fr.  A. 
Wolf,  der  das  Wort  wohl  als  ein  neues  kannte  und  in  seinen  Vorle- 
sungen rieth,  es  zu  vermeiden,  sagte  doch  selbst  vera  lectio^  variae 
oder  variuntes  lectiones.  Vgl.  Wolf  Prolegom.  Homeri  p.  IV,  VI,  XVI, 
XIX,  XXVIII  u.  a.  Vgl.  auch  noch  Stephani  Pseudo-Cicero  p.  102  und 
Hand's  Lehrb.  p.  144.  —  Neu  ist  endlich  3)  lectio  in  der  Beden t. 
Lectioii,  d.  h.  das  zu  lernen  aufgegebene  Stück;  z.  B.  lectionem  di'scä, 
facit,  recitat  (sagt  her).  In  diesem  Sinne  brauche  man  pensum,  oder 
umschreibe  es,  so  gut  man  kann.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  558. 

Lectare  oder  lectitare ,  lesen,  für  legere,  beruht  auf  einem  falsch 
verstandenen  Verse  bei  Horaz  (Serm.  I,  6,  122),  wo  aber  lecto,  wie 
das  damit  verbundene  scripta,  Ablat.  des  Part.  ist. 

Lector  ist  in  der  Bedeut.  Vorleser  gut  und  KL,  z.  B.  bei  Cic.  Orat. 
11,55,223,  da  ja  auch  legere —  vorlesen  und  lectio — das  For/ese«  bedeu- 
tete, gleich  recitare,  recitatio,  recitator.  Scheller  und  Forcelfini  führen 
für  diese  Bedeut,  nur  Plin.  Ep.  I,  15,  2  u.  IX,  17,  3  an.  —  Es  ist  das 
acht  latein.  Wort  für  das  griechische  atmgnostes. 

Lectura  ist  als  Subst.  in  der  Bedeut.  Lektüre  N.  L.  und  muss  durch 
legere  oder  lectio  ausgedrückt  werden;  z.  B.  ich  beschäftige  mich  mit 
griechsicher  Lektüre,  in  graecis  legendis  operam  consunio  (Cic.  Fin. 
1, 1,  1)  ;  um  angenehmer  Lektüre  willen,  legendi  et  delectationis  causa 
(Cic.  Orat.  II,  84,  341). 

Legalis,  gesetzlich,  die  Gesetze  betreffend,  findet  sich  erst  N.  Kl. 
und  nur  bei  Quintilian,  wo  es  ein  rhetorisches  Wort  für  einen  Theil 
gerichtlicher  Reden  ist;  —  Sp.  L.  aber  ist  es  in  der  Bedeut.  den  Ge- 
setzen gemäss,  rechtlich,  gut,  für  legibus  C07iveniens,  sectindum  legem, 
bonus ,  pius,  sanctus  u.  dgl.  Eben  so  Sp.  L.  ist  legaliter  für  legitime, 
lege,  es  lege  u.  a.  Nirgends  aber  kommt  legalitas  vor. 

Legare  alicui  aliquem  heisst  Einen  zu  Jemandes  Gesandten  machen, 
bestimmen,  z.  B.  mihi  illum  legavit,  er  hat  Jenen  zu  meiiiem  Gesandten 
gemacht.  Ebenso  wird  gewöhnlich  gesagt:  alicui  esse  legatum.  Jeman- 
des Legat  sein,  selten  alicujus  esse  leg.;  z.  B.  Cic.  (  Rep.  II,  40)  :  tibi 
cum  essem  legatus,  als  ich  dein  Legat  war,  für  tuus  cum  essem  legatus. 
Vgl.  Th.  I,  §.  71.  —  Das  Wort  legatorius  aber,  welches  die  Lexica 
aus  Cic.  Att.  XV,  9  angeben  (legatoria  provincia) ,  beruht  auf  falscher 
Lesart  für  locatoria.  Sonst  kommt  es  nirgends  vor. 

Legere,  lese?!,  in  der  Bedeut.  eine  Lesart  haben  (von  einer  Hand- 
schrift oder  Ausgabe)  ist  N.  L.  und  kommt  oft  in  kritischen  Anmer- 
kungen vor,  z.  B.  codex ,  editio  Aldina  legit,  Codices  legunt  u.  dgl.,  für 
in  codice,  in  codicibus,  in  editione —  legitur  oder  est.  —  N.  L.  ist  auch 
legere  in  lihro,  in  einem  Buche  lesen,  d.  h.  eiii  Buch  lesen,  für  librum 
legere;  richtig  ist  diese  Ausdrucksweise  nur  dann,  wenn  ein  Object 
(was  man  darin  liest)  im  Accusativ  beigesetzt  ist.  —  Mehex  legere, 
lesen,  in   der  Bedeut.  eine  Vorlesufig  halten,  vgl.   Lectio,  und  über 


462 

legere  de  charta ,  de  folio  — ,  vom  Papier ,  vom  Blatte  ablesen  ,  vg^l. 
Charta  und  Foliuiu. 

Legislator ;  vgl.  Lex. 

Legitimare  se,  sich  legitimiren,  sich  als  den  Gesetzlichen,  Verord- 
neten —  ausweisen  ,  ist  N.  L.  Janus  schlägt  dafür  vor :  se  legitimum 
reddere  oder  declarare. 

Legumentum ,  die  Hülsenfrucht ,  findet  sich  nur  einmal  Sp.  L.  für 
legumen. 

Lenimen,  die  Linderung ,  ist  nur  P.  Jj.  und  lenimentum  kommt  TV. 
Kl.  beim  altern  Plinius  und  Tacitus  vor,  für  levamen,  levamentum,  le- 
vatio,  mitigatio  oder  mit  den  Verbis  lenire,  levare,  mitigare  u.  a. 

Lefiis ,  satfft,  mild,  und  lenitas.  Ob  man  diese  Wörter  von  einer 
leichten ,  unbedeutenden  Veränderung  eines  Wortes  brauchen  könne, 
für  levis ,  facilis  mutatio,  ist  wohl  zu  bezweifeln.  Vgl.  was  über  den 
Gebrauch  von  le?iis  und  levis  Jacob  in  seinen  Quaestiones  epicae  sehr 
umsichtig  bemerkt  hat. 

Lenitudo,  die  Milde,  Sanftheit,  findet  sich  nur  einmal  in  Prosa  bei 
Cicero  (denn  in  Tusc.  V,16  steht  lenitudo  orationis  im  Verse  aus 
Pacuvius),  Verr.  IV,  61,  wo  aber  Lambin.  und  Graevius  le?ititudo  vor- 
ziehen ,  was  aber  Zumpt  mit  Ernesti  verwirft.  —  Als  seltenes  Wort 
werde  es  vermieden  durch  lenitas. 

Le?itus,  langwierig,  kann  nur  dann  gebraucht  werden,  wenn  Länge 
des  Raumes  in  Betracht  kommt,  nicht  Länge  der  Zeit,  wo  nur  diutinus, 
diuturjius ,  awch  longus  und  longinquus  passen;  z.  B.  labor  diuti7ms, 
eine  langw.  Arbeit ;  bellum  diutumum,  ein  langiv.  Krieg;  longa  oder 
longinqua  militia ,  langw.  Kriegsdienst.  Dies  ist  die  Ansicht  Rosen- 
heyn's  in  der  Jen.  L.  Z. 

Jjesbicus ,  Lesbisch,  \on  der  Insel  Lesbos,ist  kaum  erweisliche 
Form  für  Lesbiacus  oder  Lesbius ;  P.  Jj.  sind  Lesbous  und  Lesbis, 
vcelches  letztere  als  Subst.  die  Lesbieri/i  bedeutet. 

Ijcssus  ,  das  Klagegeschrei ,  ist  nur  A.  L.  für  lamentatio  oder  la- 
menta  im  Plur. 

Letalis,  tödlich,  ist  fast  nur  P.  L.  ausser  bei?n  altern  Plinius  und 
Sueton  (Caes.  82)  ,  für  mortifer  (Cic.  Div.  I,  30,  63  morbus  mortifer 
u.  a.).  Noch  mehr  P.,  ausser  bei  Columella,  ist  letifer. 

Lettim,  der  Tod,  ist  mehr  P.  als  prosaisch,  jedoch  findet  es  sich 
auch  bei  Cicero  für  mors,  am  meisten  wohl  in  feierlicher  Rede,  wie 
in  dem  Schwüre  bei  Livius  XXII,  53. 

Leuctra,  die  Stadt  in  Böotien,  kommt  nie  als  Sing,  nach  Decl.  I., 
sondern  nur  als  Plural  nach  Decl.  IL  vor. 

Ijevare  bedeutet  xy/ar  hebeyi,  erheben,  sher  nirgends  findet  sich 
se  levare  in  der  Bedeut.  sich  aus  dem  Bette  erheben ,  atifstehen,  (ür 
surgere  (e  lecto) ;  sonst  ist  es  richtig  und  gleich  se  attollere. 

Levidensis,  geringfügig,  kommt  in  der  bessern  Prosa  bei  Cicero 
nur  einmal  vor  (Fam.  IX,  12) :  munusculum  levidense  crasso  filo;  erst 
ganz  Sp.  L.  findet  es  sich  wieder  bei  Isidor.  (  Orig.  XIX  [nicht  IX], 
22, 19)  :  (vestis  dicitnr)  levidensis,  quod  raro  filo  sit  leviterque  densata; 
—  und  um  dieser  Stelle  willen  kann  die  Aechtheit  des  Wortes 
kaum  bezweifelt  werden,  wie  es  H.  Stephanus  (Pseudo-Cicero  p.  94) 
thut.  Jedoch  werde  es  durch  leve,  vile,  exiguum  vermieden.  Vgl.  noch 
Ileumann.  Miscell.  Lips.  T.  VIII,  p.  87.  ^ 


463 

Levtgare  (laevt'gare),  glätten,  g^eht  nie  über  die  eig^entliche  Bedeut, 
hinaus;  es  bedeutet  also  nicht  bildlich  verbessern ,  verschönern  (von 
der  Rede)  ,  wie  z.  B.  Görenz  (Cic.  Leg.  praef.  p.  XVIII)  sagt:  ^>^  Ulis 
libris  levigandis  et  poli'endis ,  wo  das  letzte  allein  genügt  hätte.  Nicht 
einmal  geglättetes  Papier  heisst  charta  levigata,  sondern  nach  Cic. 
(Q.  fr.  II,  15,  6)  Charta  dentata. 

Leviusculus ,  etwas  leichter  oder  etwas  glätter,  findet  sich  nur  in 
altern  Ausgg.  bei  Plin.  (Ep.  I,  16,  5),  jetzt  aber  ist  es  ohne  Auctorität. 
Vgl.  Molliusculus. 

Lex,  das  Gesetz,  die  Vorschrift,  wurde  nach  Reisig  (Vorlesung. 
p,  303)  ausser  der  juristischen  Bedeut.  wenig  im  allgemeinen  Sinne 
gebraucht;  nie  z.  B.  von  Gesetzen  oder  Vorschriften  in  einer  Wissen- 
schaft, wie  in  der  Grammatik,  wo  die  Alten  nicht  leges,  sondern  prae- 
cepta  brauchen.  —  Dagegen  spricht  aber  eine  Stelle  bei  Quintil.  (VlII. 
prooem.  2):  quasi  ad  certas  quasdam  dicendi  leges  alligati.  —  üeber 
praescribere  legem  vgl.  Praescribere,  und  über  dare  legem,  legis  (legnm) 
dator  und  datio  vgl.  Dare.  Hier  bemerke  ich  noch  als  Zusatz  zu  dem 
dort  Gesagten,  dass  nach  A.  Grotefend's  (Comment.  p.  86)  richtiger 
Bemerkung  legis  (legum)  lator  nicht  als  allgemeine  Benennung  einer 
Person  gebraucht  werden  kann,  da  eine  Person  nur  dann  so  heisst, 
wenn  sie  ein  oder  mehrere  Gesetze  zur  Genehmigung  in  Vorschlag 
bringt.  Falsch  wäre  es ,  wenn  man  den  Cicero,  der  in  seinen  Gesetz- 
büchern (de  Legibus)  Gesetze  im  Allgemeinen  für  einen  Staat  und 
ein  Volk  entwirft,  legum  lator  nennen  wollte;  vielmehr  ist  er  legum 
scriptor,  conditor,  auctor,  qui  leges  dat,  scribit,  condit,  aber  nicht/er^. 
Cic.  selbst  sagt  (Leg.  11,25,  63):  haec  a  sapientissimis  legum  scri- 
ptoribus  neglecta  sunt,  wo  latoribus  falsch  gewesen  wäre.  So  konnten 
auch  die  Decemvirn,  welche  beauftragt  wurden,  für  die  Römer  ein 
Gesetzbuch  zu  enticerfen,  nicht  legum  latores,  sondern  nur  scriptores 
genannt  werden;  und  nie  heisst  es  von  ihnen  leges  tulerunt,  sondern 
scripserunt  oder  conscripserunt. 

Lexicon,  das  Wörterbuch,  ist  zwar  erst  im  N.  L.  aus  dem  Griech. 
genommen,  aber  durch  kein  kurzes  lateinisches,  den  BegrifFerschöpfen- 
des  Wort  zu  ersetzen.  Vgl.  Dictionarium. —  Man  hüte  sich  aber,  jedes 
Verzeichniss  von  andern  Dingen,  ausser  von  /röV^erw,  so  zu  nennen, 
indem  z.  B.  ein  hexicon  hominum  eruditorum  (ein  Gelehrten-  oder 
Schriftsteller- Wörterbuch),  lexicon  lihrorum,  editionum  u.  dgl.  Undinge 
sind ;  —  ebenso  lexicon  bibliographicum  u.  ähnliche  neue  Namen.  — 
Lexidion  aber  in  derselben  Bedeut.  (wie  H.  Goldhagen  ein  lexidion 
graecolatinum  schrieb)  ist  falsch,  da  das  griech.  Wort  nur  fVörtchen 
bedeutet. 

Libatio  bedeutet  das  Ausgiessen  des  Weines  selbst,  also  gleich 
dem  Verbo  libare;  daher  ist  libationem  effundere,  wie  Schütz  (Aeschyl. 
T.  III ,  p.  23  inter  effundendam  libationem)  sagt ,  falsch  für  inter  liba- 
tionein  oder  libandum. 

Libellum,  die  kleine  Schrift,  ist  N.  L.  für  libellus.  Fiorillo  brauchte 
es  in  einer  Antikritik  gegen  Huschke:  hoc  libellum  in  his  terris 
rarum  est. 

Libens  (luhens),  gern,  als  Adverb,  zu  brau(;hen,  für  libenter,  ist  ohne 
alle  Auctorität;  gleichwohl  findet  man  es  im  N.  L.,  z.  ß.  innumeri  (für 
innunierabiles)  et  clarissimi  viri  lubens  fatentur. 


464 

Lihenter  (luhenter) ,  gern.  Man  kann  wohl  nliquid  libenter  habere, 
Ettvas  gern  haben,  in  der  Bedeut.  gern  hesitzeii  brauchen,  aber  nicht 
in  der  Bedeut.  an  Ettvas  Ver  gnü  gen  finden;  dafür  sage  man  aliqua  re 
delectari.  Auch  gebraucht  man  libenter  nicht,  wo  gern  für  oft  stellt, 
z.  B.  litter as  libenter  scribere,  für  impigrum  esse  in  litteris  scribendis ; 
auch  nicht  in  der  Bedeut.  mit  Fleiss,  für  dedita  opera,  de  industria  u.  a. 

Liber,  das  Buch.  Die  Redensart  libris  assidere ,  bei  den  Büchern 
sitzen,  kann  wohl  nur  im  eigentlichen  Sinne  gebraucht  werden,  aber 
nicht  in  dem  Sinne  unseres  ßeissig  studiren.  Doch  drückt  dies  Plin. 
(Ep.  III,  5)  auf  ähnliche  Art  aus:  litteris  assidere. 

Liber,  frei;  —  von  Ettvas  in  Prosa  mit  und  ohne  a;  P.  L.  m.  d. 
Gein'tiv.  Nur  selten  wird  es  in  Beziehung  auf  Amts-  und  Staatsge- 
schäfte gebraucht,  für  vacuus  (  Cic.  Brut.  5,  20)  ,  und  von  Abgaben 
und  Kriegsdienst ,  also  unser  steuerfrei ,  wo  immunis  oder  qui  militia 
«acß^  gesagt  wird ;  —  ebenso  Freiheit;  vgl.  Liberias.  Auch  sagt  man 
wohl  nicht  in  dem  Sinne  von  gute ,  edle  Erziehting ,  liber e  educatus, 
sondern  liberaliter  educatus.  Daher  heissen/re/e  Künste  nicht  liberae, 
gondern  liberales,  ingenuae  artes.  Vgl.  Friedemann  z.  ßuhnk.  Opusc. 
T.  I,  p.  85.  —  Dass  liber  auch  als  Subst.  für  liber  homo  gebraucht  wird, 
darüber  vgl.  Th.  I,  §.  83. 

Liberatrix,  die  Befreierin,  Retterin,  was  Muret.  einigemal  braucht, 
kommt  zwar  nur  auf  einer  klassischen  Münze  vor,  ist  aber  gut  gebildet 
und  nicht  zu  verwerfen ;  doch  sagt  man  dafür  oft  besser  servatrix, 
und  so  hätte  auch  Muret.  passender  sagen  können  für  animorum 
liberatrix. 

Liberi,  die  Kinder,  kann  nur  in  Bezug  auf  Vater  und  Mutter  ge- 
braucht werden,  wie  alt  sie  auch  sein  wögen,  gleich ßlius,ßlia;ßlü, 
filiae;  z.  B.  mei,  tui,  sui,  ejus,  Ciceronis  liberi ;  aber  ohne  Rücksicht  auf 
Eltern  und  nur  in  Bezug  auf,  Alter  heissen  Kinder  —  pueri.  Ihnen 
folgen  im  Alter  die  adolescentes ;  sie  sind  also  noch  Unerwachsene, 
weswegen  auch  für  liberi  gesagt  werden  kann  pueri,  wenn  sie  noch 
unerwachsen  sind,  nicht  aber  umgekehrt  liberi  für  pueri.  Vgl.  Cic.  Q. 
fr.  III ,  9 ,  2,  wo  pueri  nostri  iur ßlii  oder  liberi  nostri  steht.  —  Paed- 
agogen,  die  über  Kindererziehung  im  Allgemeinen  schreiben,  dürfen 
daher  ihre  Bücher  nicht  betiteln  :  de  liberis  rede  instituendis  (educan- 
dis),  de  liberorum  educatione,  sondern  de  pueris  rede  inst.,  de  puerorum 
educatione ,  de  pueris  educandis.  Wer  aber  von  der  Erziehung  seiner 
Kinder  schreibt  und  spricht,  sagt  de  liberis  meis  recte  instituendis  oder 
educandis.  —  Richtig  ist  also:  ad  magistros  liberos  nostros  raittimus, 
nicht ;!;«eros.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  158.  —  Der  Kinderu?iterricht 
wird  daher  nicht  durch  liberi,  %oni\ern  durch ^//en  bezeichnet,  gewöhn- 
lich disciplina puerilis  (Cic.  Rep.IV,3)  oderinstitutio;:;?/e/-»7js  (Cic.Orat. 
II,  1,  1).  —  Kinder  von  Jematiden  haben  heisst  liberos  es  (nicht  ab) 
aliquo  (aliqua)  habere  (Caes.  B.  C.  III,  110). 

Liberias,  die  Freiheit,  wird  wie  liber,  theils  in  politischem,  theils 
in  moralischem ,  theils  in  dem  Sinne  von  Freimüthigkeit  gebraucht,  — 
Alles  mehr  in  löblichem  Sinne ;  aber  nur  selten  bedeutet  es  Freiheit 
von  Abgaben,  welche  immunitas  heisst,  —  vom  Dienste,  welche  vacatio 
muneris  (publici),  vac.  militiae  genannt  wird,  und  ebenso  Altersfreiheit 
—  vacatio  aetatis  (Cic.  Leg.  1, 3, 10  )  ;  oft  sind  auch  copiawwA  facultas 
statthafter.  Erst  Sp.  L.  hat  es  auch  die  eben  angeführten  Bedeutun* 


466 

gen.  —  Der  Plur.  libertales  kommt  nur  bei  Plautus  und  den  spätem 
Juristen  vor.  Endlich  wo  wir  von  einem  Volkesagen:  die  deutsche, 
griechische,  römische  Freiheit,  übersetze  man  nicht  libertas  germanica 
u.  s.  w.,  sondern  Germanorum ,  Graecorum,  Romanorum ,  oder,  wenn 
es  der  Sinn  fordert,  Germania,  Graecia,  Roma  libera. 

Libertinus  und  Hbertus  heissen  beide  bei  uns  der  Freigelassene ; 
aber  libertinus  kann  nur  in  Bezug  auf  den  Stand  der  Freigelassenen 
im  Staate  gebraucht  werden,  da  sie  eine  eigene,  zwischen  den  Frei- 
geboriien  ( ingenuis )  und  den  Sklaven  (servis)  stehende  Klasse  bil- 
deten; —  Hbertus  hingegen  heisst  der  Freigelassene  in  Bezug  auf 
seinen  Herrn.  Der  JNarae  des  Herrn  steht  alsdann  im  Genitiv  dabei, 
oder  wird  durch  meus,  tuus,  suus  u.  s.  w.  angedeutet;  z  B.  ineus  Hber- 
tus,  nicht  meus  libertinus.  iVIan  sagt  daher  wohl:  Tiro  fuit  libertinnsy 
nicht  Hbertus,  aber  Ciceronis  Hbertus,  nicht  libertinus,  und  man  kann 
nicht  fragen:  cujus  est  libertinus?  sondern  Hbertus.  Fälschlich  glaubt 
man,  libertinus  heisse  nur  der  Sohn  eines  Hbertus.  Vgl.  Laur.  Vallae 
Elegant.  IV,  1  u.  Weber's  Uebnngssch.  p.  155. 

Libet  (lubetj.,  es  beliebt.,  findet  sich  in  der  bessern  Prosa  nur  mit 
oder  ohne  Dativ,  wozu  oft  noch  ein  Infinitiv  tritt,  z.  B.  mihi  libet  excla- 
mare ;  A.  L.  verband  man  einen  Accus,  damit,  also  melibet  exclamare. 

Libido  ist  jede  regellose  Begierde,  selten  allgemein,  gleich  cupidi- 
las ,  wofür  es  Sallust  braucht,  sondern  meistens  sinnliche  Lust,  tVol~ 
tust,  wie  es  denn  im  Plur.  fast  nur  diese  Bedeutung  hat.  Vgl.  Klotz  z. 
Cic.  Lael.  10,  35. 

Libitus  (lubitus) ,  Willkühr,  Neigung,  hat  sich  im  N.  L.,  ich  weiss 
nicht  durch  wen,  eingeschlichen,  besonders  im  Abi.  mit  und  ohne  ^ro 

—  pro  libitu ,  nach  Lust  und  Liebe,  wiUkührlich ,  oder  mit  ad —  ad 
libitum  in  derselben  Bedeutung.  j\ur  Tacitus  hat  libitum  als  Subst.  und 
nur  im  Plur.  libita.  Für  libitu  und  pro  libitu  sage  man  arbitratu  meo, 
tuo  — ,  ad  arhitrium  meum  — ,  und  für  ad  libitum  —  ad  Hbidinem,  ad 
arbitrium.  So  sagt  z.  B.  Heyne  (Opusc.  T.  IV,  p.  362) :  aut  libitu,  ent- 
weder nach  Willkühr;  Görenz  (z.  Cic.  Leg.  p.  4  )  :  hoc  est  pro  libitu 
agere  —  und  Andere,  für  ad  Hbidinem,  libidine,  voluntate,  Hcenter  u.  a. 

—  Richtig  aber  ist  libitum  est  für  libet,  wie  licitum  est  für  licet. 
Librare  kommt  bildlich  in  der  Bedeut.  abwägen,  erwägen  erst  Sp. 

L.  vor,  für  perpendere;  und  wie  man  im  Sp.  L.  librare  momenta  meri- 
torum  findet,  so  sagte  Hemsterh.  (Oratt.  p.  9)  :  librare  momenta  rerum^ 
für  perpendere  mom. 

Librarius ,  in  der  bessern  Prosa  mit  und  ohne  servus  oder  scriba, 
wird  nur  von  den  Bücher  ab  Schreibern  gebraucht,  die  auch  wohl  ihre 
abgeschrie!)enen  Bücher  verkauften;  aber  dennoch  ist  es  in  der  Bed. 
Buchhändler  unpassend,  und  noch  unpassender  in  der  Bedeut.  Buch- 
drucker, wie  es  Muret  braucht.  In  jener  Bedeut.  sage  man  librorum  re- 
demptor  oder  venditor,  oder  brauche  das  griech.WortÄ/6/«'o/;o/a,  welches 
schon  A^.Ä7.  beiPlin.  (Ep.IX,ll,2)  vorkommt.V gl. Forbiger's  Aufgaben. 

Libratio  ist  in  der  Bedeut.  Schwingung ,  schtvingende  Bewegung 
unerweislich  für  impetus,  z.  B.  coeli  (Cic.  N.  D.  II,  38). 

Librator,  der  Schleuderer,  steht  N.  Kl.  nur  bei  Tacitus  für  fundilor. 

Licentia,  die  Freikeit,  ist  mehr  die  tadelnswerthe  Freiheit,  und 
daher  missbrauche  man  es  nicht  für  libertas.  Einem  Freiheit,  Erlaub- 
7iiss  geben ,  Etwas  %u  thun  heisst  bei   etwas  Gutem  fast  nur  alicui 

30 


4(36 

potestatem  alicujus  reifacere  oder  facuttaletn  rfare,  alicui  alf quid  per - 
Ttiittere,  nicht  licenti'am  dare,  vvas  den  NebeiibegrifF  des  Tadeliiswer- 
the»  enthält.  Vgl.  jedoch  Anton.  Progr.  p.  15.  —  So  ist  auch  licens 
mehr  ausgelassen,  frech,  mulhwillig,  und  gewagt  und  wunderbar  scheint 
es  mir,  wenn  man  sagt:  einem  jungen  Theologen  licenti'am  concio- 
natidi  geben. 

Licere ,  erlaubt  sein,  können,  wird  entweder  mit  dem  Dativ  oder 
Accus,  und  dem  Infinitiv  verbunden,  und  wenn  der  Inßn.  ein  declinir- 
bares  Prädicat  bei  sich  hat,  so  kann  dieses  bei  dem  Dativ  der  Person, 
welcher  Etwas  erlaubt  ist,  die  Etwas  kann,  sowohl  im  Dativ  ah  im 
jiccusativ  folgen;  der  Infinitiv  aber  kann  ohne  ein  dazu  gehöriges 
Subject  entweder  in  activer  oder  in  passiver  Form  folgen  ,z.  B.  de 
Scauro  breviter  licet  dicere  oder  dici.  Ueber  den  passiven  Gebrauch 
vgl.  Wopken's  Lect.  TuU.  p.  278.  Nur  selten  folgt  das  zweite  Verbum 
mit  ut  oder  mehr  ohne  ut  im  Conjuuctiv,  wenn  Heere  —  mögen  be- 
deutet; z.  B.  möget  ihr  auch  sagen,  licet  dicatis  (Cic.  Plane.  37,  99). 
Uebrigens  ist  licitum  est  so  viel  als  licet,  und  licitum  fuit  gleich  licuit. 
Vgl.  Döderlein's  Synonym.  Th.  V,  p.  167.  Von  der  Conjqnct.  licet 
s.  hernach. 

Liceri,  bieten;  —  auf  Etwas  ra.  d.  Accus.,  z.  B.  libros,  auf  Bücher. 
Das  Wieviel  steht  bei  bestimmtem  Preise  im  Abi.,  bei  unbestimmtem 
im  Genit.  oder  Abi.  Vgl.  die  Grammatiken.  Dagegen  bedeutet  die  active 
Form  Heere,  ausgeboten, feil,  käuflich  sein;  der  Preis  steht  dabei,  wie 
bei  liceri. 

Licet,  ah  Conjunct,  wiewohl,  obgleich,  hat  im  bessern  Latein  nur  den 
Conjunctiv  des  Praesens  oder  Perf.  bei  sich,  erst  Sp.  L.  den  Indicaiiv. 
Fehlerhaft  schreibt  daher  Mahne  (Vita  Wyttenb.  p.  1)  :  licet  agnovi  ei 
habui.  Zu  verwerfen  ist  es  auch,  wenn  licet  wie  ein  Adverb,  mit  einem 
Adject.  oder  Partie,  ohne  Verbum  verbunden  wird  ,  wie  quamquam, 
quamvis,  etsi,  da  es  seiner  Natur  nach  als  ein  unvollständiges  Verbum 
noch  ein  Verbum  fordert.  Incorrect  ist:  haec  via,  licet  (wiewohl)  lu- 
brica,  tamen  — .  Vgl.  mehr  in  Ilandii  Tursell.  T.  III,  p.  543  —  546. 

Licite ,  auf  erlaubte  Weise ,  ist  erst  Sp.  L.  iärjuste,  honeste ,  le- 
gitime u.  a. 

Ligare ,  binden ,  zubinden ,  verbinden ,  mit  dem  Acc.  vulnus ,  eine 
Wunde,  ist  nur  P.  L.  für  obligare  oder  alligare. 

Ligatura,  das  Band,  ist  sehr  Sp.  L.  für  das  Kl.  vinculum  und  die 
N.  Kl.  ligamen  und  ligamentuni. 

Lignum,  Holz,  ist  im  Sing,  nur  dann  iiblich,  wenn  allgemein  ge- 
sprochen oder  nur  ein  einzelnes  Stück  verstanden  wird  ;  liegt  aber  der 
Begriff  der  Mehrheit  darin,  so  braucht  man  nur  den  Plur.  ligna,  wo- 
gegen im  N.  L.  der  Sirtg.  steht;  z.  B.  sie  legten  um  das  Haus  Holz 
und  Reiser,  ligna  et  sarmenta,  nicht  lignum  (Cic.  Verr.  I,  27,  69). 

Ligurinus ,  Ligurisch ,  aus  Ligurien,  ist  nur  P.  L.  und  selten  für 
Lignslicus  oder  Ligustinus. 

Lilybaeus  und  andere  längere  Formen^  Lilybäisch,  ist  P.  L.  für 
Lilybaetanus. 

Limen,  die  Schwelle,  ht  in  der  bildlichen  Bedeut.  Anfang,für 
initium,  nur  P.  L.  ausser  bei  Tacitus:  in  limine  belli;  es  werde  ver- 
mieden. 

Limes  ist  nicht  Gränze  im  allgemeinen  Sinne,  sondern  nur  eine 


467 

bestimmte,  durch  einen  Weg,  Rain  oder  etwas  Sonstiges  bezeichnete 
Gräiize;  daher  wird  es  auch  nie  von  den  Gränzen  eines  Landes  ge- 
braucht, für  ^wes. —  Nnr  P.  L.  und  selten  steht  es  in  bildlichem  Sinne, 
und  man  wende  es  daher  nur  in  örtlicher  Bedeut.  an.  Vgl.  Klotz  Sin- 
tenis  p.  66.  Verwerflich  ist  daher  limitibus  circumscribere  in  der  bild- 
lichen Bedeut.  emschränken,  für  circumscribere  allein,  oder  mit  dem 
Abi,  cancellis  verbunden,  oder  coercereu.  a.  So  sagt  Hemsterh.  (Oratt. 
p.  127)  :  doctrinae  copiam  non  solis  —  theologiae  limitibus  circum- 
scriptam. 

Limitare,  die  Gränze  abstecken,  bekränzen,  wird  fast  nur  auf  0er- 
ter  beschränkt,  und  kommt  selbst  so  noch  selten  vor;  dagegen  mehr 
Limites  ponere ,  terminis  circumscribere  u.  a.  Nur  einmal  steht  limitare 
bildlich  bei  Varro  mit  dem  Accus,  quaestionem  in  der  Bedeut.  bestim- 
men, für  definire,  determinare,  ßnem  praescribere  u.  a.  —  Das  Adject. 
limitaneus  aber,  an  grunzend,  nahe  liegend  ,\»t  Sp.  L.  für  ßnitimus, 
confinis,  vicinus  u.  a. 

Limpidus,  hell,  klar,  ist  in  Prosa  nur  iV.  Kl.  und  selten,  für  clarus, 
purus,  liquidus. 

Linea  ist  in  der  Bedeut.  Zeile  bei  etwas  Geschriebenem  oder  Ge- 
drucktem fast  N.  L.  für  versus,  versiculus.  Vgl.  Cic.  Att.  II,  16  primus 
versus  epistolae.  Im  A'.  L.  findet  sich  linea  oft  in  dieser  Bedeut.,  z.  B. 
vix  singulae  textus  lineae.  —  Sp.  L.  bei  Juristen  steht  paterna,  ma- 
terna  linea,  von  den  Stämmen  der  Verwandtschaft,  was  wir  väterliche, 
mütterliche  Linie  nennen,  für  genus  paterfium,  gefius  maternum.  — ■ 
N.  L.  ist  ferner  linea  aequinoctialis ,  die  ^equinoctiallinie ,  inr  limea 
aequinoct.  Auch  merke  man .  dass  in  gerader  Linie,  z.  B.  sich  senken 
durch /er/7  ad  lineam  oder  recta  linea  (rectis  lineis)  auszudrücken  ist. 

Lingua  ist  Sprache  jedes  Volkes  in  Bezug  auf  die  verschiedenen 
Wörter  zur  Bezeichnung  der  Begriffe;  dagegen  ist  sermo  mehr  Rede, 
wie  sie  Jeder  des  Volkes  unter  den  Seinigen  spricht,  die  Art  und  fFeise 
sich  auszudrücken.  Es  gibt  also  wohl  eine  lingua  Germanica,  Graeca, 
Romana,  aber  keine  lingua  poetica  und  prosaica ,  sondern  nur  einen 
sermo  poeticus,  sermo  prosaicus.  Vgl.  Heusinger  Cic.  Off.  II,  24, 11  und 
besonders  über  den  Unterschied  und  Gebrauch  beider  Döderlein's 
Synonym.  Th.  IV,  p.  22. 

Lippus,  Einer  der  wehe.,  triefende  Augen  hat.  Die  sprichwörtliche 
Redensart  lippis  et  tonsoribus  notum  est  wird  von  den  Alten  nie  in 
Bezug  auf  gelehrte,  sondern  nur  in  Bezug  auf  gewöhnliche,  dem  Volke 
bekannte  Dinge  gebraucht.  Man  wende  sie  daher  nicht  falsch  an,  und 
auch  nicht  wohl  ohne  den  Zusatz  ut  ajunt. 

Liquide  als  Adv.  ist  Sp.  L.  Form  für  die  Kl.  liquido. 

Liquiditas,  die  Flüssigkeit,  ist  Sp.  L.  für  liquor,  humor. 

Litigatio  und  litigatus,  der  Streit,  die  Zänkerei,  sind  Sp.  L.  (jenes 
ist  sogar  zweifelhaft)  für  lis,jurgium,  certatio,  cojicertatio. 

Litigator,  der  Zänker,  ist  zwar  N.  KL,  kommt  aber  bei  Quintilian 
und  Sueton  vor,  und  ist  nicht  zu  verwerfen,  für  hämo  litigiosus  oder 
litigans. 

Litigium,  Zank,  Streit,  ist  nur  A.  L.  für  lis,  jurgium  u.  a. 

Littera,  der  Buchstabe ,  hat  im  Plur.  (litterae,  die  Buchstaben)  ein 
beigefügtes  Zahlwort  nur  als  Cardinalzahl  bei  sich  ,  z.  B.  duae ,  tres, 
quatuor,  es  sei  denn,  dass  der  Sinn  durchaus  eine  Distributivzahl  ver- 

30* 


4GS 

langte;  steht  aber  litterae  in  der  Bedeut.  Brief,  80  erhält  es  nur  ein 
Distributiczahhrort ,  ']aAov,\\  so,  dass  ei7i  Brief,  unae ,  nicht  aingulae, 
zwei  —  binae,  drei  —  trinae ,  nicht  lernae ,  vier  —  quaternae  n.  s.  w. 
heisst.  Vgl.  darüber  Th.  I,  §.  90.  —  Mag  auch  litterae  graecae,laiinae 
\\.  dgl.  die  griechische,  lateinische  Sprache  bedeuten,  so  kann  es  doch 
nicht  geradezu  für  lingua  graeca  —  gebraucht  werden,  und  falsch 
möchten  wohl  die  Anfangsgründe  der  griechischeii  Sprache —  rndimenta 
graecar.  litterarum  genannt  werden,  wie  es  im  N.  L.  geschieht.  Sehr 
passend  aber  sagt  wohl  Cicero  einigemal  (Tusc.  I,  1.  Fin.  I,  2,  4)  ali- 
qnid  latinis  litteris  illustrare,  Etwas  in  lat.  Sprache  schriftlich  darstel- 
len ,  d^  hier  mehr  an  die  Schrift  gedacht  wird.  Sonst  umfasst  jener 
Ausdruck  mehr,  nemlich  die  gesammte  wissenschaftliche  Kenntnis« 
oder  Litteratur  eines  Volkes,/.  B.  der  Griechen — ,  ihre  Sprache, 
Geschichte,  Philosophie,  Alterthiimer  u.  s.  w. ,  und  so  unterscheidet 
auch  Li V ins  (IX,  36)  Etrtiscae  litterae  von  lingua  Etrusca.  —  End- 
lich heisst  Buchstabe  für  Buchstabe  ,  buchstäblich ,  nicht  litteraliter, 
was  N'.  L.  ist,  sondern  ad  litteram,  auch  ad  verbum. 

Litterarius  kommt  erst  N.  Kl.  beim  altern  Plinius,  Quintilian,  Sue- 
ton  u.  A.  vor,  aber  nur  mit  ludus  verbunden,  von  einer  Schule,  in 
welcher  Sprachen  und  Wissenschaften  gelehrt  und  gelernt  wurden, 
also  eine  Gelehrtenschule,  dem  ludus  gladiatoriiis ,  einer  Fechtschiile, 
entgegengesetzt.  Auffallend  ist  es,  dass  sich  dieses  Wort  sonst  nirgends 
als  Beiwort  eines  andern  Subst.  findet.  Dagegen  ist  litterarius  im 
N.L.  ein  sehr  gebräuchliches  Wort;  wir  sprechen  von  res  litteraria  und 
labor  litterarius  (bei  Mahne  im  Crito),  respublica  litteraria  (bei  Paul, 
a  Josepho)  ,  civitas  litteraria  (bei  F.  A.  Wolf)  ,  libri  litterarii  u.  a.  m. 
Ob  es  uns  Spätlingen  freisteht,  den  Gebrauch  des  Wortes  zu  erwei- 
tern, wage  ich  nicht  zu  entscheiden,  zumal  da  es  bei  uns  zu  den  ge- 
bräuchlichsten, kaum  mehr  zu  verwerfenden  Kunstwörtern  gehört. 
Wo  man  es  vermeiden  kann ,  da  thue  man  es  ,  und  übersetze  z.  B.  die 
gelehrte,  litterärische  Müsse  nicht  durch  otium  litterariutn,  sondern 
durch  olium  litteratum  (nach  Cic,  Tusc.  V,  36,  105  quid  est  enim  dul- 
cius  otio  litterato?),  und  für  labores  litterarii,  litterärische,  gelehrte  Ar- 
beiten (wo  ohnehin  labores  unlateinisch  ist),  sage  man  studia  oder 
litterae ,  yfie  bei  Cic.  (Fam.XV,4,  12):  omnis  varietas  litterarum 
mearum,  alle  meine  mannichf alt  igen  gelehrten  Arbeiten. 

Litterator  kommt  schon  Kl.  vor,  aber  nur  bei  Catull;  N.  Kl.  bei 
Sueton  u.  Spätem,  aber  in  der  sehr  beschränkten  Bedeutung  Elemen- 
tarlehrer, der  nur  Lesen  und  Schreiben  lehrt.  Im  N.  L.  hat  es  seine 
Bedeutung  so  erweitert  und  erhöht,  dass  man  darunter  nicht  allein 
einen  Bücherkenner,  sondern  sogar  einen  Alter thumskenner  versteht. 
Man  vermeide  es,  so  gut  man  kann,  da  sich  die  alte  Bedeutung  von 
der  neuen  so  sehr  unterscheidet. 

Litteratura  kommt  zwar  Kl.  bei  Cicero  vor,  aber  nur  in  der  Bed. 
die  Buchstabenschrift,  das  Schreiben,  und  prima  litteratura  waren,  wie 
Seneca  (Ep.  88,  p.  357)  sagt:  ut  antiqui  vocabant,  per  quam  pueris 
eleraenta  traduntur,  die  ersten  Anfangsgründe  im  Lesen  und  Schrei- 
ben. Erweitert,  in  dem  Sinne  von  Sprachgelehrsamkeit  überhaupt, 
braucht  es  erst  Quintilian  und  so  die  Spätem,  aber  nie  in  einem  höhern 
Sinne,  auch  nicht  von  dem  Inbegriffe  der  Schriften  in  einer  Sprache, 
wie  wir  Litteratur  brauchen.  Meistens  ersetzt  litterae  diesen  Begriff, 


4Ö9 

z.  B.  Cic.  Brut.  20,  78  graecis  lüteris  studere ,  gn'ech.  Lüteratiir  stu- 
(itren,  treiben;  ib.  33,  J25  damnum  Hortensii  interitu  latinae  liiterae 
(die  latein.  Litteratur )  fecerunt.  Quintil.  X,  1,  123  litterae  Romanae 
paucissiraos  tulerunt,  in  der  Römischen  Litteratur  kommen  nur  sehr 
fVenige  vor  —  und  andere  ähnliche. 

Litteratus  wird  oft  bei  Cicero  von  Personen  gesagt,  die  gelehrt 
sind  und  gelehrte ,  wissenschaftliche  Studien  treiben.  Er  legt  es  aber 
auch  dem  otium,  Aer  freien,  tmgestörten  Müsse  bei,  wenn  sie  auf  Wis- 
senscliaften  verwendet  und  mit  gelehrten  Studien  lu'ngebracht  wird; 
z.  B,  Tusc.  V,  36,  105  quid  est  enim  dulcius  otio  litterato?  —  Und  so 
kann  auch  wohl  die  vita  und  jeder  Zeitabscfmitt  des  Lebens,  der  von 
dieser  Art  ist,  so  genannt  werden,  wie  denn  auch  Cic.  wirklich  ein 
solches  Greisejialter,  senectutem  litteratatn  nennt  (Brut.  76,  265). 
Aber  unlateinisch  ist  es,  wenn  man  im  N.  L.  von  litterati labores  spricht, 
für  unser  gelehrte  Arbeiten.  Vgl.  Litterarius. 

Litterio  steht  nur  einmal  Sp.  L.  bei  Ammian,  wo  Julian  spöttisch 
lilterio  graecus  genannt  wird,  also  ein  griechischer  Halbgelehrter 
(wohl  nicht  ein  Sprachlehrer).  Es  kann  kaum  im  Spott  nachgebraucht, 
noch  viel  weniger  aber  kann  ein  Grammatiker  im  Ernste  so  genannt 
werden,  wie  es  sogar  der  Antibarbarist  Noltenius  in  seiner  Vorrede 
thut.  Gut  ist  semidoct?is. 

LittoreuSydas  Ufer  betreffend,  ist  nur  P.  L.  i\\r  littoralis  oder  noch 
besser  mit  dem  Subst.  littus. 

Littus  ist  Meer-  und  Seeufer,  Gestade;  ripa  ist  Flussufer ;  ora,  die 
Küste  mit  Inbegriff  des  Landes  am  Meere;  daher  heissen  Küstenlän- 
der, orae  maritimae,  nicht  littora. 

Lilurare,  etwas  Geschriebenes  ausstreichen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  litu- 
ramfacere.  delere,  aliquid  (z.  B.  nomen)  inducere. 

hivere  ist  in  der  Bedeut.  beneiden  fast  nur  F.,  ausser  bei  Tacitus, 
für  invidere,  wiewohl  Cicero  lividus  und  invidus  synonym  braucht. 
Ebenso  ist  livor,  ausser  bei  Dec.  Brutus  (Cic.  Fam.  XI,  10,  1)  und 
Tacitus,  nur  P.  L.  für  invidia. 

Localis,  örtlich,  ist  sehr  Sp.  L.  und  entbehrlich,  da  locus  in  jeder 
Beziehung  ausreicht;  z.  B.  Adverbia  locihti  Quintilian,  für  loculia  bei 
den  späten  Grammatikern;  ein  örtliches  Verdienst  \\e,\s%i  meritum  ex 
loco  (Tacit.  A.  IV,  14). 

Locare,  stellen,  setzen ;  —  wo,  wohin  wird  nur  durcli  in  aliquo  loco 
ausgedrückt,  nicht  durch  in  aliquem  locum,  wie  es  nur  im  A.  L.  vor- 
kommen soll.  Vgl.  Collocare. 

Loculus  steht  in  der  Bedeut.  Sarg  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  für 
arca  bei  Livius  XL,  29  und  an  andern  Stellen.  Andere  wollen  condi- 
torium  (nach  Suet.  Oct.  18),  was  aber  vielleicht  die  Gruft  bedeutet. 

Locus,  der  Ort,  die  Stelle,  hat  im  Flur,  loci  u\u\  loca ;  /oc/ bedeutet 
meistens  einzelne  Stellen,  Oerter ,  Plätze,  wo  sie  sich  auch  finden 
mögen ,  ^oca  aber  mehr  geräumige  Stellen  und  eine  ganze  Gegend, 
in  welcher  mehrere  /oc/ sind,  wiewohl  /oc«' auch  z.  B.  bei  Sallust,  Livius 
u.  A.  für  loca,  aber  loca  wohl  nicht  für  loci  steht.  —  Loca  kann  daher 
nicht  wohl  für  einzelne  Stellen  aus  Schriften  gebraucht  werden  ,  wie 
es  im  N.  L.  häufiger  als  /oc<' gebraucht  wird,  sondern  nur,  was  so  bei 
Cicero,  Quintilian  und  Andern  vorkommt.  Reisig  (Vorles.  p,  115)  ver- 
wirft aber  freilich  loci  und  will  dicta  oder  exempla,  die  allerdings  bis- 


470 

weilen  passen.  Loci  braueht  aber  so  Cicero,  z.  B.  Fin.  I,  3,  7  locos  (/?ios- 
datn  transferam  ,  ich  will  einige  Stellen  übersetzen.  Man  sage  dalier 
nicht:  observationes  in  varia  loca  Ciceronis,  Virgilii  u.  dgl. ;  nicht,  wie 
Manutiiis  (zu  Cic,  Q.  fr.  III,  1):  loca  sunt  in  antiquorum  scriptis,  — 
und  so  loca  für  loci  auf  vielen  Titehi  grosser  und  kleiner  Schriften. 
Vg^l.  auch  zu  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  117.  Wenn  man  aber  loci,  wie 
es  Einige  thun,  blos  auf  die  Bedeut.  Gemeinplätze  (loci comm?/nes)he- 
schränken  will,  so  weiss  ich  nicht,  warum  andere  Stellen  nicht  eben 
eowohl  loci  als  loca  genannt  werden  dürften,  wozu  kein  Grund  vor- 
handen ist.  —  üeber  loco  recto,om  rechten  Orte,  gehörige?/.  Ortes,  vgl. 
Rectus.  Falsch  ist  in  loco,  auf  der  Stelle,  in  der  Bedeut.  sogleich,  au- 
genblicklich,^  für  illico,  extemplo,  e  vestigio  u.  a. 

Locutio  (loquutio)  ist,  wie  Quintilian  bemerkt,  in  der  Bedeut.  ein 
einzelnes  Wort  erst  iV.  KL;  man  brauche,  sagt  er,  für  das  vieldeutige 
Wort  verbnm  auch  vox ,  dictio  \xnA  locutio,  was  er  zu  missbilligen  scheint; 
auch  braucht  er  es  selbst  nicht  für  verbum.  Man  halte  sich  an  verhum 
und  vocabvhim ,  auch  wohl  an  vox.  Aber  in  der  Bedeut.  liedensart  ist 
locutio  wohl  zulässig  neben  dem  ^Y\ec\\.  phrasis ,  welches  dafür  gram- 
matisches Kunstwort  ist.  —  Unnöthig  aber  sagt  man  locutio  proiierbialis, 
eine  sprichtvörtliche  Redensart,  für  das  einfache  proverbiinn. 

Logodaedalus,  ein  Wortkünstler,  kommt  erst  im  N.  L.  vor, ist  aber 
unnöthig  aus  dem  Griech.  aufgenommen,  für  üe/-AorMm  artifex;  ebenso 
logomachia ,  der  Wort  streit ,  für  verbi  oder  verboruni  discordia  oder 
dissensio,  verbi  controversia  (Cic.  Orat.  1,  23,  107). —  Das  Wort  logtis 
kommt  in  der  Bedeut.  Wort  nur  A.  L.  bei  Plautus  vor. 

Londinum ,  die  Stadt  LoTido?i^,  ist  A^.  L.  Form  für  Londinium,  wie 
Tacitus  und  Ändere  diese  Stadt  nennen.  Ebenso  sagt  man  Londi?tie?f.- 
sis,  nicht  Londi7iensis,  wie  heutzutage  geschrieben  wird, 

Longaevus,  hochbejahrt,  ist  nur  P.  L.  für  senex,  aetate  provectus, 
grandis  natuu.  a.  Wunderbar  sagt  Herasterh.  (Oratt.  p.  168)  :  longaeva 
aetas ,  was  eben  so  wenig  gut  ist,  als  das  Sp.  L.  longaevitas ,  das  hohe 
Alter,  das  lange  heben,  für  senectus  oder  longa  vita. 

Longanimitas,  dieLangmuth,  ist  A'^  L.  für  moderatio,  patientia,ten- 
titudo,  animus  mitis,  lenis,  injuriaruni  tolerans.  Eben  so  N.  L.  ist  long- 
animus,  langmüthig,  für  lenis,  mitis,  clemens,  facilis,  le7Üus. 

honge  wird  fast  nur  von  der  Länge  oder  Weite  im  Räume  ge- 
braucht (unser  weit),  und  nur  dann  von  der  Länge  in  der  Zeit  (unser 
lange),  für  diu,  wenn  Ort  und  Zeit  in  einigen  Redensarten  in  einander 
übergehen,  wo  lange  oder  weit  so  viel  ist  als  in  die  Länge,  weithin; 
z.  B.  das  Leben  lange  hinausziehen,  vitam  longe  producere.  —  Falsch 
ist:  ibi  longissime  moratus  sum,  für  perquani  diu ;  tussis  me  longe  male 
habuit,  für  diu.  Zwar  sind  lofige  ante ,  lange  vorher,  und  longe  post, 
lange  nachher,  nicht  zu  verwerfen,  indem  selbst  Cic.  (Tusc.  III,  14) 
sagt:  quae  venientia  longe  ante  videris,  aber  gewöhnlicher  sind  dafür 
die  Ausdrücke  multo  ante,  multo  post,  oder  longis  temporibus  ante  und 
post,  wie  Cic.  (Rep.  II,  34)  sagt:  fion  longis  temporibus  ante,  für  ?ion 
multo  oder  paulo  ante.  —  Longe  verstärkt  auch,  wie  mtilto,  aber  nur 
Adjectiven  und  Verben  der  Entfernung,  der  Verschiedenheit  und  des 
Vorzugs ;  z.  B.  longe  alius,  diversus,  dissimilis;  longe  abesse,  abhorrere, 
dissentirc,praestare,antecellere  u.  a. ;  —  und  so  auch  oft  bei  Superlativen. 
Bei  Comparaiiven  aber  ist  es  nur  P.  L.  und  N.  Kl.  für  das  gewöhnliche 


471 

mnlto.  —  Sp.  L.  sind  lange  dives,  longe  fortis,  longe  affirmare ,  lau- 
dare  u.  a.,  für  valde.  Sich  ireit  verbreiten  in  bildlichem  Sinne  heisst 
longe  lateque  fluere.  üebrigens  sagt  man  gleich  gut  longe  und  alle 
petere  (repetere)  aiiquid,  Etwas  weit  herholen.  —  Vgl.  noch  Handii 
Tursellin.  T.  III,  p.  551. 

hon gHudo ,  die  Länge,  mit  dem  Genit.  temporis  findet  sich  wohl 
nur,  wenn  es  der  brevitas  temporis  entgegensteht;  sonst  heisst  lange 
Dauer —  longinquitas,  diutiirnitas  temporis,  vetnstas.  Bei  Maassen  sagt 
der  Lateiner  nur  in  longitndinem,  nicht  in  lotigtfndine,  also  nicht,  wie 
wir  oft  sagen:  ///  der  Länge  für  in  die  Länge,  z.  B.  sechs  Fttss.  Vgl. 
unter  In. 

Longus,  lang,  wird  von  derLänge  im  Räume  und  in  der  Zeit  ge- 
braucht. Bezweifelt  wird  longum  est  tefnpns,  quod — ,  es  ist  lange  Zeit 
her,  dass  — ,  für  longum  est  mit  d.  Acc.  u.  d.  Inf.  oder  diu  est,  cum  — 
oder  diu  verbunden  mit  dem  nächsten  Satze.  Vgl.  Jamdiu.  —  In  der  Re- 
densart nihil  longius  mihi  est  oder  videtur,  quam — ,  Nichts  ist  (scheint) 
mir  länger,  als  — ,  folgt  quam  dum  oder  quam  ut  oder  quam  m.  d. 
Infin.  —  Gut  ist  ne  longum  faciam,  damit  ich  es  nicht  lange  mache, 
sowie  man  sagt  ut  breve  faciam,  damit  ich  es  kurz  mache,  lieber  longum 
est  (nicht  esset),  es  wäre  zu  weitläuftig,  vgl.  Th.  1,  §.  115.  116. 

Loquenfia ,  mag  es  nun  Beredtsamkeit  (also  gleich  eloquentia),  oder 
Redefertigkeit  (gleich  facundia) ,  oder  Redseligkeit  (gleich  loquacitas 
oder  dem  N.  Kl.  garrulitas)  bedeuten,  werde  wegen  seiner  Seltenheit 
dem  Sallnst  nicht  nachgebraucht,  zumal  da  es  auch  bei  ihm  von  FJini- 
gen  bezweifelt  wird.  Nach  Plin.  (Ep.  V,  20,  5)  war  es  gebräuchlich  in 
der  Bedeut.  Wortmacherei ;  denn  er  sagt,  Julius  Candidus  habe  ge- 
äussert: aliud  esse  eloquentiam,  aliud  loque?itiam,  vnd  von  der  letztem 
wird  gesagt:  ea  multis  atque  etiam  imprudentissimo  cuique  maxime 
contingit.  Man  brauche  also  loquentia  ja  nicht  für  eloquentia. 

Loqui,  reden,  sprechen,  wird  oft  falsch  gebraucht  und  falsch  ver- 
bunden, z.  B.  loqzii  aliquam  linguam,  irgend  eine  Sprache  sprechen, 
reden,  für  lingua  aliqua  (Abi.)  ,  also  lingua  graeca,  latina  loqui,  oder 
mit  Adverbien  graece,  latine  —  loqui.  Vgl.  Cic.  Fin.  II,  4, 14;  5, 15  und 
Heusing.  Emendd.  p.  474.  —  So  steht  in  der  Vorr.  eines  latein.  Gebet- 
buches: latinam  loquimur  linguam;  andewsavX^:  lingua,  ^-z/awi  hodie 
Graeci  loquuntur,  non  est  antiqua,  für  qua  hodie  — .  Verwerflich  ist 
de  aliquo  bene  oder  male ,  bonum  oder  malum  loqui,  gut,  schlimm  von 
Jem.  reden,  für  de  aliquo  benevole  dicere,  sermones  bonos  oder  benevolos 
habere,  aliquem  laudare,praedicare — ,  und  für  male —  de  aliquo  ma- 
ledice,  contumeliose  dicere,  aliquem  reprehendere,  notare,  infamare  u.  a. 
Jedoch  meinen  Andere,  es  sei  nicht  zu  entbehren.  —  V^'iewohl  loquun- 
tur secum  richtig  ist  in  der  Bedeut.  sie  überlegen  bei  sich,  wo  die  im 
Stillen  gedachte  Rede  bei  jedem  Einzelnen  allein  ist,  so  ist  es  doch 
falsch  in  der  Bedeut.  sie  rederi  mit  einander,  was  latein.  loquuntur  inter 
se  heisst.  —  P.  L.  ist  loqui  ad  aliquem,  zu  Jemanden  reden ,  ihn  an- 
reden,iür  alloqui aliquem.  Ungewöhnlich  ist  und  nirgends  bei  Cicero  be- 
deutet vis  loquendi,  die  Kraft  zu  reden,  für  vis  dicendi.  —  Ueber  cum 
aliquo  loqui  in  der  Bedeut.  sich  der  fVorte  Jemandes  bedienen,  für 
alicujus  verbis  uti,  vgl.  unter  Cum,  und  über  loquendi  ratio,  die  Redens- 
art, vgl.  Ratio. 

Loquutio ;  vgl.  Locutio. 


472 

Lotio,  lotura  niid  lotjis,  das  Baden,  Waschen,  sind  seltne  N.  Kl, 
Formen  für  das  KL  lavatio. 

Lubiitis,  lubüuni ;  \^\.  Libitus. 

Lubricitas,  die  Schlüpfrigkeit,  ist  N.  L.  für  das  Neutr.  lubricum, 
was  N.  Kl.  sogar  mit  dem  Genit.  verbunden  wird,  wie  bei  Plin.  (Ep. 
III,  3,  4):  in  hoc  luhrico  aetatis;  doch  kann  man  es  auch  durch  das 
Adj.  lubricus  geben. 

Lubricus,,  schlüpfrig.  N.  L.  ist  die  Comparativform  Inbricior. 

Lncide,  klar,  deutlich,  verständlich,  kommt  Kl.  nur  einmal,  aber 
zweifelhaft  bei  Cic.  vor  (Orat.  II,  25,  108),  mit  breviter  verbunden; 
sonst  steht  dafür  diliicide,  wie  auch  mehrere  Handschr.  in  der  ange- 
führten Stelle  lesen.  Auch  das  Adj.  lucidiis  ist  in  Prosa  erst  N.  KL, 
steht  aber  bei  Quintilian,  für  das  Kl.  dilucidus. 

Lucifugus  braucht  Cic.  (Fin.  I,  J8,  61)  von  einem  mürrischeTi 
Menschen,  und  in  dieser  Bedeut,  findet  es  sich  nur  bei  ihm.  Am  rech- 
ten Orte  ist  es  sehr  passend,  so  dass  es  recht  wohl  mensch eri scheu 
heissen  kann. 

Lucrari,  gewinnen,  und  lucrum,der  Gewinn,  setzen  in  der  bessern 
Prosa  durchaus  die  Absicht  voraus,  gemeinen  Vortheil  zu  erlangen, 
und  dürfen  daher  nicht  von  dem  Vortheile  gebraucht  werden,  welchen 
edle  geistige  Beschäftigungen  bringen.  Raschig  (Progr.  p.  23)  erklärt 
daher  für  schlecht  lateinisch:  quid  bicratae  sunt  litterae  (was  haben 
die  fVissetischaften  gewonnen)  doctorum  hominum  opera  ?  und:  quan- 
tuni  lucri facimus  (quantum  lucramur)  e  diligenti  litterarum  tracta- 
tione?  —  was  freilich,  wie  er  hinzusetzt,  für  ?inser  Zeitalter  passt,  wo 
man  aus  geistigen  Beschäftigungen  baaren  Gewinn  zieht.  Wo  dieser 
gedacht  wird,  passt  lucrum  \x\\A  qziaestus,  wo  aber  nicht,  —  commodi/m 
undfructus.  —  N.  L.  ist  lucrari  in  der  Bedeut.  verdienen,  als  Lolm 
für  Arbeit  bekommen, iür  merere.  Man  sage  also  nicht:  operarius  (opi- 
feXy  ein  Handwerksmann)  in  diem  tres  denarios  lucratvr,  sondern  ter- 
nos  denarios  meret.  —  B.  L.  ist  causam  lucrari,  einen  Prozess  gewin- 
nen., für  causam  obtinere,  causa  vincere. 

Lucrosus,  Geivinn.  Vortheil  bringend,  vortheilhaft,  ist  N.  KL  und 
wird  nur  in  unedlem  Sinne  gebraucht,  für  fructuosns,frugifer  in  gu- 
tem Sinne,  und  für  quuestuosus  in  unedlem.  Muret.  CExpl.  Cic.  Catil. 
II,  3)  nennt  Macedonien  —  lucrosior  anstatt  des  KL  quaestuosinr.  — 
Ganz  unlat.  ist  es  in  der  Bedeut.  gewinnsüchtig,  für  lucri  cupidus, 
quaestui  deditus. 

Lucta,  das  Bizigen  (als  Kampfübung),  ist  erst  Sp.  L.  für  luctatio 
oder  mit  dem  Verbo  luctari.  —  N.  Kl.  findet  sich  nur  beim  altern 
Plinius  luctatus.  Eben  so  Sp.  L.  ist  luctamen  vom  Ringen  als  Uebuug, 
wieMohl  es  bildlich  bei  Dichtern  das  anstrengende  Bemühen  bedeu- 
tet, wofür  KL  luctatio  und  luctari  gesagt  wird.  Nicht  verwerflich  ist 
das  j4.  L.  und  N.  KL  luctator,  der  Binger,  für  das  griech.  nthleta. 

Luctus  ist  Trauer  um  einen  Todten  und  nach  römischen  Begrifl'en 
auch  um  einen  Londescerwiesenen ,  der  durch  die  Verbannung  nach 
der  Sprache  der  Römer  sein  caput  verlor,  —  kurz,  um  Jeden,  dessen 
Leben  und  Glück  man  aufgibt;  — ebenso  lugere. —  Trauer  bei  jedem 
andern  Unglücke  ist  maeror,maestitia,maerere.,tristitia,tristis.  Cicero 
verbindet  bisweilen  luctus  und  maeror,  wie  pro  Sest.  60,  128.  Vgl. 
auch  Weber's  Uehungssch.  p.  145, 


473 

Lticruhatio  bedeutet  bei  den  Alten  nur  die  Arbeit  bei  Lichl,  und 
luctibrare  nur  bei  Licht  arbeiten.  Im  N.  L.  werden  sie  auch  \o\\  jeder 
Arbeit  gebraucht,  was  gegen  den  alten  Sprachgebrauch  ist.  —  Nicht 
verwerflicli  ist  lurubraiitineula,  wiewohl  es  erst  Sp.  L.  und  vielleiclit 
zufällig  gebildet  ist.  iVJuret  hat  es  unbedenklich  gebraucht,  ob  aber 
von  Licht  oder  Tagesarbeit,  weiss  ich  nicht.  Dass  man  aber  jenes  und 
dieses  missbraucht,  zeigt  der  Titel  der  Sammlungen  von  Anmerkungen 
in  jener  Art  von  verschiedenen  Gelehrten,  z.  B.  zu  Cicero's  Schriften: 
hticubrationes  doctissimor.  viror.  in  Cic.  orationes,  die  doch  wohl  mei- 
stens Tagesarbeiten  sind,  und  die  Lampe  wenig  oder  gar  nicht  ge- 
schmeckt haben. 

Lndißcare,  z?/m  Gespötte  haben,  verspotten,  ist  fast  nur  A.  L.  Form 
für  ludißcari  als  Deponens. 

Ludere,  spielen  (Etwas  zum  Zeitvertreibe),  z.  B.  Ball,  Würfel, 
wird  A.  L.  und  Kl.  mit  dem  Ablat.  verbunden,  pila,  talis,  alea,  N.  Kl. 
mit  dem  Accus.,  pilam,  talos,  aleam  u.  dgl.  Darnach  wird  im  Pass.  Kl. 
gesagt:  luditur  (neutral)  pila,  talis.  N.  Kl.  aber  pila  (als  Subj.)  ladt- 
tur,  tali  ludiintur.  —  N.  L.  gebraucht  man  es  von  tnusikalischen  In- 
strninenten,  für  canere  oder  cantore, \on  deren  Construction  unter  Ca- 
nere  die  Rede  war.  Ebenso  heisst  das  S/j/e/ auf  musikal.  Instrumenten 
nicht  Indus,  sondern  cantus.  —  Eine  Rolle  spielen  heisst  nicht  ludere 
personarn  flder  partes,  sondern  ogere  partes,  auch  blos  agere  (Cic. 
Orat.  I,  27,  124  hodie  noiuit  agere  Roscius);  Jemandes  Rolle  spielen, 
aliqiiem  agere,  nicht  ludere;  z.  B.  er  spielt  die  Rolle  des  Chaereas,agit 
Chaeream  (Cic.  Rose.  Com.  7,  20),  nicht  ludit  Chaeream  oder  perso- 
ria7n  Chaereae.  Vgl.  unter  Agere.  —  Wenn  aber  Coel.  (Cic.  Farn.  VIII, 
9,  1)  sagt:  civem  bonuin  ludit,  so  sagt  er  dies  mit  Spott,  vielleicht  in 
dem  Sinne:  er  treibt  Spott  7nit  der  Rolle  eines  guten  Bürgers.  In  der 
Bedeut.  spotte?i,  scherzen  über  Jemafiden  oder  über  Etwas  sagt  man 
meistens  ludere  aliquem  oder  aliquid;  auch  wohl  in  aliquem,  wie  bei 
Cic.  (Orat.  HI,  43,  171):  veriim  in  me  qui<lem  lusit  ille.  —  Endlich 
heisst  unser  Etwas  spielend  thnn,  d.  h.  ohne  Anstrengung,  gemäch- 
lich, auch  latein.  ludens  (Cic.  Parad.prooem.  3)  oder  ludibundus  (Cic. 
Verr.  V,  67.  Fam.  XVI,  9),  aber  nicht  ludendo. 

Ludificari;  vgl.  Ludificare. 

Liidus.  Wenn  der  Flur. /«f/^' von  Schauspielen,  öffentlichen  Spielen 
gebraucht  wird,  so  hat  ludi  immer  ein  Distribtitivzahhvort  bei  sich, 
z.  B.  bini,  trini.  Ist  der  Name  der  Spiele  zugleich  auch  Name  eines 
Festes  und  ein  Neutrum,  z.  B.  Floralia,  Megalesia,  Cerealia,  Co7isua- 
lia,  Taurilia,  Olympia,  Pythia  u.  dgl.,  so  wird  oft  ludi  als  Hauptwort 
vorgesetzt  und  der  einzelne  Name  bleibt  im  Neutro  unverändert  und 
geht  nicht  in  das  Adject.  über.  Daher  sagte  man  in  der  bessern  Prosa 
nur  ludi  Floralia  u.  s.  w.,  nicht  ludi  Florales,  Megulenses  u.  s.  w. ; 
nicht  ludi  Olympici,  sondern  ludi  Olympia  u.  a.  Vgl.  Quintil.  I,  5,  52; 
die  Ausleger  zu  Livius  I,  9,  6  und  Ruhiik.  z.  Terent.  Andr.  p.  8  ed. 
Bruns.  —  Gelobte,  d.  h.  durch  ein  Gelübde  verheissene  ä/;/^/^  heissen 
ludi  votivi;  wenn  Spiele  unterbrochen  worden  sind  und  wieder  er- 
neuert werden,  ludi  inst aurativi,  und  Spiele  von  Neuem  anstellen,  wie- 
der erneuern  \\eh%i  lud  os  instaurare.  Spiele  halten,  feiern  heisst  ge- 
wöhnlich ludosfacere.  Vgl.  Celebrare. —  Bei  oder  ivährend  der  Spiele, 
während  der  Feier  der  Sp.  heisst  blos  ludis,  nicht  in  ludis ;  z.  B.  bei 


474 

den  Circensischc?]  Spiele?},  Circensibus  ludis.  Vgl.  Oiidend.  Suet.  Aug. 
45.  p.243.  —  iVocli  merke  maii,da!ss  Indus  bei  den  Alten  jede  Uebu?ißs- 
anstaU,  bedeutete  und  dass  es  daher  das  beste  alte  Wort  für  unser 
Schule  im  Allgemeinen  ist,  deren  es  auch  hei  den  Alten  verscliiedene 
gab,  deren  Bestimmung  durch  beigesetzte  Adjectiven  angezeigt  wurde; 
z.  B.  Indus  glnflü/torf'us,  eine  Fechte r schu l e ;  ludusßdict'nus,  eine  Mu- 
sikschule: lud  US  militari^,  eine  Kriegsschule.  Ludus  litterarum,  lilte- 
rarius  oder  discendi  bedeutete  unser  gewöhnliches  Schule,  die  auch 
bisweilen  vorzugsweise  blos  ludus  heisst;  z.  B.  bei  Cic.  Orat.  11,24, 100 
II.  a.,  woher  auch  ein  Schullehrer  schon  Kl.  magister  ludi  oder  ludi 
vtugister  heisst.  Jedoch  sagt  Döderlein  (Synon.  Th.  VI,  p.  203):  />?/- 
dus  ist  nur  eine  tiiedere  Schule  und  setzt  disdpulos,  ludimagistros 
und  Schulzucht  voraus;  schola  aber  ist  eine  //öAere  Schule  für  Jüng- 
linge und  Männer,  die  nur  auditores  sind  ;  hier  ist  ein  doctor  und  aka- 
demische Behandlung.  —  Diese  Unterscheidung  möchte  sich  durch 
den  Gebrauch  bei  den  Alten  wohl  nicht  bestätigen.  FAne  Schule  er- 
richten  heisst  ludum  aper ire,  und  Sch?ile  halten,  lud?im  habere;  — 
Geislesspiele    aber  heisseu  lus?(s,  nicht  ludi. 

Lugdunum  ist  der  alte  Name  der  franz.  Stadt  Lyo?i.l)as  davon  ab- 
geleitete Adj.  Lugdujiensis  bedeutet  auch  den  Einwohner.  Derselbe 
Name  wurde  später  auch  der  den  Alten  unbekannten  holländischen 
Stadt  Leiden  gegeben,  aber  mit  dem  Zusätze  Batavorum,  durch  wel- 
chen sie  auch  heutzutage  von  der  andern  durchaus  unterschieden  wer- 
den muss  ;  —  N.  L.  ist  der  Name  Leida,  welchen  Holländer  aufge- 
bracht haben.  Das  Adj.  fiber  für  Leideti  heisst  nicht  Lugdunensis,  wie 
es  bisweilen  im  iV, //.  vorkommt,  sonAcrw  Lugdiino-Batavus  oAe.Y.,\\?ic\\ 
jener  neuen  Benennung,  Leidensis. 

Lumen.  Mag  auch,  wie  Döderlein  (Synon.  Th.  II,  p.  66)  sagt,  lu- 
men  —  der  erleuchte?ide  Lichtkörper,  und  dagegen  das  ebenfalls  TJcht 
bedeutende  lux  —  die  ausgeströmte  Lichtmnsse  sein,  so  fallen  doch 
beide  Wörter  im  Gebrauche  oft  so  zusammen,  dass  der  Unterschied 
kaum  bemerkbar  ist.  Besonders  streitet  man  darüber,  ob  man  hauen 
oder  lucem  afferre  sagen  müsse,  wenn  man  die  dunkeln  Worte  einer 
Schriftstelle  aufhelle  und  klar  mache.  Ziemlich  allgemein  wird  das 
letzte  dem  ersten  vorgezogen  und  es  werden  diejenigen  getadelt  (wie 
Ruhnken  Elog.  Hemst.  p.  228),  welche  lumen  affundere  sagen,  da  es 
nur  lucem  afferre  heisseu  könne,  obgleich  wohl  weniger  lumen  anstös- 
sig  ist,  als  uffundere,\ye\c\Mt%  Ver!)um  weder  zu  /«mew,  noch  zu  lucem 
passt.  Was  aber  lucem  afferre  betrifft,  so  kommt  dies  allerdings  vor, 
aber  nur  in  dem  Sinne  Hülfe,  Heil  und  Glück  bringen,  und  ist  daher 
für  jenen  Begriff  ebenfalls  unpassend.  Mir  wenigstens  scheint  lumen 
afferre  (freilich  nicht  affundere^  passender,  da  es  bei  Cicero  bedeu- 
tet Licht,  Klarheit,  Schönheit  bringen, a?/f hellen,  aufklären,  gleich  illu- 
strare.  —  Am  sichersten  bleibt  es,  !)eide  Redensarten  ganz  zu  vermei- 
den. Vgl.  Anmerkk.  zu  Ruhnken's  Stelle  und  Kraft  zu  MuretI  Epist. 
p.  249  (auch  in  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  45  ed.  Fr.). —  Ueber  luniinibus 
alicujus  officere,  Einem  das  Licht,  A.  h.  die  Aussicht  nehmen,  vgl. 
Officere. 

Luscus  ist  in  der  Bedeut.  schielend  N.  L.  für  strabo ;  jenes  bedeu- 
tet einäugig. 

Lusiuncula,  das  Spielchen,  ein  scherzhaftes  Diminutiv  von  lusio. 


475 

ist  N.  A..,  wahrscheinlich  von  Muretiis  (Oper.  T.  I,  p.  377  ed.  Fr.)  ge- 
bildet, und  wohl  nicht  zu  verwerfen.  Vgl.  Th.  f,  §.  193. 

Lntosns,  schlammig,  kothig,  kommt  N.Kl.  bei  Coluraella,  Piinus  u.  Ä. 
vor,  für  Intens,  Intiilenlus. 

Lux,  Licht;  darüber  und  über  liimen  vgl.  Lianen.  Die  Redensart 
hix  vitae,  wie  Cicero  die  ratio,  die  Vernunft,  als  die  Leuchte  und  si- 
cherste Führerin  des  Lebens  (ratio,  Inx  lumenque  vitae)  nennt,  werde 
nicht  falsch  gebraucht  in  andern  Bedeutungen.  Was  lucem  afferre 
heisse,  und  dass  lucern  afffindere  N.  L.  sei,  davon  war  unter  Lumen 
die  Kede.  Eben  so  neu  ist  lucem  tiancisci.  Verworfen  wird  aucli  von 
Raschig  (Progr.  p.  25):  aliquid,  z.  B.  librura,  in  lucem  mittere  oder 
emittere,  wiewohl  res  occultas  in  lucem  emittere  natürlich  und  gut  ist, 
und  daher  auch  wohl  auf  die  Herausgabe  einer  verborgen  gewesenen 
Schrift  angewandt  werden  kann;  —  sonst  sagt  man  nur  vulgare,  edere 
u.  a.  —  Eben  so  N.  L.  ist:  hie  über  in  lucem  (und  wohl  gar  noch  pu- 
blicnm)  prodit,  wie  wir  sagen:  ans  Licht  trete?/.,  was  ebenfalls  nur  bei 
einer  versteckten  und  verborgenen  Sache  passt.  Richtig  ist  zwar  lux 
meridiana,  das  Mittagslicht,  wie  sol  meridia?mä,  die  Mittagssonne  ;  aber 
um  unser  sonnenklar  auszudrücken,  brauche  man  keins  von  beiden,  da 
die  Lateiner  nur  das  einfache  sol  oder  lux  anwenden,  des  Mittags  aber 
dazu  nicht  bedürfen,  und  blos  sagen  luce  clarius  (Cic.  Tusc.  1,37,90) 
oder  solis  luce  clarius  (Divin.  1,  3,  6)  oder  ea  sole  ipso  illustriora  et 
clariora  sunt  (Fin.  I,  21).  Dagegen  findet  sich  oft  im  N.  L.  sole  meri- 
diano  oder  Ince  meridiana  clarius,  z.  B.  bei  Muret.  (Oper.  T.  III, 
p.  189),  wobei  Ruhnken  bemerkt:  Veteres  in  hac  formula  meridiana 
omittunt. 

Luxiiria  hatte  neben  sich  noch  die  Form  luxuries,  aber  gewiss 
ohne  Unterschied  der  Bedeut.,  wie  barbaria  und  barbaries,  materia 
und  fnateries  u.  a.  m.  Uebrigens  bedeutet /?/j;"?/r/ß  —  Ha?ig  zur  Schuwl- 
gerei,  hixus  aber  sind  Gegenstände  der  Schwelgerei  und  Ueppigkeit. 

Lycaomus,der  Lycaonier, kommt  wohl  nicht  vor,  für  Lycäoji..  Vgl. 
Cic.Fam.  111,10,10. 

Lydias,  der  Lydier,  ist  nicht  üblich  für  Lydus. 

Lympha,  Wasser,  ist  nur  P.  L.  für  aqua. 

Lymphaticus,  begeistert,  schwärmerisch,  und  in  derselben  Bedeut. 
lymphatus,  sind  N.  Kl.  für  fanaticus,furore  corrept?is,  furens  ;  jedoch 
sind  beide,  da  auch  Livius  sie  braucht  und  von  einem  panischen,  uner- 
klärlichen Schrecken  sagt  pavor  lymphaticus,  nicht  zu  verwerfen,  zu- 
mal da  er  vor  lymphaticus  noch  velut  setzt.  —  Lymphatus  aber  in  der 
Bedeut.  ^ev'ßsse?Y,  wässerig  ist  A.  L.  für  aqua  temperatus. 

Jjyricen,  der  Leier spieler,  ist  nur  P.  L.  für  ßdicen,  qui  lyra  oder 
fldibus  canit. 

M.  m. 

Macedofiius,  Macedoiiisch,  ist  nur  P.  L.  Form  für  Macedonicus. 
Das  Subst.  ist  Macedo;  daher  Alexander  Macedo,  Alex,  aus  Mace- 
donien. 

Macerare  ist  in  der  Bedeut.  quälen  fast  nur  P.  L.  für  cruciare, 
conficere,  torquere ;  sich  quäle?/, zermartern — discruciari,  mchimncerari. 


47G 

Macrescere,  7nager  werde//,  kommt  zwar  bei  Varro  und  Coliimella 
vor,  aber  besser  sagt  man  dafür  macie  conßci,  corrumpi  oder  esta- 
bescere. 

Macritas  und  macritudo,  die  Magerkeit,  sind  Gem.  L.  für  macies; 
ebenso  macor  oder  tnacror. 

Mnctare  mit  dem  Ablat.  honorUms  in  der  Bedeut.  mit  Ehre  über- 
häufen soll  Cicero  einmal  gebraucht  haben;  aber  es  kommt  sonst  nicht 
in  solchen  Verbindungen  Aor,  und  werde  daher  vermieden  und  nicht 
falsch  gebraucht,  wie  man  z.  B.  im  A\  L.  ah'(/uem  laude  mactare,  für 
landibns  aliquem  efferre  findet,  wiewohl  mactare  einigemal  mit  Abi. 
einer  bösen  Sache  vorkommt,  z.  B.  aeternis  suppliciis,  crudelissima 
morte  u.  ähnliche. 

Madere,  fiass,  feucht  sein,  triefen,  ist  in  der  Bedeut.  ro//,  reich  sein 
nur  P.  L.,  und  gekünstelt  nennt  Sp.  L.  Gellius  tadelsüchtige  Philoso- 
phen interciitibus  vitiis  madentes.  Es  kann  nur  im  Spott  angewandt 
werden,  und  wenn  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  339  ed.  Fr.)  sagt:  oratio  co- 
pia  rerum  madet,  so  bemerkt  Buhnk.  mit  Beeilt  dazu:  Poetica  loqiiendi 
forma,  non  imitanda  in  prosa.  Lächerlich  aber  ist  oratio  madet  copia 
gravium  verborum  ac  sententiarum,  für  magna  est  in  hac  oratione  co- 
pia etc.  Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  287. 

Maenalius  ist  in  der  Bedeut.  arkadisch  nur  P.  L.  für  Arcadicus. 

Maeotis,  Mäotisch,  beschränkt  sich  als  Adj.  in  Prosa  auf  palus 
Maeotis,  der  M.  See,  sonst  ist  es  nur  P.  L.  für  Maeoticus. 

Maeror  ist  nicht  innere,  stumme  Trauer,  sondern  Klage,  Jammer; 
\nu\  ebenso  heisst  das  Verb,  maerere  — jammern,  klagen.  Nach  Diet- 
ricli  ist  es  tiefer,  verzehrender  Schmerz,  dessen  Wirkung  sich  in  der 
ganzen  Stimmung  des  Menschen  ausspricht,  und  daher  auch  laute 
Aeusserung  des  Schmerzgefühls  in  sich  schliesst.  Vgl.  Cic.  Tusc.  W, 
8,  18.  Klotz  z.  Cic.  Tusc.  I,  13,  30  u.  Grotefend's  Comment.  VIII,  2, 1. 

Magis,  mehr.  Selten  ist  magis  et  oder  ac  oder  atque  magis,  mehr 
und  mehr,  für  das  gewöhnliche  magis  magisque ;  aber  bei  in  dies 
(singulos)  und  qnotidie,  täglich,  von  Tage  zu  Tage,  setzt  man  wohl 
nur  das  einfache  magis.  Vgl.  Cic.  Orat.  10,  33.  Liv.  I,  2,  5.  Quintil.  II, 
1,  1.  —  Selten  ist  magis  quam  alii,  mehr  als  Andere,  für  praeter  cete- 
ros,  und  magis  quam  omnes,  für  maxime  omnium ;  z.  B.  Cicero  zeich- 
nete sich  mehr  als  Andere  durch  Beredtsamkeit  aus,  eloquentia  prae- 
ter ceteros  eminuit;  er  studierte  Griechisch  mehr  ah  Alle,  ille  maxime 
omnium  graecis  litteris  studebat.  Vgl.  auch  unter  Mitius. —  Mehr  oder 
ireniger  heisst  magis  minusve  oder  plus  minusve  oder  magis  aut  mi- 
71US,  wie  bei  Seneca  (Ep.  40):  quaedam  et  nationibus  puto  magis  aut 
minus  convenire,  oder,  wie  sich  Cicero  einiffemal  ausdrückt,  mit  alias 
(nlia,  aliud)  magis  alio  (a'ia),  z.  B.  Tusc.  IV,  24,  53  definitiones  Stoi- 
corum  declarant  notiones  alia  magis  alia,  erklären  mehr  oder  tveniger 
die  Begriffe,  und  Fin.  III,  3,  II  philosophorum  disciplinae  has  res  alia 
magis  alia  aut  in  bonis  aut  in  malis  numerant,  —  zählen  mehr  oder  tve- 
niger diese  Dinge  enttveder  — ,  wofür  Lambin  und  Hand  lieber  lesen 
wollen  alia  magis,  alia  minus.  Vgl.  Hand.  Tursell.  III,  p.  560.  —  Sp.  L. 
ist  seu  magis,  oder  vielmehr,  zur  Verbesserung  des  Vorhergesagten, 
für  vel  oder  seil  potius.  Vgl.  Aut. 

Magistratus  im  Sirig.  in  der  Bedeut.  die  Obrigkeit,  der  Mas^istrat, 
das  Magistratscollegium  ist  N.  L.  für  den  PInr.  inagistratus,  da  es  im 


477 

Sing,  nur  ein  einzelnes  (obrigkeiUiches)  Amt  oder  einen  einzelnen 
Staatsbeamten  bedeutete.  Vgl,  Graev.  z.  Justin.  II,  30.  Riihnken  z. 
Terent.  Eun.  prol.  22  u.  die  Ausleg,  z.  Livius  XXXIV,  61. 

Magitam'mitas,  die  Seelengrösse,  die  Grossnmth,  findet  sich  nur 
bei  Cicero  und  nur  einmal  (Off.  I,  43)  als  philosophisches  Wort,  wahr- 
scheinlich von  ihm  selbst  gebildet,  aber  nicht  weiter  nachgebraucht, 
für  animi  magniliido,  wie  Cicero  sonst  und  Andere  sagen;  ausserdem 
auch  animi  altüudo.  elatio  oder  amplitudo.  Oefter  kommt  das  Adject. 
magnanimus,  grossherzig,  von  grossem  M?ithe,  vor,  jedoch  ausser  Cic. 
fast  nur  bei  Dichtern,  für  animo  magno  oder  animi  magni.  ■ —  N.  L. 
aber  ist  das  Adv,  magnanimiter  für  animo  magno. 

Magnates,  die  Grossen.,  grossen  Herren,  ist  <S/>.  L.  —  Bei  uns  heis- 
sen  so  die  Ersten  und  Reichsten  in  Ungarn :  man  sage  dafür  etwa 
optimales,  proceres,  summates  mit  dem  Zusätze ;  quos  Uli  (Hungari) 
Magnates  appellant. 

Magnes  als  Adj  ,  Magnßsisch,  aus  Magnesia,  ist  nur  P.  i.,  ausser 
dass  der  Magnetstein  —  lapis  Magnes  oder  blos  Magnes  heisst ; 
Adject.  ist  Magnesius,  Subst.  aber  jenes  Magnes,  der  Magnesier,  im 
Plur.  Magnetes. 

Magnidicus,  grosssprecherisch,  findet  sich  A.  L.  nur  bei  Plautus 
für  grandiloquus,  magnißce  loquens,  gloriosus,  glorians. 

Magnificare,  erheben,  verherrlichen,  steht  Gem.  L.  bei  Plautus  und 
N.  Kl.  nur  beim  altern  Plinius  und  häufig  im  Kirchenlatein,  wie  in  der 
Vulgata,  für  magni facere,  amplifioare,  ornare,celebrare  u.  a. —  Sp.  L. 
ist  das  Subst,  magnificatio,  die  Verherrlichung,  für  amplißcatio.  Vgl. 
Heuraanni  Poecile  T.  III,  p.  321. 

*  Vor  Beiiticy  stand  es  auch  in  Terent.  Hecyr.  II,  2,  18,  jener  aber  änderte 
es  in  magni  facere  um.  Vgl.  Ruhnk.  zu  dieser  Stelle. 

Magnißcns  —  wofür  magniflcens  Gem.  L.  gewesen  zu  sein  scheint, 
indem  noch  Vitruv  das  Adv.  magnificenter  für  magnißce  braucht  — 
kommt  in  der  Bedeut.  grossthuend  (mit  Worten),  grosssprecherisch 
nur  j4.  L.  bei  Plautus  vor,  für  gloriosus  u.  a.  (vgl.  Magnidicus),  wie- 
wohl magnißca  verba  bei  Terenz  und  magnißcentia  verhör  um  auch 
das  Adj.  in  dieser  Bedeut.  erträglich  und  zulässig  machen.  Zu  bezwei- 
feln ist  aber,  ob  man  eine  Person  ohne  einen  näher  bestimmenden 
Abi.,  wie  bei  Livius  (I,  10  \\r  f actis  magnificus),  in  der  Bedeut.  ange- 
sehen, ausgezeichnet  u,  dgl.,  virum  magnißcum  nennen  könne,  wie  es 
im  N.  L.  oft  geschieht,  wo  es  sogar  zum  akademischen  Latein  als  Ti- 
tel des  Prorector  oder  Rector  gehört,  da  es  ausser  in  der  Bedeutung 
grosssprecherisch  sonst  nur  von  prachtvollen  Sachen  gebraucht  wird, 
und  Personen  nur  dann  so  genannt  werden,  wenn  sie  sich  durch  Pracht 
und  äussern  Glanz  auszeichnen. 

Magniloquus,  grosssprecherisch,  prahlerisch,  ist  fast  nur  P.  L.  für 
magnißce  loquens  u,  a.;  vgl.  Magnidicus ;  —  Ä7.  aber  ist  in  dieser  Be- 
deutung magjiiloquentia. 

Mag7iitudo,  die  Grösse,  ist  von  Leibesgrösse  ohne  den  Zusatz  cor- 
poris, und  bei  Mehrern  corporum,  wohl  nicht  erweislich;  man  sage 
daher  in  dieser  Bedeut.  magnitudo  oder  proceritas  corporis  (corpo- 
rum), oder  umschreibe  es  durch  statura,  corporis  forma;  z.  B.  Jener 
war  sehr  gross,  nicht  sehr  gross,  ille  fuit  ampla  (exigua)  corporis  ma- 
gnitudine,  corporis  forma  oder  statura-,  ich  weiss  nicht,  wie  gross  er 


478 

uHir ., —  qua  ßierit  Statur a.  — Sonst  ist  magnitudo  riclitig  von  der 
Grösse,  (lern  grossen  Umfange  anderer  körperlichen  Gegenstände, 
z.  B.  eines  Buches;  magnitudo  volurainis  bei  Corn.  Nep.  praef.  8.  — ■ 
Vgl.  noch  Magnus. —  Aber  Grossartigkeit  der  Worte  heisst  nicht  ma- 
gnitudo, sondern  granditas  verboruni, 

Magnopere,  oder  oft  besser  7tiagno  apere,  wird  auch,  wie  unser 
sehr,  mit  verneinenden  Wörtern  \erhmu\cn,non?nagnopere,  nicht  sehr, 
nicht  eben;  ne7no  magnopere,  Niemand  sehr,  wohl  fast  Niemand,  flicht 
leicht  Jemand.  Vgl.  Cic.  Fara.  XIV,  4,4.  Ebenso  ?io7i  valde. — Im  TV.  fj, 
verbindet  man  es  wohl  nicht  selten  mit  einem  Adject.,  z.  B.  magno- 
pere jucundus,  sehr  angenehm,  magn.  longus,  sehr  lang  u.  dgl.,  was 
ohne  alle  Auctorität  ist,  da  es  nur  mit  Verben  und  Verbaladjectiveu 
verbunden  wird,  z.  B.  magnopere  desiderare,  espetere,  laborare  u.  a., 
magn.  expetendus,  damnandus  u.  a.  —  N.  L.  findet  es  sich  auch  zur 
Angabe  des  Grades  bei  Verben  der  Ilochschätzung  und  Flochachtung, 
für  magni  oder  seltner  mff^wo;  man  sage^  also  nicht:  te  magJiopere 
aestlmo  oder  facio,  sondern  magni  te  aestimo. 

Magnus  bedeutet  erst  Sp.  und  fast  N.  L.  körperlich  gross  von 
Menschen  und  Thieren,  wie  bei  Magnitudo  ebendasselbe  erinnert 
worden  ist.  Man  brauche  also  longus  (Cic.  Inv.  I,  24  longus  an  brevis, 
ob  gross  oder  klein),  grandis^  homo  magni  corporis,  habitu  corporis  ma- 
gno, magnae  oder  amplae  staturae,  amplae  corporis  formae,  ingenti 
corporis  magnitudine,  ingens  visu,  gross  von  Ansehen  (bei  Tacitus). 

Wenn  einzelne  Personen  m^g-wi^  heissen,  so  hat  es  den  Sinn  unseres 

angesehen  und  achtungsumrdig;  z.^.  Alexander  magnus,homo  ma- 
gnus  (Cic.  Att.  II,  2),  vir  magnus  (N.  D.  II,  66).  Dennoch  wird  kein 
Volk  in  diesem  Sinne  magnus  oder  ?nasimus  genannt,  da  es  sich  bei 
einem  Volke  auf  Umfang,  Grösse  der  Macht  und  Zahl  bezieht,  wenn 
nicht  ein  bestimmender  Zusatz  dazu  tritt.  Sonst  steht  magnus  bei  je- 
der grossen,  umfangreichen  Sache,  z.  B.  epistola  magna,  maxima  (Cic. 
Q.  fr.  III,  1,  11).  —  N..  L.  ist  es,  mag7ius  mit  Adjectiven  zu  verbinden, 
die  substantivisch  gebraucht  werden,  z.  B.  magnus  amicus,  a77ians,  do- 
ctus,  eruditus,  familiaris,  stultus  —  und  was  man  sonst  der  Art  wohl 
verbunden  findet,  um  blos  einen  hohen  Grad  anzuzeigen.  Meistens 
wird  dafür  der  Superl.  gebraucht,  z.  B.  mein  grosser  Freund,  7neus 
amicissimus,  mei  ama7itissir7ius.  —  In  der  Redensart:  es  ist  grosses 
Gerede  von  Etwas  wird  nicht  77iag7ius,  sondern  7nultus  sermo  gesagt ; 
vgl.  Cic.  Att.  VII,  23,  2.  —  Zur  Bezeichnung  des  unbestimmten  Prei- 
ses bei  Kauf,  Verkauf  u.  dgl.  dient  nicht  der  Genit.  mag7ii,  sondern 
der  h\i\. magno,  welcher  sogar  bisweilen  von  Cicero  für  7nagni\i*t\ 
aestimare,  schätzen,  achten,  gebraucht  wird.  Doch  vermeide  man  lie- 
ber den  Abi.  in  dieser  Verbindung,  da  er  selten  ist.  —  Wiewohl  mit 
grosser  Mühe  heisst  magno  negotio  (Caes.  B.  G.  V,  11),  so  wird  doch 
wohl  nie  oh7ie  grosse  Mühe  durch  sine  mag7io  neg.  übersetzt,sondern 
durch  nullo  negotio.  Auch  merke  man,  dass  gross  in  Worten  fast  nur 
durch  gra7idis,  selten  durch  ?nagnu8  bezeichnet  wird.  Vgl.  Cic,  Brut. 
7,  29;  33,  126  u.  a.  Ueber  Major  vgl.  unter  diesem  Worte. 

Majestas,  Majestät,  als  Titel  der  Könige  und  Kaiser,  findet  sich 
schon  von  Augustus  bei  Phaedrus  (II,  5,  23),  wo  die  Ausleger  zu  ver- 
gleichen sind  und  ausserdem  die  Anm.  z.  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  121. 
—  lieber  das  unlatein.  laesa  majestas  vgl.  Laedere.  —  N.  L.  ist  das 


479 

Adj.  majestaticus,  die  Majestät  bezeichnend,  gross,  herrlich,  für  mnje- 
stntem  desigmms,  niajestati  conveniens  u.a.,  nach  Verschiedenheit  des 
Sinnes. 

Major,  grösser.  Der  Genit.  majoris,  um  den  hÖhern  Werth  bei 
Verben,  wie  ueslimare,  facere,  habere  u.  s.  w.  zu  bezeichnen,  findet 
sich  N.Kl.  bei  Seneca  und  ist  nicht  nachzubrauchen,  für  plaris ;  doch 
geschieht  dies  im  N.  L.  niclit  selten. —  Ä'.  L.  ist  auch  in  diesem  Sinne 
der  Abi.  majore  oder  majore  pretio,  beides  ohne  Auctorilät.  —  Rich- 
tig ist  aber  majoris  bei  dem  zugesetzten  pretti,  z.  B.  ornatum  raulie- 
brem  pretii  majoris,  von  höherm  Werthe  (Cic.  luv.  I,  31).  Vgl.  auch 
Klotz  Sintenis  p.  157.  —  Grösser  werden  von  einer  Krankheit  wird 
meistens  durch  ingravescere,  increscere  u.  a.  ausgedrückt. 

Majorejinis,  tnündig,  volljährig,  majorenn,  ist  N.  L.  für  puber,  qni 
in  st/am  tntelam  venil,  sui  juris  est. 

Malacia,  die  Meeresstille,  das  griech.  fialay.ia,  hat  Caesar  (B.  G. 
III,  15)  vielleicht  aus  der  Schiffersprache  als  Kunstwort  unbedenklich 
in  seine  einfache  Geschichtsrede  aufgenommen,jedoch  in  Verbindung 
mit  dem  zugesetzten  ac  tranquillitas,  um  so  den  ganz  bewegungslosen 
Zustand  des  Meeres  auszudrücken.  Da^^^fin  begnügt  sich  Cic.  (Tusc. 
V,  6,  16)  mit  tranquillitas  maris.  —  Ein  gemeiner  Name  für  unser 
Meeresstille  war  der  l^UxY.flustra,  den  aber  nur  die  Grammatiker  er- 
wähnen. 

Malacissare,  ertreichen,  findet  sich  ^.  L.  bei  Plautus  und  N.  Kl. 
wieder  gebraucht  von  Seneca,  für  mollire. 

Male,  lieber  male  audire,  schlecht  hören  und  in  schlechtem  Rufe 
stehefi,  vgl.  Audire,  und  über  male  contentus,  missvergnügt,  vgl. 
Contentus. 

Maledicentia,  die  Schmähsucht,  das  Schimpfen,  Schelteji,  kommt 
nur  Sp.  L.  bei  Gellius  vor,  für  maledictio,  procacitas,  petulantia,teme- 
ritas  linguae.  Vgl.  Aura.  z.  Muret.  Oper.  T.  I,  p.  174  u.  428. 

Maledicere,  Jem.  schimpfen,  auf  Jem.  schmähen,  wird  Kl.  verbun- 
den alicui,  Sp.  L.  aliquem,  was  nicht  nachzuahmen  ist.  Das  Partie.  ?na- 
ledicens  steht  A.L.  bei  Plautus  für  das  Kl.  maledicus,  und  maledictus, 
verflucht,  verwünscht.,  kommt  Sp.  L.  vor,  für  essecrabilis,  detestabilis. 

Malefactor,  der  Uebelthäter,  steht  nur  A.  L.  bei  Plautus  für  homo 
maleficus. 

Malevolens,  übelwollend,  übelgesinnt,  findet  sich^ur  A.  L.  bei  Plau- 
tus für  malevolus. 

Malle,  lieber  wollen.  —  N.  L.  ist  pro  oder  prae  aliqua  re  aliquid 
(aliud)  malle,für  Etwas  Etwas  (Afideres)  lieber  wollen.  Etwas  lieber  wol- 
len als  Etwas,  Eins  dem  Andern  vorziehen,  für  aliquid  malle  quam 
aliquid  oder  alicui  aliquid  praeferre.  So  liest  man  oft  in  Anmerkk., 
z.  B.  pro  Accusativo  malo  Dativura,  für  malo  Dativian  quam  Accusa- 
tivum  oder  Accusativo  praefero  Dativum.  —  Nicht  zu  verwerfen  ist 
es,  wenn  man  potius  oder  magis  noch  in  den  Satz  einschiebt,  was  selbst 
Cicero  und  die  Bessern  thun. 

Malus,  a,  um.  So  vieldeutig  dieses  Wort  auch  ist,  so  findet  man  es 
docli  nicht  von  leidendeti  und  kranken  Theilen  des  Leibes  gebrauclit, 
wo  wir  unser  böse  brauchen;  z.  B.böse  Augen,  böse  Fnsse,böse  Häiide 
heissen  nicht  mali  oculi,  7nali  pedes,  malae  manus.  Böse  Augen  heisst 
entweder  oculi  affecti,  oder  es  wird  durch  lippitudo  (Cic.  Tusc.  IV, 


480 

87,  81)  oder  durch  h'ppire,  ocuh's  laborare  u.  dgl.  ausgedrückt.  So  sagt 
auch  Cic.  (Fam.  XIV,  4,  0)  :  valetudine  oculormn  itnpediebatur,  d.  h. 
durch  Augenweh,  durch  böse  Augen  wurde  er  verhindert.  —  Böse  sein 
auf  Jemanden,  d.  h,  erzürnt  sein  heisst  nicht  alicui  mahim  esse,  son- 
dern iratutn  esse,  succensere,  und  böse  sein  in  demselben  Sinne  ohne 
einen  Zusatz  —  indignari,  molesteferre  u.  a.  —  jBöse7y/(/V  heisst  nicht 
malus  aer,  sondern  aer  crassus,  pestifer,  adversus,  non  salubris,  gra- 
vis, coeli  gravitas^  coelum  grave  u.  dgl. ;  —  böser  ffind,  nicht  ventus 
malus,  sondern  ventus  adversus,  gravis,  saevus,  molesttis  u.  a.;  ich  bin 
schlecht  (übel)  zu  Fasse,  nicht  malus  sum  pedibus,  sondern  ?io7i  valeo 
pedibns  und  ähnliches  Andere.  —  Man  sagt  auch  nicht  bonum  (bona) 
nialo  (mulis)  pensare,  Gutes  mit  Bösem  vergelten,  sondern  benefacta 
maleficiis  pensare  oder  reddere  —  und  umgekehrt. 

Malus,  der  Apfelbaum,  und  malum,  der  Apfel,  werden  im  bessern 
Latein  nicht  verwechselt,  was  im  N.  L.  wohl  geschieht. 

Mandare  bedeutet  nur  auftragen,  Auftrag  gebe?i,  erst  Sp.  L.  be- 
fehlen, für  edicere,jubere ;  und  ebenso  ist  das  Subst.  mandatiim  nur 
der  Auftrag,  nicht  der  Befehl,  für  edictum.  jussum.  Daher  gibt  es 
keine  mandata  publica,  Befehle  des  Staates,  der  Fürsten,  der  Regie- 
rungen, der  Obrigkeit,  sondern  nur  edicta.  Vgl.  Schori  phras.  p.  332. 
Heusing.  Emendd.  p.  414.  —  Von  dem  Subst.  maudatus  kommt  nur 
der  Abi.  mandatu,  im  oder  nach  Auftrag,  auch  bei  Cicero  einigemal 
vor.  Obgleich  mß7?f/ff/'e  alicui  magistratum,  honores  gesagt  werden 
kann,  so  kann  man  doch  nicht  sagen  mandare  auctoritatem,  was  Lam- 
bin  (zu  Cic.  leg.  Manil.  1,2)  für  nicht  lateinisch  erklärt. 

*  Dass  mandatiim  auch  einen  Befehl  eines  Kaisers  bedeute  und  wenigstens 
N.  Kl.  dem  edictum  gleich  sei,  dafür  führen  die  Lexica  aus  Plinius  Epist.  X,  110 
(111)  an:  nitebatur  mandatis  tuis  (Imperatoris  Trajani),  auf  dihie  Befehle ;  aber 
da  die  Aechtheit  des  zehnten  Buches  noch  jetzt  bezweifelt  wird,  so  steht  auch 
diese  Auctorität  noch  nicht  fest.  Man  vermeide  es  daher,  das  Wort  so  zu  brauchen, 

Mandataritis,  der  Bevollmächtigte,  beruht  auf  einer  zweifelhaften 
Lesart  in  dem  Juristen  Ulpian,  für  mandator ;  aber  auch  dieses  ist 
Sp.  L.  für  procurator. 

Marie,  früh,  am  Morgen.  Unser  am  andern,  am  folgenden  Morgen 
heisst  weder  mane  seque7iti,  noch  mane  altero  oder  secundo,  sondern 
mane  postridie,  postridie  mane,  postero  die  mane  oder,  wie  Columella 
sagt,  mane  postero ;  am  heutigen  Morgen,  nicht  hodierno  matie,  son- 
dern hodierno  die  mane  oder  hodie  mane;  am  gestrigen  Morgen,  nicht 
hestertio  mane,  sondern  hesterno  die  mane  oder  heri  mane;  morgen 
früh,  cras  mane;  am  frühen  Morgen,  ganz  oder  sehr  früh,  bene  mane 
(Cic.  Att.  X,  16,  1),  midto  mane  (ib.  V,  4,  1)  ;  heute  ganz  früh,  prima 
hodierna  luce  (Liv.  I,  16,  6). 

Mauere,  bleiben,  bedeutet  das  Fortdauern  eines  frühern  Zustan- 
des,  und  passt  daher  in  manchen  Redensarten  nicht;  z.  B.  diese  Vor- 
lesungen bleiben  unbesucht  heisst  scholae  vacuae  oder  infrequentes  re- 
linquuntur  oder  su7it,  oder  non  frequentantur ;  dieses  bleibt  Jiicht  un- 
gestraft, hoc  non  impune  est,  nicht  impunitum  manet ;  dieses  blieb  mir 
unbekannt,  mihi  fuit  (nicht  mansit)  incognitum,  hoc  ignoravi  u.  ähn- 
liche. —  Es  bleibt  übrig  heisst  reliquum  est,relinquitur,  restat;  stehen 
bleiben,  insistere,  subsistere;  bei  den  Bedingungeti  bleiben,  stare  (nicht 
manere)  conditionibus :  bei  seinem  Eide  bleiben,  conaervare  jusjurun- 


481 

duju  :  bei  den  Gesei%en  bleiben,  observare  (eges.  —  Bei  seinem  Vor- 
satze bleiben  heisst  zwar  aiicli  mnnere  in  proposito,  in  sententia,  aber 
auch  Stare  in  proposito.  —  D.  L.  ist  in  proelio  mauere,  im  Treffen  blei- 
ben, \n  der  Bedeut.  im  Tr.  falle7i,  sterben,  £är  rädere  in  proelio.  Ygl. 
Webers  Uebungssch.  p.  440. 

Mania,  die  Raserei,  ist  erst  Sp.  L.  aus  dem  Griech.  (nuria)  aufge- 
nommen; Cic.  (Tusc.  III,  5)  erwähnt  es  für  die  latein. /^^/•or  und 
insania. 

Mantfestare,  offenbaren,  kund  thim,  bekannt  machen,  kommt  zwar 
schon  KL,  aber  P.  L.  bei  Ovid  vor,  nachher  aber  erst  Sp.  L.  bei  Ju- 
stin und  selten,  für  in  vnlgus  edere,  enuntiare,  declarare,  nperire,  osten- 
dere,  patefacere,  vulgare,  manifestum  facere.  Vgl.  Walchii  bist.  crit. 
ling.  lat.  p.  132  und  Weber's  Uebungssch.  p.  440.  —  Ganz  Sp.  L.  ist 
manifestatio,  die  Ku7idmachung,  und  manijestator ,  der  Offenbarer ^ 
wofür  die  eben  angegebenen  Verba  zu  brauchen  sind. 

Manifeste,  Ädv.  von  manifestus,  ist  Sp.  L.  Form  für  manifesto. 

Manipretium,  Macherlohn  (bei  Kunstsachen,  das  franz. /(r/co/^)  ist 
ältere  Form  für  manupretium  oder  in  zwei  Wörtern  manus  pretium. 
Vgl.  Drakenb.  Liv.  XXXIV,  7. 

Mantissa,  ein  im  N.  L.  oft  gebrauchtes  Wort  in  der  Bedeut.  die 
Zugabe,  ist  so  selten,  dass  es  nur  von  einem  späten  Lexicographen  als 
altes  Wort  erwähnt  wird,  nach  welchem  es  eine  unnütze,  werthlose 
Zugabe  bedeutet.  Addiiamentum,  sagt  er,  qiiod  ponderi  adjicitur,  sed 
deterius  et  quod  sine  uüo  usu  est.  Gleichwohl  brauchen  es  die  Neuern 
für  ihre  oft  werthvollen Anhänge  und  Zusätze,  für  adde?idum,addenda, 
additamentran,  was  ihren  Anhängen  keine  Ehre  macht, 

Manuale,  ein  Handbuch,  ist  in  dieser  Bedeut.  N.  L.,  da  das  Adj. 
manualis  nur  N.  Kl.  einigemal  vorkommt  und  von  gewöhnlichen  Sa- 
chen, wie  von  Steinen,  Besen  u.  s.  w.  gei>raucht  wird,  welche  die  Hand 
füllen,  nirgends  aber  als  neutrales  Subst.  in  jener  Bedeut.  von  einem 
kleinen  Buche,  für  llbeUns.  —  Bekannt  ist  in  neuern  Zeiten  das  ma- 
ntiale  Epicteti  als  Uebersetzung  des  griech.  i/'^ci^ldior,  woher  man  es 
auch  mit  Handbuch  oder  Handbilchlein  übersetzt  hat.  Es  ist  durch- 
aus verwerflich.  Janus  will  in  seinem  Lexicon  das  griech.  enchiridium 
beibehalten  wissen,  was  für  den  Titel  des  Epictetischen  Buches  aller- 
dings das  beste  ist;  sonst  sage  man  libellus. 

Manuductio ,  die  Handführung,  Handleitung.,  Leitung,  Anleitung, 
ist  ebenfalls  N.  L.  und  kf  mmt  als  Titel  mancher  neuen  Bücher  \ov, 
wie  man  z.  B.  eine  manuductio  ad  linguam  graecam  (Romae  169G) 
hat,  und  so  ähnliche  andere.  Janus  schlägt  in  seinem  Lexicon  dafür 
ductus  und  praecepta  vor;  man  könnte  noch  ars  hinzufügen. 

Manufactura ,  die  Manufactur,  ist  gleichfalls  N.  L.  gebildet  von 
manu  f actus ;  man  kann  dafür  mit  Janus  (im  Lexicon)  sagen:  ofßcina 
aper  um  matiu  factorum. 

Manumittere  wird  zwar  bisweilen  in  zwei  Wörter  getrennt,  aber 
dennoch  so  verbunden  gedaclit,  dass  man  nicht  sagt  mea  mßn?^  oder 
manu  meamissus  est,  sondern  nur  a  me  manumisstis  est. 

Manus ,  die  Hand.  Wiewohl  die  Lateiner  mamis  oft  in  eigener 
Veri)indung  und  Bedeutung  brauchen ,  so  stimmen  sie  doch  meistens 
mit  dem  Deutschen  in  dem  Worte  //««rf  iiberein,  mag  es  eigentlich 
oder  bildlich  gebraucht  werden.  So  heisst  z.  B.  in  Händen,  unter  den 

31 


482 

Händen  haben  (ein  Buch,  den  Sieg  ,  Hoffnung),  in  manibus  habere 
(Cic.  Senect.  7);  von  geistigen  Werken  —  sie  in  oder  unter  den  H. 
haben,  sich  mit  ihnen  beschäftigen,  an  ihnen  arbeiten,  ebenfalls  in 
manibus  habere;  z.  B.  Cic.  Acad.  1, 1,  2  habeo  opus  niagnum  in  manibus; 
Sen.  11  septimus  mihi  Originum  über  est  in  manibus,  ich  habe  unter 
den  H.,  schreibe  an  dem  Buche ;  Att.  IV^  83,  —  wofür  Plinins  ( PJp.  V,  5) 
sa^t:  inter  manus  habere; —  auch  in  der  Bedeut.  sprecheti  iiber  Etwas 
(Cic.  Tusc.  V,  7, 18) ;  ferner:  bei  der  Hand,  d.  h.  in  Bereitschaft  sein, 
ad  mannm  esse,  g'leich  in  pro?nptu  esse;  bei  der  Hajid  haben,  ad  manum 
habere;  Etwas  aus  der  Hand,  aus  den  H.  lassen,  ex  manibus  aliquid 
dimittere ;  in  Jemandes  Händen  oder  Arjuen  sterben,  in  alicujus  ma.- 
nibus  raori  (Cic.  Inv.  I,  55,  108);  Etwas  in  die  Hand,  in  die  Hände 
nehmen,  in  manus  (sehen  in  manum)  sumere;  das  ist  oder  steht  in 
unsrer  Hand,  in  unsern  Händen,  d.  h.  in  unsrer  Gewalt,  hoc  est  (haec 
sunt)  in  nostra  manu,  aber  wohl  nicht  in  nostris  manibus; —  aber  die 
Gewalt  steht  (ist)  in  unsern  Händen  heisst  nicht:  potestas  est  in  nostra 
manu,  sondern  penes  nos.  Daher  sagt  Liv.  (XXXIV,  2,  11):  in  manu 
(nicht  in  manibus)  esse  parentuni ,  fratrum,  virorum.  J>Jan  beachte 
auch,  dass  Kl.  gesagt  wird:  aliquid  est  manu  alicujus,  Etivas  ist  von 
Jemandes  Hand,  nicht  ab  alicujus  ?nanu.  Vgl.  Cic.  Att.  IV,  10, 1  epistola 
librarii  manu  est;  ib.  VII,  2,  8  quae  (epistolae)  quidera  erant  i«ß 
manu.  —  Gut  ist  auch  inter  manus,  unter  den.  Händen,  d.  h.  während 
der  Arbeit;  z.  B.  Caes.  B.  C.  11,  2  agger  inter  manus  proferebatur ; 
Seneca  Ep.  12  villa  crescit  tnter  manus;  ferner  mafius ,  wie  unser 
Hand,  in  der  Bedeut.  Schrift ,  Handschrift.  Vgl.  Cic.  Att.  VII,  2,  3. 
Catil.  111,5.  Auch  sagte  man  von  dem,  der  Jemandes  Hauptbeistand 
und  Gehülfe  ist  und  das  Meiste  für  ihn  thut,  est  ejus  dextra,  wie  wir: 
er  ist  seine  rechte  Hand.  So  sagt  wenigstens  etwas  spöttisch  Cicero 
(Att.  XIV,  20,  5)  :  Quintus  filius,  ut  sci-ibis,  Antonii  est  dextella.  End- 
lich wird  von  Einigen  die  Redensart  plena  manu  aliquem  laudare,  was 
allerdings  seltsam  ist,  verworfen  und  dafür  pleno  ore  laudare  (aus 
Cic.  Off.  I,  18 ,  61 )  empfohlen;  aber  auch  jenes  braucht  Cicero  (Att. 
II,  25,  1)  :  Hortalus,  quam  plena  manu,  quam  ingenue  uostras  laudes  in 
astra  sustulit,  was  freilich  durch  laudes  tollere  verschieden  ist  von  dem 
einfachen  laudare.  —  üeber  manu  propria  vgl.  Proprius. 

Manuscriptum ,  das  Manuscript ,  die  Handschrift,  ist  als  Neutrum 
N.  L.  für  Über  oder  codex  manu  scriptus ;  aber  auch  nicht  einmal 
manuscriptus  kommt  irgendwo  bei  den  Alten  vor.  Es  genügt  auch, 
blos  liber,  codex  oder  liber  scriptus  im  Gegensatze  von  editio zu  sagen; 
dagegen  heisst  7na7m  scriptus  für  sich  allein  handschriftlich. 

Mappa  wird  im  N.  L.  in  der  Bedeut.  7'/srA/?/6'Ä  gebraucht,  welches 
aber  mantele  oder  ma?itile  hiess;  jenes  bedeut.  die  Serviette. 

Marcius  werde  nicht  mit  Martins  verwechselt;  jenes  hängt  mit 
Marcus  zusammen,  dieses  aber  ist  das  Adj.  von  Mars.  Der  König  Ancus 
hiess  Marcius,  nicht  Martins,  wie  man  bisweilen  seinen  Beinamen  ge- 
druckt findet;  dagegen  heisst  der  Monat  März  nicht  mensis  Marcius, 
sondern  Martins,  da  er  dem  Mars  geweiht  war. 

Mare.  Dass  fast  nur  terra  mari<iue  und  nur  selten  mari  et  terra 
gesagt  wird,  ist  bekannt;  A.  L.  und  P.  //.sind  terra  pelagoque  xinA 
marique  terraque  für  unser  zu  Wasser  und  zu  Lande,  üeber  mare 


483 

Medilerrajieum  \^\.  Mediterraneus ;  auch  vgl.  Aqua  und  Iter.  —  Noch 
merke  man ,  dass  die  Ablativform  auf  e ,  niare  für  mari,  nur  P.  L.  ist. 

Margo  ,  der  Rand  (  eines  Buches  und  ähnlicher  Dinge  )  ,  wird  in 
dieser  Bedeut.  von  H.  Stephanus  (Pseudo-Cicero  p.  101)  bezweifelt; 
aber  so  kommt  es  wenigstens  bei  Jnvenal.  vor  (Sat.  I,  5)  ;  plena  jam 
niargine  libri,  mit  schon  vollem  (voll  beschriebenem)  Rande  des  B?/ches, 
und  ebenso  später  bei  dem  Juristen  Paulus.  Es  ist  also  für  diesen  Be- 
griff Kl.  und  werde  dem  Worte  ora,  welches  man  so  braucht,  ohne 
dass  es  irgendwo  so  vorkommt,  vorgezogen.  Sonst  ist  freilich  an  den 
Rand  schreiben  noch  besser  durch  ad paginatn  scribere  (fiir  margini 
adscribere  oder  ad  marginem  scribere)  auszudrücken,  wenn  anders  bei 
Sueton.  (Caes.  56)  ad poginas  bedeutet  a/t  die  Seite?iränder.  —  N.  L. 
aber  ist  marginalis,  und  oft  kommen  observationes,  glossae  marginales 
u.  dgl.  vor,  für  ad  pagina?n  (paginas)  oder  ad  marginem  scriptus  oder 
margini  (paginae,  paginis )  adscriptus ,  oder  nach  Andern  ifi  niargine, 
in  vacua  charta  oder  verbis  scriptorts  additus ,  adjectus ,  adscriptus, 
auch  qui  (quae,  quod)  in  margine  est;  kurz,  es  lässt  sich  vermeiden.  — 
TJebrigens  scheint  das  Genus  des  Subst.  margo  nicht  nur  masc,  sondern 
•AVich  femin,  gewesen  zu  sein,  jenes  aber  bei  den  Bessern. 

Maritare,  verheirathen ,  ehelich  verbinden,  findet  sich  schon  A.  L. 
bei  Plautus;  es  war  wohl  das  gewöhnliche  Wort  für  diesen  Begriff, 
auch  in  der  bessern  Zeit,  weswegen  auch  Augustus  sein  Gesetz  über 
Ehen  —  legem  de  maritandis  ordinibus  nannte,  wie  es  bei  Sueton. 
(Aug.  34)  vorkommt.  Als  ein  seltenes  Wort  vermeide  man  es  durch 
uxorem  dacere,  matrimoninni  inire  u.  a.  Ebenso  ist  maritus ,  der  Ge- 
mahl, weniger  in  Prosa  üblich,  mehr  P.  L.,  als  conjux. 

Mars,  wofür  Mavors  nur  P.  Form  ist,  kann  bildlich  ^on  uns  kaum 
mehr  angewandt  werden,  wenn  von  unsern  Zeiten  die  Rede  ist;  man 
sage  also  z.  B.  nicht  Mars  für  bellum  o(]er  proelium ;  nicht  ?neo ,  tue, 
suo,  Marte  u.  dg^l.  in  der  Bedeut.  durch  eigene  Kraft  mid  Anstrengung, 
ohne  fremde  Hülfe;  alieno  Marie ,  durch  fremde  Hülfe,  bei  deren  Ge- 
brauche sogar  schon  Cicero  bisweilen  ut  dicitnr  hinzufügt.  Man  brauche 

dafür  ipse,  meis viribus,  n?/llis  ad>niniculis,nullo  adjuvante ;  P.  L. 

aber  ist  proprio  Marie.  Vgl.  Weber's  üebungssch.  p.  109. 

Martins  wird  oft  falsch  gebraucht  für  Marcius ;  vgl.  Marcius. 

Martijr,  der  Zeuge,  ist  erst  im  Kirchenlatein  (zur  Bezeichnung  der 
Blutzeugen  für  die  Wahrheit  des  Christenthums )  aus  dem  Griech. 
aufgenommen  worden,  und  kann  für  diese  neue  Idee  kaum  durch  testis 
ersetzt  werden;  —  ebenso  martyrium,das  Märtyrthum.  Beide  sind  in 
dieser  Bedeutung  nicht  zu  verwerfen. 

Mas,  der  Mann,  das  Männchen,  hat  im  Abi.  nur  mare,  nicht  mari. 

MascuUnus  und  mascidus,  männlich,  kommen  erst  A'.  Kl.  beim  altern 
Plinius  vor,  welcher  oft  genus  masculinum  braucht,  was  denn  auch  zu 
Quintihan'sZeitdergrammatische  Kunstausdruck  war;  dagegen  brauchte 
Kl.  Varro  nur  genus  virile.  Ebenso  sind  nur  Kl.  mas  und  virilis ;  bei 
Thieren  nie  anders,  als  mas ;  z.  B.  eine  männliche  Schlange,  mas  anguis, 
nicht  masculinus  anguis.  Vgl.  Cic.  Divin.  II,  29  u.  a.  —  Noch  viel  weni- 
ger kann  eine  männliche,  d.  h.  kräftige  Rede —  oratio  mascula  oder  ma- 
sculina  genannt  werden,  sondern  nur  virilis.  Als  altes  Kunstwort  aber 
behalte  man  genus  masculinum  bei,  nicht  aber  das  ältere  r/>v7e;  dieses 
\vieder  einzuführen,  wäre  pedantisch.  Vgl.  auch  Reisig's  Vorles.  p.l39. 

31* 


484 

Mastix,  die  Geissei,  wurde  aus  dem  Griech.  genommen,  und  ist  erst 
Sp.  L.  i\\Y  flagellum. 

Mater.  Die  Haus-  oder  Familienmiitter  heisst  gleich  gut  nialer 
familiae  und  mater  familias,  welche  Form  sich  hier  erhalten  hat.  Vg-1. 
Th.  1 ,  §.  15.  —  Ueber  niatris  frater  und  soror  vgl.  Matris.  —  Nur 
selten  wird  mafer  bildlich  von  der  Urheberi?/ ,  der  Quelle ,  dem  Ur- 
sprünge u.  dgl.  gebraucht,  wofür  weit  mehr  parens  gehraucht  wird. 
Es  verhält  sich  damit,  wie  mit  Pater,  welches  zu  vergleichen  ist.  — 
Lieber  Multerstadt  vgl.  Metropolis. 

Materia  und  materies  sind  Rl.  gute  Formen,  gewiss  aber  ohne  Un- 
terschied der  Bedeutung,  wie  ihn  Einige  ausgesonnen  haben.  Cicero 
braucht  in  einigen  Büchern,  z.  B.  de  Oratore,  die  Form  maleria 
fast  nicht ,  sondern  materies. — Wenn  niateria  der /o/"mtt  entgegen- 
steht, so  ist  es  der  ganze  Inbegriff  der  Sachen  und  Gedanken,  die 
vorgetragen  sind  und  etwas  Einzelnes  beweisen,  behandeln  und  dar- 
legen; forma  ist  nur  der  Vortrag  in  Worten.  Es  bedeutet  also  nicht 
den  einzelnen  Gegenstand,  welcher  der  Vorwurf,  das  Object,  die  Auf- 
gabe einer  Rede  und  jeder  Schrift  ist,  wovon  gesprochen  wird,  und 
den  wir  oft  Materie  und  Stoff  zu  nennen  pflegen,  der  aber  Kl.  res, 
loc?is,  q?iaestio,  causa  oder  argumentum  (vgl.  dieses  Wort)  heisst.  Da- 
her ist  die  materia  immer  vielfaUig  und  begreift  alle  Gedanken  und 
Data,  welche  zur  Bearbeitung  der  res  oder  der  ^'rVßes^/o  gebraucht 
werden,  welche  wir  auf  ähnliche  Weise  Materialien  nennen.  Vgl.  Cic. 
Rose.  Ära.  32,  89  in  singulis  rebus  ejusmodi  materies,  so  reiche  Ma- 
terialien,  so  reicher  Stoff  zum  Redefi;  Farn.  V,  12,  3  ist  die  Beschrei- 
bung des  Consulates  Cicero's  bis  auf  seine  Rückkehr  aus  dem  Exil 
materies,  ein  reicher  Stoff  für  Geschichte;  ib.  III,  6,  7  materia  serino- 
nis  u.  a.  —  Oft  scheinen  die  Bedeutungen  in  einander  überzugehen, 
wiewohl  sie  dem  Sinne  nach  doch  verschieden  sind,  und  A'.  Kl.  mag 
ganz  offenbar  materia  elwen  einzebien  Gegenstand  hedenXen,  wie  raehr- 
mals  beim  Jüngern  Plinius  (vgl.  Epist.  II,  5;  III,  13  pulchritudo  ma- 
teriae ,  für  /e/ oder  argu7ne7iti  d\^n\i?L^',  V,  13  materiam  ex  titulo  co- 
gnosces:  cetera  liber  explicabit;  V,  16;  W,  9  u.  a.).  —  Im  Schreiben 
halte  man  sich  an  den  bessern  Gebrauch  und  sage  nicht,  wie  Einer  in 
Wolfs  Analekten  (1,  p.  489):  de  illa  materia  multo  pensiculatins 
jam  alii  tractarunt ,  für  illam  rem  multo  accuratius  oder  diligentius 
tractarinit. 

Maternus ,  mütterlich.  Wo  wir  sagen :  von  mi/tterlicher  Seite,  z.  B. 
der  Grossvater,  die  Grossmutter  von  mütterl.  Seite ,  wird  zwar  mater- 
mis  gebraucht,  aber  ohne  ein  Subst.  (\\\e  pars  oder  gar  latus),  son- 
dern entweder  sagt  man  blos  avus  materntis ,  avia  malerna,  oder  ma- 
terno  genere.  Vgl.  Latus.  Ferner,  wo  wir  von  Muttersprache,  die  uns 
angeboren  ist,  sprechen,  brauchen  die  Lateiner  nicht  maternus  (also 
nicht  materna  lingua,  maternus  sermo) ,  sondern  sernio  patrius  (  Cic. 
Fin.  1,2,4):  sermo  qui  nobis  natus  est ,  in  quo  nos  nati  sumus,  auch 
nostra  lingua  im  Gegensatze  von  aliena.  Aber  vorsichtig  ist  lingua 
vernacula  zu  brauchen ;  vgl.  Vernaculus.  —  Das  unlatein.  materna 
lingua  in  jener  Bedeutung  (denn  es  bedeutet  nur  die  Sprache  der 
Mutter)  hätte  Paul.  Manutius  in  seinen  Briefen  nicht  brauchen  sollen, 
wo  er  z.  B.  sagt:  ad  hujus  maternae  linguae  sludium. 

Mathesis ,  die  Mathematik  (im  Genitiv  besser  mathesis,  als  das  ge- 


485 

wöhnlicli  iibliclie  matheseos ;  \^\.  Th.  I,  §.  30),  kommt  erst  Sp.  L.  vor 
für  (las  tViilier  übliche  malheviutica  als  Siii^.  oder  (wie  hei  (Jic.  Orat. 
I,  61)  Plural,  aiialoiT  dem  physica  (physicormn),  (h'alectfca,  musiva  u.a. 
Docli  wird  jenes  mathesi's,  als  das  üblichste  Kunstwort,  nicht  zu  ver- 
drängen sein. —  Anstatt  des  JV.  L.  Adv.  maihematice ,  mathematisch, 
z.  B.  Etwas  Tnathematisch  beweisen ,  sag-e  man  mathematicoruin  ra- 
tione ,  wie  Cic.  (Fin.  V,  4,0):  ut  multa  —  necessaria  matheniatico- 
rum  ratione  concluderent. 

Matrisf rater,  der  Mutter- Bruder,  kommt  wohl  nur  als  Erklärung 
des  kurzen  g^esetzlichen  avimcuhis  vor.  Vg^l.  Avwncnlus  ;  —  ebenso  die 
M/itter-Schwester^  matris  soror,  nur  als  Erklärung  von  matertera  oder 
des  mehr  jui'istischen  soror  ex  matre. 

Matiirus,  n,  um,  reif ,  früh,  frühzeitig,  werde  vorsichtig  gebraucht. 
Matura  aetas  z.  B.  heisst  nicht  das  frühe  Kindesalter,  sondern  viel- 
mehr das  höhere  y4lter;  jenes  ist  durch  primi  antii,  prima  aetas  oder 
pueritia,  iniens  pueritia  (Cic.  Fam.  X,  3,  2)  auszudrücken;  ein  reifes, 
gereiftes  Urtheil  heisst  nicht  wß/?/rMmj?/r//c/?/?ft,  was  unerweislich  ist, 
sondern- se»«7e  (Cic.  Sest.  b2),firmum  (Orat.  7,  24),  subtile  (Fam. 
XV,  6,1),  certum  Judicium  (Orat.  III,  47,  185)  ;  —  ein  frühzeitiger 
Tod,  der  vor  der  Zeit,  gleichsam  zur  Unzeit  eintritt,  heisst  nicht  ma~ 
iura  7nors,  mainrus  interitus,  sondern  immatura  mors,  immaturus  in- 
teritus  (Cic.  Brut.  33, 125).  —  Früher  oder  später  heisst  nicht  maturius 
aut  serius ,  sondern  ocius  sei'ius  oder  serius  ocius,  citius  tardiusve 
(Senec.  N.  Q.  II,  59)  ,  serius  aut  citius  (Ovid.  M.  X,  83)  ,  wie  denn 
auch  Cic.  (Inv.  I,  26,  39)  sagt:  quid  ocius  et  quid  serius  futurum  sit. — 
Im  Superl.  scheint  die  Form  ?natnrrimus ,  und  als  Adv.  matzirrime, 
seltner,  als  maturissimus,  maturissime. 

Maxime,  verbünd.  ra.eu\.Superl.,%ie\it  überall  bei  bessern  Schrift- 
stellern, wie  bei  Cic.  u.  Liv.  (wo  es  noch  die  Ausgaben  haben),  sehr 
unsicher,  wie  denn  z.  B.  in  Cic.  Verr.  II,  66  für  maxime — remotissimi, 
was  die  Handschr.  und  alten  Ausgg.  haben  sollen,  von  Zumpt  und 
Klotz  ungeachtet  jener  Auctorität  remoti  aufgenommen  worden  ist. 
Wo  es  vorkommt,  bleibt  es  immer  incorrect  und  verdient  keine  NacJi- 
ahmung.  —  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  grösstentheils,  als  Beisatz  zu 
einem  Adj. ;  z.  B.  das  Buch  ist  grösstentheils  griechisch,  nicht  maxime 
graecus,  sondern  maximam  partem  gr.  oder  auf  andere  Weise.  Vgl. 
mehr  über  maxime  in  liandii  Tursellin.  III,  p.  590  u.  Reisigs  Vorles. 
p.  403. 

Meare^  gehen,  ist  fast  nur  P.  L.  oder  Sp.  L.  für  i're,  amhulare  u.a. 
Ebenso  kommt  das  Subst.  jneatus  erst  N.  Kl.  beim  altern  Plinius,  Ta- 
citus  und  Aehnlichen  vor,  und  ist  ebeiäfalls  mehr  P.  L.  für  incessus, 
rnotus,  cursus,  circuitus,  conversio.  llnhnken  brauchte  also  ganz  un- 
nöthig^  einigemal  siderum  meatus  für  die  ihm  aus  Cicero  bekannten 
Ausdrücke  siderum  cursus  oder  motns. 

Mechaniciis  kommt  als  Subst.  in  der  Bedeutung  Mechaniker  schon 
N.  KL  vor,  erst  später  als  Adj.  in  der  Bedeut.  künstlich,  mechanisch. 
Als  Kunstwort  werde  es  überall  beibehalten,  wo  die  Mechanik  in's 
Spiel  kommt;  wo  wir  ^^ieY  z.}i.  mechanische  Künste  den  geistigen  oder 
acht  wissenschaftlichen  entgegensetzen,  da  sage  man  nicht  artes  me- 
cha?iicne,  sondern  blos  artes,  oder  artificia,  oder  artes  mit  denAdject. 
vulgares,  sordidae,  illiberales,  wogegen  die  Wissenschaft liche?i  —  ar- 


486 

tes  liberales,  in^^enuae,  optimae  hiessen.  —  N.  L.  aber  ist  mechavis7tms, 
wofür  oft  machinatio  passen  wird. 

Medela,  Heilung,  Heilmittel,  ist  erst  S'p.  L.  für  cura,  curatio,  me- 
dicina,  medicamentiini. 

Mederi,  heilen,  wird  in  der  bessern  Prosa  nur  mit  d.  Dativ  verbun- 
den, ^.  iy.  mit  dem  ^ccz/s.,  aliquem;  da!»er  kommt  es  Gem.  L.  als 
Passiv,  vor. 

Mediare  ist  in  der  Bedeut.  vermitteln  N.  u.  B.  L.  für  intervenirey 
intercedere;  davon  mediatns  und  Adv.  mediale,  mittelbar,  für  alio  in- 
ierveniente,  deprecanie,  und  durch  die  Praep.  a  und  per,  und  als  Adv. 
bisweilen  quodam  modo  (Cic.  Tusc.  IV,  27,  59).  Vgl.  Immediatus.  — 
Hine  mittelbare  Ursache  heisst  causa  adjuvans  et  efßcieridi  aliquid 
socia,  wie  es  Cicero  umschreibt.  —  Sp.  L.  sind  mediatio,  die  Ver?nit- 
telu?ig,  für  deprecatio,  und  mediator,  der  Vermittler,  Mittler,  Fürbitter 
(besonders  im  Kirchenlatein  von  Christo  gesag-t),  für  conciliator,  de- 
precator  (salntis),  inlennintius,  interpres,  pacißcator,  arbiter.,  disce- 
ptator,  qiti  se  interpo?iit,  —  wie  der  Sinn  das  eine  oder  das  andere 
mehr  verlangt.  Vgl.  Schori  Phras.  p.  480. 

Medicabilis,  heilbar^  ist  nur  P.  L.  und  stand  früher  in  den  Ausgg. 
Senec.  Ep.  95.  p.  64  ed.  Schw.  für  das  jetzt  aufgenommene  remcdia- 
bilis;  —  KL  sagt  man  dafür  sa?iabilis.  In  der  Bedeut.  heilsam,  Heilung 
bringend  ist  es  N.  Kl.  und  selten,  nur  bei  Columella  und  Aehnlichen, 
für  salutaris,  sah/bris  (snluber). 

Medicare  und  medicari,  heilen.  Fast  nur  P.  L.,  ausser  etwa  beim 
altern  Plinius,  kommen  diese  Verba  bald  in  der  Form  des  Activ.,  bald 
in  der  des  Depon.  vor,  für  mederi,  sauare,  medivinam  alicui  adhibere 
oder  affer re,  wiewohl  medicamen  und  medicamentum,  Heilmittel,  Arznei, 
Kl.  sind. 

Medie,  Adv.,  mittelmässig,  ist  Sp.  L.  für  mediocriter. 

Medietas,  was  in  der  Mitte  liegt,  wagte  Cicero  als  wörtliche  üeber- 
setzung  von  Mf(7ux?)c  für  seine  philosophische  Sprache,  brauchte  es 
aber  nur  einmal,  und  Niemand  brauchte  es  ihm  nacl».  —  Sp.  L.  ist  es 
in  der  Bed.  Mitte,  Mittelstrasse,  Hälfte,  für  medium,  mediocritas,  di- 
midium,  dimidia  pars. 

Mediocritas  geradezu  in  der  Bedeut.  Maass  und  Ziel  ist  wohl  un- 
erweislich, für  modus,  moderatio ;  es  bedeutet  blos  die  Mittelstrosse, 
die  Mitte  zwischen  zwei  Extremen  oder  entgegengesetzten  Dingen. 

Meditari  kommt  im  Partie,  meditattis.  Kl.  auch  passiv,  vor,  z.  B. 
bei  Cic.  (Tusc.  III,  14,  80):  sint  semper  homini  humana  meditata  und 
Off.  I,  8,  27  verbindet  er  meditatus  et  praeparatus. 

Mediterraneus  bedeutet  was  mitten  im  Lande  liegt  und  wohnt,  von 
Erde  und  Land  umge:)en  ist;  es  steht  dem  maritimtis  entgegen,  und 
loca  mediterranea  sind,  was  wir  Binnenland  nennen.  Wir  sprechen 
von  einem  mittelländischen  Meere  und  nennen  es  mare  mediterraneuin ; 
aber  diese  Benennung  kommt  nirgends,  ausser  bei  Isidor  im  sechsten 
Jahrhundert  vor,  als  die  latein.  Sprache  schon  fast  todt  war.  Die 
Lateiner,  als  Anwohner  dieses  Meeres,  nennen  das  Ganze  mare  no- 
strum,  oder  erwähnen  nur  die  zwei  Theile  desselben:  7nare  superuni 
et  inferum.  Die  Benennung  nostrum  können  Bewohner  anderer  Län- 
der (ausser  Italien)  niclit  anwenden,  und  so  gebrauche  man  entweder 
die  neue  Benennung  mit  der  Umschreibung:  mar e, quo d  nunc  oder  ho- 


487 

die  Mecff'ferraneum  dkitiir,  als  eine  neue  ^eoffraphisrhe,  Ofler  sage, 
was   auch  wolil  nicht  unrichtig  ist,  inare  mediimi  oder  intermmi. 

Medium  als  Siibst.  mit  einem  Genit.,  in  der  Eedeut.  die  Mitte  einer 
Sache,  kommt  zuerst  bei  Liv.  vor,  aber  selten,  nur  (i?i)  medio  aediimi, 
in  der  M.  des  Hauses,  und  medio  maris,  wiewohl  es  ohne  Genit.  mit 
Praepositionen  verbunden  schon  Kl.  oft  gebraucht  wurde^  nenilich  in 
viedium,  z,  ß.  afferre,  covferre, pi ofeney  vocare  ;  in  medio,  z.  B.  esse, 
ponere  — ;  und  so  de  medio ,  per  medium,  und  bekannt  sind  die  Aus- 
drücke :  medium  tenuere  beati,  a  ?nedio  ad  sumnium,  medium  fe- 
rire  u.  dgl.  Vgl.  die  Lexica.  —  Dagegen  braucliten  Cicero  und  Cae- 
sar medium  nie  mit  einem  Genit.,  sondern  immer  nur  das  Adj.  medius 
mit  dem  folg.  Subst.  verbunden  oder  auch  medius  locus  mit  dem  Ge- 
nitiv; z.  B.  Cic.  (Tusc.  V,  24,  69):  medium  mundi  locum,  die  Mitte  der 
Welt.  Man  sage  daher  nicht  medio  mensis  jlugusti,  in  der  M.  des  Mo- 
nats August,  dergleichen  im  N.  L.  häufig  vorkommt,  sondern  medio 
m,ense  Augusto;  nicht  in  medium  hostium,  in  die  Mitte  der  /''.,  sondern 
in  medios  hostes ;  nicht  in  medio  hostium,  sondern  in  mediis  Jwstibus  — 
und  so  alle  ähnliche;  auch  nicht:  piscera  in  medio  dissecare,  einen 
Fisch  in  der  M.  durchschneiden,  sondern  piscem  medium  diss.  —  und 
so  andere.  —  Ueber  das  substantivische  medium  mit  d.  Genit.  einer 
Zeit  vgl,  Th.  I,  §.  85.  —  Sp.  L.  ist  medium  in  der  Bedeut.  das  Mittel, 
um  Etwas  auszurichten,  gut  zu  machen,  zu  entfernen ;  dafür  setze  man 
medirina  (Cic.  Sest.  19,  43),  medicamentum,remedium,  besonders  bei 
Krankheiten;  Mittel,  FJtwas  zu  erreichen,  ist  adjumentum,  instrumen- 
tum.,  ratio  (also  Art  und,  ff  eise),  via,  ars,  sogar  telum  (bei  Cicero  : 
non  mediocre  telum  ad  res  existimari  oportet  benevolentiara  civium). 
In  geistige?!  Dingen  kann  man  auch  ausser  den  vorhin  erwähnten  Sub- 
stantiven Studium  brauchen;  Mittel  in  dem  Sinne  von  f'ermögen  lieisst 
opes,fac?/ltates,  sumptus  —  und  so  nach  Verschiedenheit  des  Sinnes. 
Vgl.  die  Lexica, 

*Nacli  Klotz  (zu  Cic.  Tusc.)  wird  medius  höchst  selten  (was  die  vielen  Bei- 
spiele zeigen)  lor  die  mit  ilim  verbundene  Praeposition  gesetzt,  dalier  in  medios 
hostes,  nicht  medios  in  h.;  de  yncdio  ciirsu,  nicht  medio  de  cursu;  in  media  urhe, 
nicht  media  in  nrl)e  —  welche  Einschiebung  der  Praepos.  im  N.  L.  für  schöner 
gehalten  wird.  Nur  dann,  sagt  er,  stehe  die  Praep.  nach,  wenn  der  entgegenge- 
setzte Begriff"  von  Anfang  oder  Ende  ausd.ücklich  dabei  stehe  oder  wenigstens 
dazu  gedacht  werde,  wie  denn  iu  Cic.  Yerr.  IV,  40  medio  inforo  ohne  verschie- 
dene Lesart  steht.  Dagegen  meint  Ellendt  (zu  Cic.  de  Orat.  T.  II,  p.  88),  das, 
was  siel»  durch  den  Ton  auszeichne,  behaupte  auch  hier  immer  die  vorzüglichere 
Stelle  -    was,  wie  ich  glaube,  auch  wohl  Klotz  gemeint  haben  mag. 

Medullitus,  im  Marke,  von  Herzen,  inniglich,  z.  ß.  amare,  findet 
sich  A.  und  Gem.  L.  bei  Plautus,  für  ex  animo.  Die  späten  Liebhaber 
des  Alten  suchten  es  wieder  hervor, 

Medus  als  Adj.,  Medisch,  ist  nur  P.  L.  für  Medicus ;  ]eiie^  ist  iu 
Prosa  nur  Subst.,  der  Meder,  Bewohner  Mediens. 

Megara,  eine  Stadt  in  Megaris,  einer  griech.  Landschaft,  wird  theils 
lateinisch  nach  der  ersten,  theils  griechischartig  als  Plural.,  Genit. 
Megarorum,  nacli  der  zweite?!  Declinat.  formirt.  Cicero  scheint  es  nur 
nach  der  erste?i  als  Sing.,  Andere  aber  als  Plur.  flectirt  zu  haben,  so 
das»  Cicero  im  Acc.  Megaram,  Andere  Megara  sagten.  Vgl.  Düker,  zu 
Liv.  XXXI,  22,  Oudend.  Sueton.  Tiber.  4  und  Weber's  üebungssch. 
p.  174.  —  Das  Subst.  dazu  ist  Megarensis,  das  Adj.  Megaricus. 


488 

Melojicholin  hat  zwar  Cicero  nur  g^riechisch  erwähnt  und  damit  das 
lateiii.////-o/-  verg^licJieii,  aber  er  braudst  einigemal  das  Adj.  we/r/wrÄo- 
licns,  so  dass  auch  das  Subst.  gebräuchlich  gewesen  zu  sein  sclieint, 
wiewohl  Celsus  dafür  atrae  bilis  morbus  braucht,  neben  welchem  je- 
nes nicht  verwerflich  ist,  zumal  da  es  der  heutigen  Welt  wohl  ver- 
ständliclier  ist,  als  die  Erklärung  des  Celsus. 

Meliorare,  verbessern,  besser  machen,  kommt  nur  Sp.  L.  bei  den 
Juristen  vor,  und  ebenso  meh'oratio,  die  Verbesserung^  für  melius  ali- 
quid  reddere,facere,  in  melius  mutare,  reporare,  reßcere,  emendare 
H.  a.  —  Ganz  ungewiss  und  wohl  TV.  L.  ist  ?neliorescere,  besser  werden, 
für  melius  fieri.  —  Ferner  bei  Kranken  sagt  man  :  er  ist  etwas  besser, 
meliuscuhis  est,  wie  Terelit.  (Ilec.  III,  2,  J9  meliuscuhi  est,  sie  ist  et- 
zvas  besser)  und  Cels.  (III,  22  7neliusculus  esse  coepit) ;  und  wo  wir 
sagen:  es  ist  mit  ihm  (oder  blos  im  Dat.  ihm^  etwas  besser,  heisst  es 
ei  (nicht  ami  eo)  meliuscule  est,  wie  bei  (.^ic.  (Fam.  XVI,  5  cum  me- 
li/iscule  tibi  esset,  wa7in  es  dir  besser  wäre,  mit  dir  besser  gi7ige) ;  und 
es  ist  mit  ihm  besser  geivorden,  was  auch,  wie  im  Deutschen,  bedeutet: 
er  ist  wieder  gesund  geworden,  ei  ?nelius  est  factum. 

Melodiu,  die  Melodie,  ist  erst  ganz  Sp.  L.  für  modulatio;  ebenso 
noch  andere,  von  dem  Griech.  in-).nc,  der  Gesang,  abgeleitete  Wörter, 
die  fast  alle  erst  spät  aus  dem  Griech.  genommen  sind.  Aber  auch  me~ 
los,  der  Gesa?ig,  das  Lied,  findet  sich  nirgends  in  Prosa  und  ist  un- 
nöthig  wegen  carmen,  cantus  und  canticum. 

Membraneus  und  membranaceus  werden  beide  gebraucht,  jedoch 
das  letztere  mehr  als  das  erste,  von  Handschriften  auf  Pergament, 
ohne  einen  Unterschied.  Einen  solclien  nimmt  aber  Reisig  (Vorles. 
p.  I(i2)  an.  Nach  seiner  Ansicht  wäre  membraneus,  was  von  Perga- 
menthaut gemacht  ist,  membranaceus  aber,  was  derselhen  nur  ähnlich 
ist  oder  aus  einer  ähnlichen  Masse  wie  Pergament  besteht;  er  setzt 
daher  hinzu,  vieleHerausgeber  fehlten  in  dem  Gebrauche  dieses  Wor- 
tes. Daher  zieht  er  codex  menibraueus  dem  membranaceus  vor;  und 
allerdings  wird  auch,  wo  etwa  bei  einem  Lateiner  von  dergleichen  die 
Rede  ist.  nur  von  Codices  membranei,  nicht  ;«e??/6/'«/?<7ff/ gesprochen. 
Darnach  richte  man  sich  im  Gebrauche.  Der  äHere  Plinius  sagt  dafür 
in  membrana  Script us,  was  er  sogar  aus  einem  verlornen  Buche  des 
Cicero  angibt.  Vgl.  Pergamenum. 

Membrum,  Glied,  braucht  zwar  Ovid  von  Gliedern  einer  Gesell- 
schaft {inemhra  convictus  mei),  aber  nirgends  findet  sich  Aehnliches 
in  Prosa;  man  sagt  dafür  sodalis.  Auch  bemerkt  Weher  (Uebungssch. 
p.  55),  dass  in  dem  Sinne,  wie  wir  z.  B.  sagen  Rathsglied,  Gemeinde- 
glied, nicht  mcmbru)u  gebraucht  werden  könne,  sondern  dass  dies 
durch  andere  Wendungen  angedeutet  werden  müsse,  z.  B.  honio  oder 
vir  se7iatorius  oder  geradezu  Senator,  und  ebenso  blos  civis.  —  B.  L. 
wird  es  von  den  Gliedern  oder  Reihen  der  Soldaten  gebraucht,  für 
ordineii.  —  Unser  anfangen  an  den  Gliedern  zu  zittern  heisst  nach 
Cic.  (Orat.  I,  26,  121)  artubus  conlremiscere. 

Meminisse  steht  höchst  selten  in  der  Bedeut.  erwähnen,  für  com- 
memorare,  mentionem  facere. 

Memorabile,  Neutr.  von  memorabilis,  als  Siibst.,  die  Merkwürdig- 
keit, ist  wohl  N.  L.  für  res  memorabilis  oder  commemoratu,  memoria 
digna,  wiewohl  adjectivisch  gesagt   werden   kann  multa  tnetuorabilia, 


489 

wie  Cic.  (N.  D.  II,  52)  dem  ähnlich  sagt :  multa  alia  allis  in  locis  coiii- 
vitmornbilia  proferre  possum,wo  es  adjecti^ische  Apposition  zu  nmlia 
a/f'a  ist.  —  Aber  N.  L.  ist  der  bekannte  Titel:  Xenophontis  7ne?nora- 
bilia  Socratf's,  für  Xen.  commejilarü  dictortim  et  fuctorum  Socr.;  eben- 
so; vidi  memorabilia  iirbis,  regfo?iis  n.  dgl.  Anch  wiuidert  es  mich, 
dass  A.  Matthiae  seine  übersichtliche  Lebensbeschreibung-  Cicero's 
vor  seiner  Ausg.  der  auserlesenen  Briefe  Memorabilia  vitae  Ciceronis 
genannt  hat,  für  summa  capita  vitae  Cicer. 

Memorare,  erwähnen,  gedenken,  ist  höchst  selten  bei  Cicero  und 
fast  zweifelbaft,  häufig  dagegen  cotnmeniorare,  was  daher  vorgezogen 
werde.  In  Cic.  Fin.  II,  ä,  15  steht  memoratit  im  Verse  eines  alten 
Dichters.  Vgl.  Zuinpt  z.  Cic.  Verr.  p.  204.  —  B.  L.  aber  ist  es  in  der 
Bedeut.  memoriren,  d.  h.  dem  Gedächtfrisse  einpräge?/,  für  /nemoiiae 
maudare.  —  Das  Subst.  memoratio^  die  Erwähiuing,  ist  Sp.,  vielleicht 
N.  L.,  da  es  nur  in  den  nnächten  Elegieen  des  Corn,  Gallus  (Eleg. 
I,  291)  vorkommt,  für  commemoratio. 

Memoria,  das  Gedächtniss.  Selten  ist  ex  memoria  in  der  Bedent. 
mit  Hülfe  des  Gedächtnisses,  aus  dem  Kopfe,  mit  Verben  der  Rede 
verbunden,  z.  B.  respondere,  dicere,  proniintiare,  narrare,  esponere 
u.  dg!.,  für  memoriter,  und  bei  Cicero  kommt  es  vielleicht  nur  einmal 
vor  (Catil.  III,  6  ex  memoria  exponere).  —  Erst  N.  Kl.  ist  in  alicujeu 
menioriam,  z.  B.  dicere,  orationem  habere  u.  dgl.,  zu  Jemandes  Ge- 
dächtnisse und  Andenken  reden,  eine  Gedächtnissrede  auf  Jemanden 
halten,  was  mit  Vavassor.  (Antib.  p.  551)  ausser  mehrern  Andern  auch 
Eichstädt  (Deprecat.  latinit.  acad.  p.  630)  und  Hand  (Lehrb.  p.  169 
und  Tursell.  III,  p.  317  u.  319)  als  unklassisch  verworfen  haben.  — 
A^iewohl  man  aber  menioriam  vitae  alicujus  componere  sagen  kann,  so 
beruht  doch  memoria  in  der  Bedeut.  Gedächtnissrede ,  Lebensbeschrei- 
bung, Erzählinig  von  Jemandes  Leben,  erst  auf  sehr  später  Auctori- 
i'it,  und  muss  geradezu  verworfen  werden;  man  sage  also  nicht:  scri- 
bere  alicujus  menioriam,  habere  olicujus  mem.,  eine  Gedächtnissrede 
auf  Jem.  halten,  da  letzteres  nur  bedeutet:  an  Jemanden  denken.  Vgl. 
auch  noch  Reisfg's'Vorles.  p.  725. 

Memorinlis,  tras  zur  Erinnerung,  zum  Gedächtnisse  dient,  kommt 
N.  Kl.  bei  Sueton  vor,  mit  liber  verbundenen  der  Bedeut.  ein  Gedenk- 
buhh,  und  für  diesen  Begriff  ist  es  brauchbar;  aber  N.Ij.  ist  wohl  me- 
moriale  als  Nentr.  in  dieser  Bedeut. 

Memoriter,  ausa'e7idig,  aus  dem  Kopfe,  wird  im  N.  L.  mit  mehrern 
Verben  unpassend  verbunden,  z.  B.  mem.  discere,  ausivendig  leinen, 
für  ediscere,  memoriae  mandare ;  ferner  metii.  scire,  ausuendig  iris- 
sen,  für  memoria  oder  memoriter  teuere,  alicujus  memorium  teuere 
(Cic.  Brut.  93,  322),  memoriter  complecti  u.  a. ;  ferner  mem.  recitare, 
ausv endig  hersagen.,  ftir  mou.  dicere,  da  recitare  —  vorlese?i  bedeu- 
tet, nicht  her.sageu.Yiil. Recitare. —  Nach  ]^Iadvig(z.  Cic.  Fin.  1,10,34) 
bedeutet  arer  memoriter  niciit  ausirendig ,  soudern  sich  wohl  erinnernd, 
attf  sein  Gedächt?iiss  sich  verlassend,  und  dient  als  Lob  der  Person, 
die  das  Gehörte  und  Gelesene  im  Gedächtnisse  treu  bewahrt  und  es, 
ohne  Etwas  zu  vergessen,  wieder  erzählen  und  hersagen  kann. 

Mendaciolnm,  die  kleine  Trüge,  beruht  hlos  auf  Cic.  Orat.  II,  59, 
wo  nur  eine  alte  Ausg.  mendaciidis  liest,  fast  alle  Handschr.  aber  und 
die  alten  Ausgg.  inend aciujiculis  (von  7nendaciunculum),\\as  also  allein 


490 

handschriftlich  beg:lauhigt  ist.  Jenes  werde  als  zweifelhaft  vermieden, 
obgleicli  es  im  A.  L.  üblicher  ist,  als  das  andere. 

Mendiim  (nicht  menda,  was  P.  \\.  N.  Kl.  ist)  ist  alles  Fehlerhafte 
im  Geistigen  und  Leiblichen,  jedes  Versehen,  jeder  Fehler,  nicht 
blos,  worauf  es  Einige  beschränken,  ein  Fehler  im  Schreiben; —  eben- 
so ntendostis,  fehlerhaft,  wie  denn  Cic.  (Brut.  16,  62)  eine  Geschichte 
so  nennt,  weiche  viel  Falsches  enthält.  Vgl.  Anton's  Progr.  p.  51.  — 
Ueber  das  N.  L.  m  niendo  cubare  vgl.  (Jubare. 

Mens,  Seele,  Geist,  Sinn.  Ueber  den  Unterschied  zwischen  7nens 
und  animus  vgl.  die  Synonymenbticher ;  wenigstens  heisst  der  denkende 
Geist,  der  Verstand  meistens  mens,  der  fühlende  und  begehrende  mei- 
stens  animus.  Daher  heisst  in  den  Sinn  kommen,  an  Etwas  denken, 
sich  erinnern  nur  in  me?ite??i,  nicht  in  animum  venire;  im  Sinne  haben, 
d.  h.  fVillens  sein,  nur  in  a/n'mo,  nicht  in  mente  habere,  wiewohl  man 
in  der  Verbindung  mit  esse  nicht  nur  in  animo,  sondern  auch  in  mente 
esse  sagt.  Vgl.  Vavassor.  Äntib.  p.  542.  Und  so  findet  in  manchen 
Wortverbindungen,  je  nach  dem  Sinne,  keine  Vertauschnng  beider 
Wörter  Statt.  Gute  Lexica  geben  über  das  Eine  und  das  Andere  Aus- 
kunft, jedoch  folge  man  nur  guter  Auctorität. 

Mensa, Tisch,\iA[t  sich  in  i\^y  bessern  Prosa  fast  nur  an  die  eigent- 
liche Bedeut.,  indem,  wo  Tisch  so  viel  als  Essen,  Mahlzeit  ist,  nur 
eoena  (cena)  gebraucht  wird ;  z.  11,  bei  Tisch,  über  Tisch,  d.  h.  beim 
Essen,  inter  oder  st/per  coenam,  nicht  mejisam,  wie  freilich  Curtins 
(VII,  4)  sagt,  nie  aber  in  jnensa,  wie  Muret.  (V.  L.  VI,  15)  schreibt; 
—  zu  Tische  gehen,  kommen,  ad  coenam  (nicht  mensani)  ire,  venire  ; 
zu  Tische  einladen,  ad  coenam  (nicht  iuensam)  vocare,  devocare,  in- 
vitare;  den  Tisch  bei  Jemande?i  haben,  apud  aliquem  coenure,  in  ali- 
ctijns  comnctu  esse  u.  dgl.  ähnliche.  Nur  wo  beide  Begriife  in  einan- 
der übergehen,  steht  auch  mensa.  —  Der  Spieltisch  heisst  im  N.  L. 
oft  mensa  lusoria,  für  abacus  lusorins. 

Mensis,  der  Mo7iat,  wird  in  der  bessern  Prosa  bei  den  Monats- 
namen fast  nie  ausgelassen,  da  die  Namen  Januarius  u.  s.  w.  nur  xAd- 
jectiva,  nicht  Substantiva  sind,  ausser  wo  der  Zusammenhang'  sie  leicht 
hinzudenken  lässt.  Vgl.  darüber  Th.  I,  §.  64. 

Mensor,  der  Messer,  ist  nur  das  allgemeine  Wort;  der  Feldmesser 
heisst  mehr  ?netafor  oder  decempedator,  wenn  nicht  metator  vielleicht 
blos  der  ist,  welcher  ein  Lager  absteckt;  —  ausserdem  auch  geome- 
tra,  geoinetres  oder  geometer,  welche  sogar  Kl.  sind. 

Mensura,  Maass,  wird  nie  in  der  bildlichen  Bedeut.  unseres  Manss 
und  Ziel  gebraucht;  dafür  ?nodus.  Daher  heisst  Maass  halten,  modum 
tenere  oilerfacere  aliciijiis  rei  (in  Etiras).  —  Auch  ist  es  nicht  zu  brau- 
chen in  der  Bedeut.  Takt  oder  Melodie;  dafür  numerus,  modus.  Vgl. 
Schori  phras.  p,  539. 

Mensurabilis,  7nessbar,  ist  Sp.  L.  und  werde  umschrieben  durch 
Cjuod  metiri  possumns,  qiiod  sub  mensuram  cadit. 

Mensurare  und  alle  dazu  gehörigen  Formen  sind  Sp.  und  Gem.  L. 
für  metiri ;  als  Subst.  brauche  man  niensio,  dimeyisio,  mensura,  nicht 
m,ensuratio.  —  N.  L.  ist  mensurator ;  vgl.  Mensor. 

Mercari,  kaufen,  wird  gleich  gut  verbunden  aliquid  ab  und  de  ali- 
qiio,  wie  entere.  Etwas  von  Einem  ka?ifen. 

Mercator,  Kaufmann,  Krämer,  kommt  nirgends  bildlich  mit   den 


491 

Geriit.  juris  und  lithim  so  vor,  wie  wir  unser  Prozesskrämer  brauchen 
von  dem,  welclier  mit  dem  Reclite  und  mit  Prozessen  Gewerbe  treibt 
oder  gern  Prozesse  führt.  So  braucht  es  der  Ciceronianer  Bunelhis 
(Ep.lö):  ad  quaestum  festinant  h\\  jnris  vel  potius  Uiium  inercatores, 
wobei  er  wahrscheinlich  an  gemeine  Juristen  und  Advocaten  denkt, 
die  nur  auf  Prozesse  sinnen,  für  Jiiigiod,  litiiim  amantes  u.  d^l.,  oder, 
was  neulich  Eichstädt  bei  Gelegenheit  des  in  Horat.  (Serm.  I,  1,  29) 
streitigen  ccmpo  wahrscheinlich  gemacht  hat,  sogar  caupo,  und  dazu 
als  \  erbum  cauponuri. 

Mercahira  und  mercatus  bedeuten  nur  Kauf,  Einkauf,  Handel, 
nicht  den  Ort,  wo  gekauft  wird;  daher  sagt  man  ad  mercaturam,  ad 
mercatuni  ire,  proficisci,  gehen,  reisen,  um  einzukanfen.  Man  nenne  da- 
lier  nicht  bildlich  eine  Schule  oder  eine  Universität  mercatura  bona- 
riim  artium,  wie  man  im  N.  L.  findet:  Lipsiam  mercaturam  bonarum 
artium  proficisci,  nach  Leipzig,  dem  Marktplatze  —  reisen,  für  ad 
merc,  um  einzukaufen,  wie  bei  Cic.  Off.  I,  1. 

Mercimo?iium,die  IVaare,  steht  J.  L.  bei  Plautus  und  wurde  iV.  Kl. 
von  Tacitus  wieder  gebraucht  für  mers. 

Merere,  verdienen,  sich  verdienen,  erirerben,  wird  vielleicht  nie  mit 
gratiam.  Dank,  Zunei^ufig,  verbunden;  dafür  sagt  man  gratiam  inire 
ab  ali(juo.  Vgl.  ITeusing.  Emendd.  p.  414.  —  Dienen  unter  Jemanden 
(in  militäriscliem  Sinne)  heisst  merere  sab  aliqiio;  zu  Pferde,  equo, 
und  bei  Mehrern  meistens  equis ;  zu  Fasse, pedibus.Kheuso  wird  diese 
Gctive  Form  vom  eigentlichen  Erwerbe7i  im  Handel  und  Wandel  ge- 
braucht mit  dem  Accus,  dessen,  was  man  verdient  und  sich  erwirbt. — 
Neben  dem  activen  merere  besteht  auch  die  Deponensform  mereri, 
verbunden  theils  aliquid,  sich  Etivas  verdienen,  theils  de  aliquo,  de  ali- 
qua  re,  sich  um  Einen,  um  Etwas  verdient  machen,  A.  L.  auch  mit 
erga ;  daher  de  civibas,  de  patria  u.  a.,  und  so  auch  ?neritus,  der  sich 
verdient  gemacht  hat.  —  Da  mereri  von  gtitem  und  schlechtem  Ver- 
dienste um  Etwas  gebraucht  wird, so  tritt  in  jenem  Falle,  wo  nicht  der 
Zusammenhang  deutlich  das^?//e  bezeichnet,  nocli  Äewe,  we//'ars,  optime, 
mirifice  u.  dgl.  hinzu,  bei  dem  Gegentheile  aber  male,  pej?is,  pessime. 
Aue!»  dieses  mereri  hat  im  Perf.  mehr  merui,  als  meritus  sum.  Vgl. 
darüber  Reisig's  Vorles.  p.  248  m.  d.  Anm.  —  Wenn  ein  zweites  Ver- 
bum  dazutritt,  welches  wir  mit  dem  Infin.  oder  mit  dass  anreihen,  so 
folgt  im  Lateinischen  ut,  seltner  cur  oder  der  lufin.,  welchen  mehr 
die  Dichter  brauchen,  wiewohl  auch  Quintil.  (X,  1,  72)  sagt:  meruit 
c/ef^/ secundus  ;  z.  B.  ich  verdiene  es,  gelobt  zu  werden,  ut  lander,  ni;  ht 
laiidnri.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  1()6.  —  Von  i\^mVaY\\c.,  merens,  der  sich 
verdient  macht,  verdient  gemacht  hat,  kommt  erst  ganz  Sp.  L.  meren- 
tissimus  vor,  wofür  meritissimus  zu  brauchen  ist.  Das  Partie,  meritus 
hat,  wie  das  Verbnm,  nur  Adverbien  der  Art  und  Weise,  nicht  der 
Grösse  und  Stärke  bei  sich;  also  nicht  valde,  magis,  maxime,  summe, 
sondern  bene,,  male,  praeclare,  mijifice,  melius,  pejus,  optime,  pessime 
u.  ähnliche,  was  zu  merken  ist,  da  wir  statt  wohl  verdient  auch  sehr 
verdient  sagen.  —  Das  Neutr.  meritum  als  Subst.,  das  Perdietist,  wird 
aber  nicht  mit  de  verbunden,  sondern  mit  erga  oder  in  aliquem,  z.  B. 
merita  erga  oder  iji  pairiam.  Aber  dieses  Subst.  lässt  Adjectiven,  wie 
magnus,  sainmus,  attiplissimus  u.  dgl.  zu,  wiewohl  bezweifelt  wird,  ob 
auch  ingens  damit  verbunden  werden  könne.  —  Eine  wohl  verdiente 


492 

Strafe,  wie  wir  sag^en,  heisst  aber  nicht  poena  bene  meritn,  sondern 
poena  vien'la  av  debita, ptsta  et  debil a.  Und  obgleich  meritns  de  alii^no 
gewölmlirh  ist,  so  ist  doch  iiiigebräuclilith  se  tneritum  de  aliqtto fn- 
cere,  sich  tmi  Einen  verdient  machen,  für  mereri  de  aliquo,  merita  in 
aliquem  reportare  oder  colligere;  z.  B.  ich  gJatihe  mich  um  dich  ver- 
dient gemocht  zu  habe??,  nicht  de  te  me  meritinn  fecisse  puto,  sondern 
ohne/ec/.sse.  Vgl.  (Jic.  Fain.  II,  ti,  1.  —  Endlich  sagt  man  nicht:  prae- 
ter merilnm  nieiim,  innm,  snnm  u.  s.  w.,  wider  mein,  dein —  f^erdienst, 
unverdient,  ?inver schuldet,  als  Beisatz  zu  einer  Person,  sondern  imme- 
rens  oder  mit  dem  Adv.  itnmerito  oder  nnllo  meo  merito,  nulla  mea 
culpa.  —  Gut  ist  pro  merito,  nach  Verdienst.  —  Wo  wir  oft  einzeln 
zu  etwas  Gesagtem  hinzusetzen :  ynit  Recht,  sagen  Cicero  und  Andere 
nicht  merito  allein,  sondern  idque  merito,  wie  auch  wir  meistens  nnd 
das  mit  Hecht.  Vgl.  auch /?^s. —  Im  Superl.  sageman  im  Adv.OTe7-«7«s?mo, 
nicht  meritissime. 

Meridialis,  mittägig,  ist  Sp.  L.  für  meridiamis,  ausiralis,  spectans 
ad  jneridiem  oder  ad  austrum.  Vgl.  auch  Meridionalis. 

Meridinnus,  mittägig,  ist  gut  und  Ä/. ;  aber  meridiana  luce  oder 
vieridiano  sole  clarius  ist  N.  L.,  wovon  bereits  unter  Lt/a:  die  Rede  war. 
Meridies,  der  Mittag  (als  Zeit)  und  der  Süden  (als  Wel(gegend), 
sind  beide  gut ;  aber  N.  L.  wird  es  von  einem  nach  Mittag  zu  oder  im 
Süden  liegenden  Lande  gebraucht,  wie  wir  unsere  Wörter  auch  brau- 
chen. Man  sage  also  nicht:  meridies  terra  est  fere  incognita,  der  Sü- 
den ist  fast  unbekannt,  für  terra  australis  oder  meridiaJia  fere  est  ine. 
Vgl.  Heber's  üebungssch.  p.  102. 

Meridionalis,  7nittägig,  was  jetzt  sehr  gebräuchlich  ist,  ist  ganz 
Sp.  L.  und  steht  bei  Lactanz  sogar  noch  zweifelhaft,  so  dass  Salnia- 
sins  (Exercit.  Plin.  p.  1248)  sogar  sagt:  Vix  puto  dictionem  esse  lati- 
nam  meridionale,  nee  enim  meridio  dicitur,  ut  septentrio,  aquilo,  unde 
seplentrionalis,  aquilonalis.  Vgl.  Meridialis. 

iMeri/e  nnd  meritissime,  als  Adverbien  von  merittis  und  meritissi- 
nn/s,  sind  Sp.  L.  Formen  für  merito,  fneritissitno.  Vgl.  Merere,  wo 
auch  von  merittis  und  tneritum  die  Rede  war. 

Meritare,  verdienen  (von  Gelderwerb),  für  merere,  ist  höchst  sel- 
ten; nur  einmal  findet  es  sich  bei  Cicero,  aber  von  allen  llandschr. 
beglaubigt;  sonst  nnr  beim  altern  Plinius.  Es  werde  vermieden. 

Messeniacus,  Messenisch, aus  Messetiien,  kommt  nirgends  vor,  für 
Messenitis. 

Meta  wird  in  der  Bedeut.  Ziel,  Ende  (da  in  der  Rennbahn  eine 
Säule,  welche  /nefa  hiess,  das  Ende  bezeichnete)  zwar  von  Dichtern 
färßnis,  termitius,  extremum  gebraucht,  nie  aber  in  Prosa  ohne  An- 
spielung auf  die  Renn-  und  Laufbahn,  oder  ohne  den  Zusatz  td  ajunt, 
ut  dicitur,  was  im  N.  L.,  wo  man  das  Wort  für  ßjiis  lieht,  nicht  so 
streng  genommen  wird.  Und  so  hranclit  man  nicht  nur  meto  ri(ap,\\as 
allerdings  P.  L.  ist,  sondern  verbindet  meta  auch  mit  Genitiven,  wie 
virtuiis,  gloriae,  pcrfectionis  \\.  a.  Und  so  sagt  man  auch  im  7\^.  L.:  ad 
metarn  pervenire  in  der  Bedeut.  zu  seinem  Zwecke  gelangen,  seinen 
Ztceck,  seine  Absicht  erreichen,  was  bei  keinem  Lateiner  vorkommt. 
Vgl.  Raschig  Progr.  p.  27. 

Metamoiphosis,  die  Verwnndlintg  der  Gestalt,  hat  im  Gen.  die  En- 
dung is,  wie  ähnliche  griech.  Wörter  auf  is,  niclst  die  griecli.  eos  oder 


493 

tos,  die  man  im  iV,  L.  für  geleJirter  und  schöner  hält,  wo  man  auch  im 
Genit.  Pliir.  tVir  nietamorphosi/nu  lieber  sag^t  j/iefamorphoseon,  ^a  wohl 
gar  halb  griechisch,  halb  iateiniscli  metumorphosiuir  schreibt.  Das 
Wort  brauchen  Ovid  u.  A.  nur  von  den  fabelhaften  Erzählungen  ver- 
wandelter Gestalten,  nie  in  allgemeinem  Siujie,  wo  nur  formae  mulatio 
oder  conversio,  auch  wohl  transfigiira'.io  zu  brauchen  sind.  Zur  Be- 
zeichnung jener  fabelhaften  Verwandlungen  behalte  man  es  bei. 

Metaphora  übersetzt  zwar  Cicero  (Orat.  III,  38)  durch  translatio, 
und  die  folgenden  Rhetoren  haben  dies  neben  dem  griech.  Worte 
aufgenommen;  gleichwohl  bleibt  jenes  das  rhetorische  Kunstwort. 

Melempsi/chosi's,  die  Seelenwandenaig,  findet  sich  zwar  nirgends 
bei  Lateinern,  die  es  durch  migratio  ainmornin  oder  aniniarum  um- 
schreiben; aber  als  philosophisches  Wort  des  Pythagoras  werde  es 
beibehalten. 

Meihodus,  die  Methode,  Art  und  Weise  (Etwas  zu  thun),  hat  kein 
Lateiner  gebraucht,  wiewohl  das  Adj.  melhodictis  zu  den  wissenschaft- 
lichen Kunstwörtern  gehörte;  die  latein.  Wörter  ratio,  via,  welche 
man  auch  beide  verband,  ratio  et  via  (Cic.  Tusc.  II,  2,  6)  oder  via  et 
ratio  (Orat.  I,  21,  97.  Fin.  II,  1,  3)  genügten  dafür.  —  Methodisch,  als 
Adv.,  lieisst  nicht  methodice,  sondern  entweder  via  (Cic.  Brut.  12.46) 
oder  vollständiger  ratione  et  via,  via  et  ratione.  —  Die  Lehrmethode 
heisst  docendi  via  (Cic.  Orat.  114),  instituendi  genus  (Cic.  Q.  fr. 
III,  3,  4)  ;  kurze  Lehrmethode  —  breve  docendi  compe?idium  (Quint. 
I,  L  24). 

Meticulosus,  furchtsam,  ängstlich,  besorgt,  steht  A.  L.  bei  Plautus 
und  wurde  Sp.  L.  wieder  hervorgesucht,  für  timidus,  anxius,  sollici- 
tus,  suspensus  u.  a. 

Metiri,  messen.  Das  Partie,  metitus  ist  Sp.  L.  Form  für  mensus. 
Vgl.  auch  Dimetiri.  —  Etwas  messefi,  beurtheilen  nach  Etwas,  aliquid 
aliqua  re,  selten  ex  aliqua  re.  Das  Part,  mensus  hat  Kl.  auch  passive 
Bedeut.,  abgemessen. 

Metriciis,  metrisch,  das  Maass  (besonders  der  Verse)  betreffend ; 
aber  metrica  oratio  wird  nach  Heusing.  (Emendd.  p.  414)  von  H.  Ste- 
phanus  (de  abusu  ling.  gr.)  als  unlateinisch  verworfen,  da  nicht  ein- 
mal griechisch  asro/xo^-  Ivyo^  g^^sagt  werde.  Man  sagt  dafür  entweder 
oratio  poetica  oder  versibus  scripta. 

Metropolis,  die  Mutterstadt  anderer  Städte, kommt  theils  in  dieser 
Bedeut.,  theils  in  der  Bedeut.  Hauptstadt  eines  Bezirkes  erst  Sp.  L. 
bei  den  Juristen  vor,  wo  auch  das  ähnliche  metrocomia,  das  Mutter- 
dorf anderer  Dörfer,  vorkommt.  Dafür  brauche  man  origo  (Sali.  Jug, 
22)  oder  origines,  wenn  man  nicht  geradezu  eine  solche  Stadt  mater 
oder  parejis  nennen  will,  da  eine  solche  Benennung  den  Lateinern  für 
diesen  Begriff"  nicht  zu  fern  liegt,  wie  denn  auch  Livius  (XXXVII, 
54,  19)  Mutterstädte — pare?iies  nennt,  was  auch  vielleicht  sonst  noch 
geschieht.  Drakenb.  verweist  auf  Düker,  z.  Florus  I,  3,  9.  —  Vgl.  We- 
ber's  Uebungssch.  p.  98. 

Metrum,  Maass,  Messung,  ist  nur  beschränkt  auf  Verse;  ausserdem 
braucht  man  nur  niensura,  modus. 

Metuere,  fürchten ;  — ////•  Jemande7i  oder  mn  Jemandes  unllen  mei- 
stens alicui,  selten  7^A0  aliquo,  was  Einige  für  unlatein.  gehalten  haben, 
obgleich  es  sich  z.  B.  bei  Cels.  (III,  11)  findet.  Vgl.  Heusing.  Emendd. 


494 

p.  486.  — •  Sich  vor  Jemanden  oder  hios  Jernnriden  fürchten  heisstß/«- 
queni  mettiere  ;  sichfürchlen,  scheuen,  bedenken,  Eluws  zu  ihun,  me- 
tuere  aUquid  facere,  also  ra.  d.  Inf .;^ha.x  furchten,  dass  Etwas  geschehen 
möchte,  metuere  ne  quid  fiat.  V^l.  die  Graintnatiken.  —  Die  Form  me- 
tutus,  gefürchtet,  ist  in  Prosa  ohne  alle  Äuctorität. 

Mens.  Der  Vocat.  heisst  in  der  bessern  Prosa  mi,  mea,  menm;  A, 
und  Sp.  L.  aber  mens,  für  m?',  und  dagegen  ?ni  auch  für  mea,  was 
nicht  nachzubrauclien  ist. 

Mi,  als  Dat.  von  ego,  für  mihi,  ist  wohl  nur  P.  L.,  findet  sich  aber 
im  N.  L.  öfter,  wo  man  es  für  schöner  iiält, 

Migrare,  ivandern.  Man  sag't  zwar  migr.  ad  aliquem,  zu  Jemanden 
und  in  aliquem  locum,  in  einen  Ort  wandern,  ziehen,  aber  nie  per  ali- 
quem loc,  durch  einen  Ort,  wofür  peragrare  aliquem  loc.  gesagt  wird. 
Sonst  heisst  aus  einem  Orte,  ex  oder  de  aliquo  loco,  z.  B.  de  und  ex 
vita.  —  Migrare  wird  auch  bildlich  gebraucht  in  der  Bedeut.  Etwas 
überschreiten,  nicht  beachten. 

Mite,  milies ;  vgl.  Mille. 

Militia,  der  Kriegsdienst.  In  der  Bedeut.  Soldaten,  wie  wir  Miliz 
brauchen,  brauchte  es  zuerst  Livius  (IV,  26,  3),  wenn  anders  die 
Stelle  so  zu  erklären  ist,  für  milites,  exercitus,  copiae ;  ausserdem  aber 
kommt  es  nur  Sp.  L.  vor,  und  ist  daher  wohl  durchaus  zu  verwerfen, 
wie  es  auch  Sciopp.  (Infam.)  gethan  hat.  Im  bessern  Latein  wurde  der 
Genit.  militiae  in  der  Bedeut.  im  Kriege  nie  ohne  den  Beisatz  domi 
gebraucht.  Man  sagte  zwar:  ille  domi  militiaeqne  est  cognitus,  aber 
nicht  blos:  ille  militiae  est  cognitus.  —  Der  Plur.  militiae  in  der  Bed. 
Kriegsdie??ste,  Eeldzüge,  ist  in  Prosa  wohl  unerweislich;  dafür  sagt 
man  stipendia,  und  incorrect. schreibt  Casaubonus  (zu  Athen.  V,  15. 
p.  375  [p.  467  ed.  Lips.]):  ubi  Socratis  militiae  meraorantur. 

*  Weun  Drakenb.  (zu  Livius)  und  mit  ihm  Andere  für  die  Bedeut.  Solda- 
teil  auch  aus  Cic.  (Le^.  III,  3,  6)  zwei  Stellen  hinter  einander  anführen,  so  mag 
wohl  dort  richtiger  mititiae  mit  Wyttenbacli  in  der  Bedeut.  im  Kriege,  dem  domi 
entgegengesetzt,  zu  verstehen  sein,  nicht  aber,  dass  es  für  militibus  stehe.  Dies 
ist  die  Ausiclit  des  Jen.  Rec.  (Georges). 

Mille  oder  mile,  tausend.  Dieser  Sing,  wird  Kl.  bald  als  Subst.  be- 
trachtet und  mit  einem  Genit.  verbunden,  wo  es  unser  ein  Tausend 
ist,  bald  (und  öfter)  als  Adj.,  wie  unser  tause?id,  unverändert  zu  dem 
mit  ihm  verbundenen  Subst.  gesetzt;  z.  B.mille  passu?fm  und  mille  pas- 
sus ;  mille  hoininum  und  mille  homines.  Wenn  es  als  Subst.  einen  Gen. 
bei  sich  hat,  kann  das  Verbura,  wenn  jenes  mille  Subject  ist,  nicht  nur 
im  Sing.,  sondern  auch,  was  jedoch  seltner  ist,  im  Plural,  folgen.  Vgl. 
Cic.  Phil.  VI,  5,  15.  Milo  20,  53  (nach  R.  Klotz).  Rep.  VI,  2.  p.  459 
ed.  Mos. :  ut  mille  hominum  —  descenderent  u.  a.  —  Wenn  nur  ein  Tau- 
send gedacht  wird,  ist  der  P//fr.  millia  falsch,  welchen  Nolten  gleich- 
wohl nicht  missbilligt;  z.  B.  tausend  Perser,  nicht  millia  Per sarum^ 
sondern  mille  Persarum  oder  inille  Persae.  —  N.  L.  ist  es,  um  meh- 
rere Tausende  auszudrücken,  mille  im  Sing,  mit  einem  Cardinalzahl- 
worte  zu  verbinden,  z.  B.  mit  duo,  tria,  quatuor  u.  s.  w.,  wie  man  dies 
wirklich  bisweilen  im  N.  L.  findet,  z.  B.  decem  mille  stipendiarios, 
oder  sogar  einmal  bei  Rnhnken :  quinque  mille  florenorum,  für  decem 
millia  stipendiariorum  und  qiiinque  millia  florenorum.  Nur  P.  L.  wird 
mille  mit  Zahladverbien  verbunden,  z.  B.  bis  mille,  ter  mille,  für  duo 


495 

miUitt,  tria  mitlia,  was  in  Prosa  nicht  nachznahmen  ist.  —  Der  Plural. 
viillia,  also  Taufende,  nir<l  nur  ais  Suhsi.  atigesehen  und  mit  d.  Genit. 
des  dazu  g'ehörigen  Substantiv.  Wortes  verbunden  ;  Sp.  L.  dagegen  als 
Adj,  mit  dem  im  Casus  ihm  gleichen  Subut.,  wie  z.  B.  Hieronymus  in 
der  Vulgata  sagt:  deceni  millia  ialenta,  zehiitausetid  Talente,  für  ta~ 
letitoniiu  oder  tale/ifüm,  wenn  die  Stelle  nicht  verdorben  ist,  sowie 
überhaupt  diese  Sprechweise  auf  verdorbenen  Stellen  besserer  Schrift- 
steller beruht,  welche  dazu  wohl  schon  früh  Anlass  gegeben  haben. 
So  steht  z.  B.  jetzt  in  Cic.  Uabir.  Post.  8,  21  decem  millia  iaientnm 
für  das  in  den  alten  iVusgg.  früher  befindliclie  talenta;  in  Varro  (RR. 
II,  1,  14  u.  III,  17,  3)  steht  noch  sestertia,  wofür  entweder  H.S.  oder 
sestertiam  zu  schreiben  ist;  in  Livius  (XXXVIIl,  38,  3)  steht :  duo- 
decim  millia  Attka  talenta,  für  Atticorum  oder  ^tticum  talentum,  wie 
richtig  XXXVII,  45,  14  quind.  millia  tnlentiim  Euboicorum ,  —  inCur- 
tius  V,  6,  9  ist  ebenso  für  CXX  millia  talenta  zu  lesen  talentum,  und  so 
wohl  noch  öfter  an  andern  Stellen,  was  gewiss  nur  Fehler  der  Ab- 
schreiber sind.  —  Aber  unser  tausend  Andere  heisst  nicht  milb'a  alia 
oder  alia  millia,  was  andere  Tausende  bedeutet,  sondern  mille  alii, 
aliae,  alia,  wie  bei  Quintil.  (II,  15,  23):  mille  alia,  beiSenec.  (Ep.  24): 
mille  alia  instrumenta,  wofür  auch  sedcenta  alia  gesagt  werden  konnte. 
—  Auch  wird  das  Wort  mille  mit  seinem  Adv.  millies  in  der  Bedeut. 
unzählige ,  unzähligemal  bei  starker  hyperbolischer  Rede  gebraucht. 
Vgl.  Liv.  II,  28  nunc  in  mille  curias  —  dispersam  esse  rempublicam ; 
ib.  III,  14  mille  pro  uno  Kaesones  exstitisse;  Cic.  OfF.  1, 31,  \\^  millies ; 
Kit.  VII,  11, 1  vel  potius  mori  millies;  Rep.  III,  10  genera  juris  —  mil- 
lies mutata  sunt  u.  a.  m.  Sonst  wird  minder  stark  in  demselben  Sinne 
sexcenti  und  sexcenties  gesagt.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  122.  — 
Unser  tausendmal  besser  heisst  auch  latein.  millies  melius  (Cic.  Phil. 
11,44)  und  mehr  als  tausendmal,  plus  millies.  Ob  riber  je  sescentesi- 
7nus  bildlich  gebraucht  wurde,  wo  wir  sagen  der  Tausendste,  für  mille- 
simus,  weiss  ich  nicht.  Vgl.  Cic.  Att.  II,  4  millesimam  partem  vix  in- 
telligo,-  Cels.  II,  6  in  millesimo  corpore. 

Millenarius ,  tausend  enthaltend ,  mag,  wiewohl  es  erst  Sp.  lt.  vor- 
kommt, dennoch  nicht  verwerflich  sein,  obgleich  milliariiis  frühere 
und  bessere  Auctorität  hat;  aber  das  Neutr.  millenarium  in  der  Bed, 
eine  Zeit  von  tausend  Jahren  ist  N.  L.  für  spatium  oder  tempns  mille 
annorum ,  oder  was  Andere  vorschlagen,  das  den  Wörtern  biemiium, 
triennium  u.  s.  w.  analoge  millennium,  welches  nicht  zu  verwerfen  ist, 
mag  es  auch  ohne  Auctorität  sein. 

Milleni.,  ae,  a,je  tauseJid,  ist  eine  wohl  ganz  zweifelhafte  Form, 
welche  sich  nur  bei  Plaufus  findet  (Bacch.  IV,  9,4):  millennm  (  d.  i. 
millenarum)  numero  naviura,  wo  aber  einige  Handschr.  uud  Ausgg. 
mille  cum  numero  oder  cum  mille  numero  nav.  lesen ,  wovon  eins  bes- 
ser ist,  zumal  da  eine  Distributivzahl  nicht  erwartet  wird.  Es  werde 
daher  inilleni  nicht  gebraucht,  und  eben  so  wenig  bis  milleni ,  ter  mill. 
\\.  s.  w.,  wie  es  dennoch  in  mehrern  Grammatiken  steht,  für  singula, 
bina,  terna  millia  u.  s.  w.  Eben  so  unlatein.  ist  millena  millia,  eine  Mil- 
lion, für  decies  cente?ia  millia,  wofür  in  einigen  Verbindungen  meistens 
blos  decies  üblich  ist,  z.  B.  decies  sestertitim,  eine  Million  Sesterze; 
darüber  s.  unter  Sestertium.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  474,  der  zwat 
niiUeni  nicht  angefochten  hat,  wohl  aber  millena  millia. 


496 

MiUes/'es,  tause7idmal,  ist  Sp.  L.  Form  für  milh'es,  von  dessen  bild- 
lichem Gebrauche  unter  MilJe  die  Rede  war. 

Milh'aris,niüliare^  als  Adject.,  ist  wohl  ohne  Äuctorität;  daher  fin- 
det sich  auch  nirgends  milliare  in  der  Bedeut.  Meile.  Die  latein.  Form 
ist  nur  mUUarius ,  wovon  das  Neutr. ,  milliarium ,  den  Meilenstein  be- 
deutete; von  einem  zum  andern  war  ein  Raum  von  tausend  römischen 
Schritten.  Nirgends  aber  kommt  der  Pltir.  vor,  wesshalb  auch  nirgends 
eine  Cardinalzahl  dazu  tritt  (also  nie  r/ecem  ?«///m/-«ff^  ,  sondern  nur 
eine  Ordinalzahl,  z.  B.  a  tertio  milJiario  —  ad  decimum  millarium.  Da- 
her verwirft  denn  auch  Frotscher  (z.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  214)  Mu- 
ret's  Italica  milliaria,  und  unlateinisch  sagt  Paul  J\Ianutius  (Ep.  111,35)  : 
viginti  milliariorum  intervallum  und  Görenz  (Cic.  Fin.  III.  2,8.  p.3l8)  : 
Tusculanum  duodecitn  fere  milliarium  Romanornm  aberat,  wo  noch 
ausserdem  der  Genitiv  A^.  L.  ist, —  Für  uns  ist  milHarium,CL?i  es  incht 
unsere  Meile  bedeutet,  ganz  unanwendbar,  indem  die  Alten  die  Ent- 
fernungen nur  nach  römischen  Schritten  berechneten,  so  dass  5000 
Schritte  ( qui7ique  miliin  passumn  )  den  Raum  einer  Meile  umfassten. 
Bedenklich  ist  es  daher  auch,  das  Wort  milliar.  als  Kunstwort  in  der 
Bedeut.  Meile  einzuführen,  wenn  gleich  die  Berechnung  nach  Schrit- 
ten zur  Bezeichnung  der  Entfernung  sehr  umständlich  ist.  Vgl.  Weber's 
Uebungssch.  p.  39  und  unter  dem  Worte  Nora. 

Millio,  die  Milliofi,  ist  N.  L.  für  decies  centena  tnillia.  Vgl.  Milleni. 

Milvius,  der  Geier.,  ist  fehlerhafte  Form  für  milvus. 

Mina  im  Sing.,  die  Drohung ,  ist  nur  J.  L.  und  veraltet  für  den 
Plur.  minae, Drohungen. —  Im  N.  L.  wird  minae  \on  den  militärischen 
Minen  oder  unterirdischen  Gängen  zur  Sprengung  der  Felsen,  Mauern 
u.  dgl.  gebraucht,  für  cuniculus. 

Minaciae,  die  Drohu??geTt ,  findet  sich  ^.  L.  nur  bei  Plautus,  für 
minae. 

Minanter,  drohend,  steht  P.  L.  bei  Ovid,  für  minaciler. 

Minari,  drohen: —  Einem  mit  Etwas  (was  erfolgen  soll)  oder 
Einen  mit  Etwas  bedrohen,  minari  alicxii  aliquid ;  z.  B.  mea  domus 
ardore  suo  deflagrationern  urbi  atq.  Ttaliae  toti  minahatur,  mein  Haus 
bedrohte  durch  seinen  Brand  die  Stadt  —  mit  Einäscherung.  —  Noch 
öfter  wird  minitari  gebraucht,  wovon  weiter  unten  die  Rede  ist.  — 
P.  Jj.  sind  die  Redensarten  minari  magna, pulchra,  multa,in  der  Bed. 
Grosses,  Herrliches,  Vieles  verkündigen  oder  mit  grossen  Dinge?i  um- 
gehen. Gleichwohl  sagt  Hemsterh.  (Oratt.  p.  132):  puero  tarn  magna 
minanti. 

Minerva.  Die  sprichwörtlichen  Redensarten:  siis  Minervam  und 
pingui,  invita,  crassa  Minerva  brauche  man  nur  mit  dem  Zusätze  ut 
ajunt,  ut  dicitur,  mag  auch  Cicero  bei  der  ersten  bisweilen  Nichts  hin- 
zugesetzt haben.  Vgl.  Beier  z.  Cic.  Lael.  5,  19. 

Minerval  ist  in  der  Bedeut.  Schul-  oder  Lehrgeld  so  wenig  zu  er- 
weisen, dass  es  nicht  wohl  in  diesem  Sinne  gebraucht  werden  kann, 
indem  es  in  der  einzigen  Stelle  bei  Varro,  wo  es  dies  zu  bedeuten 
scheint  (R.  R.  III ,  2,  18)  ,  wohl  nur  ein  Geschenk  für  Belehrung  be- 
deutet. Man  brauche  merces.  Vgl.  Honorarium. 

Minime  mit  dem  Genit.  reruni,  in  der  Bedeut.  durchaus  nicht.,  ist 
N.  L.,mag  auch  rerum  bisweilen  zu  Superlativen  zur  Verstärkung 
hinzutreten,  wie  man  z.  B.  finAei :  suavissifnus  rerum  ,pulcherrimus 


497 

rerum  u.  a.;  bei  einem  Adverb,  findet  es  sich  nirgends.  —  Man  sagt 
auch  niclit  niinime  posse,  minhne  valere,  am  u'em'gste?i  vermögen,  son- 
dern rninimum  posse,  min.  valere,  ebenso  wie  man  nur  sagt  multum 
\md  phirimum  posse.  —  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  tvenfgste?is,  zum 
wenigsten ,  fiir  7ninimnm.  Falsch  ist:  minime  sunt  tres  gradus,  es  gibt 
wenigstens  drei  Grade,  fiir  minininm  sunt. 

Minimus,  wovon  man  Sp.  L.  die  halbbarbarisclie  Form  tninissimus 
findet,  kann  im  Genit. ,  miJiimi,  nicht  zur  Bestimmung  des  Preises  bei 
Kauf  und  Verkauf  gebraucht  werden,  sondern  nur  im  Ah\.., mini mo. — 
Sp.  L.  ist  ad  tninimum ,  zum  wenigsten,  als  Adv.,  für  minimum  oline 
ad.  Vgl.  unter  Ad. 

Minister  verbi  divi?ii  ist  eine  neue  Bezeichnung  iinsrer  (geistlichen) 
Prediger,  wie  man  sie  auch  im  Deutschen  Diener  des  göttlicheii  Wortes 
nennt.  Insofern  auch  bei  den  Alten  die  Priester  einer  Gottheit  m/w/s/r?" 
(dei  alicujus)  hiessen,  und  ihre  Besorgung  des  Gottesdienstes  —  mi- 
nisterium  genannt  wurde,  ist  mildster  auch  wohl  der  neuen  Idee  nicht 
unangemessen,  indem  nicht  einmal  aus  dem  Kirchenlatein  eine  andere 
eigene  Benennung  derselben  bekannt  ist.  Die  Neuern  und  selbst  Eich- 
städt  (Deprecat.  acad.)  missbilligen  es  nicht.  Vgl.  Frotscherz.  Mureti 
Oper.  T.  I,  p.  288  und  oben  unter  Concionator. 

Minitari  (vgl.  Minari),  Einem  drohen  oder  Einen  mit  Etwas  be- 
drohen, wird  meistens  verbunden  alicui  a/iqjiid,  seltner  alici/i  aliqua 
re.  Letzteres  findet  sich  besonders  in  der  Redensart/erro  ignique  oder 
igniferroque,  wiewohl  nach  Klotz  (Cic.  Catil.  II,  1  1)  der  Accus. /<?/- 
rumflammamque  richtig  ist,  obgleich  dies  Orelli  als  nicht  Ciceronisch 
bezeichnet.  Vgl.  Garaton.  z.  Cic.  Catil.  II,  1  und  z.  Philipp.  XIII,  21. — 
Man  verwechsele  aber  damit  nicht  Redensarten,  wie:  alicui  gladio, 
fusti,  lapide  —  minitari,  wo  durch  den  Abi.  nur  das  drohende  Werk- 
zeug angegeben  ist. 

Minor ennis ,  minderjährig,  unmündig,  minorenn ,  ist  JV.  L.  für  im- 
puher ,  minor  annis ,  und  wenn  die  Eltern  gestorben  sind  — pupillus, 
Fem.  pupilla. 

Miniitio,  die  Verminderung ,  Verkleinerung,  Vovamt  erst  N.  KL, 
zwar  bei  Quintilian,  aber  nur  eiimial  vor,  sonst  ist  es  selten  für  dimi- 
nutio,  und  werde  daher  vermieden. 

Minus,  weniger.  —  Sp.  L.  ist  admi7ius,  wie  adminimiim,für  ?ninus. 
Unser  iveniger  (als  Adverb.)  als  Alle  heisst  nicht  minus  quam  omnes, 
sondern  minime  omnium;z.  B.  du  bist  damit  weniger  xinbehannt  als 
Alle,  hoc  quidem  tu  minime  omnium  ignoras.  Vgl.  Magis  und  Hadriani 
Observ.  ling.  lat.  p.  447. 

Mirabilis,  wunderbar.  Davon  kommt  bei  Columella  (R.  R.  VI, 36, 3) 
eine  ganz  unregelmässige  Form  des  Superl.  vor,  neml.  mirabilissimus ; 
wenigstens  haben  alle  Handschr.  u.  alten  Ausgg.  mirabilissima/ti  sobo- 
lem.  Aber  es  muss,  was  der  Sinn  verlangt,  etwa  so  wie  Fulv.  Ursinus 
vermuthete,  gelesen  werden:  ?nirabiles  (als  ein  in  dieser  Stelle  für 
den  Sinn  nothwendiges  Beiwort  des  Subst.  admissarii)  pessimam  soho- 
/em,was  denn  auch  Schneider  unbedenklich  aufgenommen  hat.  Und 
so  verlieren  wir  den  monströsen  Superl. 

Mirabilitas,  die  Bewunderungsivürdigkeit,  ist  Sp.  L.  und  findet  sich 
zwar  bei  Lactanz,  ist  aber  unnöthig  wegen  admiratio ,  welches  mit 
einem  Genitiv  verbunden  auch  diese  Bedeutung  hat. 

32 


498 

Miraculosiii; ,  wunderbar,  ist  N.  L.  tiDtl  wird  heutzutage  nicht  sel- 
ten gebrauclit,  für  ?nirt/s,  mirabilis ,  mhandus ,  iinracido  di^nus ,  und 
stärker  porteiitosns  und  das  TV.  Kl.  prodigiosus.  —  Als  x^dv.  gelten 
mirabiliter,  mirifice,  mire. 

Miraculum ,  Wunderharkeil ,  Seltsamkeit ,  wird  selten  von  Natur- 
wnndern  gesagt,  wo  fast  nur prodigium,  portentum^  osientnm,  monstrum 
gebraucht  werden. 

Miratio,  die  Verwunderimg ,  wird  nur  aus  Cic.  Divin.  II,  22,  49  an- 
geführt: causaruin  ignoratio  in  venoxa  mir ationc in  ^vicit.  Der  einmalige 
Gebrauch  verdächtigt  das  Wort  einigermaassen  ;  man  vermeide  es  da- 
her durch  admiratio,  was  man  auch  für  jene  Stelle  vorgeschlagen  hat. 

Mirus,  wunderbar.  Raschig  hat  (Progr.  p.  22.  23)  bei  diesem  Adj. 
auf  eine  im  N.  L.  gewöhnh'che  und,  wie  man  ziemlich  allgemein  glaubt, 
schöne  Redensart  aufmerksam  gemacht:  hoc  me  mirum  habet  oder 
teiief ,  in  der  Bedeut.  dos  nimmt  fnich  Wunder,  darüber  wu?/dere  ich 
mich.  Er  erklärt  sie  für  sinnlos;  natürlich  könne  man  wohl  sagen:  hoc 
nie  aiisium,  solliciium,  inquietum  habet,  in  der  Bedeut.  darüber  ängstige 
ich  mich,  bekümmere  ich  mich,  bin  ich  unruhig,  aber  jenes  könne  die 
angegebene  Bedeut.  nicht  haben,  da  mirus  nur  wunderbar,  seltsam  be- 
deute, wodurch  also  der  Sinn  entstände:  das  hat  Etwas,  was  mich 
trnnderbar  macht ,  das  macht  mich  seltsam;  —  dies  wolle  man  aber 
doch  damit  nicht^  sagen.  Etwas  Anderes  wäre  es,  wenn  ?nirus  —  sich 
verwu?idernd  in  activem  Sinne  hiesse.  —  Jene  Redensart  werde  also 
durchaus  als  sinnloses  N.  L.  verworfen. 

Misanihropus,  der  Menschenfeind,  kommt  zwar  nur  als  griechischer 
Name  des  Timon  bei  Cic.  (Tusc.  IV,  11,25)  vor:  de  Tinione ,  qui 
yuauvO^voTTog  appellatur, ist  ahev  nie  als  lateinisches  Wort  in  dieSprache 
übergegangen.  Gleichwohl  kann  es  neben  den  vielen  andern  griechi- 
schen Wörtern  recht  wohl  als  kurze  Benennung  bestehen,  da  man  es 
sonst  nur  umschreiben  muss  durch  qui  homines  odit ,  homi?imn  adspe- 
ctum  lucemque  vilat,  odium  in  hominum  Universum  genus  exercet  u.  dgl. 
Vielleicht  liesse  es  sich  auch  durch  lucifugus  ersetzen,  welches  Wort 
oben  zu  vergleichen  ist. 

Miseranter,  kläglich,  ist  Sp.  L.  für  miserabiliter,  calamitose. 

Miserari,  über  Etwas  klagen,  sich  beklagen,  Ettpas  bejammern,  wird 
verbunden  mit  d,  Äcc,  aliquem,  aliquid;  P.  L.  mit  dem  Genitiv,  alicujus. 

Miserere,  Mitleid  habe?i,  wird  in  der  bessern  Prosa  nur  impersonal 
mit  dem  Accus,  der  Person,  die  Mitleiden  hat,  und  dem  Genitiv  des- 
sen, mit  dem  sie  Mitl.  hat,  verbunden;  z.  B.  me  miseret  alicujus,  tui, 
vestri — ,  wobei  nur  die  Formen  noslri,  vestri,  nicht  nostr?/m,  vestrum 
Statt  finden.  Dagegen  ist  personal  das  Deponens  misereri,  und  hat  eben- 
falls den  Genitiv  des  Gegenstandes  bei  sich;  z.  B.  misereor  tut,  vestri, 
für  welchen  Genitiv  erst  Sp.  L.  der  Dativ  steht,  wie  denn  dieser  in 
neuern  Gebetbüchern  neben  dem  Genitiv  oft  vorkommt,  bald  miserere 
nostri,  bald  7nis.  nobis.,  erbarme  dich  unser. 

Misericorditer,  aus  Mitleiden,  mitleidig,  ist  A.  und  Sp.  L.  und  wird 
selten  gebraucht  für  cum  misericordia ,  cum  miseratiojie,  misericordia 
capLus,  dzictus ,  permottis ,  oder  mit  d.  Adj.  misericors.  Vgl.  Geists 
Aufg.  p.  ^Q. 

Missionarius ,  ein  Gesandter,  Abgesa?}dter,  ist  N.  L. ,  in  welcher 
Bedeut.  es  auch  sei,  für  legatua,  emissarius. 


499 

Misiio;  vgl.  Mixtio. 

Mitificare  kommt  selten  in  der  Bedeut.  zahm  machen  vor,  nur 
N.  Kl.  beim  altern  Plinius,  fiir  mansuefacere. 

Mittere.  Selten  ist  die  Redensart  nntto  dicere,  ich  übergehe  zu  sagen, 
welche  F.  A.  Wolf  für  in  Prosa  so  gut  als  ungebräuchlich  hielt,  wie- 
ivohl  sie  sogar  bei  Cic.  (Quinct.27)  vorkommt.  Gewöhnlicher  ist  »«V/o 
ohne  dicere ,  mit  einem  Subst.  im  Accusativ  oder  einem  Satze  mit  der 
Conjunct.  quod.  Ausserdem  sagt  man  d&für  omitfere ,  praetermitfere, 
7iiissiimfacere,  praeterire,  relinquere.  —  Die  Redensart  mittere  saiigui- 
7iem,  Blut  oder  zur  Ader  lassen,  wird  gleich  gut  verbunden  mit  in 
aliquo  loco  und  ex  aliq.  loco,  z.  B.  am  Arme,  in  oder  es  brachio ;  aber 
freilich  sagt  man  nur  ex  vena,  nicht  m  venu.  Vgl.  dazu  Celsus  z.  B.  II, 
10.  —  Ferner  vertausche  man  bisweilen  lieber  mittere,  weisenden, 
abschicken  (bei  meÄz-erw  Personen),  mit  dimitte?'e ,  wenn  nicht  nach 
einem,  sondern  nach  mehrerii  Orten  hin  gemeint  ist,  wie  bei  Cic. 
(Tusc.  V,  14):  multas  naves  in  omnera  orara  raaritimam  dimisit,  nicht 
misit ;  denn  durch  dimisit  tritt  die  Vertheilung  der  Schiffe  klarer  her- 
vor.—  Derlmper.  mitte  m.  einem  Inf.,  in  der  ^eAent.  thue  das  nicht,  für 
äo/«,  ist  nur  P.  L.,  z.  B.  mitte  quaerere,  suche ,  forsche  nicht,  für  noli 
quaer.  oder  ne  qtiaere. 

Mitylene  (nach  Andern  weniger  gut  Mytil.),  eine  Stadt  auf  Lesbos, 
kommt  auch  als  Plural  vor,  Mitylenae,  wie  Athenae;  bei  Cicero  und 
Caesar  steht  die  letztere  Form,  bei  Livius,  Plinius  u.  A.  die  erstere. 

Mixobarbarus ,  a ,  um,  was  mit  Fremdem ,  Ausländischem  gemischt 
ist,  also  halbbarbarisch,  hat  Muret  ohne  alte  Auctorität  aus  dem  Griech. 
herüberzunehmen  gewagt  (Oper.  T.  I,  p.  234),  indem  er  sogar  in  einer 
Rede  ohne  a'lle  Entschuldigung  des  Wortes  mixobarbaras  cajitiones, 
halbbarbarische  Lieder ,  erwähnt,  die  er  semibarbaras  nennen  konnte, 
wodurch  er  dem  Vorwurfe,  selbst  ein  halbbarbarisches  Wort  gebraucht 
zu  haben,  entgangen  wäre.  Man  brauche  es  ihm  nicht  nach.  Frotscher 
schlägt  ausser  semibarbarus  als  gleich  gut  fnixtus  barbaris  vor. 

Mixtio  oder  mistio ,  die  Fermischung  ,  ist  Gem.  i. ,  vielleicht  aus 
der  Volkssprache  genommen,  und  findet  sich  N.  Kl.  bei  Vitruv. ;  sonst 
ist  es  Sp.  L.,  aber  selten,  für  mixt ura,  permixtio,  welches  letztere  frei- 
lich auch  sehr  selten  und  mehr  Sp.  L.  ist. 

Mixtur a  ,  die  Mischung  ,  Vermischung ,  kann  nicht  von  der  künst- 
lichen Vermischung  ziveier  Metalle  mit  einander  gebraucht  werden, 
da  man  diese  temperatio  nannte.  Vgl.  Cic.  Verr.  IV,  44.  So  sagte  man 
temperatio  aeris  Corinthii,  die  M.  des  Corinthischen  Erzes,  nicht  mix- 
<?//■«,  wiewohl  der  ältere  Plinius  dafür  auch  mixtura  wnA  temperies 
brauchte. 

Mobilis ,  beweglich.  Die  Ausdrücke  mobiles  res,  bewegliche  Dinge; 
mobilia  bona,  bewegliche  Güter,  Hab  und  Gut,  was  fortgebracht  wer- 
den kann,  finden  sich  nur  bei  den  spätem  Juristen,  bei  den  altern 
dagegen  ruta  caesa  nach  Cic.  (Topic.  26.  Orat.  II,  55);  für  uns  genügt 
meistens  supellex. 

Moderamen ,  die  Lenhmg,  Mässigung,  ist  P.  L.  für  moderatio ;  — 
Sp.  L.  ist  moderafnentum. 

Moderare ,  massigen,  kommt  nur  A.  und  Sp.  L.  bei  Juristen  vor, 
für  das  Deponens  moderari,  wovon  Jedoch  das  Partie,  moderatus  als 
Adject.  in  passiver  Bedeut.,  gemässigt,  sehr  gebräuchlich  war.   Bei 

32* 


500 

vioderari ,  welches  den  Dat.  und  Accus,  regiert,  beachte  man  im 
Schreiben,  dass  der  Dativ  am  besten  dann  gesetzt  werde,  wann  es 
massigen,  dern  Uebennaasse  einer  Sache  steuern  bedeutet,  der  Accu- 
satiü  aber  in  der  Bedeut.  leiten,  regieren,  mögen  auch  die  Alten  bis- 
weilen weniger  auf  diese  Unterscheidung  geachtet  haben.  Vgl.  üeisig's 
Vorles.  p.  6G7. 

Modernus ,  neu ,  jetzig ,  ist  B.  und  N.  L.  für  novus ,  recens ,  hujus 
aetotis,  hodie  usitatus,  qui  nunc  est  u.  a. ;  z.  B.  moder?ii  scriptores  für 
recentiores,  hujus  oder  nostrae  aetatis  scripi.  u.  a. 

Modicus,  massig,  hat  im  Comp,  magis  modicus  (Liv,  XXX VIII,  23). 
Das  Neutr.  als  Adverb,  zu  brauchen,  ist  Sp.  L. ;  man  setzt  dafür  ?nodice. 

Modificare  oder  inodißcari'i^i  als  Verbnm  nur  Sp.  L.  Wo  wir  sagen 
modificiren,  sagt  man  latein.  besser  modiim,  facere  oder  constituore,  ad 
modum  aliquem  restringere,  accommodare ;  in  der  Bedeut.  massigen 
auch  moderari ,  temper are.  —  Kl.  aber  ist  modificatus .,  gehörig  abge- 
jnesse?i,  von  Worten  und  Gliedern  der  Bede,  die  taktmässig  geordnet 
sind  und  so  vorgetragen  werden. 

Modo,  bald.  Das  zweite  bald  wird  Kl.  meistens  wieder  durch  modo 
ausgedrückt,  seltner  durch  tum;  P.  L.  ist  7nodo  —  7iu7ic  und  Sp.  L. 
modo  —  rursus.  Vgl.  Handii  Tursell.  III,  p.  646  fgg.  In  Cie.  Muren.  40 
steht  zwar  modo  mit  folg.  nunc,  aber  modo  heisst  dort  nicht  bald,  son- 
dern vor  Kurzem  und  nunc — jetzt. —  N.  und  1).  L.  Ut  modo  sie,  modo 
aliter  esse,  bald  so,  bald  anders  sein,  wofür  mobilem  oder  varium  esse 
u.  dgl.  zu  brauchen  ist.  So  sagt  Corn.  N.  (Pausan.  1)  :  varius  in  omni 
geTiere  vilae  futt ,  er  war  in  allen  Verhältnissen  des  Lebens  bald  so, 
bald  anders.  —  Falsch  ist  fnodo  —  modo  in  der  Bedeut.  theils  —  theils, 
für  partim  —  partim  ;  cum  —  tum.  —  In  der  Bedeut.  eben  geht  es  nur 
auf  etwas  in  der  nächsten  Vergangenheit  Geschehenes,  nicht  auf  das, 
was  man  eben  oder  erst  noch  thun  will;  es  ist  gleich  vor  Kurzem.  Man 
sage  also  nicht:  modo  dicam  oder  dicturus  sum,  ich  will  eben  sagen, 
sondern  nunc ,  projci7ne ,  statim.  —  P.  L.  ist  modo  de7iique,  ebe7i  jetzt 
erst ,  für  7iu7ic  detiium,  und  modo  no7i  in  der  Bedeut. /asf,  für  paene. 
Ueber  /tullo  7nodo  vgl.  Modus. 

Modulamen  und  modulame7itum ,  der  Wohlklang ,  ist  Sp.  L.  für 
modulutio. 

Modulus,  das  Maas,  findet  sich  wohl  nirgends  bildlich  vom  Geiste 
gebraucht,  so  dass  den  Alten  wohl  seltsam  geschienen  haben  möchte, 
was  Valcken.  (Oratt.  p.238)  sagt:  secu7idum  tiostrum  cogitandi  modu- 
lum,  nach  U7isrer  De7ikweise. 

Modus.  So  oft  es  auch  durch  Art  und  JVeise  übersetzt  werden 
kann,  so  heisst  doch  die  Lebensweise ,  Jjebensart,  wenn  von  einer  be- 
sonder7i ,  mclxi  im  Allgemeinen  von  Lebensweise  die  Rede  ist,  nicht 
vitae  modus,  sondern  vita,  ratio  vitae  oder  vivendi,  ge7ius  vitae,  co7isue- 
tudo  vitae.  —  Wo  Art  so  viel  ist  als  Gattung,  sagt  man  nicht  7nodus, 
sondern  genus;  z.  B.  Dichtu7igsart ,  ge7ius  poesis;  ein  Befehl  neuer 
Art,  edictuin  7iovi  generis  (Cic.  Sest.  41,  89),  nicht  modi.  —  Den  Abi. 
THodo  brauche  man  nicht  falsch  mit  einem  Adject.  als  Umschreibung 
eines  Adverbii,  wiewohl  man  7/iodus  dazu  anwenden  kann ,  aber  nur 
in  77iodum,  z.  B.  fei7idselig,  hostilem  in  7nodum,  für  hostiliter,  nicht  aber 
hosiili  7nodo ;  tvunderbar,  mirum  in  modum,  für  mirabiliter ;  auch  sagt 
man  nicht  i7ijustis8imo  modo,  auf  die  ungerechteste  Weise,  sondern  per 


501 

sf/mmom  injuriam.  —  Omni  modo ,  auf  alle  Wehe,  brauche  man  nicliit 
in  der  IJedent.  diirchmis,  fiir  oniiiino ;  iiullo  modo  nicht  in  der  ßedeiit. 
durchaus  nicht,  für  nequaquain  oder  nihil,  z.  B,  nicht:  nunc  omni  modo 
xndendiim  oder  considerandiim  est,  sondern  nu7ic  oder  jam  omnino  vid.; 
niclit  ni/llo  modo  de  suo  patriraonio  queritur,  sondern  nihil  oder  ne~ 
quaquam  — .  Vgl.  Wunder  z.  Cic.  Plane,  p.  182.  183.  —  Für  ejzisrnodi, 
von  de?-  Art,  ist  oft  besser  ea  ratio  mit  dem  Genit.  des  Subst. ;  z.  B. 
dieses  Buch  ist  von  der  Art,  ea  est  hujns  libri  ratio,  niclit  ejusmodi 
est  hie  Über.  —  In  der  Bedeut.  Takt,  Melodie  kommt  modus  fast  nur 
im  Plural  vor.  Vgl.  die  Lexica;  ausserdem  noch  Reisig's  Vorles.  p.  304. 

Moechari,  ehebreche7i ,  huren,  ist  P.  L.  ivw^idulterari ,  adulterum 
esse,  inpurum  esse  u.  a.  —  A.  und  P.  L.  sind  die  Subst.  moechus  und 
moecha,  für  adulter,  adultera. 

Mola  ist  ein  ein%elner  Mühlstein ,  weniger  also  eine  solche  Mühle, 
die  aus  mehrern,  wenigstens  aus  zwei  Steinen  bestellt;  daher  findet 
sich  auch  in  dieser  Bedeutung  öfter  mo/ae.  Die  Papierinühle  nennt 
aber  Piinius  (  N.  H.  Vlll.  10)  nicht  mola  oder  molae  chartariae,  son- 
dern officina  chartaria.  Ganz  «Sp.  L.  ist  molendinum  in  der  Bedeutung 
Mühle,  was  man  nicht  gebrauche.  Vgl.  darüber  Heusing.  Emendd. 
p.  413. 

Molestare ,  belästigen ,  ist  Sp.  L.  für  molestia  afficere  aliquem,  mo- 
lestum  olicui  esse,  molestiam  alicui  afferre  oder  exhibere. 

Moliri ,  Etwas  unternehmen,  mit  Etwas  tim gehen ,  wird  meistens 
verbunden  mit  dem  Acc.  aliquid  oder  bei  einem  Verbo  m.  d.  Infin., 
jedoch  aucli  absolut  ohne  einen  Acc.  mit  de,  z.  B.  bei  Cic.  (Rep.  II,  35)  : 
molientem  de  occupando  regno,  wo  de  —  in  Beziehung  «///bedeutet. 
Auch  sagt  man  moliri  in  aliqua  re  facienda,  bei  Etwas  thätig  sein,  ge- 
schäftig sein  Etwas  zu  ihun;  z.  B.  bei  Cic.  (Verr.  IV,  43,  95)  :  in  de- 
violievdo  signo  permulti  homines  moliebantur. 

Mollificare ,  eriveichen ,  iveich ,  sanft  machen ,  ist  N.  L.  für  mollire, 
mitigare. 

Mollities,  mit  d.  Genit.  maris ,  die  Meeresstille ,  kommt  Sp.  L.  bei 
Aurel.  Victor  vor,  für  das  Ä7.  tranquilUtas  maris  oder  das  griech. 
malacia.  Vgl.  Malaria. 

MoUiusculus ,  ettvas  sanfter,  stand  früher  bei  Plin.  (Ep.  I,  16,  5), 
aber  Gesner  schrieb  dort  für  die  Lesart  der  Handschr.  inserit  sane  — 
molli?(S  leviusque ,  wo^nr  in  alten  Ausgg.  niolliusculos  leviusculosque 
stand,  richtig  moUibus  levibusque ,  was  auch  die  Neuern  aufgenommen 
haben,  so  dass  molliusculus  keine  Auctorität  mehr  liat. 

Moment aiieus,  momentarius  und  momentosiis,  augenblicklich,  kurz- 
dauernd (auch  wohl  wichtig),  sind  Sp.  L.  und  verwerflich,  für  brevis, 
brevissimus,  quod  mo7nento  o dar  puncto  temporis  fit. 

Mome7itum  findet  man  für  sich  allein  gebraucht,  in  der  Bedeutung 
der  Augenblick  im  strengen  Sinne  des  kürzesfen  Zeitabschnittes;  Rl. 
sagt  man  datnr  ptinctum  temporis  oder  momentum  temporis,  was  Livius 
oft  braucht,  z.  B.  multorum  mensium  \ahor  ptmcto  temporis  (in  einem 
Augenblicke)  interiit  (Caes.  B.  C.  II,  14)  ;  uno  et  eodem  temporis 
jnincto ,  in  einem  und  demselben  A.  (Cic.  Divin.  II,  45,  95)  ;  momento 
temporis  castra  relicta  erant  (  Liv.  XXXV,  11).  Aber  falsch  ist  hoc 
temporis  luomento,  im  gegemvärtigen  Zeitpunkte,  für  das  einfache  hoc 
tempore.  Etwas  Anderes  ist  es  aber,  wo  man  von  einem  wichtigen,  enf- 


502 

scheidenden  Angenblicke  spricht;  in  diesem  Falle  ist  es  mit  dem  Adj. 
magntis  oder  den  ne^irenden  parvus,  nullus  u.  dgl.  meistens  anweiMl- 
bar.  Jedoch  werden  Genitiven,  wie  magnf,  parvi,iiu/ims  mome?Ui  nicht 
als  Beiwörter  zn  Substantiven  gesetzt,  sondern  mit  ihnen  nur  durch 
esse  als  Praedicate  verbunden;  man  sagt  also  nicht:  res  7nag?ii  mo- 
jiienti ,  ein  Umstand  von  grosser  Wichtigkeit ,  ein  wichtiger  Umstand, 
sondern  res  magna;  aber  richtig  ist  res  est  magni momenti.  Und  daher 
tadelt  es  Friedemann,  wenn  Ruhnken.  (Elog.  Hemst.  p.  98)  sagt:  res 
levis  moinenti.  Unerweislich  ist  auch  aUqiiid  haiid  parvi  momenti  put  are, 
wie  Görenz  (Cic.  Leg.  p.  XVII)  sagt:  quaestio  haud  par vi  momenti 
putanda  est.  Richtig  aber  ist:  hoc  nihil  hnhet  tnofnenti, dieses  hat  kei?ie 
Wichtigkeit ,  ist  unbedeutend  (Cic.  Fin.  II,  12,  38).  —  Es  treten  aber 
zu  tnomentum  nur  Adjectiven  der  Grösse,  wie  magtitis,  parvus,  levis, 
par,  nullus  u.  ähnliche,  nicht  Adject.  der  Eigenschaft,  wie  terribilis, 
schrecldich.  Man  sagt  also  nicht  terribile  momentum,  ein  schrecklicher 
Augenblick  (Moment),  wo  vielleicht  meistens  discrimen  anwendbar  ist. 
Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  95.  —  Nie  sagt  man  auch  momentnm 
mortis  für  unser  der  Augenblick  des  Todes,  was  im  N.  L.  hie  und  da 
vorkommt  und  von  Klotz  (z.  Sintenis  p.  J04)  gerügt  wird,  für /psa 
mors,,  estrem?is  sp/ritus  oder  mit  dem  Verbo  fnori.  —  Endlich  ist  mo- 
ynent.  N.  L.  für  unser  den  Augenblick,  in  der  Bedeut.  sogleich,  für  con- 
tinuo,  statim ;  z.  B.  der  Senat  wurde  den  Augenblick  zusammengcrf/fen, 
wo  momcntum  oder  punctum  iemp.  lächerlich  wäre.  Ueber  den  viel- 
fältigen Gebrauch  des  Wortes  vgl.  die  Lexica. 

Monacha,  die  Nonne,  ist  das  älteste  Wort  für  diesen  Begriff;  ebenso 
als  Masc.  monachus ,  der  Mönch;  jnonachium  und  monasterium,  das 
Kloster,  und  als  Adj.  monasterialis ,  klösterlich.  Gleich  gut  sind  coeno- 
hila  und  coenobiimi,  \\\^v,o\\\  weniger  im  Gehrauche.  Von  monacha 
kann  man  im  Dat.  und  Abi.  Plur.  unbedenklich,  auch  ohne  Anctorität, 
monachahus,  zum  Unterschiede  von  ?nonachis,  sagen.  Vgl.  Th.  I,  §.  17. 

Monarchia,  die  Alleinherrschaft ,  auch  das  Landeines  KÖ7iigs,'\si  sehr 
spät  ins  Latein,  aus  dem  Griech.  herübergenommen  und  von  allen  frühern 
Lateinern  nicht  einmal  leise  erwähnt  worden.  Es  ist  nur  als  Kunstwort 
in  der  Politik  erträglich,  da  bei  Cicero  u.  A.  sich  viele  Ersatzwörter 
linden,  z.  B.  unius  dominatus  oder  dominatio,imperinm  singulare  (Cic. 
Rep.  I,  33;  II,  9)  ,  regnum  (ib.  I,  26),  regium  imperium ,  regalis  res 
jiuhlica  (ib.  III,  35)  ,  tyrannis,  dominatus  regius ,  regia  oder  regalis 
potestas ,  singularis  potentia  (Corn.  N.  Dio  9,5).  Daher  heisst  ein 
monarchischer  Staat  —  civitas,  quae  unius  dominatti  tenetur ;  ein  Mo- 
narch ,  Alleinherrscher  —  res ,  dominus,  tyrannus;  dagegen  ist  mo- 
narcha  N.  L. 

Monere,  er  inner  7i ;  —  Einen  an  Etwas,  aliquem  alicujus  re/oder 
in  Beziehung  auf  Etivas ,  de  aliqua  /e,  jedoch  mit  dem  Accus,  der 
Neutra  äoc,  id,  illud,  mnlta,  wornach  Sallust  auch  eam  rem  für  /V/sagt. 
Ebenso  wird  admonere  verbunden.  —  Was  geschehen  soll,  folgt  mit 
nt,  was  nicht  geschehen  soll,  mit  ne ,  P.  L.  mit  dem  Infinitiv,  ausser 
wenn  allgemein  ohne  Angabe  einer  Person  gesprochen  wird  ;  z.  B. 
ratio  ipsa  monet  (räth)  amicitias  compnrare  (Cic.  Fin.  I,  20,  66),  aber 
niclit:  monet  nos  comparare,  wofür  es  heissen  müsste:  ut  comparemus. 
Man  sage  nicht:  me  hoc  (non)  facere  monet,  er  erinnert  ?nich,  dieses 
(nicht)  zu  th?tn,  sondern  hoc  ut  (ne)faciam,  me  monet.  —  Man  ver- 


503 

meide  ,  was  im  TV.  L.  oft  vorkommt,  monere  in  der  Bedeiit.  Etwas  be- 
vierlen,  auinerhen,  encühi^en,  lehren  zu  braiiciieii,  wie  man  so  oft  liest; 
2it  moiiet  Jfolfius,  hoc  inoiiuil  Er7iestfus;  eadem  de  Hectoris  equis 
monnii  Ilomerus  ,  wie  Terpstra  (  Antiquitas  Homer,  p.  297)  sag't;  — 
man  brauche  dafür  commemorare,  di'cere,  docere,  annolare. 

Mo?ietn,  die  Münze  (als  Geldstück),  ist  P.  L.  u.  N.  KL  inv  numus. 
Ueh er  falsa  inon.  und  fa/sns  nuniiis  vgl.  Falsus.  Bildlich,  in  der  Bed. 
Werth,  wie  wir  Mü7ize  brauchen,  kommt  es  nur  P.  L.  bei  Juvenal  vor, 
und  kann  von  uns  in  Prosa  höchstens  mit  vorg^esetztem  ^«as?  gebraucht 
werden.  Ebenso  auch,  wo  wir  bildlich  von  einem  Worte  sagen:  das  ist 
avs  unsrer  Fabrik,  hoc  est  ex  nostra,  ut  ita  dicam,  monela,  wie  Seneca 
(Benef.  III,  35)  sagt:  jani  tempus  est  quaedam  ex  nostra,  ut  ita  dicam, 
moneta  proferri.  —  Ein  Verb,  monetäre,  münzen,  Münze  schlageti,  gibt 
es  nicht;  dafür  sage  man  signare,  per  entere  niimiim  (numos). 

Monitorium,  Ermahnimg,  Erinnerung  an  eine  Schuldigkeit,  Etwas 
zu  beschleunigen,  was  geschehen  sollte,  ist  N.  L.  für  adtnonitio. 

Monoculus ,  einäugig,  ist  ein  Zwitterwort  und  ganz  Sp.  L.  für 
lusciis,altero  oculo  oder  lumine  captus  oder  orbus;  A.  L.  kommt  auch 
bei  F!aut.  nnoculus  vor. 

Monomachia ,  der  Kampf  mit  Einem,  der  Zweikampf,  ist  fast  N.  L. 
für  certamen  singulare.  Vgl.  Duellum. 

Monstrare,  zeigen.  Mit  Recht  verwirft  mau  als  D.  L.  se  monstrare, 
sich  zeigen,  d.  h.  seine  Kunst,  Wissenschaft,  Kenntnisse  zeigen.  Nirgends 
findet  sich  etwas  Aehnliches  bei  einem  Alten,  sondern  dafür  rnonstr. 
quid  valeas,  quid,  possis  u.  dgl. 

Mo7istrosus  ist  vielleicht  gleich  gute  Form  neben  ?nonstr//osas, 
welche  Einige  für  barbarisch  halten,  wiewohl  die  bessern  Handschr. 
gerade  die  Form  monstrnosus  bei  Cicero  und  Andern  bieten.  Vgl. 
unter  Moiitosus.  —  Bei  Cicero  stand  jenes  Adj.  ausser  Divin.  II,  32, 
wo  nach  den  meisten  Handschr.  mo7istruosissi?nam  geschrieben  ist, 
auch  noch  Fin.  I,  18,  61  lucifugi,  maledici,  monstrosi,  aber  Lamhin  hat 
es  als  ganz  unpassend  verworfen  und  mit  Recht  in  moAOSz*  verändert, 
was  auch  Madvig  allein  billigt.  Vgl.  auch  Oudeudorp.  Suet.  Tiber.  43. 
p.  414.  —  N.  L.  ist  aber  das  Subst.  7no7istrosilas  oder  mo?istrtiositas, 
was  ich  in  einem  Progi-.  gebraucht  gefunden  habe;  warum  nicht  7no/i~ 
stram,  prodigium,  portentum.  forma  moiistruosa? 

Mo/ita7ieus,  bergicht,  gebirgig,  ist  iV.  L.  für  7nonta7ius,  montuosus. 

Monticola,  der  Bergbewohner,  steht  vielleicht  nur  bei  Ovid  für 
i7icoIa  montis,  homo  7nontaniis. 

Mo7itosus,  bergicht ,  gebirgig,  wird  nach  den  Neuern  mehr  für  N. 
Kl.  Form  gehalten,  als  7no?ituosus ,  was  wenigstens  bei  Cicero  die 
besten  Handschr.  bestätigen  sollen.  Aehnlich  verhält  es  sich  mit  ?«o/z- 
struosus  und  mo7istrosus,  portentosus  und  porte7ituosus.  Vgl.  Klotz  Cic. 
Lael.  19,  68.  Drakenb.  Liv.  XXXIX,  1,  5.  Oudend.  Sueton.  Tiber.  43. 
p.  414.  Garat.  und  Wunder  Cic.  Plane. 9, 22  u.  OrelliCic.  Div.  11,32,69. 

Mora,  der  Verzag,  die  Zögeru7tg. —  P.  L.  ist  moram  trahere,  auf- 
halten, verzöger7i,  für  moram  afferre,  inferre,  i/tterponere  u.  a. 

Moralis,  7noralisch,  sittlich,  ist,  obgleich  ein  Kl.  Wort,  doch  in  der 
Bedeut.  unseres  Wortes  moralisch,  d.  h.  sittlich  gut,  N.  L.  für  bene 
moratus ,  bonus ,  probus,  honestus.  Ebenso  ist  moralitas  in  der  Bedeut. 
Sittlichkeit ,  sittlich  gutes   Betrage7i  ohne  Auctorität  und  N.  L.  für 


504 

probitos ,  honestas ,  integrhas  vtorum,  integri  mores,  auch  blos  mores, 
morum  conditio  u.  a.  —  Nur  jenes  Adjecliv  erfand  vielleicht  Cicero 
fi'ir  seine  philosophisclie  Sprache  und  bezeichnete  dadurcli  den  mo- 
ralischen TJieil  der  Philosophie;  er  sairt  (de  fato  J,  1):  quia  pertinet 
ad  mores  —  nos  eam  partem  philosopliiae  de  moribus  appellare  sole- 
mus :  sed  decet  augentem  linguara  latinam  ^\(^m\w^xc.morcllem.  Es  bliel) 
nachher  beständiges  Kunstwort  in  der  Philosophie,  welche  man  später 
in  moralem,  natnraiem  und  rationalem  theilte.  Vgl.  Seneca  Sp.  88  u.  89 
und  Quintil.  XII  ,  2,  10.  —  Die  Moral  heisst  daher  kurz  philosophia 
oder  doctrina  oder  scientia  moralis,  wofür  Cic.  (Tnsc.  III,  4,  8)  um- 
schreibend sagt:  haec  om?iis  qnae  est  de  vita  et  7noribus  philosophia. 
Auch  liegt  nach  Rosenheyn  der  Begriff  3/o;a/,  Moralist  u.  ähnliche  in 
Redensarten,  wie:  ofßdi  mogister  (Cic,  Tusc.  II,  4,  12),  qui  artem 
vitae  profitetur  (ib.),  hunc  iocum  philosophi  solent  tri  qfpciis  tractare 
(Orat.  21,  72),  descriptio  ejcpetendanimfngiendarumve  rerum  (Tusc. 
V,  24,  68)  ,  cognitio  virtutis  (ib.  V,  25,  71) ,  ab  iis  inventa  et  perfecta 
virtus  est  (ib.  V,  1,  2).  —  Endlich  was  wir  moralisches  Gefühl  nennen, 
heisst  latein.  sensus  honestatis. 

Morari  heisst  sich  aufhalten,  aber  nur  als  Fremder,  da  es  sich  ver- 
weilen bedeutet,  nicht  als  Einwohner,  wo  es  gleichbedeutend  mit 
unserm  ivohnen  w  äre.  Dies  heisst  nur  habitare,  aliquem  Iocum  incolere. 
—  AVo  wir  sagen:  das  achte  ich  nicht ,  das  kihmnert  mich  jzicht,  sagt 
man  lat. :  nil  oder  nihil  nioror,  nicht  ?wn  moror. 

Moratus  hat  die  gute  Bedeut.  gesittet  nur  in  Verbindung  mit  den 
Adv.  bene,  melius,  optime ,  nicht  aber,  wenn  es  allein  steht,  da  es  dann 
auch  einen  77iale  moratus  bedeuten  könnte.  Es  verhält  sich  also  mit 
moratus,  wie  mit  meritus,  wobei  auch  meist  ein  Zusatz  nothwendig  ist. 

Morbus.  Da  die  Alten  fast  nur  von  fnorbus  gravis,  levis,  difßcilis 
(dies  chiver  zu  heilen  ist)  sprechen,  nicht  von  morbus  magnus,  parvus, 
indem  Celsus  nur  die  Epilepsie  morbus  inojor  nennt,  so  sagt  man  auch 
nicht:  morbus  major  fit ,  die  Krankheit  wird  grösser,  sondern  ingra- 
vescit  (Cic.  Catil.  I,  13)  oder  adgravescit  (  Terent.  Hec.  111,2,2), 
amplior  ßt ,  crescit,  increscit.  —  Die  Kr.  hat  ihn  verlassen,  morbus 
(ab  eo)  discessit ,  nicht  eum  deseruit ;  eine  Kr.  bekommen,  nicht  mor- 
bum  accipere ,  sonAern  implicari  morbo  oder  in  morbum ,  incidere  in 
morbum,  morbo  conflictari ,  tnorbum  nancisci  (  Corn.  N.  Att.  21)  ;  die 
Kr.  lässt  nach,  morb.  levior  est ;  wieder  genesen,  ex  morbo  convale- 
scere  —  und  so  noch  Anderes. 

Mordere.  Dass  freilich  wohl  nirgends  conscieniia  fnordet,  das  Geivis- 
sen  beissl  (was  wir  in  der  Redensart:  mein  Gewissen  beisst  mich  flicht 
brauchen)  gesagt  wird,  mag  wahr  sein,  und  diese  Ansdrucksweise  muss 
daher,  wie  auch  Hand  (Lehrb.  p.  283)  meint,  vermieden  werden;  aber 
dennoch  kann  nach  Cicero  (Tusc.  IV,  20,45)  passiv,  morderi conscieniia 
gesagt  werden,  sowie  überhaupt  das  Verbum  oft  bildlich  steht,  so  dass 
selbst  morsus  conscientiae,  die  Gewissensbisse,  recht  wohl  neben  cr?icia- 
tus  conscientiae  und  angor  oder  angores  animi  bestehen  können. 

Mordicitus,  ein  A.  u.  Sp.  L.  Adverb.,  mit  dem  Gebiss,  mir  den  Zäh- 
nen, wird  bildlich  gebraucht  in  der  Bedeut. /es/,  fiir  d^s  Kl.  mordicus, 
z.  B.  mordicus  teuere, fest  halten.  Glörenz  liat  es  unnöthig  einigemal 
wieder  hervorgesucht,  wie  z.  Cic.  Fiii.  p.  26mordivitus  retinent.  Einige 
bezweifeln  sogar  die  Aechtheit  des  Wortes. 


505 

Mori.  Als  ungewöhnlich  verwirft  man  mori  in  hello,  inpiigiio  für 
cadere  oder  occidere  in  hello ,  in  proelio.  proeliantejn.,  pu^nantevi  oder 
perire  in  hello.  Auch  hielt  man  für  Sp.  L.  und  bezweifelte  den  Aus- 
druck f (17716  mori,  H?inge7's  sterhe7i;  aber  so  sagt  sogar  Cic.  (Att.  VI, 
]  ,  ()).  wiewohl  Öfter  dafür  stelit/^me  confici,  necari ,  perire ,  inteiire. 
Selten  istfrigo/e  77iori,  vor  Kälte  sterbe7i,  erfrieren,  für  frigore  confici. 

Moriger  oder  77iorigerns,  gehorsam,  WnAttw  sich  nur  A.  L.  beiPlau- 
tus  und  Terenz  für  ohedie/is. 

Morigerari  kommt  in  der  Bedeut,  gehorchen.,  Folge  leisten,  sich 
nach  Etwas  richte7i,  zwar  bei  Cicero  nur  einmal  vor,  sonst  ist  es  nur 
A.  L.;  doch  kann  es  neben  77iore7n  gerere ,  ohscqtii,  obedire  recht  wohl 
angewandt  werden.  Aber  Tnorigerattis  in  der  Bedeut.  gesittet,  sittsam 
ist  jy.  L.  für  he7ie  7noratus. 

Moritiirire,  sterben  tvollen,  zu  sterbe7i  wihischen,'Vf\vA  nur  aus  einem 
verlornen  Buche  des  Cicero  nach  einer  sehr  späten  Angabe  des  Au- 
gustinus erwähnt,  und  da  Cicero  dergleichen  Verba  liebt  und  mehrere 
im  Scherze  selbst  gebildet  hat,  so  ist  der  Gebrauch  dieses  Verbi  nicht 
ganz  zu  verwerfen.  Aber  7norituriens  mit  Casanbonus  für  moriens  zu 
brauchen,  ist  gegen  den  Sprachgebrauch,  weswegen  auch  Casaub.  von 
Scioppius  (de  stylo  p.  101)  getadelt  wird,  der  aber  das  Wort  sogar 
in  jener  Bedeut.  als  unlatein.  verwirft. 

Mors,  der  Tod.  Da  e^  fast  nur  den  naii't/'liche7i  Tod  bedeutet,  und 
nur  selten  den  imnatilrliche7i.,  welcher  nex  heisst,  so  sagte  man  nur: 
vitae  vecisque  potestatem  habere,  über  Leben  inid  Tod  Macht  hciben., 
nicht  vitae  mortisqiie.  Jedoch  kommt  7norte  multare  bei  Cic.  (Tusc.  1, 
22,  50.  Verr.  I,  5,  14)  u.  A.  vor,  und  so  auch  mortis  poe7ia,  die  Todes- 
strafe,  gleich  siippliciimi  und  capitis  poena  (bei  Cic.  Catil.  IV,  4,  7). 
Auch  sagt  man  morti  addicere,zn7n  Tode  bestini7ne7i,  verda77wie7i ;  aber 
nicht  7nortis  oder  morte  dmimare ,  co7ide77inare,  sondern  capitis  oder 
capite  da7n7i.  —  Ei7ien  auf  de/i  Tod  a.nklage7i  heisst  aliqnem  capitis 
anq7iirere  (Liv.  II,  52,  5)  und  capite  a72qairere  (ib.  VIII,  53)  ,  capitis 
accusare  (  Corn.  A.  Pausan.  2).  —  N.  Kl.  bei  Tacitus  ist  ad  mortem 
daninare  und  co7idemn.,  was  man  nicht  nachahme.  —  Unser  dei7i  Tode 
nahe  heisst  nicht  7norti proxitnus,  sondern  morie7is.  Vgl.  Klotz  Sintenis 
p.  104.  Endlich  ist  wohl  A'.  L.  extre/mim  77iorte  co7ificere  die7ii  in  der 
Bedeut.  sterben,  wie  neulich  Einer  schrieb,  wofür  es  aber  viele  andere 
Redensarten  gibt,  wenn  man  das  einfaciie  mori  nicht  nehmen  will. 

Mortalis  ist  in  der  Bedeut.  tödtlich,  wenn  nicht  unlateinisch,  doch 
^.  L.  für  7norfifer;  es  beruht  auf  der  Erklärung  von  mortale  viibms 
bei  Virg.  (  A.  XII,  797).  Auch  ist  N.  L.  peccatiun  mortale,  eine  Tod- 
sünde, eine  Sünde,  die  den  Tod  verdient,  für  capitale,  7nortiferu7ii.  Das 
Masc.  7nortalis,  besonders  im  Flur.  7nortales,  in  der  Bedeutung  der 
Me7isch ,  die  Mensche7i  zu  brauchen,  ist  im  N.  L.  sehr  gewöhnlich  ,  da 
man  es  für  zu  gemein  liält,  homines  zu  sagen.  Caesar  braucht  es  so 
niemals,  Cicero  nur  mit  vorgesetztem  multi  oder  omnes,  nie  aber  ohne 
eins  dieser  Wörter;  dagegen  Sallust  und  Andere  brauchen  mortales 
geradezu  für  homines  ohne  alle  Hervorhebung  des  Begriffes.  Man  foige 
aber  lieber  auch  hier,  wie  überall,  im  Gehrauche  dem  Cicero  und 
Caesar,  und  schmücke  die  Rede  nicht  zur  Unzeit  auch  im  gemeinsten 
Style  mit  dem  Worte  mortalis  in  der  angegebenen  Bedeutung. 

Mortifer  oder  77wriifenis  (wie  einigemal  nach  den  besten  Ausgaben 


506 

bei  Celsus  steht)  ist  in  der  Bedeut,  tödfh'ch  gfut  und  Ä'^.,  aber  bildhVh 
ist  es  nicht  anwendbar.  Man  sa^e  z.  B.  nicht  od i/mi  mort/ferurn ,  ein 
tödtliche?'  Hass,  für  odium  capitale ;  niclit  inimkiliae  mortiferae ,  tüdt- 
liche  Feindschaften,  für  inim.  graves.  —  Ob  bei  Celsus  und  Andern 
die  bessern  Handschr.  im  Nom.  mortiferus  oder  mortifer  haben,  weiss 
ich  nicht. 

Mortißcare,  tödten;  mortißc?is ,  Tod  brifigend  und  mortificatio  ,  die 
Tödtnng,  sind  Sp.  L.  und  dnrch  necare,  occidere ;  mortifer  und  occisio 
anszudrücken.  Vgl.  Anin.  z.  Mureti  Oper.  T.  I ,  p.  247  und  Geist's 
Aufg.  p.  239. 

Mortualis,  den  Todten  betreffend ,  kommt  nur  im  A.  L.  und  nur  im 
Plur.  mortuaJia^  die  Leichen-  oder  Todten gesänge,  vor,  für  das  Kl. 
cnrniina  funebria.  Man  sage  nicht,  wie  in  neuern  Büchern  steht,  res<«s 
fnortualis  ,  das  Todtenkleid ,  für  vestis  feralis,  vestimoitumfunebre.  — 
Die  Leichenrede  heisst  laudatio  funebris ;  das  Leichenfest — feralia 
oder  jiista  funebria. 

3Iosaici/s ,  Mosaisch,  den  Moses  betreffend,  ist  Sp.  L.  Form  für 
Moseus ;  daher  sollte  man  leges  Moseae  oder  iT/os/s,  nicht  Mosaicae 
sagen. 

Motiimcula,  der  Meine  Fieberschauer,  Fieberanfall ,  steht  TV.  Kl. 
bei  Sueton,  ist  aber  gut  neben  commotiancida  hei  Cic.  (Att.  XII,  11), 
zumal  da  Celsus  Fieberschauer  —  motiones  nennt. 

Motus.  3Ian  sagt  zwar  divino  motu  ,  auf  göttliche  Anregung ,  gött- 
lichen Antrieb,  aber  wohl  nicht  suo  oder  gar  proprio  motzt,  auf  eigene 
Bewegung,  eigenen  Antrieb,  wa^  gewiss  N.  L.  ist,  für  sua  sponte.  Man 
verwechsele  aber  hier  nicht  den  innern  Antrieb,  die  innere  Anregung 
mit  der  äussern  körperlichen,  bei  welcher  recht  wohl  motu  suo  ge- 
sagt werden  kann. —  Sich  Bewegung  machen ,  z.  B.  mit  dem  Balle, 
heisst  wohl  nicht  motum  sibifacere pila,  sondern  moveri pila. —  Den 
Plur.  motus  braucht  Cicero  nicht  von  den  körperlichen  Bewegungen, 
Geberden  und  der  Gesticulation  eines  Redners,  sondern  nur  den 
Singular,  motus  corporis,  ebenso  wie  gestus,  was  auch  nur  im  Sing, 
gebraucht  wird. 

Movere,  bewegen,  stossen,  verdrängen ;  —  Einen  (Ettvas)  aus  einem 
Orte ,  von  einem  Orte  weg,  loco,  es,  a  und  de  loco.  —  A^.  L.  ist  wohl 
aliquem  movere  ad  aliquid,  FAnen  zu  Etwas  bewegen,  aufnumterii,  an- 
treiben, für  adducere ,  impellere  u.  a.  TJeber  movere  Acheronta  vgl. 
Acheron,  und  über  movere  omnem  lapidem  vgl.  Lapis. 

Mos,  bald,  bezieht  sich  Kl.  nur  auf  die  kotnmende  Zeit,  also  bald, 
bald  hernach;  z.  B.  7nox  veniam,  mox  ad  ie  scribäm;  N.  Kl.  bei  Colu- 
raella  u.  A.,  was  aber  nicht  nachzuahmen  ist,  auf  die  nächste  Vergan- 
genheit, wo  Kl.  modo,  ante  (antea),  supra  gesagt  wird.  Incorrect  sagt 
man  daher:  ut  mox  diximus;  ut  mox  ex  Plinio  vidimus;  de  his  pauca 
mox  annotavimus.  —  N.  Kl.  ist  es  auch  in  der  Bedeut.  hernach,  in  der 
Folge ,  späterhin ,  für  postea.  Noch  weniger  zu  billigen  ist  es,  wenn 
der  ältere  Plinius  paulo  mox  oder  mox  paulo,  paucis  mox  horis  und 
Aehnliches  sagt,  für  paulo  post ,  paucis  horis  post,  kurz,  bald ,  wenige 
Stunden  nachher.  —  N.  L.  ist  mox —  mox  in  der  Bedeut.  bald —  bald ; 
z.  B.  mox  hoc,  ?nox  illud,  bald  dieses,  bald  jenes  ;  mox  aqua,  juox  vinum 
est  bibendum  ,  für  modo  —  modo.  Die  Neulateiner  sprechen  oft  so, 
sogar  der  Antibarbarist  Nolten,  wiewohl  er  es  selbst  verwirft  (T.  II, 


607 

p,  107).  Er  sagt  z.  B.:  Iiaec  terminatio  mos  prodiicitur,  mos  corripitur, 
für  ?no(/o  —  tnodo.  Vgl.  Heusiiig.  Emeiidd.  p.  415.  416. 

Mnlcedo ,  die  Jmiehmlichkeit ,  ist  Sp.  L.  und  selten  für  suavitas. 
Hand  (Lehrb.  p.  142)  nimmt  es  in  Schutz. 

Mulciber  ist  nur  P.  L.  für  Vulcanus. 

Mulcta  oder  mulla  ist  nur  Strafe  an  Geld  und  Geldesirerih ;  eine 
solche  bestimme?!,  zuerkeiweji,  auferlegen  heisst  alicui  multam  dicerCy 
und  als  Subst.  multae  dictio  (Cic.  Rep.  II,  9). 

Midier  verwerfen  Einige  in  der  Bedent.  Gattin,  Ehefraii ,  für 
uxor,  conjjix.  Allerdings  ist  es  selten  und  findet  sich  mehr  bei  Dif  li- 
tern ;  wenigstens  ist,  wo  es  bei  Cicero  so  vorzukommen  scheint  (Fani. 
XIV,  18  und  Q.  fr.  II,  6,  1  mulieres  nostrae)^  mehr  allgemein  gespro- 
chen, und  es  ist  von  Gattinnen  und  Töchtern  zu  verstehen.  Man  ver- 
meide es  daher  in  jener  Bedeutung. 

Multi ,  mit  face re  verbunden,  in  der  Bedeut.  hoch  schätze??,  steht 
nur  ^.  L.  bei  Plautus,  für  mogni  facere.  Eben  so  wenig  gut  ist  es  in 
der  Verbindung  mit  aesf/wß/e  u.  dgl.,  da  nicht  mnlti,  sondern  w«^w«  den 
Werth  angibt.  Auch  bei  iiiterest  und  refert  wird  nicht  multi  gesetzt.  Da- 
her sagt  Ficinus  im  latein.  Plato  inrorrect:  qund  quisque  rmiltifacit,  für 
magni;  —  und  anstössig  ist  die  Ausdrucksweise  editio  multi facie?ida 
zur  Bezeichnung  guter  Bücher  (in  Harlesii  bibl.  indice). 

Multifariam  ist  ein  altes  Adv. ,  aber  Kl.  in  der  Bedeut.  an  vielen 
Orten;  —  Sp.  L.  bedeutet  es  atif  inelfache  Weise,  für  multis  modis, 
varie.  Der  ältere  Plinius  soll  auch  ?n?/////«r/e  dafür  gesagt  haben ;  doch 
ahme  man  dies  nicht  nach.  Auch  brauche  man  jenes  AI.  ??ivltifariam 
nicht  falsch  in  der  fremdartigen  Bedeut.  von  q/if  und  vielfältig;  man 
sage  z.  B.  nicht:  saepe  et  multifariam  secum  cogitare,oft  u?idtnelfältig 
bei  sich  de??ken.,  für  multt/m. 

Multifarius,  vielfältig,  vielseitig,  vielartig,  ist  ein  im  N.  L.  sehr  be- 
liebtes Wort,  obgleich  es  nach  den  Lexicogr.  nur  einmal  Sp.  L.  bei 
dem  Liebhaber  des  alten-  und  Volkslateins  Gellius  vorkommt,  welcher 
(N.  A.  V,  6)  sagt:  nnlitares  coronae  multifariae  sunt,  für  multa  sunt 
genera  coronarum  ?nilitarium.  Man  brauclit  es  im  N.  L.  für  varius, 
multiplex ,  varii  generis,  \\\  den  oben  angeführten  Bedeutungen.  — 
Neuere  sprechen  von  multifaria  eruditio  m  der  Bedeut.  vielseitige  Ge- 
lehrsamkeit, für  varietas  doctrinae  (Cic.  Orat.  III,  21,  80),  oder  z.  B. 
ein  Mami  von  vielseitiger  Gelehrsa?nkeit,  hämo  artibns  ho?iestis  copios?/s 
(Tacit.  A.  III,  66)  ;  er  ist  vielseitig  u?id  wisse?ischaftlich  gebildet,  plu- 
rirnis  atque  optiniis  artibus  ornatus  (^I-atius  in  Cic.  Farn.  XI,  28, 1)  ;  — 
Andere  sprechen  von  ?nultifaria  ars,  multifaria  consecutio?iis  vis  und 
dergl.  mehr.  Kurz,  das  Wort  ist  ganz  zu  verwerfen. 

Multige?ius,  a,  um,  in  derselben  Bedeut.  wie  das  vorige  und  fol- 
gende, steht  nur  A.  L.  bei  Plautus  und  zweifelhaft  beim  altern  Plinius. 
Es  ist  ohne  allen  Werth,  und  man  sage  dafür  ?nnlti  generis ,  multiplex 
u.  a.  Vgl.  Multifarius.  Hardnin.  (Praef.  edit.  Plinii)  nahm  es  aus  seinem 
Plinius ,  indem  er  sagte:  dnctis  ex  midtigena  lectione  conjecturis.  — 
In  Plin.  N.  H.  XI,  1  steht  jetzt  miiltigenera  für  multigena ,  was  aber 
eben  so  verwerflich  ist;  und  so  multigeneribus  observationibus  bei 
Senec.  (Ep.95.  p.64  ed.  Seh w.)  nach  Lipsius  Vermuthung.  Man  brauche 
keins  von  beiden. 

Multimodis,  vielfach,  auf  vielfache  Art,  ist  wohl  nur  alte  P.  zu- 


608 

sanimengezogene  Form  für  mttltis  modis;  für  die  Prosa  war  sie  jje- 
>viss  veraltet,  wenigstens  ist  sie  ia  der  unsrigen  nicht  anwendbar. 
Mit  Recht  wird  das  Wort  bezweifelt  in  Cic.  Fin.  II,  26,  82  und  Com. 
N.  Them.  10,  4,  wo  die  Kritiker  uneinig  sind,  —  Auch  wird  ein 
Adj.  multimodus ,  a,  um,  vielfältig,  mannichfaltig ,  aus  Livins  (XXI, 
8,  4)  angeführt,  wo  in  den  altern  Ansgg,  vor  Drakenborch  muUimoda 
arte  stellt,  wofür  aber  nach  Handschr.  jetzt  mvJtijarinm  gelesen  wird. 
Es  sollte  als  zweifelhaftes  Wort  jetzt  nicht  mehr  gebraucht  werden; 
dennoch  hat  neulich  Einer  de  muUiinoda  idotolatria  geschrieben. 

Multiplex  heisst  allerdings  bisweilen  viel;  aber  miiltijdici  modo, 
auf  vielfältige  JVeise ,  ist  ohne  Auctorität,  für  multis  modis.  Und  so 
werde  auch  das  seltene  Adv.  multipliciter  lieber  vermieden  durch 
multis  modis,  m.  rebus,  m.  locis. 

Multiplicare,  vervielfältigen.  Unser  multiplicirt  mit  wird  durch  ein 
Adv.  numerale  und  ein  Distributivum  übersetzt,  z.  B.  240  multiplicirt 
mit  120  macht  28,800,  cew^/es  vicies  duceni  quadrageni  fluni  viginti 
vcto  millia  et  octingenti  (  Colum.  V,  2,3).  Daher  heisst  zweimal  drei 
oder  drei  multipicirt  mit  ztvei  macht  sechs,  bis  t er ni  fluni  sex. 

Multissimus.  sehr  viel,  für  plurimus,  stand  sonst  in  den  alten  Ausgg. 
von  Cic.  Att.  XI,  2, 1  (multissimis),  wesshalb  es  der  Ciceronianer  Bem- 
bus  auf  Treu  und  Glauben  annahm  und  brauchte;  jetzt  aber  steht 
dafür  multis  meis ,  so  dass  Niemand  mehr  jene  wunderliche  Form 
brauchen  wird. 

Multitudo ,  die  Menge,  passt  allerdings  meistens  da,  wo  wir  das 
Wort  Menge  brauchen,  sogar  wo  wir  darunter  den  grossen  gemeinen 
Haufen  verstehen  (Cic.  Fin.  1 ,  7,  25.  Cluent.  29,  79.  Sest.  58,  124)  ; 
aber  dennoch  muss  es  bei  einigen  Substantiven,  die  ein  Ganzes  bezeich- 
nen, vermieden  und  mit  magnitudo  vertauscht  werden,  z.  B.  bei  pe- 
ciaiiae ,  aeris  alieni,  copiarum  (  Truppen,  Heer).  Auch  sprechen  die 
La< einer  nicht  von  multitudo  fr umenti ,  vini  u.  a.,  sondern  nur  von 
copia,  mugnus  numerus,  magna  vis;  so  wenigstens  Caesar,  Cicero  und 
Livius.  —  Auch  treten  nie  negative  Adjectiven,  wie  parva,  exigua  hin- 
zu, sondern  man  sagt  dafür  paucitas,parvus  numerus.  Man  sage  daher 
nicht:  seciimparvam  (e.viguain)7nultitudinem  copiarum  habuit,  soiulevn. 
parvas  (exiguas)  copias,  paiicitatem  copiarum  secum  hnbuit. 

Multoties,  vielmals,  oft,  ist  sehr  S}).  L.  und  gänzlich  zu  vermeiden 
für  saepe,  saepeniimero,  crebro  u.  a. ;  —  ebenso  in  der  Bedeut.  vielmal, 
für  ynvltis  partibiis,z.  H,  major,  vielmal  grösser.  \m  N.  L.  findet  es 
sich  niclit  selten. 

Multus,  a,  um,  viel.  Man  verwechsele  zuvörderst  nicht  multns  sum 
in  aliqua  re  und  multum  (nicht  multus)  sum  cum  aliquo.  Jenes  multum 
(Adj.)  esse  in  —  bedeutet  sich  viel  mit  Etwas  beschciftigen,  (in  der 
Rede)  weitläufig  in  Ettvus  sein,  und  kommt  bei  Cicero  einigemal  vor 
(  Orat.  II,  4,  J7,  N.  D.  II,  4(j  u.  a. ) ;  dieses  multum  (Adv.)  e.sse  cum 
aliquo  bedeutet  viel  bei  oder  mit  Jemanden  sein ,  mit  ihm  umgehen 
(Cic.  Fin.  V,  1,  3  sum  multtim  equidem  cum  Phaedro  in  Epicuri  hor- 
tis).  —  Ferner  wird  dieses  Adject.,  wie  das  Subst.  multitudo,  nicht  zu 
Subst.  wie  pecunia ,  aes  alienum ,  copiae  als  Beiwort  gesetzt,  wiewohl 
wir  von  vielem  Gelde,  vielen  Schulden,  t'/e/e7^  Truppen  sprechen,  wo- 
für latein.  die  Adj.  magnus  ,permagnus  (Cic.  Verr.  I,  52) ,  g/owrf/'s 
i^a^i.2Q)fngens,innumerabilis  (Orat.  11, 6(j,  265)  und  ne^aWs parvus. 


509 

teimts,  exiguus  beigefügt  werden.  Jedoch  ist  richtig multum pecum'ae, 
plus  pecuniae  (Cic.  luv.  I,  47,  88),  womit  pecimia  inajor  gleich  ist, 
und  plurimum  pecuniae.  In  den  übrigen  Graden  heisst  es  major  pecu- 
nia  (Cic.  Verr.  Act.  1,  6,  17.  Parad.  VI,  1,  44),  maxima  pectmia  (Inv. 
I,  43,  80)  ,  und  negativ  ;;fl/-yff,  minor,  minima  pecunia ;  —  und  so  auch 
im  Plur.  magnae  pecuniae ,  grosse  Geldsummen  ;  innumerabiies  pecu- 
niae (Verr.  A.  I,  5,  13).  —  Sich  recht  viel  Geld  machen  heisst  masi- 
■mani  pecuniam  facere  (ib.  II,  6,  17).  —  Wie  viel  Geld  heisst  quanta 
pectmia  oder  quantum  pecuniaey  und  so  viel  Geld — tuntapecvnia  und 
tanturh  pecuniae.  Vgl.  Pecunia. —  Ebenso  ist  es  bei  aes  alienum,copiae 
und  vielleicht  noch  andern.  Vgl.  auch  Multihido.  —  Ueber  den  Ge- 
brauch des  Genit.  multi  (für  magni)  bei  aestimare  und /ate/e,  in  der 
Bedeut.  hoch.,  vgl.  Multi.  —  Bei  posse  und  valere^  können,  vermögen^ 
wird  zur  Angabe  des  viel,  tnehr,  sehr  viel  nur  der  Sing.  multum,plus, 
plurimum,  niclit  der  Plur.  multa,  plura  ,  plurima  gebraucht.  —  Unge- 
wöhnlich ist  bei  Cic.  der  Abi.  multo,  um  Vieles,  der  zur  Verstärkung 
dient,  bei  maxime,  wiewohl  multo  oft  im  Latein,  bei  Superlativen  steht. 
Vgl.  Zumpt.  zu  Cic.  Verr.  IV,  51.  —  Für  den  Abi.  multo  kommt  nur  sel- 
ten das  adverbiale  multum  in  der  bessern  Prosa  vor,  und  man  ver- 
meide es  daher  vor  secus  und  aliter,  anders,  vor  Comparativen,  Su- 
perlativen und  allen  Verben  des  Vorranges  und  Vorzuges,  z.  B.  ante- 
cedere,  anteire,  antecellere,  praestare  (besser  sein,  den  Vorzug  haben), 
malle  (lieber  wollen )  u.  a.,  bei  welchen  multo  oder  longe  häufiger  und 
von  uns  allein  anzuwenden  ist.  Eben  so  selten,  wiewohl  vielleicht  auch 
einigemal  bei  Cicero  (z.  B.  Fam.  III,  11,  1  permultum  ante),  ist  dieses 
multum  für  multo  bei  a?ite  und  post,  mögen  sie  nun  vor  oder  vorher, 
nach  oder  nachher  bedeuten;  man  sage  nur  nmlto  ante ,  ?nulto post, 
nicht  multum,  wiewohl  mnlt?im  N.  KL,  z.  B.  bei  Tacitus,  nicht  selten 
so  vorkommt.  Unrichtig  aber  behauptet  Walther  (z.  Tacit.  A.  V,3,  2), 
wo  haud  multum  post  mortem  ejus  vorkommt,  multinn  sei  nothwendig, 
wenn  post  oder  ante  einen  Accusativ  bei  sich  habe,  dagegen  sei  multo 
in  diesem  Falle  der  Latinität  zuwider  (contra  latinitatera  esse),  da 
der  Abi.  nur  bei  ante  und  post  ohne  einen  Accusativ  gebraucht  werde. 
Heinsius  wollte  nemlich  dort  für  multum  das  regelmässige  multo 
setzen,  wogegen  Walther  hinzusetzt : /;er;!>e/-flm  et  contra  latinitatem, 
was  man  ihm  aber  mit  vollem  Rechte  zurückgeben  kann.  Vgl.  ausser  vie- 
len andern  Stellen  Cic.  Divin.  I,  45, 101  non  nmlto  (nicht  multum)  ajite 
urbeni  captani ;  Süll.  20  aliquanto  ante  für orem;  Liv.  V,  30,  2  haud 
multo  ante  solis  occasum ;  XXVII,  42,  13  multo  ante  noctem  u.  a.  m.  — 
Mehr  darüber  wird  man  in  jeder  Grammatik  finden.  —  Dagegen  ist 
das  adverbiale  multum  Kl.  bei  esse  cum  aliquo ,  viel  bei,  mit  Jem.  sein, 
was  auch  bereits  oben  erwähnt  worden  ist. 

Munda?ius,  der  Welt  angehörig,  brauchte  Cic.  (Tusc.  V,  37)  als 
Uebersetzung-  des  giiech.  y.ö(>niuc,  von  dem,  welcher  Bürger  der  Welt, 
nicht  eines  einzelnen  Staates  sei ,  ein  Weltbürger,  gleich  mundi  incola 
et  civis,  was  er  auch  zur  Erklärung  hinzufügt.  Sonst  findet  es  sich  in 
dieser  Bedeut.  nicht  gebraucht.  —  Sp.  L.  wird  es  mit  a?inus  und 
anima  verbunden,  so  dass  jenes  das  grosse  Weltjahr,  dieses  die  JVell- 
seele  bedeutet.  —  N.  L.  aber  ist  es  in  der  Bedeut.  ivelllich,  tveltlich 
(gesinnt,  vergäfiglich,  irdisch.,  für  vanus,  vilis,  caducus,  periturus  u.  a.; 
Sp.  L.  brauchte  mau  so  mundialis. 


510 

Mfwdare ,  säubern ,  remigen ,  findet  sich  N.  Kl.   nur  einmal  beim 
altern  Pllnius,  sonst  ist  es  Sp.  L.  für  purgore,  ejnendare. 

Mimdus  wird  in  der  Bedeut,  Schmuck  in  der  bessern  Prosa  nur  vom 
weiblichen  Putze  und  Schmuche  gebraucht,  nicht  für  das  allgemeine 
ornatus,  Verzierung,  Ausschmückung.  Daher  steht  es  auch  fast  nur 
mit  dem  Adj.  muliebris  verbunden,  weswegen  Livius  (XXXIV,  7)  sagt: 
munditiae  et  ornatus  et  cultus,  haec  feminarura  insignia  sunt:  his  gau- 
dent  et  gloriantur:  hunc  munduni  muliebrem  appellarnnt  majores  no- 
stri.  —  Die  gewöhnlichste  Bedeut.  ist  die  Welt,  aber  nur  vom  Weltall, 
besonders  vom  Himmel,  wogegen  wir  unser  Welt  auch  oft  in  andern 
Bedeutungen  anwenden,  und  dadurch  verführt  werden,  unlateinisch 
zu  sprechen.  Falsch  ist  z.  B.  partes  inundi,  Welttheile ,  in  der  Bedeut. 
Krdtheile ,  inr  part.  orbis  terrae  oder  pari,  orbis  terrarum;  caput  totius 
7nu?idi,  die  Hauptstadt  der  ganzen  W.,  für  cap.  omnium  terrarum ;  po- 
tentia  mundi,  die  Weltherrschaft ,  für  pot.  reruin;  cursus  mundi,  der 
Weltlauf,  d.  h.  der  Gang  der  Dinge,  für  cursus  rerum  (Cic.  Farn.  IV, 
2,  3);  divitiae  omnis  (totius)  mundi ,  die  Schätze  der  ganzen  W. ,  für 
div.  orbis  terrarum  (Corn.  N.  Epam.  4,  2).  Falsch  wird  ferner  mundus 
gebraucht  in  der  Bedeut.  die  Menschen,  für  homines,  wie  in  den  be- 
kannten Ausdrücken:  tmmdus  vult  decipi,  für  homines  volunt  dec. ; 
mundus  factum  tuum  comprobat,  für  homines  comprobant;  vitat  ma- 
gnum  mundum.,  er  meidet  die  grosse  Welt,  für  vitat  lucem  (Cic.  Süll.  26), 
secretus  vivit  u.  a. ;  Christus  tollit  peccata  mundi  ( die  Sünden  der 
Welt),  was  sich  so  oft  in  latein.  Gebetbüchern  findet,  für  pecc.  homi- 
num  suscipit ;  mimdus  vetus ,  die  alte  Welt,  d.  h.  die  Alten,  für  aetas 
vetus  (  Quint.  XII,  1,  36  quos  gravissimos  sapientiae  magistros  aetas 
vetus  credidit)  ;  nihil  in  mundo  me  delectat,  und  nihil  in  ?nundo  sa- 
pientem  terret,  wo  Nichts  in  der  Welt  durch  ?iihil  omnium  rerum,  nihil 
humanarum  rerum  auszudrücken  ist;  quid  cidetur  in  mundo  ei  magnum, 
cui — ,  für  in  rebus  humanis;  ubi  in  omni  mundo,  wo  in  aller  Welt,  für 
ubi  terrarum,  ubi  tan  dem ,  welches  tandem  in  Redensarten  des  Aus- 
rufes so  übersetzt  werden  kann;  ubi  tantum  in  mundo,  ivo  mir  in  der 
Welt,  für  ubicunque ;  mundo  renunciare,  der  Welt  entsagen,  für  rebus 
humanis  nuncium  remitiere,  res  humanas  contemnere ;  mundi  imperi- 
tum  esse,  mit  der  Welt  unbekannt  sein  (von  einem  Menschen,  der  noch 
nicht  viel  erfahren  hat)  ,  für  rerum  imperitum ;  die  Eitelkeit  der  Welt, 
res  inanes,  delectamenta  inania,  —  und  mehr  dergleichen,  wo  wir  das 
Wort  Welt  (nicht  immer  richtig)  brauchen,  wo  aber  mundus  nicht 
gebraucht  werden  kann.  Endlich  heisst  se?Y  Erschaffung  der  Welt, 
seitdem  die  Welt  steht,  nur  selten  ab  aedificato  oder  creato  mundo, 
ab  inilio  mundi,  wiewohl  mundus  gerade  passend  ist,  sondern  öfter 
post  hominum  memoriam,  post  homines  natos ,  post  hominum  ge?ius 
natian. 

Mundus,  als  Adj.,  rein,  wird  nicht  bildlich  von  der  iSee^e gebraucht; 
dafür  purus,  integer. 

Munerare,  beschenken,  steht  zwar  einmal  bei  Cicero  (Dejot.  6, 17)  : 
rex  te  munerare  constituerat,  nach  allen  Handschr.  (eine  einzige  aus- 
genommen) in  dieser  activen  Form,  welche  sonst  nur  A.  L.,  N.  KL 
(bei  Senec.  Ep.  119.  p.  195  me  muneras)  u.  Sp.  L.  ist ;  da  aber  Cicero 
in  andern  Stellen  das  Verbum  als  Deponens  (munerari)  braucht,  so 
vermeide  man  jene  Form  im  Schreiben.  —  Struve  (über  d.  lat.  DccI. 


511 

u.  Coiijiig.  p.  108)  bezweifelt  sogar  die  Form,  und  zieht  überall  die 
aiulere  \or. 

Mtnmnen,  Schutz,  Schutz7mttel,  ist  fast  nur  P.  L.  für  munimenium. 

Miunlio  ist  in  der  Bedeut.  Lebensmittel,  wie  wir  Munition  brauchen, 
i\.  h.  für  commeatiis,  cibaria,  aliineiita. 

Musa.  Man  kann  wohl  sich  mit  gelehrten  Dingen,  mit  Gelehmayn- 
keit  beschäftigen,  studiren  durch  cum  Miisis  habere  commercium  aus- 
drücken (nach  Cic.  Tusc.  V,  23),  aber  ein  Studirender,  den  wir  auch 
wohl  einen  Musensohn  nennen,  kann  nicht  wohl  Musan/m ßlius  ge- 
nannt werden,  für  litlerarum  studiosus,  da  eine  solche  Sohnschaft  den 
Alten  fremd  ist;  man  müsste  denn  sagen:  qui  a  Germanis  Musarum 
ßlius  dicitur,  quem  Germani  ßl.ßlium  dicunt. 

Muscularis,  muskulös,  ist  i\\  L.  Form  für  muscnlosus. 

Museum,  was  nur  als  Benennung  einiger,  zum  Aufenthalte  für  ge- 
lehrte 3Iänner  da  und  dort  errichteter  Gebäude  vorkommt,  hat  nie, 
wie  im  N.  L.,  die  allgemeine  Bedeut.  Studirzimmer ,  Studirstube ;  will 
man  es  dafür  brauchen,  so  setze  man  Jit  ita  dicam  hinzu;  z.  B.  meum 
conclave  seu,  iit  ita  dicam,  museum,  mein  Studirzimmer .  ^ 

Musica  oder  Musice  (auch  im  Plur.  Musica,  orum)  kommt  schon 
früh  als  eingebürgertes  AVort  vor;  nirgends  aber  findet  sich  musica 
vocalis ,  die  Vocalmusik ,  für  cantus  vocum,  noch  auch  musica  instru- 
mentalis^  die  Instrumentalmusik ,  für  cantus  nervorum.  —  Ein  Adj. 
musicalis  (unser  musikalisch)  gibt  es  nicht;  dafür  Avird  musicus 
gebraucht. 

Mustaceum,  der  Honigkuchen.  Die  sprichwörtliche  Redensart  lau- 
reum  (laureolam)  in  mustaceo  quaerere,  in  einer  Kleinigkeit  Ruhm 
suchen,  kann,  ohne  dass  man  sie  als  Sprichwort  bezeichnet,  nicht  ge- 
braucht werden. 

Mutescere,  verstummen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  das  Kl.  obmufescere. 

ßlutilare,  verstümmeln,  ein  Stück  von  Etwas  abschneiden,  verklei- 
nern, kommt  nur  von  alitäglichen  Dingen  \or,  ^\ie  näsum,  aures,naves, 
freilich  auch  patrimoniurti  und  exercitum,  aber  nie  von  Stellen  einer 
Schrift;  also  nicht  locus  mutilatus,  eine  verstümmelte ,  mangelhafte 
Stelle.  Da  dies  ohne  Auctorität  ist,  so  sage  man,  da  ein  gutes  passen- 
des Wort  dafür  fehlt,  locus,  ut  ita  dicam.  mutilatus  oder  quasi  muti- 
latus, wenn  man  es  nicht  umschreiben  will. 

Mutire,  muksen ,  kommt  nur  ^.  L.  und  bei  spätem  Dichtern  vor; 
es  ist  ein  Volkswort,  deren  man  mehrere  ähnliche,  gleichbedeutende 
hatte;  Kl.  ist  dafür  hiscere. 

Mutuare,  borgen,  lehnen,  ist  in  dieser  activen  Form,  ausser  im  A.  L., 
in  der  bessern  Prosa  ganz  unsicher  und  werde  nicht  gebraucht  für 
das  Deponens  mutuari;  höchstens  das  Partie,  mutuatus  brauche  man 
in  passiver  Bedeut.,  geborgt,  entlehtit.  Und  so  möchte  es  nicht  ganz  zu 
verwerfen  sein,  wenn  man  sagt:  loctis  mutuatus,  eine  (von  einem  An- 
dern) entlehnte  Stelle;  verba  mutuata,  entlehnte  Worte,  wiewohl  man 
dafür  (ab  aliquo)  adsumtus ,  petitus  sicherer  braucht.  —  Mutuari  be- 
deutet aber  nur  Etivas  von  einem  Andern  borgen,  lehnen,  gleich  ali- 
quid ab  alio  mutuum  sumere ,  nicht  aber  einem  Andern  Etwas,  z.  B. 
Geld  leihen,  was  credere  alicui pecuniam,  dare  alicui  pecuniam  mutuam 
heisst  (Cic.  Att.  X,  11,  2;  XI,  3,  3). 

Mutuus ,  0,  um.  Der  Abi.  mutuo  kommt  allerdings  Kl.  in  der  Bed. 


612 

wechselseitig ,  wieder,  zur  Vergeltung  vor;  aber  falsch  hat  man  es  im 
N.  L.  mit  den  Verben  dare  nnd  stimere  verbunden,  indem  man  sagt: 
peciniiam  alicui  mutuo  dare,  in  der  Bedent.  Einem  Geld  leihen,  und 
pecuniam  ah  aliquo  inutno  sumere ,  von  Einem  Geld  borge7i ,  lehnen, 
was  auf  falschen  Lesarten  beruht,  indem  die  Lateiner  vielmehr  das 
Adj.  mutuus  brauchten  und  m\t  pecuniam  oder  einem  andern  gebräuch- 
liclien  Subst.  verbanden,  aiso  pec.  alicui  mutnam  dare ,  pec.  ab  aliquo 
mutuam  sumere.  Bei  altern  Neulateinern,  z.  B.  bei  Manutius,  Mnretus 
u,  A. ,  findet  sich  jenes  falsche  mutuo  nicht  selten,  ja  bisweilen  noch 
jetzt,  obgleich  schon  Viele  den  Irrthum  bemerkt  haben,  z.  B.  Sciopp. 
de  stylo  p.  94  u.  212.  Schori  Phras.  p.  547.  Gronov.  de  pecunia  vet. 
p.  114.  Ondend.  Suet.  p.  256  und  Ruhnk.  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  080 
ed.  Ruhnk.  Vgl.  noch  das  Verbnm  Mutuari. 

Mycenaeus,  zu  Mycenae  gehörig,  Mycenisch,  ist  wohl  nur  P.  Form 
für  Mijcenensis,  wie  auch  der  Einwohner  von  Mycenae  heisst. 

Myropola,  der  Salbenhändler,  ist  ein  fremdes  und  wegen  des  latein. 
ungueritarius  unnöthiges  Wort. 

Mysius  ist  nur  Adj.,  Mysisch ;  das  Subst.  ist  Mysus ,  der  Mysier, 
Bewohner  Mysiens. 

Mystagogus  ist  bei  Cicero  (Verr.  IV,  59)  nur  die  griech.  Benen- 
nung eines  Tempelführers ,  der  die  Merkwürdigkeiten  eines  Tempels 
zeigte;  er  macht  aber  sonst  keinen  Gebranch  von  diesem  Worte,  wie 
es  im  N.  L.  geschieht,  wo  man  darunter  jeden  Führer,  sogar  jeden 
hehrer  versteht,  also  fiir  dux ,  diictor,  magister.  Allgemein  gebraucht 
möchte  es  oft  zu  vornehm  und  sehr  unpassend  sein  ;  nicht  verwe7ßich 
dagegen,  wenn  man  Lehrer  so  nennt,  die  uns  gleichsam  in  die  dunk- 
lern Tiefen  einer  Wissenschaft,  in  ihre  Geheimnisse  einführen,  ver- 
werflich  aber  von  denen,  die  nur  in  der  Vorhalle  bleiben.  Eine  solche 
Anwendung  des  Wortes  ,  wenn  sie  gleich  bei  keinem  Alten  vorkommt, 
kann  man  nicht  dadurch  entschuldigen,  dass  z.  B.  Cicero  das  damit 
verwandte  Wort  mysterium  Aon  den  heiligen  Geheimnissen  viwi unhei- 
lige anwendet,  von  rhetorum  mysteria  und  dicendi  mysteria  spricht, 
und  seine  Staatsgeheimnisse  mysteria  nennt.  Man  sei  also  im  Gebrauche 
beider  W^örter  vorsichtig. 

Mythicus,  mythisch ,  fabelhaft .  Dieses  griech.  Adj.  findet  sich  zuerst 
beim  altern  Plinius,der  ein  pantomimisches  Schauspiel,  in  welchem 
eine  alte  Fabel  dargestellt  war,  pantomimum  mythicum  nannte.  Sonst 
kommt  es  nur  Sp.  L.  vor,  wo  ein  Fabeldichter  —  scriptor  mythicus 
genannt  wird.  Obgleich  es  neben  litw  Aü].  fabulosus  lunl  fabularis  fast 
zu  entbehren  ist,  so  bleibt  es  doch  in  der  Wissenschaft  als  Kunstwort 
unentbehrlich. 

Mythistoria  ,  fabelhafte  Geschichte  ^  nnd  mythistoricus ,  fabelhaft, 
Fabeln  enthaltend,  sind  erst  Sp.  L.  und  entbehrlich  fiir  narratio 
fabulosa,  fabula  u.  dgl. 

Mythologicus ,  mythologia  und  mythus  kommen  erst  im  N.  L.  vor. 
Das  Wort  mythus  für  fabula  nahm  nach  Wolf  (Museum  B.  I,  p.  59) 
zuerst  der  Holländer  van  Swinden  in  der  Mitte  des  vorigen  Jahrh. 
aus  dem  Griech.  ins  Lateinische  auf.  Jetzt  sind  jene  drei  Wörter  in 
der  Wissenschaft  fast  unentbehrlich;  ausserdem  aber  brauche  man 
/a6it/a,  welclies  auf  vielerlei  Weise  angewandt  werden  kann;  z.B.  wie  es 
in  der  Mythologie  (Fabellehre )  heisst,  ut  est  infabulis,  ut  infabulis 


513 

noTialuT  u.  a.  —  Da  ferner  mythologia  auch  nur  das  allgemeine  Fa- 
ballehre als  Wissenschaft  bezeiclinen  kann,  so  istz.  }i.7nytholugia  Jovis, 
Neptuni,  dei  Somni  u.  dgl.  unrichtig:,  und  man  sagt  dalar  fabula  oder 
fabulae. 

N.  n. 

Nae ,  wahrlich,  tvahrhaftig ,  wird  nicht  in  den  Satz,  der  betheuert 
werden  soll,  eingeschoben,  sondern  davor  gesetzt;  also  jiae  ego,  nae 
tu,  nae  iste,  nae  ille  — ,  nicht  in  umgekehrter  Ordnung;  z.  B.  ich  unirde 
ihm  wahrlich  nicht  beigestanden  haben,  nae  ego  ei  non  adfuissera,  nicht 
ego  ei  nae  non  —  oder  ego  nae  ei  non — .  ^^\.  mehr  über  den  Gebrauch 
des  Wortes  nae  in  Reisig's  Vorles.  p.  379  Anmerkung. 

Namqiie  steht  bei  Cicero  und  den  Bessern  nur  vor  einem  Vocale, 
nicht  vor  einem  Consonanten;  die  wenigen  Stellen,  welche  dagegen 
sprechen,  hält  Klotz  (zu  Cic.  Lael.  p.  120)  für  fehlerhaft.  Vgl.  Anm. 
zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  124. 

Naficisci  heh^i  erla?igen ,  erhalten ,  ßnden ,  meistens  durch  einen 
günstigen  zufälligen  Umstand.  Vgl.  Adipisci. 

Narbona,  A\e  geizige  Stadt  Narbonne,  ist  ganz  Sp.  L.  Form  für  die 
Kl.  Narbo. 

Naris  (als  Sing.) ,  das  Nasenloch,  ist  nur  P.  L.  für  nares,  die  Nase. 
Nur  Dichter  wenden  es  im  Sing,  und  Plur,  schei'zend  meistens  zu 
Spöttereien  an.  Dahin  gehören  denn  auch  die  Redensarten:  homo 
emunctae  naris  (ein  Mann  von  feiner  Beobachtung)  und  homo  obesae 
naris,  welche  in  ernster  Rede  nicht  zu  brauchen  sind. 

Narrare ,  erzählen.  Nur  selten  kommen  in  der  bessern  Prosa  die 
passiven  Formen  vor,  wie  bei  Liv.  (XXXIX, 6):  quae  facta  narrabantur, 
u.  Plin.  (Ep.  VII,  27)  :  eadem ßgura^r-narratur.  Sie  werden  weit  öfter 
durch  die  activen  Formen  ersetzt.  Nie  aber  findet  sich  wohl  im  guten 
Latein  das  im  N.  L.  oft  vorkommende  neutrale  narratur  mit  dem  Acc. 
und  dem  Infin.  Man  sage  also  nicht :  Agamemnonem  Iphigeniam  Dianae 
immolasse  narratur,  sondern  entweder  narratur  Agamemnonem  — 
iimnolasse,  oder  gewöhnlicher  Agamemnonem  narrant  — . 

Nasci  wird  in  der  eigentlichen  Bedeut.  geboren  werden  fast  nur 
mit  ex  verbunden,  wiewohl  beim  Partie,  natus  die  Praeposit.  oft  weg- 
bleibt; im  bildlichen  Sinne,  entstehen ,  seinen  Anfang  nehmen  ,  wird 
aber  auch  a  für  ex  gebraucht.  Eine  Verbalform  eines  Partie.  ?L\iiurus, 
heisse  sie  naturus  oder  nasciturus,  ist  fast  ohne  genügende  Auctorität, 
so  dass  man  dafür  oriturus,exoriturus  oder  in  lucem  proditurus  brau- 
chen muss.  —  Ueber  natus  vgl.  Natus. 

Nasulus,  wovon  man  im  N.  L.  auch  ein  Demin.  nasutulus  gebildet 
hat,  kommt  in  der  Bedeut.  spöttisch,  witzig  u.  dgl.  nur  bei  gemeinen 
Dichtern,  nicht  in  Prosa  vor,  so  dass  man  es  kaum  brauchen  kann,  so- 
wie man  auch  nastis  Kl.  noch  nicht  bildlich  von  Spott  und  fVitz  und 
als  Sitz  feiner  Beobachtung  gebraucht  findet. 

Natalis  mit  und  ohne  dies,  der  Geburtstag ;  aber  das  Geburtsfest 
heisst  nic\\i  festum  natale,  dafestum  in  der  bessern  Prosa  nicht  üblich 
war  (vgl.  Festum),  sondern  entweder  festt/s  dies  natalis,  oder  blos 
festus  natalis,  oder  auch  natolitia,  und  de7i  Geburtstag  feiern ,  agere 
diem  ?iatalem,  natalem  celebrare  (Plin.  Ep.VI,30);  einen  Geburtstags- 

33 


514 

schmanss  geben ,  dare  natalitia  (Clc.  Phü.  11,  6).  Man  vermeide  aher 
den  Plur.  nnlales  vom  Geburtstage  ciiies  Einzelnen,  weil  darnnter  nur 
Mehrere  verstanden  werden;  nur  TV.  KL,  besonders  hei  Tacitus,  be- 
deutet es  Stand  und  Geburt  oder  Familie.  Sehr  gewöhnlicli  wird  im 
JV.  L.  der  Tag  der  Geburt  Christi —  natales  Christi  genannt.,  für  dies 
tiatatis;  Weihnachteti  aber  übersetzt  man  am  sclücklichsten  durch 
natalitia  Christi. 

Natatus,  das  Schwimmen,  ist  nur  P.  L.  für  natatio. 

Natio  ist  wie  gens  meistens  ein  alig^emeiner  Name  von  einem  gan- 
zen Volksstamme,  der  eine  g^emeiHsame  Sprache  und  Abstammung  hat; 
nur  ist  gens  meistens  noch  allgemeiner,  als  natio,  welches  oft  nur  den 
ünterstamm  einer  gens  anzeigt;  z.  B.  gens  Graecorum,  natio  Atticorum. 
Dagegen  bezeichnet  popubis  nur  die  Bewohner  eines  einzelnen  Staates, 
z.  B.  populus  Atheniensium. 

Nativitas,  die  Geburt,  ist  sehr  Sp.  L.  und  durchaus  zu  verwerfen; 
man  drücke  es  durch  das  Subst.  ortus  oder  durch  das  Verb,  nasci 
und  die  Partie,  natus  oder  ortus  aus,  auch,  wo  es  passt,  durch  dies 
natalis;  z.  B.  vor  Christi  Geburt,  ante  Christum  natum ,  antequam 
Christus  natus  est;  vor  deiner  Geburt,  ante  te  natum,  antequam  tu 
natus  es;  eine  geraume  Zeit  vor  deiner  Geburt,  aliquanto  ante  quam 
tu  natus  es  (esses)  (Cic.  Fam.  X,  3,  2)  ;  gerade  im  Jahre  vor  der  Ge- 
burt des  Ejmius,  anno  ipso,  antequam  natus  est  Ennius  (Cic.  Brut.  18, 
72)  ;  uns  bringt  den  Anfang  aller  Dinge  unsre  Geburt,  initium  nobis 
Terum  omnium  ortus  noster  affert  (Cic.  Tusc.  I,  38,  91);  —  und  so 
passt  ortus  noch  oft.  Vgl.  die  Lexica  unter  Ortus.  —  Auch  wird  natio, 
dem  Volksnamen  im  Abi.  beigefügt,  in  der  Redensart  vo7i  Geburt  an- 
gewandt; z.  B.  er  ist  von  Geburt  ein  Sachse,  est  ?iatione  Saso.  Vgl. 
Caes.  B.  G.  I,  41  una  Sueva  natio?ie. 

Natu;  vgl.  Natus. 

Natura,  die  Natur.  Nur  selten  denkt  man  sie  als  Person,  als  ein 
Gott  ähnliches,  unbekanntes  Wesen,  wo  sie  denn  mater  oiler  paretis 
verum  omnium  genannt  wird.  Geschieht  dann  Etwas  von  ihr,  so  sagt 
man  a  natura  (mit  der  Praepositiou),  wo  wir  mit  dem  Artikel  sagen 
von  der  Natur ;  wenn  sie  aber  nicht  persönlich  gedacht  wird,  wie  wir 
sagen  von  Natur,  d.  h.  durch  natürliche  Anordnung,  Einrichtung,  Fü- 
gung, von  Anfang,  von  der  Geburt  an,  oder  was  sonst  dabei  gedacht 
wird,  so  sagt  man  ohne  a  blos  nattira.  —  ünsre  seltsame  Redensart 
ein  Sohn  der  Natur,  d.  h.  ein  roher,  natürlicher,  einfacher,  ungebil- 
deter Mensch,  findet  sich  nicht  im  Latein.;  man  sage  also  n\c\\ifilius 
naturae,  wie  man  doch  Erdensohn  wörtlicli  durcli  terrae  filius  über- 
setzen kann.  Weber  (Uebungssch.  p.  2)  schlägt  naturae  alumnus  vor ; 
aner  auch  dieses  erschöpft  den  Begriff  nicht,  und  findet  sich  eben  so 
wenig  bei  einem  Alten.  Man  übersetze  es  daher  etwa  durch  homo  rudis 
oder  incultus.,  agrestis,  simples,  impolitus  u.  dgl.,  wie  es  der  Sinn  ver- 
langt. —  Ist  die  Redensart ^^ms  naturae  fast  unumgänglich  nöthig,  so 
setze  man  hinzu  ut  Germani  dicunt. 

Naturnbilis,  natürlich,  kommt  Sp.  L.  bei  dem  Wortkünstler  Apu- 
lejus  vor,  oder  war  wohl  gemeine  Form  des  Volkes,  für  naturalis.  Die 
Form  naturabilis  hat  eich  sogar  durch  Abschreiber  in  die  Ilandschr. 
Cicero's  an  einigen  Stellen  (z.  13,  Tuec.  111,  1)  eingeschlichen,  ist  aber 
jetzt  überall  durch  bessere  Lesarten  verdrängt. 


515 

Notiirnlis  stimmt  allerdings  meistens  mit  uiiserm  natürlich  über- 
ein,  aber  nur  da,  wo  dieses  letztere  so  viel  bedeutet  wie  von  der  Natur 
eingepflanzt y  der  Natur  angeinesse?i,  die  Natur  betreffend ;  wo  es  aber 
so  viel  ist,  als  7iicht  wunderbar,  da  ist  nicht  ?iaturalis ,  sondern  ?ion 
ininis  anzuwenden,  wie  z.  B.  in  dem  Zusätze  zu  etwas  Gesagtem:  und 
das  ist  (war)  natürlich,  neque  hoc  mirwn,  nicht  idqiie  est  naturale. 
Vgl.  mehre  andere  Fälle  in  den  1).  L.  Lexicis.  —  N.  Kl.  kommt 
zwar  mors  naturalis,  ein  natürlicher,  d.  li.  7iicht  gewaltsamer  Tod,  ^  or, 
aber  vielleicht  nur  bei  Plit)ius,  und  wieder  nur  von  einem  plötzlichen 
Tode,  den  er  auch  repentina  nennt,  wie  z.  B.  einen  Tod  vor  Freude^ 
aber  nicht  einen  durch  Krankheiten  oder  hohes  Alter  erfolgten  Tod, 
woran  wir  bei  einem  natürlichen  Tode  denken.  Nirgends  findet  sich 
daher  naturalem  morte7n  obire  oder  naturaliter  mori,  wie  wir  sagen 
eines  natürlichen  Todes  sterben,  wofür  nach  dem  darin  liegenden  Sinne 
zu  sagen  ist  morbo  mori  oder  consumi,  auch  wohl  dem  ähnlich  nattirae 
concedere,  (morbo)  naturae  debitum  r edder e.  —  Da  naturalis  fll ins ^ 
ein  natürlicher  Sohn,  im  bessern  Latein  bei  Cicero,  Livius  u.  A.  ein 
rechtmässig  in  der  Ehe  erzeugter  8ohn  ist,  gleich  legitimus filius,  da- 
gegen die  spätem  Juristen  es  in  der  Bedeut.  em  uneheliches,  ausser 
der  Ehe  erzeugtes  Kind  brauchen,  so  muss  das  Wort  der  Zweideutig- 
keit wegen  ganz  vermieden,  und  lieber  das  Adj.  legitimus  für  den 
erstem  Sinn  und  non  legitimtis  oder  nothus  (vgl.  Quintil.  III,  6)  für  den 
letztern  gewählt  werden.  —  Uebrigens  zweifelte  Muret,  (Oper.  T.  II, 
p.  991  ed  Ruhnk.)  an  der  Latinität  \on  pater  naturalis,  wogegen  ihn 
Ruhnken  auf  Gronov.  (z.  Livii  Epit.  LI)  verwies.  —  Eben  so  vorsich- 
tig muss  das  Adv.  naturaliter  angewandt  werden,  da  es  dem  deutschen 
Adv.  natürlich  oft  gar  nicht  entspricht,  z.  B.  da,  wo  es  eben  so  viel  ist 
als  das  (es)  versteht  sich,  und  wo  meistens  das  lebhafte  scilicet  dafür 
passt,  wie  bei  Cic.  Tusc.  V,  39,  114  Democritus  luminibus  amissis  alba 
scilicet  (natürlich)  et  atra  discernere  non  poterat. 

Natus ,  a,  um.  wird  als  Partie,  in  der  Bedeut.  geboren,  erzeugt, 
theils  mit  dem  blossen  Abi.,  theils  mit  ex  und  dem  Abi.  verbunden, 
z.  B.  Jove  und  ex  Jooe  natus,  hoc patre  und  ex  hoc  patre  natus,  P.  L. 
auch  mit  de.  In  der  Bedeut.  stammetid ,  abstammend ,  mit  den  Subst. 
locus,  genus,  familia  verbunden,  steht  es  fast«nur  mit  dem  blossen  Abi., 
summoloco.,nobili genere,  amplissima familia,  bei  welchem  letztem  auch 
in,  aber  nie  ex  gebraucht  wird.  —  Es  hat  aber  auch  als  Adject.  die 
Bedeut.  alt,  zur  Bezeichnung  eines  gewissen  bestimmten  Alters,  wel- 
ches dann  immer  im  Accusativ  beigefügt  wird,  z.  B.  unum  annum, 
duos  annos  u.  s.  w.  natus,  nata,  natum.  —  Wenn  zu  solchen  Angaben 
die  Bemerkung  hinzukommt:  nicht  älter,  nicht  jünger,  nicht  drüber, 
nicht  drunter,  so  heisst  dies  entweder  non  major,  non  minor  oder  non 
plus  (nicht  plures) ,  non  minus.  Daher  sagt  man  bei  dem  Zusätze  oder 
älter,  oder  drüber  gewöhnlich  atit  plus,  und  oder  jünger,  oder  drunter, 
aut  minus.  Vgl.  Terent.  Eun.  III,  3,  21  annos  nata  est  sedecim,  non 
major,  sechzehn  Jahre  alt,  nicht  älter,  nicht  drüber;  Heaut.  I,  1,  H 
annos  sexaginta  natus  es  aut  plus,  sechzig  Jahre  alt  oder  drüber.  — 
Unlateinisch  ist  es  aber,  magis  natus  zu  sagen,  in  der  Bedeut.  älter, 
für  major,  was  sich  durcli  Absclireiber  niclit  nur  in  die  Handschr., 
sondern  auch  in  die  Ausgaben  in  Cic.  Rose.  Am.  14,39  eingeschlichen 
hat,  wo  vor  Matthiae  annos  natus  magis  quadraginta  stand.  Graevius 

33  "^ 


516 

iirtlieiKe  darüber  schon  mit  Recht:  Sic  rure  loqii7intur,  non  Rojnani 
rtistiri,  seil  barhari;  er  rieth  zu  scSsreibeii  annh  major  qiiadrn^iiitn, 
was  Matthiae  und  mit  ihm  Orelli  aufgenommen  haben,  und  was  dem 
Sinne  gemäss  ist,  älter  als  vierzig  Jahre.  —  Von  diesem  natus,  alt,  ist 
7iatu  7nagnus,  was  ebenfalls  alt  heisst,  ^u  unterscheiden;  darüber 
hiernächst  mehr. 

*  Naclidem  iclj  dies  ji^eschriebcn  Iiattc,  fand  ich,  dass  Klotz  mit  Garaton 
(in  Cic.  Rose.  Am.  14,  39)  die  ha&ürivinnos  natus  major  quadraginta  vcithcidigt, 
und  so  nocli  in  mehiern  Stellen  die  Verbindung  von  major  oder  minor  mit  dem 
zugesetzten  natus  gerechtfertigt  liatte.  Er  sagt,  annos  vattts  bedeute  blos  was  seine 
Lcbensjalire,  sein  Alter  betrijft,  mit  dem  Zusätze  major  oder  minor  aber  bedeute 
es,  dass  er  älter  oder  jünger  als  so  nnd  so  viel  sei.  Daher  bester  auch  mit  Garaton 
in  Verr.  II,  49,  122  ue  qui  minor  triginta  annis  natus,  wo  Zumpt  und  Orelli  natu 
lesen;  so  Corn.  N.  Reg.  2,  3  majorque  annos  sexaginta  natus,  wo  Lambin.  natu 
las;  Liv.  XLV,  .32,  3  cum  liberis,  majorihns  quam  quiudecim  annos  natis ;  Gell. 
N.  A.  I,  12  minorem  quam  annos  sex,  majorem  quam  annos  decem  natam.  Vgl. 
über  diesen  streitigen  Punkt  die  Ausleger  z.  Cornel.  Nep.  1.  c. ,  zu  Livius  1.  c, 
Garaton  zu  Cic.  Vcrr.  p.  1405  ed.  Hai.,  Zumpt  zu  Cic.  Verr.  1.  c.  und  Reisig's 
Vorlcs.  p.  397. 

Natus,  die  Geburt,  als  Subst.  nach  Decl.  IV.,  kommt  nur  im  Abi. 
natu  vor,  der  Geburt,  dem  Alter  nach,  was  denn  mit  einem  bejahenden 
Grössenadject. ,  7nag;ms  oder  gra?/dis,  verbunden,  alt,  und  mit  einem 
veriteinenden  Adject. , /;a?t'?/s,  verbunden,  j?/y.'^  heisst.  Diese  Wörter 
geben  nur  allgemein  an,  dass  Jemand  alt  oder  j?nfg  sei,  niclit  aber  ein 
bestimmtes  Alter:  alt,  natu  luagnus  oder  natii  grandis;  älter,  natu 
major;  der  älteste,  natu  7naa:iuius; — J7ing,natii  parvus;  jünger,  natu 
minor ;  der  jüngste ,  nat7i  minimus.  —  Für  natu  mngnus  kommt  auch 
der  Eigenschaftsablativ  magno  natu  vor,  z.  B.  bei  Liv.  (XXI.  34,  2)  : 
magiio  natu  principes  castelloru7n,  die  altert,  bejahrten  Vornehme7i.  — 
Mit  Recht  hat  man  nach  Vavassor.  (Antib.  p.  561)  daran  gezweifelt, 
ob  man  von  Brüdern  oder  Söhnen  so  vollständig  natu  7?iajor,  natu 
?ninor,  natu  niaxiinus  und  natu  ?nini)/ins  sagen  könne,  und  Vavassor. 
findet  in  der  bessern  Prosa  nirgends  ein  Beispiel  dagegen;  denn,  sagt 
er,  der  incorrecte  Valer.  Maximus,  bei  welchem  eine  Abweichung  vor- 
komme, sei  für  den  bessern  Gebrauch  keine  Anctorität.  Man  brauche 
also  bei  Verschwisterten  und  Söhnen  nur  7iiajor  und  minor,  maximus 
und  777inimus  ohne  ?iatu,90  dass  man  z.  U.  sage:  Ciceronum  major  fuit 
Marcus .,  7ni/wr  Quintus,  nicht  nat7/,  major ,  natu  minor.  So  sagt  Cic. 
(Rep.  II,  25):  major  ejus  filius;  Liv.  (1,  46)  :  'I'ullia  minor,  im  Gegen- 
satze zu  der  altern  Schwester,  und  so  überall.  Jedoch  tritt  bisweilen 
nat7L  oder  aetote  da  hinzu,  wo  ein  solcher  Zusatz  zur  Verständlich- 
keit nöthig  ist.  Vgl.  Drakenb.  Liv.  III,  13,  2  und  XLV,  S  masi7/m/n 
natu  e ßliis.  —  Dagegen  wird  bei  fremden  und  7iicht  verschwisterten 
Personen  immer  vollständig  mit  nat7i  gesprochen,  z.  B.  omnes  natu 
majores  occisi  sunt;  nihil  ex  te  hi  majores  nat7i  requirunt;  in  his 
Omnibus  judicibus  ille  erat  z/«^?/ minimus;  minimus  wof?/ horum  oninium 
(Geschichtschreiber)  fuit  Timaeus,  und  so  überall.  —  Ueber  iiatus 
als  Subst.,  in  der  Bedent.  Geh7irt,  vgl.  Nativitas. 

Natus  (oder  nach  alter  Schreibart  gnatiis)  und  nata  (oder  g?iata) 
als  Subst.,  in  der  Bedeut.  Soh/t,  Tochter.,  kommen  AI.  nie  vor,  da  sie 
von  den  Bessern  als  Partie,  nur  mit  es  oder  dem  blossen  Abi.,  wie 
vorhin  erwähnt  worden  ist ,  verbunden  werden,  nie  aber  mit  einem 
Getütiv  oder Possessivj}ro/iornen.  Man  sage  also  nicht:  natus  oder  nata 


517 

Ciceronis,  der  Sohn,  die  Tochter  Cicero's,  sondern ßlms,ßf/a  Clcerom's; 
iiiclit  ?iatns  tiieus,  nala  niea,  »ondtivnßlins  ?ne?/s,ßlfa  mea.  Ohne  Zu- 
satz kann  aber  nati —  die  Kinder  heissen,  wie  bei  Cic.  (Lael.  8):  Cari- 
tas ,  quae  est  inter  natos  et  parejites.  Cicero  konnte  aber  wohl  iiicIit 
für  das,  was  er  vorher  g-eschrieben  hatte  (quae  ex  se  ?iafos  itaamatit), 
schreiben:  quae  suos  natos  — .  Dichter  aber  und  Nachklassiker  brau- 
clieii  es  als  Subst.,  wenigstens  sag^t  Quintil.  (Instit.  prooem. )  nattis 
tuus ,  dein  Sohn,  obgleich  Pithoens  die  Richtigkeit  dieser  Ansdrucks- 
weise  bezweifelt.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  416  u.  Ochsner  in  Cicer. 
Eclog.  p.  201. 

Nauci  esse,  Nichts  werth  sein,  und  naucifacere.  Nichts,  für  Nichts 
achten,  finden  sich  nur  ^J.  L.  bei  Plautus,  und  wurden  niclit  einmal  im 
Scherz  von  den  Spätem  gebraucht.  Man  vermeide  sie  daher  lieber, 
als  dass  man  sie  anwende.  Im  N.  L.  braucht  man  wß?/c/ lieber  alsjiihili. 

Nauclerus ,  der  Schiffsherr,  und  nauclericus,  dem  Schiffsherrn  ge- 
hörig, kommen  nur  ^.  L.  bei  Plantus  vor,  für  naviculariiis ,  und  das 
erstere  hätte  von  Ruhnken  oder  Wyttenbach  (Vita  Ruhnkenii)  nicht 
gebraucht  werden  sollen. 

Nacicidator  ist  in  der  Bedeut.  Schiffsherr  ']eizt  ganz  ohne  Äucto- 
rität,  seitdem  es  aus  Cic.  leg.  Manil.  5,  11  durch  navicularius  ver- 
drängt ist. 

Navigare,  schiffen.  Wo  Jemand  schifft,  wird  in  schlichter  Kl.  Prosa 
nur  durch  in  aliquo  loco,  z.  B.  iJi  niari,  in  Oceano  ausgedrückt;  P.  L. 
und  N.  Kl.  durch  den  Accus.,  niare,  Oceanuni.  Dazu  gab  schon  Cicero 
Anlass ,  da  er  etwas  poetisch  von  dem  übermüthigen  Xerxes  (Fin.  II, 
«34, 112)  sagte:  maria  anihidavisse  terrarnque  navigasse. —  Vom  Lande 
abfahre?!  heisst  nicht  navig.  a  terra,  sondern  iiavig.  es  portii,  a  terra 
solvere  und  blos  fiavem  solvere. 

Naoigator,  der  Schiffer,  ist  sehr  selten  für  nauta;  es  wird  nur 
aus  Quintil.  Inst.  V,  10,  27  angeführt,  und  noch  einmal  aus  einem  viel 
spätem  Schriftsteller.  Es  werde  vermieden. 

Naumachia ,  die  Seeschlacht,  kommt  N.  Kl.  nur  als  Spiel  zur  Be- 
lustigung der  Zuschauer  vor,  nicht  als  wirkliche  Schlacht,  welche  nur 
p^igna  navalis,  proelium  navale  heisst.  Im  N.  L.  werden  beide  biswei- 
len verwechselt,  als  ob  naumachia  schöner  wäre;  daher  findet  man 
sogar  die  Seeschlachten  der  Holländer ,  Engländer ,  Franzosen  und 
Spanier  in  lateinischen  Beschreibungen  so  genannt. 

Nausea  bedeutete  bei  den  Alten  die  Seekrankheit  mit  Ekel  und 
Erbrechen ;  über  diese  Bedeutung  geht  es  aber  nie  hinaus,  und  es  wird 
nicht  allgemein  und  bildlich  gehraucht  in  der  Bedeutung  Ueberdruss 
an  Etwas,  wie  man  es  im  N.  L.  für/as^/r/iV/m  angewandt  findet.  Ebenso 
ist  es  mit  dem  Verbo  nauseare,  weiches  nur  bei  Phaedrus  N.  Kl. 
i'vLY  fastidire,  ekel,  stolz  thun,  gebraucht  ist.  —  Unter  den  Nenlateinern 
braucht  Erasmus  die  Redensart  ad  aliquam  rem  nauseare,  bei  Etwas 
Ekel  bekomtnen ,  z.  B.  ad  mentionem  hujus  rei  iiauseo,  für  hujus  rei 
cum  mentio  ßt,  indignor,fastidio  afficior. 

Ne,  loahrlich ;  vgl.  Nae. 

Ne,  dass  nicht,  damit  nicht,  wodurch  ein  Verbot  und  eine  Absicht 
negativ  bezeichnet  wird,  werde  nicht  mit  utnon,so  dass  ?ticht,  welches 


518 

einen  Erfolg:  angibt,  verwechselt,  was  oft  genug  geschieht.  Beispiele 
aus  Frühem  gibt  Vorst.  (latiii.  mer.  susp.  p.  165);  sie  könnten  durch 
neuere  leicht  vermelirt  werden. 

Ne  als  Fragwort  (vgl,  die  Grammatiken)  wird  P.  L.  in  Gegen- 
fragen verdoppelt  gebraucht  für  ne  —  mi ;  z.  B.  boniwe,  maliwe  plus, 
ob  mehr  Gutes  oder  mehr  Böses,  für  afi  malt  plus. 

Ne  in  der  Bedeut.  nicht  einmal,  für  ne —  quidem  zu  brauclien,  ist 
nach  Madvig  (z.  Cic.  Fin.  1,  11,39)  durch  kein  sicheres  Beispiel  zu 
erweisen.  Es  werde  also  durchaus  vermieden. 

Ne  mit  quidem  verbunden,  nicht  einmal,  auch  sogar  nicht,  wohl 
gar  gleichsam  als  ein  Wort,  ist  jetzt  kaum  mehr  erweislich.  Man  führte 
bislier  nur  dagegen  an  Cic.  Att.  11,  16,  4,  wo  alle  Handschr.  haben: 
ego  illud  ne  quidem  contemnam,  was  denn  Corradus,  Lambin.  und 
Orelli  in  ego  ne  illud  quidem  verändern.  Wir  dürfen  wenigstens  diese 
Stellung  beider  Wörter,  die  sonst  immer  durch  das,  was  am  meisten 
hervorgehoben  werden  soll,  getrennt  werden,  nicht  nachahmen,  und 
müssen  es  tadeln,  wenn  Majorag.  (Orat.  13.  p.283)  sagt:  sed  ne  quidem 
illud;  Mahne  (Crito  p.  304):  sed  illum  ne  quidem  in  scribundis  (?) 
doctrinarum  formulae  operibus  deseri;  Heyne  (Praef.  Virg.  T.  I, 
p.  XXVII)  :  ne  quidem  ingeniosum  satis  —  und  so  noch  Andere.  — 
Ferner  wo  wir  sagen:  nicht  eitimal  dann,  wenn  — ,  d.  h.  in  dem  Falle, 
wenn — ,  sagt  man  latein.  nicht  7ie  tum  quidem  si — ,  sondern  nur  ne 
quidem  si — ,  mit  Weglassung  von  tum,  wofür  dagegen  die  Hauptwör- 
ter des  Coujunctionssatzes  zwischen  ne  und  quidem  treten;  z.  B.  nicht 
einmal  dann^  tveiin  ihre  grossen  Verdienste  gegen  mich  bekannt  wären, 
ne  si  summa  quidem  eorum  in  me  merita  constarent  (Cic.  P^am.  I,  9, 
11) ;  nicht  einmal  dann,  wenn  ich  weggegangen  sein  taerde ,  ne  si  dis- 
cessero  quidem  (Cic.  Phil.  XII,  7).  —  Verschieden  davon  ist  ?^e  tum 
(tunc)  quidem,  cum  — ,  7iicht  einmal  damals  als,  dann  umnn  — .  Vgl. 
Cic.  Off.  III,  12.  Fam.  III,  10,  8  und  unten  Tum  s/.  —  Endlich  ist  nee  — 
quidem  in  der  Bedeut.  und  nicht  einmal  oder  auch  nicht  eitimal  fast 
unlateinisch,  da  nee  —  qtiidem  nur  bedeuten  kann  und  nicht  ^cenig- 
stens,  weil  nee  oder  neque  nur  so  viel  ist  als  et  non,  aber  nicht  gleich 
et  ne.  Vgl.  darüber  gegen  Andere  Madvig  z.  Cic.  Fin.  p.  822  sqq.,  aus- 
serdem Geruhard  z.  Cic.  Cato  9,  27  und  Reisigs  Vorles.  p.  589.  — 
Noch  bemerke  man,  dass  vor  den  Worten  ne —  quidem,  wenn  das 
Verbum  oder  sonst  etwas  Bejahendes  vorausgeht,  dieses  negativ,  nicht 
affirmativ  ausgesprochen  werde;  z.B.  irgend  eine  schönere  Gestalt 
(als  diese)  kann  nicht  einmal  ausgedacht  werden,  nulla  (  nicht  7///ß) 
species  ne  excogitari  quidem  potest  ornatior  (Cic.  Orat.  III,  45, 179)  ; 
nicht  einmal  ^enes  werde  ich  übergehen,  non  praetermittam  »e  illud 
qtiidem  (Cic.  Q.  fr.  II,  5);  Caesar  sagt,  dass  er  nicht  einmal  bessere 
griechische  Sacheji  gelesen  habe,  Caesar  negat  se  ne  Graeca  quidem 
meliora  legisse  (ib.  II,  16,  5);  denn  nicht  einmal  dieses  darf  über- 
gangen werden ,  non  enim  praetereundum  est  ne  id  quidem;  ich  fliehe 
nicht  eitimal  diese  Metischen,  non  fugio  ne  hos  quidem  homines  —  und 
so  ähnliche.  Vgl.  Auieit.  §.  580. 

Nee  oder  neque  stehen  nur  für  et  non,  nicht  für  et  ne,  und  können 
daher  streng  genommen  in  verbietenden  Sätzen  ,  besonders  beim  Im- 
perativ, nicht  angewandt   werden,-  gewöhnlich  setzt  man   dafür  neu 


519 

oder  neve,  wo  denn  auch  in  solchen  Sätzen  weder  —  noch,neve  —  veve^ 
nicht,  iiev  —  ?iec  heisst.  Einzelne  Stellen,  wo  nee  oder  neque  für  neve 
gesetzt  ist,  mögen  nicht  zur  Richtschnur  beim  Schreiben  dienen,  da 
die  Alten,  nach  Hase's  Bemerkung  (zu  Reisig's  Vorles.  p.  589),  in 
freierer,  weniger  förmlicher  Rede  auch  7iec  setzten,  wofern  der  pro- 
hihitive  Sinn  schon  deutlich  durch  das  Vorhergehende  ausgedrückt 
war.  Im  N.  L.  findet  man  leider  zu  oft  neque  oder  nee  für  neu  oder 
neve  gebraucht.  —  Auch  brauche  man  iieqiie  nicht  in  der  Bedeut. 
und  nicht  in  solchen  Verbindungen,  wo  der  Sinn  ist:  und  nkJil  viel- 
mehr; hier  ist  dafür  gewöhnlich  ac  non,  seltner  et  non  gebräuchlich. 
Vgl.  Matthiae  z.  Cic.  Rose.  Am.  33,  92.  —  N.  L.  ist  et  nee —  nee,  und 
weder  —  noch,  für  nee  mit  —  aut.  —  Unser  aber  nicht  wird  im  An- 
fange eines  vollen  Satzes,  wo  es  niclit  adversative  Verneinung  einer 
vorausgehenden  Bejahung  ist,  nicht  durch  noji  autetn  oder  non  vero, 
sondern  durch  neque  vero  ausgedrückt;  denn  neque  autem  ist  ganz 
zweifelhaft,  wie  in  Cic.  Fam.  V,  12,  6  neque  autem  ego  sum,  wo  Einige 
autem  streichen.  Vgl.  darüber  Anleit.  §.  581.  —  Davon  unterscheide 
man  ein  anderes  aber  nicht  oder  nicht  aber,  durch  welches  wir  adver- 
sativ dem  vorausgegangenen  Bejahenden  verneinend  Etwas  entgegen- 
setzen; z.  B.  das  sind  Fehler  des  Charakters ,  nicht  aber  oder  aber 
nicht  des  Alters;  —  hier  wäre  falsch  neque  vero,  non  vero,  non  autem, 
sednon,  da  sich  der  Lateiner  mit  7w?t  begnügt;  also  fion  senectutis. 
So  findet  man  im  iV.  L.:  nobis  orandum  est,  nee  vero  poscendum,  wir 
müssen  bitten,  aber  nicht  fordern  ;  junge  rkpente  aspexit,  neque  vero 
(für  7ion)  RBPEiNTE  VENIENTEM,  Verbinde  REPBNTE  mit  aspexit,  nicht  aber 
mit  vEiNiENTEiw;  Plautinum  hoc  verbum  est,  neque  vero  (iür  ?io?i)  Cice- 
ronianum  —  und  dgl.  mehr.  —  Ueber  nee  vero  etiam,  aber  auch  nicht, 
und  nee  etiam,  und  auch  nicht,  vgl.  Etiam.  —  Ebenso  ist  es  N,  L., 
nee  für  non  zu  brauchen,  z.  B.  Wolfius,  nee  Heynius,  für  wow.  So  kommt 
es  in  einem  neuen  Buche  an  50mal  vor. —  Beim  Gebrauche  von  nee  — 
nee,  weder  —  7ioch ,  kann  das  Hauptverbum ,  wenn  es  vor  das  erste 
nee  gesetzt  wird,  auch  noch  nofi  bei  sich  haben,  ohne  dass  dadurch 
eine  Bejahung  entsteht;  es  darf  aber  nicht  später  nachfolgen;  z.  ß. 
ich  kan7i  vor  Thräne7i  das  Uebrige  weder  denken,  noch  schreiben,  prae 
lacrymis  non  possuni  reliqua  7iec  cogitare ,  wec  scribere,  nicht  reliqtia 
7iec  cogitare,  7iee  scribere  prae  lacrymis  7io?i  possian  (Cic.  Att.  IX,  12, 1). 
Stellen  anderer  Art  möchten  wohl  zweifelhaft  sein.  —  Dagegen  kann 
nach  7ie  —  quidem  und  nacli  7ieque  enim  (de7in  7iicht)  nicht  7iec  —  7iec 
folgen,  wo  wir  weder  —  noch  brauchen,  sondern  dafür  muss  aut  — 
aut  stellen ;  z.  B.  7nan  kan7i  aber  nicht  einmal  zu  dieser  Denkkraft 
gela7igen,  weder  plötzlich,  noch  schnell ,  sed  ne  ad  ha7ic  quidetn  vim 
cogita7idi  perve?iiri  potest,  aut  subito,  aut  cito,  nicht  nee  subito,  nee  cito 
(Quintil.  X,  62.  Vgl.  Liv.  1,3,4).  —  Im  JV.  L.  findet  sich  sogar  jiec 
nach  si7ie ,  für  et  oder  ac  mit  und  ohne  si/ie ;  z.  B.  sine  loco  nee  anno, 
ohne  Ort  imd  Jahr,  für  et  anno  oder  ac  sine  anno.  —  Endlich  brauche 
man  der  bessern  Prosa  gemäss  7iec  nicht  für  7ie  —  quidem,  7iicht  ein- 
7nal,  auch  7ueht;  über  diesen  falschen  Gebrauch  vgl.  Madvig  Cic.  Fin. 
p.  816  sqq. 

Nee  7ie,  oder  nicht,  ist  nach  einer  Frage  mit  quid,  quando  und  ähn- 
lichen unlateinisch;  man  sagt  dafür  aut  non  mit  wiederholtem  Verbo. 
Vgl.  darüber  Aut.  —  Noch  unpassender  ist  es,  wo  gar  keine  Frage 


520 

steht ,  z.  B.  er  mag  tvollen  oder  nicht,  velit  nee  ne,  für  velit  aut  noh't, 
oder  knrz  veliV  noh'l. 

*  .Mit  Recht  bezweifelt  man  in  Cic.  Paitit.  26,  93  die  Riciitig-keit  der  Les- 
art fjvid  autem  possit  fifßci,  nac  ne  —  est  videndum.  Vgl.  Orelli. 

Nec  non  oder  neqiie  non  in  der  Bedeut.  U7id,  wie  mich,  dient  (aus- 
ser bei  Varro)  Kl.  nicht  zur  YerhrnAnw^  ziveier  einzelnen  Wörter,  son- 
dern wird  nur  gesetzt,  wenn  ein  neues  Verbum  folgt,  mit  dem  es  zu 
verbinden  ist.  —  N.  Kl.  aber  und  im  TV.  L.  steht  es  sehr  häufig  für 
das  einfach  verbindende  et,  und  soll  die  Rede  verschönern;  z.  B.  legi 
carmina  Homeri,  nec  non  Hesiodi,  nec  non  alioruin;  editiones  Aldinae, 
nec  non  Juntinae  eximiae  sunt  u.  dgl.  mehr.  —  N.  Kl.  wird  auch  zu 
diesem  nec  non  noch  et  oder  etiani  hinzugesetzt.  Dieses  7iec  non  für 
das  gewöhnliche  et  nimmt  Anton  (Progr.  p.  19)  in  Schutz.  Man  miss- 
brauche es  nicht  und  wähle  es  nur,  wenn  man  sowie  auch  noch  aus- 
drücken will.  —  Dagegen  kommt  Kl.  oft  neque  vero  (aber  nicht),  neque 
enim  (denn  nicht)  und  neqiie  tarnen  ( doch  nicht )  mit  folgendem  non 
beim  Verbo  zur  Verbindung  von  Sätzen  vor.  Vgl.  Anleit.  §.  579.  Jac. 
Thomasius  zu  Ilorat.  Tursell.  p.  452.  Ruhnk.  Vellej.  Pat.  II,  95.  Wolf 
u.  Orelli  Cic.  Tusc.  p.  328. 

Necator,  der  Mörder,  ist  Sp.  L.  für  homicida,  sicaritis,  perctissor. 
Ueber  interfector  vgl.  dieses  Wort. 

Necessarie ,  nothwendiger  Weise,  ist  eine  wohl  noch  zweifelhafte 
Form  (die  unter  andern  bei  Cic.  luv.  I,  29,  44  vorkommt)  für  die  ge- 
wöhnlich übliche  necessario,  an  welche  man  sich  denn  auch  lialte. 

Necessaiius  wird  in  der  Bedeut.  nahe  bekannt ,  befreundet ,  ver- 
wandt, wie  amicus  xindfamiliaris,  nicht  nur  mit  dem  Genitiv  (wie  ein 
Subst.),  sondern  auch  mit  dem  Dativ  als  Adjectiv  verbunden;  z.  B. 
mihi  und  tneus,  patri  nud  patris  necessariiis.  Das  Neutrum  necessariuin. 
mit  est  u.  s.  w.  wird  mit  einem  Infinitiv,  der  sein  Subject  ist,  untl  dem 
Dativ  der  Person,  deren  nothwendige  Pflicht  Etwas  ist,  verbunden; 
z.  B.  senatori  necessarium  est  nosse  rempublicam,  ein  Senator  niiiss  den 
Staat  kennen  (Cic.  Leg.  III,  18,  41).  Dafür  kann  aber  keine  andere 
Verbindung  gewählt  werden,  wie  sie  ?iecesse  esse  zulässt.  —  Zu  be- 
zweifeln ist  der  Plur.  necessaria  ohne  ?isui  oder  nsibiis  oder  advitamy 
ad  vivendum,  ad  usus  vitae,  in  der  Bedeut.  Bedürfnisse,  Lebensbedürf- 
nisse, für  res  ad  vitam  u.  s.  w.  necessariae. 

Necesse  wird  als  Indeclinabile  oder  als  Neutrum  mit  esse  verbun- 
den :  necesse  est ,  es  ist  nöthig,  nothwendige  es  7nuss.  Dazu  kommt  ein 
Infinitiv  entweder  mit  einem  Dativ  oder  mit  einem  Accusativ;z.  B. 
mihi  oder  me  scribere  necesse  est,  ich  niuss  schreiben,  oder  auch  mit 
dem  Noimnativ  der  Person  und  dem  Cofijunctiv,  aber  ohne  Conjunc- 
tion;  denn  erst  Sp.  L.  findet  sich  tit  dabei,  was,  eben  weil  es  Sp.  h. 
und  vielleiclit  gar  zweifelhaft  ist,  verworfen  werde.  Dennoch  findet  es 
sich  im  N.  L.  nicht  selten,  und  es  wird  sogar  in  vielen  Grammatiken 
gelehrt,  dass  ut  zugesetzt  werde.  Vgl.  Anleit.  §.  450  u.  Klotz  Sintenis 
p.  153.  —  Man  sage  nicht:  ut  sententiam  meam  dicam,  necesse  est,  es 
ist  nöthig,  dass  ich  — ,  für  sententiam  meam  dicam  necesse  est  (ohne 
ut),  oder  me  sententiam  meam  dicere;  die  Menschen  müsseii  sterben, 
homines  moriantiir  necesse  est,  nicht  ?it\\om.  mor.  —  Ausserdem  ist 
KL,  aber  selten,  necesse  habere,  nöthig  haben, für  nöthig  halten,  wo- 
mit aber  nur  ein  Infinitiv  verbunden  wird;  z.  ß.  necesse  habeo  ad  te 


521 

scribere,  ich  halte  es  für  nöthig ,  an  dich  zu  schreiben.  Im  N.  L.  findet 
man  es  auch  mit  einem  ylblativ  oder  AccusaUv  verbunden,  necesse 
habere  aliqua  re  oder  aliquam  rem.  Etwas  nöthig  haben,  für  opus  esse 
aliqua  re.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  60. 

Necessitas  bedeutet  wohl  nie  in  der  bessern  Prosa  ein  einzelnes 
leibliches  oder  geistiges  Bediirfniss ,  und  daher  ist  ?iecessitntes ,  mit 
und  ohne  den  Genit.  corporis,  in  der  Bedent.  leibliche  oder  Leibes- 
Äef////////sse  unlateinisch.  Wie  dies  auszudrücken  ist,  s.  unter  iVecess«/"<MS. 

JVecessitudo ,  die  Not hwe?idigkeit,  war  die  ältere  Form  für  ??eces- 
sitas ,  und  wurde  nachher  in  der  bessern  Prosa  mehr  auf  die  Bedent. 
Bekanntschaft,  Fretmdschaft ,  Verwandtschaft  beschränkt.  Nur  so 
brauche  man  es. 

Necessimi  ist  A.  L.  Form  bei  Plautus  u.  A.  für  necesse;  jedoch  hat 
sie  Livius  einigemal  hervorgesucht.  Sie  werde,  da  sie  veraltet  ist, 
nicht  mehr  gebraucht,  wie  es  im  N.  L.  dennoch  geschieht. 

NecTie;  vgl.  Nee,  wo  auch  von  Nee  non  die  Rede  war. 

Nee  opinus,  unvermtithet,  ist  nur  P.  L.  für  7iec  opinans  oder  nec- 
opinatus. 

Nectar  ist  in  bildlichem  Sinne,  jWe  Lieblichkeit ,  Süssigkeit ,  nur 
P.  L.  und  kann  so  nur  vorsichtig  angewandt  werden;  ebenso  nectareus 
für  dulcis,  jiicuiidus,  suavis. 

Nectere ,  knüpfen,  bindefi,  ist  zwar  gut  und  KL,  aber  comam  oder 
capilhim  nodom  oder  innodtim  nectere, das  Haar  in  Knoten  knüpfen,  ist 
nur  P.  L.  für  capilhim  nodo  vincire,  crinem  in  nodum  cogere.  —  Fast 
sinnlos  braucht  es  aber  Görenz,  wenn  er  irgendwo  sagt:  nodtmi  in 
scirpo  nobis  7?ej7?//»iws ,  als  Nachahmung  des  bekannten  Sprichwortes 
nodum  in  scirpo  qnaerere. 

Negantia,  die  Verneinung.,  werde  als  sehr  selten,  da  es  nur  einmal 
(Cic.  Top.  14,  57)  vorkommt,  vermieden  durch  negatio,  was  Cicero 
sonst  gebraucht,  z.  B.  de  Fato  8,  15.  —  Muret.  (Oper.  T.  III,  p.  208) 
brauchte  das  Wort,  weswegen  ihn  Ruhnken  tadelt,  mit  dem  Zusätze: 
Sed  suspectus  locus  (Ciceronis)  est;  jedoch  bemerkt  Orelli  Nichts 
zu  jener  Stelle. 

Negare,  läugnen,  kommt  im  Passivo  selten  vor  und  wird  wohl  nur 
personal  mit  dem  (Nominativ  und  dem)  Infinitiv ,  nicht  imperso7ial 
mit  dem  Accus,  u.  dem  Infin.  verbunden.  So  bemerkt  auch  Klotz 
(z.  Sintenis  p.  97)  :  Die  Redensart  negari  non  potest,  es  kann  nicht  ge- 
läugnet  werden,  braucht  Cicero  immer  persönlich,  also  negari  non 
potest  haecepistola  (nicht  hanc  epistolam)  utilissima  (nicht  utilissimatn) 
esse,  es  ka7i?i  nicht  geläiignet  werden,  dass  dieser  Brief — ;  und  wenn 
Sintenis  (in  seiner  latein.  Rede  p.  149)  sagt:  negari  non  potest  —  per- 
multa  impedimenta  objici.,  so  bemerkt  Klotz  dazu :  Sic  non  videturdi.iisse 
Cicero  umquam.,  non  minus  quam  dicitur  ejus  matremfuisse,  und  seiner 
Ansicht  nach  musste  es  heissen:  negari no7ipossunt. —  Derselbe  Fall  ist 
es  mit  7iegari  ohne  posse ;  z.  B.  dass  dort  Gewalt  gebraucht  tvorden 
sei,  wird  geläug  net  iverden,  ibi  vis  facta  7iegabitur  (Cic.  Caecin.  15,  44), 
nicht  ibi  vim  factam  esse  neg.  Im  N.  L.  wird  oft  dagegen  gefehlt.  — 
Dem  Passiv,  ist  durch  den  Gebrauch  des  Activs  leicht  auszuweichen. 

Negativus,  verneinend,  ist  Sp.  X. ,  aber  bei  den  Grammatikern 
stehendes   Kunstwort;  Cicero  und   Andere  brauchen   dafür   negans 


522 

(Cic.  Top.  n ,  49)  oder  privans  (ib.  11,  48)  als  Gegensatz  von  ajens, 
hejahend.  Vgl.  Privativus. 

Neglectus ,  die  Ver7iac1ilässigung ,  ist  sehr  selten ,  und  steht  nur 
^.  L.  u.  N.  Kl.  beim  altera  Plinius  für  die  Kl.  Form  neglectio,  welclie 
freilich  eben  so  selten  ist,  und  für  das  häufig  vorkommende  negligentia. 
Muret.  braucht  nicht  allein  tieglectus ,  sondern  sagt  auch  aliquid  ne- 
glevtui  Aß6e/-e,  gebildet  nach  dem,  was  Terenz  (Heaut.  11,3,116) 
sagt:  haec  res  neutiquam  neglectui  est  mihi,  und  andern  ähnlichen 
lateinischen,  für  negUgere ;  nur  ist  es  ohne  Auctorität,  und  muss,  da 
es  unerwiesen  ist,  vermieden  werden.  Vgl.  Frotscher  z.  Mureti  Oper. 
T.  I,  p.  279. 

Negotiator  kommt  erst  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  Kaufmann,  Handels- 
mann vor,  für  mercator;  jenes  bedeutet  Kl.  nur  de?i  Geldwechsler, 
der  IVechselgeschäfte  treibt.  Später  vermischten  sich  beide  Begriffe, 
die  aber  heutzutage  nicht  wohl  unterschieden  bleiben  können.  Eben 
so  verschieden  sind  negotiari  und  mercaluramfacere. 

Negotium  ist  nie  eine  irissenschof fliehe  Beschäftigung ,  welche 
sttidium  heisst,  sondern  jedes  Geschäft,  welches  ich  für  einen  Andern 
besorge  oder  für  mich  betreibe;  jede  andere  Beschäftigung  ist  occu- 
patio. Wenn  aber  Geschäft  so  viel  ist,  als  j4mt,  Pflicht,  Sache,  so  heisst 
es  munus.  Wo  wir  sagen:  Einem  ein  Geschäft  auftrage?i,A.\\.}^t\\'9.s 
zur  Besorgnng  übertragen,  sagt  man  lat.  alicui  negotium  dare  oder 
mandare ,  nicht  committere.  —  Mit  leichter  Mühe ,  ohne  grosse  Mühe 
(yirbeit)  heisst  nullo  ?iegotio  oder  sine  negotio,  nicht  facili  oder  parvo 
?iegotio,  wie  oft  falsch  gesagt  wird.  Ygl.  Klotz  Siiitenis  p.  145.  —  Die 
Redensart  alicui  7iegotium  esse  cum  aliquo ,  mit  Einem  zu  thu?i  haben., 
wird  fast  nur  gebraucht,  wenn  der  Begriff  der  Unannehmlichlceit  oder 
V erdrüsslichkeit  ausgedrückt  werden  soll, 

Nemesis  kommt  nur  als  Eigenname  der  Göttin  der  Gerechtigkeit 
vor,  nie  aber  inr  jtistitia  oder  ziltio,  vindicta  (Rache,  Vergeltung),  Man 
sage  also  nicht:  Nemesin  exercere  in  aliquo,  Rache  an  Jemanden  aus- 
üben. Tändelnd  nennen  sich  auch  im  N.  L.  die  Juristen  Nemesis  fllii, 
wie  die  Aerzte  ^esculapii  filii. 

Nemo,  Niemand,  hat  erweislich  nur  den  Dativ  nemini  und  den 
Accus,  neminem;  die  Form  des  Genit.  neminis  ist  nur  A.  L.  und  zwei- 
felhaft in  Cic.  Att.  XIV,  1  und  pro  Coel.  23,  56,  wogegen  nullius  oft 
vorkommt.  Aber  die  Ablativform  nemine  für  nullo  oder  nulla  findet 
sicli  Kl.  nirgends,  N.  Kl.  aber  einigemal  bei  Sueton.  und  Tacitns.  Man 
vermeide  dalier  durchaus  neminis  für  nullius  und  nemine  für  nullo, 
und  begnüge  sich  mit  nemo,  nemini  und  neminem.  Weitläufig  spricht 
davon  Stürenhurg  zu  Cic.  de  offic.  und  Hase  in  einer  Anm.  zu  Reisig's 
Vorles.  p.  348  u.  349.  —  Man  sage  hiernach  wXchV.  neminis  \%ie  potest 
esse  amicus,  für  nullius;  nemine  docente ,  nemine  defendente,  nemine 
rogante  u.  a.,  für  millo.  —  Bisher  galten  im  N.  L.  beide  für  gleich  gut, 
nemine  war  sogar  fast  mehr  im  Gebrauche  als  nullo.  —  Zu  bezweifeln 
ist  gewiss  nemo  musculus,  keine  Mannsperson,  was  Schütz  (Aeschylus 
T.  III,  p.  21  )  braucht,  für  nemo  vir  oder  nemo  mas,  indem  zu  nemo 
welches  nur  von  Personen,  nie  von  Sachen  gebraucht  wird,  noch  Sub- 
stantiven hinzutreten,  wodurch  es  in  der  Bedeut.  dem  ?/////««  gleich 
wird,  wie  denn  nemo  civis,nemo  miles,  sogar  7ienw  homo,  tind,  was  noch 
seltsamer  scheint,  nemo  deus  vorkommt.  —  Zweifelhaft  ist  es  mir 


523 

wenigstens,  ob  man :  Niemand  ist  dem  Aridem  ähnlich,  gleich  gut  über- 
setzen könne  durch  nemo  netnini  similis  est  und  ?ie?iw  alteri simi/is  est, 
da  ich  nur  für  das  letztere  ein  Beispiel  finde  (Quintil.  II,  8,  2),  für 
das  erstere  aber  nicht,  sowie  bei  neuter  in  ähnlichem  Falle  «//erfolgt. 
Vgl.  Neuter.  —  Nemo  mit  angehängtem  dum  —  nemodum,  noch  Nie- 
mand^  findet  sich  nur  bei  A^n  späten  Juristen  für  iiemo  adhuc  oder 
adhuc  nemo. 

Nempe ,  nämlich ,  dient  nie  nach  Angabe  von  etwas  Allgemeinem 
zur  Aufzählung  des  einzelnen  darin  Enthaltenen,  sei  die  Rede  von  Per- 
sonen oder  Sachen,  weil  dann  im  Latein,  das  eingeschobene  Wort 
nämlich  entweder  unübersetzt  bleibt,  oder  durch  ut  oder  dico  über- 
setzt wird.  Es  ist  derselbe  Fall,  wie  bei  scilicet.  Vgl.  Anleit.  §.  586  u. 
Scilicet,  sowie  über  die  Bedeutungen  und  den  Gebrauch  des  Wortes 
Webers  üebungssch.  p.  514.  Ileindorf  z.  floraz  Sat.  p.  207.  Jen.  A.  L. 
Z.  J820.  St.  34.  Grotefend's  Commentar.  p.  65.  Wolf  u.  Klotz  z.  Cic. 
Tusc.  III,  20,  49.  Moser  Cic.  Rep.  I,  2.  Reisig 's  Vorles.  p.  465.  Hand's 
Lehrb.  p.  230  und  was  GraufFzu  Bunelli  Epist.  p.  681  fleissig  gesam- 
melt hat;  ausserdem  reichen  die  Lexica  hin. 

Neograecus,  neugriechisch,  und  neolatinus,  neulateinisch,  sind  N.  L. 
Zwitterwörter,  deren  allerdings  die  alte  lateinische  Sprache  einige 
hat,  die  aber  weniger  zweideutig  sind,  als  diese.  Immer  aber  sind 
solche  ^e^ew  die  reine  Latinität,  sie  verunstalten  die  Rede  und  müs- 
sen vermieden  werden,  je  nach  dem  Sinne  und  der  Bedeutung;  denn 
neugriechische  Lieder,  Reden  u.  dgl.  können  entweder  solche  sein,  die 
in  neugriechischer  Sprache  (welche  bekanntlich  von  der  alten  sehr 
abweicht)  geschrieben  sind,  woran  man  denn  auch  zunächst  dabei  denkt, 
oder  solche,  die  in  altgriechischer  Sprache  von  Neuern,  aber  freilich 
wohl  oft  fehlerhaft, geschrieben  sind.  \]\\tGV7ieulatemischenGeA\c\\iGi\ 
denkt  man  sich  nun  aber  entweder  lateinische  Gedichte,  die  von  Neuern 
geschrieben  sind,  oder  wohl  gar  solche,  die  in  verdorbenem  Neulatein 
abgefasst  sind ,  was  zunächst  und  eigentlich  in  dem  deutschen  Worte 
neulaleinisch  liegt,  —  eine  Bedeutung,  die  gewiss  jeder  Verf.  solcher 
Gedichte  von  den  seinigen  abwehrt.  —  Da  es  wohl  nur  heissen  soll 
neue  lateinische  im  Gegensatze  zu  alten,  so  brauche  man  novus  latinns, 
und  streng  genommen  ist  der  Zusatz  novus  ganz  unnütz.  Mir  sind 
immer  carmina  neolatina  widerlich,  mögen  sie  auch  in  reinem,  wenig- 
stens erträglichem  Latein  geschrieben  sein. 

Neotericus  und  das  Adv.  neoterice,  neu,  nach  dem  griech.  ifcoTcptxo'c 
gebildet,  sind  sehr  Sp.  L.  und  unnöthig  wegen  novus,  recens,  rece?ilior ; 
jiove.  —  Gleichwohl  findet  man  im  N.  L.  nicht  selten ,  z.  B.  scriptores 
neoterici. 

Nepotismus,  ein  N.  L.,  ins  Deutsche  aufgenommenes  Wort  für  eine 
neue,  den  Alten  unbekannte  Sache,  werde,  wo  es  möglich  ist,  ganz 
vermieden,  wo  nicht,  durch  einen  Zusatz  (ut  novo  verbo  utar)  gemil- 
dert, aber  nicht  ohne  Weiteres  gebraucht. 

Nequam,  nichtswürdig,  nequior,  nequissimus  und  nequitia,  die 
Nichtswürdigkeit ,  beschränken  sich  Kl.  auf  Wollust  und  Schwelgerei; 
N.  Kl.  dehnte  sich  ihr  Gebrauch  auf  alle  Bosheit  und  Unredlichkeit 
aus,  gleich  scelus ,  improbitas  u.  a.;  nefarius,  scelestus  u.  a.  In  diesen 
Bedeutungen  ist  nequam  auch  nachzubrauchen,  so  dass  ein  homo 
nequam  einem  homo  nihili  gleich  ist.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  418. 


524 

Neque,  und  7iicht,  wird  in  correctem  Ausdrucke  nur  für  et  ?}on, 
nicht  für  et  ue  oder  iieve  gebrauclit,  wofür  es  Livius  und  Andere  bis- 
weilen gebraucht  haben.  Auf  ut  oder  ne  foIg^t  am  besten  neu  oder  neve, 
nicht  neqne.  Vgl.  darüber  Nee,  und  über  ne —  quidem,  nicht  einmal, 
nacli  Ne.  lieber  neque  vero  vgl.  unter  N'ec. 

Nequidq?iam ,  vergeblich ,  ist  in  Prosa  selten  und  mehr  P.  L.,  fiir 
frustia.  Bei  Cicero  findet  es  sicli  nur  eiiitnal  (in  seiner  ersten  Rede,  pro 
Quinct.  25,  79):  et  sero  et  nequidquam  pudet,  wobei  Klotz  bemerkt, 
dies  sei  vielleicht  aus  einem  alten  Komiker,  etwa  aus  Terent.  (Heaiit. 
11,3,  103  sero  ac  neqiddquam  voles>  genommen.  Da  es  aber  Caesar 
(dreimal),  Livius  und  Andere  gebranclit  haben,  so  ist  es  nicht  zu  ver- 
werfen. Dagegen  ist  es  N.  L.  in  der  Bedeut.  keineswegs,  für  das  gleich- 
lautende und  damit  verwechselte  nequaquam.  Vgl.  Orelli  zu  Cic.  Tusc. 
III,  25,  59.  p.  204  und  Heumann,  in  Mise.  Lips.  V,  p.  161. 

Nescire  (vgl.  Scire),  niclit  ivissen.  —  P.  L.  hi-nescio f allere ,  ich 
kann  nicht  täuschen,  für  nonpossiim  fallere ;  man  wende  es  daher  nicht 
in  Prosa  an,  wie  es  Ruhnk.  (  Opusc.  I,  p.  106)  thut.  Die  Re<!ensart 
nescio  quo  inodo,  ich  weiss  7iicht  wie,  wenn  sie  zu  einem  Verbo  als  Be- 
merkung gesetzt  wird,  werde  im  Lat.  jenem  Verbo  nachgesetzt,  weil 
sonst  das  Veriium  als  abhängig  von  quoniodo  im  Conjunctiv  stehen 
müsste;  z.  B.  es  geschieht  oft,  ich  weiss  nicht  wie,  saepeßt,  nescio  quo- 
modo;  dagegen  ich  iveiss  nicht,  wie  es  oft  kommt,  nescio,  quomodo  saepe 
fiat.  —  Das  Partie,  nesciens,  der  nicht  weiss,  ohne  zu  wissen,  werde, 
da  es  sehr  selten  und  Kl.  nirgends  vorkommt,  gänzlich  vermieden; 
man  sage  dafür  nescius ,  welches  häufig  gebraucht  wird,  und  womit, 
wie  mit  nescire.,  ein  Accus,  c.  Inf.  verbunden  werden  kann.  Aber  nescius 
mit  einem  Inf.,  z.  ^.f allere ,  in  der  Bedeut.  der  nicht  täuschen  kann, 
ist  P.  L. 

Neuter,  keiner  vo?i  Beiden.  Zweifelhaft  ist  es,  ob,  wenn  in  dem 
Satze  der  Andere  steht,  z.  B.  keiner  von  Beiden  übertrifft  den  Andern, 
wieder  7ieuter  gebraucht  werde,  oder,  dem  Deutschen  ähnlich,  alter. 
Nur  für  das  letztere  kenne  ich  Beispiele,  nicht  aber  für  das  doppelte 
neuter;  man  sage  also:  neuter  altert praestat.  Vgl.  Caesar  B.  C.  I,  35 
debemus  neutr^im  eorura  contra  ß//e/7/m  juvare;  Liv.XXI,46,  4  neutri 
alteros  primo  cernebant;  Quintil.1, 1,14  ita  fiet,  ut  neutra  lingua  altert 
officiat  n.  a. 

Neutiquam,  durchaus  nicht,  keineswegs,  ist  mehr  A.  L.  als  A7., 
jedoch  steht  es  einigemal  bei  Livius,  in  der  Bedeut.  dem  nequaquam, 
haudquaquam.,  minime  gleich. 

Neutralis\%i\\\\x  im  grammatischen  Sinne  üblich,  wie  schon  bei 
Qnintilian,  aber  in  keiner  andern  Bedeut.  —  N.  L.  ist  es  also  in  der 
IJedeut.  zti  keiner  Parthei  gehörig.,  wofür  medius  (Cic.  Att.  X,8,  4  und 
10,  2),  qui medium  se gerit  (Liv.  II,  27)  und  neidrius  oder  mdlius  par- 
tis  (Cic.  Fam.  X,  31,  2)  gesagt  wird,  und  ist  vom  Kriege  die  Rede, 
auch  neutra  castra  sequi  (bei  Livius).  Vgl.  Schori  Phras.  p.  524. 
Sciopp.  de  stylo  p.  86.  — Ebenso  ist  N.  L.  neutralitas,  die  Neutrali- 
tät, das  Halten  mit  keiner  Parthei,  für  Studium  7ieutrarum  partium, 
a7iimus  a  studio  partium  alienus. 

Nex  ist  in  correctem  Gebrauche  nur  der  g-ej/'fl/^sßme  Torf,  nicht  der 
natürliche,  welcher  mors  heisst.  Erst  N.  Kl.  kommt  es  bisweilen  in 
jener  Bedeut.  vor,  und  werde  daher  vermieden.    Man  sagt  also  ge- 


525 

Wühiilicli:  vitae  necisqne  potestatem  habere  in  aliqiiem,  Gewalt  haben 
iiber  Lehen  und  Tod,  nur  selten  vltae  inortisque  — ,  weil  in  jener  Re- 
densart an  nnnalürUehen  Tod  gedacht  wird. 

Nexus  beschränkt  sich  bei  den  Alten  nnr  auf  die  Bedent.  körper- 
liches Binden  und  Utnschli?2ge?i  und  anf  rechiliche  V erhindlichheit ;  so 
bei  Cicero,  nirgends  aber  bedeutet  es ,  was  wir  Zusanmienhang  in 
W  orten  und  Gedanken  nennen  ,  wie  es  im  N,  L.  häufig  vorkommt, 
nexus  verborum,  nexus  sententiarum.  Dietrich  bemerkt,  7iexus,  so  ge- 
braucht, sei  nicht  Ä'L,  aber  für  alle  deutsch  gedachten  Verbindungen 
sei  schwer  ein  ganz  entsprechendes  latein.  Subst.  zu  finden.  Tenor, 
was  PJinige  vorschlagen,  sei  in  dieser  Bedent.  zu  verwerfen  ;  der  nur 
einmal  von  Cicero  gebrauchte  Ausdruck  contexius  orotionis  (Part, 
orat.  23,  82)  werde  durch  qtiasi  entschuldigt,  und  in  Cic.  Fin.  V,  28 
werde  damit  der  Zusammenhang  und  die  Consequenz  eines  pliiloso- 
plüschen  Systemes  ausgedrückt.  Eben  so  wenig,  sagt  er,  passen  roÄr/e- 
rentia,  continuatio, perpetuilas ;  am  Ende  also  nur  sententia oAar  ratio 
se?itefiiiarum,  zuweilen  ratio  loci,  oder  mit  einer  Umschreibung,  wie 
ratio,-qua  sententiae  se  excipiunt,  qua  altera  sententia  ex  altera  apia 
oder  jiexa  est,  —  man  müsste  denn  der  Kürze  wegen  7iexus,  aber 
nicht  ohne  sententiarum,  beibehalten. —  Nach  der  oben  über  cow/ea/z/s 
gemachten  Bemerkung  und  nach  dem  Gebrauche  dieses  Wortes  bei 
Quintilian,  welcher  contextus  reruni  ac  verborum  (XI,  2,  2)  und  in 
contextu  sermonis  (VIII,  3,  38)  sagt,  möchte  ausser  einer  Umschrei- 
bung dieses  das  passendste  Wort  für  unser  Zusammenhang  sein;  viel- 
leicht ausserdem  auch  connexa  series  (verbornm,  sententiarum)  nach 
Quint.  VIII,  2,  17  u.  IX,  4,  22. 

Ni,  ivenn  nicht,  wird  im  N.  L.  falsch  gebraucht  fürnisi,  da  es  fast 
nur  in  Formeln  bei  Bürgschaften  u,  dgl.  vorkommt.  31an  sage  also 
nicht :  7n  fallor,  sondern  ?iisi  fallor. 

Nidißcare  und  nidtilari  scheinen ,  wie  unser  nisten ,  Gem.  L.  zu 
sein,  und  kommen  theils  im  A.L.,  theils  beim  altern  Plinius  vor,  für  72?- 
dum  fingere,  construere,  facere,  texer e. 

Nigredo,  die  Schwärze,  schwarze  Farbe ,  ist  Sp.  L.\  Muret.  (Oper. 
T.  II,  p.  74  ed.  Fr.)  sagt:  Albedo  latinum  non  est,  non  magis  quam  ni- 
gredo, worin  er  freilich  irrt.  Man  brauche  dafür  nigror,  color  niger, 
nigritia,  nigrities,  nigritudo ,  so  dass  man  die  späte  Form  entbehren 
kann. 

Nihil  hat  fast  alle  Casus,  ausser  d.  Dativ,  nach  Decl.  \\.,  Gen.  nihili, 
Acc.  nihHum  (neben  nihil)  und  Abi.  nihilo.  Der  Gen.  7iihili  kommt  nur 
vor  zur  Bestimmung  des  Werthes  und  Preises,  besonders  bei  homo 
und  esse.  Zu  eben  dem  Zwecke  dient  aucli  der  Abi.  7iihilo  bei  Verben, 
z.  B.  nihilo  aestimare.;  er  wird  aber  auch  als  Gradbestimmung  des 
Coraparat.  gebraucht  in  der  Bedeut.  um  7iichts,  z.  B.  7iihilo  minus,  um 
nichts  we7iiger,  nichts  desto  weniger,  wogegen  das  seltene  minus  nihilo 
(Terent.  Phorm.  III,  3, 1  cui  minus  nihilo  est)  bedeutet  iveniger  als 
Nichts.  —  Mit  nihilo  minus  verwechsele  man  nicht  nihil  7ninus,  unser 
7iichts  weniger,  was  stark  verneint,  gleich  durchaus  7iicht,  im  gering- 
ste7i  nicht.  —  Für  7iihilo  minus  sagen  Caesar  und  Andere  auch  7iihilo 
secius  in  derselben  Bedeut.,  wovon  sich  aber  7iihilo  segnius  unter- 
scheidet, da  dieses  heisst  ebe7i  so  eifrig,  7nit  gleich  grossem  Eifer. 
Vgl.  Ileusing.  Emendd.  p.  475.  Anton.  Progr.  p.  74  und  Reisig's  Vor- 


526 

les.  p.  449.  —  Auch  kommt  der  Ahl.  mitPraepositioiien  vor,/;row/Ä?Vo, 
z.  B.  piilare,  für  Nichts  rechnen,  achten;  ex  nihilo,  z.  B.  oriri,  aus 
Nichts  entstehe7i;  de  nihilo,  um  Nichts,  tim  keiner  Ursache  tvillen  oder 
auch  aus  Nichts.  —  Der  Accusativ  ohue  Praepositiou  heisst  fast 
durchaus  nur  nihil^  höchst  selten  nihilum,  welche  letztere  Form  mehr 
bei  den  Praep.  ad  oder  in  Statt  findet;  z.  B.  in  nihilum  occidere,  in 
Nichts  zerfallen  ;  ad  nihilum  ve?iire,  zu  N^ichts  tverden,  wiewohl  auch 
da  7iihil  gebraucht  wird,  z.  B.  Cic.  Att.  IV,  16,  12  ad  nihil  recidere.  — 
Richtig  ist  nihil  esse  von  einer  Person ,  Nichts  sein,  Nichts  gelten ; 
nihil  est ,  er  ist ,  gilt,  bedeutet  Nichts,  wie  aliquid  esse,  Etwas  sein. 
Vgl.  Aliqiiid  und  Matthiae  Cic.  Dejot.  8,  24. —  Wenn  dazu  tritt  gegen 
einen  Andern,  im  Vergleich  mit  einem  Anderii.,  so  heisst  dies  ad,  ali- 
quem ;  z.  B.  er  ist  Nichts  gegen  den  Persius ,  nihil  est  ad  Persiiim. 
Ferner  heisst  es  ist  Nichts  in  Rücksicht  auf  Einen,  ?iihil  est  de  aliquo ; 
z.  B.  de  Dio7tysio  nihil  esse  puto  (Cic.  Farn,  XII,  20).  —  N.  und  1).  L. 
ist:  hoc  nihil  est  pro  nohis,  pro  nostra  aetate,  das  ist  Nichts  für  uns, 
für  unser  Alter ;  dafür  sagt  man  hoc  alienum  est  nohis,  nostrae  aetati 
(Cic.  Att.  XIV,  13,  2).  —  Endlich,  wiewohl  man  mit  dem  Genitiv  sagt: 
fiihili  esse,  Nichts  iverth  sein  ;  nihili  aestimare ,  facere,  pendere,  sagt 
man  doch  wohl  nie  alique?no(\ev  aliquid  nihili putare,  für  Nichts  ach- 
ten, sondern  entweder /jro  nihilo  putare  oder  schlechtweg  im  Accus. 
nihil  putare ;  z.  B.  Cic.  Sest.  53,  114  bonorum  Judicium  nihil p utabat. 

Nil,  alte,  kurze  Form  für  nihil,  ist  in  der  bessern  Prosa  weniger 
im  Gebrauche,  als  man  glaubt,  während  es  im  N.  L.  häufig  vorkommt. 
Bei  Cicero  wenigstens  steht  es  meistens  unsicher,  wie  d  enn  pro  Plane.  33 
jetzt  nihil  für  m7  gesetzt  ist;  ebenso  Cato  17  und  wohl  noch  ander- 
wärts. Man  wende  es  daher  nur  selten  in  kurzer  Rede  au. 
Nimie,  zu  viel,  zu  sehr,  ist  Sp.  L.  für  nimis  oder  7iiniiu?n. 
Nimietas,  das  Uebermaass,  der  Ueberßuss,  ist  ebenfalls  Sp.  L.  für 
satietas,  abunda7itia,  7iimia  copia  u.  a. 

Nimirum  wird  im  N.  L.  auch  bisweilen  in  der  Bedeut.  nämlich, 
wie  7iempe  und  scilicet,  bei  näherer  Angabe  einzelner  Gegenstände  ge- 
braucht; doch  findet  sich  dazu  nirgends  ein  Beispiel.  Man  sage  also 
nicht:  quinque  tantum  fiierunt  Codices,  nimirum  quatuor  Florentini  et 
unus  Perusinus.  Vgl.  A^em;je. —  Ueber  die  von  diesem  Gebrauche  ganz  ver- 
schiedene Bedeutung  des  Wortes  vgl.  die  Lexica,  Weber's  üebungssch. 
p.514.  Klotz  Cic.  Tusc.  p.  69  und  Zumpt  Cic.  Off.  p.  153. 

Nimis,  zu  sehr,  allzu,  steht  nur  zur  Verstärkung  der  Posittve7i, 
nicht  der  Comparativen,  ja  es  wird  sogar  oft  bei  denjenigen  Adjecti- 
ven,  welche  relative  Begriffe  haben,  hinzugedacht  und  ausgelassen, 
z.  B.  bei  serus,  zu  spät  (sero) ;  7)iultus,  allzuviel ;  lo7igus,  zu  loeitläußg ; 
ang?/stus,  zu  eng ;  maturus ,  zu  reif,  bei  w  eichen  es  oft  unnöthig  ist, 
nimis  hinzuzusetzen,  indem  z.  B.  es  wäre  zutveitläußg  gewöhnlich  blos 
heisst  longwn  est,  nicht  nimis  longU7n  est.  Falsch  aber  ist  nimis  lon- 
gior,  allzu  lang,  für  7iimis  lo7igus  oder  blos  lo7igior,  —  und  so  bei  an- 
dern Comparativen,  zu  denen  wohl  7iimio,  aber  nicht  w?m/s  treten  kann. 

Falsch  ist  auch  ni/nis  mit  einem  Positiv  bei  darauf  folgendem  y?/flrm 

«/,  wenn  z.  B.  Burmann  (z.  Petron.  p,  327)  sagt:  notus  7iimis  satis  est 
mos,  quam  utn  me  illustrari  debeat,  für  notior  est  iste  mos,  quam  ut 

oder  notus  satis  est  iste  mos,  7it  7i07i  debeat  a  77ie  ill. —  Und  so  sage 

man  denn  aucli  nicht  7ii7nis  bene,  quam  ut  — ,  zu  gut,  als  dass  — ,  für 


527 

melius  quam  ut  — .  In  der  Redensart  ad  vivum  resecare,  Etwas 
allzu  scharf,  alhu  genau  nehmen,  wird  aber  nicht,  wie  es  Muret. 
(Oper.  T.  I,  p.  331)  gellian  hat,  noch  nimis  hinzug'esetzt,  weil  der  Be- 
grilF  s?/ mW  schon  in  der  Redensart  h'egt;  vgl.  darüber  Vivus ;  anch 
Frotscher  (zu  Muret.),  welcher  das  überflüssige  ?iimis  tadelt. 

Nhnius.  —  P.  L.  ist  itimium  bei  einem  Adject.  oder  Adverb,  für 
nimis,  und  ebenfalls  P.L.  das  wiederholte  nimium  —  nimium  nimiuni- 
que  für  das  einfache  nimium. 

Nisi,  wenn  nicht,  werde,  was  im  N.L.  nicht  immer  geschieht,  nicht 
mit  sinon  verwechselt.  ^^\.  über  den  Unterschied  beider  die  Gram- 
matiken; Anleit.  §.  601  und  Reisig's  Vorles.  p.  456  u.  fgg. —  CJebrigens 
bedeutet  nisi  blos  wenn  nicht ;  wenn  aber  bestimmt  und  hervorhebend 
gesagt  wird :  ausser,  ausgenommen  ipenn  — ,  es  sei  denn  dass  — ,  sagt 
man  gewöhnlicli  nisi  si.  —  Man  braucht  aber  im  N.  L.  nisi  sehr  oft 
falsch  in  der  Bedeut.  wo  nicht,  wenn  sein  beigesetztes  Wort  im  Gegen- 
salze zu  einem  andern  steht,  welches  mit  certe  oder  ai  folgt,  wo  der 
lateinische  Sprachgebrauch  sinon  oder  si 7ninus  fordert;  so  z,  B.  oft 
Wyttenhach,  Bergmann,  Mahne  U.A.;  z.  B.  ille  haec  nisi  rejecit,  certe 
neglexit;  haec  prima  nisi  apud  Batavos,  certe  apud  Germanos  parata 
sunt;  wjs/ om'nia,  at  quam  plurima;  w/s/ amatores,  certe  scriptores; 
nisi  paucorum  intelligentium,  certe  multorum  popularium  opinio  ;  mihi 
nisi  invito,  tamen  insperanti  — ,  wo  überall  si  non  gesagt  werden 
musste.  —  Obgleich  ?fisi  nach  nihil,  quis  u.  a.  als  bedeutet,  so  ist  es 
doch  falsch,  wenn  es  nach  einem  mit  jenen  Wörtern  verbundenen 
Comparativ  gesetzt  wird,  da  als  nur  zum  Comparativ,  aber  nicht  zu 
jenen  Wörtern  gehört;  hier  muss  also  quam  stehen.  Falsch  ist  da- 
her: nihil  est  pulchrius,  nisi  (für  quam)  virtus;  quis  est  subtilior,  nisi 
(für  quam)  Aristoteles  ?  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  163.  —  Die  Partikel 
nisi  forte,  ivenn  nicht  vielleicht,  es  müsste  denn  ettva,  mit  dem  Imperf. 
Conjunct.  ist  nach  einem  Satze  im  Praesens  unlateinisch,  denn  es  muss 
in  solchen  Fällen  das  Praesens  Indic.  stehen.  Falsch  ist  daher  (was 
irgendwo  steht)  :  rfe<nVrte«if?/m  apte  de  cibis  poni  potest,  ?iisi  forte 
aptius  et  commodins  esset  (für  est)  scribere  retrimentum.  —  Ueber 
die  Stellung  der  Wörter  no?i  oder  nullus  nisi  vgl.  unter  A'bw,  und  über 
nisi  erro,  wenn  oder  wo  ich  nicht  irre,  vgl.  Erro. 

Nisus  von  der  Rede  gebraucht,  in  der  Bedeut.  Schwung,  Flug, 
Erhebung,  ist  ohne  Auctorität;  man  sagt  dafür  elatio  (nach  Cic.  Brut. 
57)  oder  (wie  Cic.  ebendas.  sagt)  oratio  quasi  esaggerata  altius.  Auch 
gebraucht  man  es  nicht  vom  Geiste,  für  impetus  ingenii(\n  Plinins  Ej).) 

Niti  wird  in  derBedeut.  sich  auf  Etwas  stützen  in  eigentlichem,  natür- 
lichem Sinne  fast  nur  mit  dem  blossen  Abi.  verbunden,  aliqua  re,  z.  B. 
baculo,  hastili,  sehr  selten  mit  ifi;  aber  in  bildlichem  Sinne  gleich  gut 
aliqua  re  und  ^V^  aliqua  re ;  in  der  Bedeut.  ??ach  Etwas  streben,  trach- 
ten mit  ad  aliquid.  Vgl.  Weber's  üebungssch.  p.  169. 

Niveus  ist  nur  P.  L.,  mag  es  nun  sch?ieeig  oder  schneeweiss  be- 
deuten; Kl.  sagt  man  dafür  nivalis,  w/t)OSMSund  in  der  letztern  Bedeut. 
ca7ididus. 

Nix,  oder  im  Plur.  nives,  mit  dem  Genit.  capitis  verbunden,  wird 
nur  P.  L.  von  den  schueeweissefi  Haaren  gebraucht,  iür  cani(capilli) ; 
sogar  Quintil.  (VIII,  6,  17)  sagt  von  diesem  Bilde:  translatio  est  dura  y 
id  est,  a  longinqua  simililudine  ducta. 


528 

N^oh'lis  betleutete  hei  den  Alten  nur  edel  (adelig)  von  Geburt,  be- 
rühmt, ausgezeic/wei,  entspricht  aber  nie  dem  Worte  edel  in  morali- 
schem Sinne;  dafür  sagte  man  bo?ms ,  probus,  honeslus,  gejierosus, 
liberalis,  ingenuus  (Cic.  Tusc.  V,  25,  72  maxime  ingemia  delectatio, 
das  edelste  Vergnügen).  Der  Hall.  Rec.  (C.  G.  Jacob)  bemerkt  auch 
(da  in  der  vorigen  Ausgabe  honeslus  fehlte),  die  Römer  hätten  durch 
honestus  sowohl  in  politischem  als  in  philosophischem  Sinne  das  mo- 
ralisch Edle,  das  Gefühl  für  Ehre  und  Tugend  ausgedrückt.  —  Man 
übersetze  daher  auch  nicht  edler  Stolz  durch  nobilis  superbia,  son- 
dern etwa  durch  generosus  Spiritus  oder  libera  contumacia,  was  Cic. 
(Tusc.  I,  29,  71)  dem  Socrates  vor  seinen  Richtern  beilegt.  —  Ebenso 
verhält  es  sicli  auch  mit  nobilitas.,  worin  nicht  Adel  der  Seele  liegt, 
wuCl  m\i  Tiobilitare.,  was  nicht  adeln  in  moralischem  Sinne  bedeutet; 
man  sagt  dafür  dignitatem  afferre,  generosmn  oder  htwiatium  r edder e 
(facere),  ad  hmnanitatem perducere  und  ähnliche.  Bei  Pflanzen,  wo 
wir  veredeln  sagen,  brauche  man  mitigare. 

Nocere,  schaden,  wird  überall  nur  mit  dem  Dativ  verbunden,  und 
steht  daher  bei  allen  Bessern  im  Passiv  nur  impersonal  mit  einem 
Dativ,  z.  B.  mihi  nocetur.  Gleichwohl  muss  im  Gein.  L.  das  Passiv  auch 
personal  gebraucht  worden  sein,  denn  so  braucht  es  N.  Kl.  Vitruv. 
und  ausser  ihm  Spätere,  was  durchaus  verwerflich  ist. 

Noctambulus,  der  Nachtwandler,  istiV.  L. ;  doch  verwerfen  es  die 
gelehrten  Aerzte  in  ärztlichem  Sinne  und  wollen  lieber  somnambulus 
setzen,  welches  freilich  auch  neu,  aber  dem  Sinne  nach  besser  ist. 
Bei  den  Alten  findet  sich  dafür  kein  Wort. 

Noctescere,  Nacht  werde?i,  kommt  nur  einmal  bei  einem  A.  L. 
Dichter  vor,  w  elchem  es  Muret.  einigemal  nachgebraucht  hat ,  für 
advesperascere  oder  durch  ?iox  obducitur,  offunditur,  ingruit,  tetiebrae 
i7tgruunt  oder  oboriuntur. 

Noctu,  Nachts,  ist  selten,  aber  jS7.  und  gut  neben  ?iocte.  Vgl.  dar- 
über Diu. 

Noctuabundus,  bei  Nacht,  gleich  tiocte  oder  noctu,  ist,  wiewohl  es 
nur  einmal,  und  zwar  bei  Ci(  ero,  vorkommt,  nicht  zu  verwerfen. 

Nocuus,  schädlich,  ist  jetzt  nur  P.  und  Sp.  L.  iür  perfiiciosus ,  in- 
utilis,  infestus,  und  das  N.  Kl.  noxius. 

*Es  stand  auch  früher  in  einigen  guten  alten  Ausgaben  von  Cic.  Leg.  III, 
3,  6  nee  obdientem  et  nocimm  civem ,  woher  es  die  altern  Neulateincr  in  ihre 
Rede  aufgenommen  haben;  jetzt  aber  stellt  mehr  den  Handschr.  gemäss  et  noxiutn, 

Nodus,  der  Knoten.  Die  alte,  nur  bei  Plautus  und  Terenz  vorkom- 
mende Redensart  nodum  in  scirpo  quaerere,  Schwierigkeit  finden, 
wo  keine  ist,  werde  nur  mit  dem  Zusätze  ut  ajunt  angewandt.  Vei'- 
kehrten  Gebrauch  hat  davon  GÖrenz  einmal  gemacht,  wovon  unter 
Nectere  die  Rede  war. 

Nolle.  Das  heutzutage  übliche  nolens  volens,  was  ausser  vielen  An- 
dern Terpstra  (Antiquitas  Homer,  p.  109)  braucht:  uhi  vero  nolens 
volefis  uxor  — ,  kommt  nirgends  bei  einem  Alten  vor,  und  ist  N.  L.  für 
coactus,  invitus  oder  velim ,  ?iolim ;  vellem,  ?iollem  (abgeändert  nach 
den  Personen),  oder  wie  bei  Livius  seti  velim,  seu  nolim.  Ueberhaupt 
kommt  wohl  nolens  nirgends  Kl.  vor,  wenigstens  nicht  bei  Cicero  und 
Caesar,  und  werde  daher  vermieden. 


529 

Nomen,  der  Name,  wird  auch  bei  den  Alten  in  der  Bedeut.  Ruf, 
ÄMÄm  gebraucht ,  aber  nur  in  gutem  Sinne,  der  gute  Ruf ,  ohne  den 
Zusatz  bonum ;  also  nicht  bonum  nometi,  ein  guter  Name ,  gtiter  Ruf, 
sondern  nur  nomen  oder  existimatio,  bona  existimatio  (Cic.  luv.  II,  52, 
15>7),famu,  bona  fama ;  nirgends  findet  sich  daher  auch  malum  no- 
men und  ähnliche.  —  Nur  Grössen- Adjectiven,  wie  magnum,  quan- 
tum,  tantum,  nonnuUum,  und  negativ  nuUum,  können  dazutreten.  — 
Einen  Namen  führen  heisst  nicht  nomen  gerere^  sondern  710m.  habere 
oder  ferre,  und  von  einem  Buche  sagt  man  gewöhnlich  inscribitur 
oder  inscriptus  est,  es  führt  den  Namen,  hat  den  Titel.  —  In  der  Re- 
densart nomen  mihi  est  tritt  nur  selten  der  bestimmte  Name  im  Ge- 
nitiv dazu,  häufiger  im  Nominativ  oder  Dativ.  —  Unser  wie  heissest 
du,  wie  ist  dein  Name?  wird  gewöhnlich  durch  qtiod  tibi  est  nomen? 
quivocaris?  nicht  durch  quod  tuiim  est  nomen?  ausgedrückt.  —  In 
oAgy  unter  mei7iem  Namen  Etwas  schreiben ,  melden,  grüssen  heisst 
nicht  in  oder  sab  meo  nomine,  sondern  blos  meo  nomine,  und  bei  nun- 
tiare,  denuntiare  und  salutare  auch  meis  verbis ;  z.  B.  im  Namen  des 
Senats,  senatus  verbis  (Liv.  IX,  36,  14) ;  im  N.  des  Dictators ,  dicta- 
toris  verbis  (ib.XXII,  58,  9),  —  beides  meistens  mit  vor-.,  nicht  nach- 
gesetztera  meus  oder  dem  Genitiv  desjenigen,  in  dessen  Namen  Etwas 
geschieht,  selten  in  umgekehrter  Ordnung,  wie  bei  Cic.  (Q.  fr.  I, 
3,  4)  :  verbis  meis  nuntiare.  üebrigens  verwarf  Brerai  (zu  Corn.  N. 
Them.)  fast  alicui  nuntiare  meo  nomine.,  und  billigte  nur  meis  verbis, 
ohne  zu  beachten,  dass  Cic.  (Att.  I,  16,  16;  III,  8,  2)  tiio  nomine  und 
(Fam.  XIII,  21,  2)  suo  nomine  u.  a.  m.  sagt.  Vgl.  die  Lexica. —  Eben- 
so sagte  man  accipere  pecuniam  alicnjus  nomine ,  Geld  auf  Jeman- 
des Namen  atifnehmen,  z.  B.  Cic.  (Q.  fr.  I,  3,  7)  :  acceptam  ex  aerario 
pecuniam  tuo  nomine  (auf  deinen  Namen).  —  Dagegen  ist  nomen  un- 
lateinisch von  einem  Buche  in  der  Bedeut.  Titel;  z.  B.  libellus  scri- 
ptus  est  confutationis  nomine,  unter  dem  Namen,  d.  h.  Titel  einer  Wi- 
derlegung, was  umschrieben  werden  muss.  Vgl.  Titulus.  —  Im  Na- 
men des  Staates  heisst  nicht  nomine  rei publicae.,  sondern  rei publicae 
causa  oder  blos  publice.  —  Einen  Namen  von  Etivas  erhalten  heisst 
nicht  nomen  accipere,  sondern  nominari,  nomen  capere,  ducere,  repe- 
rire,  invenire  ex  aliquo,  ex  allqua  re,  selten  ab aliquo,  ab aliqtia  re ;  z.B. 
sie  haben  ihren  Namen  nicht  vo?i  dem  Namen  einer  Kunst ,  sondern 
eitles  Folkes  erhalten,  non  ex  artis ,  sed  ex  gentis  vocabulo  nominati 
sunt  (Cic.  Divin.  I,  1,  2). 

Nominare ,  nennen,  benennen;  —  Einen  von  Etwas,  wie  vorhin 
schon  erwähnt,  meistens  ex  aliqua  re,  selten  ab  aliqua  re.  Das  Ver- 
bum  wird  meistens  da  gel)raucht,  wo  es  einen  Namen  von  Etwas  er- 
halten bedeutet,  wie  in  der  vorhin  angeführten  Stelle  bei  Cic.  (Divin. 
I,  1,  2)  und  ebenso  Rep.  II,  7  urbemRomulus  e  suo  nomine  Romam 
jussit  nominari.  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  wird  appellare ,  dicere, 
vocare  gebraucht.  Vgl.  auch  Weber's  Uebungssch.  p.  71.  —  Man  ver- 
meide die  Sp.  L.  Verbindung  des  Partie,  nominatus  mit  den  Wörtern 
ante,  post,  supra,  infra,  sie,  ita  für  unsre  deutschen  Ausdrücke  vor- 
her, nachher,  oben,  unten,  so  genannt.  Im  N.  L.  kommt  dies  nur  zu 
häufig  vor,  statt  der  relativen  Umschreibung  quem,  quam,  quod  ante 
nominavi,  dixi  u.  a.;  und  ebenso  nominatus  allein  in  der  Bedeut.  der 
Genannte.,  für  is,  quem  nominavi.  Vgl.  Th.  I,§.  147  und  Anleit.  §.  590. 

34 


530 

Nominaitviis  ist  als  Benenming  des  ersten  Casus  declinirbarer 
\Vöi(er  Kl.  und  findet  sich  sclion  bei  Varro,  der  ihn  auch  casus  re- 
ctus  nennt. 

Nomotheta,  der  Gesetzgeher,  hat  kein  alter  Schriftsteller  aus  dem- 
Griech.  genommen,  da  es  nebenden,  den  Begriff  bezeichnenden,  latein. 
Wörtern  unnützer  Prunk  gewesen  wäre.  Vgl.  Les. 

Non,  nicht.  Dieses  Wort  wird  im  N.  L.  oft  falsch  gestellt,  da  das 
Deutsche  nicht  selten  verführt;  z.  B.  qui  non  operam  dat,  für  non 
dat ;  mensis  non  accurate  significari  potest,  für  no)i  potest ;  hoc  non 
verum  esse  potest,  oder:  hoc  verum  7ion  esse  potest,  für  ?iOfi  potest; 
id  uo?i  animal  esse  potest,  für  no?i  potest;  opinionis  est,  wow  raalum 
naturae,  für  nofi  naturae  malum,  oder:  opin.  est  malum,  non  naturae; 
te  ?ion  profectojactare  audehis,{ür  tionaudebis., — und  so  viele  andere. 
Vgl.  darüber  mehr  in  jeder  Grammatik,  auch  Anleit.  §.  526.  —  Man 
merke  hierbei  nach  Hand  (Lehrb.  p.  318)  den  Unterschied  zwischen 
7ionßen' potest  und ßert  non  potest ;  jenes  bedeutet  es  kann  sein,  ist 
möglich,  dass  es  nicht  geschehe,  und  wird  selten  gesagt ;  dieses  aber 
es  kann  nicht  sein,  ist  nicht  möglich  oder  unmöglich,  dass  es  geschehe; 
dafür  sagen  wir  meistens  ganz  kurz :  dieses  ist  unmöglich.  Daher 
heisst  es  war  nicht  anders  möglich  entweder  aliter  fieri  non  potuit 
oder  ßeri  non  potuit  aliter  (Cic.  Att.  VI,  6,  3),  aber  nicht  non  aliter 
fieri  potuit ;  und  dauerhafte  Freundschaften  können  nicht  anders  be- 
stehen, aliter  amicitiae  stabiles  permanere  non  possunt  (Cic.  Lael.  20, 
74),  nicht  non  aliter  possunt.  —  Schon  Quintilian.  (I,  5,  50)  hält  den 
Gebrauch  des  Wortes  non  zur  Bezeichnung  eines  Verbotes,  statt  we, 
für  einen  Sprachfehler;  er  sagt:  qui  dicit  pro  illo  ne  feceris, 
non  feceris,  in  idem  (soloecismi)  incidit  vitiura,  quia  alterum  (non) 
negandi  est,  alterum  (7ie)  vetandi.  Hiernach  war  es  Sprachgesetz, 
jion  nur  bei  Verneinungen,  ne  aber  bei  Verboten  zu  brauchen, 
und  darnach  verlangt  denn  der  Imperativund  sein  Stellvertreter,  der 
Conjunctiv,  die  Partikel  «e,  nicht  non,  was  für  unser  Schreiben  Richt- 
schnur bleibe,  mögen  auch  selbst  bisweilen  die  Alten  non  für  ne  ge- 
braucht haben,  wovon  das  Nöthige  gesammelt  steht  in  Reisig's  Vories. 
p.  588.  —  Im  N.  L.  findet  man  dieses  Gesetz  oft  übertreten;  neulich 
las  ich  z.  B,  irgendwo  :  ergo  non  Interpreter is  (erkläre  nicht)  a^jiniog 
optimus,  sedfortissimus,  für  ergo  ne  interpreteris  agiaTOv  Optimum,  sed 
fortissimmn,  wo  auch  das  Verbum  den  Accus,  verlangt.  —  Aus  Frü- 
hern finden  sich  Stellen  bei  Sciopp.  de  stylo  p.ll2,  und  wennMuret. 
(Oper,  T.  I,  p.  388)  in  Form  eines  Verbotes  sagt:  no?i  legantur  epi- 
stolae  Pllnii,  für  ne  leg.,  so  tadeln  ihn  Hand  (Lehrb.  p.  177  u.  232) 
und  Matthiae  (zu  jener  Stelle) ,  obgleich  Frotscher  ihn  vertheidigt. 
Wir  halten  uns  billig  an  das  Sprachgesetz  und  nehmen  nicht  seltene 
Abweichungen  zur  Richtschnur.  —  Unser  Nein  !  mit  einem  folgenden 
verneinenden  Satze  heisst  nicht  non  mit  einer  folgenden  zweiten  Ver- 
neinung, sondern  non  steht  nur  eirmial;  z.  B.  Nein!  so  ist  es  nicht,  ihr 
Richter :  nein  !  wahrlich  flicht ,  720//  est  ita,  judices  !  non  est  profecto 
(Cic.  Flacc.  22,  53),  nicht  aber  no?i  jedesmal  wiederholt;  nein!  das 
werde  ich  nicht  thun !  heisst  blos  non  faciam  (Matius  Cic.  Fam.  XI, 
28,  5),  nicht  mit  doppeltem  non  —  und  so  überall,  wo  wir  das  ver- 
stärkende/ie««/ vorsetzen.  —  Auch  das  deutsche  verbessernde  neitt! 
vielmehr  wird  blos  d\irc\\  potius  oder  vel(sive)  potius,  nicht  aber  durch. 


531 

non  pofi'us  ühersetzt;  z.  B.  was  sage  ich,  ihr  werdet  gehalten,  neini 
vielmehr  wir  (werden  geh?),  quid  dico,  jiidicamini?  judicamur  pofius 
(Cic.  Fam.  II,  3,  1).  —  Davon  ist  verschieden,  wenn  rhetorisch  bald 
nach  einander  non  wiederholt  wird ;  z.  B.  non  fuit  igitnr  iilud  Judi- 
cium judicii  siraile,  judices,  non  fuit  (Cic.  Cluent.  35,  96):nonest,  non 
est  in  hoc  homine  peccandi  locus  (Cic.  Verr.  I,  4,  10)  ;  non  illa  prae- 
sidia,  quae  —  —  etsi  —  Jion  afFerunt  tarnen  oratori  (Cic.  Miion.  1, 
2),  wo  das  zweite  wo/z  wegen  der  Zwischensätze  kraftvoll  wiederholt 
ist.  Und  so  werden  nemo  und  ?iihil  rhetorisch  bisweilen  verdoppelt 
gesetzt,  jedoch  so,  dass  meistens  zu  dem  zweiten  das  Verbum  in- 
quam  tritt. 

No7i  adhuc  oder  adhuc  non,  noch  nicht,  verwerfen  Einige  als  nicht 
gut  lateinisch,  aber  es  ist  eben  so  Kl.  und  gut  wie  nondum. 

Non  admodu7n,  nicht  sehr ;  vgl.  Non  valde  und  Magnopere. 

Non  autem,  non  vero  und  wohl  gar  ?iec  vero,  blos  im  Gegensatze  zu 
etwas  soeben  bejahend  Ausgesprochenem ,  ist  gegen  allen  bessern 
Gebrauch ;  davon  war  schon  unter  Nee  die  Rede.  Vgl.  auch  Anleit. 
§.  581  und  unten  bei  Vero. 

Nondum  mit  vorausgesetztem  et  —  et  nondum ,  und  noch  nicht, 
steht  selten  für  7iecdum  oder  nequedum.  Unser  noch  nicht  einmal,  in 
der  Bedeut.  kaum  noch,  heisst  visdum ;  z.  B.  ich  hatte  noch  nicht  ein- 
mal deinen  Brief  gelesen,  als  — ,  visdum  epistolam  tuam  legeram, 
cum  — .  In  einem  folgenden  Satze  mit  noch  nicht  wird  wohl  nondum 
nicht  wiederholt,  sondern  nur  no7i  gesetzt,  wie  bei  nonne. 

Non  modo,  nicht  nur,  wird  in  der  Bedeut.  ?iicht  nur  nicht  bei  fol- 
gendem sed  etiam  fast  allgemein  verworfen  für  das  vollständige  non 
modo  non.  Sonach  ist  Wyttenbach  zu  tadeln,  wenn  er  (Opusc.  T.  I, 
p.  187)  schreibt:  Ille  vero  7ion  modo  intermisit,  sed  auxit  etiam  quo- 
tidie  — ,  für  7ion  modo  non  — ,  er  unterliess  es  aber  nicht  nur  nicht. 
Anders  ist  es  aber  in  Sätzen ,  wo  sed  ne  —  qiiidem,  aber  nicht  einmal, 
aber  auch  nicht,  oder  sed  vis,  aber  kaum,  folgt.  Aber  auch  solche  Sätze 
sind  verschiedenartig,  indem  auch  da  bisweilen  non  modo  non  erfor- 
derlich, non  7nodo  aber,  ohne  das  zweite  non,  falsch  zu  sein  scheint. 
Vgl.  darüber  Schirlitz  Unterhalt,  p.  164.  Anleit.  §.  593.  Reisig's  Vorl. 
p.  436  u.  A. ,  wie  jetzt  auch  noch  Ellendt  z.  Cic.  Orat.  T.  II,  p.  78.  — 
Falsch  ist  z.  B.  wohl:  haec  lectio  non  modo  bene  se  habet,  sed  ne  de- 
fendi  quidem  potest,  wo  gewiss  richtiger  ist  non  tnodo  non  se  bene 
habet,  weil  beide  Sätze  ihre  eigenen  Verba  haben,  welche  beide  mit 
Ver7ieinung  gedacht  werden  sollen. 

Nonne  steht  nicht  nur  in  gerader,  sondern  auch  in  ungerader 
Frage;  das  Letztere  läugneten  Ernesti  (zu  Cicero)  und  Reisig  (Vorl. 
p.  470) ;  aber  Hase  hat  den  Letztern  durch  mehrere  Stellen  aus 
Cicero  widerlegt.  Es  bedeutet  dann  ob  nicht.,  z.  B.  Cic.  Tusc.  V,  12, 34 
Socrates,  cum  esset  ex  eo  quaesitum ,  Archelaum —  nonne  beatum 
putaret  (ob  er  nicht  —  hielte).  \^\.  auch  Scheller's  Lex.  unter  Nonne. 
—  Wenn  sich  an  eine  erste  Frage  mit  nonne  andere  ähnliche  anreihen, 
so  folgen  sie  meistens  mit  dem  kurzen  non,  nur  selten  mit  n07ine. 

Non  nemo  verwechsele  man  nicht  mit  wemo  wow ;  jenes  bedeutet 
Mancher,  Jema7id.,  dieses  aber  Jeder,  ^lle.  Ebenso  ist 

Non  nihil.  Etwas,  verschieden  von  nihil  non,  Jedes,  Alles.  Es  wird 
aber  non  nihil  nicht  zur  Verstärkung  eines  Comparativs  gebraucht ; 

34* 


532 

dafür  pattlo.  Falscli  ist:  hie  locus  est  nonnihil  (etwas)  difficilior,  für 
pa?ilo  diff. 

]Vo7i  nisi,  eigentlich  nicht  wenn  nicht ,  nicht  ausser,  kann  im  Deut- 
schen durch  nur  übersetzt  werden,  und  eben  dadurch,  dass  dabei  eine 
Bedingung  gedacht  wird,  ohne  deren  Erfüllung  Etwas  nicht  ist  oder 
geschieht,  unterscheidet  es  sich  von  sohnn  und  tantum.  Es  kann  daher 
bei  Zahlen  nicht  angewandt  werden;  z.  B.  nur  zehn  Zuhörer  sind  da 
heisst  weder:  adsunt  tion  nisi decem  auditores,  noch  auch  non  adsunt 
nisi  deceni  aud.,  sondern  tantum  decem  — .  Wo  es  aber  passend  ist, 
wird  es  Kl.  fast  immer  (selten  anders,  wie  Cic.  Verr.  I,  39,  98  lega- 
tionis,  non  nisi  condemnato  eo  — )  getrennt,  wie  ne  —  quidem,  so  dass 
non  mit  dem  Verbo  des  Satzes  dem  7iisi  mit  seinen  Worten  entweder 
vorangeht  oder  folgt;  z.  B.  du  hast  dich  nur  nach  vollbrachter  Sache 
meinetivegen  beruhigt,  tu,  nisi  perfecta  re,  de  nie  non  conquiesti,  nicht  tu 
non  nisi  —  ;  nur  in  de?i  Comitien  koniite  über  das  Leben  ei?ies  Bürgers 
geurt heilt  werden,  non  licuit  de  capite  civis,  nisi  comitiis,  judicari,  nicht 
de  cap.  civis  non  7iisi  cotnitiis  lic.  judic. ;  wahrhaftig  du  hast  nur,  was 
war, geschrieben ,  tu,  nisi  quod  erat ,  profecto  non  scripsisti  (Cic.  Att. 
111,  15,  3),  nicht  tu  non  fiisi  quod  erat,  prof.  scr. ;  nur  dem  Weisen  ge- 
fällt das  Seine,  nisi  sapienti  sua  non  placent;  ebenso  werden  auch  fiec 
?iisi  getrennt.  —  N.  Kl.  aber  findet  es  sich  nicht  immer  in  dieser  Stellung, 
selbst  bei  den  Bessern,  z.  B.  Plin.  (Ep.  VI,  6,4):  multi  non  nisi 
viventes  reverentur,  was  man  nicht  nachahme.  Vgl.  Zumpt's  Gramm. 
§.  796.  Klotz  Sintenis  p.  165,  zu  Cic.  Lael.  8,  27  und  zu  Tusc.  p.  173. 

iVoww?//// bedeutet  zwar  Einige ;  aber  nonnulli pauci,  einige  Wenige^ 
ist  J).  L.  für  pauci  allein. 

Nonnullibi,  einigemal.,  ist  iV.  L.  für  aliquoties,  nonnumquam. 

Non  posse  non ;  vgl.  Posse. 

Non  mit  folg.  qt/oque,  auch  ?iicht;  vgl.  Etiam  non. 

Non  scire  schien  schon  zu  Cicero's  Zeit  barbarisch  (barbarura), 
lieblicher  (dulcius)  nescire  (Cic.  Orat.  47,  157). 

Non  unus,  nicht  ein  Einziger,  \&t  ungewöhnlich  inx  ne  tinus  quidem, 
nemo  unus  und  bei  Sachen  nullus  unus.  Vgl.  Horat.  Tursell.  p.  513. 

Non  valde,  nicht  sehr,  wie  non  admodum  in  derselben  Bedeut.,  bei 
Adjectiven  und  Verben,  verwerfen  Einige  als  sprachwidrig,  für  non 
ita;  aber  beide  sind  eben  so  gut  und  Kl.,  indem  valde  und  admodum 
das  Adject.  verstärken,  was  non  ita  nicht  thnt. 

Nonagesies,  neunzigmal,  ist  A^.  L.  falsche  Form  für  nonagies. 

Nonies,  ?ieunmal,  ist  fehlerhafte  Form  für  novies. 

Nojiingetiti ,  neunhundert ,  kommt  einigemal  wohl  als  fehlerhafte 
Lesart  für  nonge7iti  vor. 

Notms  decimus,  der  neunzehnte,  kommt  N.  Kl.  bei  Tacitus  vor,  für 
undevicesimus,  —  und  so  in  allen  folgenden,  z.  B.  nonus  vicesimus  für 
U7idetricesimus  u.  s.  w. 

Norma,  das  Richtscheit,  die  Vorschrift,  ist  fast  nur  im  Sing,  üblich, 
80  dass  es  keine  nor7tiae  loquendi,  Vorschriften  zu  reden,  gibt,  sondern 
nur  eine  7iorma  loq?ie7idi.  Nur  in  Verbindung  mit  den  Pluralgenitiven 
libratio7ium  et  li7iear?imsagt\itruv.  (Praef.  1. 1.)  tiormarum. —  Das  AdJ. 
normalis  kommt  selten,  aber  N.  Kl.  bei  Quintilian  und  nur  in  seiner 
eigentlichen  Kunstbedeutung  vor,  dem  Wi7ikelmaasse  gemäss,  nie  bild- 
lich im  Allgemeinen  in  der  Bedeut.  vorschriftsmässig,  gleich  legitimus, 


533 

wie  es  denn  wohl  in  dieser  Bedeut.  neben  diesem  nicht  zu  verwerfen 
ist,  wenn  man  nicht  ad  normam  directus  sagen  will;  aucli  kann  man 
es  durch  ad  normam  dirigere  umschreiben. 

Nos ,  wir ,  brauchen  die  Alten  oft  für  ego ,  zumal  wenn  sie  Etwas 
theilnehmend  ausdrücken  wollen, und  so  dürfen  auch  wir  es  brauchen; 
aber  lächerlich  ist  theils  der  zu  häufige  Gebrauch,  theils  es  für  ego 
zu  setzen,  wenn  noch  eine  andere  Person  im  Singul.  damit  in  Verbin- 
dung steht;  z.  B.  ich  tind mein  Bruder,  nos  et  f rater  mens,  wo  es  durch- 
aus ego  heissen  muss.  Auch  missbraucht  man  sehr  häufig  wos,  tvir,  und 
noster,  utiser,  Jeder  von  seiner  Nation;  7ios  sagen  die  Deutschen  in 
ihrem  Latein  für  Germani,  und  noster  für  Germanicus ;  die  Franzosen 
nos  für  Galli,  und  noster  für  Galliens  —  und  so  die  Uebrigen,  da  docli, 
wer  Lateinisch  schreibt,  für  einen  Lateiner  gehalten  sein  will.  Da  nun 
das  Vaterland  eines  jeden  Schreibenden  niclit  Allen  bekannt  ist,  so 
wird  jenes  nos  und  noster  oft  dunkel  und  unverständlich  sein.  Der 
Deutsche  sage  daher  für:  quod  nos  dicimus  —  quod  Germani  dxcwwt', 
für:  in  nostro  sermone  —  in  Germanico  serm.,  und  so  Jeder  nach  sei- 
nem wahren  Vaterlande,  woran  er  dabei  denkt.  Die  Lateiner  denken 
bei  710S  nur  an' Latini,  Romam\  und  bei  7toster  nur  an  Latinus,  Roma- 
nus. —  Ueber  noster  vgl.  noch  Einiges  unter  diesem  Worte. 

Noscere ,  hennen  lernen;  vgl.  Novisse.  Das  von  noscere  abgeleitete 
noscitare  findet  sich  zwar  erst  bei  Livius  und  nachher  N.  Ä7.,  ist  aber 
nicht  zu  verwerfen.  Für  beide  kommen  öfter  agiioscere  und  cogfio- 
scere  vor. 

Noster.  Obgleich  nur  pater  noster  (unser  Vater),  amor  vester  (eure 
Liebe)  gesagt  wurde,  so  sagte  man  doch  bei  dem  Zasatze  omnium 
(Aller)  theils  pater  ?ioster  omnium,  unser  Aller  Fater,  theils  pater 
nostrmn  ornnium;  und  so  auch  amor  vester  oder  vestrum  omnium,  euer 
Aller  Liebe,  und  die  letzte  Art  zu  reden  mag  in  der  bessern  Prosa  die 
gewöhnliche  gewesen  sein.  Unser  Aller  Vaterland  heisst  demnach 
patria  nostrum  omnium  oder  omnium  ?iostrum.  Vgl.  darüber  Th.  I, 
§.  97.  —  Ferner  wird  noster  bei  den  Alten  Jeder  genannt,  der  uns 
angehört,  unser  Freund,  unser  Landsmann  ist,  zu  unsrer  Partei  gehört, 
und  in  wissenschaftlichen  Dingen  der,  welchem  wir  anhängen  und  zu 
folgen  pflegen,  wie  bei  Cicero  Plato  noster  in  der  Philosophie,  Poly- 
bius  noster  in  der  Geschichte;  aber  nie  so,  wie  wir  es  sehr  häufig  bei 
Erklärung  alter  und  neuer  Schriftsteller  brauchen;  z.  B.  noster  Cicero, 
noster  Pinto,  noster  poetn,  rioster  Virgilius,  indem  wir  den,  mit  dessen 
Erklärung  wir  uns  beschäftigen,  wosfr?//«  (ufiserti)  nennen;  —  für  die- 
sen Gebrauch  fehlt  leider  ein  Beweis  aus  einem  Alten.  —  Eben  so 
wenig  sagten  die  Alten:  loctis  noster,  hie  locus  ?ioster,  hoc  verbum  no- 
strum, was  man  so  oft  in  Anmerkungen  findet;  —  selbst  Noiten  sagt 
in  seinem  Antibarbarus  oft  hoc  verbum  nostrum.  Meistens  reicht  hie 
hin,  oder  bei  Personen  blos  der  Name.  —  Wiewohl  nostra  tempora, 
nostra  memoria,  fiostra  aetas —  die  jetzige,  gegenwärtige  Zeit  bedeu- 
tet, so  sagte  man  doch  nie  nostri  dies,  und  N.  L.  ist  also  nostris  diebus, 
in  unsei'n  Tagen,  für  his  diebus  oder,  was  meistens  denselben  Sinn 
hat,  mertior/ö  7wstra.  -  Wenn  gleich  //?ß/ore.s //os//«* gesagt  wird ,  so 
soll  doch  7nore  major?im  nostro7'um  (7iavh  Sitte  unsrer  Vorfahren) 
nicht  vorkommen,  sondern  nur  more  majoruju  ohne  7iostrorum.  Ganz 
gewöhnlich  aber  sagte  man  majores  nostri  und  in  umgekehrter  Ord- 


534 

nun^,  nostri  majores,  nur  dann,  wenn  sie  im  Gegensatze  der  Vorfahren 
eines  fremden  Volkes  stehen,  wie  in  Cic.  Lael.  5,  18,  wo  es  nostri  ma- 
jores, nicht  majores  nostri  hei&sen  rauss.  Vgl.  daselbst  Klotz  in  seiner 
Aiisgalje. 

Nota  ist  in  der  Bedeut.  erklärende  Anmerkung  zu  irgend  einer 
Stelle  einer  Schrift  ohne  alle  Auctorität,  weswegen  es  schon  Faccio- 
lati  (Epist.  phil.  VII,  p.  427  in  ed.  oratt.  Lips.  1751)  in  dieser  Bedeut. 
verwirft;  dafür  annotatio  u.  a.  Vgl.  Annotare.  —  Im  iV.  L.  war  es  bis- 
her sehr  gebräuchlich;  einen  Beweis  dazu  liefern  die  editiones  cum 
notis.  —  Was  nota  bei  den  Alten  bedeutete,  darüber  vgl.  die  Lexica; 
ausserdem  Heusing.  Emendd.  p.  519  und  Anm.  z.  Mureti  Oper.  T.  I, 
p.  31Ö.  Webers  Uebungssch.  p.  91  und  Hand's  Lehrb.  p.  144,  der  es 
als  ein  grammatisches  Kunstwort  in  Schutz  nimmt. 

Notare  ist  in  der  Bedeut.  Etwas  beachten,  die  Aufmerksamkeit  auf 
Etwas  richten,  N.  L.  für  animum  advertere  ad  aliquid ;  ebenso  in  der 
Bedeut.  erklärend  ajimerken,  z.  ß.  ubi  multa  notavit  Wolfius;  man  setze 
dafür  annotare. 

Notarius  ist  bei  den  Alten  ein  Geschwindschreiber,  der  mit  Ab- 
kürzungen, welche  notae  hiessen,  schreibt;  heutzutage  ist  die  Bedeut. 
des  Wortes  eine  andere,  weswegen  es  vorsichtig  mit  einem  Zusätze 
zu  brauchen  ist,  damit  der  neue  Gebrauch  bemerklich  werde. 

Notescere ,  bekannt  iverden,  kommt  fast  nur  P.  L.,  ausser  N.  Kl, 
bei  Tacitus  vor,  für  die  wenigstens  öfter,  obgleich  auch  nur  N.  Kl. 
vorkommenden  Formen  enotescere  und  itmotescere;  ausserdem  brauche 
man  7iotumfieri,  celebrari. 

Nothus ,  unehelich  erzeugt,  ist  ein  in  Ermangelung  eines  latein. 
Wortes  von  den  Juristen  aus  dem  Griech.  genommenes  Wort  für  non 
legititnus ;  —  Sp.  L.  wurde  dafür  auch  spurius  gesagt.  —  In  der  bild- 
lichen Bedeut.  unächt,  erborgt  ist  es  nur  P.  L.;  man  vermeide  es,  es 
so  zu  brauchen  und  setze  dafür  non  genuinus,  alienu8,falsus,  adul- 
terinus  u.  a. 

Notißcare,  bekannt  machen,  ist  vielleicht  nur  A.  L.  und  kommt  aiich 
so  nur  höchst  selten  vor,  für  notum  alicui  aliquid facere ,  certiorem 
aliquem  alicujus  rei facere,  emmciare  alicui  aliquid,  u.  dgl. 

Notitia  ist  nur  Kenntniss  und  Bekanntschaft,  nicht  aber  was  wir 
Notiz  nennen ;  z.  B.  historische  Notizen,  nicht  notitiae  historicae,  son- 
dern entweder  blos  res,  etwa  mit  dem  Zusätze  historiae  veteris,  grae- 
cae,  romanae  u.  dgl.,  wie  es  der  jedesmalige  Sinn  verlangt,  oder  res 
mit  einem  Verbo,  wie  indicantur,  sigmficantur,  oder  auch  wohl,  je 
nach  dem  Sinne,  indicium,  testimonitim  u.  a. 

Notorius,  mag  es  nun  bekannt  oder  kund  thuend  bedeuten,  ist  ganz 
Sp,  L.  für  notus,  vulgatus ,  pervulgatus ,  apertus ,  mamfestus  u.  a.  — 
B.  L.  ist  notorie  für  aperte,  majiifeste. 

Notula,die  kleine  Anmerkung.  Der  Werth  dieses  Wortes  hängt 
von  dem  Werthe  des  Wortes  nota  ab,  da  es,  wie  dieses,  niigends  in 
der  angegebenen  Bedeut.  vorkommt,  für  brevis  annotatio  oder  das 
Sp.  L.  annotatiuncula.  Das  Wort  notula  hat  Muret.  und  nach  ihm  An- 
dere in  Gebrauch  gebracht.  Vgl.  z.  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  2-32. 

Notus  hat  theils  passive,  theils  active  Bedeutung;  jene  ist  die  ge- 
bräuchlichste, nenilich  bekaimt ,  welchen  Andere  kennen,  aber  die 
active,  der,  welcher  Andere  kennt,  ist  höchst  selten  und  werde  durch- 


535 

ans  vermieden  durch  gnarus,qui  alios  novit.  —  Einen  mit  sich  bekannt 
machen  heisst  aliqueni  sibi  noium  facere,  und  Einen  mit  Etwas  bekannt 
machen ,  alicui  aliquid  notumfacerey  alicui  alicujus  rei  oder  de  aliqua 
re  certum  facere ;  bekannt  mit  Etwas  heisst  nur  gnarus  alicujus  rei, 
nie  notus. 

Not7(s  als  Subst. ,  der  Südwind,  ist  nur  P.  L.  und  aus  dem  Griech. 
genommen,  für  Auster. 

Novatitiquus  ist  in  der  Bedeut.  halb  ne?i  und  halb  alt  N.  L.  uner- 
hörte Zusammensetzung;  es  muss  umschrieben  werden,  so  sehr  es  sich 
oft,  zumal  auf  Titeln,  durch  seine  Kürze  empfehlen  mag. 

Novellus,  jung ,  ist  zwar  Ä7.  und  gut;  aber  novellae  als  Subst. ,  in 
der  Bedeut.  Neuigkeiten,  Zeitungen ,  ist  N.  L.  für  res  novae,  commen- 
tarii  rerum  novarum ,  ephemerides  rertim  gestarum.  Etwas  Anderes 
ist  es  in  der  Bedeut.  7ieue  Rechtsverordnungen  der  spätem  Kaiser, 
welche  unter  diesem  Namen  im  Corpus  juris  vorkommen,  und  von 
Einigen  novae  constitutiones  oder  nova  conslituta  genannt  werden. 

Novemdecim  oder  nove?idecim,  neunzehn,  ist  Sp.  L.  Form,  welche 
durchaus  mit  undeviginti  vertauschst  werde;  ebenso  alle  ähnliche  fol- 
gende, z.  B.  neun  und  zumnzig ,  undetriginta,  nicht  novem  viginti  oder 
viginti  novem  u.  s.  w.  Vgl.  Schori  Phras.  p.  829. 

Novennis,  neunjährig,  ist  Sp.  L.  für  novem  annorum,  novem  annos 
natus. 

Novercari,  stiefmi/tterlick  handeln,  zuwider-,  e?itgegen-,  feindselig 
sein,  ist  erst  Sp.  L.  für  adver sari ,  infestum,  inimicum.  esse,  und  wenn 
man  vergleichungsweise  sprechen  will,  agere  novercae  instar  oder 
more.  Lächerlich  nannte  der  jüngere  Burmann  einen  ungünstigen,  feind- 
seligen Sturm  —  7iovercante?ii  procellam. 

Novihuiium,  der  Neumond,  ist  N.  L.  für  nova  luna  (Cic.  Att.  X,  5, 1), 
tempus  intermenstruu7n  (Rep.  1, 16.  Varr.  R.  R.  1,37)  und  N.  Kl.  inter- 
lunium,  welches  jedoch  auch  vermieden  werde. 

Novisse,  kennen,  ist  die  bekannte  Perfectforra  von  noscere,  kennen 
ler?ien,  erkefineti.  Bei  der  Bildung  der  Tempora  dieses  Verbi  werden 
in  der  bessern  Prosa  die  abgekürzten  Formen  den  vollem  vorgezogen, 
also  nosse  für  novisse ;  norim.  noro ,  noram  für  noverim,  novero,  nove- 
ram.  —  Sowie  man  noscere  und  noscitare  aliquem  facie  oder  defacie 
sagte,  Einen  von  oder  «m  Gesichte  erkennen,  so  gebrauchte  man  auch 
novisse  oder  nosse. 

Novissimus  in  der  Bedeut.  der  Letzte,  gleich  estremus,  kam  nach 
Varro  L.  L.  VI,  p.  236  ed.  Speng.  (p.  95  ed.  3Iüll.)  erst  zu  seiner  Zeit 
auf  und  wurde  auch  von  ihm  selbst  gebraucht  (R.  R.  I,  2,  11),  aber 
von  Vielen  verworfen.  Auch  Cicero  vermied  es ,  wiewohl  er  es  in 
einer  seiner  ersten  Reden  (pro  Rose.  Com.  11,  30)  gebraucht  hatte, 
wo  er  7iovissimi  histriones  als  Gegensatz  von  primi  (dem  Range  nach) 
sagt.  Später  brauchte  er  daliür  estre/nus.prosimus  oder  rece7itissimzis 
(Att.  VI,  1,  1).  Dagegen  brauchten  es  Caesar  und  viele  andere  Gleich- 
zeitige oft,  so  dass  es  lächerlich  wäre,  es  zu  vermeiden.  Vgl.  auch 
Anton.  Progr.  p.  72.  —  Gleich  gut  ist  auch  das  Adv.  novissime  in  der 
Bedeut.  zuletzt,  ga7iz  vor  Ku7zem. 

Novitas  ist  nur  was  wir  sagen  die  Neuheit  von  dem,  was  bisher  un- 
gesehen und  unerhört  war,  z.  B.  gratia  novitatis,  der  Reiz  der  Neuheit, 


6B6 

nicht  aber  die  Neuigkeit,  eine  neue  Sache,  etwas  Neues,  was  wir  No- 
vität neiiiieii;  dafür  sage  man  res  ?iova. 

Noviter,  neu,  neulich,  ist  fast  N.  L.  für  nove,  nova  ratione,  und  von 
der  Zeit  —  nwper. 

Novus,  neu,  lässt  keinen  Comparativ  zu,  weil  es  nach  Reisig^  (Vorl. 
p.l74)  seiner  wahren  Bedeut.  gemäss  (das,was  nochnichtwar)  keiner 
Beschränkung  durch  den  Comparativ  fähig  ist;  man  sagte  desshaib  da- 
für recentior.  Wohl  aber  wird  novissimus  gesagt,  da  es  der  Letzte  be- 
deutet. —  N.  L.  sind  de  novo  und  a  novo,  von  Neuem,  für  denuo  oder 
de  (ex)  integro.  —  üeber  novus  und  recens  vgl.  Weber's  Uebungsscli. 
p.  71. 

Nox,  die  Nacht.  Unser  bis  in  die  Nacht  hinein  heisst  in  noctem,  und 
bis  in  die  tiefe,  späte  Nacht ,  in  oder  ad  niullam  noctem.  —  P.  L.  ist 
diesque  noctesque  und  noctesque  diesque  für  dies  fioctesqtie  odernoctes 
diesqtie  u.  a.  Gleichviel  ist  es,  ob  dies  oder  nortes  voransteht. 

Nubere,  heirathen,  wird  durchaus  nur  von  einem  Mädchen.,  welches 
einen  Mann,  nicht  von  einem  Manne,  welcher  ein  Mädchen  oder  eine  Frau 
heirathet, gehraucht;  man  sagt  also  mir  puella,  virgo,femina  alicui  (viro) 
nubit,  nicht  ado/escens,vir  alicui  (feminae,  pueilae,virgini)  nubit.  Wenn 
aberMuret.(zuTacit.Ann.T.IV,p.31.ed.Riihnk.)sagt:quarum;;/-mc//;es 
uxoribus  suis  nnbunt,  so  will  er  scherzhaft  damit  sagen :  deren  Fürsten 
sich  ihren  Weibern  ganz  hingeben,  sich  von  ihnen  leiten  und  führen  las- 
sen, wie  in  Martial.  VIII,  22,  2.  —  Wiewohl  nur  gesagt  wird  alicui 
nubere,  nicht  c?/m  aliquo,so  wird  doch  das  Partie,  nupta,  verheirathet, 
nicht  blos  mit  dem  Dativ. ,  alictä,  sondern  gleich  gut  und  Kl.  mit  cum 
aliquo  verbunden.  —  üeber  das  Siibst.  nuptus  vgl.  Nuptus. 

N?ibes  kommt  bildlich  in  der  Bedeut.  Menge  zwar  bei  Livius  vor, 
aber  nur  von  einer  ziehenden,  sicli  bewegenden  Menge,  nirgends  aber 
findet  sich  das  im  N.  L.  oft  vorkommende  nubes  exernplorum,  was 
schöner  als  copia  oder  mullitiido  sein  soll. 

Nubilosus,  wolkig,  nebelicht,  ist  Sp.  L.,  und  nubilus  N.  KL  und  sel- 
ten, auch  mehr  P.  für  nebulosus,  nubibus  obductus.  Das  IVeutr.  Plur. 
nubila,  die  Wolken,  ist  nur  P.  L.  für  nubes. 

Nucleus ,  der  Kern,  wird  fast  nur  von  Früchten  gebraucht,  selten 
bildlich  von  dem,  was  hart  und  kräftig  ist,  und  nie,  wie  wir  es  brau- 
chen, in  der  Bedeut.  Kern  von  Menschen,  Kern  seiner  Leute,  was 
meistens  in  robur  liegt. 

Nude,  nackt,  von  der  Rede,  also  ohne  Schmuck,  z.  B.  nude  aliquid 
iradere ,  kommt  zwar  erst  Sp.  L.  bei  Lactanz  mit  breviter  verbunden 
vor,  ist  aber  nicht  zu  verwerfen,  wiewohl  man  dafür  simpliciter,  non 
Ornate,  incompte  sagen  kann,  da  wenigstens  Quintilian.  (VIII,  6,  41) 
eine  nuda  et  velut  incompta  oratio  erwähnt,  und  II,  4,  3  sagt:  res  indi- 
care  nudas  atque  inornatas. 

Nuditas,  die  Nacktheit,  die  Blosse,  beruhte  bisher  auf  Quint.  X, 
2,  23,  wo  tenuitas  aut  nuditas  bis  auf  Spaldiiig  stand,  der  aber  dafür 
aut  jucunditas  aufnahm;  es  ist  also  jetzt  ohne  alle  Auctorität. 

Nudius  mit  tertius  verbunden,  in  der  Bedeut.  vorgestern,  und  so 
mit  den  übrigen  Zahlen,  z.  B.  quarlus,  quintus.,  ist  KL;  aber  N.  L.  ist 
nudius  secundus  für  heri,  gestern. 

Nugamentmn,  Plur.  nugamenta,  die  Possen,  ist  Sp.  L.  und  unnöthig 
wegen  nugae. 


537 

Nullatenus ,  keineswegs ,  \st  ganz  Sp.  L.  für  7m'nime,  neqjiagf/am, 
nulln  raliojie.  Vgl.  Sciopp.  de  styJo  p.87u.  Vorst.  Jat.  mer.susp.  p.265. 

ISulIibi,  nirgendswo,  an  keinem  Orte,  ist  vielleicht  N.  L.,  ohne  alte 
Anctorität  und  doch  im  N.  L.  nicht  selten ,  z.  B.  bei  Schütz  (Aeschyl. 
T.  111,  p.  7),  Garaton.  (Cic.  Phil.  V,  15)  ,  Morell.  (in  Blomfield's 
Aeschyl.  Agani.  p.  VII)  u.  A.,  für  nusquam,  nullo  loco. 

*  Man  führt  nur  \  itruv.  \  II,  I  dafür  an,  wo  in  einigen  Ausgg.  millibique 
vorkommt,  was  aber  in  den  bessern  Handschr.  u.  alten  Ausgg.  felilt, 

Niillificamen  und  nuUificatio,  die  Geringschätzung,  und  nullificarey 
gerifigschätzen,  sind  ganz  Sp.L.  schlechte  Wörter  für  cow/ew/>i/o  oder 
contemptus ,  despicientia  u.  a. ;  coniemnere ,  despicere  u.  a.  —  Das  Ver- 
bura  kommt  im  N.  L.  sogar  in  der  Bedeut.  zu  nichte  machen  vor;  vgl. 
darüber  unter  Annihilare. 

Nulliias,  die  Nichtigkeit,  ist  N.  L.  und  muss  nach  dem  Zusammen- 
hange ausgedrückt  werden,  besonders  durch  nuUus ;  z.  B.  du  gibst  die 
Nichtigkeit  dieser  Dinge  zu,  has  res  7iuUas  esse  coticedis  (Cic.  Rose. 
Am.  19,  54)  —  und  so  ähnliche  Umschreibungen. 

Nullus,  a,  um,  kein,  keiner.  Man  beachte  zuvörderst,  dass  es  keiner 
von  Mehrern  bedeutet,  nicht  keiner  von  Zweien  oder  von  Beiden ;  dies 
heisst  neuter.  —  Dass  dagegen  gefehlt  wird,  beweist  aus  Frühern 
Vorst.  (latin.  mer.  susp.  p.  268).  Wenn  aber  auch  Scheller  anführt, 
dass  Asin.  Pollio  (Cic.  Farn.  X,31)  nullius  partis  für  neulrius  patris 
gesagt  habe,  so  irrt  er;  denn  es  gab  damals  mehr  als  zwei  Parteien. 
Nach  Stürembnrg  (zu  Cic.  de  offic.)  brauchte  Cicero  denNom.  nullusy 
den  Dativ  nulli  \n\A  den  Accus,  nulluni  nie  ohne  ein  Substant.,  sondern 
dafür  nemo,  nemini,  neminem,  wiewohl  Caesar  und  Andere  den  Dativ 
7??///«  neben  nemini  branchten.  Gewiss  ist,  dass  nullus  nur  A.  L.  bei 
Plautns  und  Andern  steht,  für  7iemo;  dass  nullum  als  Neutr.,für  nihil, 
wohl  nicht  lateinisch,  und  es  daher  falsch  ist, zu  sagen:  nullus  dubitavit 
itn  scribere ;  eum  nullus  ndhuc  refutavit;  hunc  locum  nullus  recte 
explicavit,  dergleichen  im  N.  L.  voi'kommt  —  für  nemo.  —  Aber  bei 
Cicero  steht  auch  nie  malus  homo,  nulli  homini  für  nemo  homo,  nemini 
humini,  und  nur  einmal  findet  sich  nullum  hominem  für  ne?uinem  homi- 
nem ,  wie  er  sonst  zu  sagen  pflegt.  Richtig  ist  aber  malus  (und  die 
übrigen)  in  Verbindung  mit  einem  Subst. ,  z.  B.  nullus  locus,  nidlus 
nummns ,  malus  civis ,  nidhis  hostis.  —  Nie  sagt  auch  Cicero  und  mit 
ihm  die  Bessern  ohne  Subst.  jiullus  alius.,  kein  Anderer.,  für  nemo  alius 
(Cic.  Pison.  38,  94)  ;  nullus  wms,  kein  Einziger,  für  nemo  unus;  nul- 
lus sapiens  für  nemo  sapiens ,  w'iew o\\\  mit  einem  Subst.  richtig  ist: 
nullus  civis  umis ,  kein  einziger  Bürger.  —  Nullus  hat  zwar,  wenn  im 
Salze  der  TheilbegrifF vorherrscht,  den  Genitiv  bei  sich,  z.  B.  sena- 
torum  nullus,  keiner  unter  den  Senatoren ,  wo  wir  auch  kein  Senator 
sagen  können; aber  dennochsteht,  wenn  Wörter,  wie  mßMs,/«2V/'?Vrtz/s u.a. 
zu  dem  Subst.  gehören,  kein  Genitiv  dabei,  wo  wir  ihn  setzen;  z.  B. 
keins  meiner  Worte,  nullum  meum  dictum,  nicht  meorum  dictorum; 
kein  Wort  von  mir.  auch  nicht  das  kleinste ,  nullum  metim  minimum 
dictum  (Cic.  Farn.  I,  9,21).  Vgl.  darüber  mehr  Th.  I,  §68,  —  Endlich 
halte  man  es  nicht  für  elegant,  für  non  oder  nequaquam ,  minime, 
gleichsam  um  es  noch  mehr  zu  verstärken,  nullus  in  Beziehung  auf  das 
Subject  zu  setzen,  ohne  dass  es  mit  ihm  in  einer  eigenen  Verbindung 
steht,  sondern   wo   das  Verbnm   nur  negirt  werden  soll.    So   liebte 


ft38 

Graevhis  besonders,  y??///?/s  diibito  für  non  dubüo  zu  sagen,  was  Neuere 
treulich  iiachahmeii.  Bei  Andern  finde  icli:  hie  (hier  in  diesem  Buche) 
nulhis  exspectabis;  malus  'yxvc\  dubito;  qui  nw//«"  ad  sunt;  cum  malus 
adhuc  essem;  mdli  pollicemur  —  und  Anderes  der  Art.  Beiden  Alten 
findet  sich  kein  ähnliches  Beispiel,  da  nullus  in  den  meisten  Stellen, 
welche  man  dafür  anführt,  adjectivischen  Sinn  hat.  Vgl.  Hand'sLehrb. 
p.  438.  Orelli  Cic.  Tusc.  I ,  '22.  Klotz  Sintenis  p.  109  u.  Reisigs  Yor- 
ks, p.  395. 

Nitm  oder  niimne.,  in  gerader  Frage,  wird  bei  allen  bessern  Schrift- 
stellern so  gebraucht,  dass  der  Fragende  nein!  zur  Antwort  erwartet, 
weil  er  die  Frage  selbst  verneint;  z.  B. />e?/m  ipsum  nvm  (numne) 
vidisti?  hast  du  Gott  seihst  gesehen? —  worauf  Jeder,  wenn  nicht  von 
einem  Traume  die  Rede  ist,  nein!  antwortet.  Daher  heisst  auch  in 
einer  solchen  Frage  Jemand  nicht  «/«'^m/s,  sondern  quis  oder  quisquam. 
Man  beachte  den  Gebrauch  dieser  Fragpartikel.  —  Unbegreiflich  ist 
es  daher,  wie  Mahne  (Crito  p.  2-30)  die  Frage  aufwerfen  kann:  Num 
ergo  interrogatus  quidem  respondebis?  wo  er  vermuthlich  (nach  Cic. 
Tusc.  1,8,  17)  non  oder  nonne  schreiben  wollte.  —  Die  Form  num- 
nam  ist  nur  A.  L. ,  aber  numquii^nam  und  numquidnam  sind  auch  Kl. 
Vgl.  noch  Anleit.  §.  366  u.  Klotz  Sintenis  p.  159. 

Numen  findet  sich  in  concreter  personaler  Bedeut. ,  Gott,  bei  den 
Heiden  ein  einzelner  Gott,  eine  einzelne  Gottheit,  wohl  vielleicht  nir- 
gends in  besserer  Prosa  für  deus^  mag  man  auch  Adjectiven,  wie  di- 
vinum .^  snmmtim.,  supremum  hinzusetzen.  Im  N.  L.  steht  es  häufig  so 
ohne  hinreichende  Äuctorität.  Vgl.  Raschig  Progr.  p.  25.  Schon  Janus 
verwirft  es  in  seinem  Lexic,  und  setzt  dafür  deus.  —  Was  numen  be- 
deute, darüber  vgl.  die  Lexica. 

Numerare,  zählen,  rechnen  unter  —  wird  verbunden  mit  in  und 
dem  Abi.,  z.  B.  iinter  die  Redner ,  in  oratoribus ,  selben  mit  inter;  da- 
her unter  die  Güter,  in  bonis ;  unter  die  Uebel,  in  tnalis ;  unier  die  mit- 
tehnässigen  Redner ,  in  mediocribus  oratoribus  (Cic.  Brut.  45).  —  Als 
Etwas  rechnen,  bei  Sachen,  wird  durch  in  loco  oder  parte  alicujus  rei 
ausgedrückt,  bei  Personen  tritt  es  gleichsam  als  Apposition  oder  Prae- 
dicat  hinzu;  z.  B.  als  eine  tVohlthat ,  als  Belohnung ,  in  loco  oder 
parte  beneficii  (Cic.  Fam.  II,  6,  1),  iri  loco  mercedis;  diese  trurden  als 
die  Ersteji  gerechnet,  h\  principes  numerabantur  (Cic.  Brut.  91,  316); 
so  auch  :  hos  non  numero  co?is?ilares,  als  Consularen  (Fam.  XII,  2, 3)  ; 
Stellas  singulas  numeras  deos,  als  Götter  (N.  D.  III,  16,  40).  —  Etwa^ 
gar  nicht  rechnen  heisst  aliquid  nullo  loco  numerare. 

Numerus,  die  Zahl.  Man  merke  hier  nur,  dass,  wo  wir  in  Bezug  auf 
vorhergehende  Nummern  in  einer  Schrift  (1,2,3 — )  sagen,  z.  B.  unter 
oder  6e2  Nummer  (Nr.)  1,  numerus  nicht  wohl  passt;  besser  ist  dafür 
locus;  nicht  sub  oder  in  prinio  numero,  sondern  primo  loco;  zu  Nr.  2, 
ad secunduni  locum.  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  335. 

Numisma,  die  Mi'uize,  ist  fast  nur  P.  und  nachher  Sp.  L.  als  griech. 
Wort  für  das  latein.  numus  {iiummus). 

Numquam,  niemals.  Ungewöhnlich  ist  m/mquam  aliquis,  nie  Einer ; 
numquam  aliquid,  nie  Ettvas ,  für  numquatn  quisquam,  numq.  quid- 
quam  (Cic.  Tusc.  II,  12,  29),  oder  nemo  umquam,  und  mit  einem  Subst. 
verbunden,  nullus  umquam  (ib.  IV,  3,  5),  nihil  umquam;  niemals  Einer 


639 

Etwas,  nihil  quisquam  umquam.  Gut  ist  hodie  nwnquam ,  heute  7iim- 
mennehr,  heute  durchaus  nicht. 

Nunc,  jetzt,  nun.  Es  bezeichnet,  streng  genommen,  was  dem  Er- 
zähler und  Schreiber  gegenwärtig  ist,  niclit  was  für  ihn  vergangen  ist. 
Wir  brauchen  unser  jetzt  auch  für  dann  oder  darauf ,  die  Lateiner 
aber  in  schlichter,  einfacher  Rede  nicht  nunc,  sondern  tum  oder  et- 
was lebhafter  jam;  z.  B.  jetzt  begab  er  sich  nach  Ro7n^  tum  oder  jam 
(nicht  nunc)  Romam  se  recepit ;  je^s^  (nun)  erst  fing  er  an  zujauch- 
zen, tum  (nicht  nunc)  vero  essultare  laetitia  coepit  (Cic.  Cluent.  5, 14),- 
uji glaublich  ist  es,  was  mir  für  ein  Unterschied  zu  sein  schien  zun- 
schen  dem,  der  er  jetzt  tvar  und  dem,  der  er  ein  Jahr  vorher  gewesen 
tvar,  —  inter  eum,  qui  tum  (nicht  nunc)  erat,  et  qui  anno  ante fiierat 
(Orat.  II,  21,  89).  Daher  steht  auch  in  der  oratio  obliqua  nicht  nunc^ 
sondern  tum.,  nicht  etiam  nunc  oder  etiam i tum ,  noch  jetzt ,  sondern 
etiam  tum  oder  tum  etiam.  Jedoch  wie  beim  Verbo  für  das  Perfectum 
zur  lebhaften  Vergegenwärtigniig  des  Vergangenen  das  Praesens  steht, 
so  steht  auch,  besonders  bei  Dichtern,  nunc  für  tum.,  was  aber  nicht 
nachznahmen  ist,  wie  es  so  oft  im  iV.  L.  wegen  des  falsch  gebrauchten 
jetzt  geschieht.  So  finde  ich  z.  B.:  cur  vero  non  credamus  Memnonem 
istum  jam  nunc  (für  tum)  defectionem  molitum  esse,  nach  dem  Deut- 
schen —  dass  er  schon  jetzt  auf  Abfall  gesonnen  habe.  Vgl.  auch  Ad- 
huc  und  Weber's  Uebungssch.  p.  118,  und  zur  Vertheidigung  des 
mmc  für  tum  Anton.  Progr.  p,  23.  —  Verdoppelt  steht  nunc  —  nunc 
in  Aufzählungen,  in  der  Bedeut.  bald- bald,  zuerst  bei  Livius,  jedoch  sel- 
ten, oft  aber  bei  Dichtern  als  lebendiger  darstellend,  für  modo-modo. 
Doch  ahme  man  es  wenig  nach;  noch  weniger  aber  das  N".  Kl.  nunc 
mit  folg.  mox  (bei  Vellejus).  Beide  kommen  auch  im  N.  L.  oft  vor. 
—  Sp.  L.  und  verwerflich,  wiewohl  auch  nicht  selten  im  N.  L.,  ist 
nunc  temporis  für  nunc.  Vgl  auch  Tunc.  —  Unser  nun  als  Ueber- 
gangspartjkel  heisst  jam.,  nicht  nunc;  z.  B.  7iun  komme  ich  auf  den 
Punkt,  jam  venio  ad  eam  rem.  —  Endlich  ist  die  Redensart  nunc  ho- 
niines ,  die  Menschen  jetzt ,  die  jetzigen  M.,  griechischartig  und  nur 
A.  L.  für  hi  homines  oder  homines,  qui  ?m?ic  su?it. 

Nuncupare  in  der  Bedeut.  anrede?! ,  und  nu7icupatio ,  die  Anrede., 
sind  ohne  Auctorität  für  alloqui,  appellare;  allocutio,  appellatio;  bei 
den  Alten  bedeutet  nuncupare  nur  nennen,  benennen,  ernenrten. 

Nuntiare  heisst  melden,  berichten,  aber  nur  mündlich',  man  kann 
also  nicht  von  einem  Geschichtschreiber  sagen  nuntiat ,  sondern  scribit, 
tradit ,  narrat.  Vgl.  Nuntius.  —  Selten  auch  bedeutet  es  bildlich 
durch  Erscheinungen  verkündigen,  wofür  mehr  denuntiare  gebraucht 
wird,  zumal  von  Unangenehmem,  wie  die  Bücher  Cicero's  de  Divina- 
tione  zeigen ;  vgl.  z.  B.  I,  34,  75.  —  Im  Passiv,  wird  es  meistens  ;;er- 
so/?«?/,  selten  empersowß/ gebraucht ;  z.  B.  man  erhielt  die  Nachricht, 
dass  die  fFasserhole7ide?i  gedrängt  würden,  aquatores  (Nomin.)  premi 
nu7itia7itur  (Caes.  B.  C.  I,  73),  wiewohl  im  Perf.  auch  neutral  nuji- 
tiattim  est  m.  d.  Acc.  c.  Inf.  gesagt  wird,  z.  B.  Cic.  Farn.  XI,  12  erat 
nuntiatum  fugisse  Antonium.,  für  7iuntiatus  erat  fug.  Antonius,  wie  bei 
Plin.  (Ep.  III,  7) :  nuntiatus  est  Silius  vitara  finisse.  —  Der  Ort,  wohin 
Etwas  gemeldet  wird,  wird  fast  nur  m.  d.  Accus,  bezeichnet,  selten 
und  nicht  nachzuahmen  mit  in  u.  dem  Abi.;  man  sagt  daher  in  urbem^ 
nicht  i7i  urbe ;  do7num,  nicht  dornt;  Romam,  nicht  Romae. 


640 

Nimtmm  ist  als  Suhst.  höchst  selten;  man  führt  nur  aus  Catuil.  an 
noi'u  ninitia;  dafür  s(e!it  sonst  nur  nimtius  ^  was  tlieils  die  Nachricht 
Reibst,  theils  den  Boten,  der  sie  bringt,  bedeutet.  Ntintium  werde 
nicht  gebraucht,  wiewohl  es  der  Ciceronianer  Biinellus  (Ep.  22)  ge-, 
braucht  hat:  hoc  nuntiwni,  für  hie  nuutius.  —  Nnntins  aber  als  Person 
ist  nur  ein  Bote,  der  mihidlich  berichtet,  mündliche  Nachricht  bringt, 
wogegen  tabellarius  der  ist,  welcher  schriftliche  Nachricht  bringt. 
Man  beachte  diesen  Unterschied  und  sage  nicht,  wie  der  Italiener  Sa- 
cratus  (Epist.  III,  p.  148):  sed  nnntius  ille  litteras  tuas  mihi  non  red- 
didit,  für  tabellarius.  üebrigens  ist  gleich  gut  und  Kl.  nnntitis  affertur, 
die  Nachricht  ivird  gebracht,  es  ivird  gemeldet ,  und  nuntiiis  nffert  mit 
und  ohne  nuntium,  wenn  nur  die  Nachricht  folgt.  Bremi  glaubte  irrig, 
dass  Corn.  N.,  wenn  er  (Milt.  3,  3)  sage:  nnntii affertmt  Üarium  premi 
a  Scythis,  nicht  Kl.  gesprochen  habe,  indem  er  nnntii  afferuntiir  hätte 
sagen  müssen;  aber  bei  dem  activen  nuntiiis  affert,  der  Bote  bringt, 
braucht  7^Mw^/«w,  Nachi'icht ,  nicht  zu  stehen,  da  die  Nachricht  selbst 
folgt  und  afferre  alsdann  Nachricht  bringen,  melden  bedeutet.  Vgl. 
Beispiele  in  den  Lexicis;  Cicero  sagt  sogar  (Att.  VI,  8):  Batonins  miros 
terrores  attulit,  B.  hat  uninderbare  Schreckensnachrichten  gebracht. 

Nuper ,  neulich,  vor  Kurzem.  Ein  Comparativ  nuperius.,  den  man 
sogar  im  N.  L.  findet,  ist  unerhört;  aber  der  Super!,  nuperrime,  ganz 
vor  Kurzem.,  ist  zwar  selten,  aber  sogar  Kl.  bei  Cicero. 

Nuptiae,  die  Hochzeit.  Sciopp.  (Infam,  p.  75)  und  mit  ihm  Vorst. 
(latin.  mer.  susp.  p.  141)  verwerfen  nuptias  agere  oder  peragere, 
eine  Hochzeit  feiern,  für  nupt.  facere  oder  celebrare.  —  Wiewohl  das 
AfV].  nnptialis  mit  mehrern  Subst.  verlnuiden  wird,  z.B.  mit  coena, 
dies,  donum,  munus.  sacrum,  pactio,  Carmen,  ludi,  so  findet  man  doch 
nicht  lectus  nuptialis,  das  Hochzeitsbett .,  sondern  lectus  gejiialis  (Cic. 
Cluent.  5,  ]4).  —  Für  donum  oder  niunus  nuptiale,  das  Hochzeitsge- 
schenk, kam  Sp.  L.  nuptialitium  auf,  was  zu  vermeiden  ist. 

Nuptus  wird  als  Subst.  in  der  ßedeut.  die  Ehe  bezweifelt.  Man 
nahm  vor  Drakenb.  (z.  Liv.  I,  49)  Redensarten,  wie:  filiam  nuptui 
dare  oder  collocare,  eine  Tochter  verheirathen,  für  gut  an,  aber  wo  sie 
in  den  altern  Ausgaben  des  Livius  und  Anderer  vorkommen,  lesen  die 
bessern  Handschi',  miptum  als  Supinum,  wie  es  anderwärts  in  unver- 
dorbenen Stellen  steht,  und  nur  so  schreibe  man.  Auch  Buhnken  (zu 
Muret.  Oper.  T.  III,  p.  481)  bemerkt  bei  den  Worten  virgines  nuptui 
iradi  debent:  Imo  nuptum,  vide  Drakenb.  ad  Liv.  I,  49.  Im  altern  N.  L. 
findet  sich  aber  oft  die  falsche  Form.  —  lieber  nupta  alicui  und  cum 
aliquo  vgl.  Nubere. 

Nuspiam,  fiirgetids,  ist  jetzt  ohne  alle  Auctorität  für  nusquam,  in- 
dem in  der  einzigen  Stelle,  wo  es  früher  stand,  bei  Gell.  V,  4,  für  in 
uua  nuspiam  littera  jetzt  aus  Handschr.  in  tuia  uspiam  —  gelesen  wird. 
Das  W^ort  kommt  leider  im  N.  L.  oft  vor,  sogar  bei  Ernesti  (z.  Snet, 
Caes.  40).  —  Aus  dem  Kl.  affirmativen  uspiam  ist  aber  Nichts  zu 
schliessen. 

Nutricari  (von  nutrix ,  die  Amme')  ,  ivie  eine  Amme  pflegen  und 
?iähre?i, ist  A.  L.  und  selten,  aber  doch  von  Cic.  (N.  D.  II,  34,  8G)  ab- 
sichtlich auf  die  Alles  gleich  einer  Amme  pflegende  und  ernährende 
"Welt  angewandt,  für  das  gewöhnliche  nutrire.,  worin  aber  nicht  der 
Begriff  Atnme  liegt. 


541 

Nutricia  (Neutr.  Plur.),  der  JmmeTilohn,  Pfle^efohn ,  das  Pflege- 
geld,  war  das  späte,  bei  de»  Jun\sten  bestiramte  Wort,  aber  zur  Kl. 
Zeit  vielleicht  nicht  gekannt,  da  Cicero  das  griech.  x^ytTrrj'ot«  oder 
Tijoqela  (Rep.  I,  4)  durch  alimenta  zu  übersetzen  wagte,  und,  da  ihm 
das  Wort  in  dieser  Bedeut.  neu  und  gewagt  schien,  noch  quasi  davor 
setzte :  nos  hac  lege  patria  non  genuit  aut  educavit,  ut  nulla  quasi  ali- 
menta (keifi  Pflegegeld,  Kostgeld)  exspectaret  a  nobis.  Man  gebrauche 
entweder  jenes  nicht  ganz  verwerfliche  ?/z///-/aff  (denn  das  Adj.  nutri- 
ciiis  ist  KL),  oder  alimenta  oder  das  N.Kl.  nutrimenta^  was  der  Dichter 
\  aler.  Flaccus  (VI,  570)  in  dieser  Bedeut.  braucht,  ^gi.  Creuzer  zu 
Cic.  Stelle. 

Nutrire,  ernähren,  warten,  pflegen,  findet  sich  erst  bei  Livius,  nir- 
gends bei  Cicero  und  Caesar,  aber  oft  bei  Celsus,  dem  altern  Plinius 
u.  A.,  für  das  Kl.  alere.  —  Man  verwirft  aber  harham  nutrire,  den  Bart 
wachsen  lassefi,da  nur  alere  barbam  vorkommt. 

Nutritio,  die  Ernährung,  Pflege,  Aiifziehung ,  ist  A".  L.;  es  werde 
durch  die  Verba  alere ,  nutrire  oder  educare,  oder  durch  den  Plur.  ali- 
menta,nutrimejita  ausgedrückt.  Jenes  nutritio  braucht  Schütz  (Aeschyl. 
Choephor.  argum.  p.  5):  gratias  (für  gratiani)  pro  nutritione  rela- 
turus,  für  pro  eo  alendo,  nutriendo,  educando  oder  pro  ejus  alimentis. 

Nut/is.  Die  Redensart  aliquem  nutu  signiflcatiofieque  appellare.  Ei- 
nen durch  Wink  und  Worte  nennen,  namhaft  jnachen,  beruht  blos  auf 
Cic.  Farn.  I,  9,  20,  wo  die  Ausgaben  vor  Orelli  alle  so  haben ;  aber  nach 
den  Handschr.  muss  nutu  und  que  wegfallen,  wie  auch  Orelli  hat 
drucken  lassen,  also  blos  aliquem  sigjiiflcatione  appellare ,  Jeinanden 
nur  durch  Worte  andeuten ,  namhaft  machen,  ohne  ihn  beim  Namen 
zu  nennen.  Der  Ciceronianer  Longolius  hat  aber  (Epist.  II,  7)  die  Re- 
densart unbedenklich  und  wörtlich  aus  seiner  alten  Ausgabe  aufge- 
nommen. 

Nympha  in  der  allgemeinen  Bedeut.  junges  Frauenzimmer  .^^\ir 
puelln  oder  virgo  zu  brauchen,  ist  lächerlich;  man  überlasse  es  nur 
den  Dichtern. 

O.  o. 

O  alslnterject.  tritt  selten  zum  Vocativ  und  ist  in  manchen  Stellen, 
wo  es  so  vorkommt,  noch  zweifelhaft.  Es  steht  nach  Ellendt  (z.  Cic. 
Orat.  I,  10,  40.  T.  II,  p.  33)  nicht  bei  der  gewöhnlichen  Anrede,  son- 
dern nur  wo  Verwunderung,  Unwille  und  Schmerz  ins  Spiel  kommt, 
und  dient  mehr  zum  Ausrufe.  Es  werde  daher  nicht  falsch  gebraucht, 
z.  B.  im  Anfange  von  Briefen  als  Anrede. 

Ob,  wegen,  bezieht  sich  meistens  auf  etwas  Geschehenes  und  Da- 
seiendes und  enthält  die  Conjunction  quod^  also  dessu'ege?i ,  weil.  Vgl. 
Causa.  Selten  wird  es  mit  dem  Gerundio  oder  Gerundivo  verbunden, 
wie  ob  judicandum  (Cic.  Att.  I.  17,  8),  ob  absolvetidum  (Verr.  II,  32), 
ob  rem  judicandum  (ib.),  wo  in  der  Form  des  Verbi  die  Zukunft  liegt, 
damit  geurtheilt,  losgesprochen  werde ;  die  Ursache  aber,  weil  man  das 
wolle,  liegt  in  ob.  Vgl.  noch  Weber's  Uebungssch.  p.  204  und  Reisigs 
Vorles.  p.  733.  —  Nach  Klotz  (z.  Cic.  Tusc.  p.  87)  sagte  man  fast  nicht 
eam  ob  rem,  eam  ob  causam,  sondern  in  natürlicher  Stellung  ob  eam 
rem,  ob  eam  causam.  Vgl.  unter  Is  am  Ende. 


542 

Ohambulare ,  auf-  und  abgehen ,  spazieren  gehen,  kommt  erst  bei 
Livius  vor,  und  ist  selten  für  cmibulare.  Es  wird  verbunden  mit  dem 
Dat.  in  dem  Sinne  ati,  um  Etwas,  z.  B.  muris,  an  den  Mauer?i  (Liv. 
XXXVI,  34),  oder  mit  d.  Accusativ  in  dem  Sinne  in,  durch  einen  Ort, 
z.  B.  gymnasia,  in  den  Gymn.,  durch  die  G.  (Suet.  Tiber.  11).  —  An- 
derer Meinung  sind  Brerai  (zu  Sueton.)  und  Döderlein  (Synon.  T.  III, 
p.  50),  welche  dort  gymnasio  vorziehen.  Gleicher  Ansicht  mit  diesen 
ist  Frotsclier,  welcher  zu  Muret's  Worten  (Oper.  T.  I,  p.  238)  :  Tenem 
cum  securi  insulam  obambulare  solitum  tradunt,  bemerkt:  Structura 
haec  est  poetarum  propria  aliquem  locum  obambulare,  neque  dubito, 
quin  de  loco  Suetonii  vere  judicaverit  Doederlinus,  ex  cujus  dispu- 
tatione  apparuerit,  hoc  loco  certe  perambulare  dicendum  fuisse.  Aber 
ähnliche  mit  ob  zusammengesetzte  Verba  haben  gleichfalls  neben  dem 
Dat.  auch  den  Accus. 

Obaudire,  gehorchen,  ist  Sp.  L.  Form  für  obedire. 

Obauratus,  vergoldet,  ist  Sp.  L.  für  auratus. 

Obducere ,  überzieheji ;  —  Etwas  über  oder  vor  Etwas,  aliquid 
alicui,  z.  B.  tenebras  rebus,  fossafn  castris. 

Obdurare,  verhärten,  sich  verhärten,  hat  wahrscheinlich  keine  Per- 
fectform ;  zum  Ersätze  dient  obdurui  von  obduresco.  Die  Form  obdu- 
ravi  fand  sich  einzig,  sonst  nirgends  vor  Davies  in  den  Ausgg.  von  Cic. 
Fin,  III,  11,  37  quis  tam  vehementer  obdiiravit,  wo  aber  Davies  aus 
zwei  Handschr.  obduruit  mit  Recht  aufgenommen  hat;  ebenso  die 
Folgenden,  auch  Madvig.  Und  so  braucht  Cicero  auch  anderwärts  nur 
diese  Form  und  zwar  ohne  alle  Variante. 

Obedire ,  gehorchen.  —  ^.  L.  sagte  man  auch  mit  diesem  Verbo 
alicui  diclo  obediens,  wofür  man  KL  und  N.  Kl.  nur  alicui  diclo  au- 
diens  sagte,  aber  ohne  dicto  nur  alicui  obedieris.  Vielleicht  zur  Ver- 
stärkung braucht  Livius  einmal  beide  Wörter  verbunden  (V,  3,  8)  : 
nee  plebs  nobis  dicto  audiens  atque  obediens  sit. 

Obelare,  Etwas  verwerfen^  ausstreichen,  ist  ein  N.  L.  Wort  einiger 
Kritiker  vom  Ausstreiche?»  einzelner  oder  mehrerer  Wörter,  als  un- 
ächter,  für  das  griech.  oßeXi^Hv,  welches  Cicero  in  Ermangelung  eines 
Kunstwortes  beibehielt  (Fam.  IX,  10) ;  eigentlich  obelum  oder  atrum 
Signum  allinere,  obelo  notare,  dem  Sinne  nach  espungere,  tollere,  con- 
fodere,  delere. 

Obes,  der  Riegel,  hat  höchst  selten  bildlich  die  Bedeut.  Hinder- 
niss;  dafür  sagt  man  impedi?nentum,  und  es  ist  unnöthigzu  sagen  alicui 
obicem  ponere,  in  der  Bedeut.  Einem  hinderlich  sein,  ei?i  Hinderniss  in 
den  Weg  legen,  da  impedire,  impedimento  esse,  impedimentum  inferre 
dasselbe  ausdrücken. 

Obfuscare ;  vgl.  Offuscare. 

Objectio  ist  in  der  bildlichen  Bedeut.  Einwurf,  Einwand  in  ge- 
lehrten Sachen,  was  man  gegen  eine  Behauptung  einwendet,  einwirft, 
N.  L.,  bei  den  Philosophen  sehr  gebräuchlich  und  oft  so  z.  B.  Schwarz 
in  Horat.  Tursellin.  unter  At.  Es  bedeutet  nur  Forwurf,  was  man 
Einem  vorwirft,  vorrückt,  zum  Vorwurfe  macht.  Ebenso  bedeutet  ob- 
jicere  nur  im  N.  L.  einwerfen,  einwenden,  Einwendung  machen,  da  es 
doch  nur  Einem  Ettvas  vorwerfen ,  vorrücken ,  über  Etwas  Vorwürfe 
machen  bedeutet.  Man  sage  dafür  occurrere,  contra  dicere,  dubitatio, 
quod  contra  dicitur  (Cic.  Orat.  I,  20,  90),  nach  Dietrich  im  philoso- 


543 

phischen  Gespräche  auch  respondere,  rogare,  interrogare,  welche 
Wyttenbach  (z.  Cic.  N.  D.  p.  783  ed.  iMoser.)  anführe.  Eben  so  falsch 
ist  aber  auch,  wie  Dietrich  richtig^  bemerkt,  opponere,  was  ich  früher 
auch  unter  den  Ersatzwörtern  für  objicere  angegeben  hatte.  Daher 
ist  es  falsch,  wenn  Muret.  (Tac.  Ann.  Oper.  T.  IV,  p.  3)  sagt:  objicere 
fortasse  poterat  aliquis,  vielleicht  könnte  Einer  einwenden,  wo  sed  for- 
tasse  dixerit  qnispiarn  hinreicht;  ja,  es  liegt  oft  diese  ganze  Wendung 
in  dem  einem  Einwände  vorangeschickten  at ,  d.  h.  aber  man  könnte 
sagen,  einwenden. 

Objectujn  als  Subst.,  der  Gegenstand,  ist  erst  N.  L.  Kunstwort  in 
der  Grammatik,  wo  es  sehr  häufig  für  das  einfache  res,  und  in  der 
Philosophie,  wo  es  für  res  objecto  se?tstbus,  quod  sensibus  oder  sensu 
percipitur  oder  accipitur  u.  dgl.  gebraucht  wird.  In  grammatischen 
Beziehungen  liest  man  oft :  hie  deest  objectum  verbi  ayeiv  u.  dgl.  — 
Ein  Gegejistand  des  Gehörs  ist  res  auribiis  objecta^  und  so  ähnliche. 

Objicere,  einwende7i\  vgl.  unter  Objectio. 

Obire  wird  in  der  Bedeut.  zu  Etwas  gehen ,  Etwas  ühernehmen, 
sich  einer  Sache  unterziehen  und  dergleichen  ähnlichen  mit  dem  Accus. 
aliquid  verbunden,  und  so  sagt  man  auch  bildlich  mortem  obire  in  der 
Bedeut.  sterben,  wobei  zu  merken  ist,  dass  es  ausser  bei  Livius,  wel- 
cher es  ohne  Zusatz  in  dieser  Bedeut.  braucht,  in  der  bessern  Prosa 
in  dieser  Bedeut.  immer  mortem  oder  diem  supremum  oder  diemsuum 
bei  sich  hat.  An  diese  Redensarten  halte  man  sich,  sage  aber  nie 
morte  obire,  was  auf  fehlerhaften  Stellen  beruht.  Auch  sagt  man  mors 
obita  und  mors  obeunda. 

Obiter  war  in  örtlichem  Sinne,  unterwegs ,  auf  dem  Wege,  zu  Ci- 
cero's  Zeiten  ein  gebräuchliches  Wort,  aber  in  der  Schriftsprache  nicht 
gewöhnlich;  dafür  sagte  man  in  via,  in  (ex)  itinere.  Augustus  zog 
es  der  Redensart  per  viam  vor,  welche  Tiberius  gebraucht  hatte.  — 
N.  Kl.  aber  wird  es  in  bildlichem  Sinne  gebraucht,  wo  wir  sagen  im 
Vorbeigehen,  beiläufig,  gelegenheitlich,  bei  Gelegenheit,  z.  B.  Etwas  be- 
merken, sehen,  berühren,  und  so  braucht  es  der  ältere  Plinius  mehr- 
mals. Cicero  sagt  dafür  in  einer  Rede  quasi  praeter  iens ,  also  nur  mit 
dem  mildernden  quasi;  in  Briefen  braucht  er  die  griechischen  Aus- 
drücke iv  TiagödM  oder  Iv  •naQSQyo) ;  Quintilian  drückt  es  durch  in 
transitu  aus  (11,10,15),  und  Etwas  leise  im  Vorbeigehen  berühren, 
aliquid  leviter  in  transitu  attingere  (VII,  3,  27).  Andere  sagen  praeter- 
eundo ,  was  wohl  unlateinisch  ist;  Andere  in  Iranscursu,  was  aber 
ebenfalls  weniger  zu  empfehlen  ist.  Derselbe  Sinn  liegt  auch  meistens 
in  den  Kl.  Wörtern  strictim,  leviter ,  minus  accurate,  cursim,  welche 
ausser  quasi  praeteriens  und  iii  transitu  am  meisten  zu  brauchen  sind. 
Oft  passt  auch  per  occasionem,  occasione  oblata.  —  üebrigens  kommt 
obiter  im  N.  L.  oft  vor.  Zumpt  (Aufgaben  p.  281)  übersetzt  obiter 
durch  beiläufig ,  aber  leviter  und  minus  accurate  durch  obenhin;  und 
allerdings  sind  diese  im  Sinne  verschieden;  nur  der  Sinn  muss  in 
der  Wahl  entscheiden.  Vgl.  noch  Reisig's  Vorles.  p.  204  mit  Hase 's 
Anmerk. 

Oblatio,  das  A7ierbieten  (oder  wie  man  es  sonst  übersetzen  mag), 
ist  Sp.  L.  und  nur  durch  das  Verbum  offerre  auszudrücken;  soll  es 
Geschenk  heissen,  so  gebe  man  es  durch  donum  oder  munus ;  bis- 
weilen liegt  derselbe  Sinn  auch  in  votum  oder  promissum. 


544 

Oblectamen,  eine  Ergötzlichkeit ,  was  ergötzt,  ist  nur  P.  L.  für 
oblectnmenium,  uiitl  wo  mehr  die  Handlung  gedacht  wird ,  obleclatio. 

Oblivium,  meistens  im  Piur.,  die  Vergessenheit,hi  P.  L.  für  oblivio. 
Hierbei  merke  man  noch,  dass  oblivioni  aliquid  tr ädere ,  Etwas  der 
Vergessenheit  übergeben ,  nirgends  vorkommen  soll;  dafür  obliv.  dare, 
oblivione  exstinguere,  delere,  obruere  u.  a. 

Oblivisci,  vergessen.  Man  beachte  wohl,  dass  das  Verbum  ein  De- 
ponens ist,  und  dass  selbst  oblitus  als  Partie,  nur  einigeraal  bei  Dich- 
tern in  passiver  Bedeutung  vorkommt.  Doch  vermeide  man  diesen 
Gebrauch,  und  sage  nicht:  hoc  sit  oblitum,  dieses  sei  vergessen ,  soll 
vergessen  sein,  für  hoc  oblivioni  sit  datum,  oblivione  exstinctum ,  de- 
letutn,  es  omni  memoria  evulsutn,  hoc  perpetua  oblivio  deleat  u.  a. 

Obniti,  sich  eyitgegenstemmen,  ividerstreben,  ist  als  Verbum  erst  N. 
Kl.  für  obsistere,  resistere ;  vorher,  z.  B.  beiLivius,  war  nur  das  Partie. 
ob?iisus  oder  obnixtis,  an-  und  entgegengestemmt,  gebräuchlich.  Früher 
stand  es  auch  in  Cic.  Milon.  13,  34,  wo  man  aber  jetzt  für  obnitendum 
—  enitendiim  liest.  Und  so  ist  auch  das  Adv.  obnixe  in  der  allgemeinen 
Bedeut.  angestrengt ,  dringend,  recht  sehr,  ohne  den  BegriflF  des  ent- 
gegen und  zuwider.,  verdächtig,  wie  denn  mit  Reclit  zu  bezweifeln  ist: 
obnixe  operam  dare,  rogare,  petere,  für  etiam  atque  etiam,  valde,  ve- 
hemefiter.  Ruhnken  (zu  Veliej.  I,  9)  erklärte  dergleichen  für  sprach- 
widrig, da  in  obniti  em  Widerstreben  liege,  was  zu  sich  Blühe  geben 
und  bitten  nicht  passe,  und  erklärt  obfiixe ,  wo  es  so  vorkomme,  für 
fehlerhaft  statt  enixe.  Bei  Seneca  (Ep.35)  beruht  ob?iixe  rogo  auf  der 
Verrauthung  des  Erasmus,  welcher  so  drucken  Hess  für  valde  rogo, 
was  die  Handschr.  haben;  nur  in  Ep.  95.  p.  57  ed.  Schw.  steht  obnixe 
petere  ohne  bekannte  Variante,  was  jedoch  verdächtig  l)leibt.  —  Kurz, 
man  vermeide  obnixe  in  solchen  Verbindungen  und  brauche  dafür  eins 
der  obigen  Wörter,  Uebrigens  erklärten  sich  schon  Janus  (im  Lex.) 
und  Prasch  (de  barbar.  p.  30)  gegen  ob?iixe. 

Obolus  war  zwar  bei  den  Griechen  die  kleinste  Münze,  aber  doch 
noch  grösser  als  unser  Heller  oder  Pfennig,  wofür  es  im  N.  L.  von 
jungen  Gelehrten  gebraucht  wird.  Viel  passender  ist  dafür  teruncius, 
numulus.,  assis ;  z.  B.  keinen  Heller  (Pfennig)  bekommen,  ne  teruncium, 
(numulum,  assem)  quidem  accipere.  Auch  brauchen  die  Lateiner  obolus 
nie  so. 

Obrepere ,  schleichen,  beschleichen ,  überschleichen ; —  zu  Einem, 
Eitlen,  Etwas  wird  verbünd ,  mit  d.  Dativ,  alicui,  bildlich  mit  ad  ali- 
quid, z.  B.  ad  honores;  —  ebenso  obreptare. 

Obscurare,  verdunkeln,  lässt  weder  als  Oliject  seals  rückbeziehend 
auf  einen  leblosen  Gegenstand  zu,  noch  auch  das  Object  einer  Person. 
Von  leblosen  Gegenständen  heisst  sich  verdunkeln  —  obscurari,  nicht 
se  obscurare ,  z.  B.  sol,  luna,  sidera,  wo  auch  bei  den  beiden  ersten 
deficere  in  dieser  Bedeut.  gebraucht  wird.  Auch  sagt  man  nicht:  ho- 
minem  obscurare ,  o?nnes  obsc,  einen  Menschen ,  d.  h.  seinen  Namen 
und  Ruhm  verdunkeln,  sondern  alicujus  hominis  (omnium)  laudem 
(laudes),  gloriam,  famam,  nomen.,  nominis  famam  obscurare  —  und 
auf  ähnliche  Weise.  Vgl.  darüber  Zumpt's  Gramm.  §.  678,  Klotz  z.  Cic. 
Tusc.  II,  15,  36. 

Obsecrare ,  bitteti,  wird,  mit  oro  verbunden,  wohl  nur  als  ein  stär- 
keres Wort  demselben  wacÄgesetzt,  z.  B.  oro  atque  obsecro  (Cic.  Att. 


545 

X,  2),  orare  et  obsecrare  coepit  (Cluent.  52, 144);  aber  mit  dem  gleich 
starken  obtestor  verbunden,  stellt  es  bald  vor ,  bald  nach  demselben. 

—  Uebrigens  folgt  darauf  theils  ut  oder  we,  theils  der  Imperativ,  z.  B. 
oro  et  obsecro,  ignosce  oder  iit  ignoscas. 

Obsequeiitia,  die  Nachgiebigkeit,  Willfährigkeit,  soll  nur  einmal 
vorkommen,  aber  bei  Caesar  (B.  G.  VII,  29),  für  das  sonst  übliche 
obseijuium,  wiewohl  obsequens  neben  obedie?is  nicht  selten  ist;  dagegen 
ist  das  Adj.  obseqniosus  nur  A.  L.  (bei  Plautus)  und  als  veraltet 
nicht  mehr  zu  brauchen.  Dennoch  findet  sich  im  TV.  L.  in  Briefen  die 
Unterzeichnung  obseqiiiosissimus.  —  Das  Subst.  obsequium  aber  be- 
deutet in  der  bessern  Prosa  nicht  Gehorsam,  welcher  obedientia  heisst, 
sondern  nur  Nachgiebigkeit,  Wilfführigkeit ,  der  Hang,  gerne  eines 
Jeden  Willen  zu  thun^  Gefälligkeit,  Artigkäit. 

Observandus  findet  sich  in  der  adjectivischen  Bedeut.  achtungs- 
tverth,  verehrimgswürdig  in  keinem  Lexic. ;  es  kommt  aber,  und  zwar 
in  der  fast  sprachwidrigen  Superlativform ,  bei  dem  Rhetor  Fronto 
(Epist.  4  ad  Antonin.  Pium  p.  10  ed.  Francof.  [p.  8  ed.  Berol.])  vor, 
welcher  sagt :  in  Cavium  Masiinum  clarissimum  et  nobis  observandis- 
siinum  (uns  höchst  achlungstverthen)  vinmi.  Da  Fronto,  wie  Gellius, 
für  die  Sprache  ohne  Auctorität  ist,  so  brauche  man  das  Wort  nicht. 

—  Im  N.  L.  war  es  aber,  auch  in  jener  Superlativforra,  schon  lange  im 
Gebrauche,  besonders  in  Dedicationen  und  Briefen ,  für  maxiine  oder 
plurimum  observa7idus  oder  cole?idus,  summa  oder  niaxima  observantia 
oder  summo  honore  dig?ius  u.  a.  —  Richtig  ist  dagegen  in  activer 
Bedeut.  observans,  hochachtend ,  achtungsvoll,  mit  dem  Genitiv  ver- 
bünd en,wovon  auch  ein  Superl.,  observantissimus.  Kl.  ist. 

Obervantia,  was  Rl.  Hochachtung  heisst,  hat  erstiV'^.  Kl.  die  Bedeut. 
Beobachtung,  Wahrnehmung,  Befolgung,  für  observatio,  was  man  auch 
allein  dafür  brauche. 

Observare  ist  wohl  Etwas  geistig  und  mit  den  Augen  beobachten, 
achten,  auf  Etwas  merken,  aber  N.  L.  in  der  Bedeut.  Etwas  mit 
Worte?i  angeben,  für  dicere,  statuere ,  annotare,  scribere  u.  dgl.;  z.  B. 
quae  hoc  loco  observasti  (angemerkt  hast),  ea  mihi  displicent,  für  an- 
fiotasti,  dixisti,  scripsisti.  —  Man  sagte  aber  von  dem  Augur,  wenn  er 
a7n  Himmel  Beobachtungen  anstellte ,  nicht  augur  observat  in  coelo, 
sondern  de  coelo  servat.  —  Für  observare  hatte  man  auch  die  seltene 
Nebenform  ohservitare,  welche  auch  Cicero  gebraucht  hat;  denn  in 
einigen  Stellen  (wie  Divin.  I,  1,  2  und  45,  102)  ist  sie  durch  die  Hand- 
schriften begründet,  und  kann  auch  von  uns,  zumal  von  A^m  fortge- 
setzten, angestrengten  Beobachten  einer  Sache,  recht  wohl  gebraucht 
werden. 

Obsidium,  die  Belagerung,  ist  A.  L.  Nebenform  von  obsidio.,  welche 
nachher  nur  Sallust.  und  Tacitus  gebraucht  haben,  die  aber  durch 
obsidio  oder  oppugnatio  zu  vermeiden  ist. 

Obstaculum,  das  Hindertiiss,  ist  sehr  Sp.  L.,  findet  sich  aber  doch 
oft  im  N.  L.  für  impedimefitum ,  id  quod  obstat,  impedimento  est ;  — 
ebenso  obstantia,  die  Abhaltung,  welches  zwar  A^.  Kl.  ist,  aber  nur  bei 
Vitruv.  vorkommt,  und,  wie  es  scheint.  Gem.  L.  aus  der  Volkssprache 
genommen,  ebenfalls  für  id  quod  obstat,  impedimentum. 

Obstare ,  im  Wege- OiX^v  dagegen  sein,  wird  bei  geistigen  Dingen 
verworfen,  und  es  wird  z.  B.  in  Disputationen,  nach  Widerlegung  der 

35 


546 

Meinung  eines  Andern,  die  Redensart  getadelt:  hoc  non  obstante ,  da 
nun  dieses  7iicht  im  Hege  steht ;  wie  man  aber  besser  dafür  sagen 
könne,  ob  hoc  non  adversante ,  non  contrario,  non  pugnante  u.  dgl., 
oder  mit  der  Conjunction  cum?  —  wird  nicht  angegeben. 

Obstinacitas,  die  Halsstarrigkeit,  ist  N.  L.  für  obstinatio,  pertinacia, 
pervicacia. 

Obstrusus  (Partie,  von  obstrudere)  wird  in  der  Bedeut.  versteckt, 
verborgen  von  Gesner,  Scheller  und  Forcellini  aus  einigen  Stellen 
Seneca's  (Epist.  68,  p.  222  ed.  Schw.  und  N.  Q.  V,  15)  angeführt, 
aber  in  beiden  Stellen  steht  in  Schweighäuser's,  und  in  der  zweiten 
auch  in  Gronov's  Ausg.  abstrusa,  nicht  obstrusa^  was  am  Ende  nur  ein 
Schreibfehler  ist.  Es  ist  also  ohne  Auctorität,  und  man  brauche  dafür 
nur  das  Kl.  abstrusvs. 

Obtenebrare,  verdunkeln,  verfinstern,  ist  ganz  Sp.  L.  für  ohscurare, 
caliginem  oder  tenebras  alicui  obducere  oder  offundere. 

Obtentus,  als  Subst.,  der  Forhalt,  Vorwand  u.  dgl.,  ist  A.  L.,  kommt 
später  bei  Sallust.  und  Tacitus  vor,  und  ist  selten  für  simulatio,  causa 
u.  a.  Vgl.  Praetextum. 

OÄ//'«e/e,  intransitiv,  ohne  Accusativ,  kommt  in  der  bessern  Prosa 
nicht  vor,  und  werde  daher  nicht  in  fremdartigen  Bedeutungen  falsch 
gebraucht,  was  im  N.  L.  geschieht,  wo  man  es  in  der  Bedeut.  Statt 
finden,  Statt  haben  gebraucht,  und  wo  es  oft  nichts  weiter  sein  soll, 
als  esse.  So  sagt  Sintenis  (Hülfsb.  p.  114):  sed posterius  tantum  ohtinet 
in  der  Bedeut.  es  ist  aber  blos  das  Letztere,  anstatt  est  autem  tantum 
hoc  und  (ib.  p.  154)  quae  (morum  venustas)  nostris  in  circulis  obtinel, 
d.  h.  behauptet  sich,  herrscht,  für  guae  in  nostris  circ.  recepta  est,  ob- 
servatur,  obtinetur ,  wie  Klotz  diese  Stelle  zu  verbessern  vorschlägt. 
Ebenderselbe  sagt  (zu  Cic.  Tusc.  V,  41,  118),  obfinere  bedeute  nicht 
Statt  haben ,  soudern  die  Oberhand  behalte?i,  im  Passiv,  aber  heisse 
obtinetur,  es  wird  festgehalten,  streng  beobachtet. 

Obtrectare,  verkleinern,  beneiden,  wird  bei  Cicero  und  seinen  Zeit- 
genossen nur  mit  dem  Dat.,  alicui,  verbunden,  seit  Livius  aber  auch 
mit  dem  Accusativ,  was  man  lieber  vermeide;  sich  unter  einander,  ge- 
genseitig verkleinern  heisst  blos  obtrectare  inter  se  ohne  den  Acc.  se, 
wie  immer  bei  inter  se ;  vgl.  Inter.  —  N.  Kl.  sagt  man  se  invicem  ob- 
trectare,  was  nicht  nachgeahmt  werde.  Vgl.  noch  Heusing.  Eraend. 
p.  420  und  die  Ausleg.  z.  Cic.  PJiil.  X,2, 6;  auch  Reisig's  Vorles.  p.663. 
—  Obtrectare  ist  aber  stärker,  als  invidere ,  da  es  bedeutet  gegen 
einen  Andern  durch  Wort  und  That  arbeiten. 

Obtruncare,  tödten,  ist  selten,  A.  L.  und  findet  sich  bei  Sallust. 
und  einigemal  bei  Livius,  für  die  bekannten  necare ,  occidere ,  inter- 
ficere. 

Obtueri,  ansehen  (Einen,  aliquem),  steht  nur  A.  L.  bei  Plautus 
für  intueri,  adspicere.  Kl.  ist  aber  das  davon  abgeleitete  Subst.  oä^m^ms 
in  der  Bedeut.  das  Sehen,  Hinseheti,  in  Prosa  vielleicht  nur  mit  dem 
Genit.  oculorum,  und  ohne  denselben  nur  P.  L.  Nie  aber  bedeutet  es 
Anblick  (welcher  adspectus  heisst),  wie  es  im  N.  L.  in  einigen  Re- 
densarten vorkommt;  z.  B.  ejus  obtutum  ferre  non  possum,  mag  es  nun 
bedeuten  ich  kann  seinen  Anblick  nicht  ertragen,  für  ejus  adspectum, 
oder  seiJi  Anblick  ist  mir  zuwider,  ich  kann  ihn  nicht  ansehen,  für  emn 
adspicere  nequeo^  ejus  vultum  oder  adspectum  hör  reo  u.  a.;  —  ebenso 


547 

uiio  obtutu,  mit  einem  Blicke,  Ueberblicke ,  z.  ß.  Alles  übersehen ,  was 
omnia  uno  in  conspectu  videre  heisst  (Cic.  Brut.  4)  ;  Alle  mit  einem 
BL  über seheti,  uno  adspectu  omnes  intueri  (Cic.  Sest.  1).  Vgl.  Klotz 
Sintenis  p.  118. 

Obvenire  ist  in  der  eigentl.  Bedeiit.  entgegenkommen  ohne  alle 
Auctorität,  da  es  nur  bildlich  zu  Theil  werden  bedeutet.  Und  so  wird 
es  auch  im  N.  L.  falsch  von  Wörtern  gebraucht,  die,  wie  wir  sagen, 
in  den  Schriften  norkommen,  d.  h.  gefunden,  gelesen  werden ; z.  B.  hoc 
verbum  saepe  nobis  obvenit ;  haec  verha  nusquam  obveniunt ,  für  le- 
gimus,  legmilur,  inveniuniur.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  291.  —  Da 
obvenire  in  der  Bedeiit.  zu  Theil  werden  nur  mit  dem  NebenbegrifFe 
des  Zufälligen,  z.  B.  durch's  Loos,  gebraucht  wird,  so  wird  hereditas 
alicui  obvenit  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  er  ist  Erbe  geworden,  ihm 
ist  die  Erbschaft  zugefallen  (neralich  wie  es  Recht  und  Natur  for- 
dert), verworfen,  weil  man  sonst  dafür  blos  vefiit  sngt.  Und  so  ist 
auch  bei  Cic,  (Verr.  II,  7,  20)  für  cum  hereditas  obvenisset  aus  einigen 
Handschr.  venisset  geschrieben.  So  Lambin.  und  Zumpt. 

Obvertere  wird  im  N.  L.  sogar  in  wissenschaftlichen  Dingen  in  der 
Bedeut.  einwenden ,  einwerfen ,  Einwürfe  machen  ^ftg^w  eine  Meinung 
gebraucht,  wofür  sich  nirgends  eine  Stelle  findet.  Vgl.  Objicere. 

Obviare  ist,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  Sp.  L.  für  obviam  ire,  oh- 
viam  venire,  occurrere,  obsistere  u.  a.  —  Im  /V.  7/.  findet  sich  ein  davon 
abgeleitetes  Subst.,  obviatio,das  Entgegengehen,  Entgegenkommen, 
für  obviam  itio,  occursus,  occursatio. 

Obvius  findet  sich  in  der  Bedeut.  vorkommend  (von  Wörterfi,  Feh^ 
lern,  Irrthümern ,  Gedanken  in  einer  Schrift)  nirgends  bei  einem  La- 
teiner, so  wenig  als  die  Verben  obvenire  (s.  oben)  und  occurrere^ 
wovon  unter  Occurrere  die  Rede  sein  wird.  Es  werde  daher  in  dieser 
Bedeut.  vermieden,  mag  es  auch  im  N.  L.  nicht  selten  vorkommen, 
wo  man  obvia  vitia,  vorkommende  Fehler;  verba  obvia,  dictiones  obviae 
u.  dgi.  findet,  z.  B.  bei  Mahne  (Crito  p.289):  omnes  dictio?ies  in  scripüs 
veterum  obvias  uno  eodemque  loco  habent.  —  Man  umschreibe  das 
Wort  durch  y?/«'legitur,  invenitur.  —  In  obvius  liegt  meistens  der  Begriff 
hindernd ,  störend  in  den  Weg  komtJiefid.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  162. 
Hand's  Lehrb.  p.  249.  Weber's  Uebungssch.  p.  291. 

Obumbrare ,  beschatten ,  ist  fast  nur  P.  L.,  sonst  N.  Kl.  nur  beim 
altern  Plinius,  und  bildlich  mehr  P.  mit  nomen  verbunden,  bei  Tacitus, 
für  opacare  und  obscurare. 

Occasio  ist  meistens  jeder  günstige  Umsla?id  und  Zeitpunkt  Etwas 
zu  thun  oder  zu  Etwas  zu  gela?igen,  Veranlassung  zu  Etwas.  Da  aber 
das  Wort  Gelegenheit,  wie  das  Wort  Fall,  oft  gebraucht  wird,  wo  die 
Lateiner  es  nicht  brauchen,  so  werde  es  vorsichtig  angewandt;  z.  B. 
bei  vielen  Gelegenheiten,  ?miltis  locis ,  mziltis  in  rebus  (Cic.  Fam.  V,  2, 
6);  bei  andern  Gelegenheilen.,  aliis  in  locis  (Cic.  Cluent.  2,  5);  bei  dieser 
Gelegenheit  wird  oft  blos  durch  hie  ausgedrückt  (Cic.  Orat.  I,  20,  89; 
III,  1,  3.  Divin.  II,  34,  71):  bei  ivelcher  Gelegenheit ,  in  quo  (Divin.  II, 
5,  14);  bei  guter  Gelegenheit,  si  (cui)  commodum  est,  pro  commodo 
alicujus;  er  vermied  alle  Gelegenheit ,  seine  Meinufig  offen  zu  sagen, 
omni  modo  cavebat,  ne  aperte  sententiam  dicerei ;  die  Gelege?iheit  gibt 
es,  res  (nicht  occasio)  dat;  eine  gute  Gelegenheit  zu  Etwas,  oppor- 
tunitas  alicujus  rei  (Cic.  Divin.  I,  42,  93);  er  sagte  bei  Gelegenheit  des 

35* 


548  . 

Streites,  etwa  dfssejisto  fuit  causa,  ut  diceret ;  davon  fst  oben  bei  Ge- 
lege/iheit  der  Stadt  l elia  gesprochen  worden,  etwa  de  ea  re  siipra, 
cum  Veliae  iirbis  rnenlio  fieret  (Veliae  urbis  ?netitione  facta),  dictum 
Qst  —  und  so  noch  in  manchen  andern  Redensarten.  Vgl.  D.  L.  Lexica. 
—  Uebrigens  steht  ein  von  occasio  abhängiges  Verbura  nicht  nur  im 
6re««7/y  des  Gerundii ,  sondern  auch  mit  ßrf  und  selbst  mit  ut.  Auch 
vermeide  man  das  einfache  occasione  oder^er  occasionem  in  der  Bedeut. 
bei  Gelegenheit,  für  occasione  oblata,  e.v  aliqua  occasione.,  wie  Plin. 
(Ep.  Vll,28,  1)  sagt:  tamquam  amicos  meos  ex  omni  occasione  — 
laudem. 

Occidens  wird  mit  Auslassung  des  Wortes  sol  zwar  auch  von  der 
abendlichen  Weltgegend  oder  vom  Westen  gebraucht;  aber  vielleicht 
nur  P.L.  und  beim  altern  Plinius  und  Tacitus  auch  von  dem  in  Westen 
liegenden  Lande  und  seinen  Völkern,  wie  wir  Occideiit  und  Westen 
brauchen,  und  wie  sogar  occidens  terra  im  N.  L.  vorkommt.  Mau 
spreche  nicht  von  incolae,  gentes  und  animalia  occide7itis,  und  schreibe 
nicht:  occidens  (der  Occidetit,  der  Westen.,  d.  h,  die  im  Westen  woh- 
nenden Völker)  seditionem  movit,  fnulta  hella  gessit,  oder  in  occidente 
motus  facti  sunt;  nicht,  wie  Plinius  (]\,  H,  VII,  30)  sagt:  cui  (Pom- 
pejo)  se  oriens  occidensque  submiserat ,  oder,  wie  Tacit.  (A.  VI,  46) 
sagt:  occidentem  ab  eo  deseri,  orientem  spectari,  und  (H.  II,  6) :  arma 
viribus  occidentis  coepta.  —  Das  Abendla?id  oder  der  Westen  heisst 
in  diesem  ^\\m^  partes ,  terrae  oder  regiones  occidentis  oder  ohenntis 
solis,  wie  bei  Cic.  Somn,  6.  Vgl.  auch  Weber's  üebungssch.  p.  102  und 
nachher  Oriens. 

Occidentalis ,  was  im  N.  L.  oft  vorkommt,  westlich ,  abendländisch, 
beruht  nur  auf  der  Auctorität  des  altern  Plinius  (N.  FI.  XVlll,  34,  77, 
nicht  67,  wie  Scheller  hat):  occidentale  latus  septentrionis ,  und  des 
spätem  Gellius,  welcher  einen  ventus  occidentalis  erwähnt.  Es  war 
vielleicht  ein  Gem.  L.  Wort,  dessen  sich  die  Schriftsprache  schämte. 
Man  vermeide  es,  so  viel  man  kann,  und  sage  z.  B.  nicht:  iniperium 
occidentale  Roma7wrnm,  die  abendländische  Herrschaft  der  R.,  für 
imper.  partium  occidentis  Romanor.,  indem  man  durch  den  Genitiv  oc- 
cidentis oder  ad  occidentem  verge7is  oder  versus,  occidejitem  spectans, 
qui  est  ad  occidentem  dem  Gebrauche  von  occidentalis  ausweicht.  Vgl. 
Weber's  Üebungssch.  p.  8. 

Occidere,  tödten,  ermorde?i,  wird  liäufig  mit  dem  j4ccus.  verbunden; 
aber  verworfen  wird  von  Einigen  se  occidere.,  weil  es  in  den  uns  er- 
haltenen Schriften  Cicero's  nicht  vorkommt.  Doch  erwähnt  Quintil. 
(V,  10,  69)  aus  einer  verlorenen  Rede  die  Worte:  cum  ipse  sese  cona- 
retur  occidere ,  wesshalb  es  denn  doch  nicht  zu  verwerfen  ist,  mag  es 
auch  nicht  wieder  vorkommen  ausser  erst  sehr  spät  bei  Aur.  Victor 
(de  viris  illustr.  9,  4  und  10,  6).  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  475  und 
Inlerficere. 

Occiduus ,  abendländisch,  westlich,  ist  fast  nur  P.  L.  und  muss 
durchaus  vermieden  werden;  die  westliche  Gegend,  der  Westen  heisst 
also  nicht  occiduae  partes,  sondern  partes  occidentis.  Vgl.  Occidens. 

Occipere  in  der  Bedeut.  sich  anfangen.,  ohne  Casus,  und  in  der 
Bedeut.  anfangen  mit  dem  Accus.,  steht  A.  L.  bei  Plaut.,  Terenz  und 
Lucrez;  in  Prosa  zuerst  bei  Livius,  besonders  in  Verbindung  mit  ma- 
gistratmn,  ein  Amt  antreten ;  später  aber  ist  es  ganz  ausser  Gebrauch. 


549 

Man  setze  dafür  incipere  oder  coepisse,  und  bei  magistratnm  das  Ver- 
biim  inire. 

Occutere  (Perf.  occiilui,  P.  L.  occuli),  verbergen,  eigentlicli  be- 
decken', dalier  wird  das  JVo  und  JVoriii  durch  den  blossen  Abi.  ausge- 
drückt; z.  B.  sc  Silva  (im  ^Valde)  occulere  (Liv.  XXV,  8,5).  Dagegen 
wird  occultare  aucli  mit  in  und  dem  Accus,  verbunden,  z.  B.  se  occid- 
iure  in  ierram  (Caes.  B.  G.  VII,  85),  oder  in  aliquo  loco  oder  post  ali- 
g?iem  locum. 

Occiimbere , fallen ,  in  der  Bedeut.  sterben,  wird  woli!  nur  bei  tin- 
naiilrlichem  Tode  gesagt,  wogegen  es  Wyttenbach  auch  bei  natür- 
lichem braucht.  Es  wird  theils  für  sich  allein  so  gebraucht,  freilich 
wohl  nur,  wo  von  einem  Kampfe  die  Rede  ist,  theils  mit  dem  Ablativ- 
zusafze  morte ;  —  ob  aber  auch  mit  dem  Accus,  mortem,  ist  sehr  zwei- 
felhaft, da  überall,  wo  sich  dieser  dabei  findet,  in  den  bessern  Handschr. 
meistens  der  Ablat.  morte  steht.  Man  vermeide  daher  das  \mN.L.  oft 
vorkommende  mortem  occumbere ,  zumal  wenn  von  natürlichem  Tode 
die  Kede  ist.  —  P.  L.  aber  ist  der  Zusatz  leto,neci,  fnorti  im  Dativ. 
Vgl.  ürakenb.  Livius  XX\I,  18,  6  und  Klotz  Cic.  Tusc.  1,42,102, 
wo  ebenfalls  für  die  gewöhnliche  Lesart  mortem  der  Abi.  morte  aus 
Handschr.  aufgenommen  ist.  —  N.  L.  ist  wohl  sol  occutnbit,  die  Sonne 
geht  unter,  für  occidit,  praecipitat. 

Occtipare  kommt  im  Activ.  nur  selten  in  der  Bedeut.  Einen  mit 
Etwas  beschäftigen  vor,  mehr  dafür  exercere  aliquem  in  aliqua  re; 
aber  das  Passiv,  occupari,  besonders  in  der  medialen  Bedeut.  sich  be- 
schäftigen, ist  häufig.  Cicero  verbindet  occupari,  sich  beschäftigen,  und 
occupatum  esse,  beschäftigt  sein  mit  Etwas,  nur  in  aliqua  re ,  dagegen 
Livius  und  Andere  nicht  nur  /w  aliqua  re,  sondern  noch  öfter  blos 
aliqua  re ,  da  man  es  sich  lebhafter  denkt,  durch  Etwas  beschäftigt 
werden ,  von  Etwas  eingenommen  sein.  Vgl.  Fabri  z.  Liv.  XXI ,  45,  2. 
Eben  so  häufig  aber  wird  dafür  versariin  aliqua  re  gebraucht,  welches 
auch  in  solchen  Redensarten  allein  anzuwenden  ist,  wo  von  leblosen 
Gegenständen  gesagt  wird,  sie  beschäftigen  sich  mit  Etwas,  d.  h.  be- 
haiideln  Etwas,  handeln  von  Etwas.  Unlateinisch  ist  z.  B.  totvs  hie 
über  in  eo  ipso  argumento  occupatur,  dieses  Buch  beschäftigt  sich  gerade 
mit  diesem  Gegenstande,  wo  versatur  passender  ist;  hae  artes  in  ver- 
bis  faciendis  occupantnr ,  für  versantur —  und  so  in  ähnlichen.  — 
Auch  wird  das  Subst.  occupatio,  die  Beschäftigung,  wohl  nie  von  stiller 
wissenschaftlicher  Beschäftigung  gebraucht;  dafür  sagt  man  Studium, 
und  gelehrte  geistige  Beschäftigungen  heissen  studia  optima  (Cic.  Farn. 
VI,  10,  4). 

Occurrere ,  begegnen.  Richtig  ist  zwar:  aliquid  mihi  occurrit ,  in 
mentem  oder  animo  occurrit,  es  fällt  mir  Etwas  ein,  kommt  in  den  Sinn, 
stösst  mir  auf  zeigt  sich,  tritt  mir  oder  meifier  Ansicht  entgegen  (^gl. 
z.  B.  Cic.  Tusc.  I,  21,  49.  Rep.  I,  35),  so  dass  wohl  gesagt  werden 
kann:  hoc  verbum ,  hie  locus  mihi,  nobis  nusquajti  occurrit;  aber  wohl 
nie  steht  es  in  dem  Sinne,  in  welchem  wir  vorkommen,  in  der  Bedeut. 
sein,  sichßnden,  brauchen,  z.  B.  von  Wörtern,  Stellen,  Redensarten 
u.  dgl.,  die  in  Büchern  vorkommeji.  Im  N.  L.  wird  dies  ganz  gewöhnlich 
durch  occurrere  ausgedrückt;  z.  B.  hoc  vocabulum  apud  Ciceronem 
nusquam  occurrit,  für  est,  legitnr,  invenitur.  Fast  allgemein  wird  dieser 
Gebrauch  von  occurrere  verworfen,  so  gewöhnlich  er  auch  im  A".  L. 


550 

ist.  Vgl.  Mattliiae  Exempla  p.  394.  Weber's  Uebiingssch.  p.291.  HaruPs 
Lehrb.  p.  137  und  Anm.  z.  Miired  Oper.  T.  I,  p.  231  ed.  Fr.;  auch 
GraiifFz.  Biinell.  p.  682.  —  N.  L.  ist  auch:  legens  mtiltis  occurro,  im 
Lesen  stosse  ich  auf  Vieles,  für  in  mnlta  legens  incido.  Ebenso  heisst 
itn  Gespräche  vorkommen,  nicht  occnrrere ^  sondern  iticidere;  z.  B.  i?i- 
cidunt  in  sermone  vario  mnlta,  es  kommt  Vieles  vor. 

OccursTis,  das  Begegne??.,  ist  nur  P,  L.  und  findet  sich  in  Prosa 
nur  beim  altern  Plinius  und  Tacilns,  für  concursus,  obviam  itio,  occur^ 
Sdtio,  oder  mit  dem  Verb,  occurrere. 

Octnviis,  der  achte,  üeber  die  Redensart  in  octavo  bei  Büchern 
vgl.  Folinm.  —  Für  octavus  decimns,  der  achtzehnte ,  wird  in  der  bes- 
sern Prosa  duodevicesimiis  gesagt,  und  so  mit  diio  de  bei  den  übrigen 
ähnlichen.  Vgl.  Th.  I,  §.  41. 

Octeni,  ae,  a,  je  acht,  ist  falsche  Form  für  octoni. 

Octennis,  e,  achtjährig ,  ist  sehr  Sp.  L.  für  die  gewöhnliche  Um- 
schreibung octo  annorum. 

October ,  bris,  bre,  ivos  den  October  betrifft.  —  N.  KL  heisst  der 
dabei  gedachte  Monat  blos  October,  Kl.  und  überhaupt  in  der  bessern 
Prosa  mit  dem  Beisatze  mensis.,  ausser  wo  der  Zusammenhang  das 
Wort  nicht  fordert.  —  Da  es  ein  Adject.,  kein  Subst.  ist,  so  tritt  zu 
den  Tagbestimmungen  Ä«/e7/r/«e,  7Vo;?ae  und  Idus  nicht  der  Geiiiliv 
des  Wortes  hinzu ,  sondern  der  Plur.  Ortohres  als  Adject.,  welcher 
denn  in  \\ex\  verschiedenen  Casibus  mit  declinirt  wird  ,  z.  B.  Kalen- 
dorum  Octobrinm.  —  Im  Abi.  Sing,  hat  es  als  Adject.  Octobri.,  nicht 
Octobre,  wie  man  im  N.  L.  nicht  seilen  findet. 

Octodecim ,  achtzehn,  ist  Sp.  L.  Form  für  diiodeviginti,  oder,  was 
Livius  (z.  ß.IX,33,  4  und  noch  einigemal)  gebraucht  haben  soll,  decem 
et  octo,  wie  er  auf  ähnliche  Art  decem  et  septem  (XXXIIl,  21)  gesagt 
Ilaben  soll.  Vgl.  Th.  1,  §.  41  und  Cellarii  Antibarb.  p.  184. 

Octogesies,  octuagies ,  octnagintn  und  octfiagesimtis  sind  gemeine, 
vielleicht  zweifelhafte  Formen  für  octogies,  octoginta  und  octogesimns. 

Ociilaris ,  die  Auge?i  betreffend ,  ist  Sp.  L.  Form  für  die  fast  Rl. 
ocularit/s ,  wie  denn  der  A7ige7i.arzt  —  medicus  ocnlarius ,  nicht  ocu- 
laris.,  hiess.  Ein  Aiigenzenge  hiess  aber  weder  testis  octilariiis,  noch 
ocularis,  sondern  A.  L.  im  gemeinen  Leben  testis  octtlatus,  inilem  Plaut. 
(Trucul.  11,6,8)  sagt:  pluris  est  oculat?is  testis  umis ,  quam  anritt 
decem.  Da  sich  aber  weder  testis  ocnlatus ,  noch  t.  auritus  irgendwo 
in  der  juristischen  Kunstsprache  findet,  so  ist  mehr  zu  vermuthcn, 
dass  Plautus  beide  Verbindungen  zum  Scherz  gebildet  habe.  IVIan  ent- 
halte sich  also,  ausser  etwa  im  Scherz,  der  Redensart  und  umschreibe 
so,  dass  das  Sehen  selbst  berücksichtigt  wird,  testis  qni  ipse  vidit,  spe- 
ctavit,  rei  iiiterfuit ,  wie  denn  z.  B.  Seneca  (IV.  Q.  IV,  3)  sagt:  ex  his 
me  testibus  numero  secundae  notae,  qui  vidisse  quidem  se  negant,  sed 
a?idisse  (die  sich  ztvar  nicht  Angenzeiigen,  sondern  Ohrenzeugen  nen- 
nen). Vgl.  auch  Cic.  Verr.  I,  49,  728.  Brut.  57,208.  —  Andere  sehla- 
gen dafür  die  Adjectiven  certus,  locuples,  idoneus ,  gravis  vor,  aber 
man  wendet  mit  Recht  dagegen  ein,  dass  durch  diese  nur  der  mora- 
lische IVeith  eines  Zengen  angedeutet  werde  ,  nicht  dass  er  es  selbst 
(ipse)  mit  eignen  Augen  gesehe??  habe,  was  doch  gesagt  werden  solle. 
—  Das  obige  oculaiis  wird  von  den  neuern  Aerzten  der  Besichtigung 
beigelegt;  sie  wird  inspectio  ocularis  genannt,  was  sonst  nicht   vor- 


551 

kommt,  wohl  aber,  obgfleich  Sp.  L.,  ocidata  inspectfo.  Besser  kann  man 
dafür  sagen:  perhistratio  oculoruin  ope facta ^  oder  in  rem praeseniem 
ire,  venire.  Vgl.  Senec.  Ep.  6  u.  100. 

OctiUsta,  der  Augenarzt ,  ist  N.  und  B.  L.  für  das  Kl.  medicus 
ocularius. 

Oct/lus  ist  ein  Lieblingswort  der  Lateiner,  auch  in  bildlicher  Be^ 
Ziehung,  so  dass  es  sogar  als  Liebkosungswort  vorkam:  mi  ocule,mei?i 
Auge,  d.  h.  mei/t  Theurer,  und  dass  Plautus  im  Seherz  sogar  sagte: 
mi  oculissime ,  mein  Allerliebster,  für  suavissime,  carissime.  Vgl.  meh- 
rere Redensarten  in  den  Lexicis.  —  Nicht  verwerflich  ist:  hoc  ?neis 
oculis  vidi,  das  habe  ich  ?nit  meinen  eignen  Augen  gesehen  (so  wenig- 
stens Terent.  Enn.  IV,  4,  10),  wiewohl  man  gewöhnlich  sagt:  hoc  ipse 
vidi.  Gut  ist  auch:  in  oculis  aliquid  habere ,  Etwas  vor  Augen  haben, 
sehen,  wahr  nehmen.  Vgl.  Senec.  deiral!,28. —  Selten  sagte  man  wohl: 
venire  ante  oculos ,  für  sub  oculos  venire ,  perveuire,  cadere,  in  couspe- 
ciuTu  venire,  und  N.  L.  ist  wohl:  es  aliciijus  oculis  ire  oder  abire,  aus 
Jemandes  Augen  gehen,  für  es  alicujus  conspectu  abire,  se  auferre; 
ferner  aliquid  in  oculo  oder  oculis  habere ,  Etwas  im  Auge  haben,  in 
der  Bedeut.  nach  Etwas  trachten,  auf  Etivas  bedacht  sein.,  für  aliquid 
spectare  (Cic.  Orat.  II,  40,  169),  wiewohl  man  sagte:  oculum  alicui 
rei  adjicere,  sein  Auge  auf  Etwas  werfen,  in  der  Bedeut.  Etwas  wün~ 
sehen  (Cic.  Verr.ll,  15,37). —  Unpassend  ist  es  in  der  Redensart:  ein 
Gespräch  unter  vier  ^ugen,  was  man  am  passendsten  ausdrückt  durch: 
sermo  ab  arbitris  remotus ,  collocutio.  So  h^hst  blucYi  colloqui  arbitris 
remotis,  sich  unter  vier  Augen  besprechen.  —  N.  L.  ist  ferner :  pulchrum, 
parvnm  u.  a.  in  alicujus  oculis  esse,  apparere,  videri,  in  Jemandes  Au- 
gen schön,  klein  —  sein,  scheinen,  erscheinen ,  für  pulchrum,  humili 
statura  —  videri ,  existimari.  Jenes  findet  sich  oft  in  der  sogenannten 
Vulgata,und  auch  Lipsius  sagt  (Epist.  Cent.  I ,  öl)  :  ut  pulchriur  in 
oculis  hominum  appareat  justiorque.  Ferner,  was  sich  ebenfalls  in  der 
Vulgata  findet:  allqtüd  ab  alicujus  oculis  absconditum  est.  Etwas  ist 
vor  Jema7ides  Augen  verborgen,  für  aliquid  alicui  ignotum  oder  inco- 
gnittim  est;  —  N.  L.  ist  endlich  auch:  alicui  aliquid  ad  oculos  demon- 
strare,  Einem  Etwas  klar  und  deutlich  zeigen,  für  dilucide  demonstrare. 
• —  Ueber    tnali  oculi,  böse  Augen,  vgl.  Malus. 

Oda,  die  Ode,  das  iJed,  wurde  nirgends  von  einem  Alten  gebraucht, 
und  werde  daher  durch  Carmen  lyricum  oder  melicum  vermieden. 

Odisse,  hassen.  Zur  Verstärkung  dienen  acerbe,  male,peJiitus,  und 
im  Compar.  pejus,  aber  vielleicht  nicht  magis  oder  plus.  Doch  findet 
sich  bei  jenem  pejus  nicht  der  beigesetzte  Abi.  cane  et  angue,  wie  es  im 
N.  L.  oft  vorkommt.  Dies  ist  eine  falsche  Anwendung  des  Horazischen 
vitare  aliq.  pejus  cane  et  angue ;  bei  vitare  ist  dies  wohl  passend,  nicht 
aber  bei  odisse.  —  Auch  ist  für  unsere  Zeiten  nicht  mehr  anwendbar: 
odisse  aliquem  odio  Vatiniano ,  was  Catnll.  (14,  3)  in  der  Bedeut. 
Einen  bitter.,  schrecklich  hassen  braucht,  für  acerbe,  male,  vehementer 
aliquem  odisse. 

Odor,  der  Geruch,  als  einer  der  Sinne,  ist  ohne  Beispiel  für  odora- 
ttts  oder  sensus  narium  ;  aber  richtig  ist  es  in  der  Bedeut.  Geruch,  der 
von  Etwas  ausgeht,  wo  denn  or/o;"es  gebraucht  wird,  wenn  er  von  meh- 
rern Dingen  ausgeht.  Und  so  bedeutet  auch  or/oAes  im  Vlur.  das  Rauch- 
werk, Gewürz,  aber  nicht  im  Sing.  Vgl.  Cic.  Tnsc.  III,  J8,  43.  Verr.  IV, 


552 

35,  77;  V,  56,  146.  —  N.  Kl.  iind  vielleidit  das  gewöhnliclie  Wort 
dafür  w;ir  odoramenia  (PJur.  von  odortimentiim).,  Sp.  L.  odoramen. 

Odorari,  riecheii,  wird  Kl.  nicht  von  dem  Sinne  des  Geruches  oder 
von  der  den  Geruch  einer  Sache  fühlenden  Person  g'esagt,  wiewohl 
der  Sinn  des  Geruches  odoratus  liiess,  sondern  man  braucht  in  jener 
Bedeut.  olfacere  (Cic.  Divin.  11,3.9)  oder  meistens  nur  das  allgemeine 
seiitire  (Cic.  Tusc.  IV,  24,  54).  Es  kommt  Kl.  meistens  in  hildiichem 
Sinne,  theils  im  Ernst,  theils  im  Scherz,  in  der  Vie^nni.  ausspüren, 
tmtiern,  ahnen  vor,  wie  bei  Cic.  (Orat.  II ,  44,  186):  ut  odorer  quam 
sagacissime  possim  ;  Etwas  fein  misspüren.  aliquid  festive  odorari  (Cic. 
Att.  IV,  14,  2)  ;  jedoch  fast  immer  im  Sclierz  und  mit  Spott.  Es  werde 
daher  niclit  falsch  gebraucht.  —  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  nach  Etwas 
riechen,  für  olere  aJiquid. 

Odoriis,  riechend,  wohlriechend,  ist  selten  und  mehr  P.  h.  für  das 
gewöhnlichere  odoratus. 

Oeconoinus ,  der  Haushaller,  Verivalter.  Schaffner,  und  so  auch 
das  Fem.  oeronotna,  sind  im  Sp.  L.  bei  den  Juristen  üblich  für  dispen- 
salor,  dispe?isatris  rei  familiaris  oder  rertwi  domesticarum ,  und  auf 
dem  Lande  —  villicus,  villica. 

OestruswnA  oestruni,  die  Raserei,  steht  nur  bei  Dichtern  für furor, 
ifisania. 

Offe?idere  wird  in  der  Bedeut.  Anstoss  hei  Jemanden  erregen  mit 
d.  Acc.  aliquem  verbunden,  und  in  der  Bedeut.  Anstoss  nehmen  an 
Jemanden,  offendere  oder  offendi  in  aliqvo.  Auf  Etivas  stossen,  d.  h. 
Etiras  autreffen ,  finden  heisst  offend.  aliqiiid  (Cic.  Rep.  I,  38.  Farn.  I, 
9;  11,3).  —  Man  sage  nicht:  offendere  aliquem  animo.  Kiuenin  (an)  der 
Seele  kränken,  sondern  alicujns  aninnim;  daher  im  Passiv.:  ich  werde 
in  der  Seele  (im  Herzen)  gekränkt,  animus  meiis  offenditur.  Und"  so 
heisst  auch  sich  in  der  Seite  verletzen,  wehe  thun,  latus  offendere,  nicht 
se  (in)  latere  off.  (Cic.  Cluent.  ^%  175). 

Offerre,  anbieten.  Falsch  ist:  se  offerre  aliqiiid facturum ,  sich  an- 
hieten  Etums  zu  thun;  dafür  sagt  mau  polliceri,  recipere  se  aliq.fnc; 
nicht  offerre  pugnajii,  proeliuni,  eine  Schlacht  anbiete?i,  somlern  offerre 
facultalem  pugnandi  (  Caes.  B.  C.  I,  72)  oder  ptignandi  potestatem 
facere  {B.  G.  111,  17). 

Officere,  im  JFege  stehen,  verhindern ,  wird  auch  bildlich  mit  den 
Dativen  nomini  und  luminibus  verbunden,  wo  nonien —  Name  und 
Ruhm  und  lunien  oder  lumina —  Licht,  Glanz  und  Ruhm,  officere  aber 
schaden,  schädlich  sein,  verdunkeln  !ie<leutet.  Das  Bild  aber,  welches 
von  Häusern  entlehnt  ist,  die  durch  ihre  Höhe  und  Grösse  kleinern 
das  Licht  nehmen,  wofür  man  lunanibus  officere  und  obstruere  brauchte, 
ist  so  natürlich,  dass  der  gelehrte  Freinsheim  bei  Livius  (Praef.  Lib.I) 
sogar  für  meo  qui  nomini  officient  (die  meinem  Ruhme  schaden  icer- 
deii)  lieber  das  lebhaftere  luniini  lesen  wollte,  was  sogar  J.  F.  Gronov 
billigte.  Dazu  kommt  aber,  dass  selbst  Cicero  (pro  Rabir.  Post.  16,43) 
sagt :  ej?is  mentis  luminibus  non  officit  altitiido  forttinae,  dem  Glänze  und 
Ruhme  seines  Geistes  schadete  nicht  die  Höhe  und  Grösse  seines  Glückes, 
und  dass  er  ferner  mit  gleichem  Bilde,  nur  mit  dem  Verbo  obstruere 
statt  officere ,  (Brut.  17,  66)  sagt:  Catonis  lumi?nbus  obstrusit  poste- 
riorum  quasi  e.vuggerata  altius  oratio ,  der  höhere  Schumng  der  Rede 
der  Folgenden  sta7id  im  IVege ,  verdunkelte  das  Licht ,  den  Glanz  und 


553 

Ruhm  des  Coto.  In  eben  diesem  Sinne  nahm  himinihus  ofßcere,\\'m'\c\\ 
glanbe,  aucli  Kuhnken  ,  da  er  in  einer  lUde  (Opnsc.  I,  p.  102)  ^ag^te: 
siipen'oruni  Astroiiomonnn  omniiim  Uirmitibus  jiiultnin  offecere dtio  e.icel- 
Jcnles  viii — ,  oder  verstand  er  die  Redensart  anders?  Gleicliuolii 
tadelte  ihn  der  deutsche  Herausgeber,  wenn  ich  anders  den  Sinn  sei- 
ner unklaren  Worte,  die  mehr  gegen  Andere,  als  gegen  Rulinken  ge- 
riclitet  zu  sein  sclieinen  ,  recht  verstelle.  Ich  glaube  dagegen,  dass 
Ruhnken  Cicero's  Worte  vor  z'\ugen  gehabt,  richtig  verstanden  und 
nicht  falsch  gebraucht  hat.  und  dass  man  auch  heutzutage  die  Worte 
hl  diesem  Sinne  anwenden  kann. 

Officina,  die  Werksiätte ,  kann  in  Verbindung  mit  siipieiiliae ,  von 
einer  Schule  gebraucht,  als  bildliches  Wort  nicht  wohl  ohne  quasi 
angewandt  werden,  wie  es  auch  Cic.  (Leg.  I,  13,  36)  thut,  —  und  so 
mit  ähnlichen  Subst.  verbunden. 

Officiositas ,  die  Dienstfertigkeit ,  ist ,  obgleich  cfficiosus  Kl.  ist, 
dennoch  erst  Sp.  L.  für  officium. 

Officium  ist  in  der  Bedeut.  Jmt,  gleich  mtinus,magistratus,  hoTios, 
Sp.  L.,  da  es  KL  nur  ein  übertagenes  Geschäft  um\  dessen  Besorgung 
bedeutet,  wie  bei  Caesar  (B.  C.  III,  103)  :  legatiom's  officium.  Vgl.  Cic. 
Farn.  XIII,  9,  2.  —  Quintilian.  (Inst.  I,  1,23)  nennt  den  Auftrag,  wel- 
chen Aristoteles  erhielt,  den  Alexander  als  Kind  zu  unterrichten,  offi- 
cium. —  Durchaus  N.  L.  aber  ist  officium  aliquod  ambire  oAev  pefere, 
sich  um  ein  Amt  bewerben,  darum  anhalten. 

Oß'undere,  verbreite??. ; —  Etwas  über  Etwas,  aliquid  alicui  rei,z.  B. 
caliginem  oculis  (Liv.  XXVI,  45). 

Offuscare,  verdunkeln ,  ist  sehr  Sp.  L.  für  infuscare ^  obscurare, 
caliginem  alicui  rei  offu?idere. 

Olea  und  oliva  bedeut.  nicht  das  Oel,  welches  oleum  oder  olivum 
heisst,  sondern  den  Oelbaum  und  die  Oelbeere. 

Olere ,  nach  Etwas  riechen ,  einen  geivissen  Geruch  von  sich  geben, 
wird  mit  dem  Accus.  ß/«y?/«'f/ verbunden,  und  bildlich  nur  im  Scherz 
oder  Spott  gebraucht.  Vgl.  Cic.  N.  D.  I,  26.  Orat.  III,  12.  Und  so  sagt 
Quintil.  (VIII,  1,3):  verba  omnia  —  hujus  alumnuni  urbis  olent,  rie- 
chen nach  einem  Zöglinge  dieser  Stadt.  —  Uebrigens  wird  es  nie  von 
der  den  Geruch  fühlenden  Person,  welche  Etwas  riecht,  gebraucht. 
Vgl.  Odorari. —  Adverbien,  wie  bene,male,iYe.iQ\\  oft  natürlich  hinzu; 
aber  lächerlich  ist  pulchre  olere  iür  jztcunde. 

Olf actus  kommt  erst  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  vor,  theils  für 
odor,  der  aus  irgend  Etwas  ausgehende  Geruch,  theils  für  oduratus 
oder  senszis  narium,  der  Sinn  des  Geruches. 

Oligarchia ,  die  Herrschaft  tveniger  Grossen  und  Vornehmen ,  ist 
nie  ins  Lat.  aufgenommen  worden,  und  werde  durch  Imperium  pauco- 
rum  umschrieben;  anwendbar  ist  es  nur  mit  dem  Zusätze  ut  graeco 
verbo  utar. 

Olor,  der  Schwan,  ist  nur  P.  L.  für  cygnus. 

Omnifariam,  allenthalben,  auf  alle  Weise  u.  dgl.,  ist  erst  Sp.  L.  und 
selten;  es  werde  vermieden  durch  omnibus  locis,  usquequaque,  in 
o?njies  partes ,  quavis  ratione  u.  dgl.  —  N.  L.  ist  ein  davon  gebildetes 
Ad ject.  omnifarius,  für  omnis  gener is,  cujusqzie  inodi. 

Omnigenus,  «,  um,  von  allerlei  Art,  ist  F.  und  Sp.  L.  und  in  Prosa 
durchaus  zu  verwerfen,  für  omiris  generis,  in  omni  gener c :  auch  ge- 


654 

nii^'^t  oft  Mos  omm's.  Muret.  brauclite  es  (Oper.  T.  II,  p.280  ed.  Riihtik.)  : 
onimg,e}ine er nditioins  copia,\\ ozw  Rulinken  bemerkt:  Omiiigeiuispoeiica 
vo.v.  Was  wir  allseitig  gebildet  nennen,  heisst  z.  B.  omw/6//s //?^e/<'///s 
arlihiis  ififitr?icfus  (Cic.  Orat.  I,  16,  73)  oi]er  om?ii  docfrtna  enidid/s. 
Wie  Muret.,  sagte  anch  Hemsterh.  (Oratt.p.  125):  omnigena  erudilio, 
und  neulich  las  ich  irgendwo :  exemplo  Tennemanni  omnigenoruni 
sateUHiim. 

Omiiimodis ,  von  aUei'lei  Art,  ist  A.  L.  kurze  Form  für  oninibus 
modis.  Im  Sp.  L.  wurde  davon  ein  Adject.,  o?miirnodus,  a,  um,  und  ein 
Adv. ,  ow///V//or/e,  gebildet,  die  aber  in  guter  Prosa  nie  vorkommen; 
dafür  onmis ,  onwis  generis  ,  omni  modo,  onniibus  modis.  Auffallend  ist 
es  daher,  dass  selbst  Wyttenb.  schrieb:  otmiimodae  res  et  artes. 

Omnino,  welches  überhaupt,  im  Ganzen  bedeutet,  und  daher  auch 
bei  dicere  —  geradezu,  ausdrücklich,  wird  im  N.  L.  zur  Bejahung  einer 
Frage  für  unser  J«,  allerdings  gehraucht;  docli  kommt  es  so  AI.  nir- 
gends vor.  Falsch  ist  es  auch  in  der  Bedeut.  vollkommen,  ganz;  z.  B. 
sich  ganz  wieder  erholen,  nicht  se  omniuo  C07fßrmare,  sondern  se  plane 
conf.;  ferner  dient  es  nicht  zur  Verstärkung,  wo  wir  ganz,  diirrhnus 
sagen,  für  prorsus;  z.  B.  es  scheint  mir  ganz  oder  durchaus  so, prorsus 
(nicht  omnino)  mihi  ita  videtur.  Endlich  heisst  unser  «'//err/w^.s  oder 
freilich  bei  folgendem  aber  nicht  omnino,,  sondern  quidem;  z.  B.  das 
ist  allerdings  ein  schlechter  Trost,  aber  doch  — ,  tnisera  est  illa  quidem. 
(nicht  omnino)  consolatio  (Cic,  Fam.  VI,  2,  2). 

0?}i??ipotens ,  allmächtig,  war  zuerst  nur  P.  L.  und  findet  sich  erst 
sehr  spät  in  Prosa,  wo  die  christlichen  Schriftsteller  Gott  nicht  nur 
omnipotentem ,  sondern  noch  öf<er  im  Superl.  07n7iipoientissimum  nen- 
nen. Uebrigens  braucht  es  Plautus  schon  von  den  Göltern,  und  da  es 
zur  theologischen  Kunstsprache  gehört,  so  bleibe  es  in  derselben;  in 
der  gewöhnlichen  Rede  aber  genügen  masinius,  summus,  praepotens, 
und  so  nennt  Cicero  seinen  obersten  Gott  Jupiter  —  rerum  omnium 
praepotens  (Divin.  II,  38,  42),  und  bekannt  ist  Juppiter  optimus,  maxi- 
mus.  Ebenso  kommt  erst  Sp.  L.  in  Prosa  vor  omnipotentia,  die  Allmacht, 
für  summa  potentia,  maxima  potestas. 

Omnipraeseus  ,  allgegenwärtig ,  und  omnipraesentia,  die  Allgegen- 
vmrt,m\A  ohne  alle  heidnische  und  sogar  christliche  Auctorität,  denn 
selbst  die  altlateinische  kirchliche  Theologie  kennt  diese  Formen 
nicht.  Man  vermeide  sie  durch  qui  omnibus  locis  uno  tempore  simul  est, 
qui  ubique  et  omnibus  praesto  est  (Senec.  Ep.  95),  qui  nullo  loco  non 
est ;  die  Allgegenwart  Gottes  behaupten  heisst  docere  Deum  vnllo  loco 
non  esse.  In  der  neuern  Theologie  gehören  jene  Wörter  zur  unver- 
änderlichen Kunstsprache.  Vgl.  Klotz  Sinteriis  p.  130. 

Om?iis,  all,  jeder.  Man  merke  zuerst,  dass  in  der  guten  Prosa  bei 
der  einfachen  Negation  sine  nie  ein  Subst.  mit  dem  Adject.  omnis  ver- 
bunden wurde,  sondern  dass  man  für  omnis  entweder  aliquis  oder 
ulhis  setzte,  —  aliquis  in  der  Bedeut.  einiger,  bedeutender,  ullus  aber 
in  der  Bedeut.  all;  z.  B.  ohne  einige,  ohne  bedeutende  Furcht,  sine 
aliquo  timore,  —  ohne  alle  Furcht,  sine  ullo  timore ;  ohne  ei7iigc,  oh7ie  eive 
hedeiüende  Kenntniss,  sine  aliqtia  cog7iitio7ie, —  oluie  alle  Ke7intniss,  sine 
uUa  cog/iitione.  Und  so  unterscheiden  sich  sine  aliquo  und  sine  7tllo 
periculo;  si7ie  aliqua  und  si7ie  ulla  dnbit atio7ie ;  sine  aliqua  und  si/ie 
ulla  vituperatio7ie.  —  Wenn  aber  mit  diesem  sine  noch  eine  Negation 


555 

verbunden  ist,  wodurch  der  Satz  bejahend  wird,  so  wird  witi  u//?/s, 
sotideni  immer  aliquis  ijebranclit;  dalier  sa^rt  man  nur  iion  sine  nliquo 
(nicht  /i!//o  )  periculo;  non  sine  rt/Z^we  (  nicht  ?///«;  dnbitatione;  non 
sine  nliqnn  (nicht  nlla)  rifuperotione  u.  dgl.  Und  so  sagt  Cicero  (Farn. 
\1I,  19,  2) :  nulla  ars  sine  iitteris,  sine  interprete  et  sine  a/iqua  (uicht 
?/ffa)  exercitatione  percipi  potest.  Vgl.  Meusinir.  Eraendd.  p.  485.  — 
Das  Wort  omni's  aber  wird  in  guter  Prosa  bei  sine,  mit  und  ohne  Ne- 
gation, vermieden,  wiewohl  es  im  .^.  L.  und  auch  bei  Dichtern  so  vor- 
kommt. Wenn  aber  Cicero  (Orat.  II,  1,  5)  sagt;  sed  ne  sine  omni  qni- 
dem  sapientia,  so  bedeutet  dies:  aber  nicht  einmal  ohne  Kenntniss  der 
gesanvnten  Philosophie.  Wie  oft  gegen  jenen  Sprachgebrauch  gefehlt 
wird,  weiss  jeder  Kenner  des  N.  L.,  wo  sine  omni mutatione,  sine  omni 
pericalo,  sine  omni  dubitatione ,  sogar  sine  omni  dubio  (warum  dies 
doppelt  fal.^ch  it;t,  s.  unter  Dubius)  —  und  dgl.  mehr  nUr  zu  Iiänfig 
vorkommt.  VgJ.  Ruhnken  z.  Terent.  Andr.  II,  3,  17.  Beier  z.  Cic.  Offic. 
T.  I,  p.  338.  Hand's  Leiärb.  p.  348.  Benecke  z.  Cic.  leg.  Manil.  (pro 
Pompej.)  p.  225  '.ind  Weissenborn's  Gramm,  p.  257.  Vieles  hiervon 
verdanke  ich  Hrn.  Dietrich.  —  Omnis  steht  ferner  nicht  bei  einem 
Zahlworte,  wenn  es  theils  jeder  heisst,  theils  dieser  Begriff  in  «//e 
liegt;  dafür  qnisqrie  mit  einem  Ordinalzahlworte,  welchem  es  in  der 
Regel  nachfolgt;  z.  ^.  jeder  fünfte  Tag ,  quintiis  quisque  dies ,  \\\c\\t 
omnis  qnintns  dies;  alle  fünf  Tage  in  dem  Sinne  a?i  jedem  fünften 
Tage,  quinto  qnoqae  die,  nicht  onniibus  qidnqiie  diebns;  richtig  ist  aber, 
ohne  Zalüwort,  omnilnis  diebus,  mensihis,  horis.  —  Kl.  sagt  man  wohl 
nie  im  Sing,  omnis  qni ,  Jeder  welcher,  ohne  ein  Subst. ,  sondern  qui- 
cnniqve ;  dagegen  kommt  aber  das  IVeiifr.  omne  quod.  Alles  //'as,  gleich- 
sam wie  ein  Snbst.  oft  vor.  Vgl.  Weber's  üebungssch.  p.  14.  —  Wenn 
alle  in  Verbindung  mit  den  Reflex.  sei?ier,  ihrer,  sich  steht,  so  wird 
gewöhnlich  quisque,  nicht  omnes  gesetzt,  so  dass  ein  dabei  stehendes 
Subsf.  zuerst  allgemein  vorangeht,  quisque  nh^r,  wodurch  die  einzel- 
nen Individuen  unterschieden  werden,  hinter  dem  Reflex,  folgt;  z.  B. 
oUe  Soldaten  kehrten  in  ihr  Vaterland  zurück,  milites  in  suam  quisque 
patriam  redierunt.  Dies  geschieht  zumal  dann,  wenn  eben  von  den 
Einzelnen  doch  etwas  Verscliiedenes  gilt.—  Unser  alle  zivei,  alle  drei 
\\.  dgl.,  wenn  es  nur  entweder  in  der  Apposition  steht,  oder  auf  zwei, 
drei  vorher  erwähnte  Personen  hinweist,  heisst  nicht  omnes  diio,  omnes 
tres,  sondern  entweder  lilos  duo,  tres,  oder  hi duo,  hitres;  z.  B.  L.  Gel- 
lius  lind  Cn.  Lentnlus ,  alle  zirei  (beide)  Censoren  —  stiesse?i  jene  aus 
dem  Senate,  duo  censores,  nicht  mit  omnes.  - —  Alle  Anwesenden  heisst 
nicht  omnes praesentes,  sondern  quotquot  praesentes,  quotquot  adsunt. — 
Von  dem  Allem  war  Nichts  geschehen  heisst  nicht  earumomniumrerum 
nihil  acciderat,  sondern  earum  (quarum)  remmnihil  omnino  acc.  (Ca es. 
B.  C.  II,  43).  —  Alle  zusammen.  Alle  mit  einander.  Alle  Keinen  aus- 
genommen heisst  nicht  omnes  nna,  omnes  simul ,  sondern  omnes  ad 
nnum  (unam) ,  wovon  verschieden  ist  omnes  praeter  tinum,  welclies 
bedeutet  Alle  bis  auf  Einen,  Einen  ausgenommen,  \\2iS  im  N.Jj.  durch 
omnes  tisque  ad  unum  ausgedrückt  wird.  —  Alle  Andern  heisst  nicht 
omnes  alii,  sondern  entweder  blos  ceteri  Q(\er  reliqui  (Caes.  B.  G.  ^  II, 
30,  3)  oder  ceteri  omnes  ,  reliqui  omnes ,  in  welchen  beiden  das  Vi  ort 
omnes  nur  eine  Apposition  von  ceteri \nn\  /e//^?/«" bildet  und  daher  nach- 
steht; bisweilen  auch  alii  imilti.  —  In  der  Redensart  alles  Andere 


556 

lieber  als  —  sag-t  man  nicht  omnia  alia  potius,  quam  — ,  sondern  ent- 
weder ohne  alia  —  omnia  po/ius,  quatn  —  (Cic,  Quinct.  26,  82.  Liv.  II, 
39)  ,  oder  (jiiiclvis  potins  (Cic.  Att.  XIV,21,  4.  Fam,  VII,  1, 3).  —  Etwas 
Anderes  ist  alia  omnia  sentire ,  wo  man  aber  nicht  omnia  alia  sa^fe, 
was  die  bessern  Lateiner  nur  in  Beziehung  anf  die  Abstimmung  bei 
Senatsbeschliissen  gebraucht  zu  haben  scheinen,  aber  nur  d;idurcii 
andeuteten:  etwas  ferschiedenes ,  ^abweichendes  denken ,  keineswegs 
das  gerade  Kntgegetf gesetzte ,  in  welchem  Sinne  es  im  N'.  L.  oft  ge- 
braucht worden  ist.  Man  missbrauche  es  nicht.  Dietrich,  dem  ich  «las 
Letzte  verdanke,  verweist  dabei  auf  Herzog  zu  Caesar  B.  G.  VIII,  52. 
|).  664.  —  Ferner:  alle  die  Besten,  Alle,  welche  die  Besten  sind —  und 
ähnliche  mit  Superlativen,  heisst  niclit  omnes  optimi,  sondern  optimiis 
qaisque,  optimi  quique ;  dagegen  ist  omwes  o/j^?V/;i' dann  richtig,  wenn 
es  Alle ,  auch  die  Besten  bedeutet,  weil  man  nicht  sagt:  omnes  etiam 
optimi.  Vgl.  Cic.  Caecin.  35,  101  omnibus  antiquissimis  civibus ,  i\.\\. 
allen  Bürgern,  anch  den  ältesten  ;  Partit.  17,  60  qui  non  omnia  mini?>ia 
(Alles,  auch  das  Kleinste)  repetet  u.  a.  m.  Davon  sind  nach  Dietrichs 
Bemerkung  omnia  summa  (Cic.  Orat.  III,  4,  15.  Brut.  109),  ej:trema 
omnia  (bei  Sali.  Cat.  26,  5)  und  omnia  ultima  (bei  Liv.  XXXVIl,  54) 
auszuscheiden,  bei  welchen  sich  der  Superlativ  mit  omnis  genau  ver- 
bindet. —  Endlich  merke  man,  dass  die  Lateiner  omnia  ebenso  hrau- 
chen,  wie  wir  Alles^  in  Redensarten;  z.  B.  er  ist,  gilt  Alles  bei  uns,  is 
nobis  est  omnia  (Liv.  XL,  H,  3) :  er  vermag  Alles,  potest  omnia  (Cic. 
Att.  IV,  16,  10) ;  auf  ihm  beruht  für  mich  Alles,  in  hoc  mihi  sunt  omnia 
(vgl.  Ochsner  Eclog.  Cic.  p.  335)  ;  jedoch  über  Alles  gehl,  dass  du  von 
der  Art  bist,  super  omnia  est  tarnen  —  (Plin.  Paneg.  27.  1) ;  sogar  wie 
wir  sagen:  ist  Alles  wohl  (gesund)?  rectene  omnia?  (Plin.  FJp.  III.  17). 
Vgl.  über  diese  neutrale  Sprachweise  oben  unter  Aliquid  inid  Nihil. 

Omnisciens,  alltrissend,  und  omniscientia,  die  Allwissenheit.,  kommen 
nur  in  der  neuern  theologischen  Kunstsprache  >or,  nicht  in  der  alten, 
was  hier  eben  80  seltsam  ist,  wie  oben  omnipraesens  und  omniprae- 
sentia.  Man  sage:  qui  omnia  seit ,  quem  nihil fugit ,  nihil  fall it ,  nihil 
preeterit  n.  a.  und  scientia  omnium  rerum;  die  Theologen  mögen  jene 
Wörter  auch  ferner  brauchen. 

Onustus,  mit  Etwas  beladen,  beschwert.,  wird  in  Prosa,  ausser  Sp.  L., 
nur  mit  dem  Abi.,  aliqua  re,  verbunden;  A.w.  Gr.  dMchSp.  L.  mit  dem 
Genit.  alicujus  rei,  z.  B.  auri.,  für  auro. 

Opera,  die  Mühe,  der  Dienst,  das  Geschäft ;  tüayon  der  PI u r.  o/jerae, 
die  Geschäfte,  Bemühungen,  z.  B.  fore?ises,  auf  dem  Markte  (Cic.  Fiu. 
I,  4,  10).  —  D.  L.  ist  sibi  operam  dare ,  sich  Mühe  geben,  für  operam 
dare  ohne  sibi,  indem  operam  dare  mit  dem  Dativ  bedeutet  sich  Mühe 
geben  für  Etwas,  Mühe  anf  Et  ums  verwenden,  und  sogar  in  geistigem 
Sinne  von  Einem,  der  Jemandes  Zuhörer  und  Sciiüler  ist:  operam  dat 
aliciii  (magistro,  doctori).  Unsicher  und  zweifelhaft  ist  dare  operam  in 
aliquam  rem,  was  nur  bei  Cic.  (Tusc.  1,4,7)  vorkommt:  in  quam 
exercitatiojiem  ita  nos  studiose  operam  dedimus ,  weswegen  Lambin., 
Fabricius  und  Wolf  sogar  nach  Handschr.  operam  gestriclien  haben. 
Andere  lassen  es  als  ungewiss  stehen.  So  zweifelhaft  es  aber  auch  ist,  hat 
dennoch  Muret.  in  einer  Rede  (Oper.  T.  I,  p.  260)  geschrieben:  seqae 
in  eam  rein  operam  dedisse ,  für  das  sichere  seque  ei  rei  oper.  dedisse. 
Vgl.  Frotscher  zu  dieser  Stelle.  —  Wenn  ein  Verbiim  dazu  gejjört, 


557 

so  steht  weder  der  Inßnid'v ,  noch  der  Genitiv  des  Geniiidii,  sondern 
bejaliciid  ?//,  \enieiiieiul  ne;  z.  li.  ich  gebe  mir  Mühe,  kenne Ji  zu  lernen, 
operain  do,  ut  cognoscam,  uicht  cog?wscere  oder  cognoscendi.  Vg^l.  Heu- 
sin^.  Emeiidd.  p.  47t). 

Operari  alirui  rei,  Mühe  auf  Ktivas  verwenden,  sich  mit  Etwas  be- 
schäftige?i^  ist  mehr  P.  L.  und  kommt  in  Prosa  erst  seit  Livins  vom 
Gottesdienste  vor;  überhaupt  ist  es  sei(en,und  werde  lieber  ver- 
mieden durch  operam  dare  oder  tribuere  alicui  rei,  oper.  conferre  in 
aliqnam  rem,  oper.  consumere ,  locare ,  coUocare  ^ponere  in  aliqiia  re. 
Das  Part,  operatus  hat  bei  den  Bessern  fast  nur  die  Bedeut.  des  Prae- 
sens oder  eines  Adject.,  beschäftigt ,  und  hat  daher  zur  Bezeichnung 
der  Vergaiigenlieit/w/,  nicht  suin,  bei  sich. 

Opinarius ,  eingebildet ,  ist  N.  L.  für  opinatus ,  ficlus ,  aninw  cogi- 
tatus  u.  a.;  —  auch  kann  man  es  umschreiben  durch  quod  in  opinione  est. 

Opinatio  ist  weniger  die  Vermuthung  selbst,  welche  opinio  heisst, 
als  das  Fennuthe?i  als  Handlung.  Vgl.  Klotz  z.  Cic.  Tusc.  IV,  7,  15 
und  Raschig  Progr.  p.  34. 

Opinatus,  «,  um,  eingebildet,  in  passiver  Bedeutung,  scheinbar,  auf 
Vermuthung  beruhend,  vermuthlich,  ist  ein  philosophisches  Kunst- 
wort, welches  Cicero  in  Verbindung  mit  bonum  und  malum  braucht; 
es  werde  nicht  falsch  angewendet,  wie  es  Sintenis  (im  Hülfsbuche) 
einigemal  gethan  hat.  Vgl.  Klotz  zu  Sintenis  p.  155;  auch  oben  Opi- 
narius. 

Opinio,  die  Meinung,  ist  nur  eine  vermuthliche,  nicht  auf  Gründe 
gebaute,  während  sententia  eine  auf  Gründe,  die  ein  Anderer  freilich 
verwerfen  kann,  gestützte  Meinung  ist;  daher  bedeutet  opinio  meistens 
nur  Vermuthung,  und  opinari  nur  vermuthen,  weswegen  man  auch  bei 
flüchtiger  Angabe  seiner  Vermuthung  und  unbegründeten  Meinung  zu 
sagen  pflegt:  ut  opinor ,  ut  opinio  mea  fert  oder  est,  nicht  ut  sentio, 
ceuseo,judico  u.  a.  Wenn  man  daher  sagt:  ich  bin  der  Meiriung  Je- 
mandes, so  heisst  dies  nicht  smn  alicujus  (tuae,  illius)  opifiionis ,  son- 
dern nur  se?ite?itiae  (Liv.  I,  8,  3),  weil  Niemand  der  opinio  eines  An- 
dern beipflichten  wird. 

Opitulatio ,  die  Hülfe ,  Hülfleistung ,  ist  Sp.  L.  und  nicht  nachzu- 
brauchen  für  auxilium,  ops,  opemferre,  auxilio  venire. 

Oportere,  müssen,  bedeutet  nicht  das  ßlüssen  der  Nothwendigkeit, 
sondern  das  der  Rechtlichkeit  und  Gerechtigkeit,  die  Etwas  fordert 
und  nach  der  es  sich  gebührt,  dass  Etwas  geschehe,  sowie  in  nofi 
oportere  —  die  Ungerechtigkeit  liegt ,  es  dürfe  Etwas  nicht  geschehen. 
Vgl.  über  den  Unterschied  von  oportere,  necesse  esse,  debere  und  der 
Conjugat.  peiiphr.  Forbiger's  Aufgaben.  Weber's  Uebungssch.  p.  54. 
Reisig's  Vorles.  p.  746  u.  A.  —  Das  Verbum,  welches  von  oportere 
abhängt,  werde  aber  nie  mit  der  Conjunct.  ut  verbunden,  was  im  N.  L. 
bisweilen  geschieht  und  auf  fehlerhaften  Stellen  beruht,  sondern  mit 
dem  blossen  Conjunctiv  und  dem  Nominativ  des  Subjectes,  oder  mit 
dem  Accusativ  und  dem  Infinitiv.,  was  Cicero  häufiger  thut.  Vgl.  die 
Grammatiken  und  Anleit.  §.  450. 

Oppetere,  für  sich  allein,  in  der  Bedeut,  sterben,  ist  nur  P.  L.  und 
kommt  N.Kl.  in  Prosa  nur  beim  altern  Plinius,  Tacitns  und  Aehnlichen 
vor ;  Kl.  und  bei  allen  Bessern  steht  es  nur  mit  dem  Zusätze  mortem. 


558 

P.  L.  mit  letum.  Es  wird  aber  mir  vorn  Mwwß^Mr//cÄen  Tode  gebraucht, 
sei  es  durch  eigne  oder  fremde  Hand. 

Opponere,  entgegenstellen,  entgegensetzen ;  —  Ei?iem  Etwas,  alicui 
aliquid,  nie  aber  ohne  Object  im  Accusativ.  Daher  ist  es  N.  L.,  wenn 
man  in  gelehrtem  Streite  sagt  alicui  opponere  und  halbdeutsch  Einem 
oppo7iiren,  für  alicui  ndversari ;  und  so  ist  es  auch  N.  7>,,  denjenigen, 
weicher  einem  Andern  widerspricht  und  ihn  widerlegen  -will,  opponens 
zu  nennen,  was  im  N.L.  in  Disputationen  als  Kunstwort  oft  vorkommt, 
für  adversarius  oder  qai  respondet.  Aber  nach  Dietrich  sagte  man  nie 
oppon.  argumenta ,  rationes,  wie  Grysar  glaubt,  sondern  afferre,  uti. 
—  Auch  ist  es  wohl  fast  N.  L.,  opponere  in  der  Bedeutung  einwendejiy 
Einwürfe  gegen  Etwas  machen  zu  brauchen,  was  eigentlich  nur  in  oc- 
currere  und  respondere  liegt,  worüber  mehr  unter  Objicere  zu  ver- 
gleichen ist.  —  Das  Partie,  oppositus  wird  auch  nicht  in  dem  wissen- 
schaftlichen Sinne  entgegengesetzt,  was  dem  Andern  entgegensteht, 
gebraucht,  sondern  dafür  contrarius ;  und  so  ist  auch  erst  Sp.  L.  das 
Neutr.  oppositum  in  der  Bedeut.  Gegensatz,  für  contrarium.  Darüber 
bemerkt  mit  Recht  Muret.  (Commentar.  Arist.  Topic.  T.  III,  p.  489 
ed.  Ruhnk.):  Contraria  cum  Cicerone  appello,  quae  barbari  opposita. 
Mau  nenne  daher  z.  B.  sanns  und  aeger^  saluber  {salubris)  und  pesti- 
lens,  dives  und  panper  —  nicht  opposita,  sondern  contraria;  doch  ge- 
schieht dies  im  N.  L.  häufig.  Aucli  nannten  die  Alten  Gegensätze,  wie 
aut  hoc,  aut  illud,  nicht  oppositio,  sondern  disjunctio.  Vgl.  Cic.  I'opic. 
14.  Fat.  16.  —  Wenn  als  Naturwunder  gesagt  wird  :  die  Flüsse  sfröni- 
teti  in  entgegengesetztem  Laufe,  nach  der  entgegengesetzten  Seite,  so 
sagte  man  nicht:  in  oppositas  partes,  sondern  in  contrarias  partes 
ßuserunt  (Cic.  Divin.  1,35).  —  Getadelt  wird  es  auch  als  unerwiesen, 
wenn  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  201  ed.  Fr.)  sagt:  se  in  discrimen  oppo- 
nere, sich  der  Gefahr  aussetzen ,  für  se  discrimini,  periculo  ,  periculis 
opp.,  wiewohl  se  in  discrimen  offerre  richtig  sei  und  auch  objicere  mit 
in  aliquid  verbuntlen  werde.  \^[.  mehr  bei  Frotseher  zu  Muret. 

Oppositivus ,  was  Bremi  irgendwo  braucht,  ist  N.  L.  für  adversa- 
tivus ;  er  sagt:  vim  habet  oppositivam,  für  adversativam  oder  adver- 
sandi,  occurretidi. 

Opprobrare  alicui  aliquid,  Einem  Etwas  schmähend  oder  zur  Be- 
schimpfung vorwerfen,  ist  nur  ^.  und  Sp.  L.  für  exprobrare,  probrum 
alicui  inferre  oder  jactare  in  aliquem. 

Optare,  wünschen;  —  dass  Etwas  geschehe,  wird  meistens  durch 
ut  ausgedrückt,  also  utßat;  N.  L.  mit  dem  Gerundiv.;  z.  B.  opto  m?i- 
tandum,  ich  wünsche,  dass  es  geändert  werde,  für  ut  7nutetur.  —  iV^.  L. 
ist  auch  optare  alicui  fei icilateni ,  Einem  Glück  wüfischen,  für  optare, 
ut  aliquid  fei iciter  eveniat ,  velle  oder  cupere  alicui  aliquid  feliciter 
ercw?Ve,  auch  votis  oder  bonis  ominibus  aliquem  prosequi,  und  bei  etwas 
schon  Geschehenem  gratulari  de  aliqua  re.  Vgl.  mehr  darüber  unter 
Gratutari. 

Optice,die  O/ifjA",  kann  als  griechisches  Kunstwort  unbedenklich 
lateinisch  geschrieben  aufgenommen  werden,  wie  es  auch  Vitruv.  ge- 
than  hat.  Vgl.  W  eber's  Uebungssch.  p.  368. 

Optime  verbindet  Cicero  (Orat.  II,  18,  75)  negativ  mit  graece: 
Poenus  non  optime  graece ,  sed  tarnen  libere  respondit ,  er  antwortete 
nicht  zum  besten  griechisch,  aber  dochfreimüthig.  Diese  Stelle  spricht 


559 

fiir  diejenigen,  welche  bene,  male  —  graece  oder  latine,  gut ,  schlecht 
griechisch  oder  lateinisch  —  als  mijaleinisch  verwerfen,  was  auch  ich 
oben  unter  Bene  gethan  habe,  wiewohl  ich  am  Schlüsse  noch  als  Ein- 
wand diese  Steile  hinzugefügt  habe,  da  sie  mir  für  diese  Sprechweise 
wichtig  schien.  Entscheide  darüber,  wer  kann  und  mag. 

Optimus.  Wir  brauchen  im  Deutschen  das  Neutr.  das  Beste  als 
Subst.  in  der  Bedeut.  das  IVolil,  der  f  ortheil,  z.  B.  das  Beste  des 
Staates;  aber  im  Lat.  sagt  man  nicht  optinium  rei  puölicae ,  sondern 
bonum  publicum,  salus  publica,  salus  rei  publicae,  commoda  \\.  a.  Vgl. 
D.  L.  Lexica. 

Optio,  die  Wahl.  Freiheit  zu  wählen,  ist  gleich  gut  mit  und  ohne 
den  Zusatz  eligendi.  wievvohl  es  meistens  ohne  denselben  stellt.  Die 
Wahl  lassen,  verstatten  heisst  gewöhnlich  optionem  dnre  (Cic.  Brut. 
50,  189  nnd  öfter)  oder  opt.facere  oder  deferre  (Cic.  Att.  IV,  18,  3), 
aber  nicht  opt.  ferre ,  wie  Muret.  (Expl.  Cic.  Catil.  epist.  dedic.  IV) 
schrieb:  si  optionem  tibi  Dens  tulisset,  für  dedisset,fecisset,  detulisset. 
Vgl.  iAlatthiae  Exempla  p.  176. 

Opulenter  heisst  zwar  reichlich,  aber  reichlich  wiedergeben  heisst 
nicht  opulenter  reddere,  sondern  cumulate. 

Opus,  das  Werk,  und  opera,  die  Werke,  werden  heutzutage  ganz 
allgemein  von  den  geistigen  und  schriftstellerischen  Werken  gebraucht, 
z.  B.  hoc  opus  Ciceroiiis ,  opera  Ciceronis ,  opera  Hofneri,  opera  omnia 
Piatonis  u.  dgl.  Wiewohl  nun  allerdings  das  Werk,  die  Arbeit  eines 
Künstlers,  z.  B.  eine  Bildsäule,  ein  opus  Polycleti,  Myronis  u.  s.  w., 
und  überhaupt  Alles  der  Art,  was  zum  Bau-,  Kriegs-  und  übrigen 
Künstler-Wesen  gehört,  opera  genannt  wird  ,  ja  sogar  opus  Oratorium 
—  eine  Rede  heisst,  so  kommt  es  doch  nie  so  allgemein  von  Büchern 
und  Schriften  eines  Mannes  vor,  so  dass  es  dem,  der  Kl.  schreiben 
will,  wohl  bedenklich  sein  mag,  die  Schriften  Cicero's  opera  Ciceronis 
zu  nennen  —  und  so  alle  ähnliche.  Man  vermeide  es  so  viel  als  möglich. 
Vgl.  Raschig  Progr.  p.  25,  der  darauf  aufmerksam  gemacht  hat.  Ja, 
es  sagt  schon  Manut.  (z.  Cic.  Fam.  XVI,  18):  male  latine  loqunntur, 
qui  Piatonis  opera  dicunt.  —  Wiewohl  opus  —  Mühe  und  Arbeit  heisst, 
so  ist  doch  zu  bezweifeln,  ob  man  mit  leichter  Mühe  durch  facili  opere ; 
mit  grosser  Mühe,  mühselig  durch  magno  opere;  ohne  alle  Mähe 
durch  fiullo  opere  übersetzen  könne.  Falsch  ist  es  wohl,  wenn  Valcken. 
(Opusc.  p.  222)  sagt:  locus  facillimo  opere  (Jnr  facillime)  emendari 
potest.  Vgl.  oben  Negotium.  —  N.  L.  nennen  die  Theologen  gute 
Werke,  d.  h.  gute  Handlungen,  bona  opera,  für  bene  facta ,  bonae  ac- 
tiones.,  und  gute  Werke  thun  heisst  blos  bene  facere. 

Opus  (indecl.),  nöthig.  Für  den  Nominativ  oder  Ablativ  dessen, 
Avas  nöthig  ist,  steht  selten  (doch  sogar  einmal  bei  Cicero  und  einige- 
mal bei  Livius)  der  Ge7^^7/ü,•  wenigstens  alime  man  dies  nicht  nach, 
wie  es  Ang.  Politianus  (latein.  Herodian  VI,  16)  gethan  hat,  welcher 
sagt:  omnia  quorum  foret  opus,  für  quibus  foret  oder  quae  forent.  — • 
Wozu  Etwas  nöthig  ist,  wird  durch  ad  oder  in  aliquid  ausgedrückt, 
z.  B.  ad  valetudinem  (Cic.  Fam.  XVI,  4,  5),  in  rem  (Liv.  XXX,  4).  — 
Ein  davon  abhängiges  Verbum  folgt  meistens  im  Infinitiv  oder  Accus. 
(aber  mcVi  Dativ)  m.  d.  Infinitiv,  nicht  mit  oder  ohne  ut  und  dem 
Conjunctiv,  was  A.  L.  und  N.  Kl.  ist  (doch  steht  es  beim  Jüngern  Pli- 
nius  [Ep.  IX, 33, 11]),  und,  obgleich  weniger  gut,  von  Sintenisin  seinen 


5()0 

liiilfsbiicliern  empfoJilen  wird.  \^\.  Klotz  z.  Sinteiiis  p.  118  u.  p.  173. 
—  Man  sage  nicht:  tibi  opus  noii  est  hie  ?iianeie,  noch  (ut)  hie  muneas^ 
sondern:  non  est  opus  te  hie  mauere.  —  Falsch  ist  noii  oder  mhil  opus 
est,  (ftiod  — ,  für^^07^  opus  est  mit  dem  Ififl/iitiv,  oder  noch  gewöhnlicher 
noji  est.  quod  oder  nihil  est,  quod  ohne  opus.  —  Fast  einzig  ist,  was 
nur  N.  KL  bei  Coluraella  (IX,  1,  5)  vorkommt,  opus  habere  aliqua  re; 
er  sagt:  ut  graminibus,  itafrugibus  robur?ieis  opus  habe/if.  Ausser  ihm 
hat  es  nur  noch  Sp.  L.  der  heilige  Augustin  gebraucht.  i\Ian  ahme  es 
nicht  nach;  dennoch  kommt  es  im  N.  L.  vor,  und  sogar  Ruhnken  hat 
es  einmal  in  einem  seiner  Briefe  gebraucht.  —  Nöthig  haben  in  der 
Bedeut.  bedürfen  lieisst  indigere ;  sonst  alicui  opus  esse.  Vgl.  auch 
Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  61  und  Reisig's  Vorles.  p.  671. 

Ora  bedeutet  zwar  den  Rand,  z.  B.  eiJies  Bechers,  aber  nirgends 
Rand  eines  Buches,  Briefes,  geschriebenen  Blattes,  fi'ir  margo;  es 
ist  also  in  dieser  Bedeut.  N.  L.,  doch  wird  es  oft  so  von  den  Kritikern 
gebraucht,  welche  ora  codicis  in  der  Bedeut.  Rand  einer  Handsclirift 
brauchen.  Audi  die  poet.  Redensart  in  luminis  oras ,  ajis  Licht,  ver- 
bunden mit  efferre,  edere,  exire,  wird  im  N.  L.  gemissbraucht,  indem 
man  sie  für  die  gewöhnlichen  Ausdrücke  edcre  oder  vulgare  braucht, 
z.  B.  libruTH,  ein  Buch  herausgebe?!.  Freilich  klingt  dies  sehr  scliön, 
zumal  wenn  es  gar  heisst  in  dias  luminis  oras. 

Orare,  bitte?i,  wird  verbunden  aliqueni  aliquid.,  Einen  um  Etwas 
oder  von  Einem  Etwas,  A.  L.  auch  ab'  aliquo  und  cum  aliquo,  aber 
nicht  ex  aliquo.  —  N.  L.  wird  es  ohne  den  Zusatz  deum  gebraucht,  in 
der  Bedeut.  bete?i;  doch  ist  dies  besser  durch  precari  deum,  precibus 
deum  compellare,  supph'care  deo  u.  a.  auszudrücken.  —  Ein  davon  ab- 
hängiges Verbum  folgt  bejahend  mit  ut,  verneinend  mit  ne;  P.  L.  mit 
dem  Infinitiv.  —  Die  Redensart  oro  te,  ich  bitte  dich,  wird,  wie  quaeso., 
in  den  andern  Satz,  der  dann  mehr  hervorgehoben  wird,  eingeschoben, 
und  dann  kann  das  abhängige  Verhum  im  Imperativ  stehen ;  z.  B.  It- 
briim,  oro  te,  mihi  quamprimum  mitte,  für  te  oro,  ut  mihi —  mitlas.  — 
Wenn  orare  mit  rogare  in  V  erbindung  steht,  so  folgt  es  als  das  stär- 
kere auf  rogare;  z.  B.  rogo  atque  oro,  nicht  oro  atque  rogo ;  dagegen 
steht  es  vor  obsecrare,  hortari  und  obtestari ,  also  oro  atque  obsecro, 
ora  atq.  obtestor,  oro  et  hortor,  da  diese  drei  stärker  sind  als  oro. 

Oratio  bedeutet  im  N.  L.  auch  Gebet,  für  preces,  precatio,  und  so 
wird  denn  z.  B.  das  Vaterunser  oder  das  Gebet  des  Herrn  sehr  oiioratio 
dominica  genauut,  statt precafio donmii.  Einfrom?nes  Gebetheisst  nicht 
oratio  devota,  sondern  piae  preces.  Auch  bedeutet  oratio  nicht  das  Ge- 
rede, Gespräch,  was  sermo  heisst;  man  sagt  also  nicht:  in  orationem 
hominum  venire,  für  i?i  sermonem  oder  in  ora  hominum  venire. 

Oratrix,  als  Ferain.  von  orator ,  die  Rednerin,  Redende,  Bittende, 
galt  früher  blos  für  A.L.  (bei  Plautus),  doch  ist  es  jetzt  auch  Ä'/.  (bei 
Cic.  Rep.  II,  8). 

Oratus,  das  Bitten,  ist  nur  im  Abi.  oratu,  auf  Bitten,  üblich,  wobei, 
wie  bei  allen  ähnlichen,  zu  merken  ist,  dass  kein  Adjeet.  dazu  treten 
kann,  aber  ein  Genitiv  und  ein  Possessiv- Pronomen.  Man  sagt  wohl 
oratu  fratis  mei,  auf  B.  7neines  Br.,  aber  \nc\\t  justo  oder  humili oratu 
fr.  mei,  auf  das  gerechte  oder  demüthige  B.,  ivxr  justis,  htimilibus  pre- 
cibus, humili  obsecratione. 

Orbis  ist  in  der  Bedeut.  Erdkreis,  Erde  ohne  den  Zusatz  terrae 


561 

oder  terrarum  fast  nur  P.  L.,  und  kommt  erst  N,  Kl.  bei  Tacilus, 
Ciirtius,  Florus  und  Justinus  vor.  Es  uerde  daher  nicht  ohne  einen 
jener  Genitiven  für  terra  oder  im  Plur.  terrae  g^ebraucht,  was  den- 
nocli  im  N.  L.,  z.  B.  von  Muret.,  geschehen  ist.  Vgl.  Frotsch.  z.  Mureti 
Oper.  T.  I,  p.  122  ed.  Fr.  Iland's  Lehrb.  p.  155.  —  Ueber  den  Unter- 
schied von  orhis  terrae  und  terrarum  vgl.  unter  Terra.  —  Da  orbis  nie 
geradezu  das  Weltall  hedentet  und  gleich  tmmdus  ist,  so  ist  auch  die 
im  N.  L.  vorkommende  Redensart  ab  orbe  coiidito ,  voji  Erschaffimg 
der  Welt  an,  als  ungebräuchlich  zu  verwerfen.  Da  ferner  orbis  nie 
Menschen  bedeutet,  zumal  zerstreut  wohnende,  so  sind  Redensarten, 
wie:  orbis  litteratus  oder  eruditus,  orbis  eruditoruni ,  litteratorwn,  die 
gelehrte  Welt,  d.  h.  die  Gelehrten,  unlateinisch.  Nolten  (Antib.  T.  11, 
p.  105)  vertheidigt  dieselben.  Vgl.  unter  Erudittis.  —  Eben  so  N.  //« 
ist  orbis  christianns,  die  christliche  Welt,  Christenheit,  Christen,  für  uni- 
versi  christia?ii,  quantiim  est  christianorum  oder  auf  ähnliche  Weise.  — 
N.  L.  ist  auch,  was  Goerenz  (Cic.  Leg.  p.  XIII)  braucht:  aliquid  in  ple- 
nu7n  orbein  redigere,  in  der  Bedeut.  Etwas  vervollstä?idige7i.  Endlich 
wird  in  den  Redensarten  :  im  Kreise  herumgeheji,  her  umstellen^  herum- 
stehen, sich  im  Kr.  vertheidigen  und  ähnlichen  nicht  in  orbe  ire,  cir- 
cuniire,  consistere,  stare ,  circumstare ,  se  tutari,  sondern  in  orbem  ge- 
sagt. Vgl.  Liv.  I,  17;  XXVIII,  33  u.  a. 

*  Nach  Klotz  hat  Cicero  nicht  gewöhnlich  in  orbe  terrae,  terrarum  gesagt, 
sondern  orbi  terr.  mit  der  alten  Form  des  jetzt  so  genannten  Abi.  localis  auf  i, 
wie  in  domi  oder  domui,  humi  u.  a.  So  steht  nach  den  besten  Handschr.  orbi  in 
Cic.  Verr.  IV,  38,  82.  Rep.  V,  p.  452.  Sest.  30,  66  Pro  domo  10,  24.  Da  aber 
dieses  mit  der  Zeit  veraltete  und  der  Form  orbe  wich,  so  hält  man  sich  jetzt  im 
Schreiben  lieber  an  diese  neue  gewöhnliche  Form. 

Orbus,  verwaist,  beraubt,  wird  meistens  mit  dem  blossen  Abi.  ver- 
bunden, aliquo,  atiqua  re,  selten  mit  a;  P.  L.  mit  dem  Genitiv. 

Orcus,  die  Unterwelt,  als  Ort,  ist  nur  P.  L.  für  loca  infera  oder 
inferorum.  Vgl.  Inferi. 

Ordinäre  bedeutet  meistens  nur  in  Ordnung  bringen,  gute  Ein- 
richtung geben,  nicht  anordnen,  was  com-parare  heisst.  Theile  einer  Hede, 
einer  Schrift  ordnen  heisst  zwar  ordinäre  (Cic.  luv.  I,  14,  19)  ;  aber 
verwirrt  gestellte  Theile  ordnen  heisst  disponere ;  und  so  auch  Bücher, 
eine  Bibliothek  ordnen,  bibliothecatn  oder  libros  digerere  oder  dispo- 
nere. Vgl.  Cic.  Att.  IV,  8.  Orat.  III,  34, 137.  —  Wörter  in  einem  Satze 
ordnen  heisst  nicht  ordinäre,  sondern  struere ,  woher  hei  Cic.  (Orat. 
70,  232)  bene  structa  coUocatio  verhoriim,  eine  ivohl geordnete  Stellung 
der  Wörter  bedeutet.  —  Einen  Geistlichen  ordiniren  heisst  nicht  ordi- 
näre, sondern  initiare,  und  wenn  es  gleich  ist  mit  einführen,  —  inau- 
gurare.  Vgl.  Inaugurare.  Ebenso  heisst  die  Ordination  nicht  ordifiatio, 
sondern  initiatio,  inauguratio. 

Ordinarie  (von  dem  zwar  nicht  verwerflichen,  aber  behutsam  an- 
zuwendenden Ordinarius^  ist  erst  ganz  Sp.  L.  und  nicht  zu  brauchen ;  in 
der  Bedeutung  ordentlich  sagt  man  dafür  ordine,  ordinatim  u.a.,  in  der 
Bedeut.  gewöhnlich,  gemeiniglich  —  plerumque,  fere. 

Ordinate,  geordnet,  nach  der  Ordnung ,  ist  jetzt  zweifelhaft  und 
wahrscheinlich  Sp.  L.,  da  es  nur  in  dem  unächten  Schlüsse  des  vierten 
B.  ad  Herenn.  c.  56  vorkommt,  und  noch  einmal  bei  Lactanz,  für  or- 
dinatim,  ordine,  recte,  ratione  et  via.  Wörtlich  nahm  es  aus  jener  Stelle 
Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  141),  aber  schon  Ruhnken  bemerkte  dazu:  Hoc 

36 


562 

habet  ab  auctore  ad  Her.  IV,  56,  ubi  tarnen  alii  libri  praebent  ornate. 
Cicero  dixisset  ordine. 

Ordiri^  anfangen,  sich  anfangen,  hat  im  Partie,  in  guter  Prosa  nur 
orsus,  Sp.  L.  ordilus.  —  Mit  Etwas  arfangen  heisst  nicht  ordiri  aliqua 
re  oder  cum  aliqua  re,  sondern  ah  aliqua  re;  daher  womit  oder  wo  — 
U7ide ;  damit  —  hi?ic  oder  inde. 

Ordo,  die  Ordnung.  Ob  es  auch  von  den  Ordnungen  der  Schüler 
in  Schulen  gebrauclit  werden  könne,  darüber  vgl.  unter  Classis.  Sowie 
aber  ordo  das  gewöhnlichste  Wort  ist,  durch  welches  Klassen,  Stände 
und  Arten  von  Menschen  nach  ihrem  Range ,  Stande  und  ihren  Ge- 
schäften, entweder  durch  einen  beigesetzten  Genitiv  oder  durch  ein 
Adject.,  bezeichnet  und  von  einander  unterschieden  werden  (so  dass 
es  also  gleichsam  als  Standesbenennung  gelten  kann),  so  kann  es  auch 
in  unserm  Latein  zur  ßezeiclinung  unserer  Stände  gebraucht  werden, 
z.  B.  Lehr  stand ,  Bürgerstand,  Bauernstand ,  ordo  doctorum,  civium, 
aratorum ;  Kauf ma?ms stand ,  ordo  mercatorum  —  und  so  alle  ähn- 
lichen, so  dass  man  Jiach  unsern  Sitten  und  unsrer  Sprechweise,  wenn 
wir  von  neuen  Dingen  reden,  einen  ordo  eruditorum  hominum  et  do- 
ctorum ,  philosophorum ,  theologorum  ,  medicoruju ,  jurisconsultoj'um  u. 
dgl.  nicht  nur  nicht  verwerflich,  sondern  sogar  acht  lateinisch  flndet. 
—  Da  ferner  in  ordine7n  redigere  meistens  demülhigen ,  einschränken, 
wohl  gar  tiefer  herabsetzen  bedeutet,  so  kann  es  nur  selten  für  unser 
deutsches  Etwas  in  Ordnung  bringen  gebraucht  werden;  dafür  setze 
man  lieber  das  einfache  ordinäre;  z.  B.  ei7ie  Provinz  in  die  beste  Ord- 
nung bringen,  niclit  in  Optimum  ordinem  redigere,  sondern  optime,  ac- 
curate  ordinäre  oder  (nach  Cic.  Farn.  III,  2,  1)  provinc.  maxime  ex- 
plicare ;  Alles  ist  in  Ordnung,  omnia  explicata  su?it.  Man  richte  sich 
nach  dem  Sinne  der  Rede.  —  N.  L.  ist  ex  ordijie  esse  in  der  ßedeut. 
gewöhnlich  sein,  oft  vorkommen,  wie  z.  B.  Görenz  (z.  Cic.  Fin.  p.  326) 
sagt:  scribas  in  talihus  peccare  ex  ordine  est,  für  in  usu  oder  usitatum 
est,  moris  est  u.  a.  —  Ordo  bedeutet  zwar  auch  Reihe,  aber  nach  der 
Reihe  von  diesen  Gegenständen  sprechen  heisst  nicht:  de  his  rebus 
ordine  oder  in  ordine  loqui,  sondern  deinceps. 

Ore  tetins,  mündlich ;  —  vgl.  unter  Os. 

Organisatio ,  die  Organisation,  Einrichtung  u.  dgl.,  ist  N.  L.  für 
temper atio,  z.  B.  civitatis  (Cic.  Tusc.  IV,  1,  1),  rei  publicae  (Cic.  Leg. 
III,  5),  naturae  (Tusc.  I,  10,  21). 

Organum  in  der  Bedeut.  Werkzeug,  gleich  instrumentum,  ging  als 
Kunstwort  in  die  Sprache  mancher  Künste  über.  Vgl.  die  Lexica.  Oft 
wird  dafür  ausser  instruynentum  auch  machina  gebraucht. 

Oriendus,  herstammend ,  kommt  in  dieser  Form  wohl  nie  vor  für 
oriundus. 

Oriens,  auch  ohne  sol,  bedeutet  zwar  die  Morgenseite,  die  östliche 
Weltgegend,  Osten,  den  wir  daher  auch  Orient  nennen;  aber  oriens 
oder  wohl  gar  oriens  terra  von  dem  in  Osten  gelegenen  Lande  und 
seinen  Völkern  zu  gebrauchen,  ist,  wie  occidens  von  den  in  Westen 
gelegenen,  höchstens  P.L.  und  findet  sich  in  Prosa  nur  beim  altern 
Plinius  und  Tacitus,  welcher  z.  B.  H.  II,  6  sagt:  quietus  oriens  u.  V,  8 
oriens  penes  Assyrios  fuit.  Vgl.  Occidens.  Es  werde  in  dieser  Bedeut. 
durchaus  vermieden,  und  gewagt  ist  es  schon,  wenn  Seneca  (N.  Q. 
III,  26.  p.  111   ed.  Schw.)   sagt:  Idem  in  Oriente  Tigris  facit.  Auch 


563 

im  N.  L.  kommt  es  nicht  selten  vor.  3Ian  brauche  orientis  (soli's)  partes 
(Cic.  Fam.  XII,  5,  3),  terrae,  regiones,  provinciae,  gentes. 

Orientalis ,  östlich,  morgenländisch,  ist  erst  Sp.  L.  und  wird  sogar 
im  Plur.  orientales  von  den  in  Osten  wohnenden  Völkern  gebraurht. 
Es  werde  aber,  wie  occidentalis,  vermieden  durch  den  Genit.  orientis, 
orientem  specialis,  ad  orientem  vergens  oder  versus ,  suh  Oriente  u.  a.; 
auch  passt  Asiaticus^  wenn  etwas  dem  Orient  Eigenthümiiches  be- 
zeichnet werden  soll. 

Originalis,  ursprünglich,  ist  Sp.  L.  und  zu  vermeiden  durch  primus 
oder  zu  umschreiben  durch  origo.  Unser  Subst.  Original  von  einer 
Schrift  ist  nicht  durch  das  N.  L.  originale  zu  übersetzen,  sondern 
durch  archetypnni,  was  ins  Latein,  aufgenommen  war,  oder  durch  exem- 
plar ;  von  Thiereii  etwa  animale  exempluni  (Cic.  Divin.  II,  1). 

Oriri,  entstehen ,  ausgehe?i ,  den  Anfayig  nehmen ;  tro  und  woher 
wird  durch  ex  oder  ab  ausgedrückt;  daher  auch  da  —  hinc,  dort  — 
inde  ,  ivo  —  unde.  Vgl.  Cic.  Sest.  OH ,  ]  41.,  Und  so  heisst  auch  z.  B,  der 
Rhein  entspringt  bei  den  Lepontiern,  oritur  ex  Lepontiis  (Caes.  B.  G. 
IV,  10). 

Ornatio,  die  Aus-  oder  Verzierung.,  kommt  nur  einmal  iV.  KL  bei 
Vitruv.  vor,  für  exornatio ,  was  aber  auch  selten  ist;  man  setze  dafür 
lieber  ornatus  und  die  Verba  ornare  und  exornare. 

Ornatus  (Subst.)  ist  das  alltägliche  Wort  für  unser  Schmuck; 
gleichwohl  nannte  man  nach  Liv.  (XXXIV,  7)  den  weiblichen  Putz 
und  Schmuck  —  mundus  muliebris. 

Orphanus,  die  Waise,  das  elteriilose  Kind^  ist  ein  unnöthiges  griech. 
Wort  für  die  latein.  orbus,  orba,  parentibus  orbatns  (a).  Aber  nicht 
wohl  kann  man  das  Wort  orphanotropheii7n  für  unser  Waisenhaus  ent- 
behren, da  es  kürzer  als  jede  Umschreibung  ist. 

Orthodoxus,  rechtgläubig ,  ist  zwar  Sp.  i.,  aber  in  der  theolo- 
gischen Kunstsprache  fast  unentbehrlich,  wie  heterodoxus  und  haere- 
ticus.  Wo  orthod.  nicht  durchaus  nöthig  ist,  sage  man  der  wahren 
Bedeut,  des  Wortes  nach:  veram  Christi  doctrinam  sequens.  Diesen 
Begriff  verbindet  man  freilich  heutzutage  nicht  mit  dem  Worte,  indem 
ohnehin  ein  Jeder  seinen  Glauben  für  den  wahren,  und  was  er  glaubt, 
für  die  vera  Christi  doctrina  liält. 

Orthographia  ist  ein  kaum  entbehrliches  Kunstwort  und  fast  KL 
aus  Augustus  Zeit.  Vgl.  Sueton.  Aug.  88  u.  Grammat.  19.  Die  Sprach- 
reiniger, z.  B.  Quintilian.  (I,  7,  1),  übersetzten  es  durch  rede  scribendi 
scientia,  und  Sueton.  i\\iYc\\  formida  ratioque  scribendi.  Muret.  (Praef. 
Cic.  Phil.)  umschreibt  es:  scribe?idi  ratio,  quam  nijdoyoacpiuv  vocant. 
Oft  genügt  scriptura;  z.  B.  haec  est  vera  hujus  verbi  scriptura. 

Ortus  (Partie,  von  orior),  herstammend.,  wird  selten  anders  als  ab 
aliquo  oder  blos  aliquo  verbunden,  welches  letztere  bei  locus  fast  im- 
mer der  Fall  ist;  z.  B.  summo,  equestri  loco  ortus. 

Os,  der  Mund,  das  Gesicht.  Vielfältig  stimmt  bei  dem  Gebrauche 
dieses  Wortes  das  Deutsche  mit  dem  Lateinischen  überein.  Man  sagt 
z.  B.  im  Munde  der  heute  sein,  in  ore  hominum  oder  hominihus  esse; 
auch  von  Einzelnen,  z.  B.  du  hast  immer  im  Miuide,  semper  tibi  in  ore 
est  (sunt).  Es  findet  sich  aber  dieses  ifi  ore  esse  nie  so  einzeln,  son- 
dern theils  mit  den  Adverbien  der  Allgeraeinheit  semper.,  valde ,  oder 
mit  einem  Genit.  oder  Dat.  verbunden,  z.  B.  vulgi,  omnibus,  omni  po- 

36* 


564 

pulo;  oder  für  esse  wird  vi'gere  gebraucht,  was  denn  omnibus  ein- 
schliesst;  —  auch    versari ;  z.   ß.   Harmodius  in   ore  et    Aristogito 

• vigent  (Cic.  Tusc.  I,  49,  116);  illa  in  ore  vul gi  diif{ue,  in  commu- 

nibus  proverbiis  versantur  (Verr.  1,  46,  121);  in  ore  atque  sermo?ie 
onmiiwi  coepit  esse  (ib.  II,  23,  56)  ;  qui  tum  fere  omnibus  erat  in  ore 
(Lael.  1,  2)  —  und  so  andere.  Vgl.  Klotz  z.  Cic.  Tusc.  I,  49  und  dessen 
Vorr.  z.  deutschen  Ausg.  des  Laelius  p.  IX.  —  Auf  gleiche  Weise  sagt 
man  in  ore  habere,  wie  wir  im  Munde  haben, fuhren,  wo  aber  nie  die 
Pron.  nostro,  vestro,  suo  hinzutreten.  Vgl.  Cic.  Att.  XIV,  22,  2  deinde 
habent  in  ore,  nos  ingratos ;  Fin.  III,  11, 37  quem  tu  in  ore  semper  habes ; 
Farn.  V,  16,2  semper  in  ore  atque  in  animo  habere;  ib.  VI,  18,  5 
Lepta  —  riesiodeum  habeat  in  ore.  —  Der  Plur.  in  oribus  ist  aber  in 
dieser  Bedeut.  unlateinisch.  Dagegen  sagt  man  nicht  in  os  hominum., 
sondern  in  ora  hominum  venire,  pervenire,  abire,  wiewohl  richtig  ist 
i?i  sermonem  hom.  venire,  in  den  Mund,  ins  Gerede  der  Leute  kommen, 
Gut  ist  ferner  aliquem  ple?io  ore  laudare.  Einen  mit  vollem  Munde 
loben.,  z.  B.  bei  Cic.  (Off.  1, 18,  61)  :  ea  nescio  quomodo  quasi pleniore  ore 
laudanuis.  Eben  so  gut  und  nicht  verwerflich  ist,  obgleich  es  nur  A. 
1/.  bei  Terenz  (Adeiph.  II,  4,  5)  vorkommt:  aliquem  in  os  laudare. 
Jemanden  ins  Gesicht  loben,  wofür  Sp.  L.  nach  Lactant.  (Inst.  III, 
14,7)  in  faciem  laudare  gesagt  wurde;  derselbe  Sinn  aber  liegt  in 
latidare  aliquem  praesejitem.  —  Auch  brauchte  man  os  gleichbedeu- 
tend mit  oculi,  wie  denn  Cic.  (Verr.  II,  33,  81)  sagt;  quae  i?i  ore  atque 
in  oculis  provinciae  gesta  sunt;  ebenso  i?i  ore  o?n7iiufn  versari.  Daher 
kann  auch  die  Richtigkeit  der  Redensart  esse  ante  os,  vor  Augen  sein, 
was  Cic.  (Rep.  III,  9)  braucht:  ut  esset  posteris  ante  os  documentum 
Persarum  sceleris  sempiternum,  nicht  bezweifelt  werden,  und  man 
kann  dafür  nicht  das  erklärende  ante  ocm/os  setzen,  was  Moser  in  jener 
Stelle  zu  voreilig  gethan  hat.  —  P.  L.  ist  dafür  a7ite  ora.  —  Man  sagt 
aber  nicht  in  Beziehung  auf  die  Rede:  quid  quid  in  os  venit ,  was  nur 
in  den  Mund  kommt,  sondern  quidquid.  in  buccam  venit ,  worüber  je- 
doch Bucca  zu  vergleichen  ist.  Zwar  nur  A.  L.,  aber  doch  gut  ist 
wohl  iino  ore  in  der  Bedeut.  einstimmig,  für  uno  co?isensu.  —  N.  L.  ist 
ore  tenus  in  der  Bedeut.  mii?idlich,  i'ür  cora?n,  voce,  verbo  (Cic.  Fam.  X, 
8,  5),  oder  verbis.,  ipse,  praesens,  wie  es  der  jedesmalige  Sinn  fordert; 
ore  tenus  bedeutet  nur  bis  an  de?/  Mund.  —  Endlich  wird  unser  Sprich- 
wort: Morgenstunde  hat  Gold  im  Munde  zwar  meistens  nach  dem 
Sinne  übersetzt:  Aurora  Musis  amica,  aber  es  kann  auch,  mit  dem  Zu- 
sätze ut  aju7it  (dicunt)  Germani,  wörtlich  mit  Beibehaltung  des  Bildes 
übersetzt  werden:  Hora  matutina  aurum  habet  in  ore. 

Oscen  in  der  Bedeut.  der  Gesangvogel ,  und  im  Plur.  oscines ,  die 
Gesangvögel,  ist  N.  L.  für  aves  cantrices  oder  cantalrices;  denn  bei 
den  Alten  heissen  in  der  heiligen  Augurnsprache  alle  Vögel  so,  welche 
den  Augurn  durch  ihr  Geschrei  (cantu)  Etwas  verkündigen,  z.  B.  Ra- 
ben, Krähen  \\.  dgl.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  422. 

Oscitantia  ist,  in  welcher  Bedent.  es  sei,  erst  N.  L.;  z.  B.  in  der 
Bedeut.  das  Gähnen,  für  oscitatio,  was  freilich  erst  N.  Kl.  ist;  in  der 
Bedeut.  Nachlässigkeit,  i\ir  negligentia,  socordia,ignavia.  Schon  Muret. 
(Oper.  T.  III,  p.  39)  spricht  von  oscitantia  librarioruin,  wobei  Ruhn- 
ken  bemerkt:  Oscitantia  vocabulum  Latinis  band  usitatum. 

Oaor,  der  Hasser,  welcher  hasst,  ist  A.  und  Sp.  L.  und  werde  ver- 


565 

mieden  durch  qui  odit;  jedoch  braucht  es  unter  den  Neuern  auch 
Muret. ,  z.  B.  Oper.  T.  I ,  p.  322  istis  graecae  lingnae  osoribits ,  wozu 
Frotscher  bemerkt:  Non  daranem  hoc  substantivura,  licet  haud  saepe 
apud  veteres  legatur. 

Ostensio,  das  Zeigen,  Sehenlassen ,  ist  Sp.  L.  für  significatio. 

Ostentare  wird  nur  mit  dem  Accus,  verbunden  ;  daher  aliquid  osten- 
tare,  mit  Etwas  prahlen,  sich  mit  Elivas  brüsten,  ni^it  aliqua  re. 

Ostentns  (Subst.),  das  Zeigen,  der  Vorwaiid ,  Schein^  kommt  nur 
im  Dat.  ostentui  \or ^  sonst  selten,  ausser  bei  Sallust.  nur  bei  Tacitus 
und  Spätem;  es  werde  vermieden. 

Ostiiim,  die  Mündung ,  der  ^usfluss  eines  Flusses,  hat  nie  einen 
Zusatz,  wie  in  mare ,  bei  sich.  Ist  Etwas  der  Art  nöthig-,  so  sagt  man 
locus,  unde  (amnis,  fluvius)  in  mare  effluit  oder  effunditur. 

Otiari ,  feiern ,  ruhen  von  einer  Arbeit,  ist  selten  für  das  gewöhn- 
liche cessare. 

Otiosus ,  müssig,  ruhig.  Sowie  die  Tage,  welche  von  Geschäften 
frei  %mA ,  dies  o//os/ genannt  werden,  wel<  he  auch  dies  vacui  (^Cic. 
Verr.  II,  18)  heissen,  so  können  auch  wohl  die  Stunden  so  genannt 
werden,  also  horae  otiosae :  aber  wo  wir  sagen:  ich  habe  dieses  in  einer 
müssigen  Stunde  geschrieben ,  möchte  wohl  in  otiosa  hora  JV.  L.  sein; 
es  genügt  hier,  otiosus  auf  das  Subject  zu  beziehen.  So  sagt  Cic.  (Divin. 
II,  30)  :  quem  locum  nos  otiosi  convertimus,  was  wir  übersetzen  kön- 
nen: welche  Stelle  wir  in  einem  müssigen  Stündchen  übersetzt  haben. 

Ovinus,  a,  um ,  was  das  Schaf  betrifft  u.  dgl.,  ist  Sp.  L.  für  das  Kl. 
ovillus. 

p.p. 

Pacate  und  pactfice,  friedlich ,  sind  Sp.  L.,  besonders  das  letztere, 
für  tn  pace ,  cum  pace ,  in  otio,  tranquille.  So  sagt  Cic.  (Tusc.  III,  11)  : 
tranquille  placideque  vitam  traducere.  Daher  heisst  Etwas  friedlich 
betreiben,  aliquid  cum  pace  agere.  Jenes /)ffc?y?ce  braucht  Muret.  (Oper. 
T.  111,  p.  634  ed.  Ruhnk.) :  tranquille  pacificeque  vivere,  und  Ruhnken 
bemerkt  dabei:  Paciflce  vox  nullius  auctoritatis  (denn  die  ganz  späten 
Lateiner  berücksichtigt  er  gar  nicht). 

Pacißcare  und  pacificnri,  Frieden  machen,  sind  j4.  L.  und  später 
selten;  sie  finden  sich  nirgends  bei  Cicero  und  Caesar,  aber  bei  Sal- 
lust. und  einigemal  bei  Livius.  Man  vermeide  sie  daher  lieber  durch 
pacem  facere.  —  P.  L.  stehen  sie  in  der  ßedeut.  beruhigen,  besänf- 
tigen, für  pacare. 

P actus  (Partie,  von  pac/sc«'/ steht  Kl.  auch  in  passiver  Bedeut., 
verabredet,  ausbedungen. 

Paedagogus,  der  Knabenführer,  Knabenerzieher,  wurde  schon  früh 
ins  Lateinische  anfgenoramen,  aber  freilich  nur  von  Sklaven  gebraucht, 
denen  man  die  Kinder  zur  Führung  anvertraute.  Der  BegriflF  erweiterte 
und  veredelte  sich  nach  und  nach,  wie  er  sich  auch  bei  uns  (Erzieher  und 
Lehrer)  veredelt  hat.  V>o  paedagogus  nicht  durchaus  nöthig  ist,  setze 
man  dafür  das  latein.  educator.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  422. 

Paedantismus  oder  pedantismus,  ein  aus  dem  Französischen  ins 
N.  L.  aufgenommenes  Wort  von  aufgeblasener  und  leerer  Anmasslichleit 
und  dem  Hochmuthe  gelehrter  Männer  aller  Art,  kann  zur  Bezeich- 


566 

nung'  dieses  fast  neuen  und  den  Alten  unbekannten  Fehlers  nicht  wohl 
entbehrt  werden,  jedoch  gebrauche  man  es  nicht  ohne  einen  Zusatz, 
der  die  Fremdheit  andeutet,  wie  es  z.B.  Kuhnken  (Opusc.  T.I,  p.  110) 
thut,  welcher  sagt:  Hoc  Pedanti&mi  vitium  (utamur  enim  gallico  verho, 
cum  in  latina  lingua  non  satis  aptum  huic  rei  nomen  invenimus).  Da 
nun  der  Fehler  zum  Theil  z.  B.  in  dem  liegt,  was  die  Alten  vanitas 
graecula  nannten,  so  bedarf  es  beim  Gebrauche  dieser  Worte  nur  noch 
zur  bestimmtem  Andeutung  etwa  des  Zusatzes:  quatn  hodte  iiovovoca- 
bulo  paedantismum  dicimt.  —  Pedant  aber  geradezu  durch  paedagogtis 
oder  doctor  nmbraticus  auszudrücken,  missbiiligt  Eichstädt;  bisweilen 
passt  dafür  ho7no  putidus  oder  ineptus ;  über  letzteres  vgl.  Cic.  Orat. 
]1 .4,  16  und  Senec.  Ep.  76.  Und  so  kann  z.  B.  vereor,  ne  putidum  sit 
scribere  ad  te,  quam  sim  occupatus  —  übersetzt  werden:  ich  fürchte, 
es  möchte  pedantisch  sein  — . 

Pae?ie  oder  pefie,  fast,  heinahe.  Wir  verbinden  es  bei  vergangenen 
Dingen  gern  mit  dem  Conjufict.  P/asq  pf. ,  was  im  Latein,  nicht  ge- 
schieht, indem  vielmehr  der  Indicat.  Perf.  g^esetzt  wird;  z.  B.  heinahe 
hätte  ich  jenes  ausgelassen ,  illud  paene  omisi,  nicht  omisissem.  Vgl. 
darüber  die  Grammatiken  und  Anleit.  §.  296.  Anm. 

Pae/iultimus,  der  Vorletzte,  ist  Sp.  L.  für  proximus  a  postremo 
(nach  Cic.  Orat.  64,217).  Als  kurzes  Kunstwort  in  der  Prosodik  ist  es 
aber  kaum  zu  entbehren. 

Paganilas,  das  Heidenthum,  und  paganus  in  der  Bedeut.  der  Heide, 
finden  sich  Sp.  L.  bei  den  Juristen  und  kirchlichen  Schriftstellern, 
sind  aber  weniger  Kl.  als  gentilis  oder  idololatres  (tra).  Vgl.  Ethnicus. 

Pagus  ist  nicht  sowohl  ei?i  Dorf,  welches  vicus  heisst,  als  vielmehr 
ein  Bezirk,  Distrikt,  Kreis,  Gaii,  Caiiton;  und  daher  bedeutet /iog•a?^^fs 
nicht  den  Bewohner  eines  Dorfes,  welcher  ^'^cß«^^s  heisst,  sondern  den 
eines  Bezirkes.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  422. 

Palam  verwechsele  man  nicht  mit  publice,  da  beide  durch  öffent- 
lich übersetzt  werden;  palam  steht  dem  clatn  oder  occulte,  heimlich, 
versteckt,  entgegen,  und  bedeutet  vor  Aller  Augen ;  publice  aber  steht 
dem  privatiui,  für  sich,  im  Hause,  entgegen,  und  nimmt  Rücksicht  auf 
den  Staat,  {ür  welchen  oder  auf  dessen  Befehl  und  Anordnung-  Etwas 
geschieht.  Wenn  öffentlich  so  viel  ist,  als  auf  einem  öffenf liehen  Platze, 
so  heisst  es  in  pubtico.  Daher  unterscheiden  sich:  slalua  ejus  palam  — 
publice  —  in  puhlico  coilocata  est.  Vgl.  auch  Publice  und  Webers 
Uebungssch.  p.  322. 

Palatium  bedeutet  in  guter  Prosa  wohl  nirgends  Pallast  in  wnserm 
Sinne  eines  grossen  umfassenden  Hauses;  es  werde  daher  vermieden 
durch  domus  ainpln;  und  so  heisst  selbst  der  kö?iigliche  Pallast  — 
do7tius  regia,  douiiciUuf/i  regis  (Cic.  Manil.  8),  aedes  regiae. 

Palilia  wird  im  N.  L.  pedantisch  von  jedem  Stiftu7igsfeste  gebraucht^ 
für  dies  festus  natalis^  z.  B.  urbis,  scholae,  academiae. 

Palinodia  findet  sich  nirgends  Kl.  in  der  Bedeut.  Widerruf;  so  erst 
N.  L.  für  retractatio.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  568. 

Palmarius,  a,  um,  der  Palme ,  des  Preises  nnirdig,  ist  A.  L.  Form 
für  die  Kl.  palmaris ,  e.  Aber  Reisige  (Vorles.  p.  158)  hält  sogar  pal- 
mariuni  bei  Terenz  (Eun.  V.  4,8)  nicht  für  das  Neutr.  \on palmarius, 
Avelches  kein  Wort  sei,  sondern  für  ein  Suhst.,  der  Paltngnrten ,  wie 
rosarium,  ein  Rosengarten.  —  Palmarius  kommt  im  iV.  L.  nicht  selten 


567 

vor,  z.  B.  bei  Riihnk.  (Vellej.  11,2):  felix  ^t  palmar ia  Lipsii  emen- 
datio,  für  palmaris. 

Palpare,  streicheln,  schmeichebi ,  wird  am  besten  mit  d.  Dat.  alicui 
verbunden,  ist  aber  nur  ein  g^emeines,  scherzhaftes  Wort  für  adidari. 

Panegyricus ,  die  Lobrede.  Von  diesem  griech.  Worte  haben  nur 
die  Rhetoren  Gebraucli  ^^emacht,  es  ist  aber  gleichwohl  nie  allgemein 
in  der  Bedeut.  Lobrede  gebraucht  worden,  weil  das  latein.  laudatio 
dafür  genügte,  wie  denn  die  Jjobrede?i  auf  Verstorbene  nur  unter  dem 
Namen  laudationes  fmiebres  vorkommen.  Der  jüngere  Plinius  machte 
in  der  Benennung  seiner  feierlichen  Lobrede  auf  den  Kaiser  Trajan 
eine  Ausnahme ,  indem  er  sie  niclit /ff?/r/f/^/o ,  sondern  etwas  affectirt 
Panegyricus  nannte ;  und  so  blieb  dieses  Wort  auch  nachher  für  ähn- 
liche Fälle  von  Lobreden  auf  Kaiser.  Man  wende  es  daher  nicht  falsch 
an  für  laudatio. 

Panegyris,  die  Versa7mnlung,  kommt  nirgends  bei  einem  Lateiner 
vor,  für  conve?itus ,  concilium,  concio;  es  ist  also  affectirt,  es  dafür  zu 
brauchen,  wie  es  Mahne  (Crito  p.  275)  thut:  virorum  eruditorum 
panegyris. 

Panegyrista,  der  Lobredner,  ist  Sp.  L.  für  laudator. 

Panicus,  panisch,  in  der  Bedeut.  unerumrtet,  unvermuthet ,  über- 
rasche?id ,  kommt  nirgends  als  lateinisches  Wort  gebraucht  vor.  Man 
sage  daher  nicht  panicus  terror  oder  pavor, panischer  Schrecken  oder 
panische  Furcht,  sondern  entweder  wie  Liv.  (X, 28):  victorem  equita- 
tum  velut  lymphaticus pavor  dissipat,  oder  umschrieben :  pavor  (terror), 
qui  graece  panicus  dicitur,  quem  Graeci  panicum  dicunt. 

Papa  ist  in  der  Bedeut.  Pabst,  der  oberste  Geistliche  der  römisch- 
katholischen Christenheit,  erst  fast  N.  L.,  da  es  bei  den  ersten  kirch- 
lichen Schriftstellern  nur  jeden  Bischof  oder  vornehmen  Geistlichen 
bedeutete.  Um  dieser  Verwirrung  der  Bedeutung  zu  entgehen,  kann 
man  unbedenklich  wegen  der  Äehnlichkeit  lieber  den  alten  Namen 
Pontifex  maximus  dafür  beibehalten,  was  auch  die  hessern  Neulateiner 
thun.  Ebenso  gebrauche  mars  als  Adj.  nicht  das  N.  L.  papalis,  päbst- 
lich,  sondern  pontißcalis  oder  pontificius.  Man  sage  daher  nicht  atda 
papalis,  der  päbstliche  Hof,  sondern  pontificalis  oder  pontificia. 

Papaver,  d'er  Mohn,  ist  in  der  bessern  Prosa  nur  Neutrum  und  nur 
A.  L.  auch  Masc;  daher  heisst  der  Acc.  papaver,  nicht  papaverem, 
und  im  Flur,  papavera,  nicht  papaveres. 

Papyrus,  die  Papierstazide,  kommt  nur  P.  L.  in  der  Bedeut.  Papier 
vor.  Im  A".  L.  ist  dies  die  gewöhnliche  Bedeut.  für  charta. 

Par  als  Adject. .  gleich.  Ausser  seiner  Construction,  über  welche 
die  Grammatik  und  Reisigs  Vorles.  p, 677  zu  vergleichen  sind, beachte 
man,  dass  die  Redensart  Gleiches  mit  Gleichem  vergelten  nicht  par 
pro  pari  referre  oder  reddere  heisst,  sondern  ohne  pro  —  par  pari 
referre  (reddere),  wie  jetzt  auch  bei  Terent.  (Eun.  III,  1,  55)  nach 
Bentley  gelesen  wird.  Früher  las  man  par  pro  pari,  wornach  auch 
Muret.  (Oper.  T.  II,  p. 739  ed.  Ruhnk.)  sagte:  par  pro  pari  redditurum, 
welchen  Irrthum  Ruhnken  berichtigt.  Vgl.  mehr  in  H.  Stephani  Pseudo- 
Cicero p.  209,  welcher  pro  ebenfalls  verwirft,  und  unten  Pro  und 
Referre. 

Paradigma,  ein  Beispiel,  ein  Muster,  wurde  erst  Sp.  L.  gebraucht 
und  ist  wegen  exemplum  unnöthig. 


568 

Paraenesis,  die  Avfmu7iterung;,ht  erst  Sp.  L.  für  admonitio  und  ad- 
hortatio,  durch  weJclie  jenes  hinlänglich  ersetzt  wird. 

Poragraphus,  de?'  Paragraph,  kann,  wiewohl  es  ganz  Sp.L.  ist  und 
sogar  da  eine  andere  Bedent.  liat,  doch  heutzutage  als  Kunstwort  zur 
Bezeichnung  der  kleinern  Theile  eines  Kapitels  nicht  wohl  entbehrt 
und  vermieden  werden,  da  es  durch  ein  passendes  altes,  zumal  latein. 
Wort  nicht  ersetzt  werden  kann.  Es  ist  im  Griech.  geiieris  cof/wimiis, 
aber  nach  II.  Stephanus  (de  abusn  graec.  ling.  c.  1.  p.  24)  in  unserer 
Bedeutung  nur  generis  fetni/i. 

Parare^  bereiten,  rüsten^  wird  vielfach  construirt.  Man  sagt parare 
aliquid,  Etwas  bereiten;  aliciii  aliqiiid,  Einern  Etwas;  se  ad  aliqiiid, 
sich  zu  Etwas ,  auch  aliquid  ad  atiqjiid,  Etwas  z?i  Etwas.  Bei  folgen- 
dem Verbo  wird  es  mit  dem  hiflnit.,  oder  mit  e^/ und  dem  Gerund.y 
oder  mit  ut  und  dem  Conjunct.  verbunden.  FJbenso  auch  das  adjecti- 
vische  Partie,  paratus ,  welches  bei  Livius  auch  einigemal  mit  dem 
Dat.  verbunden  wird. —  Sp.  L.  aber  scheint:  se  alicui  r  ei  parare,  sich 
zu  Etwas  rüsten ,  für  se  ad  aliquid  parare.  —  JV.  L.  ist  paratus  in 
aliquid,  z.  B.  in  o?n7iem  eventuui,  für  ad  omnem  eve?itum ,  auf  jeden 
Ausgang  gerüstet,  gefasst  (Cic.  Fam.  \1,2I,  1).  —  Vgl.  Kaschig 
Progr.  p.  33,  dem  ich  die  Berichtigung  meiner  frühern  Absicht  verdanke. 

Paratio  und  paratus,  die  Erwerbung .,  Zurüsiung,  kommen  ausser 
bei  Sallust.  nur  N.  Kl.  bei  Tacitus  und  Sp.  L.  vor;  das  erstere  sehr 
selten  für  appnratus  u.  a. 

Parcere ,  schonen.  Im  Perf.  halte  man  sich  an  A\^  ¥ orm  peperci, 
nicht  an  parsi ,  dagegen  im  Supin.  an  die  Form  parszrrn,  nicht  an  par- 
citum.  Es  wird  nur  A.  L.  mit  dem  Accusat.,  in  guter  Prosa  nur  mit 
dem  Dat.  verbunden;  P.  L.  in  der  Bedeut.  nicht  wollen,  unterlassen, 
mit  dem  Inflnitiv,  für  noUe,dubitare,intennittere.  In  Prosa  kommt  es  so 
nirgends  vor,  ausser  einmal  in  einer  feierlichen  Rede  bei  Livius 
(XXXI V,  32,  20):  parce  — jnra  societatis  jactare,  für  tio/i  jactare. 
Man  ahme  dies  nicht  nach,  wie  es  Muret.  einigemal,  z,  B.  Expl.  Cic, 
Catil.  I,  9  gethan  hat,  wo  er  sagt:  qui  scortari  helluarive  parcujit,  für 
nolunt,  duhitaJit. 

Parcitas,die  Sparsamkeit,  steht  N.  Kl.  nur  bei  Seneca  und  Spätem 
für  parsimonia. 

Parcus  ist  in  der  Bedeut.  Mein,  geriiig .,  tvenig,  spärlich  fast  nur 
P.  L.  für  parvus,  esigmis.  So  braucht  es  Ilemsterh.  (Oratt.  p.  9)  : 
quorum  copiam  saue  parcissimam. 

Parens  ist  in  der  Bedent.  der  Anverwandte ,  besonders  im  Plur., 
erst  Sp.  L.  und  nicht  anzuwenden  für  cognatus,  propinquus ; —  eben- 
so das  Subst.  parentela ,  die  Verwandtschaft ,  für  cognatio.  —  P.  und 
Sp.  Ij.  sieht  parent es  in  der  Bedeut.  die  Vorfahren,  für  majores,  wie- 
wohl patres  dafür  Kl.  ist.  Vgl.  Ileusing.  Emendd.  p.  423. 

ParentaJis ,  e  ist  so  sehr  auf  die  P arent alia  \int\  dies  parentaJes, 
das  Leiche? fest ,  die  Leiche?festtage  zum  Andenken  der  Eltern  und 
Verwandten ,  und  bei  Ovid  noch  auf  ?imhrae  parentales  beschränkt, 
dass  man  es  durchaus  nicht  in  der  allgemeinen  Bedeut.  elterlich  brau- 
chen kann;  man  setze  dafür  den  Genit.  parentmii. 

Pare?itare  mit  dem  Dat.  alicui  \\\n\  pareiitatione?n  habere,  ei?ie  Lei- 
che?irede  auf  JeuiandeJi  halte?i ,  ist  A^  L.  und  passt  weder  als  Titel 
einer  Leiche?rrede  (oratio  oder  gewöhnlich  laudatio  funebris ,  woher 


569 

der  Leichenredner  —  laudator  hiess) ,  noch  aiicli  auf  den  Titel  eines 
Leithenprograninies ,  zumal  bei  nicht  mit  uns  \  erwandten,  da  es  bei 
den  Alten  nur  bedeutet:  den  Elterji  und  Anvertvandten  ein  Todtenopfer 
bringen  oder  eijie  Leichenbestattung  halten. 

Porenthesis ,  die  Parenthese ,  ist  ein  jetzt  kaum  zu  entbehrendes 
Kunstwort,  wiewohl  es  bei  den  Alten  nur  g^riechisch  vorkommt  und 
von  Quintilian.  durch  interpositio,  interclusio,  iriterjectio  übersetzt  wird. 
Man  brauche  aber  im  Genit.  nicht  die  griech.  Form  parentheseos,  son- 
dern die  latein.  parenthesis. 

Paries,  die  JFand.  —  N.  L.  ist  die  nach  dem  Deutschen  gebildete 
Redensart  in  quatnor  svis  parietibiis  oder  intra  qiiatuor  siios  parietes 
esse,  sedere,  se  tefiere,  i?i  sei?ien  vier  ff  d?Hle?i  sei?i.,  sitzefi,  sich  haltefi, 
für  intra  parietes  esse,  se  teuere  (Cic.  Brut.  8,  32.  Quinct.  11  ,  38), 
domi  esse,  sedere,  domo  oder  dornest/eis  finibus  se  tenere  (Cic.  Att. 
Yll,  12,  6).  Wo  wir  von  vier  stillen  ffänden  sprechen,  also  von  einem 
stille?!,  abgelegene?!  ff  oh?izimfner,  da  passt  angnli.  Vgl.  Cic.  Rep.  I,  2. 

Parititas ,  die  Gleichheit ,  ist  Sp.  L.  für  aequalitas,  aequitas  u.  a. 

Parisii,iormnist  bei  den  Alten  nie  Name  der  Stadt  jPr/r/s, sondern 
nur  des  Fo/Xes  jener  Gegend;  die  Stadt  hiess  Lntetia  Parisiorimi, 
auch  einfach  blos  Lutetia.  Das  davon  abgeleitete  Adject.  Parisiensis  ist 
A.  L.  für  Parisinciis,  was  auf  Inschriften  vorkommt. 

Paritas,  die  Gleichheit,  ist  Sp.  L.  für  aequalitas,  aequitasn.  a.  Un- 
nöthig  brauchte  es  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  145)  :  verborum  paritatem, 
für  aequalitateni. 

Pariter  wird  in  der  Bedeut.  auf  gleiche  Weise  Kl.  nur  in  Verbin- 
dung mit  einer  vergleichenden  Partikel,  z.  B.  ac,  cum  ge'iraucht,  erst 
später  ohne  eine  solche;  Äl.  sagte  man  pari  modo  oder  similiter. 

Parnasus  und  Parnassus ,  der  Parnoss,  der  den  Musen  heilige 
Berg.  Neu  und  gekünstelt  sagte  der  jüngere  Burmann;  in  Parnnsso 
peregrinum  esse,  auf  defn  Parnass  freind  sein,  in  der  Bedeut.  von  der 
Dichtkunst  Nichts  verstehen,  was  ihm  Niemand  nachbrauche. 

Parochus  ist  in  der  Bedeut.  der  Geistliche,  Pfarrer,  Pastor 
N.  Z.,  indem  es  nicht  einmal  so  bei  einem  alten  kirchlichen  Schrift- 
steller vorkommt,  wiewohl  parochia  oder  vielmehr  paroecia  bei  den 
Kirchenvätern  einen  Kirchsprengel  oder  eine  Zf/ocese,  jedoch  nicht 
eine  P/oz-re/ bedeutet.  Jenes  Wort  aber  ist  um  so  anstössiger  und  ver- 
Averflicher,  da  es  bei  den  Alten  einen  Gastirirth  oder  Lieferanten  be- 
deutet, der  auf  Kosten  des  Staates  oder  einer  Stadt  einen  Fremden 
beherbergen  und  mit  allen  Bedürfnissen  versehen  musste,  Vgl.Ileusing. 
Emendd.  p.  423.  —  Wie  Pfarrer  oder  Geistlicher  zu  übersetzen  sei, 
s.  unter  Concionator. 

Paroemia,  das  Sprichwort ,  ist  als  fremdes  Wort  unnöthig  neben 
proverbium.  Nirgends  findet  sich  anch paroemiologi  und  paroemiographi. 

Paroa:ys?nus,  der  Anfall  einer  Krankheit,  ist  ohne  alle  alte  Aucto- 
rität.  Celsus  sagt  accessio  morbi,febris,  ein  Fieber anf all,  Fieberschauer ; 
auch  wird  dafür  commotiuncula  (Cic.  Att.  XII,  11),  motiuncula  und 
■motio  gesagt.  In  derselben  Bedeut.  wird  das  Verb,  accedeie  angewandt. 

Parrhesia,  die  Freimüthigkeit  im  Reden,  kommt  nirgends  bei  einem 
Alten  vor;  es  werde  vermieden  durch    sermoJiher,  oratio  libera  n.  a. 

Pars,  der  Tbeil.  Zu  bezweifeln  ist  v;o\\\pars  im  Sing,  in  der  Bedeut. 
Rolle  (Tgl.  F.  A.  Wolf  zu  Cic.  Marc.  9,  27),  für  den  sonst  nur  so  vor- 


570 

kommenden  Plur.  partes;  daher  heisst  meine  Rolfe,  meae partes,  nicht 
meu  pars  ;  die  erste  Rolle,  primae  partes  u.  s.  w.  —  Auch  in  der  ßedeut. 
Forzug  steht  es  nur  im  Piur. ;  bei  Zweien  wird  gesagt  priores  partes, 
nicht  primae  partes,  noch  weniger  prima  pars  ;  dag^eg^en  in  der  Bedeut. 
Prty/e/ sowohl  im  Sing,  pars ,  als  im  Plur.  partes.  — -  Unser  zu?n  Theil 
heisst  partim  oder  ex  parte,  zu  wekliem  letztern  oft  noch  bestimmende 
Wörter,  wie  magna,  majore,  maxima^  aliqua ,  ulla  u.  a.  hinzutreten; 
und  so  sagt  man  mit  dem  unabhängigen  Accus.  mag7iam ,  majorem, 
viaximam  partem.  —  Verworfen  wird  als  />.  L.  altera  ex  parte ,  von 
der  andern  Seite  oder  dagegen,  für  rursus,  e  contrario.  Vgl.  Heusing. 
Cic.  Off.  II,  2,  5  und  Klotz  Cic.  Tusc.  p.  50  und  p.  463.  Ferner,  wo  wir 
sagen  von  meiner  Seite,  in  der  Bedeut.  in  meinem  Namen,  sagt  man 
nicht  ex  oder  a  mea  parte ,  sondern  ?neo  nomine.,  meis  verbis,  und  ia 
Redensarten,  wie:  keine,  viele,  einige  —  Briefe  von  meiner  Seite  und 
ähnlichen,  blos  mens  —  nullae ,  multae ,  aliquot  meae  epistolae.  Vgl. 
Th.  I,  §.  151.  Richtig  aber  ist  pro  mea  —  parte,  für  meinen  Theil,  d.  h. 
so  viel  ich  vermag,  nach  meinen  Kräften,  gleich  pro  meis  viribus.  Vgl. 
Cic.  Farn.  V,  2;  XV,  15,  3.  Es  ist  bescheidener  Ausdruck  für  das  zu- 
versichtliche und  starke  pro  virili parte,  welches  be<leutet  so  viel  ein 
Mann  thun  und  leisten  kann  und  muss,  so  viel  es  einem  kräftigen  Manne 
gebührt  und  ziemt,  nicht,  wie  es  heutzutage  gehraucht  wird,  in  dem 
bescheidenen  Sinne  nach  Kräften,  so  viel  ich  vermag.  Vgl.  Cic.  Sest. 
66,  138.  Phil.  XllI,  3.  Dejot.  13.  Verr.  V,  3.  Anm.  z.  Mureti  Oper.  T. 
I,  p.  148  und  p.  263.  Hand's  Lehrb.  p.  169.  —  Für  pro  virili  parte  sagt 
nur  Livius  pro  parte  virili,  was  Reisig  (Vorles.  p.  827)  zu  der  Pata- 
vinität  des  Livius  rechnet.  Vgl.  Drakenb.  z.  Liv.  111,71,  8.  —  Noch  be- 
scheidener als  pro  ?nea  parte  sagt  Cic.  (Rose.  Am.  47,  136)  pro  hac 
tenui  infirmaque  parte.  —  Der  Redensart  pro  virili  parte  ist  gleich 
pro  civili  pai'te ,  so  viel  ein  Bürger  thun  kann  und  muss,  oder  nach 
Ernesti  mit  andern  Worten:  quantum  civis  pro  sua  parte  et  potest  et 
debet.  Vgl.  iMatius  Cic.  Farn.  XI,  28,  4.  —  Wo  sich  aber  bei  einem 
guten  Lateiner  pro  virili  ohne  parte  findet,  wie  Mannt.  (  Epist.  111, 
27)  sagt,  oder  pro  mea  virili  parte  (ib.  II,  21),  oder  pro  sua  virili,  wie 
Mahne  (Epicrisis  p.  218)  sagt,  —  weiss  ich  nicht,  wenigstens  kenne 
ich  für  diese  Ausdrücke  keine  Auctorität.  —  Auch  ist  es  sehr  gewa'gt 
und  gewiss  ohne  Auctorität,  von  einer  Frau  zu  sagen  pro  s?ia  virili 
parte,  wie  es  Perpinian.  (Oratt.  \).  203)  thut:  hujus  mores  pro  sua 
virili  parte  prosecuta  fuerat  Elisabetha.  —  Unbekannt  ist  mir  endlich, 
wer  bei  Wolf  (Analect.  p.  488)  das  lächerliche  Latein :  Collotum.  ctiam, 
ut  scribit ,  pro  parte  virili  curavit  codicem  gesehrieben  hat.  —  Ueber 
das  doppelte  partim  vgl.  nachher  Partim. 

Partialis  und  partilis  ,partialiter  und  partiliter,  partiarias ,  theil- 
nehme?id,  theilweise,  auch  parteiisch ,  sind  alle  Sp.  L.  und  ohne  allen 
Werth;  man  drücke  sie  durch  pars  oder  particula,  particeps,  im  Adv. 
durch  particidatim  und  in  der  Bedeut.  parteiisch  durch  partium  Stu- 
diosus aus.  Was  man  im  N.  L.  causa  partialis  nennt,  ist  bei  Cic.  (Part. 
40)  causa  adjuvans  et  efßciendi  socia  quaedam. 

Participare  mit  dem  Accus,  aliquid,  an  Etwas  Theil  nehmen  lassen 
oder  Theil tiehme/i,  mittheilen,  RnAet  sich  meistens  nur  /-i.  Z.,  bei  Cicero 
in  Prosa  nur  einmal  (ad participandnm),  bei  Livius  zweimal,  sonst  nur 
Sp.  L.;  es  werde  vermieden  durch  participemf acere ,  hu  Vas^.fieriy 


571 

impertire,  impertiri,  in  partem  aliciijvs  rei  vocare,  im  Pass.  venire.  co?u- 
municare  ii.  a.  Vgl.  Ileusing.  Emendd.  p.  477.  Weber's  Uebiingssch. 
p.  I()8.  —  N.  L.  sagt  man  aiicui  aUqtiid  partic. ,  Einem  Etwas  mitlhei- 
le?i,  f  ui'  cum  aliquo  aliquid  communicare. 

Participatio  und  pariicipatiis ,  die  Mittheilung ^  The iln ahme ,  sind 
Sp.  L.  für  communicatio  oder  die  Umschreibung  mitjjßrif/ce/js.  Gleich- 
wohl sagt  Politian.  (latein.  Herodian  VUl,  4)  :  in  participatum  rei  pu- 
Z'/?V;«e  ß^smcere,  wofür  Livius  sagt:  regjium  oder  imperium  consociare 
oder   cum  aliquo  soclare. 

Particularis ,  einen  Theil  betreffend,  besonder,  abgeso?idert,  ist  Sp, 
L.  für  singtdaris ,  praecipuus  oder  die  Umschreibung  durch  pars. 
Eben  so  Sp.  L.  ist  particnlariter  fiir particulatim,  per  partes,  membratinty 
singillatim,  praecipue.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  569  und  Anm.z.  Mureti 
Oper.  T.  I,  p.  363. 

Partim -partim,  theils-theils,  ist  gleich  pars-pars,  und  passt  nur, 
wenn  von  mehrern  Gegenständen  etwas  Verschiedenes,  nicht  allen 
Gemeinschaftliches  gesagt  wird:  z.  B.  die  Feinde  wurden  theils  (par- 
tim, pars)  gefangen,  theils  (partim, pars)  getödtet;  denn  der  Sinn  ist: 
ei?i  Theil,  ein  anderer  TheiL  Aber  falsch  wäre:  Thebani /jor^/m  cives 
officiosi  sunt,  partim  maxime  quieti,  die  Theb.  sind  theils  dienstfertige, 
theils  sehr  ruhige  Bürger.,  iür  tum  —  tum,  da  von  allen  Thebanern 
Beides  gesagt  wird.  —  Tum  auS  partim  folgen  zu  lassen,  ist  gegen  den 
bessern  Gebrauch. 

Partire,  theil.e?i ,  ist  in  der  activen  Form  nur  A.  L.  für  partiri  als 
Deponens;  aber  das  Partie,  partitus  hat  fast  \\\xt  passive  Bedeutung, 
getheilt,  abgetheilt. 

Purum ,  was  nicht  zu  verwechsein  ist  mit  paulum  (paullum).,  be- 
deutet Kl.  und  auch  sonst  fast  nur  z7i  wenig,allzu  wenig,  nicht  genug, 
aber  nicht,  wie  im  N.  L.  so  oft,  blos  wenig,  und  ist  gleich  noji  satis 
oder  minus.  Uim  steht  nimium,  %ti  viel,  entgegen  und  zwischen  beiden 
liegt  satis,  genug.  Daher  sagt  Cicero  (Orat.  22):jnagis  ofFendit  nimium, 
quam  parum,  das  Zuviel  missfällt  mehr,  als  das  Zuwenig.,  und  (ib.  53, 
178)  :  in  hoc  genere  nimium  quod  est  offendit  vehementius,  quam  id, 
quod  videtur /jß/-?/?«,-  luv.  1,  1  zuerst  purum  prodesse  und  nachher  ni- 
miwm  obesse,  und  Fam.  VlI,  13  quod  parum  mihi  constans  et  nimium 
cupidus  decedendi  viderere.  —  Daher  bedeutet  parMm  est,  es  genügt 
nicht ,  gleich  non  satis  est;  parumne  est?  genügt  es  nicht?  (Cic.  Sest. 
14,  32);  parum  multi,  allzu  (gar  zu)  fFenige  (Cic.  Plane.  7,  18)  ;  pa- 
rum  multa,  allzu  Weniges,  nicht  genug  (Tusc.  V,  37,  \(}7);paru7n  diu., 
nicht  allzu  lange,  d.  h.  allzu  kurz.  —  Falsch  sagt  daher  Heyne  (Praef. 
Virg.  T.  I,  p.  29):  parum  aut  nihil,  und  Schütz  und  viele  Andere:  ad 
setisum  parum  interest,  für  non  multum  oder  non  magnopere ,  weiche 
beide  ivenig  bedeuten;  ausserdem  auch  paulum,  minus;  z.  B.  tcenig 
genau,  minus  oder  no7i  satis  accuratus.  —  Ferner  heisst  nicht  wenig 
—  multum  oder  steigernd  non  minimum  (Cic.  Att.  XIV,  13,  3  nos  cum 
multum  litterae,  tum  non  minimum  Idus  quoque  Martiae  consolantur), 
nicht  aber  non  oder  huud  parum,  welche  beide  erst  N.  Kl.  und  selten 
vorkommen.  Im  A".  L.  aber  sind  sie  häufig;  es  schrieb  z.  B.  Einer: 
hau d  parum  impedit  locum  latini  interpretis  versio  ;  ebenso  Bergmann 
(Praef.  Ruhnk.  Opusc.  p.  XXXIl) :  non  parum  iuvidiae,  für  multum^ 
und  Mahne  (Crito  p.  246):  haud  parum  detrimenti  litteris  attulit.  — 


572 

Ein  wenig  heisst  paul?/m,  z.  B.  Cic.  (Rep.  11. 13):  n pavlum  (ein  vjenig) 
ah  illa  consiietiidiiie  sunt  revocandi ;  —  sehr  weji ig  heisst  admodum 
nihiL  niclit  parujn  admodum  (Sadolet.  Ep.  II,  12);  —  trie  wenig  heisst 
nicht  quam  partim,  sondern  c/uafn  non  (Cic.  Tnsc.  II,  7,  ]7  quam,  hoc 
iion  curo),  quam  nihil,  quam  non  multuni  (Cic.  Orat.  III,  51, 197),  quan- 
tuni,  quantulum  (Cic.  Att.  III,  9,  4);  —  so  wenig  heisst  adeo  non  (Cic. 
Att.  VI,  9,  3),  tantulum^  usque  eo  non  (Cic.  Tnsc.  III,  12,  27),  nicht 
tarn  purum;  —  so  wenig  Etivas  heisst  nicht  tum  purum  aliquid. ,  son- 
dern sie  nihil  (Cic.  Farn.  XII,  9,  1) ;  —  so  wejiig  treder  —  ?ioch  heisst 
mcht  ta?n  paru7n  neque —  ?ieque ,  sondern  ita  neque  —  neque  (Cic. 
Rose.  Am.  29,  82);  —  so  ivenig,  dass — ,  ita  non,  ut  (Cic.  Farn.  VII,  1,  3. 
Fin.  II,  7,  22),  usque  eo  non,  ut  (Cic.  Sest.  51,  llü.  Rose.  Ära.  15,  45), 
adeo  non^  ut  etiam  (Cels.  Med.  II,  10),  nicht  ita  oder  tam  oder  adeo 
purum,  ut ,  wie  Ernesti  (Opusc.  orat.  p.  172)  sag^trquis  adeo  purum 
humanus  est.  —  Wenn  Einig^e  bei  Sali.  (Jug.  %b purum  idfacio)  purum 
blos  durch  wenig,  gering,  gleich  pur  vi,  erklären,  so  spricht  das  gleich 
darauf  folgende  satis ,  welches  dem  partim  entgegensteht,  dagegen. 
Aber  vielleicht  vermuthet  Madvig  (Cic.  Fin.  p.  781)  richtig,  dass 
^fl/T«  ?c?/ac?o  gelesen  werden  müsse,  da  partim  durchaus  falsch  sei. 

—  Wie  vielfältig  im  Gebrauche  des  Wortes  purum  gefehlt  werde, 
zeigen  theils  die  bisher  angeführten  Beispiele,  theils  folgende  Redens- 
arten, die  ich  gerade  fand:^o/7/w  (für  leviter)  aegrotare;  purum  at- 
tingere,  für  breviter ,  leviter ,  pattcis  verbis  u.  a.,  je  nach  dem  Sinne; 
purum  exspectare  u.  a.,  für  paulisper ,  parumper ;  purum  curare,  sich 
wenig  kümmern,  wofür  Terenz  sagt  parvi  curare;  purum  laborare,  für 
71071  mugnopere  laborare  u.  a.  m. 

Parum  in  Verbindung  mit  abest  und  folgendem  quin  oder  ut,  es 
fehlt  we?iig,  duss  — ,  ist  N.  L.  und  ohne  alte  Auctorität  für  non  multuni 
abest,  quin  —  (Caes.  B.  C.  II,  35,  4)  oper  paulum  (pnullum)  abest,  quin 

—  (Caes.  B.  C.  II,  35,  2.  Sueton.  Calig.  34  n.  Nero  28),  was  mit  jenem 
irrig  verwechselt  wird,  oder  für  prope  est,  ut  — ,  was  Livius  in  glei- 
chem Sinne  braucht.  Vgl.  auch  Abesse.  —  Im  N.  L.  aber  ist  Nichts 
häufiger,  als  purum  abest,  quin  oder  tit  — ;  Beides  findet  sich  sogar 
oft  in  Gesner's  latein.  Lucian.  Aber  auch  3Ianutins  sagt  (Epist.  111,13): 
parum  abest,  qtiin  vehementer  invideam,  und  Muret.  (Oper.  T.  I,  p. 
377):  purum  absit,  quin  ipse  —  fateatur,  wo  Frotscher  bemerkt:  Nemo 
Latiuorum  dixit  purum  abest ,  quin  pro  7ion  tnultum  übest,  quin.  Cf. 
adn.  meam  ad  Quintil.  X,  1,  130,  —  und  so  noch  einigemal;  noch  häu- 
figer aber  findet  es  sich  bei  den  Neuern.  —  Ferner  ist  es  N'.  Kl.  (z.  B. 
beim  Jüngern  Plinius),  parimi  est,  es  getiügt  tiicht ,  mit  tit  zu  ver- 
binden; z.  B.  Plin.  (Paneg.  60):  purum  est.,  ut  in  curinm  venias,  für 
quod  —  venius,  oder  mit  dem  Accus,  c.  Inf.,te  venire.  —  Endlich  ist 
N.  L.  purum  vor  einem  Comparat.,  für  paulo-;  daher  sagt  JMahne  (Crito 
p.  257)  lächerlich:  in  re  litteraria  asino  purum  solertior  eram.  Vgl. 
übrigens  über  purutn  Döderlein's  Synon.  Th.  I,  p.  146.  Grotefend's 
Comment.  p.  276.  Hand's  Lehrb.  p.  136  u.  p.  155  und  was  GraufF  zu 
Bunelli  Epist.  p.  684  gesammelt  hat. 

*  Aufl'allend  ist  es,  dass  in  den  Grammatiken /jarwm  abest,  quin  —  von  alten 
Zeiten  her  aiifg-efülnt  und  durch  Sueton.  (Aug-.  28)  als  vorkommend  erwiesen 
■wird.  Aber  dort  findet  sich  Nichts  von  dieser  Redensart,  wohl  aher  in  Nero  28, 
wo  jedoch  nicht  parum,  sondern  paullum  ahcst  steht;  iür  parum  wird  aber  dadurch 
Nichts  bewiesen.  Dieser  Sclireibfeliler  (wo  er  zuerst  steht,  weiss  ich  nicht)  ist 
aus  .einem  Buche  in  das  andere  übergegangen. 


573 

Pannnper  ist  in  der  Bedeut.  ein  wenig  (in  quantitativem  Sinne) 
N.  L.  für  paiduni,  paululum^  da  es  nur  von  der  Zeit  zu  verstehen  ist 
und  ei7ie  kurze  Zeit  bedeutet;  z.  B.  ei7i  wenig,  d.  li.  nicht  lange  warten^ 
parumper  esspectare,  wo  auch  paulum  richtig  ist. 

Partus ,  klein,  gering.  Der  Superlativ  heisst  Kl.  und  später  im- 
mer nur  niini/nus ,  da  die  ^.  Z-.  Form  parvissimus,  welche  der  Dich- 
ter Lucrez  dreimal  gebraucht  hat  (wiewohl  er  öfter  minimus  sagt), 
nachher  für  die  Scliriftsprache  ganz  veraltet  war;  in  der  Volkssprache 
aber  scheint  sie  geblieben  zu  sein,  da  Sp.  L.  noch  parvissi?ne  vor- 
kommt. —  Das  Adject.  parvus  aber  bezeichnet  nicht  die  kleine  Statur 
eines  Menschen;  man  sagte  nicht  parvus  homo ,  ein  kleiner  Mensch, 
sondern  brevis  (Cic.  Orat.  11,60,245  brevior  ipse  quam  testis,f/er 
selbst  noch  kleiner ,  als  der  Zeuge  war),  oder  statura  brevis  (Qninh'l. 
II,  3,  8),  oder  p2(sillus,  perpusiilus  (ib.),  sowie  gross  —  longus ,  nicht 
?nag?it/s  hiess;  daher  sagt  Cic.  (Inv,  I,  24):  longus  an  brevis,  ob  gross 
oder  klei?i ;  auch  kann  man  sagen  homo  brevis  staturae ,  humilis  sta- 
turae,  via.'  statura  humili  et  corpore  exiguo  (Corn.  Nep.  Ages.  8).  Nach 
dem  Auct.  ad  Herenn.  (IV,  34)  wurde  parva  statura  fälschlich  gesagt 
für  brevis  statura.  Und  so  heisst  auch  die  kleine  Statur  geradezu  bei 
Caes.  (B.  G.  II,  30)  brevitas.  Vgl.  Magnus.  —  Man  merke  aber,  dass, 
sowie  wir  neugeborne  Geschöpfe  nach  der  Geburt  eine  Zeit  lang  die 
Kleinen  nennen,  so  auch  die  Lateiner  purvi,  nicht  breves  sagen;  vgl. 
Cic.  Fin.  III,  5,  IG  u.  a.  —  Kleine  Buchstaben  heissen  selten  parvae 
litterae,  häufiger  minutae  litt,  oder  litterulae.  —  Selten  sagt  manparvo 
labore  (7iegotio),  tnit  geringer  Miihe,  öfter  geradezu  nullo  /abore,  nullo 
negotio.  Vgl.  Negotium.  —  N.  L.  ist  der  Genit.  parvi  in  der  Bedeut. 
wohlfeil,  um  einen  geringen  Preis.,  bei  Kauf,  Verkauf  u.  dgl.,  für  parvo. 
Falsch  ist  z.  B.  parvi  istam  domum  emisti  (vendidisti)  ,  für  parvo.  — 
X]  eher  parvi  pender  e  vgl.  Pendere.  —  Bei  den  Redensarten  a  parvo, 
a  parvulo  und  a  parvis ,  a  parvulis ,  von  Kindheit  an,  welche  seltner 
sind,  als  a  puero  und  a  piieris,  merke  man,  dass  der  <S'/;/^.  nur  von  Ei- 
nem, der  Plur.  aber  nur  von  Mehrern  gebraucht  wird.  Vgl.  Puer. 

Pascere  se,  sich  weiden,  sich  nähren,  in  eigentlichem,  und  in  der 
Bedeut.  seine  Freude  haben, finden  in  bildlichem  Sinne,  ist  D.  L.  für 
pasci,  aber  richtig  mit  einem  andern  Objecte,  aJiquem ,  z.  B.  animumy 
oculos  pascere.,  die  Seele,  die  Augen  weiden  in  bildlichem  Sinne;  und 
so  heisst  auch  pastus  atiimi —  die  Seelenweide  (Cic.  Tusc.  V,  23,  66). 

Pascha,  das  neue  Wort  für  Osterfest,  geht  bei  allen  kirchlichen 
Schriftstellern  nur  nach  der  ersten,  nicht  nach  der  dritten  Decün.,  wie 
es  wohl  Dichter  brauchen  und  wie  es  oft  im  A^.  L.  vorkommt.  Man  sage 
also  im  Genit.  mcht  pasch atis,  sondern  paschae.  Vgl.  Heusing.  Emendd. 
p.  446.  —  N.  L.  ist  der  Name  Paschalia,  welcher  neben  den  alten 
heidnischen  Festnamen  auf  a//a  nicht  zu  verworfen  ist,  zumal  da  das 
Adject.  paschalis  gebräuchlich  war. 

Passibilis ,  der  Empfindung ,  des  Leidens  fähig ,  ist  Sp.  L.  für  pa- 
tibilis,  und  ebenso  in  der  Bedeut.  erträglich,  für  tolerabitis. 

Passim,  welches  weit  und  breit ,  überall,  an  allen  Orten  bedeutet, 
wird  im  N.  L.  ganz  gewöhnhch  in  der  Bedeut.  hie  und  da,  hier  und 
dort,  nicht  selte?i  gebrauclit,  was  es  bei  den  Alten  nie  bedeutet;  man 
sage  dafür  hie  illic,  nonnullis,  aliquot,  multis  locis,  ?ion  semel,  non  raro, 
oft  auch  leviter.  Beispiele  vom  falschen  Gebrauche  des  Wortes  passim 


574 

finden  sich  häufig  in  den  Anmerknn;2:en  der  Ausleger.  Auch  Wolf  er- 
wäliiit  es  in  den  Analect.  (Tli.  1,  p.  489)  als  falsches  Latein. 

Passio  ist,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  Sp.  L. ;  in  der  Bedeut.  Er- 
duldimg, für  perpessio;  in  der  Bedeut.  Leidenschaft,  Begierde,  für  cu- 
piditas,  animi  offectio  u.  a. 

Passivus,  leidend  u.  a.,  ist  Sp.  L.  und  meistens  durch  patiens  oder 
das  Verb,  pat i zn  übersetzen;  nur  in  der  Grammatik  kann  es  als  altes 
Kunstwort  beibehalten  werden.  Uebrigens  sagt  Quintilian.  (1,6,10) 
für  verbttm  passivum  —  verhum.,  quod  habet  natiiram  patiendi. 

Pastor  ist  im  N.  L.  die  gewöhnlichste  Benennung  für  den  Geist- 
lichen; in  guter  Prosa  ist  sie  aber  ganz  zu  vermeiden.  Andere  bessere 
Wörter  s.  unter  Concionator.  —  Noch  vor  Kurzem  erschien  eine  Schrift 
de  officio  et  conditione  pastoris  rusticani  (eines  Landgeistlichen). 

Pastns ;  vgl.  Pascere. 

Pater,  der  Vater.  Falsch  ist  patris  fraier  vom  Oheim  väterlicher 
Seite  in  Beziehung  auf  den  Sohn,  für  patrutis ,  und  patris  soror  von 
der  Tante  väterlicher  Seite,  für  amita.  —  Der  Vatermörder  heisst 
nicht  geradezu  parricida  (paricida)  ,  da  dieses  zwar  zunächst  und  !>e- 
sonders  den  Vatermörder  bedeutet,  aber  meistens,  wie  parricidiuniy 
eine  sehr  allgemeine  Bedeutung  hat,  sondern  patris  interfector.  —  Der 
Haus-  oder  Familienvater  heisst  gleich  gut  pater  familiae  und  pat. 
familias ,  welche  alte  Genitivform  sich  erhielt;  vgl.  Th.  I ,  §.  15.  — 
Zweifelhaft  ist  patris  loco,  an  Vaters  Statt  (Stelle),  inv  parentis  loco. 

Sehr  selten  wird  auch  pater  in  bildlichem  Sinne  für  unser  Urheber ^ 

Erzeuger,  Gründer  gebraucht;  meistens  steht  dafür  parens.  Daher 
sagt  man  nicht  pater  urbis,  sondern  parens  urbis  (Cic.  Divin.  1,2); 
mc\\i  pater  philosophiae,  sondern  parens  phil.,  wie  bei  Cicero  (Fin. 
II,  1)  Socrales  heisst,  wiewohl  er  (Orat.  II,  3, 10)  den  Isocrates  pater 
eloquentiae  nennt;  auch  sagt  man  nicht  ;>«/er  mundi,  sondern  parens 
hujus  universitatis  (Cic.  Tim.  2)  mit  vorgesetztem  quasi,  und  omnium 
rerum  —  parens  mit  dem  Zusätze  ut  ita  dicam  (Cic.  N.  D.  11,34). 
Nur  wo  die  Vergleichung  mit  einem  Familienhaupte  nahelag,  erlaubte 
man  sich  den  Gebrauch  des  Wortes  pater.,  wie  Cicero  (N.  D.  III,  9,  23) 
den  Zeno /^o/e/' Stoicorum  nennt.  —  Was  hier  über  den  bildlichen  Ge- 
brauch bemerkt  ist,  verdanke  ich  Firn.  D.  Dietrich.  Vgl.  auch  Mater.  — 
Endlich  heisst  der  Stammvater  nicht  pater  stirpis ,  sondern  auctor 
gentis  oder  generis. 

Patere  in  Verbindung  rait/oras brauchte  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  936) 
von  der  Tugend,  in  der  Bedeut.  nach  aussen  hin  streben  ,  sich  7>ack 
aussen  zeigen,  —  virtus,  quaeforas  patet ;  aber  Ruhnken  bemerkt:  Re- 
ctius  scripsisset,  quaeforas  spectat,  ut  Cicero,  quem  imitatur,  apud  Non. 
Marceil.  Jnstitia  foras  spectat,  et  projecta  tota  est,  atque  eminet. 

Paternus,  väterlich,  ist  fast  nur  was  den  Vater  angeht,  vom  Vater 
herrührt,  des  Vaters  ist,  während  patrius  mehr  das  ist,  was  die  Vor- 
eltern angeht,  das  Vaterland  betrifft.  Und  so  wird  jenes  paternus,  so- 
wie malernus^  in  der  Redensart  vo?i  väterlicher  Seite,  väterlicher  Seits 
gebraucht;  z.  B.  avus  paternus,  der  Grossvater  von  väterlicher  Seite. 
Vgl.  Maternus.  —  Dalier  heisst  auch  die  väterliche,  d.  h.  des  VaterS 
Liehe.,  amov  paternus ,  nicht  amor  patrius ,  welches  den  allgemeinem 
Sinn  hat:  Liebe,  wie  sie  ein  Vater  haben  muss  —  und  so  ähnliche 
Verbindungen. 


575 

Potescere,  offenbar  weTden,  gleich  pateßeri,  findet  sich  zwar 
nur  einmal  bei  Cic.  (Pliil.  XIV,  6,  16),  wo  es  von  Orelli  bezweifelt 
wird,  aber  doch  bei  Livius,  und  ist  nicht  zn  verwerfen. 

Patheticus,  pathetisch,  affectvoll,  ist  zu  Sp.  Z.,  als  dass  es  gehrauclit 
werden  könnte,  für  cotnmovens,  coTicitans  oder  umschrieben  durch  qua 
re  concitantur,  coinmoventur,  perturbantur  animi. 

Puti  bedeutet  nur  etwas  Unang^enehmes  leiden,  erdulden,  ertrageti, 
sei  es  nun  willig  und  geduldig,  oder  unwillig  (aegre)  und  ungeduldig 
(wie  nach  Livius  XXII ,  41  Hannibal  den  erlittenen  Schaden  ertrtig, 
damm/.m  aegerrime  pass?is  est ,  welche  Stelle  man  falsch  verstanden 
und  geniissbraucht  hat):  aber  im  N.  L.  wird  es  gebraucht  wie  unser 
Mtwas  leiden,  in  der  Bedeut.  haben,  begegnen ,  widerfahren ,  erleiden, 
d.  h.  von  Etwas  betroffe?i  werden,  in  welchen  Bedeutungen  pati  falsch 
angewandt  wird;  z.  B.  pati  damnum,  detrimentum ,  Schaden,  Verlust 
leiden,  iürfacere  (daher  damnum  factum,  der  erlittene  Schade?i;  Cic. 
Fam.  X,  28,  3  magnum  damnum  factum  est  in  Servio,  ein  grosser  Ver- 
lust, Schaden  ist  erlitten  2vorde?i),  contrahere  damnu?n ,  affici  damno; 
facere  oder  accipere  detrimentiwi,  und  in  der  Senatsformel  capere  de- 
trimentum (ne  quid  detrimenti capiat  resptibl.).  —  Falsch  ist  pati  cala- 
mitatem,  Unglück  leiden  ;  cladempati,  eine  Niederlage  erleide?! ;  incom- 
modum  pati,  Nachtheil  erleiden ,  für  accipere  calam. ;  auch  capere  in- 
commodum,  afßci  incommodo ;  —  falsch  ist  ferner  pati  jacturam,  Verlust 
erleiden ,  für  facere ,  accipere  jact. ;  pati  naufragium ,  Schiffbruch 
leiden,  für  facere  naufragium  ;  poefias  pati,  Strafe  leiden,  d.  h.  gestraft 
werdefi,  für  poenas  dare.  —  Cicero  sagt  zwar  pati  injuriam,  Unrecht 
leiden,  aber  in  dem  Sinne  des  Ertragens ;  U?irecht  erleiden  heisst  bei 
ihm  accipere  injuriam,  während /ßcere  injuriam  —  Unrecht  zufügen 
bedeutet.  Dagegen  brauchte  M.  Antonius,  Cicero's  Feind,  contumeliani 
facere  in  der  Bedeut.  Beschimpfung  erleiden,  beschimpft  werden,  für 
accipere  contumeliam,  affici  contumelia,  weswegen  ihn  Cicero  (Phil. 
III,  9)  tadelt  und  sagt:  Quid  e%ifacere  contnmeliatn?  quis  sie  loquitur? 
nonne  satins  est  rautum  esse,  quam  quod  nemo  intelligat  dicere?  — 
Und  so  brauchte  auch  N.  Kl.  Columella  (R.  R.  L.  I.  praef.  11)  ja- 
cturam pati  für  facere  oder  accipere  jacturam,  und  Sp.  L.  Lactanz  (I, 
21,  33)  famem  pati,  in  der  Bed.  Hunger  erleiden,  haben,  für  fame  la- 
horare,  premi,  confici.  —  Auch  sage  man  nicht  mortem  pati,  den  Tod  er- 
leiden, für  mori  u.  a.;  nicht  dolores  pati,  Schmerzen  erleiden,  empfinden, 
für  doloribus  affiictari,  laborare  (es)  aliqua  re  u.  dgl.  Ueberhaupt  heisst 
leiden  an  Etwas,  z.  B.  am  Kopfe,  an  den  Augen,  an  den  Füssen  u.  dgl., 
\\\e  pati,  sondern  laborare.  —  Selten  ist  auch  libenter  aliquid  pati  in 
der  Bedeut.  Etivas  gern  ertragen,  für  ferre  aliquid  non  moleste,  ferre 
oder  sustinere  facile ;  gut  aber  ist  libenter  pati  (Cic.  Phil.  XII,  "^^^gern 
zulassen,  zugeben,  neben  dem  ^ewöhwMchen  facile  pati.  Vgl.  Cic.  Tusr. 
V,  6,  15.  Süll.  1,  1.  Rep.  II,  15,  29.  Fin.  V,  20,  56.  —  Gut  ist  hoc  dila- 
tionem  patitur,  das  leidet  Aufschub  (Liv.  I,  14;  XXI,  52) ;  tempus  pa- 
titur,  die  Zeit  leidet  es ;  dignitas  mea  non  patitur,  mein  Ansehen  leidet 
es  nicht  —  und  ähnliche  andere.  —  Endlich  merke  man,  dass  unser 
lassen  mit  einem  reflexiven  Infinit.,  z.  B.  sich  überreden ,  sich  ab- 
schrecken, sich  bewegen  lasseii  und  ähnl.,im  Latein,  weder  durch  pati., 
noch  durch  sinere  mit  dem  Infin.  übersetzt  wird,  sondern  ohne  diese 
durch  die  Passiven  persuaderi ,  deterreri,  commoveri.  Vgl.  Klotz  Sin- 


676 

tenis  p.  123.  Dietrich  Sintenis  p.  38  und  Hand's  Lehrb.  p.  252,  sowie 
über  den  falschen  Gebranch  von  /;«// Sciopp.  de  stylo  p.  85  und  Infam. 
p.  63  n.  p.  221. 

PatibiUs  ist  in  der  Bedeut.  erträglich  ein  mehr  philosoph.  Wort 
bei  Cic.  (Tusc.  IV,  23,  51)  für  die  häufig  vorkommenden  tolerabift's, 
fere7idas;  in  der  Bedeut.  für  Etwas  empfänglich  steht  es  zwar  nur  ein- 
mal bei  Cic.  (N.  D.  III,  12)  von  der  Natur,  ist  aber  sehr  passend. 

Patiens  ist  in  der  Bedeut.  Patient.,  Kranlier  N.  L.  für  aeger, 
aegrotiis. 

Patientia ,  die  Geduld.  —  D.  L.  ist  'patientiam  habere  cum  aliquOy 
Gedi/Id  mit  Einem  haben,  für  aliqiiem  patienter  ferre. 

Patrare,mac}ieny  verrichten,  zu  Ende  bringen,\Q\x\vt\i  zwar  bei 
Sallust.  vor,  aber  bei  Cicero  nur  einmal  (Att,  I,  14  extr.  promissa  pa- 
trare), vielleicht  absichtlich,  bei  Caesar  gar  nicht  und  bei  Livius  imr 
einigemal,  mehr  A^.  Kl.  bei  Vellejus,  Tacitus  und  Florus;  es  werde  da- 
her durch /öce/e,  conficere  u.  dgl.  vermieden,  da  es  ein  altes, gemeines 
Wort  zu  sein  scheint. 

Patriciatus,  das  Patriciat,  findet  sich  zwar  erst  N.  Kl.  bei  Sueton., 
ist  aber  für   den  Begriff  Kl.  und  einzig.    Vgl.  Weber's  Uebungssch. 

p.  410. 

Patriota  (aus  dem  Griech.)  kommt  nirgends  bei  einem  Alten  vor, 
erst  A^.  L.  theils  in  der  Bedeut.  Freund  des  Vaterlandes ,  für  patriae 
amans,  qui  de  re  ptiblica  bene  sentit  u.  a.,  theils  in  der  Bedeut.  Lands- 
mann.,  für  papillaris  u.  a.  Vgl.  Conterraneus. 

Patrius,  vaterländisch  oder  von  den  Vätern,  den  Voreltern  stam- 
?neW,  ist  bisweilen  verschieden  \on  paternns ;  \g\.  dieses  Wort.  — 
Man  sagt  zwar  serrno  patrius,  wo  wir  sagen  die  Miitter spräche  (vgl. 
MaterJius),  aber  nie  hngua  patria.  —  f^nr  P.L.  scheint  ein  Dat.  nach 
griech.  Art  (bei  naTui^iog)  damit  verbunden  statt  eines  Genit.,  ab- 
hängig vom  Substantiv,  wie  z.  B.  patrius  genti  timor,  für  gentis ;  patria 
Türiis  formido,  für  Tyrioriim.  So  braucht  einigemal  den  Dat.  Mahne, 
z.  B.  (Crito  p.  305)  sermo  cuivis  popt/lo  patrius,  für  cujusvis  populi. 

Patrocinari  mit  dem  Dativ,  alir.ui.  Einen  oder  Ettvas  in  Schutz 
nehmen,  beschützen ,  beistehen.,  findet  sich  nur  J.  L.  bei  Terenz  und 
N.  Kl.  nur  beim  altern  Plinius  und  einmal  bei  Qnintil.;  es  werde,  weil 
es  so  selten  ist,  vermieden  durch  patrocim'u?n  alicui  praestare ,  alicui 
adesse,  praesto  esse,  patroimm  esse  u.  a. 

Patronus  und  patrona,  Schützer,  Beschützer,  von  Göttern  und 
Göttinnen  und  Heiligen,  findet  sich  nirgends  bei  den  Alten;  im  N.  L. 
aber  kommt  es  vor,  iür  praeses,  custos,  deus  (dea),  qui  (quae)  templo, 
genti,  terrae  praesidet ;  —  später  sagte  man  deus  tutelaris.  Vgl.  Schori 
Phras.  p.  651.  —  Das  Subst.  patronatus ,  das  Patronat ,  kommt  erst 
Sp.  L.  bei  den  Juristen  vor,  für  patrocinium ,  jus  patroni.  Vgl.  We- 
ber's Uebungssch.  p.  284. 

Paucus,  a,  um,  wenig,  kommt  im  Sing,  fast  nicht  vor  und  werde 
nicht  gebraucht.  W  enn  Florus,  ich  weiss  nicht  wo,  pa?/ca  manu  gesagt 
haben  soll,  so  wäre  parva  manu  besser  gewesen;  ähnlich  fand  ich 
neulich:  paucam  fere  ac  mancara  operam  —  impendi,  für  parvam,  exi- 
puam. A^.  L.  ist  es,  wenn  man  unser  einzelnes,  absolutes  kurz,  wo- 
mit man  in  der  Rede  forteilt  und  andeutet,  man  wolle  mit  wenigen 
W^orten  seine  Meinung  sagen,  durch  paucis  oder  paucis  verbis  aus- 


577 

drückt.  Vgl.  darüber  unter  Bretts.  —  A^.  L.  ist  es  aucli,  wenn  Görenz 
(z.  Cic.  Fin.  p.  326)  sagt:  Paucis  a?ite  peccat  Ernestiana,  und  ander- 
wärts paitcis  deinde,  für  paulo  ante  und  paulo  post.  —  Wo  wir  sagen: 
wie  Wenige  gibt  es,  welche  —  und  ähnliche,  sagt  man  latein.  meistens 
quotusquisque  est,  qui — ,  selten  quam  paitci  sunt.  —  Auch  ist  pauci 
kein  Beiwort  von  copiae ,  die  Truppen,  wesshalb  man  auch  nicht  sagt 
paucitns  copiarum,  die  Wenigkeit  der  Truppen.  Vgl.  darüber  Copia. — 
Erst  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  und  Quintii.  finden  sich  die  Redens- 
arten in  paucis  und  inter  paucos  mit  einem  Adject.  entweder  im  Posit. 
oder  Snperlat.;  z.  B.  bei  Plin.  {^.H.WX,i):  in  paucis  digna  res  est,  de 
qua  plura  dicantur;  ib.  XXVII,  7,28  absinthium  — herba  ifiter  paucas 
utilissi7na;  bei  Quint.  (X,  3,  13) :  inter  paucos  disertus  — ,  welche  Re- 
densarten auch  im  N.  L.  gebraucht  worden  und  nicht  zu  verwerfen 
sind,  wiewohl  die  Kl.  Schriftsteller  sich  mit  dem  Superlat.  begnügen. 

Paulisper  (pauUisper)  ist  in  der  Bedeut.  ein  wenig ,  wenn  es  nicht 
ein  Weilchen  bedeutet,  N.  L.  für  paulu?n  oAer  paululum ;  es  bedeutet 
nur  auf  eine  kurze  Zeit,  ein  Weilchen.  Falsch  sagt  daher  Freinsh. 
(Supplera.  Curt.  I,  3):  postquara  deinde  aetas  et  ingemnm  pauUisper 
adolevit. 

Paulus  (paullus),  a,  um,  klein,  gering,  ist  als  Beiwort  mit  einem 
Subst.  verbunden  nur  ^.  und  P.  L.  für  parvus.  Dagegen  kommt  puul- 
lum  im  Accus,  und  paullo  im  Abi.  für  sich  aliein  oft  vor,  paullum  aber 
fast  nur  in  der  Bedeut.  etwas,  ein  wenig,  um  ein  Adject.  oder  Verbum 
näher  zu  bestimmen,  oder  als  Subst.  mit  einem  Genit.;  der  Abi.  paullo 
in  der  Bedeut.  um  ein  Weniges,  ein  we?iig,  etwas  u.  dgl.,  gewöhnlich 
nur  bei  Comparativen,  z.  B.  paullo  major,  und  bei  ante  und  post,  z.  B. 
paullo  ante,  paullo  post;  auch  bei  Verben,  die  den  Comparativen  ähn- 
lich sind,  z.  B.  antecedere.  Man  achte  im  Schreiben  darauf,  mögen  auch 
einzelne  Beispiele  dagegen  sein,  wie  bei  Caes.  (B.  G.  VI,  9)  :  paullum 
supra  und  (B.  G.  VII,  51)  post  paullum,  für  das  gewöhnliche  paullo. 
Ebenso  wird  he\  Dichtern  paullum  mit  Comparativen  verbunden,  für 
paullo.  —  Man  sage  nicht:  ille  paullum  melius  locutus  est,  für  paullo ; 
nicht  paullum  ante  Ennii  mortem,  für  paullo;  nicht  paullo  mihi  arrisit, 
paullo  mecum  jocatus  est,  paullo  editi  loci,  für  paullum;  auch  nicht 
paullo  exspectare ,  opperiri ,  ein  ivenig ,  etwas,  d.  h.  ein  Weilchen  war- 
ten, für  paullum  oAer  pauhilum  oder  noch  gewöhnlicher  pauUisper 
oder  parumper.  —  In  der  Redensart /;a?///?/7n  abesse  folgt  das  davon 
abhängige  Verbum  mit  quin.  Vgl.  Parum  und  Weber's  Uebungssch. 
p.  337.  —  Uebrigens  ist  paululum  mehr  im  Gebrauche  als  paullum; 
aber  paullo  mehr  als  paululo. 

Pauper,  arm,  wird  nur  im  Gegensatze  von  reich  gebraucht,  nicht 
aber  dann,  wenn  man  Einen  oder  Etwas  wehmüthig  beklagt;  z.  B.  der 
arme  Mensch ,  die  armen  Menschen ,  das  arme  Italien  u.  dgl.,  nicht 
pauper,  sondern  gewöhnlich  miser  —  miser  homo,  miseri  homines,  mi- 
sera  Italia  (Cic.  Att.  VIII,  11,  4). 

Pauperies,  die  j4rmuth,  ist  meistens  P.  L.  für  paupertas. 

Pausa  ist  A.  u.  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  StiUstand,  Ende,  für  quies, 
Jinis,  und  das  Verbum  pausare  ist  ebenfalls  A.  u.  Sp.  L.  für  quiescere, 
flnire.  —  Eine  Pause,  d.  h.  Unterbrechung,  z.  B  von  einer  Stunde,  heisst 
nicht,  wie  man  es  im  N.  L.  ündet , pausa ,  sondern  mora,  cessatio,  in- 

37 


578 

tervalfum  ttnius  horae:  eine  Pause  in  der  Miisfk  heisst  nach  Cic.  (N.  D. 
11,58)  ff/stinctio;  eifie  Pause  im  Reden,  respiratio,  inora, 

Pavefacere,  in  Schrecken  setzen,  ist  nur  P.L.  für  terrere,  pavorem 
alicui  incutere,  injicere  u.  a. 

Pas ,  der  Friede.  Selten  ist  in  pace  vivere ,  in  Frieden  leben.,  für 
iranquille ^  otiose  vivere,  otio  perfrui.  Rednerisch  sagt  Plin.  (Paneg^. 
56,  4):  in  intimo  sinu  pacis  vivere.  —  Einen  in  Frieden  entlassen  heisst 
nicht /w /;ßce,  sondern  c«m  pace  aliquem  diinittere  (Cic.  Muren.  15); 
Einen  in  Ruhe  und  Frieden  lassen ,  aliquem  pacatum  esse  pati ;  ein 
tiefer  Friede,  summa  pas^  nicht  profunda,  selten  alta  pas,  was  Salhist. 
braucht.  Vgl.  Altus.  —  Die  Höflichkeitsforrnel  pace  tua  diserim  ist 
nur  da  anzuwenden,  wo  man  von  Jemandes  Meinung  abweicht  und  ihn 
tadelt,  nicht  aber,  wie  es  im  N.  L.  bisweilen  geschieht,  zur  Entschul- 
digung eines  beigefügten  Lobes;  es  enthält  den  Gedanken:  nimm  es 
mir  nicht  übel,  ich  bitte  um  Entschuldigung.  Vgl.  Wyttenbach  z.  Cic. 
Leg.  p.  488  ed.  Creuz. 

Peccare ,  fehlen ,  sütidigen.  Gut  ist  sogar  in  se  (ipsura)  pcccare, 
gegen  sich  siijidigen,  wider  sich  selbst  handeln,  gleich  in  se  admittere 
(nicht  committere). 

Peccator,  der  Sünder,  und  peccatrix ,  die  Si'mderin  —  in  ganz  all- 
gemeinem Sinne  —  kommen  erst  ganz  Sp.  L.  bei  christlichen  SchriHstel- 
lern  vor,  für  qui,  quae  peccat,  peccavit.  Hand  (Lehrb.  p.  142)  verthei- 
digt  diese  Ausdrücke,  da  sie  als  Personalwörter  auf  or  und  ix,  welche 
die  latein.  Sprache  liebe,  durch  ihre  Kürze  willkommen  seien.  Jedoch 
mögen  sie  lieber  vermieden  werden. 

Peccatum  wird  von  Einigen  zu  sehr  beschränkt;  es  ist  aber  jedes 
Versehen,  worin  es  auch  sei,  im  Denken,  Handeln  und  Verfahren,  gleich 
error;  daher  kann  es  auch  von  Fehlern  (Schnitzern) ,  die  man  im  Ge- 
brauche von  Worten  macht,  gesagt  werden,  wie  es  z.  B.  von  Sinn- 
und  Gedankenfehlern  bei  Cic.  vorkommt  (Tusc.  111,  20,  47) : /»awc/s 
verbis  tria  magna  peccata.  Vgl.  Anton.  Progr.  p.  50. 

Pectere,  kämmen.  Beglaubigt  ist  im  Perfect.  nur  die  Form  pext; 
drei  andere,  pexui,  pectui  und  pectivi,  sind  nur  von  Grammatikern  ge- 
muthmasst.  Vgl.  Struve  über  Declin.  und  Conjug.  p.  275. 

Pectus,  die  Brust,  kommt  in  geistigem  Sinne  selten  vor,  da  animus 
seine  Stelle  vertritt.  Es  erhielt  sich  nur  in  der  sprichwörtlichen  Re- 
densart toto  pectore,  mit  ganzer  Seele,  von  ganzem  Herzen.,  mit  Verben, 
wie  amare,  incumbere ,  cogitare  verbunden,  mit  und  ohne  den  Zusatz 
■ut  diciiur.  Vgl.  Cic.  Leg.  1,  18,  49.  Att.  XIll,  12.  Farn.  X,  10  u.  a.  — 
Wo  wir  bei  der  Stimme  und  Rede  dem  Redner  eine  starke  oder 
schtvache  Brust  zuschreiben,  brauchen  die  Lateiner  nicht  j!>ec///s,  son- 
dern latus  und  besonders  im  Plur.  latera;  und  so  findet  sich  bei  Ci- 
cero oft  bona  latera,  eine  starke  Brust,  nicht  robustum  pectus. 

Peculari,  bevortheilen,  findet  sich  nur  einmal  N.  Kl.  bei  Florus  mit 
dem  Accus,  rempublicam  verbunden,  für  das  Kl.  depeculari,  wiewohl 
peculatus  und  peculator  Kl.  sind. 

Peculiaris  beschränkt  sich  fast  nur  auf  den  Begriff  des  Eigen- 
thums  und  Besitzes,  und  bedeutet  eigenthümlich.  Dagegen  wird  es  im 
N.  L.  nur  zu  häufig  in  der  den  Alten  unbekannten  Bedeut.  abgeson- 
dert, besonder  gehraucht,  wofür  wir  auch  eigen  sagen,  für  singularis 
(Cic.  N.  D.  11,  29),  separatua  (Cic.  Att.  XIV,  17,  6  volumen  separ.)^ 


579 

propn'ue,  praecipuug ,  welches  letztere  dem  communis  entgegensteht, 
z,  U.  bei  Cic.  (Att.  XI,  14,  1):  nie  cmn  comniunibus,  tum  praecipufs  (ei- 
genen, nicht  peculiaribus)  maJis  oppressiim,  Vä:l.  Matthiae  z.  Cic.  Epist. 
p.  238.  —  Ebenso  wird  das  Adv.  peculiariter  nicht  in  der  Bedeut. 
einzeln,  besonders  gebraucht,  für  singillntim,  separatim,  proprte;  vgl. 
darüber  Matthiae  Cic.  Sest.  16,  37. —  Man  sage  also  nicht,  wie  Berg- 
mann (z.  Ruhnk.  Opusc.  T.  1)  :  de  quo  videatur  peculiaris  Ruhnkenii 
disputatio ;  nicht  ea  de  re  peculiarem  lihrum  scripsit;  nicht  de  ea  re 
peculiariter  disseruit,  sondern  singularis  oder  separata  disputatio.  sin- 
gularem  oder  separatum  librum,  separatim  disseruit.  Vgl.  Weber's 
Uebungssch.  p.  91. 

Pecunia,  Geld,  werde  vorsichtig  gebraucht ,  da  es  nicht  eitizehies 
Geld,  sondern  Geld  im  Allgemeinen,  Geldvorrath ,  einen  Haufen  Geld 
im  Gegensatze  zu  andern  Gütern,  oder  eine  Geldsumme  bedeutet;  — 
Geld  oder  Geldstücke,  die  man  bei  sich  hat,  sind  nur  numi ,  numuli. 
Daher  heisst  z.  B.  Geld  bei  sich  haben,  numos  secum  habere ,  nicht  pe- 
cuniam;  Geld  geben,  numos  dare  (Cic.  Att.  I,  \(y,  13);  Geld  vertheilen, 
numos  dividere;  etwas  Geld,  numorum  aliquid,  aliquot  7iumos;  ziem- 
lich viel  Geld,  aliquantum  numorum  (Cic.  Cluent.  64).  —  IJm  Geld 
bitten  heisst  wicht  pecuniam  rogare ,  orare  ^  obsecrare ,  sondern  pecu- 
niam  oder  numos  poscere  oder  ßagitare ;  von  seinem  Gelde  Etwas 
kaufen  u.  dgl.,  aere  suo  emere ;  Geld  zusammenbringen,  pecuniam  con- 
flcere  (Cic.  Rull.  II,  13.  Verr.  I,  52).  Baares  Geld  ist  pecunia  prae- 
setis  oder  fiutnerata ;  Geld  baar  auszahlen ,  pecuniam  repraesentare^ 
und  als  Subst.  repraesentatio.  —  Nach  Zumpt  (zu  Cic.  Verr.  T.  I, 
p.  70)  wird  der  Plur.  pecuniae  nur  in  Bezug  auf  mehrere  Menschen 
gebraucht,  der  Si7ig.  dagegen  in  Bezug  auf  Einen.  —  N.  L.  ist  pe- 
cunia pusilla  bei  Burmann.  (Petron.  p.  380  unde  tam  pusilla  pecunia 
confecta  sit).  —  Ueber  multa  pecunia  vgl.  Multus,  und  über  pecunia 
falsa  vgl.  Falsus  und  Moneta. 

Pedantismus;  vgl.  Paedantismus. 

Pedatus  oder  pedatum,  der  Angriff,  steht  nur  A.  L.  bei  Plautus 
und  Cato,  und  zwar  bei  Beiden  tertio  pedatu  (o),  beim  dritten  Angriffe. 
Diese  Worte  braucht  Hemsterhuis  (Oratt.  p.  171),  ohne  alle  Bezie- 
hung auf  Kampf  und  Krieg,  von  einem  Gelehrten:  tertio  pedatu  de 
diis  paredris  volumen  composuit ,  wodurch  der  dritte  schriftstelle- 
rische Versuch  bezeichnet  werden  soll.  Ahme  solche  Künstelei  nach, 
wer  will. 

Pedester,  stris,  stre,  den  Fussgänger  betreffe?id.  Mag  auch  bei  einem 
Subst.  gen.  mascul.  bisweilen  die  weibliche  Form  gebraucht  worden 
sein,  so  ahme  man  dies  doch  nicht  nach,  und  sage  also  nicht  sermo  oder 
esercitus  pedestris,  sondern  pedester.  —  Im  N.  L.  wird  sermo  pedester 
und  oi'atio  pedestris  von  dem  gebraucht,  was  die  Alten  prosa  oratio, 
und  wir  Prosa  nennen,  obgleich  jenes  sermo  pedester  nur  P.  L.  bei 
Horaz,  oratio  pedestris  aber  nirgends  vorkommt,  und  Quintilian.  (X, 
1,  81)  ausdrücklich  dieses  nur  als  griechische  Benennung  der  gemeinen 
niedrigen  Prosa  angibt,  wie  auch  Horaz  sermo  pedester  und  sogar  Musa 
pedestris  versteht,  nicht  von  der  edlern  prosaischen  Rede.  Man  ver- 
meide daher  pedester  in  dieser  Bedeutung  und  halte  sich  an  prosa 
oratio  und  andere  Ausdrücke,  von  denen  unter  Prosa  die  Rede  sein 
wird.  Vgl.  was  Raschig  (Progr.  p.  23)  richtig  darüber  bemerkt. 

37* 


Ö80 

Pediseqm/s ^  der  Diener.  Man  sclireibe  nicht,  was  oft  geschieht, 
pedissequus.   W^\.  Heusill^^  Eniendd.  p.  33ö. 

Pejerare  \n\A per jn rare, falsch  schwüre//,  sollen  beide  im  Gebrauche 
A'/.  (auch  bei  Cicero)  gewesen  sein.  Vgl.  .Cic.  OfF.  III,  29,  18. 

Pejf/scule ,  etn>as  schlimmer.,  schlechter,  kommt,  sowie  das  Adject. 
pejt/scuhts ,  nirgends  vor,  ist  aber  doch  im  N.  L.  üblich,  wie  z.  B. 
öluret.  (Oper.  T.  II,  p.  244)  sagt:  ctwi  pejuscule  //le  huberevi,  da  ich 
mich  etwas  schlim//ier  befand;  —  und  da  es  dem  /neli/tscule  und  lon- 
giusctile  und  vielen  Adjectiven  mit  dieser  Endung  analog  ist,  so  mag 
es  nicht  ganz  zu  verwerfen  sein ;  Frotscher  vertheidigt  dieses,  wie  anch 
die  andern  genannten. 

Pelagtis,  das  Meer,  steht  nur  P.  L.  und  N.  Kl.  beim  altern  Plinius, 
Tacitus  und  Aehnlichen  für  mare;  dagegen  erhielt  sich  das  Adject. 
pe/agii/s  aus  der  griechischen  Terminologie  der  Naturgeschichte  als 
Beiwort  der  Meer-  und  Seeßsche  u.  dgl.  neben  dem  Adject.  //lari/ius; 
und  so  sagte  man  gewöhnlich  pisces  pelagii.  —  Nur  P.  L.  ist  terra 
pelogoque,  für  marique. 

Pelasgus,  der  Pelasger,  ist  nur  Subst.;  als  Adject.  ist  es  P.  L.  für 
Pelasgicus. 

Pellere,  vertreibe?/,  verdrängen ,  wird  verbunden  mit  dem  blossen 
yibl.  oder  mit  ex,  selten  mit  de,  aus  einem  Orte;  z.  B.  patria  und  e 
patria;  mit  a  wohl  nur,  wenn  es  bedeutet  zurücktveisen,  abwehre//,  ab- 
halte// vo//  einem  Orte,  worin  Jemand  noch  nicht  ist,  wie  bei  Cic.  (Att. 
\.,S,2)  :  pelli  ist?i/n  ab  Hispania ,  er  werde  von  Sp  z/irückgehalten, 
und  bei  Liv.  (II,  6):  Tarquiniensis    ab  sua  parte  Romanum  pepnlit. 

Pelopo/inesiacus  und  Pelopont/esius^  Pelopo/ii/esi^ch,  sind  gleich 
gute  adjectivische  Formen;  Subst.  ist  nur  Peloponnesius,  nicht  Pelo- 
ponnesiacus,  noch  auch  Peloponnensis.,  welches  Sp.  L.  vorkommt. 

P ender e ,  wägen,  abwägen  u.  dgl.;  —  Etwas  nach  Etwas,  aliquid 
ex  aliqua  re.  In  bildlichem  Sinne,  in  der  Bedeut.  schätzen,  achte?i,  wird 
es  nur  ^.  L.  mit  einem  Genit.  des  Werthes  verbunden,  z.  B.  /nagni, 
parvi  w.  dgl;  —  dies  vermeide  man  durch  andere  Verba.  Auch  ver- 
meide man  das  mehr  A.  L.  pensi  habere  aliquid  und  alicui  aliquid pe//st 
esse,  Etwas  für  wichtig  oder  gewichtig  halte?/,  was  zwar  Sallust.  gern 
braucht,  was  sich  aber  nirgends  bei  Cicero  und  Caesar,  nur  selten  bei 
Livius,  auch  N.  Kl.  selten,  im  N.  L.  aber  oft  findet. 

Pendere,  hangen,  hängen, hat  in  physischer  Bedeut.  a  und  e.r  (von 
Etwas  herab)  und  in  mit  dem  Abi.  (an  Etwas)  bei  sich;  P.  L.  auch 
de  und  den  blosse//  j4blat. ;  in  bildlicher  oder  geistiger  Bedeut. ,  «6- 
hä/igig  sein  vo//  Etwas,  beruhen  auf  Etwas ,  wird  es  fast  nur  mit  ex., 
seltner  mit  a  oder  mit  dem  blossen  Ablat.  verbunden.  Man  sage  z.  B. 
nicht:  ab  hnjus  regis  vita  rei  publicae  salus  pendet,  von  de/n  Leben  — 
hä/igt  —  ab,  sondern  ex  hnjus  regis  vita;  nicht  ab  hoc  verbo  tota  illa 
causa  pendebat,  vo//  diesem  Worte  — ,  sondern  ex  hoc  verbo  (Cic.  Orat. 
II,  25,  107).  —  Grammatische  Redensarten,  z.  B.  der  Ge//itio  hängt 
vo?/  de/ziselbe?/  No/nen  ab,  gehören  wohl  mehr  zur  ersten,  als  zur  z/vei- 
ten  (bildlichen)  Bedeutung;  man  sagt  also  wohl  gleich  gut:  pendet 
ab  oder  ex  eodem  nomine.  —  Das  deutsche  schwankend,  uj/gewiss,  iti 
Ungewissheit  sein  heisst  oft  pendere  a//ii/ii  (was  ein  alter  Abi.,  kein 
Genit.  sein  soll)  oder  ai/imo ,  und  bei  Mehrern  animis.  Vgl.  Cic.  Farn. 
VHI,  5.  Att.  XI,  12;  XVI,  12.  Tusc.  IV,  16.  Leg.  I,  3.  —  U/nJema?idea 


581 

vilfen  in  Ungewissheü  sein  heisst  pendere  de  aliqiio.  —  Sp.  L.  heisst 
171  Un^eivissheit  sein  ,  in  pendenti  esse ,  für  in  suspenso ,  incerto,  dubio 
esse.  Vgl.  Weber's  Uebiiiigsscli,  p.  455. 

Penetrale  (Pliir.  penetralia) ,  das  Innere,  Tmierste ,  ist  meistens 
F.  L.  für  locus  ivterior,  intimus ,  pars  intitna  u.  dgl. ,  aber  mehr  bei 
heili;i:en  Gegenständen;  es  werde  also  nicht  falsch  gebraucht,  am 
wenigsten  so  aflfectirt,  wie  es  Sp.  L.  Geiliiis  braucht,  der  von  einem 
penetrale  cordis  ei  animae  spricht,  was  freilich  die  Schöngeister  schön 
linden  werden.  —  Mir  scheint  es  lächerlich,  für  das  einfache  ex 
aniino  zu  sagen :  ex  intimis  cordis  penetralibiis,  was  ich  in  einem  iV.  L. 
Buche  fand. 

Penetrare  mit  einem  Accus.,  z.  B.  se,  pede/n  u.  dgl.,  in  der  Bedeut. 
sich  wohin  begeben,  ist  nur  yi.  L.  für  das  am^^che  penetrare  oder  se 
co/i/e/'Ae;  jenes  wurde  Sp.  L.  wieder  hervorgesucht. 

Penitus ,  ein  altes  Adverbium,  hängt  wohl  etymologisch  mit  pene- 
trare zusammen,  da  es  innen  hinein,  tief  hinein  bedeutet  und  sich  da- 
lier  in  örtlicher  Beziehung  mit  ad  und  m  mit  dem  Accus,  verbindet. 
Es  wird  aber  in  der  Bedeut.  ganz,  durchaus,  genau  im  A^.  L.  geraiss- 
braucht;  denn  Redensarten,  wie: /;e»«V«s /oyz//,  ^e/^ß^/  reden  {inv  accu- 
rate  loqui) ;  penitus  inexspectatus  ,  ganz  utieruartet  (  für  prorsus 
inexsp);  penitus  negare .,  ganz  oder  durchaus  läugnen  (^fdr  prorsus 
neg.)  ;  penitus  avvlare ,  ganz  wegfliegen  {i\\x  plane  avol.)  ;  penitus  ali- 
quid tollere  u.  dgl.  sind  gewiss  zu  bezweifeln.  —  Mit  einem  Superlat. 
(zu  dessen  Verstärkung)  verbunden  soll  Veliejiis  (II,  t27)  nach  dem 
Texte  der  einzigen  Handschr.  gesagt  haben :  penitus  Romano  nomini 
infest issimus,  was  jedoch  von  Ruhnken,  da  es  sonst  keine  Anctorität 
habe,  verworfen  und  verändert  wird.  —  Eben  so  unerhört  und,  wie 
Reisig  (Vorles.  p.  174)  sagt,  sogar  logischer  ünsiiin,  ist  ein  Comparat., 
penitius,  der  im  N.  L.  vorkommt,  wo  manpenitius  cognoscere,  perspicere 
u.  dgl.  findet,  für  accuratius ,  diligentius.,  altius.  —  Ganz  Sp.  L.  aber 
ist  der  Superl.  penitissime.  —  Als  Adject.  (penitus,  a,  um)  kommt  es 
nur  A.  L.  bei  Plautus  und  Sp.  L.  vor,  für  inlerior,  ititimus,  i\nd  ebenso 
nur  A.  und  Sp.  L.  ein  'Superl.  penilissimtts,  für  intimus,  welcher  jetzt 
ganz  verworfen  wird.  Gleichwohl  sagte  Hemsterh.  (Oratt.  p.  175): 
peniti.ssinia  omnis  antiqniiatis  cognitio.  Vgl.  noch  Scliori  Phras.  p.  482. 
Spaldingin  Wolfs  Museum  Antiq.  I,  p.92  u.  Weber's  Uebungsscli.  p.320. 

*  Reisig  (1.1.)  sagt:  Penitus  kann  keinen  Conipaiativ  haben,  denn  es  bedeu- 
tet aus  dem  innersten  Punkte  heraus,  welclie  Bedeut.  mir  gerade  entgegengesetzt 
zu  sein  sclieint,  da  es  mit  dem  Gebraaclie  durchaus  nicht  übereinstimmt.  Ich 
weiss  nicht,  worauf  sich  seine  Behauptung  gründet. 

Pelina,  die  Feder,  wird  bei  den  Alten  nie  vom  ÄcÄrc/ie;?  gebraucht; 
daher  dürfen  auch  wir  es  in  dieser  Bedeut.  nicht  anwenden,  sondern 
dafür  müssen  wir  entweder  das  W  ort  calamus  in  dem  gewöhnlichen 
Sinne  dessen,  was  man  zum  Sclireihcn  braucht  (weswegen  auch  Celsu» 
V,  28  calamus  scripiorius  sagt,  und  Quintil.  X,  3,  31  quoad  inlingunlur 
calami),  oder  das  Wort  Stylus  setzen,  besonders  im  Sinne  der  Schreib- 
iibungen.  Daher  sagt  auch  Cic.  (Orat.  1,33, 150):  Stylus  optimus  dicendi 
effector  ac  magister,  und  (Orat.  44,  150)  esercitatus  Stylus,  was  wir 
eine  gewandte  Feder  nennen.  Vgl.  Stylus. 

Pennatus  bedeutet  zwar  geflügelt,  aber  nicht  gefiedert;  dies  heisst 
pluma  obducius  otlev  plwniger. 


582 

Pensare;  v^I.  Pensitare. 

Penst  Terbundet)  mit  esse  oder  habere;  vgl.  Pendere. 

Petisicfilare ,  wägen,  erwägen^  ist  nur  Sp.  L.,  wahrscheinlich  aus 
der  Volkssprache  genommen  und  durchaus  zu  vermeiden  durch  pen- 
dere  und  ponderare.  —  Ein  von  dem  passiven  Partie,  penslcnlatfis  ge- 
bildetes Adcerb.  aher^  pensic?/late,  tm't  Bedacht,  Ueberleg?ing ,  beruht 
auf  einer  noch  unsichern  Stelle  des  Gelliiis  (also  Sp.  L.)  ^  indem  dort 
in  den  bessern  Ausgaben  das  gleich  schlechte  pensim  steht.  Keins  von 
beiden  hat  daher  Werth  fiir  uns,  und  man  brauche  sie  nicht;  —  noch 
viel  weniger  die  neue  Comparativform  penskulatius.  Und  doch  kom- 
men beide  Formen  im  Latein  hochachtbarer  Gelehrten  vor,  z.  B.  bei 
Hemsterh.  (Oratt.  p.  334):  peusicnlate  legere  scriptores  ;  bei  Valcken. 
(Oratt.  p.  271)  :  pensiculatius  rem  expendere  ;  —  und  so  führt  Wolf 
(Analect.  1 ,  p.  489)  als  schlechtes  Latein  auf:  de  illa  materia  multo 
pensiculatius  oder  penitiusjam  alii  tractarunt,  für  illam  rem  oder  iUnm 
lociim  imdto  accnratius  oder  diligentius  oder  s?ibtili(is  jam  alii  tract. 

Pensio ,  die  Pension,  das  Jahr  gel  d ,  ist  N.  L.  (denn  bei  den  Alten 
hat  es  andere  Bedeutungen;  vgl.  die  Lexica)  für  Stipendium  oder  sa- 
larium  annuum.  Vgl.  Sueton.  Nero  10.  —  Oft  aber  möchte  es  nöfhig 
sein,  das  in  dieser  Bedeut.  neue  Wort  für  den  neuen  Begriff  beizu- 
behalten und  es  nur  durch  einen  Znsatz  zu  entschuldigen.  Ebenso  ist 
pensionarius ,  ein  ganz  A^.  L.  Wort  für  den  neuen  Me^v\W  Pensionär, 
beizubehalten,  da  es  durch  kein  anderes  zu  ersetzen  ist. 

Pensitare  kommt  in  der  Bedeut.  erträge/i  nur  einmal  bei  Liviu8 
vor,  sonst  nur  N'.  Kl.  und  selten,  öfter  pensare;  besser  sagt  man  aber 
dafür  espendere,  perpendere  und  ponderare.  Vgl.  Lanx. 

Pensum  wird  in  der  Bedeut.  Aufgabe,  in  geistigem  Sinne,  von  Vie- 
len verworfen,  und  doch  braucht  es  so  selbst  Cicero  (Orat.  III,  30, 119): 
me  ad  meum  munus  pensumque  (und  zu  meiner  Aufgabe)  revocabo. — 
Ueber  den  Genit.  pews/,  verbunden  mit  esse  und  habere,  vgl.  Pendere. 

Penullimus,  vorletzt;  vgl.  Paenultimus. 

Peplum  und  peplus,  der  Schleier.,  das  Gewand,  der  Mantel,  sind, 
wie  im  Griech.  (rt^  tiIttIu  und  o  nenlo.;)  gleich  gute  Formen,  aber  nur 
P.  L.  Neu  ist  die  Redensart /^e^/o  silentii  aliquid  involvere.  Etwas  in 
den  Mantel  des  Stillschweigens  einhüllen,  d.  h.  Etwas  mit  Stillschtvei- 
gen  übergehen,  für  die  einfachen  silentio  aliquid  praeterire ,  transire, 
praetermittere. 

Per  mit  dem  Accus,  der  Zeit,  in  der  Bedeut.  während,  in,  deutet  Kl. 
immer  den  ganzen  Zeifraufn  au,  während  dessen  Etwas  geschehen  ist; 
Sp.L.  aber  wird  es  gesetzt,  wenn  Etwas  während  des  Zeitraumes  in  einer 
einzelnen  Zeit  geschehen  ist.  Man  sage  nicht,  wie  im  Sp.  L  ,  f[\\&icr  per 
annum,  sexies  per  mensem,  für  in  anno.,  in  mense.  Vgl.  Horat.  Tursell. 
Partie,  p.  561.  —  Ferner  verwerfen  die  gelehrten  Juristen  per  testamen- 
tum  dtclarare,  durch  das  Testainent  erklären,  für  testamento  declar.,und 
warnen,  wenn  dabei  steht  bei  sei7iem  Tode,  vor  in  morte,  statt  in  morte 
sua,  also  mit  sua,  was,  so  überflüssig  es  auch  scheint,  dennoch  für  noth- 
wendig  erkannt  wurde.  Vgl.  Klotz  z.  Cic.  Reden  B.  I,  p.478.  —  Höchst 
selten  wird  per  und  perqiiam  in  der  Bedeut.  sehr  mit  einem  Snperlat. 
verbunden,  da  der  Superlat.  allein  genügt.  Man  ahme  dies  wenigstens 
nicht  nach,  und  sage  nicht  (wie  vielleicht  Livius  XL,  21,  3)  perdifß- 
cillinius,  was  aber  Gronov  als  richtig  bezweifelt.  —  Eine  Anzahl  sol- 


583 

eher  Superlativen  mit  per,  die  meistens  auf  unsichern  Lesarten  be- 
riilien,  hat  Frotscher  (z.  3Iuret.  Oper.  T.  II,  p.  28J)  gesammelt. 

Peragrare ,  thir chiv andern ,  wird  fast  nur  mit  dem  blossen  Acciis. 
verbunden,  z.  B.  agros,  insulas,  urbes ;  sehr  selten  mit  per,  z.  B.  bei 
Cic.  (Orat.  1,51)  :  per  animos  hominum,  wie  alle  Handschr.  bestätigerj. 
Lambin.  wollte  es  streichen. 

Perceptibilis  ist  ein  N.  L.  philosophisches  Wort  in  der  Bedeut. 
begreiflich ,  fasslich ;  man  umschreibe  es  durch  percipi  posse,  sefisibus, 
mente,  animo  percipi. 

Percipere,  ergreifen,  sich  bemächtigen,  von  einer  geistigen  Sache, 
die  Jemanden  ergreift,  findet  sich  zwar  nur  A.  L.  bei  Terenz,  ist  aber 
nicht  gerade  zu  verwerfen,  für  das  Kl.  capere,  z.  B.  bei  Liv.  (XXVII, 
49,  8)  :  victores  caedis  ceperat  satietas ;  dagegen  sagt  Terenz  (Eun. 
V,  6,  2) :  neque  urbis  odium  me  umquam  percipit. 

Percontnri  oder  percunctari,  fragen,  forschen  ; —  Einen  nach  (um) 
Etivas ,  nach  Jemanden ,  entweder  ex  oder  ab  allquo  aliquid.,  oder 
aliquem  de  aliqua  re,  de  aliquo ;  P.  L.  aber  aliquem  aliquid. 

Percreber.  sehr  häufig,  ist  N.  L. ;  Muret.  hat  es  in  einem  Briefe 
(Oper.  T.  II,  p.  156  ed.  Fr.)  zu  brauchen  gewagt.  Es  ist  bei  den  vielen 
ähnlichen  nicht  zu  verwerfen,  zumal  da  das  Verbum  percrebrescere 
dafür  spricht. 

Percurrere ,  durchlaufen,  in  geistigem  Sinne  vom  Geiste  und  der 
Rede,  theils  etwas  Geschriebenes  flüchtig  durchsehen,  theils  mit  Wor- 
ten erwähnen  und  aufzählen,  ist  AI.  mit  und  ohne  octilo,  animo,  oratione. 
Vgl.  Cic.  Orat.  I,  47.  Caecin.  32.  Liv.  IX,  18  paginas  in  annalibus  — 
percurrere. 

Percutere,  mit  foedus  verbunden,  ein  Bündniss  machen,  schliesseji^ 
ist  selten  und  lieber  durchferire,  icere,facere  zu  vermeiden.  Es  kommt 
nur  vor  bei  Cic.  Dom.  50.  Hirt.  Alex.  44.  Aur.  Vict.  2. 

Perdere,  verlieren,  mit  dem  Accus,  causam,  litem,  einen  Process, 
Streit,  wird  von  Einigen  ebenso  verworfen ,  wie  amit t er e  mit  diesen 
Subst.  in  derselben  Bedeutung,  und  man  billigt  nur  causa  cadere.  Vgl. 
aber  Amitlere. 

Perdifficilis ,  sehr  schwer,  ist  KL  und  kommt  häufig  vor;  aber  ein 
Snperlatiy perdifficillimus  findet  sich  nur  bei  Livius  (XL,  21,3),  wenn 
die  Lesart  richtig  ist;  Gronov  bezweifelt  sie.  Es  werde,  wie  alle  ähn- 
lichen, durchaus  vermieden,  da  der  Positiv  zureicht. 

Perducere,  durchführen.  —  N.  L.  ist  perducere  per  aliquem  locum, 
für  dncere  per.  —  N.  L.  ist  auch  perd.  aliq.  causam,  eme  Sache  durch- 
führen., d.  h,  zu  Ende  bringen,  für  perferre. 

Peregregius,  sehr  vortrefflich,  ist  Sp.  L.  und  höchst  selten,  auch 
ganz  unnöthig,  da  egregius  hinreicht.  Mit  Recht  führt  daher  auch  Wolf 
(Analect.  I,  p.  490)  das  Adv.  peregregie  als  schlechtes  Latein  an. 
Auch  Raschig  (Progr.  p.  36)  streitet  wider  die  Aufnahme  beider 
Wörter. 

^eregrinatio  bedeutet  nur  das  Herumreisen  und  Aufhalten  in  der 
Fremde,  aber  nicht  das  Fremdartige.,  z.  B.  scrmonis,  der  Rede,  wie  es 
Bunellus  in  seinen  Briefen  braucht,  für  peregrinitas,  peregrinum  quid- 
dam.  Vgl.  Grauff  z.  Bunell.  Epist.  p.  693. 

Perfectibitis,  der  VervoUhommnung  fähig,  perfectibel,  ist  ein  N.  L. 
philosoph.  Wort,  welches  die  Philosophen  kaum  entbehren  können, 


584 

für  consrmimab/h's  bei  Seneca  (Ep.  92,  p.  30  ed.  Schw.):  ratio  in  diis  con- 
summa ta  est,  in  nobis  C07isu7iimabilis  (der  Fe7'vol/kommnung fähig), 
welches  für  uns,  da  ein  UlL  Wort  felilt,  das  Kl.  ist. 

Perfectio  bedeutet  nicht  eine  einzelne  VoUkonimenheit ,  d.  h.  gute 
Eigenschaft.,  in  concretem  Sinne,  indem  wir  von  mehrern  Vollkommen- 
heiten eines  Wesens  reden  ,  da  perfectio  vielmelir  den  höchsten  er- 
reichten Zustand  der  Vollkommenheit  bedeutet.  FJine  einzelne  Voll- 
kommenheit lieisst  meistens  virtus.  —  I).  L.  ist  daher:  mullas  itle  et 
mag7ias  habet  j)erfectio7ies,  oder:  in  is(o  homine  hanc  (has)  perfectionem 
(perfectiones)  desidero,  oder:  voluptatem  capimus  ex  alterius  veris 
peifectio7iibus  (aus  den  wahre7i  Vollkotiunenh eilen).  —  Da  perfectio 
schon  das  Höchste  in  Etwas  bedeutet,  so  lässt  es  keine  erhöhenden 
Adjectiva  zu,  wie  magna,  /najor,  maxi77ia ,  summa.  Die  höchste  Voll- 
ko7/i7ue7iheit  e7'reichen  kann  übersetzt  werden  durch  ad  su7nt7i7i/ii  per- 
vehi,  ad  sunwia  atque  in  0711771  genere  perfecta  per  venire,  cons7tmmari; 
zur  Vollkom77ienheit  b/-ingen,  erheben  durch  consummare ,  welches 
zwar  iV.  Kl.  bei  Seneca  steht,  aber  ein  gut  bezeichnendes  Wort  ist. 
Vgl.  auch  Klotz  Sintenis  p.  120. 

Perfeclus ,  vollko77mien ;  aber  nur  immer  Jeder  und  Jedes  in  seiner 
Art,  z.  B.  perfeclus  orator  (Cic.  Brut.  9),  Imperator,  maxister  (ib.  8) 
u.  a.  —  Einen  Comparat.  und  Superlot.  leugnet  der  Grammatiker  Pom- 
pejus  (p.  124  ed.  Lindem.);  aber  Quinfil.  (XII,  1,21)  hat  perfectins 
und  Cic.  (Brut.  31  ,  118  und  Orat.  I,  15,  47)  perfectissimus  —  und  so 
noch  Andere.  Vgl.  Ruhnk.  z.  Rutil.  Lup.  p.  227  ed.  Frotsch.  u.  Orelli 
Cic.  de  opt.  gen.  §.  6  in  der  kleinern  Ausg.  —  Ueber  die  Redensart  7nit 
vollkoi7i77inem  Rechte ,  was  man  B.  L.  durch  perfecta  jure  übersetzt, 
vgl.  Jzis.  —  Auch  das  Adv.  perfecle  werde  nicht  da  gebraucht,  wo 
unser  vollkommen  nur  so  viel  ist  als  ga7iz  oder  gänzlich ;  in  diesem  F'alle 
sind  meistens  plane, penitus,  prorsus  richtig;  z.  ß.  er  hat  mich  vollkom- 
men befriedigt,  nicht  perfecte,  sondern  plane. 

Perferentia,  die  Ertrag?ing.,Erduldu7ig,  kommt  erst  'S";;,  fj.,  obwohl 
bei  Lactanz  vor,  ist  aber  neben  perpessio,  toleralio  und  toleraniia 
ujinöthjg. 

Perferre,  bringen.,  hinterbringen.,  7uelden ;  —  Einem  Etwas ,  alicui 
und  ad  aliqjie/n  aliqtiid ;  z.  B.  nuntius  m/Ä/ und  ad  7ue  perfertur;  ad 
vos  oder  vobis  omnia  perl'eruntur. 

Perfide,  t7-eulos ,  steht  iV.  Kl.  bei  dem  Rhetor  Seneca  für  das  KL 
perßdiose. 

Perfinire  steht  nur  einmal  j4.  L.  bei  Lucrez  in  der  Bedeut.  endigen; 
aber  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  festsetzen,  besti/n7iie7i,  für  constituere., 
statu  er  e ,  dicere.  So  braucht  es  Sadolet.  (Ep.  II,  5)  :  cui  perficiendo 
perfi7nera7n  hyemem,  wenn  er  nicht  \\e\\e\ii\it  praefiniera7n  schreiben 
wollte. 

Pe/flare.^  durchwehe7i ,  galt  früher  nur  für  N.  Kl.  und  mehr  P.  L., 
jetzt  ist  es  aber  auch  Kl.;  denn  Cic.  (Rep.  11,6)  sagt:  colles,  qui  cum 
perflantur  ipsi,  tum  afferunt  umbram  vallibus. 

Perfluere  kommt  nur  N.  Kl.  und  nur  in  der  Bedeut.^/esscw,  durch- 
fliessen  vor;  es  stand  früher  mit  voluptatibus  verbunden  in  Cic.  Fin. 
II.  35,  118,  in  der  Bedeut.  an  Vergnüge7i  reich  sei7i ,  ohne  alle  Aucto- 
riüit;  aber  jetzt  steht  dort  aus  den  besten  Handschr.  ;;p//>//e//s  für 
perßuens.  Wunderlich  wollte  es  W.  Kortte  auch  in  Cicer.  Catil.  I,  10 


585 

einechM  arzen ,  indem  er  für  laetüin  -perfmere  zu  lesen  vorschhig  laet. 
perßiies,  wozu  nicht  einmal  eine  Variante  Anlass  gab. 

Perfanctorie^  leicht,  obenhin,  fluchtig,  ist  Sp.L.  und  beruht  fast  nur 
auf  der  schlechten  Auctorität  des  Petronius,  Uw  leviter.  Im  A^.  A.  findet 
es  sich  nicht  selten,  z.  B.  bei  Mahne  (Crito  p.  256),  Rol,  Maresius 
(Ep.  I.  37) ;  doch  ist  es  ohne  allen  Werth. 

Pergamenum  (als  Neutr.),  das  Per gamen  (Pergament),  ist  falsche 
Form  für  Pergamena  (als  Femin.),  wobei  membrana  zu  ergänzen  ist, 
welches  oft  schlechtweg  dafür  steht.  z.B  !;ei  Plinius  (N.  11.  VII,21.21): 
Homeri  carraen  in  membrana  scriptum.  Vgl.  auch  Membranavens. 

Pergere,  worin  der  Begrifl^/o/•/se/2e7^  liegt,  werde  nicht  falsch  ge- 
braucht; es  setzt  immer  einen  gemachten  Anfang  des  Gehens  nach 
einem  Orte  voraus  und  bedeutet  den  Weg  oder  die  Reise  fortsetzen. 
Wer  z.  B.  nach  Wien  reisen  will  und  noch  zu  Hanse  ist,  kann  nicht 
sagen  :  pergam  Pindobonani,  ich  uh//  nach  W.  reisen,  sondern  proflciscar 
(profecturus  swn)  oder  cogito  Vindobonara;  und  wenn  ich  den,  welcher 
noch  zu  Hause  ist,  aber  ausgehen  will,  frage:  IFo  willst  du  hin?  oder 
wo  gehst  du  hin? —  so  darf  ich  nicht  fragen:  Quo  pergis?  ^owAevn 
quo  cogitas? —  wenn  er  mir  aber  auf  dem  Wege  begegnet,  so  kann 
ich  sagen:  quo  pergis?  quo  tendis?  quo  cogitas? 

Pergula,  die  Bude,  brauche  man  ja  nicht  für  schola  oder  ludus 
litterarius ,  die  Schule ,  mögen  auch  wirklich  die  Schullehrer  in  Rom 
bisweilen  in  Buden  unterrichtet  haben.  Für  uns  wäre  der  Gebrauch 
dieses  Wortes  in  dieser  Bedeutung  läclierlich. 

Perhorrere ,  schaudern ,  Schauder  empßndefi ,  ist  ohne  alle  Aucto- 
rität für  perhorrescere ,  welches  mit  dem  ^ccus.  dessen,  wovor  man 
schaudert,  verbunden  wird. 

Periclitari.  Das  Partie,  periclitatus  wird  KL  oft  passiv,  gebraucht, 
in  der  Bedeut.  gefährdet,  versucht. 

Periculosus .  gefährlich.  Verworfen  wird,  als  selten  oder  gar  nicht 
vorkommend,  causa  periculosa ,  ein  gefährlicher  Process ,  für  capitis 
Judicium  ( Cic.  Farn.  HI,  10,  5),  capitis  causa  (Brut.  ]2,  47),  und  oft 
blos  periculum  (Fam.  VI,  11,  1). 

Perinde,  mit  esse  verbunden,  in  der  Bedeut.  gleichviel,  gleichgültig 
sein,  ist  ohne  Auctorität,  im  N.  L.  aber  nicht  selten;  z.  B.  bei  Mahne 
(Crito  p.  289)  :  haud  perinde  est,  utrum  — ,  für  nihil  interest :  Tork. 
Baden:  perinde  fnihi  est,  cujus  sub  nomine  hoc  fragmentum  prodeat, 
für  mea  nihil  interest.  —  N.  Kl.  und  selten  ist  perinde  quam  si  oder 
perinde  tamquam  si,  gleichsam  als  trenn,  für  proinde  oder  perinde 
quasi  oder  ac  si ; —  ebenso  haud  perinde-  qt/am,  nicht  soirohl  -  als,  für 
non  tarn -quam;  doch  steht  es  oft  so  bei  Tacitus.  ^  Ueber  den  Streit, 
wann  perinde  und  proinde  zu  brauchen  sei,  vgl.  die  Cilate  in  Reisig's 
Vorlesung,  p.  427  u.  428  und  was  Grauff  zu  Bunelli  Epist.  p.  727  gesam- 
melt hat. 

Periodicus ,  periodisch ,  zu  bestimmter  Zeit  wiederkehrend,  ist  ein 
mediciiiischer  Kunstausdruck  hei  den  Griechen  von  Fiebern,  A'nt  in  ge- 
wisser Zeit  kommen  und  verschwinden.  Nur  der  ältere  Plinius  braucht 
das  Wort,  aber  mit  der  Bemerkung,  dass  es  fremd  seiifebres,  quas 
Graeci  periodicas  vocant;  sonst  ist  es,  ausser  im  N.  L.,  nicht  im  Ge- 
brauche. Celsus  umschreibt  es,  z.B.  111,5,  durch  r?//«s  certus  circuilus 
est,  und  III,  12  durch  qitae  certum  habet  circuituui. —  Umere  periodi- 


586 

sehen  Blätter  werden  perwdicae  ckartae  g'enannt;  die  Alten  haben 
dafür  kein  Ersatzvvort ,  wiewohl  Tagsblälter  oder  Journale —  acta 
diurna,  comtnentarÜ  diurni,  ephemerides  genannt  werden  können. 

Periodus,  die  Periode,  ist  ein  bekanntes  griechisches  Kunstwort  in 
der  Rhetorik,  welches  die  Alten  auf  verschiedene  Weise  zu  übersetzen 
versuchten,  z.  B.  Cicero  (Oiat.  III,  51,  198)  durch  circuitus  et  quasi 
orbis  verborum;  aber  dennoch  behielt  er  (und  Andere  nach  ihm,  z.  B. 
Quintil.)  der  Kürze  wegen  periodus  bei.  Vgl.  über  mehrere  Versuche 
Elleudt  z.  Cic.  Brut.  §.  33.  —  N.  L.  aber  ist  es^  periodus  von  wichtigen 
Zeiträumen  zu  brauchen,  wofür  die  Alten  eben  so  wenig  ein  Ersatz- 
wort haben,  als  für  unser  periodische  Blätter.  Es  wird  daher  in  der 
Geschichte  Kunstwort  dafür  bleiben;  nur  brauche  man  es  nicht  für 
unser  gewöhnliches  ÄTe??  oder  Zeiten,  woiür  durchaus  tempus  oder 
teinpora  zu  sagen  ist;  z.  B.  die  Kindheit  des  Tacitus  fällt  in  die  Periode 
der  Kaiser  Claudius  und  Nero,  —  in  tempora,  nicht  in  periodum. 

Periphrasis ,  die  Umschreibu?ig ,  ein  griechisches  Kunstwort,  wel- 
ches nicht  zu  verwerfen  ist,  wie  es  Wolf  (Analect.  I,  p.  488)  gethan 
hat;  freilich  kann  es  durch  circumlocutio  (vgl,  dieses  Wort)  oder 
ambitus  verborum  (Sueton.  Tiber.  71)  vermieden  werden.  Wer  es 
braucht,  setze  nur  nicht  im  Genitiv,  periphraseos  nach  griechischer 
Art,  sondern  nach  latein.  periphrasis. 

Peritia,  die  Bel-anntschaft  mit  Etwas,  Geschicklichkeit,  findet  sich 
zwar  bei  Sallust.  mit  dem  Genit.  (locorum)  verbunden,  aber  sonst  nir- 
gends/T/.,  erst  N.  Kl.  beim  altern  Plinius,  Quintilian.,  Sueton.  und 
Tacitus,  wiewohl  peritus  und  das  Adv,  perite  Kl.  sind  und  oft  vorkom- 
men. —  Dasselbe  gilt  für  imperitia,  wovon  oben  die  Rede  war.  Man 
vermeide  peritia  und  brauche  notitia,  scientia ,  oder  umschreibe  es 
durch  peritum,  gnarum,  non  ignarum  esse,  non  ignorare  u.  a. 

Peritus,  erfahren,  kundig,  geschickt,  wird  mit  dem  Genitiv  eines 
Objectes,  alicujus  rei,in  Etwas  erfahren,  \er\n.\nAen;  z.  B.  peritus 
juris,  wiewohl  auch  Jwre,  aber  nicht  mit  einer  Praeposition,  indem  das 
bisweilen  dabei  stehende  ad  bedeutet  was  das  anbetrifft  (Cic.  Orat. 
I,  48,  212) ,  und  wenn  es  Cic.  (Orat.  I,  15,  66)  mit  in  verbunden  zu 
haben  scheint,  indem  er  sagt;  te  hominem  prudentissimum  et  peritis' 
simum  in  iis  ipsis  rebus,  quas  abs  te  didicerit,  dicendi  arte  superabit,  — 
so  gehört  in  nicht  zu  peritissimum,  sondern  zu  superabit. —  Uebrigens 
bemerkt  Dietrich,  dass  peritus  nicht  geradezu  den  Erfahrnen  bedeute, 
aber  auch  nicht  gerade  der  Hinzufiigung  eines  Objectes  bedürfe,  wenn 
nur  die  Beziehung  auf  ein  solches  sich  leicht  aus  dem  Zusammen- 
hange ergebe,  wie  in  Cic.  Brut.  42,  154.  Jedoch  stehe  uszt  peritus, 
durch  Erfahrung  geschickt,  bei  Cic.  (Off.  I,  41)  fast  ganz  absolut. 

Perjurare ;  vgl,  Pejerare. 

Perlator,  der  Ueberbringer,  z.  B.  litter aruni,\%i  sehr  Sp.L.  für  ta- 
bellarifis,  qui  litteras  reddit. 

Permagni ,  sehr  theuer,  ist  als  Genit.  zur  Bestimmung  des  Preises 
bei  Kauf  und  Verkauf  u.  dgl.  ungewöhnlich  für  perma^no ;  richtig  aber 
ist  es  als  Angabe  des  Werthes  und  bei  interest  und  refert. 

Permanere  ist  in  der  Bedeut.  bleiben  (  an  einem  Orte  auf  einer 
Reise)  wohl  unerweislich  für  consistere;  wohl  aber  kann  man  mauere 
so  brauchen. 


587 

Permfgrore ,  durchivondern,  ist  N.  L.  für  -peragrare,  permeare, 
auch  wohl  perambulnre. 

Permi'ssus,  die  Ertaubm'ss ,  ist  nur  im  MA.,  permissu,  üblich;  z.  B. 
per?ntssit  Uio ,  mit  deiner  Erlmib?iiss ;  docli  kann  dazu,  wie  zu  allen 
ähnh'cheu,  kein  Adject.  treten, 

Permultus.  Der  Genit.  permulfi,  in  der  Bedeut.  sehr  hoch,  sehr 
theuer,  kann  weder  als  Genit.  des  Werthes  bei  Verben,  wie  aestimare, 
facere  \\.  ^.f  noch  als  Genit.  des  Preises  bei  Verben  des  Kaufs  und 
Verkaufs,  noch  auch  bei  inierest  und  refert  iSfebraucht  werden;  dafür 
nur  permagvi  bei  den  ersten  und  dritten,  und  permagno  bei  den  zwei- 
ten, sowie  bei  den  zwei  letzten  auch  die  adverbialen  ^e/^mw/f?/»/  und 
plurimnm. 

Pernecesse ,  sehr  nothtvendig ,  führte  sonst  kein  Lexicon  auf,  denn 
pernecessnrinm  geniig^te;  doch  fand  es  sich  bei  Cic.  (Orat.  pro  TuII. 
49),  und  hat  dadurch  /r7.  Werth. 

Pernicinbilis,  verderblich^  kommt  N.  Kl.  erst  bei  Tacitus  sehr  sel- 
ten vor,  für  perniciolis  bei  Livius  und  die  noch  bessern  perniciosus, 
exiliosas,  exitiabilis  und  exitialis. 

Peroptate,  recht  erwünscht,  recht  nach  Wunsch,  ist  vielleicht  nnge- 
bräuciilich  für  peroptnto. 

Perosum  esse  mit  einem  Accus,  eines  Objectes,  in  der  Bedeutung 
Etwas  hassen ,  ist  erst  seit  Livius  im  Gebrauche;  N.  Kl.  findet  es  sich 
mehrmals  für  das  Kl.  odisse.  —  Sp.  L.  braucht  man  perosus  in  der 
2)assiven  Bedeut.  verhasst,  für  hivisns,  perodiostis. 

Pcrpe?idic?/faris  oder  perpendicularius  und  das  Adv.  perpendicu- 
lariter,  senkrecht ,  sind  Sp.  L.,  und  noch  sipäter  ist  perpendic7tlatus ; 
man  vermeide  sie  durch  die  Kl.  directus  oder  facii/s  ad  per  pendle  id  um, 
auch  blos  ad  perpendiculum  oder  blos  rectus,  und  als  Adverb,  rede, 
ad  lineam,  ad  perpendiculum.  Vgl.  Matthiae  Exempla  eloquent. 

Perpes,  dauernd,  fortwährend,  ist  A.  u.  Sp.  L.  für  perpetuus,  con- 
tinuus  u.  a. 

Perpessitius,  der  viel  geduldet  und  ausgestanden  hat,  kommt  N.  Kl.., 
aber  nur  zweimal  bei  Seneca  in  seinen  Briefen  vor,  vielleicht  von  ihm 
seihst  gebildet,  für  qui  multa  tulit ,  pertulit .,  perpessus  est  u.  dgl.;  es 
empfiehlt  sich  oft  durch  seine  Kürze  neben  einem  andern  Adject. 

Perpetrare,  vollenden,  wurde  nie  von  Cicero  und  Caesar  gebraucht, 
aber  A.  L.  und  N.  Kl.  für  co7tficere, peragere,ßnire ;  bei  Livius  findet 
sich  nur  das  Vartic.  pe?'petrafus ;  im  N'.  L.  kommt  es  häufig  vor.  Er- 
nesti  wollte  es  vergeblich  sogar  in  Cic.  Verr.  IV,  52  einschwärzen,  in- 
dem er  für  perfecta  gegen  alle  Handschr.  perpetraia  lesen  wollte. 

Perpetuus.  Gut  ist  zwar  in  perpetuum,  auf  immer  (vgl.  Aeternus); 
aber  oft  drückt  man  es  besser  durch  das  Adject.  aus;  z.  B.  Etwas  auf 
immer  und  ewig  vergessen,  aliquid  perpetua  oblivione  obruere. 

Perplacere,  sehr  gefallen,  kommt  zwar  nur  einmal  bei  Cicero  und 
sonst  nur  A.  L.  vor;  da  aber  die  Verbindung  des  Wortes  per  mit  an- 
dern Wörtern  sehr  beliebt  war,  so  ist  es  nicht  zu  verwerfen. 

Perplexus  ,  verwirrt,  unverständlich  ,  zweideutig  ,  findet  sich  nicht 
bei  Cicero  und  Caesar,  wohl  aber  mehrmals  bei  Livius,  welcher  auch 
das  kd\. perplexe  braucht ;  docli  werde  es  weniger  angewendet, da  impe- 
diltis,  obscurus,  amhiguus,  co?itortus  oder  was  sonst  der  Sinn  fordert, 


588 

dasselbe  bedeuten.  Auch  alle  andern  dazu  gehörigen  Wörter  sind 
meistens  A.  oder  Sp.  L. 

Pcrplures  und  perplurimi  standen  früher  beim  altern  Plinius, 
sind  aber  jetzt  durch  bessere  Lesarten  der  Handschr.  verdrängt,  und 
müssen  als  ohnehin  uniateinische  (da  per  weder  mit  einem  Comparat., 
noch  auch  wolil  gut  mit  einem  Superl.  verbunden  wird)  ganz  vermie- 
den werden.  Im  N.  L.  finden  sich  beide  bisweilen.  Vgl.  Frotsch.  zu 
Mureti  Oper.  T.  II,  p.  231,  wo  er  die  mit  per  zusammengesetzten  Su- 
perlativen anführt,  die  jedoch  meistens  auf  unsichern  Lesarten  be- 
ruhen. 

Perquam,  recht  sehr,  wird  zwar  oft  mit  Adjectiven  und  Adverbien, 
wie  sane  quam  und  valde  quam,  verbunden,  aber  mit  Verben  sehr  sel- 
ten ,  wenigstens  finde  ich  es  nur  mit  velle  verbunden,  ähnlich  dem 
sonst  vorkommenden  pervelle^  bei  Plinius  (Epist.  VII,  37,  1):  perquam 
velim.  Man  vermeide  es,  zu  sagen:  aliquem perquam  laudare ,  amare, 
diligere  u.  a. 

Perquisitio,  die  Erforschimg ,  Untersuchung ,  ist  ohne  alle  Aucto- 
rität,  also  N.  L.  für  indagatio,  inquisitio,  investigatio,  pervestigatio. 

Persa,  der  Perser ,  ist  in  dieser  Form  selten,  gewöhnlich  Perses^ 
und  so  sagt  Cicero  immer,  z.  B.  Rep.  I,  27  Cyrus  ille  Perses ;  Tusc. 
1,  42  Perses  hostis:  ebenso  Cornel.  Nepos ,  Quintilian.  u.  A.  —  Dem 
ähnlich  sagt  man  nur  Scqthes,  nicht  Scijtha. 

Persecutor,  der  Verfolger  (im  strengen  Sinne)  ,  ist  Sp.  L.  für  in- 
sectotor,  exagitator,  vexator,  homo  infestus ;  sonst  sagt  man  auch  per- 
sequens ,  qui  persequüur.  Ebenso  ist  per secutio  ,  die  Forfolgmtg  (im 
strengen  Sinne),  Sp.  L.  für  vesatio,  insectatio  oder  mit  den  Verben 
vexare,  insectari,  exagitare. 

P er sentire,  fühlen,  wahrnehmen ,  ist  wohl  nur  P.  und  Sp.  //.,  und 
per sentiscere.,  fühlen,  merken,  umhrnehmen,  nur  A.  L.  für  sentire,  per- 
cipere.  Beide  verdienen  keine  Nachahmung;  dennoch  sagt  Hemsterh. 
(Oratt.  p.  120):  ecquid  persefititis  altissimura  vulnus?  — •  wo  auch  ec- 
qin'd  nicht  KL  gebraucht  ist,  —  und  (Oratt.  p.  164):  quin  extemplo 
persentiscat ;  —  in  beiden  Stellen  genügte  sentire.  Auch  Muret.  (Oper. 
T.  II ,  p.  231)  brauchte  in  seinen  Briefen  persentiscere.  —  Persentire 
stellt  zwar  bei  Liv.  (XXl.,  29,  7  per sensistis).,  ah tr  sehr  zweifelhaft,  da 
gute  Handschr.  praesensistis  haben. 

Persona  ist  eigentlich  die  Maske,  welche  im  alten  Schauspiele  ge- 
tragen wurde;  diiher  dann  auch  die  Rolle,  welche  eine  Person  spielt; 
und  deswegen  heisst  eine  Person,  d.  h.  ei7ie  Bolle  spielen ,  personant 
teuere,  sustinere  .ferre ,  selten  ^erere;  nie  aber  weder  personum  lu- 
dere.^ noch  personam  agere ,  wohl  aber  partes  alicujus  agere.  Vgl. 
Agere  und  Ludere.  —  Wir  brauchen  das  \\ ort  Person  oft  in  der  ganz 
allgemeinen  Bedeutung  Me7isch  ,  Mann;  z.  B.  eine  Privatperson;  es 
iraren  viele  Personen  da;  viele  Personen  hörten,  nahen  zu  u.  d,:;:!.;  im 
Lat.  aber  passt  persona  fast  nur  da,  wo  es  sich  auf  das  bezielit,  was 
Einer  ist,  vorstellt  oder  vorstellen  will,  wo  es  also  den  Begriil  einer 
handelnd  dargestellten  Person  enthält,  was  in  obigen  Beispielen  nicht 
der  Fall  ist.  —  N.  L.  ist  daher  perso?ia  privata,  eine  Privatperson, 
für  hofno  privatus  ;  multae  personae  aderant ,  audiebanl ,  inspectabant 
u.  dgl.,  invmulti  homines ;  er  that  das  in  eigener  Person^  niclit  {in)propria 
persona,  sondern  ipse,  praesens.,  cor  am.  —  Ich  für  meine  Person  lieisst 


'  589 

equideiHy  und  wo  das  Lehen  ins  Spiel  kommt,  z.  B.  i^ich  an  Jemandes 
Person  rächen,  passt  capnt ,  aber  in  dieser  und  \ieleii  älinlichen  Ver- 
bindungen nicht  ;;e/sowa.  Vgl.  darüber  gute  D.  L.  Lexica,  und  über 
persona  Lat.  Lexica,  auch  Sciopp.  de  stylo  p.  J43.  Matthiae  Exempla 
p.  258  und  Weber's  üebungssch.  p.  480.  —  Noch  merlie  man,  dass 
der  Lateiner  dem  Deutschen  älinlich  sagt:  in  alictijus  persona,  in 
der  Person  Jemandes  (Etwas  thun,  sprechen,  bemerken  u.  s.  w.);  mau 
Iiat  dies  bezweifelt,  wiewohl  es  durch  Beispiele  erwiesen  ist.  Dagegen 
ist  suh  aliciijns  persona  mehr  zu  bezweifeln.  Vgl.Handii  Tursell.  T.  III, 
p,  261  und  Klotz  Vorr.  z.  deutschen  Ausg.  von  Cic.  Lael.  p.  20  und  in 
der  latein.  Ausg.  zu  25,  93.  p.  202. 

Personaliter ,  persönlich,  ist  Sp.  Ij.  und  werde,  wo  es  möglich  ist, 
vermieden,  ausser  etwa  in  der  Grammatik;  z.  B. persönlich  dusein  heisst 
ipsmn  oder  cor  am  adesse ;  sich  persönlich  stellen  wird  blos  durch  se 
sistA'e  ausgedrückt. 

Personare  wird,  wenn  es  von  Personen  gesagt  wird,  in  der  Bedeut. 
laut  reden,  mit  dem  Accus,  des  Objectes  (von  Etwas)  verbunden;  z.  B. 
Cic.  (Rep.  I,  2):  qiias  res  isti  in  angulis  personant ,  von  welchen  Din- 
gen Jene  laut  reden. 

Per  Stare,  beharren ;  —  auf  Etwas ,  in  aliqua  re;  mehr  P.  L.  wird 
es  mit  dem  blossen  Abi.  verbunden. 

Persuadere,  überzeugen,  überreden,  wird  nur  A.  L.  mit  dem  Accus, 
(aliquem,  Pjinen)  verbunden ,  und  incorrect  ahmte  dies  aus  der  ge- 
meinen Volkssprache  Sp.  L.  Petronius  nach;  in  der  bessern  Prosa 
wurde  es  nur  mit  dem  Dat.,  alicui  (wen  man  überzeugt  oder  über- 
redet), verbunden;  daher  auch  sich  überzeugen,  siöi  persuad.  Das  fFo- 
von  aber  wird  bei  Substantiven  durch  de^  und  bei  Sätzen  mit  dass 
durch  den  Accus,  m.  d.  Inf.  ausgedrückt;  beredet  man  aber  wozu.,  dass 
Etwas  geschehen  oder  nicht  geschehen  möge,  so  wird  ut  oder  7ie  ge- 
setzt. —  Nur  bei  Neutris  von  Adjectiven  und  Pronominen  wird  nicht 
rfe  gebraucht,  sondern  der  Accusativ,z.  B.  uritmi  (von  dem  Einen), 
multa  (von  Vielem),  hoc,  id,  illud,  quid,  quidqua7n  (Cic.  Fam.  XI,  28,  1 
tibi  quidquam  persuaderi  potuisse,  dass  du  von  Etwas  hättest  überzeugt 
werden  kön?ien).  —  Wie  das  Act/v.  wird  auch  das  Passiv,  als  Imper- 
sonale verbimden:  mihi,  tibi,  ei,  nobis.,  vobis  ,  eis  persuadetur ,  ich,  du, 
er.,  wir,  ihr,  sie  werden  überredet  u.  s.  w.;  mihi  persuasum  est,  ich  bin 
überredet  worden  u.  s.  w.  So  sprechen  die  Klassiker  und  die  bessern 
Lateiner  durchgängig.  —  Abweichungen  von  dieser  Sprechweise,  z.  B. 
me  persuadet ,  er  überredet  mich,  für  mihi  persuad  et ,  und  persuadeor, 
ich  werde  überredet,  lasse  mich  überrede?! ,  für  mihi  persuadetur ,  sind 
Seltenheiten,  theils  bei  Dichtern,  theils  bei  Prosaisten,  welche  nach 
griechischer  Art  sprechen,  und  verdienen  durchaus  keine  Nachah- 
mung. —  Jedoch  l)rauchten  auch  die  bessern  Schriftsteller  dasNeutr. 
des  Partie,  persuasum  als  Adject.  in  passiver  Bedeutung,  wovon  man 
überzeugt  worden  ist,  und  im  SuperlRt.  ptrsuasissifnum ,  wovon  man 
die  vollkotninenste  Ueberzeugung  hat ,  wovon  man  sich  ganz  überzeugt 
hat.,  und  verbanden  es  theils  mit  esse,  theils  mit  habere,  auf  dieselbe 
Weise,  wie  man  aliquid  cognitum,  aliquid  per spectum  habere  sagt,  wozu 
man  auch,  um  die  subjective  Beziehung  hervorzuheben,  noch  bei  esse 
(weniger  bei  habere)  mihi,  tibi ,  sibi ,  nobis,  vobis  hinzusetzte.  A'jer 
auch  diese  Seltenheiten  sind  mehr  zu  vermeiden,  als  nachzuahmen. 


590 

Jm  N.  L.  sind  persuaeum  tind  peranasfssrnmm  sibi  esse  und  habere  Lieb- 
liiiffsformeln;  mau  sage  vieiraehr  mihi  persuasi  oder  mihi  persuasum 
est,  ich  habe  oder  hatte  mich  überzeugt,  für  mihi  persuasum  habeo. 
Durchaus  zu  verwerfen  sind;  persuadeor ,  persiiasus  s//m,imd  noch 
mehr  mihi  persuadeor  (wie  der  jüng^ere  Burmann  [Authol.  lat.  T.  I, 
i>.  209]  und  Andere  sagen)  und  mihi  per suasus  sum.  Und  wenn  Muret. 
(Oper.  T.  II,  p.  244  ed.  Fr.)  sagt:  me  persuaderi passus  sum,  so  fügt 
Ruhnken  ganz  einfach  liinzu:  Imo  mihi,  wiewohl  er  auch  noch  die 
Form  der  Rede  mit /io/?  hätte  rügen  sollen  ,  da  auch  diese  nicht  eben 
lateinisch  ist,  wovon  oben  unter  Pati  die  Rede  war.  Vgl.  auch  noch 
Dietrich's  Siutenis  p.  10.  Klotz  Sintenis  p.  149.  Sciopp.  de  stylo  p.  109. 
Ileumanni  Poecile  T.  III,  p.  322.  Grauff  z.  Bunell.  Epist.  p.  697.  Herzog 
zu  Caesar  B.  G.  III,  2,  wo  sibi  persuasum  habere  vorkommt,  und  Frot- 
scher  z.  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  9. 

*  Persuasum  habere  kam  bei  Cicero  nur  einmal  (  Verr.  V,  25,  64  "f  vor, 
aber  Zumpt  hat  nach  den  besten  Haudschr.  persuasum  gestrichen  und  blos  hahent 
beibehalteu,  was  genügt. 

Persuasio,  die  Ueherzeugung ,  EinbUdung ;  —  das  Wovon  wird 
theils  durch  den  Genit.,  theils  durch  de  ausgedrückt;  z.  B.  de  se,  von 
sich ;  scientiae,  von  seinem  Wissen. 

Pertaesus  (Part,  \on  pertaedet)  in  der  Bedeut.  überdrüssig,  mit 
dem  Genit.  oder  Accus,  des  Objectes,  steht  erst  N.  hl.  bei  'facKus 
und  Sueton.,  während  das  Verb.  Kl.  nur  ein  Impersonale  ist  und  im 
Pert.  für  pertaeduit  gewöhnlich  pertaes?im  est  gesagt  wurde,  theils 
mit  dem  Accusat.  der  Person,  theils  ohne  diese,  und  mit  dem  Genit. 
des  Objectes  des  üeberdrusses.  Jener  Gebrauch  \on  pertaesus  werde 
vermieden. 

Perterrere  wird  in  der  Verbindung  aliquem  ab  aliqua  re ,  also  in 
der  Bedeut.  Einen  von  Etwas  abschrecken,  entfernen ,  in  den  Lexicis 
aus  Cic.  Caecin.  13,  36  angeführt,  aber  dort  liest  Klotz  jetzt  für  per- 
territus  — proterritus , 'wodnr eh.  die  Auctorität  und  Bedeutung  von 
perterr.  wegfällt. 

Pertimer  e.,  sich  fürchten ,  ist  wohl  ohne  alle  Auctorität  für  perti- 
mescere. 

Pertimescere  wird  in  der  Bedeut.  Einen  oder  Etwas  fürchten ,  vor 
Einem  in  Furcht  sein  mit  dem  Accus,  aliquem  (aliquid)  verbunden; 
in  der  Bedeut.  um  Einen  oder  Etwas  in  Furcht.,  Besorgniss  sein  mit 
de  aliquo,  de  aliqua  re  (Cic.  Sest.  43). 

Pertinas,  beharrlich ;  —  das  Worin  wird  Ä7.  bei  Livius  durch  in 
aliqua  re.,  Sp.  L.  durch  den  Genit.  alicujus  rej*  ausgedrückt. 

Pertinere  wird,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  verbunden  ad  aliqnem, 
nie  blos  aliquem ;  also  nicht  hoc  me,  sondern  hoc  ad  me  pertinet.  Vgl. 
Heusing.  Emendd.  p.  478.  —  N.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  Einem  ange- 
hören, in  Jemandes  Besitz  sein,  wie  es  oft  gebraucht  worden  ist;  z.  B. 
hie  liber  ad  me  pertinet,  dieses  B.  gehört  mir ,  ist  mein,  für  tneus  est. 
Vgl.  Vossius  de  vitiis  serm.  L.  VIII,  p.  399.  Vorst.  de  latin.  mer.  susp. 
p.  138.  —  Man  führt  dafür  an  Liv.  XL,  11,  7  ad  quem  jure — regnum 
pertinet,  aber  dies  bedeutet  dem  es  gebührt,  nicht  der  es  besitzt,  denn 
er  besass  es  nicht,  sondern  hatte  nur  ein  Recht  dazu,  —  N.  L.  sind 
ferner  Redensarten,  wie:  proverbia  ad  hoc  (illud)  geims  pertinent,  die 
Spr.  gehören  zu  dieser  (jener)  Art  odar  Alasse,  für  in  hoc  genere  sunt. 


591 

iw  hoc  gefius  conjiciuntttr  (Cic.  Orat.  II,  64,  258)  ;  ad  Ülas  opportunf- 
iatespertinent  eiiam  viae  publicae S'^n  in  Ularuin  oppo/tunitatum  numero 
suiii;  pertinere  iuter  aliquos  oder  aliquas  res,  unter  Leute  —  ge- 
hören, für  esse  in  numero  aliquorum  oder  annumerari  hominibus ,  re- 
bus  — ;  dahin  gehören  die  Bücher  Cicero' s ,  eo  pertinent  libri ,  für  eis 
annumerandi  sunt ,  in  eorum  numero  sunt ,  eo  rcferendi  sunt  ii.  dgl.; 
hoc  aut  illud  pertinet  ad  verbu?ii,  dieses  oder  jenes  gehört  zu  dem  Worte^ 
für  hoc  aut  illud  est  ad  verbum  (Quint.  Inst.  1,6,  13).  —  Sp.  L.  ist 
quod  ad  nie  pertitiet,  was  mich  anlangt,  in  Bezug  auf  mich ,  für  quod 
ad  ine  attinet,  wiewohl  auch  dieses  selten  vorkommt.  Vgl.  darüber 
Attinere  und  Iland's  Lehrb.  p.  250,  welcher  bemerkt,  quod  ad  me  per- 
tinet bedeute  bei  Cicero  was  meiner  Pflicht  gemäss  ist ,  gJeich  quod 
viei  est  officii,  quod  mea  interest.  Die  Lexica  mögen  über  die  richtige 
Anwendung  des  Wortes  weiter  belehren. 

Pertingere,  sich  erstrecketi,  reichen,  ist  bisher,  da  es  früher  in  den 
Texten  vieler  Schriftsteller  (s.  Scheller's  Lexicon)  vorkam,  von  den 
neuem  Herausgebern  in  pertinere  umgeändert  worden,  so  dass  Scheller 
meinte,  es  wäre  wohl  kein  latein.  Wort.  Bei  Cicero,  Caesar,  Livius 
u.  A.  sind  die  Handschr.  überall  für  pertinere,  nur  nicht  bei  Sali.  Jug. 
48  (52):  collis  in  immensum  pertinge?is,  wo  nach  Gerlach,  welcher  es 
im  Texte  hat,  keine  Variante  von  pertinens  ist;  dennoch  ist  pertinens 
von  Gttl.  Kortte  und  seinen  Nachfolgern  für  ^er^ew^ews  aufgenommen. 
Gerlach  schweigt  darüber,  aber  Kritz  soll  es,  ich  weiss  nicht  wie,  ver- 
theidigt  haben.  Es  werde  daher  als  ein  seltenes,  noch  zweifelhaftes 
Wort  vermieden  durch  das  sicher  beglaubigte  Kl.  pertinere.  Am  wenig- 
sten aber  kann  es,  was  im  N.  L.  geschieht,  in  der  Bedeut.  zielen,  ab- 
2?recÄ:e?/ gebraucht  werden,  wofür  gar  keine  Auctorität  spricht; /;er- 
tinere  ist  dafür  das  alltägliche  Wort. 

Pertransire  kommt  nur  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  in  der  Bedeut. 
durchgehen,  durchdringen  vor,  uird  ist  ohne  allen  Werth;  auch  in  der 
Bedeut.  vorübergehen  hat  es  jetzt  nicht  mehr  die  Auctorität  Seneca's, 
indem  Schweighäuser  für  pertranseat  aus  den  besten  Handschr.  das 
einfache  fro/^se«^  aufgenommen  hat. 

Perturbator,  der  Störer,  Beunruhiger,  ist  ganz  Sp.  L.  und  durch- 
aus zu  vermeiden  durch  turbator  und  durch  das  etwas  poetische  turbo 
(Cic.  Sest.  11,25  duo  rei  publ.  turbines,  wozu  Matthiae  zu  vergleichen 
ist).  Mit  Recht  tadelt  daher  Frotscher  den  Muret. ,  welcher  (Oper. 
T.  I,  p.  287)  in  einer  Rede  regni perturbatorum  s/zperA/ff  gesagt  hatte. 

Perturbatio  mit  und  ohne  den  Genit.  animi,  die  Leidenschaft,  kann, 
wenn  es  auch  nur  von  Cicero  gebraucht  worden  ist,  von  uns  recht 
wohl  nachgebraucht  werden,  da  kein  Grund  vorhanden  ist,  es  zu 
vermeiden,  wenn  es  auch  bei  den  Spätem  nie  im  Gebrauche  gewe- 
sen ist. 

Pervadere ,  durch  Etwas  gehen,  sich  verbreiten,  wird  in  eigent- 
lichem Sinne  (von  Oertern)  mit  und  ohne  per  verbunden,  z.  B.  per 
agros  und  blos  agros;  dagegen  sagt  man  pervadere  homines ,  anitnos, 
nicht  wohl  mit  per.  Und  so  sagt  Cic.  (Manil.  9,  23):  quae  animos  gen- 
tium barbararum  pervaserat ,  wie  jetzt  nach  der  Auctorität  der  besten 
Handschrift  gelesen  wird  für  das  frühere  per  animos.  Vgl.  Wunder 
Praef.  var.  lectt,  cod.  Erf.  p.  LXV  und  Benecke  zu  Cicero's  Stelle 
p.  174. 


092 

PerveUere,  zupfeii,  kränke?! ,  hat  fni  Perf.  pervelli,  nicht  pervulsi. 
• —  Man  sagt  gleich  gut  alicui  aurem  und  alicnjus  aiirem  pervellere. 

Pervenire ,  gelangeJi ,  kommen.  Man  sagt  nicht:  mihi  pervenit  ad 
aures,  es  kam  mir  zu  Ohren,  sondern  ad  aures  mens  pervenit;  nicht 
patri  pervenit  ad  aures,  sondern  ad  patris  aures;  und  wo  wir  bildlich 
sagen:  die  Sache  ist  so  tveil  gekommen,  nicht  eo  res  pervenit,  sondern 
res  eo  deducta  est.  Vgl.  Schori  Phras.  p.  276.  —  Richtig  ist  aber:  ad 
ST/um  per  venire,  zu  dem  Seinigen  kommen;  ad  ?iumos  pervenire,  zu 
Geld  kommen. 

Pervidere  kommt  in  der  Bedeut.  sehen  ohne  irgend  einen  Neben- 
begrifF  nicht  vor;  denn  in  Cic.  Att.  XV,  4  ibi  te  quaraprimnm  pervidere 
velim  (wie,  vor  J.  Fr.  Gronov  gelesen  wurde)  muss  per  von  videre 
getrennt  und  dem  Sinne  nach  zu  velim  gezogen  werden,  also pervelim, 
ich  wünschte  sehr. 

Pervolutatio ,  die  D urchbl älter un g  ,  Durchsictit ,  steht  N.  L.  bei 
Mnret.  (Oper  T.  I,  p.  342)  und  andern  Neuern;  es  werde  durch  das 
Verbum  pervolutare  ausgedrückt.  Und  so  ist  auch  pervolvere ,  eine 
Schrih  durchblättern ,  durcfilese?i,m  Prosa  ungewöhnlich  für  pervo- 
lutare. Auch  ist  A.  L.  aliquid  pervolvere  animo ,  Etwas  im  Geiste 
überdenken,  überlegen,  für  das  einfache  volvere  oder  volutare  animo, 
in  animo  oder  secum. 

Pes.,  der  Fuss ,  oder  pedes  in  !)ildlic!iera  Sinne,  der  Fuss  des  Ber- 
ges, ist  ganz  Sp.  L.  für  radices,  wozu  oft  mftmae  tritt.  —  D.  L.  ist  der 
Gebrauch  des  Sing,  pede  für  pedibus;  z.  B.  pede  ire  ,  proficisci,  proe- 
liari,  zu  Fusse  gehen.,  reisen,  streiten,  für  pedibus  ire,  iter  facere.,  pro- 
ficisci \mA  ähnliche.  Auch  sagt  man  nicht,  wie  Mahne  (Crito  p.  270): 
pergere  pede,  quo  quis  coepit.  wo  pede  unnöthig  ist.  —  Hichtig  aber  ist: 
pedem  ferre,  referre ,  efferre;z.  B.  pedem  porta  non  efferre  (Cic.  Att. 
'SXW,'^ ,  ^.keinen  Fnss  vor  das  Thor  setzen ;  doch  kann  man  nicht 
sagen  nulluni  pedem.  —  Die  bildliche  Redensart  vom  Fusse  bis  zum 
Scheitel -wWd  nicht  durch  a  pede ,  sondern  durch  ab  imis  unguibus 
usque  ad  verlicem  summum  (Cic.  Rose.  Com.  7,  20)  übersetzt.  —  Für 
die  im  A^.  L.  vorkommenden  bildlichen  Redensarten:  levi pede  aliquid 
transire,  über  Etwas  leise  hingehen,  flüchtig  über  Etwas  hinausgehen, 
und  sicco  pede  aliquid  transire.  Etwas  still  übergehen,  weiss  ich  keine 
Auctorität ;  man  sage  leviter  aliquid  per str in gere  oder  attingere ;  si- 
lentio  aliquid  transire,  praeterire  u.  a. 

Pesliferund  alsNebenform  (z.  B.  hei  CehusU ß)  pesttfer?is  bedeutet 
nur  verderblich,  Verderben  bringend,  schädlich,  Unheil.,  Unglück  brin- 
gend, nicht  Seuchen,  Krankheit,  Pest  bringend ;  dafür  sagt  man  lieber 
pestilens ,  was  daher  oft  durch  ungesund  übersetzt  werden  kann,  aber 
\ne,  y>/\e  pestifer ,\o\\  Menschen  gesagt  wird.  Nur  missbrauche  maa 
es  auch  nicht  in  jener  Bedeut. 

Pestilentia  ist  das  Kl.  und  eigenthüraliche  Wort  für  Pest  oder  jede 
ansteckende  Krankheit ,  während  hingegen  pestis  bei  allen  Bessern 
fast  nur  Unglück,  Unheil,  Verderben  bedeutet  und  nur  selten  und  mehr 
P.  und  Sp.  L.  Pest  in  bildlichem  Sinne.  So  brauchen  die  Wörter  Ci- 
cero, Caesar,  und,  was  das  Wichtigste  ist,  Celsus,  der  nie  das,  was  wir 
Seuche  und  Pest  nennen,  durch  pestis  bezeichnet,  sondern  durch 
peslilentia.  Vgl.  Cels.  I,  10;  11,  1;  III,  7  u.  a.  —  Jedoch  brauchten  die 
Dichter  iüv  pestilentia.  y\e\\  es  dem  epischen  Sylbenmaasse  nicht  an- 


593 

gemessen  war,  ;;es//s ;  ebenso  Liviu8  einigemal,  vielleicht  weil   es  ein 
kurzes  nnd  alltägliches  \¥ort  war.  Vgl.  jedoch  Hand's  Lehrb.  p.  148. 

Petere  wird  in  der  Bedeut.  Jemanden  bitten  in  guter  Prosa  nur 
mit  ah  aliqiio,  nie  mit  ex  aliqtio  verbunden.  Vgl.  Heusinger.  Emendd. 
p.  479.  —  P.  und  Sp.  L.  wird  es  in  dieser  Bedeut.  auch  mit  aliquem 
verbunden,  und  so  sagt  auch,  wenn  die  Stelle  nicht  fehlerhaft  ist,  Do- 
labella  bei  Cic.  (Fam.  IX,  9,  2):  illud  autem  te  peto,  für  a  te,  wie  auch 
Lambin,  und  eine  alte  Ausg.  vor  ihm  hat.  Wer  es  braucht,  schreibt  in- 
correct.  —  Man  brauche  aber  nicht  petere  ab  oliqno  pecuniom  in  der 
Bedeut.  von  Jemanden  das  ihm  geliehene  Geld  fordern,  sondern  dafür 
debitorem  appellare  oder  admonere.  —  Eine  Bitte  mit  dass  wird  durch 
id  und  mit  dass  nicht  durch  ne  ausgedrückt,  nicht,  wie  in  andern  Spra- 
chen, durch  den  Infinit,  oder  Accus,  m.  d.  Infinit.,  wie  es  Bunellus  in 
einem  Briefe  gethan  hat  und  wie  es  sich  im  N.  L.  nicht  selten  findet. 
Vgl.  GrauflF  zu  Bnnell.  p.  705.  —  Auch  in  der  Redensart  poenas  pe- 
tere, Rache  nehmen,  wird  an  Jemanden  durch  ab  aliquo  ausgedrückt. 
Endlich  merke  man  noch,  dass  weder  pe/'o  noch  ut  peto,  mit  und  ohne 
a  te,  nie  wie  quaeso  in  die  Bitte  eingeschoben  wird  ,  indem  die  Bitte 
nie  im  Imperat.  dabei  steht,  sondern  mit  ut  oder  ne  als  von  ihm  ab- 
hängig beigesetzt  wird.  Wir  können  sagen;  Melde  mir,  ich  bitte  dich, 
recht  bald  deine  Ankunft,  die  Lateiner  aber  nicht  :/ac  me  quamprimum, 
peto  a  te,  de  advetitu  tuo  certiorem,  wie  man  wohl  mit  eingeschobenem 
quaeso  sagen  kann,  sondern  de  adventu  tuo  ut  me  quampr.  facias  cer- 
tiorem,  etiam  atque  etiam  peto  oder  rogo. 

Petessere  aliquid,  nach  Etwas  streben,  ist  A.  L. ;  Cicero  braucht 
es  einmal  mit  d.  Acc.  laudem ,  nach  ihm  aber  Keiner ;  es  werde  ver- 
mieden. 

Petitio  ist  in  der  Bedeut.  Bitte  und  in  der  noch  stärkeren  Bedeut. 
Forderung  vielleicht  erst  Sp.  L.  für  preces  oder  das  seltnere  rogatio, 
und  wo  wir  sagen:  Jemandes  Bitte  erfidlen.,  wird  sehr  oft  alicui  ve- 
niam  dare  gesagt.  Vgl.  die  Lexica  unter  Fenia.  —  Daher  bemerkt 
Ruhnken  (zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  237  ed.  Fr.)  zu  den  Worten  ami- 
corum  petitioni:  Petitio  pro  precibus  non  reperitur  apud  idoneos  scri- 
ptores.  Im  N.  L.  ist  es  aber  häufig,  z.  B.  bei  Mahne  (Crito  p.  227): 
petitioni  meae  satisfaciebant,  sie  erfidlten  meine  Bitte.  —  Ist  die  Bitte 
an  Gott  gerichtet,  so  heisst  sie  precatio.  —  N.  L.  ist  der  philoso- 
phische Ausdruck  petitionem  principii  committere,  für  sumere  pro 
cerlo,  quod  dubium  sit  u.  ähnl. 

Petitor  wird  Kl.  nur  in  gerichtlicher  Beziehung  gebraucht  von  dem, 
der  auf  Etwas  Anspruch  macht;  besonders  ist  es  ein  Kläger  in  einem 
Privatprocesse.  —  N.  Kl.  und,  ausser  beiHoraz,  nur  bei  Sueton.  (Jul. 
Caes.  23)  bedeutet  es  Bewerber  um  ein  Amt,  welcher  Kl.  candidatus 
hiess. 

Phalereus  (viersylbig)  ,  a,  um,  als  Adj.,  Phalerisch ,  z.  B.  portus, 
scheint  falsche  Form  für  Phalericus  zu  sein,  wie  es  denn  auch  im 
Griechischen  die  Endung  iy.6^  hat;  und  so  haben  auch  die  bessern 
Handschr.  und  meisten  Ausgg.  des  Corn.  N.  Them.  6,  1  Phalerico 
portu,  für  Phalereo  oder  gar  Phaleraeo.  —  Das  dreisylbige  Phalereus 
ist  mehr  Subst.  und  Benennung,  z.  B.  des  Demetrius. 

PhaiUasia  ist  ein  aus  dem  Griech.  genommenes  Wort,  welches  aber 
kein  Lateiner  gebraucht  hat,  da  es  nur  griechisch  angeführt  und  von 

38 


594 

Cicero  (Acad.  11,6, 18)  durch  visum  und  voiiQuintil.  durch  visio  über- 
setzt wird,  in  der  lie.Ae\\i .Erschebmng,  Phantasiebild;  es  wird  also  et- 
was ganz  Anderes  darunter  verstanden,  als  was  wir  Phantasie  oder 
Einbildungskraft  WGnn^w.  Es  ist  daher  ein  neues  philosophisches  Kunst- 
wort für  diesen  Begriff,  für  welchen  in  seinen  mancherlei  Beziehung-en 
die  Alten  kein  erschöpfendes  Wort  hatten.  Die  philosophische  Kunst- 
sprache kann  es  nicht  entbehren,  aber  im  gewöhnlichen  Gebi*auche 
werde  es  als  fremdes  Wort  vermieden  und  etwa  durch  vis  aliquid 
aniino  fingendi,  ingenium,  animus ,  mens,  cogitatio  (Auct.  ad  Herenn. 
111,  J9)  und  sensus  ausgedrückt,  oder  was  der  Sinn  des  Gedankens 
jedesmal  fordert.  So  heisst  z.  B.  die  Phantasie  kann  sich  jede  Gegend 
denken  o^^x  voi'stellen ,  cogitatio  qnamvis  regionem  potest  amplecti. 
—  Was  wir  bei  einem  Kranken  phantasiren  nennen,  ist  meistens 
aliena  loqui  oder  vaiias  i/nagi?ies  accipere.  —  Die  neuen  D.  L.  Lexica 
mögen  mehr  geben.  Vgl.  noch  Schirlltz  Unterlialt.  p.  168  und  200. 
Wüstemann  z.  Doering.  Comment.  p.  57  und  oben  Imaginatio. 

Phantasma,  die  Erscheintwg,  das  Bild  der  Einbildung,  steht  N.  Kl. 
bei  Plin.  (Ep.  VII,  27,  1),  sonst  nur  Sp.  L.  für  visum,  imago,  species 
(Cic.  Divin.  1,  36,  80),  imaginatiofiis  species.  Nur  zu  oft  findet  es  sich 
im  N.  L.,  z.  B.  bei  Heyne  im  Virgil.  Vgl.  aucli  ^pparentia. 

*  In  jener  Stelle  des  Pliuius  haben  die  Handschr.  phantasmata,  wofür  Ca- 
saubonus  unnöthig  phasmata  zu  lesen  vorschlug,  da  doch  beide  eiu  und  dasselbe 
bedeuten ;  denn  das  letztere  ist  nur  attische  Form  des  gewöhnlichen  phantasma. 
Plinius  braucht  dafür  auch  idolon  und  das  latein.  imayo,  und  versteht  darunter, 
was  wir  Gespenst  nennen.  Kurz,  phantastna  passt  gar  nicht  für  JBilcl  der  Em- 
hilduncishraft  ( Plian tasie'). 

Phantasticus  findet  sich  nirgends  bei  einem  Lateiner ;  unser  Phan- 
tast ist  oft  gleich  ineptus,vanus  homo,  fanaticus  oder  ähnlichen. 

Pharmacum,  das  Arzneimittel,  findet  sich  nirgends  bei  einem  La- 
teiner und  hätte  von  Muret.  (V.L.  VI,  3)  nicht  gebraucht  werden 
sollen  für  medicamen,  tuedicotnentnm  u.  a. 

Pharus,  der  Leuchtthurtn ,  ist,  wie  im  Griech.,  gen.  femin.;  daran 
halte  man  sich,  mag  es  auch  Sueton.  (Claud.20)  als  Mascul.  gebraucht 
haben  (wenigstens  lesen  alle  Handschr.  Alexandrini phari). 

Pharsalicus,  Pharsalisch,  ist  in  Prosa  bessere  und  üblichere  Form, 
als  Pharsalius,  welche  Oudendorp  (zu  Lucan.  VI,  576)  für  die  poe- 
tische hält.  Fast  überall,  wo  es  z.  B.  bei  Cicero  vorkommt,  findet  sich 
die  doppelte  Variante.  Vgl.  Cicero  Divin.  I,  32,  68  und  das.  die  Aus- 
leger; jedoch  steht  Pharsalicum  ohne  Variante  in  Cic.  Dejot.  10,  29. 

Philologia  und  philologus  haben  ihre  Begriffe  mit  der  Zeit  geän- 
dert und  erweitert.  Bei  Cicero  kommt  zwar  philologia  weder  grie- 
chisch noch  lateinisch  vor,  wohl  aber  philologris ,  theils  griechisch  als 
Adject.,  qjiXo^nyu  multa  (Cic.  Att.  XIII,  52,  2),  und  sogar  im  Comparat.: 
haec  (piloXoyojTeQK  (ib.  12,  3),  theils  lateinisch  philologt,  ebenfalls  als 
Adject.:  homi?ies  nobiles  Uli  quidem ,  sed  nullo  modo  philologt;  —  und 
so  auch philologa  als  Subst.  gen.  neutr.  im  Abi.,  de  philologis  (ib.  29,1), 
von  philologischen  Gegenständen.  Aber  was  Cic.  unter  philologus  ei- 
gentlich versteht,  sagt  er  nicht  bestimmt  und  genau  erklärend ,  wie- 
wohl er  offenbar  ausgebreitete  Gelehrsamkeit  dem  trocknen  Philoso- 
phiren entgegengesetzt  denkt,  also  vielleicht  ungefähr  das,  was  man 
sich  zu  Seneca's  Zeiten  (nach  Epist.  308)  bei  einem  Philologen  im 
Gegensatze  zu  einem  Grammatiker  und  Philosophen  dachte,  nemlich 


595 

einen  Kenner  der  Geschichte  und  AUerthiimer  und  dessen,  was  dahin 
einschlug :  deiiti  nach  Serieca  bekümmerte  sich  ein  Philosoph  nur  um 
den  Gedankeninhalt  einer  Schrift,  ein  Philolog  nur  um  Geschiclite  und 
Alterthiimer  und  derg'leichen,  und  ein  Grammatiker  nur  um  die  Worte 
(wovon  er  in  jener  Stelle  Beispiele  anführt).  Daher  war  auch  nach 
Siielon.  (Gramm.  10)  der  Name  philologus  g-eachteter,  als  der  Name 
grammaticus  und  literator,  weil  man  unter  philologus  deiijenig-en  ver- 
stand, welcher  vielseitige  und  mannichfache  Gelehrsamkeit  besass^  qui 
ninltiplici  variaque  doctrina  censehatur.  —  Später  erweiterte  man  den 
Beg'riff  des  Wortes,  verband  mit  demselben  auch  den  des  Gramma- 
tikers, und  begriff  darunter  ausser  der  Kenntniss  der  Sprachen  die 
Kenntniss  alles  dessen,  was  zum  genauen  Verstehen  der  Schriftsteller, 
alter  sowohl  als  neuer,  sowie  auch  aller  Kunstwerke  unentbehrlich 
ist.  Es  ist  daher  das  Wort  Philologie  bei  uns  ein  im  Begriffe  sehr  er- 
weitertes und  für  unsere  lateinische  Sprache  unentbehrliches  Kunst- 
wort, und  wir  behalten  es,  da  es  jedem  Kenner  verständlich  ist,  wohl 
besser  bei,  als  dass  wir  es  auf  eine  andere,  nicht  erschöpfende  Art 
ausdrücken,  zumal  da  wir  nicht  allein  von  occidentalischer  und  orien- 
talischer, sondern  auch  insbesondere  noch  von  klassischer  Philologie 
sprechen.  Wie  diese  letztere,  die  von  Einigen  vorzugsweise  Philo- 
logie genannt  wird,  zu  übersetzen  sei,  darüber  siehe  mehr  unter  Hu- 
manus. —  Für  philologus  sagen  Einige  litteraruni  antiquarum  Stu- 
diosus. 

Philologicus,  philologisch,  die  Philologie  betreffend,  ist  ein  den  Alten 
ganz  unbekanntes  Adject.,  welches  nicht  einmal  griechiscli  ist,  indem 
nur  tfilöXo/o:;  als  solches  üblich  war,  was  denn  auch  Cicero  (in  den 
oben  angeführten  Stellen )  wörtlich  aufnahm.  Gleichwohl  hat  sich 
jene  neue  Form  - —  seit  wann  und  durch  wen,  weiss  ich  nicht  —  für 
philologus  eingeschlichen,  ist  sehr  gebräuchlich,  und  wird  wohl  ferner 
im  N.  L.  das  Verjährungsrecht  haben.  Man  vermeide  sie,  so  viel  man 
kann,  sei  es  durch  das  adjectivische  philologus  (wie  auch  Vitruv.  VI. 
prooem.  philologae  res  sagt),  oder  durch  de philologia,  oder  durch  die 
Genitiven  philologiae  und  philologorum ;  bisweilen  auch  wohl  durch 
grammaticus.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  231  und  unten  Philoso- 
phicfis. 

Philomela  ist  in  der  Bedeut.  die  Nachtigall  nur  P.  L.  für  luscinia. 
Lächerlich  wäre  es,  zu  sagen:  in  hoc  nefnore  multae philomelae  nidu- 
lantur,  was  selbst  ein  Dichter  nicht  sagen  würde. 

Philomusus  kommt  zwar  als  ehrender  Name  eines  Mannes  vor, 
aber  nie  als  gewöhnliches  Adject.  für  litteraruni  studiosus ,  wie  es 
sich  im  gezierten  Latein  heutzutage  findet.  So  gab  der  Franzose  Carey 
vor  Kurzem  einen  Virgil  heraus  in  usum  philom7fsae  jttve?itutis. 

Philosophaster ,  ein  gemeiner,  armseliger  Philosoph,  ist  N.  L.,  wie 
poetaster  gebildet,  und  kann  nur  spottweise  im  Dialog  gebraucht  wer- 
den, für  philosophus  de  plebe,  minutus  philosophtis  u.  a. 

Philosophicus ,  philosophisch,  die  Philosophie  betreffend,  ist,  wie 
philologicus ,  ein  N.  L.  Wort,  welches  weder  griechisch  noch  latei- 
nisch irgendwo  vorkommt,  wiewohl  aus  späten  Lateinern philosophicis 
tractatibus  und  philosophice  vivei'e  erwähnt  wird.  Sonst  stand  es  auch 
bei  Cic.  (Tusc.  V,  41,  121):  ad  philosophicus  scriptiones ;  aber  schon 
Davies  nahm  aus  mehrern  Handschr.  philosophas  dafür  auf  und  ebenso 

38* 


59(5 

Wolf  uiul  Orelli,  welche  philosophus  für  ein  Adject.  erkannten,  wie  ea 
denn  griechisch  wirklich  so  gebraucht  wird.  Aber  Klotz  verwarf  es 
als  Adject.  und  nahm  dafür  aus  Nonius  philosophiae  auf.  Auch  Diet- 
rich verwirft  philosophus  als  Adject.,  wie  man  es  wirklich  im  N.  L. 
schon  hin  und  wieder  findet ,  und  räth,  wie  Klotz,  nur  zum  Gebrauclie 
der  Suhst.  phi'losophia  und  des  personalen  Subst.  philosophus.  —  Bei- 
spiele mögen  die  Anwendung:  lehren:  Philosophische  Vorschriften, 
praccepta  philosophiae  oder  philosophormn  (Cic.  Tusc.  11 ,  3,  9)  ;  phi- 
losophische  Bücher,  libri ,  qut  sunt  de  philosophia ,  auch  kurz  lihri  de 
philosophia .,  philosophiae  scripta  (Plin.  N,  IL  Xlll,  27)  ;  philosophische 
Sätze  oder  Gegenstände,  quae  in  philosophia  tructantur  (  Cic.  Tusc. 
Y,  1,  1)  ;  philosophische  Gegenmittel,  philosophiae  remedia  (ib.  IV,  27, 
58) ;  ein  philosophischer  Hörsaal ,  aiiditoriuni  philosophoritm ;  philoso- 
phische Geschichte,  historia  philosophiae ;  ein  philosophisches  Gespräch, 
sermo  de  philosophia  (Corn.  N.  Epam.  3)  —  und  ähnliche.  Bisweilen 
passt  auch  wohl  phihsophorum  proprius.  —  Als  Adv.  brauche  man 
weder  philosophice  noch  philosophe,  sondern  etwa  philo sophor um  more, 
ut  philosophi.  —  Indessen  wird,  so  unlaieimsch philosophicus  und  selbst 
philosophus  (als  Adject.)  ist,  sich  Beides,  besonders  das  erste,  im 
JV.  //.noch  lange  erhalten,  da  jenes  zumal  zu  sehr  eingewurzelt  ist. 
Vgl.  auch  Reisig's  Vorlesung,  p.  163. 

Phlebotomare ,  Ader  lassen  ,\%X  Sp.  L.  aus  dem  Griechischen  ge- 
nommen, aber  ganz  unnöthig  wegen  der  Kl.  Ausdrücke  sanguinem 
mittere,  venam  incidere  oder  secare. 

Phliasius  und  Phliu7itius,  ein  Einwohner  von  Phlius.  Beide  Formen 
brauchte  Cicero,  zuerst  die  ztveite  (de  Rep.  11,  4),  verwarf  sie  aber 
nachher  (ad  Att.  VI,  2)  und  empfahl  ausdrücklich  die  erste  als  die 
bessere;  diese  brauchte  er  auch  später  (Tusc.  V,  3),  und  so  wende 
man  »uch  nur  sie  an. 

Phocaei,  die  Einwohner  von  Phocaea  in  Klein-Asien,  ist  vielleicht 
nur  P.  Form  bei  Horaz  und  dem  späten  Mela,  stattt  P hocaeenses  (hiv. 
XXXVlI,2i,7;  XXXV11,39,  12  u.  a.  Plin.  N.  H.  111 ,  4,  4)  ,  wofür 
manche  Gelehrte,  wie  Manutius,  Seb.  Corradus,  Muretus  u.  A.,  durch 
falsche  Lesarten  im  Livius  verführt,  irrig  Phocenses  sagen,  welches 
die  Einwohner  von  Phocis  bedeutet.  Vgl.  Drakenb.  zu  den  angef.  Stellen 
des  Livius.  —  Man  verwechsele  beide  nicht,  wie  es  selbst  alte  Dichter 
gethan  haben. 

Phoehe  ist  nur  P.  L.  für  Diana  oder  Luna  (luna) ;  man  brauche 
es  nicht  vom  Motide.  —  Ebenso  ist  Phoehus  nur  P.  L.  für  Apollo 
oder  Sol  (sol),  und  wird  fälschlich  von  der  Sonne  (im  gewöhnlichen 
Sinne)  gebraucht. 

Phoenicia,  Phönicien,  ist  im  Ä\  L.  der  gewöhnliche  Name  der  Land- 
schaft Asiens,  nicht  nur  in  Büchern,  sondern  auch  auf  Landcharten, 
für  Phoenice  oder  mit  latein.  Flexion  Phoenica.  Jenes  ist  ohne  alle 
Auctorität,  etwa  mit  Ausnahme  später  Inschriften.  Ueberall  steht  jetzt 
nach  den  Handschr.  entweder  Phoenice  oder  Phoenica:  bei  Varro  (L. 
L.  V,  6.  p.  47  ed.  Sp.,  p.  13  ed.  Müll.),  Cicero  (Fin.  IV,  20,  56.  Phil. 
XI,  13),  Caesar  (B.  C.  111,  3),  Plinius  (N.  H.  V,  12),  Curtius  (oft), 
Justin,  und  Mela,  und  wer  sonst  noch  des  Landes  gedenkt.  Früher 
stand  es  freilich  in  den  gewöhnlichen  Ausgaben  des  Varro  (aberSpen- 
gel  und  Müller  haben  Phoenice)  und  sogar  bei  Cic.  (Fin.  IV,  20),  aber 


597 

nach  einer  etwas  übereilten  Verniutluing  des  P.  Manutius  für  das  von 
allen  Haridschr.  gebotene,  sinnlose  ^oef?cß;  und  wiewohl  Gronov  und 
mit  ihm  Verbürg  Phoeiiica  für  dieses  poetica  und  jenes  Phoenicia  (bei 
Manutius)  in  den  Text  aufgenommen  hatten ,  behielten  dennoch  I)a- 
vies  und  Ernesti  Phoenicia  ohne  allen  Grund  bei.  Dagegen  nahm  Goe- 
renz  stillschweigend,  ohne  einer  Variante  zu  gedenken,  Phoenica  in 
den  Text,  und  ihm  folgte  Orelli.  Seitdem  findet  sich  die  falsche,  vor- 
her allgemein  gewordene  Form  Phoenicia  nirgends  mehr.  Auch  wird 
Phoenica  durch  das  griechische  0oi)iy.rj  gefordert.  —  Dagegen  heisst 
das  Adject.  Phoenicius,  wofür  auch  Poenicius  und  Punicus  gesagt 
wurde,  und  die  Personalsubstantiven  waren  Phoenix  oder  Poemts, 
der  Phönicier,  und  Phoenissa^  die  Phönicierin.  Vgl.  insbesondere  über 
Phoenicia  Jac.  Gronov  zu  Pomp.  Mela  1, 11. 

Phoenix,  als  Name  des  fabelhaften,  höchst  selten  erscheinenden 
Vogels,  kommt  bei  den  Alten  nirgends  zur  Bezeichnung  einer  grossen 
und  einzigen  Seltenheit  vor,  und  kann  so  nur  im  geziertesten  Latein 
gebraucht  werden,  wie  es  der  pedantische  jüngere  Burmann  thut,  wel- 
cher von  einem  Manne  sagt:  Phoenix  ille  ingeniorum. 

Phrusis,  was  bei  den  Griechen  den  rednerischen  Atisdrjick  bedeu- 
tete,  und  was  die  Lateiner  (nach  Quintil.  VIII,  1)  durch  elocuiio 
übersetzten,  hat  im  N.  L.  die  Bedeut.  Redensart ;  doch  kommt  es  bei 
den  Alten  nie  so  vor,  für  loquendi  modus ,  conjnncta  noniina  oder  verba 
oder  vocabula,  nach  Andern  locutio,  dictio,  was  wenigstens  etwas  An- 
deres bedeutet.  —  Da  aber  keins  von  diesen  ganz  passend  ist,  so 
bleibe  phrasis  als  grammatisches  Kunstwort ;  nur  sage  man  nicht  im 
Genit.  Plur.  phraseöii  nach  griech.  Art,  sondern  mit  latein.  Flexion 
phrasium.  —  Der  im  Lateinischen  sonst  strenge  Schorus  behielt  das 
Wort  bei  und  schrieb  phrases  linguae  latinae.  —  Was  wir  redne- 
rische Phrasen  nennen  ,  kann  aber  nicht  durch  phrases  rhetoricae 
oder  oratoriae  ausgedrückt  werden,  sondern  wohl  besser  durch  rhe- 
torum  pompa. 

Phrygianus  und  Phrijgtcus,  Phrygisck,  sind  zweifelhafte  Formen 
für  die  sichere  Phrygitis ,  welches  aber  nur  Adject.  ist;  denn  das 
Subst.  der  Phrygier  heisst  Phryx,  und  nur  Dichter  brauchen  dieses 
für  Phrygius. 

Physiognomus,  der  Kenner  der  Natur,  ist  falsche,  nirgends  vor- 
kommende Form  für  physiognomon  (Gen.  gnomonis).  Dieses  braucht 
Cic.  (Fat.  5,  10),  und  erklärt  es  (Tusc.  IV,  37,  80)  durch:  qui  natu- 
ram  cujusque  ex  forma  perspicit. 

Piaculare^  aus-  oder  versöhnen,  ist  A.  L.  und  piare  fast  nur  P.  L. 
für  expiare. 

Pictura,  das  Gemälde,  wird  wohl  nur  in  Beziehung  auf  Inlialt 
und  Darstellnng  gesagt;  ein  solches  kann  daher  zwar  wohl  betrachtet, 
gelobt,  getadelt,  verändert,  aber  nicht  in  die  Hand  genommen  und 
weggetragen  werden;  dagegen  körperlich  betrachtet  heisst  es  ta- 
bula picta. 

Picturatus,  gemalt,  buntfarbig ,  gestickt,  ist  nur  P.  L.  und  selten; 
dies  erinnert  auch  Ruhnken  gegen  Muret's  Worte  (Oper.  T.  II,  p.  100 
ed.  Ruhnk.):  florum  varietate  distiuctum  picturatumque,  indem  er  sagt: 
picturatus  poeticum  verbura. 

Pientissimus ;  vgl.  Pins. 


598 

Pien'des,  die  3I?isen,  ist  nur  P.  L.  und  wird  nur  in  Beziehung  auf 
Poesie  gehraudit,  für  Miisae,  welches  auch  in  Prosa  in  allgeraeinerm 
Sinne  vorkommt. 

Pielis?tius,  Frömmelei,  der  Pietismus,  ist  N.  L.  und  ohne  Zweifel 
von  demjenigen,  welclier  es  erfunden  hat,  zum  Spott  gebildet;  ebenso 
p/edsta,  der  Frömmler.  —  Beide  sind  als  neue  \^'örter  für  eine  neue, 
den  Alten  unbekannte  Idee  beizubehalten,  jedoch  wo  möglich  mit  An- 
deutungen, die  die  Neuheit  bezeichnen.  So  thut  es  Eichstädt  in  einer 
Rede,  indem  er  zu  dem  Worte  hinzusetzt:  Cujus  ijtsum  nomen  por- 
teudit  barbariem.  —  Ruhnken  drückt  es  in  einem  Briefe  an  Heyne 
durch  fa/iaticorum  discipliua  aus. 

Piger,  träge,  saumselig ;  —  iii  Etwas,  in  aliqua  re;  zu  Etwas ,  ad 
aliquid ;  —  beide  kommen  oft  auf  eins  hinaus.  —  P.  L.  wird  es  mit 
dem  Ge?iit.  verbunden. 

Pignerare,  %um  Pfände  geben,  verpfänden,  versetze?) ;  als  Depo- 
nens, mit  und  ohne  s/ä«',  heisst  es  sich  zum  Pfände  nehmen,  aiishalien. 
Vgl.  Cic.  Rep.  I,  4.  Phil.  XIV,  12.  —  Keins  von  beiden  bedeutet  aber 
pfänden,  auspfänden,  was  pignora  capere  heisst  (Suet.  Caes.  17). 

Pigrari,  saumselig,  träge  sein,  steht  vielleicht  nur  bei  Cicero  (Att. 
XIV,  1,  2) :  scribere  ne  pigrere,  säume  nicht  zu  schreiben ,  für  pigrurn 
esse ;  —  es  werde  vermieden. 

Pilare,  Ball  spiele?!,  ist  N.  L.  tnr  pila  oder  pH  am  ludere. 

Pileus,  der  Hut  (selten  als  Neutr.  pileu?n),  ist  für  uns  in  der  bild- 
lichen Bedeut.  Freiheit  nicht  anwendbar;  die  alten  Römer  verstanden 
sie.  —  De?i  Hut  (sich)  aufsetze??,  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.,  heisst 
mc\\i  pileu??i  impo?iere ,  sondern  rapid  operire .,  und  so  auch  den  Hut 
ab?ieh?ne?i ,  abziehe??.,  nicht  ptleum  deponere,  sondern  caput  aperire. 

Pilus,  das  Haar.  Man  bemerke  die  Gleichheit  beider  Sprachen  in 
den  Redensarten:  ?im  ein  Haar  weniger ,  pilo  mintis :  ?t7?i  kei??  Haar 
we?iiger ,  ne  ullo  pilo  q?ddein  mi?ius;  atich  nicht  ein  Haar  von  einem 
ehrliche??  Ma??ne  habe??,  ne  ullu??i  quide?n  pilum  boni  vi?i  habere. 

Pingere,7?iale??,  wird  bildlich  wohl  selten  für  d epin gere  gehrawchi', 
z.  B.  vitam  verbis  (oratione)  depi??gere  (Cic.  Fin,  11,21,69);  imaginem 
verbis  depii?gere ;  aliquid  cogitatione  depingere  u.  a.,  wicht  pingere. 

Pinguedo ,  die  Fettigkeit,  ist  wohl  eben  so  gut,  sXs  pi??g?iitudo,  was 
öfter  vorkommt.  Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  142. 

Pi??sere  mit  dem  Accus.  par?e?u  ,  in  der  Bedeut.  Brod  bachei?,  ist 
gegen  die  Bedeut.  des  Verbi,  welches  stampfe?? ,  stossen  heisst,  mag 
auch  der  Bäcker  —  pisfor  heissen  und  diesen  Namen  vom  Stossen  des 
Getreides  haben.  Man  sage/^flwe?«  coy?/ere.  Vgl. Heusing.  FJraendd.p.  480. 

Piraeeus,  der  Piräische  Hofe??.  Cicero  brauchte  im  Accus,  theils 
die  griechische  Form  Piraeea,  theils  die  lateinische  Piraee?im ;  ]tine 
zuerst  (Att.  VI,  9,  1),  diese  später  (Att.  VII,  3,  10),  und  erklärte  (in 
der  letzern  Stelle)  Piraeeum  für  die  beste  lateinische  Form.  Man 
folge  ihm  im  Gebrauche.  Vgl.  auch  Th.  I,  §.  25. 

Pirata ,  der  Seeräuber,  ist  zwar  ein  fremdes  Wort,  aber  eben  so 
häufig  im  Gebrauche  wie  praedo  ??iaritim?is. 

Piruiu  werde  nicht  verwechselt  mit/>«>zzs;  jenes  ist  <//e  Birne,  die- 
ses der  Bir?iba?i?n. 

Piscafio,  das  Fischen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  pisratus. 

Piscosus,  fischreich,  findet  sich  zwar  nur  bei  Dichtern,  ist  aber  doch 


599 

auch  für  die  Prosa  brauchbar,  für  plemts  piscium ;  wenigstens  ist  es 
besser  als  das  ^.  L.  piscnhjitus. 

Pins  ,f/o?nm.  Eine  eigene  Comparativform  kommt  nicht  vor;  aber 
auch  eine  eigene  Siiperlativform  war  im  bessern  Latein  nicht  im  Ge- 
brauclie,  so  dass  Cicero  den  M.  Antonius,  der  in  einem  öffentlichen 
Schreiben  pHssimus  gebrauclit  liatte,  tadeln  konnte  (Phil.  XllI,  J9), 
er  habe  verbuin  oninino  nuUinn  in  liii^ua  latina  gebraxicht.  Später  aber 
kam  diese  Form  in  die  Biichersprache,  so  dass  sie  sich  N.  Kl.  einige- 
mal findet  bei  den  beiden  Seneca,  Tacitus,  Floru«  und  Curtius.  Doch 
brauche  man  sie  niclit;  —  noch  weniger  aber  die  ¥orm  pientissinws, 
welche  sich  nur  auf  sehr  späten  Inschriften  findet. 

Placare,  versöhnen ;  —  I'Ane?i  mit  Jema?ide?i,  aliquem  alicui,  nicht 
aliquem  cum  aliquo.  So  sagt  Cic.  {i\ii.  VII,  1,8):  coeperas  eum  mihi 
(mit  mir)  placare;  Farn.  XllI,  1,  3  rogavit, ut  te  sibi (mit ihm)  placarem. 
Aber  sich  mit  Jemanden  versöhfien  heisst  nicht  se  placare  odtr  placari 
alictn\  sondern  redire  in  gratiam  cum  aliquo,  und  mit  Eine7?i  versöhnt 
sein  entweder  cum  aliqiio  in  gratia  esse  oder  cum  aliquo  in  gratiam 
redisse.  Vgl.  Cic.  Fam.  I,  9,  4.  —  In  der  Bedeut.  besänftigen,  beruhigen 
passt  es  wohl  zu  deum,  deos ,  hominem ,  animum,  iram  u.  dgl. ,  aber 
nicht  zu  geniem  (ein  aufrührerisches  Volk),  populum  u.  ähnl.,  wo  pacare 
besser  ist.  —  Die  Versöhnung ,  Beruhigung  heisst  activ.  placatio, 
passiv,  reditus  in  gratiam. 

Placiditas,  die  Sanftheit,  Zahmheit,  kommt  zwar  AI.  bei  Varro  vor, 
aber  sonst  nur  Sp.  L.  und  selten,  und  wird  nur  denThieren  beigelegt, 
um  ihre  Zahmheit  auszudrücken;  Jiäufiger  ist  lenitas  im  Gebranche. 

Placitum  ist  als  Subst.,  in  der  Bedeut.  Lehre,  Griindsatz.,  Meinung, 
nur  N.  Kl.  und  findet  sich  nur  beim  altern  Plinius  von  Vorschriften  der 
Aerzte  und  von  den  Regeln  Cato's  über  die  Oelbäume,  sonst  nirgends, 
wiewohl  placere  oft  von  Gelehrten  gesagt  wird,  in  der  Bedeut.  meifien, 
de7iken,  lehren.  —  Placitum  ist  unnöthig  wegen  praeceptum,  decretum, 
dogma,  sententia .,  quod  placet  (placuit).  Im  N.  L.  wird  es  aber  oft 
gebrauclit,  z.  B.  von  Wytteubach  (Opusc.  I,  p.  186):  reliquarum 
sectarum  placita. 

Plaga  findet  sich  in  der  Bedeut.  Gegend,  Landschaft,  Bezirk  nir- 
gends in  Prosa,  für  terra ,  terrae  pars,  regio,  ausser  in  einer  wunder- 
baren und  streitigen  Stelle  bei  Liv.  (IX,  41).  Vgl.  Madvig  z.  Cic.  Fin. 
II,  4, 12.  —  Auch  wird  es  im  Singul.  in  der  Bedeut.  JVetz  verworfen,  da 
wohl  nur  plagae  im  Plur.  dafür  vorkommt.  Vgl.  Heus.  Cic.  Off".  111, 17,2. 

Plagiarius  bedeutet  Kl.  nur  Einen,  der  hindere  plagt.,  drückt  tcnd 
quält ;  später  Einen,  der  Mensche?i  stiehlt,  und  N.  Kl.  nur  eiuraal  bei 
dem  Dichter  Martial.  eijien  gelehrten  Dieb,  der  die  Bücher  Anderer 
ausplündert  und  bestiehlt,  gleich /^r,  wie  Martial.  einen  solchen  eben- 
falls nennt.  Es  ist  heutzutage  fast  Kunstwort  für  dieses  häufige  Ge- 
werbe.—  Auch  plagium  ist  erst  Sp.  L.  und  bedeutet  bei  den  Juristen 
einen  Menschefidiebstahl. 

Planare,  eben  machen,  ebnen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  aequare,  complanare, 
planum  facere. 

Planctus,  das  Wehklagen,  ist  fast  nur  P.  L.  und  kommt  N.  Kl.  nur 
bei  Tacitus,  Florus  und  Petron.  vor,  iv^x  plangor ,lameiitatio,  ploratus. 

Planeta  oder  mit  griech.  Endung  planetes ,  der  Planet,  Irrstem, 
ist  erst  Sp.  L.  im  Gebrauche  für  Stella  errans  et  quasi  vaga  ( Cic. 


«00 

Rep.  1,14)  oder  Stella  errans  allein  (  N.  D.  II,  20,  51 ),  als  Gei;eii- 
satz  zu  den  Fixsternen,  welche  stellae  inerrantes  hiessen.  Nach  Varro 
(Fragment  eines  verlornen  Bnches)  nannten  sie  Einige  Stellas  erraticaSy 
und  der  Philosoph  Nigidius  errones. 

*  In  Nizolii  lexicon  Cicer.  werden  sogar  in  Facciolati's  Ausgabe  für  das 
Wort  planeta  zwei  Stellen  aus  Cicero  angeführt,  während  es  doch  nirgends  bei 
Cicero  vorkommt. 

Plangere,  schlagen;  heulen,  klagen,  ist  nur  P.  und  Sp.  L.  für  per- 
cutere ;  larnentari,  plorare. 

Planitudo,  die  Fläche,  das  flache  Feld,  die  Ebene,  findet  sich  N.  Kl. 
nur  bei  Columella,  ist  aber  zweifelhaft,  indem  die  neuern  Ausgaben 
dafür  plenitudo  haben;  auch  ist  es  unnöthig  wegen  planities ,  locus 
planus  oder  cajiipester  und  im  Plur.  loca  canipesiria ;  auch  ca?npi/s. 

Planta  ist  in  der  allgem,  Bedeut.  Gewächs,  Pflanze  ohne  alte  Auc- 
torität  für  stirps ,  stirpes ;  oft  wird  es  auch  umschrieben  durch /es 
eae,  quae  gignuntur  e  terra. 

Plantare ,  pflanzen,  junge  Bäume  u.  dgl.  setzen,  kommt  weder  Kl. 
bei  Varro,  noch  N.  Kl.  bei  Columella  vor,  welche  nur  serere,conserere, 
surculum  in  terram  deferre,  arboremponere  u.  dgl.  brauchen  ;  es  findet 
sich  erst  N.  KL  beim  altern  Plinius  und  bei  Spätem.  Ebenso  kommt 
plantarium  erst  bei  Plinius  vor,  in  der  Bedeut.  Pflanz-  oder  Baum- 
schule., für  seminarium,  und  plantatio,  das  Pflanzen,  für  satio.  —  Sehr 
Sp.  L.  ist  plantator,  der  Pflanzer,  für  sator. 

Planus  ist  in  der  Bedeut.  Landstreicher,  Herumläufer  ohne  Auc- 
torität,  da  es  nur  Betrüger  bedeutet,  für  erro,  homo  vagus  u.  a.  Vgl. 
Webers  Uebungssch.  p.  277. 

Plataea,  als  Name  der  berühmten  boötischen  Stadt,  ist  falsche, 
nirgends  gebrauchte  Form  für  die  Pluralform  Plataeae. 

Plausibilis ,  des  Beifalls  würdig,  annehmlich,  ist  Kl.  und  gut;  aber 
das  Adv.  plausibiliter  ist  Sp.  L.  und  werde  vermieden  durch  cum 
plausu  oder  die  Umschreibung  mit  dem  Verbo  plaudere. 

Plebs  oäer  plebes,  der  gemeine  Haufe.,  wird  fast  nur  in  politischer 
Beziehung  gebraucht  und  steht  deyi  P^ornehmen  entgegen;  selten  Leid- 
lich, wie  unser  Pöbel,  von  den  Ungebildeten  und  Unwissenden  im  Ge- 
gensatze zu  den  Bessern  und  Verständigen;  in  diesem  Falle  wird  mehr 
vulgus  und  multitudo  gebraucht. 

Plebiscitum  in  der  Bedeut.  des  griech.  \in]qir)tia,  Volhsbesschluss, 
wie  es  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  234  ed.  Ruhnk.)  braucht:  auctorifatem 
plebiscitor?/ni  s'ne psephismatum,  tndeh  Ruhnken,  indem  ersagt:Rectiu8 
dixisset  populiscitorum. 

Plene,  voll,  vollständig,  ist  KL,  aber  sehr  selten,  auch  weniger  pas- 
send, wo  es  auf  das  Subst.  Bezug  hat;  z.  B.  Jemandes  Worte  vollstän- 
dig (d.  h.  sie  alle)  geben,  angeben,  nicht  alicujus  verba  plene  dare, 
afferre,  sondern  omnia,  tota,  oder  integra. 

Plenilunium,  der  Follmond,  kommt  erst  N.  KL  bei  Columella,  dorn 
altern  Plinius  u.  A.  vor,  für  die  Kl.  plena  lutia  (Cic.  Rep.  I,  15)  oder 
luna  plena  (Caes.  B.  G.  IV,  29). 

Plenipotentiarins,  der  Bevollmächtigte,  der  mit  Vollmacht  versehene 
Gesandte ,  ist  N.  L.  und  kann  durch  das  acht  Kl.  legatus  cum  publica 
auctoritate  (Cic.  Verr.  11,2,  3)  vermieden  werden;  auch  sagt  tnan  bios 
legatus  cum  auctoritate  (Att.  I,  19,  2). 


()01 

Phmis,a,ttm,voll,  hat  Kl.  meistens  den  Genit.  bei  sicli,  selten  den 
Ablat.  Da  durcli  Auslassung'  des  Objectes  der  Sinn  oft  dunkel  und 
zweifelhaft  werden  kann,  so  sei  man  in  der  Auslassunfr  vorsichtig.  — 
Selten  ist  wohl  plenus  seiiatus ,  der  volle,  d.  h.  vollzählige  Senat.,  für 
freqnens  sen. ;  aber  wiewohl  Quintil.  (11,8,3)  sagt:  plenum  pueris 
(puerorum]  gi/7H7iasi/fm ,  so  konniti.  er  eben  so  gut  auch  blos  sagen 
plemim  gy?nnasium ;  wenigstens  ist  ple7inm  auditorium  niclit  selten. 
Vgl.  Quintil.  II,  1],  3.  Und  so  findet  es  sich  auch  bei  dem  Verf.  des 
Dial.  de  orator. ,  Sueton.  u.  A.  —  Für  plenus  annus,  plenus  7nensis  u. 
ähnliche  sagt  man  tolfis  oder  i7iteger,  und  verbindet  beide  auch  mit 
pleims  ;  z.  B.  Cic.  (  Milo  9,  24  )  :  ut  haberet  —  ple7iU7n  annuTu  atque 
iutegruTn. —  üeber  pleno  jure ,  mit  vollem  Rechte,  vgl.  Jus ,  und  über 
ple7ia  manu  und  pleno  ore  aliquem  laudare,  welche  beide  bezweifelt 
worden  sind,  vgl.  Manus  und  Os.  —  Zu  bezweifeln  ist  plen7is  sui,  voll 
von  sich,  d.  h.  einge7iommen  für  oder  von  sich,  stolz,  aufgeblasen,  für 
sui  a77iore  captus.,  inflatus ,  elatns  u.  a.  —  N.  L.  ist  plena  mens,  der 
volle  Verstand,  für  integra  mens  (Cic.  Cato  20  integra  mente  mori) ; 
ce/itutn  plenos  aimos  vivere ,  volle  himdert  Jahre  leben .,  für  centum 
complere  oder  esplere  annos  —  und  so  ähnliche;  z.  B.  Quintil.  (V. 
prooeni.  4):  nondu7n  expleto  undevicesimo  anno,  nachdem  er  noch 
nicht  volle  7ieunzehn  Jahre  alt  geworden  war. 

Pleo7iasmus  kann,  obgleich  es  nirgends  als  lateinisches  Wort  auf- 
genommen ist,  als  kurzes  Kunstwort  kaum  entbehrt  werden;  Quintil. 
erklärt  es  durch  abimdans  supra  necessitate77i  oratio.  Aber  pleonastici/s 
und  pleonastice  müssen  durchaus  vermieden  werden  durch  redundans 
und  redundanter. 

Plerusque ,  pleraque ,  plerumque,  kommt  im  Sing,  selten  vor  und 
nur  bei  Sallust.  und  Spätem  mit  Collectivsubstantiven  verbunden;  es 
werde  vermieden.  Der  Plur.  aber  ist  sehr  häufig,  nicht  allein  in  der 
Ke<leut.  die  Meisten,  sondern  auch  in  der  Bedeut.  sehr  Viele.  —  Vor 
dem  Genit.  plerorumque  und  plerarumque  warnt  Vavassor.  (Antibarb. 
p.  573),  indem  er  sagt;  Durum  et  insolens,  neque  usquam  in  probis 
scrij)toribus  eo  casu  multitudinis  positum  vocabulum.  Man  verändere 
die  Construclion,  oder  setze  ma.vimae  partis  oA^r  maximam  partem. 
Im  N.  L.  finden  sich  diese  Genitiven  nicht  selten,  z.B.  bei  Wyttenbach 
(Opusc.  I,  p.  183):  gravis  error  plerorumque  aninios  occupavit,  und 
bei  Vaicken.  (Oratt.  p.  Ib6)  :  harum  plerarumqtie  rerum.  —  Auch  ist 
plerumque  als  Subst.  mit  einem  Genit.,  wie  es  bei  Sallust.  und  Livius  vor- 
kommt, als  selten  zu  vermeiden  durch  7na.Tima  pars.  —  Endlich  warnt 
Wüstemann  (z.  Doeringii  Commentatt.  p,  19)  mit  Recht  \or  plerique 
mit  dem  Genit.,  indem  das  dazu  gehörige  declinirbare  Wort  mit  ihm 
in  gleichem  Casu  verbunden  werde.  Man  sagt  Kl.  plerique  7nilites,  n\c\\t 
milituin;  plerique  memi7iistis,  die  Meiste7i  von  euch  eri7inern  sich,  nicht 
plerique  vestrum  memiuerimt. 

Pleuresis  oder  pleurisis  ist  Sp.  L.  Form  für  pletiritis ,  was  aber 
Celsus  nie  brauclit;  es  kommt  erst  N.  Kl.  bei  Vitruv.  und  dem  altern 
Plinius  vor,  für  lateris  dolor  oder  dolor  lateralis. 

Plicare,  falte?? ,  ist  fast  nur  P.  L.  für  complicore ;  die  St ir7ie  falten 
heisst  weder  plicare,  noch  complicare  frontem,  sondern  contrahere 
fronte77i. 

Pluere,  regnen,  ist  nur  A.  L.  ein  Personalverbum;  bei  den  Bessern 


602 

steht  68  nur  als  Impersonale,  pluit.  —  Was  es  regnet  oder  vom  Him- 
mel herabströmt ,  steht  meistens  im  ^Ä/ß/.,  selten  im  Accus.,  z.  Vi. 
sanguine,  fapidilms,  canie,  terra,  selten  sanguinem,  lapides,  carnem, 
terram.  Vgl.  Pluvia. 

Pluma,  die  Feder,  wird  nie  für  unser  Schreibfeder  gebraucht;  da- 
für nur  calamns.  Vgl.  Penna. 

Flures ,  plura  ,  Mehrere  (s) ,  hat  meistens  den  Comparativbegriff, 
weswegen  es  auch  einen  Zusatz  mit  quam  (als)  fordert,  welcher  ent- 
weder da!)ei  steht,  oder  hinzugedacht  wird,  wie  es  bei  der  Redensart 
quid  plura  ea  de  re  dicam?  der  Fall  ist,  wenn  die  Sache  vorher  nur 
erwähnt  worden  ist,  wo  also  quam  opus  est  hinzu  zu  denken  ist.  Vgl. 
z.  B.  Cic.  Divin.  II,  14,  34  und  daselbst  Giese.  —  Im  strengen  Ge- 
brauche unterscheidet  es  sicli  daher  von  complures,  was  auch  Mehrere 
heisst,  aber  immer  oh7ie  Comparativbegriff  und  daher  gleich  Einige, 
eine  A?izahl  ist.  Man  verwechsele  beide  nicht,  wie  es  im  N'.  L.  oft  ge- 
schieht. So  heisst  z.  B.  er  hat  mehrere  Bücher  geschrieben,  wenn  kein 
Buch  des  Mannes  vorher  erwähnt  worden  ist:  scripsit  ille  complures 
libros,  nicht  plures  libros;  wenn  aber  schon  eins  oder  das  andere 
erwähnt  worden  ist,  und  wenn  also  gesagt  werden  soll:  noch  mehrere, 
als  das  oder  die  erwähnten,  so  heisst  es  plures  oder  alias  plures.  Daher 
hätte  Ernesti  (Opnsc.  orat.  p.  98)  wohl  natürlicher  und  dem  Sprach- 
gebrauche geniässer  geschrieben:  Cicero  complures  libros  oratorios 
scripsit,  als  plures,  da  er  vorher  noch  keine  rhetorische  Schrift  er- 
wähnt hatte.  —  IVoch  merke  man,  dass,  mit  alii,  aliae,  alia  verbunden, 
gleich  gut  zu  sein  scheint:  alii  plures  und  alii  complures.  Dies  lehrt 
wenigstens  die  Stelle  Cic.  (Orat.  II,  23,  94)  :  aliique  comphires,  ver- 
glichen mit  Brut.  9,  36,  wo  von  einer  und  derselben  Sache  die  Rede 
ist.  —  Bisweilen  liegt  in  Mehrere  der  Sinn  von  nicht  Wenige,  also  non 
pauci;  z.  B.  es  gibt  gewiss  Mehrere,  welche  — ,  certe  non  pauci  sunt, 
qui  — .  Die  Redensart  ad  plures  abire,  in  der  Bedeut.  sterben,  welche 
Hemsterh.  (Oratt.  p.  129  ad  plures  abiit)  und  mit  ihm  viele  Holländer, 
wie  Mahne  (Vita  Wyttenb.  p.  XVIII)  und  Andere  brauchen,  ist  aus 
dem  Griechischen  genommen,  kommt  aber  nirgends  in  Prosa  vor,  und 
nur  bei  den  Komikern  findet  sich  Aehnliches,  z.  B.  bei  Plaut.  (Trinnm. 
II,  2,  16  [15]):  quin  prius  me  ad  plures  penetravi?  tvarum  bin  ich 
nicht  früher  gestorben?  ^ie  werde  als  griechisch  und  veraltet  vermie- 
den. —  Wo  der  Deutsche  sich  doppelt  ausdrücken  kann,  durch  mehr 
und  mehrere,  in  Verbindung  mit  als  und  einem  Zahlworte,  z.  B.  jene 
brauchten  nicht  mehrere  Farben,  als  vier  oder  nicht  mehr,  als  vier 
Farben,  sagt  der  Lateiner  wohl  nie:  Uli  non  sunt  usi  pluribus  quam 
quatuor  coloribus,  sondern  plus  quam  quatuor  color.  (Cic.  Brut.  18,70), 
und  so  bei  Livius  (  XXXVIII,  38) :  wz///«  navis  plus  (nicht  pluribus), 
quam  triginta  remis  agatur  —  und  so  in  allen  ähnlichen,  wo  auch  oft 
quam  geradezu  weggelassen  wird. 

Pluries,  mehrmals,  findet  sich  oft  im  Ä\  L.,  vielleicht  nach  der 
falschen  Auctorität  einer  Stelle  des  Jul.  Caes.  (B.  C.  I,  79)  ;  aber  es 
kommt  erst  Sp.  L.  bei  Trebellius  Pollio  vor,  für  saepius,  identidem, 
pluribus  locis ,  semel  atque  iterum.,  wozu  Cic.  (Font.  8,  16)  sogar  noch 
zur  Verstärkung  ac  saepius  hinzusetzt.  In  den  Text  des  Jul.  Caesar 
brachte  es  nach  der  Vermuthung  des  Ciacconius  erst  Jos.  Scaliger  für 
die  Lesart  aller  Handschr.  und  der  altern  xlusgaben  plures,  und  nach- 


603 

her  kam  es  in  alle  folgenden  Ausgaben,  selbst  in  die  von  Oudendoip; 
aber  plures  ist  dort  ganz  richtig.  Vgl.  darüber  Hase  in  der  Anm.  z. 
Reisigs  Vorlesung,  p.  213.  —  Es  werde  also,  da  es  Sp.  L.  ist,  nicht 
gebraucht. 

Phirimtis.  Der  Genit.  plurimi,  in  der  Bedeut.  sehr  thener,  zur  Be- 
stimmung des  Preises  bei  Kauf  u.  dgl.,  ist  unlateinisch  für  pl ur im o,  wie- 
wohl im  Compar.  der  Genit.  ph/n's  richtig  ist. 

P/zis ,  7/iehr.  —  Von  phires  war  schon  oben  die  Rede.  —  Unser 
mehr  oder  weniger  heisst  nicht  plus  auf  minus,  sondern  plus  minusve 
oder  selten  ohne  ve  —  plus  ?ni?ius;  mehr  als  einmal  heisst  wohl  nicht 
phisquamsemel,  sondern  identidem,  saepiusu.a.',  vgl,  Pluries.  \mN.L. 
findet  sich  jenes  oft,  z.  B.  bei  Mahne  (Epicrisis  p.  218):^///s  quarn 
semel  animadverti.  —  Da  der  Genit.  pluris  nur  zur  Angabe  des  Wer- 
thes  und  Preises  dient,  so  sind  N.  L.  Redensarten,  wie: plt/ris  cupidus 
(nach  Mehrerem  begierig),  cupiditas,  appetitio  u.  a.,  wofür  plus  cv per  e, 
plus  appetere ,  cupidus  oder  cupiditas  plura  habendi  (Begierde  nach 
Mehrerem)  oder  Aehnliches  gesagt  werden  muss.  Falsch  sagt  daher 
Sintenis  (Versuch  p.  74  nach  Klotz):  quo  magis  cupidi pluris fueritis.  — 
Mehr  als  Alle  heisst  wicht  plus  quam  omnes,  sondern  masime  omnium; 
z.  B.  dieser  förderte  mehr  als  Alle  (masime  omnium)  die  griechische 
Litterat7ir.Ygl.  Hadriani  Observatt.  p.447. —  Gut  ist  aber  plus  plusque, 
wie  magis  magisque ,  z.  B.  bei  Cic.  (Att.  VI,  2,  10)  :  Pompejum  plus 
plusque  in  dies  diligo.  —  In  Redensarten,  wie:  er  brauchte  mehr  Far- 
ben ,  als  vier,  sagte  man  plus  quam  quatuor  coloribus ,  nicht  pluribus 
coloribus,  quam  quatuor.  Vgl.  Cic.  Brut.  18,  70. 

Pluvia  wird  nur  vom  Regemvasser  (Wasserregeji)  gebraucht,  nicht, 
wie  pluere,  auch  mit  Objecten,  wie  Blut,  Steine  ii.  a. ;  bei  diesen  steht 
nur  das  Wort  imber ;  z.  B.  der  Steinregen,  imber  lapideus  oder  lapidum, 
nicht  pluvia  lapidea  (der  Verf.  de  bello  Afric.  47  sagt  dafür  saxea 
grando);  der  Blutregen,  imber  sanguineus  (Cic.  Divin.  II,  28)  —  und 
so  gewiss  in  allen  ähnlichen  Verbindungen,  so  dass  Perpinian.  (Oratt. 
p.  169)  wohl  richtig  gesagt  hat:  panis  imber  effluit  ^  es  strömt  ein 
Brodregen  herab ,  es  regnet  Brod.  Vgl.  auch  Cic.  Divin.  I,  44  imber 
lapidum,  sanguinis ,  terrae,  lactis.  —  Pluvia  bedeutet  aber  auch  mit 
und  ohne  aqua  das  Regernrasser ;  N.  hl.  sagte  man  dafür  aqiia  plu- 
vialis  oder  pluviatilis ,  Cicero  aber  aqua  pluvia.  Vgl.  Cic.  Top.  9  und 
Muren.  9. 

Poculum ,  der  Becher.  —  Ueber  poculum  hihere  und  haurire  vgl. 
Bibere. 

Podager,  der  Podagrisi,  soll  zwar  schon  Ennius  gebraucht  haben, 
aber  INiemand  brauchte  es  nach  ihm.  ausser  Sp.  L.  der  Dichter  Clan- 
djan.  (Epigr.  XXIX  [nicht  XXXII],  4).  Im  Gebrauche  war  nur  poda- 
gricus  (homo) ,  wie  ihn  Celsus  zu  nennen  pflegt.  —  Dagegen  kam  das 
Snbst.  podagra ,  die  Gicht,  häufig  vor,  und  man  brauchte  es  sogar  im 
Plur. ,  pudagrae.  Auch  Cic.  (Tusc.  II,  19,  45)  hat  dolores  podagrae, 
wofür  Celsus  (II,  7)  auch  dolores  articulorum  sagt.  —  Vxir  pod agram 
habere,  Gicht  haben,  an  Gicht  leiden,  sagte  man  (ex)  pedibus  laborare, 
pedibus  aegriim  esse,  pedum  doloribus  afjici,  doloribus  podagrae  cruciari, 
ordere  doloribt/s  podagrae. 

Poecile.,  der  Name  eines  mit  Gemälden  ausgeschmückten  Säulen- 
ganges zu  Athen,  ist  ein  zu  gekünstelter  Name  für  ein  Buch,  welches 


604 

aus  mancherlei  Bemerkungen  und  Aufsätzen  gelehrten  Inhalts  besteht, 
wie  Heumaun  ein  solches  in  drei  Bänden  herausgegeben  hat. 

Poctna,  das  Gedicht,  hat  in  der  bessern  Prosa  im  Dat.  und  Abi. 
Plur.  nur  pofmatis,  nicht  poematibus,  und  so  auch  im  Genit.  Flur,  mehr 
poematorum  als  poematnm. 

Poena,  Strafe ,  Rache.  —  Die  Redensart  poenae  esse ,  zur  Strafe 
sein,  d.  h.  gestraft  werden,  ist  wohl  kaum  erweislich  für  piiniri,  poena 
ofßci.  Wenn  Sallust  sagt:  pro  aliquo  poenas  capere,  um  Jema?ides  iril- 
leti,  für  Jemanden  Rache  nehmen,  so  ist  dies  so  selten,  dass  man  es 
nicht  nachahmen  darf,  für  alicujus  poenas  capere,  repetere,  persequi 
u.  a.  —  Ueber  die  Verbindung  des  Wortes  poena  mit  Verben  vgl.  die 
Lexica,  da  der  Ausdruck  in  beiden  Sprachen  oft  abweicht.  —  Poenas 
dare,  Strafe  leiden,  d.  h.  gestraft  werden,  hat  den  Gejiit.  dessen  bei 
sich,  wofür  man  gestraft  wird. 

Poenitendus,  a,  vm  ist  seit  Livius  zwar  j4dject.  in  der  Bedeutung 
tadelnswürdig,  verachtuf/gstverth,  und  als  solches  nicht  zu  verwerfen; 
aber  nie  kommt  es  als  Gerundivum  vor.  Daher  ist  wohl  richtig:  in  lit- 
terarum  studiis  non  poenitendos  fecit  progressus,aber  falsch :  occasio?ie 
usus  est  temeritatis  poenitendae,  er  benutzte  die  Gelegenheit,  seine  U71- 
besoTinenheit  zu  bereuen,  für  poenitendi  temeritatis,  also  für  das  Gerun- 
dium mit  dem  von  dem  Verb,  regierten  Genit. 

Poenitentia,  die  Reue,  kommt  zuerst  bei  Livius  vor,  ist  aber  nicht 
zn  verwerfen,  wiewohl  KL  nur  das  Verbum  poenifere  gebraucht  wird. 
Auch  bemerkt  schon  Lactanz,  dass  resipiscentia  oft  richtiger  sei  als 
poeni(e?itia.  —  Agere  poenitentiam  alicujus  rei,  Reue  fühlen ,  haben, 
beweisen  über  Etwas  oder  wegen  einer  Sache,  brauchen  Plinius  (Ep.  VII, 
10)  und  Andere;  im  christlichen  Latein  bedeutet  es  unser  Ä?/sse  thun. 

Poenitere,  gereuen,  bereiten,  ist  als  Personalverbimi  nur  A.  L.  und 
verwerflich;  die  Stellen,  welche  in  guter  Prosa  dafür  zu  sprechen 
scheinen,  sind  anders  zu  erklären.  Wan  sage  nicht,  wie  Benj.  Weiske 
(in  Wolfii  Mus.  antiq.  I,  p.  93):  poenitebat  Ciceronem  haec  peregrinatio 
nach  dem  Deutschen:  diese  Reise  gereute  den  Cicero,  sondern  hnjus 
peregrinationis ;  aber  auch  eben  so  wenig:  poenitebat  Cicero  hujus  pe- 
regrinationis  nach  dem  Deutschen:  Cicero  bereute  diese  Reise.  Es  werde 
nur  als  Impersonale  mit  dem  Accus,  der  beretienden  Person  und  mit 
dem  Ge?iit.  oder  Infinit,  des  Objectes  der  Rede  verbunden;  —  ebenso 
auch,  wenn  poenitere  abhängig  ist  von  posse,  coepisse ,  so/ere ,  wo  auch 
diese  Verba  als  Impersonalia  behandelt  werden  müssen.  —  Sp.  L.  und 
incorrect  ist  es  z.  B.,  wenn  Justin,  sagt:  Athenienses  (als  Nomin.) primi 
poenitere  coeperunt ,  die  Ath.  fingen  zuerst  an ,  Reue  zu  fühlen  ,  für 
Athenienses  (als  Accus.)  primos  poenitere  coepit.  31an  sage  nicht:  multi 
temeritatis  suae  sero  püenitere  solefit,  sondern  multos  tem.  suae  sero 
poe?i.  solet;  nicht  a?itequam  nos  (als  Nom.)  poejiitere  coepimi/s ,  son- 
dern onteq.  nos  (als  Acc.)  poen.  coepit  (Cic.  Tusc.  V,  36,  104). 

Pvesis,  die  Popsic,  nahm  schon  Cicero  ins  Latein,  auf.  Man  vei'- 
meide  aber  die  griech.  Genitivform /jopseos,  welche  oft  im  vornehmen 
Neulatein  vorkommt,  für  die  latein.  pocsis.  Vgl.  Th.  I,  §.  30. 

Poetaster.,  ein  Dichterlifig ,  Fersmacher ,  armseliger  Dichter,  ist 
TV".  L.,  wie  philosophaster,  für  malus  poeta .,  versificator,  poi-ta  nescio 
quis.  Man  schlägt  auch  poetilln  vor,  welches  jetzt  aber  nur  nach  Ver- 
muthnng  eines  Gelehrten  bei  Plaut.  (Trucul.  II,  6,  4)  steht,  wo  jedoch 


605 

die  Handschr.  meistens  post  illam  lesen.  —  Will  man  poetaster  brau- 
chen, so  entschuldige  man  die  Neuheit  des  Wortes.  Dies  that  der 
sonst  so  vorsichti^^e  Ruhnken  nicht,  als  er  schrieb  (Opusc.  I,  p.  133): 
Sed  qui  poetastrorimi  deliriis  immoror?  weshalb  Matthiae  dazu  be- 
merkt: Poetaster  non  est  verbum  iatinum,  sed  e  vulgari  Italorum  ser- 
mone  ductum. 

Poelil/a,  der  Dichterling ;  vgl.  Poetaster. 

Politia  (\on  po/itus ,  fein)  ist  in  der  Bedeut.  Feinheit,  Zierlichkeit 
N.  L.  für  elegantia  oder  humanitas  politior.  Es  kommt  nur  als  IName 
der  Bücher  Piato's  vom  Staate  vor,  wofür  die  Lateiner  res  publica 
brauchten. 

Politica  oder  politice  als  Subst.,  die  Staatsktmst,  Staatswissenschaft, 
ist  erst  Sp.  L.  und  wurde  früher  als  griechisches  Wort  gehraucht. 
Cicero  sagt  dafür  res  publicas  adininistrandi  scientia  (Fin.  V,  21,  58), 
disciplina  reipuhlicae  (Orat.  I,  34,  159.  Rep.  I,  33),  ratio  rei  pnblicae 
administra7idae,  civilis prudentia  (Rep. II, 25).  —  Bedeutet  aber  Politik 
nur  Weltklugheit,  so  sage  man  prudentia,  cognitio ,  consilium  urbannm 
(Cic.  Off.  I,  22,  76),  civilitas.  —  Gegenstä?ide  der  Politik  sind  res  pn- 
blicae; über  Politik  schreiben  heisst  de  rebus  publicis  scribere.  Vgl.  noch 
Ciiilitas. 

Politicus,  was  wir  oft  durch  politisch  ausdrücken,  ist  mehr  aufge- 
nommen als  das  Subst.  politica,  indem  z.  B.  Cicero  (Fin.  V,  23.  Orat. 
111,28)  Philosophen,  die  sich  mit  der  Staatskunst  beschäftigten,  pÄ?7o- 
sophos  politicos ,  und  Coelius  (Farn.  VIII,  1,  4)  Cicero's  Bücher  de 
repnblica  — politicos  libros  nennt.  Vgl.  auch  Quintil.  1,10, 15. —  Jedoch 
kommt  weder  homo ,  noch  vir  politicus  vor,  Cicero  nennt  (Divin.  I, 
49, 111)  erfahrne  Staatsmänner —  in  re  publica  exercitatos ;  die  gross- 
ten  Staatsmänner  —  perilissimmos  rerum  civilium  (Rep.  1,21);  er 
sagt  auch  irgendwo:  vir  regeiidae  rei publicae  scientissifnus,vir  r/ui est 
magno  usu  tractandae  rei  publicae.  Und  so  brauche  man  für  politicus 
—  civilis  oder  publicus,  oder,  wenn  politisch  den  Begriff" der  Verschla- 
genheit enthält,  caUidus  oder  was  sonst  der  Sinn  verlangt. 

Pollex ,  der  Daumen.  —  Die  sprichwörtliche  Redensart  pollicem 
alicui premere ,  in  der  Bedeut.  Einem  günstig  sein,  kann  jetzt  nicht 
mehr  ohne  den  Zusatz:  ut  in  veterum  lio}nanüru7n  proverbio  est  ange- 
wandt werden;  übrigens  ist  es  für  uns  unzeitiger  Prunk,  da  alicui 
favere  dasselbe  ausdrückt. 

Polliceri.  Ueber  poll.  montes  aureos,  goldtie  Berge  versprechen,  vgl. 
Aureus.  —  Falsch  ist  die  Verbindung  von  polliceri  mit  Ohjecten,  die 
etwas  Böses  enthalten,  wenn  das  Object  den  treffen  soll,  dem  es  ver- 
sprochen wird,  z.  B.  exitium ,  malmn  u.  dgl. ,  für  denunciare ,  minari. 
So  schrieb  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  121  ed.  Fr.)  :  quarum  rerum  igno- 
ratio aeternura  ex<7/ww  hominibus  pollicetur,  wobei  Frotscher  bemerkt: 
Pollicemur  bo?ia,  denunciamus  mala. 

Pollicitari,  versprechen ,  ist  A.  und  Sp.  L.  für  polliceri,  promittere. 
Gut  aber  ist  das  Suhst.  pollicitatio,  das  Versprechen,  im  Sing,  und  Plur. ; 
wenn  auch  nicht  von  Cicero ,  so  ist  es  doch  von  Caesar  einigemal, 
von  Asinius  PoUio,  Livius  u.  A.  gebraucht  worden.  Cicero  sagt  nur 
proThissio  im  Sing,  und  promissum  im  Sing,  und  Plur. 

Pollinctura,  die  Leichenbesorgung,  ist  zweifelhaft,  da  es  bei  Plau- 
tus  von  den  Meisten  hi  polluctura ,  der  köstliche  Schmaus,  verändert 


606 

wird;  weiter  hat  es  keine  Auetorf  tat,  und  man  sage  daher  cnratio 
morttiL 

Polns ,  der  Pol,  die  Himmelsachse ,  ist  nur  P.  L.,  aus  dem  Griech. 
genommen,  für  cardo  coeli  (  Varro  R.  R.  I,  2,  4),  Vertex  coeli  (  Cic. 
Rep.  VI,  20),  axis  coeli  (N.  D.  I,  20,  52). 

Polyhistor^  der  Fielwisser,  kommt  nur  als  Beiname  eines  alten 
Grammatikers  vor  und  als  Name  eines  späten  Buches  von  mannich- 
faltigem  Inhalte,  aber  nie  in  allgemeinem  Sinne  zur  Bezeichnung  eines 
grossen ,  vielseitigen  Gelehrten ;  man  brauche  es  daher  vorsichtig.  Es 
wird  sonst  ausgedrückt  durch  Homo,  in  quo  multae  litterae  sunt;  homo 
multa  doctrina  ornatissimus  u.  dgl.  —  Ganz  iV.  L.  ist  aher  polyhistorta, 
die  Fielwisserei,  für  multa  et  varia  eruditio;  auch  blos  multa  scire. 

Pometum,  der  Obstgarten ,  das  Obstfeld,  kommt  Sp.  L.  nur  bei 
Palladius  (I,  36)  vor,  und  ist  selbst  da  zweifelhaft  für  das  Kl.  poma- 
rium  bei  Cicero,  Varro,  Columella,  Plinius  u.  A.  Seltsam  behaupten 
einige  Grammatiker, /jomßr/?^m  sei  nur  ein  Obstbehälter,  pometum  aber 
ein  Obstgarten.  Vgl.  Schneider  zu  Varro  R.  R.  p.  254. 

Pomposus  ist  N.  L.;  Bremi  hätte  es  nicht  brauchen  sollen ;  er 
nennt  hochtrabende  Worte —  verba  pomposa  statt  grandia  oder  (nach 
Cicero)  verborum  pompa. 

Pomum  ist  nicht  der  ^pfel,  sondern  jede  Baumfrucht ,  im  Plur. 
poma,  das  Obst ;  ebenso  ist  po?mis  nicht  der  Apfelbaum,  sondern  jWer 
Frucht-  oder  Obstbaum ;  der  Apfel  heisst  malum  und  der  Apfelbaum 
—  malus.  Im  N.  L.  werden  sie  oft  verwechselt.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer. 
Susp.  p.  113. 

Ponderare  kommt  in  der  eigentlichen  Bedeut.  unegen,  das  Ge- 
wicht erproben  erst  N.Kl.  beim  altern  Plinius  vor,  für  ad  pondas  oder 
trutina  examinare.  In  der  bildlichen  Bedeut.  Etwas  nach  Etwas  ab- 
wägen,  beurtheilen  wird  es  verbunden  aliquid  aliqua  re  oder  aliquid 
ex  aliqua  re  ponderare. 

Ponderositas,  die  Schwere,  ist  N.  L.  für  pondus,  gravitas, 

Pone,  hinter,  hinten,  hinten  nach, \%i  als  Ädv.  und  Praepos.  A.L.;  bei 
Cicero  findet  es  sich  nur  im  Timaeus  (wenn  Cicero  der  Verfasser  ist), 
bei  Caesar  nie,  bei  Livius  nur  einigemal;  sonst  ist  es  fast  nur  P.  L., 
und  Quintilian.  rechnet  es  zu  seiner  Zeit  schon  zu  den  veralteten  Wör- 
tern. Man  brauche  dafür  post  (Caes.  B.  G.  II,  5  post  eum,  hinter  ihm), 
a  tergo  oder  retro. 

Ponere,  setzen,  stellen,  legen,  verwenden  u.  dgl.,  wird  fast  nur  ver- 
bunden iji  aliquo  loco,  in  aliqua  re,  selten  in  aliqueyn  locum,  in  aliquam 
rem ,  Etwas  ivohin  setzen ,  stelle?i ,  lege?i ,  auf  Etwas  verwenden  ;  — 
dorthin  heisst  ibi,  nicht  eo ;  wohin,  ubi,  nicht  quo.  Daher  heisst  z.  B. 
Etivas  unter  die  Güter  (Uebel)  rechnen,  aliquid  ponere  in  bonis  (in 
malis);  Etwas  für  ein  Lob,  für  eine  Wohlthat  halten  oder  auslegen, 
ponere  aliquid  in  laude,  in  beneficio ,  wiewohl  auch  pon.  aliquid  loco 
beneficii gesagt  werden  kann;  PJinem  Etwas  als  ein  schändliches  Ver- 
brechen anrechnen,  alicui  aliquid  in  nefario  crimine  ponere  (Cic.  Orat. 
H,  48,  199).  —  Einen  Accusat.  lässt  bei  Cicero  Madvig  (zu  Cic.  Fin. 
V,  2,  8)  nicht  gelten,  indem  er  in  aliqua  historia  vestigium  ponimus, 
für  in  aliquam  hisloriani  aus  den  Handschr.  setzt.  —  Das  örtliche 
unter ,  d.  h.  darunter,  heisst  sub  mit  dem  Accus.,  und  vor  —  ante.  — 
Einen  an  Jemandes  Stelle  setzen,  für  eifien  Andern   anstellen  heisst, 


607 

zumal  wenn  es  bedeutet:  Einen  nur  provisorisch  als  SteÜTertreter an- 
stellen, —  in  aliciijiis  locum  aliquem  siifficere  oder  substihiere ,  alicui 
vicarimn  dare,  nicht  mit  ponere ;  Einen  einem  Andern  gleich  setzen, 
aliquem  cum  aliquo  oder  alicui  aeqnare  oder  (wie  Livius  sagt)  ali- 
quem alicui  in  aequo  ponere.  Vgl.  Weber's  Uehnngssch,  p.  50.  —  Den 
Fuss  vor  das  Thor  setzen  heisst  nicht  pedem  ponere  ante  portam ,  son- 
dern pedejn  porta  efferre  (Cic.  Att.  Vlll,2,  4);  Einem  einen  Tag, 
Termin  setzen ,  bestim7nen ,  nicht  pojiere,  sondern  alicui  diem  dicere, 
dare,  constituere,  praefinire;  die  Hände  auf  den  Riicken  legen,  nicht 
ponere,  sondern  rejicere  manusin  tergum  (Cic.  Fam.XI,32).  —  Richtig 
ist:  nomen  alicui  ponere  oder  imponere ,  Einem  einen  Namen  geben 
(Cic.  Tusc.  in,  5,  10.  N.  D.  I,  17);  aliquem  ponere  in  gratia  apud  ali- 
quem. Einen  heiJem.  in  Gunst  setzen.  —  P.L.ist  aber  animam  ponere, 
das  Lehen  lassen ,  sterben ,  inr  mori.,  vitam  profundere  u.  a.;  ventus 
ponit,  der  fVind  legt  sich,  für  ventus  cessat.  —  Bezweifelt  wird  exem- 
plum  ponere  ad  imitandum ,  ein  Muster  zur  Nachahmung  aufstellen, 
für  proponere.  Vgl.  FJllendt  z.  Cic.  de  orat.  T.  II,  p.  87.  —  Die  Re- 
densarten: setze  de?i  Fall,  d.  h.  7iimm  an,  wir  ivolleji  den  Fall  setzen, 
gesetzt,  dass  —  werden  in  guter  Prosa  nie  durch  ;;owe/e ausgedrückt; 
man  sage  also  n\c\\i:pone  (was  nur  A.  L.  bei  Terenz  so  vorkommt), 
ponamus,  posito  oder  gar  posito  casu,  quod  — ,  sondern  fac  (Cic.  Div. 
II,  47,  99),  Statue, finge ; fingamus  ita  esse  (dass  es  so  sei),  wie  Cic. 
(Phil.  II,  24)  sagt.  Vgl.  Hadrian.  de  serm.  lat.  p.  184.  —  Die  Redens- 
art gesetzt  dass  wird  oft  ausgedrückt  durch  ut,  und  gesetzt  dass  nicht 
durch  ne ;  z.  B.  gesetzt,  es  verhalte  sich  so,  quod  ut  ita  sit  (Cic.  Tusc. 
1 ,  21 ,  49);  gesetzt  auch  Milo  wusste  dieses  ,  quod  ut  sciret  (Milo  19); 
gesetzt  es  wäre  wahr,  ut  verum  esset  (Rep.  I,  6);  gesetzt,  dass  du  nicht 
niedergedrückt  tvirst ,  ne  opprimare  (Tusc.  IV,  17,  39)  —  und  so  in 
vielen  andern  Stellen.  Auch  wird  blos  der  Conjunctiv  des  Haupt- 
verbi  gesetzt ;  z.  B.  sed  haec  sane  sitzt  paria  omnia,  aber  gesetzt  dieses 
Alles  wäre  wirklich  gleich  (Cic.  Muren.  19,  41);  und  so  auch  etiamsi, 
z.  B.  etiamsi  te  auctore .,  gesetzt  auch  du  wärest  der  Anstifter  (Att. 
XVI,  7.  2). 

Pons ,  die  Brücke.  —  Eine  Br.  über  einen  Fluss  schlagen  heisst 
Ä'/.  pontem  inßumine  (nicht  influmen,  wie  Drakenb.  Liv.  I,  33,  6  in 
Tibcrim  für  das  gute  in  Tiberi  lesen  will)  facere,  efficere  oder  injicere; 
mehr  N.Kl.  sind  pontem flumitii  imponere,  indere,  inducere.  Eine  Brücke 
abbrechen  heisst  po/zfewi  interrumpere ,  rescindere,  interscindere.,  dis- 
turbare ,  disjicere  ,  dissolvere,  N.  Kl.  abr?impere,  rumpere,  solvere,  vet- 
tere ;  theilweise  abbrechen  heisst  recidere.  Vgl.  Brerai  z.  Corn.  N.  Milt. 
3,  4.  Oudend.  Caes.  B.  G.  VI,  29  und  Zumpt  Gramm.  §.  187  u.  189. 

Pontus  ist  in  der  allgem.  Bedeut.  Meer  nur  P.  L.  für  mare. 

Popelins,  das  gemeine  Volk,  der  gemeine  Haufe,  ist  nur  P.  L.  für 
plebecula. 

Populäre  und  (als  Deponens)  populari  waren  vielleicht  gleich  üb- 
lich; daher  kann  auch  populari  passive  Bedeut.  haben, 

Popularitas  ist  in  der  Bedeut.  Verständlichkeit,  Fasslichkeit ,  wo 
wir  sagen  Popularität,  N.  L.,  da  es  bei  den  Alten,  wo  es  A.  L.  und 
A".  Kl.  vorkommt,  andere  Bedeutungen  hat.  Es  werde  daher,  wenn 
man  es  so  brauchen  will,  nur  mit  dem  Znsatze  ut  ita  dicam  oder  ut 
hodie  toquuntur  angewandt,  oder  man  drücke  es  aus  durch  sermo  ad 


608 

vulgarem  popiilureniqiie  aensmn  accom?riodatus.  —  Auch  das  Adj.  po- 
vuluris  bedeutet  vvolil  nie  eigentlich  verständlich ,  fasslich ,  sondern, 
ausser  andern  Bedeutungen ,  ge/He««,  «//^«^//cÄ  ,  was  freilich  oft  auf 
jenes  hinanskomnit ; —  ebenso  das  Adv.  populariler.  Vgl.  über  die 
Bedeutungen  die  Lexica. 

Popidatio  ist  in  der  Bedeut.  Volksmenge  fast  N.  L.  für  populifre- 
quentia,  pop.  multitudo. 

Popnlosus,  volkreich,  ist  Sp.  L.  für  celeber  ,frequens.  Noch  später 
brauchte  man  popidositas,  die  Menge,  für  midtitudo,  freqtientia. 

Populus,  das  Volk.  Ungewöhnlich  ist  loqui  pro  populo^  ante  oder 
apud  populum,  vor  dem  Volke  reden,  für  publice,  in  concione. 

Porosus;  vgl.  Porus. 

Porrigere ,  ausstrecken.  Wiewohl  ma?mm  (?namis)  porrigere,  die 
Hand  ausstrecken,  Kl.  und  besser  ist,  als  extendere  manum  (vgl.  Ex- 
tendere),  so  ist  doch  in  bildlichem  Sinne  manum  (mann s)  ad  oder  in 
aliquid  porrigere,  die  Hand  nach  Etwas  ausstrecken,  d.h.  Etwas 
haben  wollen,  begehren,  zu  bezweifeln  für  (manibus)  appetere  aliquid. 

Porro,  ferner,  weiter.  Man  braucht  es  fast  nie  zur  Aufzählung  ein- 
zelner Umstände,  wozu  deinde,  tum,  praeterea  dienen,  da  es  meistens 
den  Gedanken  enthält:  z/m  weiter  zu  gehen.  Es  wird  aber  dafür  bei 
theilweisen  Fortsetzungen  mehr  ja7n  gebraucht,  worin  liegt:  um  nun 
auf  dieses  zu  kommen.  Und  so  sagt  man  auch  in  lebhaften  fragenden 
Zusätzen,  z.  B.  was  nun  ferner  oder  weiter,  quid  tum?  quidtuinpostea? 

ist  nicht  fei'n  er  oder  hat  nicht  ferner?  u.  ähnlichen,  ^?^/rf.^  nonne  — 

oder  quid?  quod  — .  So  findet  es  sich  oft  in  den  Reden;  vgl.  auch  Cic. 
Divin.  I,  14.  —  Auch  gebrauchen  wir  weiter  als  üebergang  zu  etwas 
Wichtigem  ;  z.  B.  aber  nun  weiter,  age  vero  (Cic.  Inv.  I,  2,  3.  Orat.  I, 
8,  32),  agejam  (Att.  VIII,  3,  5).  —  N.  L.  ist  wohl  deinde  porro ,  und 
dann  ferner,  für  das  einfache  deinde ;  jenes  braucht  z.  B.  Mahne  (Crito 
p.  279);  —  ebenso  ist  es  N.  L.,  im  zweiten  oder  in  einem  weitern  Cou- 
ditionalsalze,  wo  wir  oft  mit  wenn  ferner  fortfahren,  si  porro  zu  sagen  ; 
es  findet  sich  im  iV.  i.  nicht  selten,  sogar  bei  Ruhnken  (Opusc.  I, 
p.  85)  :  quod  si  demonstraro si  porro  — ,  wozu  Friedeniann  be- 
merkt: Admodum  frequens  est  recentioribus  haec  orationis  structura, 
57 — ,  si  porro  — ;  cupio  equidem  scire,  quis  Romauorum  ita  dixerit. 

Porta,  die  Thüre,das  Thor.  Unsere  bildliche  Redensart:  vor  der 
Thüre  sein,  d.  h.  fiahe  sein,  bevorstehen ,  wird  nicht  mit  porta  ausge- 
driickt,  sondern  mit  instare ;  z.  B.  der  Winter  ist  vor  der  Thüre,  hiems 
instat. 

Portare ,  tragen ,  bringen.  Selten  und  vielleicht  nur  bei  Sallust. 
steht  auxilium  portare  für  aux.  ferre.  Hülfe  bringen,  leisten. 

Poriabilis,  tragbar,  ist  ganz  Sp.  L.,  und  portatilis  N.  L.  für  quipor- 
iari  polest. 

Portio,  Theil,  Antheil,  Verhältniss ,  kommt  Kl.  nur  mit  der  Praep. 
pro  \or,  pro  porlione,  nach  seinem  Antheil,  nach  Verhältniss  ;  N.  AI., 
besonders  beim  altern  Plinius,  in  der  Bedeut.  Theil,  gleich  pars.  Es 
werde  vermieden  durch  pars,  und  in  der  Bedeut.  Gleichmässigkeit, 
Verhältniss  durch  proportio.  Daher  hätte  Perpinian.  (Oratt.  p.  280)  für 
portio  terrae,  Theil  der  Erde,  lieber  pars  terrae  sagen  sollen.  Auch 
sage  man  nicht,  wie  Tacitus,  pro  virili  portione,  inv  pro  virili  parte,  so 
viel  ein  Mann  thun  kann. 


609 

Porus^  der  Aus-  oder  Durchgang,  die  Oeffmmg ,  wie  wir  es  von 
den  feinen  Oeffnungen  der  Haut  des  Menschen  brauchen,  welclie  wir 
Poreti  nennen,  ist,  wie  es  scheint,  ohne  alJe  Auctorität  und  N.  L.  für 
7neatus  oder  foramen ;  —  ebenso  das  Adject.  porosus,  für  foraminurn 
plemis,  meaübiis  abundans.  Wenn  man  diese  Wörter  brauchen  will, 
80  setze  man,  wenigstens  bei  porus,  hinzu:  ut  graeco  verbo  utar. 

Positio  kommt  erst  N.  Kl.  vor,  aber  doch  nicht  in  der  Bedeut.  das 
Stelleii,  die  Stellung,  besonders  von  Wörtern  unter  und  neben  ein- 
ander, wie  man  im  N.L.  oft  findet  positio  verboruni  für  collocatio  oder 
coiiformatio  verboruni^  und,  wenn  von  der  Stellung  oder  Anordnung 
der  Wörter  die  Rede  ist,  wie  sie  sich  eben  vorfimiet,  ordo  verborum. 

—  In  der  Bedeut.  Lage  (von  einem  Orte)  ist  positio  zwar  erst  A^.  ÄL, 
aber  doch  neben  sifzis  wohl  zu  brauchen. 

Positivus  ist  zwar  ein  altlatein.  Wort,  aber  in  der  Bedeut,  wie  wir 
positiv  brauchen,  ist  es  N.  L.;  z.  B.  les  positiva,  ein  positives  Gesetz, 
d.  h.  ein  bestimmtes,  mit  Worten  ausdrücklich  abgefasstes  Gesetz, 
welchem  ein  natürliches  zu  Grunde  liegt.  Man  kann  es  nur  mit  einem 
mildernden  Zusätze  brauchen,  sonst  aber  lej;,  qua  diserte  oder  liq?iido 
aliquid  esplicntur,  jubetur.  —  Ferner  ist  positivus  N.  L.  in  der  Bedeut. 
bejahend,  für  ajens,  dem  negans  oder  jariüaws  entgegengesetzt.  Inder 
Grammatik  ist  es  Kunstwort. 

Posito,  quod  — ,  gesetzt  dass  — ;  vgl.  Ponere. 

Positura  und  positus  (nach  Decl.  IV.)  sind  N.  Kl.  und  oft  P.  L. 
m  der  Bedeut.  Stellung;  man  vernieide  sie  lieber  i\\\Yc\\  positio ,  wenn 
vom  Setzen  oder  dem  Gebrauche  die  Rede  ist,  und  durch  collocatio, 
wenn  mehr  die  Stellung  einer  Sache  ,  z,  B.  eines  Wortes,  an  irgend 
einen  Ort  darunter  verstanden  wird.  Bisweilen  heisst  auch   Stellujig 

—  Status,  z.  B.  bei  Corn.  N.  (Chabr.  1);  auch  kommt  es  in  der  Bedeut. 
Lage  vor,  für  situs.  —  Im  N'.  L.  wird  positus  oft  gebraucht. 

Posse  enthält  den  Eingriff  ve?'ntögefi ,  im  Sta7ide  sein,  möglich  sein, 
wo  wir  auch  köfinen  i)rauchen.  Bei  geistigen  Dingen  steht  dafür  mei- 
stens scire  ;  z.  B.  Flöte  blasen  köniien ,  scire  ßdibus  canere ;  lateinisch 
sprechen  können,  scire  latine  loqui,  wo  aber  canere  und  loqui  meistens 
fehlt.  —  Wenn  aber  unser  können,  weiches  auch  als  Hülfsverbum 
dient,  dergleichen  nicht  enthält,  so  werde  posse  nicht  gebraucht,  son- 
dern man  drücke  das  kö?inen  nur  durch  den  Conjunct.  des  Verbi  aus. 
Dagegen  ist  im  A^.  L.  oft  auch  von  den  besten  Schriftstellern  gefehlt 
worden,  und  wird  noch  gefehlt;  desshalb  machte  F.  A.  Wolf  sogar  in 
der  Beurtheilung  von  Ruhnken's  Elogium  Hemsterh.  auf  den  falschen 
Gebrauch  des  Wortes  jaosse  statt  des  blossen  Conjunct.  des  Verbi  auf- 
merksam. —  N.  L.  ist  posse  auch  in  der  Bedeut.  wirksam,  kräftig 
sein,  für  ejficax  oder  potens  esse;  vgl.  darüber  Sciopp.  Infam,  p.34.  — 
Auch  passt  es  nicht  in  den  Redensarten  :/m>  Etums  können  und  für 
Etwas  nicht  köfinen,  welche  durch  in  culpa  esse,  in  culpa  non  esse  zu 
übersetzen  sind.  —  Fex'ner  hüte  man  sich,  bei  den  deutschen  Con- 
junctiven  ich  könnte  und  ich  hätte  gekonnt,  wenn  sie  nicht  in  einem 
hypothetischen  Satze  stehen,  sondern  nur  in  Verbindung  mit  einem 
folgenden  aber  (sed),  im  Lat.  ebenfalls  den  Conjunct.  zu  setzen,  da 
der  Lateiner  dann  bestimmt  im  Indicat.  zu  sprechen  pflegt;  also  pos- 
sum,  poteram,  potui,  nicht  posse?}i,  potuissem,  was  man  so  oft  ira 
N.  L.  findet.  Man  sage  nicht:  possem  (ich  könnte)  multa  dicere  de  ejus 

39 


610 

liberalitate,  sed  — ,  soiulern  possum  multa  —  (Cic.  Sest.  3,  7)  ;  nicht: 
hoc  quitlem  homiiie  neminem  potm'sses  raittere,  qui  — ,  du  hättest  mir 
keinen  Mann  schicken  könneri ,  der  mir  willkommener  gewesen  wäre, 
als  dieser,  sowA^rn  potuisti  (Cic.  Fam,  III,  5,  1),  —  und  andere  ähn- 
liche. Vgl.  auch  Th.  I,  §.  56.  —  Falsch  schrieb  daher  z.  B.  Ruhnkea 
(Opusc.  I,  p.  236):  equidem  comraemorare  possem,  ick  könnte  erwäh- 
nen, für  possiim,  wie  Friedemann  richtig'  bemerkt,  zumal  da  der  Lei- 
dener Herausgeber,  Bergmann,  fälschlich  vorschlug, poss2>n  zu  setzen. 

—  Den  Conjunct.  braucht  oft  falsch  Mahne  im  Crito,  z.  B.  278  veteres 
dicere  potmssent,  für  poterafit  oder  potuerunt,  und  p.  294  potuissem 
etiara  scribere,  für  poteram  oder  potui.  —  Endlich  in  der  deutschen 
Redensart;  ich  Itann  nicht  umhin,  dass  ich  —  oder  ich  kann  nicht  um- 
hin zu  —  mit  einem  Infinit.,  d.  h.  ich  muss  mit  dem  Inf.,  sagt  der  La- 
teiner nie:  no7i  possum  non,  quin  — ,  was  man  im  N.  L.  so  oft  liest,  z.  B. 
bei  Görenz  (Anm.  z.  Cicero)  :  non  possunt  non,  quin  loqtiantur ;  non 
putest  non,  quin  saepe  —  selectius  positum  sit  — ,  sondern  entweder 
no7i  posst/m  non  mit  dem  hifinit.,  oder  non  possum  facere ,  quin  — , 
oder,  doch  sehr  selten,  o\\ne  facere  —  7ion  possum,  quin  — ,  was  man 
aber  als  A.  L.  (bei  Plaut.  Trin.  III,  2,  79)  vermeide.  Vgl.  Cic.  Fam.  I, 
9,  2Q  aequitatera  tuam  non  potui  non  probare;  ib.  V,  14,  2  non  possum 

ie  non accusare;  Fin.  111,  8,  29  is  non  potest  eam  (mortem)  non 

tiniere;  Fam.  VI,  13,  \  facere  non  potui,  quin declararem.  — 

N.  L.  aber  ist  es,  für  quin  zu  setzen  quo  minus,  wie  es  Reiske  irgendwo 
thut.  Vgl.  noch  Klotz  Siiitenis  p.  115, 

PossibiUs,  möglich ;  xgL  Impossibilis.  —  Beide  Wörter  waren  nur  in 
der  philosophischen  Kunstsprache,  nicht  im  gewöhnlichen  Gebrauche 
üblich,  wo  m?(\\  ßeri  posse  sagte;  und  wo  wir  sagen  leicht  möglich, 
sagte  man  auch  facilisfactu;  z.  B.  lioc  tibi  facile  factti  est  (Cic.  Fam. 
Xlll,  9,  3);  bisweilen  auch  blos  posse,  wie  in  den  Redensarten  wo 
möglich^  wenn  möglich,  si possum,  si potes  u,  s.  w.,  nach  Verschieden- 
heit der  Hauptperson;  z.  B.  si  potes  (Cic.  Tusc.  1, 12,  26);  si  possmnus 
(ib.  IV,  26,  56  u.  a.);  aber  es  ist  mir  gar  nicht  möglich  (nemlich  dies 
ertragen  zu  können),  sed plane jion  possam  oder  fero  (Fam.  XVI,  1, 1); 
so  viel  es  mir  möglich  ist,  quantzon  possum.  —  Sobald  als  möglich 
wird  theils  durch  quam  primum  fieri  polest ,  theils  blos  durch  quam 
primum,  theils  auch  durch  primo  quoque  tempore  ausgedrückt;  un- 
möglich glauben  können  heisst  oft  adduci  non  posse,  ut  quis   credat. 

—  Auch  das  Subst.  possibilitas,  die  Möglichkeit,  ist  Sp.  L.  im  Gebrauche 
und  nur  als  Kunstwort  anzuwenden ;  man  setze  dafür  facultas  oder 
potestas  (Caes.  B.  G,  II,  6),  oder  umschreibe  es  mit  esse  posse ;  z.  B. 
er  läugnet  die  Möglichkeit  dieses  Begriffes,  negat  esse  posse  haue  no- 
tionem. 

Possidere ,  besitzen,  haben,  beschränkt  sich  fast  nur  auf  Habe  und 
Gut  ;]eder  andere  Besitz,  wie  von  Freunden,  geistigen  und  leiblichen 
Gütern,  wird  mehr  durch  habere,  esse,  inesse  u.  a.  ausgedrückt.  Mit 
Recht  bezweifelt  Wyttenbach  (Opusc.  I,  p.  345)  possidere  amicos,  da 
man  sie  nicht  eigentlich  im  Besitze  oder  in  seiner  Gewalt  und  Macht 
habe,  wie  eine  Sache. 

Post  wird  selten,  aber  doch  auch  Kl.,  iürpostea  als  Adv.  gebraucht, 
und  ist  nicht  zu  verwerfen.  Es  ist  aber  post ,  nicht  postea,  bei  einer 
Zeitbestimmung,  um  wie  viel  Zeit  (seien  es  Jahre,  Monate,  Tage  oder 


611 

was  sonst)  nachher,  d.  li.  nach  etwas  Anderm,  was  schon  geschehen 
und  erwähnt  worden  ist,  das  gesetzliche  Wort,  und  der  fast  gesetzh'che 
Sprachgebrauch  fordert,  dass  die  Zeit,  ran  wie  viel,  in  den  Ablat.  ge- 
setzt werde,  nicht  in  den  Accusat.;  z.  B.  wenige  Tage  nachher  starb 
j4iigustus,  paucis  diehus  post  oder  paucis  post  diebus ,  selten  voran 
gestellt,  post  paucis  diebus  mortuus  est  Aug.,  nicht  aber  post  paucos 
dies,  wie  es  im  N.  L.  oft  vorkommt.  Vgl.  die  Grammatiken,  Anleit. 
§.  85,  5  und  Th.  I ,  §.  75.  —  Selten  vorkommend  und  nicht  nachzu- 
ahmen ist  post  multo,  lange  nachher,  für  multo  post ,  und  post  brevi, 
kurz  ?iachher,  für  brevi,  paulo  oder  ?io?i  multo  post.  —  A.  L.  und  N.  Kl. 
ist  post  hoc,  id,  haec,  illa,  quae,  iür postea  oder  in  zwei  Wörtern  post 
ea.  Vgl.  Horat.  Tursell.  Partie,  p.  582.  583.  590.  —  In  der  Redensart 
der  Zweite,  d.  h.  der  Nächste  nach  Jemanden  sagt  man  Kl.  secmidus 
oder  alter  ab  aliquo,  N.  Kl.  post  aliquem;  zmiächst  nach  Einem,  pro- 
sime  ab  aliquo,  nicht  post  aliquem.  —  Wenn  sich  iiach  weder  auf  Zeit 
noch  auf  Ort  bezieht,  sondern  einen  Rang,  zumal  vergleichend,  an- 
deutet, so  braucht  man  secutidum ,  nicht  post ;  z.  B.  nach  (zunächst 
nach)  Cicero  verdient  Sallust  den  meisten  Glauben,  secundum  Cice- 
ronera,  nicht  post  Cicer.;  —  ebenso  auch,  wo  7iach  so  viel  bedeutet  wie 
zufolge,  gemäss ;  z.  B.  7iach  der  Natur  leben,  secundum  naturam  vivere. 

Postea,  nachher ,  bei  einem  Ablat.,  um  wie  viel  Zeit,  z.  B.  multo 
postea,  brevi  postea,  duobus  postea  an?iis,  für  post,  ist  selten  und  werde 
nicht  nachgeahmt,  wiewohl  man,  wie  auch  in  einigen  Stellen  gedruckt 
ist,  in  zwei  Wörtern  post  ea  schreiben  kann  ;  z.  B.  Cic.  (Rep.  II ,  35)  : 
annis  post  ea  viginti;  Verr.  V,  54  perbrevi  post  ea  —  und  so  vielleicht 
noch  in  andern  Stellen.  Man  brauche  lieber  das  einfache  post. 

Posterior,  der  letztere  (^von  poster  oder  postertis ,  welche  beide  in 
dieser  Form  nirgends  als  Nomin.  vorkommen)  ,  gilt  streng  genommen 
nur  in  Beziehung  auf  zwei,  nimmt  fast  nur  auf  Zeit  und  Ort  Rücksicht, 
und  ist  dem  prior  entgegengesetzt.  Wo  wir  aber  bei  Angabe  von  Per- 
sonen oder  Sachen  der  erslere  und  der  letztere  brauchen,  findet  sich 
nur  selten  prior  und  posterior,  gewöhnlich  nur  ille  und  hie.  Vgl.  Prior 
und  Webers  Uebungssch.  p.  62.  —  Im  N.  L.  sagt  man  in  Schluss- 
folgen: verum  est  prius,  ergo  et  posterius,  wofür  nach  Cicero  zu  sagen 
ist:  verum  est primum,  verum  igitur  et  extremum  (Off.  III,  6). 

Postmodo  und,  ffostmodum ,  nachher ,  sind  erst  seit  Livius  im  Ge- 
brauche für  postea,  was  man  denn  auch  jetzt  allein  brauche.  Bezwei- 
felt wird  auch  die  zweite  Form,  postmodtim,  bei  Livius  von  Draken- 
borch,  der  die  erste  überall  vorzieht.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  212  mit 
der  Anm. 

Postquam  oder  posteaquam,  nachdem,  kommt  nur  selten  bei  Cicero 
vor,  welcher  mehr  ctim  mit  dem  Plusquampf.  Conjunct.  oder  die 
Partikeln  ut,  ubi  und  simulac  mit  dem  Perf.  Indic.  anwendet,  wenn  er 
aber  jene  braucht,  ebenso  zu  verbinden  pflegt,  wie  ut,ubi\xnd  simulac; 
z.  B.  posteaquam  sum  revocatus ,  numquam  quietus  fui,  nachdem  ich 
zurückgerufen  worden  war  — ,  nicht  eram ,  noch  essem  revocatus, 
wie  es  im  A^.  L.  so  häufig  vorkommt,  obgleich  es  von  dem  fast  allge- 
meinen Sprachgebrauche  abweicht.  Die  wenigen  Beispiele  anderer  Art 
bedürfen  eigener  Erklärung.  Vgl.  ausser  den  Grammatiken  Weber's 
Uebungssch.  p.  151.  —  Uebrigens  kommt  bei  den  Historikern,  z.  B. 
bei  Caes.  und  hivius,  postquam  häufig  vor.  —  Wenn  wir  sa^en:  amfol- 

39* 


612 

gendeji  Ta^e,  tiachdem  dies  geschehen  war,  so  heisst  «lies  nicht:  po- 
stero  die  oder  poslridie,  postquam,  sondern  statt  poslquam  bios  q?mm, 
tlieils  mit  dem  Per/.,  theiJs  mit  dem  Plusquamperf.;  z.  B.  Cic.  (Orat. 
II,  3,  12):  postero  die,  quam  illa  erant  acta;  Fam.  XIV,  7,  1  postridie 
intellexi,  quam  a  vobis  discessi. 

Postreimts  hedeutet  zwar  bei  den  Alten  auch  höchst  verächtlich; 
aber  dennoch  ist  die  Redensart  i?i  postre?nis  jacere  in  der  Bedeut. 
in  den  traurigsten  Umständen  sein,  welche  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.273) 
braucht:  qui  si  vestri  sinii/es  fuissent,  vos  hodie  in  postremis  jaceretis, 
oiiüe  alle  Auctorität,  mag  auch  Sallust.  (Catil.  52)  dem  ähnlich  gesagt 
haben:  res  publica  in  extremo  sita.  Frotscher  meint,  es  müsse  anders 
verstanden  werden,  sagt  aber  nicht  wie,  und  gibt  auch  kein  Beispiel 
dafür  als  gute  Äuctorität  an. 

Postponere,  nachsetzen,  nach  oder  hinter  Etwas  stellen ,  kommt  in 
der  ersten  Bedeutung  vielleicht  gar  nicht  vor,  wenigstens  geben  sie 
die  Lexica  nicht  an;  und  doch  wird  das  Verbum  in  dieser  Bedeut.  im 
N.  L.  sehr  häufig  und  unbedenklich  gebraucht,  wozu  die  Anmerkun- 
gen in  den  Ausgaben  der  Schriftsteller  Beispiele  genug  liefern.  Man 
brauche  jtjowere  mit  post  und  dem  nöthigen  Subst.,  oder  transponere 
oder  transferre.  —  Aber  auch  in  der  Bedeut.,  welche  die  Lexica  al- 
lein angeben,  hintansetzen,  geri?ig  achte?i,  findet  es  sich  selten,  bei  Ci- 
cero nie,  aber  einigemal  bei  Caesar  für  das  öfter  vorkommende  post- 
habere. 

Postputare ,  nachsetzen,  hintajisetzen,  steht  A.  L.  nur  bei  Terenz 
für  posthabere. 

Postscribere  kommt  nur  N.  KL  bei  Tacitus  einmal  vor  (A.  111,64): 
Tiberii  nomen  suo  postscripserat,  also  in  der  Bedeut.  Jemarides  Namen 
nach  dem  ei?ies  Andern  schreiben,  wo  sonst  subscribere  oder  adscri- 
bere  gebraucht  wird.  Nirgends  aber  findet  es  sich  in  der  Bedent.  am 
Ende  dazu  schreibe?i ,  später  schreihe?i ,  für  postea  adscribere.  Daher 
sind  N.  L.  postscriptio  und  postscriptum ,  die  Nachschrift,  für  quod 
ifij'ra  oder  subscriptutn  est. 

Postulare.,  fordern,  verlangen,  wird  nie  von  Feldherren  gebraucht, 
welche  Contributionen,  oder  Lieferung  von  Getreide,  oder  Stellung 
von  Soldaten  fordern,  wo  der  Spracligebrauch  fordert:  imperare  alicui 
aliquid,  von  Einem  Etivas fordern ,  Einem  befehlen.  Etwas  zu  liefern; 
—  ebenso  imperata  facere.  Auch  wird  nie  von  dem  Verkäufer,  der 
für  seine  Waare  Geld  fordert ,  ^e^a^t  mimos  postulare,  sondern  po- 
scere ;  daher  heisst  wieviel  forderst  du?  nicht  quaritum  postulas?  son- 
dern posr/s,*  dagegen  s^cÄ  einen  Tag  Bedoikzeit  ausbitten  (fordern), 
nicht /^oscere,  »andern  postulare  sibi  dient  deliberandi.  Vgl.  Cic  N.  D. 
1,  22.  Sest.  34,  74.  —  Das  Subst.  postulatio  ist  mehr  activ. ,  die  For- 
derung, und  hat  in  guter  Prosa  keinen  Plur. ;  dagegen  ist  postulatum 
passiv.,  was  ma?t  verla?igt,  und  kommt  daher  häufig  im  Plnr.  vor. 

Potabilis,  trinkbar,  ist  sehr  Sp.  L.;  es  werde  umschrieben  durch 
potui  aptus  oder  accommodatus ,  ad  bibe7idu7n  idoneus  u.  a. 

Polare ,  trinken,  steht  nur  für  unser  nn7nässig  trinken,  saufen^ 
ztchen,  während  bibere  das  gewöhnliche  massige  Trinken  bedeutet. 

Potentatus  i^t  in  der  Bedeut.  Obermacht ,  Herrschergewalt ,  Kö- 
nigsherrschaft, gleich  principatus  (also  die  Sache  selbst).  Kl.  und  gut, 
z.  B. bei Cicero(Rep. II, 8), Caesar  (B. G. 1, 31,4)  und Livius  (XXVI, 38) ; 


613 

aher  N.  L.  ist  es,  es  von  der  Person  zu  brauchen,  in  der  Bedeut.  der 

Mächtige,  König,  Potentat,  für  princeps,  res,  dotninus. 

Potentia,  die  Macht.  Ueber  den  Unterschied  zwischen  pote?itia^ 
potestas  und  opes  vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  81.  Grotefend's  Com- 
mentar.  p.  123  und  Frotsch.  z.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  175,  welcher  po- 
tentia mit  potestas  verwechselt  hatte.  So  heisst  z.  B.  Macht  haben 
übe/Jemanden,  nicht  poteritiam,  sondern  potestate/n  habere  in  aliquetn, 
und  die  Macht  über  Leben  tmd  Tod,  potestas  vitae  necisqiie ;  ein  Staat 
hat  Macht  heisst  weder  potentiarn,  nocli  potestatem,  sondern  opes, 
vires,  facultateni  habet. 

Potestas  heisst  Sp.  L.  die  Bedeutimg  (eines  Wortes)  ,  für  vis, 
signißcatio,  und  ist  in  dieser  Bedeut.  durchaus  zu  vermeiden.  Vgl. 
Dietrich  Sintenis  p.  150.  Im  N.  L.  findet  es  sich  so  nicht  selten. 

Potio  und  potus.  Jenes  ist  der  Trank  selbst,  und  wird  daher  oft 
mit  cibus  verbunden,  z.  B.  cihus  et  potio  (Varro  R.  R.  I,  1,  5)  ,  ciho  et 
potione  cotnpleti  (Cic.  Tusc.  V,  35),  contemptissimis  escis  et  potio7iib//s 
(Fin.  11,28,90);  dieses  aber  ist  das  Trinken;  daher  aliquid  potui 
dare.  Etwas  zum  Trinken  geben.  Man  sieht  dies  oft  ans  Celsus.  Gegen 
den  Gebrauih  sagt  daher  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  173):  cibo  et potu, 
für  potio?ie ;  jedoch  auch  die  Alten  verwechseln  beide  zuweilen, 

Potiri  wurde  im  ^.  L.  nicht  nur  mit  dem  Jbl.,  sondern  auch  mit 
dem  Accusat.  verbunden,  mit  letzterem  jedoch  nur  bei  Oertern.  Beim 
Gebrauche  des  Genitivs  und  Abi.  aber  richte  man  sich  nach  den  Vor- 
schriften der  Grammatik.  Vgl.  auch  Reisigs  Vorles.  p.  687. 

Potis  und  ;;o/e,  vermögend,  mächtig,  kommt  A.  L.  und  oft  auch  bei 
den  folgenden  Dichtern  vor;  aber  wiewolil  auch  Cicero  bisweilen  an 
schicklichen  Stellen  eins  von  beiden  angewandt  hat  (vgl.  Th.  1.  §.  48), 
so  kann  doch  kaum  heutzutage  davon  Gebrauch  gemacht  werden. 

Potiiis,  vielmehr.,  wird  im  N.  L.  oft  da  falsch  angewandt,  wo  wir 
im  Deutschen  zur  Verstärkung  des  Gedankens  vielmehr  hinzusetzen, 
indem  wir  z.  B.  sagen:  nicht  sowohl  —  als  vielmehr ;  z.  B.  dieses  ereig- 
nete sich  nicht  sowohl  durch  die  Sorge  des  Volkes ,  als  vielmehr  der 
Väter,  non  tam  plebis,  quam  patrum  cura,  nicht  quam  potius  patrum  ; 
und  ebenso  sagt  man  bei  nicht  nur  (allein)  —  sondern  noch  vielmehr, 
non  modo  (solum)  —  sed  etiam  ohne  potius,  oder  sed potius  ohne  etiam. 

—  Sehr  häufig  wird  im  N.  L.  gefehlt  in  der  Redensart;  tveit  gefehlt., 
dass — ,  worauf  wir  im  zweiten  Satze  zur  Verstärkung  vielmehr  ein- 
schieben; der  Lateiner  braucht  hier  entweder  etiam  oder  contra,  oder 
setzt  weiter  kein  Wort  zu  ut  hinzu;  z.  B.  weit  entfernt  (gefehlt) ,  dass 
ich  diesen  Mord  lobe,  tadele  ich  ihn  vielmehr,  tantum  abest,  ut  lianc 
caedem  laudem,  7it  eam  etiam  oder  contra  reprehendam ,  oder  blos  ut 
eam  reprehendam,  nicht  ut  eam  potius  reprehendam.  Falsch  sagt  da- 
her z.  13.  jMahne  (Crito  p.  241):  tantum  abest,  ut ,  ut  potius  omni 

modo  cavendum  arbitrer;  ib.  p.  305  ?it  ipsis  potius  tribuere  debeamus. 

—  Potius  ist  in  diesem  Falle  in  guter  Prosa  ohne  alle  Auctorität;  deim 
die  einzige  Stelle,  mit  der  man  sich  gewöhnlich  schützte,  bei  Hirtius 
(de  hello  Alex.  22),  hat  die  vier  besten  Handschr.  und  alten  Ausgaben 
gegen  sich,  nach  welchen  auch  Oudendorp  in  seiner  letzten  kleinen 
Ausgabe  vom  J.  1740  das  Wort  potius  gestrichen  und  ausgelassen  hat. 
Es  ist  daher  durchaus  zu  verwerfen.  —  Endlich   braucht  mau  auch 


614 

potius  nicht  in  der  aufmunternden  Rede,  dass  Jemand  lieber  o^er  viel- 
mehr als  ein  Anderer  fortfahren  solle,  wo  wir  sagtn:  fahre  du  lieber 
oder  vielmehr  fort ;  der  Lateiner  sagt:  tu  vero  perge ,  nicht  tu  potius 
perge.  Ygl  Cic.  Orat.  11,  28,  124. 

Potissime,  vorzüglich,  hauptsächlich,  ist  eine  sehr  seltene  Neben- 
form für  potissimum ,  die  nicht  gebraucht  werde,  wiewohl  sie  bei 
Cic.  (Muren.  2)  vorkommen  soll;  doch  steht  sie  dort  wohl  zweifelhaft. 

Potus ;  vgl.  Potio. 

Practicus,  praktisch.  Weder  dieses  Wort,  noch  das  Subst.  Praxis, 
im  Gegensatze  zu  theoretisch  und  Theorie ,  kommen  bei  irgend  einem 
guten  Lateiner  vor;  sie  sind  daher  dem  Gebrauche  nach  erst  N.  L., 
und,  wie  theoreticus  und  theoria ,  Kunstwörter  für  wissenschaftliche 
Gegenstände  geworden ,  so  dass  man  sie  kaum  entbehren  kann.  Mei- 
stens liegen  dieselben  Begriffe  in  agere,  actio,  actfis,  exercitatio, 
activtis,  popularis,  prudens  (praktischen  Ferstand  haben, prndenter  in- 
telligere),  civilis,  vita,  vivere  und  dergleichen ,  je  nach  dem  Sinne  der 
Wörter.  Für  praxis  wird  auch  oft  usus ,  experieiüia ,  actio  rerum  ge- 
sagt. —  Praktische  Philosophie  im  engern  Sinne  von  Moralphilosophie 
ist  nach  Cic.  (Tusc.  III,  4,  8)  philosophia,  quae  est  de  vita  et  moribus; 
Vgl.  ib.  V,  4, 10.  Im  weitern  Sinne  hless  sie  später  nach  Seneca  (Ep.  95) 
philosophia  activa,  entgegengesetzt  der  co?iteTnplafiva ;  auch  wurde  sie 
ethica  und  civilis  genannt.  Mehr  Auskunft  darüber  müssen  D.  Lat. 
Lexica  geben.  Vgl.  auch  Moralin. 

Prae,  t?or,  werde  vorsichtig  angewandt,  da  oft  ante  oder  pro  oder  der 
blosse  Ablat.  besser  sind.  Höchst  selten  steht  prae  in  örtlicher  Be- 
ziehung; man  sagt  nicht:  prae  oculis  esse,  vor  Augen  sein,  sondern  ante 
oculos  esse,i?t  conspectu  esse,  atde  oder  ob  ocnlos  versari;  nicht  prae  ca- 
stris  considere,  sich  vor  dem  Lager  niederlassen,  sondern  ante  castra 
und  selbst /jro  castris.  —  Auch  steht  prae  nicht  bei  einem  Comparativ 
für  quam,  wo  wir  vor  für  als  brauchen;  z.  B.  Niemand  ist  vor  Jenem 
kliiger,  nicht  prae  illo,  sondern  quam  ille  oder  mit  dem  blossen  ^A/af., 
illo.  Daher  steht  es  auch  nicht  bei  malle,  lieber  wollen,  wovon  unter 
Malle  die  Rede  war,  obgleich  es  oft  bedeutet  im,  Vergleich  mit  und 
auch  durch  mehr  ß/s  übersetzt  werden  kann.  Es  hat  aber  keinen  Com- 
parativ bei  sich,  sondern  nur  einen  Positiv;  z.  ß.  tu  prae  nobis  beaius 
es,  du  bist  glücklich  vor  uns ,  d.  h.  mehr  als  ivir  (Cic.  Fam.  IV,  4,  2). 
—  Jedoch  finden  sich  praequam ,  praequod  und  praeut ,  in  Vergleich 
mit  dem,  was  — ,  nur  A.  L.  bei  den  Komikern  und  sincl  nicht  nachzn- 
brauclien.  —  Redensarten  aber,  vi'ie:  prae  guudio  oder  prae  laetitia, 
vor  Freude;  prae  mein  ^  vor  Furcht ;  prae  fame ,  vor  Hunger  u.  dgl. 
werden  nach  dem  bessern  Sprachgebrauche  nur  da  angewandt,  wo 
ein  Hinderniss  angegeben  werden  soll,  es  sei  darum  nicht  geschehen, 
weil  das  Genannte  Statt  gefunden  oder  abgehalten  habe;  liegt  dieser 
negative  Begriff  nicht  darin,  so  setze  man  den  blossen  Ablativ  ohne 
prae.  Richtig  ist  also  prae  in  Redensarten,  wie:  sie  vergossen  i^or 
Freude  (prae  gaudio)  sich  zu  schmücken ;  er  ivar  vor  Zorn  (prue  ira- 
cundia)  nicht  bei  sich ;  sie  saheti  vor  der  Menge  (prae  multifuditie)  Pfeile 
die  Sonne  nicht ;  dagegen  incorrect  in  Redensarten,  wie:  er  starb  vor 
Freude  (prae  gaudio,  für  gaudio);  sie  starben  vor  Hunger  (prae  fame, 
inr  fame);  er  schrie  laut  vor  Schmerzen.  Vgl.  Zumpt's  Gramm.  §.  310. 
Fabri   z.  Liv.  XXII,  3, 13  und  Frotscher  z.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  441, 


615 

gegen  Mnrei's  Worte:  nonm/lN  prae  nimia  faetitia  —  exspirasse  di- 
cunhir.  Man  findet  dies  im  N.  L.  oft  zu  weni^  beachtet. 

Praebere,  bewehen,  zeigen.  Sich  beweisen  oder  zeigen,  se  praebere 
mit  einem  Adverb.,  z.  B.  be?/e,  sich  gut  beweisefi ;  caute,  vorsichtig  \\.  d^^l., 
ist  N.  L.  für  den  Accus,  des  Adject.,  Äow?/m,  cautum.  Sich  so  beireisen, 
tvie  —  heisst  nicht  ita  oder  sie,  tit  — ,  sondern  taleni,  qualis  — ;  bei 
oder  gegen  Jemanden  wird  entweder  durch  alicui  oAer  in  aliquo  aus- 
gedrückt, bei  Etwas  aber  nur  durch  in  aliqua  re ;  z.  B.  me  dissiniilem 
in  utroque  ( gegeii  Beide,  nicht  in  utrumque )  praebui  (Cic.  Süll.  G), 
oder  utrique.  —  Weher  praebere  atirem  und  aures  vgl.  Auris. 

Praebibere,  vortrinken,  kommt  KL  zwar  nur  einmal  bei  Cicero  vor, 
ist  aber  gut  neben  propinare. 

Praecautus  in  der  activen  Bedeutung  sehr  vorsichtig,  als  Adject., 
ist  N.  L.  für  praecavens ,  percautus  oder  valde  cautus ,  da  praecantus 
nur  passives  Partie,  zu  praecavere  ist.  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  4G. 

Praecedere  kommt  KL  nur  bei  Caes.  (  B.  G.  I,  1 )  in  der  Bedeut. 
übertreffen  vor,  nirgends  in  der  Bedeut.  vorangehen,  wofür  er  ahtece- 
dere  braucht,  z.  B.  B.  G.  VII,  54,  wo  vor  Oudendorp  in  vielen  Ausgg. 
praecedere  stand,  von  diesem  aber  aus  den  meisten  Handschr.  antece- 
dere  aufgenommen  ist.  Aber  ganz  vermeidet  das  Verbum  Cicero  und 
braucht  antecedere ,  antegredi,  praecurrere  u.  dgl.  Es  wird  N.  KL  in 
beiden  Bedeut.  nur  mit  dem  Acciisat.  aliquem,  aliquid  yerbnnden.  Man 
vermeide  es. 

Praecellere,  sich  auszeichnen,  ht  als  Verbum  selten  und  findet  sich 
nur  N.  KL  beim  altern  Plinius,  Tacitus  und  Suetoii.,  nirgends  aber 
eine  Perfectform.  —  Kl.  kommt  nur  praecellens  als  Adject.  in  der 
Bedeut.  vortrefflich  vor. 

Praecelsus,  sehr  hoch,  ist  nur  P.L.  Es  stand  sonst  in  Cic.  Verr.  IV, 
48, 107,  wo  aber  jetzt  nach  Handschr.  perescelsus  awfgenommew  ist. 

Praeceptum,die  Vorschrift ;  —  Z7i  oder  für  Etwas,  nicht  ad  aliquid, 
sondern  alicujus  rei  oder  de  aliqua  re;  z.  B.  ille  dedit  praecepta 
ornandae  orationis  oder  de  ornanda  oratione ,  nicht  ad  ornandam 
orationem.  Auch  sagt  Cicero  hx^weWew  praecepta  dare  oAex  ponere  in 
aliquam  rem,  z.  B.  Inv.  II,  17,  53  in  quam  praecepta  danda  sunt;  ib.  II, 
34,  10.5  in  id  quoque  praecepta  ponemus. 

Praecessor  und  praedecessor,  der  Forgänger,  sind  sehr  Sp.  L.  Vgl. 
Antecessor. 

Praecipue ,  vorzüglich ,  vorzugsweise,  hebt  ein  Object  besonders 
hervor,  welchem  es  Etwas  beilegt,  und  wird  daher  nur  in  incorrectem 
Style  mit  dem  bedingeiulen  wenn  (si)  verbunden,  wo  man  %on%i  prae- 
sertitn  si  sagt.  Auch  sagt  man  nicht  praecipue  cum,  vorzüglich  da,  für 
praesertifn  cum.  —  Ueber  den  Unterschied  der  Wörter  praecipue,  in- 
primis,  maxime,  potissimmn  und  praesertim,  die  wir  alle  meistens  durch 
vorzüglich  übersetzen,  vgl.  Grysar's  Theorie  p.  533  und  GraufF  z. 
Bunelli  Epist.  p.  685;  auch  Etwas  in  meiner  Anleit.  §.  603.  Reisig's 
Vorles.  p.  402.  Weber's  Uebungssch.  und  Forbiger's  Aufg.  p.  125. 

Praecise  ist  in  der  Bedeut.  genau,  bestimmt  N.  L.  für  accurate^ 
diserte,  da  es  vielmehr  kurzweg,  mit  wenige?!  fVorten  bedeutet,  z.  B. 
praecise  negare.  Ebenso  heisst  praeciszis  nicht  genau,  sondern  ahge- 
schfiitten,  kurz.  —  Wo  wir  bei  einer  Zahl  sagen:  präcis  zehn,  sagt 
man  omnino  decem,  nicht  praecise. 


61G 

Praeclaritas,  die  Vortrefflichkeit,  ist  N.  L.  tiir  praestatitia ,  excel- 
lentia. 

Proecogitare ,  vorher  denheii,  vorher  cmsderiken ,  überlegen,  findet 
sich  erst  bei  Liviiis  als  Varüc. ,  praecogitattis  (sonst  Nichts  davon), 
und  TV.  KL  bei  Quintilian.  im  Infin.  —  Da  es  sehr  selten  ist,  vermeide 
man  es  durch  animo  oder  mente  praecipere  oder  concipere. 

Praecolere  kommt  als  Verbum  nur  in  der  Bedeut.  vorziehen,  mehr 
ehreji  und  nur  N.  Kl.  bei  Tacitus  vor,  und  werde  durch /;/-oe/crre  ver- 
mieden; dagegen  ist  das  Partie,  praecxillvs  Kl.  und  bedeutet  bei  Cic. 
vorher,  voraus  gebildet;  doch  setzt  er,  vielleicht  wegen  der  ungewöhn- 
lichen Bedeut.,  quasi  vor:  ad  virtutem  quasi praecultns  et  praeparatus. 
Ausserdem  steht  es  auch  TV.  Kl.  bei  Quintilian.,  aber  in  der  Bedeut. 
sehr  geschmückt ,  geziert.  Man  brauche  es,  in  welcher  Bedeut.  es  sei, 
nicht  nach,  man  miisste  denn,  wie  es  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  418  ed.  Fr.) 
gethan  hat,  die  gesammten  Worte  Cicero's  anwenden,  die  aber 
Kraft  in  seiner  Anraerk.  zu  jener  Stelle  missversteht,  welcher  sogar 
percultus  zu  lesen  vorschlägt. 

Praeconcipere ,  vorher  auffassen ,  ausdenken ,  ist  TV.  L.  und  ohne 
alte  Auctorität  für  animo  oder  mente  concipere.  Selbst  das  Partie. 
praeconceptzfs ,  welches  die  Lexica  aus  Plin.  (N.  H.  II,  82,  84)  ange- 
ben, beruht  in  den  altern  Ausgg.  auf  falscher  Lesart;  indem  Ilarduin 
nach  den  Handschr.  prae  vor  conceptus  gestrichen  hat.  —  N.  L.  ist 
daher  praeconcepta  opinio,  die  vorgefasste  Meinung,  das  Vorurtheil, 
was  im  gewöhnlichen  Latein  nicht  selten  vorkommt,  für  opinio  prae- 
jndicata  (Cic.  N.  D.  I,  5),  aliquid  praejudicali  (Cluent.  2,  6)  ;  im  ge- 
wöhnlichen Sinne  error,  prava  oi]er  falsa  opinio,  opiftionis  commefitum 
(N.  D.  II ,  2,  5),  oder  (nach  Quintil.  II ,  17)  praesumpia  opinio.  Vgl. 
Heusing.  Emendd.  p.  425.  Wyttenb.  Cic.  N.  D.  I,  5.  p.  719  ed.  Creuz. 
Klotz  Si'itenis  p.  168  und  unten  Praejudicium. 

*  Man  sohläg-t  auch  aus  Cic.  N.  D.  I,  16  untecepta  animi  informatio  vor; 
aber  als  Uebersctzung  des  grie<;li.  .^Qo/.t^ii-ic  bedeutet  dieses  nur  die  Vorstellvng 
eines  Gegenstandes,  die  man  sich  noch  vor  der  eigentlichen  Wahrnehmung  des- 
selben von  ihm  gebildet  hat;  es  bezeichnet  also  durchaus  nicht  unser  Vorurtheil. 

Praecox ,  früh  reif ,  frühzeitig ,  vorschnell,  findet  sich  Kl.  nirgends 
gebraucht,  oft  aber  TV.  KL,  besonders  beim  altern  Plinius.  Nirgends 
aber  wird ,  wie  im  N.  L.,  das  frühzeitige  Gedächt?tiss  eines  Kindes 
memoria  praecox  genannt,  wofür  Quintil.  (XI,  2,  44)  praevelox  sagt. 

Praecuitus;  \^\.  Praecolere. 

Praecunere,  voranlaufen,  übertreffen,  wird  theils  im  eigentlichen, 
theils  im  bildlichen  Sinne,  in  der  Bedeut.  übertreffen,  gleich  gut  mit 
dem  Dat.  und  mit  dem  ^ccusat.  verbunden. 

Praecusor,  der  Forläufer,  kommt  in  bildlichem  Sinne  nirgends 
vor,  und  ist  nur  mit  dem  mildernden  quasi  anzuwenden,  welches 
Cicero  sogar  bei  dux  in  diesem  Sinne  zusetzt;  besser  sagt  man  also 
quasi  dux,  nach  Cic.  Tusc.  IV,  30,  64,  wo  er  von  der  Furcht  (metus) 
sagt:  est  quasi  dux  co\\^e,r[nGnü^  mo\asi\zQ,  sie  ist  gleichsam  V orliin- 
ferin — .Und  so  ist  auch  das  Adj.  praecusorius,  vorlaufend,  voran- 
gehend, zwar  N.  KL  im  Gebrauche,  aber  höchst  selten,  und  bei  Plin. 
(Epist.  IV,  13)  nur  mit  dem  vorgesetzten  quasi  —  ep/stola  quasi 
praecursoria. 

Praedari,  Beute  machen ,  plündern ,  rauben.,  kommt  hl.  nur  ohne 


617 

Object  vor,  erst  N.  A7.  mit  einem  u4ccns.,  praedari ah'quem,  Kinen 
berauben; praed.  nliquid ,  Etwas  rauben ;  Aoch  ist  es  fast  nur  P.  1j. 
und  werde  vermieden.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  577. 

Praedicare  ist  in  der  Bedeut.  predigen  N.  L.  für  concionari,  orn- 
tionem  sacrani  habere;  ebenso  in  der  Bedeut.  beilegen,  in  der  philosopli. 
Sprache,  für  tribuere ,  aüribziere^  dicere,  und  das  Partie,  im  Nentro, 
prnedicatwn,  das  Beiwort,  Praedicat ,  ist  ein  Kunstwort  in  der  Gram- 
matik und  Logilc  für  attrihutum  (Cic.  Inv.  I,  24,  34)  oder  attributio 
(ib.  I,  26,  38).  —  B.  L.  ist  die  Form  praedicamentum. 

Praedicator  bedeutet  zwar  Herold  und  Verkündiger  (Cic.  Farn.  1, 9. 
Balb.  2,  4),  Lobredner^  aber  nur  den  des  öffentlichen  Lobes,  und  seine 
Rede  oder  Schrift  enthält  nur  Lobpreisimg  und  lobende  Verkündigung ; 
es  ist  daher  unpassend ,  es  in  der  Bedeut.  Verki'mdi^er  des  göltliche?i 
Wortes  zu  brauclien,  wie  es  sich  im  N.  L.  findet.  Vgl.  Concionator. 

Praedicere  bedeutet  Kl.  nur  ettvas  Künftiges  vorhersagen,  weis- 
sagen., und  so  auch  praedictio  und  praedictum  als  Subst.  mit  d,  Genit. 
die  VorherverkündigiiJig ,  Weissagung ;  aber  ^.  L.  und  besonders 
N.  Kl.  hat  es  die  Bedeut.  früher,  oben ,  im  Vorhergehenden  sagen, 
oben  eru'ähfien,  für  die  KL  Ausdrücke  si/pra  dicere,  supra  memorare. 
Da  es  durch  diese  unnÖthig  wird,  so  vermeide  man  es  lieber.  Noch 
weniger  aber  gebrauche  man  das  Part,  praedictus  in  der  Bedeutung 
vorher,  oben  erwähnt,  vorbesagt,  vorbemeldet,  mag  es  auch  sogar  bei 
Livius,  Quintilian.  und  Andern  oft  vorkommen;  man  sage  dafür  quem, 
quam ,  quod  supra  dij:i  oder  memoravi.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  425 
und  Ruhnken.  Vellej.  II,  21 ;  auch  Anleit.  §.  590.  —  iV.  L.  ist  aber 
praedicere  in  der  Bedeut.  Einem  Etwas  vorsagen ,  damit  er  es  nach- 
spreche, für  praeire  oder  praefari  verba ;  ein  Gebet  vorsagen  zum 
JS'aciibeten.  alicui preces  praeire. 

Praediligere ,  sehr  lieb,  hoch  achten,  ist  wie  alle  davon  gebildeten 
Wörter,  z.  B.  praedilectus,  praedilectio,  N.  L.  und  als  unnöthig  zu  ver- 
werfen. 

Praeeminere ,  sich  auszeichnen,  hervorragen,  \iommt  N.  Kl.  und 
sehr  selten  nur  beim  altern  Seneca  und  Tacitus  vor,  ist  aber  unnöthig 
wegen  enmiere,  excellere,  praestare  u.  a.  Ganz  Sp.  L.  ist  praeeminentiu 
für   praestantia,  escellentia,  principatus. 

P raeexistere .,  früher  dasein,  früher  existiren,  ist  N.  L.  für  prius 
oder  ante  esse.  —  Das  theolog.  und  philosoph.  Wort  praeexistentia, 
die  Vorexistenz ,  ist  eben  so  schlecht  wie  exsisfentia ,  wovon  unter 
Ex  ister  e  die  Rede  war. 

Praefatio,  was  schon  Cicero  braucht,  findet  sich  bei  ihm  und  Andern 
zwar  nur  von  den  ersten  einleitenden  Worten  zu  irgend  einer  münd- 
lichlen  Verhandlung  oder,  wie  einigemal  N.  Kl. ,  zu  einer  Rede  ge- 
braucht; da  aber  Rede  und  Schrift  doch  immerhin  auf  eins  hinaus- 
laufen,  so  scheint  es  für  die  Vorreden  zu  Büchern  immer  noch  das 
passendste  Wort  zu  sein,  während  hingegen  prooemium  mehr  der  Ein- 
gang oder  die  Einleitung  zu  dem  behandelten  Gegenstande  ist,  wie 
denn  aucli  Cicero  seine  Eingänge  zu  seinen  Lehrbüchern  und  philo- 
sophischen Schriften  prooemia  nennt.  —  Sp.  L.  ist  praefamen.  Vgl. 
auch  Plinius  £p.  IV,  14,  8;  V,  13,  3.  Ueber  proloquium ,  was  Andere 
vorschlagen,  vgl.  dieses  Wort.  —  Auch  stimmt  das  Verbura  praefari 
recht  wohl  damit,  da  z.  B.  Colnraeüa  in  der  Vorrede  zu  seinem  Buche 


618 

sagt:  cum  prnefaüis  fuero,  trann  ich  zuvor  (den  Hauptzweck  des  Bu- 
ches) angegeben  haben  werde;  —  Sp.  L.  aber  ist  das  Partie,  prae- 
fatus  in  passiver  Bedeutung,  vorausgesagt ,  vorher genan7it^  vorher 
erwähnt ,  für  das  N.  KL  praedictus,  wovon  unter  praedicere  die  Rede 
war.  —  Endlich  ist  N.  L.  praefando  aliquid  iterare,  Etwas  in  der  Vor- 
rede tüiederholen. 

Praefectus ,  der  Vorsteher,  Vorgesetzte,  hat  das  Object,  worüber 
er  gesetzt  ist,  gleich  gut  im  Ge?iit.  und  im  Dat.  bei  sich,  z.  B.  praef. 
chssis  und  classic,  ein  Befehlshaber  einer  Flotte.,  den  wir  auch  wohl 
Admiral  zu  nennen  pflegen.  Seltsam  und  unlateinisch  sagt  dafür  Gerh. 
J.  Voss  praefectus  maris,  welches  er  (in  seinem  Buche  de  vitiis  serm. 
p.  175)  für  die  barbarischen  Ausdrücke  adtniralis  oder  admira/ius 
vorschlägt.  —  Das  Verb,  praeßcere ,  vorsetzen.  Einen  über  Etwas 
setzen,  wird  aber  nur  verbunden  aliquem  alicui  rei. 

Praefidens ,  allzusehr  vertrauend ,  ht  zwar  Ä7.,  aber  sehr  selten 
und  hat  nur  den  Dat.  bei  sich.  Das  Verb,  praefidere  aber  kommt  viel- 
leicht nicht  vor. 

Praefigere.  Da  es  nur  den  gewöhnlichen  Begriff  an  Etwas  anhef- 
test, anstecken ,  anschlagen  enthält,  so  ist  es  für  geistige  Sachen  un- 
passend, und  es  muss  dem  Kenner  des  Wortes  lächerlich  erscheinen, 
wenn  es  für  praeponere ,  voraus-  (voran)  setzen  gebraucht  wird,  wie 
man  denn  nicht  selten  liest:  disputatio?iem  progranunati praefigere, 
eine  Abhandlung  dem  Progr.  vorsetzen;  ediüom  praefixa  sunt  prole- 
gomena  de —  und  dgl.  mehr. 

Praefiscine  oder  Praefiscini.  —  A.  L.  und  heutzutage  nicht  mehr 
anwendbar  ist  die  Redensart  (quod)  praefiscini  dixerim  in  der  Bedeu- 
tung ohne  Ruhm  zu  melden,  unberzifen,  für  das  einfache  verbo  (verbis) 
oder  dicto  absit  invidia.  Dagegen  ist  sie  wohl  erträglich,  wenn  noch 
zugesetzt  wird:  ut  loquebantur  veter  es ,  wie  es  Muret.  (Oper.  T.  I, 
p.  335  ed.  Fr.)  thut. 

Praefluere,  vorbeifliessen ,  kommt  selten,  jedoch  bei  Livius,  für 
praeterfluere  vor,  was  vorgezogen  werde. 

Praefocare,  ersticken,  ist  P.  und  Sp.  L.  für  suffocare. 

Praegnans,  schwanger ;  vgl.  Gravidus.  —  N.  L.  ist  es  in  der  Be- 
deut.  wichtig,  bedeutungsvoll ,  wovon  sich  bei  den  Alten  keine  Spur 
findet,  für  gravis,  justus ;  significans.  So  sagt  Graevius  (Epist.  p.  4)  : 
praegnantes  ac  domesticae  causae,  für  graves,justae,  necessariae ;  An- 
dere sagen :  hoc  praegnanter  est  dictum.,  für  significanter  u.  a. 

Praegredi,  vorangehen;  —  Einem,  vor  Einem  wird  gleich  gut 
durch  alicui  nwd  aliquem  ausgedrückt.  Zweifelhaft  ist  es  in  der  Bedeiit. 
übertreffen. 

Praejacere,  vorliegen,  vor  Etwas  liegen,  mit  dem  Dat.  oder  Accus., 
kommt  nur  N.  Kl.  und  sehr  selten  beim  altern  Piinius  und  Tacitus 
vor,  für  objacere  oder  objectum  esse. 

Praeire  ist  in  der  ßedeut.  übertreffen  N.  L.  i\\r  atiteire,  antecedere 
u.  a.  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  75,  —  Wiewohl  man  sagt:  alicui  voce  praeire. 
Einem  mit  der  Stimme  vorangehen  (zum  Nachsprechen),  so  wird 
doch  bezweifelt,  ob  man  sagen  köime :  alicui  exemplo  praeire,  Einem 
mit  seinem  Beispiele  vorangehen,  für  alicui  esemplo  esse,  quod  se- 
quatur  oder  alicui  esemplo  esse  ad  imitandum.  Vgl.  Dietrich  Sintenis 
p.  225. 


619 

Praejndkhim  bedeutet  im  bessern  Latein  nur  das  "Stim  Vor  ans 
gefällte  oder  geäusserte  Urtheil,  eine  Vorentscheidung  über  einen  Men- 
schen oder  eine  Sache,  wie  bei  Cic.  Cluent.  22,  59.  Muren.  28, 60.  Verr. 
111,  65,  IdQ  praejndiciuTn  de  eo  per  hoc  Judicium  nolo  fieri;  —  und  so 
auch  das  Verb,  praejudicare ,  zum  Voraus  urtheileu.  Nirgends  aber 
findet  es  sich  in  dem  Sinne  unseres  Vorurtheil,  vorgefasste,  aucli  wohl 
falsche,  verkehrte Meinu7ig ;  davon  war  unter  Praeconcipere  die  Rede. — 
N.  Kl.  al)er  und  meist  juristisch  und  daher  fast  unbrauchbar  ist  es 
in  der  Bedeut,  Nachtheil,  wie  man  z.  B.  wunderlich  sagt:  hoc  ineo  fit 
praejudicio ;  in  hoc  mihi  praejudicatur,  das  geschieht  zu  meinein  Nach- 
theile, für  mihi  hoc  est  fraudi,  iiicommodo  u.  a. 

Praelectio  ist  bei  den  Alten  das  Vorlesen,  z.  B.  eines  Lehrers,  wo- 
bei die  Schüler  entweder  laut  oder  still  nachlesen,  und  womit  auch 
gewöhnlich  die  Erklärung  des  Gelesenen  verbunden  war.  Vgl.  Qnintil. 
1,  2,  15.  Da  dies  nun  insbesondere  nur  von  den  Büchern  der  Schrift- 
steller galt,  welche  die  Schüler  ebenfalls  in  Händen  hatten,  aber 
nie  von  Wissenschaften,  welche  in  freiem  Vortrage  gelehrt  wurden, 
80  findet  %\c\\  praelectio  nirgends  in  der  Bedeut.  unseres  Wortes  Vor- 
lesung^ mag  sie  einen  Gegenstand  betreff"en,  welcher  es  sei.  Es  ist 
daher  zur  Bezeichnung  wissenschaftlicher  Vorträge  durchaus  zu  ver- 
meiden, und  man  spreche  also  nicht  \on praelectiones  der  Universitäts- 
und Schullehrer,  welche  besser  scholae  heissen.  Vgl.  Collegium  u.  Lectio. 

Praelector,  der  Vorleser,  kommt  nur  einmal  Sp.  L.  bei  Gellius 
(XVIII,  5,  6)  und  nur,  wie  praelegere,  mit  dem  Nebenbegriff"e  des 
Lehrens  und  Erklärens  vor,  also  gleich  magister.  Der  gewöhnliche 
Vorleser  hiess  lector  (Cic.Orat.  1,30,136;  U,ö6,22S),recitator  (Cluent. 
51,  141),  oder  aus  dem  Griech.  anagnostes.  —  Von  demjenigen,  wel- 
cher Andern  Etwas  zum  Nachlesen  vorliest,  sagte  man  praeit,  z.  B. 
Quintil.  1,  2,  12  lectio  non  omnis  praeeunte  eget,  bedarf  eines  Vor- 
lesers, d.  h.  eines  Solchen,  der  durch  sein  Vorlesen  Andern  zeigt,  wie 
es  zu  lesen  sei. 

Praelegere,  vorlesen  (vgl.  die  beiden  vorhergehenden)  ,  kann  nur 
gebraucht  werden,  wenn  Andere  riachlesen  oder  nachlesen  sollen^  also 
gleich  praeire  alicui  (legenti,  legentibus)  voce,  oder  praeire  alicui  de 
scripto ;  unser  gewöhnliches  vorlese?/  (ohne  Nachlesen)  heisst  nicht 
praelegere,  sondern  legere  (Cic.  Tusc.  V,  39.  Verr.  II,  2,  51.  Orat.  II, 
55,  223;  III,  56,  213)  oder  recitare  (Verr.  II,  1,  31  u.  a.).  —  Da  man 
aber  z.  B.  zu  Quintilian's  Zeiten  vom  Lehrer  sagte  praelegere  poetas, 
z.  B.  Firgilium,  den  Virgil  vorlesen,  und  damit  zugleich  den  Begriff"  er- 
klären verband  (vgl.  Sueton.  Gramm.  16),  so  kann  allerdings  wohl  von 
Vorlesmigefi  über  Schriftsteller,  welche  die  Schüler  im  Texte  vor  sich 
haben,  gesagt  werden  praelegere  scriptores,  Vorlesungen  über  Schrift- 
steller halten,  sie  erklären,  wiewohl  Quintiiian.  dafür  gewöhnlicher 
enarrare  sagt  und  die  Krklärtmg  —  enarratio  nennt.  Dagegen  ist  prae- 
legere, wie  praelectio,  bei  wissenschaftlichen  Gegenständen  ein  ganz 
unpassendes  Wort.  —  Im  neuern  Latein  sind  diese  drei  Wörter,  be- 
sonders praelectio  und  praelegere  oft  falsch  gebraucht  worden. 

Praelibare ,  vorher  kosten,  ist  nur  P.  L.  für  praegustare,  und  bei 
etwas  Flüssigem  —  praebibere. 

Praeliunnuris,  vorläufig^  ist  N.  L.  für  qui,  quae,  quod  prius  tra- 
ctatur,  praemittitur  u.  a. 


620 

Praeloquinm  y  die  Vorrede,  Ist  ohne  Anctorilat  und  N.  L.,  wfewohl 
jyraeloqv.f^  wie  praefari^  iiacJi  dem  jungem  Plinius  den  Sinn  unseres 
Forrede  enthalten  kann.  Vgl.  Proloquium. 

Praebidmm,  das  Vorspiel,  ist  N.  L.  für  praelusio  oder  prolusio ; 
Tgl.  Prolusio.  —  Ueber  praeludere,  vorspielen,  was  erst  iV.Ä^^. und  sehr 
selten  ist,  vgl.  die  Lexica. 

Praelum,  die  Presse,  ist  wohl  passend  für  den  neuen  Begriff  7)rMA:- 
kerpresse ^  zumal  wenn  der  Zusammenhang  der  Rede  es  begünstigt; 
ebenso  auch  die  bildliche  Redensart  praehmi  subire,  unter  die  Presse 
kommen,  von  einem  Buche,  in  der  Bedeutung  g^e^'r/zcA-^  werden,  und 
praelo  stibjicere,  drucken  lasseti.  Andere  verwerfen  das  Wort.  —  Vgl. 
Imprimere. 

Praemalle,  lieher  trollen,  findet  sich  einmal  Sp.  L.  und  noch  dazu 
zweifelhaft;  dennoch  kommt  es  im  N.  L.  vor,  für  das  einfache  malle 
oder  das  seltne  praeoptare ,  welches  jedoch  /{l.  ist  (bei  Cicero  und 
Caesar). 

Praemeditatus ,  vorher  überdacht ,  kommt  in  passiver  Bedeut.  als 
Adj.  auch  Ä7.  vor.  Aber  ein  Adv.  praemeditate ,  mit  Vorbedacht,  ist 
N.  L.  für  cogitate,  consulto. 

Praemetuere ,  voraus  fürchten ,  kommt  in  Prosa  vielleicht  nur  im 
Partie,  vor,  praemetuens,  verbunden  mit  dem  \)^i.,für  wen  oder  um 
it'esse7i  tvillen. 

Praemittere ,  vorausschicken,  wird  Kl.  nur  im  eigentlichen  Sinne, 
nie  bildlich  gebraucht,  so  dass  man  kaum  gut  lateinisch  nach  Raschig 
(Progr.  p.  26)  sagen  kann:  disputatione?»  programmati  praemittere, 
wie  wir  sagen :  eitie  Abhajidlung  einem  Progr.  vorausschicken,  wenn- 
gleich N.  KL  vorkommt:  cogitatioites  und  vocem  praemittere,  die  aber 
viel  weniger  bildlich  sind.  Gut  ist  praeponere. 

Praemiolum,  die  kleine  Belohnung ,  steht  N.  L.  bei  Muret.  (Oper. 
T.  I,p.  416).  Wenn  es  auch  als  neues  Demin.  \o\\  praemium  nicht 
gerade  zu  verwerfen  ist,  so  ist  es  doch  unnöthig  wegen  munusculuin 
und  mercedula. 

Pracmonitorius,  vor-,  zuvor  erinnernd,  ~  ermahnetid,  ist  sehr  Sp.  L. 
für  prae?nonefis,  id  quo  praemoneitius. 

P raenominare  findet  sich  nur  einmal  in  der  Bedeut.  einen  Vor- 
namen geben,  und  ist  daher  N.  L.  in  der  Bedeut.  vorher  nennen,  vor- 
her erwälmen,  für  ante.,  prius .,  supra  nominare.  Noch  schlechter  ist 
praenominatus,  vorbenannt,  vorher  genannt ;  in  guter  Prosa  umschreibt 
man  dergleichen  Ausdrücke  relativ.  Im  N.  L.  finden  sie  sich  oft;  vgl. 
Anleit.  §.  590. 

Praeoccupare ,  zuvor  einnehmen,  in  Besitz  ?iehme?i,  kommt  zwar 
vielleicht  nicht  bei  Cicero  vor,  da  praeocczipavit  in  Phil.  X,  1  unsicher 
steht,  und  die  beste  Hand  sehr.  praece/^zV  hat,  aber  doch  einigemal  bei 
Caesar,  oft  bei  Livius  u.  A. 

Praeoptare,  lieber  wollen ,  vorziehen.  Die  Y erhimlung  praeoptare 
alicui  aliquid.  Einein  Etwas  vorziehen,  ist  zwar  selten,  aber  doch 
neben  malle  zu  brauchen. 

P raepnramentum ,  die  Vorbereitung,  ist  N.  L.,  und  praeparatura 
sehr  Sp.  L.  für  praeparatio ;  eben  so  Sp.  L.  sind  praeparator ,  der 
Vorbereiter ,  und  das  Adject.  praeparatorias.,  zum   Vorbereiten  dien- 


621 

lieh,  vorbereitend ;  sie  rniissen  umschrieben  werden  durch  qui  prae- 
parat ;  ad  praeparandiim  apius. 

Praeparare,  vorbereiten y  kommt  fast  nur  da  vor,  wo  die  frühere 
Zeit  der  Zuriistung  schärfer  hervorgehoben  werden  soll,  sonst  nur 
parare,  zuriisteii,  was  dem  vorbereiten  gleich  ist.  Eben  so  selten  ist 
prneparat//s,  vorbereitet ,  was  auch  in  paratus  liegt.  Und  so  spriclit 
bei  Cicero  der  Redner,  der  sich  vorbereitet  hat,  nicht  praeparalus, 
sondern  paratus  (Brut.  37,  139),  und  im  Adv.  nicht  praepnrate ,  son- 
dern parate  (ib.  68).  t—  Den  Gegensatz  bildet  imparatus ,  unvorbe- 
reitet, wovon  unter  Impraeparatus  die  Rede  war. 

Praepes,  der  Vogel ,  kommt  in  der  heiligen  Augurnsprache  vor, 
sonst  nur  P.  L.  für  avis;  es  ist  daher  kaum  anwendbar. 

Praeplacere,  sehr  gefallen^  ist  ohne  Auctorität,  aber  im  N.  L.  ein 
Lieblingswort  für  non  displicere,  prae  ceteris  placere,  perplacere. 

PraepoUere,  sehr,  viel  vermögen ,  kommt  als  Verbum  erst  N.  Kl. 
nur  bei  Tacitus  vor,  welcher  die  mit  prae  zusammengesetzten  Wörter 
liebt,  für  midtum  (phis)  valere ,  pltis  pollere ,  praestare  u.  a. ;  nur  das 
Partie,  praepollens  als  Adject.  kommt  KL  bei  Livius  vor,  und  nur 
dieses  werde  nachgebraucht.  —  Derselbe  Fall  ist  es  mit  Praeposse 
(s.  unten), 

Praeponderare,  überwiegen,  überunegend  sein,  Uehergewicht  haben, 
kommt  KL,  was  wohl  seltsam  ist,  nur  einmal  im  passiven  Inf.  praepon- 
derari,  überwogen  werden,  bei  Cicero  vor;  im  Act.  dagegen  findet  es 
sich  oft  A^.  KL,  und  ist  nicht  zu  verwerfen,  wiewohl  Kl.  dafür  propen- 
dcre  vorkommt,  z.  B.  bei  Cic.  Tusc.  V,  17,  51  und  31,  86. 

Praeponere  bedeutet  zwar  vorsetzen,  vorstellen,  aber  nur  dann, 
wenn  vor  in  der  Bedeut.  voran,  vornan  steht.  In  der  Verbindung  Einem 
Speise  und  Trank  vorsetzen  kann  man  also  nicht  sagen:  cibum  et  po- 
tionem  alicui  proponere ;  denn  hier  brauchen  die  Lateiner  nur  appo- 
nere.  Vgl.  Drakeiib.  Liv.  I,  7,  13. 

Praepositurn ,  das  Aufseheramt,  die  Befehlshaberstelle,  ist  erst 
Sp.  L.  für  praefectura,  niunus  praepositi,  praefecti,  procuratoris.  Das 
Part,  praepositus  in  der  Bedeut.  der  Forgesetzte,  Aufseher ,  wird  ,  wie 
pra(fectus,  bald  mit  dem  Dat.,  bald  mit  dem  Genit.  verbunden.  —  Im 
N.  L.  ist  es  auch  Titel  eines  höhern  Geistlichen,  und  als  solchen  muss 
man  das  Wort,  da  der  Titel  neu  ist,  beibehalten. 

Praeposse ,  Uebermacht  haben,  sehr  mächtig  sein,  mehr  vermögen, 
kommt  als  Verbum  nur  IS.  KL  bei  Tacitus  vor  (H.  V,  8)  ;  praepotens 
aber  ist  KL  —  Für  praeposse  sage  man  praepote?iiem  esse,  plus  posse, 
plus  valere.  Vgl.  oben  PraepoUere. 

Praeposterus,  hintersivörderst,  in  timgekehrter  Ordnung,  verkehrt, 
ist  gut  und  KL,  aber  ein  Comparat.  pr ae posterior ,  welchen  Jos.  Sca- 
liger brauchte,  ist  unerwiesen ;  auch  lässt  ihn  die  wahre  Bedeut.  des 
Adject.  nicht  zu.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  171. 

Praepotetitia ,  die  vorzügliche ,  grosse  Macht,  ist  Sp.  L.  für  summa 
polentia. 

Praeprimis ,  vorzüglich,  ist  N.  L.  und  sinnwidrig  zusammengesetzt 
und  gebildet,  für  inprimis,praecipue.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  265. 

Praerequirere,  zuvor  aufsuchen,  zuvor  erforschen,  ist  N.  L.  für  ante 
oder  prius  requirere. 

Praerogare  ist,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  zweifelhaft,  und  mit  dem 


622 

Accus,  pecuniam  verbunden,  in  Jer  Bedeut.  Geld  vorausbezahlen,  Sp.  L. 
und  zweifelhaft,  für  in  antecessiitn  dare ,  solvere  oder  repraesentare. 

Praesagium,  die  Ahnung,  Vorahnung ,  Weissagung,  ist  P.  L.  und    , 
findet  sich  N.  Kl.  beim  altern  Plinius,  Coluniella  und  Sueton.  für  die 
Kl.  Ausdrücke  praesagitio,  praedictio^  divinatio ,  pi'aesensio  (rerum 
futurarum,  Cic.  N.  D.  II,  3);  —  ebenso  praesagus ,  vorahnend.,  für 
praesentiens. 

Praescientia,  das  Forherwissefi,  kommt  nur  Sp.  L.  bei  den  Kirchen- 
vätern vor,  verbunden  mit  dem  Genit.  Dei;  es  werde  umschrieben 
durch  praesentire,  praenoscere,  ante  oder  prius  scire.  Und  so  ist  auch 
praescire  oder  praesciscere ,  vorher wisse7i ,  als  selten  und  mehr  P.  L. 
durch  jene  Verba  zu  vermeiden.  —  P.  L.  und  N.  KL  nur  bei  Tacitus 
ist  praescius ,  vorhenvissejid ,  für  praesetitiens ,  praenoscens.  —  Ein 
Sahst,  aber,  praescitt/s.,  das  Vorwissen,  ist  N.  L.;  dennoch  braucht  es 
selbst  der  Antibarbarist  Nolten  (Praef.  Antib.  p,  32),  ja  vielleicht  ist 
es  von  ihm  selbst  gebildet:  sine praescitu  nieo,  ohne  mei?i  VorwisseUy 
für  nie  inscio,  me  nescio. 

Praescribere  in  der  Bedeut.  vorher,  im  Vorhergehenden,  oben 
schreibe?!,  gleich  supra  scribere.,  findet  sich  nur  in  mehrern  Ausgaben 
des  Vellej.  II,  2i  praescripsimf/s ;  doch  erklärt  es  Ruhnken  für  unla- 
teinisch und  ändert  es  in  praedisinms.  Als  zweifelhaft  werde  es  ver- 
mieden. —  Verworfen  wird  legem  praescribere ,  ein  Gesetz  vorschrei- 
ben, für  legem  scribere,  edere  u.  a. ;  vgl.  oben  Dare.  Richtig  aber  ist 
es  ohne  legem,  da  es  für  sich  allein  schon  vorschreiben,  befehlen  be- 
deutet (Cic.  Leg.  III,  2,  5).  Daher  sagt  man  auch  nicht  legis  prae- 
scriptuni,  Vorschrift  eines  Gesetzes:-,  sondern  ohne  legis  blos  praescri- 
ptnm,  was  Vorschrift ,  Befehl,  Ordre  eines  Vorgesetzten  bedeutet.  — 
Bezweifelt  und  verworfen  wird  auch:  conditiones  alicui  praescribere, 
Einem  Bedingunge?i  vorschreiben,  fiirferre.  —  Wenn  der  Arzt  Etwas 
vorschreibt  oder  verord?iet ,  so  heisst  dies  praecipit,  conscribil,  jubet, 
imperat,  nicht  praescribit.  Vgl.  Receptum. 

Praesens,  gegenwärtig ,  bedeutet  fast  nur  den  oder  das ,  welcher 
oder  M'os  der  Zeit  oder  dem  Orte  nach  da  oder  zugegen ,  sxcXxih^v 
und  augenscheinlich  ist.  Falsch  wäre  es  aber,^/-ßesewsda  zu  brauchen, 
wo  z.  B.  nur  der  Begriff  f?/eser  oder  jetzig  darin  liegt;  hier  darf  nur 
hie,  haec,  hoc  stehen.  —  N.  L.  ist  z.  B. :  Cicero  praesejitem  (die  ge- 
genwärtige, für  hanc)  orationem  non  habuit;  Horaeri  carmina  prae- 
sentetn  formam  ((ürformam,  qua?n  nunc  habent)  primo  non  habuerunt; 
praesentia  (für  haec)  tempora;  praesenti  (für  hac)  hieme ;  praesenti 
für  hoc)  tempore;  praesentes  (für  hi)  horainura  mores;  praesens  (für 
quae  nunc,  quae  hodie  est)  terrae  facies;  mea  (tua  u.  s.  w.)  praesens 
aetas,  für  mea  aetas  oder  haec  mea  aetas ;  more  praesenti  insulso, 
nach  der  gegenwärtigen  einfältigen  Sitte ,  für  more  hoc  insulso  (Cic. 
Att.  IV,  1,  6),  —  und  so  in  vielen  Redensarten,  wo  wir  gegenwärtig 
oder  jetzig  brauchen.  —  Ob  in  praesenti  in  der  Bedeut.  jetzt,  für 
jetzt,  dermalen,  gut  und  nicht  zu  verwerfen,  ja  eben  so  gut  sei,  wie 
in  praesentia  (Cic.  Att.  XV,  20.  Verr.  III,  1,  1.  Farn.  IV,  5.  Fin.  V,  8. 
Caes.  B,  G.  I,  15  u.  a.)  ,  wird  bezweifelt,  da  es  bei  Cicero  vielleicht 
nur  einmal  (Fam.  II,  10,  4)  sicher  zu  stehen  scheint,  während  sonst 
nur  in  praesentia  vorkommt.  Letzteres  wird  dagegen  von  FLStephanus 
(Pseudo  -Cicero  p.  98)  und  nach  ihm  von  Oudendorp  (Cic.  Inv.  1, 17) 


623 

als  nicht  gut  verworfen,  und  es  wird  ihm  in  praesenW  \OTgezof^en,  ob- 
gleich i?i  praesentia  in  den  meisten  Stellen  fest  und  ohne  Variante 
steht.  Man  vermeide  lieber  das  streitige  In  praesenti.  —  Dagegen  ist 
in  praesens,  für ^etzt^  für  die  Gegenwart .  Kl.  und  unbezweifelt.  Vgl. 
Döderlein's  Synon.  Th.  I,  p.  141.  —  Endlich  bemerkt  noch  Zumpt 
(Anm.  z.  seinen  Aufgaben  p.  138),  dass  Amresende  wohl  nicht  leicht 
praesentes  heisse,  sondern  ii ,  qui  adsnnt  (aderant  u.  s.  w. ,  wie  der 
Sinn  das  Tempus  fordere),  sowie  Ztischauer  und  Zuhörer  oft  lieber 
durch  qui  vident,  qui  aiidiunt  zw  übersetzen  sei. 

Praesentaneus  ht  N.  Kl.Yorva  für  praesens;  doch  steht  es  nur 
in  der  Bedeut.  schnell  wirksam  und  nur  beim  altern  Plinius  von  Säften 
und  Kräutern,  die  schnell  Gutes  oder  Böses  wirken ;  es  ist  also  wohl 
ein  medicinisches  späteres  Kunstwort  für  das  Kl.  praese?is. 

Praesentia  wird  nur  selten  von  der  örtliche?!  Gegemoart,  von  dem 
Da-  oder  Ziigegenseiri  gebraucht,  indem  der  Lateiner  mehr  den  An- 
blick berücksichtigt  und  conspecfus  gebraucht;  z.  B.  eure  Gegenwart 
erfreut  mich,  vester  co?ispectus,  nicht  vestra  praesefitia.  —  B.  L.  ist  in 
praesentia  alicujus  oder  mit  einem  Possessiv.,  mea,  tua  — ,  wo  durchaus 
nur  ;;rflese/2s  anzuwenden  ist;  mir  in  meiner  Gegenwart ,  mihi  prae- 
senti; dir  in  deiner  Geg.,  tibi  praesenti —  und  so  alle  ähnliche.  Dahin 
gehört  auch  das  unabhängig  eingeschaltete  in  meiner  Gegenwart  und 
Aehnliches,  welches  7ne  praesente  heisst.  —  Man  sage  auch  nicht:  t?ia 
praesentia  uti  non  potui,  ich  konnte  mich  deiner  Gegemoart  nicht  be- 
dienen, deine  Gegemoart  nicht  gemessen,  sondern  te  praesente  uti  non 
polui,  te  praeseiitem  habere  non  potui. —  Richtig  ist  aber  in  praesentia 
als  Adv.  gebraucht,  in  der  ^eA.  jetzt,  dermalen,  wo\o\\  unter  Praesens 
die  llede  war.  —  Ueber  in  praesentiarum  vgl.  Impraesentiarum. 

Praesertim  steht  meistens  nur,  wenn  unser  vorzüglich  oder  besoyi- 
ders  so  viel  ist,  als  zumal,  noch  dazu;  daher  findet  es  sich  oft  bei  cum, 
(da)  und  si  (wenn) ,  wo  nie  praecipue  und  inprimis  steht;  überhaupt 
vor  bedeutenden  Beisätzen,  die  das  vorher  Gesagte  näher  bestimmen 
und  heben  sollen.  Vgl.  was  bei  Praecipue  bemerkt  ist.  —  Irrig  tadeln 
Einige  den  Ausdruck  cuju  praesertim ,  was  doch  die  Alten  ebenfalls 
neben  praesertim  cum  brauchen.  —  Wo  wir  aber  vorzüglich  oder  ins- 
besondere  aber  sagen ,  setzt  der  Lateiner  zu  praesertim  weder  vero, 
nocli  autem  hinzn,  wie  dies  oft  im  N.  L.  geschieht,  sondern  entweder 
blos  praesertim,  oder  inprimis  autem. 

Praeservare  ist  sehr  Sp.  L.  und  kommt  nur  in  der  Bedeut.  vorher 
beobachten  vor,  für  ante  oder  prius  observare ;  nirgends  aber,  ausser 
im  N.  L.,  bedeutet  es  vorbehalten,  für  excipere,  reservare  u.  a. 

Praeses  bedeutet  wohl  nie  Vorsitzer  in  einer  Versammlung  (der 
den  Vorsitz  hat),  für  qui  praesidet,princeps. —  Sp.  L.  sind  praesidalis 
oder  praesidiaUs,  was  dem  Praeses  oder  Vorgesetzten  zugehört,  wofür 
der  Genit.  praesidis  genügt,  und  praesidatws,  das  Amt,  die  Würde  eines 
Praeses,  für  munus,  potestas  oder  gubernatio praesidis. 

Praesidere ,  über  Etwas  gesetzt  sein ,  Etwas  beschützen,  wird  Kl. 
mit  dem  Dat.,  N.  Kl.  mit  dem  Accus,  verbunden,  doch  vielleicht  nur 
bei  Tacitus;  man  ahme  es  daher  nicht  nach.  —  Das  Partie. />/-ßes/</e«s 
als  Subst.,rfer  Erste  über  Etwas,  Vor  gesetzte, ist  sehr  Sp.  L.  tur  praeses, 
wie  denn  die  Statthalter  der  Provinzen  nicht  praesidentes  provin- 
ciarum  (provinciis),  sondern  praesides  hiessen. 


624 

Praesfdwm  hat  wohl  nie  <lie  Bedeut.  Vorsitz ,  erster  Platz;  man 
sage  i\dii\r  pn'nms  oi\tiV  p/inceps  locits.  Vgl.  P/aeses. 

Praestare.  Die  Perf.  form  pracstiti  ist  die  bessere,  praestavi  aber 
Sp.  L.;  dagegen  \»i praestiturus  die  Sp.  L.  und  praestaturus  die  bessere 
Form.  Erasmus  brauchte  nur  die  Form  praestavi  für  praestiti,  und 
wie  er,  viele  Andere.  Vgl.  Drakenb.   Liv.  XXXVII,  25,  2  u.  Reisig's 
Vorlesung,  p.  235.  —  Ob  ausser  praestari  und  praestandus  noch  an- 
dere passive  Formen  vorkommen,  ist  zu  bezweifeln,  wenigstens  hat 
ein  Partie,  praestatus  oder  praestitus,  mit  oder  ohne  esse,  wohl  nur 
sehr  späte  Auctorität;  im  N.  L.  aber  findet  man  nicht  selten:  hotiores 
praestiti,  eru'iese?ie  Ehrenbezeigungeii,  und  officia  praestita,  geleistete 
ßie/iste,  für  ho/iores  tributi,  habiti,  de/ati,  redditi ,  und  officia  tributa^ 
persoliita,  delata,  coUata  —  und  so  noch  andere.  —  Selten  ist  prae- 
stare alicui  opem,  aiixilinvi,  subsidium,  Eifiem  Hülfe  leisten,  für  das 
gewöhnliche/erre;  und  bezweifelt  wird  obedientiam  alicui  praestare, 
für  obedire,parere,  diclo  ai/dienteni  esse  u.a.  —  In  Verbindung  mit  Subst. 
sagt  man  alicui  oder  aliquem  aliqua  re  praestare,  EineJi  in  oder  an  Etwas 
übertreffen;  aliquem  oder  aliquid,  für  Einen  oder  für  Ettvas  Bürge 
sein ,  gut  sein ^  stehen  ,  sich  verbürgen;  se  praestare  mit  dem  Accus, 
eines  Prädicates,  z.  B.fortem,  dementem,  sich  tapfer,  sanftmüthig  be- 
weisen, zeigen,  nicht  sefortiter,  clementer  praestare ,  wie  es  im  N.  L. 
vorkommt.  Man  sage  daher  nicht:  te  ita  praesta,ut  — ,  beweise  dich 
gQ^  ui'iQ  — ,  für  te  eum  (talem)  praesta,  quem  (qunlem)  — .  Das  neutrale 
praestat,  es  ist  besser,  wird  mit  einem  Infinit.,  oder  bei  Nennung  einer 
Person  mit  dem  Dat.  derselben  und  dem  Infinit,  gebraucht,  nicht  mit 
der  Conjnnct.  ut;  z.  B.  es  ist  besser,  dass  geschwiegen  werde,  praestat 
taceri,  nicht  ut  taceatur ;  es  ist  besser ,  dass  wir  schweigen  ,  praestat 
nobis  tacere,  nicht  ut  (nos)  taceamus,  wie  Muret.  einmal  (Var.  lectt. 
IV,  10)  sagt:  sed  praestat,  ut  adscribam,  im- praestat  adscribere,  wozu 
auch  Ruhnk.  bemerkt :  Rectius,  certe  usitatius  est  praestat  cum  infinitioo. 
Praestolari,  auf  Etwas  warten,  Etwas  erwarten,  wird  gleich  gut 
mit  dem  Dat.  und  mit  dem  Accus,  verlninden. 

Praesultor ,  der  Vortänzer,  ist  wohl  erst  Sp.  L.  Form  für  praesul 
(bei  Cicero  zweimal  nach  den  bessern  Handschr.)  oder  praesultator, 
welches  Livius  (ebenfalls  nach  den  bessern  Handschr.)  braucht,  wie- 
wohl bei  Cicero  und  Livius  die  Variante  praesultor  vorkommt. 

Praesumere  kommt  Kl.  vielleicht  gar  nicht  vor,  aber  N.  Kl.  in  der 
Bedeut.  voraus,  vorher  nehmen,  bei  Quintil.,  dem  Jüngern  Plinius  und 
Andern;  es  kann  neben  praecipere  und  prius  oder  ante  capere  wohl 
gebraucht  werden.  —  P.  L.  aber  ist  es  in  der  Bedeut.  sich  vorher 
denken,  und  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  Etwas  unternehmen,  sich  vorneh- 
men, für  conari,  audere,  suscipere,  instituere,  aggredi  u.  a.;  -—  eben 
so  Sp.L.  in  der  Bedeut.  vermuthen,  glauben,  für  suspicari,  existimare 
u.  a.  •  N.  L.  aber  in  der  Bedeut.  sich  Etwas  herausnehmen ,  anmassen, 
für  sibi  s?tmere.  Vgl.  Vorst.  latin.  raer.  susp.  p.  12  u.  p.  154. 

Praesumptio  in  der  Bedeut.  Vorausnehmung,  was  man  in  der  Logik 
bei  einem  Vernunftschlusse  den  Major  nennt,  kommt  nirgends  vor, 
für  assumptio;  in  Cic.  Divin.  II,  53,  108  stand  es  als  falsche  Lesart  in 
den  altern  Ausgg.,  ist  aber  jetzt  in  assumptio  verändert.  —  In  andern 
Bedeutungen  ist  es  nur  N.  Kl;  aber  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  Hochynulh, 
Vermessenheit,  Einbildung  (von  sich),  für  arroganlia. 


626 

Pruesupponere  ist  ein  N.  L.  Kunstwort  in  der  Logik ,  den  Fall 
setzen,  unterstelteii,  voraussetzen,  für  ponere,  facere,  fingere  ii.  a. 

Praete?idere  hi  in  der  Bedeut.  fordern,  verlangen  N.  L.  für  po- 
scere,  postulare, ßagitare ;  ebenso  praelendens  als  Subst.,  der  die  Herr- 
schaft fordert,  der  Praetendenl ,  für  aeniidus  regni,  qui  imperinm  af- 
fectat^  imperium  sibi  deberi  censet.  —  Ein  Subst.  praetensio  aber  gibt 
es  gar  nicht;  es  findet  sich  nur  im  N.  L.  —  In  A^vBeAeni.  Forderung 
brauche  man  postulatum,  postulatio. 

Praeter ,  ausser  ,\%t  in  guter  Prosa  nur  Praeposüion,  nicht  Ad- 
verbium^  wie  wir  unser  ausser  brauchen;  z.  B.  Niemand  war  dabei, 
ausser  ich  oder  ausser  mir,  nicht  nemo  intererat,  praeter  ego,  sondern 
praeter  me  oder  nisi  ego.  Daher  stellt  es  auch  nicht  vor  einer  andern 
Praeposition;  man  sagt  also  nicht:  praeter  pro  patria,  ausser  für 
das  Vaterland ;  praeter  in  parentes,  ausser  gegen  die  Eltern,  sondern 
hier  wird  nisi  gebraucht.  So  sagt  Cicero  sogar  (Off.  III,  3,  14  [II]): 
nee,  praeter  sapienteni,  cadere  in  quemquam  potest,  für  praeter  in  sa~ 
pientem.  —  Richtig  ist  zwar  praeter  qiiod ,  wenn  es  für  praeter  id, 
guod,  ausser  dem,  was  (welches),  steht,  wie  bei  Caes.  B.  G.  I,  5;  aber 
Sp.  L.  ist  es,  wenn  quod  Conjunction  ist,  wo  es  also  ausser  dass ,  aus- 
serdem dass  bedeutet,  für  praeterquam  quod  oder  ?iisi  quod.  iMan 
sage  daher  auch  nicht,  wie  Görenz,  praeter  enim  id,  quod  —  ,  denn 
ausserdem  dass — ,  sondern  praeterquam  enim  quod.  —  Eben  so  falsch 
ist  praeterea  quod,  für  praeterquam  quod.  —  iV.  L.  ist  auch  praeter 
omne  dubitim,  ausser  allem  Zweifel,  fürl  sine  dubio,  sine  ulla  dubita- 
tione.  —  Endlich  ist  die  heutzutage  übliche  Redensart  praeter  propter, 
in  der  Bedeut.  U7n  oder  so  ungefähr  bei  Zahlangaben,  nur  A.  L.,  aber 
in  der  bessern  Schriftsprache  ganz  ausser  Gebrauch,  fürfere,  circiter, 

Praeterea.,  ausserdem ;  vgl.  Praeter. 

Praeterfluere,  vorüber-,  vorbeifliessen  ;  an  Etwas  vorbei  wir A  durch 
den  blossen  Accusat.,  aliquid,  ausgedrückt,  Sp.  L.  propter  aliquid  prae- 
terfluere, nebe?!  Etwas  vorüber  fliessen. 

Praetergredi,  vorübergehen,  wird  ebenfalls  mit  aliquid  \erhnnAe\\. 

Praeterire  mit  dem  Accus,,  aliquem  oder  aliquid.,  an  Einem,  an 
Etwas  vorübergehen,  thells  physisch,  theils  bildlich;  daher  sagt  man 
auch :  hoc  me  praeterit,  dieses  ist  mir  unbekannt,  ich  weiss  dieses  nicht, 
—  Bezweifelt  wird  interea  oder  inter im  praeterire ,  dazwischen  (zwi- 
schen zwei  Ereignissen),  U7iterdessen  vergehen,  verfliessen  von  einer 
Zeit;  man  sage  dafür  nur  intercedere ;  z.  B.  es  war  schon  ein  Jahr  da- 
zwischen verflossen,  jam  annus  intercesserat,  nicht  interea praeterierat. 
Auch  sagt  man  nicht:  hora  (mensis,  anmis)  praeteriit ,  es  qua  (quo)  id 
factum  est ,  es  ist  eine  Stunde  vergangen ,  seitdem  dies  geschehen  ist, 
sondern  hora  est,  cum  id  factum  est.  —  N.  L.  ist  auch  wohl;  aliquid 
praetereundo  loqui,  dicere,  commemorare  u.  dgl.,  Etwas  im  Vorbeigehen 
sagen,  wie  sogar  Ruhnken  (Praef.  Appuleji)  praetereundo  braucht. 
Vgl.  darüber  Obiter. 

Praeterlabi,  vorbeieilen,  kommt  sehr  selten  vor,  aber  nie  von  der 
Zeit,  tempus  praeterlabitur,  für  praeterit.  Im  N.  L.  kommt  es  sehr  oft 
vor,  z.  B.  anni,  menses,  dies  praeterlapsi,  verflossene  Jahre,  Moiiate., 
Tage  — ,  Ausdrücke,  die  obgleich  ohne  Auctorität,  ganz  alltäglich 
sind.  Das  verflossene  Jahr  (von  jetzt  an)  ist  annus  superior.  —  Kein 
Lateiner  würde  gesagt  haben:  tempus  praeterlapsum  numquam.  re- 

40 


620 

vertitur,  sondern  etwa,  wie  CIc.  (Cato  19) :  tempus  praeterüum.  Vgl. 
darüber  Elabi. 

Praetermtttere  bedeutet  schon  für  eich  allein,  ohne  den  Zusatz 
silentio.  Etwas  mit  Stillschweigen  übergehen ;  da  aber  silentio  einmal 
in  einer  Stelle  bei  Cic.  (Phil.  XlII,  6)  dabei  steht,  so  wird  die  Lesart 
mit  Recht  bezweifelt,  und  für  praetermiltendiim  aus  den  Handschr. 
jetzt  p/ße<e/eMW.<//^wj  gelesen,  da  man  wohl  silentio  praeter  ire  sagt.  Man 
vermeide  daher  silentio  praetennittere.  Vgl.  Dietrich  Sintenis  p.  10. 

Praeternaturalis,  übernatiirlich,  ist  N.  L.  für  qui^  quae,  quod  co?itra 
(praeter)  naturam  est,  naturae  legibus  repugjians,  portentosiis. 

Praeternavigare  aliquid,  vor  Etwas  vorbeischiffen,  ist  N.  KL,  aber 
selten  für  praetervehi  aliquid,  an  (vor)  Etwas  vorüber  schiffen ,  vorbei- 
fahren. 

Praeterquam  ist  Kl.  das  gewöhnliche  Adverbium  für  praeter,  wel- 
ches Kl.  fast  gar  nicht  adverbial  vorkommt,  und  ist  unserm  ausserdem 
(für  ausser)  ähnlich,  indem  latein.  nur  eine  relative  Erweiterung  hin- 
zutritt. Jedoch  brauche  man  es  nicht  für  die  Praep.  praeter ,  wie  es 
Paul,  a  Josepho  that,  welcher  schrieb ;  hoc  autem  consequi  profecto 
praeterquam  sapiens  nemo  potest,  wofür  besser  wäre  praeter  sa^ 
pientem.  Es  irrt  aber  Nolten,  wenn  er  (Antibarb.  p.  1724)  praeter- 
quam qtiod,  ausserdem  dass ,  iür  ^^me\i\  lateinisch  hält,  da  es  doch 
bei  Cicero  und  allen  Bessern  vorkommt. 

Proetervidere,  übersehe?i ,  nicht  achten ,  ist  erst  N.  L.,  ohne  alte 
Auctorität  und  doch  heutzutage  nicht  selten,  wie  denn  F.  A.Wolf 
(Analect.  I,p.489)  ein  doppelt  falsches  Beispiel  anführt:  vitium  quisque 
acutissimus  praetervidit,  den  Fehler  übersahen  die  Scharfsin?iigsten, 
für  vitiu?n  acutissimus  quisque  non  vidit ;  —  anderswo  steht  sogar: 
lias  lectiones  editor  praetervisit.  Man  brauche  dafür  non  videre  oder 
negligere,  omittere,  praeter mittere  u.  a. 

Praetervolare,  vorüberfliegen  ;  —  an  oder  vor  Etwas,  aliquid. 

Praelexta  wird  Kl.  zur  Bezeichnung  des  kindlichen  Kleides  nie 
allein  gebraucht,  sondern  immer  mit  dem  Subst.  toga  verbunden;  erst 
N.  Kl.  findet  man  es  ohne  toga.  Vgl.  Klotz  Cic.  Lael.  10.  p.  146.  —  Uebri- 
gens  kann  das  Wort  für  jetzige  Zustände  kaum  mehr  angewandt  wer- 
den, wie  wenn  ich  z.  B.  statt:  Jam  cum  puer  esset  sagen  wollte:  jam 
cum  in  praetesta  oder  praetexta  indutus  oder  praetextatus  esset,  was 
der  Wahrheit  widerspräche. 

Praetextum  als  Neutr.  des  Partie,  der  Vorioand,  das  Vorgeben, 
ist  erst  N.  Kl.  und  kommt  nur  bei  Sueton.  und  Tacitus  vor,  für  spe- 
cies,  simulatio,  causa,  titulus,  calumnia  (Cic.  Off".  1, 10),  oder  die  Verba 
praetexere,  simulare ;  z.  B.  unter  dem  Vorwande,  nicht  sub  (hoc)  prae- 
texto,  sondern  per  causaam,  z.  B.  valetudim's ,  von  Unwohlsein  (Caes. 
B.  C.  111,  87),  specie,  titulo  u.  a.  —  Bei  Befehlen  und  Verordnungen 
sagt  man  auch  praescriplio,  z.  B.  honesta  praescriptio ,  ein  ehrenwer- 
ther  Vorwand  (Caes.  B.  C.  111,  32,  4).  —  Ein  declinirbares  Subst. 
praetextus  gibt  es  wohl  nicht;  nur  die  Ablativform  praetextu  kommt 
einigemal  vor,  z.  B.  bei  Livius  (XXXVI,  6,  5):  sub  levi  verborum prae- 
textu, und  zwar  ohne  die  Variante  praelexto. 

Praetor ,  was  im  alten  Latein  jeden  Vorsteher  und  Vorgesetzteti 
über  Etwas  bedeutete,  brauchte  man  Kl.  auch  in  der  Bedeut.  Heer- 
führer, aber  nur  von  den  Heerführern// e/wr/er  Völker,  nicht  von  den 


627 

römischen,  welche  duces  oder  imperatorea  hiesseii.  üeberhaupf  ver- 
meide man  das  Wort  praetor  in  dieser  Bedeutung^,  denn  für  unsere 
Zeiten  ist  es  gar  nicht  wohl  anwendbar. 

Praeut;  vgl.  Prae. 

Praevalere,  vorzüglich  gelten,  Ueher gewicht,  Uebermacht  haben, 
üherwiege7id  sein,  kommt  zwar  als  Verbum  erst  N.  Kl.  vor  (denn  Li- 
vius  braucht  nur  praevalens),  aber  auch  die  Bessern  brauchen  es,  und 
es  ist  daher  neben  praestare,  excellere,  praecedere,  plus  valere  oder 
pollere  nicht  zu  verwerfen;  wenigstens  ist  es  besser,  als  das  oben 
erwähnte  praeposse  (bei  Tacitus).  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  9. 

Praevemre,zuvor]ionimen,  mit  dem  Accus.,  ö//^?/ew,  £^«*/?em,  kommt 
zwar  erst  bei  Livius  vor,  aber  oft,  und  ebenso  bei  andern  Spätem;  es 
ist  nicht  zu  verwerfen,  wiewohl  Cicero  und  Caesar  dafür  superare, 
antevertere,  praecurrere  u.  a.  brauchen.  Aber  vermieden  werde  es  in 
der  Bedeut.  übertreffen.,  wie  es  Columella  braucht;  dafür  sind  andere 
bekannte  \  erba  besser. 

*  Früher  hatte  das  Verbum  auch  die  Auctorität  Cicero's  (Offic.  III,  7,  33), 
doch  ist  es  schon  läng'st  durch  peremisset  (für  praevenissei)  verdrängt. 

Praevidere,  (etwas  Zukünftiges)  vorhersehen,  aber  wohl  ohne  allen 
Nebenbegriff  des  Bestrebens,  es  entweder  zu  befördern  oder  zu 
verhüten;  dagegen  bedeutet  ;;/-Of/(f/e/e  ebenfalls  vorhersehen,  aber  mit 
jenem  Nebenbegriffe.  Daher  sagt  denn  auch  Caesar  (B.  G.  V,  8):  vir 
prudens  futura /3raey?rfe<  et  ex  aliorum  rationibus  suis  providet ,  und 
Cicero  nennt  in  diesem  Sinne  den  iMenschen  nur  providum  (Leg.  1,7), 
und  das  Vorhersehen  der  Zukunft  auch  futurortim  prudentia  (Cic. 
Sen.  21).  Auch  leitet  er  diese  prudentia  (Leg.  I,  23)  von  providere 
ab,  denn  er  sagt:  haec  virtus  ex  providendo  est  appellata  prudentia. 
Und  so  bestehen  wohl  beide,  praevidere  und  providere.  Kl.  neben  ein- 
ander. —  Anderer  Meinung  ist  W.  Freund  (Jahrb.  1835.  XIII,  3. 
p.  277),  welcher  annimmt,  praetvr/ere  sei  erst  N.  Kl.  für  providere, 
welches  bei  Cicero  nicht  nur  vorhersehen,  sondern  auch  Fürsorge 
tragen  bedeute  und  überall  kritisch  begründeter  sei,  als  praevidere. 
Virgil  und  Ovid  zuerst,  und  nachher  Tacitus;  hätten  praevidere  in  der 
Bedeut.  vorhersehen  gebraucht  und  neben  providere  in  die  Sprache 
eingeführt.  —  Dagegen  aber  möchte  wohl  ausser  dem  oben. Erinnerten 
das  sprechen,  dass  noch  in  vielen  Stellen  alle  Handschr.  praevidere 
haben,  und  dass  es  noch  andere,  mit  prae  zusammengesetzte  Kl. 
Wörter  gibt,  in  denen  prae  —  zum  Voraus  bedeutet,  z.  B.  praesen- 
tire,  praedicere,  praenuntiare,  praenoscere,  praesignißcare.  Vgl.  auch 
Giese  z.  Cic.  Divin.  p.  133. 

Praevius ,  vorausgehend,  ist  nur  P.  L.,  findet  sich  aber  oft  im 
N.  L.,  z.  B.  praevia  disputatio,  die  vorausgehende  Abhandlung,  für 
praeposila  disp.  oder  auf  andere  Weise  umschrieben. 

Prandere,  frühstücken.  Das  Partie,  pransus  hat  die  Bedeut.  der 
gefrühstückt  hat;  daher  sagt  man  im  Perf.  gleich  gut  prandi  und 
pransus  sunt. 

Pravare,  verderben,  verfälschen,  ist,  obgleich  depravare  davon 
gebildet  ist,  dennoch  A^.  L.  und  ohne  irgend  eine  alte  Auctorität; 
man  brauche  nur  depravare.  Ein  neues  Beispiel  davon  führt  W^olf 
(Analect.  I,  p.  48.9)  an :  ante  nostram  editionem  haec  sphalmatibus  plu- 
rimis  pravata  legebantur ,  für  mendis  oder  vitiis  plurimis  depravata. 

40* 


Ü28 

Praxis  kommt  bei  Cicero  iinr  als  ^riech.  Wort  in  der  Bedeut. 
Handlung  vor,  sonst  aber  nirgends;  im  N.  L.  dagegen  ist  es  sehr  ge- 
bräuchlich in  der  Bedeut.  Ausübung,  \m  Gegensatze  zur  Theorie.  Man 
vermeide  es  durch  or/Zo  reruin,  exercitatio ,  experientia ,  usus,  con- 
suetudo ;  auch  liegt  derselbe  Begriff  in  actus,  ogere,  vita  und  vivere, 
und ,  von  einem  Arztn  gesagt,  in  curare^  sanare ,  mederi.  Man  kann 
z.  B.  Quintil.  Worte  (11,  18,  3):  medicus,  qui  ciirandi  fecit  Hnem  — 
übersetzen  durch:  der  seine  Praxis  geendigt  hat.  Vgl.  auch  Practicus. 

Precari,  beten,  biiten,  wird  verbunden  mit  aliquem  und  ab  aliquo, 
iven  man  bittet,  zu  tvem  man  betet ;  z.  B.  precor  Deum  und  a  Deo ;  um 
was  man  bittet  oder  betet,  mit  aliquid  oder  einem  Satze  mit  ut  oder 
ne.  Im  bessern  Gebiauche  wird /^/eco// nur  von  Bitten  und  Gebeten 
zu  den  Göttern  angewandt,  nicht  allgemein  von  allen  Bitten,  wo  man 
rogare,  orare  und  petere  braucht.  Auf  Menschen  wird  es  nur  dann 
angewandt,  wenn  man  sie  demüthig,  gleichsam  wie  Götter,  um  Etwas 
()ittet,  und  wo  es  gleich  supplicore  ist,  welches  Cicero  u.  Andere  auch 
in  solchem  Sinne  als  synonym  mit />;'ecor^*  verbinden.  Man  brauche  es 
also  nicht  im  Sinne  des  gewöhnlichen  Bittens,  wie  es  nach  Wolf 
(Analect.  I,  p.  499)  Jemand  brauchte,  welcher  schrieb:  tandeni  mihi 
precandi  sunt  lectores,  ul  —  non  dedigrientur,  für  denique  mihirogandi 
sunt  lectores,  ne  dedignentur ;  —  eben  so  falsch  ist  es,  wenn  ein  Vater 
seinem  Sohne  schreibt:  precor  te  oder  abs  te,  ut  omnem  operam  des  — 
und  dergleichen  mehr.  —  Ebenso  ist  nuch  precatio  nicht  jede  gewöhn- 
liche Bitte,  sondern  nur  ein  Gebet  zu  Gott  (zu  den  Göttern).  Vgl. 
Petitio. 

*  Sclieller  führt  auch  aus  Liv.  (XXXVIII,  43)  als  Verbindung  an :  precari 
ad  deos;  aber  dort  bezieht  sicli  ad  quos  niclit  auf  deos,  sondern  auf  jmrietes  po- 
siesqve,  und  ad  bedeutet  an  oder  bei.  Man  lasse  sich  also  nicht  verführen,  es,  wie 
Forcellini,  falsch  zu  beziehen  und  falsch  zu  verstehen  Gesner  führt  zwar  auch 
jene  Stelle  an,  ohne  aber,  wie  es  scheint,  bei  ad  quos  zu  denken  deos. 

Prehendere.  greifen,fassen.  Richtig  ist  zwar  manu  (manibus)  aliquem 
oder  aliquid  prehendere,  aber  in  der  Bedeut.  Einen,  Etwas  mit  der 
Hand  fassen,  greifen,  nicht  nach  Einem,  nach  Etwas  greif en ,  vizl^ 
manibus  appetere  aliquem  oder  aliquid  heisst. 

Prelufn;  vgl.  Praelum. 

Preiium ,  der  Werth ,  Preis.  Nie  kommen  die  negativen  Redens- 
arten: pretium  non  habere,  pretio  carere,  sine  pretio  esse  anders  vor, 
als  in  negativem  Sinne:  ohne  (allen)  IVerth  sem,  nicht  aber,  wie  wir 
^<tg^w ,  unschätzbar  sein ,  wnA  wie  im  Franz.  ^tre  sans  prix,navoir 
point  de  prix.  Vgl.  Inaestimabilis  und  Vavassor.  Antib.  p.  583.  —  N.  Kl. 
und  nur  bei  'l'acitus  steht /;re/«*?/m  est  ohne  den  Genit.  operae  in  der 
Bedeut.  es  ist  der  Mühe  werth,  verlohnt  sich;  z.  B.  vi.v  pretiu?n  est 
commemorare ,  für  vix  operae  pretium  est.  —  Richtig  ist  zwar:  non 
facere  operae  pretium,  nichts  der  Mühe  IVerthes  thun ;  aber  wenn 
Ruhnken  (Praef.  Velieji)  in  dieser  Bedeut.  sagt:  nulhim  facere  operae 
pretium,  so  bezweifelt  dies  Zumpt  mit  Recht,  da  es  besser  heisse:  7ion 
facere  operae  pretium  oder  non  fac,  quod  operae  pretium  sit,  auch 
wohl  nihil  fac,  quod  operae  pretiutn  sit.  —  N.  L.  ist  multi  pretü  esse, 
von  vielem  Werthe  seifig  für  magni pretii  esse;  pretium  virtutis  u.  ähnl., 
für  praemium  oder  i?isig?ie  virtutis,  Preis,  d.  h.  Belohnung  für  Ver- 
dienste; —  A".  L.  ist  es  auch,  wenn  Görenz  sagt:  Codices  sine  pretio 


(J29 

scripti,  ohne  Werth,  d.  h.  nachlässig  geschrieben,  für  negligenter ,men' 
dose,  väiose  scripti.  —  Endlich  wird  der  physiselie  VVertli  einer  Sache 
bei  Kauf  und  Verkauf  nur  zu  oft  mit  dem  geistigen,  innern  Werthe, 
der  grössern  oder  mindern  Vortrefl'iichkeit  einer  Sache ,  vermengt 
und  vertauscht.  Im  Deutschen  wenigstens  sprechen  wir  nicht  allein 
vom  JVerthe  einer  käuflichen  Sache,  z.  B.  eines  Ringes,  eines  Hauses, 
eines  Gartens  u.  s.  w.,  nach  dem  Geldpreise, —  sondern  auch  vom 
Werthe  einer  nicht  käuflichen  Sache,  in'  Betracht  ihres  Vorzuges  vor 
andern,  z.  B.  der  Freundschaft,  der  Gottesfurcht,  der  Beredtsamkeit, 
der  Poesie,  anderer  Künste  und  Wissenschaften.  Der  Lateiner  aber, 
behauptet  Raschig  (Prog.  p.  23  n.  24)  —  auf  den  Gebrauch  wohl 
achtend  — ,  wende  pretium  nicht  auf  geistigen  und  innern  AVerth  an.  — 
Allerdings  bestätigt  sich  diese  Behauptung  durch  den  Gebrauch  von 
pretium  bei  guten  Lateinern,  indem  diese  den  geistigeti,  innern  Werth 
nur  durch  praestantia,  dignitas  ,  laus  ,  principulvs ,  priinus  locus  und 
ähnliche,  wie  es  der  Sinn  fordert,  bezeichnen.  Man  sage  also  nicht 
pretium  amicitiae^  pietntis,  eloquentiae  u.  dgl. 

*  Raseliig's  Worte  sind:  Neu  raagis  probari  polest,  quod  de  pretio  pietati, 
amicitiae,  bonarum  artium  stufliis  statueiulo  ([Jiacrunt,  aut  iibii  codicisve  prae- 
stantiatn  vel  quamvis  aliain  laudcm,  virtutem,  dignitatem  pretii  nomine  significant. 

Prex ,  die  Bitte,  kommt  im  Sing,  in  Prosa  nur  im  S\i\.  prece  vor, 
gewöhnlicfi  aber  im  Phir.  durch  alle  Casus,  und  wird  dem  Sinne  nacli 
ganz  allgemein  von  Bitten,  die  man  an  i^lenschen  und  an  Götter  richtet, 
gebraucht.  Aber  nur  P.  L.  ht  preces  f andere ,  wovon  unter  Furniere 
die  Rede  war. 

Pridie,  den  Tag  vor  (vorher),  hat  bei  Angabe  des  Tages,  vor  wel- 
chem, wozu  auch  die  Festtage  dienen,  nur  den  Jccas.,  nie  den  Ablat. 
bei  sich;  z.  B.  pridie  Kafendas,  No?ius^  Idus,  Jannarias,  pridie  Satur- 
nalia,  Quinquatrus  u.  dgl.  Daher  verbessert  mit  Recht  Frotsclier  bei 
Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  72)  pridie  Idibus  Jprilis,  indem  er  datnr  pridie 
Idns  Apriles  sagt.  Andere  Substantiven  aber,  z.  B.  Ankunft,  Weggang, 
Abreise,  werden  nicht  substantivisch  im  Accus,  zugesetzt,  sondern 
durcli  quam  und  das  Verbura  ausgedrückt;  z.  B.  deji  Tag  vor  meiner 
Ankunft  in  Athen,  pridie  quam  Athejias  veni  (Cic.  Att.  \ ,  11);  den 
Tag  vor  meinem  Weggänge ,  pridie  quam  discessi.  Wenn  aber  gleich- 
wohl in  Sueton.  Tiber.  85  pridie  sortitiofiem  in  den  Ausgg.  steht,  so 
niuss  dafür  aus  den  meisten  Handsclir.  mit  Oudendorp  und  Wolf  sor- 
titione  gelesen  und  dieses  mit  ductam  verbunden  werden,  da  der  Accus, 
eines  solclien  Subst.  ohne  Beispiel  ist. 

Priuiaevus,  der  Aelteste,  der  Zeit  nach  Erste,  ist  P.  L.  fürprimits, 
principalis  u.  a. 

Primarius  verbunden  mit  vox  oder  vocabulum,  in  der  Bedeutung 
Stammwort,  ist  unerweislich.  Vgl.  Primitivus. 

Primas,  der  Erste.,  Vornehmste,  Plnr.  prima tes,  ist  erst  Sp.  L. ;  es 
hat  sich  besonders  in  Ungarn  erhalten,  inr  principes,primores, primarü, 
optimates.  —  Früher  schon  war  im  A.  L.  im  Gebrauche  primatus,  der 
erste  Platz,  Vorrang,  Vorzug,  und  dies  brauchte  noch  Ä7.  Varro,  nach- 
her aber  kommt  es  nur  JV.  Kl.  beim  altern  Plinius  vor.  Man  sage  dafür 
principatus  oder  locus  primariu^. 

Primitivus  steht  erst  N.  Kl.  bei  Columella  von  den  Blumen^  die 
zuerst  blühen,  sonst  ist  es  nur  Sp.  i.,  besonders  als  grammatisches 


630 

Kunstwort  von  den  Sta7/mitrö?tern,  \f eiche  man  verba  pn'mitwa  neimt^ 
wofür  Kl.  gesagt  vvnr<Ie  verbu  primigeiüa  (bei  Yarro  L.  L,  VI,  5,  36. 
p,  87  ed.  3IÜ1I.  u.  p.  216  ed.  Speng. )  oder  verba  nativa  (bei  Cicer. 
Part.  orat.  5). 

Primitus,  zuerst,  ist  ein  ^.  L.  Adverbinm,  welches  später  nur  noch 
Varro  brauchte  und  N.  Kl.  einrni)!  Sueton.;  es  ist  also  mehr  veraltet, 
und  man  sage  dafür  prinium  oder  pn'mo. 

Pr/'mo,  zuejst ;  vgl.  Primus. 

Primogem't//s,  «,  tim,  zuerst  geboren.  Als  Ein  Wort  ist  es  vielleicht 
erst  Sp.  L.,  besser  und  erträglicher  in  zwei  Wörtern,  pr?*mo  ge?iitus. 
Doch  sage  man  bei  Kindern  lither  major,  maamius.  Vgl.  Sciopp.  Infam, 
p.  75  und  Heusing.  Emendd.  p.  425.  —  Erst  ganz  N.  L.  ist  primogen- 
itura,(iie  Erstgeburt,  besonders  jus  pri'mogeniturae,  für  jus  Jih'i  major  ia 
oder  maximi,  oder  principatus  aetatis. 

Primor  oder  primoris,  e  kommt  in  der  bessern  Prosa  vielleicht  nur 
imPhir.  vor,  da  es  im  Sing,  zweifelhaft  ist;  vgl.  darüber  iVladvigzu  Cic. 
Fin,  111, 16, 62,  wo  die  Lesart  ungewiss  ist.  Häufig  aber  kommt  der  Plur. 
pn'mores  vor,  besonders  bei  Livius,  theils  a<ljecti\isch  mit  Subst.  ver- 
bunden, theils  für  sich  allein,  gleich  priucipes,  primi  und  dem  spätem 
prfuiales , -wie  denn  Tacitus  (  A.  IV,  33  )  die  ArhtokrHten  pri'uiores 
nennt.  Es  ist  nicht  zu  verwerfen,  am  wenigsten  adjectivisch,  wenn  die 
Spitzen  oder  vordem  Theile  natürlicher  Dinge  dadurch  bezeichnet 
werden,  z.  B.  prmwres  digü?',  tnauus,  nares,  und  mit  dem  sprichwört- 
lichen primoribus  labris  aliquid  gustare  oder  attiugere  lässt  sich  unser 
Etwas  leise  und  obenhin  beriihren  recht  wohl  ausdrücken,  wie  es  denn 
auch  Cicero  gethan  liat.  Ueberhaupt  gebraucht  man  es  besser  nur  in 
örtlichem  Sinne,  nicht  in  dem  des  Vorranges ;  dieser  Begriff  ist  erst 
seit  Livius  in  «las  Wort  gelegt  worden,  doch  ist  dafür  p/'//?cj);es  ge- 
wöhnlicher. Vgl.  Döderlein's  Synon,  Th.  V,  p.  346. 

Primus,  erst,  der  Erste,  setzt  der  Lateiner  in  der  Regel  nnr,  wenn 
von  wenigstens  Dreien  die  Rede  ist,  nicht  aber  von  Zweien,  wo  wir 
ebenfalls  oft  unser  Erster  brauchen;  der  Lateiner  aber  setzt  in  diesem 
Falle  prior,  und  so  sagt  z.  B.  Livius:  priori  Remo  augurium  venisse 
fertur,  nicht  /;r/wo  ,  obgleich  wir  im  Deutschen  dem  Remus  zuerst 
sagen  können.  Man  halte  sich  an  die  Regel,  wenngleich  selbst  Cicero 
bisweilen  primus  für  prior  gebraucht  liat.  Vgl.  Matthiae  Cic.  Sest.  19, 
114.  —  Verwerflich  und  N.  L.  ist  primus  verbunden  mit  Wörtern, 
welclie  den  Begriff  schon  enthalten,  wie  z.  B.  der  jüngere  Burmann  von 
prima  atispicia  muneris  spricht,  da  es  doch  keine  secunda,  tertia  u.  s.  w. 
gibt;  denn  in  auspicia  liegt  schon  der  Anfang  und  das  Erste.  —  Wie- 
wohl man  aber  den  Anfang  und  den  vordem  Theil  einer  Sache  nicht 
selten  durch  primus  ausdrückt  (vgl.  Anleit.  §.  93),  und  richtig  sagt: 
prima  nocte,  im  Jtifnjige  der  Nacht ;  primo  diluculo,  primis  tenebris — , 
so  aagt  man  doch  nie  in  dieser  Bedeutung /;r?V«o  ^/e,/ir?7A  a?«  Tage, 
sondern  prima  luce.  Dies  hat  Fikenscher  in  der  A.  Seh.  Z.  1829. 
Nr.  82.  83  richtig  bemerkt.  —  P.  L.  ist  primus  post  aliquem  oder  ab 
aliquo,  der  Erste  nach  Jemanden,  für  secundus  oder  alter  ab  aliquo, 
weil  der  Lateiner  den  Jemand  (aliquis)  als  den  Ersten  rechnet  und 
den  Nächsten  nach  ihm  als  den  Zweiten,  wie  dies  aus  dem  römischen 
Kalender  bekannt  ist.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  98. —  Die  Redens- 
arten a  pri?no,  von  Anfang  an;  a  primis  annis,  a  parvula  aetate,  in 


681 

Beziehung  auf  eine  Person,  sind  Sp.  L.  für  a  pnero,  a  pf/en's,  n  piieritia, 
ah  ineunte  pueritia.  —  Unser  Adv.  zuerst  heisst  entweder  primo  oder 
prinnim  :  beide  sind  im  strengen  GebrancJie  unterschieden,  wiewohl 
es  niclit  an  Stellen  fehlt,  wo  sie  mit  einander  verwechselt  zu  sein 
scheinen  mögen.  Primo  deutet  meistens  ein  früheres ,  das  darauf  fol- 
gende deinde  aber  ein  späteres  Ereigniss  an,  so  dass  zuerst  oft  gleich 
Anfangs  ist;  z.  B.  zuerst  wollen  wir  nach  stoischer  Weise  verfahren, 
nachher  aber  nach  unsrer  Gewohnheit  ausschweifen,  primo  (nicht 
primum )  Stoicoryim  more  agamus.  deinde  nostro  inslitnto  vagabimur 
(Cic.  Tusc.  III,  6.  13).  Dagegen  zählt  primuni  mit  folg.  deinde  meist 
Gleichzeitiges  auf,  und  bedeutet  mehr  erstens  mit  folg.  Streitens,  wo 
denn  das  Aufgezählte  auch  in  anderer  Ordnung  folgen  könnte.  Un- 
richtig sagt  daher  z.  B.  Görenz  (Cic.  Leg.  p.  9) :  primo  hie  contra 
Ciceronis  morem  verbum  desideratur,  deinde  —  scribendum  erat  — , 
fiir  primuni:  ebenso  Ernesti  (Opusc.  orat.  p.  32) :  Thucydides  primo 
({(ir  primum)  fide,  deinde  prudentia  ceteris  praestat  —  und  so  Andere 
auf  gleiche  Weise. —  Endlich  brauchen  wir  auch  unser  erst,  Mxn  anzu- 
deuten, dass  Etwas  fast  zu  spät  sei  und  friiher  liätte  geschehen  sol- 
len; in  diesem  Falle  ist  7;/7V/<?/w  unlateinisch,  und  es  muss  i\ai\\Y  demum 
oder  auch  bisweilen  denique  stehen;  z.  B.  alsdann  erst,  tum  demum, 
tum  denif/ue  (was  aber  nacjj  Klotz  z.  Cic.  Tusc.  p.  37  nicht  dann  erst, 
sondern  da  endlich  i)e<leuten  soll) ;  jetzt  erst,  nunc  demum ;  am  Ende 
erst,  ad  extremum  denique  (Cic.  Sest.  47,  JOO) ;  erst  am  siebenten  Tage, 
sevtimo  denique  die  (Att.  XIV,  13).  —  Man  unters{:heide  daher  nu?ic 
primum  von  nunc  demum  :]Gnes  ist  jetzt  zuerst,  jetzt  zum  erste??mal; 
dieses  hlos  jetzt  erst,  jetzt  endlich. —  Ueber  q?tatn  primum,  sobald  als, 
vgl.  Quam. 

Priricpps  kommt  fast  nur  als  Subst. ,  selten  als  Adject.  vor.  Man 
sage  also  nicht:  princeps  classis,  sondern  prima  classis —  und  so  ähnl. 

Principalis  ist  nicht  zu  verwerfen,  ai)er  in  der  Bedeut.fi/rstlich 
brauche  man  lieber  den  Genit.  principis,  und  anstatt  es  substantisisch 
zu  brauchen,  in  der  Bedent.  Herr,  setze  man  lieber  dominus.  —  Sehr 
Sp.  L.  aber  ist  principalitas ,  die  Vorzüglichkeit.,  der  Vorrang,  ^vlx 
principatuS' 

Principatus  in  der  Bedeut.  Fürstenthum  als  Land,\nc\\i  als  Würde, 
ist  N.  L.  fiir  terra  pri/tcipis,  regnum,  possessio  principis. 

Principium  ist  als  philosophisches  Kunstwort,  in  der  Bedeutung 
Princip,  d.  h.  Grundlehre,  Grundsatz,  von  dem  andere  Lehren  aus- 
gehen, worauf  sie  beruhen  und  gebaut  sind,  fast  N.  L.,  da  es  sich  in 
dieser  Bedent.  so  geradezu  nicht  findet;  doch  wird  es  als  Kunstwort 
oft  kaum  zu  entbehren  sein.  Bisweilen  ist  es  zu  ersetzen  durchy)/«- 
damentum,  ratio,  praeceptum  primarium,  sentcntia,  fons  (  Cic.  Tusc. 
III,  32,  82;  IV,  9,  22).  —  Principien  des  Willens,  d.  h.  Grundsätze, 
Ansichten,  Ideen  des  Handelns,  sind  consilia,  wie  bei  Cic.  (Fam.IX,  6)  : 
consiliorum  raeorum  conscientia.  Wenn  Prineipic7i  so  viel  ist  als  feste 
Bestimmu?tgen,  so  sind  es  leges  impositae,  wie  bei  Cic.  (Tusc.  V,  11, 
33) ;  qui  legibus  impositis  disputant.  —  Vgl.  über  die  Bedeutungen  und 
VerbiTidungen  des  Wortes  mit  andern  die  Lexica;  ausserdem  auch 
W^eber's  Uebnngssch.  p.  227. 

Prior,  prius ,  wird,  wie  posterior,  nur  selten  (z.  B.  einmal  bei  Cic. 
Orat.  6,21)  in  dem  Sinne  unseres  der  Erstere,i\\  Bezug  auf  zwei  vor- 


632 

her  Genannte  gebraucht:  es  werde,  weil  ea  so  selten  in  dieser  Bedeu- 
fun,;;  \ork()min(,  vermieden  durch  ille,  sowie  für  posterior,  der  Letztere^ 
Ä/c gebraucht  wird.  Vgl.  Ziimpt's  Gramm.  §.400  und  Dietrichs  Sinteuis 
j).  39,  Von  dem  Letzteren  hier  noch  folgender  wichtige  Zusatz:  Der 
Vorige  heisst  prior  und  superior.  Prior  ist  der  Frühere  der  Zeif  nach, 
und  verlangt  ein  posterior  als  Gegensatz;  superior  dagegen  bezeichnet 
zunächst  nur  das  der  Zeit,  wie  dem  Kaume  nachEntferntere,  steht  also 
meistens  in  uimiitteli:arer  Bezieliung  auf  die  Gegenwart,  und  macht 
daher  einen  ähnlichen  Gegensatz  nicht  nöthig.  Daher  wird  in  Verbin- 
dungen, wie:  das  vorige  Jahr,  die  vorige  Nacht,  die  vorige7i  Zeiten  nur 
superior,  \nc\\i  prior  ge.%G{zt^  %o  dass  tiMc  priores  und  posteriores  zu- 
sammen in  Beziehung  auf  die  Gegenwart  superiores  sind.  Daher  heisst 
super iores  litterae  (  Cic.  Farn.  V,  21),  der  vorige  Brief,  welcher  zu- 
gleich der  letzte  in  der  bis  alif  die  Gegenwart  abgelaufenen  Zeit  sein 
muss;  und  so  nennt  Cicero  seinen  letzten  Brief  (Farn.  VI.  3,  1)  irn 
Gegensatze  zu  dem  neuen,  den  er  eben  damals  sclirieb.  Priores  litterae 
verlangt  einen  Gegensatz  mit  posteriores  oder  allerae,  und  kann  nur 
dann  gesagt  werden,  wenn  wirklich  zwei  der  Zeit  nach  verschiedene 
Bi-iefe  einander  entgegengesetzt  werden.  Vgl.  Cic.  Fam.  IX,  15,  1. 
Superior  annus  ist  A^va  jetzigen  entgegengesetzt;  prior  annus  for(\tivt 
ein  zweites,  auch  schon  abgelaufenes  Jahr.  Da  superior  das  der  Zeit 
nach  von  der  Gegenwart  Entferntere  anzeigt,  so  wird  gewöhnlich  das 
ihm  Nähere  durch  prosimus  ausgedrückt.  Vgl.  Cic.  Fam.  V,  19,  2. 
So  weit  Dietrich,  —  Prius, früher,  als  Adv.,  verbinde  man  nicht  mit 
einer  Zeitbestimmung;  z.  B,  acht  Jahre  früher,  nicht  octo  aiwis  prius, 
sondern  octo  annis  ante.  —  A.  L.  ist  auch  prius  in  der  Bedeut.  eher, 
wo  dieses  so  viel  ist  als  lieber  oder  vielmehr;  in  diesem  Falle  heisst  es 
potius  ;  z.  B.  eher  alles  yJndere,  als  dieses,  quidvis  potius,  nicht  prius. 
—  Die  philosopliisclie  Redensart  a  priore  liegt  wohl  oft  in  ratione, 
entgegengesetzt  dem  usu,  worin  a  posteriore  liegt.  Vgl.  Cic.  Lael.  15. 

Priscus,  a,  um,  alt.  Ein  Compar.  priscior  und  ein  Superl.  priscis- 
siinus  sind  Missgeburten  des  neuern  Lateins,  wie  ich  denn  noch  neu- 
lich las;  in  omnibus  mss.  priscioribus,  und:  Codices  priscissimi.  Mau 
brauche  aber  auch  priscus  nicht  falsch  fiir  vetus  und  aniiquas,  da  es 
nur  uralt  bedeutet  und  nur  Gegenstände  der  frühesten,  dunkeln  und 
in  wissenschaftlicher  Hinsicht  unberühmten  Zeit  bezeichnet.  Daher 
verbindet  Cicero  oft  priscus  mit  inusilatus ,  versteht  unter  verba 
prisca  —  veraltete,  ausser  Gebratich  gelcom/ne?ie  Wörter,  und  erklärt 
(Tusc.  I,  12)  priscos,  quos  cascos  appellat  Ennius,  die  31enschen  der 
altern  Vorzeit.  Man  nenne  daher  nicht  alle  «//e/zSchriftsteller^mcos 
scriptores,  und  mit  Hecht  findet  Wolf  (Analect.  1,  p.  469)  den  Titel 
von  Scheller's  Bucfie:  Annotationes  in  priscos  scriptores  latlnos,  feh- 
lerhaft, da  sich  unter  ihnen  auch  nicht  ein  einziger  vor  Cicero  und 
Caesar  lebender  befindet;  die  vorklassischen  Schriftsteller  können 
etwa  prisci  heissen,  aber  nicht  die  klassischen  und  späteren;  diese 
sind  nur  veteres  oder  antiqui.  Aber  auch  Andere,  und  selbst  Muretus, 
haben  das  Wort  falsch  gebraucht. —  N.  L.  ist  es  auch  in  der  Bedeut. 
vorig,  ehemalig,  für  pristinus ;  z.  B.  aves  nidos  priscos  {für  pristinos) 
requirunt,  die  Fögel  suchen  ihre  allen  Nester  wieder  auf .  Vgl.  Weber's 
Uebungssch.  p.  229. 

Prius ;  vgl.  Prior.  —  Bei  dem  zusammengesetzten  priusquamy  eher 


638 

fl/s,  Ifevor  beachte  man  den  Modus  und  das  Tempus;  vgl.  darüber  die 
Grammaliken  und  Reisig^'s  Vorles.  p.525. 

Private  ist  B.  L.  für  privatim. 

Privaticns  ,  ver?ieitie?id,  eine  Verneinung  anzeigend,  ist  erst  Sp.  //., 
aber  seit  Gellius  Kunstwort  der  Grammatiker  für  verneinende  Wörter 
neben  7iegativus  tind  abnegativus.  Vgl.  Priscian.  XIV,  5  und  6  (mehr- 
mals). —  Kl.  sagte  man  privans;  so  wenigstens  Cicero  (Topic.  2,  47): 
haec,  quae  ex  eodem  genere  contraria  sunt,  appellantur  adversa:  sunt 
enim  alia  contraria,  quae  privantia  licet  appellemus,  Graeci  appellant 
GTt^rßiy.ü  ■  —  er  rechnet  unter  diese  die  Partikel  in  in  der  Zusammen- 
setznng.  Hiernach  wäre  in  der  griech.  Grammatik  das  (t.  privativuni 
nach  Cic.  privans  zu  nennen. 

Privatus  kann  wohl  fast  überall  da  angewandt  werden,  wo  wir  das 
Wort  Privat  vor  Substantiven  setzen,  und  wo  der  Gegensatz  Staat 
oder  öffentlich  (publiciis)  ist,  wie  vita  privata,  honto  privat?/s  (der  kein 
^mt  hat  oder  der  nicht  als  ^n^mterhanAth) ,  domns privata Jitctnspri- 
vatus  (Trauer,  die  nur  einen  Kinzelnen  oder  sein  Ilans  betrifft),  ent- 
gegengesetzt dem  luctus  piiblicus  (Trauer,  die  den  Staat  betrifft).  Oft 
ist  es  aber  dem  domesticiis  ganz  gleich:  und  dieses  ist  auch  oft  pas- 
sender, a\s  privatiis,  wenn  es  nur  häuslich  bedeuten  soll ;  z.  B.  der  Pri- 
vatfleiss  heisst  wohl  besser  assidi/itas  doniestica;  ahav  eine  Privotvor- 
lesa/ig  ist  wohl  schola  privata;  Privatslunden  haben  (vom  hehrer)^ 
scho/as  privatas  habere ,  vom  Schüler  aber  seh.  privatas  audire  oder 
privatim  doceri,  priv.  erudiri.  Und  so  heisst  in  Privatangelegenheiten 
konnnen  ganz  kurz  privatim  venire,  sowie  in  Staatsangelegenheiten,  im 
Auftrage  des  Staates  komme?!,  publice  venire.  So  sagt  Cic.  (Off.  1,41): 
in  peregrino  quaeritnr,  privatimtie  an  publice  venerit. 

Privilegium,  das  Vorrecht,  Ausnabmsrecht ,  ist  in  dieser  Bedeut. 
erst  iV.  KL,  da  es  Kl.  etwas  Anderes  bedeutet ;  jener  Begriff  liegt  auch  in 
benefuium,  jus  jjroecipunm  (Cic.  Manil.  19, 68  u.  das. Hotoman,),  auch 
\i\  jus  allein,  in  immunitas  oder  vacatio  mit  dem  Genit.  dessen,  wovon 
Jemand  ausgenommen  und  befreit  wird,  wenn  es  dergleichen  betrifft. 
Da  Privileg,  schon  früh  Kunstwort  war,  so  ist  es  nicht  zu  verwerfen; 
aber  iV.  L.  ist  das  Verb,  privilegiare  und  das  davon  abgeleitete  privi- 
legiatus,  im  privihgio  donare  und  qui  privilegiirm  habet,  privilegio  do- 
nutus.  Vgl.  Schori  Phras.  p.  662  und  Weber's  Uebungssch.  p.  409. 

Pro  bedeutet  zwar  unser  />/;■  oder  vor,  kann  aber  doch  nicht  immer 
dafür  angewandt  werden.  Richtig  ist  zwar  dicere  pro  aliqua  re,  z.  B. 
pro  lege,  sowie  man  auch  dicere  contra  atiquatn  rem,  z.B.  contra  legem, 
sagt,  aber  gleichwohl  sagt  man  nie,  beide  mit  einander  verbindend, 
pro  et  contra,  für  und.  wider .^  sondern  in  utramque  partem ,  in  C07t- 
trarias  partes.  Und  so  heisst  auch  bei  erklärenden  Zusätzen  enttveder 
dafür  oder  dagegen,  nicbt  vel  pro  vel  contra,  sondern  vel  in  eam  par- 
tem, vel  in  eam  (Cic.  Fam.  XI,  27,  8).  —  Für  Geld  u.  dgl.,  bei  Verben 
des  Kaufs  und  Verkaufs,  heisst  nicht  pro  pecunia,  sondern  mit  dem 
blossen  Ablat.  pecunia,  pietio ,  auro,  deceni  sestertiis  u.  dgl.  —  Für 
diesen  Tag,  dieses  Jahr  u.  dgl.,  in  der  liedeut.  der  kommenden  Zeit 
von:  auf  diesen  Tag,  heisst  nicht  pro  hoc  die,  sondern  in  hzinc  dient, 
in  hunc  annum ;  und  so  in  (für)  proximum  annum,  in  multos  dies,  in 
om?ie  teinpus,  in  hiemem  u.  dgl.  Vgl  Hadriani  Observ.  p.  251  u.  256. — 
Er  war  für  alte  Fällebereit  lieisst  ad  omnes  casus  (Caes.  B.  G.  IV,  31), 


()d4 

nicht  pro  omnibus  casibiis  paratiis  firat.  —  Das  einfache  jetzt, für  jetzt, 
ttermaleti  heisst  nunc ,  hi  praesenu'a ,  hoc  tempore,  nichts  wie  es  im 
iV.  L.  oft  \nrkommt ,  pro  tempore,  was  meistens  bedeutet  nach  Be- 
schaffenheit der  Zeit,  den  Zeitumständen  gemäss,  und  oft  einen  ver- 
ächtlichen Begriff,  den  der  IVoth,  der  Armuth  u.  dgi.  enthält,  wie  bei 
Caes.  (B.  G.  V,  8) :  cepit  consilium  pro  tempore  et  pro  re.  Daher  ist 
es  nicht  zu  billigen,  dass  man  im  N'.  L.  von  einem  Rector,  Prorector, 
Professor  pro  tempore  (abgekürzt^,  t.)  spricht,  was  übel  gedeutet 
Averden  kann.  Vgl.  Vorst.  iatin,  ?ner.  susp.  p.  88.  Prasch  de  barbar. 
p.  21  und  Anton.  Progr.  p.  20.  —  Eben  so  falsch  sind:  pro  more,  nach 
Sitte,  für  ?nore  ohne  pro\  pro  primo,  pro  secundo  u.  s.  w.^fürs  Rrste, 
fürs  Z?reite  u.  s.  w.,  für  primum,  deinde;  pro  arbitrio,  nach  Willkühr^ 
für  ad  arbitriiim;  pro  libidine ,  nach  Lnst ,  für  ex  Ubidine.  \] eher  pro 
libitu,  nach  Laune ,  vgl.  Libitus.  —  Falsch  ist:  verbum  pro  i^erbo,  par 
pro  pari —  reddere,  referre,  ff  ort  für  ff^ort  wiedergebe?/ ,  Gleiches  mit 
Gleichem  vergelten;  hier  muss  pro  wegbleiben.  Vgl.  StephanI  Pseudo- 
Cicero p.  209  und  oben  Par.  Und  so  gibt  es  noch  viele  Fälle,  wo  für 
oder  vor  nicht  mit  pro  übersetzt  werden  kann.  —  Uebrigens  ist  p?-o 
in  manchen  Redensarten  richtig,  in  welchen  es  anstössig  scheinen 
kann;  z.  B.  pro  certo  (für  gewiss)  {iliquid  habere,  accipere,  sumere 
(nehmen,  annehmen),  pntare,  dicere,  polliceri;  pro  nihilo  habere,  pu- 
tare,  ducere  u.  a. ;  z.  B.  rem  non  factam  pro  facta  habeo ;  vgl.  Vavassor. 
Antib.  p.  591.  Gut  ist  sogar:  ille  pro  orciso  relictus  est,  er  wurde  für 
einen  Ermordeten  liegen  gelassen,  wofür  es  sonst  heisst  tanquam  oder 
Uli  occisus.  Vgl.  Cic.  Sest.  38.  Caes.  B.  C.  III,  109.  Livius  in  vielen 
Stellen,  und  Weber's  Uebungssch.  p.  223. 

Pro  oder  proh  dient  zum  klagenden  Ausrufe,  und  wird  entweder 
mit  einem  Vocat.  verbunden,  z.  B.  pro  (proh)  sancte ,  supreme  Jiip- 
piler,  da  immortales,  oder  mit  einem  Accusat.,  z.B.  pro  (proh)  deorum 
oiier  deiim ßdem  ;  ^b er  pro  (proh)  dolor  in  der  Bedeut.  ach!  leider i 
wie  es  im  N.  L.  oft  vorkommt,  ist  vielleicht  der  Latinität  ganz  fremd, 
indem  schon  in  pro  allein  diese  Klage  liegt.  Vgl.  Fabri  zu  Livius  p.  234. 

Proba,  die  Probe,  der  J^ersuch ,  ist  sehr  Sp.  L.  für  experimentam, 
experientia,  periculum,  documentum,  tentatio  u.  a. 

Probahilis ,  e  ist  in  der  Bedeut.  leidlich,  erträglich  N.  L.;  ausser 
wahrscheinlich  bedeutet  es  meistens  beifallstvürdig ,  lobenswerth,  an- 
nehmlich, und  wenn  daher  Chr.  Saxe  von  einem  verstor!)eneu  Ge- 
lehrten sHgte :  prohabiliter  docuit,  so  war  dies  ein  Loa,  aber  nicht  ein 
Tadel,  wofür  es  der  Theologe  Franz  Burmann  hielt  (dieses  falsche 
Verständniss  veranlasste  am  Ende  noch  andere  unselige  und  höchst 
inhumane  Streitigkeiten  zwischen  Saxe  und  dem  Jüngern  Burmann). 

Probare  ist  in  der  Bedeiit.  versuchen ,  probiren  fast  N.  L.  für 
experiri  oder  tentare  aliquid,  periculum  aticujus  rei  facere,  periclitari 
(Cic.  Divin.  II,  33.  Lael.  17),  und  wenn  es  beurtheilen  bedeuten  soll, 
für  e.vistimare ,  judicare  aliquid  ex  aliqua  re  oder  de  aliqua  re.  Vgl. 
Sciopp.  de  stylo  p.  135.  Gut  ist  aber  probare,  und  noch  mehr  das  zu- 
sammengesetzte comprobare ,  in  der  Bedeut.  bestätigen,  beweisen,  da 
probare  alicui  aliquid  bedeutet  Einem  Etwas  glaublich,  annehmlich,  zur 
Zufriedenheit  machen;  z.  B.  quos  libros,  ut  spero,  tibi  valde  probabo 
(Cic.  Att.  IV',  14,  1);  und  damit  hängt  im  Passiv,  die  Dativverbindnng 
zusammen;  z.  B.  libri  mihi  probantur,  die  Bücher  gefallen  mir;  mihi 


635 

egregie  prohata  est  oratio  tua  (Cic.  Tiisc.  IV,  4),  deine  Rede  hat  mir 
au mehmend  gefallen.  Vgl.  Cic.  Brut.  49.  —  iV.  L.  aber  ist  se  probare 
mit  dem  Accus,  eines  Praedicates,  sich  als  Etwas  beiveiseri,  z.  B.  gra- 
tum,  dankbar.,  wie  Ernesti  (Oratt.  p.  3)  sagt:  qua  oratione  non  solura 
gratos  se  pro  beneficio  proba?it ,  für  praestant ,  obgleich  se  probare 
alicai  gut  ist,  aber  nur  in  der  Bedeut.  sich  bei  JSinem  beliebt  machen. 

Probatio  ist  in  der  Bedeut.  Beweis,  Beweisführung  zwar  erst  N,  KL, 
kommt  aber  oft  bei  Quintilian.,  dem  Jüngern  Plinius  (Epist.  111,  9)  u.  A. 
vor,  und  ist  neben  argz/?nentU7n  und  argumentatio  nicht  zu  verwerfe». 

Probiter,  wohl,  gut,  ist  veraltete  Form  für  probe. 

Problema,  die  Frage,  wurde  erst  Sp.  L.  aufgenommen;  vorher 
braiiclite  man  es  nur  griechisch,  für  quaestio. 

Probas,  a,  am,  gut,  recht,  löblich.  Wenngleich  dieses  Adject.  mo- 
ralisch gnt  bedeutet,  so  ist  doch  das  Neutrum  probarn  als  Subst.,  gleich 
bonvm,  rectum,  honeslum .,  ohne  alle  Auctorität;  dennoch  braucht  es 
Mahne  (Crito  p.  322):  probt  et  honesti  disciplina,  für  recti  et  hon. 

Processio  bedeutet  nur  das  Vorrücken,  Weitergehen,  aber  nirgends, 
ausser  im  N.  L.,  eine  Prozession,  einen  öffentlichen  heiligen  oi]er  fest- 
lichen Zug;  dafür  sage  man  pompa  solennis,  bisweilen  auch  publica 
supplicatio.  In  Leipzig  schrieb  im  J.  1684  Paul  Anton:  de  sacris  gen- 
tilium  processionibus. 

Processus  ist  in  der  Bedeut,  Prozess  oder  gerichtliche  Streitigkeit, 
streitige  Rechtssache  N.  L.  und  ohne  alle  Auctorität  irgend  eines  alten 
Juristen;  dennoch  ist  es  heutzutege  sehr  gel»ränchlich  für  lis,  causa 
u.  a.  FJs  hat  bei  den  Alten  eine  andere  Bedeutung. 

Procitictus,  das  Gürten,  Rüsten,  kommt  Ä'l.  nur  von  Soldaten  vor, 
wo  in  procinctu  nliquid facere  bedeutet:  Etwas  gerüstet  oder  im  Be- 
griffe zu  kümpfen  thun ;  erst  N.  Kl.  heisst  ///  procinctu  ganz  allgemein 
bildlich  in  Bereitschaft,  aber  meistens  mit  dem  vorgesetzten  r^elut 
oder  tnniquam.  Da  es  sehr  selten  ist,  so  werde  es  nicht,  was  im  N.  L. 
geschieht,  falsch  gebraucht,  indem  es  Axxrch  parat7is  oder  in  promptu 
hinlänglich  ersetzt  wird. 

Proclamator,  der  Schreier,  für  clamator,  beruht  nur  auf  Cic.  Orat. 
I.  46,  202,  wo  es  viele  Handschr.  und  die  frühem  Atisgaben  haben; 
die  bessern  aber  haben  clamatnr ,  was  Ellendt  aufgenommen  hat,  so 
dass  jenes  jetzt  ohne  Auctorität  ist.  Man  brauche  clamator.,  und  in  der 
Bedeut.  Ausrufer  — praeco.  —  Sp.  L.  ist  proclamatio ,  das  Schreien, 
für  clamatio. 

Proclivis,  geneigt,  kommt  bildlich  gebraucht  fast  nur  in  Beziehung 
auf  böse,  unangenehme,  schädliche  Dinge  vor,  selten  in  Beziehung  auf 
etwas  Gutes,  wo  mahr  propejisus  üblich  ist;  und  diese  Anwendung  des 
Wortes  deutet  selbst  Cicero  (Tusc.  IV,  12)  an,  wiewohl  auch  er  bis- 
weilen davon  abweicht. 

Procreare,  erzeugen .  wird  verbunden  mit  ex  oder  de  aliquo  (ali- 
qua);  in  der  letztern  Verbindung  steht  es  z.  B.  bei  Cic.  (Rep.  II,  19): 
de  matrefamilias  procreavit. 

Procul,fern,  wird  Kl.  bei  Cicero  und  Caesar  nur  mit  a  verbunden, 
bei  Liviiis  und  den  Folgenden  aber  stellt  es  fast  mehr  ohne  a  mit  «lern 
blossen  Ablat.,  was  also  wolil  gleich  gut  ist.  Procul  dubio ,  fern  von 
Zweifel,  ohne  Zweifel,  ^ligt  ebenfalls  erst  Livius  ,  für  sine  dubio;  doch 
halte  man  sich  mehr  an  letzteres.  —  Zu  bezweifeln  ist  wohl   aliquid 


636 

prociil  habere ,  Etwas  fern  von  sich  haften  ,  verabscheuen ,  verachlen, 
was  im  A'.  L.  nicht  selten  ist;  ich  kenne  keine  Auctorität  dafür,  und 
rnan  sage  daher  lieber  abhorrere  ab  aliqua  re,  posthabere  aliquid  n.  a. 

Proculcare,  zerstampfen,  zertreten^  findet  sich  zwar  beiLivius,  aber 
selten  für  das  KL  conculcare  (Cic,  Att.  VllI,  11,  4). 

Procnmbere ,  Einern  (bittend)  zu  Füssen  fallen,  wird  gleich  gut 
verbunden  ad  a/ici/jus  pedes  oder  ge?iua,  und  alicui ad pedes.  Vgl.  oben 
Cader e  und  Projicere. 

Prodere,  fortgeben,  verbreiten,  bekannt  machen,  wird  oft  mit  ?ne- 
moria  verbunden,  und  zwar  theils  im  Dat.,  memoriae ,  theils  im  Ablat., 
memoria.  Nach  Zumpt  hat  prodere  im  Activ.  wohl  nur  den  Dat.  bei 
sich,  wie  man  denn  auch  nur  sagt:  memoriae  mandare ;  wer  Etwas 
theils  mündlich,  theils  schriftlich  zum  Andenken  der  Nachwelt  über- 
liefert, der  prodit  memoriae ,  schwerlich  kann  dafür  memoria  gesagt 
werden.  Aber  im  Passiv.,  hoc  proditum  est,  kann  nicht  nur  der  Dat., 
memoriae,  sondern  auch  der  Ablat,,  memoria,  hinzugesetzt  werden, 
Dciher  sind  in  passiven  Redensarten  in  den  Stellen  der  Alten  die 
Handschr.  sehr  oft  verschieden.  Vgl.  Zumpt  Cic.  V'err.  p.  128.  Oudend, 
Caes.  B.  G.  V,  12  und  Drakenb.  Liv.  XL,  29,  2.  —  Ohne  Beispiel  bei 
einem  Alten  ist  aber  prodere  librum,  ein  Buch  herausgeben,  vvie 
Ruhnken.  (Praef.  Operum  Mureti  T.  IV,  p.  VII)  sagt,  für  edere,  emit- 
tere  oder  vulgare  librum. 

Prodigalis .,  verschwenderisch,  ist  N.  L.  für  prodigus ,  luxuriosns 
u.a.  Fast  zweifelhaft  ist  prodigalitas ,  die  Verschtvendung ;  N.  KL, 
nur  bei  Tacitus,  findet  sich  prodigentia  und  A.  L.  prodigitas.  Sie  sind 
alle  zu  verwerfen  und  durch  luxuria  (es),  effusio ,  profusio  und  viele 
Verben  zu  ersetzen.  —  Eben  so  N.  L.  ist  prodigaliter,  für  prodige,  effuse. 

Prodigere ,  verschwenden,  steht  nur  A.  L.  bei  Sallust.  und  Sp.  L.; 
es  werde  vermieden  durch  effundere,  profundere,  consumere  nwd  viele 
andere  mit  stärkerm  oder  schwächerm  Begriffe. 

Prodigiosus ,  abenteuerlich,  wider-  oder  unnatiirlicJi. ,  wunderbar, 
seltsam,  ist  zwar  mehr  P.  L.,  aber  in  Prosa  N.  KL  auch  von  Quintilian. 
gebraucht,  und  kann  recht  wohl  neben  po/'/e7//os?/s  angewandt  werden. 

Prodire,  hervorgehen,  auch  weiter-  oder  fortgehe?i,  aber  nicht  vor- 
a7igehen,  wie  es  im  N.  L.  vorkommt;  dies  heisst  praeire.  Zu  bezwei- 
feln ist,  ob  es  in  der  bildlichen  ]iedeüi.  hervorgehen,  m  dem  Sinne  von 
entstehen,  zu  brauchen  sei,  wo  proßcisci  und  exsistere  gebräuchlicher 
sind  ;  z.  B.  das  glückliche  Leben  geht  aus  immerwährenden  Freuden 
hervor,  vita  beata  exsistit,  nicht  prodit  (Cic.  Tusc.  V,  23,  67);  daraus 
gehen  viele  Annehmlichkeiten  hervor,  —  proficiscuntur  oder  exsistunt, 
nicht  prodeunt.  —  Niciit  zu  verwerfen  ist  es  wohl,  wenn  man  von  ei- 
nem Buche,  welches  herauskommt,  »agt:  liber  prodit ,  prodiit ;  ob  aber 
der  Ort,  wo  es  herauskommt,  im  Casus  der  Ortsbezeichnung  wo?  bei- 
gesetzt werde,  z.  B,  Lipsiae  prodiit,  ist  zu  bezweifeln,  wenn  nicht  noch 
beigesetzt  ist:  ex  officina  Teubneri,  Tauchnitii,  Vogelii;  ohne  diesen 
Zusatz  muss  wohl  Lipsia  gesagt  werden,  \seil prodire  die  Ortsbezeich- 
nung woher?  woraus?  verlangt. 

Producere  ist  in  der  Bedeut.  erzeugen,  schaffen,  hervorbringen 
P.  L.,  N.  KL  und  selten,  für  gigner e ,  efferre ,  procreare ,  edere.  Vgl. 
Ruhnk.Vellej.11,106.  Arntzen.  Aurel.  Vict.  1,2,6.  Weber's  Uebungssch. 
p.  329.  —  A~.  L.  aber  ist:  hoc  prodncitfcbrim,  das  bringt  Fieber  her- 


637 

vor,  wie  Heraert.  (Ep.  ad  Wyttenb.)  sagt,  für  factt,  creal ;  ferner  findet 
sich  im  JV.  L.  oft:  producta  terrae,  die  Lajideser Zeugnisse,  Produkte; 
producta  naturae,  Naturprodukte;  producta  ingenii,  Geistesprodukte. 
Man  sage  dafür:  res  quas  agri  efferunt  (Cic.  Rep.  II,  4),  res  quas 
terra  oder  natura  gignit;  monumenta  ingenii  - —  und  so  mit  ähnlichen 
natiirh'chen  Umschreibungen,  z.  B.  ea  quae  gignuntur  e  terra  (Cic. 
Off.  11.3,  11).  Ein  Kunst  er  zeugniss  liehst  art/ßcium.  —  iV. //,  ist  auch 
producere  scriptorem,  einen  Schriftsteller  (als  Gewährsmann)  nnfüh- 
reu  ;  locum  scriptoris  producere ,  die  Stelle  ei?ies  Schrif/st.  anfuhren, 
wie  denn  auch  adducere  in  dieser  Bedeut.  N.  L,  ist;  vgl.  Addticere. 
Daher  bemerkt  Ruhnken  (z.  Muret.  Oper.  T.  I,  p.  226  ed.  Fr.):  quod 
prolatis  ac  productis  locis  proharetn  —  Producere  vel  adducere  locum, 
rationem  etc.  non  dicunt  Latini.  Vgl.  Frotscher  zu  dieser  Stelle. 

Profanus,  ungeweiht ,  unheilig,  oft  sogar  mit  dem  Nebenbegriffe 
des  Gottlosen,  brauchen  die  spätem  christlichen  Schriftsteller  zur 
Herabwürdigung  alles  dessen,  was  die  Heideri  angeht,  also  profanus 
in  der  Bedeut.  heidnisch;  sie  nennen  aWe  heidnischen  Schriftsteller  pro- 
fanos,  und  unterscheiden  sogar  die  Geschichte  der  heidnischen  Völker 
von  der  der  Juden  durch  den  Namen  historia  profana,  im  Gegensatze 
zu  der  historia  sacra.  Ein  vernünftiger,  guter  Christ  urtheilt  nicht  so 
hart,  und  vermeidet  mit  Recht  das  Wort  profanus  in  der  Bedeut. 
heidnisch. 

Profectus,  als  Snbst.,  in  der  Bedeut.  Fortschritt ,  Fortgang,  Zu- 
nahme, ist  zwar  erst  N.  KL,  findet  sich  aber  so  bei  Quintilian.  und  dem 
Jüngern  Plinius,  und  ist  neben  den  Kl.  Ausdrücken  progressio,  pro- 
gressus  und  processus  nicht  zu  verwerfen,  zumal  da  schon  Cicero  pro- 
ßcere  in  aliqua  re  in  der  Bedeut.  in  einer  Sache  fortschreiten,  an 
Kenntnissen  zunehmen,  braucht.  Andere  verwerfen  es,  wie  Sciopp. 
de  stylo  p.  59.  —  In  der  Bedeut.  Reise,  Abreise  ist  es  erst  Sp.  L.  für 
profectio,  und  werde  so  nicht  gebraucht. 

Proferre  ist  in  der  Bedeut.  anführen,  vorbringen,  erwähnen  (eine 
Person  oder  eine  Stelle,  oder  sonst  Etwas,  als  Gewährsmann)  das  beste 
Wort;  es  hat  Kl.  Auctorität.  Vgl.  Adducere.  Weniger  KL,  aber  N.  KL 
ist  verba  proferre,  Worte  vorbringen,  für  verba  efferre,  (Cic.  Orat.  III, 
11,  46),  edere  u.  a.,  auch  proloqui  (vgl.  dieses  Wort).  —  N.  Kl.  ist 
auch  fruges  proferre  in  der  Bedeut.  Früchte  hervorbringen  (von  der 
Erde,  von  dem  Acker),  für  efferre,  ferre  (Cic.  Tusc.  I,  42,  101),  edere 
(Cic.  Orat.  fetus  edere),  gignere,  proer  eure  u.  a.  Vgl.  Schori  Phras. 
p.  335  u.  fgg. 

Professor  in  der  Bedeut.  Lehrer,  gleich  magister,  doctor,  prae- 
ceptor,  ist  zwar  erst  N.  KL,  aber  von  der  Zeit  an,  wo  Lehrer  öffent- 
lich angestellt  und  besoldet  wurden,  das  Kl.  Wort.  Es  scheint  zu  Ci- 
cero's  Zeit  noch  gar  nicht  üblich  gewesen  zu  sein,  wiewohl  das  Ver- 
bum  profiteri  von  Gelehrten  und  Künstlern  gebraucht  wird,  welche 
vor-  oder  angeben,  dass  sie  eine  Kunst  und  Wissenschaft  verständen. 
Man  sagte  z.  B.  ille  artem  profiletur,  se  grammaticum  profitetur  und 
Aehnliches;  aber  in  der  Bedeut.  docere  steht  es  noch  nicht.  —  N.  L. 
aber  sind  die  Subst.,  welche  das  Amt  bezeichnen  sollen:  professura, 
analog  gebildet  wie  praetura  von  praetor,  und  quaesttira  von  quaestor, 
und  das  nicht  analog  gebildete  prq/essoro^^^s;  beide  müssen  als  neue 
Wörter  lieber  vermieden  werden   durch  munus   professoris,  wofür 


638 

Andere  geradezu  oft  sehr  unpassend  prqfessio  brauchen;  z.  B.  Cum  ei 
prqfessf'o  Jitterarum  antiquaruni  dernaiidata  est. 

Proßctsci,  reisen,  gehen,  tiehen.  Man  sagt  zwar  proßc.  in  pugnam, 
ins  Treffen,  in  den  Kampf  ziehen,  gehen,  aber  nie  i?i  bellum,  sondern 
ad  bellum,  proßc.  Aber  bellum  proßcisci,  ohne  ad,  ist  ohne  Beispiel.  Vgl. 
Weber's  Uebungssch.  p.  316. 

Proßcuus,  nützlich,  ist  N.  L.  für  utilis;  ausser  Andern  braucht  es 
J.  N.  Funccius  in  Argura.  Cic.  Farn.  XI,  29.  Ebenso  ist  proficue  N.  L. 
für  ntiliter. 

Profligare  heisst  dem  Ende  nahe  bringen,  nicht,  wie  im  N.  L.,  be- 
endigen, was  perßcere,  ad  esitum  adducere  u.  dgl.  heisst. 

Profugere,  entfliehen,  entgehen,  mit  einem  Accus.,  aliquem  oder 
aliquid,  Einem,  einer  Sache,  ist  fast  nur  N.  Kl.  und  P.  L. ;  nur  einmal 
steht  es  bei  Cicero  (Sest.  22,  50):  cum  vim  armorum  profugisset;  man 
vermeide  es,  und  brauche  effugere.  —  Ebenso  scheint  profugium,  die 
Zuflucht,  überall,  wo  es  vorkommt,  zweifelhaft  für  perfugium. 

Profunditas,  die  Tiefe,  ist  in  eigentlichem  und  bildlichem  Sinne 
sehr  Sp.  L. ;  meistens  steht  dafür  profundum  oder  altitudo,  z.  B.  die 
Tiefe  des  Meeres,  profundum,  nicht  profunditas  maris.  Noch  viel  we- 
niger aber  kann  es  bildlich  gebraucht  werden,  wo  wir  von  Tiefe  der 
Gelehrsamkeit  sprechen;  in  diesem  Falle  ist  weder  profunditas,  noch 
profundwn,  noch  altitudo  er uditionis  oder  doctrifiae  gebränchüch.  Vgl. 
Profundus. 

Profundus,  tief,  steht  Kl.  fast  nur  von  örtlicher  Tiefe,  indem  Ci- 
cero (in  Pison.  21)  nur  die  unerschöpflichen  und  unersättlichen  Aus- 
schweifungen Piso's  profundas  libidines  nennt,  wofür  er  anderwärts 
profundissimus  giirges  libidinum  sagt;  und  so  wird  von  Spätem  pro- 
fundus von  avaritia.,  cupiditas,  gula  u.  a.  gebraucht.  Man  dehne  es  ja  nicht 
über  den  bessern  Sprachgebrauch  aus;  tiefe  Gelehrsamkeit  ist  also 
nicht  wohl  Aurch  profunda  eruditio  oder  doctrina  zu  übersetzen,  son- 
dern durch  summa  oder  recondita  eruditio,  subtilis  doctrina,  recon- 
ditae  litterae,  tiefe,  gründliche  Kenntnisse  (Cic.  Farn.  XV,  21,  5),  lit- 
ierae  interiores  (Cic.  Cato  4  u.  Fam.  III,  10),  altiores  artes  (Quintil. 
VIII,  3,  2),  und  so  bei  Plin.  (Bp.  IV,  30)  altissima  eruditio;  —  tiefer 
Friede  heisst  nicht  profunda  pas,  was  erst  Sp.  L.  ist,  sondern  summa 
pax  tiefe  Trauer,  nicht  profundus  luctus,  sondern  luctus  et  squalor ; 
tiefe  Nacht,  nicht  profu7ida  nox,  sondern  multa,  intempesta  nox ;  tiefer 
Schlaf ,  nicht  profundus  somnus,  sondern  altus  oder  arctus  soninus; 
tiefe  Stille  nicht  profunda tn  silentium,  sondern  altum,  silentium  ;  tiefe 
Kenntniss  der  Sprache,  nicht  profunda  linguae  notitia,  sondern  magna 
Linguae  scientia.  Auch  sagt  man  nicht  profunda  materiae  dignitas,  wie 
Hemsterh.  (Oratt.  p.  136),  sondern  summa  rei  dignitas;  tiefes  Nach- 
denken, nicht  profunda  meditatio,  sondern  eher  alta,  oder  man  wende 
es  anders,  —  und  so  ähnliche,  wie  ingenium  profundum,  für  subtile. 
—  Ebenso  wird  auch  nicht  das  adverbiale  profunde  in  bildlichem 
Sinne  gebraucht;  tief  gelehrt  heisst  also  entweder  einfach  doclissimus, 
oder  es  wird  umschrieben,  wie  bei  Cic.  (Cato  4):  in  quo  nou  vulgares 
sunt  litterae,  sed  interiores  quaedam  et  reconditae ;  tief,  d.h.  scharf 
sehen,  heisst  nicht  profunde,  sondern  alte  oder  penitus  perspicere ; 
tief  durchdacht,  subtiliter  excogitatus  u.  a.  Vgl.  auch  Altus. 

Profusio,  die  Verschwendung.,  ist  N.  KL,  steht  aber  beim  Jüngern 


639 

Plinius,  Siieton.  u.  A.,  und  ist  nicht  2u  verwerfen  neben  luxuria,  effusio, 
dissipaiio  u.  a. 

P/ogenerare,  erzeugen,  steht  sehr  selten  bei  Varro,  dem  altern 
Plinius,  Columella  und  Dichtern,  für  progt'gnere^  gignere,  creare,,  pro- 
creare  u.  a. 

Prognaius,  der  AhVömmling,  Erzeugte,  Sohn,  wird  nie  als  Subst. 
befrachtet  und  mit  dem  Genit.  verbunden,  sondern  nur  als  Partici- 
piinn  und  mit  a,  ex  oder  dem  blossen  Abi.  verbunden;  man  sagt  also 
nicht  prognaius  Pelopis,  sondern  ex  oder  a  Pelope  oder  blos  Pelope. 
Vgl.  oben  Gnatus. 

Programma^  das  Programm ,  die  An-  oder  VerliUndigung  von 
Etwas,  kommt  zwar  erst  sehr  spät  ins  Lateinische  aufgenommen 
vor,  kann  aber  bei  seiner  ausgebreiteten  Anwendung  heutzutage  nicht 
wohl  entbehrt,  auch  selten  durch  gute  kurze  latein.  Wörter  ersetzt 
werden.  Grysar  schlägt  prologus  vor;  Andere  nehmen  prolusio ;  vgl. 
dieses  Wort. 

Prohibere^  abhalten,  zurückhalten  u.  ähnliche,  wird  verbunden  ali- 
quem  oder  aliquid  nliqua  re  (Cic.  Rep.  II,  22.  Caes.  B.  G.  I,  1,  4),  ab 
aliqua  re,  bei  einem  ganzen  Satze  mit  quominus,  mit  ne  oder  mit  dem 
Infinit.,  aber  nicht  mit  ut.  Unerweislich  ist  wohl  der  Unterschied  zwi- 
schen der  Verbindung  aliqua  re  und  ab  aliqua  re ;  man  behauptet,  jenes 
heisse  vo7i  Etwas  zurückhalten,  dieses  gegen  Etwas  schützen.  Diesen 
Unterschied  nimmt  z.  B.  Oudendorp  (zu  Caesar)  an.  Vgl.  Hensing. 
Emendd.  p.  481  u.  Freund  in  den  N.  Jahrb.  1835.  XIII,  3.  p.  299.— 
N.  L.  aber  ist  alicui  aliquid  proh..  Eitlem  Etwas  verwehren. 

Projicere  wird,  wie  procumbere,  gleich  gut  verbunden  se  projicere 
alicui  ad  pedes  und  ad  alicujus  pedes.  Vgl.  Cic,  Sest.  11  und  Caes. 
ß.  G.  I,  31. 

Prolatatio,  das  Ver-  oder  Aufschieben,  findet  sich  nur  einmal 
i\'.  Kl.  bei  Tacit.  (H.  III,  82),  aber  nur  in  einigen  Ausgaben  vor  Gronov; 
jetzt  hat  man  dafür  aus  den  bessern  Handschr.  prolatio  aufgenommen. 
Es  ist  also  ohne  Auctorität.  Das  Verbum  prolatare  aber  ist  gut  und  KL, 
wiewohl  selten;  gebräuchlicher  ist  proferre,  differre,  propagare  u.  a. 

Proles ,  die  Nachkommenschaft  u.  dgl. ,  ist  P.  L,  und  findet  sich 
nur  sehr  selten  in  Prosa.  Für  ein  poetisches  Wort  erklären  es  schon 
Cicero  (Orat.  III,  38,  153)  und  Quint.  (VIII.  3,26),  welche  es  verbum 
poeticum  (nicht  tragicum,  wie  die  altern  Ausgg.  haben)  neimen.  Im 
N.  L.  findet  es  sich  dagegen  nicht  selten  für  progenies ;  es  soll  die 
Rede  schmücken,  wird  aber  vielleicht  oft  ganz  unpassend  angewandt. 

Proletarius  als  Adject. ,  in  der  Bedeut.  gemein ,  gering ,  ist  nur 
A.  L.  bei  Plautus,  für  vulgaris,  obsoletus. 

Prolixus  und  das  Adv.  prolixe  scheinen  Kl.  nicht  zu  bedeuten  lang, 
ausführlich,  weitläufig,  sondern  nur  gern,  gefällig,  willig,  wiewohl  sie 
Sp.  L.  so  gebraucht  werden  mögen;  in  jener  Bedeut.  brauche  man 
longus ,  copiosus ,  verbosus ,  je  nach  dem  Sinne.  Wenigstens  verwirft 
man  mit  Recht  coma  prolixa  und  capillus  prolixus,  für  promissus.  Da- 
her tadelt  Ruhnken  den  Muret.,  wenn  er  (Oper.  T.  III,  p.  652  ed. 
Ruhnk.)  %c\\riit\i:cui  prolixa  coma  sit,  indem  er  sagt:  Muretum  dece- 
pit  prava  lectio  Terent.  Heaut.  11,3,  49  capillus  prolixtis,  ubi  meliores 
libri  Jiabent  capillus  promiss7is.  Vide  Bentleium.  —  Man  sage  daher 
auch  nicht  litterae  prolixae,  für  longae ;  oratio  proli-xa,  für  longa ;  sermo 


640 

proIixtiSy  für  longus;  prolixe  respondere,  für  verbose,  multis,  pluribus 
verbis,  copi'ose  respo/idere ;  nicht  barba  prolixa  (wie  in  Corn.  Nep.  Datam. 
3,  ]  die  g-ewöhniichen  Handschr.  und  Ausg^g.  haben),  sondern  barba 
promissa ,  was  in  den  bessern  Handschr.  und  Ansg^g^.  stellt  und  jetzt 
einstimmig  aufgenommene  Lesart  ist,  oder  barbu  prominens :  nicht 
?wm's  prolixus  est  in  hac  re,  sondern  nwltus  est ;  niclit,  wie  der  jüngere 
Bnrmann  sagt,  ratiocinia  — prolixe  (für  copiose )  deducta.  —  Sp.  L. 
ist  prolixitas,  die  Länge,  IVeitlätiß gleit,  für  longitudo,  copia  u.  a.  Vgl. 
Cellarii  Curae  post.  p.  251  u.  Antib.  p.  191. 

Prolongnre ,  verlängern ,  in  die  Länge  ziehen,  ist  wahrscheinlich 
N.  L.  und  ohne  alte  Auctorität,  wiewohl  es  sich  in  altern  Ausgaben 
bei  Seneca  (Benef.  V,  17)  und  Pljn.  (I\.  H.  XIII,  3,4)  findet,  wo  aber 
aus  bessern  Handschr.  jetzt  prorogare  aufgenommen  ist.  Man  brauche 
dafür  prorogare,  propagare,  prodiicere,  proferre,  trahere,  duiere^  und 
sage  also  nicht  z.  B.  bellum  prolongare,  sondern  ducere.  —  Eben  so 
N.  L.  ist  prolongatio,  die  Verlängerung,  für  propagatio ,  prorogatio, 
productio  ( Cic.  Fin.  111,14,45),  prolalio  u.  a.  Vgl.  Schori  Phras. 
p.  830.  671.  682. 

Proloqui,  offen  sagen, laut  sagen,hi  fast  nur  /4.  L.;  ausserdem  findet 
88  sich  bei  Livius  einigemal;  es  werde  daher  lieber  vermieden  durch 
dicere,  loqui^  praedicare.  Jedoch  wo  man  sagt:  ich  konnte  kein  Wort 
vorbringen ,  ht  proloqui  richtig,  z.  B.  bei  Terent.  Andr.  1,5,22. — 
Das  Subst.  proloquium  braucht  man  autfh  in  der  Bedeut.  Vorrede,  An- 
fang einer  Rede ;  doch  kommt  es  so  nirgends  bei  einem  guten  Schrift- 
steller vor,  sondern  dafür  praefatio,  prooernium. 

Proludere,  vorspielen,  und  prolusio,  das  Vorspiel,  brauchen  die 
Alten  nur  vom  Vorüben  und  den  Vorübungen  der  Fechter  für  den 
bevorstehenden  Kampf;  sie  sind  dem  pugnare  und  der  pugna  ent- 
gegengesetzt. Prolusio  ist  also  nur  das  leichtere  Vorspiel,  die  Plänkelei 
der  leichtern  Soldaten.  —  Cicero  benutzt  aber  die  Worte  bildlich  auch 
für  die  Rede,  und  nennt  das  leichtere  Vorspiel  vor  der  Hauptrede 
prolusio,  z.  B.  Divin.  in  Caecil.  14  sin  rae(  um  in  hac  prolusione  (in  die- 
sem Vorspiele)  nihil  fueris,  quem  te  in  ipaa  pugna  (Kampf  der  Haupt- 
rede) cum  acerrimo  adversario  fore  putemus?  —  und  auf  ähnliche 
Weise  sagt  er  (de  Divinat.  II,  10,  26)  von  dem  leichtern  Anfange  der 
W^iderlegung  seines  Bruders :  haec  tamquam  levis  armaturae prima  ora- 
tionis  excursio,  und  fügt  hinzu:  nunc  commim/s  agamus,  jetzt  aber  wol- 
len wir  handgemein  werden,  jetzt  folgt  der  Haupt  kämpf.  —  Wunderlich 
hat  aber  jene  W  örter,  ich  weiss  nicht  wer,  von  den  Anzeigen  und 
Verkündigungen  der  bevorstehenden  Prüfungen  und  Redeübungen 
der  Schüler  gebraucht,  und  sogar  den  oft  sehr  gelehrten,  darin  ent- 
haltenen Aufsatz  prolusio  genannt,  so  wenig  Aehnlichkeit  zwischen 
diesem  und  jenem  Statt  findet.  Mir  scheint  das  W^ort  prolusio  für  die 
Schulprogramme  sehr  unpassend  zu  sein,  da  weder  eine  Vorübung 
zu  einem  Kampfe,  noch  an  einen  nachfolgenden  Kampf  zu  denken  ist. 
Vgl.  auch  Schirlitz  Methodik  des  latein.  Styls  Th.  I,  p.  50. 

Promanare,  hervorfliessen,  hervorkommen,  ist  N.  L.  für  proßuere^ 
effluere,  etnanare. 

Promereri,  sich  verdient  macheti,  gleich  mereri,  bezweifelt  Muret. 
(z.  Cic.  Phil.  III,  15,  37),  indem  er  sagt:  promereri  an  latine  dicatur, 
addubito.   Es  steht  aber  auch  bei  Cicero  in  raehrern  Stellen  sicher 


641 

und    uiibezweifelt ,  mag  auch    das  substantivische  promeritum  mehr 
P.  und  S[).  L.  sein,  für  men'lum.  Vgl.  vollständige  Lexica. 

Prominere  ist  in  der  bildlichen  Bedeut.  nach  Etwas  strebeji  wolil 
ohne  alle  Auctorität.  Nicht  gut  sagt  dalier  Hemsterh.  (Oratt.  p.  139): 
ad  lauream  prominere,  nach  dem  Lorbeer,  d.  h.  7iach  dem  Siege  streben, 
für  lauream  petere,  appetere  oder  ad  laur.  aspirare. 

Promissio  ist  mehr  das  Versprechen  als  Handlung,  und  hat  den 
Genit.  dessen  bei  sich,  was  Jemand  verspricht;  dagegen  ist /jrom/ss?^m 
das  einzelne,  concrete  Versprechen.  Es  wird  theils  mit  einem  Genit,, 
theils  mit  dem  Accus,  c.  Infin.  Futur,  verbunden,  theils  für  sich  allein 
gebraucht.  Zu  bezweifeln  ist  der  Plnr.  promissiones ,  für  promissa. 
Auch  wird  promissio  nicht  in  Redensarten  gebraucht,  wie:  Versprechen 
geben,  aiinekmeti ,  halten,  brechen,  wo  man  entweder  promissum  oder 
ßdes  setzt,  indem  man  sagt: promissum  tenere,  promisso  stare,  facere, 
servare,  satisfacere  ;ßdem  dare,praestare,  servare,fldem  datamf allere. 

Promotor, der  Beförderer,  ist  vielleicht  N.L.  für  adjutor, patronus, 
dig7iitatis  ainplificator,  oder  was  der  jedesmalige  Sinn  fordert;  wenig- 
stens sollte  das  Wort  aus  dem  akademischen  Latein  verschwinden,  wo 
es  sich  aber  wohl  fest  halten  wird. 

Promovere  kommt  A7.  bei  Cicero,  Caesar,  Livius  u.  A.  nur  in  der 
physischen  Bedeutnng/or^-  oder  vorwärts  bewegen,  -rücken,  fort-  oder 
tveiter  schaffenvor;  erst  N.  Kl.  beim  Jüngern  Plinius  und  Sueton.  heisst 
aliquem  promovere  in  oder  ad  aliquid.  Einen  zu  Etwas,  zu  eitlem  Amte, 
einer  Ehrenstelle  erheben,  befördern,  in  ordinem  aliquem,  od  munuB 
aliquod,  was,  wiewohl  es  noch  gute  Auctorität  hat,  dennoch  zu  oft  ge- 
braucht wird,  da  Kl.  dafür  gesagt  wurde :  perducere  aliquem  ad  honores, 
producere  ad  dignitatem  (Cic.  Fin.  III,  16,  52),  provehere  ad  honorea 
(Cic.  Phil.  XIII,  11),  alicui  deferre  ho?iores  u.  a. ;  —  es  ist  also  kein 
3Iarigel  an  KL  Redensarten,  welche  auch  noch  später  häufig  gebraucht 
wurden.  —  Auch  kommt  aliquem  promovere  in  dieser  Bedeutung 
ohne  einen  Zusatz  beim  Jüngern  Plinius  vor,  wo  aber  der  Zusammen- 
hang den  Zusatz  ad  honores  entbehrlich  macht;  wo  dieses  nicht  der 
Fall  ist,  ist  es  lächerlich,  proworere  so  zu  brauchen.  —  Von  der  Art 
ist  denn  auch  die  alte  akademische  Redensart:  aliqtiem  protnovere  in 
doctores.  Einen  zum  Doctor  machen,  unter  die  Doctoren  erheben,  und 
für  B.  L.  m.uss  das  einfache  promovere  in  dieser  Bedeutung  gelten, 
wie  man  denn  im  N.  L.  sagt:  ego  promoveo,  ich  promovire,  werde  Doc- 
tor. —  Fast  nur  P.  L.  ist  es,  zu  sagen  :  promovere  studia,  litteras,  i?id0' 
lem  alicujus  u.  dgl. ,  Jemandes  Studien,  Jem.  Anlagen,  die  fFissen- 
schaften  tveiter  fördern ,  iür  juvare ,  adjuvare,  amplificare  u.  dgl.,  wie 
man  denn  im  N.  L.  findet:  ardor  scientias  (litteras)  promove?idi;  rem 
litterariam  promoverunt ;  indolem  magnani  Philippi  doctri7ia  Thebis  et 
exempla  promoverunt;  haec  litterar  um  ornametitum  promovet ;  ille  pu- 
rum promovet,  er  kommt  in  seinen  Studien  nicht  vorwärts ;  culturam 
ingenit  promovere,  und  mehr  dergleichen.  Von  dem  falschen  Gebrauche 
des  Wortes  sprachen  schon  Sciopp.  de  stylo  p.  129  (p.  155)  u.  in 
Exercitatt.  rhet.  p.  17.  Cellar.  Antib.  p.  192.  Ruhnken  z.  Muret.  Oper. 
T.  II,  p.466  ed.  Ruhnk.  (Varr.  lectt.  XVIII,  16),  weil  Muret.  geschrieben 
hatte:  ad  summum  episcopi  munus  promoveri;  Anmerkk.  z.  Mureti 
Oper.  T.  I,  p.  341  und  T.  II,  p.  137  ed.  Fr.  und  Eichstädt  Deprecatio 
latin.  acad. 

41 


642 

*  Fr.  A.  Wolf  pflegte  in  seinen  Vorlesungen  nach  seiner  Weise  über  den 
Missbraucli  des  Wortes  zu  spotten;  ein  Weinfass,  sagte  er,  könne  man  wohl  aus 
und  in  den  Keller  promovere,  aber  nicht  litteras,  nicht  aliquem  in  doctores,  prO' 
fessores  u.  dgl. 

Promptitas  und  promptitudo,  die  Bereittvilligkeit,  Rüstigkeit  u.  dgl., 
sind  N.  L.  für  alacritas,  officium,  promptas  animus  u.  a. 

Promptuarium,  die  Vorrathskammer,  das  Magazin,  ist  erst  Sp.  L. 
für  horreuni,  cella  promptuaria ;  unpassend  aber  ist  es  zur  Bezeich- 
nung geistiger  Gegenstände,  wie  wir  von  wissenschaftlichen  Magazinen 
sprechen,  wofür  kein  altes  passendes  Wort  vorhanden  ist.  Im  N.  L. 
aber  gibt  es  promptuaria  juris,  lati?iitatis  u,  dgl. 

Promptus,  bereitwillig  zu  Etwas,  wird  Kl.  nur  mit  ad  aliquid,  N.  Kl. 
mit  171  aliquid  oder  alicui  verbunden. 

Prom'tas,  die  Neigung,  ist  vielleicht  N.  L.;  beim  altern  Seneca 
steht  es  unsicher,  und  ist  daher  ganz  zu  vermeiden.  \gl.  Klotz  Sintenis 
p.  127  und  Dietrich  Sintenis  p.  69.  Je  nach  dem  Sinne  brauche  man 
dafür  cvpiditas,  propensio,  proclivitas ;  und,  setzt  Dietrich  in  seinen 
handschriftlichen  Anmerkk.  hinzu,  auch  applicat io  animi  (^Cic.hael.S), 
motus  animi  (ib.  §.29)  und  vielleicht  auch  adversio  a?iimi  (Cic.  Arch. 
7,16)  ;  wenigstens  scheine  dieser  Ausdruck  vermöge  seiner  Ableitung 
richtiger  durch  Neigung, Hin7ieigung,  als  durch  Geistesbeschäftigung 
(wie  es  Andere  verstehen)  erklärt  werden  zu  können. 

Pronuntiare  wird  erst  N.  Kl.  vom  Sprechen  und  Aussprechen  ein- 
zelner Buchstaben,  Sylben  und  Wörter  gebraucht,  was  Kl.  ausge- 
drückt wurde  durch  appellare  (Cic.  Brut.  35,  133),  exprimere  (Orat. 
111,  11),  dicere  (Divin.  11,  46,  96  Demosthenes  Rho  dicere  nequibat 
(Orat.  1,  61,  260);  enuntiare  (Quint.  I,  7,  28  quae  scribuntur  aliter, 
quam  enuntiantur) ;  sehr  breit  aussprechen ,  valde  dilatare  (Brut.  74). 
—  Kl.  bedeutet  pronuntiare — Etwas  mündlich,  z.B.  eine  Rede  rorfra- 
gen,  sowie  mit  Geberden  Etwas  vortragen  hiess  aliquid  gestu  agere 
(Cic.  Orat.  111,  26,  102);  und  so  bedeutete pronuntiatio  Kl.  den  münd- 
lichen Vortrag  in  Beziehung  auf  die  Stimme,  aber  die  Aussprache 
hiess  im  Allgemeinen  vox  (Qnintil.  YIII,  1,  5  verba  omnia  et  vos  hujus 
alumnum  urbis  olent),  die  der  Buchstaben  und  Wörter  —  appellatio 
(Cic.  Brut.  74  lenis  appellatio  litterarum);  die  breite  Aussprache  der 
Wörter,  latitudo  verborum  (Cic.  Orat.  11,  22,  91)  ;  eine  liebliche  Aus- 
sprache, suavitas  loquendi,  suavilas  appellandarum  litterarum  (Brut. 
35,  133);  er  hat  eine  liebliche  Aussprache,  suaviter  loquitur  (Orat. 
111, 11,43)  und  ähnliche.  —  N.  L.  ist  lirigu am  pronuntiare,  eine  Sprache 
sprecheJi,  für  lingua  loqui.  Auch  wird  im  Ä".  L.  pronuntiare  in  der 
Bedeut.  behaupten  von  wissenschaftlichen  Dingen  gebraucht,  für  cen- 
sere ;  doch  ist  dies  ohne  Auctorität.  Vom  Richter,  der  behauptet  und 
einen  Ausspruch  thut,  wird  aber  wohl  gesagt  pronuntiot  (Cic.  Fin. 
1,7,24). 

Pronuper,  vor  Kurzem,  steht  nur  A.  L.  bei  Plautus,  für  nuper,  und 
darf  nicht  so  gewöhnlich  gebraucht  werden,  wie  es  Lucas  Fruterius 
(in  seinen  Verisimilibus)  sehr  oft  thut. 

Prooemiari,  eine  Vorrede,  einen  Eingang  zu  einer  Rede  machen, 
kommt  erst  N.  Kl.  beim  Jüngern  Plinius  vor,  aber  in  dem  allgemeinen 
Sinne  anfangen  findet  es  sich  nirgends;  dafür  steht  ordiri,  exordiri, 
initium  capere.  Und  so  ist  auch  das  Subst.  prooemium,  von  jedem  An- 


643 

fange  gesagt,  nur  P.  L.  für  inttium,  princijnum.  Man  ahme  keins  von 
beiden  nach. 

Prooppidum,  die  Vorstadt^  ist  iV.  L.  und  soll  erst  von  Bembus  ge- 
bildet worden  sein,  für  suburbinm. 

Propagore,  verlängern,  hinausschieben,  wird  von  prorogare  so  un- 
terscliieden,  dass  propagare  den  Begriff  der  Erweiterung,  Vergrös- 
serung  und  Verlängerung  in  Bezug  auf  Zeit  und  Raum  enthalte,  pro- 
rogare aber  nur  auf  die  Zeit  gehe  und  nur  den  Begriff  Verlängerung 
enthalte.  So  unterscheidet  sie  Oudendorp  (zu  Sueton.  Aug.  23.  p.193), 
und  ist  dieses  richtig,  so  sagt  man  gleich  gut:  vitain  propagare  und 
vitam  prorogare,  so  dass  Rulinken  den  Muret.  unnöthig  tadelte,  wel- 
cher (Oper.  T.  I,  p.  194  ed.  Ruhnk.  [p.  282  ed.  Fr.])  sagte:  vitam  iltius 
prorogare,  wozu  Ruhnk.  bemerkt:  Rectius  propagare,  iit  nunc  editur 
apud  Cic.  Fin.  V,  11,  S2 ptopagabat  tarnen  vitam  aucupio.  Allerdings 
sagt  Cicero  noch  anderwärts  so,  z.  B.  Invent.  I,  2  sibi  victu  fero  vitam 
propagabant,  was  denn  auch  dem  andern  (prorogare)  vorgezogen 
werde.  Wenn  aber  beide  Verba  mit  imperium  verbunden  werden,  so 
wird  nur  von  dem  Befehlenden  und  Beschliessenden  gesagt  :/>/-oro^a< 
alicujus  imperium;  im  Allgemeinen  aber  (es  geschehe,  aus  welchem 
Grunde  es  wolle)  sagt  man  propagare  imperium. 

Propalare,  kund  thun,  bekamit  machen,  ist  sehr  Sp.  L.  für  palam 
facere,  divulgare,  in  vulgus  edere. 

Propatulum.  Die  Redensart  esse  in  propatulo  in  der  allgem.Bedeut. 
(auch  in  geistigem  Sinne) offenbar,  bekaimt  sein,  ist  erst  N.  L.  für  pa- 
tere,  manifestum  esse  u.  a.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  413. 

Prope  als  Adv.,  heinahe,  mit  einem  Verbo  verbunden,  hat  im  un- 
abhängigen Satze  nur  den  Indicat.  Perfecti,  nicht  den  Conjunct.  Plus- 
quamperf.  bei  sich,  welchen  letztern  wir  zu  gebrauchen  pflegen;  z.  B. 
heinahe  hätte  ich  vergessen ,  prope  oblitus  sum,  nicht  esse/«;  es  wäre 
beinahe  geschehe?i,  prope  est  factum;  und  so  auch  mit  dem  negativen 
Comparat.,  propius  nihil  est  factum,  quam  ut  —  (Cic.  Q.  fr.  I,  2,  35); 
neque  quid  quam  propius  est  factum,  quam  ut  —  (Cic.  Cluent.  21,  59). 
—  In  der  Redensart  prope  esse,  nahe  daran  sein,  wird  aber  nicht,  wie 
im  Deutschen,  bald /je/sow«/,  bald  /mpez-sow«^ gesprochen ;  wir  können 
sagen:  es  war  nahe  daran,  dass  er  starb,  oder  er  war  nahe  daran  zu 
sterben,  —  im  Lat.  aber  wird  prope  esse,  wie  in  eo  esse  (wovon  unter 
Esse  die  Rede  war),  nur  impersonal  in  der  dritten  Person  mit  fol- 
gendem ut  gebraucht,  also  prope  erat  (fuit),  ut  nioreretur,  nicht  ille 
prope  erat,  ut  mor.;  ich  war  nahe  daran,  den  Gipfel  zu  ersteigen,  prope 
fuit,  ut  in  summtim  jugum  evaderem,  nicht  prope  fui,ut  evaderem  oder 
me  evadere ;  jene  waren  nahe  daran,  Consuln  zu  werden,  prope  fuit 
(nicht  Uli  prope  fueinnt),  ut  consules  crearentur,  oder  kurz:  Uli  prope 
consules  creati  sunt.  —  Livins  braucht  diese  Redensart  melirmals;  im 
N.  L.  aber  braucht  man  dafür  prope  abesse,  quin  — ;  z.  B.  Hemert. 
(Ep.  ad  Wyttenb.):  prope  abfuit,  quin  crura  fregerim,  für  prope  fuit, 
ut  — .  N.  L.  ist  prope  in  der  Bedeut.  genau,  und  propius  in  der 
Bedeut.  genauer  oder,  wie  wir  sagen,  näher,  z.  B.  kennen,  wissen,  er- 
forschen; man  sage  also  nicht:  prope  oAer  propius  aliquem  nosse,  co- 
gnoscere,  inv  familiariter  noscere;  haec  propius  consideremus,  für  ac- 
euratius,  diligentius.  Vgl.  auch  Frotscher  zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  252. 

41* 


644 

Propejnodo.fast,  beinahe,  steht  j4.  L.  bei  Plautus  und  einmal  zwei- 
felhaft bei  Livius  für  propemodum. 

Propensio,  das  Hinneigen,  die  Zuneigung,  der  Hang,  ist  ein  sehr 
seltenes,  nur  einmal  vorkommendes,  vielleicht  philosophisches,  von 
Cicero  geschaffenes  Kunstwort  (Fin.  IV,  17,  47).  Unerhörte  Form 
aber  ist  propensitas. 

Properanter,  eiligst,  ist  P.  L.  u.  N.  KL  für  propere,  cito,festinan- 
ier,celeriter,mature,  raptini  und  die  Partie. properans,  festi?ians.  JNoch 
weniger  gut  sind  properatim,  properiter  und  properato. 

Properare  mit  einem  Accus., aliquid,  also  in  activ.  Sinne,  Etwas 
beeilen,  beschleunigen,  ist  ^.  L.,  P.  u.  IS-  KL,  findet  sich  bei  Tacitus 
und  ähnlichen  Andern,  und  ist  nicht  nachzubrauchen,  für  properare 
aliquid  facere  u.  a. 

Propheta,  der  Prophet,  Weissager,  ist  zwar  erst  Sp.  L.,  muss  aber 
doch  wohl  zur  Bezeichnung  der  biblischen  Propheten  beibehalten 
M erden;  im  gewöhnlichen  Sinne  aber  setze  man  dafür  «a/es  (divinus), 
konio  fatiloquus,  vaiicinans,  auch  woiil  augur.  Eben  so  S/;,  Z.  sind  alle 
dazu  gehörige  und  davon  abgeleitete  Wörter,  welche  man  durch 
praedicere,  vaticinari ;  vaticinatio,  oraculuni,  praedictio  u.  a.  vermei- 
den kann. 

Propinare,  zutrinken.  Eine  alte,  unnütze,  gemeine,  Redensart  ist: 
aliquem  deridendum  propinare,  Einen  dem  Spotte  preisgeben ;  bei  Te- 
renz  braucht  sie  ein  Schmarotzer,  für  unsere  Zeiten  ist  sie  ganz  un- 
passend. 

Propinquare,  sich  nähern,  ist  fast  nur  P.  L.,  bei  Livius  steht  es 
nur  vielleicht  einmal,  ausserdem  N.  KL,  aber  wohl  nur  bei  Tacitus, 
theils  mit  dem  Dat.,  theils  mit  d.  Accus.,  für  appropinquare. 

Propinquilas,  die  Nähe,  ist  zwar  KL,  doch  wird  häufiger  dafür 
prope  und  propinquum  gesetzt ;  z.  B.  in  der  Nähe,  prope ;  aus  der  Nähe, 
ex  propinquo ;  ganz  aus  der  Nähe,  ex  proxinio ;  ganz  in  der  Nähe,  in 
proxi7no. 

Propitiare,  besänftigen,  versöhnen,  kommt  sehr  selten  und  fast  nur 
in  Beziehung  auf  Götter,  A.  L.  und  7V.  KL  bei  Tacitus  und  Sueton. 
vor,  für  placare,  propitiiim  reddere  oder  facere.  Es  werde  vermieden. 

Proponere,  vorsetze?!,  vorstelle?!,  wird  nicht  mit  cibum,  poiio?ie?n 
und  ähnlichen  verbunden:  dafür  sage  man  apponere;  vgl.  Praeponere. 
—  N.  L.  ist  senatui  aliquid  propo?iere,  für  re7n  oder  de  re  ad  senatum 
referre ;  populo  aliquid  proponere,  für  ad  populum  aliq.  ferre ;  condi- 
tiones  proponere,  Bedingungen  vorschlagen,  im  ferre ;  sibi  aliquid  pro- 
ponere, sich  Etwas  vorsetze?i,  in  der  Bedeut.  beschliessen,  für  aliqtiid 
constituere,  decer?iere,  (i?i)  a?ii?num  inducere  u.  a.;  —  jenes  heisst  sich 
Etwas  vorstellen,  vorausdenlce?!,  i/n  Si/me  haben.  Aber  obgleich  mau 
aliquid  a?ite  oculos  (ausser  dem  Dat.  oculis)  prop.,  sich  Etwas  vor  Au- 
gen stelle?!,  sagt,  so  sagt  man  doch  nicht  ante  a?iimum  oder  a?ii?nos, 
sondern  nur  animo  oder  a?ii?nis,  wiewolil  Snlpic.  (Cic.  Fam.  IV,  5,  5) 
apud  animwn  prop.  braucht.  Wenn  aber  Cic.  ( Verr,  III,  23)  a?ite  oculos 
aniniosque  prop.  sagt,  so  beweist  dies  für  a?ite  animos  Nichts,  da  ante 
in  näherer  Verbindung  mit  oculos,  als  mit  a?iimos  steht.  —  N.  L.  ist 
proponere  ferner  in  der  Bedeut.  vorziehen,  {ür  anteponere,  praeponere, 
pmeferre.  Zu  bezweifeln  \^t  proponere  aliquem  oder  aliquid  in  exein- 
pbnn,  Einen  zum  Muster  vorstelle?!,  was  von  Nizolius  als  Redensart 


645 

(aber  ohne  Stelle)  angeg^eben  wird,  und  wornach  vielleicht  Wyftenb. 
(Opusc.  I,  p.  188)  gesagt  hat:  eamque  in  exemplian proponeret ;  Cicero 
wenigstens  braucht  nur  esemplum  oder  exemplar  ohne  in.  —  Selten 
ist:  quaestionem proponere,  eine  Frage  vorlegeri,  wofür  häufiger/>o?/ere 
steht;  und  so  sagt  auch  Cicero  (nach  Zumpt  z.  Cic.  Verr.  T.  I,  p.  ]13) 
nie:  aliquid  in  medio proponere.  Etwas  offen  darlegen, beka?int  macheny 
sondern  ponere,  und  so  wohl  noch  mehr  Aehnliches. 

Proportio?talis,  verhältnissmässig,  ist  Sp.  L.  für  proportionem  ser- 
vans,  congruens,  aeqnalis,  es  proportione,  ad  proportionem  und  mit  d. 
blossen  Abi.  proportione,  pro  rata  parte,  pro  cujusqiie  opibus  et  fa- 
cultatibus. 

Propositnm,  das  Vorgesetzte,  der  Vorsatz,  die  Absicht,  kommt  viel- 
leicht KL  nicht  als  wahres  Substant.,  verbunden  mit  dem  Genit.  dessen, 
welcher  den  Vorsatz  hat,  oder  mit  einem  wahren  Adject.,  wie  bonnm, 
malum  u.  dgl.  vor,  man  müsste  es  denn  z.  B.  in  Cic.  Part.  orat.  3,  9  est 
in  proposito  finis,  fides,  und  dann:  quare  cum  de  causa  dixero,  in  qua 
est  proposituni,  de  utroque  dixero,  —  und  in  Caes.  ß.  C.  III,  84  quid- 
nam  propositi  aut  voluntatis  —  als  solches  ansehen  wollen.  Kein  Klas- 
siker sagt  wenigstens  propositum  Ciceronis.  Caesaris,  Pompeji,  ?}ieum, 
tmim  ;  propositum  bonum,  laudabile,  commune  u.  dgl.,  sondern  Kl.  steht 
es  nur  als  neutrales  Parlicipiuni  mit  dem  Dat.  dessen,  der  den  Vor- 
satz hat,  und  mit  einem  Adverb,  zur  etwaigen  nähern  Bestimmung.  — 
Erst  iV.  Kl.  kommt  es  als  Substant.  vor,  z.  B.  bei  Seneca  (Ep.  65.  p.  199 
ed.  Schweigh.):  id,  propter  quod  (acit,  facientis  propositnm  est,  und 
gleichwohl  folgt  kurz  darauf:  Quaeris,  qnod  sit  propositnm  Deo,  wo 
es  entweder  /^ej'heissen  müsste,  oder  quid  sit  prop.  Deo;  bei  Plin. 
(Ep.  V,  15,  10):  hujus  propositi  mei,  und  (l\,  ^9,7 ): proposittim  illura 
reprehendetidi — und  so  wohl  noch  anderwärts.  Man  beachte  mehr 
den  Kl.  Gebranch.  Demnach  heisst  z.  B.  das  ist  mein  Vorsatz,  das 
habe  ich  mir  vorgesetzt,  hoc  mihi  est  propositn?n;  der  Zweck  dieser 
ganzen  Rede  ist  — ,  omni  huic  sermoni propositum  est  (Cic.  Brut.  92); 
wir  müssen  uns  Alle  vorgesetzt  haben,  das  muss  unser  Aller  Vorsatz 
sein,  Omnibus  nobis  propositum  esse  debet ;  dein  Vorsatz  ist  löblich, 
laudabiliter  tibi  est  propositum  oder  laudabile  est,  quod  tibi proposuisti. 
—  Ausserdem  vertreten  auch  andere  Wörter  die  Stelle  von  propo- 
situm, z.  B.  consilium,  conntiim,  consideratum  Judicium  mentis  (Cic. 
Tusc.  IV,  9,  22),  indactio  animi  (Q.  fr.  I,  ],  11);  id  quod  meditatum 
infertur  (Off.  I,  8,  27);  mens,  ratio  voluntasque  (Verr.  II,  4,  30).  — 
Das  adverbiale  mit  Vorsatz,  d.  h.  vorsätzlich,  heisst  nicht  cum, de  oiler 
ex  proposito,  sondern  de  industria,  constilto,  composito,  data  oder  de- 
dita  opera,  sciens  (Cic.  Rose.  Am.  20,  55),  prudens  et  sciens  (Fam. 
VI,  6),  voluntate  et  judivio  (Tusc.  III,  28,  66). 

Propraetura,  die  Proprätur,  Stelle  eines  Proprätors,  ist,  obgleich 
dem  Worte  proconsulatus  ganz  analog,  ohne  alle  Anctorität;  doch 
möchte  es  in  Ermangelung  eines  andern  eben  so  einfachen  Wortes 
nicht  zu  verwerfen  sein. 

Proprietarius,  der  Eigenthümer,  kommt  Sp.  L.  nur  bei  Juristen 
Tor,  für  possessor,  dominus. 

Proprietas  ist  in  der  Bedeut.  Eigenthum,  d.  h.  Habe  und  Gut,  erst 
Sp.  /f.,  und  wird  vorzüglich  von  Juristen  gebraucht,  für  bona,  posses- 
siones,  mea,  tua  u.  ähnliche.  Gleichwohl  braucht  es  nnnöthig  Muret. 


646 

(Explic.  Cicer.  Catil.  U^S):  proprietas  ipsa  aere  alieno  ontista  credi- 
toribiis  addicebatur. 

Propn'us,  eige?ithümHch.  Unser  deutsches  eigen  verführt  nicht 
gelten  zu  falscher  Anwendung  von  propriiis.  Dieses  beschränckt  sich 
auf  diejenig^e  Eigenheit,  weiche  der  Gemeinschaft,  dem  communis  (ge- 
?ueinschafllich)  entgegensteht,  oder  wird  gebraucht,  wo  es  den  Besitz 
andeutet,  im  Gegensatze  zu  entlehnt,  und  wo  es  bedeutet  als  Eigen- 
thum  z//lcom?nend,  durch  eignes  Geld  zum  Eigenthum  gemacht,  oder 
auch  wo  es,  auf  Personen  bezogen,  so  viel  ist  als  charakteristisch. 
Ausser  diesen  Fällen  wird  es  oft  nur  durch  ein  persönliches  Pro- 
nomen adjectiv.,  durch  ?neus,  tuus,  s?ins  u.  s.  w.,  übersetzt,  zumal  da, 
wo  7nein,  dein,  sein  u.  s.  w.  noch  dabeisteht.  —  N.  L.  sind  daher  die 
bekannten  Ausdrücke:  propria  mantt,  mit  eigner  Hand;  mea,  tua,  sua 

propria  manu,  mit  meiner,  deiner,  seiner  (ihrer) eignen 

Hand,  für  das  einfache  mea,  tua,  sua  manu,  ohne  proprio.  Vgl.  Cic. 
Fam.  III,  6,  2.  Milo  3,  7  und  Matthiae  z.  Cic.  Epist.  p.  239.  —  Wenn 
sein  eigen,  ihr  eigen  nicht  reflexiv  ist,  so  heisst  es  ipsius  und  bei  ei- 
nem PJur.  ipsorum.  In  dieser  und  ähnlichen  Verbindungen  wird  das 
verstärkende  oder  bekräftigende  €ige?i  nur  durch  die  Voranstelliing 

des  mens,  tuus vor  das  Subst.  angedeutet,  und  nur  selten  stehen 

dann  diese  Wörter  hinter  demselben.  —  Dem  ähnlich  heisst:  ich  füge 
kein  eig?ies  Urtheil  hinzu,  nullum  meum  jf/dici?im  interpouo  ( Cic. 
Att.  VIII,3s.fin.),\voCic.  sed exquiro  trmm  hinzusetzt;  Etwas  auf  eigne 
Kosten  z.  B.  thun,  suo  sumptu  aliquid  facere  (Fam.  111,8,3);  auf  eigne 
Gefahr.,  suo  periculo ;  zu  eignem  Schaden,  suo  malo,  suo  damno;  tnit 
eignem  U  illen,  sua  voluntate ;  aus  eignem  antriebe,  sua  sponte  u. 
dgl.,  wo  propriiis  unlateinisch  ist.  —  Dagegen  fordert  aber  doch  bis- 
weilen der  Sinn  die  Verbindung  mens  —  ;>/-o/^/7V/s,  wenn  e/^pw  offenbar 
dem  gemeinschafllich  entgegensteht;  daher  sagt  z.  B.  Cic.  (Rep.  1,4): 
suis  propriis  periculis  purere  commune  reliquis  otium  ;  Fam.  111,  17,  7 
quod  (periculum)  autem  meum  erat  proprium.^  ut  — ,  worauf  her- 
nach folgt:  quod  vero  illius  erat  solius ;  nisi  ipsum  cautorem  alieni  pe- 
riculi suis  propriis  periculis  terruisset,  zu  welcher  Stelle  Matthiae  g^^^w 
Ernesti  zu  vergleichen  ist,  —  und  so  noch  oft  anderwärts.  —  Mit  Recht 
tadelt  ferner  Eichstädt  (Deprecatio  latinit.  acad.)  den  Ausdruck  pro- 
prius  liber,  nach  welchem  ein  Professor  lehren  will,  anstatt  su.us,  a  se 
conscriptus.  da  jenes  ein  liber  suo  aere  redemptus  sei.  Gewiss  würde 
er  auch  die  Worte  eines  Holländers :  et  in  propria  libelli  editione  et  in 
repetita  Schneideriana  als  unlateinisch  getadelt  haben.  —  N.  Kl.  ist  erst 
das  Neutrum  proprium  als  eine  Art  von  Subst.,  in  der  Bedeut.  Eigen- 
Ihümlichkeit,  Eigenthum,  für  proprietas,  o»ler  besser  (nemlich  Kl.) 
das  Adject.  proprius  mit  dem  Gejiit.  eines  Substantivs  o(ler  mit  einem 
Possessivpronom.  in  Bezug  auf  ein  anderes  Subst.;  z.  B.  die  Freiheil  ist 
ein  Eige7ithum  des  römischen  Folkes,  libertas  est  propria  Romani  ge- 
ner is ;  die  Schuld  ist  mein  Eigenthum,  culpa  mea  propria  est  (Cic. 
Fam.  XIV,  3,  1).  —  Uebrigens  wird  proprius  fast  nur  mit  dem  Genit., 
höchst  selten  mit  dem  Dat.  verbunden.  —  Unerhört  ist  eine  Super- 
lativform propriissimus,  und  dennoch  findet  sie  sich  auf  dem  Titel 
eines  antibarbarischen  Buches  von  Ge.  Vogelmann:  Elegantianim  ser- 
monis  lat.  praeeeptiones  —  omnihns  incorruptae  propriissimaeque  la- 
tinitatis  cupidis,  —  U  eher  proprio  Marte  y  gl.  Mars,  und  über  es  propria 


647 

esperiefitta  vg\.  Esperientia.  üeber  proprius  im  Alldem,  vgl.  Schori 
Pliras.  p.  745.  Vavassor.  Antib.  p.  585  !i.  596.  Weber's  Uebungsscli. 
p.  21  u.  171.  Hand's  Lehrb.  p.  155.  Klotz  Cic.  Tusc.  p.  93  u.  158  und 
Reisigs  Vorles.  p.  641  u.  802. 

Propter,  wegen,  ist  in  iinserni  Etwas  zugebenden  und  erlaubenden 
Ausdrucke  meinetwegen,  d.  h.  ich  habe  jSichts  dagegen,  nicht  zu  brau- 
clien,  indem  man  nicht  propter  me,  sondern  per  me  sagt;  auch  ist  zu 
bezweifeln,  ob  um  meinetwiUen,  d.  h.  um  meines  Vortheils  ?/7'//e;/,  heisse 
propter  me,  welches  vielmehr  bedeutet :  weil  ich  es  hin.  Dieses  um 
meinetivillen  heisst  mea  causa ;  vgl.  Causa.  —  Auch  wird  ^ro/j/er  selten 
gebraucht,  wenn  durch  wegen  Etwas  angegeben  wird,  was  hinderlich 
oder  a7ifhaltend  war;  z.  B.  ich  konnte  wegen  meiner  Gesundheit, wegen 
der  Witterung,  wegen  des  Regens  u.  s.  w.  nicht  kommen,  wird  gewöhn- 
lich durch  per  valetudineni,  per  tempestatem, per  pluvias  ausgedrückt, 
selten  durch  propter  valetud.  u.  s.  w.  Vgl.  Anton.  Progr,  p.  47.  —  Ver- 
worfen wird  in  den  Fragen  weswegeji?  warum? propter  quam  causam; 
man  sagt  dafür  quid  est,  quam  ob  rem?  quid  est ,  quod  oder  cur  — t 
Propter  in  der  Bedeut.  7iahe  bei,  in  der  Nähe,  gleich  prope,  wird  als 
Adverb,  von  Einigen  geläugnet  und  bei  den  Klassikern  in  prope  ver- 
wandelt, wie  denn  z.  B.  in  Cic.  Verr.  IV,  48,  107  prope  für  propter 
aufgenommen  worden  ist.  Jedoch  in  andern  Stellen  steht  es  nacli  den 
Handschr.  sicher,  z.  ß.  Cic.  Tusc.  I,  43,  104.  Vgl.  darüber  Benecke 
z.  Cic.  pro  Pompejo  p.  124,  und  über  die  Präposition  propter  Reisig's 
Vorles.  p.  733. 

Propterea  mit  vorgesetztem  id  in  der  Bedeut.  desswegen,  beruht 
auf  einer  zweifelhaften  Stelle  des  Terenz,  für  das  einfache  propterea, 
ohne  id,  uud  darum  missbiiiigt  Ruhnken  (z.  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  689 
ed.  Ruhnk.)  diesen  Gebrauch,  indem  er  sfigt:  Pleonasmum  id  pro- 
pterea hausit  ex  Terent.  Andr.  II.  5,  3,  sed  ille  versus  adulterinus  est 
Bentlejo  judice. 

Propugnare,  für  Etwas  streiten.  Etwas  vertheidigen,  wird  ver- 
bunden pro  aliquo,  pro  aliqua  re  (Cic.  Tusc.  V,  27,  79),  xV.  Kl.  mit 
dem  Accus.,  aliquam  rem,  und  Sp.  L.  alicui;  die  beiden  letzten  Ver- 
bindungen sind  nicht  nachzuahmen. 

Propullulare,  hervorsprossen,  hervorkeimen,  ist  N.  L.  für  proger- 
minare,  pullulare,  egerminare  u.  a. 

Propulsare,  abwenden  u.  dgl.,  wird  verbunden  aliquid  ab  aliquo,ab 
aliqua  re. 

Prorogare,  verlängern ;  vgl.  Propagare. 

Prorsus  (verschieden  von  prorsum,  vorwärts)  scheint  in  der  Be- 
deut. ganz,  durchaus  nicht  bei  alius,  dem  Adv.  aliter  und  ähnlichen 
zu  stehen,  wo  gewöhnlich  longe  oder  mullo  gebraucht  wird,  also /o/z^e 
alius,  longe  oder  multo  aliter.  Man  sage  also  nicht;  hoc  prorsus  alio 
spectat.,  dieses  hat  einen  ganz  ander?i  Zweck,  sondern  longe  alio. 

Pronmipere,  hervorbrechen,  verbunden  mit  in  vocem,  in  verba,  in 
die  Worte  ausbrechen,  ist  Sp.  L.,  findet  sich  aber  oft  im  N.  L.\  sogar 
Muret.  (Explic.  Cic.  Catil.  I,  1)  sagt:  in  haec  verba  prorumpit,  und 
Rol.  Mares.  (Epist.  phil.  I,  25) :  prortipi  in  illa  verba.  Vgl.  darüber 
Erumpere. 

Prosa,  die  Prosa,  mit  und  ohne  oratio,  ist  zwar  erst  A.A7., aber  bei 
Quintilian.,  dem  Jüngern  Plinius,  Sueton.  und  Coiumella  das  gewöhn- 


648 

liehe  Kunstwort  neben  soluta  ora^?b, welclies  bei  Varro  (L.  L.  VII,  1. 
p.  11t)  nt  in  soluta  oratione,  sie  \n  poemalis)  und  Cieero  (Brut.  8,  32. 
Oral.  111,  44,  173  u.  a.)  der  Poesie  entg-egengesetzt  wird.  Jenes  iV.  KL 
prosn  kann  als  ein  kurzes, heutzutage  allbekanntes  Wort  kaum  entbehrt 
werden,  mag  auch  Cicero  bisweilen  denselben  Begriff  in  das  einfache 
oratio  und  eloquentia  legen;  denn  jenes  ist  zu  allgemein ,  und  dieses 
enthält  einen  zu  engen  Begriff.  Zu  verwerfen  aber  ist  der  Ausdruck 
sermo  pedester,  wovon  unter  Pedester  die  Rede  war. —  Bedenklieh  ist 
es,  die  Adjeetiva  piosaicus  und  prosan'us  zu  brauchen,  da  sie  erst  ganz 
Sp.  L.  sind;  man  vermeide  sie  daher  so  viel  als  möglich.  Endlich,  wo 
das  Wort  prosaisch  nur  gewöhnlich,  trocken,  nüchtern  bedeutet,  und 
nicht  dem  dichterisch  entgegensteht,  brauche  man  etwa  sicct/s.  Vgl. 
Schori  Phras.  p.  683  u.  Weber's  Uebungssch.  p.  263. 

Prosapia ^  die  Nachkommmenschaft^  wird  schon  von  Cicero  ein 
vettis  verbum  genannt,  und  er  entschuldigt  sich  wegen  der  Anwen- 
dung desselben,  indem  er  (Timaeusll)  sagt:  Jovis ,  titamur  veteri 
verbo ,  prosapiam ;  Quintilian.  aber  (I,  6,  40;  VIII,  3,  26)  verwirft  es 
ganz,  und  nennt  es  verbum  insiilstim  (ein  geschmackloses)  et  ab  ultimis 
et  jam  oblitteratis  temporibusrepetitum.  Ausser  Sallust.  haben  es  auch 
wenige  der  Spätem  gebraucht.  Man  sage  i]afnr  progenies,  posteritas, 
germs  u.  a.  Gleichwohl  findet  es  sich  im  A'.  //. ,  je  nach  dem  Ge- 
schmaeke  des  Schreibers;  der  jüngere  Burmann  z.  B.  spricht  von 
einer  7iobilissiina  prosapia. 

Prosarius;  vgl.  Prosa. 

Proseminator,  der  Verbreiter,  Fortpflanzer,  kommt  sehr  Sp.  L.  bei 
dem  barbarischen  Tertullian.  vor,  für  die  Kl.  Ausdrücke  seminalor 
und  propagator.  Daher  hätte  es  der  elegante  Muret.  nicht  in  einer 
Rede  (Oper.  T.  I,  p.  387)  brauchen  sollen,  wo  er  sagt:  ea  in  vetustis- 
stmis  Ulis  verae  ac  salutaris  religionis  nostrae  prosemi7mtoribus  ac 
propagntoribns  pietas  fuit ;  denn  die  letzte  Benennung  allein  wäre  hin- 
reichend gewesen. 

Prosequi  aliqiiid  oratione,  verbis  u.  dgl.,  in  der  Bedeut.  Etwas  mit 
Worten  weiter  verfolgen,  sich  iveiter  (sprechend)  darüber  verbreiten,  mag 
wohl  weniger  gut  und  Kl.  sein ,  als  persequi  aliqnid  oratione.,  mögen 
auch  mehrere  Stellen  der  Alten  dafür  zu  sprechen  scheinen. 

Prosopographia ,  Pers07ie?ischildernng,  Schilderung  ei?ier  Person, 
findet  sich  nirgends  bei  einem  guten  Lateiner  und  wurde  erst  vor 
Kurzem  im  TV.  L.  üblich  für  das  einfache  vila. 

Prospectare,  hinschauen ;  —  nach  Etwas,  aliquid,  z.  B.  mare,  ?iach 
dem  Meere,  auf  das  Meer  hin  (Cic.  Att.  IX,  10,  5). 

Prospectus  ist  zwar  Kl.  der  Anblick  örtlicher  Gegenstände,  die 
Aussicht  auf  dieselben,  aber  meistens  nur  in  gerader  Linie;  der  An- 
blick oder  die  Aussicht  von  der  Höhe  heisst  mehr  despectus.  —  Die 
Aussicht  benehmen  heisst  zwar  prospectum  adimere,  prohibere,  impe- 
dire;  aber  bei  Häuserfi,  welche  die  Aussicht  und  das  Licht  benehmen, 
wird  gewöhnlich  luminibus  officere  und  obstruere  (verbauen)  gebraucht. 
—  Auch  hehst  prospectus  nicht  der  Ueberblickm  der  Redensart:  Vie- 
les in  einen  Ueber blick  fasse?i, sondern  dafür  sagt  man  conspectus  oder 
adspectus ;  z.  B.  bei  Cie.  (Inv.  I,  52,98) :  multa  unum  sah  adspectum 
subjicere.  Vgl.  Obtueri.  —  Verworfen  wird  auch  von  Ztimpt  (z.  Cic. 
Verr.  1,  47,  127):  aliquem  in  prospectmn  aliorum  producere,  Einen 


649 

dem  Jnhlicke  Anderer  vorfiihren,  für  in  conspeclum,  wiewolil  bei  Cic. 
fast  alle  Ilaiulschr.  prospecümi  scliützen.  —  Sp.  L.  ist  -prospectus  in 
der  Bedeut.  Rücksicht;  man  sagt  a\so  nicht:  prospectum  alicujus  rei 
habere,  sondern  ratioiiejn  oder  rem  respicere. 

Prosper ,  glücklich ,  soll  weniger  IlL  Form  sein,  als  prospenis, 
welche  letztere  Cicero  braucht. 

Prospicere  wird  verbunden  es  aliqtw  loco  in  aliquem  locuni ,  aus 
einem  Orte  in  einen  anderri  sehen,  hineinseheii ;  aliquem  locnm ,  auf 
einen  Ort  hinsehen,  die  Aussicht  haben;  aliquid,  Etwas  voraussehen; 
alicui,fiir  Einen  oder  für  Etwas  sorgen;  alicui  aliquid,  Einem  sorgend 
Etivas  herbeischaffen. 

Prostare  in  bildlicher  HeAeut..,  ausgesetzt  sein,  verbunden  mit  dem 
Dat.,  ist  N.  L.,  z,  B.  bei  Görenz:  j/istae  reprehensioni  prostant,  sie 
sind  dem  gerechten  Tadel  ausgesetzt ,  für  in  justam  reprehensiofiem 
iticurrunt. 

Prosternere  se  genibus  ante  aliquem,  sich  vor  Einem  auf  die  R'niee 
iverfen,  ist  N.  L.  für  se  ad pedes  alicujus  prost.  Vgl.  Accidere. 

Prostituere,  blos    hinstellen,  preisgebeti^  ist    theils   P.  L.,  theils 

A.  Kl.  und  sehr  selten;  als  ein  gemeines  Wort  werde  es  ganz  ver- 
mieden. 

Protectio,  die  Bedeckung,  Beschützung ,  und  protector,  der  Be- 
schützer, su\d  Sp.  L.  für  patrocinium  ,tutela ,  praesidium,  defensio; 
patronus,  tutor,  defensor.  Mit  Recht  bemerkt  daher  Ruhnken  gegen 
Miiret. ,  welcher  (O^ier.  T.  1,  p.  296)  sagt:  eorum  protector,  —  Pro- 
tector vox  barbara.  Vide  Cellar.  curae  post.  p.  202.  —  Unter  Jem. 
Protection  stehen  heisst  esse  in  alicujus  fide  et  clientela. 

Protentus  in  der  Bedeut.  vorgestreckt.,  vorliegend ,  von  einer  Insel 
oder  von  sonst  Etwas,  was  sich  vor  etwas  Anderm  in  die  Länge  aus- 
dehnt, scheint  ohne  Auctorität  für  projectus ;  so  sagt  z.  B.  Cic.  (Verr. 
IV,  ö3)  :  insula  in  utriusque  portus  aditum  projecta  est.  Bei  Livius 
und  Tacit.  (A.  II,  56)  stellt  auch  praetentus. 

Proterritus ,  fort  geschreckt  .^  vertrieben  ,  ^dAt  früher  nur  für  A.  L. 
bei  Plautus,  jetzt  aber  steht  es  nach  guten  Handschr.  auch  in  Caes. 

B.  G.  V,  58;  Cic.  Rep.  I,  3  und  Caecin.  13,  37,  wo  Klotz  proterritus 
iüv  perterritus  schreibt. 

Prutervia,  der  Muthwille,  ist  erst  Sp.  P.  L.  für  protervitas.  —  Für 
proterve,  welches  nur  P.  L.  ist,  und  für  das  A.  L.  proterviter  sage  man 
lieber  petulanter.  Jenes  braucht  gleichwohl  W  yttenbach  (Vita  Rulink. 
p.  120  [133])  :  ni\  proterviae  aut  levitatis. 

Protestari  ist  ein  seltenes  Sp.  L.  Verbum  in  der  Bedeut.  öffent- 
lich, off'en  bezeugen,  bekennen,  für  palam  testari.,  testificari,  denuncinre ; 
iV.  L.  aber  ist  es  in  der  Bedeut.  gegen  Etwas  einirenden,  sprechen, 
woher  wir  sagen  protestiren,  iniiintercedere,  contradicere.,  adversari. 
Eben  so  N.  L.  ist  protestatio,  die  Einsprache,  für  intercessio.  —  Zur 
Bezeichnung  der  Religionspartei  der  Protestanten  wird  man  aber  <!er 
Deutlichkeit  wegen  das  Wort  protestajttes  kaum  entbehren  können; 
doch  füge  man  zur  Milderung  des  Fremdartigen  Etwas  hinzu. 

Protocollum,  das  Proiocoll ,  ist  zwar  Sp.  L.,  wird  aher  in  einem 
andern  Sinne  angewandt,  als  wir  das  Wort  Protocoll  braueben;  in  ge- 
richtlichen Sachen  sage  man  etwa  conscriptio  quaestionis  (Cic.  Cluent. 
67,  191),  und  Etwas  zu  Protocoll  bringen  drücke  man  etwa  aus  durch 


650 

conscribere  quaestione?n  oder  oliqnid  in  albtmi  (Cic.  Orat.  II,  12),  in 
tabidas,  in  commentarios,  iri  acta  publica  referre,  in  tabulis  consignare. 

Protopnrentes  und  protoplasti ,  die  ersten  oder  Slammelterti ,  ist 
nur  B.  L.  iur  pri/ni  parentes  getieris  humani. 

Protrahere,  ziehen,  fortziehen,  wird  nicht  verbunden  adlucem,an8 
Licht,  sondern  i?i  liicem. 

Protritns  ist  in  der  ßedent.  gemein,  bekannt  erst  Sp.  L.  für  triftis. 

Pro?it,  welches  nur  bedeutet  ^e  nachdem  oder  i?i  dem  Verhältnisse 
wie^  wird  im  N.  L.  falsch  nach  secus  quam,  anders  als,  in  der  Bedeut. 
des  einfachen  //'?"e gebraucht;  Görenz  sagtz.  ß.'.multa  secus  corriguntur, 
quam  prout  auctor  expresse  voluit ;  prout  Manutius  conjecerat;  prout 
fere  in  cujusque  scripti  veterum  fine  observari  licet,  —  und  so  noch 
öfter,  meistens  für  das  einfache  ut. 

"  Provehe?-e,  hervorbringen,  wird  oft  mit  ad  verbunden;  aber  man 
sagt  nicht  proveh.  ad  lucem,  ans  Licht  bringen^  sondern  in  lucem.  — 
Man  brauche  nicht  proreÄ/ fälschlich  für  procedere,  progredi. 

Provenire ,  hervorkommen,  ist  KL  selten;  bei  Cicero  findet  es  sich 
gar  nicht.  Er  drückt  aus  der  Erde  hervorkommen  durch  de  terra 
esistere  aus  (Rep.  III,  15). 

Proventus  ist  in  der  Bedeut.  Einkünfte,  Einkommen  wohl  ohne 
alte  Auctorität;  dennoch  steht  es  in  dieser  Bedeut.  bei  Muret.  (Oper. 
T.  II,  p.  J27)  :  ex  ecclesiae  tuae  prove/itibus ,  für  reditibtis,  fructibus 
oder  vectigalibus.  Vgl.  Reditus. 

Proverbialis,  sprichwörtlich,  steht  Sp.  L.  nur  bei  Gellius,  welcher 
versum  proverbialem  erwähnt;  —  noch  späteren  Ursprunges  ist  das 
Adv.  proverbialiter.  Man  vermeide  sie  durch  das  Sxibst.  proverbium ; 
z.  B.  wie  man  sprichwörtlich  sagt,  ut  in  proverbio  est ;  es  pflegt  sprich- 
wörtlich gesagt  zu  werden,  proverbii  loco  dici  solet ;  es  ist  sprichwörtlich, 
in  proverbium  venit ,  proverbii  hcum  obtinet ,  aber  nicht,  wie  Heyne 
(Opusc.  T.  IV,  p.  129)  sagt,  proverbio  vetiit,  mag  dieses  proverbio  nun 
Dat.  oder  Abi.  sein  sollen. 

Providere  wird  verbunden  mit  dem  Accus.,  aliquid.  Etwas  voraus- 
oder  vorhersehen;  alicui,für  Einen  oder  für  Etwas  sorgen,  und  alicui 
aliquid ,  für  Einen  oder  Einem  Etwas  sorgend  herbeischaffe?!.  Vgl. 
aber  Praevidere. 

Provincia  in  geographischem  Sinne,  in  der  Bedeut.  Land,  Ge- 
gend, wie  wir  Provinz  brauchen,  ist  ohne  alle,  auch  die  späteste 
Auctorität,  für  terra,  regio,  und  als  Theil  eines  grössern  Landes  — 
pars,  weil  jene  beiden  bisweilen  zu  unbestimmt  sind;  z.  B.  Griechen- 
land wird  in  drei  Provinzen  eingetheilt,  in  tres  partes,  nicht  in  tres 
provincias  dividitur.  So  fängt  Caesar  seine  Bücher  de  hello  Gallico  an 
mit  den  Worten:  Gallia  est  omnis  divisa  in  partes  tres,  in  drei  Pro- 
vinzen; und  so  heisst  auch  die  Haiiiftprovinz, n\c\\i  provincia  primaria, 
sondern  pars  primaria.  Die  letzte  Bemerkung  verdanke  ich  Hrn.  D. 
Dietrich. —  Provincia  hat  nur  Beziehung  auf  den  Herrn,  den  Besitzer 
und  die  Verwaltung.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  426  und  Webers 
Uebungssch.  p.  386. 

Provisio  ist  in  der  Bedeut.  Lebens7nittel,  Provision  N.  L.  für  ali- 
me'nta,  commeatus,  qi/ae  ad  victum  pertinent  n.  a. 

Provocare  mit  d.  Acc,  aliqnem.  Jemanden  auffordern,  aufrufen,  und 
%u  Etwas,  ad  aliquid ;  ah  er  ad  aliqnem,  an  Einen  appelliren.  Da  Cicero 


651 

einin.Tl  (Att.  VI,  1,  7),  freilich  in  einer  gerichtiiclien  Sache,  sagt:  ne 
ad  Cnlonem  quidem  provocabo,  ich  werde  mich  ?iicht  einmal  auf  den 
Cnto  berufen ,  so  hat  man  auch  im  iV.  L.  gewagt,  zu  sagen  provocare 
ad  locum  scriptoris,  z.  B.  ad  Plutarchi  locum,  in  der  Bedent.  sich  auf 
eine  Stelle  eines  Schriftstellers  als  einen  Etwas  beweisenden  Zeugen 
berufen.  Da  aber  diese  Ausdrucksweise  ohne  Auctorität  eines  Alten 
ist,  so  ist  sie,  wie  auch  Reisig  meint,  unlateinisch, 

Proximare,  sich  nähern,  stand  früher  Kl.  in  Cicero  N.  D.  II,  44; 
doch  steht  jetzt  in  dieser  Stelle  projcima  für  das  frühere  proximat, 
weiches  Verbura  nur  Sp.  L.  ist,  für  appropinquare,  pro.vime  accedere, 
prodimmn  esse. 

Proxime,  nächst,  zunächst.  Richtig  ist  wohl  hoc  prosime  sequitur, 
aber  A.  L.  prosime  seqaens,  prox.  sequentia,  das  Nächstfolgende y 
für  quod  prox.  sequitur,  quae  prox.  sequuntur.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  1 17. 

Proximus.  Davon  einen  Comparat.  pro.umior  (für  propior)  zu  brau- 
chen ,  hat  vielleicht  aus  der  gewöhnlichen  Sprache  Seneca  zuerst  ge- 
wagt (Epist.  108.  p.  136  ed.  Schw.) :  abstinentiae  proximiorem.  Er  ist 
durchaus  zu  vermeiden  und  nur  den  Juristen,  welche  ihn  später  ge- 
braucht haben,  zur  Bezeichnung  bestimmter  Fälle  der  Nähe  und  Ver- 
wandtschaft zu  verstatten.  —  Der  Superl.  proximus.  was  sowohl  den 
Nächstvor  her  gehende  ji,  den  zuletzt  Genannten,  Letzten,  als  auch  »len 
Nächstfolgenden  bedeutet,  ist  in  seiner  Anwendung  beschränkt,  und 
mit  Recht  wird  wohl  von  F.  A.  Wolf  ( Analect.  I,  p.  490)  proximus 
paragraphus  unter  das  schlechte  Latein  gerechnet;  besser  ist  dafür 
wohl  qui  (quae)  proxime  sequitur.  —  Auch  ist  proximus.,  der  Nächste, 
in  der  Bedeut.  der  Mitmensch,  wo  an  keine  Nähe  und  Verwandtschaft 
gedacht  wird,  erst  Sp.  L. ;  bei  Cicero  z.  B.  (Off.  1, 14,7)  sind  proximi 
diejenigen,  welche  durch  natürliche  Bande  Jemanden  nahe  stehen, 
wie  Eltern,  Gatten,  Kinder,  nie  aber  braucht  Cic.  proximus  in  jener 
allgemeinen  Bedeutung,  wie  es  Hieronymus  nahm,  welcher  in  seiner 
Bibelübersetzung  (Luc.  X,  27)  lor  7jXi]<ni!v  anv  (liebe  den,  welcher  dir 
nahe  ist)  übersetzte:  dilige  tuum  proximum.,  was  deutsch  übersetzt 
wurde:  liebe  deinen  Nächsten.  Der  Mitmensch  heisst  etwa  homo  alter. 
Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  189  und  oben  unter  Alias.  —  Unbe- 
denklich aber  kann  man  wohl  sagen:  omnes  tanquam  proxirnos pariter 
atque  te  ipsum  ama.  Vgl.  Anton.  Progr.  p.  79. 

Prnrire,  jucken,  geil  oder  lüstern  sein.,  ist  ein  gemeines  Volkswort 
bei  Plantus,  Catull.,  Martial.  und  ähnlichen,  meist  nicht  fein  auswälilen- 
den  Schriftstellern,  für  cuper  e ,  cupidum,  procacem,  p  roter  cum  esse. 
Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  148,  welcher  vor  dem  Gebrauche  dieses  Wor- 
tes in  Prosa,  wenigstens  in  dem  bildlichen  Sinne  der  Lust  und  Be- 
gierde, und  besonders  vor  dem  Ausdrucke  oratio  prurit,  welchen  man 
im  N  L.  nicht  selten  findet,  warnt.  —  Dasselbe,  was  für  prurire,  gilt 
auch  für  die  Subst.  prurigo  und  pruritus,  das  Jucicen,  die  Geilheit, 
Lüsternheit,  welche  in  bildlichem  Sinne  nur  in  bitterm  Spotte  und  in 
gemeiner  Rede  zu  brauchen  sind. 

Psalmus,  Lied,  Gesang,  ist  Sp.  L.  und  wird  nur  von  den  Psalmen 
David's,  nie  allgemein  gebraucht;  auch  ist  es  unnöthig  wegen  carmefi 
und  hymnus  (sacer).  Dagegen  sind  andere  damit , verwandte  griech. 
V/ örter,  wie psaltes,  psaltria,  psah'ere.  auch  in  der  bessern  Prosa  neben 
den  latein.  cantor,  canere  und  ca?itare  üblich. 


652 

Psephisma,  der  Folksbeschluss,  ist  nur  etwa  bei  griech.  Beschlüs- 
sen zulässig;  sonst  sagt  man  \n\r  plebiscüwn. 

Ptolemaicus,  Ptoleniäisch ,  den  Ptolemaeus  oder  Plolemais  betref- 
fend, ist  eine  falsche  N.  L.  Form  für  Ptolemaeus  oder  PtolomneiuSy 
zwischen  welchen  beiden  in  Cic.  Fin.  V,  1  die  Lesart  schwankt.  Ueb- 
rigens  ist  in  diesen  Wörtern  die  Schreibart  Ptolom.  für  Ptolern.  falsch. 

Piibes,  was  die  Historiker  gern  von  der  jungen  mannbaren  und 
kräftigen  Mannschaft  brauchen  (mehrmals  bei  Livius),  kommt  nir- 
gends bei  Caesar,  und  nnr  einmal  bei  Cicero  vor;  es  werde  daher 
lieber  vermieden  durch  Juventus  und  juvenes.  Am  wenigsten  aber 
spreche  man  von  einer  pubes  schofastica. 

Pubh'catms,  wie  die  reichen  Pächter  der  Staatsgüter  und  Domänen 
in  den  Provinzen  genannt  wurden,  braucht  Sp.  L.  Hieronymus  und 
Andere  von  den  Zöllnerii,  Zollbedienten  und  'rhorschreibern,  für  das 
richtigere  portitor.  Vgl.  lieusing.  Cic.  OIF.  I,  42. 

Pubitcare  bedeutet  Kl.  zwar  nur  Etwas  zum  Staatsgute  machen, 
einziehen,  confiscir eil,  z.  B.  bona,  agros,  regnutn  alicujus;  aber  bald 
nachher  erweiterte  sich  die  Bedeut.  und  es  hiess  auch  Etwas  öffent- 
lich machen ,  zum  Gebrauche  verstatte?i ,  bekannt  machen ,  gleich 
edere,  vulgare,  in  publicum  proponere,  z.  B.  beim  Jüngern  Plinius: 
publ.  episiolas ,  orationem ,  librum  (Ep.  I,  5,  2;  8,  3;  IV,  27,  5)  u.  a. 
Aber  dennoch  sagte  man  nie  mandata  publicare.  Befehle  publiciretiy 
denn  7nafidatum  ist  in  dieser  Bedeut.  unlateinisch  (vgl.  Mandatum), 
sondern  edicta  proponere, pervulgare,  promulgare,  monere  edicto,  auch 
blos  edicere;  —  ebenso  auch  nicht  legem  publicare,  für  promulgare 
u.  a.  —  Das  Subst.  publicatio  kommt  nie  in  der  Bedeut.  Bekajint- 
machung  vor,  für  promulgatio. 

Publice,  öffentlich,  verwechsele  man  nicht,  wie  es  im  N.  L.  oft 
geschieht,  mit  palam  und  in  p?iblico,  wovon  unter  Palam  die  Rede 
war.  Es  passt  überall,  wo  besonders  der  Begriff  des  Befehles  eines 
Andern  vorherrscht,  sei  es  eines  Staates  oder  einer  Stadt  oder  sonst 
Jemandes;  so  sagt  z.  B.  Cic.  (Verr.  III,  44,  105):  legationis  princeps 
publice  dixit,  atif  Befehl  seines  Staates;  —  und  daher  heisst publice 
aliquem  defendere,  Einen  im  Namen  seines  Staates  vertheidigen.  Wo 
aber  in  öffentlich  der  Sinn  von  im  Freien  liegt,  heisst  es  in  publico, 
was  gleich  stib  divo  ist;  z.  B.  eine  Bildsäule  öffentlich  aufstelle?!  heisst 
nicht  publice.,  sondern  in  publico  statuam  collocare,  während  publice 
hiesse  auf  Befehl  und  Kosten  des  Staates ;  öffentlich  gesehen  werden,  in 
publico  videri,  nicht /;?/6//ce,- und  wo  A^r  ^a^rx^  offen,  nicht  versteckt 
darin  liegt,  heisst  es  palam  ;  z.  B.  Etwas  öffentlich  in  sein  Haus  tragen, 
palam  portare,  wo  weder  ifi  publico,  noch  publice  passt.  Man  brauche 
daher  das  Wort  publice  nicht  falsch,  wie  es  selbst  Muret.,  Anderer 
zu  geschweigen,  einigemal  falsch  gebraucht  hat.  Vgl.  Anmerkk.  zu 
Mureti  Oper.  T.  I,  p.  126  nnd  172.  —  Für  publice  passt  endlich  auch 
in  publicum  bei  einem  Verbo  der  Bewegung  (wohin)  ;  z.  B.  öffentlich 
ausgehen,  in  publicum  prodire  (Cic.  Att.  Vill,  11),  nicht  publice  esire 
oder  prodire. 

Publicum  ist  als  eine  Art  von  Subst.  vorsichtig  zu  brauchen,  da  es 
fast  nur  örtliche  Bedeutung  hat  und  nie  von  Menschen  gesagt  wird, 
wie  wir  es  brauchen;  z.  B.  dieser  Schriftsteller  hat  ein  grosses  Pu- 
blicum. Publicum  wäre  hier  barbarisch,  und  es  muss  etwa  gesagt  werden ; 


653 

hvjus  scn'ptoris  libros  multi  legunt,  oder  auf  ähnliche  Weise;  es  breitet 
sich  im  Publicum  aus  ist  etwa  durch:  in  i'vigus  emanat  auszudrücken 
(Cic.  Rose.  Am.  1,  3),  —  und  so  liegen,  je  nach  dem  Sinne,  darin: 
homines,  lectores,  auditores,  spectatores  u.  a.  —  Sich  vor  dein  Publicum 
als  Redner  zeige?i  kann  heissen  procedere  in  solem  et  inpulverem  (Cic. 
Brut.  9,37.  Leg.  III,  7,  ]4).  Davon  unterscheide  man  Redensarten, 
wie:  in  publicum  prodire,  sich  öffentlich  zeigen,  öffentlich  ausgehen;  in 
publico  convivari,  öffentlich  schmause?/,  sowie  de  publica  convivari,  aus 
der  Staatskasse,  auf  öffentliche  A'osten  schmatisen,  z.  B.  bei  Cic.  (Verr. 
III,  44, 10b):  j4pronius  quotidie  solitus  est  non  modo  in  publico,  sed  etiam 
de  publico  convivari;  aliquid  in  publicum  promere,  Etwas  öffentlich  be- 
kannt machen;  orationem  in  publicum  dare,  eine  Rede  herausgeben  (Plin. 
Epist.  VIII,  3),  gleich /orßs  dare  (Cic.  Att.  XIII,  22)  oder  in  medium 
promere  (Plin.  Paneg.  66).  Vgl.  mehr  darüber  in  einem  vollständigen 
Lexic.  —  B.  L.  aber  ist  es,  wenn  der  jüngere  Burmann  irgendwo  sagt: 
publico  persuadere  conatur.  —  Ueber  publici  juris  aliquid  facere, 
vgl.  Jus. 

Puellus,  das  Knäbchen.,  war  mehr  das  gemeine  Deniinutivum,  als 
das  in  der  Schriftsprache  der  Kl.  Prosa  übliche  j!;//e/-?//Ms;  jedoch  ist 
es  nicht  zu  verwerfen,  zumal  wegen  des  ähnlichen  weiblichen  Wortes 
puella. 

Puer  in  der  alten  Bedeut.  Sklave,  Knecht,  Diener  heutzutage  zu 
brauchen,  möchte  wohl  nicht  rathsam  sein,  damit  die  Rede  nicht  un- 
deutlich werde.  Auch  gehe  man  in  der  Altersbezeichnung  nicht  über 
das  fünfzeh7ite  Jahr  hinaus,  bei  welchem  die  adolescentuli  und  ad~ 
olescentes  anfangen.  —  Im  A^.Z«.  verwechselt  man  oft  die  Redensarten  a 
puero  und  a  pueris,  von  Kindheit  an,  obgleich  man  bei  den  Alten  apuero 
nur  von  einem,  a  pueris  aber  von  mehr  als  einem  gebraucht  findet,  wie- 
wohl letzteres  auch  dann  steht,  wenn  Einer  von  sich  in  der  Mehrheit 
spricht.  Man  sagt  nur:  hoc  a  puei'O  didici,  hoc  a pueris  didicimus,  theils 
in  der  Bedeut.  wir  (mehrere)  haben  dieses  von  Kindheit  an  gelernt, 
theils  in  der  Bedeut.  ich  habe  dieses  —  gelernt.  Vgl.  Cic.  Brut.  27. 
Orat.  I,  1.  —  Falsch  sagt  daher  Sadolet.  (Epist.  VI,  20):  in  quibus 
elaboravimus  usque  a  puero,  für  a  pueris  ;  Mahne  (Crito  p.  318):  mihi 
utpote  a  pueris  adsueto,  für  a  puero;  ib.  p.  322  te  a  pueris  probi  di- 
sciplina  imbui  curavi,  für  te  a  puero  recti  et  honesti  disciplina  — .  Etwas 
Anderes  ist  es  in  der  sehr  seltenen  Redensart:  ex  pueris  excedere, 
ans  den  Kindern,  d.  h.  aus  den  Kinderjahren  herausgehen,  wo  nur  der 
Plur.  Statt  finden  kann,  wie  anderwärts  bei  Plautus  und  Terenz  ex 
ephebis  excedere  auch  von  einer  Person  vorkommt;  denn  hierin  liegt 
keine  Rückbeziehung. 

Puerilis  institutio,  der  Knabenunterricht ,  Elementarunterricht,  ist 
AI.  und  gut.  Vgl.  Cic.  Orat.  II,  1, 1.  Ausserdem  sagt  man  auch  doctrina 
puerilis  (Cic.  Orat.  III,  31,  125),  disciplina  puerilis  (N.  D.  I,  26)  und 
pueriiiae  disciplina  (Manil.  10,  28).  Vgl.  Elementarius. 

Puerilitas  werde  nicht  vom  Knabenalter  gebraucht,  welches  pue- 
ritia  heisst,  sondern  vom  kindischen  Wesen  und  Benehmen. 

Pugnare,  kämpfe?!,  streiten ;  —  mit  Einem,  in  Prosa  nur  ciim  aliquo, 
P.  L.  alicui.  —  Wiewohl  man  pugnare  aliquam  pugnam  sagen  kann, 
für  pugnam  facere,  edere,  conserere  oder  das  einfache  pugnare,  so 
sagt  man    doch   nie  proeliuTn  pugnare.   Auch  bedarf  pugnam   eines 


654 

Adject.  oder  Pronom.,  wie  es  in  solchen  gleichartigen  Verbindungen 
nothwendig  ist.  Man  sage  daher  nicht:  pugua  vis  pugnala,  für  hac 
pugna  vis  pugnata. 

Pulcher  (pulcer),  schön.  Das  deutsche  Wort  ist  sehr  vieldeutig  und 
kann  daher  nicht  immer  durch  pulcher  übersetzt  werden;  z.  B.  die 
schönen  Künste,  die  schönen  Wissensrhafteji  heisst  nicht  puhhrae 
artes,  pu/chroe  litterae,  sondern  artes  bonae,  liberales,  ingenuae,  lit- 
ierae  bonae,  honesta  studia;  ein  schöner  Acker,  ein  schönes  Feld,  nicht 
pulcher  ager,  sondern  cultus,fertilis,  laetus;  ein  schöner  Rath,  nicht 
pulchrum  co?isilium,  soin]ern  bonnm,ßdele,  salutare,  und  in  ironischem 
Sinne  vielleicht  egregium  consilium  ;  eine  schöne  Rede,  nicht  pulchra, 
sonA^vn  elegans,  polita,  oriiata  oratio ;  die  Schönheit  der  Rede,  nicht 
pulchritudo,  sondern  elegantia  sermonis  (Cic.  Ätt.  VII,  3),  eleganiia 
disserendi  (Tusc.  II,  2,  6),  nitor  orationis  (Aft.  XllI,  19);  —  daher  ist 
auch  wohl  richtig:  elega7itia  scribendi.  —  Auch  können  einzelne  Schön- 
heiten oder  Blumen  in  der  Rede  weder  durch  pulchritudines,  noch 
aber  auch  durch  elegantiae  (welcher  Plur.  wohl  ohne  gute  Auctorität 
ist)  übersetzt  werden,  sondern  AnrcXi  flores,  flosculi,  lepöres,  Feneres, 
emble?naia.  Man  sei  daher  im  Gebrauche  von  pulcher  und  pulchritudo 
vorsichtig,  und  wage  Nichts  ohne  gute  Auctorität.  Vgl.  auch  Hand's 
Lehrb.  p.  256. 

Pulchre,  schön.  Es  gilt  dafür  dasselbe,  was  vorher  hei  pulcher  be- 
merkt worden  ist,  nemlich  dass  es  nicht  zu  allen  Verben  passt;  man 
sagte  z.  B.  wohl  nie:  aliquid  pulchre  observare.  Etwas  schön,  d.h. 
richtig,  gut  beobachten,  bemerken,  für  rede,  bene,  vere  dicere,  statuere, 
docere,proJiuntiare.  Vgl.  Mahne  in  Wyttenb.  Opusc.  I,  p.  370.  —  Lächer- 
lich wäre  es,  zu  sagen:  pulchre  olere,  schön  riechen,  für  bene  olere, 
—  und  ebenso  heisst  hässlich,  garstig  riechen,  nur  male  olere.  Vgl. 
Hand's  Lehrb.  p.  249. 

Pulchrum  (pulcrum)  in  der  Bedeut.  die  Schönheit,  als  Abstractum 
oder  als  etwas  Allgemeines,  bezweifelte  der  gelehrte  F.  Wfg.  Reiz 
(Rom.  Alterth.  p.  41),  indem  er  bei  Oberlin's  Worten:  in  augendo  et 
juvando  sensu  pulchri  bemerkt:  FJr  hätte  lieber  sagen  sollen  sensu 
pulchriiudinis.  —  Gleichwohl  kommt  sensus  pulchri,  das  Gefühl  für 
Schönheit,  bei  andern  Neuern,  sogar  bei  Ernesti  (Opusc.  orat.  p.  234 
sensus  veri,  pulchri  atque  Ao/zes//),  Ruhnken  (Elog.  Hemst.  p.25[58]), 
W^yttenbach  (Vita  Ruhnk.  p.  135  []'30]  pulcri  venustique  sensu)  u.  A. 
oft  vor,  aber  sensus  pulchritt/dinis  vielleicht  nicht.  —  Für  pulchri- 
iudo  spricht  Cicero's  Stelle  Inv.  II,  1,  3,  aber  für  pulchrum  wohl  in 
gleichem  Sinne  Horaz  Sat.  I,  1,  44  quid  habet  pulchri  constructus 
acervus,  welche  Stelle  Hr.  Rect.  Nobbe  dafür  anführt.  Vielleicht  un- 
terschieden die  Römer  in  einigen  Verbindungen  pulchritudo  und  pul- 
chr?im  nicht  immer  so  genau  von  einander,  wie  auch  wir  sagen:  das 
Gefühl  für  Schönheit  und  für  das  Schöne.  —  Uebrigens  hat  weder 
sensus  pulchritudim's,  noch  se?/sus  pulchri  alte  Auctorität.  Vgl.  mehr 
über  dergl.  Wörter  Th.  I,  §.  84. 

P?//mo«es,  rf/e //Mwg'ew,  wird  selten  vom  Redner  gebraucht,  der  seine 
Lungen  (Brust)  anstrengt;  dafür  sagt  man  fast  nur /ö/era.  Vgl.  Pectus. 

Pulsare,  was  nur  activ  mit  einem  Acc,  aliquem  oder  aliquid,  ver- 
bunden wird,  in  der  Bedeut.  klopfen,  schlagen  (Einen.,  Etwas,  an  Et- 
was), wird  im  N.  L.  auch  neutral  von  den  Adern  gebraucht :  vcnoe. 


655 

arteriae  ptdsant,  sie  schlagen,  klopfen,  für  micant;  doch  istpnlsus  ar- 
ieriaruin,  pulsi/s  venarum,  das  Klopfen,  Schlage?i  der  Adern  (was  wir 
den  Pills  nennen),  gnt  und  kommt  beim  altern  Plinius  vor. 

Pulvinar  bedeutet  wohl  nur  das  Sopha,  Polster,  besonders  für 
die  Bilder  der  Götter  bei  Schau-Ausstellungen,  aber  nicht  ein  Kopf- 
kissen; dieses  heisst  p?ilrijms. 

Pulvis,  der  Staub,  findet  sich  nirgends  in  der  bildlichen  Bedeut. 
Niedrigkeit,  Unbekanntheit,  wie  wir  z.  B.  sagen:  Einen  oder  Etwas 
aus  dem  Staube  erheben  ;  in  diesem  Sinne  sagt  man  humile,  tenebrae 
oder  was  sonst  der  Sinn  zulässt.  —  N.  L.  ist  z.  B.  liiteras  ex  pulvere 
escitare  (vielleicht  aus  falscher  Anwendung  der  Stelle  Cicero's  [Tusc. 
"V,  23]:  homunculum  (Archimedem)  ex  pulvere  et  radio  excitabo),  die 
Wissenschaften  aus  dem  Staube  erheben,  wie  C.  F.  Roth  (Argumenta 
lat.  serm.  p.  1)  sagt,  für  Utteras  e  tenebris  in  lucem  vocare,  oder  nach 
Cic.  (Tusc.  II,  2,  5)  ab  humili  ad  su?nmum  educere. 

Punctum,  der  Punkt,  kann  nur  selten  für  unser  Wort  Punkt  ge- 
braucht werden,  da  es  sich  zu  sehr  auf  die  Bedeut.  Stich  beschränkt. 
Man  sagt  zwar  punctum,  temporis,  aber  dieses  bedeutet  nur  den  Augen- 
blick, wofür  es  der  Kl.  Ausdruck  ist,  nicht  den  Zeitpunkt,  wo  nur  das 
einfaclie  tempus  passt;  z.  B.  im  gegenwärtigen  Zeitpunkte,  hoc  tem- 
pore, nicht  hoc  temporis  puncto  ;  der  gefährlichste  Zeilpunkt,  sunimum 
tempus,  rerum  sumnium  discnmen.  —  Wo  Punkt  so  viel  ist  als  Theily 
Stück,  Abschnitt,  z.  B.  eines  Gesetzes,  einer  Rede,  einer  Abhandlung 
u.  dgl.,  sagt  man  nicht  punctum,  sondern  /es,  caput,  pars,  locus  u.  a. 
—  Ferner  heisst  ich  kounne  auf  diesen  Punkt  nur  huc  venio  (Cic. 
Farn.  IX,  6  huc  ut  venirem,  um  auf  diesen  Punkt  zu  ko?nmenJ;  auf  den 
höchsten  Punkt  kommen,  gelangen,  ad  summum  venire  (Cic.  Tusc.  II, 
2,  ö).  Her  Hauptpunkt,  um  den  sich  Alles  dreht,  wird  oft  durch  cardo 
ausgedrückt,  aber  mit  vorgesetztem  velut,  An  cardo  ein  bildliches  Wort 
ist.  —  N.  L.  ist  wohl  punctum  facere  post  (aliquam  vocem),  für  inter- 
pungere  post  — .  P.  L.  (bei  Horaz)  ist  omne  puncttim  ferre  in  der 
Bedeut.  aUgemeinen  (Aller)  Beifall  davontragen ;  im  N.  L.  sagt  man 
dafür  omnia  puncta  oder  omnium  puncta  ferre.  Aber  die  Redensart 
beruht  auf  einer  uns  so  fremdartigen  Sitte,  dass  sie  jetzt  wohl  nicht 
mehr  zu  brauchen  ist,  wiewohl  sie  im  iV.  L.  bei  den  Redekünstlern 
und  Liebhabern  alles  Alten  nicht  selten  vorkommt.  Wer  sie  brauchea 
will,  füge  hinzu:  ut  Horatii  verbis  titar.  Da  sich  aber  weiter  keine 
Stellen  dafür  linden,  so  ist  es  sehr  gewagt,  für  omne  einen  Genit., 
omnium  oder  doctorum  hominuni,  zu  setzen;  aber  noch  mehr  unla- 
teinisch ist  es,  omnium  doctorum  puncta  auferre  (für  ferre)  zu  sagen, 
wie  es  der  Alles  und  Alle  bekrittelnde  Scioppius  (de  stylo  p.  72)  ge- 
than  hat.  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  436. 

Pungere,  stechen,  wird  zwar  bildlich  gebraucht,  aber  nirgends 
kommt  vor:  sol pungit,  die  Sonne  sticht,  d.  h.  brennt  heiss;  dafür  sagt 
man  ardet. 

Punire  (poenire)  und  als  Deponens  pmiiri  (poeniri),  strafen,  sich 
rächen;  —  Jemande?i,  au  Jemanden,  aliquem.  Beide  scheinen  noch 
Kl.  neben  einander  bestanden  zu  haben;  wenigstens  findet  sich  das 
Deponens  bei  Cicero  wohl  viermal.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  244. 

Purgare  in  der  Bedeut.  entschuldige7i,  wird  verbunden  se  (aliquem) 
alicui  de  aliqua  re,  sich  (Einen)  bei  Jemanden  wegen  einer  Sache  ent- 


656 

schuldigen :  z.  B.  cui  se  purgat,  bei  wem  er  sich  ejiischuldigt  (Clc.  Orat. 
69,  230),  iiiclit  opiid  quem;  ego  ine  tibi  purgo^  ich  eiitschuldige  mich 
hei  dir  (Farn.  XV,  17,  1). 

Purgatorius,  reinigend,  fegend,  ist  sehr  Sp.  L.  für  purgans.  — 
In  der  katholischen  Glaubenslehre  heisst  ignis  purgatorius  —  das 
Fegefeuer,  wofür  jedoch  der  acht  katholische  Perpiiiian.  (Oratt. 
p.  133),  dieses  Wort  scheuend,  ignis  purgans  sagt.  Noch  später  ist 
pzirgalivus,  was  die  Aerzte  für  ihre  Purganzen  aufg'enommen  haben, 
weiche  sie  purgativa  oder  purgatoria  zu  nennen  pflegen.  Sonst  sind 
purgare  alvum  und  purgatio  alvi  KL  medicinische  Wörter,  aber  ohne 
das  Subst.  nicht  üblich,  ausser  wenn  der  Zusammenhang  die  Auslas- 
sung verstattet.  Dennoch  nennt  Celsus  die  Mittel  der  Art  nicht  pur- 
gantia,  sondern  mit  dem  griech.  Kuustnamen  cathartica. 

Puritas,  die  Reinheit,  ist  ein  sehr  Sp.  L.  Wort,  was  Vielen  seltsam 
scheinen  wird,  zumal  da  impuritas  (vgl.  dieses  Wort),  freilich  nur  in 
der  Bedeut.  Geilheit,  Kl.  ist.  Das  eine  schützt  aber  das  andere  nicht, 
wie  man  ja  auch  z.  B.  impunitas,  impudentia,  immensitas  u.  a.  richtig 
braucht,  nicht  aber  punitas,  pudentia,  mensitas,  und  ähnlich  im  Deut- 
schen: Unwissenheit,  Ungestraftheit,  Unbändigkeit,  aber  nicht  Wis- 
senheit,  Gestraftheit,  Bündigkeit.  Gleichwohl  ist  puritas  im  N.  L.  das 
Alltagswort  für  die  Reinheit  der  Rede,  indem  fast  alle  rhetorische 
Bücher  ein  Kapitel  de  puritate  sermonis  oder  orationis  enthalten,  und 
selbst  der  hyperkritische  Scioppius  (de  stylo),  der  grosse  Muret. 
(Praef.  Terent.  semper  latini  sermonis  puritatem)  und  andere  grosse 
und  kleine  Neulateiner  von  einer  solchen  puritas  sprechen.  Es  werde 
aber  durchaus  vermieden  durch  integritas  (Cic.  Brut,  35,  132  incor- 
rupti  sermonis  integritas),  mufiditia  (es),  castitas,  sinceritas,  oratio 
cnsta,  emendata.  —  Richtig  aber  und  Kl.  ist  das  Adj.  purus  und  das 
Adv.  pure  (nicht  puriter,  was  J.  L.  ist)  ;  daher  pura  oratio,  pura  et 
incorrupta  dicendi  consuetudo  (Cic.  Brut.  75),  purus  et  emendatus 
sermo,  purum  dicendi genus  (Qrai.  \Q)\  pure  et  emendate  loqui  (Opt. 
gen.  orat.  2).  Den  Gegensatz  dazu  bilden  inquinatus  sermo,  inquinate 
loqui.  Vgl.  Matthiae  Exempla  p.  198.  Hand's  Lehrb.  p.  119.  Friedem. 
z.  Iluhnk.  Opusc.  p.  123  u.  Frotscher  z.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  123.  — 
Reinheit  der  Sitten,  sittliche  Reinheit  ist  morum  sanctitas  oder  inte- 
gritas ;  Reinheit  oder  Reinlichkeit  im  Aeussern  ist  munditia,  elegantia. 

Purus,  rein.  Zu  bezweifeln  ist  wohl  vinum  purum,  reiner,  unter- 
mischter fVein,  für  merum  oder  meracum.  Purus  verbunden  mit  dem 
A.  L.  Worte  puttis,  welches  ebenfalls  rein  und  lauter  bedeutete,  kommt 
höchst  selten  und  nur  A.  L.  vor,  z.  B.  bei  Plautus,  wo  es  meistens 
spöttisches  Beiwort  ist,  nirgends  aber  später.  Es  sollte  daher  im 
N.  L.  in  guter  ernster  Prosa  nicht  angewandt  werden,  wie  es  gleich- 
wohl z.  B.  Görenz  thut,  welcher  von  pura  puta  latinitas  spricht,  für 
pura  et  emendata ;  und  so  müsste  sich  ein  klassischer  Philolog  wohl 
schämen,  philologus  puriis  putus  genannt  zu  werden,  für  germanus 
philologus ;  mir  wenigstens  scheint  jenes  so  spöttisch,  wie  unser  Stock- 
philolog,  d.  h.  ein  solcher,  dem  ausser  Sprachkenntniss  alle  andern 
Kenntnisse  abgesprochen  werden. 

Pusillanimis,  kleinmüthig,  ist  sehr  Sp.  L.;  das  davon  abgeleitete 
Adverb,  pusillanimiter  aber  und  das  Subst.  pusillanimitas,  der  Klein- 
muth,  die  Schwachherzigkeit,  sind  iV.   L.;  man  vermeide   sie   sämmt- 


657 

lieh  und  sage  statt  pusillanmits  entweder  minutus  et  an gustus,  weichen 
Cic.  (Fin.  1,  18,  61)  gebraucht,  indem  er  sagt:  Einige  sind  minuti et 
angusti,  aut  omnia  seinper  desperantes,  aut  malevoli;  oder  mit  dem 
altern  Plinius  (N.  H.  XX.II,  24,  51)  anhni  humüis,  wobei  er  hinzufügt: 
quos  Graeci  dixere  nikropsychos  (/At>c(joihi'yavg);  —  statt  pusillatiimitas 
aber  sage  man  anitmis  parvus,  humih's,  angustus,  abjectus,  fractus; 
ain?ni  angustiae,  irifirmitas,  contr actio  oder  contracthincida  animi  (Cic. 
Tusc.  III,  34;1V,  31). 

Pusillus,  klein.,  verwirft  Grysar,  insofern  man  es  von  leiblicher 
Grösse  brauchen  wollte;  aber  so  findet  es  sich  bei  Cic.  (Orat.  II,  60, 
245)  und  Horat.  (Sat.  I,  5,  69). 

¥uta  in  der  Bedeut.  zum  Beispiel,  und  nt  puta,  wie  zum  Beispiel, 
finden  sich  höchst  selten,  N.  Kl.  und  Sp.  L.  bei  Juristen,  für  ut, 
exempli causa;  sie  sind  nicht  wohl  nachzubrauchen,  wenigstens  nicht 
so,  wie  sie  z.  B.  Görenz  braucht:  curia  Hostilia,  a  conditore  puta 
dicta,  welche  nämlich  von  ihrem  Erbauer  so  genannt  ist;  denn  hier 
wird  nicht  einmal  ein  Beispiel  gegeben.  Vgl.  Weber's  Uehungssch. 
p.  514.  Anm.  zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  224  u.  Reisig's  Vorles.  p.  466. 

Putare,  glauben ;  —  an  Einen,  dass  er  sei,  heisst  nicht  ^V^  aliquem^ 
sondern  blos  aliquem,  seil,  esse ;  z.  B.  an  Gott,  an  Götter  glauben,  nicht 
in  deujn,  in  deos  putare,  wie  es  in  latein.  Gebetbüchern  vorkommt, 
sondern  deum,  deos  putare  (Cie.  Divin.  I,  46,  104),  wie  auf  gleiche 
Art  deos  credere  (Senec.  Epist.  95.  p.  70)  gesagt  wird.  —  Richtig  ist 
aliquid  pro  eerto,  pro  nihilo,  pro  eoncesso  u.  a.  putare,  Etwas  für  ge- 
wiss., für  Nichts,  für  erlaubt  halten.  Nur  selten  wirA  puto,  oder  ut puto, 
wie  unser  glaube  ich,  wie  ich  glaube,  in  den  Satz  eingeschoben,  ohne 
dass  dieser  von  piito  abhängig  gemacht  würde.  Vgl.  jedoch  Cic.  Att. 
XII,  49,  1.  Coel.  Cic.  Farn.  VIII,  3,  3.  Vatin.  Cic.  Fam.  V,  9,  1.  Als 
mehr  N.  Kl.  und  P.  L.  werde  es  vermieden.  —  Wenn  nach  einem 
Accus,  m.  d.  Inf.  der  Zusatz  folgt:  ich  glaube  auch  der  und  der,  z,  B. 
Cicero  (als  Nom.),  so  mnss  es  puto  etiam  Ciceronem  heissen,  nicht 
Cicero,  weil  auch  hier  der  vorhergehende  Infinit,  gedacht  wird.  Vgl. 
Cic.  Fam.  XV,  4,  Ib  puto  etiam  regem  Dejotarum,  neml.  de  me  locutu- 
rum,  ich  glaube,  auch  der  König  Dejotarus  — .  Endlich  bemerkt  noch 
handschriftlich  Hr.  D.  Dietrich:  Hier  war  vielleicht  vor  dem  Germa- 
nismus pjito  me  seq.  hif.  zu  warnen,  statt  videor  (mihi),  videmur  (nobis). 
S.  Heusing.  Cic.  Off.  I,  1,  2.  —  Aber  wie  er  dies  versteht,  weiss  ich 
nicht;  auch  spricht  Heusinger  nicht  davon.  Vielmehr  kommt  ptito  me 
c.  Inf.  wirklich  vor,  z.  B.  bei  Cic.  (Fam.  III,  15,  7) :  quod  a  te  tantum 
(me)  amari —  putavi;  ib.  IX,  16,  2  ut  ab  iis  me  amari ptitcm ;  Att. 
XII,  18,  1  voto  quodam  et  promisso  me  teueri  puto  ;  Asin.  Pollio  Cie. 
Fam.  X,  32,  5  quarum  rerum  fructum  —  tulisse  me  putabo. 

Pythagoreus  und  Pythagoricus,  Pythagorisch,  der  Pythagoreer. 
Beide  Formen  seheint  Cicero  gebraucht  zu  haben,  aber  nach  Hein- 
dorf (z.  Cie.  N.  D.  I,  5)  mehr  die  erste. 

Pythias,  als  Name  des  treuen  Freundes  des  Dämon  zu  Syraeus, 
beruht  auf  alter  falscher  Lfesart  für  Phintias.  Vgl.  die  Ausleger  zu 
Cie.  Off.  III,  10. 

Pythicus,  Pythisch,  ist  weniger  übliche ,  vielleicht  zweifelhafte 
Form  für  Pythius. 

42 


658 


Q.    q. 


Qua- qua,  theih-  theüs ;  v^l.  unter  Qui. 

Quadamtenus ,  in  einiger  Hinsicht,  gewissermassen ,  ist  P.  L.  und 
stellt  A^.  Kl.  beim  altern  Plinius;  es  werde  nicht  nachgebraucht,  son- 
dern durch  aliquo  modo,  aliqua  ex  parte,  qtwdammodo  vermieden. 

Quadragesies,  vierzigjnal,  ist  Sp.  L.  Form  für  quadragies, 

Quadrare  mit  d.  Dat.,  alicui,  heisst  Einem  passend,  gut  scheinen, 
gefallen;  mit  in  aliquem,  in  aliquid,  auf  Einen,  auf  Etwas  passen,  sich 
schicken.,  anwendbar  se/zz,  gleich  couvenire  oder  cadere  in  aliquem; 
oluie  einen  Zusatz  heisst  es  sich  fügen,  sich  passen,  besonders  von  der 
Rede,  sowie  man  auch  quadr.  aliquid,  z.  B.  orationem,  sagt,  eine  Ikede 
i7i  Ordnung  bringen.  Aber  wohl  muss  nach  Dietrich  vor  dem  iVl iss- 
brauche gewarnt  werden,  den  man  heutzutage  mit  dem  Verbo  treibt, 
z.  B.  in  Redensarten,  wie:  hoc  verbum  hie  quadrat  oder  hie  non  qua- 
drat,  für  aptum  oder  ineptum  est,  da  es  wenigstens  nicht  hie,  sondern 
huc  oder  in  hunc  locum  heissen  raüsste. 

Qtiadriga ,  ein  Fiergespa?in  ,  vierspänniger  Wage?t,  ist  als  Singul. 
nur  P.  L.  und  N.  Kl.  (beim  altern  Plininius)  ;  es  findet  sich  sonst  nur 
im  Plur.,  quadrigae ;  und  so  bei  Cicero  quadrigulae,  bei  Plinius  qua- 
drigula. 

Quadringenteni,  je  vier  hundert,  ist  vielleicht  zweifelhafte  Form  für 
quadringeni  oder  quadrigeni. 

Quaerere,  suchen,  fragen  u.  a. ;  —  Einen,  Etivas  suchen  oder  nach 
Einem,  nach  Etwas  fragen ,  aliquem  oder  aliquid  quaerere ;  Einem 
oder  für  Eijie?i  Etwas  suchen,  Einem  Etwas  erwerben  oder  zu  ver- 
schaffen, zu  verdienen  suchen,  alicui  aliquid  quaerere;  Einen  um,  nach 
oder  wegen  Etwas  fragen,  es  f«,  de)  aliquo  aliquid  oder  de  aliqua  re 
quaerere ;  Etwas,  z.  B.  ein  Verbreche?!,  unter siichen,  de  aliqua  re  quae- 
rere, z.  B.  de  anibitu,  de  repetundis,  nicht  amhitum,  repetundas.  —  Nur 
höchst  selten,  aber  nicht  nachzuahmen  ist  der  Acc.  rem  quaerere^ 
mögen  auch  Cic.  (Verr.  II,  29,  72)  und  Livius  einmal  so  gesagt  haben.  — 
Jemanden  befragen  gegen  Jemanden  heisst  de  aliquo  in  aliquem  quae- 
rere, besonders  de  servis  in  dominum  (Cic.  Milo  22,  59.  Att.  1,17,  8), 
—  und  endlich  bei  sich  überlegen,  secum  quaerere  (Att.  IX,  11,  1  in 
app.  ad  Caesar.).  —  Suchen  in  der  Bedeut.  holen,  z.  B.  Heil,  Rettung 
bei  Jemanden,  heisst  nicht  quaerere,  sondern  petere  salutem  ab  aliquo 
(Cic.  Fam.  VI,  1);  suchen  in  der  Bedeut.  auf  Etwas  ausgehen,  nicht 
quaerere,  sondern  id  agere,  tit  oder  7ie  quis  quid  faciat;  und  aus  Et- 
was heraussuchen,  nicht  quaerere,  sondern  eligere ;  z.  B.  elegit  ex 
mnltis  Isocratis  libris  triginta  versus  (Cic.  Orat.  56,  190). 

Quaeritare,  suchen,  fragen,  ist  nur  A.  L.  für  quaerere. 

Quaeso,  ich  bitte ,  ist  fast  nur  in  dieser  ersten  Person  üblich,  nur 
selten  im  Plur.,  quaesumus.  Meistens  steht  es  ohne  Object,  wen  man 
bittet;  hat  es  ein  solches  bei  sich  —  was  übrigens  selten  ist  — ,  so 
heisst  es  ab  (nicht  ex)  aliquo;  —  als  Acc.  kommt  dabei  nur  deos  vor. 
Um  was  man  bittet,  folgt  entweder  im  Imperat.  oder  mit  ut  oder  ver- 
neinend ne,  nie  mit  dem  Accus,  einer  Sache.  Aus  der  Person  des  fol- 
genden Verbi  muss,  wenn  quaeso  allein  steht,  entweder  a  te  oder  a 
vohis  hinzugedacht  werden,  da  beide  gewöhnlich  wegbleiben,  wie  auch 
wir  sagen:  ich  bitte,  für  ich  bitte  dich  oder  euch.  Vgl.  Cic.  Quinct. 6,24 


659 

qiiaeso  (neml.  a  vobis,  judices ),  ut  eum  diem  memoriae  mandetis.  — 
N.  L.  ist  es,  quaeso  in  solclien  Sätzen  zu  brauchen,  in  welchen  gar 
keine  Anrede  Statt  finden  kann;  z.  B.  quis,  quaeso,  dubilet?  für  quis 
tandem  dubitet?  —  Beim  Imperat.  steht  es  (nach  Klotz)  meist  unmit- 
telbar nach  demselben,  nicht  nach  dem  mit  dem  Verbo  etwa  noch 
verbundenen  Adverb.;  z.  B.  ich  bitte  euch,  leset  diese  ßez'ssig,  hos  legite, 
quaeso,  studiose  (Cic.  Cat.  17,  59) ;  achtet  aufmerksam^  icJi  bitte  euch, 
darauf,  attendite,  quaeso,  diligenter  (Caec.  30,  86  nach  Klotz). 

Quaestio.  Man  bezweifelt,  ob  quaestio  est,  es  ist  die  Frage;  non 
oder  nuUa  est  quaestio,  es  ist  keine  Frage,  so  einfach  ohne  ein  Adj., 
wie  magna,  obscura,  difficilis  u.  d^l. ,  in  guter  Prosa  vorkomme;  aber 
diese  Ausdrucksweisen  finden  sich  sogar  bei  Cicero  einigemal,  z.  B. 
Topic.  J5,  59  beatos  efficiat,  nee  ne,  sola  per  se,  quaestio  est;  Tusc. 
IV,  13.  30  sed  perturbationes  sintne  ejusdera  partes,  quaestio  est,  — 
und  vielleicht  noch  anderwärts.  Oefter  freilich  kommen  vor:  quaeritur, 
quaerendum  est,  qiiaeri  potest ;  aber  A.  L.  und  N.  Kl.  (beim  altern 
Plinius)  ist  in  quaestione  est,  wie  unser  es  steht  in  Frage.  Ygl.  die 
Lexica  und  Weber's  üebungssch.  p.  374. 

Quaestor.  lieber  Quaestor  aerarius  (nicht  aerarii)  vgl.  Aerarium. 

Qualis ,  verdoppelt,  qnalis  qualis,  wer  oder  wie  er  auch  sei,  findet 
sich  Sp.  L.  bei  Juristen  für  qualiscunque ;  ebenso  das  Adv.  qualiter 
qualiter,  wie  auch  nur,  für  utcunque. 

Qualiscunque,  von  welcher  Art  auch,  hat  in  gerader  Rede  fast  nur 
den  lndicat.,\i\c\\i  den  Conju7ict.  des  Verbi  bei  sich;  dagegen  wird 
oft  gefehlt,  indem  wir  theils  gern  den  Conjunct.  brauchen,  theils 
7nögen  hinzusetzen ;  z.  B.  von  welcher  Art  er  auch  sei  (sein  mag),  qualis- 
cunque est,  nicht  sit.  Vgl.  Th.  I,  §.  123.  —  Nach  Zumpt  (Gramm.  §.  128) 
ist  es  erst  Sp.  L.,  qualiscu?ique  hinter  sein  Subst.  ohne  das  Verbum 
esse  zu  setzen.  Man  sage:  animus,  qualiscunque  est;  ingenium,  quale- 
cunque  est,  nicht  ohne  est,  animus  qualiscunque,  ingenium  qualecunque. 

Qualitas,  die  Beschaffenheit,  Eigenschaft,  ist  ein  von  Cicero  für 
die  philosophische  Sprache  dem  griech.  Troiorr/?  nachgebildetes  Wort, 
welches  er  aber  auch  nur  als  Kunstwort  in  philosophischen  Schriften 
brau(  ht.  Bei  den  folgenden  Schriftstellern  findet  es  sich  selten,  und 
es  kann  auch  zum  gewöhnlichen  Gebrauche  nicht  angewandt  werden. 
—  Eine  gute  Eigenschaft  heisst  Kl.  durchaus  virtus,  und  das  Gegen- 
theil  Vitium.  Vgl.  D.  L.  Lexica. 

Qualite^;  auf  welche  Weise,  toie,  steht  erst  N.  Kl.  bei  Celsus,  Colu- 
mella  u.  A.  für  qua  ratione,  quo  modo,  ut  u.  a.  Eben  so  N.  Kl.  ist  qua- 
litercunque,  wie  auch  nur.,  für  utcunque,  quacunque  ratione.  Ueber  das 
doppelte  qualiter  qualiter  vgl.  Qualis. 

Quam,  Adv.,  als,  steht  in  der  Regel  fast  nur  uach  einem  Comparat. 
und  nach  der  Partikel  tam,  so,  so  sehr ;  z.  B.  grösser  als  du,  major 
quam  tu ;  ich  liebe  dich  so  sehr  als  mich,  te  quam  me.  Dagegen  über- 
setze man  als  nicht  mit  quam,  wenn  tantus,  so  gross,  vorhergeht,  son- 
dern durch  quantus;  nach  tantum,so  r/e/,  durch  quantum;  nach  talis, 
ein  solcher,  durch  qualis;  nach  totidem,  so  viele,  durch  quot ;  nach  toties, 
so  oft,  durch  quoties,  und  so  bei  ähnlichen.  Vgl.  Anleit,  §.574.  —  Nach 
dem  bejahenden  alius,  ein  Anderer,  folgt  ebenfalls  nicht  (wenigstens 
selten)  quam,  sondern  ac  oder  atque ;  z.  B.  das  Licht  der  Sonne  ist  ein 
ganz  anderes,  als  das  der  Lichter,  lux  longe  alia  est  solis,  ac  lychnorum 

42* 


660 

(Cic.  Coel.  28,  67) ;  —  und  so  ebenfalls  ac  oder  atque^  nicht  quam, 
was  mehr  P.  L.  ist,  nach  den  vergleichenden  Wörtern  ita,  sie,  paritery 
aeque,  dissimilis,  diversus,  contrarius.  Selten  jedoch  steht  dieses  ver- 
gleichende ac  oder  atque  in  der  Bedeut.  als  nach  7ion  alius,  also  ver- 
neinend;  z.B.  ego  tarnen  in  re  publica  «ow  «//«s  essera,öf9//eCö/s^  ninic 
sinn  (Cic.  Fam.  I,  9,  21).  —  Nach  verneinenden  Wörtern,  wie:  'Nie- 
mand, Keiner^  Nichts,  niemals  u.  a.  und  nach  allen  Fragen  mit  wer 
(tvelcher),  was  und  ähnlichen,  bei  welchen  ein  Anderer  (Anderes)  zu 
denken  ist,  und  welche  die  Stelle  verneinender  Sätze  vertreten, 
drücken  die  Lateiner  das  W'ort  als  nicht  durch  quam,  sondern  fast 
nur  durch  nisi,  oder  (jedoch  selten)  durch  praeter  aus  i\\\>^x praeter 
wurde  schon  Einiges  oben  unter  diesem  Worte  erwähnt)  ;  z.  B.  was  ist 
die  Fröinmigkeit,  als  — ,  quid  est  pietas,  nisi  — ;  welche  sind  gute  Bür- 
ger, als  — ,  qui  sunt  boni  cives,  nisi —  (Cic.  Plane.  33).  Und  so  heisst 
nirgends  als  —  nusquam  nisi;  niemals  als  —  numquain  nisi.  Jedoch 
bei  dem  oft  zu  nihil  hinzutretenden  aliud,  7iiliil  aliud,  nichts  Anderes, 
folgt  zwar  am  meisten,  zumal  bei  Cicero,  7mi,  aber  doch  auch  nicht 
selten  quam.  Vgl.  oben  unter  Alius ;  Stellen  mit  quam  in  Anton.  Progr. 
p.  73  und  bei  Benecke  zu  Cic.  pro  Pompejo  p.  309.  —  N.  L.  ist  quam 
für  quanto,  wie  viel,  zur  Verstärkung  eines  Coraparat.;  z.  B.  quampru- 
dentior,  tvie.,  tvie  viel  klüger,  für  quanto  prud.,  weswegen  denn  auch, 
wo  quam  plures  etwa  vorkommt,  dafür  complures  zu  lesen  ist.  Ebenso 
sagt  man  nicht:  quam  aliter,  ivie  ganz  anders,  sondern  qua7ito  aliter. — 
N.  L.  ist  auch  quam  mit  einem  Posit.  und  possum  verbunden,  wo  der 
Gebrauch  den  Superlat.  fordert.  Daher  sagt  Manutius  (Epist.  IV,  20) 
nicht  gut:  orationem  quatn  potes  multis  communica,  theile  so  Vielen 
als  möglich  deine  Rede  mit,  für:  orationem  curn  quam  plurimis  potes 
communica  (hier  ist  auch  die  Verbindung  alicui  communicare  ver- 
werflich). Gleichfalls  N.  L.  ist  in  Ausrufungs-  oder  Verwwiderungs- 
Sätzen  quam  mit  dem  Superlat.  statt  des  Posit. ;  z.  B.  wie  schön  ist  er! 
quamformosus  est!  nicht  for mos issimus.  —  In  Sätzen,  wie:  er  ist  wür- 
dig gelobt  zu  werden,  als  oder  tvie  (wohl)  irgefid  ein  Anderer,  sagt 
man  nicht:  quam  aliquis  oder  quam  quis  a//«s,  sondern  si  qtiis  oder  si 
quisquum  alitis.  Vgl.  unter  Si.  —  Ferner  in  dem  Zusätze:  als  nur  Einer 
sein  kann  zu  einem  adjectiv.  Satze  mit  tarn  (so),  sagt  man  entweder 
quam  qui  maxime,  oder  setzt  für  maccime  wieder  das  vorhergegangene 
Adject.  oder  ein  im  Sinne  gleiches  im  Superlat.;  z.  B.  tam  mihi  id 
gratum  erit,  quam  quod  gratissimum,  als  nur  Etwas  sein  kann  (Cic. 
Fam.  XIII,  3);  tam  sura  araicus  rei  publicae,  quam  qui  maj;ime  (ib. 
V,  2,  6)  ;  ego  suni  tam  mitis,  quam  qui  lenissimus  (Soll.  31,  87).  Vgl. 
auch  unter  Ut.  —  Dass  übrigens  bei  plus,  amplius  und  minus,  wenn 
als  mit  einem  Zahlworte  folgt,  bei  allen  Casibus  oft  quam  wegbleibt, 
ohne  Veränderung  des  Casus,  darüber  vgl.  die  Grammatiken;  ausser- 
dem Anleit.  §.  103.  Ruhnk.  Vellej.  II,  1,4  u.  Weber's  Uebungssch.  p.95. 
*  Von  alius  quam  sag-t  Ruhnk.  (z  Terent.  Andr.  111,3,  13):  Barbare  et 
inquiiiate  loquentes  dicerent  aliwn  quam  (pro  atium  atque).  Sed  notaiiduin  est 
apiid  optimos  quosque  scriptores  post  alius  secjiii  atque,  ac,  numquam  jungi  so- 
lere  quam,  nisi  ncg'ativac  particulae  no)i,  nihil  \v\  similes  cum  a/»\y  junctae  prae- 
cc'daiit;  v.  Burm.  Pctron.  c.  86.  —  Mit  Ünrcclit  aber  bezweifelt  der  bedachtige 
Ochsner  (Kclog.  Cic.  p.  252)  bei  Cicero  quam  nacli  nihil  aliud,  für  nisi  oder 
praeter,  und  verstattet  jenes  nur  den  Nachklassikern.  Vgl.  dagegen  unter  Alius, 

Quam  etiam,  quam  quoque,  wie  oder  wie  sehr  auch,  zur  Verstär- 


661 

kung  eines  Adject.  oder  Verb.,  ist  D.  L.  für  qunmvis  oder  quantumvis 
mit  dem  Conjnnct. ;  z.  B.  wie  weise  er  auch  ist  (sein  mag),  quamvis 
sapiens  sit  oder  sapiat.  Vgl.  Ktiam. 

Quainlibet  ist  erst  A'.  Kl.  im  Gebrauche  und  werde  besonders  in 
der  ßedeut.  we7in  a?ich  noch  so  vermieden ;  dafür  setze  man  etiamsi, 
weswegen  denn  auch  Frotscher  bei  den  Worten  Muret's  (Oper.  T.  I, 
p.  427)  :  quamlibet  obscura  —  faniilia  natus  fuisset,  ivenn  er  auch  aus 
einer  noch  so  unbekannten  Fainilie  geboreti  gewesen  wäre,  bemerkt : 
Aptius  etiamsi. 

Quam  maxime  mit  einem  Superlat.  ist  N.  L.;  neulich  schrieb  z.  B. 
Jemand:  hujus  quam  maxime  rarissimi  libri.  Vgl.  noch  Maxime. 

Qtiamprimum  als  Conjunctio?i  gebraucht,  nicht  als  Adv.,  ist  nicht 
lateinisch,  und  beruht  auf  falscher  Lesart  für  cu?n primum,  ut  primnm. 
Gleichwohl  sagt  Valcken.  (Oratt.  p.  223)  :  quamprimum  (sobald  als, 
gleich  sobald  als)  adoleverint  vires,  amantes  tui  populos  perambula; 
Mahne  (Crito  p.  257)  :  qtiamprimum  illud  Stadium  emensi  sunt;  (ib. 
p.  284)  quamprimum  hi  eo  pervenerunt;  (ib.  p.  295)  ut,  qnamprimran 
civis  acaderaicus  factus  fueris  u.  a.  m.  Es  ist  nur  Adverb,  und  heisst 
sobald  als  möglich;  z.  B.  veni  quamprimum.  Vgl.  Ileusing.  Eraendd. 
p.  426. 

Quamquam,  obgleich,  hat  in  guter  Prosa  bei  Cicero,  Caesar  und 
Livius  den  Indicat.  bei  sich,  wenn  kein  mögen  dabei  gedacht  wird ; 
wo  aber  der  Co?ijunct.  dabei  steht,  wird  nur  mit  Bedenklichkeit  und 
Vernuithung  gesprochen;  es  liegt  dann  darin  der  ^egri^ Etwas  zu  sein 
oder  zu  thtin  scheinen,  mag  er  auch  immerhin.  Erst  N.  Kl.  steht  der 
Conjunct.  ohne  den  Begriff  der  Bedenklichkeit  und  der  Vermulhung; 
und  so  kommt  es  auch  im  iV.  L.  nicht  selten  vor,  was  nicht  sein  sollte, 
sogar  einigemal  bei  Muret.,  geschweige  bei  Andern,  Vgl.  Frotscher 
z.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  399.  —  Ohne  ein  eigenes  Verbum  steht  es 
nur  einmal  bei  Cic.  (Fin.  V,  23,  68)  :  quamquam  expetenda,  wo  sunt 
fehlt. —  Erst  N.  Kl.  steht  es  bei  Adjecti\en  und  Participien,  z.  ß. 
bei  Sucton.  Quintilian,  Plinius  und  Tacitus;  doch  ahme  man  dies  nicht 
nach.  Vgl.  Madvig  zu  Cicero's  Stelle;  ausserdem  Hand's  Lehrb.  p.  175 
u.  232.  Wunder  z.  Cic.  Plane,  p.  62.  Ellendt  z.  Cic.  Orat.  I,  6,  21  u. 
Reisig's  Vorles.  p.  451  u.  527. —  Sp.  L.  sagt  man  sogar  quamquam  etsi. 

Quamvis  hat  seiner  Natur  und  Bedeut.  nach,  da  es  fvie  sehr  auch, 
auch  sogar,  mag  auch  bedeutet,  den  Conjunct.  bei  sich,  und  so  steht 
es  fast  durchaus  in  KL  Prosa;  N.  Kl.  nhttY  bedeutet  es  das  gewöhn- 
liche obgleich,  obschon,ivieivohl,\x\\t\  wird  mit  (t€mi  Indicat.  verbunden, 
was  denn  auch  nur  zu  oft  im  N.  L.  gesciiieht,  z.  B.  von  Muret.  Man 
sage  nicht:  quamvis  dives  est,  so  reich  re  atichist,  sondern  sit;  nicht 
quainvis  conte7nnitur,  so  sehr  er  auch  verachtet  wird,  sondern  contcni- 
natiir.  —  Auch  schliesst  sich  quamvis  nach  seiner  ursprüngliclien  Be- 
deutung, irie  sehr  auch,  nur  an  Wörter  an,  deren  Begriff  eine  Stei- 
gerung zulässt.  Widersinnig  ist  es  daher,  zu  sagen:  quamvis  mortuus 
sit;  quamvis  antea  nominatus  sit  (Heyne  Praef.  Virg.  I,  p.  7  quamvis 
a  7ne  no?i  nomitiatus) ;  quamvis  mihi litteras  miserit ;  quamvis  non  onines 
—  evadant  poetae,  —  und  Aehnliches,  was  man  im  N.  L.  oft  findet ;  — 
quamqunm  ist  hier  besser.  —  Daher  kann  es  denn  auch  nicht  mit  Su- 
perlativen verbunden  werden,  da  diese  keine  Steigerung  mehr  zu- 
lassen, sondern    nur    mit    Positiven,  die  gesteigert  werden  können. 


662 

Quanivis  mit  dem  Posit.  vertritt  sogar  sehr  oft  die  Stelle  eines 
Superlat.,  wie  in  den  von  Hensinger  z.  Cic,  Off.  1,25.  §.  5  angefülirten 
Beispielen.  Man  sage  also  nicht :  quamvis  sapieniissimus,  jtistissimus, 
erudüissiiniis  sis ;  quamvis  ager  sitfertilissi/nus,  sondern  sapiens,  jii- 
stus,  erudittis ; fertilis.  —  Quamvis  dient  daher  oft  ohne  ein  Verbura 
zur  Verstärkung  eines  Adject.  oder  Adverb.,  in  der  Bedeut.  noch  so, 
so  sehr  mich;  z.  B.  per  populum  quamvis  justurn  atque  moderatum 
(Cic.  Rep.  1,27);  hominem  q?ia7nvis  eruditum  (Orat.  II,  30,  131  )^ 
quamvis  pauci,  auch  sehr  Wenige  (Caes.  B.  G.  IV,  2),  und  so  viele 
andere  Stellen.  Vgl.  noch  Reisigs  Vories.  p.  529. 

*  Fehlerhaft  ist  daher  wohl  gewiss  bei  Cicero  (Orat.  III,  26,  103):  quamvis 
vitiosissimus  orator,  wo  auch  einige  Handschr.  richtiger  qnivis  lesen.  Dagegen 
spricht  auch  die  Stelle  des  Plin.  (Ep.  IX,  17,  1):  quamvis  lautissimam  coenam, 
wofür  er  sonst  quamquam  m.  d.  Superl.  braucht.  Vgl.  Ep.  IX.  36,  4. 

Quando  ist  in  der  Bedeut.  weif,  gut  und  K'L,  aber  nur  da,  wo  es, 
wie  das  dazu  gehörige  quandoquidem,  so  viel  ist  als  treil  denn  nun, 
weil  nun;  es  werde  daher  nicht  mit  quia,quod und  quofiiani  verwech- 
selt, wie  es  denn  auch  schon  bei  Cicero  und  Andern  bisweilen  unnö- 
thig  in  quoniam  verändert  worden  ist.  Vgl.  Madvig  z.  Cic.  Fin.  p.  649 
und  Klotz  z.  Cic.  Tuse.  IV,  15,  34;  ausserdem  noch  Anm.  z.  Mureti 
Oper.  T.  I,  p.  166  und  Reisig's  Vories.  p.  465. 

Quandojiam,  tva?i7i  denn?  was  Mahne  (Crito  p.  282)  braucht,  ist 
iV.  L.  und  ohne  Auctorität. 

Qi/.ajidoque  ist  in  der  Bedeut.  zuweilen  erst  N.  Kl.  und  selten  für 
interdian,  nonmimquam;  dennoch  findet  es  sich  im  N.  L.,  z.  B.  bei 
Manut.  (Epist.  III,  26)  :  haec  ego  quandoque  mecum.  Vgl.  Sciopp.  de 
stylo  p.  161  u.  Heusing.  Eraendd.  p.  426.  —  Auch  brauche  man  in  der 
Bedeut.  wann  nur,  sobald  als  nur  lieber  quandocunque. 

Quantitas  ist  in  der  Bedeut.  Grösse,  Menge  erst  N.  Kl.  und  selten, 
wiewohl  es  sich  auch  bei  Qnintilian.  findet;  man  setze  dafür  lieber 
magnitudo,  multiludo,  numerus.  —  Was  man  heutzutage  in  der  Pro- 
sodik  quantitas  eines  Vocals  nennt,  hiess  bei  den  Alten  nur  tempus. 
In  der  philosophischen  Sprache  kann  es  neben  qualitas  kHum  entbehrt 
werden.  Aber  das  Adv.  quantitative,  nach  der  Grösse,  vermeide  man 
gänzlich,  und  sage  lieber  secundum  magniludinem,  qtiantitatem  oder 
ratioue  quantitatis. 

Quantocius  odei*  quantocyus,  so  eilig  als  möglich,  aufs  schnellste, 
je  eher,  je  lieber,  ist  sehr  Sp.  L.  für  quam  celerrime,  quam  primuni, 
primo  qiioque  tempore  ;  gleichwohl  findet  es  sich  im  A^.  L.  nicht  seilen, 
z.  B.  oft  bei  Mahne   (Crito  p.  254.  269  u.  a.). 

Quantumvis  kommt  Kl.  noch  nicht  in  der  Bedeut.  mag  auch  noch 
so  sehr  als  Conjunction  mit  dem  Coiijnnct.  vor;  so  erst  JV.  Kl.,  aber 
selten.  Es  hat  in  jener  Bedeut.  noch  den  Zusatz  licet  bei  sich.  Fälsch- 
lich ist  licet  in  Cic.  Lael.  20  in  einigen  Ausgaben  gestrichen. 

Quantus,  a,  um  bedeutet  im  bessern  Latein  nur  wie  gross,  nicht 
wie  viel;  diese  Bedeut.  hat  nur  das  Neutr.  quantum,  ebenso  wie  tan- 
tum,  so  viel,  aber  tajitus,  so  gross.  \ crdoppelt,  qua7it7is  quantus,  in  der 
Bedeut.  7vic  gross  auch  7iur,  ist  es  n\ir  A.L.nnA  in  Prosa  nicht  üblich; 
dafür  sagt  man  qua7ituscunque.  —  iV.  L.  ist  das  adverbiale  q7ia7itum 
in  der  Bedeut.  tvie  hoch,  wie  sehr  bei  Verben  der  Werthangabe,  als 
aestii/iare,facere,ßeriu.a.,  für   quanti.  Falsch  ist  z.  B. :  Parium  la- 


663 

pidern  qiiantum  (für  quanti)  fecermt  Graeci,  wie  hoch  die  Gr.  —  ^e- 
schätzt  haben.  —  N.  Kl.  ist  quantum  bei  einem  Coraparat.  für  quanto; 
elieiiso  in  qnantum  in  der  Bedeut.  wie  viel  (so  viel),  wie  weit  (soweit), 
in  wiefern,  für  quatenus,  quantum,  qiioad.  —  N.  L.  ist  quantum  ad  me 
atiifiet,  wie  viel  (so  viel)  mich  anlangt,  für  qtwd  ad  me  attinet.  —  Der 
Abi.  quanto,  um  wie  viel,  verlangt  das  dazu  gehörige  Adject.  nach  der 
Regel  in  der  Comparativ-,  nicht  in  der  Possitivform;  bisweilen  schon 
bei  Livius  (vgl.  Gronov.  Liv.  I,  25)  und  nach  ihm  bei  Tacitus  steht 
nur  der  Posit.,  und  es  ist  magis  dabei  ausgelassen.  Dies  ahme  man 
nicht  nach,  und  sage  also  nicht,  wie  Lactanz  (Inst.  V,  7,  9) :  quanto 
frequenler  (je  häufiger,  für  frequentius)  impellitur,  tanto  ßrmiter 
(desto  kräftiger,  für ßrmius)  roboratur. 

Qtiantuscunque,  wie  gross  nur  (auch) ;  quantumcunque,  trie  viel 
nur  (auch),  werden  in  bestimmter  Rede  nicht  mit  dem  Conjimct.,  son- 
dern mit  dem  Indicat.  verbunden,  wiewohl  Avir  oft  mögen  hinzusetzen. 
Vgl.  Anleit.  §.  297.  Man  sage  also  nicht:  copiae,  quantaecunque  sint, 
sondern  sunt,  obgleich  wir  im  Deutschen  sagen:  wie  gross  das  Heer 
auch  sein  mag  (für  ist).  Ebenso  verhält  es  sich  mit  quantiduscunque. 

Quantuslibet,  wie  gross  auch,  findet  sich  erst  bei  Livius,  öfter 
N.  KL,  aber  immer  genau  mit  dem  Subst.  verbunden,  nicht  einzela 
für  sich  mit  dem  Verbo  esse;  z.  B.  der  Schwartn  der  Herrschenden, 
wie  gross  er  auch  ist,  quantalibet  turba  dominaniium,  nicht  turba  dorn., 
quantalibet  est.  Auch  quantumlibet,  wie  sehr,  wie  viel  auch,  braucht 
Livius  (XXXIX,  37,  14):  quantumlibet  intersit,  wie  gross  aiich  der 
Unterschied  ist ;  —  es  kann  daher  nicht  verworfen  werden,  mag  es  auch 
gelten  sein.  Frotscher  tadelt  den  Gebrauch  des  Wortes  als  Sp.  L.  bei 
Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  188). 

(^uapropter,  weswegen,  daher,  wird  nur  A.  L.  als  Fragwort,  sei 
es  direct  oder  indirect,  gebraucht;  man  sage  also  weder:  quapropler 
mihi  7mnitaris'!  warum,  weswegen  drohst  du  mir?  noch  auch:  nescio, 
quapropter  mihi  miniteris  (minitere),  ich  weiss  7iicht,  warum  du  mir 
drohst.  Es  steht  nur  im  Anfange  eines  Satzes  in  Bezug  auf  das  Vor- 
hergesagte, kann  aber  dennoch  nioht  in  Schlussfolgen  aus  dem  Vor- 
hergehenden, in  der  Bedeut.  demnach  oder  also  nun,  gebraucht  wer- 
den; dafür  steht  igitur ;  z.  B.  so  ist  den7i  nun  oder  demnach  ist  denn 
nun  die  Sache  abgethan,  nicht  quapropter  res  confecta  est,  sondern 
res  igitur  oder  igitur  res  confecta  est. 

Quaquaversus  oder  quaquaversum,  wohin  nur,  ist  Sp.  L.  für  quo- 
quoversus.  Es  stand  auch  sonst  in  Cic.  Phil.  IX,  7  und  Caes.  B.  G.  III, 
23,  ist  aber  jetzt  geändert. 

Quare  steht  höchst  selten  —  nur  einmal  bei  Cic.  (Orat.  I,  16), 
wo  alle  Handschr.  ^//o/e  negasti — ?  lesen  —  als  Fragwort  direct ;  melir 
kommt  es  in  abhängiger  Rede  vor.  Ausserdem  steht  es  wie  quapropter 
beim  Anfange  eines  Satzes  in  Bezug  auf  das  Vorhergehende;  nie  aber 
gibt  es  eine  Folgerung  selbst  an,  sondern  leitet  sie  nur  ein. 

Quartus,  der  vierte,  üeber  den  Ausdruck  in  quarto,  bei  Angabe 
des  Formates  eines  Buches,  vgl,  oben  unter  Folium. 

Quasi,  gleichsam,  als  loenn,  hat  das  Verbum  nie  im  Indicat..,  son- 
dern nur  im  Conjunct.  bei  sich;  falsch  ist  also  bei  Muret.  (Oper.  T. 
II,  p.  177):  quasi  m\\n  —  tribuere  licet,  für  liceat,  wie  er  auch  wohl 
geschrieben  haben  mag.  —  Selten  und  nicht  nachzubrauchen  ist  quasi 


C64 

in  der  Bedent.  ungefähr  bei  Angabe  einer  Zahl,  für  circiter^  fe^C'  — 
N.  L.  wird  das  deutsclie  als  ob  in  dem  Sinne  von  dass,  wie  wir  es  bei 
den  Verben  scheinet!  (videri)  und  sich  stellen  (simulare)  oft  branclien, 
durch  y?<ffs/ ausg-edrückt;  z.  B.  videtur  mihi,  quasi  iste  tibi  faveat,  es 
scheint  mir,  als  ob  dieser  dich  begünstige,  für  iste  videtur  mihi  tibi  fa- 
vere ;  ille  sinudat,  quasi  hujiis  rei  gnarus  sit,  er  thut  oder  stellt  sich, 
als  ob  er  dieses  verstände,  für  ille  simulat  se  hujus  rei  gnarum  esse. 
Vgl.  Anleit,  §.  451.  —  JV.  L.  ist  auch  non  quasi,  nicht  als  ob,  nicht  als 
wenn,  für  non  quo;  non  eo  quasi,  nicht  deswegen^  als  wenn,  für  non  eo 
q7io  (Cic.  Rose.  Am.  18,  51);  tarn  quasi,  so  oder  so  sehr,  als  wenn,  für 
tarn,  quam  si;  no?i  quasi  non,  nicht  als  oh  ?iicht,  für  non  quo  non  oder 
non  quin  ;  quasi  tit,  gleichsam  ivie,  für  das  einfache  quasi;  z.  B.  gleich- 
sam ivie  eine  Mutter,  quasi  mater.  —  Ueber  quasi,  ut,  tamquam  und 
velut  vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  619  u.  Reisig's  Vorles.  p.  425, 

Quatemis  bedeutet  XL  nur  inwieweit,  inwiefern;  erst  N.  Kl.  weil 
denn  nun,  gleich  quoniam,  und  zwar  bei  Quintilian.  und  dem  Jüngern 
Plinius;  —  es  ist  nicht  zu  verwerfen.  Es  wird  aber  nicht  direct  fra- 
gend, in  der  Bedeut.  inwiefern,  gebraucht;  dafür  setzt  man  entweder 
quid  oder  das  fragende  qui ;  z.  B.  denn  inunefern  ist  dieses  klarer  als 
jenes?  quid  emm  est  hoc  illo  evidentius?  (Cic.  N.  D.  II,  2)  —  inwiefern 
überrascht  de?m  das  Alter  schneller?  qui ^nxm  cifiua  senectus  obrepit? 
—  In  der  Redensart  est,  quatenus  — ,  es  gibt  ein  Ziel,  bis  wie  weit  — , 
folgt  immer  der  Cojtjunct.,  nicht  der  Indient.  Vgl.  Cic.  Lael.  17. 

Quntertiio,  ein  Haufe  vo?i  vier,  ist  ganz  Sp.  L.  und  durchaus  zu 
vermeiden  durch  das  gewöhnliche  quatuor. 

Quatuor,  vier,  wird  in  Redensarten,  wie:  in  meineti  vier  Wän- 
den nicht  gebraucht;  man  sagt  blos  intra  (meos)  parietes  (Cic.  Brut. 
8,  32.  Fam.  IV,  14);  unter  vier  Augen  heisat  remotis  arbilris  oder 
secreto. 

Quntuordecim  ist  die  durchaus  gebräuchliche  Form,  wenn  kurz 
und  ohne  genaue  Bestimmung  gesprochen  wird;  ist  dies  nicht  der 
Fall,  so  sagt  man  decem  et  quatuor,  was  Redner  und  Geschichtschrei- 
ber bei  Angabe  nnöthig  finden.  Dagegen  wird  von  den  vierzehn  Silz- 
bänken  der  Ritter  in  Rom  nie  anders  als  quatuordecim  ordines  gesagt, 
und  meistens  ohne  das  Subst,,  in  quatuordecim  sedere,  in  der  Bedeut. 
Ritter  seiti.  Wo  wir  aber  sagen  vor  vierzelui  Tagen,  ohne  die  Zahl  ganz 
bestimmt  zu  denken,  da  heisst  dies  nudius  quintus  decimus,  nicht  ante 
quatuordecim  dies. 

Que,  und,  wird  in  der  bessern  Prosa,  wenn  es  einen  Praeposilions- 
satz  oder  ein  das  folgende  Wort  verstärkendes  Adverb,  mit  dem  vor- 
hergehenden Worte  verbindet,  nur  selten  an  die  Praeposition  und  das 
Adverbium  angehängt,  sondern  an  das  von  der  Praeposition  abhängige 
oder  durch  das  Adverb,  verstärkte  Wort;  z.  B.  a  jneque,  ab  armisque, 
abs  teque,  ab  eodemque,  ab  omnibusque,  a  discendoque;  ad  meqtie,  ad 
n2/mmosq?/e,  ad  Caesaremqtie,  ad  plurimosq?/e ;  ex  omnique  gener e,  ex 
iisque,  ex  Hispaniaque ;  in  foroque,  in  reque,  in  rebnsqiie,  in  convi- 
vioque;  ob  eanique  causam  —  und  so  bei  diesen  Praepositionen  ähn- 
liche Stellen,  wogegen  selten  sind  z.  B,  exque  his,  exque  eo  tempore, 
deque  eo  disseri,deq?ie  his  rebus,  inque  ea  urbe,  inque  feriis,  inque  eam 
rem,  inque  iis  sacris.  —  Bei  zweisjlijigen  Praepositionen  wird  que 
auch  wohl  immer  diesen  angehängt,  z,  B.  intraque  parietes;  aber  wohl 


665 

nie  sagt  man  aqve,  itnd  von ;  adqne,  vnd  zu.  Auf  jene  Art,  obwohl 
seltener,  sagt  man  auch  bei  Adverbien,  z.  B.  qnamprimumquey  für  quam- 
qne  primum,  tmd  so  bald  als  möglich ;  tot,  tarn  varit'sqne  virtvlibjis, 
inv  tdmque  variis;  t(un  praecipitesque,  für  tamque  praec.  (Cic,  Orat. 
III,  4.  ]3  nach  den  besten  Handschr.);  ta7ito  tarn  immensoqne  cnmpo 
(ib.  III,  31,  124)  u.  a.  —  Ueber  das  an  ah'i,  reliqui,  ceteri  angehängte 
qiie  nach  vorausgegangenen  Subst.  vgl.  oben  unter  Et.  —  P.  L.  ist 
es,  q?/e  an  zwei  Subst.  anzuhängen,  z.  B.  amores  Jovisqtie  Martisque. 

Queo;  vgl.  (^idre. 
i  Querceus  und  qiierneus,  zur  Eiche  gehörig,  V07i  Eichenlaub.  »cXiamen. 
in  Prosa  neben  einander  bestanden  zu  haben;  dagegen  sind  quercicus 
und  quercinus  gewiss  falsche  Formen;  sie  finden  sich  z,  B.  in  den 
altern  Ausgg.  von  Sueton.  Calig.  19,  wo  Oudendorp  zu  vergleichen  ist. 
—  P.  L.  ist  quernus. 

Quercus,  die  Eiche.  Ob  der  Dat.  und  Abi.  Plur.  quercis  oder  quer- 
cubns  gewesen  sei,  ist  ungevviss;  vielleicht  aber  quercis,  da  (nach 
Priscian.)  Cicero  im  Genit.  quercorum  gesagt  haben  soll. 

Querelare  (ari)  oder  querulare  (ari),  Magen,  ist  N.  L.  für  queri; 
ebenso  qiierelosus  und  querulosus,  für  queribundiis,  querens,  qiierulus. 

Qtieri,  sich  beklagen;  —  über  Etwas,  aliquid  und  de  aliqua  re; 
sich  bei  Jemanden  über  Etwas  beschiveren,  d.  h.  7nit  ihm  über  oder 
wegen  Etwas  hadern,  queri  cum  aliquo  de  aliqua  re.  Vgl.  Matthiae 
Cic.  Dejot.  3,  9. 

Queridus,  klagend,  ist  zwar  erst  N.  KL,  aber  neben  queribnndus 
nicht  zu  verwerfen,  wiewohl  man  es  auch  durch  die  Subst.  querela 
und  q?festus  und  durch  das  Verbum  q?/eri  vermeiden  kann. 

Questio,  die  Klage,  ist  ein  ganz  zweifelhaftes  Wort,  welches  sich 
auch  in  den  meisten  Lexicis  nicht  findet,  für  questus  oder  conquestio; 
es  kommt  nur  einmal  vor,  und  zwar  in  Cic.  Brut.  38,  142,  wo  alle 
Ilandschr.  und  Ausgg.  ausser  Lambin.  (luestionibus  haben;  Lambin. 
liest  dafür  conquestionibus,  was  auch  Orelli  für  das  richtige  hält,  da 
questio  nirgends  vorkomme.  Es  werde  daher  nicht  gebraucht. 

Q//i,  quae,  quod.  Wenn  qt/i  oder  q?/ae  personales  Subject  eines 
Satzes  ist,  so  enthält  es  diejenige  Person,  aufweiche  es  sicli  bezieht, 
und  hat  im  Latein,  das  Verbum  durchaus  nur  in  der  ihm  zukommenden 
Person  bei  sich,  wiewohl  im  Deutschen  zuweilen  die  dritte  Person 
auch  in  Bezug  auf  die  erste  oder  zweite  folgt.  Darin  wird  denn  im  N.  L. 
nicht  selten  gefehlt;  z.  B.  glatibe  mir,  der  dich  von  Herzen  liebt  (für 
der  ich  dich  vo?i  H.  liebe),  nicht  qui  te  amat,  sondern  qiiite  amo;  ich  folge 
dir.  der  mir  immer  treuer  Führer  gewesen  ist,  nicht  qui  fuit,  sondern 
quißmti  —  und  so  auch  im  Plural.  Vgl.Anleit.  §.233.  Falschist  daher: 
cave  putes,  me  eum  esse,  qid  avellere  cuper  et,  für  qui  —  cnpinm  oder 
cupierim  ;  quamquam  non  is  sum,  qui  opinionem  animo  suo  conceptam 

—  ve?iditet,  für  qui  opin.  animo  meo  co?ic.  renditem;  qtiisnam  seit  ve- 
strimi,  qui  in  tertio  ordine  sedent,  für  sedetis  —  und  so  noch  andere. 

—  Falsch  ist  qui  autein,  qui  vero,  tvelcher  aber,  wenn  qui  etwas  An- 
deres adversativ  fortsetzt;  in  diesem  Falle  steht  sed  qui  oder  qui 
tarnen.  Bichtig  und  gut  aber  ist  es,  wenn  das,  worauf  sich  y?/«  bezieht, 
erst  nachfolgt.  Vgl.  Anleit.  §.  570  und  Klotz  Sintenis  p.  157  u.   167. 

—  Falsch  ist  auch  qui  etiam,  qui  quoque,  toelcher  auch  oder  auch  der, 
welcher.,  für  is  quoque,  j'M«  oder  etiam  is,  y^^^  oder  quiidcm,  \>as  be- 


666 

sonders  häufig  in  negativen  Sätzen  vorkommt,  wo  idem  auch  durch 
zugleich  übersetzt  werden  kann;  z.  B.  sie  behaupten,  Nichts  sei  nütz- 
lich, tvas  nicht  auch  moralisch  gut  sei,  quod  non  idem  honestum  (Cic. 
Off.  III,  7,  34).  Vgl.  mehr  darüber  unter  Etiam.  —  Steht  aber  ?f)e/cÄer 
auch  in  der  Bedeut.  ivelcher  oder  wer  nur,  so  ist  ebenfalls  qui  etiam 
falsch,  und  man  sagt  dafür  quisqnis.  quicunque ;  z.  B.  auf  welche  Art 
auch  dieses  geschieht,  quoquo  modo  id  fit,  nicht  quo  etiam  modo.  —  Nach 
Klotz  (z.  Sintenis  p.  78)  unterscheidet  sich  quod  cum  ita  sit  von  quae 
cum  ita  sint,  worauf  im  N.  L.  nicht  geachtet  wird;  der  Sing.,  sagt  er, 
steht  bei  philosophischen  Gegenständen,  der  Plur.  aber  bei  Hinwei- 
sung auf  mehrere  erwähnte  Thatsachen.  Und  so  beschränkt  auch 
Reisig  (Vorles.  p.  329)  den  Singul.  auf  wisst-nschaftliche  Schriften, 
den  Plur.  a\d  Jiede?i  und  Briefe,  wogegen  Hase  bemerkt,  Cicero  weiche 
dennoch  mehrmals  davon  ab.  3Ian  setze  also  den  Sijigul.  bei  etwas 
Einzelnem,  den  Plur.  bei  mehrern  Gegenständen,  was  doch  wohl  das 
Natürlichste  ist.  —  N.  u.  B.  L.  sind  Sätze,  wie;  latinitas,  sine  qua,  qui 
eam  non  habet,  numquam  rede  scribit,  die  Latinität,  ohne  welche,  wer 
sie  nicht  hat,  niemals  richtig  schreibt;  —  sine  qua  muss  mit  qui  eam 
non  habet  zu  einem  Satze  verbunden  werden,  alsoi^^^am  qui  non  habet. 
Ferner  ist  D.  L.:  Xerses  tantas  habuit  copias,  qiiibtis  Caesar,  si  eas 
habuisset,  totnm  orbetn  terrarum  subegisset,  für  copias,  quantas  si 
Caesar  habuisset.  —  Vgl.  mehr  über  dergleichen  Th.  I,  §.  166  u.  ]67. 

Qua  -  qua  ist  Kl.  bei  Cicero  in  der  Bedeut.  sowohl  -  als  auch; 
z.  B.  homo  Omnibus  rebus  ornatus,  qua  externis,  qua  domesticis  (Plane. 
12,  30);  in  der  Bedeut.  bald  -bald,  für  modo- modo,  findet  es  sicli  zu- 
erst beiLivius  und  nachher  bei  den  Spätem.  Vgl.Gronov.  Observ.111,12. 

Quia.  üeber  quia,  cum,  quod  und  quoniam,  in  der  Bedeut.  weil, 
vgl.  Weber's  Uebungssch   p.  524  und  Reisig's  Vorles.  p.  463  u.  530. 

Quia  enim  und  quia  nam,  weil,  warum.,  sind  nur  P.  L.  und  in  Prosa 
nicht  anwendbar;  gleichwohl  finden  sie  sich  beiMuret.  einigemal,  was 
Ruhnken  nicht  gerügt  hat.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  474.  —  Quia  ne 
(fragend),  etwa  weil,  ist  A.  L.  und  steht  bei  Virgil. 

Quicunque,  wer  nur,  wer  auch,  hat  in  der  bessern  Prosa  in  gerader, 
bestimmter  Rede  gewöhnlich  nur  den  Indicat.,  nicht  den  Cortj?ifict. 
bei  sich,  welcher  letztere  im  N.  L.  oft  gebraucht  wird,  z.  B.  bei  Po- 
litian.  (lat.  Herodian.  IV,  11):  quictuique  excellerent ;  Hemsterh.  (Oratt. 
p.  155):  qiiamcunque  doctrinae  partem  sibi  examinandam  sumslsset; 
Ruhnk.  (Praef.  Mureti  Oper.  T.  IV,  p.  1):  quicumque  —  appeterent; 
Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  276)  :  cujuscmnque  tandem  generis  illa  sint; 
ein  Anderer  sagt:  quocunque  proficisceretur ;  —  in  allen  diesen 
Sätzen  wäre  der  Indicat.  richtiger.  —  Bei  Wiederholungen  wird  aber 
statt  quicunque  nur  qui  wiederholt;  z.  B.  quaecunque  navis  ex  Asia, 
quae  ex  Syria,  tjuae  u.  s.  w.  (Cic.  Verr.  V,  56,  J45). 

Quis.,  wer;  quid,  was.  Das  Neutr.  quid,  was,  fragend,  von  Personen, 
in  der  Bedeut.  wie  geachtet,  in  welchem  Zustande  u.  dgl.,  als  Gegen- 
satz von  nihil,  und  ebenso  ohne  Frage  quod,  ist  gut  lateinisch;  z.  B. 
was  wärest  du,  wenn  dieses  nicht  geschehen  wäre  ?  q?iid  esses  —  ?  was 
du  gewesen  bist,  das  bist  du  noch,  quod  fuisti,  id  adhuc  es.  Vgl.  Liv. 
XXX,  30  quod  ego  fui  ad  Trasimenum,  id  tu  hodie  es.  —  Wo  jedocli 
blos  die  Person  berücksichtigt  wird,  heisst  es  qui;  z.  B.  denke  dir,  du 
wärest,  was  ich  bin,  d.  h.  an  meiner  Stelle,  fac,  qui  ego  sum,  esse  te 


667 

(Clc.  Farn.  VIT,  3).  —  Ueber  quid  und  quod  scribam  liei  dem  Verb. 
habere,  vgl.  Habere.  —  Quis  est,  qui  —  nii(  dem  hidicat.  des  folg. 
Verl)!  fragt  nach  der  Person,  welche  das  Folgende  (hut;  z.  B.  quis 
est,quiea7n  rem?iarrat?  heisst  kurz:  wer  erzählt  dieses?  aber  quis 
est,  qui — mit  dem  Co/tjunct.  ist  rednerische  Frage  {ürnemo;  z.  B.  quis 
est,  qui  eam  rem  narret  f  wer  (d.  h.  Niemand)  möchte  das  erzählen? 
Und  so  fragt  quid  est,  quod  —  mit  dem  Indicat.  nnr  nach  der  Sache, 
die  Jemand  thut,  oder  welche  geschieht;  z.  B.  quid  est,  quod  ait  Bai- 
bus? was  sagt  Baibus?  —  aber  quid  est,  quod  —  mit  dem  Conjunct. 
fragt  meistens  nach  der  Ursache  warum?  z.  B.  quid  est,  quod  uon 
scribas?  warum  schreibst  du  flicht?  Vgl.  mehr  darüber  in  den  Gram- 
matiken und  unter  Quis  (nach  Quire). 

Quid  dicOfWas  sage  ich?  kommt  zwar  bei  Verbesserung  des  Ge- 
sagten vor,  aber  selten;  z.  B.  Cic.  Farn.  II,  3,  1.  Att.  \\\  13,  1.  Orat. 
II.  90.  Weit  öfter  wird,  weil  dies  lebhafter  ist,  blos  das  Wort,  wel- 
ches verbessert  werden  soll,  wiederholt,  und  dann  mit  vorgesetztem 
imo  (oder  noch  lebhafter  imo  vero  eiiam)  das  bessere  und  stärkere 
hinzugefiigt ;  z.  B.  bei  Cic.  (Sest.  52, 110):  cui  be?ie  disit  unqimm  bono? 
(was  sage  ich?)  Bene  dixit?  imo,  quem  fortem  et  bonum  civem  non 
petulantissime  est  insectatus?  Att.  XII,  43,  1  ferendus  tibi  in  hoc  error. 
Ferendus?  imo  vero  etiam  adjuvandus.  Vgl.  die  Ausleg.  z.  Cic.  Catil. 
I,  1,  2  und  z,  Ligar.  §.  26. 

Qvidni,  warum  nicht?  wird  bei  einem  folgenden  Verb,  im  N.  L. 
mit  dem  Indicat.  verl)unden,  während  es  doch  Kl.  nur  den  Conjunct. 
bei  sich  hat,  in  dem  Sinne  ivarum  sollte  nicht?  Falsch  sagt  daher 
Bentley  (Horat.  Serra.  I,  5,  60):  quidni  emm  plures  codd.  sequimur? 
für  sequamur ;  Schneider  (z.  Xenoph.  ()econ.l4,2):  r[\ndm  tov  scripsit 
Xenophon?  für  scripserit,  —  und  so  Andere. 

Quidquid,  Alles  iras,  was  nur.  Wiewohl  darin  schon  der  Begriff 
Alles  liegt,  so  kann  doch  im  Hauptsatze  id  omne  oder  hoc  omne  fol- 
gen: vgl.  Cic.  Fin.  I.  19,  64;  aber  nicht  omnia,  was  Jos.  Scaliger  einmal 
gesetzt  haben  soll.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p,  107  und  noch  Einiges  unter 
Quisquis. 

Quilibet  bedeutet  ein  beliebiger,  jeder  wer  es  auch  sei,  tven  man 
will,  ist  aber  nicht  relativ  und  bedeutet  nicht  welcher  nur,  was  qui- 
cunque  heisst.  Mit  Recht  bemerkt  daher  Baumstark  (z.  Elog.  Hem- 
sterh.  p.  94),  dass  Ruhnken  nicht  richtig  sage:  quamlibet  artem  tractet, 
in  der  Bedeut.  welche  Kunst  er  auch  treiben  mag,  für  quamcunque 
arte/n  tractat. 

Quin  hat  vielfache  Bedeutung;  unter  Andern  spricht  davon  weit- 
läufig Hase  in  Reisig's  Vorlesung,  p.  575.  —  In  der  Bedeut.  warum 
nicht?  ist  es  nicht  das  nach  der  Ursache  fragende  warum  nicht?  was 
cur  non  heisst,  sondern  das  aufmunternd  fragende  warum  denn  ?Hcht? 
und  kann  daher  nur  in  gerader  Rede  mit  dem  Indicat.  gebraucht 
werden;  z.  B.  quin  tu  id poLius  profers?  warum  bringst  du  denn  nicht 
lieber  das  vor?  nicht  nescio,  quin  tu  id  potius  proferas?  Vgl.  Sciopp. 
de  stylo  p.  111  und  Heusing.  Emendd.  p.  482.  —  Ueber  quin  bei  du- 
bitare  und  ähnlichen  Verb.  vgl.  Dubitare.  —  Kl.  ist  quin  nach  non 
dubilare ;  N.  Kl.  steht  dafür  der  Accus.  ?n.  d.  Infln.  Beide  aber  gleich- 
sam mit  einander  zu  verbinden,  ist  lächerlich,  wie  es  z.  B.  Pogiauus 
(Epist.  Vol.  II,  p.  272)   thut,  indem  er  sagt:  No7i  enirn  dubito,  fore, 


668 

quin  nmlti  resipfscant,  was  Lagomarsini  mit  Recht  rügt;  es  musste 
entvveder  ohne  fore  blos  heisseii:  7/ow  diibilo,  quin  nmlti — ,  oder  non 
diibito  forc,  ul  rmdli  — .  N.  L.  ist  prope  abesse,  quin  — ,  wovon  unter 
Prope  die  Rede  war.  —  Ueber  das  falsche  no7i  posse  non,  quin  —  vgl. 
Posse.  —  Da  qi/in  nach  gewöiinlicliera  Gebrauclie  nnr  auf  einen  ein- 
facli  verneinenden  Satz  folgt,  so  vermeide  man  es,  quin  auf  non  igno- 
rare,  negare  non  posse  u.  ähnliche  folgen  zu  lassen,  wie  es  freilich 
Livius  (XL,  36,  2)  einmal  tliut,  welcher  sagt:  negare  non  poss?im, 
qiiin  rectius  sif,  für  rectius  esse.  Falsch  ist  es  aber  auch,  wenn  Muret. 
(Oper.  T.  I,  p.  197)  sagt:  id  esplicari  aliter  ?ion  potest,  quin  — ,  da  es 
wegen  aliler  heissen  müsste  nisi.  —  Ueber  quin  in  der  Bedeut.  Ja, 
welches  etwas  Gesagtes  steigert,  und  über  imoin  der  Bedeut.  j«,  wel- 
ches Etwas  berichtigt  und  das  Gegentheil  des  Vorigen  angibt,  vgl. 
Weber's  Uebungssch.  p.  ]00. 

*  Wenn  Bunell.  {Epist.'Kll)sagt:  attu  qitinne  pluris  emerem,praescripseras? 
so  stösst  liier  der  fleissige  Herausg'eber  dieser  Briefe,  Hr.  Graufl",  mein  lieber 
ehemaliger  Schüler,  an,  indem  er  (p.  720)  sagt:  Maynopcre  dithito,  mim  usquam 
reperiatvr  quin  ne;  equidetn  mimquam  hr/ere  mcmini.  Quin  bedeutet  hier  wohl 
tvaruni  nicht,  also:  warum  hattest  du  mir  nicht  vorgeschrieben,  dass  ich  sie  nicht 
theurer  ka%ifen  sollte!  Es  hängt  also  blos  ne,  nicht  auch  qxiin,  von  praescri- 
pseras  ab. 

Quindecimus ,  der  fünfzehnte ,  ist  sehr  <^.  L.  Form  für  quintus 
decimus  (aber  nicht  decimus  quintus).  - 

Qninq?iagesies,fi/tifzigtnal,  ist  ^.  L.,  vielleicht  zweifelhafte  Form 
für  quinquagies. 

Quinquennis,  fünfjährig,  hat  zwar  keine  HCL  Auctorität,  aber  doch 
j4.  L.  und  N.  KL,  und  ist  wegen  ähnlicher  Formen  nicht  zu  verwerfen 
neben  dem  Kl.  quinque  annorum. 

Quire,  können,  ist,  wie  nequire.,  nur  wenig  im  Gebrauche.  Beide 
Verba  braucht  Caesar  nirgends;  er  begnügt  sich  mit  posse.  In  der 
hessern  Prosa  kommen  nur  vor  die  Formen:  q?/eo,  queatn,  queas,  queat^ 
queant  und  queunl,  und  bei  den  bessern  Prosaikern  wohl  nnr  in  nega- 
tiven Sätzen.  In  allen  Formen  ist  es  durch  posse  zu  ersetzen.  —  l)as 
archaistische  quitus  sum  (für  potui)  hätte  Niemand  im  Ernst  wieder 
hervorsnchen  sollen;  doch  hat  es  der  gelehrte  Causabonus,  weil  er 
solche  Wörter  liebt,  gethan;  er  sagt  (zu  Athen.  D.  Soph.  V,  19):  quia 
videre  quili  non  sunt,  für  7i07i  poluerunt. 

Quis,  wer?  uni]  q?iis?iam,  wer  de?i7i?  werden  nach  strengem  Ge- 
brauche von  7nehr  als  zireie7i  gebraucht,  da  dieser  in  Beziehung  auf 
zwei  —  uier  fordert.  Man  beachte  dieses,  wenngleich  hie  und  da 
qnis  für  uter  steht,  wozu  Fabri  (zu  Livius  XXI,  39,  6)  Beispiele  ge- 
sammelt hat.  Man  sage  also  nicht:  •A\nh\^\i\\\\quaenam  forma  praestet,' 
für  utra,we\\\\  nnr  von  s/re/ Formen  die  Redeist;  utramque  lectionem 
comparando  patet,  quae  sit  probabilior,  für  vtrn.  —  Ganz  N.  L.  aber 
ist  quis  oder  quid  ex  his  duobus,  irer,  was  vo?i  diese7i  ziveien?  wie  der 
gelehrte  Fruterius  (Mureti  Oper.  T.  II,  p.  56)  schreibt,  für  utrutn  ex 
his.  Vgl.  auch  Reisig's  Vorles.  p.  353.  —  Der  Sing,  quis  kann  aber  nicht 
wolil  gebraucht  werden,  wo  durchaus  bei  tver  —  Mehrere  zu  denken 
sind  ;  z.  B.  es  ist  iwgeiviss,  tver  Griechenla7id  zuerst  bewohnt  habe,  nicht 
quis  oder  qui prinais  incoluerit,  sondern  qui  pri7ni  incolueri/it. 

Quisqua7>i,  Jemand,  irgend  Einer,  steht  fast  nur  in  verneinenden 
Sätzen,  mag  nun  ein  verneinendes  Wort  wirklich  dabeistehen,  oder 


669 

der  Sinn  des  Satzes  eine  Verneinung  enthalten;  z.  B.  schätzest  du 
irgend  Einen  (queinquam)  liöher?  —  er  war  gelelirter,  als  irgend 
einer  (quisquam)  der  üebrigen ;  kaum  wird  es  Einer  (qiiisqtiani)  wa- 
^en.  Und  so  heisst  und  Keiner —  nee  oder  neque  quisquam;  und 
Nichts  —  nee  (tieque)  quidquam.  Man  sage  aber  nicht  für  je  mehr 
Einer  —  quo  quisquam  mit  dem  Comparat.,  sondern  quo  quis  oder 
quisque;  nicht  ut  quisquam,  für  tit  quisque ;  —  auch  nicht  bei  Anfüh- 
rung eines  Beispieles,  wo  quispium  zu  setzen  ist;  z.  B.  es  ?nöchte  Einer 
sagen,  dicat  oder  dixerit  quispiam,  nicht  quisquam;  sollte  Einer  oder 
Jemand  sein,  si  quispiam  sit,  nicht  quisqi/am;  wenn  Einem  das  Schick- 
sal Geld  genommen  hat,  si  cuipiam  {nicht  cuiquam)  ademit.  Vgl.  weiter 
über  quisquam  Grotefend's  Commenlar.  p.  298.  Reisig's  Vorles.  p.  347 
und  was  GraufFz,  Bunelli  Epist.  p.  678  gesammelt  hat;  ausserdem  noch, 
wegen  des  falschen  Gebrauches  des  Wortes,  Frotscher  z.  31uretiOper. 
T.  II,  p.  331.  336  u.  421. 

Quisque,  Jeder,  w  ird  nur  in  Beziehung  auf  Mehrere,  nicht  auf  Zwei 
gebraucht,  A^  jeder  vo7i  Zweien  —  uterque  heisst;  und  so  unterschei- 
den sich  beide,  wie  quis  von  uter.  Doch  werden  sie,  wie  diese,  bisweilen 
mit  einander  verwechselt,  aber  nur  quisque  mit  uterque,  was  man 
übrigens  nicht  nachahme.  Vgl.  Fabri  z.  Livius  XXI,  39,  6.  —  Da  quis- 
que in  den  Vergleichungssätzen  mit  quo  und  dem  Comparat.  und  mit 
ut  und  dem  Superlat.  durch  Einer  oder  irgend  Einer  übersetzt  wer- 
den kann,  so  brauche  man  es  niclit  falsch  für  quisquam,  z.  B.  bei  dem 
negativen  vix,  wie  man  im  N.  L.  z.  B.  liest:  vix  cuique  est  credibile, 
kaujti  ist  es  Einem  glaublich,  für  vix  cuiquam.  —  Das  nur  selten  in 
gewissen  Fällen  übertretene  Sprachgesetz  fordert  bekanntlich,  quis- 
que 1)  hinter  den  zu  ihm  gehörigen  Superlat.  zu  setzen;  z.  li.fortis- 
si/nus  quisque,  acutissimus  quisque,  nicht  quisque  fort.,  quisque  acut.; 
aber  damit  werde  der  Fall  nicht  verwechselt,  wo  der  Superlat.  das 
Praedicat  für  quisque  ist,  wie  in  den  Vergleichungssätzen:  ut  quisque 
est  optimus,  je  besser  Einer  ist;  —  2)  hinter  das  reflexive  Pronomen 
der  dritten  Person  szius,  sui,  sibi,  se,  die  Casus  mögen  in  beiden  sein, 
welche  sie  wollen.  Man  sage  also  nicht:  quo  quisque  discipulus  natura 
sua  ducitur,  wohin  jeder  Schüler  von  seiner  Natur  geführt  unrd.,  wie 
Mnhiie  (Crito  p.  279),  sondern  quo  sua  quisque  discipulus — ;  nicht, 
wie  Hemsterh.  (Oratt.  p- 67)  sagt:  dtim  quisque  suo  se  niodulo  metilur, 
sondern  dum  suo  se  quisque  mod.  met. ;  nicht  non  quisque  beatujn  se 
appellare  potest,  sondern  7ion  polest  se  quisque  beut,  appell.  —  und  so 
ähnliche  andere.  Eine  Ausnahme  machen  die  Sätze  mit  ut  quisque  mnl 
dem  Superlat.;  z.  B.  je  jnehr  Einer  auf  sich  vertraut,  ut  quisque  sibi 
plurimum  conßdit,  nicht  iit  sibi  quisque ;  je  tveniger  Einer  zu  besitzen 
glaubt,  ut  quisque  juinimuni  in  se  esse  arbitratur,  nicht  ut  in  se  quisque 
minini.  esse  arbitr.  Auch  setzt  Livins  nicht  selten  vor  suus  das  Pron. 
quisque,  wenn  es  mit  grösserm  Nachdrucke  hervorgehoben  werden 
soll.  Vgl.  Fabri  zu  Livius  XXI,  48,  2.  p.  146.  —  3)  wird  es  hinter 
ein  zu  ihm  gehöriges  Ordinalzahl  wort  gesetzt;  z.  B.  quinto  quoqtie 
anno,  in  jedem  fünf Len  Jahre.,  d.  h.  alle  fünf  Jahre,  nicht  anno  quoque 
quinto  oder  quoque  quinto  anno.  Man  merke  hierbei,  dass  man  nicht 
sagt:  anno  quoque  oder  quoque  anno,  in  jedem  Jahre,  alle  Jahre ;  nicht 
die  quoque,  an  jedem  Tage,  alle  Tage  u.  dgl.,  sondern  singulia  annis., 
singulis  diebus;  in  jeder  Nacht ,  alle  Nacht ,  sirigulis  noctibus.  Vgl. 


670 

Zumpt's  Aiif^.  p.  101. —  Auch  wird  quisque  in  den  allgemein  zu  rerste- 
heiiden  Redensarten :  7iicht  oder  kaum  der  zehnte,  zwanzigste,  dreis- 
sigste  u.  s.  w.  entfloh,  wobei  nicht  an  einen  einzelnen  bestimmten  Men- 
schen aus  einer  grössern  Anzahl  za  denken  ist,  noch  zu  jener  Zahl 
hinzugesetzt,  also  vis  decimus  quisque,  vix  vigesimus  quisque  u.  s.  w., 
nicht  ohne  quisque.  —  A^.  L.  ist  quisque  a/ius,  jeder  Andere,  für  quivis 
e  medio  nach  Zumpt  (Aufg.  p.  103).  In  vielen  Fällen  muss  quisque 
auch  (nach  Dietrich)  mit  omnis  vertauscht  werden,  wenn  nemlich  die 
ganze  Gattung  und  nicht  ein  Individuum  bezeichnet  werden  soll;  z.  B. 
jedes  Thier  strebt  nach  Einigem  und  meidet  Einiges,  omne  animal 
appetit  quaedara  (Cic.  N.  I). III,  13),  nicht  quodque  animal;  beim  Aus- 
stossen  der  Stitmne  wird  jeder  Körper  angestrengt,  omne  corpus,  nicht 
quodque  corpus  intenditur.  Vgl.  auch  Cic.  Off.  I,  44  omne  officium, 
quod  ad  conjunctionem  hominum  valet.  anteponendura  est  illi  officio. 
Und  so  wird  auch  quisque  aus  demselben  Grunde  nicht  leicht  mit  der 
Negation  non  verbunden.  —  Wenn  Jeder  (quisque)  mit  einem  Relativ- 
satze in  Verbindung  steht  und  Subject  des  Verbi  desselben  ist,  so 
wird  es  wohl  gewöhnlich  in  den  Relativsatz  aufgenommen;  z.  ß.  Jeder 
wird  in  der  Kunst,  worin  er  sich  auszeich?iet  — ,  i?i  qzio  quisque  artißcio 
escellit,  is  —  (Cic.  Orat.  I,  28,  130).  —  Nach  Valla  (Elegant,  p.  53) 
wird  quisque  in  der  Bedeut.  Jeder,  Alle,  weder  mit  einem  Posit.,  noch 
mit  einem  Comparat.  —  ausgenommen  in  den  Comparaiivsätzen  quo 
quisque,  je  mehr  Einer  — ,  sondern  nur  mit  einem  Superlaf.  verbun- 
den; man  sagt  also  nicht  bonus  qziisque,  boni  quique,  ?nelior  quisque, 
nieliores  qnique,  sondern  nur  optimus  quisque,  optimi  quique,  aber  wohl 
omnis  bonus,  omnes  boni,  omnes  meliores.  —  Endlich  heisst  das  Neu- 
trum theils  quidque,  theils  quodque,  welche  beide  oft,  auch  in  den 
Texten  der  Alten,  verwechselt  werden;  ^M«V/y?/e  ist  wohl  gewiss  nur 
substantivisch,  quodque  aber  nur  adjectivisch,  und  es  muss  daher  in 
vielen  Stellen  eins  in  das  andere  umgeändert  werden,  wozu  Madvig 
(Cic.  Fin.  I,  6,  18)  Beweise  liefert.  Vgl.  über  quisque  auch  noch  Rei- 
sig's  Vorles.  p.  348  u.  351. 

Quisquis,  jeder  wer  nur  (auch);  qnidquid.  Alles  tvas,  hat  in  ge- 
rader bestimmter  Rede  gewöhnlich  nur  den  Indicat.,  nicht  den  Con- 
junct.  bei  sich;  dagegen  wird  im  N.  L.  oft  gefehlt,  weil  wir  oft  mögen 
zusetzen  oder  den  Conjunct.  brauchen;  z.  B.  iver  es  auch  sein  mag  ; 
es  sei,  wer  es  wolle,  quisquis  est,  nicht  sit;  tvie  es  nur  aufgenommen 
werden  ?nag,  quoquo  modo  accipitur  oder  accipietur,  nicht  accipiatur 
(Cic.  Tusc.  1,  46,  110)  ;  ich  bin  begierig  zu  hören,  tvas  es  auch  sei,  es 
sei,  was  es  wolle,  quidquid  est,  nicht  sit  (ib.  I,  47,  112)  ;  was  nur  der- 
gleichen Leide  sagen  mögen,  quidquid  istius  modi  liomines  dictitant 
(dicunt),  nicht  dictitent,  wie  Mahne  (Crito  p.  313)  sagt;  was  nur  das 
drückende  Alter  zurückgelassen  haben  mag,  quidquid  aetas  —  reliquit, 
nicht  reliquerit,  wie  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  359)  sagt. 

Quoad,  in  Betreff,  in  Rücksicht  auf,  mit  einem  Accusat.,  z.  B. 
animum,  corpus,  Ciceronem  n.  a.,  ist  so  selten  in  der  bessern  Prosa, 
dass  es  nicht  nachgebraucht  werden  darf;  dennoch  ist  es  im  iV.  L. 
in  dieser  Bedeutung  sehr  gewöhnlich.  Unsichere  Spuren  finden  sich 
nur  bei  Varro  (R.  R.  I,  9)-'  quoad  culturam,  und  L.  L.  VIII,  23,  46. 
p.  425  ed.  Sp.,  p.  183  ed.  Müll.,  wo  Spengel  und  Müller  bemerken, 
quoad  sei  die  gewöhnliche  Lesart,  aber  alle  Handschr.  hätten   blos 


671 

qiiod  sexum,  für  quoad  sexum;  sonst  sage  Varro  dafür  quod  ad  oder 
vollstäuflig  quod  atti'net  od.  Ausserdem  findet  sich  mir  bei  Livius 
(XLII,  6)  quoad  dkm,  wofür  die  Kritiker  quam  ad.  diem  als  wahr- 
scheinlicher vermutheil.  Kurz,  quoad.  ist  in  obiger  Bedeut.  zu  verwer- 
fen; wie  dafür  zu  sagen  sei,  davon  Einiges  unter  Quod.  Vgl.  auch 
Reisig's  Vorles.  p.  460.  —  Ueber  q?toad  als  Conjunction  vgl.  die  Gram- 
matiken und  Reisig's  Vorles.  p.  538.  —  In  der  Redensart  quoad facere 
pvssum,  so  weit  oder  so  gut  ich  kann,  so  weit  es  mir  möglich  ist,  und 
quoad  fieri potest,  so  weit  es  möglich  ist,  schiebt  man  im  bessern  Latein 
fast  immer  ejus  nach  quoad  ein;  der  Modus  aber  ist  immer  der 
Indicat.  Vgl  Weber's  tiebungssch.  p.  135.  —  N.  Kl.  ist  quoad  usque, 
so  lange  als  bis;  doch  findet  es  sich  nur  bei  Suet.  (Caes.  J4)  für  das 
Kl.,  aber  auch  seltene  usque  eo  quoad,  oder  ad  cum  finem,  quoad; 
bei  Sueton.  aber  wollte  Oudendorp  usque  nach  einigen  Handschr. 
streichen.  Man  vermeide  beide,  und  halte  sich  an  qtioad. 

Quod  (wahrscheinlich  unabhängiger  Accus,  von  qui)  verbunden 
mit  st,  cum  und  andern  Conjunctionen,  wie  es  Kl.  häufig  vorkommt, 
steht  nie  zum  üeberfluss  oder  Schmuck,  wie  Einige  glaubten,  welche 
blos  unser  gewöhnliches  gesetzt  wen?i  darin  fanden,  und  sogar  der 
Meinung  waren,  man  könne  damit  eine  Schrift  anfangen,  wie  denn 
wirklich  noch  neulich  Einer  seine  Abhandlung  anfing  mit  den  Worten: 
Quod  si  ea,  quae  fiant,  inspexeris  u.  s.  w.  Q7/od  hat  vielmehr  stets  Be- 
ziehung auf  etwas  Vorhergegangenes  und  dient  zur  Anknüpfung  einer 
Folgerung,  mithin  zur  Verbindung  zweier  Sätze,  in  der  Bedeut.  darum 
(drum)  wenn,  wenn  denn  nun,  gesetzt  wenn  nun.  Wegen  quod  kann 
aber  dann  nicht  noch  igitur.  vero,  autem  dabei  stehen,  wie  man  es  im 
N.  L.  beigesetzt  findet.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  156.  —  Statt  des  ziem- 
lich ungewöhnlichen  eo  quod,  dadurch  dass,  braucht  man  mehr  cum 
(vgl.  Anleit.  §.  323)  oder  den  Abi,  des  Gerundii,  oder  man  drückt  es 
auf  eine  andere  passende  Art  aus.  Auch  sagt  man  nicht  bei  einer  Zeit- 
angabe ex  eo  quod,  seitdem  dass,  sondern  entweder  Kl.  cum  mit  dem 
Indicat.,  oder  Ji.  L.  und  N.  Kl.  quod,  was  man  jedoch  lieber  ver- 
meide; z.  B.  es  sind  nun  acht  Jahre,  dass  dieser  Prozess  währt,  anni 
sunt  ocfo,  cum  —  (Cic.  Cluent.  30,  82)  ;  es  ist  ein  Jahr  verflossen,  seit- 
detn  (dass),  —  an/ms  est,  cum  — ,  wofür  im  N.  L.  fast  mehr  quod.  ge- 
braucht wird.  Vgl.  Hadriani  Card.  Observ.  p.  107  und  zu  Mureti  Oper. 
T.  I,  p.  200  u.  284.  —  Quod  in  der  Bedeut.  wie  weit,  so  viel  (als)  hat 
immer  den  Conjunct.,  nicht  den  hidicat.  hei  sich,  den  man  oft  im 
iV.  L.  findet;  z.  B.  so  viel  ich  weiss,  quod  sciam,  nicht  scio ;  so  viel  ich 
mich  erinnere,  quod  meminerim,  nicht  memini.  Vgl.  Reisig's  Vorles. 
p.  536.  —  Die  Redensart  quod  attinet  ad  aliquem  oder  ad  aliquid  end- 
lich, was  Einen  oder  Etwas  anlangt.^  anbetrifft,  in  Bezug,  in  Betreff 
Jemandes,  ist  zwar  KL,  wurde  aber  wegen  ihrer  Weitläufigkeit  selten 
und  meistens  nur  in  kurzen  abgebrochenen  Sätzen  gebraucht,  wie  in 
Cic.  Top.  8,32  quod  ad  definitiones  attinet,  hactenus ;  reliqua  videamus. 
W'enn  attinet  schon  vorausgegangen  ist,  so  bedarf  es  bei  einer  ähn- 
lichen Fortsetzung  nur  der  Worte  quod  ad,  ohne  das  Verbum  attinet, 
wie  bei  Varro  (L.  L.  VIII,  23,  44.  p.  Ih2  ed.  Müll.):  quod  ad  partes 
singulas  orationis,  deinceps  dicam,  wo  attinet  zu  ergänzen  ist,  da  er 
kurz  vorher  gesagt  hatte:  qttnre  quod  ad  universam  naturajuverborum 
attinet,  haec  attigisse  modo  satis  est.  Man  missbrauche  daher  nicht, 


672 

wie  es  im  N.  L.  geschielit,  dieses  qjiod  ad  in  der  Bedeut.  in  Betreff, 
tu  Rücksicht  auf.  Ueberliaiipt  Icaiin  diese  Redensart  auf  mancherlei 
Weise  vermieden  werden,  wie  dies  die  neuen  D.  L.  Lexica  zeigen ; 
datier  liier  nur  Einiges.  Oft  passt  de  im  Anfange  eines  Satzes;  z.  B. 
in  Betreff  der  Ferse,  de  versibiis  —  (Cic.  Q.  fr.  II,  1,  3)  ;  aber  in  Be- 
treff des  Anto?iius,de  Antonio  vero  (Orat.  II,  1,3);  aber  in  Betreff  des 
VatiniuSf  de  Vatinio  autem  (Fam.  I,  9,  19) ;  aber  tvas  dich  selbst  an- 
laugt, de  te  autem  ipso  (Fam.  VI,  1,  2) ;  in  Bezug  auf  Antonius  habe 
ich  dir  schon  vorher  geschrieben,  dass  er  — ,  de  Antonio  jam  antea  tibi 
scripsi,  eum  — ;  bisweilen  auch  die  Praepositt.  a  und  ad;  z.  B.  ihtn  fehlt 
Nichts,  weder  in  Betreff  seiner  natürlichen  Anlage  noch  des  Unter- 
richtes, nihil  ei  neque  a  natura  neque  a  doctrina  deest ;  in  Betreff  der 
Wahrheit  bewundernswürdig,  ad  veritate?n  adniirabilis;  und  wo  wir 
sagen:  tvas  das  aribetrifft,  dass  — ,  sagt  man  meistens  blos  quod;  z.  B. 
was  deine  Frage  über  die  Parther  anbetrifft,  de  Partim  quod  quaeris ; 
in  Betreff"  deiner  Frage  über  den  Titel  des  Buches,  quod  de  inscriptione 
libri  quaeris.  Vgl.  darüber  auch  Ochsner  z.  Eclog.  Cic.  p.  355.  356.  — 
Ferner:  in  dieser  Rücksicht,  hac  in  re,  hoc  in  genere ;  in  beiderlei  Rück- 
sicht, utraque  in  re,  utroque  in  genere.  Vgl.  Klotz  z.  Cic.  Lael.  18.  In 
vielfacher  Hinsicht,  multis  locis  (Cic.  Tusc.  IV,  1,  1)  —  und  mehr 
dergleichen,  wie  es  der  Sinn  fordert.  Vgl.  auch  Weber's  üebungssch. 
p.  338  und  was  unter  Respectus  bemerkt  ist. 

Quodam7nodo,  gewissermassen,  passt  nicht  wohl  in  Bezug-  auf  ein 
Subst.,  wo  es  den  Sinn  hat  ei/ie  Art  von;  dafür  steht  quidam;  z.  B. 
jeties  war  gewisser  müssen  eine  blinde  Zeit  von  Sclaverei,  fuit  quoddam 
caecmn  tempus  servitutis,  nicht  fuit  illud  quodamniodo  —  (Cic.  Fam. 
XII,  25,  6)  —  und  so  oft  quidam  mit  dem  Subst.  verbunden. 

Quomodo,  wie,  \\Gri\fi  nicht  falscli  gebraucht;  es  passt  eigentlich 
nur  da,  wo  wie  so  viel  ist  als  azif  welche  Art  und  Weise.  Unrichtig  ist 
daher  z.  B.  quoniodo  vocaris?  wie  heissest  du?  für  quo  nomine  es?  quod 
nomen  tibi  est?  qui  vocaris? —  wie  freut  es  jnich,  dich  zu  sehen!  nicht 
^//omof/o,  sondern  quam  oder  quanttiin  7ne  juvat  te  videre! — Unser 
verwunderndes  wie  wenn  ?  —  heisst  quid  si? —  ivie  steht  es  oder  wie  geht 
es?  quid  agis?  —  Oft  steht  auch  ut;  z.  ß.  wie  sich  die  Sache  verhält, 
ut  res  se  habet;  sehen  wir  nicht.,  wie — ,  nonne  videmus  oder  videmusne, 
ut  —  und  so  in  andern  Redensarten.  Vgl.  D.  L.  Lexica. 

Quomodocunque,  wie  nur,  hat,  wie  alle  mit  cunque  zusammenge- 
setzten Wörter,  gewöhnlich  nur  den  Indicat.,  nicht  den  Conjunct.  bei 
sich,  wenn  wir  auch  das  Verbum  ?nöge?i  zu  Hülfe  nehmen;  z.  B.  aber 
ivie  sich  auch  nur  diese  Sache  verhalten  mag,  quoniodocutiqf/e  (utcun- 
que)  haec  se  res  habet,  nicht  habeat,  wie  Mahne  (Crito  p.  228)  sagt. 

Quoque,  auch,  verbindet  nicht  zwei  Sätze  mit  einander,  sondern 
bezieht  sich  im  Satze  nur  auf  ein  einzelnes  Wort  oder  auf  einen  ein- 
zelnen Begriff,  welchem  es  daher  auch  fast  immer  unmittelbar  enkli- 
tisch nachfolgt.  Gegen  diese  Stellung  ist  im  N.  L.  oft  gefehlt  worden, 
wozu  meistens  das  deutsche  auch  verführt.  Nur  selten  finden  sich  in 
der  iiessern  Prosa  Abweichungen,  die  man  übrigens  nicht  nachahme. 
Vgl.  Reisigs  Vorles.  p. 429.  Incorrect  ist  z.  B.:  e,rrdi\\i  quoque  Muretus, 
für  Muretus  quoque;  hoc  affert  quoque  Photius,  für  Photius  qtioque; 
similis  quoque  est  ille  locus,  für  ille  quoque  locus;  huc  trahenda  quo- 
que videntur  vocabula,  für  vocabula  quoque;  huc  dLCC^Aii  quoque  ^rtia- 


673 

clara  vitae  commendntio,  für  vitae  quoqiie  praecl.  comm.;  vehementer 
quoqiie  mirabantiir,  für  mir  ab.  quoque;  conscius  ]\m^\i\\v  cum  dativo, 
qui  quoqiie  genitwo  redditnr,  für  genitioo  quoque.  Dergleichen  findet 
sich  sogar  hei  Muret.  und  Andern.  Vgl.  Mureti  Opera  T.  I,  p.  195  u. 
384;  T.  II,  p.  55.  105.  112  u.  a.,  und  Klotz  Sintenis  p.  166  u.  p.  175.  — 
Daher  ranss  auch,  wenn  für  sed  etiam  gebraucht  wird  sed  quoque,  vor 
dieses  quoque  das  gesetzt  werden,  worauf  sich  quoque  (auch)  bezieht; 
z.  B.  iiicht  allein  durch  Ruth,  sondern  auch  durch  Hülfe,  sed  auxilio 
quoque.  nicht  sed  quoque  auxilio.  Wenn  jedoch  zwei  Wörter  in  genauem 
Verbindung  stehen,  so  kann  quoque  auch  zwischen  beiden  und  sogar 
vor  dem  zweiten,  dem  Flanptworte,  stehen;  z.  B.  bei  Liv.  (XXIV,  18): 
peciiniae  quoque  pupillares ;  XL,  J4  civitatem  quoque  suam.  Dies  be- 
merkt sehr  richtig  Poppo. —  IVennauch  in  der  ^eAcwt. auch tvenn  heisst 
etiamsi,  nicht  si  quoque  oder  si etiam.  —  Ueber  is  quoque,  er  auch,  für 
ebenderselbe,  also  idem,  vgl.  imter  Etiam.  —  Selten  und  zu  vermeiden 
ist  idem  quoque,  da  quoque  schon  in  idem  liegt,  wenigstens  ist  es  wohl 
ohne  Kl.  Äuctorität. 

Quorsum  und  quorsus  sind  gleich  gut,  und  es  entscheidet  daher 
nur  der  Wohllaut  über  die  Wahl  des  einen  oder  des  andern.  Im  iV.  L. 
werden  beide  sehr  gemissbraucht,  da  sie  nach  ihrer  Bedeutung,  wohin, 
sich  fast  nur  auf  Verba  beschränken,  welche  jenen  Begriff  zulassen, 
wie  evadere,  ausgehen;  spectare,  hinsehen,  abzwecken;  recidere,  aus- 
fallen; pertinere  und  tefidere,  reichen,  sich  erstrecken, —  selten  andere. 
Ohne  Äuctorität  sind  daher  die  Ausdrücke:  quorsum  necesse  est,  atti- 
jiet,  refert ,  irozu  ist  es  nöthig,  dient  es,  wo  quid  besser  ist.  Den  Ge- 
brauch beider  kann  wenigstens  die  Stelle  bei  Floraz  (Sat.  II,  7,  116): 
quorsum  est  opus?  nicht  rechtfertigen;  doch  scheint  Ruhnken  (z.  Mu- 
reti Oper.  T.  II,  p.316  [Var.  Lectt.  XXIII,  19])  dieser  Ansicht  zu  sein, 
indem  er  gegen  Sciopp.  (de  stylo  p.  165  [137]  ),  welcher  Muret's 
Worte:  quorsus  necesse  est  tadelt,  zur  Entschuldigung  jene  Stelle  des 
Iloraz  anführt. 

Quot,  wie  viel,  wie  viele,  kann  nicht  neutral,  für  sich  allein,  als 
Subst.  gebraucht  werden  in  der  Bedeut.  wie  Vieles;  dafür  sagt  man 
quantum  oder  quam  miilta ;  unrichtig  ist  daher  z.  B. :  quot  in  hac 
caussa  oraittenda  sunt,  wie  Vieles  muss  —  übergaiigen  iverden,  für 
quam  multa.  Auch  wird  quot  nicht  gesetzt,  wenn  wie  viele  so  viel  be- 
deuten soll  als  wie  wenige-,  in  diesem  Falle  heisst  es  qiiotusquisque ; 
z.  B.  wie  viele  Menschen  findet  man,  deren  Leben  mit  ihrer  Bede  über- 
einstimmt!  quotusquisque  hominum  est  — ;  auch  nicht,  wenn  wievielzn 
einer  angegebenen  Zahl  noch  unbestimmt  beigefügt  wird;  dafürsteht 
quotquot ;  z.  B.  ivenn  zwei  oder  mehrere  Gesetze,  oder  wie  viele  es  sein 
werden,  nicht  beibehalten  werden  können,  —  aut  quotquot  erunt,  nicht 
aut  quot  (Cic.  luv.  II,  49,  145). —  Wo  wir  sagen:  wie  Viele  sind  unser., 
sagt  man  quot  sumus,  nicht  quot  nostrum  sunt —  und  so  bei  ähnlichen. 

Quotidianus ;  vgl.  Diurnus.  Nach  dem  dort  Angegebenen  bedeutet 
vicius  quotidianus  —  die  tägliche,  d.  h.  tagtägliche,  alltägliche,  alle 
Tage  wiederkehrende  Kost  und  Nahrung,  und  hat  keinen  Bezug  auf 
die  Nacht;  aber  victus  diurnus  ist  theils  die  Kost  für  einen  Tag.  theils 
in  Bezug  auf  die  Nacht,  die  Kost  bei  Tage.  Wo  diurnus  mit  quotidianus 
gleich  zu  sein  scheint,  z.  B.  in  Cic.  Fam.  IX,  2  u.  XI,  8,  mag  vielleicht 
diutinus  richtiger  sein. 

43 


674 

Quott'escunque,  tvie  oft  nur,  hat  in  bestimmter  Rede  meistens  nur 
den  Indicat.,  nicht  den  Coiijmict.  bei  eicli,  welcher  im  N.  L.  häufig 
ist ;  z.  B.  ivie  oft  er  mir  auch  schreibt  oder  schreiben  mag,  quotiescunque 
mihi  scribit,  nicht  scribat. 

Quotf/uot,  wie  viele  nur.  In  Rücksicht  auf  den  Modus  des  dazu  ge- 
hörigen Verbi  gilt  dasselbe,  wie  für  quotiescunque.  —  j4.  L.  und  noch 
von  Varro  gebrauclit  ist  quotquot  armis,  quotquot  mensibus,  für  die 
gewöhnlichen  Ausdrücke  quotamiis,  in  singu/os  annos,  quot  mensibus, 
in  singulos  menses  u.  a.  Es  ist  nicht  zu  verwerfen  und  steht  bei  Varro 
sicher,  z.  B.  L.  L.  Y,  37.  p.  15  ed.  Müll. 

Quotuples,  wie  vielfach,  ist  N.  L.  für  quot. 

Quum  oder  cum,  da,  als,  weil.  Bei  dem  Gebrauche  dieser  Con- 
junction  wird  im  Tempus  und  Modus  oft  gefehlt;  das  Regelrechte 
lehrt  jede  gute  Grammatik;  ausserdem  vergleiche  man  Reisig's  Vorles. 
p.  530;  auch  sind  schon  in  Th.  I,  bei  den  Temporibus  einige  Fälle 
erwähnt  worden.  —  Als  selten  ist  quum  tarnen,  in  der  Bedeut.  da  oder 
als  jedoch,  zu  vermeiden,  da  cum  allein  meistens  genügt.  Vgl.  Dietrich 
Sintenis  p.  25.  Kritz  zu  Sali.  Catil.  35,  3  und  Anton  Progr.  p.  62.  — 
Da  nach  den  stylistischen  Gesetzen  der  latein.  Sprache  der  Nebensatz 
nicht  leicht  die  Periode  anfängt,  sondern  in  den  Hauptsatz  einge- 
schlossen wird,  so  ist  quurn  igilur  viel  seltner  als  itaque  quum,  indem 
durch  diese  Stellung  itaque,  welches  zum  Hauptsatze  gehört,  densel- 
ben anfängt,  und  der  Satz  mit  cum  in  denselben  eingeschlossen  er- 
scheint. —  Die  unmittelbare  Verbindung  der  Q, on']\\nci\on  quian  (cum) 
mit  der  Praepos.  c//m,also  quum.  cwm,  wird  zwar  meistens  durch  Um- 
stellung vermieden,  kommt  aber  doch  zuweilen  vor,  z.  B.  beiCic.  (Ätt. 
VI,  1,  13) :  tum,  quum  cum  Democrito  tuo  — .  üeber  quum  (cum) 
'tum,  theils  -  theils,  vgl.  Stürenb.  Cic.  Arch.  12,  31.  p.  164.  Klotz  Cic. 
Cato  p.  138  und  z.  Cic.  Lael.  21,  76.  Weber's  Uebungssch.  p.  521.  Rei- 
sig's Vorles.  p.  421  und  was  GrauflF  z.  Bunelli  Epist.  p.  699  gesammelt 
hat;  ausserdem  noch  unten  Tum. 

R.  r. 

Rabidus,  rasend,  ist  nur  P.  L.  inr  furens,  furiosus,  insatms  u.  a., 
wiewohl  rabies  KL  vorkommt  und  sogar  rabide  appetens;  daher  mag 
auch  rabidus  an  passender  Stelle  nicht  zu  verwerfen  sein. 

Rabulista,  ein  Rabulist,  ist  N.  L.  für  rabula. 

Racematio,  die  Nachlese  im  Weinberge,  ist  sehr  Sp.  L. ;  nirgends 
aber  findet  es  sich,  wie  im  N.  L.,  in  der  Bedeut.  Nachlese  im  Allge- 
meinen, auch  in  wissenschaftlichen  Dingen.  Einige  Philologen  lieben  es; 
es  werde  aber  durchaus  vermieden.  —  Ueber  das  ähnliche  spicilegium 
vgl.  dieses  Wort. 

Radicalis,  die  Wurzel  betreffend,  ist  N.  L.  für  primigenius ;  z.  B. 
syllaba  radicalis,  die  Wurselsylbe,  für  primigenia. 

Radicari,  wurzeln,  Wurzel  schlagen.,  ist  N.  Kl.  und  nicht  gut,  für 
radices  agere;  am  wenigsten  kann  es  in  bildlichem  Sinne  gebraucht 
werden.  —  N.  L.  ist  radicaliter,  von  der  Wurzel  aus,  mit  der  Wurzel, 
für  radicitus. 

Radix,  die  Wurzel,  ist  in  der  bildlichen  Bedeut.  vom  Fusse  eines 
Berges  fast  nur  im  Plur.,  radices,  üblich,  zumal  wenn  von  einem  sich 


G75 

ausbreitenden  Berg^e,  einer  Bergstrecke  die  Rede  ist.  Nur  selten  steht 
es  im  Sif/g.,  wo  es  aber  passend  ist  bei  dem  Fusse  von  Anliöhen; 
Cicero  sagt  z.  B.  radix  Palatii,  Fuss  des  Palatinischen  Hügels. 

Ramus,  Zweige  kann  allerdings  wohl  nach  dem  Vorgange  des  altern 
Pliiiius  von  dem  Zweige,  d.  h.  Theile  eines  Berges  oder  Gebirges  ge- 
braucht werden;  aber  gewagt  möchte  es  sein,  unser  bildliches  Zweige, 
Brmichen  einer  Wissenschaft  durch  ramos  zu  übersetzen,  da  dies 
aller  Auctoritäi  ermangelt;  wenigstens  müsste  man  es  durch  einen 
mildernden  Zusatz  entschuldigen;  sonst  steht  Aaiüv  partes. 

Ranula,  das  Fröschchen,  ist  Sp.  L.  und  unnöthig  wegen  des  KL 
ranunctihis. 

Rapinari,  rauben,  Räuberei  treiben,  ist  iV.  L.  für  rapere,  rapinas 
fncere.  Hierbei  kann  bemerkt  werden,  dass  in  der  bessern  Prosa  nie 
der  Sing,  rapina,  sondern  nur  der  Flur,  rapinae  vorkommt. 

Raptim,  eile?ids,  eiligst,  kommt  nur  in  dieser  Positivform,  auch  in 
Bezug  auf  das  eilige  Schreiben  voi-,  nie  aber  in  einer  Superlativforra, 
raptissime,  welche  N.  L.  ist;  unter  Andern  hat  sie  Buchner  (Epist. 
P.  I,  ep.  322)  unter  einen  Brief  gesetzt. 

Raptor,  der  Räuber,  kommt  zwar  nirgends  Kl.,  aber  A.  L.  und 
N.  Kl.  bei  Quintil.  u.  A.  vor;  jedoch  ist  es  mehr  P.  L.  —  Neben  praedo, 
praedotor  und  direptor  ist  es  übrigens  nicht  zu  verwerfen,  wiewohl  ra- 
ptor  waritimtis,  ein  Seeräuber,  für  praedo  maritimns,  N.  L.  ist,  und 
raplor  templi,  ein  Tempelräuber,  nur  Sp.  L.  bei  Justin.  (VIII,  2,  9) 
vorkommt,  für  sacrilegus,  oder  mit  den  eben  angegebenen. 

Rare,  selten,  ist  nur  y4.  L.  und  N.  Kl.  Form  für  die  Kl.  raro;  ge- 
radezu zu  verwerfen  aber  ist  das  A.  und  Sp.  L.  rarenter. 

Rarus,  selten.  Die  Redensart  rarus  sum  in  aliqna  re  facienda  ist 
zwar  vielleicht  ohne  Auctorität,  und  darum  zu  vermeiden;  doch  wird 
sie  geschützt  durch  die  Analogie  von  assiduus,  creber,  frequens^ 
impiger  sum  in  re  facienda,  ich  thue  Etwas  oft,  wie  z.  B.  Cicero  (Att. 
1, 19, 1)  sagt :  in  scribejido  sum  multo  crebrior,  ich  schreibe  viel  häufiger. 
Und  so  möchte  wohl  Muret.  zu  entschuldigen  sein,  dass  er  in  einem 
Briefe  (Oper.  T.  II,  p.  85)  geschrieisen  hat:  in  scribendo  sum  rarior.  — 
Aber  N.  L.  möchte  sein:  rarus  est  in  litteris  (epistolis),  ohne  den  Zu- 
satz scribendis.  Vgl.  noch  Assiduus. 

Raster  oder  rastrum,  der  Karst,  hat  im  Plur.  rastri  und  rastra, 
welches  letztere  aber  nur  selten  vorkommt. 

Ratificare,für  gültig  erklären.^  gut  heisseti,  ist  B.  L.  für  ratum 
facere  oder  habere,  auch  (publice)  affirmare,  comprobare. 

Ratio.  Gut  ist  rationem  habere  alicujus  rei,  auf  Etwas  Rücksicht 
nehmen,  Etwas  beachten  u.dgl.;  aber  die  Ablativ-Redensart  ra^jowe 
habita  alicujus,  mit  Berücksichtigung  Jemandes  oder  einer  Sache,  ist, 
wenn  sie  nicht  mit  einem  Verbo  in  Verbindung  steht,  N.  L.;  oft  findet 
man  sie  so  auf  Titeln,  z.B.  disputatio  (liber,  libellus)  de  imraortalitate 
animorum  habita  inprimis  ratione  Piatonis,  besonders  mit  Rücksicht 
auf  Plato,  was  ^Q^^n  den  latein.  Sprachgebrauch  ist.  Auch  bedeutet 
der  blosse  Ablat.  ratione,  verbunden  mit  einem  Genit.,  nicht  in  Rück- 
sicht auf;  man  sage  also  z.  B.  nicht:  haec  diversa  sunt  ratione  mate- 
riae,  in  Rücksicht  auf  den  Stoff,  sondern  entweder  setze  man  den 
blossen  Ablat.,  materia,  oder  a  materia  (von  Seiten  des  Stoffes),  oder 

43* 


676 

ad  materiani,  oder  auch  wohl  ad  ratwnem  materiae,  wie  z.  B.  Cicer. 
(Brut.  13)  sagt:  fontes  ad  iiostrorum  annaliuin  rationem  veteres,  ad 
ipsoriim  sane  recentes,  alt  in  Rücksicht  auf  unsere  Jahrbücher,  neu  in 
Rücksicht  auf  die  ihrigen.  Wenn  also  Ilemert  sagt;  ratione  scholarum 
graecarum^  in  Rücksicht  auf  griechische  Forlesungen,  so  wäre  in 
graecis  scholis  einfacher  und  besser  gewesen.  —  Man  vermeide  ferner 
den  AbJ.  7iulla  ratione  in  der  Bedeut.  auf  keine  Weise,  d,  h.  kei?ies- 
wegs,  für  nequaquam,  da  jenes  vielmehr  heisst  ohne  allen  Grund. 
Nicht  gut  schreibt  daher  Hemert  (Ep.  ad  Wyttenb.);  si  ejusraodi  quid 
oblatum  unquam  fuisset,  nulla  id  ratione  accepissem,  iür  id  nequaquam 
accep.  —  Rationein  habere  wird  zwar  in  der  Bedeut.  in  Rechnung,  in 
Verkehr  mit  Jemanden  stehen  mit  cum  aliquo  verbunden,  aber  man 
sagt  nicht:  ratio  est  aliqua  cum  aliquo.,  sondern  alicujus  rei ;  z.  B.  an- 
ders verhält  es  sich  rnit  dieser  Stelle,  anders  mit  jener,  alia  hujus  loci, 
alia  illius  ratio  est,  nicht  cum  hoc,  cum  illo  loco.  —  In  Redensarten, 
wie:  iTi  dieser  Hinsicht  oder  Rücksicht,  in  beiderlei  Hinsicht,  in  jeder 
Hillsicht,  ist  ratio  unstatthaft;  passender  ist  meistens  hac  in  re,  hoc  in 
genere;  utraque  in  re,  in  omfiibus  rebus.  —  unter  ratio  loquendi  ver- 
steht der  Lateiner  eine  Art  und  fVeise  zu  reden  (vgl,  Cic.  Orat.  32), 
nicht  was  wir  unter  Redensart  verstehen,  wofür  man  vocabulum  oder 
das  fremde  phrasis  brauche.  Eben  so  wenig  ist  ratio  cogita?tdi  oder 
sentiendi  unser  Denkiveise,  was  man  besser  durch  ingeriium,  animuSy 
sensiis  ausdrückt;  und  ratio  agendi  nicht  unser  Handlungsweise,  was 
durch  mores,  actio  oder  agere  zu  übersetzen  ist.  — ,0b  rationem  ha- 
bere überall  anwendbar  ist,  wo  wir  sagen:  auf  Etwas  Rücksicht  neh- 
men, Etwas  berücksichtigen,  ist  zu  bezweifeln.  Endlich,  wenn  ratio  — 
Verstand  heissen  soll,  so  gibt  es  nach  Heusing.  (Eraendd.  p.  427)  keine 
ratio  sajia,  caeca,corrupta,  aber  wohl  eine  recta  ratio,  sana  ?nens,san- 
itas;  wieder  zur  gesunden  Vermmft  kommen  heisst  nicht  ad  sanam. 
rationem  redire,  sondern  ad  sanitatem  redire  (Cic.  Fam.  Xll,  10),  ad 
sa?iit.  reverti  (Caes.  B.  G.  1,42),  ad  satiam  mcntem  redire,  und  zur 
Vernunft,  auf  gesunde  Gedanken  bringen  heisst  ad  sanitatem  perdu- 
cere.  Vgl.  Sanitas. 

Ratio fiabilis,  vernünftig,  ist,  wie  ratiojialis,  ein  N.  Kl.  Kunstwort 
in  der  Philosophie,  aber  weniger  üblich  und  beglaubigt,  als  rationalis, 
welches  letztere  als  Kunstwort  beibehalten  werden  nuiss,  z.  B.  theo- 
logia  rationalis ;  dagegen  heisst  vernünftig,  verständig,  im  gewöhn- 
lichen Sinne,  rationis  particeps,  ratione  utetis.\gi.  auch  Irrationabilis, 
—  Als  Adv.  sind  Sp.  L.  rationabiliter  und  rationaliter ;  meistens  sind 
dafür  rede,  ratio7ie,  cu?n  oder  ejc  ratio?ie  zu  brauchen.  Endlich  wenn 
verständig,  vernünftig  so  viel  ist  als  mit  Vernunft,  auf  vernünftige 
Weise,  so  passt  meistens  ratione  oder  cum  ratione,  und  überhaupt 
nehme  man  ratio  zu  Hülfe;  z.  B.  vernünftige  Ausweichung,  declinatio 
si  cum  ratione  fit  (fiel)  —  (Cic.  Tusc.  IV,  6,  13);  vernünftige  Einthei- 
lung,  ratio  et  distributio  (Q.  Cic.  petit.  cons.  1). 

Ratis  bedeutet  in  Prosa  nur  Floss,  P.  L.  Schiff,  für  navis. 

Raucedo,  die  Heiserkeit,  ist  ganz  Sp.  L.  für  raucitas. 

Raucescere,  heisser  werden,  ist  N.  L.  für  raucum  fieri. 

Ruvis.,  die  Heiserkeit,  ist  A.  u.  Sp.  L.  für  raucitas. 

Reaciio,  die  Wechsel-  oder  Rückwirkung,  ist  A'^.  L.  für  actio  reci- 
procu;  —  ebenso  mi  reagere  N.  L.  für  vicissim  agere. 


677 

Reaedißcare,  vneder  mijhanen,  ist  Sji.  L.  für  denuo  aedißcare  (exae- 
dißc'ire),  reficere,  restituere. 

*  Es  stand  aucli  soast  bei  Cicero  und  Livius,  beruhte  aber  auf  falschen 
Lesarten. 

Realis,  reell,  wirklich,  in  der  That,  ist  N.  L.;  man  vermeide  es 
dui-fh  res  oder  verus;  —  ebenso  ist  das  Ädv.  realiter  JV.  L.  für  re,  re 
Vera,  re  ipsa  und  das  Kl.  reapse,  was  Cicero  liebt. 

Rebellare,  was  erst  bei  Hirtius  und  Livius,  nie  aber  bei  Cicero  und 
Caesar  vorkommt,  und  zwar  nur  in  dtr  Bedeutung  den  Krieg  er?ietiern, 
wieder  anfangen,  sich  wieder  empören,  drückt  nicht  unser  rebelliren, 
sich  empören  aus,  da  dies  ohne  allen  Be^ritF  einer  Wiederholung  ist; 
es  werde  daher  in  dieser  Bedeut.  durchaus  vermieden  durch  bellum, 
tumultum,  seditionem  movere.  Ebenso  bedeutet  rebellio,  was  schon 
Caesar  einigemal  braucht,  nur  eine  Kriegs-  oder  Aufruhrs- Er 7ieuerting, 
nicht  aber  unser  Rebellion,  Aufstand,  Aufruhr,  wo  an  Krieg  und  frü- 
hern Aufsta?id  nicht  gedacht  wird ;  man  vermeide  es  daher  in  der 
Bedeut.  Aufruhr  durch  seditio,  motus,  tumultus.  Ganz  unbrauchbar 
sind  die  Formen  rebellium  (bei  Livius,  aber  zweifelhaft)  und  rebel- 
lutio  (bei  Tacitus  u.  A.).  —  Das  Adject.  rebellis,  sich  empörend,  auf- 
rührerisch, ist,  ausser  bei  Tacitus,  nur  P.  L.  für  seditiosus,  tumul- 
tuosos,  rebellans.  Endlich  brauchen  Livius  und  Ovid.  rebellatrix  als 
Beiwort  weiblicher  Subst.,  jener  von  provincia,  dieser  von  Germania; 
es  möchte  aber  gewagt  sein,  es  zu  einem  Neutro  zu  setzen,  wie  zu  Bel- 
gium  (Belgien,  Holland),  was  Valcken.  (in  Oratt.  p.  187)  gethan  hat: 
juste  rebellatricis  Belgii,  für  rebellantis,  da  es  ohne  alte  Auctorität  ist. 

Recapitulare,  Etwas  einzeln,  nach  de?i  Hauptpunkten  triederholen, 
ist  ganz  Sp.  L.  für  rerum  lapita  summatim  repetere,  decurrere  oder 
repetere  per  capifa,  summa  rerum  capita  oder  blos  potiora  repetere. 
Als  subst.  Ausdrücke  gebrauche  man  orationis  enumeratio,  rerum  re- 
petitio,  dictorum  quam  brevissima  repetitio. 

Recens  als  Adverb.,  in  der  Bedeut.  vor  Kurzem,  soeben,  7ieu,  ist 
nur  A.  L.  und  steht  N.  Kl.  bei  Sueton.  und  Tacitus,  für  modo,  nuper- 
es  werde  nicht  nachgebraucht,  wie  es  dennoch  im  N.  L.  geschieht; 
Wyttenbach  z.  B.  sagt  (Vita  Ituhnk.  p.  112  []28]):  Ruhnkenio  recens 
in  cathedra  posito;  ib.  p.  113  (129)  :  recens  advenam,  wo  auch  die 
Verbindung  mit  ar/re;/«  auffallend  ist,  und  ebenso  Mahne  (Crito  p.  257): 
multi  recens  advenae,  was  keine  Auctorität  hat. 

*  Ob  auch  die  Worte  des  Livius  (II,  22,  4)  :  recens  ad  Regillum  lacum 
accepta  clades  —  dafür  Auctorität  sein  können,  ist  zu  bezweifeln,  da  die  Hand- 
schriften in  recens  vielfältig  abweichen  und  man  überdies  recens  auch  mit  dem 
Subst.  clades  verbinden  kann,  was  freilicli  Drakenborch  und  Andere  nicht  thun. 

Rece7?sere  steht  wohl  schwerlich  irgendwo  bei  einem  Alten  in  der 
wissenschaftlichen  Bedeut.  etwas  Geschriebenes  beurtheilen,  durch- 
musterti,  recensiren ;  man  sagt  dafür  judicare, Judicium  facere  de  aliqjia 
re,  in  Judicium  vocare  aliquid,  cognoscere  (Plin.  Ep.  VIII,  21,  6)  und 
recognoscere  aliquid.  Ebenso  vermeide  man  recensio,  die  Beurtheilung, 
durch  Judicium,  recognitio,  censura. 

*  \Vorauf  sich  F.  A.  Wolfs  irgendwo  gemachte  Bemerkung  stützt,  dass 
librum  alicujus  scriptoris  rccensere  melir  sei,  als  recognoscere,  weiss  ich  nicht; 
nach  seiner  Meinung  wird  recensere  nur  von  dem  Kritiker  gesagt,  welcher  nach 
Handschriften  durchsieht  und  verbessert,  recognoscere  aber  bezeichne  nur  eine 
genaue  Durchsicht  ohne  Hülfe  neuer  Handschriften;  jenes  sei  eine  recensio,  dieses 
eine  recoyniiio. 


678 

Recentare  kommt  mir  einmal  als  j4.  P.  Wort  vor,  für  renovare, 
i?istatirare,  wie  unser  auffn'scheTi ;  es  ist  (iaher  nicht  wohl  nachziibrau- 
chen,  was  dennoch  Valcken.  (Opusc.  I,  p.  257)  gethan  hat. 

Jiecente?;  neu,  ist  Sp.  L.  für  juiper,  modo;  vg^l.  Recens. 

Receptator,  der  Einen  aufnimmt,  steht  gewiss  erst  N.  Kl.  beiFlorus 
und  ist  ohne  Werth  für  receptor.  JNicht  ganz  zu  verwerfen  ist  es  da- 
gegen als  Sp.  L.  Name  des  Einnehmers,  für  das  früher  gebräuchliche 
coactor. 

*  Es  steht  auch  in  den  gewöhnlicheu  Ausgaben  und  Handschr.  in  Cic.  Milon. 
19,  50,  wo  aber  jetzt  aus  den  bessern  Handschr.  von  Steinmetz,  Klotz  und  Freund 
receptor  aufgenommen  ist;  ebenso  in  Yerr.  IV,  8  das  weibliche  receptrix. 

Recepttnn,  das  Recept,  d.  h.  was  der  Arzt  iwr geschrieheu  hat,  ist 
erst  N.  L.  Von  dem  Arzte,  der  Etwas  verord?iet,  vorschreibt,  hiess  es 
praecipit  (Geis.  III,  18),  conscribit  (Cic.  Leg.  II,  5,  Vd).,jubet,imperat, 
und  die  ärztlichen  Recepte  \\\e^^en  praecepta  (Cic.  1.  c.),jussa  (Ovid. 
Her.  XX,  133),  auch  wohl  imperata.  Vgl.  ül)er  jene  Verben  die  Lexica; 
ausserdem  die  Ausleger  z.  Terent.  Andr.  III,  2,  4.  Ruhnkea  in  seinen 
Dictaten  zu  Ovid's  Stelle,  und  oben  Praescribere. 

Recessus,  das  Zurückziehen,  der  Rückzug.  Sehr  selten  wird  es 
von  dem  Rückzuge  eines  Heeres  gebraucht,  wo  das  fast  stehende 
Wort  receptus  war;  daher  hiess  auch  zum  Rückzuge  blasen  —  receptui 
caiiere,  nicht,  wie  im  Sp.  L.,  recessui. 

Recidere,  zurückfallen,  scheint  für  unser  Recidiv  bei  einer  Krank- 
heit Kunstwort  zu  sein;  daher  recidere  in  morbum,  ein  Recidiv  be- 
kommen, was  bei  Celsus  oft  und  l>ei  Livius  u.  A.  vorkommt.  Cicero 
braucht  einmal  (Fam.  XII,  30,  2)  dafür  de  integro  incidere  in  mor- 
bum; Celsus  auch  morbus  recrudescit.  Rückfälle  heissen  bei  Cicero 
novae  tentatioties  niorhi. 

Recipere,  aufnehmen;  —  Einen  irgendwo  (irgendwohin),  nicht  nli- 
quem  in  aliquo  loco,  sondern  in  aliquem  locum,  z.  B.  iti  castra  (im  ha- 
ger), in  nrbem  (m  der  Stadt),  in  domum  oder  domum  (in  seinem  Hraise), 
nicht  domi ;  bei  sich,  ad  se,  nicht  ap?/d  se  (Caes.  B.  C.  II,  20,  5).  Jedoch 
wird  es  auch  mit  dem  Abi.  verbunden,  aber  ohne  in,  z.  B.  j/rbibus, 
teciis,  sedibus.  Daher  wird  tco  durch  q?/o,  nicht  durch  nbi;  dort  durch 
eo,  nicht  durch  ibi  oder  illic  ausgedrückt.  —  Ohne  Auctorität  ist  reci- 
pere alicujus  sententiam.  Jemandes  Meimwg  annehmen,  was  Muret. 
(Oper.  T.  I,  p.  127)  braucht,  von  Matthiae  aber  verworfen  wird,  für 
probare  sententiam.,  ire  in  se?ftent.,  assentiri  alicujus  sententiae.  — 
Ueber  recipere  und  suscipere  aliquid.  Etwas  übernehmen,  vgl.  Hand's 
Lehrb.  p.  244  und  dagegen  Eilend t  z.  Cic.  de  Orat.  p.  222. 

Reciproce,  wechselseitig,  findet  sich  im  N.  L.  nicht  selten  für  in- 
vicem,  vicissim,  mutuo.  Das  Adj.  reciprocus,  in  der  Bedeut.  gegen- 
seitig, tvechselstitig,  ist  N.  Kl.  und  s'reht  nur  beim  altern  PJinius  ;  über- 
haupt ist  es  sehr  selten  für  ?nutuus.  Iti  der  Grammatik  ist  es  Kunstwort. 
—  JNur  das  Verb,  reciprocare  ist  Kl.  in  der  Bedeut.  vorwärts  und 
rückwärts  wenden,  sich  ivech»elnd  zurückwenden. 

Recitare  findet  sich  in  der  Bedeut.  hersagen,  ausivendig  sagen 
erst  N.  Kl.  beim  altern  Seneca  (Controv.  I.  praef.  p.  64  ed.  Gron.), 
Celsus  u.  A.,  während  es  Kl.  bei  Cicero,  Caesar,  Livius  und  auch  noch 
später  nur  ablese?!.,  vom  Papiere  vorlesen,  bedeutete,  gleich  legere. 
Dies  hat  zuerst  J.  Schultins:  zu  Seneca's  Stelle  bemerkt.   Und  so  be- 


679 

deutet  recitatio  Kl.  nur  das  Vorlesen,  eine  Vorlesung  des  Geschrie- 
benen (oder  Gedrziekten).  In  jener  N.  Kl.  Bedeut.  sage  man  dafür  es 
memoria  expofiere  oder  ?ne?noriter  dicere,  mem.  prominciare,  und  für 
recitatio,  die  Vorlesung,  wenn  sie  eine  freie,  weniger  vom  Papier  ab- 
gelesene ist,  wie  sie  wenigstens  die  der  Universitätslehrer  sein  rauss, 
8age  man  schola.  Demnach  hätte  man  denn  aucli  das  Verzeichniss  der 
Vorlesungen  auf  Universitäten  nicht  indicem  recitutionum  nennen 
sollen.  Vgl.  Collegium  und  Praeleciio.  —  N.  L.  ist  recitator,  der  Vor- 
leser, für  lector. 

Recogitare  ist  in  der  Bedeut.  zurückdenken  N.  L.,  für  memoria 
aliquid  repetere,  memoriam  alicujns  repetere,  recordari ;  aber  recogi- 
talio,  die  fViedererinner?ing,  ist  N.  KL,  findet  sich  jedoch  nur  einmal 
bei  Rutil.  Lup.  (I,  21),  für  recordatio. 

Jiecommendare,  e7npfehlen,  findet  sich,  aus  dem  Französischen  ge- 
nommen, im  N.  L.  nicht  selten,  wo  mau  sogar  litierne  recomtnenda- 
toriae,  Recommendations- Schreiben .,  sagt.  Die  neuern  latein.  Lexica 
kennen  dieses  Verbum  nicht;  in  altern  wird  es  ans  Pliaedri  Fab.  L.  II, 
prolog.  6  angeführt.  Doch  darf  es  dort  nicht  recommendatur  heissen, 
sondern  in  zwei  Wörter  getrennt,  re  commendatur,  wozu  als  Gegensatz 
folgt  non  auctoris  nomine.  Vgl.  auch  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  209. 
Eben  so  wenig  kann  recommendatio  für  commendatio  gebraucht  werden. 

Recompensare ,  vergüteti,  wieder  vergelten,  ist,  wie  das  vorher- 
gehende, aus  dem  Franz.  entnommen  und  N.  L.  für  compensare,  re- 
?mmerari;  —  ebenso  recompensatio ,  für  compensatio,  remuneratio. 
Vgl.  Vorst.  I.  c. 

Reconciliare,  wieder  versöhnen,  aussöhnen,  vereinigen;  —  Einen 
oder  Etwas  mit  Jemanden,  ah'quem  oder  aliquid  (z.  B.  animum,  volun- 
tateni)  alicui,  nicht  cum  aliquo;  auch  wird  dafür  gesagt  gratiam  ali- 
cujus  reconc,  redire  cum  aliquo  in  gratiam  ;  auch  se  reconciliare  alicui, 
sich  mit  Einem  aussöhnen,  nicht  cu7n  aliquo.  Das  Subst.  reconciliatio 
bedarf  in  der  Bedeut.  fFiederversöhnu?2g  mehteus  den  Geint,  gratiae, 
wenn  diesen  nicht  der  Zusammenhang  unnöthig  macht;  ausserdem 
sagt  man  reditus  in  gratiam. 

Recondere,  verbergen,  verstecken,  mird  meistens  mit  in  und  dem 
Accus.,  selten  mit  in  und  dem  Abi.  verbunden.  Vgl.  oben  Condere  und 
Reisig's  Vorles.  p.  72ö. 

Reconvalescere,  tvieder  gesund  werden,  ist  N.  L.  für  convalescere ; 
ebenso  reconvalescentia. 

Recoquere.  Die  bildliche  Redensart  se  recoquendum  dare,  sich  von 
Neuem  bildem  lassen.,  kann  ohne  das  beigesetzte  velut  dem  Quintilian., 
bei  welchem  sie  sich  allein  findet  (Cicero  se  Apollonio  Molo?ii  rursus 
formandum  ac  vehit  recoquendum  dedit),  nicht  nachgebraucht  werden; 
31uret.  wendet  sie  einmal  richtig  an  (Oper.  T.  I,  p.  294):  seque  illi 
cottiwx  quasi  recoque7idum  ei  expoliendum  daret,  ein  andermal  aber 
(T.  11,  p.  104)  nicht  gut,  weil  das  mildernde  Wort  fehlt:  ut  ibi  se  — 
philosophiae  magistris  recoquendos  darent. 

Recordari,  ins  Herz  zurückrufen,  sich  erinnerii,  wird  bei  Saclwn 
fast  nur  mit  dem  Accus..,  al/quam  rem,  verbunden,  höchst  selten  mit 
dem  Genit.,  alicujus  rei:  bei  Personen  findet  sich  nur  de  aliquo,  in 
Rücksicht  auf  Einen.  Man  sage  also  nicht:  recordare  mei,  eri?t?iere 


G80 

dich  ?netner,  sondern  de  me.  —  Bei  sich  überdenken  helsst  secnm  re- 
cordari,  und  in  seinem  Herzen  überlege?!  —  cum  anlmo  recordari. 

Recreatio,  die  Erholung,  Erquicktwg,  ist,  wiewohl  es  nur  N.  Kl. 
beim  altern  Piinius  vorkommt,  neben  refectio  und  restitutio  nicht  zu 
verwerfen. 

Rede  ist  zwar  für  sich  allein,  als  Antwort  auf  eine  Fra^e,  gut  und 
KL,  aber  nicht  als  Zusatz  zu  etwas  Gesagtem,  wo  man  vielmelir  et 
rede  (Cic.  Tusc.  V,  41)  oder  idque  rede,  und  negativ  neque  injuria 
(Plane.  1),  24)  sagt.  —  Man  sa^t  aber  nicht:  rede  est  cum  aliqno,  es 
geht  oder  steht  gut  mit  Jemanden,  sondern  de  aliqzio  oder  apud  aliquem, 

Reditudo,  die  Geradheit^  Billigkeit,  ist  sehr  Sp.  L.  und  durchaus 
zu  verwerfen  für  aequitas,  reda  ratio.  Seltsam  brauchte  es  Muret. 
(Oper  T.  III,  p.  241  ed.  Kuhnk.),  indem  er  sagt:  a  reditudine  abdu- 
ceremur,  für  a  redo  itinere,  wie  auch  Ruhnken  zu  schreiben  räth. 

Redor  ist,  zumal  mit  dem  Genit,  scholae  oder  ludi  litterarii  in  der 
Bedeut.  der  Erste  der  Schule,  nicht  zu  verwerfen,  da  regere,  redio 
und  rector  selbst  die  gewöhnlichsten  Wörter  iur  regieren,  lenken,  ver- 
walten sind,  und  da  sogar  bei  den  Römern  der  Dlctator  auch  redor 
rei  publicae  hiess,  und  in  der  Kaiserzeit  der  Gouverneur  der  kaiser- 
lichen Prinzen  —  redor  juventae  imperatoriae  genannt  wurde.  Man 
kann  es  also  unbedenklich  brauchen,  wiewohl  auch  praefedus  nicht 
unpassend  ist.  Neu  sind  dagegen  die  Wörter  rectoratus  und  redura, 
welches  letztere  übrigens  nach  Praetura  und  Quaestura  gut  gebildet 
ist;  man  wähle  aber  lieber  munus  oder  potestas  redoris,  oder  prae- 
feduru,  gubernatio,  redio  scholae. 

Redus,  a,  um,  recht,  richtig,  gerade,  passt  oft  nicht,  wo  wir  recht 
brauchen,  z.  B.  bei  locus.  Ort,  und  tempus,  Zeit;  der  rechte  Ort  heisst 
uicht  redus,  sondern  opporttinus  locus,  auch  blos  locus,  wie  bei  Cic. 
(Sest.  37,  80):  non  percussit  locum,  er  traf  nicht  den  rechten  Ort  (um 
ihn  zu  tödten);  am  rechte??  Orte,  gehörige??  Ortes,  loco  opport/mo, 
vero  (Cic.  Rep.  1,  3),  suo,  auch  hlos  loco,  z.  B.  verba  loco  ponere  (Cic. 
Orat.  III,  38, 153);  non  loco  dicitur  (Inv,  I,  21,  30);  am  tinrechten  Orte, 
alie??o  loco;  7iach  dem  rechte??  Orte  hii?,  i?i  locu??i  (Off.  III,  9,  2).  Vgl. 
über  loco  Ochsner  z.  Eclog.  Cicer.  p.  857.  —  Ebenso  heisst  die  rechte 
Zeit,  nicht  red?im,  sondern  opportu?i?im,  coi?tmodu??i,  idn?ief/m  tempus, 
auch  blos  tempus;  zur  rechte??  Zeit,  te?npore  oder  s?io  ie??ipore  (Cic. 
Partit.  3),  ad  te??ipus  (Cic.  Att.  V,  15,  3),  opport?me.  Ueber  in  tem- 
pore vgl.  Grauff" z.  Bunelli  Epist.  p.  670.  —  Auch  sagt  man  nicht:  er- 
rante?n  i?i  rectum  via??i  revocare,  ai?f  den  rechten  Weg  leiten,  sondern 
i?i  viam  revocare ;  auf  den  rechten  fVeg  zurückgehe??,  in  viam  redire 
(Cic.  Phil.  XII,  2);  vom  rechte??  Wege  abgehen,  abweichen,  abirre??,  de 
via  decedere,  defledere,  via  er  rare.  —  A^.  L.  ist:  ??iihi  rectu??i  est,  es 
ist  mir  recht,  es  gefällt  ?iiir,  für  ?nihi  co??i??iodii?ii  est,  no??  gravor ;  es 
scliei?it  ?nir  recht,  mihi  videtur.  Endlich  ist  rectum  est  mit  folg.  ?it,  es 
ist  recht,  dass  — ,  N.  L.  für  rediwi  est  m.  d.  Acc.  c.  Inf.  Vgl.  Cic. 
Off.  I,  38, 137. 

Recudere  ist  von  Freund  im  Lexic.  gar  nicht  aufgenommen  wor- 
den, da  es  wohl  ohne  alte  Auctorität  ist.  Im  N.  L.  ist  es  eins  der 
Verba,  welche,  wie  excudere  (wovon  oben  die  Rede  war),  vom 
Bücher  drucke??  oder  nnederdr??cken  gebraucht  werden  :  liber  rccusuSf 
ein  wiederholt  abgedrucktes  Buch;  und  selbst  Muret.  (Oper.  T.  II, 


681 

p.  177  ed.  Fr.)  sa^t:  totiim  refin^i  oc  recudi  viilt,  wobei,  was  aiiffal- 
ItMid  ist,  Riiliiiken  JNichts  bemerkt.  Man  brauclie  das  Wort  nicht  nach. 
VgJ.  hnp?  imere. 

*  Nie.  Perottus,  aus  dessen  Lexic.  es  in  spätere  übergegangen  ist,  führte  es 
mit  der  Auetorität  Varro's  an,  welcher  gesagt  habe:  ut  ii  solent,  qiii  vetera  me- 
talla  recudunt;  doch  finden  sicli  diese  Worte  nirgends  bei  Varro.  Wenn  sie  acht 
sind,  so  schrieb  wohl  Varro  recohint,  d.  li.  ivelche  die  alten  Beryiverke  wieder 
hauen,  wie  Livius  (XXXIX,  24)  sagt:  metalla  vetera  intermissa  recohdt. 

Recusare,  sich  weigern,  hat  KL  ein  Verbum  theils  im  Infinit.,  theils 
mit  7ie  bei  sich,  und  non  recusare  auch  quin. 

Redamare,  wieder  lieben,  in  dem  Sinne  von  gegenseitig  lieben^ 
kommt  nur  einmal  bei  Cicero  vor,  und  zwar  mit  dem  Zusätze:  ut  ita 
dicmn,  gleichsam  als  ob  er  sich  gescheut  hätte,  das  Wort  zu  brauchen, 
obgleich  in  der  Bildung  und  Bedeutung  nichts  Auffallendes  liegt.  Noch 
merkwürdiger  aber  ist,  dass  es  dem  Cicero  keiner  der  Folgenden 
nachgebraucht  hat;  Neuere  haben  sich  nicht  gescheut,  es  zu  thun, 
z.  B.  Manutius  (Ep.  IV,  19):  nisi  te  nostri  amantem  redameni.  Man 
vermeide  es  durch  mutuo  amore  complecti,  amorein  reddere,  mnori  ali- 
cujus  respondere,  oder,  wenn  man  es  brauchen  will,  setze  man  hinzu: 
ut  Ciceronia?io  verbo  utar. 

Redarguitio,  der  Tadel,  Verweis,  ist  N.  L.  für  reprehensio,  refutatio. 

Reddere  lässt  in  der  Bedeut.  machen  theils  nicht  alle  Adjectiven 
als  Praedicate  eines  Objectes  zu,  weswegen  man  ohne  gute  Auetorität 
keines  willkührlich  damit  verbinden  kann,  theils  kommt  es  weniger  im 
Passiv,  in  der  Bedeut,  gemacht  werden  oder  werden  vor,  inr fieri.  3Ian 
sagt  z.B.  nicht:  aliquem  certioreni  reddere.  Einen  benachrichtigen, 
sondern/flcere,und  im  Passiv.^e/-?*;  nicht  reddere  aliqiiid  verisimile,  Et- 
was wahrscheinlich  macÄeyz,  was  Weber  (Uebungssch.  p.  323)  verwirft, 
sondern  denw?istrare,  studere probnre ;  nicht  aliquid  promptum  reddi 
oder  redditum  esse  nach  Klotz  (Sintenis  p.  162),  sondern  fieri  prom- 
ptum, obgleich  im  Activ.  reddere  aliquid  facile  ac  promptum  richtig 
sei,  —  und  so  wohl  noch  bei  andern.  —  Gut  und  Kl.  ist  aliquem  ex 
aliquo  aliquem  (aliquid)  reddere.  Einen  axis  Einem  (Etwas)  zu  Einem 
(KtuHis)  machen,  z.  B,  bei  Cic.  (Inv.  I,  2,  2):  homines  es  feris  et  ini- 
manibus  milcs  reddidit  et  inaiisuetos.  —  Man  merke  noch,  dass  red- 
dere aliciti epistolam  wohl  nicht  bedeutet  Einem  eine  Antwort  schicken. 
Einem  antworten.,  was  respondere ,  rescribere  heisst,  sondern  Einem 
einen  Brief  zustellen;  reddere  wird  von  dem  Ueberbringer,  nicht  von 
dem  Verfasser  eines  Briefes  gesagt.  Vgl.  Anton.  Progr.  p.  44,  und  über 
reddere  par  pro  pari  vgl.  Par. 

Redintegratio,  die  Erneuerung,  Wiederholung,  steht  A^.  Kl.  bei  «lern 
Verf.  der  Bücher  ad  Herenn.,  sonst  ist  es  nur  Sp.  L.  für  integratio, 
repetitio  u.  a.  Gut  alier  ist  das  Verbum  redintegrare. 

*  Es  stand  aucli  früher  in  Terent.  Andr.  III,  3,  23,  wo  aber  jetzt  integratio 
gelesen  wird. 

Reditns  kommt  in  der  Bedeut.  Einnahme,  Einkünfte  zwar  nicht 
bei  Cicero  und  Caesar,  aber  bei  Corn,  Nep.  und  Livius  vor,  und  war 
später  das  gewöhnliche  Wort;  es  ist  um  so  weniger  zu  verwerfen,  da 
Cicero  das  Verbum  redire  schon  in  dem  Sinne  unseres  einkommen 
braucht.  —  Einkünfte  des  Staates  heissen  bei  Cicero  vectigalia;  aber 
nur  selten  wird  die  Einnahme  von  eignen  Gütern  so  genannt  (Cic. 
Att.  Xll,  25),  häufiger  steht  dafür  reditus  imPlur.  (Cic.  Q.  fr.  1, 1,34), 


682 

nixl  was  Cfrero  (Parad.  VI,  1)  durch  suis  frnctibvs  ausdrückt,  nennt 
Pliniiis  (N.  H.  XXXllI,  10)  reditvs  a/mnus.  Vgl.  aiichSciopp.  de  styio 
p.  152  (127).  Gleich  AI.  ist  wohl  reditiis  in  patriam  und  reditus  pa- 
triae; reditus  in  ^ratiam  (die  Wiederversöhnnng)  und  reditus  gratiae. 
—  Das  Zurückgehen  in  der  mililär.  Bedeut.  Rückzug  eines  Heeres 
heisst  nicht  reditus,  sondern  receptus,  so  wenigstens  der  durch  Noth 
erzwungene  Rückzug. 

Redolere  alicjtiid,  nach  Etums  riechen,  in  der  bildlichen  Bedeut. 
zu  erkennen  geben,  merken,  bemerken  lasse?i,  wird  bei  Cicero  u.  A. 
nur  im  Scherz  und  Spott  gebraucht,  und  nur  so  dürfen  auch  wir  es 
brauchen. 

Redonare,  wieder-,  zurück  schenket?,  Ut  P.  L.  für  remnnerari. 

Reducere,  zurückführen.  Zu  bezweifeln  ist  vires  reducere ,  die 
Kräfte  wieder  zurückf,  für  recreare,  reficere,  restituere. 

Reduplicare,  wieder  verdoppeln,  ist  N.  L.  und  nur  die  Form  re~ 
duplicatus  findet  sich  im  Sp.L.  ;m^n  sage  dafür  iteruni  duplicarey 
geminare,  conduplicare.  Eben  so  N.  L.  ist  rednplicatio,  die  Wieder- 
verdoppelung, für  repetita  geminatio  oder  duplicatio. 

Refectio  ist,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  zwar  N.  KL,  aber  nicht  zu 
verwerfen,  zumal  da  reficere  Kl.  ist;  in  der  Bedeut.  Erholu?ig  %\nA  KL 
relnxatio  und  remissio  und  das  Verbum  se  confirmare.  Dagegen  ist  das 
Snbst.  refectus  Sp.  L. 

Refectorium,  der  Speisesaal,  ist  N.  L.  für  coejiatio,  coenaculum. 

Referre  kommt  nach  Madvig  (zu  Cic.  Fin.  II,  30,  97)  vor  Livius 
und  den  Folgenden  zwar  noch  nicht  in  der  Bedeut.  erzählen,  melden, 
berichten  vor,  gleich  narrare,dicere,  exponere,  ist  aber  durchaus  nicht 
zu  verwerfen,  mögen  auch  jene  Wörter,  sowie  noch  scribere,  tradere, 
memorare,  ouctorem  esse,  es  hinlänglich  ersetzen ;  ja  selbst  bei  Cic. 
(Att.  VIII,  1.  ep.  ad  Pompej.)  bedeutet  offenbar  alicui  aliquid  referre. 
Einem  Etums  melden.  —  In  der  Bedeut.  Jemanden  in  oder  unier  Et- 
was setzen,  rechnen,  zählen  sagt  man  referre  aliquem  in  aliquid,  in  ali- 
quos,  selten  mit  in  und  dem  Ablat.,  z.  B.  in  deos,  in  proscripios,  in  se- 
lectos  j?/dices,  i7i  tabulas,  i?i  codicem ;  ebenso  mit  in  numerum,  selten 
in  numero,  mit  d.  Genit.,  z.  B.  unter  die  Götter,  jinter  die  Redner,  in 
numerum  deorum,  oratorum  u.  a.  (Cic.  Brut.  86,  297  u.  a.).  —  Etwas 
auf  Etums  richten,  beziehen,  iverfen  heisst  referre  aliquid  ad  aliquid 
(aliquem) ;  z.  B.  omnia  refert  ad  voluptatem ;  Einen  um  Etwas  be- 
fragen. Einem  Etwas  (zur  Berathung,  Ueberlegung)  vortrage?i,  re- 
ferre ad  aliquem  aliquid  oder  de  aliqua  re;  datier  der  stehende  Aus- 
druck: aliquid  ad  senatum  referre,  aber  nie  ad  populum  referre,  son- 
dern blos/e/re,  weil  das  Volk  nicht  dabei  zur  Berathung  gezogen  wird. 
In  Verbindung  mit  er/ /jo;;?//m//i  passt  nur  dann  referre,  wenn  es  für 
rursus  oder  denuo  ferre,  zum  zweitenmal  vortragen,  steht,  wie  bei 
Cic.  Cluent.  49,  woher  vielleicht  aus  Missverständniss  Muret.  (Oper. 
T.  IV,  p.  9  ed.  Rnhnk.)  ad  populum  referre  für  das  blosse /er^-e  braucht ; 
daher  bemerkt  Ruhnken  gegen  ihn:  Latinitas  postulat  ye/ve  ad  po- 
puhim,  referre  ad  senatum;  nee  moveor  exemplis,  qnae  pro  referre 
ad  populum  attulit  Ernestus  Clav.  Cic.  v.  Referre.  —  Daher  heisst 
auch  dem  Kriegsrathe  vortrage?!.,  referre  ad  consilium.  Und  so  wird 
denn,  bei  der  Anwendung  dieser  beiden  Verben,  referre  beim  Vor- 
trage einer  Sache  an   ein   Collegium  oder  an  eine  Conferenz ,  z.B. 


683 

der  Professoren,  passend  sein,  shorferre  beim  Vortrag'e  an  eine  T'er- 
sa7]i7iilu?/g,  z.  B.  der  Schüler,  wiewohl  im  Sp.  L.  dieser  Untersrliied 
nicht  beachtet  wird.  —  N.  L.  ist  culpam  referre  in  aliqnem,  die  Schuld 
auf  Jemanden  werfen,  für  cnipam  iransferre,  conferre,  injicere  in  ali- 
qiieni  oder  alicni  attribuere.  Gleiches  mit  Gleichem  vergelten  Iieisst 
par  pari  referre,  nicJit  par  pro  pari  referre,  wie  bei  Terenz  in  einer 
vor  Bentley  fehlerhaften  Stelle  steht,  ebenso  wie  man  paribus  paria 
reddere  (Cic.  Orat.  49,  364)  sagt.  Vgl.  Par  und  Pro.  —  Den  Sieg 
über  Jemanden  davo?itragen  heisst  referre  victoriam  ex  oder  ab  ab'quo; 
docli  kann  letztere  Verbindung  nicht  wohl  passiv,  angewandt  werden, 
da  z.  B.  victoria  a  Romanis  relata  est  doppelsinnig  wäre.  Vgl.  Sciopp. 
Infam,  p.  134  und  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  95. 

Refert.,  es  liegt  daran,  koinmt  daraiif  an.,  ist  von  Bedeutung,  wird 
Kl.  nur  mit  mea,  ttia,  sua,nostra,vestra  und  mit  den  Genitiven  illorum, 
ipsorum  verbunden,  aber  nicht  mit  dem  Genit.  anderer  Subst.,  z.  B. 
patris,  parentum, principis,  wie  man  solche  im  A^.  L.  dabei  findet;  noch 
viel  weniger  aber  mei,  tut,  sui,  nostri.,  vestri,  wie  z.  B.  Jos.  Scaliger 
(Epist.  11,  125)   schrieb :  mei  et  illius  non  parvi  refert  enm  monere. 

Refertus,  voll,  angefüllt ,  wird  bei  Personen  gleich  gut  mit  dem 
Genit.  und  mit  dem  Ablat.  verbunden,  bei  Sachen  aber  vielleicht  nur 
mit  dem  Ablat. 

Reflectere,  was  nur  zurückbeugen,  zurückwenden  bedeutet,  ist  in 
der  bildlichen  Bedeut.  auf  Ettvas  Rücksicht  nehmen,  auf  PJtwas  ach- 
ten, reflectiren,  verbunden  mit  ad  oder  in  aliquid,  N.  L.  Ebenso  ist 
reflescio,  was  ohnehin  erst  Sp.  L.  ist  und  Ztirückbeugung  bedeutet,  in 
dem  Sinne  unseres  Betrachtung,  Beobachtung,  N.  L.  Man  brauche 
considerare,  contemplari,  reputare,  rcspicere,  rationem  habere,  animum 
advertere  u.  a.;  consideratio,  deliberatio  u.  a. 

Refluere,  zurückfliessen,  ist  nur  P.  Jj.  für  retrofluere,  recedere  u.  a. 

Refocillare,  tvieder  erquicken,  ist  N.  Kl.  und  selten  für  reflceref 
recreare,  relaxare. 

Reformare ,  umformen,  neu  gestalten,  verbessern,  ist  zwar  erst 
N.  Kl.,  findet  sich  aber  doch  beim  Jüngern  Plinius  (corruptos  depra- 
vatosque  tnores  reformare  et  corrigere),  also  wie  unser  reformiren, 
und  ist  daher  nicht  so  verwerflich,  als  man  glaubt.  Ebenso  kommt  das 
Subst.  reformatio  mit  dem  Genit.  moruni  sclion  bei  Seneca  vor,  und 
reformator  beim  Jüngern  Plinius.  Um  so  weniger  braucht  man  sich 
zu  bedenken,  es  in  der  Theologie  anzuwenden,  wo  es  ohnehin  Kunst- 
wort ist;  man  kann  also  wohl  sagen:  sacra  reformare  und  sncror?i?n  re- 
formatio, wofür  Andere  ijista?irare  religionem,  sacra  emendare  oder 
repurgare,  und  als  Subst.  sacrorum  emendatio  setzen  wollen.  Jedoch 
brauche  man,  wenn  der  Znsammenhang  es  nicht  etwa  zulässt,  refor- 
matio und  emendatio  nicht  ohne  sacrorum. 

Refractariohis ,  widerstrebend ,  streitsüchtig ,  gleich  conte?itiosus, 
pugnax,  concertatorius,  kommt  nur  in  Cic.  Att.  II,  3,  3  vor,  wird  aber 
(wie  die  ganze  Stelle)  von  Orelli  für  zweifelhaft  und  verdächtig  er- 
klärt. Diesem  Adject.  gleich  ist  das  A'.  KL,  aber  auch  nur  einmal  bei 
Seneca  vorkommende  refractarius ;  beide  werden  als  seltne  Wörter 
vermieden. 

Refractio,  vom  Lichte  gebraucht,  in  der  Bedeut.  Wieder  schein,  ist 
N.  L.  für  repercussio,  ?'epercussus. 


684 

Refn'genlia  und  refrigerium,  die  Kühlung,  sind  fast  N.  L.  für  re- 
frigprafio,  recreatio  oder  das  Verb,  refrigerare. 

Refugn  als  Subst.,  der  Entlaufene,  Desertetir,  ist  Sp.  L.  fiir  per- 
fiiga,  transfuga.  Auch  das  Adj.  refiigus  ist  iV.  Ä'/.  und  mehr  P.  L. 

Rcfugere,  zurückfliehen ;  —  vor  Etwas ,  in  eigeutlichem  und  bild- 
lichem Sinne,  aliquid  und  ab  ab'qua  re. 

Refugium,  die  Zuflucht,  kommt  Ä7.  nur  einmal  bei  Cicero  und  auch 
wohl  nicht  öfter  beiLivius  vor;  auch  später  wurde  es  selten  gebraucht 
für  perfugiurn,  wiewohl  das  Verbum  refugere  ganz  üblich  ist. 

Regeneratio,  die  Wiedergeburt,  ist  Sp.  L.  und  ein  theolog.  Wort 
für  nova  gener atio. 

Regens  als  Subst.,  in  dem  allgem.  Sinne  Regent,  ist  Sp.  L.  für  reXf 
domijius,  oder  in  der  Bedeut.  Lejiher,  Regierer  für  rector,  moderator. 

Regere,  regieren,  herrschen,  steht  nie  ohne  Object.  Man  sage  also 
nicht:  Aug?istus  diu  rexit,  Aug.  hat  lange  regiert,  sondern  regnavit; 
nicht  Alexandra  regente.  als  Alex,  regierte,  unter  der  Regierung 
Alex.,  sondern  regnante.  Ueber  regens,  der  Regent,  vgl.  dieses  Wort. 
—  iV.  Jj.  und  hei  keinem  alten,  selbst  nicht  bei  einem  späten  Gram- 
matiker vorkommend  ist  das  jetzt  übliche  grammatische  Kunstwort 
regere  \\\A^x  Bedeut.  bei  sich  haben,  mit  Etwas  verbunden  tverden, 
für  jungi,  adjungi,  conjungi,  desiderare,  exigere,  consequi.  Eben  so 
N.  L.  ist  in  dieser  Bedeut.  das  Subst.  regimen,  wofür  consecutio  zu 
sagen  ist. 

Reger ere  ist  in  der  Bedeut.  antworten,  erunedern  N.  L.  für  re- 
spo72dere. 

Regimentum,  die  Regierung.,  Leitzmg,  Führung,  ist  sehr  Sp.  L.  für 
regimen,  administ ratio,  imperium,  und  N.  L.  in  dem  Sinne  unseres 
Regiment,  d.  h.  Heeresabtheilung,  für  legio. 

Registrum,  das  Register,  die  Ueber  sieht,  ist  N.  L.  für  index;  es 
findet  sich  oft  in  alten  Druckwerken  am  Ende.  Eben  so  N.  L.  ist  re- 
gistrare,  registriren,  in  Bücher  ei?it ragen,  für  in  tabulas,  in  codicem 
referre. 

Regnare,  herrschen,  regiere?!,  hat  in  guter  Prosa  nie  ein  Object 
bei  sich,  sondern  ist  nur  neutral;  man  sage  also  nicht  regnare popufzim, 
ierram  u.  dgl.,  sondern  regere  (aliquem),  imperare  (alicui).  Nur  P.  L. 
und  bei  Tacitus  kommt  es  als  personales  Passiv,  vor;  z.  B.  populus 
regnatur,  für  regitur  oder  populo  imperatur.  Vgl.  Heusing.  Emendd. 
p.  483.  Gut  aber  und  Kl.  ist  regnare  in  aliquo  loco,  wo  auch  bis- 
weilen in  ausfällt,  wie  bei  Cicero  (Verr.  II,  54,  136) :  Timarchidem 
Omnibus  oppidis  (in  allen  St.)  regnasse.,wo  vielleicht  in  noch  zugesetzt 
werden  muss. 

Reg?iicola,  der  Bewohner  eines  Reiches,  ist  sehr  Sp.  L.  für  regni 
incola,  qui  in  regno  vivit. 

Regnum,  Reich,  Herrschaft,  hat  immer  nur  Beziehung  auf  einen 
rex,  als  Alleinherrscher,  wie  unter  Rom's  Königen;  später  sagte  man 
nur  Imperium.,  welches  Wort  auch  unter  den  Kaisern  blieb,  wo  man 
nur  von  einem  imperium,  nicht  von  einem  regnum  Romanum  sprach. 

Regredi,  zurückgehen,  zurückkehren,  ist  bei  Cicero  nur  dem  pro- 
gredi,  vonvärfs  gehen,  entgegengesetzt,  nie  aber  steht  es  bei  ihm  in 
dem  gewöhnlichen  Sinne  für  redire;  Caesar  braucht  es  nur  in  der  Be- 
deut. sich  zurückziehen  von  den  Soldaten,  was  sonst  se  reci/>e/'e  heiset. 


685 

Regressio  ist  in  der  Bedent.  Rücfilcehr  Sp.  L.  i\\r  regressus,  reditzis. 

Jtrgn/a  bedeutet  nur  das  Richtscheit,  wnrnach  FJ'was  eiugerichtet, 
oder  de7i  Maassstab,  nacli  welchem  Etwas  beurtheilt  wird,  und  hat, 
wie  norma,  keinen  PJur. ;  nie  aber  bedeutet  es  das,  was  wir  Vorschrift, 
Gebot,  Regel  nennen;  dies  heisst  praeceptvin  oder  lex.  Es  ist  daher 
in  der  Bedeut.  Regel  ein  falsches  grammatisches  Kunstwort;  man  sage 
dafür  praecepta.  Vgl.  Wüstem,  z.  Döring.  Commentatt.  p.  103.  —  Das 
Adject.  regularis,  in  der  Bedeut.  regelmässig,  regelrecht,  ist  Sp.  L. 
für  regulae  oder  normae  conveniens,  qui  est  secundum  regulain ;  ebenso 
das  Verbum  reguläre,  ei?irichien,  in  Ordnung  bringen,  für  in  ordinein 
redigere,  ad  regulam  dirigere. 

Rejectaiio,  die  Vertverfung,  ist  Sp.  L.  und  zweifelhaft  für  rejertio. 
—  Dieses  rejectio  bedeutet  zwar  ^biveisung  oder  Verwerfung,  ]g- 
doch  wohl  nie  die  eines  Candidaten  von  einem  Amte,  wo  nur  reptilsa 
gebraucht  wird;  daher  heisst  auch  abgewiesen  werden,  nicht  rejici, 
sondern  repulsam  ferre  oder  accipere.  Auch  sagt  man  nicht  rejicere 
culpam,  crimen,  invidiam  u.  a,  in  aliquem,  die  Schuld  —  atif  Einen 
werfen,  sondern  conferre.,  transferre,  injicere  in  aliquem,  alicui  at- 
tribuere. 

Reimpressio,  der  Wieder abdriick,  ist  N.  L.  und  unnöthig  wegen 
iteratio,  repetitio.,  iterata  impressio,  editio  repetita;  ebenso  reimpri- 
mere,  ja  sogar  reprimere,  wieder  abdrucken,  für  typis  iterare  oder 
Tepetere. 

Reiterare,  wiederholen,  und  reiteratio,  die  Wiederholung,  sind  N.  L. 
für  iterare,  iteratio;  repetere,  repetitio. 

Rejuvenescere,  wieder  jung  werden,  ist  iV".  L.  für  rursus  oder 
de?uio  juvenescere.,  auch  repuerascere. 

Relabi,  zurücksinken,  -  gleiten,  -fallen,  ist  nur  P.  L.  für  retro  labt, 
recedere,  recidere. 

Relatio  ist  in  der  Bedeut.  Vergleichung  N.  L.  für  comparatio,  col- 
latio,  wiewohl  es  N.  Kl.  bei  Quintilian.  die  Beziehung  auf  Etwas,  ad 
aliquid,  bedeutet;  jedoch  sage  man  für  relationern  habere  ad  aliquid, 
auf  Etwas  Beziehung  haben,  lieber  referri  ad  aliquid,  und  in  der 
Bedeut.  im  Verhältnisse  mit  Etwas  stehen  —  rationem  habere  oder 
esse.  Für  relativus  und  relative  aber,  welche  Sp.  L.  und  nur  etwa  in 
der  Grammatik  als  Kunstwörter  beizubehalten  sind,  sage  man  lieber 
comparatus  und  comparale. 

Relevatio,  die  Erleichter U7ig,  kommt  nur  einmal  j^.  L.  bei  Fronte 
vor,  für  levatio,  allevatio,  relaxatio. 

Religio,  die  Religion.  Wenn  nach  Cicero  diö  Alten  darunter  den 
Glauben  an  höhere  W'esen  (Götter)  und  ihre  Verehrung,  wie  ver- 
schieden sie  auch  bei  Jedem  nach  seiner  Einsicht  und  nach  der  dar- 
über erhaltenen  Belehrung-  war,  verstanden,  so  ist  an  religio  Christia- 
noruni,  christiania,  a  Jesu  Christo  docta  et  instituta  und  kurz  mit  dem 
Genit.  Jesu  Christi,  die  christliche  Religio?i,  Christus- Religion,  wohl  kein 
besonderer  Anstoss  zu  nehmen,  mag  auch  der  Begriff  erweiterter  und 
veredelter  sein,  wie  er  schon  früher  bei  Einzelnen  verschieden,  rein 
und  geläutert,  aber  bei  der  Volksmasse  roh  und  mehr  Aberglaube 
war.  Daher  brauchten  religio  christiana,  wie  früher  schon  Lactanz, 
alle  neuere  bessere  Lateiner,  wie  Bembus,  Manutius,  Perpinian., 
Muret.  u.  A.  unbedenklich.   INeuere  verwerfen  es  und  wollen  dafür 


686 

doctrina,  was  jedoch  den  Begriff  von  Religion  nur  unvollständig  ent- 
hält. Vgl.  Klotz  Sinteuis  p.  105  und  Weber's  Uebungssch,  p.  336.  — 
Daher  sagt  auch  Grysar  mit  Recht:  Ist  die  Religion  nur  dem  äussern 
Kullus  nach  gemeint,  so  mag  man  freilich  besser  sacra  chr/stia?wrt/m, 
und  ist  die  Lehre  darunter  zu  verstehen,  (focZ/vwa  oder  praecepta  chri- 
siiana  sagen.  —  Jedoch  gilt  diese  Distinction  nur  für  die  Wissen- 
schaft, nicht  für  den  allgemeinen  Gebrauch. —  Das  Adject.  re/igiosus, 
in  der  Bedeut.  religiös,  ist,  da  es  Kl.  ist,  neben  pii/s  und  sanctus  recht 
wohl  zu  brauchen;  für  das  Sp.  L.  religiositas  aber  sage  man  lieber 
pietas  oder  simctitas. 

Reliquus,  übrig,  in  der  Bedeut.  noch  vorhanden  zu  brauchen,  möchte 
wohl  ohne  Auctorität  und  N.  L.  sein;  z.  B.  omnia  ejus  scripta  adhuc 
reliqua  sunt,  für  nunc  supersunt,  exstant. 

Remedium  ist  nur  ein  Mittel  ^e^ew  etwas  Böses,  von  dem  es  ab- 
helfen soll;  daher  wird  es  von  Krankheitsmitteln  gebraucht,  gleich 
medicina.  Es  wird  aber  verbunden  mit  dem  Genit.,  Dal.  und  den 
Praepositt.  ad.  und  adversus;  doch  steht  der  Dat.  wohljnur  da,  wo  sich 
ein  Wort  einmischt,  mit  dem  er  in  Verbindung  stehen  kann;  z.  B. 
haec  philosophiae  remedia  morbis  ardmoruin  adhibentur,  —  werden 
gegen  die  Seelenkrankheiten  angewajidt  (Cic.  Tusc.  IV,  27,  58).  W'ie 
unser  deutsches  Mittel  sonst  ausgedrückt  wird,  s.  nnter  Medium.  — 
Die  von  remedium  abgeleiteten  Wörter  remediare,  heilen  (für  sanare); 
remediatio,  die  Heilung  (für  so?iatio) ;  remedintor,  der  Heiletide  (für 
medicus,  qui  sanat,  qui  medetur),  und  reniedialis,  heilsam  (für  sahi- 
taris),  sind  alle  Sp.  L.  —  Zweifelhaft  ist  remediabilis,  heilbar  (für 
sanabilis),  welches  bei  Senec.  (Ep.  95.  p.  64  ed.  Schw.)  von  Ruhkopf 
und  Schweighäuser  für  tnedicabilis  aus  Flandschr.  aufgenommen  ist, 
sonst  aber  nicht  vorkommt.  Freund  hat  es  nicht  in  seinem  Lexic. ;  man 
brauche  es  nicht. 

Remetiri,  nneder  messen,  m  der  bildlichen  Bedeut.  wieder  vergelten, 
ist  erst  Sp.  L.  für  rependere,  r epensare,r emuner ari;  es  ist  wohl  nicht 
nachzubrauchen;  dennoch  thut  es  Wyttenb.  in  einem  Briefe  an  van 
Lynden,  obgleich  es  ohne  alle  Beziehung  auf  Maass  ist. 

Reminiscentia,  die  Rückerinnerung,  ist  sehr  Sp.  L.  für  recordaiio, 
memoria. 

Remissio,  Erlass,  Vergebung ;  vgl.  Remitiere. 

Remitiere  heisst  zwar  erlassen,  vermindern,  hat  aber  bei  allen 
bessern  Schriftstellern  als  Oltject  nur  das  bei  sich,  was  erlassen,  ver- 
mindert und  gemddcrt  werden  kann,  z.  B.  poenam  (Liv.  III,  58;  remis- 
sio poenae  bei  Cic.  Catil.  IV,  6),  mulctam,  o?ms,  laborem  u.  dgl.,  aber 
nicht  culpam,  eine  Schuld;  nicht  delictum,  peccatum,  ein  Fersehen, 
P'ergehe/i ;  nicht  factum,  eine  That,  weil  etwas  schon  Geschehenes, 
was  nicht  mehr  ist,  nicht  erlassen,  gemildert  und  aufgehoben  werden 
kann;  denn:  quod  factum  est,  infectum  ßeri  nequit.  Gleichwolil  soll 
Sallust.  einmal  injuriam  remittere  gesagt  haben,  die  Beleidigung  erlas- 
sen, ungestraft  lassen,  sie  verzeihen.  Dieser  unlogische  Gebrauch  ist 
bei  den  späten  Lateinern,  besonders  im  Kirchenlatein,  gewöhnlich  ge- 
worden, seitdem  man  im  Vater  unser  allgemein  betete:  remitte  nobis 
peccata  nostra,  sicut  nos  remittimus  dcbitoribus  nostris,  wo  also  remit- 
tere in  der  Bedeut.  verzeihen,  die  Strafe  der  Vergehefi  erlasseJi  ge- 
braucht wurde.  Und  so  findet  man  auch  noch  heutzutage  in  den  theo- 


687 

logischen  Biichern  sehr  häufig':  remitiere  peccata  und  remissio  pecca- 
torum.  Man  sage  dafür  igiwscere,  veiihim  dare  alicui  ref,  z.  B.  delicto, 
oAiiv gratiutn  alicujus  rei aUcnifacere  (Siiet.  Calig.  15)  ;  N.  Kl.  brauchte 
man  abolere  factian  und  abolitio  facti  ui  der  liedeiit.  die  strafbaren 
Folgen  einer  That  wegnehmen,  aufheben,  erlassen  und  die  That  als 
nicht  geschehen  verzeihen,  z.  B.  bei  Suet.  (Tib.  4)  abolilio  facti,  Auf- 
hebung einer  That  als  einer  nicht  geschehenen,  also  Erlassung  aller 
Strafe  dafür.  Man  ahme  dies  nicht  nach.  —  Nachlassen  in  seinem 
Eifer  u.  dgl.  heisst  nicht  in  studio,  sondern  Studium  remitiere  (Cic. 
Brut.  93,  320.  Caes.  B.  C.  II,  13);  nachlassen  in  seinen  Sludieti,  studia 
remitiere  (Cic.  Tusc.  I,  1). —  Selten  steht  remitiere  ohne  Object,  wie 
wir  sagen:  Etwas  lässt  7iach,  d.  h.  vermindert  sich;  man  sage  also 
nicht :  calor  oder  frigus  remittii,  die  Wärme,  Kälte  lässt  nach,  sondern 
sefrangit.  Vgl.  Cic.  Orat.  I,  62.  und  oben  Frangere^  sowie  über  remit- 
iere, in  Verbindung  mit  concedere,  Mencken.  Observ.  p.  143. 

Remotus,  zurückgerückt,  entfernt,  hat  fast  immer  den  Begriff  des 
Oertlichen  und  wird  von  der  Zeit  nur  mit  einem  Zusätze,  wovo7i  iveg- 
gerückt,  gebraucht.  Ohne  alle  Auctorität  ist  es,  geradezu  zu  sagen: 
tempus  remotum,  tempura  remotksima,  die  entfernte  Zeit,  die  entfern- 
testen Zeiten,  für  longinquum  tempus,  ultima  tempora  (Cic.  Leg.  I,  3,  8); 
richtig  aber  ist:  remotus  ab  aetatis  nostrae  memoria,  dem  Andenken 
unsrer  Zeit  fern  gerückt  (Cic.  luv.  I,  19,  27).  —  Entfernt  von  —  mit 
einer  Raumangabe  wird  selten  durch  remotus  ab — ,  sondern  gewöhn- 
lich durch  longe  ab  und  den  Abi.  des  Raumes  ausgedrückt;  z.  B.  longe 
a  castris  mille  passibus.  —  Eine  entfer?ite  Aehnlichkeit  heisst  longin- 
qua,  nicht  remota  similitudo. 

Removere  se,  sich  entfernen,  in  der  Bedeut.  weggehen,  ist  vielleicht 
nur  P.  L.  für  abire,  discedere.  Das  unwillige  entferne  dich,  pack'  dich! 
heisst  nicht  te  re?«oye,  sondern  abi  tuam  viam,  facesse  (Liv.),  recede 
de  medio  (Cic.  llosc.  Am.  38). 

Remunerare,  vergelten,  wieder  beschenken,  wird  jetzt  nur  für 
Sp.  L,  gehalten  statt  remunerari  als  Deponens,  da  in  den  für  remu- 
nerare bisher  angeführten  Stellen  die  Handschr.  die  Form  remunerari 
darbieten.  Vgl.  z.  B.  Orelli  zu  Q.  Cicer,  Petit,  cons.  9,  38,  wo  jetzt  für 
remunerent  gelesen  wird  remunerentur.  Man  sagt  aber:  aliquem  aliqua 
re  remunerari.  Einen  mit  Etuuis  wieder  beschenken.  Einem  Etwas  wie- 
der schenken,  nicht  alicui  aliquid;  und  mag  es  auch  vergelten  bedeuten, 
so  wird  es  doch  hur  im  guten  Sinne  gebraucht,  aliquid  aliqua  re,  z.  B. 
maleficia  benefactis.  Böses  mit  Gutem,  nicht  umgekehrt.  Vgl.  Hand's 
Lehrb.  p.  175. 

Ren  ist,  wie  unser  Nieren,  nicht  im  Sing,  üblich,  sondern  nur  im 
Plur.,  renes. 

Renarrare,  ivieder erzählen,  ist  nur  P.  L.  für  denuo  narrare. 

Renegare,  verweigern,  abschlagen,  ist  N.  L.  für  negare,  denegare, 
recusare,  detrectare. 

Renidere.,  wieder  glänzen,  strahlen,  und  bildlich  heiter  lächeln,  ist 
meistens  nur  P.h.  und  in  Prosa  selten;  man  wende  es  nicht  zu  häufig  an. 

Reim^ntia,  die  Renitenz,  der  Widerstand,  die  Widersetzlichkeit,  ist 
N.  L.  uir  repug?iantia,  contumacia,  pervicacia.  Auch  das  Verbum 
reniti  für  resistere,  obniti,  obsistere,  ist  selten  und  N.  Kl.;  bei  Livius 
findet  sich  nur  renitens. 


688 

Renotmre,  erneuern,  wieder  auffrischen.  Man  sagt  wohl  vulnuSf 
dolorem,  Itictum  ii.  «Igl.  renovnre,  aber  sinnwidrig  ist  cicatricem  re/to- 
vare,  wie  Mannt.  (Epist.  X,  7)  sagt,  da  cicatrix  —  die  Narbe,  nicht 
die  JVunde  bedeutet;  richtig  ist  cicatricem  refricare,  rescindere,  oder 
lieber  mit  vulnus. 

Rennnciare  oder  rejiuntiare,  melden,  verkündigen;  —  Einem  Et- 
was, alicui  oder  ad  aliquem  aliqidd.  In  dem  Ausdrucke  Einen  zu  oder 
als  Etwas  ausrufen,  ivcihlen,  wird  remintiare  mit  zwei  Accusativen 
verbunden,  z.  B.  aliquem  duceni,  praetorem  renunt.  —  N.  L.  ist  mundo 
rennnciare,  der  JVelt  entsagen,  für  rebus  humanis  renunc.  Vgl.  Mundus. 

Beparabilis,  ersetzbar,  was  sich  ersetze?i  lässt,  ist  nur  P.  L.  für 
qvi(quod)  reparari  potest ;  jedoch  empfiehlt  es  sich  durch  seine  Kürze, 
wie  irreparabilis  und  ähnliche. 

Reparare,  wieder  bereiten  oAex  herbeischaffen,  neu  wiederherstellen, 
was  verloren  oder  verdorben  ist,  werde  nicht  falsch  angewandt  und 
nicht  mit  Objecten,  wie.  jactur am,  cladem,  f  erlust,  Niederlage,  in  der 
Bedeut.  wieder  gut  machen,  ersetzen  verbunden,  da  dergleichen  wohl 
ohne  Auctorität  ist,  für  sarcire,  resarcire.  Einige  verwerfen  auch 
damnum,  dam?ia  reparare,  aber  so  sagt  doch  Horaz  (Carra.  IV,  7, 13), 
und  Ovid.  nennt  ein  damnum  —  reparabile ;  auch  ist  ja  r/ö/ww?//»  so  viel 
als  res  amissae,  und  diese  können  reparari.  —  Sp.  L.  ist  vires  repar., 
die  Kräfte  wieder  herstellen,  für  reficere.  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  132. 
Weber's  Uebnngssch.  p.  60  und  Hand's  Lehrb.  p.  249. 

Repedare,  zurückgehen,  ist  A.  und  Sp.  L.  für  recedere,  redire. 

Repellere,  zurücktreiben  ;  —  von  Etwas,  ab  aliqua  re,  P.  L.  aliqua  re. 

Repentino  (e),  plötzlich,  ist  meist  nur  A.  L.  und  sehr  selten;  je- 
doch steht  es  einmal  bei  Cicero  für  das  häufige  repente. 

Reperire,  finden.  N.  L.  und  dem  Lateiner  undenkbar  ist  se  reperire, 
sich  finden,  in  der  Bedeut.  seiii,  für  reperiri. 

Repertor,  der  Erfinder,  ist  mehr  P.  L.  und  N  Kl.  für  inventor; 
ebenso  ist  repertum  als  Subst.,  die  Erfindung,  nur  P.  L.  für  invenlum, 
weswegen  auch  Ruhnken  zu  Muret's  Worten  (Oper.  T.  II,  p.  19  ed. 
Ruhnk.)  :  repertum  suum  esse  currus  illos  nautarum  bemerkt:  Re- 
pertum pro  invenlum  Lucretii  est,  non  Ciceronis. 

Repertorium,  das  Verzeichniss,  steht  Sp.  L.  bei  einem  Juristen 
für  indea: ;  in  anderm  Sinne  wird  es  mit  reperire  umschrieben. 

Repetere  kommt  ohne  memoria  Kl.  nur  selten  in  der  Bedent.  sich 
erinnern,  ins  Gedächtniss  zurückrufen  vor,  meistens  memoria  repetere 
aliquid  oder  memoriam  alicujus  rei  repetere;  N.  Kl.  steht  aber  repe- 
tere oft  für  sich  allein.  —  Ueber  supra  repetere  vgl.  Supra. 

Repetitus,  wiederholt.  N.  L.  sind :  repetita  vice  und  das  Adv.  repe- 
tite,  zu  wiederholtenmalen,  wiederholt,  für  ideritidem,  iterum  ac  saepius, 
iterum  ac  tertio  oder  tertium. 

Replicare  ist  in  der  Bedeut.  gegen  Etwas  einwenden,  repliciren 
Sp.  L.  bei  den  Juristen  für  contra  dicere,  argumenta  afferre,  uti 
argumentis  contra  — ,  occurrere.  Vgl.  Objicere  und  Opponere. 

Reponere,  legen,  niederlegen ;  —  Etwas  auf  oder  in  Etwas  heisst 
meistens  aliquid  in  aliqua  re,  selten  in  aliquam  rem ;  z.  B.  repj^  caput 
in  tergo  (auf  den  Rücken)  alius  (Cic.  IV.  D.  II,  49),  Htteras  in  gremio, 
pecuniam  in  thesauris ;  und  ebenso  in  bildlichem  Sinne:  re;jow.  s/>em 
in  aliqua  re,  Hoffnung  auf  Etwas  setzen.  —  In  der  Bedeut.  Einen 


689 

setzen,  rechnen  unter  Einige  wfrd  es  verbunden  aliquem  in  aliquos 
oder  in  aliquibus,  z.  B.  in  deos  (Cic.  N.  D.  I,  15,  38  ohne  Variante), 
oder  in  aliquorum  numero  (mit  der  Variante  in  numerum) ;  z,  B.  quos 
in  deorum  coetu  ac  numero  rej)ono  (Cic.  Sest.  68,  143).  Vgl.  Cic.  Inv. 
I,  26,  39  u.  51.  N.  D.  II,  21;  III,  19,  wo  Oreili  bei  Varianten  den  Abi. 
vorzieht;  ausserdem  Reisig's  Vorles.  p.  729. 

Reportare,  davontragen,  z.  ß.  einen  Sieg  über  ein  Volk,  über  einen 
König,  victoriam  report.  apopnlo,  a  rege;  seitner  wird  es  mit  es,  Sp.  L, 
mit  de  verbunden.  Bei  der  Verbindung  mit  a  vermeide  man  das  Pas- 
si\ura  des  Verhi,  weil  dadurcli  ein  Doppelsinn  entsteht;  z.  B.  victoria 
reportata  est  a  Macedonibus  kann  heissen:  von  den  Macedoniern  oder 
über  die  Maced.  Vgl.  Vorst.  lat.  raer.  susp.  p.  95  und  Th.  I,  §.  150. 

Repraesentare,  vergegenwärtigen,  kommt  in  bildlichem  Sinne  Kl. 
bei  Cic.  nur  mit  dem  Accus,  memoriam  alicujus  rei  vor,  das  Andenken 
an  Etwas  vergegenwärtigen,  Etwas  ins  Andenken  bringen;  aber  sibt 
oder  aniiuo  aliquid  repr.,  sich  Etioas  vorstellen,  denken,  findet  sicli  erst 
N.  Kl.  bei  Quintilian.  und  dem  Jüngern  Plinius,  wogegen  geistig  vor stel- 
leJi  bei  Cic.  (Tusc.  1,16,37)  animo  oidere  oder  (N.  D.  1, 15)  cogitatione 
depingere  heisst;  sich  Etwas  sinnlich  vorstellen,  ad  oculos  referre,  sub 
oculos  oder  sub  adspectum  subjicere,  und  der  Auct.  ad  Herenn.  sagt 
(III,  19) :  cogitatio  quamvis  regionem  polest  amplecti,  die  Phantasie 
kann  sich  jede  Gegend  vorstelle?!.  —  Für  das  Subst.  repraesentatio, 
die  Fergegentvärtigung,  welches  erst  N.  Kl.  bei  Quintilian.  vorkommt, 
sagt  Cicero  sub  adspectum  paene  sujbjectio  (Orat.  III,  53),  subjectio 
sub  oculos,  evidentia.  —  Verworfen  wird  von  Einigen  repräsentare 
als  N.  L.  in  der  Bedeut.  darstellen,  z.  B.  von  einem  Künstler,  der  Et- 
was darstellt,  für  adumbrare,  welches  allein  von  Allen  gebraucht 
werde,  welche  Etwas  darstellen  und  abbilden,  sei  es  durch  Farben, 
Striche  oder  Worte.  Allerdings  ist  adumbrare  das  KL,  bessere  und 
gewöhnliche  Wort,  da  repraes.  in  dieser  Bedeut.  vielleicht  nur  N.  Kl. 
beim  altern  Plinius  vorkommt;  docli  ist  es  nicht  unlateiiiisch. —  N.  L. 
ist  dagegen  repraesentare  in  der  Bedeut.  die  Stelle  Jematides  vertreten, 
wie  wir  repraesentiren  sagen;  z.  B.  die  Obrigkeit  repraesentirt den  Staat, 
der  Gesandte  repraesentirt  seinen  Fürsten  oder  sein  Volk  u.dgl.;  hier 
sagt  man  nicht  repraesentare,  sondern  personam  alicujus  gerere  oder 
induere,  wie  bei  Cic.  (OfF.  I,  34,  124)  :  magistratus  gerunt  personam 
civitatis. 

Reprehensibilis,  tadelnswerth,  kommt  Sp.  L.  zwar  bei  Lactanz  (IV, 
28,  8)  vor,  ist  aber  zu  späten  Ursprunges,  als  dass  man  es  nachbrauchen 
dürfte;  man  sage  dafür  vituperabilis,  reprehensione  dig?tus  u.  a. 

Reprimere  von  einem  Buche,  ivieder  oder  von  Neuem  drucken,  ist 
N.  L.  und  weicht  zu  sehr  von  der  eigentlichen  Bedeutung  des  Wortes 
ab,  als  dass  es  gebraucht  werden  könnte;  es  genügt  iterare  bei  dem 
zweiten  Abdrucke,  und  bei  jedem  weitern  repetere. 

Reprobare,  verwerfen,  ist  in  guter  Prosa  sehr  zweifelhaft,  da  in 
Cic.  Fin.  1,7,23  für  reprobet  die  Handschr.  blosjorofie^  haben,  was  auch 
dem  Sinne  zufolge Madvig  aufgenommen  hat;  bei  Quintil.  VI, prooem.3 
aber  liest  die  beste  tlandschr.  für  reprobantibus  —  repugnantibus. 
Reprobare  ist  also  nur  Sp.  L.  für  improbare. 

Republicanus,  ein  Republikaner,  Bürger  eines  Freistaates,  ist  N.  L. 
und  ganz  unnöthig  wegen  cicis  rei publicae  oder  liberae  civitatis. 

44 


G90 

Repugnare,  widerstreiten,  widersprechen,  entgegen  sein,  wird  ver- 
bunden alicui  und  contra  aliquem  oder  aliquid,  N.  Kl.  auch  circa 
alixjuid;  unter  einander ,  inter  se.  Verschieden  sind :  haec  sibirepugnant 
und  haec  inter  se  repug7iant,  indem  s/6j  anzeig't,  dass  die  Dinge  (oder 
was  es  ist)  ?nit  sich  selbst  im  Widerspruclie  stehen,  nicht  eins  mit  dem 
andern,  weshalb  denn  auch  von  einer  Sache  gesagt  werden  kann:  hoc 
sibi  repugnat.  Dagegen  wird  inter  se  repugn.  immer  nur  von  mehrern 
gesagt,  die  gegenseitig  und  unter  einander  im  Widerspruche  stehen, 
einander  widerstreiten.  Derselbe  Begriff,  welcher  in  repugnare  liegt, 
liegt  auch  in  pugnare  cum  aliqua  re ;  z.  B.  ihre  Rede  steht  in  wunder- 
barem JFiderspruche  mit  ihrem  Lebeii,  cum  eorum  vita  mirabiliter 
pugnat  oratio  (Cic.  Tusc.  II,  4,  12). 

Repulsio,  die  Abweisung,  Wider legJing,  ist  sehr  Sp.  L.  für  repulsa, 
refutatio. 

Reputare  bedeutet  nur  Etwas  berechnen,  überlegen,  nie  aber,  wie 
im  N.  />.,  Etwas  wofür  halten,  achten,  rechnen,  was  habere,  judicare 
u.  dgl.  heisst.  Bei  sich  überlegen  wird  meistens  durch  secutn,  selten 
durch  cu7n  animo,  nie  aber  bios  durch  animo  reputare  ausgedrückt. 

Reputatio  hat  im  N.  L.  (nach  dem  Französ.)  die  Bedeut.  Achtung, 
Hochachtimg.,  was  ohne  ÄJictorität  ist,  für  existimatio,  dignitas, 
auctoritas,  nomen,fama,  honos  u.  a.  Auch  kommt  es  in  der  Bedeut. 
Erwägung,  Ueberlegung  erst  N.  Kl.  beim  altern  Plinius,  Tacitus  u.  A. 
vor,  und  werde  vermieden  durch  consider atio  oAer  durch  Umsehrei- 
bung mit  dem  Verbo  reputare. 

Requies  bedeutet  weniger  Ruhe,  yve\c\\e  quies  heisst,  als  Erholung, 
Erheiterung',  es  kommt  zwar  bei  Cicero  vor,  aber  nie  bei  Caesar,  und 
überhaupt  selten.  Der  Genit.  heisst  requietis,  der  Acc.  requieteni  und 
requiem  (beide  Ä7.  und  gut),  und  so  auch  wahrscheinlich  im  Abi. 
requiete  und  requie. 

Requirere  ist  nicht  unser  gewöhnliches  fordern,  verlangen,  was 
postiilare,  poscere  heisst,  sondern  Etwas  wünschen.,  was  uns  fehlt  und 
nöthig  ist;  daher  heisst  auch  ab  aliquo  aliquid  req.,  E(?vas  bei  Jeman- 
den vermissen  (Cic.  Fam.  VI,  6,  1)  ;  nihil  requirere.  Nichts  vermissefi, 
d.  h.  Nichts  verlangen,  weil  Nichts  fehlt.  —  Etwas  erfragen  heisst 
requirere  ex  oder  ab  aliquo;  vgl.  Hotoman.  z.  Cic.  leg.  Manil.  2,  6. 

Requisitio,die  Untersuchung,  kommt  nur  einmal  Sp.  L.  bei  Gellius 
vor,  und  ist  nicht  wohl  nachzubrauchen  für  inquisitio,  investigatiou.a. 

Requisituni  kommt  als  Subst.,  in  der  Bedeut.  Erforderniss,  Bedürf- 
niss,  fast  nicht  vor,  und  nicht  lateinisch  ist  der  Titel  einer  Rede  von 
Sara.  Battier:  de  requisitis  professoris  linguae  graecae.,  was  er  hätte 
unischreii>en  sollen. 

Res.  Weniger  üblich,  als  im  JV.  L.,  sind  die  Redensarten:  e  oder 
ex  re  esse,  zum  Fortheile,  nützlich  sein,  und  in  rem  esse  in  derselben 
Bedeutung,  indem  sie  mehr  A.  L.  und  nur  einigemal  bei  Livius  vor- 
kommen; bei  Cicero  findet  sich  nur:  ex  re  publica  esse,  zum  Fortheile, 
zum  Besten  des  Staates  sein.  Ebenso  ist  non  ab  re  esse  nur  J.  L. 
und  kommt  bei  Livius  u.  A.  vor.  Da  aber  alle  diese  Ausdrücke  sehr 
selten  sind,  so  vermeide  man  sie  mehr,  als  dass  man  sie  brauche,  be- 
sonders aber  7ion  ab  re  esse  in  der  Bedeut.  oÄwe  Ursache  sein,  wie 
man  es  im  A"^  L.  findet.  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  71.  —  Die  Redensart 
qia'd  rerum  agis?  für   quid  agis?  was  machst  du?  wie  geht  es  dir? 


691 

welche  Muret.  (z.  B.  Oper.  T.  II,  p.  83)  und  Andere  in  ihren  Briefen 
braiiclien,  beruht  auf  einer  falschen  Wörterverbindung  in  Horat. 
Serm.  I,  9,  4  yvid  agis  dulcissime  rerum?  —  denn  hier  gehört  rerum 
nicht  zu  quid,  sondern  zu  dem  Superlat.,  welchen  es,  wie  in  mehrern 
andern  Stellen,  verstärkt,  was  jetzt  eine  bekannte  Sache  ist. —  üeber 
res  eo  vemt,  die  Sache  ist  so  tveit  gekommen,  vgl.  f^enire. 

Resmiare,  wieder  heilen^  gesund  inachen,  kommt  Sp.  L.  bei  Lactanz 
Tor,  fiir  denuo,  rursvs,  Herum  snnare. 

Resanescere^  trieder  gestnid  oder  heil  tverden,  findet  sich,  ausser 
bei  Ovid.,  in  Prosa  nur  Sp.  L.  bei  Lacfanz,  für  convalescere. 

Resarcire,  wieder  ausbessern,  ist  selten  und  findet  sich  in  Prosa  erst 
bei  Livius  mit  dem  Accus,  tecta,  bei  Sueton.  mit  damnum  verbunden, 
in  der  Bedeut.  einen  f'erlust  wieder  gut  machen,  wofür  Cicero  (Farn. 
I,  9,  5)  damna  sarcire  sagt,  und  ebenso  Caesar  (B.  C.  III,  67)  detri- 
mentam  sarcire  oder  (ib.  II,  15)  detrim.  reconciliare  (reconcinnare, 
wie  Andere  wollen).  Auch  brauchen  Manche  in  bildlichem  Sinne  co//i- 
pc?isare  aliquid  u.  dgl.  3Ian  brauche  es  nicht  bildlich,  und  wunderbar 
wäre  es  zu  sagen:  scholam  oder  gymnasiuin  resarcire,  wei:n  nicht  von 
dem  Gebäude,  sondern  von  der  Einrichtung,  dem  Znstande,  der  im 
Verfalle  ist,  die  Rede  sein  soll ;  dafür  sagt  man  in  meliorem  statum 
adducere,  restituere. 

Resecare.  Die  Form  des  Partie.  Pass.  resecatus  ist  Sp.  L.  für 
resectus. 

Resignare  aliquid  ist  in  der  Bedeut.  a?if  Etwas  verzichten,  sich  von 
Etwas  lossagen  N.  L.,  für  ultro  se  abdicare  aliqua  re. 

Resipiscentia  (was  in  Scheller's  Lex.  fehlt),  das  Vernünftigwer- 
den, die  Besserung,  ist  Sp.  L.,  vielleicht  von  Lactanz  selbst  gebildet 
(VI,  24),  für  reditus  ad  sanitaiem,  emendatio  te?neritatis. 

Resipiscere,  wieder  zur  Besinnung,  %u  Verstand  kommen,  ist  Kl. 
und  gut  neben  redire  ad  sanitatem.  Im  Perf.  ist  die  Kl.  Form  wohl 
resipivi,  nicht  resipui,  weshalb  man  denn  auch  resipivissem  (abgekürzt 
resipissem),  nicht  resipuissem  sagt,  wie  jetzt  in  Cic.  Sest.  38  resipisset 
nach  den  Handschr.  sicher  steht,  für  resipuisset.  Vgl.  Sapere. 

Resisientia,  der  Widerstand,  ist  N.  L.  für  repugnantia  oder  um- 
schrieben durch  das  Verb,  resistere. 

Resolvere  findet  sich  in  Prosa  nur  einmal  bei  Cicero  in  der  Bedeut. 
bezahlen,  gleich  solvere;  in  andern  Bedent.  ist  es  erst  seit  Livius  ge- 
bräuchlich, für  die  Kl.  Verba  solvere,  dissolvere,  laxare,  relaxare, 
liberare  u.  a.,  je  nach  der  verschiedenen  Bedeutung.  Aber  B.  L.  ist  se 
resolvere  in  der  Bedeut.  sich  resolviren,  d.  h.  sich  enischliessen,  für 
consilium  capere,  (in)  animum  inducere ;  und  ebenso  resolutio,  der  Ent- 
schluss,  für  consilium. 

Resonantia,  der  Wiederhall,  das  Echo,  kommt  nur  N.  Kl.  bei  Vitruv. 
vor,  für  repercussus  oder  repercussio  soni,  oder  mit  imago  resonat. 

Respectivus  und  respective,  sich  beziehend,  beziehungsweise,  ver- 
gleichend, Vergleichungsweise,  sind  N.  L.  für  comparatus,  comparaie. 

Respectus  kommt  in  der  Bedeut.  Rücksicht,  Beachtung  zwar  viel- 
leicht nur  einmal  bei  Cicero  vor  (Phil.  V,  18):  Caesar  respectutn  ad 
senatum  et  ad  bonos  nonhabuit,Caesar  beachtete  den  Senat  —  nicht,  nahm 
auf  ihn  keine  Rücksicht,  was  freilich  Andere  anders  erklären;  aber 
oft  braucht  es  Livius,  besonders  in  Verbindung  mit  habere,  wo  es 

44* 


692 

denn  den  Ausdrücken  rationem  habere  und  respicere  In  der  Bedeut. 
gleicli  kommt.  Und  so  findet  sich  seit  Livins  oft  respeciu  mit  einem 
Geiiit.,  in  der  Bedeut.  in  Rücksicht,  in  Hinsicht  auf  FAnms,  was  dann 
besonders  anwendbar  ist,  wo  der  Begriff  ^eocÄfew  (einer  Sache)  vor- 
herrscht. Ueber  die  üebersetznugsweise  des  vieldeutigen  in  Hinsicht, 
in  Rücksicht  vgl.  oben  unter  Qiiod.  —  B.  u.  N.  L.  ist  aber  respectus 
in  der  Bedeut.  Respecf,  d.  li.  Hochachtung,  für  observantia,  ?'evere?itia, 
existimatio  und  die  Verba  observare,  colere,  revereri. 

Respicere  wird  in  der  Bedeut.  nach  Etwas  %iiriicksehen  verbunden 
mit  ad  aliquid  (ad  aliqucin)  oder  blos  aliquid  (aliquem),  aber  in  der 
Badeut.  auf  Ei?ien  Rücksicht  nehmen,  für  Etiras  oi\er  für  Eincti  Sorge 
irngen  fast  nur  mit  dem  blossen  Acctisat.  Man  brauche  aber  (nach 
Frotscher  z.  Muret.  Oper.  T.  II,  p.  860  und  Zimipt's  Aufg.  p.  373) 
das  Verbum  nicht  da,  wo  an  keine  Sorge  fiir  Einen  oder  für  Etwas 
zu  denken  ist,  indem  berücksichtigen  ohtie  den  Begriff  der  Sorge  nicht 
respicere,  sondern  spectare,  cogitare,  niemorem  esse  heisst. 

Respiritus,  das  Zurückathme?!,  was  die  altern  Lexica  unter  andern 
aus  Cic.  N.  I).  II,  55  anführen,  und  was  den  Wörtern  spiritus  und  S7t- 
spiriius  analog  ist,  findet  sich  in  Freund's  Lexicon  nicht  mehr,  weil 
man  dafür  respiratus  oder  respiratio  aufgenommen  hat.  Es  ist  zweifel- 
haft. Vgl.  aucli  Orelii  zu  Cic.  Att.  I,  18,  3  und  unten  Suspiritus. 

Respondere,  antivorten,  hat  den  Dat.  der  Person  bei  sich,  welcher 
man  antwortet;  das  aber,  worauf  man  antwortet,  wird  theiis  durch  ad 
aliquid,  tlieils  durch  alicui  ausgedrückt.  —  Respondere  wird  aber 
niclit  gebraucht,  wo  keine  Frage,  sondern  nur  eines  Andern  Rede  \or- 
ausgelit,  wo  also  antworten  blos  für  sagen  steht;  z.  B,  cumille  dixisset 
• —  homo  quidam  rcspondit,  für  dixit,  inquit  oder  ait.  Daher  »raucht 
man  es  auch  nicht  im  Dialog,  also  wo  Zwei  oder  Mehrere  mit  einander 
im  Gespräche  angeführt  werden;  hier  heisst  es  nach  der  Rede  eines 
Andern  nicht:  tum  ille  respondit,  aber  auch  nicht  dixit,  sondern  ent- 
weder blos  tum  nie  ohne  ein  Verbum,  oder  tum  ille  mit  in  die  Ant- 
wort eingeschobenem  inquit.  Vgl.  Dicere.  —  N.  L.  ist  es  auch,  in  Dis- 
putationen denjenigen,  welcher  einen  ihm  bestrittenen  Satz  oder  eine 
angegriffene  Meinung  vertheidigt,  respondens  zu  nennen,  wie  sich  dies 
auf  dem  Titel  alter  Disputationen  oft  findet;  hier  sagt  man  defensor 
oder  propugtiaior. 

Responsio,  die  Antwort,  ist,  wiewohl  Kl.,  doch  sehr  selten  für  re- 
sponsurn ;  nie  aber  kommt  wohl  der  Plur.  responsiones  vor,  für  responsa. 
—  Sp.  L.  ist  responsus  in  der  Bedeutung  j4ntwort,  und  N.  Kl.  bei 
Vitruv.  steht  es  in  der  Bedeut.  Uebereinstimmimg ,  Harmonie,  Sym- 
metrie, für  harmonia  oder  convenientia  partium ;  —  vielleicht  war  es 
damals  ein  architektonisches  Kunstwort. 

Res  publica  oder  (nach  der  gewöhnlichen  frühern  Schreibart  als 
ein  Wort)  respnblica  bezeichnet  nur  den  Staat  als  Verfassung  und 
Gemeinwesen,  nicht  als  Stadt,  Bürgerschaft  und  Reich;  in  diesem 
Sinne  wird  Staat  durch  civitas  übersetzt.  Bei  den  Alten  bezeichnete 
res  publ.  besonders  eine7i  Staat  mit  freier  Verfassung,  was  wir  denn 
auch  eine  Republik  nennen.  Man  kann  daher  nach  Weber's  treffender 
Bemerkung  (Üebungssch.  p.  255)  nicht  sagen:  debellare,  expugnare^ 
vastare  rem  publicam,  ülmr  wohl  civitatcm;  aber  sowohl  evertere  et- 
viUdem,  als  uucli  evertere  rem  publicam ;  denn  derjenige,  welcher  ci- 


693 

vitatem  evertit  —  zerstört  die  Stadt,  rottet  die  Bürger  aus  oder  fiilirt 
sie  anderswohin;  der,  welclier  rempvhlicam  evertit,  wie  Julius  Caesar 
und  Aiiirustus,  hebt  die  Verfassung  avf  und  fülirt  eine  neue  ein.  — 
Wohl  nur  zufällig  kommt  res  piibl.  im  Plur.  selten  vor,  gewöhnlicher 
ist  der  Plur.  civitates.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  114.  —  Auch  läugnet 
Heusing,  die  Latinität  von  res  publica  litteraria,  der  Gelehrten- Staat, 
die  Gelehrten-Republik.  Vgl.  mehr  darüber  unter  Eruditus. 

Restaurare,  wiederherstellen,  vneder  erneuern,  steht  erst  N.  Rl. 
bei  Tacitus,  und  ist  auch  nachher  selten  für  instaurare,  reßcere  (Cic. 
Rep.  111,  9),  restiinere.,  sarcire,  resorcire,  renovare,  redintegrare.  — 
Erst  Sp.  L.Mi  restauratio,  die  Wiederherstellung ,  Erneuerung,  für 
instouratio,  renovatio;  und  noch  später  restaurator,  für  reformator,  re- 
ductor  u.  a. 

Restituere  ist  in  der  Bedeut.  wieder  gut  machen,  z.  B.  cladetn,  ja- 
ctüram,  dam?imn,  N.  L.  für  sarcire^  resarcire.  Vgl.  Resarcire. 

Resumere  ist  in  der  Bedeut.  nehmen,  hernehmen,  wie  es  Görenz 
braucht  (quaeque  resumta  ex  communibus  legibus),  N.L.  iur  sumere, 
depromere. 

Resurgere,  sich  wieder  erheben,  wieder  aufstehen,  ist  meist  P.  L. 
für  dermo  snrgere  u.  a.,  und  Livius,  welcher  es  in  Prosa  braucht,  setzt 
daher  auch  velut  vor.  —  In  der  religiösen  Bedeut,  vo?i  den  Todten 
auferstehen  ist  es  erst  Sp.L.  für  in  vitam  redire,reviviscere,vitae  reddi, 
ab  inferis  exsistere;  ebenso  resurrectio,  die  Auferstehung,  inr  reditus 
in  vitam.  Vgl.  Anm.  z.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  251. 

Resuscilare,  wieder  erivecken  (einen  Todten),  ist  erst  Sp.  L.  für 
mortuum.  revocare  ab  inferis  oder  a  mortuis. 

Retifientissimus,  der  an  Etivas  fest  hält,  mit  einem  Genit.,  z.  B. 
si?nplicitatis,  wie  bei  Ernesli  (Opusc.  orat.  p.  119),  ist  wohl  nicht  zu 
verwerfen,  wenn  es  aucli  im  Superl.  vielleicht  nur  bei  Gellius  vor- 
kommt, da  retitietis  mit  einem  Genit.  in  bildlichem  Sinne  AI.  ist,  indem 
z.  B.  Cicero  (Q.  fr.  I,  2,  11)  sagt:  sui juris  dignitatisque  retinens;  auch 
kann  man  das  ähnliche  tenax  (tejiacissimus)  brauchen. 

Retinere,  zurückhalten,  aufhalten.  Verworfen  wird  retinere  equum, 
currum,  für  sustinere ;  auch  sagt  man  nicht  retin.  navem,  rimos,  son- 
dern sustinere. 

Relrahere,  zurückziehen,  mit  dem  Acc.  pedem.,  in  der  gewöhn- 
lichen Bedeut.  sich  zurückziehen,  ist  nur  P.L.  für  pedem  oder  gradum 
refe7're,]?i  seihst  für  se  relrahere,  was  nicht  zu  verwerfen  ist,  wie 
Einige  meinen,  da  es  zwar  selten  vorkommt,  aber  doch  von  Cic.  (Coel.27) 
gebraucht  wird  ;  in  der  Bedeut.  zurückgehen  kommt  es  aber  nicht  vor, 
dafür  sagt  man  se  rccipere,  se  referre,  redire,  reverti. 

Retrimiere,  wiedergeben,  tviederschenken,  wiedervergelten,  stellt 
Sp.  L.  bei  Lactanz  für  reddere,  referre.  In  einem  latein.  Gebetbuche 
fand  ich:  (j?iid  retribuam  domino? 

Retro,  zurück,  mit  einem  Subst.  verbunden,  in  der  adjectivischen 
Bedeut.  vergangen,  früher,  ist  nur  in  später,  schlechter  Prosa  ge- 
bräuchlich, wo  z.  B.  ojnnes  retro  principes  vorkommt;  und  so  sagt 
denn  im  N.  L.  Famian.  Strada:  r?tro  aetas,  das  frühere  Leben,  für 
ante  acta  aetas  oder  vita,mu\  sogar  NoUen  (Praef.  Antiharbari  edit.  2), 
welchem  freilich  bei  dem,  was  er  selbst  schrieb,  Alles  gut  und  gültig 


ß94 

war :  a?ite  hos  riecem  retro  annos.  Vgl.Sciopp,  Imfam.  p.  2  und  mehrere 
Beispiele  ähnlicher  Ansdrucksweiseii  in  Vechneri  Hellenolex.  p.  227. 

Kevalescere,  wieder  gesund  werden.  \%iSp.  L.  für  convalescere,  refici. 

Revelare,  enthüllen,  offenbaren,  wird  A'/.  von  gewöhnlichen  Dingen, 
wie  ca])ut,frontem,  bei  Sueton.,  Tacitus  und  Spätem  gebraucht,  für 
patefacere,  aperire,  in  luceni  proferre  u.  dgl.;  doch  ist  es  zu  vermeiden. 
—  N.  L.  ist  in  der  neuern  Theologie  der  Kunstausdruck  religio  re- 
velata,  die  geoffenbarte  Religion,  für  religio  din'nitus  patefacta,  cum 
hominibus  communicata,  —  und  ebenso  revelatio,  die  Offenbarling.  Die 
Theologen  können  aber  diese  Wörter  kaum  entbehren. 

Revenire,  zurückkommen,  findet  sich  oft  im  A.  L.,  aber  Kl.  höchst 
selten,  bei  Cicero  vielleicht  nur  einmal,  mit  domum  verbunden,  bei 
Caesar  nie  und  so  vielleicht  auch  nie  bei  Livius ;  iV^.  Kl.  bei  Tacitus. 
Es  werde,  weil  es  so  selten  ist,  durch  redire  oder  reverti  vermieden. 

Re  Vera,  in  Wahrheit,  wirklich,  kommt  viel  seltner  vor,  als  man 
nach  dem  Gebrauche  im  N.  L.  denken  sollte;  es  steht  fast  nur  dann, 
wenn  es  den  Horten  (verbis),  dem  Vorgeblichen,  dem  Erdichtete?i  ent- 
gegengesetzt wird,  und  wenn  der  Sinn  ist:  in  fVahrheit,  ivenn  man  auf 
die  Wahrheit  sehen  will.  Es  wird  daher  bei  der  blossen  Versicherung, 
wo  wir  wirklich  sagen,  nicht  gebraucht,  sondern  dafür  certe,  profecto, 
sane ;  daher  auch  nicht  in  eingestreuten  JNebenbemerkungen  und  Zu- 
sätzen; z.  ß.  wie  es  de?m  nnrklich  ist,  sicut  est  (Cic.  Tusc.  I,  18,  41), 
oder  jit  est  (Orat.  42,  144)  ;  wie  sie  es  wirklich  sind,  ut  sunt  (ilep. 
III,  2);  es  ist  wirklich  so,  wie  du  sagst,  est,  ut  dicis  (Orat.  11,36,152); 
80  ist  es  wirklich,  est  ita;  tvas  auch  wirklich  ivar,  id  quod  erat,  —  und 
80  in  ähnlichen,  wo  der  Lateiner  unser  wirklich  nicht  ausdrückt.  Vgl. 
auch  Vere  und  Matthiae  zu  Cic.  Kose.  Am.  8,  22. 

Reverendus.  ehrtimrdig,  achtungswürdig.,  ist  fast  nur  P.  L.  für  co- 
lendus,  vener andus  (aber  nicht  von  Menschen;  vgl.  Vener ari),  amplis- 
simus,  honore  dignus,  sanctus  u.  dgl.  Ein  Superiat.  revere?idissiiinis 
aber  (verschieden  von  reverentissimusj  ist  erst  Sp.  L.  und  war  vor- 
züglich Titel  der  Bischöfe  und  aller  hohen  Geistlichen,  wie  unser 
Hochtvürden,  episcopi  revere?idissi?ni.  Als  solcher  Titel  ist  es  kaum  zu 
entbehren,  aber  sonst  vermeide  man  es.  Vgl.  auch  Anm.  z.  Mureti 
Oper.  T.  I,  p.  420. 

Revere7itia,  Scheu,  Achtzmg.,  Rücksicht,  kommt  zwar  nur  selten  Kl. 
vor,  und  bei  Cicero  nur  einmal,  hat  aber  N.  Kl.  gute  Auctorität.  und 
ist  wohl  zu  brauchen.  Es  wird  theils  mit  adversus,  theils  mit  dem 
Ge?iit.  des  Objectes  verbunden,  und  Cicero  wechselt  sogar  mit  dieser 
doppelten  Construction  ab,  indem  er  sagt:  reverentia  adversus  ho- 
mines,et  optimi  cjijusque  et  reliqziorum,  nicht  allein  vor  —  sondern 
auch  vor  allen  Uebrigen.  Ist  es  mit  dem  Verb.  Äe?/'e?se«  verbunden,  so 
übersetze  man  dieses  durch  adhibere,  was  Cicero  braucht,  oder  durch 
praestnre,  nicht  durch  facere,  was  noch  ungevviss  ist.  Plin.  (Ep.  HI, 
17,  (J)  sagt:  alicui  reverentiatn  habere,  was  Andere  zu  voreilig  ver- 
werfen; auch  praestare  (Ep.  VIII,  5,  1). 

Reversio  ist  eigentlich  nicht  geradezu  die  Rückkehr,  die  Zurück- 
kunft,  welche  reditus  Iieisst,  sondern  nur  dasUmtveiiden,  dasUrnkehren 
auf  der  Heise.  Man  sage  daher  ni';ht:  frustra  e.rspeclas  reversionem 
meam,  sondern  rcditum  7ueii?n;  nicht  in  reversione  niea  secundissimiiin 
habui  ventum,  sondern  in  reditu  meo.    Daher  sagt  Cic.    (Att.  XVI, 


695 

7,  15):  nie  reditu  vel  potius  reversione  men  laetatus  est:  denn  er  hatte 
auf  seiner  Reise  «ach  Griechenland  wegen  ungünstiger  Winde  um- 
wende/), um/rehren  müssen. 

Revertere  und  reverti,  zurückkehren,  bedeuten  zunächst  (wie  re- 
versio)  avf  dem  Wege,  unterwegs,  auf  der  Reise  umkehren,  wie  hei 
Cic.  (Divin.  I,  ]5):  Dejotarus  ex  itinere  —  revertü.  —  In  der  bessern 
Prosa  ist  im  Praese?is  und  den  dazu  geliörigen  Teinporibus  nur  lUe 
Form  des  Deponens  (revertor),  aber  im  Perfect.  und  den  dazu  gehöri- 
gen Temporibus  die  active  Form  (reverti  u.  s.  w. )  übh'ch;  später 
brauchte  man  dafür  reversus  sum.  Dagegen  ist  das  Partie,  reversus 
durch  Caesar  (B.  G.  VI,  42)  und  seihst  durch  Cicero  (Phil.  VI,  4) 
hinlänglich  geschützt.  Vgl,  Heusing.  Emendd.  p.  455.  Oudend.  Caes. 
B.  G.  VII,  5,  4  und  Reisig's  Vorles.  p.  249. 

Revidere  findet  sich  nur  einmal  A.  L.  bei  Plautus:  ad  heram  re- 
videbo,  ich  will  nach  der  Herrin  tvieder  sehen;  sonst  nirgends.  EiS  ist 
also  in  keiner  Bedeut.  zu  brauchen,  kommt  aber  im  N.  L.  hie  und  da 
vor.  Wieder  sehen,  wieder  besuchen  heisst  revisere,  auch  blos  videre 
(Cic.  Fam.  XV,  4,  2);  Etwas  revidiren,  d.  h.  ivieder  durchseheti,  re- 
cognoscere,  retractare^  weshalb  Cic.  (Att.  XVI,  3)  einen  verbesser- 
teren  Aufsatz  —  retractatius  nennt. 

Revisio  kommt  nur  in  der  Bedeut.  Wiedersehen  \ot,  aher  Sp.  2/.,  und 
ist  gar  nicht  nachzubraucheu;  man  nehme  dafür  die  Verba  revisere 
oder  videre,  oder  umschreibe  es  durch  das  Subst.  reditus ;  —  N.  L. 
aber  ist  in  dieser  Bedeut.  revisus.  Man  sage  daher  weder  vale  usque 
ad  revisionem ,  noch  ad  revisum,  sondern  ad  reditum,  auf  Wieder- 
sehen. —  N.  L.  ist  auch  revisio  in  der  Bedeut.  nochmalige  Durchsicht 
oder  Revision,  für  recogtiilio,  retractatio  oder  mit  den  Verben  reco- 
gnoscere,  retractare. 

Revocabilis,  iviederruflich,  wiederbrin glich,  was  zurückgerufen  wer- 
den kann,  ist  nur  P.  L.  für  qui,  quae,  quod  revocari  potest ;  es  ist  je- 
doch wegen  seiner  Kürze  nicht  zu  verwerfen;  —  irrevocabilis  ist  in 
Prosa  üblich. 

Revocare.  Ungewöhnlich  ist  der  Dativzusatz  mihi,  tibi,  sibi  —  in 
der  Redensart  aliquid  in  memoriam  revocare,  sich  Etivas  ins  Gedächt- 
niss  zurückrufen.  Man  sage  also  nicht:  mihi  illam  ?wclem  in  ?nemoriam 
revoco,  ich  rife  mir  jene  Nacht  ins  Ged.  zurück;  mihi  bleibt  weg. 

Revolulio,  die  Umwälzung,  Umstürzimg  n.  a.,  z.  B.  der  Staaten,  ist 
N.  L.  für  conversio  (Cic.  Divin.  11,2,6);  in  dem  Sinne  von  Umdrehung 
(vom  Himmel  und  den  Himmelskörpern)  sagt  man  auch  nicht  revo- 
lutio,  sondern  ebenfalls  conversio  oder  circuitus. 

Rhetor  war  freilich  nach  dem  Griechischen  auch  der  öffentliche 
Redner,  aber  bei  Cicero  und  fast  allen  Folgenden  heisst  dieser  ora/o/", 
dagegen  rhetor  —  der  hehrer  der  Beredtsamkeit ,  der  dieselbe  \\\ 
seiner  Schule  lehrt,  aber  auch  praktisch  übt  und  selbst  declamirt; 
daher  hiess  er  auch  als  solcher  declamator.  Vgl.  Klotz  Cic.  Tusc.  III, 
26,  63  und  Ellendt  z.  Cic.  Orat.  T.  II,  p.  165.  Nur  selten  wird  rhetor 
nach  dem  Griechischen  für  orator  gebraucht.  Man  unterscheide  da- 
her beide  im  Gebrauche  und  nenne  den  Demostheties,  Aeschines,  Ly- 
sias,  Cicero,  als  Redner,  nicht  rhetores,  sondern  oratores.  Auch  hies- 
sen  die  rhetores  bisweilen  rhetorici  (Cic.  Orat.  1,12,52).  —  Dasgriech. 
rhetorica  oder  rhetorice,  mit  und  ohne  ars,  ist  bei  den  Lateinern  ganz 


696 

allgemein  im  Gebrauche,  wiewohl  sie  dafür  anch  ars  orntorts  (CAc. 
Orat.  III,  31),  disciph'na  dicendi  (Brut.  44,  163),  scientia  hene  diccrnli 
u.  a.  brauclien.  —  Wenn  in  den  Adj.  rhetorisch,  rednerisch  mehr  der 
Sinn  liegt:  ivie  die  Rhetoren  zu  tktm  pflegen,  so  wird  statt  rhetorirus 
lieber  der  Genit.  Plur.  rhetonwi  gebraucht;  z.  B.  ein  rhetorischer 
Schluss,  ein  rhetorisches  Ende  eitler  Unterredimg,  rhetorum  epilogus 
(Cic.  Tusc.  I,  47,  112);  rhetorische  Vorschriften,  rhetorum  praecepta 
(ib.  II,  3,  9). 

Rythmus,  der  Rythmus  in  der  Rede  und  in  der  Musik,  vermeidet 
Cicero  als  ein  fremdes  Wort  und  braucht  dafür  immer  numerus;  da- 
gegen hat  es  Quintilian.  aufgenommen. 

Ridere,  lachen,  steht  meistens  ohne  Object,  nur  selten  mit  einem 
solchen  im  Accus,,  über  Etwas  lachen,  Ettvas  belochen,  ridere  alio?/id, 
z.  B.  nostram  amentiam,  über  unsern  Wahnsinn.  —  Lachen  in  der  Be- 
deut.  auslachen,  verspotten,  wird  mehr  durch  irridere  ausgedrückt. 
Unser  lächelnd  in  dem  Sinne  von  anlächelnd  heisst  arridens. 

Ridiculosus,  lächerlich,  soll  bei  Plautus  vorkommen,  sonst  ist  es 
nur  ganz  Sp.  L.  für  ridiculus,  jocularis.  —  ^.  L.  ist  dafür  ridicularius 
oder  ridicularis,  welche  beide  veraltet  sind. 

Rigidita s,  die  Steifheit,  Härte,  gebraucht  nur  Vitruv.  vom  Holze, 
für  das  gewöhnliche  rigor. 

Rigidus,  starr,  steff,  ist  in  dem  bildlichen  Sinne  von  streng,  rauh, 
finster  als  nur  P.  L.  zu  vermeiden  durch  severus,  asper,  tristis,  au- 
steruSy  durus  u.  a. 

Rigor  findet  sich  in  dem  bildlichen  Sinne  von  Strenge,  Härte  erst 
N.  Kl.  bei  Seneca  u.  A.,  für  severitas,  asperitas,  morositas,  austeritas, 
tristitia.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  156. 

Rigorosus,  streng,  ist  N.  L.,  ohne  alte  Auctorität,  und  bekannt 
durch  den  Ausdruck  esamen  rigorosum,  eitie  strenge  Prüfung.  ?(^Ian 
setze  dafür  severus  oder  durus,  acerbus,  bisweilen  auch  inhumanus. 
Vgl.  Anm.  z.  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  421. 

*  Es  stand  früher  in  Senec.  Epist.  11,  wo  zwischen  den  Worten  o;w*  est  aliquo 
in  den  altern  Ausgaben  noch  rigöroso  stand,  was  aber  in  den  neuern  gestrichen  ist. 

Rima,  die  Ritze.,  Spalte.  Man  merke,  dass  Ritze  bekommen  nicht 
rimas  accipere,  sondern  agere  heisst. 

Rimari  \i\xA  in  der  bildlichen  Bedeut.  durchforschen,  ausforschen 
von  Einigen  für  P.  und  Sp.  L.  gehalten,  obgleich  es  Cic.  (üivin.  I, 
57,  130)  und  nach  ihm  Quintilian.  u.  A.  so  brauchen. 

Rite  werde  in  der  Bedeut.  recht  vorsichtig  gebraucht  und  nicht 
mit  rede  verwechselt,  da  in  rede  der  Begriff  des  Vernünftigen  und 
Wahren  liegt,  in  rite  aber  thells  der  ^^^xW  auf  gehörige,  heilige  Weise, 
theils  auch  blos  auf  rechte,  gehörige  Weise,  a\so  immer  der  Begriff 
von  ASitfe,  Getvohnheit,  Art  und  Weise.  Man  sage  daher  nicht;  rite 
diwitPlato;  rite  dubitavit  Zeno;  si  rite  homines  novi,  wo  nur  rede 
passend  ist.  Daher  verbindet  sich  mit  merito  nie  rite ,  sondern  rede 
—  rede  ac  merito.  Wie  es  angewandt  werde,  davon  s.  Beispiele  in  den 
Wörterbüchern  von  Freund  und  Andern. 

Rixosus.,  zänkisch,  hat  nur  die  A^.  Kl.  Auctorität  des  Columella, 
welcher  uves  ri.vosas  erwähnt.  Vgl.  unter  6'o/2/:ew//osz/s,  wo  andere  pas- 
sende Wörter  angegeben  sind. 

Rogare  wird  in  der  Bedeut.  Jemandeii  tun  Etwas  bitten  verbunden 


697 

aliqnem  aliqir.id  oder  mit  folgendem  tit  oder  ne,  nicht  mit  ex,  wie  es 
Muret.  tliat,  indem  er  (Var.  Lectf.  XIIl,  17)  schrieb:  si  qm's  ex  me 
roget,  was  Sciopp.  (de  stylo  p.  164  [J37])  als  unlateinisch  tadelt. 
Zweifelhaft  ist  auch  rogare  ab  aliquo  ciUquid,  wofür  man  als  Auctorität 
nur  Cic.  Farn.  XIII,  1,  2  anführt:  agam.  Ntinc  o  te  iUud  rogabo;  aber 
die  Ilaupthandschr.  hat,  wie  eine  der  altern  Ilanptausgaben,  ogam 
nunc.  Ac  te  illud  rogabo,  wie  auch  Andere  lesen.  Lambin.  streicht  da- 
gegen a  geradezu,  und  liest:  Niinc  te  illud  rogabo.  Wegen  dieser  zwei- 
felhaften Stelle  kann  die  Constr.  ab  aliquo  nicht  nachgebraucht  wer- 
den. —  In  der  Bedeut.  Jemanden  nach  oder  um  Ktioas  fragen  wird 
TOgare  ebenfalls  verbunden  aliquein  aliquid;  z.  B.  aliquem  se?ifejitiam 
rogare,  Einen  um  seine  Meinung  fragen,  und  im  Passiv,  sententiam 
ragari,  um  seine  Meiming  gefragt  tverden.  Nicht  zu  verwerfen  ist 
aliquem  rogare  pro  aliquo.  Einen  für  Einen.,  zu  Jemandes  Besten  bit- 
ten, wiewohl  es  sich  erst  N.  Kl.  bei  Phaedrus,  Ovid.,  Sueton.  u.  A. 
findet;  es  ist  analog  dem  A'/.  supplicare  alicui pro  aliquo.  Vgl.  ScheflTer 
u.  Burmann  zu  Phaedr.  III,  2,  16.  Bezweifelt  wird  von  Einigen  rogare 
aliquem  ad  coenam.,  ad  convivium,  Einen  zu  Gaste  bitten,  zum  Essen 
einlade?i,  wie  auch  rogare  allein  in  der  Bedeut.  einladen:,  aber  wie- 
wohl vocare  und  invitare  gewöhnlicher  sind,  so  kommt  doch  bei  Cicero 
auch  rogare  vor.  Vgl.  Cic.  Fam.  XVI,  22,  1.  Att.  II,  3,  3  und  ausser- 
dem Anton.  Progr.  p.  31  u.  34,  welcher  auf  diese  Stellen  aufmerk- 
sam gemacht  hat.  —  Endlich  kann  rogo  te,  ich  bitte  dich,  nie,  wie  oro 
te,  quaeso,  obsrcro,  amabo  te,  mit  einem  Impcrat.  verbunden  werden. 
Man  sage  also  nicht :  mitte  mihi,  rogo  te,  quamprimum  orationem,  wie 
wir  sagen :  schicke  mir,  ich  bitte  dich,  sobald  — ,  für  rogo  te,  (ut)  mihi 
quamprimum  mitlas. 

Rogatio  wird  fast  nur  von  einer  Anfrage  in  amtlichen  Angelegen- 
heiten bei  irgend  einer  Behörde  gebraucht,  fast  nie  in  der  Bedeut. 
Frage,  für  quaestio,  iiiterrogatio ;  sehr  selten  auch  in  der  Bedeutung 
Aufforderung  oder  Bitte,  für  preces. 

llomaiiensis  oder  Romanticus  liber  ist  die  N.  L.  Benennung  unseres 
Wortes  Äo/rtow,  die  aber  ohne  einen  erklärenden  und  mildernden  Zusatz 
nicht  gebraucht  werden  kann.  Was  die  Alten  fabula  Milesia  nannten, 
bezeichnet  fast  dasselbe  und  ersetzt  am  besten  jenes  Wort;  Andere 
sagen  liber  fahulosus  oder  historia  fabulosa.  Vgl.  Rolandi  Maresii 
Epist.  I,  20  u.  Weber's  Uebungssch.  p.  261. 

Romanus.  Man  sage  nur  populus  Romanus,  nicht  umgekehrt.  Auch 
•werde  die  lateinische  Sprache  nicht  hngua  Romana,  sondern  nur  lin- 
gua  latina  genannt;  jenes  kommt  nur  höchst  selten  vor,  z.  B.  einmal 
bei  Plinius  (Ep.  II,  10,  2). 

Romulus,  a,  um  und  Romuleus,  als  Adj.,  römisch,  sind  P.  L.  für 
Romanus;  auch  werde  das  letztere,  als  ein  nur  P.  W^ort,  nicht  ge- 
braucht in  der  Bedeut.  de7i  Romulus  betreffend,  was  theils  durch  den 
Ge?iit.  Ro?nuli,  theils  durch  eine  Umschreibung  auszudrücken  ist. 

Rorulentus,  bethaut,  kommt  nur  A.  L.  und  N.  Kl.  bei  Columella 
und  dem  altern  Plinius  vor,  für  roscidus. 

Rosa,  die  Rose,  kommt  vielleicht  nur  im  Sing,  vor,  da  es  ein  Col- 
lectivwort  ist,  also  mit  dem  Begriffe  der  Mehrheit  die  Rose?i;  daher 
sagt  man  auch  midta  rosa,  viele  Rosen.  Vgl.  Cic.  Verr.  V,  11,27  (zwei- 


698 

mal)  ;  Tiisc.  III,  18  n.  a.  und  was  Th.  I,  §.59  von  dergleichen  Wörtern 
bemerkt  worden  ist. 

Bosmarhius  und  ro&marinum  (beide  auch  oft  als  sz/e/ Wörter  ge- 
schrieben), der  Rosmarin.  Die  Form  des  Mascul.  findet  sich  bei  den 
Bessern,  die  des  Neutr.  aber  hei  den  Spätem;  in  der  bessern  Prosa 
schrieb  man  es  wohl  nur  in  zwei  Wörtern  und  declinirte  beide,  also 
im  Genit.  roris  niarini ,  wogegen  man  später  rosmarini  sagte.  Vgl. 
Heusing.  Emeiidd.  p.  446  und  Schneider's  Formenlehre  B.  I,  p.374. 

Rostra  (Phir.),  die  Rednerbiihne,  kann  nicht  wohl  für  jede  der 
unsrigen  gebraucht  werden,  zumal  da  die  Römer  nur  die  in  Rom  auf 
dem  Markte  befindliche  so  genannt  haben,  nicht  aber  jede  Redner- 
biihne an  andern  Orten;  man  brauche  s?/ggestifs,  und  bei  gelehrten 
Vorträgen  möchte  das  griech.  cathedra  als  ohnehin  übliches  Kunst- 
wort wohl  zulässig  sein. 

Rotundare.  Wiewohl  dieses  Verbura  von  der  jRe</e,  in  Beziehung 
auf  Rundi/ng  der  Sätze,  nirgends,  ausser  sehr  spät,  vorkommt,  dafür 
aber  bei  Quintilian.  corrotu?idare  mit  vorgesetztem  ^««si  gebraucht 
ist  und  mit  ähnlichem  Bilde  qaadrare  orationevi  beiCic.  (Orat.  58)  und 
in  qvadrum  redigere  (ib.  id\  )  vorkommt,  so  ist  rntundare  doch  nicht 
ganz  zu  verwerfen,  zumal  da  das  Adject.  rotundus  mehrmals  von  der 
abgerundeten  Rede  mit  und  ohne  quasi  oder  ut  Ha  dicam  (vgl.  Cic.  Brut. 
78,274.  Orat.  13,  40),  und  sogar  von  den  Schriftstellern  selbst  von 
Cicero  und  auf  ähnliche  Weise  auch  von  Andern  gebraucht  wurde. 
Freilich  sagt  erst  der  sehr  späte  Sidonius:  rotundare  oratione/n,  was 
ihm  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  145  ed.  Fr.)  nachgebraucht  hat.  Man  halte 
sich  daher  an  orationem  quasi  corrotundare  oder  orationein  quasi  ro- 
tundam  facere.  —  Wenn  wir  aber  ferner  sagen  :  die  Zahlrimden,  rund 
angeben.,  eine  runde  Zahl  brauchen,  so  ist  dafür  numerum  rottindarey 
was  Muret.  (Expl.  Cic.  Catil.  1,2)  braucht,  ohne  alte  Auctorität;  denn 
was  Petron.  sagt:  cew^/es  scä/er//>//;/ co/'/-o///7/^are,  hat  einen  ganz  an- 
dern Sinn,  neml.  die  Summe  von  zehn  Millionen  voll  machen.  Lipsius 
braucht  rotundum  numerum  ponere,  aber  auch  ohne  Auctorität,  da 
rotundus  nie  ein  Beiwort  der  Zahl  ist.  Man  ssige  daher  numerum 
snmmatim  coniprehendere,  oder  im  Allgemeinen  bei  der  Zeit:  tempus 
sunmiatim  comprehendere,  wie  der  Scholiast  Asconius  z.  Cic.  Pison. 
sagt.  —  Endlich,  wo  wir  sagen:  Etivas  rund  abschlage?i,  ist  rotundus 
ebenfalls  N.  L. :  man  sage  aliquid praecidere,praecise  negare,pernegare. 

Riibedo,  die  Röthe,  ist  sehr  Sp.  L.  für  das  Äl.  rubor. 

Ruder a,  die  Trilmmer ;  vgl.  Budus. 

Rudis,  e,  roh,  wird  wohl  nicht  von  rohen,  d,  h.  u?ireifen  Früchten 
gebraucht;  dafür  crudus.  —  Grade  finden  bei  rudis  nicht  Statt;  man 
sagt  also  weder  rudior,  noch  rudissimiis,  welche  Formen  im  N.  L. 
vorkommen.  Vgl.  Rascfiig  Progr.  p.  J5. 

Rudis  als  Subst.,  der  Stab,  ist  besonders  der,  welchen  Fechter  als 
Zeichen  der  Entlassung  aus  dem  Dienste  erhielten;  daher  sagten  denn 
die  Alten  sprichwörtlich:  rudern  accipere,  rüde  donnri,  verabschiedet, 
seines  Dienstes  etitlassen  tverden.  Aber  für  unsere  Zeiten,  wo  jener 
Gebrauch  verschwunden  ist,  ist  auch  diese  Redensart  nicht  mehr 
anwendbar  ohne  d^n  Zusatz:  ut  veter e  jiroverhio  utar  oder  etwas 
Aehnliches. 

Ruditas,  die  Rohheit,  Unwissenheit,  ist  erst  Sp.  L.  für  barbaria. 


609 

inscitm,  inscientia,  ignorantia,  immanitns,  feritas,  rz/sttcitas  n.  a.,  }e 
nach  dem  Sinne. 

Ifudus,  der  Schtiit,  besonders  von  etwas  Eingestürztem,  nnd  so 
zuniai  im  Piur.,  rudcra,  der  Schutthaufen.  Was  wir  aber  Rudern  (so- 
gar ins  Dentsclie  anfgenommen)  nennen,  sind  Heste  o(]er  VeM'rblcibsel 
und  noch  stehende  Wände  und  Mauern  von  Hänsern,  Kirchen,  Schlös- 
sern n.  s.  w.,  welche  nicht  rudera  genannt  werden  können.  Die  Steile 
bei  Livins  (XXVI,  11)  beweist  Nichts  für  den  Gebrauch  des  Wortes 
rudera  in  dieser  Bedeut. ;  vgl.  zu  jener  Stelle  Dnker  über  rudern 
jacere.  Man  brauche  besonders  parütmae  oder  diruti  muri,  dirutn 
mocnia  und  das  etwas  poetische  cadavera.  —  Pnrietinae  sind  noch 
stehende  Wände  und  Mauern  verfallener  Gebäude,  altes  Gemäuer, 
denn  Cicero  (Tusc.  111,  22,  53)  nennt  die  Ueberbleibsel,  Ruinen  oder 
Rudera  des  zerstörten  Korinths —  Corinthi  parietinas ;  vgl.  daselbst 
Orelli.  Tacitus  braucht  in  diesem  Sinne  auch  res//^?o  (Ann.  11,60): 
mo\  Visit  veterum  Thebarum  magna  vestigia,  die  grosse?/  Reste  ?ivd 
Trüuinier  des  alten  Thebens.  Nur  liegende  Trümmer,  Schutthaufen 
können  rudera  heissen.  Vgl.  Weber's  Üebnngssch.  p.  50  nnd  nachher 
Ruinae. 

Ruere.  Se  ruerdfkich  stürzen,  ist  Sp.  L.  für  ruere  oder  ganz  activ. 
se  dejicere,  se  i?nmittere  u.  a.  —  P.  L.  wird  es  von  sol,  iiox,  vesper  ge- 
braucht, in  der  Bedeut.  untergehen,  sinke?/,  für  occidere. 

Ruina  bedeutet  theils  activ.  den  Einst?irz  (Cic.  Divin.  11,  8,  20), 
fheils  concret  das  Zusamme?? gestürzte,  Zusammengefallene,  wie  bei 
Ovid.  M.  XV,  424,  aber  wie  rudera  mehr  liegende,  als  stehende  Ueber- 
bleibsel und  Iveste  \on  Gebäuden;  es  kaini  daher  so  wenig  wie /•?/<'/e/'a 
zur  üe  >ersetzung  unseres  Wortes  Rui?ien  gebrauclit  werden,  da  wir 
dabei  an  noch  stehendes  altes  Gemäuer  denken.  Vgl.  mehr  darüber 
unter  Rudus. 

Rumorigerulus  ist  zwar  erst  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  Jl?iekdotenjä(ier, 
aber  nach  Wolf  (z.  Cic.  Tusc.  IV,  23,  51)  sehr  passend  und  überdies 
analog  dem  A.  L.  salutigerulus,  der  Grussüberbringer.  Es  ist  im 
Scherz  und  Spott  wohl  anzuwenden. 

Riunpere,  breche?/,  mit  dem  Acc.  leges,  die  Gesetze  breche?/,  über- 
trete?/, ist  nur  P.  L.  für  perrw/ipere,  violare,  a  legibus  discedere  u.  a., 
wiewohl  sonst  rianpere  mit  foed/is,  jus  ge?/tium,  testa/nentimi  u.  a.  ver- 
bunden wird.  —  N.  L.  ist  rianpere  oder  wolil  gar  se  r?impere  in  der 
Bedeut.  sich  breche?/,  von  der  Kälte  oder  Hitze,  für  frangere,  welches 
Wort  zu  vergleichen  ist.  —  P.  L.  und  N.  Kl.  beim  Jüngern  Piinius  ist 
rumpere  ?noram  (moras),  Etwas  u?/verzüglich  th?i?i ;  neben  abjicere 
Cimet atio?iem,  nihil  cunctari  u,  a.  ist  es  übrigens  wohl  zu  brauchen. 
Vgl.  Anton.  Progr.  p.  26. 

Ruricola,  der  La?/dman?i,  Bauer, ist  nur  P.  L.  für  agricola,  rusticus. 

Kursus,  tviederum,  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  wechsels/veise,  für 
vicissi/?i,  mutuo. 

Ruslicu?ius,  läudlich,  von  Personen,  welche  La?idbau  treibe?/,  kann 
nicht  wohl  von  einem  Landpfarrer  gebraucht  werden;  man  sage  also 
nicht  pastor  rust/'ca?/u8,  zumal  da  pastor  ein  ganz  unpassendes  Wort 
ist.  Vgl.  Pastor.  —  Gut  ist  aber  rustica?/a  Juventus,  die  ländliche  Ju- 
gend, niclit  rustica. 


700 

S.  s. 

Sfihbalnm,  der  Sabbat,  Feiertag  der  Juden,  ist  nicht  im  Sing.,  son- 
dern nnr  im  Plur.  iiljücli,  sabbaln,  onnn. 

Saccus,  der  Sack,  Beutel.  Die  Redensarten  aJiqiiid  sacco  fundere. 
Etwas  mit  dem  Sacke  ausschütte?!,  und  pleno  sacco  fundere  kommen 
nirgends  bei  einem  guten  Lateiner  vor,  und  da  sie  nur  griech.  Sprich- 
wörter in  der  Bedeut.  reichlich  hingeben  sind,  können  sie  nicht  wohl 
ofine  den  Zusatz  ut  ajunt  örr/ec?  gebranclit  werden;  dennoch  hat  dies 
Uuluiken  einigemal  gethan.  Vgl.  Kraft  zu  Ruhnken  Elog,  p.  327. 

Sacer,  heilig.  Das  Neutr.  Plnr.  sacra  bedeutet  Gottesdienst ;  einen 
solchen  kalte??,  verrichten,  versehen  lieisst  gewölinlicli  obire,  facere 
oder  co?ißcere  (Cic.  Verr.  IV,  45.  N.  D.  III,  23.  Farn.  XIII,  11). 

Sacerdos,  der  Priester,  kann  kaum  für  unsere  Priester  oder  Pre^ 
diger  gebraucht  werden,  ausser  beim  Cereraoniendienste,  da  die 
sacerdotes  bei  den  Alten  nur  gewöhnliche  Dienste  des  heidnischen 
Gottesdienstes  zu  verrichten  hatten.  Wenn  also  die  Kirchenväter  die 
christlichen  Priester  mit  dem  Worte  sacerdotes  bezeichnen,  so  ist  das 
wiclitige  Predigtamt  dabei  nicht  berücksichtigt.  Vsl.  Concionator.  Aher 
auch  geschmacklos  ist  es,  zu  sagen,  z.  B.  sace^Sbs  justitiaei  in  der 
Bedeut.  ein  Jurist,  i'\\r  jtiris  consultus,  wie  es  z.  B.  Nolten  (Antibarb. 
T.  II,  p.  96j  braucht. 

Sacranie?}tiim  ist  nicht  der  gevi^ölinliche  Schwur  oder  Eid  im  bür- 
gerlichen Leben,  sondern  ein  bei  allen  Göttern  feierlich  geschworener 
Eid  (Cic.  Farn.  VII,  32),  besonders  Die?isteid,  Eid  der  Treue,  wie  denn 
der  der  Soldaten  nur  so  heisst.  Man  sagt  aber  nicht:  sacram.  jurare, 
ei?ien  Eid  schwören,  sondern  sacram.  dicere  (Caes.  B.  C.  II,  28  u.  a.). 

Sacricola,  der  Priester,  steht  N.  Kl.  nnr  bei  Tacitus  und  Spätem 
für  sacerdos,  sacrißculus. 

Sacrißcare,  opfer??,  ei??  Opfer  verrichten,  ist  zwar  KL,  findet  sich 
aber  nur  einmal  bei  Cicero  (N.  D.  II,  27,  ()7),  öfter  aber  bei  Livius, 
z.  B.  XXV,  1,  für  Sacra  oder  sacrificium  facere.  Noch  seltner  und 
nicht  nachzuahmen  ist  sacrißcare  aliq?iid.,2i\so  mit  dem  Accms.  eines  be- 
stimmten Opfers,  für  immolare.  —  D.  L.  ist  se  sacrißcare,  sich  opfern, 
sich  a??f opfern,  z.  ü.fih's  Vaterla?id,  statt  se  devorere  p?'o  patria. 

Saeculum,  das  Jahrh?indert,  werde  nicht  falsch  gebraucht,  also 
z.  B.  nicht  in  Beziehung  auf  einen  einzelne??  Mann;  einem  solchen  wird 
wohl  eine  oetas,  aber  kein  saec?din?i  zugeschrieben,  mag  er  auch  ziem- 
lich lange  gelebt  haben.  So  findet  man  im  'N.L.  saec?du??i  Be?itleya?inm, 
R?ih?ihe??ia???im,  Hcijnia?inm,  wo  auch  die  Adjectiva  unpassend  sind, 
für  aetas  Bentley;,  Rnhnlienii,  Hey?m.  —  iV^.  L.  und  in  Gebeten  als 
feierliche  Formel  üblich  ist  i??  saectila  saeculorum,  auf  ewige  Zeile??, 
in  alle  Ewigkeit,  für  i??  aeier??zim. 

Saepicule,  oft,  ziemlich  oft,  kommt  Sp.  L.  nur  bei  dem  künstelnden 
Appulejus  vor,  und  saepiuscule,  oft,  ist  N.  L.;  beide  sind  lächerliche 
und  nicht  zu  brauchende  Wörter  für  das  gewöhnliche  saepe. 

Sagitta  ist  nur  ein  Pfeil,  nicht  ein  fFurfspiess,  welcher  hasta, 
jacidum,  tebmi  heisst,  wiewohl  die  beiden  letztern  auch  im  weitern 
Sinne  für  sagitta  gebraucht  werden.  Das  Verbum  sagittare,  Pfeile 
ab  schiesse??,  ist  Sp.  L.  für  sagitiam  jacere,  co?ijicere,e?nittere,  auch  mit 
sagitta  petere. 


701 

Sag?/?n,  das  Kleid  der  Soldaten  mi  Kriege, li^nw  heutzutage  nicht 
mehr  angewandt  werden,  so  wenig  wie  togn  vom  Friedeji. 

Sa/,  Salz  und  JJilz,  werde  nur  als  Masc.  gebraucht,  da  es  als 
Neuir.  nur  A.  L.  und  gemein  gewesen  zu  sein  scheint;  wenigstens 
findet  sich  nirgends  der  Plur.  sah'a,  wie  man  im  N.  L.  die  Salze  zu 
benennen  pflegt,  sondern  bei  allen  Bessern  kommt  nur  die  Form  sales 
vor.  Uebrigens  bedeutet  sowohl  sal  als  sales  —  fVitz,  tvitzige  Reden, 
Scherz,  Feinheit,  wiewohl  der  Plur.  häufiger  ist.  Vcl.  Schneider's  For- 
inenl.  B.  I,  p.  128  u.  Ellendt  zu  Cic.  Orat.  T.  II,  p.  220. 

Salaminiacus,  Salaniinisch,  ist  P.  L.  für  Salaminius. 

Salarium  (oft  im  Plur.,  salaria),  der  Amtsgehalt,  das  Jahrgeld,  ist 
zwar  erst  iV.  KL,  aber  doch  dafür  das  fast  Kl.  Wort,  weil  frülier  der- 
gleichen nicht  vorkommt.  Oft  tritt  dazu  das  Adj.  annuiim.m  dass  man 
auch  ohne  das  Subst.  blos  anmiuni  oder  im  Plur.  annua  sagte.  Vgl. 
ausser  andern  Stellen  Sueton.  Vesp.  18.  —  Etwas  Anderes  ist  hmio- 
rarinm,  wovon  oben  die  Rede  war.  Doch  kann  man  salarium  vermeiden 
luid  mit  Dietricli  (Siiitenis  p. 47)  merces  vmneris,  mit  S.\\C\^Yn  mimer is 
reditus  sagen;  aber  nicht  wohl  Stipendium,  da  dieses  die  Alten  auf  die 
Bedeut.  Kriegssold  beschränkten. 

Salebrosus,  holperig,  steht  erst  A.  Kl.  bei  Quintilian.  als  Beiwort 
der  oratio,  sonst  nur  bei  Spätem  und  selten  für  horridi/s,  asper, 
incidttis, 

Salina,  die  Salzgruhe,  das  Salzwerk,  kommt  als  Sing,  nicht  vor, 
sondern  nur  als  Plur.,  salinae. 

Satire  hat  in  der  Bedeutung  springen,  im  Perf.  als  bessere  und 
sichere  Form  salui,  selten  salii;  ebenso  in  den  zusammengesetzten 
Verben. 

Saliva,  Speichel,  aber  auch  Lust,  Appetit.  Seneca  braucht  einmal 
saliva?n  movere  in  der  Bedeut.  Li/st  erregen,  den  Mund  wässerig 
machen;  doch  ist  dieser  Gebrauch  nicht  wohl  nachzuahmen,  wie  es 
im  N.  L.  geschehen  ist. 

Sattem  ist  in  der  Bedeut.  nur  N.  L.;  es  schränkt  vielmehr  ein  und 
bedeutet  wenigstens,  zum  Wenigsten.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  172  u. 
182  und  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  157. 

Saltus  bildlich  gebrauciit,  in  der  Bedeut.  Sprung,  wenn  man  in  der 
Rede  schreibend,  sprechend  oder  disputirend  von  einem  Gedanken 
zum  andern  ohne  Vorbereitung  und  Einleitung  überspringt,  kommt 
nirgends  vor,  ist  aber  im  N.  L.  nicht  sehen,  wo  besonders  oft  der 
saltu-s  poeticus  vorkommt.  Es  muss  mit  transitus  ausgedrückt  werden. 
Vgl.  Wyttenb.  Opusc.  T.  I,  p.  369. 

Saluber  und  salubris  kommen  beide  Kl.  als  Formen  des  Masculin. 
vor,  mehr  jedoch  die  zweite;  z.  B,  bei  Varro  (II.  R.  I,  2,  8)  locus  sa- 
luber, bei  Cicero  aber  (Divin.  II,  57)  ager  salubris;  ib.  I,  Ö7,  130 
annus  salubris,  und  so  aucli  bei  Celsus  (11,  1)  ventus  salubris. 

Saluhritas  mit  dem  Genit.  einptionis,  der  ivohlfeile  Kauf,  was  Er- 
iiesti  (Narrat.  de  Gesnero)  braucht,  ist  nicht  zu  verwerfen,  da  wenig- 
stens salubriter  emere  in  der  Bedeut.  wohlfeil  kaufen  bei  Plin.  (Epist. 
1,  24),  und  quam  saluberrime,  so  tvohlfeil  als  möglich  (Ep.  VI,  30,  2) 
vorkommt.  Daher  hat  auch  A.  Matthiae  (z.  Cic.  Milo  26,  69)  seinen 
frühern  Tadel  (Exempl.  eloquent,  p.  227)  zurückgenommen.  Vgl.. 
auch  Gronov.  Lectt.  Plaut,  p.  12.  Auch  hat  sich  Eichstädt  nicht  ge- 


702 

scheut,  irgendwo  zu  sagen:  muUo  sah/briore  pretto,  um  einen  viel  wohl- 
feilen/ Preis,  wie  denn  auch  bei  Columella  pretium  salubre,  ein  vor- 
theilhofter,  wohlfeiler  Preis,  vorkommt. 

Sahitare,  grüsseii.  —  N.  L.  ist  saluta  eum  a  me,  grüsse  ihri  von  mir, 
für  saluta  eum  meis  oder  nostris  verlns,  wie  Cic.  (Farn.  VII,  29,  2) 
sagt:  Tironera  meum  saluta  nostris  verh/s,  griisse  ihn  von  mir  oder  in 
meinem  Namen;  oder  blos  ego  eum  saluto,  ei  salutem  dico.  Vgl.  Cic. 
Fam.  XIV,  7,  3:14,  2;  XVI,  4,  4;  8,  2.  Att.  XIV,  J9  tu  Jtticae salutem 
dices.  Auch  sagt  man:  j?(be  eum  salvere,  grüsse  ihn  von  mir;  und  so 
ist  auch  /T/.  und  gut :  salve  oder  salvebis  a  me,  wie  bei  Cic.  (Att.  VI,  2): 
salvebis  a  meo  Cicerone,  du  wirst  gegrüsst  von  meinem  Cicero  oder 
mein  Cicero  lässt  dich  grüssen.  Vgl.  die  Lexica  unter  salus,  salutare 
und  salvere. 

Salutifer  und  salutiger,  heilbringend;  ersteres  ist  P.  L.,  letzteres 
aber  erst  Sp.  L.  für  salutaris  oder  saluber  (salubris). 

Salvare,  erretten,  ist  jetzt  nur  Sp.  L.  für  servare.  Früher  stand  es 
auch  in  Cic.  Pison.  31,  78,  wo  aber  jetzt  aus  den  Handschr.  servare 
aufgenommen  ist.  In  der  ßedeut.  Heil  und  Glück  geben,  beglücken, 
selig  machen  sagte  man  dafür  salutem  dnre  (Cic.  Verr.  11,63,154). 

Soivator  oder  salvißcator,  auch  salutißcator,  der  Retter,  Erlöser, 
Heiland,  Seligmacher,  sind  Sp.  L.,  das  erste  aber  findet  sich  bei  den 
Bessern,  wie  bei  Lactant.  (Instit.  IV,  2,  6).  Sie  sind  im  Kirchenlateiu 
die  gewölinhchen  Beiwörter  Jesu,  als  dessen,  der  das  Menschenge- 
schlecht errettet  und  seiig  gemacht  hat.  Andere  haben  dafür  seryr?/or 
gebraucht,  worin  aber  jene  hohe  Idee  nicht  liegen  soll.  Andere  neh- 
men daher  aus  dem  Griech.  Soter,  deJssen  hohen  Begriff  man  nach 
Cic.  (Verr.  II,  63,  154)  nicht  Jrno  verbo  latino  ausdrücken  kann,  da  es 
denjenigen  bedeute,  qui  salutem  dedit.  Ebenso  ist  co7iservator,  was, 
wie  servator,  ein  Beiwort  Jnppiter's  ist,  nur  der  Erhalter.  Vielleicht 
könnte  man  noch  eher  die  beiden  heiligen  Wörter  und  Benennungen 
von  Göttern  salutaris  und  sospifator  anwenden;  ersteres  (salutaris)  ist 
ein  Name  Jnppiter's  bei  Cic.  (Fin.  III,  20,66),  welcher  zusetzt:  in 
cujus  tulela  salus  est  hominum,  letzteres  (sospifator)  braucht  auch 
Arnohius  (adv.  gent.  I,  p.  42)  von  Jesu,  und  findet  den  Begrifl"  da- 
durch erschöpft.  Unter  den  neuern  bessern  Lateinern  braucht  Per- 
pinian.  theils  servator  ille  hominum,  theils  jenes  späte  sa/^ff^o/-,  welches 
auch  Äluret.  beibehalten  hat.  Manutius  nennt  Jesum  (Ep.  II,  1)  nostrae 
sal/itis  auctorem,  erklärt  sich  aber  dennoch  (Commentar.  in  Cic.  Verr. 
am  angef.  Orte)  für  das  Sp.  L.  salvator.  Man  behalte  es  als  alten 
kirchlichen  Namen  Christi  bei,  wenn  man  nicht  servator  als  das  beste 
Kl.  Wort  vorziehen  will.  Vgl.  noch  Anm.  z,  Mureti  Opera  T.  I,  p.204. 
Ernesti  Clavis  Cic.  v.  Soier.  —  Gleich  Ä/j.Z».  und  nicht  zu  brauchen  sind 
salvificare,  wie  oben  salvare,  für  servare,  conservare,  salutem  dnre, 
salvum  reddere,  und  salcificus,  für  qui  servat,  salutem  dat,  salu- 
taris u.  a. 

Salve,  sei  es  als  Imperat.  oder  als  Adv.  von  salvus,  verbinden 
Einige  mit  satisne  oder  salin  ,  und  sagen  satisne  salve?  geht  es  dir 
gut,  wohl?  ist  Alles  wohl? —  aber  die  Lateiner  sollen  nicht  salve,  son- 
dern salvae  gesagt  haben,  wobei  res  zu  ergänzen  wäre.  Vgl.  Gronov 
u.  Dnker  z.  Liv.  I,  Ö8,  auch  Gronov  z.  Plaut.  Stich,  p.  10.  Jedoch  ist 
6'ws  noch  zweifelhaft.  Vgl.  die  Lexica. 


703 

Salvns.  Ueber  salva  venia  yg\.  Venia,  und  über  salva  conscientia 
Tgl.  Conscientia. 

Sancire.  Die  Perfectform  sancivi  ist  A.  L.  für  sanxi. 

Sanctio  ist  in  der  Uedeut.  Bestätigimg,  Bekräftigrtng  eines  Ge- 
setzes oder  einer  Verord?iun^  von  Seiten  eines  Andern  N.  L.,  da  es 
die  gesetzliche  Bestimmung  nnd  Verordnung  selbst  ist,  weshalb  nur 
sanctio  legis,  sanctiones  legum  oder  blos  saftctio  vorkommen,  nicht 
sajictio  senatus,  imperatoris  u.  dgl. ;  in  jener  Bedent.  braucht  man  au- 
ctoritas.  Man  sage  also  nicht:  Caesar  ea  ornnia  sine  sanctione  senatus 
fecit,  sondern  sine  auctoritate  senatus. 

Sanctitudo,  die  Heiligkeit,  ist  A.  L.  und  veraltet  für  sanctitas.  Mag 
es  auch  Cicero  einmal  in  den  Büchern  de  republ.,  mit  dem  Genit. 
sepulturae  verbunden,  gebraucht  haben,  so  hat  er  es  gewiss  absichtlich 
als  alte  Formel  gewählt. 

Sanctuarium  wird  erst  N.  Kl.  beim  altern  Plinius  von  einem  gehei- 
meJi  Orte  oder  Zimmer  des  Königs  Mithridates  gebraucht;  Sp.  L. 
bezeichnet  es  einen  Ort  zur  Bewahrung  der  Heiligthümer,  eme  Sacrisfei, 
für  das  Rl.  sacrariuni;  dennoch  wird  jenes  im  N.  L.  diesem  vorgezogen. 

Saneacere,  heil,  gesund  werde7i,ht  zwar  erst  N.  Ä7.,  findet  sich 
aber  bei  Celsus  u.  A.  für  die  AI.  Ausdrücke  co?isanescere,  convalescere. 

Sanguineus  ist  in  der  Bedent.  blutig,  mit  Blut  befleckt  nur  P.  L., 
für  cruentus;  Kl.  bedeutet  es  nur  aus  Blut  bestehend,  z.  B.  imber 
sanguineus,  ein  Blutregen.  Man  brauche  es  nicht  als  Beiwort,  z.  ß. 
von  manus,  cuput,  victoria,  caedes,  clades  u.  a.,  wo  in  Prosa  cruentus 
gei)raucht  wird.  —  Ebenso  ist  sangtä?iolentus  fast  nur  P.  L.  Vgl. 
VVeber's  Uebungssch.  p.  101. 

Sa/iguis,  das  Blut.  Nur  P.  L.  sind  die  Redensarten  sanguinem 
dare  und  haurire,  in  der  Bedent.  Bhit  vergiessen,  für  sang,  f andere. 

Sanitas  wird  zwar  von  Cicero  (Tnsc.  IV,  13)  als  corporis  tenipe- 
ratio,  d.  h.  als  die  rechte,  gehörige  Beschaffenheit  des  Leibes  ange- 
geben, aber  dennoch  von  ihm  zur  Bezeichnung  leiblicher  Gesundheit 
nur  selten  gebraucht;  öfter  dagegen  wendet  er  das  Adject.  sanus  in 
der  Bedent.  leiblich  gesund  an,  wofür  er  jedoch  häufiger  valens ,  ge- 
sund, kräftig,  stark  (Cluent.  9,  27),  und  das  Verb,  valere,  gesund, 
kräftig,  stark  sei/i,  braucht.  Ebenso  dient  auch  bei  ihm  nnd  Andern 
das  Wort  valefudo  oder  valitudo,  welches,  wie  unser  Ges?indheit,  nur 
aligemein  Gesundheitsutnstände  bedeutete,  ganz  gewöhnlich  zur  Be- 
zei!;hnung  leiblicher  Gesundheit,  und  wenn  er  die  Vorzüge  des  Lei.bes 
aufzählt,  so  ist  unter  ihnen  nicht  sanitas,  sondern  das  allgemeine  va- 
letudo.  Vgl.  Tusc.  IV,  13  u.  a.  —  Weit  öfter  findet  sich  hei  Cic. 
sanus,  geistig  gesu?id,  un'd  sanitas,  gesunde  Vernunft,  welche  auch 
sana  mens  \\g\&%X  ;  den  Gegejisalz  zu  diesen  bilden  insanus  und  in- 
sania.  —  In  vielen  deutschen  Redensarten,  in  welclien  gesund  und 
Gesundheit  vorkommt,  wird  weit  seltner  sanus  und  sanitas,  als  Valens, 
valere  und  valetudo  passen;  z.  B.  wie  geht  es,  wie  steht  es  mit  deiner 
Gesundheit'^  nicht  quam  sanus  es?  qua  ^s  sanitate?  —  sondern  quam 
vales?  qua  es  valetudine?  quid  agis? —  er  fragte  mich  nach  meiner 
Gesundheit,  qua  essem  valetudine,  quid  age rem.  —  Das  ^Vort  valefudo, 
welches  nur  allgemein  die  Gesundheit  sumst  ände ,  die  leibliche  Be- 
schaffenheit andeutet,  erhält  durch  Beiwörter  Bestimmtheit;  z.  B. 
valetudo  bona,  integra,  seciinda,  ßrma,  com?noda ;  dagegen  valetudo 


704 

infirma,  adversa,  mala,  aegra,  incommoda^  temits ;  ohne  eins  dieser 
Adjectlven  zeig^t  nur  der  Sinn  und  Zusararaenliang  die  bestimmte  lie- 
deiituiig-  der  valetudo.  —  Zu  sanüas  können  jene  Adject.  nicht  hinzu- 
treten, da  es  den  voUkommnen  leiblichen  Gesundsheiiszusland  anzeigt. 

—  Für  die  Gesundheit  sorgen  heisst  valetudini  (nicht  sanitati)  sert'ire, 
tnservtre,  ope?am  dare  ;  curare,  iit  q?iis  vnleat,  valetiidinein  sustentnre 
u.  a. ;  die  Gesundheit  verlieren,  valetudineni  amittere.  —  In  Cic.  Farn. 
XIV,  4,  6  bedeutet  valetudo  oculornm  nach  dem  Sinne  böse  klugen; 
gestiTide  Auge7i  drückt  er  (Fin.  IV,  8,  20)  durch  integritas  oculornm 
aus.  Gesunde  Sinne  heissen  theils  s««/,  theils  integri  oder  certise?tsus. 
Vgl.  Cic.  Fin.  III,  17,  56  integri;  Cato  20,  72  certi;  Acad.  II,  7,  19 
sensus,  si  et  sajii  sunt  et  valentes;  ib.  25,  80  sanis  modo  et  integris 
seiisibns.  —  Wo  blos  an  Seele,  Geist,  Fernuftft  gedacht  wird,  ist  sanus 
allein  richtig;  daher  lieisst  gesunde  Vernunft  —  sana  me?ts,  sanitas; 

—  N.  L.  ist  sana  ratio,  gut  aber  recta  ratio;  wieder  zur  (gesunden) 
Vernunft  kommen,  ad  sanitate?n  redire  oder  reverti;  wieder  zur  Ver- 
nunft bringen,  ad  sanitatem  reducere,  und  so  ad  sanitatem  perducere, 
iur  Vernunft  bringen.  Gesund  werden  oder  wieder  gesund  werden 
heisst  Sanum  fieri,  aber  ohne  rursus  (Cic.  Oif.  III,  24.  Phil,  II,  39), 
convalescere  oder  melius  alicui  ßeri ;  z.  B.  mir  ist  besser  geworden, 
7nihi melius  factum  est.  Ob  aber  ad pristinam  sa?iitatem  redire  in  der  Be- 
deut.  wieder  gesund  werden,  wie  es  Ruhnken  in  einem  Briefe  gebraucht 
hat,  vorkomme,  ist  zu  bezweifeln.  —  Uebrigens  ist  sanus  oft  auch 
unpassend,  wo  wir  gesund  brauchen;  z.)i.  gesunde  Luft,  gesundes 
Klima  heisst  salubre  coelum,  salubritas  coeli;  ein  gesunder  Ort,  locus 
salubris  (sahiber);  eine  gesunde  Gegend,  salubris  regio ;  gesunde  Speise^ 
salubris  (saluber)  cibus  —  und  so  überall,  wo  gesuiid  so  viel  als  Z7i- 
träglich  ist.  —  Vgl.  Anton.  Progr.  p.  29.  —  Endlich  merke  man,  dass 
auf  Jemandes  Gesundheit  irinhen  heisse  sahitetn  propinare. 

Sapere.  Als  Perfectform  findet  sich  nur  sapivi  und  davon  die  ver- 
kürzten Formen  sapisti,  für  sapivisti,  und  supissem,  für  sapivissem, 
aber  nur  A.  L.  und  bei  Dichtern,  nirgends  in  Prosa;  ohne  Auctorität 
aber  ist  sap?ii,  was  im  N.  L.  oft  vorkommt;  Wyttenbach  z.  B.  sagt:  ne 
purum  sapuisse  videant?ir.  Als  veraltet  und  in  Prosa  ungebräuchlich 
werde  das  Perfectum  mit  den  dazu  gehörigen  Formen  ganz  vermieden. 
Vgl.  Resipiscere  und  Reisig's  Vorles.  p.  228,  welcher  auch  sapii  mit 
Recht  verwirft.  —  Die  Redensart  sapere  aliquid, nach  Etwas  schmecken, 
auch  wohl  nach  Etwas  riechen,  bildlich  gebraucht,  ist  ohne  alte  Aucto- 
rität und  nur  N.  L.;  lächerlich  wäre  den  Alten  z.  B.  gewesen:  hoc 
sapit  manum  correctoris,  das  schmeckt  nach  der  Ha?id  eines  Correctors, 
oder  glossam,  glossatorem,  scribam,  scribas)  wie  Görenz  oft  sagt.  — 
iV.  L.  ist  auch  sapere  latine,  graece  u.  dgl.,  Lateinisch,  Griechisch 
verstehen,  für  scire  latine;  Görenz  sagt  z.  B.:  scribae  purum  latine 
sapie?iti,  einem  Abschreiber,  welcher  (zu)  ivenig  Lateinisch  verstand. 

—  N.  L,  ist  endlich  auch:  sajnt  mihi  res,  mir  schmeckt  Etwas,  für 
delector  re,  gustum  rei  habeo. 

Sapidus,  schmackhaft,  ist  Sp.  L.  für  hont  oder  secundi saporis,  auch 
blos  jucundus  oder  conditus  (gewürzt) ;  daher  heisst  schmackhaft 
machen,  cojidire. 

Sapiens,  weise,  der  Weise,  kann,  wenn  es  gleich  substantivisch  ge- 
braucht wird,  dennoch  nicht  durch  Grössenadjectiven  verstärkt  oder 


705 

vermindert  werden  ;  nie  kommt  z.  B.  vor  talis,  magnus,  egregü/s,  par- 
vus,  majcwinSy  minimus  sapiens;  die  Grade  des  Wortes  reichen  schon 
hin,  z.  B.  sapientior,  ein  grösserer  Weiser ;  sopientissimus,  der  grösste 
Weise;  sie  sapiens,  ein  solcher  Weiser;  valde  sapiejis,  ein  grosser 
Weiser ;  parum  sapiens,  ein  zu  kleiner  Weiser;  minus  sapiens,  ein  klei- 
nerer Weiser  und  ähnliche. 

Sapor,  der  Geschmack,  ist  nicht  der  Geschmack  als  Sinn,  welcher 
gustatiis  heisst,  sondern  der  Geschmack,  den  man  von  Etwas  beim 
Kosten  hat,  —  Den  Speisen  Geschmack  geben,  sie  schmackhaft  machen 
wird  durch  den  Kunstausdruck  cibos  condire  bezeichnet;  daher  heisst 
schmackhaft,  conditiis,  nicht  sapidus,  wovon  oben  die  Rede  war, 

Sarcina  kommt  in  der  ßedeut.  Gepäck  nur  im  Plur.  vor.  sarcinae, 
nicht  im  Sing.;  daher  heisst  das  Gepäck  iusa?nmenbringen,  sarcinas 
conferre. 

Snrcinator  und  sartor,  der  Flicker,  der  Etwas  ausbessert ,  sind 
keine  passenden  Wörter  für  unsre  ehrsamen  Schneider;  das  letzte, 
was  Einige  dem  ersten  vorziehen,  hat  fast  keine  Auctorität:  das  erste 
ist  zwar  nur  A.  L.,  wird  aber  durch  kein  besseres  ersetzt.  Vgl.  Geist's 
Aufgab,  p.  194. 

Sarmentiim,  Reisig,  Reisholz,  Reiser,  kommt  in  der  bessern  Prosa 
nur  im  Plur.  vor,  sarmenta. 

Satagere  (satagitare),  geschäftig  sein,  mit  Etwas  geiittg  zu  thun 
haben,  findet  sich  A.  L.  bei  den  Komikern,  wurde  aber  später  wieder 
aus  der  gemeinen  Sprache  hervorgesucht,  und  wird  im  N.  L.  (wahr- 
scheinlich als  schöne  Rarität)  nicht  selten  gehraucht.  Was  Cic.  (Lael. 
13,  45)  ausdrückt  durch:  satis  superque  tibi  est  tuarum  rerum,  du 
hast  mit  dir  selbst^  mit  deinen  eignen  Sachen  genug  zu  thun,  bezeichnet 
Piautus  durch  satagis  oder  satagitas  tute  tuarum  rerum. 

Satins,  der  Ueberdruss,  das  Genughaben,  ist  A.  L.  und  kommt 
später  bei  Livius  und  Tacitus  vor,  sonst  höchst  selten,  für  satietas, 
taedium,  fastidium. 

Satis  est,  es  genügt,  wird  bei  folg.  Verbo  nicht  mit  ut,  sondern 
mit  einem  Inßnit.  oder  Acc.  m.  d.  Infinit,  verbunden.  Man  sage  also 
nicht:  satis  est,  tit  attentus  sis,  sondern  te  altentum  esse  oder  ohne  te. 

Satisfactio,  die  Genugthuung,  ist  in  der  gewöhnlichen  Bedeutung 
erst  Sp.  L.,  da  es  in  der  guten  Prosa  nur  Entschuldigung,  Abbitte  be- 
deutet; N.  L.  aber  ist  satisfactionem  dare ;  man  sagt  blos  alicui  de 
oder  pro  aliqua  injuria  satisfacere,  Einem  für  eine  Beleidigung  Ge- 
nugthuung geben;  passiv,  alicui  satisfieri,  GeTiugthmmg  erhalten;  mihi 
satisf actum  est,  ich  habe  Genugthuung  erhalten;  —  aber  Genugthuung 
fordern  heisst  res  repetere. 

Satisfacere.  Man  zweifelt,  dass  dieses  Verbum  in  der  Bedeutung 
befriedigen  mit  den  Dativen  libidini,  voluptati,  irae,  avaritiae  ver- 
bunden werde;  daher  sei  man  vorsichtig,  es  ohne  Auctorität  in  dieser 
Bedeut.  mit  einem  Dat.  zu  verbinden. 

Sator  ist  in  der  Bedeutung  Erzeuger,  Vater  nur  P.  L.,  für  pater, 
genitor. 

Satrapes,  der  Statthalter,  werde  nicht  allgemein  von  jedem  Statt- 
halter gebraucht,  da  es  nur  das  griech.  Wort  für  die  Persischen  Statt- 
halter ist;  man  halte  sich  an  praefectus,  administrator,  procurator, 
und  die  bestimmten  Proconsul,  Propraetor. 

4ö 


706 

Satur,  satt,  wird  A.  und  P.  L.  mit  d.  Genit.  verbunden.  Wiewohl 
vitae  satur,  lebenssatt,  nirgends  vorkommt  und  daher  mit  Recht  be- 
zweifelt wird,  so  scheint  es  doch  wegen  seiner  Kürze  zulässig  statt 
der  Umschreibung  quem  satietas  vitae  cepit;  auch  wäre  jenes  durch 
<lie  Worte  des  Plautus :  hae  res  vitae  me  saturant,  das  macht  mich  des 
Lebens  satt,  d.  h.  überdrüssig,  zu  eutschuUligen. 

Satus,  gesäet,  auch  entsprossen,  erzeugt,  geboren;  aber  sattis  mit 
<Jem  Abi.  einer  Person  ist  nur  P.  L.  und  niclit  nachznbrauchen,  für 
nat/fs,  ortus.  Das  Neutr.  satum  ist  in  der  Bedeut.  Saat,  Saatfeld,  be- 
sätes Feld  P.  L.  für  seges. 

Scala,  die  Leiter,  verwirft  Varro  (L.  L.  IX,  41,  68.  p.  218  ed.  Müll.) 
als  Sing.,  für  den  Plur.  scalae,  weil  sie  aus  mehrer?!  Sprossen  be- 
stände; und  so  hält  auch  Quintil.  (Inst.  I,  5,  16)  den  Sing,  für  fehler- 
haft. Man  halte  sich  also  an  den  Plur.,  obgleich  der  Sing,  einigemal 
vorkommt.  Vgl.  dagegen  Hand's  Lehrb.  p.  182,  welcher  behauptet, 
der  Sing,  habe  genügende  Auctorität. 

Scandere,  steigen,  himmsteigen,  wird  nur  mit  dem  Acc.  verbunden, 
2,  B.  auf  das  Capitol,  Capitolium.  —  P.L.,  aber  später  grammatischer 
Kunstausdruck  ist  scandere  versus,  die  Verse  nach  ihren  Füssen  mes- 
sen, scandiren,  für  das  Kl.  meiiri;  und  so  heisst  die  Handlung  selbst 
nicht  scansio,  sondern  dimensio. 

Scaiere,  voll  sein,  wimmeln,  mit  dem  Abi.,  findet  sich  bildlich  ge- 
braucht nur  N.  Kl.  heim  altern  Plinius  von  gemeinen  Dingen,  und  kann 
daher  auch  in  unsrer  Prosa  wohl  nur  im  Scherz  angewandt  werden, 
zumal  wenn,  wie  Carl  Beier  meinte,  ein  passendes  Gleichniss  damit 
verbunden  würde ;  z.  B.  die  Bearbeitung  des  Stoffes  ist  voll  (scatet) 
voji  Missgriffen,  wie  von  Ungeziefer.  Man  vermeide  es  in  bildlichem 
Sinne  als  ein  seltenes  Wort.  Ob  Muret.  das  Lob  des  Manutius  gut 
aufgenommen,  weiss  ich  nicht,  da  ihm  dieser  (Epist.  III,  5)  schrieb: 
Mehercule  non  tarn  aquis  ulli  foutes,  quam  ingenium  tuum  scatet 
graecis  et  sentetitiis  et  dictis;  für  diu  fofttes  ist  es  wohl  passend,  aber 
weniger  für  das  ingenium. 

Scena  ist  nur  die  Bühne  im  Theater  und  im  allgemeinen  Sinne 
jeder  Schauplatz;  im  iV.  L.  aber  bezeichnet  man  damit  den  Auftritt 
in  einem  Theaterstücke,  als  Unterabtheilung  eines  Aufzuges  oder 
actus;  doch  werden  dergleichen  !)ei  den  alten  Theaterstücken  nie  er- 
wähnt, wie  auch  schon  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  219  ed.  Fr.)  richtig  be- 
merkt: Jieque  actuurn,  neque  ut  indocti  postea  locuti  sunt,  scenarum  — 
—  uUa  certa  distinctio  erat.  Anch  haben  die  ältesten  Flandschr.  des 
Plautus  und  Terenz  nur  jedesmal  die  JNamen  der  redenden  Personen, 
nicht  die  Angabe  weder  eines  Actes  noch  einer  Scene.  Heutzutage 
gehören  die  Wörter  actus  und  scena  zur  theatralischen  Terminologie 
und  können  nicht  wohl  entbehrt  werden.  Man  brauche  sie  daher 
nicht  falsch. 

Scenicus,  das  Theater  betreffe?id,  ist  zwar  ein  Beiwort  der  Schau- 
spieler, welche  artifices  oder  actores  scenici  genannt  werden,  und 
ebenso  heissen  auch  die  dramatischen  Dichter  bei  den  Lateinern  poetae 
scenici,  wie  bei  Varro  L.L.  IX,  11, 17.  p.  202  ed.  MüJl.;  daher  sind  auch 
poesis  scenica,  als  ^ame  der  dramatischen  Poesie,  und  poema  scenicum, 
ein  dramatisches  Gedicht,  ein  Schauspiel,  obgleich  sie,  vielleicht  zu- 
fällig, nirgends  vorkommen,  wegen />oe/ae  scenici  wiaht  zu  verwerfen, 


707 

zumal  da  eben  so  wenli;^  poesis  com/'ca,  tragica,  drumatica  und  poema 
coniicum,  tragicwn,  dramnücum  vorkommen.  Viel  mehr  lateii)isch  ist 
scenicus  als  dramaticus,  wiewohl  dieses  das  Kunstwort  ist.  \gl.  Drama. 

Schediasma  werde  nach  Cicero,  welcher  es  griechisch  ^)raucht, 
nur  von  einer  kleinen,  in  Eile  liini^eworfenen  Schrift  jü^^ebraucht,  aber 
nicht  von  einer  solchen,  welche  Zeit  und  Fleiss  verräth,  wie  man  es 
im  N.  L.  falsch  gebraucht  lindet.  Vgl.  Schirlitz  31ethod.  der  latein. 
Styl.  p.  50. 

Schema,  Figur,  Zeichnung,  Riss,  ist  fast  nur  yi.  L.,  indem  Kl.  und 
später  dafür/o/v/ja  gebraucht  wird.  Was  Vitruv.  geometrica  Schemata 
nennt,  nennt  Cic.  (Kep.  I,  17)  geomelricae  formae,  und  so  nennt  er 
(Epist.  ad  Q.  fr.  II, 6,2)  einen  Bauriss  — formam,  wofür  aber  auch  aedi- 
ßcandi  descriptio  gebraucht  wird.  —  Verschie(ien  von  Schema  in  den 
angegebenen  Bedeutungen  ist  das  rhetorische  Kunstwort  Schemata., 
die  Redeßguren,  welches  von  den  Khetoren  ganz  gewöhnlich  ge- 
braucht wird. 

Schola  ist  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  Schule  bezweifelt  worden, 
aber  es  ist  eben  so  gut,  wie  Indus,  mit  und  ohne  das  Ädj.  litterarius, 
und  gymnasium.1  wiewohl  nach  Döderlein  schola  nur  eine  höhere  Schule, 
ludus  dagegen  nur  eine  gewöhnliche,  niedere  ist.  Vgl.  oben  unter 
Ludus.  —  Die  Lexica  geben  Beispiele  für  die  Bedeutung  Schule.  Für 
schola  ist  aber  disciplina  dann  besser,  wenn  mehr  der  besondere  Un- 
terricht und  die  Methode,  wohl  gar  das  Si/ste?n  und  die  Sehte  darunter 
zu  verstehen  ist;  z.  B.  er  ist  aus  meiner  Schule,  Zögling  meiner  Schule, 
est  alumnus  discipl inae  meae  (Cic.  Farn.  IX,  14,  2)  ;  P anaetius  lieisst 
(Divin.  I,  3,  6)  ^n«ce/;s  e')us  disciplinae  (der  Stoiker);  praeter  tres 
disciplijias  (Fin.  II!,  11,  36),  wo  wir  Schule  brauchen.  ' 

Scholaris,  der  Scholar,  Schüler.,  ist  N.  L.  für  discipulus. 

Scholasticus  ist  zwar  erst  A^.  /iL,  findet  sich  aber  bei  den  Bessern, 
theils  von  Personen  gebraucht,  die  sich  mit  den  Schulgegenstäuden 
beschäftigen,  theils  von  Sachen,  welche  in  der  Schule  behandelt  wer- 
den; richtig  ist  daher  res  scholasticae,  Schulsache?i ;  homo  scholasticus, 
ein  Schulmann,  Sclmllehrer ;  —  und  so  ist  es  nur  anzuwenden.  —  Ver- 
schieden sind  davon  die  philosophi  scholastici  des  Mittelalters  und  ihre 
philosophia  scholastica. 

Scholiastes  oder  scholiasta,  der  Erklärer,  und  scholion  oder  scho- 
tium,  die  Erklärung,  erklärende  Anmerkung,  kommen  nirgends,  auch 
bei  keinem  späten  Lateiner  vor.  Erst  im  N.  L.  hat  man  sie  in  jenen 
Bedeutungen  aus  dem  Griechischen  genommen,  a!)er  das  erste  fast  nur 
auf  die  alte?i  Erklärer  aus  der  lebenden  Zeit  der  Sprache  beschränkt, 
und  ihre  Erklärungen  scholia  genannt,  wie  deren  über  Cicero,  Virgil., 
Horaz,  Persius,  Juvenal.  u.  A.  vorhanden  sind.  Beide  Wörter  sind  üb- 
rigens gut  und  nicht  zu  verwerfen,  wiewohl  interpres  und  interpretatio 
ihre  Stelle  vertreten.  Nach  der  Analogie  von  andern  Wörtern  hat  jenes 
neben  der  griech.  Form  scholiastes  auch  die  lateinische  scholiasta, 
woruach  denn  der  Accus.,  da  es  ein  Nomen  appellativum,  kein  pro- 
prium ist,  entweder  nach  dem  Griech.  scholiasten,  oder  nach  dem 
Latein,  scholiastam  heisst,  aber  nicht,  wie  es  im  N.  L.  oft  vorkommt, 
scholiastem.  Daher  tadelt  Reisig  (Vorlesung,  p.  109)  Ruhnken,  dass 
er  auch  scholiastem  gebraucht  habe. 

Scholicus,  zur  Schule  gehörig,  die  Schule  betreffend,  kommt  erst 

45* 


708 

Sp.  L.  bei  Gellius  und  sonst  fast  niclit  vor;  es  werde  nicht  gebraucht, 
obgleich  es  im  JV.  L.  wieder  liervorgesucht  worden  ist. 

Sciagraphia,  die  perspectivische  Darstellung,  der  Abriss,  Schat- 
tenriss,  steht  nur  einmal  in  altern  Ansgg.  des  Vitvuv. ;  in  neuern  steht 
dafür  scenopraphia.  Man  brauche  für  dieses  fremdartige  ^oxi  forma 
oder  adumhratio.  Vgl.  Mattliiae  z.  Cic.  Sulla  18,  52. 

Scibilis,  erkennhar,  was  man  wissen  kann,  ist  ganz  Sp.  L.  für  quod 
sciri,  i7ilelligi  potest,  quod  scientia  comprehendiUir. 

Scieiis,  wissentlich,  mit  Hissen,  und  ebenso  insciens  und  nesciens, 
unwissentlich,  ohne  Wissen,  werden  nur  als  Adject.  mit  einem  substan- 
tivischen Worte  verbunden,  und  da  das  Object  des  Wissens  oder 
Nichtwissens  in  den  damit  verbundenen  Worten  liegt,  so  haben  sie 
nicht  den  Accus,  m.  d.  Inf.  nach  sich.  Man  sagt  z.  B. :  haec  ego  sciens 
7ieglesi ;  hoc  ille  me  sciente  fecit ;  falsch  aber  ist:  ego  hanc  rem  ita 
esse  sciens  neglexi,  in  der  Bedeutung:  da  ich  wusste,dass dem  so  wäre, 
achtete  ich  es  ?iicht,  für  quam  rem  ita  esse  cum  scire?n,  neglesi. 

Sciefiter  ist  in  der  Bedeut.  wissentlich  vielleicht  N.  L.,  da  es  Kl. 
nur  geschickt,  kunstfertig  bedeutet;  in  jener  Bedent.  brauche  man  nur 
scie?is,  und  sage  also  nicht:  hoc  scienter  feci,  das  habe  ich  wissentlich, 
mit  iVissen  gethan,  sondern  sciens. 

ScieJitia  ist  bei  den  Alten  das  Wissen  oder  unser  Wissenschaft  als 
Kunde  und  Kenntniss,  wie  wenn  wir  sagen:  er  hat  davon  keine  Wis- 
senschaft, d.  h.  er  weiss  davon  Nichts,  kennt  es  7iicht;  es  bedeutet  daher 
im  allgemeinen  Sinne,  ohne  einen  Ge?iit.  dessen,  worauf  das  Wissen 
sich  beschränkt,  die  Summe  alles  dessen,  ivas  man  weiss,  die  Kennt- 
nisse im  Allgemeinen,  wie  bei  Cic.  (Acad.  II,  2,  4) :  Antiochus  ingenio 
scientiaque  putatur  excellere,  d.  h.  an  Geist.,  Verstand  und  Kennt- 
nissen. In  dieser  allgemeinen  Bedeut.  kommt  es  nur  im  SinguL,  nicht 
im  Plur.  vor,  da  scientia —  die  Kenntnisse  bedeutet.  Jedoch  kann  der 
Plur.  auch  dann  wohl  Statt  linden,  wenn  er  mit  andern  Pluralen  ver- 
bunden wird,  wie  dies  vielleicht  in  Cic.  Cato  21,  78  anzunehmen  ist, 
•wo  es  heisst:  tot  artes,  tot  oder  tantae  scientiae,  tot  inventa,  worunter 
nach  der  ersten  Lesart  so  vielerlei  Kenntnisse,  nach  der  zweiten  so 
grosse  Kenntnisse  mancherlei  Art  zu  verstehen  sind,  obgleich  Andere 
tantae  scie?itiae  als  Genit.  mit  artes  verbinden.  Vgl.  zu  jener  Stelle 
Gernhard,  Schütz,  Klotz  u.  A.  Und  so  braucht  den  Plur.  auch  Vitruv. 
mehrmals,  z.  B.  L.  111,  praef.  disciplinarum  scientiae,  wegen  des  Plur. 
disciplinarum  und  scientias  arti/lcioru/n.  —  Es  wird  aber  durch  einen 
beigesetzten  Genit.  des  Gegenstandes  des  Wissefis  die  Kenntniss  oder 
das  Wissen  auf  diesen  Gegenstand  beschränkt;  z.  B.  scie?itia  juris y 
medicinae,  rei  militaris,  picturae  u.  dgl.,  Kenntniss  vom  Rechte,  Rechls- 
kunde,  Jurist.  Kenntnisse ;  von  der  Medicin,  medicinische  Kenntnisse; 
vom  Kriegswesen,  militär.  Kenntnisse ;  von  der  Malerei.  So  sagt  Sulpic. 
(Cic.  Farn.  IV,  5,  5)  :  qui  profitentur  tenere  se  medicinae  scientiam, 
welche  vorgeben,  sie  besässen  Ke?mtnisse  von  der  Medicin;  und  so 
steht  bei  Cic.  (Fam.  IV,  3,  2) :  tuae  scientiae  (neml.  juris)  dem  meae 
arii  (neml.  orotoriae)  entgegen.  —  Nie  aber  bedeutet  scientia  allge- 
mein, ohne  Beziehung  auf  das  Wissen  einer  Person,  eine  Wissenschaft 
als  ein  systematisches  Ganzes  von  Lehrsätzen,  Vorschriften  und  Re- 
geln, wie  die  des  Rechtes,  der  Medicin,  der  Theologie  i..  s.  w.,  wo  wir 
statt  Wissenschaft  auch  oft  Kunst  sagen,  z.  B.  Arzneikunst,  Kriegs- 


709 

kunst,  und  wo  auch  die  Lateiner  oft  ars  anwendeten.  Daher  js:ibt  es 
wohl  in  diesem  Sinne  hei  den  Alten  artes,  aber  niclit  scientiae,  nnd 
unlateinisch  ist,  wie  vielleicht  Heusinger  (Emendd.  p.  428)  zuerst 
bemerkt  liat,  was  im  N.  L.  auch  von  den  Besten  gesagt  worden  ist 
und  immer  noch  gesagt  wird:  artes  ac  scientiae,  Künste  und  IVissen- 
schoften;  academia  scientiarum,  societas  scientinr?/m,  eine  gelehrte 
Gesellschaft;  amat  stientins,  studiosus  est  scieTttiarum,  patronvs  est 
scientiarum,  omne  sc.ientiarum  genus,  sanctissinia  scientiarrnn  theologia 
und  Anderes  dergleichen.  Eine  Wissenschaft  in  diesem  Sinne  ist  do- 
ctrina,  disciplina  oder  ars,  7,.  IJ.  die  Rechtswisse?isckaft,  doctrina  juris; 
die  fFissenschaften,  aoctrifiae,  disciplinae,  optimae^  artes,  auch  in  ganz 
allgemeinem  Sinne  litfcrae,  und  etwas  beschränkter  litterae  optiinae; 
nie  aber  kann  gesagt  werden:  hae,  illae,  reliquae  u.  dgl.  litterae,  fiir 
artes,  disciplinae,  doctrinae.  Und  so  verbindet  auch  Cic.  (Rep.  11,  J9, 
34)  disciplinae  et  artes.  —  Schöne  IVissenschafteji  sind  bonae,  inge- 
nuae,  honestae  (Cic.  Brut.  59,  213)  artes,  welchen  die  artes  sordidae 
entgegenstehen. —  Wenn  daher  Paulin.  a  S.  Josepho  von  der  Medicin 
sagt:  qni  sese  ad  Studium,  tarn  arduae  scientiae  dant,  so  hätte  ei'  bes- 
ser disciplinae  sagen  müssen,  denn  das  Jfissen  kann  nicht  ardua  heis- 
sen,  und  hataucli  kein  Studium;  richtig  aber  folgt  hernach:  ?ina  cum 
scieittia  (zugleich  tnit  dem  Wisse?/,  mit  den  Ke?mtnisseii)  praeclari 
mores  co7iju?igendi  sunt.  Mehr  darüber  findet  sich  in  Vavass.  Antib. 
p.  559.  Heusing.  Emendd.  p.  428.  Frotsch.  z.  Muret.  Oper.  T.  I,  p.ll7. 
Ruhnk.  z.  Mureti  Oper.  T.  11,  p.  577.  Ausleger  z.  Cic.  Ca}o2l.  Jen.  L.  Z. 
1822.  St.  53.  Weber's  Uebungssch.  p.  41.  42.  Klotz  Sintenis  p.  68. 
Hand's  Lehrb.  p.  355  u.  1G6.  üöderiein's  Synonym.  Th.  V,  p.  2G5  u. 
Reisig's  Vorles.  p.  133. 

Scie?ifißcus  und  als  AAv.  scienlißce,  wissenschaftlich,  sind  iV.  X.  und 
müssen  anders  ausgedrückt  werden;  z.  B.  wissenschaftliche  Bildung 
(Cultur,  Ken7it?iisse),  eruditio  et  doctrina;  auch  blos  litterae  (Cic.  Kose. 
Am.  41,  120)  ;  wissenschaftliche  Beschäftigungen,  studia  optima  (Cic. 
Fam.  VI,  10,  4),  bonarum  artium  studia  (Vatin.  3,  8)  ;  wissenschaft- 
licher Eifer,  Studium  litterarum  (Sest.  51,110)  ;  tiefe  wissenschaftliche 
Kenntnisse,  litterae  interiores  et  reconditae  (Brut.  76,  2o5)  ;  ivissen- 
schaftlich  gebildet,  litter is  eruditus ;  sehr  tvenige  wissenschaftliche  Kennt- 
nisse haben,  litterarum  nihil  admodum  scire  (Br.  58,  210)  ;  Etwas  wis- 
senschaftlich behandeln,  aliquid  in  artem  redigere,  wie  ein  Buch  Cicero's 
den  Titel  hatte:  de  jure  civili  in  artem  redigendo,  über  die  irissenschaft- 
liihe  Behandlung  (  Bearbeitung)  des  bürgerlichen  Rechtes  oder  wie 
das  bürgert.  Recht  Wissenschaft  (ich  zu  bsha?ideln  oder  in  ein  System 
zu  bringen  sei, —  und  so  verfahre  man  bei  ähnlichen  Ausdrücken. 

Scilicet  ist  meistens  unser  freilich,  natürlich,  versteht  sich,  oder 
macht  auf  etwas  Wichtiges,  was  nachfolgt,  aufmerksam;  aber  es  kann 
nicht,  wie  im  N.  L.,  bei  näherer  Anga!)e  der  vorher  nur  allgemein 
angegebenen  Personen  oder  Sachen  gebraucht  werden,  wo  wir  näm- 
lich vorsetzen;  z.  B.  es  gibt  in  der  That  eine  Seelenheilkunde ^  nämlich 
die  Philosophie,  animi  medicina,  philosophia,  nicht  scilicet  philosopkia ; 
es  gil)t  vier  Ttigenden,  nämlich  die  Klugheit  — ,  quatuor  virtutes,  pru~ 
dentin  — ,  nicht  scilicet  prudentia.  Eben  so  wenig  wird  es  gebraucht, 
um  anzugeben,  dass  ein  Wort  aufgelassen  se?,  also  bei  Ellipsen,  in  der 
Bedeut.   ergänze,  de?ike  dabei,  wo   scilicet  sehr  gewöhnlich  ist,  für 


710 

audi.  —  üebrJgens  wird  da,  wo  nämlicJi  so  viel  ist  als  ich  meine,  nicht 
eelten  dico  gebraucht;  z.B.  zu  den  Tugenden,  welche  bekannt  nnd  aus- 
gezeichnet sind,  nämlich  Gerechtigkeit,  Massigkeit  — ,  justitiam  dico, 
temperantiam  —  (Cic.  Fin,  IV,  2,  4).  Vgl.  noch  ii!)er  diese  Partikel 
Weber's  Uebiingssch.  p.  512.  Iland's  Lelirb.  p.  230.  Stiiremb.  Cic. 
Arch.  p.  69.  JMadvig  Cic.  Fin.  p.  618.  Reisig's  Vorles.  p.  466.  GrauflF 
zu  Biinell.  Epist.  p.  713  und  oben  unter  Netnpe. 

Scinne,  tveisst  du?  —  vgl.  Scire. 

Scio/us,  der  Halbwisser,  Ueberkhige,  ist  Sp.  L.  und  sehr  seJteii, 
wird  aber  im  N.  L.  oft  gebraucht,  für  semidoctus,  leviter  eruditus 
oder  ernditulus  (bei  Catull.).  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  343. 

Scire.  Bekannt  ist,  dass  für  scisne,  weisst  du?  weisst  du  ?iicht? snc\\ 
sein''  gesagt  wird,  aber  N.  L.  und  unerweislich  ist  scinne  in  dieser 
Bedeut.,  was  Gesner  in  seinem  latein.  Lucian.  häufig  braucht.  — 
Nicht  wissen  hiess  in  der  bessern  Schriftsprache  nescire,  nicht  non 
scire;  wenigstens  sagt  Cic.  (Orat.  47,  157):  non  scire  barbarum  jam 
videtur,  ?iescire  dulcius.  Daher  braucht  er  auch  nie  7W7i  scio,  sondern 
nescio  oder  haud  scio.  —  Fi/r  gewiss  wissen  heisst  certnvi  oder  pro 
certo  scire  —  und  so  ähnliche.  Vgl.  oben  Pro.  —  Weisst  du  was? 
wenn  man  Etwas  lebhaft  erzählen  wiJI,  heisst  nicht  scisfie  (sein')  aliquid 
oder  quid?  sondern  narro  tibi  (Cic.  Farn.  XI,  24, 1.  Att.  XV,  21, 1).  — 
Unser  gewöhnliches  tvohl  ivissen  heisst  nicht  bene  scire,  sondern  probe 
scire,  non  ignorare,  non  esse  nescium;  denn  bene,  melius,  optime  scire 
heisst  Etwas  gut,  besser,  am  besten  verstehen;  besser  wisse7i  heisst 
magis  scire;  am  besten  wissen,  maxime  scire  (Cic.  Rep.  19  etiamsi 
maaime  sciemus,  auch  wenn  tvir  es  am  besten  wissen  werden,  die  beste 
Äenntniss  davon  haben  werden).  Ueber  melius  scis,  für  magis  scis,  bei 
Bunell.  (Epist.  4)  vgl.  Grauff  zu  dieser  Stelle.  —  N.  L.  ist  memoriter 
aliquid  scire,  Etwas  auswendig  wisseji  (vgl.  Memoria) ;  ferner:  gratiam 
alicui  scire,  Einem  Bank  wissen,  für  grat.  habere  (vgl.  Gratia) ;  — 
adhuc  scire,  noch  wissen,  für  memoria  teuere;  also  ich  weiss  noch, 
memoria  teneo  (Cic.  Fam.  VII,  3,  1  quin  ipsum  diera  memoria  tento) ; 
weisst  du  noch?  tenesne  memoria?  (Cic.  Vatin.  5).  —  Ich  weiss  Nichts 
zu  schreiben,  ich  weiss  nicht,  was  ich  schreiben  soll  heisst  nihil  habeo, 
quod  scribam  oder  ?ion  habeo,  quid  scribam ;  ich  weiss  keine?i  Rath  %u 
geben,  non  habeo,  quid  consilii  dem  (Cic.  Fam.  XII,  3, 1), —  und  so  passt 
in  manchen  Redensarten  das  Verbum  scire  nicht.  Auch  bemerkt  We- 
ber (Uebungssch.  p.  53),  dass,  wenn  wissen  auf  Intelligenz  gehe, 
nosse  oder  callere,  wenn  es  auf  eine  That  gehe,  posse,  audere,  auch 
studere  und  id  agere  gesetzt  werde,  und  dass  es  in  einigen  Redens- 
arten ganz  wegbleiben  könne.  Von  der  Art  sind  z.  B.:  er  will  dieses  voji 
mir  gethan  wissen,  hoc  a  me  factum  vult;  darunter  will  ich  verstanden 
wissen,  hoc  intelligi  volo  (Cic.  Tnsc.  IV,  8,  18();  das  will  ich  so  ver- 
standen wissen,  haec  sie  accipi  volo  (Plin.  Epist.  II,  5)  ;  sie  wollen  sich 
Praetoren  genannt  wissen,  hi  se  praetores  appellari  volunt  (Cic.  Rull. 
II,  34,  93).  Vgl.  Zumpt's  Gramm.  §.  610.  —  In  Redensarten,  wie:  ich 
weiss  ihn  mit  Niemanden  zu  vergleichen,  folgt  nicht  der  Infinit.-  man 
sage  also  nicht:  eum  cum  nemine  cornparare  scio,  noch  nescio  eum  cum. 
quoquam  comp.,  sondern  quem  ei  compnrem  nescio,  oder  quem  cui 
compnrem  neminem  novi.  —  Wenn  so  trisse  nach  einem  Satze  mit  damit 
(ut),  damit  nicht  (ne)  und  was  das  anbetrifft,  dass  (quod)  folgt,  so  wird 


711 

sehr  selten  scito  g'esa^t,  sondern  gewöhnlich  bleibt  dieses  aus,  indem 
unmittelbar  der  Hauptsatz  in  seiner  Form  als  Hauptsatz  folgt.  Vgl.  Cic. 
Farn.  I,  7,  11;  9,  23:  III,  5,  5;  V,  12,  9.  Att.  I,  11,  4  —  und  so  noch 
oft.  Wo  scito  vorkommt,  da  ist  die  Verbindung  gewöhnlich  eine 
andere  und  das  Wort  scito  also  passend,  z,  B,  in  Cic.  Att.  I,  11,  2. 
Fam.  I.  9,  24.  Auch  findet  sich  dafür,  aber  selten,  dico  (so  sage  ich), 
z.  B.  in  Cic.  Manil.  8,  20.  —  Endlich  ist  es  streitig,  ob  nach  hatid  scio 
oder  nescio  an  in  der  Bedeut.  vielleicht  wohl  eine  Negation  folge  oder 
nicht  (also  ullus,  qidsquam^  unqtiam  oder  nu/lus,  nemo,  numquam),  und 
nach  vielen  von  Gernhard,  Matthiae  und  Beier  geführten  Streitigkei- 
ten behauptet  man  jetzt  anders,  als  vorher,  dass  die  Fron.  uUus,  quis- 
quam  richtig  seien  und  dem  Zusammenhange  nach  negativen  Sinn 
hätten,  so  dass  haud  scio,  an  uf(a  aetas  beatior  possit  esse  bedeute: 
vielleicht  möchte  wohl  kein  Alter  gliicklicher  sein  (Cic.  Cato  16,  5(5), 
wo  nicht  nulla  zn  schreiben  wäre;  und  vielleicht  möchte  wohl  nichts 
Besseres  den  Menschen  gegeben  sein  heisse  hand  scio,  an  quidqnom  — 
(Cic.  Lael.  6).  Vgl.  Klotz  z,  Cic.  Lael.  p.  123.  Weitläufig  handeln  da- 
von Ochsner  z.  Eclog.  Cic.  p.  191.  Kraft  z.  Elog.  Ilemst.  p.  307 — 312. 
W  eber's  Uebungssch.  p.  527.  Antn.  z.  3Iureti  Oper.  T,  I,  p.  277  u. 
420.  Handii  Tursell.  T.  I,  p.  310  und  Reisig's  Vorles.  p.  475. 

Scirpus.  Das  Sprüchwort  nodum  in  scripo  qtiaerere,  in  der  Bedeut. 
Schwierigkeiten  finden,  wo  keine  sind,  kommt  zwar  nur  bei  Plaut,  und 
Terenz,  nirgends  bei  Spätem  vor,  ist  aber  doch  zulässig,  wenn  nur 
ut  ajnnt  oder  ut  est  in  proverbio  dabei  steht,  da  es  ein  Sprüchwort  ist. 

Sciscere,  genehmigen,  billigen,  wird  nur  von  Gesetzen  und  öffent- 
lichen Vorschlägen,  welche  von  einem  ganzen  Collegium  gebilligt  wer- 
den, gesagt,  nicht  von  Privatmeinungen,  für  welche  ^/•oÄa/'e  und  ähn- 
liche Verba  passen.  \gl.  Hand's  Lehrb.  p.  239. 

Scitari,  forschen,  nachforschen  u.  dgl.,  ist  wohl  nur  P.  L.  für  das 
gewöhnliche  sciscitari. 

Seins  (wovon  jiescius  und  inscius  abgeleitet  sind),  kundig,  wissend, 
ist  nur  A.  und  Sp.  L.  für  sciens,  gnarus,  perilus. 

Scomma,  Schimpfwort,  ist  sehr  Sp.  L.  für  convitium,  maledictum, 
und  in  der  Bedeut.  Spötterei,  Neckerei  für  dicterium,  facete,  acute, 
lepide  dictum.  Vgl.  Dicterium. 

Scopa  bedeutet  im  Sing,  nur  ein  einzelnes  Reis,  einen  einzelnen 
Zweig;  im  Flur,  aber  mehrere  zu  einem  Besen  verbundene  Keiser; 
daher  heisst  der  Besen  nur  scopae,  und  der  Ideine  Besen  —  scopulae. 

Scopus  (scopos)  kommt  nur  einmal  bei  Sueton.  in  der  eigentlichen 
Bedeutung  Ziel  für  etwas  aus  der  Ferne  Geworfenes  vor.  für  meta, 
nie  aber  in  der  bildlichen  Bedeut.  unseres  Wortes  Ziel,  Zweck,  Ab- 
sicht, mag  es  auch  Cicero  (Att.  VIII,  11,  2),  aber  griechisch,  so  ge- 
braucht haben.  Im  A'.  L.  findet  es  sich  sehr  oft  in  jener  Bedeutung, 
für  con>>ilium,  me?iH,  propositian,  fmis,  und  umschrieben  mit  spectare, 
sequi,  id  agere  u.dgl.,  und  wenngleich  Muret.  (Oper.  T.  11,  p.  813 
ed.  Ruhnk.)  vorsichtig  velut  davor  setzte:  hujus poematis  veluti scopus, 
so  bemerkt  doch  Ruhnken :  Melius  est  latinum  consilium  \el  propo- 
silum.  —  A'^.  L.  ist  auch  scopum  ferire,  das  Ziel  treffen,  für  das  ein- 
fache collineare. 

Scorpius,  der  Scorpion  u.  dgl.,  ist  nur  P.  L.  Form  für  die  pro- 
saische scorpio. 


712 

Scriba  ist  bei  den  Alten  nicht  der  Abschreiber,  sondern  der,  wel- 
clier  etwas  Gesagtes  niederschreibt.  Solche  hatten  auch  die  Römer 
bei  ihren  Versammlungen,  und  sie  fertigten  auch  nachher  die  Urkun- 
den und  Protokolle  aus,  ähnlich  unsern  Secrelären.  Die  gewöhnlichen 
Abschreiber  einer  Schrift  sind  librarii,  welche  bei  Cicero  oft  vor- 
kommen, und  deren  er  selbst  einige  in  seinem  Hause  als  Sklaven  hatte. 
Vgl.  Cic.  Farn.  XVI,  22,  1.  Att.  XII,  14,  3;  ausserdem  noch  Rull.  II, 
5,  13,  und  unterschieden  werden  beide  ib.  II,  13,  32.  Im  iV.  L.  ver- 
wechselt man  beide,  und  nennt,  besonders  oft  in  den  Anmerkungen, 
fälschlich  den  librarhis  —  scriba. 

Scribere.  Man  verwirft  litteros  scribere  in  der  Bedeut.  Buchstabe?i 
schreibe/f, und  will  dafür  sagen  pingere  /«^ferös,  wiewohl  gerade  dieses 
vielleicht  nicht  vorkommt,  jenes  aber  erweislich  ist,  indem  z.  B. 
Quintilian.  (Inst.  I,  2)  sagt;  pueri  scribentis  manum  manu  —  regere, 
wo  vom  ersten  Schreiben  der  Buchstabe?!  die  Rede  ist;  auch  ander- 
wärts findet  sich  littera  scribitur,  litter ae  scribuntur.  —  N.  L.  aber  ist 
scribere  in  aliqua  lingua,  in  einer  Sprache  schreiben,  für  scrib.  aliqiia 
lingua,  oder  noch  gewöhnlicher  mit  einem  Adverb.,  z.  B.  latirie,  in 
lateinischer  Sprache;  ebenso  graece,  gerfnanice.  Auch  sage  man  nicht; 
aliquid  infra  scribere  in  der  Bedeut.  Etwas  unterschreiben,  sondern 
subscribere.  Vgl.  Infra.  —  Wo  wir  sagen;  Etwas  schriftlich  aufsetzen, 
passt  mandare  litteris,  und  Etwas  schriftlich  zu  erhalten  suchen  heisst 
aliquid  litteris  custodire  (Cic.  Orat.  11,2, 7). —  N.L.  ist  endlich  aliquid 
in  aliquam  rem,  z.  B.  in  librum,  in  tabulas  scribere,  für  in  libro,  in 
labulis. 

Scriptitare,  schreibe?!,  hdit  meistens  den  Begriff  des  Häufigen,  wie 
es  die  Form  zeigt,  und  wie  es  klar  liegt  in  Cic.  Att.  VII,  12  haec  et  si 
quid  aliud  ad  nie  scribas  velim  vel  potius  scriptites.  Jedoch  liegt  darin 
nach  Ellendt  (z.  Cic.  Orat.  T.  II,  p.  220)  noch  mehr  das  Schreiben  in 
Müsse  und  zu  eigner  Beschäftigung,  nicht  das  Schreiben  dessen,  was 
Amt  und  Pflicht  fordert. 

Scriplio,  das  Schreiben,  hat  im  N.  L.  die  Bedeut.  eine  Schrift,  und 
wird  besonders  von  kleinen  Schriften  gebraucht,  für  libellus,  disputatio, 
liber ;  aber  diese  Bedeut.  ist  ganz  unerweislich,  da  es  bei  den  Alten 
nur  die  Handlung  des  Schreibe?is  oder  die  schriftliche  Darstelhing  und 
Abfassufig  bedeutet,  nie  aber  eine  Schrift,  eine?i  Aufsatz,  eine  Ab- 
handlung im  concreten  Sinne;  und  wenn  Cic.  (Tusc.  V,  41)  sagt;  ad 
philosophiae  scriptionem,  so  heisst  dies  nicht;  zu  ei?ier  philosophischen 
Schrift,  sondern  zu  schriftlicher  Beschäftigung  mit  der  Philosophie. 
Vgl.  Klotz  zu  dieser  Stelle. 

Scriptor  ist  in  der  gewöhnlichen  Bedeutung  Schreiber,  als  Gegen- 
satz von  lector,  der  Leser,  Vorleser,  KL,  kommt  aber  nur  selten  als 
Benennung  der  Abschreiber  vor;  diese  hiessen  librarii.  Vgl.  Scriba. — 
Rl.  bedeutet  scriptor  meistens  Schriftsteller. 

Scriptum  ist  in  der  Bedeut.  Brief,  wie  wir  sagen  e^V^  Schreiben,  ohne 
Auctorität  und  nur  N.  L.,  für  epistola,litterae.  Eben  so  wenig  bedeutet 
es  die  Schrift  in  Bezug  auf  die  Buchstaben;  z.  B.  die  Schiift  ist  schön, 
leserlich^  nicht  scriptum,  sondern  litterar  um  formae  oder  ßgurae.  Es 
bedeutet  nur  eine  Schrift  als  Geistes-,  nicht  als  Händewerk,  und  ist 
daher  gleich  liber,  libellus  u.  a. 

Scriptura  h(ideu{e.l  fast  dasselbe,  was  scr/);//o,  ne.m\\c\\  das  Schrei- 


713 

be7i  als  Ilamllung  (Cic.  Orat.  I,  33, 150)  ;  aber  höchst  selten  und  niclit 
iiachzübrauchen  ist  es  in  der  Bedeiit.  Schrift  oder  Schrifüverk,  für 
scn'ptutn.  Über,  libellus  u.  a.  Ganz  Sp.  L.  uird  besonders  die  heilige 
Schrift  oder  die  Bibel  theils  scjipturae  sanctae  oder  sacrae,  theils, 
was  noch  anffallender  ist,  als  Collectiv.  im  Sing.,  scriptura  sancta  ge- 
nannt^ sogar  einigemal  von  Lactanz.  Vgl.  Biblia. 

Scrutator  ist  erst  N.  Kl.  und  kommt  nur  in  der  gewöhnlichen  Bed. 
Durchsucher  vor,  nie  aber  in  bildliclier,  von  einem  geistigen,  wissen- 
schafdicheii  Forscher ;  dafür  setze  man  itivestigator.  Ebenso  heisst  auch 
die  Forschung,  ISachforschimg  nicht  scrutatio,  sondern  exploratio, 
investigatio,  inquisitio;  noch  weniger  scrutinium,  was  Sp.  L.  ist. 

Sculplor,  oder  nach  Andern  scalptor,  findet  sich  erst  N.  KL  beim 
altern  Plinius  in  der  Bedeut.  Bildhauer,  Steinschneider,  iürßctor,  qui 
Signa  fahr icatur ;  doch  ist  es  nicht  zu  verwerfen.  Die  Arbeit  selbst 
hiess  davon  scuJpiura,  welches  auch  Quintilian.  braucht.  Aber  N.  L. 
ist  das  Adject.  sculptorius,  den  Bildhauer  und  sei?ie  Kunst  betreffend. 
Falsch  haben  daher  die  neuern  Archaeologen  die  Bildhauerkunst  — 
ars  sculptoria  genannt;  Cicero  nennt  sie  ars fingendi,  signa  fabricandi, 
und  der  ältere  Plinius  ars  statuaria. 

Scylha  ist,  wie  Persa,  keine  Kl.  Form ;  Kl.  sind  die  Formen  Scythes 
(Cic.  Tusc.  V,  32,  90)  und  Perses  (Rep.  I,  27). 

Se,  sich,  bei  Verben,  in  Verbindung  mit  inter,  ist  N.  L.;  vgl,  Inter. 

Secare  ist  in  der  bildlichen  Bedeut.  durchschneiden,  durchlaufen, 
z.  B.  mare,  aethera  und  ebenso  viam,  einefi  ff  eg,  nur  P.  L.;  wenn 
aber  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  403)  sagt:  medium  secare,  in  der  Bedeut. 
die  Mittelsirasse  ivähle7i,  —  einhalten,  in  der  Mitte  bleibe?!,  so  möchte 
dies  ohne  alte  Auctorität  sein,  für  medium,  mediam  viam  oder  medium 
quendam  cursum  teuere. 

Secretarius  kommt  nur  als  Neutr.,  secretarium,  \u  der  Bedeut.  der 
geheime,  stille,  einsame  Ort,  Sp.  L.  vor,  für  locus  secretns  oder  das 
N.  Kl.  secretum;  nirgends  aber  findet  sich  das  Masc.  und  Femin.  — 
Erst  im  3Iittel-Latein  wurde  secretarius  Titel  von  Beamten,  welche 
Gekeimschreiber  oder  Secretäre  ihrer  Obern  waren.  Als  noch  jetzt 
bestehender  Titel  kann  das  Wort  heutzutage  nicht  entbehrt  werden, 
wenn  nicht  blos  ein  amtlicher  Schreiber,  ein  scriba,  oder  gar  ein  ge- 
wöhnliclier  Abschreiber,  librarius,  damit  gemeint  ist. 

Secrete  und  secretim ,  geheim,  besonders,  sind  Sp.  L.  Formen  für 
secreto. 

Secta,  die  Sekte,  der  Anhang,  die  Parthei,  hätte  nicht  von  Einigen 
bezweifelt  werden  sollen,  da  es  \oti  Jeder  Sekte,  in  welcher  Wissen- 
schaft und  von  welcher  Art  sie  auch  sei,  sogar  von  einer  Parthei  im 
Staate  (wie  bei  Cic.  Farn.  XIII,  4,  2  von  der  Parthei  Caesar's)  ge- 
braucht wird.  Sonst  setzen  die  Pliilosophen  dafür  auch  schola  (Cic. 
Orat.  1, 13,  56  u.  a.)  und  disciplina  (Tusc.  IV,  4,  7.  N.  D.  I,  7.  Fin.  I, 
4,  12).  Ebenso  sind  auch  sectari,  anhangen,  Anhänger  sein,  und  se- 
ctator,  der  Anhänger,  Schüler,  in  Beziehung  auf  Philosophen  und  Ge- 
lehrte, obwohl  erst  N.  Kl.  und  selten,  doch  nicht  zu  verwerfen,  wie 
dies  auch  mit  assectari  und  assectator  der  Fall  ist.  Vgl.  diese  beiden 
Wörter. 

Sectarius  kommt  adjectiv.  nur  bei  Plautus  in  der  Bedeut.  rer- 
svhnilien  vor,  und  ist  also  von  secare  abzuleiten.  Im  N.  L.  aber  ist  e« 


714 

Siibst.,  in  der  Bedeut.  SekU'rer,  der  einer  eignen  Parthei  und  Sekte 
folgt,  ein  Andersmeinender ,  ein  Ketzer;  neben  dem  theologisclien 
haereticus  ist  es  unnöthig. 

Sectio  kommt  in  der  Bedeut.  Abschnitt,  Abtheilung,  Theil,  beson- 
ders in  Büchern  und  Scliriften,  nirgends  vor,  wiewohl  es  im  N.L.  ganz 
gewöhnlich  ist,  für  pars ;  doch  kann  es  bei  vielen  Unterabtlieihingen 
als  neues  Kunstwort  kaum  entbehrt  und  nicht  wohl  anders  ausge- 
drückt werden. 

Seculnm ;  vgl.  Saeculum. 

Seeundare ,  begünstigen ,  beglücken,  ist  P.  L.  und  kommt  A^.  Kl. 
nur  bei  Tacilus  vor:  ventus  secuvdat,  wie  man  ventus  secundus,  der 
nachfolgende,  gÜ7istige  Wind,  sagt.  Man  brauche  da£ür  favere ,  for- 
tunnre,  prosperare. 

Secunduin  (örtlich)  bedeut.  ztinächst  oder  tmmittelbar  nach,  und 
ist  gleich  proxime,  womit  es  bisweilen  auch  verbunden  wird  ,  z.  B.  bei 
Cic.  (Off'.  II,  3,  li):  proxiine  autem  et  secundnm  deos,  zu?iächst  nach 
den  Göttern:  —  dadurch  unterscheidet  es  sich  von  dem  allgemeinern 
post,  nach.  \gi.  Weber's  Uebungssch.  p.  80  und  Reisig's  Vorles.  p.731. 

—  In  der  Bedeut.  nach,  gemäss,  znfolge  steht  es  [)esonder8  dann,  wenn 
man  dem,  was  im  Accus,  dabei  steht,  folgt,  und  es  zu  seiner  Richt- 
schnur macht;  z.  B.  secundnm  naturam  vivere ;  auch  facere  aliqvid 
secunduni  legem  (Liv.  I,  26,  5)  oder  leges.  neben  ex  lege,  ex  legibus. 
Vgl.  Ilandii  Turselün.  T.  II,  p.  651.  —  Man  merke  einige  Redensarten, 
wo  secunduin  nicht  zu  brauchen  ist;  z.  B.  nach  IFujisch,  ex  sententia; 
nach  Jemandes  Meinung  oder  Rath,  de  alicujus  sententia,  consilio; 
nach  meiner  Gewohnheit,  ex  oder  pro  mea  consuetudine ;  nach  seiner 
Milde,  pro  ejus  dementia,  qtiae  ejus  est  dementia,  qua  est  dementia  ; 
nach  Jemandes  JVillen  Ktwus  thun ,  ad,  alicujus  urbitriuni ;  sich  nach 
der  Zeit,  nach  den  Zeittimständen  richten,  tempori servire  oder  cedere. 

—  ÄL  L.  ist  es  vielleiclit,  secnndum  bei  Eintheilungen  und  Aufzäh- 
lungen als  Adverb.,  für  unser  ziveitens  zu  brauchen  ,^wo  meisJcns 
deinde  stellen  muss.  Vgl.  Dietrich  Sintenis  p.  94. 

Secundus,  der  Zweite,  bezieht  sich  fast  nur  auf  die  Reiher/folge, 
bezeichnet  den  oder  das  dem  Ersten  Nächste,  \i\n\  ist  s^\e\c\\  proximiis, 
wogegen  gleicher  Rang  in  dem  Pron.  alter  liegt.  Daher  heisst  der 
Nächste  an  Etwas,  secundus  ad  aliquem  oder  ad  aliqiiid,  z.  B.  se- 
cundus ad  regium  priucipatum,  der  Nächste  an  der  königlichen  Herr- 
schaft (Cic.  Fin.  III,  16,62).  —  Da  secundus  dem  primus  folgt,  so 
steht  es  nicht  in  Verbindung  mit  ?/w?/s  oder  alter;  man  sage  also  nicht: 
tmus  et  secundus,  auch  nicht  alter,  secundus,  sondern  unus  et  alter ; 
alter,  alter.  —  Wo  Gleichheit,  gleicher  Rang  bezeichnet  werden  soll, 
da  passt  nicht  secundus,  sondern  alter;  daher  heisst:  Coriolan,  ein 
zweiter  Themistodes,  alter  Themistodes  (Cic.  Brut.  11,  43);  Hnmilcar, 
ein  zueiter  oder  ein  anderer  Mars,  alter  Mars  (Liv.  XXI,  10,  8)  :  Ci- 
cero, ein  zweiter,  ei?i  anderer  Demosthenes,  alter  Dem.;  und  so  auch: 
ich  liebe  ihn,  wie  einen  zweiten  Bruder,  nt  altermn  fratrem  (Cic.  Farn. 
XIII,  1,  5);  er  ist  mein  zweites,  mein  anderes  Jch,  alter  ego  (vgl.  Ego); 

—  hier  passt  überall  nicht  sectmdus.  —  Dagegen  sind  secundus  und 
o/fer  gleich  gut  in  der  Redensart:  er  ist  der  Erste  oder  der  Zweite 
?iach  jenem,  secundus  ab  illo  oder  alter  ab  illo.  —  Vgl.  Anm.  z.  Muret. 
Oper.  r.  1,  p.  536.  —  Bei  Aufzählung  von  Dingen,  z.B.  von  Briefen,  die 


7J5 

man  geschickt  oder  erhalten  hat,  wird  aber  fast  nur  alter,  selten  se- 
cijjidus  gebraucht;  vgl.  Cic.  Att,  111,  15,  1,  wo  alterae  (litterae)  den 
prioribus  entgegengesetzt  sind;  ib.  IV,  2,  2.  Q.  fr.  11,15,  1,  —  und 
bei  mehrern:  luia,  altera,  tertia — .  Es  erivartet  uns  ein  anderes, 
zweites,  neues  Leben  heisst  altera  vita,  nicht  secunda  (Cic.  Att.  IV, 
1.  8).  —  Endlich  alle  zwei  Tage,  d.  h.  an  jedem  zweiten  Tage,  heisst 
altera  quoqae  die,  nicht  secundo;  zum  zweitenmal,  nicht  secundum  oder 
secmido,  sondern  iterum;  z.  B.  zum  zweitenmal  Consul,  Consul  Herum. 
Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  130. 

Secf/rt/s ,  sorgenlos ,  unbekümmert ;  —  utn  Jemanden,  um  Etwas 
wird  Ä7.  durch  de,  seltner  durch  a,  N.  KL  durch  pro  oder  den  Geuit. 
ausgedrückt.  Vgl.  Quinlil.  VIII,  3,  51.  Plin.  Paneg.  18,  2.  —  Das  davon 
abgeleitete  Adv.  heisst  secure ;  doch  wird  dafür  mehr  das  Adject.  ge- 
braucht: N.  L.  ist  secnriter. 

Sems,  ein  neutrales  Subst.,  das  Geschlecht,  ist  nur  im  Accus,  üb- 
lich, verbunden  mit  virile  oder  muliebre,  statt  des  Genit.  virilis,  mu- 
liebris  sexus,  männlichen,  weiblichen  Geschlechtes ;  doch  findet  es  sich 
nur  bei  den  Historikern,  und  werde  daher  auch  nur  so  angewandt. 
Vgl.  die  Ausleg.  zu  Sueton.  Octav.  44. 

Secus,  als  Praepos.  mit  dem  Accus.,  neben,  für  juxta,  secundum, 
kommt  nur  sehr  selten  vor,  und  gehörte  zur  Volkssprache. 

Secus,  als  Adv.,  anders.  Das  folg.  als  wird  theils  durch  qiiam,i\\e\\^ 
durch  atque  (ac)  übersetzt.  Es  hat,  wie  aliter,  nur  Beziehung  auf  et- 
was Gesagtes,  und  deutet  dessen  Gegentheil  an.  In  Gegensätzen  steht 
es  nur  dem  Guten,  nicht  dem  Schlechten  entgegen,  da  es  dem  Sinne 
nach  gleich  male  ist.  —  falsch  ist:  male  an  secj/s,  ob  schlecht  oder  an- 
ders, für  be?ie  oder  recte  an  secus,  und  wenn  daher  Muret.  (Oper. 
T.  11,  p.  487  ed.  Ruhnk.  [Var.  lectt.  XIX,  10])  schrieb  :  id  num  temere  an 
secus  judicem,  so  bemerkt  Ruhnken  richtig  dabei:  Hoc  jure  repre- 
hendit  Vavassor.  Antib.  p.  172  (p.  587  ed.  Lips.);  dicendum  erat  recte 
an  secus.  —  Nicht  besser  ist  das  Beispiel,  welches  Wolf  (Analect.  I, 
p.  490)  anführt:  Abitnrientium  profectus  olim  secus  ac  melius  (anders 
und  besser)  explorabantur.  —  Es  kann  aber  nicht  male  oöerfnlso 
u.  dgl.  ohne  Gegensatz  bedeuten,  und  unlatein.  wäre  daher  z.  B.:  haec 
verba  secus  vertisti,  in  der  Bedeutung  du  hast  sie  schlecht  oder  falsch 
übersetzt. 

Sed,  aber.  —  A^.  L.  ist  sed  si,  wenn  aber,  als  Gegensatz  eines  andern 
Bedingungssatzes,  für  sin,  si7i  autem,  si  vero.  Eben  so  iV.  L.  ist  sed 
nou,  aber  nicht,  wenn  es  nur  nebst  einem  einzelnen  Worte  Beisatz  zu 
einem  bejahenden  Worte  ist,  ohne  dass  es  einen  eignen  Satz  bildet; 
z.  B.  das  ist  durch  meine  Schuld  geschehen  ,  aber  nicht  durch  deine, 
xi\c\\t  sed  71071  ^?/o,  sondern  hlos  non  tua ;  das  sind  naiüiUche  f  er- 
g7iüge7i,  aber  doch  nicht  nothicendige,  —  nee  tamen  7iecessariae,  nicht 
sedta/nen  non  necess.  (Cic.  Fin.  I,  13,  45).  Und  so  heisst  auch  in  sol- 
chen Zusätzen  aber  nicht  so,  aber  nicht  ebejiso,  ?w7i  item,  nicht  sed 
non  ite?n;  z.  B.  die  Hitzige7i  erhole?i  sich  schneller,  aber  nicht  ebenso 
die  Schwachsi7inigen ,  —  hebetes  ?io)i  ite/n  (Cic.  Tusc.  IV,  14,  32). 
Vgl.  Anleit.  §.  581. 

Sede7is,  siize7id,  kann  nur  von  lebe7iden  Wese7i  gesagt  werden,  und 
passt  daher  nicht  in  dem  Alisdru'jke  sitzende  Lebensart;  man  sage  also 
nicht  sedens  vita,   sede7is  vivendi  ratio,   sondern    lieber    sedentnria 


716 

(wie  z.  B.  Coliiraella  die  arbeiten,  welche  sitzend  verrichtet  werdet/,  die 
sitzeJiden  Arbeiten  —  opera  sedefitaria  nennt) ^  oder  man  brauche  sel- 
lularins,  wie  die  Handwerker  heissen,  und  ihre  Künste  artes  sellularine. 

Sedere,  sitzen,  ist  in  der  Bedeutung  wohnen,  seilten  Sitz,  Wohjisitz 
haben  (z.  B.  von  einem  Yolke:  es  sitzt  irgendwo),  obgleich  sedes  im 
Plur.  ff'ohnsitz  bedeutet,  doch  ohne  Auctorität,  für  sedes  habere,  ha- 
bitare,  consedisse.  —  Wichtig  aber  wird  es  gebraucht  von  einem 
Kleide^  welches  gut  oder  schlecht  sitzt,  d.  h.  an  den  Körper  passt; 
Qnintil.  sagt  z.  B.  (XI,  3,  140):  ita  to^a  sedet  metiiis,  und  dem  ähnlich 
Horaz  (Epist.  I,  1,  96)  :  si  toga  dissidet  impar.  —  Auch  ist  es  gut 
und  nicht  zu  vervverfen  in  dem  Ausdrucke  bei  Tische  oder  beim  Essen 
sitzen,  da  die  KL  Wörter  acciimbere  und  acciibnre  nur  für  die  Sitten 
der  attenZeh  passen,  und  daher  nur  dann  richtig  sind,  wenn  von  dieser 
die  Rede  ist. 

Sedes  wird  wohl  nicht  im  Sing.,  sondern  nur  im  Plur.  von  dem 
Wohnsitze  eines  Volkes  gebraucht.  Wir  sagen:  einFolk  hat  seinen  Sitz, 
Wohnsitz,  der  Lateiner  al»er:  sedes  habet;  so  sagt  Caesar  (B.  G.  1,44) 
von  Ariovist  und  seinen  Germanen:  sedes  suas  habet,  und  Liv.  (1,  1,4): 
Aenean  quaerentem  sedes. 

Sedile,  der  Sitz,  Sessel,  ist  mehr  P.  L.  und  N.  KL,  für  sella, 

Sediicere  ist  in  der  Bedeut.  verführen,  zum  Bösen  verleiten  erst 
Sp.  L.  für  corrwnpere .,  indncere,  decipere,  depravare.  —  Kl.  und 
N.  Kl.  bedeutet  es  anf  die  Seite  ziehen,  bei  Seite  führen,  abwendig 
machen,  wie  abalienare ;  so  z.  B.  in  Caes.  B.  C.  I,  7,  1,  wo  sednctum 
heisst  von  ihm  getrennt,  abwendig  gemacht.  —  Eben  so  Sp.  L.  sind 
sedtictio,  die  Verführung,  für  corrnptda,  und  seductor,  der  V  erführ  er, 
für  corruptor.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  snsp.  p.  751  und  Graev.  z.  Cic. 
Fam.  II,  7. 

Seges,  die  Saat,  ist  in  bildlichem  Sinne  (grosse  Menge)  nur  P.  L., 
und  findet  sich  ausserdem  nur  im  N.  L.,  z.  B.  seges  e.rewplor//7n, 
seges  poetarum,  philosophon/m,  und  was  man  meiu'  Gekünsteltes  <ler 
Art  findet,  wie  denn  sogar  irgendwo  steht:  tnm  poetarum  seges  ef- 
florescit. 

Segnitas,  die  Trägheit,  ist  A.  L.  Form  für  segnitia  oder  segnities, 
welche  jedoch  bei  Cicero  nur  einmal  (Orat.  I,  41,  185)  nach  der 
Mehrzahl  der  ijessern  Handschr.  vorkommt. 

Sejugare, trennen,  absondern.,  kommt  KL  bei  Cicero  nur  im  Partie, 
sejjigatus,  vor;  daraus  kann  auf  den  Gebrauch  der  übrigen  Formen 
des  Verbi  nicht  geschlossen  werden,  zumal  da  es  als  Verbum  nur 
Sp.  L.  vorkommt;  besser  sind  sejungere,  separare,  segregare. 

Selectus  als  Subst.,  die  Auswahl.,  ist  N.  L.  für  delectus  oder  selectio. 

Seligere,  wählen,  atiswählen,  ist  zwar  selten,  aber  KL  neben  eti- 
gere  und  deligere.  Wenn  aber  Paul,  a  Joseph.  (Oratt.  p.  164)  sagt: 
seligere  aliquem  ad  magistrum,  Eine?izum  Lehrer  auswählen,  so  ist  ad 
doch  wohl  ein  Druckfehler;  man  sagt  nnr  deligere  aliquem  magistrum. 

Semel,  einmal,  bedeutet  auch  einmal  für  allemal  .für  immer,  z.  B. 
in  der  Redensart  ut  semel  dicam ;  man  setze  also  Nichts  weiter  hinzu. 
Vgl.  Quintil.  Inst.  X,  1,  17.  Matlhiae  z.  Cic.  Dejot.  3,  9  und  Webers 
Uebungssch.  p.  447.  —  Falsch  aber  ist  es  in  der  Redensart:  quam 
(cum)  semel  in  hoc  incidi,  da  ich  (nun)  einmal  darauf  gekommen  bin, 
wie  z.  B.  Heyne    (Praef.  Virg.  T.  I,  p.  XX)  sagt,  fiir  (juando/uidem 


717 

oder  quoniani  in  hoc  incidi.  —  Etwas  Anderes  ist  ut  semel,  wie  oder 
sobald  einmal;  z.  B.  bei  Cic.  (Brut.  13,51):  ut  semel  eioquentia  evecta 
est,  und  Att.  I,  19,  6  ut  semel  —  gloriam  consecutus  sura.  —  Iti  Re- 
densarten, wie:  wann  tvird  das  wohl  ei?iinol  geschehen?  —  es  ist  end- 
lich einmal  geschehen,  wird  tandem  gebraucht,  also  quando  tandem 
hoc  fiet?  —  tandem  aliquando  factum  est.  —  N.  L.  ist:  jam  haec  disi 
semel  et  bis,  das  habe  ich  schon  einmal  und  zweimal  gesagt,  für  semel 
et  (atque)  Herum,  semel  et  saepius,  iterum  et  (ac)  saepius  und  in  vol- 
lerem Ausdrucke:  semel,  Herum  ac  saepius.  —  Nicht  einmal,  sondern 
öfter  heisst  non  semel,  sed  saepe,  nicht  saepius  (Cic.  Tusc.  V,  19,  56. 
Att.  I,  19,  7).  —  Endlich  :  er  achtete  dieses  das  eine-  und  das  andere- 
nial  nicht  heisst  hoc  semel  ille  ilerumque  neglexit  (Cic.  Divin.  1,  25, 
54).  —  Ueber  adhuc  semel,  noch  einmal,  vgl,  Adhuc. 

Semenfis,  die  Saat,  ist  nicht  die  Saat  als  stehendes  Saatfeld,  son- 
dern nur  die  Aussaat ;  ^eiies  ist  seges.  Man  sage  daher  nicht:  ut  se- 
gete?n  feceris,  wie  du  gesäet  haben  wirst,  sondern  ut  sementemfeceris. 
—  Der  Acc.  heisst  A.  L.  sementim,  für  sementem. 

Semianimis  oder  semianimus,  halb  entseelt,  halb  todt,  halb  leberid, 
ist  fast  nur  P.  Z.;  jedoch  kommt  es  einmal  bei  Livius  und  nachher 
N.  Kl.  vor,  für  das  Kl.  semivivus.  —  Semimortuus ,  halb  todt ,  steht 
nur  bei  Catull.  und  Sp.  L.,  ebenfalls  für  semivivus  oder  (bei  Livius) 
semine X  o*\(iY  seminecis,  welche  beide  jedoch  im  iV'om.  nicht  vorkommen. 
Vgl.  Anm.  z.  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  169. 

Semicirculus,  der  Halbkreis,  in  der  ßedeut.  ein  halbkreisförmiger 
Sitz,  stand  früher  in  Cic.  Fin.  V,  20,  56,  für  sessiuncula,  obgleich  es 
sich  in  keiner  Handschrift  findet.  Mit  Unrecht  vertheidigJe  es  Görenz, 
da  doch  Cicero  einen  solchen  Sitz  immer  nur  mit  dem  griech.  Kunst- 
worte hemicyclium  nannte.  Vgl.  Madvig  zu  Cicero's  Stelle.  Sonst  ist 
semicirculus,  der  Halbkreis,  gut  neben  semiorbis.  —  N.  L.  aber  ist  das 
Adject.  semicirculatus ,  halbkreisförmig,  für  semicircularis  oder  mit 
dem  Genit.  semicirculi. 

Semiebrius,  halb  betrunken.,  ist  N.  L.  für  semigravis. 

Semieruditus,  halb  gelehrt,  ist  N.  L.  für  semidoctus. 

Semihorium,  eine  halbe  Stunde,  ist  N.  L.  für  semihora. 

Se/nimortuus,  halb  todt ;  vgl.  Semianimis,  wo  auch  von  seminex  und 
seminecis  die  Rede  war. 

Semisaecularis  (semisecularis) ,  was  ein  halbes  Jahrhundert  betrifft, 
und  semisaecularia,  ein  fünfzigjähriges  Fest,  sind,  wiewohl  saecularis 
Kl.  ist,  ohne  alte  Auctorität,  doch  nicht  zu  verwerfen,  da  sie  theils 
gut  gebildet,  theils  als  kurze  Wörter  den  Umschreibungen  vorzuziehen 
sind.  Wer  das  iV.  L.  semisaecularia  vermeiden  will,  nenne  ein  solches 
Fest  quinta  decennalia,  was  auch  Andere  gebraucht  haben,  oder  sacra 
quinquagenalia. 

Semivigil,  halb  wachend,  halb  schlafend,  ist  N.  L.  für  semisonmus 
(nicht  semisomnis). 

Semivocalis,  der  Halbvocal,  ist,  da  littera,  Buchstabe,  darunter  ver- 
standen wird ,  immer  gener.  femin.,  nicht  masc;  also  heisst  dieser 
Halbvocal  —  haec  semivocalis,  nicht  hie. 

Semper,  inuner,  enthält  nur  den  Begriff  der  Zeit,  und  kann 
daher  oft  nicht  für  das  deutsche  immer  gebraucht  werden.  Dies 
ist    der  Fall   1)   bei   einer    OrdinalzalU,  wo    quisque   zu  setzen  ist; 


7J8  ; 

z.  B.  immer  (allezeit)  die  ßiiifte  Stelle,  quintiis  qnisqiie  locus;  immer     ' 

am  fünften  Tage ,  quinto  quoqite  die ;  immer  in  der  sechsten  Stunde     ■ 

oder  immer  um   sechs  Uhr,  sexta  quoque  hora ;  —  2)  bei  einem  Su-     '■ 

perlat.,  wo  ebenfalls  qnisque  gebrauclit  wird;  z.  B,  immer  die  Besten,     \ 

optimus  qnisque,  optimi  quique  ,•  immer  das   Beste  ist  das  Selte?iste, 

Optimum  quodque  rarissimutn.  Daher  sagt  man  auch:   ut  quidque  pri-     j 

mum  gestum  erit^  ita  prinium  exponatur,  was  immer  zuerst  geschehen 

ist,  werde  zuerst  erzählt  (Cic.  luv.  I,  20,  29).  Vgl.  Aiileit.  §.  109.  —     ' 

3)  Immer  bei  einem  Comparat.  heisst  in  dies,  d.  h.  von  Tage  zu  T'ge,    \ 

täglich;  z.  B.  er  wird,  immer  klüger,  in  dies   pnidentior,  und  wo  tag-    ] 

lieh  oder  von  Jahr  zu  Jahr  schon  dabei  steht,  bleibt  es  unübersetzt ;  z.  B.     • 

du  wirst  dich  täglich  immer  mehr  freuen,  quotidie  vehementius  laeta-    , 

here.  —  Immer  mehr  heisst  nur  magis  ac  magis,  magis  magisque ;    \ 

immer  iveniger,  minus  ac  minus.  —  Wenn  endlich  4)  in   immer  der    j 

Sinn  des  Verb,  pflegen  liegt,  so  brauche  man  solere;  z.  B.  die  Grie-    '\ 

chen  rufen  beim  Triftken  immer  den  mit  Namen,  welchefi  — ,  solent  tio-    | 

rninare  ewn.  \ 

Sempiternitas,  die  Ewigkeit,  ewige  Dauer,  ist  Sp.  L.  für  aeternitas,    i 

wiewohl  setnpitertius,  lange  dauernd,  immerivährend.  Kl.  ist.  \ 

Senatus  ,  der  Senat.   Man  vermeide  die  alte  Genitivform  senati   \ 

für  die  gewöhnliche  senatus,  mag  auch  vielleicht  selbst  Cicero  einige-    | 

mal  davon  Gebraucli  gemacht  haben,  und  sage  also  senatus  consultumj    i 

incht  senati  co?isultum;  senatus  auctoritas,  wicht  senati  aiict.  —  Die    ] 

bekannte  Formel:  der  römische  Senat  und  das  römische  Folk  heisst  se-   i 

naitis  populusque  Ramanus  (S.  P.  Q.  R.),  und  zwar  fast  immer  in  dieser   \ 

Wortstellung;  Livius   macht  davon  einmal  (VII,  31)  eine  Ausnahme,    \ 

indem  er  sagt:  populi  Rom.  senatusque  verbis,  im  Name?i  des   römi-    ■ 

sehen  Volkes  und  Senates,  und  ebenso  Vitruv.  (Praef.  1, 1):  populusque   \ 

Romanus  et  senatus  liberatus  timore.  j 

Senecta,  das  Alter,  hohe  Alter,  Greisenalter,  ist  nicht  KL,  sondern   ( 

steht  N.  Kl.  beim  altera  Plinius,  Tacitus  und  Sueton.,  und  ist  mehr  J 

P.  L.,  für  senectns.  j 

Senex,  alt,  der  Alte,  Greis,  wird  nur  in  Beziehung  auf  das  Lebens-   j 

alter,  nicht  in  Beziehung  auf  die  Zeit  gebraucht;  von  dieser  sagt  man   j 

vetus,antiquus.  Da?ier  heissen  die  Alten  —  veteres,  antiqui.,  und  wo  es   1 

gleich  ist  mit  Vorfahren  —  majores  oder  patres.,  nicht  senes.  —  Alt,   ; 

d.  h.  ein  alter  Ma7w,  ein  Greis  werde?i  heisst  zwar  ausser  senescere 

auch  senem  fieri,  aber  älter  iverden.,  in  der  gewöhnlichen  Bedeutung   , 

von  im  Alter  vorrücken,  heisst  nicht  seniorem  fieri,   sondern  aetate 

procedere  (Cic.  Orat.  13,  41).  j 

Senium  ist  nicht  geradezu  das  hohe  Alter,  gleich  senectus,  sondern  | 

fast   nur    Altersschwäche ,   verbunden     mit    Ueberdruss,    verdriess-  ; 

lichem  und  mürrischem  Wesen;  daher  wird  es  auch   bei  Cic.  (Tusc.  ^ 

III,  12,  27)  mit  aegritudo  verbunden.  Vgl.  Liv.  V,  18  und  EUendt  zu  i 

Cic.  de  orat.  p.  283.  ] 

Sensibilis,  durch  die  Sinne  vernehmbar,  in  die  Sinne  fallend,  sinn- 
lich, kommt  sehr  selten  N.  Kl.  vor,  und  ist  nur  als  philosophisches 
Kunstwort,  im  Gegensatze  von  intelligibilis,  erträglich  und  anwendbar, 
für  sensibles  subjectus,  quod  sub  sensum  sadit,  quod  sensibus  (sensu) 
percipitur  oder  accipitur.  —  JV.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  fähig,  Etwas 
zu  empfinden,  wofür  ganz  Sp.  L.  sensualis  und  A.  P.  sensilis  gebraucht 


719 

wir«!,  für  sensu  praeditus,  sentie??f!t  vim  oder  facultatem  habens  n.  a. 
Eben  so  Sp.  L.  ist  sensualilas,  die  Sinfi/ichkeit ,  Empfindbai-keü,  für 
faci/ltas  oder  vis  sentiendi. 

Sensim.  Die  Verdoppelung'  sensim  sensimque,  ganz  aVmählig,  ganz' 
unvermerkt,  ist  N.  L.  und  ohne  alte  Auctorität,  findet  sich  aber  den- 
noch oft  bei  den  IN'eulateinern. 

Sensuin  als  Subst.  im  Sing.,  der  Gedanke,  die  Empfindung.,  kommt 
nicht  vor,  sondern  nur  im  Plur.,sensa,  aber  auch  nur  als  Nom.  n.  ^4ccus., 
und  nur  einigemal  bei  Cicero,  wiewohl  Quintilian.  bemerkt,  die  Alten 
liätten  nicht  selten  sensa  von  den  Geda?iken,  dagegen  sensus  von  den 
körperlichen  Gefühlen  gebraucht.  Wie  weit  man  aber  im  Gebrauche 
und  in  der  Anwendung  des  Wortes  gegangen  sei  (da  bei  Cicero  nur 
der  Genit.  meniis  dazu  tritt),  wissen  wir  nicht;  man  nehme  also  lieber 
sentejitiae.  Gewagt  sclieint  mir  wenigstens  der  Titel  eines  zu  Wien  er- 
schienenen Buches:  Sensa  sanctorum  ecclesiae  doctorum. 

Sensus  ist  in  der  Bedeut.  Sinn  oder  Gedanke,  welcher  in  einem 
Worte  oder  in  einer  Stelle  lieget,  oder  welchen  ein  Schriftsteller  bei 
gewissen  Worten  gehabt  hat,  erst  iV.  A'/.,  findet  sich  aber  besonders  bei 
Quintil.,  und  ist  daher  wohl  nicht  zu  verwerfen,  obgleich  Kl.  meistens 
dafür  sententia  (Cic.  Orat.  I,  12  verba  nulla  sui)jecta  sententia  nee 
scientia,  Worte  ohne  allen  Sinn,  Gedanken  imd  Verstand),  notio  oder 
vis  (Cic.  Tusc.  I,  36,  87)  gebrauclit  wurde.  Quintil.  sagt  (1,8,1): 
clauditur  sensus,  der  Si7in,  der  Gedanke  wird  geschlossen,  ist  aus; 
und  I,  9,  2  salvo  modo  poetae  sensu,  wenn  nur  unbeschadet  des  Sinnes 
und  Gedankens  des  Dichters.  Er  braucht  auch  dafür  intellectus,  z.  B. 
I,  7,  2  eade/n  littera  alium  atque  alinm  iniellectum  facit,  ebenderselbe 
Buchstabe  gibt  einefi  verschiedenen  Sin?i.  Wie  dem  auch  sein  mag, 
man  vermeide  se7isus  lieber,  wie  es  denn  auch  Andere  verwerfen,  und 
brauche  sententia.  Vgl.  Heusing.  Emeiidd.  p.  429.  Dietrich  Sintenis 
p.  60  und  Weber's  Uebungssch.  p.  10.  Man  sage  also  z.  B.  nicht:  hie 
locus  est  sine  sensu,  sondern  sine  sententia:  nicht:  hie  est  sensus  in 
hoc  verbo,  in  hac  voce,  sondern  haec  sententia  subjecia  est  huic  verbo 
oder  sub  hoc  verbo.  Und  so  heisst  auch  wie  viele  Menschen ,  so  viele 
Sinne,  quot  homines,  tot  senteniiae  (Cic.  Fin.  I,  5,15).  —  Sensus  ist 
N.  L.  in  der  Bedeut.  Gefühl  als  Sinn,  den  man  auch  den  Tastsinn 
nennt;  denn  sensus  bezeichnet  allgemein  jedes  Gefühl,  jede  Empfin- 
dung und  jeden  Sinn,  sowie  auch  das  Verbum  seiüire  ganz  allgemein 
ist;  der  Sinn  des  Gefühles  oder  der  Tastsinn  heisst  tactus.  —  Sp.  L. 
ist  auch  sensus  verbunden  mit  den  Genit.  visus,auditus  u.  s.  w.,  wie  wir 
sagen  der  Sinn  des  Gesichtes,  des  Gehörs  ii.  s.  w. ;  oft  reichen  schon 
die  W  örter  visiis,  auditus  hin,  oder  man  sagt  besser  sensus  oculorum, 
aurium;  seiisus  videndi,  audiendi.  —  Schönheitsgefühl  heisst  nicht 
etwa  sensus  pulchritudinis,  sondern  blos  elegantia;  Schaamgefühl  — 
pudur ;  Ehrgefühl —  honor  et  pudor  u.  a.  —  Ebenso  verhält  es  sich  mit 
i\ün  mit  Sinti  zusammengesetzten  Wörtern;  z.  B.  Leichtsinn  heisst 
nicht  se?isus  levis,  sondern  blos  levitas;  Kufistsinn  —  intelligentia. 
In  diesen  und  in  allen  ähnlichen   Ausdrücken  ist  sensus  unstatthaft. 

Sentire,  empfinden.  Oft  ist  dieses  empfinden  nichts  weiter  als  haben, 
erhalten,  aus  Etwas  ziehen,  und  dann  steht  Kl.  für  sentire  häufiger  capere, 
accipere  ea:  aliqua  re;  man  sagt  also  z.  B.  nicht:  sentire  dolorem,  laeti- 
tiam,  maerorem,  trlstitiam,  niolestiam  —  de  aliqua  re,  Schmerz  —  über 


720 

Ktwas  etnpßnclen,  sondern  cupere.accipere  e.t  — .  Beispiele  fimlen  sich 
ia  Meng'e  bei  Cicero,  z.  B,  Att.  II,  21,  4  magnum  accipere  dolorem.  Vgl. 
Matthiae  z.  Cic.  Süll.  1,  1.  Und  so  heisst  auch  die  Trennung  schmerz^ 
lieh  empßnden,  discfd/um  acerhe  ferre,  nicht  se?ttire  (Cic.  Att.IV,  1, 1). 

Seorsim,  abgesondert,  für  sich,  ist  eine  neue  falsche  Form,  welche 
in  vielen  Ausg:g.  der  Ahen  steht,  und  daher  auch  im  N.  L.  oft  vor- 
kommt, für  seorsuin,  gleichbedeutend  mit  separatini.  Veraltete  Form 
ist  seorsus. 

Separate,  abgesondert,  ist  eine  neue,  unerweisliche  Form  für 
separatini.  —  Ueber  separalus  uud  peculiaris  vgl.  Weber's  Uebungssch. 
p.  91. 

Sepse,  sich  selbst,  für  se  ipse,  ist  wahrscheinlich  alte  Form;  doch 
kommt  sie  nur  einmal  vor,  und  zwar  bei  Cic.  (Rep.  III,  8).  Man  ver- 
meide sie  durchaus. 

Septemdecim  oder  septendecim,  siebenzekn^  wird  von  Einigen  ver- 
worfen, findet  sich  aber  bei  Cicero,  Livius  u.  A.  neben  den  Formen 
decem  septem,  decem  et  septem,  decem  septe/nque  und  septem  et  decem, 
und  ist  also  wahrscheinlich  sicher. 

Septennis  oder  septnetinis,  siebenjährig,  kommt  nur  A.  L.  bei 
Plautus  und  sehr  Sp.  L.  vor,  für  septem  annoriun;  dass  es  in  guter 
Prosa  nicht  vorkommt,  ist  vielleicht  nur  Zufall,  denn  es  wird  durch 
die  Analogie  ähnlicher  Adject.  geschützt.  Im  iV.  L.  findet  es  sich  nicht 
selten,  wie  denn  z.  B.  Reichard  seine  Geschichte  des  siebenjährigen 
Krieges  —  historiam  belli  septennis  genannt  hat.  —  Eben  so  Sp.  L. 
wie  septennis  ist  das  Subst.  septuenniiim  oder  septennium,  ein  Raum 
von  sieben  Jahren;  doch  ist  es  vielleicht  eben  so  gut  wie  triennium, 
sexenninni  u.  a. 

Septe?itrio  oder  septemtrio  bezeichnet  theils  das  Siebengestirn  am 
Nordpol  (grosser  und  kleiner  Bär), theils  die  nördliche  Himmels-  und 
Weltgegend,  theils  den  Nordwind ;  aber  die  Klassiker  Varro,  Cicero 
und  Caesar  brauchen  für  den  Sing,  mehr  den  Plur.,  septentriones. 
Diese  Form  ist  die  ursprüngliche  und  richtigere,  weshalb  sie  auch  von 
uns  mehr  zu  brauchen  ist,  als  die  erste.  Man  sage  also  lieber:  Europa 
jacet  ad  septentriones,  —  nach  Norden;  Gallia  vergit  ad  septentriones ; 
Belgae  spectant  in  septentriones ;  Gallia  sub  septentrionibns  (im  Nor- 
den, nicht  in  septentrio?n'bus)  posita  est ;  ex  eo  die  fuerunt  septejitriones 
venti.  —  Uebrigens  bedeutet  septentr.  nie  Norden  als  Land,  sondern 
nur  als  Himmelsgegend.  Vgl.  darüber  Aqttilo  und  Weber's  Uebungssch. 
p.  102.  —  Gut  ist  das  Adj.  septentrionalis,  nördlich;  aber  Sp.  L.  ist 
septetdrionarius. 

Septicollis,  siebenhügelig,  ist  nur  P.  L.,  und  findet  sich  noch  dazu 
nur  bei  einem  ganz  späten  christlichen  Dichter,  welcher  Rom  arx 
septicollis  nennt.  Es  kann  daher  in  Prosa  nicht  nachgebraucht  werden 
für  urbs  septem  collium  oder  auf  andere  Weise  umschrieben.  Vgl. 
Vavassor.  Antib.  p.  584  und  Weber's  Uebungssch.  p.  216. 

Septimatia,  eine  Zeit  von  siebefi  Tagen,  ist  für  unser  Woche  (nach 
unsrer  Jahresabtheilung)  nicht  zu  verwerfen,  obgleich  es  Sp.  L.  ist, 
wenn  man  nicht  hebdomas  (vgl.  dieses  Wort)  sagen,  oder  beiden  die 
Umschreibung  septem  diernm  spatium,  septefn  dies  vorziehen  will.  Vgl. 
Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  117.  Grotefend's  Commentar.  p.  108.  Diet- 
rich Sintenis  p.  175  und  Weber's  Uebungssch.  p.  49. 


721 

Septuagesies,  siebenzi'gmal,  ist  Sp.  falsche  Form  für  septuagies. 

Septueiinium,  sepluennis  ;  vgl.  Septennis. 

Sepulcrah's,  zum  Grabmale  gehün'g,  steht  nur  P.  L.  bei  Ovid.,  sonst 
nirgends ;  man  drücke  es  entweder  durch  sepulcri,  sepulcronim  aus, 
oder  umschreibe  es.  Falsch  ist  also:  carmina  sepulcralia,iHScriptione8 
sepulcrales,  und  was  man  sonst  so  benannt  findet. 

Seqiiens,  folgend,  passt  nicht  überall  für  unser  deutsches  Wort; 
es  wird  nur  dann  gebraucht,  wenn  es  etwas  vorher  Erwähntes  fort- 
setzend bezeichnet;  z.  B.  diese  Reden  (von  denen  gesprochen  war) 
sind  gewiss  von  Cicero;  aber  ivahrsheinlich  nicht  die  zwei  folgenden, — ■ 
ditae  sequentes  oder  quae  sequuntur.  Wo  aber  keine  Beziehung  auf 
das  Vorhergehende  Statt  findet,  und  wo  nur  der  Begriff  dieser  darin 
liegt,  wird  es  durch  hie,  haec,  hoc  ausgedrückt;  z.  B.  darauf  hielt  Cicero 
folgende  Rede,  —  hanc  orationem  habuit,  haec  dixit;  haec  locutus  est; 
gestern  erhielt  ich  von  ihm  folgenden  Brief,  —  haue  epistolam,  has 
Jitteras;  es  geshah  nun  auf  folgende  Weise  oder  ivie  folgt,  tum  res 
acta  sie  (ita,  hoc  modo)  est  (Cic.  Tusc.  III,  3,  7).  —  Wo  folgend  so  viel 
ist  als  der  ?iächste  und  wo  es  sich  an  das  Zuvorgenannte  zunächst 
anschliesst,  passt  am  besten  prosimus,  wo  denn  ein  Ersteres  schon 
genannt  worden  ist.  Vgl.  Cic.  Tusc.  IV,  30,  64.  Fin.  II,  16.  Manil.  19. 
Wo  es  aber  nicht  die  Bedeut.  des  Zunächststehend eji  hat,  sage  man 
lieber  posterus ;  also  postero  anno,  postero  die,  postridie,  im  folgenden 
Jahre,  am  folgenden  Tage.  —  Und  so  heissen  auch  die  Folgenden  oAcr 
die  Nachkornmen  —  posteri,  und  wenn  ein  Comparativbegriff  hinein 
gelegt  wird, /;os^e/'/o/'es;  z.  B.  hie  mos  a  posterioribus  (von  den  auf 
Socrates  folgenden  Philosophen)  non  est  retentus  (Cic.  Fin.  II,  1,2). — 
AVenn  der  folgende  so  viel  ist,  als  der  zweite,  so  wird  auch  alter  ge- 
braucht; z.  B.  ich  bitte  darum  für  das  folgende  Jahr,  in  alterum  annum 
(Cic.  Q.  fr,  II,  15,  3).  Nach  ausführlicherer  brieflicher  Mittheilung 
Dietrich's  wird  von  Zumpt  (Aufg.  p.  367)  der  Ausdruck  sequente 
anno,  im  folgenden  Jahre,  als  N,  Kl.  verworfen,  indem  man  dafür  nur 
sage  insequenti  anno.  Damit  stimme  denn  auch  Herzog's  Bemerkung 
(zu  Caes.  B.  G.  VIII,  23)  so  ziemlich  überein,  welcher  sage,  das 
historish  in  der  Zeit  Nachfolgetide  werde  durch  insequens,  aber  das 
nuv  local  oder  numerisch  Folgende  durch  sequens  bezeichnet.  —  Die 
folge?iden  Zeiten  heissen  nie  tempora  sequentia  oder  quae  sequuntur, 
sondern,  wenn  schon  vergangene  in  Bezug  auf  andere  darunter  ver- 
standen werden,  —  quae  secuta  sunt,  oder,  von  der  Gegenwart  aus- 
gehend, wenn  an  zukünftige  zu  denken  ist,  —  quae  sequentur  oder 
futura.  —  Das  neutrale  das  Folgende,  ohne  ein  Subst.,  heisst  nicht 
sequentia,  sondern  quae  sequuntur  (Cic.  Tusc.  III,  18,  42;  19,  44  u.  a.) 
und  das  Nächstfolgende  —  quae  proxime  sequuntur.  —  Vgl.  auch  noch 
Klotz  Sintenis  p.  117  und  Weber  s  üebungssch.  p.  148. 

Sequestrare,  zur  Aufbewahi'ung  geben,  übergehen,  hinlegen,  in 
Sequester  legen,  sequestriren,  ist  sehr  Sp.  L.  für  die  früher  gebräuch- 
lichen Ausdrücke  sequestro  ponere,  dare;  —  Sp.  L.  aber  ist  in  seque- 
stro  depofiere. 

Sequi,  folgen  (vgl.  Sequens),  wird  zwar  KL  in  philosophischem 
Sinne  bei  Schlussfolgerungen  gebraucht,  in  der  Bedeut.  aus  Etwas 
folgen,  sich  ergeben,  aber  N.  L.  ist,  was  auch  oft  bei  Bessern  vor- 
kommt:  hi?ic,  inde,  es  eo  oder  ex   quo   sequilur.  Derartige  Zusätze 

46 


722 

kommen  bei  den  Lateinern  nie  vor;  sie  sagen  im  Nachsätze  blos  seqjii- 
tur  (Cic.  Fat.  12,28  si  liaec  enuiiciatio  vera  iion  est,  sequilur  [so  folgt 
daraus],  \\i  falsa  sit;  Fin.  III,  7,  26.  Tiisc.  V,  18,  53),  niu!  im  Anfange 
eines  Satzes  sequitur  igilur,  es  folgt  daher  daraus  (Cic.  Parad.  ill,3). 
Dagegen  vor  efficitur  Icann  ex  quo  stehen  (Cic.  Tusc.  II,  3;  III,  5), 
oder  ita  (N.  D.  III,  12,30).  Und  so  heisst:  denn  es  folgt  daraus^ 
sequitur  enim  (Cic.  Fat.  10,  22),  nicht  iiide  eniin  sequitur.  Beispiele 
aus  Neulateinern,  deren  in  philosophischen  Büchern  viele  vorkojnmen, 
übergehe  ich.  —  Wenn  das,  was  folgt,  in  der  Zeit  oder  dem  Orte 
nach  sich  anschliessend  an  etwas  Anderes  gedacht  wird,  so  hat  sequi 
nur  den  Accus,  bei  sich;  soll  aber  das  Zweite  für  sich  als  abgekürzter 
Satz  gedacht  werden,  was  übrigens  höchst  selten  der  Fall  ist,  so  folgt 
noch  post',  z.  B.  Sallust.  (Jug.  55,  3).\.meminit  post  gloriam  (nach  er- 
langtem Ruhme)  invidiarn  sequi.  —  Uebrigens  beschränken  Einige 
sequi  aiii  die  Bedeut.  unmittelbar  folgen  oder  ?iachfolge?i,  und  consequi 
auf  die  Bedeut.  später  folgen.  Dass  dies  aber  nicht  immer  richtig  ist, 
sieht  man  aus  Cic.  Orat.  I,  35  haec  cum  dixisset,  silentium  est  conse- 
cutum.  Vgl.  Matthiae  z.  Cic.  Sest.  23,  51. 

Sequior  kommt  als  Masc.  und  Fem.  nirgends  vor,  höchst  selten  als 
Neutr.,  sequius,  und  nur  als  Adv.  in  der  Bedeut.  schlechter.,  übler; 
es  ist  ganz  zu  verwerfen.  Dennoch  wird  es  im  N.  L.  in  der  Bedeut. 
später,  schlechter.,  schlimmer  gebraucht,  für  posterior,  pejor.,  deterior ; 
es  findet  sich  z.  B.  im  N.  L.:  sequiore  te?npore,  scriptores  sequioris 
aetatis,  für  aetate  posteriores ;  hi  Codices  sequioribus  accensendi  sunt, 
für  deterioribus,  pejoribus ;  und  Ruhnken  bemerkt  zu  Muret.  (Oper. 
T.  IV,  p.  193  sequioris  notae):  Sequior  cadentis  latinitatis  vocabulum; 
in  promptu  erat  deterioris. 

Sere,  spät,  als  Adv.,  ist  ungewöhnliche  From  für  sero. 

Series,  die  Reihe,  Reihej/folge,  ist  nicht  anwendbar  in  dem  Ausdrucke 
eine  Reihe  von  Tagen,  von  Jahren  hindurch;  man  sage  also  nicht:  per 
serietn  dierum,  annorum,  sondern  blos  (per)  dies,  (per)  annos,  und 
wenn  noch  hinter  einander  dabei  steht,  so  kann  man  zum  Accus,  noch 
continuos  hinzufügen;  z.  B.  (per)  multos  annos  (continuos),  eine  Reihe 
von  vielen  Jahren  hititer  einander  (hindurch).  Falsch  findet  man  es  im 
N.  L.  bisweilen  angewandt.  Vgl.  Wüstemann  z.  Doering.  Coramentatt. 
p.  149,  welcher  per  longam  annorum  seriem  gebraucht  hatte,  für  (per) 
multos  oder  plurimos  atinos. 

Serior,  später;  vgl.  Serus. 

Seriosus  und  das  Adv.  seriöse,  ernst,  ernstlich,  sind  N.  L.,  aus  dem 
Italien,  und  Franz.  genommen,  für  serius  und  serio. 

Serius,  er?ist,  wird  nur  von  Sachen,  nicht  von  Personen  gesagt,  wo 
severus,  austerus,  gravis  u.  a.  passen.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  592.  — 
Das  Adv.  serio  findet  sich  zwar  nicht  bei  Cicero  und  Caesar,  aber  oft 
A.  L.  bei  Livius  und  N.  Kl.  bei  den  Bessern ;  neben  vere,  ex  animo, 
extra  jocum,  remoto  joco,  non  simulale  ist  es  nicht  zu  verwerfen.  Vgl. 
Dietrich's  Sintenis  p.  14. 

Sermo  ist  vielleicht  N.  L.  aus  dem  Franz.  genommen  in  der  Bed. 
off  entliche,  \oi\  einem  Einzelnen  gehaltene  Rede, welche  Kl.  oratio  oder, 
wenn  sie  vor  dem  Volke  gehalten  wird,  concio  heisst;  man  sage  also 
nicht  sermones  Demosthenis,  Aeschinis,  Lysiae,  Ciceronis,  Hortensii 


723 

u.  s.  w.,  sondern  orationes.  —  Sermo  ist  nur  Rede  mit  einem  oder  meh- 
rern Andern,  Unterredung,  Unierhaltung,  Dlscuis;  aher  aucli  Sprache 
und  Ansdruchsweise  der  Menschen  im  AJIg^eraeinen  und  im  Besondein, 
wie  sermo  humanus,  sermo  patrius  (die  Muttersprache),  sermo  latinus 
(Cic.  Orat.  II,  7;  III,  11,  42)  u.  a.  —  Oi)  die  Redensart:  sermo  est  de 
ttUqua  re,  es  ist  die  Rede  vo?i  Etwas,  Jamals  anders,  als  in  der  üedeut. 
es  ist  die  Unierhaltung,  Unterredung,  das  Gespräch  von  Etwas  (mit 
Andern)  vorkomme,  wie  bei  Cic.  (Fin.  III,  12,  40)  :  rebus  hin,  de  qni- 
bus  hie  sermo  est,  —  ivovon  wir  uns  jetzt  unterhalten,  bezweifle  icli; 
Cicero  braucht  sie  meistens  seihst  da  niclit,  wo  sie  füglich  angewandt 
werden  könnte,  z.  B.  N.  D.  I,  7,  17  de  natura  agebarnus  deorum,  es 
tvar  die  Rede  vo?i — ,  und  Fin.  II,  25,  80  de  i?igenio  ejus,  von  de  moribus 
quaeritur,es  ist  die  Rede  von  —  und  ähnliche  Wendungen. —  Aber  ge- 
wiss ist  es  N.  L.,  wenn  in  den  Anmerkungen  zu  den  Schriftstellern 
dieses  sertno  so  oft  ohne  alle  Beziehung  auf  ein  Gespräch  vorkommt, 
wo  nur  angegeben  werden  soll,  was  ein  Schriftsteller  sagt  oder 
meint;  —  dafür  sage  man:  hie  loquitur  de  hac  illave  re ;  hie  agitur, 
quaeritur  de  —  u.  a.  Vgl.  .Weber's  Uebungssch.  p.  225  u.  22G  und 
Dietrich's  Sintenisp.  8. —  Auch  brauche  man  das  Verbum  sermocinari 
nur  vom  Reden  und  Sprechen  im  Umgange,  im  Gespräche,  in  der 
Unterhaltung  mit  Andern  (was  man  nach  dem  Franz.  discuriren  nennt), 
nicht  gleich  dicere,  loqui,  orationem  habere  u.  a. 

Sermusculus,  das  Gerede,  Gespräch,  ist  falsche  N.  L.  Form  für 
serinunctilus. 

Serus,  a,  um,  spät,  zu  spät,  kommt  im  Comparat.  höchst  selten 
vor,  bei  Cicero  und  Caesar  gar  nicht,  bei  Livius  aber  und  andern 
Spätem  nur  da,  wo  der  wahre  Comparativbegriff  vorherrscht;  es  ist 
daher  unstatthaft  in  den  Ausdrücken:  die  spätere  Zeit,  die  spätein 
Schriftsteller,  um  acht  —  Tage  u.  dgl.  später,  wo  im  N.  L.  serior  ge- 
braucht wird,  serior  aetas,  serius  tempus,  seriora  tempora,  seriores 
scriplores,  acta  diebus  serius,  wofür  in  den  ersten  Beispielen  posterior 
oder  inferior,  und  in  dem  letzten  post  gebraucht  wurde  (octo  diebus 
post).  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  56  u.  99.  —  Auch  vermeide  man 
als  höchst  selten  den  Superl.  serissimus  und  als  Adv.  serissinie,  da 
derselbe  bei  Caesar  (B.  C.  III,  75)  nur  auf  einer,  wenn  auch  wahr- 
scheinlichen, Vermuthung  beruht.  Man  brauche  dafür  admodurn  serus, 
ad?nodmn  sero.  —  Seit  Livius  kommt  das  Neutr.  serum  als  Subst.  mit 
den  Genit.  diei  und  Jioctis  vor,  für  serus  dies,  sera  nox ;  es  war  spät 
am  Abend  drückt  Livius  durch  serum  diei  erat  aus;  es  war  spät  in  der 
Nacht,  serum  noctis  erat;  und  so  heisst  bei  ihm  bis  ga?iz  spät  am 
Abend,  in  quam  majcime  serum  diei;  bis  in  die  späte  Nacht,  in  serum 
noctis.  —  N.  L.  aber  ist  sero  vespert,  spät  am  Abend,  spät  Abends,  für 
pervesperi  (Cic.  Fam.  IX,  2). 

Serva,  die  Magd,  und  servus,  der  Knecht,  Diener,  sind  jetzt  fast 
nicht  mehr  anwendbar,  da  sie  den  Begriff  der  Leibeigenschaft  enthal- 
ten; wo  dieses  nicht  der  Fall  ist,  sage  man  ancilla,famula  und  als 
Masc.  famulus,  apparitor,  mitäster,  wiewohl  auch  diese  nicht  ganz 
ohne  jenen  Begriff  sind. 

Servare,  verbunden  mit  de  coelo,  heisst  in  der  alten  heiligen 
Sprache  auf  Zeichen  am  oder  vom  Himmel  achten.  —  Ueber  servator 
vgl.  Salvator. 

4G* 


724 

Servtciilus,  ein  kleiner,  jmiger  Sklave,  ist  ganz  Sp.  L.  Form  für 
serviilus ;  ebenso  sag-e  man  niclit  servicula,  sondern  servula. 

Servitiuni  bedeutet  im  Sing,  nie  einen  einzelnen  Sklave?},  sondern, 
wie  faniilia,  die  ganze  Dienerschaft,  die  Sklaven  als  ein  Colleclivum, 
wofür  auch  der  Plur.  servitia  vorkommt.  Sonst  bedeutet  es  noch 
Dienst,  Dienstbarkeit,  Sklaverei;  aber  nie  Dienst  in  der  Bedeutung 
Gefälligkeit,  was  officium  hehst ; —  Bitiem  einen  Die?ist  erweisen  heisst 
auch  gratuni  alicui  facere. 

Servitor,  der  Diener,  ist  ganz  Sp.  L.,  aus  dem  Franz.  genommen, 
für  servtis,  apparitor,famulus,  minister. 

Servitudo,  die  Sklaverei,  findet  sich  nur  einmal  bei  Livius  (XXIV, 
22,  2)  und  noch  dazu  nach  den  Handschr.  unsicher,  indem  einige  das 
gewöhnliche  servitutis  statt  servitudinis  haben.  Man  vermeide  es  durch- 
aus, da  servitus  das  Kl.  Wort  ist. 

Sessio,  die  Sitzung,  ist  zwar  KL,  wird  aber  nicht  gebraucht,  wo 
wir  sagen :  Sejiatssitzimg,  Rathssitzting  halten ;  dies  heisst  blos  sena- 
tum habere. 

Sestertium  (nicht  sestertiüm)  mit  einem  Zahladverb,  (von  decies 
an)  bezeichnet  die  sogenannten  Millionen,  z.  B.  decies  sestertium,  eine 
Million;  vicies  sestertium,  zwei  Millionen.  Es  ist  aber  in  dieser  Ver- 
bindung nicht  Genit.,  sondern  ein  neutrales  declinirbares  Subst.  im 
Sing.,  und  daher  in  dieser  Verbindung  nicht  im  Plur.  üblich.  Daher  folgt 
auch,  wenn  es  Subject.  des  Satzes  ist,  das  Verbum  als  Praedicat  nur 
im  Sing.,  und  ist  es  Object  eines  Wortes,  so  bestimmt  dieses  Wort 
den  Casus  desselben  ;  z.  B.  das  waren  drei  Millionen  Sesterze,  id  erat 
H.  S.  (d.  li.  sestertium  als  Norain.)  tricies  (Cic.  Fam.  V,  20,  3) ;  zwei 
Millionen  Sesterze  wurden  ihm  zuerkannt,  vicies  sestertium  ei  decretum 
est;  es  war  ein  Brautschatz  von  drei  3Iillionen  Sesterzen,  dos  erat 
tricies  sestertii ;  Hostius  sestertii  millies  servus  (ein  Sklave  für  100  Mill. 
Sest.)  (Senec.  Q.  N.  I,  IG)  ;  du  hast  die  dir  verwilligten  zehn  3Iill. 
Sest.  zurückgelassen,  centies  sestertium  (Accus.)  tibi  attributum  reli- 
quisti  (Cic.  Pison.  35,  8G)  ;  sein  Leichenbegängniss  kostete  zehn  Mil- 
lionen, —  centies  sestertio  (Suet.  Vesp.  19).  Vgl.  Cic.  Att.  IV,  2,  5, 
wo  vicies  sestertio  steht,  denn  so  muss  H.  S.  gelesen  werden.  Vgl. 
auch  Millio  und  Decies. 

Seu  oder  sive,  in  der  Bedeut.  oder,  verbindet  nicht  Namen  ver- 
schiedener Personen  oder  ganz  verschiedener  Sachen.  Falsch  wäre 
es  also,  zu  sagen:  Mars  sive  Mercurius;  uxor  seu  vidua;  calor  seu 
frigus.  Vgl.  oben  unter  Aut  (auch  über  seu  potius,  oder  vielmehr) 
und  Dietrich's  Sintenis  p.  42.  —  In  Sätzen  mit  seu -seu  oder  sive -sive, 
mag  dies  oder  mag  jenes  sein,  sei  dies  oder  jenes,  steht  das  damit  ver- 
bundene Verbum  oder  die  damit  verbundenen  Verba  bei  sonst  bestimm- 
ter Rede  selten  im  Conjunct.,  sondarn  fast  nur  im  Itidicat.,  welcher  im 
iV.  L.  weniger  gebraucht  wird ;  z.  B.  7nag  Lavi?iia  seine  Mutter  oder 
seine  Stiefmutter  gewesen  sein,  Lavinia  sive  raater  ejus  fuit,  nicht 
fuerit;  mag  Minos  die  Gesetze  verfasst  oder  rechtskräftig  gemacht 
haben,  sive  scripsit,  sive  satisit,  nicht  scripserit,  sanxerit.  Incorrect 
sagt  daher  Mahne  (Crito  p.  321):  sive  sint  exempla,  sive  testimonia, 
für  sive  sunt;  Mannt,  (z.  Cic.  Sest.  53,  114):  sive  bona  fama  sit,  sive 
divitiae,  für  sive  est;  Cardanet.  (Epist.  ad  Mnret.  [Oper.  T.  II,  p.  Gß'])-. 
seu  Carmen  pangas  (und  so  noch  vier  Verba  im  Conjztnct.),  für  pafigis 


725 

u.  s.  w.,  —  und  90  noch  Andere.  —  Ueber  das  falsche  sive  als  Frag- 
partikel bei  vorausgehendem  «ra,  vgl.  ^-d?7i.  —  Wo  wir  am  Schlüsse  sagen 
oder  endlich,  sagt  man  nicht  sive  demum,  sive  denique,  sive  ta?idem, 
sondern  blos  sive  etiam.  Vgl.  Orelli  z.  Cic.  Tusc.  p.  409;  ausserdem 
noch  Reisig's  Vorlesung,  p.  443. 

Severus,  ernst,  wird  gleich  häufig  von  Personen  und  Sachen  ge- 
braucht, wogegen  seriiis  (s.  oben)  nur  selten  von  Personen  gesagt 
wird,  Jedocii  bezweifelt  Hand  ( Lehrb.  p.  293)  die  Richtigkeit  der 
Ausdrücke  litter ae  severiores,  studia  severiora,  ernstere  Studien^  für 
studia  graviora. 

Sexagesies,  sechszigmal,  ist  Sp.  L.  falsche  Form  für  sexagies. 

Sexcentesiiims,  der  sechshiindertste,  kommt  vielleicht  nirgends  in 
dem  Sinne  der  übertreibenden  Rede  vor,  wie  sexcenti  (ungemein 
viele);  man  sagt  nur  millesimus ;  z.  ß.  Cic.  (Att.  11,4):  millesimam 
partem  vix  intelligo ;  Cels.  (II,  6):  in  rnillesinio  corpore  u.  a. 

Sexennis,  sechsjährig,  kommt  wohl  nur  zufällig  nicht  Äl.,  sondern 
^.  L.  und  N.Kl.  vor,  für  sex  annoruni ;  es  ist  nicht  zu  verwerfen,  wie 
denn  auch  sexen?iium  Kl.  ist. 

Sextus.  Man  sage  nicht  sextus  et  decimus,  der  sechszehnte,  sowie 
auch  nicht  decimus  sextus,  sondern  nur  sextus  decimus. 

Si,  als  Wunschpartikel,  wejm  doch,  und  besonders  o  si,o  wenn  doch! 
ist  nur  P.  L.  für  utinam.  —  üeber  si  in  der  Bedeutung  ob,  in  einem 
scheinbaren  Fragsatze,  vgl.  unter  A71.  —  Auf  si  quisqnani,  wenn  Einer, 
folgt  im  zweiten  Satze  gewöhnlich  is  certe,  is  projecto,  nicht  ohne  is; 
z.  B.  wenn  Einer  ein  scharfsinniger  Kopf  geivesen  ist,  war  es  Bentley, 
si  quisquain  — fuit,  is  certe  (is  profecto)  Bentleyus  fuit.  —  Si  aliler, 
wenn  anders,  in  der  Bedeut.  tvofern  anders,  als  Nebenbemerkung  zu 
etwas  Gesagtem,  werde  als  selten  und  N.  Kl.  vermieden  durch  das 
einfache  si  oder  si  quidem ;  z.  B.  wenn  es  anders  Humanität  %u  nennen 
ist,  si  humanitas  appellanda  est,  nicht  si  aliter  —  (Cic.  Farn.  V,  2.  Vgl. 
auch  Rose.  Am.  45  si  domus  haec  habenda  est;  Farn.  XI,  8,  2  si  hie  de- 
lectus  appellandus  est  u.  a.)  —  N.  Kl.  sagt  man  dafür  si  tarnen,  was 
auch  im  N.  L.  oft  vorkommt.  —  Höchst  selten  ist  si  autem,  wenn  aber, 
nach  vorausgegangenem  si,  ivenn,  für  sin  oder  sin  autem  (Cic.  Q.  fr. 
1,  1,  39.  Fam.  V,  12,  10);  dagegen  findet  sich  oft  si  vero,  selten  aber 
und  mehr  N.  Kl.  si?i  vero,  was  Görenz  (Jahrb.  1826.  I,  p.  310)  sogar 
für  unlateinisch  erklärt,  während  es  doch  in  sichern  Stellen  besserer 
Nachklassiker  vorkommt,  wenn  es  gleich  bei  Cicero  in  einigen  Stellen 
unsicher  steht.  Vgl.  Ochsner  Eclog.  Cic.  p.  233  u.  Weber's  Uebungssch. 
p.  370.  —  Wenn  Einer  oder  we7in  irgend  Einer,  in  andere  Worte 
ohne  eigenes  Verbum  eingeschoben,  heisst  nur  si quisquam  alius,zhe.Y 
mit  eigenem  Verbo  si  quis.  —  Wenn  nicht  oder  ivo  nicht  allein,  ohne 
ein  dazu  gehöriges  Verbum,  heisst  nicht  si  fion,  sondern  si  minus,  sin 
minus,  sin  aliter,  si  contra.  We7in  zwar  t/icht  mit  folgendem  doch 
lieisst  nicht  si  quidem  non —  fawew,  sondern  blos  si  non,  ohne  quidem. 
Ueber  si  non  und  nisi,  loenn  nicht,  vgl.  die  Grammatiken  u.  Anleit.  §.  GOl. 
So  heisst;  wenn  ich  nicht  irre,  wo  man  sagen  will :  vielleicht  irre  ich  mich, 
immer  nisi,  nicht  si  non  erro.  Vgl.  oben  Erro.  —  Wenn  auch  in  der 
Bedeut.  wenn  gleich,  obgleich,  heisst  etiamsi  oder  qua7rivis,  nicht  si 
etiam,  si  quoque.  —  Wenn  nur  mit  dem  Begriffe  des  W?msches  heisst 
nicht  si  modo,  sondern  blos  modo,  dt/m,  dummodo,  und  so  auch  bis- 


726 

weilen  qtii  modo,  wenn  er  nur.  —  Denn  wenn  heisst  zwar  bei  Cicero 
meistens  nam  si,  wodurch  der  Satz  mit  sl  periodisch  in  den  Satz  mit 
nnm  und  den  Hauptworten  eiiiffeschoben  wird ;  aber  auch  bisweilen 
sienim,  z.  B.  Tusc.  III,  16,  32.  Fin.  II,  5,  16  u.  12,36.  —  Wenn  ferner 
in  dem  Worte  wenn  kein  gegebener  Fall,  sondern  eine  Thatsache  liegt, 
und  wenn  es  also  für  dadurch  dass  steht,  so  heisst  es  nicht  si,  son- 
dern quod;  z.  B.  wenn  (dadjirch  dass)  du  dergleichen  beha?iptest, 
irrst  du,  quod  talia  censes,  erras.  —  Ebenso  wird,  wenn  der  Satz  mit 
wejin  das  umschriebene  Subject  oder  Object  eines  Verbi  ist,  nicht 
si,  sondern  der  Accus,  mit  dem  Infinit,  oder  der  blosse  Infinit,  ge- 
setzt; z.  B.  auch  das  ist  nicht  unzeitig,  wenn  ich  von  den  Pflichte7i  der 
Obrigkeit  spreche,  ac  ne  illud  quidem  alienum  est  de  magistratuum 
officiis  dicere,  nicht  si  de  —  dicam  (Cic.  OfF.  I,  34,  8)  ;  sie  glauben,  es 
sei  von  Wichtigkeit  für  sie,  wenn  auch  ich  schriftlich  erkläre  — .,magni 
sua  interesse  arbitrantur  rne  etiam  per  litteras  declarare,  nicht  si  de- 
clarem,  —  und  so  in  allen  ähnlichen.  Wenn  aber  gleichwohl  Cic.  (Rep. 
IV,  5)  gesagt  haben  soll:  apnd  Graecos  opprohrio  fuit  adolescentibus, 
si  amatores  non  haberent,  so  lässt  sich  vielleicht  vermuthen,  dass  der 
Schol.  Servius,  welcher  diese  Stelle  anführt,  willkührlich  nach  seiner 
Weise  so  gesagt  habe,  statt  des  einfachen  amatores  non  habere. 

Sic,  so,  für  talis,  ein  solcher,  von  der  Art,  wurde,  wie  unser  sOy 
nicht  nur  A.  L.,  sondern  auch  noch  bisweilen  Rl.  als  Praedicat  eines 
Substantivs  gebraucht;  z.  B.  sie  est  vulgus;  sie  vita  hominum  est;  vir 
acerrimo  ingenio  (sie  enim  fuit)  neminem  plane  —  videbat  (Cic. 
Orat.  5,  18).  Jedoch  vermeide  man  es  lieber,  sie  so  anzuwenden.  Erst 
N.  KL  und  in  guter  Prosa  selten  sind:  sie  dictus,  sie  nominatus,  sie 
oppellatus,  sogenajmt ,  wofür  die  bessere  Prosa  die  Umschreibung 
mit  qui  vorzieht,  sei  es  activ.  oder  passiv.,  also  quem  dicimus,  qui  di- 
citur  und  ähnliche.  Vgl.  Anleit.  §.  590.  Man  sage  daher  nicht:  Strato 
sie  dictus  physicus,  Strato  der  sogenannte  Physiker,  sondern  Strato 
is  qui  physicus  appellatur  (Cic.  N.  D.  I,  13,35).  —  Unser  so  auch,  im 
zweiten  Satze  einer  Vergleichung  nach  quemadmodum,  ut ,  sicut, 
werde  nicht  durch  sie  etiam  oder  sie  quoque,  sondern  durch  das  ein- 
fache sie  oder  durch  item  oder  sie  item  ausgedrückt;  z.  B.  sowie  nicht 
jeder  Wein  durch  das  Alter  verdirbt,  so  auch  nicht  jedes  Alter,  —  sie 
non  omnis  aetas ;  wie  es  Plato  gemacht  hat,  so,  glaube  ich,  ?nuss  ich 
es  auch  machen,  —  item  mihi  credo  esse  faciendum;  sowie  die  Redner 
■  auf  dem  Markte,  so  auch  die  Schauspieler  im  Theater,  —  ite7n  in  theatro 
actores,  nicht  sie  etiam  in  theatro.  Und  so  heisst  soivie  auch,  nicht  ttl 
oder  sicut  etiam,  sondern  item  oder  quandoquidem  etiam.  Vgl.  auch 
üt  et.  W^eber's  Uebungssch.  p.  47  und  Dietrich's  Sintenis  p.  6. 

*  Wenn  Cicero  (Lael.  5,  19  hos  vires  bonos,  ut  liabiti  sunt,  sie  etiam  appcl- 
landos  putemus)  sie  etiam  —  nach  vt  zu  setzen  scheint,  so  liegt  darin  keine 
Vergleichung',  sondern  2it  —  sie  etiam  bedeutet  7iicht  allein,  sondern  auch,  und 
etiam  ist  hier  nothvvendig. 

Sicari/is,  der  Meuchelmörder.  Man  merke  aus  der  alten  Gerichts- 
sprache, dass  eine  Untersuchung  wegen  Menchclmord  —  quaestio 
inter  sicarios  heisst;  ebenso  Einen  des  Meuchelmordes  wegen  anklagen, 
aliqnem  accusare  inter  sicarios,  —  und  so  auch  bei  defendere  u.  a.  Nur 
selten  sagte  man  quaestionem  exercere  de  sicariis. 

Siccus,  trocken.  Das  Neutr.  siccurn,  das   Trockne,  als  Subst.,  ent- 


727 

gegengesetzt  dem  Wasser,  also  in  derBedent.  Land^  Ufer,  ist  meist 
nur  P.  L.,  wiewohl  es  einmal  bei  Liviiis  vorkommt;  häufiger  wird  da- 
für aridum  gesagt,  wie  oft  bei  Caesar.  —  N.  Kl.  wird  es  auch  erst 
von  einer  trocknen,  nüchternen,  magern  Rede  gebraucht,  für  das  Rl. 
aridus,  da  siccvs  Kl.  mehr  ein  Lob,  als  einen  Tadel  enthielt. 

Siculus  ist  nicht  nur  als  Subst.,  der  SiciUer,  sondern  auch  als 
Adject..  shilisch,  siknlisch,  nblicli,  beide  sowohl  in  Prosa  als  in  Versen. 
Neben  diesem  A<lject.  braucht  man  ni\c\\  Siciliensis, ^her  nur  bAs  Adject.^ 
und  im  Sinne  wohl  nicht  verschieden.  Die  sicilhche  Meerenge  kommt 
auch  in  der  rsessern  Prosa  unter  den  drei  Benennungen  fretnm  Si- 
ciliae  (Caes.  B.  C.  II,  3). /re/z/m  Smliense  (Cic.  N.  D.  111,  10)  und 
fretiim  Siculmn  (Liv.  I,  2,  5)  vor.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  149. 

Sf'gillare,  siegeln,  versiegeln,  ist  N.  L.  für  signare,  obsignare,  si- 
gmwi  oder  sigillnm  alicui  rei  imprimere,  signo  consignare.  —  Das 
Siegel  aufbrechen  heisst  Signum  solvere. 

Sigla  (als  Sing.),  das  Abkürzungszeichen,  ist  falsche  N.  L.  Form 
für  das  Sp.  L.  siglum  oder  die  besseren  noia  und  compendium.  Vgl. 
Abbreviare. 

S/g??anter,  klar,  deutlich,  ausdrücklich,  ist  Sp.  L.  für  signißcanter, 
diserte,  evidetiter. 

Signeiu7n,  der  Siegelring,  das  Pettschaft ;  besser  ist  annulus  si- 
gnatorius. 

Signißcatus,  die  Bedeutung,  ist  Sp.  L.  für  significatio,  vis,potestas. 

Silefitium.  Nur  bei  Sallnst.  kommt  silentiuni  habere,  Stille  beob- 
achten, stillschweigen  vor,  für  silere,  silentinvi  agere,  alicui  silentium 
esse;  N.  L.  aber  ist  silentium  teuere;  denn  bei  Livius  (XL,  8)  be- 
deutet diu  moestum  silentium  tenuit,  lange  dauerte  eine  traurige  Stille; 
silentium  ist  hier  Nominat.,und  bei  tenuit  wird  omnes  qui  aderant  hinzu- 
gedacht. —  Stille  gebieten  heisst  nicht  silentium  jubere,  sondern  si- 
lentium  fieri  juber e  (Cic.  Divin.  I,  28,  59),  auch  blos  silentium  facere 
oder  audientiam  facere,  z.  B.  bei  Liv.  (XLllI,  16)  :  audientiam  facere 
praeconem  jussit.  —  In  der  Stille,  stillschweigend  heisst  immer  nur 
silentio,  z.  B.  bei  Cic.  (Prov.  cons.  12):  illas  omnes  res  s//e/2^/o  egi,  —  habe 
ich  i7i  der  Stille  azisgeführt,  und  in  der  Stille  der  Nacht  —  silentio 
noctis.  —  3Iit  Stillschweigen  übergehen  heisst  silentio  praeterire,  aber 
Sp.  L.  silentio  praetermittere.  Vgl.  Praetermittere. 

Silvester,  waldig,  scheint  in  dieser  Form  ohne  Auctorilät  z«i  sein, 
für  silvestris,  was  durchaus  Kl.  nur  die  männliche  Form  ist,  z.  B.  bei 
Caes.  (B.  G.  II,  18)  collis  silvestris;  ib.  VI,  34  locus  silvestris  u.  a.  Im 
N.  L.  findet  sich   neben  diesem  auch  jenes. 

Simius,  der  Affe,  ist  viel  seltnere  Form  als  simia. 

Similis.  ähtilich,  hat  bald  den  Genit.,  bald  den  Dat.  dessen  nach 
sich,  womit  Etwas  Aehnlichkeit  hat,  vielleicht  ohne  streng  beach- 
teten Unterschied.  Mach  Mad\ig  (z.  Cic.  Fin.  V,  5,  12)  setzt  Cicero 
bei  etwas  Lebendem  (Thieren,  Menschen,  Göttern)  fast  nur  den  Gefiit., 
selten  (und  oft  zweifelhaft)  den  Dat.;  bei  Sachen  dagegen  ganz  gleich 
den  Genit.  und  Dat.,  mit  welchen  beiden  er  sogar  bisweilen  in  ei- 
nem und  demselben  Satze  wechselt.  Nie  aber,  behauptet  Madvig, 
sage  Cic.  anders  als  veri  similis,  nicht  vero  similis,  wie  es  sich  erst 
bei  Spätem  finde.  Vgl.  auch  Ochsner  Belog.  Cicer.  p.  246.  Keisig's 
Vorlesung,  p.  673.  Iland's  Lehrb.  p.  243  und  unten  Veriaimiliter.  — 


728 

Wenn  ein  vergleichender  Satz  mit  als  oder  wie  dazu  geliört,  so  wird 
nicht  qua?n,  sondern  ac  oder  atqiie  gebraucht;  z.  B.  von  ihni  ist  etums 
j4eh?diches  geschehe?i,  wie  von  den  Uehrigen,  —  atqiie  a  ceteris,  nicht 
quam  a  ceteris.  —  DasSubst.  similitudo  hat  den  Gegenstand  der  Aehn- 
h'chkeit  (womit)  theils  im  Genit.  bei  sich,  theils  mit  cum  aliquo,  z.  B. 
mit  Gott,  cum  Deo  oder  Dei. 

Simplex  bedeutet  ausser  einfach  nur  etwas  Lobens-  nicht  etwas 
Tadelnswürdiges,  also  redlich,  offenherzig,  nicht  unser  einfältig  oder 
thöricht,  was  stult/is,  stolidus,  incautus,  imprudens  u,  dgl.  heisst;  — 
ebenso  bedeutet  das  Subst.  simplicitas,  welches  erst  bei  Livius  vor- 
kommt, ausser  Einfachheit  auch  Redlichkeit,  Offe7iheit,  nirgends  aber 
Einfalt,  Thorheit,  wofür  stultitia,  itnprudentia ,  Stupor  u.  a.  gebraucht 
werden.  —  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  430  u.  Dietrich's   Sintenis  p.  6. 

Simul  steht  in  der  Bedeut.  zugleich  tnit,  ohne  ctim,  mit  blossem 
^bl.  na(h  griech.  Art,  nur  bei  Tacitus,  sonst  ist  es  P.  L.  —  Et  oder 
ac  simul,  und  ziigleich,  ist  bei  der  Verbindung  zweier  Subsfa?itiven 
oder  Adjectiüe?i  N.  L.,  für  et  idem,  idemque.  Man  sage  also:  ille  est 
vir  doctus  et  idem  (idemque,  und  zugleich,  nicht  et  simul)  modestus; 
fuit  orator  et  idem  (und  zugleich)  poeta ;  Thusnelda  uxor  fuit  Arminii 
eademque  (und  zugleich)  ülia  Segestis;  niusici  erant  quondam  iidem 
(auch  zugleich)  poetae  (Cic.  Orat.  III,  44,  J74) ;  hie  dies  casu  idem 
(zugleich)  natalis  mens  erat  (Cic.  Att.  IV,  1,  4);  naturale  non  potest 
idem  (kann  nicht  zugleich  auch)  esse  nimium ;  viros  fortes  eosdem  (zu- 
gleich auch)  bonos  —  esse  volumus  (Off.  I,  19);  idem  non  potest  esse 
accusator  et  testis,  Niemand  kann  Kläger  und  Zeuge  zugleich  sein. 
—  Ueber  qui  simul,  welcher  zugleich,  für  qui  idem,  vgl.  Qui.  —  Zu 
bezweifeln  sind  wohl  simul  etiam  und  simul  vero  (autem)  etiam,  aber 
auch  zugleich,  für  das  einfache  simul  oder  sinmlque. 

Simulac,  sobald  als,  wird  vor  einem  Vocale,  z.  B.  simulac  ego,  si- 
mulac  omnes,  mit  Hecht  als  Sp.  L.  verworfen,  für  simulatque  ego,  si- 
m.ulatque  omnes.  Uebrigens  werden  beide,  wie  auch  simul  allein  und 
simul  ut  in  derselben  Bedeutung,  in  bestimmter  Rede  nie  mit  dem 
Conjunct.,  sondern  mit  dem  Indicat.  des  Perfecti,  nicht  des  Plus- 
quamperf.  verbunden,  und  falsch  schrieb  daher  Jemand :  Demosthe- 
nes  simulatque  perplexe  titubans  dicere  coepisset  (für  coepit),  subito 
perturbatus  obmutuit.  Stellen  incorrecter  Schriftsteller  sind  ohne 
Auctorität. 

Simidanter,  zum  Scheine,  verstellt,  ist  Sp.  L.,  und  simulatorie  N.  //., 
für  simulate. 

Simulare,  vorgeben,  sich  stellen,  als  iväre  Etwas,  was  nicht  ist,  hat 
theils  den  blossen  Accnsat.  eines  Subst.  oder  Adject.  hei  sich,  theils 
einen  ^ccusativ.  tnit  dem  Infinit.;  z.  B.  simulo  amicitiam,  ich  gebe 
Freundschaft  vor ;  sitnulo  amictim,  ich  stelle  mich,  als  wäre  ich  ein 
Freund;  simulo  me  hoc  scire,  ich  thue,  als  wüsste  ich  das,  oder  simulo 
hu  jus  r  ei  non  ignarum.  —  N.  L.  ist  se  simulare  mit  dem  Accus,  eines 
Subst.,  Adject.  oder  Particip.,  da  zu  einem  me,  te,  se  u.  s.  vf.  nur  ein 
Infinit,  oder  esse  mit  einem  Praedicatsaccusat.  hinzutreten  kann,  z.  B. 
me  scire,  me  gnarum  esse.  Falsch  ist:  se  stullum  simulat,  er  stellt  sich 
thöricht,  für  se  stullum  esse  oder  blos  slultum  simulat,  ohne  se  und 
esse.  —  Wenn  übrigens  etwas  Verneinendes  folgt,  so  wird  dissiniulare, 
nicht  simulare  gebraucht;  z.  B.  er  stellt  sich,  als  wäre  er  nicht   krank 


729 

heisst  disshnulat  aegrum  oder  se  esse  aegr?im,  nicht  (wenigstens  wohl 
nur  selten)  shnulat  se  fion  esse  aegn/tn.  Vgl.  Dissimiilare. 

Sin,  wen7i  aber;  vgl.  Si.  —  Sp.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  wenn  aber 
nicht,  für  sin  minus;  mehrmals  findet  es  sich  so  bei  Hieronymus  in 
der  Vulgata. 

Sine,  ohne,  kann  ohne  einen  Ablat.  nicht  gebraucht  werden;  doch 
ist  der  Ablat.  des  Gertindii  ausgenommen;  z,  B.  ohne  %ii  empfinden, 
nicht  sine  sentiendo,  sondern  sine  sensu,  üeber  solche  Fälle  vgl.  ausser 
den  Grammatiken  meine  Anleit.  §.  517.  —  Falsch  ist  es,  sine  zu  setzen, 
wo  wir  z.  B.  sagen:  ohfie  was  in  der  Festung  war,  also  nicht:  sine  quod 
in  castello  erat,  sondern  praeterquajn  quod  —  und  so  bei  ähnlichen. 
—  Ueber  sine  mit  o?imis  verbunden,  vgl.  Omnis. —  Sine  nie  u.  dgl.  esset, 
in  der  Bedeut.  wäre  ich  nicht,  gebildet  nach  dem  alten  absque  nie  — 
esset,  ist  ohne  alte  Anctorität.  Vgl.  Absque.  —  Ungewöhnlich  ist  sine 
testamento  mori,  ohne  Testament  sterben,  für  intestato  oder,  auf  die 
Person  bezogen,  intestatus  oder  intestata  mori.  Zu  bezweifeln  sind 
auch  wohl:  sine  joco,  ohne  Scherz,  Scherz  bei  Seite,  für  extra  jocum, 
remoto  joco;  sine  meo  merito,  ohne  mein  Verdienst,  okfie  dass  ich  es 
verdiente,  für  fiullo  meo  merito  oder  ?wn  meo  merito.  Vgl.  Cic.  Sest.  17. 

Sinere,  lasse?i,  wird  so  wenig  wie  pati  in  Redensarten  gebraucht, 
wie  :  sich  abschrecken  lassen,  sich  überzeugen  lassen,  da  in  sinere  nur 
der  Sinn  von  zulassen,  gestatte?!,  geschehen  lassen  liegt,  was  bei  jenem 
lasseti  nicht  der  Fall  ist.  Daher  heisst  z.  B.  ich  lasse  mich  abschrecken, 
nicht  sino  nie  deterreii,  sondern  deterreri possum  oder  bios  deterreor ; 
er  Hess  sich  nicht  überzeugen,  nicht  sibi  persuaderi  non  sitiebat,  son- 
dern non  poterat.  Vgl.  Pati  und  Klotz  Sintenis  p.  123. 

Singillatim;  vgl.  Singulatim. 

Singularis  ist  in  der  Bedeut.  einzeln,  besonder,  abgesondert  gut 
und  KL,  und  kommt  selbst  im  Plur.  so  vor,  wiewohl  für  den  Plur. 
lieber  singuli,  ae,  a  gebraucht  werde.  Aber  N.  L.  ist  es  in  der  Be- 
deutung wunderlich,  seltsatn,  für  morosus,  difficilis.  Das  Adv.  singu- 
lariter  bedeutet  nur  ganz  besofiders ,  vorzüglich,  aber  nicht  einzeln, 
abgesondert,  was  separatim,  singillatim  heisst. 

Singulatim  ist  vielleicht  Sp.  L.  Form  für  die  wahrscheinlich  Kl. 
singillatim,  welche  bei  den  Bessern  jetzt  der  ersteren  vorgezogen 
wird.  Vgl.  Klotz  zu  Cic.  Tiisc.  V,  33,  94. 

Singuli,  ae,  a.  Nur  bei  Plautus  einmal  (singulum)  und  Sp.  L.  bei 
Gellius  (s««gM/o7 findet  sich  der  Sifigul.  dieses  Zahlwortes;  im  bessern 
Gebrauche  setzt  man  dafür  das  Adject.  singularis  oder  imns;  z.  B. 
ein  einzelner  Mensch,  singularis  homo  (Cic.  Agr,  II,  35, 97)  ;  keine  ein- 
zelne Sekte,  nulla  una  disciplina.  Wo  sich  aber  der  Begriff  der  Mehr- 
heit einmischt,  da  wird  fast  nur  sjwg^?/// gebraucht;  z.  B.  jede  einzelne 
Legion,  singulae  legiones,  nicht  singula  quaeque  legio.  Nicht  zu  billigen 
ist  es  daher  wohl,  wenn  man  (wie  dies  kürzlich  geschah)  sagt:  singu- 
lae fabulae  singulum  complebunt  volumen,  ita  quidem,  ut  singulo  qui 
egeant,  sifigulum  emere  possint  —  wo  überall  der  Plur.  richtiger 
wäre;  ebenso  an  einer  andern  Stelle:  ex  singulae  alicujus  philosophiae 
principiis,  wo  freilich  weder  singularis  noch  unius  zu  dem  Genit. 
philosophiae  passt.  Wo  wir  sagen:  alle  drei  Monate,  alle  fünf  Jahre, 
ist  s/«g?/// unrichtig;  man  sage  also  nicht:  si?igulis  tribus  me?isibus,  son- 
dern ierlio  quoque  mense ;  niclit  singulis  qmnqtie  annis,sonderu  quinto 


730 

qnoque  anno.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  224.  —  Aus  Hunderten  kaum 
Einer  möchte  wolil  nicht  durch  e  cenienis  vis  singu/i,  sondern  durch 
vis  ce?fiesim?ts  qm'sque  auszudrücken  sein. 

Sinister  werde  in  der  Bedeut.  ungünstig,  unglücklich  vermieden, 
da  es  melir  P.  L.  und  in  Prosa  nur  N.  Kl.  bei  Tacitus  und  dem  Jün- 
gern Ph'nius  vorkommt,  für  infeb's,  perversus;  noclj  weniger  können 
wir  es  in  der  Bedeut.  glvrktich,  für  felis,  fanstus,  brauchen,  da  es  in 
dieser  Bedeut,  nur  in  der  heih'gen  Sprache  der  Römer  vorkommt. 
Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  153  u.  ]67.  —  Das  adverbiale  sinistra,  im  Abi., 
bedeutet  nur  hnlis,  d.  h.  auf  der  linken  Seite,  nicht  linkshin,  nach  der 
linken  Seite  zu,  was  sinistrorsus  heisst ;  dort  wendet  sich  der  Fluss  links 
nach  den  Grenzen  der  —  heisst  also:  illic flumen  fleclit  sijiistrorsus  ad 
fines,  nicht  sinistra. 

Sifius,  der  Busen.  Man  braucht  zwar  in  alicujus  sinu  esse,  in  der 
Bedeut.  vo7i  Jemanden  geliebt  werden,  \md  Terenz  sagt:  in  alicujus 
si?m  gestari  in  derselben  Bedeut.,  neben  amari;  aber  gymnasium  in 
siim  gestare,  ein  Gymn.  lieb  und,  werth  haben  u.  dgl.,  ist  doch  wohl 
kaum  zu  billigen,  und  verräth  zu  viel  Künstelei.      % 

Sistere  steht  mit  und  ohne  se  in  der  Bedeut.  sich  stellen.,  sich  ein- 
fniden,  erscheinen.  Vgl.  die  Lexica  und  Schori  Phras.  p.  759. 

Sitire,  dürsten,  wird  mit  dem  Objecte,  ivornach  man  dürstet,  wie 
ein  Activ.  mit  dem  Accus,  verbunden,  aliquid,  nach  Etwas,  z.  B.  hono- 
res,  sanguinem;  aber  das  Partie,  sitiens,  dürsterid,  begierig,  wie  ein 
Adject.  mit  dem  Genit.  —  Ein  Superlat.  aber,  sitientissimus,  ist  ohne 
Beispiel;  dafür  sage  man  ardenter  sitiens. 

Situari,  gelegen  sein,  und  situatio,  die  Lage  (eines  Ortes),  sind  A^, 
und  B.  L.,  für  situm,  positum  esse;  situs,  positio;  gute  Lage  heisst 
opportunitas  loci. 

Sive ;  vgl.  Seu. 

Soboles,  der  Stamm  ;  vgl.  Suboles. 

Socielas  ist  nur  die  Gesellschaft,  die  FerÄmJ^/wg-,  gedacht  als  etwas 
Verbundenes  und  Vereinigtes,  aber  nicht  einzelne  Menschen,  welche 
zu  irgend  einem  Zwecke  irgendwo  versammelt  sind.  Solche  in  Con- 
creto bestehende  Zusammenkünfte  heissen  circulus  (Cic.  Orat.  I,  34, 
159),  coetxis  (il).  II,  57,  233.  R.  P.  I,  25),  conventus,  sodalitas,  con- 
gressio,  und  was  sonst  noch  passend  sein  wird,  wie  arbitri;  z.  B.  eine 
Gesellschaft  gehen  lasse7i,  arbitros  removere ;  auch  nianus  et gremium ; 
z.  B.  consenescebat  in  amantissimi  fratris  manibus  et  gremio,  i?i  der 
Gesellschaft  seines  liebevollen  Bruders  (Cic.  Cluent.  5, 13)  ;  in  grosser 
Gesellschaft  leben,  in  celebritate  versari; —  in  allen  diesen  Fällen  passt 
societas  nicht.  Falsch  ist  es  daher,  zu  sagen:  in  societatem  ire,  in  Ge- 
sellschaft gehen;  societatem  oder  societates  frequentare,  convenire ; 
nialae  societates  corrumpunt  bones  mores.  Barbarisch  ist  societas  scien- 
tiaruin,  eine  gelehrte  Gesellschaft. 

Sol,  Sonne,  für  Sonnenschein,  Tageslicht,  sonniger  Platz,  ist  in 
vielen  Verbindungen  gewöhnlich;  aber  obgleich  sol  meridianus  —  die 
Mittagssonne  heisst,  so  wird  doch  weder  dieses,  noch  lus  meridiana 
zur  Uebersetzung  von  sonnenklar  gebraucht.  Vgl.  Lux. 

Solamen,  der  Trost,  ist  nur  P.  L.,  für  solatium. 

Solare,  veröden,  verwüsten,  ist  nur  P.  L.  für  vastare,  vacuum  oder 
vacuefacere. 


731 

Solan,  trösten,  beruhigen,  ist  P.  L.,  steht  N.  Kl.  f)ei  Tacitns  und 
dem  jiingern  Plinius,  und  wird  nnr  mit  sachlichen,  nicht  mit  persona- 
len Siibjecten  verbunden;  man  brauche  nur  consolari. 

Solemnis,  solen?iis ;  v«:!.  SoUemnh. 

Solens  findet  sich  in  der  Bedeut.  gewöhnlich ,  nach  Getvohnheit  nur 
A.  L.  bei  Platitus  und  nachher  veraltet,  sowie  es  auch  als  Partie,  in 
der  Bedeut.  welcher  pflegt,  ungewöhnlich  ist;  man  brauche  inore  mit 
und  ohne  nieo,  t?io,  suo  ii.  s.w.  —  Im  JV.  L.  kommt  es  wieder  vor,  indem 
sogar  Graevius  (Cic.  OfF.  III,  8)  sagt:  ubi  omniaexscripsit, idque  so^ews, 
für  ?}iore  sno. 

Solidare  verbunden  mit  rationes;  vgl.  Consolidare. 

Solfdus  in  der  Bedeut.  grimdlich,  tief  eingehend,  A^m  flach  wntS. 
oberflächlich  entgegengesetzt,  und  besonders  von  eruditio  und  doclrina 
gesagt,  kommt  erst  im  N.  L.  vor; —  Kl.  braucht  man  es  theils  in  physi- 
schem Sinne,  in  der  Bedeut.  dicht,  gedrängt.  ?nassiv,  gediegen,  dem 
locker  und  hohl  entgegengesetzt,  theils  in  bildlichem  Sinne,  in  der 
Bedeut,  dauerhaft,  bleibe?id,  kräftig,  dem  vergänglich,  flüchtig,  eitel 
entgegengesetzt,' also  dem  inanis,  levis,  vanus,  mobilis,  fugax;  daher 
sagt  man  solidum  marmor,  solida  terra,  solidum  corpus;  solida  laus, 
gloria,  iitiWas  u.  a.  Aber  im  N.  L.  spricht  man  besonders  seit  Muret., 
welchem  vielleicht  schon  Andere  darin  vorausgegangen  waren,  von 
solida  eruditio,  solida  doctrina,  solide  doctus,  gründlich  gebildet  (Roland. 
Marcs.  Epist.  I,  46),  solida  scientia,  soliditas  eruditionis  oder  doctrinae, 
und  Poiret  schrieb  (Amst.  1707)  ein  Buch  de  eruditione  solida,  super- 
ßciosn  et  falsa;  J.  A.  Ernesti  eines  unter  dem  Titel:  Initia  doctrinae 
solidioris;  er  gebraucht  es  also  sogar  im  Comparat.,  obgleich  hier 
keine  Vergleichung  Statt  findet;  und  so  spricht  auch  Hemsterh. 
(Oratt.  p.  176)  von  doctrinae  solidioris  lumina.  —  Dagegen  verwerfen 
diesen  Gebrauch  des  Wortes  mit  Recht  Ruhnken,  F.  A.  Wolf,  Eich- 
städt,  Zumpt  u.  A.,  und  schlagen  dafür  accuratus,  subtilis,re(onditus, 
exquisitus  vor.  Ruhnken  sagt  zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  13  ed.  Ruhnk. 
(p.  119  ed.  Fr.),  wo  solida  theologorum  doctrina  steht:  Solida d od ri?ia 
iiy.rvor  est,  nee  Latinis  usitatum,  ut  mirer  elegantissimum  librnm,  quo 
philosophiae  elementa  traduntur,  ab  Ernestio  inscriptum  esse  Initia 
solidioris  doctrinae.  Doch  hatte  Ruhnken  selbst  früher  mehrmals  sich 
so  ausgedrückt.  Vertheidigt  wird  es  von  Aug.  Matthiae  (Exempla  eloq. 
lat.  p.  J85)  durch  solida  gloria  und  solida  utilitas,  welche  aber  nicht 
gerade  damit  zu  vergleichen  sind.  Man  vgl.  noch  Frotscher  zu  Muret.; 
Jahrb.  1827.  II,  p.  326.  R.  Klotz  in  den  Jahrb.  1832.  I,  p.  90  —  93  und 
W  eber's  Uebungssch.  p.  85.  —  Ausserdem  bemerkt  Grysar  (Theorie 
p.  377),  dass  gründliche  Gelehrsamkeit  heisse  doctrina  exqaisita ; 
gründlich  dispntiren,  subtiliter  disputare,  disserere;  ein  gründlich 
geschriebenes  Buch,  liber  accurate  oder  diligenter  perscriptus.  — 
Gründlich  liegt  auch  in  per,  z.  B.  perdiscere,  gründlich  lernen.  — 
Endlich  verwirft  Zumpt  auch  solida  virtus  (was  Ruhnken  im  Elog, 
Hemst.  gebraucht  hatte),  indem  er  sagt:  Solida  virtus  ist  bedenk- 
lich; denn  solidus,  7nassiv,  steht  dem  inayiis,  hohl,  entgegen,  und  be- 
deutet also  tropisch  ivohlbegrÜ7idet,  dauerhaft,  welchem  eitel  ent- 
gegensteht. 

Soliloquium,  ein  Selbstgespräch,  ein  Gespräch  mit  sich  allein,  findet 
sich  erst  Sp.  L.  bei  Augustin.;  man  sage  dafür  etwa  sermo  secum  ipso 


732 

habilus,  wie   Cic.    (Tusc.  II,  22,  52)    das   stille   H er zensge sprach  — 
sermo  iiitimus,  cum  ipse  secum  (aliquis  lotjuitur)  nennt. 

Sofäus  ist  als  Adject.,  in  der  Bedeut.  gewohnt,  fast  nur  P.L.;  häu- 
figer kommt  dafür  co?isuetus  vor.  Alter  N.  L.  und  ohne  alle  alte  Auc- 
torität  sind  solito  more  und  consueto  more,  welche  im  N.  L.  oft  vor- 
kommen, für  more  mit  und  ohne  meo,  tuo,  suo  u.  s.  w.,  oder  utnws  est. 
Solito  more  findet  sich  sogar  bei  3Iuret.  (V.  L.  XIII,  12)  und  oft  bei 
iVolten  (im  Antibarbarus).  —  Sp.  L.  ist  auch  solite.  Vgl.  auch  oben 
Consuetus. 

Solitwi,  was  nur  einen  grossen  Lehnsessel  bedeutet,  ist  in  der  bild- 
lichen Bed.  Thron,  d.  h.  Reich,  Herrschaft,  nur  P.  L.  für  Imperium. 

Sollennis  (sollemnis,  sohfiuis,  solemnis),  eigentlich  alljährlich,  be- 
sonders bei  Festen  und  Spielen,  gleich  dem  Adj.  ajiniversarius,  nach- 
her im  Allgemeinen  festlich,  feierlich,  kann  in  der  Bedeut.  gewohnt, 
gewöh?dich,  üblich  nicht  wohl  verworfen  werden;  nur  brauche  man  es 
nicht  falsch.  Man  sage  also  z.  B.  für  haec  vox,  hoc  vocabidum,  kaec 
loquendi  formida  sollemnis  est  Ciceroni,  dieses  JVort  ist  bei  Cicero  ge- 
wöhfdich,  lieber:  est  in  usu  Ciceronis,  zisitata  Ciceroni, frequens  oder 
trila  (contrita)  apud  Cicero?ie?n^  hac  voce  frequenter  utilur  Cicero.  Vgl. 
Weber's  Uebuiigssch.  p.  345.  —  üebrigens  heisst  das  Fest  theils  im 
Sing,  sollemne,  theils  (vielleicht  bei  einem  grossen  und  mehrtägigen) 
im  Plur.  sollemnia,  wozu  auch  noch  sacrum  und  sacra  hinzutreten  kann. 

Solletmitas  (sollem?iitas),  die  Feierlichkeit,  Festlichkeit,  ist  erst 
Sp.  L.,  höchst  selten  und  nicht  wohl  nachznbranchen,  für  sollcnne 
oder  sollennia,  oder  umschrieben  durch  celebratio  oder  das  Verb. 
celebrare. 

Sollicitatio  kommt  nur  in  der  Bedeut.  Aufwiegelung  vor,  nie  in  der 
Bedeut.  Bekünimerniss,  wie  im  N.  L.,  für  sollicitudo. 

Sollicitiis,  was  mit  sollicitatus,  aufgeregt,  aufgewiegelt,  nicht  zu 
verwechseln  ist,  bedeutet  bekimimert,  und  das  Object,  um  was  man 
bekümmert  ist,  wird  Kl.  mit  de  oder  pro  verbunden,  N.  Kl.  mit  circa; 
wohl  nie  aber  mit  causa,  ob  oder  propter. 

Solstitium  ist  Kl.  die  Son?iemvende  oder  der  Sonnenstillstand  zur 
Bezeichnung  des  längsten  Tages,  welcher  daher  dies  solstitialis  hiess; 
N.  Kl.  auch  die  Sonnenwende  zur  Bezeichnung  des  kürzesten  Tages, 
mit  dem  Beisatze  brumale  oder  hibernum,  wofür  Kl.  nur  bruma  ge- 
sagt wurde;  daher  unterschied  man  N.  A'/.  jenes  solstitium  durch  den 
Zusatz  aestivum  von  dem  letztern.  Vgl.  Giese  z.  Cic.  Divin.  II,  14,  33. 

Solum,  der  Bode?i,  ist  in  Verbindung  mit  Adj,,  wie  natale,  genitale, 
der  Geburtsboden,  das  Geburtsland,  nur  P.  L.,  für  solum  patriae  oder 
patrium  oder  blos  terra  (mea,  tua  — ),  oder  nach  Cic.  (Leg.  II,  2) 
solu7n  in  quo  ortus  et  procreatus  sum.  Vgl.  Weber's  Uebnngssch.  p.  5. 

Solum,  allein,  nur,  tritt  als  Adv.  nie  zu  einem  Zahlworte  hinzu, 
wohl  aber  als  Adj.,  oder  dafür  tantum;  z.  B.  nur  zwei  Menschen,  soli 
duo  homines  oder  tantum  duo  hom.,  nicht  solum  duo  hom.  Vgl.  Reisig's 
Vorlesung,  p.  434.  —  Das  aus  solum  und  modo  zusammengesetzte 
solu7nmodo,  in  derselben  Bedeut.,  /^^/r,  ist  so  selten,  dass  es  nicht  ver- 
dient, gebraucht  zu  werden;  dennoch  findet  man  es  im  N.  L.  sehr 
häufig.  Es  beruht  nur  auf  einer  einzigen  (vielleicht  noch  zweifelhaften) 
Stelle  des  altern  Plinius  (XXXIV,  8,  19,34,  nicht  92,  wie  Freund 
meint)  und  auf  der  Auctorität  eines  Sp.  L.  Juristen.    Man  brauche 


733 

dafür  die  häufig  vorkommenden  Wörter  tantum,  solum,  diintajcat^ 
viodo,  tantnmmodo.  Vgl.  aucli  Vorst.  lat.  mer.  susp.  p.  265  u.  Reisig's 
Vorles.  p.  300. 

Solummodo ;  vgl.  unter  Solum. 

So/us,  a,  tim.  In  der  Verbindung  nicht  allein-  sondern  auch  leh- 
ren Einige,  dürfe  nur  7ion  solum  -  sed  etiam  stehen,  aber  für  das 
Adverb,  sohwi  nie  das  x\dject.  in  Bezug  auf  sein  Subst.  Das  Ge<Ten(lieil 
beweisen  einige  sichere  Stellen,  z.  B.  Cic.  Lael.  27,  102  nee  mihi  soli 
(nicht  solum)  versatur  ante  oculos  — ,  sed  etiam  posteris  erit ;  Cat. 
23,  83  neque  vero  eos  solos  (nicht  solum)  convenire  aveo,  sed  etiam 
illos  u.  a.  Vgl.  Klotz  z.  Cic.  Lael.  p.  137.  —  Man  merke  noch,  dass, 
wenn  wir  sagen:  das  blosse  haben  iDollen,  der  Lateiner  ebenso  sagt: 
solum  habere  velle  (Cic.  Tusc.  IV,  26,  56). 

Solutio  bedeutet  zwar  Zahlung,  Bezahlung ;  aber  der  Zahlungs- 
tag, Zahbingstermin  hiess  wohl  nie  dies  solutionis,  sondern  entweder 
pensio  oder  dies  pecuniae  (Liv.  XXXIV,  6.  Colum.  I,  7). 

Solvere,  lösen,  verbindet  man  zwar  in  Beziehung  auf  Schiffe  mit 
navem.,  naves,funem  navis,  aber  nach  Casaubonus  (z.  Cic.  Att.  1, 13, 1) 
nicht  mit  ancoram  (Anker),  indem  der  Schifferausdruck  sei;  ancoram 
tollere  (Caes.  B.  G.  IV,  23.  B.  C.  1, 31 ;  II,  22)  ;  daher  müsse  bei  Cicero 
für  ancora  soluta  gelesen  werden  anc.  sublata.  Mag  dies  auch  richtig 
sein,  so  kann  man  doch  auch  mit  Orelli  annehmen,  dass  sich  Cicero, 
wie  auch  sonst  wohl,  in  dem  Kunstworte  geirrt  habe.  Demnach  ist 
ancoram  solvere,  als  dem  Worte  nach  falsch,  zu  verwerfen,  für  ancoram 
tollere.  —  Solvere  ßdem  bedeutet  sein  Versprechen  nicht  halten,  bre- 
chen, aber  nicht,  wie  es  im  N.  L.  gebraucht  wird,  ei7i  Versprechen,  ein 
gegebenes  Wort  halten,  -Wcisfidem  absolvere  oder  essolvere, promissum 
oder  Votum  solvere  heisst.  Wenn  solvere  —  zahlen,  bezahlen  bedeutet 
so  steht  als  Accus,  nur  die  Geldsumme  dabei,  nicht  das,  wofür  man 
Etwas  bezahlt,  was  wir  im  Deutschen  ebenfalls  in  den  Accus.  z\i  setzen 
pflegen;  z.  B.  ein  Haus,  einen  Acker,  einen  Garten,  ein  Buch  u.  dgl. 
bezahlen;  der  Lateiner  sagt  hier:  pro  domo,  pro  agro,  pro  horto.  pro 

libro  —  ?iumos,  aes,  pretium  —  solvere.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.605. 

Ueber  solvere  und  dissolvere  pecuniam  vgl,  oben  Dissolvere.  —  End- 
lich merke  man,  dass:  Etwas  durch  Jemariden  auszahlen  lassen  heisst; 
solvere  ab  aliquo,  und  gleich  b aar  auszahlen,  repraesentare.  Vgl.  Gronov. 
de  pecun.  vet.  L.  I,  c.  6. 

Somniare,  träumen;  —  von  Ettvas,  theils  de  aliqua  re,  theils  ali- 
quid;  z.B.  bei  Cic.  (Divin.  11,65,134):  nemo  umquam  alius  oviim 
(von  einem  Eie)  somniavit,  aber  ib.  66  u.  67  de  illo. 

Somnium,  der  Traum,  ist  dasjenige  selbst,  was  man  träumt;  wo  wir 
aber  sagen:  Etwas  im  Traume,  d.  h.  m  Schlafe  sehen,  sagt  man  nicht 
i?i  somnio  aliquid  videre,  sondern  in  somtiis,  per  somnum, per  quietem. 

Somnolejitus  (sotnnulentus),  schläfrig,  und  somnolentia  (somnulen- 
tia),  die  Schläfrigkeit,  sind  Sp.  L.  für  somniculosus,  som?io  deditus, 
und  bildlich  segnis,  lentus,  languidus;  languor,  desidia,  oscitatio  u.  d-^l 
Vgl.  zu  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  418.  " 

Sonare  hat  immer  den  Begriff  von  Klang  und  Ton,  und  ist  daher 
N.  L.,  wo  unser  lauten  blos  für  sein  steht;  z.  B.  die  Worte  lauten  so, 
d.  h.  sind  folgende,  nicht  ita  sonant,  sondern  haec  sunt,  ita  se  habent. 
Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  224.  Richtig  ist  es,  findet  sich  aber 


734 

sehr  selten  in  dein  Sinne  von  bedeitte??^  nahen  den  gewöhiiliclien  s;^??i- 
ßcare  und  indicnre. 

Sojior,  der  Rlang,  Tim,  ist  P.  L.,  und  steht  in  Prosa  nur  bei  Tacitus, 
für  sonns  oder  soTittns. 

Sonor  US,  klingejid,  tönend,  to/irei'ch,  ist  nur  P.  L.  für  ca?iorus ;  da- 
her heisst  eine  helle,  klmig-  oAev  tonreiche  Sliimne  —  vox  canora,  niclit 
sonora.  —  A^.  L.  ist  sonoritas,  der  helle  Klang,  für  canorum  (Neutr.). 
Sonns  bedeutet  zwar  Ton,  Klang,  aber  nirg^ends  findet  es  sich  in 
der  Bedeut.  Beloming  eines  Wortes  in  einer  Rede,  welche  von  der 
Sylbenbetonung-  (accenius)  verschieden  ist.  Gottfr.  Hermann  schlägt 
vocidatio  dafür  vor,  was  zu  Cicero's  Zeiten  Betonung  bedeutet  zu 
haben  scheint.  Es  wird  aber  nur  einmal  gelegentlich  bei  einem  spätem 
Schriftsteller  erwähnt;  Cicero  spricht  nie  davon;  doch  fehlt  uns  ein 
besseres  Wort.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  806. 

Sophisma,  der  Trugschluss,  die  spitzfindige,  verfängliche  Rede  oder 
Frage,V.omviii  bei  Cicero  noch  griechisch  vor;  später  wurde  es  als 
Kunstwort  in  der  Dialektik  aufgenommen  und  als  solches  ist  es  auch 
beizubehalten;  sonst  sage  man  dafür  captio,  captiu?icula,  captiosa  in- 
terrogatio,  fallax  conclusiuiiciila,  cavillatio. 

Sophista,  nach  dem  Griech.  sophistes,  welches  üblicher  gewesen 
zu  sein  scheint,  hat  im  Accus,  entweder  sophistam  oder  Sophisten,  aber 
nicht  sophistem,  was  man  im  N.  L.  bisweilen  findet.  Vgl.  Scholiasies. 
Sopor,  der  Schlaf,  Schlummer,  ist  fast  nur  P.  L.  für  somnus. 
Sordes,  Schmutz,  Niedrigkeit,  Geiz,  kommt  selten  im  Sing.,  fast 
nur  im  Plur.  vor,  was  man  beachte.  Vgl.  Gottfr.  Seebode's  Scholien 
zu  Horaz  Heft  I.  Gotha,  1839.  —  Das  ^.  L.  sordiludo  findet  sich  bei 
Plautus;  N.  L.  aber  ist  sordities. 

Sors  ist  nur  das  Jemanden  zugefallene  Loos  oder  Schicksal,  nie 
das  Glück,  wie  es  im  N.  L.  bisweilen  iür  fortuna  secu7ida  gebraucht 
wird ;  daher  heisst  auch  das  Kriegsglück,  nicht  sors  belli,  sondern 
fortuna  belli. 

Sortiri,  loosen ;  —  um  Etwas,  Kl.,  aliquid,  z.  B.  provincias,  um  die 
Provinzen  (Cic.  Att.  1, 13,  5),  duas  Gallias,  um  die  beiden  Gallien  (ib. 
I,  19,  2)  ;  A^.  Kl.  de  aliqua  re  (bei  Tacitus,  Sueton.  u.  A.),  z.  B.  de  al- 
tera consulatu.  —  Nur  selten,  aber  schon  bei  Livius  und  nachher  bei 
dem  Jüngern  Plinius,  steht  es  in  der  allgemeinen  Bedeut.  erhalten, 
erlangen,  was  man  nicht  nachahme;  man  sagt  dafür  «a//mc?.  Ruhnken 
behauptet  sogar  gegen  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  441  ed.  Ruhnk.) :  Sor- 
tiri pro  7iancisci  non  est  melioris  aetatis. 

Sospes,  und  im  Fem.  sospita,  ist  in  activem  Sinne^  rettend,  erhaltend, 
nur  ^.  L.,  und  erhielt  sich  so  in  Beiwörtern  von  Göttern  und  Göttin- 
nen, welche  Retter,  Retteritmen,  Erhalter,  Erhalterinnen  genannt 
^  wurden.  Dagegen  kommt  es  in  passivem  Sinne,  gerettet,  erhalten,  zwar 
nicht  Kl,  aber  doch  seit  Livius  oft  N.  Kl.  bei  den  besten  Schriftstel- 
lern vor,  und  kann  neben  salvus  und  incolumis  recht  wohl  angewandt 
werden;  aber  nicht,  wie  es  Ruhnken  (Opusc.  T.  I,  p.  105)  gethan  hat, 
in  activem  Sinne,  ohne  dass  er  von  einem  Gotte  oder  einer  Göttin 
spricht.  Er  nennt  nämlich  die  ars  medica  —  iilam  humanae  vitae  sospi- 
tam  et  conservatricem,  was  sich  kein  alter  Redner  erlaubt  hat.  — 
Ebenso  sind  auch  die  Sp.  L.  sospitator  und  sospitatri.r  nur  Beiwörter 
von  Göttern  und  Göttinnen,  und  bei  den  christliclien  Schrifistcüern 


735 

ist  ersteres  ein  Beiwort  Jesu  Christi,  als  unseres  Heilandes  und  Selig- 
machers;  dafür  ist  es  eine  gute  Heneiuiung.  \gl.  Salvalor.  —  Aber 
gegen  allen  alten  Gebrauch  ist  es  (was  im  N.  L.  oft  vorkommt),  es  im 
gewöhnh'chen  Sinne  zu  nehmen  und  einen  glücklichen  Kritiker  oder 
einen  um  seinen  Schriftsteller  wohlverdienten  Herausgeber  so  zu 
nennen,  wie  z,  B.  J.  Fr.  Gronov  sehr  häufig  Livii  sospitator,  und  JN'ic. 
Heinsius  —  Ovidii  et  aliormn  poetarum  sospitator  genannt  werden. 
Diesen  Gebrauch  des  Wortes  sospitator  verwirft  auch  Wolf  (Analect. 
I,  p.  488).  Man  sage  ganz  einfach :  optiine  de  Livio,  de  Ovidio  —  ?neritus. 
—  ^.  und  Sp.  L.  ist  endlich  auch  das  Adj.  sospitalis,  heilsam,  für 
salutaris,  und  Sp.  L.  das  Subst.  sospitas,  das  Heil,  IVohl,  für  saltis. 

Spargere.  Man  sagt  zwar  Ä7.  spargere  rumores  (Cic.  Dejot.  8), 
al)er  nicht  spargere  sermofies,  Reden  ausbreiten,  für  disseminare, 
diffundere,  dissipare ;  noch  weniger,  was  Muret.  (Oper.  T.  1,  p.  433) 
zu  sagen  gewagt  hat ^  funer a  in  hostes  spargere;  dies  ist  nur  P.  />., 
aber  nicht  prosaisch. 

Sparsim,  zerstreut,  ist  Sp.  L.  für  disperse  und  (in  ausgedehnterem 
Sinne)  diffuse  (nicht  fuse). 

Sparta  ist  wohl  IVarae  einer  griechischen  Stadt,  aber  in  der  bild- 
lichen Bedeut.  Amt,  Geschäft  kommt  es  nirgends  bei  einem  guten 
Lateiner  vor.  Dennoch  findet  es  sich  im  N.  L.  oft  gebraucht;  mit 
Recht  hat  es  also  Freund  in  dieser  Bedeutung  gar  nicht  in  sein  Lexicon 
aufgenommen.  Bei  Cicero  kommt  es  griechisch  zweimal  vor:  Att.  IV, 
6,  2  vollständig  als  Sprichwort:  Snäoxav  tXayeg.,  laviav  y,6aufi,  und 
ib.  1,20,3  nur  ^'nüuic.v, — jenes  aber  ist  ein  Vers  des  Euripides 
(Dir  ist  Sparta  ziigefallen,  ehre  es),  welcher  nachher  fast  zum  Sprich- 
worte wurde,  mit  dem  Sinne:  mache  deinem  Vaterlande  Ehre  oder 
sorge  für  das,  was  dein  ist, nicht  für  Fremdes.  WunderlicJi  hat  man  aber 
Sparta  im  N.  L.  ohne  Fug  und  Recht  in  der  Bedeut.  von  partes  oder 
munus  gleichsam  eingebürgert,  und  afFectirende  Schriftsteller  haben 
es  bei  uns  so  gebraucht,  z.  ß.  Manut.  (Epist.  IV,  5.  Casaub.  Praef. 
Athen,  p.  XIII.  ed.  Lips.):  ad  hanc  orna7idam  spartam  (Spartam); 
Ilemsterh.  Oratt.  p.  143;  Heyne  (Praef.  T.  III.  Virg.):  cwm /;/7V/<?/?/j 
spartam  hatte  susciperetn,  und  so  noch  Andere,«  welche  ihre  Gelehr- 
samkeit zeigen  wollten.  Mit  Recht  sagt  Sauppe  (im  Orell.  Cicero  Vol. 
VIII,  p.  91,  im  Index  graeco-lat.)  bei  Erklärungjenes  griech.  Verses: 
Postea  elegantiarum  venatores  male  seduli  (die  unzeitigen  Eleganzen- 
Jäger)  vocabulo,  quod  est  Sparta,  fere  pro  eo,  quod  est  partes  utun- 
tur,  ita  ut  dicant:  Spartam  suam  tueri,  hanc  alii  Spartam  relinquere 
(einem  Andern  dieses  Aint  zurücklassen),  Spartas  distribuere.  —  Dies 
möge  hinreichen,  um  von  dem  Gebrauche  dieses  nicht  lateinischen 
Wortes  abzuhalten. 

Spartanus  kommt  selten  als  Subst.  vor,  der  Spartatier,  und  ist 
kaum  zu  brauchen  für  Spartiates  oder  Laco ;  auch  als  Adject.  ist  es 
mehr  P.  L.,  für  Lacedaemonizis.  Das  Fem.,  die  Spartanerin,  heisst 
nicht  Spartana,  sondern  hacaena.  Vgl.  Lacaenus. 

Spasmus,  der  Krampf,  wurde  unnöthig  von  dem  altern  Plinius  aus 
dem  Griech.  genommen,  für  convulsio. 

Spatiosus,  geräumig  u.  a.,  ist  erst  N.  KL  und  mehr  P.  L.,  für 
amplus,  magmis. 

Specialis  und  specialiter,  insbesondere,  sonderlich.,  speciell,  abge- 


736 

sondert,  einzeln,  kommen  erst  N.  Kl.  bei  Celsus,  Columella,  Seneca 
und  Quintilian.  vor,  aber  nie  beim  jiingern  Plinius,  als  Gegensatz  von 
generalis,  generatim,  generaliler.  Es  ist  übrigens  niclit  zu  verwerfen, 
wiewolil  Kl.  dafür  singularis,  praecipuus,  proprius,  und  als  Adv.  sin- 
gillatim,  separatim  (Cic.  Off.  II,  10,  6),  proprie,  nominatiin  (Cic.  Att. 
I,  6)  gesagt  wird.  So  setzt  Cic.  (Att.  V,  2,  1)  dem  universe  mandare, 
allgemeine  Aufträge  gehen,  das  proprie  mand.,  besondere  Aufträge 
geben,  entgegen ;  auch  sagt  er  (Verr.  V,  55,  143)  :  singillatim  potius, 
quam  generatini  atque  nniverse  loquar;  an  einer  andern  Steile  steht 
separatim  dem  communiter  entgegen.  Vgl.  auch  Generaliter.  —  N.  L. 
ist  specialis  in  der  Bedeut.  vertraut,  z.  B.  amicus  specialis,  für  ami- 
cissimus,  familiaris,  i?itimus.  —  Sp.  L.  ist  speciatim,  was  vorVictorius 
auch  in  Cic.  orat.  post  red  it.  in  sen.  8,  2l  für  das  von  ihm  aufge- 
nommene separatim  stand,  zu  welcher  Stelle  F.  A.  Wolf  zu  verglei- 
chen ist.  Vgl.  ausserdem  Anm.  zu  Mureti  Oper.  T.  I,  p.  242  und  Reisigs 
Vorles.  p.  206. 

Species,  die  Art,  Abart,  Unterart,  ist  schon  Kl.  Kunstwort  in  der 
Rhetorik,  Dialektik  und  Topik,  wann  neralich  Art  dem  allgemeinen 
Gattung,  Geschlecht  (genus)  entgegensteht,  wiewohl  Cicero  auch 
pars  und  forma,  mit  und  ohne  generis,  dem  genus  unterordnet,  wie 
Invent.  I,  23.  Flu.  II,  9;  und  statt  der  von  ihm  gemissbilligten  und  ver- 
worfenen Formen  specierum  und  speciebus  sagt  ex  formarum  und /or- 
mis.  — Bei  Varro  steht  oft  (z.  B.  R.  R.  I,  9,  3)  genera  —  species.  — 
Wo  aber  Art  nicht  Unterabtheilung  von  Gattung  (genus)  ist,  passt 
auch  nicht  species,  oder  je  nachdem  das  eine  oder  das  andere  passt, 
die  Wörter  genus,  ordo,  pars.  So  nennt  Cicero  die  verschiedenen 
Arte?i  oder  Klassen  von  Menschen,  aus  denen  Catilina's  Anhang  be- 
stand, genera  horainura;  auch  sagt  er:  es  omni  gener e  hominum,  aus 
allen  Klassen  vot^  Metischen.  —  Wiewohl  aber  Plinius  in  seiner  Na- 
turgeschichte zwar  genera  animalium,  aber  keine  species,  z.  B.  avium, 
piscium,  kennt,  ja  auch  keine  classes,  so  bleibt  doch  heutzutage  die 
Terminologie  classes,  genera,  »pecies  untadelhaft.  Vgl.  Classis.  —  In 
der  Bedeut.  Schein  hat  species  aber  nie  das  Beiwort  externa  bei  sich, 
während  wir  oft  von  einem  äusser?i  Scheine  sprechen;  der  Lateiner 
denkt  dies  immer  schon  bei  dem  Worte  species  hinzu,  und  versteht 
darunter  die  Aussenseite.  Daher  verwirft  Raschig  (Progr.  p.  26)  mit 
Recht  den  Ausdruck  species  externa  rei.  -;—  N.  L.  ist  species  facti,  für 
narratio  rei  gestae ;  ebenso  die  Redensart  in  specie,  in  der  Bedeut.  ins- 
besondere, als  eine  Art  von  Adv.  Vgl.  unter  Specialis. 

Specimen  ist  das,  woraus  Etwas  ersichtlich,  erke?mbar  ist,  ein  Be- 
weis, ein  Ken?izeichen,  z.  B.  specimen  ingenii,  ein  Kennzeichen  von 
Verstand;  populär isjudicii,  von  Urtheilsfähigkeit  des  Volkes,  —  und 
so  mit  ähnlichen  Genitiven.  Doch  können  nicht,  wie  es  im  N.  L.  sehr 
häufig  geschieht,  Genitiven,  wie:  notarum,  annotationum,  novae  edi- 
tionis  dazu  gesetzt,  und  noch  viel  weniger  kann  eine  Schrift  —  spe- 
cimen, sei  es  theologicum,juridicum,philologic?im  oder  wie  sonst,  ge- 
nannt werden;  für  diesen  Gebrauch  findet  sich  nirgends  eine  Aucto- 
rität.  Lächerlich  ist  es  daher,  Schülerarbeiten  und  Schüleriibungen, 
welcher  Art  sie  seien,  specimina  zunennen,  um  so  mehr,  da  das  Wort 
im  Lateinischen  nie  im  Plur.  vorkommt,  und  meistens  sogar  den  Be- 
griff von  Muster,  Vorbild,  Ideal  enthält,  worauf  es  Klotz  (zu  Cic. 


737 

Tiisc.  I,  14.  p.  41)  zu  eng  zu  beschränken  scheint.  Diese  letztere  Ue- 
deutuug  tritt  allerdings  z.  B.  in  Cic,  Tusc.  V,  19,  55  scharf  hervor, 
wo  von  Caesar  gesag-t  wird :  ^V^  C.  Caesare  mihi  videtur  specimen  (ein 
Ideal)  fufsse  hamajiitatis,  salis,  suavitatis,  leporis.  —  In  der  gevvölin- 
lichen  Bedeut.  Beweis,  Probe  passt  eher  dociimentum,  bisweilen  si- 
gnum,  indicium.  Aber  schwer  möchte  es  (nach  Dietrich  in  einer 
brieflichen  Bemerkung-)  sein,  für  unser  Proheschriß  einen  Rl.  Aus- 
druck zu  finden,  indem  die  von  Zurapt  (Aufgab,  p.  227)  angegebenen 
indicium,  Signum,  dociimentum  offenbar  noch  unpassender  seien,  als 
specimen.  Man  gebrauche  daher  das  Wort  vorsichtig  und  nie  ohne 
einen  passenden  Genit.,  nie  auch  im  Plur.  Vgl.  Raschig  Progr.  p.  24. 
Klotz  z.  Cic.  Tusc.  p.  41  und  Wüsteraana  z.  Doering  Comment. 
p.  11)3. 

Spectaculum  ist  zwar  ein  Schauspiel,  aber  nur  insofern,  als  man  es 
sieht,  nicht  aber  insofern,  als  man  es  hört  und  liest,  also  kein  geistiges, 
kein  Trauer-  oder  Lustspiel;  dafür  wird  das  allgemeine /ff6?//ö  und  die 
besondern  tragoedia  und  comoedia  gebraucht.  —  B.  L.  ist  z.  B.:  Plautus 
multa  spectacula  scripsit,  für  fabulas  oder  comoedias ;  ein  Schauspiel- 
dichter heisst  nicht  spectaculorum  scriptor,  sondern  poeta  scejiicus. 

Spectare,  Etwas  sehen,  einer  Sache  zusehen.,  wird  mit  dem  Accus, 
verbunden;  z.  B.  spectare  ludos,  den  Spielen  zusehen;  nach  Etwas 
hinsehen  und  bildlich  (von  einem  Orte)  nach  Etwas  hin  gerichtet 
sein,  liegen,  wird  meistens  durch  ad  oder  iti  aliquid,  selten  durch  ali- 
quid ausgedrückt;  z.  B.  nach  ßlorgen,  ad  oder  in  orientem;  auf  Etwas 
sehen.  Etwas  im  Auge  oder  zum  Zweck  haben,  beabsichtigen  (also 
ebenfalls  bildlich)  wird  auch  meistens  durch  ad  aliquid,  seltner 
durch  den  blossen  Accus,  ausgedrückt;  —  ebenso  in  der  Bedeut.  be- 
treffen, auf  Etwas  Bezug  haben ;  Einen  nach  Etwas  beurtheilen  heisst 
aliquem  ex  aliqua  re  spectare  (Cic.  Tusc.  V,  10,  31).  —  N.  L.  aber 
ist  es  in  der  Bedeut.  Einem  zugehören.  Jemandes  Eigenthum  sein,  wie 
man  oft  in  Büchern  von  den  Besitzern  eingeschrieben  findet:  hie  liber 
ad  me,  ad  aliquem.  spectat,  dieses  Buch  gehört  mir,  für  meus  est,  ali- 
cujus  est.  Vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  Q^.  Vorst.  latin.  raer.  susp.  p.  138. 

Speculatio  findet  sich  nur  in  der  Bedeut.  Ausspähung,  Auskund- 
schaf tung  ganz  Sp.  L.,  sonst  in  keiner  andern  Bedeutung;  dafür  setze 
man  das  Verbum  speculari  oder  e.xplorare,  und  in  geistiger  Bedeut. 
contemplatio,  investigatio  u.  a.  Vgl.  Sciopp.  de  stylo  p.  70. 

Specus  kommt  selten  in  Prosa  vor  in  der  Bedeut.  Höhle,  Grotte, 
für  spelunca. 

Sperare,  hoffen,  hat  als  Object.  selten  den  Accus,  eines  Subst.  bei 
sich,  z.  B.  victoriam,  adventum,  aber  oft  JNeutra,  wie  omnia.^  meliora, 
7iihil  u.  dgl. ;  meistens  folgt  ein  ganzer  Satz  im  Accus.  7nit  dem  Infinit. 
Dieser  Infinit.,  wenn  es  etwas  Künftiges  ist,  muss  durchaus  der  des 
Euturi  sein;  z.  B.  ich  hoffe  auf  deine  baldige  Ankunft  oder  dass  du 
bald  kommst,  d.  h.  kommen  werdest,  te  spero  quamprimum  venturum, 
nicht  venire.  —  Die  Verbindung  spero,  ut  —  beruht  theils  auf  fehler- 
haften Stellen,  theils  auf  solchen,  in  denen  der  Schriftsteller  neben 
der  Hoffnung  noch  mehr  die  Absicht  des  Hoffenden  hervorheben 
wollte,  was  in  der  Art,  wie  es  die  Neuern  anwenden,  nicht  immer  der 
Fall  ist.  Vgl.  Held  zu  Caes.  B.  C.  III,  85,  2  u.  Liv.  XXXIV,  27.  — 
A.  L.  ist  es,  das  einfache  spero  so  zu  brauchen,  dass  der  dazu  ge- 

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738  .  > 

hörige  Satz  iiiiabhäng^ig  von  spero  ist  und  in  gerader  Rede  steht,  wo 
in  guter  Prosa  nur  iit  spero  gebraucht  wird;  man  sage  also  nicht:  ad 
me,  spero,  quamprimuiu  venies,  sondern  zit  spero. 

*  Wenn  Cic.  (Q.  fr.  I,  4,  3)  gleichwohl  sagt;  de  novis  tribunis  plcbis  est 
ille  quidem  in  me  ofticiosissinjus  Sestius,  et  spero  (und  wie  ich  hojf'e)  Cuisius, 
Milo  — ,  so  mag  es  wohl  et,  ut  spero  heissen  müssen.  Eine  andere  Stelle  kenne 
ich  nicht. 

Spernere,  verachten,  zurückweisen,  verschmähen^  bezieht  sich  im- 
mer auf  etwas  Unnützes,  Schädliches,  Böses;  daher  tadelt  Lambin. 
(Epist.  15,  in  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  127)  den  Muret.,  dass  er  vitam 
pro  patri'a  spernere  (für  contemnere)  gesagt  habe. 

Spes,  die  Hoffnung.  Ganz  Sp.  L.  und  dalier  durchaus  zu  vermeiden 
sind  die  Formen  des  Genit.  spernm  und  des  Dat.  und  \h\.spebus.  Uebri- 
gens  ist  KL:  in  spe  esse,  in  Hoffnung  sein,  Hoffnung  hegen,  habefi,  wo- 
für auch  i?i  spem  adduci  und  adduci,  ut  quis  speret  gesagt  wird. 

Spha/ma,  der  Fehler,  besonders  Druckfehler,  wurde  erst  \mN.L. 
unnöthig  aus  dem  Griech.  genommen,  für  Vitium,  mendum. 

Spicilegiu7n,  die  ^ehrenlese,  Nachlese  nach  geschehener  Ernte,  ist 
das  KL,  aber  selten  und  nur  bei  Varro  vorkommende  Kunstwort.  Man 
hat  es  im  N.  L.  seltsam  genug  auch  auf  geistige  Dinge  angewandt, 
wiewohl  es  nur  den  Hegriff  ^ehre?i  (spicae)  enthält,  welche  nach  der 
Ernte  aufgelesen  werden.  —  Wie  passen  aber  dazu  Genitiven,  wie: 
notarum,  annotationum,  observationum,  und  was  man  sonst  für  spi- 
a7eg-?a  hat,  und  wie  die  Verba  edere,  scriber^,  conscribere? —  oder 
haben  vielleicht  diejenigen,  welche  solche  Ausdrücke  brauchen,  etwas 
Anderes  dabei  gedacht  (zumal  da  Einige  ihre  Arbeiten  specilegia  ge- 
nannt haben,  welches  Wort  aber  ihre  eigene  Erfindung  ist)? 

Spiritalis  oder  spiritualis,  luftig,  zum  Athmen  oder  Z7ir  Luft  ge- 
hörig, findet  sich  N.  KL  bei  Vitruv.  und  bei  viel  spätem  Schi-iftstel- 
lern,  für  spirabilis.  —  Auch  in  der  Bedeut.  geistig  ist  es  ganz  Sp.  L. 

Spiritus,  der  Lebensathem,  ist  in  der  Bedeut.  Leben,  gleich  anima. 
Kl.  und  gut;  daher  heisst  den  Geist  aufgeben,  sterben,  spiritum  red- 
dere  oder  edere,  extremum  spiritum  edere;  N.KL  bei  Seneca  (Ep.  78) 
spiritum  effundere.  —  Für  wen  (was)  man  stirbt,  wird  durch  den  Dat. 
ausgedrückt,  z.  B.für  das  Vaterland,  patriae.  Vgl.  auch  Exhalare.  — 
In  der  Bedeut.  Stolz  wird  im  Nom.  und  Accus,  nicht  der  Sing.,  son- 
dern der  Plur.  gebraucht;  z.B.  wilder  Stolz, feroces  (nicht  ferox)  Spi- 
ritus; und  so  sagt  Cic.  (Cluent.  39,  109)  von  einem  Volkstribun:  Spi- 
ritus tribunicii,  wornach  iMahne  (Crito  p.  306)  nicht  spiritus  dicta- 
torius,  sondern  spir.  dictatorii  hätte  sagen  sollen.  Aber  von  den  Formen 
spirittium  und  spiritibus  findet  sich  wohl  keine  Spur;  dafür  kommt  in 
der  Bedeut.  Stolz  nur  der  Genit.  Sing,  spiritus  und  der  Abi.  spiritu 
vor.  —  Ob  es  auch  in  gutem  Sinne  gebraucht  werden  kann,  weiss  ich 
nicht;  wenigstens  spreche  man  nicht  ohne  Auctorität  von  einem  spi- 
ritus generosus  in  pectore  (edler  Stolz  in  der  Brust),  was  im  J\.  L. 
vorkommt.  Wenn  auch  der  ältere  Pliuius  Alexander  den  Grossen  im- 
perator  generosi  spirittis  nennt,  so  bedeutet  dies  doch  wohl  nur  von 
edlem  Geiste,  von  erhabener  Seele.  Vgl.  Nobilis. 

Splendere  und  splendescere  haben  ein  zweifelhaftes  Perf.,  spletidut, 
welches  nur  auf  der  Auctorität  Priscian's  zu  beruhen  scheint,  da  er 
weder  für  diese  Form,  noch  für  die  Supinforra  splendiluni  eine  KL  Stelle 


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anfuhrt;  dieses  letztere  zielit  daher  auch  Stfm  e  hi  Zweifel,  nicht  aber 
das  Perfect. 

Spoliatus,  beraubt,  kann  in  der  Bedent.  ohne,  für  espers,  nicht  ge- 
braucht werden,  wenn  nicht  eine  Beraubungn  vorher  Statt  gefunden 
hat.  Wer  daher  Etwas  nicht  gehabt  hat,  kann  nicht  spoliatus  aliqua 
re  gedacht  werden,  wenn  er  es  nicht  hat,  sondern  er  ist  espers  all- 
cujus  rei.  Und  so  ist  auch  spoliatus  cupiditate,  für  espers  cupiditatis, 
nicht  denkbar;  daher  (adelt  Ruhnken  den  Muret.,  welcher  (Oper. 
T.  I,  p.  238  ed.  Fr.  [p.  t4{J  ed.  Ruhnk.])  s?tgte:  judices  omni  cupiditate 
s;>o//«//,  mit  Recht,  indem  er  bemerkt:  Cupiditate  spoliatus  pro  cupidi- 
tatis espers  vereor,  nt  recte  dicatur. 

Spondiacus,  spondeisch,  aus  Spofideen  bestehend,  ist  N.  L.  Form 
für  spondaicus,  wiewoJil  jenes  nach  dem  griecliischen  rsTiord^unög 
richtiger  ist. 

Spongia,  der  Schwainm.  Die  Redensart  in  spongiam  incumbere, 
sich  in  den  Schwamm  stürzen,  in  der  Bedent.  ausgelöscht,  vertilgt,  ver- 
nicklet irerden,  brauchte  Angustus  (nach  Sueton.  Aug.  85)  scherzend 
von  seiner  Tragoedie  Ajax,  indem  er  seinen  Freunden,  die  sich  er- 
kundigten, ob  dieselbe  vollendet  sei,  antwortete:  Ajax  mens  in  spon- 
giam  incubuit,  um  dadurch  anzudeuten,  er  habe  sie  aufgegeben  und  ver- 
nichtet. Dies  war  sehr  passend,  da  sich  der  rasende  Ajax,  von  welchem 
die  Rede  war,  am  Ende  in  sein  Schwert  stürzte  (in  ferrum  incubuit). 
Wie  kann  aber  dieser  Witz  in  jener  allgemeinen  Bedeutung  jetzt  an- 
gewandt werden,  wie  man  es  im  N.  L.  gethan  hat?  —  Jenen  Ausdruck 
in  ernsten  Dingen  zu  brauchen,  ist  lächerlich, 

Sponsare,  verlobeji^  steht  Sp.  L.  bei  Juristen  und  Andern  für  de- 
spondere,w\^\\o\i\  spondere  (wovon  sponsns,  der  Bräutigam,  und  sponsa, 
die  Braut)  nicht  so  vorkommt.  Gut  ist  auch  sponsalia,  die  Ferlobung, 
das  VerLobungsfest. 

Spontarieus,  freiwillig,  ist  vielleicht  erst  Sp.  L.  für  voluntarius, indem 
bei  Seneca  (Epist,  121,  p,  207  ed.  Schweigh,,  welche  Stelle  die  Lexica, 
auch  das  von  Freund,  ohne  Variante  anführen)  nicht  mehr  spontaneus 
motus  steht,  sondern  sponte  motis  von  Schweighäuser  aus  Handschr. 
aufgenommen  ist.  Eben  so  Sp.  L.  ist  spontalis  ;  N.  L.  aber  das  Subst. 
spontaneitas,  der  freie  Wille,  die  Ungezwungenheit,  für  libera  voluntas. 

Sponte,  durch  (auf)  Antrieb,  kommt  Kl.  und  überhaupt  im  bes- 
sern Latein  nur  mit  den  Possessivpronominen  mea,  tua,  sua,  nostra, 
vestra  und  aliena,  aber  nie  mit  einem  Eigenschaftsadject.  vor,  gerade 
■wie  die  blos  im  Abi.  auf  u  üblichen  Subst.  Erst  P.  L.  und  N.  Kl.  bei 
Tacitus  und  wenigen  Andern  tritt  der  Genit.  eines  Subst.  hinzu;  z,  B. 
non.  sponte  principis,  ohne  Willen,  Erlaubniss  des  Fürsten ;  sponte  in- 
colarum  u.  a.,  was  man  im  N.  L.  nicht  hätte  nachahmen  sollen,  wie  es 
z,  B,  Sadolet,  (Epist.  II,  3)  gethan  hat;  auch  nicht  sponte  allein,  wie 
Muret.  öfter,  nach  N.  Kl.  Manier,  gesagt  hat.  —  Da  aber  beim  Ge- 
brauche von  mea,  tua,  sua  u,  s,  w,  die  Person  hervorg'ehoben  werden 
soll,  so  finden  sich  jene  Pronomina  fast  immer  vor  dem  Worte  sponte, 
nicht  nach  demselben,  also  ynea  sponte,  tua  spotite,  selten  anders,  wie 
z,  B,  wenn  die  Person  durch  ein  zugesetztes  ipse  schon  hervorge- 
hoben ist.  Vgl.MatthiaezuCic.Sest.47,100.  UndsosagtLiv.  (X,25,]2): 
sive  ipse  sponte  sua  (rediit),  sive  senatusconsulto  accitus.  —  Wunder- 
lich aber  wenden  Manche  diese  Redensart  aii,  wo  sie  gar  nicht  passt. 

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740 

So  sag^t  Görenz:  Non  enim  potest  non,  quin  saepe  nostra  sponte  et 
selectius  positum  sit,  quod  — ;  denn  die  Stellung  eines  Wortes  kann 
nicht  spojite  geschehen.  Ebenders.  sagt:  Nostra  sponte  hoc  addi- 
dimus  nullo  id  codice  monente  —  und  Äehnliches.  —  Endlich  ist  aber 
die  bildliche  Anwendung  auf  Saclien,  mag  sie  auch  selbst  bei  Cicero 
und  Andern  sich  finden,  mehr  zu  vermeiden;  doch  findet  man  im 
N.  L.  oft  z.  B.  hoc  ita  esse  sponte  patet. 

*  Wenn  Cic.  (Fin.  V,  17,46)  nacli  allen  Ausgaben  vor  Madvig  sagt:  summa 
nostra  sponte  movemur,  wir  werden  ganz  von  freien  Stücken  angetrieben,  wo 
denn  svmina  als  Eigenschaftsadject.  das  Wort  sponte  verstärken  soll,  so  findet  sich 
für  diesen  Gebrauch  keine  Auctorltät.  Madvig  sagt  in  seiner  Ausgabe  mit  Recht 
„nirgends;"  er  hat  daher  mit  einem  früiiern  Gelehrten  dafür  «wwme  geschrieben 
und  in  den  Text  aufgenommen,  so  dass  summe  zu  movemur  gehöre. 

Spuere,  speien,  anspeien,  ist  zwar  an  sich  schon  N.  KL,  aber  ohne 
alle  Auctorität  ist  alicui  in  os  spuere,  Einem  ins  Gesicht  speien,  Einen 
anspeien,  für  das  Kl.  aliquem  consputare. 

Spurius,  unehelich,  kommt  Sp.  L.  fast  nur  bei  den  Juristen  vor, 
und  in  der  bildlichen  IJedeut.  unächt  bei  einem  späten  Dichter  (von 
Homerischen  Versen  gesagt),  für  adulterinus,  alientis,  dubius,  in- 
certus,  non  verus,  non  germanus,  subditus,  subdititius ;  von  einem  Men- 
schen sagt  Cic.  (Rose.  Am.  16):  incerto  patre  natus. 

Stabilire,  befestigen,  feststellen.,  ist  zwar  KL,  aber  Wolf  (Analect.I, 
p.  490)  führt  als  fehlerhaft  an:  haec  regula  stabilita  est,  ohne  Zweifel., 
weil  eine  Richtschnur  (regula)  nicht  festgestellt  weri^en  kann;  diese 
beiden  Wörter  passen  nicht  zusammen. 

Stadium  (nicht  stadius,  welches  eine  verdorbene  Sp.  L.  Form  ist), 
die  ReJinbahn.  W  eichen  Missbrauch  man  in  neuern  Zeiten  mit  diesem 
Worte  getrieben  hat,  führt  Ellendt  (z.  Cic.  de  orat.  T.  II,  p.  83.  84) 
an,  indem  er  sagt,  die  Gelehrten  hätten  in  manche  Stellen  Stadium  für 
Studium  eingedrängt.  Man  brauche  es  nur,  wo  man  offenbar  das  Bild 
der  Rennbahn  anwenden  will. 

Stannum  ist  nicht  unser  Zinn,  da  es  zwei  Theile  Silber  und  einen 
Theil  schwarzes  Blei  enthielt;  Zin7i  nennt  Caes.  (B.  G.  V,  12)  plum- 
hmn  album  und  Plinius  plmnbum  candidum.  —  iV.  h.\s,i  stannare, ver- 
zinnen, für  plvmbo  candido  obducere. 

Stare,  stehe?i.  Der  Hauptbegriff"  dieses  Verbi  ist  stehen  im  Gegen- 
satze von  liege/i,  umgestürzt  sein;  wo  aber  dieser  Gegensatz  nicht 
denkbar  ist,  wird  es  auch  fast  nicht  gebraucht,  und  daher  stimmt  oft  un- 
ser stehen  nicht  mit  dem  latein.  stare  überein,  Folgende  Beispiele  mögen 
es  lehren :  Da  die  Sache  so  steht,  res  cum  ita  sit  (ita  se  habeat);  wie 
stehen  dei?ie  Sachen?  oder  wie  steht  es  fnil  deinen  Sachen?  —  (in) 
quo  statu  est  res  tua,  sunt  res  tuae?  —  so  wie  jetzt  die  Sache  steht, 
ut  nunc  res  se  habet ;  wie  steht  es  mit  mir  ?  —  (in)  quo  statu  sum  ?  —  es 
steht  besser,  meliore  statu  est;  wie  steht  es?  —  qtiid  agis?  —  es  steht 
gut  bei  mir,  apud  tne  recte  est  (Cic.  Att.  I,  7);  unter  der  Hohheit  Je- 
mandes stehen,  imperio  alicujus  teneri  (Q.  fr.  1, 1,  34);  im  Lager  stehen, 
in  caslris  esse;  es  steht  gut  mit  mir,  praeclare  (bejie)  mecum  agitur ; 
es  steht  mir  frei,  mihi  liberum  est;  es  steht  nicht  mehr  bei  mir,  mihi 
non  est  amplius  integrmn ;  die  Wahl  steht  bei  ihtn,  optio  ei  data  est; 
ich  stehe  in  Verbindung,  mihi  est  (intercedit)  necessitudo,  conjunctus 
sum;  in  dem  Buche  steht  (geschrieben),  in  libro  scriptum  est;  er  steht 


741 

für  den  Schaden,  damnum  prneslat  —  und  so  noch  in  manchen  an- 
tk'rn  Redensarten,  in  welchen  stare  niclit  anwendbar  ist.  Sogar  nicht 
einmal  in  der  gewöhnlichen  Redensart:  das  Haus,  die  Häuser  stehen  ir- 
gendwo,^e^izt  man  s/«/e, sondern  esse  oi\eT positum  esse.  Zweifelhaft  ist: 
stare  a  partibns  alicujus,  auf  Jem.  Seite  stehen,  was  im  N.  L.  oft  vor- 
kommt, für  ab  oder  cum  aliquo  stare.  —  Aber  wo  wir  sagen:  es  steht 
bei  mir,  d.  h.  ich  kann,  sagt  der  Lateiner  nicht  allein  est  in  mea  po- 
testate,  penes  tne  est  potestas,  sondern  auch  per  nie  stal  (vgl.  Terent. 
Andr.  IV,  2,  16.  Plin.  Ep.  VI,  34.  Suet.  Aug.  29  u.  a.),  und  so  noch  in 
einigen  andern  Ausdrücken.  Vgl.  noch  Schori  Phras.  p.  405.  Sciopp. 
de  stylo  p.  211  und  Dietrich's  Sintenis  p.  30. 

Statim,  mit  ac  oder  atque  verbunden,  in  der  Bedeut.  gleich^  so- 
bald als,  ist  Sp.  L.  für  statim  mit  folg.  ut  oder  sinmlac  (sininlatque), 
oder  für  Jß/ft  ab  illo  tempore  cum  — .  Es  hätte  im  A^.  L.  nicht  nach- 
gebraucht werden  sollen;  dennoch  sagt  z.  B.  Paulin.  a  S.  Jos.  (Oratt. 
p.  168):  statim  ac  Labienum  aspexit  —  und  nachher:  qui  statim  ac 
a  scena  recesserunt,  und  so  öfter;  Hemsterh.  (Oratt.  p.  167):  statim 
atque  academiae  palaestrae  (?)  se  dediderat,  me  adiit  —  und  so  noch 
bei  Andern. 

Statio,  der  Posten,  ist  in  der  Bedeut.  Amt,  Stelle,  die  Jemand  be- 
kleidet, ohne  Beispiel  und  N.  L.,  für  locus,  munus ;  z.  B,  welchen 
Posten  bekleidet  er?  —  nicht  quam  stationem  tenet,  habet?  sondern 
qtiem  locum  tenet,  quo  munere  fungitur?  u.  a.  Falsch  sagt  daher  der 
jüngere  Burmann :  statio  publica  in  academia  Franequerana;  Mahne 
(Crito  p.  272):  difficultas  adipiscendae  stationis. 

Statua,  Bild,  Bildsäule,  Statue,  bedeutet  Kl.  nicht  solche  von 
Göttern,  sondern  nur  von  Menschen ;  }anG  hiessen  signa,  simtilacra. 
Daher  sagt  man  wohl  statua  Bruti,  Caesaris,  Marcelli,  aber  signum 
Jovis,  Minervae,  Junonis,  nicht  statua.  Diesen  Sprachgebrauch  lehrt 
Cicero's  Verrin.  Rede  de  signis,  der  ältere  Plinius  (N.  H.  ß.  34  u.  35) 
und  Andere.  —  Im  N.  L.  wird  es  oft,  wie  N.  KL,  für  sig?ftim  ge- 
braucht; so  sjigt  selbst  Mannt.  (Cic.  Att.  VII,  3,  7):  statua  Minervae; 
Hemsterh.  (Lennep.  lex.  etym.  v.  q.aido6g)  statua  Jovis  —  und  so  noch 
Andere.  ■ —  Ebenso  wird  statuarius,  was  erst  N.  Kl.  ist  seit  Vitruv., 
nicht  von  jedem  Bildhauer  gebraucht  (dieser  heisst  ßctor  oder  qui 
Signa fabricatur),  sondern  nur  von  einem  solchen,  welcher  statuas 
verfertigt.  Davon  abgeleitet  ist  das  erst  seit  Plinius  gebräuchliche  ars 
statuaria,  die  Bildhauerkunst,  welche  Cicero  ars  fingejidi,  signa  fa~ 
bricandi  nennt.  Vgl.  oben  Sculptor  und   Weber's  Üebungssch.  p.  192. 

Statuere,  mit  dem  Accus,  exemplum,  wird  theils  mit  in  aliquem, 
theils  mit  in  aliquo  verbunden,  wie  wir  sagen:  gegen  Einen  und  an  Ei- 
nem ein  Beispiel  staluiren,  sehen  lassen,  zeigen  u.  dgl.  Es  ist  gut  und 
KL,  und  kommt  nicht  blos  J.  L.  bei  Plautus  und  Terenz  vor.  Vgl. 
Cic.  Verr.  II,  45,  111  in  quo  homine  tu  stattieris  exemplum  ejusmodi; 
ib.  III,  90,  210  in  quos  aliquid  exempli popalus  Rom.  st at ui  piitat  opor- 
tere;  Liv.  XXIX,  27  statuam  in  te  ese?nplum,  und  daselbst  Gronov. 
Vgl.  auch  Ese7nplaris  und  Exeinplum. 

Statuminare,  stülzen,  befestigen,  ist  nur  N.  Kl.  und  selten,  und 
wird  nur  von  gewöhnlichen  Dingen  gesagt,  für  slabilire,  firmare  u.  a. 

Statutus,  eingeführt,  fest  gesetzt,  herkörmnlich,  ist  wohl  neben  status 
in  dieser  Bedeut.  nicht  zu  verwerfen  und  auch  wohl  bei  Cicero  durch 


742 

Ilaiulschi'.  gesichert,  z.  B.  Tusc.  I,  47,  113  stalutum  sacrificium,  wo 
Andere  statum  haben;  —  Cic^  de  harusp.  resp.  15,  32  statuta  loco. 

Status,  der  Stand,  Zustand.  Ma^  aucli  Status  feritatis  nirgends 
vorkommen,  so  ist  es  doch  gewiss  nicht  zli  verwerfen,  wiewohl  man 
es  anch  anders  ausdrücken  kann;  z.  B.  die  ersten  Meiischen  lebte7i  im 
Stande  der  If'ildheit,  vivebant  instar  ferarum.  —  B.  L.  ist  statiis, 
wenn  Staat  so  viel  ist  als  Stadt,  Reich,  Biirgerschaft,  i'nr  civitas,  oder 
wo  Staat  so  viel  ist  als  Aufioand,  für  cultus.  —  In  der  Bedeut.  Stand 
passt  es  nicht  für  Lehrstand,  Bürgerstand  u.  dgi. ;  dafür  gebraucht 
man  ordo.  Vgl.  Ordo. 

Stella,  der  Ster?i.  In  der  bildlichen  Redensart:  Jema7ide?i  z?i  den 
Sternen  erheben  gebraucht  man  nicht  Stella,  sondern  man  sagt:  in  astra 
tollere  (Cic.  Att.  II,  25,  1),  in  coelum  estollere,  ad  coelum  efferre. 

Sternntatio,  das  Niesen,  ist  Sp.  L.  für  sternutamentuni ;  N.  Kl. 
beim  altern  Plinius  steht  sterniimentuni,  aber  vielleicht  zweifelhaft. 

Sterter e,  schnarchen,  hat  im  Perf.  stertui,  nicht  sterti. 

Slilus  (weniger  gut  Stylus)  bedeutet  nie  die  Sprache  und  Rede  im 
Allgemeinen,  welche  lingua,  sermo, oratio  heissen,  sondern  xnir  Schreib- 
griffel, den  wir  Feder  nennen,  und  daher  auch  das  Schreiben  selbst; 
dalier  hat  auch  der,  welcher  viel  und  häufig  schreibt,  exercitatum 
stilum  (Cic.  Orat.  44,  150).  d.  h.  eine  geübte,  geumndte  Feder.  Aus- 
serdem bedeutetes  die  Darstellungsn-eise  od  er  «S'cÄre?'^«/"^  eines  Schrift- 
stellers, wie  sie  seiner  Feder  gleichsam  eigenthünilich  ist;  nie  aber 
eine  gewisse  Art  und  Manier  zu  reden  und  zu  schreiben,  welche  bei 
Kednern  ars  oder  genus  dicendi  mwA  bei  Schreibenden  ors  oder  g'ew?^« 
Äcr/Ae;/f/«"  heisst,  im  Allgemeinen  auch  dicendi  modus;  z.  B.  bei  Livius 
(II,  32):  prisco  illo  dicendi  et  horrido  7nodo.  —  Auf  die  Sprache  eines 
Volkes  kann  es  nie  bezogen  werden,  weshalb  dem  Lateiner  stibis  la- 
tinus,  stilus  graecus,  stilus  germanicus  u.  dgl.  ein  Unding  ist.  Zu  ver- 
werfen ist  daher  der  Titel  des  Scheller'sclien  Buches :  ^/•aece/j^ö  still 
bene  latini,  für  das  ^miach^  praecepta  artis  latine  scribendi  oder  ganz 
kurz  ars  latine  scribendi;  —  eben  so  falsch  ist :  stilus  bonae  latinitatis, 
wie  Görenz  schrieb.  Vgl.  Wolf  Analect.  I,p.  489.  Weber's  Uebungssch. 
p.  232  M.  484  und  Hand's  LeJirb.  p.  24. 

Siipendiufn,  Gehalt,  Sold,  beschränkt  sich  in  dieser  Bedeutung  nur 
auf  die  Soldate?i,  und  hat  nie  eine  auf  Andere  ausgedehnte  Bedeutung; 
desshalb  passt  es  nicht  für  unser  Gehalt  im  Allgemeinen.  Vgl.  Sola- 
rium. —  Auch  sind  stipendia  nicht,  was  wir  Stipendien  nennen  (diese 
heissen  beneßcia),  und  wer  solclie  geniesst,  heisst  nicht  stipendiarius 
(was  meiir  den  bedeutet,  welcher  Steuern  bezahlt,  steuerbar  i^i).,  son- 
dern beneficiariiis,  qui  beneflcio  aliquo  fruitur. 

Stirps,  der  Stamm  u.  dgl.,  ist  in  Prosa  meistens  Femin.,  aber  mehr 
P.  und  N.  Kl.  Masc;  man  folge  dem  ersteren.  Vgl.  Schneider's  Formeni. 
Th.  I,  p.  125  und  Ileisig's  Vorles.  p.  147. 

Stolidus,  klotzig,  ?inbeweglick,  wird  fast  nur  von  Sachen  ge- 
braucht, und  ist  mehr  A.  L.  und  N.  Kl,  für  stultus,fatuus,  insipiens, 
stupidus. 

Stragula,  die  Decke,  ein  Teppich,  kommt  nur  in  Verbindung  mit 
dem  Subst.  vestis  vor,  auch  nur  im  Sing,  als  Collectiv.,  nie  im  Plur.; 
sonst  steht  auch  dafür  das  Neutr.  stragutum,  welches  vielleicht  auch  nur 
im  Sing,  vorkommt.  —  Ein  gewebter  Teppich  heisst  testile  stragubim. 


743 

Sirata  kann  wohl  nicht  ohne  via  in  der  Bedeut.  Weg,  Strasse  ge- 
braucht werden;  eine  gepflasterte  Strasse  heisst  via  silice  strata  oder 
miinita. 

Strenuitas,  die  Thätigkeit,  Rüstigkeit,  ist  höchst  selten  und  steht, 
wie  man  sagt,  nur  bei  Varro  und  Ovid.,  für  alacritas,  industria;  doch 
ist  es  wohl  niciit  zu  verwerfen,  da  strenuus  niclit  selten,  besonders 
N.  Kl.,  vorkommt,  mag  es  auch  Cicero  wenig  und  Caesar  gar  nicht  ge- 
braucht haben,  weiche  dafür  acer,  alacer,  gnavus,  industrius  sagen. 

Strict2ira  hat  (wie  und  durch  wen,  ist  mir  nicht  bekannt)  im 
iV.  L.  zwei  netie,  den  Alten  unerhörte  Bedeutungen  erhalten,  nemlich 
die  Bedeut.  Beurtheilung,  inr  judicinm,  z.  B.  bei  Heyne  (Pra-ef.  Virg. 
T.  I,  p.  VII) :  stricturain  in  aliquem  severam  afferre,  und  die  Bedeut. 
kurze  Anmerknitgen,  Verbesserungen  u.  dgl.,  wie  z.  B.  der  Holländer 
Jensius  stricturas  jnris  Äo»i«7z«*  geschrieben  hat. 

Strictns  bedeutet  bei  den  Alten  in  Beziehung  auf  die  Rede —  kurz^ 
eng  zusa?n?nengezogen ;  N.  L.  ist  ^^i^xer  oratio  stricta,\ an  Aer  poeti- 
schen,  als  einer,  wie  man  sagt,  gebundenen  Kede,  entgegengesetzt  der 
prosaischen  oder  der  sohita;  jene  nannten  die  Alten  wegen  der  Fes- 
seln des  Rhythmus  oratio  numeris  viticta  oder  adstricta.  Vgl.  Vavass. 
Antih.  p.  593. 

Strigit,  das  Schabeisen,  der  Striegel,  ist  als  Neutr,  N.  L.,  und  so 
soll  es  Casaub.  (z.  Athen,  p.  119)  gebraucht  haben,  für  strigilis  als 
Femin.;  doch  finde  ich  dies  nicht  in  der  Lyoner  Ausg. 

Siructura,  was  den  künstlichen  Bau  und  die  künstliche  Verbin- 
dung der  Wörter  und  Sätze  zu  einem  Ganzen  bedeutet,  gleich  bene 
structa  collocatio  verbortnn  (Cic.  Orat.  70,  232),  hat  als  bildliches 
Wort  bei  Cicero  und  Andern  immer  noch  quasi,  quaedam  oder 
beide  zugleich  bei  sich;  mau  !  eachte  dies  wohl  im  Gebrauche.  Falsch 
wird  es  im  N.  L.  von  Attr  gewöhnlichen  Verbindung  zweier  Wörter  mit 
einander  angewandt,  was  wir  auch  Construction  nennen.  Vgl.  darüber 
Constructio.  Weber's  Uebungssch.  p.  35  und  Grysar's  Theorie  p.  351. 

Struthio,  der  Strauss,  ist  Sp.  L.  Form  für  die  frühere  struihioca- 
melus,  wie  ihn  der  ältere  Plinius  immer  nennt. 

Studere,  sich  um  oder  für  Etwas  betnühen,  hat  ein  Substant.  itn 
Dat.  bei  sich,  wogegen  neutrale  Pronomina  und  Adjectiva  im  absoluten 
Accus,  dabei  stehen;  z.  B.  lilteris,  novis  rebus,  laudi ;  aber  hoc  U7ir/m, 
nihil,  om?iia  u.  a.  Vgl.  Eilend t  z.  Cic.  Orat.  T.  II,  p.  29.  —  Ein  dazu 
gehöriges  Verbum  steht  im  Inßnit.,  und  hat  es  den  NebenbegrifF  des 
Wunsches,  so  wird  auch  wohl  der  Accus,  m.  d.  ///^7^. gesetzt;  —  N.  Kl. 
und  höchst  selten  folgt  in  aliquid,  was  nicht  nachzuahmen  ist.  —  In  der 
Bedeut.  studieren  (ohne  den  Zusatz  einer  bestimmten  Wissenschaft, 
z.  B.  juri  studere,  sich  um  das  Recht  bemühe?/,  das  Recht  studieren) 
kommt  es  Kl.  ohne  einen  Zusatz,  wie  litteris,  artibus  u.  a.  nicht  vor; 
ausser  durch  litteris  oder  artibus  studere  wird  das  allgemeine  studie- 
ren auch  noch  ausgedrückt  durch  litteris,  bonis  litteris  et  artibus,  doctri- 
nis,  liberalibus  stfid/is  se  dare,  operam  dare,  deditum  esse,  oder  durch 
studia  exercere,  in  litteris  oder  in  doctrinarum  meditatio?ie  versari. 
Ferner  heisst^e«s.s?^  studieren  —  totum  esse  in  litteris;  unter  Jeman- 
den oder  unter  Jemandes  Leittmg  studieren,  audire  aliquem  u.  dgl.  — 
Erst  N.  Kl.  wurde  seit  Seneca,  aber  auch  von  den  besten  Schrift- 
stellern, z.  B.  Quintilian.  und  dem  Jüngern  Plinius,  studere  ohne  allen 


744 

Ziiantz  in  der  Bedeut.  sttidiereii  gebraucht;  der  letztere  brauchte 
(Ej).  V,  5  u.  VII,  13)  auch  sogar  studens,  aber  nicht  in  dem  Sinne  des 
S(iidte/e?ide?i,  Studenten,  sondern  so,  dass  die  Handlung  dabei  scharf 
hervorgehoben  werden  soll,  was  in  den  beiden  deutschen  Wörtern 
gewöhnlich  nicht  der  Fall  ist.  Es  wird  dalier  im  gewöhnlichen  Sinne 
der  Studierende  oder  Student  durch  studios?/.s  litterarum  ausgedruckt 
werden  müssen.  Dagegen  ist  es  gewiss  nicht  zu  tadeln,  wenn  man 
sludere  ohne  Zusatz  dem  Quintilian.  und  Plinius  in  jener  Bedeutung 
nachbraucht;  nur  darf  es  nicht  durch  zu  häufige  Anwendung  gemiss- 
braucht  werden.  Vgl,  übrigens  noch  Heumanni  Poecile  T.  III,  p.  322. 
Matthiae  zu  Cic.  Ligar.  §.  35.  Weber's  Uebungssch.  p.  42u.ü2.  Spalding 
zu  Quintil.  II,  2,  7.  Gierig  zu  Plin.  Ep.  111,5,  5  und  Anton.  Progr.  p.  61. — 
Aber  für  unlateinisch  möchte  doch  zu  erklären  sein,  was  Wyttenbach 
(z.  Eunapius  T.  II,  p.  329)  sagt:  haec  orania  adversaria  sunt  s^?/f/(?7?rfo, 
für  studiis ;  und  was  anderwärts  vorkommt:  nullum  terapus  seponere 
ad  studendum  poteram,  für  ad  studia  oder:  nullum  mihi  tempus  ad 
studia  reliquum  erat.  —  N.  L.  ist  ferner :  studere  orationi,  auf  eine 
Rede  studieren,  für  commentari  orationem  (Cic.  Rose.  Am.  29),  woher 
auch  commentatio  —  das  Studieren  auf  Etwas  bedeutet.  Vgl.  Cic. 
Farn.  XII,  2,  1  und  Schirlitz  Methodik  Th.  I,  p.  48.  —  Endlich:  bei 
Licht  (Abends  und  Morgens)  studieren  drückten  die  Alten  durch 
lucubrare  aus,  und  eine  Arbeit  bei  Licht  hiess  lucubratio. 

Studiosus  werde  in  der  Bedeut.  studierend  weniger  gebraucht,  als 
es  heutzutage  geschieht,  da  es  vielleicht  nicht  genau  in  dieser  Bedeu- 
tung vorkommt;  besser  setzt  man  discendi  oiler  litterarum,  doctrina- 
runtyOptimarum  artimn  hinzu,  und  ich  möchte  weder,  wie  Longolius 
(Ep.  I,  28)  sagen:  de  ingenio  doctrinaque  studiorum,  noch  das  be- 
kannte studiosa  Juventus  in  der  Bedeut.  die  studierende  Jugend,  wie 
es  auf  Büchertiteln  (in  usum  studiosae  juventutis)  so  oft  vorkommt, 
nachbrauchen,  da  die  Alten  bei  Studiosus  immer  den  Begriff  von  eifrig, 
fhätig  festhielten.  —  üebrigens  wird  es  in  der  Bedeut.  eifrig  in  oder 
zeni  Etwas,  bemüht  Etums  zu  thun,  mit  dem  Genit.  des  Objectes,  also 
auch  des  Verbi  im  Gerundio,  verbunden;  seltner  mit  in  aliqua  re. 

Studium  hat  auch  ohne  den  Genit.  litterarum  die  Bedeut.  gelehrte 
Beschäftigung,  besonders  im  Plur.,  wissenschaflliche,  gelehrte  Studien, 
welche  aber  durch  den  Beisatz  litterarum,  artium  oder  doctrinae 
meistens  klarer  angedeutet  werden.  —  Wenn  Studium  den  Genit.  bei 
sich  hat,  bedeutet  es  Beschäftigung  mit  Etivas,  wenn  es  aber  mit  in 
oder  erga  verbunden  ist,  bedeutet  es  Zuneigung  zu  Jemanden  oder 
zu  Etwas,  wofür  allerdings  auch  der  Genit.  stehen  kann.  So  sagt 
Cicero  oft:  Studium  oder  studia  i?i  me  oder  erga  me,  z.  B.  Att.  II,  19,4 
Ponipejus  significat  Studium  erga  me  non  raediocre.  Mit  Unrecht  tadelt 
daher  Fäsi  den  Muret.,  welcher  (Var.  Lectt.  IX,  18.  p.  2ö9)  studia  erga 
liberales  doctrinas  gesagt  hatte,  und  nennt  diese  Verbindung  rariorem 
striiendi  (wohl  conju?igendi)  rationem,  welche  er  (Muret.)  aus  der 
Stelle  der  von  Markland  und  Wolf  verdächtig  gemachten  Rede  Cicero's 
pro  domo  (56,  142):  07n7ie  suum  erga  7neam  dignitatem  Studium,  ge- 
nommen habe,  wo  jedoch  Wolf  von  der  Latinität  schweigt.  —  Zu  be- 
zweifeln ist  studia  in  der  Bedeut.  gelehrte  Arbeiten,  wie  wir  im  neuem 
Deutsch  das  Wort  Studien  brauchen,  was  Ilülsemann  durch  studia 
übersetzt,  indem  er  irgendwo  sagt:  Tua  interest  miscellaneis  tuis  in- 


745 

serere  philologica  stvdin  maximam  partem  crilica.  —  Ungewöhnlich 
ist  sf/.'(h'o  im  A*tJ.,  in  der  IJedent.  ahsichllich^rorsäizb'ch,  7ml  F/eian,  tVir 
c(HsuJto,  data  oder  iledita  opera,  de  indusiria.  \  ^1.  \  orst.  latiii.  mer. 
SJ!S|).  p.  247.  —  Ueber  Studium  mit  und  oluie  generale,  in  der  neuen 
Bedeiit.  Universität.,  vgl.  ^cade?m'a. 

Slultus  ist  in  der  Bedeut.  Narr,  d.  h.  verrückt,  wahnsinnig,  N.  L. 
für  niente  capitis,  demens,  amens,  insavvs;  und  ein  Narrenhaus  heisst 
niclu  domus  stultoruin,  sondern  hominum  mente  captorum. 

Slupendus,  st aunensiverth^  ist  Sp.  L.  und  selten  für  admiratione 
diginis  H.  a.  Oft  findet  man  im  N.  L.  vir  stupendae  doctrinae,  für  sum- 
mae,  admirabilis  doctr. 

Sli/lus;  vgl.  Salus. 

Suada  kommt  nur  ^.  L.  bei  Ennius  vor,  welcher  die  Gabe  der 
Ueberredung  so  nannte  und  dicliterisch  personificirte;  nirgends  aber 
findet  es  sich  in  der  Bedeul.  Beredtsamkeit,  für  eloquentia ;  jenes  ist 
«/\s'  persuadendi. 

Suadere,  rathen,  verbinde  man  mit  dem  Dat.  der  Person,  welcher 
man  rälh,  z.  B.  tibi  snadeo;  das,  was  oder  ivozu  man  räth,  setze  man 
entweder  in  den  ^ccus.,  oder  man  brauche  2it  (dass),  ne  (dass  nicht) ; 
—  P.  und  A^.  Kl.  wird  es  mit  dem  Infinit,  verbunden. —  Wenn  Cicero 
zweimal  für  den  Dat.  der  Person  den  Accus,  gesetzt  hat,  also  me  und 
te  für  mihi,  tibi,  so  hat  in  beiden  Stellen  das  zweite,  damit  verbun- 
dene Verbum  als  das  vorherrschende  den  Accus,  veranlasst,  indem 
es  in  der  einen  Stelle  heisst:  non  solura  suasit,  verum  etiam  rogavit, 
in  der  andern:  ut  te  horter  et  suadeam.  Dergleichen  nachzuahmen, 
wäre  fehlerhaft;  aber  B.  L.  ist  es,  im  Passiv,  zu  sagen  suadeor,  für 
mihi  suadetur,  und  D.  L.  ist:  alicui  ad  aliquid  suadere,  Einem  zu 
Etwas  rathen. 

Sub.  Bezweifelt  werden  als  gut  lateinisch:  sub  ea  (hac)  conditione, 
unter  der  Bedingung,  dass  —  ,•  stib  his  co?iditionibus ;  sub  ea  lege,  sub 
eis  (his)  legibus,  wiewohl  Livius  theils  (VI,  40,  8)  sub  conditione  in 
der  Bedeut.  unter  einer  Bedingung,  bedingungsiveise,  theils  (XXI, 
J"2,  4)  siib  conditionibus  his,  unter  folgenden  Bedingungen,  sagt,  und 
ebenso  auch  der  jüngere  Pllnius  (Ep.  IV,  13)  sub  ea  conditione.  Cicero 
und  Caesar  pflegen  die  Praeposition  auszulassen,  mag  auch  obiges 
sub  conditione,  bedingungsweise,  richtig  und  acht  Kl.  sein.  (In  Cic. 
pro  Arch.  10  liest  man  jetzt  sed  ea  conditione  für  das  frühere  sub  ea 
conditione.)  —  Ebenso  wird  bezweifelt  und  fast  verworfen:  sub  specie 
pacis,  tniter  dem  Scheine  des  Fr.,  und  doch  sagt  Livius  (XXXVl,  7, 12): 
sub  specie  pacis  leges  servitutis  sibi  impositas  esse;  —  ebenso  sub 
nomine  alicujus,  s?ib  persona  alicujtis,  wofür  Andere  in  nomine,  auch 
I)los  nomine,  in  persona  (vgl.  Persona)  vorziehen.  —  Nothwendig  ist 
aber  stib,  wo  es  Beziehung  auf  das  Verbum  hat,  wie  bei  Cicero:  sub 
nomine  pacis  bellum  latet.  —  Verworfen  wird  in  Citaten  aus  dem 
Lexic.  oder  woher  es  sonst  sein  mag:  sub  hac  voce,  sub  hoc  twcabulo, 
sub  hoc  titulo  (unttr  diesem  Titel  im  Corpus  juris),  für  in  hac  voce 
u.  s.  w.  Vgl.  Frotscher  zu  Mureti  Oper  T.  1,  p.  244.  —  Nach  Weber 
(IJebungssch.  p.  136)  ist  es  richtig,  zu  sagen:  sub  duce  Crasso,  U7der 
des  Cr.  Anführung ;  sub  rege  Romulo;  sub  imperatore  Augusto  u.  dg!., 
wenn  die  ganze  Zeit  dabei  gedacht  ist;  z.  B.  unter  dem  Feldherrn 
llaindbal  dienen,  sub  duce  H.  nierere,  während,  wenn  suh  wegbleibt, 


746  \ 

i 
blos  die  Zeit  gemeint  sei,  in  welcher  Etwas  j^^eschah.  —  Verworfen  wird  ■ 
auch  von  Wüstemann  (zn  Doering  Comentalt.  p.  138)  das  im  A.  //.  j 
gewöhnliche  szib  auspfcio  oder  sub  auspicns,  unter  der  heitiing,  für  i 
mispicio  oder  atispicüs,  wie  man  auch  sage  imperio,  ductit.  Und  so  , 
kommt  auch  auspicio  in  Verbindung  mit  dnctu,  z.  B.  bei  Livius  (VllI,  i 
31)  vor:  cujus  ductu  auspicioque  vicissent,  —  und  ohne  sub  auch  in  \ 
andern  Stellen.  —  Endlich  hatten  frühere  Neulateiner,  wie  Bembus,  i 
im  Vertrauen  auf  die  Aechtheit  der  alten  Lesart  in  Cic.  Att.  IX,  7,  1, 
wo  der  Brief  des  Baibus  mit  den  Worten  Suh  posteaquam  —  anfing, 
dies  in  der  Bedeut.  kurz  nachher^  als  —  gebraucht;  aber  seit  Rivius  ; 
liest  man  dafür:  Ä.  V.  B.  (si  vales.  bene).  Posteaquam  — .  Vgl.  La-  \ 
gomarsini  ad  Jul.  Pogiani  Epist.  T.  IV,  p.  49. 

Suboctus,  um-  und  durchgearbeitet,  und  subactio,  die  Durcharbei-     J 
tung,  brauiht  Cic.  (Orat.  II,  30)  vom  ingenium  in  bildlichem  Sinne, 
in  der  Bedeut.  sehr  geübt  und  Uebuvg,  aber  nur  in  einer  Vergleichung 
mit  einem  Acker;   und  da  sonst  nirgends  diese  Wörter  geradezu  so 
gebraucht  werden,  so  können  sie  weder  in  Beziehung  auf  «w^ew/ww,     \ 
noch    in  Beziehung  auf  irgend  etwas  Anderes  in  diesem  bildlichen 
Sinne,  ohne  Vergleichung  mit  einem  ager  subact7is,  angewandt  werden,     ; 
und  sind  daher  zu  verwerfen.  Man  brauche  exercitatus,  cultus  und 
exercitatio,  cultura.  ^^\.  auch  Subigere. 

Subalternus,  untergeben,  der  Untergebene,  ist  B.  L.  für  subjectus, 
inferior,  secu7idarius.  Vgl.  Subditus.  \ 

Subaudire,  sich  hinzudenken,  ergänzen,  dabei  noch  verstehen,  bei     i 
Erklärung  elliptischer  Redensarten,  steht  Sp.  L.  bei  Juristen  und  beim 
Pseudo  -  Asconius  zu  Cicer.  Verrin.;  —  eben  so  Sp.  L.  ist  das  Subst. 
subauditio,  das  Hinzuderikefi.  Auf  die  Auctorität  jenes  Asconius  bauend,    j 
Melchen  man  für  den  a/ten  ^scofiius  aus  der  Zeit  des  Tiberius  hielt, 
lirauchten  das  Wort  subaudire  Muret.,  Wolf  und  andere  achtbare  Ge-     ! 
lehrte,  um  jenen  Begriff  damit  zu  bezeichnen.  Andere  dagegen  verwar- 
fen es,  und  wählten  dafür  subintelh'gere  (vgl.  dieses  Wort),  cogitando    \ 
eaplere,  intetligere  oder  supplere  (vgl.  Supplere).  —  Mad^ig  braucht     ; 
immer  audire,  wofür  er  die  älteste  Auctorität  an  Quintil.  hat.  Dieser 
sagt  (IX,  3,  58):  Snbtractum  verbum  aliquid  satis  ex  ceteris  intelligitur, 
iit  Coelius  in  Antonium:  Stupere  ^^wA'xo  Graecus;  simul  enim  nitdilur 
roKPiT,  dejin  man  denkt  sich  cokpit  hinzu,  ergänzt  dabei  (bei  dem  Infin.     j 
stupere)  coepit.  So  sagt  Madvig:  Qui  audiunt  (dabei  ergänzen),  nihil    I 
esse  quod  insit  —  ellipsi  utuntur  perversa ;  und :  A(  cusativus  (dolorem) 
postulare  videtur,  ut  audiatur  (dass  ergänzt  werde)  crescere  dicet.  —     ; 
IMan  halte  sich  daher  nur  an  dieses  für  den  Begriff  fast  AI.  Verbum.    ; 

Subdelegare  aliquem.  Einen  an  seine  (d.  h.  eines  Andern)  Stelle 
setzen,  ist  N.  L.  für  aliquem  sibi  substituere,  alicui  negotium  (munus    j 
11.  a.)  sibi  delegatum  demandare,  aliquem  in  suum  locutn  subdere.  ' 

Subditus  ist  in  der  Bedent.  unterworfen,  unterthänig,  und  als  Subst.    i 
mit  einem  Genit.,  in  der  Bedeut.  Unterthan,  N.  L.  In  einem  Freistaate    \ 
heisst  ein  solcher  civis,  in  einem  monarchischen  ebenfalls  civis  oder    i 
imperio  regis  subjectus,  is  cui  quis  praeest  (Cic.  Q.  fr.  I,  1,  13).  Nach    ' 
Sallust.  heisst  Unterthan  — parens  (Plur.  parentes),  wie  denn  Cic.  (Off. 
I,  22)  sogar  im  Comparat.  sagt  parentiores  esercitus,  unterthänigere 
Heere;  und  Ruhnken  erinnert  gegen  Muret.,  welcher  (Oper.  T.  I,  p.2l8 
ed.  Ruhnk.  [p.  305  ed.  Fr,])  subditus  legi  gesagt  hatte:  Magis  latine    ' 


747 

scripsisset  sJihjechis  legi:  nam  s?/bd>'f7/s  pro  pnrens  melior  ae(as  i^ nnrat. 
—  \^  o  es  in  Beziehung  auf  einzelne  Personen  nach  nnsrer  Höttich- 
keiissprache  im  N.  L.  für  unser  unter Ihänig  gebraucht  wird,  setze 
man  addictus  oder  die  andern  unter  Addictus  angegebenen  Wörter. 
Was  aber  Andere  als  Superlat.  empfehlen,  s?/bjectissimus,  ist,  da 
Caesar  (B.  C.  1,84,  5)  sagt:  haec  quam  potest  demississime  atqiie  sub- 
jectisst'me  (höchst  demüthig  und  unterthämg)  exponit,  wohl  nicht  zu 
verwerfen,  sowie  überhaupt  subjectus  den  Begriff  unseres  untergehen 
am  besten  ausdrückt;  und  so  kommt  es  auch  deutlich  iV.  Kl.  bei  Co- 
lumella  vor.  Vgl.  noch  Sciopp.  Infam,  p,  118.  Vorst.  latiii.  mer.  suspo 
p.  228  und  Weber's  Uebungssch.  p.  98. 

Siibesse  wird,  in  welcher  Bedeutung  es  sei,  nur  mit  dem/?«/,  ver- 
bunden, also  cdicm  honiini,  alicui  rei,  unter  Einem,  verborgen  sein, 
unter  Etwas  begriffen  sein. 

Subhastare,  öffentlich  versteigern,  verkaufen,  findet  sich  Sp.  L.  bei 
den  Juristen,  für  voci  praeconis  sribjicere,  palarn  vendere;  öffentlich 
verkauft  werden  heisst  palam  vendi  oder  venire.  Eben  so  8p.  L.  ist 
svhhasfatio,  für  venditio  palam  habita. 

Subjectus  ist  in  der  Bedeut.  demüthig,  unterthämg,  untergeben, 
und  als  Subst.  in  der  Bedeut.  der  Untergebene.,  der  Unterthan,  zwar 
N.  KL,  aber  gut.  Vgl.  Subditus. 

Subigere  war  in  der  Bedeut.  durcharbeite?i,  bearbeiten  ein  gewöhn- 
liches Wort  von  allerlei  Dingen,  z.  B.  vom  Acker;  aber  nie  wurde  es 
bildlich  in  edler  Bedeut.  gebraucht,  z.  B.  vom  Geiste,  ihn  übe?z,  wenn- 
gleich Cicero  von  itigenium  sabactum  spricht.  Davon  war  aber  unter 
Stibactus  die  Rede,  und  es  ist  also  nicht  zu  billigen,  wenn  Ruhnken 
(Elog.  Flemst.  p.  250)  ohne  alle  Anspielung  auf  einen  Acker  sagte: 
qui  hac  disciplina  Ingenium  subegerit,\\as  er  bei  hinzugesetztem  Gleich- 
nisse recht  wohl  hätte  sagen  können.  —  Ob  man  sibi  subigere  aliquid, 
sich  Elums  unterjocheti,  gesagt  habe,  ist  zu  bezweifeln,  da  nirgends  ein 
Dat.  dabei  steht,  sondern  nur  subigere  aliquid.  Anders  ist  es  bei 

Subjicere.  Es  wird,  in  welcher  Bedeutung  es  sei,  verbunden  ali- 
quem  alicui  oder  sub  aliquem,  sub  aliquam  rem,  nicht  sub  aliqua  re, 
wie  es  in  einigen  fehlerhaften  Stellen  Cicero's  und  Anderer  steht; 
ebenso  das  Subst.  subjectio,  z.  B.  sub  oculos,  sub  adspectwn,  nicht  sub 
oculis,  sub  adspectu.  Vgl.  darüber  Madvig  z.  Cic.  Fin.  II,  15,  48,  wel- 
cher in  dieser  Stelle  für  das  falsche  sub  hac  voce  —  sub  hanc  vocem 
liest,  —  und  so  anderwärts  auf  ähnliche  Weise. 

Subindicare,  anzeigen,  ist  N.  L.,  z.  B.  bei  Hemert  (Epist.  ad  Wyt- 
tenb.),  für  indicare. 

Subinferre,  hineintragen,  hinzufügen,  kommt  N.  Kl.  nur  bei  Rutil. 
Lupus  (I,  1)  vor,  für  inferre. 

Subiniquus,  etwas  unbillig,  wurde  N.  L.  von  Muret.  (Oper.  T.  II, 
p.  183)  gebraucht,  und  ist  ohne  alte  Auctorität,  aber  nach  vielen  ähn- 
lichen gebildet.  Ebenso  braucht  Muret.  subinvitus,  etwas  imgern 
(Explic.  Cic.  Catil.  1,  7):  haec  annoto  subinvitus,  ebenfalls  ohne  Au- 
ctorität. Beide  wird  ein  ängstlicher  und  gewissenhafter  Lateiner  ver- 
meiden. 

Subinnuere,  leise,  still  andeuten,  ist  N.  L.  für  obscure,  tecte,  oc- 
culte  signißcare. 

Subintelligere  ist  Sp.  L.  in  der  Bedeut.  Etwas  verstehen,  Etwas 


748 

merlcen,  und  N.  L.  in  der  Bedeut.  sich  Etwas  bei  Etwas  hinzndenkeji, 
ergäiizeji;  es  ist  also  ganz  zu  verwerfen.  Vg^l.  darüber  Subaudire. 

S?/bi/e  hat  im  gewöhnlichsten  Gebrauche  nur  den  Noctis.,  nliquem 
locutn,  aliquam  rem,  bei  sich,  mag  es  nun  in  eigentlichem  oder  in  bild- 
lichem Sinne  gebraucht  werden,  z.  B.  tectum,  onus,  perimihi,  labores 
u.  dgl.,  nur  selten  den  Dat.  oder  verbunden  mit  sub  oder  ad. 

Subitanens,  schjiell,  plötzlich,  steht  N.  Kl.  nur  einmal  bei  Colu- 
mella,  und  ist  unnöthig  wegen  des  Kl.  und  häufig  vorkommenden  su- 
bttus.  —  N.  L.  ist  das  davon  abgeleitete  Adv.  subilanee,  für  subito. 
Auch  vermeide  man  subitarius,  in  Hast  U7id  Eile  gemacht,  zusammen- 
gebracht, welches  A.  L.  ist  und  bei  Livius  nur  von  zusamme?igerafften 
Soldaten  gesagt  wird,  für  repentinus,  timiultuarius. 

Subjugare,  unterjochen,  ist  Sp.  L.  und  wegen  suhigere  unnöthig; 
—  ebenso  das  Subst.  subjugafor,  welches  zu  umschreiben  ist. 

Subjungere  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  hinziifägen,  gleich  adderey 
ohne  den  Begriff  der  Verbindung  oder  Unterwerfung  zweier  Gegen- 
stände mit  und  unter  einander,  verwarf  schon  Scioppius  (de  stilo 
p.  IGO),  und  auch  Ruhnken  bemerkt  zu  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  483 
ed.  Ruhnk.:  sub^migam  ununi  item  locum):  Subjungere  pro  addere 
non  est  Ciceronianum,  —  Man  sage  daher  auch  nicht:  aliquid  ad  cal- 
cem  libri  subjungere. 

Sublestus,  gering,  schwach,  ist  ein  gemeines  A.  L.  Wort,  für  par- 
vus,  i7ißrfnus,  tefitiis  u.  a.  Plautus  nennt  iVießdes  so,  was  ihm  Muret. 
und  Andere  nicht  hätten  nachahmen  sollen;  Cicero  sa^t  ßdes  parva, 
ßdes  infirma,  kw^^vo, ßdes  levis.  Vgl.  zu  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  46  und 
Döderlein's  Synon.  Th.  II,  p.  101. 

Sublimare,  erheben,  in  die  Höhe  heben,  ist  A.  und  Sp.  L.,  für  tollere, 
(in)  sublime  ferre. 

Sublimis,  hoch,  ist  als  Adject.  wohl  A.  L.;  bei  Cicero  und  Caesar 
findet  es  sich  nicht,  sondern  erst  seit  Livius  in  Prosa.  Cicero  gebraucht 
nur  das  Neutr.  sublime  als  Adverb,  in  den  Bedeutungen  i?i  der  Höhe 
und  iti  die  Höhe,  wie  er  denn  z.  B.  sublime  ferri  sagt,  in  der  Bedeut. 
hoch  oder  i7i  die  Höhe  gehobelt  werde??,  wofür  man  im  A.  L.  das  Adj. 
sublimis  brauchte,  und  N.  Kl.  in  sublime  sagte.  So  sicher  aber  wohl 
bei  Cicero  subli?ne  in  dieser  Bedeut.  steht,  wollen  dennoch  Einige 
liefjcr  sublimem  (in  Bezug  auf  etwas  Männliches)  ferri  sagen,  was 
schwerlich  gute  Auctorität  hat.  "Vgl.  Ochsner  zu  Eclog.  Ciceron.  und 
Wüstemann  zu  Döring  Commentatt.  p.  ()5.  —  Das  Neutr,  sublime 
kommt  aber  nirgends  in  dem  bildlichen  Sinne  von  Höhe,  hoher  Poste?i, 
hohe  Ehrenstufe  vor,  und  Muret.  sagte  daher  (Oper.  T.  II,  p.  180) 
gewagt:  cum  diu  in  sublimi  stetissent,  für  siimnuim  oder  principem 
locum  obtinuissent  u.  a.;  vgl.  Frotscher  zn  jener  Stelle.  —  Seltene 
A.  L.  Form  des  Adv.  ist  sublimiter,  für  sublime.  Vgl.  Anm.  zu  Mureti 
Oper.  T.  I,  p.  379. 

Sublunaris,  unter  dem  Monde  befindlich,  ist  iV.  L.  für  qui  (quae, 
quod)  sub  luna,  infra  lunam  est. 

Submittere.  Verworfen  wird  als  N.  L.  se  submittere  alicui,  sich 
Einem  unterwerfe??;  imperio,  der  Herrschaft;  legibus,  den  Gesetzen, 
für  se  alicujus  i?nperio  subjicere,  se  legib?is  subjicere,  legibus  obte?n- 
perare  u.  a. 

Sub?iasci,  dari?vter  entstehe??,  emporwuchsen,  findet  sich  nur  N.  KL 


749 

beim  altern  Plinius  und  Seneca,  und  noch  dazu  selten ;  daher  brauche 
man  auch  nicht  subnatus,  wie  z.  B.  irgendwo  steht:  observationes  in 
exph'cando  Yirgih'o  suhnatae,  für  ortae,  obortae. 

Subiiectere,  anknüpfe?}.,  anbinden,  kann  nur  bei  Verbindung'  zweier 
Dinge,  aber  nicht  für  das  blosse  hinzusetzen  (was  addere  heisst)  ge- 
braucht werden;  es  verhält  sich  damit,  wie  mit  subju7igere. 

Subnervare,  entkräften,  ist  Sp.  L.  für  enervare,  infirmare. 

Subobsciirus^  etwas  dunkel^  lässt  keinen  Coraparat.,  siibobscuriory 
zu,  wie  er  im  N.  L.  vorkommt. 

Subodorari,  ein  wenig  riechen,  ein  wenig  merken,  ist  als  N.  L.  zu 
verwerfen,  für  odorari.  Vgl.  Anm.  zu  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  3  ed.  Fr. 

ÄMÄo/erekoramtnur^.Z.  bei  den  Komikern  vor,  und  nur  in  Aer  dritten 
Person  mit  dem  Nonmi.  des  Gegenstandes,  welchen  man  riecht,  spürt 
und  merkt,  und  mit  dem  Dat.  der  Person,  welche  ihn  riecht;  z.  B. 
haec  res  mihi  subolet,  ich  rieche,  spüre  dieses.  Es  in  gelehrten  Sachen 
im  Ernste  zu  brauchen,  ist  lächerlich;  auch  tadelt  Sciopp.  (de  stilo 
p.  118)  mit  Recht  den  Casaubonus,  welcher  (Praef.  Athenaei  p.  Xlll. 
ed.  Lips.)  die  Sache  im  Genit.  dazusetzte,  indem  er  sagte:  quorum 
interpretibus  ne  subolevisse  quidem  videmus. 

Suboles,  der  Spross,  Nachwuchs,  ist  zwar  nach  Cicero  (Oratt.  III, 
38, 153)  für  die  Prosa  veraltet,  aber  gleichwohl  braucht  er  es  einige- 
raal selbst,  und  es  erhielt  sich  auch  bei  den  Folgenden,  nicht  blos  in 
der  Poesie,  sondern  auch  in  Prosa. 

Subordinare,  unterordnen,  ist  JV.  L.  für  subjicere,  supponere ;  z.  B. 
die  Art  ist  der  Gattimg  untergeordnet,  pars  (oder  species)  subjecta 
generi  est  (Cic.  OfF.  I,  27),  oder  subest  (Inv.I,  22,32).  Vgl.  auch  Tusc. 
IV,  7,  16  und  die  Lexica  unter  Subjicere  und  snppofiere.  —  Eben  so 
N.  L.  ist  subordinatio,  sogar  in  der  Bedeutung  Zucht,  Gehorsam,  Un- 
terwürßgkeit,  wo  oft  disciplina  passt;  vgl.  darüber  D.  L.  Lexica  unter 
dem  Worte  Silber dination. 

Subsannare.,  verhöhnen,  verspotten,  ist  sehr  Sp.  L.  für  Hindere, 
eludere,  ludibrio  habere ;  —  JV.  L.  ist  das  Subst.  subsa?mator,  für  sannio, 
und  subsannatio,  für  irrisio. 

Subscribere,  unterschreiben,  unterzeichnen,  ist  Kl.;  aber  D.  L.  ist 
se  subscribere.,  sich  unterschreiben,  für  nomen  suum  subscribere,  mei- 
stens auch  ohne  nomen  suum. 

Subsequi,  nachfolgen,  wird,  wie  sequi,  mit  dem  Acc.  aliquem,  ali- 
quid verbunden.  In  der  bildlichen  Bedeut.  gehorchen,  befolgen,  z.  B. 
alicujus  voluntatem  subsequi.,  Jemandes  Willen  befolgen ;  alicujus  man- 
data  subsequi,  Jemandes  Aufträge  befolgen,  ausrichten,  werde  es  als 
Sp.  L.  und  selten  vermieden  durch  exsequi.  Muret.  (Oper.  T.  I,p.259) 
brauchte  mandata  subsequi,  was  Matthiae  mehr  missbilligt,  als  bilhgt; 
Andere  dagegen  vertheidigen  es.  Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  142. 

Subsignare  findet  sich  in  der  Bedeut.  ?//^^erze«cA«e«,  unterschreiben 
nur  iV.  Kl.  beim  altern  Plinius,  für  das  Kl.  subscribere ;  —  A".  L.  aber 
ist  es  in  der  Bedeut.  untersiegelti,  für  signare,  consignare.  Vgl.  Schori 
Phras.  p.  247. 

Suhsistentia,  die  Subsistenz,  der  U?iterhalt,  ist  N.  L.  fürvita,  victus, 
oder  was  sonst  dem  Sinne  nach  passt.  Ygl.  D.  L.  Lexica.   , 

Substantia,  die  Substanz,  kommt  erst  N.  Kl.  bei  Quintil.  oft  vor, 
in  der  Bedeut.  Bestand.,  Inhalt,  fVesen  u.  a.,  sonst  selten;  es  werde 


750 

daher  lieber  vermieden  diircli  res,  natura,  vis,  copi'a,  materia  \\.  a., 
nach  Verschiedenheit  des  Sinnes.  Ais  pliilosophisclies  Knnstwort  ist 
es  zulässig.  Vgl.  auch  Spalding  z.  Quintil.  Inst.  I,  prooera.  21. 

Siibstitutiis  ist  als  Subst.,  verbunden  mit  einem  Genit.,  in  der  Bed. 
Stellvertreter  Jemandes,  wohl  N.  L. ;  richtig  aber  ist  es  als  Partici- 
pium,  verbunden  mit  in  alicujns  locum  oder  pro  aliqao,  aber  nicht 
apud  aliqiiem;  sonst  gebraucht  man  auch  dafür  vicarius. 

Subterfugere,  insgeheim  entfliehen,  wird  verbunden  mit  dem  Accus, 
aliqutd,  z.  B.  den.  Gefahreji,  pericula. 

Subtimidus  und  das  Adv.  subtirnide,  etwas,  ein  wenig  furchtsam, 
sind  N.  L.;  Bunell.  (Ep.  30)  hat  es  gewagt,  ersteres  zu  brauchen,  und 
bei  Muret.  finden  sich  andere  ähnliche.  Vgl.  Subiriiquus.  Uebrigens 
hat  Bunell.  die  Auctorität  des  Kl.  Verb,  sublimere  für  sich. 

Subtrahere,  entziehen,  entreissen  u.  dgl.,  ist  gut  und  gleich  srib- 
ducere ;  aber  wo  wir  es  (wie  auch  das  Subst.  subtractio)  hraucht'U^ 
nemlich  bei  Zahlen  oder  Reckntingen,  ist  es  N.  L.,  für  deducere  (de- 
ductio),  seltner  detrahere  (detr actio).  Falsch  ist  es  auch  wohl,  zu  sagen: 
navem  in  aridum  u.  a.  subtrahere,  ein  Schiff  ans  Land  ziehen,  für  suh- 
ducere ;  und  so  sage  man  subductio  navimn,  nicht  subtractio. 

Subvehere,  was  nur  heraji-,  herbeifahren.,  besonders  zu  Wasser, 
bedeutet,  steht  nirgends  in  der  Bedeut.  erheben,  für  tollere,  efferre, 
evehere;  daher  ist  es  anstössig,  wenn  Hemsterh.  (Oratt.  p.  307)  sagt: 
is  lange  supra  nostra  praeconia  subvectus,  weit  über  unser  Lob  erhabe7i, 
für  evectus  oder  elatus. 

Succedere  ist  in  der  Bedeut.  gelingen,  glücklich  ausgehen  neben 
procedere,  mit  und  ohne  bene,  prospere  n.  dgl..  Kl.  und  gut;  aber  mit 
Recht  tadelt  man  den  passiven  personalen  Gebrauch  des  Verbi:  hoc 
?nihi  suvcessum  est,  haec  mihi  successa  sunt,  wie  der  jüngere  Cicero  in 
einem  Briefe  (Cic.  Fam.  XVI,  21,  2)  sagt:  omnia  velles  tnihi  successa 
(esse),  für  successisse.  Weit  weniger  anstössig  ist  es,  wenn  Livins 
(11,45)  ganz  neutral  und  impersonal  sagt:  no/le  successum  (esse)  pa- 
tribus,  er  wünsche  nicht,  dnss  es  —  gelungen  sei,  für  das  oewöhnliche 
s?iccessisse ;  vgl.  auch  ib.  IX,  18.  Man  ahme  es  aber  nicht  nach,  und 
Rnhnken  tadelt  mit  vollem  Rechte  den  iMuret.,  welcher  (Oper.  T.  II, 
p.  527  ed.  Ruhnk.)  gesagt  hatte:  qui  non  omnia  tibi  successa  cupiat, 
indem  er  bemerkt:  Soloecum  loquendi  genus,  quod  hausit  e  Ciceronis 
filii  epistoia  ad  Tironera. 

Successiv?is,  auf  ei?iajider  folgend,  kommt  Sp.  L.  nnr  einmal  vor, 
für  deinceps  sequens;  —  N.  L.  aber  ist  das  Adv.  successive,  nach  und 
nach,  mit  der  Zeit,  für  paulatim,  sensim,  progressu  temporis,  progre- 
die?ite  oder  procedente  tempore.  Ohne  Auctorität  ist  auch  successa 
temporis,  was  Mahne  (Crito  p.  296)  und  Andere  brauchen.  Vgl.  mehr 
darüber  unter  Tempus. 

Succincte  und  succinctim,  kurz,  sind  sehr  Sp.  L.,  für  breviter, 
strictim.  Auch  succinctus  ist  in  der  Bedeut.  kurz,  zusammengedrängt 
nur  Sp.  und  P.  L.,  für  brevis;  dennoch  finden  sich  beide  im  N.  L. 
nicht  selten. 

Succurrere  ist  in  der  geistigen  Bedeut.  einfallen,  in  die  Gedanken 
kommen  Kl.  und  gut,  aber  mit  dem  Nomin.  der  Sache;  z.  B.  illa  res 
tnihi  succurrit;  falsch  wird  es  im  N.  L.  mit  dem  Genit.  verbunden, 
ülius  rei,  gebildet  nach  illius  rei  mihi  in  nietileni  venit. 


751 

Sncci/rsus  ist  N.  L.  nach  dem  Französischen  gebihlet,  in  der  Ijed. 
Hülfe,  oder  wohl  gar  dw  Leute,  die  zu  Hülfe  kommen,  für  auxiliumy 
auxilia,  copiae  aiixiliares. 

Siiccus.  Die  Redensart  aliquid  in  succmn  et  savguinem  vertere 
oder  convertere,  Etwas  in  Saft  und  Blut  verwandeln,  in  der  Bedeut. 
sich  Etwas  gaiiz  zu  eigen  machen,  welche  im  iV.  L.  oft  vorkommt, 
findet  sich  nirgends  bei  einem  Alten;  wer  sie  zuerst  gebraucht  hat, 
weiss  ich  nicht.  Die  Alten  verbinden  allerdings  succus  et  sanguis^  aber 
nur  in  der  Bedent.  Kraft  und  Stärke.  Wer  jene  Redensart  brauchen 
will,  muss  hinzusetzen:  ut  hodie  dicitur,  ut  hodie  dicunt.  Gleichwohl 
sagt  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  261  ed.  Fr.)  geradezu,  sogar  ohne  quasi 
oder  einen  andern  Zusatz:  eos  saepe  relegens  in  succum  ac sanguinem 
converlisti,  —  und  so  viele  Andere  nach  ihm. 

Sudare,  schwitzen ;  —  Etwas,  von  Etwas,  wird  in  Prosa  mehr  dtirch 
den  Abi,,  aliqua  re,  als  durch  den  Accus.,  aliquam  rem,  ausgedrückt, 
z.  B.  sanguine,  nicht  sanguinem,  —  wie  bei  pluere.  Vgl.  Pluere. 

Sufficere  wird  in  der  Bedeut.  Jemanden  an  Jemandes  Stelle  setzen 
in  guter  Prosa  wörtlich  wie  im  Deutschen  übersetzt;  aliquem  in  alicu- 
jus  locum  sufficere;  N.  KL  und  höchst  selten  aliquem  alicui  sufficere. 
—  Das  neutrale  sufficit,  es  reicht  hin,  liat  selten  ut  oder  negativ  ne  bei 
sich,  sondern  meistens  den  Infinit.,  wie  satis  est,  nie  aber  si;  z.  B. 
sufficit  haec  semel  vidisse,  wenn  man  —  gesehen  hat,  nicht  si  quis  —  vi- 
derit.  —  Das  Adv.  sufficienter,  hinreichend,  genug,  zur  Genüge,  ist 
Sp.  L.  für  satis,  abutide,  commode,  modice,  und  das  Subst.  sufficientiuy 
die  Genüge,  ist  ganz  Sp.  L.;  man  vermeide  es  durch  die  Verba  suffi- 
cere, satis  esse,  suppeditare,  suppetere. 

Suffigere,  anhefteii,  anschlagen ;  —  ßw  Etivas,  alicui  rei,  seltner  in 
aliqua  re ;  Sp.  L.  in  aliquid. 

Suffitorium,  die  Rauchpfanne,  das  Rauchfass,  ist  N.  Jj.  für 
turibulum. 

Sui;  vgl.  Situs, 

Suicidium,  der  Selbstmord,  ist  N.  L.  für  das  Kl.  mors  voluntaria 
(Cic.  Fin.  III,  18,  61),  wofür  man  N.  KL,  z.  B.  Plinius  (Ep.  I,  12,  2) 
mors  arcessita  sagt,  Tacitns  (Ann.  I,  5)  ?nors  quaesita,  mors  sumpfa 
(ib.  III,  Ö0),finis  voluntarius  (ib.  IV,  19)  u.  a.;  —  eben  so  N.  Jj.  ist 
suicida,  der  Selbstmörder,  für  qui  sua  manu  mortem  sibi  consciscit  u.  a. 

Sum ;  vgl.  Esse. 

Sumere.  Man  merke  hier  nur,  dass  sibi  sumere,  sich  herausneh- 
men, sich  anmassefi,  bei  folg,  Verbo  nicht  mit  dem  Infinit,  oder  ^cc. 
c.  Inf.  verbunden  wird,  sondern  mit  ut;  z.  B.  ich  nehme  mir  hera?is, 
dieses  zu  tadeln,  hoc  mihi  sumo,  ut  id  reprehendam,  nicht  id  repr eilen- 
der e.  Ferner:  Strafe,  Rache  an  Einem  nehmen,  über  Einen  verhängen 
heisst  sumere  supplicium,  poenas  de  oder  ab  aliquo.  —  üe!)er  mutuo 
sufnere,  auf  Borg  nehmen,  vgl.  Mutuus. 

Summa,  die  Summe,  wird  zwar  schon  KL  mit  Auslassung  von  res 
als  Subst.  mannichfach  gebraucht,  auch  in  Beziehung  auf  Zahlen  und 
Rechnungen,  so  dass  man  liaec  summa,  diese  Stinune ;  quunta  summa, 
eine  wie  grosse  Sunune  u.  dgl.  (vgl.  die  Lexica)  sagt;  wo  wir  aber 
sagen  eine  Summe  Geldes,  sagt  der  Lateiner  nicht  summa  pecujiiae, 
sondern  blos  pecunia,  z.  B.  eine  grosse  Summe  Geldes,  tnagjia  oder 
grandis  pecunia.  \gl.  Multus.  —  Auch  brauchte  mau  summa  summa- 


752 

rum,  aber  nur  in  der  Bedeut.  der  Hcmptmhalt,  nicht,  wie  wir  es  im 
verdorbenen  Deutscli  brauclien,  in  der  Bedeut.  kurz,  was  im  Latein, 
bisweilen  durch  ad  sunvnam  ausgedrückt  wird.  Vgl.  Heusing.  z.  Cic. 
Off.  I,  41,  13.  —  Etwas  Anderes  ist  in  summa,  was  Kl.  bedeutet  im 
Ganzen,  N.  Kl.  kurz  (in  dieser  Bedeut.  findet  es  sich  oft  bei  dem 
Jüngern  Plinius).  Vgl.  auch  Frotsch.  z.  Muret.  Oper.  T.  II,  p.  17  und 
Grauff  z.  Bunell.  Epist.  p.  740. 

Summare,  su/nmiren,  die  Summe  zusammefiziehen,  ist  JV.  L.  für 
sutnmam  subducere,  facere,  conßcere  oder  das  N.  Kl.  consummare 
(bei  Colum.  V,  2). 

SutnmitaSy  die  Höhe,  der  Gipfel,  steht  N.  Kl.  nur  beim  altern  Pli- 
nius, sonst  ist  es  Sp.  L.,  für  altitudo,  cacumen,  fastigium. 

Sutnmittere ;  vgl.  Submittere. 

Summus  (von  summa  ist  bereits  die  Rede  gewesen),  der  höchste, 
grösste.  In  Beziehung  auf  Umfang  und  Zahl  aber  wird  nicht  summus, 
sondern  maxitnus  gebraucht.  Es  gibt  daher  keine  summa  gens,  summa 
provincia,  su?nma  bibliotheca  u.  dgl.,  wenn  jene  Beziehung  darin  liegen 
soll,  sondern  maxima.  Verschieden  sind  daher:  summa  arbor  und 
maxima  arbor.  —  Das  Neutr.  summum  als  Subst.,  in  der  Bedeut.  An- 
höhe, höchste  Spitze,  Gipfel,  mit  einem  Genit.  verbunden,  ist  Sp.  L., 
und  werde  vermieden;  man  verbindet  vielmehr  in  diesem  Falle  sum- 
mus als  Adject.  mit  seinem  Subst.;  z.  B.  die  Spitze  des  Baumes,  summa 
arbor,  nicht  sum,mum  arboris;  der  Gipfel  des  Berges,  summus  mons, 
nicht  summum  montis  u.  a.  —  Den  Genit.  des  Neutr.  summi  als  Genit. 
des  iVerthes,  oder  den  Abi.  summa  ebenfalls  als  Abi.  des  Werthes  zu 
brauchen,  ist  D.  L.  Man  sage  also  nicht,  wie  z.  B.  Reiske  (Praef. 
Theocriti  p.  XXIV)  :  merita  Henr.  Stephani  summi  facio,  ich  schätze 
—  sehr  hoch,  sondern  maxitni oder pluritni facio :  nicht:  domum  summo 
vendidit,  er  hat  das  Haus  um  einen  sehr  hohen  Preis  verkauft,  son- 
dern plurimo  oder  maximi.  —  Ueber  ad  summum,  zum  Höchsten, 
höchstens,  für  summum,  ohne  ad,  vgl.  oben  unter  Ad. 

Sumptus,  der  Aufwand,  die  Unkosten,  ist  gleich  gut  im  Sing.,  wie 
im  Plur.,  ohne  merkbaren  Unterschied.  Cic.  sagt  z.  B.  (Fam.  III,  8,  6): 
si  qui  suo  sumptu  functus  esset  officio;  Cael.  11,  38  ille  suis  sumptibus 
sustentat,  und  nulli  sumptus,  nulla  jactura.  —  Aufwand,  welchen 
Rang  und  Stand  fordern,  Standesaufwand,  Ehrenausgaben  nennt 
Cicero  sumptus  liberales,  denen  er  sumptus  necessarii  entgegensetzt 
(Off.  III,  12).  —  Auf  Kosten  des  Staates  heisst  stunptu  publico. 

Supellex  (nach  Andern  suppellex),  der  Hausrath,  kommt  nur  im 
Sing,  vor;  B.  L.  ist  supellectiles  oder  wohl  gar  supellectilia.  Vgl.  Kei- 
sig's  Vorles.  p.  137.  —  Auch  ist  es  nwr  gener isfemi?i.,  nicht  ^e«.  fnasc, 
wie  man  es  im  N.  L.  findet.  —  Der  Abi.  Sing,  kommt  bald  mit  der 
Endung  e,  bald  mit  der  Endung  i  \or,supellectile  und  supellectili.  —  Der 
Plur.  wird  durch  niultus  oder  plurimus  angedeutet,  z.  B.  bei  Cic. 
(Verr.  II,  72,  176)  :  plurima  Deliaca  supellex.  —  Da  es  aucli  bildlich 
jeglichen  Vorrath  bedeutet,  und  da  wenigstens  N.  Kl.  verborum  und 
litterarum  supellex  vorkommt,  so  ist  auch  wohl  librorum  supellex  (für 
copia  oder  apparatus  librorum)  nicht  zu  verwerfen. 

Super,  über,  wird  von  einem  Orte  nur  in  dem  Sinne  von  oben  dar- 
auf adex  drüber  hin,  nicht  aber  in  der  Bedeut.  durch  gebraucht;  z.  B. 
seinen  Weg  nehmen  über  die  Alpen,  über  eine  Stadt  wo  anders  hin. 


753 

über  ein  Land,  per  Jfpes,  per  ?irbem,  per  terram  alujuam  u.  dgl.  — 
N.  Kl.  wird  es  bei  einer  Zahl  gesetzt,  wo  über  so  viel  ist  als  mehr 
oder  länger  als  — ,  für  die  A7.  Ausdrücke ^;/;/s  oder  aiuplhis ;  z.  B.iiber 
tausend  oder  tatisend  und  drüber, plus  mille,  N.  Kl.  super  mille ;  nicht 
über  fünfhundert  o^^x  fünfhundert,  nicht  drüber,  non  amplius  quingenii., 
N.  Kl.  non  super  quingenti ;  über  ztvanzig  Jahre  alt,  entweder  amplius 
(plus)  viginti a7inos  natus  oi]er  vigifiti annis  natu  major;  und  so  \ernei- 
nend:  nicht  über  ztvanzig  Jahre  alt,  7ion  amplius  vigifiliamios  natus  oder 
viginti  a?mos  natus,  non  major.  Vgl.  Terent.  Eun.  111,3  und  unten  Supra. 
Auch  drückt  Terenz  (Ileaut.  I,  ],  10)  oder  drüber  bei  einer  vorausge- 
gangenen Zahl  durch  aut  plus  aus.  —  Sp.  L.  ist  aliquem  super  aliquid 
ponere,  constituere  u.  dgl.,  Einen  über  Etwas  setze?i,{ür  alicui  rei prae- 
ficere.  —  N.  L.  ist  aliquem  amare  super  aliquem,  Einen  über,  d.  h. 
mehr  als  einen  Andern  lieben,  wie  Mahne  (Vita  Wyttenb.  p.  30  [p.25]) 
sagt :  is  Virgilium  super  omnes  scriptores  amabat,  für  omnibus  scripto- 
ribus  praeferebat  u.  dgl. 

Super abundare,  Ueberfluss  haben,  ist  Sp.  L.  für  abundare,  affluere, 
circum-  oder  super fluere. 

Super atio,  die  Besiegung,  Ueherwindung,  ist  N.  Kl.  und  findet  sich 
nur  bei  Vitruv.,  welcher  viel  Seltnes  und  Gemeines  hat,  für  victoria 
oder  die  Verba  superare,  vincere  u.  dgl. 

Superbia,  der  Stolz,  wird  fast  nie  anders  als  in  bösem  Sinne  (des 
Tadels)  gebraucht;  es  bezeichnet  also  mehr  Hoch-  oder  Uebermuth, 
so  dass  es  wohl  für  unpassend  zu  halten  ist,  wenn  Ernesti  (Epist.  ad 
Stiglit.)  sagt:  nobili  qiiadam  humanissimaque  superbia.  Edler  Stolz 
ist  (nach  Klotz)  libera  contumacia,  was  Cic.  (Tusc.  I,  29,  71)  dem 
Socrates  vor  seinen  Richtern  beilegt.  —  Ebenso  findet  sich  auch  das 
Adject.  superbus  nicht  einmal  in  der  Bedeut.  aufgeblasen,  was  mehr 
elatus  heisst.  Vgl.  Caes.  B.  C.  III,  59,  —  und  stolz  in  dem  Sinne  von 
anmassend  übersetze  man  lieber  durch  arrogans. 

Super biloquentia,  die  stolze,  hochmüthige  Sprache,  Grosssprecherei, 
ist  nur  P.  L.,  für  magniloquentia,  ostentatio,  jactatio,  jactantia,  gran- 
ditas  verborum. 

Superexstruere,  oben  darauf  bauen,  steht  N.L.  bei  Sadolet.  (Epist. 
XIII,  14),  vielleicht  aus  fehlerhaften  Lesarten  von  super struere,  wel- 
ches N.  Kl.  vorkommt. 

Superficialis,  oberflächlich,  ist  ganz  Sp.  L.  und  nicht  zu  brauchen; 
es  muss  theils  durch  superficies,  theils  (in  bildlichem  Sinne)  durch /e- 
vis,  brevis  oder  wie  es  der  Sinn  sonst  erfordert,  ausgedrückt  werden.  — 
N.  L.  ist  das  Adv.  super ficialiter ,  für  leviter,  breviter,  strictim,  osci- 
tanter  u.  dgl. 

Superfluere,  überßiessen,  im  Ueberßusse  dasein,  ist  zwar  N.  KL,  aber 
neben  andern  Verben  mit  ähnlicher  Bedeut.  nicht  zu  verwerfen.  Vgl. 
Superabundare. 

Superfluitas,  der  Ueberfluss,  kommt  nur  einmal  N.  Kl.  beim  altern 
Plinius  vor,  und  ist  unnöthig  wegen  abundantia,  redundantia. 

Superfluus,  überflüssig,  unnöthig,  ist  im  N.  L.  ein  Lieblingswort, 
obgleich  es  vielleicht  nur  einigemal  sicher  bei  Seneca,  also  N.  KL,  vor- 
kommt und  sonst  Sp.  Ij.  ist,  für  super vacaneus,  supervacuus,  oder  um- 
schrieben durch  superfluere. —  Ganz  Sp.  L.  ist  superflue,we,\c\\G^  Görenz 
liebt,  für  abunde,  redundanter,  inutiliter  u.  a.  Vgl.  Sciopp.  de  stilo  p.  86. 

48 


754 

*  Aber  in  vielen  Stellen  Seneca's  haben  die  Handschr.  für  svperflims  —  su- 
pervacuus,  was  denn  mit  Reciit  in  den  neuern  Ausgg.  aufgenommen  ist,  wie  in 
Epist.  45;  dies  gibt  Freund  im  Lexic.  an,  Sclivveighäuser  aber  liest  mpervacuvs. 
Dagegen  steht  in  Schvveighäuser's  Ausg.  Ep.  95.  p.  73  noch  superßua,  wiewolil 
gleich  darauf  svpervacttus  folgt.  Es  steht  daher  auch  bei  Seneca  vielleicht  nicht 
sicher,  und  werde  darum  gänzlich  vermieden.  Vgl.  Supervacuus. 

Superimplere,  üherfidlen,  kommt  nur  P.  L.  einmal  bei  Virgil.  vor, 
und  sogar  getrennt,  für  implere,  cumulare,  accumulare  u.  a. 

Superinstruere,  über  einarider  ordnen,  an  einander  reihen,  steht 
N.Kl.  nur  bei  Seneca,  von  Gefässen  gebraucht;  Sp.  L.  ist  es  in  der  Bed. 
diiiber,  auf  Etwas  bauen,  für  esstruere  mit  sfiper  oder  in,  oder  für  das 
JV.  KL  superstruere,  was  Quintilian.  u.  A.  auch  bildlich  brauchen,  wie 
z.  B.  nach  Quintii.  Worten  (I,  4,  ö):  quidquid  his  (fundamentis)  super- 
struxeris,  corrtiet,  der  die  Stelle  nachahmende  Mahne  (Crito  p.  278) 
schrieb  :  quibus  (fundamentis)  aedißciiim  superinstruere  possint,  —  wo 
er  also  eigenmächtig  das  schlechtere  Verbum  für  das  bessere  wählte. 

Siiperioritas,  der  Vorrang,  die  Superiorität,  ist  N.  i/.,  für  princi- 
patiis,  praestantia,  excelle?itia.  —  Auch  superiores  ist  als  Subst.  N.  L., 
für  pri?icipes,  praefecti,  duces,  primores. 

Superius  ist  als  Coraparat.  des  Adverb,  supra,  in  der  Bedeut.  oben, 
weiter  oben,  höchst  selten,  und  kommt  nur  N.  Kl.  bei  Phaedrus  und 
noch  spätem  Schriftstellern  vor  ;Ä7.  sagte  man  dafür  h\o%  supra  oA^v 
patilo  supra;  z.  B.  ich  habe  davon  oben  oder  weiter  obeti  gesprochen, 
nicht  de  ea  re  dixi  superius,  sondern  blos  supra  oder  paulo  supra. 
Im  N.  L.  findet  es  sich  nicht  selten  so;  sogar  Muret.  sagt:  quod  su~ 
perius  ex  T/ieophrasto  allatum  est.  Vgl.  Hensing.  Eraendd.  p.  485  und 
oben  Inferius,  was  eben  so  falsch  gehraucht  wird,  für  infra. 

StipernaturnUs  und  das  Adverb,  supernaturaliter  sind  N.  L.,  und 
können  nur  in  der  Sprache  der  Theologen  als  neue  Kunstwörter  ge- 
braucht werden.  Vgl.  Kxtranaturalis. 

Stiperscriptio ,  die  Ueberschrifi ,  Aufschrift,  ist  iV.  L.,  z.  B.  bei 
Laur.  Gronov.  (Edit.  Plin.  libri  IX,  p.  3) :  in  super scriptione  capitis, 
für  in  tifulo  oder  inscriptione. 

Supersedere  hat  in  der  Bedeut.  eijier  Sache  überhoben  sein  Kl. 
das  Object  nur  im  Ablat.  bei  sich,  aliqua  re ;  in  der  Bedeutung  auf 
oder  über  Etwas  sitzen  wird  es  nur  N.  KL  mit  dem  Dat.  verbunden, 
für  insidere  alicui  rei  oder  secfere  in  aliqun  re,  und  in  der  Bed.  unter- 
lassen, nicht  wollen  mit  dem  Infinit,  von  Livius  und  später  einigemal, 
für  nolle,  mittere,  omitiere. 

Superus,  a,  um,  der  obere,  kommt  im  Sing,  nur  als  Neutr.  vor, 
z.  B.  mare  superum;  der  Plur.  superi,  in  der  Bedeut.  die  Götter,  ist 
nur  P.  L.,  kommt  aber  dennoch  im  N.  L.  oft  in  Prosa  vor. 

Supervacuus,  überflüssig,  unnölhig,  ist  erst  fast  N.  KL,  denn  bei 
Livius  kommt  nur  ex  supervacuo  in  der  Bedeut.  zum  Ueberflusse  vor; 
häufig  findet  es  sich  dagegen  bei  Seneca,  Quintilian.  und  dem  Jüngern 
Plinius;  als  kürzere  Form  neben  der  längern  supervacaneus  ist  es 
recht  wohl  zu  brauchen. 

Supervidere,  übersehen,  iet  N.L.  sowohl  in  der  Bedeut.  nicht  ach- 
ten, vorbeigehen  lassen,  für  negligere,  praetermittere,  als  auch  in  der 
physischen  Bedeut.  einen  Blick  über  Etwas  werfen,  überschauen,  für 
inspicere,  perspicere,  perlustrare. 

Sitpervivere  alicui,  Einen  überleben,  steht  erst  N.Kl.  beim  jungem 


755 

Plinius,  und  ist  sonst  selten,  für  alicui  superesse  oder  supersti'tem  esse, 
Vita  ab'que?n  superare. 

Suppeditari  (als  Deponens),  darreichen,  geben,  ist  unerweislicli,  für 
das  active  suppeditare.  Falsch  sagt  daher  Gruber  (Praef.  edit.  CensorinI 
p.  V.):  quam  editionem  Gel.  Siebenkees  mihi  expedite  est  szippeditatus., 
für  siippeditavit. 

Stippet iae,^Hülfe,  Beistand,  ist  A.L.  und  steht  N.  Kl.  bei  Sueton.; 
man  vermeide  es  durch  ausilium,  subsidium.  Wie  Plautus  den  Accus. 
suppetias  nach  alter  Art  mit  venire,  in  der  Bedeut.  zu  Hülfe,  für 
auxilio,  subsidio,  verband,  so  verband  ihn  auch  der  späte  ung^enannte 
Verf.  des  Bell.  African.  mit  venire,  proßcisci,  ire  und  occurrere,  was 
man  nicht  nachahme. 

Stipplere  bedeutet  nur  Etwas  ausfüllen,  etwas  fehlendes  und 
Mangelndes  hinzuthun,  damit  eine  Sache  ergänzt,  vervollständigt 
werde.  Ganz  falsch  braucht  man  es  aber  im  TV.  L.  in  der  Bedeut.  hinzu- 
de?iken,  oder  wie  wir  sagen  ergänzen;  z.  B.  hie  omnes  supplent  prae- 
posilionem  av,  hier  ergänze?!  Alle  oder  denken  Alle  die  Praeposition 
AD  hinzu,  während  doch  nicht  die  etwa  fehlende  Praeposition  ausge- 
füllt oder  vervollständigt  werden  soll,  sondern  die  mangelhaft  schei- 
nende Rede  oder  der  Satz,  welchem  Etwas  fehlt.  Vgl.  über  diese 
Redeweise  unter  Stibaudire. 

Supplex,  bittend,  wird  meistens  mit  dem  Dat.  der  Person  verbunden, 
welche  man  bittet;  z.  B.  mihi  supplex  est,  er  bittet  mich;  judicibus 
supplex  esse  noluit^  er  wollte  die  Richter  nicht  bitten  (Cic.  Orat.  I,  53, 
229);  selten  wird  es,  wie  ein  Subst.,  mit  dem  Getiit-  verbunden,  z.  B. 
Bei,  Gott.,  oder  mit  einem  Possessivpronom.,  z.  B.  mens,  vester  — ,  michy 
euch.  —  Mit  dem  Dat.  wird  auch  das  Verbum  supplicare  verbunden, 
supplicare  alicui,  Einen  bitten,  wozu  noch  pro  aliquo,  für  Jemanden, 
hinzutreten  kann.  Vgl.  Cic.  Fam.  VI,  34,  3. 

Supplicatio  bedeutet  nur  ein  öffentliches  Dankgebet,  Dank-  oder 
Betfest,  Bettag ;  Cicero  fügt  die  Dauer  der  Tage  des  Festes  nur  im 
Genit.  bei,  z.  B.  suppl.  quindecim  dierum.,  ein  fünfzehntägiges  Da?ik- 
fest.  Nur  selten  steht  dafür  ein  Accus.,  wovon  Th,  I,  §.  76  die  Rede 
war.  —  iV.  L.  aber  ist  supplicatio  in  der  Bedeut.  Bittschrift,  Supplik, 
für  supplex  libellus,  supplex  epistola  oder  supplex  scriptum. 

Supplicium,  wobei  immer  an  Todesstrafe  gedacht  wird,  hat  so  selten 
den  Genit.  capitis  bei  sich,  dass  es  in  dieser  Verbindung  mehr  zu  ver- 
werfen, als  zu  billigen  ist.  Vgl.  Frotscher  zuMuret.  Oper.  T.  I,  p.  204, 
wo  nur  eine  Stelle  dafür  aus  Suet.  (Galb.  12)  angeführt  wird.  Daher 
heisst  hinrichten  schlechtweg  aliquem  supplicio  afficere,  supplicium 
sumere  de  aliquo.  —  Selten  und  nicht  wohl  nachzubrauchen  ist  auch 
supplicium  in  den  Bedeutungen  Dankfest  (für  supplicatio)  und  flehent- 
liches Bitten  (für  verba  supplicia,  voces  supplices  u.  dgl.). 

Supponere  ist  als  philosophisches  Kunstwort  in  der  Logik,  in  der 
Bedeut.  unterstellen,  sich  als  vorhanden,  seiend  und  richtig  denken  und 
a?mehmen,  N.  L,,  für  sumere  oder  ponere,  welche  durchaus  allein  zu 
brauchen  sind. 

Supputare,  berechnen,  und  supputatio,  die  Berechnung,  sind  Sp.  L,, 
für  computare,  computatio. 

Supra,  über,  kann,  wie  super,  nicht  immer  da  gebraucht  werden, 
wo  wir  über  oder  auf  brauchen.  —  N.  Kl.  und  zu  verwerfen  ist  es, 

48* 


75G 

wenn  Vitruv.  (VII,  1)  sagt:  eum  supra  läbliothecam  constiluil;  man 
sagt  aliquem  bibllothecae  praeßcere ;  und  so  ist  es  überhaupt  falsch,  zu 
sagen:  aliqnem  supra  aliqufd  constituere  oder  ponere,  für  praeficere 
aliquem  aliciii  rei.  —  x'Vnch  wird  zwar  supra,  wie  super,  \\\  der  Bedeut. 
über  mit  Zahlen  verbunden,  aber  erst  seit  Livius  (111,  31;  XXI,  23.  6), 
welcher  z.  B,  sagt:  supra  Septem  miUia  Iiostmm,  einigemal  bei  den  Fol- 
genden, nicht  aber  bei  Cicero  und  Caesar.  Man  setze  dafür  lieber  ;^/«s 
oder  amplms;  vgl.  unter  Super,  wo  auch  bemerkt  ist,  dass  unsre  Zusätze 
bei  Zahlen  und  drüber,  oder  drüber,  nicht  drüber  nicht  durch  et  oder 
aut  super,  non  super  und  auch  niclit  durch  et,  out,  non  supra  ausge- 
drückt werden,  sondern  entweder  durch  den  Zusatz  ef,  aut,  non  plus, 
oder  g-ewöhnlicher  mit  dem  Vorhergehenden  verbunden.  Jenes  aut 
plus  braucht  Terenz  ( Heaut.  1,  1,  10):  an?ios  sesaginta  natus  es, 
aut  plus  eo,  ut  conjicio,  —  oder  noch  drüber,  wie  ich  vermuthe.  — 
Auch  kann  haben  über — ,  verbunden  mit  einer  Zahl,  durcli  fiumerum 
(mit  folgendem  Genit.  der  Zahl)  excedere  ausgedrückt  werden;  z.  B. 
ein  Weinstock  hatte  über  2000  Trauben,  excessit  uvarum  numerum 
duortim  millinm.  —  Die  Redensart  supra  repetere,  bei  Erzählungen, 
Etwas  von  früher  her,  aus  der  altern  Geschichte,  aus  alter  Zeit,  weit 
herholen,  brauchen  nur  Sallust.  und  Tacitus,  für  alte,  ex  alto  petere 
oder  repetere,  longe  repetere,  und  im  Compar.  altius  oder  longius  re- 
petere, weiter  herholen.  —  N.  Kl.  und  weniger  nachzuahmen  sind  die 
Ausdrücke  supra  dictus,  szipra  memoratus,  nominatus  u.  dgl.,  in  der 
Bedeut.  oben  erwähnt,  oben  genannt,  für  die  relative  Umschreibung 
quem,  quam,  quod  supra  dixi  — ,  qui  supra  dictus  est.  Vgl.  Anleit. 
§.  590. 

Supremat2is,  die  höchste  Macht,  Gewalt,  das  Supremat,  der  Vorzug, 
ist  N.  L.,  für  principatus,  summum  Imperium,  suimna  potestas. 

Supremitas  ist  ganz  Sp.  L.,  sowohl  in  der  Bedeut.  das  Letzte,  der 
Tod,  für  mors,  als  auch  in  der  Bedeutung  das  höchste  Ansehen,  für 
summa  dignitas. 

Suprejna,  als  Neutr.  Plur.  geradezu  in  der  Bedeut.  Tod  zw  brauchen, 
ist  unerweislich;  wohl  aber  bedeutet  es  die  letzten  Lebensstundeii. 

Surdus,  taub.  Gut  ist  surdis  auribus  catiere,  wie  wir  sagen:  tauben 
Ohren  predigen,  —  und  so  ähnliche,  z.  B.  surdo  aliquid  narrare, 
cantare. 

Surgere,  aufstehen,  ist  in  der  Bedeut.  auftreten,  sich  erheben,  sich 
zeigen,  ohne  alle  Beziehung  auf  einen  Ort,  J).  L.,  für  cvistere,  exoriri 
u.  a. ;  z.  B.  damals  standen  die  ersten  Schauspieler  auf,  exstiterunty 
exorti  sunt,  nicht  surrexerunt.  —  Vor  Jemanden  aufstehen  heisst 
alicui  assurgere. 

Suscipere.,  übernehmen,  z.  B.  defensionein,  causam.  Wir  setzen  oft 
hinzu:  über  mich,  dich,  sich  u.  s.  w.,  aber  im  Latein,  wird  selten  mihi,  tibi, 
sibi u.  s.  w.  hinzugesetzt ;  also  mumis,  negotium, provinciam suscipere.,  ein 
Amt  —  über  sich  nehmen.  Auch  ist  wohl  der  Zusatz  in  nie,  te,  se  — 
ohne  Beispiel,  wie  z.  B.  Herasterh.  (Oratt.  p.  125)  sagt:  arduam  in  me 
provincia?n  suscepi.  Wenn  aber  Cic.  (Phil.  XI,  4)  sagt:  scelus  in  se 
suscipere,  so  ist  dies  von  jenem  ganz  verschieden  und  gleich /ac?wz/s, 
flagitium  in  se  admittere.  —  Für  den  zugesetzten  Dat.  führt  man  auch 
an  Caes.  B.  G.  1,  8,  4  Is  (Orgetorix)  sibi  legationem  ad  civitates  sus- 
cepil ;  aber  nach  Herzog  rauss  in  dieser  Stelle  mit  üaues  gelesen  wer- 


757 

den:  Is  übt  fegat.  Er  erklärt  si'bi  sr/scipere  für  eine  Caesar'a  geradezu 
unwürdige  lateinische  Phrase;  es  müsste  wenigstens  heissen  in  se, 
nach  der  Analogie  von  in  se  rec/pere.  Vgl.  Cic.  Farn.  XIII,  11.  —  In 
der  Redensart:  Etwas  für  Geld  zur  Besorgung  übernehmen  wird 
nicht  suscipere,  sondern  redimere  oder  conducere  gebraucht.  —  Man 
streitet  über  den  Unterschied  zwischen  suscipere  und  recipere,  und 
nimmt  meistens  an,  dass  suscipere  bedeute:  Etwas  freiwillig,  aus 
eigenem  Antriebe  übernehmen,  aber  recipere  —  etwas  Allgetragenes 
übernehmen.  Vgl.  Hand's  Lehrb.  p.  244,  aber  dagegen  Ellendt  zu  Cic. 
de  Orat.  T.  II,  p.  222.  —  Endlich  wird  der  Ausdruck  in  manus  sus- 
cipere, welchen  iMuret.  (Oper.  T.  I,  p.  256  ed.  Ruhnk.  [p.  340  ed.  Fr.]) 
in  der  Bedeut.  in  die  Hände  nehmen  braucht,  von  Ruhnken  verworfen, 
welcher  sagt:  Scripsit,  ni  fallor,  sumere. 

Suspectare  ist  in  der  Bedeut.  vermuthen,  für  verdächtig  halten 
N.  KL  und  findet  sich  fast  nur  bei  Tacitus,  für  suspicari,  suspectum 
habere  oder  facere. 

Suspectio,  die  Vermuthung,  der  Argivohn,  ist  nur  A.  und  Sp.  L., 
vielleicht  sogar  noch  zweifelhaft,  für  suspicio;  es  werde  vermieden, 
mag  es  auch  Muret.  (Var.  Lectt.  VIII,  9)  gebraucht  haben.  Vgl.  Sciopp. 
de  stilo  p.  128. 

Suspendere  wird  im  N.  L.  in  zwei,  dem  Worte  angedichteten  Be- 
deutungen gebraucht:  1)  aliquid  suspendere.  Etwas  aufschieben,  für 
differre ;  2)  aliquem  suspendere  a  munere,  Einen  von  seinem  Amte 
suspendiren,  seines  Amtes  auf  einige  Zeit  entsetzen,  für  aliquem  ad 
tempus  aliquod  ab  administrntione  muneris  removere  oder  sum?novere. 

Suspicas,  argwöhnisch,  verdächtig,  ist  höchst  selten  für  suspicio- 
sus;  es  findet  sich  einmal  bei  Livius,  sonst  nur  N.  KL  bei  Seneca  und 
Tacitus. 

Suspicere,  in  die  Höhe  nach  Etwas  sehen,  wird  theils  verbunden 
in  aliquid,  theils  aliquid  ohne  in;  z.  B.  in  coelum  (Cic.  Rep.  III,  2; 
VI,  9),  coelum  (N.  D.  II,  2,  4);  —  in  bildlichem  Sinne,  in  der  Bedeut. 
hochachten,  nur  aliquem,  aliquid.  Nur  einmal  kommt  bei  Sallust.  sü~ 
spiciens  in  der  Bedeut.  argwöhnend,  Verdacht  habejid  vor,  für  suspe- 
ctum habens.  —  Im  Passiv,  ist  suspectus  im  Perf.  und  den  davon  abge- 
leiteten Formen  in  der  Bedeut.  hochgeachtet  ohne  Auctorität. 

Suspicio,  die  Vermuthung,  der  Verdacht,  hat  in  der  Verbindung 
eines  Satzes  mit  als  ob  entweder  den  Accus,  m.  d.  Infinit,  oder  den 
Genit.  des  passenden  Particip.  mit  seinem  Subst.  bei  sich;  z.  B.  rfer 
Verdacht,  als  ob  nach  der  Herrschaft  gestrebt  würde,  suspicio  regnum 
appeti  oder  regni  appetendi  (Cic.  Mil.  27,  72). 

Suspiritus,  das  Aechzen  (Livius  XXX,  15  und  Cic.  Att.  I,  18,  3), 
wird  bezweifelt,  für  suspiratus,  wie  respiritus  für  respiratus.  Vgl. 
Orelli  z.  Cic.  1.  c.  und  oben  Respiritus. 

Susque  deque,  verbunden  mit  ferre  oder  habere,  in  der  Bedeut. 
Etwas  gleichmüthig  ertragen,  für  gleichgültig  halten,  ist  nur  A.  L.  und 
jetzt  nicht  mehr  anwendbar. 

Sustentaculum,  die  Stütze,  ist  vielleicht  nur  N.  KL,  und  findet  sich 
nur  bei  Tacitus,  für  adminiculum,  columen,  fulcrum,  und  in  bildlichem 
Sinne  subsidium,  firmamentum. 

Se/s^iwere, verbunden  mit  dem  Accus. /jocem,  in  der  Bedeut.  </(?7^i^/*^e- 
den  halten,  für  praestare,  wird  von  Hand  (Lehrb.  p.  249)  verworfen. 


758 

Sjms  und  das  personale  sui.  Ihr  Gebrauch  und  ihr  Unterschied  von 
dem  demonstrativen  ejus  und  is,  ea,  id  wird  im  'N.  L.  nicht  sehr  streng 
beachtet,  und  Abweichungen  von  der  Regel  werden  wohl  gar  leichtsin- 
nig mit  anomalen  oder  anomal  scheinenden  Abweichungen  bei  den  Alten 
entschuldigt.  Vgl.  Th.  I,  p.  98  u.  99.  —  Wir  brauchen  sein  und  ihr  öfter, 
als  der  Lateiner  die  Pronomina  suvs,  a,  um;  er  lässt  sie  aus,  wo  sie 
ihm  unnöthig  scheinen;  z.  B.  seine  Augen,  Hände  u.  dgl.  erheben,  blos 
tollere  oculos,  manus,  nicht  suos  oculos,  suas  manus;  sein  Leben  fah- 
ren, vitam  degere  u.  a.  m.  Vgl.  Th.  I,  §.  101.  —  Ueber  se,  sich,  bei 
Verben,  in  Verbindung  mit  inier  se,  vgl.  Inier.  —  Da  sui  Sing,  und 
Plur.  ist,  so  tritt  bald  im  Sing,  ipsius,  bald  im  Flur,  ipsortnn  hinzu, 
nicht  blos  das  erstere,  auch  wenn  von  MehrerTi  die  Rede  ist.  Uebereilt 
schrieb  daher  Jul.  Caes.  Scaliger  (Poet.  \ll,  p.  265):  adeo  per tubato 
sunt  animo,  ut  etiam  sui  ipsius  (für  ipsoriim)  obliviscantur.  —  Wie  suus 
in  der  Verbindung  mit  quisque  gestellt  werde,  s.  unter  Quisque. 

Sycophania,  der  Chikanew\,  findet  sich  nur  A.  L.  bei  den  Komikern, 
für  das  sonst  allein  übliche  calumniator. 

Syllaba.  Unser  Sylbe  für  Sylbe  oder  von  Sylbe  zu  Sylbe  heisst 
syllabatim. 

Syllabus,  das  Verzeichniss,  ist  erst  ganz  Sp.  L.,  für  index. 

Syllogisnms,  der  Fer?iunftschluss,  ist  ein  erst  N.  Kl.  philosophisches 
Kunstwort;  Kl.  war  dafür  conclusio  mit  und  ohne  raiiojiis,  oder  ratio- 
cinatio  üblich;  auch  kann  man  es  umschreiben  durch  concludere,  ratio- 
cinari^  argwnentari. 

Syjubola,  der  Beitrag  (vorzüglich  zu  einem  gemeinsamen  Essen), 
kommt  A.  L.  mehrmals  bei  den  Komikern  vor,  für  das  KL  latein.  col- 
lecta  (Cic.  Orat.  II,  57,  233). 

Syinboluni  ist  in  der  Bedeut.  Wahlspruch  N.  L.,{ür  sentenlia  viiae 
quasi regula  u.  a.  -^  A.  und  Sp.  L.  ist  es  in  der  Bedeut.  Zeichen,  Merk- 
mal, für  nota,  signum.  Als  Kunstwort  für  unser  Sinnbild  ist  es  besser 
beizubehalten,  wenn  nicht  etwa  nota  oder  signum  passend  scheinen. — 
Auch  ist  symbolum  mit  dem  Genit.  fidei,  in  der  Bedeut.  Glaubens- 
bekenntniss,  N.  L.  theologischer  Kunstausdruck,  welchen  die  besten 
Neulateiner,  wie  Perpinian.,  beibehalten  haben,  da  kein  stellvertreten- 
der alter  Ausdruck  dafür  vorhanden  ist. 

Symmetria,  die  Symmetrie,  Harmonie  der  Theile,  kommt  schon 
N.  Kl.  bei  Vitruv.  u.  A.  als  Kunstwort  vor;  doch  sage  man  dafür  lieber 
partium  convenientia,  congruentia,  aequalitas,  apia  compositio. 

Sympathia  wird  man  als  altes  Kunstwort  bisweilen  kaum  entbehren 
können.  Cicero  erklärt  es  durch  cotivenientia  naturae  und  conjunctio 
naturae  et  quasi  concentus  atque  consensus  (Divin.  II,  14,  34). 

Symposium  werde  ganz  vermieden  in  der  wörtlichen  Bedeut.  das 
Mittrinken,  durch  compotatio ;  in  der  Bedeut.  Gastmahl  ist  es  ohne 
Beziehung  auf  ein  griechisches  Gastmahl  (wo  es  recht  wohl  ange- 
wandt werden  kann)  zu  gekünstelt,  für  convivium;  richtig  ist  also 
z.  B.  symposiuin  Plalo?iis,  Xenophontis,  weniger  gut  convivium. 

Synofiymus,  gleichbedeutend,  wurde  erst  im  N.  L.  üblich,  für  idem 
significans ;  für  aliquis  aliquid  facit  synonymum  cum —  sage  man: 
dicit  idem  signißcare  atque  — . 

Syracusius  und  Syracusanus  finden  sich  beide  in  Kl.  Prosa,  wie- 
wohl bei  Cicero  jenes  mehr  in  gelehrten  Schriften  (Divin.  I,  20,  39. 


759 

Tu8c.  V,  35,  100.  Orat.  II,  13,  57),  dieses  mehr  in  den  Reden  als  das 
acht  lateinische  Wort  vorkommt. 

Syrius  oder  Syrvs,  Syrisch,  aus  Syrien,  ist  P.  L.  und  N.  KL,  für 
Syriacus;  Syrius  bedeutet  nur  vo?i  der  Insel  Syros,  und  Syrus  nur 
der  Syrier,  der  Beivohner  Syriens. 

Systema,  ein  System,  und  systematicus,  systematisch  oder  wissen- 
schaftlich, sind  nirgends  im  Gebrauche.  Wie  sie  lateinisch  auszu- 
drücken sind,  lehren  die  D.  L.  Lexica  lunlänglicli.  Der  Begriff  liegt 
z.  B.  in  ratio,  disciplina  (Cic.  Off.  111,4, 20.  Fin.  1,9, 29),  nach  Dietrich 
auch  in  descriptio  disciplinae;  ein  Syste?n  aufstellen  heisst  certam 
quandam  disciplinae  formulam  componere  (Cic.  Acad.  I,  4)  ;  Eiioa» 
systematisch  behandeln,  rationem  artemque  alicujus  r ei  tr ädere  (Orat. 
II,  36) ;  der  systematische  Zusammenhang,  cofupositio  alicujiis  disci- 
plinae;  in  ein  System  bringen^  aliquid  arte  (bei  mehrern  artibus)  con- 
cludere  (Cic.  Orat.  1,42,187).  Dazu  bemerkt  noch  Rosenheyn:  System 
heisst  auch  sententia  et  disciplina  (Cic.  Tusc.  V,  29,  84) ;  das  ganze 
Pythagoreische  System,  Pythagorea  omnia  (ib.  I,  17,  39.  Fin.  V,  4); 
welche  dasselbe  System  habe?i,  qui  idem  sentiunt  (Tusc.  II,  3,  7)  ;  nicht 
aus  einzelnen  Worten,  sondern  aus  dem  ganzen  Systeme,  —  sed  ex 
perpetuitate  et  constantia  doctrijiae  (Tusc.  V,  10,  31);  dieses  brachte 
mehrere,  unter  einander  verschiedene  philosophische  Systeme  hervor, 
effecit  pbira  gener a  dissentientium  philosophorum  (Tusc.  V,  4,  11);  — 
und  so  lässt  sich  dieser  Begriff  nach  dem  jedesmaligen  Sinne  gar  ver- 
schieden ausdrücken. 

T.  t. 

Tabefacere,  verzehren,  kommt  als  Verbura  nirgends  vor,  sondern 
nur  ganz  Sp.  L.  als  Partie,  tabef actus ;  man  brauche  tabe  conficere, 
absumere,  consumere. 

Tabernaculum,  das  Zelt,  braucht  Cic,  (Orat.  III,  20)  mit  dem  mil- 
dernden quasi  bildlich  für  unser  Wohnsitz,  indem  er  sagt:  in  aliqua 
re  quasi  tabernaculum  vitae  suae  collocare,  von  einem  Fache  oder 
Zweige  der  Gelehrsamkeit,  mit  dem  man  sich  Zeitlebens  beschäftigt, 
ähnlich  der  Redensart  habitare  in  aliqua  re,  wie  wir  sagen :  in  einer 
Sache  wie  zu  Hause  sein.  Es  werde  aber  jene  Redensart  nicht  ohne 
qtiasi  nachgebraucht,  wie  es  dennoch  Sluiter  (Lectt.  Andocid.  p.  V) 
gethan  hat. 

Tabula,  die  Tafel,  kommt  in  der  Bedeut.  Urkunde  wohl  nur  im 
Plur.  und,  wenn  Zahlen  dazutreten,  nur  mit  Distributivzahlen  vor; 
daher  heisst  z.  B.  eine  Testamentsurkimde,  ein  Testament,  unae  ta- 
bulae  testamentorum  (Cic.  Font.  1, 2)  ;  zwei  Testamentsurkunden,  binae 
tab.  testam. 

Tubuläre,  täfeln,  mit  Brettern  versehen,  kommt  als  Verbum  nicht 
vor,  sondern  nur  als  Partie,  tabulatus,  getäfelt  u.  dgl.,  wovon  auch 
tabidatum,  eiii  Bretterwerk,  Stockwerk,  abgeleitet  ist.  Als  Verbum 
brauche  man  tabidis  consternere. 

Tabularium,  das  Archiv,  kann  in  bildlichem  Sinne  so  wenig  wie 
tabernaculum  ohne  ein  milderndes  quasi  oder  tamquam  angewandt 
werden;  dennoch  spricht  Hemsterh.  (Oratt.  p.  9)  ohne  einen  Zusatz 
von  einem  domesticum  memoriae  vestrae  tabularium. 


760 

Tactus,  der  Takt  in  der  Musik,  ist  N.  L.,  für  modus,  mimerus;  da- 
her lieisst  den  Takt  halten,  numerum  servare ;  nach  dem  Takte  tanzen, 
in  numerum  saltare. 

Taediosus,  verdriesslich,  ekelhaft,  ist  ganz  Sp.  L.,  für  molestus,  cum 
taedio  conjunctus.  Nach  Wolf  (Aiialect.  I,  p.  488)  schrieb  ein  JNeuia- 
teiner:  me  accinxi  huic  tiegotio  taediosissimo,  wo  weder  das  Adject. 
noch  der  Dat.  zu  biMigen  ist.  —  Eben  so  Sp.  L.  ist  auch  das  Adverb. 
taediose,  welches  Görenz  mit  superfluus  verbindet,  für  ad  taedium  oder 
moleste  supervacaneus,  inutilis  oder  cum  molesta  abundantia. 

Talentum  enthält  nur  den  Begriff  einer  Summe  Geldes;  aber  B.  L. 
ist  talentinn  für  unser  bildliches  Talent  (gleich  Geistesanlage),  was 
nur  durch  indoles,  ingeniiim  u.  a.  auszudrücken  ist. 

Taliler,  auf  solche  Art  und  Weise,  so,  kommt  sehr  selten  vor, 
z.  B.  N.  Kl.  beim  altern  Pliinus;  es  werde  vermieden  durch  tali  modo, 
ita,  sie.  —  N.  L.  ist  taliter  qualiter,  unser  verächtliches  so  so,  für 
mediocriter. 

Tarn,  so,  so  sehr,  in  dem  Grade,  hat  fast  nur  Beziehung  auf  das  ver- 
gleichende als  (quam)  oder  zur  Bezeichnung  des  Grades  auf  ein  fol- 
gendes ut  (dass).  Daher  bemerkt  Zumpt  (Aufgab,  p.  53  u.  70),  dass, 
wo  im  Deutschen  ein  tonloses  so  vor  einem  Adject.  oder  Adverb, 
stände,  nicht  tarn  gebraucht  werden  dürfe,  sondern  dass  dafür  mei- 
stens der  Superlat.  stehen  müsse;  und  Friedemann  bei  den  Worten 
Ruhnken's  (im  Elog.  Hemst.) :  doletnus  omnino  pauciora,  quam  —  ex 
tarn  perenni  et  ineshausto  doctrijiae  fönte — ^ermawasse,  auf  gleiche 
Weise,  dass,  wo  im  Deutschen  so  (wie  hier)  nur  hinweisend,  für  die- 
ser, stehe,  lieber  hie,  haec,  hoc  (als  tam)  zu  setzen  sei,  wie  denn  sie 
in  der  angeführten  Stelle  zu  dem  Adj.  ineshaustus  kaum  denkbar  sei. 

Tame?i,  doch,  jedoch,  muss  vorsichtig  gebraucht  werden,  da  es  sich 
fast  nur  auf  ein  entweder  dastehendes  oder  verschwiegenes,  aber 
hinzuzudenkendes  obgleich  (quamqua?n,  etsi)  bezieht  und  meistens 
unserm  dennoch  gleich  ist.  Wenn  es  dagegen  für  aber  oder  jedoch 
steht,  so  wird  sed  gebraucht,  wozu  tarnen  noch  hinzutreten  kann.  — 
N.  L.  sind  daher:  tarnen  autem,  tarnen  vero,  jedoch  aber,  für  sed  tamen ; 
ferner  ut  tamen,  wie  jedoch,  für  sed  ut  oder,  je  nach  dem  Sinne  der 
Worte,  quamquam  ut.  Falsch  sagt  also  Valcken.  (Oratt.  p.  187) :  Fer- 
dinandi  ducis  Albani,  strenui  tamen  (eines  jedoch  thätigen  Mannes)  — 
crudelitas,  für  quamquam  strenui.  —  W  enn  mit  doch  nach  einer  Par- 
enthese eingelenkt  und  das  Unterbrochene  wiederholt  wird,  so 
braucht  man  nicht  das  einfache  tamen,  sondern  sed  tameti.  Vgl.  Cic. 
Farn.  IX,  16,  2.  —  N.  L.  ist  es,  zu  sagen:  tamen  haec  omittamus,  doch 
wir  tvollen  dieses  übergehen,  für  verum  oder  sed  haec  omittamus, — 
und  so  in  ähnlichen  Ausdrücken.  —  N.  L.  ist  tarnen  ferner  in  bittenden 
Kedensarten,  z.  B.  entschuldige  mich  doch,  schreibe  mir  doch,  und  ähn- 
lichen, wo  velim  oder  quaeso  zu  setzen  ist;  —  ferner:  quae  tarnen  isla 
sunt  negotia? —  mag  es  nun  bedeuten:  doch  was  für  Geschäfte  sind 
das?  für  quamquam  oder  at  quae  sunt  isla  negotia,  oder:  was  sind 
das  doch  für  Geschäfte?  also  verwundernd,  für  quae  ta?ide?n  sunt  ista 
negotia? —  In  dem  einschränkenden  Znüatze  jedoch  nur  wenn  —  sagt 
man  si  tarnen,  nicht  tamen  si;  so  z.  B.  Plinius  (Epist.  III,  1,  4) :  si 
tarnen  Uli  (amici)  jion  gravantur.  —  Richtig  aber  ist  tarnen  mit  7ie  in 
wehmüthigera  Sinne,  in  der  Bedeut.  damit  doch  ja  flicht.    Vgl-  Cic. 


761 

Fam.  VII,  31.  —  Ueber  et  tatnen,  imd  doch,  vgl.  Reisig's  Vorlesung^. 
p.  448. 

Tarmjuam;  vgl.  Tanquam. 

Tandem,  e?idlich,  hat  fast  nur  den  Begriff  des  Imigst  Envarteten 
oder  Gewünschten,  oder  drückt  bei  einer  Frage  eine  Verwunderung 
ans,  z.  B.  ubi  tandeni?  —  ivo  ivohl,  wo  in  aller  Welt? —  Dagegen  ist  es 
N.  L.  bei  Aufzählung  mehrerer  einzehien  Personen,  Gegenstände  oder 
Thatsachen,  wo  wir  endlich  oder  zuletzt  sagen,  für  denique,  postre?no. 
Falsch  sagt  z.  B.  Aug.  Matthiae  (Epist.  Cic.  sei.  p.  279) :  primum  — 
deinde  —  tandem  Dolabellae;  und:  /««r/e?«  Manilium  laudat;  Mahne 
(Crilo  p.  270)  :  tandem  vero  etiani  haud  raro  reperiuntnr;  falsch  ist 
es  auch,  zu  sagen :  mathematici,  poetae,  musici,  tandem  luedici.  —  Auch 
verstärkt  tandem  nicht  das  Pron.  quicunque,  iver  nur,  wie  z.  B.  Terp- 
stra  (Antiq.  Homer,  p.  298)  sagt:  comae  quoque  quacunque  tandem. 
ratione  collectae.  Vgl.  Weber 's  Uebungssch.  p.  270. 

Tangere,  berühren,  wird  selten  bildlich  gebraucht,  in  der  Bedeut. 
mit  Worten  berühren,  eriväJrnen ;  dafür  steht  häufiger  attingere,  wie 
überhaupt  bei  geistigen  Dingen,  wo  atti7igere  —  sich  mit  Etwas  be- 
schäftigen,  sich  einer  Sache  aiinehnien  bedeutet.  Und  so  findet  sich 
«ehr  oft:  leviter  (leise)  oder  breviter  (kurz)  attingere,  selten  tafigere; 
summatim  aliquid  atti?igere,  Etwas  den  Hauptsachen  tiach  berühren ; 
renipublicam  attingere,  sich  des  Staates  a?i?iehmen,  nicht  tangere.  — 
P.  L.  ist  (nach  Zumpt  zu  Cic.  Verr.  II,  34,  84)  dolore  tangi,  für  angi 
dolore,  wie  man  auch  sage  angi  cura,  angi  incommodis,  nicht  tangi. 

Tangibil/s,  berührbar,  was  Lactanz  neben  visibilis,  sichtbar,  braucht, 
ist  Sp.  L.,  für  qiiod  sub  iactum.  oder  sensum  cadit. 

Tanquam  ist  in  der  Bedeut.  zum  Beispiel,  wie  so  selten,  dass  es 
z.  B.  von  Freund  im  Lexic.  nicht  erwähut  wird;  es  ist  also  nicht 
wohl  nachzubrauchen.  Gleichwohl  sagt  Ruhnken  (Praef.  Mureti  Oper. 
T.  I,  p.  VII)  :  utrique  doctorum  Italorum,  tanquam  (zum  Beispiel) 
Corradi,  Maffeii,  Manutii,  consuetudo  profuit,  und  so  sehr  oft  Chr. 
Saxe  in  seinen  Büchern;  z.  B.  alii  intelligunt  Calpurnium  Bassum,  tan- 
quam ürsinus,  etsi  dubitanter;  praeter  nonnullos,  tanquam  Schra- 
derum,  Gutberlethum  — . 

*  Ich  finde  für  die  Bedeut.  zum  Beispiel,  wie  nur  zwei  Stellen,  nemlich  bei 
Colum.  (R.  R.  III,  11,  5):  ut  nou  aliqiios  progeneret,  tanquam  piros  silvestres 
et  prunos,  und  bei  Frontin.  (de  aquaed.  87) :  ut  regionibus  —  plures  dareutur, 
tanquam  Cäelio  et  Aventino. 

Tantillus,  so  klein,  und  tantillum,  so  wenig.,  sind  fast  nur  A.  L., 
indem  Kl.  und  später  tantulus  dafür  gebraucht  wurde.  Klotz  (zu  Cic. 
Tusc.  11,24,58)  hat  freilich  nach  den  Handschr.  tantillum  für  das 
gewöhnliche  tantum  aufgenommen.  Es  werde  aber  nicht  nachgebraucht, 
ausser  im  Scherz.  Görenz  braucht  es  oft. 

Tantum  (Adv.),  nur,  steht  bald  vor,  bald  nach  dem  Worte,  zu  wel- 
chem es  gehört,  obgleich  z.  B.  Fr.  Passow  glaubte,  es  dürfe  blos  nach 
demselben  stehen.  —  Cic.  sagt  z.  B.  (Rep.  1, 10) :  Socrates  tantum  de 
vita  et  de  moribus —  und  so  noch  oft  in  andern  Stellen.  —  Das  wün- 
schende nur  heisst  nicht  tantum,  sondern  modo;  z.  B.  komme  nur  zu 
uns,  tu  tnodo  ad  ?ios  veni  (Cic.  Att.  IV,  2,5).  —  In  der  Bedeut.  soeben, 
soeben  als  ist  tafitum  N.  L.,  für  tantum  quod;  jenes  braucht  so  Longol. 
(Epist.  II,  7):  tantum  epistolam  tuam  legeram,  cum  — ,  soeben  hatte 


762 

ich  deinen  Brief  gelesen,  als  — ,  für  tantnm  quod  leger  am  — .  Ueber 
dieses  tantnm  quod,  eben  a/s,\gl.  Heiimaniii  Poecile  T.  lll,  [>.  323,  imd 
über  tantum  umis  oder  ttnus  tantnm,  nur  Einer,  vgl.  Unus.  —  N.  L. 
ist  tantum  non,  nur  ?iicht,  in  der  Bedeut,  ausser,  für  nisi  oder  praeter ; 
z.  B.  das  war  die  Meinung  aller  Philosophen,  mir  nicht  der  Stoiker,  — 
nisi  Stoiconim,  nicht  tantum  non  Stoicorura. 

Tantummodo  ist  zwar  in  der  Bedeut.  ganz  dem  tantum  gleich,  aber 
nirgends  findet  sich  wohl  non  od«r  haud  tantummodo  mit  folgendem 
sed  etiam,  wie  es  im  N.L.  vorkommt;  Tork.  Baden  sagt  z.  B.  irgendwo: 
Haec  ostentatio  haud  tanfuftimodo  Magnaeo,  sed  et  aliis  risus  excitavit. 

Ta?ittfs,  so  gross,  wird  zwar  im  Neutr.  mit  einem  Genit.,  in  der 
Bedeut.  so  viel,  gebraucht,  aber  tajitus  als  Adject.  bedeutet  dies  nicht; 
so  viele  Bürger  heisst  also  nicht  tanti  cives,  sondern  tot  cives  oder 
tantum  civium. —  Die  Redensart  in  tantum,  in  so  weit,  so  sehr,  ist  erst 
]V.  KL,  für  usque  eo.  —  Um  so  viel  oder  so  lange  vorher  oder  nachher 
heisst  nicht  tantum  (Äcc.)  ante,  tantum  post,  sondern  (im  Abi.) 
ianto  ante,  ta?ito  post  oder  ta?n  multo  ante,  tarn  multo  post. 

Tardatio,  die  Verspätung,  Verzögerung,  ist  N.  L.,  für  CJinctatiOy 
commoratio,  mora,  procrastiiiatio. 

Tartarus  und  im  Plur.  Tartara,  die  Unterwelt,  findet  sich  nirgends 
in  Prosa,  sondern  nur  bei  Dichtern,  für  inferi;  vgl.  Inferi. 

Taxare  ist  in  den  beiden  Bedeutungen  tadeln  und  abschätzen  erst 
N.  KL;  tadehi  wird  KL  durch  vituperare,  reprehendere, perstringere, 
invehi  in  aliquem  ausgedrückt,  und  abschätzen  (atischlagen,  taxiren) 
durch  aestimare,  sowie  auch  die  Abschätzung  —  aestimatio  heisst. 
Dass  freilich  taxare  in  der  zweiten  Bedeut.  schon  früher  üblich  ge- 
wesen sein  muss,  zeigt  das  Subst.  taxatio,  welches  bei  Cic.  (orat.  pro 
Tullio  §.  7)  vorkommt,  wo  es  aber  von  aesf/ma^/o  unterschieden  wird; 
jedoch  waren  die  Alten  selbst  über  diesen  Unterschied  nicht  einig.  Vgl. 
die  Ausleg.  zu  jener  Stelle  Cicero's  in  Beier's  Ausgabe.  Tojrflre  ist  also 
neben  jenen  andern  in  beiden  Bedeutungen  nicht  zu  verwerfen.  Ueber 
damnum  taxare,  einen  Schaderi  schätze?!,  vgl.  Dainnum.  - —  N.  L.  aber 
und  lächerlich  ist  es,  in  bildlicher  üebertragung  zu  sagen:  taxare 
verborum  probitatem  et  puritatem,  die  Aechtheit  und  Reinheit  der  Wör- 
ter taxiren.  Eben  so  wenig  brauche  man  das  A^.  L.  taxa,  die  Taxe, 
was  durch  taxare,  taxatio,  aestimare,  aestimatio  auszudrücken  ist. 

Tech?ia,  der  Ku7istgriff,  ist  aus  dem  Griechischen  genommen,  und 
kommt  nur  yi.  L.  bei  den  Komikern  vor,  für  die  latein.  dolus,  fallacia, 
fraus,  machinatio  u.  a. ;  es  sollte  daher  im  N.  L.  nicht  gebraucht 
werden. 

Tectum  bedeutet  wohl  ein  Zimmer,  aber  nicht  die  einzelne  Decke 
eines  Zimmers;  diese  heisst  lacunar. 

Tegere,  decken.,  bedeckeji,  verbergen;  —  Etwas  vor  oder  gegen  Et-  ■ 
was,  aliquid  ab  aliqua  re.  —  N.  L.  ist  tegere  mensam,  lectum,  den 
Tisch,  das  Bett  decken,  für  sternere  mensam,  sternere  lectum. 

Tellus  bedeutet  wohl  die  Erde  als  Weltkörjier,  gleich  terra  (jedoch 
mehr  bei  Dichtern),  aber  nie  die  Erde  als  Stoff  und  Element;  in  die- 
sem Sinne  wird  nur  terra  gebraucht.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.257. 

Temerare,  beflecken,  schätiden,  verletzen,  ist  wohl  nur  P.  L.,  für 
polluere,  inquinare,  violare;  in  Prosa  findet  sich  seit  Livius  nur  bis- 
weilen das  Partie,  temeratus. 


763 

Temere,  verhnnden  mit  non  oder  einem  andern  neg.ntiven  Worte, 
in  der  Bedeut.  7iüht  leicht,  kaum,  fast  jiicht,  wird  von  Einigen  ver- 
worfen, ob£:leich  es  zwar  selten,  aber  doch  sicher  bei  Cicero,  Caesar 
(B.  G.  IV,  20),  Corn.  Nepos  (Att.  20)  und  andern  spätem  Schrift- 
stellern vorkommt,  also  Rl.  Anctorität  hat. 

Temnerey  terachten,  ist  nur  P.  L.,  für  contemnere. 

Temperament  um  bedeutet  bei  den  Alten  nur  die  gemässigte  Mi- 
schviig  zwischen  zwei  Extremen,  aber  nie,  was  wir  Temperament,  also 
jede  gute  nnd  böse  Beschaffenheit  der  Seele  oder  des  Gemüthes,  nen- 
nen; dafür  sagen  sie  offectio  animi,  constitutio  animi,  am'mns  natura 
consiiiutus.  Dennoch  findet  es  sich  im  N.  L.  bisweilen  in  jener  neuen 
Bedeutung,  sogar  bei  J.  A.  Ernesti  (Opusc.  nov.  p.  134). 

Temper are  wird  in  der  Bedeut.  sich  einer  Sache  enthalten  meistens 
verbunden  temperare  ab  aliqua  re,  selten  sibi  (nie  aber  se)  ternperare 
ab  aliqua  re ;  seit  Livius  auch  temperare  alicni  rei,  sich  in  Ettvas  ?näs- 
sigen,  z.  B.  irae,  im  Zorne,  oder  den  Zorn  massigen.  Für  sibi  stellt 
aiich  bisweilen  animo,  oder  bei  Mehrern  animis.  Wenn  es  negativ  ist, 
so  wird  es  mit  dem  darauf  folgenden  Satze  durch  quin  oder  qi/omin?/s 
verbunden,  nicht  mit  dem  blossen  Infinit.;  z.  B.  ich  kann  mich  nicht 
etithalten  auszurufen,  temperare  non  possum,  quin  exclamem,  nicht 
exclamare. 

Temper atura,  die  gehörige,  gemässigte  Mischung,  ist  fast  nur  N.  KL, 
und  werde  als  sehr  selten  vermieden  durch  temperamentum  oder  das 
noch  gewöhnlichere  te?Tiperaiio  oder  das  N.  Kl.  temperies,  welches 
der  jüngere  Plinius  braucht. 

Temperi,friih,  zu  rechter  Zeit,  ist  A.  L.  Adverbialform  für  tem- 
pore; den  davon  abgeleiteten  Comparativ  temperius  hat  ausser  Andern 
sogar  Cicero  einmal  (Fam.  IX,  16,8)  in  der  Bedeut.  zu  mehr  gelegener 
Zeit  gebraucht;  es  ist  also  an  passender  Stelle  nicht  zu  verwerfen. 

Tempestas  wurde  in  der  Bedeut.  Zeit,  Zeitpunkt,  für  tempiis,  zu 
Cicero's  Zeit  (vgl.  Orat.  III,  38,  53)  für  poetisch  und  alterthümlich 
gehalten,  und  wiewohl  er  es,  passend  angewandt,  für  zulässig  hält, 
wurde  es  doch  von  ihm  und  den  Folgenden  nicht  in  jener  Bedeut.  ge- 
braucht. Nur  Sallust.,  und  nach  ihm  auch  einigemal  Livius,  folgten  im 
Gebrauche  den  altern  Schriftstellern ;  —  Kl.  bedeutet  es  nur  Witterung, 
Wetter,  Sturm.,  und  in  bildlichem  Sinne  Unglück,  Ungemach. 

Tempestuosus,  stürmisch,  ist  sehr  Sp.  L.,  tür proceUosus,  turbulentris. 

Temporaiis,  zeitlich,  vergänglich,  kurz  dauernd,  ist  N.  Kl.  und  sehr 
selten,  für  caducus,  brevis  et  ad  tempus  u.  a. 

Temporarius,  zeitgemäss,  den  Umständen  gemäss,  eine  Zeit  lang 
dauernd,  ist  ausser  bei  Cornel.  Nepos,  welcher  die  Freigebigkeit  des 
Atticus  temporaria  nennt,  nur  N.  KL,  aber  als  kurzes  Wort  nicht  zu 
verwerfen;  doch  sagt  man  besser  tetnpori (te?Tiporibus)  conveniens  oder 
serviens,  brevis  u.  a.  Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  110. 

Tempus,  die  Zeit,  wird  richtig  angewandt,  wenn  man  darunter 
Zeit  im  Allgemeinen  versteht:  z.  B.  Zeit  auf  Etwas  verivenden,  tempus 
insumere ;  ich  hatte  kaum  Zeit  genug,  temporis  vix  satis  habui ;  vix 
huic  tantulae  epistolae  tempus  habui  (Cic.  Att.  I,  14,  1);  ich  habe  keine 
Zeit,  es  fehlt  mir  an  Zeit  u.  dgl.,  egeo  tempore  (Q.  fr.  III,  5,  4).  Wenn 
es  aber  so  viel  ist  ah  freie  Zeit,  Müsse,  so  wird  mehr  tempus  vadium 
oder  otium  gebraucht ;  in  diesem  Sinne  heisst  dann  keine  Zeit  haben, 


764 

olio  carere,  otü  oder  vacui  tempoHs  nihil  habere;  Zeit  überflüssig, 
im  Ueberflusse  haben,  otio  abundare.  Vgl.  Anton.  Progr.  p.  35.  — 
lieber  teinpus  est  mit  dem  Infinit,  und  dem  Genit.  des  Gerundii  vgl. 
Reisigs  Vorlesung,  p.  773  und  Anleit.  §.  390.  —  Sich  Zeil  zur  Ueber- 
legung  — fordern,  nehmen  heisst  tetnpus  oder  spatium  ad  deliberan- 
diim  (vielleicht  nicht  deliberandi)  postulare,  smnere.  Vgl.  Cic.  ad 
Quir.  5.  Fin.  IV,  1,  1.  —  Schlechte,  böse,  ungünstige  Zeit  heisst  nicht 
tempus  ?nalum,  sondern  temporis  iniquitas  oder  acerbitas;  die  Frie- 
de?iszeit,  nicht  tempus  pacis,  sondern  blos  pas  oder  otium;  die  Zeit 
drängt,  die  Zeit  ist  zu  kurz,  nicht  tempus  urget,  tempora  urgent,  son- 
tlern  temporis  angustiae  cogtmt,  brevitas  est  temporis ;  —  eijiige  Zeit, 
eine  Zeit  lang,  ein  fVeilchen,  nicht  tempus  aliquod,  was  F.  A.  Wolf 
verwirft,  oder  ad  aliquod  (quoddam)  te?npus,  oder  per  aliquod  tempus, 
sondern  aliqiiamdiu  oder  aliquantiim  temporis,  parumper,  paullisper. 
Jenes  ad  quoddam  tempus  bedeutet  bis  auf  eine  gewisse  Zeit,  und 
ebenso  aliquid  in  aliquod  tempus  reponere,  Etioas  (bis)  aufeifiige  Zeit 
zurücklegen  (Quintil.  X,  4,  2).  —  Falsch  ist  wohl,  wo  wir  sagen:  sie 
fordern  sechs  Tage  Zeit,  sex  dies  temporis,  für  sex  dies  spatii.  —  Zu 
der  Zeit,  wo  —  heisst  nicht  eo  tempore  quo,  eo  tempore  cum  — ,  son- 
dern blos  quo  tempore  oder  cum.  —  Zti  der  einen  Zeit  -  zu  der  an- 
dern Zeit  oder  das  eine  -  das  ajideremal  heisst  nicht  u?io  tempore 
mit  folg.  alio  tempore,  sondern  alias  -  alias.  —  La?ige  Zeit  vorher 
oder  nachher  heisst  nicht  longo  oder  rnulto  tempore  ante  (post),  son- 
dern ohne  tempore,  multo  ante  (post).  —  Bei  Zeiten,  in  der  Bedeut. 
eiligst,  heisst  nicht  i7i  tempore  ,  sondern  mature.  —  Zu  rechter  Zeit 
heisst  nicht  tempore  recto.  Vgl.  Rectus.  —  Kl.  aber  ist  die  Redensart 
ex  tempore  dicere,  aus  dem  Stegreif  reden.  —  Uahcr  pro  tempore,  jetzt, 
für  jetzt,  vgl.  unter  Pro.  —  Zweifelhaft  ist  atite  meum  tempus,  für 
ante  memoriarn  meam.  —  Mit  der  Zeit,  d.  h.  in  Folge  der  Zeit,  nach 
imd  nach  heisst  weder  c?/m  tempore,  noch  successu  temporis,  sondern 
seTisim,  te?iiporis  intervallo,  procedente  oder  progredietite  tempore, 
progressu  temporis;  auch  kann  man  es  umschreiben  durch  dies  tem- 
pttsque  affcret,  und  so  drückt  Cicero:  Alle  werden  mit  der  Zeit  lang- 
sflwer  umschrieben  aus  durch:  Quo  plus  cnique  aetatis  accedit  (ac- 
cessit),  eofit  tardior.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  90. 

Tenaciter,fest,  beständig,  ist  P.  und  Sp.  L.,  für  pertinaciter  oder 
mit  dem  Adject.  tenax,  oder  auf  andere  Art  umschrieben. 

Tenax,  Fiwas  festhaltend,  wird  zwar  erst  JV.  Kl.  mit  dem  Genit., 
alicujus  rei,  verbunden,  aber  bei  den  Bessern,  und  kann  desshalb  wohl 
nachgebraucht  werden. 

Tendere,  sich  bemühen,  anstrengen,  kommt  zuerst  bei  Livius  und 
nachher  bei  den  spätem  Schriftstellern  vor,  für  das  mehr  übliche 
contendere,  was  denn  auch  allein  gebraucht  werde. 

Tenebrae,  die  Finsterniss,  findet  sich  zwar  nicht  selten  in  bild- 
licher Uebertragung,  aber  doch  nie  mit  den  Zusätzen  mentis,  ingenii, 
animi,  von  der  Geist  es  finsterniss  gebraucht;  wenn  nicht  schon  der 
Zusammenhang  diesen  Sinn  zu  erkennen  gibt,  so  setze  man  hinzu  :  ywae 
mentis  aciem  impediunt,  oder  quibus  mens  offunditur,  obscuratur,  oder 
man  sage  wews  tetiebris  offusa.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  150. 

Tenebrare,  verfinster?i,  verdunkeln,  ist  Sp.  L.  für  obsczirare,  tene- 


765 

bras  off  lindere  oder  ohdt/cere;  ebenso  tenehrescere  und  tenebricare, 
finster  loerden,  für  tenebricosvin ßeri. 

Tenebricus  und  tciiebrosus,  dunkel, finster,  sind  P.  L.,  für  tene- 
brtcostis. 

Tenere, halten, beha?ipten,heschränktsichim  Gebrauche  (sei  es  phy- 
sisch oder  bildlich)  meistens  auf  den  Begriff  fest  halte7i  (was  man  ergrif- 
fen hat);  —  wo  unser  deutsches  halten  diesen  Sinn  nicht  hat,  braucht 
man  andere  Verba;  z.  B.  ehie  Rede  halten  \\e\ssiorationem  habere ;  eijie 
Vorlesung  halten,  scholam  habere;  Schule  halten,  scholam  habere;  Pferde, 
Hunde  u.  dgl.  halten  (in  dem  Sinne  von  unterhallen)  equos,  canes  —  alere. 

—  P.  und  Sp.  L.  ist  linguam  tenere,  silentium  tenere,  stillschtveigeii, 
für  silere,  tacere.  Vgl.  oben  Silentium  und  Heusing.  Emendatt.  p.  'S'SQ. 

—  Wiewohl  memoria  tenere  aliquid,  Etwas  im  Gedächtnisse  behalten, 
gesagt  wird,  so  kommt  doch  nicht  tenere  ohne  memoria  in  dieser  Be- 
deutung vor,  wie  wir  z.  B.  sagen:  er  kann  das  nicht  Alles  behalten,  — 
memoria  tenere  non  potest.  —  D.  L.  ist:  campum  tenere,  das  Feld  be- 
haupten, für  locum  pugnae  obtinere  oder  geradezu  vijicere,  superiorem 
esse.  —  Sp.  L.  ist :  leges  te?iere,  die  Gesetze  halten,  für  leges  observare, 
legibtis  obtemperare,  und  A.  L.  se  legibus  tenere,  sich  an  die  Gesetze  hal- 
ten, für  legibus  teneri  oder  constringi,wie  man  auch  lege,  legibus,  edicto, 
senatus  consulto  tene?'isagt.  —  ünerweislich  ist  teneri  mit  einem  Infinit, 
in  der  Bedeut.  gehalten  werden,  d.  h.  verpflichtet  sein,  Etwas  zu  thun, 
für  oportere,  debere,  auch  wohl  cogi  aliquid facere  u.  a.  Mit  Recht  ta- 
delt es  daher  Wyttenbach,  wenn  Sluiter  (Lectt.  Andocid.)  sagt:  te7ie- 
batur  matri  alimenfa  praestare.  Vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  600  und  Vorst. 
latin.  mer.  susp.  p.  153.  —  Die  Redensart  vis  se  tenere  oder  vis  te7ieri, 
sich  kaum  halten,  zurückhalten,  wird  bei  einem  Objecte  mit  ab  aliqua 
re,  von  Etwas,  bei  einem  Satze  nicht  mit  dem  Infinit,  (aliquid  facere), 
sondern  mit  quin  verbunden;  z.  B.  ich  halte  mich  kaum,  auszurufen, 
vix  teneor,  quin  exclamem.  —  Wenn  eines  Verbreche7is,  eines  Fehlers 
überführt,  überwiese7i  sein  durch  teneri  übersetzt  wird,  so  sagt  man 
teneri  171  aliqua  re,  z.  B.  infurto,  in  rebus  turpissimis  u.  a.  (vgl.  Znmpt 
zu  Cic.  Verr.  III,  64,  149);  N.  Kl.  aber  verbindet  man  in  diesem  Falle 
teneri  xmi  dem  Genit.,  z.  B.fiati,  caedis.  —  Sp.  L.  ist  endlich:  se  te- 
nere ad  aliquid,  sich  an  Ettvas  halte7i,  in  bildlichem  Sinne;  z.  B.  sich 
an  Gott  halten.^  se  tenere  ad  Deum,  für  Deo  confidere,  m  Deofiduciam 
habere,  se  in  Dei fidem  conferre. 

Teuer,  zart.  Falsche  Form  ist  tenerus,  was  im  iV".  L.  vorkommt. 

—  N.  Kl.  findet  sich  a  tenero,  von  Ki7idheit  an,  aber  selten;  P.  L. 
auch  in  te7ieris,  in  der  Kindheit.  Aus  dem  Griechischen  genommen 
war  das  Spricliwort  a  teneris  unguiculis,  welches  jedoch  Cicero  nur 
mit  dem  Zusätze  :  ut  Graeci  dicunt  braucht,  und  so  darf  es  auch  nur 
heutzutage  angewandt  werden.  Vgl.  U7iguiculus. 

Teneritudo,  die  Zartheit,  ist  Nebenform  von  teneritas.  Ein  Plur. 
ist  nicht  erweislich,  und  lächerlich  sagt  einmal  der  jüngere  Burmann: 
delicias  Celticarum  te7ieritudi7ium. 

Tenor  ist  in  der  Bedeut.  hihalt  Sp.  L.,  für  argumentum.  Ein  Brief 
gleichen  Inhaltes,  ei7i  gleichlautender  Brief  heisst  also  nicht  litterae 
ejusdem  tenoris,  sondern  litterae  eodem  esemplo  oder  in  eandem  ra- 
tionern scriptae.  Sonst  bedeutet  es  fast  nur  Zug,  Fortgang,  auch  in 
bildlicher  Anwendung,  und  Kl.  ist  uno  oder  eode7n  tenore,  in  der  Be- 


766 

deutung  in  Einem  fort,  in  einem  Zuge,  ununterbrochen.  Cicero  braucht 
es  mit  dem  Zusätze:  tit  aju7it,  Livius  und  die  spätem  Scliriftsteller 
tliua  dies  nicht. 

Tetitamen,  der  Versuch,  die  Probe,  ist  nur  P.  L. ;  ebenso  tenta- 
mentum,  was  jedoch  auch  Tacitus  einmal  gebraucht  hat,  für  tentaiio, 
experimentum,  periculum,  und  die  Verba  tentare,  experiri  u.  dgl. 

Tentare,  versuchen.  Bezweifelt  wird  se  in  aliqua  re  teniare,  sich 
in  einer  Sache  versuchen;  man  sage  lieber  dafür  vires  suas  in  aliqua 
re  facienda  tentare  oder  tentare,  quid  vires  in  aliqua  re  valeant,  auch 
blos  aliquid  tentare,  experiri. 

Tenuis,  fein,  klein,  zart,  wird  zwar  zu  vielen  Subst.  gesetzt ;  ob 
aber  auch  tenue  discrimen,  tenuis  di ff  er  entia,  in  der  Bedeut.  ein  feiner 
Unterschied,  gesagt  worden  sei  (für  subtilis),  ist  zu  bezweifeln ;  ebenso 
auch,  ob  man  tenuis  vox,  ei?ie  feifie,  schwache,  leise  Stimme,  gesagt 
habe,  für  srib?nissa  vox  —  und  so  noch  bei  mehrern. 

Te?ius,  bis  an,  wird  fast  gleich  gut  mit  dem  Genit.  und  mit  dem 
Ablat.  (häufiger  aber  mit  diesem  letztern)  verbunden;  doch  muss  es 
immer  nach,  nicht  vor  dem  von  ihm  abhängigen  Worte  stehen,  was 
im  N.  L.  nicht  immer  beachtet  wird;  z.  B.  bis  an  den  Ocean,  Oceano 
tenus,  nicht  tenus  Oceano;  bis  an  die  Ohren,  aurium  lenus,  nicht  tenus 
aurium.  —  Kl.  ist  auch  verbo  tenus,  aber  in  der  Bedeutung  nur  dem 
Worte  nach,  entgegengesetzt  der  res,  der  Sache,  der  Wirklichkeit. 
Ueber  verbotenus  in  der  Bedeutung  wörtlich,  vgl.  unten  Verbotenus.  — 
iV.  KL,  aber  selten,  sagt  man  auch  nomine  tenus,  nur  dem  Namen  nachy 
für  solo  nomine. 

Ter,  dreimal,  dient  bei  Dichtern  zur  Verstärkung  eines  Adject., 
aber  nur  im  Posit.,  nie  im  Superlat.;  daher  sage  man  nicht,  was  sich 
im  N.  L.  zuweilen  findet:  Det/s  ter  optimus,  wo  der  Superlat.  allein 
hinreicht. 

Terceni  oder  tercenteni,  je  dreihu?idert,  ist  nur  P.  Form  für  die 
prosaische  treceni,  womit  triceni  nicht  zu  verwechseln  ist,  was  je 
dreissig  bedeutet.  Ebenso  sagt  man  auch  nicht  tercenti,  dreihundert, 
sondern  trecenti.  —  P.  L.  ist  ter  centum  (in  zwei  Wörtern)  und  alle 
ähnlichen. 

Terere  ist  in  der  bildlichen  Redensart  tempus  terere  aliqua  re 
oder  in  aliqua  re,  die  Zeit  mit  Etwas  hinbringen,  in  Beziehung  auf 
«'^//7/^^e  Gegenstände  nicht  anzuwenden;  die  Alten  brauchen  es  nur 
in  verächtlichem  Sinne.  —  Für  librum  terere  in  der  Bedeut.  ein  Buch 
eifrig  und  viel  lesen,  was  P.  L.  ist,  sagt  Cicero  librum  conterere. 

Tergum,  der  Rücken.  Auch  dorsum  Iiat  diese  Bedeut.;  vgl.  dieses 
"^ort.  —  Im  Rücken,  in  der  Bedeut.  von  hinten,  von  hinten  her.,  helsst 
nicht  in  tergo,  sondern  a  tergo;  z.  B.  wir  sehen  flicht,  was  im  Rücken 
geschieht,  —  quid  a  tergo  fiat  (Cic.  Divin.  I,  24)  ;  er  griff  die  Feinde 
im  Rücken  an  u.  a.  Auch  kann  man  es  durch  post  tergum  ausdrücken, 
wenn  Etwas  in  Ruhe  gedacht  wird  (Caes.  B.  G.  IV,  15).  —  Wohl  nur 
P.  L.  wird  tergum  von  dem  Rücken,  d.  h.  dem  Abhänge  eines  Berges, 
Hügels,  des  Meeres  u.  dgl.  gebraucht,  für  dorsum. 

Terminus  bedeutet  nur  Grenze,  Ende,  Ziel,  örtlich  und  bildlich; 
aber  iV.  L.  sind  die  Bedeutungen:  1)  das  Wort,  der  Ausdruck,  für 
verbum,  vocabulum,  vox;  daher  sage  man  auch  nicht  terminus  technicus, 
das  Kunstwort,  sondern  artis  vocabulum.  Vgl.  Vorst.  lat.  mer.  susp. 


7G7 

p.  104 ;  —  2)  der  Termin,  ein  bestimmter,  festgesetzter  Tag,  für  dies 
dicta,  data,  C07istitnta,  praefinila,  auch  blos  dies,  welclies  in  dieser 
Betleut.  fast  nur  generis  femin.  ist;  daher  Iieisst  eine?i  Termin  für 
Etwas  setzen,  diem  alicui  rei  dare,  dicere,  constituere,  praefinire,  prae- 
stitiiere.  —  Eiti  Zahlungstermin  heisst  nicht  terminus  solutionis  oder 
solve7idi,  sondern  pe?isio  (Liv.  XXXllI,  30  u.  a.). 

Ternus  im  Sin^.,  dreifach,  ist  nur  P.  L. ;  der  Plur.  terni,  je  drei, 
ist  das  wahre  Distributivzahlvvort,  und  wird  daher  nicht  bei  denSubst. 
Plur.  tantum,  wie  litterae,  miptiae,  castra  u.  a.,  g^ebraucht,  bei  wel- 
chen, um  die  Zahl  drei  zu  bezeichnen,  trini,  trinae,  Irina  üblich  ist; 
man  sagt  also  trinae  litterae,  nicht  ternae  litterae;  trina  castra,  trini 
codicilli;  auch  trinae  catenae  in  Beziehung  auf  einen  Mann.  —  Wenn 
es  aber  distributiv  verstanden  werden  soll,  so  sagt  man  terfiae  epi- 
stolae,  tertii  libri,  terna  ova.  Ist  dieser  Sprachgebrauch  richtig  (vgl.  die 
Lexica  unter  Tritii),  so  haben  auch  bessere  Lateiner  gefehlt,  welche 
ternae  litterae,  drei  Briefe,  und  Aehnliches  schrieben,  wie  Muret., 
welcher  (Oper.  T.  II,  p.  100)  sagt:  Accepi  ternas  tuas  litteras ;  Manut. 
(Cic.  Fam.  X,  5):  ut  binae,  ternae,  quaternae,  non  duae,  tres,  quatuor 
litterae,  sie  duae,  tres,  quatuor,  non  binae,  ternae,  quaternae  epistolae, 
dicitur.  Richtig  ist  aber  auch :  ab  eo  singulis  anfiis  ternas  litteras  oder 
epistolas  accepi.  Vgl.  noch  Th.  I,  §.  90. 

Terra  im  Sing,  bezeichnet  die  Erde  als  Element  und  Stoff,  und 
als  Erdkörper,  im  Gegensatze  zum  Himmel  oder  zu  den  übrigen  Welt- 
körpern, sowie  auch  jedes  einzelne  Land;  daher  bedeutet  denn  der 
Plur.  terrae  nicht  nur  die  Länder  der  Erde,  sondern  auch  die  Erde 
selbst,  wenn  mehr  ihre  einzelnen  Länder  darunter  verstanden  werden. 

—  Bemerkenswert!!  ist,  was  Wüstemann  (zu  Döring.  Comraentatt. 
p.  136)  bemerkt,  indem  er  sagt:  Terra,  nie  terrae,  stehe  als  Gegensatz 
des  Himmels,  und  sowie  coeli  cognitio  —  die  Hi?nmelshmde  heisse, 
so  heisse  terrae  cognitio  —  die  Erdkunde,  wogegen  terrarum  cognitio^ 

—  die  Länderkunde  oder  Geographie  sei.  So  unterschieden  sich  terrae 
orbis  und  terrarum  orbis,  wiewohl  beide  Begriffe  oft  in  einander  über- 
gingen und  verwechselt  würden.  Bei  Cic.  Fam.  V,  7  extr.  ep.  ad  Pora- 
pejum  sei  Judicium  orbis  terrae  —  das  Urtheil  auf  der  weiten  Erde, 
auf  dem  Erdenrunde,  wo  terrarum  falsch  wäre  (was  doch  wohl  zu 
bezweifeln  ist);  die  Römer  hätten  wohl  imperium  totius  terrarum  orbis 
gehabt,  aber  nicht  totius  terrae  orbis  (was  freilich  wunderlich  gesagt 
wäre),  und  so  hätte  also  Caesar's  Macht  (nach  Cic.  Marceil.  4,  7  u.  9) 
nur  terrarum  orbem  umfasst.  Terrae  orbis  sei  gleich  terrae  globusy 
aber  terrarum  globus  sei  Nichts.  So  weit  Wüstemann.  —  Man  merke 
ausserdem :  Rom  war  die  Hauptstadt  der  Erde  heisst  nicht  caput  terrae, 
sondern  caput  orbis  terrarum;  so  viel  Geld,  als  auf  der  Erde  ist,  nicht 
in  terra,  sondern  in  terris;  die  Erdenleiden,  die  Leide ti  dieser  Erde, 
nicht  miseriae  hujus  terrae,  sondern  hujus  vitae;  wo  in  aller  Welt,  wo 
auf  der  Erde,  nicht  ubi  terrae,  sondern  tibi  terrarum;  —  ebenso  bei 
quoquo,  wohin  auch  nur.  —  Zu  Lande,  z.  B.  kommen,  reisen,  wird  durch 
den  blossen  Abi.,  terra,  ausgedrückt,  sowie  der  Gegensatz  zu  Wasser 
durch  den  blossen  Abi.  mari.  —  Auch  sagten  die  Lateiner  terrae filius 
in  spöttischem  Sinne,  wie  wir  ein  Erdensohn,  ein  Erden-  oder  Men- 
schenkind, z.  B.  Cic.  (Att.  I,  13,  4):  huic  terrae  filio  nescio  cui.  — 
Ueber  terra,  tellus  und  humus  vgl,  Weber's  Uebungssch.  p.  257. 


768 

Terracina  ist  spätere  und  ungewisse  Form  des  Namens  einer  Stadt 
in  Latium,  für  Tarracina. 

Terrefacere,  erschrecken,  ist  N.  L.,  für  terrorem  alicui inferre  oder 
injicere,  terrere,  perterrere ;  P.  L.  aber  ist  terrißcare. 

Terrenus,  terreus,  terrestris  (für  letzteres  wurde  erst  N.  Kl.,z.^. 
bei  Florus,  terrester  üblich)  enthalten  alle  drei  den  Begriff  von  Erde, 
jedoch  so,  dass  terrestris  nie  bedeutete,  was  «?/s  Erde  gemacht  oder 
irden  ist,  sondern  nur,  was  irdisch  ist,  zur  Erde  oder  Z2im  Lcmde  ge- 
hört, auf  der  Erde  ist  und  geschieht ;  dagegen  bedeutet  terrenus  (wo- 
für nur  bei  Varro  terreus  vorkommt)  ganz  eigentlich,  was  aus  Erde 
gemacht  oder  irden  ist;  doch  erweiterte  sich  seine  Bedeut.  schon  Kl. 
so  sehr,  dass  es  ganz  gleich  mit  terrestris  gebraucht  wird,  wie.z.  B. 
Cicero  bestiae  terrenae  (die  Laiidthiere,  Thiere,  welche  sich  auf  der 
Erde  aufhalten)  und  humores  terreni  (die  Feuchtigkeiten,  welche  aus 
der  Erde  aufsteigen)  sagt,  wo  man  terrestres  erwartet  hätte,  was  auch  an 
andern  Stellen  dafür  steht.  So  heisst  ein  Landweg  —  iter  terrestre  und 
iter  terrenum.  —  Wohl  aber  ist  es  zu  bezweifeln,  wenn  man  behauptet, 
beide  wären  immer  gleich  gut;  denn  Cic.  nennt  z.  B.  (N.  D.  III,  6) 
Erderschütterungen  —  perturbationes  terrenas,  welche  er  wohl  nicht 
terrestres  genannt  haben  würde.  —  üebrigens  hält  Georges  (in  der 
Jen.  L.  Z.)  terrenus  in  der  Bedeut.  irdisch  für  unlateinisch,  wenn  es 
auch  noch  häufig  genug  in  dieser  Bedeut.  bei  Neuern,  selbst  in  Schul- 
büchern, vorkomme.  —  Endlich  heisst  irdische  Dinge  in  bildlichem 
Sinne  wed^r  res  terrestres,  noch  res  ^errewae,  sondern  res  esternae,  hu- 
manae,  oder  man  setzt  dafür  einzelne  Wörter,  wie  divitiae,  opes,  vo- 
luptates  u.  a. 

Teiiiculamentum,  das  Schreckniss,  Schreckbild,  ist  Sp.  L.,  für  ter~ 
riculum  (nur  im  Plur.,  terricula,  üblich),  terror  u.  dgl. 

Terrißcare,  erschrecken ;  vgl.  Terrefacere. 

Territorium  ist  bei  den  Alten  nur  das  Ackergebiet,  das  Land,  wel- 
ches zu  einer  Stadt,  zu  einem  Dorfe,  zu  einer  Kolonie  gehört,  also  nicht 
Land  und  Gebiet  im  Grossen.  Daher  haben  Fürsten  kein  territorium, 
gondern  terram. 

Testanie?itu?n,  das  Testament,  Vermächtnisse  und  mit  vollerer 
Form  testamenti  tabulae,  die  Testame?itsurkmide.  —  Eitlem  Etwas  im 
Testamente  oder  durch  das  Testametit  vermachen.  Etwas  verordnen 
heisst  nicht  iti  testamento,  per  testamentum,  sondern  blos  testamento 
—  legare,  cavere.  —  Ohne  Testament  sterben  heisst  nicht  sijie  testa- 
mento (was  ungewöhnlich  ist),  sondern  intestato,  oder  als  Adject.,  auf 
die  Person  bezogen,  intestatum  (intestatam)  mori;  —  ebenso  nach  ge- 
machtem Testamente  sterben  —  testato  7nori. 

Testari  und  testificari,  bezeugen,  versichern,  kommen  als  Verba 
nur  activ.  als  Deponentia  vor;  aber  die  Partie,  testatus  und  testifi- 
catus  auch  adjectivisch,  in  passiver  Bedeutung,  bezeugt,  beurkundet, 
unlängbar. 

Testis,  der  Zeuge.  Ungewöhnlich  sind  (nach  Schorus  Phras.  p.  796) 
die  Ausdrücke:  aliquem  testem  accipere.  Einen  zum.  Zeugen  nehmen; 
aliqueni  testem  implorare,  Einen  als  Zeugen  anrufen  u.  dgl.,  für  ali- 
quem testari,  z.  B.  deos  testari,  die  Götter  zu  Zeugen  nehmefi  oder  als 
Zeugen  anrufen.  —  Ueber  testis  auritus,  der  Ohrenzeuge,  und  testis 
oculatus,  der  Augenzeuge,  vgl.  Auritus  und  Oculatus. 


709 

Teutones  ist  erst  N.  KL  uinl  seltene  Form  für  Teutoni,  die  Teu- 
tonen, ein  Name,  der  aber  nicht  geradezu  die  Deutschen  bezeichnet, 
welche  Ge/•/nff7^^heissen;  —  und  so  sagt  man  auch  nicht  Teiitonicus, 
für  Gerfnrai/cus,  wie  man  es  im  A\  L.  bisweilen  findet.  Vgl.  Reisig's 
Vorles.  p.  122. 

Textus  (Genit.  textiis)  und  textnm  (was  nur  substantivisch  vor- 
kommt) bedeuten  bei  den  Alten  nur  das  fVeben,  das  Gewebe;  das 
letztere  kommt  zwar  bildlich  von  etwas  Schriftlichem  vor,  aber  nur 
in  der  Bedeut.  Zusa77i7ne?)fii giin g ,  wie  das  Verbum  texere,  zusammen- 
fügen, verfertigen  bedeutet.  Aber  beide  sind  im  N.  L.  Kunstwörier  in 
der  Hermeneutik  der  Schriftsteller,  und  bedeuten  die  Rede  und  die 
Worte  des  Schriftstellers  selbst,  entgegengesetzt  den  beigefügten  An- 
merkungen. In  dieser  Bedeutung  brauchen  wir  alltäglich  das  Wort 
Text,  indem  wir  z.  B.  sagen:  der  Text  ist  unverändert  geblieben;  im 
Texte  sind  7ioch  viele  Fehler;  er  hat  sich  um  de7i  Text  sehr  verdie/it 
ge77iacht  u.  dgl.  Die  strengen  Puristen  aber  verwerfen  textjis  und  tex- 
tum  in  dieser  Bedeutung  als  unlateinisch,  und  brauchen  dafür  verba  oder 
oratio  scriptoris  oder  a?/c/or/s,  welche  Ausdrücke  auch  meistens  hinrei- 
chen. Andere  dagegen,  selbst  F.  A.  Wolf,  behalten  textiis  und  textur7i 
als  neue  Kunstwörter  bei,  bald  mit,  bald  ohne  einen  entschuldigenden 
Znsatz,  wie :  ut  ita  dicam,  qui  (quod)  dicitur  (vocatur),  texta  quae  di- 
cuntjir  (voca7itur)  u.  dgl.  Vgl.  H.  Stephani  Pseudo-Cicero  p.  ÜOl,  Cel- 
larii  curae  poster.  p,  344.  Spalding.  Qnintil.  T.  IJI,  p.  342.  Weber's 
Uebungssch.  p.  226.  Hand's  Lehrb.  p.  133  und  Dietrich's  Sintenis 
p.  146. 

Thalamus  ist,  in  welcher  Bedeut.  es  sei,  nur  P.  L. ;  in  der  Bedeut. 
Schlafzimmer  setze  man  cubiculum,  und  in  der  Bedeut.  Ehe  —  conjti- 
gimn  oder  con7iubium. 

Thaies  (Name  des  alten  Philosophen)  hat  im  Genit.  doppelte  Ca- 
susformen, Thalis  und  Thaletis.  Cicero  u.  A.  wählen  die  kürzere ;  w^e- 
nigstens  braucht  Cic.  im  Accus,  die  Form  Thale77i  (Divin.  I,  49;  II,  27) 
und  im  Abi.  Thale  (N.  D.  1,  33). 

Theatralis  bezieht  sich  fast  nur  auf  das  Theater,  nicht  auf  die 
Schauspieler,  ihre  Kunst  und  Poesie ;  in  Beziehung  auf  diese  letzteren 
steht  scenicus  (vgl.  Sce7iic7is).  Daher  heissen  zwar  die  Sitze  im  Theater 
—  C07isess7/s  fheatrales,  aber  nie  die  Schauspiele  —  hidi  theatrales, 
sondern  sce7iici;  die  Schauspieler  selbst  heissen  nicht  actores  oder 
artifices  theatrales,  sondern  scenici.  Und  so  heisst  auch;  mit  den 
Händen  klatschen  ist  etwas  Theatralisches,  nicht  77ianus  complodere 
theatrale  est,  sondern  scenicum  est  (Qnintil.  XI,  3,  123). 

Theatrum  wird  zwar  schon  KL,  wie  sce7ia,  allgemein  von  jedem 
Orte  und  Schauplatze  öffentlicher  Wirksamkeit  gebrauciit;  aber  doch 
möchte  zu  bezweifeln  sein  theatrum  belli,  wie  wir  sagen  das  Kriegs- 
theuter,  der  Kriegsschauplatz,  von  dem  Orte,  wo  ein  Krieg  geführt 
wird.  Livius  drückt  dies  vielmehr  einigemal  (z.  B.  IV,  31 ;  XXVIII, 
44)  durch  sedes  belli  ans. 

Thema,  die  Aufgabe,  der  abgehandelte  oder  abziiha7idel7ide  Gegen- 
stn7id,  ist  schon  isei  Seneca  Uiul  Qnintil.  rhetorisches  Kunstwort,  und 
kann  daher  recht  wohl  neben  res,  argume7itum.  propcsitum,  propositio, 
qnr.estio  und  id  qrtod  positum  est  gebraucht  werden.  Vgl.  Thesis. 

Themis,  die  Göttin  der  Ge7echtigkeit,  wird  erst  im  N.  L.  für  jm- 

49 


770 

stiiiu,  in  der  Bedeut.  Gerechtigkeit  gebraucht,  und  affectirt  nennt  man 
die  Juristen  Themidis  studiosi. 

Theologia  kommt  erst  Sp.  L.  bei  den  Kirchenvätern  vor,  aber  in 
der  Bedeut.  Götterlehre,  nirgends  in  der  neuern  heiligen  Bedeutung; 
Lactanz  z.  B.  nannte  sein  Handbitch  der  Theologie  oder  seine  Beleh- 
rung über  Religion  und  Theologie  —  institutiones  divinas.  Eben  so 
Sp.  L.  ist  theologicus,  was  nur  von  dem  Geschichtsclireiber  Ammian. 
gebraucht  wird,  weicher  die  alten  tnythologischen  Sagen  und  Lehren 
—  doctrinas  theohgicas  nennt.  Heutzutage  sind  beide  Wörter,  sowie 
auch  theologus,  der  Theolog,  fast  nicht  zu  entbehren.  Vgl.  Weber's 
Uebungssch.  p.  48. 

Theorema,  der  Lehrsatz,  ist  erst  Sp.  L.;  überdies  verstanden  die 
Cfriechen  nach  Cicero's  üebersetzung,  perceptum  (de  Fato  6),  etwas 
Anderes  darunter.  Vgl.  Hadr.  Turneb.  zu  Cicero  in  Moser's  Ausgabe. 

Theoria,  die  Theorie,  ist  erst  Sp.  L.  im  Gebrauche.  Im  Gegensatze 
zur  Praxis  drücke  man  es  aus  durch  ratio,  ars,  disciplina,  doctritia, 
artis  praecepta.  —  N.  L.  ist  theoreticus.  Ein  Theoretiker,  als  Schrift- 
steller, ist  artis  scriptor;  das  ist  theoretisch  falsch  heisst  hocfalsum 
est  ratione.  Vgl.  mehr  über  beide  Wörter  unter  Practicus. 

Thesaurus,  Schatz,  ist  N.  L.  als  schmeichelnde  Benennung  eines 
oder  einer  Geliebten,  für  oculus,  ocellus,  amor,deliciae  und  viele  andere 
Ausdrücke,  welche  sich  bei  den  Komikern  finden.  —  A.  L.,  aber  sehr 
gelten  ist  thesaurus  in  der  Bedeut.  grosse  Menge,  für  magna  copia. 

Thesis,  ein  Satz,  steht  bei  Cicero,  welcher  es  durch  propositum 
übersetzt,  noch  griechisch :  N.  Kl.  ist  es  ein  rhetorisches  Kunstwort. 
Vgl.  Thema.  —  Quintil.  (II,  2,  24)  erwähnt  als  thesis  z.  B.:  Rusticane 
vita,  an  urbana  potior? 

Thessalus,  Thessalisch,  als  Adject.,  ist  nur  P.  L.,  für  Thessuliciia 
oder  Tkessalius;  Thessalus  ist  in  Prosa  Stibst.,  der  Thessalier. 

Thraca  und  Thrace  sind  P.  Formen  für  Thracia,  wiewohl  auch 
Cicero  (Rep.  II,  4)  nach  Servius  (z.  Virg.  A.  XII,  335)  Thracam  für 
Thraciam  gesagt  haben  soll;  jedoch  hat  es  nur  eine  einzige  Handschr., 
und  es  ist  also  noch  sehr  zweifelhaft.  —  P.  L.  ist  auch  Thras  als 
Adject.,  für  Thracius.  Erst  selir  spät  sagte  man  Thracicus;  man  sage 
also  auch  nicht  Chersonesus  Thracica,  sondern  Thracia. 

Thronus  war  nach  dem  Griech.  wahrscheinlich  Kunstwort  für  die 
erhabenen  Sitze  der  Götter,  wie  denn  der  ältere  Plinius  (N.  H.  XXXV, 
9,  3ö,  63)  den  Sitz  des  Juppiter  thronum  nennt,  und  so  findet  es  sich 
auch  in  Versen  aus  Augustus  Zeit  bei  Sueton,  Aug.  70,  wo  Oudendorp 
zu  vergleichen  ist.  In  Prosa  sagte  man  dafür  solium,  allus  torus,  sella 
regia.  Nirgends  aber  kommt  es  in  der  bildlichen  Bedeut.  Herrschaft 
vor,  wo  wir  Thron  brauchen,  für  imperium,  regnum.  Den  Thron  be- 
steigen heisst  nicht  thronum  adscendere,  sondern  regem  creari,  con- 
slitui,  fieri ;  axif  den  väterlichen  Thron  setzen  drückt  Livius  (XXXIX, 
53,4)  durch  in  paterno  solio  collocare  aus;  auf  den  Thron  setzen, 
regem  facere,  creare  u.  a. ;  vom  Throne  stürzen,  regno  spoliare  u.  a. 

Thybris  oder  Ti/bris  sind  nur  P.  Formen  für  Tiberis ;  und  so  heisst 
denn  auch  das  Adject.  Tiberinus,  nicht  Tybrinus  oder  wie  sonst. 

Tibicen  ist  in  der  Bedeut.  Säule,  Pfeiler,  Stütze,  in  eigentlichem 
und  [bildlichem  Sinne  nur  P.  L.,  für  columen,  adminiculum  in  eigent- 
lichem, \m^  firmamentum  u.  a.  in  bildlichem  Sinne.  Man  sage  also  nicht: 


771 

haec  verba  nullo  (ibicfne,  nfsl  conjecturls  nituntur,  für  das  einfaclie: 
haec  verba  non  niluntur^  iiisi  conjecturis,  o<ier  auf  andere  Weise. 

Timere,  fürchten,  besorgt  sein  für  Jemanden,  wird  Kl.  mit  dem 
Vat.,  alicui,  verbunden,  N.  Kl.  und  zwar  beim  Jüngern  Plinius  (Epist. 
III,  17)  mit  pro:  timentem  pro  capite  amicissimo,  was  nicht  zu  ver- 
werfen ist,  obgleich  es  Gronov  für  weniger  lateinisch  hält.  Ebenso 
kann  man  auch  sagen:  metuere  pro  aliqtio.  Vgl.  darüber  Heusing. 
Emendalt.  p.  486.  Sonst  sagt  man  auch  timere  aliquid  de  aliqua  re, 
Etivas  fürchten  in  Bezug  auf  Klwas,  um  einer  Sache  willen. 

Tinctor,  der  Färber,  ist  A'^  KL,  und  findet  sich  nur  bei  Vitruv.; 
vielleicht  war  es  das  gewöhnliche  Kunstwort  für  infector. 

Titillare,  kitzel7i,\iommi  sehr  selten,  jedoch  bei  Cicero  dreimal  vor, 
immer  als  bildliches  Wort,  verbunden  mit  quasi  und  dem  Abi.  volu- 
ptate;  und  so  titillatio  mit  dem  Genit.  voluptatum  ;  sonst  ist  es  nur  P.  L. 

Titulare,  betiteln,  tituliren,  einen  Titel  geben,  ist  ganz  Sp.  L.  und 
durchaus  zu  vermeiden;  bei  Personen  sagt  man  entweder  no?nen  dare, 
indere,  nomine  oder  honoris  tiomine,  honoris  vocabulo  ornare  oder 
insignire;  bei  Büchern  aber  inscribere,z.  B.  bei  CIc.  (Fam.XV,  20, 1): 
oratorem  meum,  sie  enim  inscripsi,  mein  Buch  der  Redner  (orator), 
denn  so  habe  ich  es  betitelt. — Wenn  Cicero  von  fremdeti  Büchern  spricht, 
so  sagt  er  im  Praesens  liber,  qui  inscribitur,  spricht  er  aber  von  seinen 
eigenen  —  liber,  qui  inscriptus  est;  beides  bedeutet:  das  Buch  ist 
betitelt,  hat  den  Titel.  Vgl.  Cic.  Tusc.  I,  24,  57.  Divin.  II,  1.  Senect. 
17,  59.  Gegen  diese  Behauptung  scheint  die  Stelle  in  Cic.  OfF.  II,  9,  31 
de  amicitia  alio  libro  dictum  est,  qui  inscribitur  Laelius  zu  sprechen; 
doch  vergleiche  man  Gernhard,  Beier  u.  A.  zu  dieser  Stelle. 

TituluSfder  Titel,  wird  zwar  schon  Kl.  in  der  Bedeut.  Ehrenname, 
ehrende  Benennung  gebraucht,  ähnlich  unserm  Worte  Ehrentitel  (vgl. 
Cic.  Tusc.  V,  10,  30),  welche  auch  honorum  nomina  oder  vocabula 
(Cic.  Farn.  X,  26)  hiessen ;  aber  noch  nicht  geradezu  von  der  Aufschrift 
oder  dem  Titel  von  Büchern;  diese  nennt  Cicero  entweder  index 
(Orat.  II,  14,61  deceptus  indicibus  librorum)  oder  inscriptio  (Topic.  1), 
oder  er  drückt  sie  durch  ijiscribere  aus.  —  N.  Kl.  steht  es  ganz 
klar,  anch  bei  den  besten  Schriftstellern,  in  dieser  Bedeutung,  z.  B. 
bei  Quintil.  (II,  14,  4)  :  ipsis  librorum,  quos  scripsit,  titulis.  Es  ist  da- 
her in  beiden  Bedeutungen,  Ehrentitel  und  Büchertitel  nicht  zu  ver- 
werfen, wie  es  Schorus  (Phras.  p.  461)  fast  zu  thun  scheint.  —  Auch 
kommt  titulus  schon  bei  Livius,  wie  unser  Wort  Titel,  in  der  Bedeut. 
Vorwand,  Vorgebe?i  vor,  wofür  Cicero  nomen  (Flacc.  12  nomine  classis 
pecuniam  imperavit)  und  Caesa.r  praescriptio  (B.  C.  III,  32,4  ut  honesta 
praescriptione  rem  turpissimam  tegerent,  Mwi  unter  ehrbarem  Titel — ) 
brauchen. 

Toga  ist  heutzutage  bei  Allem,  was  die  neuere  Zeit  angeht,  nicht 
mehr  zu  brauchen,  da  unser  Kleiderwesen  ein  ganz  anderes  ist  und 
bildliche  Bedeutungen  ganz  wegfallen.  Daher  ist  toga,  als  Friedenskleid 
der  Alten,  zur  Andeutung  des  Friedens  nicht  mehr  zulässig,  und  unver- 
ständlich ist  für  uns  iti  toga,  für  in  pace,  im  Frieden ;  und  so  können 
wir  denn  auch  Cicero's  Lob  eines  Mannes  unter  gleichen  umständen 
(vir  Omnibus  belli  ac  togae  \i\ir  pacis'\  dotibus  eminens)  nicht  anwenden, 
und  eben  so  wenig  togatus  in  der  Bedeut.  in  Friedenszeiten. 

Tollere,  erheben.  Man  sagt  zwar  ?«  oder  ad  coelum  ah'quem  laudibus 

49* 


tollere,  aber  wohl  nie  ohne  den  Zusatz  ad  coeluiri,  für  ejferre,  estollere 
aliquetn  laudibifs.  Nicht  nachzuahmen  sind  ferner  die  Ausdrücke //Aez-os 
tollere  es  aliqiia,  Kinder  mit  Einer  erzeugen,  für  gigner e,  und  liberos 
tollere,  Kinder  erziehen,  aufziehen,  für  educare,  da  sie  höchst  selten 
vorkommen.  —  Wiewohl  tollere  de  niedio  —  tödten  heisst,  so  ist  doch 
tollere  de  vita  uner weislich.  Vgl.  Fifa.  Auch  ist  zwar  richtig:  risum 
tollere,  ein  Gelächter,  Lachen  erheben,  lachen,  aber  N.  L.  ist:  alicui 
risum  tollere,  Einem  Lachen  erregen,  machen,  dass  Jemand  lacht,  was 
Lipsius  brauchte  (ta?itum  Victorio  risum  tolles,  quantum  mihi sustulisti) 
und  was  Scioppins  (de  stilo  p.  176)  mit  Recht  tadelt,  indem  er  sagt: 
Idonei  auctores  dicunt  rismn  alicui  movere,  conritare,  eoocare,  espri- 
mere  (auch  hätte  er  noch  edere  aus  Cic.i).  fr.  II,  11  hinzufügen  können). 

Tomus,  der  Theil,  Band  eines  schriftlichen  grössern  Werkes, 
kommt  zuerst  Sp.  L.  bei  Fronto  vor,  ist  aber  für  uns  als  Kunstwort 
nicht  zu  entbehren,  da  das  Wort  ^ars  es  nicht  ersetzt,  indem  die  tomi 
oft  wieder  in  partes  oder  die  partes  in  tomi  zerfallen. 

Tonitru,  der  Dotiner,  kommt  als  Nominat.  nirgends  vor,  und  beruht 
nur  auf  den  Angaben  alter  Grammatiker,  welche  ihn  ohne  alle  beson- 
dere Auctorität  anführen.  Erweislich  sind  dagegen  tonitrus  (nach  Decl. 
IV.)  und  tonitrman,  wovon  im  Plur.  tonitrus  und  tonitrua  mehrmals 
vorkommen. 

Totiitruare,  donnern,  ist  N.  L.,  für  tonare. 

Tonus,  der  Ton,  steht  N.  Kl.  und  bei  spätem  Schriftstellern  für 
das  gewöhnliche  sonus  oder  vos  (Cic.  Orat.  I,  42),  und  ist  (als  viel- 
leicht noch  zweifelhaft)  nicht  nachzubrauchen. 

Tormentare,  quälen,  martern,  ist  iV.  L.,  für  torquere,  escruciare, 
angere  u.  a. 

Tornare,  drechseln,  in  bildlicher  Bedeutung,  mit  Accus,  wie:  ora- 
tionem,  versus  verbunden,  in  der  Bedeut.  sie  runden,  künstlich  verfer- 
tigen, beruht  nur  auf  einer  Stelle  in  Horaz  (A.  P.  442),  wo  er  spöttisch 
versus  male  tornatos  erwähnt,  was  aber  Bentley  sogar  ganz  verwirft, 
weswegen  auch  Wolf  ( Analect.  I,  p. 489)  als  schlechtes  Latein  erwähnt: 
ab  Homero  tarn  male  tornati  versus  esse  nequeunt,  wo  er  nicht  nur  ab 
Homero  (für  Homeri),  sondern  auch  tor?iati  als  fehlerhaft  bezeichnet. 

Tortura  ist  in  der  Bedeut.  Tortur,  Folter,  Marter  fast  N.  L.  und 
dennoch  bei  unsern  Juristen  sehr  gebräuchlich,  für  das  Kl.  tormenta, 
als  Plur.  von  tormentum,  welcher  Singul.  selten  im  Gebrauche  ist. 

Tot,  so  viel,  nicht  so  Vieles,  hat  nur  einen  Plur.  bei  sich,  z.  B.  tot 
libri,  tot  urbes,  tot  vasa.  Aber  unlateinisch  ist:  tot  copiae,  so  viel  oder 
so  viele  Truppen,  für  tantae  copiae.  Vgl.  Copia. 

Totalis  und  totaliler,  gänzlich,  sind  N.  L.,  für  iotus,  universus; 
omnino,  plane,  funditus,  penitus,  wie  es  der  jedesmalige  Sinn  fordert. 
Unsere  im  Kriegswesen  gebräuchliche  Redensart:  gänzlich,  total 
schlagen  liegt  in  occidione  occidere,  ad  interneciotiem  delere. 

Totus,  ganz,  wird  oft  gebraucht  und  auf  das  llauptwortim  Satze  be- 
z<)gen,  wo  das  deutsche  ga?iz  Adverb,  zu  sein  scheint;  z.  B.  er  ist  ganz 
aus  Lug  und  Trug  gemacht,  ille  est  totus  ex  fraiide  et  mendacio  factus; 
er  ist  mir  ganz  ergeben,  totus  mihi  deditus  est ;  ich  habe  mich  ihm  ganz 
geweiht,  me  ei  totum  dedidi.  —  Ein  ganzes  Jahr  heif^st  meistens  annus 
inleger,  plenus,  solidus,  selten  totus  annus.  —  Das  Neutr.  totum  wird 
Wühl  nie  als  Subst.  mit  einem  Genit.  verbunden,  wie  wir  z.  B.  sagen 


773 

das  Ganze  des  Staates,  der  Republik,  was  nicht  totum  rei  publicoe, 
sondern  totuni  corpus  rei  puhlicae  (Cic.  Off.  1,  25)  oder  lola  res  pu- 
blica lieisst.  —  N.  Kl.  lind  selten  sind  die  adverbialen  Redensarten 
ex  toto  nnd  in  totum,  ganz  und  gar,  gänzlich,  für  omnino  oder  was 
sonst  passend  scheint.  Vgl.  fJrautf  zu  Bunell.  FJpist.  p.  747. 

Tractare,  Ettvas  behandeln,  vo?i  Etwas  handeln.  In  bildlichem 
Sinne,  Ettvus  mündlich  besprechen  oder  Etwas  schriftlich  bearbeiten, 
behandeln,  untersuchen,  hat  es  Ä7.  den  Gegenstand  nur  im  Accus,  bei 
sich,  aliquam  rem,  erst  N.  KL  wird  es  bisweilen  auch  mit  de  aliqua  re 
verbunden,  was  nicht  nachzuahmen  ist,  wiewohl  es  selbst  Quiutil.  eini- 
gemal braucht.  —  üass  eine  mündliche  oder  schrij'tliche  Abhandlung 
oder  Bearbeitung  eines  Gegenstandes  nicht  durch  tractare  ausgedrückt 
werde,  ist  eine  irrige  Behauptung  Grysar's,  wie  Dietrich,  welchem  ich 
auch  Vieles  des  Jiier  Gegebenen  verdanke,  gezeigt  hat;  das  Verb,  ent- 
Iiält  den  Begriff  einer  schriftlichen  oder  mündlichen  Behandlung  nnd 
Bearbeitung  des  Stoffes,  nnd  ist  in  der  Bedeutung  gleich  disputare, 
disserere,  agere  de  aliqua  re.  Beispiele  aus  Cicero  und  Ändern  geben 
vollständige  Lexica  zur  Genüge.  —  Es  liegt  aber  nicht  das  blosse 
Bescliäftigtsein  mit  einem  Gegenstande  darin,  so  dass  also  von  «lem, 
welcher  sich  mit  den  Wissenschaften,  mit  der  Philosophie  u,  dgl.  be- 
schäftigt, sie  treibt  und  studiert,  nicht  gesagt  werden  kann:  iractat 
lilteras,  philosophiam,  snpientiae  Studium,  sondern  blos  operam  dat  lit- 
teris,  litteranan  est  studiosus,  Studium  litterarum  colit  u.  a. ;  denn 
tractare  setzt  nicht  blos  ein  Studium,  sei  es  auch  ein  längeres,  sondern 
eigene  Bearbeitung  des  Gegenstandes  voraus.  Da  F.  A.  Wolf  auch  die 
Verbindung  des  Verbi  tractare  mit  de  aliqua  re  als  weniger  gut  latei- 
nisch verwarf,  so  führt  er  (Analect.  I,  p.  489)  als  schlechtes  Latein 
an :  de  illa  materia  multo pensiculatius  oder  penitius  jatn  alii  tractarunt, 
für  illani  rem  oder  illum  locum  multo  diligentius  oder  accuratius  jam 
alii  tractarunt.  Und  so  würde  er  auch  getadelt  haben,  was  neulich 
Einer  schrieb:  qui  libri  de  virtutibus  tractant,  für  in  quibus  libris  vir- 
tutes  tractantur  oder  qui  libri  sunt  de  virtutibus,  wie  Cic.  (Tusc.  III, 
18,  42)  sagt:  totus  liber,  qui  est  de  summo  bono.  —  Ueberhaupt  sage 
man  auch  nicht  von  einer  Schrift:  sie  handelt  von  Etwas,  tractat  ati- 
quam  rem,  sondern  man  drücke  dies  lieher  passiv,  aus  :  in  eolibro  aliqua 
res  iractatur,  de  aliqua  re  agitur,  oder  in  eo  est  de  aliqua  re.  —  Endlich 
sagt  man  auch  seit  Livius  bellum  tractare,  für  gerere,  administrare, 
was  aber  nicht  nachzuahmen  ist. 

Tractatio  und  tractatus  (nach  Decl.  IV.)  sind  beide  KL,  aber  nur 
in  activer  Bedeut.,  die  Behandlung,  Bearbeitung  einer  Sache,  Beschäf- 
tigung mit  Etfvas;  erst  Sp.  L.  bedeuten  sie  in  concretem  Sinne  das 
Bearbeitete  oder  Ausgearbeitete,  die  Schrift,  Abhandlung,  der  Tractat, 
und  so  kommen  sie  im  N.  L.  oft  vor,  für  die  bekannten  über.,  libellus, 
scriptum,  disputatio  u.  a.  Unlateinisch  steht  in  einem  neuen  Buche: 
Cicero  de  amicilia  tractalionem  (tractatuni)  scripsit,  und :  nuper  legi  ejus 
tractatum  de  ofßciis  et  aliorum  de  moribus  tractaliones  (tractatus). 

Tradere,  übergeben  u.  a.  Verworfen  werden  die  Ausdrücke:  manum 
ttlicui  tradere.  Einem  die  Hand  geben,  reichen,  für  porrigere  oder  dare 
jnanttm  (vgl.  Sciopp.  Infam,  p.  243)  ;  alicui  epislolam  tradere,  Einem 
einen  Brief  zusielleji,  übermachen,  für  dare  oder  noch  gewöhnlicher 
reddere;  z.  B.  tabellarius  mihi  reddidit  epistolam  tnam,  nicht  iradidit. 


774 

—  und  tradere  ah'qnid  ohlivioni,  was  freilicli  wohl  nicht  vorkommen 
mag'.  Doch  sagt  Livnis  dare  ohlivioni,  wodurch  jener  Ausdruck  viel- 
leiclit  g^eschiitzt  wird. 

Traditio  kommt  in  der  Bedeut.  Unterricht  N.  Kl.  bei  Quintil.  vor,  ist 
aber  uniiöthig  wegen  discipli?ia,  doctrina  und  wegen  der  Verba  tradere, 
docere.  —  Sp.  L.  bei  Gellius  hat  es  die  Beilent.  Ueherlieferting,  über- 
lieferte Sage,  Meinung,  Erzählung,  für  fama  (aber  nur  im  Sing.), 
fabida,  nnr ratio,  opinio,  zu  welchen  nocli  a  parentibus  tradita  als  nähere 
Bestimmung  hinzutreten  kann. 

Tradiicere  oder  transducere  wird  in  der  örtlichen  Bedeut.  Einen 
über  Etwas  hinüber  führen  entweder  mit  trans  verbunden,  also  aliquem 
Irans  aliquid  traducere,  oder  mit  dem  blossen  Acc;  man  kann  also 
z,  B.  sagen;  exercitum  trans  Rhenum  oder  Rhetmm  traducere.  —  N. 
und  Franz.  L.  aber  ist  es  in  der  bildlichen  Bedeut.  übersetzen  (aus 
einer  Sprache  in  die  andere),  doch  findet  es  sich  im  N.  L.  häufig  so, 
und  unter  andern  führt  die  üebersetzung  Plato's  von  Marsil.  Ficinua 
den  Titel:  Opera  Plato?ns  a  Marsil.  Ficino  traducta.  —  Eben  so  N.  L. 
sind  traductio,  die  Uebersetzuiig,  und  tradiictor,der  Uebersetzer.  Man 
brauche  interpretari  (Cic.  Fam,  IX,  2ö,  2),  interpretatio  (Quintil.  II, 
14,  2)  und  interpres,  oder  die  Verba  vertere  (Cic.  Fin.  I,  3,  7),  con~ 
vertere  (ib.  I,  2,  5),  reddere  (latine  reddere  Cic.  Orat.  I,  34),  expriniere 
(Cic.  Fin.  I,  2,  4),  transferre  (Cic.  Att.  VI,  2, 3).  Vgl.  noch  Cic.  Divin. 
II,  30.  de  opt.  gen.  5,  14.  —  Seit  Livius  wird  es  auch  in  der  Bedeut. 
spöttisch  vorführen,  dem  Spotte  preisgebefi,  verhöhnen  gebraucht,  aber 
meistens  mit  einem  Zusätze,  v/ie:  per  ora  hominum,per  ora  civitatium; 
ohne  einen  solchen  Zusatz  ist  es  fast  unverständlich,  und  werde  über- 
liaupt  vermieden.  Valckenaer  braucht  es  gern,  aber  ohne  Zusatz,  z.  B. 
Oratt.  p.  275  Demosthenes  i\ntipatrum  —  tanquam  servos  regis  tradu- 
serat;  ib.  p.  276  Deraosth.  Aeschinem  ut  Philippi  fautorem  traducebat. 

Tragicus,  fragisch,  werde  nicht  in  der  gewöhnlichen  Bed.  traurig, 
schrecklich,  grässtich,  unglücklich  gebraucht  (dafür  tristis,  funestus, 
luctuosus  u.  a.),  da  es  nur  den  Begriff  in  sich  schliesst:  tvas  Stoff  zu 
einem  Tranerspiele  gegeben  hat,  gibt  oder  geben  kafin,  der  also  gross- 
artig sein  muss  und  den  man  in  ernstem  tragischem  Stile  bearbeiten 
kann,  wie  Livius  (I,  46)  die  Ermordung  des  Königs  Servius  exemplum 
sceleris  tragici  nennt.  Anspielend  auf  den  ernsten  erhabenen  Stil  der 
Tragödie  sogt  daher  Cicero  sehr  passend  (Orat.  III,  8,  30)  von  dem 
Redner  Julius  Caesar:  res  tragicas  paene  comice,  tristes  remisse  — 
tractavit.  Aber  unlateinisch  nannte  ein  gewisser  Imbonatus  sein  Ge- 
scliichtsbuch  trauriger  Ereignisse  und  Unglücksfälle:  Chronicon  tra- 
gicum  sive  de  eventibus  tragicis.  Rom.  1699.  —  Vgl.  Weber's  Ue- 
bungssch.  p.  194. 

Tragoedicus  ist  Sp.  L.,  für  tragicus. 

Tragoedus  ist  nur  der  Schauspieler  in  der  Tragödie,  nicht  der 
Trauerspieldichter,  welcher  poeta  tragicus  heisst;  —  ebenso  verhält  es 
sich  mit  comoedus,  wovon  oben  die  Rede  war. 

Trahere,  ziehen.  Da  es  schon  an  sich  in  die  Länge  ziehen  heisst,  so 
ist  in  longum  trahere  I).  L.,  für  trahere,  ducere,  producere ;  daher 
heisst  denn  auch  einen  Krieg  in  die  Länge  ziehen,  bellum  trahere  oder 
ducere;  aber  eine  Linie  ziehen  lieisst  nicht  lineam  trahere,  som\ern 
lineam  scribere  (Cic.  Tusc.  V,  39, 113)  ;  Vortheil,  Genuss  ziehen  heisst 


nicht  commodum,  frnctnm  frnhere,  sondern  fructfim  capere  oder  per- 
cfpere ;  in  Zweifel  ziehen,  nicht  in  dnbium,  in  dubiidlionem  trahcre, 
soiulerii  in  dubium  vncare;  eine  Venunthnng  ans  Etwas  ziehen,  con- 
jecturanifacere  (nicht  trahere)  ex  aliqun  re.  —  Trahere  nomen,  einen 
Namen  erhalten,  sagt  man  nach  Weber  (Uehungssch.  p.  107)  von  dein 
zufällig  anfgekonmieneji  Namen  (solclie  waren  gewöhnlich  die  coguo- 
mina),  aber  nomen  accipere  von  dem  ersten  ertlieilten  Namen. —  A.  L. 
ist  wohl  (wie  Sallust  sagt):  trahere  animo  oder  cum  animo suo,\n  der 
Bedent,  überlegen,  überdenken,  für  agitare  secum,  me?ite,  animo,  cum 
animo. 

Trajicere,  übersetzen;  —  Etwas  über  Etwas,  entweder  frans  ali- 
quid  oder  mit  dem  blossen  Accus.,  z.  B.  über  den  Ganges,  Gangem 
oder  Irans  Gangem. 

Tranare  oder  transnare,  hinüber  schwimmen',  —  über  Etwas,  blos 
aliquid,  mr^ewA^  Irans  fl/?'^?/?'rf  (vielleiclit  zufällig)  5  über  den  Rhein 
schwimmeji  lieisst  also  transnare  Rhenum. 

Transcendere,  hinübersteigen;  —  über  Etwas,  blos  aliquid,  z.  B. 
murum,  über  die  Mauer. 

Transcursus,das  Vorbeilaufen,  Vor  beieilen,  ist  N.  Kl.  und  sehr  sel- 
ten, für  transitus.,  cursus  ;  ebenso  das  adverbiale  in  tratiscnrsu,im  Vor- 
beigehen, kurz,  was  mir  bei  dem  altern  Plinius  vorkommt.  Vgl.  Obiter. 

Trn?/senna,  das  Seil,  die  Schlinge,  ist  A.  L.;  man  sagte,  wie  es 
scheint,  sprichwörtlich:  per  transennam,  in  der  ^^A^ni.  flüchtig.,  oben- 
hin; docli  kommt  es  nur  einmal,  obgleich  bei  Cicero  (Orat.  I,  35),  so 
vor;  er  sagt:  quam  copiam  quasiper transennampraetereuntes  strictim 
aspeximus.  Da  es  so  selten  und  dunkel  ist,  so  vermeide  man  es  im 
Schreiben  als  unzeitige  Zierrath.  Vgl.  Sciopp.  de  stilo  p.227  (welcher 
in  Cicero's  Stelle  die  Worte  per  transennam  streicht)  und  Anm.  za 
Muret.  Oper.  T.  I,  p.  231 ;  ausserdem  oben  Obiter. 

Transennter,  im  Vorübergehen,  flüchtig,  obenhin,  ist  ganz  Sp.  L.; 
vgl.  unter  Obiter. 

Transferre  hat  ausser  andern  Bedeutungen  schon  Kl.  bei  Cicero 
die  Bedeut.  übertragen,  d.  h.  übersetzen  aus  einer  Sprache  in  die  andere, 
entweder  so,  dass  z.  B.  ein  griechisches  Wort  ganz  ins  Lateinische  auf- 
und  herübergenoramen  wird,  was  oft  geschehen  ist,  oder  so,  dass  eine 
wörtliche  (ad  verbiim)  Uebertragung  oder  Ue'oersetzung  geschehen 
ist,  nicht  eine  freie,  wie  sich  solche  bei  Cicero  häufig  finden.  Dies 
drückt  er  durch  vertere,  co?ivertere,  reddere,  interpretari,  esprimere 
aus;  man  kann  daher  transferre  kaum  für  unsre  Art  zu  übersetzen 
brauchen.  Vgl.  Cic.  Fin.  I,  8,  7.  Att.  VI,  2,  3,  wo  traTisferre  in  jener 
Bedeutung  vorkommt.  —  N.  Kl.  erweiterte  sich  aber  der  Gebrauch 
des  Wortes,  und  wenigstens  Quintil.  und  der  jüngere  Plinius  brauchen 
es  allgemein  in  der  Bedeut.  übersetzen.  —  Man  sagt  aber  nur  trans- 
ferre in  graecum,  in  latinum,  in  germanicum  u.  dgl.,  nicht  mit  den 
Adverbien  graece,  latine,  germanice,  wie  wir  sagen  griechisch,  latei- 
nisch, deutsch.  Vgl.  besonders  Quintil.  II,  15,  21.  Plin.  Ep.  VII,  9,  3 
H.  a.  —  Dagegen  ist  das  Subst.  translatio  in  der  allgemeinen  Bedent. 
Uebersetzung  zu  bezweifeln;  bei  Cicero  findet  sich  davon  keine  Spur, 
indem  es  bei  ihm  nur  die  Metapher  der  Griechen  bedeutet ;  bei  Quin- 
tilian.  aber  (I,  4,  18,  welche  Stelle  man  dafür  anführt)  liegt  in  dem 
Worte  nur  der  Sinn  von  wörtliche  Uebertragung,  tvörtliches  Herüber- 


776 

nehmen,  indem  er  von  dem  lateinischen  Worte  convmctio  sagt:  hnec 
videUir  ex  civ}8iai.nji  magis  propria  translatio,  A.h.  eine  ivörtlkhere 
Ueberlragung,  als  das  andere  lateinische  Wort  coiijiinctio.  —  Cicero 
würde  seine  Uebersetzuiigen  aus  dem  Griechischen  gewiss  nie  trans- 
laltoiies  genannt  haben;  im  N.  L.  aber  findet  man  es  sehr  häufig,  und 
Sintenis  braucht  es  z.  B.  in  seinem  Hiilfsbuche  immer.  Gebilligt  wird 
es  aber  auch  von  Forbiger  (Aufgaben  p.  154)  und  Friedemann  (zu 
lluluik.  Opusc.  I,  p.  ]22);  gemissbilligt  von  Anton.  (Progr.  p.  82.)  Man 
brauche  nur  mterpretatio.  —  Das  Subst.  translator,  der  Uebersetzer, 
steht  Sp.  L.  bei  dem  heiligen  Hierpnyraus,  für  interpres.  Vgl.  auch 
Traductio  und  Versio. 

Transfigurare,  umgestalten,  ist  erst  iV.  Kl.  und  selten,  iür  formam, 
figuram  convertere,  mutare,  commutare,  immutare,  auch  ab'quid  ver- 
tere  oder  convertere  in  alterius ßguram,  formam,faciem.  Vgl.  Trans- 
formare. 

Transformare,  umgestalten,  timbilden,  ist  P.  L.,  und  kommt  iV.  Kl. 
einmal  bei  Quintilian.  vor;  man  brauche  dafür  lieber  eine  von  den 
unter  Transfigurare  angeführten  Redensarten,  oder  will  man  trans- 
formare  (transfigurare)  in  bildlichem  Sinne  anwenden,  so  setze  man 
velut  oder  quodatnmodo  hinzu. 

Transgredi,  in  örtlichem  Sinne,  über  Etwas  gehen,  wird  mit  dem 
blossen  Accus,  (ohne  Irans)  verbunden,  z.  B.  Caucasum,  über  den 
Caucasiis ;  Padma,  über  den  Po.  —  Erst  N.  Kl.  erhielt  es  die  bild- 
liche Bedeut.  übersteige?!,  übergehen.  —  Nach  Weber  (Uebungssch. 
p.  256)  wird  es  nur  von  belebte?i  We«en,  nicht  von  lebloseji  gebraucht; 
man  sage  also  nicht :  nonien  transgressum  est,  der  Name  ging  über,  son- 
dern tra?isiit.  —  Nirgends  findet  sich  auch  leges  transgredi,  die  Ge- 
setze überschreiten,  für  solvere,  dissolvere,  perfringere,  perrumpere^ 
concidcare  und  andere  weniger  bildliche. 

Transjicere;  \g\.  Trajicere. 

Tra?isire,  über  Etwas  gehen,  sehreiten,  wird  in  eigentlicher  und 
bildlicher  Bedeut.  nur  mit  dem  Accus,  (ohne  iratis)  verbunden.  — 
Dietrich  warnt  ^or  transire  in  aliquam  rem,  in  Etwas  übergehen, 
wenn  damit  eine  Veränderung  des  Wesens  einer  Sache  bezeichnet  wer- 
den soll;  man  sage  z.  B.  nicht:  amicitiae  saepetranseuntiuitiimicitias, 
die  Freundschaften  gehen  oft  in  Feindschaften  über,  sondern  se  con- 
vertunt  in  inimicitias  (Cic.  Lael.  21,  78),  —  und  so  auch  das  einfache 
vcrti um]  se  vertere  (Cic.  N.  D.  III,  12,  31),  obgleich  Dietrich  nicht 
bezweifelt,  dass  sich  bei  Spätem  ähnliche  Verbindungen  fänden. 

Transilus,  der  Uebergang ;  —  über  Etwas,  z.  B.  über  einen  Gra- 
ben, lieisst  nicht  tratis  fossam,  sondern  mit  dem  Genit.,  fossae ;  über 
die  Alpen,  Alpimn. 

Translatio,  die  Uebersetzufig ;  vgl.  Transferre. 

Translaticius  (-titius,  auch  tralatitius)  ist  in  der  Bedeut.  hildlichf 
metaphorisch  N.  L.,  da  es  andere  Bedeutungen  hat  (^g\.  die  Lexica), 
obgleich  das  Subst.  translatio  das  Kl.  Kunstwort  in  der  Rhetorik  für 
Metapher,  Tropus,  Bild  ist.  Man  brauche  daher  per  translationem, 
per  figuram  oder  metaphoram,  auch  metaphorice  mit  einem  Partie, 
wie  dictus,  e.vpressus  u.  dgl.  Ygl.  Sciopp.  de  stilo  p.  171. 

Tra7ismaritimus,  überseeisch,  was  über  das  Meer  herkommt,  ist 
N.  L.,  für  iransmarinus. 


777 

Transmittere  oder  trnmittere,  hin  übersetzen,  himiherfahren  i  —  an 
einem  Orte,  nicht  in,  sondern  es  oder  ab  aliqiio  loco;  z.  B.  ich  setzte 
dort  über,  nicht  eo  loco  oder  ibi  trayisviisi,  sondern  inde,  es  eo  foco 
(Cic.  Att.  XVI,  7,  1).  Und  so  heisst  uo  —  tinde,  es  quo  loco ;  zu  Brun- 
dusium,  Brundusio  oder  a  Brtmd?/sio,  nicht  Brundiisii.  —  Worüber 
man  setzt,  woran  man  vorübergeht  n.  dgl.,  steht  im  Accnsat.  —  Auch 
wird  trnnsmiltere  ohne  Object  oder  einen  Accusat.  (aliquem,  oUquid, 
Einen  oder  Etwas)  gebraucht,  wo  man  sich  (se)  dabei  denkt;  z.  B.  tra?is- 
mitto  inare,  ich  gehe  über  das  Meer,  eigentlich  ich  setze,  fahre  mich, 
lasse  triich  über  das  Meer  fahren,  aber  nicht  me  transmitto.  Vgl.  Cic. 
Rep.  I,  4.  Fin,  V,  29.  —  Erst  N.  Kl.  sagt  man:  aliquid  silentio  (nie 
per  Silentium)  transmittere.  Etwas  mit  Stillschweigen  übergehen,  für 
transire  oder  praeterire  sile?itio. 

Transmutare,  verwechseln,  verändern,  umtauschen,  ist  nur  P.  L., 
für  commutare,  convertere,  vertere  in  aliquid.  Das  Subst.  transmutatio 
stellt  nur  A"^  Kl.  bei  Qnintilian,  in  der  Bedeutung  ümtauschujig  der 
Buchstaben,  für  commutatio,  transpositio,  i7nmutatio. 

Transnatare,  hinüberschwimmen,  ist  eben  so  gute  Form  wie  trans- 
nare  oder  tranare ;  vgl.  diese  Verba. 

Tratisparere,  durchscheinen,  durchleuchten,  ist  N.  L.,  für  perlucere, 
perlucidum  esse. 

Transplantare,  verpflanzen,  steht  ganz  Sp.  L.  bei  einem  Dichter, 
für  transjferre. 

Trafisponere  ist  in  der  Bedeutung  übersetzeyi  (aus  einer  Spraclie 
in  die  andere)  N.  L.,  für  transferre  u,  a.  Vgl.  Traducere. 

Transsumere,  herüber tiekme?i,  voji  Etwas  nehmen,  ist  nur  P.  L.,  für 
depromere,  repetere ;  man  sage  also  nicht,  wie  Heyne  (z.  Virg.  Georg.): 
plurima  transsumta  ex  aliis,  für  deprompta,  repetita.  Vgl.  auch  De- 
sumere. 

Trerniscere,  anfangen  zu  zittern,  ist  P.  L.,  für  contremiscere,  tre- 
mere,  trepidare ;  N.  L.  aber  ist  tremulare  in  der  Bedeut.  zittern. 

Triangulus  als  Subst.,  das  Dreieck,  soll  falsche  Form  für  trian- 
gulum  sein;  richtig  ist  es  als  Adject.,  in  der  Bedeutung  </;re«ecA/g^.  y^\^. 
Alencken.  Observ.  p.  984. 

Tribuere  ist  in  der  Bedeut.  theilen,  zertheilen,  für  distribnere,  nach 
einigen  Stellen  Cicero's  KL,  und  wird,  wie  distribiiere,  mit  in  und  dem 
y^cc?/s.  verbunden,  z.  B.  in  duas  paites.  —  In  der  Bedeut.  zuschreiben 
oder  Einem  Etwas  als  Etwas  auslegen  hat  es,  wie  esse,  ztvei  Dativen 
bei  sich,  aber  nicht  statt  des  Dat.  der  Person  den  Genit.  oder  das 
Possessivpronomen ;  falsch  ist  also :  hoc  tribuitur  ignnviae  nieae,  igna- 
viae  illius,  —  meiner,  seiner  Trägheit,  für  hoc  mihi  (Uli)  ignaviae  tri- 
buitur. Vgl.  Cic.  Fam.  II,  16, 3.  Corn.  Nep.  Timol.  4  und  oben  unter  Esse. 

Tribulare,  dreschen,  ausdreschen,  ist    A.  L.,  für    tribulis   esterere. 

Tribumis,  der  Tribun.  Unter  den  verschiedenen  Tribunen  gibt  es 
keinen  tribunus  aerarii  (so  wenig  wie  einen  qiiaestor  aerarii),  was  man 
leicht  aus  dem  Plur.  tribuni  aerarii  Mirmuthcn  könnte,  sondern  einen 
tribunus  aerarius,  also  mit  adjeclivischem  Zusätze.  So  sagt  Cic.  (Q.  fr. 
II,  16):  a  tribunis  aerariis  absolutus ;  Ssiet.  (Caes.  41):  tribunos  aera- 
rios.  Vgl.  auch  Varro  L.  L.  V,  §.  181.  p.  70  ed.  Müll,  und  oben  Aerarium. 

Triduanus,  dreitägig,  ist  Sp.  L. ,  für  tritim  dierum  oder  mit  dem 
Subst.  triduum. 


778 

Trifariam,  dreifach,  an  drei  Orten,  ist  gut  und  Kl.,  aber  das  Adject. 
trifariiis  nur  Sp.L.,  für  triplex,  triparliiiis,  und  als  Adv.  Iripartilo,  lur 
jenes  trifariam. 

Trigesies  oder  iricesies,  dreissigmnl,  ist  falsche  Form   für  Iricies. 

Trihorium,  ein  Zeitraum  von  drei  Shindeu,  gebildet  wie  trienniiim^ 
ist  Sp.  L.,  für  spatium  trium  horarimi;  vielleicht  war  es  aus  der  Volks- 
spraolie  genommen. 

Trini,  drei  (der  Sing,  ist  nur  P.  L.),  ist  kein  Distrihutivzahlwort 
(dieses  lieisst  terni),  sondern  Nebenform  von  tres  für  die  Subst.  Plur. 
iantiim,  wenn  der  Satz  nichts  Distributives  enthält,  z.  ß.  trini codicilh 
u.  a.  Vgl.  Terni. 

Tripertitus,  in  drei  Theile  getheilt,  ist  weniger  gute  Form,  als  tri- 
partitus. 

Trissyllabns,  dreisylbig,  ist  orthographisch  falsche  Form,  welche 
noch  immer  bisweilen  im  N.  L,  vorkommt,  für  trisyllabiis,  wie  disyl- 
labus,  nicht  dissyllabus. 

Tristimonia,  die  Traurigkeit,  kommt  Sp.  L.  bei  dem  Verf.  des 
Bell.  African.  vor,  für  das  gewöhnliche  tristitia;  und  so  sind  auch  tri- 
stitas  und  tristitudo  nur  ^.  und  Sp.  L.  Formen. 

Trivialis,  gemein,  alltäglich,  kommt  erst  N.  Kl.  bei  Quintilian.  und 
Sueton.  vor;  jener  nennt  alle  niedere,  gemeine.  Alltags- Kenntnisse  — 
trivialefn  scientiam,  und  gemeine,  nicht  gerade  schön  gewählte  Horte 
—  verba  trivialia,  wie  denn  schon  bei  C\cGro  pöbelhafte  Schimpfwörter 
brauchen  —  maledicta  ex  trivio  arripere  (Schimpfwörter  von  der  Gasse 
aufgreife?i)  heisst.  Man  brauche  also  trivialis  nicht  falsch,  da  es  ver- 
ächtlichere Bedeut.  hat,  als  vulgaris,  trittis,  usitatus,  qtiotidianus,  und 
da  es  gleich  plebejus  ist. 

Triumphare,  triumphiren,  Triumph  halten  ;  —  über  Jemanden  ent- 
weder de  aliquo  oder  ex  aliquo;  P.  und  Sp.  L.  ist  triumphare  aliquenty 
über  Einen  triumphiren.  Einen  besiegen. 

Triumphator,  der,  welcher  triumphirt  oder  einen  Triutnph  hält,  ist 
erst  Sp.  L..  für  qui  triumphal,  triumphum  agit,  tri?imphans,  victor. 
Es  ist  auffallend,  dass  das  Wort  bei  dem  so  oft  vorkommenden  Be- 
griffe erst  spät  gebraucht  wurde,  während  doch  triumphare  ein  ganz 
gewöhnliches  Wort  ist.  Es  bleibt  gewagt,  triumphator  in  guter  und 
reiner  Rede  zu  gebrauchen;  auch  ist  es  nicht  durchaus  nöthig. 

Triumphus,  der  Triumph ;  —  über  Jema?iden,  de  oder  ex  aliquo  (Cic. 
Brut.  73,  255),  wie  triumphare,  und  ebenso  triumphum  agere  de  oder 
ex  aliquo.  —  Für  agere  triumphum  sagt  man  erst  TV.  Kl.  ducere.  Uebri- 
gens  heisst  im  Triumph,  z.  B.  nach  Hause  zurückkehren,  triumphans, 
niclit  in  triumpho  redire. 

Triumvir,  ein  Dreimann,  setzt  immer  zwei  Männer  voraus,  die 
mit  ihm  gleichsam  zu  einem  Collegium  gehören,  die  einen  geraein- 
samen Zweck  haben  und  collegialisch  verbunden  sind;  alle  drei,  welche 
CoUegen  sind,  hiessen  Triumviri,  wie  ztvei  eben  so  gleich  verbundene 
—  Duumviri.  Und  so  wie  zwei  einzelne,  die  nicht  Collegen  oder  zu 
einem  Zwecke  verbunden  sind,  duo  viri  (nicht  duumviri)  heissen,  so 
heissen  auch  drei  einzelne,  nicht  mit  einander  in  Verbindung  stehende, 
tres  viri,  nicht  triu7nviri,  welche  Benennung  im  N.  L.  eben  so  falsch 
gebraucht  wird,  wie  duumviri,  wovon  oben  unter  diesem  Worte  die 
\IqAg  war.  So  ist  es  z.  B.  falsch,  zu  sagen:  Hemsterhusius,   Falcke- 


779 

narius,  Ruh?f.kenms,  summt  Uli  triiimvfri;  der  Lateiner  sagt  hier  blos 
stmmn  tili  virt,  ohne  die  Zalii  drei  zu  beriicksiciitigen;  ebenso:  iriwn- 
viriilli,  Ernestius,Reizius,  Wolßtis.  Anck  kann  dann  von  keinem  triinn- 
viralus  gesprochen  werden,  worunter  man  nur  em  Dreimäniier-Col- 
legiiim  verstellt,  deren  es  in  Rom  mehrere  zu  verschiedenen  Zwecken 
gab.  Vgl.  auch  noch  Duumvir.  —  Noch  lächerlicher  ist  es,  wenn  im 
N.  L.  triumvir  in  der  Bedeut.  ein  atis  gezeichnet  er  Mann  gebraucht 
wird,  Avie  es  z.  B.  J.  H.  Majus  (Praef.  libri  Morhofii  de  rat.  conscr. 
epist.  p.  17)  gethan  hat,  wo  es  heisst:  Quos  inter  facile  primas  tenent 
triunwiri  illi  Manutii,  Palearius  —  und  nun  folgen  noch  siebenzehn 
Namen. 

Trojus  als  Adject.,  Trojanisch,  ist  nur  P.  L.,  für  Troicus  oder 
Trojamis. 

Tropaeum,  ein  Siegesdenkmal,  Siegeszeichen,  auch  blos  Sieg,  ist 
ein  Kl.  allgemein  aufgenommenes  Wort. 

Tropus  ist  das  griechische  Kunstwort  in  der  Rhetorik  für  unser 
Bild,  bildliche  Redensart,  aber  erst  N.  Kl.  bei  Quintilian.  im  Gebrauche ; 
bei  Cicero  u.  A.  ist  dafür  translatio  oder  verborum  imnwtatio  üblich. 
Vgl.  Cic.  Orat.  III,  25.  Brut.  17.  —  Das  Adject.  tropicus  und  das  Adv. 
iropice,  in  der  Bedeut.  bildlich,  sind  erst  Sp.  L.,  inr  per  translationem. 

Tr lineare,  verstü?nmeln  (für  detruncare),  ist  höchst  selten  und  fast 
nur  P.  L. ;  bei  Livius  (XXXI,  30)  steht  nur  truncatus.  Etwas  Anderes 
ist  obtruncare. 

Tu,  mit  met  verbnnden;  vgl.  Turnet. 

Tueri.  Die  Participalform  tuitus  kommt  fast  nirgends  vor,  dafür 
immer  tutatus ;  dagegen  ist  ttitus  meist  als  Adject.,  in  der  Bedeutung 
sicher,  gesichert,  geschützt,  sehr  gewöhnlich;  —  tuitus  findet  sich 
nicht  selten  im  N.  L.  Man  sage  nicht:  illum  oratione  tuitus  es^  Cicero, 
sondern  tutatus  est  oder  defendit.  Vgl.  Reisig's  Vorlesung,  p.  236.  — 
In  der  bessern  Prosa  ist  tueri  durchaus  nur  Deporiens,  wiewohl  man 
es  einmal  bei  Varro  (R.  R,  III,  1,  4)  passivisch  gebraucht  findet.  — 
In  der  Bedeut.  sehen,  schatten,  betrachten  ist  es  nur  P.  L.,  für  intueri. 
Die  altern  Lexica  führten  dafür  Cic.  Tusc.  III,  1  an,  aber  für  ttieri 
steht  dort  jetzt  aus  den  Handschr.  intueri.  —  Schützen  vor  oder 
gegen  Etwas  heisst  tueri  ab  aliqua  re,  nicht  contra  aliquam  rem; 
ebenso  wird  das  participiale  tutus,  sicher,  gesichert,  mit  ab  aliqua  re 
(gegen  Etwas)  verbunden,  jedoch  N.  Kl.  auch  mit  ad  und  adversus. 

Tum,  dann,  ist  ungewöhnlich  in  einem  Hauptsätze,  der  einem  Satze 
folgt,  in  welchem  ein  Wunsch  liegt,  also  nach  titinam  u.a.;  z.B.  o  hät- 
ten wir  Zins  mit  einander  besprechen  können,  dann  hätten  wir  geiriss 
helfen  können,  titinam  —  potuissemus,  profecto  —  tulissemus,  nicht 
tum  profecto  —.  Vgl.  Cic.  Fam.  IV,  1,  1 ;  X,  28,  1;  XII,  3,  1.  Att.  XVI, 
7,  4  u.  a.  —  Erst  Sp.  L.  ist  tum  temporis  oder  timc  temporis  in  der 
Bedeut.  damals,  für  das  einfache  tum  oder  ttmc.  Vgl.  Zumpt's  Gramm, 
p.  342.  Klotz  Sintenis  p.  155.  —  N.  L.  ist  tu?n  adhuc  oder  adhuc  tum, 
damals  noch,  noch  damals,  für  etiam  tum  (lunc).  —  Unser  dann,  wenn 

—  in  der  Bedeut.  in  dem  Falle,  tinter  der  Bedingung,  trenn  —  heisst 
erst  iV.  Kl.  tum.,  si  —  für  das  Kl.  und  allein  anzuwendende  ila  si.  Vgl. 
Cic.  Off.  I,  9.  N.  D.  1,2.  Fam.  XIII,  1,  2;  XV,  4,  14.  Att.  IX,  10,  9.  Liv. 
I,  8,  2  und  viele  andere  Stellen.  FJbenso  heisst  doch  nur  dann,  wenn 

—  ita  tarnen,  si —  (Cic.  Divin.  I,  Ü,  10),  oder  ita,  wenn  der  Bedingungs- 


780 

satz  fehlt,  aber  zu  dem  dann  hinzugedacht  werden  mnss;  z.  B.  denn 
dann  (d.  h.  wenn  das  vdre)  iviirde  Alles  irenlger  dnnhel sein,nnmqt(e 
iia  (iiiclit  tum)  omnia  minus  obscura  sint.  Auch  kann  man  in  diesem 
Falle  für  das  einfache  ?7«  vollständig'  als  Bedingung  einschieben:  si 
ita  sit;  z.  B.  da7in  tvürde  im  Leben  und  in  allen  Pflichten  Unordnung 
entstehen,  perturbatio  vitae,  si  ita  sit,  atque  officiorum  omnium  conse- 
qiiatur.  Falsch  ist  es  daher,  zu  sagen:  hoc  tum  esset  verisirailius,  si 
optimi  libri  pronomen  omitterent,  dies  würde  dann  wahrscheinlicher 
sein,  wenn  — ,  für  hoc  ita  esset  verisimilius.  —  Wo  aber  datm  noch 
auf  Zeit  Bezug  hat,  und  nicht  in  unmittelbarer  Verbindung  mit  wenn 
(si)  sieht,  heisst  es  tum  ( Cic.  Verr.  IV,  Jl).  Auch  ist  davon  ver- 
schieden dann,  wann  —  tum,  cum  — ,  wo  blos  ein  Zeitverhältniss  an- 
gegeben ist.  Vgl.  Handii  Tursellin.  T.  III,  p.  478  und  Reisig's  Vorles. 
p.  455  u.  456.  —  üeber  tum  und  tunc,  dann,  welches  letztere  meistens 
mit  einem  Futur,  verbunden  wird,  vgl.  Morhof  de  pura  dict.  p.  236.  We- 
ber's  Uebungssch.  p.  118  und  Grauff  zu  Bunell.  Epist.  p.  749,  sowie 
über  cum  oder  quum  -  tum,  theils  -  theils,  die  unter  Quum  angeführ- 
ten Bücher,  nach  welchen  cum  (quum)  -  tum  bedeuten  soll  nicht  al- 
lein -  solidem  auch;  theils  -  theils;  eben  so  sehr  -  als,  indem  der  Ge- 
danke gesteigert  werden  soll;  aber  tum  -  tum  blos  bald  -  bald ;  nicht 
sowohl  -  als  auch. 

Tuniet  (Nomin.)  ist  bis  jetzt  unerweislich;  dafür  sagt  man  tute 
oder  tutemet,  sowie  auch  nie  temet,  sondern  tele;  nie  tuimet,  sondern 
blos  tui.  Gut  aber  ist  tibimet  und  im  Plur.  vosmet  und  vobismet,  welche 
auch  oft  noch  durcli  ipse  verstärkt  werden.  —  Im  N.  L.  kommt  bis- 
weilen tumet  vor,  z.  B.  bei  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  230  ed.  Fr.),  wo 
Frotscher  bemerkt:  Haec  forma  vitanda  est;  dicendum  t?ite  cum  Ci- 
cerone atque  aliis,  aut  etiani  tutemet  cum  Terentio  et  Lucretio. 

Tumidus  ist  in  der  bildlichen  Bedeut.  stolz,  aufgeblasen  nur  P.  L., 
und  findet  sich  in  Prosa  nur  bei  Seneca  und  Tacitus,  aber  selten,  für 
inflatus,  elatus,  welche  beiden  Cic.  (IluU.  II,  85,  97)  synonym  mit 
einander  verbindet.  Jenes  tumidus  braucht  nicht  gut  in  dieser  Bedeut. 
Muret.  (Expl.  Cic.  Catil.  epist.  ad  Mocenicum). 

Tumultuaris  bedeutet  nicht  aufrührerisch,  was  seditiosus  heisst, 
sondern  wird  nur  theils  ^on  Menschen  gebraucht,  welche  in  Hast  und 
Eile  zusammengebracht  sind,  z.  B.  milites  tumultuarii,  theils  von  Sachen^ 
welche  in  Hast  und  Eile  geschehen.  Ebenso  wird  tumultuosus  nie  von 
aufrührerischen  Me?ischen  gebraucht,  welche  turb?ilenti,  seditiosi  heis- 
sen,  wohl  aber  bei  Liv.  (IV,  28)  von  denen,  welche  Lärm  und  Geräusch 
machen;  er  sagt:  vos  in  otio  tumultuosi^  in  hello  segnes;  —  ähnliche 
Stellen  sind  mir  nicht  bekannt.  Auch  findet  sich  wohl  nirgends  tempora 
tumultuosa,  stürmische  Zeiten,  für  turbulenta. 

Tunc.  Ueber  tu7ic  tefuporis  vgl.  unter  Tum. 

Turbatio,  die  Verwirrung,  ist  erst  seit  Livius  im  Gebrauche,  aber 
sehr  selten,  für  conturbatio  oAer  perturbatio. 

Turbidare,  trüben,  stören,  beiniruhigen,  ist  ganz  Sp.  L.,  für  turbare, 
conturbare. 

Turbidus  kommt  in  der  Bedeut.  aufrührerisch,  was  freilich  mit  der 
Bedeut.  stürmisch.,  unruhig  zusammenhängt,  zuerst  bei  Tacitus  vor, 
ist  aber  sonst  wohl  selten,  für  seditiosus,  turbulenliis,  factiosus. 

Turißcare,  räuchern,  ist  N.  u.  B.  L.,  für  odores  incendere. 


781 

Turpare,  verunstalten,  entstellen,  ist  P.  L.,  und  findet  sich  in  Prosa 
nur  bei  Tacitus,  für  defonnare. 

Turpido,  die  Schändlichkeit^  stellt  bei  Cic.  (Rep.  1, 2)  nach  dem 
einzigen  Codex,  ist  aber  g^ewiss  Schreibfehler,  für  turpitudo ;  gleich- 
wohl will  es  Ang.  Majns  für  gute  Lesart  halten, 

Turpißcare  kommt  nur  im  Partie,  turpißcatus,  in  der  Bedeutung 
entstellt,  cerunreinigt  vor,  und  nur  einmal,  aber  bei  Cic.  (Off.  III,  29, 
105);  gerade  weil  es  so  selten  ist,  werde  es  gänzlich  vermieden,  wie- 
wohl es  den  Wörtern  mitificatus  und  mollificatus  ähnlich  gebildet  ist. 
C.  Beier  hat  es  sogar  mit  Görenz  als  ein  von  einem  Mönche  spät  zu- 
gesetztes Wort  ohne  allen  handschriftlichen  Verdacht  aus  dem  Texte 
gestrichen. 

Tuscia,  als  Name  der  italischen  Landschaft,  worin  die  Tusker  oder 
Etrusker  wohnten  (für  Etruria),  war  nach  Servius  (z.  Virg.  A.  X,  164) 
nicht  üblich,  wiewohl  die  Einwohner  in  der  besten  Prosa  nicht  blos 
AY/wsc«,  sondern  auch  Tmscj" genannt  wurden. 

Tutari,  schützen ;  —  vor  Etwas,  ab  aliqua  re,  wie  tueri. 

Tute,  sicher,  mit  Sicherheit,  Adv.  von  ttitus,  ist  in  der  bessern 
Prosa  weniger  beglaubigte  Form,  als  tuto,  und  ebenso  tutissimo,  nicht 
tutissime.  Vgl.  Cic.  Fam.  XI,  5,  1 ;  XIV,  3,  3.  Att.  VIII,  1,  2. 

Tutelaris  ist  sowohl  in  der  Bedeut.  schützend,  a\s  auch  in  der  Bed. 
vormundschaftlich  erst  Sp.  L.,  und  findet  sich  in  der  letztern  nur  bei 
Juristen.  In  der  ersten  werden  die  schützenden  Gottheiten  oder  Schutz- 
goitheitefi  —  dii  tutelares  genannt,  und  dieser  späten  Benennung  be- 
dient sich  Ev.  Otto,  in  seinem  Buche  de  tutela  viarum,  häufig,  wiewohl 
man  früher  in  der  Kl.  Prosa  nur  dii praesides,  custodes,  servatores, 
oder  quorum  tutelae  loca  sunt  (Liv.  I,  6)  sagte.  Man  vermeide  daher 
den  Gebrauch  des  Wortes  tutelaris  so  viel  als  möglich.  Vgl.  Weber's 
Uebungssch.  p.  41.  —  In  der  zweiten  Bedeutung  umschreibe  man  es 
durch  tutela  oder  tutor. 

Tutor,  der  Vormund,  wird  meistens  mit  dem  Dat.,  nicht  mit  dem 
Ger/it.  dessen  verhunden,  welcher  bevormundet  wird,  also  alicui  {nicht 
alicujiis)  tutorem  esse,  institui,  scribi,  Vormund  sein,  zum  Vormund 
eingesetzt,  ernannt  werden,  y^l.  Cic.  Att.  XII,  28,  3.  Verr.  IV,  17. 
Cluent.  14,  41  u.  a. 

Tutus,  sicher,  gesichert ;  vgl.  Tueri. 

Tuns,  dein,  mit  den  Anhangssylben  met  und  pte,  ist  nur  ^.  und 
Sp.  L.,  und  darum  zu  vermeiden. 

Typus  bedeutet  bei  Cicero  und  spätem  Schriftstellern  nur  allge- 
gemein  eine  Figur,  ein  Bild ;  aber  seit  Erfindung  der  Buchdruckerei 
wurde  es  Kunstwort  für  die  Lettern  oder  Buchstabenformen,  und 
kann  recht  wohl  als  solches  zur  Bezeichnung  der  neuen  Sache  ge- 
braucht werden,  mögen  auch  Einige  (wie  Muretus)  dafür  litterarmn 
forma  brauchen.  Vgl.  Excudere  und  Imprimere.  —  Gleich  ^xiie  Kunst- 
w  örter  sind  ferner  iypographia  und  typographus,  für  welches  letztere 
man  auch,  wo  es  der  Zusammenhang  znlässt,  das  Wort  operae,  die  Ar- 
beiter, brauchen  kann,  wenn  blos  die  Handarbeit  berücksichtigt  wird. 
Durchaus  verwerflich  aber  scheint  mir,  was  die  strengen  Puristen, 
z.  B.  Anton.  Schorus  und  selbst  Muretus  dafür  nehmen,  nemlich //Ära- 
rius,  wie  auch  von  Einigen  der  Buchhändler  genannt  wird,  so  dass 
also  dieses  Wort  heutzutage  drei  verschiedene  Bedeutungen  hat:  der 


782 

Abschreiber,  der  Buchdrucker  und  der  Buchhändler;  die  Rede  kann 
dadurch  leicht  unverständlich  werden.  Vgl.  Librarius. 

Tyrannts,  tyrannus,  tyrannicus,  tyrannice.  Nur  selten  und  fast  nur 
in  der  Poesie  stehen  diese  Wörter  nach  griechischem  Gebrauche  in 
der  Bedeut.  König,  Fürst,  Regent,  ohne  bösen  Nebenbegriff.  Seitdem 
aber  die  lateiii.  Wörter  rex,  regius  u.  a.  den  Republikanern  verhasst 
geworden  waren  und  ohne  den  ^^hcnhe^rx^ geivaltsam,  grausajn  n.  dgl. 
nicht  gedacht  wurden,  erhielten  auch  jene  griechischen  Wörter  den- 
selben Sinn,  und  wurden  in  noch  schlimmerem  Sinne  gebraucht,  als  die 
lateinischen,  so  dass  Cicero  ( Verr.  III,  48, 115)  sagen  konnte:  ea  quae 
regle  seu  potius  tyrannice  statuit  in  oratores  Apronius,  —  und  Seneca 
(Ep.  114)  steigernd:  animus  noster  modo  res  est,  modo  tyraniius; 
uhi  irapotens,  cupidus,  delicatus  est,  transit  in  nomen  detestabile  ac 
dirura,  et  fit  tyrannus.  —  Man  brauche  daher  alle  jene  Wörter  nicht 
in  griechischem  Sinne,  sondern  nur  in  dem  spätem,  der  sich  auch  bei 
uns  erhalten  hat,  vermeide  sie  aber,  wo  es  geschehen  kann,  durch  die 
lateinischen  rex,  regius,  dominus.,  dominatio,  und  wo  der  Begriff  ^/•a?f- 
snm  deutlich  hervortreten  soll,  setze  man  lieber  crudelis,  saevus,  dirus. 
Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  38. 

Tyrrhenus  und  Tyrrhenia  sind  mehr  P.  Z».,  für  Etruscus,  Etruria. 

ü.    U. 

Ubertas,  der  Reichthum,  die  Fülle,  verbunden  mit  dem  Genit. 
ingenii,  des  Geistes,  wie  es  in  Cicero's  Rede  pro  Marc.  (2,  4)  vor- 
kommt, bezweifelt  Wolf  als  Ciceronisch,  um  einen  Grund  mehr  gegen 
diese  Rede  selbst  zu  haben;  er  behauptet,  Cicero  sage  nur  überlas 
orationis  und  verborum.  Da  jedoch  Quintilian.  (X,  1,  109)  ubertas 
ingenii  braucht,  worin  auch  nichts  Seltsames  und  Neues  liegt,  so  ist 
es  hinlänglich  geschützt. 

Ubertim,  reichlich,  steht  N.  Kl.  bei  Seneca  und  Sueton.,  für  abunde, 
affluenter,  copiose  u.  a.  Gut  sind  uberius  und  uberrime. 

libertäre,  fruchtbar  machen,  und  uberare,  fruchtbar  sein,  kommen 
N.  Kl.  bei  Columella,  dem  Jüngern  Plinius  u.  A.  höchst  selten  vor, 
für  fecundum  oder  uberemfacere,  ubertatem  oder  fecunditatem  dare; 
feriilem  esse,  fructum ferre  u.  a. 

Vbi,  wo,  als  Adv.,  bezieht  sich  fast  nur  auf  einen  Ort,  nicht  auf 
eine  Zeit.,  ausser  wenn  es  für  sich  als  Zeitpartikel  steht;  als  Adv.  ist 
es  in  Beziehung  auf  einen  Ort  relativ.  Unpassend  wäre  es  daher,  zu 
sagen:  nunc,  ubi  pax  est,  jetzt,  wo  Friede  ist,  für  ciim;  Ulis  temporibzts, 
ubi — ,  in  jenen  Zeilen,  wo  — ,  für  quibus  oder  ciim;  fuit  quoddam 
iempus,  ubi — ,  für  cmn  (Cic.  Inv.  I,  2,  2);  terapus  veniet,  ubi — ,  für 
ciwi  —  und  Aehnliches.  Gleichwohl  sagt  Livius  einmal  (XXV,  38,  4): 
et  ne  tum  quidem,  ubi  —  cogitandum  est.  —  Es  gibt  viele  Verba, 
welche  mit  ab  oder  ej:  aliqua  re  verbunden  werden,  bei  denen  also 
das  wo  durch  unde,  nicht  durch  ubi  zu  übersetzen  ist;  z.  B.  wo  der 
Anfang  zu  machen  ist,  da  werde  er  gemacht,  unde  (nicht  ubi)  necesse 
est,  inde  (nicht  ibi)  initium  snmatur.  Ebenso  kann  bei  Verben,  welche 
mit  in  aliquem  locum  verbunden  werden,  nicht  ubi  stehen,  sondern 
dafür  muss  quo,  wohin,  gesetzt  werden;  z.  B.  wobist  du  angekommen^ 
quo  (nicht  tibi)  advenisti?  Vgl.  Th.  I,  §.  149.  —  Wenn  in  der  Redens- 


783 

art:  Wo  war  wohl  Einer,  der  mir  flicht  beisfimmte?  nicht  nach  einem 
Orte  gefragt  wird,  so  ist  es  J).  L.,  zn  sagen:  ?/6/fuit  quisquam  — ?  für 
num  qtiis  fuit  —  ?  oder  bJos  qiiis  fuit  —  ?  Wo  gibt  es  ein  Maass  der 
Begierde  in  diesen  Dingen?  heisst  nicht  ubi  est  modtis  — ,  sondern 
quis  est  modus  — ?  Das  verdoppelte  ubi  ubi,  wo  nur,  hat  in  unab- 
hängiger Rede  nur  den  Indicat.  bei  sich,  nicht  den  Coiijtmct,,  obsclion 
wir  im  Deutschen  mögen  einschieben  können;  z.B.  die  Seele,  wo  auch 
nur  ihr  Sitz  sein  mag,  sieht  jilles, —  tibi  ubi  est,  nicht  ubi  ubi  sit.  —  Als 
Conjunction  (der  Zeit)  bedeutet  ubi  meistens  sobald  als,  und  hat  in 
bestimmter  Rede  nur  den  Indicat.,  njcht  den  Co7ijunct.  bei  sich,  wel- 
chen man  oft  im  N.  L.  findet,  z.  B.  bei  Terpstra  (Anliquitas  Homeri 
p.  109)  :  ubi  vero  uxorem  —  reliquisset,  sobald  er  aber  die  Gattin  ver- 
lassen hatte,  für  reliquit  (Perf.  Indic).  Vgl.  die  Grammatiken. 

Ubicunque,  wo  nur,  hat,  wie  ubi  ubi,  in  unabhängiger  Rede  den  In- 
dicat., nicht  den  Conjunct.  bei  sich,  welchen  man  im  N,  L.  nicht  selten 
findet;  z.  B.  er  wird,  wo  er  nur  wohnen  mag, zufrieden  sein,  ubicunque 
habital,  nicht  habitet.  —  Sowie  aber  tibi  zuweilen  mit  quo  vertauscht 
werden  muss,  so  auch  ubicunque  mit  quocunque ;  z.  B.  wo  dunur  einge- 
kehrt bist,  quocunque  devertisti,  nicht  ubicunque,  weil  devertere  nicht 
mit  i}i  aliquo  loco,  sondern  mit  i?i  aliquem  locum  verbunden  wird. 

JJbique,  wo  es  auch  sei,  allenthalbeti,  überall,  fast  gleich  omnibus 
locis  und  usquequaque,  kann,  wie  ubi  und  ubicumque,  nicht  da  ge- 
braucht werden,  wo,  nach  d,em  dabei  stehenden  Verbo,  überall  so 
viel  ist,  als  voji  allen  Orten  und  Seite?!  her,  was  undique  heisst;  z.  B. 
er  sagte,  was  überall  gestohlen  (geraubt)  worden  sei,  quid  ztndique 
(nicht  ubique)  ablatum  sit;  ich  will  überall  Blümcheti pflücken,  undique 
(nicht  ubique)  flosculos  carpam  (Cic.  Sest.  56, 119)  — und  so  bei  allen 
Wörtern  der  Entfernung,  des  Aus-  und  Wegganges ;  z.  B.  überall 
sind  Ausgänge,  undique  sunt  exitus ;  nimm  entweder  überall  die  Re- 
ligion weg,  oder  halte  sie  überall,  aut  undique  (nicht  ubique)  religionem 
tolle,  aut  usquequaque  (auch  wohl  ubique)  conserva  (Cic.  Phil.  II,  42). 
• —  N.  L.  ist  ubique  verbunden  mit  einem  Getiit.,  wie  z.  B.  Görenz  u.  A. 
sagen  :  ubique  codicum,  in  allen  Handschriften,  für  in  omnibus  codicibus. 
Ulcisci,  rächen,  wird  mit  dem  personalen  Accus.,  aliquem,  verbun- 
den, theils  (und  meistens)  zur  Bezeichnung  desjenigen,  a?i  ivelchem 
man  sich  rächt  oder  Rache  nimmt,  wen  man  (sich  rächend)  straft, 
theils  (aber  selten  und  fast  mehr  P.  L.)  zur  Bezeichnung  desjenigen, 
welchen,  d.  h.  welchen  Beleidigten  und  Gekränkten,  man  rächt.  Und 
so  steht  der  Accus,  aliquid,  als  sachliches  Object,  zur  Bezeichnung 
der  That,  welche  man  rächt,  um  welcher  willen  man  sich  rächt.  Man 
sagt  aber  nicht  mit  doppeltem  Accus.,  aliquem  aliquid  ulcisci,  sich 
für  oder  wegen  einer  Sache  an  Jemanden  rächen,  sondern  aliquem 
pro  aliqua  re. 

Ullibi,  irgendwo,  ist  N.  L.,  für  usquam,  uspiam,  ullo,  aliquo  loco. 
Vgl.  Nullibi,  was  eben  so  A^.  L.  ist. 

Ullus,  Ei?ier,  irgend  Einer,  Jemand,  ist  verschieden  von  aliquis 
(vgl.  mehr  darüber  in  den  Grammatiken),  indem  idhis  mehr  in  nega- 
tiven, aliquis  aber  mehr  in  affirmativen  Sätzen  steht.  Daher  kommt  es 
anch,  dass  nach  dem  negativen  sine  —  ullus,  aber  nach  dem  affirma- 
tiven non  sine  das  Pron.  aliquis  folgt.  Vgl.  darüber  unter  Omnis.  — 
Unser  gewöhnliches  irgend  Einer,  wenn  Einer  nicht  betont  ist,  heisst 


784 

blos  nlhis,  quisquam  oder  aliqtiis,'}Q.  nach  Verschiedenheit  des  Sinnes, 
nicht  ullus  aliquis,  wie  neulich  Einer  schrieb :  Juvenes  in  tilla  allqua 
philosophiae  parte  exercentur.  Wenn  aber  Einer  (in  dem  Ausdrucke 
irgend  Einer)  betontes  Zahlwort  ist,  so  heisst  es  uniis  aliquis  oder 
aliquis  unus.  —  fVemi  irgend  Einer  lieisst  nicht  si  quis  ullus,  sondern 
blos  si  quis  oder  si  ullus.  Vgl.  Vorst.  latin.  mer.  susp.  p.  224.  —  Sonst 
irgend  Eijier  heisst  in  einem  negativen  Satze  alius  ullus  (ullus  alius) 
oder  quisquam  alius  (alius  quisquam). 

Ullerius,  als  adverbialer  Coraparat.  von  ultra,  in  der  Bedeut.  wei- 
ter, mehr,  drüber,  ist  fast  nur  P.  L.,  und  kommt  in  Prosa  einmal  bei 
Quintil.vor,  für  ultra,  worin  schon  jener  Begriff  liegt,  oder  für /owg^iw«, 
umplius.  iVIan  sage  nicht:  progreditur  ulterius,  quam  satis  est,  sondern 
ultra,  quam  — ;  nicht  wie  Mahne  (Crito  p.305):  a  ducentis  et  ulterius 
abhinc  annis,  sondern  abhinc  amplius  ducentis  ayinis;  nicht  aliquid 
ulterius  persequi.  Etwas  weiter  verfolgen,  sondern  longius  —  und 
Aelinliches,  was  im  N.  L.  vorkommt. 

Ultimus,  der  letzte,  ohne  Rücksicht  auf  andere  vor  ihm,  nur  in 
der  Bedeut.  der  nächst  vorhergehende,  also  in  Bezug  auf  die  Gegen- 
wart, ist  unlateinisch,  für  proximus,  Jiovissimus,  auch  wohl  superior 
(vgl.  Prior);  z.  B.  der  letzte  Krieg,  ohne  Bezug  auf  frühere  Kriege, 
lieisst  proximuni  bellum,  nicht  ultimum;  der  letzte  Brief  (für  die  Ge- 
genwart), proximae,  novissimae,  superiores  litter ae,  nicht  ultimae;  die 
letzten  sehn  Jahre  (von  jetzt  an  gerechnet),  anni  decem  proximi  (Cic. 
Att.  VI,  2,  5)  oder  superiores,  aber  nicht  ultimi,  was  z.  B.  richtig  wäre 
von  den  letzten  zehn  Jahren  des  dreissigjährigen  Krieges.  Vgl.  Scliori 
Phras.  p.  827. 

Ultio,  die  Rache,  kommt  Kl.  erst  seit  Livius  vor  (z.  B.  VII,  30, 14; 
XXXI,  24,  1);  Cicero  und  Caesar  brauchen  es  nicht,  sondern  be- 
schränken sich  auf  ulcisci,  vindicta,  poena  oder  im  Plur.  poenae,  wie 
denn  auch  Kl.  Poenae  —  die  Rachegeister  oder  Furien  hiessen.  — 
N.  L.  scheint  zu  sein:  ultionem  sumere  ab  aliquo,  Rache  nehmen  an 
Einem,  für  aliquem  ulcisci,  poenas  ab  aliquo  petere  oder  repetere  u.  &. 
Vgl.  Schori  Phras.  p.  826. 

U/(ro  in  Verbindung  mit  citro;  vgl.  unter  Citro. 

Ultroneus,  freiwillig,  steht  N.  Kl.  nur  bei  Seneca  (Qu.  N.  li,  59): 
jussi  an  ullronei,  für  uliro,  voluntarius,  sponte;  sonst  ist  es  nur  Sp.  L. 

Ulysses  ist  zwar  zweifelhafte,  aber  jetzt  sehr  gebräuchliche  Form 
für  Ulixes,  welche  allein  sicher  beglaubigt  ist. 

Umbilicus  wird  in  der  bildlichen  Bedeut.  Mitte,  Mittelpunkt  nie 
anders  als  bei  örtlichen,  geographischen  Angaben  gebraucht,  z.  B. 
Delphi,  umbilicus  Graeciae.  Lächerlich  ist  es,  zu  sagen:  invasit  in 
umbilicum  hostium,  für  in  medios  hostes. 

Umber  ist  als  Subst.,  der  Umbrer,  richtig,  aber  als  Adject.  P.  L., 
für  Umbricus. 

Umbracufum  (und  im  Plur.  umcracuta)  bedeutet  zwar  bildlich  auch 
bei  Cicero  die  Schulen  (vgl.  Cic.  Leg.  111,  6,  14  und  Brut.  9,  37),  aber 
immer  nur  im  Gegensatze  zu  sol,  also  von  der  Oeffentlichkeit;  daher 
ist  umbraculum  ohne  eine  solche  Vergleichung  nicht  geradezu  für 
schola,  scholae,  ludus  litterarius  zu  brauchen. 

Umbraticus,  im  Schatten  befindlich,  sich  im  Seh.  aufhaltend,  zu- 
rückgezogen, vo?n  grossen,  öffentlichen  Leben  e?itfernt,  ist  N'.  KL,  für 


785 

umbratilis,  was  Cicero  in  denselhen  Bedeut.  braucht,  entgegengesetzt 
dem  forensis ;  und  so  ist  vita  umbratilis  oft  nur  das  stille,  häusliche, 
geräuschlose  Lebern.  Vgl.  Cic.  de  Orat.  I,  34,  157;  19,  64  und  Klotz  zu 
Cic.  Tusc,  p.  211.  Obgleicli  Petron.  (c.  2)  oline  bösen  NebenbegrifF 
(welchen  keines  der  beiden  Wörter  hat)  einen  stillen,  zu  Hause  lehren- 
den Schulmeister  oder  Srhuliehrer  umbralicum  doctorem  nennt,  so 
brauchte  doch  Ruhnken  in  seiner  Rede  de  dociure  umbratico  — ■ 
diese  Benennung  in  bösem  Sinne,  von  einem  Schulpedanten,  was  Mahne 
(vgl.  Ruhnk.  üpusc.  I,  p.  114)  mit  Recht  tadelt,  da  jeder  Schullehrer, 
sei  er  nun  ein  gelehrter  oder  ungelehrter,  ein  geschickter  oder  unge- 
schickter, so  genannt  werden  kann.  Vgl.  auch  J.  Fr.  Gronov.  Lectt. 
Plautin.  p,  93,  welcher  aber  nicht  für  Ruhnken,  sondern  für  Mahne 
spricht. 

Una,  zugleich,  werde  nicht  zur  Verbindung  zweier  Praedicate 
eines  Gegenstandes  gebraucht;  dazu  dient  idem.  Vgl.  Simul. 

Unanimis,  einmülhig,  einträchtig,  i»t  P.  Form  für  unaTiimus,  was 
freilich  auch  nur  einmal  bei  Livius  (V'II,  21,  5),  sonst  nicht  in  Prosa 
vorkommt  und  ebenfalls  P.  L.  ist,  für  Concors,  consentiens.  Noch  selt- 
ner ist  das  Subst.  unanimitas,  wozu  man  nur  ein  A.  L.  Beispiel  und 
eins  aus  Livius  (XL,  S,  14)  anführt;  man  brauche  dafür  concordia,con- 
se?isus  voluntattim  oder  senieniiarum.  Sehr  Sp.  L.  ist  endlich  unani- 
■ndter,  für  uno  oder  omimim  consensu,  uno  ore,  uno  animo,  una  voce; 
auch  Concors,  concorditer,  co?tcordissitue.  —  Alle  jene  Wörter  sind  in 
guter  Prosa  nicht  anzuwenden. 

Uncinus, der  Haken,  die  Klammer, ist  Sp.  L.  Form  für  uncus,  was  denn 
auch  aliein  für  unser  Klammern  oA<£v  Pareuthesenzeichemw  brauchen 
ist;  im  N.  L.  dagegen  liest  man  oft:  uncinis  includere,  für  uncis  in- 
cludere.  Uebrigens  ist  ^nc\\^iicus  in  dieser  ßedeut,  ein  neues  Kunst- 
wort, und  man  kann  dafür  parenthesis  nola  oder  signum  brauchen. 

Unde,  woher,  woraus,  steht  nur  iu  localer  Beziehung,  wohl  nie  aber, 
um  streng  eine  Ursache  (weswegen)  anzugeben;  es  bedeutet  also  nicht 
um  der  Ursache  willen,  eleich  qua  re,  qua  de  re,  quocirca,  ideo  u.  dgl.; 
dennoch  wird  es  im  N.  L.  fälschlich  so  gebraucht.  Vgl.  Reisig's 
Vorles.  p.  468. 

Uiidequaque  oder  undiquaque,  von  allen  Orten  her,  ist  N.  L.,  für 
undique. 

Unguiculus.  Die  Redensart  a  letieris  unguiculis,  in  der  Bedeutung 
von  Kindesbeinen  an,  von  der  frühen  Kindheit  an,  kann  als  griechisches 
Sprichwort  nicht  ohne  den  Zusatz  ut  Graeci  dicunt  (Cic.  Farn.  I,  6) 
oder  ut  in  Graecorum  proverhio  est  von  uns  gebraucht  werden,  mag 
dies  auch  Muret.  vielleicht  nicht  beachtet  haben.  Vgl.  Klotz  Sinte- 
nis  p.  136. 

U?iice,  einzig,  als  ZahlbegrifF,  in  der  Bedeut.  allein,  nur,  ist  wohl 
ohne  Auctorität:  es  bedeutet  nur  vorzüglich,  besonders  n.  dgl.  Richtig 
ist:  unice  amare,  dil.'gere,  laudare,  C07?imendare,  einzig,  d,  h.  vorzüg- 
lich lieben,  hochachten,  loben,  empfehlen;  aber  falsch  ist:  hoc  unice 
verum  est,  für  hoc  unum  verum  est;  haue  lectionem  unice  (für  unus) 
recepit  Muretus;  Caesar  consiliura  suum  cum  Curione  unice  commu- 
nicavit,  für  cum  uno  oder  solo  Curione;  unice  tantum  verborum  ratio 
habebatur,  nur  allein  auf  Worte  wurde  Rücksicht  genommen,  wie 
Mahne  (Crito  p.  257)  sagt,  für  verborum.  tantum  ratio  hab.  Vgl.  Diet- 

50 


786 

rieh's  Sinteni«    p.  17.   —  Im  N.  L.  findet  man  es  liänfig  so  falsch 
gebranclit. 

Umctts  mit  einem  ZahlbegrifFe,  in  der  Bedeut.  ein,  einzig,  kann 
nicht  bezweifelt  werden;  doch  war  sein  Gebrauch  in  gnter  Prosa  be- 
schräiiitt  auf  die  Verbindung  mit  fi/ius,  filia  und  maritus  (vgl.  Cic. 
Rose.  Am.  14,  41.  Verr.  I,  41,  104.  Farn.  IX,  20,  3.  Rep.  111,  10  u.  a.). 
Etwas  weiter  ausgedehnt  war  der  Gebrauch  vielleicht  bei  Dichtern; 
sonst  bedeutete  es,  wie  das  Adv.  unice  (unser  einzig)  —  vorzüglich, 
ausserordentlich.  ■ —  Wo  aber  eirizig  nur  für  allein.  Einer,  blos  steht, 
da  brauche  man  nicht  unicus,  sondern  unus  oder  solus ;  z.  B.  dieser 
ei?izige  Umstand  tröstet  mich,  haec  una  res,  \\\c\\t  unica;  dieses  Einzige 
hätte  ihfi  abhalten  sollen,  hoc  unum  — ;  er  war  der  Einzige,  welcher 
es  wagte,  iste  unns  ausus  est;  es  kam  kein  Einziger, nemo  unus\^\ni; 
ihrn  steht  keine  einzige  Sache  im  Wege,  nulla  res  una  — ;  irgend  ein 
Einziger,  unus  aliquis  oder  aliquis  unus  —  und  mehr  dgl.  —  FJinzig 
in  seijier  Art  heisst  meistens  singularis. 

Uniformis,  einförmig,  kommt  (ausser  in  Tacit.  Dial.  32)  nur  Sp.  L. 
vor,  für  Simplex,  unius  formae ; —  ebenso  uniformitas ,  die  Einförmig- 
keit, für  simplicitas. 

Unigenus,  von  einem  Geschlechte,  als  Adj.,  kommt  nirgends  vor, 
für  unius  generis.  Nur  das  Subst.  unigejia  (gebildet  wie  indigena, 
Trojugena),  in  der  Bedeut.  einzig,  ein-  und  allein  geboren,  braucht 
Cicero  (im  Timaeus)  von  der  Welt;  sonst  ist  es  nur  P.  L.  und  kaum 
nachzubraucheu.  —  Ganz  Sp.  L.  ist  unigenitus,  eingeboren,  einzig,  für 
unicus;  als  altes  heiliges  Beiwort  Christi  mögen  es  die  Theologen 
beibehalten. 

U/ilmodus,  von  einer  Art,  einfach,  ist  Sp.  L.,  für  unius  modi  (Cic. 
Att.  IX,  7,5). 

Unio  als  Masc,  bedeutet  im  bessern  Latein  die  Perle;  aber  als 
Femin.  ist  es  Sp.  L.  in  der  Bedeutung  Einheit  und  Vereinigung,  für 
unitas;  conciliatio,  conspiratio,  co7}SOciatio,  concordia  u.  a. 

Universatis,  allgemein,  findet  sich  erst  A'^  Kl.  bei  Quintilian.  und 
dem  Jüngern  Plinius  neben  nniversus  und  generalis;  es  ist  rbetorisches 
Kunstwort,  welches  jener  dem  Subst.  praeceptum  beilegt,  also  eine 
allgemeine  Vorschrift,  und  dem  Subst.  qtiaestio,  eine  allgemeitie  Frage. 
Man  vermeide  es.  —  Nirgends  findet  sich  bei  einem  guten  Lateiner 
heres  universalis,  ein  Universalerbe,  wie  man  heutzutage  sagt.  Vgl. 
Heres.  —  Sp.  L.  sind  universaliter  und  universatim,  im  Ganzen,  ganz^ 
für  generatini,  universe,  communiter,  in  Universum.  Vgl.  Generaliter. 
—  A.  u.  Sp.  L.  ist  auch  universim.  —  Unser  Kunstwort  Universal- 
mittel, nemlich  ein  ärztliches,  drückt  Cic.  (Verr.  111,  G5)  durch  das 
griechische  Wort  panchrestum  aus  —  med.icamentum  panchrestnm ; 
doch  nennt  er  so  nur  scherzhaft  das  Geld.  Daher  möchten  wohl  Ufii- 
versalpillen  auch  pillulae  panchrestae  genannt  werden  können. 

Universitas  ist  Kl.  und  gut  in  der  Bedeutung  die  Gesammtheit,  das 
Ganze,  der  Gesammtumfang ;  es  wird  bei  Cicero  mit  dem  Genit.  rerum 
verbunden,  in  der  Bedeut.  Weltall.  Neu  aber  ist  es  in  der  Bedeutung 
Universität ;  solche  waren  den  Alten  (in  unserm  Sinne)  ganz  unbe- 
kannt, denn  die  Benennungen  Academia  (vgl.  dieses  Wort)  und  Ly- 
ceum  deuteten  nur  etwas  Aehnliches  an ;  sie  können  also  für  Anderes, 
was  ihnen  ühnlicher  ist,  angewandt  werden.  Andere  übersetzen  Uui- 


787 

versität.  zu  uiibeslimmt  tind  allgemein  dnrcli  sedes  litternrum,  denn  so 
kann  jede  Gelelirteiischule  genannt  werden.  In  Italien  und  anderwärts 
nannte  man  sie  im  sechszehnten  Jahrhundert  sttidia  generalia,  auch 
wohl  oline  das  Ädject.,  blos  sti/din,  z.  B.  Studium  Bononiense,  Pata- 
vinum,  Ticinense  \i.  dgl.,  die  Universität  zu  Bologna,  Padua  und  Pavia; 
doch  ist  dies  schwerlich  heutzutage  verständlich,  und  wenigstens  eben 
so  neu  wie  unii^ersitas  mit  und  ohne  den  Zusatz  litteranim  oder  lil- 
teraria  (wie  bei  Ernesti  Opusc.  orat.  p.  3);  dennoch  nennt  F.  A.  Wolf 
die  holländischen  Universitäten  unbedenklich  universitates  Batavas. 
Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  85. 

Universus  ist  das  beste  Wort  für  unser  allgemein,  Aera  Besondern 
(proprium)  entgegengesetzt.  Als  Adv.  brauche  man  universe  (nicht 
vniversim,  was  Sp.  L.  ist)  oder  (was  Livius  braucht)  in  Universum, 
im  Allgemeinen.  xAls  Zusatz  zu  einem  Subst.  passt  aber  weder  nyii- 
verse,  noch  in  Universum,  sondern  nur  das  Ädject.  universus,  ver- 
bunden mit  dem  Subst.;  z.  B.  die  Gewalt  des  Redners  im  Allgemeinen 
und  Besondern,  universa  et  propria  oratoris  vis  (Cic.  Orat.  I,  15,  64); 
von  der  Philosophie  im  Allgemeinen,  de  universa  philosophia  (Cic. 
Tusc.  III,  3,  6).  Wenn  Döring  (Comment.  p.  133)  das  deutsche  im 
Allgemeinen  von  der  wissenschaftliche?i  Cultur  durch  in  Universum 
de  litterarum  cultu  ausdrückte,  so  sagt  Wüstemann  dafür  viel  besser 
de  universo  litterarum  cultu.  Auch  sind  generatim,  omnino  und  com- 
tminiter  als  gleichbedeutende  Adverbien  zu  brauchen.  Vgl.  darüber 
Heusing,  zu  Cic.  OfF.  II,  10,  6.  Stürerab.  zu  Cic.  Arch.  p.  190.  Kühner 
und  Klotz  zu  Cic.  Tusc.  III,  3,  6. 

Unoculus,  einäugig,  ist  A.  L.  und  selten  für  luscus. 

Unus,  ein,  einer,  hat  als  Zahlbegriff  im  Gegensatze  zu  Mehrern, 
in  Verbindung  mit  einem  substantivischen  Worte,  z.  B.  einer  der 
Bürger,  einer  unter  oder  von  den  Bürgern,  nur  selten  in  Prosa 
(einigemal  bei  Livius  u.  A.)  den  Zusatz  im  Genit.  bei  sich;  also  nicht 
unus  civium,  sondern  gewöhnlich  unus  de  oder  ex  civibus.  Im  TV.  L. 
ist  der  Genit.  sehr  gebräuchlich.  Man  sage  lieber  unus  ex  militibus, 
e  discipulis,  e  magistris,  una  ex  urbibus,  e  deabus,  efe?ninis,  unum  ex 
oppidis  —  als  unus  militum,  discipulorum  n.  s.  w.  —  Wenn  aber  ?itius  — 
der  eine,  und  uni —  die  einen,  in  Beziehung  auf  alter  oder  alteri,  alius 
oder  alii,  bei  Abtheilungen,  bedeutet,  so  hat  es  wohl  nur  den  Genit, 
bei  sich;  und  so  sagt  Caes.  (B.  G.  I,  1):  Gallia  est  divisa  in  partes 
tres,  quarum  unam  (von  welchen  den  einen)  incolunt  ßelgae,  aliam 
Aquitani,  tertiam  — ,-  Cic.  (Flacc.  27)  :  Tria  Graecorum  genera  sunt, 
quorum  uni  (von  welchen  die  einen)  sunt  Athenienses  — .  N.  L.  ist 
unus  ex  utrisque  oder  ex  ambobus.  Einer  von  Beiden,  für  alter ut er ; 
Einen  von  uns  Beiden.,  alteruter  nostrum ;  Einer  von  diesen  beiden, 
alteruter  horum.  —  Einer  ist  besser,  als  der  Andere  heisst,  wenn  von 
Zweien  die  Rede  ist,  alter  altero  melior  est,  wenn  aber  von  Mehrern, 
alius  alio  melior  est ;  hier  wird  nicht  unus  gebraucht.  —  Eins  nach 
dem  Andern  heisst  entweder  aliud  post  aliud  oder  alterum  post  al- 
terum  —  und  so  in  ähnlichen  Ausdrücken.  Jedoch  sagt  Cicero  gern  in 
demselben  Sinne  primus  quisque, prima  quaeque,  primum  quidque,  und 
bei  folgendem  Subst.  primum  quodque ;  z.  B.  wir  wollen  Eins  nach  dem 
Andern  betrachten,  primum  quidque  consideremus;  ein  Thier  nach 
dem  andern,  primum  quodque  animal  —  und    so  in  ähnlichen  Aus- 

50* 


788 

driicken,  wenn  von  einer  geregehen,  naturgemässen  Reihenfolge  die 
Rede  ist,  während  hei  einem  zufälligen  auf  einander  —  alias  post  alium 
richtig  ist.  Vgl.  Inv.  I,  §.  33.  Fani.  XII,  1.  N.  D.  I,  §.  77  und  andere 
Stellen,  welche  Madvig  (zu  Cic.  Fin.  II,  32,  105)  anführt.  —  Wo  wir 
sagen :  jetzt  das  Eirie,  was  noch  übrig  ist,  sagt  man  jain  quod  unuin 
reliquum  est,  nicht  jom  unum,  quod  reliquum  est.  —  Wenn  Einer  dem 
Sinne  des  Satzes  nach  distributiv  zu  denken  ist,  z.  B.  Einer  aus  jeder 
Klasse,  aus  jedem  Heere  u.  dgl.,  so  sagt  man  singuli  ex  singulis  clas- 
sibus,  ex  singulis  exerciiibus,  nicht  unus  ex  quaque  classe,  ex  quoque 
exercitu.  Vgl.  Cic.  Rep.  II,  9.  —  Einer  in  dem  Sinne  von  irgend  Einer 
heisst  aliquis,  nicht  unus,  und  irgend  Einer  mit  Hervorhebung  der 
Zahl  der  Eiyiheit  —  unus  aliquis  (  Cic.  Off.  II,  12,  41  )  oder  aliquis 
unus  (Rep.  1,32).  —  Dagegen  bleibt  ein  (unus)  uniibersetzt  in  Re- 
densarten, wie:  ein  Jahr  vorher  (nachher ),  anno  ante  (post)  (Cic. 
Cluent.  49,  137);  selten  sagte  man  uno  anno  ante  (post);  vor  einem 
Jahre,  ante  annum,  nicht  atite   unum  annum   (Plin.  Ep.  VIII,  23,  7). 

—  Lieber  uno  verbo,  mit  einem  Worte,  vgl,  Verbum.  —  Endlich  fügt 
auch  der  Lateiner  selten  zu  unus  noch  tantum  hinzu,  ähnlich  dem 
deutschen  //?/;•  Einer,  indem  mehr  solus  zu  unus  als  Verstärkung  hin- 
zutritt. Vgl.  Matthiae  zu  Cic.  Sest.  19,  43  u.  61.  Wir  sagen  z.  B.  mir 
das  Eine  wage  ich  zu  schreiben,  im  Latein,  aber  blos  unum  illud  audeo 
scribere;  nur  der  eine  Trost,  unum  illud  solatium;  nur  eifi  Mittel,  una 
ratio  (Cic.  Farn.  VI,  21,  1);  wenn  er  auch  nur  einen  griechischen 
Buchstaben  gekannt  hätte,  ^\  unam  litteram  graecam  scisset;  Nichts 
als  nur  das  Eine,  nihil  praeter  unum  (Cic.  Sest.  13.  8)  und  so  ähn- 
liche. —  Auch  hier  weicht  Livius  einigemal  ab,  z.  B.  XXXIV,  9,  5  una 
tantum  porta. 

Unusquisque,  jeder,  bezieht  eich  nie  auf  zivei,  sondern  nur  auf 
mehrere  Personen;  daher  \\e\s^i  jeder  vofi  beiden,  d.  h.  beide,  uterque ; 
z.  B.  er  lohte  jeden  (von  zweien),  utrufuque  laudavit,  aber  \on  mehrern 

—  unumquemque  laudavit. 

Urbs,  die  Stadt.  Zur  Bezeichnung  einer  Stadt  dient  entweder  der 
Narne  derselben  allein,  ohne  urbs,  oder  er  tritt  in  gleichem  Casus  zu 
urbs  hiuzu;  aber  der  Name  wird  weder  im  Genit.,  noch  als  Adject. 
zu  urbs  gesetzt;  z.  B.  die  Stadt  Sijracus  entweder  urbs  Syracusae  oder 
blos  Syracusae,  nicht  ?irbs  Syracusarum,  noch  auch  urbs  Syracusana, 
was  man  im  Ä^.  L.  nicht  selten  findet.  Der  Genit.  ist  nur  P.  L.,  z.  B. 
bei  Virgil.  urbs  Patavii,  oder  er  wird  gesetzt,  wenn  die  Stadt  von 
ihrem  Gebiete  (ager  urbis)  abgesondert  gedacht  werden  soll,  wie  bei 
Cic.  Att.  V,  18,  1  Cassius  i?i  oppido  A7äiochiae  cum  omni  e.xercitu  — , 
wo  oppidum  Antiochiae  dem  Gebiete  der  Stadt  entgegensteht.  —  Das 
Adject.  findet  sich  nur  bei  Rom  —  urbs  Romana,  für  urbs  Roma,  in- 
dem sie  als  Hauptstadt  des  römischen  Reiches  vorzugsweise  die  rö- 
mische Stadt,  d.  h.  die  Stadt  der  Bürger  Rom's  genannt  werden  konnte; 
nirgends  aber  findet  sich  urbs  Athe?iiensis,  Corinthia,  Thebana,  Ca- 
puana,  Byzantina  u.  dgl.,  für  Athenae,  Coriitthus,  Thebae,  Capua, 
Byzaniium.  Man  sage  also  nicht,  wie  es  im  TV.  L.  geschieht,  urbs 
Berolinensis,  Francofurtana,  Lipsiana,  Vindobonensis  u.  dgl.,  sondern 
Berolinum,  Francqfurtum,  Lipsia,  Vindobona.  Vgl.Weber's  Üebungssch. 
p.  255.  —  Man  hüte  sich  aber  auch,  eine  Stadt  zu  personificiren  und 
sie  als  thätig  und  schafTend  darzustellen;  für  urbs  (Stadt)  muss  viel- 


789 

mehr  civitas,  ci'ves  (die  Bürgerschaft)  oder  incolae  (die  Einwohner) 
stehen.  Man  sa^e  also  nicht  nach  dem  Deutschen  :  zum  A71  denken  dieser 
That  feierte  die  Stadt  ein  Fest,  in  hiijzis  rei  niemorimn  urbs  dient  festiiin 
e^it,  sondern  civitas  oder  cives ;  Muret  hielt  im  Auftrage  der  Stadt 
Rom  eine  Rede,  nicltt  mandatu  oder  j?/ssn  iirbis  Romae,  sondern,  wie 
er  seihst  nach  alter  feierlicher  Art  richtig  gesagt  hat,  jussu  Senatus 
populique  Romani;  weniger  feierlich  hätte  er  dafür  jtissu  civium  Ro- 
manorum sagen  können. 

Urgere,  drücken,  drängen.  —  N.  L.  ist  die  Redensart  verhuni  ali- 
quod  urgere,  in  der  ßedeut.  auf  ein  Wort  den  Nachdruck  legen,  in  ei- 
nem Worte  etwas  Bedeutsames  suche7i;  dies  oder  Aehnliches  wurde 
nie  durch  urgere  ausgedrückt,  mehr  durch  premere.  Gut  (aber  in 
einem  andern  Sinne)  ist  aliquem  verbo  urgere.  Einem  mit  Worten  stark 
zusetzen,  wofür  auch  (weniger  stark)  verbo  premere  gesagt  wurde. 

Usitare,  gebrauchen,  kommt  nirgends  in  acticer  Form  vor,  son- 
dern nur  in  passiver ;  als  Deponens  ist  es  nur  Sp.  L.  und  findet  sich 
nur  bei  Gellius,  aber  auch  nur  im  Perfect.,  usitati  sunt,  für  usi  sunt, 
sie  haben  gebraucht.  Es  ist  von  diesem  Verb,  nur  usitatus  üblich,  als 
Adject.,  in  passiver  Bedeutung,  gebraucht,  gebräuchlich,  gewöhnlich; 
dies  ist  Kl.  und  gut,  aber  weiter  kann  das  Verbura  nicht  angewandt 
werden,  nicht  einmal  in  passivem  Sinne,  wie  es  der  jüngere  Burmann 
(z. Propert.  Eleg.  p.  252)  braucht,  indem  er  sagt:  quod  verbum  a  Cali- 
gulae  imperio  coepit  usitari. 

Uspiam  und  usquam,  irgendwo,  an  eiyiem  Orte;  jenes  wird  mei- 
stens in  bejahejide7i,  dieses  in  verneinenden  Sätzen  gehraucht,  v/iewohl 
auch  das  erste  in  verneinenden  Sätzen  einigemal  vorkommt,  wo  es  je- 
doch als  richtig  von  Einigen  bezweifelt  wird.  Vgl.  Änmerk.  zuMureti 
Oper.  T.  I,  p.  255  und  GraufFzu  Bunell.  Epist.  p.  703. 

Usque,  bis,  als  Praepos.  mit  dem  Accus.,  ist  nur  selten  und  mehr 
N.  AI.,  für  usque  ad;  z.  B.  bis  ans  Capitol,  usque  ad  Capitoliu?n;  bis 
an  den  Ocean,  usque  ad  Oceanum ;  bis  nach  yiegypten,  usque  ad 
^egyptum,  —  nicht  ohne  ad.  Bei  Städtenamen  sagt  man  aber  usque 
ad,  wenn  bis  so  viel  ist  als  bis  in  die  Gegend,  bis  in  die  Nähe  dar 
Stadt,  z.  B.  usque  ad  Nuinantiam  (Cic.  Dejot.  5),  usque  ad  Iconiuin 
(Farn.  111,  8,  4),  dagegen  ohne  ad  in  der  Bedeut.  bis  fuich,  z.  B.  7/sque 
Romam,  bis  7iach  Ro/n  u.  a.  Vgl.  Reisig's  Vorles,  p.  216.  —  Bis  jetzt, 
bis  auf  den  heutige/i  Tag  heisst  usque  adhuc  (Cic.  Rep.  II,  20),  usque 
ad  hunc  die7n,  sehr  Sp.  L.  usque  ad  niuic,  I).  L.  usque  nunc  und  usque 
huc,  was  Muret.  braucht.  Vgl.  Anmerk.  z.  Mureti  Oper,  T.  II,  p.  80. 
127  u.  207.  —  Auch  findet  sich  nirgends  usque  huc  vom  Orte,  bis 
hierher,  wiewohl  illuc  usque,  bis  dorthin,  vorkommt.  Vgl.  Morhof  de 
pura  dict.  p.  235.  —  Selten  und  vielleicht  nur  bei  Martial.  kommt 
usque  et  usque,  im77ier  und  immer,  vor,  was  Muret.  einigemal  braucht. 

—  P.  u.  Sp.  L.  ist  in,  tra7is  oder  ad  7isque  mit  einem  Accusat.,  z,  B. 
in  (ad)  ttsque  coelum,  für  in  oder  ad  coelu77i  tisque ;  ebenso  sagt  man 
nicht  trans  ttsque  Alpes,  sondern  tra/is  Alpes  usque  (Cic.  Quinct.  3). 

—  Bis  auf  Ei7ien,  \n  der  Bedeut.  Einen  ausge7iommen,  heisst  nicht 
usq?ie  ad  unu7n,  sondern  praeter  U7ium.  Etwas  Anderes  ist  om7ies  ad 
tmuni,  was  Alle  zusamme7i.  Alle  mit  einander.  Keinen  ausgeno7n77ien 
bedeutet.  Vgl.  noch  über  usque  Weber's  Uebungssch.  p.  11. 


790 

Usfialis,  gehräuchUch,  gewöhnlich,  übHch,  ist  ganz  Sp  X.,  fiir  ;/»i"- 
tatus,  nsu  receptus  ii.  a. 

Ustirpare  ist  in  der  Bedeiit.  gebrauchen,  benutzen,  anwenden  Kl. 
und  gleichbedeutend  mit  uü,  ohne  gehässigen  IN'ebenbegrifF.  Dies 
wird  mit  Unrecht  von  Einigen  bestritten;  aber  selbst  vocem,  vocabn- 
Ivni  Hsurpnre  ist  nicht  anstössig,  obgleich  man  freilich  besser  dafür  sagt 
uti  voce,  vocabulo.  —  N.  hl.  aber  ist  es  in  der  Öedeut.  sich  anmassen, 
wicieriechtlich  gebrauchen,  fiir  sibi  arrogare,  sibi  vindicare,  nbuti;  so 
brauchen  es  Sueton.,  Tacitus  u.  A,  —  Auch  das  Subst.  usurpatio  bedeutet 
KL  nur  Benutzung,  Atiwendung,  N.  KL  widerrechtliche  Anmassung. 
Nirgends  aber  steht  es  in  dem  Sinne  von  Bedeutung  (eines  Wortes), 
wie  es  Muret.  (V.  L.  XI,  5)  braucht,  fiir  significatio.  —  Die  Subst. 
Usurpator  und  usurpalrix  sind  erst  ganz  Sp.  L.,  und  zwar  mit  geliäs- 
sigem  Sinne,  der,  welcher  sich  widerrechtlich  Etwas  atitnasst ;  sie  sind 
durchaus  zu  verwerfen  und  durch  qui,  quae  sibi  arrogat,  vindicat  zu 
ersetzen.  —  A.  L.  ist  usurpare  aliquetn  oculis,  Einen  sehen,  was  wir 
in  guter,  edler  Prosa  schwerlich  nachbrauchen  dürfen. 

Usus,  der  Gebrauch  u.  a.  —  N.  Z.,a!)er  ganz  alltäglich  ist  usus  lin- 
guaein  der  Bed.  Sprachgebrauch ;  doch  kommt  es  so  nirgends  bei  einem 
guten  Lateiner  vor,  für  co7isuetudo  sermonis  (Cic.  Tusc.  111,5, 11),  con- 
suetJido  loquendi  (ib.  111,7, 14.  Orat.  111,  11,  42.  Varro  L.  L.  IX  [VllI], 
11,  17.  p.  202  ed.  Müll.);  unser  Sprachgebrauch,  sennonis  noslri con- 
suetudo  (Cic.  Orat.  II,  4, 17);  der  alltägliche  Sprachgebrauch,  usus  quo- 
tidiani  sennonis  (ib.  111,  3S,  153);  der  allgemeine  lateinische  Sprach- 
gebrauch, mos  omnium  latine  loqueutinm  (Fin.  II,  4).  Vielleicht  sagte 
man  auch  nicht  usus  loquendi,  was  wenigstens  bei  Cic.  (Orat.  48, 160) 
nur  den  Gebrauch,  Wörter  auszusprechen  bedeutet.  —  Streifig  ist,  ob 
usu  venire  oder  usu  evenire,  in  der  ßedeut.  geschehen,  begegnen,  wider- 
fuhren, richtiger  sei;  da  aber  für  das  erste  alle  hessern  Handschriften 
sprechen,  so  wird  es  jetzt  vorgezogen.  Vgl.  Orelli  zu  Cic.  Tusc.  p.355. 
Klotz  Sintenis  p.  100  und  Dietrich's  Sintenis  p.  45.  Das  andere,  usu 
evejiire,  zieht  Lindemann  vor  in  seinem  Progr.  de  formulis  usu  venire 
et  usu  evenire  (auch  im  N,  Archiv.  Jahrg.  I,  p.  135). 

Ut  steht  in  der  Bedeut.  wie  nicht  in  einem  directen  Fragesatze; 
ivie  geht  es  dir?  heisst  also  nicht  ut  agis?  sondern  qiiid  agis?  —  Ut 
ist  falsch  nach  tarn,  so,  so  sehr,  in  der  ßedeut.  wie,  d.  h.  als,  für  quam; 
z.  B.  das  Ueberflüssige  zu  hören  schadet  nicht  so,  wie  das  Nöthige 
nicht  zu  wissen,  —  no7i  tum  obest,  quam  (nicht  ut)  ignorare  neces- 
saria.  —  Falsch  ist  ut  et,  ut  etiam,  wie  auch,  ferner  auch^  zur  Verbin- 
dung zweier  Wörter  (nicht  zweier  Sätze),  für  item,  itemque,  et  oder 
atque  item,  nee  minus;  z.  B.  die  Finsternisse  der  Somie,  wie  auch  des 
Mondes  heisst  nicht:  defectiones  solis,  ut  et  lunae,  sondern  itemque 
lunae.  Eben  so  wenig  sagt  man  ut  nee,  ut  neque,  wie  auch  nicht,  wie 
Burmann  (zu  Petron.  p.  407)  sagt:  Hoc  epigramma,  ut  nee  sequentia 
huc  non  pertinere  certus  siim,  für  non  magis  quam  sequentia  oder 
tarn  hoc  epigr.  quam  sequentia.  Auch  können  die  mit  item  synonymen 
Ausdrücke  perinde  ac,  aeque  ac,  pariter  ac  für  ut  et  angewandt  wer- 
den. Vgl.  Webers  Uebungssch.  p.  217.  —  In  der  Redensart  je  mehr 
Einer  -  desto  —  wird  KL  entweder  quo,  quis  -  eo  mit  Comparativen., 
oder  ut  quisque  -  ita  mit  Superlativen  gebraucht,  nur  selten  und  we- 
niger gut  das  letztere  mit  Comparativen,  wie  es  N.  Kl.  bisweilen  vor- 


791 

kninint.  So  sa§:t  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  176):  tit  quaeque  res  plura  et 
ceitiora  illius  vestigia  retiiieret, /Va  esse  eam  jjerJectiore?n,  iür  ut  qitae- 
qiie  res  plurima  et  certissima  illius  vestigia  retineret,  ita  esse  enmper- 
fectissiniam ;  und  Eriiesti  vereinigt  gar  beide,  indem  er  (Epist.  ad 
Stiglit.  p.  180  ed.  Matthiae  in  Eloquent.  lat.  exemplis)  sagt:  quo  quis- 
que  hiimiliori  loco  natus  est,  ita  htimilius  de  Consule  Cicerone  sentit 
(für  ut  qnisque  hiimillimo  loco  natus  est,  ita  humillime  de  — ),  was  Mat- 
thiae als  unklassisch  verwirft.  —  Das  doppelte  iitut,  in  der  Bedeut. 
wie  auch  immer,  scheint  nur  A.  L.  zu  sein;  es  kommt  einigemal  bei 
den  Komikern  vor,  aber  in  einem  unabhängigen  Satze  nur  mit  dem 
Indicat.,  nicht  mit  dem  Coujunct.,  den  man  im  N.  L.  findet,  selbst  bei 
Muret.,  welcher  utut  sit  (für  ututest)  geschrieben  hat.  Vgl.  Vavassor. 
Antib.  p.  6j3  u.  Fäsi  zuMureti  Var.  Lectt.  T.  II,  p.  297.  —  Aus  Cicero 
wurde  sonst  angeführt  Fam.  XVI,  18.  aber  dort  steht  jetzt  blos  ut 
est,  nicht  mehr  utut  est.  Ganz  zweifelhaft  ist  in  der  Stelle  ad  Att.  XV, 
25  utut  sit,  zu  welcher  Orelli  zu  vergleichen  ist.  Man  brauche  dafür 
utcutnque.  —  Verwechselt  werden  oft  ul  non  und  ne;  vgl.  die  Gram- 
matiken. Falsch  ist  z.  B.  ut  non  longius  discedam,  um  nicht  weiter  ab- 
zuschweifen, für  ne  longius  disced.,  und  was  Wolf  (Analect.  I,  p.  490) 
anführt:  Tandem  (für  denique)  mihi  precandi  (für  rogandi)  sunt  le- 
ctores,  ut  variis  defectibus  libri  aequi  bonique  consulere  non  de- 
dignentur,  für  ne  dedignentur.  —  Damit  desto  heisst  nicht  ut  eo,  son- 
dern quo;  z.  B.  damit  du  desto  leichter  Rath  geben  könnest,  quo  facilins 
consilium  dare  possis,  nicht  ut  eo  facilius  — .  Wenn  wie  so  viel  ist,  »Is 
von  welcher  Art,  und  wenn  es  also  eine  Eigenschaft  eines  substanti- 
vischen Wortes  enthält,  so  ist  es  besser  durch  q?ialis,  als  durch  ut 
zu  übersetzen;  z.  B.  wie  hast  du  ihn  kennen  gelernt?  qualem  eum  co- 
gnovisti?  nicht  ut.  —  In  der  Redensart  wie  Keiner  grösser  (u.  dgl.) 
sein  kann  und  ähnlichen,  als  Zusätzen  zu  näherer  Bestimmung  eines 
vorausgehenden  so  (sie,  tarn),  sagt  der  Lateiner  ut  qui  oder  quam  qui 
mit  einem  Superlat.;  z.  B.  te  sie  colara  —  tit  quem  diligentissime,  — 
wie  Keinen  mehr,  oder  als  ich  nur  Einen  ehre  (Clc.  Fam.  XllI,  62); 
tam  si/m  arnicus  rei  publicae,  quam  qui maxime,  —  wie  7mr  JEiner  oder 
wie  Keiner  mehr,  Keiner  in  höherm  Grade  (ib.  V,  2,  6)  ;  ego  sum  tam 
mitis,  quam  qui  lenissimus,  —  ?/'?e  Keiner  sanftmüthiger  sein  kann 
(Süll.  31,  87),  und  so  noch  oft  bei  Cicero,  z,  B.'Off.  III,  4.  Fam.  XIII, 
3;  vgl.  auch  oben  unter  Quam. 

Utcumque,  wie  auch  mir,  wie  auch  immer,  hat  in  unabhängiger 
Rede  den  Indicat.,  nicht  den  Conjunct.  bei  sich,  welchen  man  nicht 
selten  im  iV.  L.  findet;  Muret.  hat  sogar  einigemal  ohne  Ursache  ut- 
cumque sit,  wie  es  auch  nur  ist  oder  sein  mag,  geschrieben.  In  guter 
Prosa  bildet  es  mit  einem  Verb,  einen  eignen  Satz,  mit  welchem  ein 
anderer  in  Verbindung  steht.  Erst  N.  Kl.  bei  Tacifus  wird  es  als  ad- 
verbialer Zusatz  zu  einem  Adject.  oder  Verb,  gesetzt,  in  der  Bedeut. 
so  gut  es  geht,  so  gut  es  ging ;  und  so  braucht  es  auch  Mahne  gern, 
z.  B.  Crito  p.  25,  5  eum  —  utcunque  pertuli;  ib.  p.  257  tantum  ver- 
bornm  ratio  iitcunque  habebatur.  Vgl.  Bötticher  Lexic.  Tacit. 

Uter,  wer  von  Beiden?  —  Wo  nur  kurz  tver  oder  welcher  (nicht 
von  Mehrern,  sondern  nur  von  Zweien)  gesagt  wird,  brauche  man 
der  Kegel  gemäss  ^iter,  nicht  quis;  z.  B.  wer  oder  welcher  ist  besser? 
welcher  ist  schlechter?  uter  est  melior?  uter  deterior  ?  —  Wenn  in  dem- 


792 

selben  Satze  noch  der  Andere  steht,  so  heisst  dies  wieder  vier,  uicJit 
aller;  z.  B  welcher  von  Beiden  hat  dem  andern  nachgestelll?  uter 
utri{\nc\\\  «//er/'J  insidias  fecit?  (Cic.  Milo9.23).  Vgl.Caes.  B.G.  \,44. 
Liv.  XL,  55,  3.  Horat.  Epist.  II,  1,  55.  —  Daher  sagt  Muret.  in  einem 
Briefe  falsch:  uter  o/feri  pratstet,  wer  V07i  Beide?/  den  Ander//  über- 
träfe, für  fiter  uiri  praestet.  —  Nur  P.  L.  wird  dem  fragenden  nter 
noch  das  fragende  ne  angellängt,  vas  in  Prosa  nie  vorkommt,  ansser 
bei  der  Fragpartikel  utrm/i.  —  Ohne  alle  Auctorität  ist  //lerr/am? 
welcher  vo/i  Beide//  den?/?  als  stärker  fragend,  wie  quisnam,  für  q/iis; 
es  kann,  da  sich  kein  einziges  Beispiel  dafür  findet,  nicht  gebraucht 
werden. 

Uterque,  jeder  von  zweien,  beide,  und  der  Piur.  utriqne,  beide, 
werden  nach  dem  häufigem  Gebrauche  so  unterschieden,  dass  der 
Sing,  von  zirei  eiz/zel/ze/i  Gegenstände/i  gebraucht  wird;  z.  B.  beide 
Bedner  (Demosthenes  und  Cicero),  teterq/ie  orator ;  beide  Heere  (das 
römische  und  sabinische),  vterque  esercit/is,  —  der  Pl/ir.  aber  von 
zirei  Pa/'theien  oder  Ha//fen,  welche  beide  selbst  im  Plnr.  stehen; 
z.  B.  beide  (die  Stoiker  und  Epicuräer ,  die  Bömer  und  Sabi/ier,  die 
Bed//er  und  die  Dichter  n.  dgl.  melir),  ulriq//e.  —  Wenn  der  Sing. 
uterque,  sei  es  nun  allein,  oder  mit  einem  Subst.  verbunden  (z.  B. 
uterque  oralor,  beide  Bedner,  eigentlich  je(/e?"  von  de?/  zwei  Bedner?/), 
das  Suoject  im  Satze  ist,  so  richtet  sich  das  Verbum  A'l.  fast  nur  nach 
dem  AVorte  uterque,  und  stellt,  wie  dieses,  im  Sing.,  nicht  im  Plttr.;  — 
ist  uterque  mit  eiriem  Subst.  verbunden,  so  wird  /iterque  als  Collectiv. 
gedacht,  und  so  findet  es  sich  bei  den  Historikern,  wie  Caesar,  Livius 
u.  A.  der  Deutlichkeit  wegen  oft.  Man  sage  also  nicht:  vterque  nie 
a/naf/t,  Beide  lieben  ?/iich,  sondern  lieber  ?//e  ar/iat;  nicht  /iterque 
orator  pl/irirni/m  excellunt,  beide  Bed//er  zeich//e//  sich  a?n  meisten  a//s, 
sondern  pl/i/i//i//7/i  excellit ;  so  spricht  wenigstens  Cicero  fast  immer. 
Vgl.  Zurapt's  Gramm.  §.  69.  Nr.  1,  p.  269.  Kritz  zu  Sallust.  Catil.  6,2; 
49,  2  und  Reisigs  Vorles.  p.  324.  —  Cicero  weicht  von  dieser  natür- 
lichen und  logischen  Verbindung  des  Verbi  im  Sing,  mit  einem  Sin- 
gular-Subjecte  (ein  solches  ist  uterq/ic)  nur  in  Conjunctionsbeisätzen 
und  in  copulativen  Zusätzen  bisweilen  ab,  indem  er  z.  B.  (Fin.  I,5,]3) 
sagt:  quorum  i/tru//\qi/e  audivi,  cum  mihi  nihil  saue  praeter  seduiifatem 
probare?/t,  für  probaret,  mit  Bezug  auf  /itru/nque,  —  und  (ib.  11,  1): 
hie  cum  //lerque  me  int/ieret/ir,  worauf  er  fortfährt:  seseque  ad 
audiend//m  sigi/ificare?/t  paratos,  für  significaret  paratu/n ;  —  dieser 
IJebergang  vom  Si/ig.  zum  Plur.  ist  sehr  natürlich.  —  Mit  uterque 
(in  welchem  Casus  es  sei)  verbindet  sich  ein  S/ibstunt.,  Adject.  oder 
Participiw/i  nur  im  Singul.  in  gleichem  Casus,  nicht  im  Plur.;  z.  B. 
uterque  orator,  /itiiusq/je  oratoris  u.  s.  w.,  beide  Bed?/er,  beider  Bed- 
ner;  uterque  civis,  beide  Bürger;  uiraque  fe//ii//a,  beide  Weiber;  uter- 
que Über  compact//s,  beide  geb?/?ide//e  Bücher,  —  nicht,  wie  Mannt. 
(  Epist.  IV,  17)  sagt:  ntrui/ique  (librum)  satis  apie  co?//pactos  (für 
cofiipactum).  Wenn  aber  ein  Prono/ne?/  hinzutritt,  wie  wir,  ihr,  diese, 
jene,  welche,  so  wird  es  im  Ge?/it.  Plur.  beigefügt;  z.  B.  uterq//e  7/0- 
str/i?n,  wir  beide;  uterq/ie  vestr/im,  horu?n,  illoru/n,ihr,  diese,  jene  bei- 
den; quorum  uterque,  welche  beide, —  nicht  ego  oder  nos  uterq/te 
o<l('r  t/triqve  u.  s.  w.  Falsch  sagt  daher  Ingerslev  (z.  Homer.  II.  IV, 
375):  h/i/ic  utr/i/nque  Adrastus  generös  sibi  fecit,  iurhor/i/n  utru/nque 


793 

Adr.  generum  ßibi  fecit;  tnxl  H.  A.  Schott  (z.  Dionys.  Hai.  Ars  rlietor. 
p.  84):  qtii  ziterque  vult,  für  quorum  uterque. —  Dagegen  stellen  Sab- 
stantiveji  fast  nie  im  Gcnit.  dabei,  sondern,  wie  oben  erwälint.  in 
gleichem  Casus;  man  sagt  also  nicht  z.  IJ.  uterque  milititm,  beide  Sol- 
duien,  sondern  uterque  viiles ;  nicht  uterque  oratorum,  beide  Redner, 
sondern  uterque  orutor.  —  Selten  ist  (wie  Li\ius  XLll.  10,  11  sagt): 
patres  utrique  consulum  (für  consuli)  infensi.  —  Wenn  aber  uterque 
nostrum,  ivir  beide,  und  uterque  vestrum,  ihr  beide,  Subjecte  zu  Ver- 
ben sind,  80  folgt,  da  uterque  das  Hauptwort  ist,  Kl.  oder  in  der  bes- 
sern Prosa  das  Verbura  nur  in  der  dritten  Person  im  Sing.,  nicht  aber 
bei  dem  ersten  die  erste  Person  im  Plur.  und  bei  dem  zweiten  die 
zweite  Person  im  Plur.,  was  nur  P.  L.  und  N.  Kl.  ist;  Tacitus  z.  U. 
sagt  (A.  XIV,  54):  uterque  (nostrum)  irnplevimus,  was  im  N'.  L.  zu 
oft  nachgebraucht  worden  ist.  Man  sagt  Kl.  uterque  nostrum  audivit, 
implevit,  wir  beide  haben  gehört,  haben  erfüllt,  nicht  audivimus,  imple- 
vimus  ;  uterque  vestrum  consenlit,  probat,  ihr  beide  stimmet  ein,  billiget, 
nicht  consentitis,  probatis.  —  Wenn  daher  im  Satze  noch  ein  Pronomen 
seih  auf  das  Subject  znrückbezieht,  so  kann  es  nur  das  Reflexiv,  der 
dritten  Person  sein;  z.  B.  wir  beide  nahmen  diese  Vertheidigiuig  über 
uns,  uterque  nostrum  hanc  defensioneni  sibi  (nicht  nobis)  suscepit.  Vgl. 
Cic.  Snll.  4,  13.  —  Wenn  in  dem  Satze  ein  auf  die  beiden  bezügliches 
einander  vorkommt,  so  kann  allerdings  wieder  (wie  die  Lateiner  das 
Wort  in  andern  Fällen  zu  wiederholen  pflegen)  uterque  gesetzt  wer- 
den, z.  B.  bei  Caesar  (B.  G.  Vll,  35):  cum  uterque  utrique  esset  exer- 
citus  in  conspectu,  da  beide  Heere  einander  gegeni/ber  standen  :  Terent. 
(Phorra.  V,  3,  17):  quia  uterque  utrique  est  cordi;  Varro  (Fragm. 
p.  131  ed.  Durdr.):  uterqzie  (accusator  et  reus)  utrumque  vituperato; 

—  aber  auch  alter,  was  Cicero  und  Andere  fast  natürlicher  brauchen. 
Vgl.  Cic.  Tusc.  II,  5, 13  ita  est  utraque  res  sine  altera  debilis.  Off.  1,14 
quorum  uterque  suo  studio  delectatus  contempsit  alterum  (einander, 
Einer  den  Andern).  Quintil.  XI,  3,  168  cum  uterque  alteri  objiciatu.  a. 

—  Das  deutsche  der  Eine  oder  Beide  heisst  nicht  alter  aut  uterque, 
sondern  alter  ambove  (Cic.  Phil.  V,19), —  und  wenn  in  der  Apposition 
von  zwei  Personen  gesagt  wird  beide,  z.  B.  Censoren,  so  heisst  dies 
niclit  7tterque  censores,  sondern  duo  cetisores,  z.  B.  bei  Cic.  (Cluent. 
42, 120):  L.  Gellius  et  Cn.  Lentulus,  duo  censores. 

Was  aber  den  Plur.  utrique  betrifft,  welchen  wir  auch  durch 
beide  übersetzen,  so  steht  er  theils  bei  den  Subst.  Plural,  tantum,  z.B. 
utraeque  litter ae,  beide  Briefe;  utraque  castra,  beide  Lager;  utraeqne 
Thebae,  beide  Thebe?i,  —  theiis  wenn  von  zwei  Partheien,  zir ei  Hau- 
fen, zwei  Völkern  u.  dgl.,  welche  in  der  Mehrzahl  genannt  werden,  die 
Rede  ist.  Nur  selten  findet  es  sich  (aber  dennocli  sogar  einigemal  bei 
Cicero,  z.  B.  Ligar.  12,  26.  Verr.  IV,  14,  32),  dass  utrique  im  Plur, 
sich  auf  zwei  Kinzelne  bezieht;  jedenfalls  ist  dies  als  selten  und  unge- 
wöhnlich nicht  nachzuahmen.  Vgl.  auch  Zumpt  zu  Cic.  Verr.  III,  60, 
140.  Im  N.  L.  aber  findet  es  sich  so;  Benibus  sagt  z.  B.  (Epist.  p.  682): 
quoniam  utrique  senes  snmus,  für  quouium  uter(:ne  nostrum  senes  est, 
und  ib.  p.  485  qtii  7ws  utrosque  diligif,  für  qui  utrumque  7wstru?n  diligit ; 
IVluret.  (Expl.  Cic.  Catil.  I,  9):  quae  utraque  dogmata,  welche  beide 
Lehren,  für  quorum  dogmatum  zitrumque,  wie  Cic.  (Verr.  V,  22,  ö6) 
sagt:   quarum  civitatum  utraque  foederata  est,  ivelche  beide  Staaten 


794 

verbündet  sind.  —  Zn  dem  Phir.  ntrique  tritt  nie  ein  Genit.,  auch  ' 
nicht  der  der  Pronomina  hinzu,  und  daher  kann  wir,  ihr,  diese,  welche^ 
wenn  sie  mehr  als  zwei  Einzelne  enthalten,  nicht  durch  Genitiven  aus- 
gedrückt werden,  sondern  diese  Pronorairia  sind  in  gleichen  Casus  mit 
ntrique  zw  setzen;  also  nos,  vos,  hi,  Uli,  qiii  ntrique,  7vir,  ihr,  diese,  jene, 
welche  beide.  Vgl.  Cic.  Orat.  III,  26,  102.  Catil.  II,  9,  20  u.  a.  Zweifel- 
haft und  streitig  ist  die  Stelle  in  Cic.  Farn.  XI,  21,  5  ab  utrisqiie  ve~ 
strum,  verglichen  mit  Brut,  in  Cic.  Farn.  XI,  20,  3  ab  utrisque  nobis. 

Uli,  gebrauchen,  wurde  ^.  L.  mit  dem  Accus.,  aliquam  rem,  ver- 
bunden; diese  Verbindung  ist  aber  für  die  Ä7.  Prosa  veraltet,  und  es 
wurde  dafür  die  mit  dem  Abi.,  aliqua  re,  üblich,  —  FAnen  zu  Etums 
(um  Etums  auszuführen)  brauchen  heisst  uti  aliquo  adaliquid;  z.  B. 
eo  usus  est  non  ad  linguam  graecam,  sed  ad  ftrrta  et  flagitia  (Cic. 
Verr.  III,  37) ;  Einen  gebrauchen  als  Etwas,  was  er  sein  soll,  wird 
durch  Uli  mit  zwei  Ablativen  ausgedrückt;  z.  B.  me  formalore  morum, 
me  quasi  magistro  usus  est,  er  brauchte  (hatte)  mich  zum  Bildner  sei- 
ner Sitten  und  gleichsam  zum  Lehrer  (Plin.  Epist.  VIII,  23).  —  Weber 
bemerkt  noch  üher  das  Verb,  w^«  (Uebungssch.  p.  393),  meistens  nach 
Grysar,  auf  dessen  Theorie  (p.  390)  er  verweist:  In  uti  tritt  der 
Zweck  des  Genusses  hervor,  indem  frui  einer  Sache  /VoÄ  werden,  sie 
m.it  Lust  geniessen  bedeutet,  Haben  bedeutet  ?/// nur,  wo  der  Besitz 
einer  Sache  im  Gebrauche  derselben  (in  ihrer  Benutzung  zu  Etwas) 
besteht,  z.  B.  uti  ventis  adversis,  praeceptore,  honore  (Amt,  für  ma- 
gistratu) ;  aber  nicht  uti  nomine,  patre,  glorin.  Doch  sagt  man  paire 
diligenti  uti,  da  ein  zugefügtes  Adject.  die  Andeutung  des  praktischen 
Zweckverliältnisses  in  sich  begreift.  So  weit  Weiter.  —  Wenn  Corn. 
Nepos  von  Atticus  sagt:  patre  divite  usus  est,  so  erklärt  man  dies 
meistens  blos  durch:  er  hotte  einen  reichen  Vater,  Andere  aber  durch: 
er  benutzte  des  Vaters  Reichthum.  Vgl.  Schori  Phras.  p.  846, 

Utibilis,  nützlich,  brauchbar,  steht  nur  A.  L.  bei  Plautus  und 
Terenz,  und  ist  wohl  nur  ein  gemeines  Wort  (für  utilis),  welches 
höchstens  im  Spott  gebraucht  werden  kann,  wie  es  denn  auch  Wolf  im 
Vorworte  zu  seiner  Musterung  schlechten  Lateins  (Analect.  I,  p.  486) 
nach  einer  Stelle  des  Terenz  braucht,  indem  er  sagt:  Neque  7//«Ä?Ye 
est  et  invidiosum,  quodvis  uicus  tangere. 

Utinam,  o  ivenn  doch,  ist  mit  vorgesetztem  o  wohl  nur  P.  L.,  iri 
Prosa  findet  es  sich  vielleicht  nie. 

Utique,  was  AI.  durchaus,  allerdings,  schlechterdings,  gewiss, 
wenigstens  bedeutet,  brauche  man  nicht,  wie  es  im  N.  L.  geschieht, 
als  bejahende  Antwort  auf  eine  Frsige;  so  kommt  es  wenigstens  bei 
keinem  guten  Lateiner  vor.  Vgl.  Reisig's  Vorles.  p.  466. 

Utr?rni,  als  Fra-gpartikel,  steht  fast  nur  in  einer  Doppelfrage,  wie  es 
auch  der  Sinn  des  Wortes  verlangt;  aber  dennoch  wird  es  bisweilen 
theils  in  einer  einzelnen  Fi-age  gebraucht,  zu  welcher  man  die  zweite 
fehlende  verneinend  hinzudenken  muss,  theils  so,  dass  noch  zwei 
oder  drei  andere  nachfolgen.  Beides  werde  nicht  nachgeahmt,  da  dies 
nur  Nachlässigkeiten  im  Stil  sind.  Vgl.  Zumpt  zu  Cic.  Verr.  IV,  16,35. 
—  In  Fragen  steht  nimm  natürlich  nur  bei  der  ersten,  und  die  zweite 
folgt  mit  an  oder  ne;  aber  neu  und  unerhört  ist  es,  die  zweite  Frage 
mit  utrum  anzufangen,  wie  es  z.  B.  Herrn.  Hugo  (de  scribendi  orig. 
p.  336)  gethan  hat,  welcSier  schreibt:  Perinde  erat,  Augustus  (ob  Au- 


795 

gnstuS)  ipse  subscriberet,  utrum  (oder  ob)  iicpotes  ejus.  —  Nicht  sel- 
ten und  gut  ist  utrwnne ;  dieses  ange!iäiig-(e  ?ie  kann  aucli  in  die  Frage 
nach  dem  bedeutendsten  Worte  in  derselben  eingeschoben  wer<Ien. 
Vgl.  darüber  die  Grammatiken  und  Reisig's  Vorlesung,  p.  472.  —  Für 
utnimnain,  ob  de?in,  findet  sich  nur  eine  Stelle  bei  Livius  (XXXVII, 
17,  10),  und  zwar  in  einer  Einzelfrage;  doch  ist  diese  Stelle  nach  Aen 
Handschriften  noch  zweifelhaft.  Es  kann  also  nicht  nachgebraucht 
werden,  so  wenig  wie  uternam,tver  denn  von  beiden? —  was  ohne  alle 
Auctorität  ist. 

Uvidus,  feucht,  nass,  ist  fast  nur  P.  L.,  und  kommt  in  Prosa  einige- 
mal A"".  Kl.  vor,  für  humidus,  madidus,  modens. 

V.  V. 

Vacantia,  das  Frei-  oder  Leersein,  Müsse  haben,  die  Vacanz,  ist 
JV.  L.,  für  vacatio,  vacuitas;  bei  Schulen  und  Ujiiversitüten  — feriae 
litterarum,  cessatio  a  studiis ;  die  Rechtsferien,  nicht  vacantia  juris, 
sondern  Justitium.  —  Das  Leersein,  Leerstehen,  Unbesetztsein  eines 
^mtes  wird  nur  durch  vacare  umschrieben;  aber  das  Freisein  von 
einem  Amte,  der  Ruhestand  heisst  muneris  vacatio. 

Facare  hat  nach  der  verschiedenen  Casusverbindung  auch  ver- 
schiedene und  manchmal  entgegengesetze  Bedeutung.  Man  sagt  vacare 
aliqua  re,  seltner  ab  aliqua  re,  in  der  Bedeut.  von  Etwas  frei  sein,  sich 
einer  Sache  enthalten.  Etwas  nicht  treiben,  sich  mit  Etwas  nicht  be- 
schäftigen; und  in  diesem  Sinne  sagt  Cic.  (Orat.  III,  11,  43):  studiis 
vacare,  die  Wissenschaften  nicht  treiben,  sich  mit  ihnen  nicht  beschäf- 
tigen; —  ebenso  armis  vacare,  am  Kriege  nicht  Theil  nehmen,  nicht 
streiten,  nicht  kämpfen.  Aber  man  sagte  auch  vacare  alicui  rei  (mit 
dem  Dat.  commodi),  Zeit  haben  zu  Etwas,  sich  Zeit  zu  Etwas  nehmen. 
und  daher  auch  sich  mit  Etwas  beschäftigen  ;  z.B.  phi/osophiae  vacare, 
sich  für  Philosophie  und  philosophische  Unterhaltungen  Zeit  nehmen, 
sich  damit  beschäftigen  (Cic.  Divin.  I,  6,  11).  Diese  Verbindung  und 
Bedeutung  wurde  N.  Kl.  sehr  gewöhnlich,  und  findet  sich  daher  auch 
häufig  im  N.  L.,  für  operam  dare  alicui,  se  (totum)  dedere  alicui  u.  a. 
Man  vermeide  sie  aber,  da  leicht  Zweideutigkeit  dadurch  entsteht; 
und  weil  Missbrauch  damit  getrieben  wird,  warnt  man  allgemein  vor 
dieser  Verbindung.  Vgl.  Vavassor.  Antibarb.  p.  604  und  die  Ausleger 
zu  Cic.  Divin.  I,  6  (Hottinger,  Moser  und  Giese).  —  Das  Part,  vacans 
ist  fast  ohne  alle  Auctorität,  daher  durchaus  zu  verwerfen  und 
durch  vacuus  zu  ersetzen.  Im  N.  L.  braucht  man  es,  und  spricht  von 
einer  vacans  cathedra,  d.  h.  von  einer  unbesetzten  Lehrstelle  oder 
einem  unbesetzten  Lehramte,  für  vacuus  professoris  (magistri,  do- 
ctoris)  locus. 

Facuare,  leeren,  leer  machen,  ausleere?!,  kommt  höchst  selten  in 
Prosa  vor,  nur  N.  KL,  und  ist  nicht  anwendbar;  man  sage  dafür 
vadium  facere,  exhaurire,  nudum  oder  inanem  relinquere. 

Facuefacere,  leer  machen.  Ob  es  Kl.  bei  Cicero  vorkommt,  ist  noch 
zweifelhaft,  da  in  Orat.  Catil.  I,  6,  14  und  I,  7,  16  die  Handschr.  und 
alten  Ausgaben  theils  vacuefecisses  und  vacuefacta,  theils  vnvuam 
(domum)  fecisses  und  vacua  facta  lesen,  und  so  aucli  in  den  Stellen 
Anderer.   Vielleicht  sind  beide  Formen  gleich  gut,  wiewohl  vacuuni 


796 

facere   üblicher   gewesen    zu    sein    scheint.   Vgl.    Bentley    z.    Horat. 
Ep.  II,  2,  92. 

Vacuus,  leer,  frei;  —  von  Etwas  theils  ab  aliqua  re,  theils  aliqua 
re ;  P.  L.  wird  es,  nach  griech.  Art,  auch  bei  Sallust.  mit  d.  Genit., 
alicujus  rei,  verbunden,  was  man  aber  nicht  nachahme. 

l  agabii7)dus,  umherschweifend,  ist  Sp.  L.,  für  vagus,  errabundiis, 
qui  huc  et  iüuc  vagatur  u.  a. 

rage  und  im  Compar.  vagius;  das  erste  kommt  bei  Livius  und 
Andern  vor,  a!ier  nur  in  der  Bedeut.  zveit  umher,  zerstreut ;  das  zweite 
findet  sich  bei  keinem  guten  Lateiner.  Beide  braucht  N.  L.  Görenz, 
in  der  Bedeut.  unbestimmt,  nicht  klar  und  sorgfältig,  für  non  satis 
diligenter;  er  sagt:  üa^eaiiquid  explicare;  vagius  a  nobis  propositasunt. 
Falde  zur  Verstärkung  von  mane,  sehr  früh,  und  zur  Verstärkung 
von  sero,  sehr  spät  (vom  Tage  gesagt),  ist  vielleicht  N.  Z».,  jenes  für 
mtilto  mane  und  betie  mane  (Cic.  Att.  IV,  9,  2),  dieses  für  muHa  nocte. 
Vgl.  Schori  Phras.  p.  540.  —  Bezweifelt  wird  non  valde,  nicht  sehr; 
aber  es  steht  fest  in  Cic.  Fam.  III,  8,  7;  sonst  sagt  man  auch  no7i 
mag?iopere  und  no?i  tta.  —  Für  valde  aegrotare,  sehr  kranJi  sein,  sage 
man  lieber  graviter  aegrotare;  für  valde  inimicus,  sehr  feindselig, 
lieber    graviter  inimicus,  acer  inimicus  u.  a. 

Valedicere  oder  in  zwei  Wörtern  vale  alicui  dicere  kommt,  wie  es 
scheint,  nirgends  in  Prosa  vor,  sondern  nur  bei  Ovid.  (wiewohl  vnle 
und  valeas,  lebe  wohl ;  valete.  lebet  wohl,  nicht  selten  sind),  für  salutare 
(Cic.  Att.  VI,  2),  salutem  dicere,  valere  dicere  oder  jubere  (Cic.  Att. 
V,  2).  —  Einem  ganz  Lebewohl  sagen,  von  Etwas  ganz  Abschied  neh- 
men heisst  alicui  multam  salutem  dicere,  wie  bei  Cic.  (Fam.  VIII,  33): 
ego  vero  multam  salutem  et  foro  dicam  et  curiae.  Vgl.  Schori  Phras. 
p.  495  und  Iland's  Lehrb.  p.  495. 

i  aledictorius,  Lebewohl  sagend,  Abschied  nehmend,  ist  im  N.  Ij. 
üblich,  wo  man  epistolas  luid  orationes  valedictorias  hat;  es  muss  um- 
schrieben werden. 

Valenter,  kräftig  stark,  wirksam,  kommt  A'.  /iL,  sehr  selten  und 
nur  bei  Columella,  Celsus  und  Seneca  vor,  für  valide,  valde,  fortiter  \\.  a. 
Valeyitia,  die  Stärke,  Kraft,  ist  A.  und  Sp.  L.  und  sehr  selten,  für 
vis,,  robur,  firmilas. 

Valere  wird  im  iV^.  L.  mit  de  aliquo  oder  de  aliqua  re  verbunden, 
in  der  Bedeutung  Etivas  gilt  vorl  Einem  oder  von  einer  Sache;  doch 
ist  diese  Verbindung  ohne  alle  alte  Auctorität,  da  valere  AI.  nach 
Verschiedenheit  des  Sinnes  entwetler  mit  in  und  dem  Abi.,  oder  mit 
in  und  dem  Accus,  verbunden  wird;  ausserdem  auch  mit  apud,  und 
das  wozu  wird  durch  ad  aliquid  ausgedrückt.  Vgl.  darüber  die  Lexica. 
Man  sage  also  nicht,  wie  Mahne  (Crito  p.  273):  idem  de  omnibus 
magistris  valet,  oder  wie  Ruperti  (z.  Tacit.  Germ.  p.  130)  :  idem  fere 
Talet  de  priscis  Germanis  u.  dgl.  —  P.  und  N.  Ti'l.  wird  valere  in  der 
Bedeut.  vermögeji,  im  StaJide  sein,  können  mit  dem  Infin.  verbunden, 
als  ob  es  gleich  posse  wäre;  doch  geschieht  dies  nur  selten  und  ist 
nicht  nachzuahmen.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  4:33.  Orelli  z.  Cic.  Tusc. 
p.  373  und  Anm.  z.  Mureti  Oper.  T.  II,  p.  222.  —  Uebrigens  liegt  in 
valere  nur  das  passive  Können,  die  innere  Kraft  haben,  im  Stande  sein. 
Etwas  zu  vollbringen,  dagegen  in  posse  das  active  KÖ7tnen,  wo  die  Mög- 
lichkeit Statt  findet,  Etwas  auszurichten.  —  Etwas  gelten,  vermögen. 


797 

iti  einigem  Atisehen  stehen,  eifiiges  Gewicht  haben  heisst  aliqtiid  vufere 
(Cic.  Att.  II,  11),  lind  so  sa^t  ni;iii  tieiiu  auch  multiun,  plus,  phirimntn 
valere,  aber  nicht  mag?ium,  magis,  masinie;  ettvas  Grosses  gelten  heisst 
nicht  magnum  (aliqiiid)  valere,  sondern  muUum\  mehr  gelten  heisst 
nicht  rnugis  valere,  wie  Paul.  a.  S.  Joseph,  (in  seinen  Onitt.)  sagt: 
qua  in  re  nemo  magis  quam  -poeta  valet,  sondern  pbis  valere.  —  ]\'ur 
selten  wird  valere,  wie  unser  gelten,  von  dem  Werthe  irgend  eines 
Geldstückes  oder  einer  Sache  gebraucht,  und  zwar  bei  Varro  mit  dem 
Accus.,  wie  unser  deutsches  gelteti;  z.  B.  ein  Denar  gilt  zehn  Asse, 
denarius  denos  aeris  oder  asses  valet;  der  ältere  Fünius  verbindet 
es  mit  dem  Abtat.  Dagegen  sagt  Livius:  pro  argenteis  decem  aureus 
unus  valebat,  für  zehn  Silberlinge  galt  ein  Goldstück.  Nirgends  findet 
es  sich  so  bei  Cicero  und  Andern;  sie  brauchen  esse.  —  Sp.  L. 
wird  valere  in  diesem  Sinne  mit  dem  Genit.  oder  Abi.  des  Werfhes 
verbunden;  aber  N.  L.  ist  es  wohl  in  dem  Sinne  von  bedeuten,  wie  es 
Mnret.  (V.  L.  XII,  19)  braucht,  für  significare.  —  Endlich  hat  der  wün- 
schende Imperat.  vale,  sei,  bleibe  gesund.,  lebe  wohl,  selten  zur  Ver- 
stärkung bene  bei  sich;  bei  Cicero  nie,  sondern  nur  bei  Curius  in  Cic. 
Farn.  VII,  29  und  bei  Matins  ib.  XI,  28  bene  vale,  lebe  recht  ivohl,  was 
nachgebraucht  werden  kann. 

Valetudo  oder  valitudo;  vgl.  Sanitas. 

Vallis  oder  valles,  das  Thal.  Nirgends  findet  sich,  ausser  im  N.  L., 
vallis  miseriarum,  wie  wir  sagen  das  Jammerthal. 

Valium,  der  Wall,  die  Schutzwehr,  werde  nicht  verwechselt  mit 
vallus,  der  Pfahl,  die  Pallisade. 

Fahr,  der  Werth,  der  Preis,  die  Geltung,  ist,  in  welcher  Bedeut. 
es  gebraucht  werden  mag,  ein  N.  L.  Wort,  wofür  die  altern  Lexica 
als  Auctorität  eine  Stelle  des  altern  Plinius  (N.  H.  XXXIII,  3)  anführ- 
ten; aber  weder  in  dieser  findet  sich  das  Wort  in  den  neuern  Aus- 
gaben, noch  in  irgend  einer  andern  Stelle.  Gleichwohl  sagt  Ruhnken  in 
iseinen  Briefen  valor  aedium,  der  Preis  eines  Hauses,  für  pretium.  Vgl. 
Heusing.  Emendd.  p.  433  und  Weber's  Uebungssch.  p.  460.  In  Freunds 
Lexic.  steht  es  nicht. 

Va7ie,  eitel,  vergeblich,  ist  Sp.  L.,  für  ina7iiter,frustra. 

Fanescere,  verschwinden,  vergehen,  ist  fast  nur  P.  L. ;  in  Prosa 
steht  es  bei  Tacitus,  einmal  bei  Quintilian.  (IV,  3,  8)  und  vor  Lambin. 
in  den  altern  Ausgaoen  in  Cic.  Leg.  II,  10,  25,  wo  aber  jetzt  evane- 
scere,  das  AI.  Wort  für  vanescere,  aus  einigen  Handschr.  in  allen  neuern 
Ausgaben  aufgenommen  ist. 

Vaniloquium,  das  eitle  Gerede,  ist  sehr  Sp.  L.,  für  vaniloquentia, 
oratio  vana,  sermo  inanis  u.  a. 

Vanitas  ist  nur  die  Nichtigkeit,  das  Leer-  und  EitelseiTt,  aber  we- 
niger die  Sucht  oder  Begierde  zu  gefallen,  welche  mehr  ambilio  heisst. 
Selten  ist  auch  vanitas  in  der  Bedeutung  Stolz,  Hochmuth  (Sali.  Catil. 
23),  für  insolentia,  arrogantia,  super bia,  spiritus  (im  Piur.).  Vgl. 
Mencken.  Observ,  ling,  lat.  p.  991.  —  N.  L.  aber  ist  vanitas  mundi, 
die  Eitelkeit  der  Welt,  für  res  inanes,  delectamenta  inania.  —  A.  L. 
ist  die  Form  vaiiitudo  und  ganz  Sp.  L.  vanilies. 

Vapidus,  schlecht,  verdorben  u.  dgl.,  ist.  ein  gemeines  plebejisches 
Wort;  man  sagte  auch  adverbial:  vapide  se  habere,  in  der  Bedeutung 


798 

sich  übel  beßnden,  für  male  se  habere,  male  ah'cui  esse ; ]enes  soll  Lleb- 
liiigsredensart  (le8  Äugustus  g-evvesen  sein. 

Variabilis,  veränderlich,  ist  Sp.  L.  und  selten,  für  mutabUi3,flexi- 
bilis,  varius. 

Variantia,  die  Verschiedenheit,  der  Wechsel,  kommt  nur  einmal 
bei  dem  Dichter  Lucrez  vor,  und  ist  für  die  Prosa  unnölhig  wegen 
varietas,  variatio,  commvtatio,  vicissitudo.  Gleichwohl  brauchte  es 
Scaliger  (Epist.  200)  einigemal  von  der  Veränderlichkeit  der  Mag- 
netnadel. 

Varietas,  die  Verschiedenheit.  Wie  es  sich  von  diversitas  unter- 
scheidet, s.  unter  diesem  Worte,  wo  auch  über  die  Adjectiven  varius 
und  diversus  Einiges  bemerkt  ist.  —  Allerdings  können  Anmerhwgen 
zu  verschiedetien  Schriftstellern  —  annotationes  ad  varios  scriptores 
genannt  werden,  wenn  man  dabei  an  bunt  unter  eifiander  gehende 
Schriftsteller  denkt;  da  man  dies  aber  selten  darunter  versteht,  son- 
dern meistens  nur  mehrere  Schrif{s(eller  damit  bezeichnen  will,  so  ist 
das  Wort  varius  unpassend  und  muss  mit  complures  (nicht  plures; 
vgl.  oben  unter  Phrres)  vertauscht  werden.  Vgl.  Kraft  zu  Mureti 
Var.  Lectt.  sei.  p.  261  und  zu  Epist.  Bentleyi  alior.  p.  296.  —  Auch 
Mahne  (Crito  p.  245)  wendet  das  Wort  varius  falsch  an,  indem 
er  sagt:  victricibus  Gallorum  armis  variae  regiones  subactae  sunt,  für 
complures. 

Varimodus,  a,  um  und  das  Adverb,  varimode,  verschiedenartig,  auf 
verschiedene  Weise,  sind  N.  L.  und  Lieblingswörter  des  gelehrten 
Görenz,  welcher  z.  B.  sagt:  nexui  varimoda  via  consulunt,  und:  vari- 
mode afFectus,  varimode  occupatus;  hier  wäre  varius  modus,  ^\ic\\  bloa 
varius  oder  ein  anderes  Wort  besser  gewesen. 

Vas,  das  Gefäss,  (iNeutr.)  hat  einen  Plur.  vasa  (nach  Decl. II.)  von 
dem  A.  L.  vasum;  aber  weder  ein  Sing,  vasis,  noch  ein  Plur.  vases, 
welche  beide  im  A".  L.  vorkommen,  findet  sich  bei  einem  guten  Lateiner. 

Vates,  der  Dichter,  ist  nur  P.  L.,  für  poeta. 

Vaticinari,  iveissagen,  vorherverküjidigen,  wird  von  Personen  ge- 
braucht, welche  in  Begeisterung  weissagen,  sonst  nur  von  Schw  ärmern, 
nie  aber  von  Wundererscheinungen;  daher  sage  man  nicht  prodigia, 
portentd,  mofistra  vaticiriantur,  sondern  portendunt,  und  bei  unglück- 
lichen meist  denuntiant.  Das  gewöhnliche  weissagen  eines  erfahrnen 
Mannes  ist  nur  praedicere,  höchstens  augurari. 

Vaticinator,  der  Weissager,  ist  nur  P.  L.  und  selten,  für  vates, 
augur,  homo  fatiloquus:  nirgends  aber  findet  sich  valicinatrix,  firr 
vates  (gen.  commun.). 

Vaticinium,  die  Weissagung,  kommt  N.  KL  nur  beim  altern  Plitiins 
vor,  sonst  ist  es  Sp.  L.,  für  vaticinatio,  oraculum  und  das  gewöhnliche 
praedictio. 

Vecordia,  der  Wahnsinn,  die  Verstandlosigkeit,  steht  A.  L.,  dann 
bei  Sallust.  und  später  bei  Tacitus,  für  insania,  Stupor  cordis,  mens 
vecors ;  —  Cicero  braucht  zwar  vecors,  aber  nicht  vecordia. 

Vegetare, erregen,  beleben,  ermunter7i, ist  Sp.  L.,  für  escitare,conci- 
tare,  incitare.  incendere,  accendere,  vegetum  reddere  u.  a.  —  N.  L.  ist 
es  in  der  Bedeut.  lebeii,  wachsen,  wie  wir  sagen  vegetiren,  {ürvivere,  vi- 
gere.  —  Seltsam  und  überkünstlich  sagte  Hemsterh.  (Oratt.  p.  137): 
Campegius  arlium  calore  et  luce  vegetatus  est  ac  percoctus,  ganz  im 


799 

Stil  der  späten  Lobrediier.  —  Eben  so  Sp.  L.  eind  vegetatio,  vegeta- 
bili's  und  vegetatü'fis,  welche  in  der  Naturgeschichte  Knnstwörter  ge- 
blieben sind.  —  Gut  sind  nur  vt'gere  oder  vegere,  und  vegetus. 

Vehementia,  die  Heftigkeit ,  Hitze,  Stärke,  kommt  erst  N.  Kl.  beim 
altern  Plinius  vor,  theils  von  Menschen,  Iheils  von  Sachen,  z.  B.  von 
Wein,  vom  Geruch,  vom  Geschmack;  sonst  ist  es  nur  Sp.  L.,  und 
werde  daher  so  viel  als  möglich  vermieden  durch  acrimonia,  ardor, 
impetus,  violentia,  vehenie?is  natura. 

Fei,  oder,  steht  im  N.  L.  bei  Fragen,  für  an  oder  ne.  Man  sage 
also  nicht:  dioes  vel  pauper  sis,  nihil  interest,  ob  du  reich  oder  arm 
bist  — ,  sondern  a?i  pauper  sis,  —  P.  L.  ist  aut  -  vel,  für  aut  -  aut. 
Vgl.  Sciopp.  de  stilo  p.  118.  Vorst.  latin.  raer.  susp.  p.  169.  —  N.  L. 
ist  vel  an,  oder  etwa,  für  an  oder  an  vero ;  falsch  sagt  daher  Hemert. 
(Ep.  ad  Wyttenb.)  :  vel  an  in  hoc  tibi  absurdum  esse  videtur,  oder 
scheint  dir  etwa  — .  Eben  so  JV.  L.  ist  ne  vel  in  der  Bedeut.  nicht  ein- 
-  mal  sogar,  z.  B.  bei  Hemert. :  ne  vel  prima  rei  —  elementa  cognita 
liabes,  ?iicbt  einmal  sogar  die  ersten  — ,  für  ne  prima  quidem.  —  Ueber 
vel  -  vel  vgl.  Weber 's  Uebungssch.  p.  522.  Reisigs  Vorles.  p.  442  und 
GraufFzu  ßunell.  Epist.  p.  671. 

Velitatio,  die  Plänkelei,  das  Necken,  der  neckische  Streit,  ist  nur 
ein  gewöhnliches  Wort,  welches  sich  j4.  L.  bei  den  Komikern  findet; 
es  kann  höchstens  bildlich  in  Spott  und  Scherz  gebraucht  werden, 
ausserdem  ist  es  ganz  zu  vermeiden.  Dennoch  findet  es  sich  im  N.  L. 
gebraucht  von  den  Versuchen  der  Ausleger  und  Kritiker  oder  gar 
bei  Disputationen.  y%\.  Hand's  Lehrb.  p.  287  und  Kraft  zu  Mureti 
Epist.  sei.  p.  289. 

Velle,  trollen,  werde  vorsichtig  gebraucht,  da  nur  ein  fVunsch  darin 
liegt;  und  zwar  bezeichnet  es  nach  Klotz  (zu  Cic.  Tusc.  III,  14,  tiO) 
ein  solches  Wollen  und  Wünschen,  zu  dessen  Ausführung  man  schon 
selbst  mehr  thätige  Anstalt  macht,  also  ein  actives  Wollen,  während 
cnpere  ein  passives  Wollen  und  Wünschen  ist,  wobei  man  noch  die 
Hände  in  den  Schooss  legen  kann.  Liegt  in  dem  Wollen  nur  das  künftig 
zu  Erwartende,  z.  B.  dieses  wollen  wir  nachher  genauer  erkläre?/,  so 
wird  nicht  velle,  sondern  das  Futurum  des  Verbi  gebraucht,  also  :  haec 
posthac  —  explicabimus,  nicht  explicare  volurnus.  Deutet  es  eine  Auf- 
jordcrung  an  Einen  oder  Mehrere  an,  Etwas  gemeinschaftlich  zu  thun, 
so  genügt  der  Conjunct.  des  Verbi ;  z.  B.  wir  wollen  das  Vaterland 
lieben,  amemus  patriam.  —  Richtig  aber  und  Kl.  wird  velle  angewandt, 
wenn  es  das  Wollen,  Gedenken,  den  Rntschluss  haben  nach  einem  Orte 
hin  bezeichnen  soll,  wo  sonst  auch  cogitare  gebraucht  wird  ;  durch 
velle  wird  der  Wunsch  mehr  hervorgehoben;  z.  B.  wir  wollten  nach 
Arpirium,  Arpinum  volebamus  (Cic.  Att.  IX,  1,  3);  ich  will  nach  Grie- 
chenland, volo  i?i  Graeciam  (ib.  XIV,  7,  2).  —  Etwas  zu  bestellen  ha- 
ben, z.  B.  in  der  Frage:  hast  du  Etwas  %u  bestellen?  d.  h.  willst  du 
Etwas  (dahin  oder  dorthin  ?)  heisst  num  quid  vis?  z.  B.  nach  Rom,  Ro- 
mam;  nach  Sardinien,  in  Sardiniam.  Vgl.  Cic.  Q.  fr.  II,  2,  J.  —  In  der 
Frage:  fVas  uüllsl  du,  wünschest  du  von  mir?  sagt  man  theils  quid  a 
me  {nQm\.  fieri)  vis?  (Caes.  B.  G.  I,  34  si  quid  a  me  velit,  wenn  er 
etiva  von  mir  Etwas  irill),  theils  quid  me  (ueml.facere)  vis?  (Terent. 

Andr.  I,  1  »(uid   est,  quod  me  velis  ?),  theils  quid  vis,  ut  faciam?  

Erweitert  wird  die  Redensart  bisweilen  dur<;h  ein  überflüssiges  seltetty 


800 

wissen,  haben,  in  Verbindurij^  mit  einem  andern  Verbo;  z,  B.  t'ch 
tvünsche  darüber  ausführlicher  von  dir  geschrieben  zu  sehen,  ea  de 
re  copiosiug  a  te  scribi  volo  (ohne  videre);  ich  will  dies  von  dir  getkan 
habe?!,  hoc  a  te  fieri  volo  ;  sage,  was  du  untersucht  haben  tviflst,  die, 
de  quo  disputari  vetis  (Cic.  Tusc.  II,  5,  J3).  \g\.  über  dieses  über- 
flüssige wisse?i  Zumpt's  Gramm.  §.  611.  Geist's  Aufgaben  p.  8  und  oben 
unter  Scire.  —  In  der  Redensart:  was  will  das  sage?i?  tvas  ivill  das 
bedeuten?  \^t  velle  unstatthaft;  man  sage  etwa:  quam  vim  habet?  wie 
Cic.  (Tusc.  V,  17,  51):  quam  vim  habet  libra  illa  Critolai?  was  will 
jene  Wage  des  Critol.  bedeuten  oder  sogen?  —  ib.  I,  22  praeceptura 
Apollinis  hanc  habet  vim,  die  Forschrift  des  Apollo  tvill  das  sagen,  hat 
die  Bedeutung,  hat  den  Sinn.  —  Wo  wir  sag€n:  sie  mögen  sein,  welche 
sie  wollen,  sagen  die  Lateiner:  hi  q?iicumque  sunt  (erunt) ;  z.  B,  die 
Aedilen  mögen  sein,  welche  sie  wollen,  aediles  quicumque  erunt  (Cic. 
Plane.  5,  13);  du  magst  stossen,  auf  welchen  Arpinaten  du  willst  oder 
du  magst  auf  einen  Arp.  stossen,  auf  welchen  du  ivillst,  in  quemcunque 
Jrpinalem  incideris  (ib.  8,  20),  und  Aehnliches.  —  Wenn  mit  velle 
ein  verneinender  Satz  zusammenhängt,  so  wird  oft  besser  die  Nega- 
tion mit  re//e  verbunden  (also  nolle  geset7A)  ;  z.  B.  ich  ivollte,  es  iväre 
nicht  geschehe?/,  fiollem  esse  fnctuin.  —  Die  KeAGw^^vi:  ich  mag  wollen 
.oder  ?2icht  heisst  velim,  nolim  oder  seltner,  wie  bei  Livius,  seu  velim, 
seu  nolim,  nicht  velim  aut  oder  vel  nolim;  so  z.  B.  in  der  Formel:  ve- 
litis,  jubeatis  (ohne  besondere  Copula).  —  Endlich  verwechsele  man 
in  den  Wunschformeln:  ich  wünschte,  ich  ivollte  nicht  re/Zm  und  vellem 
mit  einander,  was  im  A'.  L.  oft  geschieht;  velim  bezeichnet  den  Wunsch 
mit  dem  Begriffe  der  noch  möglichen  Erfüllung;  vellem  ist  mehr 
unser  ich  hätte  gewünscht.  Vgl.  Anleit.  §.  249.  Hand's  Lehrb.  p.  222 
und  die  neuern  Grammatiken.  —  üeber  das  A^.  L.  nolens  volena  vgl. 
unter  Nolle,  und  über  volens  vgl.  dieses  Wort. 

Feilere,  reissen.  —  Kl.  und  besser  soll  die Perf. form  velli sein,  weniger 
gut  vulsi;  ebenso  in  den  zusammengesetzten  Verben,  wie  evello,  cvello. 

Felocitas,  velox,  velociter  sind  gut  und  Kl.  neben  celeritas,  celer 
und  celeriter,  und  werden,  wie  diese,  sowohl  von  äusserer,  als  auch 
von  innerer  geistiger  Bewegung  gebraucht;  letztere  wollen  Einige 
nicht  durch  velocitas,  velos  und  velociter  bezeichnen.  Vgl.  dagegen  ein 
vollständiges  Lexicon. 

Fenalis,feiL  verkäuflich,  wird  zwar  richtig  mit  esse  verbunden, 
aber  Etwas  feil  bieten  (z.  B.  ein  Haus,  ein  Grundstück)  heisst  ven- 
ditare  oder  proscribere. 

Fendere,  verkaufen ;  —  an  Jemanden  wird  durch  den/>öt,  alicui, 
ausgedrückt.  —  Etwas  öffentlich  verkaufen  heisst  nicht  publice  ven- 
dere,  sondern  auctione  (constituta)  vendere,  auctionari.  Für  das  pas- 
sive vejidi  wird  auch  venire  gesetzt. 

Fenerandus,  verehrungswürdig,  ist  gut  und  KL;  aber  der  Superl. 
venerandissimus  ist  ganz  Sp.  L.  Dennoch  findet  er  sich  im  A'^  L.  sehr 
häufig,  besonders  vir  venerandissi/nus,  für  majcime  oder  summe  vene- 
randus  oder  venerabilis,  auch  sanctissimus.  —  Man  vermeide  aber 
auch  den  Gebrauch  von  veneraiidus  so  viel  wie  möglich,  da  das  Ver- 
hum  venerari  und  das  Subst.  veneratio  fast  nur  in  Beziehung  auf  Gott 
(Götter),  nicht  auf  Menschen  gebraucht  werden;  in  Bezug  auf  letztere 
sind  revervri,  colere  u.  a.  und  reverentia  vorzuziehen. 


801 

Venerari,  verehren^  wird  Kl.  nur  von  Götter?!  nnd  Allem  dem  ge- 
braucht, was  Bezug  auf  sie  hat;  es  werde  daher  nicht,  wie  es  im  TV. Zr. 
geschieht,  auf  Menschen  angewandt;  dafür  brauche  man  revereri,  co~ 
lere,  observare.  Richtig  bemerkt  daher  auch  Wüstemann  (zu  Döring. 
Comment.  p.  132),  dass  man  für  amore  aliquem  üe?^e^a/•^■  sagen  müsse 
ajnore  aliquem  prosequi  oder  amplecti.  —  Das  Partie,  vener atns  hat 
nur  bei  Diclitern  passive  Bedeut.,  geehrt,  verehrt,  von  dem  veralteten 
^.  L.  vener o,  ich  verehre,  iÜT  veneror.  —  B.  L.  sind  vener atior  und 
vener  atissimus. 

Venia  bedeutet  Kl.  nur  Verzeihimg  (alicujus  rei,  tvegen  einer 
Sache)  oder  Willfährigkeit,  Gefälligkeit,  aber  nicht,  wie  im  N.  L., 
Erlaubniss  Etwas  zu  thun;  diese  \\e\%%t  facultas  (Caes.  B.  G.  1,7). 
Daher  heisst  veniam  petere  nicht  um  Erlaubniss,  z.  B.  zum  Weggehen, 
ÄiY/e//,  sondern  vielmehr  um  Nachsicht,  um  Verzeihung  bitten;  und 
veniam  dare  nicht  Erlaubniss  zu  Etwas  geben,  sondern  Einem  eifie 
Bitte  geivähren  oder  Einem  in  Etwas  willfahren,  den  Willen  thun ; 
z.  B.  bei  Cic.  (Q.  fr.  III,  1,  11):  Caesar  tibi  petenti  veniam  non  dedit. 
—  N.  Kl.  (aber  beim  Jüngern  Plinius)  und  nicht  zu  verwerfen  ist  die 
Redensart:  venia  sit  diclo,  Verzeihimg,  Nachsicht  sei  dem  Gesagten, 
wofür  wir  sagen :  mit  Erlaubniss  zu  sagen,  es  sei  erlaubt  zu  sageti, 
auch  wohl,  wo  wir  sagen:  Gott  behüte,  unberufen  (Plin.  Ep.  V,  7,  46) 
u.  dgl.  —  Kl.  (bei  Cicero  u.  A.)  ist  bona  (tua,  vestra  oder  ein  son- 
stiger Genit.)  venia,  cum  bona  venia  oder  pace  tua  —  diwerim,  dicere 
liceat;  dagegen  iV,  L.  salva  venia,  wofür,  je  nach  dem  Sinne,  theils  die 
eben  erwähnten  Ausdrücke  gebraucht  werden  können,  theils  ut  sie 
diserim,  absit  invidia  verbo,  cum  praefatione  honoris ;  Cicero  sagt  z.  B. 
(Fin.  II,  10,  29):  Epicurus  nominat  res,  quas  si  appelles,  bonos  prae- 
fandus  sit,  d.  h.  Dinge,  die  man,  ohne  salva  venia  vorauszuschicken, 
nicht  nennen  kann.  Vgl.  Cic.  Fam.  IX,  22. 

Venire,  kommen.  Das  deutsche  kommen  ist  vieldeutiger,  als  venire, 
und  daher  muss  man  oft  die  D.  L.  Lexica  vergleichen.  Hier  nur  einiges 
Wenige.  Daher  kommt  es  heisst  nicht  hific  ve?iit,  sondern  hinc  oder  e.v  quo 
ßt,  evenit,  sequitttr ;  woher  kommt  es?  qui  oder  undeflt?  —  die  Sache 
kam  so  weit,  res  eo  oder  iji  eum  locum  adducta  (deducta)  est ;  zu  je- 
nem kommt  noch  dieses  hinzu,  haec  ad  illa  accedurtt ;  dazu  kam  ein 
Husten,  huc  tussis  accessit  —  und  ähnliche  Ausdrücke,  in  welchen 
venire  ungewöhnlich  ist.  —  Zu  sich  kommen,  d.  h.  sich  erholen,  heisst 
nicht  ad  se  venire  (was  auf  sein  La?idgut  kojumen  heisst,  wie  bei  Cic. 
Rep.  III, 28),  sondern  adse  redire,  resipiscere  (Cic.  Sest.38) ,  recreari,  re- 
ßci.  —  In  Redensarten,  wie :  es  kam  zum  Treffen  u.  dgl.  wird  zwar  venit  ge- 
braucht, aber  statt  des  deutschen  es  wird  res  gesetzt;  also  res  venit  ad 
pugnam,  ad  maniis;  das  kommt  mir  gelegen,  erwünscht,  hoc  mihi  est  op- 
portunum,  nicht  venit.  Gut  sind  übrigens  die  Ausdrücke  in  munus  venire, 
in  die  Hände  kommen  (Cic.  Verr.  IV,  27,  ()2);  ad  aures  venire,  zu  Ohren 
komme?!,  aber  nicht  alicuiad  aures  venire,  sondern  ad  alicujus  aures  ;mir 
zu  Ohre?i,  ad  meas  aures,  nicht  mihi  ad  aures.  Vgl.  Pervenire.  —  Bei  Je- 
ma?ide?i  i?i  Verdacht  kommen  oder  in  Je?nandes  Verdacht,  Hass  u.  dgl. 
kommen  heisst  meistens  alicui  in  suspicionem  ve?iire  (Cic.  Vatin.  1,  2), 
i?i  odium  venire  (Att.  X,  8,  15), wiewohl  auch  der  Genit.  gesetzt  wird; 
wenigstens  steht  bei  Cic.  (Phil.  I,  6):  in  suspicionem  populi  lioma?ii, 
wenn  nicht  auch  hier  populo  Romano  zu  schreiben  ist.  —  Riclitig  ist 

51 


802 

auch  venire,  wo  wir  beim  Reden  und  Schreiben  sagen:  j'e/s/  komme  ich 
azif  den  oder  auf  das,  venio  ad  illum,  ad  illud;  z.  B.  bei  Cic.  (Q.  fr. 
III,  1,  2):  venio  ad  iertiam  epistolam.  —  Endlich  heisst  es  kommt  oder 
es  erwächst  Jemanden  ein  Vortheil  u.  dgl.  aus  Etwas  —  cojnmodum, 
etnoltimentum  ad  aliquem  (nicht  alicui)  vetiit  es  aliqua  re  —  und  so 
noch  Anderes.  Vg^l.  die  Lexica  unter  Venire. 
Veno,  zum  Verkaufe;  vgl.  Verius. 

Ventilare  bedeutet  KL  bei  Varro  in  die'Luft,  in  die  Höhe  werfen, 
bei  Cicero  bildlich  in  Bewegung  setzen,  beunruhigen;  aber  iV.  L.  sagt 
man  bildlich  z.  B.  dissertationem  sub  alicujus  praesidio  ventilare,  eine 
Schrift  vertheidigen,  besprechen,  wovon  sich  bei  den  Alten  nirgends 
eine  Spur  findet.  So  steht  irgendwo:  dissertatio  de  Antiphonte  a  P, 
van  Spaan  sub  Ruhnkenii  praesidio  ventilata,  für  defensa.  Vgl.  Wolf 
Analect.  II,  p.  520. 

Ventosus  kommt  zwar  Kl.  in  bildlichem  Sinne,  in  der  Bedeutung 
veränderlich,  wankelmüthig  vor,  gleich  7nobilis,  levis,  varius,  wie  unser 
windig;  aber  ventositas,  in  der  Bedeut.  Windmacherei,  ist  N.  L.,  für 
inanis  ostentatio. 

Veiitus,  der  Wind,  hat  wohl  nirgends  die  Adject.  bonus  und  malus 
bei  sich,  sondern  secundus  und  adversus.  —  Gut  sind  zwar  ventus 
niagnus,  vehemens,  starker,  heftiger  Wind,  und  die  Substantiv.  Aus- 
drücke magnitudo,  vis,  vehementia  venti;  aber  der  Wind  wird  grösser, 
stärker  heisst  wohl  nicht  major ßt,  sondern  increbescit  (Caes.  B.  C.  III, 
26)  ;  der  Wind  lässt  nach,  ventus  remittit  (ib.). 

Venus  und  venum,  der  Verkauf,  sind  als  Nomin.  nicht  üblich,  son- 
dern nur  in  den  Formen  des  Dat.,  veno  und  venui,  und  des  Acc,  ve- 
num, —  sämmtlich  nur  in  der  Bedeut.  zum  Verkaufe,  verbunden  mit 
den  Verbis  dare,  ire,  subjicere  u.  a.  —  Kl.  ist  nur  venum,  N.  Kl.  bei 
Tacitus  veno  und  Sp.  L.  venui;  doch  sind  die  beiden  letzten  Formen 
zu  vermeiden,  und  auch  venum  darf  nicht  zu  häufig  gebraucht 
werden. 

Veracitas,  die  Wahrhaftigkeit,  Wahrheitsliebe,  ist  N.  L.,  für  ve- 
ritas,  veritatis  studi?xm  oder  amor.  Jenes  braucht  der  jüngere  Bur- 
marin, welcher  sagt:  idem  veracitatis  candor.  —  Aber  das  Adject. 
Veras  ist  Kl. 

Verator  und  veratris,  der  Wahrsager,  die  Wahrsagerin,  sind  Sp.  L, 
und  zweifelhaft,  für  vates,  qui  (qiiae)  vaticinatur,  praedicit.  Muret. 
(Oper.  T.  II,  p.  450  ed.  Kuhnk.)  brauchte  das  erstere  (verator  aut  con- 
jector),\i\\A  Ruhnken  bemerkt  dabei:  Verator  suspectum  vocabulum. 
Verbauter  und  verbatim,  wörtlich,  Wort  für  Wort,  sind  iV.  L.;  letz- 
teres braucht  sogar  Graevius  (zu  Cic.  OIF.  III,  8):  qui  omnia  verbatim 
ex  IL  Wolfii  notis  exscripsit,  für  ad  verbum  u.  a.  Vgl.  Verbum. 

Verbero,  als  Subst.,  ist  bei  den  Komikern  offenbar  Schimpfwort 
(unser  Schlingel),  und  so  findet  es  sich  in  ähnlicher  Bedeutung  auch 
einmal  bei  Cicero  in  einem  Briefe;  nirgends  aber  steht  es  für  Bursche, 
Bote,  wie  es  Muret.  (Oper.  T.  II,  p.  99)  ohne  verächtliche  Neben- 
bedeutung braucht,  für  tabellarius,famulus,  apparitor. 

Verbositas,  die  Geschwätzigkeit,  Redseligkeit,  ist  sehr  Sp.  L.,  für 
loquacitas,  garrulitas. 

Verbulum,  das  Wörtchen,  ist  N.  L. ;  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  450) 
hat  es  zu  brauchen  gewagt  (uno  verbulo  consequeris). 


803 

Verbum,  das  JVort.  In  der  alten  Umgang'sspraclie  galt  unum  ver- 
bum  und  tria  verba,  wie  unser  ein  Wort  und  drei  Worte,  zur  Bezeich- 
nung des  Wenigen  und  Kurzen,  vvievvolil  mir  kein  Beispiel  von  duo 
verba,  zwei  Worte,  in  diesem  Sinne  bekannt  ist.  Jedoch  macht  Cicero 
wenig  oder  gar  niclit  Gebrauch  von  dieser  Art  zu  reden;  denn  da, 
wo  er  unum  verbum  oder  tria  verba  braucht,  sind  gerade,  auch  nur 
80  viele  Wörter  darunter  z«  verstehen,  und  es  bedeutet  bei  ihm  nicht 
unser  allgemeines  kurz,  wie  bei  Terent.  (Andr.  I,  1,  18):  quin  tu  uno 
verbo  die,  quid  est,  quod  me  velis;  —  hier  bedeutet  ^^«oüerÄo  —  kurz, 
mit  wenigen  Worte?i.  Und  so  war  sehr  gebräuchlich:  tria  verba  cum 
aliquo  commutare,  wie  wir  sagen:  drei  (für  wenige)  Worte  ?nit  Einem 
wechseln.  Vgl.  Terent.  Phorm  IV,  3,  33  tria  non  commutabitis  verba 
hodie  infer  vos,  und  so   braucht  Plaut.   (Mil.  glor.  IV,  2,  30)   tribus 
verbis  in  dem  Sinne  von  kurz,  mit  wenigen  Worten.  Dass  aber  Cicero, 
wenn  er  uno  verbo  und  tribus  verbis  braucht,  fast  nur  ein  einziges 
Wort,  drei  eijizelne  Wörter  darunter  versteht,  sieht  man  z.  B.  aus  fol- 
genden Stellen:  complectar  uno  verbo  —  diligentia  (Orat.  II,  35, 150); 
si  pudor,  si  modestia,  si  pudicitia,  si  uno  verbo,  temperantia   (Fin.  II, 
22,  73);  accusabat  Canutius  Scamandrum  verbis  tribus,  venenum  esse 
deprehensum  (Cluent,  18,  50)  —  und  so  noch  mehrere.  Richtig  sagt 
also  Muret.  (Oper.  T.  I,  p.  132)  :  uno  verbo,  beatissimae  — ,  was  zu 
voreilig  getadelt  worden  ist.  —  Wie  der  Lateiner  unser  kurz  beim 
Zusammenfassen  der  Rede  ausdrücke,  davon  war  unter  Brevis  die 
Rede,  —  A.  L.  ist  verbum  in  der  Bedeutung  Spruch,  Ausspruch,  Rede 
(also  von  mehrern  Worten),  für  dictum,  vox  oder,  wenn  der  Vei'- 
fasser  genannt  ist,  für  illud  mit  dem  Namen   der  Person ;  z.  B.  jenes 
Wort  des  Hesiodus,  illud  Hesiodeum ;  es  ist  ein  altes  wahres  Wort,  est 
dictum  vetus  verumque,  nicht  verbum.  —  Wo  wir,  um  Etwas  bestimmter 
zu  erklären,  hinzusetzen:  mit  andern  Worten,  sage   man   nicht  aliis 
verbis.,  was  N.  L.  ist,  sondern  id  est  oder  hoc  est;  z.  B.  bei  Cic.  (Farn. 
IX,  1):  id  est  cum  libris  nostris;  Rose.  Am.  35  hoc  est,  qui  et  illorutn. 
—  Sp.  L.  sind  die  Ausdrücke  de  verbo  ad  verbum  und  verbotenus,  wie 
die  oben  erwähnten  verbauter  und  verbatim,  in  der  Bedeut.  von  Wort 
zu  Wort,  Wort  für  Wort,  wörtlich ;  im  N.  L.  finden  sie  sich  (zumal 
verbotenus)  sehr  häufig,  und  selbst  da,  wo  Andere  getadelt  werden, 
wie  z.  B.  verbotenus  in  den  Anmerkungen  zu  Mureti  Var.  Lectt.  T.  II, 
p.  320  vorkommt.  —  Jedoch  ist  verbotenus  Kl.  und  richtig  in  der  Be- 
deutung dem  (blossen)  Worte  oder  dem  Namen  nach,  entgegengesetzt 
der  Sache,  der  Wirklichkeit  nach;  unser  wörtlich  aber  heisst  ad  ver- 
bum, z.  B.  exprimere   (Cic.  Fin.  I,  2,  4);  ad  verbum  de  graecis  ex- 
pressas  (Tusc.  III,  19,  44)  ;  ad  verbum  ediscere   (Orat.  I,  34,  157); 
auch  eisdem  verbis  (Brut.  88,  301  Hortensius,  quae  —  ea  sine  scripto 
eisdem  verbis  reddebat,  quibus  cogitaverat);  verbum  de  verbo  (Terent. 
Adelph.  Prol.  11  verbum  de  verbo  expressum,  wo  Ruhnken  zu  vergl. 
ist);  verbum  e  (ex)  verbo,  z.  B.  exprimere  (Cic.  Fin.  III,  4,  15.  Top. 
8,35);  hvuoloyiu  id  est  verbutri  ex  verbo  veriloquium  (Acad.  11,6,17) 
u.  a.  Das  letzte  aber  ist  nur  üblich,  wenn  von  einem  Worte  die  Rede  ist, 
welches  ganz  wörtlich  ins  Lateinische  übergetragen  ist,  wie  compre- 
hensio  für   y.azälrulni:;  veriloquium  für  ixvuoXoyiu;  superjectio  oder 
superlatio  für  vneQßoXi^  u.  a.  —  Ob   man  verbum  verbo  reddere,   wie 
pur  pari  reddere,  oder  verbum  pro  verbo  reddere  sage,   ist  streitig. 

5]  * 


804 

In  Cic.  opt.  g^en.  orat.  5,  14  ist  verbum  pro  verbo  die  gewöhnliche 
Lesart,  aber  Lambin.,  H.  Steplianus  (Pseudo-Cic.  p.209)  und  Ändere 
lesen  verbum  verbo,  und  so  sagt  auch  Horaz  (A.  P.  133)  :  nee  verbum 
verbo  curabis  reddere  fidus  interpres.  Vgl.  Par.  —  Sp.  L.  ist  der 
kirchliche  Ausdruck  verbum  Bei  oder  divinum,  das  Wort  Gottes,  was 
theologischer  Kunstausdruck  ist.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  487. —  Sein 
Wort,  d.  h.  sein  Versprechen  geben  heisst  nicht  verbum  dare,  sondern 
fidem  (suam)  dare,facere  (Cic.  Q.  fr.  II,  6,  2)  oder  interponere ;  das 
gegebene  Wort,  hlos ßdes ;  sein  Wort  halten,  fidem  oder  dictum  prae- 
stare,  servare,  tueri;  das  Wort  nicht  halten,  fidem  /allere,  violare, 
frangere,  laedere,  exuere.  Vgl.  die  Lexica  unter  Fides.  —  lieber 
verbi  gratia,  zum  Beispiel,  Beispiels  halber,  vgl.  Exeynplum. 

Vere,  wirklich,  wird  in  eingestreuten  Nebenberaerkungen,  z.  B. 
wie  es  auch  wirklich  ist,  mc\\.i  gebraucht;  man  sage  also  nicht:  sicut 
vere  est,  sondern  sicut  est ;  wie  du  es  wirklich  thust,  ut  facis  (Cic.  Q. 
fr.  I,  1,  16.  Fara.  VI,  2,  3):  wie  ihr  es  wirklich  thuet,  ut  facitis  (Senect. 
17,  59);  wie  ich  es  ivirklich  bin,  sicut  sum  (Att.  IX,  11  app.  ad  Caes.); 
wie  es  wirklich  das  Schwerste  ist,  sicut  est  difficillimum  (Q.  fr.  1, 1, 15). 
Vgl.  Revera. 

Vereri,  fürchten,  wird  fast  durchaus  nur  mit  dem  Accus,  des  Ob- 
jectes,  aliquem  oder  aliquid,  verbunden,  A.  L.  auch  mit  dem  Genit., 
z.  B.  rait/e?/i//2«e /^r/mf/A/ae,  ja  sogar  einmal  bei  Cicero  mit  tui  testi- 
monii,  wenn  die  Lesart  richtig  ist.  Besonders  beachte  man  die  Ver- 
bindung eines  Objectsatzes  mit  ne,  in  der  Bedeutung  dass,  und  mit  ut 
(ne  71071)  in  der  Bedent.  dass  nicht,  wogegen  im  N.  L.  oft  gefehlt  wird, 
selbst  noch  jetzt.  Vgl.  Sciopp.  de  stilo  p.  110  und  Vorst.  lat.  mer. 
Susp.  p.  169.  Auch  merke  man,  dass  jenes  ne  oder  ut  nicht  fehlen 
darf,  auch  wenn  das  Verbum  dazu  fehlt  und  aus  dem  Vorhergehenden 
zu  ergänzen  ist;  z.  B.  er  ivird  kommen;  aber  ich  fürchte,  vergeblich,  ve- 
reor,  ne  frustra,  nemlich  veniat,  —  nicht  vereor,frustra. 

Verificare ,  bestätigen,  bekräftigen,  ist  N.  L.,  für  verum  facere, 
probare,  confirmare. 

Veriloquium.  So  versuchte  Cicero  (Top.  8,  35)  das  griech.  Wort 
eTv/^ioloyia  wörtlich  zu  übersetzen;  doch  wurde  es  weder  von  ihm 
noch  von  Andern  weiter  gebraucht;  er  selbst  zieht  fwtatio  vor. 

Feriloquus,  wahr  redend,  ist  Sp.  L.  und  selten,  für  verax,  verus, 
veridicus,  vera  loquens, 

Verisimilis  oder  getrennt  veri  similis,  similis  veri,  wahrscheinlich, 
ist  fast  zu  allen  Zeiten  in  der  Genit.form  üblicher  gewesen,  als  in  der 
Dat.form  vero ;  auch  weiss  ich  nicht,  ob  ausser  Livius  (VIII,  26  simi- 
lius  vero  und  XXVI,  49  simillima  veris)  noch  Andere  den  Dat.  brauchen. 
Jedenfalls  halte  man  sich  an  den  Genit.  —  Das  Adverb,  verisimiliter 
kommt  nur  Sp.  L.  vor;  man  brauche  dafür  lieber  entweder  probabi- 
liler,  oder  drücke  es  durch  das  Adj.  verisimilis  aus;  und  so  heisst 
denn  z.  B.  Rom  ist  wahrscheinlich  nicht  non  Romulus  erbaut  worden, 
nicht  —  probabiliter  condita  non  est,  sondern  urbem  a  Romulo  non 
esse  cojiditam  verisimile  est. 

*  Der  Dat.  vero  stand  bisher  bei  Cicero  nur  in  Farn,  XII,  5,  1,  aber  Orelli 
hat  dafür  veri  aufgenommen,  weil  die  Mediceer  Handschr.  vere,  niclit  vero  hat. 

Feritas,  die  Wahrheit.  Wir  brauchen  das  deutsche  Wort  in  ab- 
stracter  und  in  concreter  Bedeutung;  man  versteht  darunter  theils 


805 

die  Wahrheit  als  eine  nur  ffedachte  Eigenschaft,  das  Wahrsein,  theils 
etwas  einzelnes  oder  mehrfaches  Wahre,  sei  es  gesprochen  oder  ge- 
schehen, im  Gegensatze  zu  etwas  Falschem  und  Erdichtetem.  —  Jene 
nur  gedachte  Eigenschaft  ist  ye/vYas;  einzelnes  oder  mehrfaches  Wahre 
ist  verum  oder  vera,  wiewohl  auch  verum  im  Sing,  nach  griechischer 
Art  bisweilen  für  veritas  gebraucht  wird.  Vgl.  Pulchrum  und  Th.  I, 
§.  84.  —  Daher  heisst  wer  die  Wahrheit  liebt,  kennt,  einsieht  —  ve- 
ritatis  amans,  amicus,  cultor,  veritatis  gnarus;  die  Wahrheit  ist  ver- 
borgen, veritas  latet;  das  Licht  der  Wahrheit,  lux  veritatis;  die  Kraft 
der  Wahrheit,  vis  veritatis ;  die  Wahrheit  übertrifft  die  Nachahmung, 
veritas  vincit  imitationem;  er  verzweifelt  an  aller  Wahrheit,  desperat 
omneni  veritateni;  der  Wahrheit  gemäss  reden,  ad  veritatem  loqui; 
Etivas  nach  der  Wahrheit  bejiriheilen,  aliquid  ex  veritate  aestimare; 
er  hält  die  Wahrheit  feil,  habet  iste  veritatem  venalem  —  und  so  an- 
dere Ausdrücke,  in  welchen  nur  veritas  zu  brauchen  ist.  —  Wer  da- 
gegen die  Wahrheit  spricht,  sagt,  gesteht,  zu  hören  u?id  zu  erfahren 
wünscht,  Wahrheit  (einzelnes  Wahre)  und  Ujiwahrheit  (einzelnes  Un- 
wahre) beurtheilt^  in  irgend  einer  Sache  die  Wahrheit  sucht,  von  dem 
sagt  man  verum  oder  vera  dicit,  loquitur,  fatetur,  audire  vel  scire  vult, 
Vera  öc/ö/sö  judicat,  verum  in  aliqua  re  quaerit  —  und  andere,  in 
w  eichen  veritas  unpassend  wäre.  —  Feritas  als  Eigenschaft  tritt  theils 
zu  andern  Eigenschaften  einer  Person  oder  Sache  hinzu,  theils  nimmt 
es  Beschaffenheitswörter,  wie  summus,  aeternus,  molestns  zu  sich, 
wird  sogar  als  Person  betrachtet,  und  ist  in  der  Mehrheit  nicht  denk- 
bar. —  N.  L.  ist  daher  veritas  in  der  Bedeut.  Lehre,  Meinung,  Grund- 
satz^ und  veritates  in  der  Bedeut.  die  Wahrheiten  (mit  demselben 
Sinne,  welcher  in  den  eben  angeführten  Wörtern  liegt),  für  dogma, 
dogniata;  praeceptum,  praecepta ;  sententia,  sententiae.  Mehr  über 
den  Gebrauch  dieser  Wörter  geben  dieLexica,  Ern^stiiClavis  Ciceron., 
Scliützii  lexic.  Cicer.,  Fland's  Lehrb.  p.  162,  Forbiger's  Aufgab,  p.  60 
u.  A.;  über  veritas  in  der  Bedeut.  Wirklichkeit  vgl.  Ellendt  z.  Cic.  de 
orat.  T.  II,  p.  217.  —  Unstatthaft  sind  veritas,  verum  und  vera  in  der 
scheltenden  und  höhnenden  Redensart  Einem  die  Wahrheit  sagen; 
dies  heisst  perstringere,  exagitare  u.  dgl.  \g\.  Cic.  Sest.  6.  Plane.  14, 
Süll.  16.  Brut.  94  u.  a. 

Vernaculus,  was  einheimisch,  eingeboren  bedeutet  und  dem  pere- 
grinus,  fremd,  ausländisch  entgegensteht,  kann  von  demjenigen,  wel- 
cher lateinisch  schreibt,  mag  er  sein,  aus  welchem  Volke  er  wolle, 
nur  in  der  Bedeutung  lateinisch  gebraucht  werden;  für  ihn  ist  nur  die 
lateinische  Sprache  sermo  vernaculus,  lingua  vernacula.  JNur  zu  oft 
wird  aber  vernacuhis  im  N.  L.  von  den  lateinisch  schreibenden  Deut- 
gehen, Franzosen,  Engländern  u.  s.  w.  von  ihrer  Muttersprache  (der 
deutschen,  französischen,  englischen)  gebraucht.  Ein  Deutscher  darf 
also,  wenn  er  seine  deutsche  Sprache  darunter  versteht,  nicht  sagen: 
in  vernaculum  sermonem  vertere,  sondern  er  muss  sagen:  in  germa- 
nicum  sermonem;  ebenso  ein  Franzose  nur  in  gallicum  u.  s.  w.  Vgl. 
Maternus  und  Dietrich'«  Sintenis  p.  6.  —  Das  Adv.  vernacule  ist  ohne 
Auctorität. 

Vernalis,  zum  Frühling  gehörig,  kommt  nur  einmal  bei  dem  Dich- 
ter Manilius  vor,  und  ist  in  Prosa  nicht  zu  brauchen,  für  vernus  oder 
die  Umschreibung  mit  ver,  z.  B.  vere  oder  verno  tempore  habendus  u.  a. 


806 

Im  N.  L.  findet  man  oft  auf  dem  Titel  der  Programme  exnmen  vernale, 
eine  Frühtmgsprüfung. 

Vernilis,  sklavisch,  steht  N.  Kl.  bei  Tacitus,  ist  aber  sehr  selten, 
für  servilis,  illiberalis  u.  a. 

Vero,  aber,  ivahrhaftig,  in  Wahrheit.  —  Wenn  aber  nicht  einen 
neuen  Satz,  welcher  in  genauer  Verbindung  mit  dem  vorhergehenden 
steht,  mit  diesem  verbindet,  so  sagt  man  nicht  7ion  vero,  sondern  nee 
vero.  Vgl.  Anleit.  §.  579.  Wenn  aber  durch  aber  nicht  ein  Gegefisotz 
zu  einem  vorausgehenden  bejahenden  Worte  angegeben  wird,  so  sagt 
man  nicht  ?ion  vero,  auch  nicht  nee  vero,  sondern  blos  tioti,  ohne  vero. 
Vgl.  Anleit.  §.  581.  Man  sage  also  nicht,  wie  Flemert.  (Ep.  ad  Wyttenb. 
p.  10):  quatuordecim  dies,  nofi  vero  (für  ?ion)  plures ;  niclit,  wie  Ru- 
perti  (z.  Tacit.  Germ.  p.  197):  sed  amuletis  tanta  vis  tribui  poterat, 
?ion  vero  signis  militaribus.  Vgl.  auch  unter  Nee. 

Versabilis,  veränderlich,  wandelbar,  steht  N.  Kl.  bei  Seneca  u.  A., 
und  ist  selten,  für  mutabilis,  variabilis,  commutabilis. 

Versari  in  der  passiven  Form  von  versare,  als  Medium,  wird  in 
der  Bedeut.  sich  mit  Etwas  beschäftigen  immer  verbunden  mit  in  aliqua 
re,  nicht  mit  aliqua  re,  N.  Kl.  aber  mit  circa  aliquant  rem,  was  man 
vermeide.  —  Vor  Augen  schweben,  versari  in  oculis  oder  ante,  ob 
oculos  wird  vielleicht  nur  mit  dem  Dat..,  nicht  mit  dem  Genit.  der 
Person  verbunden,  welcher  Etwas  vor  Äugen  schweht;  z.B.  dein  Bild 
scluvebt  vor  meinen  Augen  (mir  vor  Augen),  mihi  ante  oculos,  mihi  in 
oculis,  mihi  ob  oculos  versatur,  nicht  ante  meos  oculos,  in  meis  oculis, 
ob  meos  oculos. —  In  der  Bedeut.  sich  aufhalten  kann  es  nur  gebraucht 
werden,  wenn  ein  längeres,  nicht  aber  wenn  nur  ein  vorübergehendes 
Verweilen  an  einem  Orte  gemeint  ist;  letzteres  heisst  commorari. 

Versiflcare  kommt  erst  N.  Kl.  bei  Quintilian.  vor,  aber  nur  in  der 
Bedeut.  Ferse  machen,  nicht  in  der  Bedeut.  Gedichte  machen;  Cicero 
sagt  dafür  facere,  conficere,  scribere  versus.  Ebenso  werden  die 
Subst.  versißcatio  und  versificator  nur  in  dem  Sinne  technische  Vers- 
7nacherei  und  Fersmacher,  ohne  alle  Beziehung  auf  Poesie,  gebraucht; 
und  so  können  sie  auch  von  uns  recht  wohl  angewandt  werden.  QuintiL 
(X,  1,  89)  unterscheidet  daher  auch  den  Versmacher  von  dem  Dich- 
ter, indem  er  sagt:  Cornelius  Severus  versificator,  quam  poeta,  melior. 
Versio  ist,  in  welcher  Bedeut.  man  es  auch  brauchen  mag,  jetzt 
ohne  alle  Auctorität,  und  doch  im  N.  L.  sehr  gebräuchlich  in  der 
Bedeut.  Uebersetzung  von  etwas  in  irgend  einer  Sprache  Geschrie- 
benem in  eine  andere.  Doch  ist  dieser  Gebrauch  durchaus  zu  ver- 
werfen, da  das  Uebersetze?!  nicht  eine  neue,  sondern  eine  alte  Sache  ist, 
indem  bei  den  Alten  theils,  wie  man  sagt,  wörtliche,  theils  freie  Ue- 
bersetzungen  schon  Statt  fanden,  wofür  die  \ erha  vertere,  convertere^ 
exprimere,  interpretari  und  N.  Kl.  transferre  (vgl.  dieses  Verbum) 
gebraucht  wtirden.  —  Das  beste  Wort  für  unser  Uebersetz?mg  ist 
interpretatio  oder  das  griech.  inetaphrasis.  Andere  dagegen  wählen 
versio,  conversio  oder  traductio  und  translatio,  von  welchen  allen  be- 
reits die  Rede  war.  Vgl.  noch  fleusinger.  Emend.  p.  434.  A.  Matthiae 
Eiempia  eloq.  p.  207.  Friedemann  z.  Ruhnken.  Opusc.  I,  p.  122.  Lin- 
demann  z.  Ruhnk.  oratt.  p.  14  u.  256.  Kraft  z.  Mureti  Epist.  p.  320. 
Dietrich's  Sinten.  p.  149.  Reisig's  Vorles.  p.  99.  Klotz  Quaest.  Tüll, 
p.  73  und  z.  Cic.  Tusc.  p.  5,  sowie  auch  oben  Interpretatio. 


807 

Versus  wird  als  Praepos.,  in  der  Bedeut.  nach  —  hin  oder  zu, 
immer  dem  Accus.,  welchen  es  bei  sich  \mi^7iachgesetzt,nnA  steiit  nie 
vor  demselben,  wie  man  es  so  oft  im  N.  L.,  auch  bei  ^nten  Lateinern 
findet,  z.  B.  sehr  oft  in  Gesner's  latein.  Lucian.,  oft  in  Heyne's  Schrif- 
ten, bei  Valcken.  (  Oratt.  p.  228  versus  Ainphipolin,  für  Amphipolin 
versus),  sogar  bei  Ernesti  (z,  Siieton.  Tiber,  p.  68  in  capite  versus 
terram,  für  terram  versus,  dejecto)  und  bei  vielen  Andern.  Man  sage 
also  nicht  versus  Romam,  nach  Rom  zu  (hin),  sondern  Romam  versus ; 
nicht  versus  orieniem,  nach  Morgen  oder  Osten  hin,  sondern  orientem 
versus  u.  s.  w.  —  Oft  findet  man  aber  auch  noch  vor  dem  Accus,  die 
Praep.  ad,  seltner  in;  in  solchen  Stellen  ist  vielleicht  versus  mehr 
Participialzusatz  (in  der  Bedeut.  gewa?idt  oder  gewendet) ;  z.  B.  nach 
den  Alpen  zu,  ad  Alpes  verstis ;  und  so  fast  immer  ausser  bei  Städte- 
und  Ländernamen.  Man  brauche  es  aber  durchaus  nur  von  einem  Orte, 
nach  welchem  hin  sich  Etwas  bewegt  oder  neigt,  und  falsch  ist  es 
(was  im  N.  L.  vorkommt),  bei  einer  Schrift  zu  sagen ßnem  versus 
oder  wohl  gar  versus  finem,  in  der  Bedeut.  gegeii  das  Ende,  nicht 
weit  vom  Ende.  —  Endlich  hat  versus  auch  keine  Beziehung  auf  die 
Zeit;  z.  B.  gegen  Mittag,  d.  h.  U7n  die  Mittagszeit, heisst  nicht  ?neridiem 
versus,  sondern  sub  meridiem;  gegen  Abend  (die  Abendzeit),  sub  ve- 
sperum  oder  vesperam,  nicht  vesperum  versus. 

*  Vielleicht  nur  ein  einzigesmal  findet  man  versus  seinem  Accus,  vorge- 
setzt, nemlicli  bei  Liv.  (VIII,  20,  8)  :  orbes  positi  in  sacello  Sanci  versiis  aedcm 
Quirini;  aber  so  liest  nach  Drakenborch  nur  eine  Handschr.  und  alle  Ausgaben 
seit  dem  J.  1535,  alle  übrigen  Haudselir.  aber  adversus  aedem,  d.  h.  dem  Tem- 
pel des  Quir.  {/egenüber,  wie  auch  wohl  zu  lesen  ist;  dies  meint  auch  Poppe. 

Versulia,  die  Schlauheit,  kommt  Kl.  nur  im  Plur.  vor,  aber  nur 
bei  Liv.  (XL,  47,  7  verstitiarum  Punicarum),  sonst  ist  es  nur  Sp.  //., 
für  dolus,  calliditas,  ast?itia.  Gut  und  Ä7.  aber  ist  das  Adject.  versutns. 

Vertere  ist  in  der  Bedeut.  übersetzen  KL,  wiewohl  seltner  als  con- 
vertere.  Es  hat  meistens  einen  Zusatz,  wie:  de  oder  es  graecis  (graeco) 
in  latina  (latinum) ;  bisweilen  steht  es  aber  auch  ohne  solchen  Zusatz, 
was  Hensinger  (Eraendd.  p.  434)  leugnet,  obgleich  Cicero  (z.  B.  Fin. 
I,  3,  7)  sagt:  si  sie  verterem  Platonem  —  ut  verterunt  poetae  fabulas, 
und  ib.  V,  18,  49  nam  verti,  ut  quaedara  Homeri,  sie  istnm  ipsum  locum, 
—  und  so  vielleicht  auch  noch  anderwärts.  Zu  vermeiden  ist  aber,  was 
man  im  N.  L.  so  oft  findet,  die  Hinzufügung  eines  Adverb.,  wie  laline, 
graece,  germanice  u.  dgl. ;  für  diese  Sprechweise  ist  vielleicht  Plautus 
die  einzige  Auctorität  (fabulam  graecam  bnrbare,  d.  h.  laline,  verti, 
ich  habe  sie  lateinisch  übersetzt),  da  sonst  nur  vorkommt:  in  latinum 
(latina),  graecum  (graeca),  germanicttm  (germanica)  vertere.  Das  Adv. 
brauchen  z.  B.  Wyttenb.  (Opusc.  p.  384):  Cicero  graeca  Inline  (für 
in  latinum)  vertit;  Mahne  (Crito  p.  279):  latinam  orationem  vernacule 
(für  in  belgicam)  vertere  u.  A. 

Verus,  wahr.  Wo  toahr  so  viel  ist  als  wirklich,  unhezweifelt  und  wo 
es  also  meistens  nur  den  Begriff  verstärkt  nnd  die  Stelle  eines  Super- 
lativs vertritt,  kann  es  nicht  durch  verus  ausgedrückt  werden,  sondern 
es  muss  vere,  plane  oder  certe  zu  einem  Adj.,  oder  dieses  Adj.  selbst 
rauss  in  den  Superlat.  gesetzt  werden;  z.  B.  ein  wahrer  Tugendfreund, 
viriutis  amantissimus,  honesti  studio sissimiis  ;  ein  wahrer,  vollkommncr 
Gelehrter,  perfecte  plajicqiie  eruditns.  Daher  verwirft  auch  Forbiger 
(in  seinen  Aufgaben)  den  Ausdruck  verus  Cicero?iianus,  für  unser 


808 

ein  wahrer  Ciceronianer ,  und  verlangt  dafi'ir  vere  Ciceronianus ;  doch 
drückt  es  Mnret.  besser  durch  germanus  Cicero  aus.  —  Das  Neulr. 
verum  wird  nicht  blos  concret  von  etwas  Emzeinem,  was  wahr  ist, 
verstanden,  sondern  auch  bisweilen  (wie  bei  Cicero  und  Horaz)  ab- 
stract  von  der  Wahrheit  als  Eigenschaft,  für  veritas.  Vgl.  Th.  I,  §.  84. 

Vesanire,  unsinnig,  rasend  sein,  ist  ausser  im  Partie,  vesaniens 
(bei  dem  Dichter  CatuU.)  ohne  Auctorität,  für  vesanum  esse,  insanire. 

J^esperus,  der  ^bend,  kommt  nirgends  vor,  für  vesper  nach  Decl. 
IL;  denn  in  der  Stelle  bei  Varro  (R.  R.  III,  5,  35),  welche  Scheller 
aus  Gesner's  Thesaurus  anführt,  steht  das  griechiscliartige  hesperus 
zur  Bezeichnung  des  Abeyidsterjies,  von  welchem  er  L.  L.  VI,  6.  p.  75 
ed.  Müll,  sagt:  Kair^ijov  nostri  vocant  vesperuginem;  und  weiter  setzt 
er  hinzu :  id  tempus  dictum  a  Graecis  In-neQu^  latine  vesper.  —  Seltene 
Nebenform  ist  vespern,  doch  ist  sie  durch  die  Handschr.  in  vielen 
Stellen  Cicero's  jetzt  durch  die  Form  vesper  verdrängt,  so  dass  nicht 
mehr  ad  vesperam,  sondern  ad  vesperum  gelesen  wird,  z.  B.  Fin.  II, 
28,  92;  III,  2,  8,  wo  Madvig  zu  vergleichen  ist.  Ausserdem  vgl.  Gern- 
hard  u.  Klotz  z.  Cic.  Lael.  3,  12.  Görenz  z.  Cic.  Fin.  p.  260.  Oudend. 
Caes.  B.  G.  1, 26.  —  Das  adverbiale  Abends  hiess  in  alter  Form  vesperi 
oder  vespere.  —  P.  L.  steht  vesper  in  der  Bedeut.  Abendgegend,  We- 
sten, für  occidens,  und  in  der  Bedeut.  die  westlichen  Völker,  für  inco- 
lae,  populi  occidentis.  —  Ungewöhnlich  ist  vesper  fit,  es  wird  Abetid, 
für  advesperascit. 

Vesperascere,  Abend  werden,  ist  nur  A.  u.  Sp.  L.,  und  nur  gut  in 
den  Redensarten  coelo  und  die  vesperascente ;  Kl.  ist  advesperascere. 

Vestigare,  aus-  oder  aufspüren,  ist  selten,  für  investigare.  Ellendt 
(z.  Cic.  Orat.  II,  39,  166)  zweifelt,  dass  es  in  guter  Prosa  irgendwo 
sicher  vorkomme;  er  meint,  es  sei  überall  investigare  zu  lesen,  und 
ändert  so  die  beiden  Stellen  in  Cicero,  in  welchen  vestigare  vorkommt. 
Man  halte  sich  daher  aji  investigare. 

Vestigium,  die  Spur.  Nacl»  Fülleborn  (Theorie  des  latein.  Stils  p.  91) 
kann  man  nicht  sagen  praeclara,  egregia  vestigia  u.  dgl.,  wie  wir  sagen 
herrliche  Sptiren,  sondern  etwa  perspicua. 

Festis  ist  in  guter  Prosa  nur  im  Sing.  üMich,  nicht  im  Plur.,  und 
bezeichnet  unser  Zeug,  Kleidung,  nicht  ein  einzelnes  Kleid;  es  ist 
also  gleich  vestitus.  Man  brauche  daher  nicht  vestes,  wie  denn  auch 
Cic.  (Lael.  15,  55)  sagt:  parant  equos,  famulos,  üesfem  egregiain  (wo- 
bei wir  an  31ehrheit  denken  müssen),  vasa  pretiosa  —  wo  einige  ge- 
wöhnliche Ausgg.  vestes  egregias  lesen;  ebenso  Verr.  IV,  46,  103  ad 
vestem  itmliebrem  conficiendam,  wo  nach  dem  Zusammenhange  an  77ieh- 
rere  weibliche  Kleider  zu  denken  ist;  —  ftirner  plurima  vestis  Meli- 
tensis  ;  —  und  so  sagte  man  auch  nur  stragula  vestis,  Teppiche,  Decken. 
Vgl.  Th.  I,  §.  59. 

Fetare,  verbieten.  Im  Perf.  kommt  in  Prosa  nur  die  Form  vettii, 
P.  L.  und  selten  die  Form  vetavi  vor;  im  Supin.  nur  vetitu?n,  nicht 
vetatuin.  —  Beim  Activ.  ist  fast  durchaus  nur  eine  Person  das  Subject 
des  Verbi,  selten  eine  Sache,  z.  B.  bei  Cicero:  rationes  a  te  collectae 
nie  vetant  diffidere;  —  und  so  sagt  ein  Neuerer:  brevitas  rermnque 
copia  vetat,  was  mit  Unrecht  getadelt  worden  ist.  —  Ein  Objectssatz 
mit  dass  oder  mit  dem  Bat.  und  dem  Infinit,  folgt  in  Prosa  fast  durch- 
aus nur  mit  dem  Accus,  und  dem  Infinit.;  z.  B.  er  verbot,  dass  ich 


809 

Wein  tränke  oder  er  verbot  mir  Weiji  zu  trinken,  me  vimim  hibere 
vettiil ; —  P.  L.  und  niclit  iiacliziiahmen  ist  7ie  mit  dem  Conjunct.,  oder 
oliiie  ne  mit  dem  blossen  Conjunct.;  man  sage  also  nicht:  re/?///,  we 
vim/m  biberem,  auch  nicht  vetuit,  vinum  biberem.  Zu  verwerfen  ist  auch 
(juomimis  nach  velare,  wie  z.  B.  Seneca  sagt:  sapientia  nulla  re,  quo- 
mimis  se  exerceat,  vetari  potest,  für  se  esercere.  Auffallend  ist  es  da- 
her, dass  Muret.  (Commentar.  de  legibus,  Oper.  T.  IV,  p.  252  sqq.) 
vetare  oft  mit  ne  verbindet,  eine  Verbindung,  welche  zwar  Dichter 
nach  griech.  Art  (wie  «?;'  nach  u-neiTrali^nnA  ein  negativer  Infinit,  nach 
6t7r«;  oo£i\  n'  folgt)  brauchen,  welche  aber  in  Prosa  nirgends,  auch  nicht 
bei  den  spätem  Juristen,  vorzukommen  scheint.  —  Da  vetarehn  Passiv. 
gerade  wie  jubere  verbunden  wird,  so  ist  es  auch  falsch,  wenn  Muret. 
(Expl.  Cic.  Catil.  I,  11)  sagt:  quod  privatos  homines  non  vetituin  est 
facere,  für  quod  privati  homines  non  sunt  vetiti  facere. 

Fetus,  alt.  Die  bessere  Form  des  Ablat.  Sing,  ist  wohl  durchaus 
nur  vetere  (wenigstens  in  Prosa),  nicht  veteri,  mögen  auch  einzelne 
Stellen  noch  bis  jetzt  die  letztere  Form  haben.  Vgl.  Th.  I,  §.  36.  — 
iV*^.  L.  ist  es,  re/w.5,  wie  recens,  als  Adv.  zu  brauchen  und  zusagen: 
libri  vetus  scripti,  glossaria  vetus  jam  edita.  —  ^.  L.  bei  dem  altera 
Cato  findet  sich  der  Comparat.  veterior,  wofür  in  der  bessern  Prosa 
vetustior  steht.  —  Nur  P.  L.  ist  es,  vetus  vom  Lebensalter  zu  brauchen, 
für  sefies,  mag7ius  und  grandis  natu;  man  ahme  dies  durchaus  nicht 
nach.  Vgl.  Weber's  Üebungssch.  p.  71. 

Fetustus,  alt,  ist  in  Beziehung  auf  das  Lebensalter  nur  N.  KL,  wie 
vetus;  es  steht  so  besonders  bei  Tacitus,  wiewohl  auch  bei  dem  jun- 
gem Plinius,  werde  aber  nicht  nachgebrancht. 

Fexare,  was  nur  ängstigen,  quälen,  verfolgen  u.  dgl.  bedeutet,  ist 
nur  iV.  Kl.  in  der  Bedeut.  verhöhnen,  verspotten,  vexiren,  für  Hindere, 
irridere,  ludibrio  habere  u.  a. 

Fexillifer,  der  Fahnenträger,  ist  bei  uns  nicht  anwendbar,  da 
unsere  Feldzeichen  und  Fahnen  nur  signa,  nicht  vexilla  sind ;  wir 
sagen  daher  nur  signifer. 

Fia,  der  Weg.  Obgleich  via  juris,  der  Weg  des  Rechtes,  der  Weg 
Rechtens,  bei  Cic.  (Q.  fr.  I,  2, 10  via  juris  ejusmodi  est)  vorkommt,  so 
ist  doch  via  judicialis,  der  gerichtliche  Weg,  d.  h.  der  Weg  Rechtens, 
nicht  üblich,  und  wird  mehr  durch  Judicium  oder  durch  jus  allein 
ausgedrückt;  z.  B.  at/f  gerichtlichem  Wege  Etwas  suchen,  jure  experiri, 
nicht  via  juris;  auf  gerichtlichem  Wege  verfahren,  jure  agere ;  sich  auf 
gerichtlichem  Wege  Etwas  gefallen  lassen,  aliquid  judicio  pati.  Vgl. 
Klotz  z.  Cic.  Verr.  II,  24,  60.  p.  754.  —  Gleich  gut  ist  via  laudis  (Cic. 
Brut.  81,  281)  und  ad  loudem,  via  gloriae  und  ad  gloriam,  der  Weg 
zum  Ruhme  —  und  so  ähnliche.  Gut  ist  se  in  viam  dare,  sich  auf  den 
Weg  begeben;  und  wie  wir  sagen:  seines  Weges  gehen,  so  sagte  man 
auch  wohl  ire  oder  abire  suamviam;  so  wenigstens  Plaut.  (Rud.  IV, 3): 
Tu  abi  tuam  viam,  gehe  du  deines  Weges.  —  Der  Lebensweg  hiess 
wohl  selten  via  vitae,  mehr  vitae  cursus,  und  dalxer  einen  Lebensweg 
einschlagen,  vitae  cursum  tenere  (Cic.  Rep.  I,  6).  Vgl.  Hand's  Lehrb. 
p.  250. 

Fiare,  einen  Weg  machen,  gehen,  reisen,  ist  N.  Kl.,  wird  aber  nur 
von  Quintilian.  (VIII,  6,  33)  als  ein  unglücklich  gebildetes  Wort  er- 
wähnt:   Fio  pro  eo  infelicius  fictura;  —  es  findet  sich  daher  auch 


810 

erst  Sp.  L.  im  Gebrauche,  und  ist  unnötliig  wc^en  ire,  proßcisct\  viam 
facere  u.  a. 

Fibromen,  vibratio,  vihratus,  die  Schwhigimg,  sind  Sp.  L.,  für  inci- 
tata  conversio,  impetus.  Vgl,  Weber's  Uebungsscli.  p.  318. 

Vice ;  vgl.  Vicis. 

Vicecancellarius,  vicedirector  und  alle  ähnlich  gebildeten  Wör- 
ter sind  erst  A^.  L.;  nirgends  findet  sich  bei  guten  Lateinern  ein  ähn- 
liches. —  Unser  Stellvertreter  drückte  man  theils  durch  vicarlus  mit 
dem  Genit.  des  Hauptwortes  aus  (doch  scheint  so  kein  Beamter  be- 
zeichnet worden  zu  sein),  theils  durch  pro  mit  dem  Ablat.,  wie  man 
z.  B.  neben  dem  magister  (dem  Vorsteher  und  Aufseher)  einen  pro 
?tiagistro,  einen  Unter  auf  seh  er,  halte,  welchen  wir  nach  der  Analogie 
jener  neuen  Wörter  vicemagister  nennen  würden.  Und  so  müsste  man 
den  Vicekanzler  —  pro  cancellario,  den  Vicedirector  —  pro  directorcy 
den  Vicepräsidenten  —  pro  praeside  u,  s.  w.  nennen;  da  uns  aber  der- 
gleichen Ausdrücke  sehr  unverständlich  sein  würden,  so  behalte  man 
für  die  neuen  Aemter  die  neuen  Benennungen  bei.  Vgl.  Matthiae  Cic. 
Epist.  sei.  ep.  59  (Fam.  XIII,  65). 

Vicesies,  zwanzigmal,  ist  falsche  Form  für  vieles. 

Vicinia  und  vicinitas,  die  Nachbarschaft,  vermeide  man  in  der 
Bedeut.  Nachbarn  (für  vicini),  da  sie  nur  selten  so  vorkommen.  — 
N.  L.  ist  die  Form  vicinium. 

Vicis  oder  vices,  der  Wechsel,  ist  ein  mangelhaftes  Subst.,  für  wel- 
ches vicissitudo  mehr  im  Gebrauche  ist.  Es  findet  sich  A^.  Kl.  und  Sp.  L. 
gebraucht,  wo  es  in  der  bessern  Prosa  nicht  üblich  ist.  —  P.  L.  ist 
tu  oder  per  vices,  abwechselnd,  für  in  vicem  (invicem),  vicissim.  —  Sp.  L, 
und  durchaus  zu  vermeiden  sind  die  Redensarten:  hac  vice,diesesmal, 
für  nunc;  vice  prima,  altera,  tertia  u.  s.  w.,  das  erste-,  zweite-,  dritte^ 
mal,  für  primo,  secundo  oder  iterum,  tertio;  vice  una,  vice  altera,  das 
einemal,  das  anderemal,  für  semel.  Herum,  wenn  vorausgegangen  ist 
zweimal  (bis  ;  vgl.  Wolf  zu  Sueton.  Tiber.  6)  ;  wenn  aber  die  Zeit  darin 
liegt  (also  gleich  unserem  bald-  bald),  so  sage  man  alias,  alias ;  —  ferner 
vice  iterata,  zu  wiederholtenmalen,  für  iterum,  und  vice  repetita,  wie- 
derholt, zu  tviederholtenmaleti,  für  identidem ;  vice  versa,  mngekehrt, 
für  contra,  e  contrario,  auch  bisweilen  für  vicissim;  vice  ultima,  zum 
letzenmale,  für  postremum  —  und  andere  ähnliche,  welche  im  N.  L. 
oft  vorkommen.  Vgl.  Heusing.  Emendd.  p.  434  u.  487.  Weber's  Ue- 
bungssch.  p.  283  und  Dietrich's  Sintenis  p.  142.  —  Bezweifelt  wird 
vicein  oder  vices  alicujus  sustinere,  Jemandes  Stelle  vertreten,  für  das 
N.  AI.  vice  alicujus  fuj^si  oder  das  Kl.  alicujus  partes  agere,  personam 
teuere,  sustinere  (vgl.  Persona),  alicujus  vicarium  esse.  —  Zu  vermei- 
den ist  endlich  vice  in  der  Bedeut. /m/",  anstatt;  so  kommt  es  nur 
N.  Kl.  bei  dem  altern  Plinius  vor,  für  das  Kl.  loco, und  Ernesti  (Opuse. 
orat.  p.  94)  sagt  vice  mariti,  anstatt  des  Ehegatten,  für  loco  mariti. 

Vicissim,  abtvechselnd,  ist  ganz  gleich  i?ivicem;  vgl.  dieses  Wort. — 
N.  L.  ist  vicissim  in  der  Bedeut.  unter  einander ,  gegenseitige  für  iuter 
se  oder  mutuo.  Man  sagt  also  nicht  vicissim  amare,  wechselseilig  oder 
gegenseitig  liebe?i;  vicissim  diligere,  gegenseitig  hochachten,  sondern 
inter  se  (mutuo)  amare,  diligere.  —  Von  einer  Person  oder  Sache  ge- 
braucht, zeigt  vicissim  den  Wechsel  ihres  Zustandes  oder  ihrer  Hand- 
lung an;  z.  ß.  odit  ille  eum,  vicissim  amat;  vigilat  homo,  vicissim  der- 


811 

mit;  terra  floret,  t^icissim  horret;  bei  swe?' Personen  oder  Sachen  wird 
es  gesetzt,  wenn  sie  mit  einander  in  Etwas  weclisein,  und  wenn  der 
Eine  das  thut,  was  der  Andere  vorher  gethan  hat;  z.  B.  me  praebebo 
tibi  victssim  attentum  auditorem  (Cic.  N.  D.  111,1);  cum  ipse  dixerim, 
te  andire  vkissim  volo  —  und  Aehnliches. 

Victimare,  schlachten,  opfern,  ist  Sp.  L.,  für  mactare,  immolare, 
viclimam  caedere^facere  (in  heiligem  Sinne)  u.  a. 

Vktitare,  leben,  kommt  nur  A.  L.  bei  den  Komikern  vor,  für  viver0; 
nnnöthig  braucht  daher  jenes  Muret.  (Var.  Lect.  V,  1). 

Victoria,  der  Sieg.  Den  Sieg  über  Jemanden  davontragen  heisst 
victoriain  reportore,  referre  oder  ferre  ab  aliqno,  seltner  ex  aliquOy 
Sp.  L.  de  aliquo.  Vgl.  Reportare.  —  Siegesgeschrei  erheben,  Firtoria 
rufen  heisst  victoriam  conclamare,  nicht  vocare.  Vgl.  Caes.  B.  G.  V,  37 
und  unten  Vocare. 

Victor iosus,  siegreich,  ist  A.  und  Sp.  L.,  für  victor,victrix.  —  Sie- 
gesbriefe heissen  litterae  victrices  oder  laureatae;  siegreiche  Waffen, 
arma  victricia ;  ein  siegreiches  Heer,  victor  exercitus. 

Victualis,  die  Nahrung  betreffend,  und  viciualia,  die  Lebens-  oder 
Nahrungsmittel,  sind  Sp.  L.,  für  victtis,  alimenta,  cibaria,  esculenta  et 
'poculenta ;  im  Kriege  meistens  commeatus. 

Videlicet  heisst  eigentlich  man  sieht  es  ja,  daher  denn  ixxich  frei- 
lich wohl,  offenbar,  ohne  Zweifel,  und  spöttisch  Ja  wahrhaftig,  sieh'  da! 
seht  da! —  Man  brauche  es  nicht  falsch  für  unser  gewöhnliches  nem- 
lich,  um  etwas  Allgemeines  näher  zu  bestimmen.  Vgl,  Weber's  üe- 
bungssch.  p.  514.  Hand's  Lehrb.  p.  230.  Reisig's  Vorles.  p.  466  und 
oben  Scilicet. 

Videnne,  siehst  du  nicht?  ist  eine  unerweisliche  Form  für  videsne 
oder  viden;  Gesner  braucht  sie  in  seinem  latein.  Lucian.  oft.  Vgl.  Scire. 

Videre,  sehen.  Wenn  in  sehen,  verbunden  mit  einem  passiven  Par- 
ticip.,  nicht  das  leibliche  Sehen  liegen  soll,  sondern  wenn  es  nur  lel)- 
haft  das  im  Particip.  liegende  Verbum  umschreibt,  so  wird  es  nicht 
ausgedrückt ;  z.  B.  ich  sehe  mich  durch  die  Umstände  gezwungen, 
dieses  zu  thun,  haec  facere  cogor,  nicht  haec  me  facere  coactum  video. 
Etwas  ganz  Anderes  ist  es,  wenn  Cic.  (Brut.  J,  1)  sagt:  me  privatum 
videbam,  ich  sah  mich  beraubt.  Man  sei  daher  in  solchen  Verbindungen 
vorsichtig.  Vgl.  Klotz  Sintenis  p.  165.  Dahin  oder  darauf  seheii,  dass 
—  heisst  nicht  eo  oder  id  videre,  ut  — ,  sondern  (ohne  eo  und  id)  blos 
videre,  ut  — ;  z.  B.  es  ist  nicht  allein  dahin  oder  darauf  zu  sehen,  das 
zu  beachten^  dass  — ,  non  solum  videndum  est,  ut  —  (Cic.  Orat.  III, 
11,  46).  —  Sich  nach  Etwas  umsehen,  um  es  zu  gebrauchen,  heisst 
sibi  videre  aliquid,  z.  B.  sedem,  locum,  sich  nach  einem  Sitze,  nach 
einem  Platze  umsehen,  wie  Cic.  (Tusc.  IV,  17,  88)  sagt :  sapiens  ita 
acrem  ia  omnes  partes  aciem  intendit,  ut  semper  videat  sedem  sibi  ac 
locum  sine  molestia  atque  angore  vivendi.  —  Bezweifelt  wird  von  Ei- 
nigen videre  in  der  Bedeut.  einsehen,  wofür  wir  auch  sehen  brauchen; 
aber  es  steht  so  nicht  selten  bei  Cicero  u.  A.  Richtig  ist  auch  vide, 
ne  — ,  siehe  zu,  dass  nicht,  d.  h.  hüte  dich,  dass  nicht  — .  Wie  wir  sehe 
ich  in  directe  Rede  einschieben,  so  thun  es  auch  bisweilen  die  La- 
teiner; z.  B.  er  ist,  sehe  ich,  in  die  Nähe  zu  dir  gekommen,  is  ad  te, 
Video,  comminus  accessit  (Cic.  Att.  II,  2).  —  Endlich,  wie  wir  bei  hör- 


812 

baren  Dingen  sehen  für  hör€7i  brauchen,  so  auch  die  Lateiner,  und 
wir  dürfen  dies  nachahmen.   Vgl.  Klotz  zu  Cic.  Tusc.  II,  8,  20. 

J  ideri,  scheinen.  Unser  neutrales  es  scheint  kann  im  Lateinischen 
irre  führen,  da  videri  nach  dem  gewöhnlichen  Sprachgebrauclie  nicht 
ein  Tmpersonal-  sondern  ein  Personalverbum  ist,  und  alle  Personen 
im  Sing,  und  Plur.  hat,  indem  die  Person  oder  Sache,  welche  in 
dem  von  r/f/er/abhängigfen  Satze  liegt,  Subject  zu  videri  ist  und  das 
von  videri  abliängige  Verbum  in  den  Infinit,  gesetzt  wird;  z.  B.  es 
scheint  Allen,  dass  ich  dein  Freinid  sei,  omnibus  ego  tibi  nmictis  esse 
videor,  nicht  omnibus  videtur  nie  libi  aniicum  esse;  es  scheint,  dass 
diese  Städte  gross  gewesen  sind,  hae  urbes  magnae  fuisse  videntur, 
nicht  videtur  has  urbes  magnas  fuisse  —  und  so  in  allen  ähnlichen 
Fällen.  Jedoch  weicht  mihi  videtur  in  einigen  Stellen  ab,  wenn  es  be- 
deutet das  ist  ?neine  Meinntig,  gleich  placet  fuihi,  wo  es  als  selbst- 
ständiger Satz  erscheint,  und  der  im  Accus,  mit  dem  Infinit,  stehende 
Satz  das  erklärende  Subject  des  Verbi  ist,  wie  in  Cic.  Tusc.  V,  5,  12; 
8,  22  n.  a.  Stellen.  Will  man  z.  B.  sagen:  dies  ist  meine  Meinung,  die 
Tugend  vermag  genug  zum  g/ück/iche?i  Leben,  und  sollen  beide  Sätze 
mehr  für  sich  stellen,  und  der  letzte  Subject,  der  erste  Praedicat 
sein,  so  heisst  der  erste  Satz  mihi  videtur,  der  zweite  virtr/tem  satis 
posse  ad  — ,•  will  man  aber  nur  sag-en :  die  Tugend,  dihtkt  mich,  vermag 
genug,  so  heisst  es:  virtus  mihi  videtur  satis  posse.  Vgl.  Wolf,  Orelli 
und  Klotz  zu  Cic.  Tusculan.  —  Uebrigens  halte  man  sich  streng  an 
den  personalen  Gebrauch  und  vermeide  gänzlich  die  deutsche  imper- 
»07?ff/e  Verbindung,  welche  man  im  N.  L.  nicht  selten  findet.  —  Videri 
wird  aber  auch  sogar  im  eingeschobenen  Satze  mit  ivie  (ut)  als  Per- 
sonalverbum betrachtet,  indem  das  im  Hauptsätze  stehende  Subject, 
als  auch  zu  dem  eingeschobenen  wie  es  scheint  gehörig,  das  Verbum 
in  der  Person  und  im  Numerus  oft  ändert;  z.  B.  wie  es  scheint,  haben 
wir  dazu  viel  beigetragen,  ad  eam  rem  nos,  ut  videniur  (nicht  ut  vi- 
detur), attulimus  (Cic.  Off.  1, 1,  2);  ich  hatte  dir  fnit  wenigen  Worten, 
wie  es  mir  schien,  geantwortet,  ut  mihi  videbar  (nicht  videbatur),  re- 
spondera?n  (Tusc.  I,  46,  111)  —  und  so  ähnliche.  Vgl.  Cic.  Farn.  IV, 
13,  3;  VI,  1,  16.  Att.  I,  18,  2;  VIII,  11,  1.  Tusc.  III,  34,  84  u.  a.  und 
Anleit.  §.  459.  —  Man  sage  also  nicht:  haec  verba  recte,  7it  videtur, 
deleo,  sondern  ut  videor;  nicht:  haec  verba  recte,  ut  videtur,  de- 
lemus,  sondern  itt  videmur;  nicht,  wie  Muret.  (Var.  Lectt.  XIII,  2): 
qui  juvenes  immaturam,  ut  videbatur  (für  videbantur),  mortem  obic- 
rant ;  nicht,  wie  Gesner  (im  lat.  Lucian.  Sacrif.  2) :  absque  mercede, 
ut  videtur  (für  videntur),  faciunt  nihil;  —  und  so  ist  im  N.  L.  oft  ge- 
fehlt worden.  —  Auch  hier  macht  vielleicht  (wie  oben  mihi  videtur) 
ut  mihi  videtur,  in  der  Bedeut.  wie  meine  Meinung  ist,  bisweilen  eine 
Ausnahme;  wenigstens  lesen  in  Cic.  Fin.  I,  20,  66  alle  Handschriften: 
seque  facile,  ut  mihi  videtur,  expediunt,  wofür  jedoch  Lambin.  vi- 
dentur las;  und  ebenso  schwankt  die  Lesart  in  Cic.  Marc.  3,  10  zwi- 
schen ut  mihi  videtur  und  videntur,  ]G\\es  aber  haben  die  besten  Hand- 
schriften, so  wie  auch  Steinmetz  und  Klotz. 

Vidua,  die  Wittwe.  Für  falsch  und  lächerlich  erklärt  Vavassor. 
(Antib.  p.  609)  vidua  mit  folg.  Gejiit.  ihres  verstorbenen  Mannes. 

Viemia  ist  bei  den  Alten  nur  eine  gallische  Stadt,  das  heutige 
Vienne;  aber  nicht,  wie  man  es  so  oft  im  A^  L.  findet,    die  öster- 


813 

reichische  Stadt  Wien,  mag  man  auch  bisweilen  Austriaca  dazu  setzen. 
—  Wien  hiess  Viridobona  oder  f'indomi?ta  und  mit  andern  älinlichen 
Formen.  Jener  Feliler  findet  sich  häufig  auf  den  Titeln  lateinischer, 
in  Wien  gedruckter  Bücher.  —  Ebenso  hiessen  auch  die  Einwohner 
der  französischen  Stadt  Pien?ie  —  Fien?ienses,  die  der  Stadt  Wien  — 
Vindobonenses,  welche  beide  Benennungen  ebenfalls  im  N.  L.  ver- 
wechselt worden  sind. 

Figesies,  zwa?izigmaf,  ist  falsche  Form  für  vicies. 

Vigilax,  wachsam,  munter,  steht  N.  Kl.  bei  Coluraella,  sonst  ist  es 
nur  P.  L.,  für  vigil,  vigilans. 

Figiliae,  die  Wachen,  bedeutet  nur  die  Wachen  bei  Nacht;  aber 
excubiae  —  die  Wachen  bei  Tag  und  Nacht. 

Vincere,  siegen,  geioinnen.  Wo  wir  sagen :  im  Gerichte,  in  einem 
Processe  u.  dgl.  siegen,  den  Process  gewinnen,  sagt  man  latein.  theils 
mit  dem  A.h\.  judicio,  causa,  sponsione,  theils  mit  dem  Accus.  Judicium, 
causam,  sponsionem  vincere ;  und  so  sagt  auch  Cic.  (Tüll.  36)  :  unam 
rem  vincere,  in  einer  Sache  siegen.  Vgl.  Rulink.  Vellej.  I,  8.  —  Grie- 
chischartig, aber  ganz  gewöhnlich  sagte  man  vincere  Olympia,  Isth- 
mia  u.  ähnl.,  in  den  Olympischen,  Isthmischen  Spielen  siegen;  aber 
darnach  zu  sagen  bella  vincere,  in  Kriegen  siegen,  ist  Sp.  L.  und  nicht 
nachzuahmen. 

Fincire,  binden.  Obgleich  dieses  Verbum  in  Beziehung  auf  Verse 
gebraucht  wird,  und  obgleich  die  Prosa  schon  von  Cicero  oratio  soluta 
genannt  wird,  so  ist  doch  oratio  vincta,  die  poetische  Rede,  die  Poesie, 
ohne  Auctorität,  erst  N.  L.  und  nach  Vavassor.  (Antib.  p.  593)  ohne 
den  Zusatz  numeris  nicht  zu  brauchen. 

Findicare,  sich  zueignen,  anmasseii,  wird  wohl  nur  ohne  sihi  ge- 
braucht, aber  Livius  verbindet  es  mit  ad  se ;  vor  oder  gegen  Etwas 
schützen,  sichern  heisst  vindicare  ab  aliqua  re ;  ebenso  von  Etwas 
befreien. 

Findobona,  Wien;  vgl.  Fienna. 

Finne,  willst  du?  ist  unerweisliche  Form  für  visne  oder  vin; 
Gesner  braucht  sie  in  seinem  latein.  Lncian.  mehrmals.  ^^\.  Scire. 

Fiolens,  geivaltsam,  ist  nur  P.  L.,  für  violentus ;  als  Adverb,  aber 
wird  nur  violenter  gebraucht,  nie  violente.  —  Als  ungewöhnlich  wird 
verworfen  violenter  manus  afferre,  gewaltsam  Hand  anlegen,  da  schon 
manus  offcrre  diesen  Sinn  enthält,  wie   im  Griech.  Tryoa/^oen   ycujag. 

Fir,  der  Mann,  wird  in  der  Bedeutung  Gatte  (gleich  maritus)  von 
Einigen  verworfen,  aber  da  es  bei  Cicero  (Fam.  VII,  23.  Coel.  13), 
Livius  (1,5,8)  und  Andern  so  vorkommt,  ist  es  neben  maritus  und  conjux 
wohl  zu  brauchen.  Vgl.  Anton.Progr.  p.3.  —  Ohne  Auctorität  aber  sind 
die  Ausdrücke  vir  adolescens,  vir  juve?iis,  ein  junger  Mann  ;  vir  sejiex, 
ein  alter  Mann ;  vir  tritt  hier  nie  hinzu.  —  Wohl  nie  wird  auch  vir  bei  den 
Alten  zur  Bezeichnung  des  Alters  gebraucht,  wie  wir  den  Mann  zwi- 
schen dem  Jüngling  und  den  Greis  oder  den  Alten  setzen;  die  Stufen 
des  menschlichen  Alters  folgen  so  aufeinander:  infans,puer,  adole- 
scens, juvenis^  senior,  senex,  ohne  dass  also  vir  zwischen  juvejiis  und 
senior  eingeschoben  wird,  weil,  was  wir  Mann  nennen,  bei  den  Alten 
juvenis  heisst.  Varro  nahm  (nach  Censorin.  c.  14)  nur  fünf  Stufen 
an:  puer,  adolesce?is,  juvenis,  senior  und  senex,  und  bestimmte  für  jede 
der  vier  ersten  fünfzehn  Jahre,  so  dass  also  Männer  von  30 — 45  Jahren 


814 

juvenes,  solche  von  46 — 60  Jahren  sem'ores  hiessen.  Daher  setzte  er 
nach  Juventus  unmittelbar  senectus,  nicht  aber  eine  aetas  virilis.  — 
Vir  dagegen  steht  im  Allgemeinen  nur  der  femina  oder  mulier  ent- 
gegen, und  bezieht  sich  auf  das  Geschlecht  (genus),  nicht  auf  das 
Alter  (aetas).  Es  hat  aber,  wie  unsere  Wörter  Mann  und  männlich, 
den  NebenbegrifF  des  dem  mäntdichen  Geschlechte  Eigenthümlichen, 
der  Kraft  und  Stärke  an  Geist  und  Leib,  im  Gegensatze  der  Schwäche 
und  Kraftlosigkeit  des  weiblichen  Geschlechtes,  und  bildet  deshalb 
oft  einen  Gegensatz  zu  puer,  welchem  die  geistige  und  körperliche 
Kraftausbildung  noch  fehlt.  Und  so  steht  es  selbst  bei  Ovid.  Met.  XIII, 
397,  welche  Stelle  man  allein  zum  Beweise  anführt,  dass  vir  auch  in 
Beziehung  auf  das  Alter  gebraucht  werde.  —  Der  Name  vir  ist  auch 
ehrend,  zumal  im  Verhältnisse  zum  Staate,  und  er  tritt  deshalb  häufig, 
wie  ein  Titel,  mit  einem  Adject.  zu  einem  INamen  hinzu,  z.  B.  vir  for- 
tissimus,  clarissimus,  optimus,  gravissimus  u,  dgl.  —  Nie  stehen  aber 
auch  viri  und  juvenes,  viri  und  senes  einander  entgegen,  und  man 
wird  sie  bei  guten  Lateinern  nie  zusammengestellt  finden,  wie  z.  B. 
Schütz  (Commentar.  zu  Aeschyl,  Pers  .p.  5)  juvenes  et  viri  zusammen- 
gestellt hat.  Dagegen  stellt  Cicero  (Invent.  I,  24,  35)  fragend  zu- 
sammen :  puer  an  adolescens,  natu  grandior  an  senex  ?  —  Schwerlich 
möchte  es  also  lateinisch  sein,  zu  sagen:  cum  vir  f actus  esset,  als  er 
Mann  gewordefi  war,  für  cum  juvenis  oder  7iatu  grandior f actus  esset. 

—  Ebenso  verhält  es  sich  mit  dem  Adject.  virilis,  männlich,  welches, 
wie  vir,  eigentlich  nur  auf  das  Geschlecht,  nicht  auf  das  Alter  Bezug 
hat;  daher  gibt  es  denn  auch  keine  aetas  virilis,  sondern  dafür  sagt 
man  Juventus  oder  aetas  consta?is,  media  (Cic.  Sen.  20),  fir mala,  con- 
firmata,  corroborata.  Bei  den  Alten  wenigstens  folgt  auf  adolescentia 

—  Juventus  und  dann  se7iectus,  nirgends  aetas  virilis.  —  So  wie  vir, 
hat  aber  auch  virilis,  als  Gegensatz  zu  muliebris,  den  Begriff  stark, 
kräftig,  und  in  diesem  Sinne  stehen  puerilis  und  virilis  einander  ent- 
gegen, z.  B.  bei  Cic.  ( Att.  XIV,  21,  3)  :  animo  virili,  consilio  puerili, 
und  in  demselben  Sinne  verbindet  Iloraz  (A.  P.  166)  aetas  animusque 
virilis,  und  sagt  doppelsinnig,  indem  er  auf  Alter  und  Ernst  Rücksicht 
nimmt  (A.  P.  178):  ne  forte  seniles  mandenturjuveni  partes, pueroque 
viriles. —  Im  N.  L.  kommt  virilis  aetas  sehr  häufig  vor;  Mahne  sagt  so- 
gar (Vita  Wyttenb.  p.  XIX)  :  f[\\ae  juventutem  ac  virilem  aetatem  meam 
aluerunt,  was  den  Alten  unerhört  sein  würde.  Vgl.  indessen  gegen 
meine  Ansicht  Anton.  Progr.  p.  41  und  Trojanski  in  d.  Zeitschr.  f.  d. 
Alterth.  1835.  Nr.  148;  ausserdem  Wei)er's  Uebungssch.  p.  127;  über 
vir  und  homo  vgl.  Vavassor.  Antib.  p.  610.  Grotefend's  Commentar. 
z.  d.  Material.  p.304  und  den  besondern  Excurs  in  Weber's  Uebungssch. 
Ueber  vir  immortalis  vgl.  Immortalis,  und  über  pro  virili  parte  \g\.  Pars. 

Viretum,  das  grüne  Feld,  der  Garten,  ist  P.  L.,  für  viridarium. 

Virgineus,  jungfräulich,  ist  nur  P.  L.,  für  virginalis. 

Viridis,  grün,  bedeutet  auch  Kl.  \i\\A\\c\\.  frisch,  jung,  z.  B.  bei  Cic. 
(Rep.  VI,  8) :  viridiora  praemiorum  genera,  im  Gegensatze  zu  arescen- 
ies  laureae. 

Virilim,  Mann  für  Mami,  wird  nur  mit  Distributivzahlen,  nicht 
mit  Cardinalzahlen  verbunden.  Man  sage  also  nicht:  militibus  viginti 
quinque  numos  viritim  dedit,  er  gab  den  Soldaten  Mann  für  Mann 
fünfundzwanzig  Sesterze,  sondern  vicenos  quinos. 


815 

Viror  ist  in  der  Bedeut.  Lebhaftigkeit,  Kraft  N.  L.,  für  viriditas, 
vigor  animi,  alacritas  a7iimi. 

Virluosus  ist,  in  welcher  Bedeutung;  es  sei,  N.  L.;  in  der  Bedeut. 
tugendhaft,  für  bonus,  probus,  honestus,  integer,  sanctus,virtuie  prae- 
ditus  u.  a.;  in  der  Bedeut.  meisterhaft  und  als  Subst.  Meister  in  einer 
Kunst^  für  sciens,  scie?itissimus  u.  a. 

Virunculus,  ein  Männchen,  ist  N.  L.,.für  homuncio,  homunculus. 
Virulentus,  voll  Gift,  giftige  ist  Sp.  L.,  für  venenatus,  pestifer ;  es 
ist  aber  überhaupt  nicht  zu  brauchen,  und  ganz  neu  ist  der  Ausdruck 
odium  virulentum,  ein  giftiger  Hass,  für  odium  capitale  u.  a. 

Vis  ist  in  der  bessern  Prosa  mangelliaft  und  im  Sing,  auf  Nomin., 
Accus,  und  Ablat.,  vis,vim,  vi  beschränkt.  Ohne  Beispiel  ist  der  Genit, 
vis,  wie  neulich  Jemand  schrieb:  Praecepta  juris  Romani  circa  crimen 
vis,  in  Beziehung  auf  das  Verbrechen  der  Gewallt hätigkeit,  für  circa 
vim.  —  Der  Dat.  vi  steht  nur  bei  dem  Verf.  des  Bell.  Afric.  69,  was 
ein  Zeichen  der  Spätheit  dieses  Buches  ist.  —  üei)rigens  ist  vis  die 
physische  Kraft  und  Gewalt  eines  Menschen  oder  dieses  und  jenes 
Diuges,  und  so  sagt  man  denn  auch  bildlich  vis  ingenii,  eloquenliae 
u.  dgl.  Wiewohl  aber  vis  oratoris  richtig  ist,  so  wäre  doch  nicht  richtig 
vis  Ciceronis,  Demosthenis  u.  s.  w.,  wenn  unter  vis  ihre  Rednergewalt 
verstanden  werden  soll;  in  diesem  Falle  muss  z\x  vis  noch  dicendi o^gt 
eloquentiae  hinzutreten.  —  Erst  N.  Kl.  bei  Quintilian.  wird  der  eloquen- 
tia  nicht  vis,  sondern  vires  beigelegt,  was  man  nicht  nachahme,  wie  es 
Muret.  (Expl.  Cic.  Catil.  III,  ep.  dedic.)  gethan  hat.  —  Auch  ist  vis 
nicht  Macht,  in  der  Bedeut.  Einfluss,  Ansehen;  dafür  ^iG\iipote7itia ;  — 
wenn  aber  Einfluss  haben  so  viel  ist  als  Etwas  bewirke?!,  verursachen, 
befördern  können,  so  ist  vim  habere  richtig.  Vgl.  Weber's  Uebungssch. 
p.  31  u.  351.  —  Ueber  vis  gravitatis,  die  Schwerkraft,  vgl.  Gravitas. 
Viscera^  die  Eingeweide,  bildlich  in  der  Bedeut.  Kinder  (für  liberi, 
pueri)  zu  brauchen,  ist  nur  P.  L.  Vgl.  Spalding.  z.  Quintil.  Inst.  VI, 
praef.  3. 

Visere,  sehen,  ist  ohne  den  Nebenbegriff  der  Prüfung  und  genauen 
Erforschung  des  Gegenstandes  N.  L.,  für  videre. 

Visibilis  in  activer  Bedeut.,  der  sehen  kann.,  steht  N.  Kl.  nur  bei 
dem  altern  Plinius,  für  qui  videre,  cernere  potest;  in  passiver  Bedeut. 
sichtbar,  der  gesehen  werden  kann,  ist  es  erst  Sp.  L.,  für  adspectabilis 
(Cic.  Tim.  4  u.  8),  qui  sub  oculos  (adspectum)cadit,qui  sub  adspectum 
venit  (Orat.  II,  87,  358),  oculis  expositus. 

V/sio  ist  in  der  Bedeut.  das  Sehen,  der  Anblick  Sp.  L.,  für  videndi 
sensus,  adspectus,  conspectus.  Gut,  aber  selten  und  auch  mehr  Sp.  L. 
ist  es  in  der  Bedeut.  eine  den  Augen  sichtbare  Erscheinung ;  gewöhn- 
licher sagt  man  dafür  Visum,  species,  ostentum ;  Livius  sagt  visus  und 
Plinius  (Epist.  VII,  27)  phasma  oder  pha?itasma ;  sonst  bedeutet  es  bei 
Cicero  nur  eine  geistige,  nicht  den  Augen  sichtbare  Vorstellung  von 
Etwas,  eifi  Bild  der  Phantasie. 

Visitare,  besuchen,  wird  zwar  selten  gebraucht,  ist  aber  Kl. ;  ge- 
wöhnlicher sagt  man  convenire,  visere,  intervisere ;  —  Cicero  braucht 
visitare  nur  von  einem  Kra?ikenbesuche.  —  Eijie  Schule  besuchen  heisst 
weder  scholam  visitare,  noch  visere,  somlcrn  fr equeritare.  —  Das  ge- 
wöhnliche Einen  visitiren,  d.  h.  durchstechen,  heisst  im  N.  L.  aliquem 
visitare,  für  excutere  (Cic.  Fam.  X,  31,  4),  perscrutari,  speculari.  — 


816 

Mi7i  besuchter  Ort  ist  nicht  locus  visitatus,  sondern  celeber ,frequens.  — ■ 
Sp.  L.  sind  die  Subst.  visitutio,  der  Besuch  (was  durcli  das  Verbum 
zu  umschreiben  ist),  und  visitator,  der  Besucher,  Bescher,  für  gut  visu, 
couiienit,freqnejitat  u.  a. 

Visum  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  Einblick  einer  Sache,  sei  es  nun 
ein  angenehmer  oder  ein  unangenehmer,  für  adspectus.  —  KL  bedeu- 
tet zwar  Visum  eine  Erscheinung,  welclie  man  mit  dem  Geiste  oder 
mit  den  Augen  wahrnimmt,  selbst  im  Traume  (daher  visum  somnii, 
eine  Traumerscheiming),  aber  nicht  eine  JSaturerscheinung ;  diese 
heisst  oste?ttum,  und  wenn  sie  wunderbar  ist,  prodigiu7n,  portentum, 
monstrum.  Vgl.  Weber's  üebungssch.  p.  227  und  Anton.  Progr.  p.  63. 
Visus  kommt  selten  in  der  Bedeut.  das  Sehen,  das  Gesicht  vor; 
gewöhnlich  hat  es  den  Zusatz  oculorum,  oder  man  sagt  acies  oculo' 
rum,  adspectus,  sensus  videndi,  auchblos  oculi.  Daher  heisst  e?wscīA/es 
Gesicht  haben  —  oculos  acres  acutosque  habere  (Cic.  Plane.  23);  das 
Gesicht  verlieren,  adspectum  amittere ;  das  Gesicht  wohin  wenden,  ad- 
spectum  aliquo  referre ;  des  Gesichtes  entbehren,  oculis  carere.  Vgl. 
Schori  Phras.  p.  123  u.  822. 

Vita  ist  in  der  Bedeutung  Lebensalter  vielleicht  N.  L.,  für  aetas; 
z.  B.  das  Lebensjahr,  annus  aetatis,  nicht  vitae ;  er  starb  im  zwan- 
zigsten Jahre  des  Lebens,  anno  aetatis,  nicht  vitae,  was  man  so  oft 
im  N.  L.  findet.  —  Auch  ist  vila  fast  neu  in  der  Bedeutung  Lebens- 
beschreibung (etwas  undeutlich  bei  Cornel.  Nepos);  wenigstens  hüte 
man  sich,  Adjective7i  dazu  zu  setzen,  welche  nicht  auf  das  Leben  und 
die  Lebensweise  eines  Mannes,  sondern  nur  auf  die  Beschreibu?ig,  Er- 
zählung und  Schilderung  Bezug  haben.  Man  sage  also  z.  B.  nicht:  bre- 
vis,  longa,  copiosa,  bona,  elegatis,  praeclara  u.  a.  vita  Ciceronis,  eine 
liurze  —  Lebensbeschreibung  des  Cicero  ;  denn  brevis  vita  ist  em  kurz- 
dauerndes Leben.  Man  sage  dafür  brevis,  longa  —  vitae  expositio  oder 
adumbratio,  oder  umschreibe  es  mit  dem  Verbo;  z.  B.  Plutarch  hat 
eine  umständliche  Lebensbeschreibtmg  Cicero' s  geliefert,  Plut.  vitam 
oder  de  vita  Cicero?iis  copiose  exposziit  oder  enarravit,  scripsit  u.  a. 
Vgl.  Describere,  und  über  vitae  curricuhnn  vgl.  Curriculum.  —  Ver- 
worfen wird  als  ungewöhnlich  vitae  modus,  die  Lebensweise,  für  vitae 
ratio  et  consuetudo,  victus,  cultus,  vitae  instituta  u.  a.  —  Auch  einem 
Volke  legt  man  eine  vita  bei,  und  versteht  darunter  dessen  I^ebensart, 
Lebensordnung  und  Lebenseinrichttingen,  was  wir  das  innere  heben 
eines  Volkes  nennen.  So  schrieb  Varro  ein  Buch:  Vita  populi Romani, 
worunter  er  jenes  verstand;  dagegen  wäre  inferior  vita  unlateinisch. 
Wenn  aber,  sagt  Weber  (üebungssch.  p.  211),  unter  dem  innern 
Leben  eines  Volkes  seine  Art  zu  denken  verstanden  wird,  was  durch 
vita  nicht  ausgedrückt  werden  kann,  so  sage  man  dafür  etwa  ingenium 
oder  sentiendi  cogitandique  ratio;  letztere  Redeweise  verwirft  jedoch 
Raschig  (Progr.  p.  2G)  als  I).  L.  —  Endlich  ist  es  wohl  unstatthaft, 
de  vita  tolli  in  der  neutralen  Bedeut.  sterbe?!  zu  brauchen  ;  dies  ist 
vielmehr  von  einem  gewaltsamen  Ermordetwerden  zu  verstehen,  in- 
dem das  active  tollere  e  oder  de  medio,  e  vita,  de  civitate  u.  a.  auf 
gewaltsames  Wegräumen  hindeuten.  Jch  billige  es  daher  nicht,  dass 
Ruhnken  (Elog.  Hemsterh.  p.267)  sagt;  Hemsterhusio  de  vita  sublato, 
für  mortuo  oder  postquam  de  vita  decessit. 

Vitalis,  das  Leben  betreffend,  ist  nur  P.  L.;  nirgends  aber  findet 


817 

gicli  bei  einem  guten  Lateiner  lux  vitnlis,  das  Lebenslicht,  und  N.  L. 
\%i  luce  vilali privari  \n  der  gewöhnlichen  Bedefit,  sterben,  für  »io/Y. 

Vitium  beschränken  Einige  fälschlich  atif  die  Bedeut.  Fehler  der 
Seele,  da  es  doch  jedes  Fehlerhafte  bezeichnet,  wodurch  Etwas  ver- 
dorben und  verschlechtert  wird;  daher  heissen  auch  Sprachfehler  — 
vitia  (Auct.  ad  Herenn.  IV,  2,  7.  Quintil.  I,  5,  5),  und  Druckfehler 
werden  eben  so  richtig  vitia  genannt,  wie  sonst  menda,  weil  durch 
solche  Fehler  die  Wörter  verdorben  erscheinen.  Vgl.  Schon  Phras. 
p.  823. 

Vitulari,  jatichzen,  jubeln,  ist  nur  A.  L.  und  nicht  mehr  zu  brau- 
chen, für  exsultare  (laetitia,  gaudio),  gestire.  Vgl.  Varro  L.  L.  VII  (VI), 
6,  107.  p.  163  ed.  Müll. 

Vituperium,  der  Tadel,  was  Freund  in  seinem  Lexico  nicht  mehr 
hat,  stand  in  den  Lexicis  aus  Cic.  Leg.  III,  10,  23,  wo  vituperio  est  in 
den  Ausgaben  vorkam;  jetzt  wird  aber  dafür  aus  den  bessern  Ilandschr. 
vituperabilis  est  gelesen.  Vgl.  Moser  zu  dieser  Stelle.  Sonst  kommt 
jenes  Wort  nicht  vor,  dafür  aber  vituperatio,  reprehensio.  Schon 
Schorus  (Phras.  p.  824)  verwarf  es. 

Vivacilas  ist  in  der  Bedeut.  Lebhaftigkeit  sehr  Sp.  L.,  für  viri- 
ditas,  vigor  animi,  alacritas  animi.  Früher  brauchte  man  es  N.  KL  in  der 
Bedeut.  lange  Lebensdauer,  was  nicht  zu  verwerfen  ist. 

Fivere  ist  in  der  Bedeutung  erleben  N.  L.,  für  videre  oder  in  vita 
videre;z.  B.  Unglück  e? leben,  fnala  videre;  einen  Tag  erleben,  diem 
videre;  er  erlebte  kein  Unglück,  nihil  in  vita  vidit  calamitatis  (Cic. 
Cluent.  6,  18).  Bezweifelt  werden  die  Ausdrücke  in  egestate  vivere, 
in  Armuth  leben,  für  vitam  in  egestate  degere ;  inter  spem  metumque 
vivere,  zwischen  Furcht  u?id  Hoffnung  leben,  für  inter  spem  metumque 
animum  suspensum  habere ;  vivere  in  ore  hominum,  im  Munde  der 
Leute  leben,  für  esse,  vigere,  versari  in  ore  hominum.  Vgl.  Os.  —  Die 
Redensart  vivere  cum  aliquo  bedeutet  nicht  mit  Jematiden  gleichzeitig 
leben,  sondern  fuit  Jem.  vertraut  leben ;  jenes  muss  durch  alicujus  (alictci) 
aequalem  esse  ausgedrückt  werden.  Unerweislich  ist  homines  nunc 
viventes,  die  jetzt  lebenden  Menschen,  für  homines  qui  nunc  sunt;  die 
damals  lebenden,  nicht  tunc  viventes,  sondern  qui  tuncfuerunt,  vixe- 
Tunt.  —  Ueber  vivere  in  diem  vgl.  Dies. 

Fividus,  lebendig,  kräftig,  ist  Ä7.,  aber  die  Adv.  vivide  und  vivi- 
dius  sind  fast  ohne  Auctorität,  für  alacriler,  alacrius. 

Vivificare,  lebetidig  machen,  ist  ganz  Sp.  L.,  für  vitam  dare,  ab  in- 
feris  revocare,  a  mortuis  aliquem  excitare,  denuo  animare. 

Vivus,  lebetidig.  Im  N.  L.  braucht  man  ad  viviini  in  der  Bedeut. 
nach  dem  Leben;  aber  ad  vimmi  bedeutet  Kl.  nur  bis  ans  Lebendige, 
bis  ans  Fleisch,  indem  man  aliquid  ad  vivum  resecare  sagte,  Etwas 
bis  auf's  Fleisch  wegschneiden  (darüber  weiter  unten  noch  Einiges). — 
Im  N.  L.  sagt  man  aber  aliquem  oder  aliquid  ad  vivum  expriniere,\n  der 
Bed.  Eineji,  Etwas  nach  dem  lieben  ausdrücketi,  darstellen,  was  bei  kei- 
nem guten  Lateiner  vorkommt.  Daher  verwirft  F.  A.Wolf  als  unlateinisch: 
Critici  imago  ad  vivum  expressa,  wie  Ruhnken  (Elog.  Hemsterh.  p.  225) 
sagte,  und  ebenso  unheilt  Hand  (Tursellin.  T.  I,  p.  109):  Quod  nostri 
temporis  hominibus  placuit  ad  vivum  exprimere,  barbarum  est.  Schon 
fniher  tadelte  Sciopp.  (Infam,  p.  65  [50J)  «las  von  Fam.  Strada  ge- 
brauchte ad  vivum  agere  Iragoediam,  ein  Trauerspiel  7iach  dein  Leben 

b2 


818 

aufführen,  (er  nannte  die  Redensart  fossore  aut  caprimnlgo  dignum 
loquendi  genus),  fnv* Iragoedt'am  ogere,  tainqmitn  vera  res  o^ere  vi- 
deatur.  Ebenso  bemerkte  Vavassor.  (Aniib,  p.  470);  Ad  vivum  erpri- 
mere,  tirer  au  vif,  au  naturel  ;  non  meniini  alias  legere  apud  iillum 
veterem  probatura  scriptorera,  id  quod  vulgo  nunc  omnes  loquuntur, 
exprimere  ad  vivtmi.  Man  sage  etwa  alicujus  vivam  oder  vividam  ima- 
ginem  esprimere,  oder  wenn  von  Jemandes  Leben  die  Rede  ist,  ima- 
ginem  C07is?ietudi?its  atque  vitae  alicujus  esprimere.  Vgl.  noch  Frie- 
demann zu  Ruhnken's  Stelle.  —  Es  werde  aber  auch  die  Redensart 
ad  vivum  aliquid  resecare,  welche  Cicero  (Lael.  5, 18)  bildlich  in  der 
Bedeut.  Etivas  scharf,  genau  nehmen  gebraucht,  nicht  in  der  Bedeut. 
genau,  scharf  untersuchen  angewandt,  wie  es  z.  B.  Mahne  (im  Crito) 
oft  thut,  z.  B.  p.  276  ut  omnia  ad  vivum  resecanda  putemus.  —  INir- 
gends  kommt  ad  vivum  persecare  vor,  wie  in  ähnlichem  Sinne  Ilem- 
sterli.  (Oratt.  p.  155)  sagte:  ad  vivum  per secabat.  Vgl.  Hand's  Lehrb. 
p.  284  undFrotscher  zuMuret.  Oper.  T.  I,p.  331.  —  Endlich  brauche 
man  den  Ausdruck  viva  vox,  die  lebende  Stimme,  in  der  Bedeut.  müfid- 
liche  Belehrung,  da  er  aus  dem  Griecli.  (tfii«  qMit],  welches  Cicero 
brauchte)  übersetzt  ist  und  N.  Ä7.  nicht  selten  vorkommt,  nicht  ohne 
den  Zusatz  ut  dicitur,  ut  vulgo  dicitur;  so  findet  er  sich  wenigstens 
bei  Quintil.  (11,2,8)  und  Plinius  (Epist.  II,  3),  mag  auch  Seneca 
(Ep.  6)  ohne  Zusatz  sagen  et  viva  vox  et  convictus.  Vgl.  Vavassor. 
Antib.  p.  611. 

f^tj;,  kaum.  —  N.  L.  ist  vix  adhuc,  kaum  noch,  für  visdum,  vix 
jam,  tantum  quod,  co?nmodum;  ebenso  via;  aliquis  oder  vix  quisqtie, 
kaum  Einer,  für  vix  quisquam.  Vgl.  Quisque.  —  Bei  zwei  Verben,  deren 
eines  im  Infinit,  steht,  schliesst  sich  vix  dem  regelmässigen  Gebrauche 
nach  als  verneinende  Partikel  an  das  Verbum  finilum  an;  dagegen 
wird  oft  gefehlt.  Man  sage  also  nicht:  vix  dici potest,  sondern  dici  vis 
potest  oder  vix  potest  dici  —  und  so  in  allen  ähnlichen  Ausdrücken.  — 
Unlateinisch  ist  vix  in  der  Bedeut.  soeben  ohne  einen  zweiten  Satz  mit 
cwm,  welcher  den  Hauptsatz  enthält;  z.  B.  kazim  war  ein  Jahr  ver- 
flossen, so  klagte  jener  den  Norbanus  an,  nicht  vix  annus  intercesseraty 
iste  accusavit  Norbanum,  sondern  cum  isie  accusavit  Norb.  —  Endlich 
findet  sich  bei  Cicero  und  Andern  häufiger  die  Stellung  vix  ut  (sodass 
kaum),  als  ut  vix.  Vgl.  Dietrich's  Sintenis  p.  65. 

Vocabularium,  das  Wörterbuch,  ist  N.  L.  Vgl.  Lexicon. 

Vocabulum  ist  nur  ein  einzelnes  Wort  für  sich  ausser  dem  Zusam- 
menhange betrachtet,  und  so  sind  vocabnla  —  die  einzelnen  Wörter 
ebenfalls  ausser  dem  Zusammenhange,  wo  wir  sagen  Wörter,  nicht 
Worte.  Daher  heisst  z.  B.  ich  habe  die  Worte  nicht  verstanden,  verba 
non  intellexi,  nicht  vocabula ;  aber  die  Wörter  dieser  Sprache  klingen 
rauh,  vocabula  hujus  liuguae  horride  sonant. 

Pocare,  rufen.  Jemandefi  zu  Hülfe  rufen  wird  P.  L.  durch  aliqnem 
auxilio  vocare  ausgedrückt,  in  Prosa  dnrch  alictijus  oder  ab  aliquo 
auxilium  (opem)  petere,  alicujus  auxilium  (opem)  iinplorare,  nicht 
vocare,  da  es  in  der  Bedeut.  rufen  nur  ein  Personal-,  nicht  ein  Sach- 
object  bei  sich  hat.  Daher  ist  auch  vocare  victoriam,  Victoria  rufen^ 
Siegesgeschrei  erheben,  N.  L.,  für  victoriam  conclamare  (  Caes.  B.  G. 
V,  37).  Einige  schlagen  auch  canere  victoriam  vor  (gewiss  ohne  Aue- 
torität),  und  stützen  sich  vielleicht  auf  Cic.  Divin.  11,  26,  56  galli  victi 


819 

silere  sofetit,  canere  i'icfores,  was  aber  heisst:  die  Hähne  pflegen,  wenn 
sie  (von  andern  Hähnen)  besiegt  wo/den  sind,  zu  schweigeji,  aber  zu 
krähen,  wenn  sie  Sieger  sind;  es  liegt  also  darin  niclit  jenes  canere 
victoriam.  —  Vor  Gericht  rufen  heisst  nicht  vocare  ad  judiciufn,  son- 
dern in  Judicium,  in  jus.  Vg^l.  Hand's  Lehrb.  p.  156.  —  Einen  zu  einer 
Ehreiistelle  berufen  heisst  vielleiclit  nicht  aliqueni  ad  honorem  oocare, 
sondern  evocare,  wie  bei  Caes,  (B.  G.  Vll,  57):  ad  eum  est  ho?2orem 
evocatus.  —  Gut  ist  aliquem  vocare  ad  coenam,  ad  prandium,  Einen 
%um  Essen  rufen,  d.  h.  einladen;  ebenso  das  Subst.  vocatio,  die 
Einladung. 

Vocatus,  der  Aufruf,  die  Aufforderung,  ist  in  Prosa  nur  im  AbL^ 
vocatu,  üblich,  aber  nicht  mit  einem  zugesetzten  Adject.,  z.  B.  bene- 
volo^  hutnano,  wohl  aber  mit  einem  Geriit.  oder  mit  meo,  tuo,  suo  u.  s.  w. 

Fociferare,  rufen,  schreien,  kommt  in  der  bessern  Prosa  nur  als 
Deponens  vor,  vociferari. 

Voculatio,  die  Betonung,  Accentuirmig,  ist  zwar  sehr  selten,  aber 
doch  vielleicht  KL  und  fast  das  einzige  Wort  für  diesen  Begriff.  Vgl. 
Sonns. 

Volare,  fliegen.  Richtig  ist  zwar  der  bildliche  Ausdruck  tela  vola?i- 
tia,  fliegende  Pfeile;  aber  ohne  Auctorität  ist  crines  oder  comae  vo- 
lantes,  fliegende  Haare,  für  crines  passi. 

Volens  ist  in  der  Bedeut.  willig,  gern  fast  nur  P.  L.,  für  libensy 
non  invitus  oder  für  die  Umschreibung  mit  cupere.  Fast  nur  A.  L. 
und  bei  Sallust.  kommt  es  vor  in  der  Bedeut.  wohlwollend,  günstig, 
gnädig,  für  propitius,benevolus.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  234,  und 
über  nolens  volens  vgl,  Nolens.  —  Das  Adv.  volenter,  gern,  ist  Sp.  L., 
für  libenter,  summa  voluntate ;  —  N.  L.  aber  sind  die  Subst.  volentia 
und  volilio,  das  Wollen,  Willensver7nöge7i,  welche  sich  bei  den  Philo- 
sophen finden,  für  velle,  voluntas. 

Volsinius,  Volsinisch,  ist  ungewöhnliche  Form  für  Volsiniensis.  Vgl. 
Weber's  Uebungssch.  p.  68. 

P'olubilis  kommt  zwar  in  der  bildlichen  Bedeut.  rasch  von  der 
Zunge  niclit  vor,  weshalb  volubilis  Lingua  von  Einigen  verworfen 
wird  ;  von  fVorten  und  von  der  Rede  aber  wird  es  nicht  selten  gesagt, 
und  da  linguae  vohibilitas  sogar  bei  Cic.  (Plane.  25,  Q2)  steht,  so  ist 
volubilis  Lingua  wohl  zulässig. 

Volumen  ist  in  der  Bedeut.  Buch  zwar  alt  und  gut,  wenn  von  den 
alten  Bücherrollen  die  Hede  ist,  z.  B.  von  den  in  Herculanura  und 
Pompeji  gefundenen,  welche  man  also  ganz  passend  volumina  Hercu- 
lanensia  nennen  kann;  aber  unpassend  ist  es,  wenn  von  unsern  heu- 
tigen Büchern  die  Rede  ist,  da  diese  nicht  mehr  gerollt  werden.  Man 
brauche  nur  liber  und  //Äe////s;  jedoch  kann  volumen  als  neueres  Kunst- 
wort von  den  Bänderi  und  einzelnen  Theilen  der  Bücher  nicht  ent- 
behrt werden. 

Voluminosns,  bändereich,  dick,  ist  sehr  >S^.  L.  und  ganz  zu  vermei- 
den durch  eine  Umschreibung  mit  volumen  und  durch  amplus. 

Voluntarie  oder  voluntario,  freiwillig,  ungezwungen,  von  selbst, 
sind  sehr  Sp.  L.,  für  sua  sponte,  non  invitus,  non  coactus,  sua  voluntate. 

Voluntas,  welches  schon  an  sich  Zuneigung  und  Wohhvollen  be- 
deutet, hat  wenigstens  Kl.  nie  das  Adject.  bona  !)ei  sich,  da  es  (^^w 
Begriff  gut  schon  enthält;  wohl  aber   treten  verstärkende  oder  ver- 

52* 


820 

grössernde  Adject.  hinzu,  wie  ma^na,  exiviia,  svmmci,  smgulan's^ 
optima,  propensissima  u.  a.  Irrig'  wird  im  Nizolius,  sogar  in  der  Pa- 
diiaiier  Ausgabe,  aus  Cic.  Farn.  II,  13,  2  bona  voJinitate  esse  ei'ga  a/i- 
quetn  angeführt;  denn  dort  steht:  qna  essem  votimtate,  nicht  bo?ia 
essem  volunt. —  Ernetn  den  Willen  thun  heisst  alinii  veniam  dare,  z.  B. 
bei  Cic.  (Q.  fr.  III,  1,  11)  :  tibi petenti  veniam  non  dedit.  —  Dieses  ist 
nach  meinem,  deinem  —  Wunsche  oder  Willen  geschehen  heisst  hoc 
accidit  es  oder  de  mea,  tua  —  voluntate,  nicht  secundum  meain,  triam 
voluntatem. —  Bei  dem  Abi.  voluntate,  m  der  Bedeut.  willig, freiwillig, 
stehen  die  Wörter  mea^  tua,  sua  u.  s.  w.  fast  nur  vor,  selten  nach  dem 
Worte  voluntate.  Vgl.  Th.  I,  §.  ]64. 

Voluptuarius  ist  späte  Nebenform  des  Kl.  voluptarius. 

Voluptuosus,  wonnereich,  erfreulich,  kommt  N.Kl.  bei  Seneca  und 
dem  Jüngern  Piinius  vor,  sonst  selten,  für  voluptarius,  jucundus,  vo- 
luptatibus  affluens. 

Volvere  kommt  in  der  Bedeut.  überlegen.,  erwägen,  ohne  animo 
oder  secum,  fast  nur  P.  L.  vor,  ausser  bei  Tacitus;  Kl.  steht  es  nur 
mit  jenen  Wörtern  verbunden,  ist  aber  überhaupt  selten. 

Vomitus,  das  Erbrecheji,  steht  zwar  erst  N.  Kl.  bei  Celsus,  ist  aber 
eben  so  gute  Form  wie  die  Kl.  vomitio,  denn  es  findet  sich  schon 
im  J.  L. 

Voracitas,  die  Gefrässigkeit,  kommt  N.  Kl.  nur  beim  altern  Piinius 
vor,  für  das  Kl.  edacitas. 

Votum  steht  selten  in  der  gewöhnlichen  Bedeut.  ?FimscÄ,  welcher 
mit  keinem  Gelübde  verbunden  ist,  für  optatwn,  voluntas;  daher  heisst 
?iach  Wufisch,  nicht  ad  votum  oder  ex  voto,  sondern  es  oder  de  (animi) 
sententia,  ad  voluntatem.  —  N.  L.  ist  votum  in  der  Bedeut.  Stimme 
als  Meinung,  Etwas  anzunehmen  oder  zu  verwerfen,  für  sententia, 
suffragium ;  vgl.  Fo.v. 

Vos  ist  N.  L.  in  der  Bedeut.  Stimme  als  Mein?ing ;  bei  Wahlen 
wird  dafür  suffragium  mit  dem  \ ^rho  ferre  gesagt,  sei?ie  Stimme  ge- 
ben, aber  nicht  durch  Worte,  sondern  auf  andere  Weise.  In  Gerich- 
ten heisst  die  fnündlich  gegebetie  Stimme  —  sententia,  verbunden  mit 
den  Verben  dicere  odev  ferre.  —  Vom  Stimmen  ausschliessen,  Einem 
die  Sti7nme  nehmeji  heisst  aliquem  privore  suffragio  (suffragiis)  oder 
nach  Livius  escludere  suffragio.  —  Obgleich  vos  auch  ein  einzelnes 
Wort  bedeutet,  was  nicht  zu  bezweifeln  ist,  und  voces,  wie  vocabula, 
einzelne,  nicht  zusammenhängende  Wörter,  so  bedeutet  doch  voces 
nicht  (wie  unser  Worte)  eine  zusammenhängende,  verständliche  Rede, 
wie  gross  oder  wie  klein  sie  auch  sei,  Sentenz,  Spruch;  dafür  wird 
nur  der  Sing,  vox  gebraucht.  So  nennt  Cicero  (Tusc.  I,  46,  Hl)  die 
Worte  eines  Spartaners:  Laconis  illa  vos.  Jedoch  heissen  einzelne 
Aussprüche,  z.  ß.  der  Philosophen,  natürlich  singulae  voces. 

Vulgaris,  gemein,  hat  weder  Comparat.  noch  Superlat.;  ein  Comp. 
vulgarior  stand  vor  Drakenborch  in  Liv.  XXIV,  17,4,  wofür  aber  jetzt 
vulgalior  steht.  —  Etivas  gemein  machen,  aliquid  vulgare  facere,  und 
im  Passiv,  vulgare fieri,  verwirft  Wüsteraann  (z.  Döring.  Commentatt. 
p.  104),  für  das  einfache  Verbum  vulgare,  vulgari. —  Vulgaris  bedeutet 
aber  nur  gewöh?ilich,  alltäglich,  nicht  tiiedrig,  von  gemeiner  Herkunft, 
und  ist  nur  Beiwort  von  Sachen,  nicht  von  Menschen.  Falsch  sagt  daher 
Muret.  (Explic.  Cic.  Catil.  II,  13) :  homities  vulgares,  wo fiiv  Andere 


821 

so^ar  blos  vulgares  bvaiicJien;  beides  isf  unerhört,  für  vnlgns.  —  Das 
Adv.  viilgariter  ist  KL,  bedeutet  aber  nur  auf  gewöhnliche  Weise, 
nicht  allgemein,  und  N.  L.  ist  vnlgariler  constare,  allgemein  bekannt 
sein,  für  omnibus  oder  in  vulgiis  notinn  esse. 

Vulgus  (volgus)  bedeutet  zwar  Volk  und  Letzte  im  Allgemeinen 
(woher  auch  vulgo  —  insgemein,  iiberall,  und  iji  vulgus  notitm  esse, 
allgemein  bekannt  sein  heisst),  aber  mit  einem  Genit.  verbunden  be- 
deutet es  nur  den  gemeinen,  niedrigen  Haufen  der  durch  den  dabei 
stehenden  Genit.  bezeichneten  Leute;  z.  B.  vulgus  'patronornm  heisst 
nicht  alle  Advocaten,  sondern  nur  die  gemeinen ;  vulgus  erudilorum 
ist  nur  der  gemeine  Schlag  von  Gelehrten.  Daher  sagt  Ilemert.  (Ep.  ad 
Wyttenöach.)  lächerlich:  dicam,  quid  eruditorum  de  te  vulgus  statuat, 
worunter  er  die  Gelehrten  im  Allgemeinen  verstand,  was  es  nicht  heisst; 
aiier  das  Urtheii  des  gemeinen  Haufens  der  Gelehrten  möchte  auch 
wohl  dem  grossen  Wjttenbach  gleichgültig  gewesen  sein.  —  Endlich 
sagt  man  nicht  vulgo  noius,  vulgo  graius,  den  Leuten  bekannt,  ange- 
?iehm,  sondern  in  vulgus  noius,  in  vulgus  graius; —  ebenso  verhält  es 
sich  mit  ignotus.  Vgl.  Cic.  Att.  IX,  5,  2  alter  in  vulgus  ignotus. 

X.  X. 

Xenium,  ein  Gastgeschenk,  ist  das  griechische,  nur  selten  ge- 
brauchte Wort  für  munus  hospitale  oder  im  Piur.  lautia. 

Z.   z. 

Zelotypia,  die  Eifersucht,  ist  Kl.  noch  nicht  im  Gebrauche;  bei 
Cic.  (Tusc.  IV,  8,  18)  steht  es  noch  griechisch;  wenigstens  haben  es 
Wolf,  Orelli,  Klotz  u.  A.  so  drucken  lassen;  —  Cicero  übersetzt  es 
durch  oblreciatio.  Das  griechische  Wort  lässt  nur  der  Briefstil  zu, 
unstatthaft  ist  es  aber  in  einer  Rede  oder  in  einem  Geschichtsbuche 
u.  dgl.  Vgl.  Weber's  Uebungssch.  p.  167.  —  Ebenso  verhält  es  sich 
mit  zelotypus,  der  Nebenbuhler ,  für  aemulus,  rivalis. 

Zelus,  die  Eifersucht,  ist  eben  so  selten  wie  zelotypia,  und  findet 
sich  erst  N.  Kl.  im  Gebrauche,  für  oblreciatio,  aemulniio,  auch  Studium. 

Zephyrus,  der  Westunnd,  ist  fast  nur  P.  L.,  und  steht  als  griechische 
Benennung  bei  dem  altern  Plinius,  für  i^«row?V/s;  jedoch  war  es  nach 
Seneca  (N.  Qu.  V,  16)  auch  den  des  Griechischen  Unkundigen  bekannt. 

Zodiacus,  der  Thierkreis,  ist  erst  N.  Kl.  im  Gebrauche;  Kl.  sagte 
man  signifer  orbis  (Cic.  Divih.  II,  42,  89.  N.  D.  II,  20,  53)  oder  duo- 
decim  signorum  orbis  (N.  D.  II,  20, 52).  Spätere  sagten  circulus  signifer. 

Zona,  der  Erdgürtel,  steht  nur  bei  dem  altern  Plinius  nach  dem 
Griechischen;  sonst  sagte  man  in  Prosa  cingt/lus  und  orbis;  z.  B.  Cic. 
(Rep.  VI,  20)  :  cernis  terram  quasi  quibusdam  redimitam  et  circum- 
datam  cingulis,  —  und  für  zona  temperata  sagt  Plin.  (JV,  H.  XXIII,  1) 
orbis  7nedius. 


In  dfiftsclhtn  Verlage  sind  erschienen; 

CORPUS 

POETARUM  LATINORUx^f 

UNO  VOLÜMINE  ABSOLÜTÜM. 

CUM 
SELECTA  VARIETATE  LECTIONIS  ET  EXPLICATIONE  BREVISSIMA, 

EDIDIT 

G.  E,  WEBER. 

PHILOS.  DOCTOR,  LYCEI  BREMENSIS  DIRECTOR  ATQUE  PROFESSOR. 
CONTIXENS  : 

Lucretius  Carus.  Serenus  Samonicus. 

Horatius  Flaccus.  Flavius  Aviauus. 

Ovidius  Naso.  Claudius  Rutilius  Numatianus. 

Phaedrus.  Valerius  Cato. 

M.  Ann.  Lucanus.  .  Salejus  Bassus. 

Papinius  Statius.  Virgilius  Maro. 

Juuius  Juvenalis.  Aur.  Propertius. 

Dionysius  Cato.  M.  Manilius. 

Claudius  Claudianus.  Persius  Flaccus. 

Prisciauus.  Silius  Italiens. 

Lucilius  junior.  Sulpicius. 

Vaier.  Catullus.  Aurelius  Olympius  Neine.sianus. 

Albius  Tibullus.  Magnus  Ausonius. 

Gratius  Faliscus.  Flavius  Merobaudes. 

T.  Calpurnius.  A.  Sabinus. 

Valer.  Flaccus.  Coelius  Lactantius. 

>aler.  Martialis. 

95  Bog.  Royal  8.  cart.    Preis     fl.  12.  —  od.  Rthlr.  6.  18  ggr. 
Velinpap.     fl.   15.  —  od.  Rthlr.  8.  12  ggr. 

Vorstehend  bezeichnete  Sammlung  der  römischen  Dich  ter  wer  ke, 
ein  Buch  für  alle  Zeiten,  kann  jeder  Anpreisung  entbehren.  Der  Herausgeber, 
als  tüchtiger  Philolog  bekannt,  hat  die  besten  Editionen  dem  Abdruck  zum  Grunde 
gelegt,  und  die  Werke  der  28  Dichter  mit  einem  fortlaufenden  kritischen  und 
erklärenden  Commentar  versehen.  Der  Verleger  sorgte  für  typographische  Vollen- 
dung und  höchste  Correctheit.  Der  Preis  ist  verhältnismässig  ungemein  billig. 
Was  sonst  nur  zerstreut  in  vielen  Bänden,  mit  Mühe  und  Aufwand  zusammen- 
gebracht werden  konnte,  mag  jetzt  jeder  sorgsame  Vater  dem  zu  classischen 
Studien  bestimmten  Sohne  als  das  reichste  Geschenk  fürs  ganze  Leben  in  be- 
quemem Volumen  übergeben.  Aber  auch  für  jeden  Schulmann,  ja  für  den  ge- 
lehrten Sprachforscher,  ist  gewiss  der  Corpus  Poetarum  eine  erfreuliche  Er- 
scheinung. Das  oft  so  mühsame  Nachschlagen  ist  durch  die  übersichtliche 
Einrichtung  des  reichen  Bandes  unendlich  erleichtert.  Nicht  weniger  findet  die 
zahlreiche  Classe  der  literarischen  Dilettanten  hier  eine  so  einladende  als  über- 
schwengliche Nahrung.  Mit  Horaz  und  Virgil  vertraut,  werden  sie  nicht 
verschmähen,  auch  den  weniger  allgemein  berühmten,  aber  in  andern  Rich- 
tungen eben  so  genialen  Dichtern  des  alten  Roms  den  Blick  zuzuwenden,  den 
die  Nebeneinanderstellung  anzieht  und  doppelt  interessant  macht.  Die  Biogra- 
phien der  Autoren,  so  wie  die  ausführlichen  literarischen  Notizen  über  die 
verschiedenen  Ausgaben  ihrer  Werke,  sind  dankenswerthe  Zugaben  des  Her- 
ausgebers. 


Ciceronis,  M.  T.,  Do  divinatione  et  de  fato  librl,  cum  omniuin  erudi- 
torum  annotationibus,  quas  Joannis  Davisii  editio  ultima  habet.  Textum 
denuo  ad  fidem  complurium  codd.  Msstorum  edd.  vett.  aiiorumque  adju- 
mentorum  recog-novit,  Fr.  Creuzeri  et  C.  Th.  Kayseri  suasquc  auimadvers, 
addidit  G.  H.  Moser.  50  Bog.  gr.  8. 

fl.  5.  24  kr.  od.  Rthlr.  3.  — 
Velinpap.  fl.  7.  12  kr.  od.  Rtidr.  4.  — 

De  legibus  libri  tres,  cum  Adriani  Turnebi  commentario  ejusdemque 

apologia  et  omnium  eruditorum  nolis,  quas  Joannis  Davisii  editio  ultima 
habet.  Textum  denuo  recensuit  suasque  animadversiones  adjecit  G.  H.  Mo- 
ser et  Fr  id.  Creuzer.  51  Bog.  gr.  8. 

fl.  3.  36  kr.  od.  Rtblr.  2.  — 
Velinpap.  fl.  4.  48  kr.  od.  Rthlr.  2.  16  ggr. 

De  re publica  quae  supersuut  recensuit,  explicavit,  cum  notis  A.  Maji 

selectis,  Creuzeri,  Bardelii  aliorum  suisque  adaotat.  edidit  G.  H.  Moser. 
44  Bog.  gr.  8.  fl.  4.  48  kr.  od.  Rthlr.  2.  16  ggr! 

Velinpap.  fl.  5.  24  kr.  od.  Rthlr.  3.  — 
Fromm mel,  C,  Scholia  in  Aelii  Aristidis  sophistae  orationes  Panathenaicam 
et  Platonicas.  Plurima  ex  parte  nunc  primum  ex  codd.   Mscr.  etc. 
34'/4  Bog.  gr.  8.  fl.  3.  —        od.  Rthlr.  1.  16  ggr. 

Velinpap.  fl.  4.  3  kr.  od.  Rthlr.  2,     6  ggr. 

Creuzer,  Fr.,  Oratio  de  civitate  Athenarum  omnis  humanitatis  parenfe.  Editio 

secunda  emend.  4%  Bog.  gr.  8.  36  kr.  od.     8  ggr. 

Velinpap.     54  kr.  od.  12  ggr. 
Hess,  P.  C,  Observationes  criticae  in  Plutrachi  vitam  Timoleontis.  Praefixa 
est  epistola  ad  virum  celeberrimum  Fried.  Creuzerum.  9'/j  Bog.  gr.  8. 

54  kr.  od.   12  ggr. 

Initia  philosophiae   ac   theologiae   ex    Platonicis   fontibus    ducta,  sive 

Prodi  Diadochi  et  Olympiodori  in  Piatonis  Alcibiadem  commentarii.    Ex 

codd.   Mss.  nunc  primum  graece  edidit  Frid.  Creuzer.   4  Vol.  Zusammen 

81  y*  Bog.  gr.  8.  fl.  9.  —  Rthlr.  5.  — 

Vol.  IV.  a.  u.  d.  T. 

Nicolai  Methonensis  Refutalio  theologicae  institutionis  a  ProcIo  Platonico 

compositae.  Ex  codd.   Mss.  nunc  primum  edidit  annotatiouemque  subjecit 

J.  Th.  Voemel.  I6V4  Bog.  gr.  8.  fl.  2.  42  kr.   od.  Rthlr.   I.   12  ggr. 

Velinpap.    fl.  3.  36  kr.  od.  Rthlr.  2.  —  ° 

Ctesiae    Cnidii  quae   supersunt.    Fragmenta   collegit,  textum  e  codd.  Mss. 

recognovit,  prolegomeuis  et  pcrpetua  annotatione  instruxit  indicesque  adjecit 

J.  C.  F.  Beehr.  30  Bog.  gr.  8.  fl.  2.  24  kr.  od.  Rthlr.   1.  8  ggr. 

Damascii  Platonici  Quaestiones  de  primis  priucipiis.  E  duobus  Mss.  codi- 

cibus  nunc  primum  graece  ed.  J.  Kopp.  26 Vj  Bog.  gr.  8. 

fl.  3.  —       od.  Rthlr.  1.  16  ggr. 
Velinpap.     fl.  4.  3  kr.  od.  Rthlr.  2.     6  ggr. 
Theognidis  Reliquiae   in    novum  ordinem  redegit  et  animadversionibus  in- 
struxit F.  T.  Welcker.  19'/,  Bog.  gr.  8.  cart. 

fl.  1.  48  kr.  od.  Rthlr.  1.  —  ggr. 

Velinpap.     fl.  2.  42  kr.  od.  Rthlr.  1.  12  ggr. 

Sylburgi,  F.,  Epistolae  quinque  ad  Paulum  Melissum.  ed.  F.  Creuzer.  2  Bog. 

8.  geh.  21  kr.  od.  5  ggr! 

^omertfi^e  ^\)mntn,  übevfe^t  unb  mit  JCnmerfungen  begleitet  üon  Äonr.  (Sd)iüencf 

23  »09.  8.  gel).  fl.  1.  45  fr.  ob.  mti)lv.  1.  — ggr! 

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SBelcEer,  g=.  ®.,  S^ad^trag  ju  bcr  ®d)rift  übet  bte  ^fefc^^lifctie  Srttogie,  nebft  einer 
2{bt)anblung  ühtt  baä  (gatprfpiel.  22%  Sog.  gr.  8.  get). 

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Settnpap.     fl.  4.  30  fr.  ob.  mtijlt.  2.  12  ggr. 
Krebs,  J.  P.,  Carl  Sigonius,  einer  der  grösstcn  Humanisten  des  sechszehuten 
Jahrhunderts,  ein  Vorbild  aller  Studirenden.  8  Bog.  gr.  8.  geh. 

fl.  l.  21  kr.  od.   18  ggr. 


Dr.  ®.  (5.  ©cJ)irli^, 

OtevU'Ovci-  am  ©Dinitiitium  äu  Söc^Iat. 

Einleitung 

ium  Ue!)ei:fe|eu  a«§  bem  iDeutfd^en  tn'ö  Satemifd^e, 

für  bte  unterjlcn  ßlaffen. 
S«   3i»et  ?(btl)etlun9cn. 

S)cr  clcmentorifc^cn  ^rntax  crfte  2Cbt^ett.  H'/jSSog.  8.  ^reiö  54  !r.  ob.  13  99t. 
2)erfc(ben  jwette  2<:btt)eit.  ll'A  SSog.  8.  ^reiö  45  it,  ot».  10  ggr. 


Dr.  ©.  6.  @d)irl{^. 

SKaterialten  ju  lateintfi^ett  (St^lübungen^ 

für  mittlere  unb  ()6l;erc  ßlaffen  in  (^elel)rtenfd)ulcn. 

12>/z  aSog.  8.    ^reis  48  !r.  ob.  12  ggr. 


Dr.  S.  C.  Schirlitz, 

Die  lateinischen  Stylübungen, 

in  den  oberen  Classen,  methodisch  und  prakt.  unterstützt.  In  2  Bdchn. 
Is  Bdchn.  a.  u.  d.  T. 

Methodik  der  lateinischen  Stylübungen 

oder 
praktische  Winke  bei  Anfertigung  eines  lateinischen  Stylstücks. 

10  Bog.  8.     Preis  40  kr.  od.  9  ggr. 

2s  Bdchn.  a.  u.  d.  T. 

Themata  und  Theses 

oder 

Aufgaben    zu    latein.    Aufsätzen  und   Disputirübungen;  mit   mefhod., 
literär.    und    andern    Nachweisungen    versehen. 

13  Bog.  8.     Preis  54  kr.  od.  12  ggr. 


Pa  Krebs,  Tohann  Philipp 

2319      -intibarbarus  der  latein- 

K7  i sehen  Sprache 

1U3 


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