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Full text of "Antike Schlachtfelder; Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte"

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K 


ANTIKE  SCHLACHTFELDER 


BAUSTHNE  ZU  EINER  ANTIKEN  KRIEGSGESCHICHTE. 

VON 

JOHANNES  KROMAYER. 

V.   O 
DRITTER  BAND : 

ITALIEN  UND  AFRIKA. 

ZWEITE  ABTEILUNG:  AFRIKA. 


BERLIN 
WEIDMANNSCHE    BUCHHANDLUNG 

1912. 


ANTIKE  SCHLACHTFELDER 


IN  ITALIEN  UND  AFRIKA 


MIT    UNTERSTÜTZUNG    DER    KAISERLICHEN    AKADEMIE    DER 
WISSENSCHAFTEN  IN  WIEN 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

J.  KROMAYER  und  G.  VEITH, 

ZWEITE  ABTEILUNG:  AFRIKA 

VON 
G.  VEITH. 


MIT  11  LITHOGRAPHISCHEN  KARTEN,  23  ABBILDUNGEN  IM  TEXT 
UND  DEN  REGISTERN  FÜR  DAS  GANZE  WERK. 


BKRLIN 

WEIDMANNSCHE  BUCHHANDLUNG 

1912. 


Vorbemerkung  zur  zweiten  Abteilung. 

Von  Herrn  Professor  Kromayer  aufgefordert,  die  Ausarbeitung  der 
afrikanischen  Probleme  dieses  Bandes  zu  übernehmen,  erachtete  ich  es 
für  meine  vornehmste  Pflicht,  für  die  in  fast  durchgehend  gemeinsamer 
Untersuchung  an  Ort  und  Stelle  festgestellten  topographischen  Re- 
sultate, über  welche  zwischen  uns  durchaus  Übereinstimmung  herrscht, 
auch  dieselbe  Form  der  Darstellung  zur  Anwendung  zu  bringen,  welche 
in  der  ersten  Abteilung  dieses  Bandes  gewählt  worden  ist.  — 

Indessen  machte  die  verschiedenartige  Natur  des  Stoffes  doch 
einige  Unterschiede  in  der  Behandlung  notwendig,  auf  die  hinzuweisen 
der  Zweck  dieser  Zeilen  ist. 

Der  afrikanische  Kriegsschauplatz  steht  zu  den  dem 
großen  Leserkreis  bekannteren  europäischen  Kriegstheatern  in  einem 
solchen  Gegensatze,  daß  es  notwendig  erschien,  eine  kurze  Charakteristik 
an  die  Spitze  der  Abteilung  zu  stellen.  Sie  hatte  alles  das  zu  um- 
fassen, was  für  das  Verständnis  der  besprochenen  kriegerischen  Vor- 
gänge irgendwie  von  Bedeutung  war,  sich  aber  auch  auf  dieses  zu 
beschränken;  eine  Gesamtdarstellung  des  karthagisch  römischen  Afrika 
war  daher  auch  nicht  einmal  auszugsweise  beabsichtigt.  Aus  dem 
gleichen  Grunde  erscheint  in  dem  vorausgeschickten  Verzeichnis  der 
Spezialliteratur  eben  nur  das  angeführt,  was  in  dieser  Beziehung  zur 
Ergänzung  meiner  persönlich  an  Ort  und  Stelle  gesammelten  Eindrücke 
und  Erfahrungen  gute  Dienste  leisten  konnte,  wobei  es  mir  selbstver- 
ständlich durchaus  nicht  unbekannt  ist,  daß  es  eine  weit  ausgedehntere 
Literatur  über  diesen  Gegenstand  gibt.  Indeß  ich  konnte  für  meinen 
eng  begrenzten  Zweck  des  größten  Teiles  dieser  Literatur  ohne 
Schaden  für  das  Resultat  entraten  und  habe  es  daher  nicht  für  nötig 


VI  Vorbemerkung  zur  zweiten  Abteilung'. 

erachtet,  sie  vollständig  anzuführen,  worin,  wie  ich  ausdrücklich  be- 
merke, durchaus  kein  Urteil  über  ihre  Qualität  gelegen  sein  soll1). 

Ein  weiterer  Unterschied  betrifft  die  AnordnungderSpezial- 
literatur- Verzeichnisse  in  den  verschiedenen  Abschnitten.  Im 
ersten  Halbbande  erscheinen  dieselben  jedem  einzelnen  Lokalproblem 
vorangestellt;  im  zweiten  habe  ich  sie  für  je  einen  Feldzug  zusammen- 
gefaßt. Der  Grund  liegt  hier  in  der  Beschaffenheit  der  Literatur. 
Während  sich  über  die  italienischen  Schlachtfelder  eine  überaus  reiche 
monographische  Literatur  entwickelt  hat,  welche  die  zusammenhängenden 
Darstellungen  quantitativ  ganz  bedeutend  überwuchert,  sind  derartige 
Monographien  für  die  afrikanischen  Probleme  weitaus  in  der  Minder- 
zahl, die  verschiedenen  Untersuchungen  finden  sich  hier  zumeist  in 
den  Rahmen  ganzer  Feldzugsdarstellungen  oder  größerer  historisch- 
topographischer Arbeiten  eingefügt.  Eine  Ausnahme  bildet  einzig 
Narraggara;  doch  hier  fällt  wiederum  dieses  eine  Schlachtproblem  mit 
dem  des  ganzen  Feldzuges  fast  vollständig  zusammen,  so  daß  es  schließ- 
lich gleichgültig  erscheint,  ob  man  das  einschlägige  Literaturverzeichnis 
an  die  Spitze  dieses  Kapitels  oder  des  ganzen  Feldzuges  stellt.  — 

Ähnlich  wie  die  Literaturverzeichnisse,  sind  auch  die  Beilagen 
üb  er  die  Heeresstärken  nicht  den  einzelnen  Gefechtsakten,  sondern 
den  ganzen  Feldzügen  zugeteilt.  Auch  hier  ergab  sich  die  Notwendig- 
keit aus  der  Erkenntnis,  daß  die  einschlägigen  Resultate  sich  im  Zu- 
sammenhange der  ganzen  Feldzüge  leichter  ableiten  und  übersichtlicher 
darstellen  lassen,  als  für  die  verschiedenen  einzelnen  Affären. 

Ein  letzter  Unterschied  endlich  betrifft  die  in  die  zweite  Abteilung 
aufgenommenen  „zusammenhängenden  Darstellungen".  Beim 
afrikanischen  Teile  des  zweiten  Punischen  Krieges,  der  sich  in  jeder 
Hinsicht  als  eine  Fortsetzung  der  in  der  ersten  Abteilung  gegebenen 
Untersuchungen  darstellt,  wurde  daher  auch  von  einer  derartigen 
Zugabe  abgesehen;  dagegen  wurde  der  libysche  Söldnerkrieg  über- 
haupt im  Zusammenhange  behandelt  und  die  einzelnen  Lokalisierungen 
in  denselben  eingefügt,  den  beiden  caesarianischen  Feldzügen  aber  nach 


1)  So  erscheint  z.  B.  A.  Schultens  vorzügliche  Monographie  „Das  römische 
Afrika",  die  ich  sehr  gut  kenne,  nicht  genannt.  Das  Werkchen  behandelt  fast  aus- 
schließlich die  kulturellen  Verhältnisse  in  der  Zeit  nach  den  von  uns  geschilderten 
Ereignissen,  und  für  die  militärische  Beurteilung  des  Landes  enthält  es  nicht  mehr 
als  seine  Vorgänger;  sein  Schwerpunkt  liegt  eben  auf  einem  andern  Gebiete,  das  für 
uns  hier  nicht  in  Betracht  kam. 


Vorbemerkung1  zur  zweiten  Abteilung-.  VII 

Durchführung  der  kritischen  Untersuchung  je  eine  „zusammenhängende 
Darstellung"  angegliedert.  Der  Grund  für  die  Verschiedenheit  der  Be- 
handlung lag  darin,  daß  die  Lokalisierungsprobleme  des  Söldner- 
krieges überwiegend  einfach  und  kurz  zu  erledigen  sind,  dagegen 
die  militärische  Würdigung  der  einzelnen  Hauptereignisse  sowohl  wie 
des  ganzen  Feldzuges  in  der  modernen  Literatur  überhaupt  noch  keine 
fachmännische  Darstellung  gefunden  hat;  das  sollte  hier  nachgetragen 
werden,  und  es  geschah  unseres  Erachtens  am  besten  im  Rahmen  einer 
zusammenhängenden  Darstellung.  —  Bei  den  caesarianischen  Feld- 
zügen dagegen  dominieren,  einerseits  auf  Grund  der  sehr  ausführlichen 
Quellenberichte,  andererseits  infolge  des  positionskriegartigen  Charakters 
dieser  Vorgänge,  die  Lokalprobleme  derartig,  daß  sie  zunächst  jedes  für 
sich  in  topographisch-kritischer  Untersuchung  behandelt  werden  mußten. 
Den  Zusammenhang  des  Ganzen  herzustellen,  war  hier  der  Zweck  der 
„zusammenhängenden  Darstellung."  Ich  habe  diese  Gelegenheit  auch 
benützt,  um  die  Korrekturen,  die  sich  an  den  betreffenden  Abschnitten 
meiner  „Geschichte  der  Feldzüge  Caesars"  als  notwendig  herausgestellt 
haben,  durchzuführen.  Ein  Vergleich  beider  Darstellungen  ermöglicht 
die  gewiß  sehr  lehrreiche  Erkenntnis  des  Unterschiedes  in  der  Bear- 
beitung eines  antiken  Feldzuges  mit  und  ohne  persönliche  Vertraut- 
heit mit  der  in  Betracht  kommenden  Örtlichkeit. 

Bilek,  im  Februar  1912.  G.  Yeith,  Hptm. 


Inhalt, 


Seite 

Vorbemerkung  zur  zweiten  Abteilung. 
Zweite  Abteilung:  Afrika. 

Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

Spezialliteratnr 497 

1.  Urographie ...  499 

2.  Hydrographie 502 

3.  Klima 507 

4.  Kultur 509 

5.  Zusammenfassung 514 

IV.  Der  libysche  Söldnerkrieg. 

Speziall  iteratur 521 

Zusammenhängende  Darstellung 522 

Anhang:  Übersetzung  der  Qnellenberichte 559 

Beilage:  Heeresstärken 565 

V.  Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 

Spezialliteratur 575 

Orientierende  Vorbemerkung 576 

1    Utika. 

1.  Stadt  und  Lager 578 

2.  Das  Reitertreffen  beim  Turm  des  Agathokles     ....  580 

3.  Die  Castra  Cornelia 583 

4.  Der  Lagerüberfall 586 

5.  Die  Schlacht  auf  den  „großen  Feldern" 589 

Anhang:  Übersetzung  der  Quellenberichte 593 

2.  Narraggara. 

1.  Das  Schlachtfeld 598 

2.  Abweichende  Ansichten 612 

a.  Narraggara .     .  613 

b.  Westzama 617 

c.  Ostzama 628 

d.  Killa 633 

3.  Die  Operationen  vor  der  Schlacht 638 

4.  Die  Schlacht 645 


Inhalt.  IX 

Seite 

Anhang:  Übersetzung  des  Quellenberichtes 665 

Beilage  I:  Heeresstärken 

1.  Römer 670 

2.  Karthager 674 

Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht 682 

VI.  Der  dritte  Punische  Krieg. 

Nepheris. 

Spezialliteratur 705 

Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung 705 

Anhang:  Übersetzung  des  Quellenberichtes 711 

VII.  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Spezialliteratur .    .  719 

Vorbemerkung •  720 

A.  Die  Expedition  Curios  nach  Afrika  49  v.  Chr. 
TJtika  und  Bagradas. 

1.  Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung 730 

2.  Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges  ....  742 

Anhang:  Übersetzung  der  Quellenberichte 750 

Beilage :  Heeresstärken 758 

B.  Der  Feldzug  Caesars  in  Afrika  47/46  v.  Chr. 

Vorbemerkung 761 

1.  Ruspina. 

1.  Die  bisherige  Lokalisierung  und  ihre  Kritik 764 

2.  Die  zutreffende  Lokalisierung 776 

3.  Das  Treffen  bei  Ruspina .     .  784 

Anhang:  Übersetzung  der  Quellenberichte 791 

2.  Uzita. 

1.  Der  Kampf  um  den  „ersten  Hügel" 797 

2.  Der  Kampf  um  den  „letzten  Hügel" 800 

3.  Die  Lager  und  Werke  Caesars 802 

4.  Die  Lager  der  Republikaner .  805 

5.  Der  Aufmarsch  am  „supercilium" 807 

3.  Aggar. 

1.  Aggar  und  die  Lager  Caesars 811 

2.  Tegea  und  die  Lager  Scipios 819 

3.  Zeta  und  Vaga 821 

4.  Sarsura  und  Thysdrus 822 

5.  Acylla 823 

4.  Thapsus. 

1.  Die  Quellenberichte  und  die  Schlachtidee 826 

2.  Die  Lokalisierung  der  Vorgänge 832 

3.  Die  Schlacht 837 

Anhang:  Übersetzung  der  Quellenberichte 853 

5.  Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.    .  858 
Beilage  I:  Heeresstärken 

1.  Caesar 880 

2.  Die  Republikaner 889 

3.  Die  Flotten 895 

4.  Die  Verluste 896 


Inhalt. 

Seite 
Beilage   II.    Die  Kommandoverhältnisse   in   der  republikanischen 

Armee 898 

Beilage  111.     Über    die  Persönlichkeit  des  Verfassers  des  „bellum 

Africauum1* 902 

Verzeichnis  der  Bilder  und  Skizzen 908 

Verzeichnis    der   Karten    und    Bemerkungen    über  ihre  Herstellung   .    .    .  910 

Allgemeines  Literaturverzeichnis 915 

Register  zu  Band  I  —  III. 

1.  Die  behandelten  Kriege  und  Schlachten  in  chronologischer 
Reihenfolge 919 

2.  Die  wichtigsten  Ortsnamen 921 

3.  Die  wichtigsten  Personennamen 931 

4.  Taktisches '   ...  934 


Zweite  Abteilung:  AFRIKA. 


Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 


Kromayer-Ve  ith,   Antike  Schlachtfelder  III.  32 


Spezial-Literatur 

chronologisch  geordnet. 
(Die   unvollständig   zitierten  Werke   siehe  im  Allgemeinen  Literaturverzeichnis  am 

Schluß  des  Bandes.) 


Lauf.  Nr. 

1.  A.  Berbrugger,  Voyages  dans  le  sud  de  l'Algerie  et  des  etats  barbares- 

ques.     1846. 

2.  V.  Barth,  Wanderungen  durch  die  Küstenländer  I.     1849. 

3.  Daux,  Recherches  sur  l'origine  et  l'emplacement  des  emporia  pheniciens  dans 

le  Zengis  et  le  Byzacium.     1869 

4.  BoissierG.    Esquisse  d'  une  histoire  de  la  conquete  et  de  1'administration  ro- 
maine  dans  le  nord  de  l'Afrique  et  particulierement  dans  la  province  de  Numidie.  1878. 

5.  Partsch,  Die  Veränderungen  des  Küstensaumes  der  Regentschaft  Tunis  in 

historischer  Zeit  (Peterm.  Mitt.  Mai  1883).     1883. 

6.  Ch.  Tissot.     1884,  1888. 

7.  Meltzer.     1879,  1896. 

8.  Boissier  G.    L'Afrique  Romaine.     Promenades  archeologiques   en  Algerie 
et  Tunisie.     1895. 

9.  K.  Lehmann,  Der  letzte  Feldzug  des  Hannibali sehen  Krieges.     1894. 

10.  Collection  des  Guides- Joanne,  Algerie  et  Tunisie.     1906. 

11.  H.  Leiter,  Die  Frage  der  Klimaänderung  während  geschichtlicher  Zeit  in 

Nordafrika  (Abh.  d.  k.  k.  geogr.  Gesellschaft  in  Wien,  VIII,  Nr.  1)  1909. l) 


1)  Dort   auch    die   übrige    zahlreiche  Literatur,   die   hier  nicht  speziell  heran- 
gezogen wurde. 


32 ! 


Daß  von  allen  Kriegstheatern  der  Mittelmeerländer  das  afrika- 
nische am  stärksten  die  Kriegsführung  durch  die  spezifischen  Eigen- 
tümlichkeiten des  Landes  beeinflußt  hat,  kann  wohl  als  bekannt  voraus- 
gesetzt werden;  für  uns  erwächst  dabei  die  Notwendigkeit,  uns  über 
diese  Eigentümlichkeiten  und  Einflüsse  klar  zu  werden,  da  einerseits 
nur  unter  dieser  Voraussetzung  ein  klares  Verständnis  der  Operationen 
möglich  ist,  andererseits  aber  eben  jene  spezifischen  Umstände  in  sehr 
zahlreichen  Fällen  geeignet  sind,  in  eine  dem  Wortlaute  nach  schein- 
bar undeutliche  Überlieferung  Klarheit  zu  bringen,  ja  oft  im  Laufe 
der  Untersuchung  das  entscheidende  Wort  zu  sprechen. 

Bei  einer  Forschungsmethode,  die  wie  die  unsrige  in  erster  Linie 
auf  die  Lokal  Untersuchung  aufgebaut  ist,  handelt  es  sich  vor  allem 
darum,  sich  darüber  klar  zu  werden,  ob  und  inwieweit  die  Verhält- 
nisse, wie  sie  sich  heute  unserem  Auge  darbieten,  auch  für  jene  Zeit 
Geltung  haben,  in  welcher  die  von  uns  zu  untersuchenden  Feldzüge 
geführt  worden  sind.  Gerade  in  dieser  Hinsicht  gehen  über  den  in 
Rede  stehenden  Kriegsschauplatz  die  Ansichten  einigermaßen  ausein- 
ander. In  neuester  Zeit  hat  jedoch  H.  Leiter  die  ganze  Frage  in 
ihrem  vollen  Umfange  noch  einmal  gefaßt  und  ist  auf  Grund  ein- 
gehender Prüfung  aller  aus  den  alten  Quellen  wie  aus  den  neuen  und 
neuesten  Forschungen  sich  ergebenden  Daten  zu  dem  Resultat  ge- 
kommen, daß  eine  wesentliche  Änderung  der  natürlichen  Verhält- 
nisse und  Bedingungen  in  jenen  Ländern  in  historischer  Zeit  nicht 
platzgegriffen  hat,  daß  vielmehr  alle  Modifikationen,  die  das  Land 
heute  gegen  damals  aufweist,  auf  menschlichen  Eingriff  zurück- 
zuführen sind.  Da  wir  nun  über  die  kulturellen  Verhältnisse  jenes 
Landes  zur  karthagisch -römischen  Zeit  durch  die  Berichte  der  alten 
Schriftsteller  sowie  die  gerade  hier  besonders  zahlreichen  und  gut  er- 
haltenen Kulturreste  recht  gut  unterrichtet  sind,  die  natürlichen  aber 
als  im  wesentlichen  konstant  annehmen  können,   so  wird  es  möglich, 


Urographie.  499 

uns  ein  verhältnismäßig  deutliches  und  vollständiges  Bild  des  Kriegs- 
schauplatzes für  jene  Zeit  zu  rekonstruieren. 

Für  die  Feldzüge,  welche  den  Gegenstand  der  vorliegenden  Publi- 
kation bilden,  kommt  nur  ein  relativ  sehr  kleiner  Teil  der  fraglichen 
Länder  in  Betracht:  etwa  die  nördliche  Hälfte  der  heutigen  Regent- 
schaft Tunis,  begrenzt  im  Norden  und  Osten  vom  Mittelmeer,  im 
Westen  etwa  von  der  heutigen  politischen  Grenze  der  Regentschaft 
gegen  Algier,  im  Süden  von  der  Linie  Thala — El  Djem.  Im  folgenden 
soll  auch  vorzugsweise  nur  von  diesem  Gebiete  die  Rede  sein  und  die 
angrenzenden  Territorien  nur  soweit  in  die  Untersuchung  einbezogen 
werden,  als  der  Zusammenhang  es  unbedingt  erfordert. 


1.   Orographie. 
Das  fragliche  Gebiet  wird  von  den  östlichen  Ausläufern  des  großen   A11semein©r 

°  °  Charakter. 

Atlas  ausgefüllt.  Dieselben  bestehen  aus  einer  großen  Anzahl  oro- 
graphischer  Einzelformen  von,  wie  wir  sehen  werden,  sehr  verschiedener 
Art;  das  einzig  Gemeinsame  ist  die  vorherrschende  Streichrichtung 
Südwest — Nordost. 

Das  ganze  System  zerfällt  in  zwei  untereinander  recht  verschiedene 
Abschnitte,  einen  nordwestlichen  und  einen  südöstlichen.  Die  Grenze 
zwischen  beiden  bildet,  von  Nordosten  nach  Südwesten  gerechnet,  im 
großen  ganzen  der  Ou.  Medjerda  von  seiner  Mündung  aufwärts  bis 
zum  Einflüsse  des  Ou.  Mellegue,  von  da  ab  der  letztere  Fluß.  Den 
Ou.  Medjerda  auch  weiter  aufwärts  als  Grenze  anzunehmen  *),  ist  nicht 
richtig;  wie  der  ausgesprochen  defileartige  Charakter  seines  Tales 
oberhalb  der  Melleguemündung  klar  zeigt,  trennt  er  hier  nicht  die 
nordwestliche  Gebirgsgruppe  von  der  südöstlichen,  sondern  er  durch- 
bricht die  erstere.  Tatsächlich  ist  hier  auch  der  Charakter  der 
Bergketten  südlich  seines  Laufes  ganz  identisch  mit  jenem  nördlich 
desselben,  und  erst  am  Ou.  Mellegue  ändert  er  sich  plötzlich  ganz 
ausgiebig  2). 

Die   nordwestliche    Gruppe   besteht  nicht,   wie  K.  L  e  h  -  Der  nordwvest- 

1  '  liehe  Abschnitt. 

mann  behauptet,  aus  einer  hohen  Kette   (,,Krumirtt),  sondern   aus 

1)  So  K.  Lehmann,  p.  556. 

2)  Genau  genommen  könnte  man  auch  die  knapp  unter  der  Melleguemündung 
bis  zu  jener  des  Ou.  Siliana  sich  hinziehenden  Ketten  ihrem  Charakter  nach  zur 
nordwestlichen  Gruppe  rechnen. 


500  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

einer  großen  Zahl  schmaler,  eng  aneinand ergedrückter  Parallelketten 
von  Mittelgebirgscharakter,  von  denen  keine  die  übrigen  besonders 
dominiert.  Die  Streichrichtung  ist  hier  fast  ausnahmslos  Südwest — 
Nordost;  nur  wenige  kurze  Querriegel  zeigen  eine  andere  Richtung. 
Ebene  Flächen  von  nennenswerter  Ausdehnung  gibt  es  nur  am  Ou. 
Medjerda;  einige  Kessel  nächst  der  Küste  sind  mit  Seen  angefüllt. 
Die  zahlreichen  Wasserläufe  dieses  Berglandes  durchbrechen  meist  nach 
kurzem  Laufe  die  Ketten,  um  sich  ins  Meer  oder  in  den  Ou.  Medjerda 
zu  ergießen;  ihre  Täler  tragen  durchwegs  schluchtartigen  Charakter. 

Die  Wegsamkeit  des  ganzen  Gebietes  ist  eine  geringe;  es  ist, 
militärisch  beurteilt,  schwieriges  Durchzugsland.  Die  Längskommuni- 
kationen sind  meist  auf  die  zwischen  den  Ketten  streichenden  Ver- 
schneidungen angewiesen  und  finden,  da  die  wichtigsten  Wasser! äufe 
meist  quer  darüber  durchbrechen,  auch  hier  genug  Schwierigkeiten. 
Die  Querverbindungen  zwischen  Meer  und  Medjerda  sind  noch  un- 
günstiger dran,  da  die  schluchtartigen,  sohlenlosen  Quertäler  sich 
wenig  für  die  Anlage  von  Kommunikationen  eignen  und  die  schroffen 
Hänge  der  meisten  Ketten  schwere  Steigungen  zu  überwinden  geben. 

Dagegen  ist  die  Fruchtbarkeit  infolge  des  relativen  Wasserreich- 
tums   eine  recht  befriedigende  und  eigentlich  nur  eine  Funktion  der 
Flächenneigung.    Jede   halbwegs   ebene  Fläche   ist   kulturfähig,    und 
stellenweise  finden  sich  prachtvolle  Wälder. 
Der  südöstliche         Ganz  anders  repräsentiert  sich  das  Bergland  südöstlich  der 

W)  schnitt 

Mellegue-Medjerdalinie.  Während  dort  die  unter  sich  ziemlich  gleich- 
artigen Ketten  eng  aneinandergerückt  erscheinen,  ist  hier  das  Gebirgs- 
system  in  seine  einzelnen  Glieder  aufgelöst.  Wir  treffen  eine  große 
Anzahl  kleiner  Ketten ,  Rücken  und  Bergmassivs,  die  fast  alle  mehr 
oder  weniger  isoliert  dastehen  oder  nur  lose  durch  niedriges  Hügelland 
zusammenhängen.  Wo  diese  Einzelformen  eine  ausgesprochene  Kamm- 
richtung aufweisen1),  verläuft  dieselbe  —  wenigstens  in  den  nörd- 
licheren Teilen  —  immer  noch  vorwiegend  von  Südwest  nach  Nord- 
ost; daneben  gibt  es  zahlreiche  isolierte  Kegel  und  Massivs  ohne 
ausgesprochene  Kammrichtung2),  desgleichen,  besonders  im  Süden, 
regelrechte  Tafelberge3).    Am  meisten  tritt  ein  gewisser  Zusammen- 


1)  Dj.  Massouge,  Dj.  Bargou,  Dj.  Serdj,  Dj.  Zaghouane  usw. 

2)  Hierher  die  originellen  Klippenberge   der  Mellegue-Steppe:    Dj.  Laibel,    Dj. 
Harraba,  Dj.  Slata  etc. 

3)  Hamadet  el  Kessera,  die  sog.  „Tafel  des  Jugurtha". 


Urographie.  501 

hang  noch  in  dem  Raum  zwischen  dem  Quellgebiet  des  Ou.  el  Kebir 
und  dem  Cap  Bon  zutage;  doch  gibt  es  hier  immerhin  einzelne  ihre 
Umgebung  weithin  dominierende  Gipfel1). 

Zwischen  den  einzelnen  Ketten  und  Bergen  liegen  teils  ausge- 
sprochene Ebenen2),  teils  erstreckt  sich  hier  ein  meist  unregelmäßig 
gegliedertes  Hügelland.  Die  ersteren  tragen  entweder  Steppen- 
charakter, wie  am  Ou.  Mellegue,  oder  sie  besitzen  mehr  oder  weniger 
fruchtbaren  Ackerboden,  wie  die  meisten  übrigen  Flächen.  Auch  das 
Hügelland  ist  teils  ziemlich  verkarstet  und  unfruchtbar  („demi- 
desert",  arab.  „Bled",  zumeist  im  Innern  am  Quellgebiet  des  Ou.  el 
Kebir  [obere  Miliana]  und  des  Ou.  Nebaana),  teils  kulturfähiger  Lehm- 
boden,  wie  im  Gebiet  zwischen  El  Kef  und  Ksour,  dann  an  der  Küste. 

Die  Flüsse  gelangen  in  diesem  Gebiete  zu  einer  viel  be- 
deutenderen Längenentwicklung  als  im  Norden,  wozu  allerdings  ihre 
Wassermasse  in  keinem  Verhältnisse  steht.  Sie  fließen  teils  in  der 
Längsrichtung  der  Ketten,  teils  quer  zu  ihnen,  ohne  in  letzterem 
Falle  größere  Durchbruchsdefileen  aufzuweisen. 

Die  Wegsamkeit  ist  von  Natur  aus  eine  große;  die  zahl- 
reichen Ebenen  und  weiten  Flußtäler,  die  tiefeingeschnittenen  Sättel 
zwischen  den  höheren  Gebirgspartien  bieten  günstige  Bedingungen 
zur  Führung  zahlreicher  Kommunikationen  in  jeder  Richtung.  Der 
größte  Teil  des  Gebietes  kann  militärisch  als  ausgesprochenes  Manövrier- 
land bezeichnet  werden;  nur  das  geschlossene  Bergland  zwischen  dem 
Ou.  el  Kebir-Miliana,  der  Ostküste  und  der  Senke  von  Grombalia  ist 
vorwiegend  als  Durchzugsland  aufzufassen. 

Die  rein  figurale  Bodengestaltung  hat  zweifellos  in  historischer  Zeit  Veränderungen. 
manche  Veränderungen  durchgemacht.  Wenn  man  bedenkt,  daß  der 
durchaus  nicht  besonders  mächtige  Ou.  Medjerda  erwiesenermaßen 
seit  den  Zeiten  der  Römer  an  seiner  Mündung  ein  mehrere  Quadrat- 
meilen umfassendes  Anschwemmungsgebiet  abgesetzt  hat,  wie  wir  es 
in  gleicher  Mächtigkeit  sonst  nur  bei  den  größten  Strömen  finden,  so 
deutet  schon  dieser  Umstand  allein  auf  bedeutende  Abschwemm ungen 
im  Innern  des  Landes,  aus  dem  diese  Erdmassen  kamen.    Tatsächlich 


1)  Dj.  Zaghouane,  Dj.  Ressas,  Dj.  Bou  Kournine  usw. 

2)  Die  große  Mellegue-Steppe,  die  Ebenen  von  Zouarine,  Sers,  die  Becken  des 
Ou.  Tessa,  Ou.  Siliana  und  Ou.  Miliana,  der  Kessel  von  Zaghouane,  endlich  die  Ebenen 
an  der  Ostküste,  einschließlich  der  breiten  Senke  von  Grombalia  zwischen  letzterer 
und  dem  Golf  von  Tunis. 


502  ^er  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

bereitet  die  mit  hoher  Temperatur  verbundene  Trockenheit  des 
Sommers  durch  intensive  Verwitterung  der  Oberfläche  die  Erosion 
durch  die  plötzlichen  vehementen  Niederschläge  und  Stürme  des 
Winters  erfolgreich  vor.  Andererseits  verteilt  sich  diese  Tätigkeit 
bei  der  Größe  des  Stromgebietes  des  Ou.  Medjerda  auf  ein  sehr  be- 
deutendes, weit  nach  Algier  hinübergreifendes  Gebiet,  so  daß  beson- 
ders ausgiebige  Veränderungen  der  Erdoberfläche  in  historischer  Zeit 
doch  nur  dort  anzunehmen  sind,  wo  ganz  spezielle  Umstände  sie  noch 
besonders  begünstigen. 


2.    Hydrographie. 
Aligemeiner  jjas    hydrographische    Moment    erreicht    auf   dem    afrikanischen 

Chflrji  lcf"flr 

Kriegsschauplätze  eine  Wichtigkeit,  von  welcher  sich  der  in  Mittel- 
europa dienende  Militär  kaum  einen  Begriff  machen  kann.  Einzig  in 
den  südlichen  Teilen  des  Karstes  finden  sich  innerhalb  der  europäischen 
Kulturstaaten  einigermaßen  analoge  Verhältnisse. 

Dabei  ist  das  Land  nicht  einmal  ausgesprochen  wasserarm;  aber 
die  Wasserverteilung  ist  eine  derartige,  daß  derselben  bei  militärischen 
Operationen  das  allergenaueste  Augenmerk  zugewendet  werden  muß, 
wenn  unabsehbarer  Schaden  verhütet  werden  soll. 

Als  bestes  Zeichen  der  Wichtigkeit  der  Wasserverhältnisse 
mag  der  Umstand  dienen,  daß  hier  jedes,  auch  das  geringste,  kaum 
merkbare  Rinnsal,  in  dem  vielleicht  nur  unmittelbar  nach  einem 
größeren  Niederschlage  etwas  Wasser  fließt,  vor  allem  aber  jede,  auch 
die  kleinste,  Quelle  ihren  Namen  hat  und  diese  Namen  in  der  weitesten 
Umgebung  allen  Landesbewohnern  genau  bekannt  sind,  so  daß  die 
Orientierung  im  Lande  in  allererster  Linie  nach  den  Quellen  erfolgt. 

Das  natürliche  Wasser  tritt  in  diesem  Gebiete  in  dreifächer 
B'orm  auf:  als  Wasserlauf  („Oued"),  als  Quelle  („Aine")  und  als 
stehendes  Wasser  („Sebkra"). 

Was  zunächst  die  „Oueds"  betrifft,  so  ist  vor  allem  festzustellen, 
daß  diese  Bezeichnung  absolut  nicht  synonym  ist  mit  unserem  „Fluß". 
Diese  heutzutage  häufig  auftretende  Verwechslung  scheint  auch  schon  in 
unseren  Quellen  vorzukommen,  und  die  Bezeichnung  solcher  afrikanischer 
Die  „oueds".  ßewässer  mjt  Ausdrücken  wie  „TtoTa/nög"  u.  dgl.  hat  in  der  Forschung 
manche  Schwierigkeit  und  Konfusion  verschuldet.    Ein  „Fluß"  in  un- 


Hydrographie. 


503 


serem  Sinne  ist  von  allen  tunesischen  Wasserläufen  eigentlich  allein 
der  Ou.  Medjerda,  der  Bagradas  (Maxaga)  der  Alten;  und  auch 
diesen  „zweitgrößten  Fluß  Nordafrikas"  dürfen  wir  uns  beileibe  nicht 
als  Strom  vorstellen;  er  ist  ein  recht  bescheidener  Fluß,  gerade  wasser- 
reich genug,  um  nicht  ohne  weiteres  an  jeder  beliebigen  Stelle  über- 
schritten werden  zu  können,  aber  nirgends  ein  Hindernis,  das  eine als Hindernisse. 
über  die  erforderlichen  technischen  Hilfsmittel  verfügende  Armee 
nicht  jederzeit  mühelos  überwinden  könnte1). 

Alle  anderen  Gewässer  des  Landes  sind  nach  unseren  Begriffen 
nur  Bäche,  und  zwar  oft  recht  kleine.  Nur  bei  ausgesprochenem 
Hochwasser,  das  jedoch  ausnahmslos  schnell  abläuft,  mögen  sie  ganz 
vorübergehend  zu  ernstlichen  militärischen  Hindernissen  werden. 
Einige  —  oft  den  größten  Teil  des  Jahres  trockene  —  Oueds  weisen 
infolge  ihrer  Uferbeschaffenheit  Hindernischarakter  auf;  doch  ist  dies 
stets  nur  auf  kurze  Strecken  der  Fall. 

Ist  daher  die  Bedeutung  der  Oueds  als  militärischer  Hindernisse  als  Faktor  der 
relativ  gering,  so  spielen  sie  eine  um  so  größere  Rolle,  was  die  Wasser-    ^^uno-. 
Versorgung   betrifft.     Immerhin   stehen   sie   in    dieser    Hinsicht    den 
Quellen,  von  denen  später  die  Rede  sein  soll,  wesentlich  nach. 

Der   weitaus   größte   Teil   der    Oueds   ist  periodisch,   d.  h.  sie     Pe™dische 

&  ^  '  Oueds. 

führen  nur  in  der  Regenzeit,  und  auch  da  meist  nur  unmittelbar  nach 
einem  Niederschlage,  Wasser.  Dieses  mit  ziemlicher  Vehemenz  durch 
den  lehmigen  Boden  dahinschießende  und  allerhand  Erdbestandteile 
mit  sich  führende  Wasser  ist  aber  dann  ein  recht  zweifelhaftes  Ge- 
nußmittel. Sobald  das  Hochwasser  abgelaufen  ist,  löst  sich  der  perio- 
dische Oued  zunächst  in  eine  Reihe  stehender  Pfützen  auf,  die  dann 
rasch  vertrocknen,  wenn  nicht  ein  neuer  Guß  sie  füllt. 

In  der  heißen,  trockenen  Jahreszeit,  wo  der  Wasserbedarf  natur- 
gemäß am  größten  ist,  versagen  diese  periodischen  Oueds  ganz,  und 
es  muß  hier  gleich  gesagt  werden,  daß  sie  im  allgemeinen  auf  den 
neuen  französischen  Karten  viel  zu  optimistisch  behandelt  sind,  ein 
Umstand,  der  sich  gegebenenfalls  bitter  rächen  kann.  Wir  haben  selbst 
mitten  in  dem  —  allerdings  relativ  trockenen  —  Winter  1908  man- 
chen in  den  Karten  als  permanent  wasserführend  gezeichneten  Oued 
trocken  gefunden. 


1)  Nach  dem  in  der  österreichisch  -  ungarischen  Armee  giltigen  Maßstab  wären 
auch  in  seinem  Unterlaufe  bei  normalem  Wasserstande  nirgends  mehr  als  zwei 
Brückenequipagen  notwendig. 


504  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

Auch  größere,  im  Oberlaufe  permanente  Oueds,  zumal  im  äußersten 
Süden,  versickern  allmählich,  sobald  sie,  ohne  Zufluß  zu  erhalten,  län- 
gere Strecken  durch  die  Ebene  laufen,  oder  lösen  siclr  in  Pfützen  auf, 
die  eine  an  der  Oberflächenvegetation  nachweisbare  unterirdische 
Grundwasserkommunikation  besitzen 1). 
!  Salzgehalt.  Ein   weiterer    großer   Übelstand    der   Oueds   der  Ebene   ist  der 

Salzgehalt.     Etwas  tritt  derselbe  bei  den  Wasserläufen  in  flachen 
Gegenden,   insbesondere   im  Süden,   fast  immer   zutage,   dabei   aller- 
dings  stark   wechselnd,  je   nach    der    eben   auch  sehr  verschiedenen 
Salzhaltigkeit  des  Bodens.    So  kann  selbst  ein  und  derselbe  Oued  an 
einer  Stelle  bis  zur  vollen  Ungenießbarkeit  versalzen,  und  wenige  Kilo- 
meter  abwärts   der   Gehalt  auf  einen    mäßigen   Beigeschmack   redu- 
ziert sein.     Im  unmittelbaren  Bereiche   der   Küste   oder    der   großen 
Sebkren    und  Chotts   tritt  diese  Erscheinung  natürlich  am  stärksten 
auf,  allerdings,  wie  bereits  erwähnt,  nur  an  ebenen  Stellen;  aber  auch 
tief  im  Landinnern  läßt  sie  sich  beobachten,  soweit  nur  größere  Niede- 
rungen vorhanden  sind.    Im  allgemeinen  deuten  Namen  wie  „Meleg", 
„Melah"  u.  dgl.  auf  Salzgehalt.   Jedenfalls  ist  im  Falle  einer  Operation 
die  genaue  Vertrautheit  mit  dieser  Eigenschaft  vieler  wasserführender 
Oueds  von  größter  Wichtigkeit,  da  sie  auf  der  Karte  nicht  ersichtlich 
ist;  es  wäre  wohl  zu  erwägen,  ob  es  sich  nicht  empfehlen  würde,  auf 
den  doch  in  erster  Linie  militärischen  Zwecken  dienenden  Karten  den 
Salzgehalt  der  Oueds  wenigstens  dort,  wo  er  zur  vollen  Ungenießbar- 
keit des  Wassers  gesteigert  erscheint,  durch  eigene  Signaturen  kennt- 
lich zu  machen. 
Die  oueds  der         Als  weit  verläßlicher  als  die  Oueds  der  Ebene  können  jene  der 
Gebirge  bezeichnet  werden.     Wie  überall,  so  sind  auch  hier  die  Ge- 
birge  niederschlags-   und  somit  wasserreicher;   ihre  Oueds  haben  im 
allgemeinen    mehr   und   konstanteres  Wasser.    Dies  gilt  insbesondere 
von   dem   nordwestlichen  Teile   des  Gebietes;   so  sind  die  linken  Zu- 
flüsse des  Ou.  Medjerda,  der  Ou.  bou  Heurtma,  Ou.  Kasseb,  Ou.  Beja 
trotz   ihres   verhältnismäßig   kurzen  Laufes  bedeutend  wasserreicher 
als  die  über  eine  weit  größere  Längen-  und  Gebietsentwicklung  ver- 
fügenden rechten  Zuflüsse  Ou.  Mellegue,  Ou.  Tessa,  Ou.  Siliana;    und 
die  sonstigen  größeren  Wasserläufe   der  südlichen  Landeshälfte,   der 


1)  So  der  untere  Ou.  Nebaaua,  der  Ou.  Marguellil  (auf  älteren  Karten  Merg-es- 
Lil)  u.  a. 


Hydrographie.  505 

Ou.  Miliana,  Ou.  Nebaana,  Ou.  Marguellil  etc.  weisen  durchwegs  den 
Charakter  der  letzteren  auf. 

Dabei  ist  die  Qualität  des  Wassers  in  den  Bergen,  ebenso  wie 
bei  uns,  eine  wesentlich  bessere  als  im  Flachlande;  dies  gilt  auch 
von  den  südlichen  Oueds,  wo  sie  Bergländer  passieren,  wie  etwa  vom 
Ou.  Nebaana  und  seinen  beiden  Quellbächen  Ou.  Marouf  und  Ou.  el 
Ksob  im  Bereiche  des  verkarsteten  „Bled".  An  solchen  Stellen  kann 
auch  ein  afrikanischer  Oued  ganz  den  Charakter  eines  europäischen 
Gebirgsbaches  annehmen,  mit  klarem,  grün  durchscheinendem  Wasser, 
in  dem  sich  zahlreiche  forellenartige  Fischchen  tummeln.  Sobald  der 
Oued  aus  den  Bergen  in  die  Ebene  hinaustritt,  ist  es  auch  mit  diesem 
Charakter  rasch  zu  Ende.  Selbstverständlich  wird  in  ausgesprochenen 
Gebirgslagen  auch  kein  Salzgehalt  angetroffen. 

Von  weit  größerer  Bedeutung  als  die  Oueds  sind  für  die  Wasser-  Die  Quellen. 
Versorgung  des  Landes  die  Quellen  (arab.  „Aine").  Der  Unter- 
schied ist  hier  überhaupt  —  im  Gegensatze  zu  europäischen  Verhält- 
nissen —  streng  festzuhalten.  Die  „Aines"  haben  mit  den  Oueds 
prinzipiell  gar  nichts  zu  tun,  stehen  mit  ihnen  oft  in  gar  keinem  Zu- 
sammenhang. Während  es  bei  uns  als  selbstverständliche  Norm  gilt, 
daß  jede  Quelle  durch  Vereinigung  mit  ihresgleichen  schließlich  einen 
Bach  bildet,  ist  dies  in  Afrika  —  ähnlich  wie  z.  B.  im  herzego- 
winischen  Karste  —  durchaus  nicht  in  gleichem  Maße  der  Fall.  Die 
wenigsten  der  zahlreichen  und  zum  Teil  auch  recht  ergiebigen  Quellen 
des  Landes  entwickeln  sich  zu  einem  Oued  oder  stehen  mit  einem 
solchen  überhaupt  in  Verbindung;  umgekehrt  entstehen  die  meisten 
permanenten  Oueds  —  die  periodischen  führen  meist  überhaupt  nur 
direktes  Niederschlagswasser  —  nicht  in  Form  von  deutlichen  Quellen, 
sondern  sie  sickern  gewöhnlich  im  Verlaufe  einer  größeren  Strecke 
aus  dem  Boden  hervor. 

Die  meisten  Quellen  erfreuen  sich  in  der  Regel  nur  eines  ganz 
kurzen  Laufes  und  versickern  oder  verdunsten  dann  spurlos;  einige 
bilden  einen  Sumpf;  die  Fortsetzung  bis  zum  nächsten  permanenten 
Oued  finden  die  wenigsten. 

Ihre  Zahl  ist  im  Gebirge  beträchtlich;  freilich  nicht  so  sehr  in 
der  Gipfelregion,  als  vielmehr  in  den  Mulden  und  Schluchten  der 
Hänge  und  vor  allem  am  Fuße  der  Berge;  hier  findet  man  sie  oft  in 
größerer  Zahl  nahe  beisammen,   wie  am  Dj.  Bargou,   Dj.  Serdj  u.a. 


506  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

Je  flacher  das  Land,  desto  spärlicher  werden  die  Quellen ;  in  der  voll- 
kommenen Ebene,  dann  überhaupt  gegen  Süden  und  an  der  Ostküste 
werden  sie  zur  Seltenheit.  Ihre  Ergiebigkeit  ist  eine  recht  ungleiche 
und  wechselt  wohl  auch  nach  der  Jahreszeit,  wenn  auch  nicht  in  dem 
Maße  wie  jene  der  Oueds.  Es  gibt  Quellen  im  Lande,  die  für  den 
"Wasserbedarf  auch  größerer  Heereskörper  vollauf  genügen,  sowie 
manche,  in  Wasserleitungen  gefaßt,  ganze  Städte  reichlich  mit  Wasser 
versorgen.  Die  Qualität  des  Wassers  ist  im  allgemeinen  eine  bessere 
und  verläßlichere  als  jene  der  Oueds;  doch  gibt  es  in  der  Ebene  auch 
salzige  Quellen,  besonders  hart  am  Ufer  salzhaltiger  Gewässer. 

Alle  Quellen  des  Landes  haben,  wie  bereits  erwähnt,  ihre  allge- 
mein bekannten  Namen ;  viele  weisen  noch  aus  dem  Altertoime  künst- 
liche Fassungen  auf. 
Die  „sebkren".  Neben  den  fließendes  Wasser  führenden  Oueds  und  Quellen  wären 
noch  die  stehenden  Binnenwässer  des  Landes  zu  erwähnen.  Mit  Aus- 
nahme einiger  kleiner  Süßwasserseen  in  den  Gebirgen  des  Nordens 
sind  es  durchwegs  Brakwasserbecken  von  oft  großer  Ausdehnung 
(„Sebkra",  im  äußersten  Süden  „Chott"  genannt).  Sie  finden  sich 
naturgemäß  nur  in  den  flachen  Teilen  des  Landes,  insbesondere  in  der 
Nähe  der  Küste,  und  sind  für  die  Wasserversorgung  vollständig  wert- 
los. Ihr  Inhalt  ist  oft  so  dickflüssig,  daß  bei  größerer  Ausdehnung  das 
Niveau  örtlich  merkbar  variiert.  Der  Wasserspiegel  wechselt  übrigens 
auch  zeitlich,  und  zwar  nicht  nur  nach  der  Jahreszeit  nach  Maßgabe 
des  Niederschlages,  sondern  er  dürfte  auch  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
recht  bedeutenden  Veränderungen  unterliegen,  die  möglicherweise 
periodischer  Natur  sind1).  Die  Sebkren  haben,  mit  Ausnahme  der 
großen  Chotts  des  Südens,  keine  Übergänge  und  sind  auch  nicht  mit 
Kähnen  befahrbar,  so  daß  sie  bei  größerer  Ausdehnung  absolute  mili- 
tärische Hindernisse  darstellen.  Auch  die  flachen  Ufer  bilden  oft 
breite  Kotzonen,  die  gleichfalls  nicht  oder  nur  schwer  passierbar  sind. 
Grundwasser.  Schließlich  sei  erwähnt,  daß  das  Land  an  vielen  Stellen  reich- 

liches Grundwasser  aufweist,  insbesondere  stellenweise   längs  der 


1)  So  ist  die  Sebkra  m'ta  Moknine,  deren  Wasserspiegel  heute  6—9  Meter  unter 
dem  Meeresniveau  liegt,  zweifellos  in  historischer  Zeit  merklich  eingeschrumpft,  wie 
die  im  bell.  Africanum  gegebenen  Daten  über  die  Breite  des  anschließenden  Isthmus 
beweisen;  umgekehrt  hat  sich  die  bezeichnenderweise  heute  noch  namenlose  Sebkra 
in  der  Ebene  westlich  Monastir,  an  deren  Stelle  nach  derselben  Quelle  im  Altertum 
fruchtbares  Ackerland  war,  im  Laufe  der  Jahrhunderte  durch  Versandung  der  Mündung 
des  kleinen  Ou.  Melah  erst  gebildet. 


Das  Klima.  597 

Küste  und  in  der  Nähe  größerer  Wasserläufe,  auch  im  Bereiche 
solcher,  die  an  der  Oberfläche  ausgetrocknet  sind;  endlich  auch  in 
bergigem  Terrain,  wo  die  Schichtenlagerung  die  Stauung  begünstigt. 
Die  Anlage  von  Brunnen  ist  an  solchen  Stellen  mit  Erfolg  durchführ- 
bar; in  höheren  Lagen  sind  in  neuester  Zeit  artesische  Brunnen  mit  Er- 
folg angelegt  worden.  Auf  das  Vorhandensein  von  Grundwasser  kann 
übrigens  durchaus  nicht  aus  dem  äußeren  Typus  des  Geländes  mit 
Sicherheit  geschlossen  werden;  so  hat  die  ganz  flache  und  äußerlich 
vollständig  gleichförmige  Ebene  nördlich  Ksour  es  Saf  im  Süden  und 
Osten  Überfluß  an  Grundwasser,  während  dasselbe  im  Norden  und 
Westen  fast  vollständig  fehlt;  ein  Umstand,  der  auch  schon  im  Alter- 
tume  militärisch  in  die  Wagschale  gefallen  ist.  — 

So  viel  über  die  natürlichen  Gewässer  des  Landes;  von  der 
künstlichen  Wasserversorgung  durch  Wasserleitungen  und  Zisternen 
wird  in  einem  späteren  Abschnitte  noch  die  Rede  sein. 


3.  Das  Klima. 

Unser  Gebiet  gehört  zum  subtropischen  Teil  der  gemäßigten   Allgemeiner 
Zone.     Charakteristisch  hiefür  ist  die  jahreszeitliche  Verteilung 
der  Niederschläge,  indem  die  regenlose  oder  genauer  regenarme 
Zeit  in  das  Sommerhalbjahr,  die  Regenzeit  in  das  Winterhalbjahr  fällt1). 

Im  übrigen  ist  das  Klima  wenigstens  des  für  unsere  Unter- 
suchung in  Betracht  kommenden  Landstriches  von  jenem  der  süd- 
europäischen Länder,  ja  selbst  des  südlichen  Mitteleuropa  nicht  allzu 
verschieden;  auch  der  mangelnde  Niederschlag  des  Sommerhalbjahres 
wird  durch  ungemein  starken  Tau  teilweise  ersetzt2). 

Die  Temperatur  ist  im  Durchschnitt  nicht  höher  als  in  Italien  Temperatur. 
oder  im  südlichen  Karste;  an  den  Küsten  wird  die  Hitze  durch  das 
Meer,  in  den  Gebirgen  durch  die  Höhenlage  wesentlich  gemildert, 
doch  vollzieht  sich  der  Übergang  vom  maritimen  zum  kontinentalen 
Klima  landeinwärts  im  allgemeinen  unmittelbarer  als  in  Europa;  hier 
sind  dann  sehr  bedeutende  Temperaturschwankungen  sowohl  im 
Wechsel  der  Jahreszeiten  als  auch  im  Laufe  des  Tages  die  Regel. 

1)  In  der  tropischen  Zone  ist  dies  bekanntlich  umgekehrt.  Zwischen  beiden 
liegt  ein  fast  regenloser  Gürtel  (die  Sahara). 

2)  Leiter,  S.  36. 


eng  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

Der  Winter.  j)er  Winter   ist    im  allgemeinen  kalt,   kälter  als  in  den  meisten 

Gegenden  Südenropas.  Schneefälle  sind  im  Gebirge  Regel,  in  der 
Ebene,  selbst  an  der  Küste  und  am  Bande  der  Sahara  nicht  seltener 
als  in  den  gleichen  Höhenlagen  Mittelitaliens1).  Die  Schneestürme 
nehmen  oft  einen  gefährlichen  Charakter  an2);  doch  bleibt  der  Schnee 
außer  im  Hochgebirge  nie  lange  liegen. 

Dem  allgemeinen  Charakter  nach  entspricht  die  winterliche  Regen- 
zeit so  ziemlich  dem,  was  wir  mit  „  April  wetter"  bezeichnen.  Plötz- 
liche, oft  sehr  heftige  Platzregen  wechseln  mit  kurzen  Stunden 
klaren,  warmen  Sonnenscheines ;  langandauernde  gleichmäßige  Nieder- 
schläge nach  Art  unserer  „Landregen"  sind  selten;  Gewitter  nicht 
häufiger  als  bei  uns  im  ersten  Frühling. 

Wenn  auch  die  winterlichen  Niederschläge  für  die  Fruchtbarkeit 
des  Bodens  unerläßlich  sind,  so  sind  sie  doch  infolge  ihrer  Plötzlichkeit 
und  Heftigkeit  nicht  von  dem  gleich  günstigen  Einfluß  wie  bei  uns 
und  richten  oft  genug  mehr  Schaden  als  Nutzen  an;  das  Wasser  fließt 
rascher  ab,  als  es  versickern  kann,  und  schwemmt  vielfach  fruchtbares 
Erdreich  mit  sich  fort. 

Die  Regenmenge  selbst  erreicht  in  den  Gebirgen  der  Nordküste 
hohe  mitteleuropäische  Maße;  nach  Süden  nimmt  sie  konstant  ab3). 
Luftströmungen.  Von  den  Luft  Strömungen  herrschen  im  Sommer  östliche,  im 
Winter  westliche,  besonders  nordwestliche  Winde  vor.  Da  diese 
Jahreszeit  überhaupt  die  weitaus  windreichere  ist,  so  dominieren  da- 
mit die  letzteren  für  das  Gesamtjahr4).  Sie  erreichen  auch  häufig 
eine  große  Heftigkeit,  welche  die  Schiffahrt  wesentlich  beeinflußt  und 

1)  Leiter,  S.  42  und  81. 

2)  In  den  letzten  Tagen  des  Februar  1908  erlebten  wir  in  S'  Youssef  an  der 
tunesisch -algerischen  Grenze  (ca.  800  m  Seehöhe)  einen  Schneesturm,  der  einem 
hochalpinen  nicht  viel  nachgab  und  den  Ort  vollständig  einschneite.  In  denselben 
Tagen  geriet  im  benachbarten  Algier  eine  französische  Kompagnie  in  einen  solchen 
Schneesturm  und  verlor  32  Mann. 

3)  Leiter,  S.  37  ff.  Jährliche  Regenmengen :  Aine  Dreham  (im  Atlas- 
gebirge) 1641  mm,  Tunis  471,  Zaghouane  519,  Kairouan  364,  Tebessa  350.  Zum 
Vergleiche:  Salzburg  1160,  Wien  590,  Prag  470,  Triest  1110,  Kobila  glava  (Herzego- 
vina)  1600,  Berlin  590,  München  810,  Paris  580,  Rom  800,  Palermo  580  (Kirchhoff, 
Unser  Wissen  von  der  Erde,  I  S.  145).  In  neuester  Zeit  hat  man  in  der  Krivoscije 
in  Süddalmatien,  dem  regenreichsten  Gebiet  Europas  und  überhaupt  nördlich  der 
Tropen,  Regenmengen  bis  weit  über  4000  mm  gemessen,  die  zum  weitaus  größten 
Teile  im  Winter  fallen.    Also  auch  eine  Art  Regenzeit. 

4)  Leiter,  S.  29  ff.  Tunis  im  ganzen  Jahr  44,50  Proz.,  im  Winter  50  Proz. 
NW- Winde,  11,50  Proz.  bzw.  14  Proz.  reine  Westwinde. 


Die  Kultur. 


509 


in  früheren  Zeiten  naturgemäß  noch  viel  mehr  beeinflußt  hat.  Das 
Meer  zwischen  Tunis  und  Sizilien,  sowie  an  der  Ostküste  des  Landes 
ist  im  Winter  nahezu  beständig  stürmisch  bewegt,  und  als  gute  Häfen 
können  nur  jene  gelten,  die  gegen  Norden  und  Westen  geschützt  sind. 

Die  natürliche  Fruchtbarkeit  des  Bodens  ist  vorwiegend  Fruchtbarkeit. 
eine  gute,  stellenweise  eine  sehr  gute  zu  nennen,  und  die  tatsächliche 
Ergiebigkeit  eigentlich  einzig  eine  Frage  der  Bewässerung.  Die  natür- 
lichen Niederschläge  reichen  nicht  aus,  um  dem  Boden  die  volle  Pro- 
duktivität, deren  er  fähig  ist,  abzuringen;  durch  künstliche  Be- 
wässerung, wie  sie  an  manchen  Stellen  bereits  mit  bestem  Erfolge  ver- 
sucht worden  ist,  lassen  sich  jedoch  hervorragende  Resultate  erzielen. 

Die  natürliche  Vegetation  ist  eine  sehr  verschiedene.  Die  Vegetation. 
Ebene  trägt,  wo  sie  nicht  kultiviert  ist,  meist  den  Charakter  einer 
ziemlich  spärlichen  Steppe.  Ausgesprochene  Sandwüste  ist  in  unserem 
Abschnitte  selten  und  beschränkt  sich  zumeist  auf  die  Uferbegleitung 
der  Tieflandsflüsse  sowie  die  nächste  Umgebung  der  großen  Sebkren. 
Gegen  Süden  tritt  dieser  Charakter  mehr  hervor. 

Die  Gebirge  und  Vorberge  sind  teilweise  äußerlich  verkarstet  und 
dann  mit  allerhand  dornigem  Gestrüpp,  wilden  Ölbäumen  u.  dgl.  be- 
wachsen, ganz  ähnlich  wie  unsere  Karstländer.  In  manchen  Lagen 
findet  man  prachtvolle  Urwälder,  meist  Strandkieferbestand1).  An  den 
größeren  Oueds  und  manchen  Quellen  findet  sich  stellenweise  eine 
recht  üppige  Vegetation;  Oleander  dominiert,  im  Süden  sind  auch 
Palmen  häufig. 


4.  Die  Kultur. 

Weit  mehr  als  alle  natürlichen  Verhältnisse  im  Lande  haben  sich 
die  kulturellen,  und  zwar  mehr  als  einmal,  geändert. 

Auf  den  Trümmern   der  Macht  Karthagos  und  der  numidischen    Allgemeine 
Scheiks    erhob   die   römische  Weltherrschaft  das  Land   zur  höchsten 


1)  Der  Holzreichtum  des  Landes  ist  nicht  so  gering-,  wie  Leiter  S.  109  an- 
nimmt, und  war  es,  nach  der  Analogie  aller  übrigen  Mittelmeerländer  zu  schließen, 
im  Altertum  noch  weniger.  Wenn  Caesar  nach  b.  Afr.  20  Holz  aus  Sizilien  be- 
schaffen mußte,  so  hatte  dies  seinen  Grund  nicht,  wie  Leiter  glaubt,  in  der  Holz- 
armut  des  Landes,  sondern  in  dem  Umstand,  daß  er  zu  jener  Zeit  in  starrer  Defen- 
sive auf  die  kleine  Halbinsel  von  Ruspina  beschränkt  war,  die  ihm  allerdings  das 
Erforderliche  nicht  liefern  konnte.  „Caesariani  .  .  .  neque  amplius  milia  passuum  VI 
terrae  Africae  quoque  versus  tenebant"  heißt  es  in  derselben  Quelle  c.  23,  3. 


510  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

Blüte,  die  es  je  erreicht  hat.  Nach  Roms  Zusammenbruch  fanden  die 
Vandalen  nicht  Zeit,  die  tiefgewurzelte  abendländische  Kultur  vollkommen 
zugrundezurichten,  da  Byzanz  sie  aufs  neue  befestigte.  Erst  der 
alles  niederwerfende  Arabersturm  machte  ihr  ein  Ende,  und  unter 
türkischer  Herrschaft  fiel  das  Land  vollends  in  tiefe  Unkultur  zurück. 
Erst  in  neuester  Zeit  ist  französischer  Einfluß  mit  bestem  Erfolge  be- 
müht, dem  schicksalsreichen  Lande  eine  neue  Ära  des  Fortschrittes 
zu  eröffnen. 

Für  unsere  Aufgabe  handelt  es  sich  darum,  die  kulturellen  Fak- 
toren festzustellen,  welche  zur  Zeit  der  in  dieser  Untersuchung  be- 
handelten Feldzüge  im  Lande  geherrscht  haben;  es  kommt  also  die 
Zeit  vom  Beginne  der  Punischen  Kriege  bis  zum  Tode  Caesars  in  Be- 
tracht. 

In  diesem  Lande  ist  uns  eine  so  große  Anzahl  von  Spuren  und 
Denkmälern  alter  Kultur  erhalten,  wie  in  wenig  anderen  Randgebieten 
des  Mittelmeeres;  man  darf  aber  nicht  vergessen,  daß  der  weitaus 
größte  Teil  jener  stattlichen  Ruinen  aus  einer  Epoche 
stammt,  die  für  uns  nicht  in  Betracht  kommt,  nämlich  aus 
der  römischen  Kaiserzeit,  jener  fast  400jährigen  Friedensära,  die  das 
Land  eben  erst  zu  jenem  kolossalen  kulturellen  Aufschwung  befähigt 
hat.  Zur  Zeit  der  Punischen  und  der  Bürgerkriege  war  von  dieser 
ganzen  Pracht  und  Herrlichkeit  noch  nicht  viel  vorhanden,  und  von 
dem,  was  schon  da  war,  hat  eben  jene  400  jährige  Hochkultur  mehr  ver- 
wischt als  die  anderthalbtausendjährige  Unkultur  des  Islams  von 
letzterer  verwischen  konnte;  denn  ganz  zerstört  in  solchem  Falle 
nur  der,  der  auf  dem  Zerstörten  selbst  neu  aufbaut.  So  sind  wir 
denn  für  die  Beurteilung  der  Zustände  in  der  voraugusteischen  Zeit 
mehr  auf  die  Überlieferung  der  zeitgenössischen  Geschichtsschreiber 
und  Geographen  (Diodor,  Polybios,  Sallust,  Caesar,  Strabo  u.  a.)  als 
auf  archäologische  Funde  angewiesen. 
Die  Die  Zeiten  der  karthagischen  Macht  dürften  in  mancher  Hinsicht 

Epoche,  dem  heutigen  Zustand  der  Franzosenherrschaft  analog  gewesen  sein. 
Auch  die  Karthager  waren  in  gewissem  Sinne  fremd  im  Lande,  hatten 
sich  hauptsächlich  an  der  Küste  festgesetzt,  und  von  einer  Ver- 
schmelzung des  herrschenden  Volkes  mit  den  landeseingeborenen  Unter- 
tanen war  nur  in  beschränktestem  Maße  die  Rede,  ja  der  Gegensatz 
scheint  gelegentlich  weit  schroffer  gewesen  zu  sein  als  heute.  Folge- 
richtig beschränkte  sich  die  spezifisch  punische  Kultur  vorwiegend  auf 


4.  Die  Kultur.  511 

die  handeltreibenden  Küstenstädte  und  das  nächste,  intensiver  acker- 
bautreibende Hinterland. 

Die  von  Karthago  beherrschten  einheimischen  Völker  gliederten  Libyer  und 
sich  ganz  im  allgemeinen  in  die  Libyer  im  Osten  und  Süden,  und 
die  Numider  im  Westen  des  Landes;  beide  waren  unzweifelhaft  des- 
selben (berberischen)  Stammes,  doch  durch  die  Verschiedenheit  des 
Landes,  auf  dem  sie  saßen,  dann  wohl  auch  durch  äußere  Einflüsse 
früh  in  einen  gewissen  Gegensatz  zueinander  getreten,  der  dann  unter 
der  Herrschaft  der  Karthager  noch  deutlicher  wurde1).  Die  Libyer 
waren  so  ziemlich  ausgesprochene  Untertanen  Karthagos,  die  Numider 
standen  unter  ihren  Scheiks  in  einem  wohl  nach  Ort  und  Zeit  wech- 
selnden Verhältnis  zur  herrschenden  Stadt;  immerhin  scheinen  wenigstens 
die  nächsten  Gaue  des  Volkes,  solange  Karthagos  Macht  nicht  durch 
Rom  gebrochen  war,  in  einem  gewissen,  wenn  auch  lockeren  Ab- 
hängigkeitsverhältnis gestanden  zu  haben2). 

Die  Libyer  scheinen  schon  von  früherer  Zeit  her  ein  vorwiegend 
ackerbautreibendes  Volk  gewesen  zu  sein ;  ihnen  ist  es  zu  danken,  daß 
der  von  ihnen  bewohnte  Landstrich  während  des  ganzen  Altertumes 
eine  der  wichtigsten  Kornkammern  der  Mittelmeerwelt  bildete.  Im 
Gegensatze  hiezu  waren  die  Numider  mehr  ein  Nomadenvolk;  doch 
nicht  ausschließlich,  und  sicher  nicht  ohne  einen  gewissen  Anflug  von 
Kultur ;  dafür  sprechen  ihre  geschickt  angelegten  und  stark  befestigten 
Städte,  wie  Cirta  und  Zama;  besonders  letztere,  die,  ohne  durch 
die  natürliche  Lage  stark  zu  sein,  durch  Kunst  zu  einer  Festung 
ersten  Ranges  gemacht  worden  war,  vor  deren  Mauern  ein  erprobter 
römischer  Feldherr  mit  einer  siegreichen  Armee  unverrichteter  Dinge 
abziehen  mußte3). 

Nach  dem  Zusammenbruche  Karthagos  änderte  sich  zunächst  nicht        Die 
viel  an  diesen  Verhältnissen.    Unmittelbar  unter  römische  Herrschaft   ,uEpoche. 

1)  Meltzer,  Gesch.  d.  Karthager,  1.  Kap.  2.  —  So  vollständig  punisiert,  wie 
Meltzer  glaubt,  sind  auch  die  Libyer  sicher  nicht  gewesen,  sonst  wäre  ein  solcher 
Gegensatz,  wie  er  im  Söldnerkriege  zutage  trat,  nicht  denkbar.  Die  Punisierung 
beschränkte  sich  vielmehr,  wie  bereits  erwähnt,  vorwiegend  auf  die  Küstenstädte, 
die  übrigens  auch  größtenteils  phönikische  Kolonien  waren. 

2)  Im  Söldnerkriege  werden  die  gegen  Karthago  kämpfenden  Numider  als 
Rebellen  geschildert;  vor  Beginn  des  Krieges  wird  von  den  karthagischen  Behörden 
den  Söldnern  die  in  Numidien  gelegene  Stadt  Sicca  (El  Kef)  als  Aufenthaltsort  an- 
gewiesen, und  in  derselben  werden  auch  die  ersten  Verhandlungen  geführt.  Vgl. 
Meltzer  II  90  ff. 

3)  Sallust  b.  Jug.  56  ff. 

Kromayer-Veith.    Antike  Schlachtfelder  III.  33 


512  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

kam  vorerst  nur  das  ohnehin  kultivierte  Gebiet,  soweit  es  rein  kar- 
thagisch-libysch gewesen  war,  kaum  mehr  als  etwa  das  östliche  Drittel 
des  heutigen  Tunis.  Numidien  blieb  nominell  frei,  doch  wachten  die 
Römer  darüber,  daß  es  von  seiner  Freiheit  keinen  zu  weitgehenden 
Gebrauch  machte;  daran  änderte  auch  der  Jugurthinische  Krieg  nichts. 
Immerhin  haben  die  Römer  in  dieser  ganzen  Epoche  in  beiden  Landes- 
teilen nur  politischen,  nicht  kulturellen  Einfluß  ausgeübt,  und  können 
die  Verhältnisse,  soweit  sie  für  die  Beurteilung  des  Landes  als  Kriegs- 
schauplatz in  Betracht  kommen,  als  durchaus  dieselben  angenommen 
werden  wie  zur  Zeit  der  Punischen  Kriege.  Erst  nach  der  Schlacht 
bei  Thapsus  und  der  Vernichtung  der  numidischen  Freiheit,  also  nach 
den  von  uns  zu  untersuchenden  Kriegen,  begann  die  römische  Kultur 
als  solche  sich  allgemein  festzusetzen  und  gleichmäßig  über  die  ge- 
samten Länder  Nordafrikas  auszubreiten *).  Aus  dieser  Epoche  erst 
datieren  somit  die  großzügigen,  über  das  ganze  Gebiet  ausgedehnten 
Städte-,  Wasser lei tu ngs-  und  Straßenanlagen,  deren  Reste  wir  noch 
heute  allenthalben  bewundern,  und  die  allerdings  auch  von  wesent- 
lichem Einfluß  auf  das  Land  als  Kriegsschauplatz  hätten  werden 
müssen,  wenn  eben  —  damals  Kriege  geführt  worden  wären. 
Libyer:  wie  erwähnt  war  das  Land,  soweit  es  angebaut  wurde,  im  Alter- 

Die  Landkultur. 

turne  ausgesprochenes  Getreideland;  erst  viel  später  wurde  das 
Korn  von  dem  mit  viel  weniger  Mühe  kultivierbaren  Ölbaum  ver- 
drängt, der  heute  insbesondere  im  Osten  des  Landes  dominiert2). 
Ebenda  haben  wir  auch  die  großen  Korngefilde  der  damaligen  Zeit  zu 
suchen,  in  den  ebenen  Talweitungen  des  Bagradas  und  an  der  flachen 
Ostküste  bis  hinab  an  die  Kleine  Syrte,  von  wo  die  „Emporien"  Kar- 
thago mit  Getreide  versorgten.  Die  Bewässerung  der  Felder  erfolgte 
wohl  hauptsächlich  durch  Brunnen,  aus  denen  das  Grundwasser  ver- 
mutlich, wie  es  heute  noch  geschieht,  durch  Hebewerke  auf  die  Äcker 
geleitet  wurde;  am  Bagradas  mag  man  wohl  auch  das  Wasser  dieses 
Flusses  hiezu  verwendet  haben.  Das  Land  produzierte  außer  Ge- 
treide auch  noch  Öl  und  Wein,  daneben  reichlichen  Viehstand,  vor- 
nehmlich Pferde  und  Rinder,  weniger  Kamele,  die  erst  später  durch 
die  Araber  zum  wichtigsten  Haustier  des  Landes  wurden,  aber  doch 
zu  Caesars  Zeit  schon  genannt  werden3). 


1)  Marquardt-Mommsen,  Handbuch  d.  röra.  Altertümer,  IV  464  ff. 

2)  Barth,  Wanderungen  p.  158;  dort  auch  die  ausführlichen  Belege. 

3)  B.  Afr.  68.  4. 


4.  Die    Kultur. 


513 


Zahlreiche  befestigte  Plätze  boten  der  Bevölkerung  gesicherte  städte. 
Heimstätten  und  den  operierenden  Armeen  wichtige  Stützpunkte  be- 
ziehungsweise schwere  Hindernisse.  Die  Wasserversorgung  erfolgte? 
soweit  Quellen  und  Brunnen  nicht  reichten,  vornehmlich  durch  große 
Zisternenanlagen;  insbesondere  galt  dies  für  die  quellenarme  Gegend 
der  Ostküste;  hier  operierende  Armeen  waren  wohl  fast  ausnahmslos  auf 
die  in  den  Städten  oder  Gehöften  befindlichen  Zisternen  angewiesen.  — 
Karthago  verfügte  wahrscheinlich  schon  zur  Zeit  seiner  eigenen  Herr- 
schaft über  eine  großartige  Wasserleitung. 

Unzweifelhaft  war  im  großen  ganzen  schon  zu  jener  Zeit  das 
libysche  Gebiet  bedeutend  mehr  kultiviert  als  heute,  mindestens  was 
den  Feldbau  anbelangt.  Dagegen  dürfte  es  in  Numidien  nicht  viel  Numidien. 
anders  ausgesehen  haben  als  es  jetzt  dort  aussieht.  Für  die  beweg- 
lichen Nomadenhorden  mit  ihren  großen  Pferde-  und  Rinderherden 
eignete  sich  der  natürliche  Steppencharakter  des  Landes  recht  gut. 
Die  größte  Zahl  jener  prächtigen  Städte,  deren  Ruinen  heute  das  Land 
bedecken,  mag  wenigstens  in  dieser  Gestalt  sich  erst  in  der  Kaiserzeit 
entwickelt  haben;  denn  die  Existenz  der  meisten  war  wohl  nur  unter 
einer  derart  großzügigen  Entwicklung  der  Wassertechnik  möglich,  wie 
sie  erst  zur  Zeit  der  römischen  Hochkultur  im  Lande  platzgegriffen 
hat.  Nur  dort,  wo  natürliche  ergiebige  Quellen  vorhanden  waren, 
mögen  schon  damals  Städte  gestanden  haben;  und  tatsächlich  verfügen 
alle  jene  Orte,  deren  Existenz  uns  aus  vorrömischer  Zeit  sicher  über- 
liefert ist,  über  natürliche  Wasserversorgung. 


Ob  die  Weg  Verhältnisse  im  Innern  des  Landes  dazumal  besser 
waren  als  heute,  läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden.  Die  großen 
Kunststraßen,  die  uns  die  Itinerarien  überliefern  und  deren  Spuren 
man  an  vielen  Stellen  noch  heute  konstatieren  kann,  stammen  natür- 
lich aus  der  späteren  Römerzeit;  sie  folgen  aber  fast  durchwegs  den 
durch  die  Verhältnisse  gegebenen  natürlichen  Wegen  des  Landes,  und 
als  solche  mögen  sie  vorher  schon  existiert  haben,  vielleicht  sogar  in 
einem  etwas  besseren  Zustand  als  heute. 


Weg- 
verhältnisse. 


Die  Wichtigkeit  des  spärlichen  Wassers  äußerte  sich  schon  damals 
dadurch,  daß  fast  alle  an  den  Wegen  offen  liegenden  Quellen  künstlich 
gefaßt  wurden.  Was  heute  wüst  und  wasserlos  ist,  war  es  damals  auch; 
Beweis  hierfür  sind  die  Schilderungen  der  Märsche  des  Metellus  nach 

33* 


Wasser- 
versorgung. 


514  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

Thala,  des  Marius  nach  Capsa1),  dann  jene  Caesars  von  Aggar  nach 
Zeta  und  Thysdrns2) ;  insbesondere  der  letztere  läßt  die  vollkommene 
Gleichheit  der  damaligen  und  der  heutigen  Wasserverhältnisse  im 
klarsten  Lichte  erscheinen. 

Im  großen  ganzen  können  wir  uns  daher  das  Land  in  der  kartha- 
gisch-frührömischen  Epoche  etwa  ebenso  vorstellen,  wie  es  heute  ist: 
die  Nordost-  und  Ostküste,  dann  die  Ebenen  des  Bagradas  dicht  be- 
völkert, gut  kultiviert,  mit  zahlreichen  Städten  und  geschlossenen 
Ortschaften;  das  Innere  vorwiegend  Steppen-  und  Weideland;  die 
Boden-  und  Wasserverhältnisse,  sowie  das  Klima  dem  heutigen  gleich. 
Als  merklichster  Unterschied  erscheint  die  viel  intensivere  Getreide- 
kultur in  den  erstgenannten  Gebieten,  sowie  der  Fes  tun  gs  Charakter 
der  meisten  Ortschaften. 


5.  Zusammenfassung. 
Nach  all  dem  Vorgesagten  bietet  also  das  in  Betracht  kommende 
Durchzugsland  Gebiet  als  Kriegsschauplatz  folgendes  Bild: 

und,    ,  Der  gebirgige  Norden  und  der  allmählich  in  die  Wüste  übergehende 

Manovrierland.  °  °  °  ° 

Süden  des  Landes  sind  ausgesprochen  schwierige  Durch  zugs- 
gebiete;  als  M an övri er terrain  kommt  allein  die  Mitte  in  Betracht, 
wenn  auch  sie  vielfach  von  Durchzugszonen  durchschnitten  wird.  Das 
Gebiet  ist  nach  Osten  beziehungsweise  Nordosten  geöffnet,  hat  hier  an 
der  Küste  von  Hippo  Diarrhytus  (Bizerte)  bis  etwa  Ras  Dimasse 
(Thapsus)  ihre  Basis  und  verjüngt  sich  gegen  Westen,  indem  von 
Norden  her  die  schwer  gangbaren  Gebirge,  von  Süden  die  wasser-  und 
ressourcenarmen  Einöden  es  immer  mehr  einengen. 

Die  Basis  an  der  Ostküste  bietet  auch  die  einzigen  brauchbaren 
Einbruchstore;  als  wichtigste  kommen  hier  die  Buchten  von  Utica 
Haupt-  unc^  Karthago  nördlich  der  Hauptwasserscheide,  dann  die  Küstenstrecke 
Marschlinien.  Hadrumetum — Thapsus  südlich  derselben  in  Betracht. 

Als  natürliche  Haupt-Marschlinien  von  der  Basis  in  das 
Innere  des  Landes  ergeben  sich: 

1.  Das  Tal  des  Ou.  Medjerda  (Bagradas)  und  Ou.  Mellegue  (Muthul) 


1)  Sallust  b.  Jug.  75 f.,  89 ff. 

2)  b.  Afr.  ü8ff.,  75  f. 


5.    Zusammenfassung.  r,r 

2.  Der  natürliche  Weg  von  Sousse  (Hadrumetum)  durch  das  Tal 
des  mittleren  Ou.  Nebaana  ins  Becken  des  Ou.  Siliana  und  weiter  ent- 
weder über  El  Kef  (Sicca  Veneria)  zum  Anschluß  an  die  erste  Eoute 
gegen  Sidi  Youssef  (Narraggara),  oder  südlich  über  Seba  Biar  (Zama 
Regia)  ins  Melleguetal  und  weiter  nach  Tebessa  (Theveste). 

3.  Von  Sousse  über  Kairouan,  dann  durch  das  Tal  des  Ou.  Mar- 
guellil  über  Ksour  in  die  Ebene  von  Zouarines  und  weiter  an  den 
Ou.  Mellegue. 

Als  wichtigste   Querverbindungen    (Nord-Süd)   ergeben   sich: 

1.  Das  Tal  der  Miliana  (im  Oberlauf  Ou.  el  Kebir);  von  dessen 
Quellgebiet  Übergänge  sowohl  zum  Ou.  Nebaana  wie  zur  mittleren 
Siliana. 

2.  Das  Tal  der  Siliana. 

3.  Das  Tal  des  Ou.  Tessa. 

Bei  dem  vorwiegend  gut  gangbaren  Charakter  dieser  Abschnitte 
sind  die  genannten  Naturwege  durchaus  nicht  als  die  einzig  möglichen 
Kommunikationen  zu  betrachten,  sondern  lassen  in  allen  Teilen  eine 
wenn  auch  beschränkte  Variationsfähigkeit  zu;  sie  bilden  gewisser- 
maßen nur  die  Grundlinien  in  einem  immerhin  weitmaschigen  Netz 
brauchbarer  Verbindungen. 

In  dieser  mittleren  Manövrierzone  haben  sich  tatsächlich  die  in 
diesem  Lande  ausgefochtenen  Kriege  fast  ausnahmslos  abgespielt,  und 
alle  Hauptentscheidungen  sind  dort  gefallen;  die  meisten  natürlich  in 
der  Nähe  der  Küste,  wo  auch  die  kulturellen  Zentren  gelegen  waren 
und  der  Ressourcenreichtum  am  größten  war. 

Das  Durchzugsland  nördlich  und  südlich  dieser  Zone  hat  niemals 
eine  militärisch  wichtige  Rolle  gespielt.  Einzelne  Expeditionen,  die 
im  Verlaufe  mancher  Feldzüge  dahin  unternommen  wurden,  tragen 
durchweg  den  Charakter  vorübergehender  Nebenoperationen,  waren 
wohl  auch  durch  das  Bestreben  des  eingeborenen  Gegners  bedingt, 
den  Krieg  auf  ein  für  reguläre  Armeen  ungünstiges  Terrain  hinüberzu- 
spielen. Insbesondere  ist  der  Nordküste  von  Bizerte  bis  an  die  West- 
grenze unseres  Abschnittes  in  der  Kriegführung  niemals  auch  nur  die 
geringste  Rolle  zugefallen,  was  bei  der  natürlichen  Schwierigkeit,  von 
da  aus  in  das  Innere  des  Landes  vorzudringen,  vollauf  erklärlich  ist. 

Das  Klima  ist  im  allgemeinen  der  Kriegführung  nicht  ungünstig.   Klimatisch» 
Die  Sommerhitze  ist  im  Manövriergebiet   nicht  so  arg,  um  die  Opera- 


51(|  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

tionen  vollkommen  zu  lähmen;  sicher  nicht  ärger  als  im  südlichen  Karste 
oder  auf  manchen  anderen  südeuropäischen  Kriegsschauplätzen.  Tatsäch- 
lich wurden  die  meisten  Kriege  im  Sommer  abgetan,  und  es  ist  keine 
Nachricht  überliefert,  daß  die  Hitze  einen  wenn  auch  nur  vorüber- 
gehenden Operationsstillstand  erzwungen  hätte.  Wohl  aber  war  ein 
winterruhe  undsolcher  im  Winter  auch  in  Afrika  bis  auf  Caesars  Zeit  die  Regel,  wie 

Wintorfol  ti/iiiTG 

'  sich  aus  der  Geschichte  des  zweiten  Punischen  und  des  Jugurthinischen 
Krieges  schließen  läßt.  Allerdings  scheint  er  nicht  so  streng  wie  in 
Europa,  und  vorwiegend  von  europäischen  Armeen,  eingehalten  worden 
zu  sein,  welche  die  Winterruhe  aus  ihrer  Heimat  her  gewohnt  waren; 
in  Kriegen,  die  zwischen  beiderseits  afrikanischen  Gegnern  ausgekämpft 
wurden,  wie  z.  B.  im  Libyschen  Söldnerkriege,  scheint  man  nicht  allzu- 
viel Eücksicht  darauf  genommen  zu  haben. 

Immerhin  war  Caesar  der  erste,  der  einen  ausgesprochenen  Winter- 
feldzug auf  afrikanischem  Boden  geführt  hat,  nachdem  er  dasselbe  zuvor 
schon  auf  drei  anderen  Kriegsschauplätzen  getan  hatte;  und  wir  hören 
—  abgesehen  von  den  Schwierigkeiten  der  Überfahrt  und  Seeverbin- 
dung —  in  der  doch  sehr  ausführlichen  Schilderung  nichts  von  Wetter- 
einflüssen, welche  den  Operationen  nennenswerte  Friktionen  hätten  be- 
reiten können.  Das  einzige  Unwetter,  von  dem  die  Rede  ist,  war  durchaus 
von  der  Art,  wie  wir  in  Europa  es  gerade  im  Sommer  erwarten  dürfen.1) 
Es  scheint  daher,  daß  die  Winterpausen,  die  uns  ja  doch  nur  von 
römischen  Feldzügen  auf  afrikanischen  Boden  sicher  überliefert  sind, 
weniger  in  den  Eigentümlichkeiten  des  Kriegsschauplatzes  selbst,  als 
vielmehr  —  oder  doch  in  erster  Linie  —  in  den  Schwierigkeiten 
der  See  Verbindung  begründet  waren,  auf  die  eine  in  Afrika  ope- 
rierende römische  Armee  schließlich  auch  dann  in  vieler  Hinsicht  an- 
gewiesen blieb,  wenn  sie  sich  im  Lande  selbst  eine  sekundäre  Basis 
geschaffen  hatte. 

Tatsächlich  bietet,  wie  wir  uns  persönlich  gelegentlich  unseres 
anderthalbmonatlichen  winterlichen  Aufenthaltes2)  sowohl  an  der  Küste 
wie  tief  im  Innern  des  Landes  überzeugen  konnten,  der  afrikanische 
Winter  den  Operationen  zu  Lande  absolut  nicht  mehr  Hindernisse  als 
bei  uns  ein  etwas  regnerischer  Spätfrühling,  in  dem  ja  auch  zur  Römer- 
zeit kein  Heer  das  Kriegführen  gescheut  hat.  Auch  die  Rücksicht  auf 
das  Vorhandensein  von  Pferdefutter  —  im  Norden  meist  das  be- 
ll b.  Afr.  47. 
2)  Ende  Jänner  bis  Mitte  März  1908. 


5.  Zusammenfassung:.  517 

stimmende  Moment  für  den  Beginn  der  Operationen  —  würde  liier 
eher  zugunsten  eines  Winterfeldzuges  sprechen;  schließlich  ebenso  das 
wichtigste  Moment,  das  auf  dem  afrikanischen  Kriegsschauplatz  über- 
haupt in  Betracht  kommt:  die  Wasserfrage;  und  dies  weniger  wegen 
der  reichlicheren  Menge  des  Wassers  im  Winter,  die,  wie  oben  angeführt, 
ziemlich  problematischer  Natur  ist,  sondern  vielmehr  wegen  des  weit 
geringeren  Bedarfes  an  Wasser  in  der  kühleren  Jahreszeit.  Ein 
Marsch,  wie  der  Caesars  von  Aggar  nach  Zeta  und  zurück,  wäre  im 
Sommer  selbst  ohne  feindliche  Einwirkung  undurchführbar  gewesen, 
oder  hätte  wenigstens  Maßnahmen,  wie  jene  des  Metellus  beim  Marsche 
auf  Thala,  bedingt1). 

So  ergibt  sich  denn  die  Wasserfrage  als  das  unzweifelhaft  Wass^salkül 
wichtigste  Problem  des  Kriegsschauplatzes.  Das  Marschkalkül  wird 
fast  ausschließlich  von  ihr  beherrscht,  die  Wahl  dauernder  Stellungen 
in  ausschlaggebender  Weise.  Bei  Entwurf  eines  Marschplanes  ist  die 
vorherige  genaueste  Orientierung  über  die  Wasserverhältnisse  der  ein- 
zuschlagenden Route  unter  allen  Umständen  die  wichtigste  Voraus- 
setzung. Nicht  nur  das  Vorhandensein  wasserführender  Oueds 
oder  Quellen  muß  bekannt  sein,  sondern  vor  allen  auch  deren  Ge- 
nießbarkeit und  Ergiebigkeit;  mancher  Oued  ist  wegen  Salzgehalt 
unbrauchbar,  und  manche  Quelle,  die  für  Einzelreisende  oder  selbst 
größere  Karawanen  reichlich  genügt,  versagt  bei  Inanspruchnahme 
durch  große  Truppenmassen;  ein  Irrtum,  eine  Vernachlässigung  in 
dieser  Hinsicht  kann  in  der  heißen  Jahreszeit  zur  vollen  Katastrophe 
führen.  Der  Einzelreisende  oder  die  Karawane  werden  auf  allen 
natürlichen  Wegen  das  nötige  Wasser  finden,  wenn  auch  sie  schon  sich 
den  Marsch  nach  den  vorhandenen  Quellen  werden  einrichten  müssen ; 
bei  größeren  Heereskörpern  wird  dies  durchaus  nicht  immer  zutreffen, 
und  manche  Marschlinie,  die  sonst  recht  verlockend  aussieht,  wird  aus 
diesem  Grunde  außer  Betracht  kommen  müssen.  In  unserer  Zeit,  wo 
der  Marsch  in  breitem  Echequier  bevorzugt  wird,  das  eine  bessere 
Ausnützung  der  Marschlinien  wie  der  vorhandenen  Ressourcen  ein- 
schließlich des  Wassers  gestattet,  würden  diese  Umstände  weniger,  aber 
immerhin  noch  recht  ausgiebig  in  die  Wagschale  fallen;  im  Altertume, 

1)  Das  Mitführen  von  Wasser  ist  durchaus  keine  Eigentümlichkeit  des  afri- 
kanischen Kriegsschauplatzes.  Auch  in  unserem  Karstgebiete,  das,  wie  bereits  mehr- 
fach erwähnt,  auffallend  viele  Analogien  mit  Teilen  Nordafrikas  aufweist,  ist  diese 
Maßregel  in  der  warmen  Jahreszeit  eine  vitale  Notwendigkeit  bei  jeder   Operation. 


518  Der  afrikanische  Kriegsschauplatz. 

das  diese  Art  des  Marsches  höchstens  als  gelegentliche  Ausnahme 
kannte  und  insbesondere  die  örtliche  Vereinigung  der  ganzen  Streit- 
macht auf  dem  engen  Räume  des  Lagers  zur  Regel  erhob,  mußten  sie 
sich  ausschlaggebend  bemerkbar  machen.  Vergegenwärtigt  man  sich 
dann  noch,  daß  damals  die  festen  Städte,  die  ja  vielfach  an  bzw.  über 
vorhandenen  Quellen  errichtet  waren,  wenn  in  Feindeshand,  die  besten 
Wasserressourcen  sperrten,  so  erscheinen  diese  Schwierigkeiten  noch  er- 
heblich gesteigert. 

In  dieser  Art  mußte  die  Wasserfrage  für  die  Operationen  dieses 
Kriegsschauplatzes,  insbesondere  für  die  Richtung  und  Einteilung  der 
Märsche,  von  entscheidender  Bedeutung  sein;  bei  dem  erwiesenen  Um- 
stände aber,  daß  die  Wasserverhältnisse  des  Landes  sich  seit  den 
karthagisch-römischen  Zeiten  im  wesentlichen  nicht  geändert  haben, 
erwächst  uns  daraus  die  Möglichkeit,  ihrem  Einflüsse  auf  den  Gang 
der  Operationen  bis  ins  Detail  nachzuspüren  und  auf  diesem  Wege 
manche  sonst  unklare  Frage  im  Lichte  der  durch  sie  diktierten  un- 
barmherzigen Notwendigkeit  zu  entscheiden. 


IV. 
Der  Libysche  Söldnerkrieg. 


Spezial-Literatur 

chronologisch  geordnet. 
(Die  unvollständig  zitierten  Werke  siehe  im  Allgemeinen  Literaturverzeichnis  am 

Schlüsse  des  Bandes.) 


Lauf.  Nr. 

1.  Guischardt.  1760. 

2.  Daux.  1869. 

3.  Ihne.     1870. 

4.  Neumann.  1883. 

5.  Partsch.  1883. 

6.  Tissot.  1887/88. 

7.  Meltzer.  1879/96 

8.  Mommsen  R.  G.  I.8  1888. 

9.  Collection  des  Guide-Joaune,  Algerie  et  Tunisie,  1906. 

10.  Veith,  Zur  Topographie  des  karthagischen  Söldnerkriegs.  In 
'ETPQMATEIS,  Grazer  Festgabe  zur  50.  Versammlung  deutscher 
Philologen  und  Schulmänner  1 909 1). 


1)  Dieser  Aufsatz,  der  die  Schlacht  am  tcqlmv  behandelt,  ist  in  die  vorliegende 
Darstellung  vollinhaltlich  aufgenommen  worden. 


Zusammenhängende  Darstellung*. 


Hainilkar 
Barkas. 


Der  Krieg  Karthagos  gegen  die  meuternden  Söldner  ist  als  Ganzes 
noch  nie  zum  Gegenstande  einer  spezifisch  militärischen  Untersuchung 
gemacht  worden ;  dies  aus  dem  Grunde,  weil  unser  Quellenbericht  eine 
lückenlose,  erschöpfende  Darstellung  in  diesem  Sinne  überhaupt  nicht 
zuzulassen  scheint.  Die  Tatsache  ist  bedauerlich.  Gerade  dieser  Krieg 
gewährt  relativ  guten  Einblick  in  die  Tätigkeit  eines  der  größten 
Feldherrn  des  Altertums  und  aller  Zeiten,  des  Hamilkar  Barkas. 

Es  ist  erklärlich,  aber  nicht  entschuldbar,  daß  das  staatsmännische 
und  militärische  Bild  dieses  Mannes  durch  jenes  seines  großen  Sohnes 
verhältnismäßig  in  den  Schatten  gestellt  erscheint.  In  diesem  Faktum 
liegt  ein  schweres  Unrecht.  So  wie  bei  einem  wahren  Kunstwerk 
die  große  Konzeption,  die  Gesamtanlage  das  Ausschlaggebende  ist  und 
die  Details  der  Ausführung,  mögen  sie  an  sich  noch  so  kunstvoll  und 
vollendet  sein,  an  Bedeutung  weit  überragt,  so  auch  in  der  Staats- 
und Kriegskunst.  Jener  gigantische  politisch-militärische  Entwurf 
aber,  der,  mit  der  Gründung  des  „spanischen  Königreiches  der  Bar- 
kiden"  beginnend,  die  Armee  Karthagos  über  die  Alpen  bis  Cannae  und 
vor  die  Tore  Roms  geführt  hat,  ist  in  seiner  Wesenheit  dem  Geiste 
Hamilkars  entsprungen ;  Hannibal  hatte  mehr  oder  weniger  nur  diesen 
Entwurf,  das  Erbteil  seines  großen  Vaters,  auszuführen,  was  freilich  einen 
kongenialen  Geist  erforderte.  Und  es  ist  bezeichnend,  daß  jener  seine 
größten  Erfolge  zu  der  Zeit  errang,  als  der  Entwurf  Hamilkars  als 
Grundlage  für  seine  Tätigkeit  noch  voll  ausreichte. 

Es  soll  nicht  der  Zweck  dieser  Zeilen  sein,  die  Größe  Hannibals 
zugunsten  seines  Vaters  herabzudrücken;  aber  auch  das  Gegenteil  ist 
unstatthaft:  nichts  wäre  falscher,  als  Hannibal  als  den  „größeren  Sohn 
des  großen  Vaters"  hinzustellen,  nur  weil  der  Lauf  der  Geschichte  ihm 
scheinbar  den  größeren  Teil  der  gemeinsamen  Arbeit  vorbehalten 
hat.  In  Wirklichkeit  liegt  dieser  Unterschied  allein  in  der  ungleichen 
Reichhaltigkeit  der  uns  erhaltenen  Überlieferung. 


Zusammenhängende  Darstellung.  523 

Was  wissen  wir  von  den  Riesenkämpfen,  mit  denen  Hamilkar 
Spanien  unterwarf?  Wenn  wir  bedenken,  welche  Arbeit  die  Römer, 
denen  eben  infolge  der  Barkidischen  Eroberung  der  größte  Teil 
Spaniens  im  Hannibalischen  Frieden  als  reife  Frucht  in  den  Schoß 
fiel,  dann  noch  mit  den  freien  Resten  dieses  Landes  hatten,  so  können 
wir  wohl  annehmen,  daß  die  dortigen  Kämpfe  Hamilkars  an  Schwierig- 
keit und  Großartigkeit  kaum  jenen  nachgestanden  haben,  die  180  Jahre 
später  Caesar  in  Gallien  geführt,  und  die,  dank  der  vorzüglichen  Über- 
lieferung, heute  zu  den  bekanntesten  und  gefeiertesten  Kriegen  des 
Altertums  zählen.  Ja  noch  viel  weiter  geht  hier  die  Analogie:  Hier 
wie  dort  handelt  es  sich  nicht  nur  um  die  Eroberung  einer  großen, 
wehrhaften  Provinz,  sondern  gleichzeitig  um  die  Schaffung  einer  Basis 
für  einen  späteren,  noch  größern  Kampf,  einen  Weltkrieg  im  wahrsten 
Sinne  des  Wortes ;  und  nicht  in  letzter  Linie  um  eine  eminente  Kultur- 
arbeit. Diese  Analogie  ist  so  groß,  daß  die  Möglichkeit  durchaus  nicht 
ausgeschlossen  erscheint,  die  Tat  des  großen  Karthagers  habe  dem 
größten  Staatsmann  und  Feldherrn  Roms  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
als  Vorbild  vorgeschwebt.  — 

Leider  müssen  wir  uns  mit  der  Tatsache  abfinden,  daß  uns  von 
dieser  unzweifelhaft  glänzendsten  Waffentat  Hamilkars  nichts  überliefert 
wurde  als  die  große  militärisch-politische  Idee,  die  ihr  zugrunde  lag. 
Eine  so  erschöpfende  Darstellung  Hamilkars  als  Feldherrn,  wie  sie 
uns  bei  Hannibal  oder  gar  bei  Caesar  möglich  ist,  erlauben  uns  somit 
die  Quellen  bedauerlicher  Weise  überhaupt  nicht.  Umsomehr  ist  es 
Pflicht  der  militärischen  Forschung,  die  zerstreuten  Fragmente,  die 
uns  die  antike  Literatur  über  seine  Feldherrntätigkeit  aufbewahrt  hat, 
liebevoll  zu  sammeln  und  mit  derselben  Gründlichkeit  und  Gewissen- 
haftigkeit zu  studieren,  wie  die  größten  Taten  seines  großen  Sohnes.  — 

Der  Bericht  des  Polybios  über  den  „Söldner krieg"  (I.  65 — 88),  nie  Quelle, 
der  einzige,  den  wir  haben,  scheint,  wie  schon  erwähnt,  einer  militäri- 
schen Fachdarstellung  nicht  gerade  günstig,  steht  zum  mindesten  nicht 
auf  der  Höhe  der  sonstigen  kriegsgeschichtlichen  Berichte  dieses  Autors. 
Polybios  hat  einen  ihm  vorliegenden,  anscheinend  ganz  brauchbaren 
Originalbericht  recht  willkürlich  zusammengestutzt,  da  es  ihm,  wie  er 
selbst  (c.  65)  andeutet,  diesmal  weniger  um  eine  historische  oder  gar 
kriegsgeschichtliche  Schilderung  zu  tun  war,  als  vielmehr  um  eine 
Studie  über  die  Psychologie  der  Massen.  Die  daraus  sich  ergebenden 
Kürzungen  der  Originalquelle  sind  hierbei  großenteils  auf  Kosten  der 


52  I  Der  Libysche  Süldnerkrieg. 

militärischen  Genauigkeit  erfolgt;  während  gelegentlich  kriegsgeschicht- 
lich  belanglose  Details  stehen  bleiben,  ja  liebevoll  ausgesponnen  wer- 
den, erscheinen  an  anderen  Stellen  die  Tatsachen  aller  Einzelheiten 
bis  zur  Unverständlichkeit  entkleidet.  Der  Zusammenhang  der  Ope- 
rationen ist  aus  der  Darstellung  heraus  nur  stellenweise  direkt  zu  er- 
kennen und  fast  nirgends  unmittelbar  im  Terrain  zu  verfolgen;  für 
die  Lokalisierung  der  bedeutendsten  taktischen  Vorgänge  fehlt  viel- 
fach das  wichtigste  Moment,  die  Angabe  des  Namens  der  örtlichkeit. 

Und  dennoch  läßt  sich  —  bei  militärisch  geschultem  Urteil  und 
genauer  Kenntnis  des  Terrains  —  mit  diesem  Berichte  mehr  anfangen, 
Der  Knegs-  als  es  im  ersten  Augenblicke  scheint.  Der  afrikanische  Kriegs- 
schauplatz. Schauplatz  hat,  wie  im  vorhergehenden  Abschnitte  aus- 
führlich dargelegt  wurde,  seine  Eigentümlichkeiten,  die 
uns  diese  Aufgabe  merklich  erleichtern.  Die  Wasserarmut  und 
Unproduktivität  vieler  Teile  des  Landes  schränkt  die  Operationsfreiheit 
wesentlich  ein;  für  eine  auch  nur  oberflächlich  angedeutete  Operation 
werden  sich  hier  weit  weniger  lokale  Möglichkeiten  ergeben  als  in 
einer  europäischen  Gegend,  und  für  einen  leidlich  gut  beschriebenen 
Platz  wird  man,  auch  wenn  der  Name  fehlt,  in  dem  durch  die  erwähnten 
Umstände  ohnehin  stark  eingeengten  Raum  viel  seltener  zu  einer 
mehrdeutigen  Lösung  gelangen  als  bei  uns.  So  ergibt  sich  eine  be- 
schränkte Reihe  von  Operationsgebieten  und  -Linien,  die  nicht  wesent- 
lich variieren  können  und  die  man  daher  der  weiteren  Untersuchung 
zugrundelegen  kann,  auch  wenn  der  bloße  Wortlaut  des  Textes  keine 
positiven  Anhaltspunkte  dafür  bietet.  Gelingt  es  dann  noch,  einige 
spezielle  Punkte,  sei  es  durch  Überlieferung  des  Namens,  sei  es 
durch  eine  taugliche  Beschreibung  innerhalb  dieser  Räume  und 
Linien  genau  zu  lokalisieren,  so  ergibt  sich  ein  recht  brauchbarer 
Rahmen  für  eine  zusammenhängende  Darstellung,  in  den  sich  schließ- 
lich auch  manche  andere,  durch  keine  direkte  Deduktion  gestützte 
Details  wenigstens  mit  einem  gewissen  Grade  von  Wahrscheinlich- 
keit einfügen  lassen.  Alles,  was  uns  die  Quelle  schuldig  geblieben 
ist,  läßt  sich  selbstverständlich  auch  auf  diesem  Wege  nicht  er- 
setzen; aber  soweit  können  wir  gelangen,  um  ein  im  großen  ganzen 
zusammenhängendes,  in  den  wichtigsten  Ereignissen  leidlich  detail- 
liertes Bild  dieses  Feldzuges  zu  rekonstruieren,  das  eine  militärisch- 
wissenschaftliche Beurteilung  der  mitspielenden  Verhältnisse  und  der 


Zusammenhängende  Darstellung'.  525 

handelnden  Personen  zuläßt  und  damit  im  wesentlichen  seinen  Zweck 
erfüllt. 

Diese  Erwägungen  sind  dafür  bestimmend  gewesen,  es  in  der  Be- 
arbeitung dieses  Feldzuges  nicht  bei  einer  Reihe  einzelner  Lokali- 
sierungsversuche bewenden  zu  lassen,  sondern  von  Hause  aus  eine 
zusammenhängende,  nach  Tunlichkeit  erschöpfende  militärische  Dar- 
stellung des  ganzen  Krieges  zu  versuchen ;  darin  möge  auch  diese  etwas 
weit  ausholende  Einleitung  ihre  Erklärung  finden. 


Nach  dreiundzwanzigjährigem  Ringen  hatte  Karthago  eben  unter  Vorgeschichte. 
halbwegs  glimpflichen  Bedingungen  seinen  Frieden  mit  Rom  gemacht, 
als  infolge  längst  bestehender  ungesunder  Verhältnisse,  beschleunigt 
durch  die  unverantwortliche  Ungeschicklichkeit  führender  Persönlich- 
keiten, eine  neuerliche  schwere  Krisis  im  eigenen  Lande  hereinbrach, 
welche  die  eben,  erst  schwer  gedemütigte  ehemalige  Herrin  des  Mittel- 
meeres der  Katastrophe  weit  näher  brachte  als  der  Kampf  mit  Rom 
selbst.  — 

Die  semitische  Handelsgroßmacht  Karthago  hatte  ihre  Kriege  stets 
nur  zum  kleineren  Teile  mit  der  eigenen  Volkskraft  geführt.  Ihre 
Armeen  bestanden  größtenteils  aus  Soldtruppen  meist  eben  jener  Land- 
striche, die,  Karthago  Untertan  oder  doch  tributpflichtig,  zu  dieser 
Stadt  dauernd  in  dem  Verhältnis  knirschender  Sklaven  zum  harten, 
unerbittlichen  Herrn  standen.  Das  Prekäre  dieses  Verhältnisses  lag 
auf  der  Hand.  Solange  Karthago  seine  Soldateska  wenigstens  aus- 
giebig zahlte,  ging  die  Sache  noch  an,  mochten  deren  Landsleute  in 
der  Heimat  noch  so  sehr  über  unmenschlichen  Druck  klagen;  in  dem 
Augenblicke  jedoch,  wo  dieses  einzige  Band  zwischen  der  Stadt  und 
ihrem  Heere  riß,  mußte  der  latente  Antagonismus  des  Soldatenmaterials 
gegen  die  fremden  Beherrscher  umso  gefährlicher  zum  Ausbruch  kommen, 
je  mehr  die  Truppen  nicht  nur  sich  für  unentbehrlich  hielten,  sondern 
es  tatsächlich  auch  waren.  — 

Niemals  bis  dahin  hatte  ein  karthagisches  Söldnerheer  Glänzen- 
deres geleistet  und  eine  solch  hohe  Stufe  kriegerischer  Vollkommenheit 
erreicht,  wie  eben  in  den  letzten  Jahren  des  ersten  Punischen  Krieges, 
als  Hamilkar  Barkas  auf  den  Felsenklippen  des  Heirkte  und  Eryx 


526  Der  Libysche  Süldnerkrieg. 

durch  seine  glänzend  geführte  offensive  Verteidigung  das  Staunen  und 
die  Bewunderung  von  Freund  und  Feind  erregte.  Umso  schwerer  war 
unter  diesen  Umständen  der  Fehler  Karthagos,  gerade  zu  dieser  Armee 
durch  kleinliche  Knauserei  und  sonstige  ebenso  verfehlte  wie  über- 
flüssige Maßregeln  sich  in  Gegensatz   zu  stellen. 

Der  erste  und  vielleicht  entscheidende  Fehler  war  die  Abberufung 
Hamilkars  vom  Kommando,  die  sicher  auf  Betreiben  der  ihm  feindlichen 
Oligarchenpartei  erfolgt  ist1).  Schon  er  selbst  hatte  nur  unter  den 
größten  Schwierigkeiten  die  Disziplin  aufrechtzuerhalten  vermocht;  zur 
Unmöglichkeit  mußte  dies  für  andere  Führer  werden,  die,  ohne  der  selbst- 
bewußten Soldateska  zu  imponieren,  in  deren  Augen  nichts  anderes 
bedeuteten,  als  die  Repräsentanten  der  verhaßten  Stadt.  Unter  diesen 
Umständen  gab  es  nur  das  eine  Gebot:  die  ganze  Bande  so  rasch  und  so 
glimpflich  als  nur  möglich  los  zu  werden.  Der  Weg  zu  diesem  Ziele 
ging  aber  über  einen  sehr  wunden  Punkt:  die  vorherige  Auszahlung 
des  rückständigen  Soldes. 

Schon  Hamilkar  hatte  den  Sold  nicht  regelmäßig  zahlen  können, 
da  die  leitenden  Behörden  Karthagos  ihn  nicht  gehörig  unterstützten, 
es  ihm  vielmehr  überließen,  den  Krieg  durch  den  Krieg  zu  ernähren. 
Bis  zu  einem  gewissen  Grade  war  ihm  dies  auch  gelungen;  immer- 
hin hatten  die  Truppen,  als  der  Friede  geschlossen  war,  noch  recht 
bedeutende  Forderungen  an  die  Staatskasse.  Die  Abdankung  Hamil- 
kars, dessen  Name  ihnen  gewissermaßen  als  Bürgschaft  für  ihre  Forde- 
rungen diente,  mußte  schon  ihr  Mißtrauen  erregen.  Statt  dieses  so 
rasch  als  möglich  durch  schleunigste  Befriedigung  zu  beseitigen, 
griff  man  in  Karthago  zu  Maßregeln,  welche  bei  den  Truppen 
den  Verdacht,  man  wolle  sie  um  ihren  blutig  verdienten  Lohn  be- 
trügen, selbst  dann  hätten  hervorrufen  müssen,  wenn  dies  gar  nicht 
wirklich  beabsichtigt  gewesen  wäre. 

Hamilkar  hatte  nach  dem  Friedensschlüsse  sein  unbesiegtes  Korps 
vom  Eryx  nach  Lilybaeon  geführt  und  dort  das  Kommando  niederge- 
Gisko.  legt;  nun  erwuchs  dem  Kommandanten  dieses  Platzes,  Gisko,  die 
Aufgabe,  den  Abtransport  der  Truppen  aus  dem  nunmehr  römischen 
Territorium  nach  Karthago  zu  leiten.  Gisko,  der  seine  Landsleute 
kannte  und  ahnen  mochte,  daß  die  Soldzahlung  ohne  Feilschen  und 


1)  Vgl.  Neu  mann,  Das  Zeitalter  der  Punischen  Kriege,  p.  164. 


Zusammenhängende   Darstellung1.  527 

Schachern  nicht  durchzuführen  war,  wollte  ihnen  dies  wenigstens  er- 
leichtern, indem  er  die  Truppen  nicht  auf  einmal,  sondern  in  mehreren 
kleinen  Transporten  mit  längeren  Intervallen  übersetzte,  in  der  Ab- 
sicht, die  Behörden  daheim  sollten  mit  den  einzelnen  kleinen  Abteilungen 
ein  leichteres  Spiel  haben1).  Vergebens.  Es  wurde  geschachert  und 
vertröstet,  bis  richtig  das  ganze  führerlose  Korps  in  der  Hauptstadt 
beisammen  war. 

Unter  diesen  Umständen  hätte  es  gar  nicht  erst  der  steigenden 
Erbitterung  der  Truppen  über  das  Ausbleiben  der  versprochenen  Ent-  Sicca  veneria. 
lohnung  bedurft,  um  eine  Disziplinlosigkeit  einreißen  zu  lassen,  welche 
bald  zu  einer  empfindlichen  Belästigung,  schließlich  zu  einer  Gefahr 
für  die  Hauptstadt  anwuchs.  Nun  erst  dachten  die  M  achthaber  daran, 
die  unbequemen  Truppen  zu  entfernen ;  man  bewog  sie,  gegen  eine  vor- 
läufige teilweise  Entschädigung  nach  Sicca  Veneria  (heute  El  Kef) 
abzumarschieren  und  dort  die  Aufbringung  der  zu  ihrer  vollen  Be- 
friedigung erforderlichen  Mittel  abzuwarten.  Man  hätte  es  als  einen 
überraschenden  Glücksfall  ansehen  sollen,  daß  die  Söldner  nicht  nur  auf 
diesen  Vorschlag  bereitwillig  eingingen,  sondern  sogar  baten,  ihre 
Familien  und  Habseligkeiten  in  der  Hauptstadt  zurücklassen  zu 
dürfen,  was  den  städtischen  Behörden  für  den  Fall  weiterer  Differenzen 
wertvolle  Pfänder  in  die  Hand  gespielt  hätte;  allein  die  Verblendung 
und  Verschrobenheit  war  so  groß,  daß  auch  diese  Chance  aus  der 
Hand  gegeben  und  jenen  ihre  Bitte  abgeschlagen  wurde.  So  zogen 
sie  denn  mit  Kind  und  Kegel  nach  Sicca,  um  unter  beschaulichem 
Wohlleben  daselbst  den  Lohn  zu  erwarten,  der  ihnen  gebührte,  und 
auch  gerne  bereit  noch  mehr  zu  nehmen,  wenn  die  Karthager 
ihren  täglich  wachsenden  Forderungen  Kechnung  zu  tragen  geneigt 
sein  sollten.  — 

Statt  des  Lohnes  erschien  jedoch  Hanno,  der  Kommandierende      Hanno, 
von   Karthago,   mit  leeren  Händen  im  Lager  von   Sicca   und   suchte 


1)  Die  Ansicht  Meltzers  II.  p.  370 f.,  der  einheitliche  Transport  von  20  000 
Mann  wäre  gar  nicht  möglich  gewesen,  ist  kaum  stichhaltig.  Die  im  Kriege  er- 
littenen Verluste  betrafen  doch  größtenteils  die  Kriegsflotte,  die  für  einen  Transport 
im  Frieden  nicht  in  Betracht  kam.  Die  Handelsflotte  Karthagos  konnte  jedoch,  wenn 
sie  auch  in  der  letzten  Zeit  zur  Untätigkeit  verurteilt  gewesen  war,  immerhin 
solange  intakt  bleiben,  als  die  heimischen  Häfen  von  Rom  nicht  direkt  angegriffen 

wurden. 

34 

Kromayer-Veith,    Antike  Schlachtfelder  III. 


528 


Der  Libysche  Söldnerkrieg. 


Tunes. 


Der  Bruch. 


mit   den  Truppen  wegen  Einschränkung  ihrer  Forderungen  zu  unter- 
handeln. 

In  der  ganzen  Kette  von  Fehlern  und  Mißgriffen,  die  sich  die 
karthagischen  Machthaber  in  dieser  Angelegenheit  hatten  zuschulden 
kommen  lassen,  war  die  Wahl  dieses  Unterhändlers  der  allerschwerste. 
Nicht  nur  daß  Hanno,  wie  allgemein  bekannt,  der  persönliche  Feind 
Hamilkars  war;  er  hatte  überdies  kurz  vorher  einen  durch  die  fort- 
gesetzten Erpressungen  hervorgerufenen  Aufstand  im  Innern  des  Landes, 
eben  der  Heimat  des  größten  Teiles  der  Söldner,  mit  unerhörter  Grau- 
samkeit niedergeschlagen  und  hierbei  die  Stadt  Hekatompylos  zerstört, 
was  ihm  zwar  bei  seinen  Landsleuten  den  Beinamen  des  „Großen"  und 
den  Nimbus  eines  erstklassigen  Feldherrn,  bei  den  unterworfenen 
Stämmen  und  deren  im  punischen  Solde  stehenden  Landeskindern  jedoch 
wenig  Sympathien  eingetragen  hatte. 

Damit  war  der  offene  Bruch  gegeben.  Es  ist  überflüssig,  hier  der 
ausführlichen  Schilderung  des  Polybios  zu  folgen,  der  das  Scheitern 
der  Verhandlungen  auf  die  Babylonische  Sprachenverwirrung  zurück- 
führt, die  in  dem  bunt  zusammengewürfelten  Korps  geherrscht  haben 
soll;  wäre  dieselbe  wirklich  so  arg  gewesen,  so  wäre  kaum  in  der 
Folge  jene  Einheitlichkeit  und  Planmäßigkeit  in  allen  Unternehmungen 
möglich  gewesen,  die  uns  im  ganzen  Verlauf  des  Feldzuges  immer 
wieder  begegnet.  Der  eigentliche  Grund  des  Bruches  war  vielmehr, 
daß  die  Truppen  jetzt  endlich  die  Gewißheit  erlangt  hatten,  man 
wolle  sie  um  ihren  wohlverdienten  Lohn  betrügen.  Sie  brachen, 
20000  Mann  stark,  von  Sicca  auf  und  marschierten  gegen  Karthago. 
Bei  Tunes  (Tunis),  ca.  20  Kilometer  von  der  Hauptstadt,  an  der  Basis 
der  Halbinsel  von  Karthago,  setzten  sie  sich  fest.  Dies  blieb  denn  auch 
während  der  ganzen  Dauer  des  Krieges  ihr  Hauptstützpunkt. 

Noch  waren  die  Feindseligkeiten  nicht  eröffnet,  und  die  Karthager, 
welche  in  dem  kritischen  Augenblick  über  so  gut  wie  keine  Truppen 
verfügten,  die  sie  den  Meuterern  hätten  entgegenstellen  können,  taten 
jetzt  ihr  Möglichstes,  den  Sturm  zu  beschwören.  Da  die  Söldner  er- 
klärten, nicht  mit  Hanno,  sondern  nur  mit  einem  ihrer  ehemaligen 
Befehlshaber  verhandeln  zu  wollen,  und  gegen  Hamilkar  wegen  seines 
plötzlichen  Rücktrittes  Mißtrauen  hegten,  so  wurde  Gisko  zu  ihnen 
entsendet  mit  dem  Auftrag,  alle  ihre  Forderungen  nach  Möglichkeit 
zu  erfüllen.  Und  beinahe  wäre  es  dem  klugen  und  bei  den  Truppen 
nicht  unbeliebten  General  auch  gelungen,  die  leidige  Affäre  endgültig 


Zusammenhängende  Darstellung.  529 

beizulegen,  trotzdem  die  Söldner  ihre  Forderungen  umso  höher 
schraubten,  je  klarer  sie  die  Zwangslage  Karthagos  aus  dessen 
wachsender  Nachgiebigkeit  erkannten;  doch  wie  so  oft  in  ähnlichen 
Situationen  fanden  sich  Elemente,  die  ihre  Interessen  durch  eine  fried- 
liche Beilegung  gefährdet  sahen;  Spendius,  ein  aus  Campanien  ge-  Mathos  und 
bürtiger  entsprungener  römischer  Sklave,  und  der  Libyer  Mathos, 
einer  der  Wortführer  bei  allen  bisherigen  Unbotmäßigkeiten,  vereitelten 
im  letzten  Augenblicke  die  Übereinkunft  und  nahmen,  um  jeden  Rück- 
weg  unmöglich  zu  machen,  Gisko  und  sein  Gefolge  fest,  indem  sie  sich 
gleichzeitig  des  zu  ihrer  Befriedigung  beigebrachten  Geldes  bemäch- 
tigten. Die  beiden  Rädelsführer  ließen  sich  zu  Feldherrn  ausrufen. 
Damit  war  der  Krieg  erklärt.  — 

Die  Lage  war  hochernst.  In  dem  unvermeidlich  gewordenen  Beginn  der 
Kampfe  standen  alle  Vorteile  auf  Seite  der  Meuterer;  sie  repräsen-  Teiten.6 
tierten  nicht  nur  die  beste,  ja  derzeit  einzige  Streitmacht  der  Stadt, 
sondern  hinter  ihnen  standen  auch  selbstverständlich  gerade  jene  Völker- 
schaften, welche  das  ständige  Reservoir  für  das  Soldatenmaterial 
Karthagos  abgaben.  Auf  die  relativ  wenig  zahlreichen  Kontingente, 
die  der  phönikischen  Stadt  aus  Gallien,  Spanien  und  Griechenland 
eventuell  zuströmten,  mochte  gerade  jetzt,  nach  dem  großen  Mißerfolg 
des  Krieges  gegen  Rom,  wenig  zu  rechnen  sein;  was  von  solchen  Truppen 
bereits  da  war,  stand  in  den  Reihen  der  Insurgenten.  Zum  ersten- 
mal sah  sich  Karthago  in  einem  Kampfe  auf  Leben  und  Tod  aus- 
schließlich auf  die  Wehrkraft  seiner  eigenen  Bürgerschaft  angewiesen. 
Dazu  waren  die  Kassen  wie  die  Arsenale  in  traurigem  Zustande. 

Man  tat,  was  möglich  war.  Hanno  wurde  mit  dem  Oberbefehle 
betraut  und  brachte,  ein  besserer  Organisator  als  Feldherr,  bald  ein 
leidlich  brauchbares  Heer  zusammen,  bestehend  aus  der  ganzen  waffen- 
fähigen Bürgerschaft  zu  Fuß  und  zu  Pferde,  einigen  wenigen  Soldtruppen 
und  100  Elefanten. 

Indessen  waren  Mathos  und  Spendius  nicht  untätig  gewesen.  Die 
Stämme  Libyens  und  Numidiens,  von  den  Meuterern  zum  Kampfe  wider 
das  verhaßte  Karthago  aufgerufen,  stellten  Menschen,  Geld  und  Lebens- 
mittel. Fast  alle  Städte  des  inneren  Landes  fielen  zu  den  Insurgenten 
ab;  nur  Utika  und  Hippakra  (=  Hippo  Diarrhytus,  heute  Bizerte) 
im  Norden  des  Landes,  dann  die  „Emporien",  die  Städte  der  Ost- 
küste, blieben  vorläufig  noch  Karthago  treu. 

34* 


530 

Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

Der  Hauptstützpunkt  der  Meuterer   blieb   dauernd   Tun  es,   be- 
ziehungsweise das  bei  dieser  Stadt  geschlagene  feste  Lager. 
Die  Stellung  jjje  Stadt  Tunes1)  lag  auf  den  flachen  Hügeln,  welche  die  schmälste 

von  Tunes. 

Stelle  der  Landenge  zwischen  der  „Bailira"  und  der  Sebkra  es  Sed- 
joumi  einnehmen,  auf  zwei  Seiten  durch  das  Wasser,  auf  den  beiden 
anderen  durch  das  glacisförmig  abfallende  Terrain  geschützt. 
Jedenfalls  befand  sich  die  Stadt  von  Anfang  an  in  der  Gewalt  der 
Aufständischen,  da  keine  Feindseligkeit  gegen  dieselbe  erwähnt  wird, 
ja  ausdrücklich  Utika  und  Hippakra  als  die  einzigen  Städte  bezeichnet 
werden,  welche  Karthago  treu  blieben2). 

Nach  guter  Soldatenart  lagen  die  Söldner  jedoch  nicht  in  der 
Stadt  selbst,  sondern  hatten  vor  derselben  ein  festes  Lager  geschlagen3). 
Polybios  erwähnt  dessen  Lage  nicht  näher;  sie  kann  jedoch  keinen 
Moment  zweifelhaft  sein.  Die  Bedrohung  und  Beobachtung  Karthagos 
war  der  Zweck  der  ganzen  Stellung;  dazu  eignete  sich  vortrefflich 
der  breite  Hügel  nördlich  der  Stadt,  den  heute  der  prächtige  Belve- 
dere-Park  einnimmt.  Sein  Umfang  von  ca.  4  Kilometern  reichte 
auch  für  eine  sehr  starke  Armee;  seine  Formation  ist  für  ein 
Lager  sehr  günstig,  und  die  herrliche  Aussicht,  die  man  heute  von 
seiner  Höhe  über  die  ganze  Halbinsel  von  Karthago,  die  beider- 
seitigen Gewässer  und  die  Stadt  selbst  genießt,  hatte  damals  ihre 
eminente  militärische  Bedeutung. 

Bei  der  mangelnden  Kriegsbereitschaft  Karthagos  blieb  es  Mathos 
und  Spendius  überlassen,  die  Feindseligkeiten  zu  eröffnen.  Eine  direkte 
Unternehmung  gegen  die  Stadt,  mit  anderen  Worten  deren  Belagerung, 
hatte  wenig  Aussicht  auf  Erfolg.  Karthago  war  vielleicht  die  stärkste 
Festung  ihrer  Zeit,  unter  den  großen  Hauptstädten  ohne  Zweifel ;  die 
Söldner  aber  verfügten  kaum  über  die  nötige  Übung,  sicher  nicht  über 
die  erforderlichen  technischen  Mittel  zu  einer  Belagerung  größten  Stiles, 
wie  sie  hier  notwendig  war.  So  wandten  sie  sich  denn,  unter  Fest- 
haltung des  Lagers  bei  Tunes,  gegen  Utika  und  Hippakra;  Spendius 
belagerte  die  erstere,  Mathos  die  letztere  Stadt4);  durch  die  Stellungen 
vor  Utika  und  Tunes  waren  gleichzeitig  alle  Verbindungen  Karthagos 
mit  dem  Hinterlande  unterbunden. 


1)  Tissot  II.  109  f. 

2)  Pol.  I.  70,  9. 

3)  Pol.  I.  67,  1,  3;  73,  3. 

4)  Die  Verteilung-  erhellt  aus  Pol.  I.  77,  1 


Zusammenhängende  Darstellung.  ^o* 

Indessen  hatte  Hanno  die  Armee  Karthagos  schlagfertig  gemacht      Hannos 

~    .  -^..,  i  ,-i-it  •  Offensive. 

und  nahm  die  Offensive  auf.  Seine  Fuhrergabe  stand  jedoch,  wie 
Potybios  ausdrücklich  erwähnt,  seinem  Organisationstalent  nicht  gleich ; 
es  fehlte  ihm  die  klare  Beurteilung  der  Situation,  die  Gabe  des  raschen 
Entschlusses  und  kühnen  Zugreifens.  Er  marschierte  unter  Umgehung 
von  Tunes  gegen  Utika,  um  diese  Stadt  zu  entsetzen  und  damit  die 
Verbindungen  mit  dem  Innern  des  Landes  wiederherzustellen. 

Die  Stadt  Utika  lag  auf  den  äußersten,  in  das  Meer  vorspringenden 
Ausläufern  eines  von  Südwesten  nach  Nordosten  streichenden  Höhen- 
zuges (heute  Djebel  Menzel  Roul).  Die  Hügelzunge,  auf  deren  Ende 
die  Stadt  lag,  ist  auf  ca.  4  Kilometer  Länge,  etwa  bis  zu  der  Stelle, 
wo  heute  die  Chaussee  sie  übersetzt,  ziemlich  niedrig  und  relativ  gut 
gangbar;  von  dort  steigt  der  Dj.  Menzel  Roul  als  heute  fast  kahler, 
nur  mit  niedrigem  Gestrüpp  bewachsener  Höhenzug  mäßig  schroff  auf. 

Die  Stadt  nahm,  wie  erwähnt,  nur  die  äußerste  Spitze  der  Hügel- 
zunge ein;  auf  dem  nächst  anschliessenden  flacheren  Teile  lag  ohne 
Zweifel  das  Lager  des  Spendius. 

Hanno  rückte  vor  die  Stadt,  erzwang,  da  Spendius  sich  zum  Die  Schiacht 
offenen  Kampfe  zu  schwach  fühlte  und  seine  Truppen  im  Lager  hielt, 
die  Verbindung  mit  den  Belagerten  und  schlug  selbst  ein  Lager,  wahr- 
scheinlich südöstlich  der  Stadt  in  der  Ebene.  Dann  zog  er  den  zahl- 
reichen Geschützpark,  der  sich  in  der  Festung  befand,  an  sich  und 
begann  unter  Mitwirkung  dieser  Artillerie  den  Angriff  auf  das 
feindliche  Lager.  Die  Geschütze,  mehr  noch  seine  100  Elefanten, 
verhalfen  ihm  zum  Siege ;  Spendius  sah  sich  gezwungen,  das  Lager  zu 
räumen  und  sich  auf  einen  „steilen  und  bewachsenen  Hügel",  ohne 
Zweifel  den  Dj.  Menzel  Roul,  zurückzuziehen. 

Hanno  aber  unterließ,  den  Feind  unterschätzend,  die  auch  nach 
dem  Siege  notwendigen  Sicherungsmaßnahmen.  Dies  benützten  die  in 
der  Schule  Hamilkars  gebildeten  Söldner  zu  einem  überraschenden 
Gegenangriff.  Sie  überrumpelten  das  vorher  geräumte  Lager,  nahmen 
den  ganzen  Artilleriepark  nebst  dem  Train  weg  und  warfen  die  Truppen 
Hannos  in  die  eben  entsetzte  Stadt. 

Indessen  scheint  es  ihnen  nicht  gelungen  zu  sein,  ihn  vollkommen 
darin  einzuschließen  oder  aber  zum  sofortigen  Rückzug  auf  Karthago 
zu  zwingen;  denn  wir  finden  ihn  „nach  wenigen  Tagen"    bei  einer 


1)  Siehe  die  Übersetzung  im  „Anhang"  I. 


632  Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

Stadt  „Gorza"1)  dem  Feinde  gegenüber,  wo  er,  wie  Polybius  erwähnt, 
zweimal  die  Gelegenheit  zu  einer  chancenreichen  Schlacht  und  zwei- 
mal zu  einem  Überfall  versäumte.  In  der  Folge  scheint  er  sich  auf 
vorsichtige  Operationen  auf  dem  nördlichen  Kriegsschauplatze  be- 
schränkt und  Mathos  wenigstens  einigermaßen  in  Schach  gehalten  zu 
haben,  freilich  ohne  seinerseits  die  Aufhebung  der  Belagerung  von 
Hippakra  erzwingen  zu  können.  Auch  Spendius  hatte  alsbald  jene 
von  Utika  ungestört  wieder  aufgenommen. 

Karthagos.  Um  sich  jedoch    gegen   neuerliche  Entsatzversuche   wirksam   zu 

schützen  und  zugleich  Karthago  von  der  Landseite  vollends  lahmzu- 
legen, gingen  die  Söldner  daran,  die  Halbinsel  gänzlich  abzusperren. 
An  ihrer  Basis  zieht  sich  von  Tunes  bis  gegen  die  (damalige)  Mündung 
des  Bagradas  ein  Hügelzug,  der  in  den  heute  Djebel  Naheli  genannten 
Höhen  bis  etwa  200  Meter  aufragt.  Über  diese  natürliche  Barriere 
führte  die  große  Straße  nach  Utika  nebst  einigen  anderen  Übergängen 
in  die  Ebene  des  Bagradas.  Alle  diese  Übergänge  nun  sperrte  Spendius 
durch  Detachements;  außerdem  ließ  er  an  der  einzigen  Brücke2)  über 
den  hinter  diesem  Höhenzuge  fließenden,  für  gewöhnlich  unpassierbaren 
Bagradas3)  einen  großen  permanenten  Brückenkopf4)  anlegen  und 
denselben  mit  10,000  Mann  besetzen.  Damit  war  die  Halbinsel  eigent- 
lich durch  eine  doppelte  Linie  abgesperrt;  das  Lager  von  Times  nebst 
den  Detachements  auf  den  nördlich  davon  gelegenen  Höhen  bildete  die 
erste  Linie;  gelang  es  einer  feindlichen  Abteilung,  diese  zu  durchbrechen. 


1)  Pol.  I,  74,  13.  Die  Lage  dieses  „Gorza"  ist  unbekannt;  jedenfalls  lag  es 
nicht  allzuweit  von  Utika  und  Karthago,  da  nach  der  Lage  der  Dinge  damals  keine 
Partei  ein  Interesse  daran  hatte,  den  Krieg  weit  weg  zu  verschleppen.  Keineswegs 
ist  es  identisch  mit  dem  „Gurza"  der  Tabula  Peutingeriana ,  dem  heutigen  Kaläa- 
Kebihra  bei  Sousse.  Vgl.  Tissot  II,  563,  Anm.  2;  Neumann,  p.  171,  Anm.  1; 
Meltzer  II,  p.  377. 

2)  Jedenfalls  die  Straßenbrücke  Karthago— Utika. 

3)  Bei  Polybios  „Maxäpa";  die  Identität  mit  dem  Bagradas,  dem  heutigen  Ou. 
Medjerda,  steht  außer  Zweifel.  —  Über  den  damaligen  Lauf  des  Bagradas  sowie  der 
Küstenlinie,  die  sich  seither  wiederholt  bedeutend  geändert  haben,  siehe  Daux, 
p.  126-136;  dann  Tissot  I,  die  Karte  bei  p.  76  nebst  dem  zugehörigen  Text;  end- 
lich Part  seh,  Karte  p.  202. 

4)  Polybios  I,  75,  5  und  ff.  spricht  von  einer  „Stadt"  („nötig");  an  eine  solche  ist 
wohl  nicht  im  wörtlichen  Sinne  zu  denken,  sondern  nur  an  einen  für  eine  größere 
Heeresabteilung  bestimmten,  zur  dauernden  Besetzung  geeigneten  (permanenten) 
Brückenkopf. 


Zusammenhängende  Darstellung".  533 

oder,  was  leichter  möglich  war,  nördlich  zu  umgehen,  so  fand  sie  vor 
sich  als  zweite  Barriere  den  Bagradas,  dessen  einziger  Übergang  sich 
in  der  Hand  des  Feindes  befand. 

In  der  so  abgeschnittenen  Hauptstadt  wußte  man  jedenfalls  bald 
nichts  mehr  von  der  Armee  Hannos,  die  sich  mittlerweile  im  Nord- 
westen mit  entsprechender  Vorsicht  herumschlug;  es  blieb  nichts  übrig, 
als  mit  den  geringfügigen  Mitteln,  die  noch  zu  Gebote  standen,  eine  neue 
Armee  auf  die  Beine  zu  bringen,  um  wenigstens  die  ebenso  lästige 
als  schmähliche  Blockade  zu  durchbrechen  und  die  Fühlung  mit  der 
Hauptarmee  wiederherzustellen.  Mit  dieser  Aufgabe  wurde  endlich 
jetzt,  im  Momente  der  allerletzten,  dringendsten  Not,  der  Mann  be- 
traut, den  die  öffentliche  Meinung  im  Heere  wie  im  Volke  längst  als 
den  einzigen  Retter  bezeichnet  hatte:  Hamilkar  Barkas. 

Diese  Wahl  bedeutete  eine  schwere  Demütigung  der  regierenden  Hamilkar. 
Kaste;  aber  es  blieb  kein  anderer  Ausweg.  —  Hamilkar  stand  ohne- 
hin vor  einer  verzweifelten  Aufgabe.  Der  beste  Feldherr  ist  machtlos, 
wenn  er  kein  Heer  hat  und  auch  kein  Material,  um  eines  zu  bilden. 
Aus  den  Resten  der  wehrhaften  Bürgerschaft  und  wenigen  neu  ge- 
worbenen Söldnern  nebst  einigen  Überläufern  brachte  er  im  ganzen 
1 0,000  Mann  zusammen,  zum  guten  Teile  Kavallerie,  und  noch  70  Elefanten. 

Seinen  Plan  zur  Durchbrechung  der  Blockade  baute  er  auf  den  ihm  Übergang  über 
bekannten  Umstand,  daß  die  der  Mündung  des  Bagradas  vorgelagerte, del 
vom  Flusse  angeschwemmte  Sandbarre  beim  Eintritt  gewisser  Winde 
passierbar  sei.  Er  hielt  unter  Geheimhaltung  seines  Planes  die  Truppen 
in  der  Stadt  marschbereit;  als  endlich  der  erwartete  Wind  einsetzte, 
marschierte  er  zur  Nachtzeit  längs  der  Küste  nach  der  ca.  1 5  km  ent- 
fernten Flußmündung  und  führte  bis  Tagesanbruch  das  Heer  glücklich 
über  die  Barre  ans  jenseitige  Ufer2).  Damit  hatte  er  beide  Barrieren 
umgangen  und  wandte  sich  sofort  flußaufwärts,  um  den  Brückenkopf 


1)  Siehe  die  Übersetzung  im  „Anhang"  IL 

2)  Die  Ansicht,  Hamilkar  sei  gleich  von  Karthago  ab  bis  um  die  Bagradas- 
mündung  auf  der  Barre  marschiert,  hat  wenig  Wahrscheinlichkeit  für  sich.  Zunächst 
wird  die  Entstehung  der  Barre  direkt  und  ausschließlich  auf  die  Anschwemmungen 
des  Flusses  zurückgeführt;  in  diesem  Sinne  konnte  sie  kaum  bis  an  die  15  km  ent- 
fernte Stadt  gereicht  haben.  Dann  hätte  eine  so  lange  Barre  selbst  beim  Eintritt 
der  gewissen  Winde  kaum  jene  gleichmäßige  Passierbarkeit  aufzuweisen  gehabt, 
die  bei  obiger  Annahme  vorausgesetzt  werden  müßte.  —  Welches  jene  Winde 
waren,  darüber  sind  die  Fachleute  nicht  recht  einig. 


534  Der  Libysche  Süldnerkrieg. 

im  Rücken  anzugreifen,  das  dort  stehende  Korps  abzutun  und  die 
Hauptstraße  frei  zu  machen. 

Nach  Tagesanbruch  hatte  sowohl  die  Besatzung  des  Brücken- 
kopfes als  auch  das  Belagerungskorps  vor  Utika  die  überraschende 
Meldung  erhalten,  daß  ein  karthagisches  Heer  am  linken  Ufer  des 
Bagradas  stehe;  beide  brachen  auf,  um  dasselbe  konzentrisch  zu  fassen 
und  entweder  zwischen  sich  aufzureiben  oder  es  in  den  Fluß  zu  werfen, 
ersteres  10,000,  letzteres  15,000  Mann  stark1). 
Die  Schiacht  Hamilkar  rückte  in  drei  Staffeln  durch  die  Ebene  vor;  die  erste 

am  Bagradas. 

bildeten  die  Elefanten,  die  zweite  die  Kavallerie  und  die  leichten 
Truppen,  den  Schluß  die  schwere  Infanterie.  Als  die  beiden  feind- 
lichen Korps  sich  bereits  unmittelbar  seiner  Tete,  bezw.  rechten  Flanke 
genähert  hatten  und  wähnen  mußten,  ihn  im  nächsten  Augenblick  von 
zwei  Seiten  angreifen  zu  können,  ließ  er  plötzlich  sämtliche  Staffeln 
kehrt  machen.  Während  jedoch  die  beiden  ersten  gerade  zurückgingen, 
vollführte  die  schwere  Infanterie  eine  Schwenkung,  wodurch  sie  ihrer- 
seits dem  geradeaus  vorrückenden  Korps  von  Utika  in  die  linke  Flanke 
gelangte.  Denn  tatsächlich  hatten  die  beiden  feindlichen  Korps,  die 
plötzliche  Rückwärtsbewegung  der  Karthager  bemerkend  und  ein  Ent- 
kommen derselben  befürchtend1,  sich  in  beschleunigtem  Tempo  und 
demgemäß  gelockerter  Formation  auf  die  vorderste  Staffel  geworfen, 
um  wenigstens  noch  diese  zwischen  sich  zu  zerdrücken.  Da  traf  sie 
der  Stoß  der  plötzlich  aufgeschwenkten  schweren  Infanterie  Hamilkars 
in  der  linken  Flanke;  gleichzeitig  machten  auch  die  Elefanten,  Reiter 
und  leichten  Truppen,  in  gleicher  Höhe  angelangt,  neuerdings  kehrt 
und  schlössen  sich  dem  Angriffe  an. 

Die  Insurgenten  hatten  damit  nicht  nur  den  angestrebten  Vor- 
teil der  Umfassung  eingebüßt,  sondern  waren  selbst  in  der  Flanke 
gefaßt;  dazu  war  ihre  Formation  im  Momente  des  ernstlichen  Kampfes 
bereits  bedenklich  gelockert.    Die  aufgelösten  vorderen  Linien  wurden 

1)  Das  Korps  von  Utika  hatte  hiezu  einen  bedeutend  weiteren  Weg  zurück- 
zulegen wie  jenes  aus  dem  Brückenkopfe;  letzteres  durfte  daher  erst  aufbrechen,  als 
es  ersteres  bis  auf  eine  gewisse  Entfernung  herangerückt  wußte.  —  Die  Meldung 
vom  Übergänge  der  Karthager  muß  den  Söldnern  bereits  zugekommen  sein,  bevor 
Hamilkar  die  ganze  Armee  herübergebracht  hatte  und  zum  Vormarsch  ansetzen 
konnte;  sonst  hätte  er  früher  als  das  Korps  von  Utika  vor  dem  Brückenkopf  ein- 
treffen müssen.  Beides,  sowohl  die  rechtzeitige  Orientierung  betreffs  des  Überganges 
der  Feinde,  als  das  planmäßige  Zusammentreffen  der  beiden  getrennten  Gruppen  auf 
dem  Schlachtfelde  wirft  ein  vorzügliches  Licht  auf  die  militärischen  Qualitäten  der 
Insurgenten. 


Zusammenhängende  Darstellung'. 

535 

rasch  geworfen  und  brachten  auch  die  rückwärtigen,  noch  besser  ge- 
schlossenen Abteilungen  in  Verwirrung;  das  in  der  Flanke  gepackte 
Korps  von  Utika  wurde  in  seiner  ursprünglichen  Marschrichtung  in 
das  andere  Korps  hineingedrückt  und  dieses  gegen  den  Fluß  gedrängt. 
In  das  wirre  Chaos  brachen  die  Keiter  und  Elefanten  und  vollendeten 
die  Niederlage.  6000  Insurgenten  fielen,  gegen  2000  wurden  gefangen, 
der  Rest  rettete  sich  teils  in  den  Brückenkopf,  teils  in  das  Lager 
von  Utika1). 

Die  Meuterer  hatten  die  Faust  ihres  alten  Führers  zu  fühlen  be- 
kommen. 

Vom  Schlachtfelde  weg  marschierte  Hamilkar  sofort  auf  den 
Brückenkopf.  Die  erschütterte  Besatzung  räumte  ihn  beim  ersten  An- 
griff und  zog  sich  auf  das  Hauptlager  bei  Tunes  zurück.  Die  dadurch 
unhaltbar  gewordenen  Detachements  im  Gebirge  folgten  ohne  Zweifel 
schleunigst  ihrem  Beispiel.  Damit  war  die  Straße  und  die  Verbindung 
mit  Karthago  frei.  Desgleichen  war  Spendius  gezwungen,  die  Be- 
lagerung Utikas  aufzuheben2). 


1)  Eine  andere  Auslegung-  des  taktischen  Vorganges  findet  sich  meines  Wissens 
nur  bei  Guischardt  I,  p.  IT  ff.  Hier  marschieren  sämtliche  Teile  als  Treffen  hinter- 
einander in  entwickelter  Linie;  nach  dem  Kehrtmachen  der  vorderen  Linien  löst  sich 
das  Treffen  der  schweren  Infanterie  in  eine  große  Zahl  kleiner  paralleler  Kolonnen 
auf  —  dies  die  von  Polybios  erwähnte  Schwenkung  —  um  die  Vordertreffen  durch 
die  so  entstandenen  Intervalle  hindurchzulassen,  worauf  letztere  sich  hinter  ihr  neu 
formieren  und  auf  beide  Flügel  aufmarschieren,  während  die  Infanterie  neuerdings 
schließt;  so  wird  dem  Gegner  eine  normale  Schlachtordnung  mit  der  Infanterie  in 
der  Mitte,  der  Kavallerie  und  den  Elefanten  auf  den  Flügeln  entgegengestellt.  — 
Diese  Auffassung  hat,  so  einfach  sie  dem  Wortlaute  nach  scheint,  ihren  Haken  in 
der  Kompliziertheit  der  Vorgänge.  Nicht  nur,  daß  die  Infanterie  angesichts  des 
Zurückgehens  der  Vordertreffen  das  nichts  weniger  als  einfache  Abfallen  in  Einzel- 
kolonnen durchführen  und,  was  noch  schwieriger  ist,  nach  dem  Durchgange  jener 
knapp  vor  dem  Zusammenstoße  wieder  in  die  geschlossene  Linie  schließen 
muß;  auch  die  Vordertreffen  müssen,  um  hindurchzukönnen,  den  nachdrängen- 
den Feind  unmittelbar  im  Rücken,  sich  in  Kolonnen  auflösen.  Das  gibt  es 
einfach  nicht.  —  Auch  mit  dem  Wortlaute  des  Polybios  gerät  diese  Darstellung  in 
Konflikt.  Der  Text  besagt  ausdrücklich,  daß  die  schwere  Infanterie  durch  die 
Schwenkung  Front  gegen  den  Feind  nahm  (76,  5).  Damit  stimmt  die  Auffassung 
Guischardts  nicht,  die  Front  ist  hier  immer  dieselbe.  Die  Reiter  und  Leichten 
marschieren  neuerdings  auf,  sobald  sie  mit  der  schweren  Infanterie  in  gleiche 
Höhe  gelangt  (76,  7),  nicht  aber,  nachdem  sie  durch  dieselbe  hindurchmarschiert 
waren.  Letzterer  Umstand  wäre  doch  charakteristisch  genug,  um  ausdrücklich  er- 
wähnt zu  werden. 

2)  Polybios  erwähnt  dies  im  Zusammenhange  nicht  ausdrücklich,  doch  geht  es 
aus  75,  3,  sowie  aus  den  folgenden  Ereignissen  hervor. 


Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

Hamilkar  durchzog  nun  das  flache  Land,  brachte  die  dort  liegenden 
Städte,  die  mit  dem  Feinde  gemeinsame  Sache  gemacht  hatten,  mit  Güte 
oder  Gewalt  unter  die  Botmäßigkeit  der  Karthager  zurück1),  und  eröffnete 
hiedurch  der  bereits  mit  empfindlichen  Verpflegungsschwierigkeiten 
kämpfenden  Hauptstadt  ausgiebige  Quellen  für  die  Verproviantierung. 
Der  erste  Foid-        Karthago  atmete   auf;   allein   auch   die  Insurgenten    gaben   ihre 

zug  im  Hmtor-  °  '  o  o 

lande.  Sache  noch  lange  nicht  verloren.  Die  erlittenen  Verluste  konnten  aus 
den  reichen  Reservoirs  Libyens  und  Numidiens  leicht  ersetzt  werden. 
Hamilkar  verzichtete  zudem  —  ob  aus  persönlichen  oder  sachlichen 
Gründen,  ist  schwer  zu  entscheiden  —  vorläufig  auf  ein  gemeinsames 
Operieren  mit  Hanno,  der  seinerseits  gegen  Mathos  in  dessen  durch 
eine  Reihe  schmaler  Isthmen  vortrefflich  geschützter  Position  nichts 
auszurichten  vermochte.  Noch  weniger  konnte  es  das  kleine  kartha- 
gische Heer  derzeit  wagen,  gegen  die  kolossal  feste  Hauptstellung  bei 
Tunes  etwas  zu  unternehmen,  um  die  Hauptstadt  von  diesem  Damokles- 
schwert zu  befreien.  Man  mußte  sich  vorläufig  mit  kleineren  Erfolgen 
und  einer  allmählichen,  planmäßigen  Festigung  der  politischen  und  militä- 
rischen Macht  begnügen,  bevor  man  jenen  Hauptschlag  versuchen  durfte. 
Die  Niederlage  des  Spendius  hatte  übrigens  auch  zur  Folge,  daß 
der  ihm  bisher  wenigstens  formell  gleichgestellte  Mathos  die  Oberleitung 
nunmehr  ganz  an  sich  riß;  er  gab  jenem  überdies  in  dem  Gallier 
A utaritus  einen  koordinierten  Befehlshaber  an  die  Seite  und  in- 
struierte beide,  die  Operationen  Hamilkars  beständig  zu  verfolgen,  je- 
doch die  offene  Ebene,  in  welcher  die  überlegene  Kavallerie  und  die 
Elefanten  der  Karthager  zur  vollen  Wirkung  kommen  mußten,  nach 
Möglichkeit  zu  meiden,  sich  vielmehr  hauptsächlich  an  die  Randgebirge 
zu  halten  und  dort  Gelegenheit  zu  vorteilhaften  Unternehmungen  zu 
suchen.  Gleichzeitig  organisierte  er  die  Ergänzung  der  Verluste  durch 
neue  Aushebungen  der  Libyer  und  Numider. 
Lokalisierung.  Hier  ist  es  nun  von  Wichtigkeit,  den  Raum  beiläufig  festzustellen, 
innerhalb  dessen  dieser  Teil  des  Feldzuges  sich  abspielte.  Dafür  geben 
uns  die  allerdings  sehr  vagen  Angaben  der  Quelle  in  Verein  mit  den 
spezifischen  Eigenschaften  des  Kriegsschauplatzes  immerhin  genügende 
Anhaltspunkte. 


1)  Es  muß  im  unmittelbaren  Hinterlande  Karthagos  eine  große  Menge  kleiner, 
aber  wohlhabender  Städte  gegeben  haben,  deren  Lage  und  Namen  heute  nur  zum 
geringsten  Teile  bekannt  sind;  dieselben  haben  auch  später  wiederholt,  insbesondere 
im  afrikanischen  Feldzuge  Scipios,  eine  analoge  Rolle  gespielt. 


Zusammenhängende  Darstellung.  537 

Vor  allem  hatte  sicherlich  keine  der  beiden  Parteien  ein  Interesse 
daran,  den  Krieg  allzuweit  in  das  Innere  des  Landes  hineinzuziehen. 
Solange  Tunes  in  feindlichem  Besitz  war,  durfte  Hamilkar  sich  nicht 
allzuweit  von  der  Hauptstadt  entfernen,  und  ebenso  mußte  es  Spendius 
vermeiden,  seine  Verbindungen  mit  Tunes  wie  mit  Mathos  allzusehr 
aufs  Spiel  zu  setzen ;  letzterer  dürfte  wohl  selbst  darauf  gesehen  haben, 
daß  ihm  der  campanische  Heißsporn  hübsch  am  Zügel  blieb.  Ferner 
geht  aus  dem  Wortlaute  der  Quelle  klar  hervor,  daß  sich  diese  Ope- 
rationen in  der  Ebene  und  den  dieselbe  begleitenden  Rand- 
gebirgen  abgespielt  haben;  Hamilkar,  seinen  Elefanten  und  seiner 
überlegenen  Kavallerie  zuliebe  in  der  ersteren,  Spendius  im  Sinne  der 
Instruktion  Mathos'  ihm  längs  der  letzteren  folgend. 

Nach  all  dem  erscheint  es  klar,  daß  diese  Operationen  nicht  mehr 
als  das  unmittelbare  Hinterland  Karthagos,  soweit  es  für  die  ge- 
sicherte Versorgung  der  Hauptstadt  in  Betracht  kam,  umfaßten,  d.  h.  die 
fruchtbare  und  städtereiche  Ebene  des  unteren  Bagradas  und  der  Miliana 
(Ou.  Miliane)  einschließlich  des  Kessels  von  Zaghouane,  und  die  Küstenebene 
im  Osten  des  Landes  gegen  Hadrumetum,  die  sogenannten  „Emporien". 
Über  diesen  Raum  ins  Innere  vordringend  kommt  man  zunächst  ins 
„Bled",  die  Halbwüste  („demi-desert")  des  inneren  Tunis,  ein  im  all- 
gemeinen gebirgiges,  steiniges,  wasser-  und  ressourcenarmes,  unserem 
Karste  nicht  unähnliches  Land,  und  erst  nach  weiterem  Vordringen, 
also  in  großer  Entfernung  von  Tunes  und  Hippakra,  gelangt  man  wieder 
in  flacheres,  fruchtbares  Terrain.  Was  Hamilkar,  der  ja  den  Gang  der 
Operationen  initiativ  bestimmte  —  Spendius  „folgte  ihm  nur  längs  der 
Vorbergeu  —  hätte  veranlassen  sollen,  jene  Gegend  aufzusuchen,  wo 
es  bei  ziemlichem  Wasser-  und  Eessourcenmangel  so  gut  wie  nichts  zu 
holen  gab,  ist  unerfindlich.  Auch  hätte  er  dort  größtenteils  stark 
koupiertes  Terrain  vorgefunden,  in  welchem  er  seine  Überlegenheit  an 
Kavallerie  und  Elefanten  nur  in  beschränktem  Maße  hätte  zur  Geltung 
bringen  können.  Die  Quelle  erwähnt  dagegen  ausdrücklich,  daß  er 
vorwiegend  in  der  Ebene  manövrierte,  indes  Spendius  längs  der  Rand- 
berge seinen  Bewegungen  folgte;  das  trifft  auf  das  „Bled"  absolut 
nicht  zu.    Bleibt  daher  nur  der  oben  deduzierte  Operationsraum. 

Die  beiden  scharf  geschiedenen  Abschnitte  dieses  Operationsraumes, 
das  Bagradas-Milianabecken  und  die  Küstenebene,  sind  durch  ein  im 
großen  und  ganzen  wenig  wegsames  Gebirge  getrennt.  Außer  einigen 
recht  problematischen  Bergpfaden  gibt  es  insgesamt  vier  bessere  Wege, 


^oo  Der  Libysche  Süldnerkrieg. 

welche  sie  verbinden,  dabei  naturgemäß  zum  großen  Teile  defileeartigen 
Charakter  tragen.  Der  erste  ist  die  alte  Hauptstraße  von  Tunis  längs 
der  Bahira  und  dem  Golf,  dann  über  die  breite,  flache  Senke  von 
Grombalia  an  die  Ostküste.  Der  zweite,  die  sogenannte  „Khanguet"- 
Straße,  führt  aus  dem  unteren  Milianatale  über  Creteville  und  die 
Senke  zwischen  den  Dj.  bou  Kournine  und  dem  Dj.  Ressas  gleichfalls 
in  die  Senke  von  Grombalia.  Der  dritte  Weg  geht  von  Zaghouane 
östlich  über  die  Südausläufer  des  Dj.  Sidi  Zid  und  das  Defilee  von 
Si.  Jedidi  in  die  Küstenebene  gegen  Hammamet;  der  vierte,  vom  vor- 
genannten etwa  7  Kilometer  östlich  Zaghouane  abzweigend,  etwas 
mehr  südöstlich  durch  das  Tal  des  Ou.  Rmel  gegen  Bordj  bou  Ficha. 

Keiner  dieser  Wege  ist  mehr  als  einen  guten  Tagmarsch  lang; 
Hamilkar  konnte  daher  jederzeit  mit  einem  einzigen  Marsch  aus  der 
einen  Ebene  in  die  andere  gelangen,  wo  er  wieder  seine  taktische 
Überlegenheit  voll  auszunützen  in  der  Lage  war. 

Im  Gegensatze  zu  Tissot,  der,  wie  wir  später  sehen  werden,  die 
Operationen  dieses  Krieges  bis  weit  in  das  „Bled"  hineinreichen  läßt, 
sind  Neumann1)  und  Meltzer2)  der  Ansicht,  daß  Hamilkar  sich 
überhaupt  auf  das  linke  Ufer  des  Bagradas  beschränkt  habe.  Dies  ist 
ganz  unmotiviert.  Die  ganze  fruchtbare  Ebene  am  Unterlauf  dieses 
Flusses  bildet  ein  einheitliches  Ressourcen-  und  Operationsgebiet; 
Hamilkar  mußte  an  der  Unterwerfung  der  Städte  des  rechten  Ufers 
dasselbe  Interesse  haben  wie  an  jener  des  linken;  und  ganz  abgesehen 
davon,  daß  er  gleich  nach  der  siegreichen  Schlacht  den  Brückenkopf 
an  der  Utikenser  Straße  in  die  Hand  genommen,  ist  der  Bagradas  selbst 
auch  in  seinem  Unterlaufe  durchaus  kein  solches  Hindernis,  daß  er 
eine  siegreiche,  ofFensivfähige  und  mobile  Armee  dauernd  in  ihrer  Be- 
wegungsfreiheit einschränken  könnte.  Seine  Uferverhältnisse  sind 
fast  durchwegs  günstige,  seine  Stromgeschwindigkeit  infolge  des  geringen 
Gefälles  selbst  bei  Hochwasser  keine  große.  Eine  kriegstüchtige  Truppe, 
die  auch  nur  über  die  primitivsten  technischen  Mittel  zum  Brücken- 
schlag verfügte,  mußte  den  Übergang  an  jeder  Stelle  in  wenigen 
Stunden  bewirken  können.  —  Dazu  kommt,  daß  der  Bagradas  in  dieser 
Gegend  fast  durchwegs  mitten  durch  die  Ebene  fließt,  Spendius  daher 
einen  Übergang  Hamilkars  nicht  hindern  konnte,  ohne  —  im  Wider- 
spruche mit  dem  klaren  Wortlaute  seiner  Instruktion  —  seine  Vorberge 
zu  verlassen  und  sich   einem  Kampfe  im   flachen  Lande   auszusetzen. 

1)  p.  173.  2)  p.  379. 


539 
Zusammenhängende  Darstellung. 

In  dem  so  umgrenzten  und  eingeschränkten  Kriegsschauplatz  wird 
es  uns  auch  leichter  werden,  die  Ereignisse  oder,  richtiger  gesagt,  das 
einzige  Ereignis  dieser  Feldzugsepoche,  das  die  Quelle  erwähnt,  zu 
lokalisieren. 

Spendius  war  also  mit  6000  Mann,  dann  2000  Galliern  unter  Auta- 
ritus,  aufgebrochen  und  folgte  Hamilkars  Bewegungen  längs  der  Vor- 
berge, auf  eine  Gelegenheit  lauernd,  wo  er,  durch  das  Terrain  be- 
günstigt, einen  Erfolg  über  jenen  erringen  könnte.  Solch  eine  Gelegen- 
heit schien  sich  tatsächlich  bald  zu  bieten.  Hamilkar  hatte  in  einem 
rings  von  Bergen  eingeschlossenen  ebenen  Kessel  sein  Lager  geschlagen. 
Zufällig  traf  es  sich,  daß  gerade  die  von  Mathos  aufgerufenen  und  für 
das  Korps  des  Spendius  bestimmten  Verstärkungen,  je  ein  Kontingent 
der  Libyer  und  Numider,  im  Anmärsche  waren.  Spendius  ließ  nun  die 
Libyer  den  Ausgang  des  Kessels  in  Hamilkars  Marschrichtung,  die 
Numider  jenen  in  seinem  Rücken  besetzen  und  nahm  selbst  in  seiner 
Flanke  eine  feste  Stellung,  so  daß  die  Karthager  tatsächlich  in  der  Falle 
saßen.  Indes  der  Übergang  der  Numider,  gegen  2000  an  der  Zahl,  deren 
Führer  Naravas  ein  persönlicher  Verehrer  Hamilkars  war,  machte 
diesem  Luft.  Als  nun  Spendius  sah,  daß  er  den  Gegner  nicht  mehr  Die  Schiacht 
wider  seinen  Willen  festhalten  könne,  nahm  er  die  von  diesem  ange-  ei  ep  ens 
botene  Schlacht  an,  nachdem  er  sich  zuvor  mit  den  Libyern  vereinigt 
hatte.  Der  Sieg  blieb  den  Karthagern,  deren  Elefanten  abermals  die 
Entscheidung  herbeiführten.  Gegen  10000  Söldner  sollen  gefallen, 
gegen  4000  in  Gefangenschaft  geraten  sein.  Spendius  und  Autaritus 
retteten  sich  durch  die  Flucht. 

Die  Lokalisierung  dieser  Schlacht  ist  nicht  so  schwer,  als  es  bei  Lokalisierung 
dem  Fehlen  jedes  Namens  im  ersten  Augenblick  den  Anschein  hat. 
Daß  der  Platz  nicht  in  der  Ebene,  sondern  im  Gebirge  lag,  und  zwar 
in  recht  ausgesprochenem  Gebirge,  ist  klar:  denn  nur  in  einem  solchen 
kann  ein  Talkessel  durch  Besetzung  der  ein-  und  ausführenden  Defileen 
vollkommen  gesperrt  werden.  Ein  solches  Gebirge  gibt  es  innerhalb 
unseres  deduzierten  Kriegstheaters  nur  eines,  d.  i.  jenes,  welches  die 
beiden  großen  ebenen  Abschnitte  trennt.  Innerhalb  dessen  haben  wir 
nun  nach  einem  Kessel  zu  suchen,  der  geräumig  genug  ist,  nicht  nur  für 
ein  Lager,  sondern  auch  für  eine  offene  Feldschlacht  mit  Verwendung 
von  Elefanten,  andererseits  durch  Sperrung  des  Aus-  und  Einganges 
vollkommen    eingeschlossen    werden    kann    und   überdies   dem   Ein- 

1)  Siehe  die  Übersetzung  im  „Anhang"  III. 


540  Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

schließenden  noch  eine  dritte,  sichtlich  auf  einem  anderen  Wege  er- 
reichbare, die  Marschrichtung  des  Gegners  flankierende  Stellung  ge- 
stattet. Das  in  einem  verhältnismäßig  eng  begrenzten  Raum  keine 
große  Auswahl  an  Lokalitäten  sein  wird,  die  so  komplizierten  Be- 
dingungen entsprechen,  liegt  auf  der  Hand. 

Wenn  wir  von  einer  Örtlichkeit  absehen,  die  wir  später  mit  noch 
viel  größerer  Sicherheit  für  eine  andere  Affaire  in  Anspruch  nehmen 
werden,  und  deren  Identität  mit  der  hier  in  Rede  stehenden,  wenn  sie 
bestehen  würde,  doch  unbedingt  in  der  Quelle  erwähnt  sein  müßte;  — 
so  bleibt  uns  tatsächlich  nur  ein  einziger  Platz  übrig,  auf  den 
alle  abgeleiteten  Eigenschaften  widerspruchslos  passen:  der  drei- 
eckige Talkessel,  den  die  alte  Pilgerstraße  „Khanguet  el 
Hadjaj",  der  zweite  der  von  uns  früher  bezeichneten  Hauptver- 
bindungswege  des  Kriegsschauplatzes,  zwischen  Creteville  und  Grombalia 
passiert;  nebenbei  erwähnt,  dasselbe  Terrain,  in  dem  sich  fast  hundert 
Jahre  später  schwere  Kämpfe  zwischen  den  Karthago  belagernden 
Römern  und  der  punischen  Feldarmee  abspielten;  auf  einer  der  den 
Kessel  westlich  umschließenden  Höhen  lag  die  Bergstadt  Nepheris, 
der  Stützpunkt  der  letzten  Feldarmee  Karthagos. 

Wir  können  uns  nun  ganz  gut  vorstellen,  daß  Hamilkar,  von  der 
Ostküste  über  die  breite  Senke  von  Grombalia  gegen  die  untere  Miliana 
marschierend,  entweder  das  enge  Defilee  von  Hamman-Lif  gesperrt  fand, 
oder  —  wahrscheinlicher  —  mit  Rücksicht  auf  die  unangreifbare  Stellung 
bei  Tunes  von  vornherein  einen  weiter  südlich  gelegenen  Weg  wählte 
und  daher  von  Grombalia  auf  jene  Straße  einbog.  Daß  er  aus  dieser 
Richtung  und  nicht  umgekehrt  in  den  Kessel  gelangte,  geht  aus  Grün- 
den hervor,  die  später  beleuchtet  werden  sollen.  Spendius,  der  ihm 
auf  Bergpfaden  folgte  und  von  dem  Anmarsch  des  libyschen  und  numi- 
dischen  Kontingentes  Kenntnis  hatte,  dirigierte  das  erstere  auf  die 
Paßhöhe,  die  den  Kessel  von  der  Niederung  von  Creteville  trennt, 
das  letztere  zu  dem  Defilee,  das  aus  ihm  in  die  Ebene  von  Grombalia 
hinausführt;  er  selbst,  ohnehin  bereits  im  Gebirge  befindlich,  nahm 
Stellung  in  Hamilkars  linker  Flanke,  dort  wo  ein  mäßiger  Bergpfad 
in  einen  etwa  5  Kilometer  entfernten,  kleinen  Kessel  (bei  der  Quelle 
AeelDjenane)  führt.  Gibt  es  doch  von  hier  aus  sowohl  mit  der  öst- 
lichen wie  mit  der  westlichen  Ebene  ähnliche  Verbindungen,  die  den 
natürlichen  Weg  des  Spendius  bildeten,  wenn  er  Hamilkars  Marsch 
auf  der  Khanguetstraße  der  Instruktion  Mathos'  gemäß  begleiten  wollte. 


Zusammenhängende  Darstellung-.  541 

Der  Kessel,  in  dem  Hamilkar  lagerte,  hat  die  Form  eines  Drei- 
eckes. Sein  Ostausgang  ist  ein  durch  kulissenartig  vorspringende, 
steile,  dicht  bewaldete  Hügel  stark  eingeengtes  ßachdefilee;  im  Nord- 
und  Südwesten  führen  die  betreffenden  Zugänge  über  wasserscheidende 
Pässe,  die  zahlreiche,  durch  steile  Schluchten  getrennte  Querriegel 
aufweisen.  Zwischen  diesen  beiden  Pässen  ist  das  die  Ebene  um- 
säumende Gelände  wenn  auch  nicht  bequem,  so  doch  gangbar;  jeden- 
falls ist  hier  eine  Verbindung*  der  beiden  die  Pässe  besetzt  haltenden 
Korps  längs  der  Höhen  denkbar,  ohne  daß  diese  von  dem  in  der  Ebene 
stehenden  Gegner  gestört  werden  könnte.  Anders  liegen  die  Verhält- 
nisse zwischen  dem  Südpasse  und  dem  Ostdefilee;  hier  steigen  dicht 
bewaldete  Höhen  ziemlich  unmittelbar  aus  der  Ebene  auf;  die  einzige 
praktikable  Kommunikation  zwischen  beiden  führt  am  Fuße  längs  des 
Randes  der  Ebene  und  liegt  somit  im  unmittelbaren  Wirkungsbereiche 
des  den  Kessel  haltenden  Gegners.  Da  nun  Spendius,  nachdem  Hamil- 
kar bereits  in  Schlachtordnung  aufmarschiert  war,  sich  noch  ungestört 
mit  den  Libyern  vereinigen  konnte,  so  können  diese  nur  auf  dem 
Passe  gegen  Creteville  zu  gestanden  haben;  die  Numider  demnach 
beim  Ostdefilee,  wo  in  dem  Zwickel  zwischen  dem  Ou.  bou  Abid  und 
dem  Ou.  bou  Houta  ein  sehr  geeigneter,  besonders  für  Reiterei  günstiger 
Lagerplatz  sich  findet.  Da  aber  nach  dem  Wortlaute  des  Textes  die 
Libyer  v  o  r ,  die  Numider  hinter  Hamilkar  standen,  so  erhellt  daraus,  daß 
dieser  vonGrombalia  her  in  den  Kessel  marschiert  ist  und  nicht  umgekehrt. 

Der  Kessel  selbst  wird  von  einem  sehr  steil  und  tief  einge- 
schnittenen Bach,  dem  Ou.  bou  Abid,  durchflössen,  der  als  schweres 
Hindernis  später  bei  den  Kämpfen  um  Nepheris  (siehe  Kap.  VI) 
eine  entscheidende  Rolle  gespielt  hat.  Ob  derselbe  auch  in  der  Schlacht 
Hamilkars  zur  Geltung  kam,  wissen  wir  nicht,  da  uns  keinerlei  Details 
dieses  Kampfes  überliefert  sind.  Notwendig  ist  es  nicht.  Hamilkars 
Front  stand  der  Sachlage  entsprechend  gegen  Westen  oder  Südwesten ; 
in  diesem  Falle  ist  südlich  des  Baches,  gerade  im  ebensten  Teile  des 
Kessels,  immerhin  ein  hindernisloser  Raum  von  ca.  1 V2  Kilometer  Breite, 
der  schließlich  für  die  relativ  kleinen  Heere,  die  sich  hier  maßen, 
genügte.  Dabei  ist  es  noch  möglich,  daß  auch  nördlich  des  Baches 
Abteilungen  kämpften;  das  Hindernis  hatte  in  diesem  Falle  lange  nicht 
jene  verhängnisvolle  Bedeutung  wie  in  der  Schlacht  des  dritten  Puni- 
schen  Krieges,  in  der  die  Römer,  von  Nordwesten  angreifend,  mit  dem 
Bache  quer  im  Rücken  schlugen. 


542 

Der  Libysche  Söldiierkrieg. 

Hamiik.us  Unter  dem  Eindrucke  des  Sieges  machte  Hamilkar  den  Versuch 

Friedens-  ? 

versuch,  durch  unerwartete  Milde  dem  Kriege  vollends  ein  Ende  zu  machen. 
Er  nahm  sämtliche  Gefangene,  die  hiezu  bereit  waren,  in  seine  Dienste, 
die  übrigen  entließ  er  ungeiährdet  in  ihre  Heimat,  allerdings  mit  dem 
Bedeuten,  daß  sie,  ein  zweitesmal  mit  Waffen  in  der  Hand  ergriffen, 
keine  Schonung  mehr  zu  erwarten  hätten.  Er  hoffte,  durch  dieses 
Vorgehen  im  Verein  mit  dem  alten  Zauber  seines  Namens  und  seiner 
Persönlichkeit  den  größten  Teil  der  Gegner  zum  Übertritt  zu  veran- 
lassen. Tatsächlich  machte  sich  alsbald  eine  Bewegung  in  diesem 
Sinne  geltend.  Die  Führer  der  Insurgenten  jedoch,  die  selbstverständ- 
lich von  einem  Frieden  mit  Karthago  das  Schlimmste  für  ihre  Person 
zu  fürchten  hatten,  wußten  durch  dasselbe  Mittel  wie  zu  Beginn  des 
Krieges  den  Ausgleich  zu  verhindern.  Unter  falschen  Vorspiegelungen, 
unterstützt  durch  den  obligaten  Terrorismus,  veranlaßten  sie  die  Truppen 
zu  einer  Grausamkeit,  die  für  die  Karthager  jedes  weitere  Paktieren 
endgültig  ausschließen  mußte.  Das  Opfer  war  Gisko,  der  sich  seit 
den  gescheiterten  ersten  Verhandlungen  als  Geisel  im  Gewahrsam  der 
Meuterer  zu  Tunes  befand.  Er  wurde  nebst  den  anderen  gefangenen 
Karthagern  grausam  zu  Tode  gemartert  und  selbst  die  Auslieferung 
der  Leichname  verweigert.  Dies  war  die  Antwort  auf  Hamilkars 
unverhoffte  Milde.  Nun  konnte  freilich  von  einem  Frieden  nicht  mehr 
die  Rede  sein;  nur  die  volle  Vernichtung  eines  Teiles  konnte  dem 
Kriege  ein  Ende  machen. 
Hamjikar  und  j)as  ais0  war  das  Ergebnis  zweier  großer  Siege.  Kaum  merklich 
geschwächt,  nicht  im  geringsten  in  ihrer  Bewegungsfreiheit  einge- 
schränkt, stand  die  feindliche  Hauptmacht  nach  wie  vor  im  Felde, 
bedrohte  von  Tunes  aus  Karthago,  und  die  Hoffnung  auf  einen  baldigen 
Frieden  war  illusorischer  denn  je.  Ein  solches  Resultat  war  begreiflicher 
Weise  Wasser  auf  die  Mühle  der  Feinde  Hamilkars.  Gegen  seine  Führung 
war  nichts  einzuwenden,  das  zeigten  die  Siege  am  Bagradas  und  bei 
Nepheris;  die  Schuld  an  der  mangelhaften  Ausnützung  dieser  Siege 
konnte  somit  nur  in  den  beschränkten  Mitteln  liegen,  über  die  er  ge- 
bot, die  ihm  wohl  erlaubten  zu  siegen,  nicht  aber  die  Früchte  des 
Sieges  zu  pflücken.  Der  Vorschlag,  den  die  Oligarchenpartei  darauf 
aufbaute,  war  denn  auch  scheinbar  durchaus  harmlos,  ohne  jede  Spitze 
gegen  den  hochverdienten  Feldherrn:  da  die  kleine  Armee,  die  er 
führte,  zu  einem  durchschlagenden  Erfolge  nicht  ausreichte,  so  sollten 
in  Hinkunft   beide  Armeen,    über   die  Karthago    verfügte,    also  jene 


Zusammenhängende  Darstellung.  543 

Hamilkars  und  jene  Hannos,  gemeinsam  operieren.  Die  beiden  Feld- 
herrn waren  nach  wie  vor  einander  gleichgestellt  und  hatten  sich  in 
den  Oberbefehl  zu  teilen. 

Die  Folgen  dieser  scheinbar  sachlichen,  in  Wahrheit  aber  persön- 
lichen Motiven  entsprungenen  Maßregel  zeigten  sich  bald.    Die  Kriegs- 
geschichte kennt  nur  sehr  wenig  Fälle,  wo  der  koordinierte  Oberbefehl 
zweier    Feldherrn   sich    dauernd    bewährt    hätte;    das    Beispiel    des 
Prinzen    Eugen  und   Marlboroughs    steht    in   seiner    Art    vereinzelt 
da.     Ganz   unmöglich  aber  wird  dieses  Verhältnis,  wenn  die   beiden 
Führer   persönliche  Feinde  sind.    Trotz  der  Vereinigung  der  Streit- 
kräfte nahm   der  Feldzug   sofort   eine  für   die  Karthager  ungünstige 
Wendung.    Die  beiden  Feldherrn  hinderten    sich   gegenseitig;    nicht 
nur  kein  Erfolg  war  unter  diesen  Umständen  zu  erringen:  die  Passi- 
vität und  Planlosigkeit  der  Karthager  gab  bald  auch  im  freien  Felde 
den  Gegnern  das  Übergewicht.    U  t  i  k  a ,  das  Hamilkar  entsetzt  hatte, 
ward  längst  wieder  belagert;   an  der  Sache  Karthagos  verzweifelnd, 
bot   die  Stadt   schließlich   Rom   ihre  Unterwerfung   an.    Die   Römer 
lehnten  ab.    So  entschlossen  sich  die  Utikenser  in  der  höchsten  Not, 
sich  den  Insurgenten  lieber  anzuschließen  als  sich  von  ihnen  vernichten 
zu  lassen.    Um  sich  die  Verzeihung   für  ihren  langen  Widerstand  zu 
verdienen,  töteten  sie  die  500  Mann  starke  punische  Garnison,  warfen 
die  Leichen  über  die  Mauer  und  verweigerten  deren  Auslieferung  an 
Karthago.     So   hatten    sie  ihre  Sinnesgleichheit  mit  den   Leuten  des 
Mathos  und  Spendius  überzeugend  dokumentiert,  und  ihrem  formellen 
Übertritt  stand  nichts  mehr  im  Wege. 

Um  dieselbe  Zeit,  wohl  unter  dem  Eindruck  des  Überganges  von 
Utika,  trat  endlich  auch  Hippakra  auf  Seite  der  Insurgenten.  Da- 
mit war  der  ganze  Norden  und  Westen  des  Landes  in  ihrer  Hand, 
und  das  Korps  des  Mathos  wurde  frei  für  weitere  Unternehmungen1).  — 
Noch  war  die  Reihe  der  Schicksalsschläge  für  Karthago  nicht 
erschöpft.      Kurz    vorher    war    Sardinien    durch    einen    ähnlichen 


1)  Die  Ansicht  Meltzers  (II  3SI),  daß  Mathos  gleich  nach  der  zweiten  Nieder- 
lage des  Spendius  die  Belagerung  von  Hippakra  aufgegeben  und  sich  mit  letzterem 
vereinigt  hätte ,  hat  wenig  für  sich ;  seine  Erwähnung  bei  Pol.  I,  79  besagt  nur, 
daß  er  die  dort  erzählte  Greueltat  mit.  anregte,  nicht  einmal  aber,  daß  er  in  jener 
ausführlich  geschilderten  Versammlung  anwesend  war;  und  selbst,  wenn  dem  so  ge- 
wesen wäre,  so  konnte  er  ganz  gut  zu  diesem  Zwecke  für  seine  Person  vorüber- 
gehend in  das  Lager  von  Tunes  sich  begeben  haben,  ohne  deshalb  die  Belagerung 
von  Hippakra  aufzuheben. 

Kromay er- Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  35 


Hannos 
Rücktritt. 


544  Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

Aufstand  verloren  gegangen.  Und  um  dieselbe  Zeit,  als  die  beiden 
Hafenstädte  der  Nordküste  zum  Feinde  abfielen,  vernichtete  ein  Sturm 
die  gesamte  von  den  „Emporien"  an  der  Ostküste  zur  See  nach  der 
Hauptstadt  gesandte  Zufuhr.  Es  war  die  günstigste  Gelegenheit  für 
die  eben  in  den  Besitz  unbeschränkter  Operationsfreiheit  gelangte 
Insurgentenarmee,  den  entscheidenden  Schlag  zu  führen,  und  Mathos 
ließ  sich  die  Gunst  der  Verhältnisse  nicht  entgehen;  gestützt  auf 
Tunes  begann  er  die  Belagerung  Karthagos. 

So  hatte  die  heimtückische  Maßregel  der  Oligarchenpartei  tat- 
sächlich den  Staat  hart  an  den  Rand  des  Abgrundes  gebracht,  und  es 
blieb  nichts  übrig,  als  das  unselige  Doppelkommando  fallen  zu  lassen. 
Formell  überließ  man  die  Entscheidung  dem  Heere;  es  sollte  selbst 
den  Feldherrn  bezeichnen,  der  das  Kommando  niederzulegen  hätte. 
Das  Resultat  konnte  nicht  zweifelhaft  sein.  Hanno  mußte  abtreten; 
Hamilkar  aber  übergab  —  unter  seiner  Oberleitung  —  dessen  Heeres- 
abteilung an  einen  gewissen  Hannibal  und  nahm  ungesäumt  die 
Offensive  auf. 
Die  Belagerung  Indessen  war  in  Karthago  die  Not  aufs  höchste  gestiegen;  nur 
mit  Hilfe  seines  Todfeindes  Rom  und  des  schlauen  Hiero  von  Syrakus 
vermochte  es  sich  noch  zu  halten.  Endlich  begann  sich  die  Offen- 
sive Hamilkars  fühlbar  zu  machen.  An  eine  Entsatzschlacht  konnte 
die  karthagische  Feldarmee  mit  Rücksicht  auf  die  vortreffliche  Rücken- 
deckung, welche  der  Gegner  in  der  Position  von  Tunes  besaß,  nicht 
denken.  Aber  so  wie  Karthago  auf  die  Verpflegung  zur  See,  so  waren 
die  Insurgenten  auf  jene  zu  Lande,  aus  Libyen  und  Numidien,  an- 
gewiesen, und  Hamilkar  beeilte  sich,  als  Herr  des  flachen  Landes  alle 
diese  Verbindungen  abzuschneiden.  So  kamen  die  auf  dem  Isthmus 
lagernden  Insurgenten  bald  in  die  gleiche  Notlage  wie  die  von  ihnen 
belagerte  Hauptstadt,  und  schließlich  blieb  ihnen  nichts  übrig  als  die 
Belagerung  aufzuheben. 

Sie  scheinen  zunächst  nach  Tunes  zurückgegangen  zu  sein1)  mit 
der  Absicht,  sich  von  da  nach  Maßgabe  der  Lage  gegen  Hamilkar  zu 
wenden.  Dieser  aber  nahm,  als  er  den  nächsten  Hauptzweck  erreicht 
sah,  sofort,  wie  einst  nach  der  Schlacht  am  Bagradas,  seine  Streifungen 
im  Hinterlande  wieder  auf,  wo  es  manches  in  der  letzten  Zeit  Ver- 
lorene wiederzugewinnen  galt. 

1)  Pol.  I  84,  3. 


Zusammenhängende  Darstellung.  545 

Auch    der   Feind    tat    das  Gleiche    wie   damals.    Wieder  brach,  zweiter  Feldzug 

,,  ,     .  _  ..    -i  1  t    1       01  t  •  •  <  .  im  Hinterlande. 

während  Mathos  bei  Tunes  zuruckblieb,  Spendius  mit  Autaritus, 
dem  Libyer  Zarzas  und  auserlesenen  Truppen  auf,  um  ähnlich  wie 
das  erstemal  die  Operationen  Hamilkars  in  den  Vorbergen  zu  begleiten 
und  auf  eine  günstige  Gelegenheit  zu  einem  Hauptschlage  zu  lauern, 
wie  sie  ihm  damals  bei  Nepheris  scheinbar  nur  durch  den  Verrat  des 
Naravas  entschlüpft  war.  Indes  es  ging  von  Hause  aus  schlecht. 
Insbesondere  scheint  die  gegen  das  erstemal  bedeutend  gesteigerte 
Truppenzahl  die  für  derartige  Unternehmungen  besonders  unerläßliche 
Manövrierfähigkeit  ungünstig  beeinflußt  zu  haben.  Die  vorzügliche 
Qualität  des  Truppenmaterials  konnte  die  Schwerfälligkeit  der  Führung 
nicht  wettmachen,  am  allerwenigsten  einem  solchen  Meister  des  Be- 
wegungskrieges gegenüber,  wie  Hamilkar  es  war.  Bald  spielte  er 
mit  dem  Gegner  wie  die  Katze  mit  der  Maus;  hier  ward  eine 
Abteilung  der  Insurgenten  abgeschnitten  und  aufgehoben;  dort  eine 
andere  im  Hinterhalt  vernichtet  oder  in  plötzlich  aufgezwungenem 
Kampfe  blutig  zurückgeschlagen.  Und  Hamilkar  kannte  keine  Milde 
mehr ;  wer  lebend  in  seine  Hände  fiel,  kam  vor  die  Füße  seiner  Elefanten. 

So  zwang  er  den  Feind  zur  Aufgabe  jeder  Detachierung,  lähmte 
seine  Aufklärung  und  machte  ihn  reif  für  die  Katastrophe. 

Mit  geschlossener  Macht  folgte  Spendius  dem  vor  ihm  herziehenden  Erschliessung 
karthagischen  Heere,  als  er  dieses  plötzlich  in  unangreifbarer  Stellung  un<^Sc^ac^)t  am 
sich  gegenüber  gelagert  fand.  Der  Feldherr  der  Insurgenten  tat  das 
Nächstliegende,  aber  in  diesem  Falle  Schlechteste:  er  schloß  vor  dem 
Feinde  auf.  Im  nächsten  Momente  sah  er  sich  in  der  Falle.  Das 
Terrain  begünstigte  die  allseitige  Einschließung;  wo  es  nicht  reichte, 
hatten  die  Karthager  mit  Kunst  der  Natur  nachgeholfen. 

Die  Einschließung"  war  eine  vollständige,  nirgends  ein  Ausweg. 
Ein  Durchbruchsversuch,  mit  anderen  Worten  die  Schlacht,  schien  erst 
recht  aussichtslos,  da  alle  Chancen  des  Terrains  und  der  Kräfte- 
gruppierung auf  Seite  der  Karthager  waren;  im  voraussichtlichen 
Falle  einer  Niederlage  war  keine  Bückzugsmöglichkeit  gegeben,  und 
daß  auf  die  Gnade  des  Siegers  nicht  zu  rechnen  war,  hatten  die  Er- 
eignisse der  letzten  Tage  zur  Genüge  dargetan.  So  blieb  nichts  übrig 
als  passiv  zu  bleiben  und  auf  Entsatz  von  Tunes  zu  hoffen. 

Die  Zeit  verging,  und  es  begann  an  Lebensmitteln  zu  mangeln. 
In   der  Not  verzehrten   sie  die  wenigen  Gefangenen,   die  sie  hatten, 

1)  Siehe  die  Übersetzung-  in  „Anhang"  IV. 

35* 


546  Der  Libysche  Sülduerkrieg. 

dann  die  Sklaven.  Mathos  kam  nicht.  Endlich  drohte  die  Ver- 
zweiflung der  Massen  sich  gegen  die  Führer  zu  richten,  und  so  machten 
denn  diese  den  letzten,  aller  Voraussicht  nach  erfolglosen  Versuch,  mit 
dem  unerbittlichen  Sieger  Verhandlungen  anzuknüpfen.  Wider  Er- 
warten erklärte  Hamilkar  sich  zu  Verhandlungen  bereit.  So  erschienen 
denn  die  Führer  der  Insurgenten,  zehn  an  der  Zahl,  darunter  Spendius, 
Autaritus  und  Zarzas,  im  karthagischen  Lager.  Hamilkar  erklärte, 
den  freien  Abzug  ohne  Waifen  und  Train  bewilligen  zu  wollen,  wenn 
er  zuerst  zehn  von  den  Feinden,  nach  seiner  freien  Auswahl,  aus- 
geliefert erhalten  hätte.  Die  scheinbar  so  günstige  Bedingung  wurde 
sofort  angenommen ;  Hamilkar  aber  erklärte  gleich  die  zehn  Anwesenden 
als  die  Erwählten  und  ließ  sie  festnehmen. 

Die  Söldner  erfuhren  die  Gefangennahme  ihrer  Führer,  ohne  von 
dem  Pakte  zu  wissen.  Die  Empörung  über  den  vermeintlichen  Bruch 
des  Völkerrechtes  mischte  sich  mit  der  Verzweiflung  über  ihre  nun- 
mehr vollends  hoffnungslose  Lage;  in  wilder  Wut  griffen  sie  zu  den 
Waffen,  um  in  aussichtslosem  Kampfe  wenigstens  ihr  Leben  teuer  zu 
verkaufen. 

Und  aussichtslos  war  der  Kampf  in  der  Tat.  Konzentrisch,  von 
den  Höhen  herab,  wie  seine  Stellung  es  mit  sich  brachte,  ging  Ha- 
milkar gegen  die  Meuterer  vor.  In  die  allseits  zusammengedrängten 
Massen  brachen  die  punischen  Elefanten  und  taten  furchtbare  Arbeit. 
Gefangene  wurden  nicht  gemacht.  Die  zehn  verhafteten  Anführer 
waren  die  einzigen  der  Ihrigen,  die  den  Tag  überlebten;  das  ganze 
Korps  wurde  restlos  vernichtet. 
Lokalisierung.  Diese  furchtbare  Vernichtungsschlacht  hat  selbst  Dichter  und 
Künstler  inspiriert1);  kein  Wunder,  wenn  sie  als  einzige  dieses  von 
der  militärischen  Geschichtsschreibung  bisher  arg  vernachlässigten  Feld- 
zuges immerhin  einige  Lokalisierungsversuche  erfahren  hat. 

Polybios  gibt  für  diesen  Zweck  zwei  Anhaltspunkte:  die  wenigstens 
allgemeine  Charakteristik  des  Platzes  und  seinen  Namen,  der  gleich- 
falls eine  wichtige  lokale  Charakterisierung  enthält. 

Von  der  allgemeinen  Charakteristik  erwähnt  er,  daß  der  Platz 
für  Hamilkar  sehr  günstig,  für  die  Söldner  denkbar  ungünstig  be- 
schaffen war;  wie  dies  zu  verstehen  ist,  erhellt  daraus,  wie  der  pu- 


1)  G.  Flauberts  bekannter  Roman   „Salambo";    G.   Surands  Gemälde,   die 
Vernichtung  der  Söldner  durch  die  Elefanten  Hamilkars  darstellend. 


Zusammenhängende  Darstellung.  547 

irische  Feldherr  diese  Gunst  bzw.  Ungunst  des  Terrains  ausnützte:  zu 
einer  vollkommenen  Einschließung  des  Gegners.  Eine  solche  mußte 
also  durch  die  Natur  des  Terrains  wesentlich  begünstigt  werden;  daß 
aber  die  Natur  allein  zu  diesem  Zwecke  nicht  ausreichte,  erhellt  wieder 
aus  der  Angabe,  daß  „Graben  und  Wall"  zur  Einschließung  erforder- 
lich waren1).  Das  Terrain  im  Inneren  der  Einschließungslinie  muß 
zum  größten  Teile  flach  gewesen  sein,  da  Hamilkars  Elefanten  all- 
seitig zu  guter  Wirkung  kommen  konnten. 

Aus  all  diesen  Anhaltspunkten  ergibt  sich  die  Vorstellung  von 
einem  ziemlich  geräumigen  Talkessel  mit  verhältnismäßig  flacher  Sohle 
dessen  Randhöhen,  stellenweise  durch  künstliche  Befestigungen  ergänzt 
oder  verstärkt,  dem  Einschließenden  volle  Sturmfreiheit  und  die  Mög- 
lichkeit einer  vollkommen  geschlossenen  Zernierungslinie  boten. 

Der  zweite  Anhaltspunkt  der  Quelle  betrifft  den  Namen:  die 
Schlacht  fand  statt  „bei  dem  Orte,  der  den  Namen  ,7t  q  l  w  v' 
(=  ,Säge')  führt,  nach  der  Ähnlichkeit  seiner  For- 
mation mit  dem  Werkzeuge  dieses  Namens"2). 

Diesen  von  der  Quelle  direkt  gegebenen  Anhaltspunkten  können 
wir  noch  einen  dritten  hinzufügen:  der  Platz  muß  innerhalb  jenes 
Raumes  gesucht  werden,  der,  wie  wir  oben  abgeleitet,  für  diese  Ma- 
növer im  Hinterlande  Karthagos  allein  in  Betracht  kam.  Die  dort 
gelegentlich  der  ersten  analogen  Kriegsepoche  geltend  gemachten  Gründe 
blieben  für  beide  Teile  auch  jetzt  unverändert  maßgebend;  noch  immer 
durfte  sich  weder  Hamilkar  zu  weit  von  Karthago  entfernen,  noch 
Spendius  von  Tunes;  hiefür  spricht  auch  der  von  da  erwartete  Ent- 
satz. Noch  immer  hätte  ein  Verlegen  der  Operationen  ins  „Bled"  für 
keine  Partei,  am  allerwenigsten  für  die  die  Initiative  haltenden 
Karthager,  irgend  einen  Sinn  gehabt.  Nach  wie  vor  haben  wir  uns 
also  diese  Operationen  in  dem  Räume  zwischen  dem  untern  Bagradas 
und  der  Ostküste  zu  denken,  und  die  Charakteristik  des  Platzes,  die 
unbedingt  ausgesprochene  Bergformen  fordert,   verweist  abermals  auf 


1)  Pol.  I  84,  9.  Diese  Stelle  ist  zweifellos  so  aufzufassen,  daß  Hamilkar  dort, 
wo  das  Terrain  allein  zur  Einschließung  nicht  ausreichte,  diese  durch  Linien  ver- 
vollständigte, nicht  aber,  wie  Neu  mann  a.  a.  0.  p.  178  zu  glauben  scheint,  daß 
die  Insurgenten  sich  gegen  ihn  durch  Wall  und  Graben  geschützt  hätten.  Letzteres 
ist  selbstverständlich  dabei  durchaus  nicht  ausgeschlossen;  die  Worte  des  Textes  be- 
ziehen sich  jedoch  zweifellos  nicht  hierauf,  sondern  auf  die  Einschließungslinien  Ha- 
milkars. 

2)  Pol.  I  85,  7. 


.48 


Der  Libysche  Süldnerkrieg. 


Iiishorigo  Ver- 
suche. 


jenes  Gebirgsland,  das  die  beiden  ebenen  Abschnitte  des  Kriegsschau- 
platzes scheidet  Innerhalb  dieses  Berglandes  haben  wir  somit  nach 
dem  beschriebenen  Talkessel  und  vor  allem  nach  der  an  eine  Säge 
erinnernden  Terrainform  zu  suchen. 

Bevor  wir  daran  gehen,  wollen  wir  erst  die  bisher  vorliegenden 
Lokalisierungsversuche  betrachten.    Es  sind  deren  zwei: 

Tissot  >)  verlegt  die  Schlacht  in  einen  Kessel  des  Berglandes  am 
Oued  Nebaana,  unmittelbar  südlich  dieses  Flusses,  knapp  unterhalb 
der  Vereinigung  seiner  beiden  Quellflüsse  Ou.  el  Ksob  und  Ou.  Marouf, 
mit  dessen  schmalem  Tale  durch  den  Engpaß  „Foum  el  Kofel"  (nach 
den  neuen  französischen  Karten  „Foum  es  Gouafel")  verbunden.  Wir 
haben  gelegentlich  unserer  Expedition  von  Sousse  nach  Zama  auch 
diesen  Ort  besucht. 

Taktisch  würde  er  sich  für  die  überlieferten  Vorgänge  schon 
eignen.  Es  ist  ein  scharf  umgrenzter  Kessel  mit  drei  Ausgängen: 
von  Südosten  nach  Nordwesten  wird  er  von  einer  gut  erhaltenen 
„Piste"2)  durchquert,  und  außerdem  führt  von  Osten  her  ein  mäßig 
guter  Saumweg  von  Djebibina  über  die  Quelle  Aine-es-Sif  in  den 
Kessel.  Das  steinige,  mit  wildem  Gestrüpp  bewachsene  Terrain  zwischen 
den  Zugängen  ist  schwierig,  doch  nicht  an  und  für  sich  absolut  un- 
gangbar; eine  leichte  Nachhilfe  durch  künstliche  Befestigung  kann 
die  Einschließung  zu  einer  vollständigen  machen. 

Würde  der  Platz  somit  der  ersten  Anforderung  recht  gut  ent- 
sprechen, so  ist  dies  jedoch  bezüglich  der  übrigen  nicht  der  Fall. 

Vor  allem  liegt  er  mitten  im  „Bled",  also  außerhalb  des  in  Be- 
tracht kommenden  Kriegsschauplatzes.  Die  Entfernung  von  Tunes  be- 
trägt in  der  Luftlinie  ca.  100  Kilometer,  doch  liegen  zahlreiche  un- 
wegsame Gebirgsmassivs  dazwischen,  so  daß  die  praktikable  Verbindung 
wohl  bedeutend  höher  veranschlagt  werden  kann.  Die  Gegend  ist 
weit  und  breit  verkarstet  und  gänzlich  unfruchtbar  und  ressourcenlos ; 
überdies  hat  der  Kessel,  wenn  es  nicht  regnet,  kein  Trinkwasser, 
da  sowohl  der  Ou.  Nebaana  als  die  Quelle  A'ine-es-Sif  außerhalb 
der  taktisch  gegebenen  Zernierungslinie  liegen;  die  Eingeschlossenen 
hätten  daher  viel  früher  durch  Durst  als  durch  Hunger  zu  gründe  gehen 
müssen. 


1)  a.  a.  0.  I  p.  545  ff. 

2)  „piste"  nennt  man  in  Tunis  die  das  Innere  durchquerenden  Karawanenwege: 
im  weiteren  Sinne  wohl  auch  alle  nicht  chaussierten  Kommunikationen. 


Zusammenhängende  Darstellung.  549 

Entspricht  somit  der  Platz  seiner  strategischen  Lage  nach  nicht, 
so  trifft  auch  das  wichtigste  Merkmal,  die  Ähnlichkeit  des  Terrains 
mit  einer  Säge,  nicht  zu.  Die  Bezeichnung  „Ttglcov"  ist  hier  ganz 
unmotiviert.  Die  Formation  der  Bergketten  ist  nicht  anders  als  an 
unzähligen  anderen  Stellen  dieses  Berglandes,  ja  aller  Bergländer 
überhaupt.  Solche  „Sägen",  wie  die  den  Kessel  nordwestlich  ab- 
schließenden Kämme  des  Dj.  Ouar  und  Dj.  bou  Guetrane  —  die  beiden 
südlichen  Stockmassivs  des  Dj.  bou  Hadjar  und  Dj.  Melez  kommen 
noch  weniger  in  Betracht  —  gibt  es  hunderte  in  allen  Teilen  dieses 
an  ausgesprochenen,  ja  auffallenden  Terrainformen  so  reichen  Landes, 
besonders  aber  im  „Bled".  Hier  muß  ein  Ort,  der  den  speziellen 
Namen  „Säge"  verdienen  soll,  schon  in  weit  höherem  Maße  an  die 
Eigenart  dieses  Instrumentes  erinnern,  als  dies  bei  Tissots  „itqUöv"  der 
Fall  ist.  — 

Ein  zweiter  Lokalisierungsversuch  findet  sich  in  der  „  C  o  1 1  e  c  - 
tion  des  guides-Ioanne,  Algerie  et  Tunisie",  Paris 
1906,  pag.  370.  Nach  dieser  wäre  der  Schauplatz  der  Schlacht  der 
Kessel  an  der  Khanguet-Straße.  Den  wissenschaftlichen  Ursprung 
dieser  Hypothese  zu  eruieren  ist  mir  trotz  umfassender  Nachforschungen 
selbst  bei  den  ersten  Autoritäten  auf  diesem  Gebiete  in  Tunis  und 
Algier  nicht  gelungen.  Ich  neige  zu  der  Ansicht,  daß  G.  Flauberts 
seinerzeit  vielgelesener  Roman  „Salambö"  diese  Lokalisierung  auf  dem 
Gewissen  hat;  dafür  spricht,  daß  hier  wie  dort  die  unrichtige  Be- 
zeichnung, „deflle  de  la  hach  e"  gebraucht  wird,  in  den  „guides" 
allerdings  in  Klammer  beigefügt:  „ou  plus  exactement  de  la  scie". 
Nebenbei  bemerkt  paßt  die  phantastische  Beschreibung  Flauberts 
nicht  im  geringsten  auf  die  in  Rede  stehende  Lokalität. 

Dieser  Platz,  den  wir  für  die  bei  Pol.  I  77 f.  geschilderte  Schlacht 
zwischen  Hamilkar  und  Spendius  in  Anspruch  genommen  haben, 
wurde  dortselbst  genau  beschrieben;  er  würde  sich  tatsächlich 
sowohl  taktisch  wie  auch  strategisch  eignen,  da  er  an  einer  der 
das  vielgenannte  Bergland  durchquerenden  Straßen  in  der  nächsten 
Nähe  von  Tunes  liegt  und  das  Terrain  selbst  die  geschilderten  Vor- 
gänge durchaus  möglich  erscheinen  läßt.  Was  aber  hier  gar  nicht 
stimmt,  ist  die  Bezeichnung  „rtgicov".  Das  Terrain  hat  in  keinem 
Teile   auch   nur  die  entfernteste  Ähnlichkeit  mit   einer  Säge1).    Der 


1)  Siehe  Bild  Nr.  48. 


;,;,(>  Der  Libysche  Söldnerkriegf. 

Kessel  ist  rings  von  meist  bewaldeten  Bergkuppen  umgeben;  nur  aus 
weiter  Ferne  grüßen  die  Bergspitzen  des  Dj.  bou  Kournine  und  des 
Dj.  Ressas  herüber,  ersterer  ist  übrigens  von  der  Talsohle  aus  fast 
nirgends  sichtbar.  Damit  fällt  auch  diese  Hypothese,  und  es  erübrigt 
uns,  in  dem  ohnehin  ziemlich  eng  begrenzten  Räume  nach  einem 
anderen,  passenderen  Orte  zu  suchen.  — 
RichtiKe  Beinahe  durch  einen  Zufall  ist  es  mir  geglückt,   einen  Platz  zu 

Lokalisierung.  °    °  ' 

entdecken,  dessen  in  die  Augen  springende  Auffälligkeit  und  bequeme 
Lage  es  geradezu  als  ein  Wunder  erscheinen  läßt,  daß  er  für  das 
/r^i'wv-Problem  noch  nicht  herangezogen  worden  ist. 

Als  ich  etwa  Mitte  Februar  1908,  nach  Beendigung  unserer  Unter- 
suchung auf  den  caesarianischen  Schlachtfeldern,  von  Sousse  nach  Tunis 
fuhr,  um  dort  einige  Kommissionen  für  die  bevorstehende  Expedition 
ins  Innere  des  Landes  zu  besorgen,  fiel  mir  unweit  der  Station  Bir 
bou  Rekba1)  ein  westlich  der  Bahn  sich  hinziehender  Hügelzug  auf, 
dessen  Kamm  in  solch  auffallendem  Grade  einer  schartigen  Säge  glich, 
daß  es  mir  augenblicklich  klar  wurde,  wenn  überhaupt  irgendwo,  so 
müsse  hier  der  Name  „Ttgicov"  am  Platze  sein.  Da  ich  keine  Detail- 
karte der  Gegend  bei  mir  hatte,  entwarf  ich  rasch  eine  Skizze  des 
sich  mir  bietenden  Bildes  nebst  beiläufiger  Bestimmung  des  Punktes 
der  Bahn,  von  dem  sich  mir  der  Anblick  geboten.  Hiedurch  wurde 
es  mir  möglich,  die  Örtlichkeit  auf  der  in  Tunis  sofort  beschafften 
Karte  genau  zu  bestimmen  und  zugleich  aus  derselben  zu  entnehmen, 
daß  der  Platz  auch  taktisch  in  jeder  Hinsicht  entsprechen  dürfte. 
Eine  eingehende  Besichtigung  der  Örtlichkeit,  zu  der  ich  nach  unserer 
Rückkehr  aus  dem  Innern  des  Landes  Gelegenheit  fand,  bestätigte  in 
allem  meine  Vermutungen  und  Schlüsse,  und  ich  glaube  hiemit  das 
7r^/wv-Problem  definitiv  und  einwandfrei  gelöst  zu  haben. 

Was  nun  den  für  den  Nachweis  wichtigsten  Abschnitt  des  Terrains, 
die  „Ttgicov" -Kette  selbst,  betrifft,  so  handelt  es  sich  hier  um  eine  der 
interessantesten  geologischen  Formationen  des  Landes,  an  die  sich 
übrigens  auch  eine  niedliche  Sage  knüpft: 

„Allah  wollte,  daß  die  Stadt  Kairo uan  gegründet  werde, 
und  befahl  dem  frommen  Sidi  el  Hani,  sie  zu  bauen.  Der  Heilige 
aber  sprach:  ,Herr,  Dein  Wille  geschehe;  aber  siehe,  es  sind  keine 
Steine  hier,  um  die  Häuser  zu  errichten.'    Da  streckte  Allah  die 


1)  ca.  5  km  westlich  Hammamet. 


Bild  36:    Dj.  ed  Jedidi,  nordöstlicher  Teil,  von  Osten  gesehen. 


Djebel  ed  Jedidi. 


Bild  37:    Djebel  ed  Jedidi,  südwestlicher  Teil,  von  Osten  gesehen. 


Dj.    Jenano. 


.Argoub  Bei'da. 
(Lagor  Hamilkars). 


Bild  38:   Der  Argoub  Bei'da,  von  Osten  gesehen. 


Zusammenhängende  Darstellung.  55  \ 

Hand  aus,  und  es  trat  eine  Rippe  der  Erde  hervor,  sieben 
Tagereisen  lang.  Sidi  el  Hani  aber  lobte  die  Allmacht  Allahs, 
nahm  die  Steine  von  der  Rippe  der  Erde  und  baute  die  Stadt 
Kairouan,  welche  die  Hauptstadt  der  Gläubigen  geblieben  ist  bis 
auf  den  heutigen  Tag."1) 

So  ungefähr  lautete  die  Sage,  wie  sie  mir  erzählt  wurde.  Die 
„Rippe  der  Erde"  aber  ist  ein  höchst  eigentümlicher,  schmaler  Felsen- 
grat, der  sich  mit  kurzen  Unterbrechungen  ziemlich  geradlinig  von 
der  Ebene  von  Kairouan  bis  gegen  Hammamet  in  einer  Ausdehnung 
von  mehr  als  100  Kilometern  hinzieht. 

Die  Form  ist  nicht  überall  die  gleiche.  Im  allgemeinen  besteht 
die  Rippe  aus  drei  eng  zusammengeschobenen,  fast  senkrecht  aufge- 
türmten Bruchschichten,  die  stellenweise  ganz  im  Niveau  der  Ebene 
hinlaufen  und  dort  erst  aus  der  Nähe  als  eine  dreifache  Reihe  wirrer 
Felsblöcke  sich  dem  Auge  darbieten;  so  in  der  flachen  Niederung 
zwischen  Djebibina  und  der  Ostküste.  Stellenweise  jedoch  nehmen 
sie  die  Form  schmaler,  langgestreckter  Hügelketten  von  fast  messer- 
artiger Gestalt  an,  deren  Oberteil  in  einen  wild  zerrissenen  Felsen- 
grat übergeht,  der  nun  allerdings  bezüglich  der  Ähnlichkeit  mit  einer 
Säge  nichts  zu  wünschen  übrig  läßt.  In  dieser  Form  haben  wir  sie 
an  dem  von  mir  konstatierten  Orte  vor  uns.  Die  beigefügten  Bilder 
mögen  die  Beschreibung  vervollständigen  (Bild  36,  37). 

Der  Platz  entspricht  also  zunächst  in  weitestgehender  Weise  der 
in  dem  überlieferten  Namen  liegenden  Charakteristik.  Er  entspricht 
aber  nicht  minder  dem  militärischen  Kalkül,  strategisch  wie  taktisch. 
Er  liegt  innerhalb  des  Raumes,  den  wir  für  diese  Epoche  als  das 
wahrscheinliche  Kriegstheater  abgeleitet,  und  zwar  an  der  dritten  der 
oben  aufgezählten  das  Bergland  durchquerenden  Straßen,  dem  Wege 
Zaghouane — Sidi  Jedidi— Hammamet.  Die  Entfernung  von  Tunis  be- 
trägt ca.  70  Kilometer  auf  der  bequemen  Straße  über  Grombalia  ge- 
messen; auf  einem  Bergpfade  über  den  Sattel  Dj.  es  Serra  ist  der 
Platz  von  jener  Stadt  mit  50  Kilometer  Marsch  zu  erreichen.  Das 
erwartete  Entsatzheer  konnte  also,  wenn  es  sein  mußte,  in  zwei, 
längstens  drei  Tagen  zur  Stelle  sein. 

Nicht   minder   stimmt   die   Sache   bezüglich    der  taktischen  An- 
forderungen, die  aus  der  Quelle  resultieren. 


1)  Kairouan  ist  noch  heute  der  religiöse  Mittelpunkt  der  tunesischen  Araber. 


.">.")  2  Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

Die  fragliche  Hügelkette,  der  Dj.  Menzel  Moussa,  Dj.  ed 
Jedidi  und  dessen  nordöstliche  gleichartige  Fortsetzung  ist  dem  Ge- 
birgsmassiv  des  Dj.  Harbi  und  Dj.  Jenane  schräg  vorgelagert;  im 
Südwesten  tritt  sie  so  nahe  an  dasselbe  heran,  daß  dort  nur  ein 
schmales  Defilee  den  Eintritt  in  den  Zwischenraum  freiläßt;  von  da 
divergieren  beide  Höhenlinien,  indem  der  westliche  Bergzug  nach 
Norden  verläuft,  die  östliche  Hügelkette  jedoch  nach  Nordosten.  Die 
dazwischenliegende  Talniederung  ist  im  Nordosten  durch  einen  mäßig 
steilen  Querriegel,  den  Argoub  Beida,  der  sich  vom  Dj.  Jenane 
senkrecht  gegen  die  Hügelkette  hinüberschiebt,  abgeschlossen.  So  ent- 
steht ein  dreieckiger  Kessel,  der  überall  nur  schmale  Ausgänge  be- 
sitzt, im  ganzen  vier:  den  schon  erwähnten  Eingang  im  Südwesten, 
den  Paß  bei  Sidi  bou  Lefaa  über  die  Prionkette  zwischen  dem 
Dj.  Menzel  Moussa  und  dem  Dj.  ed  Jedidi,  und  den  Durchbruch  des 
Ou.  Damouss  bei' Sidi  Jedidi  durch  ebendieselbe;  endlich  den  Ge- 
birgspfad,  der  im  Nordwesten  beim  Douar  Ouled  Salem  in  die  Berge 
führt,  um  über  den  Sattel  des  Dj.  es  Serra  das  Tal  des  Ou.  el  Hamma, 
eines  Nebenflusses  des  Ou.  Miliane,  zu  erreichen,  und  der  die  früher 
erwähnte  kürzeste  Verbindung  mit  Tunis  darstellt. 

Die  den  Kessel  einschließenden  Hänge  zwischen  diesen  Pässen 
sind  fast  überall  schwer,  stellenweise  überhaupt  nicht  passierbar.  Die 
oberen  Teile  der  eigentlichen  7cgl(ov-Kette,  des  Dj.  ed  Jedidi  und  Dj.  Menzel 
Moussa,  sind  auch  für  einzelne  Kletterer  absolut  unzugänglich.  Längs 
der  Kammlinie  der  westlichen  Berge  Dj.  Harbi  und  Dj.  Jenane  zieht 
sich  eine  fast  ununterbrochene,  gegen  den  Kessel  abfallende  Felsen- 
wand hin,  stellenweise  in  mehreren  Stufen;  auch  auf  den  diesen 
Bergen  gegen  den  Kessel  zu  vorgelagerten  Rückfallkuppen  sind  ähn- 
liche Felsabstürze  vorhanden.  Gut  gangbar  ist  einzig  der  Querriegel 
Argoub  Beida,  der  aber  wieder  mit  seinem  glacisartigen  Abfall  und 
dem  Ou.  Damouss  vor  der  Front  i)  einer  entsprechend  starken  Truppen- 
macht eine  vorzügliche  Schlachtstellung  nebst  den  günstigsten  Bedin- 
gungen für  den  Lagerschlag  bietet  (Bild  38). 

Außer  dem  Ou.  Damouss,  der  unter  normalen  Verhältnissen  Wasser 
führt,  finden  sich  am  Westrande  des  Kessels  Quellen;  die  Ein- 
geschlossenen waren  daher  nicht  ohne  Trinkwasser. 

In  diesem  Terrain  können  wir  uns  nun  die  überlieferten  Vorgänge 
mit  größter  Deutlichkeit  veranschaulichen. 

1)  Ein  schweres  Hindernis  ist  dieses  Bächlein  allerdings  nicht. 


Zusammenhängende  Darstellung.  553 

Hamilkar  hatte  sich,  von  Zaghouane  her  durch  das  südwestliche 
Defilee  den  Kessel  betretend,  auf  dem  Riegel  des  Argoub  Beida  ge- 
lagert und  erwartete  hier  die  auf  demselben  Wege  anmarschierenden 
Insurgenten.  Vorher  hatte  er  rings  um  den  Kessel  Detachements  ver- 
teilt, und  zwar  gedeckt  hinter  allen  Ausgängen,  dann  auf  jenen  Teilen 
der  Höhen,  die  zur  Einschließung  der  Nachhilfe  durch  Befestigungen 
bedurften.  Als  die  Feinde  den  Vormarsch  durch  Hamilkars  Stellung 
gehemmt  sahen,  schlössen  sie  vor  seiner  Front  auf.  Sofort  sperrte  das 
hinter  dem  Dj.  Azrek  postierte  Detachement  den  Eingang  des  Defilees; 
in  der  Folge  mag  es  sich,  der  feindlichen  Queue  folgend,  bis  an  den 
Ausgang  des  Engpasses  vorgeschoben  haben.  Unterdessen  wurde  die 
Front  des  Argoub  Beida,  alle  Ausgänge  und  die  wegsamen  Teile  der 
Hänge  durch  Wall  und  Graben  abgesperrt.  Die  so  durch  Zusammen- 
wirken von  Natur  und  Kunst  entstandene  zusammenhängende  Zer- 
nierungslinie  lief  demnach  über  den  Argoub  Beida,  den  südwestlichen 
Teil  des  Dj.  ed  Jedidi,  den  Paß  von  Sidi  bou  Lefaa,  den  Nordrand 
des  Dj.  Menzel  Moussa,  westlich  desselben  quer  über  den  Weg  auf 
die  gegenüberliegende  Höhe,  dann  nach  Norden  über  die  Kuppe  174 
auf  die  durch  eine  doppelte  Felsstufe  vortrefflich  geschützte  Höhe  234; 
von  da  quer  über  den  oberen  Ou.  Damouss  und  den  erwähnten  Berg- 
pfad zurück  zum  Argoub  Be'ida. 

Die  Insurgenten  hatten,  als  sie  sich  eingeschlossen  sahen,  jeden- 
falls auch  sofort  ein  festes  Lager  geschlagen;  dies  erhellt  aus  der 
Tatsache,  daß  Hamilkar  zur  Vernichtungsschlacht  erst  ansetzen  konnte, 
als  jene,  über  die  Verhaftung  ihrer  Führer  erbittert,  ihrerseits  zu 
den  Waffen  griffen.  Ihr  Lager  dürfte  höchst  wahrscheinlich  auf  dem 
Rücken  161 — 166  gelegen  haben.  Daß  Hamilkar  diese  Doppelhöhe 
nicht  zuvor  selbst  besetzt  hatte,  ist  aus  dem  Grunde  wahrscheinlich, 
weil  die  dahinterliegende  Höhe  234  infolge  ihrer  Felsstufen  weit 
günstigere  Bedingungen  für  die  Einschließung  bot.  Es  hatte  sogar 
einen  Vorteil,  wenn  die  Insurgenten  einen  zur  Verteidigung  geeigneten 
Lagerplatz  fanden,  sonst  hätte  man  auf  einen  verzweifelten  Durch- 
bruchsversuch  noch  vor  Fertigstellung  der  Zernierungslinie  rechnen 
müssen. 

Die  Vernichtungsschlacht  selbst  haben  wir  uns  so  zu  denken,  daß 
zunächst  die  Insurgenten  vor  ihrem  Lager,  Front  gegen  Hamilkars 
Hauptlager,  aufmarschierten;  ihnen  entgegen  ging  Hamilkars  Haupt- 
kraft mit  dem  Gros  der  Elefanten  vom  Argoub  Beida  über  den  Ou. 


55  I 


Der  Libysche  Süldnerkrieg. 


Tunes  '). 


Damouss  frontal  vor,  während  die  Detachements,  jedenfalls  unter  fort- 
gesetzter Festhaltung  der  Ausgänge  durch  zurückgelassene  kleinere 
Abteilungen,  gegen  Flanke  und  Kücken  der  Gegner  vorbrachen.  Die- 
jenigen Detachements,  die  durch  flacheres  Terrain  vorzurücken  hatten, 
dürften  auch  mit  Elefanten  dotiert  gewesen  sein. 

So  angelegt,  konnte  die  Schlacht  allerdings  nicht  anders  enden 
als  mit  der  gänzlichen  Vernichtung  des  Insurgentenkorps  durch  das 
Schwert  des  ersten  Feldherrn  seiner  Zeit. 

Dieser  große  Sieg  sah  doch  endlich  aus  wie  eine  wirkliche  Ent- 
scheidung. Die  meisten  libyschen  Städte  gaben  die  Sache  der  Söldner 
verloren  und  machten  ihren  Frieden  mit  Karthago.  Ohne  Widerstand 
zu  finden,  durchstreiften  Hamilkar,  Hannibal  und  Naravas,  wie  es  scheint 
getrennt,  das  Innere  und  nahmen  überall  die  Unterwerfung  entgegen. 
Dann  aber  sah  Hamilkar  endlich  den  Moment  gekommen,  den  letzten 
elaTnn«"SnV°n  Schlag  zu  führen  und  wandte  sich  mit  der  ganzen  Armee  gegen  Tunes, 
um  Mathos  daselbst  abzutun  und  damit  den  Krieg  zu  beenden. 

Lange  genug  hatte  er  gezögert,  diesen  Hauptstützpunkt  der  Feinde 
anzugreifen.  Solange  die  Insurgenten  über  die  Mittel  verfügten,  um 
außer  einer  ausreichenden  Besetzung  dieser  Hauptbasis  noch  eine  mobile 
Armee  ins  Feld  zu  stellen,  wäre  ein  Angriff  auf  erstere,  der  bei  ihrer 
Stärke  die  ganze  karthagische  Streitkraft  absorbieren  mußte,  mehr  als 
gewagt,  wäre  ein  unverantwortliches  Risiko  gewesen.  Jetzt  erst,  nach- 
dem ein  beträchtlicher  Teil  der  feindlichen  Streitkräfte  vernichtet  und 
durch  den  Übertritt  Libyens  eine  Ergänzung  dieser  Verluste  unter- 
bunden war,  konnte  der  punische  Feldherr  an  den  Hauptschlag  denken. 
Wie  gewagt  die  Sache  selbst  jetzt  noch  war,  zeigt  der  Ausgang  des 
Unternehmens. 

Wie  wir  gesehen,  lag  die  Stadt  Tunes  auf  der  schmälsten  Stelle 
des  Isthmus  zwischen  der  Bahira  und  der  Sebkra  es  Sedjoumi2); 
nördlich  der  Stadt,  auf  dem  Hügel  des  „Belvedere",  befand  sich  das 
befestigte  Lager  der  Söldner.  Eine  einheitliche,  geschlossene  Zer- 
nierungslinie  war  da  ganz  unmöglich;  man  mußte  die  Belagerung  in 
zwei  getrennten  Gruppen  durchführen,  deren  einzige  Landverbindung 
auf  dem  gut  25  Kilometer  langen  Umwege  um  die  Sebkra  es  Sedjoumi 

1)  Siehe  die  Übersetzung'  im  „Anhang"  V. 

2)  Der  Isthmus  ist  heute  ca.  1  Va  Kilometer  breit;  im  Altertum  dürfte  er  eher 
schmäler  gewesen  sein,  möglicherweise  kann  die  Bahira  bis  an  die  Hügel  gereicht 
haben. 


Zusammenhängende  Darstellung.  555 

lief.  Für  den  Befehls-  und  Meldedienst  war  man  auf  den  näheren 
Wasserweg  durch  die  Bahira,  die  von  den  karthagischen  Schiffen  be- 
herrscht wurde,  angewiesen. 

Hamilkar  setzte  sich  südlich  der  Stadt  fest,  unzweifelhaft  auf  den 
Höhen,  welche  heute  von  den  Forts  „Manoubia"  und  „Sl  ben  Hacen" 
gekrönt  sind  und,  den  Isthmus  sperrend,  die  Stadt  von  dieser  Seite 
beherrschen;  Hannibal  lagerte  gegenüber  der  Nordfront,  jedenfalls 
gleich  nördlich  des  Belvederehügels,  in  der  Richtung  gegen  Karthago 

Hannibal  machte  sich  nun  den  Spaß,  die  in  seinem  Gewahrsam 
befindlichen,  vor  der  itqito »'-Schlacht  festgenommenen  Insurgenten- 
führer,  darunter  Spendius,  Autaritus  und  Zarzas,  im  Angesichte  des 
feindlichen  Lagers  ans  Kreuz  schlagen  zu  lassen.  Mathos  aber  rächte 
sich  furchtbar.  Die  mangelhaften  Sicherungsmaßnahmen  Hannibals  aus- 
nützend, machte  er  einen  Ausfall,  erstürmte  das  Lager  und  nahm 
Hannibal  selbst  gefangen,  der  sofort  an  das  Kreuz  des  Spendius  ge- 
nagelt wurde;  dreißig  andere  vornehme  Karthager  teilten  sein  Schicksal. 

Hamilkar  hatte  nicht  helfend  einzugreifen  vermocht.  Bei  der 
großen  Entfernung  und  dem  Mangel  freier  Sicht  erfuhr  er  überhaupt 
spät  von  der  Aifaire;  als  er  endlich  Meldung  erhielt,  hätte  der  einzig 
mögliche  Marsch  um  die  Sebkra  doch  nicht  mehr  helfen  können. 
Augenblicklich  hob  er  die  verunglückte  Belagerung  auf  und  marschierte 
—  jedenfalls  um  die  Sebkra  es  Sedjoumi  herum  und  dann  über  die 
Senke  zwischen  dem  Dj.  Amar  und  Dj.  Naheli  —  an  die  Mündung 
des  Bagradas,  wo  er  ein  Lager  schlug. 

Dieser  Ausgang  der  Belagerung  läßt  es,  wie  bereits  angedeutet, 
grell  genug  erkennen,  wie  gewagt  diese  Unternehmung  selbst  jetzt 
noch  gewesen  war  und  wie  riskiert  sie  erst  früher  hätte  sein  müssen, 
als  der  Feind  noch  außerdem  über  eine  mobile  Feldarmee  verfügte. 
Der  Hauptgrund  lag  eben  in  der  geradezu  idealen  Beschaffenheit  der 
tunesischen  Stellung.  Ganz  abgesehen  von  ihrer  für  die  Beobachtung 
und  Bedrohung  Karthagos  vorzüglich  geeigneten  Lage,  war  sie  auch 
in  einer  seltenen  Weise  unangreifbar.  Während  die  Position, 
aus  zwei  großen  Stützpunkten,  dem  Lager  und  der  Stadt  Tunes 
bestehend,  einen  entsprechenden  Raum  beherrschte  und  demzu- 
folge große  Bewegungsfreiheit  nach  allen  Seiten  gewährleistete,  war 
die  Verbindung  zwischen  den  beiden  Gruppen  durch  die  Lage  voll- 
kommen gesichert  und  damit  der  einzige  Nachteil,  den  solche  kom- 
binierte Stellungen    sonst   haben,   ausgeschaltet.    Der  Angreifer  aber 


556  Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

war  gezwungen  sich  zu  teilen,  und  zwar  derart,  daß  nicht  nur  die 
anmittelbare  Fühlung  beider  Teile  und  die  Möglichkeit  der  gegen- 
seitigen Unterstützung  ausgeschlossen  war,  sondern  überhaupt  die  Ver- 
bindung nur  auf  großen  Umwegen  hergestellt  werden  konnte.  Mathos 
hat  sich  diese  Umstände  trefflich  zunutze  zu  machen  gewußt.  Inwie- 
weit ihm  mangelnde  Sicherung  der  Karthager  dabei  entgegengekommen 
ist,  mag  dahingestellt  bleiben;  es  erscheint  fraglich  genug,  ob  auch 
bei  guter  Sicherung  das  isolierte  Korps  Hannibals  dem  Angriff  der 
feindlichen  Hauptkraft  hätte  Widerstand  leisten  können,  bis  das  Ein- 
greifen Hamilkars  fühlbar  wurde. 

Hamilkars  folgende  Maßregel  zeigt  am  besten,  wie  ernst  er  die 
Lage  auffaßte.  Der  sofortige  Marsch  an  die  Bagradasmündung  be- 
deutet nichts  anderes  als  das  letzte  Mittel,  um  eine  eventuelle  neuer- 
liche Absperrung  Karthagos  vom  Hinterlande  zu  verhindern.  Zu 
diesem  Zwecke  galt  es  die  doppelte  Barriere,  welche  die  Halbinsel 
im  Westen  abschloß  und  schon  einmal  zur  Isolierung  der  Hauptstadt 
ausgenützt  worden  war,  wenigstens  an  einem  Punkte  in  die  Hand 
zu  nehmen.  Hiefür  eignete  sich  —  vom  Standpunkte  Hamilkars  — 
allerdings  die  Bagradasmündung  am  besten.  Von  hier  konnte  die 
Verbindung  mit  Karthago  längs  der  Küste  aufrechterhalten,  beide 
Barrieren  flankiert  werden,  und  weiterhin  hatte  man  beiderseits  des 
Flusses  gegen  das  Innere  des  Landes  freien  Weg;  ein  sofortiger 
Brückenschlag,  der  ja  keine  besonderen  Schwierigkeiten  bot,  war  selbst- 
verständliche Voraussetzung.  Wollte  der  Feind  diese  Absicht  durch- 
kreuzen, so  mußte  er  den  Kampf  in  der  Ebene  annehmen,  wo  Hamilkar 
mit  Rücksicht  auf  seine  Reiterei  und  vor  allem  die  Elefanten  sich 
auch  jetzt  noch  taktisch  überlegen  fühlen  durfte.  Damit  war  wenig- 
stens die  unmittelbare  Gefahr  beseitigt  und  die  Vorbedingung  für 
eine  neuerliche  Offensive  geschaffen. 

Hanno  wieder  Um  die  erlittenen  schweren  Verluste  —  Hannibals  Korps  scheint 

fast  ganz  aufgerieben  worden  zu  sein  —  zu  ersetzen,  rüsteten  die 
Karthager  die  letzte  verfügbare  Mannschaft  aus  und  stellten  sie 
Hamilkar  zur  Verfügung;  allerdings  mußte  er  sich  unter  dem  Eindruck 
der  erlittenen  Schlappe,  deren  Verantwortung  ihn  als  den  Oberfeld- 
herrn schließlich  mittraf,  gefallen  lassen,  daß  ihm  an  Stelle  des  ge- 
kreuzigten Hannibal  wiederum  Hanno  als  Mitfeldherr  aufgezwungen 
wurde.    Indessen    wurde   die  Pille   verzuckert;   eine  Deputation   von 


Zusammenhängende  Darstellung.  557 

dreißig  Batsherren  ward  abgesandt  mit  dem  Auftrag,  die  beiden  feind- 
lichen Feldherren  zu  versöhnen.  Hamilkar  fügte  sich  und  nahm  die 
Offensive  im  Verein  mit  Hanno  wieder  auf. 

Zum  drittenmal  rollte  der  Bewegungskrieg  durch  das  Hinterland  Dritter  Foidzug 
Karthagos,  diesmal  längs  der  Ostküste  hinab  bis  gegen  Leptis.  Die 
Insurgenten  kommandierte  diesmal  Mathos  selbst,  doch  nicht  mit  mehr 
Glück  als  Spendius.  Die  beiden  karthagischen  Korps  setzten  ein  förm- 
liches Kesseltreiben  auf  ihn  in  Szene;  planmäßig  trieb  ihn  einer  dem 
andern  zu;  wo  er  sich  stellte,  erlitt  er  Schlappe  um  Schlappe,  darunter 
eine  schwere  bei  Leptis  selbst.  Endlich  ging  ihm  der  Atem  aus;  in 
der  Gefahr,  durch  das  überlegene  Manöver  der  Gegner  vollends  auf- 
gerieben zu  werden,  entschloß  er  sich  zu  der  bisher  ängstlich  ver- 
miedenen offenen  Entscheidungsschlacht.  So  wenig  Chancen  ihm  diese 
auch  bot,  so  wollte  er  immerhin  alles  daran  setzen,  um  sich  vielleicht 
doch  den  Erfolg  zu  sichern  :  er  gab  sämtliche  festen  Plätze,  die  er  noch 
hielt,  —  darunter  jedenfalls  auch  Tunes  und  das  dortige  Lager  —  auf, 
und  brachte  so  den  letzten  verfügbaren  Mann  auf  das  Schlachtfeld. 
Auch  die  Karthager  hatten  sich  vollkommen  konzentriert. 

So  schlugen  beide  Teile  die  Schlacht  mit  der  vorgefaßten  Über-  Die 
zeugung,  daß  sie  endlich  den  Krieg  entscheiden  müsse.  Der  Sieg  Ent^^gs" 
blieb,  wie  vorauszusehen,  den  Karthagern.  Der  größte  Teil  der  Insur- 
genten fand  den  Tod  auf  dem  Schlachtfelde,  wenige  retteten  sich  in 
eine  nahe  Stadt,  wo  sie  sich  bald  darauf  ergaben.  Mathos  selbst  ge- 
riet lebend  in  die  Hände  der  Sieger  und  starb  nach  dem  Einzüge  des 
siegreichen  Heeres  in  Karthago  den  Martertod. 

Wo  die  Entscheidungsschlacht  stattgefunden  hat,  ist  uns  ebenso- 
wenig bekannt  wie  die  Einzelheiten  ihrer  Anlage  und  ihres  Verlaufes. 
Von  allen  großen  Ereignissen  dieses  Krieges  ist  sie  das  einzige,  dessen 
Lokalisierung  uns  die  Überlieferung  nicht  gestattet.  Sie  direkt  nach 
Leptis  zu  verlegen,  wie  Neumann1)  will,  geht  nicht  an;  denn  die 
Erwähnung  dieser  Stadt  bei  Polybios  bezieht  sich  ganz  ausdrücklich 
auf  ein  vorhergehendes  Treffen,  nicht  aber  auf  die  Hauptschlacht  selbst; 
vielmehr  haben  wir  zwischen  beiden  Affären  nach  dem  Wortlaute  des 
Textes  noch  ein  größeres  Zeitintervall  anzunehmen,  innerhalb  dessen 
beide  Teile  sich  konzentrierten2). 


1)  p.  179. 

2)  Ebenso  willkürlich  und  historisch    unbeweisbar    ist    selbstverständlich  die 
Lokalisierung    Flauberts   in    dem   mehrfach    erwähnten  Roman   „Salambö",    obwohl 


;>:>s 


Der  Libysche  Sölduerkrieg. 


Ende  des 
Krieges 


Dauer  des 
Krieges 


Jetzt  endlich  war  die  Entscheidung  gefallen,  der  Krieg  zu  Ende. 
Die  wenigen  Städte  und  Landstriche,  die  noch  zu  den  Meuterern  gehalten 
hatten,  unterwarfen  sich  den  Siegern;  nur  Utika  und  Hippakra, 
dieselben,  die  erst  am  längsten  bei  Karthago  ausgeharrt,  setzten  jetzt 
den  Widerstand  auf  eigene  Faust  fort.  Hamilkar  und  Hanno  teilten 
sich  in  die  Aufgabe  ihrer  Niederwerfung  und  kamen  rascher  zum  Ziele 
als  Mathos  und  Spendius;  in  kurzem  mußten  beide  Städte  auf  die  von 
Karthago  diktierten  Bestimmungen  kapitulieren. 

Drei  Jahre  und  vier  Monate  hatte  der  Krieg  gedauert1).  Eine 
genaue  Aufteilung  der  einzelnen  Ereignisse  auf  diesen  Zeitraum  er- 
scheint problematisch,  da  positive  Angaben  fehlen  und,  wie  es  scheint, 
in  diesem  Feldzuge  der  Winter  keine  Unterbrechung  der  Operationen 
hervorgerufen  hat,  somit  eine  natürliche  Zergliederung  in  Perioden, 
wie  sie  sich  auf  nordischen  Kriegstheatern  gewöhnlich  ergibt,  entfällt.  — 

Als  Sieger  in  schwerstem  Kampfe,  mehr  noch:  als  Retter  aus 
schwerster  Gefahr,  betrat  Hamilkar  Barkas  seine  Vaterstadt.  Vor 
solchem  Erfolge  mußte  der  Neid  seiner  mächtigen  Gegner  verstummen. 
Die  Dankbarkeit  des  Volkes  und  das  Vertrauen  der  Armee  sicherten 
ihm  dauernd  jene  Stellung,  die  es  ihm  ermöglichen  sollte,  einen  der  größten 
Entwürfe,  die  je  eines  Menschen  Geist  ersonnen,  in  Tat  umzusetzen. 
Schon  im  nächsten  Jahre  ging  er  nach  Spanien,  um  dort,  ganz  nach 
eigenen  Ideen  und  auf  eigene  Faust,  eine  neue  Basis  für  die  erschütterte 
Großmachtstellung  seines  Vaterlandes  zu  schaffen,  eine  Basis  zugleich 
auch  für  eine  der  großartigsten  kriegerischen  Unternehmungen,  welche 
die  Geschichte  kennt. 


dieselbe  —  am  Südufer  der  Bahira  bei  Rades  —  manches  für  sich  hat;  die  Stadt, 
in  welche  die  Flüchtlinge  sich  retteten,  könnte  dann  Maxula  oder  vielleicht  auch 
Tunes  gewesen  sein;  doch  wäre  es  dann  wieder  wunderlich,  daß  dieser  der  ganzen 
Darstellung  geläufige  Name  hier  nicht  genannt  wird. 

1)  Polyb.  I,  88,  7.  —  Die  Angaben  bei  Diodor  XXV,  11  (4  Jahre  4  Monate) 
und  Livius  XXI,  9,  l  (5  Jahre)  sind  unmöglich,  weil  Hamilkar  erst  im  Jahre  241 
das  Kommando  in  Sizilien  niederlegte  und  schon  im  Jahre  238  nach  Spanien  ging. 
Vgl.  Neumann  a.  a.  0.  p.  180  und  Meltzer  a.  a.  0.  p.  376. 


Anhang. 


Übersetzung  des  Quellenberichtes1). 

(Polyb.  I.  65—88.) 

I.  Die  Schlacht  bei  Utika. 
Cap.  74.  (1)  Hanno  betrieb  nun  die  Rüstungen  so  eifrig  wie  mög- 
lich ;  denn  für  diese  Aufgabe  war  er  hervorragend  befähigt.  Im  Felde 
an  der  Spitze  des  Heeres  jedoch  war  er  ein  anderer:  (2)  es  fehlte  ihm 
die  Gabe,  die  Gelegenheit  zu  nützen,  er  war  ungeschickt  und  schwer- 
fällig. (3)  Er  zog  zuerst  gegen  Utika,  um  die  Belagerten  zu  entsetzen, 
setzte  die  Gegner  durch  seine  zahlreichen  Elefanten  in  Schrecken  — 
er  hatte  nicht  weniger  als  hundert  —  und  errang  gleich  anfangs 
einen  vollständigen  Sieg,  wußte  aber  diesen  so  schlecht  auszu- 
nützen, daß  er  nicht  nur  sein  Heer,  sondern  auch  die  Belagerten 
beinahe  ins  Verderben  stürzte.  (4)  Er  ließ  nämlich  sämtliche 
Geschütze  und  Belagerungswerkzeuge  aus  der  Stadt  herausziehen, 
schlug  hier  ein  Lager  und  unternahm  einen  Sturm  auf  den  Wall  der 
Feinde.  (5)  Dem  gewaltigen  Anprall  der  ins  Lager  eindringenden 
Elefanten  vermochten  die  Feinde  nicht  stand  zu  halten  und  räumten 
insgesamt  dasselbe.  (6)  Viele  fanden  den  Tod  durch  die  Tiere ;  die  übrigen 
aber  raillierten  sich  auf  einer  steilen  und  bewachsenen  Höhe,  im  Vertrauen 
auf  die  Sicherheit  dieses  Ortes.  (7)  Hanno  aber,  gewohnt  mit  Libyern 
und  Numidern  Krieg  zu  führen,  die,  wenn  einmal  geschlagen,  die  Flucht 
zwei  bis  drei  Tagemärsche  fortsetzen,  hielt  auch  jetzt  den  Krieg 
für  beendet,  den  Sieg  für  entschieden,  (8)  und  ohne  sich  um  die  Truppen 
oder  das  Lager  weiter  zu  kümmern,  begab  er  sich  für  seine  Person 
in  die  Stadt,  um  seinen  Leib  zu  pflegen.  (9)  Die  auf  der  Höhe  rail- 
lierten Söldner  aber  —  in  der  Schule  des  kühnen  Barkas  gebildet  und 
von  den  sizilischen  Kämpfen  her  gewohnt,   sich  oft  an  ein  und  dem- 


1)  Im  folgenden  sind  nur  die  für  die  Lokalisierung  in  Betracht  kommenden  Dar- 
stellungen der  Hauptschlachten  aufgenommen. 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  36 


560  Der  Libysche  Süldnerkrieg. 

selben  Tage  bald  zurückzuziehen,  bald  erneut  auf  den  Feind  zu 
werfen  —  sahen,  daß  der  Feldherr  sich  in  die  Stadt  begeben  habe,  seine 
Truppen  aber,  durch  den  Erfolg  sorglos  gemacht,  sich  zerstreut  aus 
dein  Lager  entfernten;  da  machten  sie  einen  geschlossenen  Angriff  auf 
den  Wall  des  Gegners,  (11)  töteten  eine  Anzahl  der  Feinde  und  warfen 
die  übrigen  in  schmählicher  Flucht  gegen  die  Mauern  und  Tore  der 
Stadt.  (12)  Sie  bemächtigten  sich  auch  des  ganzen  Trains  und  der 
Geschütze,  die  Hanno  nebst  anderem  Kriegsmaterial  hatte  aus  der  Stadt 
schaffen  lassen  und  nun  in  die  Hände  des  Feindes  fallen  ließ 

IL  Übergang  und  Schlacht  am  Bagradas. 

Cap.  75 (4)  Was  er  (Hamilkar)  aber  bei  dieser  Expedition 

vollführte,  war  folgendes:  Die  Erdhügel,  welche  die  Landenge,  die 
Karthago  mit  Libyen  verbindet,  quer  durchziehen,  sind  unwegsam  und 
nur  auf  künstlichen  Straßen,  die  über  sie  in  das  Hinterland  führen, 
zu  überschreiten.  (5)  Auf  diesen  Hügeln  nun  hatte  Mathos  alle  wich- 
tigen Punkte  mit  Detachements  besetzt;  und  da  der  Fluß  Makara,  der 
stellenweise  analog  die  Verbindung  der  Stadt  mit  dem  Hinterlande 
sperrt,  infolge  seiner  Wassermassen  für  gewöhnlich  unpassierbar  ist 
und  nur  eine  einzige  Brücke  aufweist,  so  hatten  sie  auch  diese  durch 
Errichtung  eines  Brückenkopfes  gesichert.  (6)  Infolge  dieser  Maß- 
regeln konnte  nicht  nur  keine  Armee  der  Karthager  in  das  Hinterland 
ziehen,  sondern  es  entgingen  selbst  einzelne,  die  den  Übergang  versuchten, 
nicht  leicht  dem  Feinde.  (7)  Unter  diesen  Verhältnissen  kam  Hamilkar, 
gewohnt  jede  Gelegenheit  und  jedes  Mittel  auszunützen,  mit  Rücksicht 
auf  die  Schwierigkeit  des  Durchbruches  auf  folgende  Idee :  (8)  Es  war 
ihm  bekannt,  daß  die  Mündung  des  genannten  Flusses  ins  Meer  beim 
Eintritt  gewisser  Winde  sich  mit  Sand  fülle  und  sich  so  nächst  der 
Mündung  eine  seichte  Furt  bilde.  Unter  strenger  Geheimhaltung  seines 
Planes  ließ  er  alles  für  den  Abmarsch  des  Heeres  bereitstellen  und 
wartete  auf  das  Eintreten  des  erwähnten  Ereignisses.  (9)  Als  der 
Moment  kam,  brach  er  des  Nachts  auf,  und  mit  Tagesanbruch  hatte 
er  die  ganze  Streitkraft  unbemerkt  an  der  vorerwähnten  Stelle  hinüber- 
geführt.  (10)  Sowohl  den  Karthagern  in  der  Stadt  als  auch  der  feind- 
lichen Armee  erschien  das  Manöver  ganz  überraschend ;  Hamilkar  aber 
trat  den  Marsch  durch  die  Ebene  an  und  nahm  Direktion  auf  den 
Brückenkopf. 

Cap.  76.  (1)  Als  die  Truppen  des  Spendius  begriffen,  was  vorging 


Anhang.     Übersetzung  des  Qnellenberichtes.  561 

zogen  sie  ihm  in  die  Ebene  entgegen,  in  der  Absicht  gegenseitigen 
Zusammenwirkens:  die  Besatzung  des  Brückenkopfes  in  der  Stärke  von 
10000  Mann,  das  Belagerungskorps  von  Utika  in  der  Stärke  von 
15000  Mann.  (2)  Als  sie  gegenseitig  in  Sicht  kamen,  glaubten 
sie  bereits  die  Karthager  in  die  Mitte  genommen  zu  haben,  setzten 
sich  miteinander  in  Rufverbindung  und  gingen  zum  Angriff  auf  die 
Feinde  über.  (3)  Hamilkar  aber  führte  sein  Heer  in  folgender  Ordnung: 
in  der  ersten  Staffel  die  Elefanten,  in  der  zweiten  die  Eeiter  und  die 
leichten  Truppen,  zuletzt  das  schwerbewaffnete  Fußvolk.  (4)  Als  er  nun 
den  überhasteten  Angriff  des  Feindes  wahrnahm,  ließ  er  seine  sämtlichen 
Abteilungen  kehrt  machen.  (5)  Die  beiden  Vorderstaffeln  nun  ließ  er 
nach  der  Kehrtwendung  rasch  zurückgehen;  in  der  Queuestaffel  jedoch 
ließ  er  eine  Schwenkung  machen  und  stellte  ihn  mit  der  Front  gegen 
den  Feind  auf.  (6)  Die  Libyer  und  Söldner,  in  der  Meinung,  daß  die 
Feinde  erschreckt  flöhen,  lösten  ihre  Verbände  und  warfen  sich  kräftig 
auf  sie,  um  sie  zu  verfolgen.  (7)  Sobald  aber  die  Reiter  mit  denen, 
welche  bereits  Front  gegen  den  Feind  gemacht  hatten,  in  gleiche  Höhe 
gekommen  waren,  machten  auch  sie  wiederum  kehrt,  um  den  Kampf  auf- 
zunehmen, und  gleichzeitig  rückte  die  ganze  Heeresmacht  vor:  unter  dem 
überraschenden  Eindrucke  dieses  Vorganges  packte  ein  jäher  Schrecken 
die  Libyer,  und  da  sie  bemerkten,  daß  sie  schlecht  und  vereinzelt  an 
den  Feind  gekommen  seien,  so  wandten  sie  sich  zur  Flucht.  (8)  Die 
vorderen  Reihen  stießen  auf  die  rückwärtigen  und  brachten  sich  und 
jenen  Verderben;  der  größte  Teil  wurde  zusammengetreten,  da  die 
Reiter  und  die  Elefanten  über  sie  kamen.  (9)  Gegen  6000  Libyer  und 
Söldner  fielen,  gefangen  wurden  etwa  2000;  die  übrigen  flohen  teils  in 
den  Brückenkopf,  teils  in  das  Lager  von  Utika.  (10)  Nachdem  Hamilkar 
auf  die  angeführte  Art  den  Sieg  erfochten,  folgte  er  dem  Feinde  auf 
dem  Fuße;  den  Brückenkopf  nahm  er  im  ersten  Anlauf,  da  die  Feinde 
ihn  räumten  und  sich  nach  Tunes  flüchteten;  dann  durchstreifte  er 
das  übrige  Land  und  bewog  einzelne  Städte  zur  Übergabe,  die  meisten 
aber  nahm  er  mit  Gewalt.  .  .  . 

III.  Die  Schlacht  im  Talkessel  (bei  Nepheris). 

Cap.  77.    Mathos  setzte  indessen  die  Belagerung   von   Hippakra 

fort.    Dem  Autaritus  aber,  dem  Anführer  der  Gallier,  und  dem  Spen- 

dius  gab  er  die  Instruktion,  mit  den  Feinden  in  Fühlung  zu  bleiben, 

(2)  mit  Rücksicht   auf  die   Überlegenheit   der  feindlichen  Armee   an 

36* 


562  Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

Kavallerie  und  Elefanten  das  flache  Land  zu  meiden,  dagegen  sich 
neben  ihnen  auf  den  Vorbergen  hinzuziehen  und.  falls  sie  in  eine  un- 
günstige Lage  kämen,  sie  jedesmal  anzugreifen.  (3)  Während  er  diese 
Pläne  entwarf,  sandte  er  zugleich  zu  den  Numidern  und  Libyern  und 
forderte  sie  auf,  Hilfstruppen  zu  senden  und  die  günstige  Gelegenheit 
zur  Befreiung  nicht  zu  versäumen.  (4)  Spendius  aber  nahm  von  der 
Besatzung  von  Tunes  eine  Anzahl  Soldaten  jedes  Stammes,  im  ganzen 
gegen  6000  Mann,  und  begleitete  mit  ihnen  die  Bewegungen  der  Kar- 
thager längs  der  Vorberge;  außer  den  genannten  hatte  er  noch  die 
Gallier  unter  Autaritus,  welche  nur  noch  gegen  2000  Mann  stark 
waren;  (5)  denn  der  Rest  des  ursprünglichen  Standes  war  während 
des  Feldzuges  am  Eryx  zu  den  Römern  übergegangen.  (6)  Als  nun 
Hamilkar  in  einer  rings  von  Bergen  eingeschlossenen  Ebene  sein  Lager 
schlug,  traf  es  sich,  daß  zur  selben  Zeit  die  Hilfstruppen  der  Numider 
und  Libyer  zum  Korps  des  Spendius  stießen.  (7)  Und  als  sich  nun 
plötzlich  gegen  die  Karthager  in  der  Front  das  Lager  der  Libyer  er- 
hob, das  der  Numider  im  Rücken  und  das  des  Spendius  in  der  Flanke, 
so  sahen  sie  sich  in  einer  großen  Gefahr,  aus  der  es  schwer  schien 
herauszukommen. 

Cap.  78.  [Nach  ausführlicher,  aber  belangloser  Schilderung  des 
Überganges  des  Naravas]: 

(9)  Nach  Abschluß  des  Vertrages  führte  Naravas  die  ihm  unter- 
stehenden Numider,  gegen  2000  Mann,  hinüber,  (10)  Hamilkar  aber, 
verstärkt  durch  diese  Streitmacht,  bot  dem  Feinde  die  Schlacht  an. 
Spendius  vereinigte  sein  Korps  mit  den  Libyern,  stieg  in  die  Ebene 
hinab  und  nahm  den  Kampf  mit  den  Karthagern  auf.  (11)  Den  Sieg 
in  der  entbrannten  scharfen  Schlacht  errang  Hamilkar  infolge  der 
glänzenden  Haltung  der  Elefanten,  und  da  auch  Naravas  sich  hervor- 
ragend verwendbar  zeigte.  Autaritus  und  Spendius  retteten  sich  durch 
die  Flucht,  von  den  anderen  fielen  gegen  10  000  und  gegen  4000  wurden 
gefangen 

IV.  Die  Schlecht  am  „tcqUov". 
Cap.  84 (9)  Endlich  legte  er  (Hamilkar)  sich  ihnen  über- 
raschend vor  an  einem  Orte,  der  ebenso  ungünstig  für  sie  war  als 
günstig  für  sein  Heer,  und  brachte  sie  in  solche  Not,  daß  sie  weder 
den  Kampf  wagen  noch  eine  Möglichkeit  des  Entkommens  sehen 
konnten,  weil   sie  rings  von   Wall    und    Graben   eingeschlossen    und 


Anhang*.    Übersetzung  des  Quellenberichtes.  563 

schließlich  aus  Hunger  gezwungen  waren,  sich  gegenseitig  aufzu- 
zehren: (10)  der  gerechte  Lohn  des  Schicksals  für  die  gottlosen  Frevel, 
die  sie  an  anderen  begangen  hatten.  (11)  Zum  Kampf  auszurücken  wagten 
sie  nicht,  da  ihnen  die  Niederlage  sowie  im  Falle  der  Gefangennahme 
die  Strafe  sicher  war;  um  Frieden  anzusuchen,  kam  ihnen  noch 
weniger  in  den  Sinn,  da  sie  sich  ihrer  Taten  bewußt  waren.  (12)  Auf 
Grund  der  Versprechungen  ihrer  Anführer  warteten  sie  jedoch  immer 
noch  auf  Hilfe  von  Tunes  und  waren  entschlossen,  alles  auf  sich  zu 
nehmen. 

Cap.  85.  Als  sie  aber  in  ihrer  Gottlosigkeit  die  Gefangenen 
zu  ihrer  Nahrung  getötet  und  ebenso  die  Sklaven  verzehrt  hatten, 
und  keine  Hilfe  von  Tunes  erschien,  (2)  so  drohte  sichtlich  die  Wut 
der  Menge  über  das  Unheil  sich  gegen  die  Führer  zu  wenden,  und 
Autaritus,  Zarzas  und  Spendius  nebst  den  ihnen  nächststehenden  faßten 
daher  den  Entschluß,  sich  dem  Gegner  auszuliefern  und  mit  Hamilkar 
wegen  des  Friedens  zu  verhandeln.  (3)  Nachdem  sie  einen  Parlamentär 
geschickt  und  die  Zusicherung  freien  Geleites  erhalten  hatten,  erschienen 
sie,  zehn  an  der  Zahl,  bei  den  Karthagern.  (4)  Hamilkar  stellte  ihnen 
folgende  Bedingungen:  Die  Karthager  sollten  zehn  von  den  Feinden, 
welche  sie  wollten,  aussuchen  dürfen;  die  übrigen  könnten  mit  dem 
Kleide  auf  dem  Leibe  abziehen.  (5)  Nach  der  Annahme  erklärte  Ha- 
milkar sofort,  er  wähle  den  Bedingungen  gemäß  die  Anwesenden.  So 
bemächtigten  sich  die  Karthager  des  Autaritus  und  Spendius  und  der 
übrigen  vornehmsten  Anführer.  (6)  Als  die  Libyer  die  Festnahme 
ihrer  Anführer  erfuhren,  glaubten  sie,  da  sie  von  dem  Vertrage  keine 
Kenntnis  hatten,  es  sei  an  ihnen  Verrat  geübt  worden,  und  griffen 
aus  diesem  Grunde  zu  den  Waffen.  (7)  Hamilkar  aber  schloß  sie  mit 
den  Elefanten  und  den  übrigen  Truppen  ein  und  vernichtete  sie  voll- 
ständig, über  40000  an  der  Zahl,  bei  dem  Orte,  der  den  Namen 
„Ttgitov"  führt  nach  der  Ähnlichkeit  seiner  Formation  mit  dem  Werk- 
zeuge dieses  Namens. 

V.  Die  Belagerung  von  Tunes. 

Cap.  86 (2)    (Hamilkar,  Hannibal  und  Naravas) 

rückten  vor  Tunes,  um  Mathos  zu  belagern.  (3)  Auf  der  Seite  gegen 
Karthago  zu  schlug  Hannibal  sein  Lager,  auf  der  entgegengesetzten 
Hamilkar.  (4)  Sie  führten  den  Spendius  und  die  mit  ihm  Gefangenen 
unter  die  Mauer  und  schlugen  sie  im  Angesichte  der  Feinde  ans  Kreuz. 


564  Der  Libysche  Söldnerkrieg. 

(."))  Als  aber  Mathos  die  Sorglosigkeit  und  Siegeszuversicht  desHannibal 
bemerkte,  machte  er  einen  Ausfall  gegen  den  Wall,  tötete  viele  Kar- 
thager und  warf  alle  aus  dem  Lager  hinaus,  erbeutete  das  ganze 
Kriegsmaterial  und  nahm  den  Feldherrn  Hannibal  lebend  gefangen. 
(())  Ihn  nun  führten  sie  sofort  zum  Kreuze  des  Spendius,  und  nachdem 
sie  ihn  qualvoll  gemartert,  nahmen  sie  jenen  herunter,  hängten 
den  Hannibal  noch  lebend  hinauf  und  schlachteten  noch  dreißig  vor- 
nehme Karthager  um  die  Leiche  des  Spendius,  (7)  wie  denn  diesmal 
das  Schicksal  fast  geflissentlich  bald  dem  einen  und  bald  dem  anderen 
Teil  Gelegenheit  gab,  sich  maßlos  an  dem  Feinde  zu  rächen.  (8)  Bar- 
kas  erfuhr  erst  spät  den  aus  der  Stadt  erfolgten  Ausfall  infolge  der 
Entfernung  der  beiden  Lager;  und  auch  nachdem  er  Meldung  er- 
halten, eilte  er  jenen  nicht  zu  Hilfe  wegen  der  Schwierigkeit  des 
Zwischenterrains.  Er  brach  daher  von  Tunes  auf,  marschierte  zum 
Flusse  Makara  und  schlug  an  der  Mündung  des  Flusses  in  das  Meer 
sein  Lager. 


Beilage. 


Heeresstärken. 

Die  scheinbar  einheitliche  Quelle,  die  der  Darstellung  des  Polybios 
zugrunde  liegt,  ist  zweifellos  eine  karthagische;  das  zeigt  sich  auch 
in  charakteristischer  Weise  in  den  überlieferten  Heereszahlen. 

Daß  uns  gerade  auf  karthagischer  Seite  nur  eine  einzige  Heeres- 
ziffer überliefert  ist,  ist  sicherlich  nicht  die  Schuld  dieser  Urquelle, 
sondern  des  Polybios,  der,  wie  schon  eingangs  erwähnt,  bei  der  Be- 
arbeitung dieses  Feldzuges  bezüglich  militärischer  Details  recht  will- 
kürlich und  unsystematisch  gekürzt  hat.  Zahlreicher  sind  die  Stärke- 
angaben der  Meuterer;  aber  sie  tragen  zum  großen  Teil  den  Stempel 
der  gegnerischen  Quelle  und  müssen  daher  etwa  so  genommen  werden, 
wie  Caesars  Angaben  der  gallischen  Kontingente.  Freilich  nicht  alle, 
und  auch  hier  kann  Caesar  zur  Analogie  herangezogen  werden.  Nicljt 
von  Hause  aus  waren  die  Insurgenten  den  Karthagern  militärisch  das, 
was  die  Gallier  den  Römern:  zuerst  waren  sie  ein  integrierender  Be- 
standteil ihres  eigenen  Heerwesens,  und  als  solcher  für  sie  etwa 
ebenso  kontrollierbar,  wie  die  pompejanische  Armee  der  caesarianischen 
Evidentführung.  Erst  später,  als  die  Insurgenten  aus  den  reichen 
Reservoirs  ihrer  Heimatsgaue  Verstärkungen  an  sich  zogen,  begann 
den  Karthagern  die  Kontrolle  und  damit  der  Maßstab  zu  fehlen,  und 
die  Folge  war  dieselbe,  wie  stets  in  solchen  Fällen:  Überschätzung. 

Soviel  im  allgemeinen.  Im  folgenden  sei  versucht,  darzulegen,  in- 
wieweit eine  Spezialuntersuchung  imstande  ist,  die  vorhandenen  Lücken 
auszufüllen,  beziehungsweise  die  überlieferten  Daten  richtigzustellen. 

Auf  Seite  der  Karthager  ist  uns,  wie  erwähnt,  nur  eine  einzige 
Ziffer  genau  überliefert :  die  Stärke  Hamilkars  bei  seinem  ersten  Aus- 
marsch mit  insgesamt  10000  Mann  und  70  Elefanten.  Einer  Über- 
treibung wird  man  diese  Angabe  wohl  kaum    zeihen   können,    insbe- 


566  Der  Libysche  Süldnerkrieg. 

sondere  wenn  man  bedenkt,  daß  die  Kavallerie  in  diesem  Korps,  wie 
die  ganzen  Ereignisse  beweisen,  relativ  stark  war,  auch  die  Leichten 
einen  entsprechenden  Teil  ausgemacht  haben  (c.  76.3),  und  die  erübri- 
gende Linieninfanterie,  die  wir  nach  all  dem  auf  kaum  mehr  als 
6 — 7000  Mann  veranschlagen  dürfen,  aus  Bürgern,  neugeworbenen 
Söldnern  und  Überläufern  der  alten  Söldner  zusammengesetzt  war. 
Die  Schwäche  des  Korps  erklärt  sich  leicht  aus  dem  Umstand,  daß 
kurz  vorher  erst  eine  Armee  in  Karthago  —  u.  zw.  unter  ziemlichem 
Abschluß  vom  Hinterlande  —  aufgestellt  worden  war,  die  jetzt  voll- 
kommen abgeschnitten  und  für  die  Stadt  verloren  schien.  Die  Stärke 
dieser  ersten,  von  Hanno  mobilisierten  Armee  ist  uns  nicht  überliefert; 
vielleicht  aber  wird  es  uns  möglich,  wenigstens  eine  annähernde  Vor- 
stellung über  dieselbe  zu  gewinnen. 

Der  einzige  Weg  zu  diesem  Ziele  ist  der  der  Analogie. 

Nicht  allzulange  Zeit  vorher  hatten  die  Karthager  einen  schweren 
Kampf  unter  recht  ähnlichen  Verhältnissen  auszufechten  gehabt :  den 
Krieg  mit  Agathokles.  Die  Analogien  beider  Feldzüge  sind  in  strate- 
gischer und  topographischer  Hinsicht  derart  weitgehende,  daß  die  Ver- 
mutung nicht  abzuweisen  ist,  in  statistischer  Beziehung  sei  das  Gleiche 
der  Fall. 

Sicherlich  war  die  ziffermäßige  Wehrkraft  der  Stadt  Karthago 
zu  Beginn  des  Agathokleischen  Krieges  eine  höhere  als  unmittelbar 
nach  dem  Abschlüsse  des  ersten  Punischen,  der  der  Bürgerschaft  jeden- 
falls schwere  Verluste  —  freilich  wohl  mehr  zur  See  als  zu  Lande  — 
gebracht  hatte.  Allerdings  wird  dieser  Umstand  teilweise  anderweitig 
ausgeglichen.  Als  Agathokles  in  Afrika  landete  und,  ebenso  wie  die 
meuternden  Söldner,  durch  Besetzung  von  Tunes  die  Karthager  zur 
Mobilisierung  des  städtischen  Aufgebotes  zwang,  hatten  letztere  noch 
eine  große  Armee  in  Sizilien  stehen,  die,  insgesamt  40000  Mann  und 
5000  Reiter  stark,  gewiß  zum  guten  Teil  aus  Bürgern  bestand  (Diodor 
XIX.  106).  Dies  mag  allerdings  nicht  ganz  die  Verluste  des  ersten  Puni- 
schen Krieges  ausgleichen,  so  daß  die  tatsächliche  Wehrkraft  der  Stadt 
im  Söldnerkrieg  immerhin  geringer  als  im  Agathokleischen  angenommen 
werden  muß.  Nun  stellten  die  Karthager  nach  Diodor  (XX.  10)  gegen 
Agathokles,  „ohne  die  Ankunft  der  Krieger  vom  Lande  und  aus  den 
verbündeten  Städten  abzuwarten",  aus  Bürgern  eine  Armee  von  40000 
Mann,  1000  Reitern  und  2000  Streitwagen  ins  Feld.  Setzt  man  die  2000 
Streitwagen  =  3000  Reiter    (nicht  jedes  zum  Einspannen  brauchbare 


Beilage.    Heeresstärken.  557 

Pferd  taugt  als  Reitpferd),  so  haben  wir  ein  Kontingent  von  40000 
Mann  und  4000  Reitern. 

Sicher  nicht  höher,  eher  wesentlich  geringer  werden  wir  die 
Leistungsfähigkeit  der  karthagischen  Bürgerschaft  zu  Beginn  des  Söldner- 
krieges veranschlagen  dürfen.  Daß  Hanno  diese  ausgenützt  hat,  ohne 
darauf  Rücksicht  zu  nehmen,  daß  für  Hamilkar  noch  etwas  übrig  bleibe, 
ist  sicher.  Nun  schlug  er  die  Schlacht  bei  Utika  gegen  Spendius,  der, 
wie  wir  später  sehen  werden,  an  Ort  und  Stelle  kaum  über  mehr  als 
20000  Mann  verfügt  haben  kann.  Die  Quelle  erwähnt  ausdrück- 
lich, daß  Hanno  an  Elefanten  überlegen  war;  von  einer  Überlegen- 
heit der  Infanterie  kein  Wort.  Es  ist  nun  allerdings  einleuchtend, 
daß  eine  Überlegenheit  leicht  verschwiegen  wird,  wenn  der  Mißerfolg 
das  Ende  ist;  immerhin  aber  können  wir  eine  besondere  Überlegen- 
heit wohl  kaum  annehmen  und  damit  Hannos  Armee  auf  höchstens 
30000  Mann  veranschlagen,  was  mit  den  obigen  Erwägungen  recht 
gut  stimmen  würde. 

Es  soll  nicht  geleugnet  werden,  daß  diese  Ableitung,  gleichwie 
die  folgenden,  sich  auf  einer  ganzen  Reihe  unbeweisbarer  Prämissen  auf- 
baut; aber  ganz  approximativ  genommen  hat  sie  zweifellos  viel 
für  sich,  und  mehr  soll  nicht  behauptet  werden;  der  Zweck  ist  ja 
nur  der,  daß  sich  der  Leser  eine  beiläufige  Vorstellung  von  den 
Heeren  machen  kann,  welche  die  geschilderten  Operationen  ausführten, 
da  diese  Vorstellung  zum  Verständnis  der  letzteren  denn  doch  unent- 
behrlich ist. 

In  dieser  Stärke  von  zusammen  ca.  40000  Mann  dürften  nun  die 
beiden  karthagischen  Armeen  die  ganze  Zeit  des  Feldzuges  teils  ge- 
trennt, teils  vereinigt,  operiert  haben.  Der  einzige  anscheinend  schwere 
Verlust,  den  sie  erlitten,  die  Katastrophe  des  Hannibalischen  Korps  vor 
Tunes,  wurde  durch  ein  neuerliches  Aufgebot  der  letzten  Waffenfähigen 
wenigstens  annähernd  ausgeglichen  (c.  87.3),  so  daß  wir  in  der  letzten 
Entscheidungsschlacht,  zu  der  beiderseits  alle  verfügbaren  Truppen 
zusammengezogen  worden  waren,  die  Stärke  der  Karthager  mit  etwa 
40000  Mann  nebst  entsprechender  Anzahl  an  Reitern  annehmen  dürfen. 

Wesentlich  anders  gestaltet  sich  die  Ableitung  der  Stärke  der 
Insurgenten.  Hier  sind  uns  zahlreiche  Daten  überliefert,  die  nun 
zu  kritisieren  sind. 

Wie  schon  erwähnt,  fallen  diese  Daten  in  zwei  ganz  verschiedene 


;,i,s  I>ci    Libysche  Söldnerkrieg. 

Kategorien:   solche,   die  den  Karthagern  direkt  kontrollierbar  waren, 

und  solche,  die   es  nicht  waren.    Wie  weit   diese  Kontrolle  reichte, 

müssen  uns  ihrerseits  die  Zahlen  selbst  verraten. 

Sie.  zerfallen  in  zwei  Gruppen:  kleine  und  große.    Der  Unterschied 

ist   hier   so  augenfällig,   daß  die  grundlegende  Verschiedenheit  ihrer 

Provenienz   außer  Zweifel   steht.    Man  vergleiche: 

Anfangsstärke  der  Söldner    .     .  20000  Mann      (c.  67,13) 

Besatzung  der  Bagradasbrücke  .  10000      „     I 

^    Cc  76  1) 
Belagerungskorps  vor  Utika .    .  15000      „     | 

Spendius  mit  Autaritus     .     .     .     8000      „  (c.  77.4) 

Korps  des  Naravas 2000      „         (c.  78.9) 

dagegen : 

Gesamtmacht  nach  Beginn  des  Feldzuges   .  70000  Mann  (c.  73.3) 

Spendius  im  zweiten  Bewegungskriege  .    .  50000      „      (c.  84.3) 

„  „     fCQicov 40000       „       (c.  85.7) 

Der  Unterschied  dieser  Zahlengruppen  springt  in  die  Augen:  die 
Frage  ist  nur  die,  inwieweit  die  ersteren  auf  der  möglichen  Kontrolle 
der  Karthager  beruhen. 

Bezüglich  der  Anfangsstärke  der  Söldner,  sowie  des  Korps  Naravas, 
das  zu  Hamilkar  überging,  ist  dies  klar;  die  übrigen  Daten  dieser 
Gruppe  mag  man  im  karthagischen  Lager  teils  durch  Naravas,  teils 
durch  andere  Überläufer,  vielleicht  auch  während  der  nach  der  Schlacht 
bei  Nepheris  angeknüpften  Verhandlungen  erfahren  haben.  Die  Zahl 
von  70000  Mann  ist  dann  ein  trotz  der  Kontrolle  eingeschlichener 
Irrtum;  denn  wenn  tatsächlich  soviel  vorhanden  waren,  so  ist  die  ge- 
ringe Stärke  des  Korps  Spendius  im  Feldzuge  von  Nepheris  nicht  recht 
erklärlich.  Möglicherweise  bedeutet  die  Zahl  die  Höchstziifer  dessen, 
was  man  im  Hauptquartier  der  Insurgenten  bei  Ausnützung  aller  zur 
Verfügung  stehenden  Reservoirs  aufbringen  zu  können  hoffte. 

Nach  den  kraß  gescheiterten  Verhandlungen  hörte  jeder  andere 
Verkehr  zwischen  beiden  Parteien  außer  dem  mit  tödlicher  Waffe  auf; 
auch  kein  Überläufer  dürfte  von  diesem  Zeitpunkte  an  im  karthagi- 
schen Lager  Aufnahme  gefunden  haben.  Damit  war  auch  jede  Mög- 
lichkeit einer  Kontrolle  ausgeschaltet.  Tatsächlich  ist  uns  aus  dieser 
Epoche  eine  einzige  Stärkeziffer  überliefert,  und  diese,  wie  in  solchem 
Falle  selbstverständlich,  ohne  Anspruch  auf  Glaubwürdigkeit.1) 

1)  Die  40  000  Mann  des  cap.  85,  7  sind  nichts  anderes  als  die  50000  des  vorher- 
gehenden, nach  Abzug  der  willkürlich  abgeschätzten  Verluste  des  Korps  des  Spendius 


Beilage.    Heeresstärken.  569 

Unter  diesen  Umständen  sind  auch  hier  nur  recht  ungefähre 
Schlüsse  auf  die  effektive  Heeresstärke  möglich. 

Die  anfängliche  Stärke  der  Söldner  mit  20000  Mann  ist,  wie  er- 
wähnt, durchaus  glaublich.  Daß  sie  sich  dann  durch  Zulauf  aus  der 
Heimat  wesentlich  verstärkten,  im  allgemeinen  gleichfalls;  weniger, 
wie  gesagt,  die  Zahl  70000.  Dann  aber  folgt  eine  Reihe  genauer  An- 
gaben, die  sich  verwerten  lassen. 

Ausschlaggebend  erscheint  die  Situation  am  Tage  der  Schlacht 
am  Bagradas.  Damals  standen  die  Söldner  wie  folgt  verteilt:  Mathos 
vor  Hippakra,  Spendiusvor  Utika,  ein  Korps  im  Brückenkopf  am  Ba- 
gradas und  eines  im  Lager  von  Tunes,  unter  gleichzeitiger  Besetzung 
der  Stadt  und  der  Pässe  des  Dj.  Naheli.  Von  diesen  vier  Gruppen  ist 
uns  die  Stärke  zweier  derselben  überliefert :  das  Belagerungskorps  von 
Utika  mit  15000  und  die  Brückenkopf besatzung  mit  10  000  Mann; 
diese  25  000  Mann  nahmen  an  der  Schlacht  am  Bagradas  teil. 

Nimmt  man  an,  daß  dann  im  Verhältnisse  dazu  das  Korps  des 
Mathos  vor  Hippakra,  da  weiter  von  der  Basis  entfernt  und  wahr- 
scheinlich von  der  relativ  stärkeren  Armee  Hannos  bedroht,  doch 
mindestens  20000  Mann  gezählt  haben  muß,  und  schlägt  man  die  Be- 
satzung des  Hauptsttitzpunktes  bei  Tunes  auf  mindestens  5000  Mann 
an,  so  ergibt  dies  eine  Gesamtsumme  von  50000  Mann,  was  aller- 
dings sehr  hoch  erscheint.  Nehmen  wir  nun  an,  daß  die  beiden  über- 
lieferten Zahlangaben  sehr  stark  nach  oben  abgerundet  sind  —  von 
da  bis  zu  einer  wirklichen  „Übertreibung"  ist  bekannlich  noch  ein 
großer  Schritt  —  so  können  wir  demgemäß  die  Gesamtsumme  auf  etwa 
40000  Mann  veranschlagen,  was  schließlich  plausibel  erscheint. 

In  der  Schlacht  am  Bagradas  erlitt  Spendius  einen  Verlust  von 
8000  Mann;  der  Eest  seiner  beiden  Gruppen  rettete  sich  nach  Tunes, 
wo  nunmehr  etwa  15  000  Mann  beisammen  waren.  Davon  nahm 
Spendius  zu  seiner  ersten  Expedition  ins  Innere  8000  Mann ;  die  Zahl 
ist  so  gering,  daß  sie  durchaus  glaubwürdig  scheint ;  bei  Tunes  blieben 
dann  noch  etwa  7000,  nicht  zu  wenig  für  die  auf  sich  selbst  ange- 
wiesene Hauptstellung. 

Indessen  trafen  bei  Spendius  Verstärkungen  ein:  die  numidischen, 
2000  Mann,  gingen  zu  Hamilkar  über,  die  Libyer  vereinigten  sich  mit 
Spendius    und    schlugen    die    Schlacht,    in    der    gegen    10  000   fielen 

in  den  kleinen  Affären  vor  der  Einschließung  sowie  während  der  letzteren  vor  der 
eigentlichen  Vernichtungsschlacht. 


5  70  Der  Libysche  Söldnerkrie^. 

und  4000  gefangen  wurden  (18,12);  das  libysche  Kontingent  muß  also 
wenigstens  6000  Mann  betragen  haben.  Möglich  daß  in  dieser  Verlustzahl 
eine  Übertreibung  steckt;  immerhin  scheint  das  Korps  so  ziemlich  aufge- 
rieben  worden  zu  sein;  daß  nach  unserer  Überlieferung  Gefangene  ent- 
lassen wurden,  fällt  kaum  in  die  Wagschale.  Die  momentane  Gesamt- 
stärke der  intakten  Insurgentenkorps  (Times  und  Hippakra)  belief  sich  un- 
mittelbar nach  der  Schlacht  somit  auf  nicht  mehr  als  etwa  25  000  Mann. 

Indes  sie  erholten  sich  nochmals;  die  Uneinigkeit  der  nunmehr 
ve reinigten  karthagischen  Feldherrn  bot  ihnen  die  Gelegenheit,  und 
die  Tatsache,  daß  sie,  ohne  die  Feinde  definitiv  geschlagen  zu  haben, 
zur  Belagerung  der  Hauptstadt  schreiten  konnten,  läßt  auch  auf  nume- 
rischen Ersatz  schließen.  Allerdings  war  durch  den  Fall  von  Utika 
und  Hippakra  die  Vereinigung  der  ganzen  Armee  bei  Tunes  und  vor 
Karthago  möglich  geworden.  Weniger  als  30000  Mann  dürften  sie 
sicher  nicht  betragen  haben;  vielleicht  haben  eben  die  genannten 
beiden  Städte  nach  ihrem  Übertritte  das  Hauptkontingent  der  Ergän- 
zungen gestellt. 

Von  Hamilkar  durch  Manöver  zur  Aufhebung  der  Belagerung  ge- 
zwungen, teilen  sich  die  Insurgenten  neuerlich:  Mathos  mit  einem 
Korps  bleibt  bei  Tunes,  Spendius  folgt  mit  seinem  Korps  neuerdings 
den  Bewegungen  Hamilkars  im  Innern  des  Landes.  Die  überlieferte 
Stärke  dieses  Korps  von  50000  Mann  ist  durchaus  unglaubwürdig; 
nicht  nur  daß  der  ganze  Charakter  dieser  beweglichen  Gebirgskämpfe 
auf  beiderseits  kleine  Truppenmengen  schließen  läßt;  auch  die  ausdrück- 
liche Erwähnung  der  vorzüglichen  Qualität  der  Truppen  des  Spendius, 
die  sich  doch  nur  auf  die  alten  sizilischen  Veteranen  beziehen  kann, 
welche  selbst  zu  Anfang  des  Krieges  bloß  20000  Mann  stark  waren 
läßt  die  überlieferte  Zahl  als  weitaus  übertrieben  erscheinen.  Wenn 
wir  15  000  Mann  annehmen,  so  ist  dies  gewiß  hinreichend;  über  mehr 
Kerntruppen  —  und  solche  waren  es  nach  84,3  —  verfügten  die  In- 
surgenten damals  sicher  nicht.  —  Auch  Hamilkar  dürfte  am  7tQkov 
nicht  seine  ganze  Macht  vereinigt  haben,  da  es  im  Innern  wohl  noch 
Nebenaufgaben  zu  lösen  gab  und  Tunes  nicht  unbeobachtet  bleiben 
durfte.  Hannibal  und  Naravas  dürften  damals  kaum  bei  ihm  ge- 
wesen sein. 

Nach  der  vollständigen  Vernichtung  des  Korps  des  Spendius  am  icqlwv 
war  die  Stärke  der  Insurgenten  neuerdings  auf  15,  höchstens  20  000 
Mann  gesunken.    Ob  sie  nach  der  für  sie  glücklich  verlaufenen  Affäre 


Beilage.    Heeresstärken. 


571 


von  Tunes  sich  neuerdings  wesentlich  verstärkt  haben,  bleibt  dahin- 
gestellt; einige  Ersatztruppen  scheinen  sie  nach  c.  87,8  immerhin  noch 
an  sich  gezogen  zu  haben.  Mehr  als  25 — 30  000  Mann  aber  haben 
sie  in  der  letzten  Entscheidungsschlacht  sicher  nicht  gezählt. 

Alles  zusammengefaßt,  ergeben  sich  somit  auf  Grund  unserer 
Schätzungen  folgende  Heeresstärken  für  die  einzelnen  Schlachten  und 
Affären: 

Karthager:     30  000 

„  10  000 

10000 

„        ca.  20  000 

„  40  000 

40  000 


ütika: 

Bagradas: 

Nepheris : 

tcquov: 

Tunes: 

Letzte  Schlacht: 


Insurgenten: 

20  000 

V 

25  000 

n 

höchstens 

14000 

v 

15000 

n 

20000 

M 

höchstens 

30000 

V. 

Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika 
(204—202  v.  Chr.) 


f 


(Hierzu  Karte  11,  13  und  14.) 


Spezial-Literatur. 

(Chronologisch  geordnet.) 
(Die  nicht  oder  unvollständig  zitierten  Werke  siehe  im  allgemeinen  Literaturverzeichnis 

am  Schlüsse  des  Bandes.) 


Laufende  Nr. 

1.  Abu    Djafar  Achmed    ben   Ibrahim,  Arzt  in  Kairouan,  verfaßte  eine 

einschlägige  Arbeit.  Angeführt  bei  Hennebert  (No.  30) ;  mir  nicht  näher 
bekannt. 

2.  Shaw,  1738,  zitiert  bei  Brunon  (No.  20);  mir  nicht  zugänglich. 

3.  Ch.  Guischardt.     1760. 

4.  Vaudoncourt.     1812. 

5.  Berbrugger,  Voyages   dans   le   sud   de   l'Algerie  et  des  etats  barbares- 

ques.     1846. 

6.  Dureau  de  la  Malle,  Guerre  de  Scipion  contre  Annibal  (L'Algerie,  Manuel 

algerien)  1852. 

7.  Lewal,  Zama.    Eevue  africaine  II  8,  p.  111  —  123.     1857. 

8.  Mac  Dougall.     1858. 

9.  Guerin,  voyages  archeol.  dans  la  region  de  Tunis.     1862. 

10.  Daux,  Recherches  sur  l'origine  et  l'emplacement  des  emporia  phenicieus 

dans  le  Zeugis  et  le  Byzacium.     1869. 

11.  Ihne.     1870. 

12.  v.  Mältzahn,  Reise  in  Tunis.    1873. 

13.  Partsch,  Africae  veteris  itinera  explicantur.     1874. 
14     Galitzin.     1876. 

15.  Th.  Zielinski,   Die  letzten  Jahre  des  zweiten  Punischen  Krieges.    1880. 

16.  Partsch,    Die  Veränderungen   des  Küstensaumes  der  Regentschaft  Tunis 

in  histor.    Zeit  (Peterm.  Mitt.  Mai  1883).     1883. 

17.  F.  Fröhlich,   Die  Bedeutung  des  zweiten  Punischen  Krieges  für  die  Ent- 

wicklung des  römischen  Heerwesens.     1884. 

18.  Ch.  Tissot.     1884/88. 

19.  Th.  Mommsen,  Zama.     (Hermes XX).     1885.    (Hist.  Schriften  I.  36 ff.) 

20.  Brunon,  Recherches  sur  les  champs  de  la  bataille  de  Zama  (Soc.  Languedoc 

de  Geographie  X.  141  ff.).     1887. 

21.  H.  Delbrück,  die  Perserkriege  und  die  Burgunderkriege.    1887. 

22.  C.  Stoffel,  Histoire  de  Jules  Cesar,  la  guerre  civile.    1887. 

23.  Cambon,  Recherches  sur  la  bataille  de  Zama.     Alger.     1887. 

24.  Koehn,  de  pugna  ad  Zamam  commissa.     1888. 

25.  Th.  Mommsen,  Römische  Geschichte  I,  8.  Aufl.     1888. 

26.  Matzat,  Römische  Zeitrechnung.     1889. 

Kromayer- Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  37 


,r)7()  Der  zweite  Panische  Krieg  iu  Afrika. 

Laufende  Nr. 

27.  J.  Schmidt,  Zama  (Rhein.  Mus.  XLIV  1889.  897 ff.    1889.   (ebenso  CIL  VIII 

L599.   Ephem.  epig.  V.415). 

28.  Streit,   Die  Poly Manische  Beschreibung   der  Schlacht   bei  Zama  (Piniol. 

Bd.  48,  p.  188  ff.).     1889. 

29.  Dodge.     1891. 

SO.    Hennebert,  III.  Band.    1891. 

81.    R.  Schneider,  Legion  und  Phalanx.     1893. 

32.  K.  Lehmann,   Der  letzte  Feldzug  des  Hannibalischen  Krieges.    Jahrbuch 

f.  Philologie,  Supplementband  21.    1894. 

33.  Winckl  er,  a.  Bull.de  geographie  et  d'Archeolog.  d'Oran  XIV,  p.  17 ff.  1894. 

b.  Revue  Tunisiennc  1897,  p.  94  ff.     1897. 

34.  Pascal,  La  battaglia  de  Zama  (Riv.  stör.  ant.  14.  p.  76 ff.).     1896. 

35.  Meltzer,  Wochenschr.  f.  Philologie.     1896. 

36.  Filek  v.  Wettinghausen,  Ort  und  Zeit  der  Schlacht  bei  Zama,  Wiener 

Studien  XIX,  1897,  p.  272  ff. 

37.  Gsell,  Melanges  d'archeologie  et  d'histoire,  XVIII,  1898,  p.  78. 

38.  To us saint,    Rapport    sur    la    region    de    Mactar.     (Bull,    comit.    1899. 

p.  185  ff.).    1899. 

39.  H.Delbrück,  Gesch.  d.  Kriegskunst  I.    1900  (2.  Aufl.  1908). 

40.  Morris.     1901. 

41.  Stein wender,  a)  Der  Gefechtsabstand  der  Manipulare,  Klio  X,  p.  4ff.  1910. 

b)  Gefechtstellung  und  Taktik  der  Manipulare,  Philologus 
LXIXp.389ff.    1910. 

42.  Kromayer,  Wissenschaf tl.  Bericht,  1908. 

43.  L.  Pareti,  Zama.  1911. 


Orientierende  Vorbemerkung. 

Im  Spätsommer  oder  Herbst  des  Jahres  204  war  P.  Cornelius 
Scipio  von  Lilybaeum  aus  nach  Afrika  übergesetzt  und  unweit 
U  t  i  k  a  gelandet.  Sein  erstes  Lager  schlug  er  gleich  an  der  Landungs- 
stelle, verlegte  es  aber  alsbald  vor  Utika,  dessen  Belagerung  er  be- 
gann. Ein  feindliches  Keiterkorps,  das  die  unweit  gelegene  Stadt 
Salaeca  besetzt  hatte,  wurde  unter  hauptsächlicher  Mitwirkung  des 
Numiderkönigs  Massinissa  aus  der  Stadt  und  beim  „Turm  des 
Agathokles"  in  einen  Hinterhalt  gelockt  und  zersprengt.  Gegen 
Beginn  des  Winters  traf  der  mit  Karthago  verbündete  andere  Numider- 
fürst  Syphax  mit  ansehnlicher  Streitmacht  auf  dem  Kriegsschau- 
platze ein.  Er  und  die  karthagische  Hauptarmee  unter  Hasdrubal 
bedrohten  Scipio  vor  Utika,  der  die  Belagerung  aufhob  und  auf  einem 
Vorgebirge    unweit    der   Stadt   (seitdem    „Castra    Cornelia")    ein 


Orientierende  Vorbemerkung.  577 

Winterlager  bezog,  während  die  Gegner  in  zwei  Lagern  ihm  gegen- 
über sich  festsetzten  und  seine  Bewegungsfreiheit  lähmten.  Indes 
gelang  es  dem  römischen  Feldherrn,  zu  Beginn  des  Frühjahrs  durch 
einen  kombinierten  Überfall  beide  Lager  zu  nehmen  und  die  feind- 
lichen Streitkräfte  größtenteils  zu  zersprengen.  Die  Gegner  trachteten 
eine  neue  Armee  aufzubringen,  die  jedoch  von  Scipio  sofort  am  Orte 
ihrer  Konzentrier ung,  den  „großen  Feldern",  aufgesucht  und  ge- 
schlagen wurde.  Während  Scipios  Legat  Laelius  und  Massinissa  den 
Syphax  in  sein  Reich  verfolgten,  ihn  bei  seiner  Hauptstadt  Cirta 
schlugen  und  gefangen  nahmen,  führte  Scipio  die  Belagerung  von 
Utika  ohne  Erfolg  weiter;  ein  Überfall  der  karthagischen  Flotte  auf 
die  vor  Utika  liegende  römische  wurde  mit  Mühe  abgeschlagen. 

Es  kam  zu  Friedensverhandlungen.  Schon  war  der  von  Scipio 
wärmstens  befürwortete  Friede  in  Rom  ratifiziert,  als  Hannibal, 
von  der  karthagischen  Patriotenpartei  herbeigerufen,  bei  Leptis  landete. 
Sofort  brachen  die  Karthager  den  schon  geschlossenen  Frieden. 
Während  Hannibal  in  Hadrumetum  rüstete,  unterwarf  Scipio  die 
Städte  am  mittleren  Bagradas  und  rief  Massinissa  zu  Hilfe  auf. 
Hannibal,  der,  von  den  Karthagern  gedrängt,  vor  Vollendung  seiner 
Rüstungen  gegen  Scipio  aufbrach,  konnte  dessen  Vereinigung  mit  dem 
Numiderkönig  nicht  mehr  hindern;  zwischen  ihm  und  dem  vereinigten 
römisch -numidischen  Heere  kam  es  zur  Entscheidungsschlacht  bei 
Narraggara,  die  mit  dem  Siege  der  Römer  endete  und  den  Frieden 
zur  Folge  hatte. 


37 


1.  Utika. 


Die  Landung. 


Utika. 


1.  Stadt  und  Lager. 

Daß  Scipio  im  Meerbusen  von  Utika  gelandet  ist,  geht  aus  dem 
ausführlichen  Berichte  des  Livius  XXIX,  27  und  28  unzweifelhaft 
hervor.  Daß  eben  dieser  Bericht  im  übrigen  voll  Konfusion  ist  und 
hauptsächlich  den  Zweck  hat,  die  Tatsache  zu  verschleiern,  daß 
Scipio  sich  verirrt  hat  und  ganz  wo  anders  gelandet  ist,  als  er  be- 
absichtigt hatte,  hat  Zielinski  (No.  15  S.  20ff.)  überzeugend  und 
detailliert  nachgewiesen;  auch  mit  seiner  Auffassung  des  „Promon- 
torium Pulchri"  =  Cap  Bon  dürfte  er  Recht  haben. 

Für  uns  genügt  vorläufig  die  Tatsache,  daß  Scipio  —  ob  freiwillig 
oder  unfreiwillig  —  de  facto  bei  Utika  gelandet  ist  und,  aus  der  Not 
eine  Tugend  machend,  sich  sofort  entschloß,  den  Krieg  von  hier  aus 
zu  eröffnen. 

Das  Terrain  der  in  Betracht  kommenden  Gegend  hat  im  Laufe 
der  Jahrhunderte  sehr  bedeutende  Veränderungen  erfahren,  die  jedoch 
durch  die  wissenschaftliche  Forschung  heute  mit  erschöpfender  Ein- 
deutigkeit festgestellt  sind1);  als  Ergebnis  derselben  ist  auf  unseren 
Karten  das  Terrain  in  der  Form,  die  es  zur  Zeit  der  Punischen  Kriege 
aufwies,  zur  Darstellung  gebracht. 

Auch  die  damalige  Seestadt  Utika  ist  durch  Grabungen  größten- 
teils bloßgelegt2);  doch  ist  gerade  hier  das  Ergebnis  für  unsere  Zeit 
nicht  ohne  weiteres  hinzunehmen. 

Nach  dem  Plane  Tissots  reicht  die  Südwestfront  der  Stadt  bis  an 
einen  Abschnitt  des  schmalen  Hügelrückens,  der  durchaus  nicht  jenen 
fortilikatorisch  brauchbaren  Abschluß  bietet,  den  eine  Festung  alten 
Stiles  erforderte.    Ein  solcher  findet  sich  aber  etwa  400  Meter  weiter 


1)  Daux  (Nr.  10),  p.  126—136.  Partsch  (No.  16),  Karte  p.  202.  Tissot  (No.  18), 
I.,  Karte  bei  p.  76. 

2)  Tissot  (No.  18),  II,  Plan  VI. 


Utika.     1.  Stadt  und  Lager.  579 

nordöstlich,  am  Eande  jener  deutlich  abfallenden  Höhe,  welche,  wie  klar 
festgestellt,  die  Burg  der  Stadt  trug.  Zwischen  diesem  Abschnitte  und 
der  jetzt  konstatierbaren  Enceinte  förderten  die  Grabungen  auch 
nur  Bauten  zutage,  deren  Vorhandensein  in  einer  alten  punischen 
oder  frührömischen  Festung  zum  mindesten  in  dieser  Ausdehnung  un- 
wahrscheinlich ist:  Amphitheater,  Zirkus,  luxuriöse  Privatbauten,  ein 
groß  angelegtes  Admiralitätspalais  and  dgl.  Dieser  Umstand  in  Ver- 
bindung mit  dem  geringen  fortifikatorischen  Werte  dieses  Teiles  der  Stadt 
spricht  entschieden  dafür,  daß  wir  es  hier  mit  einer  späteren,  wahr- 
scheinlich in  der  langen  Friedensepoche  der  Kaiserzeit  durchgeführten 
Stadterweiterung  zu  tun  haben1). 

Die  wesentlichste  Stütze  findet  diese  Vermutung  in  den  Ereig- 
nissen, die  sich  gelegentlich  der  Expedition  Curios  im  Jahre  49  v.  Chr. 
vor  den  Mauern  Utikas  abspielten,  und  von  denen  an  anderer  Stelle 
die  Kede  sein  wird2).  Wenn  nun  zu  Caesars  Zeit,  wo  Utika  durch 
die  Vernichtung  Karthagos  entschieden  gewonnen  hatte  und  zur 
Provinzialhauptstadt  vorgerückt  war,  der  Umfang  der  Stadt  nur  bis 
knapp  südlich  der  Burg  reichte,  so  konnte  sie  150  Jahre  früher  ge- 
wiß keine  größere  Ausdehnung  gehabt  haben. 

Über  Scipios  erstes  Lager  erfahren  wir  nur,  daß  es  auf  einer  Erstes  Lager. 
Anhöhe  nächst  des  Landungsplatzes  lag  („in  proximis  tumulis",  Liv. 
XXIX  34,  3).  Da  wir  diesen  Landungsplatz,  wie  Zielinski  überzeugend 
nachgewiesen  hat,  in  der  Nähe  des  Utika  gegenüberliegenden  Vor- 
gebirges (heute  Ras  es  Terfa)  zu  suchen  haben,  dürfte  das  erste  Lager, 
da  das  Terrain  am  Kap  selbst  wohl  zu  schroff  ist,  etwa  beim  heutigen 
Porto  Farina  geschlagen  worden  sein;  von  da  hatte  Scipio  dann 
noch  einen  Marsch  von  gut  25  Kilometern  bis  vor  Utika. 

Besser  unterrichtet  sind  wir  über  das  zweite  Lager,  das  zu-  zweites  Lager, 
gleich  als  Stützpunkt  für  die  Belagerung  Utikas  diente.  Es  lag  nach 
Liv.  XXIX,  34,  3  etwa  1  Millie  von  der  Stadt.  Das  ergibt,  da  es 
naturgemäß  nur  auf  dem  Höhenrücken,  der  zur  Stadt  ausläuft,  gelegen 
haben  kann,  etwa  die  Erhebung  nordöstlich  der  heutigen  Chaussee, 
insbesondere  deren  gegen  die  Stadt  vorspringenden  flacheren  Teil,  der 
sich  hierfür  vorzüglich  eignet. 


1)  Ganz   das  Gleiche   ist  für  eine  sehr  große  Zahl  anderer  Römerstädte,  z.  B. 
Salonae  in  Dalmatien,  längst  nachgewiesen. 

2)  siehe  Kap.  VII.  A. 


5S0 


Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 


Selbstverständlich  kann  diese  Lagerliöhe  nicht  identisch  sein  mit 
der  in  Kap.  35,  7  erwähnten  Erhebung,  welche  unmittelbar  an  der 
Stadtmauer  lag  („imminente  prope  ipsis  moenibus  tumulo"),  und  von 
der  aus  die  eigentliche  Angriffsarbeit  geführt  wurde.  Hierfür  haben 
wir  vielmehr  die  kleine  runde  Kuppe,  auf  der  später  das  Amphitheater 
stand1)  und  die  der  Burg  gerade  gegenüberliegt,  anzunehmen. 


Die  Berichte. 


2.  Das  Reitertreffen  beim  „Turm  des  Agathokles". 

Es  ist  niemals  zweifelhaft  gewesen,  daß  die  Erzählungen  des 
Livius  XXIX,  34  und  Appian  Lib.  14  dieselbe  Begebenheit  betreffen. 
Beide  Darstellungen  ergänzen  sich  in  dankbarer  Weise.  Während 
Livius  als  einzige  Ortsangabe  den  Ausgangspunkt  des  karthagischen 
Reiterkorps,  die  Stadt  Salaeca,  15  Millien  (=  22  Kilometer)  von 
Scipios  Lager,  angibt,  bezeichnet  Appian  den  Ort  des  Kampfes:  „wo 
ein  von  Agathokles  erbauter  Thurm  steht",  und  gibt  dessen  Ent- 
fernung von  Utika  mit  30  Stadien  =  5V2  Kilometer  an.  Nach  diesen 
Angaben  und  den  geschilderten  Vorgängen  läßt  sich  die  Affäre  sehr 
gut  lokalisieren. 

Im  wesentlichen  bestehen  diese  Vorgänge  darin,  daß  der  feind- 
liche Reitergeneral  Hanno  durch  Massinissa  gegen  Utika  gelockt 
wird,  während  Scipio  mit  dem  Gros  der  Kavallerie  an  einem  ge- 
eigneten Orte  im  Hinterhalt  lauert;  sobald  die  Karthager  an  den  Ort 
kommen,  bricht  Scipio  hervor,  Hannos  Korps  wird  von  ihm  und 
Massinissa  in  die  Mitte  genommen  und  aufgerieben. 

Der  Unterschied  der  beiden  Darstellungen  liegt  darin,  daß  nach 
Livius  Massinissa  im  Auftrage  Scipios,  der  selbst  den  Plan  entworfen 
hat,  handelt,  und  durch  verstellten  Rückzug  den  Gegner  hinter  sich  her 
bis  an  den  Ort  des  Hinterhaltes  lockt,  wo  Scipio  diesem  dann  in  den 
Rücken  fällt,  während  Massinissa  kehrt  macht  und  sich  gegen  die 
Front  wrendet;  nach  Appian  jedoch  Massinissa  der  eigentliche  Schöpfer 
des  Planes  ist,  und,  nachdem  er  Scipio  den  Platz  angewiesen,  den 
Karthager  unter  Vorspiegelung  von  Freundschaft  zum  Vorgehen  gegen 
Utika  beredet  und  ihm  mit  seinen  Reitern  im  Rücken  folgt,  so  daß 
wir  uns  dann  den  Angriff  Scipios  in  der  Front,  jenen  Massinissas  im 
Rücken  zu  denken  haben.  Der  Grund  dieser  Divergenz  ist  durch- 
sichtig.   Livius   benützte   hier   römische   Quellen  —  in   erster   Linie 


1)  „Cirque"  der  französischen  Generalstabskarte  1:50  000. 


Utika.    2.  Das  Reitertreffen  beim  „Turm  des  Agathokles". 


581 


Der  Ort  des 

Gefechtes. 


Polybios  —  denen  die  scipionische  Tradition  zugrunde  lag,  während 
Appian  ohne  Zweifel  auf  Juba  aufbaut,  dem  es  wieder  um  die  Ver- 
herrlichung seines  berühmten  Ahnherrn  besonders  zu  tun  war.  So 
kommt  es,  daß  in  der  einen  Erzählung  Scipio,  in  der  andern  Massinissa 
als  Schöpfer  des  Planes  in  den  Vordergrund  tritt;  das  übrige  ist 
dann  so  gestellt,  wie  es  eben  zu  dieser  Prämisse  am  besten  paßt. 
Daß  Livius,  dessen  Erzählungen  gerade  in  diesem  Feldzugsabschnitte 
eine  besonders  weitgehende  Übereinstimmung  mit  den  erhaltenen 
Fragmenten  des  Polybios  aufweisen,  hier  jedenfalls  den  Vorzug  ver- 
dient, braucht  nicht  erst  erwähnt  zu  werden,  ganz  abgesehen  davon, 
daß  die  Ereignisse  bei  ihm  viel  klarer  und  plausibler  dargestellt  sind. 

Für  die  Lokalisierung  muß  uns  die  Distanzangabe  Appians  als 
Schlüssel  dienen.  5  bis  6  Kilometer  von  Utika  haben  wir  einen  Ort 
zu  suchen,  wo  sich  eine  starke  Kavalleriemasse  durch  das  Terrain 
gedeckt  bereitstellen  und  in  Gefechtsformation  überraschend  vorbrechen 
kann.    Der  Platz  ist  leicht  und  eindeutig  zu  finden. 

Südwestlich  von  Utika  erhebt  sich  der  massige  Rücken  des 
Djebel  Menzel  Roul,  auf  dessen  äußerstem  nordwestlichen  Aus- 
läufer eben  die  Stadt  lag.  In  seinem  südlichen  Teile  biegt  der  eigent- 
liche Rücken  nach  Westen  um  und  senkt  sich  gleichmäßig  zu  einem 
tiefen  Sattel,  jenseits  dessen  in  ähnlicher  Formation  der  Djebel 
Douimis  aufsteigt,  der  seinerseits  schon  zu  dem  geschlossenen  Gebirgs- 
massiv  des  Dj.  Kechabta  gehört;  südlich  dieser  Berge  breitet  sich  eine 
ovale,  heute  teilweise  versumpfte  Ebene  von  etwa  20  Kilometer  Längen- 
ausdehnung aus.  An  ihrem  Westende,  dort  wo  die  Bahn  Tunis — 
Bizerte  die  Wasserscheide  überschreitet,  findet  sich  in  der  Nähe  des 
Bordj  Baba  Braham  die  Ruinenstätte  Henchir  el  Bey,  die  von 
Scipios  Lager  etwa  22  Kilometer  entfernt  ist. 

Der  Sattel  zwischen  dem  Dj.  Menzel  Roul  und  Dj.  Douimis  aber 
liegt  von  Utika  selbst,  auf  dem  kürzesten  Wege  am  Nordwestfuße  des 
erstgenannten  Berges  gemessen,  genau  5  V2  Kilometer  =  30  Stadien  ab. 

Wenn  nun,  wogegen  nichts  einzuwenden,  Hir  el  Bey  mit  Salaeca  Das  Gefecht 
gleichzustellen  ist,1)  Massinissa  das  Korps  Hannos  von  da  weg  durch  ver- 
stellten Rückzug  gegen  Utika  lockte,  so  mußte  er  mit  der  Zeit  an  den  vor- 


1)  Tiss  o  t  (No.  18),  I,  552  identifiziert  Salaeca  mit  den  Ruinen  bei  Dar  Bob ra 
am  linken  Ufer  des  Ou.  Zarzia  westlich  von  Utika.  Beide  Namen  sind  auf  den  heu- 
tigen Karten  nicht  mehr  zu  finden,  doch  scheint  nach  Plan  VII  zum  zweiten  Band 
dieselbe  Identifikation,  wie  wir  sie  abgeleitet  haben,  vorzuliegen. 


582  I »er  /weite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

erwähnten  Sattel  kommen.  Nun  ging  der  zwar  nicht  nächste,  aber  be- 
quemste Weg  von  da  nach  Utika  nicht  über  den  Sattel,  sondern  weiter  an 
demselben  Bergfuße  um  den  Dj.  Menzel  Roul  herum1);  es  hatte  daher 
durchaus  nichts  Auffälliges,  daß  Massinissa  seinen  Rückzug  in  dieser 
Richtung  fortsetzte.  Indessen  lauerte  Scipio  nördlich  des  Sattels.  Er 
war  dahin  jedenfalls  auf  dem  kürzesten  Wege  nordwestlich  des  Dj. 
Menzel  Roul  gekommen,  da  ihm  dieser  Deckung  bot  und  zunächst  die 
Nordseite  des  Sattels  sein  Ziel  war;  daher  stimmt  hier  die  von 
Appian  gegebene  Entfernung  genau.  Sobald  nun  Hanno  jenseits 
unter  dem  Sattel  passierte,  brach  Scipio  über  denselben  vor  und  fiel 
dem  Gegner  in  Flanke  und  Rücken,  während  gleichzeitig  Massinissa 
kehrt  machte  und  in  die  Front  einhieb. 

Immerhin  scheint  der  Angriff  Scipios  etwas  verfrüht  erfolgt  zu 
sein,  da  nur  der  feindliche  Vortrab  —  angeblich  1000  Reiter  —  voll- 
kommen eingeschlossen  und  vernichtet  wurde,  während  es  dem  Gros 
gelang,  durch  rasches  Kehrtmachen  sich  vom  Schlachtfelde  zu  retten. 
Es  wurde  nach  Livius  noch  volle  30  Meilen  =  45  Kilometer  verfolgt 
und  weitere  1000  Mann  getötet.  Die  angegebene  Distanz  mag 
billig  bezweifelt  werden;  naturgemäß  ging  die  Flucht  nach  Salaeca, 
das  nur  16  Kilometer  entfernt  war;  auch  in  jeder  anderen  über- 
haupt möglichen  Richtung  hätten  die  karthagischen  Reiter  in  einer 
weit  geringeren  Entfernung  einen  schutzbringenden  Stützpunkt  ge- 
funden. 

Das  Terrain  des  Kampfplatzes  selbst  entspricht  vollkommen  den 
Anforderungen  dieser  Vorgänge.  Der  Sattel  ist  breit,  flach,  beider- 
seits sanft  abgedacht,  hat  festen,  nicht  sehr  steinigen  Boden;  er  kann 
bequem  von  größeren  Kavalleriemassen  in  breiter  Front  rasch  über- 
schritten werden.  Die  vorliegende  Ebene  ist,  wenigstens  heute,  stellen- 
weise versumpft,  was,  wenn  es  dazumal  auch  der  Fall  war,  die  Eig- 
nung des  Platzes  für  den  Hinterhalt  noch  erhöhte,  da  ein  Ausweichen 
des  Angegriffenen  gegen  Süden  dadurch  wesentlich  erschwert  war2j.  — 


1)  Auf  diesem  Wege  kamen  auch  zu  Caesars  Zeit  die  aus  Numidien  nach  Utika 
marschierenden  Verstärkungen  zur  Stadt;  s.  weiter  unten  Kap.  VII.  A. 

2)  Auf  dem  Kamme  des  Sattels  finden  sich  zahlreiche  Eeste  alter  Bauwerke, 
darunter  eine  regelmäßig  fortlaufende  Reihe  größerer  pfeilartiger  Fundamente,  viel- 
leicht die  Überbleibsel  eines  Aquäduktes.  Ob  eine  der  zahlreichen  sonstigen  Ruinen 
mit  dem  „Turm  des  Agathokles"  identisch  ist,  läßt  sich  heute  wohl  nicht  mehr  kon- 
statieren. Jedenfalls  war  dieser  Turm  von  dem  kühnen  Sizilianer  zur  Sperrung  des 
Sattels  errichtet  worden. 


Utika.    3.  Die  „Castra  Cornelia".  583 

Tissot  gibt   I  554    eine   ausführliche,   aber    für   uns  nicht  ganz       Tissot. 
klare  Lokalisierung.    Setzt  man  einmal  statt  „sur  la  droite"  —  „sur 
la  gauche",  so  dürfte  man  zu  demselben  Resultate  kommen. 

3.  Die  „Castra  Cornelia". 

Über    die    allgemeine  Lage   der  Örtlichkeit,    die   nach   der   hier     Der  piatz. 
in  Rede  stehenden  Begebenheit  den  Namen  „Castra  Cornelia"  für  immer 
behielt,  hat  es  nie  einen  Zweifel  gegeben. 

Livius  XXIX,  35,13  beschreibt  den  Platz  als  „ein  Vorgebirge, 
das,  durch  einen  schmalen  Rücken  mit  dem  Festlande  zusammen- 
hängend, ein  gutes  Stück  ins  Meer  hineinragt".  Polybios  XIV  6,7 
nennt  ihn  „eine  Höhe  östlich  Utika",  und  erwähnt  noch,  daß  die  Feinde 
eine  Belagerung  derselben  zu  Lande  und  zur  See  in  Aussicht  genommen 
hatten.  Die  genaueste  Beschreibung  aber  gibt  Caesar  b.  c.  II  24,2: 
„ein  gestreckter  ins  Meer  vorspringender  Rücken,  auf  beiden  Seiten 
steil  und  abschüssig,  aber  doch  mit  etwas  sanfterem  Abfall  auf  jener 
Seite,  welche  gegen  Utika  gerichtet  ist".  Und  er  gibt  die  Entfernung 
von  der  Stadt  in  der  Luftlinie  mit  etwas  über  1000  römischen 
Schritten  an. 

Bis  auf  diese  etwas  zu  geringe  Entfernung  *)  ist  die  Beschreibung 
tatsächlich  vorzüglich,  ja  geradezu  erschöpfend.  Nimmt  man  noch  hinzu, 
daß  Curio  vom  Bagradas,  also  von  Südosten  kommend,  den  Punkt 
erstieg,  um  einen  guten  Ausblick  gegen  Utika  zu  gewinnen,  so  ist  da- 
mit die  Identität  vollends  gegeben. 

Etwa  3  Kilometer  östlich  der  Stätte  von  Utika  beginnt  eine  sehr 
deutliche  schmale  Terrainwelle,  die  sich  von  da  in  südwestlicher  Rich- 
tung etwa  14  Kilometer  weit  erstreckt.  Auf  der  nordöstlichsten  scharfen 
Spitze  liegt  das  Dorf  Galaat  el  Andeless. 

Heute  liegt  infolge  der  Anschwemmungen  des  Ou.  Medjerda  der 
ganze  Rücken  auf  festem  Lande;  es  läßt  sich  jedoch  in  Übereinstim- 
mung mit  den  alten  Beschreibungen  auch  durch  den  Lokalaugenschein 
deutlich  konstatieren,  wie  weit  er  einstens  vom  Meere  bespült  war. 
Diese  Strecken  sind  nämlich,  der  lehmigen  Beschaffenheit  des  Mate- 
rials zufolge,  durch  fortlaufende  brüchige  Steilufer  gekennzeichnet. 

1)  In  Wirklichkeit  zirka  2  Millien.  Der  Fehler  wird  begreiflich,  da  die  Distanz 
infolge  des  Sumpfes  nur  geschätzt  werden  konnte;  hierbei  aber  konnte  bei  der 
vollkommenen  Gleichförmigkeit  des  dazwischenliegenden  Terrains,  insbesondere  bei 
guter  Rückenbeleuchtung,  leicht  eine  Unterschätzung  unterlaufen.  Übrigens  haben 
die  besten  Handschr.  pas.  mil.,  was  nach  Mensel  S.  320  s.  Ausg.  auf  passunm  milia 
mit  ausgefallener  Zahl  hinweist. 


534  Der  /weite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

Die  sehr  schmale  Nordspitze  ist  beiderseits  ganz  gleichmäßig  von 
solchen  fast  senkrechten  Steilufern  eingefaßt.  Auf  dem  Westhange 
reichen  dieselben  etwa  1  '  2  Kilometer  nach  Süden,  genau  bis  in  die 
I  lohe  von  Utika,  wo  der  flachere,  natürlich  geböschte,  nicht  mehr 
abgespülte  Hang  beginnt;  dies  stimmt  auch  gut  zur  Beschreibung 
Taesars,  der  zwischen  den  Castra  Cornelia  und  Utika  nur  einen  von 
einer  Quelle  gespeisten  Sumpf,  nicht  aber  das  Meer  erwähnt  (24,  4). 
Auf  der  Ostseite  jedoch  reicht  das  brüchige  Steilufer  etwa  doppelt  so 
weit  nach  Süden,  so  daß  tatsächlich  an  jenem  Abschnitte,  der  Utika 
gerade  gegenüberliegt,  der  Osthang  bedeutend  steiler  ist  als  der  West- 
hang, was  abermals  der  Beschreibung  Caesars  entspricht.  Dabei  ist 
es  durchaus  nicht  nötig  anzunehmen,  daß  zu  Caesars  Zeit  das  Meer 
noch  in  genau  derselben  Ausdehnung  den  Fuß  der  Höhe  bespült  hat, 
wie  das  Steilufer  andeutet;  weit  entfernt  aber  kann  es  damals  auch 
nicht  gewesen  sein,  da  Utika  noch  Seestadt  war,  und  auch  bei  Castra 
Cornelia  Schiffe  vor  Anker  lagen ;  die  nördlichste  Spitze  ward  also  auf 
*  jeden  Fall  noch  beiderseits  vom  Meere  umflossen. 
Das  Lager.  Nicht   so   leicht   ist   es,   den   genauen   Platz   des  Scipionischen 

Lagers  auf  dieser  Welle  zu  ermitteln,  insbesondere  da  der  Livianische 
Bericht  hier  Schwierigkeiten  bietet.  Er  sagt:  —  „Derselbe  Wall  um- 
schloß auch  das  Schiffslager;  auf  der  Mitte  des  Rückens  lag  das  Lager 
der  Legionen,  die  Seite  gegen  Norden  nahmen  die  ans  Land  gezogenen 
Schiffe  und  die  auf  der  Flotte  dienenden  Bundesgenossen  ein,  das  süd- 
liche, gegen  das  andere  Ufer  abfallende  Tal  die  Kavallerie".  (XXIX  35, 14). 

Das  einzige,  was  sich  aus  dieser  Beschreibung  mit  Sicherheit  ent- 
nehmen läßt,  ist,  daß  das  Hauptlager  keinesfalls  auf  der  äußersten 
Spitze  gelegen  haben  konnte1).  Denn  entweder  Livius  hat  mit  seinem 
„Norden"  und  Süden  recht,  dann  lag  noch  das  ganze  Schiffslager 
nördlich  des  Hauptlagers;  oder  er  hat  Unrecht  und  es  lagen  die  Schiffe 
und  Reiter  östlich  und  westlich  des  Hauptlagers,  dann  ist  wieder  die 
Spitze  ausgeschlossen,  die  damals  —  nach  Livius  wie  nach  Caesar  — 
ins  Meer  hineinragte  und  für  die  drei  Lager  nebeneinander  absolut 
keinen  Platz  bot.  Der  einzige  Abschnitt,  wo  das  auf  der  Mitte  der 
Höhe  liegende  Hauptlager  auf  zwei  Seiten  von  den  beiden  anderen 
Lagern  flankiert  werden  konnte,  ist  die  Utika  gerade  gegenüberliegende 
Stelle,  also  diejenige,  die,  wie  das  Terrain  zeigt,  wenigstens  im  Westen 

1)  Stoffe  1  (No.  22)  I,  309  verlegt  das  Lager  Curios  dorthin,  und  dürfte  demnach 
auch  das  Lager  Scipios  dort  vermutet  haben.    Über  ersteres  siehe  Kap.  VII.  A. 


Djebel  Menzel  Roul 


Bild  Nr.  39:    Blick  von  Castra 


Bild  Nr.  40:  Castra  Cornelia,  Westhang-,  vod  Norden 


ü  tika 


Cornelia  auf  Utica. 


Bild 


esehen. 


Bild  Nr.  41:  Castra  Ca 


12:  Castra  Cornelia,  Partie  des  Osthanges  der^Lagerfläche,  von;Süden  gesehen. 


L  a  er  o  r  f  1  ;i  c  h  e. 


J# 


"  r. 


ilia,  Ostbang  und  Lagerfläche,  von  Norden  gesehen. 


Utika.    3.  Die  „Castra  Cornelia".  585 

auch  damals  nicht  mehr  vom  Meere  bespült  war.  Hier  verbreitert  sich 
der  bisher  schmale  Eücken  ganz  bedeutend  und  erhebt  sich  gleich- 
zeitig zur  höchsten  Erhebung  in  der  ganzen  nördlichen  Hälfte  des 
Höhenzuges  (42  m);  dabei  bildet  sein  Oberteil  eine  fast  ebene,  nahezu 
quadratische  Hochfläche  von  etwa  2  Kilometer  Umfang,  also  wirklich 
einen  nach  römischen  Begriffen  geradezu  idealen  Lagerplatz  („is  locus 
peridoneus  castris  habebatur"  Caes.  b.  c.  II  24, 2).  Auf  diesen  Ab- 
schnitt, und  nur  auf  ihn,  paßt  auch  Caesars  Beschreibung  von  den 
ungleich  steilen  Hängen.    (Siehe  Abb.  40 — 42.) 

Nun  ist  es  freilich  klar,  daß  die  Schiffe  nördlich  davon  liegen 
mußten,  nämlich  an  jenem  Teile  des  Höhenzuges,  der  noch  ins  Meer 
hineinragte.  Nach  dem  livianischen  Wortlaut  möchte  man  sie  am 
Nordwesthang  der  Spitze  vermuten,  da  sie  dort  genau  nördlich  des 
Lagers  lagen.  Das  ist  jedoch  nicht  möglich.  Wer  die  tunesische  Küste 
kennt,  wird  wissen,  daß  die  Schiffe  dort  in  erster  Linie  gegen  die 
West-  und  Nordwestwinde  geschützt  werden  müssen,  zumal  im  Winter1); 
an  obiger  Stelle  aber  wäre  die  Flotte  gerade  diesen  Winden  offen  preis- 
gegeben gewesen.  Umgekehrt  war  die  Sache  am  Südosthange  der 
Spitze.  Hier  war  die  Flotte  gegen  die  genannten  Winde  durch  das 
hohe  Steilufer  vollkommen  geschützt;  überdies  bildete  der  Hang  dort 
eine  Bucht,  die  auch  etwas  flachere  Uferstellen  hat,  an  denen  das  Aus- 
und  Einschiffen  leichter  durchgeführt  und  die  Schiffe  auch,  wenn  man 
wollte,  ans  Land  gezogen  werden  konnten;  möglicherweise  begann  dort 
schon  damals  das  angeschwemmte  flache  Land,  das  letztere  Maßregel 
noch  mehr  begünstigen  mußte.  Und  im  allgemeinen  lagen  die  Schiffe 
ja  auch  hier  nördlich  des  Hauptlagers,  nämlich  an  einer  nördlicheren 
Stelle  des  Höhenzuges. 

Ähnlich  steht  es  mit  der  Eeiterei.  Aus  dem  Texte  können  wir 
folgerichtig  nur  entnehmen,  daß  sie  auf  der  entgegengesetzten  Seite 
des  Hauptlagers  untergebracht  war  wie  die  Flotte.  In  Betracht  käme 
nach  dem  Wortlaute  zunächst  die  sanft  abgedachte  Fläche,  die  der 
Höhenzug  von  der  Platte  des  Hauptlagers  nach  Süden  zu  bildet;  da- 
gegen spricht  aber,  daß  dort  die  Hauptangriffsrichtung  des  Feindes  war, 
die  also  bei  einem  Defensivlager,  wie  wir  es  hier  haben,  die  stärkste 
Defensivkraft  erforderte.  Dorthin  gehörte  die  Kavallerie  wohl  am 
allerwenigsten,  sondern  einzig  die  für  die  Verteidigung  des  Walles  prä- 


1)  Vgl.  darüber  S.  503  f. 


5SG 


Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 


Die  Lager. 


destinierte  Legionsinfanterie;  erstere  dürfen  wir  eher  in  gleicher  Höhe 
mit  dem  Hauptlager  in  der  Ebene,  also  genau  genommen  westlich  des- 
selben vermuten.  Damit  würde  auch  die  Nennung  des  „anderen  Ufers* 
bei  Livius  stimmen,  weniger  allerdings  die  Weltgegend.  Bedenken 
wir  aber,  daß  Livius  den  Platz  kaum  aus  eigener  Anschauung  kennt, 
sondern  nur  in  seiner  bekannten  oberflächlichen  Manier  einen  fremden 
Bericht  bearbeitet  und  Irrtümer  betreffs  der  Himmelsrichtung  bei  den 
alten  Schriftstellern  überhaupt  nicht  selten  sind,  so  können  wir  die  im 
übrigen  mit  allen  Texten  vollkommen  stimmende  und  auch  militärisch 
befriedigende  Lösung,  wie  wir  sie  abgeleitet,  als  richtig  annehmen. 

4.  Der  Lager  üb  er  fall. 

Über  die  beiden  Lager  der  Feinde,  die  Scipio  von  den  Castra 
Cornelia  aus  überfiel,  finden  wir  bei  Polybios  erschöpfende  Daten, 
mit  denen  Livius  übereinstimmt. 

Die  Entfernung  vom  Lager  Scipios  wird  von  Polybios  XIV  4, 1 
mit  60  Stadien  =  Livius  XXX  5, 3  mit  7  Millien  =  10  */i  Kilometer 
übereinstimmend  angegeben1).  Polybios  gibt  XIV  1,14  auch  die  Ent- 
fernung der  beiden  feindlichen  Lager  voneinander  mit  10  Stadien 
(13A  Kilometer)  an  und  berichtet,  daß  das  Lager  des  Syphax  das 
zugänglichere  war. 

Nimmt  man  nun  als  selbstverständlich  an,  daß  die  beiden  Lager 
vor  allem  den  Zweck  hatten,  Scipio  an  einer  Offensive  gegen  das  Land- 
innere zu  hindern;  daß  ferner  die  karthagisch-numidische  Armee  mit 
Rücksicht  auf  ihre  relative  Stärke  an  Reiterei  und  leichten  Truppen 
vor  allem  auf  die  Ebene  angewiesen  war,  die  Lager  selbst  jedoch,  als 
Winterlager  und  operative  Stützpunkte,  einer  gewissen  Defensivkraft 
nicht  gut  entbehren  konnten:  so  weisen  uns  diese  Erwägungen  im  Verein 
mit  den  überlieferten  Distanzangaben  unzweideutig  in  ein  Gelände, 
das  allerdings  auch  zu  den  geschilderten  Ereignissen  vorzüglich  paßt. 

Die  Terrainwelle,  die  in  ihrem  nördlichen  Abschnitt  die  Castra 
Cornelia  trägt,  erhebt  sich  nach  einer  längeren  Einsenkung  in  der  süd- 


1)  Polybios  bezieht  die  Ziffer  auf  die  Entfernung  des  feindlichen  Lagers  vom 
römischen,  Livius  auf  den  Marsch  Scipios  bis  zum  Hinterhalt,  der  doch  wohl  kaum 
ganz  knapp  vor  dem  gegnerischen  Lager  war;  ein  typisches  Beispiel  livianischer 
Arbeitsweise,  der,  den  Polybios  als  Vorlage  benützend,  auch  jene  Zahl  übernahm,  sie 
aber  an  einer  anderen  Stelle  in  den  Zusammenhang  einsetzte,  ohne  zu  bedenken,  daß 
sie  dort  nicht  mehr  ganz  genau  stimmen  konnte.  Die  Untersuchung  gibt  auch,  wie 
nicht  anders  zu  erwarten,  dem  Polybios  recht. 


Utika.    4.  Der  Lagerüberfall.  587 

liehen  Partie  abermals  zu  bedeutender  Höhe  und  schrofferen  Formen, 
um  endlich  mit  ihrer  letzten  und  höchsten  Erhöhung,  dem  Koudiat 
Touba  a  59,  unvermittelt  abzuschließen.  Diesem  letzten  Hügel  ist  je- 
doch im  Westen  ein  etwa  30  Meter  niedrigerer,  breiter,  flacher,  aber 
steilrandiger  Ausläufer  vorgelagert,  auf  dem  heute  das  Dorf  Douar 
Touba  liegt.  Dieser  mit  dem  Kt.  Touba  nur  durch  einen  schmalen 
Sattel  zusammenhängende,  sonst  ganz  isolierte  Hügel  von  etwa 
2  lfa  Kilometer  Umfang  gibt  einen  vorzüglichen  Lagerplatz.  Die 
Entfernung  von  der  Platte,  auf  der  wir  das  seipionische  Hauptlager 
annahmen,  den  gangbaren  Weg  am  östlichen  Eande  des  Höhenzuges 
gemessen  —  warum  gerade  dieser  in  Betracht  kommt,  wird  später 
klar  werden  —  beträgt  genau  10  V2  Kilometer. 

Etwa  2  Kilometer  westlich  dieses  Platzes  liegt  mitten  in  der  Ebene 
eine  isolierte,  breite  und  flache  Terrainwelle  von  insgesamt  5  Kilometer 
Umfang,  der  Koudiat  el  Mabtouha. 

Heute  fließt  der  Ou.  Medjerda  zwischen  den  beiden  Höhen  durch ; 
im  Altertum  floß  er  bekanntlich  östlich  der  erstbeschriebenen  Höhen- 
linie, so  daß  die  Verbindung  zwischen  beiden  Plätzen  offen  war. 

Hier  haben  wir  die  beiden  Lager  zu  suchen.  Die  etwas  zu  kleine 
Distanz  des  Polybios  (um  250  Meter)  fällt  ebensowenig  ins  Gewicht 
wie  die  ähnliche  Angabe  Caesars  bei  Castra  Cornelia,  zumal  Polybios 
seine  Entfernungsangaben  gerne  auf  ganze  Zehner  abrundet ;  schließlich 
können  die  Lager  auch  etwas  über  die  Hügel  in  die  Ebene  hinausgeragt 
haben,  zumal  die  für  Kavallerie  bestimmten  Abschnitte,  ähnlich,  wie  wir  es 
beim  Lager  Scipios  auf  den  Castra  Cornelia  gesehen  haben. 

In  diesen  Rahmen  lassen  sich  die  überlieferten  Ereignisse  restlos  ein-  Der  Überfall, 
fügen.  Scipio  hatte  durch  Verhandlungen  mit  Syphax  die  feuergefährliche 
Beschaffenheit  des  numidischen  Lagers  genau  ausspionieren  lassen.  Vor 
dem  Handstreich  legte  er  2000  Mann  auf  einen  Utika  beherrschenden 
Hügel,  um  sich  gegen  die  Stadt  zu  decken  (Pol.  XIV  2,3);  jedenfalls 
dieselbe  Höhe,  auf  der  während  der  Belagerung  das  Lager  gestanden 
hatte1).  Dann  brach  er  mit  Einbruch  der  Dunkelheit  von  den  Castra 
Cornelia  auf  und  gelangte  gegen  Mitternacht  in  die  Nähe  des  kartha- 
gischen Lagers,  welches  wir  gemäß  des  Umstandes,  daß  er  nunmehr 
durch  längere  Zeit  gedeckt  in  ziemlicher  Nähe  langsam  vorgehen  konnte, 


1)  Aus  dieser  Maßregel  geht  klar  hervor,  daß  die  Belagerung-  von  Utika  seit  Ver- 
legung des  Lagers  auf  Castra  Cornelia  tatsächlich  aufgehoben  war.  Vgl.  Pol.  XIV 
1,2  und  Liv.  XXIX  35,12. 


588  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

als  jenes  bei  Douar  Touba  konstatieren  können.  Von  da  sandte  er 
die  Hälfte  der  Armee  unter  Laelius  und  Massinissa  gegen  das 
Lager  des  Syphax  auf  dem  Kt.  Mabtouha1)  mit  dem  Befehle,  dasselbe 
in  Brand  zu  stecken;  er  selbst  wartete  ab,  bis  der  Brand  des  numi- 
dischen  Lagers  die  Aufmerksamkeit  der  Karthager  voll  auf  sich  lenken 
würde,  um  dann  mit  dem  zurückgehaltenen  Teile  der  Armee  deren 
Lager  zu  überfallen.    Der  Anschlag  gelang  dem  Entwürfe  gemäß2). 

Wir  können  annehmen,  daß  Scipio,  die  Hügel  welle  als  Deckung 
ausnützend,  längs  deren  Ostrand  vorging  und  zunächst  in  einer  der 
tief  eingeschnittenen  Mulden  nördlich  des  Koudiat  Touba  Halt  machte. 
Von  hier  aus  sandte  er  Laelius  und  Massinissa  gegen  das  Lager  des  Sy- 
phax auf  dem  Koudiat  el  Mabtouha,  und  schob  sich  langsam  weiter 
vor  bis  knapp  hinter  den  Kamm  der  Höhen  oberhalb  des  karthagischen 
Lagers;  sobald  das  numidische  in  Flammen  stand  und  die  ganze  Auf- 
merksamkeit der  Karthager  nach  Westen  gewendet  war,  brach  er 
aus  der  entgegengesetzten  Richtung,  über  den  Koudiat  Touba  herab, 
auf  ihr  Lager  ein  und  erstürmte  es3). 
Tissot.  Tissotl  554  verlegt  die  beiden  Lager   an  den  Südhang  des  Dj. 

Menzel  Eoul  bzw.  Dj.  Douimis.    Die  Hypothese    hat  wenig   für   sich. 

1)  Diese  Verteilung  —  Hasdrubal  östlich,  Syphax  westlich,  stimmt  auch  zu  den 
Anmarsch-  und  Etappenlinien  der  beiden  Verbündeten. 

2)  Der  Bericht  Appians  Lib.  21  und  22  steht  damit  insofern  in  Widerspruch,  als 
Scipio,  um  die  dritte  Nachtwache  aufbrechend  (nach  Polybios  trifft  er  um  diese 
Stunde  im  Hinterhalt  ein),  bloß  das  Lager  Hasdrubals  angreift,  während  Syphax,  als 
er  die  Niederlage  der  Verbündeten  erkennt,  freiwillig  die  Flucht  ergreift.  Der  über- 
einstimmenden Schilderung  den  Hauptquellen  gegenüber  kommen  diese  Abweichungen 
nicht  in  Betracht;  die  erstere  ist  ein  Versehen,  die  zweite  ist  in  der  Tendenz  Jubas 
begründet. 

3)  Livius  erzählt,  daß  die  Karthager  in  dem  Bestreben,  den  Numidern  beim 
Brande  Hilfe  zu  leisten,  den  Römern  direkt  in  die  Hände  liefen;  demnach  müßte 
Scipio  mit  seinem  Korps  zwischen  den  beiden  Lagern  gestanden  haben.  Da  sich  diese 
Notiz  bei  Polybios,  den  Livius  offenkundig  benutzt  hat,  nicht  findet,  so  haben  wir 
es  auch  hier  nur  mit  einer  auf  Unkenntnis  des  Terrains  basierenden  willkürlichen 
Ausmalung  der  Quelle  zu  tun. 

Auch  hei  Polybios  besteht  eine  kleine  Unklarheit  bezüglich  des  Angriffes  des 
Korps  Laelius  auf  das  Lager  des  Syphax.  Nach  c.  4, 5  teilte  sich  das  Korps  zunächst 
in  zwei  Gruppen,  welche  gleichzeitig  den  Feind  angriffen ;  dann  aber  hält  sich 
Laelius  wieder  zurück,  während  vorgeschobene  Abteilungen  das  Lager  in  Brand 
stecken  (c.  4,  6,  7).  Endlich  fängt  Massinissa  auf  der  anderen  Seite  die  Fliehenden 
auf  (7).  Die  Sache  ist  wohl  so  aufzufassen,  daß  zunächst  Laelius  und  Massinissa  sich 
teilten;  ersterer  ließ  durch  vorgeschobene  Leute  Feuer  an  die  Zelte  legen  und  brach 
dann  mit  dem  Gros  auf  die  Numider  ein,  während  Massinissa  unterdessen  auf  der 
anderen  Seite  bereitstand,  die  Fliehenden  abzufangen. 


Utika.     5.  Die   „großen  Felder". 


589 


Der  Hauptfehler  liegt  darin,  daß  er  Scipio  nicht,  wie  die  Quellen  ver- 
langen, von  Castra  Cornelia,  sondern  vom  Lager  bei  Utika  aufbrechen 
läßt.  Auch  dann  ist  die  Lage  beider  Lager  eine  unwahrscheinliche. 
Sie  deckten,  hintereinander  liegend,  einzig  die  nebensächliche  Kommuni- 
kation über  Salaeca  nach  Hippo  Diarrhytus,  und  gaben  die  wichtigen 
Verbindungen  Bagradas  aufwärts  nach  Numidien,  sowie  die  nach 
Karthago  vollständig  frei. 

Nach  der  Schlacht  ging  Hasdrubal  mit  den  Resten  seiner  Armee  Anda  und  Abba. 
nach  Anda  (der  Name  bei  Appian  Lib.  24,  die  Tatsache  bei  Pol.  XIV 
6  und  Liv.  XXX  7)  zurück,  Syphax  nach  Abba  (Pol.  XIV  6).  Ob 
erstere  Stadt  mit  der  Ruinenstätte  auf  dem  Dj.  Mergueb,  einem  Aus- 
läufer des  DJ.  Amar  am  rechten  Bagradasufer  *),  identisch  ist,  mag 
dahingestellt  bleiben.  Noch  ungewisser  ist  die  Lage  von  Abba,  das 
Tissot  fälschlich  mit  Anda  identifiziert.  Nach  Livius  XXX  7,  3  lag 
es  8  Milien  von  zwei  Städten,  die  ihrerseits  nicht  allzuweit  von  Anda 
lagen  und  von  Scipio  zerstört  wurden;  war  also  jedenfalls  eine  der  vielen 
Städte  im  Bagradasbecken.  Nach  Polybios  XIV  7,  5  zog  Syphax  bei 
dieser  Stadt  ein  Kontingent  von  Keltiberern  an  sich ;  Livius  XXX  7, 
10  berichtet  wieder  den  Anschluß  eines  solchen  Kontingents,  aber  an 
die  Karthager,  bei  der  Stadt  Obba.  Da  beide  Berichte  als  un- 
mittelbare Vorgeschichte  der  Schlacht  auf  den  „großen  Feldern"  er- 
scheinen und  sonst  ganz  übereinstimmen,  so  darf  man  sie  wohl  identi- 
fizieren. Dann  aber  lag  Abba  oder  Obba  nicht  in  nächster  Nähe  des 
Kriegsschauplatzes  am  unteren  Bagradas,  sondern  weiter  flußaufwärts, 
in  der  Nähe  der  „großen  Felder",  die  nach  Polybios  XIV  8  fünf 
Tagemärsche  von  Utika  entfernt  waren;  zum  mindesten  haben  wir  es 
in  der  Richtung  dorthin  zu  suchen. 


5.  Die  „großen  Felder". 

Über  diese  Schlacht  liegen  uns  die  beiden  fast  vollkommen  über-    Die  Quellen, 
einstimmenden  Berichte   des   Polybios   und  Livius  vor;   Appian 
weiß  nichts  von  ihr2). 

Die  Übereinstimmung   der   beiden  vorhandenen  Darstellungen  ist 
eine  so  eklatante,  daß  wir  in  diesem  Falle  die  direkte  und  ausschließ- 


1)  Tissot  (No.  18)  I,  56  „Henchir  Merkeb  es  Nabi". 

2)  Aus  letzterem  Umstand  hat  L.  Keller  („Der  zweite  punische  Krieg  und 
seine  Quellen")  geschlossen,  es  handle  sich  um  dieselbe  Affäre  wie  beim  Lager- 
überfall;  vollkommen  widerlegt  bei  Zieliiiski  (No.  15)  p.  39ff. 


590 


Der  zweite  Pimische  Krieg-  in  Afrika. 


Das 
Schlachtfeld. 


liehe  Benützung  des  Polybios  durch  Livius  annehmen  können1);  eine 
ganz  geringfügige  Abweichung  ist,  wie  wir  später  sehen  werden, 
nicht  auf  eine  andere  Urquelle,  sondern  auf  eine  Oberflächlichkeit  des 
römischen  Historikers  zurückzuführen.  Daraus  erwächst  uns  die 
Möglichkeit,  unsere  Untersuchung  ausschließlich  auf  den  polybianischen 
Bericht  aufbauen  zu  dürfen,  der  uns  auch  mehr  Klarheit  bietet  als 
die  livianische  Überarbeitung. 

Die  Veranlassung  bietet  das  Eintreffen  eines  stärkeren  kelti- 
berischen  Söldnerkorps,  das  sich  bei  Abba  mit  dem  nach  dem 
Lagerüberfall  dorthin  zurückgegangenen  Syphax  vereinigt  hatte 
(XIV  7,  5).  Auf  die  Nachricht  von  dieser  Verstärkung  stößt  auch 
Hasdrubal  mit  seinen  Truppen  zu  ihm;  das  vereinigte  Heer  nimmt 
auf  den  „großen  Feldern"  (»[leyäXa  media",  bei  Livius  „magni 
campi")  Aufstellung  (c.  7,  4). 

Scipio  bricht  nach  Zurücklassung  eines  Korps  vor  Utika  dahin  auf  und 
erreicht  das  Ziel  nach  fünftägigem  Marsche  (c.  8,  12).  Sein  erstes 
Lager  schlägt  er  auf  einem  Hügel,  30  Stadien  =  5.30  Kilometer  vom 
Feinde  (8,  2).  Am  nächsten  Tage  steigt  er  in  die  Ebene  hinab  und 
nähert  sich  damit  dem  Gegner  bis  auf  7  Stadien  (1,2  Kilometer).  Nach 
zweitägigen  kleinen  Plänkeleien  kommt  es  am  dritten  Tage  zur  Schlacht. 

Die  natürliche  Rückzugslinie  des  Syphax,  die  ebenso  selbst- 
verständliche Anmarschrichtung  der  jedenfalls  auf  dem  Landwege  ge- 
kommenen Keltiberer  zwingt  uns,  den  Schauplatz  dieser  Ereignisse 
an  der  vornehmsten  der  aus  dem  Räume  von  Utika  nach  Westen  führen- 
den Verkehrslinien,  der  Bagradasstraße,  zu  suchen. 

Das  im  oberen  Teile  des  Unterlaufes,  in  der  Gegend  der  Siliana- 
und  Bejamündung  defileeartige  Tal  des  Ou.  Medjerda  erweitert  sich 
weiter  oben,  etwa  120  Kilometer  oberhalb  Utika,  zu  der  ca.  25  Kilometer 
langen,  20  Kilometer  breiten,  überaus  fruchtbaren  Ebene  von  Souk 
elK remis;  an  ihrer  Identität  mit  den  „großen  Feldern"  ist  meines 
Wissens  nie  gezweifelt  worden. 

Die  gesegnete  Fruchtbarkeit  dieser  Ebene  hängt  in  erster  Linie 
mit  ihrem  Wasserreichtum  zusammen.  Der  Ou.  Medjerda  nimmt  hier 
vier  seiner  bedeutendsten  Zuflüsse  auf:  rechts  den  Ou.  Mellegue  und 
Ou.  Tessa,  links  den  Ou.  bou  Heurtma  und  Ou.  Kasseb,  letztere  beide 
von  relativ  kurzem  Lauf,  aber  bedeutender  Wassermenge2}. 

1)  Vgl.  Zielinski  (Nr.  15)  p.  88—95. 

2)  Vgl.  S.  504. 


Utika.    5.  Die  „großen  Felder".  59 1 

Die  genaue  Fixierung  der  Schlacht  in  dieser  Ebene  ist  etwas 
problematisch,  wie  mehr  oder  weniger  bei  allen  Schlachten,  in  denen  das 
Terrain  keine  Rolle  spielt. 

Festzuhalten  haben  wir,  daß  Scipio  zuerst  auf  einem  Hügel  lagerte 
und  erst  später  in  die  Ebene  hinabstieg ;  das  scheint  auf  das  Nordufer 
des  Ou.  Medjerda  zu  deuten,  auf  welchem  die  das  Flußtal  begleiten- 
den Höhen  mehr  als  im  Süden  die  Ebene  zurückdrängen.  Damit 
würde  auch  stimmen,  daß  die  alte  Römerstraße  nördlich  des  Flusses 
hinlief1).  Wir  hätten  dann  das  erste  Lager  Scipios  auf  den  Höhen  anzu- 
nehmen, die  am  linken  Ufer  des  Ou.  Kasseb  die  Ebene  im  Osten  ab- 
schließen. Das  Lager  der  Gegner  lag  dann  5V2  Kilometer  westlich 
davon,  also  schon  unweit  des  Ou.  bou  Heurtma  in  der  Ebene.  In 
dieser  Richtung  ging  Scipio  dann  bis  auf  1.2  Kilometer  an  den  Feind 
heran;  sein  zweites  Lager  befand  sich  demnach  gerade  nördlich  des 
Ortes  Souk  el  Kremis.  Zwischen  diesem  und  dem  feindlichen  Lager 
kam  es  später  zur  Schlacht. 

Scipio  stellte  die  Infanterie  in  den  gewöhnlichen  drei  Treffen  auf.  Die  Schiacht. 
Die   römische  Kavallerie   unter   Laelius   kam    auf  den   rechten,   die 
numidische   unter  Massinissa   auf   den   linken  Flügel.  —  Die  Gegner 
stellten   der  römischen  Infanteriefront  die  Keltiberer  gegenüber;   den 
linken  Flügel  bildeten  die  Numider,  den  rechten  die  Karthager. 

Zuerst  siegte  die  scipionische  Kavallerie  auf  beiden  Flügeln  über 
die  Karthager  und  Numider;  im  Zentrum  widerstanden  die  Keltiberer 
hartnäckig,  bis  sie,  an  den  Flügeln  entblößt,  von  den  beiden  rück- 
wärtigen Treffen  der  Römer  umgangen  und  vernichtet  wurden.  Immer- 
hin ermöglichte  ihr  hartnäckiger  Widerstand  ihren  Verbündeten  den 
ungefährdeten  Rückzug. 

Aus  der  klaren  Darstellung  der  Quelle  erhellt  die  im  ersten 
Moment  befremdliche  Tatsache,  daß  einerseits  die  ganze  römische 
Infanterie  einzig  den  4000  Keltiberern  gegenüberstand,  andererseits 
die  beiden  römischen  Kavalleriekorps  mit  den  beiden  gesamten 
Aufgeboten  der  Karthager  und  Numider  fertig  wurden.  Die  Tatsache 
tritt  in  der  livianischen  Schilderung  (XXX  8)  noch  drastischer  hervor. 
Sie  wird  erklärlich,  wrenn  man  annimmt,  daß  weder  Hasdrubal  noch 
Syphax  mit  größeren  Kräften  sich  den  Keltiberern  angeschlossen 
hatten.    Es  wäre  auch  von   ersterem  geradezu  ein  Fehler  gewesen, 


1)  Tissot  (Nr.  18)  II  243. 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  38 


592  Der  zweite  Panische  Krieg-  iu  Afrika. 

mit  allen  Truppen  nacli  den  großen  Feldern  zu  gehen  und  die  Haupt- 
stadt ungedeckt  zu  lassen,  während  Scipio  bei  Utika  stand  und  nicht 
nur  ihm  alle  Verbindungen  mit  Karthago  abschneiden,  sondern  auch 
die  von  dem  Gros  der  Truppen  entblößte  Stadt  ernstlich  bedrohen 
konnte.  Und  auch  Syphax  dürfte  sich  vom  Lagerüberfall  noch  nicht 
völlig  erholt  haben.  Schließlich  deutet  der  Umstand,  daß  Scipio  bis 
auf  die  großen  Felder  entgegenging,  darauf  hin,  daß  es  seine  Absicht 
war,  den  Feind  zu  erdrücken,  bevor  dieser  die  begonnene  Konzen- 
trierung durchgeführt  hätte;  sonst  hätte  er  ja  warten  können,  bis 
jener  in  seinen  Bereich  kam.  Wir  können  somit  annehmen,  daß  am 
Tage  der  Schlacht  erst  verhältnismäßig  schwache  Truppen  der 
Karthager  und  Numider  zu  den  Keltiberern  gestoßen  waren,  so  daß 
diese  tatsächlich  nicht  nur  den  Kern,  sondern  überhaupt  die  Hauptkraft 
des  Heeres  bildeten,  trotzdem  sie  nicht  stärker  waren  als  4000  Mann. 
Die  Gesamtzahl  dürfte  daher  10  000  Mann  kaum  überschritten  haben, 
und  die  Quellenangabe  von  30000  Mann  ist  ein  Irrtum.  —  Und  auch 
Scipio  hat  wohl  zu  dieser  Expedition  nicht  die  ganze  Armee,  sondern 
nur  ein  stärkeres  Korps,  vielleicht  1  oder  2  Legionen,  jedenfalls  aber 
das  Gros  der  Kavallerie  mitgenommen.  So  erklärt  es  sich,  daß  er  die 
ganze  mitgebrachte  Legionsinfanterie  zur  Zermalmung  der  keltiberischen 
Kerntruppen  verwenden,  die  karthagisch-numidischen  Anhängsel  jedoch 
in  ihrer  Gänze  seiner  überlegenen  Reiterei  überlassen  konnte.  — 
Jedenfalls  ist  diese  „Schlacht"  nicht  als  eine  Hauptschlacht,  sondern 
nur  als  der  Abschluß  einer  sekundären  Operation  aufzufassen. 

Der  bisher  einzige  detaillierte  Lokalisierungsversuch  Tissots 
(I  556)  stimmt  wesentlich  mit  dem  unsrigen  überein.  Seine  Orts- 
namen („Dakhla  des  Oulad  bou  Salem",  „Djendouba")  finden  sich  noch 
auf  neueren  Karten.  Scipios  Lager  verlegt  er  auf  die  „hauteurs  occi- 
dentales  du  plateau  de  Badja"  (Beja?),  das  der  Gegner  „sur  le  versant 
des  montagnes  qui  dominant  la  partie  nord-ouest  de  la  Dakhla".  Er 
folgt  hier  Livius,  nach  dem  beide  Parteien  zur  Schlacht  in  die  Ebene 
hinabsteigen.  Dies  stimmt  nicht  mit  Polybios,  nach  dessen  Distanz- 
angabe die  Verbündeten  in  der  Ebene  lagern  mußten;  an  die  Hügel 
im  Norden  derselben  ist  nicht  zu  denken,  weil  sie  dann  ihre  ein- 
zige Verbindungs-  und  Rückzugslinie  preisgegeben  hätten.  Livius 
hat  einfach  auch  diese  an  sich  geringe  Abweichung  aus  subjektiver 
Oberflächlichkeit  hinzugefügt. 


Anhang. 

Übersetzung  der  Schlachtberichte. 

Im  folgenden  sind  die  Berichte  nur  jener  Autoren  wiedergegeben, 
denen  wir  in  der  Darstellung  der  Ereignisse  gefolgt  sind.  Der  Poly- 
bianische  Bericht  macht,  wo  wir  ihn  haben,  den  Livianischen  über- 
flüssig, der  in  der  Schilderung  dieser  Kriegsepoche,  wenigstens  was 
die  taktischen  Vorgänge  anbelangt,  fast  ausschließlich  auf  ersteren 
zurückgeht,  ohne  ihn  an  Klarheit  und  Fachlichkeit  zu  erreichen.  Nur 
wo  Polybios  fehlt  —  in  unserem  Falle  einzig  beim  „Thurm  des  Aga- 
thokles"  —  muß  Livius  an  seine  Stelle  treten.  In  diesem  einen  Falle 
ist  auch  noch  Appian,  nicht  im  Interesse  der  taktischen  Vorgänge, 
sondern  wegen  einiger  wichtiger  Ortsangaben,  mit  heranzuziehen. 

1.  Das  Gefecht  beim  „Turm  des  Agathokles". 

Livius  XXIX  34,  6:  „Bereits  hatte  er  (Hanno)  gegen  4000  Reiter 
beisammen,  als  er  eine  Stadt  namens  Salaeca  besetzte,  etwa  15  Meilen 
vom  römischen  Lager.  (7)  Als  dies  Scipio  gemeldet  wurde,  rief  er: 
„Kavallerie,  und  im  Sommer  unter  Dach!  mögen  ihrer  noch  mehr  sein 
wenn  sie  nur  einen  solchen  Führer  haben!"  (8)  Entschlossen,  um  so 
weniger  zu  zögern,  je  lässiger  jene  ihren  Dienst  versahen,  sandte  er 
Massinissa  mit  Kavallerie  voraus  mit  dem  Befehle,  gegen  die  Tore 
anzureiten  und  den  Feind  zum  Kampfe  hervorzulocken ;  wenn  die 
ganze  Menge  hervorgekommen  und  im  Gefechte  bereits  so  stark  ge- 
worden sei,  daß  ihr  nicht  mehr  leicht  Widerstand  geleistet  werden 
könnte,  solle  er  allmählich  zurückweichen;  er  (Scipio)  werde  schon 
rechtzeitig  in  den  Kampf  eingreifen.  (9)  Er  wartete,  bis  er  das  Gefühl 
hatte,  daß  für  die  vorausgesandte  Abteilung  genug  Zeit  verstrichen 
sei,  um  die  Feinde  hervorzulocken;  dann  folgte  er  mit  der  römischen 

38* 


59  1  Der  zweite  Panische  Krieg  iu  Afrika. 

Reiterei,  gedeckt  durch  die  Hügel,  welche  in  äußerst  vorteilhafter 
Lage  in  der  Gegend  einer  Wegbiegung  vor  ihm  lagen.  (10)  Massinissa 
führte  das  verabredete  Manöver  aus,  indem  er  bald  den  Feind  ein- 
schüchtern zu  wollen,  bald  selbst  sich  zu  fürchten  schien;  bald  ritt  er 
gegen  die  Tore  an,  bald  suchte  er  durch  Zurückweichen,  durch  verstellte 
Furcht  die  Kühnheit  des  Feindes  weckend,  diesen  zur  vorschnellen  Ver- 
folgung hinzureißen.  (11)  Noch  waren  nicht  alle  herausgekommen,  und 
der  Führer  hatte  viele  Mühe,  die  einen,  die  wein-  und  schlaftrunken  da- 
lagen, zum  Ergreifen  der  Waffen  und  Aufzäumen  der  Pferde  zu  veran- 
lassen, andere  wieder  zurückzuhalten,  damit  sie  nicht  zerstreut,  ohne  Ord- 
nung, Verbände  und  Feldzeichen  bei  allen  Toren  hinausstürmten.  (12)  Zu- 
erst, solange  sie  unvorsichtig  angriffen,  nahm  Massinissa  ihre  Angriffe 
an;  bald  brach  aber  eine  größere  Zahl  dicht  geschlossen  aus  einem 
Tore  und  stellte  das  Gefecht  wieder  her;  als  endlich  die  ganze  Reiterei 
am  Gefechtsfelde  war,  wurde  weiterer  Widerstand  unmöglich.  (13)  In- 
deß  Massinissa  ließ  es  nicht  zu  voller  Flucht  und  Auflösung  kommen, 
sondern  leistete  während  des  Weichens  planmäßig  ihren  Angriffen 
Widerstand,  bis  er  die  Reiterei  zu  den  Hügeln  gebracht  hatte,  welche 
die  römische  Kavallerie  verdeckten.  (14)  Diese  brach  von  dort  hervor 
und  warf  sich  mit  frischen  Kräften  und  Pferden  von  allen  Seiten  auf 
Hanno  und  die  Afrikaner,  die  vom  Kampfe  und  der  Verfolgung  ermüdet 
waren ;  Massinissa  aber  machte  sofort  kehrt  und  warf  sich  neuerdings  in 
den  Kampf.  (15)  Gegen  tausend  Mann  von  der  Vorhut,  die  nicht  mehr 
zurück  konnten,  wurden  samt  ihrem  Führer  Hanno  abgeschnitten  und 
niedergemacht.  (16)  Die  übrigen,  besonders  durch  den  Fall  des  Führers 
erschreckt,  flohen  in  voller  Auflösung;  die  Sieger  verfolgten  sie  30  Meilen 
weit  und  töteten  oder  machten  zu  Gefangenen  überdies  gegen  2000 
Reiter. 

Appian  Lib.  14.  Syphax,  sei  es  aus  Furcht,  sei  es  aus  Miß- 
trauen gegen  beide  Verbündete,  gab  vor,  daß  die  benachbarten  Barbaren 
sein  Reich  bedrohten,  und  brach  in  die  Heimat  auf.  Scipio  aber  ent- 
sandte nur  kleine  Abteilungen,  um  mit  Hasdrubal  zu  plänkeln,  indeß 
traten  auch  einige  Städte  zu  ihm  über.  Da  kam  Massinissa  des 
Nachts  im  geheimen  ins  Lager  Scipios,  begrüßte  ihn  und  legte  ihm 
nahe,  am  folgenden  Tage  an  einem  von  Utika  30  Stadien  entfernten 
Platz,  wo  ein  von  Agathokles,  dem  Tyrannen  von  Syrakus,  erbauter 
Turm  steht,  eine  Abteilung  von  nicht  mehr  als  5000  Mann  in  den 
Hinterhalt   zu    legen.    An    dem  Tage   selbst  aber  überredete  er  den 


Utika.    Anhang":  Übersetzung-  der  Schlachtberichte.  595 

Hasdrubal,  seinen  Reiterführer  Hanno  auszusenden,  um  die  Stärke  des 
Feindes  zu  rekognoszieren  und  in  Utika  einzudringen,  damit  die  Be- 
wohner nicht  infolge  der  Annäherung  des  Feindes  meuterten.  Er 
selbst  versprach,  wenn  jener  es  befehle,  zu  folgen.  Hanno  führte  1000 
auserlesene  karthagische  Reiter  und  eine  Anzahl  Libyer,  Massinissa 
seine  Numider.  Als  sie  sich  dem  Turme  näherten  und  Hanno  mit 
wenigen  gegen  Utika  vorausritt,  erschien  ein  Teil  der  im  Hinterhalt 
liegenden  Truppe,  und  Massinissa  befahl  dem  Anführer  der  kar- 
thagischen Reiter,  jene,  da  sie  nur  wenige  seien,  zu  attackieren. 
Er  selbst  folgte  ihm  in  geringem  Abstände  wie  zur  Unterstützung. 
Sobald  die  Libyer  in  die  Mitte  genommen  waren,  erschien  das 
Gros  des  Hinterhaltes  und  die  Römer  wie  Massinissa  metzelten  sie 
von  beiden  Seiten  nieder  bis  auf  vierhundert,  die  sich  kriegsge- 
fangen gaben.  Nachdem  dies  vollbracht,  kehrte  Massinissa  zu  Hanno 
in  scheinbarer  Freundschaft  zurück,  nahm  ihn  gefangen  und  führte 
ihn  in  das  Lager  Scipios;  lieferte  ihn  aber  dem  Hasdrubal  gegen  seine 
Mutter  aus. 

2.  Der  Lagerüberfall. 

Polybios  XIV  4.  Sobald  alles  zu  der  in  Aussicht  genommenen 
Unternehmung  bereit  war,  ließ  er  eine  hinreichende  Zahl  geeigneter 
Mannschaft  im  Lager  zurück  und  brach  gerade  beim  Schlüsse  der 
ersten  Nachtwache  mit  den  Truppen  auf;  denn  die  Entfernung  zum 
Feinde  betrug  etwa  60  Stadien.  (2)  Als  er  gegen  Schluß  der  dritten 
Nachtwache  sich  den  Feinden  näherte,  übergab  er  dem  C.  Laelius 
und  dem  Massinissa  die  Hälfte  der  Truppen  nebst  allen  Numidern  mit 
dem  Auftrag,  den  Angriff  auf  das  Lager  des  Syphax  auszuführen ;  (3) 
er  ermahnte  sie,  sich  als  verständige  Männer  zu  zeigen  und  nichts 
planlos  zu  tun;  sie  wüßten  ja  wohl,  daß,  je  mehr  die  Finsternis  das 
Sehen  hindere,  desto  mehr  die  nächtlichen  Hindernisse  durch  Klugheit 
und  Mut  ausgeglichen  werden  müßten.  (4)  Er  selbst  nahm  den  übrigen 
Teil  des  Heeres  und  wandte  sich  damit  gegen  Hasdrubal;  war  jedoch 
entschlossen  nicht  früher  anzugreifen,  ehe  nicht  das  Korps  des  Laelius 
Feuer  in  das  feindliche  Lager  geworfen  hätte.  (5)  Auf  Grund  dieses 
Entschlusses  ging  er  nur  in  langsamem  Schritt  weiter  vor;  das  Korps 
des  Laelius  aber  teilte  sich  in  zwei  Gruppen,  welche  zu  gleicher  Zeit 
die  Feinde  angriffen.  (6)  Da  nun  die  Zelte,  wie  erwähnt,  wie  mit 
Absicht    zum  Anzünden    hergestellt   waren,    so   ergriff  das   von   den 


596  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

Vordersten  hineingeworfene  Feuer  sofort  die  nächsten  Zelte,  und  da 
diese  eng  aneinandergereiht  waren  und  massenhafter  brennbarer 
Stoff  da  war,  so  gab  es  keine  Hilfe  gegen  das  Unheil.  (7)  Laelius 
hielt  zunächst  die  Truppen  zuwartend  zurück;  Massinissa,  mit  den 
Orten  vertraut,  wo  die  vor  dem  Feuer  Fliehenden  den  Rückzug  be- 
werkstelligen mußten,  hatte  ihnen  dort  seine  Truppen  entgegengestellt. 
(8)  Auf  Seiten  der  Numider  ahnte  niemand  was  vorging,  auch  Syphax 
nicht;  sie  glaubten  vielmehr,  das  Lager  sei  von  selbst  in  Brand  ge- 
raten. (9)  Daher  stürzten  sie  arglos  teils  aus  dem  Schlafe,  teils 
trunken  oder  vom  Gelage  aus  den  Zelten.  (10)  Viele  wurden  an 
den  Lagerausgängen  von  den  eigenen  Leuten  zerstampft,  viele  stürzten 
in  die  Flammen  und  fanden  dort  den  Tod;  aber  auch  die,  welche 
dem  Feuer  entrannen,  fielen  insgesamt  den  Feinden  in  die  Hände 
und  wurden  niedergemacht,  ohne  zu  wissen,  was  mit  ihnen  vorging 
oder  was  sie  taten. 

K.  5.  Als  um  diese  Zeit  die  Karthager  die  Feuermasse  und  die 
hoch  emporschlagenden  Flammen  erblickten,  glaubten  sie,  das  Lager 
der  Numider  sei  von  selbst  in  Brand  geraten;  einige  eilten  freiwillig 
zu  Hilfe,  (2)  die  übrigen  liefen  insgesamt  aus  dem  Lager  und  standen, 
erschreckt  über  das  Geschehene,  unbewaffnet  vor  dem  eigenen  Wall. 
(3)  Scipio  aber,  dem  so  alles  nach  Wunsch  ging,  fiel  über  die  Heraus- 
gekommenen her,  machte  sie  teils  nieder,  teils  trieb  er  sie  ins  Lager 
zurück  und  warf  gleichzeitig  Feuer  in  die  Zelte.  (4)  Da  ging  es 
nun  den  Puniern  infolge  des  Feuers  und  dessen  Folgen  nicht  anders 
als  den  Numidern.  (5)  Hasdrubal  und  die  Seinen  standen  sofort  davon 
ab,  das  Feuer  löschen  zu  wollen,  da  sie  aus  den  Umständen  erkannten, 
daß  auch  über  die  Numider  das  Unheil  nicht  von  selbst,  wie  sie  ge- 
glaubt, sondern  durch  die  Klugheit  und  Kühnheit  der  Feinde  herein- 
gebrochen sei;  (6)  sie  dachten  nur  mehr  an  ihre  Rettung,  obgleich 
ihnen  selbst  dazu  wenig  Hoffnung  blieb.  (7)  Denn  das  Feuer  griff 
schnell  um  sich  und  ergriff  alle  Teile  des  Lagers;  die  Lagerstraßen 
waren  erfüllt  mit  Pferden,  Tragtieren  und  Menschen,  die  teils  halbtot 
oder  verbrannt,  teils  völlig  besinnungslos  vor  Entsetzen  waren,  (8)  so  daß 
auch  die,  welche  sich  mannhaft  halten  wollten,  sich  hierdurch  daran 
gehindert  sahen,  und  in  der  Bestürzung  und  Verwirrung  jede  Hoffnung 
auf  Rettung  schwand.  (9)  Ebenso  ging  es  dem  Syphax  und  den 
anderen  Führern.  Indessen  retteten  sich  die  beiden  Feldherren  mit 
wenigen    Reitern;    (10)    die    übrigen    Zehntausende    von    Menschen, 


Utika.    Alihang:  Übersetzimg-  der  Schlachtberichte.  597 

Pferden   und  Tragtieren   fanden  einen   kläglichen  Untergang   in    den 
Flammen. 

3.  Die  Schlacht  auf  den  „großen  Feldern". 

Polybios  XIV,  7.  ...  (9)  Endlich  nach  30  Tagen  schlugen  sie 
(die  Karthager)  auf  den  sogenannten  „großen  Feldern"  ihr  Lager 
vereint  mit  den  Numidern  und  den  Keltiberern,  nicht  weniger  als  ins- 
gesamt 30000  Mann. 

Kap.  8.  Sobald  dies  im  römischen  Lager  bekannt  wurde,  rüstete 
Publius  sogleich  zum  Aufbruch,  und  nachdem  er  dem  Belagerungs- 
korps vor  Utika  und  der  Flotte  Instruktionen  erteilt,  brach  er  mit 
durchwegs  leichtbepacktem  Heere  auf.  (2)  Als  er  nach  fünftägigem 
Marsch  auf  die  „großen  Felder"  und  in  Feindesnähe  gelangt  war, 
schlug  er  am  ersten  Tage  sein  Lager  auf  einem  Hügel,  etwa 
30  Stadien  vom  Feinde;  (3)  am  folgenden  Tage  stieg  er  unter  Vor- 
aussendung der  Reiterei  in  die  Ebene  hinab  und  setzte  sich  auf 
7  Stadien  Distanz  fest.  (4)  Die  beiden  folgenden  Tage  blieben  beide 
Teile  in  dieser  Stellung  und  beschränkten  sich  auf  Plänkeleien;  am 
vierten  rückten  beide  ihrem  Plane  gemäß  aus  und  entwickelten  ihre 
Streitkräfte.  (5)  Publius  stellte  einfach  nach  der  gewohnten  Norm  im 
ersten  Glied  die  Manipeln  der  Hastaten,  hinter  sie  jene  der  Principes, 
endlich  ganz  rückwärts  die  der  Triarier;  (6)  von  der  Reiterei  stellte 
er  die  italische  auf  den  rechten,  die  numidische  unter  Massinissa  auf 
den  linken  Flügel.  (7)  Syphax  und  Hasdrubal  stellten  die  Keltiberer 
ins  Zentrum,  den  römischen  Manipeln  gegenüber,  die  Numider  auf  den 
linken,  die  Karthager  auf  den  rechten  Flügel.  (8)  Gleich  beim  ersten 
Zusammenstoße  wichen  die  Numider  vor  den  italischen  Reitern,  die 
Karthager  vor  Massinissa,  da  die  wiederholten  Niederlagen  ihren  Mut 
gebrochen  hatten.  (9)  Die  Keltiberer  jedoch  kämpften  wacker,  als  sie 
mit  den  Römern  zusammenstießen.  Denn  da  sie  die  Gegend  nicht 
kannten,  konnten  sie  weder  hoffen,  sich  durch  die  Flucht  zu  retten, 
noch  hatten  sie  im  Falle  der  Gefangennahme  wegen  ihres  Treubruchs 
gegen  Publius  Gnade  zu  erwarten.  (10)  Weil  sie  nämlich  von  ihm  in 
Iberien  nicht  als  Feinde  behandelt  worden  waren,  so  traf  sie  der  Vor- 
wurf der  Ungerechtigkeit  und  Vertragsbrüchigkeit,  da  sie  kamen,  um 
mit  den  Karthagern  gegen  die  Römer  zu  kämpfen.  (11)  Kaum  waren 
aber  die  Flügel  zum  Weichen  gebracht,  als  sie  rasch  von  den  Principes 
und   Triariern   umfaßt   und   mit  wenigen  Ausnahmen   niedergemacht 


5 <)S  Der  zweite  Panische  Krieg;  in  Afrika. 

wurden.  (12)  So  fanden  die  Kel  tiberer  den  Untergang,  indem  sie  den 
Karthagern  nicht  nur  in  der  Schlacht,  sondern  auch  auf  der  Flucht 
einen  großen  Dienst  erwiesen:  (13)  Denn  wären  hierdurch  die  Römer 
nicht  aufgehalten  worden,  sondern  den  Fliehenden  auf  den  Fersen  ge- 
folgt, so  wären  überhaupt  nur  wenige  Feinde  entkommen.  (14)  Wäh- 
rend sie  aber  so  die  Römer  aufhielten,  bewerkstelligte  Syphax  mit 
seinen  Reitern  in  Sicherheit  den  Rückzug  in  sein  Reich,  Hasdrubal 
aber  mit  den  Resten  seines  Heeres  nach  Karthago. 


Narraggara- 


2.  Narraggara. 

Hierzu  Karte  14. 

1.  Das  Schlachtfeld. 

Die  große  Entscheidungsschlacht  zwischen  Scipio  und  Hannibal,  Das  Problem, 
eines  der  historisch  wie  militärisch  interessantesten  Ereignisse  der 
Weltgeschichte,  bietet  in  fast  jeder  Hinsicht  eines  der  schwierigsten 
Probleme  der  Forschung.  Nicht  zuletzt  für  die  Lokalforschung ;  denn 
nicht  weniger  als  130  Kilometer  in  west-östlicher  Luftlinie  mißt  der 
Raum,   innerhalb    dessen  man  sie  bisher  zu  lokalisieren  versucht  hat. 

Und  doch  ist  es  eigentlich  ein  oberflächlicher  Irrtum,  der  eine  ^zama- 
ganze  Reihe  ernstester  Forscher  auf  falsche  Wege  gelenkt  hat:  die 
auf  der  Schulbank  suggestiv  aufgenommene,  auf  der  Nachlässigkeit 
eines  der  minderwertigsten  Historiker  des  Altertums  beruhende 
falsche  Bezeichnung  der  Schlacht.  Heute  noch  kann  man  in  allen 
Lehrbüchern  von  der  „Schlacht  bei  Zama"  lesen;  und  doch 
gründet  sich  diese  Bezeichnung  einzig  und  allein  auf  —  Cornelius 
Nepos! 

Im  Gegensatze  hierzu  geht  gerade  aus  der  ausführlichen  poly- 
bianisch-livianischen  Überlieferung,  der  besten,  ja  fast  einzig  brauch- 
baren, die  wir  haben,  ausdrücklich  hervor,  daß  die  Schlacht 
nicht  bei  Zama,  sondern  bei  Narraggara  geschlagen  worden 
ist.  Allerdings  stand  vorher  eine  Zeitlang  Hannibal  bei  Zama;  Scipio 
aber  bei  Narraggara.  Dann  aber  brach  Hannibal  von  Zama  auf 
und  marschierte  bis  auf  572  Kilometer  an  Scipio  heran, 
und  hier,  also  bei  Narraggara,  kam  es  zur  Schlacht.  So  in  un- 
zweifelhafter Weise  die  Hauptquelle. 

Daß  der  Marsch  Hannibals  von  Zama  gegen  Narraggara  nicht 
einfach  eine  kleine  Lagerverschiebung  auf  engem  Räume,  sondern  ein 


600  Der  zweite  Panische  Krieg'  in  Afrika. 

mehrtägiger  Marsch  war,  geht  schon  aus  dem  Wortlaute  des  Polybios 
XV  6,  "2   hervor:  dviKsv^e,  xal  ovvsyyloag  .  .  .  YMTaöTQctTOTtidevae. 
Mäoyaoor  Nun    findet   sich  allerdings  in  der  Handschrift  des  Polybios  statt 

Narraggara.  ^em  bei  Livius  genannten  „Narraggara"  der  Name  „niagyctgov". 
Mit  Recht  aber  hat  man  dieses  Wort,  dem  livianischen  Text  folgend, 
in  „Naggdyyagav"  geändert.  Denn  daß  Livius  in  dieser  Schilderung 
einzig  Polybios  benützt  hat,  ist  längst  erwiesen1);  gerade  der  Satz, 
in  dem  der  fragliche  Name  vorkommt,  ist  von  Livius  fast  wörtlich 
aus  Polybios  herübergenommen.  (Pol.  XV  5,  14  =  Liv.  XXX  29,  9.) 
Demnach  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  daß  bei  Livius  und  bei  Polybios 
derselbe  Name  gestanden  hat,  und  da  Margaron  sonst  völlig  unbekannt, 
Narraggara  aber  als  antike  Stadt  bezeugt  ist,  so  dürfte  bei  Polybios 
eine  Textverderbnis  vorliegen,  oder  aber  „Mdgyagov"  und  „Nar- 
raggara" Synonyma  sein,  etwa  wie  „Maxdga"  und  „Bagradas". 

Indeß  läßt  sich  auch  für  jene,  die  zu  der  Ansicht  neigen,  Livius 
habe  das  bei  Polybios  stehende,  ihm  unbekannte  „Mdgyagov"  will- 
kürlich in  das  bekanntere  „Narraggara"  geändert2),  der  Beweis  er- 
bringen, daß  das  Schlachtfeld  dennoch  unbedingt  in  jener  Gegend  zu 
suchen  ist,  in  welcher  Narraggara  tatsächlich  liegt,  womit  die  Identität 
beider   Ortsnamen   in   höchstem   Grade  wahrscheinlich    gemacht   ist. 

Wir  besitzen  nämlich  Angaben  über  Hannibals  Flucht  vom 
Schlachtfelde  nach  Hadrumetum,  und  zwar  bei  Appian 
Lib.  47  und  Cornelius  Nepos  Hann.  6. 

Ersterer  gibt  die  Entfernung  mit  3000  Stadien  =  rund  530  Kilo- 
meter, die  Zeit  mit  zwei  Tagen  und  zwei  Nächten  =  48  Stunden  an; 
letzterer  die  Entfernung3)  mit  300  Millien  =  rund  450  Kilometer,  die 
Zeit  gleichfalls  mit  2  Tagen  und  2  Nächten. 

Daß  in  diesen  Angaben  eine  Übertreibung  vorliegt,  ist  außer 
Zweifel;  ebenso  daß  sie  die  Tendenz  verfolgt,  die  Flucht  als  möglichst 


1)  Siehe  Zieliriski  (No.  15),  p.  95 ff. 

2)  Es  ist  übrigens  höchst  unwahrscheinlich,  daß  Narraggara  zur  Zeit  des 
Livius  ein  sehr  bekannter  Ort  gewesen,  da  es  vor  diesem  Schriftsteller  niemals  und 
nach  ihm  erst  hundert  Jahre  später  bei  Ptolemäus  und  dann  in  den  Itinerarien  genannt 
erscheint.  Damit  wird  eine  willkürliche  Änderung  von  „Mdgyapov"  in  „Narraggara" 
durch  Livius  aus  dem  Bereiche  jeder  Wahrscheinlichkeit  gerückt. 

3)  Cornelius  Nepos  gibt  die  Entfernung  von  Zama  nach  Hadrumetum  an;  da 
er  aber  die  Schlacht  selbst  nach  Zama  verlegt  und  textlich  klar  die  Flucht  vom 
Schlachtfelde  gemeint  ist,  so  liegt  entschieden  dasselbe  Faktum  wie  bei  Appian 
zugrunde. 


Narraggara.     1.  Das  Schlachtfeld.  601 

beschleunigt  hinzustellen.  Nun  kann  dieser  Zweck  auf  doppelte  Art 
erreicht  werden:  entweder  man  setzt  zur  gegebenen  Zeit  eine  über- 
trieben große  Distanz,  oder  zur  gegebenen  Distanz  eine  übertrieben 
kurze  Zeit.  In  diesem  Falle  zeigt  sich  deutlich,  daß  die  Zeit  der 
gegebene  Faktor  ist,  nicht  weil  sie  in  beiden  Autoren  gleich  ange- 
geben wird  und  die  Entfernung  verschieden  —  denn  letzteres  kann 
auch  auf  eine  falsche  Umrechnung  der  Stadien  in  Meilen  durch 
Nepos  zurückzuführen  sein  *),  —  sondern  weil  uns  die  gegebenen  Ent- 
fernungen derart  weit  nach  Westen  —  bis  tief  nach  Algier  —  führen 
würden,  daß  hierin  allein  eine  grobe  Un Wahrscheinlichkeit  erblickt 
werden  muß;  denn  dort  gibt  es  weder  ein  Zama  noch  ein  Narraggara. 
Andererseits  wäre  die  durch  diese  Daten  gegebene  Geschwindigkeit  der 
Flucht  von  10  bis  12  Kilometer  pro  Stunde  ohne  Rasten  in  jenem  da- 
zumal wohl  nur  zum  geringsten  Teile  von  chaussierten  Kommuni- 
kationen durchzogenen  Terrain  auf  die  Dauer  von  48  Stunden  (täglich 
265  bezw.  225  Kilometer!)  einfach  unmöglich2). 

Wenn  wir  nun  also  die  Zeit  als  richtig  annehmen,  so  ergibt  ein 
Kalkül,  welche  Strecke  in  der  gegebenen  Zeit  im  gegebenen  Terrain 
noch  als  beiläufige  Maximalleistung  bewältigt  werden  kann  — 
denn  eine  solche  liegt  zweifellos  vor  —  annähernd  die  Distanz  des 
Schlachtfeldes  von  der  Küste.  Wir  haben  den  Weg  von  Sousse 
(Hadrumetum)  bis  Sidi  Youssef  (Narraggara)  zum  größten  Teile  im 
Sattel  zurückgelegt,  und  ich  möchte  als  aktiver  Offizier  einer  be- 
rittenen Waffe  mein  Urteil  dahin  abgeben,  daß  in  diesem  zum  Teile 
verkarsteten,  von  stellenweise  recht  mäßigen  Saumwegen  durch- 
zogenen Landstriche  ein  Ritt  von  100  — 120  Kilometer  pro  Tag 
wohl  das  Maximum  darstellt,  auch  dann,  wenn  man  weiß,  daß  man  in 


1)  Daß  Nepos  griechische  Quellen  benutzt  hat  und  demnach  umrechnen  mußte, 
hat  Haehnel,  Die  Quellen  des  Cornelius  Nepos  im  Leben  Hanuibals,  Greifswald 
1888,  nachgewiesen.  Dort  auch  auf  S.  19  Anm.  1  unter  Berufung  auf  U.  Becker 
und  Hisely  die  Vermutung  der  falschen  Umrechnung. 

2)  Eventuelle  Kritiker  seien  gewarnt,  an  diese  Frage  die  Ergebnisse  unserer 
heutigen  „Distanzritte"  (Wien— Berlin  u.  dgl.)  als  Maßstab  anzulegen;  denn  erstens 
erfolgten  dieselben  durch  Einzelreiter,  nach  weitgehenden  Vorbereitungen,  auf  speziell 
für  diesen  Zweck  von  langer  Hand  trainierten  Pferden,  dann  aber,  was  die  Haupt- 
sache ist,  größtenteils  auf  chaussierten,  oder  doch  für  Reiter  günstigen  Kommu- 
nikationen. Man  stelle  dieselbe  Aufgabe  einmal  im  Innern  von  Tunis,  dessen  heutige 
Beschaffenheit  in  dieser  Hinsicht  wohl  so  ziemlich  jener  zu  Hannibals  Zeit  ent- 
sprechen dürfte,  und  besehe  dann  das  Resultat! 


002 


Der  zweite  Pnuische  Krieg  in  Afrika. 


Narraggara  = 
Sidi  Youssef. 


48  Stunden  am  Ziele  ist  und  daher  die  Rasten  innerhalb  dieses  Zeit- 
raumes auf  das  äußerste  Minimum  reduzieren  kann. 

Dieses  Kalkül  ergibt  eine  zulässige  Distanz  von  200  bis  240 
Kilometer.  Nun  schwankt  die  Entfernung  zwischen  Sousse  und  Sidi 
Youssef  je  nach  dem  eingeschlagenen  Wege1)  zwischen  zirka  250  und 
270  Kilometer,  und  wenn,  wie  sich  uns  später  auf  anderem  Wege  tat- 
sächlich herausstellen  wird,  das  Schlachtfeld  herwärts  von  Narraggara 
gelegen  hat,  so  ergibt  sich  eine  Distanz  für  die  Flucht,  die  mit 
obigem  Kalkül  übereinstimmt. 

Daraus  folgt,  daß  wir  das  Schlachtfeld  und  damit  das  „Magyccgov" 
des  Polybios  tatsächlich  in  derselben  Gegend  zu  suchen  haben,  in  der 
auch  das  überlieferte  Narraggara  lag;  woraus  die  Identität  beider  Be- 
zeichnungen zum  mindesten  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  hervorgeht. 

Damit  ist  schon  viel  gewonnen ;  denn  Narraggara  ist  der  Lage  nach 
bekannt,  sicherer  sogar  als  Zama. 

Bis  vor  kurzem  herrschte  noch  Zweifel,  ob  die  Stadt  mit  dem 
heutigen  Sidi  Youssef  beziehungsweise  dem  dortigen  Ruinenfeld 
HenchirKsarJaber2)  identisch  sei,  oder  mit  der  zirka  9  Kilometer 
nördlich  gelegenen  Stätte  Ksiba  Mraou  (Hir  el  Okseiba  beiFedj  Mraou 
der  neuen  Karte)3).  Für  die  Entscheidung  unserer  Frage  ist  dies  bei  der 
geringen  Entfernung  beider  Orte  ohnehin  fast  belanglos;  immerhin  sei 
gleich  hier  bemerkt,  daß  an  der  Identität  von  Sidi  Yousset  mit  Narrag- 
gara heute  kein  Zweifel  mehr  möglich  ist.  Denn  Narraggara  war  eine 
Station  der  Straße  Sicca— Narraggara— Gegetu — Thacora;  diese  Straße, 
deren  übrige  Punkte  wir  gleichfalls  kennen,  konnte  in  dem  in  Be- 
tracht kommenden  Terrain  einzig  über  Sidi  Youssef  führen.  Sie  über 
Ksiba  Mraou  zu  bauen,  wäre  wohl  selbst  einem  numidischen  Straßen- 
bauingenieur niemals  beigefallen4).  Darüber  Näheres  später  bei  Be- 
schreibung des  Terrains  (S.  604). 


1)  Über  die  verschiedenen  Wege  wird  unten  S.  645  die  Rede  sein. 

2)  Auf  den  neuesten  Karten  findet  sich  dieser  Name  nicht ;    er  bezeichnet  das 
Ruinenfeld  unmittelbar  nördlich  des  Ortes  Sidi  Youssef. 

3)  für    die    erste    Hypothese:    Shaw  (No.  2)  p.  162;    Lewal  (No.    7)  p.   116; 
Tis  so  t  (No.  18)  II.  380;  Brunon  (No.  20)  p.  155. 

für   die   zweite:  Berbrugger  (No.  5)  p.  267;  Mommsen  (No.  19)  p.  155; 
Schmidt  (No.  27)  (CIL.  VIII.   1599,   Eph.  epigr.  V.  415). 

Unentschieden:  K.Lehmann  (No.  32)  p.  548;  Delbrück  (No.  39)2  396. 

4)  Wie  die  in  der  vorigen  Anmerkung  gegebene  Liste  erweist,   haben  zumeist 
die  wirklichen  Kenner  des  Terrains  sich  für  Sidi  Youssef,  und  die  Nichtkenner  für 


Narraggara.     1.  Das  Schlachtfeld. 


603 


Im  Bereich  dieser  Lokalität  also  haben  wir  das  Schlachtfeld  zu 
suchen,  und  wir  halten  es  gleichzeitig  für  unsere  Pflicht,  nachdrück- 
lichst für  die  richtige  Bezeichnung  „Schlacht  bei  Narraggara" 
einzutreten1).  Der  näheren  Ortsbestimmung  muß  zunächst  eine  ein- 
gehende Untersuchung  des  ganzen  in  Betracht  kommenden  Geländes 
vorangehen. 

Sidi  Youssef  liegt  genau  auf  der  heutigen  Grenze  zwischen  Tunis  Die  Gegend. 
und  Algier,  etwa  in  der  Mitte  zwischen  dem  Ou.  Medjerda  und  dem 
Ou.  Mellegue,  von  jedem  dieser  Flüsse  rund  20  Kilometer  entfernt,  im 
südlichen  Teile  eines  Hochlandes,  das  wir  uns  zunächst  etwas  ein- 
gehender betrachten  müssen,  da  die  zum  großen  Teil  unzutreffende 
Vorstellung,  die  man  sich  von  ihm  bisher  gemacht  hat,  Anlaß  zu  ver- 
hängnisvollen Irrtümern  gewesen  ist. 

In  fast  allen  älteren  Werken,  zum  Teil  auch,  aus  jenen  übernom- 
men, in  neueren  Arbeiten,  findet  sich  für  dieses  Hochland  die  Be- 
zeichnung „Hochebene  Hannencha"  („Hannechau,  „Hen-Neishah" 
usw.).  Auf  den  modernen  Karten  findet  sich  der  Name  nicht,  und  an 
Ort  und  Stelle  kennt  ihn  kein  Mensch2).  Das  würde  nun  an  und  für 
sich  wenig  ausmachen;  schwerer  jedoch  wiegt,  daß  wir  es  mit  nichts 
weniger  als  mit  einer  Hochebene  zu  tun  haben.  Hoch  ist  das  Terrain 
wohl,  eben  aber  absolut  nicht.  Der  ganze  Komplex  ist  ein  ausge- 
sprochenes, aus  zahlreichen  parallel  (SW-NO)  streichenden  Rücken  be- 
stehendes Mittelgebirgsland  von  stark  ausgesprochenen,  zum  Teil  sehr 
steilen  Formen;  alle  Ketten  haben  scharf  geformte  Gipfel  und  sind  von 
einander  durch  steilrandige,  oft  schluchtartige  Täler  getrennt.  An 
einigen  wenigen  Stellen   finden   sich  flachere  Kessel,   deren  halbwegs 


Die 

„Hannencha". 


Terrain - 
konfiguration. 


Ksiba  Mraou  entschieden;  denn  auch  Berbrugger,  der  zwar  auf  Grund  von  Autopsie 
schreibt,  hat  gerade  von  dieser  Gegend  eine  derart  falsche  Beschreibung  geliefert, 
daß  er  füglich  zur  zweiten  Kategorie  gezählt  werden  muß. 

1)  Mit  voller  Entschiedenheit  angewandt  findet  sich  diese  Bezeichnung  meines 
Wissens  —  wenigstens  bei  deutschen  Autoren  —  nur  in  der  erwähnten  Schrift  von 
K.  Lehmann;  Delbrück,  der  ihm  im  wesentlichen  folgt,  schreibt  „Zama-Nar- 
raggara". 

2)  Auf  der  alten  „Carte  de  reconnaissance",  Blatt  „El  Kef",  findet  sich  die  Be- 
zeichnung „Kaidat  (=  Bezirk)  des  Hanencha",  jedoch  nicht  im  Hochlande,  sondern  in 
der  später  zu  erwähnenden,  tiefgelegenen  Melleguesteppe,  und  zwar  bezieht  sich,  nach 
der  Schrift  zu  schließen,  die  Bezeichnung  nur  auf  ein  Gebiet  von  etwa  12  Kilometer 
Breite.  Auf  der  neuen  Karte  1 :  100  000  kommt  dieser  Stammesname  —  denn  um 
einen  solchen  handelt  es  sich  hier  wohl  —  auch  an  dieser  Stelle  (Blatt  „Djebel  Har- 
raba")  nicht  mehr  vor. 


Hill 


Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 


Ressourcen. 


Weg- 
Verhältnisse. 


ebene  Sohle  jedoch  niemals  die  Maximaldimension  von  1  i/j  bis  2  Kilo- 
metern überschreitet;  im  übrigen  ist  das  Terrain  durchwegs  stark 
koupiert,  also,  um  den  springenden  Punkt  gleich  vorwegzunehmen,  nir- 
gends  auch  nur  annähernd  von  der  Art,  wie  die  Heere 
Roms  sie  für  eine  „bataille  rangeV  brauchten  und 
wünschten. 

Besser  steht  es  dort  mit  den  Ressourcen.  Wasser  ist  im  allge- 
meinen in  hinreichender  Menge  vorhanden,  und  infolgedessen  auch  die 
Fruchtbarkeit  der  Gegend  eine  gute  zu  nennen.  Wo  die  Neigung 
der  Hänge  es  gestattet,  sind  dieselben  mit  Feldern,  oder  auch  mit 
geradezu  prachtvollem  Urwalde  bedeckt.  An  vielen  Stellen  tritt  aller- 
dings infolge  der  Steilheit  der  Formen  oder  partieller  oberflächlicher 
Verkarstung  der  kahle  Fels  zutage,  und  einzelne  Abschnitte,  wie  der 
Ostabfall  gegen  den  unteren  Ou.  Mellegue,  sind  auch  wasserarm 
und  wüst1). 

Das  Klima  ist  fast  jenes  einer  mitteleuropäischen  Gebirgsgegend. 
Wir  erlebten  Ende  Februar  1908  in  Sidi  Youssef  einen  Schneesturm, 
der  den  ganzen  Ort  gründlich  einschneite.  Auch  in  der  heißen  Jahres- 
zeit würde  sich  die  Gegend,  wie  an  Ort  und  Stelle  lebende  Europäer 
bezeugten,  für  eine  Sommerfrische  nach  mitteleuropäischen  Begriffen 
recht  gut  eignen. 

Recht  miserabel  sind  die  Wegverhältnisse.  Einzig  in  der 
Längsrichtung  zwischen  den  Bergketten  gibt  es  leidlich  brauchbare 
durchlaufende  Kommunikationen,  von  denen  die  alte  Straßentrace  von 
El  Kef  über  Sidi  Youssef  nach  Westen  derzeit  neu  chaussiert  wird2). 


1)  Dies  ist  die  Stelle,  wo  gemeiniglich  das  Feld  der  IugurthaschlacM  am  Muthul 
gesucht  wird.  Vgl.  R.  0 eh ler  in  dem  „Jahresber.  d.  österr.  archäol.  Inst.1'  1909. 
327  ff. 

2)  Diese  Straße,  zweifellos  im  allgemeinen  dem  Zuge  der  früher  erwähnten 
Römerstraße  Thacora-Sicca  folgend,  zieht  sich  nördlich  der  südlichsten  der  durchlau- 
fenden Längsketten  von  Westen  kommend  bis  Sidi  Youssef,  wo  diese  Kette  eine  breite 
Unterbrechung  aufweist,  und  durch  diese  in  stumpfem  Winkel  hinab  schräg  an  den 
Ou.  Mellegue.  Es  ist  dies  auch  die  für  eine  Verbindung  von  selbst  gegebene  Trace ; 
ein  Ausbiegen  über  Ksiba  Mraou  würde  nicht  nur  einen  bedeutenden  Umweg,  sondern 
auch  die  Überquerung  mehrerer  schwieriger  Bergrücken  erfordern.  Daß  eine  so  statt- 
liche Stadt,  wie  die  Ruinen  von  H»*  Okseiba  erkennen  lassen,  nicht  gänzlich  abseits 
jeder  Straße  gelegen  haben  kann,  ist  ohne  weiteres  zuzugeben;  doch  dürfte  es  sich 
hier  vermutlich  um  eine  Querstraße  von  Narraggara  direkt  zum  Bagradastal  gehandelt 
haben.  Solche  Querstraßen  scheint  es  zur  Zeit  der  römischen  Blüte  auch  in  dieser 
Gegend  mehrere  gegeben  zu  haben;  wir  selbst  sind  auf  unserem  Ritte  von  Sidi 
Youssef  zur  Bahnstation  Grhardimaou   zum  Teil   den  Spuren  einer  solchen  gefolgt. 


Narraggara.     1.  Das  Schlachtfeld.  605 

In  der  Querrichtung  existieren  heute  nur  sehr  schwierige,  stellenweise 
halsbrecherische  Bergpfade.  Herr  Hauptmann  Dougan  vom  französi- 
schen Generalstabe,  der  die  Gegend  aus  persönlicher  Erkundung  genau 
kennt,  bezeichnete  uns  den  Aufstieg  eines  größeren  Armeekörpers  aus 
dem  Medjerdatale  direkt  nach  Sidi  Youssef  im  Winter  als  unmöglich, 
im  Sommer  als  eine  respektable  Leistung. 

Im  Norden  sinkt  das  Bergland  schroff  zu  dem  tiefeingeschnittenen 
Tale  des  Ou.  Medjerda  ab,  das  in  diesem  Abschnitte  durchwegs  den 
Charakter  eines  schwierigen  Gebirgsdefi lees  trägt *),  um  sich  jenseits  des- 
selben in  gleicher  Form  fortzusetzen. 

Südlich  der  Linie  von  Sidi  Youssef  senkt  sich  das  Bergland  von 
der  südöstlichsten  Läugskette  weg  in  flachen,  schmalen  Querriegeln 
langsam  und  stufenförmig  ab  und  verläuft  nach  zirka  10  Kilometer 
langem  Fall  in  die  große  Steppe  des  Ou.  Mellegue,  eine  der  Die  Meiiegue- 
originellsten  und  in  ihrer  Art  großartigsten  Gegenden  dieses  inter- 
essanten Landes. 

Diese  mehrere  Märsche  lange  und  breite,  recht  unfruchtbare  und 
menschenarme  Steppe  bildet  eine  nahezu  ebene  Fläche  von  400  bis 
500  Meter  Seehöhe,  auf  welcher  sich  in  verschiedenen  Abständen  ganz 
isolierte,  klippenartige  Felsenberge  gleich  ungeheueren  erratischen 
Blöcken  bis  über  1000  Meter  Höhe  erheben.  Die  zwischen  ihnen 
liegenden  flachen  Gebiete  sind  die  einzigen  Stellen,  die  im  weitesten 
Umkreis  des  alten  Narraggara  für  eine  Schlacht,  wie  die  hier  in  Rede 
stehende,  in  Betracht  kommen. 

Denn   daß  die  Schlacht  in  einer  vollkommenen  und  weitge-         Die 

Forderungen 

dehnten  Ebene  geschlagen  wurde,  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  des  scniacht- 
Nicht  nur  weil  ein  koupiertes  Terrain  als  solches  in  der  Schlacht  benchtes- 
—  einer  Hannibalsschlacht !  —  hätte  eine  Bolle  spielen  und  daher  in 
unseren  Quellen  erwähnt  werden  müssen ;  sondern  vor  allem  weil  dies 
aus  der  initiativen  Schlachtidee  Scipios  erhellt,  die  auch  ohne 
jede  weitere  Diskussion  soweit  klar  ist,  um  uns  erkennen  zu  lassen, 
daß  sie  an  das  Terrain  zwei  wichtige  Anforderungen  stellte:  erstens 
die  Möglichkeit,   die   eigene  Überlegenheit   an   Kavallerie  voll 

Sicher  aber  war  der  Platz,  auf  dem  Sidi  Youssef  liegt,  der  wichtigste  Knotenpunkt 
dieser  Bergstraßen;  das  läßt  sich  nicht  nur  aus  den  vorhandenen  römischen  Straßen- 
resten, sondern  auch  aus  dem  Laufe  der  heutigen  Kommunikationen  erkennen. 

1)  Vgl.  Tissot  (No.  18)  I.  61.  —  Nur  mühsam  bricht  sich  heute  die  Eisenbahn 
längs  des  Flusses  Bahn ;  daneben  existiert  dann  noch  eine  sehr  mäßige  landesübliche 
Straße,  die  erst  der  Chaussierung  harrt. 


(306  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

zur  Geltung  zu  bringen;  zweitens,  vollste  Ellbogenfreiheit  für 
die  Infanterie  zu  gewähren.  Für  beide  Zwecke  eignete  sich  einzig 
die  hindernislose  Ebene,  die  nicht  nur  ihm  gestattete,  was  er 
beanspruchte,  sondern  auch  dem  Gegner  verwehrte,  durch  Terrain- 
ausnützung  entgegenzuwirken.  Nun  aber  hat  Scipio  sein  Schlacht- 
feld gewählt;  er  setzte  sich  bei  Narraggara  „an  einer  überhaupt 
günstigen  Stelle"  fest,  als  Hannibal  noch  bei  Zama  stand;  und  er  blieb 
auf  dem  gewählten  Platze  stehen,  so  daß  Hannibal  gezwungen  war, 
eben  dahin  zu  kommen  und  die  Schlacht  auf  dem  vom  römischen 
Feldherrn  gewählten  Terrain  zu  schlagen  (Pol.  XV  5,  14).  Dieses 
wichtigste  Charakteristikum  des  offenen  und  ebenen 
Terrains,  das  Scipio  bei  Narraggara  für  die  Schlacht 
gewählt  hatte,  findet  sich  im  weitesten  Umkreis  dieses 
Ortes  nirgends  als  in  der  Steppe  am  Ou.  Mellegue. 

In  dieser  weiten  Ebene  haben  wir  also  den  genauen  Ort  der  Schlacht 
zu  ermitteln.  Man  sollte  glauben,  daß  dies  bei  einer  Schlacht,  in  der  das 
Terrain  keine  Rolle  spielte,  in  einer  solchen  Ebene  problematisch  sein 
müßte;  und  in  der  Tat  läßt  sich  eine  vollkommen  sichere,  eindeutige 
Lösung  nicht  herbeiführen.  Immerhin  aber  stehen  uns  Andeutungen 
zu  Gebote,  die  uns  erlauben,  die  Reihe  der  Möglichkeiten  wesentlich 
einzuschränken. 

Zunächst  die  ausdrückliche  Erwähnung  „bei  Narraggara";  das 
kann  unmöglich  für  die  ganze  über  60  Kilometer  weite  Steppe  Gel- 
tung haben,  sondern  muß  sich  auf  den  nächst  der  Stadt  gelegenen,  also 
nordöstlichen  Abschnitt  beziehen. 

Ferner  ist  uns  wenigstens  ganz  im  allgemeinen  die  Front  beider 
Heere  gegeben.  Da  Narraggara  im  Norden,  Zama  aber,  woher 
Hannibal  kam,  unter  jeder  Annahme  der  Lage  dieser  Stadt  im 
Osten  der  Ebene  liegt,  so  ergibt  sich,  grob  gerechnet,  die  Front  der 
Römer  nach  Südost,  die  der  Karthager  nach  Nordwest;  auch  Süd-Nord 
oder  Ost- West  ist  möglich,  doch  immer  nur  so,  daß  die  Römer  nach 
der  ersten,  die  Karthager  nach  der  letzten  Richtung  stehen. 

Und  hierzu  tritt  endlich  als  drittes  und  entscheidendes  Moment  das- 
jenige, welches  gerade  auf  diesem  Kriegsschauplatze  fast  immer  das 
letzte  Wort  zu  sprechen  hat:  die  Wasser  frage. 

Polybios  berichtet  XV  5, 14  und  6,  2,  daß  Scipio  innerhalb  Pfeil- 
schußweite sich  mit  Wasser  versorgen  konnte,  während  Hannibal,  der 
30  Stadien  davon  auf  einer  sonst  für  diesen  Zweck  günstigen  Anhöhe 


Narraggara.     1.  Das  Schlachtfeld.  607 

lagerte,  vom  Wasser  ziemlich  entfernt  war,  so  daß  seine  Soldaten  diesbezüg- 
lich Mangel  litten.  Derselbe  Umstand  wird  auch  in  der  anderen,  uns  bei 
Appian  erhaltenen  Tradition  ausdrücklich  betont  (Lib.  40).  Schon 
dieser  Umstand  weist  auf  die  im  allgemeinen  wasserarme  Muthulsteppe; 
so  wasserarm  ist  sie  aber  doch  nicht,  daß  Hannibal,  der  ja  als  alter 
Praktiker  die  Wichtigkeit  der  Wasserversorgung  kennen  mußte,  unter 
allen  Umständen  gezwungen  gewesen  wäre,  diesen  Nachteil  mit  in  Kauf 
zu  nehmen.  Es  muß  somit  Scipios  Stellung  so  gelegen  ge- 
wesen sein,  daß  der  einzige  ihr  gegenüberliegende  und 
für  den  Aufmarsch  zur  Schlacht  brauchbare  Stützpunkt 
tatsächlich  mit  jenem  Mangel  verbunden  war.  Dies  aber 
gibt,  wenn  wir  den  in  großen  Zügen  abgegrenzten  Raum  und  die  bei- 
läufig festgestellte  beiderseitige  Frontrichtung  hinzunehmen,  allerdings 
schon  die  Möglichkeit  einer  engeren  Lokalisierung. 

Wir  haben  also  folgende  Situation  in  das  vorliegende  Terrain  ein- 
zupassen : 

Scipio  in  einem  günstig  gelegenen  Lager,  nicht  zu  weit  von  Narrag- 
gara, hart  an  brauchbarem  Wasser,  Front  nach  Süd,  Südost  oder  Ost; 
ihm  gegenüber  auf  etwa  5V2  Kilometer  Hannibals  Lager  auf  einer 
hierfür  günstigen  Anhöhe,  jedoch  weit  vom  Wasser;  zwischen  beiden 
die  offene,  hindernislose  Ebene. 

Man  kann  zirkeln  soviel  man  will:  in  dem  überhaupt  möglichen 
Teile  der  Steppe  lassen  sich  bestenfalls  zwei  Situationen  finden,  die 
diskutierbar  erscheinen.  Wir  wollen  sie  nach  den  nächsten  markanten 
Terrainpunkten  die  Theorie  des  Djebel  Lajbel  und  des  Djebel 
Harr  ab  a  nennen. 

Der  Dj.  Lajbel  ist  der  nördlichste  der  früher  erwähnten  Felsen-  Variante 
berge;  er  liegt  nahe  der  äußersten  Nordostecke  der  Steppe,  dort,  wo 
dieselbe  am  nächsten  an  Sidi  Youssef  herantritt;  von  seinem  Nordfuße 
bis  zu  diesem  Orte  sind  14  Kilometer  Luftlinie.  An  der  Nordostseite 
seines  Fußes  besitzt  er  eine  eigentümliche  Nebenform,  eine  rechteckig 
vorspringende  Platte  (Koudiat  el  Galea),  deren  drei  freistehende  Seiten 
wie  von  Zyklopenhänden  aus  ungeheueren  senkrechten  Felsblöcken  auf- 
getürmt erscheinen.  Zwischen  diesem  Vorsprung  und  dem  auf  600  Meter 
vorbeifließenden  Ou.  Ezzergua  erstreckt  sich  ein  sanft  abfallender, 
für  ein  Lager  vorzüglich  geeigneter  Hang.  (Bild  43).  Außer  dem  vor- 
erwähnten Bach  gibt  es  dort  noch  mehrere  Quellen,  die  jedoch  ziemlich 
salzig  sind. 

Kromayer-Voith,    Antike  Schlachtfelder  III.  39 


lins 


Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 


Dieser  Platz  entspricht  vollkommen  für  das  scipionische  Lager;  er 
ist  so  ziemlich  der  Narraggara  zunächstgelegene  passende  Punkt,  welcher 
die  offene  Ebene  vor  sich  hat.  Diese  dehnt  sich  in  minimaler,  prak- 
tisch nicht  merklicher  Neigung  gegen  Südosten  in  der  Breite  von  etwa 
6  Kilometern  aus;  dann  erheben  sich  niedrige,  unregelmäßige  Höhen,  auf 
deren  Rand,  die  Ebene  von  der  anderen  Seite  beherrschend,  man  sich 
Hannibals   letztes  Lager   denken   kann.    Der  hierfür  nach  der  Karte 


Dj.  Lajbel 


Koudiat 


el         Galea 


Lager  Scipios 


Bild  43.    Djebel  Lajbel  und  Koudiat  el  Galea,  von  Osten  gesehen. 
(Nach  einer  Aufnahme  von  Herrn  Hauptmann  Blondont.) 

scheinbar  prädestinierte  Kat  Dahla  (552  Meter)  eignet  sich  in  Wirklichkeit 
nicht;  er  ist  ein  schroffer,  spitzer  Kegel  ohne  brauchbare  Lagerfläche. 
Dagegen  eignet  sich  vorzüglich  die  unmittelbar  südwestlich  anschließende 
fast  quadratische  Platte.  Die  Entfernung  vom  Lager  Scipios  beträgt 
genau  5  V2  Kilometer  =  30  Stadien. 

Der  Ort  ist  tatsächlich  ohne  Wasser,  da  die  zahlreichen  zwischen 
diesen  Höhen   eingezeichneten  Oueds   selbst   im  Winter   bei  besserem 


Narraggara.     1.  Das  Schlachtfeld.  609 

Wetter,  umsomehr  im  Sommer  vollkommen  trocken  sind.  Das  nächste 
Wasser  ist  auch  hier  der  Ou.  Ezzergua,  dessen  nächster  Punkt  jedoch 
starke  3  Kilometer,  noch  dazu  schräg  feindwärts,  entfernt  ist;  wollte 
man  gesichert  Wasser  beschaffen,  so  mußte  es  aus  dem  6  Kilometer  im 
Rücken  fließenden  Ou.  Mellegue  geholt  werden.  Und  doch  mußte  Han- 
nibal,  wollte  er  auf  eine  die  Ebene  halbwegs  beherrschende  und  defen- 
sivfähige Stellung  nicht  verzichten  und  dabei  seine  Verbindungen  decken, 
eben  diesen  Punkt  wählen,  da  er  sich  weder  gegen  den  Ou.  Ezzergua 
noch  gegen  den  Ou.  Mellegue  verschieben  konnte,  ohne  die  genannten 
Vorteile  zu  opfern. 

Insoweit  würde  also  der  Platz  vorzüglich  stimmen.  Und  doch  hat 
er  ein  gewaltiges  Nisi.  Quer  über  das  ganze  präsumptive  Schlachtfeld, 
etwa  2  Kilometer  vor  dem  angenommenen  Lager  Hannibals,  zieht  sich 
ein  tiefeingeschnittener,  mit  Ausnahme  einiger  weniger  scheinbar  künst- 
lich in  den  Lehmboden  getretener  Übergangssteige  selbst  für  einzelne 
Menschen  unpassierbarer  Wasserriß  (Ou.  Ras  el  Rhandig,  bezw.  Ou. 
el  Ouair).  Hat  derselbe  in  fraglicher  Zeit  schon  in  dieser  Zone  exi- 
stiert, dann  ist  die  ganze  Schlachtansetzung  schlechterdings  unmöglich. 

Nicht  daß  die  Schlacht  durch  dieses  Hindernis  überhaupt  unmög- 
lich geworden  wäre;  dasselbe  hätte  vielmehr  ganz  gut  in  dem  Kalkül 
der  Feldherren  eine  Rolle  spielen  können.  Aber  dann  hätte  diese  Rolle 
auch  im  Verlaufe  sehr  eklatant  zum  Ausdruck  kommen  müssen,  der 
Riß  hätte  wesentlichen  Einfluß  auf  den  Gang  der  Ereignisse  geübt, 
und  davon  müßte  in  den  Quellen  doch  wenigstens  eine  Andeutung  zu 
finden  sein.     Dies  ist  aber  nicht  der  Fall. 

Es  ist  nun  ein  recht  schwerer  Entschluß,  im  Rahmen  einer  For- 
schungsmethode, die  eben  auf  die  genaue  Untersuchung  und  Beurteilung 
des  Terrains  aufbaut,  schließlich  gerade  diese  als  konstant  angenom- 
mene Größe  in  einem  Einzelfall,  wo  es  eben  paßt,  als  variabel  hinzu- 
stellen. Wo  sich  diese  Tatsache  durch  streng  wissenschaftliche  Unter- 
suchungen begründen  und  kontrollieren  läßt,  wie  z.  B.  in  der  Gegend 
der  Bagradasmündung,  da  ist  es  etwas  anderes;  hier  aber,  wo  eine 
Untersuchung  des  Alters  dieses  Oueds  wohl  kaum  zu  einem  positiven 
Ergebnisse  führen  dürfte,  bleibt  die  Sache  eine  riskante  und  vage  Ver- 
mutung. Immerhin  ist  sie  nicht  ganz  von  der  Hand  zu  weisen.  Wir 
haben  gesehen  (S.  501),  daß  die  Erosionstätigkeit  im  Gebiete  des  heutigen 
Tunis  in  historischer  Zeit  eine  nicht  unbedeutende  war  und  noch  ist, 
wie  die  ungeheuren  Anschwemmungen  der  Bagradasmündung  beweisen. 

39* 


010  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

Gerade  in  einer  Gegend  wie  der  fragliches  sind  aber  starke  Erosions- 
resultate in  relativ  kurzer  Zeit  am  ehesten  zu  erwarten.  Man  braucht 
sich  nur  zu  vergegenwärtigen,  daß  der  wasserlose,  von  der  afrika- 
nischen Sonne  ausgedörrte  lehmige  Steppenboden  naturgemäß  dazu 
neigt  Sprünge  zu  bekommen,  die  dann  zur  Regenzeit  durch  die  plötz- 
lich hereinbrechenden  Wasserfluten  leicht  zu  gewaltigen  Wasserrissen 
ausgeschwemmt  werden  können.  Der  hier  in  Rede  stehende  Wasser- 
riß bezeichnet  tatsächlich  genau  die  tiefste  Linie  der  ganzen  breiten 
und  flachen  Mulde  zwischen  dem  Dj.  Lajbel  und  der  Hügelreihe  des 
Kat  Dahla;  bei  der  relativen  Wasserundurchlässigkeit  des  Lehmbodens 
muß  im  Falle  eines  starken  Platzregens  die  ganze  auf  einer  Fläche 
von  zirka  1 5  Quadratkilometer  gefallene  Niederschlagsmenge  in  dieses 
Rinnsal  zusammen-  und  durch  dasselbe  abfließen.  Da  wird  eine  der- 
artige Erosion  im  Laufe  einiger  Jahrhunderte  leicht  verständlich1). 
Schließlich  könnte  auch  ein  Erdbeben  den  ersten  Anstoß  zu  dieser 
Formbildung  gegeben  haben2). 

Also  möglich  ist  die  Sache  zweifellos;    beweisen  läßt  sie  sich 
nicht,  und  damit  bleibt  die  obige  Ansetzung  nichts  anderes  als  eine 
problematische  Hypothese. 
Variante  „Djebei         gs  js£  aber  ^nc\x  ^q^  ejn  zweiter  Lokalisierungsversuch  möglich. 

Harraba'". 

Etwa  8  Kilometer  südlich  des  Dj.  Lajbel  liegt  der  ihm  sehr  ähn- 
liche, etwas  massigere  D  je  bei  Harraba.  Südwestlich  desselben 
breitet  sich  wiederum  die  flache  Ebene  aus,  die  weiter  südlich  vom  Ou. 
Mellegue  in  west-östlicher  Richtung  durchflössen  wird;  im  Westen  wird 
sie  wiederum  von  niedrigen  Hügeln  begrenzt,  die  hier,  von  Norden  herab- 
ziehend, im  Garet  ez  Zambey  (552  Meter)  bis  an  den  vorgenannten 
Oued  heranreichen.  Hier  hätten  wir  also  dasselbe  Verhältnis  wie  oben, 
nur  in  umgekehrter  Ordnung:  der  steile  Bergfuß  im  Osten,  die  flachen 
Hügel  im  Westen,  dazwischen  die  Ebene;  wieder  beträgt  die  Distanz 
genau  5  */2  Kilometer  =  30  Stadien.  Der  strategischen  Situation  ent- 
sprechend müßten  wir  auch  diesmal  Scipios  Lager  im  Westen,  also  auf 
dem  Garet  ez  Zambey,  annehmen,  jenes  Hannibals  im  Osten,  am  Fuße  des 


1)  Die  Erdbewegung  würde  hier  kaum  eiu  Tausendstel  derjenigen  umfassen, 
die  man  annehmen  müßte,  um  auf  dem  angeblichen  Jugurtha-Schlachtfeld  die  Muhre 
zwischen  „mons"  und  „collis"  in  das  sallustische  „planum"  zu  verwandeln.  Siehe 
den  oben  zitierten  Aufsatz  (Dehlers. 

2)  Über  die  Erdbeben  im  Atlasgebiete  siehe  F.  de  Montessus  de  Balore: 
Les  tremblements  de  terre,  geographie  seismologique,  Paris  1906,  p.  333  ff. 


Narraggara.    1.  Das  Schlachtfeld.  61 1 

Dj.  Harraba.  Auch  hier  lassen  sich  beide  Plätze  ziemlich  genau  be- 
stimmen. Der  vorspringende  Kegel  auf  der  äußersten  Westecke  des 
Dj.  Harraba  eignet  sich  nicht,  er  ist  „völlig  felsig  und  mit  großen 
Felsblöcken  übersät";  dagegen  dehnt  sich  südlich  davon  ein  „sanfter 
Geröllkegel,  von  mehreren  trockenen,  nicht  schroffen  Oueds  durchflössen, 
mit  Gesträuch  bedeckt"  aus.  Ebenso  eignet  sich  der  sanft  geformte, 
nicht  felsige  Garet  ez  Zambey  vorzüglich  für  das  Lager  der  Eömer. 
Und  wieder  stimmen  die  Wasserverhältnisse.  Bei  Scipios  Lager 
fließt  der  Ou.  Mellegue  ganz  nahe  vorbei.  Dieser  durchweg,  aber  in 
sehr  ungleichem  Grade  salzige  Fluß  scheint  aus  dem  dem  Lagerhügel 
südwestlich  gegenüberliegenden  K>t  el  Malah,  wie  schon  der  Name 
bestätigt,  besonders  starken  Salzgehalt  zu  ziehen,  denn  unmittelbar 
an  seinem  Fuße  und  von  da  ein  gutes  Stück  abwärts  schmeckt  das 
Wasser  sehr  stark  danach;  knapp  oberhalb  des  genannten  Hügels 
jedoch,  also  gerade  im  Kücken  des  Lagers,  ist  vom  Salzgehalt  fast 
nichts  zu  spüren;  auch  gibt  es  hier  zwei  kleine,  aber  vollständig  salz- 
freie Quellen1). 

Dagegen  hat  der  Südhang  des  Dj.  Harraba  kein  Wasser.  Auch 
hier  ist  der  4  Kilometer  entfernte  Ou.  Mellegue  die  einzige  Bezugs- 
quelle; und  wieder  blieb  Hannibal,  wenn  er  Scipio  gegenüber  eine  das 
Zwischenterrain  beherrschende,  defensivfähige  und  die  Verbindungen 
deckende  Stellung  anstrebte,  keine  andere  Wahl. 

Hier  gibt  es  auch  keine  sonstigen  Schwierigkeiten  im  Terrain. 
Das  einzige,  was  gegen  diesen  Platz  eingewendet  werden  könnte,  ist 
der  Umstand,  daß  das  Lager  Scipios  fast  30  Kilometer  von  Narraggara 
entfernt  ist,  so  daß  die  Anwendung  des  Quellenberichtes  „Ttgög  7töhv 
NaQQäyyaqciv"  etwas  gezwungen  klingt.  Zieht  man  aber  die  Öde 
dieser  recht  unfruchtbaren,  heute  fast  menschenleeren  Steppe  in  Be- 
tracht, so  kann  ganz  gut  Narraggara  die  nächste  nennenswerte  Stadt 
gewesen  sein,  und  dann  erscheint  der  Ausdruck  schon  gerechtfer- 
tigter. 

Für  eine  ziemlich  große  Entfernung  des  nächsten  bekannten  Ortes 
vom  Schlachtfelde  spricht  ferner  auch  der  Umstand,  daß  uns  aus 
dem  Altertume  gar  keine  sozusagen  offizielle  Bezeichnung  dieser  doch 


1)  Notizen  von  Herrn  Professor  Kromayer,  der  diesen  Platz  allein  besucht  hat, 
während  ich,  zur  Reparatur  des  photographischen  Apparats  vom  Dj.  Lajbel  nach  Sidi 
Youssef  zurückgekehrt,  daselbst  eingeschneit  wurde. 


6 1 2  Der  zweite  Panische  Krieg-  in  Afrika. 

so  wichtigen  Schlacht   erhalten   ist1);    was  in  der  Folge  zu  der  irre- 
führenden Benennung  „Schlacht  bei  Zama"  geführt  hat2;. 

2.  Abweichende  Ansichten. 
Mit  gutem  Grunde  sind  wir  bei  der  Untersuchung  über  die  Schlacht 
Tbei  Narraggara  von  der  sonst  üblichen  Anordnung  des  Stoffes,  welche 
von  der  Kritik  des  bisher  literarisch  Geleisteten  ausgeht  und  aus  dieser 
Kritik  gewissermaßen  die  eigene  Ansicht  ableitet,  abgewichen;  die 
bedingungslose  Basierung  auf  eine  bestimmte  Hauptquelle  hat  es  ge- 
boten erscheinen  lassen,  zuerst  die  eigene  Ansicht  ganz  selbständig, 
als  ob  bisher  sonst  nichts  über  den  Gegenstand  geschrieben  worden 
wäre,  aufzubauen,  und  dann  erst  auf  die  abweichenden  Ansichten 
zurückzukommen,  deren  Widerlegung  durch  das  bereits  Gesagte  wesent- 
lich entlastet  wird. 
Vielheit  der  Ganz  erschöpfend  wird  dies  gar  nicht  möglich  sein,  denn  die  Zahl 

Lösungen.  ^  bisnerigen  Lösungsversuche  ist  Legion  und  ihre  ausführliche  Dis- 
kutierung würde  einen  eigenen  Band  füllen.  Begreiflich,  denn  es  han- 
delt sich  nicht  nur  um  Differenzen  in  lokalen  Details,  sondern  in  den 
Elementen  der  Ortsbestimmung:  Hie  Narraggara  —  hie  Zama  —  hie 
Killa;  und  im  Lager  derer  von  Zama  heißt  es  wieder:  hie  Ost-Zama, 
hie  West-Zama;  also  vier  verschiedene  Landschaften,  deren  jede  einzelne 
noch  die  Möglichkeit  verschiedener  Aussetzungen  bietet  oder  doch  zu 
bieten  scheint;  und  diese  Möglichkeit  ist  redlich  ausgenützt  worden. 
Wir  müssen  uns  begnügen,  die  Hauptvertreter  dieser  über 
130  Kilometer  verteilten  Lösungstypen  in  ihren  fundamentalen  Argu- 
menten zu  durchleuchten  und  die  Ergebnisse  unserer  Forschung  an 
ihre  Argumentation  als  Maßstab  anzulegen,  wobei  wiederum  die  für 
das  Problem  so  wichtige  Wasserfrage  ein  ausschlaggebendes  Wort  zu 
sprechen  haben  wird;  sie  allein  hat  es  uns  überhaupt  ermöglicht,  mit 
einem  gewissen  Vertrauen  an  die  Lösung  dieses  vielleicht  schwierigsten 
Problems  der  Schlachtfeldforschung  zu  gehen3). 

1)  Im  Scipionenprozeß  wird  die  Schlacht  einfach  als  Schlacht  in  Afrika  be- 
zeichnet. Liv.  XXXVIII  51,  7  sagt  Scipio :  hoc  die  cum  Hannibale  et  Carthaginiensi- 
bus  signis  collatis  in  Africa  bene  ac  feliciter  pugnavi. 

2)  Eine  dritte  diskutable  Lösung,  die  sich  auf  die  uns  erst  während  des  Druckes 
zugekommenen  Untersuchungen  Paretis  (Nr.  43)  stützt,  wird  später  am  Schluß 
der  „abweichenden  Ansichten"  zur  Besprechung  gelangen. 

3)  Vgl.  Kromayer  Bericht  über  die  Expedition  im  Anzeiger  der  philosophisch- 
historischen Klasse  der  Kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  vom  14.  Oktober, 
Xr.  XIX,  Wien  1908,  Seite  9f. 


Narraggara.    2.  Abweichende  Ansichten.  613 

Die  große  Masse  der  abweichenden  Lösungen  findet  ihre  letzte 
Ursache  schon  in  der  Quellenfrage;  wir  haben  da  eine  Hauptgruppe, 
die  ganz  oder  doch  vorwiegend  die  polybianisch-livianische 
Tradition  zugrunde  legt  und  sich  in  der  Folge  in  die  drei  Gruppen 
Narraggara,  West-Zama  und  Ost-Zama  spaltet;  und  eine  zweite 
Hauptgruppe,  welche  mit  Hintansetzung  der  polybianisch-livianischen 
Tradition  sich  auf  Appian  stützt  und  demzufolge  Killa  als  Schlacht- 
feld annimmt,  dabei  aber  meistens  versucht,  ein  Kompromiß  mit  der 
ersten  Tradition  zustande  zu  bringen. 

Als  Hauptvertreter  der  einzelnen  Richtungen  haben  wir  zu  erwähnen: 

a)  Narraggara:  Lewa],*  (Tissot),  Brunon,  Cambon,  (K.  Lehmann) 

(Delbrück),  (No.  7,  18,  20,  23,  32,  39.) 

b)  West-Zama:  Mommsen,  (Meltzer),  (Gsell).    (No.  19,  35,37.) 

c)  Ost-Zama:  Schmidt,  Wettinghausen.    (No.  25,  36.) 

d)  Killa:    Hennebert,  (Winckler),  Toussaint,   Pareti.    (No.  29,  33, 

38,  43.)1) 
Zur  Diskussion  gelangen  im  folgenden  nur  die  nicht  einge- 
klammerten Autoren;  die  übrigen  haben  sich  entweder  auf  die 
Lokalisierung  nicht  so  genau  eingelassen,  daß  eine  Detailkritik  möglich 
wäre,  oder  aber  sie  erscheinen  durch  die  Kritik  der  vor  ihnen  Ge- 
nannten mit  betroffen. 

a)  Narraggara. 
K.  Lehmann   und  der   ihm  folgende  Delbrück  lassen  sich  auf  Lehmann  und 

°  .  Delbrück. 

eine  genaue  Lokalisierung  nicht  ein;  sie  verlegen  die  Schlacht  auf  die 
mysteriöse  „Hochebene  Hannencha",   woran  die  irreführende  Terrain- 
beschreibung Berbruggers  die  ganze  Schuld  trägt.  — ■  Tissot  schließt       Tissot 
sich  Lewal  an.    Es  bleiben  daher  nur  die  beiden  französischen  Offiziere 
General  Brunon  und  Capitaine  Lewal,  dann  C  a  m  b  o  n  zu  besprechen. 

Die  beiden  Erstgenannten  verlegen  das  Schlachtfeld  in  die  aller-    Brunon  und 
nächste  Nähe  der  Stadt  Narraggara=Sidi  Youssef  bezw.Ksar 
Jaber;  ihre  beiden  Lösungen  werden  vorteilhaft  zusammen  abgetan. 

Das  Lager  Scipios  ist  bei  beiden  dasselbe:  es  liegt  unmittelbar  hinter 


1)  Die  zahlreichen  hier  nicht  angeführten  Forscher,  die  über  die  Schlacht  ge- 
schrieben haben,  geben  die  Lage  der  Schlachtfelder  entweder  als  unbestimmbar  oder 
in  so  allgemeinen  Ausdrücken  und  mit  so  vager  Vorstellung  der  geographischen 
Verhältnisse  an,  daß  sie  für  die  folgende  Diskussion  nicht  in  Betracht  kommen. 
So  Guischardt,  Vaudoncourt,  Mac  Dougall,  Galitzin,  Dodge,  Morris  usw.  (No.  3,  4,  8, 
14,  29,  40.) 


6 1  l  Der  zweite  Panische  Krieg-  in  Afrika. 

der  Stadt  auf  der  Platte  zwischen  den  beiden  wasserführenden  Rinnsalen, 
die,  nach  längerem  parallelen  Laufe,  etwa  t  V2  Kilometer  unterhalb 
Sidi  Youssef  sich  vereinigen  (auf  den  heutigen  Karten  Ou.  Aine  bou 
Sabet  und  Ou.  Seguia;  bei  den  älteren  Autoren  finden  sich  zum  Teil 
andere  Bezeichnungen).  Das  Lager  Hannibals  legt  Brunon  nach  Süd  osten, 
Lewal  nach  Süden  auf  ca.  30  Stadien  von  dem  römischen.  In  beiden 
Fällen  findet  sich  knapp  vor  dem  karthagischen  Lager  einer  jener  kleinen 
halbwegs  ebenen  Kessel,  von  denen  bereits  bei  der  Besprechung  dieses  Ge- 
birgslandes  die  Rede  war,  die  aber  bei  unseren  Autoren  im  Sinne  ihrer 
Hypothesen  als  „une  grande  plaine"  oder  ähnlich  charakterisiert  er- 
scheinen. 
Unmöglichkeit         jn  beiden  Fällen  ergibt  der  Lokalaugenschein  in  voller  Überein- 

des  Terrains  im 

aligemeinen.  Stimmung  mit  der  Karte  das,  was  bezüglich  dieses  Terrains  eingangs 
gesagt  worden  ist :  wir  haben  es  nicht  annähernd  mit 
jener  offenen,  weiten  Ebene  zu  tun,  die  wir  nach 
der  klarenSchilderung  der  Quellen  unbedingtvor- 
aussetzen müssen.  Beide  Kessel  sind  knapp  2  Kilometer  breit ; 
dabei  beträgt  die  Tiefe  bei  jenem  Brunons  —  der  übrigens  recht  un- 
eben ist  —  etwas  über  einen,  bei  dem  Lewais  nicht  einmal  einen 
halben  Kilometer.  Auf  letzterem  Terrain  hätten  überhaupt  nicht  beide 
Fronten  auf  dem  schmalen  ebenen  Streifen  Platz  gehabt;  Scipio  hätte 
zum  Teil  stark  überhöhend  auf  einem  glacisförmig  abfallenden  Hange 
gestanden,  wo  es  für  Hannibal  aussichtslos  gewesen  wäre,  ihn  über- 
haupt anzugehen.  Die  westlichen  Flügel  hätten  sich  in  einer  immer 
mehr  sich  verengenden,  schließlich  schluchtartig  zum  Ou.  Seguia  abfallen- 
den Tiefenlinie  gegenübergestanden;  wie  hier  der  überlieferte  Kavallerie- 
kampf sich  abgespielt  haben  sollte,  erscheint  vollends  unerklärlich. 

Beide  Schlachtfelder  bieten  also  absolut  nicht  den  Raum  für  den 
freien  Aufmarsch  solcher  Armeen,  und  noch  weniger  schließen  sie  die 
Möglichkeit  aus,  Vorteile  des  Terrains  sich  taktisch  dienstbar  zu 
machen,  was  wenigstens  Hannibal  sich  sicher  nicht  hätte  entgehen 
lassen,  wenn  es  überhaupt  möglich  gewesen  wäre.  Wir  brauchen  aber 
ein  Schlachtfeld,  welches  beiden  Parteien  unbeschränkteste  Bewegungs- 
freiheit nach  jeder  Richtung,  vor  allem  auch  nach  der  Tiefe  hin  bot, 
und  zwar  in  erster  Linie  nach  der  Seite  der  Karthager;  denn  die  sieg- 
reiche römische  Reiterei  verfolgte  die  geschlagene  karthagische  weit 
und  kehrte  erst  spät  auf  das  Schlachtfeld  zurück;  und  ebenso  erwähnt 
Polybios  c.  14.  8,  daß  von  den  fliehenden  Karthagern  nur  wenige  ent- 


Narragg'ara.    2.  Abweichende  Ansichten.  615 

kamen,  „da  die  Reiterei  bei  der  Hand  und  das  Terrain  eben  war". 
Beides  läßt  mit  Bestimmtheit  auf  eine  weite  ebene  Fläche  hinter 
der  karthagischen  Front  schließen;  gerade  diese  aber  ist  bei  den  in 
Rede  stehenden  Schlachtfeldern  auch  nicht  einmal  rudimentär  vorhanden. 

Bei  beiden  wird  vielmehr  der  Raum  unmittelbar  hinter  dem  an- 
geblichen Platze  der  karthagischen  Schlachtreihen  durch  die  Höhen,  auf 
denen  das  karthagische  Lager  angenommen  wird,  in  seiner  ganzen 
Breite  abgeschlossen.  Eine  Kavallerieverfolgung  über  diesen  Ab- 
schnitt hinaus  ist  undenkbar;  an  beiden  Stellen  käme  sie  sofort  in 
stark  koupiertes,  unregelmäßig  abfallendes,  schluchtartig  zerrissenes 
—  heute  übrigens  auch  stark  bewaldetes  —  Terrain,  in  dem  sich 
nicht  nur  fliehende  Infanterie  der  Reiterverfolsrung  in  denkbar  günstig- 
ster Weise  entziehen  konnte,  sondern  wo  auch  die  Verfolgung  flüch- 
tiger Kavallerie  sofort  ihre  Grenze  finden  würde. 

Nicht  minder  zweifelhaft  erscheint  die  Lager  frage.  Das  gemein- Die  Lagerfrage. 
same  römische  Lager  entspricht  wohl,  was  die  Terrainformation  des  Platzes 
anbelangt,  ganz  gut,  weniger  aber  bezüglich  seiner  Lage,  wovon  gleich 
die  Rede  sein  wird;  die  beiden  angeblichen  Lager  Hannibals  jedoch  ge- 
nügen auch  in  ersterer  Hinsicht  absolut  nicht.  Das  Brunonsche  Lager 
liegt  auf  einem  ganz  schmalen,  verkarsteten,  stellenweise  grob  felsigen 
Rücken,  der  nirgends  eine  halbwegs  bequeme  Fläche  aufweist.  Ebenso  er- 
scheint das  Lewaische  als  eine  stark  gewölbte,  nirgends  flache,  relativ 
schmale  Doppelkuppe.  Heute  sind  übrigens  beide  Plätze  dicht  bewaldet. 

Schließlich  mag  die  Wasser  frage  sprechen.  Das  Lager  Scipios  Die 
ist  auch  hier  den  Quellen  entsprechend  gut  mit  Wasser  versorgt,  denn  Wasserfra^e 
beide  Bächlein,  die  es  umfließen,  bieten  genügend  davon.  Aber  — 
auch  Hannibal  ist  nicht  schlechter  dran.  Vom  Lewalschen  Lager  aus 
kann  er  dieselben  Wasserlinien  wie  Scipio  unterhalb  ihrer  Vereinigung 
benutzen;  sollte  Scipio  ihm,  was  theoretisch  möglich  erscheint,  das 
Wasser  abgedämmt  haben,  so  müßte  diese  wichtige  und  mühevolle 
Maßregel  in  unserer  scipionisch  inspirierten  Hauptquelle  sich  denn 
doch  finden. 

Ebenso  steht  es  mit  dem  Lager  Brunons.  Hier  hat  Hannibal 
hart  vor  der  Front  die  reiche  und  vorzügliche  Quelle  A'ine  Djedra,  in 
seiner  rechten  Flanke  überdies  einen  von  der  Quelle  A'ine  Zilouna 
gespeisten  kleinen  Oued,  der  zwar  nicht  gerade  viel,  aber  gleichfalls 
sehr  gutes  Wasser  bietet.  —  Wie  man  sieht,  wäre  die  Wasserversorgung 
Hannibals  in  beiden  Varianten  für  afrikanische  Verhältnisse  nicht  ge- 


616  Der  zweite  ionische  Krieg-  in  Afrika. 

rade  schlecht  gewesen,    und  es  wäre  auch  gar  nicht  einzusehen,  wes- 
halb der  erfahrene  karthagische  Feldherr  sich  in  diesem  relativ  wasser- 
reichen  Gelände  gerade  auf   einen    wasserlosen   Platz    hätte    setzen 
sollen. 
Taktische  Schließlich   noch   ein  Wort    über  den   taktischen   Charakter 

Charakteristik. 

der  beiden  Stellungen. 

In  beiden  Fällen  haben  wir  gar  nicht  miteinander  direkt 
gegenüberliegenden  Lagern  zu  tun,  wie  wir  uns  die  Sache  nach 
den  Schilderungen  der  Quellen  und  den  diesbezüglichen  Gepflogenheiten 
des  Altertums  doch  vorstellen  müssen.  Sondern  sowohl  bei  Brunon  wie 
bei  Lewal  liegt  noch  je  eine  Hügelkette  dazwischen,  —  Brunon  erwähnt 
sie  sogar  ausdrücklich,  —  welche  die  gegenseitige  Sicht  der  Lager 
vollkommen  ausschließt.  Damit  wird  das  Haltmachen  Hannibals  vor 
dieser  Welle  unverständlich.  Wenn  er,  da  Scipio  erst  hinter  ihr 
stand,  in  einem  Zuge  bis  auf  sie  vorging,  so  stand  er  dem  Gegner  in 
unangreifbarer,  teilweise  dominierender  Stellung  gegenüber,  und  hatte 
für  den  Fall  des  Kampfes  ein  Terrain,  in  welchem  die  taktische  Terrain- 
ausnützung,  seine  stärkste  Seite,  wahre  Triumphe  hätte  feiern  können. 
Hätte  aber  Scipio  dies  verhindern  und  Hannibal  zwingen  wollen,  jen- 
seits des  ebenen  Kessels  Halt  zu  machen,  so  hätte  er  eben  die  Welle 
zuerst  besetzen  müssen.  Dies  hätte  er  zweifellos  auch  tun  können: 
aber  dann  wäre  die  Distanz  der  Lager  nicht  mehr  30  Stadien  ge- 
wesen. 

Mit  der  Überlieferung  stimmt  nur  ein  Terrain,  wo  der  ganze 
30  Stadien  breite  Raum  zwischen  den  beiden  Lagern  vollkommen  eben 
und  übersichtlich  ist;  ein  solcher  aber  ist  in  der  nächsten  Umgebung 
von  Sidi  Youssef,  sowie  überhaupt  in  diesem  ganzen  Berglande,  nirgends 
auch  nur  annähernd  zu  finden. 

Damit   erscheinen  die  beiden  Sidi  Youssef-Hypothesen  abgetan1). 


1)  Als  Curiosa  seien  noch  erwähnt,  daß  Lewal  den  von  Hannibal  aus  Wasser- 
not gegrabenen  Brunnen  (Bir  Basrou,  mitten  auf  seinem  Schlachtfelde),  Brunon 
wieder  den  Ort  der  Zusammenkunft  der  beiden  Feldherrn  (ein  kleiner,  heute  be- 
waldeter Hügel  vor  dem  karthagischen  Lager)  gefunden  zu  haben  glaubt. 

Bei  dem  charakteristischen  Bestreben  fast  aller  französischen  Forscher,  von  der 
appianischen  Überlieferung  soviel  als  möglich  zu  retten,  sucht  Brunon  auch  Kiila 
in  dieser  Gegend,  Nach  seiner  Beschreibung  meint  er  damit,  obwohl  er  keinen 
Namen  nennt,  zweifellos  das  schon  erwähnte  Ruinenfeld  von  Hir  Okseiba  (Ksiba 
Mraou). 


Narraggara.     2.  Abweichende  Ansichten. 


617 


Bleibt  noch  die  originelle  Hypothese  von  Cambon  (No.  23).  Er 
legt  Zama  nach  El  Meridj  (ca.  45  Kilometer  nördlich  Tebessa),  Nar- 
raggara nach  Clairefontaine  (am  obern  Ou.  Mellegue).  Die  Sache 
hat  auf  den  ersten  Blick  eine  ganze  Reihe  von  Einzelheiten  für  sich. 
El  Meridj  würde  der  Terrainbeschaifenheit  nach  der  sallustischen 
Beschreibung  von  Zama,  von  der  im  folgenden  Abschnitt  die  Rede 
sein  soll,  voll  entsprechen,  und  ebenso  das  im  oberen  Teile  der  Mellegue- 
Steppe  gelegene  Schlachtfeld  bei  Clairefontaine,  das  eine  auffallende 
Analogie  mit  dem  unsrigen  vom  Dj.  Harraba  aufweist:  hier  wie  dort 
steht  Scipio,  Front  nach  Osten,  am  Ou.  Mellegue,  und  ihm  gegenüber 
auf  30  Stadien  Hannibal  auf  einem  wasserlosen  Hügel  (hier  K*  el 
Mahisser);  dazwischen  ziemlich  ebenes  Terrain1). 

Was  jedoch  entscheidend  dagegen  spricht,  ist  die  Topographie. 
Weder  kann  Zama  mit  El  Meridj,  noch  Narraggara  mit  Clairefontaine 
identisch  sein;  so  gut  wie  alles,  was  wir  auf  historischem  wie  archäo- 
logischem Wege  über  die  Lage  dieser  Städte  wissen,  spricht  dagegen. 
El  Meridj  liegt  von  Karthago  wie  von  Hadrumetum  ca.  280  Kilometer, 
also  rund  13 — 15  gute  Märsche  entfernt;  das  stimmt  nicht  annähernd 
mit  den  5  Märschen  des  Polybios  (siehe  unten  p.  618).  Und  von  Nar- 
raggara wissen  wir  aus  der  Tabula,  daß  es  zwischen  Sicca  und 
Thacora  lag.  Die  Entfernung  des  Schlachtfeldes  von  Hadrumetum 
beträgt  ca.  300  Kilometer,  die  auf  der  Flucht  in  2  Tagen  und  2  Nächten 
nicht  zurückzulegen  waren  (S.  601);  und  die  Entfernungsangaben  des 
Appian  und  Nepos  werden  trotzdem  nicht  annähernd  erreicht.  Die 
Hypothese  ist  nicht  uninteressant,  aber  unhaltbar. 


Cambon. 


b)  West-Zama. 

Hier  gilt  es,  bevor  man  die  Möglichkeit  eines  eventuellen  Schlacht- 
feldes bei  diesem  Orte  diskutieren  kann,  zuerst  zu  entscheiden,  wo 
man  den  Ort  selbst  überhaupt  zu  suchen  hat:  d.  h.  auf  die  alte,  viel- 
umstrittene Zama- Frage  einzugehen.  Für  uns  kommt  sie  eigentlich 
nicht  unmittelbar  in  Betracht;  wenn  man  das  Schlachtfeld  definitiv  Die  zama- Frage, 
bei  Narraggara  annimmt,  so  fallen  damit  von  selbst  alle  Zama-Hypo- 
thesen.  Andererseits  aber  ist  es  für  jemanden,  dem  in  jener  Gegend 
zu  forschen  möglich  gemacht  worden  war,  gewissermaßen  Pflicht,  sein 


1)  Wir  waren  nicht  an  Ort  und  Stelle,  da  das  Schlachtfeld  aus  den  im  Text  an- 
geführten Gründen  ganz  ausgeschlossen  erscheint.  Die  obige  Beurteilung  des 
Terrains  gründet  sich  auf  die  neue  Karte  1 :  200  0ü0. 


618  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

Scherflein   auch    zur  Lösung   dieser  vielerörterten  und  nicht  uninter- 
essanten Frage  beizutragen. 

Die  Zamafrage  zerfällt  in  zwei  Fragepunkte: 

1.  Ist  das  bei  Polybios  und  Livius  als  Hannibals  erstes  Marsch- 
ziel erwähnte  Zama  die  östliche  oder  westliche  Stadt  dieses  Namens? 

2.  Wo  haben  wir  die  so  bestimmte  Stadt  zu  suchen? 

Bei  Beantwortung  der  ersten  Frage  haben  sich  die  weitaus  meisten 
Ost- oder  West- Forscher   für   West-Zama   entschieden,  und   zweifellos  mit  Recht. 

Zama. 

Wir  können  für  unsere  Zwecke  am  besten  von  den  bisher  ab- 
geleiteten Resultaten  ausgehen.  Wenn  Scipio,  wie  das  später  (S.  639 ff.) 
erwiesen  werden  wird,  schon  zur  Zeit  von  Hannibals  Anmarsch  aus 
Hadrumetum  in  der  Gegend  von  Narraggara  stand  und  Hannibal  so- 
weit an  ihn  heranrückte,  bis  er  das  Gefühl  bekam,  sich  nun  durch 
Rekognoszierung  über  die  momentane  genaue  Situation 
beim  Feinde  orientieren  zu  müssen  und  bis  zum  Einlangen 
dieses  Resultats  nicht  weiter  vorrücken  zu  dürfen  (Pol.  XV 
5,  4  Liv.  XXX  29,  2),  so  kann  dieser  Punkt  nicht  mehr  allzuweit  vom 
Gegner  entfernt  gewesen  sein,  keinesfalls  aber  näher  bei  Hadrumetum 
als  bei  Narraggara  gelegen  haben,  wie  es  bei  dem  inschriftlich  fest- 
gestellten Ost-Zama  der  Fall  gewesen  wäre  (s.  S.  632).  Dies  allein 
führt  schon  auf  West-Zama. 

Sonst  bietet  uns  die  Überlieferung  des  Feldzuges  noch  als  An- 
haltspunkt das  Lage  Verhältnis  Zamas  zu  Karthago,  das  mit  „5  Tage- 
märschen westlich"  angegeben  wird.  Beides  paßt  besser  auf  West- 
ais auf  Ost-Zama;  die  Entfernung  der  für  West-Zama  in  Betracht 
kommenden  Orte  (s.  S.  620)  von  Karthago  variiert  zwischen  125  bis 
150  Kilometer,  während  Ost-Zama  kaum  100  Kilometer  entfernt  ist1); 
erstere  Orte  liegen  ferner  wenigstens  gut  südwestlich  der  Hauptstadt, 
und  die  dahin  führende  Straße  geht  längere  Zeit  in  vorwiegend  west- 
licher Richtung;  letzterer  Platz  jedoch  liegt  fast  südlich,  und  der 
Weg  dahin  geht  von  Tunis  ab  fast  rein  nach  Süden2). 


1)  Die  von  Polybios  XIV  8,  2  gleichfalls  mit  5  Märschen  angegebene  Distanz 
Utika— Große  Felder  beträgt  ca.  120  Kilometer. 

2)  Meine  persönliche  Ansicht,  die  sich  freilich  nicht  strikte  beweisen  läßt,  geht 
dahin,  daß  eine  Textverderbnis  vorliegt  und  Distanz  wie  Richtung  nicht  von  Kar- 
thago, sondern  von  Hadrumetum  zu  rechnen  sind.  Da  von  Hannibals  Marsch  die 
Rede  ist  und  dieser  von  Hadrumetum  aufbrach,  so  erscheint  diese  Relation  weit 
näher  liegend.  Dann  würde  allerdings  ausschließlich  West-Zama  in  Betracht  kommen, 
da  Ost-Zama  nur  drei  kleine  Märsche  entfernt  ist. 


Narraggara.    2.  Abweichende  Ansichten.  619 

Die  Überlieferung  gibt  uns  keinen  Anhaltspunkt  bezüglich  des 
genauen  Namens1),  der  Größe  oder  sonstigen  Beschaffenheit  dieser  Stadt; 
sie  sagt  uns  nicht  direkt,  ob  es  mit  dem  Zama  Sallusts  oder  dem  Zama 
Eegia  der  Tabula  Peutingeriana  identisch  ist;  sie  sagt  uns  gerade  nur, 
daß  es  zweifellos  das  westliche  Zama  war.  Nun  aber  ist  auf  Grund 
anderer  Kombinationen  leicht  nachzuweisen,  daß  sowohl  das  Zama 
Sallusts  als  jenes  der  Tabula  nur  die  westliche  Stadt  dieses  Namens 
gewesen  sein  kann ;  diese  Konstatierung  wird  uns  vollends  die  Brücke, 
schlagen  zur  Beantwortung  der  zweiten  der  eingangs  gestellten  Fragen. 

Nach  der  Schlacht  am  Mut  hui  hatte  sich  Metellus  gegen  Zama, 
die  Hauptstadt  und  königliche  Residenz  dieses  Teiles  von  Numidien 
gewendet  (bell.  Jug.  55,  l);  auf  dem  Marsche  dahin  detachierte  er  vor- 
übergehend den  Marius  nach  Sicca  zu  einer  Requisition  (56,  3);  noch 
bevor  die  Belagerung  Zamas  in  Gang  gesetzt  war,  traf  Marius  wieder 
beim  Hauptheere  ein  (57,  1). 

Die  Schlacht  am  Muthul  haben  wir  jedenfalls  am  untern  Ou.  Mellegue 
zu  suchen  (s.  S.  604,  Anm.  1);  Sicca  ist  erwiesenermaßen  mit  El  Kef  iden- 
tisch; die  ganze  Schilderung  weist  darauf  hin,  daß  letztere  Stadt  nicht 
sehr  weit  von  Zama  entfernt  war,  sonst  hätte  die  Detachierung  kaum  in 
dieser  Art  stattfinden  und  so  rasch  beendet  sein  können.  Dies  führt 
uns  mit  Bestimmtheit  auf  das  nur  etwa  zwei  Märsche  entfernte  West- 
Zama,  während  Ost-Zama  mehr  als  doppelt  soweit  ablag. 

Die  Charakteristik  der  Stadt  bei  Sallust  als  „arx  regni"  legt  uns 
ferner  schon  die  Identität  mit  dem  „Zama  Regia"  der  Tabula  nahe2). 
Doch  auch  ganz  abgesehen  von  diesem  Argument  führt  uns  die  Tabula 
allein  mit  voller  Sicherheit  auf  West- Zama.  „Zama  Regia"  liegt  nämlich 
zwischen  Assures  und  Uzappa,  die  beide  inschriftlich  festgestellt  sind; 
ersteres  =  Zanfour,  letzteres  =  El  Ksour  =  Bordj  abd  el  Melah3). 
Diese  beiden  Orte  aber  begrenzen  eben  jenen  Raum,  innerhalb  dessen 
alle  vernünftigen  Hypothesen  West-Zama  suchen. 

Haben  wir  also  festgestellt,  daß  sowohl  das  Zama  des  Polybios, 
als  auch  jenes  Sallusts  und  der  Tabula  die  westliche  Stadt  dieses 
Namens  bezeichnen  und  daß  sie  somit  identisch  sind,  so  erwächst  uns 


1)  Hier  sei  gleich  darauf  hingewiesen,  daß  aus  gar  keiner  antiken  Quelle 
das  Vorhandensein  von  zwei  Städten  namens  Zama  direkt  hervorgeht. 

2)  Und  wohl  auch  mit  dem  „Zama"  des  bellum  Africum. 

3)  Nicht  zu  verwechseln  mit  der  etwa  45  Kilometer  westlich,  am  Südrande  der 
Ebene  von  Zouarines  gelegenen  Stadt  Ksour. 


620 


Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 


Jama  oder 
Sebar  Biar. 


Sallust. 


Jama. 


die  Möglichkeit,  die  aus  den  beiden  letztgenannten  Quellen  sich  er- 
gebenden Daten,  die  zur  genauen  Ortsbestimmung  geeignet  sind,  auch 
für  das  Zama  Hannibals  in  Anspruch  zu  nehmen.  Damit  stehen  wir 
vor  der  zweiten  Frage. 

Für  die  Identifikation  von  West-Zama  kommen  nach  dem  neuesten 
Stande  der  Forschungen  wohl  nur  mehr  zwei  Orte  in  Betracht: 
Jama  (Djäma  der  älteren  Karten),  und  Seba  Biar;  sie  liegen  an 
den  beiden  Enden  des  in  etwa  20  Kilometer  langem  Kamme  von 
Nordost  nach  Südwest  streichenden  Höhenzuges  des  Djebel 
Massouge,  ersteres  hoch  auf  den  letzten  Ausläufern  thronend, 
letzteres  am  Fuße  solcher  hingebreitet.  Alle  übrigen  Kombinationen, 
die  sich  in  der  Literatur  zerstreut  noch  finden  (Sra  Ourtane  *),  Mak- 
tar2),  Ellez3),  El  Meridj4)  usw.)  können  wir  füglich  ausschalten,  ohne 
Widerspruch  befürchten  zu  müssen. 

Es  gilt  nun  die  Daten,  welche  Sallust  und  die  Tabula  uns  bieten, 
zurechtzulegen  und  zu  prüfen,  auf  welchen  der  beiden  genannten  Orte 
sie  ganz  oder  doch  besser  zutreffen. 

Sallust  berichtet  Jug.  56,  1: 

„  Romanus  imperator  . . .  urbem  magnam  et  in  ea  parte,  qua  sita 
erat,  arcem  regni  nomine  Zamam  statuit  oppugnare  .  .  . 

57,  1:  .  . .  id  oppidum  in  campo  situm  magis  opere  quam 
natura  munitum  erat .  .  . 

58,  1 :  ...  Jugurtha  ...  ex  improviso  castra  hostium  invadit . .  . 
(3)  non  amplius  quadraginta  (Romanorum)  grege  facto  locum  cepere 
paulo  quam  alii  editiorem  ..." 

Aus  diesen  Stellen  resultiert  ein  recht  eindeutiger  Charakter 
der  Lage  dieser  Königsstadt.  Sie  lag  in  einer  Ebene,  das  Terrain 
bot  wenig  Unterstützung  für  die  Befestigung,  die  vorwiegend  auf  die 
Kunst  angewiesen  war;  immerhin  w7ar  ein  überraschender  Angriff  auf 
die  Belagerer  [möglich,  und  ein  Teil  derselben  fand  auch  einen  er- 
höhten Punkt  zur  Besetzung.  Also:  eine  Ebene  mit  etwas 
koupiertem  Terrain  in  nächster  Nähe. 

Daß  diese  Schilderung  zu  Jama  nicht  stimmt,  das  hat 
noch  jeder,  der,  den  Ort  besucht  hat,  auf  den  ersten  Blick 
eingesehen;  ebenso  gut  könnte  sie  zu  Gergovia  oder  Alesia  stimmen. 


1)  Partsch  (No.  13)  p.  65.  2)  Zitiert  bei  Tissot  (No.  18)  IL  S.  11. 

3)  Ebenda;  dann  Wilmans  in  CIL  VIII  p.  210.  89.         4)  Cambon  (No.  23). 


Narraggara.     2.  Abweichende  Ansichten.  621 

Jama  liegt  auf  dem  das  Vorterrain  weithin  dominierenden  nord- 
östlichen Ausläufer  des  Dj.  Massouge;  die  stattliche  Ruinenstätte  — 
das  heutige  Dorf  Jama  nimmt  nur  den  kleineren  nördlichen  Teil  der- 
selben ein  —  ist  rings  teils  durch  ziemlich  steile,  weit  hinabreichende 
Hänge,  teils  durch  tiefeingeschnittene,  gänzlich  unpassierbare  Wasser- 
risse begrenzt;  letztere  sind  vorwiegend  felsiger  Beschaffenheit,  so  daß 
eine  wesentliche  Veränderung  in  historischer  Zeit  nicht  anzunehmen 
ist,  was  übrigens  auch  daraus  hervorgeht,  daß  die  Enceinte  der  alten 
Stadt  sich  ihnen  vielfach  anschmiegt.  (Bild  44.)  Mit  kurzen  Worten :  die 
Stadt,  die  sich  einst  hier  erhob,  war  eine  ausgesprochene 
Bergstadt,  und  zwar  eine  der  von  Natur  festesten  der 
ganzen  Provinz.  Damit  aber  ist  die  Identifizierung  mit  dem  Zama 
Sallusts  ausgeschlossen. 

Anders  bei  Seba  Biar.  Die  ausgedehnte,  aber  recht  schlecht  Seba  Biar- 
erhaltene  Ruinenstätte1)  liegt  fast  ganz  in  der  Ebene;  nur  im 
Norden  scheint  die  nicht  allzuhohe  Rückfallkuppe  eines  sich  dort  er- 
hebenden isolierten  Hügels,  wie  deutliche  Mauerreste  schließen  lassen, 
in  die  Befestigung  einbezogen  gewesen  zu  sein.  Knapp  westlich  der 
Stadt,  jenseits  des  kleinen  Oued  el  Massmoudi,  erhebt  sich  gleichfalls 
eine  ganz  niedrige  Anhöhe.    (Bild  45.) 

Das  würde  nun  allerdings  ganz  anders  stimmen.  Die  Lage  in 
der  Ebene,  die  nur  auf  kurzer  Strecke  und  durchaus  nicht  ausgiebig 
vorhandene  Unterstützung  der  Befestigung  durch  das  Terrain,  die 
immerhin  im  nächsten  Umkreise  befindlichen  Anhöhen,  welche  sowohl 
einen  überraschenden  Angriff  ermöglichen  als  auch  den  angegriffenen 
Belagerern  einigen  Schutz  gewähren:  alles  das  läßt  sich  vollkommen 
mit  dem  Sallustschen  Texte  vereinigen.  Soweit  also  dieser  in  Betracht 
kommt,  kann  man  Seba  Biar  vollkommen  als  Zama  gelten  lassen, 
während  die  Identifikation  mit  Jama  ausgeschlossen  ist. 

1)  Bezeichnend  ist  das  vollständige  Fehlen  von  Resten  aus  spätrömischer  Zeit. 
Was  man  sieht,  sind  massige  Fundamente  von  äußerst  roher  Form,  ähnlich  wie  wir 
sie  u.  a.  am  Berge  Eryx  gefunden  (siehe  pag.  31),  die  unzweifelhaft  auf  eine 
vorrömische  Epoche  hinweisen ;  von  regelmäßig  oder  gar  kunstvoll  behauenen  Steinen, 
von  Paviment,  Ziegeln,  Mosaiken,  Inschriften  usw.  keine  Spur.  Das  einzige  Orna- 
ment, das  wir  fanden,  scheint  auf  die  byzantinische  Epoche  zu  deuten.  Wir  haben 
es  daher  unbedingt  mit  einer,  sehr  alten  Ansiedlung  zu  tun,  die,  wie  ihr  Um- 
fang und  die  stellenweise  deutlich  sichtbare  Stärke  ihrer  Mauern  beweist,  schon  in 
vorrömischer  Zeit  eine  große  Bedeutung  erlangt  hatte,  später  aber,  als  die  römische 
Kultur  von  diesem  Lande  Besitz  ergriff,  diese  Bedeutung  jedenfalls  eingebüßt  hat.  — 
Wir  werden  auf  diese  Frage  noch  zu  sprechen  kommen. 


622 


Der  zweite  Panische  Krieg  iu  Afrika. 


Die  Tabula 
Peutingeriann. 


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Nun  die  Tabula. 

Ihre  hier  in  Betracht 
kommenden  Daten  um- 
fassen die  Strecke:  Assu- 
res  —  10  (15)  0  —  Zama 
Regia  —  20  (30)  —  Seggo 
—  10  (15)  —  Avula  — 
7(10)  —  Autipsidam  — 
6  (9)  —  Usappa. 

Der  nächste,  durchaus 
praktikable  Weg  zwi- 
schen den  beiden  End- 
punkten Zanfour  und  El 
Ksour  über  Ksar  Mdoud- 
ja2)  beträgt  etwa  36  Kilo- 
meter; auf  der  Tabula 
kommen  79  heraus.  Daß 
wir  es  da  mit  Fehlern 
zu  tun  haben,  ist  ziemlich 
sicher;  daß  wir  aber 
trotzdem  einen  wesent- 
lichen Umweg  der  Straße 
annehmen  müssen,  erhellt 
schon  aus  der  Zahl  der 
Zwischenstationen.  Ob 
dieser  Umweg  nördlich 
oder  südlich  ausbog,  ist 
an  und  für  sich  nicht  mit 
Bestimmtheit  zu  sagen; 
in  beiden  Fällen  be- 
rührte er  markante, 
im  Altertum  besiedelte 
Punkte  und  durchzog 
relativ  fruchtbare  Ge- 
genden. 


1)  Die    eingeklammerten  Zahlen    geben  die  beiläufige  Umrechnung  der  Millien 
in  Kilometer. 

2)  Vgl.  Cagnat  bei  Schmidt  (No.  27)  p.  400. 


Narraggara.    2.  Abweichende  Ansichten. 


623 


Zama  Regia  ist  von 
Assures  aus  die  erste 
Station,  ihre  Entfer- 
nung beträgt  nach  der 
Tabula  10  Millien  = 
nicht  ganz  15  Kilo- 
meter. Nun  ist  tat- 
sächlich Seba  Biar,  auf 
dem  kürzesten  heute 
im  Gebrauch  stehen- 
den Wege  über  S4  Ali 
ben  Abdallah  und  S1 
bou  Hamma,  von  Zan- 
four  ca.  13  Kilometer 
entfernt ;  das  würde 
also  beiläufig  stim- 
men; wenn  man  einen 
Serpentinenaufstieg 
auf  das  hochgelegene 
Plateau  vor  Assures 
voraussetzt,  sogar  ge- 
nau. Nach  Jama  da- 
gegen beträgt  der  Weg 
von  Zanfour,  auf  dem 
kürzesten,  recht  prak- 
tikablen Weg  über  die 
Kammlinie  des  Dj. 
Massouge  gemessen , 
volle  30  Kilometer  = 
20  Millien. 

Sehen  wir  weiter, 
ehe  wir  entscheiden. 
Die  nächste  Station 
der  Tabula  ist  S  e  g  g  o , 
von  Zama  Regia  20 
Millien  =  30  Kilometer 

entfernt.  Dieses  Seggo  glauben  einige  Forscher  bei  Ksar  el 
unmittelbar  südlich  des  wichtigen  Wegknotenpunktes  Souk  el 


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Kramis 


Kromayer-Yeith,  Antike  Schlachtfelder  IN. 


40 


624  Der  zweite  Punische  Krieg  iu  Afrika. 

an  der  Siliana  entdeckt  zu  haben,  das  angeblich  auch  „Henchir 
Seggo"  heißen  soll1).  Dieser  Punkt  ist  von  Seba  Biar  25  Kilometer 
=  16 1 2  Millien,  von  Jama  11  Kilometer  =  8  Millien  entfernt. 

Das  stimmt  nun  auch  wieder  besser  für  Seba  Biar.  Wenn  man 
aber,  wie  man  bei  der  Tabula  oft  zu  tun  genötigt  ist,  die  Ziffern 
zwischen  Assures— Zama  Regia  und  Zama  Regia — Seggo  austauscht, 
so  stimmt  die  Sache  mindestens  ebensogut  für  Jama. 

Die  weiteren  Stationen  bis  Usappa,  deren  Distanzen  auf  alle 
Fälle  in  Summe  zu  groß  angegeben  sind,  kommen  für  unsere  Frage 
weiter  nicht  in  Betracht. 

Wir  stehen  also  neuerdings  vor  dem  Dilemma  Jama — Seba  Biar, 
obwohl  denn  doch  zugegeben  werden  muß,  daß,  wenn  sich  ohne  Ver- 
tauschung  der  Ziffern  eine  plausible  Fixierung  der  Strecke  finden 
läßt,  diese  Lösung  vor  dem  entgegengesetzten  Vorschlag  den  Vor- 
zug verdient. 

Nun  spricht  aber  noch  ein  Umstand  für  Seba  Biar. 

Wenn  schon  zwischen  Assures  und  Usappa  ein  Umweg  angelegt 
wurde,  so  dürfte  dieser  sich  wenigstens  die  bequemste  Route  aus- 
gesucht haben.  Nun  ist,  wie  schon  erwähnt,  der  Kamm  weg  über  den  Dj. 
Massouge  allerdings  merklich  praktikabler  als  man  bei  den  obwalten- 
den Steigungs Verhältnissen  erwarten  sollte2);  immerhin  aber  ist  der  Tal- 
weg längs  des  gleichnamigen  Oueds  noch  viel  bequemer  und  heute  noch 
sehr  gut  fahrbar;  ja  in  einem  Teile  desselben,  bei  Kebour  Klib,  hat 
man  Spuren  einer  Römerstraße  festgestellt3).  Dies  in  Verbindung  mit 
dem  Umstände,  daß  man  bei  dieser  Alternative  keine  Zahlenumsetzung 
vorzunehmen  genötigt  ist  —  die  kleinen  Differenzen  der  Distanz 
können  leicht  durch  heute  nicht  mehr  kontrollierbare  Abweichungen 
der  alten  Trace  von  den  jetzigen  Wegen  erklärt  werden  —  läßt  aus 
der  Tabula  allein  die  Hypothese  Seba  Biar,  das  im  Gegensatze  zu 
Jama  am  Talweg  liegt,  als  die  begründetere  erscheinen.  Nimmt 
man  die  Sallustsche  Beschreibung  hinzu,  so  wird  die  Hypothese  fast 
zur  Gewißheit. 


1)  Poinssot  zitiert  bei  Schmidt  (No.  27),  p.*400;  auch  bei  Tissot  (No.  18)11,574 
und  Mommsen,  (No.  19)  p.  149  (=Hist.Schr.  41);  Schmidt  bezweifelt  die  Namensanalogie, 
doch  ohne  klaren  Grund.  Pareti  (No.  43)  p.  20  zieht  auch  den  Dj.  Zegguiou,  ca. 
10  Kilometer  nördlich  Maktar,  in  Erwägung-,  weiß  aber  damit  selbst  nichts  anzufangen. 

2)  Ich  habe  den  größten  Teil  desselben,  ohne  ihn  früher  betreten  zu  haben, 
bei  Nacht  und  ohne  Karte  allein  zurückgelegt. 

3)  Winckler  (No.  33)  p.  186. 


Narraggara.     2.  Abweichende  Ansichten.  625 

Wenn   nun  trotzdem  der  überwiegende  Teil  der  Forscher  —  die       Jama. 
meisten  freilich  ohne  das  Gelände  selbst  gesehen  zu  haben  —  sich  für 
Jama  ausgesprochen  hat,  so  hat  dies  allerdings  seine  Gründe,   die  zu 
übergehen  hier  durchaus  nicht  am  Platze  wäre. 

Dieser  Gründe  sind  zwei:  der  Name  und  die  Inschriften.  Sie 
erschienen  so  überzeugend,  daß  Mommsen  sagt:  „Wenn  diese 
Auseinandersetzung  auch  im  einzelnen  noch  Zweifeln  Raum  läßt 
und  sorgfältige  Lokaluntersuchung  dringend  zu  wünschen  bleibt,  so 
scheint  die  Hauptfrage,  daß  Zama  Regia  das  Westzama  ist,  dadurch 
endgültig  entschieden,  selbst  wenn  Sallusts  „campus"  sich  in 
Felsenhänge  verwandeln  sollte"1).  Der  große  Forscher  sollte 
Recht  behalten:  Zama  Regia  bleibt  Westzama,  auch  ohne  daß  der 
, campus"  sich  in  Felsenhänge  zu  verwandeln  braucht,  wie  die  gewünschte 
Lokal  Untersuchung  nunmehr  bei  Seba  Biar  ergeben  hat.  Doch  zurück 
zum  Thema: 

Bezüglich  des  Namens  hat  man  zwar  eingewendet,  daß  „Djäma" 
auf  arabisch  einfach  „Moschee"  bedeute,  die  Bezeichnung  daher  ganz 
gut  arabischen  Ursprungs  sein  könne  und  mit  „Zama"  nichts  zu  tun 
zu  haben  brauche2).  Das  trifft  aber  hier  nicht  zu.  Der  Ort  heißt 
nicht  „Djäma",  sondern  „Jama",  was  auf  den  neueren  Karten  auch 
bereits  zum  Ausdruck  gebracht  ist;  der  Unterschied  ist  im  Arabischen 
viel  deutlicher,  als  wir  es  mit  unserem  Alphabet  auszudrücken  imstande 
sind,  und  schließt  den  Zusammenhang  des  Namens  mit  „Djäma"  voll- 
kommen aus ;  dieser  ist  vielmehr  auf  alle  Fälle  ein  spezifischer,  im  Ara- 
bischen nicht  wurzelnder  Eigenname,  dessen  Zurückführ ung  auf 
„Zama"  daher  nicht  nur  möglich,  sondern  sehr  wahrscheinlich  erscheint. 

Die  Inschrift,  die  in  Jama  gefunden  wurde  (CIL  VIII  p.  1571 
Nr.  16442)  und  deren  erste  Zeile  „AVG.  ZAM  IT  gelautet  haben  soll, 
ist  heute  nicht  mehr  vorhanden;  schon  zu  Cagnats  Zeiten  war  sie 
stark  verwittert.  Da  sie  aber  aus  der  Zeit,  wo  sie  noch  gut  lesbar 
war,  durch  verläßliche  Fachmänner  bezeugt  ist,  so  würde  sie  an  und 
für  sich  genügen.  Dies  im  Verein  mit  dem  heutigen  Namen  macht 
es  immerhin  sehr  wahrscheinlich,  daß  auf  der  Stelle  des  heutigen  Jama 
tatsächlich  einmal  eine  Stadt  namens  „Zama",  bezw.  „Zama  maior", 
gestanden  hat.  Da  wir  aber  aus  durchaus  überzeugenden  Gründen 
das  Zama  Sallusts   und   der  Tabula  bei  Seba  Biar  suchen,   so  bleibt 

1)  (No.  19)  p.  149.     (Histor.  Sehr.  I.  p.  41.) 

2)  So  Kiepert,  zitiert  bei  Mommsen  (No.  19)  p.  144  (36)  Anm.  2. 

40* 


fi'26  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

uns  nichts  übrig,  als  zwei  Orte  dieses  Namens  im  Gebiete  des  Djebel 
Massouge  anzunehmen. 

Die  Erklärung  für  diese  Tatsache  läßt  sich  auch  finden,  wenn  wil- 
den Typus  der  Ruinen  betrachten,  die  uns  an  den  beiden  Stätten  er- 
halten sind1), 
seba  Biar.  Bei  Seba  Biar  fanden  wir  die  Spuren  einer  Stadt,  deren  sichtbare 

Reste  fast  ausschließlich  in  die  vorrömische  Zeit  weisen.  Im  Gegen- 
satze dazu  tragen  die  Reste  von  Jama  ausgesprochen  das  Gepräge  der 
römischen  Kaiserzeit;  unzweifelhaft  war  in  dieser  Epoche  der  letztere 
Ort  weit  bedeutender  wie  der  erstere,  der  damals  kaum  mehr  städtischen 
Charakter  gehabt  haben  kann. 

Nun  wissen  wir  aus  Cassius  Dio  XLVIII  23,  daß  Zama  in  den 
Wirren  des  Bürgerkrieges  im  Jahre  41  v.  Chr.,  also  erst  5  Jahre  nach 
der  Einverleibung  des  Landes  in  das  römische  Reich,  vom  T.  Sextius 
erobert  wurde,  und  aus  Strabo  XVII  3,  829  überdies,  daß  es  dann 
lange  Zeit  wüst  gelegen  hat.  Ist  es  nicht  denkbar,  daß  man,  als  es  später 
galt,  die  zerstörte  Königsstadt  wieder  aufzubauen,  sich  entschloß,  den  von 
Natur  aus  nicht  besonders  günstigen  Platz  zu  verlassen  und  die  neue 
Niederlassung  auf  den  Nordausläufer  des  nahen  Berges  zu  verlegen,  wo 
sie  durch  Terrain  wie  durch  Kunst  gleich  stark,  in  wahrhaft  königlicher 
Lage  meilenweit  die  Umgebung  beherrschte?2).  Auf  der  alten  Stelle 
mag  sich  ja  infolge  der  guten  Wasserverhältnisse3),  und  weil  noch  aus 
der  früheren  Zeit  die  Hauptkommunikationen  der  Gegend  dort  zusam- 
menliefen, eine  neue  Ansiedelung  entwickelt  haben ;  allein  zur  Bedeutung 
einer  Stadt  gelangte  sie  nicht  mehr;  ohne  Mauern  und  Monumental- 
bauten fristete  sie  ein  kärgliches  Dasein,  bis  die  Stürme  der  arabischen 
Invasion  die  letzten  Reste  der  alten  Königstadt  vom  Erdboden  vertilgten. 

Vielleicht  ist  gerade  damals  —  es  klingt  wie  eine  Ironie  und  doch 
ist  es  gut  möglich  —  der  Name  „Zama  Regia"  geprägt  worden:  es 
galt  der  Stätte,  auf  der  zur  Zeit  des  freien  Numidiens  die  Königsresi- 
denz gestanden  hatte.  Und  kann  nicht  der  Name  „Zama  major"  (Zdfia 
ueiCayv  Ptol.  IV  3,  33),  den  man  bisher  stets  als  Gegensatz  zu  dem 
bei  Sidi  Abd  el  Djedidi  gelegenen  andern  Zama  aufgefaßt  hat,  auch 
die  Unterscheidung  vom  alten,  königlichen  Zama  bedeuten,  das  durch 


1)  Winckler  (No.  33)  p.  97. 

2)  Dies  hat  schon  Winckler  betont;  (No.  33)  p.  97. 

3)  Der  Platz   hat  reichliches  Grundwasser  und  daher  zahlreiche  Brunnen  (Bir, 
plur.  Biar). 


Narraggara.    2.  Abweichende  Ansichten.  627 

die   neue  Stadt   so   glänzend   überflügelt   worden  war1)?    Der  Name 
„Zama  minor"  findet  sich  in  den  Quellen  überhaupt  nicht2). 

Wir  haben  also  dann  drei  Zama:  das  alte  numidische  ZamaRegia  = 
Seba  Biar;  ein  spätrömisches  Zama  major  =  Jama;  endlich  ein  drittes, 
historisch  niemals  hervorgetretenes  Zama  —  S1  Abd  el  Djedidi,  dessen 
Namen  wir  einzig  aus  einer  dort  gefundenen  Inschrift  kennen. 

Die  in  der  Tabula  verzeichnete  Straße  führte  nach  unserer  Hypo- 
these über  Zama  Kegia,  obwohl  dieser  Ort  zur  Zeit  der  Abfassung 
der  Tabula  als  solcher  bedeutungslos  gewesen  sein  muß;  es  ist  aber 
zweifellos  ein  wichtiger  Straßenknotenpunkt  geblieben3),  und  für  eine 
Verlegung  des  alten  Straßenzuges  lag  umsoweniger  ein  Grund  vor,  als 
er  ohnehin  die  von  Natur  aus  günstigste  Trace  innehatte.  Das  auf 
steiler  Bergeshöhe  gelegene  neue  Zama  konnte  ohne  Schwierigkeit 
durch  eine  kurze  Abzweigung  mit  der  am  Fuße  des  Berges  vorbei- 
führenden Hauptstraße  in  Verbindung  gebracht  werden. 

Damit  wäre  die  „Zamafrage"  erledigt  und  zugleich  mit  höchster 
Wahrscheinlichkeit  konstatiert,  daß  jenes  Zama,  vor  dessen  Mauern 
Hannibal  vor  der  Entscheidungsschlacht  die  letzte  längere  Rast  hielt, 
auf  dem  Boden  des  heutigen  Seba  Biar  gestanden  hat. 

Über  das  Schlachtfeld  selbst  brauchte  man  eigentlich  keine  Worte  Schlachtfelder 
zu  verlieren,  da,  wie  nachgewiesen,  die  Schlacht  nicht  bei  Zama,  son- 
dern bei  Narraggara  geschlagen  wurde ;  übrigens  hat  auch  kein  einziger 
Anhänger  der  West-Zama-Theorie  eine  genauere  Fixierung  des  Schlacht- 
feldes versucht.  Zu  erwähnen  wäre  nur  noch  die  Ansicht  Mommsens, 
der,    trotzdem   er  den  polybianischen  Bericht  zugrunde  legt,   dennoch 


1)  Das  Zäua  ntMQoov  des  Ptolomaeos  bezieht  sich  zweifellos  auf  Jama,  wie  die 
Erwähnung  einer  starken  Quelle  beweist;  bei  Seba  Biar  gibt  es  keine  Quelle,  sondern 
nur  einen  kleinen  Oued  und  viel  Grundwasser,  was  das  Brunnengraben  begünstigt.  — 
Pareti  (No.  43  p.  21)  glaubt,  eine  Stadt  wie  Zama  regia  hätte  es  sich  nie  gefallen 
lassen,  daß  eine  andere  gleichen  Namens  sich  „maior"  nennt,  und  hält  deshalb  Jama 
nur  für  einen  im  Machtbereiche  von  Zama  maior  =  Zama  regia  =  Seba  Biar  gelegenen 
Ort;  nach  unseren  obigen  Ausführungen  ist  es  jedoch  sehr  gut  möglich,  daß  die  alte 
Königsstadt  sich  diese  Herabsetzung  wohl  gefallen  lassen  mußte.  —  Nach  Cagnat 
(Comptes  rendues  de  l'acad.  etc.  1894,  S.  43)  bedeutete  der  Zuname  „Regia"  überhaupt 
nur,  daß  der  Ort  im  Gebiete  des  ehemaligen  Königreiches  Numidien  —  im  Gegensatze 
zum  ehemals  karthagischen  Gebiet  —  gelegen  habe ;  vgl.  Hippo  Regius,  Bulla  Regia  etc- 

2)  Vgl.  Mommsen  (No.  19)  p.  145  (37). 

3)  Auf  diese  Wichtigkeit  scheinen  auch  die  von  uns  gefundenen  byzantinischen 
Reste  hinzudeuten;  wahrscheinlich  befand  sich  zur  Zeit  der  oströmischen  Herrschaft 
auf  der  die  ehemalige  Stadt  und  damit  den  Straßenknotenpunkt  dominierenden  An- 
höhe ein  byzantinisches  Fort. 


her  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 


das  Schlachtfeld  in  nächster  Nähe  Zamas  sucht,  weil  er  diese  Stadt 
als  „Hannibals  Hauptquartier"  auch  am  Tage  der  Schlacht  aufgefaßt 
wissen  will,  und  deshalb  ein  zweites  Narraggara  in  der  Nähe  von  Zama 
annimmt1).  Diese  Auffassung,  die  auf  einem  fachmilitärischen  Irrtum 
beruht  —  Momnisen  hält  die  Erwähnung  von  Zama  im  Gegenfalle  für 
unerklärlich  —  hat  K.  Lehmann  (No.  32  p.  439  f.)  vollkommen  wider- 
legt, und  ich  habe  dessen  Ausführungen  weiter  nichts  beizufügen2). 

Schließlich  sei  bemerkt,  daß  die  Umgebung  von  Seba  Biar  durch- 
wegs genügend  wasserreich  ist,  so  daß  es  auch  hier  schwer  wäre,  für 
Hannibals  letztes  Lager  einen  Punkt  zu  finden,  der,  obwohl  ohne  Wasser, 
doch  aus  taktischen  Gründen  zu  diesem  Zwecke  unbedingt  hätte  ge- 
wählt werden  müssen,  und  der  dabei  auch  allen  übrigen  Anforde- 
rungen des  Quellenberichtes  entsprechen  würde. 


Schmidt: 
Die  Stadt. 


c.  Ost- Zama. 

Es  ist  inschriftlich  festgestellt,  daß  die  Ruinen,  welche  sich  bei 
dem  Marabout  Sidi  Abd  el  Djedidi  (nach  älteren  Karten  Sidi  Ah- 
mor  Djedidi)  konstatieren  lassen,  gleichfalls  einer  Stadt  namens  „Zama" 
angehören3). 

Diese  Tatsache  hat  einige,  wenn  auch  nur  wenige  Forscher  ver- 
anlaßt, auch  bei  diesem  Ort  das  Schlachtfeld  zu  suchen. 

Schmidt  (No.  27)  behauptet  zunächst  —  und  hat  diese  Ansicht 
auch  im  CIL  zur  Geltung  gebracht  —  daß  dieses  Ost-Zama  das  ,,Zama 
Regia"  sei.  Er  gründet  diese  Ansicht  auf  die  Beschreibung  Sallusts  und 
sucht  damit  in  äußerst  gezwungener  Weise  die  übrigen  Belege  in  Über- 
einstimmung zu  bringen,  sogar  die  Tabula,  in  welcher  er  eine  willkür- 
liche Hinzufügung  des  Wortes  „Regia"  zu  einem  falschen  Zama  seitens 
eines  späteren  Abschreibens  annimmt.  Es  ist  alles  verlorene  Liebesmüh' ; 
denn  sein  Hauptargument,  der  Vergleich  mit  der  Beschreibung  Sallusts, 
bricht  bei  Besichtigung  des  Platzes  in  nichts  zusammen.  Jene  Beschrei- 
bung paßt  nämlich  auf  S1  Abd  el  Djedidi  kaum  besser  als  auf  Jama. 


1)  No.  19  p.  155  (H.  Sehr.  p.  47). 

2)  In  der  achten,  also  später  als  der  Herrn  es- Aufsatz  (1888)  erschienenen  Auflage 
des  I.  Bandes  der  „Römischen  Geschichte"  verlegt  Mommsen  Narraggara  doch  auf  den 
richtigen  Platz:  „westlich  von  Sicca,  jetzt  el  Kef,  an  der  Grenze  von  Tunis  und 
Algier"  (p.  657);  die  Schlacht  selbst  , vermutlich  westlich  Sicca"  (p.  658). 

3)  CIL,  VIII.  p.  1241  Nr.  12018.  —  Treffender  könnte  die  Ruinenstätte  nach  dem 
zweiten  auf  ihr  befindlichen  Marabout  Sidi  belAzza  benannt  werden,  das  auf  dem 
höchsten  und  am  stärksten  befestigten  Punkte  des  Platzes  liegt. 


Narraggara.    2.  Abweichende  Ansichten. 


629 


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ea 

-51 

QQ 


Die  Ruinenstätte 
(s.  Bild  46)  liegt  auf 
einem  von  Südost  nach 
Nordwest  sich  er- 
streckenden, in  letz- 
terer Richtung  spitz 
auslaufendem  Plateau. 
An  der  südöstlichen 
Schmalseite,  also  gegen 
die  Fortsetzung  des 
Plateaus,  ist  die  Um- 
fassung der  Stadt  nur 
unmerklich  im  Terrain 
gestützt;  auf  der  gan- 
zen übrigen  Front 
aber,  also  auf  gut  fünf 
Sechstel  des  Gesamt- 
umfanges,  fällt  der 
Plateaurand  durch- 
wegs von  der  Stadt- 
mauer weg  merklich 
ab;  auf  der  Südwest- 
front mäßig  steil,  aber 
immerhin  sehr  dezi- 
diert,  auf  der  Nord- 
und  Nordostfront,  dem 
größten  Abschnitt, 
sehr  steil.  Da  auch 
das  den  Bergfuß  im 
Halbkreis  umfassende 
Tal  ides  Ou.  Gourbi 
durchwegs  nicht  sehr 
breit  ist  und  auf  der 
anderen  Seite  gleich 
wieder  Höhen  sich  er- 
heben, kann  hier  eben- 
sowenig von  einem  „campus"  die  Rede  sein  wie  bei  Jama, 
noch  genau   verfolgbare  Enceinte  der  Stadt   fand   auf  fünf 


o* 


und  die 
Sechstel 


630  Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 

ihres  Verlaufes  im  Terrain  eine  ganz  vorzügliche  Stütze,  so  daß  das 
Oppidum  in  Wahrheit  „magis  natura  quam  opere  munitum  erat1',  und 
nicht  umgekehrt1). 

Die  Gründe  ferner,  die  Schmidt  gegen  die  relative  Kleinheit 
des  Platzes  ins  Treffen  führt,  sind  gleichfalls  nicht  stichhaltig.  Das 
Weichbild  der  Stadt  ist  etwa  600  Meter  lang  und  an  der  breitesten 
Stelle  ungefähr  300  Meter  breit,  also  nicht  einmal  gar  so  klein,  allerdings 
kleiner  und  vor  allem  unansehnlicher  als  die  ganz  nah  gelegene,  durch 
weit  imposantere  Reste  ausgezeichnete  Ruinenstätte  Hir  Karachoun. 
Außerhalb  des  oben  beschriebenen  Umfangs  haben  aber  außer  einigen  iso- 
lierten Villen  und  vielleicht  einem  Fort  zum  Schutze  der  Quelle  keine 
Teile  der  Stadt  gestanden,  was  sich  an  den  Resten  klar  erkennen  läßt; 
denn  auf  dieses  erhabene,  steinige  Plateau  trifft  eben  vollinhaltlich 
das  zu,  was  Schmidt  von  Jama  sagt,  daß  nämlich  solche  auf  Bergen 
gegründete  Ortschaften  naturgemäß  dem  Versanden  oder  Versinken 
ihrer  Ruinen  viel  weniger  ausgesetzt  sind  als  in  der  Ebene  liegende. 
Die  von  Cagnat  auf  der  „sumpfigen"  Nordseite  konstatierte  Terrainer- 
höhung um  3  Meter  kann  sich  einzig  auf  das  Tal  des  Ou.  Gourbi  be- 
ziehen, in  welches  die  Stadt  als  solche  nie  hineingeragt  hat;  denn  ge- 
rade auf  diesem  Teile  der  Front  ist  ihre  Umfassung  teils  auf  dem  scharf 
abstürzenden  Plateaurande,  teils  an  einigen  markanten  Terrainstufen 
des  Hanges  deutlich  zu  verfolgen. 

Durch  diese  Ergebnisse  des  Lokalaugenscheines  ist  wohl  die  Iden- 
tifizierung von  Ost-Zama  mit  dem  Zama  Sallusts  und  damit  auch  mit 
dem  Zama  Regia  der  Tabula  abgetan. 
Das  Die   Untersuchung   über   die    Lage   des  Schlachtfeldes   führt 

Schmidt  unabhängig  von  jener  über  die  Stadt.  Auch  alle  überlieferten 
Distanzangaben  verwirft  er,  jene  von  Appian  und  Cornelius  Nepos 
wegen  erwiesener  Unverläßlichkeit,  jene  des  Polybios  wegen  der  „fal- 
schen Orientierung"  der  Provinz  Afrika  durch  —  Ptolomaeos.  Dem- 
gegenüber wäre  bloß  zu  bemerken,  daß  zwischen  Orientierung  und 
Distanz  ein  himmelweiter  Unterschied  besteht,  und  daß  ein  Fehler  in 
der  einen  Richtung  durchaus  nicht  einen  in  der  anderen  zur  Folge  haben 
muß.  Man  denke  nur  an  Caesar,  der  nach  b.  gall.  I  1  Gallien  und 
nach  V  1 3  Britannien  großenteils  falsch  orientiert  und  doch  über  eben 
diese  Länder  eine  große  Anzahl  verblüffend  genauer  Distanzangaben  liefert. 


1)  Vgl.  auch  Pareti  (Nr.  43)  p.  5. 


Narraggara.     2.  Abweichende  Ansichten.  631 

Statt  dessen  gibt  Schmidt  ein  strategisches  Kalkül  des  Feldzuges, 
das  ganz  hübsch  und  zutreffend  wäre,  wenn  wir  nicht  eben  wüßten, 
daß  die  Schlacht  nicht  bei  Zama,  sondern  bei  Narraggara  geschlagen 
worden  ist.  Auf  eine  genaue  Fixierung  des  Schlachtfeldes  läßt  er  sich 
nicht  ein;  er  behauptet  nur,  „daß  es  nahe  bei  Ost-Zama  zur  Schlacht 
gekommen  sei,  nebenbei  bemerkt  auf  einem  Terrain,  das  zu  einer  großen 
Feldschlacht  geeigneter  erscheint  als  die  Gegend  von  West-Zama"1). 

Das  ist  nicht  richtig.  Denn  abgesehen  davon,  daß  die  Schlacht 
auch  nicht  bei  West-Zama  geschlagen  wurde,  so  finden  wir  in  der  Um- 
gebung der  letzteren  Stadt  mindestens  ebensoviele,  ja  viel  mehr  für 
eine  große  Feldschlacht  geeignete  Abschnitte  als  bei  Ost-Zama.  Der 
Dj.  Massouge,  in  dessen  Bereich  West-Zama  auf  alle  Fälle  gelegen  war, 
ist  auf  drei  Seiten  von  großen  Ebenen  umgeben  :  dem  Becken  der  Siliana, 
des  Ou.  Tessa  und  der  Ebene  von  Sers.  Von  Ost-Zama  aus  kommt 
man  erst  einen  kleinen  Tagesmarsch  weiter  westlich,  jenseits  des  Dj. 
Bargou,  in  eine  Ebene,  die  sich  halbwegs  mit  der  vorgenannten  ver- 
gleichen läßt2);  wie  es  übrigens  mit  dieser  in  Bezug  auf  unser  Schlacht- 
feld bestellt  ist,  wird  sich  bei  der  Besprechung  der  Ansichten  jener 
Autoren  zeigen,  welche  eine  Lokalisierung  des  Schlachtfeldes  in  jener 
Ebene  tatsächlich  versucht  haben. 

Ein  solcher  ist  Filek  von  Wettinghausen  (No.  36).  wetting- 

Er  gibt  zunächst  dasselbe  strategische  Kalkül  wie  Schmidt:  Han- 
nibal  rückt  von  Hadrumetum  nach  Ost-Zama,  wo  er  stehen  bleibt  und 
Rekognoszierungen  einleitet;  Scipio  kommt  das  Silianatal  herauf.  Das 
livianische  Narraggara  wird  verworfen,  das  polybianische  Magyccgov 
mit  dem  Djebel  Bargou  identifiziert.  Das  Schlachtfeld  war  dann 
das  Silianatal  nordwestlich  des  Djebel  Serdj. 

Bezüglich  der  Identifizierung  von  Narraggara  und  Mägyccgov  sei 
hier  nur  auf  das  früher  gesagte  verwiesen.  Betreffs  des  Schlachtfeldes 
sei  bemerkt,  daß,  wenn  Hannibal  von  Ost-Zama,  Scipio  aber  aus  dem 
Silianatale  kam,  erstem*  und  nicht  letzterer  dem  Dj.  Bargou  näher  stand, 
bzw.  ihn  hinter  sich  hatte;  dann  hätte  also  Hannibal  bei  Margaron 
gestanden  und  nicht  Scipio. 

Schließlich  entspricht  das  gewählte  Schlachtfeld  auch  nicht  den 
Anforderungen  des  Qellenberichtes.    Das  Silianatal   nordwestlich   des 


1)  p.  405. 

2)  An  die  südlich  von  Ost-Zama  gelegene  schmale  Ebene  am  Ou.  Marouf  ist 
nach  dem  strategischen  Kalkül  Schmidts  nicht  zu  denken. 


M2  Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 

Dj.  Serdj  und  I)j.  Bargou  ist  keineswegs  die  Ebene,  die  wir  brauchen. 
Im  nördlichen  Teile,  zwischen  dem  Dj.  Bargou  und  dem  genannten 
Flusse  ist  es  ein  sehr  stark  gewelltes,  von  tief  eingeschnittenen  Oueds 
durchflossenes  Hügelland;  im  südlichen  Teile,  also  unter  dem  Dj.  Serdj, 
ein  sanft  abfallendes  Glacis.  Hier  wäre  der  praktisch  ebene  Raum 
zur  Not  vorhanden;  was  aber  hier  und  in  dem  ganzen  Abschnitt 
nicht  stimmt,  das  sind  wiederum  die  Wasserverhältnisse. 

Sowohl  der  Dj.  Bargou  wie  der  Dj.  Serdj  weisen  an  ihrem  Nord- 
westfuße ganze  Reihen  guter  und  ergiebiger  Quellen  auf,  vielleicht  die 
meisten  auf  engem  Raum  in  dem  ganzen  fraglichen  Territorium.  Wenn 
Hannibal,  wie  Wettinghausen  andeutet,  durch  die  Senke  zwischen  den 
beiden  Bergen  gegen  das  Silianatal  vorrückte,  so  hatte  er  gerade  an 
der  Stelle,  wo  er  die  Ebene  erreichte,  eine  reichliche  Auswahl  (A'ine 
Ssnoussi,  Ai'ne  el  Kohol,  die  Quelle  zirka  1  Kilometer  südöstlich  707, 
endlich  die  stets  wasserführenden  Oueds  Tfifila  und  el  Faouar).  Gerade 
in  diesem  wasserreichsten  Teile  des  Abschnittes  müßte  nach  der  von 
Wettinghausen  gegebenen  strategischen  Situation  Hannibals  letztes 
Lager  gestanden  haben;  aber  auch  weiter  nördlich,  bis  zum  Nordrande 
des  Dj.  Bargou  und  darüber  hinaus,  liegen  die  Wasserverhältnisse 
durchaus  ebenso. 

Damit  wird  das  Schlachtfeld  am  Nordwestfuße  der  genannten  zwei 
Berge  unmöglich. 

Zu  bedenken  wäre  noch  hier  wie  bei  allen  Hypothesen,  welche 
die  Schlacht  in  dieser  Gegend  lokalisieren  wollen,  die  geringe  Entfer- 
nung von  Hadrumetum.  Gewiß  sind  die  bei  Appian  und  Cornelius  Nepos 
erhaltenen  Distanzangaben  übertrieben;  aber  wir  haben  schon  vor- 
her nachgewiesen,  daß  eben  im  Sinne  dieser  Übertreibung  die  beigefügte 
Zeitangabe  auf  keinen  Fall  zu  groß,  höchst  wahrscheinlich  aber  über- 
haupt richtig  ist.  Nun  aber  wäre  ein  Ritt  von  kaum  100  Kilometern 
in  2  Tagen  und  2  Nächten  nichts  weniger  als  eine  besonders  gute 
Leistung,  die  als  solche  in  der  Geschichte  aufgezeichnet  zu  werden 
verdiente *).  Andererseits  können  die  Distanzangaben  der  beiden  Schrift- 
steller bei  aller  gerne  zugegebenen  ünverläßlichkeit  doch  nicht  so 
übertrieben  sein,  daß  die  überlieferten  Distanzen  von  530  bzw.  450 
Kilometer  sich  auf  eine  Strecke  von  in  Wirklichkeit  nur  100  Kilometer 
beziehen  würden! 


1)  Vgl.  Mommsen  (Xo.  19)  p.  150  (H.  S.  p.  42). 


Narraggara.    2.  Abweichende  Ansichten. 


633 


Als  Kuriosum  sei  noch  erwähnt,  daß  Wettinghausen ,  um  seine 
Theorie  zu  stützen,  Verhandlungen  auf  3  Märsche  Entfernung  für  un- 
möglich erklärt.  Nun  fand  aber  die  persönliche  Zusammenkunft  der 
Feldherren  nach  dem  ausdrücklichen  Wortlaut  der  Quelle  erst  dann 
statt,  als  die  Lager  nurmehr  30  Stadien  =  5 1/2  Kilometer  voneinander 
entfernt  waren.  Warum  Verhandlungen  anderer  Art,  durch  Parlamentäre 
oder  Gesandtschaften,  auf  größere  Distanz  unmöglich  gewesen  sein 
sollen,  ist  nicht  einzusehen.  Man  vergleiche  die  analoge  Situation  von 
Caesar  und  Ariovist,  wo  die  Verhandlungen  begannen,  als  Caesar 
noch  westlich  von  Vesontio,  Ariovist  am  Mittel rhein  stand.  Selbst 
die  persönliche  Zusammenkunft  der  Feldherren  fand  noch  bei  einer 
Lagerdistanz  von  36  Kilometern  statt1). 

d.  Killa. 

Killa  erwähnt  Appian  als  den  Ort,  bei  dem  die  Schlacht  statt- 
fand. Da,  wie  bereits  betont  wurde,  eigentümlicherweise  die  franzö- 
sischen Forscher  stets  zu  Konzessionen  an  diesen  fragwürdigen  Histo- 
riker bereit  sind,  so  ist  es  nicht  zu  verwundern,  daß  sich  solche  ge- 
funden haben,  die  ohne  Bücksicht  auf  Polybios  und  Livius  ihre  Hypo- 
thesen auf  Appian  aufbauen. 

Über  die  Lage  von  Killa  wissen  wir  so  gut  wie  nichts.  Die  Stadt  Lage  von  Kuia 
wird  außer  von  Appian  nirgends  erwähnt. 

Mehrere  Forscher  haben  eine  Inschrift,  in  welcher  der  Ausdruck 
„Xumidae  Chellenses"  vorkommt  und  die  in  der  Ebene  von  Zoua- 
rines  gefunden  wurde,  herangezogen  und  diese  Örtlichkeit  für  Killa  er- 
klärt2). Bedenkt  man  die  zahlreichen  Namensgleichheiten  afri- 
kanischer Städte  (Zama,  Aggar,  Vaga  usw.),  so  wird  man  einer  so  ent- 
fernten Namens  ähnlichkeit  wohl  keine  große  Bedeutung,  am  wenig- 
sten aber  Beweiskraft  zusprechen  dürfen3). 

Hennebert  (No.  30)  ist  es,  der  diese  Identifizierung  auch  seiner 
Auffassung  der  Schlacht  und  des  ganzen  Feldzuges  zugrundelegt.  Diese 
ist,  nebenbei  bemerkt,  nicht  weniger  phantastisch  als  die  Appians  selbst. 
Hannibal  will  das  „Plateau  des  Dj.  Massouge"  zu  seinem  „pivot 
strategique"  machen,  von  wo  aus  er  sich  sowohl  im  gegebenen  Augen- 


Hennebert. 


1)  Caesar  b.  gall.  I  34  ff. 

2)  Tissot  (No.  18)  IL  583.    Cagnat   Explor.  II.   150.    Hennebert  (No.  30) 
III.  348  f. 

3)  Vgl.  K.  Lehmann  (No.  32)  p.  532. 


634  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

blick  auf  Scipio  stürzen,  als  auch  seine  noch  aus  Numidien  erwarteten 
Verstärkungen  an  sich  ziehen  könnte.  Unterdessen  ist  aber  Scipio, 
durch  das  Silianatal  anrückend,  mit  der  Besetzung  des  „Plateaus 
von  Zama"  zuvorgekommen,  und  hat  schließlich  nach  dem  Reiterge- 
fecht bei  Zama1)  auchKilla  =  Zouarines  besetzt;  wozu  Hannibal  gleich- 
falls zu  spät  gekommen  sei;  gleichzeitig  habe  der  römische  Feldherr 
den  Karthager  durch  Besetzung  von  Narraggara  und  Altiburos  (Mdeine) 
von  seinen  erwarteten  Verstärkungen  abgeschnitten.  Nach  fruchtlosen 
Verhandlungen  sei  es  schließlich  auf  der  Ebene  von  Zouarines  zur 
Schlacht  gekommen. 

Bezüglich  der  Widerlegung  dieser  Hypothese  brauche  ich  nur  auf 
K.  Lehmanns  treffende  Ausführungen2)  zu  verweisen;  ich  will  nur 
einiges  hinzufügen,  was  der  Lokalaugenschein  ergibt. 

Die  Sache  mit  dem  „Plateau  des  Djebel  Massouge,  unter  dem 
Hennebert  das  ganze  Hochland  zwischen  Ou.  Mellegue,  Ou.  Siliana  und 
Ou.  Marguellil  versteht,  als  „pivot  strategique"  ist  ein  militärischer 
Nonsens.  Wie  soll  man  ein  solches  Eiesengebiet  mit  einer  Armee 
damaliger  Zeit,  ohne  sich  grenzenlos  zu  verzetteln,  „besetzen",  be- 
ziehungsweise wie  diese  Besetzung  durch  eine  zweite  Armee  hindern 
können?  In  diesem  Terrain  hatte  noch  eine  ganze  Reihe  solcher 
Armeen  Platz,  ohne  daß  eine  die  andere  anders  an  der  Besetzung 
hätte  hindern  können,  als  indem  sie  sie  angriff  und  hinauswarf. 
Wenn  also  Scipio  sich  auf  dem  „Plateau  von  Zama"  festgesetzt  hatte, 
so  konnte  Hannibal  noch  immer  zahlreiche  andere  „Plateaus"  in  Be- 
sitz nehmen,  um  sie  als  „pivot  strategique"  einzurichten;  und  wie 
gerade  das  tiefgelegene  Zouarines  seine  letzte  Hoffnung  in  diesem 
Sinne  war,  ist  erst  recht  nicht  einzusehen.  —  Hennebert  hat,  abgesehen 
von  seinem  offenkundigen  Mangel  an  Klarheit  in  militärischen  Begriffen, 
auch  sichtlich  keine  rechte  Vorstellung  des  fraglichen  Terrains  gehabt3). 

Ausschlaggebend  bleibt  auch  hier  wieder  die  Wasserfrage.  Nicht 
nur  der  polybianische,  sondern  ganz  besonders  der  appianische  Bericht,  auf 
den  Hennebert  eben  aufbaut,  erwähnt  ganz  ausdrücklich  die  Schwierig- 
keit, die  Hannibal  bezüglich  der  Wasserversorgung  erwuchs.    Diese  ist 


1)  Appian  Lib.  36. 

2)  (No.  32)  p.  550—553. 

3)  Ähnlich  Morris  (No.  40)  p.  313,  der  unter  Berufung  auf  Hennebert  Hannibal 
die  Absicht  zumutet,  die  ganze  Bergkette  von  Kap  Bon  bis  Theveste  zu  besetzen  und 
gegen  die  Eömer  zu  halten! 


Narraggara.    2.  Abweichende  Ansichten.  635 

in  der  Ebene  von  Zouarines  geradezu  ausgeschlossen.  Schon  Cagnat 
hat  ihren  Wasserreichtum  betont1);  unsere  Nachforschungen  ergaben 
dasselbe  Resultat.  An  den  Rändern  des  großen,  fast  kreisrunden  Kessels 
finden  sich  Quellen  genug,  und  mehrere  wasserführende  Oueds  reichen 
bis  tief  in  die  Ebene  hinein2) ;  mehr  als  irgendwo  anders  war  hier  ein 
zwingender  Grund  für  Hannibal,  unbedingt  fern  vom  Wasser  zu  lagern, 
ausgeschlossen. 

•Anders  Toussaint  (No.  38).  Er  bietet  eine  ziemlich  originelle  Toussaint. 
Kombination  der  verschiedenen  Quellenberichte,  stützt  sich  aber  doch 
hauptsächlich  auf  Appian,  dem  auch  er  an  Phantasie  nicht  nachgibt.  Nach 
ihm  kommt  Hannibal  von  Karthago  (!),  geht  zuerst  bis  Hir  es  Scheli 
(nördlich  des  Dj.  Bargou,  wo  der  Paßweg  gegen  S1  Abd  el  Djedidi  und 
weiter  ins  Nebaanatal  abzweigt)  vor,  von  wo  aus  er  die  Straße  sowohl 
nach  Karthago  wie  nach  Hadrumetum  decken  kann.  Dann  stößt  er 
weiter  gegen  Zama  Regia  vor,  wird  in  dem  von  Appian  überlieferten 
Reitertreffen  bei  Samon  geschlagen  (bei  Kebour  Guelib,  wohl  Kebour 
Klib,  auf  der  Wasserscheide  zwischen  dem  Ou.  Massouge  und  der  Ebene 
von  Seba  Biar),  worauf  er  nach  Hir  es  Scheli  zurückgeht.  Scipio  folgt 
ihm  nach  der  Einnahme  von  Parthos  (Hir  Sa'ida),  und  es  kommt 
schließlich  zur  Schlacht  bei  Hir  es  Scheli,  in  der  Ebene  zwischen  dem 
Dj.  Bargou  und  dem  nordwestlich  gegenüberliegenden  Hügelgebiet  von 
S1.  Amara;  also  eigentlich  bei  Ost-Zama.  Da  aber  der  Bericht  auf 
Appian  aufgebaut  ist,  so  muß  es  die  Schlacht  bei  Killa  sein,  und  wird 
der  nächste  noch  frei  verfügbare  Henchir  der  Gegend,  Hir  Ramouma, 
(Hir  Romana?)  dafür  in  Beschlag  genommen. 

Über  diese  Operationen  ist  weiter  nichts  zu  sagen,  als  daß  sie 
sich  nicht  einmal  aus  Appian,  geschweige  denn  aus  brauchbareren 
Quellen  ableiten  lassen.  Bezüglich  des  Schlachtfeldes  gilt  so 
ziemlich  dasselbe  wie  von  jenem  Wettinghausens,  von  dem  es  nur 
wenig  verschieden  ist.  Auch  die  „ Ebene"  zwischen  dem  Dj.  Bargou 
und  dem  Hügelland  von  Sidi  Amara  ist  in  Wirklichkeit  stark  gewellt 
und  von  vielen  eingeschnittenen  Oueds  durchzogen,  eignet  sich  daher 

1)  Bei  J.  Schmidt  CIL,  VIII,  1  Suppl.  1,  p.  1561,  Nr.  16352. 

2)  Ou.  A'ine  el  Zellez,  Ou.  el  Guetar,  Ou.  el  Ksour,  Ou.  Ysid;  diese  von  den 
die  Ebene  umgebenden  Höhen  konzentrisch  hinabfließenden  Bäche  führen  in  ihrem 
Oberlaufe,  d.  h.  bis  über  den  Fuß  der  Höhen  hinaus,  reichliches  und  meist  gutes 
Wasser,  und  versiegen  erst  ziemlich  weit  im  flachen  Felde;  ebenso  führen  der  aus 
dem  Kessel  abfließende  Ou.  Tessa,  sowie  der  von  den  östlichen  Höhen  in  anderer 
Richtung  fließende  Ou.  Zanfour  gutes  Wasser. 


636  Dei  zweite  Panische   Krieg  in  Afrika. 

nicht  sonderlich  für  die  überlieferten  Vorgänge;  der  Quellenreichtum 
des  Nordwesthanges  des  Dj.Bargon  wurde  schon  erwähnt;  Hannibal  hätte 
gerade   in  seiner  Stellung  bei  Hir  es  Scheli  die  ergiebigste  Quelle  der 
ganzen  Gegend,  Ae  Mzata,  zur  Verfügung  gehabt.  — 
Paroti  Endlich  Pareti1).   Er  unternimmt  den  kühnen  Versuch,  sämtliche 

Überlieferungen  in  eine  gemeinsame  Lösung  zu  vereinigen.  Zu  diesem 
Zwrecke  identifiziert  er  Killa  mit  Sicca;  Zama  nimmt  er  —  Kro- 
mayers  „wissenschaftlichem  Bericht"  folgend2)  —  bei  Seba  Biar  an, 
Narraggara  bleibt  Sidi  Youssef.  Die  Operationen  vor  der  Schlacht 
nimmt  er  im  allgemeinen  wie  wir  an,  ebenso  die  Forderung,  das  Schlacht- 
feld südlich  oder  östlich  Narraggara  in  einer  großen  Ebene  suchen  zu 
müssen;  und  zwar  legt  er  es  in  die  Ebene  des  Ou.  et  Tine  (Quellfluß  des 
Ou.  Rmel)  südlich  bezw.  südwestlich  von  Sicca  (El  Kef).  Seine  spezielle 
Lokalisierung,  soweit  sie  aus  der  beigegebenen  Karte  zu  entnehmen 
ist,  verlegt  Scipios  Lager  an  die  Aine  ben  Ayed  bei  Bordj  ben  Zouart, 
jenes  Hannibals  südlich  davon  in  die  Gegend  des  Bir  et  Tourki  (siehe 
Karte  1 1  b).  Dagegen  würde  sprechen,  daß  Scipios  Lager  mitten  in 
der  Ebene  läge,  also  außer  dem  nahen  Wasser  keinen  „in  jeder  Hinsicht 
geeigneten  Platz"  hätte.  Eine  Situation,  die  beide  Lager  auf  von 
Natur  aus  feste  Punkte  verlegt,  ist  in  diesem  Räume  nicht  auszu- 
zirkeln, da  die  hindernislose  Ebene  hier  durchaus  7 — 8  Kilometer  breit  ist. 
Was  aber  am  meisten  dagegen  spricht,  ist  die  unmittelbare  Nähe  von 
Sicca  Veneria,  das  nur  5  Kilometer  abliegt,  während  Narraggara 
45  und  Zama  40  Kilometer  entfernt  sind.  Nimmt  man  noch  hinzu,  daß 
Sicca  zweifellos  jederzeit  und  am  allermeisten  in  der  fraglichen  Epoche 
eine  weit  größere  und  vor  allem  bekanntere,  den  Geschichtsschreibern  ge- 
läufigere Stadt  gewesen  sein  dürfte  als  Narraggara,  so  erscheint 
es  ganz  unverständlich,  warum  bei  dieser  Nähe  des  Schlachtfeldes 
nicht   in  allen  Quellen,   vor  allem  aber  in  den  besseren,  die  so  nahe- 


1)  No.  43.  —  Die  Arbeit  Paretis  ist  mir  erst  zugekommen,  als  dieses  Kapitel 
bereits  im  Druck  war.  Im  Texte  konnte  sie  noch  während  der  Korrektur  berücksich- 
tigt werden,  in  den  Karten  nur  mehr  zum  geringsten  Teile.  Das  Wichtigste,  wovon 
später  die  Rede  sein  wird,  wurde  in  der  Textskizze  Nr.  47  nachgetragen.  — 

2)  Dieser  „Bericht"  hat  die  Arbeit  Paretis  nicht  nur  stark  beeinflußt,  sondern 
allem  Anscheine  nach  überhaupt  den  Anstoß  zu  ihr  gegeben.  Es  bleibt  daher  unver- 
ständlich, warum  Pareti,  wenn  er  schon,  ohne  das  Terrain  selbst  gesehen  zu  haben, 
auf  unsere  Ergebnisse  aufbauen  wollte,  nicht  die  im  „Bericht"  angekündigte  defini- 
tive Ausarbeitung  abgewartet  hat,  die  ihm  natürlich  weit  mehr  Details  bieten  mußte, 
als  der  ..Bericht"  es  imstande  war. 


Xarraggara.    2.  Abweichende  Ansichten. 


637 


liegende  Bezeichnung  „Schlacht  bei  Sicca"  gewählt  worden  ist.  Denn 
die  Identifikation  von  Killa  mit  2Uxa  ist  mehr  als  gewagt  und  auf 
jeden  Fall  unbeweisbar;  und  dann  bleibt  noch  die  ganze  polybianisch- 
livianische  Überlieferung  mit  MdQyagov  bezw.  Narraggara  ungeklärt.  — 
Jetzt  aber  eine  Variante,  an  die  Pareti  selbst  nicht  gedacht  hat. 
Etwa  12  Kilometer  weiter  südwestlich,  unweit  der  Stelle,  wo  die  Ebene 


M.100O    sco       0 

I 1 1- 


Maßstdb  1--10Q.0QO 

i l  3 <£_ 


Skizze  47:  Das  Schlachtfeld  nach  Pareti 
(mit  der  im  Texte  angedeuteten  Verschiebung  nach  Südwest). 


6  K-tr\. 


des  Ou.  et  Tine  durch  die  Hügel  gänzlich  abgeschlossen  wird,  in  einer 
beiläufigen  Entfernung  von  18  Kilometer  von  Sicca,  30  von  Narraggara 
und  50  von  Zama  liegt  am  Rande  der  westlichen  Höhen  der  Hügel 
Kat  el  Behalma.  Der  Platz  ist  insofern  von  strategischer  Bedeu- 
tung, als  neben  ihm  der  heute  noch  durch  eine  durchlaufende  Piste 
markierte  Naturweg  von  Seba  Biar  her  in  die  Straße  El  Kef— Sidi- 
Youssef  einmündet.  Man  konnte  also,  von  Narraggara  kommend,  von 
diesem  Punkte  aus  in  gleicher  Weise  über  Sicca  gegen  Karthago,  wie 


638  Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 

über  Zama  gegen  Hadrumetum  vorstoßen,  bezw.  hier  beide  Straßen 
sperren.  Der  Hügel  selbst  liegt  hart  an  dem  wasserführenden  Ou.  Ras 
el  Ogla,  und  überdies  entspringt  seinem  Hange  eine  Quelle.  Nimmt 
man  nun  hier  das  Lager  Scipios  an,  so  liegt  ihm  auf  genau  5  V2  Kilo- 
meter =  30  Stadien  gegenüber,  hart  an  der  von  Seba  Biar  kommenden 
Piste,  der  weit  in  die  Ebene  vorspringende,  ziemlich  flache,  wasser- 
lose  Hügel  Kat  Bougrine;  auf  ihm  wäre  dann  das  Lager  Hanni- 
bals  zu  suchen,  und  die  Schlacht  hätte  in  der  dazwischenliegenden, 
vollkommen  offenen  und  hindernislosen  Ebene  „Draa  el  Meinan"  statt- 
gefunden. — 

Dieser  Platz  würde  nicht  nur,  wie  erwähnt,  strategisch  sehr  gut  ent- 
sprechen, sondern  es  wäre  in  diesem  Falle  auch  die  Entfernung  von  Sicca  so 
bedeutend,  daß  eine  Konfusion  in  der  Namengebung  erklärlich  erscheinen 
könnte.  „Bei  Narraggara"  liegt  das  Lager  Scipios  freilich  noch 
weniger;  indes  da  Scipio  allem  Anscheine  von  dort  kam,  ist  diese 
Bezeichnung,  wenn  auch  nicht  korrekt,  so  doch  möglich.  Schließlich 
liegt  in  nächster  Nähe  des  Lagerhügels  die  Ruinenstätte  Henschir  el 
Chemmam.  Bei  der  Häufigkeit  gleicher  Namen  gerade  in  Afrika  ist 
die  Möglichkeit  nicht  von  der  Hand  zu  weisen,  daß  hier  ein  Ort,  der 
ähnlich  wie  „Narraggara"  oder  „Margaron"  hieß,  gelegen  habe.  Be- 
weisen läßt  sich  die  Sache  freilich  nicht;  aber  ich  halte  sie  für  dis- 
kutabel1). 

3.  Die  Operationen  vor  der  Schlacht. 

Für  die  Bestimmung  des  Schlachtfeldes  hat  uns  die  polybianisch- 
livianische  Überlieferung  immerhin  so  viele  Daten  an  die  Hand  gegeben, 
daß  die  Lokalisierung  bis  zu  einem  gewissen  Grade  möglich  war ;  was  sie 
uns  jedoch  schuldig  bleibt,  das  ist  die  Antwort  auf  die  Frage,  wieso  es 
gerade  an  diesem  Punkte  zur  Schlacht  kommen  mußte,  ja  überhaupt 
kommen  konnte.  Scipio  hatte  seine  Basis  bei  Utika,  Hannibal  bei 
Hadrumetum;  wie  konnten  die  beiden  bei  Narraggara  zusammentreffen? 

Die  Überlieferung  gibt  uns,  wie  gesagt,  darüber  wenigstens  keine 
direkte  Andeutung;  wir  sind  daher  auf  Vermutungen,  auf  Hypothesen  an- 


1)  Da  dieser  Platz  auf  unsere  Beilagen  nicht  mehr  eingezeichnet  ist,  habe  ich  eine 
Textskizze  (Nr.  47)  beigefügt.  Ihr  Ostrand  schließt  unmittelbar  an  den  Westrand  der  Karte 
IIb  an,  allerdings  in  dreimal  größerem  Maßstabe.  —  Ich  füge  noch  bei,  daß  wir  die 
fragliche  Gegend  auf  dem  Marsche  von  El  Kef  nach  Sidi  Youssef  passiert  haben, 
freilich  damals,  ohne  uns  länger  aufzuhalten ;  doch  habe  ich  sie  im  großen  und  ganzen 
noch  gut  in  Erinnerung.  — 


Narraggara.    3.  Die  Operationen  vor  der  Schlacht.  639 

gewiesen.  Unter  allen,  die  bisher  zur  Beantwortung  dieser  Frage  auf- 
gestellt wurden,  verdient  jene  von  K.  Lehmann  (No.  32),  der  auch 
Delbrück  (No.  39)  gefolgt  ist,  die  größte  Beachtung.  Sie  gibt  im 
allgemeinen  folgende  Darstellung  der  Operationen  und  der  ihnen  zu- 
grundeliegenden Ideen: 

Nachdem  die  Karthager  den  Waffenstillstand  verletzt,  bricht  Die  Lehmann- 
Scipio  von  Utika  auf,  verwüstet  neuerdings  die  Städte  im  Hinterlande  ^yp™!^6 
Karthagos  und  ruft  Massinissa  zu  Hilfe,  um  sich  seiner  Streitkraft 
für  die  Entscheidung  gegen  Hannibal  zu  versichern.  Indessen  ergreift 
Hannibal,  von  den  Karthagern  gedrängt,  noch  vor  Vollendung  seiner 
Rüstungen  von  Hadrumetum  aus  die  Offensive,  um  Scipio  noch  vor 
seiner  Vereinigung  mit  Massinissa  anzugreifen.  Scipio  erkennt,  daß 
er  dort,  wo  er  sich  eben  befindet,  von  Hannibal  früher  erreicht  wird, 
als  Massinissa  bei  ihm  eintreffen  kann,  und  faßt  den  kühnen  Entschluß, 
unter  Preisgabe  seiner  Rückzugslinie  dem  Numiderkönig  entgegen- 
zumarschieren,  um  so  die  Vereinigung  vor  der  Schlacht  zu  erreichen. 
Der  kühne  Plan  gelingt;  während  Hannibal,  um  die  Fühlung  mit  dem 
Gegner  zu  finden,  kurze  Zeit  bei  Zama  stehen  bleibt,  vereinigt  sich  Scipio 
im  Räume  bei  Narraggara  mit  Massinissa;  Hannibal,  der  die  Schlacht 
unter  allen  Umständen  suchen  muß,  ist  gezwungen,  dem  nunmehr  ver- 
einigten Gegner  auf  dem  von  diesem  gewählten  Schlachtfelde  entgegen- 
zutreten. 

In  ganz  großen  Zügen  dürfte  diese  Hypothese  richtig  sein;  nur  ist    ihre  Kritik. 
Pol.  XV   5  nicht  so  willkürlich  zu  behandeln,  wie  es  hier  geschieht. 
Nicht  erst  auf  die  Nachricht  von  Hannibals  Vorstoß  kann  Scipio  nach  Zeitfolge  des 
Westen  „dicht  vor  Hannibal  weg  abmarschiert  sein"  *),  sondern  er  muß 
sich  schon  dort  befunden  haben;  wozu  wäre  sonst  Hannibal  direkt 
nach  Zama,  also  gleichfalls  gegen  Westen,  vorgegangen?    Die  Richtung     Hannibal« 

Marschziel» 

von  Hadrumetum  über  Zama  —  man  mag  für  diese  Stadt  jede  der 
bisher  vermuteten  Identifikationen  ansetzen  —  führt  in  weiterer  Ver- 
längerung nach  Narraggara,  also  in  den  Raum,  wo  die  Vereinigung 
der  beiden  gegnerischen  Gruppen  am  ehesten  erfolgen  mußte.  Wenn  nun 
Hannibal,  wie  ja  Lehmann  und  Delbrück  annehmen,  die  Absicht  hatte, 
die  gegnerische  Hauptkraft  vor  ihrer  Vereinigung  mit  der  Neben  kraft 
zum  Schlagen  zu  zwingen,  so  mußte  er  sie  direkt  auf  dem  kürzesten 
Wege,  möglichst  weit  von  dem  voraussichtlichen  Vereinigungspunkt  zu 


1)  Delbrück  p.  306. 

Kromayor-Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  4 1 


640  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

fassen  suchen,  nicht  aber  mit  ihr  nahezu  parallel  gegen  jenen  Raum 
losmarschieren,  wo  er  gefaßt  sein  mußte,  zu  spät  oder  aber  zwischen 
zwei  Feuer  zu  kommen.  Gerade  im  Rahmen  der  Lehmann-Delbrück- 
schen  Hypothese  geht  aus  der  Marschrichtung  Hannibals  auf  Zama, 
der  einzigen  klar  überlieferten  strategischen  Bewegung,  unzweifelhaft 
hervor,  daß  Scipio  eben  damals  schon  weit  im  Westen,  irgendwo  im 
Räume  bei  Narraggara  stand.  Dann  aber  war  der  kühne  Marsch 
Massinissa  entgegen  nicht  mehr  notwendig,  oder  doch  nicht  in  dieser 
Art;  denn  die  Verbindung  mit  Utika  war  schon  in  dem  Augenblick 
so  gut  wie  verloren,  als  Hannibal  die  Offensive  ergriff;  ob  man  sich 
dann,  zur  Sicherung  der  Vereinigung,  noch  ein  Stückchen  weiter  nach 
Westen  schob,  blieb  in  dieser  Hinsicht  jetzt  schon  gleich. 

Damit  stimmt  auch,  daß  Hannibal  erst  bei  Zama  stehen  blieb, 
um  die  Fühlung  mit  dem  Feinde  zu  suchen;  er  mußte  ihn  also  von 
Hause  aus  im  Westen  gewußt  haben.  Die  Geschichte  mit  den  drei 
Spionen  mag  in  der  Form,  wie  wir  sie  haben,  fabulos  sein,  irgend  ein 
Kern  Wahrheit  muß  ihr  aber  zugrundeliegen,  und  dieser  ist  leicht  zu 
erkennen:  es  handelte  sich  einfach  um  eine  Rekognoszierung,  wie  sie 
selbstverständlich  ist,  sobald  man  so  nahe  an  den  Gegner  heran- 
gekommen ist,  daß  eben  die  taktische  Aufklärung  in  ihr  Recht 
tritt.  Auch  dieser  Umstand  im  Verein  mit  Hannibals  Marschrichtung 
weist  darauf  hin,  daß  dieser  den  Gegner  von  Hause  aus  im  Westen  ge- 
sucht hat. 
„     Die  Auch  darin  weicht  die  Lehmann-Delbrücksche  Hypothese  notwendig: 

Vereinigung  mit 

Massinissa.  vom  Quellenbericht  ab,  daß  sie  Scipio  nach  der  Kunde  von  Hanni- 
bals Ankunft  aufbrechen  und  Massinissa  entgegenziehen 
läßt,  während  nach  Polybios'  ausdrücklicher  Erzählung  umgekehrt 
Massinissa  zu  dem  feststehenden  Scipio  stieß  und  dieser  dann 
erst  aufbrach,  um  bei  Narraggara  Stellung  zu  nehmen.  Diese  Über- 
lieferung ist  so  klar  und  schlicht,  daß  kein  Grund  vorliegt,  sie  anzu- 
zweifeln. Wenn  man  die  wenigen  Momente  strategischer  Natur,  die 
uns  die  Quelle  bietet,  auch  noch  desavouiert,  so  muß  man  überhaupt 
auf  den  Anspruch  verzichten,  eine  historisch  beglaubigte  Hypothese 
aufgestellt  zu  haben.  Im  Rahmen  unserer  Ansicht  ist  dies  nicht  nötig: 
wenn  Scipio  schon  im  Westen  stand,  so  deckte  er  damit  den  An- 
marsch Massinissas,  konnte  diesen,  in  fester  Stellung  stehend,  ruhig 
abwarten,  und  der  überlieferte  letzte  Marsch  auf  Narraggara  erscheint 
einfach  als  eine  Verschiebung  von  dem  nach  defensiven  Gesichtspunkten 


Narraggara.    3.  Die  Operationen  vor  der  Schlacht.  641 

gewählten  Orte  der  Vereinigung  nach  dem  für  den  nunmehr  offensiv 
taktischen  Zweck  tauglich  befundenen  Schlachtfelde. 

Delbrück  motiviert  die  Tatsache,  daß  wir  von  dem  angeblichen 
Marsch  Scipios  zu  Massinissa  keine  Kenntnis  haben,  damit,  daß  der 
römische  Feldherr  „selbst  nach  dem  Sieg  nicht  gewagt  hat,  in  seiner 
Meldung  nach  Eom  den  ganzen  strategischen  Zusammenhang,  den 
Marsch  fort  von  der  Küste  in  das  Innere,  einzugestehn"1).  Das  ist  nun 
psychologisch  mehr  als  unwahrscheinlich,  ein  würdiges  Gegenstück  zu 
desselben  Autors  Erklärung,  warum  die  Pompejaner  Caesars  Auf- 
schneiderei über  ihre  angebliche  Überlegenheit  nicht  desavouiert  haben 
sollen.  (S.584.)  Wie  der  taktische  Sieg  alle  strategischen  Maßregeln  nach- 
träglich unbedingt  im  Erfolge  rechtfertigt,  so  auch  in  den  Augen  der  Mit- 
und  Nachwelt,  der  ersteren  sogar  noch  mehr  als  der  letzteren,  da  sie  ja 
den  Erfolg  als  solchen  unmittelbarer  und  nachhaltiger  empfindet, 
während  die  letztere  eher  noch  geneigt  ist,  einen  kritischen  Maßstab 
anzulegen.  Je  größer  die  Gefahr,  je  schwerer  das  Risiko,  desto  größer 
der  Euhm,  es  überwunden  zu  haben;  und  es  wäre  ganz  unglaublich, 
daß  die  Römer  ihrem  Feldherrn  nach  dem  endgültigen  glänzenden  Sieg 
über  ihren  furchtbarsten  Feind  nicht  das  haarsträubendste  Risiko 
mit  tausend  Freuden  verziehen  hätten.  Und  überdies  wäre  Scipio 
nach  allem,  was  wir  von  ihm  wissen,  der  letzte  gewesen,  der  das,  was 
er  zur  Erreichung  des  Sieges  für  richtig  befunden  und  ausgeführt  hat, 
nicht  offen  einzugestehn  gewagt  hätte. 

Dieses  Risiko,  das  Delbrück  so  hervorhebt,  war  ja  wirklich  vor- 
handen, nur  schon  viel  früher  eingetreten,  als  Delbrück  annimmt,  und  es 
wurde  auch  gar  nicht  verheimlicht,  sondern  ist  aus  der  Quelle  klar  zu  ent- 
nehmen. Denn  daß  Scipio  so  weit  nach  Westen  ging,  als  Hannibal 
noch  in  Hadrumetum  stand,  schließt  schon  ganz  dieselbe  Gefahr  ein; 
wenn  er  dabei  aber  unfreiwillig  dazu  kam,  seine  Verbindungen  zu 
verlieren,  so  mußte  der  Vorwurf,  der  ihm  daraus  gemacht  werden  mochte, 
viel  schwerer  sein,  als  wenn  er  sie  mit  kühnem  Entschlüsse  freiwillig 
aufgegeben  hatte. 

Nun   ist   es  aber  an  uns,  die  Frage  zu  beantworten:  Wie  kam      scipios 
der  römische  Feldherr  soweit  nach  Westen?  Bewegung«. 

Polybios  berichtet  XV  4,  1.  2  daß  Scipio  wiederum  „Städte  unter- 
warf".   Dieses  „Städteunterwerfen"  war  die  stereotype  Beschäftigung 


1)  p.  397;  übrigens  auch  ähnlich  bei  Lehmann  p.  602. 

41 


i,I2  Dfei  zweite  Pantsche  Krieg-  in  Afrika. 

aller  Feinde  Karthagos,  die  sich  an  die  Hauptstadt  nicht  heranwagten; 
schon  im  Kriege  mit  Agathokles  und  dann  im  libyschen  Söldnerkriege 
finden  wir  ganz  dieselbe  Erscheinung,  wie  denn  überhaupt  auf  diesem 
Kriegsschauplatz  derartige  Analogien  häufiger  sind  als  auf  irgend  einem 
andern;  man  denke  nur  auch  noch  an  die  Rollen  von  Utika  und  Tunes.1) 
Die  Expeditionen  gegen  die  Binnenstädte  hatte  Scipio  schon  in 
den  Vorjahren  ausgiebig  in  Angriff  genommen  gehabt,  und  es  ist 
durchaus  nicht  anzunehmen,  daß  ihm  seither  etwas  von  dem  bereits 
Gewonnenen  wieder  verloren  gegangen  wäre;  demnach  dürfte  das 
untere  Bagradasbecken  schon  vor  dem  Jahre  202  in  seiner  Gewalt  ge- 
wesen sein,  ebenso  nach  Pol.  XIV  9  die  Gegend  der  „großen  Felder" ; 
die  Expeditionen  dieses  Jahres  müssen  sich  daher  noch  weiter  ins 
Innere  des  Landes  erstreckt  haben.  Das  führt  uns  aber  schon  in  die 
Gegend  Sicca-Zama-Narraggara. 

Daß  diese  Expedition  an  und  für  sich  ein  bedeutendes  Risiko  in 
sich  schloß,  wurde  bereits  gesagt.2)  Es  ist  nun  immerhin  möglich,  daß 
Scipio  die  Frist,  die  Hannibal  zur  Vollendung  seiner  Rüstungen 
brauchte,  überschätzt  und  darauf  gerechnet  hat,  vor  Ablauf  derselben 
mit  Massinissa  vereinigt  und  von  der  Expedition  zurück  zu  sein. 
Wirklich  entnehmen  wir  aus  den  Quellen,  daß  der  karthagische  Feld- 
herr schließlich  aufbrach,  bevor  seine  Rüstungen  vollendet  waren,  was 
nebenbei  wohl  die  Hauptschuld  an  seiner  Niederlage  trägt.  Immerhin 
mag  er  durch  diesen  voreiligen  Aufbruch  Scipio  überrascht  haben,  der 
sich  nun  gezwungen  sah,  die  Schlacht  statt  zwischen  Utika  und 
Hadrumetum,  bei  Narraggara  anzunehmen. 
Das  strategische  Damit  hatte  Hannibal  erreicht,  Scipio  zur  Schlacht  zu  stellen  — 
Resultat.  ^enTL  nacj1  yeriust  ^er  Verbindungen  gab  es  für  ihn  keine  andere 
Wahl  —  und  dies  in  einer  Situation,  die  strategisch  für  die  Römer 
entschieden   gefährlicher   war   als   für  die  Karthager;   denn   erstere 


1)  Pareti  (Nr.  43)  S.  14  u.  23  läßt  Scipio  die  Bagradasstädte  verwüsten,  um 
Massinissa  zur  Vereinigung-  Zeit  zu  lassen.  Das  ist  ein  Trugschluß;  denn  be- 
schleunigt wurden  dadurch  weder  dessen  Rüstungen,  noch  sein  Marsch,  letzterer 
vielmehr  räumlich  verlängert  und  damit  der  Zeitpunkt  der  Vereinigung  um  so  mehr 
hinausgeschoben,  je  länger  Scipio  sich  im  Osten  aufhalten  ließ. 

2i  Pareti  S.  15  wundert  sich,  warum  Scipio  sich  bei  dem  Marsche  nach  Süden 
soweit  von  der  Küste  entfernt  hat.  Die  Sache  wird  ganz  verständlich,  wenn  man  sich 
vor  Augen  führt,  wie  gänzlich  ungeeignet  die  tunesische  Nordküste  westlich  Bizerte 
für  Operationen  jeder  Art  ist.  Siehe  darüber  S.  514  f.  —  Pareti  nimmt  auch  S.  24  eine 
„Sommerpause"  an.  Eine  solche  ist  für  keinen  afrikanischen  Feldzng  erwiesen, 
wenn  auch  in  diesem  Falle  nicht  ausgeschlossen.    Vgl.  S.  516. 


Narraggara.    3.  Die  Operationen  vor  der  Schlacht.  643 

schlugen  mit  verkehrter  Front,  letztere  nicht.  Das  war  das  glänzende 
Ergebnis  von  Hannibals  plötzlichem  Vorstoß.  Allerdings  war  es  auf 
Kosten  seiner  Schlagfertigkeit  zustande  gekommen,  und  dies  sollte 
sich  rächen. 

Man  könnte  hier  einwenden:  wenn  Hannibal  einmal  den  Gegner 
durch  seinen  plötzlichen  Vorstoß  überrascht  und  in  die  geschilderte 
strategisch  so  ungünstige  Position  gedrängt  hatte,  warum  wartete  er 
jetzt  nicht  in  Ruhe  auf  das  Eintreffen  der  noch  ausständigen  Ver- 
stärkungen, sondern  nahm  sofort,  ohne  fertig  gerüstet  zu  sein,  die 
vom  Gegner  notwendigerweise  gewünschte  taktische  Entscheidung  an? 
—  Die  Antwort  ist  die,  daß  die  ganze  schöne  strategische  Position 
praktisch  wertlos  war,  wenn  man  nicht  gewillt  war,  den  taktischen 
Schlag  zu  wagen.  Wenn  Hannibal  bei  Zama  stehen  blieb  und  ent- 
schlossen war,  vorläufig  nicht  zu  schlagen,  wie  konnte  er  dann  Scipio 
hindern,  seine  Stellung  zu  umgehen,  die  verlorenen  Verbindungen  und 
die  Basis  wiederzugewinnen?  Es  gab  da  Wege  genug,  die  Hannibal 
in  rein  defensiver  Weise  unmöglich  alle  sperren  konnte.  Die  ge- 
wonnene strategische  Vorhand  blieb  nur  dann  praktisch 
wirksam,  wenn  man  entschlossen  war,  sie  sofort,  ehe  der 
Gegner  sich  ihr  entziehen  konnte,  zum  taktischen  Schlage 
auszunützen.  Hannibal  mochte  sich  dieser  Zwangslage  um  so  lieber 
fügen,  als  der  aufgezwungene  Positionskrieg  der  letzten  Jahre  ihm 
im  Grunde  genommen  nur  Mißerfolge  gebracht  hatte  und  er  im  großen 
taktischen  Schlag,  in  welchem  ihn  der  Erfolg  bisher  noch  niemals 
verlassen,   die  Erfüllung   seiner  heißesten  Sehnsucht  erblicken  mußte. 

Es  war  Hannibals  Verhängnis,  daß  die  Verhältnisse  ihn  zwangen, 
die  Entscheidung  trotz  der  Unfertigkeit  seiner  Rüstungen,  und  zwar 
sofort  im  taktischen  Hauptschlage  zu  suchen;  und  so  mußte  er  denn 
erfahren,  daß  der  taktische  Schlag,  wenn  er  unglücklich  ausfällt,  das 
schönste  strategische  Gewebe  unbarmherzig  zerreißt. 

*  * 

Außer  Lehmann  und  Delbrück  suchen,  wie  wir  gesehen,  noch  die 
beiden  französischen  Offiziere  Brunon  und  Lewal  das  Schlachtfeld 
bei  Narraggara  und  geben  auch  ihre  Ansichten  über  die  Operationen. 

Nach    Brunon1)   marschiert  Hannibal    von   Hadrumetum    nach      Brunos 
Zama,  um  Laelius  und  Massinissa,  die  sich  in  Numidien  befinden,  von 

1)  (No.  20)  p.  144  ff. 


(i  I  1  Der  zweite  Pnnische  Krieg  in  Afrika. 

Scipio  abzuschneiden.  Dieser  sieht  sich  gezwungen,  die  Blockade  von 
Utika  aufzuheben,  und  marschiert  über  Parthus  (=  Pertusa,  20  km 
westlich  Tunis)— Medjez  el  Bab— Tagura— Tipasa  gegen  Numidien, 
während  Hannibal  von  Zama  nach  Sicca  vorrückt.  Dann  geht  Scipio  auf 
der  nördlichen,  Hannibal  auf  der  südlichen  Straße  gegen  Narraggara  vor; 
ersterer  kommt  zuerst  an  und  hat  damit  die  Verbindung  mit  Laelius 
und  Massinissa  gesichert  (sie !),  während  Hannibal  zunächst  noch  in  einer 
Stellung  zwischen  dem  Ou.  Mellegue  und  Ou.  Rumrel1)  verweilt;  erst 
nach  dem  Eintreffen  der  Verstärkungen  Scipios  geht  er  bis  auf 
6  Kilometer  an  diesen  heran.    Das  weitere  ist  bekannt. 

Die  Ansicht  steht  insofern  in  Widerspruch  mit  der  Überlieferung,  als 
erstens  Laelius  sich  nicht  mehr  in  Numidien  befand,  sondern  längst 
zurückgekehrt  war2)  —  was  schließlich  nebensächlich  ist  —  dann 
aber  auch  darin,  daß  sie  Hannibal  früher  als  Scipio  nach  Westen  auf- 
brechen läßt.  Abgesehen  von  diesem  Widerspruch  mit  der  Quelle 
sieht  es  auch  einem  Feldherrn  wie  Hannibal  gar  nicht  ähnlich,  die 
feindliche  Hauptkraft  stehen  zu  lassen  und  einem  Nebenzweck  zuliebe 
von  ihr  abzurücken ;  sich  auf  die  Nebenkraft  zu  werfen,  hat  nur  dann 
einen  Sinn,  wenn  diese  näher  steht  als  die  Hauptkraft  und  zuverläß- 
lich abgetan  werden  kann,  ehe  letztere  etwas  Ernstliches  zu  unter- 
nehmen vermag.  Im  vorliegenden  Falle  war  das  Risiko  größer  als 
der  bestenfalls  zn  erhoffende  Erfolg;  denn  Scipio  erhielt  dadurch  voll- 
kommen freie  Hand,  er  konnte  sich  auf  Hannibals  Verbindungen 
werfen,  ihn  von  Karthago  und  Hadrumetum  abschneiden  und  in  die 
böseste  strategische  Position  bringen,  während  Laelius  und  Massinissa 
in  Numidien  unbegrenzte  Rückzugsmöglichkeiten  zur  Verfügung 
standen,  um  sich  dem  übermächtigen  Gegner  zu  entziehen,  dessen 
Vorstoß  gegen  sie  ja  doch  nur  dann  seinen  Zweck  erreichte,  wenn  er 
sie  sofort  fassen  konnte.  Es  erscheint  unter  diesen  Umständen  geradezu 
als  ein  Fehler  Scipios,  wenn  er  seinen  Verbündeten  entgegenzog,  statt 
sich  in  Hannibals  Rücken  zu  werfen  und  ihn  strategisch  zu  isolieren. 
Lewai.  Lewal3)  nimmt  die  Bewegungen  ähnlich  an,  nur  läßt  er  Hannibal 

nach  Numidien  gehen,  nicht  um  Massinissa  anzugreifen,  sondern  um 
seinen  eigenen  noch  von  dort  zu  erwartenden  Verstärkungen  die  Hand 


1)  Wohl   der  Ou.  Rmel   bezw.  Remel   der  neuen  Karte;  ein  rechter  Nebenfluß 
des  Ou.  Mellegue  etwa  in  der  Höhe  von  Sicca. 

2)  Liv.  XXX,  16. 

3)  (No.7)  p.  120 f. 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht. 


645 


zu  reichen,  während  Scipio,  ähnlich  wie  bei  Brunon,  sich  mit  Massinissa 
vereinigt  und  dem  Gegner  vorlegt. 

Die  sich  ergebenden  Einwände  sind  analog  den  früheren.  Vor 
allem  wäre  es  ein  in  keinem  Verhältnis  stehendes  Risiko  für  Hannibal 
gewesen,  den  paar  tausend  Reitern  zuliebe,  die  er  noch  aus  Numidien 
erwartete,  seine  Basis  aufzugeben  und  Scipio  im  weitesten  Ausmaße  freie 
Hand  zu  lassen ;  und  ebenso  wäre  es  für  letzteren  die  denkbar  schwäch- 
lichste Maßregel  gewesen,  sich  unter  diesen  Umständen  dem  Gegner 
vorzulegen,  statt  sich  auf  seine  Verbindungen  zu  werfen;  abgesehen 
von  dem  Widerspruch  mit  dem  Quellenbericht  betreff  der  Zeitfolge 
des  Aufbruches. 

Die  übrigen  Ansichten  über  die  strategischen  Vorgänge  vor  der 
Schlacht  basieren  auf  anderen  Schlachtfeldannahmen  und  fallen  mit 
denselben.  Soweit  als  nötig  wurden  sie  bei  Besprechung  dieser 
Schlachtfeldhypothesen  erwähnt  und  kritisiert. 


Für  den  Weg,  den  Hannibal  von  Hadrumetum  nach  Zama 
marschiert  ist,  kommen  zwei  Varianten  in  Betracht: 

1.  Sousse  (Hadrumetum)  —  Nordrand  der  Sebkra  Kelbia  —  Mittel- 
lauf des  Ou.  Nebaana  —  Sattel  nördlich  des  Dj.  Bargou  —  Tal  der 
Siliana  und  des  Ou.  Massouge  —  Seba  Biar  (Zama). 

2.  Sousse  —  Kairouan  —  Tal  des  Ou.  Marguellil  —  Sidi  Amara 
—  El  Ksour  —  Seba  Biar. 

Der  erstere,  nördliche  Marsch  ist  um  etwa  20  Kilometer  kürzer, 
führt  aber  mehr  als  der  zweite  durch  bergiges  und  verkarstetes 
Terrain,  hauptsächlich  im  Räume  zwischen  dem  Ou.  Nebaana  und 
Dj.  Bargou.  Die  südliche  Route,  deren  Hauptabschnitt  in  das  breite 
ebene  Tal  des  Ou.  Marguellil  fällt,  dürfte  die  bequemere  sein.  Sie 
wurde  auch  von  den  meisten  Forschern  als  die  wahrscheinlichere 
bevorzugt *). 

4.  Die  Schlacht. 

Für  den  taktischen  Verlauf  der  Schlacht  sind  wir  auf  den  Bericht 
des  Polybios  XV  9 — 16  angewiesen.  Der  livianische  ist  nichts  anderes 
als  ein  konfuser  Abklatsch  davon;  jenen  Appians  braucht  man  an 
dieser  Stelle  wohl  überhaupt  nicht  zu  nennen. 


Hannibals 
Marschlinie. 


1)  Wir  haben  nur  die  erstere  persönlich  rekognosziert. 


(5  4()  Der  zweite  Panische  Krieg  iu  Afrika. 

Die  Ereignisse  In   der  freien  Ebene  zwischen  den  beiden  5  '/2  Kilometer  vonein- 

iKich  dorn  -  _  ,  ' 

Qaoiienboricht.  ander  entternten  Lagern  marschierten  die  Heere  auf. 

Die  Römer  standen  wie  folgt: 

Die  Hastaten,  Principes  und  Triarier  bildeten  die  gewohnten  drei 
Treffen,  doch  mit  dem  Unterschied,  daß  die  Manipel  der  Principes 
nicht  auf  die  Intervalle,  sondern  auf  die  Manipel  der  Hastaten  auf- 
gedeckt waren,  so  daß  die  Intervalle  aller  drei  Treffen  fortlaufende 
Gassen  bildeten,  durch  welche  die  Elefanten  des  Gegners  gegebenen 
Falls  glatt  durchbrechen  konnten,  ohne  Verwirrung  anzurichten;  die 
Veliten,  denen  der  eigentliche  Kampf  gegen  diese  Bestien  oblag,  wurden 
zunächst  in  den  Intervallen  des  ersten  Treffens  bereitgestellt  und  an- 
gewiesen, sich  im  Notfalle  auch  dahin  zurückzuziehen,  auf  jeden  Fall 
aber  etwa  einbrechende  Elefanten  durchzulassen. 

Die  Reiterei  kam  wie  gewöhnlich  auf  beide  Flügel;  auf  den 
linken  die  italische  unter  Laelius,  auf  den  rechten  die  numidische 
unter  Massinissa. 

Auf  Seite  der  Karthager  hatte  Hannibal  die  Infanterie  gleich- 
falls in  drei  Treffen  formiert.  Im  ersten  standen  die  Söldner 
(Ligurer,  Gallier,  Balearen,  Mauren),  im  zweiten  das  karthagisch- 
libysche Bürgeraufgebot,  im  dritten,  das  den  ungewöhnlich 
großen  Abstand  von  mehr  als  einem  Stadion,  also  etwa  200  Meter 
einhielt,  das  aus  Italien  mitgebrachte  Veteranenkorps.  Vor  der 
Front  standen  die  Elefanten.  Die  Reiterei  kam  auf  die  Flügel,  die 
karthagische  rechts,  die  numidische  links.  Hannibal  selbst  nahm  seine 
Aufstellung  bei  seinem  dritten  Treffen. 

Den  Kampf  eröffneten  die  punischen  Elefanten.  Ein  Teil  brach 
wirklich  durch,  ohne  jedoch,  dank  der  römischen  Aufstellung,  Schaden 
anzurichten;  das  Gros  wurde  schließlich  in  der  Richtung  der  Flügel 
abgedrängt  und  brachte  dort  beiderseits  die  karthagisch-numidische 
Reiterei  in  Verwirrung.  Unter  dem  Eindruck  dieser  Vorgänge  fiel 
auf  beiden  Flügeln  die  scipionische  Kavallerie  über  die  gegnerische 
her,  trieb  sie,  da  sie  auch  numerisch  stark  überlegen  war,  mühelos  in 
die  Flucht  und  verfolgte  sie  scharf. 

Dann  prallten  die  Infanteriefronten  zusammen.  Auf  Seiten  der 
Römer  rückten  zunächst  alle  drei  Treffen  in  ihrem  normalen  Ver- 
hältnis gleichmäßig  vor.  Auf  Seite  der  Karthager  hatte  Hannibal 
sein  drittes  Treffen  am  Platze  zurückgehalten,  so  daß  der  ohnehin 
bedeutende  Abstand  sich  noch  vervielfachte;   das  zweite  karthagische 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht.  647 

Treffen  rückte  zwar  nach,  machte  aber  keine  Miene,  das  mit  den 
römischen  Hastaten  schwer  kämpfende  erste  zu  unterstützen.  Dies 
erregte  das  Mißtrauen  der  Söldner,  welche  von  den  römischen  Hastaten 
bereits  ins  Gedränge  gebracht  waren;  sie  begannen  zu  weichen, 
und  als  die  hinter  ihnen  stehenden  Karthager  sie  nicht  durchließen, 
wurden  sie  mit  ihnen  handgemein.  So  zwischen  Römer  und  Karthager 
eingekeilt,  wurden  die  Söldner  teils  niedergemacht,  teils,  soweit  sie 
durch  das  zweite  Treffen  durchbrachen,  durch  Hannibals  Veteranen 
an  weiterer  Flucht  gehindert  und  in  der  Richtung  der  Flügel  aus  der 
Front  hinausgedrängt,  und  das  karthagische  zweite  Treffen  stieß  mit 
den  römischen  Hastaten  zusammen1).  Zunächst  kämpft  es  nicht  ohne 
Erfolg;  dann  aber  hören  wir  plötzlich  ohne  Vermittelung  von  einer  Ver- 
folgung durch  die  Hastaten,  sodaß  man  auf  Annahme  einer  Lücke 
hingedrängt  wird.2) 


1)  Diese  Auffassung  des  Polybianischen  Berichtes  bedarf  der  Rechtfertigung, 
c.  13,  8  heißt  es  nach  der  jetzigen  Lesart:  „t&v  Sk  tuio&o<pöowv  xal  rcöv 
Ka-Q'/jiBovlüiv  rd  TtXeZoxov  uioos  tö  //ev  vcp  avztöv,  10  §  vnö  rcöv  aarärcov  avrov 
xarsaönr)"-.  Nach  dieser  und  der  folgenden  Schilderung,  nach  welcher  die  wenigen  Über- 
lebenden durch  die  vorgehaltenen  Speere  von  Hannibals  Veteranen  auch  no(,h  nach 
auswärts  entfernt  werden,  wären  sowohl  die  Söldner  als  die  Karthager  des  zweiten 
Treffens  von  diesem  Momente  an  ausgeschieden,  und  es  blieben  nur  die  Veteranen 
übrig.  Dem  widerspricht  aber  ausdrücklich  14,6,  wonach  in  der  zweiten  Schlacht- 
phase beide  Parteien  an  Kräften  gleich  waren;  denn  es  konnte  das  Hannibalische 
Veteranenkorps  keinesfalls  auch  nur  annähernd  der  ganzen  römischen  Legionsarmee  an 
Zahl  gleich  sein,  auch  nicht  nach  Abzug  der  sicher  nennenswerten  Verluste  der 
Hastaten.  Ferner  widerspricht  der  Umstand,  daß  Hannibal,  dem  ja  alles  daran  gelegen 
sein  mußte,  die  Schlacht  vor  der  Rückkehr  der  siegreichen  römischen  Kavallerie  zur  Ent- 
scheidung zu  bringen,  kaum  freiwillig  dem  Gegner  die  Zeit  zur  Neurangierung  ge- 
lassen hätte,  wenn  er  nicht  selbst  diese  Zeit  zu  demselben  Zwecke  gebraucht  hätte; 
das  war  aber  nicht  der  Fall,  wenn  ihm  nurmehr  das  ohnehin  intakte  dritte  Treffen 
zur  Verfügung  stand. 

Es  kann  daher  an  unserer  Stelle  nicht  von  der  Vernichtung  der  beiden  ersten 
Treffen  der  Karthager  die  Rede  gewesen  sein,  sondern  nur  von  der  Vernichtung 
der  Söldner.  Vielleicht  ist  einfach  durch  Streichung  des  Wortes  „xai"  zu  helfen, 
wenn  auch  die  Rückbeziehung  von  vcp  avrcöv  auf  rcöv  Kag-^Sovlow  dabei  eine  gewisse 
Härte  bildet.  Dann  bezieht  sich  das  erwähnte  Debacle  nur  auf  die  „uiod-oyögoi  rcöv 
Ka.Qyri8ovlu>v,x,  wie  die  Söldner  auch  12,9  genannt  werden;  es  scheidet  somit  nur 
ein  Drittel  der  karthagischen  Armee  aus,  und  die  übrigen  zwei  Drittel  ergeben,  wie 
in  Beil.  I  ausgeführt  werden  soll,  tatsächlich  einen  der  gesamten  römischen" 
Linieninfanterie   ziemlich  gleichen  Stand. 

2)  Vordringen  der  Karthager  13,7:  owe%eav  inmeoövrss  ras  rcöv  dardrov 
oT)/uaias.  Verfolgung  durch  die  Hastaten  14,3 :  rove  emSicoxovras  rcöv  äordrotv 
dvaxaXeodftevoS. 

Wie   sich   die   beiden   erübrigenden  Treffen    der   Karthager   sodann  neu   ran- 


648  Der  zweite  Pnnische  Krieg  in  Afrika. 

Nun  tritt  eine  überraschende  Wendung  ein.  Trotzdem  die 
Hastaten,  ohne  von  dem  Hinter  treffen  unterstützt  zu  werden,  die 
Karthager  zurückdrängen  und  verfolgen,  ruft  sie  Scipio  durch  Signale 
zurück,  um  sie  und  das  ganze  Heer  neu  zu  rangieren.  Motiviert 
wird  die  Maßregel  mit  der  massenhaften  Anhäufung  von  Blut  und 
Leichen  auf  dem  bisher  umstrittenen,  also  nunmehr  zwischen  den 
siegreichen  Hastaten  und  den  zurückgehaltenen  Principes  und  Triariern 
liegenden  Teile  des  Schlachtfeldes,  wodurch  das  weitere  Vorrücken 
empfindlich  erschwert  wurde.  Sei  dem  wie  ihm  wolle:  sicher  ist, 
daß  dieses  aus  dem  Gefecht  Ziehen  und  Neurangieren  nur  möglich 
war,  wenn  in  diesem  Stadium  der  Schlacht  aus  anderen  Gründen 
eine  Gefechtspause  eintrat.  Diese  Tatsache  ist  vor  allem  unbedingt 
festzuhalten. 

Scipio  nützte,  wie  erwähnt,  die  Gefechtspause  zur  Neurangierung ; 
er  bildete  aus  den  rasch  gesammelten  Hastaten  das  Zentrum  einer 
neuen  Front,  und  ließ  die  Principes  und  Triarier  beiderseits  dicht 
geschlossen  (7ivxvcboag)  aufmarschieren1).  In  dieser  Formation  er- 
neuerte er  den  Angriif. 

Die  Schlacht  begann  zum  zweitenmale;  nach  langem,  erbittertem 
Ringen  fand  sie  ihre  Entscheidung  durch  die  römische  Kavallerie,  die, 
von  der  Verfolgung  endlich  zurückkehrend,  den  Karthagern  in  den 
Rücken  fiel  und  ihre  Niederlage  besiegelte. 

Soweit  die  überlieferten  Tatsachen.    Ihre  Erklärung  können 
sie   nur  in  der  Analyse    der   beiderseitigen  Schlachtideen  und  deren 
Durchführung  finden. 
Die  Welches  war  die  Schlachtidee  Hannibals  in  der  letzten  ent- 

Haanibais.    scheidenden  Schlacht  seiner  Feldherrnlaufbahn? 

Auf  diese  Frage,  wohl  die  interessanteste  des  ganzen  Problems, 
erhalten  wir  aus  der  Quellendarstellung  keine  direkte  Antwort.  Wir 
erfahren   nur,   wie  er  seine  Armee  aufstellte,   und  die  ersten  Stadien 


gierten,  überliefert  uns  der  Text  wieder  nicht.  Möglicherweise  stand  das  auch  in 
der  Lücke,  welche  wohl  in  .cap.  13  Schluß  zwischen  ::€v^vxco^tasv  und  „yevouevov" 
vermutet  werden  darf. 

1)  Jedenfalls  hatte  er  im  bisherigen  Kampfe  im  ganzen  an  Terrain  gewonnen; 
denn  er  konnte  die  Hastaten,  trotzdem  er  sie  von  der  Verfolgung  zurückrufen  mußte, 
immer  noch  „vor  den  Leichen",  d.  h.  vor  der  Linie,  in  der  der  erste  Kampf  ge- 
wogt hatte,  aufstellen,  und  ließ  die  andern  Treffen  „durch  die  Leichenhaufen 
durch",  also  eben  im  Bereiche  dieses  Raumes,  ihren  Seitenmarsch  durchführen. 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht.  649 

des  Inbewegungsetzens ;   in  den  weiteren  Ereignissen  ist  sein  Wirken 
quellenmäßig  nicht  zu  verfolgen. 

Und  doch  führt  uns  eine  genaue  Betrachtung  aller  überlieferten 
Tatsachen  zu  einer  befriedigenden  Lösung.  Ausgehen  müssen  wir  von 
drei  gegebenen  Faktoren: 

1.  dem  Kräfteverhältnis; 

2.  dem,  was  Hannibal  über  den  Gegner  wissen  konnte; 

3.  seinen  Dispositionen. 

Wie  in  Beilage  I  abgeleitet  werden  wird,  war  Hannibal  an 
Kavallerie  merklich  schwächer,  an  Infanterie  jedoch  etwa  um  ein 
Drittel  stärker  als  Scipio.  Es  lag  somit  auf  der  Hand,  daß  er  die 
Entscheidung  im  Infanteriekampf  suchen  mußte.  Ein  Hineinspielen 
des  unvermeidlichen  Kavalleriekampfes  in  die  Entscheidung  mußte 
dabei  tunlichst  vermieden  werden;  daher  lag  es  in  Hannibals  Interesse, 
den  Kampf  der  Reiterei  von  jenem  der  Fußtruppen  nach  Möglichkeit 
zu  trennen,  was  er  dadurch  erreichte,  daß  seine  schwächere  Kavallerie 
vor  der  Übermacht  sofort  rasch  und  weit  zurückging  und  die 
feindliche  hinter  sich  her  und  tunlichst  weit  vom  Schlachtfelde  fortzog. 
Das  haben  schon  Lehmann  und  Delbrück  erkannt,  und  es  ist  im 
Prinzip  unbedingt  zu  akzeptieren.    Näheres  darüber  später. 

Was  nun  den  entscheidenden  Infanteriekampf  anbelangt,  so  ist 
es  sicher,  daß  Hannibal,  der  wie  alle  großen  Heerführer  stets  im 
weitesten  Ausmaße  mit  der  Persönlichkeit  seines  Gegners  zu  rechnen 
gewohnt  war,  diese  auch  hier  ins  Kalkül  zog.  Er  kannte  zweifellos 
Scipios  charakteristisches  Lieblingsmanöver,  das  dieser  auf  den 
spanischen  Schlachtfeldern  aus  groben  Anfängen  entwickelt  und 
stufenweise,  zuletzt  auf  den  „großen  Feldern",  zu  hoher  Voll- 
endung gebracht  hatte:  den  Gegner  durch  das  erste  Treffen  frontal 
festzuhalten  und  dann  durch  beiderseitigen  Aufmarsch  der  rückwärtigen 
Treffen  in  beiden  Flanken  zu  umfassen.  *  Schon  die  von  Scipio  ge- 
troffene Wahl  des  Schlachtfeldes  in  freier  Ebene  ließ  darauf  schließen, 
daß  er  sein  Lieblingsmanöver  auch  diesmal  auszuführen  gedachte;  es 
galt  nun,  demselben  in  wirkungsvoller  Gegenoffensive  zu  begegnen. 

Hannibal  verfügte  über  gut  ein  Drittel  mehr  Infanterie  als  die 
Römer;  aber  im  Gegensatz  zu  diesen  war  ihre  Qualität  eine  sehr  un- 
gleiche. Die  alten  Kerntruppen,  die  der  Feldherr  selbst  aus  Italien 
herübergeführt  hatte,  repräsentierten  zweifellos  die  beste  Truppe  ihrer 
Zeit;  das  Mittel  treffen  jedoch,  das  zum  größten  Teile  aus  den  von  Scipio 


550  Oet  zweite  Punische  Krieg  iu  Afrika. 

schon  mehr  als  einmal  geschlagenen  Truppen  Hasdrubals  bestanden 
haben  dürfte,  und  die  Söldner  standen  sicherlich  qualitativ  nicht 
nur  tief  unter  Hannibals  Veteranen,  sondern  auch  unter  den 
römischen  Legionaren.  Immerhin  aber  waren  sie  zusammengenommen 
den  letzteren  wenigstens  numerisch  ebenbürtig,  und  Hannibal  konnte 
damit  rechnen,  daß  Scipio  schon  zu  ihrer  endgültigen  Überwindung 
seine  ganze  Armee  werde  einsetzen,  d.  h.  das  voraussichtliche  Um- 
gehungsmanöver werde  durchführen  müssen.  Darauf  baute  er  seinen  Plan. 
Wenn  der  Gegner  schon  gegen  die  beiden  ersten,  ihm  zunächst  isoliert 
entgegengeworfenen  Treffen  alles  eingesetzt  hatte,  dann  hatte  Hannibal 
in  dem  abseits  stehenden,  vom  Kampfe  unberührten  dritten  Treffen 
noch  eine  intakte  und  qualitativ  vorzügliche  Reserve  zur  Hand,  mit 
der  er  dann  unbehindert  und  mit  zweifellosem  Erfolge  die  Entscheidung 
herbeiführen  konnte.  Die  Art  und  Formation,  in  der  Hannibal  sie  in 
den  Kampf  warf,  war  dann  mehr  oder  weniger  Nebensache,  und  mußte  sich 
naturgemäß  nach  der  Gestaltung  der  Dinge  in  der  Front  richten;  ob 
frontal,  ob  einfach  oder  doppelt  umfassend  eingesetzt,  sie  mußte  den 
Sieg  entscheiden. 

Diese  Auffassung  der  Schlachtidee  Hannibals  findet  ihre  voll- 
inhaltliche Bestätigung  in  der  von  ihm  gewählten  Aufstellung  sowohl 
wie  im  ersten  Verlauf  der  Schlacht. 

Hannibal  stellte  seine  Infanterie  in  drei  Treffen;  die  beiden  ersten 
in  normalem  Abstand,  das  dritte  auf  vergrößerter  Distanz  dahinter. 
Während  der  Vorrückung  blieb  dann  das  dritte  Treffen  ganz  stehen,  so 
daß  die  Distanz  noch  wesentlich  zunahm.  Diese  Distanzvermehrung 
muß  eine  sehr  bedeutende  gewesen  sein,  da  die  beiden  Fronten  weit 
auseinander  standen  und  der  Vormarsch  daher  ziemlich  weit  führte; 
darauf  deutet  der  zwischen  den  Fronten  sich  abspielende  Kampf  der 
Elefanten,  die  unbehelligt  gegen  die  Flügel  zu  ausbrechen  konnten, 
sowie  die  Tatsache,  daß  die  Vorrückung  der  Infanterie  zunächst  im 
„Schritt"  (ßdörjv)  erfolgte  und  erst  später,  „als  sie  nahe  beisammen 
waren44,  in  den  eigentlichen  Anlauf  überging.  Die  Entfernung  des 
dritten  Treffens  Hannibals  muß  jetzt  sicher  ein  Vielfaches  der  ur- 
sprünglichen Distanz  betragen  haben. 

Der  Sinn  dieser  Vorgänge  ist  klar:  Zweihundert  Meter  waren 
wohl  zu  wenig,  um  die  Hauptreserve  mit  Sicherheit  aus  dem  Bereiche 
der  vorausgesehenen  gegnerischen  Umfassung  zu  bringen;  andererseits 
hätte  die  Einhaltung  einer  genügend  großen  Distanz  schon  in  der  ur- 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht.  651 

sprünglichen  Aufstellung  dem  Gegner  leicht  den  Plan  verraten  können 
zu  einer  Zeit,  wo  es  ihm  noch  ohne  jede  Behinderung  möglich  war, 
seine  Maßnahmen  danach  zu  richten.  Hannibal  stellte  also  zunächst 
die  beiden  ersten  Treffen,  die  der  Gegner  am  besten  übersehen  konnte, 
auf  Normaldistanz,  und  das  dritte,  das  auf  dem  ganz  flachen  Plane 
durch  die  beiden  vorderen  so  ziemlich  gegen  Sicht  gedeckt  war,  auf 
eine  nur  mäßig  vergrößerte  Entfernung  dahinter,  was  bei  den  an- 
gedeuteten Verhältnissen  —  Entfernung  der  Armeen,  Deckung  durch 
die  Vordertreffen  —  seitens  der  Gegner  kaum  sofort  bemerkt  werden 
konnte.  Erst  während  des  Vormarsches  wurden  die  für  Hannibals 
Plan  erforderlichen  Distanzen  genommen ;  jetzt  befand  sich  aber  auch 
der  Gegner  bereits  im  Vormärsche,  und  zwar  mit  allen  drei  Treffen: 
da  war  es  ihm  allerdings  nicht  mehr  möglich,  eine  durchgreifende 
Änderung  der  Aufstellung  auf  Grund  eines  neuen  Schlachtplanes 
durchzuführen,  und  er  mußte  sich  darauf  beschränken,  die  bisherige 
Formation  und  den  alten  Schlachtplan  der  neuen  Situation  anzupassen, 
so  gut  es  eben  ging.  In  diesem  Falle  schon  mit  Rücksicht  auf  das 
numerische  Verhältnis  ein  geradezu  verzweifeltes  Problem. 

So  wie  die  Vergrößerung  der  Distanzen,  so  hatte  auch  die  Ver- 
zögerung der  Unterstützung  des  erstens  Treffen  durch  das  zweite 
seinen  Grund  im  Gesamtplane1).  Hannibal  hoffte  durch  die  Söldner, 
bei  ihrer  bedeutenden  numerischen  Überlegenheit  über  die  römischen 
Hastaten,  Scipio  schon  in  dieser  ersten  Phase  zum  Einsetzen  von 
Verstärkungen  zu  zwingen.  Wenn  dann  noch  das  zweite  Treffen  in  den 
Kampf  trat,  mußte  es  dem  Gegner  vollends  die  letzte  Kraft  heraus- 
ziehen, d.  h.  er  mußte  jetzt  oder  nie  mit  der  entscheidenden  Umfassung 
einsetzen.  Dann  aber  war  die  karthagische  Hauptreserve  souveräne 
Herrin  des  Schlachtfeldes. 

So  wird  uns  Hannibals  Plan  in  seiner  Gänze  klar. 

Er  gelang  nur  halb,  und  das  war  sein  Verhängnis. 


1)  Polybios  K.  13,  3  führt  das  Ausbleiben  der  Unterstützung  auf  mangelnden 
Mut  der  Karthager  zurück  („ano§ediu>vca>v  rai*  yvxazs").  Es  ist  dies  wohl  sein 
einziger  effektiver  Irrtum  in  dieser  Schlachtschilderung,  und  auch  dieser  betrifft 
nicht  eine  Tatsache,  sondern  nur  ihre  Erklärung;  da  die  Schlacht  nach  römischen 
Quellen  bearbeitet  ist  und  der  fragliche  Vorgang  sich  auf  gegnerischer  Seite  ab- 
spielt, ist  der  Irrtum  immerhin  verzeihlich.  Damit  fällt  einer  der  schwersten  Ein- 
wände gegen  die  Glaubwürdigkeit  der  polybianischen  Schilderung  überhaupt,  der 
Hinweis  auf  den  Widerspruch,  der  darin  liegt,  daß  die  Karthager  3ich  zuerst  feige 
und  gleich  darauf  tapfer  zeigen. 


652 


Der  zweite  Panische  Kriee:  in  Afrika. 


Dio   erste  Phase 
der  Schlacht. 


Die  Schlacht- 
idee Scipios. 


Die  erste  Phase 
der  Schlacht. 


Mit  recht  gutem  Erfolge  hatten  die  Söldner  den  Kampf  mit  den 
Hastaten  aufgenommen.  Daß  sie  dieselben  nicht  allein  sofort  werfen 
würden,  war  vorauszusehen.  Als  sie  nach  bravem  Kampfe  endlich  die 
selbstverständliche  Unterstützung  erwarteten,  sahen  sie  das  zweite 
Treffen  untätig  stehen  und  keine  Miene  machen,  ihnen  zu  helfen.  Da 
begann  das  Verhängnis.  Die  Söldner  glaubten  sich  verraten,  wankten 
völlig  und  warfen  sich  zum  Teile  sogar  auf  die  vermeintlichen  Ver- 
räter, die  jetzt  genug  damit  zu  tun  hatten,  sich  das  erbitterte  erste 
Treffen  vom  Leibe  zu  halten.  Damit  war  das  geordnete,  zweckmäßige 
Zusammenwirken  dieser  beiden  Treffen,  die  Hauptbedingung,  um  ihre 
numerische  Gesamtkraft  im  Sinne  des  Feldherrn  zur  Geltung  zu 
bringen,  durchkreuzt,  und  Scipio  konnte  es  wagen,  vorläufig  noch  den 
Hastaten  den  Kampf  mit  den  sich  gegenseitig  in  Unordnung  bringen- 
den gegnerischen  Vordertreffen  allein  zu  überlassen;  was  ihm  sehr 
gelegen  kam. 

Hier  ist  es  Zeit,  die  Karthager  zu  verlassen  und  sich  den  Römern 
zuzuwenden. 

Scipios  Seh  lacht  idee  war  von  Hause  aus  zweifellos  die, 
welche  Hannibal  ihm  zugemutet:  die  beiderseitige  Umfassung  durch 
die  rückwärtigen  Treffen,  analog  wie  auf  den  „großen  Feldern".  Den 
besten  Beweis  dafür  finden  wir  in  der  Tatsache,  daß  die  Hastaten  in 
ihrem  schweren  Kampfe  durch  die  Principes  nicht  unterstützt  wurden. 
Und  wirklich  haben  die  Hastaten  die  unterbliebene  Unterstützung 
durch  die  Prinzipes,  so  wünschenswert  dieselbe  in  manchen  Momenten 
geschienen  haben  mag,  weiter  nicht  übel  genommen  und  sich  dadurch 
nicht  beirren  lassen. 

Um  zur  Umfassung  ansetzen  zu  können,  mußte  zuerst  die  zu  um- 
fassende Flanke  des  Gegners  bloßgelegt  werden.  Daher  die  Wahl  des 
durchaus  offenen  Schlachtfeldes,  das  eine  Flügel anlehnung  ausschloß, 
die  Überlegenheit  der  eigenen  Kavallerie  zur  vollen  Vertreibung  der 
feindlichen  auszunützen  gestattete  und  endlich  die  erforderliche  Ell- 
bogenfreiheit für  die  ausholende  Bewegung  der  Umfassungsgruppen 
bot.    So  wurde  der  Kampf  eingeleitet. 

Die  Vertreibung  der  feindlichen  Reiterei  und  damit  die  Entblößung 
der  gegnerischen  Flanken  gelang  vollkommen.  Dann  nahmen  die 
beiderseitigen  Vordertreffen  den  Kampf  auf. 

So  heiß  den  Hastaten  der  Kampf  mit  den  numerisch  weit  über- 
legenen  Söldnern  wurde,   Scipio   ließ   sie  durch   die  Prinzipes   nicht 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht.  653 

unterstützen;  aber  auch  ihm  mag  es  in  diesem  Momente  heiß  ge- 
worden sein.  Denn  jetzt,  wo  die  Schlacht  im  Gange,  die  Vordertreffen 
ineinander  verbissen  waren,  jetzt  enthüllte  sich  auch  der  Plan  des 
Gegners.  Gegen  diese  Formation,  in  der  er  sich  nun  zeigte,  war 
das  geplante  Umgehungsmanöver  undurchführbar.  Scipio  stand  vor 
der  Notwendigkeit  entweder  auf  Grund  des  alten  Planes  in  das  sichere 
Verderben  zu  rennen,  oder  mitten  im  Kampfe  einen  neuen  Plan  zu 
fassen,  und  dies  in  einem  Moment,  wo  die  schwierige  Lage  der  Hastaten 
dringend  nach  Degagierung,  nach  Einsetzen  von  Reserven,  verlangtet 

Es  hat  Feldherren  gegeben,  die  in  solchen  Augenblicken,  da  sie 
ihren  Plan  durchkreuzt  sahen,  die  Schlacht  verloren  gegeben  haben. 
Oft  war  damit  die  Schlacht  wirklich  verloren  (Pharsalos),  öfter  aber 
haben  dann  Unterführer  und  Truppen  den  Sieg  noch  gerettet  (Mollwitz, 
Gorni  Dubjak).  Scipio  zählte  kaum  zu  dieser  Kategorie  von  Feld- 
herren; aber  sehr  zuversichtlich  mag  es  auch  ihm  in  diesem  Momente 
nicht  zu  Mute  gewesen  sein.  Sein  Plan  war  durchkreuzt;  und  es  gab 
kein  mögliches  Manöver  mehr,  dem  nicht  Hannibal  mit  merklich 
größeren  Chancen  der  Kraft  wie  der  Gruppierung  hätte  entgegentreten 
können.  Blieb  nur  das  rein  frontale  Ausringen,  und  auch  da  mußten 
mit  Eücksicht  auf  das  Kräfteverhältnis  die  Chancen  des  Gegners  aus- 
sichtsvoller erscheinen. 

Indes  das  Fatum  der  Weltgeschichte,  das  Rom  die  Weltherrschaft, 
Karthago  den  Untergang  bestimmt  hatte,  hat  in  diesem  Augenblick 
durch  eine  unvorhergesehene  Wendung  die  Chancen  wesentlich  ver- 
schoben. 

Die  beiden  Vordertreffen  des  Feindes,  die  vereint  den  römischen 
Feldherrn  in  jedem  beliebigen  Augenblick  zum  Einsetzen  seiner  letzten 
Reserven  hätten  zwingen  können,  kehrten  die  Waffen  gegeneinander. 
Die  dadurch  entstandene  Unordnung  erlaubte  Scipio,  zunächst  die 
Hastaten  den  Frontalkampf  allein  weiter  führen  zu  lassen,  dann  aber 
die  momentane  Unfähigkeit  des  Feindes  zur  Gegenoffensive  ausnützend, 
die  aussichtslose  Schlacht  abzubrechen  und  die  Truppen  auf  Grund 
eines  neuen  Planes  für  eine  zweite  Schlacht  zu  gruppieren. 

Damit  war   Hannibals   Plan   durchkreuzt.    Er   konnte   es   nicht         Die 
hindern,   daß   der  Gegner   sich   im  letzten  Augenblick  aus  der  schon  GefechtsPailS9 
fast  zugeschnürten  Schlinge  zog;  er  mußte  zusehen,  wie  die  bereits  so 
gut  wie  gewonnene  Schlacht  im  letzten  Moment  ein  unentschiedenes 
Ende  nahm,   und  gleich   dem  Gegner  zu  einer  zweiten  rüsten.    Für 


()">4  Der  zweite  Panische  Krieg-  in  Afrika. 

diese  aber  war  das  Kräfteverhältnis  wesentlich  zu  seinen  Ungunsten 
verschoben.  Das  ganze  erste  Treffen  war  ausgeschaltet.  Mit  den 
rabiaten  Söldnern  war  nichts  mehr  anzufangen;  was  nicht  gefallen 
oder  kampfunfähig  war,  mußte  von  den  eigenen  Truppen  gewaltsam 
aus  der  Front  entfernt  werden  und  verlief  sich  in  der  Umgebung. 
Hannibal  mußte  froh  sein,  wenigstens  das  zweite  Treffen  im  großen 
und  ganzen  noch  gerettet  zu  haben,  und  sich  mit  dem  auf  zwei  Drittel 
des  früheren  Standes  reduzierten  Heere  dem  nunmehr  gleichstarken 
Feinde  zur  zweiten  Schlacht  stellen. 

So    entstand   die  Gefechtspause.    Und   dann   begann   die  zweite 
Schlacht. 
Die  zweite  Phase         Wie   die  Truppen   für   diese  gruppiert  waren,   das  erfahren  wir 

der  Schlacht.  .        ..    , .   ,      1         t^.. 

nur  bezuglich  der  Römer. 

Scipio  zog  die  Hastaten  in  der  Mitte  zusammen,  dem  feindlichen 
Zentrum  gegenüber ;  in  dieser  auf  etwa  die  Hälfte  der  früheren  Front 
reduzierten  Ausdehnung  und  damit  um  dasselbe  Maß  gesteigerten 
Dichte  konnten  sie  auch  ohne  direkten  Rückhalt  neuerdings  Wider- 
stand leisten;  auf  ihre  beiden  Flügel  aber  marschierten,  in  dichter 
und  tiefer  Aufstellung,  die  beiden  noch  intakten  Hintertreffen  auf. 

Zweifellos  weist  der  Umstand,  daß  Scipio,  wenn  auch  zur  Frontal- 
schlacht gezwungen,  sich  doch  nicht  begnügte,  einfach  die  vorderen 
Treffen  durch  die  rückwärtigen  zu  verstärken,  sondern  eine  inhomogene 
Formation  mit  verstärkten  Flügeln  wählte,  darauf  hin,  daß  er  sich 
auch  jetzt  die  Möglichkeit  einer  differenzierten  Gefechtsführung  zu 
wahren  suchte.  Die  Erfahrung  des  ganzen  bisherigen  Krieges  und 
nicht  zum  mindesten  der  letzten  Schlachtphase  hatte  ergeben,  daß  die 
römischen  Legionare  im  reinen  Frontalkampfe  nicht  leicht  etwas  zu 
fürchten  hatten;  zweifellos  suchte  Hannibal,  wenn  er  jetzt  zum  neuen 
Angriff  überging,  die  Entscheidung  gegen  die  römischen  Flanken  zu 
erzwingen.  Dort  also  mußte  Scipio  auf  die  zermalmenden  Stöße  der 
cannensischen  Veteranen  gefaßt  sein,  und  er  konnte  nichts  anderes 
tun,  als  ihnen  dort  die  massierte  Hauptkraft  entgegenstellen.  Mochte 
dann  die  Sache  auslaufen. 

Wie  Hannibal  seine  Truppen  in  die  zweite  Schlacht  ge- 
führt hat,  sagt  uns  die  Quelle  leider  nicht1).    Der  frühere  Plan,  der 


1)  Möglicherweise   hat   es   in   der  Lücke   am  Schlüsse  des  Kap.  13  gestanden; 
vgl.  die  Aum.  2  auf  S.  647. 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht.  655 

ihm  gewissermaßen  eine  überzählige  Keserve  über  den  Gegner  gab, 
war  infolge  des  verschobenen  Kräfteverhältnisses  nicht  aufrecht  zu 
halten.  Die  neuen  karthagisch-libyschen  Truppen  waren  allein  nicht 
imstande,  die  römische  Armee  zum  Einsetzen  aller  Kräfte  zu  zwingen, 
um  die  Ausscheidung  der  Veteranen  als  geschlossene  Hauptreserve  zu 
ermöglichen;  diese  mußten  vielmehr  direkt  zur  Entscheidung  gegen 
die  intakten  Truppen  des  Gegners  eingesetzt  werden.  Wie  der  Feld- 
herr sie  formiert,  wie  er  sie  mit  den  Truppen  des  früheren  Mittel- 
treffens kombiniert  hat,  wissen  wir  nicht.  Nur  das  eine  wissen  wir, 
daß  sie  sich  brav  und  anscheinend  nicht  ohne  Erfolg  geschlagen  haben. 
Aus  der  stark  scipionisch  inspirierten  Quelle  gewinnt  man  den  Ein- 
druck, und  alle  modernen  Schriftsteller  haben  sich  ihn  zu  eigen  ge- 
macht, daß  Scipio  auch  in  dieser  zweiten  Phase  der  Schlacht  im  In- 
fanteriekampfe seines  Gegners  nicht  Herr  geworden  wäre.  Zum 
zweitenmale,  so  scheint  es,  hat  sich  in  der  Krisis  der  Schlacht  der 
Sieg  auf  die  Seite  der  Karthager  zu  neigen  begonnen.  Da  traf  im 
Augenblicke  höchster  Not  die  römische  Reiterei  auf  dem  Schlachtfelde 
ein  und  warf  sich  in  den  Rücken  des  Feindes,  damit  Schlacht,  Krieg 
und  das  Schicksal  Karthagos  entscheidend. 

Inwieweit   dieses  Eingreifen   in  das  beiderseitige  Schlachtkalkül  Die  Roiie  der 
einspielte,   bildet   ein   eigenes  Problem,   und   nicht   das  unwichtigste. 
Wir   eröffnen  damit  die  Reihe  einiger  Diskussionen,   die  sich  an  ver- 
schiedene Auslegungen   dieser  Schlacht   seitens  moderner  Fachschrift- 
steller knüpfen. 

Die  Hypothese  K.  L  eh  man  ns  (No.  32  S.  589  f.),  daß  die  karthagische 
Reiterei  von  Hause  aus  den  Auftrag  gehabt  hätte,  die  überlegene  römische 
durch  rasche  Flucht  vom  Schlachtfelde  zu  entfernen,  wurde  bereits  als 
vollkommen  einleuchtend  gewürdigt.  Sicher  hat,  so  paradox  es  klingen 
mag,  der  so  rasche  Ausgang  des  ersten  Reiterkampfes  den  Intentionen 
beider  Feldherren  in  gleichem  Maße  entsprochen.  Weniger  findet  die 
daran  geknüpfte  Weiterung  Lehmanns  unsern  Beifall,  wonach  Hanni- 
bals  drittes  Treffen  die  Bestimmung  gehabt  hätte,  den  Rücken  gegen 
eventuelle  Reiterangriffe  zu  decken.  Denn  dies  war  eine,  wenn  auch 
ohne  Zweifel  wichtige,  so  doch  schließlich  sekundäre  Aufgabe,  für 
welche  die  beste,  offensivfähigste  Kerntruppe  auszuspielen  geradezu 
ein  Fehler  gewesen  wäre.  Einen  Kavalleriesturm  abuz weisen,  das  hätten 
wohl  auch  andere  Linientruppen  getroffen,  und  die  Veteranen  von 
Trasimenus   und  Cannae   brauchte  Hannibal   nicht   nur   eventuell, 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder.  III.  42 


556  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

sondern  unbedingt  dort,  wo  die  Haupt  Entscheidung  schließlich  fallen 
mußte:  zur  Niederringung  der  römischen  Legionen;  und  gegen  diese 
Legionare  Scipios  waren  die  besten  Truppen  der  damaligen  Zeit  gerade 
gut  genug.  Die  auch  nur  eventuelle  Bestimmung  dieser  prädesti- 
nierten Entscheidungstruppe  zur  Abwehr  von  Kavallerieangriffen  hätte 
den  ganzen  Plan  zu  einer  schwächlichen  Defensivschlacht  herab- 
gedrückt; und  das  trotz  einer  vollen  Drittelüberlegenheit  in  der 
Hauptwaffe,  nur  der  Überlegenheit  des  Gegners  an  Kavallerie  zuliebe! 
Das  wäre  kein  echter  Hannibal  gewesen. 

Hätte  Hannibal  wirklich  mit  einem  Kückenangriff  der  römischen 
Kavallerie  gerechnet,  bevor  die  Entscheidung  im  Infanteriekampfe  ge- 
fallen war,  so  hätte  er  gerade  das  Gegenteil  von  dem  tun  müssen, 
was  er  wirklich  tat:  er  hätte  eine  andere  Abteilung  als  Rücken- 
deckung ausscheiden  müssen,  um  seine  besten  Kerntruppen  gegen  eine 
Verwicklung  in  einen  Kavalleriekampf  zu  sichern,  sie  unter  allen 
Umständen  für  den  entscheidenden  Angriff  auf  die  feindlichen 
Legionen  frei  zu  haben. 

Daß  die  Veteranen  eventuell  zuerst  hätten  die  Reiterei  abweisen 
und  dann  erst  in  die  Infanterieentscheidung  eingreifen  sollen,  ist 
sinnwidrig;  denn  nichts  konnte  man  weniger  wissen,  als  wann  dieser 
Reiterangriff  erfolgte.  War  nun  eine  Truppe  speziell  zu  seiner  Ab- 
weisung bestimmt,  so  mußte  sie  die  ganze  Zeit  hierzu  bereit  sein, 
und  am  allermeisten  im  Momente  der  Hauptentscheidung,  um  diese 
vor  Störung  zu  sichern,  konnte  also  nicht  bei  dieser  selbst  die  aktive 
Hauptrolle  spielen. 

In  Wirklichkeit  muß  Hannibal  zuversichtlich  darauf  gerechnet 
haben,  den  Infanteriekampf  siegreich  durchkämpfen  zu  können,  bevor 
die  feindliche  Kavallerie  zurück  sein  konnte.  Denn  schließlich  lag  es 
durchaus  nicht,  wie  Lehmann  glaubt,  so  ganz  im  Belieben  der  letzteren, 
wann  sie  eben  wollte,  umzukehren  und  sich  auf  die  Infanterie  zu 
werfen.  Zuvor  mußte  die  feindliche  Reiterei  nicht  nur  vom  Schlacht- 
felde vertrieben,  sondern  zersprengt  und  für  Stunden  außer  Gefecht 
gesetzt  sein,  sonst  konnte  sie  ihrerseits  kehrt  machen  und  die  auf  den 
Rücken  der  Infanterie  losstürmenden  Sieger  im  eigenen  Rücken  packen. 
Wenn  nun  die  karthagische  Reiterei,  wie  Lehmann  selbst  annimmt, 
über  höhere  Instruktion  freiwillig  und  ohne  wirklichen  Echec  das 
Schlachtfeld  räumte,  so  bedurfte  es  unbedingt  einer  langen  und 
scharfen  Verfolgung,  bis  die  markierte  Flucht  sich  in  eine  echte  ver- 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht.  657 

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wandelte  und  der  Feind  derart  unfähig  wurde  sich  zu  raillieren,  daß 
die  Sieger  ungefährdet  von  ihm  ablassen  und  sich  auf  den  Rücken  der 
Infanterie  werfen  konnten.  Diesen  Umstand  konnte  Hannibal  sehr 
wohl  ins  Kalkül  stellen1). 

Was  ihm  dieses  Kalkül  durchkreuzte,  war  die  erwähnte,  beiden 
Teilen  unvorhergesehene  Gefechtspause,  die  nach  allem,  was  während 
ihr  vorging,  ziemlich  lange  gedauert  haben  muß2)  und  die  Entschei- 
dung soweit  verzögerte,  daß  die  römische  Kavallerie  doch  noch  — 
und  selbst  da  nur  im  letzten  Moment  —  zurechtkam. 

Ob  Scipio  seinerseits  von  Hause  aus  darauf  gerechnet  hat,  daß 
das  Eingreifen  der  Kavallerie  die  Entscheidung  bringen  würde,  ist 
recht  unsicher,  geradezu  unwahrscheinlich.  Wahrscheinlich  ist,  daß 
sie  nach  seinem  Plane  dieselbe  nur  vorbereiten  sollte,  indem 
sie  die  Flügel  für  das  in  Aussicht  genommene  Umgehungsmanöver 
bloßlegte;  mitwirken  mochte  sie  dann  immerhin  dabei,  vorausgesetzt, 
daß  sie  rechtzeitig  zur  Stelle  war,  was,  wie  wir  gesehen,  durchaus 
nicht  von  ihr  allein  abhing ;  auf  eine  Übereinstimmung  beider  Manöver 
mit  Bestimmtheit  zu  rechnen  und  darauf  das  entscheidende  Kalkül 
zu  bauen,  wäre  ein  Fehler  gewesen,  der  sich  bitter  rächen  konnte. 
Daß  der  rückkehrenden  Reiterei  schließlich  in  dem  erbitterten  Ent- 
scheidungskampfe der  bis  auf  den  letzten  Mann  eingesetzten  Haupt- 
kräfte die  Rolle  des  Züngleins  an  der  Wage  zufiel,  war  im  Grunde 
genommen  einer  jener  Glücksfälle,  mit  denen  die  Weltgeschichte  ihren 
bevorzugten  Lieblingen  unter  den  Feldherren  und  Völkern  mehr  als 
einmal  unter  die  Arme  gegriffen  hat. 

K.   Lehmann    und   in    weit    höherem    Ausmaße     Delbrück3)  Delbr?^sche 
haben    sich   noch    in   mehreren   anderen   Punkten   mit   der   Quellen-  Auffassungder 

Schlacht. 

1)  Bei  Cannae  war  das  anders.  Dort  hätte  die  römische  Reiterei  sicher  gerne 
Widerstand  geleistet,  wurde  aber  von  der  überlegenen  Kavallerie  Hasdrubals  einfach 
hinweggefegt  und  war  damit  tatsächlich  für  die  Dauer  der  Schlacht  außer  Gefecht. 
Unter  solchen  Umständen  konnte  die  siegreiche  Reiterei  ohne  weiteres  von  der  ge- 
schlagenen ablassen  und  sich  anderen  Aufgaben  zuwenden,  wodurch  selbstverständ- 
lich nicht  im  mindesten  das  Verdienst  geschmälert  werden  soll,  dies  auch  wirklich 
rechtzeitig  getan  zu  haben. 

2)  Streit  (No.  28)  nimmt  wenigstens  eine  Stunde  an,  und  dürfte  damit 
kaum  zu  hoch  gegriffen  haben.  —  Mit  seiner  Auffassung  der  Tätigkeit  der  Kavallerie, 
die  Scipio  „völlig  aus  der  Hand  gegeben",  und  deren  stundenlange  Verfolgung  als 
„unbegreifliche  Leichtfertigkeit"  bezeichnet  wird,  hat  dieser  verdiente  Forscher  aller- 
dings Unrecht. 

3)  (No.  39)  p.  852  ff. 

42* 


658  Uer  zweite  Panische  Kripo;  in  Afrika. 

Überlieferung  in  Widerspruch  setzen  zu  müssen  geglaubt.  In  diesem 
Kapitel,  das  der  Schlacht  als  taktischer  Leistung  der  Feldherren 
gewidmet  ist,  entfällt  die  Notwendigkeit,  jene  Punkte  zu  besprechen, 
die  rein  statistischer,  organisatorischer  oder  taktisch-technischer  Natur 
sind;  dies  wird  in  den  angeschlossenen  Beilagen  nachgetragen  werden. 
Umsomehr  aber  erfordert  die  Del  brück  sehe  Auffassung  der  Schlacht- 
idee und  des  Schlachtverlaufes  eine  Beleuchtung  an  dieser  Stelle,  da 
sie  von  der  unsrigen  nicht  minder  abweicht,  als  sie  mit  der  Schilderung 
des  Polybios  in  Widerspruch  steht. 

Nach  Delbrück  läßt  Hannibal,  sobald  die  beiderseitige  Beiterei 
davon  ist,  sofort  die  Veteranen  beiderseits  der  Vordertreffen  auf- 
marschieren und  zum  Flankenangriff  ansetzen ;  Scipio  aber  pariert  u  n  - 
verhoffter  Weise  das  Manöver,  das  ihn  vernichten  sollte,  durch  das 
ganz  gleiche  Gegenmanöver:  er  läßt  gleichfalls  die  Hintertreffen  auf- 
marschieren, die  „alten  Banden"  Hannibals  stoßen,  statt  auf  die  Flanken, 
auf  die  verlängerte  Front,  und  die  Schlacht  bleibt,  was  sie  gewesen 
war,  eine  Parallelschlacht,  in  der  dann  die  rückkehrende  Kavallerie 
in  bekannter  Weise  den  Ausschlag  gibt. 

Die  äußere  und  innere  Unmöglichkeit  dieser  Auffassung  liegt  auf 
der  Hand.  Von  diesem  initiativem  Aufmarsch  Hannibals  sagt  uns 
Polybios  kein  Wort,  im  Gegenteil,  er  erwähnt  ausdrücklich,  daß  die 
Veteranen,  während  die  ersten  Treffen  in  den  Kampf  traten,  auf  ihrem 
Platze  stehen  blieben.  Und  Polybios  hat  hier  sicher  nicht,  wie 
Delbrück  zum  Zwecke  seiner  Desavouierung  behauptet,  „minderwertige 
römische  Schriftsteller"  allein  benutzt,  sondern  wenigstens  für  die  Haupt- 
ereignisse in  erster  Linie  die  —  mündliche  oder  schriftliche  —  Familien- 
tradition des  ihm  so  nahestehenden  seipionischen  Hauses,  die  möglicher- 
weise etwas  einseitig  und  parteiisch,  aber  fachmilitärisch  zweifellos  über 
jeden  Verdacht  erhaben  war.  Es  geht  daher  nicht  an,  sich  über  Polybios 
derart  hinwegzusetzen,  gerade  an  dieser  Stelle  am  allerwenigsten.  Aber 
auch  aus  inneren  Gründen  ist  die  Delbrücksche  Hypothese  absolut  un- 
glaubhaft. Es  ist  bekannt,  daß  gerade  Scipio  dieses  Umgehungsmanöver 
in  seiner  Armee  successive  ausgebildet  und  erst  unmittelbar  vorher  auf 
den  großen  Feldern  mit  durchschlagendem  Erfolge  angewendet  hatte; 
Delbrück  selbst  weist  darauf  hin.  Wie  konnte  da  Hannibal  hoffen, 
durch  eben  dieses  Manöver  den  Gegner,  der  darin  selbst  Meister  war, 
zu  überraschen  ?  Mußte  er  nicht  mit  Sicherheit  darauf  gefaßt  sein,  daß 
dieser  ganz  selbstverständlich  und  ohne  jede  Schwierigkeit  durch  das  ihm 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht. 


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so  geläufige  Manöver  das  seinige  paralysieren  würde?  —  Es  heißt 
sehr  niedrig  von^Hannibal  denken,  wenn  man  ihm  zumutet,  es  wäre 
ihm  zur  Niederwerfung  seines  Gegners  nichts  Besseres  eingefallen 
als  —  diesen  zu  kopieren. 


660  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

Daß  Delbrück  in  Konsequenz  dieser  Auffassung  auch  sonstige 
charakteristische  Einzelheitendes  polybianischen  Berichtes  verwirft,  wie 
das  Handgemenge  der  karthagischen  Vordertreffen,  das  Abbrechen  des  Ge- 
fechtes und  die  Neuordnung -der  Armee  durch  Scipio  usw.,  braucht  ebenso- 
wenig wunderzunehmen,  als  es  nach  dem  Vorgesagten  noch  einer  eigenen 
Widerlegung  bedarf.1) 
Auffassung  von         ic\x  ilabe  die  Lehmann-Delbrücksche  Auffassung,  obwohl  sie  die 

Vaudoncourt 

usw.  neueste  ist,  hier  zuerst  besprochen,  weil  sich  die  Kontroverse  aus  meiner 
eigenen  Ableitung  unmittelbar  ergibt,  und  greife  jetzt  erst  auf  die  einzige 
sonst  noch  discutable  Auffassung  Vaudoncourts2)  zurück,  der  Mac 
Dougall3),  Dodge4),  Morris5)  sowie  auch  Galitzin6)  fast  wörtlich  ge- 
folgt sind,  und  die  daher  heute  noch  als  die  maßgebende  Ansicht 
der  französisch-englischen  Forscher  augesehn  werden  muß7). 

Kurz  gefaßt  ist  die  Auffassung  dieser  Forscher  —  ihre  Ab- 
weichungen voneinander  sind  nur  ganz  unwesentlicher  Natur  und 
können  hier  übergangen  werden  —  folgende: 

Römer  in  drei  Treffen  mit  aufgedeckten  Intervallen.  Stärke 
24—25  000  Mann  Infanterie.  Karthager  auch  in  drei  Treffen,  jedoch 
die  beiden  ersten,  je  12  000  Mann  stark,  nur  halb  so  lang  wie  die 


1)  Einzelne  andere  Details  der  Delbrückschen  Auffassung  finden  sich  bei  Streit 
(Nr.  28)  widerlegt. 

2)  (Nr.  4>  III.  p.  133  ff. 

3)  (Nr.  8)  p.  186  ff. 

4)  (Nr.  29)  II.  p.  597  ff. 

5)  (Nr.  40)  p.  310  ff. 

6)  (Nr.  14)  III.  189  ff. 

7)  Vaudoncourt  behauptet  p.  136,  Guischardt  gefolgt  zusein,  weicht  jedoch 
gerade  in  der  Hauptsache,  der  Schlachtidee  Hannibals,  wesentlich  von  ihm  ab.  Nach 
Guischardt  (Nr.  3)  I.  p.  87  hatte  Hannibal  die  Absicht,  durch  seine  beiden  ersten  Treffen 
die  Römer  zu  erschüttern,  sodann  erstere  durch  die  Intervalle  des  dritten  Treffens 
zurückzunehmen  und  die  erschütterten  Gegner  mit  seinen  frischen  Veteranen  in  der 
Front,  mit  den  hinter  ihnen  neu  rangierten  Vordertreffen  umfassend  in  beiden  Flanken 
anzugreifen.  Das  „debacle"  der  Elefanten  und  das  „infame  manoeuvre"  des  zweiten 
Treffens  hätte  den  Plan  vereitelt.  —  Wie  fast  alle  Guischardtschen  Schlachtauffassungen 
sich  hart  an  der  Grenze  der  Möglichkeit  bewegen  oder  dieselbe  überschreiten,  so  auch 
diese,  die  übrigens  mit  der  Hamilkarschlacht  am  Bagradas  desselben  Verfassers  eine  auf- 
fallende Ähnlichkeit  hat  (vgl.  S.  535  A.  1).  Ein  Manöver  wie  das  hier  gemeinte  wäre 
vielleicht  mit  ganz  erstklassigen,  auf  die  Intervalltaktik  eingedrillten  und  in  sich 
homogenen  römischen  Legionstruppen  möglich  gewesen,  mit  den  qualitativ  höchst 
ungleichen  Truppen,  über  die  Hannibal  bei  Narraggara  verfügte,  hätte  es  auch  ohne 
das  Debacle  der  Elefanten  und  das  „infame  manoeuvre"  des  zweiten  Teffens  zur 
Katastrophe  führen  müssen.  —  Über  dieses  letztere  siehe  oben  S.  651,  A.  1. 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht.  661 

römische  Front,    das  dritte,   die  Veteranen,  24000  Mann  stark,   der 
römischen  Front  gleich. 

Hannibal  beabsichtigt,  mit  den  beiden  Vordertreffen  die  römische 
Front  zu  durchbrechen,  und  sie  dann  mit  den  Veteranen  vollends 
zu  zerschmettern,  „bevor  die  Triarier  das  Gefecht  wieder  hergestellt 
haben  konnten"1).  Sollten  die  Vordertreffen  jedoch  geschlagen  werden, 
so  sollten  sie  beiderseits  gegen  die  Flügel  zurückweichen;  hierzu  der 
vergrößerte  Abstand  des  dritten  Treffens. 

Scipio.  durchschaut  Hannibals  Plan.  Er  läßt  die  Hastaten  nach 
der  Mitte  schließen  und  so  in  gleicher  Front  die  Söldner  angreifen; 
die  Principes  folgen  in  der  ursprünglichen  Front,  „um  die  Flanken  zu 
decken". 

Die  Söldner  werden  geworfen.  Erst  das  Eingreifen  des  kartha- 
gischen zweiten  Treffens,  dessen  anfängliche  Feigheit  aber  durchweg 
als  Tatsache  hingenommen  wird,  bringt  die  Hastaten  ins  Gedränge; 
doch  sie  werden  von  den  Principes  unterstützt,  und  beide 
karthagische  Treffen  müssen  zurück;  sie  verlaufen  sich  programm- 
gemäß nach  den  Flügeln. 

Nun  geht  Hannibal,  um  die  Entscheidung  noch  vor  Eintreffen 
der  römischen  Kavallerie  zu  erzwingen,  mit  den  24000  Mann  Veteranen 
zum  Angriff  vor.  Scipio  aber  läßt  die  Principes  beiderseits  der  Hastaten, 
die  Triarier  aber  noch  weiter  auswärts  beiderseits  der  Principes  —  also 
das  Ganze  in  gleichmäßig  dünner,  langer  Linie  —  aufmarschieren  und 
hält  damit  den  Angriff  solange  aus,  bis  die  Reiterei  doch  zurückkehrt. 

Es  erscheint  kaum  notwendig,  diese  Auffassung  auf  Grund  tak- 
tischer Erwägungen  zu  widerlegen,  obwohl  sich  auch  hierfür  Hand- 
haben fänden;  es  genügt  die  Berufung  auf  den  Quellenbericht. 

Vor  allem  die  Stärkeziffern,  auf  die  das  Ganze  aufgebaut  ist. 
Wie  in  aller  Welt  kommt  Hannibal  zu  den  24000  Veteranen?  Dies 
ist  wohl  auf  die  appianische  Gesamtsumme  von  50  000  Mann  auf- 
gebaut, wobei  aber  die  Angabe  desselben  Autors,  daß  die  nach  Polybios 
1 2  000  Mann  starken  Söldner  ein  Drittel  des  Heeres  ausmachten,  über- 
sehen wurde.  —  Hätte  Hannibal  in  Italien  noch  24  000  Mann  Kern- 
truppen gehabt  —  und  vor  seinem  Abgang  hatte  er  wohl  noch  einiges 
mehr,  als  er  herüberbrachte  —  so  hätte  er  es  gar  nicht  notwendig  ge- 
habt, herüberzukommen.  —  Damit  fällt  die  ganze  phantastische  Vor- 

1)  Dieser  auffallende  Satz  findet  sich  nahezu  wörtlich  bei  allen  genannten 
Autoren. 


662  Der  zweite  Pn&iiehe  Krk'g  in  Afrika. 

Stellung  von  den  angleich  langen  Treffen,  und  in  der  Folge  die 
ganze  taktische  Auffassung.  Wie  nebenbei  die  Veteranen,  die  ja  nach- 
weislich weiter  zurückstanden  als  die  römischen  Triarier,  in  die  Schluß - 
entscheidung  früher  eingreifen  konnten  als  letztere,  bleibt  unver- 
ständlich. 

Nicht  minder  widerspricht  den  Quellen  die  Annahme,  daß  Scipio 
die  Hastaten  vor  Beginn  des  Kampfes  nach  der  Mitte  hätte 
schließen  lassen.  Dieses  Manöver  wird  ausdrücklich  erst  für  die  Neu- 
rangierung  zur  zweiten  Schlachtphase  angedeutet.  Mit  dem  Wegfall 
der  Vorstellung  von  den  ungleich  langen  Treffen  schwindet  auch  jeder 
Grund,  obige  anzunehmen.  —  Ebenso  steht  auch  die  Behauptung,  daß 
die  Prinzipes  die  Hastaten  schon  in  ihrem  Kampfe  gegen  das  karthagische 
zweite  Treffen  unterstützt  hätten,  in  offenem  Widerspruch  mit  Polybios 
14,  7;  und  über  die  Unwahrscheinlichkeit  des  letzten  Aufmarsches  in 
ganz  gleichmäßiger  Front  wurde  bereits  gesprochen.  Er  erscheint  um 
so  absurder,  als  gleichzeitig  im  Sinne  von  Hannibals  Kalkül  eine 
möglichst  reduzierte  Gefechtspause  angenommen  wird. 

Damit   bleibt  von   der  Auffassung  Vaudoncourts  und  seiner  Ab- 
schreiber nicht  viel  übrig.  — 
Der  Es  ist  nicht  das  letzte  Vertrauensmoment  der  von  uns  gegebenen 

Quellenboricht.  °    ° 

Darstellung  der  Ereignisse,  daß  sie  bis  ins  Detail  mit  der  Schilderung 
eines  berufenen  Fachschriftstellers  wie  Polybios  übereinstimmt,  während 
jede  abweichende  sich  mit  ihr  in  Widerspruch  setzen  muß.  Wenn  nun 
unsere  Darstellung  als  militärisch  einwandfrei  sich  bewährt,  so  liegt 
darin  zugleich  eine  Rehabilitierung  der  Quelle,  und  der  bisher  so  vielfach 
angefochtene  Schlachtbericht  von  Narraggara  erscheint  trotz  einiger  ober- 
flächlicher Mängel  und  Unklarheiten,  die  aber  mit  dem  Meritor ischen 
der  Sache  nichts  zu  tun  haben,  als  ein  im  großen  und  ganzen  richtiges 
und  brauchbares  historisches  Dokument1).     Dieses  Ergebnis  ist  umso 


1)  Der  einzige  wirkliche  Irrtum  des  polybianischen  Berichtes  betrifft  die  angebliche 
Feigheit  des  karthagischen  zweiten  Treffens,  wobei  es  sich,  wie  S.  651,  A.  1  nach- 
gewiesen, nur  uro  die  falsche  Erklärung  eines  in  den  Tatsachen  richtig  wieder- 
gegebenen Vorganges  beim  Feinde  handelt.  —  Ein  zweiter  Punkt,  der  hier  even- 
tuell noch  herangezogen  werden  könnte,  betrifft  die  Motivierung  des  Gefechtab- 
brechens und  der  Neugruppierung  mit  der  angehäuften  Masse  von  Blut  und  Leichen. 
Zweifellos  war  nach  dem  langen,  hartnäckigen  Kampf  der  bisherige  Kampfplatz 
mit  Toten,  Verwundeten  und  Waffen  aller  Art  bedeckt,  und  bildeten  diese  immer- 
hin ein  Hindernis  für  die  geordnete  weitere  Vorrückung;  ebenso  sicher  ist  je- 
doch,  daß    sich  eine  im  siegreichen  Vordringen  begriffene  Truppe  durch  ein  solches 


Narraggara.    4.  Die  Schlacht.  663 

erfreulicher,  als  es  sich  hier  um  eine  Schlacht  handelt,  welche  sowohl  Bedeutung  der 
an  weltgeschichtlicher  wie  an  militärischer  Bedeutung  zu  den  ersten  der 
Geschichte  zählt.  Sie  bildet  den  tragischen  Abschluß  der  Laufbahn 
eines  der  größten  Feldherrn  aller  Zeiten,  und  nicht  seine  schlechteste 
Tat;  das  hat  schon  der  Geschichtsschreiber  seines  Gegners  ausdrücklich 
hervorgehoben,  und  wir,  die  wir  aus  größerer  geschichtlicher  Entfernung 
und  daher  mit  besserem  Überblicke  ihre  Stellung  unter  den  großen 
Kämpfen  aller  Jahrhunderte  zu  beurteilen  in  der  Lage  sind,  können  es 
nur  bestätigen.  Wir  sind  auch  im  stände,  jenes  Moment  zu  erkennen 
und  zu  würdigen,  das  dieser  Schlacht  einen  ganz  besonderen  Ehren- 
platz in  der  Reihe  ihrer  blutigen  Schwestern  anweist:  sie  zeigt  den 
ersten  Versuch  einer  einheitlichen  selbständigen  Reserve.  DieReserve. 
Das  vom  eigentlichen  Schlachtfeld  zurückgenommene,  dem  Kampfgewühl 
entrückte,  in  sich  geschlossene  Korps  der  Veteranen  von  Narraggara 
stellt  etwas  wesentlich  anderes  dar  als  die  sukzessive  in  den  Kampf 
geworfenen  Truppenkörper  Alexanders,  als  die  Umgehungstreffen  Scipios, 
auch  als  die  zermalmenden  Offensivf'lanken  von  Cannae;  es  war  die 
erste  wirkliche  Reserve  im  höheren  Sinne.  — 

Das  heißt,  sie  war  als  solche  gedacht.  Der  große  Gedanke  ist 
mißglückt.  Hätte  Hannibal  an  diesem  Tage  über  eine  homogene 
Veteranenarmee  verfügt,  die  seiner  Führung  mit  blindem  Vertrauen 
zu  folgen  gewohnt  war,  er  wäre  wohl  gelungen.  Allein  das  mindere 
Truppenmaterial  der  Vordertreffen  vermochte  dem  Adlerfluge  des 
Führers  nicht  zu  folgen;  die  ungewohnte  Taktik,  das  Ausbleiben 
der  herkömmlichen  Art  der  Unterstützung  machte  sie  erst  unsicher, 
dann  mißtrauisch,  und  führte  endlich  zur  Katastrophe  in  der  eigenen 
Front.  Diese  förmliche  Auflehnung  der  Truppen  gegen  das  neue 
Manöver  beweist  am  besten,  daß  es  als  eine  wirkliche  Neuerung,  als 
eine  radikale  Umwälzung  der  Taktik  empfunden  wurde.    Der  Feldherr 


Hindernis  allein  niemals  hat  aufhalten  lassen.  Der  wahre  Grund  für  das  Abbrechen 
des  Gefechtes  und  die  Neurangierung  war  vielmehr  die  Erkenntnis  von  der  Unzu- 
länglichkeit des  bisherigen  Schlachtplanes  gegenüber  der  nunmehr  enthüllten  Taktik 
des  Gegners.  Da  mag  wohl  dem  Feldherrn  das  störende  Leichenfeld  einen  willkom- 
menen Vorwand  geboten  haben,  diesen  empfindlichen  Schwächemoment  seiner  Führung 
der  eigenen  Armee  gegenüber  zu  maskieren:  nicht  die  Überlegenheit  des  gegnerischen 
Manövers,  sondern  die  Konsequenzen  des  eigenen  Erfolges  sollten  die  rückgängige 
Bewegung  veranlaßt  haben.  Und  es  erscheint  durchaus  begreiflich,  daß  diese  ge- 
wissermaßen offiziöse  Auffassung  im  Wege  der  scipionischen  Tradition  ihren  Weg 
in  den  Bericht  des  Polybios  gefunden  hat. 


^4  Der  zweite  Puniache  Krieg  In  Afrika. 

maßte  auf  das  große  Neue  verzichten  und  froh  sein,  daß  eine  Gefechts- 
pause  ihm  die  Zeit  gönnte,  seine  Truppen  für  einen  Kampf  alten  Stiles 
zu  i alliieren;  und  da  verlor  er  die  Schlacht.  — 

Bannibal  hat  seinen  großen  Gedanken  mit  ins  Grab  genommen. 
Von  keinem  der  Zeitgenossen,  auch  von  seinem  großen  Gegner  nicht, 
ist  er  aufgegriffen,  von  keinem  Historiker  dem  Sinne  nach  richtig  ver- 
standen und  dargestellt  worden.  Erst  anderthalb  Jahrhunderte  später 
hat  ein  kongenialer  Geist  ihn  zu  neuem,  bleibendem  Leben  erweckt. 
Ob  Caesar  die  Hannibalsche  Idee  aufgefaßt  und  aufgegriffen,  bleibt 
dahingestellt.  Wahrscheinlich  ist  es  nicht;  denn  die  Caesarische  Reserve 
hat,  und  zwar  vorwiegend  unter  dem  Zwange  der  Ereignisse,  von 
Bibracte  über  Gergovia  bis  Pharsalos  ihre  eigene  Entwicklung  durch- 
gemacht. Erst  auf  dem  letztgenannten  Schlachtfelde  hat  sie  jene 
Vollendung  erreicht,  in  der  sie  schon  Hannibal  bei  Narraggara  vor- 
geschwebt und  wie  sie  im  wesentlichen  vorbildlich  geblieben  ist  bis 
auf  unsere  Tage.  — 


Anhang. 


Übersetzung  des  Quellenbericktes. 

Die  Schlacht  bei  Narraggara. 

Pol.  XV  5.  Als  die  Karthager  sahen,  wie  ihre  Städte  geplündert 
wurden,  sandten  sie  zu  Hannibal  mit  der  Bitte,  nicht  länger  zu  zaudern, 
sondern  die  Offensive  zu  ergreifen  und  die  Entscheidungsschlacht  zu 
suchen.  (2)  Nachdem  dieser  die  Gesandten  angehört,  erwiderte  er,  sie 
sollten  sich  um  die  anderen  Sachen  kümmern,  darüber  aber  sich  keine 
Sorgen  machen;  denn  den  Zeitpunkt  werde  er  selbst  bestimmen.  (3) 
Mehrere  Tage  darauf  brach  er  aus  der  Gegend  von  Hadrumetum  auf, 
rückte  vor  und  schlug  sein  Lager  bei  Zama;  diese  Stadt  liegt  von 
Karthago  fünf  Tagemärsche  weit  in  westlicher  Eichtung.  (4)  Von 
da  entsandte  er  drei  Spione  mit  dem  Auftrage  zu  erkunden,  wo  die 
Römer  ständen  und  wie  ihr  Feldherr  im  Lager  walte.  (Folgt  die 
anekdotenhaft  ausgeschmückte  Erzählung  dieser  Spionage.)  (9)  In 
Ausführung  dieses  Entschlusses  sandte  er  (Hannibal)  einen  Parlamentär 
mit  der  Mitteilung,  er  wünsche  mit  ihm  (Scipio)  über  die  gesamte  Lage 
persönlich  zu  verhandeln.  (10)  Als  Publius  dies  von  dem  Parlamentär 
gehört  hatte,  stimmte  er  dem  Vorschlage  bei  und  sagte,  er  werde 
selbst  zu  ihm  senden,  um  ihn  über  Ort  und  Zeit  der  Zusammenkunft 
zu  verständigen.  (11)  Mit  diesem  Bescheid  kehrte  der  Parlamentär 
in  sein  Lager  zurück.  (12)  Am  folgenden  Tag  traf  Massinissa  mit 
etwa  6000  Mann  und  4000  Reitern  ein.  (13)  Nachdem  Publius  ihn 
freundschaftlich  begrüßt  und  zur  Eroberung  des  ganzen  Reiches  des 
Syphax  beglückwünscht  hatte,  (14)  brach  er  auf,  marschierte  gegen  die 
Stadt  Narraggara,  und  schlug  dort  sein  Lager,  indem  er  einen  Platz 
besetzte,  der  sowohl  überhaupt  günstig  war,  als  auch  innerhalb  Pfeil- 
schußweite Wasser  bot. 


666  Der  «weite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

c.  G.  Von  da  sandte  er  zum  Feldherrn  der  Karthager  und  ließ  ihm 
sagen,  er  sei  jetzt  zu  einer  Zusammenkunft  behufs  einer  Unterredung 
bereit.  (2)  Auf  diese  Mitteilung  brach  Hannibal  auf,  marschierte  bis 
auf  eine  Entfernung  von  nicht  mehr  als  30  Stadien  heran  und 
schlug  sein  Lager  bei  einem  Hügel,  der  im  übrigen  für  den  augen- 
blicklichen Zweck  gut  gewählt  schien,  vom  Wasser  jedoch  ziemlich 
entfernt  war ;  daraus  erwuchs  den  Truppen  viel  Beschwerde  ....  (folgt 
die  ausführlicher  Schilderung  der  Unterredung  der  beiden  Feldherren). 

c.  9.  Nach  dieser  Unterredung  trennten  sich  Hannibal  und  Publius, 
nachdem  die  Verhandlungen  zu  keiner  Einigung  geführt  hatten.  (2) 
Am  folgenden  Tage  mit  Sonnenaufgang  führten  beide  ihre  Truppen 
aus  dem  Lager  und  schickten  sich  an  zum  Kampfe,  die  Karthager  für 
ihre  Existenz  und  für  Libyen,  die  Römer  für  die  Weltherrschaft. 

(6)  Publius  ließ  seine  Truppen  in  folgender  Schlachtordnung  auf- 
marschieren: (7)  Zuerst  die  Hastaten  mit  Intervallen  zwischen  den 
Manipeln,  hinter  ihnen  die  Principes,  jedoch  deren  Abteilungen  nicht 
gedeckt  auf  die  Intervalle  des  Vordertreffens,  wie  es  bei  den  Römern 
die  Norm  ist,  sondern,  im  Treffenabstand,  Intervall  hinter  Intervall, 
Abteilung  hinter  Abteilung,  und  dies  mit  Rücksicht  auf  die  Menge  der 
feindlichen  Elefanten;  als  letzte  endlich  die  Triarier.  (8)  Auf  den 
linken  Flügel  stellte  er  den  Laelius  mit  der  italischen  Reiterei,  auf 
den  rechten  Massinissa  mit  allen  seinen  Numidern.  (9)  Die  Intervalle 
zwischen  den  Manipeln  des  ersten  Treffens  füllte  er  mit  Abteilungen 
der  Veliten,  und  befahl  denselben,  den  Kampf  zu  eröffnen  und,  wenn 
sie  durch  den  Angriff  der  Elefanten  gedrängt  würden,  zurückzugehen, 
und  zwar  sollten  diejenigen,  die  es  rasch  genug  fertig  brächten,  durch  die 
in  gerader  Linie  fortlaufenden  Intervalle  hinter  die  gesamte  Streitmacht 
sich  zurückziehen;  diejenigen  aber,  denen  die  Zeit  zu  knapp  würde, 
sollten  in  den  Zwischenräumen  seitwärts  zwischen  den  Manipeln 
Deckung  suchen. 

c.  10.  (Ansprache  Scipios.) 

c.  11.  Hannibal  aber  stellte  die  Elefanten,  mehr  als  achtzig,  vor 
die  ganze  Front,  dahinter  die  Söldner,  etwa  zwölftausend  an  der  Zahl ; 
es  waren  dies  Ligurer,  Kelten,  Balearen,  Mauren.  (2)  Hinter  diese 
stellte  er  die  eingeborenen  Libyer  und  Karthager,  ganz  rückwärts  aber 
die  Truppen,  die  mit  ihm  aus  Italien  gekommen  waren,  und  zwar  mit 
einer  Distanz  von  mehr  als  einem  Stadion  von  den  Vorhergehenden. 
(3)  Die  Flügel  deckte  er  durch  die  Kavallerie,  indem  er  auf  den  linken  die 


Narraggara.     Anhang:  Übersetzung  des  Quellenberichtes.  667 

verbündeten  Numider,  auf  den  rechten  die  karthagischen  Reiter  postierte  .  . 
(folgt  die  Ansprache  Hannibals). 

c.  12.  Als  beide  Teile  kampfbereit  waren  und  die  numidischen 
Reiter  bereits  miteinander  scharmützelten,  lies  Hannibal  die  Elefanten 
gegen  die  feindliche  Front  angehen.  (2)  Als  nun  von  allen  Seiten  die 
Trompeten  und  Hörner  erklangen,  wurden  einzelne  Elefanten  scheu, 
machten  schleunigst  kehrt  und  warfen  sich  auf  die  auf  karthagischer 
Seite  kämpfenden  Numider ;  so  wurde  der  linke  Flügel  der  Karthager 
rasch  von  Massinissa  bloßgelegt.  (3)  Die  übrigen  Elefanten  trafen  in 
dem  Räume  zwischen  den  Fronten  mit  den  römischen  Veliten  zusammen, 
erlitten  große  Verluste,  brachten  aber  auch  den  Feinden  solche  bei, 
(4)  bis  sie,  scheu  geworden,  teils  durch  die  Intervalle  durchbrachen, 
da  die  Römer  sie  dank  den  Maßnahmen  des  Feldherrn  ohne  Gefahr 
durchlassen  konnten,  teils  fluchtartig  nach  rechts  zwischen  den  Reitern 
hindurchstürmten,  und,  von  allen  Seiten  beschossen,  endlich  über  die 
Frontlinie  hinausbrachen;  (5;  worauf  Laelius  die  durch  die  Elefanten 
bewirkte  Verwirrung  zum  Angriff  auf  die  karthagische  Reiterei  aus- 
nützte und  diese  in  volle  Flucht  trieb.  (6)  Sofort  setzte  er  den  Flie- 
henden scharf  nach,  und  das  gleiche  tat  auch  Massinissa.  (7)  Unter- 
dessen rückten  die  beiden  Schlachtreihen  in  raschem  Schritte  gegen- 
einander, mit  Ausnahme  jener,  die  mit  Hannibal  aus  Italien  gekommen 
waren;  diese  blieben  auf  dem  Platze,  wo  sie  von  Anfang  gestanden. 
(8)  Als  sie  einander  nahegekommen  waren,  erhoben  die  Römer  ihr 
nationales  Kriegsgeschrei,  schlugen  mit  den  Schwertern  auf  die  Schilde 
und  drangen  auf  die  Feinde  ein;  (9)  die  Söldner  der  Karthager  jedoch 
ließen  ein  verworrenes  und  ungewohntes  Geschrei  ertönen,  denn 
sie  hatten,  wie  der  Dichter  sagt,  „nicht  alle  dieselbe  Sprache  noch  Mund- 
art, jeder  eine  andere  Sprache,  und  verschiedenen  Stammes  waren  die 
Männer',  wie  sie  eben  aufgezählt  wurden. 

c.  13.  Da  nun  der  ganze  Kampf  als  Handgemenge  Mann  gegen 
Mann  geführt  wurde,  weil  sie  nicht  mit  Speeren,  sondern  mit  Schwertern 
kämpften,  waren  anfangs  die  Söldner  durch  ihre  Gewandheit  und  Kühn- 
heit im  Vorteil  und  verwundeten  viele  Römer ;  (2)  diese  aber  im  Ver- 
trauen auf  ihre  streng  geordnete  Aufstellung  und  vorzügliche  Bewaff- 
nung drangen  dennoch  immer  mehr  vorwärts.  (3)  Während  aber 
den  Römern  die  rückwärtigen  Treffen  nachrückten  und  sie  anfeuerten, 
den  Söldnern  jedoch  die  Karthager  nicht  folgten  und  sie  nicht  unter- 
stützten,   sondern   sich   feigherzig  benahmen,   begannen  die  Barbaren 


668  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

schließlich  zu  weichen,- und  im  Glauben  von  den  Ihrigen  offenbar  ver- 
raten zu  sein,  (1)  warfen  sie  sicli  beim  Rückzuge  auf  die  hinter  ihnen 
Stehenden  und  begannen  sie  niederzumetzeln.  (5)  Dies  zwang  nun 
viele  Karthager  mannhaft  zu  sterben;  denn  von  den  Söldnern  mit  dem 
Tode  bedroht,  mußten  sie  gegen  ihren  Wunsch  sowohl  gegen  die 
eigenen  Truppen  als  auch  gegen  die  Römer  kämpfen.  (6)  Und  da  sie 
energisch  und  begeistert  den  Kampf  aufnahmen,  töteten  sie  nicht  wenige 
der  Ihrigen  wie  der  Feinde.  (7)  Sie  drangen  auf  die  Manipel  der 
Hastaten  ein  und  brachten  sie  in  Verwirrung;  denn  die  Offiziere  der 
Principes  ließen,  sobald  sie  erkannten  was  vorging,  ihre  Abteilungen 
Halt  machen.  (8)  So  fiel  die  Mehrzahl  der  karthagischen  Söld- 
ner teils  durch  die  Hand  der  eigenen  Leute,  teils  durch  Feindes- 
hand1). (9)  Diejenigen  aber,  die  sich  retteten  und  flohen,  ließ  Hanni- 
bal  sich  nicht  unter  seine  Truppen  mischen,  sondern  befahl  dem  Hinter- 
treffen die  Speere  zu  fällen  und  hinderte  die  Aufnahme  der  Zurück- 
gehenden. (10)  Diese  waren  daher  gezwungen  ihren  Rückzug  nach 
dem  freien  Räume  an  den  Flügeln  zu  bewerkstelligen. 

c.  14.  Da  nun  aber  der  Raum  zwischen  den  übriggebliebenen 
Truppenmassen  voll  Blut  und  Leichen  war,  erwuchs  dem  römischen 
Feldherrn  aus  diesem  die  Verfolgung  des  Sieges  hindernden  Umstand 
eine  große  Verlegenheit.  (2)  Denn  die  Schlüpfrigkeit  der  Leichname* 
die  blutüberströmt  in  Haufen  herumlagen,  sowie  die  Menge  der  regel- 
los zwischen  den  Gefallenen  liegenden  Waffen  mußte  den  Durchmarsch 
in  geordneter  Formation  wesentlich  erschweren.  (3)  Scipio  indessen 
ließ  die  Verwundeten  hinter  die  Front  schaffen,  rief  die  teilweise  in 
der  Verfolgung  begriffenen  Hastaten  durch  Trompetensignale  zurück 
und  stellte  dieselben  gleich  vor  dem  Kampfplatze  dem  Zentrum  der 
Feinde  gegenüber;  (4)  die  Principes  und  Triarier  ließ  er  in  dichter 
Formation  nach  den  Flügeln  aufschließen  und  über  die  Leichen  vorrücken. 
(5)  Nachdem  sie  den  Raum  passiert  und  mit  den  Hastaten  in  gleiche 
Front  gekommen  waren,  prallten  die  Schlachtreihen  mit  größtem  Un- 
gestüm und  Elan  aufeinander.  (6)  Denn  da  sie  an  Zahl,  Zuversicht, 
Mut  und  Bewaffnung  einander  gleichwertig  waren,  so  blieb  der  Kampf 
lange  unentschieden,  zumal  alle  Kämpfer  ihre  Ehre  daran  setzten,  auf 


1)  Hier  ist  die  überlieferte  Lesart  durch  Weglassung  des  „xa/"  vor  ,,KaQ%r)- 
8o7vio)v"  geändert;  ob  diese  oder  eine  andere  Konjektur,  die  denselben  Sinn  ergibt, 
die  richtige  ist,  mögen  die  Philologen  vom  Fach  entscheiden.  Über  die  Notwen- 
digkeit der  Konjektur  siehe  S.  647,  A.  1. 


Narraggara.    Anhang:  Übersetzung  des  Quellenberichtes.  669 

dem  Platze,  wo  sie  standen,  zu  fallen,  (7)  bis  Massinissa  und  Laelius,  von 
der  Verfolgung  der  Reiterei  zurückkehrend,  wie  durch  göttliche  Fü- 
gung im  dringendsten  Augenblick  eintrafen.  (8)  Indem  sie  den  Truppen 
Eannibals  in  den  Rücken  fielen,  machten  sie  den  größten  Teil  in  Reih 
und  Glied  nieder;  von  jenen  aber,  die  ihr  Heil  in  der  Flucht  suchten, 
gelang  es  nur  ganz  wenigen  zu  entkommen,  da  die  Kavallerie  zur  Hand 
und  das  Terrain  eben  war,  (9)  Es  fielen  aber  auf  Seite  der  Römer 
über  fünfzehnhundert  Mann,  auf  Seite  der  Karthager  über  20  000,  und 
nicht  viel .  weniger  gerieten  in  Gefangenschaft. 

c.  15.  Dies  war  der  Ausgang  der  letzten,  alles  zu  Gunsten  der 
Römer  entscheidenden  Schlacht  zwischen  den  genannten  Feldherren. 
(2)  Nach  der  Schlacht  verfolgte  Scipio  die  Karthager,  plünderte  ihr 
Lager  und  kehrte  wieder  in  das  seinige  zurück.  (3)  Hannibal  rettete 
sich  mit  wenigen  Reitern  in  ununterbrochenem  Rückzuge  nach  Hadru- 
metum  . . . 


Beilage  I. 


Heeresstärken. 

Über  die  Heeresstärken  dieses  Feldzuges,  die  am  besten  im  Zu- 
sammenhange behandelt  werden,  ist  bereits  viel  geschrieben  und  sind 
zahllose  Varianten  aufgestellt  worden.  Trotz  der  vielen  Quellenangaben 
Wird  volle  Klarheit  über  alle  Zahlenfragen  nie  zu  gewinnen  sein. 
Gerade  die  große  Zahl  der  Ziffern  ermöglicht  es,  die  Unverläßlichkeit 
der  meisten  zu  erkennen;  es  ist  ein  schwacher  Trost,  daß  es  erwiesener- 
maßen in  dieser  Hinsicht  schon  im  Altertume  nicht  besser  stand.  Immer- 
hin sind  positive  Ergebnisse  wenigstens  in  einigen  Punkten  schon  erzielt 
worden,  und  wir  sind  in  der  Lage,  auf  einzelne  durchaus  einleuchtende 
Resultate  früher  Forscher  aufbauen  zu  können. 

1.  Streitkräfte  der  Römer. 

DasExpeditions-        Livius  berichtet  XXIX  25,  2,   daß  schon  zu  seiner  Zeit  drei  ganz 
torps  scipios.  verschiedene  Angaben   über   die  Stärke   der   scipionischen  Expedition 
vorlagen,  und  zwar: 

1.  Version:    10  000  Mann  und  2  200  Reiter; 

2.  „         16000       „         „     1600        „ 

3.  „         35  000      „        „     Reiter  zusammen. 

Es  handelt  sich  zunächst  darum  festzustellen,  welche  dieser  Zahlen 
die  an  und  für  sich  glaubwürdigste  ist.  Da  wir  die  Autoren,  denen  sie 
Livius  entnahm,  nicht  kennen,  so  kann  nur  eine  sachliche  Überlegung 
zum  Ziele  führen. 

Zweifellos  lagen  über  diesen  Feldzug  ausschließlich  römische 
Quellen  vor;  wir  haben  es  demnach  mit  einer  spezifisch  römischen  Über- 
lieferung zu  tun.  Da  nun  eine  solche,  wenn  sie  überhaupt  der  Ten- 
denz zuliebe  von  der  absoluten  Objektivität  abwich,  dies  nur  im  In- 
teresse der  Hervorhebung  der  Leistung  Scipios  tun  konnte,  diese 
Leistung   aber   umso  größer  erscheint,   mit  je  geringeren  Kräften  sie 


Narraggara.    Beilage  I:  Heeresstärken  671 

vollbracht  ward:  so  konnte  eine  allfällige  tendenziöse  Übertreibung 
nur  in  Form  der  Verkleinerung  der  scipionischen  Heeresziffern  platz- 
greifen; da  also  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  keine  römische  Quelle  ein 
Interesse  daran  haben  konnte,  die  Streitmacht  Scipios  größer  erscheinen 
zu  lassen  als  sie  war,  wohl  aber  am  Gegenteil,  so  folgt  daraus  mit  größter 
(Wahrscheinlichkeit,  daß  auch  die  größte  überlieferte  Ziffer  zum  min- 
desten nicht  zu  groß  ist,  wohl  aber  die  kleineren  in  negativem  Sinne 
Übertreibungen  enthalten.  Den  Gegenfall  könnte  man  nur  annehmen, 
wenn  es  sich  in  den  Berichten  darum  handeln  würde,  die  folgenden 
Ereignisse  als  monströse,  mit  ungeheueren  Heeresmassen  ausgefochtene 
Riesenkämpfe  erscheinen  zu  lassen  —  wie  vielleicht  Coelius  Antipater 
nach  Liv.  XXIX  25,  4  die  Sache  dargestellt  hat  — ;  dies  müßte 
aber  dann  bei  der  Schilderung  der  Kämpfe  selbst  logischerweise 
noch  viel  krasser  hervortreten.  Davon  merken  wir  jedoch  in  den  er- 
haltenen Quellen  nichts;  im  Gegenteil,  selbst  die  überlieferte  Maximalzahl 
spricht  geradezu  gegen  eine  derartige  Tendenz.  Demnach  können  wir 
diese  Zahl  mit  einer  gewissen  Sicherheit  als  diejenige  anerkennen,  die 
der  Wahrheit  am  nächsten  kommt;  trotz  des  Zweifels  des  überliefern- 
den Autors  selbst  ist  sie  immer  noch  die  sicherste  Ziffer,  die  wir  über 
diesen  Feldzug  überhaupt  haben.  Auch  militärisch  genommen  ist  sie  die 
wahrscheinlichste  von  den  dreien.  Für  eine  Expedition,  die  offenkundig 
den  Zweck  hatte,  wenn  auch  nicht  Karthago  zu  vernichten,  so  doch 
die  Entscheidung  eines  vierzehnjährigen,  mit  ungeheurem  Aufwand  von 
lebendem  und  totem  Material  geführten  Riesenkampfes  vor  den  Toren 
der  feindlichen  Hauptstadt  herbeizuführen,  —  für  eine  solche  Unter- 
nehmung war  ein  Korps  von  dieser  Stärke  gewiß  das  zulässige  Mini- 
mum, sofern  nicht  bedeutende  weitere  Nachschübe  in  Aussicht  genommen 
waren;  von  solchen  aber  hören  wir  nichts.  Ein  Heer  aber  in  der 
Stärke  der  kleinen  Ziffern  hätte  sich  unter  diesen  Umständen  in  dem 
mehr  als  zweijährigen  Feldzuge,  trotzdem  es  im  ganzen  nur  Erfolge 
erzielte,  doch  derart  aufgebraucht,  daß  es  für  eine  Entscheidungs- 
schlacht wie  die  von  Narraggara  trotz  der  Verstärkung  durch  10  000 
Xumider  nicht  mehr  fähig  gewesen  wäre. 

Inwiefern  sich  nun  die  Zahl  von  35  000  Gesamtstreitern  auf  die 
einzelnen  Waffengattungen  und  Truppenkörper  verteilte,  bleibt  hypo- 
thetischen Berechnungen  reserviert.  Jene  K.  Lehmanns  (Nr.  32  S.534) 
hat  entschieden  so  viel  für  sich,  daß  man  sie  unbedenklich  als  Basis 
akzeptieren  kann.    Demnach  bestand  das  Heer  aus: 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  HI.  43 


672  Der  /.weite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

Römer:  2  Legionen  ä  »'»■Jon  Mann  u.  300  Reitern,  =  12100  Mann  n.  600  Heiter 

Bundesgenossen:  2        „        ä  0200     „      „000       ..      =12400     „      „1800 

Freiwillige:  1         „        ä  0200      „       ..  500        „       —   6200      „       „   500 

lterittenc  Leibwache:  —  800        „       =      — 300 

Summe  31000  Manu,  3  200  Reiter 

Ob  nun  die  römischen  Legionen  die  cannensischen  waren  und  aus 
den  anderen  in  Sizilien  stellenden  ergänzt  wurden  oder  umgekehrt,  ist 
für  unsere  Zwecke  belanglos. 

Hierzu    kamen   noch  40  Kriegsschiffe  (nach  Livius  XXIX  25,10; 
26,3;  nach  Appian  Lib.  24  nur  20)  und  400  Transportschiffe  mit  der 
entsprechenden  Schiffsbesatzung. 
Massinissa.  Mit   dieser  Streitmacht   schlug  Scipio  die  Kämpfe  der  Jahre  204 

und  203.  Bei  ihm  befand  sich  noch  Massinissa,  dessen  Stärke  nach 
Livius  XXIX  29,4  gleichfalls  verschieden,  und  zwar  mit  200  oder  2000 
Reitern  angegeben  wird.  Auch  hier  dürfte  die  größere  Zahl  die  rich- 
tigere sein,  zum  mindesten  die  Wahrheit  in  der  Mitte  liegen.  —  Nach 
der  Schlacht  auf  den  „großen  Feldern"  trennte  sich  Massinissa  von 
Scipio,  um  im  Inneren  Numidiens  zuerst  mit  einem  römischen  Korps 
unter  Laelius  vereint,  später  selbständig  zu  kämpfen,  seine  Hrrschafte 
und  damit  seine  Kriegsressourcen  zu  erweitern  und  im  folgenden  Jahre 
mit  verstärkter  Kraft  knapp  vor  der  Entscheidungsschlacht  wieder 
zur  Hauptarmee  zu  stoßen. 
Die  röm.  Armee  Für  diese  gibt  Appian  Lib.  41  die  Streitkraft  Scipios  mit  23  000 
bei  Narraggara  ^ann  un(^  ^  5qq  italischen  Reitern  an;  dazu  kommt  Massinissa  mit 
„viel  Fußvolk  und  Reiterei"  und  Dacamas  mit  600  Reitern  *).  Die 
Stärke  des  Massinissa  finden  wir  bei  Polybios  XV  5,  2  mit  6000  Mann 
zu  Fuß  und  4000  Reitern  verzeichnet.  Demnach  hätte  Scipio  bei 
Narraggara  im  ganzen  29000  Mann  Infanterie  und  6  100  Reiter  gehabt. 
Die  römische  Die  Ziffer   ist   bezüglich    der  Infanterie   gewiß   nicht  zu  tief  ge- 

griffen; wenn  Scipio  auch  nicht  seit  Beginn  des  Feldzuges  8000 
Mann  von  den  Legionen  verloren  haben  kann,  so  muß  er  doch  un- 
zweifelhaft, wenn  er  sich  so  weit  von  Utika  und  seiner  Basis  ent. 
fernte,  eine  starke  Besatzung  daselbst  und  zur  Beobachtung  Karthagos 
zurückgelassen  haben,  zumal  er  ja  anscheinend,  als  er  ins  Innere  aus- 
zog, kaum  darauf  gerechnet  haben  dürfte,  daß  es  dort  zur  Entschei- 
dungsschlacht kommen  würde.  Es  scheint  etwa  eine  Legion  von  den 
fünf,  über  die  er  verfügte,  zu  diesem  Zwecke  dort  geblieben  zu  sein. 

1)  Über  letztere  Angabe  siehe  Lehmann  p.  554. 


Xarraggara.    Beilage  I:  Heeresstärken.  573 

Viel  zu  niedrig  scheint  indessen  die  italische  Reiterei  angegeben.  Die  Kavallerie 
Wenn  wir  sie  mit  Recht  bei  der  Landung  in  Afrika  mit  3200  Mann 
veranschlagen,  so  ist  nicht  einzusehen,  wieso  sie  in  der  Zwischenzeit 
auf  weniger  als  die  Hälfte  des  Standes  zusammengeschmolzen  sein 
sollte.  In  den  meist  überfallsartigen,  durchaus  siegreichen  Gefechten 
der  bisherigen  Campagne  konnte  sie  unmöglich  ernstere  Verluste  er- 
litten haben ;  und  bei  dem  vorwiegenden  Bedarf  an  Reiterei  gelegent- 
lich eines  Streifzuges  ins  afrikanische  Hinterland  konnte  die  bei  Utika 
zurückgebliebene  Kavallerieabteilung  höchstens  wenige  Hundert  Reiter 
betragen  haben.  Auch  die  ausgesprochene  Überlegenheit  in  der  Ent- 
scheidungsschlacht spricht  gegen  die  kleine  Ziffer;  desgleichen  der  Um- 
stand, daß  sie  dort  auf  dem  einen  Flügel  stand,  während  auf  dem 
anderen Massinissa 4  000  Reiter  befehligte;  eine  so  unsymmetrische  Auf- 
stellung würde  Scipio  im  Interesse  des  angestrebten  beiderseitigen  Er- 
folges kaum  gewählt  haben.  Im  Gegenteil,  wenn  der  rechte  Flügel 
4  000  Reiter  zählte,  so  kann  der  linke  kaum  weniger  als  3  000  gezählt 
haben;  nimmt  man  selbst  an,  daß  Dacamas  mit  seinen  600  Reitern  dem 
Laelius  zugewiesen  wurde,  was  bei  der  absoluten  Stärke  Massinissas 
durchaus  wahrscheinlich  ist,  so  müssen  wir  das  römisch-italische  Kon- 
tingent immer  noch  mit  etwa  2400  Reitern  annehmen,  wobei  auf  das 
in  Utika  zurückgebliebene  Korps  sowie  die  bisherigen  Verluste  seit  der 
Landung  in  Afrika  zusammen  800  Reiter  entfallen.  Das  würde  dann 
beiläufig  mit  der  Angabe  Appians  c.  41  stimmen,  wo  er  dem  Scipio 
2000  Reiter  ohne  die  300  Reiter  starke  Leibwache  zuweist  (vgl. 
Lehmann  S.  554,  1). 

Welche  Verwendung  die  6000   numidischen   Infanteristen  Massi-         Die 
nissas   in   der  Schlacht   gefunden,    wird    nirgends   erwähnt.    Daß  sie    *mmi(Jlsche 

0  '  °  Infanterie. 

einen  den  Legionen  analogen  Teil  der  Schlachtlinie  gebildet  hätten, 
etwa  als  Ersatz  der  vor  Utika  zurückgebliebenen  Legion,  ist  durchaus 
unwahrscheinlich.  Hier  brauchte  Scipio  eine  homogene  Front  erst- 
klassiger Linieninfanterie;  ein  aus  neurekrutierten  Numidern  gebildeter 
Frontabschnitt  hätte  einen  äußerst  gefährlichen  Schwächepunkt  in 
dieser  Linie  abgegeben.  Viel  wahrscheinlicher  ist  es,  daß  sie  als  Leicht- 
bewaffnete vor  der  Front  und  im  Vereine  mit  den  römischen  Veliten 
zur  Abwehr  der  Elefanten,  mit  denen  sie  ja  besonders  vertraut  sein 
mußten,  und  zu  sonstigem  Plänklerdienst  verwendet  wurden  (vgl. 
Lehmann  S.  597  f.j;  vielleicht  gestattete  diese  Verwendung  dem 
römischen   Feldherrn  auch,  seine  Veliten  zu   restringieren   und   zum 

43* 


674  Der  zweite  Punischc  Krieg  in  Afrika. 

Teile  in  die  Linieninfanterie  einzureihen,  wo  er  sie  —  zum  mindesten 
weil  besser  als  die  Humider  —  als  teilweisen  Ersatz  des  Korps  von 
Utika  brauchen  konnte.  — 

2.  Streitkräfte  der  Karthager. 

Über  die  Stärke  der  Karthager  haben  wir  zahlreiche,  aber  recht 
ungleich  wertvolle  Angaben. 
Dio  Armee  Xach  Appian  Lib.  9  hob  Hasdrubal,   als   die   Expedition   Scipios 

sicher  schien,  von  Karthagern  6000  Mann  zu  Fuß  und  600  Reiter, 
und  ebensoviel  von  Libyern  aus,  dazu  kamen  noch  2000  numidische 
Reiter;  5000  Sklaven  dienten  auf  der  Flotte.  Das  gibt,  ohne  die 
Sklaven,  12000  Mann  zu  Fuß  und  3200  Reiter,  eine  durchaus  glaub- 
liche Zahl;  man  würde  nach  dem,  was  Karthago  sonst  in  ähnlichen 
Lagen  geleistet  hat,  auch  eine  größere  glauben.  Tatsächlich  aber 
scheint  dies  einschließlich  der  6000  Mann  und  800  Reiter,  die  nebst 
7  Elefanten  zur  selben  Zeit  unter  Mago  nach  Ligurien  gingen1),  so 
ziemlich  das  letzte  Aufgebot,  wenigstens  was  die  Hauptstadt  anbelangt, 
gewesen  zu  sein ;  sonst  wäre  die  Bemannung  der  Flotte  durch  Sklaven 
unverständlich.  Diese  Erschöpfung  Karthagos  scheint  darauf  hin- 
zudeuten, daß  die  Unterstützung  der  Barkiden  auf  den  beiden  aus- 
ländischen Kriegsschauplätzen  während  des  ganzen  Krieges  doch 
keine  so  lässige  war,  wie  im  allgemeinen  geglaubt  wird.  Jedenfalls 
wird  es  gut  sein,  die  obige  Zahl  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  fest- 
zuhalten. 

Als  Scipio  landet,  verfügt  aber  nach  Appian  Lib.  13  Hasdrubal 
bereits  über  20000  Mann,  7000  Reiter  und  140  Elefanten.  Die  Zahlen 
sind,  und  zwar  in  progressiver  Reihenfolge,  zweifellos  übertrieben; 
das  Fußvolk  mag  sich  immerhin  durch  Libyer  um  einige  Tausende 
verstärkt  haben;  bei  den  beiden  andern  Posten  ist  die  Übertreibung 
in  die  Augen  springend.  Dies  findet  seine  Bestätigung  darin,  daß 
diese  Zahlen  in  einem  Atem  mit  der  Stärkeangabe  Scipios  ä  16000  Mann 
und  1600  Reitern  genannt  werden,  der  mittleren  Ziifer  des  Livius, 
die  wir  oben  als  eine  tendenziöse  Übertreibung  in  negativem  Sinne 
erkannt  haben;  wir  sehen  daraus,  daß  die  Angaben  Appians  Kap.  13 
auf  ein  und  dieselbe  Quelle,  die  mittlere  des  Livius,  zurückgehen,  die 


1)  Livius  XXIX  4  6.  Dieselbe  Angabe  findet  sich  auch  bei  Appian  Lib.  9, 
was  auf  eine  gemeinsame  Quelle,  die  hier  nur  Polybios  sein  kann,  hinweist.  Dies 
verleiht  auch  den  ersteren  Zahlen  Appians  höheren  Wert. 


Narraggara.    Beilage  I:  Heeresstärken.  675 

von  jener,  die  Appian  in  Kap.  9  benützte  und  in  der  wir  mit  großer 
Wahrscheinlichkeit  den  Polybios  erblicken,  verschieden  und  weit 
tendenziöser  gefärbt  ist.  Wir  haben  hier  bei  Appian  ihren  ganzen 
Typus  vor  uns :  doppelte  Übertreibung  im  römischen  Sinne,  bei  Scipio 
zu  wenig,  bei  seinem  Gegner  zu  viel. 

Auf  diese  oder  eine  ähnliche  Quelle  dürften  auch  die  Stärke- 
angaben zurückgehen,  die  uns  bei  Appian  und  Livius  über  das  Treffen 
beim  Turme  des  Agathokles  vorliegen.  Die  Stärke  von  4000  Reitern 
ist  unter  den  obwaltenden  Umständen  für  die  karthagische  Gesamt- 
reiterei schon  sehr  bedeutend,  für  eine  detachierte  Abteilung,  um  die 
es  sich  ja  hier  handelt,  entschieden  zu  viel,  als  Verlustziffer  endlich 
vollends  absurd.  Überhaupt  wird  man  gerade  in  diesen  Kämpfen  die 
wiederholt  erwähnte  „Vernichtung"  der  gegnerischen  Streitkräfte  bloß 
als  „Versprengung"  nehmen  dürfen,  so  zwar,  daß  eine  Reorganisierung 
des  größten  Teiles  in  entsprechender  Zeit  möglich  war. 

Die    nächste   Zahlenangabe    über    die   karthagische   Streitmacht  Hasdmbai  una 
finden  wir    anläßlich    deren  Vereinigung  mit  Syphax.    Polybios  XIV      SyPhax- 
1,  14  gibt  an: 

Hasdrubal  30  000  Mann,  3  000  Reiter, 
Syphax        15  000       „     10000        „ 

Livius,  der  offenbar  Polybios  benützt,  ändert  aber  scheinbar  aus  Ver- 
sehen die  15  000  Fußsoldaten  des  Syphax  in  50  000;  was  wir  unsererseits 
unberücksichtigt  lassen  können.  Indessen  scheinen  auch  die  Polybianischen 
Zahlen,  wenigstens  bezüglich  der  Reiter,  zu  hoch.  Auch  das  karthagische 
Fußvolk  dürfte  sich  in  der  kurzen  Zeit  seit  Scipios  Landung  kaum 
mehr  als  verdoppelt  haben;  doch  verfügten  die  beiden  Bundesgenossen 
zusammen  zweifellos  über  die  numerische  Übermacht,  worauf  ihre  Ab- 
sicht hindeutet,  Scipio  in  den  „Castra  Cornelia"  zu  belagern1). 

Ganz  unwahrscheinlich  sind  die  Verlustziffern  anläßlich  des  nun 
folgenden  Lagerüberfalles.  Auch  hier  dürfte  Versprengung  für  Ver- 
nichtung genommen  worden  sein.  Sicher  hat  sich  das  naturgemäß 
minderwertigste  Material  der  allerletzten  Zuzüge  nach  dieser  Kata- 
strophe auf  Nimmerwiedersehen  verlaufen;  denn  nie  wieder  tritt  uns 
das  karthagisch-libysche  Kontingent  in  annähernd  derselben  Stärke 
entgegen.  Ebenso  dürfte  die  Kavallerie  der  Verbündeten  hierbei  das 
Gros  ihrer  Pferde  eingebüßt  haben,  was  bei  einem  derartigen  nächt- 

1)  Pol.  XIV  6,  7. 


676  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

liehen  Überfall  sehr  einleuchtend  ist;  denn  von  diesem  Augenblick  an 
erscheint  sie  auch  in  den  ganz  römisch  gefärbten  Quellen  ausschließlich 
in  der  Minderheit. 

Ganz  unglaubwürdig  erscheint,  wir  wir  gelegentlich  der  taktischen 
Würdigung  nachgewiesen  haben  (S.  591  f.),  die  Stärke  von  30  000  Mann 
auf  den  „großen  Feldern".  Die  Gesamtstärke  der  damals  verfügbaren 
Truppen  mag  wohl  so  groß  oder  noch  größer  gewesen  sein;  auf  dem 
Schlachtfelde  jedoch  waren  seitens  der  Karthager  und  Syphax  nur 
kleine  Kontingente  an  die  4000  Keltiberer  angeschlossen. 

Wir  sehen  daher,  soweit  sich  überhaupt  urteilen  läßt,  bei  den 
bisherigen  karthagischen  Ziffern  die  nicht  zu  verwundernde  Über- 
treibung, in  sehr  mäßigem  Ausmaße  bezüglich  des  Fußvolkes,  in 
höherem  betreffs  der  Reiterei,  in  höchstem  in  den  Verlustziffern. 
Woran  wir  festhalten  müssen,  ist  die  Unmöglichkeit  der  wiederholten 
Vernichtung  und  Neuaufstellung  dieser  Korps;  allerdings  dürfte  die 
wiederholte  Versprengung  bei  einzelnen  minderwertigeren  Kontingenten 
mit  der  Zeit  der  Vernichtung  gleichgekommen  sein,  da  dieselben  wohl 
nach  jeder  Niederlage  immer  schwerer  wieder  zusammenzubringen 
waren.  Syphax  verschwindet  nach  der  Schlacht  auf  den  großen 
Feldern  vom  eigentlichen  Kriegstheater  und  nach  kurzen  Kämpfen 
mit  Laelius  und  Massinissa  im  Innern  Numidiens  überhaupt  samt 
seinen  Streitkräften  vom  Schauplatze.  Die  Armee  Hasdrubals  scheint 
unter  den  wiederholten  Schlägen  allmählich  auf  das  12000  Mann 
starke  erste  karthagisch-libysche  Aufgebot  zurückgegangen  zu  sein, 
das  ja  auch  zweifellos  die  besten  dieser  Truppen  enthielt;  in  dieser 
Stärke  finden  wir  sie  schließlich  als  recht  brave  und  verwendbare 
Truppe  in  Hannibals  Armee, 
nie  Armee  Als  letztes  erübrigt  die  Untersuchung  der  Stärke  des  Heeres,  das 

Hanmbais.     Hannibal    zur    Entscheidungsschlacht   führte.     Es    bestand    nebst 
Reiterei  und  Elefanten  aus  dreierlei  Infanterie:   den  aus  Italien  mit- 
gebrachten Veteranen,  dem  karthagisch-libyschen  Aufgebot  und  einem 
gemischten  Söldnerkorps. 
Das  Wie   stark   das  Veteranenkorps  war,   ist   direkt  nicht  über- 

veteranenkorps.  liefert.  Wir  werden  später  auf  einem  anderen  Wege  darauf  zurück- 
kommen. Jedenfalls  ist  die  Erzählung  Diodors,  Hannibal  hätte  vor 
seiner  Einschiffung  20  000  Mann  und  3000  Reiter  seiner  italischen 
Bundesgenossen,  die  ihm  nicht  folgen  wollten,  niedermachen  lassen, 
eine  krasse  Fabel;   hätte  er  damals  außer  seinen  Veteranen  überdies 


Narraggara.    Beilage  I:  Heeresstärken.  677 

noch  20  000  Mann  italische  Truppen  bei  sich  gehabt,  so  wäre  er 
kaum  in  den  letzten  Jahren  des  italischen  Krieges  zu  solcher 
Passivität  verurteilt  gewesen,  wie  uns  überliefert  ist1).  In  dieselbe 
Kategorie  gehört  auch  die  Niedermetzelung  der  4000  numidischen 
Überläufers). 

Nach  seiner  Landung  bei  Hadrumetum  übernahm  Hannibal  auch        Das 
das    karthagisch-libysche  Korps  Hasdrubals.    Die  Nachricht  ^y^f^." 
ist  uns  zwar  nur  von  Appian  überliefert  (Lib.  36),  allein  sie  ist  durch- 
aus glaubwürdig. 

Wir  haben  als  die  zuverlässigste  Angabe  über  dieses  Kontingent 
seinen  ursprünglichen  Stand  von  ungefähr  12000  Mann  ermittelt.  Daß 
hierzu  im  weiteren  Verlaufe  Verstärkungen  gekommen  sind,  ist  sicher, 
vermutlich  sogar  mehr,  als  die  Verluste  einschließlich  der  endgültig 
Versprengten  betragen  haben.  Indessen  konnte  dieses  Korps  wieder 
nicht  bis  auf  den  letzten  Mann  zu  Hannibal  stoßen,  da  die  Haupt- 
stadt nicht  ohne  eine,  wenn  auch  geringe,  Besatzung  bleiben  durfte; 
die  stärksten  Befestigungen  sind  illusorisch,  wenn  niemand  da  ist, 
der  sie  verteidigt.  Hierbei  ist  auch  zu  bedenken,  daß  die  Konzen- 
trierung der  Operationsarmee  nicht  in  Karthago,  sondern  in  Hadru- 
metum erfolgte.  Allzuweit  dürften  wir  also  von  der  Wahrheit  nicht 
abweichen,  wenn  wir  das  Korps,  wie  es  Hannibal  von  Hasdrubal  über- 
nahm, wiederum  auf  rund  12000  Mann  veranscklagen. 

Ob  nach  der  Übernahme  noch  nennenswerte  Verstärkungen  dazu 
gekommen  sind,  ist  bei  der  notwendigen  Erschöpfung  des  Landes 
fraglich;  vielleicht  die  Reste  des  zurückberufenen  Korps  Magos,  in- 
sofern dieses  aus  Karthagern  und  Libyern  bestand.  Doch  hatte  das 
Korps  unterdessen  in  Oberitalien  eine  schwere  unglückliche  Schlacht 
mitgemacht,  und  einige  Schiffe  waren  auf  der  Rückfahrt  von  den 
Römern  abgefangen  worden  (Liv.  XXX  18—19);  viel  kann  also  von 
den  ursprünglichen  6000  Mann  nicht  mehr  übrig  gewesen  sein3). 


1)  Livms  XXX  20,  6  läßt  die  betreifenden  Italiker  insgesamt  in  dem  Tempel 
der  Juno  Lacinia  niedergemacht  werden;  in  einem  solchen  konnten  doch  wohl  nicht 
20  000  Mann  und  3000  Reiter  Platz  finden,  selbst  wenn  man  an  einen  ganzen  heiligen 
Bezirk  denkt. 

2)  Diodor  XXVII  10;  auch  bei  Appian  Lib.  33. 

3)  Livius  erwähnt  XXX  26,  3  und  33,  5  noch  eine  makedonische  Legion 
von  4000  Mann,  die  in  der  Schlacht  gleichfalls  im  zweiten  Treffen  gestanden  haben 
soll.  Polybios  kennt  sie  nicht,  und  ihre  Existenz  ist  mit  Recht  von  den  meisten 
Forschern  bezweifelt  worden.    Vgl.  Zieliriski  (Nr.  15)  p.  98. 


67S  Der  zweite  Panische  Krieg  m  Afrika. 

Dm  Als   drittes  Element    finden  wir  in  Hannibals  Heer  ein  bunt  ge- 

°rp3'  mischtes  Söldnerkorps,  das  in  der  Schlacht  das  erste  Treffen  bildete. 
Polybios  pbt  seine  Stärke  mit  12000  Mann  an  und  nennt  die  darin 
vertretenen  Nationen:  Ligurer,  Kelten,  Balearen  und  Mauren.  Ihre 
Herkunft  dürfte  recht  verschieden  gewesen  sein;  zum  Teile  sind  sie 
vielleicht  mit  Hannibal  herüber  gekommen  (Kelten,  Balearen).  zum 
Teile  mit  den  Resten  von  Magos  Korps  (Ligurer) ;  die  übrigen  werden 
direkt  von  Karthago  beziehungsweise  Hadrumetum  aus  angeworben 
worden  sein. 

Lehmann  (S.  581  f.)  ist  der  Meinung,  daß  dieses  ganze  Söldner- 
korps nur  aus  Leichtbewaffneten  bestanden  hätte,  demnach  den  römischen 
Veliten  gleichzusetzen  und  in  der  Schlacht  nicht  als  eigentliches  „Treffen" 
aufzufassen  sei;  Delbrück  (S.  391)  gibt  ihm  recht. 

Dem  können  wir  uns  nicht  anschließen.  Abgesehen  von  dem  aus- 
drücklichen Wortlaut  der  Quelle,  die  jene  Truppen  direkt  als  „erstes 
Treffen"  bezeichnet  und  ihren  erbitterten  Nahkampf  mit  den 
römischen  Hastaten  ausführlich  schildert  —  Lehmann  weiß  sich  da 
nur  durch  die  radikalste  Textänderung,  die  überhaupt  denkbar  ist,  durch 
Einschaltung  eines  voiiy"  zu  helfen1)  — ;  auch  aus  der  Analogie  der 
römischen  Veliten,  die  Lehmann  ja  aufrecht  erhalten  wissen  will,  geht 
dies  klar  hervor.  Wenn  die  Söldner,  wie  Lehmann  glaubt,  den 
römischen  Hastaten  durch  ihren  Fern  kämpf  so  hart  zusetzten,  wo 
blieben  da  die  römischen  Veliten,  die  dann  doch  in  erster  Linie  be- 
rufen waren,  jene  mit  gleichen  Waffen  zu  bekämpfen  und  dadurch  die 
schwere  Infanterie  zu  entlasten?  Sie  konnten  doch  nicht  durch  die 
so  rasch  abgewiesenen  Elefanten  vollends  vernichtet  oder  in  unabseh- 
bare Fernen  verjagt  worden  sein,  oder  sich  in  ihrem  Schrecken  auf 
Nimmerwiedersehen  hinter  die  Manipel  verkrochen  haben? 

Es  liegt  auch  wirklich  kein  absolut  triftiger  Grund  vor,  an  der 
überlieferten  Charakteristik  dieses  Korps  als  einer  echten  Nahkampf- 
waffe zu  zweifeln.  Daß  die  Kelten  als  schwere  Nahkämpfer  auf- 
gefaßt werden  müssen,  hat  Lehmann  selbst  gefühlt;  wie  kommen  diese 
aber  dann  mitten  unter  die  „Leichten"?  —  Daß  die  übrigen  Kon- 
tingente in  der  Regel  als  leichte  Truppen  verwendet  wurden,  ist 
richtig,  und  Lehmann  hat  es  mit  ausführlichen  Zitaten  belegt.  Wer 
aber   kann   behaupten,   daß   es  für  Angehörige  dieser  Nationen  über- 

1)  Muß  jedoch  zugeben,  daß  dieses  „ovxa  schon  zu  Livius'  Zeit  gefehlt 
haben  muß. 


Narraggara.    Beilage  I:  Heeresstärken.  679 

haupt  unmöglich  gewesen  sei,  als  Nahkämpfer  geschult  und  in  der 
Folge  verwendet  zu4werden?  Hannibal  war  gewiß  in  dieser  Hinsicht 
kein  Pedant;  hat  er  doch  am  Trasimenischen  See  seine  „Leichten" 
ganz  analog  den  „Schweren"  verwendet;  und  zum  Drillen  seiner 
Söldner  hatte  er  in  Hadrumetum  mehrere  Monate  Zeit.  Sowohl 
Lehmann  wie  Delbrück  geben  zu,  daß  Hannibals  Schlachtkalkül  auf 
die  Überlegenheit  an  Infanterie  aufgebaut  war;  wenn  man  jedoch  die 
Söldner  als  „Leichte"  nimmt  und  damit  konsequenter  Weise  aus 
obigem  Kalkül  ausscheidet,  so  schwindet  diese  Überlegenheit  fast 
ganz.  —  Eine  ideale  Linieninfanterie  war  dieses  gemischte  Korps 
gewiß  nicht;  aber  der  Aufgabe,  die  Hannibal  ihnen  gestellt  hatte,  konnten 
sie  zweifellos  recht  gut  entsprechen. 

Die  Stärke  der  Söldner  gibt  Polybios  mit  12  000  Mann  an.  Wir  Die 
haben  gesehen,  daß  nach  begründeter  Vermutung  auch  das  karthagisch-  ^^antSe 
libysche  Kontingent,  welches  das  zweite  Treffen  bildete,  dieselbe  oder 
eine  um  weniges  höhere  Ziffer  erreichte.  Nun  nennt  Appian  c.  16 
die  Söldner  ausdrücklich  „den  dritten  Teil  des  Heeres".  Diese 
im  Munde  eines  Appian  an  und  für  sich  problematische  Angabe  ge- 
winnt durch  obige  Ziffern  und  Deduktionen  und  nicht  zuletzt  durch 
die  naheliegende  taktische  Erwägung  eine  bedeutende  Wahrscheinlich- 
keit. Diese  Erwägung  von  der  Selbstverständlichkeit  der  gleichen 
Treffenstärke  scheint  auch  Polybios  veranlaßt  zu  haben,  die  Ziffer  nur 
für  ein  Treffen  anzugeben.  So  können  wir  denn  schließen,  daß  auch 
das  dritte  Treffen,  das  Veteranenkorps,  beiläufig  12000  Mann  stark 
war,  was  ja  gewiß  nicht  der  Vorstellung  widerspricht,  die  wir  uns 
von  der  Stärke  Hannibals  in  den  letzten  Jahren  des  italischen 
Krieges  machen  können.  Selbstverständlich  ist  diese  Gleichheit  nur 
sehr  beiläufig  zu  nehmen ;  und  es  ist  vielleicht  Gefühlssache,  wenn  wir 
das  karthagisch-libysche  Korps  etwas  höher,  das  Veteranenkorps  etwas 
niedriger  als  12000  Mann  taxieren. 

Demnach  wäre  die  Gesamtzahl  der  Infanterie  Hannibals  mit  etwa 
36000  Mann  anzunehmen.  Wenn  man  bedenkt,  daß  selbst  Appian 
c.  40  die  Stärke  der  Armee  einschließlich  der  Reiterei  mit  50000 
Mann  angibt,  und  Polybios,  der  das  ganze  Heer  vernichtet  werden 
läßt,  diesen  Gesamtverlust  wieder  einschließlich  der  Kavallerie  auf  etwa 
40  000  veranschlagt,  so  wird  man  obige  Ziffer  mit  einer  gewissen  Be- 
ruhigung akzeptieren  können.  Schließlich  stimmt  damit  auch  die  An- 
gabe  des  Polybios,    daß    die   Gegner  beim   Eintritt  in   das    zweite 


OSO  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

Stadium  der  Schlacht  gleich  stark  waren.  Denn  auf  Seite  der 
Karthager  war.  wie  wir  gesehen  haben,  das  ganze  erste  Treffen,  also 
ein  Drittel  des  Heeres,  eliminiert;  die  Verluste  der^römischen  Hastaten 
jedoch  mögen  sich  mit  jenen  des  gleichfalls  bereits  im  Kampfe  ge- 
standenen karthagischen  zweiten  Treffens  halbwegs  ausgeglichen  haben. 
Es  standen  also,  ohne  Berücksichtigung  der  letztgenannten  Verluste, 
ca.  24  000  Karthager  gegen  23  000  Römer. 

Dio  Reiteroi  Über  die  Reiterei  Hannibals  haben  wir  sehr  ungenaue  Nach- 

richten. Sicher  sind  nur  die  2000  numidischen  Reiter  des  Tychäus, 
die  Polybios  XV  3,  7  erwähnt,  und  ein  karthagisches  Aufgebot  von 
unbekannter  Stärke,  das  in  allen  Quellen  genannt  wird  und  jedenfalls 
aus  der  Armee  Hasdrubals  stammte.  Mehr  als  1500 — 2000  Pferde 
wird  es  nicht  gezählt  haben,  da  es,  wie  aus  allen  Quellen  hervorgeht, 
der  römischen  Reiterei  lange  nicht  gewachsen  war.  Was  uns  sonst 
noch  Appian  im  33.  Kapitel  berichtet,  scheint  absolut  unverläßlich. 
Die  4000  Überläufer  des  Massinissa,  die  Hannibal  niedermachen  und 
deren  Pferde  er  unter  seine  Leute  verteilen  läßt,  verdienen  nicht 
mehr  Beachtung  als  die  analoge  Fabel  Diodors,  von  der  bereits  die 
Rede  war.  Hätte  Hannibal  auf  diese  Weise  4000  Pferde  in  die  Hand 
bekommen,  so  hätte  er  wohl  auch  noch  die  Reiter  dazu  aufgetrieben; 
dann  aber  hätte  seine  Kavallerie  einen  wesentlich  höheren  Stand  er- 
reichen müssen  als  die  Überlieferung  erkennen  läßt.  Da  in  jener 
Aufzählung  Appians  auch  Vermina,  der  nach  des  Polybios  und  Livius 
ausdrücklichem  Bericht  zur  Entscheidungsschlacht  zu  spät  kam,  unter 
den  Hilfstruppen  Hannibals  genannt  wird,  so  erscheinen  damit  die 
ganzen  einschlägigen  Angaben  dieses  Kapitels  —  einschließlich  der 
sonst  nirgends  genannten  1000  Reiter  des  Mesotylos  —  verdächtig, 
und  wir  müssen  von  ihnen  absehen. 

Die  Elefanten.  Die  Zahl  von  80  Elefanten  endlich,  die  Hannibal  nach  dem  über- 

einstimmenden Bericht  aller  Quellen  gehabt  hat,  ist  wohl  mit  Recht 
von  den  meisten  Forschern  in  Zweifel  gezogen  worden.1).  Es  ist  auch 
nicht  recht  begreiflich,  wie  der  karthagische  Feldherr,  der  in  Italien  schon 
seit  Jahren  über  keines  dieser  Tiere  verfügt  hatte,  sich  in  der  kurzen 
Zeit  seiner  afrikanischen  Rüstungen  eine  so  große  Zahl  hätte  beschaffen 
können,  zudem  wir  weder  bei  Hasdrubal,  trotz  seiner  Elefantenjagd2), 


1)  Lehmann  p.  579.     Delbrück  p.  392. 

2)  Appian  Lib.  9.    Dieser  Autor   gibt  ihm  übrigens  auch  Elefanten,  sogar  140 
Stück,  aber  von  ihrer  Verwendung  ist  nirgends  die  Rede. 


Narraggara.     Beilage  I:  Heeresstärkeu.  ßgj 

noch  bei  Syphax  welche  finden;  endlich,  als  Hannibal  landete, 
Numidien,  das  Hauptreservoir  dieser  Tiere,  für  Karthago  bereits 
so  gut  wie  verloren  war.  —  Auch  die  Rolle  der  Elefanten  in  der 
Schlacht  spricht  gegen  die  große  Zahl;  nicht  nur  ihre  leichte  Abwehr 
und  ihr  rasches  Verschwinden,  sondern  vor  allem  der  Umstand,  daß 
auch  später,  als  die  Linieninfanterie  bereits  im  Kampfe  stand,  kein 
weiterer  Elefantenangriff  erfolgte.  Denn  bei  einer  so  großen  Zahl 
hätte  es  auch  nach  Abwehr  der  ersten  Attacke  möglich  sein  müssen, 
wenigstens  einen  Teil  —  vor  allem  die  widerstandslos  durchgebrochenen 
—  wieder  zu  sammeln  und  neuerdings  ins  Gefecht  zu  werfen.  Nach 
dem  Eindruck  jedoch,  den  wir  aus  der  Schilderung  ihrer  Tätigkeit  ge- 
winnen, wird  ihre  Zahl  kaum  mehr  als  15—20  Stück  betragen  haben. 

Damit  wäre  die  Stärke  der  karthagischen  Armee  in  der  Ent-  Das  Resultat. 
scheidungsschlacht  annähernd  fixiert,  und  das  Ergebnis  dürfte  nächst 
der  Anfangsstärke  der  beiden  Heere  noch  die  bestgegründete  sämtlicher 
statistischer  Angaben  des  Feldzuges  sein.  Daraus,  daß  gerade  die  ersten 
und  letzten  Ziffern  sich  mit  einer  wenigstens  annähernden  Wahrschein- 
lichkeit haben  ableiten  lassen,  fällt  auch  ein  Schein  größerer  Berechti- 
gung auf  die  zwischenliegenden  Angaben,  die  an  und  für  sich  auf 
recht  vagen  Vermutungen  aufgebaut  wurden.  Indeß  sie  reihen  sich 
vollkommen  passend  zwischen  die  beiden  besser  fundierten  Eckpunkte 
ein,  und  damit  gewinnt  das  ganze  statistische  Resultat  jenes  beschei- 
dene Maß  von  Zuverlässigkeit,  auf  das  wir  nach  dem  Stande  der 
Quellen  überhaupt  Anspruch  erheben  dürfen. 


Beilage  IL 


Taktische  Fragen  zur  Schlacht  bei  Narraggara. 

Zwischen  Cannae  und  Narraggara  liegt  die  größte  Umwälzung, 
welche  die  Entwicklung  des  römischen  Kriegswesens  je  durchgemacht  hat. 
Darauf  hat  meines  WissenszuerstFröh  lieh  hingewiesen,  und  Del  brück 
hat  in  seiner  „Geschichte  der  Kriegskunst"  dieses  Moment  in  sehr 
nachdrücklicher  Weise,  wenn  auch  im  Detail  nicht  einwandfrei,  zur 
verdienten  Geltung  gebracht1).  Auch  unserer  Arbeit  muß  es  zur  will- 
kommenen Ergänzung  gereichen,  auf  jene  Momente  hinweisen  zu  können, 
welche  die  Besiegten  von  Cannae  zum  Siege  von  Narraggara  geführt 
haben,  und  Erörterungen  daran  zu  knüpfen,  welche  mit  diesen  Mo- 
menten unabweislich  in  Zusammenhang  stehen.  Das  soll  geschehen 
in  Form  eines  Exkurses  über  die  taktischen  Probleme  von  Narraggara, 
der  jenem  über  Cannae  (S.  347  ff.)  analog  gehalten  und  gewissermaßen 
als  Ergänzung  desselben  gedacht  ist. 

Gleichwie  bei  Cannae  sind  es  auch  hier  zwei  Hauptprobleme,  zu 
deren  Diskussion  Narraggara  Anlaß  bietet:  die  seipionische  Taktik 
und  ihre  Entwicklung  einerseits,  andererseits  die  KampfwTeise 
der  römischen  Legionen  im  Kahmen  dieser  Taktik,  mit  anderen  Worten 
das  hier  zum  erstenmal  klar  vor  unseren  Augen  sich  enthüllende 
Problem  der  Treffen  und  Intervalle. 

I.  Die  seipionische  Taktik. 

Die  römische  Bis  zur  Großmacht  hatte  sich  die  römische  Republik  emporgearbeitet, 

^puafechT  onne   U^er   e*n   an(^eres   Heerwesen   als   über   eine  von  Zivilbeamten 

Krieg.       geführte  Bürgermiliz  zu  verfügen;  vielleicht  der  beste  Beweis  für  die 

exceptionelle   Qualität     des    römischen   Soldaten     an    sich,    an    der 

1)  F.  Fröhlich,  (Nr.  17.)  —  Delbrück  (Nr.  39)  S.  377  ff. 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  683 

allerdings  von  sämtlichen  Fachleuten  aller  Zeiten  und  Länder  mit 
einziger  Ausnahme  Delbrücks  wohl  niemand  gezweifelt  hat1).  Erst 
im  Kampfe  um  die  Weltherrschaft  gegen  eine  zweite  Großmacht  ver- 
sagte das  Instrument,  und  auch  hier  nur  deshalb,  weil  die  Gegner 
über  das  verfügten,  was  dem  römischen  Kriegswesen  bis  dahin  das 
Fremdeste  gewesen:  eine  Feldherrnpersönlichkeit;  und  zwar  eine 
allererster  Klasse. 

Unter  den  furchtbaren  Schlägen  der  drei  ersten  Kriegsjahre  war 
das  alte  System  zusammengekracht.  Im  Handumdrehen  ein  neues, 
brauchbares  an  seine  Stelle  zu  setzen,  wie  es  die  verzweifelte  Lage 
erfordert  hätte,  war  im  Trubel  der  Ereignisse  ein  Ding  der  Un- 
möglichkeit. Und  da  sehen  wir  das  Große,  echt  Römische:  Unter  dem 
Schutze  eines  die  letzten  Kräfte  des  Volkes  aufs  äußerste  anspannenden 
Riesenaufgebotes  bei  starrster  Defensive  und  unbedingter  Hinausschiebung 
der  Entscheidung  wird  die  zur  Durchführung  der  Wandlung  erforderliche 
Zeit  und  Gelegenheit  gewonnen.  Es  war  eine  Reform  an  Haupt  und 
Gliedern.  Das  bisherige  Feldherrnideal  des  vom  Pfluge  geholten 
Bürgermeisters  kam  in  Mißkredit,  und  krampfhaft  klammerten  sich 
Hoffnung  und  Vertrauen  des  Volkes  an  Männer,  die  irgendwo  einen 
wenigstens  negativen  Teilerfolg  über  den  furchtbaren  Feind  errungen 
hatten.  Und  doch  kam  Jahre  hindurch  dieses  verzweifelte  Trachten  über 
ein  unsicheres,  durchaus  nicht  sehr  planmäßiges  Tasten  und  Versuchen 
nicht  hinaus.  Endlich  schenkte  das  Schicksal  den  Römern  das,  was  zur 
Vollendung  des  Werkes  nicht  entbehrt  werden  konnte:  den  ersten 
Feldherrn,  der  auf  rein  individuellem  Wege,  ganz  aus  dem  Born 
seiner  eigenen  Persönlichkeit  heraus,  die  Reform  zum  Ziele  führte 
und  den  Römern  statt  einer  Miliz  eine  Armee,  statt  des  Kriegshandwerks 
die  Kriegskunst  schenkte.  Dieser  römische  Epaminondas  war  Publius 
Cornelius  Scipio.  SciPi0- 

In  der  Armee  von  Narraggara  spiegeln  sich  die  Erfahrungen  von 


1)  Delbrück  (G.  d.  Kr.  P  539  ff.  II2  305)  steht  bekanntlich  auf  dem  Stand- 
punkt, daß  nicht  nur  der  römische  Soldat  als  solcher,  sondern  auch  jeder  römische 
Truppenkörper  jeder  beliebigen  Barbarentruppe  von  gleicher  Stärke  im  allgemeinen 
inferior,  nur  im  besten  Falle,  —  also  ausnahmsweise  —  gerade  noch  gleichwertig 
war,  und  daher  einzig  durch  numerische  Übermacht  Erfolge  zu  erringen  vermochte. 
Eine  Anschauung  über  die  zum  berühmtesten  Truppenkörper  der  Weltgeschichte 
gewordene  Legion,  die  außer  einigen  bedingungslosen  Jüngern  ihres  Meisters  wohl 
kaum  jemand  teilen  dürfte,  am  wenigsten  ein  Militär,  der  Qualität  und  Quantität 
im  Kriege  zu  beurteilen  versteht. 


lis  |  Der  zweite  Panische  Krieg  in  Afrika. 

Cannae  tatsächlich  in  allem  Wesentlichen  nur  in  Gestalt  der  Konse- 
quenzen, die  Scipio  ganz  persönlich  aus  ihnen  gezogen.  Das  Instrument 
seines  Sieges  war  nicht  bei  Nola,  Capua  und  am  Metaurus  geschmiedet 
worden,  nicht  von  Rom  und  seinen  italischen  Feldherrn,  sondern  von 
ihm  ganz  allein  und  zwar  in  Spanien.  Sein  Werdegang  führt  von 
Baeculae  über  llipa  auf  die  „großen  Felder"  und  von  da  nach 
Nar  raggar  a. 
Die  Delbrück  bedauert  (S.  387),  daß  wir  die  Entwicklung  der  Treffen- 

Trefflentaktik.  ' 

taktik  nicht  so  verfolgen  können,  wie  sie  es  ihrer  epochalen  Bedeutung  nach 
verdiene.  „Die  Quellen  lassen  uns  darüber  im  Stich.  Plötzlich  und 
auf  beiden  Seiten  zugleich  ist  die  Neuerung  da."  —  Delbrück  entzieht 
sich  aber  selbst  die  von  den  Quellen  auf  dem  Präsentierteller  dar- 
gebotene Möglichkeit,  diese  Entwicklung  mit  aller  wünschenswerten 
Klarheit  aufzudecken.  Wenn  man  sämtliche  historischen  Dokumente, 
welche  uns  hierbei  zur  Verfügung  stehen,  einfach  negiert,  dann  geht  es 
freilich  nicht;  nur  darf  man  sich  dann  nicht  auf  die  Quellen  ausreden. 
De  facto  führen  erst  die  Schlachtberichte  von  Baeculae  und  llipa 
zum  vollen  Verständnis  von  Narraggara,  und  darin  liegt  wohl  der 
beste  Beweis  für  ihre  prinzipielle  Brauchbarkeit.1). 

An  der  Trebia  und  bei  Cannae,  den  beiden  großen  offenen  Feld- 
schlachten  des  Krieges,  hatte  beidesmal  die  in  größtem  Stile  durch- 
geführte Umfassung  Hannibals  Sieg  entschieden.  Das  wußte  Scipio 
so  gut  wie  jeder  andere  Römer.  Das  römische  Kriegsinstrument  war 
damals  unfähig  gewesen,  dieser  Umfassung  auch  nur  zu  begegnen,  ge- 
schweige denn  vermochte  es,  sie  selbst  auszuführen.  Man  hatte  jedoch 
blutig  erfahren,  welche  Erfolge  damit  zu  erzielen  waren,  und  Scipios 
Sinnen  stand  darauf,  sich  dieses  Mittel  zur  Erzielung  gleicher  Erfolge 
dienstbar  zu  machen. 


1)  Die  sonstigen  sachlichen  Gründe,  die  Delbrück  und  Ihne  (Römische  Ge- 
schichte II  312  f.)  gegen  die  historische  Glaubwürdigkeit  dieser  Schlachten  vor- 
bringen, zu  widerlegen  ist  hier  nicht  der  Ort.  Übertreibungen  der  Zahlen  sowie 
ihrer  Bedeutung  als  Hauptschlachten  seien  übrigens  ohne  weiteres  zugegeben. 

Delbrück  leugnet  übrigens  in  einem  Atem  auch  die  für  eine  ganze  Reihe  von 
Schlachten  dieser  Periode  bezeugte  Aufstellung  von  mehreren  Legionen  hinter- 
einander, und  mit  gleichem  Unrecht.  Wir  haben  hier  vielmehr  einen  von 
Scipio  unabhängigen,  interessanten  Versuch  der  Römer  vor  uns,  durch  Differen- 
zierung der  Aufstellung  die  Manöverierfähigkeit  des  Heeres  zu  heben.  Durch 
die  Erfolge  Scipios  ist  dann  seine  Form  der  Treffentaktik  zum  allgemeinen  Durch- 
bruch gelangt  und  hat  alle  andern  versuchsweise  eingeführten  Formen  vollständig 
verdrängt. 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  685 

Den  ersten  Versuch  sehen  wir  bei  Baeculae1).  Hier  marschieren  Baocuiae 
die  beiden  Umfassungsgruppen  bereits  vom  Lager  aus  getrennt  gegen 
die  Flanke  der  erst  im  Aufmarsch  befindlichen  feindlichen  Armee,  die 
in  der  Front  von  Leichtbewaffneten  festgehalten  wird.  Da  der  Feind 
gar  nicht  zum  vollen  Aufmarsch  kommt,  ist  der  Erfolg  dadurch  allein 
schon  gesichert,  allerdings  in  seinen  Folgen  auch  abgeschwächt,  da 
Hasdrubal  den  aussichtslosen  Kampf  rechtzeitig  abbricht  und  abzieht. 

Es  ist  klar,  daß  dieses  Manöver,  das  schon  vom  Ausmarsch  aus 
dem  Lager  an  den  Plan  deutlich  verriet,  nur  dann  seine  Wirkung 
tun  konnte,  wenn  der  Feind  keine  Zeit  fand,  seine  Gegenmaßregeln 
zu  treffen.  Handelte  es  sich  doch  weniger  um  eine  Schlacht,  als  viel- 
mehr um  die  Besetzung  einer  Position,  ohne  daß  es  dabei  auf 
eine  Hauptentscheidung  abgesehen  war.  Daß  dieses  Manöver  nicht 
immer  verfangen  konnte,  vor  allem  nicht  in  der  typischen  Bataille 
rangee,  mochte  Scipio  selbst  gefühlt  haben,  und  das  nächstemal  legt 
er  die  Sache  schon  feiner  an. 

Sein  Schlachtplan  bei  Ilipa2)  erinnert  am  stärksten  an  jenen  iiipa. 
Hannibals  bei  Cannae.  Die  beiden  zur  Umfassung  bestimmten  Gruppen 
bleiben  zunächst  eng  an  das  Zentrum  angeschlossen  und  rücken  mit 
diesem  frontal  dem  Feinde  entgegen.  Erst  im  letzten  Momente  trennen 
sie  sich  ab,  um,  während  das  Zentrum  den  Feind  in  der  Front  festhält, 
die  beiderseitige  Umfassung  auszuführen.  Die  Schilderung  des  Polybios 
läßt  dabei  den  Zweifel  offen,  ob  die  Durchführung  des  Manövers  kompli- 
zierter war  als  nötig,  oder  ob  dieser  Vorwurf  die  Beschreibung  selbst 
trifft;  eines  von  beiden  ist  sicher. 

Auch  dieses  Manöver  erreichte  lange  nicht  das  cannensische  Vor-  Die  letzte 
bild,  und  der  Erfolg  war  abermals  mit  jenem  nicht  zu  vergleichen. 
Wollte  man  die  Absicht  der  Umfassung  verschleiern,  so  durften  die 
hierzu  bestimmten  Flügel  nicht  über  die  gegnerische  Front  hinausragen. 
Dann  aber  konnte  das  Zentrum  allein  nicht  die  feindliche  Front  in 
ihrer  ganzen  Ausdehnung  festhalten.  Hannibal  hatte  dies  wettgemacht, 
indem  er  die  feindliche  Schlachtlinie  veranlaß te,  sich  im  letzten 
Augenblick  zu  verengen  und  dadurch  seinen  eigenen  Flügelgruppen 
zu  ermöglichen,  die  Umfassung  durchzuführen,  ohne  hierzu  auszuholen. 
Zu  diesem  Zwecke  mußte  er  jedoch  defensiv  den  Angriff  des  Gegners 


1)  Pol.  X  38    39.  —  Liv.  XXVII  18.  19. 

2)  Pol.  XI  20—24.  —  Liv.  XXVIII  12-14. 


Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 

abwarten,  wie  er  denn  überhaupt  die  Gegenoffensive  der  initiativen  Offen- 
sive vorzog  und  es  liebte,  dem  Gegner  die  Vorhand  zu  lassen,  um  erst 
später  seinen  Trumpf  auszuspielen.  Bei  Scipios  rein  offensivem  Vorgehen 
war  das  obige  Manöver  undurchführbar,  und  tatsächlich  scheint  es 
bei  llipa  zu  keiner  rechten  Umfassung  gekommen  zu  sein;  obwohl  die- 
selbe /weifellos  beabsichtigt  war.  sonst  hätte  das  ganze  komplizierte 
Manöver  keinen  Sinn  gehabt.  Jedenfalls  kam  es  nicht  zur  Einkreisung, 
die  ja  der  Endzweck  der  beiderseitigen  Umfassung  ist.  Die  Feinde 
konnten  anscheinend  ganz  frontal  zurückgehen,  und  wenn  sie  schließlich 
wirklich  nur  durch  ein  Unwetter  gerettet  wurden  —  ich  sehe  nicht 
ein,  warum  ein  solches  nicht  möglich  gewesen  sein  soll  —  so  war  dies 
eine  Rettung  vor  voller  Auflösung  durch  intensive  Verfolgung,  nicht 
aber  vor  Einkreisung. 

Und  noch  ein  Umstand.  Bei  Baeculae  wie  bei  llipa  waren  die 
verschiedenen  Aufgaben  verschiedenartigen  Truppenkörpern  zugewiesen ; 
eine  offenbare  Nachahmung  des  karthagischen  Vorbildes,  bei  welchem 
die  Zusammensetzung  der  Armee  aus  heterogenen,  einander  qualitativ 
jedoch  nahezu  gleichwertigen  Elementen  eine  ähnliche,  wenn  auch 
nicht  so  große  Rolle  spielte  wie  im  Heere  Alexanders.  Im  Gegen- 
satze hierzu  lag  aber  die  Stärke  des  römischen  Kriegswesens  gerade 
in  der  Homogenität  des  Materials;  die  Nachahmung  jenes  Vor- 
bildes in  obigem  Sinne  schloss  demnach  geradezu  eine  Konzession  auf 
Kosten  eben  jenes  Momentes  in  sich,  auf  dem  zu  allererst  die  eigene 
Stärke  beruhte. 

So  mochte  es  denn  Scipio  notwendig  erschienen  sein,  ein  Manöver 
zu  ersinnen,  bei  welchem  auf  Basis  der  gewahrten  Homogenität 
die  ganze  Front,  so  wie  sie  an  den  Feind  kam,  denselben  festhalten 
konnte,  ohne  daß  man  für  die  Umfassung  die  Flügelgruppen  abzutrennen 
brauchte.  Dies  konnte  aber  nur  geschehen,  wenn  die  Umfassungsgruppen 
von  Hause  aus  hinter  der  Front  standen,  um  erst,  wenn  diese  am 
Feinde  war  und  diesen  in  der  ganzen  Ausdehnung  festhielt, 
beiderseits  hervorzubrechen. 

Die  nächstliegende  Form  für  die  Durchführung  dieser  Idee  wäre 
gewesen,  hinter  beiden  Flügeln  je  eine  Gruppe  bereitzustellen.  Aber 
dies  hätte  bei  übersichtlichem  Terrain  den  Plan  vorzeitig  verraten 
können.  Nur  wenn  diese  Umfassungsgruppen  so  formiert  waren,  daß 
man  ihnen  die  Bestimmung  zum  Seitwärtsvorbrechen  nicht  ansah, 
konnten  sie  ihrem  Zwecke  voll  entsprechen. 


Narraggara.     Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht. 


687 


Bei  der  Lösung  dieses  Problems  kam  Scipio  die  traditionelle  Drei- 
teilung der  römischen  Linieninfanterie  entgegen.  Es  erschien  gewisser- 
maßen als  das  Ei  des  Columbus,  die  bis  dahin  nur  organisatorisch  ge- 
trennten Gruppen  nun  auch  taktisch  zu  trennen  und  die  vordere  zur 
Festhaltung  der  Front,  die  beiden  rückwärtigen  zur  Umfassung  zu 
verwenden.  Die  bisher  eng  aneinander  klebenden,  auf  ein  schematisches 
Ineinandergreifen  angewiesenen  Treffen  wurden  von  einander  losgelöst 
und  zu  vollkommen  getrenntem  Manöver  befähigt1). 

So  verdankt  die  hier  geborene  eigentliche  Treffentaktik,  die  ihrem 
innersten  Wesen  nach  eine  Reserventaktik  ist,  ihre  Entstehung  einer 
Idee,  die  mit  dem  Reserveprinzip  eigentlich  gar  nichts  zu  tun  hat.  Denn 
die  rein  offensiven  Umfassungsgruppen  Scipios  können  nicht  als  Re- 
serven bezeichnet  werden;  wir  haben  hier  vielmehr  das  davon  streng 
zu  unterscheidende  Verhältnis  von  festhaltender  und  entscheiden- 
derGruppe  vor  uns.  Nicht  das  Reserveprinzip  hat  also  die  Treffentak- 
tik geboren,  sondern  umgekehrt:  aus  der  Treffentaktik  hat  sich  später 
unter  Caesar  die  Reserve  —  allerdings  mit  einer  gewissen  inneren 
Notwendigkeit  —  entwickelt.  Scipio  aber  hat  damals,  als  er  die 
Treffentaktik  schuf,  geradezu  auf  ein  gut  Teil  dessen,  was  in  der 
römischen  Kriegsform  bis  dahin  von  der  Reserveidee,  wenn  auch  nur 
rudimentär,  gelegen  hatte  —  die  Unterstützung  von  rückwärts  — 
bewußt  verzichtet. 

Auf  den  „großen  Feldern"  sehen  wir  Scipio  seine  neue  taktische  Die  „grossen 
Form  zuerst  anwenden  und  zu  vollstem  Erfolge  durchführen ;  und  wir      FeldeT"- 
haben   mit   großer  Wahrscheinlichkeit   nachgewiesen,   daß   er   sie  bei 
Narraggara  ebenso  geplant  hat.   Da  setzte  ihm  sein  großer  Gegner    Narraggara. 
dieReserve  entgegen.  Es  mag  Scipio  vielleicht  erst  damals  in  den  bangen 
Momenten  der  Krisis  klar  geworden  sein,   welch  gefährlicher  Mangel 


1)  Man  könnte  vielleicht  fragen,  ob  der  beiderseitige  Aufmarsch  der  Principes 
und  Triarier  derart  erfolgte,  daß  das  zweite  Treffen  nach  der  einen,  das  dritte  nach 
der  anderen  Seite  aufmarschierte,  oder  ob  beide  Treffen  in  der  Mitte  geteilt  und 
beiderseitig  auseinandergeschoben  wurden. 

Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  das  letztere  der  Fall  war.  Denn, 
ganz  abgesehen  von  der  ungleichen  Stärke  der  Principes  und  Triarier,  hätte  im 
ersteren  Falle  der  Aufmarsch  doppelt  so  lange  gedauert,  und  beide  Umfassungs- 
gruppen hätten  eine  unförmlich  lange  Front  bei  minimaler  Tiefe  aufgewiesen,  eine 
Formation,  die  sich,  wie  wir  später  sehen  werden,  für  die  frontal  festhaltende  Gruppe 
immer  noch  eignet,  während  sie  für  den  entscheidenden  Vorstoß  gegen  ein  räumlich 
eng  begrenztes  Angriffsobjekt,  wie  es  die  feindliche  Flanke  darstellt,  durchaus  un- 
tauglich erscheint. 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder.  III.  44 


688  Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 

seinem  Manöver  eben  infolge  des  vollen  Verzichtes  auf  die  Möglich- 
keit einer  Reserve  anhaftete.  Auf  den  „großen  Feldern",  wo  er  über 
eine  ausgesprochene  Übermacht  verfügte,  war  dies  nicht  zur  Geltung 
gekommen ;  bei  Narraggara  hätte  es  bei  einem  Haare  zur  Katastrophe 
geführt.  Und  wenn  außer  dem  bekannten  unvorhergesehenen  Zwischen- 
fall auch  ein  inneres  Moment  seinen  schließlichen  Sieg  entschied,  so 
war  es  die  im  römischen  Kriegswesen  begründete  Möglichkeit,  auch 
ein  kombiniertes  Manöver  auf  eine  homogene  Truppenorgani- 
sation  aufzubauen,  eine  Möglichkeit,  deren  Nichtvorhandensein  dem 
Feinde  eben  in  dieser  Schlacht  zum  Verhängnis  werden  sollte. 
Fiasko  der  Es   jst   eine   bemerkenswerte    Tatsache,    daß  Scipio   diese   seine 

scipionischen  ^ 

Treffentaktik.  Taktik  mit  Narraggara  endgültig  begraben  hat ;  der  innere  Widerspruch, 
die  Treffentaktik  geradezu  mit  Ausschluß  des  in  ihrem  innersten 
Wesen  begründeten  Reserveprinzips  zu  handhaben,  hatte  sich  hier  in 
erschreckender  Deutlichkeit  gezeigt.  In  der  Schlacht  bei  Magnesia, 
welche  bekanntlich  wenn  auch  nicht  nominell,  so  doch  faktisch  nach 
seinen  Intentionen  geschlagen  wurde,  finden  wir  nichts  mehr  davon;  auch 
kein  anderer  römischer  Feldherr  hat  sie  mehr  angewandt.  Nur  die 
volle  Trennung,  die  weitgehende  Selbständigkeit  der  Treffen  ist  ge- 
blieben, bei  voller  Wahrung  der  Unterstützungsmöglickeit  von  rück- 
wärts. So  wurde  die  Treffentaktik  ihrem  eigentlichen  Wesen  zurück- 
gegeben, und  damit  konnte  und  mußte  sie  schließlich  zur  vollendeten 
Reserventaktik  führen.  — 

IL  Treffen  und  Intervalle. 
Die  scSon  V°r  0b  die  römische  Legion  vor  Scipio  schon  Treffen  gehabt,  d.  h.  ob 
die  Linien  der  Hastati,  Principes  und  Triarii  durch  wenn  auch  nur 
geringe  Distanzen  voneinander  getrennt  waren,  ist  nicht  direkt  über- 
liefert; wenn  aber  die  Manipel  ein  und  desselben  Typs  seitlich  schon 
durch  Intervalle  getrennt  waren,  so  wäre  es  höchst  unlogisch  gewesen, 
sie  der  Tiefe  nach  mit  solchen  des  anderen  Typs  ohne  Zwischenraum 
zusammen  zu  stellen.  Und  dann  liegt  es  wohl  im  Wesen  dieser  Differen- 
zierung nach  Typen,  daß  die  Rückwärtsstehenden  nach  Möglichkeit 
der  unmittelbaren  Einwirkung  des  Kampfes  der  Vorderen  entrückt  werden 
mußten1). 


1)  Man  beachte  auch  Polybios'  Schilderung  III  72,  8  und  11  (Trebia),  wo  die 
Eintreffen-Aufstellung  Hannibals  den  „gewohnten  Schlachtreihen"  der  Römer  als 
Gegensatz  gegenübergestellt  wird. 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  689 

Als  nun  Scipio  den  Treffen  jene  weitgehende  Unabhängigkeit  von-    Die  Treffen 
einander  verlieh,  hat  er  zweifellos  die  Distanzen  wesentlich  vergrößert.        Clp,0s 
Denn  die  geordnete  Seitwärtsbewegung  der  Hintertreffen  konnte  nur 
dann  mit  der  wünschenswerten  Präzision  und  Raschheit  erfolgen,  wenn 
sie  von   den   unvermeidlichen  Schwankungen   der   kämpfenden  Front 
unbeeinflußt  blieb. 

Es  erübrigt  noch  die  Frage,  ob  Scipio,  der  jedesmal  die  Principes  Zwei-°derDrei- 

m   •  •  -i'-i'tt  tt/>  t  •  treffentaktik. 

und  Trianer  gemeinsam  und  einheitlich  zur  Umfassung  disponierte, 
zu  diesem  Zwecke  nur  die  Hastaten  von  den  Principes  loslöste  oder 
doch  auch  die  letzteren  von  den  Triariern,  ob  wir  es  sonach  mit  einer 
Zwei-  oder  Drei  treffentaktik  zu  tun  haben.  Lehmann  hat  sich 
für  ersteres  entschieden1),  und  Delbrück,  der  ursprünglich  der 
letzteren  Ansicht  war2),  ist  ihm  später  darin  gefolgt3).  Allerdings 
erhebt  gerade  er  einen  Einwand,  den  er  selbst  nicht  zu  widerlegen 
vermag:  daß  nämlich  dieses  rückwärtige,  aus  Principes  und  Triariern 
bestehende  Treffen  bedeutend  stärker  gewesen  sein  muß  als  das  vor- 
dere ;  er  meint,  „Scipio  müsse  das  auf  irgend  eine  Weise  ausgeglichen 
haben".  Aber  gerade  dieser  Einwand  verfängt  nicht.  Wir  haben  es, 
wie  bereits  erwähnt,  nicht  mit  einer  Reserve  zu  tun,  für  welche 
dieses  Kalkül  allerdings  richtig  wäre,  sondern  das  erste  Treffen  Scipios 
steht  zu  den  beiden  rückwärtigen  im  Verhältnis  der  festhaltenden 
zur  entscheidenden  Gruppe;  hier  ist  es  nun  vollauf  zweckmäßig, 
daß  die  letztere  die  stärkere  sei. 

Trotzdem  glaube  ich,  daß  wir  eine  ausgesprochene  Trennung  auch 
der  beiden  Hintertreffen  annehmen  dürfen,  somit  von  einer  Drei- 
treffentaktik  reden  können.  Dies  hatte  infolge  der  erhöhten  Be- 
weglichkeit und  Dispositionsfähigkeit  auch  innerhalb  der  entscheidenden 
Gruppe  unleugbare  Vorteile,  und  es  ist  nicht  einzusehen,  warum 
Scipio,  wenn  er  die  Trennung  der  Hastaten  von  den  Principes  „gewagt" 
hat,  jene  der  Principes  von  den  Triariern  nicht  mehr  hätte  „wagen" 
sollen.  Wenn  die  Hastaten  dazu  gebracht  werden  konnten  auf  den 
Rückhalt  der  Hintenstehenden  gegebenen  Falls  zu  verzichten,  warum 
nicht  ebensogut  die  Principes?  Das  „Wagnis"  potenzierte  sich  bei  der 
absoluten  qualitativen  Homogenität  der  römischen  Legionen  dadurch 
keineswegs,  es  blieb  ganz  das  gleiche.  Die  Loslösung  des  einen  Tref- 


1)  (Nr.  32)  p.  597. 

2)  (Nr.  21)  p.  300. 

S)  (Nr.  39)  P  p    391. 


44  = 


690  Der  zweit.    Panische  Krieg  iu  Afrika. 

fens  allein  erschiene  geradezu  als  eine  halbe  Maßregel,  die  einem  Scipio 
gar  nicht  ähnlich  sieht. 

Wenn  Lehmann  die  Worte  des  Polybios  „rovg  7Colyy.L7cag  xal 
rgiagiovs"  (statt  vvmI  rovg  TQiaotovg")  als  Beweis  verwenden  will,  so 
halte  ich  ihm  folgende  Stellen  entgegen: 

XIV  8,  5  (auf  den  „großen  Feldern"):  „o  fiev  ofiv  Ilöulwg  drclCog 
xard  rd  nag  avroig  £&og  i&rjy.E  7tg(orov  fiev  zag  t€)v  dordrcov  or\- 
fialag,  enl  de  ravraig  Tag  twv  7tgiyv.i7tLov,  relevralag  (T  ineo- 
tt)G£  v.axÖTtiv    Tag  tC5v  Tgutgiwv;" 

und  XV  9,  7,  (Narraggara) :    „ttqcötov   fxev  {ed-rjxe)  rovg  doxdrovg 

eni  ös  TOVTOig  rovg  Tigly-Ainag, t  sXevt  aiovg  <T  E7te- 

ottjOe  Toi)g  TQiagiovg". 

Es  kann  kein  Zweifel  sein,  welche  Stelle,  wenn  man  schon  der- 
artige stilistische  Feinheiten  zum  Beweise  heranziehen  will,  deutlicher 
spricht.  Dazu  kommt,  daß  die  Erwähnung  der  aufgedeckten  Inter- 
valle ausdrücklich  an  die  Nennung  der  Principes  geknüpft  ist,  während 
die  Triarier  erst  nach  Erledigung  dieser  Angelegenheit  separat  er- 
wähnt werden.  Wären  beide  vereinigt  gewesen,  so  hätte  diese 
Ausnahme  von  der  Regel  für  beide  gegolten,  und  folgerichtig  erst 
nach  gemeinsamer  Nennung  beider  erwähnt  werden  müssen.  Wenn 
nun,  wie  der  Text  auf  diese  Weise  ausdrücklich  besagt,  bloß  die  Prin- 
cipes verschoben  wurden,  so  müssen  die  Triarier  schon  von  Hause  aus 
auf  die  Manipel  der  Has taten  gedeckt  gewesen  sein,  was  dem  Quin- 
cunxsystem  entspricht,  aber  auch  ein  ganz  gleichförmiges  Unabhängig- 
keitsverhältnis aller  drei  Treffen  zur  Voraussetzung  hat. 
Die  Intervalle.  Hiermit  gelangen  wir  zum  letzten  Problem:  der  Intervallfrage. 

Für   diese   bildet   der  Schlachtbericht  von  Narraggara  wohl  das  ent- 
scheidende Dokument. 
Die  Intervalle  Vor  allem  erhellt  aus  der  Stelle  Pol.  XV  9,  7 — 9  in  einer  jeden  Zweifel 

vor derScWacht ausschließenden  Klarheit  erstens  die  Existenz  der  Intervalle  vor 

und  der 

Qaincunx.     der  Schlacht,   und  zweitens  die  schachbrettförmige  Aufstel- 
lung der  Legion  als  Norm. 

Delbrück  (S.  390)  lehnt  die  Stelle  ab;  begreiflich,  da  ihm  jede  Er- 
wähnung von  größeren  Intervallen  peinlich  sein  muß.  Andererseits  ist 
wieder  nicht  einzusehen,  wozu  Polybios  dieses  Detail  hätte  erfinden  sollen, 
und  gar  nicht  anzunehmen,  daß  ein  so  gründlicher  Kenner  der  Taktik 
seiner  Zeit  hier  obendrein  etwas  taktisch  Unmögliches  erfunden 
hätte.    Seine   klare  Motivierung  ist   auch   wirklich  vollkommen  ein- 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  691 

leuchtend:  die  Elefanten  sollten,  wenn  sie  schon  nicht  zurückgeworfen 
werden  konnten,  wenigstens  glatt  durchbrechen,  ohne  Unordnung  an- 
zurichten. Delbrücks  Einwand,  die  Elefanten  hätten  durch  ein  ganz 
geringes  Ausweichen  die  Manipel  des  zweiten  Treffens  umgehen  können, 
ist  recht  naiv;  wenn  so  eine  Bestie  einmal  in  Rage  gerät  und  über- 
dies durch  eine  offene  Gasse  in  eine  bestimmte  Richtung  gelenkt  ist, 
dann  denkt  sie  nicht  viel  an  Ausweichen,  sondern  rennt  nieder,  was 
im  Wege  steht  und  sich  niederrennen  läßt;  auf  jeden  Fall  hätten  die 
Manipel  des  zweiten  Treffens  die  Elefanten  erst  zum  neuerlichen  Aus- 
brechen veranlassen,  d.  h.  mit  ihnen  kämpfen  müssen,  und  gerade  das 
war  es  ja,  was  ihnen  der  Feldherr  durch  seine  Maßregel  hatte  er- 
sparen wollen.  Schließlich  aber  ist  es  sehr  fraglich,  ob  die  Elefanten, 
selbst  wenn  es  ihnen  nicht  gelang,  auch  nur  einen  einzigen  Manipel 
des  zweiten  Treffens  umzurennen,  statt  dessen  sofort  das  richtige  Loch 
gefunden  hätten,  durch  das  die  Römer  ihren  ungehinderten  Abzug 
wünschten.  Daß  dieses  Durchbrechen  im  Zickzack,  wie  Delbrück  sich 
die  Sache  vorstellt,  gerade  so  leicht  gewesen  wäre  wie  jenes  gerade- 
aus, wird  niemand  annehmen,  der  halbwegs  imstande  ist,  sich  in  die 
Situation  hineinzudenken.  Die  geringste  Folge  wäre  gewesen,  daß 
sich  schließlich  eine  ganze  Anzahl  dieser  Bestien  zwischen  den  Treffen 
herumgetrieben  hätte,  was  wahrlich  nicht  zur  Aufrechterhaltung  der 
Ordnung  und  zur  klaglosen  Durchführung  der  beabsichtigten  Manöver 
hätte  beitragen  können. 

Noch  belangloser  ist  der  zweite  Einwand  Delbrücks,  daß  Scipio 
nicht  wissen  konnte,  Hannibal  würde  diesmal  seine  Elefanten  nicht, 
wie  üblich,  auf  den  Flügeln,  sondern  vor  der  Front  aufstellen.  Da 
die  Elefanten  eben  vor  der  ganzen  Schlachtordnung  standen,  so  müssen 
sie  auch  zuerst  aufmarschiert  sein,  Scipio  konnte  also  schon 
während  seines  eigenen  Aufmarsches  die  gegnerische  Maßregel 
erkennen.  Und  selbst  wenn  er  dies  wirklich  erst  nach  vollendetem 
Aufmarsche  erkannt  haben  sollte,  so  konnte  er  auch  dann  noch  die 
von  Polybios  erwähnte  Gegenmaßregel  ohne  die  geringste  Schwierig- 
keit in  kürzester  Zeit  durchführen,  indem  er  ganz  einfach  „per 
ordines"  den  Befehl  gab,  das  ganze  zweite  Treffen  sollte  um  eine 
Manipelbreite  seitwärte  rokieren  und  so  auf  die  Hastatenmanipel  statt 
auf  deren  Intervalle  Deckung  nehmen. 

Ganz  klar  erhellt  aus  dieser  Stelle  auch,  daß  die  Intervalle  nicht, 
wie  Delbrück  behauptet  klein,  sondern  relativ  groß  waren,  d.  h.  etwa 


692  ' '' i"  iweite  Estnische  Krieg  in  Afrika. 

so  groß  wie  die  Manipelbreiten  selbst.  Polybios  sagt  ausdrücklicli : 
„Nicht  gedeckt  auf  die  Intervalle  des  Vordertreffens,  wie  es  bei  den 
Römern  Norm  ist";  wären  die  Intervalle  merklich  schmäler  gewesen 
als  die  Breite  der  Abteilungen,  so  müßte  es  genau  heißen:  „mit  der 
Mitte"  oder  „mit  dem  und  dem  Flügel  gedeckt  auf  die  Intervalle  des 
Vordertreffens";  und  Polybios  ist  in  solchen  Bezeichnungen  sehr 
genau,  ja  geradezu  pedantisch.  Enge  Intervalle  hätten  auch  dem  von 
Scipio  angestrebten  Zwecke  nicht  entsprochen.  Die  ganze  Maßregel 
war  auf  die  relativ  geringe  Lenkbarkeit  der  Elefanten  im  Trubel  der 
Schlacht  aufgebaut.  Die  Lücken  in  der  Front  sollten  die  Bestien  schon 
von  ferne  anziehen,  gerade  so  wie  die  Deckung  Intervall  auf  Intervall 
das  glatte  Vorwärtsbrechen  in  der  einmal  eingeschlagenen  Richtung 
ermöglichen  mußte ;  dazu  mußten  aber  diese  Lücken  groß  sein,  mußten 
schon  von  weitem  ebenso  auffallen  wie  die  dazwischenliegenden  Front- 
teile selber.  Das  Einbrechen  in  schmale  Lücken  zwischen  breiten 
Fronten  hätten  wohl  die  Kornaks  leichter  verhindern  als  die  Römer 
erzwingen  können. 

Schließlich  hat  die  ganze,  hier  klar  bewiesene  Quincunxstellung, 
das  „ed-og"  der  römischen  Taktik,  gar  keinen  Sinn,  wenn  die  Inter- 
valle nicht  den  Fronten  gleich  waren;  denn  nur  die  Möglichkeit  des 
Einrückens  in  die  Lücken  der  Vordertreffen,  sei  es  zur  Ablösung,  sei  es  zur 
Verstärkung,  sei  es  zur  Abwehr  eines  eingedrungenen  Gegners  machte  sie 
zweckmäßig.  Waren  die  Intervalle  von  Hause  aus  klein  und  im  Kampfe 
überhaupt  nicht  mehr  vorhanden,  so  ist  nicht  einzusehen,  warum  man 
dann  nicht  einfach  Abteilung  hinter  Abteilung  stellte;  die  dann  einzig  mög- 
liche Unterstützung  bezw.  Einzelablösung  direkt  von  rükwärts  konnte 
auf  diese  Weise  viel  einfacher  durchgeführt  werden.  So  führen  alle 
Konsequenzen,  welche  aus  dieser  wichtigen,  von  keiner  noch  so  spitz- 
findigen Textkritik  wegzuleugnenden  Stelle  gezogen  werden  müssen, 
in  vollster  Übereinstimmung  zum  Bilde  der  schachbrettförmigen 
Aufstellung  mit  frontbreiten  Intervallen  zunächst  vor 
der  Schlacht. 
Die  Intervalle  Indessen    klammern   sich   alle  jene,   denen  die  Intervalle  grund- 

im  Kampfe,  gg^]^  e|n  G!-reuei  sin^  mjt  der  Kraft  der  Verzweiflung  an  den 
Kampf,  und  suchen  sie  wenigstens  da  um  jeden  Preis  zu  eliminieren. 
Ich  frage  hier  zum  drittenmal  —  die  Frage  ist  zweimal  ohne  Antwort 
geblieben  — :  wozu  das  ganze  Intervallsystem,  wenn  es  im  wichtig- 
sten Momente,  im  Kampfe,  aufgegeben  werden  mußte?  Die  leichtere 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  693 

Annäherung  allein  vermag  dies  nicht  zu  erklären ;  denn  auch  die  Pha- 
lanx, die  ohne  Intervalle  kämpfte,  konnte  in  entsprechendem  Terrain 
so,  wie  sie  für  den  Kampf  formiert  war,  an  den  Feind  gebracht  wer- 
den, und  wo  dies  nicht  ging,  verstand  auch  sie  es,  den  Vormarsch  in 
Intervallen  durchzuführen,  wie  das  bekannte  Beispiel  Xenophons  beim 
Angriff  auf  den  Berg  der  Kolcher  beweist.  Hier  also  kann  der  so 
tief  einschneidende  Unterschied  zwischen  Legion  und  Phalanx  nicht 
gesucht  werden.  Daß  aber  die  Legion  darum,  weil  sie  während  des 
Vormarsches  Intervalle  gehabt,  hernach  im  Kampfe,  wenn  die 
Intervalle  nicht  mehr  da  waren,  statt  dessen  „Gelenke"  gehabt 
hätte,  ist  ein  Trugschluß,  der  überhaupt  eine  konkrete  Vorstellung 
nicht  zuläßt1). 

Doch  sehen  wir  weiter.  Wenn  tatsächlich  die  beim  Aufmarsche 
vorhandenen  Intervalle  knapp  vor  Eröffnung  des  Kampfes  geschlossen 
werden  sollten,  wie  konnte  das  geschehen?  —  Drei  Hypothesen  geben 
darauf  Antwort: 

Schneider  (Nr.  31)  läßt  die  Manipel  des  zweiten  Treffens  in  die 
Intervalle  des  ersten  einrücken. 

Steinwender2)  läßt  die  Manipel  des  ersten  Treffens  durch  Öffnen 
der  Rottenabstände  die  Front  schließen. 

Die  übrigen,  als  deren  Hauptvertreter  man  Stoffel  (Nr.  22 II  323  ff.) 
ansehen  kann,  lassen  das  Schließen  durch  Aufmarsch  der  rückwärtigen 
Glieder  des  ersten  Treffens  in  die  Intervalle  erfolgen. 

Delbrück  (Nr.  39  S.  276)  endlich,  der  nur  ganz  kleine  Intervalle 
beim  Vormarsch  annimmt,  läßt  für  das  Schließen  derselben  verschie- 
dene Möglichkeiten  offen. 


1)  Man  wende  nicht  ein:  die  „Gelenke"  bestanden  darin,  daß  die  einzelnen 
Haufen  nicht  gewohnt  waren,  strenge  Richtung  und  Fühlung  zu  halten.  —  Wenn 
die  zusammenhängende  Linie  derart  aufrecht  gehalten  werden  sollte,  daß  sie  über- 
haupt einen  Sinn  hatte  und  die  angeblichen  Nachteile  der  Intervallfront  vermeiden 
wollte,  dann  mußten  die  Abteilungen  strenge  Richtung  und  Fühlung  halten.  Sonst 
ergaben  sich  naturnotwendig  eine  Anzahl  von  Schwächepunkten,  die  bei  einiger 
Initiative  des  Gegners  mit  größter  Wahrscheinlichkeit  zum  unfreiwilligen  Inter- 
vall führen  mußten.  Also  entweder  man  machte  sich  auch  da  nichts  daraus,  dann 
war  es  ja  besser  die  Intervalle  freiwillig  zu  bilden  und  damit  aller  ihrer  Vorteile 
teilhaftig  zu  werden;  oder  man  perhorrescierte  sie  grundsätzlich,  dann  gab  es  eben 
nichts  anderes  als  die  Phalanx. 

2)  in  einer  leider  endlos  verzettelten  Anzahl  von  Einzelabhandlungen,  besonders 
in  der  S.  369  A  genannten  Abhandlung  und  Philologus  1909  S.  260  ff.  und  1910  S.  359  ff. 


694  Der  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 

Legen    wir   an    diese  Hypothesen   den  Maßstab   des   praktischen 

Schulbeispiels  Narraggara. 

Der  Aufmarsch         Die  S c h n e i  de  r  sehe  Hypothese  versagt   hier  vollkommen;    denn 

'hier   wie    auf  den   großen   Feldern   haben   die  Manipel    des   zweiten 

Treffens  erwiesenermaßen  eine  ganz  andere  Verwendung  gefunden. 

Der  Aufmarsch         Die  g  t  ein  w  en  dersche  Hypothese  ist  überhaupt  eine  Unmöglich  - 

nach 

steinwender;  keit  für  den  Kampf  schwerer  Infanterie.  In  einer  seitlich  derart  ge- 
der  chok.  iockerten  Formation  war  eines  der  wichtigsten,  unentbehrlichsten 
Kampfmittel,  der  durch  Massendruck  von  rückwärts  erfolgte,  gefürchtete 
„impetus",  das  conniti"  der  Legion,  absolut  ausgeschlossen  (vergl.S. 
352  ff.).  Freilich  leugnet  Steinwender  in  seiner  momentan  letzten  Publi- 
kation1) konsequenterweise  überhaupt  den  „Chok"  in  der  römischen 
Taktik.  Daß  ihn  seine  Theorie  bis  zu  dieser  kriegsgeschichtlichen 
Blasphemie  führen  mußte,  ist  der  beste  Wertmesser  für  sie.  Der  Chok 
ist  und  bleibt  für  die  auf  Nahkampf  angewiesene  schwere  Infanterie 
das  einzige  und  letzte  Mittel,  die  ultima  ratio  für  den  entscheidenden 
Erfolg;  das  Herumstochern  in  der  Front  durch  noch  so  gute  Einzel- 
fechter konnte  einen  halbwegs  achtbaren  Gegner  kaum  wesentlich 
mürbe  machen,  geschweige  denn  in  die  Flucht  schlagen.  Eine  Masse,  die 
selbst  zu  drücken  fähig  ist,  kann  im  Nahkampfe  einzig  durch  Massendruck 
überwältigt  oder  durchbrochen  werden.  Der  Einzelkampf  kann  da  sehr 
wirksam  vorarbeiten  —  und  das  war  zweifellos  eine  Spezialität 
der  römischen  Taktik  —  allein  die  Entscheidung,  die  Überwindung 
der  Krisis,  mußte  dem  Chok  vorbehalten  bleiben.  Und  was  wäre  es 
dann  mit  dem  berühmten  „impetus",  was  mit  dem  ofterwähnten  Werfen 
des  Gegners  im  ersten  Anprall  („primo  impetu"),  was  endlich  mit  den 
von  Steinwender  selbst  zugegebenen  großzügigen  Durchbrüchen 
(Trebia  usw.),  die  wir  einer  Truppe  nie  zutrauen  können,  deren  Taktik 
der  Chok  fremd  war? 

Nun  ist  es  klar  —  und  das  hat  auch  Steinwender  gefühlt  — ,  daß 
der  Chok  in  der  lockeren  Formation  undurchführbar  war.  Man  stelle 
sich  nur  vor,  was  für;  Folgen  es  gehabt  hätte,  wenn  die  rückwärtigen 
Glieder  auch  nur  einen  Augenblick  versucht  hätten,  nach  vorne  zu 
drücken.  Augenblicklich  wäre  die  Deckung  der  Eotten  verloren  ge- 
gangen. Die  mittleren  Leute  jeder  Rotte  wurden  unbarmherzig  rechts 
und   links   in  die  leeren  Rottenintervalle  hinausgedrängt,   diese,   auf 


1)  GefechtssteJlung  und  Taktik  der  Mauipulare,  Philologus  LXIX,  1910,  p.  359  ff. 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  695 

die  Steinwender  ein  so  hohes  Gewicht  legt,  waren  beim  Teufel,  Rich- 
tuüg  und  Zusammenhang  der  Glieder  desgleichen,  die  Tiefe  der  Ab- 
teilung hatte  sich  überall,  und  zwar  je  nach  der  kaum  durchwegs 
gleichen  Kraft  des  Druckes  in  ungleichem  Maße  vermindert;  die  ganze 
Einheit  glich  einem  formlosen  Klumpen  ohne  jede  Richtung  und 
Deckung,  in  dem  die  komplizierten  Vorgänge  der  Einzel-,  Glieder- 
und  gar  Treffenablösung,  wie  Steinwender  sie  vorschlägt,  niemals 
durchführbar  waren.  Und  wie  da  der  „als  unverrückbarer  Eckpfeiler 
am  Flügel  stehende  Centurio" *),  der  nebenbei  auch  nicht  unsterblich 
war,  in  dieses  Chaos  wieder  Ordnung  hätte  bringen  sollen,  —  das 
kann  sich  wohl  kein  Mensch  vorstellen. 

Ganz  dieselben  Folgen  mußten  aber  auch  eintreten,  wenn  es  dem 
massierten  Gegner  auch  nur  einen  Augenblick  einfiel,  seinerseits 
den  Chok  zu  versuchen.  Eine  lockere  Reihe  auch  der  besten  Einzel- 
fechter ist  ohne  physische  Stütze  von  rückwärts  absolut  außerstande, 
den  Anprall  einer  wenn  auch  noch  so  unbeholfenen  Masse  auch  nur 
einen  Augenblick  aufzuhalten.  Sobald  einmal  die  Vorderglieder  der 
letzteren  ohne  Rücksicht  auf  momentane  Verluste  von  den  rück- 
wärtigen geschoben  wurden,  mußte  die  lockere  Einzelfechterformation 
augenblicklich  zusammenknicken  wie  ein  Kartenhaus. 

Das  ist  der  vernichtendste  Beweis  gegen  die  Theorie 
Steinwenders,  daß  seine  Formation  nicht  nur  nicht  im- 
stande war,  den  Chok  zu  führen,  sondern  auch  ebenso 
außerstande,  ihn  auszuhalten2). 

1)  Der  Gefechtsabstand  der  Manipiüare,  Klio  X,  p.  461. 

2)  Daß  die  römischen  Schwertkämpfer  zum  Chok  untauglich  gewesen  wären, 
ist  ein  Irrtum.  Gerade  die  leichte  Lanze  oder  das  lange  Schwert  wären  hier  weniger 
praktisch  gewesen.  Beim  Chok  selbst  kommt  es  in  erster  Linie  auf  den  physischen 
Druck  an;  hierzu  eignete  sich  der  schwere  römische  Schild  mit  seinem  Buckel 
ganz  vorzüglich,  ja  er  erscheint  förmlich  dazu  prädestiniert.  (Siehe  Livius  IX  41, 
18:  „scutis  magis  quam  gladiis  geritur  res;  umbonibus  incussaque  ala  sternuntur 
hostes";  und  XXX  34,  3:  „ala  deinde  et  umbonibus  pulsantes  etc.")  —  Wenn  es  sich 
hier  auch  um  rhetorische  Ausschmückung  handelt,  so  setzt  die  Schilderung  doch  eine 
den  Römern  geläufige,  vorstellbare  Art  des  Kämpfens  voraus.  Um  diesen  Druck 
weiter  durch  Waffenwirkung  zu  unterstützen,  konnte,  wenn  einmal  der  Schild  am 
Gegner  war,  gar  keine  Waffe  günstiger  sein  als  das  kurze  römische  Schwert,  das  in 
kurzen  vehementen  Stößen  durch  die  Zwischenräume  zwischen  den  Schilden  dem 
Gegner  in  den  Leib  fuhr.  —  Für  den  Einzelkampf  geübter  Fechter  allein  wäre 
das  römische  scutum  entschieden  zu  plump  gewesen;  seine  Form,  sowie  das  Vor- 
handensein des  „umbo",  erklärt  sich  nur  durch  die  gleichzeitige  Bestimmung  für 
den  Chok. 


696  Der  zw.itc  I'unische  Krieg  in  Afrika. 

Die  Steinwendersche  Kampfform  ist  in  Wirklichkeit  das,  was 
Delbrück  auf  Grund  falscher  Auffassung  der  Kromayerschen  vorwirft : 
der  Kampf  einer  Plänklerkette  (yergl.S.365);  dieselbe  ist  mit  dem  inner- 
sten Wesen  des  Nahkampfes  einer  schweren  Linieninfanterie  absolut 
unvereinbar  und  vor  allem  zu  jeder  entscheidenden  Aktion  unfähig. 
Der  An^ch  K*  bleibt  als0  nur  noch  die  Stoffeische  Theorie  des  Aufmarsches 
a»ch  stoffei.  der  rückwärtigen  Glieder  des  ersten  Treffens.  Sehen  wir,  wie  dies  in 
praxi,  also  wieder  bei  Narraggara,  aussieht. 

Wir  haben  die  normale  Tiefe  der  Manipel  mit  10  Mann  an- 
genommen (S.  356);  andere  nehmen  sie  vielfach  noch  geringer  an,  bis  zu 
6  Mann*).  Da  nun,  wie  aus  dem  „Wog"  des  Polybios  hervorgeht, 
die  Intervalle  den  Frontbreiten  gleich  waren,  so  hätte  sich  durch 
diesen  Aufmarsch  die  Tiefe  auf  die  Hälfte,  das  ist  auf  5  bzw.  3  Mann, 
reduziert.  Es  wäre  also  bei  4  Legionen  mit  Alen  eine  zusammen- 
hängende Front  von  fast  2  Kilometer  Länge  und  höchstens  5  Mann 
Tiefe  auf  den  Feind  geprallt,  und  dies  von  Hause  aus  ohne  Aussicht, 
von  rückwärts  unterstützt  zu  werden.  Da  hätten  wir  also  richtig  die 
lange  dünne  Linie,  von  der  schon  Delbrück  (S.  448)  mit  Recht  sagt, 
daß"  sie  die  denkbar  unbeholfenste  Formation  ist.  Wie  diese  Front 
einen  ernstlichen  „impetus"  hätte  ausführen,  wie  sie  das  Zerrissen- 
werden, also  die  Bildung  unfreiwilliger  Intervalle  —  deren  erhöhte 
Gefährlichkeit  von  keiner  Seite  bezweifelt  wird  —  hätte  verhindern, 
wie  sie  entstandene  Lücken  hätte  stopfen  können  —  darauf  mögen 
die  Verteidiger  dieser  Theorie  die  Antwort  erteilen. 

Ich  habe  seinerzeit2)  im  Anschlüsse  an  Rüstow  erklärt,   daß  für 
simpie'i^d   die  '  acies   simplex"   allerdings  die  zusammenhängende  Linie  Be- 
die  mtervaiie.  ding^  sd     Da  nun  in  unSerem  Falle  bei  Narraggara  die  beiden 
Hintertreffen  der  Unterstützung  des  ersten  entzogen  wurden,  könnte 
man  letzteres  als  acies  simplex  auffasen  und  folgerichtig  die  Anwen- 
dung jenes  Axioms  fordern.    Indeß  der  Einwand  ist  leicht  abzuwehren. 
Vor  allem  muß  darauf  hingewiesen  werden,  daß  die  beiden  Hinter- 
treffen, wenn  sie  auch  nicht  zur  direkten  Unterstützung  der  Hastaten 
bestimmt  waren,  so  doch  während  der  ganzen  Zeit,  da  jene  kämpften, 
in  nicht  allzugroßer  Distanz  hinter  ihnen  standen,  ihnen  daher  einen 
wenn  auch  nicht  physischen,  so  doch  moralischen  Rückhalt  boten;   in 

1)  Steinwender  sogar  nur  4  Mann;  dies  kommt  aber  hier  nicht  in  Betracht,  da 
er  den  Stoffel'schen  Aufmarsch  nicht  annimmt. 

2)  Die  Taktik  der  Kohortenlegion,  Klio  VII  (1907)  p.  312. 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  697 

dem  Augenblick,  als  sie  seitwärts  abrückten,  wurden  tatsächlich  auch 
die  Hastaten  aus  dem  Kampfe  gezogen.  Wir  haben  also  eine,  wenn 
auch  nicht  vollgültige,  so  doch  bedingte  acies  triplex. 

Allerdings  war  das  Aus-dem-Kampf-ziehen  der  Hastaten  nur  durch 
die  unvorhergesehene  Gefechtspause  möglich  geworden.  Wäre  die 
Schlacht  nach  Scipios  ursprünglichem  Programm  verlaufen,  so  hätte 
sich  während  des  Aufmarsches  der  Hintertreffen  notwendig  ein  Moment 
ergeben,  wo  die  Hastaten  ganz  allein,  ohne  jeden  unmittelbaren  Rückhalt, 
den  Kampf  führen  mußten.  Indeß  auch  dies  ist  kein  Argument  gegen  un- 
sere Annahme,  wie  die  folgenden  ausführlichen  Erwägungen  dartun  sollen. 

Ich  habe  damals  in  demselben  Atem  mit  meinen  vorzitierten 
Ausführungen  ausdrücklich  erklärt,  daß  diese  acies  simplex  nur  in 
der  Defensive  möglich  war  und  überhaupt  Sinn  hatte.  So  unter  Caesar 
bei  Ruspina,  unter  Scipio  am  „supercilium"  vor  Uzita.  Als  Caesar  bei 
Ruspina  zur  Gegenoffensive  überging  und  dazu  jede  zweite  Kohorte 
seiner  acies  simplex  kehrt  machen  und  in  entgegengesetzter  Richtung 
vorgehen  ließ  (vergl. unten  S.  789  f.),  waren  sofort  die  Intervalle  da  —  und 
zwar  frontbreite  Intervalle ;  und  es  ist  höchst  unwahrscheinlich,  daß,  wie 
Delbrück  annimmt,  Caesar  in  diesem  durchaus  auf  Überraschung  auf- 
gebauten Schlachtmoment  sich  die  Zeit  genommen  hätte,  die  Kohorten  in 
sich  aufmarschieren  zu  lassen.  Und  doch  haben  wir  es,  da  die  beiden 
Treffen  nicht  eines  hinter  dem  andern  vorgingen,  sondern  sich  in  ent- 
gegengesetzter Richtung  voneinander  entfernten,  nicht  mit  einer  acies 
duplex,  sondern  mit  zwei  selbständigen  acies  simplices  zu  tun. 

Wie  steht  nun  die  Sache  bei  Narraggara? 

Dies  wird  uns  am  klarsten  durch  eine  zweite  Parallele,  die  so 
nahe  liegt,  daß  es  mich  wundert,  wieso  sie  noch  nicht  herangezogen 
worden  ist:  mit  Hannibals  Mitteltreffen  bei  Cannae.  Hier 
wie  dort  handelte  es  sich  darum,  die  feindliche  Front  in  ihrer  ganzen 
Ausdehnung  solange  festzuhalten,  bis  die  Umfassung  wirksam  wurde. 
In  beiden  Fällen  war  der  betreffenden  Gruppe  eine  nicht  ent- 
scheidende Aufgabe  von  begrenzter  Dauer  zugewiesen. 

Hannibals  Mitteltreffen  bei  Cannae  war  die  typische  acies  simplex : 
eine  dünne  Linie,  ohne  Rückhalt  von  rückwärts,  und  —  und  das  ist  der 
springende  Unterschied  gegen  Narraggara  —  mit  ausgesprochen  defen- 
sivem Charakter. 

Hannibal  erwartete  bei  Cannae  stehenden  Fußes  den  Angriff  der 
Römer  (S.  3 1 5),  und  sein  vorgeschobenes  Zentrum  wäre  auch  gänzlich  außer- 


698  Der  zweite  Pimische  Krieg  in  Afrika. 

stände  gewesen,  offensiv  vorzugehen,  eben  weil  es  eine  —  trotz  der 
Staffelung  an  beiden  Enden  —  im  wesentlichen  zusammenhängende 
Linie  ohne  direkten  Rückhalt  war.  Für  eine  solche  Linie  bedeutet 
jeder  Durchbrach  die  Katastrophe;  der  Zusammenhang  ist  vitale  Be- 
dingung, und  auf  seine  Wahrung  muß  das  ganze  Augenmerk  gerichtet 
sein.  Dies  aber  ist  in  der  Offensive  unmöglich.  Denn  die 
Offensive  strebt  positive  Erfolge  an.  Diese  aber  mußten  hier,  wie  gleich 
gezeigt  werden  soll,  gerade  am  raschesten  zur  Katastrophe  führen,  und 
ihre  Vermeidung  war  daher  dringend  geboten.  Das  Paradoxon  ist 
leicht  erklärt:  Ein  einheitlicher,  zusammenhängender  und  gleichzeitiger 
Erfolg  auf  der  ganzen  Front,  der  einzige,  bei  dem  der  Zusammenhang 
halbwegs  gewahrt  werden  kann,  zählt  einem  ebenbürtigen  oder  gar 
überlegenen  Feinde  gegenüber  zu  den  größten  Unwahrscheinlichkeiten, 
zumal  bei  einer  so  schwächlichen  Formation  wie  die  eigene  in  diesem 
Falle  war.  Die  Ausnützung  eines  partiellen  Erfolges,  auf  den 
immerhin  gerechnet  werden  durfte,  ist  unmöglich,  ja  ein  solcher  muß 
geradezu  ängstlich  vermieden  werden:  denn  seine  notwendige  Folge 
wäre  das  Zerreißen  der  eigenen  Front,  welches  in  weiterer  Folge 
unfehlbar  den  Erfolg  eines  Teiles  zur  Katastrophe  des  Ganzen  wandeln 
müßte.  Jeder  Vorstoß  einer  Abteilung,  jedes  damit  notwendig  ver- 
bundene Ausbiegen  ocler  Staffeln  der  Front  war  hier  verderblich, 
denn  eine  weitere  Verdünnung  vertrug  sie  nach  einmal  erfolgtem 
Aufmarsche  nicht  mehr,  und  zum  Stopfen  der  Lücken  fehlte  jede  weitere 
Möglichkeit.  So  war  die  dünne  lange  Linie  der  acies  simplex  not- 
wendig zur  Defensive  verurteilt,  welche  allein  ermöglichte,  das  ganze 
Augenmerk  auf  die  Wahrung  des  Zusammenhanges  zu  richten.  So 
war  es  bei  Cannae. 

Bei  Narraggara  aber  ist  Scipios  erstes  Treffen  offensiv  vor- 
gegangen; es  hat  entschiedene  Erfolge  errungen,  und  diese  Erfolge 
waren,  wie  aus  den  wiederholten  Schwankungen  hervorgeht,  zweifel- 
los größtenteils  partieller  Natur1).  Bei  dem  Kampfe,  wie  ihn  die 
römischen  Hastaten  hier  geführt  haben,  ist  die  beständige  Wahrung 
der  Front  absolut  undenkbar ;  dieselbe  dürfte  vielmehr  in  jenem  Augen- 
blick, wo  Scipio  sie  endlich  zurückbeorderte,  längst  vollkommen 
durcheinander  gekommen  sein2).    Daß  dieser  Umstand  aber  nicht 


1)  Nur  ein  Teil  der  Hastaten  verfolgt :    ol  smSicöxovrss  rwv  dordrcov  Pol.  XV 
14,  3. 

2)  <jvvE%eav  £7tin£OÖvTss  ras  rcöv  aarära)v  orjuaias  Pol.  XV  13,  7. 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  699 

schon  längst  zur  Katastrophe  des  ganzen  Treffens  geführt  hatte,  daß 
dieses  vielmehr  nicht  nur  weiterkämpfte,  sondern  trotz  partieller 
Rückschläge  immer  wieder  wenigstens  partielle  Erfolge  zu  erringen 
vermochte *) ,  das  wird  nur  erklärlich  unter  der  Annahme  einer 
reinen  Offensivformation,  d.  i.  einer  solchen,  die  es  jeder  Einheit 
ermöglicht,  für  sich  Erfolge  zu  erringen  und  auszunützen,  ohne  dabei 
auf  die  andern  sonderlich  viel  Eücksicht  nehmen  zu  müssen;  wo  somit 
jeder  „Gewalthaufen"  für  sich  mit  einer  gewissen  und  zwar  ziemlich 
bedeutenden  Selbständigkeit  kämpfte,  von  seiner  erprobten  Eigenschaft, 
sich  nach  jeder  Eichtung  gleich  gut  wehren  zu  können,  ausgiebigen 
Gebrauch  machend,  ohne  an  den  Nachbar  gebunden  zu  sein,  ohne  den- 
selben zu  behindern  oder  durch  ihn,  wenn  derselbe  zurück  mußte, 
allzusehr  behindert  zu  werden  (vergl.  S.  357).  Dieser  Kampf  jedoch,  in 
dem  selbst  das  unfreiwillige  Intervall  in  einem  gewissen  und  zwar 
ziemlich  hohen  Grade  belanglos  blieb,  ist  nur  unter  Voraussetzung  der 
systemisierten,  freiwilligen  Intervalle  möglich. 

Ist  also,  wird  man  einwenden,  der  Kampf  der  acies  simplex  in 
Intervallen  doch  möglich,  sofern  man  nur  mit  rücksichtsloser  Offen- 
sive vorgeht?  —  Die  Frage  ist  trotz  allem  zu  verneinen.  Ein 
voller  Erfolg  ist  einem  halbwegs  ebenbürtigen  oder  gar  überlegenen 
Gegner  gegenüber  auf  diese  Weise  nicht  zu  erreichen.    Auch  Caesars 


1)  Man  wolle  nicht  mißverstehen.  Sicher  liegt  im  Teilerfolg  als  solchem 
eine  gewisse  Gefahr,  indem  durch  denselben  der  ursprüngliche  Zusammenhalt  der 
Truppen  gelockert  wird  und  zwar  um  so  mehr,  je  tatkräftiger  die  erfolgreiche  Ab- 
teilung ihren  Sieg  verfolgt ;  denn  hierdurch  ergeben  sich  Schwächen  des  Zusammen- 
hanges, die  ein  initiativer  Gegner,  zumal  wenn  er  über  intakte  Reserven  verfügt,  zu 
Gegenstößen  ausnützen  kann.  —  Andererseits  wäre  es  vollkommen  verfehlt,  den 
Teilerfolg  wegen  dieses  ihm  anhaftenden  Gefahrmoments  grundsätzlich  zu  perhorres- 
zieren.  Im  Gegenteil:  je  differenzierter  und  somit  höherstehend  die  Gefechtstätig- 
keit ist,  um  so  mehr  wird  sie  darauf  angewiesen  sein,  zunächst  Teilerfolge  zu  er- 
ringen, um  diese  sodann  zum  Gesamterfolge  zu  steigern.  Hierzu  stehen  der  Führung 
eben  die  Reserven  zu  Gebote,  welche  berufen  sind,  einerseits  in  defensivem 
Sinne  die  sich  durch  den  Teilerfolg  ergebenden  Blößen  zu  decken,  anderseits  offen- 
siv den  Teilerfolg  zum  Gesamterfolg  zu  steigern.  So  erscheint  die  Reserve  oder 
doch  die  differenzierte  Kampftätigkeit  bis  zu  einem  gewissen  Grade  als  Vorbedingung 
der  Möglichkeit,  den  Gesamterfolg  auf  dem  Wege  über  den  Teilerfolg  zu  suchen. 
Man  könnte  dies  auch  so  ausdrücken:  Die  ganz  undifferenzierte  Taktik,  d.  i.  die 
absolute  Phalanx,  ist  ausschließlich  auf  den  Gesamterfolg  gewiesen;  der  Teilerfolg 
bedeutet  für  sie  weit  mehr  eine  Gefahr  als  ein  Mittel  zum  Siege.  Je  differenzierter 
die  Taktik  wird,  desto  mehr  verliert  nicht  nur  der  Teilerfolg  von  seiner  Gefährlich- 
keit, sondern  er  wird  auch  in  gleichmäßig  steigendem  Maße  zur  endlich  einzigen 
Vorbedingung  des  Gesamterfolges. 


7 in»  Der  zweite  Panische  Krieg  in  .Afrika. 

( MVensivstoß  bei  Raspina  brachte  bloß  einen  beschränkten  Erfolg,  indem 
er  eben  nur  den  gesicherten  Rückzug  ermöglichte;  und  bei  Narraggara 
war,  wie  bereits  betont,  die  Entscheidung  in  dieser  Kampfphase  gar 
nicht  beabsichtigt.  Die  rückhaltlose  Einheit  muß  sich  notwendig 
früher  abnützen,  bevor  sie  des  über  Reserven  verfügenden  Gegners 
vollends  Herr  geworden;  der  Angriff  muß  notwendig  vor  erfolgter 
Entscheidung  kulminieren,  und  dann  ist  der  volle  Rückschlag 
unausbleiblich,  wenn  nicht  im  letzten  Moment  eine  Degagierung 
eintritt.  Auch  bei  Cannae  war  diese  —  trotz  der  Defensive  des  Mittel- 
treffens —  notwendig  gewesen,  und  bei  Narraggara  war  sie  gleichfalls 
von  Hause  aus  in  Aussicht  genommen,  und  zwar  in  derselben  Form 
wie  dort:  durch  beiderseitigen  offensiven  Flankenstoß,  der  die  Offensive 
beziehungsweise  Gegenoffensive  des  Gegners  lahmlegen  und  in  weiterer 
Folge  ihm  selbst  die  Katastrophe  bereiten  sollte *).  Hannibal  hat  dies 
bei  Cannae  glänzend  erreicht;  die  Römer  hatten  trotz  ihrer  Über- 
legenheit nichts  in  der  Hand,  was  sie  den  furchtbaren  Flankenstößen 
hätten  entgegenstellen  können.  Ihre  scheinbar  unwiderstehliche  Offen- 
sive kam  augenblicklich  zum  Stehen,  und  damit  war  die  entscheidende 
Wendung  der  Schlacht  gegeben  (vergl.  S.  319).  Bei  Narraggara  aber 
hatte  Hannibal  sich  etwas  zurückbehalten,  das  sehr  wohl  geeignet 
war,  die  gegnerischen  Flankenstöße  wirksam  zu  parieren :  eine  richtige 
Reserve.  So  mußte  Scipio  plötzlich  einsehen,  daß  sein  Plan  undurch- 
führbar war.  Es  ist  zweifellos  ein  großes  Verdienst,  daß  er  dies,  wie 
es  scheint,  sofort  erkannt  hat;  daß  er  aber  aus  dieser  Erkenntnis  auch 
noch  die  Konsequenzen  ziehen  konnte,  das  war,  wie  wir  gesehen  haben, 
doch  auch  von  unvorhergesehenen  Umständen  begünstigt.  Auf  alle 
Fälle  war  ihm  die  Degagierung  der  ausgespielten  festhaltenden  Gruppe, 
so  wie  sie  in  Aussicht  genommen  gewesen,  unmöglich.  Und  daher  die 
Notwendigkeit,  sie  trotz  der  Erfolge,  die  sie  errungen,  zurück- 
zuziehen.   Der  Feldherr  rief  sie  zurück,  bevor  ihr  Angriff  kulminiert 


1)  Daß  ein  mit  ausgiebiger  Kraft  geführter  Flankenstoß,  dem  der  Gegner  nichts 
Ebenbürtiges  mehr  entgegenzusetzen  vermag,  die  schwer  kämpfende  Front  viel  wirk- 
samer degagiert  als  ein  direkt  frontales  Einsetzen  derselben  Kraft  es  imstande  wäre, 
ist  eine  allgemein  bekannte  Tatsache,  und  kann  durch  unzählige  Beispiele  aus  der 
Kriegsgeschichte  belegt  werden.  Erst  in  der  allerneuesten  Zeit,  auf  den  zum  Teil 
weit  über  100  Kilometer  langen  Schlachtfronten  in  der  Mandschurei,  hat  dieses  Mittel 
teilweise  versagt,  da  sich  die  Fortpflanzung  des  hier  in  erster  Linie  in  Betracht 
kommenden  moralischen  Eindruckes  der  Flügelkatastrophe  als  räumlich  begrenzt 
er  wiesei]  hat.  —  Vgl.  v.  Csicserics,  „Die  Schlacht",  Wien  1906,  p.  64  ff. 


Narraggara.    Beilage  II:  Taktische  Fragen  zur  Schlacht.  701 

hatte,  und  das  ist  vielleicht  der  feinste  Zug  im  Verlaufe  dieser 
Schlacht. 

Soweit  über  die  Intervallformation  des  ersten  Treffens.    Daß  sie  Die  Intervalle 

•  i  .,,        im  allgemeinen. 

auch  sonst,  also  überall,  vorhanden  war,  ist  da  wohl  selbstverständlich, 
läßt  sich  übrigens  auch  aus  Polybios  ableiten.  Bei  der  Neurangierung 
wurden  die  Hastaten  dem  feindlichen  Zentrum  gegenübergestellt,  und 
auch  die  beiderseits  —  diesmal  frontal  —  aufmarschierten  Hintertreffen 
erhielten  eine  gedrängte  Aufstellung  („Ttvxvcboag").  Beides  kann 
nicht  durch  Zusammenschieben  der  Kotten  geschehen  sein,  was  die 
Kampftätigkeit  wesentlich  beeinträchtigt  hätte,  sondern  einzig  durch 
ganzes  oder  teilweises  Opfern  der  Intervalle,  die  also  bis  zu  diesem 
Augenblick  in  allen  Teilen  der  Legionen  vorhanden  gewesen  sein 
müssen. 

Am  deutlichsten  aber  erhellt  unsere  Auffassung  aus  der  klassischen 
Bemerkung,  die  Polybios  XV  15,  7  an  den  Verlauf  eben  dieser  Schlacht 
knüpft : 

vovor]g    yccQ    öv  od  laGrcdGxov    rfjg  Pcofxalwv  td^sojg  xal 

ÖVV(X{1£Ü)Q,      T  ÖV     äv  ÖQCC    G  V  V  €  ß  7]     XCcl     XCC&Ö  lov     XO.I    ZÖTß    \X  £  Q  Tj 

pid%£G&a  i  tc  gög  tz  d  Gag  tag  BTCtcpavelag  ö  id  zfjg  ^iiäg  ix- 
Td!$etog,  del  t&v  eyyiGia  reo  ösivqi  gtj  \ia  lwv  gvv  erciGTQe- 
(fovGcov  Tcgög  rö  öeö [tsv ov."" 

Wieso  die  hier  ausdrücklich  betonte  Selbständigkeit 
der  Manipel,  die  Möglichkeit,  sich  jederzeit  nach  jeder 
erforderlichen  Richtung  zu  wenden,  ohne  Intervalle  mög- 
lich war;  wieso  endlich  die  spezifisch  römische  Unemp- 
findlichkeit  gegen  Durchbruch  eben  mit  dieser  die  Inter- 
valle voraussetzenden  Möglichkeit  in  Zusammenhang 
gebracht  werden  kann,  wenn  es  solche  gar  nicht  gab: 
dies  zu  erklären  haben  die  Anhänger  der  zusammen- 
hängenden Linie  bisher  nicht  vermocht  und  dürften  die 
Erklärung  ewig  schuldig  bleiben. 

Endlich  noch  eines: 

Wir  haben  eine  stattliche  Reihe  von  Quellenstellen,  welche  die 
Existenz  der  Intervalle  in  verschiedenen  Stadien  der  Schlacht  bezeugen ; 
und  nicht  eine  Stelle,  die  ihre  angeblich  notwendige1)  Schließung  für 

1)  Die  einzige  Stelle,  welche  die  wenigstens  teilweise  Schließung  indirekt  be- 
zeugt, die  eben  besprochene  Neurangierung  der  Truppen  bei  Narraggara,  ist  aus- 
drücklich als  ein  Ausnahmsmanö ver  charakterisiert. 


702  I>er  zweite  Punische  Krieg  in  Afrika. 

den  Kampf  in  was  immer  für  einer  Weise  auch  nur  andeuten  würde ; 
sollte  das  wirklich  nur  Zufall  sein?  — 


Ich  schließe  damit  für  diesmal  die  Diskussion  über  die  Intervall- 
frage, indem  ich  mit  guter  Absicht  nicht  über  den  Rahmen  dessen 
hinausgehe,  was  die  Schlacht  von  Narraggara  eben  zur  Diskussion 
stellt.  Daher  ist  es  mir  auch  nicht  möglich,  auf  die  zahlreichen  und 
zum  Teil  sehr  interessanten  Ausführungen  von  Kuthe,  Giesing,  Lammert, 
Fröhlich  und  vor  allem  Steinwender  detailliert  einzugehen.  Im  übrigen 
verweise  ich  auf  die  ausführlichen  Bemerkungen  Prof.  Kromayers 
in  der  Beilage  II  zu  Cannae,  und  auf  meine  frühere  Arbeit  „Die 
Taktik  der  Kohortenlegion1),  deren  Folgerungen  ja  in  allen  prinzipiellen 
Fragen  auch  für  die  Manipularlegion  Geltung  haben.  Die  Einwände, 
die  Delbrück  gegen  diese  Arbeit  erhoben  hat2),  erledigen  sich  mit  dem 
vorangeführten  insgesamt  von  selbst,  und  es  ist  mir  um  so  lieber  eine 
weitere  Auseinandersetzung  vermeiden  zu  können,  als  seine  Kampf- 
weise —  an  Stelle  wissenschaftlicher  Argumentation  affektierte  Über- 
legenheit und  persönliche  Anspielungen  —  nicht  danach  angetan  ist, 
zu  sachlicher  Diskussion  zu  reizen.  Das  ist  die  Kampfweise  nicht  des 
ernst  zu  nehmenden  Fachmannes,  sondern  des  wissenschaftlichen 
Desperados:  ihr  Terrain  liegt  auch  nicht  „im  Vorhofe  des  Tempels 
der  Wissenschaft",  sondern  ganz  außerhalb  desselben.  Dahin  folge 
ich  ihm  nicht;  dazu  ist  mir  die  Sache  zu  heilig  und  meine  Feder 
zu  gut.  — 


1)  Klio  VE  (1907)  p.  303ff. 

2)  Nr.  39  p.  448  und  sonst. 


VI, 
Der  dritte  Puniseke  Krieg. 


Kroraayer-Veith.  Antike  Schlachtfelder  III.  45 


Nepheris. 

Spezial-Literatur 

(chronologisch  geordnet). 

(Die   nicht   oder   unvollständig    zitierten  Werke    siehe   im  Allgemeinen  Literatur- 
verzeichnis.) 

Lauf.  Nr. 

1.  Ch.  Tissot.     1884/88. 

2.  Delattre,  Note  sur  l'emplacement  de  Nepheris,  (Comptes  rendues  de  Tacad. 
des  inscr.  XIII.  p.  205.)     1889. 

3.  Atlas  archeologique  de  la  Tunisie,  Blatt  Grombalia. 

Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung. 
(Hierzu  Karte  12a  und  15). 

Für  den  dritten  Punischen  Krieg  ist  Appian  unsere  vornehmste    Die  Quelle. 
Quelle. 

Dieser  sonst  in  militärischer  Hinsicht  recht  unverläßliche  Schrift- 
steller erhebt  sich  hier  zu  einer  relativen  Klarheit  und  Anschaulichkeit 
der  Darstellung,  die  unwillkürlich  an  Polybios  gemahnt.  Es  ist  auch 
nicht  zu  bezweifeln,  daß  hier  tatsächlich  Polybios  zugrundeliegt,  und 
dies  in  einem  Grade,  der  über  die  landläufigen  Begriffe  von  Quellen- 
benützung wesentlich  hinausgeht.  So  wenig  schmeichelhaft  dies  für 
den  Autor  sein  mag,  für  uns,  denen  die  einschlägigen  Partien  des 
polybianischen  Originals  verloren  sind,  ist  es  ein  willkommener  Glücksfall1). 


1)  Ed.  Seh  wartz,  Pauli- Wissowa  Real-Enzyklopädie  IL  216  ff.  ist  der  Ansicht, 
daß  Appian  nicht  Polybios  direkt  ausgeschrieben,  sondern  einen  auf  Polybios  fußenden 
römischen  Analisten  als  Vorlage  benützt  habe.  Diese  Ansicht  ist  nichts  als  die  not- 
wendige Konsequenz  seiner  unbewiesenen  Hypothese,  daß  Appian  ausschließlich  latei- 
nische Schriftsteller  benützt  hätte.  Ist  es  schon  durchaus  nicht  einleuchtend,  warum 
ein  Schriftsteller,  der  selbst  griechisch  schrieb,  sich  diese  ganz  widersinnige  Be- 
schränkung hätte  auferlegen  sollen,  so  ist  andererseits  die  ganze  Schreibweise  der 
römischen  Annalisten,  soweit  wir  in  ihre  Tätigkeit  Einsicht  haben,  so  grundverschieden 
von  der  hochstehenden  historischen  Darstellungsweise  des  Polybios,  daß  eine  aus 
einem  der  ersteren  ausgeschriebene  Geschichte  unmöglich  so  an  die  Art  des  letzteren 
erinnern   könnte,   wie   dies   bei  Appians  Schilderung   des  dritten  Panischen  und  des 

45* 


706  Der  dritte  Punische  Krieg. 

Die  Hauptaktion  des  Krieges,  die  Belagerung  Karthagos,  wurde 
in  den  Bereich  unserer  Untersuchungen  aus  guten  Gründen  nicht  auf- 
genommen. Es  ist  darüber  schon  erschöpfend  diskutiert  worden1),  und 
weitere  Klarheit  in  die  Sache  zu  bringen,  liegt  wohl  kaum  mehr  in 
der  Hand  des  Historikers  und  Militärs,  sondern  ausschließlich  in  der 
des  Archäologen.  Dagegen  bot  eine  Reihe  von  Nebenoperationen,  die 
sich  an  den  Namen  der  Bergstadt  Nepheris  knüpfen,  für  unsere 
Forschungen  ein  dankbares  Problem. 

Die  Ereignisse.  Die  Ereignisse,  wie  sie  uns  Appian  Pun.  102 — 104,  108 — 109,  126 

schildert  (s.  die  Übersetzung  im  Anhange  S.  713  f.),  sind  in  Kürze  folgende: 
Hasdrubal,  der  begabte  Führer  Karthagos  in  seinem  letzten 
Kampfe,  hatte  unter  Verzicht  auf  die  persönliche  Leitung  der  eigent- 
lichen Verteidigung  eine  feste  Stellung  im  benachbarten  Berglande,  ge- 
stützt auf  die  Bergstadt  Nepheris,  bezogen.  Von  hier  aus  beunruhigte 
er,  selbst  nahezu  unangreifbar,  fortgesetzt  das  römische  Belagerungs- 
korps und  versah  außerdem  die  Hauptstadt  regelmäßig  mit'  Proviant. 
Der  Plan  war  vortrefflich.  Die  Verteidigung  Karthagos,  vielleicht 
der  stärksten  Festung  ihrer  Zeit,  konnte  als  die  weitaus  leichtere  Auf- 
gabe umsomehr  untergeordneten  Kräften  überlassen  werden,  als  der 
römische  Befehlshaber  Manilius  mit  geradezu  rührender  Unbeholfen - 
heit  zu  Werke  ging.  Im  Gegensatze  hierzu  gewann  die  Stellung  von 
Nepheris  bald  einen  solch  ausschlaggebenden  Einfluß  auf  den  Fortgang 
der  Operationen,  daß  ihr  Fall  schließlich  zur  wichtigsten  und  unabweis- 
lichsten  Vorbedingung  für  die  Einnahme  der  Hauptstadt  wurde. 

Erste  Expedition  Als  Manilius  dies  endlich  begriffen,  unternahm  er  eine  Expedition 
zu  diesem  Zwecke,  obwohl  sein  Kriegstribun  P.  Cornelius  Scipio  die 
ungenügende  Vorbereitung  bemängelte.  Der  Wegführte  durch  gebirgiges 
und  waldiges  Terrain.    Endlich,  3  Stadien  (ca.  525  m)  von  Hasdrubals 


Numantinischen  Krieges  der  Fall  ist.  Einzelne  notorische  Abweichungen  von  der 
Auffassung  des  Polybios  können  immerhin  auf  die  sporadische  Benützung  einer  Neben- 
quelle zurückgeführt  werden.  (Über  das  Quellenverhältnis  beim  Numantinischen 
Krieg  vgl.  Schulten,  Numantia  (Abh.  der  K.  Ges.  d.  Wissensch.  zu  Göttingen  phil. 
hist.  Kl.  n.  T.  Bd.  VIII  Nr.  4.  Berlin  1905.) 

1)  Tissot  I.  p.  565—633.  —  R.  Oehler,  „Die  Häfen  von  Karthago",  Serie  von 
Abhandlungen  im  Neuen  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  u.  Pädag.  1893,  p.  321— 332;  (cf  Les 
pcrts  de  Carthage.  Bull,  de  l'Academie  d'Hippone  no.  27  [1905],  p.  1 — 19.)  Jahrbuch 
des  kgl.  deutschen  Archeol.  Inst.  XIII.  1898,  3.  Heft,  p.  171—175;  XIV.  1899,  1.  Heft, 
p.  7—12;  4.  Heft,  p.  193—197;  XVI,  1901,  3.  Heft,  p.  140—147;  XIX,  1904,  3.  Heft, 
p.  173 — 184.  u.  A.  Dr.  Carton,  Note  sur  la  topographie  des  ports  de  Carthage  C.  R. 
Ac.  des  Inscr.  1910,  p.  622—631. 


Nepheris.    Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung.  707 

Stellung  angelangt,  sahen  sich  die  Kömer  gezwungen,  ein  schwer  passier- 
bares Bachbett  angesichts  des  Feindes  zu  überschreiten.  Trotz  aber- 
maligen Abratens  Scipios  ging  Manilius  hinüber.  Jenseits  kam  es  zum 
Kampf;  Hasdrubal  wich  schließlich  auf  die  festen  Höhen  seines  Lagers 
zurück,  wo  ihm  die  Römer  in  Ermangelung  entsprechender  Vorkehrungen 
nichts  anhaben  konnten.  Es  blieb  ihnen  nichts  übrig,  als  den  Rück- 
marsch anzutreten.  Bis  an  das  Bachbett  konnten  sie  in  Schlachtordnung 
zurückgehen;  hier  aber  machte  die  Schwierigkeit  der  Passage  eine 
teilweise  Lockerung  der  Verbände  notwendig.  In  diesem  Augenblicke 
ging  Hasdrubal  zum  Gegenangriff  vor  und  brachte  ihnen  eine  em- 
pfindliche Niederlage  bei.  Mit  größter  Bravour  deckte  Scipio  mit  seiner 
Reiterei  durch  fortgesetzte  Angriffe  den  Rückzug  über  das  Hindernis 
und  rettete  dadurch  das  Heer  vor  voller  Vernichtung. 

Indessen  waren  vier  römische  Manipel  noch  vor  dem  Übergange 
abgedrängt  und  auf  einer  nahen  Höhe,  auf  die  sie  sich  gerettet  hatten, 
eingeschlossen  worden.  Scipio  unternahm  es,  sie  zu  befreien.  Mit 
Proviant  auf  zwei  Tage  versehen,  gelangte  er  mit  seiner  Kavallerie 
auf  einem  andern  Wege  vor  die  Höhe  und  besetzte  einen  benachbarten 
Hügel,  der  von  jener  Höhe  zwar  durch  eine  Schlucht  getrennt  war,  doch 
um  den  Ursprung  derselben  herum  mit  ihr  zusammenhing.  Auf  diesem 
Wege  gelangte  er  in  den  Rücken  der  Feinde  und  zwang  sie  zur  Auf- 
hebung der  Einschließung,  worauf  er  mit  den  befreiten  Manipel  zum 
Hauptheere  abzog. 

Manilius,  ärgerlich  über  seinen  Mißerfolg,  unternahm  bald  darauf  Exp^on  des 
eine  zweite  Expedition.  Obwohl  er  diesmal  vorsichtiger  zu  Werke  Manilius. 
ging  und,  bevor  er  etwas  Ernstliches  wagte,  ein  Lager  schlug,  so  blieb  ihm 
der  Erfolg  doch  auch  diesmal  versagt,  da  er  gegen  Hasdrubals  Stellung 
nichts  auszurichten  vermochte.  Er  war  schließlich  froh,  durch  den  Über- 
gang einer  feindlichen  Abteilung  wenigstens  den'  äußeren  Schein  eines 
Erfolges  zu  erzielen,  und  trat  nach  lTtägigem  Verweilen  den  drei  Tage 
währenden  Rückmarsch  an. 

Im  folgenden  Jahre  übernahm  Scipio  selbst  das  Kommando. 

Obwohl  er  alsbald  einige  nicht  unwesentliche  Erfolge  gegen  die  E|^^on 
Hauptstadt  erzielt  hatte,  in  welcher  in  klarer  Erkenntnis  der  geänderten 
Sachlage  nunmehr  der  Oberfeldherr  Hasdrubal  persönlich  das  Kom- 
mando übernahm,  sah  auch  er  ein,  daß  zuvor  mit  Nepheris,  wo  jetzt 
Diogenes  kommandierte,  ein  Ende  gemacht  werden  müsse,  bevor  man 
vor  Karthago  zum  Ziele  kommen  könnte.  Mit  mehr  Vorsicht,  aber  auch  mit 


03 


Der  dritte  Punische  Krieg-. 


Lokalisierung. 


mehr  Energie  als  Manilius  ging  er  zu  Werke.  Während  er  mit  der  Infanterie 
den  Seeweg  benützte,  ging  Laelius  mit  der  Kavallerie  auf  dem  Land- 
wege ab.  Zwei  Stadien  (ca.  350  m)  vor  dem  feindlichen  Lager 
schlug  Scipio  das  seinige  und  begann  sofort  den  belagerungsmäßigen 
Angriff.  Nach  vorübergehender  zweimaliger  Abwesenheit  —  seine 
Gegenwart  war  vor  Karthago  notwendig  geworden  —  zurückgekehrt, 
fand  er  bereits  zwei  Breschen  in  die  Front  des  feindlichen  Lagers  ge- 
schlagen; er  ließ  nun  3000  Mann  an  dieser  Stelle  zum  Sturme  vor- 
gehen, während  gleichzeitig  eine  Abteilung  von  1000  Mann,  auf  ge- 
deckten Wegen  das  Lager  umgehend,  die  Kehle  desselben  angriff. 
Das  Lager  wurde  genommen.  Nach  weiterer  22tägiger  Belagerung 
fiel  endlich  auch  die  Stadt  Nepheris  selbst  in  die  Hände  der  Eömer. 
Damit  war  der  Fall  Karthagos  nur  mehr  eine  Frage  der  Zeit  ge- 
worden. 

Die  Lokalisierung  des  Schauplatzes  dieser  Ereignisse  ist  im  all- 
gemeinen in  einwandfreier  und  unwidersprochener  Weise  erfolgt1)1 
nur  die  Fixierung  der  einzelnen  taktischen  Vorgänge  ist  bisher,  so 
leicht  sie  sich  ergibt,  noch  nicht  versucht  worden.  Dies  soll  im  Zu- 
sammenhang mit  den  bereits  feststehenden  Ergebnissen  im  nach- 
folgenden geschehen. 

Für  die  Festlegung  der  Örtlichkeit  im  allgemeinen  finden  wir 
außer  den  Angaben  Appians  noch  eine  wichtige  Notiz  bei  Strabo 
XVII  3,  16.  Er  beschreibt  den  Weg  von  Karthago  nach  Nepheris  zu- 
nächst als  einen  Seeweg  von  60  Stadien  (ca.  1 1  Kilometer)  Länge  und 
dann  als  einen  Landweg  von  120  Stadien  (ca.  21  Kilometer).  Damit  ist 
die  Lage  auch  so  ziemlich  gegeben :  es  ist  die  Gegend  des  großen  drei- 
eckigen Kessels  zwischen  den  Massivs  des  Dj.  bou  Kournine,  Dj.  Bessas 
und  Dj.  es  Srai.  Dieser  sehr  fruchtbare  Talkessel  wird  von  der  alt- 
berühmten Pilgerstraße  „Khanguet  el  Hadjad",  die  von  Tunis  bezw. 
aus  dem  unteren  Milianabecken  direkt  in  die  Senke  von  Grombalia 
und  damit  zur  Ostküste  führt,  durchquert,  und  hat  demnach,  außer 
einem  schwierigen,  nach  Süden  führenden  Seitenpass,  im  Verlauf  der 
obgenannten  Straße  zwei  Hauptausgänge:  einen  Höhenpaß  nach  Westen 
in  die  Ebene  der  Miliana,  und  ein  enges  Taldefilee  nach  Osten  in  die 
Senke  von  Grombalia.  Die  Distanz  entspricht  vollkommen :  der  Seeweg  von 
Karthago  bis  zum  nächsten  Küstenplatz  (heute  Hamman  Lif)  beträgt 


1)  Tissot  (Nr.  1)  I  561   (infolge  der  auf  den  heutigen  Karten  nicht  mehr  auf- 
findbaren Namen  unklar);   Delattre    (Nr.  2)  p.  205  ff. 


Nepheris.    Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung.  709 

ca.  11  Kilometer,  und  von  da  der  einzig  praktikable  Landweg  über 
Creteville  bis  etwa  in  die  Südecke  des  Kessels  ca.  21  Kilometer,  wobei 
der  vorerwähnte,  etwa  180  m  hohe,  von  steilen  Schluchten  durch- 
schnittene Paß  zu  überschreiten  ist.  Das  ganze  Gebiet  ist  auch  heute 
noch  großenteils  bewaldet. 

In  dem  Kessel  finden  wir  auch  sofort  den  Wasserlauf,  der  beim 
ersten  Angriff  des  Manilius  eine  so  folgenschwere  Rolle  gespielt  hat. 
Es  ist  dies  der  Ou.  bou  Abid,  der  den  ganzen  Kessel  von  Westen 
nach  Osten  durchquert  und  derart  tief  und  steil  eingeschnitten  ist1), 
daß  das  Durchklettern  selbst  für  einen  einzelnen  und  unbehinderten  Mann 
große  Schwierigkeiten  bietet.  Es  ist  sonnenklar,  daß  die  Über- 
schreitung eines  solchen  Hindernisses  durch  eine  Armee  im  Eückzuge 
unter  einem  feindlichen  Angriffe  zum  Debacle  werden  mußte.  Leicht 
einzusehen  ist  auch,  warum  Hasdrubal  dem  Feinde  den  Übergang 
freigab.  In  starrer  Defensive  am  Bache  verharrend,  hätte  er  die 
Römer  wohl  frontal  aufhalten,  jedoch  nicht  ernstlich  schädigen  können, 
und  schließlich  wäre  diese  Stellung  in  der  äußersten  linken  Flanke, 
wo  der  Bach  seinen  Hindernischarakter  verliert,  zu  umgehen  gewesen. 
Ging  er  sejbst  offensiv  über  den  Bach,  so  bekam  er  dieses  gefährliche 
Hindernis  in  seinen  Eücken  und  war  im  Falle  der  Niederlage  der  vollen 
Katastrophe  sicher;  dasselbe  drohte  aber  den  Römern,  wenn  er  sie 
zuerst  herüberließ,  während  er  selbst,  mit  dem  Lager  im  Rücken, 
wenig  riskierte;  und  je  mehr  herüberkamen,  desto  mehr  mußten,  wenn 
in  das  Hindernis  zurückgeworfen,  in  die  Katastrophe  verwickelt  werden. 
Als  er  dann  nach  erfolgter  Überschreitung  des  Baches  durch  die  Römer 
zuerst  zum  Angriff  vorging,  hoffte  er  wohl,  den  Gegner  sofort  in  den 
Bach  werfen  zu  können;  der  unerwartet  zähe  Widerstand  der  römischen 
Legionen  jedoch,  die  auch  unter  einem  mäßigen  Feldherrn  ihr  Leben 
teuer  zu  verkaufen  pflegten,  ließ  es  ihm  wohl  ratsam  erscheinen,  es 
lieber  nicht  auf  eine  Entscheidung  im  freien  Felde  ankommen  zu  lassen. 
Er  ging,  solange  er  es  noch  freiwillig  konnte,  in  seine  feste  Stellung 
zurück,  und  wartete  auf  den  unvermeidlichen  Abzug  der  Feinde,  die 
gegen  ihn  weiter  nichts  unternehmen  und  mangels  getroffener  Vorsorgen 
auch  nicht  dauernd  vor  dem  Lager  stehen  bleiben  konnten.  Seine  Be- 
rechnung täuschte  ihn  nicht,  und  sein  zweiter  Angriff  auf  den  im  Über- 

1)  Ich  schätze  die  durchschnittliche  Tiefe  des  Einschnittes  auf  8 — 10  Meter.  Vgl. 
Bild  50.  —  Den  tiefen  Einschnitt  erwähnt  Appian  ausdrücklich :  „&  n  $avua 
xaraßdvxas  i%QTJv  av aßaivetv  inl    rdv  'Aodpovfia*.     (Lib.   102.) 


710  Der  dritte  Punische  Krieg. 

gange  befindlichen  Gegner  führte  tatsächlich  dessen  volle  Niederlage 
herbei1). 

Die  Gegenangriffe,  mit  denen  Scipio  den  Rückzug  deckte,  haben 
jedenfalls  am  westlichen  Flügel,  wo  das  Terrain  für  Kavallerie  am 
günstigsten  ist,  und  noch  südlich  des  Baches  stattgefunden,  da  Scipio 
denselben  nach  Appians  Schilderung  zum  Schlüsse  noch  selbst  unter 
großen  Schwierigkeiten  überschreiten  mußte.  Die  Abdrängung  der 
4  Manipel,  die  erst,  nachdem  das  Gros  den  Übergang  vollendet, 
bemerkt  wurde,  erfolgte  demzufolge  jedenfalls  auf  dem  anderen  östlichen 
Flügel.  Die  Höhe,  auf  der  sie  eingeschlossen  wurden,  ist  im  Terrain 
auf  den  ersten  Blick  zu  erkennen :  es  ist  die  vorspringende  Rückfall- 
kuppe 146,  welche  den  Ostausgang  des  Kessels  kulissenartig  absperrt. 

Das  Lager  Hasdrubals  müssen  wir,  im  Zusammenhang  mit  den 
eindeutig  festgestellten  Vorgängen  am  Bache,  auf  dem  flachen  Doppel- 
hügel 215  in  der  Südecke  des  Kessels  annehmen2).  Wenn  Hasdrubal, 
wie  aus  der  Schilderung  hervorgeht,  die  Römer  vor  dem  Lager  in 
Schlachtordnung  erwartete,  so  mochte  seine  Front  ungefähr  3  Stadien 
(525  m)  vom  Bache  entfernt  gewesen  sein,  wobei  es  selbstverständlich 
niemandem  einfallen  wird  behaupten  zu  wollen,  daß  alle  Teile  der- 
selben die  gleiche  Entfernung  vom  Hindernis  hatten ;  der  Text  besagt 
nur,  daß  die  Römer,  als  sie  an  den  Bach  kamen,  vom  Gegner  so  weit 
entfernt  waren,  was  mit  Rücksicht  auf  die  beiderseits  nächsten  Teile 
tatsächlich  stimmt.  Sie  trafen  mit  der  Tete  gegenüber  dem  feindlichen 
linken  Flügel  —  in  der  natürlichen  Direktion  auf  das  Lager  —  ein, 
gingen  dort,  tatsächlich  3  Stadien  vom  Feinde,  hinüber  und  marschier- 
ten gleichzeitig  links  vorwärts  auf;  den  schließlichen  Rückzug  bewerk- 
stelligten sie  zunächst  in  Schlachtordnung  bis  an  den  Bach,  und  hier 
suchte  nun  jede  Abteilung,  so  gut  sie  konnte,  hinüber  zu  kommen,  als 
der  feindliche  Gegenangriff  erfolgte. 

Der  Rückzug  nach  der  Schlacht  führte,  da  vor  dem  Kampfe  kein 
Lager  geschlagen  worden  war  und  die  Truppen  arg  erschüttert  waren, 
zweifellos  bis  an  das  Marschlager  des  vorhergehenden  Tages,  das  wir 
etwa  in  der  Gegend  von  Creteville  ansetzen  dürfen,  und  erst  hier  wurde 

1)  Noch  heutzutage  fördert  der  Pflug  in  dieser  Ebene  eine  solche  Menge  Men- 
schenknochen zutage,  daß  sogar  die  Feldarbeit  dadurch  erschwert  erscheint.  (Bulletin 
archeologique  du  comite  des  travaux  histor.  et  scientif.  1889  p.  273.)  Allerdings  ist  hier 
auch  schon  im  libyschen  Söldnerkrieg  eine  Schlacht  geschlagen  worden  (s.  S.  539  ff.). 

2)  Knapp  am  Fuße  dieses  Hügels  finden  sich  Spuren  antiker  Cisternen  (Atlas 
archeologique  de  la  Tunisie,  Blatt  „Grombalia",  48). 


Höhe  143 
(Scipios  Kavallerie) 


Schlucht  der  Ae  Ranem 


Dj.  Kalbi 


Ilftho  1 46 
(4  ManipoH 


Bild  Nr.  49:    Der  Kessel  an  der  Khanguet-Straße,  vom  östlichen  Defileeausgang  gesehen. 


Dj.  Ressas 


Bild  Nr.  50:   Der  Oued  bou  Abid. 


Höhe  215 
jager  Hasdrubals) 


Dj.  Eessas 


Pass  gegen 
Creteville 


Nepheris.    Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung".  711 

das  Ausbleiben  der  4  Manipel  konstatiert  (s.  Anhang  S.  714).  Dieser 
Umstand  erklärt  auch  alle  Details  der  nun  folgenden  Entsatz" 
Operation  Scipios. 

Die  vier  abgedrängten  Manipel  waren  dem  Heere  ganz  aus  dem 
Gesichte  gekommen;  man  vermutete  nur,  daß  sie  auf  einer  isolierten, 
wahrscheinlich  wasserlosen  Kuppe  eingeschlossen  waren.  Höchste  Eile 
tat  not,  wollte  man  sie  noch  retten.  Auf  dem  kürzesten  Weg,  über 
das  eben  geräumte  Schlachtfeld  vorzugehen  wäre  Wahnwitz  gewesen; 
blieb  nur  der  Umweg  um  das  ganze  Massiv  des  Djebel  bou  Kournine 
herum  gegen  den  Ostausgang  des  Kessels.  Der  Weg  von  Creteville 
bis  dahin  beträgt  32  Kilometer.  Der  schwer  erschütterten  Infanterie 
war  diese  Leistung  nach  der  unglücklichen  Schlacht  und  dem  Kück- 
zuge  bis  zum  vortägigen  Lager  keinesfalls  noch  zuzumuten;  daher  die 
Wahl  der  für  derartige  Unternehmungen  sonst  weniger  geeigneten 
Kavallerie.  Für  diese  war  es  schließlich  eine  nicht  übertriebene 
Leistung,  den  Weg  noch  am  selben  Tage  hin  und  am  nächsten,  nach 
bewirktem  Entsätze,  wieder  zurückzumachen1).  Dafür  reichte  auch 
der  mitgenommene  zweitägige  Mundvorrat  reichlich  aus,  läßt  sogar 
eine  dreitägige  Dauer  der  ganzen  Expedition  möglich  erscheinen,  wenn 
man  annimmt,  daß  die  Abteilung  am  dritten  Tage  wieder  beim  Gros 
verpflegt  wurde. 

Die  Höhe,  die  Scipio  besetzte,  ist  die  Kuppe  143  östlich  der  von 
den  4  Manipeln  occupierten.  Sie  ist  von  derselben  durch  die  von  der 
Quelle  A'ine  Ranem  bewässerte  Schlucht  getrennt;  um  diese  Quelle 
südlich  herum  kann  die  Schlucht  jedoch  längs  des  Hanges  bequem  um- 
gangen werden,  was  Scipio  mit  Erfolg  ausgenützt  hat.  — 

Über  die  zweite  Expedition  liegen  nur  geringe  Daten  vor. 
Das  wichtigste  ist  die  Erwähnung  der  Marschdauer  von  3  Tagen. 
Gemeint  ist  zweifellos  der  Landweg;  auf  diesem  beträgt  die  Entfer- 
nung rund  50  Kilometer;  sehr  scharf  ist  somit  Manilius  trotz  der  knapp 
gewordenen  Verpflegung  nicht  marschiert.  — 

Von  Scipios  letzter  Expedition  erfahren  wir  endlich,  daß 
er  sein  Lager  2  Stadien  (zirka  350  Meter)  vom  Feinde  schlug.  Wahr- 
scheinlich nordwestlich  des  feindlichen  Lagers,  am  linken  Ufer  des 
Baches,  der  eben  hier  seinen  Hindernischarakter  verliert;  hier  steigt 
auch   der  Hang   zum   karthagischen  Lager  am  sanftesten  an  und  be- 

1)  Die  Quelle  erwähnt  ausdrücklich,  daß  das  Gros  erst  nach  Scipios  Einrücken 
in  das  Marschlager  in  die  Stellung;  vor  Karthago  zurückkehrte  (cap.  104). 


7  1  2  Der  dritte  Panische  Krieg. 

füllst  igt  somit  am  meisten  die  Belagerungsarbeiten.  Von  dieser  Seite 
erfolgte  auch,  nachdem  die  Bresche  geschlagen  war,  der  Sturmangriff, 
während  die  zweite  Abteilung,  die  sich  wohl  schon  während  der  Nacht 
in  irgend  einer  Schlucht  des  Djebel  Kalbi  versteckt  hatte,  etwa  von 
der  Höhe   296  aus  den  Südrand  des  Lagers  überfiel. 

Es  erübrigt  noch  die  Lage  der  Stadt  Nepheris  zu  bestimmen, 
obwohl  dieselbe  für  die  geschilderten  taktischen  Vorgänge  nicht  von 
Belang  ist. 

Die  Stadt  wurde  bisher  übereinstimmend  mit  der  Ruinenstätte 
S'  Beker1)  am  Südosthang  des  Dj.  Kalbi  identifiziert2).  Soviel  diese 
auf  Inschriften  gestützte  Lokalisierung  auch  für  sich  haben  mag,  so 
paßt  andererseits  die  von  Strabo  angegebene  Distanz  besser  auf  den 
Platz,  den  der  Atlas  archeologique  de  la  Tunisie,  Blatt  Grombalia, 
Nr.  29  dafür  angibt,  nämlich  die  Ruinenstätte  bei  242  auf  dem  Hange 
westlich  des  Kessels.  Auf  Karte  15  ist  diese  letztere  Lokalisierung 
angenommen,  ohne  daß  damit  die  erstgenannte  vollkommen  verworfen 
werden  soll.  — 


1)  Auf  der  französischen  Karte  1 :  50  000  wohl  auf  Grund  eines  Druckfehlers 
„Si.  Boker". 

2)  Delattre  (Nr.  2)  p.  205  ff;  derselbe  stützt  sich  auf  zwei  von  Lancon  ge- 
fundene Inschriften  (CIL.  VIII.  p.  1275  Nr.  12401  und  12402).  Daselbst  auch  eine 
gute  Beschreibung"  des  Platzes. 


Anhang;. 


Übersetzung  des  Quellenberichtes. 

(Appian  ^Lißvxi)  102—126.) 

I.  Die  erste  Expedition  des  Manilius. 

cap.  102.  Als  Manilius  auf  Nepheris  gegen  Hasdrubal  marschierte, 
war  Scipio  damit  nicht  einverstanden,  da  er  sah,  daß  es  da  lauter  steile 
Hänge,  Schluchten  und  dichte  Wälder  gab  und  die  dominierenden 
Punkte  bereits  vom  Feinde  besetzt  seien.  Als  sie  bis  auf  3  Stadien 
an  Hasdrubal  herangekommen  waren  und  nun  zu  einem  Wasserlauf 
hinab  und  wieder  gegen  Hasdrubal  hinaufzusteigen  hatten,  riet  er  ihm 
dringend,  neuerdings  umzukehren,  da  gegen  einen  Mann  wie  Hasdrubal 
ein  anderer  Zeitpunkt  und  andere  Vorbereitungen  vonnöten  seien.  Als 
aber  die  übrigen  Tribunen  aus  Eifersucht  anderer  Meinung  waren  und 
es  als  Feigheit,  nicht  Klugheit  bezeichneten,  im  Angesichte  des 
Feindes  umzukehren,  der  sich  dann  voller  Verachtung  auf  die  Fliehen- 
den werfen  würde,  machte  er  den  zweiten  Vorschlag,  vor  dem  Wasser- 
lauf ein  Lager  zu  schlagen,  um  im  Falle  einer  Niederlage  einen  Rück- 
halt zu  haben,  denn  jetzt  wüßten  sie  nicht  einmal,  wohin  sie  zu  fliehen 
hätten.  Allein  sie  verlachten  auch  diesen  Vorschlag  und  einer  drohte 
sein  Schwert  wegzuwerfen,  wenn  nicht  Manilius,  sondern  Scipio  zu 
kommandieren  hätte.  Manilius,  kriegsunerfahren  wie  er  war,  ging 
also  hinüber;  sobald  er  drüben  war,  ging  Hasdrubal  gegen  ihn  zum 
Angriff  vor,  und  es  kam  beiderseits  zu  einem  großen  Blutbade.  Endlich 
zog  sich  Hasdrubal  rasch  auf  seine  feste  Stellung  hinauf,  wo  ihm  nichts  ge- 
schehen konnte,  und  lauerte  auf  die  Gelegenheit,  die  abziehenden  Gegner 
anzufallen.  Diese  nun,  voll  Reue  über  das  Geschehene,  traten  den  Rück- 
zug an,  und  zwar  bis  an  den  Wasserlauf  in  Schlachtordnung;  da 
dieser  jedoch  schwierig  zu  passieren  war  und  nur  wenige  und  gefährliche 


7  l  1  Der  dritte  Puiiische  Krieg. 

Übergangsstellen  aufwies,  so  lösten  sich  hier  notgedrungen  die 
Verbände.  Kaum  hatte  Hasdrubal  dies  wahrgenommen,  als  er  sich  so- 
fort mit  voller  Macht  auf  sie  warf  und  eine  Menge  tötete,  da  sie  sich 
gar  nicht  mehr  verteidigten,  sondern  nur  ans  Fliehen  dachten.  Es  fielen 
auch  drei  von  den  Tribunen,  die  am  meisten  den  Feldherrn  zur  Schlacht 
gedrängt  hatten. 

cap.  103.  Scipio  aber  teilte  die  300  Reiter,  die  er  bei  sich  hatte, 
und  andere,  soviel  er  deren  in  der  Eile  zusammenraffen  konnte,  in  zwei 

Gruppen  und  warf  sie  in  schärfster  Gangart  auf  den  Feind [folgt 

die  ausführliche  Schilderung  der  Kampfweise  dieser  Reiter] Infolge 

dieser  fortwährenden  und  unausgesetzten  Angriffe  warfen  sich  die  un- 
unterbrochen beschossenen  Libyer  gegen  Scipio  und  ließen  die  über  den 
Wasserlauf  setzenden  mehr  in  Ruhe.  Erst  als  diese  den  Übergang  voll- 
endet hatten,  ritt  Scipio  ihnen  nach,  unter  großen  Schwierigkeiten  infolge 
der  Beschießung.  Unterdessen  waren  zu  Beginn  dieses  Kampfes  4  Manipel 
durch  den  Feind  vom  Wasserlauf  abgeschnitten  worden  und  hatten  in 
Eile  eine  Anhöhe  gewonnen ;  Hasdrubal  schloß  sie  daselbst  ein,  was  die 
Römer  erst  merkten,  als  sie  ins  Nachtlager  kamen  (scog  eoTdö/nevoav; 
so  das  Wort  auch  App.  Mithr.  20  gebraucht).  Die  Nachricht  machte  sie 
ratlos ;  einigen  schien  es  angezeigt,  den  Rückzug  fortzusetzen  und  nicht 
das  ganze  Heer  wegen  weniger  Leute  in  Gefahr  zu  bringen.  Scipio  aber 
behauptete,  nur  zu  Beginn  eines  Kampfes  sei  Vorsicht  am  Platze,  wenn 
aber  soviel  Männer  und  Feldzeichen  in  Gefahr  seien,  tollkühner  Mut.  Er 
wählte  sich  einige  Schwadronen  aus  und  erklärte,  er  werde  jene  zurück- 
bringen oder  freudig  mit  ihnen  zugrundegehen.  Mit  Lebensmitteln  auf 
2  Tage  versehen  brach  er  sofort  auf,  unter  großer  Besorgnis  des  Heeres 
um  seine  eigene  Rückkehr.  Als  er  zu  der  Höhe  gelangte,  auf  welcher 
jene  eingeschlossen  waren,  besetzte  er  schleunigst  die  gegenüberliegende ; 
nur  eine  Schlucht  trennte  die  beiden.  Die  Libyer  bedrängten  jetzt  erst 
recht  mit  ganzer  Macht  die  Eingeschlossenen  und  hatten  sich  gegen 
sie  gewandt,  in  dem  Glauben,  Scipio  könne  ihnen  infolge  des  an- 
strengenden Marsches  noch  nicht  helfen.  Als  aber  Scipio  wahrnahm» 
daß  der  Fuß  der  beiden  Anhöhen  sich  um  die  Schlucht  herumziehe,  ließ 
er  die  Gelegenheit  nicht  unbenutzt,  sondern  eilte  längs  desselben  hin  in 
den  Rücken  der  Feinde.  Als  sich  diese  umfaßt  sahen,  ergriffen  sie 
in  Unordnung  die  Flucht,  und  Scipio  ließ  sie,  da  sie  an  Zahl  überlegen 
waren,  ungefährdet  abziehen. 

cap.  104.  So  rettete  nun  Scipio  diese  in  eine  verzweifelte  Lage  ge- 


Nepheris.    Anhang:  Übersetzung-  der  Quellenberichte.  715 

kommenen  Truppen.  Als  man  ihn  von  ferne  heranziehen  sah,  wider  Er- 
warten selbst  gerettet  und  Retter  der  anderen,  da  brach  alles  in  ein 
Freudengeschrei  aus  und  gab  allgemein  der  Meinung  Ausdruck,  der 
Gott,  der  seinem  Großvater  Scipio  die  Zukunft  geoffenbart,  stehe  auch 
ihm  zur  Seite.  Manilius  aber  kehrte  endlich  in  das  Lager  vor  der 
Stadt  zurück 

IL  Die  zweite  Expedition  des  Manilius. 

cap.  108 Manilius  aber,  der  den  gegen  Hasdrubal  erlittenen 

Mißerfolg  nicht  verschmerzen  konnte,  unternahm  abermals  eine  Expe- 
dition gegen  Nepheris,  wobei  er  Proviant  für  15  Tage  mitführte.  Als 
er  in  die  Nähe  des  Platzes  gelangt  war,  schlug  er  ein  mit  Wall  und 
Graben  befestigtes  Lager,  wie  Scipio  es  bei  der  ersten  Expedition 
geraten  hatte.  Da  er  wieder  nichts  ausrichtete,  schämte  er  sich  noch 
mehr  und  fürchtete  nebstbei,  Hasdrubal  würde,  wenn  sie  wieder  ab- 
zögen,  neuerdings   über  sie  herfallen [folgt  die  ausführliche 

Schilderung  des  Überganges  des  Phameas  zu  Scipio.] 

cap.  109.  Als  Scipio  mit  Phameas  zurückkehrte,  ging  ihm  das 
Heer  entgegen  und  empfing  ihn  mit  Jubel  wie  bei  einem  Triumphe. 
Am  meisten  freute  sich  Manilius,  da  er  jetzt  den  Rückzug  nicht  mehr 
für  schmählich  hielt  und  auch  von  Hasdrubal  infolge  seiner  Bestürzung 
keine  Verfolgung  fürchten  zu  müssen  glaubte,  und  brach  sofort  auf, 
zumal  Mangel  einzutreten  drohte,  da  er,  statt  fünfzehn,  bereits  sieb- 
zehn Tage  verweilt  hatte.  Und  drei  weitere  Tage  hatte  er  noch  für 
den  Rückmarsch  nötig,  ohne  genügenden  Proviant  zu  haben 

III.  Die  Expedition  Scipios. 

cap.  126.  Zu  Beginn  des  Winters  beschloß  Scipio,  die  im  Innern 
des  Landes  stehenden  Streitkräfte  und  Bundesgenossen  der  Karthager 
zuerst  niederzuwerfen,  da  jenen  von  dort  aus  Zufuhr  zugesendet  wurde. 
Er  sandte  also  verschiedene  Korps  nach  verschiedenen  Richtungen,  er 
selbst  wandte  sich  rasch  gegen  Nepheris,  wo  Diogenes  als  Nachfolger  des 
Hasdrubal  kommandierte,  und  zwar  durch  den  See,  den  C.  Laelius  aber 
sandte  er  zu  Lande  drum  herum.  Nach  seiner  Ankunft  schlug  er  2  Stadien 
von  Diogenes  entfernt  sein  Lager,  und  nachdem  er  den  Gulussa  mit  der 
Weisung  zurückgelassen,  den  Angriff  auf  Diogenes  unausgesetzt  fortzu- 
führen, kehrte  er  schnell  vor  Karthago  zurück,  von  da  wieder  nach 
Nepheris  und  wieder  vor  Karthago,  um  jederzeit  alles  überwachen  zu 


7Ki  Der  dritte  Panische  Krieg. 

können.  Als  endlich  im  Lager  des  Diogenes  zwei  Breschen  geschlagen 
waren,  traf  Scipio  wieder  ein,  legte  1000  Auserlesene  im  Rücken  des 
Diogenes  in  einen  Hinterhalt  und  warf  sich  gleichzeitig  in  der  Front 
mit  3000  Mann  gleichfalls  auserlesener  Mannschaft  auf  die  geschlagenen 
Breschen,  nicht  alle  zusammen,  sondern  in  mehreren  Abteilungen,  aber 
doch  dicht  hintereinander  aufgeschlossen,  damit  die  vorderen,  wenn 
zurückgedrängt,  nicht  fliehen  könnten  wegen  der  Nachfolgenden. 
Während  hier  ein  lärmender  Kampf  tobte  und  die  Libyer  hierdurch 
ganz  in  Anspruch  genommen  waren,  griffen  die  Tausend  ihrer  Instruk- 
tion gemäß,  ohne  daß  es  jemand  bemerkte  oder  auch  nur  ahnte,  den  Wall 
entschlossen  an,  durchbrachen  und  überstiegen  ihn.  Schon  waren  die 
ersten  drinnen,  als  sie  plötzlich  bemerkt  wurden,  und  die  Libyer  wandten 
sich  zur  Flucht,  da  sie  die  Zahl  der  Eingedrungenen  für  viel  größer  hielten 
als  die  jener,  welche  sie  sahen.  Doch  Gulussa  warf  sich  ihnen  mit 
zahlreichen  Numidern  und  Elefanten  entgegen  und  richtete  ein  großes 
Blutbad  an,  sodaß  70000  Mann  einschließlich  der  Nichtkombattanten 
fielen  und  gegen  10  000  gefangen  wurden,  während  nur  etwa  4000 
durch  die  Flucht  entkamen1). 

Dem  Falle  des  Lagers  folgte  auch  der  der  Stadt  Nepheris,  die 
Scipio  weitere  22  Tage  unter  großen  Schwierigkeiten  belagerte,  die 
der  Winter  und  die  Kälte  der  Gegend  verursachte.  Dieser  Erfolg  war  von 
sehr  großem  Einfluß  auf  den  Fall  von  Karthago ;  denn  das  dort  stehende 
Feldheer  hatte  die  Zufuhr  nach  Karthago  geschafft,  und  das  Be- 
wußtsein von  der  Existenz  dieses  Lagers  hatte  die  Zuversicht  der 
Libyer  aufrecht  erhalten.  Jetzt  aber,  da  es  gefallen  war,  ergaben  sich 
auch  die  übrigen  Gegenden  Libyens  den  Legaten  Scipios,  oder  sie  wurden 
leicht  unterworfen.  So  blieb  für  Karthago  die  Zufuhr  aus,  und  weder 
aus  Libyen,  das  jetzt  Feindesland  geworden,  noch  sonstwoher  konnte 
sie  ihnen  zugeführt  werden,  sowohl  wegen  des  Krieges  als  auch  wegen 
der  rauhen  Jahreszeit. 


1)  Diese  Zahlen  sind  selbstverständlich  höchst  übertrieben;  außer  dieser  nega- 
tiven Konstatierung  dürfte  sich  über  die  Heeresstärken  dieser  Expeditionen  nicht  viel 
sagen  lassen. 


VII. 

Der  Caesarianische  Bürgerkrieg* 

(49-45  v.  Chr.). 


Spezial- Literatur, 

(chronologisch  geordnet). 
(Die  nicht  oder  unvollständig  zitierten  Werke  siehe  im  allgemeinen  Literaturverzeichnis.) 

Lauf.  Nr. 

1.  Ch.  Guischardt.     1760. 

2.  Napoleon  I.  Precis  des  guerres  de  Cesar.     1836. 

3.  F  orbiger,  Handbuch  der  alten  Geographie.     1844. 

4.  Nipperdey,    Quaestiones  Caesarianae    (in   der   Ausgabe   der    Commentare 
Caesars).     1844. 

5.  Barth,  Wanderungen  durch  die  Küstenländer  des  Mittelmeeres.     1849. 

6.  Davis,  Ruined  cities  within  Numidian  and  Carthaginian  territories.    1862. 

7.  W.  Rüstow,   Heerwesen   und  Kriegführung  C.  lulius  Caesars.    2.  Auflage. 
1862. 

8.  Smith,  Dictionary  of  Greec  and  Roman  geography.     1868. 

9.  F.  Fröhlich,  Das  bellum  Africanum.    Dissertation,  Brugg.     1872. 

10.  Galitzin,     1876. 

11.  Göler,  Caesars  gallischer  Krieg  und  Teile  seines  Bürgerkrieges.     1880. 

12.  Marquardt-Domaszewski.     1884. 

13.  Tissot.     1884/88. 

14.  A.  v.  Domaszewski,  Die  Fahnen  im  römischen  Heere.     1885. 

15.  Col.  Stoffel,  Histoire  de  Jules  Cesar,  la  guerre  civile.     1887. 

16.  F.  Fröhlich,  Das  Kriegswesen  Caesars.     1889/90. 

17.  H.  Widmann,    Über   den  Verfasser  des  bellum  Africanum  und  die  Pollio- 
Hypothese  Landgrafs,  Philol.  50,  p.  550  ff.     1891. 

18.  Th.  A.  Dodge,  Caesar  (Coli.  „Great  captains)  1892. 

19.  O.  E.  Schmidt,  Der  Briefwechsel  des  M.  Tullius  Cicero,   von  seinem  Pro- 
koüsulat  in  Cilicien  bis  zu  Caesars  Ermordung.     1893. 

20.  A.  v.  Domaszewski,    Die   Heere   in   den    Bürgerkriegen.    (Neue  Heidelb. 
Jahrb.  1894  p.  157  ff)     1894. 

21.  E.  Kornemann,  Die  historische  Schriftstellerei  des  C.  Asinius  Pollio.  1896. 

22.  W.  Warde  Fowler,   Julius  Caesar   and  the  foundation  of  the  roman  im- 
perial system  (Coli.  „Heroes  of  the  nations"),  2.  Aufl.  1897. 

23.  Delbrück,  Gesch.  d.  Kriegskunst  I.     1900  (2.  Aufl.  1908). 

24.  R.  Schneider,  Das  bellum  Africanum,  herausgegeben  und  erläutert.    1905. 

25.  G.  Ferrero.    Größe  und  Niedergang  Roms,  IL  Band:   lulius  Caesar.  Deutsch 
von  M.  Pannwitz.     1905.    (Übersetzung  1908). 

26.  P.  Groebe,  Neubearbeitung  von^Drumanns  Geschichte  Roms  in   seinem 
Übergange  von  der  Republik  zur  Monarchie  etc.  III.     1906. 

27.  H.  Meusel,  Ausgabe  von  Caesars  bellum  civile,  11.  Auflage.     1906. 

28.  G.  Veith,  Geschichte  der  Feldzüge  C.  lulius  Caesars.     1906. 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  46 


720 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 


Die  Quellen. 


Das  Corpus 
Caesarianum. 


29.  A.  Langhammer,  Thapsus.   Berl.  phil.  Wochenschr.  1906.  p.  1598  ff.  1906. 

80.  Derselbe,   Zum  bellum  Africanum,  ebenda  1907  p.  1278  ff.     1007. 

81.  Derselbe,      „         „  „  „       1908  p.  1548  ff.    1908. 

82.  Derselbe,     „  „  „         Klio  IX  p.  396  ff.  1909. 

38.  Derselbe,      „  „  „  Berl.  phil.  Wochenschr.  1911  p.  948. 

34.  F.  Albrecht,    Die   Rück  Verweisungen   bei  Caesar   und  seinen  Fortsetzern. 
Progr.  (1.  R.-Gymn.  in  Berndorf  a.  d.  Tr.  1911.. 


Vorbemerkung. 

Die  caesarianische  Schlachtfeldforschung  gestaltet  sich  wesentlich 
einfacher  als  die  punische.  Der  Unterschied  liegt  in  der  Quellenfrage. 

Während  wir  bezüglich  der  Kämpfe  zwischen  Rom  und  Karthago, 
bei  vollständigem  Verzicht  auf  eine  direkte  Originalüberlieferung,  froh 
sein  müssen,  wenigstens  für  einzelne  der  wichtigsten  Ereignisse  den 
Bericht  eines  Schriftstellers  zur  Verfügung  zu  haben,  der  es  verstanden 
hat,  die  ihm  vorliegenden  Originalquellen  fachmännisch  zu  sortieren 
und  ebenso  zu  verarbeiten,  für  den  größten  Teil  der  Ereignisse  aber  auf 
eine  Überlieferung  angewiesen  sind,  der  wir  die  obigen  Vorzüge  nicht, 
oder  doch  nur  in  sehr  beschränktem  Maße  zuerkennen  können:  so  liegen 
uns  dagegen  über  die  Feldzüge  Caesars  Berichte  vor,  die  ausnahmslos 
als  Originalquellen  im  besten  Sinne  des  Wortes  zu  bezeichnen  sind, 
ausführliche  und  vom  Fachstandpunkte  einwandfreie  Darstellungen 
nicht  nur  von  Zeitgenossen  und  Augenzeugen,  sondern  von  mit- 
handelnden Personen,  ja  zum  größten  Teil  von  der  Hauptperson  dieser 
glanzvollen  Kriegsepoche  selbst  verfaßt  und  in  den  übrigen  Teilen  von 
immerhin  militärisch  gebildeten,  im  Geiste  des  Meisters  fortarbeitenden 
Teilnehmern  seiner  Taten  gewissenhaft  ergänzt;  und  außerdem  steht 
uns  noch  eine  Anzahl  anderer  Schriftsteller  von  allerdings  sehr  un- 
gleichem Werte  zur  Verfügung,  die  jedoch,  teilweise  auf  anderes 
Originalmaterial  zurückgehend,  selbst  da  noch  dankbare  Ergänzungen 
der  Hauptquelle  bilden,  wo  man  auf  solche  gar  nicht  reflektieren  zu 
müssen  glaubt. 

Doch  selbst  im  erstangeführten  Originalberichte,  dem  „corpus 
Caesarianum",  ergeben  sich  Unterschiede,  die  zu  beleuchten  zum 
mindesten  nicht  ohne  Interesse  ist,  wenn  auch  die  Tatsache  ihrer 
Existenz  vielleicht  für  das  Endergebnis  weniger  oder  doch  in  ganz  anderer 
Art  ins  Gewicht  fällt,  als  man  anfänglich  anzunehmen  geneigt  sein  könnte. 

Die  Ereignisse,  die  in  den  Rahmen  der  folgenden  Untersuchungen 
fallen,  gehören  zwei  Feldzügen  an:  der  Expedition  Curios  nach  Afrika 


Vorbemerkung.  721 

im  Sommer  des  Jahres  49  v.  Chr.  und  dem  Feldzuge  Caesars 
in  derselben  Provinz  im  Winter  47/46  v.  Chr.  Bei  jedem  der  beiden 
Feldzüge  ist  das  Verhältnis  der  Hauptquelle  zu  den  Ereignissen  ein 
wesentlich  anderes. 

Den  Feldzug  Curios  in  Afrika  schildert  uns  Caesar  selbst,  doch 
nicht  als  Augenzeuge  der  Ereignisse,  sondern  nur  als  Augenzeuge  des 
Ortes  der  Tragödie  seines  Legaten.  Dieser  Unterschied  ist  für  uns 
nicht  ohne  Belang.  Wo  Caesar  Selbstgetanes  schildert,  da  stehen  die 
Ereignisse  als  solche,  wie  er  sie  geplant,  angelegt,  ausgeführt  hat  und 
uns  zu  übermitteln  für  gut  findet,  im  Vordergrunde  des  Interesses  und 
der  Darstellung,  wogegen  alle  anderen  Elemente  mehr  oder  weniger 
zurückstehen  müssen.  Die  Tat  vor  allem  wird  geschildert  und  erst 
in  zweiter  Linie  das  Milieu,  in  dem  sie  sich  abgespielt.  An- 
ders hier. 

Die  Tatsache,  daß  Caesar  hier  nicht  unter  dem  unmittelbaren 
Eindruck  der  Ereignisse  selbst  schreibt,  sondern  unter  dem  der 
Örtlichkeit,  in  der  sie  vor  sich  gegangen,  spiegelt  sich  unverkennbar  in 
der  Darstellung.  Nirgends  sonst  behandelt  Caesar  so  eingehend  das 
Terrain,  nirgends  tritt  bei  ihm  die  Milieuschilderung  so  gleichberechtigt 
neben  die  der  Tatsachen1). 

Und  wieder  anders  liegen  die  Dinge  beim  Feldzuge  in  Afrika 
47/46  v.  Chr.  Hier  kämpft  Caesar,  aber  er  schreibt  nicht  selbst.  An 
seine  Stelle  tritt  ein  Offizier  seines  Heeres,  der,  wenn  auch  intellektuell 
hoch  über  dem  Verfasser  des  „bellum  Hispaniense"  stehend,  doch  durch- 
aus nicht  immer  dem  Fluge  der  Gedanken  Caesars  zu  folgen  vermag; 
wo  er  ihn  aufsuchen  und  festhalten  will,  tritt  stets  jene  charakteristisch 
naive  Anschauung  zu  Tage,  die  sich  subalterne  Elemente  der  Armee 
von  den  Absichten  und  Ideen  der  obersten  Leitung  regelmäßig  zu  bilden 


1)  Daß  Caesar  diese  Schilderung'  auf  Grund  eines  eingehenden  persönlichen 
Studiums  des  Terrains  verfaßt  hat,  kann  keinem  Zweifel  unterliegen.  Der  Zeitpunkt 
für  diese  Besichtigung  kann  nur  im  Frühjahre  46  zu  suchen  sein,  als  der  Sieger  von 
Thapsus  längere  Zeit  in  Utika  weilte,  um  die  Angelegenheiten  der  Provinz  zu  ordnen. 
Tatsächlich  kann  ein  guter  Reiter  auf  gutem  Pferde  die  Rekognoszierung  der  in 
Betracht  kommenden  Örtlichkeiten  von  Utika  aus  ganz  leicht  in  einem  Tage  abtun. 
—  Als  Führer  dürfte  hierbei  As  inius  Pollio  gedient  haben,  der  nach  Appian  b.c. 
JI  45  die  Katastrophe  Curios  mitgemacht  hatte  und  sich  nach  Plutarch  Caes.  52, 6 
während  des  Feldzuges  des  Jahres  47/46  in  Caesars  Hauptquartier  befand. 

Diese  Umstände  ergeben  übrigens  einen  sehr  wesentlichen  Anhaltspunkt  zur 
Frage  der  Entstehungsgeschichte  des  bellum  civile. 

46* 


722  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg. 

pflegen1).  Im  allgemeinen  schildert  der  Verfasser  überwiegend  das 
selbst  Gesehene,  und  da  er  in  seiner  Stellung  eben  nicht  alles 
selbst  gesehen  hat,  so  kommen  jene  Episoden,  an  denen  er  persönlich 
beteiligt  war,  andern  an  und  für  sich  ebenso  wichtigen  oder  noch  wich- 
tigeren gegenüber  sehr  in  Vorteil;  was  man  sich  stets  vor  Augen 
halten  muß,  um  nicht  ein  im  wesentlichen  verschobenes  Bild  der 
Ereignisse  zu  bekommen.  Überall  dominiert  ferner  das  Detail,  das 
dem  Gesichtskreis  des  Autors  zugänglicher  ist,  und  mit  ihm  das  Milieu, 
welches  ja  auf  das  Detail  weit  mehr  und  unmittelbarer  Einfluß  nimmt 
als  auf  das  große  Ganze2). 

Für  die  Beurteilung  des  Feld  her  rn  Caesar  sind  uns  die  eigenen 
Darstellungen  seiner  Taten  selbstverständlich  ungleich  wertvoller;  für 
die  speziell  eng  begrenzte  Aufgabe  unserer  Untersuchung  jedoch,  die 
Lokalisierung  der  einzelnen  Ereignisse  im  Terrainr 
kommen  uns  gerade  jene  im  allgemeinen  tieferstehenden  Quellen  in 
vieler  Hinsicht  weit  mehr  entgegen,  zumal  die  hier  viel  leichter 
erzielte  Einpassung  der  Ereignisse  in  das  Terrain  oft  ein 
ganz  ungeahntes  Licht  über  so  manches  verbreitet,  was  uns  die 
Schilderung  der  Quelle  selbst  schuldig  geblieben  ist, 
sekundäre  Neben  diesen  Originalberichten  besitzen   wir  jedoch   noch  einige 

Qnellen'  Quellen  zweiter  Kategorie.  Außer  dem  auf  Caesar  direkt  zurück- 
gehenden, jedoch  tendenziös  entstellten  EposLucans  stehen  uns  noch 
die  Biographien  Plutarchs  und  die  Geschichts werke  Appiansund 
Cassius  Dioszu  Gebote,  welche,  da  sie  teilweise  auf  andere  Original- 
berichte zurückgehen,  als  Ergänzungen  in  Betracht  kommen. 


1)  An  Verständnis  für  die  leitende  Idee  der  Führung  reicht  der  Verfasser  des 
bellum  Africanum"  auch  an  den  des  VIII.  Buches  der  Kommentare,  A.  Hirtius,  nicht 

entfernt  heran.  Für  den  militärisch  geschulten  Leser  wird  diese  Tatsache  für  sich  allein 
ein  derart  sicherer  Beweis  für  die  Verschiedenheit  der  beiden  Verfasser  sein,  daß 
eine  weitere  philologische  Begründung  vollkommen  überflüssig  erscheint.  —  Das 
bellum  Alexandrinum"  steht  diesbezüglich  in  der  Mitte,  und  das  Urteil  ist  hier  in- 
sofern erschwert,  als  einzelne  Teile  auf  persönlicher  Augenzeugenschaft  beruhen  und 
andere  nicht,  und  auch  diese  Scheidung  nicht  vollkommen  scharf  durchzuführen  ist. 
Alle  diese  Fortsetzungen  der  caesarianischen  Commentare  bieten  neben  ihren 
umleugbaren  Mängeln  den  dankenswerten  Vorteil  des  unmittelbaren  Einblickes  in 
das  innere  Getriebe  und  vor  allem  in  den  Geist  der  caesarianischen  Armee,  und 
zwar  in  um  so  höherem  Grade,  je  untergeordneter  der  Verfasser  ist;  in  diesem  Sinne 
ist  gerade  das  sprachlich  und  zum  Teil  auch  sachlich  geradezu  haarsträubende 
„bellum  Hispaniense"  ein  ganz  unschätzbares  Dokument. 

2)  Vgl.  über  den  Verfasser  des  bell.  Afr.  weiter  unten  Beil.  HI. 


Vorbemerkung-.  723 

P 1  u  t  a  r  c  h  und  A  p  p  i  a  n  stehen  speziell  militärisch  auf  einem  so  piutarch  und 
erbärmlich  niedrigen  Niveau,  daß  ihre  Berichte  selbst  dort  dem  höchsten  App  an* 
Mißtrauen  begegnen  müssen,  wo  ihnen  die  besten  Originalquellen  zu 
Gebote  standen.  Brauchbar  sind  ihre  Schilderungen  eigentlich  nur 
dort,  wo  sie  gute  Vorlagen  nahezu  wörtlich  abgeschrieben  haben,  was 
wohl  besonders  bei  Appian  hie  und  da,  aber  leider  nicht  immer  der 
Fall  ist. 

Cassius  Dio  steht  höher.  Er  ist  nicht  nur  rigoroser  und  selb-  cassius  Dio. 
ständiger  in  der  Auswahl  seiner  Quellen,  sondern  er  verfügt  auch 
über  eine  annehmbare  militärische  Bildung  nebst  leidlich  geschultem 
selbständigem  Urteil,  und  vor  allem  als  der  einzige  der  Vorgenannten 
über  die  Fähigkeit,  sich  von  einem  militärischen  Vorgange  überhaupt 
erst  selbst  ein  klares  Bild  zu  machen,  bevor  er  ihn  niederschreibt.  Er 
bietet  denn  auch  stellenweise  recht  wertvolle  Ergänzungen1). 

Es  ist  klar,  daß  von  derlei  Ergänzungen  nur  dort  die  Rede  sein 
kann,  wo  die  Schilderung  auf  einen  andern  Originalbericht  zurück- 
geht als  auf  Caesar  und  seine  Fortsetzer.  Wir  wissen  nur  von  einem 
einzigen  derartigen  Bericht:  der  Geschichte  der  Bürgerkriege  des 
0.  Asinius  Pollio. 

Asinius  Pollio  ist  das  Gespenst  der  Caesarliteratur.  Sein  Werk  Asinins  PoiHo 
existiert  nicht  mehr;  aber  es  spukt  irrlichtartig  durch  alle  späteren 
Quellen,  überall  flackernd  und  nirgends  recht  faßbar.  Alle,  die  entn 
weder  in  kleinlicher  Mißgunst  an  der  Größe  Caesars  zu  nagen  und 
zu  zerren  versucht  haben  oder  aber  in  dem  Bestreben,  justament 
etwas  Neues  zu  bringen,  seine  authentische  Überlieferung  untergraben 
wollten  r  sie  alle  fanden  in  Asinius  Pollio  den  bereitwilligen  Geist,  der 
stets  verneint  oder  doch  verneinen  hilft. 

Neuerdings  hat  E.  Kornemann  (No.  21)  den  dankenswerten  Ver- 
such unternommen,  den  Unfaßbaren  zu  fassen  und  die  Grenzen  festzu- 
legen, innerhalb  deren  sein  literarischer  Einfluß  gesucht  werden  darf. 
Der  scharfsinnigen  Arbeit  kann  meines  Erachtens  nur  der  eine  Vorwurf 
gemacht  werden,  daß  Kornemann  Pollio  als  Soldaten  und  Fachmann 
doch  noch  wesentlich  überschätzt.    Den  Nachweis  hoffe  ich  später  ein- 

1)  Ed.  Seh  war  tz  urteilt  in  seinem  Artikel  über  Cassius  Dio  in  Pauly-Wissowas 
Real-Encyklopädie  III.  1684  ff.  unzweifelhaft  viel  zu  hart,  wenn  er  schreibt  (p.  1708), 
daß  jener  in  „Unlust  und  Unfähigkeit,  militärische  Operationen  klar  und  sachgemäß 
darzustellen,  das  Unglaublichste  leistet."  Es  fällt  mir  nicht  ein,  diesen  Autor  auch 
nur  mit  Polybios,  geschweige  denn  mit  Caesar  vergleichen  zu  wollen;  aber  er  ist 
besser  als  sein  Ruf,  zum  mindesten  als  der  Ruf,  in  den  Schwartz  ihn  bringen  möchte. 


724 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg-. 


mal  ausführlicher  erbringen  zu  können.  —  Daß  die  Schilderung  Pollios 
in  bewußtem  Gegensatze  zu  jener  Caesars  stand,  ist  bekannt,  und  es 
bleibt  dahingestellt,  ob  der  Grund  hierzu  ausschließlich  in  engelsreiner 
Wahrheitsliebe  zu  suchen  ist.  Wir  dürfen  nicht  vergessen,  daß  die 
einzige  antike  Andeutung  eines  abfälligen  Urteiles  über  Caesars 
literarisches  Werk,  tttr  das  selbst  Cicero  nur  Worte  des  höchsten  Lobes 
findet,  von  Asinius  Pollio  stammt.  Erwägt  man  ferner,  daß  Pollio, 
wie  aus  zahlreichen  Stellen  der  ihn  benutzenden  Schriftsteller 
hervorgeht,  in. der  Schilderung  der  kriegerischen  Ereignisse  seine 
eigene  Person  durchweg  in  den  Vordergrund  stellt,  während  Caesar, 
der  doch  seinen  Legaten  stets  volle  Gerechtigkeit  widerfahren  läßt, 
Asinius  Pollio,  trotzdem  er  ihn  dauernd  in  seiner  persönlichen  Um- 
gebung hielt,  nicht  ein  einziges  mal  erwähnt,  und  daß  auch  von 
seinen  Fortsetzern  das  Gleiche  gilt:  so  ist  diese  Tatsache  gewiß  ge- 
eignet, auf  das  Werk  Pollios  und  sein  Verhältnis  zu  Caesars  Commen- 
taren  sowohl  wie  zur  historischen  Wahrheit  ein  recht  bedeutsames 
Licht  zu  werfen;  man  sieht  jetzt  ein,  warum  Pollio  die  Darstellung 
seines  Imperators  „mit  zu  wenig  Sorgfalt  und  Wahrheitsliebe  verfaßt" 
findet1).  — 


Die  moderne 
Literatur. 


Stoffel. 


Liegt  trotz  aller  vorhandenen  Schwierigkeiten  die  Quellenfrage 
der  caesarianischen  Kriege  ganz  bedeutend  einfacher  als  jene  der 
Punischen,  so  gilt  dies  in  nicht  geringerem  Maße  bezüglich  der  modernen 
Literatur. 

Speziell  was  die  in  den  Rahmen  unserer  Untersuchung  fallenden 
zwei  Feldzüge  betrifft,  so  ist  der  Untersuchende  —  im  Gegensatz  zu 
dem  Bearbeiter  der  Punischen  Kriege  —  in  der  angenehmen  Lage,  sich 
im  großen  und  ganzen  mit  nur  vier  Schriftstellern  auseinandersetzen 
zu  müssen:  mit  den  beiden  großen  Franzosen  Stoffel  (No.  15)  und 
Tissot(No.  13),  und  den  Deutschen  F.Fröhlich  (No.  9)  und  R.Schnei- 
der (No.  24).  Neben  diesen  kommen  nur  für  wenige  untergeordnete 
Details    einzelne  andere  Autoren  in  Betracht2). 

Stoffel  nimmt  unter  den  Schriftstellern  seiner  Art  heute  eine  Stel- 
lung ein,  die  endlich  einmal  kritisch  zu  beleuchten  die  höchste  Zeit  ist. 

1)  Sueton  Div.  Jul.  56.  —  Vgl.  auch  Fröhlich,  (No.  9)  S.  89. 

2)  Die  beiden  Engländer  Dodge  (No.  18)  und  Fowler  (No.  22)  folgen  in  den 
Lokalisierungsfragen  kritiklos  den  Ergebnissen  Stoffels ;  der  Deutsche  Lang- 
h  a  m  m  e  r  (No.  29),  der  neuestens  in  einer  fortgesetzten  Serie  von  Einzelarbeiten  (No.30 
bis  33)  die  Schlacht  von  Thapsus  behandelt,  ist  militärisch  nicht  ernst  zu  nehmen. 


Vorbemerkung.  725 

Kein  einheimischer  Historiker,  auch  nicht  der  große  Mommsen, 
hat  in  der  deutschen  Gelehrtenwelt,  insbesondere  bei  zünftigen  Philo- 
logen, vielfach  eine  so  bedingungslose,  und  ich  möchte  sagen  kritik- 
lose Aufnahme  gefunden  wie  dieser  gewiß  hochverdiente  und  per- 
sönlich "sympathische  französische  Offizier.  Aber  gerade  durch 
diese  förmliche  Scheu  vor  jeder  Kritik,  die  soweit  geht,  jeden  der  sie 
dennoch  wagt,  geradezu  als  Gotteslästerer  zu  brandmarken,  geschieht 
einem  Fachmann,  der  als  solcher  ernst  genommen  sein  will,  ein  sehr 
zweifelhafter  Gefallen.  Und  daß  Stoffel  sich  selbst  durchaus  nicht  für 
so  unfehlbar  hielt,  wie  es  seine  An-  und  Nachbeter  tun,  erhellt  aus 
der  selbstlosen  Kritik,  die  er  in  späteren  Jahren  an  mancher  seiner 
eigenen  Deduktionen  geübt  hat,  z.  B.  bezüglich  der  Ariovistschlacht. 
Tatsache  ist,  daß  von  Stoffels  Lokalisierungen  der  größte  Teil  heute 
nicht  oder  doch  nicht  vollkommen  aufrecht  erhalten  werden  kann. 
Bezüglich  der  Helvetierschlacht  hat  ihn  Bircher  wesentlich  korrigiert ; 
für  das  Ariovistproblem  hat  Winklers  zwar  noch  nicht  spruchreife 
Auffassung  immerhin  mehr  für  sich,  was  Stoffel  selbst  bereitwilligst 
zugestanden  hat.  Seine  Lokalisierung  der  Schlacht  bei  Pharsalos  hat 
Kromayer  auf  Grund  eingehender  Autopsie  ad  absurdum  geführt1), 
und  hinsichtlich  der  afrikanischen  Schlachtfelder  wird  sich  seine  Dar- 
stellung, wie  die  folgenden  Kapitel  zeigen  werden,  vielfach  Ähnliches 
gefallen  lassen  müssen.  —  Bezüglich  Dyrrhachium  habe  ich  vorläufig 
sozusagen  theoretisch,  ohne  das  Terrain  gesehen  zu  haben,  weitgehende 
Richtigstellung  vorgeschlagen,  wünsche  jedoch  die  Sache  nicht  als  abge- 
schlossen zu  betrachten,  bevor  ich  nicht  durch  Lokalaugenschein 
meine  Ausführungen  nachgeprüft  habe,  was,  wie  ich  hoffe,  in  naher  Zeit 
der  Fall  sein  wird.  In  Spanien  endlich  ist  Schulten  auch  seinen 
Spuren  gefolgt  und  hat  schwere  Irrtümer  sowohl  bei  Ilerda  als  bei 
Munda2)  konstatieren  können.    Was  bleibt  also  übrig? 


1)  Die  Kritik  des  Kromayerschen  Ergebnisses  durch  R.  Schneider  in  den  Gott, 
gel.  Anz.  1907  p.  430  ff.  ist  vielleicht  das  krasseste  Beispiel  jenes  Kotaus,  zu  dem 
gewisse  Fachmänner  Stoffel  gegenüber  sich  verpflichtet  glauben.  Stoffels  Irrtümer 
werden  selbst  dann  verteidigt,  wenn  der  Kritiker  die  in  ihnen  liegenden  Wider- 
sprüche eingestandenermaßen  „nicht  selbst  zu  lösen  vermag"  (p.  444)! 

2)  Bei  Munda  liegt  übrigens  auch  eine  recht  auffällige  Entstellung  der  Karte 
zugunsten  der  vorgefaßten  Meinung  vor:  es  ist  der  unleugbare  Versuch  gemacht, 
durch  eine  kartographisch  fehlerhafte  Ausführung  dem  gezeichneten  Ter- 
rain eine  scheinbare  Übereinstimmung  mit  den  Quellenangaben  zu  verschaffen,  die 
es  in  Wirklichkeit  nicht  besitzt  (vgl.  meine  „Geschichte  der  Feldzüge  Caesars"p.  518)- 


726  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Genug,  sehr  viel  sogar.  Wenn  man  aus  einem  großen  Werk  das 
Anfechtbare  fürsorglich  zusammensucht  und  nebeneinanderstellt,  alles 
übrige  aber  unerwähnt  läßt,  so  hat  man  es  leicht,  es  viel  schlechter  zu 
machen  als  es  ist.  In  Wahrheit  erscheinen  selbst  die  Irrtümer  Stoffels, 
unparteiisch  betrachtet,  in  einem  wesentlich  andern  Lichte.  Man  muß 
bedenken,  daß  zu  der  Zeit,  da  er  arbeitete,  die  antike  Lokalforschung 
noch  in  den  ersten  Kinderschuhen  gesteckt  hat;  und  da  kommt 
er  und  unternimmt  es,  gleich  ein  solch  monumentales  Werk  zu 
schaffen,  ohne  die  geringste  vorgefundene  Basis,  ohne  eine  einzige 
brauchbare  Vorarbeit!  Von  diesem  Standpunkte  betrachtet  kann 
Stoffels  Arbeit  nicht  hoch  genug  eingeschätzt  werden;  ja  seine 
Irrtümer  erscheinen  durchweg  noch  als  ein  wesentlicher  Fortschritt 
dem  gegenüber,  was  vor  ihm  gewesen,  und  die  Korrekturen,  die  neuere 
Forscher  heute  an  seinen  Ergebnissen  vornehmen,  wären  großenteils 
nicht  oder  doch  ungleich  schwerer  möglich,  wenn  nicht  in  seinen  um- 
fassenden Arbeiten  noch  so  unendlich  viel  des  Richtigen  und  Wert- 
vollen übrig  wäre,  das  uns  für  weitere  Fortschritte  den  Weg  weist 
und  als  Basis  dient. 

Dies    ist    meine  Ansicht    über   Stoffel   und   sein   Werk,   und  ich 
glaube,    daß   sie  ihm   trotz   aller  rücksichtslosen   Kritik    wesentlich 
gerechter  wird  als  jene  bedingungslose  Verhimmelung,   die  sich  über- 
haupt scheut,  einen  kritischen  Maßstab  anzulegen.  — 
Tissot.  In  vieler  Hinsicht  ganz  anders   und   doch   wieder  ähnlich  liegen 

die  Dinge  bei  Tissot1).  Im  Gegensatze  zu  Stoffel,  dem  verhältnis- 
mäßig reiche  Mittel  jeder  Art  bei  seiner  Arbeit  zu  Gebote  standen, 
hat  Tissot  in  untergeordneter  Stellung,  mit  den  beschränktesten  Mitteln, 
ja  nachweislich  unter  den  größten  persönlichen  Entbehrungen  ein 
Monumentalwerk  vollendet,  das  bis  heute  einzig  dasteht  in  der  Lite- 
ratur über  Nordafrika.  Daß  auch  bei  ihm  zahlreiche  Stellen  sich 
finden,  wo  die  moderne  Kritik  einzugreifen  nötig  hat,  ist  unter  diesen 
Umständen  selbstverständlich;  hatte  doch  selten  ein  Fachschriftsteller 
seiner  Art  mit  einer  solchen  Menge  unverschuldeter  Fehlerquellen  zu 
kämpfen  als  gerade  er.     Die  schwerste  Fehlerquelle  vielleicht  war  das 

—  Von  Schultens  einschlägigen  Beobachtungen  habe  ich  vorläufig  nur  private  Nach- 
richt, hoffe  jedoch  auch  da  in  absehbarer  Zeit  selbst  an  Ort  und  Stelle  nachsehen  zu 
können. 

1)  Die  Werke  Stoffels  und  Tissots  sind  ziemlich  gleichzeitig  erschienen  und, 
soweit  sich  erkennen  läßt,  ohne  eine  gegenseitige  Beeinflussung  oder  überhaupt  eine 
Wechselbeziehung-  entstanden. 


Vorbemerkung.  727 

ganz  unzureichende  Kartenmaterial,  das  ihm  bei  seiner  Arbeit  zur  Ver- 
fügung" stand;  selbst  uns  wird  heute  die  Verfolgung  seiner  Ergebnisse 
auf  den  modernen  Karten  wesentlich  erschwert,  oft  unmöglich  gemacht, 
da  sie  mit  denen,  nach  welchen  er  arbeitete,  gar  nicht  mehr  überein- 
stimmen. Aber  gerade  dieser  Umstand  hat  ihn  auch  gezwungen,  sich 
in  seinem  Urteil  —  in  wohltuendem  Gegensatz  zu  manchem  andern 
Forscher  —  weniger  auf  die  tote  Karte,  als  auf  das  lebendige  Gelände 
zu  verlassen,  und  hat  ihn  auf  diesem  Wege  zu  einer  Gründlichkeit  und 
Verläßlichkeit  in  der  Beurteilung  des  Terrains  geführt,  die  eine  der 
wertvollsten  Eigenschaften  seines  Werkes  ausmacht 1). 

Ein  militärischer  Fachmann  war  Tissot  nicht,  und  seine  dies- 
bezüglichen Vorstellungen  und  Urteile  sind  manchmal  etwas  naiv; 
aber  auch  hier  macht  eine  selten  klare  und  scharfe,  natürliche  Urteils- 
kraft, das,  was  wir  einen  „gesunden  Hausverstand"  nennen,  sehr  vieles 
wieder  gut.  Immer  aber  bleibt  er  mit  seiner  phänomenalen  Landes- 
kenntnis und  seiner  gründlich  geschulten  Beurteilung  des  Geländes 
auch  für  den  militärischen  Forscher  der  wichtigste,  ja  unentbehr- 
liche Führer  und  Wegweiser  auf  dem  Boden  der  römischen  Provinz 
Africa.  — 

Fr.  Fröhlich  hat  in  seiner  geradezu  klassischen  Dissertation  über  Fr.  Fröhlich, 
das  bellum  Africanum  eine  wirklich  mustergiltige  Analysie  dieses  Feld- 
zuges geschaffen.  Daß  sie  bezüglich  der  Lokalisierungsfragen  heute 
nicht  befriedigen  kann,  ist  mehr  als  selbstverständlich;  ist  doch  das 
Werk  lange  vor  Stoffel  und  Tissot,  ja  selbst  vor  der  französischen 
Okkupation  von  Tunis  entstanden,  also  zu  einer  Zeit,  wo  noch  nicht 
eine  Andeutung  einer  brauchbaren  Karte  des  Landes  zur  Verfügung 
stand.  Es  ist  vielleicht  der  beste  Beweis  für  die'  Güte  dieser  Arbeit, 
daß  selbst  dieser  selbstverständliche  Mangel  ihren  Wert  nicht  zu  be- 
einträchtigen vermag,  und  es  wird  seit  Jahren  mit  Bedauern  empfun- 
den, daß  sie  im  Buchhandel  und  selbst  antiquarisch  nicht  mehr  erhält- 


1)  Tissot  hat  den  afrikanischen  Feldzug  Caesars  zuerst  als  eigene  Monographie 
(in  den  „Memoires  de  1'  institut  national  de  France,  academie  des  inscriptions  et 
belles-lettres,  XXXI.  12.)  bearbeitet;  später  wurde  diese  Publikation  mit  wenigen 
kleinen  Abänderungen  in  den  zweiten  Band  seines  großen  Hauptwerkes  aufge- 
nommen. Dem  ersten  Abdruck  war  eine  Anzahl  Karten  beigegeben,  die 
bei  der  Übernahme  wegfielen;  auf  ihnen  lassen  sich  trotz  des  miserabel  dar- 
gestellten Terrains  infolge  der  ausführlichen  Signaturen  doch  mit  ziemlicher  Klar- 
heit die  verschiedenen  Angaben  des  Textes  verfolgen,  ja  manche  werden  überhaupt 
erst  verständlich,  wenn  man  diese  Karten  zur  Hand  hat.  — 


72S  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

lieh  ist.  Vielleicht  entschließt  sich  der  Altmeister  unter  den  lebenden 
Caesarforschern  noch  einmal,  die  Arbeit,  die  seinen  Ruf  begründet  hat, 
unter  Einbeziehung  der  in  den  40  Jahren  seit  ihrem  Erscheinen  be- 
kannt gewordenen  neuen  Forschungsergebnisse  abermals  herauszugeben. 
r.  Schneider.  R.  Schneider  ist  der  Prophet  Stoffels,  und  man  kann  sagen,  daß 

er  mit  seiner  allzu  unbedingten  Jüngerschaft  seinem  Meister  in  den 
Augen  des  unparteiischen  wissenschaftlichen  Publikums  mehr  geschadet 
als  genützt  hat.  Er  geht  mit  Stoffel  durch  Dick  und  Dünn,  und  wenn 
er  einmal  ganz  ausnahmsweise  sich  eine  gelinde  Abweichung  erlaubt, 
so  hat  er  erst  recht  kein  Glück  damit.  Allein  auch  bei  ihm  gilt,  was 
von  Stoffel  gesagt  wurde:  daß  nämlich  den  unleugbaren  und  nicht  ge- 
ringen Irrtümern  ein  gewichtiges  Plus  an  Verdiensten  entgegensteht. 
Seine  kommentierte  Ausgabe  des  bellum  Africanum  ist  reich  an  wert- 
vollen Anregungen  und  Ergebnissen,  und  insbesondere  seine  Auffassung 
der  Schlacht  bei  Thapsus  ist  zweifellos  die  fortgeschrittenste,  die 
bisher  vorliegt-! 

Unsere  an  Ort  und  Stelle  durchgeführten  Untersuchungen  haben 
nicht  nur  die  Darstellungen  der  genannten  Schriftsteller,  sondern  auch 
meine  eigene,  gänzlich  am  grünen  Tische  ausgearbeitete  Schilderung 
in  den  „Feldzügen  Caesars"  (Nr.  28)  in  vielen  Punkten  richtig  gestellt.  *) 
Ich  lasse  daher  auf  die  einzelnen  Untersuchungen  je  eine  zusammen- 
hängende Darstellung  folgen,  welche  zwar  im  allgemeinen  auf  jene  Schil- 
derung aufgebaut  ist,  gleichzeitig  aber  den  durch  Autopsie  gewonnenen 
Ergebnissen  Rechnung  trägt. 

Ich  mache  kein  Geheimnis  daraus,  daß  ich  auf  Grund  der  hier 
gemachten  Erfahrungen  den  festen  Vorsatz  gefaßt  habe,  nie  wieder 
über  einen  antiken  Feldzug  zu  schreiben,  bevor  ich  nicht  Gelegenheit 
gehabt,  wenigstens  die  wichtigsten  Ereignisse  im  Terrain  zu  verfolgen, 
und  insbesondere  alle  bisher  strittigen  und  dunklen  Fragen  unbedingt 
an  Ort  und  Stelle  zu  prüfen;  und  ich  kann  dasselbe  auch  allen 
Fachgenossen  nicht  warm  genug  empfehlen.  Ja  selbst  für  die  mo- 
derne kriegsgeschichtliche  Forschung  haben  dieselben  Gesichtspunkte 
nach  meiner  Ansicht  die  gleiche  Gültigkeit  und  gerade  hier  werden 
sie  oft  vernachlässigt;  das  verhältnismäßig  überreiche  Quellenmaterial,  das 
uns  für  moderne  Feldzüge  in  den  Archiven  und  andern  offiziellen  und  nicht 

1)  In  manchen  allerdings  auch  bestätigt,  wie  z.  B.  bezüglich  der  für^den 
Verlauf  des  Feldzuges  so  wichtigen  Lage  von  Aggar. 


Vorbemerkung:.  799 

offiziellen  Behelfen  zu  Gebote  steht,  läßt  nur  zu  oft  vergessen,  daß  das  Te  r- 
rain,  in  dem  die  Ereignisse  sich  abgespielt  haben,  selbst  eines  der  allerwich- 
tigsten  Originaldokumente  ist,  das  jedoch  auch  imOriginal,  nicht  nur  in 
seiner  kartographischen  Kopie  gelesen  und  studiert  sein  will.  Und 
dies  nicht  nur  deshalb,  weil  gerade  die  wertvollsten  Berichte  von 
Augenzeugen  selbst  in  modernen  Feldzügen  sehr  oft  nicht  nach  der 
Karte,  sondern  nach  dem  Augenscheine  verfaßt  sind  und  daher  alle 
jene  optischen  Täuschungen  etc.  enthalten,  die  dieser  mit  sich  bringt 
und  die  sich  auf  der  besten  Karte  nicht  leicht  rekonstruieren  lassen; 
sondern  vor  allem  darum,  weil  auch  die  schwerwiegendsten  Ent- 
schlüsse häufig  genug  auf  Grund  desselben  Augenscheines  gefaßt 
wurden  und  daher  nur  von  diesem  Standpunkte  aus  voll  und  richtig 
zu  verstehen  sind.  Der  Augenschein  aber  läßt  sich  nur  an 
Ort  und  Stelle  kontrollieren.  Und  so  soll  dem  kriegsgeschicht- 
lichen Forscher  die  Karte  nicht  dazu  dienen,  ihm  das  Terrain  zu  er- 
setzen, sondern  nur  dazu,  ihm  das  Verständnis  des  Terrains  zu  er- 
leichtern, ihn  im  Terrain  zu  führen.  Im  umgekehrten  Falle  kann 
die  beste  Karte  für  den  besten  Kartenleser  zu  einer  Quelle  schwerster 
Irrtümer  werden.  — 


A.  Der  Feldzug  Curios  in  Afrika 
(49  v.  Chr.). 


Utika  und  Bagradas. 

Hierzu  Karte  11  und  16. 


1.  Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung. 

QneiieD.  Ueber   Curios   afrikanische   Expedition  gibt   uns   Caesar   selbst 

b.  c.  II  23 — 44  einen  ebenso  ausführlichen  wie  anschaulichen  Bericht. 
Hierzu  tritt  noch  die  auf  Asinius  Pollio  zurückgehende  Erzählung 
Appians  b.  c.  II  44 — 46,  die  trotz  obligater  Konfusion  in  einzelnen 
Details  brauchbare  Ergänzungen  bietet  (man  vergleiche  auch  die  Über- 
setzungen im  Anhang  S.  750  ff.). 
Die  Ereignisse.  Die  Ereignisse  dieser  bloß  10  Tage  umfassenden  Campagne  sind 
kurz  folgende:  Curio  setzt  mit  2  Legionen  und  500  Reitern  von  Si- 
zilien nach  Afrika  über,  schlägt  den  pompejanischen  Statthalter  At- 
tius  Varus  vor  den  Mauern  von  Utika  und  schließt  ihn  in  der 
Stadt  ein.  Als  König  Jub  a  von  Numidien  mit  Übermacht  zum  Entsätze 
heranrückt,  hebt  Curio  die  Belagerung  von  Utika  auf  und  zieht  sich 
auf  das  Vorgebirge  „Castra  Cornelia"  zurück,  um  dort  die  Ankunft 
von  Verstärkungen  zu  erwarten,  läßt  sich  jedoch  durch  ein  vorge- 
schobenes Korps  Jubas  zur  vorzeitigen  Offensive  in  die  Ebene  des 
Bagradas  verleiten,  wird  daselbst  von  Jubas  Hauptkraft  gefaßt  und 
vernichtet. 
Die  Die  Lokalisierung  der  einzelnen  Ereignisse  dieses  Feldzuges  wird 

''  dadurch  erleichtert,  daß  von  den  mit  Namen  genannten  Orten  so  ziem- 
lich alle  unzweifelhaft  feststehn,  und  durch  die,  wie  schon  erwähnt, 
ausnehmend  präzisen  Terrainangaben  der  Quelle;  erschwert  wird  sie 
scheinbar  durch  die  Tatsache,  daß  sich  gerade  in  jener  Gegend  das 
Terrain   nachweislich   sehr   bedeutend   verändert   hat.     Doch   ist   es 


Utika  und  Bagradas.     1.  Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung-.  731 

andererseits  möglich,  Art  und  Umfang  dieser  Veränderungen  ziemlich 
genau  festzustellen,  so  daß  schließlich  eine  vollkommen  ausreichende 
Genauigkeit  in  der  Fixierung  der  Ereignisse  erzielt  werden  kann. 

Heute   liegen   die   Kuinen   der    karthagisch  -  römischen   Seestadt  Veränderungen 
Utika  über  10  Kilometer  vom  Meere  entfernt;    eine  weite,  teilweise    Itn  Terram- 
intensiv  angebaute,  teilweise  noch  versumpfte  Ebene  breitet  sich  da- 
zwischen  aus.     Wie   der  Vergleich  von  nur  wenige  Dezennien  alten 
Karten   mit   dem    gegenwärtigen  Zustande  lehrt,   schreitet  die  Ent- 
sumpfung  dieses  Terrains  rapid  vorwärts. 

Die  Daten,  welche  uns  die  Ausgrabungen  von  Utika  im  Verein 
mit  der  ausführlichen  Schilderung  der  Gegend  bei  den  Schriftstellern 
des  zweiten  Punischen  Krieges  und  bei  Caesar  ergeben,  gestatten  uns, 
die  damaligen  Verhältnisse  ziemlich  genau  zu  rekonstruieren. 

Das  punisch-römische  Utika  hatte  nicht  nur  an  seiner  Nordspitze 
einen  Hafen,  sondern  auch  an  seiner  Südwestecke1);  es  muß  daher 
auch  die  Westseite  des  Höhenausläufers,  auf  dessen  Spitze  die  Stadt 
lag,  vom  Meere  bespült  gewesen  sein.  Desgleichen  müssen  die  „c  a  - 
stra  Cornelia",  der  Utika  im  Osten  auf  ca.  3  Kilometer  Luftlinie 
gegenüberliegende  Höhenzug,  ziemlich  weit  in  das  Meer  hineingeragt 
haben;  denn  dort  hatte  nach  Livius  XXIX  35,  13  Scipio  seine  Flotte 
liegen  (s. oben S. 584 f.),  ebenso  Curio  nach  Caes.  b.c.  II  43,  der  es  übrigens 
II  24,  3  ausdrücklich  „iugum  derectum  eminens  in  mareu  nennt. 
Zwischen  diesem  Höhenzuge  und  Utika  war  jedoch  nach  c.  24,  4 
kein  Meer,  sondern  ein  zwar  schwer,  aber  doch  noch  passierbarer 
Sumpf;  auf  einem  Umwege  von  6  Millien  aber  konnte  man  bereits  die 
Stadt  trockenen  Fußes  erreichen. 

Eine  weitere  wichtige  Veränderung  der  Gegend  betrifft  den  Lauf 
des  Bagradas.  Derselbe  floß,  wie  wissenschaftlich  festgestellt  ist2), 
zur  Römerzeit  im  allgemeinen  längs  des  West-  und  Nordfußes  jener 
Höhen,  welche  die  Ebene  von  Utika  von  jener  von  Tunis  trennen,  so 
daß  der  schmale  Höhenzug,  dessen  nördlicher  Abschnitt  die  „castra 
Cornelia"  trug,  durchaus  links  des  Flußes  liegen  blieb.  Dieser  alte 
Lauf  ist  heute  noch  im  Terrain  zu  konstatieren,  und  zwar  in  zwei 
Varianten,  deren  rechte  das  Bett  zur  Zeit  der  Punischen  Kriege  reprä- 
sentiert, während  die  linke  für  die  Zeit  der  Bürgerkriege  in  Betracht 
kommt.2) 

1)  Tissot  II,  PI.  11. 

2)  TissotI,p.75  ff.  Vgl.  auch  Th.  Fischer  in  Petermanns  geogr.  Mittv1887  Tafel  1. 


732  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg-. 

Nach  Kenntnisnahme  dieser  Veränderungen  läßt  sich  nun  die  Lo- 
kalisierung der  einzelnen  Ereignisse  an  der  Hand  der  vorliegenden  vor- 
züglichen Beschreibung  mit  großer  Sicherheit  durchführen. 
curios  Was  zunächst  CuriosAnmarsch  vom  Landungsplatz  bei  Anquil- 

Anmarsch.  jarja  an  ^n  ßagra(ias  betrifft,  so  kann  über  den  eingeschlagenen  Weg 
kein  Zweifel  obwalten;  umsomehr  gibt  die  Zeitangabe  der  Kommen- 
tare II  24,  1.  zu  Bedenken  Anlaß,  welche  ihn  diesen  Weg  in  2  Tagen 
zurücklegen  läßt,  das  ergibt  bei  einer  Gesamtstrecke  von  110  Kilo- 
meter 55  Kilometern  pro  Tag.  Eine  solche  Leistung  stellt  selbst  für 
ein  kleines  Korps  wie  das  Curios  denn  doch  die  alleräußerste  Grenze 
der  Leistungsfähigkeit  dar,  insbesondere  mit  Rekruten  und  im  afri- 
kanischen Sommer;  dabei  ist  nicht  recht  einzusehen,  welche  unab weis- 
liche Notwendigkeit  eine  derartige  Maßregel  gerechtfertigt  hätte. 
Andererseits  haben  wir  es  aber  mit  Curio  zu  tun,  dessen  Spezialität 
es  gewesen  zu  sein  scheint,  in  solchen  Dingen  einen  höchst  persön- 
lichen Maßstab  anzulegen,  —  man  beachte  nur  im  folgenden,  was 
er  seinen  Truppen  alles  zumutet  —  und  der  an  dem  Unvermögen, 
die  Grenzen  der  physischen  Leistungsfähigkeit  ins  Kalkül  zu  stellen, 
ja  schließlich  auch  zugrunde  gegangen  ist.  Ihm  also  können  wir  die 
Leistung  dieses  Entschlusses  ganz  gut  zumuten,  und  könnten 
dann  nur  die  Truppen  bewundern,  welche  dieser  Anforderung  tatsäch- 
lich nachkamen. 

Der  Vergleich  mit  der  Fahrtdauer  der  Flotte  spricht  übrigens 
nicht  so  sehr,  wie  Groebe1)  glaubt,  gegen  dieses  Kalkül;  denn  als  die 
Flotte  vor  Utika  eintraf,  war  das  Gros  Curios  noch  17  Kilometer  zu- 
rück am  Bagradas,  nur  die  Kavallerie  stand  bereits  vor  der  Stadt. 
Die  absolute  Fahrtdauer  der  Flotte  ist  nicht  so  unwahrscheinlich: 
nach  cap.  23,  1  brauchte  sie  zur  Überfahrt  von  Sizilien  nach  Anquil- 
laria  2  Tage  und  3  Nächte,  also  ca.  60  Stunden;  die  Entfernung  be- 
trägt ca.  160  Kilometer,  das  gibt  also  etwa  2,6  Kilometer  in  der 
Stunde.  Mit  dieser  Geschwindigkeit  konnte  sie  die  ca.  80  Kilometer 
lange  Strecke  Anquillaria — Utika  in  etwa  31  Stunden  zurücklegen, 
also  tatsächlich  erst  am  zweiten  Tage  ankommen.  — 

Trotz  dieser  indirekten  Bekräftigungen  aber  möchte  ich  doch 
nicht  wagen,  den  Zweifel  an  dieser  absonderlichen  Marschleistung  als 
gänzlich  unbegründet   hinzustellen,  und  zwar  hauptsächlich  deshalb, 


1)  Nr.  26  p.  403  Anm. 


Utika  und  Bagradas.     1.  Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung-. 


733 


Bagradas. 


weil,  wie  aus  den  späteren  Ereignissen  hervorgeht,  Curios  Truppen  in 
der  Folge  bei  bedeutend  geringeren  Marschleistungen  tatsächlich  ver- 
sagt haben1)  Die  Abänderungsvorschläge  Stoffels  (I  306),  sowie  die 
Textkorrekturen  der  neueren  Caesar- Ausgaben  („tridui")  sind  nicht 
abzuweisen.  2J 

Das  erste  Lager  Curios  „am  Bagradas"  (24,  1.  26,  1.)  Das  Lager  am 
dürfte  jedenfalls  dort  gelegen  haben,  wo  die  Straße  Tunes — Utika, 
die  unzweifelhaft,  weil  durch  das  Terrain  genau  bedingt,  mit  der 
heutigen  Chaussee  identisch  ist,  den  damaligen  Flußlauf  kreuzte; 
möglicherweise  auf  den  sanften  Höhenausläufern  des  rechten  Ufers,  ca. 
2  Kilometer  westlich  des  Dorfes  La  Sebala3). 

Den  Höhenzug  der  „castra  Cornelia"  beschreibt  Caesar  so  ge- 
nau, daß  hier  ein  Zweifel  nie  obwalten  konnte4). 

Curio  benutzte  die  Höhe  zunächst  nur  zur  Rekognoszierung  der 
feindlichen  Stellung,  wozu  sie  sich  tatsächlich  hervorragend  eignet; 
unsere  Abbildung,  Nr.  39  (S.584)  gibt  ein  gutes  Bild  des  vorzüglichen  Über- 
blickes, den  man  von  dort  aus  gegen  Utika  genießt.  —  Die  „Quelle", 
die  nach  24,  4.  das  Zwischenland  versumpfte,  war  wohl  der  heute 
noch  existierende  Oued  Cherchara,  wenn  vielleicht  auch  in  etwas 
anderer  Form.  — 

Hier  sei  gleich  das  Lager  besprochen,  das  Curio  erst  nach 
Aufhebung  der  Belagerung  Utikas  auf  den  „castra  Cornelia" 
schlug.    Es  lag  zweifellos  auf  demselben  Platze  wie  das  Lager  Scipios, 


Die  Castra 
Cornelia. 


1)  c.  41,  1 :  „confecto  iam  labore  exercitu  XVI  milium  (=  24  Kilometer) 
spatio".  Dabei  war  der  größere  Teil  des  Marsches  in  nächtlicher  Kühle  zurückgelegt 
worden. 

2)  Siehe  übrigens  Groebe  a.  a.  0.  und  Meusels  Ausgabe  des  bell.  civ.  (Nr.  27) 
pag.  319  ff. 

3)  Die  phantastische  Erzählung  Appians  cap.  44,  Curio  hätte  sein  auf  den  „castra 
Cornelia"  geschlagenes  erstes  Lager  wegen  Vergiftung  des  Wassers  durch  den  Feind 
räumen  müssen  und  wäre  deshalb  auf  Utika  vorgegangen,  ist  ein  Unsinn.  Denn 
nach  Caesars  ausdrücklichem  Bericht  lag  das  erste  Lager  nicht  auf  den  „castra  Cor- 
nelia", sondern  am  Bagradas;  die  castra  Cornelia  hat  Curio  damals  nur  mit  seiner 
Kavallerie  zu  Rekognoszierungszwecken  aufgesucht,  ein  Lager  hat  er  erst  zu  einem 
späteren  Zeitpunkt,  nach  der  Schlacht  bei  Utika,  dortselbst  geschlagen.  Am  Bagra- 
das aber  konnte  von  einer  Vergiftung  des  Wassers  nicht  die  Rede  sein,  denn  ein 
Fluß  wie  der  Ou.  Medjerda  läßt  sich  nicht  auf  die  Dauer  vergiften.  Curios  Vor- 
marsch auf  Utika  erfolgte  daher  nicht  wegen  Vergiftung  des  Wassers,  sondern  aus 
dem  viel  plausibleren  Bestreben,  näher  an  den  Feind  zu  kommen. 

4)  Vgl.  die  ausführliche  Deduktion  gelegentlich  der  Ereignisse  des  2.  Punischen 
Krieges  auf  S.  583  ff.  dieses  Bandes  und  die  Übersetzung  im  Anhange  S.  749. 


734  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

d.  h.  auf  dem  höchsten  Punkte  des  Vorgebirges,  einem  hierzu  ganz 
vorzüglich  geeigneten  fast  quadratischen  Plateau  mit  allseits  abgesetzten 
Rändern,  auf  dem  sich  auch  Trinkwasser  findet.  Die  Schilfe  lagen 
dann  ebenso  unter  dem  schützenden  Steilabfall  in  der  kleinen  flachen 
Bucht,  die  sich  nordöstlich  dieses  Plateaus  hinzieht. 

Stoffel  scheint  nach  I  p.  309  f.  das  Lager  auf  die  äußerste 
Nordspitze  des  Rückens,  wo  heute  das  Dorf  Galaat  el  Andeless  (bei 
Stoffel  Kalaat  el  Oued)  liegt,  zu  verlegen.  Wenn  dort  schließlich  auch 
für  2  Legionen  Platz  genug  war,  so  liegt  der  Punkt  doch  tiefer  als 
das  von  uns  akzeptierte  Plateau,  und  kann  durch  feindliche  Besetzung 
desselben  vollkommen  vom  Lande  abgesperrt  werden.  Auch  der  Aus- 
blick ist  von  der  Nordspitze  viel  schlechter;  gegen  Süden,  woher  jetzt 
der  Feind  zu  erwarten  war,  ist  er  durch  das  höhere  und  breitere 
Plateau  vollkommen  verstellt.  Caesar  sagt  ausdrücklich  im  cap.  24, 
daß  Curio  sich  schon  zu  jener  Rekognoszierung  auf  die  „castra 
Cornelia"  begab ;  der  gesuchte  Aussichtspunkt  ist  daher  mit  dem  Lager- 
platze identisch.  Es  ist  aber  ganz  widersinnig,  daß  er  sich,  vom  Ba- 
gradas  kommend,  bis  auf  die  Nordspitze  begeben  hätte,  von  wo  er  eine 
viel  schlechtere  Aussicht  hatte,  als  von  dem  näheren  und  höheren  Plateau. 
Ferner  aber  —  und  das  ist  die  Hauptsache  — ,  paßt  Caesars  ausführ- 
liche Beschreibung  c.  24,  3:  „paulo  leniore  fastigio  ab  ea  parte,  quae 
ad  Uticam  vergit",  nur  auf  dieses  Plateau,  da,  wie  schon  ein  Blick 
auf  die  Karte  zeigt  und  unsere  Abbildungen  40 — 42  (S.584)  klar  ersicht- 
lich machen,  hier  tatsächlich  der  Westhang  bedeutend  flacher  ist  als  der 
Osthang,  während  am  Nordende  bei  Galaat  el  Andeless  beide  Ränder 
ganz  gleich  steil  sind1).  Daß  schließlich  ein  auf  der  äußersten  Spitze 
gelegenes  Lager  die  Schiffe  nicht  hätte  decken  können,  die  vielmehr 
notgedrungen,  um  vor  Stürmen  geschützt  zu  sein,  südlich  der  Spitze 
vor  Anker  liegen  mußten,  ist  schon  S.  585  ausgeführt  worden. 
Lager  des  yon  den  unmittelbar  bei  Utika  zu  suchenden  Details  interessiert 

Varus. 

uns  zunächst  das  Lager  des  Attius  Varus.  Man  wäre  versucht, 
sich  dasselbe  im  Süden  Utikas  zu  denken.    Dem  ist  jedoch  nicht  so. 


1)  Hier  eine  Veränderung  dieser  Steilheitsverhältnisse  in  späterer  Zeit  anzu- 
nehmen, geht  nicht  an;  denn  der  heute  noch  konstatierbare  Steilhang  konnte  nur 
durch  die  Bespülung  des  Meeres,  also  zweifellos  in  der  Zeit,  da  die  castra  Cornelia 
noch  ein  Kap  waren,  und  überdies  nicht  von  heute  auf  morgen  entstanden  sein,  also 
zum  mindesten  nicht  später,  wahrscheinlich  viel  früher,  als  die  hier  geschilderten 
Ereignisse  sich  abgespielt  haben. 


Utika  und  Bagradas.     1.  Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung. 


735 


maxi-  £ 
sehr   gfut   erkennen.  g 


Caesar  erwähnt  c.  25,  1  (s.  Anhang  S.  750),  daß  es  zwischen  der  Stadt- 
mauer und  dem  überaus  stark  gebauten,  außerhalb  der  Stadt  liegenden 
Theater  eingeschoben  war. 
Letzteres  lag  nun,  wie  die  | 
archäologischen  Untersu-  ö 
chungen  unzweifelhaft  er-  £ 
geben  haben,  im  Nordosten  | 
der  Stadt,  unweit  des  nörd-  s 
liehen  Hafens ;  die  stattlichen 
Ruinen  lassen  die  von  Caesar 
ausdrücklich  hervorgehobe-  m 

c 

nen  „substruetiones 
raae,k  senr  gut 
Hier  auf  ziemlich  engemRau- 
me  zwischen  Stadt,  Theater 
und  Hafen  zusammenge- 
pfercht, befand  sich  also  das 
Lager  des  Attius;  es  ist 
jedenfalls  identisch  mit 
jenem,  in  welches  Cato  nach 
bell.  Afr.  87,  3  die  mit  Caesar 
sympathisierenden  Einwoh- 
ner der  Stadt  sperrte  („ante 
portam  bellicam",  die  auch 
b.  c.  II  25,  1  genannt 
wird).  — 

Hier  finden  wir  nun 
auch  die  Niederung,  an 
welcher  es  schließlich  zur 
Schlacht  kam.  Auch  sie  ist 
uns  sehr  genau  beschrieben. 
Caesar  nennt  sie  eine  „vallis 
non  magna"  (27,  3);  nicht 
groß,  aber  mit  steilem  Rand 
(34,  1),  der  feindwärtige 
Rand  speziell  so  steil,  daß 
die  Leute  nur  mit  Nachhilfe  (nisi  sublevati  a  suis)  hinaufklettern  konnten 
(34,  5);  immerhin  konnte  eine  ganze  Gefechtsepisode  mit  Reiterei  sich 


m 
<v 

'OD 

ä 


Das 

Schlachtfeld  bei 
Utika. 


Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  III. 


47 


736  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg-. 

innerhalb  derselben  abspielen  (34, 2),  was  auf  eine  breite  und  flache  Sohle 
schließen  läßt;  und  doch  war  sie  nicht  so  breit,  daß  man  nicht  von  einem 
Rande  zum  andern  hätte  sprechen  können  (28,  2). 

Auf  den  ziemlich  steilen,  geschlossenen  Hängen  im  Süden  der 
Stadt  findet  sich  keine  Stelle,  auf  welche  diese  Beschreibung  auch  nur 
annähernd  passen  würde.  Wohl  aber  an  der  Ostseite,  etwa  600  Meter 
südlich  des  Theaters.  Hier  finden  wir  einen  Ravin  von  etwa  70  Meter 
Breite,  mit  2  bis  3  Meter  hohen,  steilen,  insbesondere  an  der  Nord- 
seite stellenweise  fast  senkrechten  Rändern  und  vollkommen  flacher 
Sohle.  (Bild  51.)  Die  Länge  des  Ravins,  der  gegen  die  Ebene  zu  all- 
mählich verschwindet,  beträgt  heute  allerdings  nicht  einmal  200  Meter. 
Wenn  man  jedoch  bedenkt,  daß  das  Flachland  östlich  der  Stadt  seit  jener 
Zeit,  wo  Utika  noch  am  Meere  lag,  durch  Anschwemmung  um  circa 
8  Meter  erhöht  wurde,  so  ist  es  ganz  erklärlich,  daß  der  größte,  öst- 
liche Teil  jenes  Ravins  von  diesem  angeschwemmten  Erdreich  über- 
deckt ist  und  er  zu  jener  Zeit  wohl  noch  auf  eine  bedeutend  längere 
Strecke  freilag  als  jene  1000  Meter,  die  zum  Aufmarsche  von  zwei 
Legionen  mit  weniger  Reiterei  an  seinen  Rändern  erforderlich  waren1). 
Daß  Curio  sich  durch  die  Lage  der  Stadt  in  seiner  linken  Flanke 
nicht  genieren  ließ,  beziehungsweise  daß  Varus  diesen  Umstand  nicht 
ausnützte,  um  eine  Diversion  durch  die  Stadt  hindurch  in  Curios 
Rücken  zu  unternehmen,  erklärt  sich  daraus,  daß,  wie  S.  578  ausge- 
führt ist,  die  Stadt  sich  damals  noch  nicht  so  weit  nach  Süden  er- 
streckte wie  später. 
curios  Lager  Curios  Lager  „vor  der  Stadt u  (prope  oppidum,  26,1),  das  zweite 

vor  utika.  jn  diesem  Feldzuge,  ist  eben  auf  dem  Räume  anzusetzen,  der  später 
zur  Erweiterung  der  Stadt  herangezogen  wurde;  das  Terrain  eignet 
sich  vollkommen  dazu2). 


1)  Sowohl  Tissot  II  82,  als  auch  Stoffel  I  310  nehmen  diesen  Ravin  als 
Schlachtfeld  an,  ohne  jedoch  auf  das  Längenverhältnis  speziell  einzugehen. 

2)  Appians  Notiz  b.  C.  II  44:  ^nagtrd^avro  izaga  rrjv  &älaooav  h>  ßga%tl  yrngüg"- 
ist  cum  grano  salis  zu  nehmen.  Wäre  das  Meer  so  nahe  gewesen,  daß  es  direkt 
auf  die  Schlachtordnung  eingewirkt  hätte,  so  hätte  wohl  Caesar,  der  ja  auch  seine 
Kenntnis  der  Vorgänge  von  Asinius  Pollio  hatte  und  zwar  viel  unmittelbarer  als 
Appian,  diesen  Umstand  sicher  erwähnt.  In  Wirklichkeit  hatte  Varus  das  Meer  in 
geringer  Entfernung  im  Rücken,  in  seiner  linken  Flanke  aber,  ebenso  wie  Curio  in 
seiner  rechten,  den  Sumpf,  der  sich  vom  Meere  landeinwärts  zwischen  Utika  und 
Castra  Cornelia  hinzog.  —  Appian  hat  hier  wieder  einmal,  wie  so  oft,  durch  gewaltsame 
Zusammenziehung  verschiedener  an  sich  richtiger  Angaben  eine  Konfusion  angerichtet. 


Utika  und  Bagradas.     1.  Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung. 


737 


Das  Gefechtsfeld,  auf  dem  Curie-  nach  c.  26,  2—4  gleich  bei  seiner 
Ankunft  vor  Utika  das  numidische  Kontingent  zersprengte,  lag  jeden- 
falls südwestlich  davon  am  Fuße  des  vom  Dj.  Menzel  Roul  gegen  die 
Stadt  auslaufenden  Rückens.  Die  feindliche  Kavallerie  rettete  sich 
über  den  Rücken  ans  Meeresufer  und  erreichte  längs  desselben  (per 
litora)  die  Stadt,  während  die  langsamere  Infanterie  erwischt  und 
übel  zugerichtet  wurde. 


Der  Ort  des 
Überfalles. 


Komplizierter,    aber  nicht  weniger  eindeutig  sind  die  Details  des    Der  Marsch 
Marsches  Curios  gegen  Juba  und  der  Vernichtungsschlacht  zu  bestim- 
men; insbesondere  ist  es  hier  eine  auffallend  große  Zahl  von  Distanz- 
angaben, die  uns  diese  Bemühungen  erleichtert  (s.  Anhang  S.  751  ff.). 

Die  erste  Angabe  enthält  die  Curio  zugekommene  Nachricht,  die 
numidische  Armee  sei  „weniger  als  25  Millien  (37  Kilometer) 
entfernt"  (37,3).  Ihr  damaliger  Standort  ist  demnach  in  etwas  weniger 
als  diese  Entfernung  von  Utika,  wo  Curio  damals  noch  stand,  den 
Ou.  Medjerda  aufwärts  zu  suchen.  —  Dann  wird  Saburra,  dem  die 
Hauptmacht  auf  6  Millien  (9  Kilometer)  folgt,  an  den  Bagradas 
vorgeschoben  (38,3)  und  hier  des  Nachts  von  Curios  Kavallerie 
überfallen  und  geworfen. 

Der  Ort  dieses  Überfalles  lag,  da  die  zurückgehenden  Truppen 
Saburras  in  der  Folge  lange  vor  der  Schlacht  für  Curios  Hauptkraft 
sichtbar  wurden  und  noch  ein  gutes  Stück  bis  auf  das  Schlachtfeld 
zurückgingen  (41,1),  jedenfalls  erheblich  nördlicher  als  dieses;  denn  es 
ist  nicht  anzunehmen,  daß  sie  nach  der  nächtlichen  Schlappe  gleich 
wieder  bis  über  das  eben  geräumte  Lager  hätten  vorgehen  können, 
ohne  daß  dies  den  römischen  Kommandanten  hätte  stutzig  machen 
müssen.  Anderseits  läßt  sich  aber  auch  die  Nordgrenze  der  Lage 
dieses  Platzes  bestimmen.  Er  kann  keine  vollen  9  Kilometer  nördlich 
vom  Orte  der  Entscheidungsschlacht  angesetzt  werden,  da  Juba  von 
Saburra  nur  6  Meilen  —  9  Kilometer  entfernt  war  (38,3),  und  nach  dem 
Überfall  noch  etwas  vorrücken  mußte,  um  das  Schlachtfeld  zu  er- 
reichen. (40,1)  Da  nun  dieses  selbst  16  Millien  =  24  Kilometer  südlich 
der  Castra  Cornelia  lag  (41,1),  so  muß  Saburra  etwas  mehr  als  15  Kilo- 
meter südlich  der  Castra  Cornelia  am  Bagradas  (38,3)  gelagert  haben. 
Diese  engen  Grenzwerte  ergeben  demnach  den  Ort  des  Lagers  Saburras 
und  des  nächtlichen  Ueberfalles  am  Ou.  Medjerda  beiläufig  gegenüber 
der  heutigen  Faktorei  Haras  de  Sidi  Tabet. 

47* 


73S  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Die  nach  dem  Überfall  zurückkehrende  römische  Kavallerie  be- 
gegnete auf  dem  Rückwege  den  unterdessen  gleichfalls  aufgebrochenen 
Legionen  in  einer  Entfernung  von  6  Millien  =  9  Kilometer  von  dem 
Lager  auf  „Castra  Cornelia"  (39,1).  Diese  Angabe  ist  wichtig; 
denn  wir  erfahren  als  nächste  Tätigkeit  Curios,  daß  er  trotz  der  Er- 
schöpfung seiner  Truppen  und  insbesondere  der  Kavallerie  nunmehr 
sein  Korps   von   den  Höhen   in   die  Ebene  hinabführte  (40.3). 

Der  Höhenzug,  dessen  nördlicher  Abschnitt  die  „castra  Cornelia" 
trägt,  erstreckt  sich  in  der  Tat  von  da  noch  genau  1 0  Kilometer  nach 
Süden  und  endet  daselbst  sehr  unvermittelt  in  dem  59  Meter  hohen 
K ou diät  Touba,  zu  dessen  Füssen  sich  die  hindernislose  Ebene  weit- 
hin erstreckt.  Auf  diesem  Höhenzuge  ist  Curio  marschiert;  da  er  der 
zurückkommenden  Reiterei  9  Kilometer  vom  Lager  begegnete,  so  war 
er  tatsächlich  nurmehr  1  Kilometer  vom  äußersten  Ende  des  Höhen- 
zuges entfernt.  Er  ließ  die  Kavallerie  kehrt  machen,  den  Marsch  all- 
gemein beschleunigen  (39,6),  zuerst  über  das  kleine  noch  erübrigende 
Stück  auf  den  Höhen,  dann,  als  diese  aufhörten,  vom  Koudiat  Touba 
in  die  Ebene  hinab. 
Das  Hier  rückte,  er  nun  weiter  vor,  bis  er,  nach  einer  Gesamtmarsch- 

C  Bagradas*"1  leistung  von  16  Millien  =  24  Kilometern,  durch  die  Erschöpfung  der 
Truppen  sich  gezwungen  sah,  Halt  zu  machen  (41,1).  Durch  diese 
Distanz  ist  auch  der  Platz  genau  gegeben:  er  ist  die  5  bis  6  Kilo- 
meter breite  Ebene  zwischen  dem  Bagradas  und  der  iso- 
lierten Hügelgruppe  Koudiat  Chaouat  westlich  des  gleich- 
namigen Dorfes. 

Hier  stellte  sich  auch  wieder  Saburra  und  begann  ein  hinhaltendes, 
nicht  auf  sofortige  Entscheidung,  sondern  auf  sukzessive  Erschöpfung 
des  Gegners  angelegtes  Gefecht,  wobei  er  durch  fortwährend  zufließende 
Verstärkungen  Jubas,  der  auf  diese  Weise  endlich  seine  ganze  Macht 
auf  das  Schlachtfeld  warf,  unterstützt  wurde. 

Woher  diese  kam,  erfahren  wir  aus  Appian.  Er  berichtet  b.  c. 
II  45,  daß  die  Feinde  in  diesem  Augenblick  den  Fluß  über- 
schritten. Juba  muß  daher  mit  seiner  Hauptkraft  am  rechten  Ufer 
gestanden  haben,  wofür  auch  die  Deckungsverhältnisse  sprechen;  denn 
in  der  offenen  Ebene  des  linken  Ufers  hätte  seine  Hauptmacht  leicht 
zu  früh  entdeckt  werden  können;  am  rechten  Ufer  jedoch  in  der  Nähe 
des  oben  bestimmten  Schlachtfeldes  konnte  er  seine  Truppen  durch 
die  dichten  Ufergebüsche  des  Flusses    und   vor    allem  durch  die  vor- 


Utika  und  Bagradas.     1.  Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung.  739 

springende  Nase  des  Djebel  Mergueb  gegen  Sicht  von  Norden  her  recht 
gut  decken  und,  als  der  stehende  Kampf  in  der  Ebene  entbrannt  war, 
seine  Korps  etwa  bei  Kahoua  ed  Donadji,  wo  sich  heute  noch  eine 
Furt  befindet,  über  den  Fluß  direkt  in  Curios  linke  Flanke  dirigieren.1) 

Als  Curio  erkannte,  daß  der  Kampf  in  der  Ebene  zur  Katastrophe 
führen  müsse,  suchte  er  durch  einen  gewaltsamen  Durchbruch  die 
„nächsten  Hügel"  zu  gewinnen,  fand  aber  auch  diese  von  Saburras 
Kavallerie  besetzt.     Damit  war  der  Untergang  seines  Korps  besiegelt. 

Diese  nächsten  Hügel  sind  nach  all  dem  vorher  abgeleiteten 
zweifellos  die  vorerwähnte  Hügelgruppe  „Koudiat  Chaouat",  welche 
von  der  Mitte  der  Ebene  etwa  Vk  Kilometer  entfernt  liegen.  Dorthin 
war  auch  der  Durchbruch  am  leichtesten  möglich,  da  die  Haupt- 
kräfte des  Feindes  gerade  aus  der  entgegengesetzten  Eichtung  kamen. 
An  ihrem  Südostfuße  hat  sich  der  letzte  Akt  der  Tragödie  abgespielt; 
hier  fand  der  originellste  von  Caesars  Legaten  den  Heldentod. 

Tissot  (Nr.  13  I  78)  identifiziert  diese  „nächsten  Hügel"  mit 
jenen,  von  denen  Curio  nach  40,  3  herabstieg,  also  mit  dem  Koudiat 
Touba.  Nun  ist  aber  dieser  vom  Schlachtfelde  volle  14  Kilometer 
entfernt,  also  nichts  weniger  als  der  „nächste  Hügel" ?).  Tissots  Irr- 
tum erklärt  sich  hier  daraus,  daß  auf  seinen  Karten  der  von  den  castra 
Cornelia  nach  Süden  hinziehende  Höhenzug  bis  auf  4  Kilometer 
an  das  von  uns  angenommene  und  auch  bei  ihm  gleich  angesetzte 
Schlachtfeld  heranreicht,  was  der  Wirklichkeit  nicht  entspricht. 

Stoffel  (Nr.  15,  1  313)  verlegt  das  Schlachtfeld  überhaupt  weiter 
nordwärts,  und  zwar  auf  Grund  einer  Textkorrektur.  Er  findet 
nämlich  die  nach  den  Textangaben  resultierende  Gesamtleistung  der 
Kavallerie  zu  hoch  und  restringiert  sie  dadurch,  daß  er  in  cap.  41,  1 
statt  „exercitu"  „equitatu"  setzt,  so  daß  damit  die  gegebene  Distanz 
von  16  Millien  =  24  Kilometer  nicht  als  der  Weg  der  Legionen,  son- 
dern als  die  Gesamtleistung  der  Kavallerie  in  der  ganzen  Nacht  er- 
scheint.   Ohne   diese  Textkorrektur    berechnet    er  die  Leistung   der 


1)  Für  die  Tatsache,  daß  die  Truppen  Jubas,  um  aufs  Schlachtfeld  zu  gelangen, 
erst  über  den  Fluß  setzen  mußten,  spricht  auch  die  Angabe  Caesars,  daß  Jubas  Haupt- 
macht nicht  einheitlich  eingriff,  sondern  sukzessive  auf  dem  Schlachtfelde  eintraf. 

Tissot  (Nr.  13)  I.  p.  78  läßt  auch  Saburra  erst  über  den  Fluß  gehen,  was  wohl 
auf  eine  allzu  wörtliche  Aulehnuug  an  Appian  zurückzuführen  und  mit  Caesars  ganz 
klarer  Schilderung  nicht  vereinbar  ist. 

2)  Auch  hätte  in  diesem  Falle  Caesar  wahrscheinlich  die  Hügel  nicht  als  „proximi 
colles-',  sondern  als  „colles,  de  quibus  descenderat"  oder  so  ähnlich  näher  bezeichnet. 


740  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Reiterei  auf  39  Kilometer,  was  aber  auf  dem  Irrtum  beruht,  daß  er 
den  Ort  des  Überfalles  auf  das  Lager  Saburras  für  identisch  hält  mit 
dem  des  letzten  Schlachtfeld  es.  In  Wirklichkeit  lag  aber  dieses  Lager, 
wie  wir  oben  detailliert  abgeleitet,  bedeutend  weiter  nördlich,  wo- 
durch sich  die  Gesamtleistung  der  römischen  Kavallerie  merklich  ver- 
ringert; abgesehen  davon,  daß  man  selbst  39  Kilometer  für  eine  gute 
Reiterei  schwer  als  „unmögliche  Leistung"  bezeichnen  kann,  auch 
wenn  man  das  Gefecht  einrechnet,  das  mit  Rücksicht  auf  seinen 
überfallsartigen  Charakter  weder  langdauernd  noch  schwer  gewesen 
sein  kann.1) 
Charakteristik  Bei  Konstatierung    dieses    Schlachtfeldes  und  der  folgenden    Be- 

schiachtfeides.  leuchtung  der  einzelnen  Vorgänge  dieser  Schlacht  drängt  sich  uns 
alsbald  die  Überzeugung  auf,  daß  wir  es  nicht  mit  einem  rein  zu- 
fällig durch  die  Kombination  der  verschiedenen  Marschleistungen 
erreichten  beliebigen  Teil  der  Ebene  zu  tun  haben,  sondern  mit  einem 
von   Juba    in    weiser   Voraussicht    besonders   ausgewählten  Terrain, 

1)  Es  ist  übrigens  ganz  gut  möglich  ein  Zeitkalkül  aufzustellen.  Das  erste 
Lager  Saburras  am  Bagradas  gegenüber  Haras  de  Sidi  Tabet  lag,  wie  oben  ab- 
geleitet, von  den  castra  Cornelia  zirka  15  Kilometer  entfernt,  und  von  dem  Punkte,  wo 
Curio  der  rückkehrenden  Kavallerie  begegnete,  sechs  Kilometer.  Die  Gesamtleistung 
der  Reiterei  bis  zu  ihrer  Wiedervereinigung  mit  Curio  betrug  demnach,  von  Gefecht 
uud  Verfolgung  abgesehen,  15  +  6  =  21  Kilometer.  Wenn  Curios  Reiterei  „prima 
nocte"  (38,3)  abmarschierte,  das  ist  um  jene  Zeit  etwa  9  Uhr  Abends,  so  konnte  sie 
spätestens  um  Mitternacht,  ohne  eine  nennenswerte  vorhergehende  Anstrengung 
(fünf  Kilometer  per  Stunde!)  den  Überfall  ausgeführt  haben. 

Die  Infanterie  Curios  folgte  „quarta  vigilia"  (39, 1),  also  etwa  3  Uhr  Nachts. 
Sie  konnte  die  neun  Kilometer  lange  Strecke  bis  zum  Zusammentreffen  mit  der 
Reiterei  in  2'/.2  Stunden  zurücklegen,  also  etwa  um  5  Uhr  30  Min.  früh  an  diesem 
Punkte  eintreffen.  Die  Kavallerie  hatte  vom  eroberten  Lager  dorthin  sechs  Kilo- 
meter zurück  zu  reiten,  konnte  also  frühestens  um  4  Uhr  früh  von  dort  aufgebrochen 
sein  (vier  Kilometer  per  Stunde!»;  es  bleiben  also  mindestens  vier  Stunden  für 
den  Überfall  und  die  Verfolgung,  samt  Rast,  Tränken  im  Bagradas  usw. 

Vom  Orte  des  Zusammentreffens  wird  der  Marsch  sofort  gemeinsam  fortgesetzt 
und  zwar  noch  15  Kilometer  bis  auf  das  Schlachtfeld;  diese  Strecke  konnte,  da  die 
Reiterei  der  Infanterie  vorauseilte  (39,  6,)  von  ersterer  in  vielleicht  drei  Stunden  (fünf 
Kilometer  pro  Stunde!)  zurückgelegt  werden,  also  bis  etwa  8  Uhr  30  Min.  früh,  um 
welche  Zeit  die  Schlacht  begann. 

Die  Marschleistung  der  Kavallerie  in  der  Zeit  von  9  Uhr  abends  bis  8  Uhr 
30  Min.  früh,  also  in  11  7*  Stunden,  beträgt  also  15  -f-  6  -|-  15  =  36  Kilometer,  wobei 
7  lji  Stunden  Marsch,  durchwegs  in  sehr  mäßigem  Tempo  auf  gutem  Boden  und  in 
nächtlicher  Kühle,  und  vier  Stunden  Gefecht  mit  Rast  gerechnet  sind;  eine  zweifel- 
los gute,  aber  nicht  unmögliche  Leistung,  insbesondere  wenn  man  die  in  der  Quelle 
betonte  schließliche  totale  Erschöpfung  berücksichtigt;  ja  letztere  wäre  ohne  eine 
solche  Leistung1  kaum  verständlich. 


Utika  und  Bagradas.     1.  Die  Tatsachen  und  ihre  Lokalisierung*.  741 

Tatsächlich  war  dieser  Platz  für  seinen  Schlachtplan  ganz  hervor- 
ragend geeignet.  Die  5  Kilometer  breite  Ebene  zwischen  dem  Flusse 
und  dem  Koudiat  Chaouat  bot  reichlich  Raum,  um  die  Überlegen- 
heit der  Numider  an  leichten  Truppen  und  ihre  spezifische  Fechtweise 
zur  ungehinderten  beiderseitigen  Umfassung  des  kleinen  römischen 
Korps  ausnützen  zu  können;  andererseits  aber  boten  die  Höhen  auf 
beiden  Seiten,  die  gerade  so  weit  entfernt  waren,  um  diese  Kräfte- 
verwendung nicht  zu  hindern,  aber  wieder  nahe  genug,  um  daselbst 
postierte  Abteilungen  rasch  und  flankierend  auf  das  Schlachtfeld 
werfen  zu  können,  die  beste  Gelegenheit  zur  gedeckten  Aufstellung 
größerer  Truppenmassen  und  ihrer  Verwendung  in  letzterem  Sinne. 
Tatsächlich  haben  wir  gesehen,  daß,  während  zunächst  eigentlich  bloß 
Saburra  den  Kampf  in  der  Front  hinhaltend  führte,  die  Hauptkraft 
Jubas,  hinter  dem  Flusse  und  den  östlichen  Hügeln  bereitgestellt,  von 
da  aus  in  den  Kampf  eingriff,  die  Hügel  im  Westen  aber  gleichfalls 
von  einem  Detachement  besetzt  waren,  dessen  Verwendung  sich  durch 
den  Lauf  des  Gefechtes  von  selbst  ergab. 

Es  erscheint  durchaus  wahrscheinlich,  daß  Saburra  den  Kampf 
an  dieser  Stelle  instruktionsgemäß  auch  dann  aufgenommen  hätte, 
wenn  Curio  nicht,  durch  die  Ermüdung  der  Truppen  gezwungen,  von 
selbst  stehen  geblieben  wäre;  möglicherweise  hat  Caesar,  der  ja  nicht 
als  persönlicher  Augenzeuge  der  Ereignisse  schreibt,  hier  Ursache  und 
Wirkung  vertauscht.  — 

Die  Tatsache,  daß  der  auf  Grund  der  überlieferten  Distanzen  ab- 
geleitete Raum  nicht  ein  rein  zufälliges,  bezüglich  des  Terrains  neu- 
trales Schlachtfeld  vorstellt,  sondern  ein  solches,  das  für  die  Vor- 
gänge in  der  Schlacht  geradezu  prädestiniert  erscheint,  gibt  uns  eine 
willkommene  Bestätigung  für  unser  auf  anderem,  rein  ziffernmäßigem 
Wege  zustande  gekommenes  Resultat. 


Bezüglich  der  Chronologie  dieses  kurzen  Feldzuges  ist  zu  der  chronoiogi 
Ableitung  Stoffels  I  305  ff.  nichts  Wesentliches  nachzutragen. 
Die  relativen  Daten,  die  ja  der  Text  der  Hauptquelle  ziemlich  klar 
vermittelt,  sind  daselbst  unzweifelhaft  richtig;  das  absolute  Datum, 
das  nicht  direkt  überliefert,  sondern  nur  deduziert  ist,  kann  im 
schlimmsten  Fall  um  wenige  Tage  von  der  Wirklichkeit  abweichen. 
Der  errechnete  Zeitabschnitt,  11.  bis  20.  August  alten  Stiles,  entspricht 


742 


Der  Caosaiiiuiische  Bürgerkrieg. 


nach  den  neuesten  Berechnungen  (Groebe  III  812)  dem  19.  bis  28.  Juni 
unserer  Zeitrechnung.1) 


Die  Situation. 


Curio  nach 
Afrika. 


2.  Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges. 

Gleich  nach  der  Kapitulation  von  Corfinium  hatte  Caesar  durch 
Entsendung  starker,  aus  den  übergetretenen  Truppen  gebildeter  Korps 
für  die  Sicherung  der  Kornprovinzen,  deren  Besitz  für  die  Behauptung 
Roms  und  Italiens  von  größter  Wichtigkeit  war,  Sorge  getragen. 
Valerius  war  mit  einer  Legion  nach  Sardinien  gegangen,  Curio  mit 
zunächst  drei  Legionen  nach  Sizilien;  letzterer  hatte  den  Auftrag, 
nach  Besitznahme  dieser  Insel  nach  Afrika  überzusetzen. 

Dort  kommandierte  indessen  der  Pompejaner  Attius  Varus.  Er 
war  aus  Italien  dorthin  geflohen,  hatte  infolge  seiner  persönlichen  Ver- 
bindungen in  der  Provinz,  und  da  der  rechtmäßige,  gleichfalls  pompe- 
janisch  gesinnte  Statthalter  Tubero  krankheitshalber  noch  nicht  ein- 
getroffen war,  das  Kommando  an  sich  gerissen,  in  kurzer  Zeit  zwei 
Legionen  ausgehoben  und  verwehrte  dem  endlich  eintreffenden  Tubero 
die  Landung. 

Ättius  Varus  stand  mit  seinen  zwei  Legionen  und  einem  kleinen 
Reiterkontingent  bei  der  Provinzhauptstadt  Utika;  eine  dritte  Legion 
unter  C.  Considius  in  der  wichtigsten  Hafenstadt  der  Ostküste,  Hadru- 
metum;  eine  kleine  Eskader  von  10  Kriegsschiffen  unter  L.  Caesar 
lag  vor  Clupea.  Als  wertvoller  Bundesgenosse  stand  der  König  des 
benachbarten  Numidien,  Juba,  mit  sehr  ansehnlicher  Heeresmacht  be- 
reit, nötigenfalls  helfend  einzugreifen;  alte  Freundschaft  mit  Pompejus 
und  bitterer  Haß  gegen  Curio,  der  als  Tribun  seine  Absetzung  bean- 
tragt hatte,  verband  ihn  den  Republikanern. 

Curio  war  —  scheinbar  noch  vor  der  Besetzung  Siziliens  —  auf 
vier  Legionen  verstärkt  worden.  Nach  widerstandsloser  Einnahme 
dieser  Insel  ließ  er  zwei  Legionen  zu  ihrem  Schutze  zurück  und  setzte 
mit  den  übrigen  zwei  Legionen  und  500  Reitern,  von  12  Kriegs- 
schiffen begleitet,  nach  Afrika  über.  Nach  einer  Überfahrt  von  zwei 
Tagen  und  drei  Nächten  landete  er  bei  Anquillaria,  nahe  bei  Cap 
Bon,  an  einer  durch  zwei  Vorgebirge  geschützten  Stelle. 

L.  Caesar  hatte  mit  seiner  Eskader  —  wahrscheinlich  auf  der 
Höhe  des  Cap  Bon  —  den  Feind  erwartet.  Als  er  die  Übermacht  er- 


1)  Vgl.  Meusels  Ausgabe  des  bell,  civile.    (Nr.  27)  S.  371. 


Utika  und  Bagradas.    2.  Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.     743 


kannte,  kehrte  er  schleunigst  um  und  ließ  sogar  sein  Admiralschiff  — 
wahrscheinlich  war  er  nicht  sicher  mit  demselben  noch  um  das  Cap 
herumzukommen  —  an  der  Küste  auffahren,  um  zu  Lande  nach  Hadru- 
metum  zu  fliehen.  Curio  ließ  die  feindliche  Flotte  durch  seine  Kriegs- 
schiffe unter  Marcius  Rufus  ein  Stück  verfolgen ;  dieselben  nahmen  auch 
das  aufgefahrene  Schiff  L.  Caesars  ins  Schlepptau,  die  übrigen  pompe- 
janischen  Schiffe  entkamen  indessen  nach  Hadrumetum. 

Curio  sandte  die  zurückgekehrte  Eskader  sofort  gegen  Utika  vor-  Am  Bagradas. 
aus ;  er  selbst  brach  mit  den  Truppen  zu  Lande  ebendahin  auf.  Nach 
mehrtägigem  Marsche  schlug  er  am  Flusse  Bagradas  (Ou.  Medjerda), 
noch  17  Kilometer  von  Utika  entfernt,  sein  erstes  Lager  und  unternahm 
noch  an  demselben  Tage,  während  der  Legat  Rebilus  mit  den  Le- 
gionen im  Lager  zurückblieb,  mit  der  ganzen  Kavallerie  eine  scharfe 
Rekognoszierung  (S.  733). 

Auf  halbem  Wege  zwischen  seinem  Lager  und  Utika  zog  sich  ein 
langer,  schmaler  Höhenzug  hin,  dessen  äußerste  nördliche  Spitze  als 
steilrandiges  Vorgebirge  ins  Meer  hineinragte.  Unmittelbar  südlich  der 
äußersten  Spitze,  etwa  an  der  Basis  der  Halbinsel,  zeigte  die  Welle 
eine  kleine  plateauartige  Erweiterung,  die,  etwa  40  Meter  über  die 
Ebene  sich  erhebend,  die  ganze  Gegend  ringsum  dominierte.  Hier 
hatte  einst  der  große  P.  Cornelius  Scipio  im  Kriege  mit  Hannibal 
sein  erstes  Winterlager  geschlagen,  und  der  Platz  hieß  seitdem 
„castra  Cornelia". 

Dieses  Plateau  erstieg  Curio  mit  der  Kavallerie.  Wie  eine  Land- 
karte lag  das  Terrain  bis  Utika  vor  seinen  Blicken.  Zwischen  dem 
Höhenzuge  und  der  etwa  drei  Kilometer  in  der  Luftlinie  entfernten, 
auf  der  Spitze  eines  Höhenausläufers  liegenden  Stadt  war  stark  ver- 
sumpftes, schwer  gangbares  Terrain;  eine  Rekognoszierung  ergab,  daß 
dasselbe  auf  einem  Umwege  von  zirka  neun  Kilometer  trockenen  Fußes 
umgangen  werden  konnte  (S.  733  f.). 

Die  feindliche  Stellung  selbst  war  genau  wahrzunehmen.  Zwischen 
der  Stadtmauer  und  dem  nordöstlich  davon  in  freiem  Felde  stehenden, 
aus  mächtigen  Quadern  erbauten  und  zur  Verteidigung  eingerichteten 
Theater  hatte  Varus  sein  Lager  eingeschoben  (S.  734). 

Indessen  hatte  die  Ankunft  des  caesarianischen  Korps  die  Landbe- 
völkerung veranlaßt,  allenthalben  mit  Hab  und  Gut  und  allen  Lebens- 
mitteln in  die  Stadt  zu  flüchten.  Von  der  Höhe  aus  konnte  man  deut- 
lich  die  Massen  beobachten,  wie   sie  von  allen  Seiten  zur  Stadt  hin- 


744  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg. 

drängten.  Curio  entsandte  die  Kavallerie  mit  dem  Auftrage,  sich  der 
Lebensmittel  zu  bemächtigen ;  sofort  schickte  auch  Varus  ein  numidisches 
Kontingent  von  600  Reitern  und  100  Mann  leichter  Infanterie  zu  ihrer 
Deckung  ab.  Es  kam  zum  Zusammenstoße  der  beiden  Kavallerien;  die 
Xumider  wurden  geworfen,  und  die  Caesarianer  machten  reiche  Beute. 

Noch  ein  Erfolg  sollte  ihnen  an  demselben  Tage  beschieden  sein. 

Eben  näherte  sich  die  caesarianische  Flotte  Utika.  Curio  ließ  durch 
ein  Schlachtschiff  die  im  Hafen  liegenden  etwa  200  Handelsschiffe  auf- 
fordern ihm  zu  folgen,  widrigenfalls  er  sie  als  Feinde  behandeln  würde. 
Sie  gehorchten  sämtlich  und  führten  den  Caesarianern  reichliche  Vor- 
räte, die  für  den  Feind  bestimmt  gewesen  waren,  zu.  Nach  solchen 
Erfolgen  rückte  Curio  in  sein  Lager  am  Bagradas  ein  und  wurde 
von  den  Truppen  als  Imperator  begrüßt. 
Carlo  vor  utika.  Am  folgenden  Tag  marschierte  er  mit  dem  ganzen  Korps  vor  Utika 
und  schlug  unmittelbar  südlich  der  Stadt  auf  dem  schmalen  Höhen- 
rücken sein  zweites  Lager.  Noch  war  die  Lagerarbeit  in  vollem  Gange,  als 
ein  starkes  numidisches  Kontingent  beider  Waffen,  von  Juba  gesandt, 
am  Fuße  des  Dj.  Menzel  Roul  daherkam.  Curio  warf  ihm  rasch  die 
Reiterei  entgegen  und  alarmierte  die  Infanterie;  doch  diese  kam  nicht 
mehr  zum  Eingreifen;  die  Reiter  hatten  bereits  reinen  Tisch  gemacht. 
Von  der  feindlichen  Kavallerie  entkam  der  größte  Teil  über  den 
Rücken  hinüber  ans  Meer  und  längs  desselben  in  die  Stadt;  die  In- 
fanterie wurde  größtenteils  niedergemacht  (S.  736  f.). 

Im  pompejanischen  Lager  gab  man  sich  indessen  der  Hoffnung  hin, 
Curios  Armee  ohne  Kampf  sprengen  zu  können.  Man  wußte,  daß  die- 
selbe aus  seinerzeit  für  Pompejus  und  L.  Domitius  ausgehobenen  Truppen 
bestand,  welche  dann  bei  Corfinium  kapituliert  hatten.  Nun  dienten 
viele  Offiziere,  welche  sie  damals  befehligt  hatten  und  nach  der  Kapi- 
tulation von  Caesar  freigegeben  worden  waren,  jetzt  unter  Attius 
Varus.  Einige  Überläufer  nährten  die  pompejanischen  Hoffnungen. 
Als  am  folgenden  Tage  beide  Armeen  gegen  einander  aufmarschierten, 
sollte  der  erste  Versuch  gemacht  werden. 

Von  der  Südostecke  der  Stadt  beiläufig  zog  sich  ein  zirka  70  Meter 
breiter,  steilrandiger  Ravin  mit  flacher  Sohle  senkrecht  auf  den  Fuß 
der  Höhen  in  die  Ebene  hinein.  Er  bildete  die  natürliche  Demarkations- 
linie zwischen  beiden  Heeren,  und  an  seinen  Rändern  entwickelten  sich 
beide  in  Schlachtordnung,  Attius  Varus  am  nördlichen,  Curio  am  süd- 
lichen (S.  735).    Keiner  wollte  zuerst  das  Hindernis  überschreiten.   Die 


Utika  und  Bagradas.    2.  Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.     745 

hierdurch  entstandene  zuwartende  Untätigkeit  benützten  die  Offiziere 
des  Varus,  um  mit  den  Soldaten  des  Curio  anzuknüpfen.  Diese  ver- 
hielten sich  zunächst  in  Reih  und  Glied  passiv ;  als  aber  Curio  sie  ins 
Lager  zurückführte,  begannen  sie  wankelmütig  zu  werden. 

Die  Lage  war  kritisch.  Curio  berief  einen  Kriegsrat.  Ein  Teil 
stimmte  für  den  sofortigen  Sturm  auf  das  feindliche  Lager,  der  andere 
für  den  nächtlichen  Rückzug  auf  die  castra  Cornelia,  eventuell  die 
Räumung  Afrikas.  Der  Kommandant  hielt  das  eine  für  zu  gewagt, 
das  andere  für  zu  ängstlich;  er  ließ  die  Truppen  antreten,  erinnerte 
sie  an  ihren  Fahneneid,  an  die  bisherigen  ununterbrochenen  Erfolge 
Caesars,  bewies  ihnen,  daß  dessen  Gegner  für  eine  verlorene  Sache 
kämpften,  und  erklärte  endlich,  er  sei  bereit,  den  von  ihnen  erst  jüngst 
empfangenen  Imperatortitel  sofort  abzulegen,  wenn  es  sie  etwa  gereuen 
sollte,  ihn  einem  Soldaten  Caesars  verliehen  zu  haben. 

Curios  Ansprache  rief  einen  vollkommenen  Umschwung  in  der 
Stimmung  des  ganzen  Heeres  hervor,  den  der  Kommandant  sofort  zu 
einem  Hauptschlage  auszunützen  beschloß.  Er  ließ  ausrücken  und  mar- 
schierte am  Ravin  auf. 

Alsbald  erschien  die  gegnerische  Armee  am  anderen  Rande.   Man    Die  Schiacht 

••  1)01    UtlliM 

war  des  Erfolges  sicher  und  glaubte,  den  Übertritt  der  Legionen  Curios 
nur  abwarten  zu  müssen.  Wieder  standen  die  Heere  zuerst  zuwartend  ein- 
ander gegenüber.  Wie  um  ihren  Aufforderungen  etwas  Nachdruck  zu 
verleihen,  schoben  die  Pompejaner  endlich  von  ihrem  linken  Flügel 
die  Kavallerie  und  leichte  Truppen  vor.  Kaum  waren  diese  in  den 
Ravin  hinabgestiegen,  als  Curio  seine  Kavallerie  und  zwei  marsische 
Kohorten  entgegenwarf.  Die  pompejanische  Reiterei  wurde  geworfen, 
die  Infanterie  jämmerlich  zugerichtet.  Unter  dem  unmittelbaren  Ein- 
drucke dieses  Gefechtes  ging  Curio  —  auf  Initiative  des  kriegs- 
erfahrenen Rebilus  —  plötzlich  auf  der  ganzen  Linie  über  den 
Ravin,  warf  die  verblüfften  Legionen  des  Feindes  im  ersten  Anprall 
über  den  Haufen  und  verfolgte  sie  bis  an  ihr  Lager,  wo  er  seine 
Truppen  raillierte  und  ins  eigene  Lager  zurückführte.  Er  verlor 
einen  einzigen  Mann,  während  Varus  angeblich  600  einbüßte,  die 
meisten  allerdings  erst  in  dem  mörderischen  Gedränge  am  engen 
Lagereingang. 

Den  Sturm  auf  das  feindliche  Lager  hatte  Curio  auch  jetzt  nicht 
gewagt.  Varus  jedoch,  dessen  Truppen  ganz  aufgelöst  waren  und  zum 
Teil  erst  in  der  Stadt  zum  Stehen  gebracht  werden  konnten,  fürchtete 


7  IG 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg-. 


Eingreifen 
Jabas. 


eiaeo  Angriff  so,  daß  er  das  Lager  aufzugeben  beschloß  und  in  der 
Nacht  in  die  Stadt  zurückging,  nachdem  er,  um  seinen  Abzug  zu  ver- 
heimlichen, einen  Teil  der  Zelte  nebst  einem  Trompeter,  der  die  ge- 
wohnten Signale  blasen  mußte,  bis  zur  Vollendung  der  Räumung  im 
Lager  zurückgelassen  hatte. 

Curio  traf  gleich  am  folgenden  Tage  die  Anstalten  zur  Belagerung 
Utikas.  Da  traf  die  Meldung  ein,  daß  König  J  u  b  a  mit  einem  starken 
Heere  zum  Entsätze  heranrücke.  Anfangs  wollte  Curio  nicht  recht 
daran  glauben,  umsomehr  als  die  eben  eintreffenden  Nachrichten  von 
Caesars  definitivem  Siege  in  Spanien  ein  solches  Vorgehen  des  Nu- 
miderkönigs  wenig  wahrscheinlich  erscheinen  ließen;  doch  als  eine  ganz 
bestimmte  Meldung  die  Entfernung  der  feindlichen  Heeresmacht  mit 
weniger  als  25  Millien  (37  Kilometer)  angab,  war  kein  Zweifel  mehr 
möglich. 

Curio  wollte  seine  zwei  Legionen  nicht  einem  offenen  Kampfe  mit 
dieser  Übermacht  aussetzen;  er  hob  die  Belagerung  Utikas  auf  und 
ging  auf  die  feste  Stellung  der  „castra  Cornelia"  zurück;  hier  konnte 
er  einem  eventuellen  Angriffe  mit  Ruhe  entgegensehen,  gleichzeitig  die 
Verbindung  mit  Sizilien  decken  und  die  von  dort  heranzuziehenden  Ver- 
stärkungen erwarten  ;  die  beiden  auf  jener  Insel  verbliebenen  Legionen 
hatten  sofort  den  Befehl  erhalten,  nach  Afrika  überzusetzen1).  Die 
Flotte  lag  ohnedies  vor  dem  nunmehrigen  Lager  vor  Anker.    (S.  733.) 

Juba  mußte  alles  daran  gelegen  sein,  Curio  vor  Eintreffen  seiner  Ver- 
stärkungen zur  Schlacht  zu  verleiten.  Er  ging  selber  unbemerkt  bis  auf 
etwa  25  Kilometer  an  die  castra  Cornelia  heran  und  schob  seinen  Unter- 
f  eldherrn  S  a  b  u  r  r  a  mit  einem  kleinen  Korps  noch  etwa  9  Kilometer  weiter 
auf  dem  linken  Ufer  des  Bagradas  vor,  wo  derselbe  nächtigte  (S.  737); 
gleichzeitig  wurde  dem  caesarianischen  Kommandanten  durch  Über- 
läufer die  Nachricht  zugestellt,  daß  der  König  durch  innere  Unruhen 
genötigt  worden  sei,  mit  der  Hauptkraft  kehrt  zu  machen,  und  nur  das 
Korps  Saburras  zurückgelassen  habe. 
curios  offensive.  Und  Curio  ging  in  die  Falle.  Sein  bisheriges  Glück  hatte  ihn 
unvorsichtig  gemacht ;  er  konnte  sich  gar  nicht  denken,  daß  es  weiter- 
hin anders  kommen  könnte  als  bisher.  Die  Gelegenheit,  das  isolierte 
Korps  Saburras  zu  vernichten,  schien  auch  gar  zu  verlockend.  Bei 
Einbruch   der  Nacht    entsandte   er   seine  ganze  Kavallerie  nach  dem 

1)  Mit  dem  Abholen  dieser  Legionen  dürfte  der  Legat  Rebilus  betraut  ge- 
wesen sein,  da  er  gelegentlich  der  folgenden  Ereignisse  nicht  erwähnt  wird. 


Utika  und  Bagradas.    2.  Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.     747 

Bagradas.  Die  Reiter  überfielen  die  mit  ostentativer  Sorglosigkeit 
lagernden  Numider  und  jagten  sie  in  die  Flucht,  worauf  sie  mit  zahl- 
reichen Gefangenen  den  Rückmarsch  antraten. 

Curio  hatte  ihre  Rückkehr  nicht  erst  abgewartet.  Etwa  um  3  Uhr 
nachts  war  er  unter  Zurücklassung  von  5  Kohorten  unter  Marcius 
Rufus  aufgebrochen  und  marschierte  zunächst  auf  der  Höhenlinie,  auf 
welcher  sein  Lager  lag,  südwärts.  Nach  einem  Marsche  von  neun 
Kilometern  traf  er  die  zurückkehrende  Reiterei.  Ihre  Meldung,  sowie  die 
Aussagen  der  Gefangenen  bestärkten  ihn  in  seiner  Meinung  und  Absicht. 
Er  ließ  die  Kavallerie  trotz  ihrer  Ermüdung  sofort  wieder  kehrt 
machen  und  ging  persönlich  mit  ihr  voraus;  die  Infanterie  sollte 
folgen,  so  rasch  sie  konnte.  Kurz  darauf  ward  das  Ende  der  Hügel- 
kette erreicht;  vor  dem  Blicke  dehnte  sich  in  der  Morgensonne  weit- 
hin die  Ebene.  In  derselben  sah  man  die  Truppen  Saburras  in 
Schlachtordnung  langsam  zurückgehen.  Dieser  Anblick  zerstreute  die 
letzten  Bedenken;  ohne  Zögern  führte  Curio  die  Truppen  in  das 
Blachfeld  hinab  und  setzte  den  Marsch  hinter  dem  weichenden  Feinde 
fort  (S.  737). 

Juba  aber  hatte  bereits  sein  Schlachtfeld  gewählt.  Dort,  wo  die  nie  Schiacht 
Ebene  des  Bagradas  durch  die  Hügelgruppe  des  Koudiat  Chaouat 
auf  etwa  5  Kilometer  verengt  wird,  hatte  er  seine  Hauptkraft  am 
rechten  Bagradasufer,  hinter  der  vorspringenden  Kulisse  des  Dj.  Mer- 
gueb,  gedeckt  bereitgestellt;  die  Furt  beim  heutigen  Kahoua  ed 
Donadji  sicherte  ihm  den  Übergang  auf  das  andere  Ufer.  Saburras 
durch  den  nächtlichen  Überfall  immerhin  arg  zugerichtetes  Korps  hatte 
er  durch  spanische  und  gallische  Kerntruppen  aufnehmen  lassen,  es 
dadurch  befähigt,  in  Ordnung  zurückzugehen  und  den  Feind  planmäßig 
auf  das  Schlachtfeld  zu  locken  (S.  738  f.). 

Als  Saburra  am  bezeichneten  Orte  anlangte,  machte  er  kehrt. 
Auch  Curio,  der  von  seinen  500  Reitern  nurmehr  zweihundert  bei 
sich  hatte,  —  der  Rest  war  vor  Erschöpfung  sukzessive  zurückge- 
blieben —  hatte  Halt  gemacht.  Er  wollte  die  Truppen  sammeln,  die 
Infanterie  aufschließen  lassen ;  doch  hierzu  ließ  ihm  Saburra  nicht  mehr 
Zeit.  Während  sein  Fußvolk  zunächst  zuwartend  stehen  blieb,  ging 
seine  weit  überlegene  Reiterei  zum  Angriffe  vor. 

Curio  nahm  mit  seiner  Handvoll  Reitern  den  Kampf  auf.  In  der 
Attacke  zweifellos  überlegen,  konnten  die  Römer  ihre  partiellen  Er- 
folge  wegen   der   totalen  Erschöpfung   der  Pferde    nicht  ausnützen; 


748  Der  Caesarianiaohe  Bürgerkrieg. 

auch  die  beiderseitige  Übern"  ügelung  durch  die  überlegenen  feindlichen 
Massen  war  nicht  abzuwenden.  Endlich  trafen  die  Kohorten  ein. 
Aber  auch  beim  Feinde  erschienen  Verstärkungen.  Immer  neue  Truppen 
warf  .luba  über  die  Furt  in  die  linke  Flanke  und  den  Rücken  Curios. 
Die  römische  Infanterie,  genötigt  nach  allen  Seiten  Front  zu  machen, 
kam  gar  nicht  recht  zur  Entwicklung.  Wo  eine  Kohorte  zu  einem 
energischen  Vorstoß  einsetzte,  wichen  die  leichten  feindlichen  Massen 
sofort  zurück  und  warfen  sich  eben  so  schnell  auf  Flanken  und  Rücken 
der  vorgeprellten  Abteilung.  Bald  war  das  kleine  römische  Korps 
von  drei  Seiten  eingeschlossen,  total  erschöpft  und  vollends  entmutigt. 

Curio  sah,  daß  die  Schlacht  verloren  war;  aber  noch  hoffte  er 
die  Armee  retten  zu  können.  Wenn  er  die  unweit  im  Westen  sicht- 
baren Hügel  erreichte,  war  er  vorläufig  außer  Gefahr;  dort  im  kupierten 
Terrain  konnten  die  leichten  Truppen  des  Gegners  den  geschlossenen 
Kohorten  wenig  anhaben.  Auch  war  die  Hauptmasse  der  Feinde  von 
Osten  her  gekommen;  im  Westen  schwärmten  nur  die  aus  der  Front 
eingeschwenkten  Reiter  Saburras.  Der  Durchbruch  war  demnach 
nach  dieser  Richtung  am  ehesten  möglich. 

Es  gelang,  sich  bis  an  den  Fuß  der  Hügel  durchzuschlagen;  doch 
als  die  Kohorten  dort  anlangten,  stand  die  Reiterei  Saburras  bereits 
auf  den  Hängen.  Jetzt  lösten  sich  die  Truppen  vollends  auf.  Ein 
Teil  floh  der  feindlichen  Kavallerie  direkt  in  die  Speere,  der  Rest 
wurde  an  Ort  und  Stelle  zusammengehauen;  nur  wenigen  Reitern 
gelang   es  sich  durchzuschlagen. 

Curio  hätte  sich  mit  ihnen  retten  können;  allein  er  vermochte  den 
Gedanken  nicht  zu  ertragen,  ohne  das  ihm  anvertraute  Heer  vor  seinem 
Feldherrn  zu  erscheinen.  Er  blieb  und  fand  kämpfend  den  Tod.  — 
Katastrophe  der  Nicht  so  ein  anderer.  „Sobald  es  anfing  schief  zu  gehen"1),  hatte 
Asinius  Pollio  bereits  das  Schlachtfeld  verlassen  und  war  nach 
dem  Lager  zurückgeritten,  um  dasselbe  gegen  einen  eventuellen  An- 
griff des  Varus  zu  schützen.  Daß  Marcius  Rufus  ohnehin  daselbst 
kommandierte,  genügte  ihm  jedenfalls  nicht. 

Das  Opfer,  das  Asinius  Pollio  durch  seinen  Verzicht  auf  den 
Heldentod  gebracht  hatte,  war  umsonst  gebracht  worden.  Trotz  der 
Ankunft  des  Helden  rief  die  von  ihm  überbrachte  Nachricht  eine 
regelrechte  Panik  hervor.    Rufus  wollte  die  Mannschaft  auf  die  Schiffe 


1)  „&q%ou£vov  tov  xaxov"  Appian  b.  c.  II  45. 


Utika  und  Bagradas.    2.  Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.     749 

bringen  und  nach  Sizilien  führen;  jedoch  ein  großer  Teil  der  Schiffe, 
insbesondere  die  aus  Utika  entführten  Privatschiffe,  lichteten  eigen- 
mächtig, ohne  die  Einschiffung  abzuwarten,  die  Anker;  andere  wurden 
durch  die  ohne  jede  Ordnung  auf  sie  stürzenden  Soldaten  derart  über- 
füllt, daß  sie  sanken.  Nur  einem  kleinen  Teile  der  Truppen  gelang 
es,  nach  Sizilien  zu  entkommen.  Die  übrigen  ergaben  sich  in  der 
folgenden  Nacht  an  Attius  Varus.  Juba  aber,  der  am  nächsten  Tage 
vor  Utika  eintraf,  erzwang  ihre  Auslieferung  und  ließ  sie  teils  hin- 
richten, teils  nach  Numidien  in  die  Sklaverei  abführen,  ohne  daß 
Varus,  der  sie  als  Kriegsgefangene  anständig  zu  behandeln  entschlossen 
gewesen  war  und  die  Desavouierung  seines  gegebenen  Wortes  bitter 
empfand,  es  zu  hindern  hätte  wagen  können.  Juba  aber  hielt  einen 
feierlichen  Einzug  in  das  entsetzte  Utika,  ordnete  daselbst,  ohne  von 
Varus  Notiz  zu  nehmen,  alles  nach  eigenem  Gutdünken,  und  kehrte 
dann   mit  allen  seinen  Truppen  nach  Numidien  zurück. 

So  endete  der  mit  so  großen  Hoffnungen  und  bedeutenden  Erfolgen 
begonnene  Feldzug  mit  einer  totalen  Katastrophe  und  dem  vollständigen 
Verluste  von  Afrika,  welches  bis  auf  weiteres  eine  sichere  Hochburg 
der  republikanischen  Partei  blieb,  bis  drei  Jahre  später  Caesar  per- 
sönlich eben  hier  dem  alten  Eegime  den  Todesstoß  gab. 


Anhang. 


Übersetzung  der  (Juellenberichte. 

Aus  Caesar  b.  c.  II  23—44. 

Castm  Cornelia.         c.  24 (2)   (Curio)    selbst  ritt  mit  der  Kavallerie  voraus  zur 

Rekognoszierung  der  „castra  Cornelia",  da  dieser  Ort  für  einen  vor- 
züglichen Lagerplatz  galt.  (3).  Es  ist  dies  nämlich  ein  ins  Meer  ge- 
streckt vorspringender  Höhenzug,  beiderseits  abschüssig  und  steil, 
doch  immerhin  von  etwas  sanfterem  Abfall  auf  jener  Seite,  die  gegen 
Utika  liegt.  (4)  Die  Entfernung  von  Utika  auf  dem  kürzesten  Wege 
beträgt  wenig  über  eine  Meile1);  doch  auf  diesem  Wege  befindet  sich 
eine  Quelle,  durch  welche  das  Meerwasser  ziemlich  tief  ins  Land 
eindringt  und  das  Terrain  dort  in  breiter  Ausdehnung  durch  Rück- 
stauung versumpft;  will  man  dem  ausweichen,  kann  man  auf  einem 
Umwege  von  6  Meilen  die  Stadt  erreichen. 
Lager  des  cap.  25  (1).  Bei  der  Rekognoszierung  dieses  Platzes  erblickte 
varus.  Curio  das  Lager  des  Varus  an  die  Stadtmauer  gelehnt  nächst  dem 
Tore,  das  den  Namen  „Kriegstor"2)  führte,  stark  geschützt  durch  die 
Beschaffenheit  des  Ortes,  auf  der  einen  Seite  durch  die  Stadt  Utika 
selbst,  auf  der  anderen  durch  das  vor  der  Stadt  liegende  Theater  und 
den  gewaltigen  Unterbau  dieses  Gebäudes,  so  daß  der  Zugang  zum 
Lager  schwierig  und  eng  war 

Die  Schlacht  caP-  34.  (1)    Zwischen   den  beiden  Fronten   lief,   wie  früher  er- 

bei  utika.  wähnt,  eine  Niederung,  nicht  sonderlich  groß,  doch  mit  schwierigem 
und  steilem  Anstieg.  Jeder  der  beiden  Feldherrn  wartete,  ob  die 
Gegner  diese  Niederung  zuerst  zu  überschreiten  versuchen  würden, 
um  dann  auf  günstigerem  Terrain  den  Kampf  aufzunehmen.  (2)  Da 
sah  man,  wie  vom  linken  Flügel  des  P.  Attius  die  ganze  Kavallerie  und 

1)  Über  die  Ungenauigkeit  dieser  Distanz  siehe  S.  583  Anm.  1. 

2)  Porta  bellica;  nach  Meusel  (No.  27)  „Belica"  =  „Tor  des  Bai",  was  viel  für 
sich  hat;  nur  müßte  dann  auch  bell.  Afr.  87,  3  geändert  werden. 


Utika  und  Bagradas.    Anhang:  Übersetzung  der  Quellenberichte.  751 

darunter  vermischt  zahlreiche  Leichte  in  die  Niederung  hinabstiegen. 
(3)  Auf  diese  warf  Curio  seine  Reiterei  und  zwei  marrucinische  Ko- 
horten; schon  dem  ersten  Anprall  derselben  konnten  die  feindlichen 
Keiter  nicht  standhalten,  sondern  flohen  in  voller  Carriere  auf  das 
Gros  zurück ;  die  mit  ihnen  vorgegangenen  Leichten,  auf  diese  Art  im 
Stiche  gelassen,  wurden  von  den  Unsrigen  umzingelt  und  niederge- 
macht. Die  ganze  Front  des  Varus  sah  vor  ihren  Augen  die  Ihrigen 
fliehen  und  fallen.  (4)  In  diesem  Augenblick  rief  der  caesarianische 
Legat  Rebilus,  den  Curio  wegen  seiner  großen  Kriegserfahrung  aus 
Sizilien  mitgebracht  hatte:  „Du  siehst,  Curio,  die  Bestürzung  des 
Feindes;  was  säumst  Du,  die  günstige  Gelegenheit  auszunützen?"  (5) 
Dieser  rief  den  Soldaten  nur  das  eine  zu,  sie  sollten  dessen,  was  sie 
ihm  tags  vorher  versprochen,  eingedenk  sein,  befahl  ihnen  zu  folgen  und 
stürmte  als  erster  voran.  So  schwer  passierbar  aber  war  die  Niederung, 
daß  die  ersten  Glieder  beim  jenseitigen  Aufstiege  ohne  Nachhilfe 
nicht  leicht  emporkamen.  (6)  Doch  unter  dem  Eindrucke  der 
Furcht,  der  Flucht  und  Niedermetzlung  der  Ihrigen  dachten  die 
Attianer  nicht  an  Widerstand,  und  alle  glaubten  sich  schon  von  der 
Reiterei  umzingelt.  So  machte  die  ganze  Schlachtfront  des  Varus, 
ehe  noch  ein  Geschoß  sie  erreichen  konnte  oder  die  Unsrigen  hart 
herangekommen  waren,  kehrt  und  zog  sich  ins  Lager  zurück. 

cap  36, (3).     Währenddessen  (der  Belagerung  von  Utika)   Die  Schiacht 

kamen  Boten,  die  König  Juba  vorausgesandt  hatte  (zu  Varus),  welche 
dessen  Anmarsch  mit  starker  Heeresmacht  melden  und  zur  nachhaltigen 
Verteidigung  der  Stadt  auffordern  sollten.  Dies  richtete  die  bereits  ganz 
verzagten  Gemüter  wieder  auf. 

cap  37.  (1)  Dasselbe  wurde  auch  Curio  gemeldet,  allein  zunächst 

konnte   er   es   nicht   glauben (3)      Als  er  jedoch   von  sicherer 

Seite  erfuhr,  daß  die  Truppen  des  Königs  weniger  als  25  Meilen  von 
Utika  entfernt  stünden,  hob  er  die  Belagerung  auf  und  zog  sich  auf 
die  „castra  Cornelia"  zurück 

cap  38.  (1)  Dies  (die  vorläufige  Defensive  auf  castra  Cornelia) 
war  also  beschlossen  und  ins  Werk  gesetzt,  als  er  von  städtischen 
Überläufern  die  Nachricht  erhielt,  Juba  werde  durch  einen  Grenzkrieg 
und  Streitigkeiten  mit  der  Stadt  Leptis  im  Reiche  zurückgehalten, 
und  nur  sein  Unterfeldherr  Saburra  marschiere  mit  einem  schwachen 
Korps  auf  Utika.  (2)  Diesen  Menschen  vorschnell  Glauben  schenkend, 
änderte  er  seinen  Plan    und   beschloß  eine  Entscheidungsschlacht  zu 

Kromayer-Voith,  Antiko  Schlachtfelder  NT.  48 


752  Der  Caeearianiiche  Bürgerkrieg. 

wagen (3) Mit  Einbruch   der  Nacht  entsandte   er   seine 

ganze  Reiterei  gegen  das  am  Flusse  Bagradas  befindliche  Lager  der 
Feinde,  die  der  früher  erwähnte  Saburra  befehligte;  der  König  aber 
war  mit  allen  Truppen  gefolgt  und  hatte  in  einer  Entfernung  von 
(>  Meilen  von  Saburra  Halt  gemacht.  (4)  Die  ausgesandten  Reiter 
legten  bei  Nacht  den  Weg  zurück  und  überfielen  die  unvorsichtig  und 
arglos  lagernden  Feinde.  Die  Numider  hatten  sich  nämlich  nach 
barbarischer  Sitte  ohne  Ordnung  ganz  willkürlich  gelagert.  (5) 
Schlafend  und  zerstreut  wurden  sie  von  den  Reitern  angegriffen  und 
ein  großer  Teil  niedergemacht;  viele  flüchteten  über  Hals  und  Kopf. 
Dann  machten  sich  die  Reiter  auf  den  Rückmarsch  zu  Curio  und 
führten  ihre  Gefangenen  mit. 

cap  39.  (1)  Curio  aber  war  unter  Zurücklassung  von  5  Kohorten 
im  Lager  mit  allen  Truppen  um  die  vierte  Nachtwache  aufgebrochen. 
Nach  einem  Marsche  von  6  Meilen  begegnete  er  den  Reitern  und  er- 
fuhr, was  vorgefallen;    er  fragte  die  Gefangenen,  wer  das  Lager  am 

Bagradas    befehligt   hätte;    sie   antworteten:    Saburra (6)    Er 

befahl  den  Reitern  ihm  zu  folgen  und  beschleunigte  seinen  Marsch, 
um  womöglich  die  Gegner  noch  in  Flucht  und  Verwirrung  anzu- 
greifen. Allein  jene  (die  Reiter),  ermüdet  von  dem  die  ganze  Nacht 
füllenden  Marsche,  konnten  nicht  mehr  nachkommen  und  blieben 
einzeln  zurück. 

cap  40.  (1)  Juba,  von  Saburra  über  den  nächtlichen  Kampf  in 
Kenntnis  gesetzt,  sandte  diesem  2000  spanische  und  gallische  Reiter,  die 
er  als  persönliche  Leibwache  hielt,  sowie  den  zuverlässigsten  Teil  der 
Infanterie,  zur  Unterstützung;  er  selbst  folgte  mit  dem  Gros  und  60 
Elefanten  langsam  nach.  (2)  Auf  Grund  der  neuerdings  vorgeschobenen 
Reiterei  vermutete  Saburra  das  Anrücken  Curios  selbst,  ließ  seine 
Truppen  zu  Fuß  und  zu  Roß  aufmarschieren  und  befahl  ihnen,  in  ver- 
stellter Furcht  Schritt  für  Schritt  zurückzuweichen;  er  werde  schon 
im  richtigen  Augenblick  das  Zeichen  zur  Schlacht  geben  und  anordnen, 
was  die  Situation  erheische.  (3)  Curios  bisherige  Hoffnung  wurde 
durch  die  scheinbare  Furcht  des  Feindes  bestärkt;  er  glaubte  diesen 
auf  der  Flucht  und  führte  seine  Truppen  von  den  Höhen  in  die  flache 
Ebene  hinab. 

cap.  41.  Nachdem  er  von  da  noch  eine  gute  Strecke  vorgerückt 
war,  machte  er,  da  das  Heer  durch  den  bereits  16  Meilen  langen 
Marsch  erschöpft  war,  Halt.  (2)  Sofort  gab  Saburra  den  Seinigen  das 


Utika  und  Bagradas.    Anhang:  Übersetzung  der  Quellenberichte.  753 

Zeichen,  stellte  die  Schlachtordnung  her,  ging  die  Front  ab  und  feuerte 
die  Soldaten  an;  die  Infanterie  hielt  er  noch  zum  bloßen  Anblick 
zurück,  die  Reiterei  aber  warf  er  in  den  Kampf.  (3)  Curio  blieb  nichts 
schuldig  und  ermunterte  die  Seinigen,  alle  Hoffnung  in  die  Tapferkeit 
zu  setzen.  Weder  der  Infanterie,  so  müde  sie  auch  war,  noch  den 
Reitern,  so  wenig  an  Zahl  und  erschöpft  vom  Marsche  sie  sein 
mochten,  fehlte  es  an  Kampfbegier  und  Tapferkeit;  aber  letztere  zählten 
nurmehr  200  Pferde,  die  übrigen  waren  auf  dem  Marsche  zurückge- 
blieben. (4)  Wo  immer  sie  zur  Attacke  ansetzten,  zwangen  sie  den 
Feind  zum  Weichen,  doch  waren  sie  weder  imstande  weiter  zu  ver- 
folgen, noch  ihre  Pferde  in  schärfere  Gangart  zu  bringen.  (5)  Die 
feindliche  Reiterei  aber  begann  die  Front  der  Unsrigen  auf  beiden 
Flügeln  zu  umfassen  und  im  Rücken  zu  beunruhigen.  (6)  So  oft  die 
Kohorten  aus  der  Front  vorbrachen,  entzogen  sich  die  Numider  durch 
ihre  Schnelligkeit  dem  Angriff  der  Unsrigen,  umzingelten  diese  auf 
dem  Rückzuge  und  suchten  sie  von  der  Front  abzuschneiden.  So 
schien  weder  das  Ausharren  in  Reih  und  Glied,  noch  wagemutiges 
Vorbrechen  Sicherheit  zu  bieten.  (7)  Die  Streitkräfte  des  Feindes, 
durch  Nachschübe  von  den  Truppen  des  Königs  unterstützt,  wuchsen 
zusehends;  die  Unsrigen  verließen  vor  Erschöpfung  die  Kräfte,  zumal 
die  Verwundeten  weder  aus  der  Front  treten,  noch  an  einen  gesicherten 
Platz  gebracht  werden  konnten,   da  die  ganze  Schlachtreihe  von  der 

feindlichen  Kavallerie  umzingelt  war 

cap.  42.  (1)  Als  Curio  sah,  daß  er  in  der  allgemeinen  Verwirrung 
weder  seinen  Mahnungen  noch  seinen  Bitten  Gehör  verschaffen  konnte, 
glaubte  er  in  der  verzweifelten  Lage  doch  noch  eine  Hoffnung  auf 
Rettung  zu  erblicken  und  befahl,  mit  allen  verfügbaren  Kräften  Di- 
rektion auf  die  nächsten  Hügel  zu  nehmen,  um  diese  zu  besetzen.  Doch 
auch  diese  besetzte  die  von  Saburra  dorthin  entsandte  Reiterei  vorher. 

(2)  Nun  erst  riß  die  Verzweiflung  in  den  Reihen  der  Unsrigen  voll- 
ends ein;  zum  Teil  wurden  sie  auf  der  Flucht  von  der  Reiterei 
zusammengehauen,    zum    Teil    brachen    sie   unverwundet   zusammen. 

(3)  Der  Kavalleriekommandant  Cn.  Domitius,  von  wenigen  Reitern 
begleitet,  forderte  Curio  auf,  sein  Heil  in  der  Flucht  nach  dem  Lager 
zu  suchen,  und  versprach  ihn  nicht  im  Stiche  zu  lassen.  (4)  Curio 
aber  versicherte,  niemals  ohne  das  Korps,  das  Caesar  seiner  Treue 
anvertraut,  vor  dessen  Augen  erscheinen  zu  wollen,  und  fand  so 
kämpfend  den  Tod.    (5)  Nur  sehr  wenige  Reiter  retteten  sich  aus  der 

48* 


754  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg-. 

Schlacht:  jene  aber,  die,  wie  erwähnt,  zur  Erholung  ihrer  Pferde  bei 
der  Nachhut  zurückgeblieben  waren,  erkannten  aus  der  Entfernung 
die  Katastrophe  des  ganzen  Heeres  und  kamen  unversehrt  ins  Lager. 
Die  Infanterie  wurde  bis  auf  den  letzten  Mann  niedergehauen. 

(cap.  43,  44:  Katastrophe  der  Lagerbesatzung  und  Jubas  Einzug 
in  Utika.) 

Appian  'Efjucp.  II  44 — 46. 

cap.  44.  Dies  nun  sind  die  Taten  Caesars  selbst  (in  Spanien). 
In  Libyen  aber  kommandierte  für  Pom pejus  Attius  Varus,  und  Juba, 
König  von  Mauretanien  und  Numidien,  stand  mit  ihm  im  Bunde.  Gegen 
sie  segelte  Curio,  Caesars  Feldherr,  mit  2  Legionen,  12  Kriegs- 
schiffen und  vielen  Transportschiffen  aus  Sizilien  herbei.  Er  landete 
bei  Utika.  schlug  in  einem  unbedeutenden  Gefechte  bei  dieser  Stadt 
eine  Anzahl  numidischer  Reiter  und  ließ  sich  von  seinem  noch  unter 
Waffen  stehenden  Heere  als  Imperator  begrüßen  .  .  .  (folgt  eine  längere 
Erläuterung  dieses  Titels)  . . .  Während  Curio  auf  der  Überfahrt  war, 
hatten  die  Feinde  in  Libyen  in  der  Voraussicht,  er  werde  aus  Ehrgeiz 
sein  Lager  bei  dem  Lagerplatz  Scipios,  dessen  Heldentaten  zu  Ehren, 
schlagen,  dort  das  Wasser  vergiftet.  Sie  sahen  sich  in  ihrer  Hoffnung 
auch  nicht  getäuscht.  Curio  bezog  tatsächlich  daselbst  eine  Stellung, 
und  sein  Heer  erkrankte  sofort;  wer  trank,  dem  wurde  es  dunkel 
vor  den  Augen  wie  bei  einem  Nebel,  und  eine  schwere  Schlafsucht 
befiel  ihn;  später  trat  wiederholtes  Erbrechen  ein  und  Krämpfe  des 
ganzen  Körpers.  Aus  diesem  Grunde  verlegte  Curio  sein  Lager  un- 
mittelbar vor  Utika,  wohin  er  sein  durch  die  Krankheit  geschwächtes 
Heer  durch  einen  großen  und  weiten  Sumpf  führte.  Erst  als  ihnen  die 
Nachricht  von  Caesars  in  Iberien  errungenem  Siege  zukam,  faßten  sie 
wieder  Mut  und  marschierten  nächst  des  Meeres  auf  engem  Räume 
zur  Schlacht  auf.  Es  kam  zu  einer  Hauptschlacht,  in  welcher  auf 
Seite  Curios  nur  ein  Mann  fiel,  auf  Seite  des  Varus  aber  600,  und  noch 
weit  mehr  verwundet  wurden. 

cap.  45.  Als  Juba  im  Anmärsche  war,  verbreitete  sich  das  falsche 
Gerücht,  er  sei,  nicht  mehr  weit  vom  Fluße  Bagradas  entfernt,  umge- 
kehrt, weil  sein  Reich  von  Nachbarn  verwüstet  werde,  und  habe  nur 
seinen  Feldherrn  Saburra  mit  wenigen  Truppen  am  Fluße  zurückge- 
lassen. Curio  glaubte  diesem  Gerüchte  und  führte  trotz  der  Hitze  des 
Sommers  um   die  dritte  Stunde  die  Hauptkraft  seines  Heeres  gegen 


Utika  und  Bagradas.    Anhang:  Übersetzung  der  Quellenberichte.  755 

Saburra,  und  zwar  auf  einem  sandigen  und  wasserlosen  Wege;  selbst 
wenn  wo  ein  winterlicher  Wasserlauf  war,  so  hatte  ihn  die  Glut  der 
Sonne  ausgetrocknet,  der  Fluß  aber  war  von  Saburra  und  dem  bei  ihm 
bereits  anwesenden  Könige  besetzt.  Curio  sah  sich  in  seiner  Hoffnung 
getäuscht  und  zog  sich  rasch  auf  die  Hügel  hinauf,  von  Mattigkeit, 
Hitze  und  Durst  gequält.  Als  ihn  die  Feinde  in  dieser  Lage  sahen, 
gingen  sie  über  den  Fluß,  und  machten  sich  zum  Kampfe  bereit.  Da 
rückte  Curio,  verblendet  und  sorglos,  mit  seinem  ermatteten  Heere 
herab.  Alsbald  von  den  numidischen  Keitern  eingeschlossen,  ging  er 
eine  Zeitlang  zurück  und  schloß  dicht  zusammen,  da  er  aber  auch 
dann  ins  Gedränge  kam,  floh  er  wieder  auf  die  Hügel  hinauf.  Sobald 
es  anfing,  schief  zu  gehen,  entfloh  Asinius  Pollio  mit  wenigen  Begleitern 
nach  dem  Lager  bei  Utika,  damit  nicht  Varus  auf  die  Nachricht  von 
dieser  Katastrophe  dort  einen  Angriff  ausführe;  Curio  aber  fiel  nach 
verzweifeltem  Kampfe  mit  allen,  die  bei  ihm  waren,  so  daß  außer 
Pollio  niemand  nach  Utika  zurückkam.  Dies  war  das  Ende  der  Schlacht 
am  Fluße  Bagradas,  und  der  abgeschnittene  Kopf  Curios  wurde  dem 
Juba  gebracht. 

cap.  46.  Als  die  Nachricht  von  der  Katastrophe  ins  Lager  vor 
Utika  kam,  entfloh  der  Flottenkommandant  Flamma  mit  der  Eskader 
ohne  einen  Mann  vom  Lande  an  Bord  genommen  zu  haben;  Asinius 
Pollio  aber  fuhr  auf  einem  Kahne  zu  den  im  Hafen  vor  Anker  liegen- 
den Kauf f ah  rem  und  bat  sie  herbeizusegeln  und  das  Heer  an  Bord 
zu  nehmen.  Einige  nun  segelten  auf  das  hin  bei  Nacht  herbei;  da 
aber  jene  in  dichtem  Gedränge  einstiegen,  so  sanken  mehrere  Schiffe, 
und  die  Kaufleute  stürzten  die  meisten  von  denen,  die  bis  auf  die  hohe 
See  gelangten,  weil  sie  Geld  bei  sich  hatten,  wegen  dieses  Geldes  in 
das  Meer.  Dies  war  das  Schicksal  der  zu  Schiff  abgefahrenen;  ein 
ähnliches  traf  noch  in  derselben  Nacht  die  am  Lande  zurückgebliebenen. 
Sie  ergaben  sich  am  folgenden  Tage  dem  Varus ;  als  aber  Juba  her- 
beikam, ließ  er  sie  die  Mauer  entlang  aufstellen  und  als  Überbleibsel 
seines  Sieges  niederschießen,  ohne  auch  nur  die  Fürbitte  des  Varus  zu 
beachten.  So  waren  denn  beide  römische  Legionen,  die  mit  Curio  nach 
Libyen  herübergekommen,  nebst  allen  Reitern,  Leichtbewaffneten  und 
Troßknechten  des  Heeres  gänzlich  vernichtet;  Juba  aber  kehrte  in 
sein  Reich  zurück,  überzeugt,  sich  ein  großes  Verdienst  um  Pompeius 
erworben  zu  haben. 


756  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Cassius  Di  o    XLI  41.  42. 

cap.  41.  Curio  unterwarf  Sizilien  ohne  Schwertstreich  (Cato 
nämlich,  der  Statthalter  der  Insel,  der  ihm  nicht  gewachsen  war  und 
die  Städte  nicht  unnütz  einer  Gefahr  aussetzen  wollte,  hatte  sich  zu 
Pomp  ejus  begeben);  dann  setzte  er  (Curio)  nach  Afrika  über  und  fand 
dort  den  Tod.  L.  Caesar  verließ  bei  seiner  Annäherung  die  Stadt 
Aspis,  in  der  er  sich  eben  befand,  und  P.  Attius  Varus,  der  dort  das 
Kommando  hatte,  verlor,  von  ihm  besiegt,  sowohl  viel  Mannschaft  als 
auch  einige  Städte;  Juba  aber,  Sohn  des  Hiempsal  und  König  von  Nu- 
midien,  der  es  mit  Pompejus,  der  Republik  und  dem  Senate  hielt 
und  Curio  schon  deshalb,  sowie  auch  aus  dem  Grunde  haßte,  weil 
dieser  seine  Absetzung  von  der  Herrschaft  und  die  Einziehung  seines 
Reiches  betrieben  hatte,  bekriegte  ihn  energisch.  Er  wartete  daher 
nicht  zu  Hause,  bis  jener  in  Numidien  einfallen  würde,  sondern  ging 
ihm  entgegen,  als  er  eben  Utika  belagerte,  aber  nicht  mit  seinem 
ganzen  Heere,  aus  Besorgnis,  jener  würde  auf  die  Kunde  davon  sich 
wieder  einschiffen  (denn  er  wollte  ihn  nicht  vertreiben,  sondern  an  ihm 
Rache  nehmen);  er  sandte  vielmehr  nur  eine  kleine  Abteilung  voraus 
und  ließ  das  Gerücht  verbreiten,  er  hätte  sich  nach  einer  andern  Rich- 
tung sehr  weit  entfernt,  folgte  aber  tatsächlich  der  Abteilung  und  sah 
sich  in  seiner  Hoffnung  nicht  getäuscht. 

cap.  42.  Curio  glaubte  zuerst,  daß  jener  selbst  heranzöge,  ging 
auf  sein  Lager  am  Meere  zurück,  entschlossen,  wenn  gedrängt,  zu 
Schiff  zu  gehen  und  Afrika  ganz  zu  räumen ;  als  aber  gemeldet  wurde, 
daß  nur  wenige  und  zwar  ohne  Juba  anrückten,  faßte  er  wieder  Mut, 
und  brach  noch  in  derselben  Nacht,  wie  zu  sicherem  Siege  auf,  als 
ob  es  sich  nur  darum  handelte,  jene  nicht  entkommen  zu  lassen;  als  er 
auf  seinem  Marsche  einen  Teil  der  feindlichen  Vorhut  im  Schlafe  über- 
fiel und  aufrieb,  wurde  er  noch  kühner.  Danach  traf  er  bei  Tages- 
anbruch auf  die  übrigen,  welche  aus  dem  Lager  gerückt  waren,  und 
zögerte  nicht,  trotzdem  seine  Leute  durch  den  Marsch  und  die  Schlaf- 
losigkeit erschöpft  waren,  sofort  mit  ihnen  handgemein  zu  werden. 
Als  jene  Widerstand  leisteten  und  im  Kampfe  das  Gleichgewicht 
hielten,  erschien  Juba  plötzlich  und  überwältigte  ihn  durch  sein  über- 
raschendes Auftreten  sowohl  als  durch  seine  Übermacht.  Er  machte  ihn 
selbst  und  die  meisten  der  Seinigen  an  Ort  und  Stelle  nieder,  den  Rest 
verfolgte  er  bis  an  ihre  Verschanzungen  und  jagte  sie  von  da  bis  auf 


Utika  und  Bagradas.    Anhang-:  Übersetzung  der  Quellenberichte.  757 

die  Schiffe;  in  dieser  Verwirrung  erbeutete  er  viel  Geld  und  vernich- 
tete viele  Männer.  Auch  auf  der  Flucht  kamen  noch  viele  um,  indem 
sie  teils  beim  Besteigen  der  Schiffe  im  Gedränge  stürzten,  teils  mit  den 
überlasteten  Fahrzeugen  untersanken.  Da  dies  geschah,  fürchteten 
manche,  dasselbe  zu  erleiden,  und  ergaben  sich,  um  sich  zu  retten, 
dem  Varus,  fanden  aber  keine  Milde;  denn  Juba  ließ  unter  dem  Ver- 
wände, daß  er  sie  besiegt  hätte,  auch  jene  fast  insgesamt  nieder- 
machen   


Beilage. 


Heeresstärken. 

cuno.  Die  Streitkraft  Curios  in  Afrika  ist  genau  gegeben.    Nach  b.  c. 

II  23  betrat  er  mit  2  Legionen  und  500  Reitern  den  afrikanischen 
Boden1);  seine  Kriegsflotte  bestand  aus  12  Kriegsschiffen  (23,  5).  Dieser 
Stand  hat  sich  in  dem  nur  10  tägigen  Feldzuge,  bis  auf  den  Zuwachs 
eines  erbeuteten  Kriegsschiffes,  nicht  mehr  geändert. 

Die  Legionen  waren  aus  den  Domitianischen  Kohorten  gebildet, 
die  in  und  bei  Corfinium  in  Caesars  Hände  gefallen  waren ;  ihre  Ver- 
bände waren  nahezu  unverändert  geblieben  (28, 1).  Die  Legionsnummern 
sind  unbekannt;  nach  Domaszewski  (Nr.  20,  S.  165)  lagen  sie  zwischen 
XVII  und  XXII.  Die  Stärke  der  italischen  Rekrutenkontingente 
mochte  damals  ca.  400  Mann  pro  Kohorte  betragen  haben;  daher  ver- 
fügte Curio  über  rund  8000  Mann  Infanterie  und  500  Reiter. 

varus.  Auf  gegnerischer  Seite  verfügte  Attius  Varus  in  Utika  gleich- 

falls über  2  Legionen  (b.  c.  I  31,  2),  die  wohl  ziemlich  denselben  Stand 
gehabt  haben  werden  wie  die  Caesarianischen ;  die  Truppen  in  Clupea 
und  Hadrumetum  kommen  für  den  Feldzug  nicht  in  Betracht.  Außer- 
dem werden  in  Utika  (c.  25,  3)  600  Reiter  und  400  Mann  leichte  Infanterie 
erwähnt,  die  von  Juba  beigestellt  waren ;  dann  traf  noch  ein  weiteres 
Kontingent  Jubas  ein,  von  welchem  aber  nur  die  Kavallerie  in  die 
Stadt  gelangte  (26,  2—4). 

In  der  Schlacht  bei  Utika  standen  sich  somit  annähernd  gleiche 
Kräfte  gegenüber;  an  Reiterei  und  vor  allem  an  leichter  Infanterie 
mag  Varus  quantitativ  überlegen  gewesen  sein. 


1)  Leichte  Infanterie  wird  auf  Curios  Seite  nie  erwähnt,  auch  dann  nicht,  wenn 
dies  auf  gegnerischer  Seite  der  Fall  ist  und  sich,  dem  Charakter  des  Kriegsschau- 
platzes angemesssen,  sehr  wohl  Gelegenheit  zu  ihrer  Verwendung  ergeben  hätte; 
es  scheint  demnach  keine  vorhanden  gewesen  zu  sein. 


Utika  und  Bagradas.    Beilage:  Heeresstärken.  759 

Über  Jubas  Stärke  sind  wir  gar  nicht  unterrichtet.  Sicher  ist,  Juba. 
daß  er  dem  Korps  Curios  wesentlich  überlegen  war ;  das  lehrt  nicht  nur  die 
Konsequenz,  die  Curio  gleich  aus  der  ersten  Meldung  von  seinem  An- 
rücken zog,  sondern  auch  die  ganzen  folgenden  Ereignisse.  Andererseits 
wissen  wir,  daß  Curio  für  den  Fall  des  Eintreffens  der  beiden  sizilianischen 
Legionen,  also  an  der  Spitze  von  16  000  Mann,  sich  wieder  für  offen- 
sivfähig hielt,  Die  einzige  Zahl,  die  uns  die  Quelle  direkt  nennt,  die 
dem  Saburra  nach  dem  Überfall  zugeschobenen  2000  gallisch-hispa- 
nischen Reiter  (40,  1),  besagt  gar  nichts,  da  wir  ihr  Verhältnis  zur 
Gesamtkraft  nicht  kennen;  das  einzig  Fixe  sind  die  ebenda  erwähnten 
60   Elefanten. 

Dennoch  ergibt  sich  uns  die  Möglichkeit,  wenigstens  einen  ganz 
approximativen  Maßstab  zu  finden,  den  man  hier  anlegen  kann. 

Im  bell.  Afric.  cap.  1,  4  wird  Jubas  gegen  Caesar  aufgebotene 
Macht  mit  4  Legionen  und  zahlreichen  leichten  Truppen  angegeben. 
Die  4  Legionen  können  wir  auf  rund  15 — 16000  Mann  veranschlagen; 
nimmt  man  die  leichten  Truppen,  was  für  ein  numidisches  Heer  gewiß 
nicht  zu  hoch  gegriffen  ist,  in  derselben  Höhe  an,  so  ergibt  die  Ge- 
samtsumme der  Infanterie  rund  30000  Mann.  Bezüglich  der  wieder- 
holt als  sehr  stark  bezeichneten  Kavallerie  werden  (48,  1)  800  regu- 
läre (frenati)  Reiter  genannt,  wobei  Saburras  gegen  Bogud  und  Sittius 
detachiertes  Korps  nicht  eingerechnet  ist.  Da  die  Infanterie,  wie  aus 
derselben  Stelle  hervorgeht,  im  Verhältnis  von  3  : 1  geteilt  war,  so  kann 
Saburra  dort  auch  nicht  viel  reguläre  Kavallerie  gehabt  haben,  vielleicht 
die  auf  1000  fehlenden  200,  oder  auch  gar  keine;  Juba  hatte  jedenfalls  das 
meiste  davon  mitgenommen  gegen  Caesar,  wo  reguläre  Truppen  viel 
dringender  nötig  waren  als  in  dem  mit  landesüblichen  Mitteln  ge- 
führten mauretanischen  Grenzkrieg. 

Der  Stand  an  leichter  Kavallerie,  der  nationalen  Hauptwaffe  der 
Numider,  war  entschieden  ein  weit  höherer  und  hat  zweifellos  mehrere 
Tausend  Reiter  betragen;  die  genaue  Zahl  ist  nicht  festzustellen. 

Nun  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  daß  Juba  nach  der  Vernichtung 
Curios  für  den  voraussichtlichen  Entscheidungskampf  mit  Caesar  noch 
sehr  ausgiebig  gerüstet  hat;  die  Notwendigkeit  hierzu  muß  ihm  späte- 
stens mit  der  Nachricht  von  Pharsalos  klar  geworden  sein,  und  da 
hatte  er  immer  noch  mehr  als  ein  Jahr  Zeit  dazu.  Wenn  er  es  in 
dieser  Zeit  für  einen  solchen  Kampf  auf  nicht  mehr  als  etwa  30000 
Mann  Infanterie   brachte,  so   hatte   er  gegen  Curio  entschieden  viel 


7(|o  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

weniger,  vielleicht  nur  halb  soviel,  aufgeboten;  auch  dürfte  damals  der 
Legionsverband,  überhaupt  die  teilweise  Organisation  nach  römischem 
Muster,  noch  nicht  durchgeführt  gewesen  sein,  was  auch  aus  der 
ganzen  Darstellung  der  Kampfweise  hervorzugehen  scheint. 

Wir  können  demnach  Jubas  Streitmacht  im  Curionischen  Feldzuge 
auf  etwa  15  000  Mann  Infanterie  schätzen  (von  berechnen  kann 
keine  Rede  sein).  Die  Kavallerie  kann  immerhin,  wie  ja  auch  die  in 
den  Punischen  Kriegen  von  den  numidischen  Königen  aufgestellten 
Kontingente  beweisen,  mehrere  Tausend  Reiter  gezählt  haben. 

Das  sind  Zahlen,  die  durchaus  im  Bereiche  der  Möglichkeit  liegen 
und  auch  den  Gang  den  Ereignisse  vollkommen  einleuchtend  erscheinen 
lassen.  — 


B.  Der  Feldzug'  Caesars  in  Afrika  47 — 46  v.  Chr. 

(Hierzu  Karte  18). 

Torbem  erkling. 

Caesars  afrikanischer  Feldzug  gehört  zu  den  dankbarsten  Prob- 
lemen der  Schlachtfeldforschung  im  Sinne  unserer  Aufgabe,  und  dies 
aus  zwei  Ursachen:  erstens  trägt  er  zum  überwiegenden  Teile  den 
Charakter  eines  Positionskrieges,  in  dem  der  Natur  der  Sache  nach 
das  Terrain  eine  verhältnismäßig  große  Solle  spielt  und  alle  Er- 
eignisse mehr  beeinflußt  als  in  einem  reinen  Bewegungskriege; 
zweitens  aber  haben  wir  als  Überlieferung  eine  Quelle,  welche  aus 
Gründen,  die  an  anderem  Orte  angeführt  worden  sind1),  eine  ganz  be- 
sondere Ausführlichkeit  in  den  Terrainangaben  entwickelt.  Diese 
Umstände  gestatten  uns,  eine  sehr  bedeutende  Zahl  von  Terrain- 
punkten mit  großer  Sicherheit  zu  bestimmen  und  auf  Grund  dieser 
Eesultate  den  Gang  der  Ereignisse  mit  bedeutender  Genauigkeit  zu  ver- 
folgen. 

Als  Positionskrieg  gliedert  sich  dieser  Feldzug  in  eine  Anzahl 
von  Perioden,  deren  jede  sich  an  einen  bestimmten  Terrainabschnitt 
knüpft. 

Die  erste  Periode  umfaßt  die  Zeit,  wo  Caesar,  noch  zu  schwach 
zur  Offensive,  in  der  Gegend  der  Stadt  Ruspina  sich  eine  feste 
Stellung  geschaffen  hatte,  die  ihm  die  Deckung  des  Seeweges  und 
den  ungehinderten  Nachschub  der  für  die  Offensive  nötigen  Ver- 
stärkungen ermöglichen  sollte. 

Die  zweite  Periode  umfaßt  den  ersten  Versuch  Caesars,  im 
Iunern  des  Landes  gegen  die  gegnerischen  Positionen  angriffsweise 
vorzugehen.  Die  Ereignisse  konzentrieren  sich  um  die  Stadt  Uzita. 
Sie  führen   zu    keinem   Ergebnisse,  da  Caesar  sich  durch    Verpflegs- 


1)  siehe  S.  721. 


762  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Schwierigkeiten  gezwungen  sieht,  bevor  er  noch  sein  Ziel  erreicht  hatte, 
den  Kriegsschauplatz  in  eine  andere  Gegend  zu  verlegen. 

In  der  dritten  Periode  finden  wir  beide  Parteien  in  der 
näheren  und  weiteren  Umgebung  der  Stadt  Aggar.  Der  Passivität 
des  Gegners  Rechnung  tragend,  sucht  Caesar  diesmal  durch  kühne, 
weit  ausholende  Offensivstöße  jenen  entweder  bis  zur  vollen  Er- 
schöpfung zu  schwächen,  oder  aber  zur  Annahme  der  ersehnten  Ent- 
scheidungsschlacht zu  zwingen.  Erst  der  dritte  dieser  Vorstöße  bringt 
das  gewünschte  Resultat:  die  Bedrohung  der  wichtigen  Küstenstadt 
Thapsus  nötigt  den  Gegner  zu  energischeren  Gegenmaßregeln,  und 
diese  führen  endlich  zur  Schlacht.  — 

Dieser  Gliederung  des  Feldzuges  entsprechend  zerfällt  auch  die 
Lokalforschung  in  mehrere  in  sich  geschlossene  Abschnitte.  Die  ersten 
drei  kann  man  füglich  nach  den  wichtigsten  Punkten  der  Feld- 
zugsperioden: Ruspina,  Uzita  und  Aggar,  benennen;  Thapsus,  obwohl 
streng  genommen  zur  dritten  Periode  gehörig,  erfordert  der  Wichtigkeit 
der  Sache  halber  und  dann  wegen  der  durch  die  Quellenfrage  bedingten 
abweichenden  Art  der  Behandlung  ein  eigenes  Kapitel. 

Der  ganze  viermonatliche  eigentliche  Feldzug,  von  Caesars  Landung 
bei  Hadrumetum  bis  zur  Schlacht  bei  Thapsus,  hat  sich  auf  einem 
ganz  unglaublich  engen  Räume  abgespielt;  das  ganze  Kriegstheater 
hat  keine  größere  Ausdehnung  als  60  Kilometer  oder  drei  mittlere  Märsche 
in  nordsüdlicher,  40  Kilometer  oder  zwei  Märsche  in  westöstlicher 
Richtung;  rechnet  man  die  unblutige  und  ziemlich  belanglose  Expedition 
nach  ThjTsdrus  ab,  so  verkürzt  sich  die  erster e  Dimension  noch  um 
fast  20  Kilometer.  So  haben  also  die  zahlreichen  Ereignisse  dieses 
Feldzuges,  die  aus  den  eingangs  angeführten  Gründen  fast  alle  mit 
großer  Sicherheit  zu  lokalisieren  sind,  durchwegs  in  solcher  Nähe  bei- 
einander stattgefunden,  daß  dadurch  auch  die  dazwischen  liegenden 
Märsche  und  Verschiebungen  mit  nahezu  derselben  Genauigkeit  ge- 
geben sind.  Kurz  gesagt:  wir  sind  in  der  Lage,  hier  einen  ganzen 
großen  und  interessanten,  von  einem  der  größten  Feldherrn  der 
Geschichte  geführten  Feldzug  nicht  nur  bezüglich  seiner  Haupt- 
ereignisse, sondern  fast  bis  ins  letzte  Detail  im  Terrain  zu  rekonstru- 
ieren. Bei  keinem  andern  ähnlichen  Problem  würde  daher  die  ultima 
ratio  der  Schlachtfeldforschung,  die  Grabung,  unter  so  günstigen 
Vorbedingungen,  mit  so  geringem  Risiko  einsetzen  können. 


Vorbemerkung-.  763 

Hierzu  kommt  noch,  daß  dieser  Feldzug  als  ausgesprochener 
Positionskrieg  mit  seiner  im  größten  Stile  angewandten  Feldbefesti- 
gung ganz  besonders  dankbare  Objekte  für  Grabungen  abgeben  müßte. 
Die  vielumstrittene  Defensivfront  von  Ruspina,  die  im  Gegensatz  hier- 
zu seit  jeher  eindeutig  aufgefaßte  Position  vor  Uzita,  die  Lager  bei 
Aggar  und  Tegea,  endlich  die  zahlreichen  Werke  um  Thapsus,  —  all 
dies  wäre  ebenso  leicht  zu  erforschen,  als  die  Ergebnisse  zu  den 
dankbarsten  dieser  Art  gehören  müßten. 

Und  dabei  wären  die  materiellen  Schwierigkeiten  minimale.  Die 
ganze  Gegend  ist  leicht  erreichbar  und  bietet  alle  Bedingungen  für 
rasche,  ungestörte  und  vor  allem  billige  Arbeit.  Der  durchwegs 
leicht  zu  bearbeitende  Boden  hat  nirgends  unerschwinglichen  Wert; 
den  weitaus  größten  Teil  der  dortigen  Kulturen  bilden  schüttere 
Olivenpflanzungen,  die  durch  stichprobenartig  geführte  Grabungen 
überhaupt  gar  nicht  in  Mitleidenschaft  gezogen  würden. 

Das  französische  Regime  in  Tunis  hat  bereits  Großes  für  archäolo- 
gische Forschungen  getan  und  tut  es  fortgesetzt;  es  würde  sich  ein 
bedeutendes  und  dabei  äußerst  billiges  Verdienst  erwerben,  wenn  es 
jene  Arbeiten  auch  auf  dieses  Gebiet  erstrecken  würde,  auf  dem  ja  ohne- 
hin französische  Forscher  die  größte  bisher  erreichte  Leistung,  die 
Ausgrabungen  von  Alesia,  vollbracht  haben.  Bisher  ist  der  in  diesem 
Sinne  geäußerte  Wunsch  Stoffels1)  nicht  erfüllt  worden.  Vielleicht 
bringt  diese  neuerliche  Untersuchung  den  maßgebenden  Faktoren  in 
Erinnerung,  welch  dankbares  Problem  hier  der  Lösung  harrt. 


1)  Nr.  15  IL  p.  298. 


1.  Ruspina. 

Hierzu  Karte  19  a. 

I.  Die  bisherige  Lokalisierung  und  ihre  Kritik. 

Als  Caesar  nach  Afrika  übersetzte,  landete  er  mit  sehr  geringer 
Streitmacht  bei  Ha  drum  et  um.  Da  diese  Stadt  von  Considius  be- 
setzt und  daher  bei  der  Schwäche  der  eigenen  Kräfte  für  ihn 
nicht  zu  haben  war,  er  aber  vor  allem  einen  starken  Stützpunkt  an 
der  Küste  —  gewissermaßen  als  ideellen  Brückenkopf  zur  Deckung 
des  weiteren  Nachschubes  aus  Sizilien  —  dringend  brauchte,  so  be- 
setzte er  zunächst  die  Stadt  Ruspina  und  Tags  darauf  Leptis 
minor,  kehrte  aber  dann,  in  Leptis  eine  relativ  starke  Besatzung 
zurücklassend,  nach  Ruspina  zurück,  um  dort  seine  Hauptstellung  zu 
nehmen. 

Der  Platz  mußte  demnach,  trotzdem  er  näher  an  der  feind- 
lichen Hauptfestung  Hadrumetum  lag  und  ohne  Zweifel  auch  einen 
schlechteren  Hafen  hatte  als  Leptis1),  für  den  beabsichtigten  Zweck 
als  Stützpunkt  besondere  Vorteile  bieten.  Diese  springen  nun  aller- 
dings in  die  Augen,  wenn  man  das  Terrain  genauer  betrachtet. 
Das  Terrain.  j)as  heutige  Monastir  oder  Mestir,  das  man  gemeiniglich  mit 

dem  alten  Ruspina  identifiziert,  liegt  auf  der  Spitze  einer  Halb- 
insel. Dieselbe  hat  die  Gestalt  eines  gleichseitigen  Dreiecks  von 
etwa  je  4  Kilometer  Seitenlänge  und  wird  von  einem  Plateau  ausgefüllt, 
welches  von  der  ins  Meer  vorragenden  Spitze  gegen  die  dem  Lande 
zugekehrte  Basis  allmählich  ansteigt.  An  dieser  fällt  es  in  Form  eines 
deutlich  ausgesprochenen,  20  bis  30  Meter  hohen  Rideaus  gegen  die 
davorliegende  Ebene  ab.  Dieses  Rideau  ist  von  seinem  Nordende  bis 
auf  etwa   2  Drittel   seiner  Ausdehnung   gleichmäßig   sehr  steil   und 


1)  Leptis  war  in  der  zweiten  Periode,  als  Caesar  vor  Uzita  stand,  der  Haupt- 
hafen für  die  Flotte  (b.  Afr.  62  ff.),  während  der  von  Ruspina  nicht  mehr  benutzt 
wurde. 


Ruspina.     1.  Die  bisherige  Lokalisierung  und  ihre  Kritik. 


765 


brüchig,  im  letzten,  mehr 
nach  Südosten  verlaufenden 
Drittel  bedeutend  flacher 
abgedacht.  Den  Übergang 
dieser  beiden  Abschnitte  be- 
zeichnet eine  scharf  vor- 
springende, steil  abfallende 
Ecke,  auf  der  heute  die 
Ruine  Hir  Tenir  liegt1). 
Das  ganze  Plateau  stellt  so 
tatsächlich  eine  Art  natür- 
licher Festung  dar,  welche 
auf  zwei  Seiten  durch  das 
Meer,  auf  der  dritten  durch 
den  erwähnten  steilen,  das 
Vorterrain  weithin  beherr- 
schenden Abfall  vortrefflich 
gesichert  erscheint.  Der 
Herr  dieses  Plateaus  war 
vom  Lande  aus  so  gut  wie 
unangreifbar;  die  erhöhte 
und  im  Kücken  abfallende 
Lage  behinderte  auch  jeden 
Einblick  des  Feindes  in  die 
eigenen  Verhältnisse,  wäh- 
rend man  selbst  von  oben 
die  ganze  Umgebung  weit- 
hin überblicken  konnte. 

Die  Stellung  entsprach 
somit  tatsächlich  in  idealer 
Weise  den  Anforderungen 
jenes  „ideellen  Brücken- 
kopfes", dessen  Caesar  zu- 
nächst bedurfte. 


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1)  Das  Material  des  Plateaus,  eine  scheinbar  sehr  junge  geologische  Formation, 
ist  brüchiger  Muschelkalk.  Die  ganze  Oberfläche  ist  bedeckt  mit  zahllosen  Petre- 
fakten  von  Schaltieren  aller  Art  und  oft  sehr  bedeutender  Größe.  Mit  Ausnahme 
des  steilen  Rideauabfalles  ist  die  ganze  Gegend  heute  mit  Oliven  kultiviert,  im  nörd- 
lichen Teile  dichter  als  im  südlichen. 


766 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg-. 


Di«  Stellung  Dies  alles  hat  aber  zur  Voraussetzung,  daß  auch  das  Plateau  als 

Ganzes  in  die  Stellung  einbezogen  wurde;  denn  eine  Beschränkung 
auf  die  Ostspitze  hätte  den  allerwichtigsten  Teil,  den  Rideau- 
abfall  gegen  die  Ebene,  preisgegeben,  und  wenn  der  Feind  diesen  be- 
setzte, so  hätte  er  damit  eine  die  ganze  Halbinsel  dominierende,  ihrerseits 
fast  unangreifbare  Stellung  gewonnen  und  bei  einiger  fortifikato- 
rischer  Verstärkung  sich  die  Möglichkeit  gewahrt,  jeden  Versuch 
Caesars,  ins  Innere  des  Landes  vorzustoßen,  mit  voller  Sicherheit  zu 
hindern ;  zum  allermindesten  hätte  dieselbe  gewaltsam  und  unter  sehr 
ungünstigen  Chancen  erzwungen  werden  müssen. 

Caesar  hätte  nach  all  dem  nicht  der  große  Feldherr  sein  müssen, 
als  den  ihn  die  Geschichte  kennt,  sondern  ein  mit  Blindheit  geschlagener 
Stümper,  wenn  er,  einmal  für  Ruspina  entschlossen,  sich  den  Besitz 
des  Rideaurandes  nicht  sofort  gesichert  hätte;  unbegreiflich  wäre  es 
auch  gewesen,  warum  er  unter  solchen  Umständen  der  Gegend  von 
Ruspina  überhaupt  den  Vorzug  vor  dem  besseren  Hafen  Leptis  gegeben 
hätte;  und  noch  unbegreiflicher  erschiene  es  von  Scipio  und  Labienus, 
daß  sie,  wenn  Caesar  den  Rideaurand  freigab,  ihn  nicht  sofort  ihrerseits 
in  Besitz  genommen  und  damit  zum  mindesten  jedes  weitere  Vorgehen 
Caesars  unmöglich  gemacht  hätten. 
Bisherige  Auf-  Und  doch  scheint  es  nach  der  bisher  üblichen  Interpretation  der 

^haTtbarke^  QueUe?  als  0D  jene  beiden  Unwahrscheinlichkeiten  tatsächlich  einge- 
derseiben.  treten  wären.  Wir  lesen  zunächst  Kap.  6,7,  daß  Caesar  sein  Lager 
bei  der  Stadt  Ruspina1)  aufschlug,  also,  wenn  man  an  der  Iden- 
tität von  Ruspina  mit  Monastir  festhält,  nahe  der  Spitze  der  Halbinsel; 
dann  lesen  wir  Kap.  20,1,  daß  er  von  diesem  Lager  und  von  der  Stadt 
je  einen  Wall  und  Graben  ans  Meer  zog;  also,  bei  obiger  Annahme, 
wieder  nur  im  engsten  Bereiche  der  Halbinselspitze.  Wir  kämen  also 
zu  dem  Schlüsse,  daß  Caesar  wirklich  auf  den  Rideaurand  verzichtet 
und  sich  auf  die  äußerste  Spitze  der  Halbinsel  beschränkt  hätte. 

Und  dennoch :  was  tut  Scipio  ?  Er  schlägt  sein  Lager  3  römische 
Meilen  von  der  Stellung  Caesars,  also,  im  Terrain  nachgemessen, 
nicht  auf,  sondern  ein  gutes  Stück  vor  dem  Rideau  in  der  von 
letzterem  dominierten  Ebene!  Das  militärisch  Unwahrscheinlichste, 
das  überhaupt  denkbar  ist.  Wenn  er,  wie  im  folgenden  wieder- 
holt erzählt  wird,  Caesar  zur  Schlacht  herausfordert,  so  muß  er  jedes- 
mal mit  seiner  ganzen  acies  erst  das  steile  Rideau  hinaufsteigen,  und 

1)  „ad  oppidum  Ruspinam". 


Ruspina.     1.  Die  bisherige  Lokalisierung  und  ihre  Kritik.  767 

jedesmal  geht  er,  da  Caesar  sich  nicht  rührt,  des  Abends  wieder  das 
Rideau  hinab  in  sein  Lager,  ohne  daß  wiederum  jener  diesen  be- 
deutenden Schwächemoment  des  Abstieges  über  den  schwierigen  Steil- 
abfall zum  Gegenangriffe  ausnützt1).  Und  obwohl  Caesar  dem  Gegner  den 
Rideaurand  freiwillig  überläßt,  von  dem  aus  er  die  ganze  Halbinsel  und 
alles  was  darauf  vorgeht  bequem  übersehen  und  beherrschen  könnte,  so 
besetzt  Scipio  denselben  nicht  nur  nicht,  —  o  nein,  —  er  verzichtet  auch 
darauf,  Beobachtungspatrouillen  oben  aufzustellen,  trotzdem  diese,  in 
jener  markanten  und  nicht  zu  ausgedehnten  Linie  postiert,  jeden  Vor- 
marsch des  Feindes,  wenn  auch  nicht  hindern,  so  doch  rechtzeitig  wahr- 
nehmen und  dem  Armeekommando  melden  könnten.  Und  so  passiert 
es  ihm,  daß  er,  als  Caesar  in  einer  schönen  Mondnacht  abmarschiert, 
die  Geschichte  erst  merkt,  als  jener  mit  seiner  ganzen  Armee  längst 
davon  ist  und  in  seinem  Rücken,  bei  Uzita,  Hügel  befestigt. 

Das  verstehe,  wer's  kann.  — 

Man  sieht :  die  Sache  ist  derart,  daß  man  sie  als  militärisch  unhalt- 
bar bezeichnen  muß;  sie  strotzt  von  militärischen  Unmöglichkeiten. 
Aber  auch  im  Texte  selbst,  aus  dem  wir  sie  abgeleitet  haben,  finden 
wir  Stellen,  die  wir  bei  obiger  Annahme  nicht  recht  erklären  können. 

Da  ist  zuerst  der  bereits  erwähnte  Passus  Kap.  20,1  von  den 
beiden  Wällen,  mittels  deren  Stadt  und  Lager  mit  dem  Meere  ver- 
bunden wurden.  Monastir  liegt  ja  selbst  am  Meere,  und  das  Lager, 
das  sich  an  die  Stadt  lehnt,  mußte  doch  auch  am  Meere  liegen  oder  doch 
ganz  nahe  davon;  es  ist  daher  nicht  einzusehen,  warum  mit  einer  so 
kleinen  Arbeit,  wie  sie  sich  hier  ergab,  solange  gewartet  wurde,  bis 
der  zweite  Transport  eingelangt  und  die  Armee  auf  8  Legionen  ver- 
stärkt war,  obwohl  die  frühere  schwächere  Truppenzahl  den  Schutz 
durch  solche  Linien  viel  nötiger  gehabt  hätte.  Bezüglich  des  von  der 
Stadt  zum  Meere  führenden  Walles  könnte  man  einwenden,  daß  der- 
selbe zu  dem  Hafen  gezogen  wurde,  der  nach  Kap.  10,1  zwei  Millien 
von  der  Stadt  entfernt  war.  Aber  dieser  Wall  hätte,  wenn  Ruspina 
selbst  am  Meere  lag,  notwendig  gleichfalls  nahe  am  Meere  führen 
müssen,  also  „längs  des  Meeres"  oder  „zum  Hafen",  nicht  aber,  wie 
der  Text  ausdrücklich  sagt,  „zum  Meere". 

Und  jetzt  die  berühmte  Stelle  Kap.  24,3:  „Caesariani neque 

amplius  milia  passuum  VI  terrae  Africae  quoquo  versus  tenebant."     Der 

1)  Man  vergleiche  das  Verhalten  Hasdrubals  in  einer  analogen  Situation  in  der 
Schlacht  hei  Nepheris  S.  709. 

Kromayer-  Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  49 


768  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Ausdruck  „quoquo  versus"  galt  bisher  als  nicht  ganz  klar  und  wurde  dem- 
gemäß von  den  verschiedenen  Auslegern  dieser  Stelle  ziemlich  willkürlich 
im  Sinne  ihrer  jeweiligen  Ansicht  interpretiert.  Stoffel  z.  B.,  bei  dessen 
Auslegung  der  von  Caesar  besetzte  Raum  als  ganz  schmaler,  längs  der 
Küste  hinziehender  Landstrich  erscheint,  faßt  die  Sache  so  auf,  daß  die 
Land-    und    Seefront    dieses   Streifens    zusammen    die    angegebene 
Länge  gehabt  hätten.     Nun  finden  wir  aber  in  der  Literatur  Belege 
dafür,  daß  wir  unter  „quoquo  versus"    ganz   etwas    anderes   zu   ver- 
stehen haben1).  Aus  den  unten  zitierten  Beispielen  erhellt  ganz  klar,  daß 
der  fragliche   Ausdruck   die    Gleichheit  zweier  verschiedener 
Dimensionen  bedeutet,  also  bei  einer  Fläche  die  Gleichheit  derLänge 
und  der  Breite;  heißt  also  soviel  als  „in  jeder  Richtung"  oder  „im 
Geviert".    Es  kann   sich  demnach  in   diesem  Falle  nicht  um   einen 
schmalen  Küstenstreifen   handeln,   sondern   um   einen   annähernd 
quadratischen  oder  kreisförmigen  Raum,  innerhalb  dessen  zwei 
in  der  Richtung  senkrechte  Dimensionen  beiläufig   die  erwähnte  Aus- 
dehnung besaßen.  Auf  die  Ziffer  werden  wir  noch  zurückkommen.   Vor- 
läufig genügt  es  festzustellen,  daß  ein  sc  hm  a  ler  langer  Streifen  längs 
der  Küste  zwischen  Stadt  und  Hafen  damit  nicht  gemeint  sein  kann. 
Wir  sehen,  die  Hauptquelle  selbst  gibt  uns  Anhaltspunkte  dafür, 
die    zuerst    aus    ihr    deduzierten    Schlüsse    in    Zweifel    zu    ziehen. 
Und  doch  sind  gerade  die  Daten,   aus   denen    wir  jene  Schlüsse    ge- 
wonnen,  so     klar   und  bestimmt,    und    die   ganze     Darstellung     des 
bellum  Africanum  so  sicher  auf  persönlicher  Augenzeugenschaft  aufge- 
baut, daß  wir  nicht  umhin  können,  den  offenbar  irgendwo  vorhandenen 
Fehler   nicht   in   der  Quellendarstellung,    sondern    in    unserer   Inter- 
pretation zu  suchen,  und  zwar  folgerichtig  in  jenem  Kalkül,  an  welchem 
die  Quelle  am  meisten  unschuldig  ist:  in  der  Lokalisierung   der 
Stadt  Ruspina. 
Hypothese  Die  Identifizierung  Ruspina  =  Monastir  gilt  heute  allgemein  als 

MonSSr    feststehend,  seit  Tissot   und   Stoffel    sich  dafür  entschieden  haben 


1)  Caes.  b.c.  125,  6:  „rates  duplices  quoquo  versus  pedum  XXX".  II  S,  2: 
,, patebat  haec  (turris)  quoquo  versus  pedes  XXX".  —  Dann  Cato  de  agricultura  XV  1  : 
„parietes  villae  si  locet  in  pedes  C  id  est  pedes  X  quoquo  vors  um".  Columella 
V  5, 2 :  „Scrobs  in  longitudinem  altitudinemque  defossus  tripedaueus  abunde  est  ; 
latitudine  tarnen  bipedanea;  vel  si  quaternum  pedum  spatia  inter  ordines  relicturi 
sumus,  commodius  habemus  eandem  quoquoversus  dare  mensuram  scrobibus".  — 
VIII 3,  2:  cella  minima  esse  debet  in  altitudinem  et  quoquoversus  pedes  Septem".  — 
IX  2,28:  scrobes  quaternarii  hoc  est  quoquoversus  pedum  IV". 


Ruspina.     1.  Die  bisherige  Lokalisierung  und  ihre  Kritik. 


769 


und  das  Corpus  inscriptionum  latinarum  diese  Entscheidung  still- 
schweigend angenommen  hat.  Es  muß  aber  gleich  konstatiert 
werden,  daß  diese  Annahme  durchaus  nicht  seit  jeher  als  selbstverständ- 
lich galt. 

Barth  (Nr.  5  S.  158)  bestreitet  ausführlich,  daß  das  heutige 
Monastir  auf  einem  antiken  Zentrum  liegt,  und  lokalisiert  das  alte 
Euspina  beim  heutigen  Sahline,   etwa   10  Kilometer  weiter  westlich. 

M anner t  (nach  Tissot  II  727)  erblickt  in  Monastir  nur  den  Hafen 
des  alten  Euspina,  und  F orbiger  (Nr.  3  S.  845)  folgt  ihm  darin. 

Smith  (Nr.  8  II  859)  sucht  Euspina  in  dem  heutigen  Therma 
bei  Leptis,  Marcus  (nach  Tissot  a.  a.  0.)  in  Eousfa  d'Abou  Obeid  el 
Bekri  bei  Kairouan,  Davis  (Nr.  6  S.  303  ff.  u.  Karte)  identifiziert  es 
mit  Sousse  etc. 

Die  Tatsache,  daß  ernstzunehmende  Forscher  die  Identität  von 
Euspina  mit  Monastir  zum  mindesten  als  durchaus  nicht  ausgemacht 
betrachten,  stellt  uns  die  Aufgabe,  die  Gründe  zu  untersuchen,  welche 
die  Verteidiger  obiger  Identifikation  für  ihre  Ansicht  geltend  ge- 
macht haben. 

Stoffel  gibt  überhaupt  keine  Gründe  an,  sondern  nimmt  die  Tat- 
sache als  feststehend. 

Tissot  (II  728;  auch  165)  der  mit  gewohnter  Gründlichkeit  zu-       Tissot. 
nächst  die  Gegenmeinungen  vollzählig  zu  Worte  kommen  läßt,  bleibt 
uns  auch  die  ausführliche  Begründung  seiner  Ansicht  nicht  schuldig. 
Seine  Gründe  sind  folgende: 

1)  Sind  in  Monastir  Spuren  einer  antiken  Stadt  zu  finden,  die  in 
der  Position  liegt,  welche  die  Tabula  Peutingeriana  für  Euspina 
angibt. 

2)  Die  Etymologie  des  Namens:  phönikisch  „Eous  penna"  = 
„caput  anguli". 

3)  Die  Angabe  des  bellum  Africanum  c.  10,1,  daß  der  Hafen  2  m.  p. 
von  Euspina  entfernt  sei. 

4)  Das  Gesamtbild   (ensemble  du  recit)    der  Operationen  Caesars 

Zum  ersten  Grund  muß  vor  allem  konstatiert  werden,  daß  die  Die  Tabula. 
Tabula  Peutingeriana  keineswegs  den  Punkt  als  solchen  bestimmt, 
den  Euspina  einnahm,  sondern  nur  die  Linie,  in  der  dieser  Punkt  lag: 
die  Straße  zwischen  Hadrumetum  und  Leptis  minor.  Um  das  zu 
wissen,  brauchen  wir  aber  nicht  erst  die  Tabula.  Den  Punkt  inner- 
halb dieses  Straßenabschnittes   bleibt  sie   uns   schuldig,    weil  sie  die 

49* 


770  Der  Caesarianischc  Bürgerkrieg. 

Distanz  von  Hadrumetum  mit  25  m.  p.  angibt,  was,  wie  noch  niemand 
bezweifelt  hat.  sicher  falsch  ist;  jene  von  Leptis  aber  gar  nicht.  Die 
üblichen  Korrekturen  dieser  Ziffern  basieren  alle  auf  einer  aus  anderen 
Gründen  bereits  als  feststehend  angenommenen  Lage  der  Stadt,  können 
daher  nicht  umgekehrt  wieder  zum  Beweis  dieser  Lage  herangezogen 
werden.  Die  Hypothese,  die  Entfernung  von  Leptis  sei  doch  ange- 
geben, und  zwar  rechts  des  Namens  Leptis,  wie  überhaupt  alle 
weiteren  Ziffern  bis  Selectum  auf  der  falschen  Seite  eingetragen 
wären,  hat  viel  für  sich,  stimmt  aber  eben  nicht  für  Monastir;  denn 
dieses  ist  von  der  Ruinenstätte  des  alten  Leptis  bei  Lempta  genau 
15  Kilometer  =  10  Millien  entfernt,  nicht  aber  8,  wie  die  Tabula 
angibt,  Wir  werden  übrigens  auf  diese  Angaben  noch  zurückkommen. 
Wir  sehen  also,  daß  die  alte  Niederlassung,  deren  Spuren  man  in 
Monastir  gefunden  haben  will,  durchaus  nicht  auf  dem  Punkte  lag, 
den  die  Tabula  für  Ruspina  angibt  oder  besser  gesagt  nicht  angibt. 
Und  mit  den  Spuren  selbst  hat  es  eine  ähnliche  Bewandtnis. 
Monastir  keine         ^e  <jer  Lokalaugenschein   lehrt  und  auch  die  neue  französische 

antike  Stadt.  .  __M   ,         , 

Karte  1:50,000  klar  ersichtlich  macht,  ist  die  ganze  Kustenebene 
der  ehemaligen  Provinz  Africa  geradezu  dicht  besäet  mit  Spuren 
antiker  Ruinen.  An  Stellen,  an  denen  sich  heute  Ortschaften  erheben, 
haben  sich  diese  Spuren  durch  Beibehaltung  der  Fundamente,  Wieder- 
verwendung behauener  Steine  etc.  zum  Teil  besser  erhalten  als  in 
offenem  Felde,  wo  der  Pflug  über  die  Trümmer  hinweggegangen  ist. 
Man  darf  daher  nicht  glauben,  daß  das  Vorhandensein  sichtbarer 
Reste  innerhalb  einer  heutigen  Ortschaft  ohne  weiteres  den  Schluß 
zuläßt,  hier  habe  ein  stadtähnliches  Zentrum  gestanden,  es  sei 
denn,  daß  sich  Objekte  oder  Inschriften  nachweisen  lassen,  die  nur 
in  einer  wirklichen  Stadt  möglich  waren.  Dies  ist  aber  in  Monastir 
nicht  der  Fall.1)  Daher  haben  die  dort  erhaltenen  Reste  keine  andere 
Bedeutung  als  alle  die  andern,  die  sich  in  größerer  oder  geringerer  Nähe 
davon  an  der  Küste  finden  und  auch  zahlreiche  Inschriften  enthalten.2) 


1)  Inschriften  wurden  in  Monastir  insgesamt  zwei  gefunden  (Ephemeris  V.  p.  517, 
n.  1 165  a,  b.).  Die  ersteist  ausgesprochen  christlichen  Ursprunges,  die  zweite  gibtüberhaupt 
keinen  Anhaltspunkt.  Der  Beweis  einer  punisch -römischen  Stadt  läßt  sich  aus  beiden 
nicht  konstruieren.    Eine  Nekropole  wurde  gleichfalls  nicht  gefunden. 

2)  Solche  starke  Küstenbesiedelung  findet  sich  bekanntlich  auch  an  vielen  anderen 
Punkten  der  Mittelmeerküste.  Man  denke  z.  B.  an  die  Küsten  von  Latium  und  Cam- 
panien.  Auch  die  ganze  Südküste  von  I Strien  z.  B.,  von  Rovigno  um  die  Südspitze 
herum  bis  an  die  Arsamündung  einschließlich  der  Brionischen  Inseln,  bietet  heute  eine 


Ruspina.    l..Die  bisherige  Lokalisierung-  und  ihre  Kritik.  771 

Übrigens  spricht  schon  der  Name  „Monastir"  =  „monasterium", 
„Kloster",  dagegen,  daß  der  Ort  auf  der  Stelle  eines  römischen  Oppidums 
liegt.  Das  Kloster,  von  dem  es  den  Namen  hat,  kann  notwendig 
nur  in  der  ersten  Zeit  der  christlichen  Klostergründungen,  d.  i.  vor 
der  arabischen  Eroberung,  dort  gestanden  haben;  an  ein  moslemitisches 
Kloster  ist  nicht  zu  denken,  da  die  griechische  Bezeichnung  überall 
nur  für  christliche  Klöster  Anwendung  findet.  Jene  frühchristlichen 
Klöster,  die  durchwegs  durch  Zusammenschluß  von  Einsiedlern  ent- 
standen, wurden  aber  nur  ausnahmsweise,  wie  z.  B.  in  Karthago  (Prakop 
de  red.  VI  6 ;  de  bello  Vand.  II  26)  im  Innern  von  Städten,  gewöhnlich  im 
freien  Felde,  an  weithin  sichtbaren  Punkten  errichtet.  Zahlreiche  aus 
jener  Epoche  stammende,  heute  noch  existierende  „griechische  Klöster" 
auf  der  Balkanhalbinsel,  in  Kleinasien  und  Syrien  bilden  durchweg 
Typen  dieser  Art.  Wir  können  daher  mit  Bestimmtheit  annehmen,  daß 
das  Monasterium,  welches  dem  heutigen  Monastir  den  Namen  gab, 
nicht  in  der  alten  Stadt  Ruspina,  sondern  auf  dem  freien,  weit  in 
die  See  vorspringenden  Vorgebirge  errichtet  worden  war.1) 

Daß  Euspina   nicht  auf  der  Spitze  dieses  Vorgebirges   —    dem  Ruspina  nicht 

auf  der  Spitze 

Platz    des  heutigen  Monastir  —  lag,   dafür  haben  wir  noch   andere  des  Vorgebirges 

Anhaltspunkte.     Wir  können  sogar  weitergehen  und  behaupten,   daß 

es    überhaupt   nicht    am   Meere    lag.     Wohl    zählt    es    das    bellum 

Africanum    c.  8,  1.   zu  den   „maritima  oppida",  aber  es  erwähnt  auch 

cap.  10,  1,   daß   sein  Hafen   2  Millien    von  der  Stadt    entfernt   war. 

Eine  Stadt  aber,  die  einen  wenn  auch  3  Kilometer  entfernten  eigenen 

Hafen  besaß,  konnte  gewiß   als    „oppidum  maritimum"   in  dem  Sinne 

bezeichnet  werden,  wie  es  hier  gemeint  ist:  „maritima  oppida  post  se 

ne    vacua    relinqueret    praesidioque    firmata    ad    classim    receptacula 

muniret." 


fast  zusammenhängende  Kette  von  Fundstätten  alter  Ansiedlungen,  und  zwar  meist  in 
vornehmem  Stil  gehaltener  Luxusetablissements,  etwa  wie  man  sie  in  unserer  Zeit  bei 
Nizza— Monte  Carlo  oder  bei  Lovrana — Abbazia — Volosca  findet.  Ähnlich  scheint  es 
in  der  römischen  Epoche  auch  an  vielen  Stellen  der  afrikanischen  Küste  gewesen  zu  sein. 
1)  Man  darf  nicht  einwenden,  daß  Ruspina  zur  Zeit  der  Klostergründung  schon 
zerstört  gewesen  sein  könnte.  Strabo  VIII  3,  1  scheint  zwar  auf  eine  Zerstörung  im 
afrikanischen  Feldzuge  Caesars  hinzudeuten,  die  aber  den  Ereignissen  nach  ganz  un- 
wahrscheinlich ist,  da  die  Stadt  sich  von  Anfang  an  für  Caesar  erklärt  hatte  und  von 
ihm  zweifellos  während  des  ganzen  Feldzuges  geschützt  wurde  (vgl.  b.  Afr.  c.  67, 1). 
Auf  alle  Fälle  existierte  die  Stadt  später  wieder,  wie  die  Erwähnungen  bei  Plinius 
V  3,25  und  XV  20,  82,  bei  Ptolomäus  IV  3,  beim  Geographus  Ravennas  V5 
und  III  5,  und  in  der  Tabula  Peutingeriana  beweisen. 


7  72  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Daß  aber  die  Stadt  selbst  nicht  am  Meere  und  vor  allem  nicht  auf 
der  Spitze  des  Vorgebirges  lag,  erhellt  aus  der  Tatsache,  daß  keine 
jener  Beschreibungen  oder  Itinerarien,  die  sich  speziell 
mit  Seestädten  befassen,  die  Stadt  erwähnt,  während  sie 
doch  andrerseits  in  allen  einschlägigen  geographischen  und  Itinerar- 
werken,  wo  Land-  und  Seestädte  gleichmäßig  in  Betracht  kommen, 
mit  einziger  Ausnahme  des  Itinerarium  Antonini,  genannt  wird.  Der 
Stadiasmus  marismagni  erwähnt  (115.  116)  sogar  ausdrücklich  das 
Vorgebirge,  auf  dem  heute  Monastir  liegt,  und  hat  doch  kein  Wort 
über  Ruspina  oder  überhaupt  eine  dort  liegende  Stadt:  „äjtö  Öegpaiv 
Ttkevoag  OTCtöiovg  ß'  öibei  äxQMTrjotov  en,"  avr(p  eyov  ovo  vrjGia 
€Gyco?.07tiOjLieva'  vcpoofiög  sgtiv."  Und  weiter:  „ütcö  rov  äxQCOTrjoiov 
öipei  L4ÖQafivTrjv  ttjv  Ttöhv  cc7cö  OTccölcov  jt'.u  Wir  erfahren  alles 
mögliche  über  dieses  Vorgebirge,  nur  nicht,  daß  eine  Seestadt  darauf 
liegt,  die  doch  in  erster  Linie  erwähnt  werden  müßte.  Und  ganz 
dasselbe  finden  wir  sogar  im  bellum  Africanum,  in  dem  doch  Ruspina 
oft  genug  erwähnt  wird:  als  Caesar  von  Leptis  aus  die  feindliche 
Flotte  nach  Norden  verfolgt,  kommt  der  Wind  der  letzteren  zu 
Hilfe  (cap.  63):  „reliquae  naves  promonturium  superarunt  atque 
Hadrumetum  se  contulerunt  ....  Caesar  eodem  vento  promontu- 
rium superare  non  potuit1).  Es  wäre  mehr  als  auffallend,  daß 
hier  das  genugsam  bekannte  Ruspina  beidesmal  nicht  erwähnt 
werden  sollte,  wenn  es  wirklich  auf  der  Spitze  dieses  „promon- 
turium" lag. 

Wir  sehen  also  auch  daraus  klar,  daß  wir  uns  jenes  namenlose 
Vorgebirge  in  jener  Zeit  als  leer  oder  doch  wenigstens  nicht  durch 
eine  Stadt  gekennzeichnet  vorstellen  müssen;  und  jetzt  verstehen  wir 
auch,  warum  es  später  den  Mönchen  zur  Gründung  ihres  Monastriums 
geeignet  erschien, 
„eapnt  anguii".  Tissots  zweiter  Beweispunkt,  der  den  Namen  als  =  „caput  anguli" 
erklärt,  gibt  eine  viel  zu  allgemeine  Charakteristik,  um  für  sich  allein 
beweisend  zu  wirken.  „Caput"  braucht  nicht  unbedingt  die  Spitze, 
sondern  kann  ebensogut  den  Gipfel,  den  höchsten  Punkt  bedeuten;  und 
der  „angulus"  braucht  durchaus  nicht  die 'in  die  See  vorspringende 
Ecke,  sondern  kann  ebensogut  irgend  eine  andere  eckig  vorspringende 
Terrainform  sein.    Diese  etymologische    Ableitung   hat   nur   insofern 


1)  Auch  schon  vorher  cap.  62,  3. 


Ruspina.     1.  Die  bisherige  Lokalisierung  und  ihre  Kritik.  773 

Beweiskraft,  als  umgekehrt  der  Punkt,  auf  dem  wir  aus  anderen,  ge- 
naueren Gründen  Ruspina  annehmen,  in  irgend  einer  Form  der 
Bezeichnung  „caput  anguli"  entsprechen  muß. 

Der  dritte  Grund,  den  Tissot  anführt,  betrifft  die  im  bell.  Afr.  10, 1  Der  Hafen  von 
angegebenen    Entfernung    von     2    Millien    zwischen    Stadt 
und   Hafen. 

Eine  Untersuchung  der  Küstenstrecke  ergibt  zunächst  mit  voller 
Sicherheit,  daß  dieser  Hafen  tatsächlich  niemals  wo  anders  gewesen 
sein  kann  als  dort,  wo  er  sich  heute  befindet,  bei  dem  „Port"  der 
französischen  Karten. 

Von  Monastir  an  bildet  die  Küste  gegen  Süden  zu  eine  fort- 
laufende, fast  senkrechte  Felsenstufe  von  2—3  Meter  Höhe,  die  zum 
Zwecke  eines  Hafens  eine  künstliche  Adaptier ung  notwendig  gemacht 
hätte,  deren  Reste  in  dem  Felsgestein  noch  sichtbar  sein  müßten. 
Beim  „Port"  geht  diese  Steilküste  ziemlich  unvermittelt  in  eine  sandige 
Flachküste  über;  das  Wasser  wird  alsbald  so  seicht,  daß  selbst  für  die 
kleinsten  Fahrzeuge  ein  Anlegen  ans  Ufer  ausgeschlossen  ist1).  Nur 
in  dem  verhältnismäßig  schmalen  Übergangsraum  von  wenigen  hundert 
Metern  Küstenausdehnung  zwischen  diesen  .beiden  Teilen  bietet  das 
Ufer  günstige  Bedingungen  für  das  Anlegen  kleinerer  Schiffe.  Hierzu 
kommt  noch  der  Umstand,  daß  eben  jener  Punkt  gleichzeitig  am 
besten  geschützt  ist  gegen  die  in  jener  Gegend  ge  fürchte  testen  Winde, 
den  Nord-  und  Westwind;  sowohl  weiter  nördlich  wie  südlich  würde 
insbesondere  der  Nordwind  sich  sehr  unangenehm,  die  Küste  enfilierend, 
bemerkbar  machen2). 

Wir  können  daher  mit  Sicherheit  annehmen,  daß  der  Hafen  zu 
Caesars  Zeit  ebenda  lag,  wo  er  heute  liegt,  und  wo  auch  Stoffel  und 
Tissot  ihn  hinlegen.  Dieser  Platz  liegt  jedoch  von  Monastir 
knapp  2  Kilometer  entfernt,  also  um  einen  ganzen  Kilo- 
meteroder ein  ganzes  Drittel  weniger  als  die  angegebene 
Distanz  von  2  Millien3;. 

1)  Dieser  Küstenabschnitt  wird  heute  ausschließlich  zu  Salinenanlagen  aus- 
genützt. 

2)  Über  die  afrikanischen  Winde  siehe  S.  508 f. 

3)  Daß  Tissot  dieses  in  Wahrheit  gegen  seine  Annahme  beweisende  Moment 
für  dieselbe  heranzieht,  hat  wohl  auch  in  dem  schlechten  Kartenmaterial,  nach  dem 
er  arbeiten  mußte,  seinen  Grund.  —  Man  lasse  sich  nicht  durch  die  Karte  verleiten, 
den  Hafen  in  dem  Winkel  zwischen  der  Küste  und  der  schmalen  Halbinsel,  die  etwa 
einen  Kilometer  südlich  des  „Port"  abzweigt,  zu  suchen.    Diese  Halbinsel  ist  nichts 


774 


Dor  Caesarianische  Bürgerkrieg. 


Das  „ensemble 

du  röcit"  der 

Operationen 

Caesars. 


Das  Treffen. 


Bleibt  noch  der  vierte  Punkt  Tissots:  das  „ensemble  du 
recit"  der  Operationen  Caesars.  Sehen  wir  also,  zu  welchem 
Resultate  die  Untersuchung  dieser  Operationen  und  der  in  der  Quelle 
dazu  angegebenen  Daten  uns  führt. 

Außer  der  Entfernung  der  Stadt  vom  Hafen  gibt  uns  das  bell. 
Afr.  noch  zwei  Distanzangaben:  das  Treffen  gegen  Labienus  fand 
3  Millien  von  dem  Lager  bei  Ruspina  statt  (c.  12,  1),  und  ebensoweit 
von  der  Stellung  Caesars1)  befand  sich  das  Lager,  das  später  Scipio 
und  Labienus  gemeinsam  schlugen  (c.  24,  1). 

Über  das  berühmte  Treffen  erfahren  wir  zunächst,  daß  Caesar 
durch  seine  Patrouillen  von  dem  Anmarsch  der  feindlichen  Massen 
sehr  frühzeitig  unterrichtet  wurde,  bevor  man  sie  noch  sehen  konnte. 
Trotzdem  war  er  gezwungen,  den  ihm  im  höchsten  Grade  uner- 
wünschten Kampf  mitten  in  der  Ebene  aufzunehmen;  der  Gedanke 
wenigstens  die  bessere  Chancen  bietenden  Höhen  zu  erreichen,  kam 
gar  nicht  mehr  in  Betracht.  Wäre  nun  das  Lager  Caesars  knapp 
neben  Monastir  gewesen,  so  müßte  zufolge  der  überlieferten  Distanz- 
angabe die  Stelle,  wo  er  die  Meldung  vom  Anrücken  der  Feinde  erhielt, 
so  nahe  dem  westlichen  Rideaurand  zu  suchen  sein,  daß  er  diesen, 
der  ihm  sofort  vollen  Schutz  gewährt  hätte,  unbedingt  rechtzeitig 
hätte  erreichen  können. 

Ferner  erfahren  wir,  daß  Caesars  Gegner  in  jenem  Treffen  sich 
vor  dem  in  der  Ebene  stattfindenden  Zusammenstoße  auf  Hügeln 
entwickelten  (c.  14,1  „collesque  complecti").  Diese  Hügel  können  natur- 
gemäß nur  jene  sein,  welche  die  Ebene,  in  der  Caesar  fouragierte,  im 
Westen  begrenzen;  diese  aber  sind  vom  Rideaurande  4  Millien  ent- 
fernt. Wenn  nun  das  Treffen  tatsächlich  unweit  dieser  Hügel  stattfand, 
so  kann  das  Lager  Caesars  nicht  bei  Monastir  gelegen  haben,  da  er 
sonst,  statt  3,  fast  6  Millien  hätte  vorgerückt  sein  müssen,  um  an  jener 
Stelle  in  den  Kampf  zu  treten.  Darauf  werden  wir  noch  bei  Be- 
sprechung des  Treffens  selbst  zurückkommen. 

Wir  werden    daher   nicht    fehlgehen,   wenn   wir   das  Treffen   in 


anderes  als  eine  nur  ganz  minimal  über  den  Meeresspiegel  herausragende,  überdies 
veränderliche  Düne ;  das  Meer  zwischen  ihr  und  der  Küste  ist  kaum  1  Meter  tief. 

1)  Die  meisten  Ausgaben  haben  „a  castris  Caesaris",  was  aber  Konjektur  ist. 
Ich  möchte  aus  Gründen,  die  später  angegeben  werden,  lieber  ,;a  munitionibus 
Caesaris"  setzen.  An  dieser  Stelle  sei  gleich  betont,  daß  für  die  hier  in  Rede  stehende 
Beweisführung  dieser  Unterschied  der  Lesart  belanglos  ist,  denn  irgend  etwas  Der- 
artiges muß  dort  gestanden  haben. 


Scipios. 


Ruspina.     1.  Die  bisherige  Lokalisierung  und  ihre  Kritik.  775 

der  Nähe  jener  Hügel,  höchstens  eine  Millie  von  ihrem  Fuße  entfernt, 
annehmen.  Dies  ergibt  aber  dann  die  Stelle  von  Caesars  Lager  am 
Rideaurande  selbst,  wo  es  allerdings  der  taktischen  Lage  nach 
ohnehin  hingehörte.  — 

Über   das  Lager  Scipios   und  die  Unmöglichkeit,   es  an  den    Das  Lager 
Fuß  des  Rideaus  zu  legen,  würde  schon  (S.  766  f.)  gesprochen. 

Stoffel  legt  Scipios  Lager  auf  die  ganz  flache  Terrainwelle,  die 
vom  Plateau  gegen  Süden  in  der  Eichtung  auf  Krnis  sich  hinzieht. 
Da  dies  aber  unzweifelhaft  die  Richtung  ist,  in  der  Caesar  nach  c.  37 
von  Ruspina  gegen  die  Höhen  von  Uzita  abmarschierte  und  er  dabei 
doch  nicht  mit  der  ganzen  Armee  und  dem  ganzen  Train  hart  an 
Scipios  Lagerwall  vorübermarschiert  sein  kann,  ohne  daß  dieser  es 
merkte,  so  hilft  sich  Stoffel  (II  S.  123),  indem  er  Scipio  kurz  vorher 
sein  Lager  gegen  Uzita  hin  aus  Wasserrücksichten  verlegen  läßt. 
Abgesehen  davon,  daß  diese  Rücksichten  nichts  besagen  —  denn  bei 
Krnis  gibt  es  ebenso  Wasser  wie  bei  Uzita,  d.  h.  in  Cisternen1)  —  so 
ist  diese  Lagerverlegung  auch  in  der  Quelle  nirgends  erwähnt,  was 
sicher  geschehen  wäre,  wenn  sie  stattgefunden  hätte.  Denn  wenn 
Scipio  das  Lager,  das  er  vor  den  Augen  der  Caesarianer  geschlagen, 
von  dem  aus  er  wiederholt  provozierend  zur  Schlacht  aufmarschiert 
ist,  'plötzlich  nach  rückwärts  verlegt  und  damit  einen  für  die  Caesari- 
aner wichtigen,  später  tatsächlich  benützten  Weg  —  nebenbei  gesagt 
auch  die  einzige  Landverbindung  zwischen  Ruspina  und  Leptis  — 
freigibt,  so  mußte  das,  mag  es  aus  was  immer  für  Gründen  erfolgt 
sein,  von  den  Caesarianern  als  ein  eklatanter  Erfolg  aufgefaßt  werden, 
und  es  ist  absolut  nicht  zu  glauben,  daß  dieses  Ereignis  in  der  so 
ausführlichen,  gerade  die  Auffassung  der  großen  Masse  der  Armee 
wiedergebenden  Darstellung  des  bellum  Africanum  übergangen  worden 
sein  sollte.  Damit  fällt  Stoffels  bei  den  Haaren  herbeigezogene  An- 
nahme der  Lagerverlegung. 

Sprechen  somit  alle  militärischen  Rücksichten  dringend  dagegen, 
die  gegebene  Entfernung  des  scipionischen  Lagers  von  3  Millien  von 
einem  knapp  bei  Monastir  liegenden  Punkte  ab  zu  messen,  so  gibt 
uns  das  bellum  Africanum  noch  einen  weiteren  positiven  Anhaltspunkt 
dafür,  wo  wir  es  tatsächlich  zu  suchen  haben. 


1)  Der  Ou.  Melah  (Ou.  Ras  el  Mardj  Stoffels)  führt  kein  Trinkwasser.  Unter 
normalen  Verhältnissen  ist  er  trocken,  und  wenn  er  nach  stärkerem  Regen  auf  kurze 
Zeit  Wasser  führt,  ist  dasselbe  stark  salzhaltig. 


776  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg. 

Laut  cap.  37  marschiert  Caesar  von  Ruspina  durch  den  linken 
Teil  der  vorliegenden  Ebene  längs  des  Meeres  bis  zu  dem  „iugum", 
welches  sich  von  dort  gegen  Süden  erstreckt.  Dieses  „iugum"  besitzt 
mehrere  vorspringende  Hügel,  welche  mit  alten  Türmen  versehen 
sind,  und  „quarum  apud  ultimam  statio  fuit  Scipionis." 

Caesar  ersteigt  nun  das  iugum  und  besetzt  einen  Hügel  nach  dem 
andern,  bis  er  endlich  „non  longe  ab  ultimo  colle  turrique  fuit, 
....  quae  proxima  fuit  castris  adversariorum,  in  quo  docui 
praesidium  stationemque  Numidarum  ....,"  und  jetzt  endlich 
wird  sein  Flankenmarsch  entdeckt,  und  es  kommt  zu  Kämpfen  um 
jene  Hügel. 

Also:  die  ersten,  der  Küste  näheren  Hügel  waren  vom  feind- 
lichen Lager  weiter  entfernt  als  der  so  und  so  vielte,  weiter  gegen 
Uzita  landeinwärts  gelegene  „ultimus  collis",  der  dem  Lager  Scipios 
„proximus"  war.  Daraus  geht,  wenn  man  die  Karte  ver- 
gleicht, mit  absoluter  Sicherheit  hervor,  daß  das  Lager 
Scipios  niemals  im  engeren  Umkreis  des  Rideauabfalles, 
sondern  ganz  bedeutend  weiter  gegen  Südwesten  gelegen 
haben  muß;  sonst  wären  die  dem  Meere  zunächstliegenden 
„colles"  auch  ihm  die  nächsten  gewesen. 

Jetzt  wird  es  uns  auch  erklärlich,  warum  das  bellum  Africanum 
nichts  davon  erwähnt,  daß  Scipio  nach  Caesars  Positionswechsel  gegen 
Uzita  seinerseits  das  Lager  verlegt  hätte;  denn  auf  jenem  Platze 
leistete  es  ihm  in  der  neuen  Phase  dieselben  Dienste  wie  in  der  alten; 
lag  es  doch  von  Hause  aus  näher  bei  Uzita  als  bei  Ruspina.  Nur  von 
Juba  hören  wir  später  (c.  48,2),  daß  er  nicht  weit  von  Scipio  sein 
eigenes  Lager  schlug.  Stoffel  allerdings  mußte  bei  seiner  Annahme  auch 
Scipio  sein  Lager  verlegen  lassen,  was  aus  dem  Texte  nirgends  belegt 
werden  kann. 

2.  Die  zutreffende  Lokalisierung. 

Bestiminiuig  Wir  sehen  also :  das  „ensemble  du  recit"  der  Operationen  Caesars 

Ta^er*1*  ergibt  übereinstimmend,  daß  Caesars  Lager  unbedingt  auf  dem  west- 
lichen Teile  des  Plateaus,  daher  höchstwahrscheinlich  knapp  auf  dem 
Rideaurande  gelegen  hat,  und  demzufolge  die  in  cap.  20  ff.  erwähnten 
Linien  längs  desselben  hinliefen.  Dies  hat  nun  Tissot,  der  hierin  mehr 
militärisches  Gefühl  verrät  als  der  Oberst  Stoffel,  auch  angenommen, 
doch   an   der  Identität  von  Ruspina   mit  Monastir   hält   er  dennoch 


Ruspina.     2.  Die  zutreffende  Lokalisierung-.  777 

fest;  er  läßt  also  Caesars  Lager  am  Nordende  des  Rideaus  liegen 
und  von  da  den  zweiten  der  erwähnten  Wälle  längs  des  Rideaus  bis 
zum  Südende  laufen,  während  der  erste  die  auf  der  Spitze  der  Halb- 
insel liegende  Stadt  schräg  mit  dem  Hafen  verbindet.  Wir  fragen 
nun:  wenn  die  Landfront  schon  durch  das  Lager  und  die  zweite, 
durch  das  Gelände  so  enorm  verstärkte  Linie  von  Meer  zu  Meer  ge- 
sichert war,  wozu  dann  noch  die  andere  Linie  zwischen  Stadt  und 
Hafen?  An  einen  Schutz  gegen  die  See  ist  noch  weniger  zu 
denken,  am  allerwenigsten  an  dieser  Stelle,  wo  die  senkrechte  Steil- 
küste mehr  schützte,  als  Wall  und  Graben  vermochten;  da  hätte  viel  eher 
die  von  Monastir  weiter  entlegene  Küstenstrecke  südlich  des  Hafens 
geschützt  werden  müssen,  wo  das  Flachufer  eine  Landung  im  seichten 
Wasser,  wie  Caesar  sie  in  Britannien  ausgeführt  hat,  begünstigte; 
dies  aber  würde  schon  gar  nicht  mit  dem  Texte  stimmen. 

Das  Lager  also  lag  auf  dem  Rideaurande;  wo  lag  aber  dann 
die  Stadt,  neben  der  es  nach  c.  6,  7  geschlagen  war? 

Außer  den  bereits  eingangs  erwähnten  Gründen,   außer   der  aus-    Bestimmung 

der  Stadt 

drücklichen  Erwähnung,  daß  Caesar  sein  Lager  „ad  oppidum  Ruspinam"  Ruspina. 
schlug,  gibt  uns  die  erwähnte  Quelle  auch  noch  ein  weiteres  Detail, 
aus  welchem  deutlich  hervorgeht,  daß  die  Stadt  nicht  auf  der  Spitze 
der  Halbinsel,  sondern  gleichfalls  auf  dem  Rande  des  Rideaus, 
und  zwar  in  dessen  südlichem  Teil  gelegen  war.  Es  ist  dies  die 
Schilderung  des  Ausmarsches  Caesars  c.  37,  1 : 

....  „iubet  omnes  legiones  extra  castra  educi  et  se  consequi 
ad  oppidum  Ruspinam  versus  ....  inde  parvulam  proclivi- 
tatem  degressus  sinistra  parte  campi  proptermare  legiones 
ducit." 

Also:  Caesar  führt  die  Legionen  vom  Lager  zunächst  gegen 
Ruspina.  Wenn  nun,  wie  vorher  nachgewiesen,  das  Lager  vorne 
auf  dem  Rideau  lag,  was  hätte  es  da  für  einen  Sinn  gehabt,  erst 
bis  auf  die  Spitze  der  Halbinsel  zurückzumarschieren,  wenn  man 
schließlich  in  die  Ebene  hinauswollte?  Bloß  um  die  dortige  Be- 
satzung abzuholen?  Da  war  es  doch  viel  einfacher  die  paar  Kohorten 
zum  Lager  heranzuziehen,  als  daß  man  sie  mit  der  ganzen  Armee 
abholen  ging.  Übrigens  blieb  die  Besatzung  wahrscheinlich  in  der  Stadt. 

Und  jetzt   die  „parvula    proclivitas".    Monastir   liegt  selbst  nie  „pamüa 
am  Meere;  um  von  dort  ans  Ufer  zu  gelangen,  braucht  man  nicht  erst   pr0 
hinabzusteigen.    Die  Anhänger  von  Monastir  sehen   nun  in  der  „pro- 


778 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 


clivitastt    die  ganz  allmähliche  Senkung   des  Terrains   zwischen  dem 
Westende  dieser  Stadt  und  dem  Hafen.    Diese  Senkung,  etwa  15  Meter 

auf  2  Kilometer,  ist  nun  aber 
derart  unbedeutend  und  flach, 
daß  sie  höchstens  für  den  Geo- 
meter,  nicht  aber  für  den 
marschierenden  Soldaten  in 
Betracht  kommt,  ja  nicht 
einmal  durch  das  Auge 
oder  durch  das  Gefühl 
zum  Bewußtsein  ge- 
langt. Ein  Abstieg,  der  in 
einer  militärischen  Schilde- 
rung dieser  Art  so  ausdrück- 
lich erwähnt  wird,  muß  aber, 
wenn  er  auch  klein  (parvula) 
|?  war,  so  doch  sehr  ausge- 
|*  sprochen  gewesen  sein;  es 
kann  sich  somit  nicht  um 
eine  nur  kartographisch  sicht- 
bare allmähliche  Abflachung 
des  Terrains  handeln,  son- 
dern um  eine  zwar  nicht 
hohe,  aber  deutliche  Ter- 
rainstufe; eine  solche  aber 
findet  sich  in  der  ganzen  in 
Betracht  kommenden  Gegend 
nur  in  dem  vielerwähn- 
ten Rideau. 

«  Nun  geht  aus  der  Schil- 

k  derung  klar  hervor,  daß  diese 
|'  „proclivitas"  direkt  nach  dem 
Passieren  von  Euspina  an  die 
Eeihe  kam  und  ebenso  un- 
mittelbar in  die  im  folgenden 
sehr  genau  geschilderte  große 
d.  h.  sie  trennte  eben  Euspina  von  letzterer,  oder  mit 


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Ebene  führte. 


anderen  Worten:  Euspina  lag  gleichfalls  oben  auf  dem  Eideau- 


Ruspina.    2.  Die  zutreffende  Lokalisierung. 


779 


ran  de.  Und  da  Caesar,  um  von  seinem  Lager  aus  den  linken,  d.  i.  süd- 
lichen Teil  der  Ebene  zu  gewinnen,  erst  an  Ruspina  vorbei  mußte,  so 
lag  die  Stadt  notwendig  südlicher  als  das  Lager;  letzteres  war  also 
von  Caesar  im  Norden  der  Stadt,  gleichfalls  auf  dem  Rideaurande, 
geschlagen  worden. 

Wenn  wir  nun  auf  Grund  des  Vorgesagten  daran  gehen  wollen, 
den  genauen  Platz  des  caesarianischen  Ruspina  zu  ermitteln,  so  haben 
wir  dafür  zwei  gute  Anhaltspunkte:  die  Lage  auf  dem  südlichen  Teile 
des  Rideaus  und  die  Entfernung  von  2  Millien  vom  Hafen.  Wenn  wir 
von  letzterem  als  Mittelpunkt  mit  dem  Radius  von  3  Kilometer  einen 


Ruspina  =  Hir 
Tenir. 


Bild  54.    Der  Hügel  von  Henschir  Tenir,  von  Norden  gesehen. 


Kreis  beschreiben,  so  muß  der  Schnittpunkt  dieses  Kreises  mit  dem 
Rideaurand  den  Ort  der  Stadt  ergeben. 

Und  wirklich  führt  uns  dieser  Versuch  auf  einen  Punkt  des 
Rideaurandes,  der  schon  seiner  natürlichen  Beschaffenheit  nach  mehr 
als  jeder  andere  für  die  Lage  eines  Oppidums  in  Betracht  kommt.  Das 
Rideau  bildet  dort  eine  in  die  Ebene  deutlich  vorspringende, 
oben  flache,  nach  drei  Seiten  steil  abfallende  Kuppe  von 
zirka  1  V2  Kilometer  Umfang  (s.  Bild  53  u.  54).  Und  zu  unserer 
größten  Genugtuung  finden  wir  dort  überdies  antike  Ruinen,  die  auf 
der  französischen  Karte  1  :  50  000  mit  Hir  Tenir  bezeichnet  sind. 

Letztere  Tatsache  für  sich  allein  würde  selbstverständlich  eben- 
sowenig beweisen  wie  die  antiken  Reste  in  Monastir;   sie  bildet  aber 


780  Der  Caesaiianische  Bürgerkrieg. 

immerhin  für  unsere  Kette  von  Gründen  und  Folgerungen  einen  wert- 
vollen Abschluß.    Ganz   anders   aber  wird  die  Sache,  wenn  man  den 
Lokal  augensch ein  zu  Hilfe  nimmt. 
Der  Lokal-  Dieser  ergibt  nämlich  in  einer  jeden  Zweifel  ausschließenden  Weise, 

daß  das  Ruinenfeld  von  H5r  Tenir  etwas  wesentlich  anderes  bedeutet 
als  die  übrigen  antiken  Reste  auf  der  Halbinsel,  daß  wir  es  viel- 
mehr hier  mit  den  Spuren  eines  wirklichen  antiken  Oppi- 
dums  zu  tun  haben1). 

Vor  allem  der  bereits  früher  erwähnte  Hügelvorsprung:  dieser  für 
ein  „oppidum"  wie  geschaffene  Platz  zeigt  noch  heute  an  verchiedenen 
Stellen,  daß  seine  natürliche  Begrenzung  seinerzeit  durch  künst- 
liche Nachhilfe  wesentlich  vervollständigt  und  verstärkt  worden  ist. 
Die  Felspartien  am  äußeren  Rande  sind  augenscheinlich  künstlich 
bloßgelegt  und  zeigen  deutlich  die  Spuren  ehemaliger  Bearbeitung  als 
Fundamente  für  fortlaufende  Mauerzüge.  Gegen  den  rückwärtigen 
Teil  des  Plateaus  ist  der  Vorsprung  im  Anschluß  an  jene  Umfassung 
durch  eine  im  Bogen  verlaufende,  unzweifelhaft  auf  künstliche  Arbeit 
zurückzuführende  Stufe  scharf  abgegrenzt.  Das  Innere  dieses  Raumes 
ist  geradezu  besät  mit  römischen  Steinresten;  die  Ruine  Hir  Tenir 
selbst,  scheinbar  der  Rest  eines  nachrömischen  (arabischen)  Bauwerkes, 
ist  dennoch  ganz  aus  behauenen  Römersteinen  errichtet2).  Die  zahlreichen 
Futtermauern  am  Rideauabfall  bestehen  gleichfalls  fast  durchweg 
aus  Römersteinen.  Außer  solchen  fanden  wir  hier  auch  zahlreiche 
Reste  von  römischem  „pavimentum"  und  Mosaiken. 

Noch  mehr.  Auch  gegen  das  Innere  der  Hochebene,  von  Hir 
Tenir  gegen  Nordosten,  zeigen  sich  deutliche  Spuren  einer  dichten,  d.  h. 
geschlossenen  römischen  Ansiedlung.  Unmittelbar  vor  der  erwähnten 
fortifikatorischen  Stufe  finden  sich  zwei  sehr  große  römische  Zisternen 
mit  einer  Bewässerungsanlage.  Und  weiterhin  auf  etwas  mehr  als  einen 
halben  Kilometer  hält  die  Bedeckung  der  Oberfläche  mit  römischen 
Steinen,  Paviment-  und  Mosaikresten  in  unverminderter  Dichte  an, 
während  sie  in  der  angedeuteten  Entfernung  fast  plötzlich  authört3). 


1)  Dem  Landeskundigen  muß  dies  allerdings  schon  aus  dem  heutigen  Namen  der 
Stätte  wahrscheinlich  erscheinen,  da  „Henschir"  selten  für  einzelstehende  Ruinen,  son- 
dern fast  stets  für  die  Reste  größerer,  geschlossener  Niederlassungen  gebraucht  wird. 

2)  Daraus  könnte  man  schließen,  daß  der  heutige  Name  nicht  so  sehr  diesem 
einzelnen  Bauwerke,  als  vielmehr  der  ganzen  ziemlich  ausgedehnten  Ruinenstätte  gilt. 

3)  Es  ist  dies  der  typische  Charakter  fast  aller  in  jener  kultivierten  Küstengegend 
vorhandenen  römischen  Städteruinen  (Uzita,    Aggar,  Tegea,  Thapsus,  Sarsura  usw.). 


Ruspina.    2.  Die.  zutreffende  Lokalisierung.  731 

Der  ganze  übrige  Teil  des  Plateaus  ist  zwar  durchwegs,  aber  nur  ganz 
sporadisch  mit  derlei  Resten  bedeckt. 

All  dies  erweckt  den  Anschein,  als  hätten  wir  es  in  der  erster- 
wähnten vorspringenden  und  fortifikatorisch  abgegrenzten  Kuppe  mit 
dem  eigentlichen  alten  „oppidum"  oder  doch  mit  dessen  „arx':  zu  tun, 
während  der  außerhalb  desselben  liegende  Teil  auf  eine  in  der  späteren 
Friedenszeit  durchgeführte  Stadterweiterung  zurückgehen  dürfte. 

Dies  also  ist  Ruspina.  Auf  steiler,  durch  Natur  und  Kunst 
vorzüglich  befestigter  Höhe  gelegen,  beherrschte  es  weithin  die  zu 
seinen  Füßen  sich  ausbreitende  Ebene,  nicht  minder  aber  das  im  Rücken 
sich  sanft  dem  Meere  zusenkende  Plateau  und  den  von  oben  sichtbaren 
Hafen1).  Am  imposantesten  sieht  der  Stadthügel  von  Süden  her  aus 
der  Ebene  aus;  er  erinnert  hier  direkt  an  den  Stadtberg  von  Alesia 
(s.  Bild  53).  Die  scharf  vorspringende  Ecke  kommt  hier  in  Wirklichkeit 
für  das  Auge  noch  viel  mehr  zur  Geltung  als  auf  der  Karte,  ebenso  die 
Beherrschung  der  ganzen  Umgebung;  sollte  da  der  Name  „caput 
anguli"  nicht  mit  weit  größerer  Berechtigung  zur  Anwendung  kommen 
als  bei  der  flach  nach  dem  Meere  zu  verlaufenden  Spitze  der  Halbinsel  ? 

Diejenigen,  welche  bei  Interpretation  der  Tabula  Peutingeriana 
daran  festhalten,  daß  die  Distanzzahlen  derselben  von  Ruspina  an  um 
je  ein  Intervall  nach  rechts  verschoben  sind,  kommen  bei  unserer  Lo- 
kalisierung der  Stadt  auch  auf  ihre  Rechnung,  da  die  Entfernung  von 
dem  Ruinenfeld  bei  Lempta  wirklich  8  Millien  beträgt,  diejenige  der 
Stadt  Monastir  von  Lempta  jedoch  10  Millien. 

Mit  der  Fixierung  Ruspinas  ist  das  Problem  im  wesentlichen  ge- 
löst, und  alles  übrige  ergibt  sich  relativ  leicht. 

Das  Lager  Caesars  lag  nach  dem  früher  Erwähnten  im  Norden  Caesars  Stellung 
der  Stadt,  auf  dem  in  Wirklichkeit  höchsten  Teile  des  Plateaus,  der 
eine  vorzügliche  flache  Platte  zum  Lagerplatze  mit  voller  Be- 
herrschung der  vorliegenden  Ebene  und  einer  von  Natur  aus  sturm- 
freien Front  verbindet.  Flanken  und  Rücken  waren  durch  das  Ge- 
lände selbst  nicht  geschützt;  sie  wurden  aber  —  außer  durch  die  selbst- 
verständliche Lagerumwallung  —  entlastet  durch  die  Linien,  welche 
nach  cap.  20  sowohl  vom  Lager  wie  von  der  Stadt  bis  ans  Meer  ge- 
zogen  waren.    Diese  Stelle  kann  jetzt   vollkommen   klar  und  unge- 


Erst  in  dem  unkultivierten  Innern  des  Landes  nehmen  diese  Reste  einen  deutlicheren 
Charakter  an. 

1)  Von  Monastir  aus  ist  der  Hafen  nicht  sichtbar. 


782  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg". 

zwangen  interpretiert  werden;  Stadt  und  Lager  lagen  nahe  beieinander 
ungefähr  auf  der  Mitte  des  Rideaurandes ;  von  beiden  aus  lief  dann 
je  eine  Linie  längs  dieses  Randes  weiter  bis  ans  Meer.  So  war  tat- 
sächlich die  eingangs  aufgestellte  militärische  Forderung 
restlos  erfüllt,  das  ganze  dreieckige  Plateau  der  Halb- 
insel durch  eine  fortifikatorische  Linie,  welche  längs 
seiner  von  Natur  aus  starken  Landfront  gezogen  war,  von 
Meer  zu  Meer  vollkommen  abgesperrt,  und  damit  jener 
„ideelle  Brückenkopf  geschaffen,  den  Caesar  in  dieser 
Feldzugsperiode  vor  allem  brauchte. 

Von  den  beiden  Teilen  dieser  Front  ward  der  nördliche 
zwischen  Lager  und  Meer  durch  den  hier  viel  schrofferen  Steilabfall 
weit  besser  unterstützt  als  jener  zwischen  der  Stadt  und  dem  Ostufer, 
der  quer  durch  das  allmählich  abflachende  Terrain  führte;  hier  ist 
der  Verlauf  der  Trace  auch  nicht  so  unzweideutig  gegeben  wie  oben. 
In  diesem  Abschnitte  waren  die  in  cap.  30,  7  erwähnten  besonderen 
Verstärkungen  in  erster  Linie  am  Platze. 

Ob  der  verhältnismäßig  kurze  Frontabschnitt  zwischen  Stadt  und 
Lager  —  daß  ein  solcher  Zwischenraum  vorhanden  war,  geht  außer  aus 
der  Betrachtung  des  Terrains  noch  aus  cap.  37, 1  hervor,  wo  die  Legionen 
vom  Lager  „ad  oppidum  Ruspinam  versus"  geführt  werden  —  auch 
befestigt  war,  mag  dahingestellt  bleiben;  jedenfalls  war  die  Befestigung 
dieses  Intervalls  die  am  wenigsten  dringende  Arbeit,  da  hier  ein  Ein- 
dringen des  Feindes  am  gewagtesten  und  daher  am  unwahrschein- 
lichsten war;  immerhin  ist  es  nicht  undenkbar,  daß  gelegentlich  der 
im  späteren  wiederholt  angedeuteten  weiteren  Ausgestaltung  der  Werke 
{c.  31.  34)  auch  hier  die  Linien  geschlossen  worden  sind.  — 

Wie  erwähnt,  dürften  die  Linien  im  allgemeinen  auf  der  oberen 
Kante  des  Rideaus  verlaufen  sein;  nur  dort,  wo  letzteres  in  besonders 
scharfen  Winkeln  vorspringt,  dürften  diese  Terrainspitzen  kaum  in 
die  zusammenhängende  Linie  einbezogen,  dafür  vielleicht  durch  isolierte 
Schanzen  („castella",  34,  6)  gesichert  gewesen  sein;  dabei  bleibt  es  un- 
benommen, sich  solche  „castella"  auch  hinter  den  Linien  verteilt  zu 
denken,  gewissermaßen  als  Reduits  für  die  Reserven  der  Abschnitts- 
besatzungen, ähnlich  wie  dies  bei  Alesia  der  Fall  war.  — 

Die  Ausdehnung  dieser  Werke  erklärt  es  nun  allerdings,  daß  die- 
selben nicht  mit  den  schwachen  Kräften,  die  Caesar  in  den  ersten 
Tagen   dieser   Feldzugsperiode    zur   Verfügung   standen,    ausgeführt, 


Ruspina.    2.  Die  zutreffende  Lokalisierung-.  733 

sondern  erst  nach  dem  Eintreffen  bedeutender  Verstärkungen  in  Angriff 
genommen  werden  konnten  0- 

Jetzt  wird  auch  die  rätselhafte  Stelle  c.  23, 3  „Caesariani  .... 
neque  amplius  milia  passuum  VI  terrae  Africae  quoquo  versus  tene- 
bant"  erklärlich.  Wir  haben  es  tatsächlich  mit  einem  Eaume  zu  tun, 
dessen  Front  und  Tiefe,  bezw.  Nordsüd-  und  Ostwestdimension  ziem- 
lich gleich  groß  waren.  Allerdings  nicht  6  römische  Meilen,  sondern 
etwa  je  3  V2.  Nun  ist  die  Verschreibung  von  III  oder  IV  in  VI  in 
den  alten  Codices  ein  sehr  häufig  vorkommender  Fehler;  es  genügt 
somit  diese  kleine  Konjektur,  um  unsere  Auffassung  mit  dem  Texte  in 
Übereinstimmung  zu  bringen.  Eine  andere  Übereinstimmung  ist  auf 
Grund  der  festgestellten  Bedeutung  von  „quoquo  versus"  überhaupt 
nicht  zu  erzielen;  hier  aber  haben  wir  wenigstens  einen  Raum,  der 
„quoquo  versus",  d.  h.  in  jeder  Richtung,  so  ziemlich  ein  und 
dieselbe  Dimension  hat. 

Beim  Ausmarsch  ließ  Caesar  zunächst  die  Legionen  beim  Lager  Der  Ausmarsch, 
antreten,  marschierte  dann  gegen  die  Stadt  und  an  dieser  vorbei  durch 
die  dort  einspringende  Mulde,  welche  im  Südosten  die  Kuppe  von  Hir 
Tenir  begrenzt,  und  durch  die  heute  noch  der  Weg  vom  Plateau  gegen 
Krnis  an  der  Küste  führt,  in  die  Ebene  hinunter;  diese  Mulde  ist 
die  „parvula  proclivitas"  der  Quelle.  Von  da  ging  der  Marsch  links 
gegen  die  Küste  und  längs  derselben  bis  etwas  über  Krnis  hinaus,  um 
dann  rechter  Hand  auf  das  „iugum",  die  Höhen  von  Uzita,  aufzusteigen. 

Etwas   schwieriger   ist   die  Lokalisierung  des  Lagers  Scipios,     Das  Lager 
trotzdem  dafür  ziemlich  viele  Daten  vorliegen.    Diese  sind:  scipios. 

1.  cap.  24,1.  Das  Lager  lag  in  der  Ebene,  und  zwar  drei 
Millien  von  Caesars  Stellung. 

2.  cap.  37,4  und  38,1.  Es  lag  dem  Hügel,  auf  welchem  das 
„praesidium"  Scipios  stand  —  wie  wir  später  (S.  797  f.)  sehen  werden, 
dem  Hügel  79  „Het  el  Guebla",  am  nächsten. 

3.  cap.  38  und  39.  Aus  den  Distanzangaben  dieser  Kapitel  be- 
treffs der  Vorrückung  Scipios  gegen  Caesar  geht  hervor,  daß  sein  Lager 
von  der  Hügelreihe  des  „iugum"  1000  -+-  1500  =  2500  römische  Schritte 
=  zirka  3700  Meter  entfernt  war. 

1)  Von  den  Gräben  und  Wällen  ist  heute  äußerlich  nichts  mehr  zu  konstatieren, 
weder  im  Bereiche  des  Rideaurandes,  noch  sonst  wo  auf  dem  Plateau;  die  intensive 
Olivenkultur  mit  ihren  zahlreichen,  kreuz  und  quer  geführten  Dämmen,  Rinnen  und 
Rainen  hat  hier  alle  Spuren  auf  der  Oberfläche  gründlich  zerstört.  Nur  Grabungen 
könnten  und  müßten  hier  zum  Ziele  führen. 

Kromayer-Veith,    Antike  Schlachtfelder  III.  50 


784 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 


Lokalisierung. 


Mit  den  Punkten  2.  und  3.  stimmt  nun  eine  Lage  etwa  1  Va 
Kilometer  nordwestlich  des  Dorfes  Mnara  vollkommen  überein;  und 
auch  dem  Punkte  1  wird  Genüge  geleistet,  wenn  man  die  übliche 
Konjektur  „a  castris  Caesaris"  in  „a  munitionibus"  oder  „a  positione 
Caesaris"  verwandelt,  wogegen  gar  kein  Anstand  obwaltet.  Die  Ent- 
fernung vom  Lager  Caesars  nördlich  Ruspina  beträgt  nämlich  vier, 
die  von  dem  nächstgelegenen  Teil  der  Werke  Caesars,  den  Linien 
südlich  Ruspina,  jedoch  genau  drei  Millien. 

Das  Lager  Scipios  ist  demnach  etwa  llJ2  Kilometer  nordwestlich 
des  Dorfes  Mnara  anzusetzen,  etwa  an  der  Stelle,  wo  das  kleine 
Rinnsal  des  Ou.  Melah  vor  seinem  Verschwinden  in  die  „Sebkra"  *) 
eine  auffallende  doppelte  Wendung  im  rechten  Winkel  beschreibt,  die 
möglicherweise  mit  der  damaligen  Lagerumfassung  im  Zusammen- 
hange steht. 

3.  Das  Treffen  bei  Ruspina. 

Nordwestlich  dieser  Stelle,  etwa  1  römische  Meile  vom  Fuße  der 
Hügel,  die  hier  die  Ebene  gegen  Westen  zu  begrenzen,  hat  auch  das  viel- 
umstrittene Treffen  (s.Berichte  Anh.  S.  791  f.)  stattgefunden.  Auch  diese 
Hügel,  auf  welche  die  bisherigen  Ausleger  auffallend  wenig  Gewicht  gelegt 
haben2),  sprechen  klar  für  unsere  Ansetzung.  Auf  ihnen  entwickelte 
sich  die  naturgemäß  von  Nordwesten  anrückende  Streitkraft  des 
Labienus  (14,1 :  „collesque  complecti"),  während  Caesar  am  Fuße  in  der 
Ebene  den  Angriff  erwartete,  (12,3:    „milites   in   campo  iubet  galeari 


1)  Daß  das  Lager  Scipios  hierbei  bereits  hart  au  die  „Sebkra",  eine  unfrucht- 
bare, salzsandige,  zeitweilig  inundierte  Wüstenfläche  zu  liegen  kommt,  darf 
nicht  irritieren.  Zu  Caesars  Zeit  war  sie  kaum  vorhanden,  da  von  der  der  Halbinsel 
vorliegenden  Ebene  stets  als  von  einem  fruchtbaren,  zu  Requisitionen  geeignetem 
Gebiet  ohne  Einschränkung  gesprochen  wird. 

Die  Sebkra  selbst  dürfte  in  späterer  Zeit  durch  Versandung  des  Abflusses  des 
salzhaltigen  Ou.  Melah  entstanden  sein,  der  sich  heute  tatsächlich  in  ihr  ganz  ver- 
läuft; als  Beweis  hierfür  kann  die  stattliche,  noch  wolhl  erhaltene  römische  Straßen- 
brücke an  der  Mündung  des  Abflusses  der  Sebkra,  jedenfalls  der  alten  Mündung  des 
Ou.  Melah,  gelten,  die  heute  ein  ganz  minimales,  zu  ihren  Dimensionen  in  keinem 
Verhältnis  stehendes  Rinnsälchen  übersetzt.  — 

2)  Fröhlich,  (No.  9)  p.  85  empfindet  es  wirklich  als  Widerspruch,  das  einer- 
seits von  Hügeln,  andererseits  von  „campis  planissimis  purissimisque"  (c.  19,7)  die 
Rede  ist ;  dieser  Widerspruch  entfällt  vollkommen  bei  unserer  Auffassung,  indem  tat- 
sächlich die  beiden  Hauptkämpfe  in  der  flachen  Ebene  stattfanden,  und  die  Hügel 
nur  beim  ersten  Aufmarsch  des  Labienus,  sowie  beim  letzten  Durchbruche  Caesars 
eine  Rolle  spielten. 


Ruspina.    3.  Das  Treffen  bei  Ruspina.  785 

et  ad  pugnam  parari").  Damals  aber  war  Caesar  nach  c.  12,1  drei 
Millien  vom  Lager  entfernt;  wäre  dieses  bei  Monastir  gewesen,  so 
wäre  seine  Entfernung  von  diesen  einzig  in  Betracht  kommenden 
Hügeln  so  groß  gewesen,  daß  die  Sache  unverständlich  würde;  er 
hätte  dann  das  schützende  Rideau  früher  erreichen  können,  als  Labienus 
ihn.  Bei  unserer  Annahme  des  Lagers  auf  dem  Rideaurande  hingegen 
stimmt  die  Sache  durchaus.  Hier  also,  etwa  1  Millie  vom  Fuße  der 
Hügel  von  El  Hamada  und  Mesjed  Aissa,  kam  es  zum  ersten  Kampf. 
Nach  geglücktem  ersten  Durchbruch  wurde  dann  der  Rückzug  durch 
die  Ebene  gegen  das  Rideau  angetreten,  und  als  Petreius  denselben 
durch  einen  neuerlichen  Angriff  unterbrach,  erfolgte  der  zweite  Durch- 
bruch eben  auf  dieselben  Hügel  (18,4:  „donec  ultra  Ultimos  colles 
hostes  reppulissentu.  18,5:  hostibus  .  .  campo  pulsis  post  collemque 
deiectis");  auf  dem  gewonnenen  Hügel  (wahrscheinlich  östlich  Mesjed 
Aissa)  wurde  dann  Stellung  genommen  und  schließlich,  wohl  erst  nach 
Eintritt  der  schützenden  Dunkelheit,  neuerdings  der  Rückzug  ange- 
treten. 

Dieser  Hügel  ist  auch  jedenfalls  mit  der  von  Dio  XLIII  2  er- 
wähnten Anhöhe  identisch ;  diese  Konstatierung  zeigt  auch  die  volle 
Übereinstimmung  beider  Quellen,  von  denen  nur  die  eine  den  Vor- 
gang etwa  um  dasselbe  Maß  zu  optimistisch  darstellt,  wie  die  andere 
dies  in  pessimistischer  Richtung  tut. 

Was   den   taktischen  Verlauf  des  Treffens   angeht,   so   ist  dabei     Taktischer 
gegen   Delbrücks   quellenwidrige  Rekonstruktion  (Nr.  23,   S.  593 ff.)     Verlauf- 
scharfe  Verwahrung  einzulegen. 

Delbrück  läßt  das  Treffen  derart  verlaufen,  daß  Caesar  den 
unvermeidlichen  Angriff  des  Gegners  solange  rein  defensiv  ab- 
wehrt, bis  die  einbrechende  Dunkelheit  jenen  zum  Abbrechen  des 
Kampfes  veranlaßt  und  Caesar  somit  den  Rückzug  freigibt.  Diese 
Auslegung  ist  freilich  nicht  möglich  ohne  weitgehende  Desavouierung 
der  Hauptquelle,  ein  Verfahren,  das  bekanntlich  Delbrück  niemals 
schwer  gefallen  ist.  Er  meint,  „Pseudo  -  Hirtius"  hätte  die  Schilde- 
rung des  Gefechtes  erfunden,  um  die  tatsächliche  Niederlage  in  einen 
Sieg  zu  verwandeln. 

Aber  worin  bestand  denn  eigentlich  die  angebliche  Niederlage  in 
diesem  Falle?  Einfach  darin,  daß  Caesar  nach  dem  Gefecht  in  sein  Lager 
zurückgehen,  also  das  Schlachtfeld  räumen  mußte.  Auch  Delbrück 
faßt  sie  nur  so  auf,  und  soweit  kann  man  ihm  ohne    weiteres  recht 


50 


* 


786  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

geben.  Aber  dieser  schließlich  doch  unvermeidliche  Rück- 
zug wird  ja  auch  von  „Pseudo  -  Hirtius"  ohne  jede  Be- 
schönigung eingestanden.  Einzig  die  Schlußphase  des  zweiten 
Gefechtes  ist  einigermaßen  euphemistisch  behandelt,  indem  sie  als  ein 
vollständiger  Sieg  der  Caesarianer  über  die  feindlichen,  sie  ringsum  ein- 
schließenden Truppen  und  eine  unaufhaltsame  Verfolgung  bis  über  die 
gewissen  Hügel  hinaus  dargestellt  wird,  während  sie  in  Wirklichkeit 
nichts  viel  anderes  war,  als  ein  geglückter  Durchbruch  auf  jene  Höhen, 
die,  in  Ermangelung  des  nicht  mehr  erreichbaren  Rideaurandes  von 
Ruspina,  den  in  der  Ebene  fast  wehrlosen,  schwer  erschöpften  Kohorten 
bis  zum  Einbruch  der  Dunkelheit  den  notwendigen  Schutz  gewähren 
sollten,  ähnlich  wie  Curio  es  in  der  Schlacht  am  Bagradas,  allerdings 
ohne  Erfolg,  versucht  hatte *).  Der  schließliche  Rückzug  wird  ja  dann 
doch  ausdrücklich  erwähnt. 

Den  Zweck,  diese  Tatsache  zu  bemänteln,  kann  somit  die  Abweichung 
des  Autors  von  Delbrücks  Auffassung  nicht  gehabt  haben;  eine  andere 
Begründung  für  ganz  willkürliche  Erfindung  eines  detaillierten 
Schlachtberichtes  ist  aber  erst  recht  nicht  zu  finden,  und  damit  ent- 
fällt jeder  Grund,  der  Quellendarstellung  Mißtrauen  entgegenzubringen. 
Außerdem  macht  die  ganze  Schilderung  in  ihrer  Ausführlichkeit,  der 
klaren  Hervorhebung  zahlreicher  an  sich  belangloser  Episoden,  durch- 
aus den  Eindruck  der  gewissenhaften  Wiedergabe  eines  Augenzeugen 
und  nichts  weniger  als  den  einer  willkürlichen  Erfindung. 

„Pseudo-Hirtius"  zerlegt  das  Gefecht  in  zwei  örtlich  und  zeitlich 
vollkommen  getrennte  Akte:  den  ersten  Kampf  gegen  Labienus, 
und  den  zweiten  gegen  Petreius.  Dieses  wichtige  Moment  ist  mit 
Delbrücks  Auffassung  unvereinbar,  der  einen  räumlich  und  zeitlich  ein- 
heitlichen Defensivkampf  bis  zur  endlichen  Unterbrechung  durch  die 
Dunkelheit  annimmt.  Um  nun  diese  so  klar  ausgesprochene  Dar- 
stellung des  zweimaligen  Kampfes  bei  „Pseudo-Hirtius"  zu  verwerfen, 
müßte  man  ihm  notwendig  auch  hier  die  Beschönigung  des  Rückzuges 
als  Motiv  für  seine  Erfindung  nachweisen.  Gerade  das  Gegenteil  aber 
ist  der  Fall:  denn  eben  die  Tatsache  des  zweimaligen  Gefechtes 
zwingt  ihn,  den  Rückzug  viel  deutlicher  zu  betonen,  weil  er  ihn  zwei- 
mal erwähnen  muß!    Heißt  es  doch  nach  dem  ersten  Gefecht  (17,2): 


1)  Damit  stimmt  die,  wie  erwähnt,  nur  wieder  etwas  zu  pessimistisch  gefärbte 
Darstellung  Dios  XLIII  2. 


Ruspina.    3.  Das  Treffen  bei  Raspina.  787 

v  ....  ad  sua  praesidia  sese  .  .  .  recipere  coepit",  und  nach  dem 
zweiten  (18,5):  „ita,  ut  erant  instructi,  leniter  se  ad  suos  recipi- 
unt  munitiones".    Wo  liegt  da  die  „Beschönigung  des  Rückzuges"  ?! 

Wir  sehen  also,  daß  „Pseudo-Hirtius"  die  „ Niederlage "  in  dem- 
selben Umfange  unverblümt  eingesteht,  in  dem  Delbrück  sie  verstanden 
wissen  will.  Der  prinzipielle  Unterschied  in  der  Auffassung  liegt 
darin,  daß  Delbrück  Caesar  seine  Aufgabe  des  zu  erkämpfenden 
Rückzuges  durch  einmaligen  rein  defensiven  Widerstand,  „Pseudo- 
Hirtius"  durch  zweimaligen  Offensivstoß  lösen  läßt.  Da  nun,  wie  wir  ge- 
sehen haben,  jeder  Grund  zu  einer  tendenziösen  Entstellung  seitens 
des  Verfassers  entfällt,  so  sollte  man  meinen,  daß  ein  in  dem  frag- 
lichen Gefechte  selbst  mitkämpfender  Offizier  über  diese  Angelegen- 
heit besser  Bescheid  wissen  müßte,  als  ein  zweitausend  Jahre  später 
in  Berlin  schreibender   Professor. 

Aber  auch  ganz  abgesehen  davon  erscheint  die  Quellendar- 
stellung vom  rein  militärischen  Standpunkte  betrachtet  wahrschein- 
licher. Ich  wüßte  nicht,  was  gegen  die  Annahme  der  Gegenoffensive 
einzuwenden  wäre,  zumal  man  es  mit  dem  größten  Meister  der  Offen- 
sive zu  tun  hat;  wohl  aber  will  es  mir  scheinen,  als  ob  die  Anforde- 
rung an  die  moralische  Kraft  der  Truppen  bei  einem  dem  Quellen- 
bericht entsprechenden  Verlauf  nicht  so  hoch  gespannt  gewesen  wäre 
als  bei  der  stundenlangen  starren  Defensive  Delbrücks.  Dessen  gegen 
den  Offensivstoß  erhobener  Einwand,  daß  man  „nicht  einsieht,  weshalb 
sie  das  nicht  gleich  im  Anfang  getan  haben,  wenn  sie  dazu  fähig  waren", 
bedeutet  außerdem  eine  arge  taktische  Entgleisung;  denn  der  tak- 
tische Gegenstoß  aus  einer  durch  das  Kräfteverhältnis  aufgezwungenen 
Defensive  kann  der  Natur  der  Sache  nach  niemals  gleich  zu  Anfang,  sondern 
immer  erst  in  einem  fortgeschrittenen  Moment  des  Gefechtes  erfolgen, 
wenn  die  feindliche  Überlegenheit  durch  die  bisherige,  wenn  auch  er- 
folgreiche Arbeit  bis  zu  einem  gewissen  Grade  aufgezehrt  oder  doch 
gebunden  ist,  oder  wenn  der  Gegner  sich  eine  Blöße  gibt.  In  unserem 
Falle  war  der  Moment  zum  Gegenstoße  gekommen,  sobald  der 
Feind  eben  durch  die  gelungene  beiderseitige  Umfassung  seine  vorher 
weit  ausgedehnte  Front  soweit  zusammengezogen  hatte,  daß  ein  plötz- 
licher Gegenstoß  dieselbe  an  zwei  Stellen  gleichzeitig  zu  zerreißen 
vermochte  *). 


1)  Vgl.  meine  „Gesch.  der  Feldzüge  J.  Caesars",  pag.  410.  — 


788  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg. 

Im  Ganzen  zeigt  die  Affäre  von  Ruspina,  trotz  der  sehr  bedeutende^ 
Unterschiede  in  den  Dimensionen,  eine  ganz  auffallende  Analogie  mit 
der  Schlacht  bei  Aspern.  Hier  wie  dort  sehen  wir  einen  aller- 
ersten, vom  Nimbus  der  Unbesiegbarkeit  umgebenen  Feldherrn,  der  sich 
sehr  gegen  seine  Absicht  vom  Gegner  in  einem  Augenblick  angegriffen 
sieht,  da  alle  Chancen  gegen  ihn  sind.  Hier  wie  dort  gelingt  es  ihm 
schließlich  durch  eine  Folge  brillanter  Offensivstöße,  das  Schlachtfeld 
solange  zu  behaupten,  bis  die  Nacht  dem  Kampfe  ein  Ende  macht, 
um  sich  dann  unter  ihrem  Schutze,  vom  Feinde  unbehelligt  und  schein- 
bar freiwillig,  in  eine  durch  Natur  und  Kunst  unangreifbare  Stellung 
zurückzuziehen.  Der  moralische  Erfolg  von  Ruspina  mochte  denn 
auch  bei  Freund  und  Feind  so  ziemlich  der  gleiche  gewesen  sein  wie 
jener  von  Aspern,  und  Caesars  auffallende  Vorsicht  während  der  folgen- 
den Operationen  zum  guten  Teil  darin  ihren  Grund  gehabt  haben; 
Thapsus  konnte  aber  schließlich  dadurch  ebensowenig  abgewendet 
werden,  wie  Aspern  Wagram  abgewendet  hat.  Man  halte  sich  diese 
Analogie  vor  Augen,  und  vergleiche  dann  die  französischen  Bulletins 
über  die  „Bataille  de  Essling"  mit  dem  Berichte  des  bellum  Africanum 
über  das  Gefecht  bei  Ruspina.  — 

In  der  Auffassung  des  viel  umstrittenen  Manövers  mit  dem  Ver- 
kehren jeder  zweiten  Kohorte  usw.  stimme  ich  im  wesentlichen  mit 
Delbrück  überein.  Jeder  Unbefangene  wird  jedoch  zugeben,  daß  in 
diesem  Manöver  der  weitaus  schwierigste  Teil  der  ganzen  Gefechts- 
tätigkeit der  caesarianischen  Legionen  liegt,  daß  seine  Durchführung 
sogar  eine  ganz  exceptionelle  Anforderung  an  die  moralische  Kraft, 
Gefechtsdisziplin  und  Manövrierfähigkeit  dieser  größtenteils  jungen 
Truppen  in  sich  schließt.  Und  ebendieselben  Truppen,  die  man  unter 
diesen  Verhältnissen  einer  solchen  geradezu  erstaunlichen  Leistung 
für  fähig  halten  muß,  sollte  man  unmittelbar  darauf  die  Fähigkeit  zu 
einem  kurzen  Offensivstoße  absprechen  wollen,  der  nötig  war,  um 
ihnen  für  den  unvermeidlichen  Rückzug  Luft  zu  machen?  — 

Die  Schilderung  bei  Appian  b.  c.  II  15,  die  Delbrück  zum  Be- 
weise für  seine  Auffassung  heranzieht,  beweist  nichts.  Appian  hat 
einfach  eine  ausführliche  richtige  Darstellung  willkürlich  gekürzt,  das 
Moment  des  faktischen  Rückzuges  stärker  betont  und  die  Gegenstöße 
als  nach  seiner  Ansicht  unwesentlich  ausgelassen;  solche  Arbeit  sind 
wir  ja  bei  ihm  gewohnt.  Am  besten  charakterisiert  sich  seine  Dar- 
stellung durch  die  Begründung,  weshalb  die  Gegner  ihren  Erfolg  nicht 


Ruspina.    3.  Das  Treffen  bei  Ruspina.  789 

vollendet  hätten:  um  dem  Feldherrn  Scipio  den  Sieg  nicht  vorweg- 
zunehmen ! 

Bezüglich  des  vielumstrittenen  ersten  Durchbruchsmanövers 
halte  ich  meine  —  im  wesentlichen  mit  Stoffel  und  Delbrück  über- 
einstimmende —  Ansicht  aufrecht,  daß  jede  zweite  Kohorte  kehrt  ge- 
macht hat;  nur  möchte  ich  mich  nunmehr  dezidiert  der  verbesserten  Les- 
art „ut  una  post,  altera  ante  signa  contenderet"  anschließen  cap.  17,1. 
Der  epochale  Fund  in  der  Waffenkammer  von  Lambaesis  (Memoires  de 
l'academie  des  inscriptions  et  belles  lettres,  38  (1908),  45;  siehe  auch 
Domaszewski:  „Zwei  römische  Reliefs",  Sitzungsber.  d.  Heidel- 
berger Ak.  d.  Wissensch.  1910,  4.  Abh.,  pag.  9,  Anm.  5),  wonach  die 
Waffenvorräte  der  Kohorten  in  „arma  antesignana"  und  „postsignana" 
geteilt  waren,  läßt  unter  vielen  anderen  auch  den  Schluß  zu,  daß 
„postu  bezw.  „ante  signa  contendere"  nichts  weiter  bedeutet  als  „in  ver- 
kehrter" bezw.  „normaler  Front  vorgehen".  Durch  diese  Lesart  wird 
durchaus  nicht,  wie  Delbrück  meint,  der  Vorgang  „verschleiert" ;  denn 
es  ist  absolut  nicht  nötig,  daß  die  Kohorten  erst  in  gleicher  Front- 
richtung hintereinander  gezogen  wurden  (das  würde  die  überlieferte 
Lesart  „ut  una  post  alteram  ante  signa  tenderet"  besagen),  sondern  es 
machte,  sobald  durch  das  „acieminlongitudinemquam  maximam  porrigi" 
aus  dem  zusammengeballten  Klumpen  die  ursprüngliche  „acies  simplex" 
wiederhergestellt  war,  in  dieser  jede  zweite  Kohorte  kehrt,  und 
nun  ging  jede  Front  für  sich  zum  Angriffe  vor.  Hierdurch  ward  der 
Feind  in  der  Richtung  der  ursprünglichen  caesarianischen  Front,  so- 
wie in  der  entgegengesetzten  frontal  zurückgedrängt,  und  dadurch 
an  den  beiden  Flügeln  zerrissen  („coronam  hostium  dextro  sini- 
stroque  cornu  mediam  dividit";  siehe  meine  Abbildung  Gesch.  d. 
Feldz.  Caesars.  Beil.  42,  Fig.  IV.).  Ob  die  hierbei  entstandenen 
Intervalle  von  Kohortenbreite  durch  Verbreiterung  der  Glieder  oder 
durch  Zusammenschluß  geschlossen  oder  wenigstens  verkleinert  wurden, 
ist  zweifelhaft;  dies  hätte  einerseits  die  notwendige  Raschheit  des 
Manövers  beeinträchtigt,  andererseits  war  es  eben  wegen  dieser  Rasch- 
heit kaum  notwendig1). 

Über  das  Verkehren  der  Kohorten  haben  die  verschiedenen  Aus- 
leger zum  Teil  recht  komplizierte  Erklärungen  gegeben.  Die  einzig 
mögliche  ist  die,  daß  ganz  einfach  in  jeder  zweiten  Kohorte  jeder 

1)  Siehe  hierüber  auch  die  Untersuchung  über  die  Kampfintervalle  im  taktischen 
Exkurs  zu  Narraggara  Beil.  II,  S.  696  ff. 


790  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg1. 

Mann  auf  seinem  Platze  „Kehrt  euch"  machte.  Das  Ver- 
kehren der  Kohorten  als  Ganzes  wäre  nicht  nur  während  des  Hand- 
gemenges unendlich  schwierig  gewesen;  es  hätten  dann  auch  nach 
Vollzug  der  Bewegung  wiederum  die  „antesignani"  vorne  gestanden,  und 
der  Ausdruck  „post  signa  contendere"  hätte  keinen  Sinn.  Wenn  aber 
jeder  Mann,  wo  er  stand,  Kehrt  machte,  so  standen  jetzt  die  „postsignani" 
in  den  ersten  Reihen  der  neuen  Front.  Daß  sie  höchstwahrschein- 
lich kein  Pilum  hatten  —  denn  darin  ist  wohl  der  Unterschied 
zwischen  „arma  antesignana"  und  „postsignana"  zu  suchen  —  hatte 
in  dieser  Phase  des  Kampfes  wenig  zu  sagen  *).  —  Auf  die  bisherigen, 
zum  Teil  hochphantastischen  Lösungsversuche  dieses  Treffens  von 
Guischardt  über  Galitzin,  Göler,  Eüstow,  Stoffel  bis  Del- 
brück im  einzelnen  einzugehen,  ist  unnötig,  haben  sich  doch  die  ge- 
nannten Autoren  selber  gegenseitig  bereits  genügend  in  den  Haaren  ge- 
legen. Ich  verweise  einfach  auf  meine  Auffassung,  wie  ich  sie  in  der 
,, Gesch.  d.  Feldzg.  Caesars"  entwickelt  und  bezüglich  der  Schlußphase 
hier  (siehe  auch  die  „Zusammenhängende  Darstellung")  einigermaßen 
ergänzt  habe.  Ich  glaube,  daß  diese  meine  Ansicht  nicht  nur  mit  den 
Quellen  wie  mit  dem  Terrain  vollkommen  übereinstimmt,  sondern  auch 
vor  allem  taktisch  die  einfachste  ist,  und  die  verwunderliche  Kompli- 
ziertheit des  überlieferten  Manövers  auf  das  zulässige  Minimum  redu- 
ziert; was  wohl  am  meisten  für  ihre  Eichtigkeit  sprechen  dürfte. 


1)  Vgl.  Domaszewski,  Nr.  14  p.  4.  —  Kap.  17,1  „Felis  eo  niectis"  spricht  nicht 
dagegen;  der  Ausdruck  kann  sich  eventuell  nur  auf  die  von  Caesar  persönlich  ge- 
führte Hälfte,  die  „ante  signa  contenderat",  und  bei  der  sich  nach  der  ganzen  Dar- 
stellung der  Verfasser  befand,  beziehen,  zumal  die  „altera  pars"  dann  noch  ausdrück- 
lich erwähnt  wird;  auch  können  in  letzterer  Abteilung  die  nunmehr  rückwärtigen 
Glieder  ihre  pila  den  vorderen,  die  einzig  von  ihnen  Gebrauch  machen  konnten,  ge- 
reicht haben. 


Anhang. 


Übersetzung  der  Gefechtsberichte. 

a.  bell.  Afr.  11—18. 

cap.  11  .  .  .  (3)  So  .  .  .  kehrte  er  (Caesar)  nach  Ruspina  zurück, 
schlug  dort  das  Lager  und  begab  sich  persönlich  an  der  Spitze  von 
30  gefechtsbereiten  Kohorten  auf  Requisition  .... 

cap.  12.  (1)  Als  Caesar  bereits  etwa  3  Meilen  vom  Lager  vor- 
gerückt war,  erhielt  er  von  den  Aufklärungspatrouillen  die  Meldung, 
daß  feindliche  Truppen massen  in  nicht  allzugroßer  Entfernung  ge- 
sichtet worden  seien.  Und  tatsächlich  wurden  gleichzeitig  mit  dieser 
Meldung  große  Staubwolken  sichtbar.  (2)  Nach  Konstatierung  dieser 
Tatsache  ließ  Caesar  sofort  die  ganze  Reiterei,  die  ihm  augenblicklich 
nur  in  geringer  Zahl  zur  Verfügung  stand,  und  die  Bogenschützen, 
von  denen  nur  ein  kleines  Kontingent  aus  dem  Lager  gerückt  war, 
heranziehen1),  die  Kohorten  aber  langsam  in  geordneten  Verbänden 
vorrücken;  er  selbst  eilte  mit  wenigen  Bewaffneten  voraus.  (3)  Als 
man  bereits  den  Feind  in  der  Ferne  erkennen  konnte,  erhielten  die 
Truppen  Befehl  in  der  offenen  Ebene  die  Helme  aufzusetzen  und 
sich  zur  Schlacht  bereitzumachen;  es  waren  insgesamt  30  Kohorten 
mit  400  Reitern,  dann  150  Bogenschützen. 

cap.  13.  (1)  Unterdessen  entwickelten  die  Feinde,  an  deren 
Spitze  Labienus  und  die  beiden  Pacideii2)  standen,  eine  unglaublich 
lange,  dicht  geschlossene  Front,  nicht  aus  Fußvolk,  sondern  aus 
Reiterei,  hatten  aber  dazwischen  leichtbewaffnete  Numider  und  unbe- 

1)  Dies  bezieht  sich  unzweifelhaft  nur  auf  die  Reiterei  und  die  Bogenschützen, 
die  Caesar  zwar  mitgenommen  hatte,  die  sich  aber  zum  Zweck  der  Requisition  in  der 
Ebene  zerstreut  hatten;  diese  wurden  nun  rasch  herangezogen,  ebenso  wie  die  In- 
fanterie erst  in  die  gefechtsmäßigen  Verbände  geordnet  werden  mußte  (ordinatim). 
An  eine  Heranziehung  der  im  Lager  zurückgebliebenen  Kontingente,  wie  die 
meisten  Ausleger  geglaubt  haben,  ist  wohl  nicht  zu  denken. 

2)  Nach  Schneider:  „Ti.  Pacideius". 


792  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

rittene  Bogenschützen  eingeteilt  und  sie  dadurch  so  verdichtet,  daß  die 
Caesarianer  sie  aus  der  Entfernung  für  Infanterie  hielten;  der  rechte 
und  linke  Flügel  war  mehr  durch  Kavallerie  verstärkt.  (2)  Caesar 
ließ  gleichzeitig  in  einem  Treffen  aufmarschieren,  wie  die  geringe 
Stärke  seines  Korps  es  ihm  erlaubte ;  die  Bogenschützen  stellte  er  vor 
die  Front,  die  Reiter  schob  er  gegen  den  rechten  und  linken  Flügel 
vor  und  befahl  ihnen,  darauf  zu  achten,  sich  von  der  Menge  der  feind- 
lichen Kavallerie  nicht  umzingeln  zu  lassen:  denn  auch  er  war  der 
Meinung,  es  werde  zu  einem  regelrechten  Infanteriekampfe  kommen. 

cap.  14.  (1)  Während  man  zunächst  beiderseits  zuwartete  und 
Caesar  sich  nicht  rührte  in  der  Erkenntnis,  mit  seiner  geringen  Macht 
gegen  die  Übermacht  der  Feinde  mehr  durch  kunstvolle  Manöver  als 
mit  roher  Kraft  kämpfen  zu  müssen,  begann  plötzlich  die  gegne- 
rische Reiterei  sich  in  die  Breite  zu  entwickeln,  sich  über  die  Hügel  aus- 
zudehnen, und  zwang  dadurch  Caesars  Kavallerie  sich  gleichfalls  auszu- 
breiten, während  sie  gleichzeitig  zur  Umfassung  ansetzte.  (2)  Die 
Reiter  Caesars  hielten  der  Übermacht  nur  schwer  stand.  Während  unter- 
dessen auch  die  beiderseitige  Zentren  gegeneinander  losgingen,  brachen 
plötzlich  aus  den  dichten  Reihen  die  leichtbewaffneten  Numider  mit 
den  Reitern  vor  und  schleuderten  ihre  Geschosse  in  die  Reihen 
der  Legionare.  (3)  Als  nun  die  caesarianische  Infanterie  auf  sie  zum 
Gegenangriffe  vorging,  zogen  sich  ihre  Reiter  zurück;  die  Unberittenen 
aber  hielten  stand,  während  die  Reiter  sofort  wieder  kehrt 
machten  und  ihnen  zu  Hilfe  kamen. 

cap.  15.  Caesar  erkannte,  daß  durch  diese  neuartige  Taktik  die 
Ordnung  seiner  Front  beim  Vorprellen  litt,  denn  während  die  Fuß- 
truppen die  feindlichen  Reiter  auf  größere  Entfernung  verfolgten, 
gaben  sie  die  Flanke  frei  und  erlitten  dort  durch  die  Geschosse  der 
nächsten  Numider  Verwundungen;  die  Reiter  hingegen  wußten  sich  leicht 
dem  Pilum  der  Legionare  im  Galopp  (cursu)  zu  entziehen;  er  ließ  also  den 
Befehl  durch  die  Glieder  weitergeben,  daß  kein  Mann  sich  weiter  als  4  Fuß 
vor  die  Front  entferne.  (2)  Indessen  versuchte  die  Reiterei  des 
Labienus  im  Vertrauen  auf  ihre  Überzahl  die  schwachen  Abteilungen 
Caesars  zu  umfassen;  die  caesarianischen  Reiter,  erschöpft  durch  den 
Kampf  gegen  die  Übermacht  und  mit  verwundeten  Pferden,  begannen 
langsam  zu  weichen;  um  so  heftiger  drängte  der  Feind  nach.  (3)  So 
wurde  alsbald  die  ganze  Legionsinfanterie  von  der  feindlichen  Reiterei 
umzingelt,  das  caesarianische  Korps  insgesamt   auf  einen  Knäuel  zu- 


Ruspina.    Anhang:  Übersetzung  der  Gefechtsberichte.  793 

sammengedrängt  und  gezwungen,  gleichsam  wie  zwischen  Schranken 
zusammengepfercht  zu  fechten. 

cap.  16  (1 — 3  Szene  zwischen  Labienus  und  einem  Veteranen  der 
X.  Legion).  (4)  Trotzdem  war  der  Mut  aller  erschüttert,  besonders 
bei  den  Rekruten;  sie  suchten  mit  den  Augen  Caesar  und  beschränkten 
sich  darauf,  den  feindlichen  Geschossen  auszuweichen. 

cap.  17.  (1)  Caesar  aber  hatte  den  Plan  der  Feinde  durchschaut; 
er  befahl,  die  Front  soweit  als  möglich  in  die  Breite  auszudehnen,  ließ 
sodann  jede  zweite  Kohorte  verkehren,  so  daß  immer  eine  mit  normaler, 
die  andere  mit  verkehrter  Front  vorzugehen  hatte,  riß  durch  dieses 
Manöver  am  rechten  und  linken  Flügel  den  Ring  der  Feinde  mitten 
auseinander,  schnitt  den  einen  Teil  vom  andern  ab,  griff  zwischen- 
durch mit  der  Reiterei  an  und  jagte  den  Feind  mit  der  Infanterie 
unter  einem  Hagel  von  Geschossen  in  die  Flucht,  ging  jedoch,  einen 
Hinterhalt  fürchtend,  nach  kurzem  Vorgehen  zu  den  Seinigen  zurück; 
dasselbe  vollführte  der  andere  Teil  der  caesarianischen  Infanterie  und 
Kavallerie.  (2)  Nachdem  dies  vollbracht  und  die  Feinde  unter  Ver- 
lusten auf  entsprechende  Entfernung  zurückgeworfen  waren,  trat  er 
in  Schlachtordnung,  wie  er  war,  den  Rückmarsch  nach  seinen  festen 
Stellungen  an. 

cap.  18.  (1)  Indessen  trafen  M.  Petreius  und  Cn.Piso  mit  1600 aus- 
erlesenen numidischen  Reitern  und  einer  ziemlich  starken  Infanterie- 
macht gleicher  Herkunft  direkt  aus  dem  Marsche  zur  Unterstützung 
der  Ihrigen  ein.  (2)  Die  Feinde  erholten  sich  von  ihrem  Schrecken, 
faßten  frischen  Mut,  machten  Kehrt  und  warfen  sich  auf  die  Nachhut  der 
im  Rückmarsch  begriffenen  Legionen,  indem  sie  diese  am  Rückzuge  ins 
Lager  zu  hindern  versuchten.  (3)  Sobald  Caesar  dies  erkannte,  ließ  er 
neuerdings  die  Front  verkehren  und  mitten  in  der  Ebene  das  Gefecht 
wieder  aufnehmen.  (4)  Die  Feinde  fochten  in  gleicher  Weise  wie  früher 
und  ließen  es  auf  keinen  Nahkampf  ankommen;  die  Reiter  Caesars  ver- 
fügten nurmehr  über  Tiere,  die  durch  die  kürzliche  Überschiffung,  durch 
Durst,  Ermüdung,  numerische  Schwäche  und  Wunden  entkräftet  und 
zu  nachhaltiger  Verfolgung  des  Feindes  untauglich  waren ;  der  Tag  ging 
zur  Neige.  Da  befahl  Caesar  den  bereits  eingeschlossenen  Kohorten  und 
Reitern,  in  einheitlichem  Anprall  vorzubrechen  und  nicht  eher  Halt 
zu  machen,  als  bis  sie  die  Feinde  bis  über  die  letzten  Hügel  zurück- 
geworfen und  diese  in  Besitz  genommen  hätten.  (5)  Während  nun 
die  Feinde  bereits  ihre  Geschosse  langsamer  und  nachlässiger  Schleuder- 


794  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

ten1),  warf  er  auf  ein  gegebenes  Zeichen  plötzlich  seine  Kohorten  und 
Türmen  auf  ihre  Reihen;  sofort  wurden  die  Gegner  mühelos  aus  der 
Ebene  geworfen  und  bis  hinter  die  Hügelkette  zurückgejagt ;  dieser  Platz 
wurde  genommen,  dort  kurze  Zeit  stehen  geblieben  und  dann,  in 
Schlachtordnung,  wie  man  war,  langsam  der  Rückmarsch  zu  den  be- 
festigten Linien  angetreten.  Gleichzeitig  gingen  die  Feinde  nach  er- 
littener Schlappe  jetzt  endlich  auf  ihre  Stützpunkte  zurück.  — 

b.  Cassius  Dio  XLIII  2. 

In  Afrika  nahmen  Petreius  und  Labienus  die  Gelegenheit  wahr, 
da  Caesar  mit  seinen  Truppen  auf  dem  flachen  Lande  fouragierte, 
während  seine  Reiterei  sich  von  der  Seefahrt  noch  nicht  erholt  hatte, 
(2)  überfielen  mit  den  Numidern  seine  Infanterie,  brachten  die  Legionen 
in  Verwirrung  und  hieben  viele  nieder.  Die  übrigen  wurden  auf 
eine  Anhöhe  zusammengedrängt  und  wären  gleichfalls  von  ihnen 
niedergemacht  worden,  wenn  nicht  auch  sie  schwere  Verluste  erlitten 
hätten. 

c.  Appian  b.  c.  II  95. 

Caesar  hielt  die  Gelegenheit  für  günstig,  die  Feinde  in  Abwesen- 
heit ihres  Feldherrn  anzugreifen,  und  marschierte  vor  dem  Lager 
Scipios  auf.  Labienus  und  Petreius  aber,  Scipios  Unterbefehlshaber, 
rückten  ihm  entgegen,  errangen  einen  entschiedenen  Vorteil  über  seine 
Truppen,  schlugen  sie  in  die  Flucht  und  verfolgten  sie  in  stolzer  Ver- 
achtung, bis  den  Labienus  sein  am  Bauche  verwundetes  Pferd  abwarf 
und  seine  Umgebung  ihn  forttrug ;  Petreius  aber,  in  der  Überzeugung, 
seine  Truppen  hätten  sich  zuverlässig  erprobt  und  er  könne  mit  ihnen 
siegen,  wann  er  wollte,  brach  das  Gefecht  ab,  indem  er  zu  seiner 
Umgebung  äußerte:  „Laßt  uns  unserem  Feldherrn  Scipio  den  Sieg 
nicht  vorwegnehmen."  Andererseits  scheint  dies  auch  ein  Werk  von 
Caesars  Glück  gewesen  zu  sein,  indem  das  Gefecht  von  den  Siegern  in 
dem  Augenblick  plötzlich  abgebrochen  wurde,  als  sie  eben  in  offenbarem 
Vorteil  waren  ....  Als  endlich  Petreius  aufbrach,  war  auch  Caesar 
froh,  den  Rückzug  antreten  zu  können. 

1)  Die  Lesart  Schneiders:  „in  hostes  iam  languide  tela  neglegenterque  mitten- 
di"  ist  m.  E.  etwas  gezwungen;  die  obige  entspricht  stilistisch  besser  und  taktisch 
vollkommen. 


2.  Uzita. 

Hierzu  Karte  18  und  19  b. 

Nach  dem  Eintreffen  von  Verstärkungen,  die  ihm  die  Offensiv-  Die  Ereignisse. 
fähigkeit  sicherten,  hatte  Caesar  durch  einen  überraschenden  Nacht- 
marsch „seinen  Kerker  gesprengt",  d.  h.  die  enge,  brückenkopfartige 
Defensivstellung  bei  Ruspina  verlassen  und  sich  sofort  unweit  davon 
eine  neue  Position  gewählt,  die  nicht  mehr  allein  die  See  mit  dem 
nunmehrigen  Haupthafen  Leptis  minor,  sondern  auch  das  Land  gegen 
Süden  zu  deckte  und  infolge  ihrer  Ausdehnung  und  sonstigen  Be- 
schaffenheit die  Möglichkeit  einer  Zernierung  durch  den  Gegner  aus- 
schloß: das  hügelige  weitgedehnte  Plateau,  das  sich  östlich  des  Ou. 
Melah  erhebt.  In  der  weiten  Ebene  an  diesem  Wasserlaufe  lagerte 
noch  immer  Scipio  und  stützte  sich  dabei  auf  die  ebendaselbst 
liegende  Stadt  Uzita. 

Schon  die  Besetzung  der  Höhen  durch  Caesar  war  nicht  ohne 
Kämpfe  abgegangen,  von  denen  zwei  in  unserer  Quelle  ausführlich 
beschrieben  werden  (cap.  38 — 40  und  49.  50) ;  wir  nennen  sie  der  Ein- 
fachheit halber  den  Kampf  um  den  „ersten"  und  „letzten''  Hügel.  — 
Später  entwickelte  sich  ein  hartnäckiger  Positionskampf  um  die  Stadt 
Uzita,  der  für  Caesar  erfolglos  blieb.  Aus  dieser  Epoche  ist  uns  die 
ausführliche  Schilderung  eines  großzügigen  Schlachtaufmarsches  er- 
halten (cap.  58—61). 

Die  Lokalisierung  dieser  drei  Ereignisse,  sowie  der  beiderseitigen 
Stellungen,  Lager  und  Linien  bildet  in  diesem  Falle  das  Problem 
unserer  Untersuchung. 

Trotz  der  Kompliziertheit  der  Vorgänge  ist  wohl  kaum  an  einem 
anderen  Orte  diese  Aufgabe  mit  solch  eindeutiger  Sicherheit  durchzu- 
führen wie  eben  bei  Uzita.  Wirklich  sind  auch  sowohl  Stoffel  wie 
Tissot,  soweit  man  aus  ihren  teilweise  auf  veraltete  und  recht  mangel- 


796  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

hafte  Karten   aufgebauten    Ausführungen  schließen  kann  *),   in  voller 
Übereinstimmung  fast  überall  zu  demselben  Resultate  gelangt,  zu  dem 
auch  uns  der  Augenschein  geführt  hat. 
Das  Terrain.  Zuerst  einige  Worte  über  das  Terrain  im  Großen. 

Dem  scharf  markierten  Plateau  von  Ruspina  ist  gegen  Südwesten 
eine  weite  Ebene  vorgelagert,  die  vom  Ou.  Melah,  einem  kleinen, 
periodischen,  salzhaltigen2)  Rinnsal,  durchflössen  wird.  Dies  ist  die 
Ebene,  von  der  im  bellum  Africanum  cap.  37,  4  die  Rede  ist:  „Hie 
campus  mirabili  planitie  patet  milia  passuum  XV ;  quem  iugum  cingens 
a  mari  ortum  neque  ita  praealtum  velut  theatri  efficit  speciem."  — 
Wer  von  Hir  Tenir  aus  die  Aussicht  genießt,  kann  das  Treffende 
dieser  Beschreibung,  wie  schon  Tissot  hervorgehoben  hat,  nur  bestätigen; 
außer  daß  man  sich,  trotz  des  „non  ita  praealtuin",  die  begrenzenden 
Höhenlinien  doch  etwas  höher  vorgestellt  haben  mochte,  als  sie  wirk- 
lich erscheinen3). 

Im  Südosten  wird  nun  diese  Ebene  durch  ein  sanft  gewelltes  Hoch- 
plateau von  durchschnittlich  80 — 90  Meter  Höhe  begrenzt,  welches 
gegen  erstere  mäßig  steil,  aber  immerhin  recht  dezidiert  abfällt.  Dieser 
Abfall  wird  in  beiläufig  gleichen  Abständen  durch  eine  Anzahl  scharf 
eingeschnittener;  stark  verzweigter  Racheln  zergliedert ;  die  dazwischen 
übrigbleibenden  Höhenteile  gewinnen  dadurch  den  Charakter  mehr  oder 
weniger  isolierter  Hügel,  die  infolge  ihrer  vorspringenden  Lage  und 
ihrer  ausgesprochenen  Formen  dem  Auge  auch  höher  erscheinen  als 
die  weiter  rückwärts  gelegene  ungeteilte  Hochfläche,  obwohl  sie  in 
Wirklichkeit  durchweg  um  ein  weniges  niedriger  sind  als  die  höchsten 
Stellen  der  letzteren. 

Dieses  ganze  Hochplateau  ist  das  „iugum  a  mari  ortum"  der  Quelle; 


1)  Bei  Tissot,  der  hier  die  Lage  seiner  Punkte  mit  Vorliebe  durch  Angabe  der 
Distanzen  von  mehreren  bekannten  Orten  fixiert,  sind  diese  Maße  durchweg  zu  klein, 
so  daß  sie  sich  nie  in  einem  Punkte  schneiden  und  man  nur  aus  dem  sich  jeweilig 
ergebenden  Fehlerdreieck  annähernd  den  Punkt  erraten  kann,  den  er  meint.  Auch 
mit  der  Himmelsrichtung  klappt  es  nicht  immer. 

2)  Die  in  Tunis  häufigen  Namen  „Melah",  „Mellah",  „Meleg"  usw.  deuten  durch- 
wegs auf  Salzgehalt. 

3)  Die  die  Ebene  des  Ou.  Melah  auf  beiden  Seiten  begrenzenden  Hügelzüge 
verschwimmen  in  der  Mitte  des  Hintergrundes  für  das  Auge  derart  ineinander,  daß 
in  der  Tat  der  Eindruck  eines  rings  geschlossenen  Halbkreises  erzielt  wird.  Das  Terrain 
ist  bei  dieser  Beschreibung  unzweifelhaft  von  Hir  Tenir  oder  sonst  einem  Punkte  des 
dortigen  Rideaurandes  gesehen ;  ein  Beweis  mehr,  daß  dieser  Rand  von  Caesar  besetzt 
gewesen  ist. 


Uzita.    1.  Der  Kampf  um  den  „ersten  Hügel".  797 

und  mit  dem  folgenden  „in  hoc  iugo  colles  sunt  excelsi  pauci"  sind 
jene  vorspringenden  Hügel  gemeint,  die  sich  infolge  ihrer  das  ganze  Vor- 
terrain weithin  beherrschenden  Lage  auch  vorzüglich  zur  Anlage  jener 
Warttürme  eigneten,  von  denen  gleich  im  Anschlüsse  an  die  obige 
Stelle  die  Rede  ist. 

Die  ganze  Formation  besteht  —  im  Gegensatze  zum  Plateau  vor 
Ruspina  —  aus  einem  sandigen,  trockenen,  sehr  festen  Lehm,  der  dem 
Fuße  einen  ganz  auffallend  guten  Halt  bietet,  so  daß,  wenigstens  bei 
trockenem  Wetter,  selbst  sehr  steile  Stellen  nicht  nur  für  Fußgänger, 
sondern  auch  für  Reiter  über  Erwarten  leicht  und  sicher  passierbar 
sind. 

In  der  Ebene,  am  rechten  Ufer  des  Ou.  Melah,  sind  auf  einer 
flachen  isolierten  Welle  die  Reste  einer  römischen  Stadt  erkennbar 
(Hir  el  Makreeba),  in  denen  alle  Forscher  übereinstimmend  das 
alte  Uzita  erkannt  haben. 

Soweit  die  gegebenen  Verhältnisse  im  allgemeinen.  Die  Details 
der  Kämpfe  zu  lokalisieren  wird  Gegenstand  einer  Reihe  von  Spezial- 
untersuchungen sein. 

1.  Der  Kampf  um  den  „ersten"  Hügel. 

Als  „ersten"  Hügel  bezeichnen  wir  kurz  denjenigen,  auf  welchem 
nach  37,  5  und  38, 2  das  „praesidium"  Scipios  stand,  und  um  den  es 
gelegentlich  dieser  Operation  zum  ersten  Kampfe  kam  (38 — 40). 

Die  Quelle  gebraucht  in  Verbindung  mit  diesem  Hügel  zweimal  DerHügei. 
das  Wort  „ultimus"  (37,5  und  38,2).  Im  ersten  Fall  bezieht  sich 
dieses  Wort  deutlich  nicht  auf  den  Hügel  selbst,  sondern  auf  den  darauf 
stehenden  Turm;  im  zweiten  Falle  grammatikalisch  auf  Hügel  und 
Turm.  Es  ist  nun  ganz  zweifellos,  daß  der  Hügel  als  solcher  nicht 
als  der  „letzte"  bezeichnet  werden  kann.  Gegen  Caesar,  d.  h.  gegen 
das  Meer  zu  war  er  es  nicht,  denn  Caesar  hatte,  ehe  er  ihn  erreichte, 
bereits  etliche  Hügel  besetzt  (38, 1);  in  entgegengesetzter  Richtung  war 
er  es  auch  nicht,  denn  Caesar  hat  auch  nach  Einnahme  dieses  Hügels  in 
dieser  Richtung  noch  andere  okkupiert  (49, 1  u.  a.),  und  überhaupt 
läuft  die  Hügelreihe  noch  erheblich  über  den  in  Betracht  kommenden 
Raum  hinaus.  Die  Quelle  kann  also  nur,  wie  auch  der  Ausdruck 
„ultimo  colle  turrique"  nahelegt,  nur  den  letzten  „turmgekrönten"  Hügel 
gemeint  haben.  Das  kann  aber  nur  der  vom  Meere  aus  gerechnet  dritte, 
d.  h.  der  Kot  el  Guebla  gewesen  sein. 


798  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Denn  einerseits  hatte  Caesar,  bevor  er  zu  dem  von  Scipios  Vor- 
posten besetzten  Hügel  gelangte,  nach  cap.  38, 1,  schon  mehr  als  einen 
solchen  (unumquemque  collem),  also  mindestens  zwei,  besetzt  und  be- 
festigt, und  anderseits  hatte  er  dazu  nur  eine  kleine  halbe  Stunde 
(minus  semihora)  gebraucht.  In  dieser  Zeit  kann  man  aber  abseits  der 
Straße,  bei  Nacht  und  mit  entsprechender  Vorsicht  —  denn  man  wollte 
ja  so  lange  als  möglich  unentdeckt  bleiben,  —  keinesfalls  mehr  als  2  Kilo- 
meter vorrücken,  eher  weniger,  auch  wenn  die  Schanzarbeit  durch 
zurückgelassene  Abteilungen  besorgt  wurde  und  das  Gros  dabei  den 
Marsch  fortsetzte.  Der  Het  el  Guebla  liegt  aber  schon  starke  2  Kilo- 
meter vom  ersten  Hügel,  der  namenlosen  Kuppe  55 *)  entfernt,  kann  daher 
kaum  innerhalb  einer  kleinen  halben  Stunde  zugleich  mit  jenem  schon  be- 
festigt gewesen  sein.  Daher  ist  dieser  Het  el  Guebla  der  Hügel  des 
scipionischen  Vorpostens,  um  den  sich  der  erste  Kampf  entsponnen 
hat2).  Den  Einwand,  den  man  machen  könnte,  daß  Caesar  das  Plateau 
direkt  vonKrnis  aus  beim  Het  elChouf  erstiegen  habe,  und  der  dritte  Hügel 
daher  erst  der  Het  el  Ressas  sei,  ist  hinfällig.  Denn  dann  hätte  Caesar 
nach  dessen  Besetzung  im  weiteren  Verlaufe  der  Operationen  nicht 
mehr  am  Fuße  der  Hügel  entlang  zu  ziehen  brauchen,  um  näher 
an  Uzita  heranzukommen,  wie  das  41,2  ausdrücklich  berichtet  wird. 
Und  ebensowenig  hätte  er  oben  auf  der  Hügelkette  seine  Be- 
festigungen noch  näher  an  Uzita  heranschieben  können,  wie  es  47, 2 
und  48,1  heißt, 
Bedeutung  des  Wir  erkennen  zudem  noch  sehr  gut  den  Grund,  weshalb  Scipio 
gerade  diesen  Hügel  durch  einen  Posten  sicherte.  Von  ihm  aus 
genießt  man  nämlich  nicht  nur   eine   sehr   gute  Aussicht   gegen   das 

1)  Die  hinter  der  Hügelreihe   liegende,   ganz  flache  Kuppe  57    kommt  prak- 
tisch gar  nicht  in  Betracht. 

2)  F.  Albrecht  (Nr.  34  S.  171)  beschäftigt  sich  auf  Grund  einer  philologischen 
Untersuchung  mit  diesen  Ausmarsche.  Er  läßt  Caesar  längs  der  Küste  bis  gegen  Leptis 
marschieren,  dann  von  rückwärts  her  die  Hügel  erklimmen  und  sie  in  umgekehrter 
Reihenfolge,  also  vom  Lande  gegen  das  Meer  zu,  besetzen,  so  daß  der  „ultimus  collis", 
auf  dem  das  ,,praesidiumu  Scipios  stand,  der  dem  Meere  nächstgelegene  Hügel  war.  — 
Dies  ist,  wie  eine  genaue  Betrachtung  des  Geländes  zeigt,  sachlich  unmöglich,  da 
Caesar  in  diesem  Falle  mit  der  ganzen  Armee  von  8  Legionen  und  allen  Train 
zuvor  an  dem  ,,praesidium"  hätte  knapp  vorbeimarschieren  müssen,  ohne  entdeckt 
zu  werden.  —  Der  Irrtum  geht  zum  Teil  auf  meine  Darstellung  (Nr.  28  S.  415  und 
Karte  41)  zurück,  die  hier  nicht  nur,  wie  Albrecht  meint,  „nicht  deutlich  genug", 
sondern  überhaupt  falsch  ist ;  ich  hatte  mir  irrtümlich  die  „planities"  mit  dem  theater- 
artigen Aussehen  nicht  von  Hir  Tenir,  sondern  von  der  Küste  zwischen  Ruspina  und 
Leptis  gesehen  vorgestellt. 


Uzita.     1.  Der  Kampf  um  den  „ersten  Hügel".  799 

Plateau  von  Ruspina,  sondern  über  ihn  geht  auch  jetzt  noch  der  kürzeste 
und  beste  Weg  —  heute  eine  chaussierte  Straße,  vor  kurzem  aber, 
wie  aus  der  Karte  ersichtlich,  eine  sehr  gute  „piste",  —  aus  der  Ebene 
des  Ou.  Melah  nach  Leptis  minor,  welche  Hafenstadt  Caesar  mit 
verhältnismäßig  starker  Kraft  besetzt  hielt  (c.  9,1),  woraus  sich  für 
Scipio  natürlich  die  Notwendigkeit  ergab,  den  Weg  dahin  ständig  be- 
obachten zu  lassen. 

Caesar  hatte  also,  vom  Meere  aufsteigend,  die  „Hügel"  55  und 
Het  el  Chouf  bereits  befestigt,  als  er  den  nächsten,  den  Het  el  Guebla, 
von  einem  feindlichen  Reiterposten  besetzt  sah  und  erkannte,  daß  die 
weitere  Vorrückung  ohne  Entdeckung  und  Kampf  nicht  mehr  möglich 
war.  Er  läßt  halten,  schiebt  die  Reiterei  zur  Sicherung  gegen  die 
Ebene  vor  und  ordnet  die  Befestigung  des  bisher  gewonnenen  Raumes 
durch  die  Legionen  an. 

Jetzt  endlich  rücken  Scipio  und  Labienus  aus  ihrem  Lager;  die 
Infanterie  bleibt  auf  weniger  als  400  (römische)  Schritte  vor  dem  Lager 
stehen,  die  Kavallerie  geht  auf  1000  Schritte  vor.  Da  sie  damit  schon 
auf  1500  Schritte  an  Caesars  Stellung  herangekommen  war  und  Miene 
macht  noch  weiter  vorzugehen,  läßt  dieser,  um  sie  abzulenken  und 
dadurch  die  Einstellung  der  Arbeit  der  Legionen  zu  ersparen, 
durch  eine  spanische  Eskadron  und  einige  Leichtbewaffnete  den 
Vorposten  am  Hügel  angreifen,  der  alsbald  in  die  Ebene  geworfen  und 
verfolgt  wird.  Zu  seinem  Schutze  geht  Labienus  mit  dem  rechten 
Flügel  der  Kavallerie  nach  rechts  ab;  sobald  er  sich  entsprechend 
weit  entfernt  hat,  sendet  Caesar  den  linken  Flügel  seiner  Reiterei, 
durch  ein  großes  Gehöft  (villa)  gedeckt,  ihm  in  den  Rücken.  Die 
Überraschung  gelingt;  die  feindliche  Reiterei  wird  geworfen,  die  zur 
Deckung  des  Rückzuges  sich  opfernden  Gallier  und  Germanen  fast  ver- 
nichtet. Scipio  geht  unter  dem  Eindrucke  dieses  Überfalles  schleunigst 
in  sein  Lager  zurück. 

Die  Spuren  der  „ villa",  die  bei  diesem  Reitertreffen  eine  so  wichtige  Die  „viiia* 
Rolle  gespielt  hat,  sind  gleichsfalls  noch  im  Terrain  zu  erkennen.  Zu 
Tissots  Zeiten  müssen  sie  noch  viel  deutlicher  gewesen  sein,  denn  er 
gibt  genau  die  Dimensionen  (200:250  Meter1)).  Heute  geht  dies  nicht 
mehr  an,  da  die  ziemlich  intensive  Bodenkultur  die  Spuren  stark  ver- 
wischt hat.    Doch  ist  immerhin  ein  mit  jenen  Dimensionen  annähernd 


1)  Nr.  13.  II.  738. 
Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  111.  51 


800  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

übereinstimmender  Platz  zu  finden,  der  stark  bedeckt  ist  mit  römischen 
Mauer-  und  Paviment-Resten.  Die  Bewohner  des  nahen  Dorfes  Damouss 
kennen  diesen  Platz  wohl ;  auf  die  Frage  nach  römischen  Resten  wird 
man  direkt  dorthin  geführt.  Dieser  Platz  liegt  knapp  westlich  der 
Straße  Bembla — Damouss,  zwischen  den  Kilometersteinen  5  und  6, 
etwa  in  der  Höhe  der  Kote  42  der  französischen  Karte. 

Diese  Lage  der  „villa"  paßt  ganz  gut  zu  unserer  Annahme  des 
„Hügels'1.  Der  auf  letzterem  stehende  Reiterposten,  von  Nordosten 
her  attakiert,  mußte  naturgemäß  gegen  Südwesten  zurück;  selbst  wenn 
er  so  rechtzeitig  den  Rückzug  angetreten  hätte,  daß  ihm  die  Richtung 
noch  freistand,  so  konnte  er  es  nicht  wagen  direkt  nach  Westen  auf 
das  dort  aufmarschierte  Gros  zurückzugehen,  da  er  hierbei  von  Caesars 
vorgeschobener  Kavallerie  gefaßt  worden  wäre.  Um  den  von  der 
spanischen  Eskadron  jedenfalls  scharf  verfolgten  Posten  zu  degagieren, 
ging  nun  Labienus  mit  seinem  rechten  Flügel  nach  Süden  ab.  Caesar 
wartete,  bis  er  sich  soweit  entfernt  hatte,  daß  die  Villa  als  Deckung 
ausgenützt  werden  konnte,  und  sandte  dann  seinen  linken  Flügel,  auf 
dieselbe  aufgedeckt,  ebendahin.  Diese  Reitermasse  brach  hinter  dem  Ge- 
höft hervor  und  bereitete  etwa  knapp  nördlich  des  Dorfes  Damouss 
dem  Feinde  die  Niederlage.  Die  Geschlagenen  flohen  ins  Lager,  was  wohl 
mit  Rücksicht  auf  die  feindliche  Angriffsrichtung  gar  nicht  mehr 
möglich  gewesen  wäre,  wenn  die  Gallier  und  Germanen  sich  nicht 
heldenhaft  geopfert  hätten  *). 

2.  Der  Kampf  um  den  „letzten"  Hügel. 

Die  Ereignisse.  Caesar  setzte,  nach  vergeblichen  Schlachtangeboten,  in  der  Folge 

seine  Vorrückung  „per  iugum  sumraura",  also  oben  auf  der  Hochfläche, 
fort,  und  befestigte  von  da  aus  vorerst  die  nächsten,  gegen  Scipios 
Lager  zu  gelegenen,  die  Ebene  dominierenden  Punkte  (49,1).  Hierzu 
zählen  zunächst  der  zwar  gelegentlich  des  vorigen  Gefechtes  besetzte, 
aber  noch  nicht  befestigte  Het  el  Guebla,  dann  die  beiden  anschließenden, 


1)  Stoffel  läßt  sich  auf  eine  genaue  Lokalisierung  dieses  Gefechtes  nicht  ein. 
Tissot  scheint  nach  seinen  Distanzangaben  (II  737)  und  der  Karte  in  seiner  ersten 
Schrift  eher  den  nächstfolgenden  Hügel  Het  el  Ressas  83  zu  meinen.  Auch  wir 
hatten  ursprünglich  an  diesen  Hügel  gedacht,  der  um  4  Meter  höher  ist  und  aus- 
gesprochenere Formen  besitzt  als  der  Het  el  Guebla;  jedoch  die  oben  ausgeführten 
Erwägungen  haben  uns  umgestimmt.  Die  größere  Entfernung  von  der  „villa"  verschlägt 
nicht ;  denn  die  Quelle  erwähnt  ausdrücklich,  daß  Caesar  mit  der  Entsendung  seiner 
Kavallerie  wartete,  bis  Labienus  sich  ziemlich  weit  (longius)  entfernt  hatte  (39,5). 


Uzita.     2.  Der  Kampf  um  den  „letzten  Hügel".  801 

der  Het  el  Ressas  und  Rhar  ed  Deba;  seine  Hauptsorge  war,  der 
Feind  könnte  den  nächstfolgenden,  der  ausgesprochener  als  alle 
andern  die  Umgegend  beherrscht  und  einen  vorzüglichen  Abschluß 
der  Stellung  im  Südwesten  bietet,  vor  ihm  okkupieren.  Tatsächlich 
hegte  Labienus  diese  Absicht  und  traf  seine  Anstalten;  hier  kam  es 
zum  zweiten  Kampfe. 

Mit  größerer  Sicherheit  als  irgend  ein  anderes  Detail  dieses  Feld- 
zuges läßt  sich  dieser  Hügel  mit  jenem  identifizieren,  auf  dem  heute 
das  Marabout  S1  Jeha1)  83  liegt. 

„Es  gab  da  ein  Tal  von  ziemlicher  Breite,  mit  steilen  Rändern  und 
an  vielen  Stellen  höhlenartig  zerrissenen  Hängen,  welches  Caesar  passieren 
mußte,  ehe  er  den  Hügel  erreichte;  jenseits  dieses  Tales  befand  sich  ein 
alter  dichter  Olivenhain.  Hier  legte  Labienus  einen  Hinterhalt  und 
versteckte  außerdem  hinter  dem  Berge  Reiterei,  welche  sich  in  dem 
Moment,  wo  er  selbst  die  Legionare  überraschend  angriff,  oben  am 
Hügel  zeigen  sollte,  so  daß  Caesar,  ohne  die  Möglichkeit  vor-  oder 
rückwärts  zu  kommen,  eingeschlossen  und  vernichtet  würde."  —  So  die 
sinngemäße  Übersetzung  der  in  Betracht  kommenden  Stelle  (c.  50) 
mit  Hinweglassung  unwesentlicher  Details  und  Tautologien. 

Es  ist  geradezu  überraschend,   wie   genau  hier  die  Beschreibung    Das  Terrain. 
mit  dem  Terrain  übereinstimmt. 

Die  Rachel,  welche  diesen  Hügel  von  dem  vorhergehenden  (Rhar 
ed  Deba)  scheidet,  hat  wirklich  —  als  die  einzige  in  diesem  Ge- 
lände —  ausgesprochen  talartigen  Charakter.  Sie  besitzt  eine  über 
hundert  Meter  breite,  sehr  bequem  gangbare,  von  guten  Wegen 
durchzogene  Sohle 2) ;  an  mehreren  Stellen  führen  bequeme  Abstiege 
von  den  begleitenden  Höhen  in  die  Talsohle  hinab.  Im  übrigen  aber 
sind  die  Ränder  steil,  brüchig  und  an  vielen  Stellen,  insbesondere  un- 
mittelbar unter  dem  Hügel,  ganz  wild  und  felsenartig  zerklüftet;  man 
betrachte  die  beigegebenen  Bilder  55  und  56. 


1)  „Marabouts"  nennt  man  in  Tunis  die  zahlreichen  kleinen  moslemitischen 
Kapellen,  die  meist  auch  irgend  einem  der  zahllosen  lokalen  Heiligen  als  Grabstätte 
dienen.  Letztere  führen,  wie  die  unsrigen  den  Titel  „Sankt",  dort  das  Prädikat  „Sidi", 
d.  h.  „Herr". 

2)  Während  alle  anderen  Wege,  die  in  dieser  Gegend  aus  der  Ebene  auf  das  Plateau 
führen,  eben  wegen  der  Ungänglichkeit  der  übrigen  Racheln  nicht  in  denselben, 
sondern  zwischen  ihnen  über  die  „Hügel"  angelegt  sind,  führt  in  diesem  talartigen 
Einschnitte  ein  guter  Weg  etwa  einen  Kilometer  weit  auf  der  Sohle  hin,  bevor  er 
sich  den  Höhen  zuwendet. 

51* 


802  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Heute  ist  die  ganze  Gegend,  wo  immer  nur  ein  Baum  Wurzel 
fassen  kann,  mit  Oliven  auf  kultiviert;  Tissot  erwähnt  (II  740), 
daß  sich  zu  seiner  Zeit  genau  an  der  im  Texte  erwähnten  Stelle  ein 
alter  Olivenhain  befand. 

Knapp  östlich  der  eigentlichen  Hügelkuppe  zieht  sich,  von  der 
Talsohle  gegen  Süden  abzweigend  und  tief  in  den  Hang  einschneidend, 
eine  von  steilen  Rändern  eingeschlossene,  von  keiner  Seite  gut  einzu- 
sehende Nebenschlucht  hin;  diese  im  Verein  mit  dem  Olivenwäldchen  mag 
dem  von  Labienus  befehligten  Hinterhalt  als  Deckung  gedient  haben. 
Der  Platz  war  zweifellos  ein  vorzügliches  Versteck,  konnte  jedoch 
im  Falle  des  Mißlingens  infolge  der  steilen  Ränder  zu  einer  verhängnis- 
vollen Falle  werden ;  daher  die  instinktive  Angst  der  darin  Versteckten, 
,7ne  in  fossa  ab  equitibus  opprimerentur",  welche  sie  schließlich  bewog, 
einzeln  —  denn  anders  ging  es  nicht  —  die  Steilwände  zu  erklimmen 
und  dadurch  den  Hinterhalt  zu  verraten. 

Die  Reiterei  des  Labienus  dürfte  ziemlich  weiter  östlich,  irgend- 
wo im  Quellbereiche  der  fraglichen  Rachel,  vielleicht  hinter  dem 
Höhenrücken  Kote  86  (post  montem)  versteckt  gewesen  sein.  Wir 
müssen  uns  ihre  Entfernung  vom  Hinterhalte  im  Tale  mindestens  so 
weit  denken,  da  sie  ja  der  caesarianischen  Kolonne  den  Rückzug  ver- 
legen sollte,  wenn  Labienus  ihre  Tete  im  Tale  angriff  *). 

Die  Sache  mißlang.  Der  Hinterhalt  des  Labienus  verriet  sich 
auf  die  früher  erwähnte  Weise,  Caesar  griff  nun  sofort  selbst  an  und  nahm 
fast  alle,  die  nicht  fielen,  gefangen ;  Labienus  rettete  sich  mit  wenigen 
Reitern.    Auf  dem  Hügel  selbst  befestigte  Caesar  ein   kleines  Lager. 

3.  Die  Lager  und  Werke  Caesars. 
Die  Position.  In  der   nunmehr   in  Besitz   genommenen    ausgedehnten    Position 

mußte  Caesar  seine  Truppen  entsprechend  verteilen.  Wir  wissen 
aus  der  genauen  und  überdies  durch  Ausgrabungen  fast  bis  ins 
letzte  Detail  ergänzten  Beschreibung  der  Belagerung  von  Alesia,  wie 
er  es  in   solchen  Lagen  zu  halten  pflegte:  in  oder  knapp  hinter  der 

1)  Auf  keinen  Fall  ist  anzunehmen,  daß  Caesar  mit  seiner  ganzen  Armee  zur 
Besetzung  dieses  Hügels  abmarschiert  ist;  denn  da  wäre  an  eine  vollkommene  Ein- 
schließung durch  so  kleine  Abteilungen  schon  wegen  der  beträchtlichen  Kolonnen- 
länge absolut  nicht  zu  denken  gewesen.  Jedenfalls  nahm  Caesar  zu  diesem  Zweck 
nur  etliche  Kohorten  und  etwas  Reiterei,  die  schließlich,  wenn  gut  gefaßt,  in  der 
ringsum  von  steilen  Rändern  eingefaßten  Rachel  aufgerieben  werden  konnten.  Für 
Labienus  war  es  hierbei  die  Hauptsache,  daß  Caesar  selbst  sich  bei  der  Kolonne  be- 
fand; der  ganze  Anschlag  galt  in  erster  Linie  der  Person  des  Feldherrn. 


Hinterhalt  des 
Labienus 


S«  Jeha 


Bild  Nr.  55:   Der  Hügel  von  Sidi  Jeha  mit  dem  vorliegende] 
in  der  Marschrichtung  Caesars  gesehen. 


Si  Jeha 


»*.'* 


Hinterhalt  des  Labionus 


'"ffflpfr^ 


i  Tal, 


Bild  Nr.  56: 


Rhar  ed  Deba 


Uzita 


Ht  el  R 


Bild  Nr.  57 :  Ausblick  vom  Hauptlager  Caesars  auf  die  Hügel  und  Uzita. 


er  Steilabfall  des  Hügels  von  Sidi  Jeha. 


5 


Uzita.    3.  Die  Lager  und  Werke  Caesars.  803 

natürlichen  Verteidigungslinie  die  „castella",  kleine  feste  Stützpunkte, 
zugleich  Reduits  der  einzelnen  Abschnittsreserven;  dahinter  in  ent- 
sprechender Distanz  die  großen  Lager  für  die  Hauptreserven.  Ähn- 
lich dürfte  es  hier  auch  gewesen  sein. 

Vor  Uzita  lief  Caesars  eigentliche  Widerstandslinie  über  die  mehr- 
fach genannten  vorspringenden  Hügel  vom  Meere  bis  zum  Hügel  S1  Jeha, 
vielleicht  auch  noch  weiter;  denn  es  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  Caesar 
nach  den  im  cap.  50  und  51  erwähnten  Ereignissen  noch  einige  weitere 
Hügel  ohne  Schwertstreich  besetzte.  Den  wichtigsten  Abschnitt  dieser 
Front  bildeten  die  drei  Hügel  Het  el  Ressas,  Rhar  ed  Deba  und  S1  Jeha, 
welche  die  höchsten  waren  und  dem  gegnerischen  Hauptstützpunkt 
Uzita  gerade  gegenüberlagen.  Die  Widerstandslinie  selbst,  gebildet 
durch  die  mehrerwähnten  „bracchia",  verlief  jedenfalls  quer  über  die 
feindesseitigen  Hänge,  soweit  zusammenhängend,  als  diese  Linien  nicht 
durch  natürliche  Hindernisse  (Seitenracheln)  ersetzt  wurden.  Die  „castella" 
haben  wir  uns  zweifellos  auf  der  Spitze  der  einzelnen  Hügel  zu  denken. 

Das  Werk  auf  S*  Jeha  wird  allerdings  zweimal  ausdrücklich  Das  Lager  auf 
nicht  als  „castellum",  sondern  als  „castra"  bezeichnet;  im  cap.  51,1, 
gelegentlich  seiner  Errichtung,  und  später  in  61,2  „castra,  quae  erant 
in  colle*,  womit  nur  dieses  Lager  gemeint  sein  kann.  Das  eigent- 
liche Lager  der  Hauptreserve  konnte  dies  jedoch  nicht  sein,  nicht  nur 
wegen  der  ganz  in  die  Front  gerückten  Lage,  sondern  hauptsächlich 
wegen  des  viel  zu  geringen  Raumes,  den  die  Kuppe  dieses  Hügels  bietet. 
Caesar  muß  unbedingt  noch  wenigstens  ein  eigentliches  Hauptlager  ge-  Das  Hauptiager. 
habt  haben;  dieses  wird  auch  tatsächlich  in  cap.  51,2  erwähnt,  und 
zwar  in  bestimmtem  Gegensatze  zu  dem  vorgenannten  Lager  „auf  dem 
Hügel".  Es  heißt  dort,  daß  Caesar,  nachdem  er  das  Lager  auf  dem  Hügel 
befestigt  hatte,  „von  seinem  größten  Lager  aus  (ab  suis  maximis  castris)" 
zwei  Linien  gegen  die  beiden  äußersten  Ecken  von  Uzita  vortreiben 
ließ,  um  hierdurch  den  beabsichtigten  belagerungsmäßigen  Angriff  auf 
die  Stadt  in  den  Flanken  zu  decken.     Wo  lag  nun  dieses  Lager? 

Auf  einem  der  Hügel  konnte  es  nicht  gelegen  haben,  da  keiner 
der  in  Betracht  kommenden  hierfür  bequemen  Platz  geboten  hätte  J);  auch 


1)  Nach  c.  56, 1  legte  Caesar  nach  Vollendung  des  Lagers  vor  Uzita  dahin 
5 Legionen  aus  dem  „oberen  Lager";  es  müssen  daher  in  diesem  vorher  wenigsten  fünf, 
wahrscheinlich  noch  mehr  Platz  gehabt  haben.  —  Das  Hauptlager  muß  ferner  auch 
schon  vor  der  Besitznahme  des  Hügels  von  Si  Jeha  existiert  haben,  da  zwischen  dem 
Abmarsch  von  Ruspina  und  jener  Besitznahme  mehrere  Tage  verflossen  waren. 


SO 4  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

wäre,  wie  schon  erwähnt,  bei  einer  derartigen  Ausdehnung  der  Front 
seine  Lage  in  der  vordersten  Linie  nicht  günstig  gewesen.  Wir  haben 
es  demnach  weiter  rückwärts  zu  suchen,  offenbar  auf  dem  „summum 
iugum",  der  eigentlichen  Hochfläche,  über  welche  die  Vorrückung  des 
Gros  der  Armee  erfolgt  war. 

Wenn  nun,  wie  es  scheint,  nur  ein  solches  Hauptlager  vorhanden 
war,  so  lag  es  zweifellos  in  entsprechender  Entfernung  hinter  dem 
wichtigsten  Teil  der  Front,  also  hinter  den  vorher  genannten,  Uzita  gerade 
gegenüberliegenden  drei  Hügeln.  Und  hier  findet  sich  ein  für 
diesen  Zweck  geradezu  idealer  Platz  auf  der  fast  ebenen  Platte,  die 
etwa  1  'A  Kilometer  südöstlich  des  Hügels  Het  el  Ressas  liegt.  Heute 
noch  laufen  daselbst  direkte  Kommunikationen  aus  allen  Abschnitten 
der  Hauptfront  zusammen;  von  keinem  andern  Platze  aus  ist  die 
Verschiebung  der  Hauptkraft  nach  jedem  Punkte  der  Front  gleich 
gut  möglich.  Zudem  gewährt  der  Ort  eine  prächtige  Übersicht  über 
das  Vorterrain  (vgl.  Bild  57);  nicht  nur  die  vorliegenden  Hügel 
werden  deutlich  übersehen,  sondern  auch  der  größte  Teil  der  Ebene, 
und  zwischen  den  Hügeln  Het  el  Ressas  und  Rhar  ed  Deba  hindurch 
sieht  man  gerade  die  Stadt  Uzita  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung. 

Daß  das  Lager  auf  dem  höchsten  Teile  des  Terrains  gelegen  hat, 
geht  übrigens  auch  aus  dem  cap.  47,6  erwähnten  Phänomen  des 
St.  Elmsfeuers  hervor ;  jedenfalls  war  die  V.  Legion,  deren  Speerspitzen 
zu  leuchten  begannen,  in  dem  obersten  Teile  des  Lagers,  etwa  um 
Kote  95,  dislociert *). 
Linien  und  Aus  der  Richtung  dieses  Lagers  nun  ließ  Caesar  die  erwähnten  zwei 

Lager  vor  Uzita.  Lünen  gegen  Uzita  vortreiben;  man  kann  wohl  annehmen,  daß  dieselben 
nicht  gleich  beim  Lager  begannen,  da  hinter  der  befestigten  Frontlinie  ein 
solcher  Schutz  nicht  nötig  war,  sondern  erst  von  letzterer,  also  etwa 
von  den  Kastellen  auf  dem  Het  el  Ressas  und  Rhar  ed  Deba  aus- 
gingen; es  heißt  ausdrücklich,  daß  sie  „per  medium  campum",  also  mitten 
durch   die  Ebene   verliefen.    Nachdem   diese  Linien   bis  knapp  außer 


1)  In  cap.  63, 1  wird  die  Entfernung-  der  „castra"  vom  Hafen  von  Leptis  mit 
6  Millien  angegeben.  Nach  unserer  Annahme  beträgt  sie,  genau  nachgemessen,  nur 
etwa  5  Millien.  Die  kleine  Differenz  allein  würde  noch  nicht  gegen  die  Annahme 
sprechen;  man  kann  aber  auch  vermuten,  daß  Caesar  damals  die  Meldung  vom  Hand- 
streich des  Attius  Varus  auf  Leptis  gerade  im  Lager  auf  S*  Jeha  erhielt;  damit 
würde  stimmen,  daß  er  eben  die  Werke  inspizierte  („cum  opera  circumiret") ;  dieses 
Lager  aber  ist  von  Leptis  wirklich  genau  6  Millien  entfernt. 


Uzita.    4.  Die  Lager  der  Republikaner.  805 

Schußweite  an  die  Festung  herangetrieben  waren,  wurde  daselbst  ein 
neues  Lager  für  5  Legionen  geschlagen,  welche  ,,ex  superioribus  castris", 
also  jedenfalls  aus  dem  vorerwähnten  Hauptlager,  dahin  geführt  wurden, 
(56, 1)  und  denen  nun  die  eigentliche  Angriffsarbeit  oblag. 

Von  diesem  vorderen  Lager  aus  trieb  nun  Caesar  weitere  Linien 
vor,  welche  den  Zweck  hatten,  zunächst  Uzita  ganz  einzuschließen, 
dann  aber,  wie  es  nach  cap.  67, 7  scheint,  auch  die  Höhen  hinter  dieser 
Stadt  zu  gewinnen.  Scipio  ließ  unter  fortwährenden  Reiterscharmützeln 
Gegenlinien  ziehen,  um  Caesars  Pläne  zu  vereiteln.  Wir  müssen  uns 
dies  so  vorstellen,  daß  er,  sobald  Caesar  in  einer  bestimmten  Richtung 
zu  arbeiten  begann,  vor  ihm  eine  Linie  quer  darüber,  also  zumeist 
radial  gegen  Uzita  zog,  welche  dem  weiteren  Vordringen  Caesars  in 
dieser  Direktion  ein  Ziel  setzte  und  gleichzeitig  eine  gesicherte  Ver- 
bindung mit  der  Stadt  herstellte. 

4.  Die  Lager  der  Republikaner. 

Das  Hauptlager  Scipio s  lag,  wie  im  Kapitel  „Ruspina"  ab-  Das  Lager 
geleitet,  etwa  1  V2  Kilometer  nordwestlich  Mnara  am  Ou.  Melah  (s.  S.  784), 
und  wurde  auch  während  der  Operationsperiode  von  Uzita  nicht  verlegt. 
Nach  cap.  51,2  lag  Uzita  zwischen  den  Lagern  Scipios  und  Caesars. 
Dies  ist  selbstverständlich  nicht  derart  wörtlich  zu  nehmen,  daß  diese 
drei  Punkte  genau  in  einer  geraden  Linie  gelegen  wären;  es  ist 
vielmehr  so  zu  verstehen,  daß  Uzita  in  dem  Raum  zwischen  den 
beiden  Lagern  lag,  so  daß  Caesar,  wenn  er  von  seinem  Lager  gegen 
jenes  Scipios  vorgehen  wollte,  die  Stadt  in  die  Flanke  bekam. 

Juba,   der   während   dieser  Ereignisse  bei  Scipio  eintraf  (48,2),     Das  Lager 
schlug  in  dessen  Nähe   ein  eigenes  Lager,   wahrscheinlich  näher  bei 
Uzita,   da   in  der  Folge  gelegentlich  der  bei  der  Stadt  vorgefallenen 
Scharmützel  die  Flucht  „in  castra  regia"  erwähnt  wird  (52,  3). 

Endlich  muß  auchLabienus  ein  eigenes  detachiertes  Lager  ge-  Das  Lager  des 
habt  haben,  und  zwar  in  Caesars  linker  Flanke.  Als  Caesar  auszog, 
um  den  Hügel  S1  Jeha  zu  besetzen,  hatte  Labienus  diesen  Ort  bereits 
rekognosziert  (50,  2  „eorum  locorum  peritus"),  und  er  hatte  näher  dort- 
hin (49,2).  Sein  Lager  mag  damals  ganz  nahe  südlich  des  Hügels  gelegen 
haben.  Nach  dessen  Wegnahme  wurde  es  dort  unhaltbar  und  bedeutend 
weiter  nach  Süden  verlegt,  vielleicht  in  die  Gegend  von  Djemmal. 
Ausschlaggebend  ist  die  Stelle  cap.  65,  2.  3,  wo  ausdrücklich  von  einem 
Lager  des  Labienus  die  Rede  ist.    Caesar  hatte  eine  größere  Requisition 


806  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

nach  einem  1 0  Millien  entfernten  Orte  vorgenommen,  Labienus  legte  da- 
selbst, 7  Millien  von  seinem  Lager,  einen  Hinterhalt.  Wo  dieser  Ort  lag, 
ist  bei  der  ziemlich  oberflächlichen  Beschreibung  in  dem  gleichförmig 
hügeligen  Terrain  nicht  mit  Sicherheit  feststzuellen  *);  wahrscheinlich 
lag  er  südlich  oder  südöstlich  der  Stellung  Caesars,  da  dieser  infolge 
der  Überlegenheit  der  Gegner  an  leichten  Truppen  es  vermied,  kleinere 
Abteilungen  auf  große  Entfernung  in  die  ganz  offene  Ebene  des  Ou.  Melah 
zu  detachieren.  Diese  Annahme  läßt  sich  auf  Grund  der  gegebenen 
Distanzen  leicht  mit  der  des  Labienischen  Lagers  bei  Djemmal  in  Über- 
einstimmung bringen;  der  Platz  des  versuchten  Hinterhaltes  lag  dann 
etwa  halbwegs  zwischen  Moknine  und  Beni  Hassane,  einer  tatsächlich 
ziemlich  fruchtbaren  Gegend2}. 

Der  Zweck  der  Detachierung  des  Labienus  ist  klar:  Caesar  sollte 
in  seiner  offenen  linken  Flanke  beunruhigt  und  an  weiteren  Requi- 
sitionen gegen  das  Landinnere  tunlichst  gehindert  werden;  hierzu 
eigneten  sich  die  leichten  Massen,  die  Labienus  während  des  ganzen 
Feldzuges  unmittelbar  befehligte,  ohnehin  am  besten. 

Eine  weitere  Bestätigung  unserer  Annahme  liegt  darin,  daß  Scipio 
den  großen  Aufmarsch  cap.  58 — 61  nicht  nördlich  Uzita,  wo  er  sich 
außer  an  die  Stadt  auch  an  sein  eigenes  und  an  Jubas  Lager  hätte 
lehnen  können,  sondern  südlich  vollführte,  wobei  die  aus  dem  Lager 
des  Labienus  herangezogene  leichte  Reiterei  naturgemäß  auf  den 
äußersten  rechten  Flügel  zu  stehen  kam3). 

Endlich  weist  die  Maßregel  Caesars  beim  Abmärsche  von  Uzita, 
—  Train  links  neben  der  Truppenkolonne  —  auf  die  große  Gefahr 
einer  Bedrohung  der  rechten  Flanke  hin,  was,  da  die  Lager  Scipios 
und  Jubas  weit  in  seinem  Rücken  und  überdies  die  brennenden  Werke 


1)  Tissot  versucht  auch  hier  die  Lokalisierung  (II  743)  zwischen  Mesdour  und 
Menzel  Kamel,  ohne  jedoch  über  eine  Hypothese  hinauszukommen. 

2)  Dies  nimmt  auch  Stoffel  (II  p.  135)  und  mit  ihm  Schneider  (Nr.  24) 
p.90  an ;  da  dieser  aber  nach  p.  79  dem  Labienus  kein  eigenes  Lager  zugesteht,  sondern 
ihn  bei  Scipio  im  Lager  hinter  Uzita  stehen  läßt,  so  bleibt  bei  ihm  die  Entfernung 
von  7  Millien  für  Labienus  unverständlich  und  ungeklärt. 

3)  Dadurch  erscheint  auch  die  überlieferte  Lesart  in  cap.  58, 1  „ex  castris 
omnibus"  gerechtfertigt,  die  von  Fröhlich  und  Schneider  mit  der  Begründung  an- 
gefochten wurde,  daß  nur  2  Lager  vorhanden  waren;  ebenso  die  Stelle  52, 1  „cum  omni 
equitatu  levique  armatura  Juba,  Scipio,  Labienus  in  legionarios  impetum  fecerunt", 
in  der  Fröhlich  (Nr.  9,  S.  66)  Scipio  streichen  will,  da  dieser  sonst  mit  den  leichten 
Truppen  nichts  zu  tun  hat ;  die  Stelle  besagt  eben  nichts  anderes,  als  daß  der  Angrifr 
aus  allen  drei  Lagern,    deren  Kommandanten  hier  genannt  werden,    erfolgt  ist. 


Uzita.    5.  Der  Aufmarsch  am  „supercilium".  807 

dazwischen  lagen,  eine  andere  feindliche  Gruppe  in  der  rechten  Flanke 
seiner  Marschrichtung  wahrscheinlich  macht;  auch  hier  eigneten  sich 
die  leichten  Massen,  die  Labienus  in  seinem  Lager  vereint  hatte,  ganz 
besonders  für  einen  solchen  Zweck. 

5.  Der  Aufmarsch  am  „supercilium". 

Über  diese  interessante  Episode  liegen  folgende  Daten  vor: 

1.  Die  Republikaner  standen  auf  einem  „supercilium  excelsum", 
also  jedenfalls  überhöhend    (58,1). 

2.  Vor  ihrer  Front  war  sumpfiges  Terrain  (58,5;  61,2). 

3.  Caesar  stand  vor  seinen  Werken  in  der  Ebene  (58,  2) ;  sein 
rechter  Flügel  lehnte  sich  an  diese  Werke  (60,4). 

4.  Die  Stadt  Uzita  lag  rechts  auswärts  der  Schlachtreihe 
Caesars,  so  daß  er  befürchten  mußte,  bei  weiterem  Vorgehen  von  ihr 
aus  in  der  rechten  Flanke  gefaßt  zu  werden  (58,  4), 

5.  Dementsprechend  lehnte  sich  der  linke  Flügel  Scipios  an  die 
Stadt  (59,4). 

6.  Der  vorgeschobene  rechte  Flügel  Scipios  lehnte  sich  an  den 
Fuß  von  Hügeln  (59,5). 

7.  Die  Entfernung  der  beiden  Fronten  betrug  (wenigstens  stellen- 
weise) nicht  mehr  als  300  römische  Schritte  (61, 1). 

Aus  Punkt  3,  4  und  5  geht  mit  zweifellosester  Klarheit  hervor, 
daß  die  beiden  Schlachtreihen  sich  von  Uzita  im  allgemeinen  in 
südlicher  Richtung  erstreckten.  Als  Varianten  bleiben  vorläufig 
noch  die  Richtung  von  Uzita  nach  Südwesten  gegen  Menzel  Kamel, 
oder  nach  Südsüdost  gegen  Djemmal.  Darüber  müssen  die  Punkte 
1,  2,  6  und  7  entscheiden. 

Im  ersteren  Falle  hätte  sich  die  ganze  Schlachtlinie  vollkommen 
gleichmäßig  an  die  sehr  sanft  ansteigenden  Hänge  zwischen  Mesdour 
und  Menzel  Kamel  gedehnt;  das  „supercilium"  ließe  sich  da  schon 
erklären.  Nicht  aber  der  Sumpf  vor  der  Front.  Das  Terrain  ist  hier 
wie  erwähnt  sehr  sanft,  aber  vollkommen  glacisartig  abgedacht  bis 
an  den  Ou.  Melah;  in  größerer  Entfernung  von  demselben  gegen  die 
Hügellinie  Mesdour — Menzel  Kamel  zu  ist  also  ein  quer  verlaufender 
Sumpfstreifen  undenkbar,  da  die  Feuchtigkeit  Gelegenheit  hat  überall 
ungehindert  bis  an  die  genannte  Wasserlinie  abzufließen.  Ganz  un- 
möglich ist  in  jenem  Falle  auch  der  Umstand,  daß  Caesar  300  Schritte 
vor  der   feindlichen   Front   stehend  Uzita    noch    vor   seinem  rechten 


808  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg1. 

Flügel  hatte.  Das  Hauptmerkmal  der  Situation,  das  knapp  zwischen 
den  nahen  Fronten  liegende  schmale  Hindernis,  das  keiner  als  erster 
überschreiten  will,  ist  hier  auch  sonst  nirgends  auch  nur  andeutungsweise 
zu  finden.  —  Die  Reiterei  am  rechten  Flügel  Scipios  konnte  hier,  wenn 
vorgeschoben,  nicht  zugleich  näher  an  die  Hügel  herankommen,  wie  der 
Text  verlangt,  sondern  entfernte  sich  von  ihnen  und  kam  im  Gegen- 
satze zum  Gros  mitten  in  die  Ebene  zu  stehen.  Mit  dieser  Variante 
ist  es  also  nichts.  — 

Ganz  anders  liegen  die  Dinge  in  der  Linie  Uzita-Djemmal. 
Hier  ist  vor  allem  das  die  Fronten  trennende  Hindernis  klar  ge- 
geben: der  Ou.  Melah  selbst.  Er  ist  ein  periodischer  Wasserlauf, 
der  nur  unmittelbar  nach  einem  stärkeren  Regen  fließendes  Wasser  führt; 
sonst  besteht  er,  wenigstens  im  Winter,  aus  einer  zusammenhängenden 
Reihe  aufgeweichter,  mit  Salzkrusten  bedeckter  Kotlachen,  die  stellen- 
weise in  einer  Breite  von  mehr  als  100  Schritten  den  Übergang  recht 
empfindlich  erschweren;  das  Bild  paßt  vortrefflich  zur  Beschreibung 
der  Quelle. 

Sehr  gut  stimmt  auch  die  Sache  mit  den  Hügeln,  an  die  sich  die 
Reiterei  des  feindlichen  rechten  Flügels  anlehnte.  Bei  der  ausdrücklich 
erwähnten  abnorm  langen  Frontausdehnung  und  der  Tatsache,  daß 
dieses  Reiterkorps  noch  außerdem  mit  einem  Intervall  von  mehr  als  einer 
römischen  Meile  außerhalb  des  rechten  Flügels  vorgeschoben  war,  stand 
es  wirklich  ganz  nahe  an  den  Hügeln  von  Djemmal,  wo  übrigens,  wie 
früher  erwähnt,  vermutlich  das  Lager  des  Labienus  lag,  aus  welchem 
eben  diese  Truppen  gekommen  waren;  aus  dieser  Stellung  konnte  das 
Korps  auch  tatsächlich  Caesars  offene  linke  Flanke  im  Falle  eines 
Kampfes  ausgiebig  bedrohen  (59,  5). 

Auf  diese  Weise  verlief  also  die  Front  Scipios  —  mit  einer  Lücke 
von  einer  Millie  —  von  Uzita   quer   durch   die  Ebene   längs  des  Ou. 
Melah  bis  an  die  Hügel  von  Djemmal. 
Das  Wo  aber  ist  das  „super ciliumu? 

„superciiium".  -q^  Ausdruck   an   und   für   sich   ist  nicht  ganz  eindeutig.    Vor 

allem  muß  konstatiert  werden,  daß  „superciiium"  nicht  identisch  ist 
mit  „collis",  da  die  „colles",  denen  die  vorgeschobene  Kavallerie 
Scipios  sich  näherte,  in  direktem  Gegensatze  zu  dem  „superciiium" 
genannt  werden,  auf  dem  die  Infanterie  stand.  Es  muß  also  etwas 
bedeuten,  wofür  selbst  der  sehr  dehnbare  Begriff  „collis"  nicht 
zutrifft. 


Uzita.    5.  Der  Aufmarsch  am  „supercilium".  309 

In  meiner  am  grünen  Tische  verfaßten  „Geschichte  der  Feldzüge 
C.  Julius  Caesars",  für  welche  mir  bloß  die  hier  ziemlich  ungenaue 
Karte  Stoffels  zur  Verfügung  stand,  hatte  ich  geschrieben:  „Das 
»supercilium«  übersetze  ich  mit  »Rideau«  und  setze  dasselbe  knapp 
an  den  bei  Uzita  vorbeifließenden,  jedenfalls  stellenweise  versumpften 
Bach  ....  In  der  Stoffeischen  Karte  ist  dieses  Rideau  nicht  darge- 
stellt, war  wohl  auch  ziemlich  niedrig  und  erreichte  erst  durch  den 
vorliegenden  Bach  seine  taktische  Stärke.  Ich  habe  es  mit  Absicht 
etwas  über  das  Maas  gehalten". 

Kurz  nach  Erscheinen  meines  Buches  kam  mir  die  neue  Karte 
von  Tunis  1 :  50  000  zur  Hand ;  man  denke  sich  meine  Genugtuung, 
als  ich  an  der  Stelle,  wo  ich  das  Rideau  vermutet,  tatsächlich  ein 
solches  oder  doch  ein  deutlich  überhöhendes,  brüchig  abfallendes  Ufer 
eingezeichnet  fand! 

Auf  diese  freudige  Überraschung  brachte  wieder  der  Lokal- 
augenschein eine  merkliche  Enttäuschung:  von  dem  am  grünen  Tische 
errechneten  und  in  der  neuesten  Karte  tatsächlich  eingezeichneten 
Rideau  bezw.  Steilufer  findet  das  Auge  im  Terrain  so  gut  wie  keine 
Spur.  In  einer  scheinbar  ganz  flachen  Ebene  bezeichnet  ein  breiter, 
mit  glitzernden  Salzkrusten  bedeckter  Kotstreifen  den  Lauf  desOu.Melah; 
nur  bei  sehr  genauem  Schauen  konstatiert  man,  daß  das  West- 
ufer im  allgemeinen  höher  liegt  als  das  östliche,  was  auch  durch  die 
Höhenkoten  der  Karte  bestätigt  wird,  und  zwar  um  durchschnittlich 
zwei  bis  drei  Meter;  der  Anstieg  ist  jedoch  so  flach,  daß  er  für  das 
Auge  kaum  merklich  erscheint.  Nur  an  wenigen  Stellen,  wo  schmale, 
von  Kaktushecken  eingefaßte  Feldstreifen  bis  an  den  Oued  heran- 
treten, innerhalb  derer  das  Terrain  seine  ursprüngliche  Konfiguration 
besser  bewahren  konnte,  ist  auch  diese  Überhöhung  unmittelbarer  und 
deutlicher  sichtbar. 

Wir  können  daher  annehmen,  daß  diese  tatsächlich  vorhandene 
Überhöhung  in  früherer  Zeit  sich  unvermittelter,  d.  h.  in  Form 
eines  deutlicheren  Steilufers  äußerte,  das  sich  im  Laufe  der  Jahr- 
hunderte allmählich  bis  zum  heutigen  Zustand  abgeflacht  hat.  Diese 
Ansicht  hat  auch  Stoffel  geteilt,  der  schreibt  (IL  p.  295):  „c'etait 
un  long  pli  de  terrain  qui  s'  etendait  le  long  de  la  rive  gauche  de 
l'Oued  Ras  el  Mardj  '),   et  si  peu  accuse',   qu'il  a  presque  entierement 

1)  Nach  der  Karte  Stoffels  mit  dem  „Ou  Melah"  der  Karte  von  Tunis  identisch, 
jedoch  teilweise  (im  oberen  Laufe)  unrichtig-  eingezeichnet. 


810  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

disparu  par  la  culture1).  —  Vielleicht  hat  endlich  auch  die  allmähliche 
Anschwemmungstätigkeit  in  Ou.  Melah  seit  dessen  Stauung  durch  die 
Sebkra  (s.  S.  506,  A.  1 ;  784,  A.  1)  dessen  Bett  erhöht  und  dadurch  den 
Höhenunterschied  verwischt. 

Daß  die  letzten  Reste  dieses  Steilufers  erst  in  der  allerjüngsten 
Zeit  verschwunden  sind,  geht  eben  aus  ihrer  Einzeichnung  in  die  neue 
Karte  von  Tunis  hervor,  da  das,  was  man  an  Ort  und  Stelle  heute 
sieht,  jene  klar  auf  ein  Steilufer  deutenden  Signaturen  nicht  mehr 
rechtfertigen  würde. 
Die  Schlacht-  Für   die  Standorte  und  die  Formation  der  einzelnen  Legionen  in 

der  Schlachtordnung  (cap.  60)  habe  ich  den  Text  der  Kubier- Wölfflin- 
schen  Ausgabe  (Teubner  1910)  zugrundegelegt.  Die  stark  abweichende 
Zeichnung  in  Drumann-Groebe  III  713  scheint  auf  eine  andere  Lesart 
zurückzugehen.  Für  das  Problem  unserer  Untersuchung  sind  diese 
Differenzen  belanglos.  — 


Ordnung. 


1)  Man  sieht  also,  daß  Stoffel  hier  durchaus  derselben  Meinung  war, 
wie  ich  in  meiner  ersten  Publikation.  Dennoch  schreibt  R.Schneider  in 
seiner  Kritik  meines  Buches  (Gott.  gel.  Anz.  1907  pag.  4 1 9  ff.),  nachdem  er  mir  zuerst 
(p.  422)  vorgeworfen,  ich  hätte  „die  Werke  Napoleons  III.  und  Stoffels  nur  sehr  ober- 
flächlich durchgelesen",  über  meine  obigen  Ausführungen  (p.  427):  „Aus  diesem 
Grunde"  (weil  nämlich  Stoffel  das  Terrain  selbst  untersucht  hat)  „geht  es  nicht  an, 
eine  Anhöhe  zu  erfinden,  die  auf  Stoffels  Karte  nicht  dargestellt  ist.  Der  Verfasser 
mindert  aber  den  lateinischen  Ausdruck  ,supercüium'  erst  soweit  herab,  bis  er  dafür 
,Rideau'  einsetzen  kann,  ,es  war  wohl  auch  ziemlich  niedrig  und  erreichte  erst  durch 
den  vorliegenden  Bach  seine  taktische  Stärke',  dann  zeichnet  er  es  aber  auf  Bei- 
lage 43  ,mit  Absicht  etwas  über  das  Maas'  und  gewinnt  damit  schließlich  die 
Unterlage  für  seinen  Aufmarsch  vor  Uzita,  der  von  Stoffels  Zeichnung  abweicht." 

Hierzu  muß  ich  bemerken,  daß  Stoffel  überhaupt  keine  Zeichnung  dieses  Auf- 
marsches gegeben  hat,  von  der  die  meinige  abweichen  könnte.  Oder  sollte  Schneider 
vielleicht  die  eingezeichneten  „bracchia"  beiderseits  des  vorderen  Lagers  dafür  ge- 
nommen haben?  —  Statt  dessen  geht  aus  den  oben  zitierten  Worten  Stoffels  klar 
hervor,  daß  ich  bezüglich  des  Aufmarsches  im  Allgemeinen  wie  des  „superciliunr'  im 
besondern,  ganz  genau  mit  ihm  übereingestimmt  habe,  daher  in  diesem 
Falle  nicht  ich,  sondern  ein  Anderer  das  Werk  Stoffels  „nur  sehr  oberflächlich  durch- 
gelesen*' zu  haben  scheint. 


3.  Aggar. 

(Hierzu  Karte  17,  18  und  20.) 

Die  Lokalisierung  von  Aggar  ist  gewissermaßen  das  Schlüssel- 
problem dieses  Abschnittes  unserer  Arbeit. 

Durch  Verpflegssohwierigkeiten  hatte  Caesar  sich  gezwungen  ge-  Die  Ereignisse 
sehen  die  Belagerung  von  Uzita  aufzuheben  und  eine  Gegend  aufzu- 
suchen, die,  noch  nicht  ausgesogen,  diesbezüglich  günstigere  Verhältnisse 
bot.  Er  steckte  eines  Nachts  alle  seine  Werke  vor  Uzita  in  Brand  und 
marschierte,  unter  Festhaltung  der  bisher  in  seiner  Macht  befindlichen 
festen  Plätze,  nach  Agga  r,  wo  er  zunächst  in  einer  fruchtbaren  Ebene 
nächst  der  Stadt  ein  Lager  schlug ;  später,  als  Scipio  ihm  über  die  Höhen 
folgte  und  in  gemessener  Entfernung  auf  denselben  sich  festsetzte, 
verlegte  er  das  Lager  aus  Sicherheitsgründen  auf  einen  benachbarten 
Hügel.  Von  hier  aus  unternahm  er,  da  Scipio  nach  wie  vor  einer 
offenen  Feldschlacht  auswich,  mehrere  Offensivstöße  gegen  die  in  gegne- 
rischer Hand  befindlichen  Städte.  Der  erste  brachte  das  hinter  der 
neuen  Stellung  Scipios  gelegene  Zeta  in  seine  Gewalt,  der  zweite  das 
südlich  gelegene  Sarsura,  während  die  Überrumpelung  von  Thys- 
drus1)  mißlang;  der  dritte  endlich,  gegen  den  wichtigen  gegnerischen 
Seestützpunkt  Thapsus  gerichtet,  führte  zur  Entscheidungschlacht 
(bell.  Afr.  67—79). 

Für  die  lokale  Festlegung  aller  dieser  Operationen  bildet  die 
Fixierung  der  Stadt  Aggar  den  notwendigen  Ausgangspunkt. 

1.  Aggar  und  die  Lager  Caesars. 

Für  unsere  Untersuchung  stehen  uns  folgende  Daten  zu  Gebote:  Bedingungen. 

1.  Caesar  marschierte  nach  Aggar  infolge  von  Verpflegs- 
schwierigkeiten,  um  in  eine  noch  nicht  ausgesogene,  ressourcen- 
reiche Gegend  zu  gelangen  (67,1). 

1)  Das  bell.  Afr.  schreibt  „Thysdra";  hier  ist  die  wahrscheinlich  richtigere  Be- 
zeichnung, wie  sie  in  der  gesamten  übrigen  Überlieferung  gegeben  ist,  angewendet. 


8 1 2  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg;. 

2.  Vor  dem  Abmarsch  ließ  er  in  Leptis,  Ruspina  und 
Acylla  Besatzungen  zurück. 

3.  Sein  erstes  Lager  lag  neben  der  Stadt  in  der  Ebene 
67,2);  das  zweite  unweit  davon  auf  einem  Hügel  (68,2). 

4.  Die  drei  Lager  Scipios  befanden  sich  6 — 7  Millien 
=  9—11  Kilometer  entfernt  (67,3.  75,1)  auf  Hügeln;  unterhalb 
dieser  Hügel  in  der  Ebene  lag  die  Stadt  Tegea  (78,1);  zwischen  den 
beiderseitigen  Positionen  war  flaches  Terrain  (77,4). 

5.  Der  Marsch  Caesars  von  Aggar  nach  Thapsus  betrug  16 
Millien  =  24  Kilometer  (79,1). 

6.  Scipios  Märsche  sowohl  von  Uzita  nach  Tegea  als  von  Tegea 
nach  Thapsus  erfolgten  im  Gegensatz  zu  jenen  Caesars  über  Höhen 
(67,3,  79,2).  — 

Von   früheren  Autoren  identifizieren   die  Stadt  Aggar:  Stoffel 
mit  Kasser  Helal1),  Tissot  mit  Beni  Hassane2). 
Kasser  Heiai.  Beide  Theorien  sind  unhaltbar. 

Gegen  Kasser  Helal  spricht: 

1.  Die  viel  zu  geringe  Entfernung  von  der  Stellung 
von  Uzita,  die  nur  ca.  6  Millien  =  9  Kilometer  beträgt.  Soweit 
mußte  Caesars  Machtbereich  von  Uzita  aus  unbedingt  gereicht  haben; 
wird  doch  in  cap.  65  eine  erfolgreiche  Expedition  auf  10  Millien  =15 
Kilometer  Entfernung  erwähnt.  Die  noch  näher,  ganz  in  Caesars 
Rücken  gelegene,  ja  von  seinem  Haupthafen  Leptis  nur  4  Kilometer 
entfernte  Gegend  von  Kasser  Helal  mußte  daher  schon  entsprechend 
ausgenützt  worden  sein,  eine  Verschiebung  dorthin  hätte  die  Situation 
recht  wenig  verbessert,  und  das  Ergebnis  wäre  jedenfalls  in  keinem 
annähernden  Verhältnis  zu  dem  schweren,  odiosen  Entschluß  der  Auf- 
hebung der  Belagerung  von  Uzita  gestanden. 

2.  Die  Zurücklassung  von  Besatzungen  in  Ruspina, Leptis  und 
Acylla.  Besatzungen  läßt  man  in  festen  Plätzen  zurück,  wenn  man 
sich  von  ihnen  entfernt.  Von  Ruspina  entfernte  sich  Caesar,  wenn 
er  nach  Kasser  Helal  ging,  allerdings  um  ein  geringes ;  Leptis  jedoch, 
seinem  Haupthafen,  nä  h  e  r  te  er  sich  vielmehr  bis  in  die  allernächste  Nach- 
barschaft; und  auch  bezüglich  Acyllas,  dessen  Lage  zweifelhaft  ist, 


1)  II  280  „Ksar  Hellal". 

2)  II  560,  744  „Beni  Hassern". 


Aggar.     1.  Aggar  und  die  Lager  Caesars.  813 

ergeben  dennoch  alle  bisherigen  Hypothesen,   auch  die  Stoffels,   nur 
eine  entschiedene  Annäherung. 

3.  Die  Entfernung  von  Kasser  Helal  nach  Thapsus  be- 
trägt nicht  16  m.  p.  =  24  Kilometer,  sondern  bloß  9  m.p.  =  13  l/a  Kilo- 
meter. 

4.  Kasser  Helal,  bzw.  die  bei  diesem  Dorfe  liegenden  römischen 
Ruinen  befinden  sich  nicht  in  einer  Ebene,  sondern  auf  einer  ge- 
wellten Hochfläche,  und  zwar  auf  einer  ihrer  höchsten  Partien ;  wenn 
Caesar  dahin  marschierte,  so  mußte  er,  wenn  er  nicht  einen  ganz  unmoti- 
vierten Umweg  machen  wollte,  über  dieses  Hochland  marschieren,  und 
es  ist  ganz  unverständlich,  wieso  dann  Scipios  Marsch  im  Gegensatze 
dazu  als  „per  iugum"  bezeichnet  wird;  in  der  Folge  konnte  ferner  die 
Verlegung  des  Lagers  von  Kasser  Helal  weg  unmöglich  auf  einen 
Hügel  hinauf,  sondern  nur  hinunter  zu  erfolgen. 

Für  Kasser  Helal  spricht  tatsächlich  nichts,  als  die  konsta- 
tierbaren Spuren  einer  römischen  Stadt;  in  dieser  an  derlei  Spuren 
so  reichen  Gegend  gewiß  kein  für  sich  allein  ausreichender  Grund 
zur  Identifizierung  mit  einem  bestimmten  Ort,  umso  weniger,  wenn 
so  gewichtige  Gründe  dagegen  sprechen. 

Damit  kann  die  Hypothese  Kasser  Helal  =  Aggar  als  abgetan 
gelten;  sie  ist  einer  der  schwächsten  Punkte  in  Stoffels  Interpretation 
dieses  Feldzuges  und  zugleich  die  Quelle  vieler  anderer  Irrtümer. 

Nun  zu  Tissot. 

Tissot  identifiziert,  wie  erwähnt,  Aggar  mit  Beni  Hassane,  Beni  Hassane, 
welches  wie  Kasser  Helal  auf  dem  Platze  einer  Römerstadt  steht; 
Caesars  erstes  Lager  legt  er  6  Kilometer  weit  davon,  1600  Meter  nörd- 
lich Zramedine1),  das  zweite  Lager  auf  die  Höhen  zwischen  Zramedine 
und  Beni  Hassane,  welche  von  ersterem  Orte  1  '/a,  von  letzterem  4  Kilo- 
meter entfernt  sind. 

Dagegen  spricht: 

1.  Die  Entfernung  vom  Hauptlager  bei  Uzita  beträgt  für 
die  Stadt  11,  für  das  erste  Lager  sogar  nur  10  Kilometer,  was  ebenso- 
wenig wie  bei  der  Stoffeischen  Hypothese  dem  mit  der  Verschiebung 
angestrebten  Zweck  genügt. 

2.  Der  Marsch  Caesars  dorthin  mußte  gleichfalls  unbedingt  „per 
iugum"  erfolgen,  da  er  rechts  an  Labienus  Lager  bei  Djemmal  vorbei- 
ging und  zwischen  ihm  und  der  Hügelkette  kein  Platz  dafür  bleibt. 

1)  Bei  Tissot  und  auf  älteren  Karten  „Zaremdin". 


814  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Scipios  Marsch  kann  also  nicht  im  Gegensatze   hierzu    so   bezeichnet 
werden. 

3.  Tissot  legt  das  erste  Lager,  um  es  in  die  Ebene  zu 
bringen,  6,  das  zweite  4  Kilometer  von  seinem  Aggar  weg.  Das  stimmt 
recht  schlecht  zu  67,1,  wo  es  heißt :  „pervenit  ad  oppidum 
Aggar",  wenn  Caesar  nach  einem  Marsch  von  nur  10  Kilometer 
noch  6  Kilometer  von  der  Stadt  entfernt  war,  und  zu  79,1,  wo  es 
heißt  „egressus  ab  Aggar".  Überdies  liegen  beide  Lager  von 
Beni  Hassane  viel  weiter  entfernt  als  von  Zramedine,  welches 
gleichfalls  ein  antiker  Ort  ist  (nach  der  Tabula  „Avidovicus");  es  ist 
daher  nicht  einzusehen,  warum  in  der  Quelle  stets  von  dem  viel 
weiteren  Aggar  die  Rede  ist  und  der  Platz  nicht  auf  die  andere,  viel 
nähere  Stadt  bezogen  wird.  — 

4.  Die  Entfernung  von  Beni  Hassane  nach  Thapsus  beträgt  wohl 
16  Millien,  wenn  man  sie  über  den  nördlichen  Isthmus  mißt;  es  geht 
aber  aus  der  Schilderung  der  Hauptschlacht  hervor,  daß  dieselbe  nicht 
auf  jenem  Isthmus  stattfand,  auf  welchem  der  Anmarsch  erfolgte, 
sondern  auf  der  entgegengesetzten  Seite.  Nun  aber  werden  wir  ge- 
legentlich der  Besprechung  dieser  Schlacht  nachweisen,  und  zwar 
aus  Gründen,  die  von  der  Fixierung  Aggars  ganz  unab- 
hängig sind,  daß  sie  nur  auf  dem  nördlichen  Isth- 
mus hat  geschlagen  werden  können;  der  Anmarsch  muß  daher  über 
die  südliche  Landenge  erfolgt  sein,  und  hier  stimmt  die  Distanz 
von  Beni  Hassane  absolut  nicht,  sondern  ergibt  32  Kilometer  =  23  Mil- 
lien. Auch  ist  es  bei  dieser  Annahme  weder  für  den  nördlichen,  noch 
für  den  südlichen  Isthmus  einleuchtend,  wieso  Scipio  im  Gegen- 
satze zu  Caesar  „per  superiora  loca"  marschiert  wäre1). 

5.  Wir  werden  bei  der  Besprechung  der  Lage  von  T  e  g  e  a  sehen, 
daß  Tissot  hier  dem  Texte  empfindlich  Gewalt  antun  muß,  um  eine 
Übereinstimmung  mit  seiner  Auffassung  zu  erzielen. 

1)  Stoffel  nimmt  an,  daß  Caesar  über  den  nördlichen,  Scipio  über  den  süd- 
lichen Isthmus  gegen  Thapsus  marschiert  sei.  An  und  für  sich  ist  diese  Trennung 
der  Marschlinien  unmotiviert  und  widerspricht  dem  Wortlaute  der  Quelle  („Caesarem 
. . .  consecutus"  79,2);  dann  aber  war  der  Anmarsch  über  den  nördlichen  Isthmus, 
wie  bei  Thapsus  gezeigt  werden  soll,  unbedingt  nur  „per  superiora  loca"  möglich, 
so  daß,  wenn  beide  hier  marschiert  wären,  wieder  der  in  der  Quelle  betonte  Gegensatz 
unverständlich  würde ;  wenn  anderseits  Scipio  wirklich  so  weit  ausgebogen  wäre,  daß 
er  während  des  Marsches  die  ganze  Sebkra  m'  ta  Moknine  zwischen  sich  und  dem 
Gegner  hatte,  so  wäre  für  ihn  wahrlich  kein  Grund  vorhanden  gewesen,  den  unbe- 
quemen Weg  über  die  Höhen  zu  wählen. 


Aggar.     1.  Aggar  und  die  Lager  Caesars. 


815 


Haben  wir  aus  guten  Gründen  die  Hypothesen  Stoffels  und  Tis- 
sots  abgelehnt,  so  erwächst  uns  nunmehr  die  Pflicht,  eine  neue  und 
brauchbare  Ansicht  an  ihre  Stelle  zu  setzen. 

Wir  verlangen  von  Aggar: 

1.  Die  Distanz  von  Uzita  und  der  Charakter  der  Gegend  Lage  von  Aggar. 
muß  mit  dem  wiederholt  betonten  Zwecke  des  Stellungswechsels,  näm- 
lich der  Behebung  von  Verpflegungsschwierigkeiten,  vereinbar  sein. 

2.  Seine  Entfernung  von  Thapsus,  und  zwar  über  den  süd- 
lichen Isthmus  gemessen,  muß  16  Millien  =  24  Kilometer  betragen. 

3.  Die  Terrainverhältnisse  müssen  es  erklären,  daß  sowohl  von 
Uzita  nach  Aggar,  als  von  Aggar  nach  Thapsus  Caesar  durch  tiefer 
gelegene  Landstriche  marschieren  und  Scipio,  ohne  ganz  unsinnige 
Umwege  machen  zu  müssen,  über  Höhen  folgen  konnte. 

4.  Aggar  mußte  in  einer  größeren  Ebene  liegen,  in  der  nächsten 
Nähe  mußten  jedoch  auch  Hügel  sein. 

5.  Bezüglich  der  scipionischen  Lager  und  der  Stadt 
T  e  g  e  a  muß  im  Rahmen  dieser  Annahme  eine  Übereinstimmung  mit 
dem  Texte  erzielt  werden  können. 

6.  Endlich  muß  die  zweifellos  nach  Caesars  Abmarsch  von  Uzita 
erfolgte  Verschiebung  des  Considius  von  Hadrume- 
tum  nach  Thysdrus  (76,1)  —  denn  im  Beginne  des  Feldzuges 
(36,2)  ist  die  Stadt  noch  ohne  Besatzung  —  sich  aus  der  Lage  des 
neuen  Hauptkriegsschauplatzes  erklären,  da  sonst  eine  so  weite  Deta- 
chierung einer  so  bedeutenden  Kraft  weit  nach  Süden  nicht  nur 
zwecklos,  sondern  geradezu  ein  Fehler  gewesen  wäre. 

Allen  diesen  Bedingungen  wird  in  vollstem  Maße  Genüge  geleistet,   Ksour  es  sat 
wenn  wir  Aggar  in  der  Gegend  von  Ksour  es  Saf  („Ksoursef "  der 
älteren  Karten)  annehmen. 

Die  Entfernung  dieses  Ortes  von  Caesars  Hauptlager  vor  Uzita  be- 
trägt 35  Kilometer  =  24  Millien,  also  einen  sehr  starken  Tag- 
marsch, mehr  als  dreimal  soviel  wie  bei  den  Hypothesen  Stoffels  und 
Tissots,  und  führte  unzweifelhaft  in  eine  noch  unausgesogene  Gegend. 
Die  Ebene,  die  sich  nördlich  und  westlich  davon  in  einer  Ausdehnung 
von  ca.  8  Kilometern  im  Umkreis  ausbreitet,  ist  der  fruchtbarste 
Teil  des  ganzen  Kriegsschauplatzes,  insbesondere  in  ihrer  süd- 
lichen Hälfte1);  hiervon  konnten  wir  uns  persönlich  überzeugen. 

1)  Die  nordwestliche  Partie  dieser  Ebene  ist  trotz  des  vorzüglichen  fetten 
Humusbodens  merklich  weniger  fruchtbar,  und  zwar  wegen  Wassermangel.    Während 

Kromayer-Veitk,  Antike  Schlachtfelder  III.  52 


816 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 


Ruinen  von 
Aggar. 


Die  Entfernung  von  Ksour  es  Saf  nach  Thapsus  über 
den  hier  selbstverständlichen  südlichen  Isthmus  beträgt  24  Kilometer 
=  16  Millien. 

Caesars  Weg  von  Uzita  nach  Aggar  führte  naturgemäß  durch 
die  Niederung  südlich  von  Moknine  über  S1  Neja  und  weiter  durch 
die  vorerwähnte  große  Ebene;  Scipio  folgte  ohne  jeden  Umweg 
über  die  Höhen  von  Beni  Hassane  bis  an  den  Westrand  der  Ebene, 
ober  der  er  seine  Lager  schlug.  —  Ebenso  marschierte  Caesar  von 
Ksour  es  Saf  nach  Thapsus  quer  durch  dieselbe  Ebene,  Scipio  hin- 
gegen—  für  seine  oben  bestimmte  Stellung  gleichfalls  der 
selbstverständlicheWeg  —  über  die  am  Südrande  der  Sebkra 
m'  ta  Moknine  sich  hinziehenden  Höhen  ebendahin. 

Ebenes  Land,  in  dem  Caesar  sein  erstes  Lager  schlagen  konnte, 
ist  reichlich  vorhanden;  und  ebenso  gibt  es  dort  südlich  Ksour  es  Saf 
Hügel,  auf  die  in  vorteilhaftester  Weise  später  das  Lager  verlegt 
werden  konnte.  Die  Lagerstellung  Scipios  endlich  auf  den 
Höhen  westlich  der  Ebene  entspricht,  wie  wir  später  sehen  werden,  bis 
ins  Detail  den  Anforderungen  des  Textes;  und  in  gleicher  Überein- 
stimmung mit  demselben  werden  wir  dort  die  Stadt  T  e  g  e  a  finden 
können. 

Nun  zum  Detail,  wie  es  die  Autopsie  ergibt. 

Ksour  es  Saf  selber  ist  keine  ehemalige  Römerstadt;  wohl  aber 
sind  zwei  Kilometer  nördlich  davon  in  der  Ebene  die  deutlichen,  ge- 
schlossenen Ruinen  einer  solchen,  und  zwar  recht  bedeutenden  Stadt 
schon  auf  größerer  Entfernung  sichtbar  („El  Maklouba").  Wir 
haben  sie  genau  untersucht. 

Sie  bedecken  eine  etwa  6  Meter  über  die  Ebene  emporragende, 


unmittelbar  nördlich  Ksour  es  Saf  sehr  zahlreiche  Brunnen  vorhanden  sind,  deren 
Wasser  mittels  durch  Kameele  betriebener  Hebewerke  zur  Bewässerung  der  Felder 
verwendet  wird,  fehlen  dieselben  weiter  nordwestlich  wegen  Mangel  an  Grundwasser 
fast  ganz,  und  die  in  der  Karte  verzeichneten  periodischen  Oueds  waren  auch  zur 
Zeit  unserer  Anwesenheit  (Anfang  Februar)  gänzlich  trocken.  Das  stimmt  alles  sehr 
gut  zu  cap.  79, 1,  wo  erwähnt  wird,  daß  Caesar  infolge  Wassermangels  sein  Lager 
nicht  näher  an  die  feindliche  Stellung,  die  wir  aus  später  zu  erwähnenden  Gründen 
am  Nordwestrande  der  Ebene  annehmen,  heranschieben  konnte.  Damit  fällt  aber 
auch  Langhammers  Einwand  gegen  die  Glaubwürdigkeit  unseres  Berichtes  (Nr.  33 
S.  950),  wonach  vor  Scipios  Stellung  Wasser  genug  gewesen  wäre,  da  seine  Auf- 
fassung auf  Stoffels  falscher  Lokalisierung  aufgebaut  ist.  Übrigens  sind  auch  die 
Oueds  beim  Stoffeischen  Tegea  periodisch  und  hatten  zur  Zeit  unseres  winterlichen 
Besuches  kein  Wasser. 


Aggar.     1.  Aggar  und  die  Lager  Caesars.  817 

ringsum  scharf  abgesetzte  Platte  von  2  Kilometer  Umfang.  An 
der  Peripherie  sind  überall  deutlich  die  Fundamente  der  Stadtmauer 
zu  konstatieren;  die  vorspringende  Westecke,  der  höchste  Punkt  der 
Platte,  zeigt  besonders  starke  Mauerfundamente  und  stellt  unzweifel- 
haft die  „arx"  dar;  an  der  Südostecke  sieht  man  Spuren  einer  durch 
einen  großen  Turm  geschützten  Toranlage.  Von  da  ab  ist  eine  auf- 
gedämmte  antike  Straße  von  3  bis  4  Meter  Breite  bis  an  die  Chaussee 
zu  verfolgen. 

In  der  Stadt  finden  sich  Reste  zweier  großer  Zisternen,  eine 
knapp  neben  der  „arx",  eine  in  der  Mitte  des  Ortes;  in  der  Nähe  der 
Ostfront  ein  großer  „silou  (unterirdischer  Speicher  in  Form  einer 
riesigen  Amphora)  mit  einer  Halsweite  von  ca.  1  Meter.  Die 
ganze  Platte  ist  außerdem  besät  mit  behauenen  Steinen,  Marmor- 
stücken, Mosaiken  und  unzähligen  Tonscherben;  vielfach  sind  auch 
im  Innern  der  Stadt  die  Fundamente  der  Häuserfronten  zu  ver- 
folgen. 

Dies  also  istAggar.  Es  war  eine  bedeutende,  starke  Stadt  und 
verdiente  in  diesem  Sinne  mit  Recht  seinen  Namen,  den  Tissot  als 
„centre  de  population"  erklärt;  es  war  in  der  Tat  der  Hauptort  einer 
der  fruchtbarsten  Landstriche  der  Provinz. 

Jetzt  verstehen  wir,  warum  Caesar  von  Uzita  gerade  hierher  zog, 
und  wieso  er  sein  Lager  zuerst  neben  der  Stadt  in  der  Ebene 
aufschlug.  Als  er  es  dann  aus  Sicherheitsgründen  auf  die  Höhen  ver- 
legte, fand  er  sehr  günstige  Bedingungen  auf  den  Hügeln,  die  sich 
unmittelbar  südlich  Ksour  es  Saf  hinziehen;  meiner  Ansicht  nach 
dürfte  er  sich  für  den  vorspringenden  Hügel,  der  heute  das  Marabout 
„S1  Abdallah  bou  Caboute"  trägt,  entschlossen  haben,  wo  mit  passen- 
der Dimension  und  Gestalt  auch  eine  allseits  freie  Lage  !und  vorzüg- 
licher Ausblick  vereint  erscheinen.  Von  diesem  Punkte  aus  beträgt 
auch  der  Weg  bis  knapp  vor  Thapsus,  auf  der  natürlichsten  Kom- 
munikation gemessen,  genau  16  Millien. 

Irgendwie  ins  Gewicht  fallende  Gegengründe  gegen  diese  Lokali-   Gegengründe. 
sierung  sind  nicht  vorhanden. 

Die  Hauptschuld  an  den  bisherigen  Annahmen,  die  Aggar  relativ 
nahe  an  Caesars  Stellung  suchen,  liegt  wohl  an  dem  Passus  der  Schil- 
derung des  Abmarsches  c.  67,1:     „ acie  instructa  impedimentis 

in  sinistra  parte  conlocatis  ex  eo  loco  proficiscitur  et  pervenit  ad  op- 
pidum  Aggar".    Dies   kann   auf  den    ersten   Blick  den  Anschein  er- 

52* 


818  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

wecken,  als  wäre  Caesar  bis  Aggar   „acie  instructa"  marschiert;    das 
aber  ist  auf  35  Kilometer  schlechterdings  unmöglich. 

Allerdings  aber  auch  auf  die  9  oder  10  Kilometer  Stoffels  und 
Tissots;  wenigstens  wäre  es  in  diesem  unebenen,  vielfach  koupierten 
Terrain  so  schwierig  und  marschverzögernd  gewesen,  daß  die 
Zurücklegung  der  ganzen  Strecke  in  dieser  Formation  keinen  Sinn 
gehabt  hätte.  Die  Bedrohung,  gegen  welche  die  Maßregel  gerichtet  war, 
konnte,  wie  früher  (S.  806)  gezeigt  worden  ist,  nur  von  dem  Lager  des 
Labienus  bei  Djemmal  ausgehen;  aus  dessen  unmittelbarem  Bereiche 
kam  man  aber  bald  heraus.  Jedenfalls  hat  Caesar,  wie  beim  Auf- 
bruche von  Ruspina  (37,1),  so  auch  diesmal  für  intensive  Aufklärung 
Sorge  getragen  und  konnte  sehr  bald  erfahren,  ob  der  Feind  tatsäch- 
lich Miene  machte,  den  Marsch  zu  stören.  Sobald  das  Gegenteil  ge- 
meldet wurde  —  und  das  mußte  sich  ja  bald  entscheiden  — ,  konnte 
die  unbequeme  und  zeitraubende  Marschform  sofort  aufgegeben 
werden. 

Tatsächlich  sagt  auch  der  Text  nur,  daß  Caesar  in  dieser  For- 
mation abmarschierte  (proficiscitur),  die  Ankunft  wird  ganz  selb- 
ständig erwähnt  (e  t  pervenit).  Würde  sich  die  geschilderte  Formation 
auf  den  ganzen  Marsch  beziehen,  so  wäre  es  doch  viel  einfacher  ge- 
wesen zu  sagen  „proficiscitur  ad  oppidum  Aggar";  die  Einschiebung 
des  „et  pervenit"  deutet  geradezu  auf  irgend  eine  der  erstgeschilderten 
Situation  gegenüber  eingetretene  Änderung  hin.  — 

Eine  weitere  Schwierigkeit  betrifft  die  Frage,  wo  der  cap.  77,3 
erwähnte  letzte  Transport  gelandet  ist,  wenn  Caesar  bei  Aggar 
=  Ksour  es  Saf  stand. 

Da  die  Quelle  darüber  auch  nicht  die  geringste  Andeutung  gibt, 
bleibt  hier  jede  Vermutung  diskutabel.  Am  ehesten  konnte  die  Landung 
in  oder  bei  Selectum  erfolgen,  das  nie  unter  den  vom  Feinde  besetzten 
Städten  genannt  wird;  und  in  Sizilien  mußte  man  ja  von  Caesars 
Stellungswechsel  unterrichtet  sein.  Hierfür  spricht  auch  die  c.  67,1 
erwähnte  volle  Aufteilung  der  Flotte  auf  die  beiden  Blokadeeskadren, 
womit  die  Auflassung  von  Leptis  als  Flottenbasis  ausgesprochen  er- 
scheint. Die  Stadt,  die  man  ja  immer  noch  brauchen  konnte  und  vor 
allem  gegen  eine  eventuelle  Rache  der  Gegner  schützen  mußte,  blieb 
besetzt ;  die  Flotte  aber  wurde  ganz  zur  Blockierung  der  gegnerischen 
Häfen  verwendet;  auf  diese  Art  konnte  sie  am  besten  die  weiteren 
Transporte  schützen  und  deren  Landung  an  jeder  beliebigen  Stelle  er- 


Aggar.    2.  Tegea  und  die  Lager  Scipios.  819 

möglichen.  Eine  Hafenstadt  war  hierzu  nicht  einmal  nötig;  war  doch 
Caesars  erste  Landung  trotz  ungünstiger  Witterung  außerhalb  der  vom 
Feinde  besetzten  Stadt  Hadrumetum  unbehelligt  erfolgt. 

2.  Tegea  und  die  Lager  Scipios. 

Bezüglich  der  drei  Lager  Scipios,  die  wir  im  allgemeinen  auf  den 
Höhen  konstatiert  haben,  welche  die  Ebene  von  Ksour  es  Saf  im 
Westen  begrenzen,  gibt  uns  die  Quelle  weiter  folgende  Anhaltspunkte:   Bedingungen. 

1.  Die  Entfernung  von  Caesars  Lager  bei  Aggar  betrug  6  bis 
7  Millien  (67,3.  75,1.  77,4.  An  letzterer  Stelle  ist  wegen  der  not- 
wendigen Übereinstimmung  mit  den  beiden  anderen  im  Anschluß  an 
alle  neueren  Ausgaben  V  statt  VIII  zu  lesen). 

2.  Unterhalb  der  Stellung  (infra  castra  Scipionis)  in  der  Ebene  lag 
die  Stadt  Tegea,  und  zwar  derart,  daß  die  hineingelegte  Kavallerie- 
besatzung die  Vorrückung  Caesars  gegen  Scipios  Lager  in  der  Flanke 
bedrohen  konnte  (c.  78). 

Tatsächlich  beträgt  die  Entfernung  der  Lager  bei  Aggar  vom  Die  Lager. 
Fuße  der  Westhöhen  6,  von  den  günstigen  Lagerplätzen  auf  den- 
selben 7  Millien.  Die  sehr  flach,  mit  gleichmäßig  glacisartiger  Böschung 
abfallenden  Hänge1)  bieten  für  die  auf  ihnen  stehende  Armee  ein 
nach  römischen  Begriffen  derart  günstiges  Schlachtfeld,  daß  wir  sehr 
wohl  verstehen,  warum  Caesar  stets  nur  auf  5  Millien  gegen  den  Feind 
vorrückte,  das  heißt  1  Millie  vor  dem  Fuße  der  Höhen,  2  Millien  vor 
den  feindlichen  Lagern,  Halt  machte.  Hierzu  kam  noch  die  Lage 
von  Tegea. 

Diese   Stadt   finden   wir   genau    an   der  Stelle,   wo  wir   sie  mit     Tegea  = 
Rücksicht   auf   das   eben  Abgeleitete   suchen   müssen,  und  zwar  mit 
gleicher  Deutlichkeit  wie  Aggar,  in  dem  Ruinenfeld  Hir  Merbesse 
(S1  Dekril),  etwa  1  Millie  vom  Fuße  jener  Höhen,   5  Millien  von 
Caesars  Lager  bei  Aggar. 

Das  Bild  ist  hier  ähnlich  wie  dort:  die  deutlich  erhöhte  Platte 
ist  etwas  kleiner  (IV2  Kilometer  Umfang),  dagegen  dehnt  sich  hier  das 
Trümmerfeld  auch  außerhalb  derselben  besonders  im  Nordosten  ziem- 
lich weit   aus.    Die   „arx"    am  Südende  ist  deutlich   sichtbar;    zwei 

1)  Aus  der  Gegend  von  Ksour  es  Saf  gesehen,  erscheinen  diese  Hänge  wie  eine 
steile,  rideauartige  Abgrenzung  der  Ebene;  je  näher  man  kommt,  um  so  flacher 
präsentieren  sie  sich.  Dasselbe  gilt  auch  von  den  Höhen,  welche  die  Ebene  im 
Norden  begrenzen,  und  über  welche  Scipio  dann  gegen  Thapsus  marschierte. 


820 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg". 


Die  Reiter- 

sclilacht  bei 

Tegea. 


Andere 
Ansichten. 


große  Zisternen  anlagen,  eine  im  nördlichen  Teile  der  Stadt,  eine  im 
südwestlichen,  sind  zu  konstatieren.  Sonst  zahllose  Steintrümmer, 
Paviment-  und  Mosaikreste,  Marmorstücke,  auch  mehrere  große  Säulen- 
trommeln aus  Serpentin;  im  nördlichen  Teile  liegen  die  Grundmauern 
eines  sehr  großen  Gebäudes  klar  zu  Tage. 

Die  Quelle  erzählt  nun  cap.  77,4  und  78  folgendes: 

Caesar  rückte  nach  Eintreffen  eines  Ergänzungstransportes  zum 
so  und  so  vielten  Male  in  Schlachtordnung  gegen  die  feindliche  Stellung 
und  machte  nach  einer  Vorrückung  von  5  Millien,  noch  2  Millien  von 
Scipios  Lager  entfernt,  in  der  Ebene  Halt. 

Scipio  marschierte  gleichfalls  auf,  und  zwar  etwa  1  Millie  vor 
seinem  Lager,  am  unteren  Teile  des  Hanges  (in  iugo  inferiore).  Zu- 
gleich ließ  er  die  in  Tegea  liegenden  Reitermassen  beiderseits  der 
Stadt  aufmarschieren  und  Caesars  Flanke  bedrohen.  Caesar  ließ 
diese  ihm  höchst  lästige  Gruppe  seinerseits  zuerst  durch  Kavallerie, 
dann  auch  durch  Infanterie  angreifen;  unter  fortwährendem  Einsetzen 
frischer  Abteilungen  von  beiden  Seiten  wurde  der  Kampf  mit  großer 
Hartnäckigkeit  und  wechselndem  Erfolge  geführt,  bis  endlich  die  Cae- 
sarianer  den  Feind  endgültig  zurückwarfen  und  3  Millien  weit  bis 
an  die  Hügel  verfolgten. 

Alle  diese  Vorgänge  sind  mit  vollster  Deutlichkeit  in  unserem 
Terrain  festzustellen,  und  ich  brauche  diesbezüglich,  ohne  weitere 
Worte  zu  verlieren,  nur  auf  die  Einzeichnung  in  Karte  20  zu  ver- 
weisen, in  der  alles  klar  zu  Tage  tritt.  Ich  bemerke  nur,  daß  die 
Entfernung  von  3  Millien,  welche  die  feindliche  Kavallerie  auf  der 
Flucht  zurücklegen  mußte,  bevor  sie  die  Hügel  erreichte,  die  natür- 
liche Folge  der  durch  die  Lage  gegebenen,  zum  Höhenfuße  schrägen 
Fluchtrichtung  ist. 

Stoffel  nimmt  Tegea  bei  Beni  Hassane,  Tissot  1 500  Meter  süd- 
lich El  Bourdjine  („Bordjin")  an.  Beide  Annahmen  fallen  mit  denen  von 
Aggar.  Überdies  liegt  Stoffels  Tegea  in  einer  für  die  erwähnte  Kavallerie- 
verwendung durchaus  nicht  sehr  günstigen  engen  Talmulde,  Tissot 
aber  muß,  um  seine  Annahme  zu  halten,  Scipio  seine  Lager  einmal 
um  volle  8  Kilometer  nach  rückwärts  verlegen  lassen *),  was  weder  in 
der  Quelle,  noch  in  den  Tatsachen  begründet  ist,  und  obendrein  gerät 
eben  dieses  zweite  Lager  mitten  in  die  weite,  praktisch  ganz  ebene 

1)  Scipios  erstes  Lager  liegt  nämlich  nach  Tissot  gar  nicht  bei  seinem  Tegea, 
sondern  8  Kilometer  östlich  beim  heutigen  Menzel  Kamel. 


Aggar.    3.  Zeta  und  Vaga.  821. 

Hochfläche,  auf  der  heute  der  stattliche  Ort  El  Bourdjine  liegt,  was 
im  Widerspruch  zu  den  erzählten  Ereignissen  steht  (78,1). 

3.  Zeta  und  Vaga. 

Der  erste  der  erwähnten  Offensivstöße,  die  Caesar  von  Aggar  aus 
unternahm,  führte  ihn  nach  Zeta. 

Die  Quelle  erzählt,  daß  Zeta  von  Caesars  Stellung  aus  in  der 
Eichtung  über  das  Lager  Scipios  hinaus  gelegen  war,  und  zwar  von 
diesem  10,  von  Caesar  14  Millien  entfernt  (68,1).  Caesar  besetzte  die 
Stadt,  wurde  jedoch  an  dem  Versuche,  zwei  in  der  Nähe  foura- 
gierende  Legionen  Scipios  aufzuheben,  durch  Labienus  und  Afranius 
gehindert.  Auf  dem  Rückmarsche,  den  er  wie  den  Hinmarsch 
nahe  an  Scipios  Lager  vorbei  bewerkstelligen  mußte,  wurde 
er  beim  Beginne  der  dortigen  Hügel  von  den  leichten 
Truppen  des  Labienus  und  Afranius  angegriffen  und  konnte  nur  unter 
den  äußersten  Schwierigkeiten,  unter  ungeheurem  Zeitverlust,  allmäh- 
lich vorwärts  kommen.  Erst  in  der  Nacht  gelangte  er  mit  todmüden 
Truppen  ins  Lager  zurück  (68 — 70). 

Stoffels  und  Tissots  Ansetzungen  von  Zeta  (El  Bourdjine 
resp.  Knaiss)  werden  mit  denen  von  Aggar  hiniällig  und  brauchen  daher 
nicht  weiter  diskutiert  zu  werden.  Ich  vermute  Zeta  in  dem  heutigen 
Beni  Hassane,  also  dort,  wo  Stoffel  Tegea,  Tissot  Aggar  hin- 
legt. Die  Sache  stimmt  hier  vollkommen:  Die  Entfernungen  betragen 
tatsächlich  von  Scipios  Stellung  etwa  10,  von  der  Caesars  etwa  14  Mil- 
lien; Caesar  mußte  auf  dem  Marsche  etwa  2  bis  3  Kilometer  am 
nördlichsten  der  drei  feindlichen  Lager  vorbei,  und  während  er  auf 
dem  Rückwege  von  Beni  Hassane  aus  zuerst  durch  die  flache  Niede- 
rung von  S1  Neja  marschiert,  kommt  er  südlich  dieses  Ortes,  gegen 
Scipios  Lager  zu,  in  hügeliges  Terrain,  welches,  flach  genug  für  un- 
behinderte Kavallerieverwendung,  doch  wieder  vortreffliche  Deckungen 
für  Hinterhalte  und  überraschende  Angriffe  bietet,  und  das  er  in  einer 
Ausdehnung  von  etwa  5  Kilometern  passieren  muß,  ehe  er  wiederum 
die  offene  Ebene  erreicht.  Dabei  ist  die  Gegend  tatsächlich  wasserlos, 
so  daß  Caesar,  wenn  er  dort  ein  Lager  geschlagen  hätte,  ohne  Trink- 
wasser gewesen  wäre  (69,5).  In  diesem  Terrain  haben  wir  uns  die 
Überfälle  des  Labienus  und  Afranius  zu  denken1).  — 


1)   Man    könnte    einwenden,    dass    nach    dieser    Annahme   Caesar    von    seiner 
Stellung  vor  Uzita  eigentlich  näher  nach  diesem  Zeta  gehabt  hätte  als  von  Aggar 


822  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

vaKn.  Für  die  Wegnahme  Zetas  rächte  sich  Juba  durch  Zerstörung  von 

Vaga,  welche  Stadt  mit  Caesar  sympathisierte  (c.  74). 

Über  die  Lage  dieses  Oppidums  erfahren  wir  nur,  daß  es  „finitimum 
fuit  Zetae".  Demzufolge  legt  es  Stoffel  nach  Knai'ss,  Tissot  nach 
Hir  Zaiat  südlich  dieses  Ortes.  Beide  Annahmen  werden  mit  Aggar 
usw.  hinfällig. 

Eine  sichere  Konstatierung  ist  hier  überhaupt  nicht  möglich;  in 
der  Umgebung  von  Beni  Hassane  gibt  es  römische  Ruinenstätten  in 
Menge,  die  hier  alle  gleichmäßig  in  Betracht  kommen.  Vielleicht 
ist  Vaga  das  heutige  Zramedine;  wohl  ist  letzteres  sicher  mit  dem 
„Avidovicus"  der  Tabula  identisch;  da  jedoch  Vaga,  wie  unsere  Quelle 
erzählt  (74,2),  von  Juba  nach  vollständiger  Ausrottung  seiner  Bewohner 
bis  auf  den  Grund  zerstört  wurde,  so  mag  es  vielleicht  erst  in  spät- 
römischer Zeit,  als  die  vorbeiführende  Straße  durch  das  Aufblühen 
von  Thysdrus  erhöhte  Bedeutung  gewann,  unter  neuem,  römischem 
Namen  wieder  erstanden  sein.  Selbstverständlich  bleibt  dies  jedoch 
nur  eine  Hypothese,  auf  die  man  übrigens  nicht  einmal  angewiesen  ist. 

4.  Sarsura   und  Thysdrus. 

Der  zweite  Offensivstoß  führte  Caesar  über  Sarsura  nach  Thys- 
drus (75.  76.) 
Thysdrus.  Thysdrus   ist  absolut  sichergestellt  =  El  Djem.    Zu  Caesars 

Zeit  war  die  Stadt,  nach  cap.  97,  4  zu  schließen,  jedenfalls  lange 
nicht  das,  wozu  sie  sich  später  entwickelt  hat.  Das  grandiose  Amphi- 
theater, welches  meilenweit  die  Wüste  beherrschend  den  Platz  be- 
zeichnet —  in  seiner  Art  vielleicht  die  imposanteste  Ruine  der  Welt  — 
hat  dazumal  natürlich  noch  nicht  gestanden1). 

Caesar  mußte  infolge  Wassermangels  von  der  Belagerung  der 
Stadt  abstehen,  und  nachdem  er  4  Millien  entfernt  beim  Wasser  ge- 
nächtigt, trat  er  tags  darauf  den  Rückmarsch  an  (76,  2).    Erst  nach 


aus,  und  sich  wundern,  warum  er  nicht  schon  damals  die  Stadt  weggenommen. 
Die  Sache  wird  klar,  wenn  man  bedenkt,  dass  Caesar  die  grossen  Offensivstösse 
von  Aggar  aus  stets  mit  ganzer  Macht  unternahm,  wie  aus  der  Schilderung  deut- 
lich hervorgeht;  zur  Verteidigung  des  einfachen  Lagers  genügte  eine  kleine  Kraft. 
Vor  Uzita  aber  absorbierten  die  ausgedehnten  Werke  einen  derart  grossen  Bruchteil 
einer  Streitmacht,  dass  er  Unternehmungen  diesen  Stiles  damals  nicht  durchführen 
konnte.  Übrigens  galt  die  Unternehmung  wohl  weniger  der  Stadt,  als  den  beiden 
dort  eben  fouragierenden  Legionen. 

1)  Vgl.  A.  Schulten,  Das  römische  Afrika,  1S99.    S.  35. 


Aggar.    4.  Sarsura  und  Thysdrus.  —  5.  Acylla.  823 

der  Schlacht   bei   Thapsus  wurde   die   Stadt   von  Considius  geräumt 
und  von  Cn.  Domitius  besetzt  (93). 

Den  Ort,  an  dem  Caesar  nächtigte,  nimmt  Tissot  (II  750)  6  Kilo- 
meter =  4  Millien  nördlich  der  Stadt  zwischen  zwei  Quellen  an. 
Dies  ist  zweifellos  richtig,  nur  daß  diese  Quellen  nicht,  wie  er 
schreibt,  zur  Sebkra  Sidi  el  Hani,  sondern  zur  Ebene  von  Ksour  es  Saf 
abfließen.  An  diesem  kleinen  Irrtum  sind  wohl  wieder  Tissots 
Karten  schuld. 

Ebensowenig  kann  gegen  Tissots  durch  die  Tabula  bestätigte 
Identifizierung  von  Sarsura  mit  der  Euinenstätte  Hir  ez  Zauadi  sarsura. 
(auf  den  neuen  Karten  Hir  el  Ksour)  südwestlich  Bou  Merdes  Ein- 
sprache erhoben  werden.  Stoffel  legt  es  unweit  davon  südöstlich 
des  vorgenannten  Ortes,  was  wohl  nur  eine  Flüchtigkeit  ist,  da  sich 
an  dieser  Stelle  keine  Ruinen  finden. 

5.  Acylla. 

Obwohl  diese  Stadt  in  der  nach  Aggar  genannten  Feldzugsperiode 
keine  Rolle  spielt,  so  läßt  sich  das,  was  man  über  ihre  vermutliche 
Lage  überhaupt  sagen  kann,  wohl  am  besten  an  dieser  Stelle  im  An- 
schlüsse an  die  übrigen  Lokalisierungen  vorbringen. 

Ich  halte  -daran  fest,  daß  Acylla  nicht  mit  dem  A  c  h  o  1 1  a  der  Acyiia  nicht 
Tabula  =  El  Alia  (Biar  el  Alia)  identisch  sein  kann,  wie  Stoffel  (II  281)  =  Acholla- 
und  Tissot  (II  14 f.  179 f.)  annehmen,  und  dies  aus  zwei  Gründen: 

1.  Es  ist  höchst  unwahrscheinlich,  daß  Caesar  einen  so  entfernten 
Platz  zu  einer  Zeit  besetzt  hätte  (33,1),  wo  er,  auf  starre  Defensive 
beschränkt,  sonst  nur  Ruspina  und  Leptis  festhielt,  letzteres  sogar 
trotz  seiner  geringen  Entfernuug  mit  einer  unverhältnismäßig  starken 
Besatzung  dotieren  mußte,  um  es  verläßlich  schützen  zu  können  (9,1); 
auch  hatte  er  um  dieselbe  Zeit  die  Bitte  der  Stadt  Thysdrus  um  eine 
Besatzung  abschlagen  und  sie  auf  eine  spätere  Zeit  vertrösten  müssen 
(36,2),  konnte  auch  nicht  verhindern,  daß  diese  Stadt  schließlich  vor 
ihm  von  Considius  besetzt  wurde  (76,1). 

2.  Da  Caesar  bei  seinem  von  Uzita  nach  Süden  —  diese  Richtung 
ist  nie  angezweifelt  worden  —  angetretenen  Abmarsch  daselbst  eine  Be- 
satzung „zurückläßt",  ebenso  wie  in  Ruspina  und  Leptis  (67,1),  so 
kann  es  sich  nicht  um  eine  Stadt  gehandelt  haben,  der  er  sich  dabei 
auf  alle  Fälle  nur  genähert  haben  kann. 

Beide  Gründe,  sowohl  die  Besetzung  der  Stadt  in  der  allerersten 


824  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg. 

Kriegsepoche,  wie  die  Zurücklassung  jener  Besatzung,  überhaupt  die 
Erwähnung  in  einem  Atem  mit  Ruspina  und  Leptis,  lassen  mit  größter 
Wahrscheinlichkeit  darauf  schließen,  daß  Acylla  in  nächster  Nähe  der 
beiden  erstgenannten  Städte  zu  suchen  ist. 

Die  Namens ähnl ich keit  —  mehr  ist  nicht  erwiesen  —  mit 
dem  Acholla  (Achulla)  der  Tabula  usw.  verbürgt  noch  lange  nicht  die 
Identität;  selbst  volle  und  zweifellose  Namensgleichheit  würde  hier 
nichts  beweisen.  Die  Tabula  weist  in  Afrika  3  „Aggar"  auf1),  von 
denen  bestimmt  keines  mit  dem  Aggar  unseres  Feldzuges  identisch 
ist;  eben  so  sicher  ist  z.B.  das  „Vaga"  des  bellum  Jugurthinum  ganz  ver- 
schieden von  der  Stadt  dieses  Namens,  von  der  in  diesem  Kriege  die 
Rede  ist.  Auch  ein  anderes  Uzita  existierte  noch2).  Daß  es  mehr  als 
ein  Zama,  ebenso  mehrere  Hippo,  Leptis  usw.  gab,  ist  bekannt  genug. 
Warum  soll  es  nicht  auch  zwei  Acylla  oder  Acholla  gegeben  haben? 
Der  Marsch  des  Tissot  (II  14 f.  und  739)  leitet  die  Identität  mit  El  Alia  auch 
aus  der  Stelle  des  bell.  Afr.  43, 1  ab,  wonach  Considius,  zur  Auf- 
hebung der  Belagerung  Acyllas  genötigt,  den  Rückzug  nach  Hadru- 
metum  „per  regnum  Iubae"  bewerkstelligt.  Nun  ist  erstens  der  Ver- 
lauf der  Grenze  dieses  Reiches  nicht  ganz  genau  bekannt3),  und  zweitens 
ist  nicht  einzusehen,  warum  Considius  nicht  auch  beim  Abmarsch  von 
einem  weiter  nördlich  gelegenen  Punkte  zu  einem  gleich  weiten  Aus- 
biegen nach  Westen  sich  hätte  veranlaßt  sehen  sollen;  die  Weite  dieses 
Ausbiegens  war  ja  nicht  von  der  Lage  der  belagerten  Stadt  ab- 
hängig, sondern  von  der  Stellung  Caesars  und  der  Ausdehnung  seines 
Kraftbereiches.  Es  ist  nirgends  gesagt,  daß  Considius  dabei  um  die 
Sebkra  Sidi  el  Hani  herummarschiert  ist,  wie  Tissot  behauptet. 

Es  hat  überhaupt  den  Anschein,  als  hätte  sich  Considius  zur  Auf- 
hebung der  Belagerung  nicht  bloß  wegen  des  Ausfalles  des  Messius. 
sondern  hauptsächlich  wegen  Caesars  Stellungswechsel  von  Ruspina 
auf  die  Höhen  von  Uzita,  womit  er  sich  zwischen  Scipio  und  Consi- 


1)  Genauer  1  „Aggar",  1  „Aggarsel"  und  1  „Aggar  Selnepte". 

2)  H'1  ed  Douames,  20  Kilometer  nördlich  Thaeia.   (Tissot  II  1 1). 

3)  Nach  Cagnat  (Comptes  rendus  des  seances  de  l'acaderaie  des  incriptions  et 
belles  lettres,  Tome  XXII,  1894,  p.  51)  verlief  übrigens  die  Grenze  durchschnittlich 
ca.  50  Kilometer  weiter  östlich,  als  Tissot  sie  angenommen  hat.  Nach  Caes.  b. 
c.  II  38,  1  und  bell.  Afr.  97, 3  scheint  sie  nicht  allzuweit  von  Leptis  entfernt 
gewesen  zu  sein.  Dies  angenommen,  würde  dann  wieder  umgekehrt  der  Marsch 
des  Considius  für  die  Lage  von  Acylla  in  der  Nähe  von  Leptis  sprechen,  zu  welchem 
Ergebnisse  uns  auch  andere,  zwingendere  Gründe  führen. 


Ag-gar.    5.  Acylla.  825 

dius  hineinschob,  entschlossen,  was  auch  für  eine  geringere  Entfernung 
der  Stadt  von  Caesars  Stellung  spricht;  denn  einen  mehrere  Tages- 
märsche entfernten  Platz  hätte  er  wohl  noch  länger  ungestört  belagern 
können1). 

Ich  vermute  nach  alledem  das  Acylla  des  bellum  Africanum  in  der  Acyiia 
Euinenstätte  nächst  des  Dorfes  Kasser  Helal,  4  Kilometer  von  Leptis, 
die  Stoffel,  wie  wir  gesehen,  für  Aggar  in  Anspruch  nimmt.  Streng  läßt 
sich  die  Identität  selbstverständlich  nicht  nachweisen;  doch  wird 
man  finden,  daß  seine  Lage  mit  den  Anforderungen  der  Quelle  und 
unserer  obigen  Interpretation  in  jeder  Hinsicht  übereinstimmt. 


Kasser  Helal? 


1)  Mir  hat  der  Ausdruck  „itinere  per  regnum  Iubae  facto"  immer  den  Eindruck 
einer  offenbaren  derben  Ironie  gemacht;  in  diesem  Sinne  kann  er  auch  eine 
harmlose  Hyperbel  enthalten. 


4.  Thapsus. 

Hierzu  Karte  17,  18  und  21. 

Nachdem  die  beiden  ersten  Oftensivstöße  Caesars  gegen  Zeta  und 
Sarsura-Thysdrus  zwar  geringfügige  Erfolge  gebracht,  ihren  Haupt- 
zweck, die  Herbeiführung  der  Entscheidungsschlacht,  jedoch  nicht  er- 
reicht hatten,  unternahm  Caesar  einen  dritten  Vorstoß  gegen  Thap- 
sus, den  neben  Utika  und  Hadrumetum  wichtigsten  Seestützpunkt 
des  Gegners.  Scipio  folgte,  und  es  kam  zur  Schlacht,  die  den  Krieg 
entschied. 

1.  Die  Quellenberichte  und  die  Schlachtidee. 

Die  Diese   Schlacht   und   die  Vorgänge,   die   ihr  unmittelbar  voraus- 

rage'  gingen  und  sie  herbeiführten,  bilden  eines  der  interessantesten  und 
dankbarsten  Probleme  nicht  nur  für  den  Militär,  sondern  auch  für  den 
Quellenforscher;  auf  beiden  Gebieten  führt  die  Untersuchung,  durch 
den  Lokalaugenschein  unterstützt,  zu  überraschend  einwandfreien  Re- 
sultaten. 

Vor  uns  liegt  als  selbstverständliche  Hauptquelle  das  „bellum 
Africanum",  das  eine  ausführliche,  fachmilitärisch  gehaltene,  somit 
für  den  ersten  Eindruck  erschöpfende  und  unverdächtige  Schilderung 
gibt.  Ihr  gegenüber  stehen  die  Darstellungen  dreier  Nebenquellen, 
die  wir  gewohnt  sind  von  Hause  aus  als  sekundär  zu  betrachten  und 
überall,  wo  sie  sich  mit  der  Hauptquelle  nicht  in  Übereinstimmung 
bringen  lassen,  unbarmherzig  zurückzustellen.  Aber  diesmal  bringen 
gerade  diese  Nebenquellen  eine  in  den  Grundzügen  übereinstimmende 
und  dabei  in  ihrer  militärischen  Grundidee  so  einleuchtende,  ja  geradezu 
großartige  Auffassung  der  Schlacht,  daß  man  sich  dem  Eindrucke  nicht 
verschließen  kann:  hier  liegt  ein  Originalbericht  zugrunde,  der  zum 
mindesten  bezüglich  der  großen  Auffassung  der  Ereignisse  über  der 
Schilderung  des  bellum  Africanum  steht. 


Thapsus.    1.  Die  Quellenberichte  und  die  Schlachtidee.  827 

Stoffel  (II  141  ff.)  hat  in  seiner  Darstellung*  unter  Ausschaltung 
der  Nebenquellen  die  Hauptquelle  allein  zugrunde  gelegt,  und  ich  bin 
ihm  in  meiner  „Geschichte  der  Feldzüge  C.  Julius  Caesars"  (p.  427  ff.) 
darin  gefolgt.  Andere  Forscher  haben  —  wie  sich  gleich  zeigen  wird, 
mit  mehr  Recht  —  eine  Vereinigung  der  Berichte  angestrebt. 

Das  bellum  Africanum  gibt,  kurz  gefaßt,  folgendes  Bild  der    Das  bellum 

^         .        .  Africanum. 

Begebenheiten : 

Caesar  rückt  über  den  Isthmus  zwischen  Meer  und  Sebkra  vor  \ 
Thapsus.  Scipio,  der  ihm  über  die  Höhen  gefolgt  war,  hat  zuerst  8  Millien 
von  Caesar  zwei  Lager  bezogen;  dann  versucht  er  den  Durchmarsch 
gegen  Thapsus,  wird  aber  durch  ein  vorgeschobenes  Werk  Caesars,  das 
den  Isthmus  an  seiner  schmälsten  Stelle  sperrt,  daran  gehindert.  Er  kehrt 
um,  marschiert  um  die  ganze  Sebkra  herum  und  geht  auf  dem  andern 
Isthmus  gegen  Thapsus  vor.  Unweit  von  Caesars  Stellung  angelangt, 
beginnt  er  sich  zu  verschanzen,  wird  aber  von  Caesar  angegriffen  und 
geschlagen.  Hart  verfolgt,  gelangen  seine  Truppen  zu  den  tags  vor- 
her verlassenen  Lagern,  finden  aber  das  erste  leer  und  das  zweite, 
das  als  Lager  Jubas  bezeichnet  wird,  von  Caesarianern  besetzt,  wo- 
rauf sie  auf  einen  Hügel  zusammengetrieben  und  vernichtet  werden. 

Eine  scheinbar   ganz  andere    Schilderung  bietet  uns   C  a  s  s  i  u  s  Di<>.  Piutarch. 

.  .  .  und  Appian. 

Dio,  und  dieselbe  Auffassung  liegt,  wenn  auch  in  konfuserer  Form, 
bei  P 1  u  t  a  r  c  h  und  Appian  zu  gründe.  Danach  hätten  Scipio  und 
Juba  versucht,  Caesar,  der  Thapsus  belagerte,  ihrerseit  durch  Sperrung 
beider  Isthmen  einzuschließen;  Caesar  aber  nützt  die  Trennung 
beider  Teile,  stößt  zuerst  gegen  Scipio  erfolgreich  durch,  worauf  er 
sich  sofort  gegen  die  andere  Gruppe  wendet,  die  scheinbar  ohne  ernsten 
Widerstand  erliegt. 

Es  ist  zweifellos,  daß  wir  hier  eine  militärisch  weit  höherstehende  Vereinbarkeit 
Auffassung  vor  uns  haben;  schon  das  Manöver  der  Republikaner  ver- überli^ereurn?eil 
rät  eine  ungleich  höhere,  dabei  durchaus  überzeugende  Planmäßigkeit, 
und  ihr  gegenüber  sehen  wir  auf  Seite  Caesars  ein  in  seiner  Schnellig- 
keit, Einfachheit  und  Energie  wahrhaft  geniales  Gegenmanöver,  das  auch 
zu  vollstem  Erfolge  führt.  Eine  solche  Schlachtschilderung 
kann  ebensowenig  im  Nachhinein  am  grünen  Tische  er- 
funden worden  sein,  wie  etwa  die  Schlachtberichte  von 
Leuktra,  Cannae  oder  Pharsalos;  hier  muß  historische 
Wahrheit  zugrunde  liegen. 

Was  aber  dann  anfangen  mit  der  Darstellung  des  bellum  Africanum, 


828  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

das  unzweifelhaft  den  gewissenhaften  Originalbericht  eines  militärischen 
Augenzeugen  und  Mitkämpfers  darstellt? 

Schon  Tissot  (Nr.  13  Il754if.)  hat  versucht,  die  Übereinstimmung 
beider  Berichte  zustande  zu  bringen;  Fröhlich  (Nr.  9  S.  76 f.)  hat  die 
Idee  aufgenommen,  Delbrück  (Nr.  23  p.  596)  sie  im  Prinzip  für  durch- 
führbar erklärt,  und  Schneider  (Nr.  54  S.  155)  sie  im  wesentlichen 
wirklich  durchgeführt,  indem  er  die  ausführliche  Detailschilde- 
rung des  bellum  Africanum  in  die  großzügige  Darstellung 
Dios  hineingefügt  hat.  Daß  man  das  kann,  ist  der  beste 
Beweis  für  die  Richtigkeit  der  ersteren  und  die  Brauch- 
barkeit der  letzteren. 

Der  Schlußbeweis  für  die  tatsächliche  Anwendbarkeit  dieses  Ver- 
fahrens liegt  darin,  daß  sich  bei  genauer  Prüfung  im  bellum  Africanum 
Stellen  finden,  die  so  lange  nicht  klar  sind  und  Widersprüche  zu  ent- 
halten scheinen,  als  man  diese  Quelle  allein  zugrundelegt  resp.  sich 
den  Verlauf  der  Ereignisse  derart  vorstellt,  wie  er  nach  dem  bellum 
Africanum  allein  erscheint;  die  aber  in  dem  Augenblick  klar  und 
verständlich  werden,  wo  man  sie  in  die  Darstellung  Dios  hineinfügt. 
Von  diesen  Stellen  haben  wir  im  folgenden  auszugehen;  denn  sie  ver- 
mitteln uns  am  deutlichsten  die  Übereinstimmung  beider  Überlieferungen. 
Die  „regia  Ein  solches  Moment  liegt  in  den  Daten  über  die  Lager  der  Re- 

°Rückzug  der*  publikaner  in  den  Tagen  von  Thapsus.  Seit  Juba  mit  Scipio  gemein- 
Truppen  Scipios.  sam  operierte,  schlug  er  stets  ein  eigenes  Lager ;  die  „regia  castra"  sind 
ein  Typus  dieses  Feldzuges,  so  bei  Uzita,  so  bei  Tegea  und  so  auch 
beim  ersten  Anmarsch  gegen  Thapsus,  wo  die  Republikaner  sich 
„binis  castris"  festsetzen  (79,  2),  deren  eines  nach  der  Schlacht  aus- 
drücklich als  „regia  castra"  bezeichnet  wird  (85,  4).  Nach  dem  Um- 
gehungsmarsch Scipios  aber  und  gelegentlich  der  Schlacht  hören  wir 
stets  nur  von  einem  einzigen  Lager  (80,  3.  81,  1.  83,  4);  also  war  Juba 
während  der  Schlacht  nicht  bei  Scipio,  sondern  vermutlich  dort,  wo 
seine  „regia  castra4'  waren,  d.  i.  auf  der  andern  Seite  von  Thapsus. 
Damit  ist  die  Übereinstimmung  beider  Berichte  im  Grunde  schon  ge- 
geben; sie  wird  aber  in  der  Folge  noch  weiter  bestätigt. 

Die  geschlagenen  Truppen  Scipios  fliehen  insgesamt  bis  in  das 
Lager,  aus  dem  sie  am  Vortage  ausmarschiert  sind  („in  castra,  unde 
pridie  erant  egressi  83,  4) ;  nach  dem  klaren  Wortlaut  der  Quelle  muß 
damit  das  erste  Lager,  beim  Eingang  in  den  andern  Isthmus,  gemeint 
sein.    Nun  ist  aber  nichts  so  unwahrscheinlich,  als  daß  dieser  Rückzug 


Thapsus.     1.  Die  Quellenberichte  uud  die  Schlachtidee.  829 

über  eine  Strecke,  zu  deren  Zurücklegung  man  eine  ganze  Nacht  ge- 
braucht hat,  überdies  im  Kreise  um  die  Sebkra  herum,  nur  angetreten 
worden  sei,  um  ein  bereits  abgebrochenes,  also  recht  wenig  verteidigungs- 
fähiges Lager  zu  erreichen.  Daß  die  Geschlagenen  nicht  die  Absicht 
hatten,  ein  leeres  Lager  selbst  zu  verteidigen,  erhellt  schon  daraus,  daß 
sie,  als  sie  es  wider  Erwarten  leer  fanden,  enttäuscht  weiterzogen 
(85,  4).  Wie  aber  konnten  sie  andererseits  erwarten,  dort  jemanden  zu 
finden,  und  zwar  nicht  nur  eine  Besatzung,  sondern  sogar  „jemanden,  der 
den  Befehl  übernehmen  sollte"  (85,  4),  wenn  nicht  ein  Teil  der  Armee 
auf  dem  anderen  Isthmus  geblieben  war1)?  Und  als  sie  von  da  zu  den 
„regia  castra"  weiterziehen,  sind  sie  ebenso  überrascht,  darin  Caesa- 
rianer  zu  finden  (85,  5).  Daraus  erhellt,  daß  dort  am  andern  Isthmus 
auch  nach  Scipios  Abzug  noch  zwei  besetzte  Lager  zurückblieben,  in 
deren  einem  Juba,  in  deren  zweitem  ein  anderer  namhafter  Führer 
kommandierte.    Seinen  Namen  gibt  uns  Plutarch  c.  53,1:  Afranius. 

Ein  anderes  Moment :  Welchen  Zweck  kann  der  im  bellum  AM-  scipios  Marsch 
canum  erwähnte  Marsch  Scipios  von  dem  einen  auf  den  andern  Isthmus  Entsatzversuch. 
gehabt  haben?  Ein  direkter  Entsatzversuch  kann  es  nicht  gewesen 
sein,  sonst  hätte  Scipio  sich  nicht  nach  dem  Erreichen  des  Zieles  passiv 
verhalten  und,  statt  anzugreifen,  sich  verschanzt.  Die  direkte  Antwort 
bleibt  uns  die  Quelle  schuldig ;  es  kann  eben  kein  anderer  Zweck  ge- 
wesen sein  als  die  Einschließung,  und  dazu  gehörte,  daß  ein  Teil  der 
Armee  auf  dem  ersten  Isthmus  zurückblieb,  um  auch  diesen  zu 
sperren. 

Eine  dritte  Schwierigkeit  bildet  in  der  Schilderung  des  bell.  AM-  Die  2  Legionen 
canum  das  Verhalten  der  von  Caesar  ausgeschiedenen  Lagerbesatzung    es   spre 
von  ganzen  zwei  Legionen  (80,  4).    Nach  dem  Wortlaute  möchte  man 
glauben,  sie  sei  in  dieser  ungewöhnlichen  Stärke  zum  Schutze  gegen  even- 
tuelle Ausfälle  der  Belagerten  zurückgeblieben.    Nun  aber  können  wir 
die  Garnison  der  Stadt  schwerlich  so  stark  annehmen,  daß  zu  ihrer  Ab- 


1)  Sowohl  Stoffel  als  ich  in  meiner  früher  angeführten  Arbeit  haben,  den  Uni- 
gehungsmarsch  durch  die  ganze  republikanische  Armee  voraussetzend,  uns  über 
diese  Schwierigkeit  dadurch  hinüberzuhelfen  gesucht,  dass  wir  Scipio  und  Juba 
während  des  Umgehungsmarsches  am  Anfange  des  zweiten  Isthmus  zwei  neue  Lager 
schlagen  lassen.  Aber  abgesehen  davon,  dass  dies  im  Widerspruch  mit  der  Quelle 
steht,  wird  damit  nicht  erklärt,  wieso  sie  endlich  am  Schlachtfelde  doch  nur  eines 
schlugen,  wieso  ferner  die  Fliehenden  hoffen  konnten,  in  den  bereits  verlassenen 
Lagern  Führer  zu  finden,  und  vor  allem,  wieso  die  verfolgenden  Caesarianer  die 
„regia  castra"  vor  den  fliehenden  Republikanern  besetzen  konnten. 


830  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg-. 

wehr  trotz  Wall  und  Graben  volle  zwei  Legionen  notwendig  gewesen 
wären,   die   dadurch   dem  Hauptschlage  entzogen   wurden.    Und  tat- 
sächlich:   als   der   Ausfall    wirklich  erfolgt,    wird  derselbe  gar  nicht 
durch  diese  Legionen,  sondern  durch  die  im  Lager  befindlichen  Nicht- 
kombattanten (,,a  servitiis  puerisque,  qui  in  castris  erant",  85,  2)  ab- 
gewiesen.    Wo  waren  da   die  zwei  Legionen?    Sie  müssen  unbedingt 
eine  andere  Bestimmung  gehabt  haben  als  die  der  Abwehr  eines  even- 
tuellen Ausfalles  aus  Thapsus.  Diese  Bestimmung  wird  uns  klar,  wenn 
wir  wissen,  daß  ein  zweites  feindliches  Korps  am  anderen  Isthmus 
stand. 
Die  Auffassung         Alle  diese  Schwierigkeiten  lösen  sich,  wie  wir  sehen,  vollkommen, 
Africanum.     wenn  wir  für  die  Gesamtauffassung  der  Schlacht  den  von  Cassius   Dio 
und  Plutarch  eindeutig  geschilderten  Gang  der  Ereignisse  zugrunde- 
legen,  wobei   wir  obendrein  durchaus  nicht  genötigt  sind, 
das  bellum  Africanum  auch  nur  in  einem  einzigen  Punkte 
zu  desavouieren;    seine  Schilderung  läßt   sich   vielmehr  restlos 
als  ergänzendes  Detail  in  jene  Darstellung  einfügen.    Der  ganze  nur 
scheinbare  Widerspruch  besteht  einzig  in  der  Einseitigkeit,  mit  der 
der  Verfasser,  im  engen  Rahmen  seines  subalternen  Gesichtskreises  be- 
fangen,  uns   einfach   schildert,  was  er  mit  eigenen  Augen  selbst  ge- 
sehen oder  unmittelbar  gehört:  Scipios  ersten  und  zweiten  Anmarsch, 
Caesars  Aufmarsch   gegen   ihn,   die  Schlacht,   die  Verfolgung  um  die 
Sebkra,   die   Vernichtung   der   nächst  der    „regia    castra"    gestellten 
Reste,   endlich  den  Rückmarsch  vor  Thapsus.    Von   der   allgemeinen 
taktischen  Situation,  den  Funktionen  der  obersten  Führung,  überhaupt 
von  den  Ereignissen,  die  außerhalb  seines  Gesichtskreises  liegen,  hat 
er  nur  eine  unbestimmte  Ahnung;  er  unterläßt  es,  das  Zurückbleiben 
eines  Teiles   des  feindlichen  Heeres   auf  dem  ersten  Isthmus,  sowie 
Caesars  Vorstoß  gegen  diese  Gruppe  entsprechend  deutlich  zu  erwähnen, 
und  über  das  Auftauchen  caesarianischer  Truppen  in  den  „  regia  castra" 
scheint  er  im   ersten  Moment  nicht  viel  weniger  überrascht  gewesen 
zu   sein   als   die  flüchtigen  Republikaner.     Ganz  in  groben  Umrissen 
müssen  ihm  aber  auch  diese  Dinge  wenigstens  im  Nachhinein  bewußt 
geworden   sein;   denn  sonst  hätte  er  die  sich  aus  seiner  Darstellung 
ergebenden  Schwierigkeiten  selbst  fühlen  müssen1). 


1)  Die  Unklarheit,  in  der  die  subalternen  Mitkämpfer  der  Schlacht  während 
deren  Daner  bezüglich  der  allgemeinen  taktischen  Lage  sich  befanden,  hatte  ihren 
guten  Grund,  und  wird  in  Beil.  III  beleuchtet  werden  (S.  905  f.). 


Thapsus.    1.  Die  Quellenberichte  und  die  Schlachtidee.  831 

Wir  haben  demnach  als  Grundidee  der  Schlacht  festzuhalten:  Die 

Scipio,  dessen  Armee  zunächst  vereinigt  vor  dem  ersten  Isthmus  Schlachtldee- 
anlangt1),  faßt  den  Plan,  Caesar  durch  Sperrung  beider  Isthmen  ein- 
zuschließen. Nachdem  ihm  der  Versuch,  den  zweiten  Isthmus  auf 
dem  nächsten  Wege,  d.  h.  durch  einen  Flankenmarsch  an  Caesars 
Stellung  vorbei  zu  erreichen,  mißglückt  ist,  macht  er  mit  einem  Teile 
des  Heeres  den  Umweg  um  die  ganze  Sebkra  herum,  um  so  den  zweiten 
Isthmus  zu  sperren,  während  Juba  und  Afranius,  welch  letzterer  mit 
einem  Teile  der  römischen  Truppen  in  dem  bisher  von  Scipio  kom- 
mandierten Lager  zurückbleibt,  den  ersten  Isthmus  weiter  besetzt 
halten. 

Caesar,  die  Trennung  des  Feindes  benützend,  läßt  zwei  Legionen 
in  den  Werken  gegen  das  Korps  Jubas  und  Afranius'  zurück  und  fällt 
mit  der  Hauptkraft  über  das  Korps  Scipios  her,  bevor  dieser  die 
Sperrung  ganz  vollendet  hat.  Er  zersprengt  es,  und  während  ein 
Teil  des  Heeres  die  Geschlagenen  verfolgt,  die  sich  naturgemäß  dort- 
hin zurückziehen,  wo  sie  den  andern  Teil  des  Heeres  wissen,  geht  er 
mit  dem  Reste  der  Legionen,  darunter  jedenfalls  auch  den  beiden  vor 
Thapsus  stehen  gebliebenen,  gegen  das  zweite  feindliche  Korps  vor, 
welches,  wie  es  scheint,  unter  dem  Eindrucke  der  ersten  Schlacht  ohne 
ernstlichen  Kampf  das  Feld  räumt;  er  besetzt  auch  die  beiden  Lager 
des  Juba  und  Afranius,  und  zwar  infolge  der  geringeren  Entfernung 
viel  früher,  als  die  fliehenden  Truppen  Scipios  den  Umweg  um  die 
Sebkra  vollendet  haben. 

Damit  erklärt  es  sich  auch,  daß  in  allen  Quellen  die  Einnahme 
zweier  oder  dreier  Lager  durch  Caesar  ganz  besonders  betont  wird, 
was  gewiß  nicht  der  Fall  wäre,  wenn  es  sich  um  ehemalige,  bereits  ab- 
gebrochene Lager  handeln  würde. 

So  haben,  wenigstens  in  großen  Zügen,  alle  jene  die  Schlacht  auf- 
gefaßt, die  überhaupt  den  Dionischen  Bericht  zugrundelegen  und  da- 
mit die  Doppelschlacht  annehmen,  mit  einziger  Ausnahme  Lang- 
hammers  (Nr.  29— 33),  dessen  Ansicht  kurz  dahingeht,  Caesar  sei 
bei  Thapsus  „in  eine  Falle  geraten"  und  eigentlich  nur  durch  beispiel- 
loses Glück   vor  der  sicheren  Vernichtung  bewahrt  worden;  die  Dar- 


1)  Langhammer  (Nr.  32,  S.  396)  vermutet,  Scipio  und  Juba  seien  gleich  von 
Tegea  aus  getrennt  gegen  beide  Isthmen  vorgegangen.  In  der  Quelle  steht 
das  Gegenteil,  und  zudem  würde  bei  dieser  Annahme  Scipios  Bestreben,  dann  erst 
von  einem  Isthmus  auf  den  anderen  zu  kommen,  vollends  unverständlich. 

Kromayer-  Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  53 


832 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 


Stellung  in  bellum  Africanum  aber  verfolge  im  Wege  absichtlicher 
Entstellungen  den  Zweck,  diese  für  Caesar  schmählichen  Vorgänge  zu 
vertuschen.  Wir  werden  auf  die  oft  wirklich  abstrusen  Details  der 
Langhammerschen  Beweisführung  an  den  betreffenden  Stellen  zurück- 
kommen. — 


Das  Terrain. 


2.  Die  Lokalisierung  der  Vorgänge. 

Im  Rahmen  dieser  Auffassung  gilt  es  nun,  die  Vorgänge  im  De- 
tail zu  lokalisieren.  Hierzu  ist  es  nötig,  eine  genaue  Darstellung  der 
Terrain  Verhältnisse  vorauszusenden. 

Das  fragliche  Gebiet  umfaßt  eine  rechtwinklig  vorspringende 
Halbinsel,  in  deren  Innerem  die  mehrerwähnte  Sebkra  m'ta  Mok- 
nine  zentral  gelegen  ist,  so  daß  auf  diese  Weise  zwei  zueinander  recht- 
winklig stehende,  an  der  Spitze  der  Halbinsel,  wo  die  Stadt  Thap- 
sus  lag,  sich  vereinigende  Isthmen  entstehen1).  Das  Terrain  ist 
im  allgemeinen  sehr  flach  und  wenig  übersichtlich,  ausgenommen  einen 
schmalen,  ziemlich  steinigen  Höhenzug,  der  sich  auf  beiden  Isthmen 
längs  der  Meerseite  —  mit  einer  kurzen  Unterbrechung  an  der  Spitze 
der  Halbinsel  —  hinzieht,  auf  dem  nördlichen  ausgesprochener  ist  als  auf 
dem  südlichen,  und  von  seinen  zahlreichen  kleinen  Kuppen  aus  eine 
gute  Übersicht  gewährt  (s.  Bild  58  S.  842).  Am  Zusammenstoße  beider 
Isthmen  erhebt  sich  als  natürliche  Verbindung  der  beiden  Höhenlinien 
und  aus  gleichem  Material  wie  diese  bestehend,  auf  der  Sebkraseite 
die  isolierte,  sehr  markante  Höhe  „Dahret  el  Hafsa"  Trig.  22,  der 
beste  Aussichtspunkt  der  ganzen  Gegend,  der  das  Terrain  ringsumher 
vollkommen  beherrscht. 

Das  Land  im  unmittelbaren  Umkreis  der  Sebkra  ist  großenteils 
versumpft  oder,  besser  gesagt,  kotig  aufgeweicht. 

Die  Breite  der  Isthmen  beträgt  durchschnittlich  3  Kilometer,  viel- 
fach etwas  mehr;  ein  Defilee  von  1500  römischen  Schritten  =  2,2  Kilo- 
meter,  wie   die   Quelle  c.  80,  1  erwähnt,  ist  heute  nirgends  zu  kon- 


1)  Man  kann  auch  ganz  gut  von  einem  einzigen  Isthmus  reden,  der 
eben  in  der  Mitte  rechtwinklig  gebrochen  war;  letzterer  Umstand  kann  vielleicht 
dem  Augenzeugen,  der  ja  keine  moderne  Karte  zur  Hand  hatte,  kaum  aufgefallen 
oder  doch  nicht  wichtig  erschienen  sein.  Damit  entfällt  der  Vorwurf  beabsichtigter 
Fälschung,  den  Lang  ha  mm  er  (Nr.  32)  S.395  dem  Verfasser  des  bellum  Africanum  dar- 
aus macht,  daß  er  nur  von  einem  Isthmus  redet.  Als  ob  man  einen  Isthmus 
nicht  noch  leichter  sperren  könnte  wie  zwei!  Übrigens  spricht  auch  Dio  von  einem 
Isthmus  mit  2  Zugängen. 


Thapsus.    2.  Die  Lokalisierung  der  Vorgänge.  833 

statieren.  Das  Terrain  ist  mit  Ausnahme  der  an  die  Sebkra  an- 
grenzenden Kotzone  überall  gut  gangbar.  Wälder  im  Sinne  der  Plu- 
tarchschen  Darstellung  gibt  es  jetzt  nicht;  die  ausgedehnten  Oliven- 
waldungen hindern  wohl  die  Übersicht,  nicht  aber  die  Gangbarkeit,  sind 
auch  unzweifelhaft  neueren  Datums.  Die  steinige  Hügelkette  ist  voll- 
kommen kahl,  ebenso  die  isolierten  Erhebungen  in  der  Nähe  von  Thapsus. 

Mit  diesem  Gelände  heißt  es  nun  die  Beschreibungen  unserer 
Quellen  in  Übereinstimmung  bringen,  wobei  festgehalten  werden  muß, 
daß  der  Verfasser  des  bellum  Africanum,  der  in  Terrainan gaben  er- 
wiesenermaßen verläßlich  ist,  die  Schlacht  selbst  mitgemacht  hat, 
während  andererseits  auch  Dio  als  Statthalter  von  Afrika  sicher  die 
Gelegenheit  benutzt  hat,  um  die  kriegsgeschichtlich  so  interessante 
Gegend  persönlich  zu  studieren. 

Der  Schlüssel  zur  Ausgleichung  der  geringen  Diiferenzen,  die  sich  Änderungen  im 
zwischen  jenen  Beschreibungen  und  den  heutigen  Verhältnissen  er-  Terrain- 
geben,  liegt  zweifellos  in  der  Tatsache,  daß  die  Sebkra  m'taMok- 
nine  heute  fast  10  Meter  unter  dem  Niveau  des  Meeres 
liegt.  Die  Null-Linie  verläuft  stellenweise  mehrere  Kilometer  land- 
einwärts vom  heutigen  Ufer  entfernt.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel, 
daß  dieser  Zustand  durch  sukzessive  Eintrocknung  entstanden  ist;  war 
aber  demzufolge  das  Niveau  der  Sebkra  früher  ein  höheres,  so  war 
bei  der  Flachheit  ihrer  Ufer  auch  ihre  Ausdehnung  eine  wesentlich 
bedeutendere,  selbstredend  auf  Kosten  des  Hinterlandes  wie  der  Isth- 
men. Da  aber,  wie  Dio  und  Plutarch  übereinstimmend  erwähnen, 
ihre  Ufer  auch  damals  weit  einwärts  versumpft  waren  —  denn  diese 
Sümpfe  können  ebenso  wie  heute  nur  längs  der  Sebkra,  nicht  längs 
des  steilen,  steinigen  Meerufers,  wo  nur  stellenweise  flache,  sandige 
Bänke  vorspringen,  gesucht  werden  —  so  schrumpft  damit  der  gang- 
bare Teil  der  Landengen  immer  mehr  zusammen;  Deiileen  von  zwei 
Kilometer  Breite  gibt  es  dann  sogar  mehrere,  und  Dio  hat  ganz  recht, 
wenn  er  ausdrücklich  erwähnt,  daß  der  einzig  praktikable  Weg  längs 
der  Küste  {rtaq  atirrjv  tfv  Qa%iav)  führte;  denn  die  dort  sich  hinziehende 
steinige  Hügelkette  kann  allerdings  niemals  versumpft  gewesen  sein. 
Damit  erscheint  die  Übereinstimmung  mit  den  Quellen  auf  ganz  selbst- 
verständlicher Grundlage  hergestellt  1). 

1)  Auf  Karte  18  und  21  wurde  das  Niveau  der  Sebkra  im  allgemeinen  in  der 
Null-Linie  angenommen.  Ausgenommen  sind  einige  Stellen,  wo  Wasserrinnen  der 
Sebkra  zustreben,   längs   welcher  die  Null-Linie   heute  weit  ins  Land  einschneidet. 

53* 


834  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg". 

Thapsoa.  Die  Lage  der  Stadt  Thapsus  auf  der  Spitze  der  Halbinsel  ist 

festgestellt;  zahlreiche  Ruinen  kennzeichnen  den  Platz. 

Caesars  Lager.  Als  Hauptlager  Caesars  vor  Thapsus  springt  der  etwas  über 

einen  halben  Kilometer  südwestlich  gelegene  flache  Doppelhügel  „El 
Behira"  geradezu  in  die  Augen;  mit  einer  für  diesen  Zweck  sehr  passen- 
den äußern  Form  verbindet  er  eine  ebenso  günstige,  die  Stadt  vollkommen 
dominierende  Lage;  zwei  Linien  von  je  kaum  1  Kilometer  Länge, 
beiderseits  senkrecht  zum  Meere  gezogen,  machten  die  Einschließung 
zu  Lande  vollständig,  die  zur  See  ohnehin  durch  die  Flotte  des  Cis- 

Die  „geeigneten plus   schon   längst   hergestellt  war1).     Als   die   „geeigneten  Punkte", 

P  unkt©»** 

deren  Besetzung  das  Eindringen  des  Gegners  verhindern  sollte,  kommen 
die  Kuppe    „El   Faca",  die  letzte  des  nördlichen  Höhenriegels,  und 

Unsere  Ignorierung"  dieser  Einschnitte  hat  seinen  guten  Grund  in  der  Erwägung, 
daß,  solange  das  Niveau  der  Sebkra  über  der  Null-Linie  war,  jene  Rinnsale  auch 
naturgemäß  ein  geringeres  Gefälle  gehabt  haben  müssen,  ja  überhaupt,  da  sie  zur 
Sebkra  abflössen,  mit  ihrem  ganzen  Bette  über  der  Null-Linie  lagen,  während  sie 
sich  später,  in  gleichem  Schritte  mit  der  Senkung  des  Sebkraniveaus,  bei  steigendem 
Gefälle  immer  tiefer  in  das  weiche  Erdreich  eingruben,  wodurch  die  nunmehr 
trockene  Null-Linie  immer  mehr  längs  der  Ufer  jener  Rinnsale  ins  Land  ein- 
schnitt. 

1)  Die  Quelle  gebraucht  hier  die  etwas  rätselhafte,  in  der  ganzen  Literatur 
nur  an  dieser  einen  Stelle  vorkommende  Bezeichnung:  „castra  hin  ata".  Man  hat 
dieses  „Mondlager"  damit  erklären  wollen,  daß  es  eigentlich  aus  mehreren  Lagern  be- 
stand, welche  die  Stadt  im  Halbkreis  einschlössen  (Rüstow,  Nr.  7,  S.  82  und  Tafel  II 
Fig.  15;  Fröhlich,  Nr.  16,  S.  228;  Stoffel,  Nr.  15  II  p.  142).  Da  sich  diese  Erklärung 
des  angeblichen  terminus  technicus  nur  auf  diese  einzige  Stelle  stützt,  so  sei  gleich 
konstatiert,  daß  sie  durch  den  Lokalaugenschein  ad  absurdum  geführt  wird.  Wenn, 
wie  mit  Bestimmtheit  anzunehmen  ist,  die  Doppelkuppe  El  Behira  mit  dem  Hauptlager 
besetzt  war,  so  war  damit  Thapsus  vollkommen  beherrscht  und  weitere  Lager  inner- 
halb der  kaum  1  Kilometer  langen  Interwalle  zwischen  jener  Höhe  und  der  beider- 
seitigen Küste  gänzlich  überflüssig;  hier  genügten  einfache  „bracchia"  vollkommen. 
Dagegen  ist  es  gut  denkbar,  daß  jenes  Hauptlager  infolge  der  länglichen  Form  des 
Hügels  und  dem  Anschlüsse  der  „bracchia"  eine  annähernd  halbmondförmige  Gestalt 
hatte,  so  daß  wir  doch  ein  „halbmondförmiges  Lager"  darunter  vermuten  dürfen, 
und  damit  Marquardt,  Rom.  Staatswesen,  II2  pag.  602  Recht  behält,  mit  dem 
Unterschied,  daß  der  Ausdruck  durchaus  kein  terminus  technicus  zu  sein  braucht, 
sondern  der  Verfasser  bloß  in  diesem  einen  Falle  die  auffallende  Form  des  Lagers 
damit  charakterisieren  wollte.  —  Damit  fällt  auch  die  Konjektur  Schneiders 
(Nr.  24  S.  109),  der  statt  „lunatis"  —  „locatis"  setzen  will;  denn  „ein  Lager 
schlagen"  heißt  militärisch  „castra  ponere"  und  nicht  „locare".  Die  von  Schneider 
angeführten  Beispiele  passen  nicht  auf  diesen  Fall;  denn  „locare"  in  Verbindung  mit 
„castra"  bezeichnet  nicht  das  Schlagen  des  Lagers  als  solches,  sondern  die  Wahl 
seiner  Lage  im  Terrain,  kommt  daher  ausnahmslos  nur  in  Verbindung  mit  einer 
Orts-  oder  Distanz bezeichnung  vor,  z.  B.  „in  campo",  „in  colle",  „duo  milia 
passuum  ab  hoste"  u.  dgl. 


Thapsus.    2.  Die  Lokalisierung  der  Vorgänge.  835 

vor  allem  die  bereits  erwähnte  wichtige  Höhe  „Dahret  el   Hafsa" 
in  Betracht.    Über  ihre  Bedeutung  später. 

Nun  gilt  es  die  Hauptfrage  zu  entscheiden:  Auf  welchem  Isthmus  Anmarsch  und 
ist  Scipio   zuerst   eingetroffen,  und  auf   welchem  kam  es  dann  zur     Schlacht- 
Schlacht? 

Nach  bell.  Afr.  80,3  schlug  Scipio  sein  letztes  Lager  „auf  der 
Meerseite"  (ad  mare  versus)  auf;  dies  stimmt  mit  der  Erwähnung 
des  Cassius  Dio,  daß  der  einzig  praktikable  Zugang,  den  er  ja  sperren 
wollte,  längs  der  Küste  hinlief1),  und  mit  der  Autopsie,  welche  ergibt, 
daß  der  erwähnte,  längs  der  Küste  sich  hinstreckende  Höhenzug  die 
besten,   wenn  nicht  die  einzig  möglichen  Plätze  für  ein  Lager  bietet. 

Nun  lag  aber  dieses  Lager  Scipios  hinter  seinem  linken 
Flügel;  denn  die  vor  diesem  stehenden  Elefanten  wurden  nach  bell. 
Afr.  83,2  von  Caesars  rechtem  Flügel  direkt  in  das  Lager 
hineingeworfen. 

Wenn  nun  Scipios  linker  Flügel  am  Meere  stand,  so  kann  die 
Schlacht,  da  er  von  außen  gegen  die  Spitze  der  Halbinsel  vorging, 
nur  auf  dem  nördlichen  Isthmus  stattgefunden  haben.  Die 
erste  Annäherung  war  demzufolge  auf  dem  entgegengesetzten, 
also  dem  südlichen  Isthmus  erfolgt2). 

Dieses  Ergebnis  ist  zugleich  der  von  uns  bereits  im  Kapitel 
„Aggar"  (S.  814)  versprochene  Beweis  für  die  Lage  jener  Stadt  und 
Tegeas,  da  nur  bei  unserer  Lokalisierung  der  erste  Anmarsch  über 
den  südlichen  Isthmus  plausibel  erscheint3). 


1)  „nag*  avrrjv  rrjy  qaytiav.{1'  —  „Qa%ia",  das  ja  auch  die  Bedeutung  „Brandung" 
hat,  kann  hier  nur  die  Meeresküste  im  bewußten  Gegensatz  zum  Ufer  der  Sebkra 
bedeuten;  anderenfalls  wäre  diese  Beschreibung  nicht  eindeutig,  was  sie  ja  dem 
ganzen  Sinne  nach  unbedingt  sein  muß.  Übrigens  erhärtet,  wie  bereits  ausgeführt, 
der  Augenschein  in  erschöpfender  Weise  diese  Auffassung. 

2)  Ich  gebrauche  der  Einfachheit  halber  die  Ausdrücke  „nördlicher"  und 
„südlicher"  Isthmus,  wie  in  der  Folge  die  Bezeichnungen  „Nordkorps"  und  „Südkorps". 
Genauer  sollte  man  eigentlich  entweder  von  Thapsus  aus  von  einem  „westlichen"  und 
„südlichen",  oder  von  der  Sebkra  aus  von  einem  „nördlichen"  und  „östlichen"  Isthmus 
bezw.  Korps  sprechen.    Aber  obiges  ist  einfacher. 

3)  Stoffel  wie  Tissot  nehmen  auch,  trotzdem  sie  ihrer  Ansetzung  von  Aggar 
zufolge  Caesars  Anmarsch  über  den  nördlichen  Isthmus  erfolgen  lassen,  die  Schlacht 
gleichfalls  auf  diesem  an.  Über  Stoffel  ist  oben  das  Nötige  gesagt.  Tissot  dagegen 
verlegt  zunächst  das  vielerwähnte  Sperrfort  nach  S'  Fadeline  auf  dem  nördlichen 
Isthmus,  läßt  Scipio  vor  diesem  umkehren,  um  die  Sebkra  herum  auf  dem  südlichen 
Isthmus  aufwärts,  dann  an  Caesars  Werken  vor  Thapsus  vorbei  wieder 
auf  den  nördlichen  marschieren,   und  schließlich,  nachdem  Caesar  dies  höchst 


836  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Es  erübrigt  noch  die  genaue  Festlegung  der  anderen  Lager  und 
des  Schlachtfeldes  selbst. 
Die  ersten  Lager        Die   beiden   ersten  Lager  Scipios   und   Jubas   lagen   nach 

Scipios.  B  r  o 

c.  79,2  acht  Millien  von  Thapsus,  also  ungefähr  am  Südausgange  des 
südlichen  Isthmus.  Genau  umschreiben  läßt  sich  ihre  Lage  in  dem 
sehr  flachen  Terrain  nicht;  sicher  lagen  sie  so,  daß  sie  zusammen  den 
Isthmus  vollkommen  sperrten,  etwa  wie  in  der  Zeichnung  auf  Karte 
21  angedeutet.  Das  Lager  Scipios  lag  ferner  westlich  des  königlichen, 
da  die  Flüchtigen  nach  der  Schlacht,  um  die  Sebkra  von  Westen  her 
kommend,  zuerst  zu  ihm  und  dann  erst  zu  den  „regia  castra"  gelangten1). 
Der  ort  der  Über  letztere  hinaus,  und  zwar,  da  die  beiden  caesarianischen  Gruppen 

Katastrophe,  von  Norden  und  Westen  kamen,  gegen  Süden  oder  Osten  zu  muß  der 
Hügel  gelegen  haben,  auf  dem  die  Flüchtlinge  schließlich  zusammen- 
getrieben und  vernichtet  wurden.  Wir  finden  ihn  unschwer  in  der 
einzigen  hügelartigen  Erhebung  jenes  Abschnittes,  der  am  Meer  ge- 
legenen, vom  Marabout  „Si  Messaoud"  und  einem  modernen  Wasser- 
werk gekrönten  Anhöhe  Trig.  30. 
Die  schanze  auf  Die  Schanze,  mit  der  Caesar  die  Vorrückung  Scipios  auf  dem 
a' südlichen  Isthmus  sperrte,  lag  zweifellos  auf  der  bereits  mehrfach  er- 
wähnten Kuppe  „Dahret  el  Hafsa",  die  für  diesen  Zweck 
hervorragend  geeignet  erscheint.  Im  Westen  reichten  bei  höherem 
Stande  der  Sebkra  die  Sümpfe  jedenfalls  in  der  dort  tief  einschneiden- 
den Terrainmulde  bis  an  den  deutlich  markierten  Fuß  der  Kuppe,  so 
daß  hier  tatsächlich  die  erwähnte  Einengung  des  gangbaren  Terrains 
auf  1500  römische  Schritte  vorhanden  war;  eine  Umgehung  der  Kuppe 
im  Westen  war  daher  unmöglich.  Versuchte  der  Gegner  aber  sie 
östlich  zu  umgehen,  oder  griff  er  sie  an,  so  konnte  die  Besatzung  des 


merkwürdigerweise  geschehen  läßt,  die  Schlacht  mit  verkehrter  Front,  Caesars  Linien 
vor  sich,  das  Sperrfort  im  Rücken,  annehmen,  während  Afranius  außen  vor  dem 
Sperrfort  lagert.  (Siehe  die  erste  Bearbeitung,  Tafel  III.  Im  Texte  kommt  die 
Sache  nicht  so  ganz  klar  heraus.)  Man  sieht,  zu  welch  haarsträubenden  Kon- 
zessionen auf  Kosten  der  militärischen  Wahrscheinlichkeit  die  verfehlte  Annahme 
vor  Aggar  geführt  hat  und  führen  mußte!  —  Über  die  Darstellung  der  Vorgänge 
bei  Guischardt  IV.  150  läßt  sich  nicht  rechten,  da  der  Verfasser  eine  ganz  falsche 
Vorstellung  vom  Terrain  hat. 

1)  Schneider  (Nr.  24,  S.  156)  verlegt,  im  Widerspruch  mit  der  Quelle  und 
Stoffel,  die  ersten  Lager  nicht  8,  sondern  13  Millien  von  Thapsus.  Damit  wird,  da 
der  Südisthmus  nicht  gesperrt  wird,  die  ganze  auch  von  ihm  akzeptierte  Schlacht- 
idee hinfällig,  während  andererseits  die  erzielte  Ersparnis  von  5  Millien  wahrhaftig 
wenig  in  die  Wagschale  fällt. 


Thapsus.    3.  Die  Schlacht.  837 

kaum  einen  Kilometer  entfernten  Hauptlagers  wirksamst  flankierend 
eingreifen.  Wir  können  daher  sehr  wohl  begreifen,  daß  Scipio  unter 
diesen  Umständen  unverrich teter  Dinge  umkehrte.1)  — 

Betreffs  der  Situation  des  letzten  Lagers  Scipios  sagt  uns  Das  letzte  Lager 
die  Quelle  c.  80,3,  daß  es  sowohl  vom  Lager  Caesars,  als  von  jener  Scipios- 
Schanze  je  1500  römische  Schritte  gegen  das  Meer  zu  lag.  Das  paßt 
genau  auf  jene  Kuppe  des  ofterwähnten  Hügelzuges,  auf  der  heute  das 
Marabout  „S1  Zebidi"  steht  (s.  Bild  58,  S.  842).  Der  Autopsie  zufolge 
erscheint  diese  Kuppe  durchaus  nicht  etwa  wesentlich  günstiger  für  ein 
Lager  als  die  anschließenden ;  es  liegen  noch  zwei  ungefähr  gleich  hohe 
östlich  vor,  die  den  Ausblick  einigermaßen  behindern.  Wir  begreifen  aber 
sehr  wohl,  daß  Scipio  es  vermied,  noch  näher  an  die  Linien  Caesars  heran- 
zugehen; es  mußte  ihm  alles  daran  gelegen  sein,  das  Lager  fertigzu- 
stellen, bevor  Caesar  es  merkte  oder  doch  herankam,  und  in  diesem 
Sinne  boten  ihm  dieselben  Höhen,  die  seine  Aussicht  behinderten,  zu- 
gleich Deckung  gegen  den  Einblick  des  Feindes.  —  Caesars  vorzüglich 
funktionierender  Aufklärungsdienst  und  seine  berühmte  Schnelligkeit 
durchkreuzten  trotzdem  das  Kalkül  Scipios.  Es  scheint  indeß  wirk- 
lich hohe  Zeit  gewesen  zu  sein;  wenn  es  Scipio  gelang,  sein  bereits 
begonnenes  Lager  fertigzustellen,  so  war  Caesars  Situation  ganz  wesent- 
lich schwieriger  geworden. 

3.  Die  Schlacht. 

Bezüglich  der  taktischen  Details  der  Schlacht  lassen  die  Quellen     Taktische 
trotz  einiger  Lücken  immerhin  eine  ziemlich  klare  Darstellung  zu. 

Über  Stärke  und  Zusammensetzung  des    von    Scipio   geführten        Die 
Nordkorps  fehlen  nähere  Angaben,  und  sind  wir  auf  approximative  Da?Nordkorpi. 
Berechnungen  angewiesen. 

Die  Gesamtstärke,  mit  der  Scipio  und  Juba  vor  Thapsus  er- 
schienen, betrug  etwa  10  Legionen,  darunter  2  l!i  königliche2).  Letztere 
blieben  jedenfalls  vollzählig  unter  Juba  in  dessen  Lager  zurück; 
etwa  ebensoviel  dürften  unter  Afranius  im  bisherigen  Lager  Scipios 
verblieben  sein,  so  daß   das  Südkorps   etwa   5  Legionen   stark   war. 

1)  Der  Durchmarsch  Scipios  wäre  hier  überhaupt  nur  möglich  gewesen,  wenn 
er  selbst  die  Höhe  Dahret  el  Hafsa  hätte  in  die  Hand  nehmen,  und  unter  dem  Schutz 
einer  daselbst  postierten  stehenden  Seitenhut  die  Haupttruppe  westlich  derselben 
durchziehen  können.  Dies  aber  war  infolge  der  Besetzung  der  Höhe  durch  Caesar 
ausgeschlossen. 

2)  Siehe  die  Beilage  I  „Heeresstärken"  S.  891. 


838  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg'. 

Somit  verbleiben  für  das  Nordkorps  etwa  5  bis  6  Legionen,  was  ja 
der  Situation  vollkommen  entspricht.  Kavallerie  und  leichte  Truppen 
waren  jedenfalls  ziemlich  gleichmäßig  aufgeteilt,  die  Elefanten  scheinen, 
wenn  nicht  vollzählig,  so  doch  in  der  Mehrzahl  beim  Nordkorps  ein- 
geteilt gewesen  zu  sein1). 

Der  Marsch  um  die  allerseits  um  1  bis  2  Kilometer  (einschließlich 
der  Begleitsümpfe)  breiter  zu  denkende  Sebkra  betrug  bis  zu  dem  er- 
mittelten Lagerplatz  ca.  30  Kilometer,  und  erforderte  nach  b.  Afr.  c.  80,3, 
die  ganze  Nacht2).  Mit  dem  Lagerschlage  wurde  beim  ersten  Morgen- 
grauen (caelo  albente)  begonnen.  Derselbe  war  noch  nicht  vollendet  und 
auch  die  Truppen  noch  nicht  fertig  aufmarschiert,  als  Caesars  vehementer 
Vorstoß  ihren  linken  Flügel  traf  und  zerschmetterte.  Der  Rückzug  des 
Korps  erfolgte,  jedenfalls  noch  in  leidlicher  Ordnung,  auf  demselben 
Wege,  den  es  gekommen.  Über  die  Aufstellung  des  Korps  in  der 
Schlacht  wissen  wir  nur,  daß  die  Elefanten  zum  Schutze  der  noch  teil- 
weise mit  dem  Lagerschlage  beschäftigten  Infanterie  auf  beiden 
Flügeln  vorgeschoben  und  ihnen  wenigstens  am  linken,  wahrscheinlich 
aber  auch  am  rechten  Flügel  Kavallerie  und  wohl  auch  leichte  Truppen 
beigegeben  waren. 
Das  südkorps.  Über   die  Tätigkeit   des   Südkorps   fehlen  nähere  Daten.    Dio 

XLIII  7,3  berichtet,  daß  es  auch  an  der  Sperrung  des  Isthmus  ge- 
arbeitet hätte,  was  durchaus  wahrscheinlich  ist.  Weniger  Wahrschein- 
lichkeit besitzt  die  Vermutung  Langhammers,  daß  Juba  während  der 
Schlacht  gleichfalls  auf  seinem  Isthmus  vorgegangen  sei  (Nr.  32,  S.  397). 
Eingegriffen  hat  er  sicher  nicht,  und  die  Nachricht  von  der  Katastrophe 
Scipios,  die  ihn  nach  Dio  XLIII  8  zur  überstürzten  Flucht  veranlaßt  hat, 
kann  er  aus  dem  plötzlichen  Anmarsch  derCaesarianer,die  also  nicht  mehr 
durch  das  Nordkorps  gebunden  sein  konnten,  mit  Sicherheit  entnommen 
haben.  Sicher  ist,  daß  Caesar,  als  er  nach  der  Niederlage  Scipios  sich  gegen 
das  Südkorps  wandte,  dort  keinen  ernstlichen  Widerstand  mehr  fand.  — 

1)  Selbstverständlich  fällt  mit  dieser  Annahme  der  Kräfteverteilung  die  von 
Stoffel  und  mir  früher  vertretene  Ansicht,  daß  die  Republikaner  zur  Schlacht  in 
4  Treffen  aufmarschiert  sein  müssen. 

2)  Ich  schließe  mich  der  Konjektur  Schneiders  (Nr.  24,  S.  109)  an  und  lese: 
„itinere  supra  stagnum  postero  die  nocte  confecto".  Der  Grund  aber  liegt  nicht  in 
der  von  Schneider  errechneten  Marschdistanz,  die  infolge  seiner  falschen  Ansetzung 
der  ersten  Lager  zu  kurz  angegeben  ist,  sondern  in  dem  Umstände,  daß  bei  der 
überlieferten  Lesart  „postero  die  et  nocte"  zwischen  dem  im  bell.  Afr. 79, 2  überlieferten 
Datum  des  Abmarsches  von  Aggar  und  dem  durch  die  Fasti  und  Ovid  Fast.  IV  379 
genau  bekannten  Datum  der  Schlacht  ein  Tag  zuviel  herauskäme. 


Thapsus.    3.  Die  Schlacht.  839 

Bezüglich  Caesars  Aufmarsch  ist  die  Hauptquelle  leider  durch  Caesar. 
Textverderbnis  unklar.  Die  Hauptfrage  ist  auch  hier,  wieviele 
Legionen  Caesar  gegen  das  Nordkorps  in  den  Kampf  brachte ;  denn 
die  Formation  ist  in  cap.  81,1  ziemlich  klar  angegeben1).  Ich 
glaube,  daß  die  Zahl  der  in  den  Kampf  gekommenen  Legionen  in 
Wirklichkeit  geringer  war,  als  die  bisherigen  Ausleger  angenommen 
haben.  Der  Isthmus  besaß  in  der  Höhe  des  Schlachtfeldes  nach  unseren 
Ausführungen  damals  eine  Breite  von  höchstens  2V2  Kilometern2). 
Wenn  nun  Caesar  seine  Legionen,  wie  die  Quelle  ausdrücklich  er- 
wähnt, in  3  Treffen,  die  V.  Legion  überdies  zu  je  5  Kohorten  in 
einem  Treffen  auf  beiden  Flügeln  aufstellt  und  dann  noch  Eaum  für 
leichte  Truppen  und  Kavallerie  erübrigt,  so  kann  er  keinesfalls  mehr 
als  etwa  5  Legionen  in  der  normalen  acies  triplex,  also  mit  der  V. 
im  ganzen  6  Legionen  in  den  Kampf  gebracht  haben.  Daß  es  auch 
nicht  weniger  waren,  erhellt  wieder  aus  der  Tatsache,  daß  5  Veteranen- 
legionen nominell  aufgezählt  und  außerdem  in  81,2  noch  tirones 
erwähnt  werden3).  Es  ist  auch  nicht  einzusehen,  weshalb  er  mehr 
Truppen  gebraucht  hätte,  da  die  räumlichen  Verhältnisse  ihre  Ver- 
wendung behindert  hätten,  Scipios  Korps  aber,  an  Qualität  entschieden 
minderwertig,  auch  quantitativ  kaum  stärker  war  und  vor  allem  seine 
beste  Waffe,  die  leichten  Truppen,  auf  diesem  Terrain  nicht  zur  Gel- 
tung bringen  konnte. 

Hält  man  dies  fest,  so  erscheint  auch  die  Schlachtordnung,  zumal 
jene  Caesars,  und  der  detaillierte  Verlauf  des  Kampfes  in  der  Quelle 

1)  Über  letztere  ist  daher  weiter  kein  Wort  zu  verlieren;  die  in  der  Quelle 
angegebenen  Daten  sind  auf  Karte  21  entsprechend  verwertet,  wobei  ich  bemerke, 
daß  das  Detail  der  Formation  bei  den  Caesarianern  schematisch  aufzufassen  und 
die  Zahl  der  Kohorten,  im  Sinne  der  folgenden  Ausführungen  über  die  nicht  ganz 
sichere  Stärke,  nicht  ganz  genau  zu  nehmen  ist. 

2)  Dies  erhellt  auch  daraus,  daß  Scipio  im  Interesse  der  beabsichtigten  Sperrung 
des  Isthmus  unbedingt  eine  möglichst  schmale  Stelle  zum  Lagerschlag  und  demzu- 
folge zur  aufgezwungenen  Schlacht  gewählt  haben  muß.    Siehe  weiter  unten  S.  849. 

3)  Demzufolge  könnte  sich  die  vielumstrittene  Lesart  81,  1  „quinque  legiones" 
auch  irgendwie  auf  die  Gesamtzahl  der  in  normaler  Front  aufgestellten  Legionen, 
im  Gegensatz  zu  der  „in  quarta  acie"  aufgestellten  V.  Legion,  beziehen.  Daß 
damit  unbedingt  nur  das  Zentrum,  also  die  nicht  nominell  als  auf  den  Flügeln  stehend 
angeführten  Legionen,  gemeint  sein  sollen,  wie  Groebe  (Nr.  26)  III  713  f.  will,  ist 
durchaus  nicht  einleuchtend.  Mögen  die  Philologen  von  Fach  versuchen,  die  Stelle  mit 
„quinque  legiones"  in  obigem  Sinne  zu  rekonstruieren.  Ich  halte  meinerseits  die 
Unterbringung  des  Nominativ  oder  Akkusativ  ,, legiones"  in  diesen  Satz  für  äußerst 
gezwungen,  und  daher  die  altbewährte  Konjektur  „quintae  legionis"  für  viel  wahr- 
scheinlicher. 


840  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg;. 

genauer  und  plastischer  zum  Ausdruck  gebracht,  als  es  bei  oberfläch- 
licher Lektüre  den  Anschein  hat. 

Das  Lager  Scipios  lag,  wie  erwähnt,  auf  der  Kuppe  Si  Zebidi; 
die  Elefanten  des  linken  Flügels  jedenfalls  nach  links  außen  gegen  die 
schmale  Niederung  an  der  Küste  vorgeschoben,  daselbst  neben  ihnen 
die  83,3  erwähnten  maurischen  Reiter,  analog  die  Elefanten  und 
Reiter  des  rechten  Flügels  an  der  Sebkra;  hinter  all  dem,  aber  noch 
vor  dem  Lager,  die  Infanterie. 

Caesar  disponierte  gegen  die  Elefanten  beiderseits  je  5  Kohorten 
der  V.  Legion  und  leichte  Truppen,  letztere  wohl  vor  die  Kohorten, 
da  sie  mit  ihren  Fernwaffen  den  Angriff  auf  die  Tiere  einzu- 
leiten hatten;  die  Reiterei  kam  auf  die  äußersten  Flügel.  Zwischen 
diese  beiden  Flügelgruppen  hatten  dann  die  übrigen  5  Legionen  in  ge- 
wohnter acies  triplex  einzurücken ;  die  rechte  Flügellegion,  die  X.,  kam 
demnach  gerade  auf  die  Hügelkette,  gegenüber  der  feindlichen  Lager- 
front, zu  stehen.     (Vgl.  Bild  58  auf  Seite  842.) 

Dieser  Aufmarsch  ist  niemals  zur  vollen  Entwicklung 
gekommen.  Der  ganze  Verlauf  der  Schlacht  spricht  hierfür,  und  der 
Schlüssel  liegt  in  dem  überlieferten  Verhalten  Caesars  vor  Beginn  des 
Angriffs. 
Caesars  zögern.  Die  lächerliche  Anekdote  Plutarchs  von  dem  epileptischen  Anfall 
des  Feldherrn  kann  wohl  als  abgetan  gelten1).  Anders  verhält  es 
sich  mit  dem  unzweideutig  überlieferten  Zögern  Caesars,  den  An- 
griffsbefehl zu  erteilen  (bell.  Afr.  82,3).  Alle  Erklärer  haben  sich 
hierüber,  sowie  über  Caesars  angebliche  Äußerung,  er  wolle  nicht 
„eruptione  pugnare",  ihre  Gedanken  gemacht.  Vor  allem  soll  die 
noch  nicht  zur  Ausführung  gelangte  Flottendiversion  Ursache  gewesen 
sein  (Guischardt,  Stoffel,  Schneider  u.  a.);  das  mag  stimmen,  hat  aber 
mit  dem  „eruptione  pugnare"  nichts  zu  tun.  Guischardt  I  151  glaubt 
auch,  daß  die  Dispositionen  noch  nicht  fertig  ausgegeben  waren.  Das 
ist  unwahrscheinlich,  denn  die  mußten  wohl  schon  ausgegeben  sein, 
ehe  der  Aufmarsch  begann2).  —   Ich   halte   es  für  ausgemacht,  daß 


1)  Schneider  (Nr. 24)  S.  155.  Über  Langhammers  gegenteilige  Ansicht  siehe  die 
folgende  Anmerkung. 

2)  Langhammer  (Nr.  30)  S  1278  f.  knüpft  auch  an  diese  Frage  seine  Ansicht 
von  der  furchtbaren  Gefahr,  in  die  Caesar  unvorhergesehenerweise  geraten,  und  welche 
zu  verschleiern  der  Verfasser  des  bell.  Afr.  einen  „entstellten"  Bericht  geliefert  hat. 
Caesar,  zuerst  zur  Defensive  entschlossen,  rafft  sich  endlich  im  Augenblicke  höchster 
Gefahr   zur   Offensive    auf;   als   er   aber   dem   Feinde   gegenübersteht,   verläßt   ihn 


Thapsus.    3.  Die  Schlacht.  841 

eben  der  Aufmarsch  noch  nicht  vollendet  war,  und  zwar  am 
linken  Flügel,  was  bei  der  Eile  des  Aufbruches  und  der  Nähe  des 
Gegners  sehr  begreiflich  ist;  auch  hatte  dieser  Flügel,  längs  der 
Sümpfe  vorgehend,  entschieden  größere  Schwierigkeiten  für  den  Auf- 
marsch zu  überwinden  als  der  auf  dem  besten  Wege  „nag*  avrfjv  ttjv 
Qaxiav"'  vorgehende  rechte.  Dieser  aber,  auf  dem  wohl  auch  der  Ver- 
fasser des  bellum  Africanum  stand,  merkte  dies  nicht  oder  wollte  es 
angesichts  des  scheinbar  so  günstigen  Momentes  nicht  merken,  und  er- 
zwang schließlich  wider  den  Willen  des  Feldherrn  den  Angriff1).  Hier 
hat  Caesars  „eruptione  pugnare"  einen  Sinn:  dieses  unaufhaltsame 
Vorbrechen  ohne  regelrechten  Aufmarsch  war  eine  tatsächliche 
„eruptio";  Caesar  aber  wollte  eine  rangierte  Schlacht,  und  mit 
gutem  Grund;  die  Ereignisse  haben  ihm  recht  gegeben.  Wäre  der 
Aufmarsch  vollendet  worden,- so  wäre  die  ganze  Front  ziemlich  gleich- 
mäßig an  den  Feind  gekommen;  das  gegnerische  Zentrum  und  sein 
rechter  Flügel  wären,  bereits  ins  Handgemenge  geraten,  nicht  im- 
stande gewesen,  sich  so  glatt  dem  Kampfe  zu  entziehen,  als  die  gleich 
näher  zu  erwähnende  Katastrophe  ihres  linken  Flügels  die  Schlacht 
so  überraschend  schnell  entschieden  hatte,  und  einen  verhältnismäßig 
unbehelligten  und  geordneten  Rückzug  anzutreten;  sie  wären,  in  der 
Front  festgehalten,  von  den  Höhen  des  eroberten  Lagers  aus  in 
Flanke  und  Rücken  gefaßt  und  vernichtet  oder  in  die  Sebkra  ge- 
worfen worden.  —  Der  Übereifer  der  caesarianischen  Veteranen  hat 
diesen  Plan  des  Feldherrn  durchkreuzt.    Die  Folge  war,  daß  ihnen  der 

schleunigst  der  kaum  aufgeflammte  Mut,  weil  die  Flotte  noch  nicht  eingreift  und 
er  überdies  eine  „Flankierung  durch  Juba"  befürchtet,  obwohl  er,  wie  Langhammer 
gleichzeitig  annimmt,  sich  nicht  nur  durch  einzelne  Werke,  sondern  sogar  durch 
eine  zusammenhängende  Circumvallationslinie  gedeckt  hat(!)  Da  gleichzeitig  im 
Heere  Scipios  infolge  übler  Nachrichten  von  Juba  eine  Panik  einreißt,  so  wäre  es 
beinahe  gekommen  wie  in  der  bekannten  Geschichte  von  dem  Bauer,  der  im  Walde 
einem  Bären  begegnet,  worauf  beide  in  höchstem  Schrecken  voreinander  ausreißen, 
wenn  nicht  Caesars  Soldaten,  einsichtiger  und  mutiger  als  ihr  Feldherr,  eigenmächtig 
die  Fortsetzung  der  Offensive  erzwungen  hätten.  —  In  seiner  letzten  Publikation 
(Nr.  33,  S.  952)  greift  Langhammer  sogar  auf  die  Geschichte  mit  dem  epileptischen 
Anfall  zurück,  der  „durch  die  Vorstellung  des  unvermeidlichen  Unterganges"  ver- 
ursacht war(!).  Er  verhindert  Caesar,  das  Zeichen  zur  Schlacht  zu  geben,  die 
Truppen  greifen  selbst  an,  kreisen  den  Feind  ihrerseits  ein  etc.  Als  alles  vorbei  ist, 
kommt  dann  der  inzwischen  genesene  Feldherr,  um  das  Kommando  wieder  zu  über- 
nehmen. —  Sapienti  sat.  — 

1)  Auch  das  noch  nicht  ausgegebene  „Signum  Felicitatis",  das  Caesar  erst  nach 
dem  eigenmächtigen  Vorbrechen  in  Legionen  ausgab  (83,1),  spricht  für  den  noch  nicht 
vollendeten  Aufmarsch. 


S42 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 


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Feind  zunächst  ent- 
kam, und  sie  muß- 
ten einen  30  Kilo- 
meter langen  Ver- 
folgungsmarsch 
machen,  um  ihn  wie- 
der zu  fassen,  wobei 
sie  noch  von  Glück 
reden  konnten,  daß 
jener  seinen  Rück- 
zug nicht  direkt  ins 
Landinnere,  sondern 
zu  den  Lagern  des 
mittlerweile  aufge- 
lösten Südkorps 
nahm,  wo  nun  aller- 
dings die  Vernich- 
tung seiner  harrte. 
Doch  damit 
wurde  den  Ereig- 
nissen vorgegriffen. 
— Die  Entscheidung 
fiel  am  Nordflügel. 
Die  Elefanten  Sci- 
pios  wurden  von 
Caesars  Leichten 
und  den  5  Kohorten 
der  V.  Legion  ge- 
worfen und  gegen 
das  halbfertige  La- 
ger gedrängt,  wo- 
bei auch  die  hinter 
ihnen  stehende  In- 
fanterie übel  weg- 
kam ;  gleichzeitig 
führte  die  X.  Legion  den  entscheidenden  Frontalstoß  längs  der  Hügel- 
kette direkt  gegen  die  Front  des  Lagers,  so  daß  Scipios  linker  Flügel 
tatsächlich  konzentrisch  gefaßt  und  zerschmettert  wurde ;  der  Stoß  der 


P3 


H 


Thapsus.    3.  Die  Schlacht.  843 

Caesarianer  führte  hier  in  einem  Atem  bis  ins  halbfertige  Lager,  womit 
die  Schlacht  entschieden  war. 

Am  südlichen  Flügel  war  es  indessen  kaum  zumZusammenstoß  ge- 
kommen. Die  so  rasche  Katastrophe  des  linken  Flügels,  vor  allem 
der  Verlust  des  Lagers  bewog  wohl  das  Zentrum  und  den  rechten 
Flügel  der  Republikaner,  die  von  Caesars  gegenüberstehenden  Truppen 
noch  nicht  gefaßt  waren,  so  schleunig  als  möglich  den  Rückzug  an- 
zutreten, um  nicht  von  den  Höhen  her  aufgerollt  und  in  die  Sebkra 
geworfen  zu  werden.  Die  Elefanten  dürften  hier  den  Rückzug  ge- 
deckt haben ;  darauf  deutet  die  Episode  c.  84. 

Unklar  erscheint  noch  die  Verwendung  der  Kavallerie  Caesars.  Caesars 
In  der  Ordre  de  bataille  wird  nur  die  Kombinierung  von  Reiterei 
und  leichter  Infanterie  auf  den  Flügeln  erwähnt  (81,1).  Viel  Reiterei 
kann  dort  dem  Terrain  zufolge  nicht  gestanden  haben,  sie  hat  auch 
keine  Rolle  gespielt,  nicht  einmal  bei  der  Verfolgung,  wo  man  dies  doch 
hätte  erwarten  sollen;  statt  dessen  wurde  letztere  anscheinend  von 
den  Legionen  allein  durchgeführt,  und  die  geschlagenen  Feinde  konnten 
den  30  Kilometer  langen  Marsch  zu  den  früheren  Lagern  ohne  wesent- 
liche Behinderung  zurücklegen,  was  bei  energischer  Verfolgung  durch 
ein  starkes  Kavalleriekorps  —  Caesar  verfügte  damals  über  gut  4000 
Reiter  —  nicht  so  leicht  möglich  gewesen  wäre.  Wo  stand  also  das 
Gros  der  Kavallerie  Caesars  während  der  Schlacht? 

Eine  direkte  Antwort  geben  uns  die  Quellen  nicht,  doch  bleibt 
uns  eine  Vermutung,  die  viel  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat. 

Daß  in  der  Schlacht  selbst  von  einer  Kavallerieverwendung  großen 
Stiles  aus  Terrainrücksichten  keine  Rede  sein  konnte,  darüber  mußte 
Caesar  klar  gewesen  sein ;  kam  doch  dieser  Umstand  ihm  mehr  zu  gute 
als  dem  Gegner.  Andererseits  war  es  ihm  sehr  darum  zu  tun,  mit 
dem  feindlichen  Nordkorps  fertig  zu  sein,  bevor  das  Südkorps,  von 
dem  man  nicht  wußte,  was  es  eventuell  im  Schilde  führte,  wirksam 
eingreifen  konnte.  Die  2  Legionen,  die  zur  Rückendeckung  ausge- 
schieden waren,  konnten  bei  ihrer  Minderzahl  diese  Aufgabe  doch  nur 
in  der  befestigten  Linie  knapp  vor  Thapsus  lösen;  ein  Kampf  in  so 
geringer  Entfernung  vom  Schlachtfelde,  im  Rücken  der  kämpfenden 
Hauptkraft,  konnte  immerhin,  auch  wenn  der  Gegner  nicht  durchzu- 
dringen vermochte,  die  Hauptentscheidung  ungünstig  beeinflussen.  Es 
handelte  sich  also  darum,  einen  eventuellen  Angriff  des  Südkorps  auf 
die  Linien  von  Thapsus,  den  absolut  zu  hindern  allerdings  nicht  mög- 


844  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

lieh  war,  wenigstens  tunlichst  zu  verzögern;  dazu  eignete  sich  aber 
eine  gute  Kavallerie  —  und  das  waren  Caesars  gallisch -germanische 
Reiter  —  vortrefflich;  man  braucht  nur  an  die  vorzüglichen  Dienste  zu 
denken,  welche  diese  Waffe  ihrem  Feldherrn  in  den  Tagen  von  Ilerda  in 
diesem  Sinne  geleistet  hat  (b.  c.  I  63 — 71).  Bei  der  Teilung  der  feind- 
lichen Armee,  in  welche  die  Reiterei  jedenfalls  inbegriffen  war,  brauchte 
die  zum  größten  Teil  vereinigte  caesarianische  Kavallerie  auch  nicht 
mehr  die  numerische  Überlegenheit  der  gegnerischen  zu  fürchten,  konnte 
also  ihre  Aufgabe  sehr   gut  lösen. 

Demzufolge  denken  wir  uns  das  vereinigte  Gros  der  caesarianischen 
Kavallerie  auf  den  Südisthmus  gegen  die  Lager  Jubas  und  Afranius 
vorgeschoben  mit  dem  Auftrage,  falls  jene  gegen  Thapsus  aufbrechen 
sollten,  sich  auf  die  Tete  zu  werfen  und  den  Vormarsch  so  lange  als 
möglich  zu  verzögern.  — 

Die  Verfolgung.  Zur  Verfolgung  des  geschlagenen  Nordkorps  dürfte  Caesar  wohl 
nur  einen  Teil  der  in  der  Schlacht  verwendeten  Legionen  befehligt, 
den  andern  Teil  im  Vereine  mit  den  beiden  Legionen  des  Asprenas 
zum  Vorstoß  gegen  das  Südkorps  disponiert  haben.  Wir  dürfen  auch 
annehmen,  daß  Caesar  diese  zweite  Offensive  persönlich  geleitet  und 
mit  der  Verfolgung  der  flüchtigen  Truppen  Scipios  irgend  einen  Le- 
gaten betraut  hat.  Denn  beim  Angriff  auf  das  intakte,  in  Ver- 
schanzungen stehende  Südkorps  mußte  man  entschieden  auf  einen 
ernstlichen  Widerstand  gefaßt  sein;  daß  die  Sache  schließlich  so  leicht 
würde,  war  durchaus  nicht  vorauszusehen.  Diese  Auffassung  stimmt 
auch  mit  der  Darstellung  Dios  und  Plutarchs,  welche  die  Ein- 
nahme der  Lager  Jubas  und  Afranius'  direkt  dem  Feldherrn  zu- 
schreiben; auch  im  bellum  Africanum  ist  gelegentlich  der  Verfolgung 
der  Fliehenden  immer  nur  von  den  Truppen  Caesars  die  Rede,  erst 
bei  Erwähnung  der  letzten  Katastrophe  nächst  dem  Lager  Jubas 
finden  wir  wieder  den  Feldherrn  selbst. 

Das  zeitkaiküi.  Die  komplizierten  Vorgänge  dieser  Schlacht  spielten  sich  insge- 
samt im  Rahmen  eines  kurzen  Spätwintertages  (7.  Februar  n.  St.),  aller- 
dings vom  frühesten  Morgen  bis  in  die  Nacht  hinein,  ab.  Setzt  man  die 
Entdeckung  des  begonnenen  Lagerschlages  Scipios  (caelo  albente) 
auf  etwa  6  Uhr  früh,  den  Beginn  der  Schlacht,  die  kaum  mehr  als 
eine  halbe  Stunde  gedauert  haben  kann,  auf  7  Uhr  an,  so  konnten 
die  Reste  des  Nordkorps,  den  jedenfalls  aufs  äußerste  beschleunigten 
Rückzug  von  30  Kilometer  mit  gut  7    Stunden   berechnet,    etwa   um 


Tbapsus.    3.  Die  Schlacht.  845 

3  Uhr  nachmittag  beim  Lager  des  Afranius,  und  bald  darauf  bei  jenem 
Jubas  eintreffen;  unterdessen  konnte  der  zweite  Offensivstoß  Caesars 
längst  beendet  und  die  Lager  des  Südkorps  besetzt  sein  (Raiilierung 
zum  zweiten  Vorstoß  höchstens  1  Stunde,  Vormarsch  12  Kilometer 
knapp  3  Stunden,  also  Eintreffen  bei  den  beiden  Südlagern  ungefähr 
gegen  Mittag).  Zwischen  3  und  4  Uhr  nachmittags  haben 
wir  uns  dann  den  letzten  Akt,  die  Niedermetzlung  der  Reste  des 
Nordkorps,  zu  denken,  und  3  Stunden  später,  also  bereits  nach  Ein- 
bruch der  Dunkelheit1),  konnte  Caesar  wieder  vor  Thapsus  eingetroffen 
sein  und  die  erbeuteten  Elefanten  zum  Zeichen  seines  Sieges  vor  den 
Stadtmauern  aufmarschieren  lassen2;. 

*  * 

Mir  die  ausführliche  Schilderung  der  Schlacht  für  die  zusammen-    Militärische- 
hängende  Darstellung  des  ganzen  Feldzuges  vorbehaltend,  will  ich  im      ur  'gm8~ 
folgenden  zur  spezifisch  militärischen  Würdigung  derselben  einiges  aus- 
führen. 

Caesar  hatte  bei  Uzita  und  Aggar  die  Erfahrung  machen  müssen, 
daß  es  ihm  im  offenen  Lande  nicht  möglich  war,  den  Feind  unter 
halbwegs  annehmbaren  Verhältnissen  zur  Entscheidungsschlacht  zu 
zwingen.  Die  bisherigen  Erfolge  —  die  Wegnahme  von  Zeta  und 
Sarsura  —  wurden  immer  noch  mehr  als  aufgewogen  durch  das  Fiasko 
der  Belagerung  von  Uzita,  die  Zerstörung  Vagas  und  die  erfolglose 
Umkehr  vor  Thysdrus.  Caesar  entschloß  sich  daher  zu  einem  energischen 
Schritt:  einem  Angriff  auf  Thapsus,  welche  Seestadt  für  Scipio 
eine  ungleich  größere  Wichtigkeit  besaß  als  jene  Orte,  um  die  bisher 
gekämpft  worden  war,  so  daß  mit  mehr  Wahrscheinlichkeit  zu  er- 
warten stand,  daß  er  es  diesmal  auf  eine  Entscheidung  werde  ankommen 
lassen. 

Warum  aber  hatte  Caesar  diesen  Weg  nicht  schon  längst  be- 
treten? —  Weil  er  sehr  wohl  erkennen  mußte,  daß  immerhin  ein  recht 
empfindliches  Risiko  damit  verbunden  war.  Ohne  die  absolute  Ga- 
rantie der  erhofften  Entscheidungsschlacht  zu  gewinnen,  spielte  er 
durch  dieses  Manöver  dem  Feinde  eine  sehr  bedeutende  Chance  in  die 


1)  Dazu  stimmt  auch  Appiaus  Erwähnung,  daß  die  Verfolgung  bis  in  die 
Nacht  gedauert  hat.    Vergl.  Fröhlich  (Nr.  9)  S.  92. 

2)  Auch  die  Notwendigkeit  einer  so  augenscheinlichen  Bekräftigung  des  Sieges 
spricht  dafür,  daß  diese  Szene  sich  bereits  nach  eingebrochener  Dunkelheit  ab- 
gespielt hat. 


846  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Hand.  Wenn  Scipio  sich  nicht  zum  Entscheidungsschlage  verleiten 
ließ,  sondern  sich  begnügte,  während  der  voraussichtlich  langwierigen 
Belagerung  die  Zufuhr  Caesars  durch  Sperrung  der  Landengen  abzu- 
schneiden, so  konnte  dieser  in  eine  sehr  üble  Lage  kommen.  Er  blieb 
dann  für  seine  Verpflegung  im  wesentlichen  auf  die  beiden  Isthmen 
angewiesen,  auf  welchen  nach  dem,  was  uns  Dio  über  sie  berichtet, 
auf  die  Dauer  nicht  viel  zu  holen  war.  Die  Verpflegung  auf  dem 
Seewege,  der  Caesar  allerdings  unangefochten  offen  stand,  war  zu  jener 
Jahreszeit  eine  ziemlich  problematische  Sache;  wir  haben  gesehen, 
daß  sie  ihn  vor  Uzita,  wo  der  Hafen  von  Leptis  in  nächster  Nähe 
war,  auch  nicht  vor  dem  Mißerfolg  hatte  bewahren  können.  Kurz, 
Caesar  befand  sich  dann  in  einer  Lage  wie  etwa  Pompejus  bei 
Dyrrhachium,  die  noch  schwieriger  dadurch  wurde,  daß  er  überdies  eine 
starke  Festung  vor  sich  hatte,  und  die  vollständige  Absperrung  dem 
-Gegner  durch  das  Terrain  in  ganz  wesentlich  höherem  Grade  erleichtert 
wurde,  als  dazumal  ihm  an  der  Küste  der  Adria.  — 

So  kam  es,  daß  Caesar  sich  zu  der  Expedition  gegen  Thapsus 
erst  entschloß,  als  er  einsah,  daß  ein  ernstlicher  Erfolg  ohne  ein  ernst- 
liches Risiko  nicht  zu  erzielen  war,  und  eben  sein  Zögern  beweist, 
daß  er  sich  der  Gefahr  voll  bewußt  war,  der  er  entgegenging. 

Neuerdings  hat,  wie  mehrfach  erwähnt,  A.  L  an  g  h  a  m  m  e  r1)  die  Sache 
so  darzustellen  versucht,  als  wäre  Caesar  blind  in  die  Falle  gegangen  und 
dies  allein  ein  derartiger  Mißerfolg  gewesen,  daß  er  nicht  einmal  recht 
durch  den  folgenden  Sieg  wettgemacht  erscheint,  so  daß  der  Verfasser  des 
bellum  Africanum  sich  gezwungen  gesehen  hätte,  durch  absichtliche  Ent- 
stellung der  Vorgänge  Caesars  „Mißerfolg"  vor  Thapsus  zu  vertuschen. 
Die  Geschichte  erinnert  beinahe  an  Rauchensteins  famose  Helvetier- 
schlacht.  —  Ich  glaube,  es  kann  keine  glänzendere  Probe  für  die  Be- 
währung militärischen  Genies  geben,  als  eine  solche  Gefahr  zu  ris- 

1)  Insbesondere  Nr.  32  und  33.  An  letzterer  Stelle  S.  949 f.  auch  der  mehr  als 
phantastische,  überdies  auf  den  fehlerhaften  Lokalisierungen  Stoffels  aufgebaute  Re- 
konstruktionsversuch: Juba  und  Labienus  umgehen  Caesar  im  Süden;  dieser  wendet 
sich  gegen  den  bei  Tegea  stehenden  Scipio,  der  nach  Norden  ausweicht  und  sich  bei 
Leptis  (!)  mit  Juba  und  Labienus  vereinigt.  Caesar,  so  vom  Meere  abgeschnitten,  muß 
sich  auf  die  Halbinsel  von  Thapsus  zurückziehen  und  wird  dort  eingeschlossen.  — 
Die  Widerlegung  dieser  Auffassung  ergibt  sich  wohl  von  selbst  aus  unserer  Dar- 
stellung; ein  Eingehen  auf  das  Detail  können  wir  uns  füglich  ersparen.  Manches 
ist  da  übrigens  auch  unverständlich,  so  die  Vereinigung  der  Gegner  bei  Leptis, 
während  L.  im  selben  Absatz  wieder  sagt,  daß  Juba  und  Labienus  sich  am  südlichen 
Isthmus  verschanzt  hätten.  — 


Thapsus.    3.  Die  Schlacht.  847 

kieren,  um  sie  dann  mit  so  durchschlagendem  Erfolge  zu  überwinden, 
wie  Caesar  es  bei  Thapsus  vollbracht.  Die  allernachdrücklichste  Be- 
tonung der  Gefahr,  in  der  Caesar  sich  befand,  hätte  demnach  den 
Glanz  des  endgültigen  Erfolges  nur  steigern  müssen ;  denn  je  drohender 
die  Gefahr,  je  schwieriger  die  Hindernisse,  desto  größer  das  Verdienst, 
sie  überwunden  zu  haben.  Es  ist  somit  ganz  einleuchtend,  daß  die 
Unklarheiten  der  Darstellung  des  bellum  Africanum  nicht  auf  be- 
wußte tendenziöse  Entstellung,  sondern  vielmehr  auf  das  in  irgend 
einer  Hinsicht  unzureichende  Können  des  Verfassers  zurückzu- 
führen sind1).  Worin  dies  begründet  war,  werden  wir  an  anderer 
Stelle  sehen. 

Weit  richtiger  ist  die  von  Langhammer  bekämpfte  Auffassung- 
Schneid  er  s,  der  überhaupt,  wie  bereits  erwähnt,  die  Grundidee  dieser 
ganzen  Vorgänge  ziemlich  klar  erfaßt  hat2). 

Scipio  tat,  was  Caesar  vorausgesehen  haben  mußte,  und  beschloß, 


1)  Langhammer  kommt  endlich  zu  dem  Schlüsse,  daß  „das  bellum  Africanum 
genau  wie  Caesars  Kommentare  immer  nur  mit  Vorsicht  zu  benutzen  ist;  daß  die 
anderen  Quellen  mindestens  dieselbe  Beachtung1  verdienen  wie  die  Schriften  des 
caesarischen  Offiziers."  —  Daß  letzteres  bei  Thapsus  ausnahmsweise  der  Fall  ist, 
haben  wir  gesehen,  aber  die  Gründe  sind  ganz  andere  als  Langhammer  glaubt,  und 
die  Sache  zu  verallgemeinern  geht  schon  gar  nicht  an.  Dem  kann  man  nur  die 
wahrhaft  goldenen  Worte  Köchlys  (Übersetzung  von  Caesars  Bürgerkrieg,  Langen- 
scheidtsche  Ausgabe,  p.  VII.)  entgegenhalten:  „Dennoch  aber  bleibt  für  uns  die 
caesarische  Darstellung  nicht  nur  die  weitaus  wichtigste  Quelle,  sondern  geradezu 
die  eigentliche  Grundlage ;  und  man  kann  sich  ihren  Wert  nicht  einfacher  und  besser 
klar  machen,  als  wenn  man  einmal  den  Versuch  macht,  mit  gänzlicher  Übergehung 
derselben  aus  den  übrigen  Quellen  eine  Geschichte  des  Bürgerkrieges  zusammen- 
zustellen". 

Langhammer  sucht  auch  seine  Ansicht  daraus  zu  begründen,  daß  der  Ver- 
fasser des  bellum  Africanum  angeblich  ein  viel  zu  hoch  gebildeter  Mann  war,  als  daß 
er  seine  Unklarheiten  anders  als  bewußt  in  die  Darstellung  hätte  bringen  können  und 
beweist  dies  langatmig  aus  sprachlichen  und  stilistischen  Details.  Demgegenüber  ist 
nur  zu  bemerken,  daß  zwischen  literarischer  und  militärischer  Hochbildung  ge- 
legentlich auch  ein  bedeutender  Unterschied  bestehen  kann,  wofür  Langhammer  und 
manche  seiner  Berufsgenossen  recht  überzeugende  Beispiele  abgeben.  —  Wir  werden 
auf  die  diesbezügliche  Charakteristik  des  Verfassers  des  bellum  Africanum  noch  in 
einem  eigenen  Abschnitt  zurückkommen. 

2)  Nr.  24,  S.  157:  „Sein  (Scipios)  Plan,  Caesar  zwischen  dem  Salzsee  und  Thapsus 
einzuschließen,  ist  so  übel  nicht,  nur  stieß  Caesar,  wie  nachmals  Friedrich  der  Große 
den  Österreichern,  ein  Loch  in  den  Sack,  der  ihn  fangen  sollte."  —  Diese  Auffassung 
ist  ebenso  zutreffend  wie  der  Vergleich,  bei  dem  offenbar  an  Liegnitz  gedacht  ist. 
Nur  hat  Caesar  dann  noch  ein  zweites  Loch  in  die  andere  Seite  des  Sackes  gestoßen, 
und  dies  ist  Schneider  unklar  geblieben,  woran  zum  Teil  seine  ausnahmsweise  von 
Stoffel  abweichende,  irrtümliche  Ansetzung  der  ersten  Lager  Schuld  trägt. 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  54 


848  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg'. 

den  Feind  auf  der  Landenge  auszuhungern.  Es  fragt  sich,  ob  er  zur 
Erreichung  dieses  Zweckes  nicht  besser  getan  hätte,  einfach  in  der 
nun  ihm  überlassenen  Ebene  von  Aggar  stehen  zu  bleiben,  und  nur 
durch  seine  weit  überlegene  Kavallerie  und  die  leichten  Truppen  jeden 
Requisitionsversuch  Caesars  über  den  Isthmus  hinaus  zu  hindern.  Er 
hätte  dabei  weniger  riskiert,  hätte  seine  Hauptkraft  beständig  bei- 
sammenhalten und  einem  ernsten  Kampf,  der  ja  nicht  in  seinem  Plane 
lag,  mit  größerer  Sicherheit  ausweichen  können.  Allerdings  hätte  er 
dann  nicht  zu  hindern  vermocht,  daß  Caesar  eventuell  mit  ganzer  Kraft 
wieder  abzog.  Geschah  dies  jedoch,  ehe  es  ihm  gelang,  Thapsus  zu 
bezwingen,  so  war  dies  immerhin  schon  ein  erheblicher  Erfolg  Scipios, 
ähnlich  dem  vor  Uzita.  Der  Krieg  zog  sich  dann  weiter  in  die  Länge, 
und  das  war  entschieden  für  Scipio  weit  weniger  unangenehm  als  für 
Caesar. 

Dagegen  ist  zu  bedenken,  daß  es,  wenn  Caesar  Thapsus  be- 
lagerte, für  Scipio  nicht  möglich  war,  wie  bei  Uzita  die  direkte  Ver- 
bindung mit  der  Stadt  aufrecht  zu  erhalten  und  sie  auf  diese  Weise  in 
der  Verteidigung  zu  unterstützen ;  so  mußte  er  immerhin  mit  der  Mög- 
lichkeit rechnen,  daß  Caesar  durch  energischen  Angriff  zu  Lande  und 
zur  See  sich  der  Stadt  früher  bemächtigte,  als  die  Unterbindung  seiner 
Zufuhr  ihn  zur  Authebung  der  Belagerung  zu  zwingen  vermochte. 
Dann  aber  konnte  er  als  Sieger,  nach  voll  erreichter  Absicht,  den 
Isthmus  verlassen,  und  Scipio  hatte  eine  ernstliche  Schlappe  er- 
litten. — 

Genug,  Scipio  wählte  die  kühnere  Alternative  und  beschloß,  Caesar 
auf  dem  Isthmus  vollständig  einzuschließen.  Nachdem  der  Versuch, 
für  die  notwendige  Teilung  wenigstens  die  kürzeste  Verbindung  von 
Isthmus  zu  Isthmus  zu  wahren,  durch  Caesars  Gegenmaßregeln  ver- 
eitelt war,  ließ  er  die  Hälfte  der  Armee  aut  der  südlichen  Landenge 
und  ging  mit  der  andern  um  die  Sebkra  herum  auf  die  nördliche,  um 
hier  die  Sperrung  durchzuführen. 

Alles  hing  jetzt  davon  ab,  ob  es  ihm  gelang,  die  Sperre  zu  voll- 
enden, ehe  Caesar  die  Trennung  der  Armee  zum  Schlage  ausnützte. 
Eine  ganz  kurze  Spanne  Zeit  standen  die  Chancen  gleich;  verstrich 
diese  ohne  Entscheidung,  so  waren  sie  wesentlich  zugunsten  der  Re- 
publikaner verschoben. 

Man  könnte  hier  die  Fragen  aufwerfen,  warum  das  Nordkorps  so 


Thapsus.    3.  Die  Schlacht.  849 

nahe  an  Caesars  Stellung  herangegangen  ist,  so  daß  dieser  den  Ver- 
such der  Absperrung  sofort  durch  seinen  Angriff  vereiteln  konnte,  und 
nicht  lieber,  analog  dem  Südkorps,  den  Nordisthmus  an  seinem  Westende 
abzusperren  gesucht  hat.  Das  tatsächliche  Vorgehen  war  zweifellos  ein 
Fehler;  es  fragt  sich  nur,  ob  die  Republikaner  nicht  im  guten  Glauben 
waren,  hierdurch  einen  anderen,  größeren  vermeiden  zu  können.  Die 
Antwort  gibt  uns  das  rekonstruierte  Terrain.  Wir  sehen  daraus,  daß 
das  Gelände  dort,  wo  Scipio  tatsächlich  Halt  machte,  nicht  nur  bessere 
Stützpunkte  bot  als  weiter  im  Westen,  sondern  vor  allem,  daß  der 
Isthmus  hier  merklich  schmäler  war;  die  auszuführende  Linie  hätte 
am  Westende  eine  weit  größere  Länge  und  damit  zu  ihrer  Herrichtung 
weit  mehr  Zeit  erfordert,  und  wäre,  was  wohl  am  meisten  in  die  Wag- 
schale fällt,  infolge  ihrer  Ausdehnung  wesentlich  schwächer  und 
schwerer  zu  verteidigen  gewesen.  Man  mochte  gehofft  haben,  im 
Dunkel  der  Nacht  unbemerkt  an  den  Platz  zu  kommen  und  dann  rasch 
mit  der  kurzen  und  eben  darum  besonders  günstigen  Sperre  fertig  zu 
werden.  Dabei  hatte  man  sich  vielleicht  ein  wenig  im  Zeitkalkül, 
sicher  aber  in  Caesars  Aufklärungsdienst,  Energie  und  Schnelligkeit 
verrechnet.  —  Am  Südisthmus  lagen  die  Dinge  eben  anders.  Dort 
war,  nachdem  die  Enge  hart  bei  Thapsus  durch  Caesars  Werk  auf 
Dahret  el  Hafsa  gesperrt  war,  die  verfügbare  schmälste  Stelle  tat- 
sächlich im  Süden;  hier  war  also  ein  Herangehen  bis  in  die  Nähe 
von  Thapsus  durch  keine  Erwägung  geboten.  — 

Caesar  hatte,  als  er  nach  Thapsus  zog,  unzweifelhaft  mit  der 
Möglichkeit  einer  Sperrung  beider  Isthmen  durch  den  Feind  gerechnet. 
Dies  erhellt  mit  voller  Sicherheit  aus  der  ersten  Maßregel,  die  er  nach 
seiner  Ankunft  vor  der  Stadt  sofort  traf,  ehe  er  noch  die  Einschließung  der- 
selben durchgeführt  hatte,  und  ehe  auch  die  Sperrung  der  beiden  Isthmen 
seitens  der  Gegner  überhaupt  eingeleitet  war :  „locaque  idonea  opportuna- 
que  complura  praesidiis  occupare,  hostes  ne  intrare  ad  se  ac  loca  interiora 
capere  possent."  Welches  diese  „loca  idonea"  waren,  haben  wir  ge- 
sehen; das  Ergebnis  war  die  Schaffung  eines  befestigten 
Raumes,  der  einerseits  jede  direkte  Verbindung  des 
Feindes  von  einem  Isthmus  zu  dem  andern  absolut  sperrte 
und  ihn  auf  den  30  Kilometer  langen  Umweg  um  die  Sebkra 
verwies,  andererseits  aber  der  eigenen  Armee  ermöglichte, 
wie  aus  einer  Gürtelfestung  sich  jederzeit  mit  ganzer 
Kraft  und  auf  dem    kürzesten  Weg  auf  jede   einzelne   der 

54* 


850  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

beiden  feindlichen,  praktisch  30  Kilometer  voneinander 
entfernten  Gruppen  werfen  zu  können1). 

Die  Durchführung  dieser  Maßregel  unmittelbar  nach  der  Ankunft 
vor  Thapsus,  noch  vor  der  Sperrung  der  Isthmen  durch  den  Feind, 
ist  der  beste  Beweis  dafür,  daß  Caesar  nicht  „in  die  Falle  gegangen 
war"2),  sondern  von  Hause  aus  mit  jenem  Vorgehen  des  Feindes  ge- 
rechnet hat,  auf  dessen  Durchkreuzung  seine  Tätigkeit  gleichfalls  vom 
ersten  Momente  an  gerichtet  war. 

Die  nun  folgenden  Ereignisse  gaben  Caesar  vollkommen  recht. 
Sobald  die  vorausgesehene  Trennung  der  feindlichen  Gruppen  vollzogen 
war,  ließ  er  nur  eine  kleine  Nebenkraft  in  dem  befestigten  Räume 
gegenüber  dem  entfernteren  Südkorps  zurück,  warf  sich  mit  der  Haupt- 
kraft blitzschnell  auf  das  nähere  Nordkorps  und  zerschmetterte  es; 
dann  die  Verfolgung  des  geschlagenen  Gegners  einem  Teile  der  Truppen 
überlassend,  wandte  er  sich  augenblicklich  mit  der  neurangierten  Haupt- 
kraft aus  demselben  Räume  gegen  die  andere  gegnerische  Gruppe  und 
stieß  unter  dem  unmittelbaren  Eindrucke  des  ersten  Erfolges  bei- 
nahe kampflos  auch  hier  durch.  Die  „ Caesar iana  celeritas"  in 
ihrer  höchsten  Vollendung! 

* 
Dies  ist  das  Bild  der  Schlacht  bei  Thapsus,  wie  es  uns  in  voller 
Übereinstimmung  mit  den  beiden  scheinbar  so  unvereinbaren  Quellen- 
traditionen entgegentritt:  als  einer  der  genialsten  Schlachtenentwürfe 
des  Altertums  und  aller  Zeiten  überhaupt.  Sie  zählt  zu  den  kompli- 
ziertesten Schlachten  dieses  grundsätzlich  mit  tunlichst  einfachen 
Mitteln  arbeitenden  Feldherrn;  aber  eben  in  dieser  Kompliziertheit 
tritt  die  einheitliche,  zielbewußte,  großzügige  und  klardurchsichtige  An- 
lage um  so  bewunderungswürdiger  zutage.  Kaum  wird  sich  eine  zweite 
Schlacht  nennen  lassen,  in  der  uns  gerade  jenes  Moment  in  gleicher  Voll- 
kommenheit entgegentritt,  das  ja  schließlich  doch  das  Um  und  Auf  jeder 
wahrhaft  genialen  Schlachtenführung  in  sich  schließt :  die  bis  zur  höch- 

1)  Durch  die  Besetzung  der  beiden,  nur  etwa  1  Kilometer  voneinander  ent- 
fernten Kuppen  El  Faca  und  Dahret  el  Hafsa  war  in  Wirklichkeit  nicht  nur  dieses 
Intervall,  sondern  der  ganze  Umkreis  von  einer  Küste  bis  zur  anderen  gesperrt,  da 
der  flache  Raum  beiderseits  bis  zum  Meer,  sowie  das  Vorterrain  bis  an  die  Sebkra 
von  diesen  Punkten  vollkommen  eingesehen  und  beherrscht  wurde.  Sie  wirkten  ge- 
wissermaßen wie  die  Gürtelforts  einer  moderen  Festung  und  ermöglichten  auch  die 
Gruppierung  der  Armee  sowohl  gegen  Westen  wie  gegen  Süden. 

2)  Langhammer  Nr.  32,  S.  397  u.  a.  a.  0. 


Thapsus.    3.  Die  Schlacht.  851 

sten  Vollendung  gediehene,   souveräne  Beherrschung  der  drei  großen 
taktischen  Faktoren  Kraft,  Raum  und  Zeit1). 

1)  Langhammer  hat  sich  übrigens  auch  in  der  taktischen  Lösung  des  Prob- 
lems von  Thapsus  versucht.  (Nr.  31,  S.  1598).  Er  nimmt  die  Doppelschlacht  an,  jedoch  als 
eine  gleichzeitige  Aktion,  indem  die  drei  Legionen,  die  nach  seiner  Ansicht  das  den 
Isthmus  sperrende  „castellum"  besetzt  hatten,  zur  selben  Zeit,  da  Caesar  mit  der 
Hauptmacht  sich  auf  Scipio  wirft,  auf  den  von  Plutarch  erwähnten  gedeckten  Wegen 
sich  anschleichend,  plötzlich  und  überraschend  vor  den  Lagern  Jubas  und  Afranius' 
erscheinen,  welche  daraufhin  ohne  Kampf  die  Flucht  ergreifen.  Daraus  erklärt  er 
dann  sowohl  die  Unruhe  in  der  Front  Scipios,  wo  man  von  dieser  Katastrophe  schon 
Meldung  hat,  als  auch  das  Zögern  Caesars,  der  noch  keine  Meldung  hat.  Das  weitere 
spielt  sich  dann  im  Sinne  unserer  Darstellung  ab :  die  fliehenden  Trümmer  der  scipio- 
nischen  Gruppe  geraten,  nachdem  sie  um  die  Sebkra  herummarschiert  sind,  beim  Ein- 
gang in  den  Südisthmus  zwischen  die  beiden  siegreichen  caesarianischen  Gruppen  und 
werden  aufgerieben.  — 

Von  der  richtigen  Hauptidee  der  Doppelschlacht  abgesehen,  strotzt  auch  diese 
Darstellung  von  militärischen  Unmöglichkeiten.  Zunächst  ist  nicht  anzunehmen,  daß 
das  „castellum"  von  3  Legionen  besetzt  war.  Die  Handschriften  haben  hier  eine 
Lücke,  doch  ist  es  klar,  daß  nur  Kohorten  gemeint  sein  können,  denn  eine  Ver- 
schanzung, in  der  3  Legionen  Platz  hatten,  konnte  nach  caesarianischem  Sprach- 
gebrauch niemals  als  „castellum",  sondern  mußte  mindestens  als  „castra  minora"  be- 
zeichnet werden.  —  Dann  widerspricht  die  Gleichzeitigkeit  der  beiden  Schläge 
dem  ausdrücklichen  Wortlaut  aller  jener  Quellen,  in  denen  die  Doppelaktion  als 
solche  überhaupt  betont  ist:  sowohl  Dio  als  Plutarch  lassen  die  Niederlage  des  Süd- 
korps unzweideutig  nach  — ,  beziehungsweise  infolge  jener  des  Nordkorps,  und 
zwar  durch  Caesar  selbst,  erfolgen.  Dies  ist  auch  militärisch  logischer;  denn  wenn 
Caesar,  wie  die  Lage  ihm  ja  erlaubte,  zuerst  den  einen  und  dann  den  anderen 
Gegner  abtat,  so  sicherte  er  sich  für  beide  Aktionen  die  relative  Übermacht  und 
die  Möglichkeit  der  persönlichen  Leitung,  während  die  Entsendung  von  3  Legionen 
unter  Kommando  eines  Legaten  gegen  die  in  festen  Lagern  stehende  feindliche  Macht 
ein  ganz  unglaubliches  und  durchaus  überflüssiges  Risiko  darstellt,  das  sehr  leicht 
den  Gesamterfolg  ernstlich  gefährten  konnte.  Selbst  angenommen,  daß  die  über- 
raschende Annäherung  an  die  feindlichen  Lager  tatsächlich  gelang:  wo  in  der 
ganzen  römischen  Geschichte  haben  wir  ein  Beispiel,  daß  intakte  römische  und  nach 
römischem  Muster  exerzierte  Truppen,  in  gleichfalls  nach  römischer  Art  befestigten 
Lagern  stehend,  diese  einzig  und  allein  infolge  des  plötzlichen  Erscheinens  eines 
relativ  kleinen  Teiles  der  feindlichen  Kraft  ohne  Widerstand  fluchtartig  räumten? 
Zu  einer  solchen  Handlungsweise  waren  wohl  weder  Juba  noch  Afranius  die  richtigen 
Männer,  und  der  bisherige  Verlauf  des  Feldzuges  berechtigte  zu  nichts  weniger  als 
zu  einer  solchen  Voraussetzung.  Es  ist  daher  zweifellos,  daß  die  Räumung  dieser 
Lager  einzig  unter  dem  Eindrucke  der  Katastrophe  des  Nordkorps  erfolgt  sein  kann.  — 
Das  Kurioseste  endlich  ist  —  selbst  im  Rahmen  der  Langhammerschen  Auffassung  — 
die  Behauptung,  daß  von  dieser  Räumung  Scipio  früher  Kenntnis  erhalten  haben  soll 
als  Caesar.  Caesar,  dessen  Aufklärungs-  und  Meldedienst  bekanntlich  in  einer  Weise 
funktionierte,  wie  bei  keiner  anderen  Armee  des  Altertums ;  der  von  der  angeblichen 
Expedition  der  drei  Legionen  von  Hause  aus  wissen  mußte,  da  er  sie  ja  angeordnet 
hatte,  während  dies  beim  Gegner  nicht  der  Fall  sein  konnte;  in  dessen  Bereich  endlich 
für  die  diesbezügliche  Meldung  der  kürzeste,   vollkommen  gesicherte  Weg  zur  Ver- 


852  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

fügung  stand,  während  der  Gegner,  dem  der  nächste  Weg  an  Thapsus  vorbei  ja  ge- 
sperrt war,  hierfür  nur  über  den  zirka  30  Kilometer  weiten  Umweg  um  die  ganze 
Sebkra  herum  verfügte:  Caesar  soll  trotzdem  von  dem  Erfolge  seiner  eigenen  Neben- 
kraft nichts  erfahren  haben,  während  derselbe  in  Scipios  Heer  schon  allgemein  be- 
kannt war?  —  Solange  sich  nicht  nachweisen  läßt,  daß  Scipio  über  ein  modernes 
Feldtelephon  verfügt  hat,  kann  diese  Annahme  nur  als  geradezu  absurd  bezeichnet 
werden.  — 

Man  könnte  noch  so  manche  Bedenken  erheben;  so  z.  B.  wieso  Caesar,  der  doch 
auf  seinem  Schlachtfelde  nach  allen  Annahmen  weit  näher  an  den  Feind  hatte, 
darauf  rechnen  konnte,  daß  die  einen  viel  weiteren  Weg  vor  sich  habende  Südgruppe 
ihren  Erfolg  früher  erringen  würde;  dann  vor  allem,  warum  er  überhaupt  Wert 
darauf  legte,  daß  dieser  Erfolg  früher  errungen  wäre,  bevor  er  selbst  den  Kampf  begann. 
Doch  genug  davon;  das  bisher  Angeführte  genügt  wohl,  um  die  Langhammersche 
Auffassung,  soweit  sie  über  den  allgemeinen  Begriff  der  Doppelschlacht  hinaus  ins 
Detail  geht,  als  abgetan  gelten  zu  lassen.  — 


Anhang. 


Übersetzung  der  Quellenberichte. 

a)  Bellum  Africanum  c.  79 — 86. 

79.  (1)  Als  Caesar  den  Gegner  auf  keine  Weise  zwingen  konnte,  in 
ein  gleiche  Chancen  bietendes  Terrain  hinabzusteigen  und  eine  Schlacht 
mit  den  Legionen  zu  wagen,  ....  brach  er  am  4.  April  um  die  dritte 
Nachtwache  von  Aggar  auf  und  schlug  nach  einem  Nachtmarsche  von 
16  Millien  vor  Thapsus,  wo  Vergilius  mit  einer  starken  Besatzung 
kommandierte,  das  Lager  und  begann  an  diesem  Tage  die  Stadt  ein- 
zuschließen und  mehrere  besonders  günstig  gelegene  Punkte  mit 
Detachements  zu  besetzen,  damit  die  Gegner  nicht  bis  zu  ihm  vor- 
dringen und  den  inneren  Kaum  in  Besitz  nehmen  könnten.  (2)  Scipio 
indessen  erkannte  Caesars  Plan  und  sah  sich  vor  die  Notwendigkeit  des 
Kämpfens  gestellt,  um  nicht  in  schmählichster  Weise  die  ihm  so  treu  er- 
gebenen Thapsitaner  und  Vergilius  zu  opfern;  er  folgte  Caesar  sofort  über 
die  Höhen  und  setzte  sich  8  Millien  von  Thapsus  in  zwei  Lagern  fest. 

80.  (1)  Es  gab  hier  eine  Sebkra  (stagnum  salinarum),  zwischen 
der  und  dem  Meere  sich  ein  Defilee  von  nicht  mehr  als  1500  Schritt 
Breite  befand;  dieses  suchte  Scipio  zu  passieren  und  den  Thapsitanern 
Hilfe  zu  bringen.  (2)  Caesar  hatte  das  vorausgesehen;  denn  schon  am 
Vortage  hatte  er  an  dieser  Stelle  eine  Schanze  (castellum)  errichtet  und 
daselbst  drei  Kohorten1)  zurückgelassen,  mit  den  übrigen  Truppen 
aber  schloß  er  Thapsus  durch  ein  mondförmiges  Lager  und  Werke  ein. 
(3)  Als  nun  Scipio  sein  Vorhaben  gescheitert  sah,  machte  er  am  fol- 
genden Tage  einen  Nachtmarsch  um  die  Sebkra  herum,  blieb  in  der 
Morgendämmerung,  vom  Lager   und  dem  vorerwähnten  Detachement 


1)  Das  Wort  „Kohorten"    beruht  auf  einer  Konjektur,  aher  auf  einer  durchaus 
plausiblen.    Drei  Legionen  in  einem  „castellum"  sind  nicht  denkbar.    S.  S.  851,  Anm.  1. 


S54  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

nicht  weiter  als  1500  Schritte  entfernt,  auf  der  Meerseite  stehen  und 
begann  ein  Lager  zu  befestigen.  (4)  Sobald  dies  Caesar  gemeldet 
wurde,  rief  er  sofort  die  Truppen  von  der  Arbeit  ab,  ließ  im  Lager 
den  Prokonsul  Asprenas  mit  zwei  Legionen  zurück  und  marschierte 
augenblicklich  unter  voller  Gefechtsbereitschaft  (cum  expedita  copia) 
gegen  jenen  Punkt;  (5)  von  der  Flotte  ließ  er  einen  Teil  vor  Thapsus 
zurück,  den  übrigen  Schiffen  befahl  er,  im  Rücken  des  Feindes  so  nahe 
als  möglich  an  das  Ufer  heranzugehen  und  auf  sein  gegebenes  Zeichen 
durch  plötzliches  Kriegsgeschrei  überraschend  den  abgewandten  Feinden 
Schrecken  einzujagen,  damit  sie  gezwungen  seien,  erschrocken  und  ver- 
wirrt ihre  Aufmerksamkeit  nach  hinten  zu  lenken. 

81.  (1)  Als  Caesar  sich  dem  Ziele  näherte,  sah  er  die  Schlacht- 
front des  Scipio  vor  dem  Walle  aufmarschiert  mit  Elefanten  am  rechten 
und  linken  Flügel,  während  nichtsdestoweniger  noch  ein  Teil  der 
Truppen  eifrig  an  der  Lagerverschanzung  arbeitete ;  er  ließ  in  drei  Treffen 
aufmarschieren,  mit  der  X.  und  XIII.  Legion  am  rechten,  der  XIV.  und 
IX.  am  linken  Flügel;  von  der  V.  Legion1)  stellte  er  auf  jedem  Flügel 
je  5  Kohorten  den  Elefanten  gegenüber,  verteilte  die  Bogenschützen 
und  Schleuderer,  sowie  leichte  Truppen  mit  Reiterei  gemischt  gleich- 
falls auf  beide  Flügel  .... 

....  (Folgt  die  Anrede  Caesars  an  die  Truppen,  getrennt  nach 
Veteranen  und  Rekruten.) 

82.  (1)  Während  er  die  Front  abschritt,  gewahrte  er  eine 
Verwirrung  beim  feindlichen  Walle,  ein  verzagtes  Hin-  und  Herlaufen, 
sowie  regelloses  Ein-  und  Ausgehen  durch  die  Tore.  (2)  Da  dies  auch 
von  mehreren  anderen  bemerkt  wurde,  drangen  die  Legaten  und  Evo- 
katen  in  Caesar,  unbedenklich  das  Zeichen  zum  Angriff  zu  geben;  der  Sieg 
selbst  werde  ihm  von  den  unsterblichen  Göttern  dargeboten.  (3)  Caesar 
zögerte  indeß  noch,  suchte  ihren  Eifer  zu  zügeln,  versicherte,  er  wolle 
nicht  nach  Art  eines  Ausfalles  kämpfen,  und  hielt  immer  und  immer 
wieder  die  Front  zurück,  als  plötzlich  gegen  seinen  Befehl  am  rechten 
Flügel  ein  Trompeter,  von  den  Soldaten  gezwungen,  zu  blasen  begann. 
(4)  Sofort  gingen  alle  Kohorten  zum  Angriff  über;  mochten  die  Cen- 
turionen  sich  mit  der  Brust  entgegenstemmen  und  die  Soldaten  mit 
Gewalt  zurückhalten,  damit  sie  nicht  gegen  den  Befehl  des  Feldherrn 
vorgingen;  sie  konnten  nichts  ausrichten. 

1)  Hier  ist  die  gebräuchliche  und  sinngemäße  Konjektur  „quintae  legionis" 
zugrundegelegt.    Vgl.  S.  839,  Anm.  3. 


Thapsus.    Anhang:  Übersetzung  der  Quellenberichte.  855 

83.  (1)  Caesar  erkannte,  daß  die  Begeisterung  der  Truppen 
nicht  mehr  aufzuhalten  sei;  er  gab  die  Losung  „Glück",  bestieg  sein 
Pferd  und  sprengte  persönlich  gegen  die  feindliche  Front.  (2)  Unter- 
dessen überschütten  am  rechten  Flügel  die  Bogenschützen  und  Schleu- 
derer die  Elefanten  mit  Geschossen;  durch  das  Sausen  der  Kugeln, 
den  Hagel  von  Steinen  und  Blei  in  Verwirrung  gebracht,  wenden  die 
Tiere,  treten  die  eigenen  hinter  ihnen  gedrängt  aufgestellten  Truppen 
größtenteils  nieder  und  brechen  durch  die  halbvollendeten  Tore  des 
Walles.  (3)  Desgleichen  wenden  sich  die  maurischen  Reiter,  die  auf 
demselben  Flügel  zur  Deckung  der  Elefanten  aufgestellt  waren,  von 
diesen  verlassen  als  erste  zur  Flucht.  (4)  Kasch  umgehen  nun  die 
Legionen  die  Elefanten  und  erstürmen  den  gegnerischen  Wall;  nach- 
dem die  wenigen  tapferen  Verteidiger  niedergemacht  sind,  wenden  sich 
die  übrigen  in  voller  Flucht  nach  dem  Lager,  von  dem  sie  tags  vorher 
ausmarschiert  waren. 

84.  (enthält  die  Detailschilderung  einer  Episode  aus  dem  Kampfe 
des  linken  Flügels  gegen  die  Elefanten). 

85.  (1)  Unterdessen  unternahm  die  Besatzung  von  Thapsus,  sei 
es  um  die  Ihrigen  zu  unterstützen,  sei  es  um  unter  Preisgabe  der 
Stadt  ihr  Heil  in  der  Flucht  zu  suchen,  einen  Ausfall  durch  das 
Seetor,  indem  sie  trachtete,  bis  zum  Nabel  im  Wasser  watend, 
das  Land  zu  gewinnen.  (2)  Sie  wurde  aber  durch  die  Knechte  und 
Burschen,  welche  sich  im  Lager  befanden,  mit  Steinen  und  Wurf- 
speeren gehindert  an  Land  zu  gehen  und  mußte  sich  in  die  Stadt 
zurückziehen. 

(3)  Unterdessen  nahmen  Caesars  Legionen  unverzüglich  die  Ver- 
folgung der  in  voller  Auflösung  querfeldein  fliehenden  Truppen  Scipios 
auf  und  ließen  ihnen  keine  Muße,  sich  zu  sammeln.  (4)  Als  dieselben 
endlich  bei  dem  Lager,  nach  welchem  sie  gewollt,  anlangten,  in  der 
Absicht,  sich  dort  zu  erholen,  neuerdings  Widerstand  zu  leisten  und 
jemanden  zu  finden,  der  die  Führung  übernehmen  könnte,  fanden  sie 
daselbst  keine  Besatzung  mehr;  da  warfen  sie  die  Schilde  weg  und 
flohen  weiter  nach  dem  Lager  des  Königs.  (5)  Als  sie  dort  ankamen, 
fanden  sie  auch  dieses  von  Caesars  Truppen  besetzt.  Da  verzweifelten 
sie  an  ihrer  Rettung;  sie  machten  auf  einem  Hügel  Halt,  senkten 
die  WTaffen  und  leisteten  die  militärische  Ehrenbezeugung.  (6)  Dies 
half  den  Ärmsten  wenig;  .  .  .  (folgt  die  ausführliche  Schilderung  der 
Niedermetzelung  der  Republikaner). 


856  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg. 

86.  (I)  Nachdem  Caesar  drei  Lager  erobert,  10000  Feinde  ge- 
tötet und  viele  zersprengt  hatte,  ging  er  mit  einem  Verlust  von  nur 
50  Toten  und  etlichen  Verwundeten  in  sein  Lager  zurück  und  ließ  sofort 
vor  der  Stadt  Thapsus  aufmarschieren,  wo  er  64  erbeutete  Elefanten  in 
voller  Ausrüstung  vor  den  Mauern  in  Reih  und  Glied  aufstellte,  in  der 
Absicht,  Vergilius  und  die  übrigen  Belagerten  durch  diesen  Beweis  der 
Niederlage  der  Ihrigen  wo  möglich  zur  Nachgiebigkeit  zu  veranlassen  . . . 

b)  Cassius  Dio. 
(XLIII  7-9.) 

7.  (1)  Als  Caesar  sah,  daß  er  die  Feinde  wegen  ihrer  guten 
Stellungen  nicht  gegen  ihren  Willen  zur  Schlacht  nötigen  konnte, 
marschierte  er  gegen  Thapsus,  um,  wenn  sie  der  Stadt  zu  Hilfe  kämen, 
sie  zur  Schlacht  zu  zwingen,  wenn  nicht,  dieselbe  wegzunehmen. 
(2)  Thapsus  liegt  auf  einer  Art  Halbinsel,  die  auf  der  einen  Seite  vom 
Meer,  auf  der  andern  von  einem  See  begrenzt  wird.  Dadurch  entsteht 
eine  schmale  Landenge,  welche  überdies  so  sumpfig  ist,  daß  man  nur 
auf  zwei  engen  Wegen  von  den  beiden  Enden  der  Sümpfe  längs  der 
Küste  hindurchkommt.  (3.)  Vor  diese  Stadt  nun  rückte  Caesar  durch 
jenes  Defilee  und  schloß  sie  mit  Wall  und  Graben  ein,  ohne  daß  die 
Thapsitaner,  zu  schwach  zur  Gegenwehr,  ihn  daran  zu  hindern  ver- 
mochten. 

8.  (1.)  Dagegen  versuchten  nun  Scipio  und  Juba  das  Ende  der  Land- 
enge beiderseits  dort,  wo  sie  ans  Festland  stößt,  mit  Linien  zu  sperren. 
Während  die  Feinde  damit  beschäftigt  waren  und  die  Arbeit  täglich  um 
ein  gutes  Stück  förderten,  und,  um  die  Verschanzungen  rascher  zu  voll- 
enden, vor  den  noch  unvollendeten  und  daher  dem  Feinde  zu  offenen  Ab- 
schnitten die  Elefanten  aufgestellt  hatten,  (2)  griff  Caesar  plötzlich  den 
Heeresteil  des  Scipio  an;  er  brachte  zunächst  die  Elefanten  durch  Pfeile 
und  Schleudern  in  Verwirrung  und  zum  Weichen,  folgte  ihnen  scharf, 
überrumpelte  die  an  den  Werken  arbeitenden  Truppen,  warf  auch  diese 
in  die  Flucht,  drang  mit  den  Fliehenden  ins  Lager  und  erstürmte  es  im 
ersten  Anlauf.  (3)  Als  dies  Juba  erkannte,  verlor  er  vor  Schrecken  und 
Furcht  total  den  Kopf  und  dachte  weder  an  eine  Schlacht  noch  an  die 
Verteidigung  seines  Lagers.  (4)  Er  floh  in  Eile  in  sein  Reich  zurück  .... 
(Folgt  die  kurze  Erwähnung  seines  Todes.) 

9.  (1)  Caesar  besetzte  sofort  nach  Jubas  Flucht  dessen  Lager 
und  ließ  alle,  auch  die,  welche  sich  ergeben  hatten,  niedermachen  .  . . 


Thapsus.    Anhang:  Übersetzung-  der  Quellenberichte.  857 

c)  Plu  tar  c  h. 
(Caes.  53.) 

Durch  diesen  Erfolg  wurde  Scipio  ermutigt,  eine  Schlacht  zu 
wagen.  Er  ließ  Afranius  und  Juba,  welche  in  geringer  Entfernung 
voneinander  ihre  Lager  hatten,  daselbst  zurück,  und  begann  auf  der 
andern  Seite  des  Sees,  unweit  der  Stadt  Thapsus,  ein  Lager  zu  be- 
festigen, um  sich  damit  einen  Ausgangspunkt  für  die  Schlacht  und 
eine  Zuflucht  für  den  Eückzug  zu  schaffen. 

Während  hier  gearbeitet  wurde,  durchschritt  Caesar  mit  unglaub- 
licher Schnelligkeit  ein  waldiges  und  ein  überraschendes  Anrücken  be- 
günstigendes Terrain,  umging  einen  Teil  (der  Feinde)  und  griff  den  andern 
in  der  Front  an;  erjagte  sie  in  die  Flucht,  und  nützte  sofort  die  Gunst 
des  Glückes,  indem  er  unverzüglich  das  Lager  des  Afranius  nahm  und 
jenes  der  Numider,  aus  dem  Juba  bereits  geflohen  war,  zerstörte.  So 
eroberte  er  in  einem  kleinen  Teil  eines  Tages  drei  Lager  und  tötete 
50,000  Feinde,  während  er  selbst  nicht  einmal  50  verlor. 

d)  A  p  p  i  a  n. 

(b.  c.  II  97.) 

Es  war  dies  übrigens  eine  in  jeder  Hinsicht  schwere  und  vielfach 
schwankende  Schlacht,  welche  erst  gegen  Abend  endlich  mit  Caesars 
Sieg  endete.  Er  eroberte  dann  noch  das  Lager  des  Scipio,  indem  er  sich 
durch  nichts,  auch  nicht  durch  den  Einbruch  der  Nacht,  an  der  Ver- 
folgung des  Sieges  irremachen  ließ.  Die  Gegner  entflohen  einzeln, 
wohin  ein  jeder  eben  konnte  .  .  . 


Situation. 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges. 

(Hierzu  Karte  18—21.) 

Ausgangs-  Als  Caesar  nach  vollendeter  Ratifizierung  des  Orients  im  Herbst 

47  n.  Chr.  in  Rom  eintraf,  sah  er  sich  vor  die  Notwendigkeit 
gestellt,  ungesäumt  einen  neuen  Feldzug  gegen  die  während  seiner 
langen  Abwesenheit  zu  bedeutender  Macht  erstarkten  Republikaner  in 
Afrika  persönlich  zu  eröffnen. 

Letztere  hatten  ihre  Streitkraft  auf  10  Legionen  und  gegen 
10000  Reiter  gebracht;  außerdem  hatte  König  Juba  von  Numidien 
4  Legionen  und  eine  bedeutende  Zahl  von  Reitern  und  leichten 
Truppen  ins  Feld  gestellt1).  Den  nominellen  Oberbefehl  führte 
Q.  MetellusScipio;  als  eigentlicher  Leiter  des  Feldzuges  ist  T.  La- 
bien us  zu  betrachten2). 

Zur  Zeit,  als  Caesar  die  Eröffnung  des  Feldzuges  vorbereitete, 
stand  die  Hauptkraft  der  Republikaner,  8  Legionen  mit  dem  größten 
Teile  der  Leichten  und  der  Reiterei,  bei  der  Hauptstadt  Utika;  2  Le- 
gionen und  700  Reiter  unter  Considius  standen  in  der  nächstwichtigsten 
Hafenstadt  Hadrumetum,  dem  Hauptorte  der  Ostküste,  kleinere  Be- 
satzungen in  Thapsus  und  anderen  Städten;  die  Flotte  unter  Attius 
Varus  und  Octavius  lag  vor  Utika  eingewintert.  Juba  stand  mit 
seiner  ganzen  Macht  noch  in  Numidien ;  schmollend,  daß  ihm  der  Ober- 
befehl nicht  übertragen  worden  war,  wollte  er  seine  Verbündeten 
erst  ordentlich  ins  Gedränge  kommen  lassen,  um  dann,  wie  seinerzeit 
am  Bagradas,  als  Retter  in  der  Not  auf  dem  Schauplatz  zu  erscheinen 
und  damit  schließlich  doch  die  führende  Rolle  an  sich  zu  reißen. 

Caesar  hatte,  nach  Dämpfung  der  nicht  unbedenklichen  Meuterei 
seiner  Veteranen,  folgende  Truppen  für  den  Feldzug  bestimmt: 

Die  IX.,  X.,  XIII.  und  XIV.  Legion,  die  zur  Zeit  seiner  Rückkehr 
aus  dem  Orient  in  Campanien  standen; 

1)  Siehe  Beilage  I. 

2)  Siehe  Beilage  II, 


Zusammenhängende  Darstellung-  des  Feldzuges.  859 

die  V.  Veteranenlegion,  die  den  mazedonischen  Feldzug  nicht  mit- 
gemacht hatte,  sondern  wahrscheinlich  in  Spanien  geblieben  war; 

die  XXV.  (?)  und  XXVI.  italische  Rekrutenlegion  aus  Sizilien; 

die  XXVIIL,  XXIX.  und  XXX.  Rekrutenlegion  aus  Spanien.  Zu- 
sammen 10  Legionen  (5  Veteranen,  5  Rekruten),  dazu  gegen  4000 
Reiter  und  eine  beschränkte  Zahl  von  leichten  Truppen1). 

Als  Sammelpunkt  war  Lilybäum  angegeben;  die  sizilischen  und 
spanischen  Legionen  trafen  zuerst  dortselbst  ein,  zuletzt  die  Veteranen 
aus  Campanien. 

Auf  der  stattlichen  Flotte,  die  zum  Transport  ebenda  zusammen- 
gezogen wurde,  dienten  7  Kohorten,  die  seinerzeit  von  Vatinius  aus 
Rekonvaleszenten  der  gallischen  Veteranenlegionen  in  Brundisium  gebildet 
worden  waren. 

Wie  die  Republikaner  mit  Juba  von  Numidien,  so  hatte  Caesar  mit 
den  beiden  mauretanischen  Königen  Bogud  und  Bocchus  ein  Bündnis 
geschlossen;  im  Verbände  mit  ihnen  kämpfte  der  ehemalige  Catilinarier 
P.Sittius  mit  einer  ansehnlichen,  selbstgebildeten  Streitmacht  und  Flotte. 

Kaum  waren  die  sizilischen  und  spanischen  Legionen  in  Lilybäum  überfahrt  nach 
versammelt,  als  Caesar,  ohne  die  Ankunft  der  italischen  abzuwarten,  £rstef^rr1aknasport 
mit  ihnen  und  2000  Reitern  in  See  ging  (9.  Oktober2)  47).  Sein  Plan 
war,  da  er  offenbar  bei  Utika  erwartet  wurde,  überraschend  bei 
Hadrumetum  zu  landen,  diese  von  2  Legionen  besetzte  Stadt  mit  seiner 
dreifachen  Übermacht  zu  überrumpeln  und  damit  nicht  nur  die  feindliche 
Streitkraft  vom  ersten  Beginn  an  empfindlich  zu  schwächen,  sondern 
sich  auch  zugleich  eines  wichtigen  und  günstig  gelegenen  Stützpunktes 
am  Meere  zu  bemächtigen.  Im  Sinne  der  geplanten  Überraschung  wurde 
das  Fahrtziel  selbst  vor  den  eigenen  Truppen  geheim  gehalten3). 

Indes  widrige  Stürme  trennten  den  Transport;  am  vierten  Tage 
der  Fahrt  landete  Caesar  endlich  mit  23  Kohorten  und  150  Reitern, 
wozu  noch  die  7  Flottenkohorten  kamen,  bei  Hadrumetum.  Die  Ge- 
heimhaltung des  Fahrtzieles  erwies  sich  jetzt  als  Nachteil:  die  ab- 
getrennten Schiffe  wußten  nicht,  wohin  sie  sich  zu  wenden  hatten. 

Mit  der  kleinen  Streitmacht  war  natürlich   der   geplante   Hand- 

1)  Siehe  Beilage  I. 

2)  Die  Daten  sind,  mit  Rücksicht  auf  die  militärische  Würdigung,  durchwegs 
in  den  neuen  Stil  umgerechnet. 

3)  Diese  meines  Wissens  noch  nirgends  ausgesprochene  Auffassung  von  Caesars 
ursprünglicher  Absicht  ergibt  sich  unschwer  aus  den  Daten,  die  uns  betreffs  seiner 
Überfahrt  berichtet  werden;  vgl.  Beil.  III  S.  903. 


S60  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

streich  auf  Hadrumetum  ausgeschlossen;  ein  Versuch,  unter  dem  Ein- 
drucke der  ersten  Verblüffung  den  Kommandanten  des  Platzes,  ähn- 
lich wie  einst  Cassius  am  Hellespont,  zu  einer  übereilten  Kapitulation 
zu  verleiten,  mißlang  gleichfalls.  Da  überdies  Cn.  Piso  mit  einem 
starken  Kavalleriekorps  zur  Unterstützung  des  Considius  eintraf,  mußte 
Caesar  schleunigst  sich  nach  einem  andern  Stützpunkt  am  Meere,  den 
er  nicht  entbehren  konnte,  umsehen. 

Von  Hadrumetum  nach  Süden  schweifend,  erblickt  das  Auge  in 
der  Entfernung  eines  kleinen  Marsches  eine  scharf  in  das  Meer  vor- 
springende Halbinsel,  gebildet  aus  einem  flachen  Plateau,  das  an  der 
Landseite  mit  steilem  Abfall  endet:  eine  natürliche  Festung,  als 
solche  von  Hadrumetum  deutlich  erkennbar.  Dahin  brach  Caesar  am 
nächsten  Morgen  (13.  Oktober)  auf.  Sofort  wurde  sein  Lager  vom 
Feinde  besetzt  und  seine  Nachhut  während  des  ganzen  Marsches 
durch  die  feindlichen  Reiter  empfindlich  belästigt.  Indes  er  fand, 
was  er  suchte,  und  besetzte  die  auf  dem  landseitigen  Rande  des  er- 
wähnten Plateaus  gelegene  Stadt  Kuspina  (Henschir  Tenir,  S.  776 ff.), 
i.  Periode:  Jetzt  brauchte  er  noch  einen  Hafen.    Ruspina  besaß,    drei   Kilo- 

Ruspma.  meter  von  fler  Stadt  entfernt,  einen  mäßigen  Ankerplatz;  aber  12  Kilo- 
meter weiter  lag  die  Stadt  Leptis  minor  (Lemta)  mit  einem  guten 
Hafen.  Caesar  marschierte  am  folgenden  Tage  dorthin,  legte  eine  Be- 
satzung von  6  Kohorten  hinein  und  kehrte  tags  darauf  wieder  nach 
Ruspina  zurück,  wo  er  umfassende  Vorsorgen  für  eine  ausgibige  Ver- 
proviantierung traf. 

Indessen  begann  er  um  das  Schicksal  der  verschlagenen  Schiffe  ernst- 
lich besorgt  zu  werden.  Von  Leptis  aus  waren  10  Schiffe  abge- 
gangen, sie  zu  suchen,  während  ein  Teil  unter  Sallustius  Crispus  nach 
der  Insel  Cercina  fuhr,  um  Proviant  zu  beschaffen,  und  der  Rest  nach 
Sizilien  zurückging,  um  die  italischen  Legionen  nachzuholen.  Nach 
Ruspina  zurückgekehrt,  fand  Caesar  noch  immer  keine  Nachricht  von 
den  Vermißten.  Die  Lage  war  kritisch;  wenn  der  Feind  mit  seiner 
Hauptkraft  jetzt  herbeikam,  blieb  nichts  übrig  als  die  Provinz  zu 
räumen.  Um  dies  im  Notfall  rasch  durchführen  zu  können,  ließ 
Caesar  die  Kavallerie  gleich  im  Hafen  von  Ruspina  einschiffen;  er 
selbst  ging  am  Abende  desselben  Tages  mit  den  7  Flottenkohorten 
gleichfalls  an  Bord,  während  P.  Sarsena  mit  den  übrigen  Truppen  in 
Ruspina  zurückblieb.  Seine  Absicht  war,  am  nächsten  Morgen  selbst 
auf  die  Suche  nach  den  verlorenen  Schiffen  auszufahren.     Indes  kaum 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  861 

hatte  er  im  Morgengrauen  die  Anker  gelichtet,  als  der  ersehnte  Trans- 
port in  Sicht  kam. 

Nun  hatte  Caesar  seine  6  Legionen  und  2000  Reiter  beisammen; 
mit  dieser  Macht  konnte  er  sich  auf  dem  Plateau  von  Ruspina  un- 
schwer halten,  bis  die  ganze  Armee  vereinigt  war.  Mit  der  Her- 
richtung der  Stellung  wurde  sofort  durch  Schlagen  eines  Lagers  auf 
dem  Plateaurande  neben  der  Stadt  (S.  781  ff.)  begonnen;  zugleich  ging 
Caesar  mit  einem  Korps  von  30  Kohorten,  450  Reitern  und  150  Bogen- 
schützen in  die  vorliegende  Ebene,  um  in  großem  Stile  zu  requirieren. 

Indessen  war  die  Meldung  des  Considius  von  Caesars  unerwarteter  Gegenoffensive 
Landung  nach  Utika  gelangt;  auch  die  geringe  Zahl  der  zunächst  ge- 
landeten Truppen  war  kein  Geheimnis.    Augenblicklich  brach  Labie- 
nus  mit  dem  Gros  der  Kavallerie  und  leichten  Infanterie  auf;  Petreius 
mit  einem  zweiten  Korps  folgte1). 

Das  Unglaubliche  gelang:  den  größten  Meister  der  Überraschung 
vollständig  zu  überraschen.  Fast  5  Kilometer  war  Caesar  mit  seinem 
beinahe  nur  aus  Infanterie  bestehenden  Requisitionskorps  von  Ruspina 
entfernt,  als  die  Annäherung  der  feindlichen  Masse  gemeldet  wurde; 
große  Staubwolken  bestätigten  die  Meldung. 

An  ein  Erreichen  des  schützenden  Plateaurandes  von  Ruspina 
war  nicht  mehr  zu  denken;  man  mußte  den  Kampf  aufnehmen. 
Sofort  wurden  die  in  der  Ebene  zerstreuten  Reiter  und  Bogen- 
schützen zurückgerufen;  während  das  Korps  die  taktischen  Verbände 
herstellte  und  langsam  vorrückte,  ritt  Caesar  mit  kleinem  Gefolge  zur 
Rekognoszierung  vor. 

Labienus  entwickelte  auf  den  die  Ebene  im  Westen  begrenzenden  Treffen 
flachen  Hügeln  eine  lange  Front,  aus  leichtem  Fußvolk  und  Reiterei  ge-  b^  Ruspina* 
mischt;  seine  1600  schweren  gallisch-germanischen  Reiter  waren  auf 
beide  Flügel  verteilt.  Wie  die  Legionen  des  Crassus  seinerzeit  bei 
Karrhae  durch  die  leichten  pfeilgewandten  Parther,  wie  das  Korps 
Curios  durch  Juba  am  Bagradas,  so  sollten  Caesars  auf  den  Nah- 
kampf geschulte  Kohorten  durch  die  Übermacht  der  leichten  Nu- 
mider  zunächst  allseits   eingeschlossen,   bei   konsequentem  Vermeiden 

1)  Da  Caesar  am  12.  Oktober  gelandet  war,  am  17.  bereits  das  Gefecht  bei 
Ruspina  stattfand,  und  auf  die  Überbringung"  der  Meldung  des  Considius  doch 
mindestens  1  Tag  und  1  Nacht  zu  rechnen  ist,  so  hat  Labienus  die  zirka  180  Kilo- 
meter lange  Strecke  Utika-Ruspina  in  4  Tagen  zurückgelegt;  eine  seines  großen 
Meisters  würdige  Leistung,  die  allerdings  durch  den  Zweck  der  beabsichtigten  Über- 
raschung geboten  war. 


862  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

jedes  Handgemenges  durch  einen  ununterbrochenen  Fernkampf,  dem 
ihrerseits  zu  begegnen  sie  nicht  imstande  waren,  bis  zum  Zusammen- 
bruche ihrer  Widerstandskraft  ermüdet  und  dann  vernichtet  werden. 
Doch  Caesar  war  kein  Crassus.  Statt  wie  dieser  der  feindlichen 
Übermacht  gegenüber  von  Hause  aus  ein  Karree  zu  bilden,  tat  er  gerade 
das  Gegenteil,  sogar  so  extrem  wie  möglich:  er  bildete  eine  Aufstellung 
aller  30  Kohorten  in  einem  Treffen;  die  wenigen  Reiter  wurden 
überdies  weit  vor  und  auswärts  der  Flügel  vorgeschoben.  So  schuf  er 
eine  immerhin  respektable  Front,  welche  dem  Feinde  die  Überflüge- 
lung  wesentlich  erschwerte  oder  doch  dieselbe  verzögerte.  Den  Ver- 
zicht auf  jede  Reserve  mußte  die  Qualität  der  Truppen  ausgleichen. 
Die  schwere  Kavallerie  des  Labienus  eröffnete  in  breiter  Front 
von  den  Hügeln  herab  den  Angriff.  Nach  tapferem  Widerstände 
wichen  Caesars  Reiter  vor  der  Übermacht  in  die  Linie  der  Infanterie 
zurück.    Jetzt  erst  kamen  die  Fronten  zum  Zusammenstoß. 

Frontal  konnten  die  Numider  den  Kohorten  nicht  viel  anhaben, 
zumal  Caesar  ihre  Lieblingstaktik,  einzelne  Abteilungen  durch  ver- 
stellte Flucht  zu  isoliertem  Vorprellen  zu  verleiten  und  dann  zu  um- 
zingeln, durch  das  Verbot  des  Vorstoßens  illusorisch  machte.  Als 
aber  endlich  die  Überflügelung  gelungen  war,  wurde  die  Lage  kritischer. 
Die  noch  nicht  kriegsharten  Rekruten  begannen  durch  das  Erscheinen 
feindlicher  Kavallerie  im  Rücken  ängstlich  zu  werden;  die  Flügel 
gingen  schon  zurück,  alles  drängte  gegen  die  Mitte.  An  Offensive 
dachte  niemand  mehr;  alles  blickte  auf  den  Feldherrn,  der  in  seiner 
bekannten  heitern  Ruhe  die  Ereignisse  an  sich  herankommen  ließ. 
Sein  Anblick  hielt  die  Soldaten  aufrecht;  sie  sahen  es  ihm  an,  daß  er 
noch  seinen  Plan  hatte,  und  hielten  aus  .  . 

Und  Caesar  hatte  seinen  Plan.  Die  Überflügelung  war  nicht 
mehr  zu  verhindern,  die  Möglichkeit  der  weiten  Ausdehnung  konnte 
dem  Gegner  nicht  verwehrt  werden.  Wenn  aber  Caesar  durch  Zu- 
sammenschieben der  eignen  auch  die  feindliche  Linie  zur  Verengung 
veranlaß te  und  dann  plötzlich,  ehe  jene  dem  Gedankengange  seines 
Planes  zu  folgen  vermochten,  überraschend  sich  wieder  ausdehnte; 
wenn  er  damit  wenigstens  für  einen  Augenblick  den  Gegner  des 
Überlegenheitsmoments  der  Frontausdehnung  beraubte,  und  in  eben 
diesem  Augenblicke,  noch  bevor  jener  das  frühere  Verhältnis  wieder 
hergestellt  hatte,  die  Entscheidung  erzwang,  —  dann  hatte  er  die 
gegnerische   Überlegenheit  eben   für   den   entscheidenden  Augenblick 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  863 

ausgeschaltet    und    damit    den    Feind    seiner    vornehmsten    Chance 
beraubt.  — 

Ohne  ernstlichen  Widerstand  ließ  Caesar  das  Zusammenschieben 
der  Flügel  geschehen,  bis  der  Ring  des  Feindes  sich  geschlossen  und 
damit  auf  engen  Raum  zusammengezogen  hatte.  Diesen  Moment  hatte 
er  abgewartet.  Jetzt  gab  er  den  bange  harrenden  Kohorten  den  Be- 
fehl, in  plötzlicher  rascher  Offensive  in  der  Richtung  der  Flügel  die 
frühere  Front  wiederherzustellen.  Im  nächsten  Augenblick  war  der 
dichte  Knäuel  der  Numider  durchbrochen  und  in  zwei  Teile  getrennt, 
und  beide  Flügel  der  caesarianischen  Front  ragten  merklich  hinaus 
über  die  zwei  feindlichen  Klumpen,  die  in  der  ersten  Verblüffung 
nicht  sofort  daran  dachten,  in  gleicher  Schnelligkeit  der  expansiven 
Bewegung  zu  folgen.  Diese  Situation  augenblicklich  ausnützend,  ließ 
Caesar  jede  zweite  Kohorte  die  Front  verkehren  und  sofort  in  beiden 
Richtungen  offensiv  vorgehen.  Die  zuvor  zwischen  die  Kohorten  zu- 
rückgenommene Kavallerie  brach  zugleich  in  der  Richtung  der  Flügel 
heraus.  Um  diese  Zeit  mußte  Labienus,  dessen  verwundetes  Pferd  sich 
mit  ihm  überschlagen  hatte,  vom  Platze  getragen  werden. 

Die  voneinander  getrennten  Gruppen  des  feindlichen  Korps,  ver- 
blüfft durch  das  unerwartete  Manöver,  verzagt  durch  den  Fall  des 
Anführers  wie  durch  die  verlorene  Verbindung  und  jede  für  sich 
zu  schwach,  um  sofort  neuerdings  die  Überflügelung  zu  versuchen, 
trachteten  sich  schleunigst  vom  Feinde  loszumachen,  um  sich  wieder 
vereinigen  zu  können;  diesen  Moment  benutzte  Caesar,  um  seine 
Truppen  zu  sammeln  und  in  Ordnung  den  Rückmarsch  auf  das  Plateau 
von  Ruspina  anzutreten. 

Noch  aber  war  der  Kampf  für  diesen  Tag  nicht  zu  Ende.  Caesars 
Korps  befand  sich  noch  mitten  in  der  Ebene  im  Rückmarsch,  als 
Petreius  mit  seinen  1600  frischen  Reitern  und  leichten  Numidern 
auf  dem  Schlachtfelde  eintraf,  die  Truppen  des  Labienus  raillierte  und 
sich  auf  die  Nachhut  der  Caesarianer  warf. 

Zum  zweitenmale  mußte  Caesar  den  Kampf  mitten  in  der  Ebene 
aufnehmen.  Wieder  begann  das  alte  Spiel.  Bald  waren  die  Kohorten 
und  die  total  erschöpften  Reiter  abermals  umzingelt,  und  die  Situation 
begann  kritisch  zu  werden.  Indessen  der  Tag  ging  zur  Neige;  wenn 
es  gelang,  sich  bis  zum  Einbruch  der  Dunkelheit  zu  halten,  so 
konnte  man  hoffen,  unter  dem  Schutze  derselben  den  Rückzug  unbe- 
helligt zu  bewerkstelligen.    Nur    schien    es   fraglich,    ob   es  möglich 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder.  III.  >P>5 


864  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

war,  sich  in  der  offenen,  hindernislosen  Ebene  noch  so  lange  passiv 
zu  halten;  nur  ein  neuerlicher  Offensivstoß  konnte  sichere  Rettung 
bringen.  Caesar  wählte  den  Ausweg,  den  Curio  am  Bagradas  ohne 
Erfolg  versucht:  den  Durchbrach  auf  die  Höhen.  Das  schützende 
Rideau  von  Ruspina  war  zu  diesem  Zwecke  viel  zu  ferne:  man 
mußte  die  Höhen  zu  erreichen  trachten,  über  welche  die  Feinde  ge- 
kommen waren.  Plötzlich  und  überraschend  setzte  Caesar  alle  Kräfte  zum 
Durchbruche  ein;  die  Feinde  wichen  wie  jedesmal,  entschlossen,  sobald 
die  Legionare  in  der  Vorrückung  einhielten,  neuerdings  über  sie  her- 
zufallen. Aber  diese  hielten  nicht  an,  bis  auf  die  Hügelkette  drangen 
sie  vor  und  setzten  sich  auf  derselben  fest. 

Jetzt  sank  endlich  im  Westen  die  Sonne,  und  die  rasch  ein- 
brechende Dunkelheit  zwang  die  Feinde,  deren  zweiter  Führer  Pe- 
treius  gleichfalls  verwundet  worden  war,  von  neuen  Angriffen  abzu- 
sehen und  das  Schlachtfeld  zu  räumen.  Caesar  war  gerettet  und 
führte  die  Truppen  unter  dem  Schutze  der  Nacht  ungefährdet  ins 
Lager  zurück.  Er  hatte  eine  der  gefährlichsten  Situationen  seiner 
ganzen  Laufbahn  glücklich  überwunden. 
Anmarsch  der  Der  von  Labienus  mit  ebensoviel  Geschick   als  Energie  in  Szene 

reHraptarmee.en gesetzte  Überrumpelungsversuch  war  nicht  ganz  geglückt;  die  Repu- 
blikaner mußten  sich  zu  einer  geordneten  Kriegsführung  entschließen, 
wobei  ihnen  immerhin  der  Vorteil  blieb,  daß  Caesars  Armee  noch  lange 
nicht  beisammen  war,  seine  besten  Truppen  vielmehr  noch  ausstanden; 
man  konnte  also  auf  einige  Zeit  noch  mit  der  effektiven  Übermacht 
rechnen,  und  es  galt,  diese  Zeit  womöglich  zur  Entscheidung  auszunützen. 
Labienus  scheint  dies  auch  gleich  vom  Schlachtfelde  von  Ruspina  weg 
energisch  betrieben  zu  haben;  denn  schon  zwei  Tage  später  setzte  sich 
Scipio,  nach  Zurücklassung  einer  kleinen  Besatzung  unter  Catos  Kom- 
mando, von  Utika  in  Marsch  und  traf  nach  6  Tagen  (25.  Oktober)  mit 
8  Legionen  und  dem  Rest  der  Kavallerie  bei  Labienus  ein,  mit  dem  ge- 
meinsam er  in  der  Ruspina  gegenüberliegenden  Ebene  am  Ou.  Melah, 
2V2  Kilometer  unterhalb  der  am  rechten  Ufer  dieses  periodischen 
Wasserlaufes  gelegenen  Stadt  Uzita  (Henchir  el  Makreeba,  S.  797), 
ca.  4  V-2  Kilometer  von  Caesars  Stellung,  ein  Lager  schlug  (S.  783 f.). 
Auch  Juba  war  um  dieselbe  Zeit  aufgebrochen,  um  nicht  die  an- 
scheinend leichte  Vernichtung  des  isolierten  feindlichen  Korps  seinen 
Verbündeten  allein  zu  überlassen.  Schon  näherte  er  sich  Scipio,  als 
er  Nachricht  erhielt,  daß  Sittius  und  Bocchus  von  Westen  in  sein  Reich 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  865 

eingefallen  seien,  letzterer  sogar  seine  Hauptstadt  C  i  r  t  a  (Constantine) 
erobert  habe.  Das  bewog  ihn  denn  doch  umzukehren ;  er  entzog  seinem 
Bundesgenossen  auch  einen  Teil  der  beigestellten  leichten  Truppen 
und  ließ  ihm  dafür  30  noch  unabgerichtete  Elefanten  zurück,  von 
denen  Scipio  mehr  Scherereien  als  Nutzen  hatte. 

Indessen  wäre  die  republikanische  Armee  auch  allein  dem  Gegner 
überlegen  gewesen;  allein  aus  der  ersehnten  Entscheidung  wurde 
nichts.  Caesar  hatte  sofort  nach  der  Schlacht  seine  von  Natur  aus 
starke  Position  mit  allen  Mitteln  zu  einer  unangreifbaren  Festung 
ausgestaltet,  in  der  er  in  ruhiger  Sicherheit  die  erwarteten  Verstär- 
kungen abwarten  konnte  *).  Der  ganze  Plateaurand  war  durchlaufend 
befestigt  worden,  indem  vom  Lager  nach  Norden,  von  der  Stadt  nach 
Südosten  je  eine  Linie  bis  ans  Meer  gezogen  wurde;  vor  dieser  Linie 
wurden  Annäherungshindernisse  verschiedenster  Art,  wie  einst  bei 
Alesia,  hergestellt,  besonders  im  südlichen  Abschnitt,  der  infolge  des 
hier  flacher  abfallenden  Terrains  von  Natur  aus  schwächer  war;  mar- 
kante Punkte  wurden  durch  eigene  Schanzen  gesichert.  Der  Wach- 
und  Bereitschaftsdienst  ward  streng  geregelt  und  gehandhabt,  die  schwie- 
rige Verpflegung  peinlich  geordnet,  zur  Herstellung  und  Instand- 
haltung der  Kriegsmittel  wurden  große  Werkstätten  in  Betrieb  gesetzt. 

Besondere  Sorgfalt  ward  der  jetzt  besonders  wichtigen  Seever- 
bindung gewidmet.  Eine  eigene  Eskader  stand  zum  Schutze  der  Ver- 
bindung mit  Sizilien  und  der  verschiedenen  Requisitionskommanden  in 
permanentem  Dienst;  je  eine  weitere  beobachtete  die  nächsten  feind- 
lichen Häfen  Hadrumetum  und  Thapsus. 

Dem  fühlbaren  Mangel  an  leichten  Truppen  suchte  Caesar  durch 
Heranziehung  der  Schiffsmannschaft  zu  dieser  Dienstverwendung 
einigermaßen  abzuhelfen.  Auch  Elefanten  hatte  er  sich  aus  Sizilien 
kommen  lassen,  nicht  um  sie  im  Gefechte  zu  verwenden,  sondern  um 
seine  Truppen  im  Kampfe  mit  ihnen  zu  schulen;  eine  ganz  besondere 
Ausbildung  erhielt  hierin  auf  ihre  eigene  Bitte  die  V.  Legion.  — 

Unter  diesen  Umständen  ward  die  Hoffnung  der  Republikaner, 
die  Entscheidung  vor  der  Ankunft  der  caesarianischen  Verstärkungen 
zu  erzwingen,  vollständig  zu  Wasser.  Alle  Schlachtangebote  Scipios 
beantwortete  Caesar  mit  absoluter  Passivität.    Ein  Handstreich   des 

1)  Dadurch  erscheint  der  von  Fröhlich  (Nr.  9,  p.  81)  und  andern  dem  repu- 
blikanischen Feldherrn  gemachte  Vorwurf,  daß  er,  „statt  die  augenblickliche  Ohn- 
macht der  Gegner  zu  benutzen,  untätig  im  Lager  stand",  ganz  wesentlich  abgeschwächt. 

55* 


866 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg1. 


Der  zweite 
Transport. 


Caesars 
Offensive. 


Labienus  auf  Leptis  war  mißglückt;  desgleichen  belagerte  Considius 
mit  8  Kohorten  vergeblich  Acylla,  eine  unweit  Leptis  gelegene  Land- 
stadt (Kasser  Helal),  die  Caesar  kurz  vorher  in  seine  Gewalt  gebracht 
und  mit  einer  Besatzung  versehen  hatte  (S.  823  f.). 

Da  traf  am  2.  November  der  zweite  Transport  aus  Sizilien  im 
Hafen  von  Ruspina  ein.  Er  brachte  die  XIII.  und  XIV.  Legion, 
1000  Leichte  und  800  gallische  Reiter. 

Jetzt  stand  die  Wage  gleich,  und  sofort  beschloß  Caesar  zur 
Offensive  überzugehen.  In  der  Nacht  vom  7.  auf  den  8.  November 
wurde  die  ganze  Armee  in  aller  Stille  beim  Lager  bereitgestellt;  dann 
ging  der  Marsch  an  Ruspina  vorbei  und  durch  die  südlich  der  Stadt 
befindliche  Mulde  hinab  in  die  Ebene,  hier  sofort  linker  Hand  gegen 
die  Küste  und  längs  dieser  bis  an  die  letzten  Ausläufer  jenes  Hoch- 
plateaus, das  die  Ebene  des  Ou.  Melah  im  Osten  begrenzt.  Dieses 
Plateau  war  Caesars  nächstes  Ziel. 


II.  Periode: 
Uzita. 


Der  Kampf  um 

den  ersten 

Hügel. 


Der  Ostrand  dieses  Plateaus  war  durch  tiefeinschneidende,  stark 
verzweigte  Racheln  vielfach  gegliedert;  die  dazwischen  liegenden  er- 
höhten Partien  beherrschten  in  Gestalt  vorspringender  Hügel  sehr 
ausgesprochen  die  vorliegende  Ebene ;  auf  einigen  derselben,  gegen  das 
Meer  zu,  standen  uralte  Wachtürme.  Den  dritten  vom  Meere  aus  ge- 
rechnet, heute  Het  el  Guebla,  über  den  die  Straße  aus  der  Ebene  des 
Ou.  Melah  gegen  Leptis  und  Thapsus  führte,  hatte  Scipio  durch  einen 
Posten  numidischer  Reiter  besetzt  (S.  797  f.). 

Im  ersten  Morgengrauen  des  8.  November  stieg  Caesars  Armee, 
noch  immer  unentdeckt,  von  der  Küste  auf  den  rückwärtigen,  höheren, 
aber  von  der  Ebene  wegen  der  vorspringenden  Hügel  nicht  sichtbaren 
Teil  des  Plateaus  hinauf.  Die  Hügel  selbst  wurden  in  der  Reihen- 
folge, in  der  man  sie  passierte,  durch  abzweigende  Detachements  be- 
setzt und  sofort  befestigt.  Erst  als  man  sich  dem  Posten  auf  dem 
Het  el  Guebla  näherte,  wurde  der  Vormarsch  entdeckt.  Scipio  alar- 
mierte sofort;  während  die  Infanterie  auf  etwas  über  V«  Kilometer 
vom  Lager  stehen  blieb,  ging  die  Kavallerie  unter  Labienus  auf  eine 
römische  Meile  (ca.  1  lfo  Kilometer)  vor. 

Nun  war  der  Ausmarsch  Caesars  verraten,  aber  der  Zweck  war 
erreicht;  man  hatte  auf  dem  Plateau  festen  Fuß  gefaßt.  Caesar  ließ 
die  Legionen  bis  in  die  Linie  der  Hügel  vorgehen  und  die  ganze 
Front,  soweit  man  sie  besetzt  hatte,  verschanzen;   zur  Deckung  der 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  867 

Arbeit  wurde  die  Kavallerie  an  den  Fuß  der  Hügel  vorgeschoben, 
und  gleichzeitig  der  feindliche  Posten  auf  dem  Het  el  Guebla  von  einer 
spanischen  Eskadron  angegriffen  und  ins  Tal  hinabgeworfen.  Er  floh 
uach  Süden,  und  Labienus  ging  mit  dem  rechten  Flügel  seiner 
Kavallerie  zu  seinem  Schutze  nach.  Caesar  ließ  ihn  eine  entsprechende 
Entfernung  erreichen,  dann  sandte  er  den  linken  Flügel  seiner  Reiterei 
ebendahin  ab,  dem  es  gelang,  durch  ein  ausgedehntes  Gehöft  gedeckt, 
lie  Reiter  des  Labienus  überraschend  im  Rücken  anzugreifen  und  voll- 
kommen zu  werfen ;  nur  durch  den  Todesmut  einer  gallisch- germanischen 
Abteilung,  die  sich  für  ihren  Anführer  opferte,  wurde  Labienus  ge- 
rettet.   Scipio  ging  schleunigst  ins  Lager  zurück. 

Caesar  war  nun  Herr  des  Plateaus,  und  begann  sich  gemächlich 
auf  demselben  einzurichten. 

Äußerlich  hatte  die  neue  Stellung  manche  Ähnlichkeit  mit  der 
früheren.  Auch  sie  war  eine  ausgesprochene  „Position".  Während 
aber  jene  eine  reine  Defensivstellung  war,  aus  der  ein  offensives  Vor- 
gehen nur  durch  List,  bei  Nacht  und  Nebel,  möglich  gewesen,  ge- 
währte diese  ungehinderte  Bewegungsfreiheit  nach  allen  Seiten,  und 
sie  hatte  vor  allem  Land  hinter  sich,  was  für  die  wichtige 
Verpflegsfrage  schwer  in  die  Wagschale  fiel.  Ein  weiterer  Vorteil 
war,  daß  man  nicht  mehr  auf  die  primitive  Rhede  von  Ruspina  an- 
gewiesen war,  sondern  sich  direkt  auf  den  guten  Hafen  von  Leptis 
basieren  konnte.  Tatsächlich  wurde  die  ganze  caesarianische  Flotte, 
soweit  sie  nicht  mit  Spezialaufgaben  betraut  war,  dort  vereinigt. 

Am  liebsten  hätte  Caesar  allerdings  jetzt  die  Entscheidung  durch 
eine  Hauptschlacht  herbeigeführt;  allein  nun  verweigerte  Scipio  jeden 
Kampf  unter  gleichen  Chancen.  Er  hatte  die  Stadt  Uzita  stark  be- 
setzt und  wußte  sich,  so  oft  Caesar  die  Schlacht  anbot,  stets  so  auf- 
zustellen, daß  ihm  die  Stadt  Front  oder  Flanke  deckte  und  einen 
Angriff  Caesars  aussichtslos  erscheinen  ließ. 

Den  heillosesten  Schrecken  aber  hatte  Caesars  überraschendes 
Vorbrechen  Considius  eingejagt,  der  noch  immer  Acylla  belagerte  und 
nun  die  ganze  feindliche  Macht  zwischen  sich  und  der  eigenen  Haupt- 
armee eingeschoben  sah;  zudem  hatten  die  Belagerten  in  einem  Aus- 
falle seine  ganzen  Werke  zerstört.  Er  brach  also  schleunigst  auf  und 
?ing  auf  einem  großen  Umwege,  der  ihn  bis  über  die  numidische  Grenze 
geführt  haben  soll,  nach  Hadrumetum  zurück.  Scipio  aber  nahm  ihm 
die  Hälfte  seines  Korps  weg  und  zog  sie  zur  Hauptarmee.    Gleichzeitig 


S6S  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg. 

wurde  alles  in  Bewegung  gesetzt,  um  Juba  zum  schleunigen  Anmars 
zu  bewegen. 

jubas  Ankunft.  Der    König    kam.     Saburra   blieb    mit    einer    Legion    und    ent- 

sprechenden leichten  Truppen  im  Reiche  gegen  die  mauretanischen 
Könige  und  Sittius  zurück;  Juba  aber  traf  mit  3  Legionen,  einem 
starken  Kavalleriekorps  und  leichten  Truppen,  dann  30  Elefanten  bei 
Scipio  ein,  und  schlug  neben  dessen  Lager  sein  eigenes  (S.  805). 

Caesar  hatte  bisher  gehofft,  wenigstens  nach  vollständiger  Ver- 
einigung der  feindlichen  Kräfte  die  Schlacht  unter  gleichen  Bedingungen 
schlagen  zu  können  und  sich  daher  mit  der  Ausgestaltung  der  Stellung 
Zeit  gelassen.  Seine  Hoffnung  erfüllte  sich  nicht;  auch  das  vereinigte 
Heer  ging  über  die  gesicherte  Linie  nicht  recht  heraus.  So  sah  er 
sich  genötigt,  den  ihm  wenig  sympathischen  reinen  Positionskrieg  mit 
allen  Mitteln  wieder  aufzunehmen. 

Zunächst  breitete  er  sich  weiter  gegen  Süden  aus,  indem  er  die 
nächsten  Hügel  in  die  Stellung  einbezog.  Bei  den  beiden  ersten  der- 
selben, dem  Het  el  Ressas  und  Rhar  ed  Deba,  ging  es  ohne  Kampf  ab; 
als  er  aber  den  nächstfolgenden  Hügel,  der  heute  das  Marabout  Si  Jeha 
trägt  und  mehr  als  die  übrigen  die  ganze  Ebene  dominiert,  als  natür- 
lichen Abschluß  seiner  Stellung  einfügen  wollte,  kam  es  wieder  zum 
Gefecht. 

Der  Kampf  um  Labienus  nämlich  hatte  indessen  sein  Lager  in  die  Gegend  des 
dHügeiten  südlichen  Plateaus  verlegt  und  das  Terrain  für  einen  Hinterhalt  re- 
kognosziert. Zwischen  dem  Rhar  ed  Deba  und  Si  Jeha  zog  sich  ein 
über  1 00  Meter  breites,  von  steilen,  brüchigen  Hängen  eingefaßtes  Tal. 
In  einer  kulissenartig  einspringenden  Seitenschlucht  hatte  er  eine  Ab- 
teilung Numider  in  den  Hinterhalt  gelegt;  die  Kavallerie  stand  gedeckt 
hinter  dem  Kamme  des  Höhenzuges.  Sobald  Caesars  Kolonne  in  das 
Tal  hinabgestiegen  war,  sollten  die  Numider  in  der  Front,  die  Reiterei 
im  Rücken  angreifen  (S.  800  f.). 

Als  nun  Caesar  persönlich  ein  Detachement  von  Legionstruppen, 
mit  einer  Kavallerieabteilung  als  Vorhut,  zur  Besetzung  des  Hügels 
heranführte,  begann  es  den  Numidern  in  ihrer  engen  Schlucht,  die 
keinen  Rückzug  zuließ,  unheimlich  zu  werden;  sie  erkletterten  die 
Ränder  und  verrieten  sich  dadurch.  Sofort  ließ  sie  Caesar  durch  die 
Kavallerie  angreifen;  in  ihrer  Enge  wurden  sie  fast  sämtlich  getötet 
oder  gefangen.  Jetzt  mußte  auch  Labienus  mit  der  Reiterei  erfolglos 
abziehen.   Caesar  aber  besetzte  sofort  den  Hügel  und  schlug  auf  dem- 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  869 

selben  ein  kleineres  Lager.  Sein  Hauptlager  hatte  er  bereits  früher 
auf  dem  rückwärtigen  höchsten  Teile  des  Plateaus  geschlagen;  von  hier 
aus  hatte  er  bequeme  Verbindung  zu  den  wichtigsten  Teilen  der 
vorderen  Front  und  gleichzeitig  guten  Ausblick  in  das  Vorterrain, 
auch  auf  die  Stadt  Uzita.  Labienus  aber  verlegte  sein  Lager  weiter 
nach  Süden,  in  die  Gegend  des  heutigen  Djemmal  (S.  805  f.). 

Caesars  nächste  Absicht  war,  sich  jenes  Punktes  zu  bemächtigen,  Beiagemngs- 
der  vor  allem  dem  Feinde  seine  hartnäckige  Defensive  ermöglichte :  mä^sfe^t°gnff 
der  Stadt  Uzita.  Um  sich  bei  der  notwendigen  Belagerung  gegen  die 
in  der  flachen  Ebene  sehr  empfindliche  Belästigung  durch  die  über- 
legenen leichten  Truppen  des  Gegners  zu  decken,  ließ  er  aus  seiner 
Front  zwei  Linien  gegen  die  Stadt  vortreiben;  als  dieselben  bis  knapp 
außer  Schußweite  an  die  Mauer  herangeführt  waren,  wurden  sie 
durch  ein  Lager  abgeschlossen  und  5  Legionen  in  dasselbe  verlegt, 
denen  die  Führung  der  weiteren  Belagerungsarbeiten  oblag. 

Hierbei  war  es  ohne  Kämpfe  nicht  abgegangen,  da  die  Gegner 
das  Vortreiben  der  caesarianischen  Linien  mit  allen  Mitteln  zu  hin- 
dern suchten.  Ein  solcher  Zusammenstoß  endete  mit  der  totalen  Zer- 
sprengung  zweier  scipionischen  Legionen,  der  IV.  und  VI;  doch  scheint 
hier  auch  Verabredung  im  Spiele  gewesen  zu  sein,  da  eben  diese 
beiden  aus  Gaetulern  gebildeten  Legionen  seit  langem  mit  Caesar 
sympathisierten  und  ihm  dies  auch  zur  Kenntnis  gebracht  hatten ;  tat- 
sächlich ging  ein  Teil  zu  ihm  über. 

Am  1.  Jänner  des  Jahres  46  traf  endlich  der  dritte  Transport  Der  dritte 
aus  Sizilien,  die  IX.  und  X.  Legion,  nach  mancherlei  Fährnissen  bei  TraasP°rt- 
Caesar  ein.  Nun  eröffnete  er  ein  heftiges  Bombardement  gegen  die 
Stadt.  Die  Sache  schien  Eindruck  zu  machen,  die  Überläufer 
mehrten  sich;  1000  gaetulische  Reiter  kamen  in  Caesars  Lager; 
gleichzeitig  erhoben  sich  ihre  Stammesgenossen  in  Numidien  gegen 
Juba,  und  der  König  sah  sich  genötigt,  weitere  6  Kohorten  dahin  zu 
detachieren. 

Um  Caesar  zur  Unterbrechung  seiner  Arbeiten  zu  zwingen,  mar-  Der  Aufmarsch 
schierten  die  Verbündeten  eines  Tages  südlich  Uzita,  auf  dem  etwas  am(S°807^lah 
erhöhten  linken  Ufer  des  in  Form  eines  breiten  Kotstreifens  die  Ebene 
durchquerenden  Ou.  Melah  in  endlos  langer  Schlachtordnung  auf.  Das 
Hindernis  vor  der  Front  ermöglichte  die  lange  und  seichte  Aufstellung, 
die  Überlegenheit  an  Reiterei  und  leichten  Truppen  machte  sie  wün- 
schenswert;  die  drohende   Überflügelung  zwang  Caesar,   sich  ebenso 


870  Der  Caesariaiiische  Bürgerkrieg. 

auszudehnen,  obwohl  dies  für  ihn  weder  von  Vorteil  war,  noch  im 
Terrain  die  Kompensation  des  Risikos  sich  bot. 

In  der  Front  der  Republikaner  standen  die  Legionen,  aber  nur 
in  einem  Treffen.  Dahinter  in  zweiter  Linie,  aber  nur  auf  beiden 
Flügeln,  die  numidische  leichte  Infanterie;  beiderseits  anschließend  die 
Elefanten,  hinter  ihnen  gleichfalls  leichte  Truppen.  Der  linke  Flügel 
lehnte  sich  an  die  von  mehreren  Kohorten  besetzte  Stadt  Uzita;  auf 
dem  rechten  stand  anschließend  an  die  Elefanten  die  ganze  reguläre 
Kavallerie.  Die  ganze  Masse  der  leichten  Reiterei  nebst  einem  Teil 
der  leichten  Infanterie,  also  scheinbar  die  ganze  Besatzung  des  labie- 
nischen  Lagers,  stand  anderthalb  Kilometer  auswärts  des  rechten 
Flügels,  bereits  an  die  Hügel  von  Djemmal  gelehnt,  in  einer  Flanken- 
stellung. 

Der  Plan  war,  Caesars  Angriff  in  dieser  Stellung  abzuwarten 
und  ihm  dann  von  Uzita  aus  in  die  rechte,  mit  dem  vorgeschobenen 
Kavalleriekorps  in  die  linke  Flanke  zu  fallen. 

Caesar  war  bereit  den  Kampf  anzunehmen,  allerdings  unter  der 
Voraussetzung,  daß  der  Feind  seinerseits  über  den  Ou.  Melah  und 
über  Uzita  vorging;  einer  Flankierung  aus  der  Stadt  wollte  er  sich 
unter  keinen  Umständen  aussetzen.  Die  weite  Ausdehnung  der  feind- 
lichen Front  akzeptierte  er,  doch  verteilte  er  die  Kräfte  anders.  Den 
linken,  frei  in  der  Ebene  stehenden  Flügel  formierte  er  als  Angriffs- 
gruppe aus  der  IX.  und  X.  Legion,  in  drei  Treffen;  das  Zentrum,  be- 
stehend aus  der  XXX.,  XXIX.,  XIII,  XIV.,  XXVIIL,  XXVI.  Legion, 
stand  in  seinem  linken  Teil  3,  im  rechten  2  Treffen  tief;  der  noch 
erübrigende  Raum  bis  zu  den  Werken  vor  Uzita  wurde  durch  einzelne 
Kohorten  aus  dem  zweiten  Treffen  der  Legionen  ausgefüllt.  Die 
Kavallerie  stand  am  linken  Flügel  der  feindlichen  schweren  gegen- 
über, bei  ihr  ein  Teil  der  leichten  Truppen,  der  Rest  derselben  war  auf 
die  übrige  Front,  hauptsächlich  die  Flügel,  verteilt.  Zur  Deckung 
gegen  das  Korps  des  Labienus  war  die  V.  Legion  links  vorgeschoben. 

Caesars  Absicht  war,  den  Übergang  der  Feinde  über  den  Ou.  Melah 
abzuwarten,  dann,  während  der  rechte  Flügel  an  die  Werke  gelehnt 
sich  defensiv  hielt  und  die  V.  Legion  die  bevorstehende  Umgehung 
durch  das  Korps  des  Labienus  abwehrte,  mit  dem  eigenen  linken  Flügel 
die  gegnerische  Front  zu  durchbrechen  und  aufzurollen. 

Indes  es  kam  nicht  zur  Schlacht,  da  keiner  der  Gegner  den 
Ou.  Melah  zuerst  überschreiten  wollte.    Erst  als  Caesar  gegen  Abend 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  871 

seine  Truppen  einrücken  ließ,  versuchte  die  leichte  feindliche  Reiterei 
einen  Handstreich  auf  das  Lager  auf  S1  Jeha,  während  gleichzeitig 
Labienus  mit  den  schweren  Reitern  die  Legionen  hinzuhalten  suchte. 
Caesars  Kavallerie  warf  sich  entgegen;  ein  Teil  überschritt  den 
Ou.  Melah,  ward  aber  geworfen  und  samt  den  beigegebenen  Leichten 
übel  zugerichtet.  So  endete  der  Tag  mit  einem  Erfolge  der  Repub- 
likaner. 

Um  dieselbe  Zeit  erfolgte  ein  Handstreich  der  feindlichen  Flotte  auf  Der  Flotten- 

Überfall  bei 
LeptlS.  Leptis. 

Attius  Varus  war  auf  die  Kunde  von  Caesars  nachkommenden 
Transporten  unbemerkt  mit  55  Schiffen  von  Utika  nach  Hadrumetum 
vorgegangen  und  lauerte  hier  auf  die  Gelegenheit,  einen  weitern 
Transport  wegnehmen  zu  können.  Indessen  hatte  Caesar  die  Ver- 
schärfung der  Blockade  von  Hadrumetum  und  Thapsus  angeordnet  und 
Aquila  mit  13  Schiffen  gegen  die  erstere,  L.  Cispius  mit  27  Schiffen 
gegen  die  letztere  Stadt  beordert.  Cispius  war  bereits  abgegangen; 
Aquila  konnte  infolge  heftiger  Gegenwinde  das  Vorgebirge  von  Mo- 
nastir  nicht  umschiffen  und  ging  südlich  desselben  vor  Anker.  Diese 
Situation  erkor  sich  Varus  zum  Überfall.  Er  ging  Nachts  in  See,  um- 
ging unbemerkt  die  Eskader  Aquilas,  überfiel  beim  Morgengrauen 
die  Flotte  vor  Leptis,  verbrannte  einige  Transportschiffe,  nahm  zwei 
Kriegsschiffe  weg  und  kehrte  dann  wieder  um,  um  Aquila  im  Rücken 
anzugreifen. 

Caesar  erhielt  die  Meldung  bei  einer  Inspizierung  des  Lagers  auf 
Si  Jeha.  Augenblicklich  ritt  er  nach  Leptis,  ging  sofort  mit  allen 
Schiffen  in  See,  vereinigte  sich  mit  Aquila,  von  dem  Varus,  um  nicht 
zwischen  zwei  Feuer  zu  geraten,  schleunig  abließ,  jagte  die  Feinde  bis 
vor  das  Vorgebirge  und  nahm  eines  ihrer  Schiffe  nebst  einem  der  von 
Leptis  entführten.  Varus  kam  noch  trotz  des  sich  erhebenden  Gegen- 
windes über  das  Vorgebirge  hinüber,  Caesar  nicht  mehr;  er  blieb  an 
Ort  und  Stelle  vor  Anker,  ging  am  folgenden  Tage  weiter  bis  Hadru- 
metum, verbrannte  einige  Transportschiffe,  stellte  die  Blockade  her  und 
kehrte  nach  Leptis  zurück. 

Indessen  ging  die  Belagerung  von  Uzita  nicht  nach  Wunsch  vor-    Fiasko  der 
wärts.    Die  Republikaner    führten    ein    wahres  Kabinettstück    einer  BelagurzJtnag  von 
offensiven  Verteidigung  aus  selbständiger  Vorfeldstellung.    Jede  Linie, 
die  Caesar  zog,  wurde   durch   eine    quer   gefühlte   Gegenlinie   abge- 
schnitten; so  gelang  es  ihm  nie,  die  Stadt  vollends  einzuschließen  oder 


S72  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

auch  nur  die  Verbindung  zwischen  ihr  und  der  Feldarmee  zu  unterbrechen, 
von  der  jederzeit  beliebige  Truppenmengen  in  die  Stadt  geworfen 
werden  konnten,  um  auch  einen  gewaltsamen  Angriff  illusorisch  zu 
machen.  Solange  die  feindliche  Feldarmee  intakt  war,  war  an  die 
Eroberung  nicht  zu  denken;  jene  aber  vermied  es  sorgfältig,  sich 
einer  Hauptentscheidung  auszusetzen,  und  hielt  sich  in  ihren  unan- 
greifbaren Stellungen. 

Zudem  begann  sich  in  Caesars  Lager  der  Mangel  an  Nachschub 
immer  empfindlicher  zu  machen.  Zur  See  war  in  dieser  stürmischen 
Jahreszeit  nicht  viel  Zuluhr  aufzubringen ;  das  Land  aber,  das  Caesar 
von  seiner  Stellung  aus  unmittelbar  deckte,  war  schließlich  vollkommen 
erschöpft,  trotzdem  seine  Kommanden  den  Vorräten  der  Eingeborenen 
bis  in  die  geheimsten  Verstecke  nachspürten.  Die  Ausdehnung  seiner 
Stellung  absorbierte  den  größten  Teil  der  Truppen  und  setzte  der 
Großzügigkeit  der  Requisitionen  eine  Grenze.  Bis  in  die  15  Kilo- 
meter entfernte  fruchtbare  Ebene  an  der  Westseite  der  Sebkra  m'ta 
Moknine  trieb  Caesar  seine  Kommanden  vor,  wußte  auch  daselbst  einen 
Hinterhalt  des  Labienus  zu  durchkreuzen;  bald  war  aber  auch  diese 
letzte  Hilfsquelle  erschöpft  und  damit  die  Unmöglichkeit  eines  weiteren 
Verbleibens  vor  Uzita  gegeben.  Caesar  mußte  sich  entschließen,  die 
Belagerung  aufzuheben.  Für  den  Augenblick  hatte  Labienus  ge- 
wonnen. 
Caesars  Caesar  zog  mit  den  Konsequenzen  auch  die  Lehren  aus  den  bis- 

herigen Ereignissen.  Da  es  nicht  abzusehen  war,  wann  es  gelingen 
würde,  den  zähen  Gegner  zur  ersehnten  Entscheidungsschlacht  zu 
zwingen,  so  galt  es  vor  allem,  die  Operationen  in  ein  Gebiet  zu 
verlegen,  wo  auch  bei  längerer  Dauer  Verpflegungsschwierigkeiten 
nicht  zu  befürchten  waren.  Auch  die  Ausdehnung  der  Stellung 
hatte  sich  nicht  bewährt,  da  sie  allzuviele  Kräfte  absorbierte  und  da- 
mit die  Bewegungsfreiheit  lähmte. 

In  der  Nacht  vom  14.  auf  den  15.  Januar  brach  Caesar  auf. 
Vorher  hatte  er  die  ihm  ergebenen  Städte  Ruspina,  Leptis  und  Acylla, 
die  er  jetzt  nicht  mehr  unmittelbar  decken  konnte,  durch  entsprechende 
Besatzungen  gesichert;  im  Augenblicke  des  Abmarsches  ließ  er  die 
ganzen  weitausgedehnten  Werke,  die  Arbeit  vieler  Wochen,  ii 
Flammen  aufgehen.  Da  trotzdem  die  Möglichkeit  einer  Störung  des 
Marsches  durch  die  leichten  Massen  des  Feindes  an  der  Queue  oder, 
vom  Lager  des  Labienus  her,  in  der  rechten  Flanke  möglich  war,  nahm 


Abmarsch. 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  873 

er  innerhalb  des  gefährdeten  Raumes  den  Train  links  neben  die 
Truppenkolonne  und  marschierte  35  Kilometer  weit  bis  zur  Stadt 
Aggar,  neben  der  er  sein  Lager  schlug. 

Aggar,  etwa  4  Kilometer  nördlich  des  heutigen  stattlichen  Ortes  in.  Periode: 
KsouresSaf,  war  der  Hauptort  einer  großen  und  besonders  in  ihrem 
südlichen  Teile,  der  nächsten  Umgebung  der  Stadt,  überaus  fruchtbaren 
Ebene  (heute  El  Maklouba,  S.  811  f.).  Hier  konnte  Caesar  nicht  nur 
seine  erschöpften  Vorräte  ausgiebig  ergänzen,  sondern  hatte  auch  auf 
lange  Zeit  hinaus  keine  Verpflegungsschwierigkeiten  zu  befürchten. 

Die  Verbündeten  folgten  dem  abziehenden  Gegner  vorsichtig  über 
die  Höhen,  welche  die  Ebene  des  Ou.  Melah  von  jener  von  Aggar 
trennen;  am  Westrande  der  letzteren,  etwa  12  Kilometer  von  Aggar  ent- 
fernt, schlugen  sie  auf  den  letzten  flachen  Hängen  drei  Lager,  in  denen, 
analog  wie  bei  Uzita,  jedenfalls  Scipio,  Juba  und  Labienus  befehligten. 
Vor  ihrer  Stellung  in  der  Ebene  lag  die  Stadt  Tegea  (Hir  Merbesse 
bei  S1  Dekril),  in  welche  eine  größere  Kavallerieabteilung  unter 
Pacideius  gelegt  wurde;  der  Stadt  war  eine  ähnliche  Rolle  zu- 
gedacht, wie  sie  früher  Uzita  mit  Erfolg  gespielt  hatte  (S.  819). 

Doch  Caesar  hatte  seine  Taktik  geändert;  mehr  als  je  arbeitete 
er  auf  die  Entscheidungsschlacht.  Da  direkte  Schlachtangebote  nicht 
akzeptiert  wurden,  so  versuchte  er  den  Gegner  durch  Bedrohung  und 
Wegnahme  von  Städten  zu  zwingen,  zur  Wahrung  des  Prestiges  es 
auf  einen  Kampf  ankommen  zu  lassen.  Die  Beschränkung  auf  ein 
einziges  Lager  gewährte  ihm  die  hierzu  erforderliche  Bewegungs- 
freiheit; um  jenes  immerhin  besser  zu  sichern,  verlegte  er  es  aus  der 
Ebene  auf  einen  der  etwa  2  Kilometer  südlich  sich  hinziehenden 
Hügel. 

Der  erste  Offensivstoß  galt  der  Stadt  Zeta  (Beni  Hassane,  S. 821),  i.  offensivstoß: 
die  etwa  20  Kilometer  nordwestlich,  also  in  der  Richtung  über  Scipios 
Lager  hinaus  lag;   entscheidend   für    diesen   Entschluß  war  die  Mel- 
dung, daß  Scipio  2  Legionen  dorthin  zur  Requisition  detachiert  habe; 
diese  beschloß  Caesar  aufzuheben. 

Das  Unternehmen  glückte  nur  halb.  Caesar  bemächtigte  sich 
zwar  der  Stadt ;  als  er  aber  die  in  der  Nähe  fouragierenden  Legionen 
angreifen  wollte,  erschienen  Labienus  und  Afranius  mit  den  ganzen 
leichten  Massen  in  seinem  Rücken  und  zwangen  ihn  den  Plan  aufzu- 
geben.   Auf  dem  Rückmarsche  wurde  er  beim  Passieren  der  vielfach 


S74 


Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 


2.    Offensivstoß 
Sarsura- 
Thysdrus. 


Die  Reiter- 
schlacht bei 
Tegea. 


durchschnittenen  Höhenlinie  zwischen  S*  Neja  und  der  Ebene  von 
Tegea  neuerdings  heftig  angegriffen  und  gelangte  erst  nach  anstrengen- 
den Kämpfen  spät  nachts  mit  todmüden  Truppen  in  das  Lager. 

Für  den  Verlust  Zetas  entschädigte  sich  Juba  durch  die  voll- 
ständige Zerstörung  der  benachbarten  Stadt  Vaga  (Zramedine?  S.  822), 
deren  Bevölkerung  mit  Caesar  sympathisiert  hatte.  — 

Den  nächsten  Offensivstoß  führte  Caesar  nach  Westen  und  Süden: 
Er  erstürmte  Sarsura(Hir  el  Ksour  bei  Bou  Merdes,  S.  823)  und  ging 
von  dort  gegen  Thys  drus  (El  Djem,  S.822),  das  Considius  mit  einem 
Detachement  besetzt  hielt.  Ein  Sturm  erschien  hier  aussichtslos,  eine 
Belagerung  infolge  des  Wassermangels  nicht  minder.  Caesar  nächtigte 
6  Kilometer  nördlich  der  Stadt  bei  einer  Quelle  und  trat  am  folgen- 
den Tage  den  Rückmarsch  an,  der  ihn  am  vierten  Tage  nach  dem 
Ausmarsche  nach  Aggar  zurückbrachte.  Wieder  waren  die  feind- 
lichen Leichten  längs  der  Höhen  gefolgt,  doch  eine  zweckmäßige 
Marschsicherung  verhinderte  diesmal  eine  ernstliche  Behelligung. 

So  hatte  auch  der  zweite  Offensivstoß  nur  einen  halben  Erfolg  ge- 
bracht ;  der  eigentliche  Endzweck,  die  Schlacht,  war  nicht  erreicht  worden. 

Um  diese  Zeit  traf  ein  letzter  großer  Transport  aus  Sizilien  bei 
Caesar  ein;  er  brachte  4000  aus  verschiedenen  Gründen  zurückge- 
bliebene Legionare,  400  Reiter  und  1000  Leichte.  Gleichzeitig  er- 
klärte sich  die  numidische  Stadt  Thabena  für  Caesar  und  wurde  durch 
ein  Detachement  besetzt. 

Jetzt  versuchte  es  Caesar  noch  einmal  mit  einem  Schlacht- 
anbot. Er  rückte  bis  auf  IV2  Kilometer  an  den  Fuß  der  Höhen 
Scipios  heran.  Dieser  ging  bis  auf  den  untersten  Teil  des  Hanges 
in  Schlachtordnung  vor,  ließ  aber  zugleich  das  ganze  Reiterkorps  des 
Pacideius  beiderseits  der  Stadt  Tegea  in  Caesars  rechter  Flanke  auf- 
marschieren. Caesar  ließ  nun  einen  Teil  seiner  Kavallerie  zum  An- 
griff auf  jene  vorgehen  und  nährte  das  Gefecht  sukzessive  in  dem 
Maße,  als  die  Gegner  Verstärkungen  erhielten,  auch  mit  Legions- 
truppen; er  hoffte  es  auf  diese  Art  allmählich  zu  einem  allge- 
meinen Kampf  zu  bringen.  Die  Gegner  setzten  wohl  ihre  ganze 
Kavallerie,  auch  die  der  Frontgruppe,  ein,  die  Legionen  aber  hielten 
sie  zurück.  So  wurde  denn  die  republikanische  Reiterei  schließlich 
endgültig  geworfen,  die  ersehnte  Entscheidung  war  aber  wieder  nicht 
herbeigeführt,  und  abermals  mußte  Caesar  mit  einem  halben  Erfolge 
ins  Lager  zurückkehren  (S.  820). 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges. 


875 


Nun  entschloß  sich  Caesar,  radikal  ein  Ende  zu  machen ;  er  hatte  3.  offensivstoß 
Wichtigeres  zu  tun  als  am  Rande  der  Wüste  mit  den  letzten  Resten 
seines  so  und  so  oft  geschlagenen  Gegners  endlos  ohne  Entscheidung 
herumzuplänkeln.  Ging  es  einmal  nicht  unter  gleichen  Chancen,  so 
durfte  der  Sieger  von  Ilerda  und  Pharsalos  es  sich  schließlich  leisten, 
wieder  eiumal  kühn  zu  wagen  und  dem  Feinde  eine  ausgiebige 
Chance  als  Brocken  hinzuwerfen,  auf  den  er  vielleicht  anbiß.  So  brach 
er  denn  in  der  Nacht  zum  5.  Februar  von  Aggar  auf  und  erschien  am 
Morgen  vor  der  Stadt  Thapsus,  einem  der  wichtigsten  Seestützpunkte 
des  Gegners. 

Thapsus  lag  auf  der  Spitze  einer  rechtwinkligen  Halbinsel,  deren 
Inneres  durch  eine  Sebkra  ausgefüllt  wurde,  so  daß  der  Zugang  nur 
von  Westen  und  Süden  her  über  je  eine  schmale  Landenge  möglich  war; 
diese  war  stellenweise  bis  auf  zirka  2  Kilometer  verengt  und  überdies 
auf  der  Sebkraseite  vielfach  versumpft,  so  daß  als  wirklich  prak- 
tikabler Weg  nur  die  schmale,  steinige  Hügelkette  übrig  blieb,  die 
beiderseits  an  der  Meerseite  von  außen  gegen  die  Spitze  der  Halb- 
insel führte,  wo  sie,  mehr  gegen  Sebkra  eingebogen,  in  einzelne  ziem- 
lich isolierte  Kuppen  aufgelöst  erschien  (S.  832  ff.). 

Das  Risiko,  das  mit  der  Belagerung  einer  derart  gelegenen  Stadt 
verbunden  war,  solange  noch  eine  gegnerische  Armee  intakt  im 
Felde  stand,  lag  auf  der  Hand:  durch  Sperrung  der  Isthmen  konnte 
der  Belagerer  sofort  zum  Belagerten,  überdies  in  der  empfindlichsten 
Weise  zwischen  die  Festung  und  die  Feldarmee  eingeschlossen  werden. 
Die  Gegner  Caesars  hatten  es  hier  entschieden  viel  leichter  als  etwa  das 
gallische  Entsatzheer  vor  Alesia,  das  seine  Aufgabe  nur  durch  raschen 
offensiven  Angriff  lösen  konnte,  ohne  die  Möglichkeit,  den  Belagerer 
selbst  einzuschließen. 

Caesar  bedachte  alles  und  baute  seinen  Plan  darauf.  Zunächst 
traf  er  seine  Maßnahmen,  um  sich  die  eine  Chance,  die  ihm  blieb,  zu 
sichern:  während  er  auf  der  flachen  Doppelkuppe  El  Behira  hart 
vor  der  Stadt  sein  Lager  schlug  und  diese  durch  Linien  einschloß,  be- 
setzte er  gleichzeitig  die  beiden  Kuppen  El  Faca  und  Dahret  el 
Hafsa,  welche  den  ganzen  Umkreis  bis  beiderseits  an  das  Meer,  und 
das  Vorterrain  bis  an  die  Sebkra  beherrschten;  auf  diese  Weise 
sperrte  er  dem  Feinde  von  vornherein  die  direkte  Verbindung  von 
einem  Isthmus  auf  den  andern,  und  schuf  sich  zugleich  einen  fortika- 
torisch  gesicherten  Raum,   in  dem  er  ungehindert  in  jeder  beliebigen 


S7G  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg;. 

Richtung  sich  gruppieren  und  nach  Bedarf  mit  ganzer  Kraft  vorbrechen 
konnte,  während  der  Gegner,  wenn  er  den  ihm  eingeräumten  Vorteil 
wahrnehmen  wollte,  gezwungen  war  sich  zu  teilen  und  überdies  als 
einzige  Verbindung  zwischen  den  Teilgruppen  den  30  Kilometer  weiten 
Umweg  um  die  Sebkra  in  Kauf  nehmen  mußte. 

Für  die  Verbündeten  hing  alles  davon  ab,  ob  es  ihnen  gelang, 
beide  Isthmen  durch  Linien  zu  sperren,  ehe  Caesar  die  Teilung  zu 
einem  Hauptschlag  gegen  die  eine  Gruppe  ausnützen  konnte;  für 
Caesar  kam  alles  darauf  an,  den  Schlag  in  dem  Momente  zu  führen, 
wo  die  Teilung  der  Gegner  vollzogen,  die  Sperrung  aber  noch  nicht 
durchgeführt  war.    Minuten  konnten  die  Entscheidung  bringen. 

Die  Republikaner  taten,  was  Caesar  vorausgesetzt.  Sie  folgten 
zunächst  vorsichtig  längs  der  am  Südrande  der  Sebkra  sich  hinziehenden 
flachen  Höhen  und  blieben  am  Südausgange  des  Isthmus  stehen,  den- 
selben durch  zwei  Lager  sperrend;  im  westlichen  stand  Scipio,  im 
östlichen  Juba. 

Am  folgenden  Tage  (6.  Februar)  teilten  sich  die  Verbündeten; 
Juba  mit  seinem  zirka  2V2  Legionen  blieb  in  seinem  Lager,  Afranius 
mit  etwa  ebensoviel  in  dem  des  Scipio  zurück,  so  daß  etwa  die  Hälfte  der 
Armee  auf  dem  Südisthmus  stand ;  Scipio  selbst  und  Labienus  mit  der 
andern  Hälfte  versuchten  den  andern  Isthmus  zunächst  auf  dem  kürzesten 
Wege  hinter  Thapsus  herum  zu  gewinnen  und  zu  diesem  Zwecke  die 
jene  Verbindung  beherrschende  Höhe  „Dahret  el  Hafsau  in  die 
Hand  zu  bekommen,  fanden  sie  aber  durch  eine  caesarianische,  mit 
3  Kohorten  besetzte  Schanze  gesperrt.  Jetzt  blieb  nurmehr  die  andere 
Verbindung  um  die  Sebkra  herum. 

Zeit  war  nicht  zu  verlieren;  so  marschierte  denn  das  Korps  in 
der  darauffolgenden  Nacht  um  die  ganze  Sebkra  herum  auf  den  Nord- 
isthmus und  schob  sich  unter  dem  Schutze  der  Dunkelheit  auf  der 
dortigen  Hügelkette  bis  auf  2  Kilometer  an  Caesars  Stellung  heran; 
im  Morgengrauen  wurde  mit  dem  Lagerschlage  auf  der  Kuppe,  die 
heute  das  Marabout  „SiZebidi"  trägt,  begonnen;  war  das  Lager 
vollendet,  so  war  der  Plan  geglückt  und  Caesar  in  der  Falle.  Die 
Entscheidung  stand  auf  der  Schneide  eines  Augenblickes. 
Die sehiacht        Scipio  hatte  für  die  Sicherheit  eines  eventuellen  Aufmarsches  vor 

beiThapsus.  •'    _.    .  -,    j- 

dem  Lagerplatze  Sorge  getragen  und  zunächst  die  Elefanten  und  die 
Kavallerie  auf  die  beiden  Flügel  der  in  Aussicht  genommenen 
Schlachtordnung    vorgeschoben;    von     der    Infanterie    stand    bereits 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  877 

ein  Teil  in  der  Front,  der  andere  arbeitete  noch  an  der  Vollendung 
des  Lagers,  als  plötzlich   Caesar  aus  seinem  Fortsgürtel  hervorbrach. 

Seine  Aufklärung  hatte  ihn  gut  bedient,  und  er  hatte  den  ent- 
scheidenden Augenblick  gefaßt.  2  Legionen  unter  Asprenas  blieben  im 
Lager  zurück,  um  den  Rücken  gegen  einen  eventuellen  Vorstoß  des  feind- 
lichen Südkorps  zu  decken,  gegen  das  wahrscheinlich  auch  der  größte  Teil 
der  Kavallerie  vorgeschoben  wurde  (S.  843);  einige  Kohorten  blieben  in 
den  Schanzen  des  Gürtels;  6  Legionen,  darunter  die  5  alten,  führte  er 
zum  Hauptschlage.  Die  X.  und  XIII.  rechts,  die  IX.  und  XIV.  links, 
die  eine  Rekrutenlegion  in  der  Mitte  hatten,  in  drei  Treffen  formiert, 
den  Kern  der  Schlachtordnung  zu  bilden.  Beiderseits  auf  die  Flügel 
waren  je  5  Kohorten  der  V.  Legion  nebst  leichter  Infanterie  zum  An- 
griff gegen  die  Elefanten  disponiert;  zu  äußerst  etwas  Kavallerie  mit 
leichter  Infanterie  gemischt.  Die  Haüptdirektion  hatte  die  X.  Legion 
längs  der  Hügelkette  auf  die  Front  des  feindlichen  Lagers.  Endlich 
war  von  der  Eskader  des  Cispius  ein  Teil  detachiert  worden  mit  dem 
Auftrage,  im  Rücken  des  Feindes  einen  Landungsversuch  zu  markieren 
und  ihn  dadurch  in  Verwirrung  zu  bringen. 

Durch  die  Gunst  des  Terrains  war  Caesars  zuerst  aufmarschierter 
rechter  Flügel,  bei  dem  sich  auch  der  Feldherr  befand,  schon  in  unmittel- 
barste Angriffsnähe  gelangt,  ehe  der  linke  den  Aufmarsch  vollendet 
hatte  (S.  840).  Caesar,  dem  daran  gelegen  war,  den  Feind  in  der  ganzen 
Front  gleichzeitig  zu  fassen,  wollte  den  fertigen  Aufmarsch  abwarten ; 
indeß  die  Veteranen  der  X.  Legion,  die  wohl  die  für  den  sofortigen 
Angriff  günstige  Unfertigkeit  des  Feindes,  nicht  aber  jene  des  eigenen 
linken  Flügels  sahen  oder  sehen  wollten,  drängten  ungestüm  zum  Kampfe. 
Caesar  verweigerte  das  Signal ;  da  zwang  die  X.  Legion  ihren  Trompeter, 
das  Angriffssignal  zu  blasen.  Sofort  nahm  es  die  ganze  Front  ab,  und 
alles  warf  sich,  der  rechte  Flügel  weit  voraus,  auf  den  Feind. 

Die  Elefanten  des  linken  Flügels  wurden  von  den  caesari- 
anischen  Bogenschützen  und  Schleuderern  mit  einem  Hagel  von 
Geschossen  überschüttet  und  durch  den  vehementen  Angriff  der  eigens 
hierfür  geschulten  Kohorten  der  V.  Legion  vollends  geworfen;  sie 
durchbrachen  die  eigenen  hinter  ihnen  stehenden  Infanteriemassen  und 
stürmten  bis  in  das  halbfertige  Lager.  Die  neben  ihnen  postierten 
maurischen  Reiter  sahen  sich  isoliert  und  wandten  sich  zur  Flucht. 

Während  die  Kohorten  der  V.  nach  Vertreibung  der  Elefanten 
zur  Umgehung  der  feindlichen  Linien  ansetzten,  führte  die  X.  Legion 


878  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg-. 


mit  altbewährter  Kraft  den  Hauptstoß  längs  des  Hügelrückens  auf 
die  Front  des  Lagers;  die  gegnerische  Infanterie,  durch  die  eigenen 
Elefanten  bedenklich  in  Unordnung  gebracht,  vermochte  nur  kurzen 
Widerstand  zu  leisten;  mit  den  Fliehenden  brachen  die  Sieger  in  das 
Lager  ein.  Die  Wachen  wurden  rasch  überwältigt,  und  nun  wandte 
sich  der  siegreiche  rechte  Flügel  Caesars  von  oben  herab  gegen  das 
feindliche  Zentrum. 

Indes  es  gelang  nicht  mehr,  den  Gegner  zu  fassen.  Die  vorschnelle 
Oifensive  des  rechten  Flügels  hatte  ihre  Früchte  getragen.  Drunten 
in  der  Ebene  war  es  kaum  zum  Handgemenge  gekommen;  dann  aber 
ging  unter  dem  Eindrucke  der  Erstürmung  des  Lagers  der  noch  nicht 
recht  gefaßte  Feind  überall  zurück.  Die  Elefanten  des  Südflügels 
deckten  den  Rückzug;  sie  opferten  sich  im  Kampfe  mit  den  Kohorten 
der  V.  Legion,  aber  sie  erfüllten  ihre  Aufgabe.  Dieses  rasche  Los- 
lösen rettete  vorläufig  den  größeren  Teil  des  scipionischen  Korps;  es 
gelang  ihm,  die  Rückzugslinie  zu  gewinnen  und  in  leidlicher  Ordnung 
den  Marsch  um  die  Sebkra  herum  zum  Anschlüsse  an  den  anderen 
Heeresteil  anzutreten. 

Der  Hauptschlag  war  geführt,  doch  das  Werk  noch  nicht  zu  Ende. 
Caesar  sandte  dem  zurückgehenden  Nordkorps  nur  einen  Teil  der  im 
Kampfe  gestandenen  Truppen  —  vielleicht  2  Legionen  —  nach;  die 
Hauptkraft  nahm  er  rasch  in  seinen  Fortsgürtel  zurück,  um  mit  ihr 
sofort,  nach  Anschluß  der  beiden  Legionen  des  Asprenas,  gegen  das 
feindliche  Südkorps  vorzubrechen. 

Dieses  aber  hatte,  die  Katastrophe  Scipios  erkennend,  den  Stoß 
nicht  erst  abgewartet.  Sowohl  Juba  wie  Afranius  räumten  ihre  Lager; 
die  Truppen  lösten  sich  bald  in  volle  Flucht  auf.  Caesar  aber  nahm 
seine  Legionen  in  dem  königlichen  Lager  zusammen. 

Indessen  gelangten  die  Reste  des  scipionischen  Korps,  noch  immer 
gegen  10  000  Mann  stark,  endlich  im  Laufe  des  Nachmittags  zum 
Lager  des  Afranius.  Zu  ihrer  Bestürzung  fanden  sie  es  leer.  Sie 
gingen  weiter  zum  Lager  des  Königs :  aus  demselben  grüßten  die  Feld- 
zeichen der  Legionen  Caesars.  Schon  tauchten  auch  in  ihrem  Rücken 
die  Verfolger  auf.  Da  zogen  sie  sich  auf  einem  Hügel  am  Meere  (heute 
Marabout  S1  Messaoud)  zusammen,  senkten  die  Waifen  und  leisteten 
die  militärische  Ehrenbezeugung.  Doch  Caesars  Soldaten  kannten  keine 
Schonung  und  hieben  sie  bis  auf  den  letzten  Mann  nieder.  Der  Feldherr 
selbst  stand  dieser  elementaren  Orgie  der  Rache  machtlos  gegenüber. 


Zusammenhängende  Darstellung  des  Feldzuges.  879 

10  000 Feinde  waren  geblieben,  der  Kest  war  vollkommen  zersprengt; 
64  Elefanten  fielen  in  die  Hände  des  Siegers.  Die  feindlichen  Führer 
hatten  sich  allerdings  vollzählig  vom  Schlachtfelde  gerettet;  dennoch 
gelang  es  einzig  Labienus  und  Attius  Varus,  nach  Spanien  zu  ent- 
kommen; die  andern  fanden  alle  in  der  nächsten  Zeit  noch  in  Afrika 
oder  an  dessen  Küste  den  Tod. 

Am  Abende  traf  Caesar  mit  den  siegreichen  Truppen  wieder  vor 
Thapsus  ein.  Während  der  Schlacht  hatte  die  Besatzung  einen  Aus- 
fall versucht,  der  aber  durch  die  im  Lager  zurückgebliebenen  Nicht- 
kombattanten abgewiesen  worden  war.  Über  den  Verlauf  der  Schlacht 
selbst  war  man  in  der  Stadt  im  unklaren,  da  ihre  tiefe  Lage  keinen 
Einblick  in  das  weitere  Vorterrain  gestattete.  Caesar  ließ  nach  seiner 
Rückkehr  die  erbeuteten  Elefanten  in  voller  Rüstung  vor  der  Stadt- 
mauer aufmarschieren  und  forderte  unter  Hinweis  auf  dieses  Zeichen 
seines  Sieges  den  Kommandanten  der  Stadt  Vergilius  zur  Kapitulation 
auf.    Dieser  verweigerte  die  Antwort. 

Am  folgenden  Morgen  fand  ein  feierliches  Dankopfer  statt;  Be- 
lohnungen und  Auszeichnungen  wurden  verteilt;  die  V.  Legion  erhielt 
zum  Gedenken  an  den  Tag  das  Recht,  einen  Elefanten  im  Feldzeichen 
zu  führen. 

Dann  brach  Caesar  auf.  Rebilus  blieb  mit  3  Legionen  vor  Thap-  Ende  des 
sus,  Domitius  mit  2  Legionen  marschierte  auf  Thysdrus,  Caesar  Feldzu^es 
mit  dem  Gros  gegen  Utika,  wohin  die  ganze  Kavallerie  unter  Messala 
vorauseilte.  Auf  dem  Wege  dahin  besetzte  Caesar  widerstandslos  das 
früher  so  lange  belagerte  Uzita,  dann  Hadrumetum,  in  welcher 
wichtigen  Stadt  eine  Legion  zurückblieb.  Am  16.  Februar  traf  Caesar 
vor  Utika  ein,  wo  ihm  sein  Vetter  L.  Caesar,  der  nach  Catos  Selbst- 
mord das  Kommando  der  Stadt  führte,  die  Schlüssel  überreichte. 

Da  unterdessen  auch  Thapsus  unter  ehrenvollen  Bedingungen 
kapituliert  hatte  und  Thysdrus  von  Considius  geräumt  worden  war, 
auch  der  Krieg  im  Westen  mit  Saburras  Vernichtung  durch  Sittius 
ein  Ende  gefunden  hatte,  trug  niemand  mehr  in  Afrika  Waffen  gegen 
Caesar.  Der  Feldzug  war  zu  Ende.  Nach  einer  unblutigen  Expe- 
dition mit  der  Kavallerie  nach  Zama,  der  Hauptstadt  des  unterdessen 
freiwillig  aus  dem  Leben  geschiedenen  Königs  von  Numidien,  schiffte 
sich  Caesar  nach  gründlicher  Ordnung  der  Provinz  am  14.  April  in 
Utika  ein,  um  über  Sardinien  nach  Rom  zurückzukehren. 


Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  56 


Beilage  I. 


Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege  Caesars. 

Über  die  Heeresstärken  dieses  Feldzuges  sind  wir  bei  objektiver 
Betrachtung  der  Dinge  besser  unterrichtet,  als  es  nach  den  lang- 
wierigen Kontroversen  über  einschlägige  Details  den  Anschein  hat. 
Eine  an  und  für  sich  recht  harmlose  Textverderbnis  hat  hier  ein 
Aufgebot  von  Scharfsinn,  Tinte  und  Druckerschwärze  zur  Folge  ge- 
habt, das  einer  besseren  Sache  würdig  gewesen  wäre. 


10  oder  12 
Legionen? 


1.  Caesar. 

Betreffs  der  Streitkräfte  Caesars  in  diesem  Feldzuge  schwebt  noch 
immer  die  alte  Frage:  hat  er  10  oder  12  Legionen  in  Afrika 
vereinigt? 

Nipperdey1)  und  nach  ihm  Wölfflin2)  und  Schneider2), 
endlich  ich3)  haben  die  erste,  Groebe4)  neuestens  wieder  die  vonStof  fei5), 
Tissot6)  und  den  älteren  Philologen  propagierte  letztere  Ansicht  ver- 
treten. 

Textkritisch  ist  die  Frage  nicht  zu  lösen.  Daß  die  über- 
lieferten Legionsnummern  im  bellum  Africanum  zum  guten  Teile  ver- 
derbt sind,  ist  nichts  Neues,  auch  Groebe  kommt  ohne  Konjekturen 
nicht  aus7).  Bleibt  einzig  die  Lösung  auf  dem  Wege  reiner  Sach- 
kritik.  Hier  liegt  die  Entscheidung  in  der  Beantwortung  zweier 
Fragen : 


1)  Nr.  4,  S.  218  ff. 

2)  In  den  betreffenden  Ausgaben  des  bell.  Afr. 

3)  Nr.  28,  S.  547  ff. 

4)  Nr.  26,  S.  712  ff. 

5)  Nr.  15,  II  283. 

6)  Nr.  13,  S.  757. 

7)  Nr.  26,  S..  716. 


Beilage  I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.    1.  Caesar.         881 

1.  Ist  in  cap.  62,1  von  einem  eigenen,  sonst  nicht  er- 
wähnten Transporte  die  Rede? 

2.  Ist  aus  irgend  einer  Stelle  des  bellum  A fr icanum  ab- 
zuleiten, daß  Caesar  in  irgend  einer  Phase  des  Feldzuges 
über  mehr  als  10  Legionen  verfügt  haben  muß? 

ad.  1.  Die  fragliche  Stelle  62,1  lautet:  „Interim  Varus  classem, 
quam  antea  Uticae  hiemis  gratia  subduxerat,  cognito   legionis.. 

et  .  .  A)  ex  Sicilia  adventu  celeriter  deducit insidiandique 

gratia  ab  Utica  progressus  Hadrumetum  .  . .  pervenit." 

Die  Anhänger  der  Zwölflegionentheorie  sehen  nun  in  diesem  Satze 
die  Erwähnung  eines  eigenen  Transportes. 

Man  hat  zur  Auslegung  dieser  Stelle  im  obigen  Sinne  mit  Vor- 
liebe die  charakteristische  Schreibweise  des  Autors,  seine  „tagebuch- 
artige Anordnung  der  Ereignisse",  herangezogen.  Wenn  man  aber 
schon  die  spezifische  Schreibweise  als  ausschlaggebendes  Argument 
heranzieht,  so  muß  man  dies  folgerichtig  in  allen  Fällen  gelten  lassen. 
Wie  verträgt  sich  aber  mit  der  Darstellungsart  des  Verfassers  der 
Umstand,  daß  er  von  diesem  Transport  nichts  weiter  erwähnt,  als 
daß  der  Feind  von  ihm  Kenntnis  erhielt?  Man  vergleiche 
damit  die  Berichte  über  die  anderen  Nachschubtransporte: 

c.  34,  4.  5.  Alienus  interim  proconsul  Lilybaeo  in  navis  onerarias 
imponit  legionem  XIII  et  XIV  et  equites  Gallos  DCCC, . .  ac  secundum 
commeatum  in  Africam  mittit  ad  Caesarem.  Quae  naves  ventum 
secundum  nactae  quarto  die  in  portum  ad  Ruspinam,  ubi  Caesar  castra 
habuerat,  incolumes  pervenerunt. 

c.  53.  Dum  haec  circum  Uzitam  ab  utrisque  ducibus  administran- 
tur,  legiones  duae,  X  et  IX,  ex  Sicilia  navibus  onerariis  profectae 
cum  iam  non  longe  a  portu  Ruspinae  abessent,  ....  vela   in  altum 

dederunt tandem  multis  post  diebus  ....    ad  Caesarem  per- 

veniunt." 

c.  77,3.  „Eodem  tempore  ex  legionibus  omnibus  milites,  qui  aut 
morbo  impediti  aut  commeatu  dato  cum  signis  non  potuerant  ante 
transire  in  Africam,  ad  milia  IV,  equites  CCCC,  funditores  sagittariique 
mille  uno  commeatu  Caesari  occurrerunt.tt 


1)  Die  Ziffern  sind,  wie  erwähnt,  verdächtig,  und  es  muß  bei  der  sachkritischen 
Untersuchung  von  ihnen  abgesehen  werden.  Überliefert  sind  in  den  Handschriften: 
„VII  et  Villi"  und  „VII  et  VIII". 

56* 


382  Der  Caeaarianische  Bürgerkrieg. 

Man  sieht  und  findet  es  gewiß  selbstverständlich,  daß  der  Ver- 
fasser die  Ankunft  einer  jeden  solchen  Staffel,  der  militärischen  Wich- 
tigkeit der  Sache  entsprechend,  in  klarer,  bestimmter  und  relativ  aus- 
führlicher Weise  erzählt.  Und  da  sollte  mitten  drin  eine  so  krasse 
Ausnahme  von  dieser  in  der  Sache  selbst  begründeten  Schreibweise 
Platz  greifen,  indem  von  einer  ebensolchen  Staffel  gar  nicht  erwähnt 
wird,  daß  und  wann  sie  abging  und  bei  Caesar  ankam,  sondern  bloß 
gelegentlich  der  Erzählung  einer  Handlung  des  Gegners  davon 
die  Rede  ist,  daß  dieser  von  der  Ankunft  jener  sonst  gar  nicht  er- 
wähnten Staffel  Kenntnis  hatte?  Dies  wäre  wohl  eine  viel  gröbere 
Abweichung  des  Autors  von  seiner  „charakteristischen  Schreibweise", 
als  ein   eventuelles   Unterbrechen  der   „tagebuchweisen  Anordnung". 

Liegt  aber  eine  solche  Unterbrechung  hier  überhaupt  vor,  falls 
man  die  Stelle  auf  eine  der  früher  schon  erwähnten  Staffeln  bezieht? 

Die  rein  chronologische  Anordnung  des  Stoffes  kann  mit  voller 
Konsequenz  naturgemäß  nur  auf  die  Ereignisse  beim  eigenen 
Heere  Anwendung  finden,  auf  jene  beim  Feinde  nur  insofern,  als 
sie  unmittelbar  mit  den  ersteren  ineinandergreifen.  In  den  übrigen 
Fällen  wird  die  Möglichkeit  dieser  Anordnung  vor  allem  davon  ab- 
hängen, wann  die  betreffenden  Ereignisse  den  Caesarianern  beziehungs- 
weise dem  Verfasser  bekannt  wurden.  Vorgänge  beim  Feinde,  die  be- 
reits vor  längerer  Zeit  stattgefunden  haben,  aber  erst  relativ  spät  den 
Caesarianern  zur  Kenntnis  gelangt  sind,  konnten  naturgemäß  umso- 
weniger  streng  chronologisch  in  die  Erzählung  interpoliert  werden,  als 
ihr  genaues  Datum  in  vielen  Fällen  gar  nicht  bekannt  war  *).  Erst 
mit  dem  Augenblicke,  wo  die  Handlungen  des  Feindes  und  die  eigenen 
ineinander  zu  spielen  beginnen,  tritt  die  chronologische  Aufzählung 
wieder  in  ihr  Recht. 

Für  diesen  selbstverständlichen  Vorgang  haben  wir  in  c.  62  ff.  ein 
drastisches  Beispiel. 

Varus  hatte  auf  die  Kunde  von  der  Ankunft  einer  Staffel  von 
2  Legionen  bei  Caesar  die  in  Utika  im  Winterquartier  liegende  Flotte 
seeklar  gemacht,  mit  neuer  Mannschaft  ausgerüstet  (das  alles  wird 
ausdrücklich  erwähnt),  und  war  dann  mit  ihr  nach  Hadrumetura  vor- 


1)  Ähnliches  läßt  sich  wiederholt  im  bell.  Afr.  konstatieren,  am  deutlichsten  in 
Kap.  19,  wo  die  Vorgeschichte  des  Treffens  von  Ruspina,  soweit  sie  den  Feind 
betrifft,  nach  Schilderung  des  Treffens  nachgetragen  wird,  mit  der  ausdrücklichen 
Erwähnung,  daß  sie  erst  nach  dem  Treffen  durch  Überläufer  bekannt  wurde. 


Beilage  *I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.    1.  Caesar.        883 

gegangen.  So  etwas  geschieht  nicht  von  heute  auf  morgen.  Das 
Indienststellen  der  eingewinterten  Schilfe,  das  Zusammenbringen  und 
Einreihen  der  Mannschaft,  endlich  die  mehrtägige  Fahrt  von  Utika 
um  das  Cap  Bon  herum  bis  Hadrumetum,  das  alles  erforderte  eine 
erkleckliche  Spanne  Zeit.  Schon  daraus  geht  hervor,  daß  der  Be- 
ginn dieser  Ereignisse,  die  in  Utika  eintreffende  Kunde  von  der  An- 
kunft der  caesarianischen  Staffel,  weit  zurückliegt  und  daher  sich 
zeitlich  mit  schon  viel  früher  erzählten  Vorgängen  decken  muß.  Hier  ist 
einer  zwingenden  Notwendigkeit  zufolge  die  streng  tagebuchweise  An- 
ordnung eben  einmal  ausgeschaltet;  der  Autor  weist  auf  diese 
Tatsache  selbst  hin,  und  zwar  durch  das  diese  Episode  einleitende 
Wort  ..int  er  im".  Dieses  eine  Wort  beweist  es  ganz  klar,  daß  die 
erwähnten  Vorkehrungen  des  Varus,  und  daher  umsomehr  die  Nach, 
rieht,  die  ihn  dazu  veranlaßt  hat,  zeitlich  mit  vorher  schon  er- 
zählten Ereignissen  zusammenfallen.  Erst  mit  dem  Überfall 
des  Varus  auf  Leptis  kam  die  ganze  Unternehmung  zur  Kennt- 
nis der  Caesarianer,  und  damit  geht  dann  die  Erzählung  auch 
wieder  chronologisch  weiter;  das  Vorhergehende  ist  eben  nichts  anderes, 
als  die  den  Caesarianern  erst  mit  diesem  Augenblicke  oder  vielleicht 
noch  später  bekannt  gewordene   Vorgeschichte   dieses   Überfalles. 

Es  wäre  auch  gar  nicht  einzusehen,  warum  Varus  erst  bei  einem 
dritten  Transport  sich  zu  jener  Maßregel  veranlaßt  gesehen  hätte. 
die  zwei  vorhergehenden  aber,  deren  Ankunft  er  doch  ebenso  erfahren 
mußte,  ignoriert  haben  sollte.  Nichts  ist  natürlicher,  als  daß  er 
mit  den  Vorbereitungen  zur  Verlegung  der  Flotte  nach  Hadrumetum 
sofort  nach  der  Kunde  von  der  Ankunft  der  ersten  Nachschubstaffel 
begonnen  hat;  die  Legionsnummern  wären  daher  sinngemäß  von  jenem 
zu  entnehmen,  also  XIII  und  XIV.1). 

Somit  ist  die  in  c.  62,1  genannte  Staffel  identisch  mit  einer 
früher  schon  einmal  ausdrücklich  erwähnten;  dann  aber  verfügte 
Caesar  in  Afrika  nur  über  jene  Legionen,  die  er  selbst  gelegentlich 
seiner  Überfahrt  mitgebracht,  mehr  jener,  die  ihm  Alienus  ad  cap. 
34,4  und  53  nachgesendet;  das  sind  aber  nur  zehn.  — 


1)  Die  Konjektur  auf  „X  et  IX"  ist  textlich  näherliegend,  weil  dann  wenigstens 
die  eine  Ziffer  mit  einer  überlieferten  übereinstimmt.  In  diesem  Falle  ist  es  ja 
immerhin  möglich,  einen  kleinen  Irrtum  des  Verfassers  anzunehmen,  der  eben  die 
Maßnahmen  der  Varus,  von  denen  er  erst  spät  und  sehr  allgemein  gehaltene  Nach- 
richten erhielt,  statt  mit  der  ersten,  mit  der  zweiten  Staffel  in  Zusammenhang  brachte. 


884  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

ad  2.  Daß  Caesar  in  Afrika  mehr  als  10  Legionen  gehabt  haben 
muß,  sucht  Groebe  aus  folgenden  Stellen  zu  beweisen: 

a.  aus  der  ordre  de  bataille  des  Aufmarsches  vor 
Uzita; 

b.  aus  der  ordre  de  bataille  der  Schlacht  bei   Thapsus; 

c.  aus  den  Dispositionen  nach  der  Schlacht  bei  Thapsus. 
ad   a.    Gelegentlich    des    Aufmarsches    vor    Uzita     werden    auf 

Caesars  Seite  tatsächlich  9  Legionen  erwähnt,  blieb  also  nur  eine 
für  die  Besatzungen  in  Ruspina,  Leptis  und  Acylla,  sowie  für  die 
Lagerwachen. 

Wie  stark  die  Besatzungen  in  den  Städten  waren,  wissen  wir 
nicht;  daß  sie  zu  dieser  Zeit,  wo  Caesar  bereits  offensivfähig  war  und 
jedem  bedrohten  Ort  nachdrücklich  zu  Hilfe  kommen  konnte,  lange 
nicht  mehr  so  stark  gewesen  sein  dürften  als  zu  Beginn  des  Feld- 
zuges, wo  er,  selbst  in  starrer  Defensive,  dieselben  sich  selbst  über- 
lassen mußte,  ist  klar1).  In  den  Werken  brauchte  er,  da  er  dem 
vollkommen  aufmarschierten  Feinde  selbst  in  Schlachtordnung  gegen- 
überstand und  zudem  entschlossen  war  einen  riskierten  Kampf  nicht 
anzunehmen,  auch  nicht  viel  zurückzulassen.  Wäre  daher  für  diese 
Zwecke  das  Auslangen  mit  10  Kohorten  ganz  leicht  möglich,  so  darf 
nicht  vergessen  werden,  daß  nach  c.  10,2  noch  7  uneingeteilte  Ko- 
horten zur  Verfügung  standen2),  so  daß  sich  damit  schon  17  verfüg- 
bare Kohorten  ergeben.  Endlich  dürften  die  in  den  Werken  ver- 
bliebenen Lagerwachen  naturgemäß  den  Legionen  entnommen  worden 
sein,  denen  die  betreffenden  Abschnitte  zugewiesen  worden  waren; 
denn  bei  der  sehr  großen  Ausdehnung  der  Werke  wäre  die  Verteilung 
eines  Truppenkörpers  in  Lagerwachen  auf  die  ganze  Front  nach 
Ausmarsch  der  Abschnittsbesatzungen  recht  unpraktisch,  weil  ungeheuer 
zeitraubend    gewesen.      Es    ist   ja    zweifellos    sicher,    daß    in    zahl- 


1)  Damals  hatte  Leptis  6  (9,  1),  Acylla  auch  mehrere  Kohorten  Besatzung  (33, 4, 
„cum  cohortibus").  Bezeichnend  ist,  daß  während  dieser  Zeit,  wo  Caesar  defensiv 
bei  Ruspina  stand,  sowohl  Leptis  wie  Acylla  trotz  ihrer  starken  Besatzungen  vom 
Gegner  angegriffen  wurden  (28,2  bezw.  33,  3),  während  später  keine  feindliche  Unter- 
nehmung gegen  eine  von  Caesar  besetzte  Stadt  mehr  erwähnt  wird. 

2)  Daß  dieselben  später  wieder  in  die  Legionen  eingereiht  wurden,  wie  Groebe 
glaubt,  wird  nirgends  erwähnt;  hätte  Caesar  diese  Absicht  gehabt,  so  hätte  er  sie 
schon  viel  früher  in  Italien  durchführen  können.  Sie  dürften  daher  wahrscheinlich 
zum  Teil  in  ihrer  bisherigen  Eigenschaft  als  Kampfbesatzung  der  Kriegsschiffe,  zum 
Teile  zu  Besatzungen  und  dgl.  verwendet  worden  sein. 


Beilage  I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.    1.  Caesar.        885 

reichen  caesarianischen  Schlachten,  in  denen  der  Feldherr  eben  über 
eine  Anzahl  kompletter  Legionen  verfügte,  die  obligate  Lagerwache 
einer  oder  mehreren  Legionen  entnommen  wurde,  diese  selbst  also  in 
der  Schlacht  nicht  komplett  waren,  ohne  daß  dieser  selbstverständliche 
Umstand  jemals  direkt  betont  wird ;  ebensogut  kann  damals  bei  Uzita 
manche  Kohorte  der  in  der  Front  stehenden,  in  der  Quelle  nominell 
angeführten  Legionen  als  Notbesatzung  in  den  Werken  zurück- 
geblieben sein. 

Man  sieht,  die  Gesamtzahl  von  10  kompletten  Legionen  läßt  sich 
mit  der  Tatsache,  daß  9  davon  aufmarschiert  waren,  sehr  gut  in  Über- 
einstimmung bringen1). 

ad  b.  Für  Thapsus  stellt  Groebe,  dem  verderbten  und  auch 
grammatikalisch  sinnlosen2)  Originaltexte  folgend,  nicht  weniger  als 
5  Legionen  ins  Zentrum  Caesars,  außer  den  im  Texte  genannten  5, 
die  zu  je  2  1/2  auf  den  beiden  Flügeln  stehen;  da  noch  2  im  Lager  bleiben, 
so  gibt  dieses  Kalkül  bereits  1 2  Legionen  auf  dem  Schlachtfelde  selbst,  so 
daß  für  die  Besatzungen  der  Städte,  für  die  Groebe  gelegentlich  Uzita  so 
warm  eintritt,  diesmal  gar  nichts  mehr  übrig  bleibt,  trotzdem  jetzt  viel 
mehr  Orte  von  Caesar  besetzt  waren3).  Man  sieht  hier  gleich,  wohin 
das  Akzeptieren  jener  Originallesart  führt4).  — 

1)  Groebe  führt  auch  die  Verlegung  von  5  Legionen  in  das  knapp  vor  Uzita 
geschlagene  Lager  darauf  zurück,  daß  im  Hauptlager  nach  Eintreffen  der  11.  und 
12.  Legion  kein  Platz  mehr  vorhanden  war.  Dem  ist  entgegenzuhalten,  daß  jene 
Verlegung  doch  klarer  Weise  aus  dem  Grunde  erfolgt  ist,  weil  diese  5  Legionen  mit 
den  direkten  und,  wie  der  Text  ergibt,  recht  umfangreichen  Belagerungsarbeiten  be- 
traut waren,  die  sie  doch  nicht  vom  Hauptlager  auf  den  Höhen  aus  leisten  konnten. 

2)  „quinque  legiones  ....  conlocatis".  Im  ganzen  Satz,  sowohl  vorher  als 
nachher,  ist  die  ganze  Aufzählung  der  Truppen  einheitlich  im  Ablativus  absolutus 
durchgeführt,  so  daß  die  Lesart  „legiones"  ganz  unverständlich  wird. 

3)  Zur  Zeit  des  Aufmarsches  vor  Uzita  hatte  Caesar  nur  Ruspina,  Leptis  und 
Acylla  besetzt;  bis  zur  Schlacht  von  Thapsus  waren  noch  Zeta,  Sarsura,  Thabena 
und  Aggar  dazugekommen. 

4)  Groebe  meint  p.  714,  das  Zentrum  müsse  notwendig  so  stark  gewesen  sein, 
da  schon  jeder  Flügel  2  l/a  Legionen  stark  war.  Dies  ist  durchaus  nicht  nötig.  In 
Schlachten  mit  kurzer  Front  ist  überhaupt  ein  eigenes  Zentrum  überflüssig,  es  ge- 
nügt die  Gliederung  in  2  Flügel;  ist  die  Anzahl  der  Legionen  eine  ungerade  und 
die  Aufstellung  eine  im  allgemeinen  symmetrische,  so  ergibt  sich  eben  ein  kleines 
Zentrum,  das  dann  wahrscheinlich  nicht  selbständig,  sondern  dem  einen  Flügel  an- 
gegliedert ist.  Eine  spezielle  Stützung  des  Zentrums  durch  Veteranenlegionen,  wie 
bei  Pharsalos  und  Uzita,  war  hier  bei  der  Kürze  der  Front  n;cht  nötig.  Die  Flügel 
allerdings  behielten  ihre  Wichtigkeit,  hier  standen  die  besten  Legionen,  und  die  eine 
Rekrutenlegion  konnte  dann  ohne  Gefahr  zwischen  diese  beiden  verläßlichen  Gruppen 
eingeschoben  werden. 


886  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Wir  haben  gelegentlich  der  Besprechung  der  Schlacht  nach- 
gewiesen, daß  eine  solche  Front,  wie  Groebe  sie  annimmt,  auf  dem 
Isthmus  niemals  Platz  gehabt  hat,  und  haben  die  Stärke  Caesars  in  der 
Schlacht  gegen  Scipio  mit  6  Legionen,  einschließlich  der  V,  berechnet;  2 
im  Lager  gegen  das  Südkorps  zurückgelassen,  gibt  8,  dazu  etwa  eine  halbe 
in  den  Schanzen  auf  den  Hügeln  rings  um  Thapsus  verteilt,  zusammen 
8V2  auf  dem  Schlachtfelde  im  weiteren  Sinne;  bleiben  immer  noch 
ca.  15  eingeteilte  Kohorten  ohne  die  7  uneingeteilten  für  anderweitige 
Verwendungen,  und  es  ist  da  noch  die  Konzession  möglich,  daß  die 
Besatzungen  der  Schanzen  um  Thapsus  den  aufmarschierten  Legionen 
entnommen  waren,  obgleich  dies  hier  bei  der  geringeren  Ausdehnung  und 
dem  Umstand,  daß  die  ständigen  Besatzungen  dieser  Werke  kaum  zur 
Schlacht  ausmarschiert  sein  dürften,  nicht  wahrscheinlich  ist. 

Daß  die  Besatzungen  in  den  Städten  damals,  da  Caesar  bereits 
ausgesprochen  offensiv  operierte  und  froh  war,  wenn  sich  ihm  eine 
Gelegenheit  zum  Schlagen  bot,  recht  klein  waren,  erhellt  u.  a.  aus 
cap.  77,2,  wo  nachThabena  nur  l  Kohorte  nebst  leichten  Truppen  als  Be- 
satzung gelegt  wird.  Die  wichtigen  Plätze  Ruspina,  Leptis  und  vor 
allem  Aggar  werden  wohl  mehr  bekommen  haben ;  immerhin  erscheint  die 
Zahl  von  etwa  15  Kohorten  für  die  damals  in  Caesars  Hand  befindlichen 
7  Städte  mehr  als  ausreichend1). 

ad  c.  „Nach  der  Schlacht  bei  Thapsus  ließ  Caesar  3  Legionen 
vor  dieser  Stadt,  2  in  Thysdrus,  1  in  Hadrumetum;  er  zweigte  also, 
als  er  den  geschlagenen  Feind  verfolgte  und  gegen  die  Hauptstadt 
Utika  zog,  6  Legionen  vom  Hauptheere  ab  und  behielt  nur  4  in  der 
Hand,  wenn  er  in  der  Tat  nicht  mehr  als  10  Legionen  im  afrikanischen 
Feldzug  zur  Verfügung  hatte."  —  So  Groebe  p.  714. 

Ganz  richtig.  Wozu  hätte  er  auch  mehr  gebraucht?  Von  einer 
,, Verfolgung  des  geschlagenen  Feindes"  im  strengen  Sinne  war 
keine  Bede ;  die  Armee  Scipios  und  Jubas  war  vollkommen  zersprengt, 
sie  hatte  nach  Thapsus  einfach  aufgehört  zu  existieren;  der  zügellose 
Reiterhaufe,  der  nach  c.  87  Utika  brandschatzte,  war  der  einzige 
halbwegs  geschlossene  Rest  des  Heeres,  und  die  Verfolgung  solcher 
Truppen  konnte  doch  höchstens  Sache  der  Kavallerie  sein.  Wehr- 
hafte Gegner  standen  nur  noch  in  den  festen  Plätzen ;  dorthin  dirigierte 
Caesar   auch  folgerichtig   seine  Legionen.    Er  selbst  marschierte   in 

1)  Die  7  uneingeteilten  Kohorten  dürften  nach  der  Verschärfung  der  Blockade 
von  Hadrumetum  und  Thapsus  wieder  vollzählig  auf  der  Flotte  verwendet  worden  sein. 


Beilage  I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.     1.  Caesar.         887 

Verfolgung  dieses  Kalküls  mit  vollen  4  Legionen,  also  immer  noch 
dem  stärksten  jener  Korps,  in  die  das  Heer  jetzt  geteilt  wurde, 
auf  Utika ;  für  diesen  Zweck  gewiß  stark  genug.  Die  bemängelte 
Kräfteverteilung  erscheint  daher  durchaus  einleuchtend.  Man  vergleiche 
nur  die  ganz  analogen  Dispositionen  nach  den  Schlachten  von  Pharsalos, 
Zela  und  Munda!  — 

Ist  so  die  Kardinalfrage  erledigt,  so  läßt  sich  die  Zusammensetzung   Tatsächliche 
der  afrikanischen  Armee  Caesars  leicht  ableiten. 

Als  Caesar  von  Lilybaeum  abfuhr,  nahm  er  mit  sich  6  Legionen: 
die  bereits  vor  dem  Feinde  gestandene  V.  und  5  Rekrutenlegionen 
(c.  1,5),  deren  Nummern  bis  auf  eine  in  cap.  60  erwähnt  werden: 
XXVI,  XXVIII,  XXIX,  XXX;  ob  die  fünfte  die  Nummer  XXV 
(Schneider),  XXX  (Wölfflin)  oder  III  (Groebe)  geführt  hat,  ist  für 
unsere  Untersuchung  belanglos1). 

Außerdem  standen  auf  den  Kriegsschiffen  7  Kohorten  altgedienter 
Soldaten  als  Kampf besatzung  (10,1).  Diese  waren  aus  den  gelegent- 
lich der  Überfahrt  Caesars  von  Brundisium  nach  Epirus  krankheits- 
halber in  Italien  zurückgebliebenen  Mannschaften  der  gallischen  Vete- 
ranenlegionen formiert,  hatten  später  auf  der  improvisierten  Flotte  des 
Vatinius  gegen  Octavius  in  den  illyrischen  Gewässern  gekämpft2)  und 
waren  endlich  in  gleicher  Eigenschaft  nach  Afrika  gegangen,  wo  sie, 
solange  Not  an  Mannschaft  war,  gelegentlich  auch  zu  Lande  ver- 
wendet wurden. 

Außer  diesen  67  Kohorten  Legionsinfanterie  gingen  noch  2000  Reiter 
mit  dem  ersten  Transport  nach  Afrika;  auch  leichte  Truppen,  die 
bald  darauf  erwähnt  werden  (12,3),  dürften  jedenfalls,  wenn  auch  in 
beschränkter  Zahl,  mitgekommen  sein. 

Mit  dieser  Truppenmacht  bestritt  Caesar  die  Besatzungen  von 
Ruspina,  Leptis  (6  Kohorten,  c.  9,1)  und  später  auch  Acylla  (33,2); 
mit  30  Kohorten,  400  Reitern  und  150  Bogenschützen  schlägt  er  das 
Gefecht  bei  Ruspina  (12,1). 

Diese  30  Kohorten  scheinen  nicht  durchaus  Rekruten  gewesen  zu 

1)  Ich  halte  XXV  für  das  wahrscheinlichste ;  sie  wäre  dann  eine  Schwester- 
legion der  XXVI,  die,  wie  Domaszewski  Nr.  20,  S.  173  mit  viel  Berechtigung  er- 
wähnt, eine  sizilische  war;  beide  wären  dann  jene  2  Legionen,  die  Curio  vor  seiner 
Überfahrt  nach  Afrika  in  Sizilien  zurückgelassen  hatte  (b.  c.  II  23, 1).  Die  beiden 
andern,  die  er  mitnahm  und  die  mit  ihm  vernichtet  wurden ,  hätten  dann  die 
Nummern  XXIII.  und  XXIV.  geführt, 

2)  b.  Alex.  44,4. 


388  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

sein;  schon  die  Stelle  c.  16,4 :  „omnium  tarnen  animiinterrorem  coniecti,  et 
maxi  nie  tironum"  deutet  darauf  hin,  daß  nicht  ausschließlich 
„tirones"  anwesend  waren.  Die  Szene  zwischen  Labienus  und  dem 
Veteranen  der  X.  Legion,  der  aber  nicht  im  Verbände  der  X.  Legion 
kämpfte  („non  agnosco  signa  decumanorum"),  gibt  den  Schlüssel  dazu: 
es  handelt  sich  ohne  Zweifel  um  eine  jener  Flottenkohorten,  die  ganz 
oder  teilweise  aus  Veteranen  der  X.  Legion  gebildet  war1). 

Die  nächste  Vermehrung  der  Streitkräfte  bestand  darin,  daß  der 
entbehrliche  Teil  der  Matrosen  (nicht  zu  verwechseln  mit  den  als 
Kampfbesatzung  auf  den  Kriegsschiffen  dienenden  Legionaren),  mit  be- 
sonderer Rücksicht  auf  die  spezifischen  Bedürfnisse  dieses  Kriegsschau- 
platzes, als  leichte  Infanterie  organisiert  wurde  (20,1). 

Endlich  traf  die  erste  namhafte  Verstärkung  ein:  der  zweite 
Transport  brachte  2  Veteranenlegionen  (XIII  und  XIV),  800  Reiter 
und  1000  Leichte  nach  Ruspina  (34,4). 

Nun  ging  Caesar  gegen  Uzita  vor.  Hier  erreichte  ihn  der  dritte 
Transport,  die  Veteranenlegionen  IX  und  X  (53).  Bald  darauf 
gingen  etwa  1000  gaetulische  Reiter  zu  ihm  über  (56,3). 

Die  nächste  und  letzte  Verstärkung  brachte  der  vierte  Trans- 
port: 4000  Legionare,  die  jedoch  verschiedenen  schon  auf  dem  Kriegs- 
schauplatze befindlichen  Legionen  angehörten,  400  Reiter  und  abermals 
1000  Leichte  (77,3). 

Zusammengefaßt  ergibt  daher  Caesars  Streitmacht: 

Legionsiufanterie  Leichte  Infanterie    Kavallerie 

I.    Transport:  67  Kohorten  =  25  000  Mann2)  ?  2000  Pferde 

II.     Transport:  20         „        =     6000      „         1000  Mann      800      „ 

III.  Transport:  20         „        =     6000      „  —  — 
Überläufers):  —                          —                  —               1000      „ 

IV.  Transport:  — 4000      „        1000 400      „ 

107  Kohorten  =  41  000  Mann    3000?  M. *)    4200  Pferde 


1)  Domaszewski  Nr.  20,  S.  173,  Amn.  5. 

2)  Hier  sind  pro  Veteranenkohorte  300,  pro  Rekrutenkohorte  400  Mann  ge- 
rechnet und  stets  abgerundet;  nach  dem  4.  Transport  sind  pro  Kohorte  40  Mann  zu- 
gerechnet. 

3)  Die  sonst  häufig  erwähnten  Überläufer  dürften  nur  sporadisch  gewesen  und 
hauptsächlich  zur  Ergänzung  der  eigenen  Verluste  verwendet  worden  sein. 

4)  Hier  sind  die  beim  ersten  Transport  mitgebrachten  und  die  später  aus 
Matrosen  gebildeten  Leichten  mit  zusammen  1000  Mann  veranschlagt,  was  kaum 
zu  niedrig  gegriffen  ist. 


Beilage  I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.    2.  Republikaner.     889 

Hiervon  standen  zur  Entscheidungsschlacht  bei  Thapsus,  wie  oben 

abgeleitet,  etwa  85  Kohorten  =  32  000  Mann1),  sowie  der  größte  Teil 

der  leichten  Infanterie  und  Kavallerie  zur  Verfügung;   der  Rest  war 

auf  Besatzungen  verteilt. 

« 
2.  Republikaner. 

Über  die  Streitkräfte  der  Republikaner  sind  wir  ziffernmäßig  gleich- 
falls recht  gut  unterrichtet,  wenn  auch  hier  die  Stärkeangaben  bezüglich 
einzelner  irregulärer  Kontingente  mit  Vorsicht  aufzunehmen  sind. 

In  c.  1 ,4  wird  die  Gesamtstreitmacht  der  Verbündeten  angegeben, 
und  zwar  hat  Scipio  10,  Juba  4  Legionen;  von  den  übrigen  Truppen 
werden  nur  die  120  Elefanten  präzisiert  (bestätigt  c.  19,3);  bezüglich 
der  leichten  Infanterie  begnügt  sich  der  Verfasser  mit  dem  Ausdrucke 
„magna  vis" ;  Kavallerie  erwähnt  er  an  dieser  Stelle  überhaupt  nicht. 

Über  letztere  gibt  uns  das  Treffen  bei  Ruspina  und  die  folgenden 
Ereignisse  genaueren  Aufschluß,   wenigstens   was   die  Armee   Scipios 
betrifft.    Labienus  verfügt  in  jenem  Treffen  nach  cap.  19,4  über: 
1  000  gallisch-germanische  Reiter2), 
8  000  leichte  („ungezäumte"3)  numidische  Reiter4), 
dazu  1  600  auserlesene  numidische  unter  Petreius, 
zusammen  11,200  Reiter;  dann  „quater  tanto",  was  sich  wohl  nur  auf 
die  letzte  Ziffer  bezieht,   also  6400  Mann  leichte  Infanterie  nebst  be- 
rittenen und  unberittenen  Bogenschützen  und  Schleuderern. 

1)  50  Kohorten  Veteranen  (Leg.  IX.  X.  XIII.  XIV.  und  V.  und  35  Kohorten 
Rekruten.  In  den  eigentlichen  Kampf  auf  dem  Nordisthmus  kamen  bloß  60  Kohorten 
=  21  000  Mann  (50  Kohorten  Veteranen,  10  Kohorten  Rekruten). 

2)  Nach  19.3  hatte  Labienus  diese  Reiter  aus  Macedonien  mitgebracht;  sie 
waren  also  der  Rest  jenes  stolzen  Reiterkorps,  das  er  bei  Pharsalos  geführt  hatte, 
und  wohl  die  einzige  pompejanische  Truppe,  die  geschlossen  aus  dieser  Schlacht  ent- 
kommen ist.  Übrigens  hatte  auch  Juba  schon  im  Jahre  49  gallische  und  spanische 
Reiter  (b.  civ.  II  40, 1). 

3)  Diese  „ungezäumte"  (sine  frenis)  Kavallerie,  deren  Reiter  ihre  Pferde  nicht 
mit  Zügeln,  sondern  mit  einem  einfachen  Halfterstrick  oder  auch  nur  mit  einer  Gerte 
bezw.  einem  kurzen  Stäbchen  lenken,  ist  heute  noch  in  Tunis  landesüblich 
und  wird  auch  zu  militärischen  Diensten,  als  „Spahis"  (Landgendarmerie)  u.  dgl. 
verwendet.  Herr  Capitaine  Blondont,  der  uns  auf  unserer  Expedition  durch  Tunis 
begleitete  und  später  als  Kommandant  einer  „goume"  (Abteilung  Eingeborener)  auf 
den  marokkanischen  Kriegsschauplatz  abging,  schreibt  von  da,  daß  ihm  eine  Ab- 
teilung von  50  solchen  Reitern  während  des  Feldzuges  von  Casablanca  vorzügliche 
Dienste  geleistet  hat. 

4)  Die  c.  3, 1  erwähnten  3  000  maurischen  Reiter,  die  bei  Thapsus  wieder  ge- 
nannt werden  (S3,  3),  dürften  in  obige  Zahl  eingerechnet  sein. 


890  Der  Caesariauische  Bürgerkrieg. 

Dies  war  die  leichte  Avantgarde,  die  auf  die  Nachricht  voi 
Caesars  Landung  von  Utika  gegen  Ruspina  vorgegangen  war;  einige 
Tage  später  traf  die  Hauptarmee  Scipios,  8  Legionen  und  3000  Reiter 
(20,2),  gleichfalls  vor  Ruspina  ein.  2  Legionen  und  700  Reiter  unter 
Oonsidius  standen  in  Hadrumetum  (3,3;  33,3).  So  stimmt  die  Zahl 
der  eingangs  bezeichneten  Legionen.  Als  Gesamtsumme  der  Truppen 
Scipios  ergibt  sich  nach  der  Quelle  demnach  10  Legionen, 
14  900  Reiter  und  gegen  7000  Mann  leichte  Infanterie. 

Über  Jubas  Streitkräfte  erfahren  wir  außer  den  Angaben  des 
Kap.  1  nicht  viel  Näheres.  Sicher  ist,  daß  er  nie  mit  allen  Kräften 
gegen  Caesar  eingegriffen  hat,  da  er  gleich  anfangs  einen  Teil  der- 
selben gegen  Sittius  und  die  mauretanischen  Könige  zurücklassen 
mußte.  Schließlich  vereinigte  er  sich  in  der  Stärke  von  3  Legionen, 
800  gezäumten  und  einer  „großen  Zahl"  ungezäumter  Reiter  und 
leichter  Infanterie  nebst  30  Elefanten  mit  Scipio  (48,1),  dem  er  schon 
früher  30  Elefanten  zugeschoben  hatte  (25,5).  Bald  sah  er  sich  jedoch 
veranlaßt,  abermals  6  Kohorten  gegen  die  aufständischen  Gaetuler  zu 
detachieren  (55,2),  so  daß  er  mit  etwa  27>  Legionen  Caesar  gegen- 
überstand.    • 

Indessen  hatte  Considius  nach  der  mißglückten  Belagerung  Acyllas 
seine  Streitkräfte  mit  Scipio  geteilt,  also  vermutlich  eine  Legion  diesem 
abgegeben  (43). 

Um  diese  Zeit  standen  also  Caesar  bei  Uzita  gegenüber  (nach 
der  Quelle): 

Scipio:  9  Legionen,  7000  Leichte,  14  900  Reiter,  30  Elefanten; 

Juba:  2V2     „  ?  „  ?  .    l)  30 

Als  Caesar  nach  Aggar  und  Scipio  nach  Tegea  marschiert  war, 
ging  Considius  nach  Thysdrus,  wo  wir  ihn  c.  76,1  antreffen;  da  jedoch 
die  Besatzung  der  Stadt  selbst  nach  c.  93  nur  aus  einer  Gladiatoren- 
kohorte und  Gaetulern  bestand,  so  scheint  der  größere  Teil  der  ihm 
verbliebenen  Legion  zu  andern  Besatzungen  jener  Gegend  verwendet 
oder  zur  Hauptarmee  gezogen  worden  zu  sein2). 

1)  Da  der  größte  Teil  der  bei  Scipio  befindlichen  Kavallerie  und  leichten  In- 
fanterie ohne  Zweifel  aus  Numidien  stammte,  so  dürfte  Jubas  Armee  an  diesen 
Kontingenten,  trotzdem  sie  die  charakteristischen  Hauptwaffen  seiner  Kriegsmacht 
bildeten,  nicht  allzu  stark  gewesen  sein;  3— 5000  Reiter  und  ebensoviel  Leichte  sind 
gewiß  eher  zu  hoch  als  zu  niedrig  geschätzt. 

2)  Sowohl  die  Gladiatorenkohorte  als  die  Gaetuler  können  allerdings  dem  Ver- 
bände der  Scipionischen  Legionen  angehört  haben,   da   man  da  bei  Aufstellung  der 


Beilage  I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.    2.  Republikaner.     891 

Zur  Zeit  der  Schlacht  bei  Thapsus  hatte  Scipio  außer  Utika,  dessen 
Besatzung  in  obige  Zahlen  gewiß  nicht  eingerechnet  ist  und  auch 
nicht  stark  gewesen  sein  kann,  'da  Cato  mit  ihr  die  Brandschatzung 
der  Stadt  durch  einen  zügellosen  Reiterhaufen  nicht  hindern  konnte 
(c.  87),  noch  Hadrumetum,  Uzita,  Tegea,  Thapsus  und  Thysdrus,  mög- 
licherweise auch  noch  andere  Orte  besetzt.  Verloren  hatte  er  Zeta 
und  Sarsura  samt  ihren  Besatzungen1);  schon  früher  waren  die  beiden 
gaetulischen  Legionen  IV  und  VI  durch  Desertion  zum  Feinde  fast 
ganz  aufgelöst  worden  (52,5).  Danach  kann  man  die  Gesamtstärke 
der  Verbündeten  bei  Thapsus  mit  höchstens  10  Legionen  und  dem 
größten  Teil  der  vorhandenen  Nebenwaffen  annehmen.  Die  64  Elefanten, 
die  Caesar  in  der  Schlacht  erbeutete,  stimmen  annähernd  mit  den 
früher  deduzierten  60.  Die  nach  Italien  gelangte  Meldung  von 
120  Elefanten  (1,4  und  19,3),  war  demnach  entweder  eine  Übertreibung, 
oder  Juba  hatte  die  Hälfte  unter  Saburra   im  Reiche  zurückgelassen. 

Von  allen  jenen,  die  in  caesarianischen  Ziffern  grundsätzlich  nach  Das  Verhältnis. 
Übertreibungen  schnüffeln,  sind  die  überlieferten  Heereszahlen  seiner 
Gegner    in  diesem   Feldzuge   selbstverständlich   auch   in  Bausch  und 
Bogen  verworfen  worden. 

Die  Tatsache,  daß  die  Republikaner  in  Afrika  dem  Sieger  von  Die  Legionen. 
Pharsalos  insgesamt  14  Legionen  entgegenstellen  konnten,  während 
er  selbst  nur  10  auf  diesem  Kriegsschauplatz  vereinigte,  erscheint 
allerdings  auf  den  ersten  Blick  etwas  unglaubhaft.  War  doch 
Caesar  damals  schon  der  Herr  des  größten  Teiles  des  römischen  Reiches, 
während  den  Republikanern  nur  noch  die  Provinz  Afrika  und  das  ver- 
bündete Königreich  Numidien  zu  Gebote  stand. 

So  bestechend  dieses  Argument  auch  ist,  so  enthält  es  doch  einen 
Trugschluß.  Für  Caesar  war  mit  der  in  3  Jahren  unter  ungeheuren 
Kämpfen  durchgeführten  Eroberung  fast  des  ganzen  Mittelmeergebietes 
auch  die  Pflicht  erwachsen,  die  eroberten  Länder  zu  decken,  und  diese 
Notwendigkeit  absorbierte  bei  der  Größe  des  Raumes  ungeheure 
Kräfte.    Spanien,   Gallien,   Illyrien,    Kleinasien,   Syrien   und  Ägypten 

Armee  sicher  nicht  allzu  rigoros  vorgegangen  war.    Gaetuler  werden  als  Angehörige 
der  Scipionischen  Legionen  IV  und  VI  in  c.  35,  4  ausdrücklich  genannt. 

1)  Die  zwei  Legionen,  die  Caesar  bei  Zeta  erfolglos  zu  überrumpeln  versuchte, 
bildeten  nicht  die  Besatzung  der  Stadt,  sondern  ein  dorthin  entsendetes  Requisitions- 
kommando der  Hauptarmee  Scipios  (63,1).  Die  eigentliche  Besatzung  scheint  hier 
wie  in  allen  Binnenstädten  nur  gering  gewesen  zu  sein. 


892  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

mußten  durch  zum  Teil  sehr  starke  Besatzungen  gesichert,  auch  Italiei 
Sizilien,  Sardinien  konnten  nicht  ganz  von  Truppen  entblößt  werdei 
unter  diesen  Umständen  waren  die  10  Legionen,  die  er  nach  Afrika 
dirigierte,  immerhin  ein  recht  bedeutender  Teil  der  verfügbarei 
Streitkraft. 

Im  Gegensatze  zu  Caesar  hatten  die  Republikaner  nichts  mein 
zu  decken  als  die  Spanne  Landes,  auf  der  sie  standen  und  kämpfte] 
konnten  und  mußten  also  alle  ihre  Kräfte  zum  Kampfe  vereinige] 
Von  diesem  Standpunkte  betrachtet  sind  die  überlieferten  Zahlen  ganz 
einleuchtend.  Daß  ein  Reich  wie  Numidien  4  Legionen  aufstellen 
konnte,  wird  niemand  bezweifeln  können;  aber  auch  die  10  Legionen 
Scipios  sind  nicht  unglaubwürdig. 

Nach  der  Vernichtung  Curios  standen  in  Afrika  3  Legionen :  2  in 
Utika,  1  in  Hadrumetum.  Dazu  kamen  die  15  Kohorten,  die  Cato 
von  Dyrrhachium  mitgenommen  hatte;  das  ergibt  bereits  4  72  Legionen. 
Als  Caesars  unerwarteter  Aufenthalt  in  Alexandria  die  Hoffnungen 
der  Republikaner  neu  belebte,  wurden  unzweifelhaft  die  Rüstungen 
mit  vollster  Energie  wieder  aufgenommen.  Material  gab  es  noch  ge- 
nug, da  der  republikanische  Gedanke  und  die  pompejanischen  Sym- 
pathien im  ganzen  Reiche  noch  tiefe  Wurzeln  geschlagen  hatten.  In 
der  Provinz  Afrika  allein  standen  seit  den  Aushebungen  des  Varus 
im  Frühjahr  49  zwei  neue  Jahrgänge  zur  Verfügung1);  überdies 
wurden  ganze  Legionen  aus  Gaetulern  gebildet  (c.  35,4,  leg.  IV  und  VI). 
Sonst  mögen  aus  anderen  Teilen  des  Reiches,  insbesondere  aus  Spanien, 
zahlreiche  Kontingente  herbeigeströmt  sein;  am  wenigsten  vielleicht 
aus  Italien,  wo  seinerzeit  die  eiserne  Faust  des  M.  Antonius  der 
Emigration  nachdrücklichst  Schranken  gesetzt  hatte.  Daß  man  unter 
diesen  Umständen  im  Laufe  von  mehr  als  einem  Jahre  5 — 6  neue  Legionen 
aufstellen  konnte,  ist  umsoweniger  unglaubwürdig,  je  weniger  rigoros 
man  das  Material  beurteilte;  daß  man  aber  in  dieser  Hinsicht  sehr 
liberal  zu  Werke  ging,  unterliegt  keinem  Zweifel. 

Die  Stärke  der  scipionischen  Armee  wird  aber  auch  durch  den 
Gang  der  Operationen  bestätigt. 

Vor  dem  Eintreffen  der  ersten  Nachschubstaffel  (2.  Transport) 
verfügte  Caesar  immerhin  schon  über  67  Kohorten,   darunter   17  aus 


1)  Man  vergleiche  hier  als  Analogem  die  von  Caesar  während  des  gallischen 
Krieges  nnd  unmittelbar  nach  demselben  in  der  Provinz  Gallia  cisalpina  successive 
durchgeführten  Neuaufstellungen. 


Beilage  I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.    2.  Republikaner.     893 

Veteranen;  6  davon  standen  in  Leptis,  einige  in  Acylla,  so  daß  doch 
noch  etwa  5  V2  Legionen  bei  Kuspina  vereinigt  waren.  Dennoch  ließ 
sich  Caesar  durch  Scipio  in  die  absolute  Defensive  drängen  und  ver- 
mied hartnäckig  die  von  jenem  ostentativ  angebotene  Schlacht,  bis 
endlich  die  erste  Verstärkung  durch  2  Veteranenlegionen  ihn  veran- 
laß te,  den  Spieß  umzudrehen  ')•  Jetzt  aber  verweigerte  wieder  Scipio 
die  Schlacht  unter  gleichen  Chancen  (c.  41,  42).  Die  2  Legionen 
bildeten  also  das  Zünglein  an  der  Wage,  d.  h.  sie  verschafften  Caesar 
die  effektive  Überlegenheit,  während  sie  vorher  auf  Seite  Scipios,  der 
damals  noch  nicht  mit  Juba  vereinigt  war,  sich  befand.  Da,  die  quali- 
tative Überlegenheit  ohne  Zweifel  auf  Caesars  Seite  war2),  so  können 
wir  die  Angaben  der  Quelle  c.  20,2,  die  Scipios  Streitkraft  vor  Kuspina  mit 
8  Legionen  angibt,  durchaus  plausibel  finden;  damit  stimmt  auch,  daß  er  die 
Verstärkung  Caesars  seinerseits  mit  der  Heranziehung  eines  Teiles  des 
Korps  Considius  beantwortete.  Ist  aber  diese  Stärkeangabe  als  richtig 
erwiesen,  so  entfällt  auch  jeder  Zweifel  an  den  übrigen  Angaben  über 
die  Legionen,  da  sie  mit  der  obigen  in  vollster  Harmonie  stehen. 

Wie  stark  die  republikanischen  Legionen  waren,  ist  natürlich 
nicht  genau  anzugeben.  Auf  mehr  als  400  Mann  pro  Kohorte  wird 
man  sie  mit  Kücksicht  auf  die  Verschiedenheit  der  Kontingente  nicht 

1)  Die  bedeutende  Überlegenheit  Scipios  an  Kavallerie  und  leichten  Truppen 
hat  hier  ohne  Zweifel  auch  Einfluß  geübt;  ausschlaggebend  war  sie  jedoch 
nicht,  da  Caesar  nach  Ankunft  der  2  Legionen  zur  Offensive  überging,  trotzdem 
seine  Kavallerie  und  seine  Leichten  nur  in  unwesentlichem  Ausmaße  (800  Pf.  bezw. 
1000  M.)  verstärkt  worden  waren;  es  war  also  der  Zuwachs  an  Legionsinfanterie  für 
den  Umschwung  maßgebend  gewesen. 

2)  Dies  gilt  wohl  auch  für  die  erste  Periode,  da  Caesars  Heer  noch  zum  weit- 
aus größten  Teile  aus  Rekruten  bestand.  Diese  (meist  Spanier,  vgl.  Domaszewski 
Nr.  20,  S.  173.)  waren  doch  besseres  Material,  von  größtem  Vertrauen  in  die  Führung 
erfüllt,  hatten  bei  Ruspina  sich  brav  geschlagen  und  konnten,  an  die  V.  Legion  und 
die  7  uneingeteilten  Veteranenkohorten  gelehnt,  unzweifelhaft  ihren  Mann  stellen. 
Auf  Scipios  Seite  hatte  bei  der  Aushebung  kaum  gleich  gutes  Material  zur  Ver- 
fügung gestanden;  vor  den  Feind  gekommen  waren  von  seinen  Truppen  bis  dahin 
nur  die  2  Legionen  des  Varus,  deren  praktische  Kriegserfahrung  in  einer  eben  durch 
Caesars  Rekruten  erlittenen  empfindlichen  Schlappe  bestand,  und  die  von  Cato  und 
Labienus  aus  Epirus  gebrachten  15  Kohorten;  diese  hatten  allerdings  Dyrrhachinm 
mitgemacht,  dürften  aber,  da  sie  von  Pompejus  nicht  zur  Hauptentscheidung  heran- 
gezogen, sondern  mit  einer  Nebenaufgabe  detachiert  worden  waren,  kaum  zu  den  besten 
Truppen  jener  aus  sehr  ungleichen  Elementen  zusammengesetzten  Armee  gezählt 
haben.  —  An  die  allerdings  vorzüglichen  spanischen  Kohorten  des  Afranius  und 
Petreius  ist  hier  trotz  der  Anwesenheit  dieser  beiden  Führer  nicht  zu  denken,  da 
diese  Truppen  bei  Pharsalos  gefochten  hatten  (b.  c.  III  88,  3);  aus  dieser  Schlacht 
aber  war  keine  Kohorte  nach  Afrika  entkommen. 


894  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

veranschlagen  dürfen,  so  daß  Scipios  Gesamtkraft  etwa  40  000,  die 
Jnbas  16  000  Mann  betragen  haben  kann,  die  aber,  wie  wir  gesehen, 
niemals  vollkommen  vereinigt  waren.  Bei  Thapsus  standen  im  ganzen 
etwa  40  000  Mann  zur  Verfügung,  und  davon  kam  vielleicht  die  Hälfte  in 
der  Schlacht  auf  dem  Nordisthmus  in  den  Kampf,  mit  denen  Caesars 
an  Zahl  etwa  gleich  starke,  qualitativ  aber  weit  überlegene  Legionen 
um  so  leichteres  Spiel  haben  mußten,  als  die  Hauptwalfen  der  Repub- 
likaner, die  Kavallerie  und  die  leichten  Truppen,  durch  das  Terrain 
so  ziemlich  ausgeschaltet  waren. 

Die  Kavallerie.  Mit  mehr  Skepsis  als  die  Zahl  der  Legionen  sind  die  Angaben  der 

Quelle  über  die  Kavallerie  aufzunehmen;  und  zwar  gilt  dies  weniger 
für  die  regulären  Kontingente,  deren  Ziffern  sogar  auffallend  niedrig 
gegriffen  sind,  sondern  vor  allem  für  die  irregulären,  bei  denen  eine 
Ungenauigkeit  der  Zahl  an  und  für  sich  näher  liegt,  da  eine  Kontrolle 
für  den  Gegner  hier  auch  nach  dem  Siege  fast  ausgeschlossen  war. 

In  der  Schlacht  bei  Narraggara,  also  unter  teilweise  analogen 
Verhältnissen,  hatten  Scipio  und  Massinissa  zusammen  nicht  einmal 
6000  Reiter,  und  damit  doch  die  ausgesprochene  Überlegenheit  über 
Hannibal,  der  allerdings  wieder  einen  Teil  der  afrikanischen  Kontingente 
absorbiert  hatte,  während  unter  Caesar  vor  dem  Übergange  der  Gaetuler 
das  ganze  afrikanische  Aufgebot  auf  Seiten  der  Republikaner  focht ;  auch 
war  am  Ende  des  zweiten  Punischen  Krieges  die  Leistungsfähigkeit  der 
afrikanischen  Reservoirs  jedenfalls  in  weit  höherem  Grade  erschöpft  als 
im  Bürgerkriege,  während  dessen  diese  Provinz  bis  dahin  verhältnis- 
mäßig wenig  in  Mitleidenschaft  gezogen  worden  war. 

Immerhin  sind  die  fast  15  000  Reiter  Scipios  gewiß  zu  hoch  ge- 
griffen, umsomehr  als  Juba  denn  doch  auch  noch  einige  Tausend  zurück- 
behalten haben  muß.  Wenn  wir  daher  die  irregulären  numidischen 
Kontingente  auf  etwa  6 — 8000  Pferde  schätzen,  so  daß  sich  die  Ge- 
samtkraft der  Kavallerien  beider  Armeen  auf  10 — 12000  Pferde  stellt, 
so  werden  wir  damit  vielleicht  das  Richtige  treffen.  Es  ist  auch  dies 
eine  hohe  Zahl,  aber  nicht  unmöglich  auf  einem  Kriegsschauplatze,  der 
vorzugsweise  Kavallerie  produzierte  und  ihre  Verwendung  begünstigte, 
und  schon  deshalb  anzunehmen,  weil  die  ausgesprochene  numerische 
Überlegenheit  der  republikanischen  Kavallerie  über  die  caesarianische 
aus  allen  in  Betracht  kommenden  Stellen  der  Quelle  klar  hervorgeht  *). 


1)  Am  deutlichsten  cap.  72.1. 


Beilage  I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.    2.  Republikaner.     895 

3.  Die  Flotten. 

Über  die  F 1  o  1 1  e  n  beider  Parteien  haben  wir  keine  genauen  Nach- 
richten ;  beiderseits  sind  uns  nur  Bruchteile  überliefert,  von  denen 
wir  nicht  wissen,  wie  sie  sich  zum  Ganzen  verhalten.  Sowohl  die 
55  Schiffe,  mit  denen  Attius  Varus  von  Utika  nach  Hadrumetum  vor- 
ging (62,1),  als  die  40  (27  und  13),  die  Caesar  vor  Thapsus  und 
Hadrumetum  kreuzen  ließ  (62,2),  sind  solche  Bruchteile;  denn  neben 
Varus  wird  noch  Octavius  als  selbständiger  Admiral  genannt  (44,2), 
und  von  Caesars  Flotte  lag  nach  62,4  noch  ein  bedeutender  Rest  vor 
Leptis,  der  stark  genug  war,  im  Verein  mit  den  1 3  Schiffen  des  Aquila 
die  55  des  Varus  zu  schleunigem  Rückzug  zu  zwingen  (63);  auch  be- 
fanden sich  sicher  jederzeit  Kriegsschiffe  Caesars  auf  dem  Wege  von 
Sizilien  nach  Afrika  und  zurück. 

Im  ganzen  macht  es  den  Eindruck,  als  wäre  Caesars  Flotte  in 
diesem  Feldzuge  erheblich  stärker  gewesen  als  jene  der  Gegner. 
Während  Caesar  seine  Transporte  ungefährdet  über  das  Meer  an  sich 
zieht  und  zwei  wichtige  Hafenplätze  des  Feindes  dauernd  zur  See  blockiert 
hält,  ohne  daß  auch  nur  ein  Versuch  gemacht  wird,  die  Blockade  von 
innen  oder  von  außen  zu  brechen,  ist  die  einzige  größere  Unternehmung, 
zu  der  die  Gegner  sich  aufraffen,  ein  überfallartig  durchgeführter  An- 
griff, der  in  demselben  Augenblick,  wo  das  Moment  der  Überraschung 
zu  wirken  aufhört,  nach  kleinen  Erfolgen  schleunigst  redressiert 
und  nicht  mehr  wiederholt  wird. 

Dieses  Verhältnis  erscheint  auch  begreiflich.  Die  starke  pompe- 
ianische  Seemacht  war  nach  Pharsalos,  wie  vorauszusehen,  Stück  für 
Stück  abgebröckelt,  der  letzte  Rest,  den  Cato  befehligte,  hatte 
schließlich  noch  durch  Stürme  schwer  gelitten1);  auch  Octavius  hatte 
nach  der  Schlacht  von  Tauris  nur  ärmliche  Überbleibsel  nach  Afrika 
gebracht2).  Das  Hauptkontingent  der  republikanischen  Flotte  war 
demnach  das  Ergebnis  der  in  Afrika  selbst  durchgeführten  Rüstungen. 

Im  Gegensatze  dazu  verfügte  Caesar  jetzt  endlich  über  zahlreiches 
Flottenmaterial,  da  die  meisten  von  Pompeius  abgefallenen  Kontingente 
nunmehr  zu  seiner  Verfügung  standen;  schon  in  Alexandria  hatte  er 
die  Überlegenheit  zur  See  behauptet.  Da  diese  Flotten  zur  Deckung 
der  eroberten  Provinzen  viel  weniger  notwendig  waren  als  die  Le- 
gionen, so  stand  der  Vereinigung  des  größten  Teiles  der  verfügbaren 

1)  Lucanus  Phars.  IX  319  ff. 

2)  „parvis  paucisque  navigiis  .  .  .  Africam  peteret"  bell.  Alex.  47,  4. 

Kromayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder.  III.  57 


S96  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Seemacht  auf  dem  nunmehrigen  Kriegsschauplatze  nichts  anderes  im 
Wege  als  die  räumliche  Entfernung;  immerhin  konnte  Caesar  aus  dem 
westlichen  Teile  des  Mittelmeerbeckens  zweifellos  eine  Anzahl  Schiffe 
zusammenziehen,  die  ihm  die  absolute  Überlegenheit  zur  See  unbe- 
dingt sicherte;  was  durch  die  Ereignisse  bestätigt  erscheint. 

4.  Die  Verluste. 

Es  erübrigt  noch  eine  Betrachtung  der  überlieferten  Verlust- 
ziffern. 

Jene  der  verschiedenen  kleineren  Gefechte  sind  allerdings  belanglos ; 
umsomehr  interessieren  uns  die  der  Schlacht  bei  Thapsus. 

Die  Verluste  Caesars  werden  b.  Afr.  86,1  und  Plutarch  53  über- 
einstimmend mit  etwa  50  Toten  angegeben ;  die  erstere  Quelle  erwähnt 
noch  etliche  Verwundete.  Man  hat  diese  Ziffer  für  zu  gering  befunden; 
wenn  man  aber  bedenkt,  daß  die  eigentliche  Schlacht  gewissermaßen 
überfallartig  erfolgte,  in  äußerst  kurzer  Zeit  entschieden  war  und 
überhaupt  nur  ein  beschränkter  Teil  der  Truppen  ins  Handgemenge 
kam,  und  zwar  gerade  die  besten  Truppen  Caesars,  die  gallischen 
Veteranen,  die  ihren  Gegnern  in  der  Routine  des  Kampfes  Mani 
gegen  Mann  weit  überlegen  waren,  so  wird  man  einsehen,  daß  ii 
diesem  Falle  der  auffallend  geringe  Verlust  des  Siegers  durchaus 
nicht  so  unwahrscheinlich  ist.  An  einer  anderen  Stelle  als  am  Nord- 
flügel der  Schlacht  gegen  Scipio  ist  es  überhaupt  zu  keinem  ernstei 
Handgemenge  mehr  gekommen;  auch  die  schließliche  Niedermetzlun^ 
der  Republikaner  bei  den  „regia  castra"  kann  nicht  als  solches  be- 
zeichnet werden,  da  dieselben  bereits  die  Waffen  zum  Teile  wegge- 
worfen hatten  (c.  85,  4.  5). 

Die  Verluste  der  Republikaner  gibt  das  bellum  Africanum  c.86,t 
mit  10  000,  Plutarch  c.  53  mit  50  000  Mann  an.  Einzelne  Heraus- 
geber haben  nun  die  Plutarchsche  Ziffer  in  das  bellum  Africanum  hinein- 
konjiziert  und  damit  Wasser  auf  die  Mühlen  derer  gegossen,  denei 
es  ein  auserlesenes  Vergnügen  bereitet,  über  die  „Übertreibungen" 
Caesars  und  seiner  Fortsetzer  Zeter  und  Mordio  zu  schreien1).  Die 
Methode  ist  in  diesem  Falle  doch  zu  billig.    Plutarch  hat  noch  manch 


1)  Am  krassesten  natürlich  Delbrück,  der  (Nr.  23,  S.  589  Anm.  1)  die  Bei- 
behaltung der  richtigen  Lesart  durch  neuere  Herausgeber  für  unrichtig  erklärt,  nur 
um  dann  über  die  künstlich  hineininterpretierte  „Übertreibung"  herziehen  zu  können. 
Auch  Fröhlich  Nr.  9,  S.  83  glaubt  an  die  Lesart  L. 


Beilage  I:  Die  Heeresstärken  im  afrikanischen  Kriege.    2.  Republikaner.     897 

andere  Zahl  Caesars  übertrieben,  man  kann  dasselbe  hier  um  so  eher 
annehmen,  als  die  Zahl  von  10,000  Toten  mit  unseren  sonstigen  Be- 
rechnungen in  bester  Harmonie  steht. 

Wir  haben  gesehen,  daß  die  Republikaner  mit  insgesamt  ca. 
40  000  Mann  Linieninfanterie  vor  Thapsus  erschienen,  wovon  am 
Schlachttage  ca.  20  000  am  südlichen,  20  000  am  nördlichen  Isthmus 
standen.  Erstere  haben  sich  auf  die  Nachricht  von  der  auf  dem  Nord- 
isthmus stattgefundenen  Schlacht  ohne  Kampf  in  Flucht  aufgelöst,  noch 
ehe  Caesars  Stoß  sie  ereilte,  hatten  also  so  gut  wie  keine  Verluste. 
Vom  Nordkorps  dürften  in  der  Schlacht  selbst  aus  denselben  Gründen,  die 
wir  bei  Caesar  geltend  gemacht,  auch  nicht  allzuviele  gefallen  sein1). 
Während  des  nun  folgenden  Rückzuges  um  die  Sebkra  waren  ihnen 
zwar  die  caesarianischen  Legionen  hart  auf  den  Fersen,  da  aber  be- 
kanntlich der  Besiegte  schneller  zu  marschieren  pflegt  als  der  Sieger, 
so  konnten  die  Verluste  in  dieser  Etappe  auch  nur  minimale  gewesen 
sein,  zumal  die  Verfolgung  fast  nur  von  den  Legionen  durchgeführt 
wurde.  Eher  dürfte  sich  während  dieses  30  Kilometer  langen, 
im  Kreise  führenden  Marsches  ein  großer  Teil  verlaufen  haben;  dies 
gilt  vor  allem  von  der  beim  Nordkorps  eingeteilten  Kavallerie  und  den 
leichten  Truppen,  die,  von  den  feindlichen  Legionen  ohnehin  nicht  ein- 
zuholen, mit  gutem  Grunde  ihr  Heil  viel  eher  in  beschleunigter  Flucht, 
als  im  Anschluß  an  das  Südkorps  erblicken  mochten ;  sie  dürften  sich 
fast  vollzählig  vom  Schlachtfelde  gerettet  haben.  Aber  auch  manche 
stark  in  Auflösung  geratenen  Legionstruppen  dürften  ihrem  Beispiele 
gefolgt  sein. 

So  ist  es  ganz  gut  möglich,  daß  von  den  20  000  Mann  Legions- 
infanterie, welche  die  Schlacht  auf  dem  Nordisthmus  mitgemacht 
hatten,  schließlich  nur  noch  etwa  10  000  bei  den  verlassenen  Lagern 
des  Südkorps  eintrafen;  diese  wurden  nun  allerdings  insgesamt  nieder- 
gemacht2). 


1)  Jedenfalls  aber  doch  bedeutend  mehr  als  auf  Seiten  Caesars;  insbesondere 
der  Einbruch  der  eigenen  Elefanten  in  die  Front,  das  Gedränge  bei  der  Flucht  ins 
Lager  und  dessen  durch  einzelne  Abteilungen  tapfer  geführte  Verteidigung  (83,  4) 
dürften  größere  Opfer  gefordert  haben;  im  ganzen  mögen  es  immerhin  einige  hundert 
Mann  gewesen  sein. 

2)  Daß  ein  großer  Teil  des  Heeres  sich  durch  die  Flucht  gerettet  hat,  gibt 
das  b.  Afr.  86, 1  (fugatisque  compluribus)  ausdrücklich  an;  schon  diese  Angabe  ist 
mit  den  angeblichen  50  000  Toten  unvereinbar. 


57 


Beilage  IL 


Die  Kommandoverhältnisse  in  der  republikanischen  Armee. 

Endlich  mag  an  dieser  Stelle  ein  Wort  über  die  komplizierte 
Kommandoverhältnisse  im  republikanischen  Lager  gesagt 
werden,  über  welche  weder  die  unmittelbar  überlieferten  offiziellen 
Tatsachen,  noch  die  diesbezüglichen  anekdotenhaft  ausgeschmückten 
Erzählungen  Dios  und  Plutarchs  jene  Klarheit  verbreiten,  die  vom 
militärischen  Standpunkte  wünschenswert  erscheint. 

Daß  bei  dem  erfolgten  Zusammenströmen  zersplitterter  Reste  au 
den  einen  letzten  Kriegsschauplatz  die  Regelung  der  Kommando- 
verhältnisse keine  leichte  Sache  war,  ist  umso  selbstverständlicher,  als 
hierbei  heterogene  Elemente  einander  gegenüberstanden. 
Pompeianer,  Re-  Pompeius,  dessen  Feldherrnruf  zuliebe  die  Fusion  der  republika- 
A^ticae^ia^r.  nischen  und  pompeianischen  Fraktion  zustandegekommen,  war  tot,  und 
damit  auch  der  Grund  für  dieses  Bündnis  hinfällig;  mit  berechtigtem 
Mißtrauen  blickten  die  strengen  Republikaner  (Cato,  Varus,  Scipio) 
auf  die  Repräsentanten  der  spezifisch  pompeianischen  Tradition  (Cn.  und 
S.  Pompeius,  Afranius,  Petreius)  und  noch  mehr  auf  die  absoluten  Anti- 
caesarianer  Labienus  und  Juba,  mit  denen  vorläufig  noch  gemeinsame 
Sache  zu  machen  bloß  der  gemeinsame  Feind  sie  zwang. 

Das  natürliche  Übergewicht,  das  die  Republikaner  nach  dem  Tode 
des  Pompeius  im  Rahmen  der  gegen  Caesar  geeinten  Parteien  genossen, 
legte  die  Betrauung  eines  der  Ihrigen  mit  dem  Oberkommando  nahe. 
Über   Catos   Initiative-  entschied    die    allerdings    inappellable   Rang- 
liste,  und   zwar  zu  Gunsten  des  vielleicht  ungeeignetesten  von  allen 
des    „Feldherrn    von    erprobter   Unfähigkeit" l),    des    einzigen   unte 
allen  Gegnern  Caesars,  dessen  militärische  Kapazität  dieser  selbst  mi 
beißender  Ironie  persifliert  hat2). 

1)  Mommsen  R.  G.  III8  p.  447. 

2)  Caesar  b.  c.  III  31, 1. 


Beilage  II:  Die  Kommandoverhältnisse  in  der  republikanischen  Armee.      899 

Und  doch  macht  der  ganze  Verlauf  der  Operationen  den  Eindruck, 
als  habe  sich  die  republikanische  Fraktion  unter  dem  nicht  ganz  zu 
beseitigenden  Einfluß  der  spezifisch  militärischen  Elemente  zu  einem 
Kompromiß  herbeigelassen  und  sich  im  Interesse  der  Sache  mit  dem 
nominellen  Oberbefehl  begnügt.  Die  wirkliche  Leitung  der  Operationen 
lag  unzweifelhaft  in  einer  Hand,  die  das  Instrument  des  Krieges  ganz 
anders  zu  führen  verstand,  als  dies  von  Scipio  bezeugt  ist.  Wenn  auch 
der  Erfolg  schließlich,  wie  vorauszusehen,  auf  Seite  Caesars  blieb,  so 
sind  doch  in  gar  keinem  andern  Feldzuge  so  viele  Teilerfolge  über 
den  Unbesieglichen  errungen  worden  als  in  Afrika;  man  denke  an 
das  Treffen  bei  Ruspina,  das  ihn  zwang,  sich  auf  drei  Wochen  wie 
in  einer  Festung  einschließen  zu  lassen ;  an  die  glänzende  aus 
freier  Vorfeldstellung  geführte  Verteidigung  von  Uzita,  die  Caesars 
mit  ungeheuren  Mitteln  in  Scene  gesetzten  Angriff  schließlich  mit  einem 
unverhüllten  Mißerfolg  enden  ließ;  an  die  geschickten  Gegenmaßnahmen 
gelegentlich  der  Vorstöße  Caesars  auf  Zeta  und  Sarsura — Thysdrus, 
die  ihm  jedesmal  einen  bitteren  Tropfen  in  den  Becher  des  Erfolges 
träufelten ;  endlich  an  die  Konzeption  des  Manövers  von  Thapsus,  das, 
wenn  es  auch  schließlich  von  Caesar  katastrophal  durchkreuzt  wurde, 
immerhin  einen  hervorragenden  militärischen  Blick,  rasche  und  kühne 
Ausnützung  der  gebotenen  Chancen  verrät.  Nie  sonst  ist  der  Initia- 
tive Caesars,  dem  eigentlichen  Geheimnis  seiner  Erfolge,  mit  so  viel  Ge- 
schick und  Konsequenz,  mit  so  gründlicher  Ausnützung  aller  Chancen 
der  Kriegsmittel  wie  des  Kriegsschauplatzes,  entgegengetreten  worden ; 
nie  sonst  —  und  das  ist  die  Hauptsache  —  haben  Caesars  Gegner 
sich  verhältnismäßig  so  gut  in  seinen  Gedankengang,  in  seine  Ideen  und 
Absichten  hineinzufinden  und  damit  seinen  Plänen  mit  solcher  Zweck- 
mäßigkeit zu  begegnen  gewußt. 

Alles  dies  deutet  auf  einen  wenn  auch  inoffiziellen  Leiter  dieses 
Feldzuges,  der  nicht  nur  absolut  eine  hervorragende  militärische  Kapa- 
zität, sondern  vor  allem  ein  gründlicher  Kenner  Caesars  und  seiner 
Kriegführung  gewesen  sein  muß;  als  solcher  kommt  aber  niemand 
in  höherem  Grade  in  Betracht  als  T.  Labienus. 

Und   die  Quellen   bestätigen   diese  Vermutung.    Fast  alle  ernst-      Labienus. 
liehen  Unternehmungen   dieses  Feldzuges   sind  mit   dem  Namen  des 
Labienus  verknüpft,  während  der  Oberfeldherr  Scipio  dagegen   ver- 
hältnismäßig stark  im  Hintergrunde  bleibt. 

Als  Caesars  unerwartete  Landung  bei  Hadrumetum  gemeldet  wird, 


900  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

da  ist  es  Labienus,  der  mit  den  leichten  Kontingenten  ungesäumt  auf- 
bricht, Caesar  wirklich  vollständig  überrascht  und  bei  einem  Haare 
den  Feldherrn  auf  seinem  Requisitionsmarsche  aufgehoben  hätte.  Ge- 
legentlich der  Kämpfe  um  Uzita  leitet  er  alle  ernstlichen  Unter- 
nehmungen, macht  Hügel  für  Hügel  dem  Gegner  streitig,  bedroht  un- 
ausgesetzt seine  Flanke,  legt  Hinterhalte  in  seinem  Rücken;  ah 
Caesar  von  Aggar  nach  Zeta  marschiert,  rettet  Labienus  die  dorthii 
detachierten  Legionen  Scipios  vor  Vernichtung  und  bringt  Caesars 
rückkehrende  Truppen  durch  geschickte  Angriffe  in  eine  Lage,  di( 
jener  in  der  Ebene  vor  Ruspina  an  Bedenklichkeit  wenig  nachgibt. 
Und  in  der  großen  Reiterschlacht  bei  Tegea  ist  es  abermals  Labienus, 
der  mit  Umsicht  und  Zähigkeit  den  Kampf  leitet  und  Caesars  eigentlich« 
Absicht,  die  Herbeiführung  einer  Entscheidungsschlacht,  vereitelt. 

Nur  bei  Thapsus  wird  er  gar  nicht  erwähnt.  Aber  gerade  diesei 
Umstand  spricht  am  deutlichsten  dafür,  daß  wir  in  ihm  den  eigent- 
lichen Leiter  der  Operationen  erblicken  dürfen. 

Denn  bei  Thapsus  gab  es  Nebenaufgaben  zu  lösen,  welche  dei 
Natur  der  Sache  nach  dem  ersten,  erprobtesten  Legaten,  dem  berufene] 
Stellvertreter  des  Feldherrn,  zukamen;  daß  Labienus  mit  einer  solche] 
nicht  betraut  wurde,  ist  hier  der  beste  Beweis  für  die  Rolle,  die  er  tat- 
sächlich spielte.  Nach  seiner  bisherigen  Verwendung  und  seine] 
Leistungen  in  diesem  Feldzug  erscheint  es  durchaus  ausgeschlossen, 
daß  er  als  Unterbefehlshaber  des  Afranius1)  oder  Juba  beim  Südkorps 
geblieben  wäre;  war  er  aber  beim  Nordkorps,  wo  es  übrigens  für  seine 
gewohnte  Tätigkeit  als  Reitergeneral  keine  Gelegenheit  gab,  so  wird 
uns  wieder  seine  Übergehung  bei  der  Verleihung  des  wichtigen  selb- 
ständigen Kommandos  im  Süden  unverständlich.  Das  Dilemma  löst 
sich,  wenn  wir  annehmen,  daß  Labienus  wohl  beim  Nordkorps  stand, 
nicht  aber  als  einfacher  Legat  des  Scipio,  sondern  gewissermaßen  als 
sein  Generalstabschef,  der,  wieP.Scipio  im  Kriege  gegen  Antiochus 
oder  in  neuerer  Zeit  Gneisenau  und  Moltke,  ohne  die  offizielle  Würde 
des  Oberbefehls  zu  bekleiden,  doch  de  facto  der  eigentliche  spiritus 
rector   der  Führung   war,   was   selbstverständlich   bei   der  stets  sehr 

1)  Als  Konsular  war  Afranius  allerdings  rangälter;  was  aber  nicht  hindert, 
daß  man  nach  allem  Bisherigen  doch  vermieden  haben  wird,  ihm  Labienus  direkt 
unterzuordnen ;  dies  erhellt  am  klarsten  aus  b.  Afr.  c.  68, 1,  wo  Labienus  vor  Afranius 
genannt  wird,  woraus  hervorgeht,  daß  er  diesem,  wenn  nicht  übergeordnet,  so  doch 
zum  mindesten  gleichgestellt  war;  auch  die  ganze  Rolle,  die  beide  bisher  in  diesem 
Feldzug  gespielt  hatten,  spricht  eher  für  die  Überordnung  des  Labienus. 


Beilage  II:  Die  Kommandoverhältnisse  in  der  republikanischen  Armee.     901 

variablen  Verwendung  römischer  Legaten  nicht  hinderte,  daß  er  ge- 
legentlich auch  die  persönliche  Leitung  selbständiger  Aufgaben  über- 
nommen hat,  wie  sie  uns  in  größerer  Zahl  aus  der  Geschichte  dieses 
Krieges  bekannt  sind.  — 

So  erscheint  der  afrikanische  Feldzug  in  Wirklichkeit  als  ein 
Kampf  Caesars  gegen  seinen  ehemaligen  größten  Schüler,  und  bietet 
als  solcher  wahrlich  genug  des  Interessanten;  sicher  ist,  daß  Caesar, 
vielleicht  vom  Vercingetorix  abgesehen,  nie  einen  ebenbürtigeren  Gegner 
gegen  sich  gehabt  hat,  wie  in  diesem  Feldzuge;  in  der  Vorsicht, 
mit  der  er  trotz  unzweifelhafter  Überlegenheit  fortgesetzt  ope- 
riert, spiegelt  sich  das  Bewußtsein  dieser  Tatsache  am  klarsten. 
Daß  Scipio  nach  allem,  was  wir  von  ihm  wissen,  Caesar  diesen  Be- 
weis der  Achtung  nicht  aufzwingen  konnte,  ist  gewiß;  dieser  wußte 
eben  nur  zu  gut,  wer  der  faktische  Führer  der  gegnerischen 
Armee  war  1). 


t)  Fröhlich  Nr .  9,  S.  81  sieht  die  Ursache  der  endlichen  Niederlage  der 
Republikaner  in  der  Unfähigkeit  Scipios,  die  alle  Tüchtigkeit  seiner  Unterführer 
durch  unbegreifliche  Fehler  zuschanden  macht.  In  Wahrheit  waren  diese  Fehler 
durchaus  nicht  so  arg;  manches,  was,  wenn  es  durch  Gunst  des  Zufalls  geglückt 
wäre,  als  geniale  Handlung  dastehen  würde,  erscheint  als  schwerer  Fehler,  sobald 
es  mißglückt  ist.  Und  von  einem  Caesar  endlich  überwunden  zu  werden  setzt  durch- 
aus nicht  voraus,  daß  zuvor  unverantwortliche  Fehler  begangen  worden  sein  müssen. 
Siehe  auch  das  diesbezüglich  zutreffende  Urteil  Guischardts  I  p.  108. 

Auch  der  bekannte  Witz  Caesars  —  etwas  anderes  ist  es  nicht  gewesen  — , 
ein  „verächtliches  und  verkommenes  Individuum",  namens  Scipio,  als  nominellen 
Kommandanten  zu  erklären  (Plut.  Caes.  52),  ist  nicht  minder  als  eine  Persiflage  der 
ihm  wohlbekannten  Strohmannstellung  des  feindlichen  Feldherrn,  denn  als  Appell  an 
den  Aberglauben  der  Truppen  aufzufassen. 


Beilage  111. 


über  die  Persönlichkeit  des  Verfassers  des  „bellum  Africanum" 1). 

Für  die  Benutzung  einer  Quelle  ist  uns  ein  sicheres  Urteil  über 
die  Persönlichkeit  des  Verfassers  unbedingt  vonnöten.  Handelt  es  sich, 
wie  im  vorliegenden  Falle,  um  eine  spezifisch  kriegsgeschichtliche  Arbeit, 
so  ist  uns  selbstverständlich  vor  allem  die  Beurteilung  des  Autors  als 
Fachmilitär  von  ausschlaggebendem  Interesse.  Diese  vom  militärischen 
Standpunkte  aus  zu  geben,  soll  im  folgenden  versucht  werden. 

Über  den  Versuch  Langhammers  Nr.  32,  die  fachmilitärische 
Kapazität  des  anonymen  Autors  aus  seinem  Stile,  seiner  literarischen 
Bildung  und  Zugehörigkeit  zu  einer  bestimmten  rhetorischen  Schule 
ableiten  zu  wollen,  brauche  ich  wohl  kein  Wort  zu  verlieren. 
Dieser  Nachweis  läßt  sich  nur  aus  dem  Verständnis  führen,  das 
der  Verfasser  den  Ereignissen,  die  er  schildert,  als  Fachmann  entgegen- 
bringt; ob  dies  in  glänzender  Form  oder  im  traurigsten  Kanzlei-  und 
Reglementstil,  ob  es  in  asianischer  oder  atticistischer  Rede  geschieht, 
ist  für  die  Sache  völlig  belanglos2). 

Am  besten  werden  wir  die  Frage  fassen,  wenn  wir  uns  darüber 
klar  zu  werden  trachten,  welche  Stellung  der  Verfasser  in  der 
Armee,  deren  Kämpfe  er  als  Augenzeuge  schildert,  eingenommen 
hat.  Aus  der  Stellung  in  einem  so  zweckmäßig  eingerichteten  Organis- 
mus, wie  Caesars  Armee  war,   läßt  sich  immerhin  ein  Schluß  ziehen 

1)  Über  das  Folgende  siehe  auch  Fröhlich,  Nr.  9,  S.  Uff.  —  Ich  konnte  das 
vorzügliche,  leider  aber  vergriffene  und  sehr  schwer  zu  beschaffende  Büchlein  erst 
nach  Fertigstellung  dieser  Arbeit  einsehen  und  habe  es,  so  gut  es  noch  ging, 
wenigstens  in  den  Anmerkungen  berücksichtigt. 

2)  Gar  so  stilistisch  hervorragend,  wie  Langhammer  glauben  machen  will,  ist 
unser  Autor  übrigens  auch  nicht.  Sätze  wie:  „ut  maritima  oppida  post  sene  vacua 
relinqueret"  (9,2)  steheD  durchaus  nicht  vereinzelt  da.  Oder  ist  das  auch  „asianisch"? 
Vgl.  Fröhlich,  Nr.  9,  S.  30—35,  wo  eine  ganze  Reihe  solcher  Beispiele  auf- 
gezählt ist. 


Beilage  III:  Über  die  Persönlichkeit  des  Verfassers  des  „bellum  Africanum".     903 

auf  das  militärische  Niveau  des  Verfassers,  das  zu  eben  dieser  Stellung 
einigermaßen  passen  und  sich  natürlich  auch  in  der  Darstellung  selbst 
spiegeln  muß. 

Und  hier  tritt  uns  sofort  ein  sehr  bemerkenswertes  Charakteristi- 
kon  entgegen,  das  für  die  Beantwortung  der  Frage  entscheidend  werden 
muß:  Der  Verfasser  des  bellum  Africanum  befand  sich  nicht, 
wie  Hirtius  oder  Asinius  Pollio1),  —  auch  nicht  wie  Baibus 
und  Oppius,  die  gleichfalls  in  den  Verdacht  der  Autorschaft  gebracht 
worden  sind2),  —  in  Caesars  Hauptquartier,  sondern  erstand 
in  der  Front,  und  zwar  in  ziemlich  untergeordneter  Stel- 
lung. 

Diese  Tatsache  ist  unverkennbar,  wenn  wir  die  Schilderung  der 
Ereignisse  verfolgen.  Da  spricht  nicht  der  „Stäbler",  der,  an  der  Seite 
des  Feldherrn  stehend,  die  Vorgänge  mit  den  Augen  desselben  sieht 
oder  doch  zu  sehen  glaubt;  sondern  der  biedere  Truppenoffizier,  der 
von  dem,  was  im  Hauptquartier  vorgeht,  nichts  erfährt,  als  was  in  den 
herabkommenden  Befehlen  enthalten  ist,  oder  ihm  gelegentlich  durch 
einen  guten  Freund  zugesteckt  wird;  der  sich  aber  über  das,  was  er 
eben  nicht  erfährt,  seine  eigenen  und  oft  recht  naiven  Gedanken  macht. 

Da  ist  gleich  seine  Schilderung  der  Überfahrt  nach  Afrika:  man 

sticht  in  See,  man  kommt  in  Sicht  des  Landes,  fährt  bei  Clupea,  dann 

i  bei  Neapolis  vorbei  (2,6)  —  und  erfährt  noch  immer  nicht,  wohin  die 

Fahrt  geht.    Ganz  richtig,   denn  Caesar  hatte  das  Ziel  den  Truppen 

nicht  bekanntgegeben,  wie  aus  c.  3,4  hervorgeht;   über   die  Ursachen 

;  dieser  Maßregel   macht   sich   der    Verfasser   dann   seine   eigenen  Ge- 

,  danken;   den   wahren  Grund,   die   beabsichtigte   Überrumpelung   von 

Hadrumetum,  die  durch  die  Zersplitterung  des  Transportes    vereitelt 

wurde,  hat  er  nie  erfahren. 

Als  Caesar  Leptis  besetzt  hat,  nach  Ruspina  zurückgekehrt  ist 
und  sich  beeilt  Proviant  dorthin  zusammenzubringen,  macht  sich  der 
Verfasser,  der  alles  mit  angesehen,  wieder,  und  zwar  diesmal  einge- 
standenermaßen, seine  eigenen  Gedanken  auch  über  den  Zweck  dieser 
Maßregeln:  „Huc  eum  exercitum  idcirco  existimo  recepisse,  ut  maritima 
oppida  post  se  ne  vacua  relinqueret"  etc.  (9,2). 


1)  Über   letztere,   von  Landgraf  und  Wöllflin   vertretene   obstruse   Hypothese 
vgl.  Th.  Widmann,  Nr.  17,  ö.  550ff. 

2)  Widerlegt  bei  Fröhlich  Nr.  9,  S.  11.  —  Langhammer  (Nr.  31,  S.  1551)  schlägt 
sogar  den  typischen  Stäbler  Sallust  vor! 


904  r*er  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

Als  Caesar  in  der  Folge  mit  7  Kohorten  im  Hafen  von  Ruspin* 
auf  die  Schiffe  geht,  ist  der  Grund  dieser  Maßregel  den  Truppen  neuer- 
dings unklar:  „Omnibus  in  exercitu  insciis  et  requirentibus  imperatorn 
consilium  magno  metu  ac  tristimonia  sollicitabantura  (10,3  *),  und  am 
führlich  wird  die  Stimmung  weiter  ausgemalt.  Den  Grund  abei 
warum  Caesar  in  See  gegangen,  erfahren  wir  erst,  als  er  durch  di< 
Ankunft  der  vermißten  Schiffe  für  alle  offenkundig  geworden. 

Schon  die  immerwährende  Erwähnung  dieser  an  sich  so  selbsl 
verständlichen  Unklarheit  der  Truppe  über  die  Intentionen  der  oberstei 
Führung,  sowie  die  wiederholte  Detailmalerei  der  Stimmung  deut< 
mit  voller  Sicherheit  auf  den  subalternen  Truppenoffizier,  der,  ohi 
Einblick  in  die  Geheimnisse  des  Hauptquartiers,  selbst  voll  unter  dei 
Eindrucke  jener  Ungewißheit  und  jener  Stimmungen  steht.  Der  „Stäbler' 
ist  über  diese  nicht  nur  persönlich  erhaben,  sondern  sie  kommen  ihi 
überhaupt  nicht,  oder  doch  lange  nicht  in  diesem  Grade,  zum  B< 
wußtsein. 

Und  so  geht  es  weiter. 

Das  Gefecht  bei  Ruspina  hat  der  Verfasser  unzweifelhaft  persöi 
lieh  mitgemacht;  schon  das  spricht  für  unsere  Annahme,  denn  auf  eine 
einfache  Requisition,  wie  sie  hier  beabsichtigt  war,  wird  Caesar  kaum  sein 
ganzes  Hauptquartier  mitgeschleppt  haben.  Wieder  erfahren  wir  Aus- 
führliches über  die  Stimmung  der  Truppen; das  „circumspicereCaesarem" 
(16,4)  ist  besonders  bezeichnend,  nicht  minder  die  drastisch  geschilderte 
Episode  zwischen  Labienus  und  dem  Veteranen  der  X.  Legion. 

Die  charakteristischsten  Stellen  jedoch  enthält  das  Kapitel  31. 

Zunächst  die  fast  ehrfurchtsvolle  Hervorhebung  der  Tatsache,  daß 
Caesar  seine  Maßnahmen  beim  Anrücken  Scipios  nicht  persönlich  in 
der  Front  stehend,  sondern  „mirabili  peritus  scientia  bellandi  in  prae- 
torio  sedens"  durch  seine  Befehlsorgane  anordnet.  Man  fühlt  ordent- 
lich das  maßloße  Staunen  des  Verfassers  über  die  Unfehlbarkeit  des 
Feldherrn  heraus,  sowie  den  ehrerbietigen  Respekt  vor  dem  ver- 
schlossenen Allerheiligsten  des  Praetoriums.  Das  ist  die  ureigenste 
Stimmung  der  Truppe,  wie  sie  dem  „Stäbler"  sich  niemals  aufdrängen 
wird.  —  Nicht  minder  bezeichnend  ist  der  Schluß  des  Kapitels,  worin 
versichert  wird,  daß  Caesar  die  Schlacht  beileibe  nicht  etwa  deshalb 
versagte,  weil  er  sich  nicht  getraut  hätte,  mit  den  Rekruten  zu  siegen. 


1)  Auch  ein  stilistisch  feiner  Satz! 


Beilage  III:  Über  die  Persönlichkeit  des  Verfassers  des  „bellum  Africamim".     905 

Freilich  ist  es  naheliegend,  daß  Caesar,  um  das  Selbstvertrauen  der  jungen 
Legionen  durch  die  fortgesetzte  Passivität  nicht  zu  gefährden,  die  dort 
angeführte,  recht  naive  Version  über  den  Grund  seines  Verhaltens 
lanciert  oder  den  Truppen  sogar  direkt  verlautbart  hat. 

Ähnliche  Stellen  ließen  sich  noch  viele  aufzählen,  so  c.  37  die 
Anführung  des  so  gänzlich  selbstverständlichen  Befehles  zur  Stellig- 
machung  der  Aufklärer  von  dem  Abmärsche  von  Ruspina.  Für  die 
Truppen  hatte  dieser  Befehl  allerdings  die  Bedeutung  eines  Ereig- 
nisses: sie  konnten  daraus  entnehmen,  daß  etwas  Besonderes  im  Zuge 
sei.  Welchen  Befehl  die  Aufklärer  erhielten,  erfahren  wir  wiederum 
nicht,  obwohl  das  viel  interessanter  wäre  als  ihre  Stelligmachung ; 
aber  davon  erfuhren  eben  die  Truppen  nichts.  —  Ein  „Stäbler"  hätte, 
wenn  er  schon  die  selbstverständlichen  Aufklärungsmaßnahmen  über- 
haupt erwähnt,  so  doch  in  erster  Linie  den  Auftrag  genannt,  mit 
welchem  jene  Patrouillen  abgefertigt  wurden. 

Schließlich  will  ich  noch  auf  Thapsus  verweisen,  wo  sich  genau 
feststellen  läßt,  was  der  Verfasser  in  der  Schlacht  mitgemacht  und 
somit  gesehen  hat;  nirgends  anders  tritt  die  Frage  seines  Wirkungs- 
kreises und  damit  auch  seines  Horizontes  klarer  zutage. 

Wir  erfahren  Caesars  und  Scipios  Anmarsch,  sowie  die  Tatsache, 
daß  letzterer  vor  dem  südlichen  Isthmus  zwei  Lager  schlägt  (79); 
dann,  daß  Caesar  den  Eaum  um  Thapsus  durch  Verschanzung  geeigneter 
Punkte  befestigt,  „hostes  ne  intrare  ad  se  ac  loca  interiora  capere 
possent" ;  diese  teils  allgemeine,  teils  selbstverständliche  Begründung  ist 
wiederum  charakteristisch.  Dann  erfahren  wir  Scipios  ersten  An- 
marsch, der  als  ein  Versuch,  Thapsus  Hilfe  zu  bringen,  aufgefaßt 
wird  (!),  seinen  Marsch  um  die  Sebkra  und  den  Lagerschlag  auf  dem 
Nordisthmus.  Jetzt  kommt  es  zur  Schlacht  gegen  Scipio,  die  ausführ- 
lich geschildert  wird,  doch  ohne  die  Erwähnung  des  unvollendeten 
Aufmarsches,  der  nur  durch  Caesars  Äußerung  „sibi  eruptione  pugnari 
non  placere"  angedeutet  erscheint ;  jedenfalls  stand  der  Verfasser  am 
rechten  Flügel,  der  schon  aufmarschiert  war,  sah,  was  man  dort  sah, 
und  sah  nicht,  was  man  dort  nicht  sah  oder  nicht  sehen  wollte,  hörte 
aber  Caesars  diesbezügliche  Äußerung;  dann  hören  wir  von  der  Ver- 
folgung der  Geschlagenen  und  endlich  von  ihrer  Niedermetzlung.  Das 
alles  hat  der  Verfasser  mitgemacht;  er  hat  in  der  Schlacht  am  rechten 
Flügel  gekämpft,  ist  mit  dem  Verfolgungskorps  um  die  Sebkra  herum- 
marschiert und  war  schließlich  anscheinend  nicht  weniger  als  die  Ver- 


906  Der  Caesarianische  Bürgerkrieg. 

folgten  darüber  erstaunt,  daß   die    „regia  castra"    bereits  von  Caes* 
rianern  besetzt  waren. 

Daß  Juba  und  Afranius  auf  dem  Südisthmus  zurückgeblieben  sin< 
erzählt  er  uns  ebensowenig  wie  deren  schließliche  Flucht  oder  Caesars 
zweiten  Vorstoß,  der  zur  Besetzung  der  „regia  castra"  geführt  hal 
Auch  die  wahre  Bestimmung  der  beiden  Legionen  des  Asprenas  weil 
er  nicht;  sehr  begreiflich:  denn  Caesar  hatte  alles  Interessi 
daran,  daß  die  am  Nordisthmus  kämpfenden  Truppen  vo 
der  Gefahr,  die  von  Süden  her  drohte,  nichts  erführe: 
bevor  die  Entscheidung  im  Norden  nicht  gefallen  war,  um 
so  sorgte  er  dafür,  daß  die  wahre  Situation  für  die  Truppe: 
ein  Geheimnis  blieb;  dies  ist  der  Grund  für  die  Unklar- 
heit und  Unvollständigkeit  des  Schlachtberichtes  unsere! 
Verfassers,  nicht  aber  beabsichtigte  Entstellung  zwecki 
Verschleierung  eines  angeblichen  Mißerfolges! 

Das  alles  hat  der  in  Caesars  Hauptquartier  befindliche  Asinii 
Pollio  allerdings  mit  ganz  anderen  Augen  gesehen  als  der  in  der  Front 
kämpfende  Verfasser  des  „bellum  Africanum",  und  des  ersteren  Schilde 
rung  ist  es  auch  zweifellos,  die  Dio  und  Plutarch  wenigstens  mittelbar 
als  Quelle  gedient  hat. 

Daß  sich  neben  diesen  offenkundigen  Beweisen  einer  reinen  Front- 
tätigkeit auch  Stellen  finden,  wo  die  Orientierung  des  Verfassers  über 
die  Vorgänge  bei  der  obersten  Führung  über  das  Maß  dessen,  was  die 
Truppe  unbedingt  erfahren  muß,  hinausgeht,  ist  schließlich  selbstver- 
ständlich. Bei  den  kleineren  Verhältnissen  und  dem  weit  weniger 
komplizierten  Apparat  der  damaligen  Zeit  war  überhaupt  der  Kontakt 
zwischen  Hauptquartier  und  Truppe  unmittelbarer  und  der  Einblick 
in  die  Tätigkeit  der  Operationskanzlei  leichter  als  heute;  schließlich 
wird  der  ja  zweifellos  intelligente  und  den  besseren  Klassen  ange- 
hörige  Offizier  manchen  guten  Freund  im  Praetorium  gehabt  haben, 
der  ihm  gelegentlich  einen  Brocken  für  sein  „Tagebuch"  zukommen 
ließ.  Daher  stammen  wohl  die  zahlreichen  Angaben  über  Briefe  und 
sonstige  Aufträge  Caesars,  Empfänge,  Verhandlungen,  und  nicht  zu- 
letzt die  oft  recht  ausführlichen  Daten  über  den  Feind  *).  Bezeichnender- 


1)  Man  braucht  daher  keineswegs  an  eine  spätere  Ergänzung  durch  einen  Re- 
daktor des  „corpus  Caesarianum"  zu  denken:  Strack  „Aulus  Hirtius",  Bonner  Jahr- 
bücher, Heft  118  (1909),  p.  157;  Langhammer  Nr.  33.  —  Ich  halte  eine  Redaktion  in 
diesem  Sinne  für  unwahrscheinlich ;  sie  müßte  sich  an  einer  sehr  großen  Zahl  anderer 


Beilage  III:  Über  die  Persönlichkeit  des  Verfassers  des  „bellum  Africanum".     907 

weise  fließen  diese  Nachrichten  am  reichlichsten  dann,  wenn  am 
wenigsten  los  ist;  bei  Thapsus,  wo  die  Spannkraft  der  Oberleitung  auf 
die  höchste  Probe  gestellt  war  und  man  im  Hauptquartier  begreif- 
licherweise alle  Hände  voll  zu  tun  hatte,  nebstbei  die  reservate  Be- 
handlung der  einlangenden  Nachrichten  wie  des  eigenen  Planes  im 
Interesse  der  Führung  lag,  versagen  sie  ganz. 

Nach  all  dem  erscheint  uns  der  Verfasser  des  „bellum  Africanum" 
als  ein  braver,  vielleicht  sogar  sehr  tüchtiger,  aber  auf  einem  nicht 
allzu  hohen  Posten  stehender  Frontoffizier1),  dem  weniger  die  voll- 
ständige Beherrschung  des  Stoffes,  als  vielmehr  natürliche  Neigung 
und  Befähigung  zu  literarischer  Tätigkeit,  sowie  ehrliche  Begeisterung 
für  seinen  Imperator  die  Feder  in  die  Hand  gedrückt  hat.  Gerade 
dieser  Umstand  verleiht  aber  seiner  Arbeit  einen  gewissen  spezifischen 
Charakter,  der  sie  trotz  der  ihr  anhaftenden  unleugbaren  Mängel  doch 
wieder  in  mancher  Hinsicht  über  die  Arbeit  des  „Stäblers"  Hirtius  er- 
hebt. In  dieser  Beziehung  erinnert  unser  Autor  vielfach  an  den 
gleichfalls  anonymen  Verfasser  des  „bellum  Hispaniense",  obwohl 
letzterer  an  Geist  und  Bildung  tief  unter  ihm  steht;  immerhin  ist  je- 
doch der  Unterschied  hier  nur  ein  gradueller,  auf  der  andern  Seite 
aber  ein  prinzipieller. 


stellen,  wo  ihr  Eingreifen  weit  dringender  gewesen  wäre,  bemerkbar  gemacht  haben. 
Darüber  vielleicht  ein  andermal. 

1)  Ob  er,  wie  Th.  Widmann  Nr.  17,  S.  550ff.  meint,  ein  Centurio  der  V.  Le- 
gion war,  möchte  ich  dahingestellt  sein  lassen.  Daß  vieles  dafür  spricht,  ist 
sicher,  dagegen  aber  spricht  m.  E.  die  Schilderung  des  Treffens  von  Ruspina.  Denn 
entweder  hat  die  V  Legion  an  dem  Treffen  teilgenommen;  warum  hat  sie  dann  der 
Verfasser,  im  Gegensatz  zu  allen  andern  sich  bietenden  Gelegenheiten,  nicht  er- 
wähnt? Oder  aber  sie  hat  nicht  daran  teilgenommen:  wie  kam  dann  der  Verfasser 
in  das  Gefecht?  —  Ich  würde  eher  an  seine  Zugehörigkeit  zu  einer  Rekrutenlegion 
glauben;  dafür  spräche  schon  seine  stellenweise  zutage  tretende  gar  so  große 
Naivität.  Für  einen  Centurio  jener  Zeit  scheint  er  übrigens  doch  zu  gebildet;  man 
muß  schon  an  einen  Tribun  denken. 


Bild  1 
„      2 


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Skizze  8, 

Bild  9. 

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Skizze  13 
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Bild  15. 
Skizze   16 

Bild  17 

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Skizze 

24 

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26 

Bild  27 

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28. 

29 

Verzeichnis  der  Bilder  und  Skizzen. 

Seite 

Monte  Pellegrino  von  Palermo  gesehen 5 

Nördlicher  Auslaufgrat  des  Monte  Pellegrino   von  Norden   gesehen 

mit  Pertica 7 

Hafen  von  Mondello  und  nördlicher  Auslaufgrat  des  M.  Pellegrino 

von  Süden  gesehen 11 

Ansicht  des  Monte  S.  Giuliano  von  Westen  mit  Trapani    ....  26 

Planskizze  der  Stadt  S.  Giuliano  (nach  Richter) 28 

Fundamente  der  Stadtmauer  von  Eryx 26 

Hinterhalt  des  Mago  an  der  Trebia 68 

Überschwemmungsgebiet  des  Arno  im  Jahre  1844       118 

Das  Defilee  von  Passignano  von  Osten  gesehen 151 

Die  Ebene  von  Torricella  vom  Orte  aus  gesehen 152 

Die  Ebene  von  Torricella  von  Norden  gesehen 152 

Die  Ebene  von  Torricella  von  der  Paßhöhe  gesehen 152 

avlcbv  ininsSos  von  Torricella 174 

avlöiv  inlnedos  von  Leontini 175 

Das  Defilee  von  Borghetto  von  Westen  gesehen 1 82 

Ausschnitt  der  Karte  von  Egnazio  Danti 184 

vneqßolri  bei  Pietravairano  und  Defilee  von  Borgo  S.  Antonio  von 

Südwesten  gesehen 228 

Defilee  von  Borgo  S.  Antonio  vom  Orte  aus  gesehen 228 

Die  vneQßolrj  bei  Pietravairano 228 

Gerunium  (Colle  d'Armi)  vom  Lager  des  Minucius  bei  Casa  Purga- 

torio  aus  gesehen 264 

Das  Schlachtfeld  von  Gerunium  von  Colle  d'Armi  (Hannibals  Lager) 

aus  gesehen 264 

Monte  di  Canne  (arx  des  alten  Cannae)  von  Südwest  gesehen    .    .  280 

Aufidusrideau  bei  Monte  di  Canne  von  Südwesten  gesehen    ...  280 

Situation  bei  Cannae  nach  Macdougall 286 

Situation  nach  Dodge 287 

Situation  nach  Neumann  und  Nissen 289 

Die  Hochebene  von  Balzi  und  Pianelli  im  Tifatagebirge,  von  Süd- 
westen gesehen  (castra  Hannibalis) 264 

Der  Hinterhalt  des  Claudius  Nero  bei  Grumentum 417 

Schlachtfeld  bei  Calmazzo  (nach  Lehmann,  Örtlichkeit  der  Metaurus- 

schlacht) 455 


Verzeichnis  der  Bilder  und  Skizzen. 


909 


Bild 

30. 

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Skizze 

35. 

Bild  36. 

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47. 

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56. 

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57. 

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58. 

Seite 

Südliches  Rideau  von  S.  Angelo  mit  Blick  auf  die  Stellung  Neros  462 

Valle  S.  Angelo  von  Norden  gesehen 463 

Gesamtansicht   der  Stellung  Hasdrubals   von  Neros  Stellung   aus 

gesehen 464 

Das  Metaurustal  bei  S.  Angelo 464 

Stellung  der  Spanier  nach  Oehler  unterhalb  von  Selve  Panicali  aus 

gesehen 467 

Kräftegruppierung  in  Italien  vor  der  Schlacht  am  Metaurus      .     .  476 

Djebel  ed  Jedidi,  nordöstlicher  Teil,  von  Osten  gesehen     ....  550 

Djebel  ed  Jedidi,  südwestlicher  Teil,  von  Osten  gesehen    ....  550 

Der  Argoub  Be'ida,  von  Osten  gesehen 550 

Blick  von  Castra  Cornelia  auf  Utika 584 

Castra  Cornelia,  Westhang,  von  Norden  gesehen 584 

Castra  Cornelia,  Osthang  und  Lagerfläche,  von  Norden  gesehen     .  584 
Castra  Cornelia,  Partie  des  Osthanges  der  Lagerfläche,  von  Süden 

gesehen 584 

Djebel  Laibel  und  Koudiat  el  Galea,  von  Osten  gesehen    ....  608 

Die  Ruinenstätte  von  Jama,  von  Süden  gesehen 622 

Die  Ruinenstätte  von  Seba  Biar,  von  Westen  gesehen 623 

Die  Ruinenstätte  von  S'  Abd  el  Djedidi,  von  Norden  gesehen    .     .  629 
Das  Schlachtfeld   von  Narraggara   nach  Pareti  (mit  der  im  Texte 

angedeuteten  Verschiebung  nach  Südwest) 637 

Verlauf  der  Schlacht  bei  Narragara       659 

Der  Kessel  an  der  Khanguetstraße,   vom  östlichen  Defileeausgang 

gesehen 710 

Der  Oued  bou  Abid 710 

Der  Ravin  bei  Utika  (Curios  Schlachtfeld),  von  Osten  gesehen  .     .  735 

Das  Rideau  von  Ruspina,  von  H'r  Tenir  gegen  Norden  gesehen     .  765 

Der  Hügel  von  Henchir  Tenir,  von  Süden  gesehen 778 

Der  Hügel  von  Henchir  Tenir,  von  Norden  gesehen  ......  779 

Der  Hügel  von  Sidi  Jeha  mit  dem  vorliegenden  Tal,  in  der  Marsch- 
richtung Caesars  gesehen 802 

Der  Steilabfall  des  Hügels  von  Sidi  Jeha 802 

Ausblick  vom  Hauptlager  Caesars  auf  die  Hügel  und  Uzita  .     .     .  802 
Nordabschnitt  des  Schlachtfeldes  von  Thapsus,  von  Cäsars  Stand- 
punkt gesehen 842 


Verzeichnis  der  Karten  und  Bemerkungen 
über  ihre  Herstellung. 

1.  Verzeichnis. 

Karte  1:  Zeichenerklärung. 

„  2:  Heirkte  und  Eryx.  a)  Heirkte  1:50000.  b)  Eryx  1:50000  mit  Detail 
skizzen  der  Stadt  Eryx.    c)  Übersichtskarte  1:500  000. 

„  3:  Die  Schlacht  an  der  Trebia  218  v.  Chr.  a)  Die  Operationen  in  der 
Poebene  bis  zur  Schlacht  an  der  Trebia  1:500000.  b>  Die  Mündung  der 
Trebia  1:50  000.     c)  Fremde   Ansichten   über   d.    Schlachtfeld   1:100000. 

d)  Die  Schlacht  1:50  000  mit  Beikarte:  Zweiter  Moment. 

„      4:  Übersichtskarte    für   die   Feldzüge    217  u.  207   v.Chr.   1:750000. 

Beikarte:  Zum  Treffen  bei  Plestia  1:100000. 
„      5:  Die  Schlacht  am  Trasimenischen   See  217  v.  Chr.    a)  Hauptkarte 

1:50000.     b)  Die  Schlacht  nach  Hesselbarth,  Tilley,  Montanari  1:100  000. 

c)   nach    Clüver,    Faltin,   Fuchs    1:100000      d)    nach   Nissen,   Stürenburj 

1 :  100  000.    e)  nach  Grundy  und  Reuß  1 :  100000.    f)  nach  Sadee  1  :  10000' 
6:  Übersichtskarte   für   die   Feldzüge  217  bis  212   v.  Chr.    1:50000 

Beikarte:  Umgebung  von  Larino  und  Gerione  1:100  000. 
„      7:  Callicula  und  Gerunium  217  v.Chr.    a)  Callicula  1  .-100000.    b)  Geru- 

nium  erste  Kämpfe  I  :  50  000  mit  Beikarte  Ruinen  von  Gerunium  auf  Colle 

d' Armi.     c)  Gerunium  Schlacht  1 :  50  000. 
,.      8:  Schlacht  bei  Cannae  216  v.  Chr.    a)  Hauptkarte  1  :  50000  mit  Beikarte: 

Zweiter  und  dritter  Moment,    b)  Übersichtskarte,    c)  Schlacht  nach  Stüren- 

burg   u.   a.    1:100  000.      d)    Schlacht   nach    Hesselbarth   u.    a.    1:100  000. 

e)  Schlacht  nach  Reusch  1:100000. 

„  9:  Tifata,  Benevent,  Grumentum.  a)  Tifata  1:100000.  b)  Benevent 
1:100  000.  c)  Grumentum  Übersichtskarte  1:500000.  d)  Grumentum 
Schlacht  1  :  50  000. 

„  10:  Die  Schlacht  am  Metaurus  207  v.  Chr.  a)  Übersichtskarte  1  :  100000. 
b)  Schlachtkarte  1  :  25000.  c)  Schlacht  nach  Marcolini  1  :  100  000.  d)  Schlacht 
nach    Bottini  -  Massa    1:100  000.      e)    Schlacht    nach    Lehmann    1:25000. 

f)  Schlacht  nach  Pitteluga  und  Oehler  1:25  000. 

„  11:  a)  Übersichtskarte  des  afrikanischen  Kriegsschauplatzes 
1:1000000.  b)  Übersichtskarte  zur  Zamafrage  1:300000.  Mit  Bei- 
karten: Das  Ruinenfeld  von  S*  Abd  el  Djedidi,  von  Jama  und  Seba  Biar 
1:25000. 


te 


Verzeichnis  der  Karten  und  Bemerkungen  über  ihre  Herstellung-.  911 

Karte  12:  Der  libysche  Söldnerkrieg,  a)  Übersichtskarte  1:500000.  b)  Die 
Schlacht  bei  Utika.  c)  g)  Die  Schlacht  am  Bagradas  und  die  Belagerung 
von  Tunes.  d)  Die  Schlacht  im  Talkessel  (bei  Nepheris).  e)  Der  Kessel 
bei  Foum  es  Gouafel  (Prion  Tissots).  f)  Einschließung  und  Schlacht  am 
Prion  —  alle  1:100000. 

„  13:  Die  Kämpfe  bei  Utika  1  :  50  000.  Die  Schlacht  auf  den  „großen 
Feldern"  1:50000. 

„       14:  Die  Schlacht  bei  Narraggara  1  :  100000. 

„       15:  Die  Kämpfe  um  Nepheris  1:50000. 

„  16:  Die  Operationen  Curios  am  Bagradas.  a)  Die  Schlacht  bei  Utika 
1:50000.    b)  Die  Schlacht  am  Bagradas  1:100000. 

„  17:  Übersicht  der  bisherigen  Lokalisierungs versuche  zum  Feldzuge 
47/46  v.Chr.  1:200  000. 

„  18:  Übersichtskarte  zum  Feldzuge  Caesars  in  Afrika  47/46  v.  Chr. 
1:200  000. 

„  19:  a)  Stellung  und  Kämpfe  bei  Ruspina  1:50  000.  b)  Stellung 
und  Kämpfe  bei  Uzita  1:50000. 

„      20:  Stellungen  und  Kämpfe  bei  Aggar  und  Tegea  1 :  50000. 

„       21:  Die  Schlacht  bei  Thapsus  1:50000. 

2.  Bemerkungen  zum  Kartenmaterial. 

Für  die  Schlachtfeldforschung  in  Italien  und  Tunis  steht  heute  ein  weit  besseres 
und  einheitlicheres  Kartenmaterial  zur  Verfügung  als  für  irgend  einen  andern  süd- 
europäischen oder  angrenzenden  außereuropäischen  Kriegsschauplatz.  Für  beide  Gebiete 
liegen  die  von  der  kgl.  italienischen  bezw.  französischen  Militärverwaltung  aus- 
gearbeiteten General-  und  Spezialkarten  im  allgemeinen  vollständig  vor;  wo  allenfalls 
ältere,  nicht  reambulierte  Ausgaben  derzeit  noch  der  Neubearbeitung  harren,  bot 
auch  dieser  Umstand  für  unsere  Arbeit  keine  unüberwindlichen  Hindernisse. 

Für  Italien  standen  uns  zu  Gebote:  Italien. 

a)  Übersichtskarten. 

1.  Die  Carta  d'Italia  1:500000. 

2.  Die  österreichisch-ungarische  Übersichtskarte  1:750  000,  welche  jedoch  nur 
Ober-  und  Mittelitalien  umfaßt.  Erstere  ist  in  topographischer,  letztere  infolge  der 
viel  genaueren  Terraindarstellung  in  letzterer  Hinsicht  viel  verläßlicher. 

b)  Spezialkarten. 

1.  Die  Carta  d'Italia  1:  100000. 

2.  Die  Carta  d'Italia  1:50  000.  Diese  ältere,  aber  für  Ober-  und  Mittel- 
italien immerhin  recht  genaue  Karte  wird  neuerdings  aufgelassen  und  durch  die 
folgende  ersetzt. 

3.  Die  Carta  d'Italia  1  :  25  000.    Noch  nicht  vollkommen  erschienen1). 

Alle  diese  Karten  besitzen  für  Ober-  und  Mittelitalien  einen  auch  für  strenge 
Anforderungen  ausreichenden  Grad  von  Genauigkeit.    Ergänzungen  waren  unserer- 


1)  Für  einzelne  Teile,  für  welche  diese  Karte  noch  nicht  erschienen  ist,  wurden 
uns  durch  besonderes  Entgegenkommen  der  Behörden  Vergrößerungen  der  Karten 
1:  50  000  in  obigem  Maßstab  zur  Verfügung  gestellt. 

Kroraayer-Veith,  Antike  Schlachtfelder  III.  58 


9 1 2  Verzeichnis  der  Karten  und  Bemerkungen  über  ihre  Herstellung. 

seits  nur  dort  notwendig,  wo  an  und  für  sich  ganz  geringfügige,  jedoch  für  <li< 
subtile  Nahkampftaktik  des  Altertums  immerhin  ausschlaggebende  Terraindetaih 
(kleine  Rideaux,  Böschungswechsel  u.  dgl.)  in  Betracht  kamen. 

In  ziemlichem  Gegensatze  hierzu  stehen  die  süditalienischen  und  sizilischei 
Karten.  Dieselben  beruhen  fast  ausschließlich  auf  den  alten  Aufnahmen  des  König- 
reiches beider  Sizilien,  und  wurden  zum  größten  Teile  unter  dem  neuen  Königreicl 
noch  nicht  reambuliert.  Hier  ergeben  sich  mitunter  bedeutende  Differenzen  mit  dei 
Wirklichkeit,  die  wir,  so  gut  es  ging,  durch  Croquieren  der  für  uns  wichtigsten 
Stellen  auszugleichen  versucht  haben.  Selbstverständlich  war  es  ganz  unmöglich, 
das  ganze,  auf  unseren  Karten  zur  Darstellung  gebrachte  Terrain  auf  diese  Weise 
richtig  zu  stellen;  diese  Arbeit  mußte  sich  vielmehr  auf  jene  Punkte  beschränken, 
denen  im  Rahmen  der  topographischen  oder  taktischen  Untersuchung  eine  aus- 
schlaggebende Bedeutung  zukommt.  Wo  solche  Berichtigungen  durchgeführt  wurden, 
erscheint  dies  im  Texte  der  betreffenden  Untersuchung  jedesmal  angeführt,  wobei 
nochmals  ausdrücklich  bemerkt  wird,  daß  es  sich  hier  nicht  um  instrumentelle  Auf- 
nahmen, sondern  um  einfache  Croquis  handelt,  die  demnach  nicht  auf  absolute  Ge- 
nauigkeit Anspruch  erheben,  sondern  nur  den  Zweck  verfolgen,  das  Charak- 
teristische der  Form  in  richtiger  und  zweckentsprechender  Weise  zur  Geltung 
zu  bringen. 

Tunis.  Für  Tunis  existieren  derzeit: 

a)  Übersichtskarte. 

Die  Carte  de  l'Algerie  et  Tunisie  1  :  800  0000. 

Dieselbe  ist  auf  Grund  der  alten  Carte  de  reconnaissance  gearbeitet  und  ent- 
spricht modernen  Anforderungen  in  keiner  Weise.  Wir  mußten  auch  für  Karten 
kleineren  Maßstabes  von  ihr  absehen  und  dieselben  durch  Verkleinerung  der  neueren 
Karten  großen  Maßstabes  neu  herstellen. 

b)  Generalkarten. 

1.  Die  „Carte  de  reconnaissance"  1:  200000  ist  vollkommen  veraltet;  sie 
bietet  sogar  für  die  so  wichtigen  hydrographischen  Verhältnisse  keinen  erschöpfenden 
und  verläßlichen  Führer;  die  Terrain darstellung  ist  derart  ungenau  und  schematisie- 
rend, daß  nicht  nur  nicht  die  dem  Maßstab  entsprechenden  Details  entnommen  werden 
können,  sondern  man  in  den  meisten  Fällen  auch  nicht  imstande  ist,  nach  ihr  von 
dem  Charakter  einer  Gegend  eine  halbwegs  richtige  Vorstellung  zu  gewinnen.  Sie 
wird  derzeit  sukzessive  ersetzt  durch 

2.  Die  Carte  de  la  Tunisie  1:200000.  Dieselbe  wird  nach  Maßgabe  des 
Erscheinens  der  Blätter  in  1 :  50  000  herausgegeben  und  entspricht  den  Anforderungen 
einer  modernen  Generalkarte  in  jeder  Hinsicht. 


c)  Spezialkarten: 

1.  Die  Carte  de  la  Tunisie  1:100000.  Dieselbe  stellt  eine  wohl  au 
Grund  der  Einsicht  von  der  Unzulänglichkeit  der  „Carte  de  reconnaissance"  heraus- 
gegebene provisorische  Spezialkarte-  des  Landinnern  dar;  die  Küstenstriche, 
woselbst  die  Ausgabe  der  Blätter  in  l  :  50  000  zuerst  in  Angriff  genommen  wurde, 
sind  nicht  inbegriffen.  In  ihrer  Qualität  reicht  sie  über  ihren  provisorischen  Zweck 
wesentlich  hinaus.  Die  hydrographischen  Verhältnisse  sind  von  erschöpfender  Richtig- 
keit; in  der  Terraindarstellung  erscheint  allerdings  manches  Detail  ungenau  oder 
oberflächlich  ausgeführt,  doch  ist  der  Charakter  der  Gegend  wie  der  Einzelformen 


,, 


Verzeichnis  der  Karten  und  Bemerkungen  über  ihre  Herstellung.  913 

überwiegend  sehr  gut  zur  Geltung-  gebracht.  Nur  wo  sich  für  die  Darstellung  die 
Vergrößerung  einzelner  Partien  als  notwendig  herausstellt,  ist  eine  Nachbesserung 
im  Croquier wege  meist  unvermeidlich.  — 

2.  Die  Carte  de  la  Tunisie  1:50000.  Diese  hochmoderne,  allen  An- 
forderungen im  weitesten  Sinne  gerecht  werdende  Spezialkarte  existiert  derzeit  nur 
von  den  der  Küste  zunächstliegenden  Landstrichen,  doch  macht  die  sukzessive  Neu- 
ausgabe gegen  das  Landinnere  erfreulich  rasche  Fortschritte 1).  Von  einzelnen  tief  im 
Innern  liegenden  Städten  existieren  übrigens  bereits  Umgebungskarten  in  gleichem  Maß- 
stabe und  Ausführung.  Sie  ist  in  jeder  Hinsicht  bis  ins  Detail  brauchbar  und  verläßlich. 

Alle  diese  Karten  sind  in  Schichtenlinien  mit  Schummerung  ausgeführt2). 
Letztere  ist  auf  Grund  seitlicher  Beleuchtung  durchgeführt,  was  zwar  der  Plastik 
des  Ganzen  zugute  kommt,  die  objektive  Beurteilung  der  Formen  und  ihrer 
Böschungsverhältnisse  jedoch  wesentlich  erschwert,  da  ganz  gleich  geneigte  Flächen 
das  eine  Mal  tief  dunkel,  das  andere  Mal  ganz  licht  erscheinen.  Da  die  Schichten- 
linien in  derselben  Farbe  wie  die  Schummerung  hergestellt  sind,  so  reichen  sie  nicht 
aus,  das  Bild  zu  rektifizieren.  Auch  die  weitgehende  Verwendung  verschiedener 
Farben  —  auf  den  Blättern  1:  50  000  nicht  weniger  als  sieben  —  mag  ihre  un- 
bestrittenen Vorteile  haben,  erschwert  aber  gleichfalls  die  Übersicht  und  rasche  Be- 
urteilung der  Terrainformen. 

Schließlich  will  ich  noch  erwähnen,  daß  auf  allen  diesen  Karten  die  Wasserverhält- 
nisse vielfach  zu  optimistisch  behandelt  sind.  Wir  fanden  selbst  mitten  im  Winter 
manchen  der  als  „permanent"  eingezeichneten  Oueds  trocken.  —  Auch  würde  es  sich 
empfehlen,  den  für  die  militärische  Beurteilung  so  wichtigen  Salzgehalt  vieler 
Quellen  und  Oueds  durch  entsprechende  Signaturen  zum  Ausdruck  zu  bringen. 

Für  unsere  Kartenbeilagen  wurde  das  verfügbare  Material  wie  folgt  herangezogen :  Benützung  des 

Die  Karten  der  italienischen  Kriegsschauplätze  wurden  je  nach  dem  Materials. 
Maßstabe  nach  den  entsprechenden  Blättern  der  Carta  d'ltalia  hergestellt;  auf  der 
Karte  2  (Heirkte  und  Eryx)  wurden  einige  wesentliche  Änderungen  auf  Grund  durch- 
geführter Croquis  eingefügt,  die  an  Ort  und  Stelle  näher  bezeichnet  sind.  Für  die 
Übersichtskarten  wurde  die  italienische  Karte  1:500  000  zugrunde  gelegt  und 
stellenweise  die  österreichisch -ungarische  Übersichtskarte  1:750  000  mit  heran- 
gezogen. 

Von  den  Karten  des  afrikanischen  Kriegsschauplatzes  wurde  die 
„Übersichtskarte"  in  1:1000  000  auf  Karte  11  in  ihrer  Gänze  durch  Verkleinerung 
und  Zusammenfassung  der  jeweilig  modernsten  Blätter  (1:200  000,  100  000  und 
stellenweise  sogar  50  000)  hergestellt3)  und  dürfte  dieselbe  derzeit  wohl  die  bezüglich 


1)  Uns  wurden  durch  besonderes  Entgegenkommen  der  französischen  Behörden 
.einige  noch  unedierte  Blätter  in  Gerippen  für  unsere  Forschungen  zur  Verfügung 
gestellt. 

2)  Bekanntlich  ist  die  „Carte  de  la  France"  1  :  80  000,  die  maßgebende  Karte 
des  französischon  Mutterlandes,  in  Schraffierung  ohne  Schichtenlinien  gehalten,  steht 
überhaupt  durchaus  nicht  auf  derselben  Höhe  wie  das  Kartenmaterial,  das  die  Be- 
publik von  ihren  nordafrikanischen  Besitzungen  herausgibt.  Nur  von  der  nächsten 
Umgebung  von  Paris  existieren  meines  Wissens  9  Blätter  1 :  50  000  in  derselben 
Ausführung  wie  die  tunesischen  und  algerischen  Karten. 

3)  Dieser  äußerst  mühevollen  und  langwierigen  Arbeit  hat  sich  der  Herr  k.  u.  k. 
Oberleutnant  zugeteilt  dem  Geniestabe  Karl  Szabö  in  Bilek  in  liebenswürdigster 
Weise  unterzogen,  wo'für  ihm  an  dieser  Stelle  unser  aufrichtigster  Dank  gebührt. 

58* 


g  i  i  Verzeichnis  der  Karten  nud  Bemerkungen  über  ihre  Herstellung. 

Terraindarstellung  einzig  brauchbare  Karte  kleineren  Maßstabes  von  jenem  Gebiete 
sein.  Die  Übersichtskarte  zum  libyschen  Söldnerkrieg  in  1:500  000  auf  Karte  12 
wurde  durch  Verkleinerung  eines  Zusammendruckes  von  Blättern  in  1  :  200  000,  jene 
zur  Zamafrage  t  :  SOO  000  auf  Karte  1 1  auf  demselben  Wege  nach  Blättern  1  :  100  000, 
jene  zum  caesarianischen  Feldzug  1  :  200  000  (Karte  17  und  18)  nach  Blättern 
1  :  50  000  hergestellt1).  Für  den  Schlachtplan  von  Narraggara  (Karte  14)  wurde  die 
Karte  1:1<0  000  mit  Berücksichtigung  der  für  den  nördlichsten  Teil  bereits  vor- 
handenen Karte  1  :  50  000,  für  alle  übrigen  Schlachtpläne  (auch  für  die  in  1  :  100  000 
gegebenen)  die  Karte  1 :  50  000  benutzt. 

Die  in  Afrika  wiederholt  notwendigen  Berichtigungen  des  Terrains  bezüglich 
seiner  Veränderungen  seit  der  römischen  Zeit  wurden  teils  auf  Grund  der  vorliegenden 
Arbeiten  von  Daux  und  Tis  so  t  (Gegend  von  Utika),  teils  auf  Grund  eigener  Unter- 
suchungen (Sebkren  an  der  Ostküste)  vorgenommen.  Auch  erstere  wurden,  wegen 
der  durch  neuere  Forscherungen  erwiesenen  teil  weisen  Ungenauigkeit  der  beiden 
genannten  Autoren,  von  uns  an  Ort  und  Stelle  genauestens  überprüft. 

Die  Schreibweise  der  modernen  Namen  bot  in  Italien,  wo  diesbezüg- 
lich fast  keine  Divergenzen  bestehen,  keine  Schwierigkeit;  umsomehr  in  Afrika,  wo 
die  Übertragung  der  arabischen  Bezeichnungen  in  europäische  Schrift  in  den  ver- 
schiedenen Kartenausgaben  ganz  unglaublich  variiert.  Wir  haben  uns  grundsätzlich 
an  die  jeweilig  neueste  Karte  gehalten;  nur  wo  eine  ältere  Schreibweise  in  der 
Wissenschaft  schon  eine  weitere  Verbreitung  gefunden  hat,  wurde  sie  —  neben  der 
modernen  —  auch  berücksichtigt.  Der  Übereinstimmung  der  Nomenklatur  in  Text 
und  in  den  Karten  wurde  ein  entsprechendes  Augenmerk  zugewendet. 


1)  Das  direkte  Kopieren  nach  der  Karte  1 :  200  000  war  hier  ausgeschlossen,  da 
für  die  nördliche  Hälfte  (Blatt  „Sousse")  wohl  bereits  ein  modernes  Kartenblatt,  für 
die  südliche  (Blatt  „El  Djem")  jedoch  nur  die  alte  Carte  de  reconnaissance  vorliegt, 
die  zum  Teile  nicht  einmal  zusammenpassen. 


Allgemeines  Literaturverzeichnis 

(enthält  die  in  mehreren  Kapiteln  genannten  Werke.) 

(Die  mir  in  einem  Kapitel  vorkommenden  Werke  sind  in  den  SpezialVerzeichnissen 

genannt.) 

Amati  A.,  Dizionario  corografico  del  regno  d'Italia.  Mailand    Vallardi  seit  1867. 
Arnold,  Th.,  the  seeond  punish  war  —  geschrieben  1838—1843  als  Teil  seiner  römischen 

Geschichte  —  mit  Nachträgen  1886  herausgegeben  von  W.  J.  Arnold. 
Balck,  Taktik.  Dritte  Auflage  1903.     5  Bände. 
Beloch,  J.,  Bevölkerung  der  griechisch-römischen  Welt  1886. 
v.  Bernewitz,  J.  W.,  Leben  Hannibals.     1808. 
Cantalupi,  P. ,  le  legioni  Romane  nella  guerra  d*  Annibale  (studi  di   storia  antica 

pubblicati  da  G.  Beloch.  fascic.  1.)     1891. 
Clüver,  Ph.,  Italia  antiqua.     1624. 
Corcia,  N.,  storia  delle  due  Sicilie.    4  Bde.    1843. 
Cramer,  J.  A.,  Italy.     1826. 
Delbrück,  H.,  Geschichte  der  Kriegskunst  im  Rahmen  der  politischen  Geschichte  I2 

das  Altertum.     1908. 
Dodge,  Th.  A.,  Hannibal.    2.  Bände.     (Sammlung  great  Captains.)     1891. 
Forbiger,  A.,  Handbuch  der  alten  Geographie.    Zweite  Auflage.     1877. 
Fröhlich  Fr.,  Die  Bedeutung  d.  2te  p.  Krieges  für  die  Entwicklung  d.  röm.  Heer- 
wesens 1874. 
Galitzin,  N.  S.  (Golycyn).    Allgemeine  Kriegsgeschichte  Abt.  I:  Altertum  deutsch  von 

Streccius.     1875. 
Guischardt,  Ch.,  memoires  militaires  sur  les  Grecs  et  Romains.    2  Bde.     1760. 
Hennebert,  M.  E.,  histoire  d' Annibal.    3.  Bde.  mit  Atlas.     1870  ff. 
Hesselbarth,  Histor.  krit.  Untersuchungen  zur  dritten  Dekade  des  Livius.     1889. 
Holste,  L.,  (Holstenius)  adnotationes  geographicae  ad  Cluverii  Italiam  antiquam.    1666. 
Ihne,  W.,  Römische  Geschichte.    Bd.  II,  erste  Aufl.     1870.    2 te  1893 f. 
Kausler,  F.  v.,  Atlas  der  merkwürdigsten  Schlachten  usw.     1831. 
Kromayer,  J.,  Bericht  über  die  Expedition  zur  Erforschung  der  Schlachtfelder  d.  zweiten 

Pun.  Krieges.    Anzeiger  d.  k.  Akademie  d.  Wissensch.  in  Wien.     1908.     S.  133 ff. 
La  Chauvelais,  J.  M.,  de  l'art  militaire  chez  les  Romains.     1884. 
Lossau,  A.  v.,  Ideale  der  Kriegführung  1863. 
Luterbacher,  F.,  römische  Legionen  und  Kriegsschiffe  während  d.  zweiten  Pun.  Krieges, 

Burgdorf.    1895. 
Mac  Dougall,  the  campaigns  of  Hannibal.     1858. 


l)  i  (•)  Allgemeines  Literaturverzeichnis. 

Dlarqnardt-Mommsen,  Handbuch  der  röm.  Altertümer.  Bd.  V2  v.  Dessau  und  Doma 

szcwski  1884. 
Martens,  Italien.    3  Bde.    1844—46. 
Meltzer,  0.,  Gesch.  der  Karthager.    2.  Bde.     1879  ff. 
Mommsen,  Th.,  Römische  Geschichte.    Bd.  I1.     1854. 
Montanari,  T.,     Annibale  l'uomo,   la    traversata   delle    Alpi   e  le  prime  campagne 

d' Italia  fino  al  Trasimeno.     1901. 
Morawetz,  Behelfe  z.  Studium  der  Militärgeographie  Oberitaliens  (als  Manuskript  ge 

druckt).    Wien.     1882. 

Morris,  W.O.,  Hannibal  soldier,  statesman,  patriot  1901. 

Neumann,  Carl,  Das  Zeitalter  der  Pun.  Kriege.    Herausg.  von  G.  Faltin.     1883 

Niebuhr,  Römische  Geschichte  III.   1832.  Vorträge  über  römische  Geschichte,  herausg 

von  Isler.   Bd.  II.   1847;   herausg.  von  Schmitz,  Bd.  I,    1843  =  röm.  Gesch.  Bd.  IV 
Nissen,  IL,  Italische  Landeskunde.   Bd.  I.   1883.  Bd.  IL   1902. 
Orsini,  geografia  militare  della  peninsula  d'  Italia.   1852. 
Peter,  C,  Geschichte  Roms.  Bd.  I K   1853. 
Pittaluga,  V.,  Annibale  dal  Ticino  al  Trasimeno  (rivista  militare  italiana  disp.  VI.)  1908 
Reclus,  E.,  nouvelle  geographie  universelle.  1875 ff. 
Romanelli,  antica  topografica  istoria  del  regno  di  Napoli.   1815. 
Roon,  A.  v.,  Militärische  Länderbeschreibung  von  Europa.  Bd.  XI.   1857. 
Rospatt,  J.  J.,  Untersuchungen  über  die  Feldzüge  des  Hannibal  in  Italien  1864. 
Schemann,  L.,  de  legionum  per  alterum  bellum  punicum  historia  1873. 
Sironi,  G.,  saggio  di  geografia  strategica.   1876. 

Soltau,  W.,  Livius  Geschichtswerk,  seine  Komposition  und  seine  Quellen.   1897. 
Terstyansky,  A.,  Militär-Geographie  von  Italien.   1861. 
Thiaucourt,    Hannibal  en  Italie  jusqu'  apres  la  bataille  de  Cannes   (revue  de  philol. 

XIV.  153ff.)    1890. 
Tissot,  geographie  comparee  de  la  province  Romaine  d'Afrique  2  Bde.   1884—88. 
(Vaudoncourt)  Frederic  Guillaume  de.   Auf  dem  Titel  nur  die  Vornamen  angegeben. 

histoire  des  campagnes  d'Annibal  en  Italie.  3  Bde.  und  Atlas.  1812. 
Vincent,  J.,  Maps  and  Plans  illustrative  of  Livy  (wohl  =  Atlas  of  ancient  history)  1830. 
Vincke.  v.,   Der  zweite  Punische  Krieg  und  der  Kriegsplan  der  Karthager.   1841. 


V. 

: 


Register  zu  Band  I — III. 

(Die  römischen  Ziffern  bezeichnen  den  Band,  die  arabischen  die  Seitenzahl.) 


1.  Chronologische  Übersicht  der  behandelten 
Feldzüge  und  Schlachten. 

v.  Chr.                                                                         Ereignis  Band  und  Seite 

364              Die  Pelopidasschlacht  bei  Kynoskephalae II  116— 124 

362              Letzter  Feldzug  des  Epaminondas  in  den  Peloponnes       .     .  I  27—89 

Schlacht  bei  Mantinea. 47 

339—338     Krieg-  Philipps  gegen  Athen  und  Theben I  127—195 

338            Schlacht  bei  Chäronea 158 

247—241     Hamilkar  Barkas  in  Sizilien       III  3-42 

Kämpfe  am  Heirkte 4 

Kämpfe  am  Eryx 25 

241—238    Libyscher  Söldnerkrieg .  III  519—571 

Schlacht  bei  Utika •     .    .  531 

Schlacht  am  Bagradas 534 

Schlacht  bei  Nepheris  (im  Talkessel) 539 

Schlacht  am  Prion  ? 545 

227—221     Der  Kleomenische  Krieg I  199-277 

221            Schlacht  bei  Sellasia 210 

218—207     Der  zweite  Punische  Krieg  in  Italien III  45—494 

218     •       Trebia 47 

217            Apenninübergang 104 

Trasimenus  und  Plestia 148 

Callicula 214 

Gerunium 248 

216            Cannae 278 

215U.214            Tifata 394 

214            Erste  Schlacht  von  Benevent 403 

212            Zweite  Schlacht  von  Benevent 406 

207            Grumentum 414 

Metaurus 424 

207              Der  Krieg  zwischen  Sparta  und  dem  achäischen  Bunde  .     .  I  279—314 

Schlacht  von  Mantinea     . 291 

204—202    Der  Zweite  Punische  Krieg  in  Afrika III  573—702 

204            Utika 578 

203            Schlacht  auf  den  großen  Feldern 589 

202            Schlacht  bei  Narraggara 599 


920      1.  Chronologische  Uebersicht  der  behandelten  Feldzüge  und  Schlachten. 


v.  Chr.  Ereignis  Band  und 

200—197     Der  zweite  Makedonische  Krieg II  3- 

198  Schlacht  am  Aoos 

197  Schlacht  bei  Kynoskephalae 

192—189     Der  Syrisch-römische  Krieg II  127- 

191  Schlacht  bei  Thermopylae 

190  Schlacht  bei  Magnesia 

171 — 168    Der  dritte  Makedonische  Krieg  (gegen  Perseus)      ....     II  231- 

171  Treffen  am  Hügel  Kallikinos 

168  Schlacht  bei  Pydna 

149 — 146    Der  dritte  Punische  Krieg. 

Schlacht  bei  Neferis III  703- 

S7— 86        Die  Feldzüge  Sullas  in  Griechenland II  351- 

86  Schlacht  bei  Chäronea 

49  Der  Feldzug  Curios  in  Afrika III  730- 

Schlacht  bei  Utika 

Schlacht  am  Bagradas 

49—48        Caesars  Feldzug  in  Macedonien  und  Griechenland. 

48  Schlacht  bei  Pharsalos II  401- 

47—46        Caesars  Feldzug  in  Afrika III  761- 

Treffen  bei  Ruspina 

Kämpfe  um  Uzita 

Reiterschlacht  bei  Tegea 

Schlacht  bei  Thapsus 


44! 

-901 
76< 
79; 
820 
826 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  und 
Völkernamen. 


A. 

Abä  II  369. 

Abba  III  5S9  f. 

Abdera  II  256. 

Abellinum    (Avellino)     III 

221  f.  404  f. 
Abetone  Paß-  oder  Paß  von 

Finmalbo  III 120  ff.  133. 
Abriola  III  420. 
Acerrae  III  395. 
Achaia  im  Kriege  m.  Sparta 

221  v.  Ch.  (Sellasia)I199 

bis  277;  207  v.Ch.  (Manti- 

nea)  I  281-314. 
Acheloos  (in  Kleinasien). 

II  168. 

Acholla  (El  Alia)  III  823. 
Acidios  III  421. 
Acqualagna  III  427. 
Acquasanta  III  9. 
AcyllaIII823ff.  866  ff.  890. 
Adramyttion  II  164  ff. 
Aecae  (Troja)-  III 215.  299. 
Aeginion  II  51  f.  402  f. 
Aegithallos  Akellos  (Pizzo 

Argenteria)  III  34  ff. 
Aegitharsos,  (Cap  Teodoro) 

III  34  f. 
Aegytis  I  205. 
Aemilia  s.  via. 

Aesernia  (Isernia)  III  221  f. 

253. 
Aesis  III 197. 
Aeson  (Pelikas)  II  313  ff. 
Aetoler  im  2.Maked.  Krieg 

IUI.  27  ff.  52.  103  f.  im 


Syrischen  Krieg  137  f.  im 
Kriege  mit  Perseus  261  ff. 

S.AgatadeiGoti(s.Saticula). 

Aggar  III  762.  811  ff.  835. 
873  ff. 

Agoriani  I  144. 

Agri  III  418  f. 

Aine  ben  Ayed  III  636. 

—  Djedra  III  615. 

—  el  Djeuane  III  540. 

—  el  Kohol  III  632. 

—  es  Sif  III  548. 

—  Mzata  III  636. 

—  Ranem  III  711. 

—  Ssnoussi  III  632. 
Akarnanien  II 135.  222. 
Akellos  s.  Aegithallos. 
Akontion    (Dnrdowana)    I 

158.  11361-366.  371. 
Akrokorinth  I  202. 
Alba  Fucens  III  254.  450. 
Albanomontelll  112  f.  117. 
Alesion  I  293  ff. 
Allauro  III  9. 
Allifae(Alife)  III  219ff.  252. 
Allocchi,    Apenninpaß    III 

107.  121. 
Altavilla  III 408. 
Altiburus  (Mdei'ne)  III  634. 
Ambra  III  110.  135. 
Ambrakia  II  55.  256.  263  f. 
Amiternum  III  448. 
Amphiktyonen  I  130  ff. 
AmphissaI130ff  182.11155. 
Anamaren  (Anaren)  III 64  f. 

139. 


Ancarano  III  62  f. 

Ancona  III  437. 

Anda  III  589. 

S.  Angelo  bei  Benevent  III 

408. 
S.  Angelo  am  Metaurus  III 

425.  428.  456  ff. 
S.  Angelo  in  Vado   s.  Ti- 

fernum  Mataurense. 
Anthela  II 142. 
Antigonea  II  33. 
S.  Antimo  III  8. 
Antipatrea  (Berat)  II  10.12. 
S.  Antonio  (Borgo)  III 214  ff. 
Anxia  (Anzi)  III  420  f. 
Aoospässe  (Klissura)  II  33. 

Schlacht  42  ff. 
Apennin,   Hannibals  Über- 
gang 217:  111104-147. 
Apenninpässe  von  der  Boe- 

chetta  bis  Mandrioli  III 

120. 
—  von  Mandrioli  bis  Pistia 

in  436. 
Apesas  (Phuka)  I  32. 
Aphrodite  Erycina  s.  Eryx 
Apidanos  II  407. 
Apollonia  II  10.  155.  251. 
Apollosa  HI  407. 
Apsos  (Semeni)  II  10.  34. 
Aquillaria  III  732.  742. 
Arachova  I  144. 
Arcevia  III  437. 
Archelaos,  Ort  bei  Chaero- 

nea  II  361. 
Ardea  III  450. 


922 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  und  Völkernamen. 


Arenella  III   8 

Arezzo  s.  Arretinni. 

Argen teria  Pizzo  s.  Aegi- 
thallos. 

Argolis  I  203. 

Argus  I  32.  203  ff. 

Argon  Pedion  1  50. 

Argoub  Beida  111  552  f. 

Ariininum  (Rimini)  III  53. 
04.  105.   138.  430  f. 

Arnus  III  105-147. 

Arpi  III  299.  395.  400. 

Arretinni  (ArezzoiIII  109 ff. 
135.  138.  436  f.  450. 

Aizilla  III  427. 

Asea  137.  208  f. 

Askurissee(Nezero)II270ff. 

Asopos  II  141  f. 

Assisinm  (Assisi)  III 194. 

Assosfluß  II  361.  369. 

Assures  III  619.  622  ff. 

Athamanen  II 28.  52  ff.  138. 

Athen :  im  Kriege  mit  Ma- 
kedonien 338  v.  Ch.  ( Chae- 
ronaea)  I  125 — 165,  im 
Kriege     des     Mithridat 

II  354  ff. 
Athenaion  I  205.  284. 
Atintanen  II  36. 
Atrax  II  56. 

Aufidena  (Castel  di  Sangro) 

III  2  53 

Anfidena  am  Aufidns  III 299. 
Aufidus  (Ofantoi  III  281  ff. 
Autipsida  III  622. 
Avellino  s.  Abellinum. 
Avidovicus  III  814.  822. 
Avula  111  622. 
Axios  (Wardar)  II  28. 
Azoros  II  237.  268. 

B. 

Baeculae  III  684  f. 
Bagni  di  Lucca  III  122. 
—  della  Poretta  III  134. 
Bahira  III  538.  555. 
Bagradas    (Ou.    Medjerda) 

III501f.  503.  514;   Schi. 

im  Söldnerkr.  532  ff.  538. 

555.  560.  568 ff.;  im  2. pun. 


Kr.  588 ff.  590 f.  005;  im 

caes.    Bürgerkr.    730  ff. 

747  ff. 
Baja  III  219. 
Bajano  III  222. 
Baido   (monte)    angebl.  = 

Heirkte  III  6. 
Balzi  III  398  f. 
Banitza  II  21  ff. 
Barcarello  III  20. 
Bari  III  301. 
Barletta  III  295.  301. 
Bas  tarner  II  232. 
Beja  s.  Vaga. 
Belminatis  I  205.  210. 
Belvedere  III  530.  554. 
Bembla  III  800. 
Benevent  III  216.  394.  403 

bis  413. 
Bern  Hassane  III 806.  812  ff. 

821.  873. 
Berroea  (Werria)  II  12. 
Bibbiena  III  107. 
Bientina,  Snmpfseelll  112f. 
Biferno  III  254. 
Bir  Basrou  III  616 

—  bou  Rekba  III  550 

—  et  Tourki  III  636 
Biscuvio  III  436. 
Bisenzio  III  117.  127.   131. 
Biskini  I  140. 

Bizerte  III  515. 
Bled  III  501  ff.  537. 
Bocca  Serriola  III  436  f. 

—  Trabaria  III  436  f. 
Bocchetta  III  120. 
Boiano  s.  Bovianum. 
Bononia  (Bologna)  III  121 

ff.,  436. 
Bordj  abdelMelahlII619. 

—  Baba  Brahara  III  581. 

—  bou  Ficha  III  538. 

—  ben  Zouart  III  636. 
Borgaccio  III  424.427.  453. 
Borghetto  III  176  f.   182  ff. 
Bou  Merdes   III  823.  874. 
Bovianum    vetus    (Pietra- 

bondante)  III  254  f. 

—  undecumanorum     (Boi- 
ano) III  252.  256.  406. 


Bovino  111  21.">. 
Bracigliano  III  222. 
Brundisium(Brindisi)Il  130  1 . 
Bruttium  III  415  f. 
Bryanion  II  22. 
Burano  III  441. 
Byzanz  I  130.  172  ff. 


c. 

Cagli  111427.  437.  441. 
Cagliandrino  III  416. 
Caiatia  (Cajazzo)  III  215  ff., j 

396. 
Ca'ina  III  149.  169. 
Caiatia  III  219. 
Cales  (Calvi)  III  214  ff. 

402.  450. 
Callicula  111  214—247. 
=  EribianosJetztCajevola 

oder   Cotrevola    III  226. 1 
Calmazzo  III  425.  437.453. 
Calor  (Calore)  111216.  252. 

404  f. 
Calvi  s.  Cales. 
Cambunii   montes   (P;<,ß  v. 

Portaes  Servia  oder  Vo- 

lustana    1129.   236.  255.: 

269  f.  276. 
Camerinum  III  437. 
CampanienIII215ff.  394 ff. 
Campobasso  III 248  f. 
Campremoldo  III  63. 
Canale  della  Botte  III  263  f. 
Cancello  colle  III  396  f. 
CandiglianoIII427. 436. 441. 
Cannae  III  280— 388. 
Canusium  (Canosadi  Puglia 

III  285  ff.  297  f.  395. 
Cap  Bon  III  578.  883 
Caprareccia  III  219. 
Capsa  III  514. 
Capua  111  216.  395  f. 
Carcere  rione  del    III  295.  \ 
Carini  III  18  f. 
Carseoli  III  254.  450. 
Carthago  s.  Karthago. 
Casalnuovo  Monterotaro 

III  256. 
Casentino  III  105  f.   107ff.| 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  nnd  Völkernamen. 


923 


Casilinum  (jetzt  Capua)  III 

218.  395  f. 
Castellaccio  (Monte)  s. 

Heirkte. 
Castra  Claudiana  bei  Caia- 

nello  III  397  ff. 

—  Hannibalis  s.  Tifata. 

—  Cornelia  im  2.  pun.  Kr. 
III  576.  583  ff.;  im  caes. 
Bürgerkr.  730.  733 ff. 
743  ff.  750. 

Casuentini  III  112. 
Caudium,  caudinische 

Straße  in  214.  221  ff. 
Cerasa  III  425.  428. 
Cerbaie  III 112  f. 
Cerbara  III  459. 
Cerignola  III  248. 
Cerreto  oder  Sassalbo,  Paß 

HI  120.  123. 
Cesano  III  437.  457. 
Cesena  III  105.  440. 
Chalkis    II  127.    135.    154. 

220  ff.  267.  356. 
Chaeronea  (Kaprenae)  Feld- 

zug338v.C.I7.125— 195. 

Schlachtfeld:    158—165. 

Schlacht:  165—169.  290. 

520.  Feldzug  86  v.Ch.:  II 

352—397.    Lage:    367  f. 

Schlacht:  371—383. 
Chiana  III  135.  139. 
Chott  III  506. 
Ciminaredda  III  291. 
Cimone  III  121. 
Cinque  Miglia  III  254.  448. 
Circei  III  450. 
Cisa  la,  oder  Paß  von 

Pontremoli  III  119.  436. 
Citta  di  Castello  s.  Tifer- 

num  Tiberinum. 
Clairefontaine  III  617. 
Clastidium  (Casteggio)  ITI 

60  f. 
Clodia  s.  via. 
Clusium(Chiusi)III  186.196. 
Colfiorito  s.  Plestia. 
Colle  d'armi  s.  Gerunium. 
Collina-Paß  III  120.  133  f. 
Colomba,  rio  III  67  f. 


Compsa  (Conza^  III  395.404f . 
Cora  III  450. 
Corleto  III  420. 
Cortona  III  135.  153 f.  186. 
Corvo  in  407. 
Cröteville  III  538.  549.  709. 
Cremona  III  52. 
Cumae  III  395  f. 

D. 

Dadhi  (Dadion)  I  144 
DahretelHafsaIII832ff.  876. 
Dakhla  desOulad  bou Salem 

III  592. 
Damasi  Paß  II  237.  268. 
Damouss  III  800. 
Dardaner  IT  10  ff.  27.  256. 
Dardanos  II  163. 
Dassaretien  II  29. 
Daulia  I  140. 
Daulis  (Davlia)  1159.  II 359. 
Delos  II  226.  295. 
Delphi  I  144.  154. 
Demetrias  II 127. 135. 220f. 
Dernitza  I  132. 
Djebel  Amar  III  555. 

—  Azrek  III  553. 

—  Bargou  111 500  ff.  631  ff. 
645. 

—  bou    Guetrane   III  549. 

—  bou  Hadjar  III  549. 

—  bou   Kournine    III  501. 
538.  708.  711. 

—  Douimis  III  581  ff. 

—  ed  Jedidi   III  552  ff. 

—  es  Serra  III  551  f. 

—  es  Sra'f  III  708. 

—  Harbi  III  552. 

—  Harraba  III  500.  607;ff. 

—  Jenane  III  552. 

—  Kalbi  III  712. 

—  Kechabta  III  581. 

—  Laibel  III  500.  607 ff. 

—  Massouge  III 500.  620  ff. 

—  Melez  111  549. 

—  Menzel Moussa  III 552 ff. 

—  Menzel    Roul    III  531  f. 
581  ff.  737. 

--  Mergueb  III  589.  739. 

—  Naheli  III  532.  555. 


Djebel  Ouar  III  549. 

—  Ressas  III  501.  538.  708. 

—  Serdj   III  500  ff.    631  ff. 

—  Sidi  Zid  III  538. 

—  Slata  III  500. 

—  Zaghouanelll  501  f. 
Djebibina  111  548.  551. 
Djemmal  III  806.  869. 
Djendouba  III  592. 
Dieron  II  271. 

Dion  II  277  ff. 

—  Paß  von  II  287. 
Dodona  II  38. 
Doliche  II  237.  268. 
Domoko  s.  Thaumakoi. 
Douar  Touba  III  587. 

—  Ouled  Salem  552. 
Draa  el  Meinan  III  638. 
Dragonara  s.  Gerunium. 
Drepana  (Trapani)   HI  19. 

27.  29. 
Dubii  III  197. 
Durazzano  III  222.  396. 
Dyrrhachion    (Durazzo)   II 

10.  401. 

E. 

Edessa  (Wodena)  II 12.  24  f. 
El  Alia  s.  Acholla. 

—  Behira  III  834  ff.  875. 

—  Bourdjine  III  820  f. 

—  Djem  s.  Thysdrus. 

—  Faca  III  834  ff.  875. 

—  Hamada  III  785. 

—  Kef  s.  Sicca  Veneria. 

—  Ksour  III  619  ff.  645. 

—  Maklouba  III  816. 

—  Meridj  617.  620. 
Elaea  II  164. 
Elassona  s.  Oloosson. 
ElateaamTempepaß(Mikro- 

Keserli)  II  238.  357.  3»3. 
Elatea  in  Phokis  I  129. 173. 
Elatos  I  149. 
Elbasan  II  12. 
Ellcz  III  620. 
Elpeos(Mavrolungo)  II  286, 

Beschreibung  297  f. 
Elsatal  III  116  f. 
Emporien  III  537.  544. 


924 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  und  Völkernamen. 


Enipeus   (Kutschuk-Tscha- 

narli)  II  68  f.  405  ff. 
Eordaea  (Ostrowo,  Kailar) 

II  11.  14.  23 ff.  236. 
Ephesos  II  156. 
Epidauros  I  203. 
Epiros,    Epiroten    II  33  ff. 

261  ff.   293. 
Eratallll  116  f. 
Eretria  II  63.  72. 
Eribianos  III  217  ff.  s.  auch 

Callicula. 
Eryx  III  4.  15.  25—42. 
Esiuo  III  437. 
Etrurien  III  450. 
Enas  1219.  222  ff.  338. 
Enboea'll  29.  220. 
Europos  (Xerias)  II  29.  237. 
Eurotas  I  35.  41.  205. 
Euryraedon  II  159. 

F. 

Fabriano  III  I97f.437.  444. 
Faesulae  (Fiesole)  III  111. 

117  f.  136. 
Falernus  ager  III 216  f. 
Falterona  monte  III  112.1 20. 
Fanum  (Fano)  III  427  f. 

Stellung:  bei  Fano  435  f. 
Fedj  Mraou  III  602. 
Feiice  la  III  288  ff. 
Fermignano  111  427. 
Fiumalbo  s.  Abetone. 
Flaminia  via  s.  via. 
Florenz  III  116  ff.  132  ff. 
Foeculae  III  117. 
Foggia  III  299. 
Foglia  ill  436. 
Foligno  III  141.    152.  194. 

437.  439. 
Foili  III 105.  436  f. 
Fornilli  valle  III  407. 
Fortore  III  256. 
Fossato  di  Vico    III   197  f. 

437.  444  f. 
Fossombrone  III  424  f. 
Foura   es  Gouafel  III  548. 
Fraucolise  III  214  f.  222  ff. 
Frangovrisi  1211. 
Frentaner  III  258. 


Fucecchio  III  112  ff. 
Furloscbluclit   (Pietra  per- 

tusa)  III  437.  441. 
Futala,  PassIII120.  137  f. 

G. 

Gaetuler  III  869.  891  f. 
Galaat  el  Andeless  III  583. 

734. 
Gallera  III  429.  456. 
Gandore  rio  III  67  f. 
Garet  ez  Zambey  III  610  f. 
Garfagnana  III  120.  122. 
Gazzola  rio  III  67  f. 
Gegetu  III  602. 
Genua  III  105. 
Gerione  III  248  ff.  258. 
Gerosa  rio  III 67  f. 
Gerunium  (colli  d'armi  bei 

Dragonara)  III 248— 277. 

Lage:  256  f.  283. 
Ginepreto  III 169. 
Giona  I  145.  148. 
S.  Giovanni  III  60  f. 
Giovi  III  107  f. 
S.  Giuliano  rio  III  419. 
S.  Giuliano  s.  Eryx. 
Golfolina  III 112.  117. 
Gomphi  II  53  f.  402. 
Gonnos  (Dereli)  II  238  f. 
Gorgylos  1218  ff. 
Gorza  III  532. 
Gravia  I  134  ff.  339. 
Greve  III  116. 
Grombalia  III  538.  708. 
Große  Felder,  Schlacht  III 

577. 589  ff.  597. 642.,  Takt. 

Bedeutung  676.  687. 
Grumentum  (bei  Saponara) 

III  414—423.    Lage  416. 
Gualandro  III  162.  176. 

182  ff. 
Gyrton  II  238. 

H. 

Hadrumetum  im  2.  pun. 
Kr.  III  537.  577.  600  f. 
618.  639.  645.;  im  caes. 
Bürgerkr.     758.     764  ff. 


859  f.    879.    881  ff.    SS0J 

895.  903. 
Haemonbach  1160.  II 371 
Hagioi  Saranda  I  214.  217. 
Hagios  Vlasios  I  141. 
HaliartosI  134.  147.11252. 
Haliakmon  (Karasu)  II  11. 
Hamadet  el  Chouf  III  79Sf. 

—  el  Guebla  111783.  797  ff. 
866. 

—  el  Kessera    (Tafel   des 
Iugurtha)  III  500. 

—  elRessasIII798ff,  868. 
Hammamet  III  551. 
Hammam  Lif  III  540.  708. 
Hannencha  III  603  ff. 
Haras  de  SidiTabet  111  737. 
Hedylion  (Karamusa)  1140. 

158.  II  361.  366  f. 
Heirkte  (Monte  Castellaccio) 

III  4—24.  25. 
Hekatompylos  III  528. 
Helikon  1 140.  147. 
Helvillum  111  437. 
Henchir  el  Bey  III  581. 

—  el  Chemmam  III  638. 

—  el  Ksour  III  823.  874. 

—  el  Makreeba  III  797. 

—  el  Okseiba  III  602  ff. 

—  es  Scheli  III  635  f. 

—  ez  Zauadi  III  823. 

—  Karachoun  III  630. 

—  Merbesse  III  819. 

—  Ramouna  (Romana)  III 
635. 

—  Sai'da  III  635. 

—  Tenir  s.  Ruspina. 

—  Zaiat  III  822. 
Heräa  I  206. 
Heraeon  1  203. 
Heraklea  am  Oeta    I  133. 

II  138  ff.  225. 
Heraklea  Lynkestis  II  402. 
Herakleion  bei  Chaeronea 

I  160  ff. 
Herakleion  am  Olymp  II 

275.  285.  293.  309. 
Herdonea  III  299. 
Herkte  s.  Heirkte. 
Hermos  H  168  f. 


Die  wichtigsten  Orts-,  Länder- 


und  Völkernamen. 


925 


Hippo  Diarrhytos   (Hippa- 
kra)  =  Bizerte    III  514. 
r   529.  543.  558. 
Hirpiner  III  220  f. 
Hysiä,  Pässe  von  I  34. 
Hyampolis  I  142.  II  369. 
Hyccara  III  19. 
Hypata  II  138.  140. 
Hyrkanische  Ebene  II 166. 

I. 

Jama  s.  Zama. 
llion  II 163. 
Ilipa  III  684  ff. 
IllyrierII10ff.27.251.Feld- 

zugd.  Perseus  256  ff.  293. 
Interamninm     (Interamna) 

III  450. 
Isclero  III  222  f. 
Isernia  s.  Aesernia. 
Isola  delle  femine  III  18  ff. 
Issos  I  319. 
Isthmos  s.  Korinth. 

K. 

Kahona  ed  Donadji  III  739. 
Kai'kos  II  163  ff. 
Kailar  s.  Eordaea. 
Kairouan  III  508.  550.  645. 
Kalene,  (Monte  Calvo)  III 

249.  261. 
Kallidromon  II  143  ff. 
Kallikinos,  Treffen  von  K. 

II  240—244. 
Kapnistra  I  47  ff.  293. 
Kaprenae  s.  Chaeronea. 
Karadagh  II  64  ff. 
Kastanitza  s.  Oenus. 
Karthago  im  Krieg  mit  Rom 

s.  Rom,  im  Krieg  mit  den 

Söldnern   111  511.  522  ff. 
Karthago  nova  III  12. 
Kasser  Hellal  III 812  ff.  825. 
Kastoria  s.  Keletros. 
Kebour  Klib  III  624.  635. 
Kelephina  s.  Oenns. 
Keletron  (Kastoria)  III 3. 27. 
Kenchraea  I  202. 
Kephissos  1136.  140.  162  ff. 

II  361  f.  364.  369  f. 


Keratapass  I  159. 
Kerketios  (Kyra)  II  55. 
Khan  des  Krevatas  I  2 17  f. 
Khanguetstraße  (Khanguet 

el  Hadjaj)  III  538  ff.  549. 

708. 
Khelmosberg  I  213. 
Killa  III  613.  633  ff. 
Kirphis  I  154. 
Kissns  II 157. 
Kleonä  I  41. 
Klisura,  PaßimPoloponnes 

1218.  223. 

—  in  Epiros  s.  Aoospässe. 
Knaiss  III  821  f. 
Kopa'fssee  I  142.  149. 
Kopanosbrücke  1213. 
Korinth  I  202. 
Koronea  1 134.  147. 
Koudiat  Bougrine  III  638. 

—  Chaouat  III  738  ff.  747. 

—  Dahla  III  608. 

—  el  Behaima  III  637. 

—  el  Galea  III  607  f. 

—  el   Mabtouha  III  587  f. 

—  el  Mahisser  III  617. 

—  el  Malah  III  611. 

—  Touba  III  587.  738  ff. 
Krais  III  775.  783. 
Kmmir  III  499. 

Ksar  el  Hadid  III  623. 

Ksar  Jaber  s.  Narraggara. 

Ksar  Mnoudja  III  622. 

Ksiba  Mraou  (Henchir  el 
Okseiba)  III  602.  604  f. 

Ksour  III  501.  515. 

Ksonr  es  Saf  (Ksonrsef)  III 
507.  815  ff.  873. 

Kynoskephalae  I  335  f.  II 
57—94.  Lage:  63—74. 
Beschreibung  der  Örtlich- 
keit :  74— 78.  Schlacht  1 97 
v.Chr.:  78— 87.  Schlacht 
364  v.  Chr.:  116—122. 
Grabhügel  errichtet:  221. 

Kyretiae  II  237. 

Kytinion  I  131  ff. 

L. 

La  Sebala  III  733. 


Lakinion  (Tempel  der  Juno 

Lakinia)  III  677. 
Lambaesis  III  789. 
Lamia  I  133. 

Larinum  (Larino)    III  249. 
Larisos  I  285. 
Larissa   II  61  ff.    223.  239. 

256.  402  ff. 
Latina  via  s.  via. 
Lanro  III  222. 
Lautulae  III  225. 
Lebadea  1156.  159.  II  360. 

366. 
Lechaion  I  202. 
Leondari  1  205. 
Leontini  III  175. 
Leptis  minor  im  Söldnerkr. 

III  557.,  im  caes.  Bürger- 

kr.  751.  764  ff.  799.  804. 

812  ff.  846.  860. 871  f.  895. 
Lenkopetra  1  290. 
Leuktra  Schlacht  bei  I  57  f. 

79  ff.  92  f. 

—  (im  Peloponnes)   205. 
Leukos  (Mavroneri)  1 1 3 13  ff. 
Levane  III  110. 
Liaphenda  I  140. 
Libethron  II  275. 
Libyer  III  511  ff.    529  ff. 
Lidoriki  I  148. 
Jjigwcien(z/iyvorix7J)  III 112. 

139. 
Lilybaeum    III  34  f.     526. 

576.  859. 
Lima  III  120.  122. 
Limentra  III  134. 
Liris  III  254. 
Liternum  III  397. 
Loreto  III  437. 
Luca  (Lucca)  III  112  ff. 

114.  139. 
Lucanien  III  404  f. 
Luceria    (Lucera)    III  215. 

252.  299.  402.  405. 
Lucrezia  La  III  424.  426. 

453. 
Luretta  III  63. 
Lychnidos  (Ochrida)  II  11. 

258  f.  294. 
Lykosfluß  II  169. 


926 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  und  Völkernamen. 


Lynkestis  (Monastir)  II  11. 

13  ff. 
Lvnkos  s.  Lynkestis. 
Lysimachea  II  160  f. 

M. 

Macerata    Feltria    s.  Piti- 

num  Pisaurense. 
Maddaloni  III  222. 
Madonna  del  petto  III306f. 
Madonna  di  Monserrato  III 

419. 
Magione  III  169  ff. 
Maglia  III  416. 
Magnesia  am  Sipylos  II 154 

—  205.  Schlacht  179— 195. 
Maenalisches  Gebirge  I  293. 
Makara  s.  Bagradas. 
Makedonien  im  Kriege  mit 

Athen  und  Theben  338 
v.  Chr.:  I  127—199.  mit 
Sparta(Sellasia)221:I199 

—  277.  mit  Rom  s.  Rom, 
Verteidigungsfähigkeit 
des  Landes  II  6  f. 

Maktar  III  620. 

Malloea  II  237. 

Mamago  III  53.  55. 

Mandrioli  Paß  von  III  105. 
107  ff.  120.  137.  440. 

Mantinea  I  7.  Feldzug 
und  Schlacht  362 :  I  25 
bis  128.  Reitertreffen: 
42  ff.  Schlachtfeld:  47  ff. 
Schlacht:  55 ff.  von  Anti- 
gonos  besetzt:  206.  Feld- 
zug und  Schlacht  207: 
1277-314.  Schlachtfeld: 
291—299.  Schlacht:  300 

—  309.  320  ff. 
Mantignana  III  169. 
Manoubia  111  555. 
Margaron   (MägyaQov)    III 

600  ff.  631.  638.' 
Marina  III  131  f. 
Marinella  III  131  f. 
Marsico  Nuovo  III  420. 
Martogna  III  38. 
Marzanello  III  226. 
Massicus  (Massico)  III  215. 


Matese  s.  Tifernus. 
Matsagra  I  47  ff. 

.Mavrovuno  I  142. 
Maxula  III  558. 
Medjcz  el  Bab  III  644. 
Megalopolis  129.  205.208  t. 
Megalovuuo  I  32. 
Mendenitza  I  132. 
Menzel  Kamel  III  807.  820. 
Merkovuni  1  51  ff. 
Mesdour  III  807. 
Mesjed  Ai'ssa  III  785. 
Metropolis  II  402. 
Metaurus  III  424—494. 
Metzowo,  Paß  s.  Zygospaß. 
Mevaniola  (Galeata)  III 112. 
Milia  II  13.    262  f. 
Misa  III  437. 
Mnara  III  7S4.  S05. 
Moknine  III  806.  816. 
Molinazzo  III  69. 
Moliterno  III  416. 
Molos  I  160.  II  371  f. 
Molosser  II  261. 
Monastir  s.  Lynkestis  und 

Ruspina  (Mestir). 
MondelloIII  8  f.  1 1  f.  17.20. 
Montagna  del  Gallo  III  20. 
Monte  Carlo  III  115. 
Montecchio  III  183. 
Monte  Calvo  s.  Kalene. 
Montecolognola   III  148  ff. 
Monte  di  Canne  III  281. 
Monte  Grande  III  218. 
Monte  il  III 419. 
Montelupo  III  117.428. 
Montemaggiore  III 424. 428. 

454. 
Montemurro  III  420. 
Montepiano,    Paß   III  120. 

133  f. 
Monte  Pino  III  407  f. 
Montesarchio  III  404. 
Montevarchi  III  135. 
Montigeto  III 150  ff. 
Mopseion  II  246. 
Morios  I  160.  II  372. 
Mugello  IE  124. 
Muracci  i  III  461. 
Murgie  le  III  301. 


Museion  II  362. 

Muthul  (Ou.  Mellegue)  III 
499  ff.  514,  590.  Schlacht 
am  M.  III  601.  (il!). 

Mutina(Modena)III  120.1  38. 

Mylae  II  237. 

Myonnesos  II  1."»!). 

Mytika  I  47  ff.  293.  300. 

N. 
Narraggara  (Ksar  Jaber  bei 

Sidi  Youssef)    508.   515. 

Schlacht:     III   577.    500 

— 702.       Lokalisierung: 

599  ff.  613.  637. 
Narnia(NarniiIII196  439. 

444  ff. 
NaupaktosI  154.186.11225. 
Neapolis  (Neapel)  III  395  f. 
Nemea  (Stellung  der  Epa- 

minondas)  I  32  ff. 
Nemeabach,    Schlacht: 

I  116f.  193  ff. 
Nepheris  Schlacht  im  Söld- 
nerkrieg:  III   540.  561  f. 

Kämpfe  im  3.  Pun.  Kr.: 

111705—716. 
Nerulum  (bei  Rotonda)  IN 

416. 
Nestane  I  50. 
Nezero  s.  Askuris. 
Nikaea  I  133. 
Niviano  III  65  f. 
Nocera  s.  Nuceria. 
Nola  III  395.  401  f. 
Nuceria  (Nocera  umbra)  III 

197  f.  437. 
Nnceria  Alfaterna  (Nocera) 

inCampanienIII221f.395. 
Numider,     Numidien     III 

511  ff.   536.   576  ff.  672  ff. 
Numistro  III  414  f. 

0. 

Obba  III  589. 

Oenus  (Oinus,  Kelephina) 

1211  f.  217  f. 
Oeta  I  131.  152  f. 
Ofanto  s.  Aufidus. 
Olokros  II  314. 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  und  Völkernamen. 


927 


Oloosson  (Elassona)  II  237. 
268. 

Olymp  (Thessalien)  Über- 
gang- der  Römer  II  267 
bis  294. 

Olymp  (bei  Sellasia)  I  219. 
.  2  22  ff.  235  f. 

Olympia  I  284. 

Ombrone  III  117  f.  126. 

Onchestos  (Bach  von  Snpli ) 
II  63  ff. 

OneischeGebirgskette  1 202. 

Onochonos  II  409. 

Ophisbach  I  293  ff. 

Orchomenos  1 142.206.  II 383. 

Orestheion  I  37.  42. 

Orestis  II  29. 

Orthopagos  II 36 1 .  368.  37 1 . 

Osphagos  II  22. 

Ostrowo  s.  Eordaea. 

Oueds  III  502  ff. 

OuedAine  bouSabetIII614. 

-  Aine  el  Zelles  III  635. 

-  Beja  III  504. 

-  bou  Abid  III  541.  709. 
■  bou    Heurtma    III  541. 

709. 

-  bou  Houta  III  541. 

-  Cherchara  III  733. 

-  Dammous  III  552  f. 

-  el  Faouar  III  632. 

-  el  Guetar  III  635. 

-  el  Hamma  III  552. 

-  el  Kebir  III  501.  515. 

-  el  Ksob  III  505.  548. 

-  el  Ksour  III  635. 

-  el  Massmoudi  III  621. 

-  el  Ouair  III  609. 

-  et  Tine  III  636. 

-  Ezzergua  III  607  ff. 

-  Gourbi  III  629  ff. 

-  Kasseb  III  504.  590. 

-  MarguellilIII504f.  515. 
645. 

-  Marouf  III  505.  548.  631. 

-  Massouge  III  624. 

I  MedjerdaIII499ff.  589ff. 
-  Melah     III    506.      784. 
796  ff.  866. 

-  Mellegue  s.  Muthul. 

Kromayer-Veith,  Antike 


Oued  Miliana  III  5Ü1  f.  515. 
537.  708. 

—  Nebaana  III  505.  515. 
548.  635.  645. 

—  Ras  el  Ogla  III  638. 

—  Ras  el  Rhandig  III  609. 

—  Rmel  (an  der  Ostküste) 
III  538. 

—  Rmel  (Remel,  Rumrel, 
Nebenfl.  d.  Ou.  Melle- 
gue) III  636.  644. 

1  —  Seguia  III  614  ff. 

—  Silianalll  504.  515.624. 
631.  645. 

—  Tessa  III  504.  515.  590. 
631.  635. 

—  Tfifila  III  632. 

—  Ysid  III  635. 

—  Zanfour  III  635. 

P. 

Paeligner  III  249. 
Palermo  s.  Panormus. 
Pallantion    I  54.    56.   290. 
Panopeus  I  159.  II 360.  366. 
Panormus  (Palermo)    III  4 

bis  24. 
Parapotamioi   (bei  Belessi) 

I  133  ff.     339.     II  359  f. 
365  f.  369. 

Parnaß  I  131.  140.  143. 

Parnon  I  209  f. 

Parori  I  140. 

Parthiner  II 10. 

Parthos  III  635.  644. 

Pässe  der  Apennin  s.  Ape- 
ninpässe. 

—    von     Albanien    und 
Epirus  nach  Makedonien 

II  12.  14.  36. 
Passignano  III  150  ff. 
Patronis(beiBiskini)  II 357. 
Paulustimolo  III  281. 
Pavia  III  57. 
Pelagos-Wald  I  54.  300. 
Pella  I  176.  II  24.  236. 
Pellegrino(monte)  1114—24 
Pellana,  Ebene  von  I  35. 
Peneos  (Salambrias)  II245ff. 
Pergamon  II  156.  162. 

Schlachtfelder  III. 


Pergola  III  437. 
Perinth  I  136.  176  ff. 
Perrhaebien  II  237  ff. 
Pertica   am    Monte  [Pelle- 

grino  III  6  ff.  9. 
Perusia  (Perugia)  III 150, 

438  f. 
Pescia  III  116  f. 
Petrafelsen  I  156. 
Petrapaß  s.  Pythion. 
Petrachos  1 161.  II 361.  368. 
Pezza  della  chiesa  s.  Tea- 

num  Apulum. 
—  del  sangue  III  281. 
Phalanna    (bei    Tyrnavos). 

II  238.  247. 
Phaloria  II  51.  55. 
Pharsalos   in   den   maked. 
Kriegen:  II  63  f.  256.  in 
der      Pelopidasschlacht : 
117  ff.  im  Caesar.  Bürger- 
krieg: 401—443.  Ebene: 
404.     Schlachtfeld:    408 
bis  419. 
Pherae   II  61  ff.    221.     im 
Kriege  mit  Theben  364 
v.  Chr.:  116—124. 
Phila  II 286.  292. 
Philoböetos      (Krevassara) 

II  360.  362  f. 
Phrygiosfl  uß  (Kum)  II 167  ff. 
Piacenza  s.  Placentia. 
Pianelli  III  398. 
Piastre   le   Paß    III  120. 

133  f. 
Picenum  III 119.  194  f.  215. 
Pietra  Melara  III  215. 
Pietravairano  III  219  ff. 
Pietra  pertusa  s.  Furlo. 
S.  Pietro  III 436. 
Pieve  Dugliara  III  62  f. 
Pieve  S.  Stefano  III  436. 
Pignola  III  420. 
Pioraco  s.  Prolaqueum. 
Pisa  III  139. 
Pisani  montes  III 1 12. 
Pisaurum  (Pesaro)  III  436. 
Pistia  s.  Plestia. 
Pistoria   (Pistoia)    III  115. 
124  f.  133.  139. 
59 


92S 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  und  Völkernainen. 


Pitinum    Pisaurense    (Ma- 

cerata  Feltria)  III  436. 
Pizzo  Iramenso  III  21. 

—  Roccazzo  III  38. 
Placentia  (Piacenza)  III  50 

bis  98.  436.  443. 
PlestiaiPistia)  Paß  von  P. 

oder  Colfiorito  III 193  bis 

209.  437. 
Pluinna  II  22. 
Po  III  51.  57  ff. 
Ponte  Nure  III  51  f. 

—  Petri  III  133. 
Ponte  rotto  III  425.  427. 
Pontos    (Mithradates)     im 

Kriege  mit  Rom    II  353 

bis  400. 
Pontremoli  s.  Cisa. 
Portaes,  Paß   s.  Cambunii 

montes. 
Porto  Farina  III  579. 
Poseidon-Tempel  bei  Man- 

tinea  I  43.  293  ff. 
Posta  de  Salpi  s.  Salapia. 
Potentia  (Potenza)  III  197 

420. 
Prato  III  133. 
Prion  {noiiov)  Schlacht  am 

HI  545  ff.  562  f.  568  ff. 
Prolaqueum(Pioraco)III197. 
Promontorium  Pulchrum 

UI  578. 
Pteleon  n  134. 
Ptoon  I  150. 
Purgatoria  casa  III 260  f. 
Puteoli  (Pozzuoli  m  395. 
Pydna  1336.    11294—334. 

Schlachtfeld  310—316. 

Schlacht  316—328. 
Pythion  Paß  (Petra)  II 237. 

270  f.    277.     Umgehung 

des  Nasica:  304—306. 

Q. 

Quellen  (in  Afrika)  III  505  f. 

R. 

Radda  III  135. 

Radici,  Paß  in  120.  122. 

Reate  (Rieti)  III448. 


Regium   Lepidi    (Reggio) 
III  120.  123. 

Reno  III  133  f. 

Rhar  ed  Deba  III  801  ff.  868. 

Rhodos  II  156  ff.  296  f. 

Rhoduntia  II 143. 

Rhoeteon  II  163. 

Riazzolo  rio  III  67  f. 

Rigone  III  169. 

Rimini  s.  Ariminum. 

Rione  del  Carcere  III  295. 

—  Vecchia  III  295. 

Ripabottoni  III  254  f. 

Rivaita  III  50  ff.  55.  66. 

Rocca  Monfina  III  215  ff. 

Rocca  Romana  III  219. 

Roccazzo  s.  Pizzo. 

Rom  im  Kriege  mit  Kar- 
thago 264-241  v.  Chr.: 
m  1—42;  218-201  v. 
Chr.:  III  43— 494  u.  573 
bis  702;  —  149—146  v. 
Chr.:  111  703— 716;  —  mit 
Makedonien  200—197  v. 
Chr.:  II  1—115;  —  mit 
Syrien  192—189  v.  Chr. 
(Magnesia):  II  125 — 227; 

—  mit  Makedonien  17 1  bis 
168  v.Chr.:  II  231—352; 

—  mitMithradates  87—86 
v.  Chr.:  11351—400. 

Rottofreno  m  51.  55. 
Rousfa   d'Abou   Obei'd    el 

Bekri  III  769. 
Ruffiano   Monte   III  150  f. 

155.  172. 
Ruspina   (Henschir  Tenir; 

nicht  Monastir)   III  509. 

761.  Lokalisierung    und 

Treffen  764— 790.  860  ff. 

S. 
Sabato  III  221  f.  404  f. 
Sahline  III  769. 
Salaeca  in  580  ff. 
Salapia    (Posta    de    Salpi) 

III  299 ff.  395. 
Salernum  (Salerno)  in  404. 
Salinae  III  299. 
Sambuca  Pistoiese  III  134. 


Saranium  III 395. 
Samon  {26luov)  III  635. 
Sangro  III  254. 
Sanguineto  III  176  f.  190  f. 
Sansepolcro  s.  s.  Sepolcro- 
Saponara  s.  Grumentum. 
Saranda(HagioiS.)s.Hagioi. 
Sarsina  (Sassina)  III 1 12. 438. 
Sarsura   III  811.  823.  874. 
Sassalbo  s.  Carreto. 
Sasso  ferrato  s.  Sentinum. 
Saticula  (S.  Agata  de  Goti) 

III  222.  396. 
S.  Savino  III 116. 
Scala  la  bei  Palermo  III 5. 1 4. 
Scalette  III  44t. 
Scheggia  Paß  UI  437.  441. 
Schiantello  III  460. 
Scopoli  III  198. 
Seba  Biar  s.  Zaraa. 
Sebkra  Kelbia  III  645. 

—  m'ta  Moknine  III  506. 
814.  832  ff. 

—  Sidi  el  Hani  m  824. 

—  es  Sedjoumi  III  554  f. 
Sebkren  in  506. 

Seggo  III  622  ff. 

Sele  s.  Silarus. 

Selectum  III  770.  818. 

Sellasia  17. 199— 277,  Stel- 
lung 212;  Schlachtfeld 
215—223;  Schlacht:  222 
—244.  320;  Gebirgs- 
schlacht  336. 

Selve  Panicali  III 462. 

Sena  gallica  (Senigallia)  III 
428.  437.  Vorteile  der 
Stellung  III  442. 

Sentinum  III 197.  437.  445  f. 

S.  Sepolcro  III 436. 

Serchio  HI  113.  120.  122. 

Serra  calcinara  III  418. 

Serra  Capriola  III 248. 

Serravalle  III  197  f.  437. 

Sers,  Ebene  von,  III 50 1.631. 

Servia  s.  Cambunii  montes. 

Sestinum  (Sestino)  III  436. 

Sestos  U  1 55. 

Setia  III 450. 

Settima  IU  50. 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  und  Völkernaraen. 


929 


Sferracavallo  HI  20. 

Sicca  Veneria  (El  Kef)  III 
501.  511.  515,  im  Söldner- 
krieg  527  f.  Lage  602. 
6 17  ff.  im  Jugurth  Krieg 
636  ff.  642. 

Sidi  Abdallah  bou  Caboute 
III  817. 

—  Abd  el  Djedidi  (Ahmor 
Djedidi)  s.  Zama. 

—  Ali  ben  Abdallah III 623. 

—  Amara  111  635.  645. 

—  Beker  III  712. 

—  bei  Azza  III  628. 

—  ben  Hacen  III  555. 

—  bou  Hamma  III  623. 

—  bou  Lefaa  III  552. 

—  Dekril  III  819. 

—  Fadeline  III  836. 

—  Jedidi  III  538.  551  ff. 

—  Jeha  III  801  ff.  868. 

—  Messaoud  III  836.  878. 

—  Neja  III  816.  821. 

—  Youssef  s.  Narraggara. 

—  Zebidi  II l  837.  876. 
Sieve  III 107.  117. 
Sikyon  I  32.  201. 
Silarus  (Sele)  III  405. 
Silvestro  S.  III 424  f.  427. 
Sinalunga  III  110. 
Sinuessa  III  2 16. 
Sipontum  III  299. 
Skarpheia  I2U0. 
Skiritis  I  210  f. 
Skotussa  II  63  ff.  405. 
Skythen  I  176. 

Skope  151. 

Skroponeri  1 150. 

Sora  III  254. 

Souk  el  Kramis  (Henchir 
Seggo)  III  623. 

Souk  el  Kremis  III  590 f. 

Sparanise  III  214  ff. 

Sparta,  im  Kriege  mit 
Theben  125—123;  Vor- 
stoß des  Epaminondas  auf 
Sparta  37  ff.;  im  Kriege 
mit  Makedonien  und  dem 
ach.  Bund  (Sellasia  221): 

{  I  199-277;    im    Kriege 


mit  Achaja  (Mantinea  207 

v.Chr.):  1281—314. 
Spinoso  III  418. 
Sra  Ourtane  III  620. 
Stavromyti  I  50. 
Stellas   oder  Stellatinus 

ager  III  219  f. 
Stephano  s.  Pieve. 
Stradella  III  59  ff. 
Stratos  II  261. 
Stuberra  (bei  Tsepikowo) 

1121  f. 
Suessa  III 450. 
Suessula  III  396  f.  402. 
Sulmo  (Sulmona)  III  253  f. 

448. 
Sykurion    (Marmarjani)    II 

239  f.  246. 
Syrien  im  Kriege  mit  Rom 

192—189  v.  Chr.:  II  125 

bis  227  (Magnesia). 

T. 

Taburnus  s.  Tifernus. 
Tagura  III  644. 
Tammaro  III  252. 
Tanaro  III  58.  . 
Tannetum  III  98. 
Tanos  1211. 
Tarent  III  406. 
Taygetos  I  210.    • 
Teanum  Apulum  (Pezza 

della  Chiesa)  III  256. 

—  Sidicinum  (Teano)  III 

216  ff.  396. 
Tegea     (in    Griechenland) 

I  29 ;  Hauptquartier  des 

Epaminondas:    34;    von 

Antigonos  besetzt:  206.— 

291  f.  339. 
Tegea  (in  Afrika)  III814f. 

819  ff.  873  f.  900. 
Teichius  II  143  ff. 
Telamon  III  139. 
Telesia  III  216.  219.  252. 
Tempe    im   Feldzuge    198 

v.  Chr.:  II  51 ;  im  Kriege 

mit  Perseu«:     238.   269. 

286.  289  f. 
TeodoroCap  s.  Aegitharsos. 


Termine  III  197.  437. 

Thabena  III  886. 

Thacora  III  602.  617. 

Thala  III  499.  514. 

ThapsusIII514;  Schlacht: 
762.  826— 857.871.  875ff. 
884  ff.  900  f.  905  f. 

Thaumakoi(Domoko)  11403. 

Theben  im  Kriege  mit  Ale- 
xander v.  Pherae  364  v. 
Chr.:  II 116—124  (Kynos- 
kephelae);  mit  Sparta  362 
v.  Chr.:  I  25—123;  mit 
Makedonien  338  v.  Chr.: 
125—195  (Chaeronea). 

—  in  Phthiotis  II  60  f. 

Therma  III  769. 

Thermopylen  im  Feldzuge 
338  v.  Chr.:  I  129.  133. 
151.  182;  Beschreibung 
der  Örtlichkeit:  II  134  bis 
149;  Schlacht  190  v.Chr.: 
149—154.  —  225. 

Thespiae  11354. 

Thessalien,  im  2.  maked. 
Krieg:  II  33  ff.  57 ff.;  im 
syr.  Krieg:  135  f.;  im  3. 
mak.  Krieg:  237  ff.;  im 
Caesar.  Bürgerkr.  402  ff. 

Thessalonike  II  301. 

Thetideion  II  63.  73.  117  f. 

Theveste  (Tebessa)  III  508. 
515.  617. 

Thisbe  II  252. 

Thrakien,  Streit  um  Thr. 
zw.  Antiochos  und  Rom 
II  129  ff.  252. 

Thuriongebirge  I  158.  II 
367.  372. 

Thyatira  II 164  ff. 

Thysdrus  (El  Djem)  III 
499.  514.  811.  822f.  874. 
879.  886.  890  f. 

Tibertal,  mittleres  III  194, 
oberes:    137.  427.  436 ff. 

Ticinus  III  57  ff. 

Tifata  III  218.  394—413. 
Hannibals  Lager  398  f. 

Tifernum    Mataurense    (S. 
Angelo  in  Vado)  III  436. 
59  * 


WM) 


2.  Die  wichtigsten  Orts-,  Länder-  und  Völkernamen. 


Tiferuuin     Tiberinum    III 

436. 
Tiferuns,    Taburaus    (Ma- 

tese)    III  249.  252. 
Tipasa  III  644. 
Tithora  (Velitza)    I  144,  II 

358. 
Tommaro  II  252. 
Tounara  di  Bonagia  III  33. 
Topino  III  194. 
Torretta  III  18  f. 
Torriceila  III  150  f.   171  ff. 
Trabaria  s.  Bocca. 
Trani  III 301. 
Trapani  s.  Drepana. 
Trasimenus  III 140.  147  bis 

213. 
Trebia  (Trebbia)  III 47  -  98. 
Triballer  1 176. 
Trinitapoli  III  303. 
Tripolis  Skaea  II  239  ff. 
Troia  s.  Aecae. 
Tsaresi  1 140. 
Times  (Tunis)  im  Sölduerkr. 

111508.528  ff.  554  ff.  563  f. 
Tuoro  III  148  f.  162.  168  ff. 

176  ff. 
Turkochori  1 132. 
Turm  des  Agathokles  III 

576.  580  ff, 
Tzitzina  1214.  217  f. 


u. 

Umbrien,  Umbrer   III  119. 

438.  445  ff. 
Uibania  m  436. 
Urbino  s.  Urvinium. 
Urvinium  (Urbino)  III  436. 
Usappa  III  619.  622  ff. 


Uskana  (Dibra)  II  257  ff. 

Utika  III514;imSöldnerkr.: 
529  ff.  543.  558.  559.  568; 
im  2.  Pun.  Kr.  576.  578 ff. 
639  ff.;  im  Feldzg.  Curios 
730  ff.;  im  Feldzg.  Caesars 
858  ff.  879.  886. 

Uzita  III  761.  775;  Lokali- 
sierung 745—810.  812; 
Zusammenhäng.  Daist. 
866  ff.  879.  881  ff. 

V.W. 

Vaga  (Beja)  III  592.  633. 
Vaga  (bei  Zeta)  III 633.  822. 

874. 
Vairano  III  218. 
Valeria  s.  via. 
Valle  del  porco  III  9. 
Vandra  III  253. 
Vecchia  s.  Rione. 
Velitza  s.  Tithora. 
Venafrum  (Venafro)    III 

221  ff.  253. 
Venella  III  152. 
Venus  Erycina  s.  Eryx. 
Venusia   (Venosa)    III 285. 

297. 
Vergellus  III  307. 
Vergine  Maria  III  8. 
Verria  I  217. 
Via  Aemilia  III 64.  137.  436. 

—  AppiaIII221ff.  404  f. 

—  Cassia  III 140.  186.  196. 

—  Clodia  III  116. 

—  Egnatia  II  15.  402. 

—  Flaminia  (Rom-Ari- 
minum)  III  138.  140  f. 
427  ff.  434  f.  ^Schwierig- 
keiten: 441. 


Via  Flaminia  (Arretium- 
Bononia)  III  137. 

—  Giardini  III  122. 

—  Herculea  III  416  f. 

—  Latina   III  218  ff.     254. 
396.  402. 

—  Postumia  111  139. 

—  Romana  am  Trasimeni- 
schen  See  III  185. 

—  Valeria  III  254. 

—  Vandelli  III  122. 
Viamaggio  III  436. 
Viareggio  III  112. 
Vibinum  (Bovino)  III  215  f. 
Volturnus  III  214  ff. 
Volturnuswind  II  285.  307. 
Volustana  8.  Cambunii 

montes. 
Vosuna  I  47  ff. 

X.  Y. 

Xenis  I  310. 
Xerias  s.  Europos. 
Xyniae  II  60. 

z. 

Zaghouane  III  508.  538. 
Zama  (Jama,  Seba  Biar,  Sidi 

AbdelDjedidiIII620ff.) 

III  599;  im  2.  Pun.  Krieg 

612— 638.  639  ff.;  im  Caes. 

Bürgerkrieg  879. 
Zanfour  (Assures)  III  622  ff. 
Zanovistabach  I  293. 
Zeta    III  514.    811.    821. 

873.  900. 
Zouarines  III  634  ff. 
Zramedine(Vaga?)  III813f. 

822.  874. 
Zygos  Pass  (Metzowo)  II 55. 

401. 


3.  Die  wichtigsten  Personennamen. 


A. 

Acilius  Glabrio  cos-  191  II 

136  ff.  222. 
Aelius  Tubero  III  742. 
Aemilius  Paulus,  cos.  216, 

III  283  ff. 

—  cos.  168.  II 294  ff. 
L.  Afrauius  III  821.  829ff. 

873  ff.  898  ff. 
Agatliokles  III  566. 
Agesilaos  I  35  f. 
Alexander  d.  Gr.  I  166  f. 
Alexander  v.Pherae  II  116ff. 
Alexander,  Sohn  des  Akmet 

I  246. 
A.  Alienus  III  881  ff. 
Amynander  II  10.  53. 
Anaxidamos  1  309. 
AntigonosI201ff.284.  337. 
Antiochos  d.  Gr.   II  127  ff. 
M.  Antonius  III  892. 
Q.  Aquila  III  871.  895. 
Aratos  I  201.  283.  290. 
Archelaos  II  353  ff. 
Ariarathes  II  356. 
Aristaenetos  I  311. 
Äsinius   Pollio    III  723  ff. 

748.  903  ff. 
Asprenas  s.  Nonius. 
Athenagoras  II  40. 
C.  Atilius  praetor  218.  III 98. 
Attius  Labienus  III  766  ff. 
Als  Führer  849  ff. 

Varus  III  730  ff.    858  ff. 
881  ff.  898. 
Autaritus  III  536  ff. 

B. 

Baebius  Tamphilus  II  136  f. 


Baibus  s.  Cornelius. 
Bocchus  III  859  ff. 
Bogud  III  859  ff. 
Bruttius  Sura  II  354. 

c. 

Caecilius  Metellus  III  513. 

619. 
L.  Caelins  (Coelius)  II  256. 
Caesar  s.  Julius. 
Calenus  s.  Fufius. 
Calpurnius  Piso  III  793. 
Caninius  Rebilns  III  743  f. 

879. 
Cato  s.  Porcius. 
C.  Centenius  III  193  ff. 
Centumalus  s.  Fulvius 
L.  Cispius  III  871  ff. 
Claudius  App.  II  264. 
Marcellus,    bei  Nola  III 

396  f. 
Nero,  cos.  207,  bei  Gru- 
mentum  III  415  f.  am 
Metaurus  426  ff. 
C.  Considius  III  815.  824. 

858ff.  879. 
Cornelius  Baibus  III  903. 
Scipio  cos.  218,  III 98.  — 
Africanus  major  gegen 
Antiochos  d.  Gr.:  II 
155 ff. im  2.Pun.Krieg: 
III  576  ff. 

—  Africanus   minor   III 
706  ff. 

—  Asiaticus  II 155  ff. 

—  Nasica  II 303  ff. 

—  Metellus  cos.  52,  im 
Feldzuge  v.  Pharsalos : 
H  402  f.    im    afrikan. 


Feldzuge    47/46    III 
766  ff.    858  ff.   889  ff. 
898  ff. 
Sulla  II  351—397. 
Curio  s.  Scribonius. 

D. 

Dacamas  III  672  f. 
Damoteles  I  234.  249. 
Demetrios  von  Pharos  I 

245  f. 
Demosthenes  I  131.  172  ff. 
Diogenes  III  707. 
Domitius  Cn.  II  180  bei 
Magnesia. 
Legat  Caesars  47/46.  III 

879. 
Ahenobarbus   cos.  54  v. 

C.  III  746. 
Calvinus   Legat  Caesars 
II  402. 

E. 

Epaminondas  I  6.  17.  27  ff. 
als  Stratege  28.  44  ff. 
allg.  kriegsgesch.  Bedeu- 
tung 76—85.  165.  333. 

Eperatos  I  283. 

Ephialtes  II  142. 

Eukleidas  I  225.  236  f. 
245  ff. 

Eumenes  von  Pergamon  II 
165.  Sieger  bei  Magnesia 

II  190  f.  im  Kriege  gegen 
Perseus:  252  ff.  296. 

F. 

Fabius  Maximus  Cunctator 
Dict.    217    bei  Callicula 

III  215 ff.;  bei  Gerunium 


932 


3.  Die  wichtigsten  Personennamen. 


250;  in   Campanien  215 

v.  Chr.  397  ff. 
Flaccus  b.  Valerius. 
Flamininus  s.  Qiünctins. 
C.  Flaminius  cos.  217  III 

109.162ff.cos.  187 III 137. 
Flamma  III  755. 
Fnfins  Calemis  II  403  f. 
Fulvius    Centumalus     III 

409. 
C.  Fundanius  cos.    243  III 

37.      . 

G. 

Galba  s.  Sulpicius. 
Gentios  II  253.  295. 
Gisko  HI  526  ff. 
Gracchus  s.  Sempronius. 

H. 

Hamilkar  Barkas  i.  Sizilien : 
III  4—42.  im  Söldner- 
kriege: III  522—571. 

Hannibal  Mitfeldherr  des 
Hamilkar  Barkas  III 
544  ff. 

Hannibal,  Sohn  d.  Hamilkar 
Barkas  bei  Antiochos  d. 
Gr.:IU28ff.;im2tenPun. 
Kriege:  III  47— 494.  599 
bis  702;  siegt  am  Ti- 
cinus :  III 58 ;  an  d.Trebia : 
III  48  ff. ;  geht  über  Ap- 
pennin  217:  III  104  ff.; 
siegt  am  Trasimenus :  III 
148  ff. ;  geht  nach  Pice- 
num:  III  193 ff.;  nach 
Nord  campanien  (Callicu- 
la):IH2l4ff.;beiGeru- 
nium :  III  248  ff. ;  siegt 
216beiCannae:IH278ff.; 
216—213  in  Campanien: 
III  395 ;  bei  Grumentum : 
III  4 14 ff.;  Verhalten  im 
Metaurusfeldzug :  III 
452;  in  Afrika  III  573 
— 702.  Gesamtkriegs- 
plan: III  136;  Art  s. 
Kriegsführung :  III 266  f. 
391. 


Hanno,  Feldherr  i.  Söldner- 
krieg: III  527  ff. 

Hanno,  Unterführer  Hanni- 
bals,  geschlagen  bei  Be- 
nevent 214:  III  402  und 
212:  III  406. 

Hanno,  Reiterführer  im  2. 
Pun.   Krieg:    III  580  ff. 

Hasdrubal  am  Metaurus 
III  424  ff. 

Hasdrubal,  Unterfeldherr 
Hannibals  bei  Cannae 
III  297  f. 

Hasdrubal,  [Kommandant  v. 
Karthago  im  3.  Pun. 
Krieg,  III  576  ff.    674  ff. 

Hasdrubal,  Feldherr  im 
2.  Pun.  Krieg,  III  706  ff. 

Hiero  von  Syrakus  III  544. 

Hippias  II  272. 

A.  Hirtius  III  903  ff. 

Q.  Hortensius  II  357  f. 
373  f. 

Hostilius  Mancinus  cos.  170 
II  255  ff. 

J. 

Juba,  König  von  Numidien, 
Kämpfe  gegen  Curio  III 
730  ff.;  gegen  Caesar  III 
805  ff.  898. 

Julius  Caesar,  Dictator:  bei 
Pharsalos:  II  401  bis  443; 
in  Afrika  HI  514.  717  bis 
907;  Schöpfer  der  Reserve 

III  663. 
Caesar,  L.  III  842  f.  879. 

Junius  Pera,  Dictator  216 
m  396. 
Pullus  cos.  249  III  26. 

K. 

Karthalo  III  34. 
Kleomenes  III  v.  Sparta  I 

199  ff.  254.  290. 
Klevas  II  261.  265  f. 
Kotys  II  232.  252. 
Kotthyphos  I  182  f. 

L. 

Labienus  s.  Attius. 


C.  Laelius,  Reiterführer  im 

2.  Pun.  Krieg  III  677;  im 

3.  Pun.  Krieg  III  708. 
Licinius  Murena  Legat  des 

Sulla   bei  Chaeronea  II 
361.   373  f. 
Livius  Saliuatorim  Kriege 
gegen     Antiochus    II 
155  ff. 

—  cos.  207,  III  426  f. 
Lykurg  1  284.  291. 

M. 

Machanidas  I  59.  285  ff. 
Mago  Bruder  Hannibals  III 

68.  73  f.  III  674  f. 
Maharbal  III  193  f. 
L.  Manlius  praetor  218,  III 

98. 
M.  Manilius,   Feldherr  im 

3.  Pun.  Kr.  III  706  ff. 
Marcellus  s.  Claudius. 
Marcius  Figulus  II  267. 

—  Philippus  11  267  ff. 

—  Rufus  III  743. 

C.  Marius  III  514.  619. 
Massinissa  11 1  576  ff. 
Mathos  III  529  ff. 
Messala  s.  Valerius. 
Metellus   s.  Caecilius   und 

Cornelius. 
Minucius  Rufus,  mag.  eq. 

217  v.  C.  III  250  ff. 
Mithridates  Eupator  II 353 

bis  397. 
Munatius  Legat  des  Sulla 

bei  Chaeronea  II  357. 
Murena  s.  Licinius. 

N. 

Nabis  I  290. 
Naravas  III  559. 
Neoptolemos  II  356. 
Nero  s.  Claudius. 
Nonius  Asprenas  III  829  ff. 
877  f. 

0. 

M.  Octavius  III  858  ff.  895. 
C  Oppius  III  903. 


3.  Die  wichtigsten  Personennamen. 


933 


P. 

Pacideius  III 791.  873  f. 
Pammenes  I  78.  80  f. 
Pelopidas  II 116  ff. 
Pera  s.  Junius. 
Perseus  II  28.  231  ff. 
M.  Petreius    III  785.    861 

898. 
Philipp  II  v.  Makedonien 

I  127  ff. 

Philipp  V.  v.  Makedonien 
gegen  Machanidas :  I  284; 
im  Kriege  gegen  Rom 
200— 197  v.Chr.:  II  3  ff.; 
im  Kriege  gegen  Antio- 
chos  v.  Syrien  Bundes- 
genosse Roms:  II  136  ff. 

Philippus  s.  Martins. 

Philopoemen  I  236  f.  247. 
285  ff. 

Piso  s.  Calpurnius. 

Polybos  1306.  309.  312. 

Polyxenidas  II  157  ff. 

Pompeius  Magnus  II  402 
bis  443.  III  744.  846.  898. 

Porcius     Cato ,     Censorius 

II  144  ff. 
Cato    Uticensis    III  864. 

879.  892  ff.  898. 
Licinus    praetor   207   v. 
Ch.  III  426  ff.  439. 


Ptolemaeos  HI  von 
Aegypten  I  207. 

Quinctius  Flamininus  cos. 
198.  II  35 ff.   108.  225. 

R. 

Rebilus  s.  Caninius. 
Rufus  s.  Marcius. 


s. 


879. 


730 


Saburra  111737  ff.  868. 

Salinator  s.  Livius. 

Sallustius  III  903. 

Sarsena  111860. 

Saturninus  s.  Sentius. 

Scipio  s.  Cornelius. 

Scribonius    Curio    III 
—760. 

Sempronius   Gracchus,  cos. 
215.  III  397. 
Longus  III  52.  64 ff. 

Sentius  Saturninus  II  354. 

Servilius  Geminus  cos.  217, 
bei  Ariminum  III  106, 
geht  auf  via  Flaminia 
zurück  III  139.  193  f. 

T.  Sextius  III  626. 

Cn.  Sicinius  II  251.  256. 


P.  Sittius  III  859  ff.  879. 
Spendius  III  529  ff. 
Sulpicius    Galba   cos.    200 

v.  Ch.  II  9  ff.  106. 
Legat   des    Sulla    II 

374  f. 
Sulla  Felix  s.  Cornelius. 
Syphax  III  576  ff. 

T. 

Taxiles  II  356. 

Terentius  Varro  III  283  ff. 

436. 
Tubero  s.  Aelius. 
Tychaeus  III  680. 

V. 

Valerius  Flaccus  II  144. 

—  Messala  III  879. 

—  Orca  III  742. 
Varro  s.  Terentius. 
P.  Vatinus  III  887. 
C.  Vergilius  III  879. 
Vermina  III  680. 

Villius  Tappulus  cos.  199, 
II  34.  108. 

z. 

Zarzas  111  545. 


A. 

Ablösung  III  354 f. 
Aufklärung    III  640.   734. 

849. 
Aufmarsch  III  693  ff.  840 f. 

ß. 

Befestigter  Raum  III  849. 

875. 

c. 

Choc  (Stoßtaktik)  des  Epa- 
minondas:  I  82.  Allge- 
mein: III  347  ff.  694. 

D. 

Druck  III  347  ff.  694  f. 
Durchbruch  III  789. 
Durchzugsland  III  500. 
514. 

E. 

Elefanten  II  2 14  ff.  III 
690  ff. 

Einkreisung  an  der  Trebia : 
III  77  —  bei  Gerunium : 
267  —  bei  Cannae:  319. 

Einzelkampf  III 347  ff.  694f. 

Entscheidende  und  fest- 
haltende Gruppe  III  687. 
689. 

Ermüdungsstrategie  s. 
Strategie. 

F. 

Feldherr,  persönliche  Be- 
teiligung am  Kampfe  I 
71.  85. 


4.  Taktisches. 

Festhaltende  Gruppe  s. 
entscheidende  Gruppe. 

Festung-  S.Verteidigung  aus 
Vorfeldstellungen. 

Flankenmarsch  I  61.  67. 
77.  253f.  III  700. 

Flankenwirkung  III  31 9  f. 
700. 

Flügel,  Offensiv-  und  De- 
fensivflügel  I  57.  166. 

Flügelschlacht  und  Paral- 
lelschlacht I  79  ff. 

Frontbreite  und  Tiefe :  Im 
allgemeinen:  I  317  ff. 
325  ff.  III  696.  —  der 
Boeoter:  I  83.  —  der 
Manipel :  III  356.  —  bei 
Cannae:  III  323.  —  Ein- 
zelne Schlachten  s. 
Schlachtordnung. 

G. 

Gefechtspause  III  648  ff. 
Gegenoffensive  III  686. 

787. 
Gegenstoß  III  787. 

H. 

Heeresstärken  allgemein  I 
11.  —  bei  Mantinea  362: 

I  114.  —  Chaeronea:  I 
188  ff.  —  Sellasia:I226ff. 
289 ff.  —  Mantinea  207: 
290.   —   2.  mak.  Krieg. 

II  95 f.  —  Syr.  Krieg*. 
II  206.  —  3.  mak.  Krieg: 


II  335.  —  Sulla  in  Grie- 
chenland :  II 388.  —  Phar- 
salos:  II 426.  —  Hamilkar 
in  Sizilien-  III  10.  29.  34. 
Trebia:  III  94 ff.  -  Tra- 
simenus:  III  2 10 ff.  — 
Cannae:  III  341  f.—  Me- 
taurus:  III  475  f.  —  lib. 
Söldnerkrieg:    III   565 f. 

—  Narraggara:  III  670 ff. 

—  Nepheris:  III  716.  — 
Curios  Feldzug :  III  758. 

—  Caesars  Feldzug  in 
Afrika:  III  880. 

Hindernis,  militärisches  I 
143.307.  II  317  f.  III  503. 
538  f.  709.  808. 

I. 

Intervalle  in  der  Phalanx 

II  214f.  III  70.  381. 

—  in  der  Legion  II  420. 

III  70.  322.  358 ff.  690 ff. 


K. 

Kavallerie  gegen  Infanterie 
im  Kampfe  III  193.  326 f. 

—  gegen    Infanterie    zur    i  S 
Verzögerung  III  843. 

—  Verfolgung  III  655. 
Kulminieren  des  Angriffes 

111  700. 

L. 

Lager,  Bedeutung  des  rö- 
mischen III  303. 


4.  Taktisches. 


935 


M. 

Manövrierland  (-terrain)  III 

501.  514. 
Marschformation  III  54. 

128f.  155.  460. 
Marschleistung  I  38  ff.   45. 

209.  II  264.  276    III  54. 

128.    459  f.     600 ff.     711. 

732f.  739f.  798.  861. 
Massendruck  III  347  ff. 

694  f. 
Massenpsychologie  I  318. 

329. 

N. 

Niederwerfungsstrategie  s. 
Strategie. 

P. 

Phalanx  allgemein:  III  358, 
693 ff.  In  reiner  Defen- 
sive: II  56.  153;  beiKy- 
noskephalae:  II  83;  bei 
Magnesia:  II  214;  bei 
Pydna:  II  324. 

Politik  und  Krieg  I  17  f. 
130ff.  II  231  ff. 

Positionskrieg  III  266  ff. 
760. 

R. 

Rekognoszierung  s.  Auf- 
klärung. 

Reserve  I  11.  III  650. 
663  f.  687  f.  699. 

Reserventaktik    HI  687  ff. 

Rottenabstand  (-breite)  I 
323,  III  361  ff. 

s. 

Schlacht,  Charakter  der 
antiken  S.  I  11. 

—  Gang  der  antiken  S.  III 
353. 

Schlachtfeld,  Ausdehnung 
1  319f. 

—  Relief  I  335f.  HI  606  ff. 
Schlachtidee  bei  Mantinea : 


I  57  ff.  —  Chaeronea 
338:  I  165  ff.  —  Sel- 
lasia:  I  270  ff.  —  Ma- 
gnesia: II  185  f.  — 
Chaeronea  86  v.  Chr.:  II 
375.  —  Trebia:  III 72.— 
Gerunium:  III  267.  — 
Cannae:III315f.  —  Me- 
taurus:  III  465.  -  Große 
Felder:  III  591.  —  Nar- 
raggara:  III  648  ff.  — 
Ruspina:  III  826.  — 
Thapsus  III 826  ff. 
Schlachtordnung,  schiefe  I 
27,  57,  165,  333. 

—  der  einzelnen  Schlachten. 
Bei  Mantinea  362  v. Chr.: 
I  52.  —  Chaeronea  338 
v.Chr.:  1162.—  Sellasia: 
I  224.  —  Mantinea  207: 
I    293.  —  Aoos:   II  44. 

—  Kynoskephalä  197  v. 
Chr.:  II 80. -364  v.Chr.: 
II120.-Thermopylenl91 
v.  Chr.:  II 152.  — Magne- 
sia: II  180  ff.  —  Kalliki- 
nos:  II  241.— Pydna:  II 
320.  —  Chaeronea  86  v. 
Chr.:  II  374.  —  Phar- 
salos:  II  420.  —  Trebia 
III  70 f.  —  Trasimenus: 
III  156  f.  -  Cannae:  III 
3 14  f.  —  Metaurus:  III 
465.  —  Große  Felder: 
III  591.  —  Narraggara: 
III  646 f.  —  Ruspina:  III 
789.  861.  —  Thapsus: 
III  839  ff.  877. 

Schlachtplan,  s.  Schlacht- 
idee. 
Stoßtaktik  s.  „Choc": 
Strategie,  Niederwerfungs- 
und Ermüdungsstrategie 
allgemein:  II  4. 

—  Strategie  und  Taktik 
III  643.  —  Strategie  (d. 
Epaminondas)  I  28.  81  ff. 

—  im  2.  punischen  Krieg : 


III  267.  391.  —  des  Phi- 
lipp von  Makedonien:  II 
5  ff.  57  f.  —  des  An- 
tiochus:  II  127.  —  des 
Perseus:  II  248  ff.  280  ff. 

T. 

Teilerfolg  II  382.  III  698. 

Treffen  (Aufstellung  in 
Tr.):  An  der  Trebia:  III 
71  —  bei  Cannae:  III 
323  f.  —  große  Felder: 
III  591  —  bei  Narrag- 
gara: III  646  —  bei 
Thapsus:  III  840. 

Treffendistanz  III  560. 

Treffentaktik,  Entwicke- 
lungder  III  682  ff.  (415). 

u. 

Umgehung  (Umfassung)  n 
186  ff.  214.  284.  III 
684  ff.  700. 

V. 

Verkehren  der  Kohorten  b. 

Ruspina  III  789  f. 
Verluste  II  430.  433.  III 

166.  896  f. 
Verschanzungen,  offensive 

Verteidigung  I  259  f. 
Vorfeldstellung  III  706  ff. 

805. 

w. 

Wasserkalkül  III  517  f. 
Winterfeldzüge  u.  Winter- 
quartiere III  516. 

z. 

Zeitkalkül  III  54.  128 ff. 
459 f.  740.  844 f. 

Zurückweichen  in  der 
Schlacht  allgemein:  III 
370 ff.  —  bei  Chaeronea 
338  v.  Chr.:  I  167.  — 
Sellasia:  I  244.  —  Ky- 
noskephalae  197  v.  Chr.: 
II  82.  —  Magnesia:  II 
193  f.  —  Cannae:  III 
3 17  ff. 


Dnick  von  J.  B.  Birschfeld,  Leipzig. 


WVnlmnmi5.il.-  Biii'Ui.'iiulliilii  in  Berl 


Knini.iviT  Aiilifc'Silil.ii  lill.-li] 


& 

K8 


\l\ 


Wr-iiün.uinschf  Burlvliamllun^in  Jerl 


\ 


Zi.% 
K8 


Kromayer:  Antike  Schlachtf  eider  Band  1 


Karte  3. 


Weidmannsche  Buchhandlung  in  Berlin. 


Autoj&\  d.  geogr.-lith.  Anst.u.  Steindr.  t.  C  .I.Keller,  Berlin  S. 


Kronuivcr:  Aniik.'  Schlai  hlfelderBaME. 


w 

Karte  4.  »y 


f  Plan  der  Schlacht      von  Kynoskephalae 

r  Juni  197  v.  Chr. 


AutoJ-.d.|eo^.-litlvAnst.u.Stenidr.T.CX.Kellar.BoriinS 


/ 


K8 


>X 


KmuiuvcrAuUb-  Schlachtfelder  Band  II 


Karte  5. 


Weidmaimsche  BucHhanfflimf  in  Berlin. 


.•nuLrv.r.L.Iv-m-rBlTlinS. 


Üb« 


Kromayer-Veith,   Antike  Schlachtfelder,  Band  III. 
Il  = 


Eromayer:  Antike  Schlachtfelder  Band  E  JE. 


Schlachtkarte  von  Magnesia  190  v.Chr. 


Erläuterung: 

___   7tämer 
*—m   Syrer 
T  =   Turt 
Jfiflicn    in.  Metern,  über  2fu£eireZi, 


AD 

K8 


Karte  6. 


Vyryn  Kiralichj^ 


Koldere^] 


Operationen  vor  der  Schlacht  bei  Magnesia. 

Beikarte. 


•PERGAMON, 


Maßstab    1:500000. 


10  6 


Erläuterung-. 

'».  der. 
desjntiochos 


Wipidmaiinsclip  Buchhandlung  in  Berlii 


Maßstab  1:50000. 


JntCke  tfamen  stehend. 
MöäerneXainen  liegend 


Autogh  cL.gVng'r.-liÜLAiisl  u  Sti'mili'.v.lM.KclIt-r, Berlin  S. 


1000         eoo 


ÜU 


Kromayer-Veith,    Antike  Schlachtfelder,  Band   III. 


ab 


Iü'nlli,iYi-l':Anüki'  Schlai  lillVlderBand  R 


Übersichtskarte  zum  Krieg  gegen  Perseus  171 -168  v.Chr. 


<  %' 


Erläuterung : 

+  +  +  +  +ÄW-  I 

— ..  —  ..— ..Röm^r  i 

—-—-_•■  McütedoTiier'  I 

Ä7itüw  JVamen  steJtencL ,  rrvode 
Namen,   liegend 


Wrnlmaimsrlir  Bii.  ^ i i . . i l 1 1 1 1 h i  =  ■_■  m   Hpi-Ihi 


. 


/ 


Ük 


Kromayer-Veith,    Antike  Schlachtfelder,  Band   III. 


Kromayer:  Anüb  Schlacht*  lder  Band  II. 


Karte  8. 


Der  Olympüberfcan^  der  Römer  169  v.  Chr. 

Erläuterung: 


»"" umsehe  BucMunfflung  in  Beri 


!     ■      '■  !..••:,:     < 


/ 


III, 


Kromayer-Veith,    Antike  Schlachtfelder,  Band   III. 


Kroinayer:  Antike  Schladitl'dderBajvcl  E. 


Plan  der  Schlacht  von  Pydna  22.Juni  168  v.Chr. 


Karte  9. 


JViireaidzni&n  sinät  z>iu 
20  m,  angenommen,  . 
Antike  Namen,  stehend,  moderne- 
Namen  liegend  ■ 


Übersichtskarte  für  Pydna 
und  die  Stellung  am  Elpeos. 


lieikarte 


Erläuterung: 

■ Lager  urui  AnmanstJtsIraJße  der  Römer 

gKenoZatfer  icnd '  ßefcstiguiups liniert  des  flerserts. 
1:210  000. 

;  « f     ,'     f    -f     r    f    T     '     r    '    Tfa" 


Weidmannsche  BurlOiandlun^  in  Berlin. 


Autogr.iLgeogr.-liQuAnsUl  SteimlrvA'  T.  K-ilfr. Berlin  S. 


K8 


b. 


Kroniay  er :  Antike  Srhlaektf elller  B  and  n . 


Karte  10. 


PLAN 

den  Schlacht  von 

CHAERONEA. 

im.  Jahre  86  "v:  Chr. 

Mafisstab  1:50  000. 


Erläuterung : 

^M  Stellungen  derlruppen  Mitnradats 

■■  Stelbingen  der  Homer. 

■Die  TTwdernen,  JUdmen  sind  in,  liegender,-  die  cmiiken  in  stellender. 
Schrift  gegeben. 

-Die  HöTienangaben  sind/  in,  -Metern/. 


^Bearbeitet  von  Goppel  Hauptmann,  im  Gro/sen  Generalstabe,. 


Auto^.d.geo^.-liÜuAnst.uSteiiub-v.C.L.Kellei'.BerlmS. 


Weidin aiwsthe  Buehlianiflimg  in  Berlii 


Kromayer-Veitfl,    Antike  Schlachtfelder,  Band   II 


Iü'ciiuaveiv  Antike  Schlachtfelder  Band  E 


Übersichtskarte  der  Schlacht  bei  Pharsalos  nach  den  modernen  Hypothesen 

A  TT 


K8 


Kartell. 


Marschrouten  nach  Pharsalos. 


Weidmann  sehe  Buchhandlung  in  Ber] 


I&omayer ;  Antike  Schlcich.tfelderBan.dI. 


Schlachtkarte  von  Pharsalos  48  v.  Chr. 


Karte  12 , 


Erläuterung : 

■™^*    =  Caesar» 
wmJ^m  =  Pornpeius 

Hohen  in  Metern  . 

Maßstab  1:50000. 


rel^ti7i'o~u7id  Toto" 


Weidmannsrhe  Bui-lihandlwiS  in  Berlin. 


T;,..,.,1  .^„.■r-!,ir\n.'.t  u  Steiu.tr.  v.r. („Keller,  Berlin  S. 


D 

25 

K8 

Bd. 3 
Abtig. 2 


Kromayer,   Johannes 

Antike  Schlachtfelder 


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