K8
ßd.3
HCl
K
ANTIKE SCHLACHTFELDER
BAUSTHNE ZU EINER ANTIKEN KRIEGSGESCHICHTE.
VON
JOHANNES KROMAYER.
V. O
DRITTER BAND :
ITALIEN UND AFRIKA.
ZWEITE ABTEILUNG: AFRIKA.
BERLIN
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG
1912.
ANTIKE SCHLACHTFELDER
IN ITALIEN UND AFRIKA
MIT UNTERSTÜTZUNG DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER
WISSENSCHAFTEN IN WIEN
HERAUSGEGEBEN
VON
J. KROMAYER und G. VEITH,
ZWEITE ABTEILUNG: AFRIKA
VON
G. VEITH.
MIT 11 LITHOGRAPHISCHEN KARTEN, 23 ABBILDUNGEN IM TEXT
UND DEN REGISTERN FÜR DAS GANZE WERK.
BKRLIN
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG
1912.
Vorbemerkung zur zweiten Abteilung.
Von Herrn Professor Kromayer aufgefordert, die Ausarbeitung der
afrikanischen Probleme dieses Bandes zu übernehmen, erachtete ich es
für meine vornehmste Pflicht, für die in fast durchgehend gemeinsamer
Untersuchung an Ort und Stelle festgestellten topographischen Re-
sultate, über welche zwischen uns durchaus Übereinstimmung herrscht,
auch dieselbe Form der Darstellung zur Anwendung zu bringen, welche
in der ersten Abteilung dieses Bandes gewählt worden ist. —
Indessen machte die verschiedenartige Natur des Stoffes doch
einige Unterschiede in der Behandlung notwendig, auf die hinzuweisen
der Zweck dieser Zeilen ist.
Der afrikanische Kriegsschauplatz steht zu den dem
großen Leserkreis bekannteren europäischen Kriegstheatern in einem
solchen Gegensatze, daß es notwendig erschien, eine kurze Charakteristik
an die Spitze der Abteilung zu stellen. Sie hatte alles das zu um-
fassen, was für das Verständnis der besprochenen kriegerischen Vor-
gänge irgendwie von Bedeutung war, sich aber auch auf dieses zu
beschränken; eine Gesamtdarstellung des karthagisch römischen Afrika
war daher auch nicht einmal auszugsweise beabsichtigt. Aus dem
gleichen Grunde erscheint in dem vorausgeschickten Verzeichnis der
Spezialliteratur eben nur das angeführt, was in dieser Beziehung zur
Ergänzung meiner persönlich an Ort und Stelle gesammelten Eindrücke
und Erfahrungen gute Dienste leisten konnte, wobei es mir selbstver-
ständlich durchaus nicht unbekannt ist, daß es eine weit ausgedehntere
Literatur über diesen Gegenstand gibt. Indeß ich konnte für meinen
eng begrenzten Zweck des größten Teiles dieser Literatur ohne
Schaden für das Resultat entraten und habe es daher nicht für nötig
VI Vorbemerkung zur zweiten Abteilung'.
erachtet, sie vollständig anzuführen, worin, wie ich ausdrücklich be-
merke, durchaus kein Urteil über ihre Qualität gelegen sein soll1).
Ein weiterer Unterschied betrifft die AnordnungderSpezial-
literatur- Verzeichnisse in den verschiedenen Abschnitten. Im
ersten Halbbande erscheinen dieselben jedem einzelnen Lokalproblem
vorangestellt; im zweiten habe ich sie für je einen Feldzug zusammen-
gefaßt. Der Grund liegt hier in der Beschaffenheit der Literatur.
Während sich über die italienischen Schlachtfelder eine überaus reiche
monographische Literatur entwickelt hat, welche die zusammenhängenden
Darstellungen quantitativ ganz bedeutend überwuchert, sind derartige
Monographien für die afrikanischen Probleme weitaus in der Minder-
zahl, die verschiedenen Untersuchungen finden sich hier zumeist in
den Rahmen ganzer Feldzugsdarstellungen oder größerer historisch-
topographischer Arbeiten eingefügt. Eine Ausnahme bildet einzig
Narraggara; doch hier fällt wiederum dieses eine Schlachtproblem mit
dem des ganzen Feldzuges fast vollständig zusammen, so daß es schließ-
lich gleichgültig erscheint, ob man das einschlägige Literaturverzeichnis
an die Spitze dieses Kapitels oder des ganzen Feldzuges stellt. —
Ähnlich wie die Literaturverzeichnisse, sind auch die Beilagen
üb er die Heeresstärken nicht den einzelnen Gefechtsakten, sondern
den ganzen Feldzügen zugeteilt. Auch hier ergab sich die Notwendig-
keit aus der Erkenntnis, daß die einschlägigen Resultate sich im Zu-
sammenhange der ganzen Feldzüge leichter ableiten und übersichtlicher
darstellen lassen, als für die verschiedenen einzelnen Affären.
Ein letzter Unterschied endlich betrifft die in die zweite Abteilung
aufgenommenen „zusammenhängenden Darstellungen". Beim
afrikanischen Teile des zweiten Punischen Krieges, der sich in jeder
Hinsicht als eine Fortsetzung der in der ersten Abteilung gegebenen
Untersuchungen darstellt, wurde daher auch von einer derartigen
Zugabe abgesehen; dagegen wurde der libysche Söldnerkrieg über-
haupt im Zusammenhange behandelt und die einzelnen Lokalisierungen
in denselben eingefügt, den beiden caesarianischen Feldzügen aber nach
1) So erscheint z. B. A. Schultens vorzügliche Monographie „Das römische
Afrika", die ich sehr gut kenne, nicht genannt. Das Werkchen behandelt fast aus-
schließlich die kulturellen Verhältnisse in der Zeit nach den von uns geschilderten
Ereignissen, und für die militärische Beurteilung des Landes enthält es nicht mehr
als seine Vorgänger; sein Schwerpunkt liegt eben auf einem andern Gebiete, das für
uns hier nicht in Betracht kam.
Vorbemerkung1 zur zweiten Abteilung-. VII
Durchführung der kritischen Untersuchung je eine „zusammenhängende
Darstellung" angegliedert. Der Grund für die Verschiedenheit der Be-
handlung lag darin, daß die Lokalisierungsprobleme des Söldner-
krieges überwiegend einfach und kurz zu erledigen sind, dagegen
die militärische Würdigung der einzelnen Hauptereignisse sowohl wie
des ganzen Feldzuges in der modernen Literatur überhaupt noch keine
fachmännische Darstellung gefunden hat; das sollte hier nachgetragen
werden, und es geschah unseres Erachtens am besten im Rahmen einer
zusammenhängenden Darstellung. — Bei den caesarianischen Feld-
zügen dagegen dominieren, einerseits auf Grund der sehr ausführlichen
Quellenberichte, andererseits infolge des positionskriegartigen Charakters
dieser Vorgänge, die Lokalprobleme derartig, daß sie zunächst jedes für
sich in topographisch-kritischer Untersuchung behandelt werden mußten.
Den Zusammenhang des Ganzen herzustellen, war hier der Zweck der
„zusammenhängenden Darstellung." Ich habe diese Gelegenheit auch
benützt, um die Korrekturen, die sich an den betreffenden Abschnitten
meiner „Geschichte der Feldzüge Caesars" als notwendig herausgestellt
haben, durchzuführen. Ein Vergleich beider Darstellungen ermöglicht
die gewiß sehr lehrreiche Erkenntnis des Unterschiedes in der Bear-
beitung eines antiken Feldzuges mit und ohne persönliche Vertraut-
heit mit der in Betracht kommenden Örtlichkeit.
Bilek, im Februar 1912. G. Yeith, Hptm.
Inhalt,
Seite
Vorbemerkung zur zweiten Abteilung.
Zweite Abteilung: Afrika.
Der afrikanische Kriegsschauplatz.
Spezialliteratnr 497
1. Urographie ... 499
2. Hydrographie 502
3. Klima 507
4. Kultur 509
5. Zusammenfassung 514
IV. Der libysche Söldnerkrieg.
Speziall iteratur 521
Zusammenhängende Darstellung 522
Anhang: Übersetzung der Qnellenberichte 559
Beilage: Heeresstärken 565
V. Der zweite Punische Krieg in Afrika.
Spezialliteratur 575
Orientierende Vorbemerkung 576
1 Utika.
1. Stadt und Lager 578
2. Das Reitertreffen beim Turm des Agathokles .... 580
3. Die Castra Cornelia 583
4. Der Lagerüberfall 586
5. Die Schlacht auf den „großen Feldern" 589
Anhang: Übersetzung der Quellenberichte 593
2. Narraggara.
1. Das Schlachtfeld 598
2. Abweichende Ansichten 612
a. Narraggara . . 613
b. Westzama 617
c. Ostzama 628
d. Killa 633
3. Die Operationen vor der Schlacht 638
4. Die Schlacht 645
Inhalt. IX
Seite
Anhang: Übersetzung des Quellenberichtes 665
Beilage I: Heeresstärken
1. Römer 670
2. Karthager 674
Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht 682
VI. Der dritte Punische Krieg.
Nepheris.
Spezialliteratur 705
Die Tatsachen und ihre Lokalisierung 705
Anhang: Übersetzung des Quellenberichtes 711
VII. Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Spezialliteratur . . 719
Vorbemerkung • 720
A. Die Expedition Curios nach Afrika 49 v. Chr.
TJtika und Bagradas.
1. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung 730
2. Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges .... 742
Anhang: Übersetzung der Quellenberichte 750
Beilage : Heeresstärken 758
B. Der Feldzug Caesars in Afrika 47/46 v. Chr.
Vorbemerkung 761
1. Ruspina.
1. Die bisherige Lokalisierung und ihre Kritik 764
2. Die zutreffende Lokalisierung 776
3. Das Treffen bei Ruspina . . 784
Anhang: Übersetzung der Quellenberichte 791
2. Uzita.
1. Der Kampf um den „ersten Hügel" 797
2. Der Kampf um den „letzten Hügel" 800
3. Die Lager und Werke Caesars 802
4. Die Lager der Republikaner . 805
5. Der Aufmarsch am „supercilium" 807
3. Aggar.
1. Aggar und die Lager Caesars 811
2. Tegea und die Lager Scipios 819
3. Zeta und Vaga 821
4. Sarsura und Thysdrus 822
5. Acylla 823
4. Thapsus.
1. Die Quellenberichte und die Schlachtidee 826
2. Die Lokalisierung der Vorgänge 832
3. Die Schlacht 837
Anhang: Übersetzung der Quellenberichte 853
5. Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. . 858
Beilage I: Heeresstärken
1. Caesar 880
2. Die Republikaner 889
3. Die Flotten 895
4. Die Verluste 896
Inhalt.
Seite
Beilage II. Die Kommandoverhältnisse in der republikanischen
Armee 898
Beilage 111. Über die Persönlichkeit des Verfassers des „bellum
Africauum1* 902
Verzeichnis der Bilder und Skizzen 908
Verzeichnis der Karten und Bemerkungen über ihre Herstellung . . . 910
Allgemeines Literaturverzeichnis 915
Register zu Band I — III.
1. Die behandelten Kriege und Schlachten in chronologischer
Reihenfolge 919
2. Die wichtigsten Ortsnamen 921
3. Die wichtigsten Personennamen 931
4. Taktisches ' ... 934
Zweite Abteilung: AFRIKA.
Der afrikanische Kriegsschauplatz.
Kromayer-Ve ith, Antike Schlachtfelder III. 32
Spezial-Literatur
chronologisch geordnet.
(Die unvollständig zitierten Werke siehe im Allgemeinen Literaturverzeichnis am
Schluß des Bandes.)
Lauf. Nr.
1. A. Berbrugger, Voyages dans le sud de l'Algerie et des etats barbares-
ques. 1846.
2. V. Barth, Wanderungen durch die Küstenländer I. 1849.
3. Daux, Recherches sur l'origine et l'emplacement des emporia pheniciens dans
le Zengis et le Byzacium. 1869
4. BoissierG. Esquisse d' une histoire de la conquete et de 1'administration ro-
maine dans le nord de l'Afrique et particulierement dans la province de Numidie. 1878.
5. Partsch, Die Veränderungen des Küstensaumes der Regentschaft Tunis in
historischer Zeit (Peterm. Mitt. Mai 1883). 1883.
6. Ch. Tissot. 1884, 1888.
7. Meltzer. 1879, 1896.
8. Boissier G. L'Afrique Romaine. Promenades archeologiques en Algerie
et Tunisie. 1895.
9. K. Lehmann, Der letzte Feldzug des Hannibali sehen Krieges. 1894.
10. Collection des Guides- Joanne, Algerie et Tunisie. 1906.
11. H. Leiter, Die Frage der Klimaänderung während geschichtlicher Zeit in
Nordafrika (Abh. d. k. k. geogr. Gesellschaft in Wien, VIII, Nr. 1) 1909. l)
1) Dort auch die übrige zahlreiche Literatur, die hier nicht speziell heran-
gezogen wurde.
32 !
Daß von allen Kriegstheatern der Mittelmeerländer das afrika-
nische am stärksten die Kriegsführung durch die spezifischen Eigen-
tümlichkeiten des Landes beeinflußt hat, kann wohl als bekannt voraus-
gesetzt werden; für uns erwächst dabei die Notwendigkeit, uns über
diese Eigentümlichkeiten und Einflüsse klar zu werden, da einerseits
nur unter dieser Voraussetzung ein klares Verständnis der Operationen
möglich ist, andererseits aber eben jene spezifischen Umstände in sehr
zahlreichen Fällen geeignet sind, in eine dem Wortlaute nach schein-
bar undeutliche Überlieferung Klarheit zu bringen, ja oft im Laufe
der Untersuchung das entscheidende Wort zu sprechen.
Bei einer Forschungsmethode, die wie die unsrige in erster Linie
auf die Lokal Untersuchung aufgebaut ist, handelt es sich vor allem
darum, sich darüber klar zu werden, ob und inwieweit die Verhält-
nisse, wie sie sich heute unserem Auge darbieten, auch für jene Zeit
Geltung haben, in welcher die von uns zu untersuchenden Feldzüge
geführt worden sind. Gerade in dieser Hinsicht gehen über den in
Rede stehenden Kriegsschauplatz die Ansichten einigermaßen ausein-
ander. In neuester Zeit hat jedoch H. Leiter die ganze Frage in
ihrem vollen Umfange noch einmal gefaßt und ist auf Grund ein-
gehender Prüfung aller aus den alten Quellen wie aus den neuen und
neuesten Forschungen sich ergebenden Daten zu dem Resultat ge-
kommen, daß eine wesentliche Änderung der natürlichen Verhält-
nisse und Bedingungen in jenen Ländern in historischer Zeit nicht
platzgegriffen hat, daß vielmehr alle Modifikationen, die das Land
heute gegen damals aufweist, auf menschlichen Eingriff zurück-
zuführen sind. Da wir nun über die kulturellen Verhältnisse jenes
Landes zur karthagisch -römischen Zeit durch die Berichte der alten
Schriftsteller sowie die gerade hier besonders zahlreichen und gut er-
haltenen Kulturreste recht gut unterrichtet sind, die natürlichen aber
als im wesentlichen konstant annehmen können, so wird es möglich,
Urographie. 499
uns ein verhältnismäßig deutliches und vollständiges Bild des Kriegs-
schauplatzes für jene Zeit zu rekonstruieren.
Für die Feldzüge, welche den Gegenstand der vorliegenden Publi-
kation bilden, kommt nur ein relativ sehr kleiner Teil der fraglichen
Länder in Betracht: etwa die nördliche Hälfte der heutigen Regent-
schaft Tunis, begrenzt im Norden und Osten vom Mittelmeer, im
Westen etwa von der heutigen politischen Grenze der Regentschaft
gegen Algier, im Süden von der Linie Thala — El Djem. Im folgenden
soll auch vorzugsweise nur von diesem Gebiete die Rede sein und die
angrenzenden Territorien nur soweit in die Untersuchung einbezogen
werden, als der Zusammenhang es unbedingt erfordert.
1. Orographie.
Das fragliche Gebiet wird von den östlichen Ausläufern des großen A11semein©r
° ° Charakter.
Atlas ausgefüllt. Dieselben bestehen aus einer großen Anzahl oro-
graphischer Einzelformen von, wie wir sehen werden, sehr verschiedener
Art; das einzig Gemeinsame ist die vorherrschende Streichrichtung
Südwest — Nordost.
Das ganze System zerfällt in zwei untereinander recht verschiedene
Abschnitte, einen nordwestlichen und einen südöstlichen. Die Grenze
zwischen beiden bildet, von Nordosten nach Südwesten gerechnet, im
großen ganzen der Ou. Medjerda von seiner Mündung aufwärts bis
zum Einflüsse des Ou. Mellegue, von da ab der letztere Fluß. Den
Ou. Medjerda auch weiter aufwärts als Grenze anzunehmen *), ist nicht
richtig; wie der ausgesprochen defileartige Charakter seines Tales
oberhalb der Melleguemündung klar zeigt, trennt er hier nicht die
nordwestliche Gebirgsgruppe von der südöstlichen, sondern er durch-
bricht die erstere. Tatsächlich ist hier auch der Charakter der
Bergketten südlich seines Laufes ganz identisch mit jenem nördlich
desselben, und erst am Ou. Mellegue ändert er sich plötzlich ganz
ausgiebig 2).
Die nordwestliche Gruppe besteht nicht, wie K. L e h - Der nordwvest-
1 ' liehe Abschnitt.
mann behauptet, aus einer hohen Kette (,,Krumirtt), sondern aus
1) So K. Lehmann, p. 556.
2) Genau genommen könnte man auch die knapp unter der Melleguemündung
bis zu jener des Ou. Siliana sich hinziehenden Ketten ihrem Charakter nach zur
nordwestlichen Gruppe rechnen.
500 Der afrikanische Kriegsschauplatz.
einer großen Zahl schmaler, eng aneinand ergedrückter Parallelketten
von Mittelgebirgscharakter, von denen keine die übrigen besonders
dominiert. Die Streichrichtung ist hier fast ausnahmslos Südwest —
Nordost; nur wenige kurze Querriegel zeigen eine andere Richtung.
Ebene Flächen von nennenswerter Ausdehnung gibt es nur am Ou.
Medjerda; einige Kessel nächst der Küste sind mit Seen angefüllt.
Die zahlreichen Wasserläufe dieses Berglandes durchbrechen meist nach
kurzem Laufe die Ketten, um sich ins Meer oder in den Ou. Medjerda
zu ergießen; ihre Täler tragen durchwegs schluchtartigen Charakter.
Die Wegsamkeit des ganzen Gebietes ist eine geringe; es ist,
militärisch beurteilt, schwieriges Durchzugsland. Die Längskommuni-
kationen sind meist auf die zwischen den Ketten streichenden Ver-
schneidungen angewiesen und finden, da die wichtigsten Wasser! äufe
meist quer darüber durchbrechen, auch hier genug Schwierigkeiten.
Die Querverbindungen zwischen Meer und Medjerda sind noch un-
günstiger dran, da die schluchtartigen, sohlenlosen Quertäler sich
wenig für die Anlage von Kommunikationen eignen und die schroffen
Hänge der meisten Ketten schwere Steigungen zu überwinden geben.
Dagegen ist die Fruchtbarkeit infolge des relativen Wasserreich-
tums eine recht befriedigende und eigentlich nur eine Funktion der
Flächenneigung. Jede halbwegs ebene Fläche ist kulturfähig, und
stellenweise finden sich prachtvolle Wälder.
Der südöstliche Ganz anders repräsentiert sich das Bergland südöstlich der
W) schnitt
Mellegue-Medjerdalinie. Während dort die unter sich ziemlich gleich-
artigen Ketten eng aneinandergerückt erscheinen, ist hier das Gebirgs-
system in seine einzelnen Glieder aufgelöst. Wir treffen eine große
Anzahl kleiner Ketten , Rücken und Bergmassivs, die fast alle mehr
oder weniger isoliert dastehen oder nur lose durch niedriges Hügelland
zusammenhängen. Wo diese Einzelformen eine ausgesprochene Kamm-
richtung aufweisen1), verläuft dieselbe — wenigstens in den nörd-
licheren Teilen — immer noch vorwiegend von Südwest nach Nord-
ost; daneben gibt es zahlreiche isolierte Kegel und Massivs ohne
ausgesprochene Kammrichtung2), desgleichen, besonders im Süden,
regelrechte Tafelberge3). Am meisten tritt ein gewisser Zusammen-
1) Dj. Massouge, Dj. Bargou, Dj. Serdj, Dj. Zaghouane usw.
2) Hierher die originellen Klippenberge der Mellegue-Steppe: Dj. Laibel, Dj.
Harraba, Dj. Slata etc.
3) Hamadet el Kessera, die sog. „Tafel des Jugurtha".
Urographie. 501
hang noch in dem Raum zwischen dem Quellgebiet des Ou. el Kebir
und dem Cap Bon zutage; doch gibt es hier immerhin einzelne ihre
Umgebung weithin dominierende Gipfel1).
Zwischen den einzelnen Ketten und Bergen liegen teils ausge-
sprochene Ebenen2), teils erstreckt sich hier ein meist unregelmäßig
gegliedertes Hügelland. Die ersteren tragen entweder Steppen-
charakter, wie am Ou. Mellegue, oder sie besitzen mehr oder weniger
fruchtbaren Ackerboden, wie die meisten übrigen Flächen. Auch das
Hügelland ist teils ziemlich verkarstet und unfruchtbar („demi-
desert", arab. „Bled", zumeist im Innern am Quellgebiet des Ou. el
Kebir [obere Miliana] und des Ou. Nebaana), teils kulturfähiger Lehm-
boden, wie im Gebiet zwischen El Kef und Ksour, dann an der Küste.
Die Flüsse gelangen in diesem Gebiete zu einer viel be-
deutenderen Längenentwicklung als im Norden, wozu allerdings ihre
Wassermasse in keinem Verhältnisse steht. Sie fließen teils in der
Längsrichtung der Ketten, teils quer zu ihnen, ohne in letzterem
Falle größere Durchbruchsdefileen aufzuweisen.
Die Wegsamkeit ist von Natur aus eine große; die zahl-
reichen Ebenen und weiten Flußtäler, die tiefeingeschnittenen Sättel
zwischen den höheren Gebirgspartien bieten günstige Bedingungen
zur Führung zahlreicher Kommunikationen in jeder Richtung. Der
größte Teil des Gebietes kann militärisch als ausgesprochenes Manövrier-
land bezeichnet werden; nur das geschlossene Bergland zwischen dem
Ou. el Kebir-Miliana, der Ostküste und der Senke von Grombalia ist
vorwiegend als Durchzugsland aufzufassen.
Die rein figurale Bodengestaltung hat zweifellos in historischer Zeit Veränderungen.
manche Veränderungen durchgemacht. Wenn man bedenkt, daß der
durchaus nicht besonders mächtige Ou. Medjerda erwiesenermaßen
seit den Zeiten der Römer an seiner Mündung ein mehrere Quadrat-
meilen umfassendes Anschwemmungsgebiet abgesetzt hat, wie wir es
in gleicher Mächtigkeit sonst nur bei den größten Strömen finden, so
deutet schon dieser Umstand allein auf bedeutende Abschwemm ungen
im Innern des Landes, aus dem diese Erdmassen kamen. Tatsächlich
1) Dj. Zaghouane, Dj. Ressas, Dj. Bou Kournine usw.
2) Die große Mellegue-Steppe, die Ebenen von Zouarine, Sers, die Becken des
Ou. Tessa, Ou. Siliana und Ou. Miliana, der Kessel von Zaghouane, endlich die Ebenen
an der Ostküste, einschließlich der breiten Senke von Grombalia zwischen letzterer
und dem Golf von Tunis.
502 ^er afrikanische Kriegsschauplatz.
bereitet die mit hoher Temperatur verbundene Trockenheit des
Sommers durch intensive Verwitterung der Oberfläche die Erosion
durch die plötzlichen vehementen Niederschläge und Stürme des
Winters erfolgreich vor. Andererseits verteilt sich diese Tätigkeit
bei der Größe des Stromgebietes des Ou. Medjerda auf ein sehr be-
deutendes, weit nach Algier hinübergreifendes Gebiet, so daß beson-
ders ausgiebige Veränderungen der Erdoberfläche in historischer Zeit
doch nur dort anzunehmen sind, wo ganz spezielle Umstände sie noch
besonders begünstigen.
2. Hydrographie.
Aligemeiner jjas hydrographische Moment erreicht auf dem afrikanischen
Chflrji lcf"flr
Kriegsschauplätze eine Wichtigkeit, von welcher sich der in Mittel-
europa dienende Militär kaum einen Begriff machen kann. Einzig in
den südlichen Teilen des Karstes finden sich innerhalb der europäischen
Kulturstaaten einigermaßen analoge Verhältnisse.
Dabei ist das Land nicht einmal ausgesprochen wasserarm; aber
die Wasserverteilung ist eine derartige, daß derselben bei militärischen
Operationen das allergenaueste Augenmerk zugewendet werden muß,
wenn unabsehbarer Schaden verhütet werden soll.
Als bestes Zeichen der Wichtigkeit der Wasserverhältnisse
mag der Umstand dienen, daß hier jedes, auch das geringste, kaum
merkbare Rinnsal, in dem vielleicht nur unmittelbar nach einem
größeren Niederschlage etwas Wasser fließt, vor allem aber jede, auch
die kleinste, Quelle ihren Namen hat und diese Namen in der weitesten
Umgebung allen Landesbewohnern genau bekannt sind, so daß die
Orientierung im Lande in allererster Linie nach den Quellen erfolgt.
Das natürliche Wasser tritt in diesem Gebiete in dreifächer
B'orm auf: als Wasserlauf („Oued"), als Quelle („Aine") und als
stehendes Wasser („Sebkra").
Was zunächst die „Oueds" betrifft, so ist vor allem festzustellen,
daß diese Bezeichnung absolut nicht synonym ist mit unserem „Fluß".
Diese heutzutage häufig auftretende Verwechslung scheint auch schon in
unseren Quellen vorzukommen, und die Bezeichnung solcher afrikanischer
Die „oueds". ßewässer mjt Ausdrücken wie „TtoTa/nög" u. dgl. hat in der Forschung
manche Schwierigkeit und Konfusion verschuldet. Ein „Fluß" in un-
Hydrographie.
503
serem Sinne ist von allen tunesischen Wasserläufen eigentlich allein
der Ou. Medjerda, der Bagradas (Maxaga) der Alten; und auch
diesen „zweitgrößten Fluß Nordafrikas" dürfen wir uns beileibe nicht
als Strom vorstellen; er ist ein recht bescheidener Fluß, gerade wasser-
reich genug, um nicht ohne weiteres an jeder beliebigen Stelle über-
schritten werden zu können, aber nirgends ein Hindernis, das eine als Hindernisse.
über die erforderlichen technischen Hilfsmittel verfügende Armee
nicht jederzeit mühelos überwinden könnte1).
Alle anderen Gewässer des Landes sind nach unseren Begriffen
nur Bäche, und zwar oft recht kleine. Nur bei ausgesprochenem
Hochwasser, das jedoch ausnahmslos schnell abläuft, mögen sie ganz
vorübergehend zu ernstlichen militärischen Hindernissen werden.
Einige — oft den größten Teil des Jahres trockene — Oueds weisen
infolge ihrer Uferbeschaffenheit Hindernischarakter auf; doch ist dies
stets nur auf kurze Strecken der Fall.
Ist daher die Bedeutung der Oueds als militärischer Hindernisse als Faktor der
relativ gering, so spielen sie eine um so größere Rolle, was die Wasser- ^^uno-.
Versorgung betrifft. Immerhin stehen sie in dieser Hinsicht den
Quellen, von denen später die Rede sein soll, wesentlich nach.
Der weitaus größte Teil der Oueds ist periodisch, d. h. sie Pe™dische
& ^ ' Oueds.
führen nur in der Regenzeit, und auch da meist nur unmittelbar nach
einem Niederschlage, Wasser. Dieses mit ziemlicher Vehemenz durch
den lehmigen Boden dahinschießende und allerhand Erdbestandteile
mit sich führende Wasser ist aber dann ein recht zweifelhaftes Ge-
nußmittel. Sobald das Hochwasser abgelaufen ist, löst sich der perio-
dische Oued zunächst in eine Reihe stehender Pfützen auf, die dann
rasch vertrocknen, wenn nicht ein neuer Guß sie füllt.
In der heißen, trockenen Jahreszeit, wo der Wasserbedarf natur-
gemäß am größten ist, versagen diese periodischen Oueds ganz, und
es muß hier gleich gesagt werden, daß sie im allgemeinen auf den
neuen französischen Karten viel zu optimistisch behandelt sind, ein
Umstand, der sich gegebenenfalls bitter rächen kann. Wir haben selbst
mitten in dem — allerdings relativ trockenen — Winter 1908 man-
chen in den Karten als permanent wasserführend gezeichneten Oued
trocken gefunden.
1) Nach dem in der österreichisch - ungarischen Armee giltigen Maßstab wären
auch in seinem Unterlaufe bei normalem Wasserstande nirgends mehr als zwei
Brückenequipagen notwendig.
504 Der afrikanische Kriegsschauplatz.
Auch größere, im Oberlaufe permanente Oueds, zumal im äußersten
Süden, versickern allmählich, sobald sie, ohne Zufluß zu erhalten, län-
gere Strecken durch die Ebene laufen, oder lösen siclr in Pfützen auf,
die eine an der Oberflächenvegetation nachweisbare unterirdische
Grundwasserkommunikation besitzen 1).
! Salzgehalt. Ein weiterer großer Übelstand der Oueds der Ebene ist der
Salzgehalt. Etwas tritt derselbe bei den Wasserläufen in flachen
Gegenden, insbesondere im Süden, fast immer zutage, dabei aller-
dings stark wechselnd, je nach der eben auch sehr verschiedenen
Salzhaltigkeit des Bodens. So kann selbst ein und derselbe Oued an
einer Stelle bis zur vollen Ungenießbarkeit versalzen, und wenige Kilo-
meter abwärts der Gehalt auf einen mäßigen Beigeschmack redu-
ziert sein. Im unmittelbaren Bereiche der Küste oder der großen
Sebkren und Chotts tritt diese Erscheinung natürlich am stärksten
auf, allerdings, wie bereits erwähnt, nur an ebenen Stellen; aber auch
tief im Landinnern läßt sie sich beobachten, soweit nur größere Niede-
rungen vorhanden sind. Im allgemeinen deuten Namen wie „Meleg",
„Melah" u. dgl. auf Salzgehalt. Jedenfalls ist im Falle einer Operation
die genaue Vertrautheit mit dieser Eigenschaft vieler wasserführender
Oueds von größter Wichtigkeit, da sie auf der Karte nicht ersichtlich
ist; es wäre wohl zu erwägen, ob es sich nicht empfehlen würde, auf
den doch in erster Linie militärischen Zwecken dienenden Karten den
Salzgehalt der Oueds wenigstens dort, wo er zur vollen Ungenießbar-
keit des Wassers gesteigert erscheint, durch eigene Signaturen kennt-
lich zu machen.
Die oueds der Als weit verläßlicher als die Oueds der Ebene können jene der
Gebirge bezeichnet werden. Wie überall, so sind auch hier die Ge-
birge niederschlags- und somit wasserreicher; ihre Oueds haben im
allgemeinen mehr und konstanteres Wasser. Dies gilt insbesondere
von dem nordwestlichen Teile des Gebietes; so sind die linken Zu-
flüsse des Ou. Medjerda, der Ou. bou Heurtma, Ou. Kasseb, Ou. Beja
trotz ihres verhältnismäßig kurzen Laufes bedeutend wasserreicher
als die über eine weit größere Längen- und Gebietsentwicklung ver-
fügenden rechten Zuflüsse Ou. Mellegue, Ou. Tessa, Ou. Siliana; und
die sonstigen größeren Wasserläufe der südlichen Landeshälfte, der
1) So der untere Ou. Nebaaua, der Ou. Marguellil (auf älteren Karten Merg-es-
Lil) u. a.
Hydrographie. 505
Ou. Miliana, Ou. Nebaana, Ou. Marguellil etc. weisen durchwegs den
Charakter der letzteren auf.
Dabei ist die Qualität des Wassers in den Bergen, ebenso wie
bei uns, eine wesentlich bessere als im Flachlande; dies gilt auch
von den südlichen Oueds, wo sie Bergländer passieren, wie etwa vom
Ou. Nebaana und seinen beiden Quellbächen Ou. Marouf und Ou. el
Ksob im Bereiche des verkarsteten „Bled". An solchen Stellen kann
auch ein afrikanischer Oued ganz den Charakter eines europäischen
Gebirgsbaches annehmen, mit klarem, grün durchscheinendem Wasser,
in dem sich zahlreiche forellenartige Fischchen tummeln. Sobald der
Oued aus den Bergen in die Ebene hinaustritt, ist es auch mit diesem
Charakter rasch zu Ende. Selbstverständlich wird in ausgesprochenen
Gebirgslagen auch kein Salzgehalt angetroffen.
Von weit größerer Bedeutung als die Oueds sind für die Wasser- Die Quellen.
Versorgung des Landes die Quellen (arab. „Aine"). Der Unter-
schied ist hier überhaupt — im Gegensatze zu europäischen Verhält-
nissen — streng festzuhalten. Die „Aines" haben mit den Oueds
prinzipiell gar nichts zu tun, stehen mit ihnen oft in gar keinem Zu-
sammenhang. Während es bei uns als selbstverständliche Norm gilt,
daß jede Quelle durch Vereinigung mit ihresgleichen schließlich einen
Bach bildet, ist dies in Afrika — ähnlich wie z. B. im herzego-
winischen Karste — durchaus nicht in gleichem Maße der Fall. Die
wenigsten der zahlreichen und zum Teil auch recht ergiebigen Quellen
des Landes entwickeln sich zu einem Oued oder stehen mit einem
solchen überhaupt in Verbindung; umgekehrt entstehen die meisten
permanenten Oueds — die periodischen führen meist überhaupt nur
direktes Niederschlagswasser — nicht in Form von deutlichen Quellen,
sondern sie sickern gewöhnlich im Verlaufe einer größeren Strecke
aus dem Boden hervor.
Die meisten Quellen erfreuen sich in der Regel nur eines ganz
kurzen Laufes und versickern oder verdunsten dann spurlos; einige
bilden einen Sumpf; die Fortsetzung bis zum nächsten permanenten
Oued finden die wenigsten.
Ihre Zahl ist im Gebirge beträchtlich; freilich nicht so sehr in
der Gipfelregion, als vielmehr in den Mulden und Schluchten der
Hänge und vor allem am Fuße der Berge; hier findet man sie oft in
größerer Zahl nahe beisammen, wie am Dj. Bargou, Dj. Serdj u.a.
506 Der afrikanische Kriegsschauplatz.
Je flacher das Land, desto spärlicher werden die Quellen ; in der voll-
kommenen Ebene, dann überhaupt gegen Süden und an der Ostküste
werden sie zur Seltenheit. Ihre Ergiebigkeit ist eine recht ungleiche
und wechselt wohl auch nach der Jahreszeit, wenn auch nicht in dem
Maße wie jene der Oueds. Es gibt Quellen im Lande, die für den
"Wasserbedarf auch größerer Heereskörper vollauf genügen, sowie
manche, in Wasserleitungen gefaßt, ganze Städte reichlich mit Wasser
versorgen. Die Qualität des Wassers ist im allgemeinen eine bessere
und verläßlichere als jene der Oueds; doch gibt es in der Ebene auch
salzige Quellen, besonders hart am Ufer salzhaltiger Gewässer.
Alle Quellen des Landes haben, wie bereits erwähnt, ihre allge-
mein bekannten Namen ; viele weisen noch aus dem Altertoime künst-
liche Fassungen auf.
Die „sebkren". Neben den fließendes Wasser führenden Oueds und Quellen wären
noch die stehenden Binnenwässer des Landes zu erwähnen. Mit Aus-
nahme einiger kleiner Süßwasserseen in den Gebirgen des Nordens
sind es durchwegs Brakwasserbecken von oft großer Ausdehnung
(„Sebkra", im äußersten Süden „Chott" genannt). Sie finden sich
naturgemäß nur in den flachen Teilen des Landes, insbesondere in der
Nähe der Küste, und sind für die Wasserversorgung vollständig wert-
los. Ihr Inhalt ist oft so dickflüssig, daß bei größerer Ausdehnung das
Niveau örtlich merkbar variiert. Der Wasserspiegel wechselt übrigens
auch zeitlich, und zwar nicht nur nach der Jahreszeit nach Maßgabe
des Niederschlages, sondern er dürfte auch im Laufe der Jahrhunderte
recht bedeutenden Veränderungen unterliegen, die möglicherweise
periodischer Natur sind1). Die Sebkren haben, mit Ausnahme der
großen Chotts des Südens, keine Übergänge und sind auch nicht mit
Kähnen befahrbar, so daß sie bei größerer Ausdehnung absolute mili-
tärische Hindernisse darstellen. Auch die flachen Ufer bilden oft
breite Kotzonen, die gleichfalls nicht oder nur schwer passierbar sind.
Grundwasser. Schließlich sei erwähnt, daß das Land an vielen Stellen reich-
liches Grundwasser aufweist, insbesondere stellenweise längs der
1) So ist die Sebkra m'ta Moknine, deren Wasserspiegel heute 6—9 Meter unter
dem Meeresniveau liegt, zweifellos in historischer Zeit merklich eingeschrumpft, wie
die im bell. Africanum gegebenen Daten über die Breite des anschließenden Isthmus
beweisen; umgekehrt hat sich die bezeichnenderweise heute noch namenlose Sebkra
in der Ebene westlich Monastir, an deren Stelle nach derselben Quelle im Altertum
fruchtbares Ackerland war, im Laufe der Jahrhunderte durch Versandung der Mündung
des kleinen Ou. Melah erst gebildet.
Das Klima. 597
Küste und in der Nähe größerer Wasserläufe, auch im Bereiche
solcher, die an der Oberfläche ausgetrocknet sind; endlich auch in
bergigem Terrain, wo die Schichtenlagerung die Stauung begünstigt.
Die Anlage von Brunnen ist an solchen Stellen mit Erfolg durchführ-
bar; in höheren Lagen sind in neuester Zeit artesische Brunnen mit Er-
folg angelegt worden. Auf das Vorhandensein von Grundwasser kann
übrigens durchaus nicht aus dem äußeren Typus des Geländes mit
Sicherheit geschlossen werden; so hat die ganz flache und äußerlich
vollständig gleichförmige Ebene nördlich Ksour es Saf im Süden und
Osten Überfluß an Grundwasser, während dasselbe im Norden und
Westen fast vollständig fehlt; ein Umstand, der auch schon im Alter-
tume militärisch in die Wagschale gefallen ist. —
So viel über die natürlichen Gewässer des Landes; von der
künstlichen Wasserversorgung durch Wasserleitungen und Zisternen
wird in einem späteren Abschnitte noch die Rede sein.
3. Das Klima.
Unser Gebiet gehört zum subtropischen Teil der gemäßigten Allgemeiner
Zone. Charakteristisch hiefür ist die jahreszeitliche Verteilung
der Niederschläge, indem die regenlose oder genauer regenarme
Zeit in das Sommerhalbjahr, die Regenzeit in das Winterhalbjahr fällt1).
Im übrigen ist das Klima wenigstens des für unsere Unter-
suchung in Betracht kommenden Landstriches von jenem der süd-
europäischen Länder, ja selbst des südlichen Mitteleuropa nicht allzu
verschieden; auch der mangelnde Niederschlag des Sommerhalbjahres
wird durch ungemein starken Tau teilweise ersetzt2).
Die Temperatur ist im Durchschnitt nicht höher als in Italien Temperatur.
oder im südlichen Karste; an den Küsten wird die Hitze durch das
Meer, in den Gebirgen durch die Höhenlage wesentlich gemildert,
doch vollzieht sich der Übergang vom maritimen zum kontinentalen
Klima landeinwärts im allgemeinen unmittelbarer als in Europa; hier
sind dann sehr bedeutende Temperaturschwankungen sowohl im
Wechsel der Jahreszeiten als auch im Laufe des Tages die Regel.
1) In der tropischen Zone ist dies bekanntlich umgekehrt. Zwischen beiden
liegt ein fast regenloser Gürtel (die Sahara).
2) Leiter, S. 36.
eng Der afrikanische Kriegsschauplatz.
Der Winter. j)er Winter ist im allgemeinen kalt, kälter als in den meisten
Gegenden Südenropas. Schneefälle sind im Gebirge Regel, in der
Ebene, selbst an der Küste und am Bande der Sahara nicht seltener
als in den gleichen Höhenlagen Mittelitaliens1). Die Schneestürme
nehmen oft einen gefährlichen Charakter an2); doch bleibt der Schnee
außer im Hochgebirge nie lange liegen.
Dem allgemeinen Charakter nach entspricht die winterliche Regen-
zeit so ziemlich dem, was wir mit „ April wetter" bezeichnen. Plötz-
liche, oft sehr heftige Platzregen wechseln mit kurzen Stunden
klaren, warmen Sonnenscheines ; langandauernde gleichmäßige Nieder-
schläge nach Art unserer „Landregen" sind selten; Gewitter nicht
häufiger als bei uns im ersten Frühling.
Wenn auch die winterlichen Niederschläge für die Fruchtbarkeit
des Bodens unerläßlich sind, so sind sie doch infolge ihrer Plötzlichkeit
und Heftigkeit nicht von dem gleich günstigen Einfluß wie bei uns
und richten oft genug mehr Schaden als Nutzen an; das Wasser fließt
rascher ab, als es versickern kann, und schwemmt vielfach fruchtbares
Erdreich mit sich fort.
Die Regenmenge selbst erreicht in den Gebirgen der Nordküste
hohe mitteleuropäische Maße; nach Süden nimmt sie konstant ab3).
Luftströmungen. Von den Luft Strömungen herrschen im Sommer östliche, im
Winter westliche, besonders nordwestliche Winde vor. Da diese
Jahreszeit überhaupt die weitaus windreichere ist, so dominieren da-
mit die letzteren für das Gesamtjahr4). Sie erreichen auch häufig
eine große Heftigkeit, welche die Schiffahrt wesentlich beeinflußt und
1) Leiter, S. 42 und 81.
2) In den letzten Tagen des Februar 1908 erlebten wir in S' Youssef an der
tunesisch -algerischen Grenze (ca. 800 m Seehöhe) einen Schneesturm, der einem
hochalpinen nicht viel nachgab und den Ort vollständig einschneite. In denselben
Tagen geriet im benachbarten Algier eine französische Kompagnie in einen solchen
Schneesturm und verlor 32 Mann.
3) Leiter, S. 37 ff. Jährliche Regenmengen : Aine Dreham (im Atlas-
gebirge) 1641 mm, Tunis 471, Zaghouane 519, Kairouan 364, Tebessa 350. Zum
Vergleiche: Salzburg 1160, Wien 590, Prag 470, Triest 1110, Kobila glava (Herzego-
vina) 1600, Berlin 590, München 810, Paris 580, Rom 800, Palermo 580 (Kirchhoff,
Unser Wissen von der Erde, I S. 145). In neuester Zeit hat man in der Krivoscije
in Süddalmatien, dem regenreichsten Gebiet Europas und überhaupt nördlich der
Tropen, Regenmengen bis weit über 4000 mm gemessen, die zum weitaus größten
Teile im Winter fallen. Also auch eine Art Regenzeit.
4) Leiter, S. 29 ff. Tunis im ganzen Jahr 44,50 Proz., im Winter 50 Proz.
NW- Winde, 11,50 Proz. bzw. 14 Proz. reine Westwinde.
Die Kultur.
509
in früheren Zeiten naturgemäß noch viel mehr beeinflußt hat. Das
Meer zwischen Tunis und Sizilien, sowie an der Ostküste des Landes
ist im Winter nahezu beständig stürmisch bewegt, und als gute Häfen
können nur jene gelten, die gegen Norden und Westen geschützt sind.
Die natürliche Fruchtbarkeit des Bodens ist vorwiegend Fruchtbarkeit.
eine gute, stellenweise eine sehr gute zu nennen, und die tatsächliche
Ergiebigkeit eigentlich einzig eine Frage der Bewässerung. Die natür-
lichen Niederschläge reichen nicht aus, um dem Boden die volle Pro-
duktivität, deren er fähig ist, abzuringen; durch künstliche Be-
wässerung, wie sie an manchen Stellen bereits mit bestem Erfolge ver-
sucht worden ist, lassen sich jedoch hervorragende Resultate erzielen.
Die natürliche Vegetation ist eine sehr verschiedene. Die Vegetation.
Ebene trägt, wo sie nicht kultiviert ist, meist den Charakter einer
ziemlich spärlichen Steppe. Ausgesprochene Sandwüste ist in unserem
Abschnitte selten und beschränkt sich zumeist auf die Uferbegleitung
der Tieflandsflüsse sowie die nächste Umgebung der großen Sebkren.
Gegen Süden tritt dieser Charakter mehr hervor.
Die Gebirge und Vorberge sind teilweise äußerlich verkarstet und
dann mit allerhand dornigem Gestrüpp, wilden Ölbäumen u. dgl. be-
wachsen, ganz ähnlich wie unsere Karstländer. In manchen Lagen
findet man prachtvolle Urwälder, meist Strandkieferbestand1). An den
größeren Oueds und manchen Quellen findet sich stellenweise eine
recht üppige Vegetation; Oleander dominiert, im Süden sind auch
Palmen häufig.
4. Die Kultur.
Weit mehr als alle natürlichen Verhältnisse im Lande haben sich
die kulturellen, und zwar mehr als einmal, geändert.
Auf den Trümmern der Macht Karthagos und der numidischen Allgemeine
Scheiks erhob die römische Weltherrschaft das Land zur höchsten
1) Der Holzreichtum des Landes ist nicht so gering-, wie Leiter S. 109 an-
nimmt, und war es, nach der Analogie aller übrigen Mittelmeerländer zu schließen,
im Altertum noch weniger. Wenn Caesar nach b. Afr. 20 Holz aus Sizilien be-
schaffen mußte, so hatte dies seinen Grund nicht, wie Leiter glaubt, in der Holz-
armut des Landes, sondern in dem Umstand, daß er zu jener Zeit in starrer Defen-
sive auf die kleine Halbinsel von Ruspina beschränkt war, die ihm allerdings das
Erforderliche nicht liefern konnte. „Caesariani . . . neque amplius milia passuum VI
terrae Africae quoque versus tenebant" heißt es in derselben Quelle c. 23, 3.
510 Der afrikanische Kriegsschauplatz.
Blüte, die es je erreicht hat. Nach Roms Zusammenbruch fanden die
Vandalen nicht Zeit, die tiefgewurzelte abendländische Kultur vollkommen
zugrundezurichten, da Byzanz sie aufs neue befestigte. Erst der
alles niederwerfende Arabersturm machte ihr ein Ende, und unter
türkischer Herrschaft fiel das Land vollends in tiefe Unkultur zurück.
Erst in neuester Zeit ist französischer Einfluß mit bestem Erfolge be-
müht, dem schicksalsreichen Lande eine neue Ära des Fortschrittes
zu eröffnen.
Für unsere Aufgabe handelt es sich darum, die kulturellen Fak-
toren festzustellen, welche zur Zeit der in dieser Untersuchung be-
handelten Feldzüge im Lande geherrscht haben; es kommt also die
Zeit vom Beginne der Punischen Kriege bis zum Tode Caesars in Be-
tracht.
In diesem Lande ist uns eine so große Anzahl von Spuren und
Denkmälern alter Kultur erhalten, wie in wenig anderen Randgebieten
des Mittelmeeres; man darf aber nicht vergessen, daß der weitaus
größte Teil jener stattlichen Ruinen aus einer Epoche
stammt, die für uns nicht in Betracht kommt, nämlich aus
der römischen Kaiserzeit, jener fast 400jährigen Friedensära, die das
Land eben erst zu jenem kolossalen kulturellen Aufschwung befähigt
hat. Zur Zeit der Punischen und der Bürgerkriege war von dieser
ganzen Pracht und Herrlichkeit noch nicht viel vorhanden, und von
dem, was schon da war, hat eben jene 400 jährige Hochkultur mehr ver-
wischt als die anderthalbtausendjährige Unkultur des Islams von
letzterer verwischen konnte; denn ganz zerstört in solchem Falle
nur der, der auf dem Zerstörten selbst neu aufbaut. So sind wir
denn für die Beurteilung der Zustände in der voraugusteischen Zeit
mehr auf die Überlieferung der zeitgenössischen Geschichtsschreiber
und Geographen (Diodor, Polybios, Sallust, Caesar, Strabo u. a.) als
auf archäologische Funde angewiesen.
Die Die Zeiten der karthagischen Macht dürften in mancher Hinsicht
Epoche, dem heutigen Zustand der Franzosenherrschaft analog gewesen sein.
Auch die Karthager waren in gewissem Sinne fremd im Lande, hatten
sich hauptsächlich an der Küste festgesetzt, und von einer Ver-
schmelzung des herrschenden Volkes mit den landeseingeborenen Unter-
tanen war nur in beschränktestem Maße die Rede, ja der Gegensatz
scheint gelegentlich weit schroffer gewesen zu sein als heute. Folge-
richtig beschränkte sich die spezifisch punische Kultur vorwiegend auf
4. Die Kultur. 511
die handeltreibenden Küstenstädte und das nächste, intensiver acker-
bautreibende Hinterland.
Die von Karthago beherrschten einheimischen Völker gliederten Libyer und
sich ganz im allgemeinen in die Libyer im Osten und Süden, und
die Numider im Westen des Landes; beide waren unzweifelhaft des-
selben (berberischen) Stammes, doch durch die Verschiedenheit des
Landes, auf dem sie saßen, dann wohl auch durch äußere Einflüsse
früh in einen gewissen Gegensatz zueinander getreten, der dann unter
der Herrschaft der Karthager noch deutlicher wurde1). Die Libyer
waren so ziemlich ausgesprochene Untertanen Karthagos, die Numider
standen unter ihren Scheiks in einem wohl nach Ort und Zeit wech-
selnden Verhältnis zur herrschenden Stadt; immerhin scheinen wenigstens
die nächsten Gaue des Volkes, solange Karthagos Macht nicht durch
Rom gebrochen war, in einem gewissen, wenn auch lockeren Ab-
hängigkeitsverhältnis gestanden zu haben2).
Die Libyer scheinen schon von früherer Zeit her ein vorwiegend
ackerbautreibendes Volk gewesen zu sein ; ihnen ist es zu danken, daß
der von ihnen bewohnte Landstrich während des ganzen Altertumes
eine der wichtigsten Kornkammern der Mittelmeerwelt bildete. Im
Gegensatze hiezu waren die Numider mehr ein Nomadenvolk; doch
nicht ausschließlich, und sicher nicht ohne einen gewissen Anflug von
Kultur ; dafür sprechen ihre geschickt angelegten und stark befestigten
Städte, wie Cirta und Zama; besonders letztere, die, ohne durch
die natürliche Lage stark zu sein, durch Kunst zu einer Festung
ersten Ranges gemacht worden war, vor deren Mauern ein erprobter
römischer Feldherr mit einer siegreichen Armee unverrichteter Dinge
abziehen mußte3).
Nach dem Zusammenbruche Karthagos änderte sich zunächst nicht Die
viel an diesen Verhältnissen. Unmittelbar unter römische Herrschaft ,uEpoche.
1) Meltzer, Gesch. d. Karthager, 1. Kap. 2. — So vollständig punisiert, wie
Meltzer glaubt, sind auch die Libyer sicher nicht gewesen, sonst wäre ein solcher
Gegensatz, wie er im Söldnerkriege zutage trat, nicht denkbar. Die Punisierung
beschränkte sich vielmehr, wie bereits erwähnt, vorwiegend auf die Küstenstädte,
die übrigens auch größtenteils phönikische Kolonien waren.
2) Im Söldnerkriege werden die gegen Karthago kämpfenden Numider als
Rebellen geschildert; vor Beginn des Krieges wird von den karthagischen Behörden
den Söldnern die in Numidien gelegene Stadt Sicca (El Kef) als Aufenthaltsort an-
gewiesen, und in derselben werden auch die ersten Verhandlungen geführt. Vgl.
Meltzer II 90 ff.
3) Sallust b. Jug. 56 ff.
Kromayer-Veith. Antike Schlachtfelder III. 33
512 Der afrikanische Kriegsschauplatz.
kam vorerst nur das ohnehin kultivierte Gebiet, soweit es rein kar-
thagisch-libysch gewesen war, kaum mehr als etwa das östliche Drittel
des heutigen Tunis. Numidien blieb nominell frei, doch wachten die
Römer darüber, daß es von seiner Freiheit keinen zu weitgehenden
Gebrauch machte; daran änderte auch der Jugurthinische Krieg nichts.
Immerhin haben die Römer in dieser ganzen Epoche in beiden Landes-
teilen nur politischen, nicht kulturellen Einfluß ausgeübt, und können
die Verhältnisse, soweit sie für die Beurteilung des Landes als Kriegs-
schauplatz in Betracht kommen, als durchaus dieselben angenommen
werden wie zur Zeit der Punischen Kriege. Erst nach der Schlacht
bei Thapsus und der Vernichtung der numidischen Freiheit, also nach
den von uns zu untersuchenden Kriegen, begann die römische Kultur
als solche sich allgemein festzusetzen und gleichmäßig über die ge-
samten Länder Nordafrikas auszubreiten *). Aus dieser Epoche erst
datieren somit die großzügigen, über das ganze Gebiet ausgedehnten
Städte-, Wasser lei tu ngs- und Straßenanlagen, deren Reste wir noch
heute allenthalben bewundern, und die allerdings auch von wesent-
lichem Einfluß auf das Land als Kriegsschauplatz hätten werden
müssen, wenn eben — damals Kriege geführt worden wären.
Libyer: wie erwähnt war das Land, soweit es angebaut wurde, im Alter-
Die Landkultur.
turne ausgesprochenes Getreideland; erst viel später wurde das
Korn von dem mit viel weniger Mühe kultivierbaren Ölbaum ver-
drängt, der heute insbesondere im Osten des Landes dominiert2).
Ebenda haben wir auch die großen Korngefilde der damaligen Zeit zu
suchen, in den ebenen Talweitungen des Bagradas und an der flachen
Ostküste bis hinab an die Kleine Syrte, von wo die „Emporien" Kar-
thago mit Getreide versorgten. Die Bewässerung der Felder erfolgte
wohl hauptsächlich durch Brunnen, aus denen das Grundwasser ver-
mutlich, wie es heute noch geschieht, durch Hebewerke auf die Äcker
geleitet wurde; am Bagradas mag man wohl auch das Wasser dieses
Flusses hiezu verwendet haben. Das Land produzierte außer Ge-
treide auch noch Öl und Wein, daneben reichlichen Viehstand, vor-
nehmlich Pferde und Rinder, weniger Kamele, die erst später durch
die Araber zum wichtigsten Haustier des Landes wurden, aber doch
zu Caesars Zeit schon genannt werden3).
1) Marquardt-Mommsen, Handbuch d. röra. Altertümer, IV 464 ff.
2) Barth, Wanderungen p. 158; dort auch die ausführlichen Belege.
3) B. Afr. 68. 4.
4. Die Kultur.
513
Zahlreiche befestigte Plätze boten der Bevölkerung gesicherte städte.
Heimstätten und den operierenden Armeen wichtige Stützpunkte be-
ziehungsweise schwere Hindernisse. Die Wasserversorgung erfolgte?
soweit Quellen und Brunnen nicht reichten, vornehmlich durch große
Zisternenanlagen; insbesondere galt dies für die quellenarme Gegend
der Ostküste; hier operierende Armeen waren wohl fast ausnahmslos auf
die in den Städten oder Gehöften befindlichen Zisternen angewiesen. —
Karthago verfügte wahrscheinlich schon zur Zeit seiner eigenen Herr-
schaft über eine großartige Wasserleitung.
Unzweifelhaft war im großen ganzen schon zu jener Zeit das
libysche Gebiet bedeutend mehr kultiviert als heute, mindestens was
den Feldbau anbelangt. Dagegen dürfte es in Numidien nicht viel Numidien.
anders ausgesehen haben als es jetzt dort aussieht. Für die beweg-
lichen Nomadenhorden mit ihren großen Pferde- und Rinderherden
eignete sich der natürliche Steppencharakter des Landes recht gut.
Die größte Zahl jener prächtigen Städte, deren Ruinen heute das Land
bedecken, mag wenigstens in dieser Gestalt sich erst in der Kaiserzeit
entwickelt haben; denn die Existenz der meisten war wohl nur unter
einer derart großzügigen Entwicklung der Wassertechnik möglich, wie
sie erst zur Zeit der römischen Hochkultur im Lande platzgegriffen
hat. Nur dort, wo natürliche ergiebige Quellen vorhanden waren,
mögen schon damals Städte gestanden haben; und tatsächlich verfügen
alle jene Orte, deren Existenz uns aus vorrömischer Zeit sicher über-
liefert ist, über natürliche Wasserversorgung.
Ob die Weg Verhältnisse im Innern des Landes dazumal besser
waren als heute, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Die großen
Kunststraßen, die uns die Itinerarien überliefern und deren Spuren
man an vielen Stellen noch heute konstatieren kann, stammen natür-
lich aus der späteren Römerzeit; sie folgen aber fast durchwegs den
durch die Verhältnisse gegebenen natürlichen Wegen des Landes, und
als solche mögen sie vorher schon existiert haben, vielleicht sogar in
einem etwas besseren Zustand als heute.
Weg-
verhältnisse.
Die Wichtigkeit des spärlichen Wassers äußerte sich schon damals
dadurch, daß fast alle an den Wegen offen liegenden Quellen künstlich
gefaßt wurden. Was heute wüst und wasserlos ist, war es damals auch;
Beweis hierfür sind die Schilderungen der Märsche des Metellus nach
33*
Wasser-
versorgung.
514 Der afrikanische Kriegsschauplatz.
Thala, des Marius nach Capsa1), dann jene Caesars von Aggar nach
Zeta und Thysdrns2) ; insbesondere der letztere läßt die vollkommene
Gleichheit der damaligen und der heutigen Wasserverhältnisse im
klarsten Lichte erscheinen.
Im großen ganzen können wir uns daher das Land in der kartha-
gisch-frührömischen Epoche etwa ebenso vorstellen, wie es heute ist:
die Nordost- und Ostküste, dann die Ebenen des Bagradas dicht be-
völkert, gut kultiviert, mit zahlreichen Städten und geschlossenen
Ortschaften; das Innere vorwiegend Steppen- und Weideland; die
Boden- und Wasserverhältnisse, sowie das Klima dem heutigen gleich.
Als merklichster Unterschied erscheint die viel intensivere Getreide-
kultur in den erstgenannten Gebieten, sowie der Fes tun gs Charakter
der meisten Ortschaften.
5. Zusammenfassung.
Nach all dem Vorgesagten bietet also das in Betracht kommende
Durchzugsland Gebiet als Kriegsschauplatz folgendes Bild:
und, , Der gebirgige Norden und der allmählich in die Wüste übergehende
Manovrierland. ° ° ° °
Süden des Landes sind ausgesprochen schwierige Durch zugs-
gebiete; als M an övri er terrain kommt allein die Mitte in Betracht,
wenn auch sie vielfach von Durchzugszonen durchschnitten wird. Das
Gebiet ist nach Osten beziehungsweise Nordosten geöffnet, hat hier an
der Küste von Hippo Diarrhytus (Bizerte) bis etwa Ras Dimasse
(Thapsus) ihre Basis und verjüngt sich gegen Westen, indem von
Norden her die schwer gangbaren Gebirge, von Süden die wasser- und
ressourcenarmen Einöden es immer mehr einengen.
Die Basis an der Ostküste bietet auch die einzigen brauchbaren
Einbruchstore; als wichtigste kommen hier die Buchten von Utica
Haupt- unc^ Karthago nördlich der Hauptwasserscheide, dann die Küstenstrecke
Marschlinien. Hadrumetum — Thapsus südlich derselben in Betracht.
Als natürliche Haupt-Marschlinien von der Basis in das
Innere des Landes ergeben sich:
1. Das Tal des Ou. Medjerda (Bagradas) und Ou. Mellegue (Muthul)
1) Sallust b. Jug. 75 f., 89 ff.
2) b. Afr. ü8ff., 75 f.
5. Zusammenfassung. r,r
2. Der natürliche Weg von Sousse (Hadrumetum) durch das Tal
des mittleren Ou. Nebaana ins Becken des Ou. Siliana und weiter ent-
weder über El Kef (Sicca Veneria) zum Anschluß an die erste Eoute
gegen Sidi Youssef (Narraggara), oder südlich über Seba Biar (Zama
Regia) ins Melleguetal und weiter nach Tebessa (Theveste).
3. Von Sousse über Kairouan, dann durch das Tal des Ou. Mar-
guellil über Ksour in die Ebene von Zouarines und weiter an den
Ou. Mellegue.
Als wichtigste Querverbindungen (Nord-Süd) ergeben sich:
1. Das Tal der Miliana (im Oberlauf Ou. el Kebir); von dessen
Quellgebiet Übergänge sowohl zum Ou. Nebaana wie zur mittleren
Siliana.
2. Das Tal der Siliana.
3. Das Tal des Ou. Tessa.
Bei dem vorwiegend gut gangbaren Charakter dieser Abschnitte
sind die genannten Naturwege durchaus nicht als die einzig möglichen
Kommunikationen zu betrachten, sondern lassen in allen Teilen eine
wenn auch beschränkte Variationsfähigkeit zu; sie bilden gewisser-
maßen nur die Grundlinien in einem immerhin weitmaschigen Netz
brauchbarer Verbindungen.
In dieser mittleren Manövrierzone haben sich tatsächlich die in
diesem Lande ausgefochtenen Kriege fast ausnahmslos abgespielt, und
alle Hauptentscheidungen sind dort gefallen; die meisten natürlich in
der Nähe der Küste, wo auch die kulturellen Zentren gelegen waren
und der Ressourcenreichtum am größten war.
Das Durchzugsland nördlich und südlich dieser Zone hat niemals
eine militärisch wichtige Rolle gespielt. Einzelne Expeditionen, die
im Verlaufe mancher Feldzüge dahin unternommen wurden, tragen
durchweg den Charakter vorübergehender Nebenoperationen, waren
wohl auch durch das Bestreben des eingeborenen Gegners bedingt,
den Krieg auf ein für reguläre Armeen ungünstiges Terrain hinüberzu-
spielen. Insbesondere ist der Nordküste von Bizerte bis an die West-
grenze unseres Abschnittes in der Kriegführung niemals auch nur die
geringste Rolle zugefallen, was bei der natürlichen Schwierigkeit, von
da aus in das Innere des Landes vorzudringen, vollauf erklärlich ist.
Das Klima ist im allgemeinen der Kriegführung nicht ungünstig. Klimatisch»
Die Sommerhitze ist im Manövriergebiet nicht so arg, um die Opera-
51(| Der afrikanische Kriegsschauplatz.
tionen vollkommen zu lähmen; sicher nicht ärger als im südlichen Karste
oder auf manchen anderen südeuropäischen Kriegsschauplätzen. Tatsäch-
lich wurden die meisten Kriege im Sommer abgetan, und es ist keine
Nachricht überliefert, daß die Hitze einen wenn auch nur vorüber-
gehenden Operationsstillstand erzwungen hätte. Wohl aber war ein
winterruhe undsolcher im Winter auch in Afrika bis auf Caesars Zeit die Regel, wie
Wintorfol ti/iiiTG
' sich aus der Geschichte des zweiten Punischen und des Jugurthinischen
Krieges schließen läßt. Allerdings scheint er nicht so streng wie in
Europa, und vorwiegend von europäischen Armeen, eingehalten worden
zu sein, welche die Winterruhe aus ihrer Heimat her gewohnt waren;
in Kriegen, die zwischen beiderseits afrikanischen Gegnern ausgekämpft
wurden, wie z. B. im Libyschen Söldnerkriege, scheint man nicht allzu-
viel Eücksicht darauf genommen zu haben.
Immerhin war Caesar der erste, der einen ausgesprochenen Winter-
feldzug auf afrikanischem Boden geführt hat, nachdem er dasselbe zuvor
schon auf drei anderen Kriegsschauplätzen getan hatte; und wir hören
— abgesehen von den Schwierigkeiten der Überfahrt und Seeverbin-
dung — in der doch sehr ausführlichen Schilderung nichts von Wetter-
einflüssen, welche den Operationen nennenswerte Friktionen hätten be-
reiten können. Das einzige Unwetter, von dem die Rede ist, war durchaus
von der Art, wie wir in Europa es gerade im Sommer erwarten dürfen.1)
Es scheint daher, daß die Winterpausen, die uns ja doch nur von
römischen Feldzügen auf afrikanischen Boden sicher überliefert sind,
weniger in den Eigentümlichkeiten des Kriegsschauplatzes selbst, als
vielmehr — oder doch in erster Linie — in den Schwierigkeiten
der See Verbindung begründet waren, auf die eine in Afrika ope-
rierende römische Armee schließlich auch dann in vieler Hinsicht an-
gewiesen blieb, wenn sie sich im Lande selbst eine sekundäre Basis
geschaffen hatte.
Tatsächlich bietet, wie wir uns persönlich gelegentlich unseres
anderthalbmonatlichen winterlichen Aufenthaltes2) sowohl an der Küste
wie tief im Innern des Landes überzeugen konnten, der afrikanische
Winter den Operationen zu Lande absolut nicht mehr Hindernisse als
bei uns ein etwas regnerischer Spätfrühling, in dem ja auch zur Römer-
zeit kein Heer das Kriegführen gescheut hat. Auch die Rücksicht auf
das Vorhandensein von Pferdefutter — im Norden meist das be-
ll b. Afr. 47.
2) Ende Jänner bis Mitte März 1908.
5. Zusammenfassung:. 517
stimmende Moment für den Beginn der Operationen — würde liier
eher zugunsten eines Winterfeldzuges sprechen; schließlich ebenso das
wichtigste Moment, das auf dem afrikanischen Kriegsschauplatz über-
haupt in Betracht kommt: die Wasserfrage; und dies weniger wegen
der reichlicheren Menge des Wassers im Winter, die, wie oben angeführt,
ziemlich problematischer Natur ist, sondern vielmehr wegen des weit
geringeren Bedarfes an Wasser in der kühleren Jahreszeit. Ein
Marsch, wie der Caesars von Aggar nach Zeta und zurück, wäre im
Sommer selbst ohne feindliche Einwirkung undurchführbar gewesen,
oder hätte wenigstens Maßnahmen, wie jene des Metellus beim Marsche
auf Thala, bedingt1).
So ergibt sich denn die Wasserfrage als das unzweifelhaft Wass^salkül
wichtigste Problem des Kriegsschauplatzes. Das Marschkalkül wird
fast ausschließlich von ihr beherrscht, die Wahl dauernder Stellungen
in ausschlaggebender Weise. Bei Entwurf eines Marschplanes ist die
vorherige genaueste Orientierung über die Wasserverhältnisse der ein-
zuschlagenden Route unter allen Umständen die wichtigste Voraus-
setzung. Nicht nur das Vorhandensein wasserführender Oueds
oder Quellen muß bekannt sein, sondern vor allen auch deren Ge-
nießbarkeit und Ergiebigkeit; mancher Oued ist wegen Salzgehalt
unbrauchbar, und manche Quelle, die für Einzelreisende oder selbst
größere Karawanen reichlich genügt, versagt bei Inanspruchnahme
durch große Truppenmassen; ein Irrtum, eine Vernachlässigung in
dieser Hinsicht kann in der heißen Jahreszeit zur vollen Katastrophe
führen. Der Einzelreisende oder die Karawane werden auf allen
natürlichen Wegen das nötige Wasser finden, wenn auch sie schon sich
den Marsch nach den vorhandenen Quellen werden einrichten müssen ;
bei größeren Heereskörpern wird dies durchaus nicht immer zutreffen,
und manche Marschlinie, die sonst recht verlockend aussieht, wird aus
diesem Grunde außer Betracht kommen müssen. In unserer Zeit, wo
der Marsch in breitem Echequier bevorzugt wird, das eine bessere
Ausnützung der Marschlinien wie der vorhandenen Ressourcen ein-
schließlich des Wassers gestattet, würden diese Umstände weniger, aber
immerhin noch recht ausgiebig in die Wagschale fallen; im Altertume,
1) Das Mitführen von Wasser ist durchaus keine Eigentümlichkeit des afri-
kanischen Kriegsschauplatzes. Auch in unserem Karstgebiete, das, wie bereits mehr-
fach erwähnt, auffallend viele Analogien mit Teilen Nordafrikas aufweist, ist diese
Maßregel in der warmen Jahreszeit eine vitale Notwendigkeit bei jeder Operation.
518 Der afrikanische Kriegsschauplatz.
das diese Art des Marsches höchstens als gelegentliche Ausnahme
kannte und insbesondere die örtliche Vereinigung der ganzen Streit-
macht auf dem engen Räume des Lagers zur Regel erhob, mußten sie
sich ausschlaggebend bemerkbar machen. Vergegenwärtigt man sich
dann noch, daß damals die festen Städte, die ja vielfach an bzw. über
vorhandenen Quellen errichtet waren, wenn in Feindeshand, die besten
Wasserressourcen sperrten, so erscheinen diese Schwierigkeiten noch er-
heblich gesteigert.
In dieser Art mußte die Wasserfrage für die Operationen dieses
Kriegsschauplatzes, insbesondere für die Richtung und Einteilung der
Märsche, von entscheidender Bedeutung sein; bei dem erwiesenen Um-
stände aber, daß die Wasserverhältnisse des Landes sich seit den
karthagisch-römischen Zeiten im wesentlichen nicht geändert haben,
erwächst uns daraus die Möglichkeit, ihrem Einflüsse auf den Gang
der Operationen bis ins Detail nachzuspüren und auf diesem Wege
manche sonst unklare Frage im Lichte der durch sie diktierten un-
barmherzigen Notwendigkeit zu entscheiden.
IV.
Der Libysche Söldnerkrieg.
Spezial-Literatur
chronologisch geordnet.
(Die unvollständig zitierten Werke siehe im Allgemeinen Literaturverzeichnis am
Schlüsse des Bandes.)
Lauf. Nr.
1. Guischardt. 1760.
2. Daux. 1869.
3. Ihne. 1870.
4. Neumann. 1883.
5. Partsch. 1883.
6. Tissot. 1887/88.
7. Meltzer. 1879/96
8. Mommsen R. G. I.8 1888.
9. Collection des Guide-Joaune, Algerie et Tunisie, 1906.
10. Veith, Zur Topographie des karthagischen Söldnerkriegs. In
'ETPQMATEIS, Grazer Festgabe zur 50. Versammlung deutscher
Philologen und Schulmänner 1 909 1).
1) Dieser Aufsatz, der die Schlacht am tcqlmv behandelt, ist in die vorliegende
Darstellung vollinhaltlich aufgenommen worden.
Zusammenhängende Darstellung*.
Hainilkar
Barkas.
Der Krieg Karthagos gegen die meuternden Söldner ist als Ganzes
noch nie zum Gegenstande einer spezifisch militärischen Untersuchung
gemacht worden ; dies aus dem Grunde, weil unser Quellenbericht eine
lückenlose, erschöpfende Darstellung in diesem Sinne überhaupt nicht
zuzulassen scheint. Die Tatsache ist bedauerlich. Gerade dieser Krieg
gewährt relativ guten Einblick in die Tätigkeit eines der größten
Feldherrn des Altertums und aller Zeiten, des Hamilkar Barkas.
Es ist erklärlich, aber nicht entschuldbar, daß das staatsmännische
und militärische Bild dieses Mannes durch jenes seines großen Sohnes
verhältnismäßig in den Schatten gestellt erscheint. In diesem Faktum
liegt ein schweres Unrecht. So wie bei einem wahren Kunstwerk
die große Konzeption, die Gesamtanlage das Ausschlaggebende ist und
die Details der Ausführung, mögen sie an sich noch so kunstvoll und
vollendet sein, an Bedeutung weit überragt, so auch in der Staats-
und Kriegskunst. Jener gigantische politisch-militärische Entwurf
aber, der, mit der Gründung des „spanischen Königreiches der Bar-
kiden" beginnend, die Armee Karthagos über die Alpen bis Cannae und
vor die Tore Roms geführt hat, ist in seiner Wesenheit dem Geiste
Hamilkars entsprungen ; Hannibal hatte mehr oder weniger nur diesen
Entwurf, das Erbteil seines großen Vaters, auszuführen, was freilich einen
kongenialen Geist erforderte. Und es ist bezeichnend, daß jener seine
größten Erfolge zu der Zeit errang, als der Entwurf Hamilkars als
Grundlage für seine Tätigkeit noch voll ausreichte.
Es soll nicht der Zweck dieser Zeilen sein, die Größe Hannibals
zugunsten seines Vaters herabzudrücken; aber auch das Gegenteil ist
unstatthaft: nichts wäre falscher, als Hannibal als den „größeren Sohn
des großen Vaters" hinzustellen, nur weil der Lauf der Geschichte ihm
scheinbar den größeren Teil der gemeinsamen Arbeit vorbehalten
hat. In Wirklichkeit liegt dieser Unterschied allein in der ungleichen
Reichhaltigkeit der uns erhaltenen Überlieferung.
Zusammenhängende Darstellung. 523
Was wissen wir von den Riesenkämpfen, mit denen Hamilkar
Spanien unterwarf? Wenn wir bedenken, welche Arbeit die Römer,
denen eben infolge der Barkidischen Eroberung der größte Teil
Spaniens im Hannibalischen Frieden als reife Frucht in den Schoß
fiel, dann noch mit den freien Resten dieses Landes hatten, so können
wir wohl annehmen, daß die dortigen Kämpfe Hamilkars an Schwierig-
keit und Großartigkeit kaum jenen nachgestanden haben, die 180 Jahre
später Caesar in Gallien geführt, und die, dank der vorzüglichen Über-
lieferung, heute zu den bekanntesten und gefeiertesten Kriegen des
Altertums zählen. Ja noch viel weiter geht hier die Analogie: Hier
wie dort handelt es sich nicht nur um die Eroberung einer großen,
wehrhaften Provinz, sondern gleichzeitig um die Schaffung einer Basis
für einen späteren, noch größern Kampf, einen Weltkrieg im wahrsten
Sinne des Wortes ; und nicht in letzter Linie um eine eminente Kultur-
arbeit. Diese Analogie ist so groß, daß die Möglichkeit durchaus nicht
ausgeschlossen erscheint, die Tat des großen Karthagers habe dem
größten Staatsmann und Feldherrn Roms bis zu einem gewissen Grade
als Vorbild vorgeschwebt. —
Leider müssen wir uns mit der Tatsache abfinden, daß uns von
dieser unzweifelhaft glänzendsten Waffentat Hamilkars nichts überliefert
wurde als die große militärisch-politische Idee, die ihr zugrunde lag.
Eine so erschöpfende Darstellung Hamilkars als Feldherrn, wie sie
uns bei Hannibal oder gar bei Caesar möglich ist, erlauben uns somit
die Quellen bedauerlicher Weise überhaupt nicht. Umsomehr ist es
Pflicht der militärischen Forschung, die zerstreuten Fragmente, die
uns die antike Literatur über seine Feldherrntätigkeit aufbewahrt hat,
liebevoll zu sammeln und mit derselben Gründlichkeit und Gewissen-
haftigkeit zu studieren, wie die größten Taten seines großen Sohnes. —
Der Bericht des Polybios über den „Söldner krieg" (I. 65 — 88), nie Quelle,
der einzige, den wir haben, scheint, wie schon erwähnt, einer militäri-
schen Fachdarstellung nicht gerade günstig, steht zum mindesten nicht
auf der Höhe der sonstigen kriegsgeschichtlichen Berichte dieses Autors.
Polybios hat einen ihm vorliegenden, anscheinend ganz brauchbaren
Originalbericht recht willkürlich zusammengestutzt, da es ihm, wie er
selbst (c. 65) andeutet, diesmal weniger um eine historische oder gar
kriegsgeschichtliche Schilderung zu tun war, als vielmehr um eine
Studie über die Psychologie der Massen. Die daraus sich ergebenden
Kürzungen der Originalquelle sind hierbei großenteils auf Kosten der
52 I Der Libysche Süldnerkrieg.
militärischen Genauigkeit erfolgt; während gelegentlich kriegsgeschicht-
lich belanglose Details stehen bleiben, ja liebevoll ausgesponnen wer-
den, erscheinen an anderen Stellen die Tatsachen aller Einzelheiten
bis zur Unverständlichkeit entkleidet. Der Zusammenhang der Ope-
rationen ist aus der Darstellung heraus nur stellenweise direkt zu er-
kennen und fast nirgends unmittelbar im Terrain zu verfolgen; für
die Lokalisierung der bedeutendsten taktischen Vorgänge fehlt viel-
fach das wichtigste Moment, die Angabe des Namens der örtlichkeit.
Und dennoch läßt sich — bei militärisch geschultem Urteil und
genauer Kenntnis des Terrains — mit diesem Berichte mehr anfangen,
Der Knegs- als es im ersten Augenblicke scheint. Der afrikanische Kriegs-
schauplatz. Schauplatz hat, wie im vorhergehenden Abschnitte aus-
führlich dargelegt wurde, seine Eigentümlichkeiten, die
uns diese Aufgabe merklich erleichtern. Die Wasserarmut und
Unproduktivität vieler Teile des Landes schränkt die Operationsfreiheit
wesentlich ein; für eine auch nur oberflächlich angedeutete Operation
werden sich hier weit weniger lokale Möglichkeiten ergeben als in
einer europäischen Gegend, und für einen leidlich gut beschriebenen
Platz wird man, auch wenn der Name fehlt, in dem durch die erwähnten
Umstände ohnehin stark eingeengten Raum viel seltener zu einer
mehrdeutigen Lösung gelangen als bei uns. So ergibt sich eine be-
schränkte Reihe von Operationsgebieten und -Linien, die nicht wesent-
lich variieren können und die man daher der weiteren Untersuchung
zugrundelegen kann, auch wenn der bloße Wortlaut des Textes keine
positiven Anhaltspunkte dafür bietet. Gelingt es dann noch, einige
spezielle Punkte, sei es durch Überlieferung des Namens, sei es
durch eine taugliche Beschreibung innerhalb dieser Räume und
Linien genau zu lokalisieren, so ergibt sich ein recht brauchbarer
Rahmen für eine zusammenhängende Darstellung, in den sich schließ-
lich auch manche andere, durch keine direkte Deduktion gestützte
Details wenigstens mit einem gewissen Grade von Wahrscheinlich-
keit einfügen lassen. Alles, was uns die Quelle schuldig geblieben
ist, läßt sich selbstverständlich auch auf diesem Wege nicht er-
setzen; aber soweit können wir gelangen, um ein im großen ganzen
zusammenhängendes, in den wichtigsten Ereignissen leidlich detail-
liertes Bild dieses Feldzuges zu rekonstruieren, das eine militärisch-
wissenschaftliche Beurteilung der mitspielenden Verhältnisse und der
Zusammenhängende Darstellung'. 525
handelnden Personen zuläßt und damit im wesentlichen seinen Zweck
erfüllt.
Diese Erwägungen sind dafür bestimmend gewesen, es in der Be-
arbeitung dieses Feldzuges nicht bei einer Reihe einzelner Lokali-
sierungsversuche bewenden zu lassen, sondern von Hause aus eine
zusammenhängende, nach Tunlichkeit erschöpfende militärische Dar-
stellung des ganzen Krieges zu versuchen ; darin möge auch diese etwas
weit ausholende Einleitung ihre Erklärung finden.
Nach dreiundzwanzigjährigem Ringen hatte Karthago eben unter Vorgeschichte.
halbwegs glimpflichen Bedingungen seinen Frieden mit Rom gemacht,
als infolge längst bestehender ungesunder Verhältnisse, beschleunigt
durch die unverantwortliche Ungeschicklichkeit führender Persönlich-
keiten, eine neuerliche schwere Krisis im eigenen Lande hereinbrach,
welche die eben, erst schwer gedemütigte ehemalige Herrin des Mittel-
meeres der Katastrophe weit näher brachte als der Kampf mit Rom
selbst. —
Die semitische Handelsgroßmacht Karthago hatte ihre Kriege stets
nur zum kleineren Teile mit der eigenen Volkskraft geführt. Ihre
Armeen bestanden größtenteils aus Soldtruppen meist eben jener Land-
striche, die, Karthago Untertan oder doch tributpflichtig, zu dieser
Stadt dauernd in dem Verhältnis knirschender Sklaven zum harten,
unerbittlichen Herrn standen. Das Prekäre dieses Verhältnisses lag
auf der Hand. Solange Karthago seine Soldateska wenigstens aus-
giebig zahlte, ging die Sache noch an, mochten deren Landsleute in
der Heimat noch so sehr über unmenschlichen Druck klagen; in dem
Augenblicke jedoch, wo dieses einzige Band zwischen der Stadt und
ihrem Heere riß, mußte der latente Antagonismus des Soldatenmaterials
gegen die fremden Beherrscher umso gefährlicher zum Ausbruch kommen,
je mehr die Truppen nicht nur sich für unentbehrlich hielten, sondern
es tatsächlich auch waren. —
Niemals bis dahin hatte ein karthagisches Söldnerheer Glänzen-
deres geleistet und eine solch hohe Stufe kriegerischer Vollkommenheit
erreicht, wie eben in den letzten Jahren des ersten Punischen Krieges,
als Hamilkar Barkas auf den Felsenklippen des Heirkte und Eryx
526 Der Libysche Süldnerkrieg.
durch seine glänzend geführte offensive Verteidigung das Staunen und
die Bewunderung von Freund und Feind erregte. Umso schwerer war
unter diesen Umständen der Fehler Karthagos, gerade zu dieser Armee
durch kleinliche Knauserei und sonstige ebenso verfehlte wie über-
flüssige Maßregeln sich in Gegensatz zu stellen.
Der erste und vielleicht entscheidende Fehler war die Abberufung
Hamilkars vom Kommando, die sicher auf Betreiben der ihm feindlichen
Oligarchenpartei erfolgt ist1). Schon er selbst hatte nur unter den
größten Schwierigkeiten die Disziplin aufrechtzuerhalten vermocht; zur
Unmöglichkeit mußte dies für andere Führer werden, die, ohne der selbst-
bewußten Soldateska zu imponieren, in deren Augen nichts anderes
bedeuteten, als die Repräsentanten der verhaßten Stadt. Unter diesen
Umständen gab es nur das eine Gebot: die ganze Bande so rasch und so
glimpflich als nur möglich los zu werden. Der Weg zu diesem Ziele
ging aber über einen sehr wunden Punkt: die vorherige Auszahlung
des rückständigen Soldes.
Schon Hamilkar hatte den Sold nicht regelmäßig zahlen können,
da die leitenden Behörden Karthagos ihn nicht gehörig unterstützten,
es ihm vielmehr überließen, den Krieg durch den Krieg zu ernähren.
Bis zu einem gewissen Grade war ihm dies auch gelungen; immer-
hin hatten die Truppen, als der Friede geschlossen war, noch recht
bedeutende Forderungen an die Staatskasse. Die Abdankung Hamil-
kars, dessen Name ihnen gewissermaßen als Bürgschaft für ihre Forde-
rungen diente, mußte schon ihr Mißtrauen erregen. Statt dieses so
rasch als möglich durch schleunigste Befriedigung zu beseitigen,
griff man in Karthago zu Maßregeln, welche bei den Truppen
den Verdacht, man wolle sie um ihren blutig verdienten Lohn be-
trügen, selbst dann hätten hervorrufen müssen, wenn dies gar nicht
wirklich beabsichtigt gewesen wäre.
Hamilkar hatte nach dem Friedensschlüsse sein unbesiegtes Korps
vom Eryx nach Lilybaeon geführt und dort das Kommando niederge-
Gisko. legt; nun erwuchs dem Kommandanten dieses Platzes, Gisko, die
Aufgabe, den Abtransport der Truppen aus dem nunmehr römischen
Territorium nach Karthago zu leiten. Gisko, der seine Landsleute
kannte und ahnen mochte, daß die Soldzahlung ohne Feilschen und
1) Vgl. Neu mann, Das Zeitalter der Punischen Kriege, p. 164.
Zusammenhängende Darstellung1. 527
Schachern nicht durchzuführen war, wollte ihnen dies wenigstens er-
leichtern, indem er die Truppen nicht auf einmal, sondern in mehreren
kleinen Transporten mit längeren Intervallen übersetzte, in der Ab-
sicht, die Behörden daheim sollten mit den einzelnen kleinen Abteilungen
ein leichteres Spiel haben1). Vergebens. Es wurde geschachert und
vertröstet, bis richtig das ganze führerlose Korps in der Hauptstadt
beisammen war.
Unter diesen Umständen hätte es gar nicht erst der steigenden
Erbitterung der Truppen über das Ausbleiben der versprochenen Ent- Sicca veneria.
lohnung bedurft, um eine Disziplinlosigkeit einreißen zu lassen, welche
bald zu einer empfindlichen Belästigung, schließlich zu einer Gefahr
für die Hauptstadt anwuchs. Nun erst dachten die M achthaber daran,
die unbequemen Truppen zu entfernen ; man bewog sie, gegen eine vor-
läufige teilweise Entschädigung nach Sicca Veneria (heute El Kef)
abzumarschieren und dort die Aufbringung der zu ihrer vollen Be-
friedigung erforderlichen Mittel abzuwarten. Man hätte es als einen
überraschenden Glücksfall ansehen sollen, daß die Söldner nicht nur auf
diesen Vorschlag bereitwillig eingingen, sondern sogar baten, ihre
Familien und Habseligkeiten in der Hauptstadt zurücklassen zu
dürfen, was den städtischen Behörden für den Fall weiterer Differenzen
wertvolle Pfänder in die Hand gespielt hätte; allein die Verblendung
und Verschrobenheit war so groß, daß auch diese Chance aus der
Hand gegeben und jenen ihre Bitte abgeschlagen wurde. So zogen
sie denn mit Kind und Kegel nach Sicca, um unter beschaulichem
Wohlleben daselbst den Lohn zu erwarten, der ihnen gebührte, und
auch gerne bereit noch mehr zu nehmen, wenn die Karthager
ihren täglich wachsenden Forderungen Kechnung zu tragen geneigt
sein sollten. —
Statt des Lohnes erschien jedoch Hanno, der Kommandierende Hanno,
von Karthago, mit leeren Händen im Lager von Sicca und suchte
1) Die Ansicht Meltzers II. p. 370 f., der einheitliche Transport von 20 000
Mann wäre gar nicht möglich gewesen, ist kaum stichhaltig. Die im Kriege er-
littenen Verluste betrafen doch größtenteils die Kriegsflotte, die für einen Transport
im Frieden nicht in Betracht kam. Die Handelsflotte Karthagos konnte jedoch, wenn
sie auch in der letzten Zeit zur Untätigkeit verurteilt gewesen war, immerhin
solange intakt bleiben, als die heimischen Häfen von Rom nicht direkt angegriffen
wurden.
34
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III.
528
Der Libysche Söldnerkrieg.
Tunes.
Der Bruch.
mit den Truppen wegen Einschränkung ihrer Forderungen zu unter-
handeln.
In der ganzen Kette von Fehlern und Mißgriffen, die sich die
karthagischen Machthaber in dieser Angelegenheit hatten zuschulden
kommen lassen, war die Wahl dieses Unterhändlers der allerschwerste.
Nicht nur daß Hanno, wie allgemein bekannt, der persönliche Feind
Hamilkars war; er hatte überdies kurz vorher einen durch die fort-
gesetzten Erpressungen hervorgerufenen Aufstand im Innern des Landes,
eben der Heimat des größten Teiles der Söldner, mit unerhörter Grau-
samkeit niedergeschlagen und hierbei die Stadt Hekatompylos zerstört,
was ihm zwar bei seinen Landsleuten den Beinamen des „Großen" und
den Nimbus eines erstklassigen Feldherrn, bei den unterworfenen
Stämmen und deren im punischen Solde stehenden Landeskindern jedoch
wenig Sympathien eingetragen hatte.
Damit war der offene Bruch gegeben. Es ist überflüssig, hier der
ausführlichen Schilderung des Polybios zu folgen, der das Scheitern
der Verhandlungen auf die Babylonische Sprachenverwirrung zurück-
führt, die in dem bunt zusammengewürfelten Korps geherrscht haben
soll; wäre dieselbe wirklich so arg gewesen, so wäre kaum in der
Folge jene Einheitlichkeit und Planmäßigkeit in allen Unternehmungen
möglich gewesen, die uns im ganzen Verlauf des Feldzuges immer
wieder begegnet. Der eigentliche Grund des Bruches war vielmehr,
daß die Truppen jetzt endlich die Gewißheit erlangt hatten, man
wolle sie um ihren wohlverdienten Lohn betrügen. Sie brachen,
20000 Mann stark, von Sicca auf und marschierten gegen Karthago.
Bei Tunes (Tunis), ca. 20 Kilometer von der Hauptstadt, an der Basis
der Halbinsel von Karthago, setzten sie sich fest. Dies blieb denn auch
während der ganzen Dauer des Krieges ihr Hauptstützpunkt.
Noch waren die Feindseligkeiten nicht eröffnet, und die Karthager,
welche in dem kritischen Augenblick über so gut wie keine Truppen
verfügten, die sie den Meuterern hätten entgegenstellen können, taten
jetzt ihr Möglichstes, den Sturm zu beschwören. Da die Söldner er-
klärten, nicht mit Hanno, sondern nur mit einem ihrer ehemaligen
Befehlshaber verhandeln zu wollen, und gegen Hamilkar wegen seines
plötzlichen Rücktrittes Mißtrauen hegten, so wurde Gisko zu ihnen
entsendet mit dem Auftrag, alle ihre Forderungen nach Möglichkeit
zu erfüllen. Und beinahe wäre es dem klugen und bei den Truppen
nicht unbeliebten General auch gelungen, die leidige Affäre endgültig
Zusammenhängende Darstellung. 529
beizulegen, trotzdem die Söldner ihre Forderungen umso höher
schraubten, je klarer sie die Zwangslage Karthagos aus dessen
wachsender Nachgiebigkeit erkannten; doch wie so oft in ähnlichen
Situationen fanden sich Elemente, die ihre Interessen durch eine fried-
liche Beilegung gefährdet sahen; Spendius, ein aus Campanien ge- Mathos und
bürtiger entsprungener römischer Sklave, und der Libyer Mathos,
einer der Wortführer bei allen bisherigen Unbotmäßigkeiten, vereitelten
im letzten Augenblicke die Übereinkunft und nahmen, um jeden Rück-
weg unmöglich zu machen, Gisko und sein Gefolge fest, indem sie sich
gleichzeitig des zu ihrer Befriedigung beigebrachten Geldes bemäch-
tigten. Die beiden Rädelsführer ließen sich zu Feldherrn ausrufen.
Damit war der Krieg erklärt. —
Die Lage war hochernst. In dem unvermeidlich gewordenen Beginn der
Kampfe standen alle Vorteile auf Seite der Meuterer; sie repräsen- Teiten.6
tierten nicht nur die beste, ja derzeit einzige Streitmacht der Stadt,
sondern hinter ihnen standen auch selbstverständlich gerade jene Völker-
schaften, welche das ständige Reservoir für das Soldatenmaterial
Karthagos abgaben. Auf die relativ wenig zahlreichen Kontingente,
die der phönikischen Stadt aus Gallien, Spanien und Griechenland
eventuell zuströmten, mochte gerade jetzt, nach dem großen Mißerfolg
des Krieges gegen Rom, wenig zu rechnen sein; was von solchen Truppen
bereits da war, stand in den Reihen der Insurgenten. Zum ersten-
mal sah sich Karthago in einem Kampfe auf Leben und Tod aus-
schließlich auf die Wehrkraft seiner eigenen Bürgerschaft angewiesen.
Dazu waren die Kassen wie die Arsenale in traurigem Zustande.
Man tat, was möglich war. Hanno wurde mit dem Oberbefehle
betraut und brachte, ein besserer Organisator als Feldherr, bald ein
leidlich brauchbares Heer zusammen, bestehend aus der ganzen waffen-
fähigen Bürgerschaft zu Fuß und zu Pferde, einigen wenigen Soldtruppen
und 100 Elefanten.
Indessen waren Mathos und Spendius nicht untätig gewesen. Die
Stämme Libyens und Numidiens, von den Meuterern zum Kampfe wider
das verhaßte Karthago aufgerufen, stellten Menschen, Geld und Lebens-
mittel. Fast alle Städte des inneren Landes fielen zu den Insurgenten
ab; nur Utika und Hippakra (= Hippo Diarrhytus, heute Bizerte)
im Norden des Landes, dann die „Emporien", die Städte der Ost-
küste, blieben vorläufig noch Karthago treu.
34*
530
Der Libysche Söldnerkrieg.
Der Hauptstützpunkt der Meuterer blieb dauernd Tun es, be-
ziehungsweise das bei dieser Stadt geschlagene feste Lager.
Die Stellung jjje Stadt Tunes1) lag auf den flachen Hügeln, welche die schmälste
von Tunes.
Stelle der Landenge zwischen der „Bailira" und der Sebkra es Sed-
joumi einnehmen, auf zwei Seiten durch das Wasser, auf den beiden
anderen durch das glacisförmig abfallende Terrain geschützt.
Jedenfalls befand sich die Stadt von Anfang an in der Gewalt der
Aufständischen, da keine Feindseligkeit gegen dieselbe erwähnt wird,
ja ausdrücklich Utika und Hippakra als die einzigen Städte bezeichnet
werden, welche Karthago treu blieben2).
Nach guter Soldatenart lagen die Söldner jedoch nicht in der
Stadt selbst, sondern hatten vor derselben ein festes Lager geschlagen3).
Polybios erwähnt dessen Lage nicht näher; sie kann jedoch keinen
Moment zweifelhaft sein. Die Bedrohung und Beobachtung Karthagos
war der Zweck der ganzen Stellung; dazu eignete sich vortrefflich
der breite Hügel nördlich der Stadt, den heute der prächtige Belve-
dere-Park einnimmt. Sein Umfang von ca. 4 Kilometern reichte
auch für eine sehr starke Armee; seine Formation ist für ein
Lager sehr günstig, und die herrliche Aussicht, die man heute von
seiner Höhe über die ganze Halbinsel von Karthago, die beider-
seitigen Gewässer und die Stadt selbst genießt, hatte damals ihre
eminente militärische Bedeutung.
Bei der mangelnden Kriegsbereitschaft Karthagos blieb es Mathos
und Spendius überlassen, die Feindseligkeiten zu eröffnen. Eine direkte
Unternehmung gegen die Stadt, mit anderen Worten deren Belagerung,
hatte wenig Aussicht auf Erfolg. Karthago war vielleicht die stärkste
Festung ihrer Zeit, unter den großen Hauptstädten ohne Zweifel ; die
Söldner aber verfügten kaum über die nötige Übung, sicher nicht über
die erforderlichen technischen Mittel zu einer Belagerung größten Stiles,
wie sie hier notwendig war. So wandten sie sich denn, unter Fest-
haltung des Lagers bei Tunes, gegen Utika und Hippakra; Spendius
belagerte die erstere, Mathos die letztere Stadt4); durch die Stellungen
vor Utika und Tunes waren gleichzeitig alle Verbindungen Karthagos
mit dem Hinterlande unterbunden.
1) Tissot II. 109 f.
2) Pol. I. 70, 9.
3) Pol. I. 67, 1, 3; 73, 3.
4) Die Verteilung- erhellt aus Pol. I. 77, 1
Zusammenhängende Darstellung. ^o*
Indessen hatte Hanno die Armee Karthagos schlagfertig gemacht Hannos
~ . -^.., i ,-i-it • Offensive.
und nahm die Offensive auf. Seine Fuhrergabe stand jedoch, wie
Potybios ausdrücklich erwähnt, seinem Organisationstalent nicht gleich ;
es fehlte ihm die klare Beurteilung der Situation, die Gabe des raschen
Entschlusses und kühnen Zugreifens. Er marschierte unter Umgehung
von Tunes gegen Utika, um diese Stadt zu entsetzen und damit die
Verbindungen mit dem Innern des Landes wiederherzustellen.
Die Stadt Utika lag auf den äußersten, in das Meer vorspringenden
Ausläufern eines von Südwesten nach Nordosten streichenden Höhen-
zuges (heute Djebel Menzel Roul). Die Hügelzunge, auf deren Ende
die Stadt lag, ist auf ca. 4 Kilometer Länge, etwa bis zu der Stelle,
wo heute die Chaussee sie übersetzt, ziemlich niedrig und relativ gut
gangbar; von dort steigt der Dj. Menzel Roul als heute fast kahler,
nur mit niedrigem Gestrüpp bewachsener Höhenzug mäßig schroff auf.
Die Stadt nahm, wie erwähnt, nur die äußerste Spitze der Hügel-
zunge ein; auf dem nächst anschliessenden flacheren Teile lag ohne
Zweifel das Lager des Spendius.
Hanno rückte vor die Stadt, erzwang, da Spendius sich zum Die Schiacht
offenen Kampfe zu schwach fühlte und seine Truppen im Lager hielt,
die Verbindung mit den Belagerten und schlug selbst ein Lager, wahr-
scheinlich südöstlich der Stadt in der Ebene. Dann zog er den zahl-
reichen Geschützpark, der sich in der Festung befand, an sich und
begann unter Mitwirkung dieser Artillerie den Angriff auf das
feindliche Lager. Die Geschütze, mehr noch seine 100 Elefanten,
verhalfen ihm zum Siege ; Spendius sah sich gezwungen, das Lager zu
räumen und sich auf einen „steilen und bewachsenen Hügel", ohne
Zweifel den Dj. Menzel Roul, zurückzuziehen.
Hanno aber unterließ, den Feind unterschätzend, die auch nach
dem Siege notwendigen Sicherungsmaßnahmen. Dies benützten die in
der Schule Hamilkars gebildeten Söldner zu einem überraschenden
Gegenangriff. Sie überrumpelten das vorher geräumte Lager, nahmen
den ganzen Artilleriepark nebst dem Train weg und warfen die Truppen
Hannos in die eben entsetzte Stadt.
Indessen scheint es ihnen nicht gelungen zu sein, ihn vollkommen
darin einzuschließen oder aber zum sofortigen Rückzug auf Karthago
zu zwingen; denn wir finden ihn „nach wenigen Tagen" bei einer
1) Siehe die Übersetzung im „Anhang" I.
632 Der Libysche Söldnerkrieg.
Stadt „Gorza"1) dem Feinde gegenüber, wo er, wie Polybius erwähnt,
zweimal die Gelegenheit zu einer chancenreichen Schlacht und zwei-
mal zu einem Überfall versäumte. In der Folge scheint er sich auf
vorsichtige Operationen auf dem nördlichen Kriegsschauplatze be-
schränkt und Mathos wenigstens einigermaßen in Schach gehalten zu
haben, freilich ohne seinerseits die Aufhebung der Belagerung von
Hippakra erzwingen zu können. Auch Spendius hatte alsbald jene
von Utika ungestört wieder aufgenommen.
Karthagos. Um sich jedoch gegen neuerliche Entsatzversuche wirksam zu
schützen und zugleich Karthago von der Landseite vollends lahmzu-
legen, gingen die Söldner daran, die Halbinsel gänzlich abzusperren.
An ihrer Basis zieht sich von Tunes bis gegen die (damalige) Mündung
des Bagradas ein Hügelzug, der in den heute Djebel Naheli genannten
Höhen bis etwa 200 Meter aufragt. Über diese natürliche Barriere
führte die große Straße nach Utika nebst einigen anderen Übergängen
in die Ebene des Bagradas. Alle diese Übergänge nun sperrte Spendius
durch Detachements; außerdem ließ er an der einzigen Brücke2) über
den hinter diesem Höhenzuge fließenden, für gewöhnlich unpassierbaren
Bagradas3) einen großen permanenten Brückenkopf4) anlegen und
denselben mit 10,000 Mann besetzen. Damit war die Halbinsel eigent-
lich durch eine doppelte Linie abgesperrt; das Lager von Times nebst
den Detachements auf den nördlich davon gelegenen Höhen bildete die
erste Linie; gelang es einer feindlichen Abteilung, diese zu durchbrechen.
1) Pol. I, 74, 13. Die Lage dieses „Gorza" ist unbekannt; jedenfalls lag es
nicht allzuweit von Utika und Karthago, da nach der Lage der Dinge damals keine
Partei ein Interesse daran hatte, den Krieg weit weg zu verschleppen. Keineswegs
ist es identisch mit dem „Gurza" der Tabula Peutingeriana , dem heutigen Kaläa-
Kebihra bei Sousse. Vgl. Tissot II, 563, Anm. 2; Neumann, p. 171, Anm. 1;
Meltzer II, p. 377.
2) Jedenfalls die Straßenbrücke Karthago— Utika.
3) Bei Polybios „Maxäpa"; die Identität mit dem Bagradas, dem heutigen Ou.
Medjerda, steht außer Zweifel. — Über den damaligen Lauf des Bagradas sowie der
Küstenlinie, die sich seither wiederholt bedeutend geändert haben, siehe Daux,
p. 126-136; dann Tissot I, die Karte bei p. 76 nebst dem zugehörigen Text; end-
lich Part seh, Karte p. 202.
4) Polybios I, 75, 5 und ff. spricht von einer „Stadt" („nötig"); an eine solche ist
wohl nicht im wörtlichen Sinne zu denken, sondern nur an einen für eine größere
Heeresabteilung bestimmten, zur dauernden Besetzung geeigneten (permanenten)
Brückenkopf.
Zusammenhängende Darstellung". 533
oder, was leichter möglich war, nördlich zu umgehen, so fand sie vor
sich als zweite Barriere den Bagradas, dessen einziger Übergang sich
in der Hand des Feindes befand.
In der so abgeschnittenen Hauptstadt wußte man jedenfalls bald
nichts mehr von der Armee Hannos, die sich mittlerweile im Nord-
westen mit entsprechender Vorsicht herumschlug; es blieb nichts übrig,
als mit den geringfügigen Mitteln, die noch zu Gebote standen, eine neue
Armee auf die Beine zu bringen, um wenigstens die ebenso lästige
als schmähliche Blockade zu durchbrechen und die Fühlung mit der
Hauptarmee wiederherzustellen. Mit dieser Aufgabe wurde endlich
jetzt, im Momente der allerletzten, dringendsten Not, der Mann be-
traut, den die öffentliche Meinung im Heere wie im Volke längst als
den einzigen Retter bezeichnet hatte: Hamilkar Barkas.
Diese Wahl bedeutete eine schwere Demütigung der regierenden Hamilkar.
Kaste; aber es blieb kein anderer Ausweg. — Hamilkar stand ohne-
hin vor einer verzweifelten Aufgabe. Der beste Feldherr ist machtlos,
wenn er kein Heer hat und auch kein Material, um eines zu bilden.
Aus den Resten der wehrhaften Bürgerschaft und wenigen neu ge-
worbenen Söldnern nebst einigen Überläufern brachte er im ganzen
1 0,000 Mann zusammen, zum guten Teile Kavallerie, und noch 70 Elefanten.
Seinen Plan zur Durchbrechung der Blockade baute er auf den ihm Übergang über
bekannten Umstand, daß die der Mündung des Bagradas vorgelagerte, del
vom Flusse angeschwemmte Sandbarre beim Eintritt gewisser Winde
passierbar sei. Er hielt unter Geheimhaltung seines Planes die Truppen
in der Stadt marschbereit; als endlich der erwartete Wind einsetzte,
marschierte er zur Nachtzeit längs der Küste nach der ca. 1 5 km ent-
fernten Flußmündung und führte bis Tagesanbruch das Heer glücklich
über die Barre ans jenseitige Ufer2). Damit hatte er beide Barrieren
umgangen und wandte sich sofort flußaufwärts, um den Brückenkopf
1) Siehe die Übersetzung im „Anhang" IL
2) Die Ansicht, Hamilkar sei gleich von Karthago ab bis um die Bagradas-
mündung auf der Barre marschiert, hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Zunächst
wird die Entstehung der Barre direkt und ausschließlich auf die Anschwemmungen
des Flusses zurückgeführt; in diesem Sinne konnte sie kaum bis an die 15 km ent-
fernte Stadt gereicht haben. Dann hätte eine so lange Barre selbst beim Eintritt
der gewissen Winde kaum jene gleichmäßige Passierbarkeit aufzuweisen gehabt,
die bei obiger Annahme vorausgesetzt werden müßte. — Welches jene Winde
waren, darüber sind die Fachleute nicht recht einig.
534 Der Libysche Süldnerkrieg.
im Rücken anzugreifen, das dort stehende Korps abzutun und die
Hauptstraße frei zu machen.
Nach Tagesanbruch hatte sowohl die Besatzung des Brücken-
kopfes als auch das Belagerungskorps vor Utika die überraschende
Meldung erhalten, daß ein karthagisches Heer am linken Ufer des
Bagradas stehe; beide brachen auf, um dasselbe konzentrisch zu fassen
und entweder zwischen sich aufzureiben oder es in den Fluß zu werfen,
ersteres 10,000, letzteres 15,000 Mann stark1).
Die Schiacht Hamilkar rückte in drei Staffeln durch die Ebene vor; die erste
am Bagradas.
bildeten die Elefanten, die zweite die Kavallerie und die leichten
Truppen, den Schluß die schwere Infanterie. Als die beiden feind-
lichen Korps sich bereits unmittelbar seiner Tete, bezw. rechten Flanke
genähert hatten und wähnen mußten, ihn im nächsten Augenblick von
zwei Seiten angreifen zu können, ließ er plötzlich sämtliche Staffeln
kehrt machen. Während jedoch die beiden ersten gerade zurückgingen,
vollführte die schwere Infanterie eine Schwenkung, wodurch sie ihrer-
seits dem geradeaus vorrückenden Korps von Utika in die linke Flanke
gelangte. Denn tatsächlich hatten die beiden feindlichen Korps, die
plötzliche Rückwärtsbewegung der Karthager bemerkend und ein Ent-
kommen derselben befürchtend1, sich in beschleunigtem Tempo und
demgemäß gelockerter Formation auf die vorderste Staffel geworfen,
um wenigstens noch diese zwischen sich zu zerdrücken. Da traf sie
der Stoß der plötzlich aufgeschwenkten schweren Infanterie Hamilkars
in der linken Flanke; gleichzeitig machten auch die Elefanten, Reiter
und leichten Truppen, in gleicher Höhe angelangt, neuerdings kehrt
und schlössen sich dem Angriffe an.
Die Insurgenten hatten damit nicht nur den angestrebten Vor-
teil der Umfassung eingebüßt, sondern waren selbst in der Flanke
gefaßt; dazu war ihre Formation im Momente des ernstlichen Kampfes
bereits bedenklich gelockert. Die aufgelösten vorderen Linien wurden
1) Das Korps von Utika hatte hiezu einen bedeutend weiteren Weg zurück-
zulegen wie jenes aus dem Brückenkopfe; letzteres durfte daher erst aufbrechen, als
es ersteres bis auf eine gewisse Entfernung herangerückt wußte. — Die Meldung
vom Übergänge der Karthager muß den Söldnern bereits zugekommen sein, bevor
Hamilkar die ganze Armee herübergebracht hatte und zum Vormarsch ansetzen
konnte; sonst hätte er früher als das Korps von Utika vor dem Brückenkopf ein-
treffen müssen. Beides, sowohl die rechtzeitige Orientierung betreffs des Überganges
der Feinde, als das planmäßige Zusammentreffen der beiden getrennten Gruppen auf
dem Schlachtfelde wirft ein vorzügliches Licht auf die militärischen Qualitäten der
Insurgenten.
Zusammenhängende Darstellung'.
535
rasch geworfen und brachten auch die rückwärtigen, noch besser ge-
schlossenen Abteilungen in Verwirrung; das in der Flanke gepackte
Korps von Utika wurde in seiner ursprünglichen Marschrichtung in
das andere Korps hineingedrückt und dieses gegen den Fluß gedrängt.
In das wirre Chaos brachen die Keiter und Elefanten und vollendeten
die Niederlage. 6000 Insurgenten fielen, gegen 2000 wurden gefangen,
der Rest rettete sich teils in den Brückenkopf, teils in das Lager
von Utika1).
Die Meuterer hatten die Faust ihres alten Führers zu fühlen be-
kommen.
Vom Schlachtfelde weg marschierte Hamilkar sofort auf den
Brückenkopf. Die erschütterte Besatzung räumte ihn beim ersten An-
griff und zog sich auf das Hauptlager bei Tunes zurück. Die dadurch
unhaltbar gewordenen Detachements im Gebirge folgten ohne Zweifel
schleunigst ihrem Beispiel. Damit war die Straße und die Verbindung
mit Karthago frei. Desgleichen war Spendius gezwungen, die Be-
lagerung Utikas aufzuheben2).
1) Eine andere Auslegung- des taktischen Vorganges findet sich meines Wissens
nur bei Guischardt I, p. IT ff. Hier marschieren sämtliche Teile als Treffen hinter-
einander in entwickelter Linie; nach dem Kehrtmachen der vorderen Linien löst sich
das Treffen der schweren Infanterie in eine große Zahl kleiner paralleler Kolonnen
auf — dies die von Polybios erwähnte Schwenkung — um die Vordertreffen durch
die so entstandenen Intervalle hindurchzulassen, worauf letztere sich hinter ihr neu
formieren und auf beide Flügel aufmarschieren, während die Infanterie neuerdings
schließt; so wird dem Gegner eine normale Schlachtordnung mit der Infanterie in
der Mitte, der Kavallerie und den Elefanten auf den Flügeln entgegengestellt. —
Diese Auffassung hat, so einfach sie dem Wortlaute nach scheint, ihren Haken in
der Kompliziertheit der Vorgänge. Nicht nur, daß die Infanterie angesichts des
Zurückgehens der Vordertreffen das nichts weniger als einfache Abfallen in Einzel-
kolonnen durchführen und, was noch schwieriger ist, nach dem Durchgange jener
knapp vor dem Zusammenstoße wieder in die geschlossene Linie schließen
muß; auch die Vordertreffen müssen, um hindurchzukönnen, den nachdrängen-
den Feind unmittelbar im Rücken, sich in Kolonnen auflösen. Das gibt es
einfach nicht. — Auch mit dem Wortlaute des Polybios gerät diese Darstellung in
Konflikt. Der Text besagt ausdrücklich, daß die schwere Infanterie durch die
Schwenkung Front gegen den Feind nahm (76, 5). Damit stimmt die Auffassung
Guischardts nicht, die Front ist hier immer dieselbe. Die Reiter und Leichten
marschieren neuerdings auf, sobald sie mit der schweren Infanterie in gleiche
Höhe gelangt (76, 7), nicht aber, nachdem sie durch dieselbe hindurchmarschiert
waren. Letzterer Umstand wäre doch charakteristisch genug, um ausdrücklich er-
wähnt zu werden.
2) Polybios erwähnt dies im Zusammenhange nicht ausdrücklich, doch geht es
aus 75, 3, sowie aus den folgenden Ereignissen hervor.
Der Libysche Söldnerkrieg.
Hamilkar durchzog nun das flache Land, brachte die dort liegenden
Städte, die mit dem Feinde gemeinsame Sache gemacht hatten, mit Güte
oder Gewalt unter die Botmäßigkeit der Karthager zurück1), und eröffnete
hiedurch der bereits mit empfindlichen Verpflegungsschwierigkeiten
kämpfenden Hauptstadt ausgiebige Quellen für die Verproviantierung.
Der erste Foid- Karthago atmete auf; allein auch die Insurgenten gaben ihre
zug im Hmtor- ° ' o o
lande. Sache noch lange nicht verloren. Die erlittenen Verluste konnten aus
den reichen Reservoirs Libyens und Numidiens leicht ersetzt werden.
Hamilkar verzichtete zudem — ob aus persönlichen oder sachlichen
Gründen, ist schwer zu entscheiden — vorläufig auf ein gemeinsames
Operieren mit Hanno, der seinerseits gegen Mathos in dessen durch
eine Reihe schmaler Isthmen vortrefflich geschützter Position nichts
auszurichten vermochte. Noch weniger konnte es das kleine kartha-
gische Heer derzeit wagen, gegen die kolossal feste Hauptstellung bei
Tunes etwas zu unternehmen, um die Hauptstadt von diesem Damokles-
schwert zu befreien. Man mußte sich vorläufig mit kleineren Erfolgen
und einer allmählichen, planmäßigen Festigung der politischen und militä-
rischen Macht begnügen, bevor man jenen Hauptschlag versuchen durfte.
Die Niederlage des Spendius hatte übrigens auch zur Folge, daß
der ihm bisher wenigstens formell gleichgestellte Mathos die Oberleitung
nunmehr ganz an sich riß; er gab jenem überdies in dem Gallier
A utaritus einen koordinierten Befehlshaber an die Seite und in-
struierte beide, die Operationen Hamilkars beständig zu verfolgen, je-
doch die offene Ebene, in welcher die überlegene Kavallerie und die
Elefanten der Karthager zur vollen Wirkung kommen mußten, nach
Möglichkeit zu meiden, sich vielmehr hauptsächlich an die Randgebirge
zu halten und dort Gelegenheit zu vorteilhaften Unternehmungen zu
suchen. Gleichzeitig organisierte er die Ergänzung der Verluste durch
neue Aushebungen der Libyer und Numider.
Lokalisierung. Hier ist es nun von Wichtigkeit, den Raum beiläufig festzustellen,
innerhalb dessen dieser Teil des Feldzuges sich abspielte. Dafür geben
uns die allerdings sehr vagen Angaben der Quelle in Verein mit den
spezifischen Eigenschaften des Kriegsschauplatzes immerhin genügende
Anhaltspunkte.
1) Es muß im unmittelbaren Hinterlande Karthagos eine große Menge kleiner,
aber wohlhabender Städte gegeben haben, deren Lage und Namen heute nur zum
geringsten Teile bekannt sind; dieselben haben auch später wiederholt, insbesondere
im afrikanischen Feldzuge Scipios, eine analoge Rolle gespielt.
Zusammenhängende Darstellung. 537
Vor allem hatte sicherlich keine der beiden Parteien ein Interesse
daran, den Krieg allzuweit in das Innere des Landes hineinzuziehen.
Solange Tunes in feindlichem Besitz war, durfte Hamilkar sich nicht
allzuweit von der Hauptstadt entfernen, und ebenso mußte es Spendius
vermeiden, seine Verbindungen mit Tunes wie mit Mathos allzusehr
aufs Spiel zu setzen ; letzterer dürfte wohl selbst darauf gesehen haben,
daß ihm der campanische Heißsporn hübsch am Zügel blieb. Ferner
geht aus dem Wortlaute der Quelle klar hervor, daß sich diese Ope-
rationen in der Ebene und den dieselbe begleitenden Rand-
gebirgen abgespielt haben; Hamilkar, seinen Elefanten und seiner
überlegenen Kavallerie zuliebe in der ersteren, Spendius im Sinne der
Instruktion Mathos' ihm längs der letzteren folgend.
Nach all dem erscheint es klar, daß diese Operationen nicht mehr
als das unmittelbare Hinterland Karthagos, soweit es für die ge-
sicherte Versorgung der Hauptstadt in Betracht kam, umfaßten, d. h. die
fruchtbare und städtereiche Ebene des unteren Bagradas und der Miliana
(Ou. Miliane) einschließlich des Kessels von Zaghouane, und die Küstenebene
im Osten des Landes gegen Hadrumetum, die sogenannten „Emporien".
Über diesen Raum ins Innere vordringend kommt man zunächst ins
„Bled", die Halbwüste („demi-desert") des inneren Tunis, ein im all-
gemeinen gebirgiges, steiniges, wasser- und ressourcenarmes, unserem
Karste nicht unähnliches Land, und erst nach weiterem Vordringen,
also in großer Entfernung von Tunes und Hippakra, gelangt man wieder
in flacheres, fruchtbares Terrain. Was Hamilkar, der ja den Gang der
Operationen initiativ bestimmte — Spendius „folgte ihm nur längs der
Vorbergeu — hätte veranlassen sollen, jene Gegend aufzusuchen, wo
es bei ziemlichem Wasser- und Eessourcenmangel so gut wie nichts zu
holen gab, ist unerfindlich. Auch hätte er dort größtenteils stark
koupiertes Terrain vorgefunden, in welchem er seine Überlegenheit an
Kavallerie und Elefanten nur in beschränktem Maße hätte zur Geltung
bringen können. Die Quelle erwähnt dagegen ausdrücklich, daß er
vorwiegend in der Ebene manövrierte, indes Spendius längs der Rand-
berge seinen Bewegungen folgte; das trifft auf das „Bled" absolut
nicht zu. Bleibt daher nur der oben deduzierte Operationsraum.
Die beiden scharf geschiedenen Abschnitte dieses Operationsraumes,
das Bagradas-Milianabecken und die Küstenebene, sind durch ein im
großen und ganzen wenig wegsames Gebirge getrennt. Außer einigen
recht problematischen Bergpfaden gibt es insgesamt vier bessere Wege,
^oo Der Libysche Süldnerkrieg.
welche sie verbinden, dabei naturgemäß zum großen Teile defileeartigen
Charakter tragen. Der erste ist die alte Hauptstraße von Tunis längs
der Bahira und dem Golf, dann über die breite, flache Senke von
Grombalia an die Ostküste. Der zweite, die sogenannte „Khanguet"-
Straße, führt aus dem unteren Milianatale über Creteville und die
Senke zwischen den Dj. bou Kournine und dem Dj. Ressas gleichfalls
in die Senke von Grombalia. Der dritte Weg geht von Zaghouane
östlich über die Südausläufer des Dj. Sidi Zid und das Defilee von
Si. Jedidi in die Küstenebene gegen Hammamet; der vierte, vom vor-
genannten etwa 7 Kilometer östlich Zaghouane abzweigend, etwas
mehr südöstlich durch das Tal des Ou. Rmel gegen Bordj bou Ficha.
Keiner dieser Wege ist mehr als einen guten Tagmarsch lang;
Hamilkar konnte daher jederzeit mit einem einzigen Marsch aus der
einen Ebene in die andere gelangen, wo er wieder seine taktische
Überlegenheit voll auszunützen in der Lage war.
Im Gegensatze zu Tissot, der, wie wir später sehen werden, die
Operationen dieses Krieges bis weit in das „Bled" hineinreichen läßt,
sind Neumann1) und Meltzer2) der Ansicht, daß Hamilkar sich
überhaupt auf das linke Ufer des Bagradas beschränkt habe. Dies ist
ganz unmotiviert. Die ganze fruchtbare Ebene am Unterlauf dieses
Flusses bildet ein einheitliches Ressourcen- und Operationsgebiet;
Hamilkar mußte an der Unterwerfung der Städte des rechten Ufers
dasselbe Interesse haben wie an jener des linken; und ganz abgesehen
davon, daß er gleich nach der siegreichen Schlacht den Brückenkopf
an der Utikenser Straße in die Hand genommen, ist der Bagradas selbst
auch in seinem Unterlaufe durchaus kein solches Hindernis, daß er
eine siegreiche, ofFensivfähige und mobile Armee dauernd in ihrer Be-
wegungsfreiheit einschränken könnte. Seine Uferverhältnisse sind
fast durchwegs günstige, seine Stromgeschwindigkeit infolge des geringen
Gefälles selbst bei Hochwasser keine große. Eine kriegstüchtige Truppe,
die auch nur über die primitivsten technischen Mittel zum Brücken-
schlag verfügte, mußte den Übergang an jeder Stelle in wenigen
Stunden bewirken können. — Dazu kommt, daß der Bagradas in dieser
Gegend fast durchwegs mitten durch die Ebene fließt, Spendius daher
einen Übergang Hamilkars nicht hindern konnte, ohne — im Wider-
spruche mit dem klaren Wortlaute seiner Instruktion — seine Vorberge
zu verlassen und sich einem Kampfe im flachen Lande auszusetzen.
1) p. 173. 2) p. 379.
539
Zusammenhängende Darstellung.
In dem so umgrenzten und eingeschränkten Kriegsschauplatz wird
es uns auch leichter werden, die Ereignisse oder, richtiger gesagt, das
einzige Ereignis dieser Feldzugsepoche, das die Quelle erwähnt, zu
lokalisieren.
Spendius war also mit 6000 Mann, dann 2000 Galliern unter Auta-
ritus, aufgebrochen und folgte Hamilkars Bewegungen längs der Vor-
berge, auf eine Gelegenheit lauernd, wo er, durch das Terrain be-
günstigt, einen Erfolg über jenen erringen könnte. Solch eine Gelegen-
heit schien sich tatsächlich bald zu bieten. Hamilkar hatte in einem
rings von Bergen eingeschlossenen ebenen Kessel sein Lager geschlagen.
Zufällig traf es sich, daß gerade die von Mathos aufgerufenen und für
das Korps des Spendius bestimmten Verstärkungen, je ein Kontingent
der Libyer und Numider, im Anmärsche waren. Spendius ließ nun die
Libyer den Ausgang des Kessels in Hamilkars Marschrichtung, die
Numider jenen in seinem Rücken besetzen und nahm selbst in seiner
Flanke eine feste Stellung, so daß die Karthager tatsächlich in der Falle
saßen. Indes der Übergang der Numider, gegen 2000 an der Zahl, deren
Führer Naravas ein persönlicher Verehrer Hamilkars war, machte
diesem Luft. Als nun Spendius sah, daß er den Gegner nicht mehr Die Schiacht
wider seinen Willen festhalten könne, nahm er die von diesem ange- ei ep ens
botene Schlacht an, nachdem er sich zuvor mit den Libyern vereinigt
hatte. Der Sieg blieb den Karthagern, deren Elefanten abermals die
Entscheidung herbeiführten. Gegen 10000 Söldner sollen gefallen,
gegen 4000 in Gefangenschaft geraten sein. Spendius und Autaritus
retteten sich durch die Flucht.
Die Lokalisierung dieser Schlacht ist nicht so schwer, als es bei Lokalisierung
dem Fehlen jedes Namens im ersten Augenblick den Anschein hat.
Daß der Platz nicht in der Ebene, sondern im Gebirge lag, und zwar
in recht ausgesprochenem Gebirge, ist klar: denn nur in einem solchen
kann ein Talkessel durch Besetzung der ein- und ausführenden Defileen
vollkommen gesperrt werden. Ein solches Gebirge gibt es innerhalb
unseres deduzierten Kriegstheaters nur eines, d. i. jenes, welches die
beiden großen ebenen Abschnitte trennt. Innerhalb dessen haben wir
nun nach einem Kessel zu suchen, der geräumig genug ist, nicht nur für
ein Lager, sondern auch für eine offene Feldschlacht mit Verwendung
von Elefanten, andererseits durch Sperrung des Aus- und Einganges
vollkommen eingeschlossen werden kann und überdies dem Ein-
1) Siehe die Übersetzung im „Anhang" III.
540 Der Libysche Söldnerkrieg.
schließenden noch eine dritte, sichtlich auf einem anderen Wege er-
reichbare, die Marschrichtung des Gegners flankierende Stellung ge-
stattet. Das in einem verhältnismäßig eng begrenzten Raum keine
große Auswahl an Lokalitäten sein wird, die so komplizierten Be-
dingungen entsprechen, liegt auf der Hand.
Wenn wir von einer Örtlichkeit absehen, die wir später mit noch
viel größerer Sicherheit für eine andere Affaire in Anspruch nehmen
werden, und deren Identität mit der hier in Rede stehenden, wenn sie
bestehen würde, doch unbedingt in der Quelle erwähnt sein müßte; —
so bleibt uns tatsächlich nur ein einziger Platz übrig, auf den
alle abgeleiteten Eigenschaften widerspruchslos passen: der drei-
eckige Talkessel, den die alte Pilgerstraße „Khanguet el
Hadjaj", der zweite der von uns früher bezeichneten Hauptver-
bindungswege des Kriegsschauplatzes, zwischen Creteville und Grombalia
passiert; nebenbei erwähnt, dasselbe Terrain, in dem sich fast hundert
Jahre später schwere Kämpfe zwischen den Karthago belagernden
Römern und der punischen Feldarmee abspielten; auf einer der den
Kessel westlich umschließenden Höhen lag die Bergstadt Nepheris,
der Stützpunkt der letzten Feldarmee Karthagos.
Wir können uns nun ganz gut vorstellen, daß Hamilkar, von der
Ostküste über die breite Senke von Grombalia gegen die untere Miliana
marschierend, entweder das enge Defilee von Hamman-Lif gesperrt fand,
oder — wahrscheinlicher — mit Rücksicht auf die unangreifbare Stellung
bei Tunes von vornherein einen weiter südlich gelegenen Weg wählte
und daher von Grombalia auf jene Straße einbog. Daß er aus dieser
Richtung und nicht umgekehrt in den Kessel gelangte, geht aus Grün-
den hervor, die später beleuchtet werden sollen. Spendius, der ihm
auf Bergpfaden folgte und von dem Anmarsch des libyschen und numi-
dischen Kontingentes Kenntnis hatte, dirigierte das erstere auf die
Paßhöhe, die den Kessel von der Niederung von Creteville trennt,
das letztere zu dem Defilee, das aus ihm in die Ebene von Grombalia
hinausführt; er selbst, ohnehin bereits im Gebirge befindlich, nahm
Stellung in Hamilkars linker Flanke, dort wo ein mäßiger Bergpfad
in einen etwa 5 Kilometer entfernten, kleinen Kessel (bei der Quelle
AeelDjenane) führt. Gibt es doch von hier aus sowohl mit der öst-
lichen wie mit der westlichen Ebene ähnliche Verbindungen, die den
natürlichen Weg des Spendius bildeten, wenn er Hamilkars Marsch
auf der Khanguetstraße der Instruktion Mathos' gemäß begleiten wollte.
Zusammenhängende Darstellung-. 541
Der Kessel, in dem Hamilkar lagerte, hat die Form eines Drei-
eckes. Sein Ostausgang ist ein durch kulissenartig vorspringende,
steile, dicht bewaldete Hügel stark eingeengtes ßachdefilee; im Nord-
und Südwesten führen die betreffenden Zugänge über wasserscheidende
Pässe, die zahlreiche, durch steile Schluchten getrennte Querriegel
aufweisen. Zwischen diesen beiden Pässen ist das die Ebene um-
säumende Gelände wenn auch nicht bequem, so doch gangbar; jeden-
falls ist hier eine Verbindung* der beiden die Pässe besetzt haltenden
Korps längs der Höhen denkbar, ohne daß diese von dem in der Ebene
stehenden Gegner gestört werden könnte. Anders liegen die Verhält-
nisse zwischen dem Südpasse und dem Ostdefilee; hier steigen dicht
bewaldete Höhen ziemlich unmittelbar aus der Ebene auf; die einzige
praktikable Kommunikation zwischen beiden führt am Fuße längs des
Randes der Ebene und liegt somit im unmittelbaren Wirkungsbereiche
des den Kessel haltenden Gegners. Da nun Spendius, nachdem Hamil-
kar bereits in Schlachtordnung aufmarschiert war, sich noch ungestört
mit den Libyern vereinigen konnte, so können diese nur auf dem
Passe gegen Creteville zu gestanden haben; die Numider demnach
beim Ostdefilee, wo in dem Zwickel zwischen dem Ou. bou Abid und
dem Ou. bou Houta ein sehr geeigneter, besonders für Reiterei günstiger
Lagerplatz sich findet. Da aber nach dem Wortlaute des Textes die
Libyer v o r , die Numider hinter Hamilkar standen, so erhellt daraus, daß
dieser vonGrombalia her in den Kessel marschiert ist und nicht umgekehrt.
Der Kessel selbst wird von einem sehr steil und tief einge-
schnittenen Bach, dem Ou. bou Abid, durchflössen, der als schweres
Hindernis später bei den Kämpfen um Nepheris (siehe Kap. VI)
eine entscheidende Rolle gespielt hat. Ob derselbe auch in der Schlacht
Hamilkars zur Geltung kam, wissen wir nicht, da uns keinerlei Details
dieses Kampfes überliefert sind. Notwendig ist es nicht. Hamilkars
Front stand der Sachlage entsprechend gegen Westen oder Südwesten ;
in diesem Falle ist südlich des Baches, gerade im ebensten Teile des
Kessels, immerhin ein hindernisloser Raum von ca. 1 V2 Kilometer Breite,
der schließlich für die relativ kleinen Heere, die sich hier maßen,
genügte. Dabei ist es noch möglich, daß auch nördlich des Baches
Abteilungen kämpften; das Hindernis hatte in diesem Falle lange nicht
jene verhängnisvolle Bedeutung wie in der Schlacht des dritten Puni-
schen Krieges, in der die Römer, von Nordwesten angreifend, mit dem
Bache quer im Rücken schlugen.
542
Der Libysche Söldiierkrieg.
Hamiik.us Unter dem Eindrucke des Sieges machte Hamilkar den Versuch
Friedens- ?
versuch, durch unerwartete Milde dem Kriege vollends ein Ende zu machen.
Er nahm sämtliche Gefangene, die hiezu bereit waren, in seine Dienste,
die übrigen entließ er ungeiährdet in ihre Heimat, allerdings mit dem
Bedeuten, daß sie, ein zweitesmal mit Waffen in der Hand ergriffen,
keine Schonung mehr zu erwarten hätten. Er hoffte, durch dieses
Vorgehen im Verein mit dem alten Zauber seines Namens und seiner
Persönlichkeit den größten Teil der Gegner zum Übertritt zu veran-
lassen. Tatsächlich machte sich alsbald eine Bewegung in diesem
Sinne geltend. Die Führer der Insurgenten jedoch, die selbstverständ-
lich von einem Frieden mit Karthago das Schlimmste für ihre Person
zu fürchten hatten, wußten durch dasselbe Mittel wie zu Beginn des
Krieges den Ausgleich zu verhindern. Unter falschen Vorspiegelungen,
unterstützt durch den obligaten Terrorismus, veranlaßten sie die Truppen
zu einer Grausamkeit, die für die Karthager jedes weitere Paktieren
endgültig ausschließen mußte. Das Opfer war Gisko, der sich seit
den gescheiterten ersten Verhandlungen als Geisel im Gewahrsam der
Meuterer zu Tunes befand. Er wurde nebst den anderen gefangenen
Karthagern grausam zu Tode gemartert und selbst die Auslieferung
der Leichname verweigert. Dies war die Antwort auf Hamilkars
unverhoffte Milde. Nun konnte freilich von einem Frieden nicht mehr
die Rede sein; nur die volle Vernichtung eines Teiles konnte dem
Kriege ein Ende machen.
Hamjikar und j)as ais0 war das Ergebnis zweier großer Siege. Kaum merklich
geschwächt, nicht im geringsten in ihrer Bewegungsfreiheit einge-
schränkt, stand die feindliche Hauptmacht nach wie vor im Felde,
bedrohte von Tunes aus Karthago, und die Hoffnung auf einen baldigen
Frieden war illusorischer denn je. Ein solches Resultat war begreiflicher
Weise Wasser auf die Mühle der Feinde Hamilkars. Gegen seine Führung
war nichts einzuwenden, das zeigten die Siege am Bagradas und bei
Nepheris; die Schuld an der mangelhaften Ausnützung dieser Siege
konnte somit nur in den beschränkten Mitteln liegen, über die er ge-
bot, die ihm wohl erlaubten zu siegen, nicht aber die Früchte des
Sieges zu pflücken. Der Vorschlag, den die Oligarchenpartei darauf
aufbaute, war denn auch scheinbar durchaus harmlos, ohne jede Spitze
gegen den hochverdienten Feldherrn: da die kleine Armee, die er
führte, zu einem durchschlagenden Erfolge nicht ausreichte, so sollten
in Hinkunft beide Armeen, über die Karthago verfügte, also jene
Zusammenhängende Darstellung. 543
Hamilkars und jene Hannos, gemeinsam operieren. Die beiden Feld-
herrn waren nach wie vor einander gleichgestellt und hatten sich in
den Oberbefehl zu teilen.
Die Folgen dieser scheinbar sachlichen, in Wahrheit aber persön-
lichen Motiven entsprungenen Maßregel zeigten sich bald. Die Kriegs-
geschichte kennt nur sehr wenig Fälle, wo der koordinierte Oberbefehl
zweier Feldherrn sich dauernd bewährt hätte; das Beispiel des
Prinzen Eugen und Marlboroughs steht in seiner Art vereinzelt
da. Ganz unmöglich aber wird dieses Verhältnis, wenn die beiden
Führer persönliche Feinde sind. Trotz der Vereinigung der Streit-
kräfte nahm der Feldzug sofort eine für die Karthager ungünstige
Wendung. Die beiden Feldherrn hinderten sich gegenseitig; nicht
nur kein Erfolg war unter diesen Umständen zu erringen: die Passi-
vität und Planlosigkeit der Karthager gab bald auch im freien Felde
den Gegnern das Übergewicht. U t i k a , das Hamilkar entsetzt hatte,
ward längst wieder belagert; an der Sache Karthagos verzweifelnd,
bot die Stadt schließlich Rom ihre Unterwerfung an. Die Römer
lehnten ab. So entschlossen sich die Utikenser in der höchsten Not,
sich den Insurgenten lieber anzuschließen als sich von ihnen vernichten
zu lassen. Um sich die Verzeihung für ihren langen Widerstand zu
verdienen, töteten sie die 500 Mann starke punische Garnison, warfen
die Leichen über die Mauer und verweigerten deren Auslieferung an
Karthago. So hatten sie ihre Sinnesgleichheit mit den Leuten des
Mathos und Spendius überzeugend dokumentiert, und ihrem formellen
Übertritt stand nichts mehr im Wege.
Um dieselbe Zeit, wohl unter dem Eindruck des Überganges von
Utika, trat endlich auch Hippakra auf Seite der Insurgenten. Da-
mit war der ganze Norden und Westen des Landes in ihrer Hand,
und das Korps des Mathos wurde frei für weitere Unternehmungen1). —
Noch war die Reihe der Schicksalsschläge für Karthago nicht
erschöpft. Kurz vorher war Sardinien durch einen ähnlichen
1) Die Ansicht Meltzers (II 3SI), daß Mathos gleich nach der zweiten Nieder-
lage des Spendius die Belagerung von Hippakra aufgegeben und sich mit letzterem
vereinigt hätte , hat wenig für sich ; seine Erwähnung bei Pol. I, 79 besagt nur,
daß er die dort erzählte Greueltat mit. anregte, nicht einmal aber, daß er in jener
ausführlich geschilderten Versammlung anwesend war; und selbst, wenn dem so ge-
wesen wäre, so konnte er ganz gut zu diesem Zwecke für seine Person vorüber-
gehend in das Lager von Tunes sich begeben haben, ohne deshalb die Belagerung
von Hippakra aufzuheben.
Kromay er- Veith, Antike Schlachtfelder III. 35
Hannos
Rücktritt.
544 Der Libysche Söldnerkrieg.
Aufstand verloren gegangen. Und um dieselbe Zeit, als die beiden
Hafenstädte der Nordküste zum Feinde abfielen, vernichtete ein Sturm
die gesamte von den „Emporien" an der Ostküste zur See nach der
Hauptstadt gesandte Zufuhr. Es war die günstigste Gelegenheit für
die eben in den Besitz unbeschränkter Operationsfreiheit gelangte
Insurgentenarmee, den entscheidenden Schlag zu führen, und Mathos
ließ sich die Gunst der Verhältnisse nicht entgehen; gestützt auf
Tunes begann er die Belagerung Karthagos.
So hatte die heimtückische Maßregel der Oligarchenpartei tat-
sächlich den Staat hart an den Rand des Abgrundes gebracht, und es
blieb nichts übrig, als das unselige Doppelkommando fallen zu lassen.
Formell überließ man die Entscheidung dem Heere; es sollte selbst
den Feldherrn bezeichnen, der das Kommando niederzulegen hätte.
Das Resultat konnte nicht zweifelhaft sein. Hanno mußte abtreten;
Hamilkar aber übergab — unter seiner Oberleitung — dessen Heeres-
abteilung an einen gewissen Hannibal und nahm ungesäumt die
Offensive auf.
Die Belagerung Indessen war in Karthago die Not aufs höchste gestiegen; nur
mit Hilfe seines Todfeindes Rom und des schlauen Hiero von Syrakus
vermochte es sich noch zu halten. Endlich begann sich die Offen-
sive Hamilkars fühlbar zu machen. An eine Entsatzschlacht konnte
die karthagische Feldarmee mit Rücksicht auf die vortreffliche Rücken-
deckung, welche der Gegner in der Position von Tunes besaß, nicht
denken. Aber so wie Karthago auf die Verpflegung zur See, so waren
die Insurgenten auf jene zu Lande, aus Libyen und Numidien, an-
gewiesen, und Hamilkar beeilte sich, als Herr des flachen Landes alle
diese Verbindungen abzuschneiden. So kamen die auf dem Isthmus
lagernden Insurgenten bald in die gleiche Notlage wie die von ihnen
belagerte Hauptstadt, und schließlich blieb ihnen nichts übrig als die
Belagerung aufzuheben.
Sie scheinen zunächst nach Tunes zurückgegangen zu sein1) mit
der Absicht, sich von da nach Maßgabe der Lage gegen Hamilkar zu
wenden. Dieser aber nahm, als er den nächsten Hauptzweck erreicht
sah, sofort, wie einst nach der Schlacht am Bagradas, seine Streifungen
im Hinterlande wieder auf, wo es manches in der letzten Zeit Ver-
lorene wiederzugewinnen galt.
1) Pol. I 84, 3.
Zusammenhängende Darstellung. 545
Auch der Feind tat das Gleiche wie damals. Wieder brach, zweiter Feldzug
,, , . _ .. -i 1 t 1 01 t • • < . im Hinterlande.
während Mathos bei Tunes zuruckblieb, Spendius mit Autaritus,
dem Libyer Zarzas und auserlesenen Truppen auf, um ähnlich wie
das erstemal die Operationen Hamilkars in den Vorbergen zu begleiten
und auf eine günstige Gelegenheit zu einem Hauptschlage zu lauern,
wie sie ihm damals bei Nepheris scheinbar nur durch den Verrat des
Naravas entschlüpft war. Indes es ging von Hause aus schlecht.
Insbesondere scheint die gegen das erstemal bedeutend gesteigerte
Truppenzahl die für derartige Unternehmungen besonders unerläßliche
Manövrierfähigkeit ungünstig beeinflußt zu haben. Die vorzügliche
Qualität des Truppenmaterials konnte die Schwerfälligkeit der Führung
nicht wettmachen, am allerwenigsten einem solchen Meister des Be-
wegungskrieges gegenüber, wie Hamilkar es war. Bald spielte er
mit dem Gegner wie die Katze mit der Maus; hier ward eine
Abteilung der Insurgenten abgeschnitten und aufgehoben; dort eine
andere im Hinterhalt vernichtet oder in plötzlich aufgezwungenem
Kampfe blutig zurückgeschlagen. Und Hamilkar kannte keine Milde
mehr ; wer lebend in seine Hände fiel, kam vor die Füße seiner Elefanten.
So zwang er den Feind zur Aufgabe jeder Detachierung, lähmte
seine Aufklärung und machte ihn reif für die Katastrophe.
Mit geschlossener Macht folgte Spendius dem vor ihm herziehenden Erschliessung
karthagischen Heere, als er dieses plötzlich in unangreifbarer Stellung un<^Sc^ac^)t am
sich gegenüber gelagert fand. Der Feldherr der Insurgenten tat das
Nächstliegende, aber in diesem Falle Schlechteste: er schloß vor dem
Feinde auf. Im nächsten Momente sah er sich in der Falle. Das
Terrain begünstigte die allseitige Einschließung; wo es nicht reichte,
hatten die Karthager mit Kunst der Natur nachgeholfen.
Die Einschließung" war eine vollständige, nirgends ein Ausweg.
Ein Durchbruchsversuch, mit anderen Worten die Schlacht, schien erst
recht aussichtslos, da alle Chancen des Terrains und der Kräfte-
gruppierung auf Seite der Karthager waren; im voraussichtlichen
Falle einer Niederlage war keine Bückzugsmöglichkeit gegeben, und
daß auf die Gnade des Siegers nicht zu rechnen war, hatten die Er-
eignisse der letzten Tage zur Genüge dargetan. So blieb nichts übrig
als passiv zu bleiben und auf Entsatz von Tunes zu hoffen.
Die Zeit verging, und es begann an Lebensmitteln zu mangeln.
In der Not verzehrten sie die wenigen Gefangenen, die sie hatten,
1) Siehe die Übersetzung- in „Anhang" IV.
35*
546 Der Libysche Sülduerkrieg.
dann die Sklaven. Mathos kam nicht. Endlich drohte die Ver-
zweiflung der Massen sich gegen die Führer zu richten, und so machten
denn diese den letzten, aller Voraussicht nach erfolglosen Versuch, mit
dem unerbittlichen Sieger Verhandlungen anzuknüpfen. Wider Er-
warten erklärte Hamilkar sich zu Verhandlungen bereit. So erschienen
denn die Führer der Insurgenten, zehn an der Zahl, darunter Spendius,
Autaritus und Zarzas, im karthagischen Lager. Hamilkar erklärte,
den freien Abzug ohne Waifen und Train bewilligen zu wollen, wenn
er zuerst zehn von den Feinden, nach seiner freien Auswahl, aus-
geliefert erhalten hätte. Die scheinbar so günstige Bedingung wurde
sofort angenommen ; Hamilkar aber erklärte gleich die zehn Anwesenden
als die Erwählten und ließ sie festnehmen.
Die Söldner erfuhren die Gefangennahme ihrer Führer, ohne von
dem Pakte zu wissen. Die Empörung über den vermeintlichen Bruch
des Völkerrechtes mischte sich mit der Verzweiflung über ihre nun-
mehr vollends hoffnungslose Lage; in wilder Wut griffen sie zu den
Waffen, um in aussichtslosem Kampfe wenigstens ihr Leben teuer zu
verkaufen.
Und aussichtslos war der Kampf in der Tat. Konzentrisch, von
den Höhen herab, wie seine Stellung es mit sich brachte, ging Ha-
milkar gegen die Meuterer vor. In die allseits zusammengedrängten
Massen brachen die punischen Elefanten und taten furchtbare Arbeit.
Gefangene wurden nicht gemacht. Die zehn verhafteten Anführer
waren die einzigen der Ihrigen, die den Tag überlebten; das ganze
Korps wurde restlos vernichtet.
Lokalisierung. Diese furchtbare Vernichtungsschlacht hat selbst Dichter und
Künstler inspiriert1); kein Wunder, wenn sie als einzige dieses von
der militärischen Geschichtsschreibung bisher arg vernachlässigten Feld-
zuges immerhin einige Lokalisierungsversuche erfahren hat.
Polybios gibt für diesen Zweck zwei Anhaltspunkte: die wenigstens
allgemeine Charakteristik des Platzes und seinen Namen, der gleich-
falls eine wichtige lokale Charakterisierung enthält.
Von der allgemeinen Charakteristik erwähnt er, daß der Platz
für Hamilkar sehr günstig, für die Söldner denkbar ungünstig be-
schaffen war; wie dies zu verstehen ist, erhellt daraus, wie der pu-
1) G. Flauberts bekannter Roman „Salambo"; G. Surands Gemälde, die
Vernichtung der Söldner durch die Elefanten Hamilkars darstellend.
Zusammenhängende Darstellung. 547
irische Feldherr diese Gunst bzw. Ungunst des Terrains ausnützte: zu
einer vollkommenen Einschließung des Gegners. Eine solche mußte
also durch die Natur des Terrains wesentlich begünstigt werden; daß
aber die Natur allein zu diesem Zwecke nicht ausreichte, erhellt wieder
aus der Angabe, daß „Graben und Wall" zur Einschließung erforder-
lich waren1). Das Terrain im Inneren der Einschließungslinie muß
zum größten Teile flach gewesen sein, da Hamilkars Elefanten all-
seitig zu guter Wirkung kommen konnten.
Aus all diesen Anhaltspunkten ergibt sich die Vorstellung von
einem ziemlich geräumigen Talkessel mit verhältnismäßig flacher Sohle
dessen Randhöhen, stellenweise durch künstliche Befestigungen ergänzt
oder verstärkt, dem Einschließenden volle Sturmfreiheit und die Mög-
lichkeit einer vollkommen geschlossenen Zernierungslinie boten.
Der zweite Anhaltspunkt der Quelle betrifft den Namen: die
Schlacht fand statt „bei dem Orte, der den Namen ,7t q l w v'
(= ,Säge') führt, nach der Ähnlichkeit seiner For-
mation mit dem Werkzeuge dieses Namens"2).
Diesen von der Quelle direkt gegebenen Anhaltspunkten können
wir noch einen dritten hinzufügen: der Platz muß innerhalb jenes
Raumes gesucht werden, der, wie wir oben abgeleitet, für diese Ma-
növer im Hinterlande Karthagos allein in Betracht kam. Die dort
gelegentlich der ersten analogen Kriegsepoche geltend gemachten Gründe
blieben für beide Teile auch jetzt unverändert maßgebend; noch immer
durfte sich weder Hamilkar zu weit von Karthago entfernen, noch
Spendius von Tunes; hiefür spricht auch der von da erwartete Ent-
satz. Noch immer hätte ein Verlegen der Operationen ins „Bled" für
keine Partei, am allerwenigsten für die die Initiative haltenden
Karthager, irgend einen Sinn gehabt. Nach wie vor haben wir uns
also diese Operationen in dem Räume zwischen dem untern Bagradas
und der Ostküste zu denken, und die Charakteristik des Platzes, die
unbedingt ausgesprochene Bergformen fordert, verweist abermals auf
1) Pol. I 84, 9. Diese Stelle ist zweifellos so aufzufassen, daß Hamilkar dort,
wo das Terrain allein zur Einschließung nicht ausreichte, diese durch Linien ver-
vollständigte, nicht aber, wie Neu mann a. a. 0. p. 178 zu glauben scheint, daß
die Insurgenten sich gegen ihn durch Wall und Graben geschützt hätten. Letzteres
ist selbstverständlich dabei durchaus nicht ausgeschlossen; die Worte des Textes be-
ziehen sich jedoch zweifellos nicht hierauf, sondern auf die Einschließungslinien Ha-
milkars.
2) Pol. I 85, 7.
.48
Der Libysche Süldnerkrieg.
Iiishorigo Ver-
suche.
jenes Gebirgsland, das die beiden ebenen Abschnitte des Kriegsschau-
platzes scheidet Innerhalb dieses Berglandes haben wir somit nach
dem beschriebenen Talkessel und vor allem nach der an eine Säge
erinnernden Terrainform zu suchen.
Bevor wir daran gehen, wollen wir erst die bisher vorliegenden
Lokalisierungsversuche betrachten. Es sind deren zwei:
Tissot >) verlegt die Schlacht in einen Kessel des Berglandes am
Oued Nebaana, unmittelbar südlich dieses Flusses, knapp unterhalb
der Vereinigung seiner beiden Quellflüsse Ou. el Ksob und Ou. Marouf,
mit dessen schmalem Tale durch den Engpaß „Foum el Kofel" (nach
den neuen französischen Karten „Foum es Gouafel") verbunden. Wir
haben gelegentlich unserer Expedition von Sousse nach Zama auch
diesen Ort besucht.
Taktisch würde er sich für die überlieferten Vorgänge schon
eignen. Es ist ein scharf umgrenzter Kessel mit drei Ausgängen:
von Südosten nach Nordwesten wird er von einer gut erhaltenen
„Piste"2) durchquert, und außerdem führt von Osten her ein mäßig
guter Saumweg von Djebibina über die Quelle Aine-es-Sif in den
Kessel. Das steinige, mit wildem Gestrüpp bewachsene Terrain zwischen
den Zugängen ist schwierig, doch nicht an und für sich absolut un-
gangbar; eine leichte Nachhilfe durch künstliche Befestigung kann
die Einschließung zu einer vollständigen machen.
Würde der Platz somit der ersten Anforderung recht gut ent-
sprechen, so ist dies jedoch bezüglich der übrigen nicht der Fall.
Vor allem liegt er mitten im „Bled", also außerhalb des in Be-
tracht kommenden Kriegsschauplatzes. Die Entfernung von Tunes be-
trägt in der Luftlinie ca. 100 Kilometer, doch liegen zahlreiche un-
wegsame Gebirgsmassivs dazwischen, so daß die praktikable Verbindung
wohl bedeutend höher veranschlagt werden kann. Die Gegend ist
weit und breit verkarstet und gänzlich unfruchtbar und ressourcenlos ;
überdies hat der Kessel, wenn es nicht regnet, kein Trinkwasser,
da sowohl der Ou. Nebaana als die Quelle A'ine-es-Sif außerhalb
der taktisch gegebenen Zernierungslinie liegen; die Eingeschlossenen
hätten daher viel früher durch Durst als durch Hunger zu gründe gehen
müssen.
1) a. a. 0. I p. 545 ff.
2) „piste" nennt man in Tunis die das Innere durchquerenden Karawanenwege:
im weiteren Sinne wohl auch alle nicht chaussierten Kommunikationen.
Zusammenhängende Darstellung. 549
Entspricht somit der Platz seiner strategischen Lage nach nicht,
so trifft auch das wichtigste Merkmal, die Ähnlichkeit des Terrains
mit einer Säge, nicht zu. Die Bezeichnung „Ttglcov" ist hier ganz
unmotiviert. Die Formation der Bergketten ist nicht anders als an
unzähligen anderen Stellen dieses Berglandes, ja aller Bergländer
überhaupt. Solche „Sägen", wie die den Kessel nordwestlich ab-
schließenden Kämme des Dj. Ouar und Dj. bou Guetrane — die beiden
südlichen Stockmassivs des Dj. bou Hadjar und Dj. Melez kommen
noch weniger in Betracht — gibt es hunderte in allen Teilen dieses
an ausgesprochenen, ja auffallenden Terrainformen so reichen Landes,
besonders aber im „Bled". Hier muß ein Ort, der den speziellen
Namen „Säge" verdienen soll, schon in weit höherem Maße an die
Eigenart dieses Instrumentes erinnern, als dies bei Tissots „itqUöv" der
Fall ist. —
Ein zweiter Lokalisierungsversuch findet sich in der „ C o 1 1 e c -
tion des guides-Ioanne, Algerie et Tunisie", Paris
1906, pag. 370. Nach dieser wäre der Schauplatz der Schlacht der
Kessel an der Khanguet-Straße. Den wissenschaftlichen Ursprung
dieser Hypothese zu eruieren ist mir trotz umfassender Nachforschungen
selbst bei den ersten Autoritäten auf diesem Gebiete in Tunis und
Algier nicht gelungen. Ich neige zu der Ansicht, daß G. Flauberts
seinerzeit vielgelesener Roman „Salambö" diese Lokalisierung auf dem
Gewissen hat; dafür spricht, daß hier wie dort die unrichtige Be-
zeichnung, „deflle de la hach e" gebraucht wird, in den „guides"
allerdings in Klammer beigefügt: „ou plus exactement de la scie".
Nebenbei bemerkt paßt die phantastische Beschreibung Flauberts
nicht im geringsten auf die in Rede stehende Lokalität.
Dieser Platz, den wir für die bei Pol. I 77 f. geschilderte Schlacht
zwischen Hamilkar und Spendius in Anspruch genommen haben,
wurde dortselbst genau beschrieben; er würde sich tatsächlich
sowohl taktisch wie auch strategisch eignen, da er an einer der
das vielgenannte Bergland durchquerenden Straßen in der nächsten
Nähe von Tunes liegt und das Terrain selbst die geschilderten Vor-
gänge durchaus möglich erscheinen läßt. Was aber hier gar nicht
stimmt, ist die Bezeichnung „rtgicov". Das Terrain hat in keinem
Teile auch nur die entfernteste Ähnlichkeit mit einer Säge1). Der
1) Siehe Bild Nr. 48.
;,;,(> Der Libysche Söldnerkriegf.
Kessel ist rings von meist bewaldeten Bergkuppen umgeben; nur aus
weiter Ferne grüßen die Bergspitzen des Dj. bou Kournine und des
Dj. Ressas herüber, ersterer ist übrigens von der Talsohle aus fast
nirgends sichtbar. Damit fällt auch diese Hypothese, und es erübrigt
uns, in dem ohnehin ziemlich eng begrenzten Räume nach einem
anderen, passenderen Orte zu suchen. —
RichtiKe Beinahe durch einen Zufall ist es mir geglückt, einen Platz zu
Lokalisierung. ° ° '
entdecken, dessen in die Augen springende Auffälligkeit und bequeme
Lage es geradezu als ein Wunder erscheinen läßt, daß er für das
/r^i'wv-Problem noch nicht herangezogen worden ist.
Als ich etwa Mitte Februar 1908, nach Beendigung unserer Unter-
suchung auf den caesarianischen Schlachtfeldern, von Sousse nach Tunis
fuhr, um dort einige Kommissionen für die bevorstehende Expedition
ins Innere des Landes zu besorgen, fiel mir unweit der Station Bir
bou Rekba1) ein westlich der Bahn sich hinziehender Hügelzug auf,
dessen Kamm in solch auffallendem Grade einer schartigen Säge glich,
daß es mir augenblicklich klar wurde, wenn überhaupt irgendwo, so
müsse hier der Name „Ttgicov" am Platze sein. Da ich keine Detail-
karte der Gegend bei mir hatte, entwarf ich rasch eine Skizze des
sich mir bietenden Bildes nebst beiläufiger Bestimmung des Punktes
der Bahn, von dem sich mir der Anblick geboten. Hiedurch wurde
es mir möglich, die Örtlichkeit auf der in Tunis sofort beschafften
Karte genau zu bestimmen und zugleich aus derselben zu entnehmen,
daß der Platz auch taktisch in jeder Hinsicht entsprechen dürfte.
Eine eingehende Besichtigung der Örtlichkeit, zu der ich nach unserer
Rückkehr aus dem Innern des Landes Gelegenheit fand, bestätigte in
allem meine Vermutungen und Schlüsse, und ich glaube hiemit das
7r^/wv-Problem definitiv und einwandfrei gelöst zu haben.
Was nun den für den Nachweis wichtigsten Abschnitt des Terrains,
die „Ttgicov" -Kette selbst, betrifft, so handelt es sich hier um eine der
interessantesten geologischen Formationen des Landes, an die sich
übrigens auch eine niedliche Sage knüpft:
„Allah wollte, daß die Stadt Kairo uan gegründet werde,
und befahl dem frommen Sidi el Hani, sie zu bauen. Der Heilige
aber sprach: ,Herr, Dein Wille geschehe; aber siehe, es sind keine
Steine hier, um die Häuser zu errichten.' Da streckte Allah die
1) ca. 5 km westlich Hammamet.
Bild 36: Dj. ed Jedidi, nordöstlicher Teil, von Osten gesehen.
Djebel ed Jedidi.
Bild 37: Djebel ed Jedidi, südwestlicher Teil, von Osten gesehen.
Dj. Jenano.
.Argoub Bei'da.
(Lagor Hamilkars).
Bild 38: Der Argoub Bei'da, von Osten gesehen.
Zusammenhängende Darstellung. 55 \
Hand aus, und es trat eine Rippe der Erde hervor, sieben
Tagereisen lang. Sidi el Hani aber lobte die Allmacht Allahs,
nahm die Steine von der Rippe der Erde und baute die Stadt
Kairouan, welche die Hauptstadt der Gläubigen geblieben ist bis
auf den heutigen Tag."1)
So ungefähr lautete die Sage, wie sie mir erzählt wurde. Die
„Rippe der Erde" aber ist ein höchst eigentümlicher, schmaler Felsen-
grat, der sich mit kurzen Unterbrechungen ziemlich geradlinig von
der Ebene von Kairouan bis gegen Hammamet in einer Ausdehnung
von mehr als 100 Kilometern hinzieht.
Die Form ist nicht überall die gleiche. Im allgemeinen besteht
die Rippe aus drei eng zusammengeschobenen, fast senkrecht aufge-
türmten Bruchschichten, die stellenweise ganz im Niveau der Ebene
hinlaufen und dort erst aus der Nähe als eine dreifache Reihe wirrer
Felsblöcke sich dem Auge darbieten; so in der flachen Niederung
zwischen Djebibina und der Ostküste. Stellenweise jedoch nehmen
sie die Form schmaler, langgestreckter Hügelketten von fast messer-
artiger Gestalt an, deren Oberteil in einen wild zerrissenen Felsen-
grat übergeht, der nun allerdings bezüglich der Ähnlichkeit mit einer
Säge nichts zu wünschen übrig läßt. In dieser Form haben wir sie
an dem von mir konstatierten Orte vor uns. Die beigefügten Bilder
mögen die Beschreibung vervollständigen (Bild 36, 37).
Der Platz entspricht also zunächst in weitestgehender Weise der
in dem überlieferten Namen liegenden Charakteristik. Er entspricht
aber nicht minder dem militärischen Kalkül, strategisch wie taktisch.
Er liegt innerhalb des Raumes, den wir für diese Epoche als das
wahrscheinliche Kriegstheater abgeleitet, und zwar an der dritten der
oben aufgezählten das Bergland durchquerenden Straßen, dem Wege
Zaghouane — Sidi Jedidi— Hammamet. Die Entfernung von Tunis be-
trägt ca. 70 Kilometer auf der bequemen Straße über Grombalia ge-
messen; auf einem Bergpfade über den Sattel Dj. es Serra ist der
Platz von jener Stadt mit 50 Kilometer Marsch zu erreichen. Das
erwartete Entsatzheer konnte also, wenn es sein mußte, in zwei,
längstens drei Tagen zur Stelle sein.
Nicht minder stimmt die Sache bezüglich der taktischen An-
forderungen, die aus der Quelle resultieren.
1) Kairouan ist noch heute der religiöse Mittelpunkt der tunesischen Araber.
.">.") 2 Der Libysche Söldnerkrieg.
Die fragliche Hügelkette, der Dj. Menzel Moussa, Dj. ed
Jedidi und dessen nordöstliche gleichartige Fortsetzung ist dem Ge-
birgsmassiv des Dj. Harbi und Dj. Jenane schräg vorgelagert; im
Südwesten tritt sie so nahe an dasselbe heran, daß dort nur ein
schmales Defilee den Eintritt in den Zwischenraum freiläßt; von da
divergieren beide Höhenlinien, indem der westliche Bergzug nach
Norden verläuft, die östliche Hügelkette jedoch nach Nordosten. Die
dazwischenliegende Talniederung ist im Nordosten durch einen mäßig
steilen Querriegel, den Argoub Beida, der sich vom Dj. Jenane
senkrecht gegen die Hügelkette hinüberschiebt, abgeschlossen. So ent-
steht ein dreieckiger Kessel, der überall nur schmale Ausgänge be-
sitzt, im ganzen vier: den schon erwähnten Eingang im Südwesten,
den Paß bei Sidi bou Lefaa über die Prionkette zwischen dem
Dj. Menzel Moussa und dem Dj. ed Jedidi, und den Durchbruch des
Ou. Damouss bei' Sidi Jedidi durch ebendieselbe; endlich den Ge-
birgspfad, der im Nordwesten beim Douar Ouled Salem in die Berge
führt, um über den Sattel des Dj. es Serra das Tal des Ou. el Hamma,
eines Nebenflusses des Ou. Miliane, zu erreichen, und der die früher
erwähnte kürzeste Verbindung mit Tunis darstellt.
Die den Kessel einschließenden Hänge zwischen diesen Pässen
sind fast überall schwer, stellenweise überhaupt nicht passierbar. Die
oberen Teile der eigentlichen 7cgl(ov-Kette, des Dj. ed Jedidi und Dj. Menzel
Moussa, sind auch für einzelne Kletterer absolut unzugänglich. Längs
der Kammlinie der westlichen Berge Dj. Harbi und Dj. Jenane zieht
sich eine fast ununterbrochene, gegen den Kessel abfallende Felsen-
wand hin, stellenweise in mehreren Stufen; auch auf den diesen
Bergen gegen den Kessel zu vorgelagerten Rückfallkuppen sind ähn-
liche Felsabstürze vorhanden. Gut gangbar ist einzig der Querriegel
Argoub Beida, der aber wieder mit seinem glacisartigen Abfall und
dem Ou. Damouss vor der Front i) einer entsprechend starken Truppen-
macht eine vorzügliche Schlachtstellung nebst den günstigsten Bedin-
gungen für den Lagerschlag bietet (Bild 38).
Außer dem Ou. Damouss, der unter normalen Verhältnissen Wasser
führt, finden sich am Westrande des Kessels Quellen; die Ein-
geschlossenen waren daher nicht ohne Trinkwasser.
In diesem Terrain können wir uns nun die überlieferten Vorgänge
mit größter Deutlichkeit veranschaulichen.
1) Ein schweres Hindernis ist dieses Bächlein allerdings nicht.
Zusammenhängende Darstellung. 553
Hamilkar hatte sich, von Zaghouane her durch das südwestliche
Defilee den Kessel betretend, auf dem Riegel des Argoub Beida ge-
lagert und erwartete hier die auf demselben Wege anmarschierenden
Insurgenten. Vorher hatte er rings um den Kessel Detachements ver-
teilt, und zwar gedeckt hinter allen Ausgängen, dann auf jenen Teilen
der Höhen, die zur Einschließung der Nachhilfe durch Befestigungen
bedurften. Als die Feinde den Vormarsch durch Hamilkars Stellung
gehemmt sahen, schlössen sie vor seiner Front auf. Sofort sperrte das
hinter dem Dj. Azrek postierte Detachement den Eingang des Defilees;
in der Folge mag es sich, der feindlichen Queue folgend, bis an den
Ausgang des Engpasses vorgeschoben haben. Unterdessen wurde die
Front des Argoub Beida, alle Ausgänge und die wegsamen Teile der
Hänge durch Wall und Graben abgesperrt. Die so durch Zusammen-
wirken von Natur und Kunst entstandene zusammenhängende Zer-
nierungslinie lief demnach über den Argoub Beida, den südwestlichen
Teil des Dj. ed Jedidi, den Paß von Sidi bou Lefaa, den Nordrand
des Dj. Menzel Moussa, westlich desselben quer über den Weg auf
die gegenüberliegende Höhe, dann nach Norden über die Kuppe 174
auf die durch eine doppelte Felsstufe vortrefflich geschützte Höhe 234;
von da quer über den oberen Ou. Damouss und den erwähnten Berg-
pfad zurück zum Argoub Be'ida.
Die Insurgenten hatten, als sie sich eingeschlossen sahen, jeden-
falls auch sofort ein festes Lager geschlagen; dies erhellt aus der
Tatsache, daß Hamilkar zur Vernichtungsschlacht erst ansetzen konnte,
als jene, über die Verhaftung ihrer Führer erbittert, ihrerseits zu
den Waffen griffen. Ihr Lager dürfte höchst wahrscheinlich auf dem
Rücken 161 — 166 gelegen haben. Daß Hamilkar diese Doppelhöhe
nicht zuvor selbst besetzt hatte, ist aus dem Grunde wahrscheinlich,
weil die dahinterliegende Höhe 234 infolge ihrer Felsstufen weit
günstigere Bedingungen für die Einschließung bot. Es hatte sogar
einen Vorteil, wenn die Insurgenten einen zur Verteidigung geeigneten
Lagerplatz fanden, sonst hätte man auf einen verzweifelten Durch-
bruchsversuch noch vor Fertigstellung der Zernierungslinie rechnen
müssen.
Die Vernichtungsschlacht selbst haben wir uns so zu denken, daß
zunächst die Insurgenten vor ihrem Lager, Front gegen Hamilkars
Hauptlager, aufmarschierten; ihnen entgegen ging Hamilkars Haupt-
kraft mit dem Gros der Elefanten vom Argoub Beida über den Ou.
55 I
Der Libysche Süldnerkrieg.
Tunes ').
Damouss frontal vor, während die Detachements, jedenfalls unter fort-
gesetzter Festhaltung der Ausgänge durch zurückgelassene kleinere
Abteilungen, gegen Flanke und Kücken der Gegner vorbrachen. Die-
jenigen Detachements, die durch flacheres Terrain vorzurücken hatten,
dürften auch mit Elefanten dotiert gewesen sein.
So angelegt, konnte die Schlacht allerdings nicht anders enden
als mit der gänzlichen Vernichtung des Insurgentenkorps durch das
Schwert des ersten Feldherrn seiner Zeit.
Dieser große Sieg sah doch endlich aus wie eine wirkliche Ent-
scheidung. Die meisten libyschen Städte gaben die Sache der Söldner
verloren und machten ihren Frieden mit Karthago. Ohne Widerstand
zu finden, durchstreiften Hamilkar, Hannibal und Naravas, wie es scheint
getrennt, das Innere und nahmen überall die Unterwerfung entgegen.
Dann aber sah Hamilkar endlich den Moment gekommen, den letzten
elaTnn«"SnV°n Schlag zu führen und wandte sich mit der ganzen Armee gegen Tunes,
um Mathos daselbst abzutun und damit den Krieg zu beenden.
Lange genug hatte er gezögert, diesen Hauptstützpunkt der Feinde
anzugreifen. Solange die Insurgenten über die Mittel verfügten, um
außer einer ausreichenden Besetzung dieser Hauptbasis noch eine mobile
Armee ins Feld zu stellen, wäre ein Angriff auf erstere, der bei ihrer
Stärke die ganze karthagische Streitkraft absorbieren mußte, mehr als
gewagt, wäre ein unverantwortliches Risiko gewesen. Jetzt erst, nach-
dem ein beträchtlicher Teil der feindlichen Streitkräfte vernichtet und
durch den Übertritt Libyens eine Ergänzung dieser Verluste unter-
bunden war, konnte der punische Feldherr an den Hauptschlag denken.
Wie gewagt die Sache selbst jetzt noch war, zeigt der Ausgang des
Unternehmens.
Wie wir gesehen, lag die Stadt Tunes auf der schmälsten Stelle
des Isthmus zwischen der Bahira und der Sebkra es Sedjoumi2);
nördlich der Stadt, auf dem Hügel des „Belvedere", befand sich das
befestigte Lager der Söldner. Eine einheitliche, geschlossene Zer-
nierungslinie war da ganz unmöglich; man mußte die Belagerung in
zwei getrennten Gruppen durchführen, deren einzige Landverbindung
auf dem gut 25 Kilometer langen Umwege um die Sebkra es Sedjoumi
1) Siehe die Übersetzung' im „Anhang" V.
2) Der Isthmus ist heute ca. 1 Va Kilometer breit; im Altertum dürfte er eher
schmäler gewesen sein, möglicherweise kann die Bahira bis an die Hügel gereicht
haben.
Zusammenhängende Darstellung. 555
lief. Für den Befehls- und Meldedienst war man auf den näheren
Wasserweg durch die Bahira, die von den karthagischen Schiffen be-
herrscht wurde, angewiesen.
Hamilkar setzte sich südlich der Stadt fest, unzweifelhaft auf den
Höhen, welche heute von den Forts „Manoubia" und „Sl ben Hacen"
gekrönt sind und, den Isthmus sperrend, die Stadt von dieser Seite
beherrschen; Hannibal lagerte gegenüber der Nordfront, jedenfalls
gleich nördlich des Belvederehügels, in der Richtung gegen Karthago
Hannibal machte sich nun den Spaß, die in seinem Gewahrsam
befindlichen, vor der itqito »'-Schlacht festgenommenen Insurgenten-
führer, darunter Spendius, Autaritus und Zarzas, im Angesichte des
feindlichen Lagers ans Kreuz schlagen zu lassen. Mathos aber rächte
sich furchtbar. Die mangelhaften Sicherungsmaßnahmen Hannibals aus-
nützend, machte er einen Ausfall, erstürmte das Lager und nahm
Hannibal selbst gefangen, der sofort an das Kreuz des Spendius ge-
nagelt wurde; dreißig andere vornehme Karthager teilten sein Schicksal.
Hamilkar hatte nicht helfend einzugreifen vermocht. Bei der
großen Entfernung und dem Mangel freier Sicht erfuhr er überhaupt
spät von der Aifaire; als er endlich Meldung erhielt, hätte der einzig
mögliche Marsch um die Sebkra doch nicht mehr helfen können.
Augenblicklich hob er die verunglückte Belagerung auf und marschierte
— jedenfalls um die Sebkra es Sedjoumi herum und dann über die
Senke zwischen dem Dj. Amar und Dj. Naheli — an die Mündung
des Bagradas, wo er ein Lager schlug.
Dieser Ausgang der Belagerung läßt es, wie bereits angedeutet,
grell genug erkennen, wie gewagt diese Unternehmung selbst jetzt
noch gewesen war und wie riskiert sie erst früher hätte sein müssen,
als der Feind noch außerdem über eine mobile Feldarmee verfügte.
Der Hauptgrund lag eben in der geradezu idealen Beschaffenheit der
tunesischen Stellung. Ganz abgesehen von ihrer für die Beobachtung
und Bedrohung Karthagos vorzüglich geeigneten Lage, war sie auch
in einer seltenen Weise unangreifbar. Während die Position,
aus zwei großen Stützpunkten, dem Lager und der Stadt Tunes
bestehend, einen entsprechenden Raum beherrschte und demzu-
folge große Bewegungsfreiheit nach allen Seiten gewährleistete, war
die Verbindung zwischen den beiden Gruppen durch die Lage voll-
kommen gesichert und damit der einzige Nachteil, den solche kom-
binierte Stellungen sonst haben, ausgeschaltet. Der Angreifer aber
556 Der Libysche Söldnerkrieg.
war gezwungen sich zu teilen, und zwar derart, daß nicht nur die
anmittelbare Fühlung beider Teile und die Möglichkeit der gegen-
seitigen Unterstützung ausgeschlossen war, sondern überhaupt die Ver-
bindung nur auf großen Umwegen hergestellt werden konnte. Mathos
hat sich diese Umstände trefflich zunutze zu machen gewußt. Inwie-
weit ihm mangelnde Sicherung der Karthager dabei entgegengekommen
ist, mag dahingestellt bleiben; es erscheint fraglich genug, ob auch
bei guter Sicherung das isolierte Korps Hannibals dem Angriff der
feindlichen Hauptkraft hätte Widerstand leisten können, bis das Ein-
greifen Hamilkars fühlbar wurde.
Hamilkars folgende Maßregel zeigt am besten, wie ernst er die
Lage auffaßte. Der sofortige Marsch an die Bagradasmündung be-
deutet nichts anderes als das letzte Mittel, um eine eventuelle neuer-
liche Absperrung Karthagos vom Hinterlande zu verhindern. Zu
diesem Zwecke galt es die doppelte Barriere, welche die Halbinsel
im Westen abschloß und schon einmal zur Isolierung der Hauptstadt
ausgenützt worden war, wenigstens an einem Punkte in die Hand
zu nehmen. Hiefür eignete sich — vom Standpunkte Hamilkars —
allerdings die Bagradasmündung am besten. Von hier konnte die
Verbindung mit Karthago längs der Küste aufrechterhalten, beide
Barrieren flankiert werden, und weiterhin hatte man beiderseits des
Flusses gegen das Innere des Landes freien Weg; ein sofortiger
Brückenschlag, der ja keine besonderen Schwierigkeiten bot, war selbst-
verständliche Voraussetzung. Wollte der Feind diese Absicht durch-
kreuzen, so mußte er den Kampf in der Ebene annehmen, wo Hamilkar
mit Rücksicht auf seine Reiterei und vor allem die Elefanten sich
auch jetzt noch taktisch überlegen fühlen durfte. Damit war wenig-
stens die unmittelbare Gefahr beseitigt und die Vorbedingung für
eine neuerliche Offensive geschaffen.
Hanno wieder Um die erlittenen schweren Verluste — Hannibals Korps scheint
fast ganz aufgerieben worden zu sein — zu ersetzen, rüsteten die
Karthager die letzte verfügbare Mannschaft aus und stellten sie
Hamilkar zur Verfügung; allerdings mußte er sich unter dem Eindruck
der erlittenen Schlappe, deren Verantwortung ihn als den Oberfeld-
herrn schließlich mittraf, gefallen lassen, daß ihm an Stelle des ge-
kreuzigten Hannibal wiederum Hanno als Mitfeldherr aufgezwungen
wurde. Indessen wurde die Pille verzuckert; eine Deputation von
Zusammenhängende Darstellung. 557
dreißig Batsherren ward abgesandt mit dem Auftrag, die beiden feind-
lichen Feldherren zu versöhnen. Hamilkar fügte sich und nahm die
Offensive im Verein mit Hanno wieder auf.
Zum drittenmal rollte der Bewegungskrieg durch das Hinterland Dritter Foidzug
Karthagos, diesmal längs der Ostküste hinab bis gegen Leptis. Die
Insurgenten kommandierte diesmal Mathos selbst, doch nicht mit mehr
Glück als Spendius. Die beiden karthagischen Korps setzten ein förm-
liches Kesseltreiben auf ihn in Szene; planmäßig trieb ihn einer dem
andern zu; wo er sich stellte, erlitt er Schlappe um Schlappe, darunter
eine schwere bei Leptis selbst. Endlich ging ihm der Atem aus; in
der Gefahr, durch das überlegene Manöver der Gegner vollends auf-
gerieben zu werden, entschloß er sich zu der bisher ängstlich ver-
miedenen offenen Entscheidungsschlacht. So wenig Chancen ihm diese
auch bot, so wollte er immerhin alles daran setzen, um sich vielleicht
doch den Erfolg zu sichern : er gab sämtliche festen Plätze, die er noch
hielt, — darunter jedenfalls auch Tunes und das dortige Lager — auf,
und brachte so den letzten verfügbaren Mann auf das Schlachtfeld.
Auch die Karthager hatten sich vollkommen konzentriert.
So schlugen beide Teile die Schlacht mit der vorgefaßten Über- Die
zeugung, daß sie endlich den Krieg entscheiden müsse. Der Sieg Ent^^gs"
blieb, wie vorauszusehen, den Karthagern. Der größte Teil der Insur-
genten fand den Tod auf dem Schlachtfelde, wenige retteten sich in
eine nahe Stadt, wo sie sich bald darauf ergaben. Mathos selbst ge-
riet lebend in die Hände der Sieger und starb nach dem Einzüge des
siegreichen Heeres in Karthago den Martertod.
Wo die Entscheidungsschlacht stattgefunden hat, ist uns ebenso-
wenig bekannt wie die Einzelheiten ihrer Anlage und ihres Verlaufes.
Von allen großen Ereignissen dieses Krieges ist sie das einzige, dessen
Lokalisierung uns die Überlieferung nicht gestattet. Sie direkt nach
Leptis zu verlegen, wie Neumann1) will, geht nicht an; denn die
Erwähnung dieser Stadt bei Polybios bezieht sich ganz ausdrücklich
auf ein vorhergehendes Treffen, nicht aber auf die Hauptschlacht selbst;
vielmehr haben wir zwischen beiden Affären nach dem Wortlaute des
Textes noch ein größeres Zeitintervall anzunehmen, innerhalb dessen
beide Teile sich konzentrierten2).
1) p. 179.
2) Ebenso willkürlich und historisch unbeweisbar ist selbstverständlich die
Lokalisierung Flauberts in dem mehrfach erwähnten Roman „Salambö", obwohl
;>:>s
Der Libysche Sölduerkrieg.
Ende des
Krieges
Dauer des
Krieges
Jetzt endlich war die Entscheidung gefallen, der Krieg zu Ende.
Die wenigen Städte und Landstriche, die noch zu den Meuterern gehalten
hatten, unterwarfen sich den Siegern; nur Utika und Hippakra,
dieselben, die erst am längsten bei Karthago ausgeharrt, setzten jetzt
den Widerstand auf eigene Faust fort. Hamilkar und Hanno teilten
sich in die Aufgabe ihrer Niederwerfung und kamen rascher zum Ziele
als Mathos und Spendius; in kurzem mußten beide Städte auf die von
Karthago diktierten Bestimmungen kapitulieren.
Drei Jahre und vier Monate hatte der Krieg gedauert1). Eine
genaue Aufteilung der einzelnen Ereignisse auf diesen Zeitraum er-
scheint problematisch, da positive Angaben fehlen und, wie es scheint,
in diesem Feldzuge der Winter keine Unterbrechung der Operationen
hervorgerufen hat, somit eine natürliche Zergliederung in Perioden,
wie sie sich auf nordischen Kriegstheatern gewöhnlich ergibt, entfällt. —
Als Sieger in schwerstem Kampfe, mehr noch: als Retter aus
schwerster Gefahr, betrat Hamilkar Barkas seine Vaterstadt. Vor
solchem Erfolge mußte der Neid seiner mächtigen Gegner verstummen.
Die Dankbarkeit des Volkes und das Vertrauen der Armee sicherten
ihm dauernd jene Stellung, die es ihm ermöglichen sollte, einen der größten
Entwürfe, die je eines Menschen Geist ersonnen, in Tat umzusetzen.
Schon im nächsten Jahre ging er nach Spanien, um dort, ganz nach
eigenen Ideen und auf eigene Faust, eine neue Basis für die erschütterte
Großmachtstellung seines Vaterlandes zu schaffen, eine Basis zugleich
auch für eine der großartigsten kriegerischen Unternehmungen, welche
die Geschichte kennt.
dieselbe — am Südufer der Bahira bei Rades — manches für sich hat; die Stadt,
in welche die Flüchtlinge sich retteten, könnte dann Maxula oder vielleicht auch
Tunes gewesen sein; doch wäre es dann wieder wunderlich, daß dieser der ganzen
Darstellung geläufige Name hier nicht genannt wird.
1) Polyb. I, 88, 7. — Die Angaben bei Diodor XXV, 11 (4 Jahre 4 Monate)
und Livius XXI, 9, l (5 Jahre) sind unmöglich, weil Hamilkar erst im Jahre 241
das Kommando in Sizilien niederlegte und schon im Jahre 238 nach Spanien ging.
Vgl. Neumann a. a. 0. p. 180 und Meltzer a. a. 0. p. 376.
Anhang.
Übersetzung des Quellenberichtes1).
(Polyb. I. 65—88.)
I. Die Schlacht bei Utika.
Cap. 74. (1) Hanno betrieb nun die Rüstungen so eifrig wie mög-
lich ; denn für diese Aufgabe war er hervorragend befähigt. Im Felde
an der Spitze des Heeres jedoch war er ein anderer: (2) es fehlte ihm
die Gabe, die Gelegenheit zu nützen, er war ungeschickt und schwer-
fällig. (3) Er zog zuerst gegen Utika, um die Belagerten zu entsetzen,
setzte die Gegner durch seine zahlreichen Elefanten in Schrecken —
er hatte nicht weniger als hundert — und errang gleich anfangs
einen vollständigen Sieg, wußte aber diesen so schlecht auszu-
nützen, daß er nicht nur sein Heer, sondern auch die Belagerten
beinahe ins Verderben stürzte. (4) Er ließ nämlich sämtliche
Geschütze und Belagerungswerkzeuge aus der Stadt herausziehen,
schlug hier ein Lager und unternahm einen Sturm auf den Wall der
Feinde. (5) Dem gewaltigen Anprall der ins Lager eindringenden
Elefanten vermochten die Feinde nicht stand zu halten und räumten
insgesamt dasselbe. (6) Viele fanden den Tod durch die Tiere ; die übrigen
aber raillierten sich auf einer steilen und bewachsenen Höhe, im Vertrauen
auf die Sicherheit dieses Ortes. (7) Hanno aber, gewohnt mit Libyern
und Numidern Krieg zu führen, die, wenn einmal geschlagen, die Flucht
zwei bis drei Tagemärsche fortsetzen, hielt auch jetzt den Krieg
für beendet, den Sieg für entschieden, (8) und ohne sich um die Truppen
oder das Lager weiter zu kümmern, begab er sich für seine Person
in die Stadt, um seinen Leib zu pflegen. (9) Die auf der Höhe rail-
lierten Söldner aber — in der Schule des kühnen Barkas gebildet und
von den sizilischen Kämpfen her gewohnt, sich oft an ein und dem-
1) Im folgenden sind nur die für die Lokalisierung in Betracht kommenden Dar-
stellungen der Hauptschlachten aufgenommen.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 36
560 Der Libysche Süldnerkrieg.
selben Tage bald zurückzuziehen, bald erneut auf den Feind zu
werfen — sahen, daß der Feldherr sich in die Stadt begeben habe, seine
Truppen aber, durch den Erfolg sorglos gemacht, sich zerstreut aus
dein Lager entfernten; da machten sie einen geschlossenen Angriff auf
den Wall des Gegners, (11) töteten eine Anzahl der Feinde und warfen
die übrigen in schmählicher Flucht gegen die Mauern und Tore der
Stadt. (12) Sie bemächtigten sich auch des ganzen Trains und der
Geschütze, die Hanno nebst anderem Kriegsmaterial hatte aus der Stadt
schaffen lassen und nun in die Hände des Feindes fallen ließ
IL Übergang und Schlacht am Bagradas.
Cap. 75 (4) Was er (Hamilkar) aber bei dieser Expedition
vollführte, war folgendes: Die Erdhügel, welche die Landenge, die
Karthago mit Libyen verbindet, quer durchziehen, sind unwegsam und
nur auf künstlichen Straßen, die über sie in das Hinterland führen,
zu überschreiten. (5) Auf diesen Hügeln nun hatte Mathos alle wich-
tigen Punkte mit Detachements besetzt; und da der Fluß Makara, der
stellenweise analog die Verbindung der Stadt mit dem Hinterlande
sperrt, infolge seiner Wassermassen für gewöhnlich unpassierbar ist
und nur eine einzige Brücke aufweist, so hatten sie auch diese durch
Errichtung eines Brückenkopfes gesichert. (6) Infolge dieser Maß-
regeln konnte nicht nur keine Armee der Karthager in das Hinterland
ziehen, sondern es entgingen selbst einzelne, die den Übergang versuchten,
nicht leicht dem Feinde. (7) Unter diesen Verhältnissen kam Hamilkar,
gewohnt jede Gelegenheit und jedes Mittel auszunützen, mit Rücksicht
auf die Schwierigkeit des Durchbruches auf folgende Idee : (8) Es war
ihm bekannt, daß die Mündung des genannten Flusses ins Meer beim
Eintritt gewisser Winde sich mit Sand fülle und sich so nächst der
Mündung eine seichte Furt bilde. Unter strenger Geheimhaltung seines
Planes ließ er alles für den Abmarsch des Heeres bereitstellen und
wartete auf das Eintreten des erwähnten Ereignisses. (9) Als der
Moment kam, brach er des Nachts auf, und mit Tagesanbruch hatte
er die ganze Streitkraft unbemerkt an der vorerwähnten Stelle hinüber-
geführt. (10) Sowohl den Karthagern in der Stadt als auch der feind-
lichen Armee erschien das Manöver ganz überraschend ; Hamilkar aber
trat den Marsch durch die Ebene an und nahm Direktion auf den
Brückenkopf.
Cap. 76. (1) Als die Truppen des Spendius begriffen, was vorging
Anhang. Übersetzung des Qnellenberichtes. 561
zogen sie ihm in die Ebene entgegen, in der Absicht gegenseitigen
Zusammenwirkens: die Besatzung des Brückenkopfes in der Stärke von
10000 Mann, das Belagerungskorps von Utika in der Stärke von
15000 Mann. (2) Als sie gegenseitig in Sicht kamen, glaubten
sie bereits die Karthager in die Mitte genommen zu haben, setzten
sich miteinander in Rufverbindung und gingen zum Angriff auf die
Feinde über. (3) Hamilkar aber führte sein Heer in folgender Ordnung:
in der ersten Staffel die Elefanten, in der zweiten die Eeiter und die
leichten Truppen, zuletzt das schwerbewaffnete Fußvolk. (4) Als er nun
den überhasteten Angriff des Feindes wahrnahm, ließ er seine sämtlichen
Abteilungen kehrt machen. (5) Die beiden Vorderstaffeln nun ließ er
nach der Kehrtwendung rasch zurückgehen; in der Queuestaffel jedoch
ließ er eine Schwenkung machen und stellte ihn mit der Front gegen
den Feind auf. (6) Die Libyer und Söldner, in der Meinung, daß die
Feinde erschreckt flöhen, lösten ihre Verbände und warfen sich kräftig
auf sie, um sie zu verfolgen. (7) Sobald aber die Reiter mit denen,
welche bereits Front gegen den Feind gemacht hatten, in gleiche Höhe
gekommen waren, machten auch sie wiederum kehrt, um den Kampf auf-
zunehmen, und gleichzeitig rückte die ganze Heeresmacht vor: unter dem
überraschenden Eindrucke dieses Vorganges packte ein jäher Schrecken
die Libyer, und da sie bemerkten, daß sie schlecht und vereinzelt an
den Feind gekommen seien, so wandten sie sich zur Flucht. (8) Die
vorderen Reihen stießen auf die rückwärtigen und brachten sich und
jenen Verderben; der größte Teil wurde zusammengetreten, da die
Reiter und die Elefanten über sie kamen. (9) Gegen 6000 Libyer und
Söldner fielen, gefangen wurden etwa 2000; die übrigen flohen teils in
den Brückenkopf, teils in das Lager von Utika. (10) Nachdem Hamilkar
auf die angeführte Art den Sieg erfochten, folgte er dem Feinde auf
dem Fuße; den Brückenkopf nahm er im ersten Anlauf, da die Feinde
ihn räumten und sich nach Tunes flüchteten; dann durchstreifte er
das übrige Land und bewog einzelne Städte zur Übergabe, die meisten
aber nahm er mit Gewalt. . . .
III. Die Schlacht im Talkessel (bei Nepheris).
Cap. 77. Mathos setzte indessen die Belagerung von Hippakra
fort. Dem Autaritus aber, dem Anführer der Gallier, und dem Spen-
dius gab er die Instruktion, mit den Feinden in Fühlung zu bleiben,
(2) mit Rücksicht auf die Überlegenheit der feindlichen Armee an
36*
562 Der Libysche Söldnerkrieg.
Kavallerie und Elefanten das flache Land zu meiden, dagegen sich
neben ihnen auf den Vorbergen hinzuziehen und. falls sie in eine un-
günstige Lage kämen, sie jedesmal anzugreifen. (3) Während er diese
Pläne entwarf, sandte er zugleich zu den Numidern und Libyern und
forderte sie auf, Hilfstruppen zu senden und die günstige Gelegenheit
zur Befreiung nicht zu versäumen. (4) Spendius aber nahm von der
Besatzung von Tunes eine Anzahl Soldaten jedes Stammes, im ganzen
gegen 6000 Mann, und begleitete mit ihnen die Bewegungen der Kar-
thager längs der Vorberge; außer den genannten hatte er noch die
Gallier unter Autaritus, welche nur noch gegen 2000 Mann stark
waren; (5) denn der Rest des ursprünglichen Standes war während
des Feldzuges am Eryx zu den Römern übergegangen. (6) Als nun
Hamilkar in einer rings von Bergen eingeschlossenen Ebene sein Lager
schlug, traf es sich, daß zur selben Zeit die Hilfstruppen der Numider
und Libyer zum Korps des Spendius stießen. (7) Und als sich nun
plötzlich gegen die Karthager in der Front das Lager der Libyer er-
hob, das der Numider im Rücken und das des Spendius in der Flanke,
so sahen sie sich in einer großen Gefahr, aus der es schwer schien
herauszukommen.
Cap. 78. [Nach ausführlicher, aber belangloser Schilderung des
Überganges des Naravas]:
(9) Nach Abschluß des Vertrages führte Naravas die ihm unter-
stehenden Numider, gegen 2000 Mann, hinüber, (10) Hamilkar aber,
verstärkt durch diese Streitmacht, bot dem Feinde die Schlacht an.
Spendius vereinigte sein Korps mit den Libyern, stieg in die Ebene
hinab und nahm den Kampf mit den Karthagern auf. (11) Den Sieg
in der entbrannten scharfen Schlacht errang Hamilkar infolge der
glänzenden Haltung der Elefanten, und da auch Naravas sich hervor-
ragend verwendbar zeigte. Autaritus und Spendius retteten sich durch
die Flucht, von den anderen fielen gegen 10 000 und gegen 4000 wurden
gefangen
IV. Die Schlecht am „tcqUov".
Cap. 84 (9) Endlich legte er (Hamilkar) sich ihnen über-
raschend vor an einem Orte, der ebenso ungünstig für sie war als
günstig für sein Heer, und brachte sie in solche Not, daß sie weder
den Kampf wagen noch eine Möglichkeit des Entkommens sehen
konnten, weil sie rings von Wall und Graben eingeschlossen und
Anhang*. Übersetzung des Quellenberichtes. 563
schließlich aus Hunger gezwungen waren, sich gegenseitig aufzu-
zehren: (10) der gerechte Lohn des Schicksals für die gottlosen Frevel,
die sie an anderen begangen hatten. (11) Zum Kampf auszurücken wagten
sie nicht, da ihnen die Niederlage sowie im Falle der Gefangennahme
die Strafe sicher war; um Frieden anzusuchen, kam ihnen noch
weniger in den Sinn, da sie sich ihrer Taten bewußt waren. (12) Auf
Grund der Versprechungen ihrer Anführer warteten sie jedoch immer
noch auf Hilfe von Tunes und waren entschlossen, alles auf sich zu
nehmen.
Cap. 85. Als sie aber in ihrer Gottlosigkeit die Gefangenen
zu ihrer Nahrung getötet und ebenso die Sklaven verzehrt hatten,
und keine Hilfe von Tunes erschien, (2) so drohte sichtlich die Wut
der Menge über das Unheil sich gegen die Führer zu wenden, und
Autaritus, Zarzas und Spendius nebst den ihnen nächststehenden faßten
daher den Entschluß, sich dem Gegner auszuliefern und mit Hamilkar
wegen des Friedens zu verhandeln. (3) Nachdem sie einen Parlamentär
geschickt und die Zusicherung freien Geleites erhalten hatten, erschienen
sie, zehn an der Zahl, bei den Karthagern. (4) Hamilkar stellte ihnen
folgende Bedingungen: Die Karthager sollten zehn von den Feinden,
welche sie wollten, aussuchen dürfen; die übrigen könnten mit dem
Kleide auf dem Leibe abziehen. (5) Nach der Annahme erklärte Ha-
milkar sofort, er wähle den Bedingungen gemäß die Anwesenden. So
bemächtigten sich die Karthager des Autaritus und Spendius und der
übrigen vornehmsten Anführer. (6) Als die Libyer die Festnahme
ihrer Anführer erfuhren, glaubten sie, da sie von dem Vertrage keine
Kenntnis hatten, es sei an ihnen Verrat geübt worden, und griffen
aus diesem Grunde zu den Waffen. (7) Hamilkar aber schloß sie mit
den Elefanten und den übrigen Truppen ein und vernichtete sie voll-
ständig, über 40000 an der Zahl, bei dem Orte, der den Namen
„Ttgitov" führt nach der Ähnlichkeit seiner Formation mit dem Werk-
zeuge dieses Namens.
V. Die Belagerung von Tunes.
Cap. 86 (2) (Hamilkar, Hannibal und Naravas)
rückten vor Tunes, um Mathos zu belagern. (3) Auf der Seite gegen
Karthago zu schlug Hannibal sein Lager, auf der entgegengesetzten
Hamilkar. (4) Sie führten den Spendius und die mit ihm Gefangenen
unter die Mauer und schlugen sie im Angesichte der Feinde ans Kreuz.
564 Der Libysche Söldnerkrieg.
(.")) Als aber Mathos die Sorglosigkeit und Siegeszuversicht desHannibal
bemerkte, machte er einen Ausfall gegen den Wall, tötete viele Kar-
thager und warf alle aus dem Lager hinaus, erbeutete das ganze
Kriegsmaterial und nahm den Feldherrn Hannibal lebend gefangen.
(()) Ihn nun führten sie sofort zum Kreuze des Spendius, und nachdem
sie ihn qualvoll gemartert, nahmen sie jenen herunter, hängten
den Hannibal noch lebend hinauf und schlachteten noch dreißig vor-
nehme Karthager um die Leiche des Spendius, (7) wie denn diesmal
das Schicksal fast geflissentlich bald dem einen und bald dem anderen
Teil Gelegenheit gab, sich maßlos an dem Feinde zu rächen. (8) Bar-
kas erfuhr erst spät den aus der Stadt erfolgten Ausfall infolge der
Entfernung der beiden Lager; und auch nachdem er Meldung er-
halten, eilte er jenen nicht zu Hilfe wegen der Schwierigkeit des
Zwischenterrains. Er brach daher von Tunes auf, marschierte zum
Flusse Makara und schlug an der Mündung des Flusses in das Meer
sein Lager.
Beilage.
Heeresstärken.
Die scheinbar einheitliche Quelle, die der Darstellung des Polybios
zugrunde liegt, ist zweifellos eine karthagische; das zeigt sich auch
in charakteristischer Weise in den überlieferten Heereszahlen.
Daß uns gerade auf karthagischer Seite nur eine einzige Heeres-
ziffer überliefert ist, ist sicherlich nicht die Schuld dieser Urquelle,
sondern des Polybios, der, wie schon eingangs erwähnt, bei der Be-
arbeitung dieses Feldzuges bezüglich militärischer Details recht will-
kürlich und unsystematisch gekürzt hat. Zahlreicher sind die Stärke-
angaben der Meuterer; aber sie tragen zum großen Teil den Stempel
der gegnerischen Quelle und müssen daher etwa so genommen werden,
wie Caesars Angaben der gallischen Kontingente. Freilich nicht alle,
und auch hier kann Caesar zur Analogie herangezogen werden. Nicljt
von Hause aus waren die Insurgenten den Karthagern militärisch das,
was die Gallier den Römern: zuerst waren sie ein integrierender Be-
standteil ihres eigenen Heerwesens, und als solcher für sie etwa
ebenso kontrollierbar, wie die pompejanische Armee der caesarianischen
Evidentführung. Erst später, als die Insurgenten aus den reichen
Reservoirs ihrer Heimatsgaue Verstärkungen an sich zogen, begann
den Karthagern die Kontrolle und damit der Maßstab zu fehlen, und
die Folge war dieselbe, wie stets in solchen Fällen: Überschätzung.
Soviel im allgemeinen. Im folgenden sei versucht, darzulegen, in-
wieweit eine Spezialuntersuchung imstande ist, die vorhandenen Lücken
auszufüllen, beziehungsweise die überlieferten Daten richtigzustellen.
Auf Seite der Karthager ist uns, wie erwähnt, nur eine einzige
Ziffer genau überliefert : die Stärke Hamilkars bei seinem ersten Aus-
marsch mit insgesamt 10000 Mann und 70 Elefanten. Einer Über-
treibung wird man diese Angabe wohl kaum zeihen können, insbe-
566 Der Libysche Süldnerkrieg.
sondere wenn man bedenkt, daß die Kavallerie in diesem Korps, wie
die ganzen Ereignisse beweisen, relativ stark war, auch die Leichten
einen entsprechenden Teil ausgemacht haben (c. 76.3), und die erübri-
gende Linieninfanterie, die wir nach all dem auf kaum mehr als
6 — 7000 Mann veranschlagen dürfen, aus Bürgern, neugeworbenen
Söldnern und Überläufern der alten Söldner zusammengesetzt war.
Die Schwäche des Korps erklärt sich leicht aus dem Umstand, daß
kurz vorher erst eine Armee in Karthago — u. zw. unter ziemlichem
Abschluß vom Hinterlande — aufgestellt worden war, die jetzt voll-
kommen abgeschnitten und für die Stadt verloren schien. Die Stärke
dieser ersten, von Hanno mobilisierten Armee ist uns nicht überliefert;
vielleicht aber wird es uns möglich, wenigstens eine annähernde Vor-
stellung über dieselbe zu gewinnen.
Der einzige Weg zu diesem Ziele ist der der Analogie.
Nicht allzulange Zeit vorher hatten die Karthager einen schweren
Kampf unter recht ähnlichen Verhältnissen auszufechten gehabt : den
Krieg mit Agathokles. Die Analogien beider Feldzüge sind in strate-
gischer und topographischer Hinsicht derart weitgehende, daß die Ver-
mutung nicht abzuweisen ist, in statistischer Beziehung sei das Gleiche
der Fall.
Sicherlich war die ziffermäßige Wehrkraft der Stadt Karthago
zu Beginn des Agathokleischen Krieges eine höhere als unmittelbar
nach dem Abschlüsse des ersten Punischen, der der Bürgerschaft jeden-
falls schwere Verluste — freilich wohl mehr zur See als zu Lande —
gebracht hatte. Allerdings wird dieser Umstand teilweise anderweitig
ausgeglichen. Als Agathokles in Afrika landete und, ebenso wie die
meuternden Söldner, durch Besetzung von Tunes die Karthager zur
Mobilisierung des städtischen Aufgebotes zwang, hatten letztere noch
eine große Armee in Sizilien stehen, die, insgesamt 40000 Mann und
5000 Reiter stark, gewiß zum guten Teil aus Bürgern bestand (Diodor
XIX. 106). Dies mag allerdings nicht ganz die Verluste des ersten Puni-
schen Krieges ausgleichen, so daß die tatsächliche Wehrkraft der Stadt
im Söldnerkrieg immerhin geringer als im Agathokleischen angenommen
werden muß. Nun stellten die Karthager nach Diodor (XX. 10) gegen
Agathokles, „ohne die Ankunft der Krieger vom Lande und aus den
verbündeten Städten abzuwarten", aus Bürgern eine Armee von 40000
Mann, 1000 Reitern und 2000 Streitwagen ins Feld. Setzt man die 2000
Streitwagen = 3000 Reiter (nicht jedes zum Einspannen brauchbare
Beilage. Heeresstärken. 557
Pferd taugt als Reitpferd), so haben wir ein Kontingent von 40000
Mann und 4000 Reitern.
Sicher nicht höher, eher wesentlich geringer werden wir die
Leistungsfähigkeit der karthagischen Bürgerschaft zu Beginn des Söldner-
krieges veranschlagen dürfen. Daß Hanno diese ausgenützt hat, ohne
darauf Rücksicht zu nehmen, daß für Hamilkar noch etwas übrig bleibe,
ist sicher. Nun schlug er die Schlacht bei Utika gegen Spendius, der,
wie wir später sehen werden, an Ort und Stelle kaum über mehr als
20000 Mann verfügt haben kann. Die Quelle erwähnt ausdrück-
lich, daß Hanno an Elefanten überlegen war; von einer Überlegen-
heit der Infanterie kein Wort. Es ist nun allerdings einleuchtend,
daß eine Überlegenheit leicht verschwiegen wird, wenn der Mißerfolg
das Ende ist; immerhin aber können wir eine besondere Überlegen-
heit wohl kaum annehmen und damit Hannos Armee auf höchstens
30000 Mann veranschlagen, was mit den obigen Erwägungen recht
gut stimmen würde.
Es soll nicht geleugnet werden, daß diese Ableitung, gleichwie
die folgenden, sich auf einer ganzen Reihe unbeweisbarer Prämissen auf-
baut; aber ganz approximativ genommen hat sie zweifellos viel
für sich, und mehr soll nicht behauptet werden; der Zweck ist ja
nur der, daß sich der Leser eine beiläufige Vorstellung von den
Heeren machen kann, welche die geschilderten Operationen ausführten,
da diese Vorstellung zum Verständnis der letzteren denn doch unent-
behrlich ist.
In dieser Stärke von zusammen ca. 40000 Mann dürften nun die
beiden karthagischen Armeen die ganze Zeit des Feldzuges teils ge-
trennt, teils vereinigt, operiert haben. Der einzige anscheinend schwere
Verlust, den sie erlitten, die Katastrophe des Hannibalischen Korps vor
Tunes, wurde durch ein neuerliches Aufgebot der letzten Waffenfähigen
wenigstens annähernd ausgeglichen (c. 87.3), so daß wir in der letzten
Entscheidungsschlacht, zu der beiderseits alle verfügbaren Truppen
zusammengezogen worden waren, die Stärke der Karthager mit etwa
40000 Mann nebst entsprechender Anzahl an Reitern annehmen dürfen.
Wesentlich anders gestaltet sich die Ableitung der Stärke der
Insurgenten. Hier sind uns zahlreiche Daten überliefert, die nun
zu kritisieren sind.
Wie schon erwähnt, fallen diese Daten in zwei ganz verschiedene
;,i,s I>ci Libysche Söldnerkrieg.
Kategorien: solche, die den Karthagern direkt kontrollierbar waren,
und solche, die es nicht waren. Wie weit diese Kontrolle reichte,
müssen uns ihrerseits die Zahlen selbst verraten.
Sie. zerfallen in zwei Gruppen: kleine und große. Der Unterschied
ist hier so augenfällig, daß die grundlegende Verschiedenheit ihrer
Provenienz außer Zweifel steht. Man vergleiche:
Anfangsstärke der Söldner . . 20000 Mann (c. 67,13)
Besatzung der Bagradasbrücke . 10000 „ I
^ Cc 76 1)
Belagerungskorps vor Utika . . 15000 „ |
Spendius mit Autaritus . . . 8000 „ (c. 77.4)
Korps des Naravas 2000 „ (c. 78.9)
dagegen :
Gesamtmacht nach Beginn des Feldzuges . 70000 Mann (c. 73.3)
Spendius im zweiten Bewegungskriege . . 50000 „ (c. 84.3)
„ „ fCQicov 40000 „ (c. 85.7)
Der Unterschied dieser Zahlengruppen springt in die Augen: die
Frage ist nur die, inwieweit die ersteren auf der möglichen Kontrolle
der Karthager beruhen.
Bezüglich der Anfangsstärke der Söldner, sowie des Korps Naravas,
das zu Hamilkar überging, ist dies klar; die übrigen Daten dieser
Gruppe mag man im karthagischen Lager teils durch Naravas, teils
durch andere Überläufer, vielleicht auch während der nach der Schlacht
bei Nepheris angeknüpften Verhandlungen erfahren haben. Die Zahl
von 70000 Mann ist dann ein trotz der Kontrolle eingeschlichener
Irrtum; denn wenn tatsächlich soviel vorhanden waren, so ist die ge-
ringe Stärke des Korps Spendius im Feldzuge von Nepheris nicht recht
erklärlich. Möglicherweise bedeutet die Zahl die Höchstziifer dessen,
was man im Hauptquartier der Insurgenten bei Ausnützung aller zur
Verfügung stehenden Reservoirs aufbringen zu können hoffte.
Nach den kraß gescheiterten Verhandlungen hörte jeder andere
Verkehr zwischen beiden Parteien außer dem mit tödlicher Waffe auf;
auch kein Überläufer dürfte von diesem Zeitpunkte an im karthagi-
schen Lager Aufnahme gefunden haben. Damit war auch jede Mög-
lichkeit einer Kontrolle ausgeschaltet. Tatsächlich ist uns aus dieser
Epoche eine einzige Stärkeziffer überliefert, und diese, wie in solchem
Falle selbstverständlich, ohne Anspruch auf Glaubwürdigkeit.1)
1) Die 40 000 Mann des cap. 85, 7 sind nichts anderes als die 50000 des vorher-
gehenden, nach Abzug der willkürlich abgeschätzten Verluste des Korps des Spendius
Beilage. Heeresstärken. 569
Unter diesen Umständen sind auch hier nur recht ungefähre
Schlüsse auf die effektive Heeresstärke möglich.
Die anfängliche Stärke der Söldner mit 20000 Mann ist, wie er-
wähnt, durchaus glaublich. Daß sie sich dann durch Zulauf aus der
Heimat wesentlich verstärkten, im allgemeinen gleichfalls; weniger,
wie gesagt, die Zahl 70000. Dann aber folgt eine Reihe genauer An-
gaben, die sich verwerten lassen.
Ausschlaggebend erscheint die Situation am Tage der Schlacht
am Bagradas. Damals standen die Söldner wie folgt verteilt: Mathos
vor Hippakra, Spendiusvor Utika, ein Korps im Brückenkopf am Ba-
gradas und eines im Lager von Tunes, unter gleichzeitiger Besetzung
der Stadt und der Pässe des Dj. Naheli. Von diesen vier Gruppen ist
uns die Stärke zweier derselben überliefert : das Belagerungskorps von
Utika mit 15000 und die Brückenkopf besatzung mit 10 000 Mann;
diese 25 000 Mann nahmen an der Schlacht am Bagradas teil.
Nimmt man an, daß dann im Verhältnisse dazu das Korps des
Mathos vor Hippakra, da weiter von der Basis entfernt und wahr-
scheinlich von der relativ stärkeren Armee Hannos bedroht, doch
mindestens 20000 Mann gezählt haben muß, und schlägt man die Be-
satzung des Hauptsttitzpunktes bei Tunes auf mindestens 5000 Mann
an, so ergibt dies eine Gesamtsumme von 50000 Mann, was aller-
dings sehr hoch erscheint. Nehmen wir nun an, daß die beiden über-
lieferten Zahlangaben sehr stark nach oben abgerundet sind — von
da bis zu einer wirklichen „Übertreibung" ist bekannlich noch ein
großer Schritt — so können wir demgemäß die Gesamtsumme auf etwa
40000 Mann veranschlagen, was schließlich plausibel erscheint.
In der Schlacht am Bagradas erlitt Spendius einen Verlust von
8000 Mann; der Eest seiner beiden Gruppen rettete sich nach Tunes,
wo nunmehr etwa 15 000 Mann beisammen waren. Davon nahm
Spendius zu seiner ersten Expedition ins Innere 8000 Mann ; die Zahl
ist so gering, daß sie durchaus glaubwürdig scheint ; bei Tunes blieben
dann noch etwa 7000, nicht zu wenig für die auf sich selbst ange-
wiesene Hauptstellung.
Indessen trafen bei Spendius Verstärkungen ein: die numidischen,
2000 Mann, gingen zu Hamilkar über, die Libyer vereinigten sich mit
Spendius und schlugen die Schlacht, in der gegen 10 000 fielen
in den kleinen Affären vor der Einschließung sowie während der letzteren vor der
eigentlichen Vernichtungsschlacht.
5 70 Der Libysche Söldnerkrie^.
und 4000 gefangen wurden (18,12); das libysche Kontingent muß also
wenigstens 6000 Mann betragen haben. Möglich daß in dieser Verlustzahl
eine Übertreibung steckt; immerhin scheint das Korps so ziemlich aufge-
rieben worden zu sein; daß nach unserer Überlieferung Gefangene ent-
lassen wurden, fällt kaum in die Wagschale. Die momentane Gesamt-
stärke der intakten Insurgentenkorps (Times und Hippakra) belief sich un-
mittelbar nach der Schlacht somit auf nicht mehr als etwa 25 000 Mann.
Indes sie erholten sich nochmals; die Uneinigkeit der nunmehr
ve reinigten karthagischen Feldherrn bot ihnen die Gelegenheit, und
die Tatsache, daß sie, ohne die Feinde definitiv geschlagen zu haben,
zur Belagerung der Hauptstadt schreiten konnten, läßt auch auf nume-
rischen Ersatz schließen. Allerdings war durch den Fall von Utika
und Hippakra die Vereinigung der ganzen Armee bei Tunes und vor
Karthago möglich geworden. Weniger als 30000 Mann dürften sie
sicher nicht betragen haben; vielleicht haben eben die genannten
beiden Städte nach ihrem Übertritte das Hauptkontingent der Ergän-
zungen gestellt.
Von Hamilkar durch Manöver zur Aufhebung der Belagerung ge-
zwungen, teilen sich die Insurgenten neuerlich: Mathos mit einem
Korps bleibt bei Tunes, Spendius folgt mit seinem Korps neuerdings
den Bewegungen Hamilkars im Innern des Landes. Die überlieferte
Stärke dieses Korps von 50000 Mann ist durchaus unglaubwürdig;
nicht nur daß der ganze Charakter dieser beweglichen Gebirgskämpfe
auf beiderseits kleine Truppenmengen schließen läßt; auch die ausdrück-
liche Erwähnung der vorzüglichen Qualität der Truppen des Spendius,
die sich doch nur auf die alten sizilischen Veteranen beziehen kann,
welche selbst zu Anfang des Krieges bloß 20000 Mann stark waren
läßt die überlieferte Zahl als weitaus übertrieben erscheinen. Wenn
wir 15 000 Mann annehmen, so ist dies gewiß hinreichend; über mehr
Kerntruppen — und solche waren es nach 84,3 — verfügten die In-
surgenten damals sicher nicht. — Auch Hamilkar dürfte am 7tQkov
nicht seine ganze Macht vereinigt haben, da es im Innern wohl noch
Nebenaufgaben zu lösen gab und Tunes nicht unbeobachtet bleiben
durfte. Hannibal und Naravas dürften damals kaum bei ihm ge-
wesen sein.
Nach der vollständigen Vernichtung des Korps des Spendius am icqlwv
war die Stärke der Insurgenten neuerdings auf 15, höchstens 20 000
Mann gesunken. Ob sie nach der für sie glücklich verlaufenen Affäre
Beilage. Heeresstärken.
571
von Tunes sich neuerdings wesentlich verstärkt haben, bleibt dahin-
gestellt; einige Ersatztruppen scheinen sie nach c. 87,8 immerhin noch
an sich gezogen zu haben. Mehr als 25 — 30 000 Mann aber haben
sie in der letzten Entscheidungsschlacht sicher nicht gezählt.
Alles zusammengefaßt, ergeben sich somit auf Grund unserer
Schätzungen folgende Heeresstärken für die einzelnen Schlachten und
Affären:
Karthager: 30 000
„ 10 000
10000
„ ca. 20 000
„ 40 000
40 000
ütika:
Bagradas:
Nepheris :
tcquov:
Tunes:
Letzte Schlacht:
Insurgenten:
20 000
V
25 000
n
höchstens
14000
v
15000
n
20000
M
höchstens
30000
V.
Der zweite Punische Krieg in Afrika
(204—202 v. Chr.)
f
(Hierzu Karte 11, 13 und 14.)
Spezial-Literatur.
(Chronologisch geordnet.)
(Die nicht oder unvollständig zitierten Werke siehe im allgemeinen Literaturverzeichnis
am Schlüsse des Bandes.)
Laufende Nr.
1. Abu Djafar Achmed ben Ibrahim, Arzt in Kairouan, verfaßte eine
einschlägige Arbeit. Angeführt bei Hennebert (No. 30) ; mir nicht näher
bekannt.
2. Shaw, 1738, zitiert bei Brunon (No. 20); mir nicht zugänglich.
3. Ch. Guischardt. 1760.
4. Vaudoncourt. 1812.
5. Berbrugger, Voyages dans le sud de l'Algerie et des etats barbares-
ques. 1846.
6. Dureau de la Malle, Guerre de Scipion contre Annibal (L'Algerie, Manuel
algerien) 1852.
7. Lewal, Zama. Eevue africaine II 8, p. 111 — 123. 1857.
8. Mac Dougall. 1858.
9. Guerin, voyages archeol. dans la region de Tunis. 1862.
10. Daux, Recherches sur l'origine et l'emplacement des emporia phenicieus
dans le Zeugis et le Byzacium. 1869.
11. Ihne. 1870.
12. v. Mältzahn, Reise in Tunis. 1873.
13. Partsch, Africae veteris itinera explicantur. 1874.
14 Galitzin. 1876.
15. Th. Zielinski, Die letzten Jahre des zweiten Punischen Krieges. 1880.
16. Partsch, Die Veränderungen des Küstensaumes der Regentschaft Tunis
in histor. Zeit (Peterm. Mitt. Mai 1883). 1883.
17. F. Fröhlich, Die Bedeutung des zweiten Punischen Krieges für die Ent-
wicklung des römischen Heerwesens. 1884.
18. Ch. Tissot. 1884/88.
19. Th. Mommsen, Zama. (Hermes XX). 1885. (Hist. Schriften I. 36 ff.)
20. Brunon, Recherches sur les champs de la bataille de Zama (Soc. Languedoc
de Geographie X. 141 ff.). 1887.
21. H. Delbrück, die Perserkriege und die Burgunderkriege. 1887.
22. C. Stoffel, Histoire de Jules Cesar, la guerre civile. 1887.
23. Cambon, Recherches sur la bataille de Zama. Alger. 1887.
24. Koehn, de pugna ad Zamam commissa. 1888.
25. Th. Mommsen, Römische Geschichte I, 8. Aufl. 1888.
26. Matzat, Römische Zeitrechnung. 1889.
Kromayer- Veith, Antike Schlachtfelder III. 37
,r)7() Der zweite Panische Krieg iu Afrika.
Laufende Nr.
27. J. Schmidt, Zama (Rhein. Mus. XLIV 1889. 897 ff. 1889. (ebenso CIL VIII
L599. Ephem. epig. V.415).
28. Streit, Die Poly Manische Beschreibung der Schlacht bei Zama (Piniol.
Bd. 48, p. 188 ff.). 1889.
29. Dodge. 1891.
SO. Hennebert, III. Band. 1891.
81. R. Schneider, Legion und Phalanx. 1893.
32. K. Lehmann, Der letzte Feldzug des Hannibalischen Krieges. Jahrbuch
f. Philologie, Supplementband 21. 1894.
33. Winckl er, a. Bull.de geographie et d'Archeolog. d'Oran XIV, p. 17 ff. 1894.
b. Revue Tunisiennc 1897, p. 94 ff. 1897.
34. Pascal, La battaglia de Zama (Riv. stör. ant. 14. p. 76 ff.). 1896.
35. Meltzer, Wochenschr. f. Philologie. 1896.
36. Filek v. Wettinghausen, Ort und Zeit der Schlacht bei Zama, Wiener
Studien XIX, 1897, p. 272 ff.
37. Gsell, Melanges d'archeologie et d'histoire, XVIII, 1898, p. 78.
38. To us saint, Rapport sur la region de Mactar. (Bull, comit. 1899.
p. 185 ff.). 1899.
39. H.Delbrück, Gesch. d. Kriegskunst I. 1900 (2. Aufl. 1908).
40. Morris. 1901.
41. Stein wender, a) Der Gefechtsabstand der Manipulare, Klio X, p. 4ff. 1910.
b) Gefechtstellung und Taktik der Manipulare, Philologus
LXIXp.389ff. 1910.
42. Kromayer, Wissenschaf tl. Bericht, 1908.
43. L. Pareti, Zama. 1911.
Orientierende Vorbemerkung.
Im Spätsommer oder Herbst des Jahres 204 war P. Cornelius
Scipio von Lilybaeum aus nach Afrika übergesetzt und unweit
U t i k a gelandet. Sein erstes Lager schlug er gleich an der Landungs-
stelle, verlegte es aber alsbald vor Utika, dessen Belagerung er be-
gann. Ein feindliches Keiterkorps, das die unweit gelegene Stadt
Salaeca besetzt hatte, wurde unter hauptsächlicher Mitwirkung des
Numiderkönigs Massinissa aus der Stadt und beim „Turm des
Agathokles" in einen Hinterhalt gelockt und zersprengt. Gegen
Beginn des Winters traf der mit Karthago verbündete andere Numider-
fürst Syphax mit ansehnlicher Streitmacht auf dem Kriegsschau-
platze ein. Er und die karthagische Hauptarmee unter Hasdrubal
bedrohten Scipio vor Utika, der die Belagerung aufhob und auf einem
Vorgebirge unweit der Stadt (seitdem „Castra Cornelia") ein
Orientierende Vorbemerkung. 577
Winterlager bezog, während die Gegner in zwei Lagern ihm gegen-
über sich festsetzten und seine Bewegungsfreiheit lähmten. Indes
gelang es dem römischen Feldherrn, zu Beginn des Frühjahrs durch
einen kombinierten Überfall beide Lager zu nehmen und die feind-
lichen Streitkräfte größtenteils zu zersprengen. Die Gegner trachteten
eine neue Armee aufzubringen, die jedoch von Scipio sofort am Orte
ihrer Konzentrier ung, den „großen Feldern", aufgesucht und ge-
schlagen wurde. Während Scipios Legat Laelius und Massinissa den
Syphax in sein Reich verfolgten, ihn bei seiner Hauptstadt Cirta
schlugen und gefangen nahmen, führte Scipio die Belagerung von
Utika ohne Erfolg weiter; ein Überfall der karthagischen Flotte auf
die vor Utika liegende römische wurde mit Mühe abgeschlagen.
Es kam zu Friedensverhandlungen. Schon war der von Scipio
wärmstens befürwortete Friede in Rom ratifiziert, als Hannibal,
von der karthagischen Patriotenpartei herbeigerufen, bei Leptis landete.
Sofort brachen die Karthager den schon geschlossenen Frieden.
Während Hannibal in Hadrumetum rüstete, unterwarf Scipio die
Städte am mittleren Bagradas und rief Massinissa zu Hilfe auf.
Hannibal, der, von den Karthagern gedrängt, vor Vollendung seiner
Rüstungen gegen Scipio aufbrach, konnte dessen Vereinigung mit dem
Numiderkönig nicht mehr hindern; zwischen ihm und dem vereinigten
römisch -numidischen Heere kam es zur Entscheidungsschlacht bei
Narraggara, die mit dem Siege der Römer endete und den Frieden
zur Folge hatte.
37
1. Utika.
Die Landung.
Utika.
1. Stadt und Lager.
Daß Scipio im Meerbusen von Utika gelandet ist, geht aus dem
ausführlichen Berichte des Livius XXIX, 27 und 28 unzweifelhaft
hervor. Daß eben dieser Bericht im übrigen voll Konfusion ist und
hauptsächlich den Zweck hat, die Tatsache zu verschleiern, daß
Scipio sich verirrt hat und ganz wo anders gelandet ist, als er be-
absichtigt hatte, hat Zielinski (No. 15 S. 20ff.) überzeugend und
detailliert nachgewiesen; auch mit seiner Auffassung des „Promon-
torium Pulchri" = Cap Bon dürfte er Recht haben.
Für uns genügt vorläufig die Tatsache, daß Scipio — ob freiwillig
oder unfreiwillig — de facto bei Utika gelandet ist und, aus der Not
eine Tugend machend, sich sofort entschloß, den Krieg von hier aus
zu eröffnen.
Das Terrain der in Betracht kommenden Gegend hat im Laufe
der Jahrhunderte sehr bedeutende Veränderungen erfahren, die jedoch
durch die wissenschaftliche Forschung heute mit erschöpfender Ein-
deutigkeit festgestellt sind1); als Ergebnis derselben ist auf unseren
Karten das Terrain in der Form, die es zur Zeit der Punischen Kriege
aufwies, zur Darstellung gebracht.
Auch die damalige Seestadt Utika ist durch Grabungen größten-
teils bloßgelegt2); doch ist gerade hier das Ergebnis für unsere Zeit
nicht ohne weiteres hinzunehmen.
Nach dem Plane Tissots reicht die Südwestfront der Stadt bis an
einen Abschnitt des schmalen Hügelrückens, der durchaus nicht jenen
fortilikatorisch brauchbaren Abschluß bietet, den eine Festung alten
Stiles erforderte. Ein solcher findet sich aber etwa 400 Meter weiter
1) Daux (Nr. 10), p. 126—136. Partsch (No. 16), Karte p. 202. Tissot (No. 18),
I., Karte bei p. 76.
2) Tissot (No. 18), II, Plan VI.
Utika. 1. Stadt und Lager. 579
nordöstlich, am Eande jener deutlich abfallenden Höhe, welche, wie klar
festgestellt, die Burg der Stadt trug. Zwischen diesem Abschnitte und
der jetzt konstatierbaren Enceinte förderten die Grabungen auch
nur Bauten zutage, deren Vorhandensein in einer alten punischen
oder frührömischen Festung zum mindesten in dieser Ausdehnung un-
wahrscheinlich ist: Amphitheater, Zirkus, luxuriöse Privatbauten, ein
groß angelegtes Admiralitätspalais and dgl. Dieser Umstand in Ver-
bindung mit dem geringen fortifikatorischen Werte dieses Teiles der Stadt
spricht entschieden dafür, daß wir es hier mit einer späteren, wahr-
scheinlich in der langen Friedensepoche der Kaiserzeit durchgeführten
Stadterweiterung zu tun haben1).
Die wesentlichste Stütze findet diese Vermutung in den Ereig-
nissen, die sich gelegentlich der Expedition Curios im Jahre 49 v. Chr.
vor den Mauern Utikas abspielten, und von denen an anderer Stelle
die Kede sein wird2). Wenn nun zu Caesars Zeit, wo Utika durch
die Vernichtung Karthagos entschieden gewonnen hatte und zur
Provinzialhauptstadt vorgerückt war, der Umfang der Stadt nur bis
knapp südlich der Burg reichte, so konnte sie 150 Jahre früher ge-
wiß keine größere Ausdehnung gehabt haben.
Über Scipios erstes Lager erfahren wir nur, daß es auf einer Erstes Lager.
Anhöhe nächst des Landungsplatzes lag („in proximis tumulis", Liv.
XXIX 34, 3). Da wir diesen Landungsplatz, wie Zielinski überzeugend
nachgewiesen hat, in der Nähe des Utika gegenüberliegenden Vor-
gebirges (heute Ras es Terfa) zu suchen haben, dürfte das erste Lager,
da das Terrain am Kap selbst wohl zu schroff ist, etwa beim heutigen
Porto Farina geschlagen worden sein; von da hatte Scipio dann
noch einen Marsch von gut 25 Kilometern bis vor Utika.
Besser unterrichtet sind wir über das zweite Lager, das zu- zweites Lager,
gleich als Stützpunkt für die Belagerung Utikas diente. Es lag nach
Liv. XXIX, 34, 3 etwa 1 Millie von der Stadt. Das ergibt, da es
naturgemäß nur auf dem Höhenrücken, der zur Stadt ausläuft, gelegen
haben kann, etwa die Erhebung nordöstlich der heutigen Chaussee,
insbesondere deren gegen die Stadt vorspringenden flacheren Teil, der
sich hierfür vorzüglich eignet.
1) Ganz das Gleiche ist für eine sehr große Zahl anderer Römerstädte, z. B.
Salonae in Dalmatien, längst nachgewiesen.
2) siehe Kap. VII. A.
5S0
Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Selbstverständlich kann diese Lagerliöhe nicht identisch sein mit
der in Kap. 35, 7 erwähnten Erhebung, welche unmittelbar an der
Stadtmauer lag („imminente prope ipsis moenibus tumulo"), und von
der aus die eigentliche Angriffsarbeit geführt wurde. Hierfür haben
wir vielmehr die kleine runde Kuppe, auf der später das Amphitheater
stand1) und die der Burg gerade gegenüberliegt, anzunehmen.
Die Berichte.
2. Das Reitertreffen beim „Turm des Agathokles".
Es ist niemals zweifelhaft gewesen, daß die Erzählungen des
Livius XXIX, 34 und Appian Lib. 14 dieselbe Begebenheit betreffen.
Beide Darstellungen ergänzen sich in dankbarer Weise. Während
Livius als einzige Ortsangabe den Ausgangspunkt des karthagischen
Reiterkorps, die Stadt Salaeca, 15 Millien (= 22 Kilometer) von
Scipios Lager, angibt, bezeichnet Appian den Ort des Kampfes: „wo
ein von Agathokles erbauter Thurm steht", und gibt dessen Ent-
fernung von Utika mit 30 Stadien = 5V2 Kilometer an. Nach diesen
Angaben und den geschilderten Vorgängen läßt sich die Affäre sehr
gut lokalisieren.
Im wesentlichen bestehen diese Vorgänge darin, daß der feind-
liche Reitergeneral Hanno durch Massinissa gegen Utika gelockt
wird, während Scipio mit dem Gros der Kavallerie an einem ge-
eigneten Orte im Hinterhalt lauert; sobald die Karthager an den Ort
kommen, bricht Scipio hervor, Hannos Korps wird von ihm und
Massinissa in die Mitte genommen und aufgerieben.
Der Unterschied der beiden Darstellungen liegt darin, daß nach
Livius Massinissa im Auftrage Scipios, der selbst den Plan entworfen
hat, handelt, und durch verstellten Rückzug den Gegner hinter sich her
bis an den Ort des Hinterhaltes lockt, wo Scipio diesem dann in den
Rücken fällt, während Massinissa kehrt macht und sich gegen die
Front wrendet; nach Appian jedoch Massinissa der eigentliche Schöpfer
des Planes ist, und, nachdem er Scipio den Platz angewiesen, den
Karthager unter Vorspiegelung von Freundschaft zum Vorgehen gegen
Utika beredet und ihm mit seinen Reitern im Rücken folgt, so daß
wir uns dann den Angriff Scipios in der Front, jenen Massinissas im
Rücken zu denken haben. Der Grund dieser Divergenz ist durch-
sichtig. Livius benützte hier römische Quellen — in erster Linie
1) „Cirque" der französischen Generalstabskarte 1:50 000.
Utika. 2. Das Reitertreffen beim „Turm des Agathokles".
581
Der Ort des
Gefechtes.
Polybios — denen die scipionische Tradition zugrunde lag, während
Appian ohne Zweifel auf Juba aufbaut, dem es wieder um die Ver-
herrlichung seines berühmten Ahnherrn besonders zu tun war. So
kommt es, daß in der einen Erzählung Scipio, in der andern Massinissa
als Schöpfer des Planes in den Vordergrund tritt; das übrige ist
dann so gestellt, wie es eben zu dieser Prämisse am besten paßt.
Daß Livius, dessen Erzählungen gerade in diesem Feldzugsabschnitte
eine besonders weitgehende Übereinstimmung mit den erhaltenen
Fragmenten des Polybios aufweisen, hier jedenfalls den Vorzug ver-
dient, braucht nicht erst erwähnt zu werden, ganz abgesehen davon,
daß die Ereignisse bei ihm viel klarer und plausibler dargestellt sind.
Für die Lokalisierung muß uns die Distanzangabe Appians als
Schlüssel dienen. 5 bis 6 Kilometer von Utika haben wir einen Ort
zu suchen, wo sich eine starke Kavalleriemasse durch das Terrain
gedeckt bereitstellen und in Gefechtsformation überraschend vorbrechen
kann. Der Platz ist leicht und eindeutig zu finden.
Südwestlich von Utika erhebt sich der massige Rücken des
Djebel Menzel Roul, auf dessen äußerstem nordwestlichen Aus-
läufer eben die Stadt lag. In seinem südlichen Teile biegt der eigent-
liche Rücken nach Westen um und senkt sich gleichmäßig zu einem
tiefen Sattel, jenseits dessen in ähnlicher Formation der Djebel
Douimis aufsteigt, der seinerseits schon zu dem geschlossenen Gebirgs-
massiv des Dj. Kechabta gehört; südlich dieser Berge breitet sich eine
ovale, heute teilweise versumpfte Ebene von etwa 20 Kilometer Längen-
ausdehnung aus. An ihrem Westende, dort wo die Bahn Tunis —
Bizerte die Wasserscheide überschreitet, findet sich in der Nähe des
Bordj Baba Braham die Ruinenstätte Henchir el Bey, die von
Scipios Lager etwa 22 Kilometer entfernt ist.
Der Sattel zwischen dem Dj. Menzel Roul und Dj. Douimis aber
liegt von Utika selbst, auf dem kürzesten Wege am Nordwestfuße des
erstgenannten Berges gemessen, genau 5 V2 Kilometer = 30 Stadien ab.
Wenn nun, wogegen nichts einzuwenden, Hir el Bey mit Salaeca Das Gefecht
gleichzustellen ist,1) Massinissa das Korps Hannos von da weg durch ver-
stellten Rückzug gegen Utika lockte, so mußte er mit der Zeit an den vor-
1) Tiss o t (No. 18), I, 552 identifiziert Salaeca mit den Ruinen bei Dar Bob ra
am linken Ufer des Ou. Zarzia westlich von Utika. Beide Namen sind auf den heu-
tigen Karten nicht mehr zu finden, doch scheint nach Plan VII zum zweiten Band
dieselbe Identifikation, wie wir sie abgeleitet haben, vorzuliegen.
582 I »er /weite Panische Krieg in Afrika.
erwähnten Sattel kommen. Nun ging der zwar nicht nächste, aber be-
quemste Weg von da nach Utika nicht über den Sattel, sondern weiter an
demselben Bergfuße um den Dj. Menzel Roul herum1); es hatte daher
durchaus nichts Auffälliges, daß Massinissa seinen Rückzug in dieser
Richtung fortsetzte. Indessen lauerte Scipio nördlich des Sattels. Er
war dahin jedenfalls auf dem kürzesten Wege nordwestlich des Dj.
Menzel Roul gekommen, da ihm dieser Deckung bot und zunächst die
Nordseite des Sattels sein Ziel war; daher stimmt hier die von
Appian gegebene Entfernung genau. Sobald nun Hanno jenseits
unter dem Sattel passierte, brach Scipio über denselben vor und fiel
dem Gegner in Flanke und Rücken, während gleichzeitig Massinissa
kehrt machte und in die Front einhieb.
Immerhin scheint der Angriff Scipios etwas verfrüht erfolgt zu
sein, da nur der feindliche Vortrab — angeblich 1000 Reiter — voll-
kommen eingeschlossen und vernichtet wurde, während es dem Gros
gelang, durch rasches Kehrtmachen sich vom Schlachtfelde zu retten.
Es wurde nach Livius noch volle 30 Meilen = 45 Kilometer verfolgt
und weitere 1000 Mann getötet. Die angegebene Distanz mag
billig bezweifelt werden; naturgemäß ging die Flucht nach Salaeca,
das nur 16 Kilometer entfernt war; auch in jeder anderen über-
haupt möglichen Richtung hätten die karthagischen Reiter in einer
weit geringeren Entfernung einen schutzbringenden Stützpunkt ge-
funden.
Das Terrain des Kampfplatzes selbst entspricht vollkommen den
Anforderungen dieser Vorgänge. Der Sattel ist breit, flach, beider-
seits sanft abgedacht, hat festen, nicht sehr steinigen Boden; er kann
bequem von größeren Kavalleriemassen in breiter Front rasch über-
schritten werden. Die vorliegende Ebene ist, wenigstens heute, stellen-
weise versumpft, was, wenn es dazumal auch der Fall war, die Eig-
nung des Platzes für den Hinterhalt noch erhöhte, da ein Ausweichen
des Angegriffenen gegen Süden dadurch wesentlich erschwert war2j. —
1) Auf diesem Wege kamen auch zu Caesars Zeit die aus Numidien nach Utika
marschierenden Verstärkungen zur Stadt; s. weiter unten Kap. VII. A.
2) Auf dem Kamme des Sattels finden sich zahlreiche Eeste alter Bauwerke,
darunter eine regelmäßig fortlaufende Reihe größerer pfeilartiger Fundamente, viel-
leicht die Überbleibsel eines Aquäduktes. Ob eine der zahlreichen sonstigen Ruinen
mit dem „Turm des Agathokles" identisch ist, läßt sich heute wohl nicht mehr kon-
statieren. Jedenfalls war dieser Turm von dem kühnen Sizilianer zur Sperrung des
Sattels errichtet worden.
Utika. 3. Die „Castra Cornelia". 583
Tissot gibt I 554 eine ausführliche, aber für uns nicht ganz Tissot.
klare Lokalisierung. Setzt man einmal statt „sur la droite" — „sur
la gauche", so dürfte man zu demselben Resultate kommen.
3. Die „Castra Cornelia".
Über die allgemeine Lage der Örtlichkeit, die nach der hier Der piatz.
in Rede stehenden Begebenheit den Namen „Castra Cornelia" für immer
behielt, hat es nie einen Zweifel gegeben.
Livius XXIX, 35,13 beschreibt den Platz als „ein Vorgebirge,
das, durch einen schmalen Rücken mit dem Festlande zusammen-
hängend, ein gutes Stück ins Meer hineinragt". Polybios XIV 6,7
nennt ihn „eine Höhe östlich Utika", und erwähnt noch, daß die Feinde
eine Belagerung derselben zu Lande und zur See in Aussicht genommen
hatten. Die genaueste Beschreibung aber gibt Caesar b. c. II 24,2:
„ein gestreckter ins Meer vorspringender Rücken, auf beiden Seiten
steil und abschüssig, aber doch mit etwas sanfterem Abfall auf jener
Seite, welche gegen Utika gerichtet ist". Und er gibt die Entfernung
von der Stadt in der Luftlinie mit etwas über 1000 römischen
Schritten an.
Bis auf diese etwas zu geringe Entfernung *) ist die Beschreibung
tatsächlich vorzüglich, ja geradezu erschöpfend. Nimmt man noch hinzu,
daß Curio vom Bagradas, also von Südosten kommend, den Punkt
erstieg, um einen guten Ausblick gegen Utika zu gewinnen, so ist da-
mit die Identität vollends gegeben.
Etwa 3 Kilometer östlich der Stätte von Utika beginnt eine sehr
deutliche schmale Terrainwelle, die sich von da in südwestlicher Rich-
tung etwa 14 Kilometer weit erstreckt. Auf der nordöstlichsten scharfen
Spitze liegt das Dorf Galaat el Andeless.
Heute liegt infolge der Anschwemmungen des Ou. Medjerda der
ganze Rücken auf festem Lande; es läßt sich jedoch in Übereinstim-
mung mit den alten Beschreibungen auch durch den Lokalaugenschein
deutlich konstatieren, wie weit er einstens vom Meere bespült war.
Diese Strecken sind nämlich, der lehmigen Beschaffenheit des Mate-
rials zufolge, durch fortlaufende brüchige Steilufer gekennzeichnet.
1) In Wirklichkeit zirka 2 Millien. Der Fehler wird begreiflich, da die Distanz
infolge des Sumpfes nur geschätzt werden konnte; hierbei aber konnte bei der
vollkommenen Gleichförmigkeit des dazwischenliegenden Terrains, insbesondere bei
guter Rückenbeleuchtung, leicht eine Unterschätzung unterlaufen. Übrigens haben
die besten Handschr. pas. mil., was nach Mensel S. 320 s. Ausg. auf passunm milia
mit ausgefallener Zahl hinweist.
534 Der /weite Panische Krieg in Afrika.
Die sehr schmale Nordspitze ist beiderseits ganz gleichmäßig von
solchen fast senkrechten Steilufern eingefaßt. Auf dem Westhange
reichen dieselben etwa 1 ' 2 Kilometer nach Süden, genau bis in die
I lohe von Utika, wo der flachere, natürlich geböschte, nicht mehr
abgespülte Hang beginnt; dies stimmt auch gut zur Beschreibung
Taesars, der zwischen den Castra Cornelia und Utika nur einen von
einer Quelle gespeisten Sumpf, nicht aber das Meer erwähnt (24, 4).
Auf der Ostseite jedoch reicht das brüchige Steilufer etwa doppelt so
weit nach Süden, so daß tatsächlich an jenem Abschnitte, der Utika
gerade gegenüberliegt, der Osthang bedeutend steiler ist als der West-
hang, was abermals der Beschreibung Caesars entspricht. Dabei ist
es durchaus nicht nötig anzunehmen, daß zu Caesars Zeit das Meer
noch in genau derselben Ausdehnung den Fuß der Höhe bespült hat,
wie das Steilufer andeutet; weit entfernt aber kann es damals auch
nicht gewesen sein, da Utika noch Seestadt war, und auch bei Castra
Cornelia Schiffe vor Anker lagen ; die nördlichste Spitze ward also auf
* jeden Fall noch beiderseits vom Meere umflossen.
Das Lager. Nicht so leicht ist es, den genauen Platz des Scipionischen
Lagers auf dieser Welle zu ermitteln, insbesondere da der Livianische
Bericht hier Schwierigkeiten bietet. Er sagt: — „Derselbe Wall um-
schloß auch das Schiffslager; auf der Mitte des Rückens lag das Lager
der Legionen, die Seite gegen Norden nahmen die ans Land gezogenen
Schiffe und die auf der Flotte dienenden Bundesgenossen ein, das süd-
liche, gegen das andere Ufer abfallende Tal die Kavallerie". (XXIX 35, 14).
Das einzige, was sich aus dieser Beschreibung mit Sicherheit ent-
nehmen läßt, ist, daß das Hauptlager keinesfalls auf der äußersten
Spitze gelegen haben konnte1). Denn entweder Livius hat mit seinem
„Norden" und Süden recht, dann lag noch das ganze Schiffslager
nördlich des Hauptlagers; oder er hat Unrecht und es lagen die Schiffe
und Reiter östlich und westlich des Hauptlagers, dann ist wieder die
Spitze ausgeschlossen, die damals — nach Livius wie nach Caesar —
ins Meer hineinragte und für die drei Lager nebeneinander absolut
keinen Platz bot. Der einzige Abschnitt, wo das auf der Mitte der
Höhe liegende Hauptlager auf zwei Seiten von den beiden anderen
Lagern flankiert werden konnte, ist die Utika gerade gegenüberliegende
Stelle, also diejenige, die, wie das Terrain zeigt, wenigstens im Westen
1) Stoffe 1 (No. 22) I, 309 verlegt das Lager Curios dorthin, und dürfte demnach
auch das Lager Scipios dort vermutet haben. Über ersteres siehe Kap. VII. A.
Djebel Menzel Roul
Bild Nr. 39: Blick von Castra
Bild Nr. 40: Castra Cornelia, Westhang-, vod Norden
ü tika
Cornelia auf Utica.
Bild
esehen.
Bild Nr. 41: Castra Ca
12: Castra Cornelia, Partie des Osthanges der^Lagerfläche, von;Süden gesehen.
L a er o r f 1 ;i c h e.
J#
" r.
ilia, Ostbang und Lagerfläche, von Norden gesehen.
Utika. 3. Die „Castra Cornelia". 585
auch damals nicht mehr vom Meere bespült war. Hier verbreitert sich
der bisher schmale Eücken ganz bedeutend und erhebt sich gleich-
zeitig zur höchsten Erhebung in der ganzen nördlichen Hälfte des
Höhenzuges (42 m); dabei bildet sein Oberteil eine fast ebene, nahezu
quadratische Hochfläche von etwa 2 Kilometer Umfang, also wirklich
einen nach römischen Begriffen geradezu idealen Lagerplatz („is locus
peridoneus castris habebatur" Caes. b. c. II 24, 2). Auf diesen Ab-
schnitt, und nur auf ihn, paßt auch Caesars Beschreibung von den
ungleich steilen Hängen. (Siehe Abb. 40 — 42.)
Nun ist es freilich klar, daß die Schiffe nördlich davon liegen
mußten, nämlich an jenem Teile des Höhenzuges, der noch ins Meer
hineinragte. Nach dem livianischen Wortlaut möchte man sie am
Nordwesthang der Spitze vermuten, da sie dort genau nördlich des
Lagers lagen. Das ist jedoch nicht möglich. Wer die tunesische Küste
kennt, wird wissen, daß die Schiffe dort in erster Linie gegen die
West- und Nordwestwinde geschützt werden müssen, zumal im Winter1);
an obiger Stelle aber wäre die Flotte gerade diesen Winden offen preis-
gegeben gewesen. Umgekehrt war die Sache am Südosthange der
Spitze. Hier war die Flotte gegen die genannten Winde durch das
hohe Steilufer vollkommen geschützt; überdies bildete der Hang dort
eine Bucht, die auch etwas flachere Uferstellen hat, an denen das Aus-
und Einschiffen leichter durchgeführt und die Schiffe auch, wenn man
wollte, ans Land gezogen werden konnten; möglicherweise begann dort
schon damals das angeschwemmte flache Land, das letztere Maßregel
noch mehr begünstigen mußte. Und im allgemeinen lagen die Schiffe
ja auch hier nördlich des Hauptlagers, nämlich an einer nördlicheren
Stelle des Höhenzuges.
Ähnlich steht es mit der Eeiterei. Aus dem Texte können wir
folgerichtig nur entnehmen, daß sie auf der entgegengesetzten Seite
des Hauptlagers untergebracht war wie die Flotte. In Betracht käme
nach dem Wortlaute zunächst die sanft abgedachte Fläche, die der
Höhenzug von der Platte des Hauptlagers nach Süden zu bildet; da-
gegen spricht aber, daß dort die Hauptangriffsrichtung des Feindes war,
die also bei einem Defensivlager, wie wir es hier haben, die stärkste
Defensivkraft erforderte. Dorthin gehörte die Kavallerie wohl am
allerwenigsten, sondern einzig die für die Verteidigung des Walles prä-
1) Vgl. darüber S. 503 f.
5SG
Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Die Lager.
destinierte Legionsinfanterie; erstere dürfen wir eher in gleicher Höhe
mit dem Hauptlager in der Ebene, also genau genommen westlich des-
selben vermuten. Damit würde auch die Nennung des „anderen Ufers*
bei Livius stimmen, weniger allerdings die Weltgegend. Bedenken
wir aber, daß Livius den Platz kaum aus eigener Anschauung kennt,
sondern nur in seiner bekannten oberflächlichen Manier einen fremden
Bericht bearbeitet und Irrtümer betreffs der Himmelsrichtung bei den
alten Schriftstellern überhaupt nicht selten sind, so können wir die im
übrigen mit allen Texten vollkommen stimmende und auch militärisch
befriedigende Lösung, wie wir sie abgeleitet, als richtig annehmen.
4. Der Lager üb er fall.
Über die beiden Lager der Feinde, die Scipio von den Castra
Cornelia aus überfiel, finden wir bei Polybios erschöpfende Daten,
mit denen Livius übereinstimmt.
Die Entfernung vom Lager Scipios wird von Polybios XIV 4, 1
mit 60 Stadien = Livius XXX 5, 3 mit 7 Millien = 10 */i Kilometer
übereinstimmend angegeben1). Polybios gibt XIV 1,14 auch die Ent-
fernung der beiden feindlichen Lager voneinander mit 10 Stadien
(13A Kilometer) an und berichtet, daß das Lager des Syphax das
zugänglichere war.
Nimmt man nun als selbstverständlich an, daß die beiden Lager
vor allem den Zweck hatten, Scipio an einer Offensive gegen das Land-
innere zu hindern; daß ferner die karthagisch-numidische Armee mit
Rücksicht auf ihre relative Stärke an Reiterei und leichten Truppen
vor allem auf die Ebene angewiesen war, die Lager selbst jedoch, als
Winterlager und operative Stützpunkte, einer gewissen Defensivkraft
nicht gut entbehren konnten: so weisen uns diese Erwägungen im Verein
mit den überlieferten Distanzangaben unzweideutig in ein Gelände,
das allerdings auch zu den geschilderten Ereignissen vorzüglich paßt.
Die Terrainwelle, die in ihrem nördlichen Abschnitt die Castra
Cornelia trägt, erhebt sich nach einer längeren Einsenkung in der süd-
1) Polybios bezieht die Ziffer auf die Entfernung des feindlichen Lagers vom
römischen, Livius auf den Marsch Scipios bis zum Hinterhalt, der doch wohl kaum
ganz knapp vor dem gegnerischen Lager war; ein typisches Beispiel livianischer
Arbeitsweise, der, den Polybios als Vorlage benützend, auch jene Zahl übernahm, sie
aber an einer anderen Stelle in den Zusammenhang einsetzte, ohne zu bedenken, daß
sie dort nicht mehr ganz genau stimmen konnte. Die Untersuchung gibt auch, wie
nicht anders zu erwarten, dem Polybios recht.
Utika. 4. Der Lagerüberfall. 587
liehen Partie abermals zu bedeutender Höhe und schrofferen Formen,
um endlich mit ihrer letzten und höchsten Erhöhung, dem Koudiat
Touba a 59, unvermittelt abzuschließen. Diesem letzten Hügel ist je-
doch im Westen ein etwa 30 Meter niedrigerer, breiter, flacher, aber
steilrandiger Ausläufer vorgelagert, auf dem heute das Dorf Douar
Touba liegt. Dieser mit dem Kt. Touba nur durch einen schmalen
Sattel zusammenhängende, sonst ganz isolierte Hügel von etwa
2 lfa Kilometer Umfang gibt einen vorzüglichen Lagerplatz. Die
Entfernung von der Platte, auf der wir das seipionische Hauptlager
annahmen, den gangbaren Weg am östlichen Eande des Höhenzuges
gemessen — warum gerade dieser in Betracht kommt, wird später
klar werden — beträgt genau 10 V2 Kilometer.
Etwa 2 Kilometer westlich dieses Platzes liegt mitten in der Ebene
eine isolierte, breite und flache Terrainwelle von insgesamt 5 Kilometer
Umfang, der Koudiat el Mabtouha.
Heute fließt der Ou. Medjerda zwischen den beiden Höhen durch ;
im Altertum floß er bekanntlich östlich der erstbeschriebenen Höhen-
linie, so daß die Verbindung zwischen beiden Plätzen offen war.
Hier haben wir die beiden Lager zu suchen. Die etwas zu kleine
Distanz des Polybios (um 250 Meter) fällt ebensowenig ins Gewicht
wie die ähnliche Angabe Caesars bei Castra Cornelia, zumal Polybios
seine Entfernungsangaben gerne auf ganze Zehner abrundet ; schließlich
können die Lager auch etwas über die Hügel in die Ebene hinausgeragt
haben, zumal die für Kavallerie bestimmten Abschnitte, ähnlich, wie wir es
beim Lager Scipios auf den Castra Cornelia gesehen haben.
In diesen Rahmen lassen sich die überlieferten Ereignisse restlos ein- Der Überfall,
fügen. Scipio hatte durch Verhandlungen mit Syphax die feuergefährliche
Beschaffenheit des numidischen Lagers genau ausspionieren lassen. Vor
dem Handstreich legte er 2000 Mann auf einen Utika beherrschenden
Hügel, um sich gegen die Stadt zu decken (Pol. XIV 2,3); jedenfalls
dieselbe Höhe, auf der während der Belagerung das Lager gestanden
hatte1). Dann brach er mit Einbruch der Dunkelheit von den Castra
Cornelia auf und gelangte gegen Mitternacht in die Nähe des kartha-
gischen Lagers, welches wir gemäß des Umstandes, daß er nunmehr
durch längere Zeit gedeckt in ziemlicher Nähe langsam vorgehen konnte,
1) Aus dieser Maßregel geht klar hervor, daß die Belagerung- von Utika seit Ver-
legung des Lagers auf Castra Cornelia tatsächlich aufgehoben war. Vgl. Pol. XIV
1,2 und Liv. XXIX 35,12.
588 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
als jenes bei Douar Touba konstatieren können. Von da sandte er
die Hälfte der Armee unter Laelius und Massinissa gegen das
Lager des Syphax auf dem Kt. Mabtouha1) mit dem Befehle, dasselbe
in Brand zu stecken; er selbst wartete ab, bis der Brand des numi-
dischen Lagers die Aufmerksamkeit der Karthager voll auf sich lenken
würde, um dann mit dem zurückgehaltenen Teile der Armee deren
Lager zu überfallen. Der Anschlag gelang dem Entwürfe gemäß2).
Wir können annehmen, daß Scipio, die Hügel welle als Deckung
ausnützend, längs deren Ostrand vorging und zunächst in einer der
tief eingeschnittenen Mulden nördlich des Koudiat Touba Halt machte.
Von hier aus sandte er Laelius und Massinissa gegen das Lager des Sy-
phax auf dem Koudiat el Mabtouha, und schob sich langsam weiter
vor bis knapp hinter den Kamm der Höhen oberhalb des karthagischen
Lagers; sobald das numidische in Flammen stand und die ganze Auf-
merksamkeit der Karthager nach Westen gewendet war, brach er
aus der entgegengesetzten Richtung, über den Koudiat Touba herab,
auf ihr Lager ein und erstürmte es3).
Tissot. Tissotl 554 verlegt die beiden Lager an den Südhang des Dj.
Menzel Eoul bzw. Dj. Douimis. Die Hypothese hat wenig für sich.
1) Diese Verteilung — Hasdrubal östlich, Syphax westlich, stimmt auch zu den
Anmarsch- und Etappenlinien der beiden Verbündeten.
2) Der Bericht Appians Lib. 21 und 22 steht damit insofern in Widerspruch, als
Scipio, um die dritte Nachtwache aufbrechend (nach Polybios trifft er um diese
Stunde im Hinterhalt ein), bloß das Lager Hasdrubals angreift, während Syphax, als
er die Niederlage der Verbündeten erkennt, freiwillig die Flucht ergreift. Der über-
einstimmenden Schilderung den Hauptquellen gegenüber kommen diese Abweichungen
nicht in Betracht; die erstere ist ein Versehen, die zweite ist in der Tendenz Jubas
begründet.
3) Livius erzählt, daß die Karthager in dem Bestreben, den Numidern beim
Brande Hilfe zu leisten, den Römern direkt in die Hände liefen; demnach müßte
Scipio mit seinem Korps zwischen den beiden Lagern gestanden haben. Da sich diese
Notiz bei Polybios, den Livius offenkundig benutzt hat, nicht findet, so haben wir
es auch hier nur mit einer auf Unkenntnis des Terrains basierenden willkürlichen
Ausmalung der Quelle zu tun.
Auch hei Polybios besteht eine kleine Unklarheit bezüglich des Angriffes des
Korps Laelius auf das Lager des Syphax. Nach c. 4, 5 teilte sich das Korps zunächst
in zwei Gruppen, welche gleichzeitig den Feind angriffen ; dann aber hält sich
Laelius wieder zurück, während vorgeschobene Abteilungen das Lager in Brand
stecken (c. 4, 6, 7). Endlich fängt Massinissa auf der anderen Seite die Fliehenden
auf (7). Die Sache ist wohl so aufzufassen, daß zunächst Laelius und Massinissa sich
teilten; ersterer ließ durch vorgeschobene Leute Feuer an die Zelte legen und brach
dann mit dem Gros auf die Numider ein, während Massinissa unterdessen auf der
anderen Seite bereitstand, die Fliehenden abzufangen.
Utika. 5. Die „großen Felder".
589
Der Hauptfehler liegt darin, daß er Scipio nicht, wie die Quellen ver-
langen, von Castra Cornelia, sondern vom Lager bei Utika aufbrechen
läßt. Auch dann ist die Lage beider Lager eine unwahrscheinliche.
Sie deckten, hintereinander liegend, einzig die nebensächliche Kommuni-
kation über Salaeca nach Hippo Diarrhytus, und gaben die wichtigen
Verbindungen Bagradas aufwärts nach Numidien, sowie die nach
Karthago vollständig frei.
Nach der Schlacht ging Hasdrubal mit den Resten seiner Armee Anda und Abba.
nach Anda (der Name bei Appian Lib. 24, die Tatsache bei Pol. XIV
6 und Liv. XXX 7) zurück, Syphax nach Abba (Pol. XIV 6). Ob
erstere Stadt mit der Ruinenstätte auf dem Dj. Mergueb, einem Aus-
läufer des DJ. Amar am rechten Bagradasufer *), identisch ist, mag
dahingestellt bleiben. Noch ungewisser ist die Lage von Abba, das
Tissot fälschlich mit Anda identifiziert. Nach Livius XXX 7, 3 lag
es 8 Milien von zwei Städten, die ihrerseits nicht allzuweit von Anda
lagen und von Scipio zerstört wurden; war also jedenfalls eine der vielen
Städte im Bagradasbecken. Nach Polybios XIV 7, 5 zog Syphax bei
dieser Stadt ein Kontingent von Keltiberern an sich ; Livius XXX 7,
10 berichtet wieder den Anschluß eines solchen Kontingents, aber an
die Karthager, bei der Stadt Obba. Da beide Berichte als un-
mittelbare Vorgeschichte der Schlacht auf den „großen Feldern" er-
scheinen und sonst ganz übereinstimmen, so darf man sie wohl identi-
fizieren. Dann aber lag Abba oder Obba nicht in nächster Nähe des
Kriegsschauplatzes am unteren Bagradas, sondern weiter flußaufwärts,
in der Nähe der „großen Felder", die nach Polybios XIV 8 fünf
Tagemärsche von Utika entfernt waren; zum mindesten haben wir es
in der Richtung dorthin zu suchen.
5. Die „großen Felder".
Über diese Schlacht liegen uns die beiden fast vollkommen über- Die Quellen,
einstimmenden Berichte des Polybios und Livius vor; Appian
weiß nichts von ihr2).
Die Übereinstimmung der beiden vorhandenen Darstellungen ist
eine so eklatante, daß wir in diesem Falle die direkte und ausschließ-
1) Tissot (No. 18) I, 56 „Henchir Merkeb es Nabi".
2) Aus letzterem Umstand hat L. Keller („Der zweite punische Krieg und
seine Quellen") geschlossen, es handle sich um dieselbe Affäre wie beim Lager-
überfall; vollkommen widerlegt bei Zieliiiski (No. 15) p. 39ff.
590
Der zweite Pimische Krieg- in Afrika.
Das
Schlachtfeld.
liehe Benützung des Polybios durch Livius annehmen können1); eine
ganz geringfügige Abweichung ist, wie wir später sehen werden,
nicht auf eine andere Urquelle, sondern auf eine Oberflächlichkeit des
römischen Historikers zurückzuführen. Daraus erwächst uns die
Möglichkeit, unsere Untersuchung ausschließlich auf den polybianischen
Bericht aufbauen zu dürfen, der uns auch mehr Klarheit bietet als
die livianische Überarbeitung.
Die Veranlassung bietet das Eintreffen eines stärkeren kelti-
berischen Söldnerkorps, das sich bei Abba mit dem nach dem
Lagerüberfall dorthin zurückgegangenen Syphax vereinigt hatte
(XIV 7, 5). Auf die Nachricht von dieser Verstärkung stößt auch
Hasdrubal mit seinen Truppen zu ihm; das vereinigte Heer nimmt
auf den „großen Feldern" (»[leyäXa media", bei Livius „magni
campi") Aufstellung (c. 7, 4).
Scipio bricht nach Zurücklassung eines Korps vor Utika dahin auf und
erreicht das Ziel nach fünftägigem Marsche (c. 8, 12). Sein erstes
Lager schlägt er auf einem Hügel, 30 Stadien = 5.30 Kilometer vom
Feinde (8, 2). Am nächsten Tage steigt er in die Ebene hinab und
nähert sich damit dem Gegner bis auf 7 Stadien (1,2 Kilometer). Nach
zweitägigen kleinen Plänkeleien kommt es am dritten Tage zur Schlacht.
Die natürliche Rückzugslinie des Syphax, die ebenso selbst-
verständliche Anmarschrichtung der jedenfalls auf dem Landwege ge-
kommenen Keltiberer zwingt uns, den Schauplatz dieser Ereignisse
an der vornehmsten der aus dem Räume von Utika nach Westen führen-
den Verkehrslinien, der Bagradasstraße, zu suchen.
Das im oberen Teile des Unterlaufes, in der Gegend der Siliana-
und Bejamündung defileeartige Tal des Ou. Medjerda erweitert sich
weiter oben, etwa 120 Kilometer oberhalb Utika, zu der ca. 25 Kilometer
langen, 20 Kilometer breiten, überaus fruchtbaren Ebene von Souk
elK remis; an ihrer Identität mit den „großen Feldern" ist meines
Wissens nie gezweifelt worden.
Die gesegnete Fruchtbarkeit dieser Ebene hängt in erster Linie
mit ihrem Wasserreichtum zusammen. Der Ou. Medjerda nimmt hier
vier seiner bedeutendsten Zuflüsse auf: rechts den Ou. Mellegue und
Ou. Tessa, links den Ou. bou Heurtma und Ou. Kasseb, letztere beide
von relativ kurzem Lauf, aber bedeutender Wassermenge2}.
1) Vgl. Zielinski (Nr. 15) p. 88—95.
2) Vgl. S. 504.
Utika. 5. Die „großen Felder". 59 1
Die genaue Fixierung der Schlacht in dieser Ebene ist etwas
problematisch, wie mehr oder weniger bei allen Schlachten, in denen das
Terrain keine Rolle spielt.
Festzuhalten haben wir, daß Scipio zuerst auf einem Hügel lagerte
und erst später in die Ebene hinabstieg ; das scheint auf das Nordufer
des Ou. Medjerda zu deuten, auf welchem die das Flußtal begleiten-
den Höhen mehr als im Süden die Ebene zurückdrängen. Damit
würde auch stimmen, daß die alte Römerstraße nördlich des Flusses
hinlief1). Wir hätten dann das erste Lager Scipios auf den Höhen anzu-
nehmen, die am linken Ufer des Ou. Kasseb die Ebene im Osten ab-
schließen. Das Lager der Gegner lag dann 5V2 Kilometer westlich
davon, also schon unweit des Ou. bou Heurtma in der Ebene. In
dieser Richtung ging Scipio dann bis auf 1.2 Kilometer an den Feind
heran; sein zweites Lager befand sich demnach gerade nördlich des
Ortes Souk el Kremis. Zwischen diesem und dem feindlichen Lager
kam es später zur Schlacht.
Scipio stellte die Infanterie in den gewöhnlichen drei Treffen auf. Die Schiacht.
Die römische Kavallerie unter Laelius kam auf den rechten, die
numidische unter Massinissa auf den linken Flügel. — Die Gegner
stellten der römischen Infanteriefront die Keltiberer gegenüber; den
linken Flügel bildeten die Numider, den rechten die Karthager.
Zuerst siegte die scipionische Kavallerie auf beiden Flügeln über
die Karthager und Numider; im Zentrum widerstanden die Keltiberer
hartnäckig, bis sie, an den Flügeln entblößt, von den beiden rück-
wärtigen Treffen der Römer umgangen und vernichtet wurden. Immer-
hin ermöglichte ihr hartnäckiger Widerstand ihren Verbündeten den
ungefährdeten Rückzug.
Aus der klaren Darstellung der Quelle erhellt die im ersten
Moment befremdliche Tatsache, daß einerseits die ganze römische
Infanterie einzig den 4000 Keltiberern gegenüberstand, andererseits
die beiden römischen Kavalleriekorps mit den beiden gesamten
Aufgeboten der Karthager und Numider fertig wurden. Die Tatsache
tritt in der livianischen Schilderung (XXX 8) noch drastischer hervor.
Sie wird erklärlich, wrenn man annimmt, daß weder Hasdrubal noch
Syphax mit größeren Kräften sich den Keltiberern angeschlossen
hatten. Es wäre auch von ersterem geradezu ein Fehler gewesen,
1) Tissot (Nr. 18) II 243.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 38
592 Der zweite Panische Krieg- iu Afrika.
mit allen Truppen nacli den großen Feldern zu gehen und die Haupt-
stadt ungedeckt zu lassen, während Scipio bei Utika stand und nicht
nur ihm alle Verbindungen mit Karthago abschneiden, sondern auch
die von dem Gros der Truppen entblößte Stadt ernstlich bedrohen
konnte. Und auch Syphax dürfte sich vom Lagerüberfall noch nicht
völlig erholt haben. Schließlich deutet der Umstand, daß Scipio bis
auf die großen Felder entgegenging, darauf hin, daß es seine Absicht
war, den Feind zu erdrücken, bevor dieser die begonnene Konzen-
trierung durchgeführt hätte; sonst hätte er ja warten können, bis
jener in seinen Bereich kam. Wir können somit annehmen, daß am
Tage der Schlacht erst verhältnismäßig schwache Truppen der
Karthager und Numider zu den Keltiberern gestoßen waren, so daß
diese tatsächlich nicht nur den Kern, sondern überhaupt die Hauptkraft
des Heeres bildeten, trotzdem sie nicht stärker waren als 4000 Mann.
Die Gesamtzahl dürfte daher 10 000 Mann kaum überschritten haben,
und die Quellenangabe von 30000 Mann ist ein Irrtum. — Und auch
Scipio hat wohl zu dieser Expedition nicht die ganze Armee, sondern
nur ein stärkeres Korps, vielleicht 1 oder 2 Legionen, jedenfalls aber
das Gros der Kavallerie mitgenommen. So erklärt es sich, daß er die
ganze mitgebrachte Legionsinfanterie zur Zermalmung der keltiberischen
Kerntruppen verwenden, die karthagisch-numidischen Anhängsel jedoch
in ihrer Gänze seiner überlegenen Reiterei überlassen konnte. —
Jedenfalls ist diese „Schlacht" nicht als eine Hauptschlacht, sondern
nur als der Abschluß einer sekundären Operation aufzufassen.
Der bisher einzige detaillierte Lokalisierungsversuch Tissots
(I 556) stimmt wesentlich mit dem unsrigen überein. Seine Orts-
namen („Dakhla des Oulad bou Salem", „Djendouba") finden sich noch
auf neueren Karten. Scipios Lager verlegt er auf die „hauteurs occi-
dentales du plateau de Badja" (Beja?), das der Gegner „sur le versant
des montagnes qui dominant la partie nord-ouest de la Dakhla". Er
folgt hier Livius, nach dem beide Parteien zur Schlacht in die Ebene
hinabsteigen. Dies stimmt nicht mit Polybios, nach dessen Distanz-
angabe die Verbündeten in der Ebene lagern mußten; an die Hügel
im Norden derselben ist nicht zu denken, weil sie dann ihre ein-
zige Verbindungs- und Rückzugslinie preisgegeben hätten. Livius
hat einfach auch diese an sich geringe Abweichung aus subjektiver
Oberflächlichkeit hinzugefügt.
Anhang.
Übersetzung der Schlachtberichte.
Im folgenden sind die Berichte nur jener Autoren wiedergegeben,
denen wir in der Darstellung der Ereignisse gefolgt sind. Der Poly-
bianische Bericht macht, wo wir ihn haben, den Livianischen über-
flüssig, der in der Schilderung dieser Kriegsepoche, wenigstens was
die taktischen Vorgänge anbelangt, fast ausschließlich auf ersteren
zurückgeht, ohne ihn an Klarheit und Fachlichkeit zu erreichen. Nur
wo Polybios fehlt — in unserem Falle einzig beim „Thurm des Aga-
thokles" — muß Livius an seine Stelle treten. In diesem einen Falle
ist auch noch Appian, nicht im Interesse der taktischen Vorgänge,
sondern wegen einiger wichtiger Ortsangaben, mit heranzuziehen.
1. Das Gefecht beim „Turm des Agathokles".
Livius XXIX 34, 6: „Bereits hatte er (Hanno) gegen 4000 Reiter
beisammen, als er eine Stadt namens Salaeca besetzte, etwa 15 Meilen
vom römischen Lager. (7) Als dies Scipio gemeldet wurde, rief er:
„Kavallerie, und im Sommer unter Dach! mögen ihrer noch mehr sein
wenn sie nur einen solchen Führer haben!" (8) Entschlossen, um so
weniger zu zögern, je lässiger jene ihren Dienst versahen, sandte er
Massinissa mit Kavallerie voraus mit dem Befehle, gegen die Tore
anzureiten und den Feind zum Kampfe hervorzulocken ; wenn die
ganze Menge hervorgekommen und im Gefechte bereits so stark ge-
worden sei, daß ihr nicht mehr leicht Widerstand geleistet werden
könnte, solle er allmählich zurückweichen; er (Scipio) werde schon
rechtzeitig in den Kampf eingreifen. (9) Er wartete, bis er das Gefühl
hatte, daß für die vorausgesandte Abteilung genug Zeit verstrichen
sei, um die Feinde hervorzulocken; dann folgte er mit der römischen
38*
59 1 Der zweite Panische Krieg iu Afrika.
Reiterei, gedeckt durch die Hügel, welche in äußerst vorteilhafter
Lage in der Gegend einer Wegbiegung vor ihm lagen. (10) Massinissa
führte das verabredete Manöver aus, indem er bald den Feind ein-
schüchtern zu wollen, bald selbst sich zu fürchten schien; bald ritt er
gegen die Tore an, bald suchte er durch Zurückweichen, durch verstellte
Furcht die Kühnheit des Feindes weckend, diesen zur vorschnellen Ver-
folgung hinzureißen. (11) Noch waren nicht alle herausgekommen, und
der Führer hatte viele Mühe, die einen, die wein- und schlaftrunken da-
lagen, zum Ergreifen der Waffen und Aufzäumen der Pferde zu veran-
lassen, andere wieder zurückzuhalten, damit sie nicht zerstreut, ohne Ord-
nung, Verbände und Feldzeichen bei allen Toren hinausstürmten. (12) Zu-
erst, solange sie unvorsichtig angriffen, nahm Massinissa ihre Angriffe
an; bald brach aber eine größere Zahl dicht geschlossen aus einem
Tore und stellte das Gefecht wieder her; als endlich die ganze Reiterei
am Gefechtsfelde war, wurde weiterer Widerstand unmöglich. (13) In-
deß Massinissa ließ es nicht zu voller Flucht und Auflösung kommen,
sondern leistete während des Weichens planmäßig ihren Angriffen
Widerstand, bis er die Reiterei zu den Hügeln gebracht hatte, welche
die römische Kavallerie verdeckten. (14) Diese brach von dort hervor
und warf sich mit frischen Kräften und Pferden von allen Seiten auf
Hanno und die Afrikaner, die vom Kampfe und der Verfolgung ermüdet
waren ; Massinissa aber machte sofort kehrt und warf sich neuerdings in
den Kampf. (15) Gegen tausend Mann von der Vorhut, die nicht mehr
zurück konnten, wurden samt ihrem Führer Hanno abgeschnitten und
niedergemacht. (16) Die übrigen, besonders durch den Fall des Führers
erschreckt, flohen in voller Auflösung; die Sieger verfolgten sie 30 Meilen
weit und töteten oder machten zu Gefangenen überdies gegen 2000
Reiter.
Appian Lib. 14. Syphax, sei es aus Furcht, sei es aus Miß-
trauen gegen beide Verbündete, gab vor, daß die benachbarten Barbaren
sein Reich bedrohten, und brach in die Heimat auf. Scipio aber ent-
sandte nur kleine Abteilungen, um mit Hasdrubal zu plänkeln, indeß
traten auch einige Städte zu ihm über. Da kam Massinissa des
Nachts im geheimen ins Lager Scipios, begrüßte ihn und legte ihm
nahe, am folgenden Tage an einem von Utika 30 Stadien entfernten
Platz, wo ein von Agathokles, dem Tyrannen von Syrakus, erbauter
Turm steht, eine Abteilung von nicht mehr als 5000 Mann in den
Hinterhalt zu legen. An dem Tage selbst aber überredete er den
Utika. Anhang": Übersetzung- der Schlachtberichte. 595
Hasdrubal, seinen Reiterführer Hanno auszusenden, um die Stärke des
Feindes zu rekognoszieren und in Utika einzudringen, damit die Be-
wohner nicht infolge der Annäherung des Feindes meuterten. Er
selbst versprach, wenn jener es befehle, zu folgen. Hanno führte 1000
auserlesene karthagische Reiter und eine Anzahl Libyer, Massinissa
seine Numider. Als sie sich dem Turme näherten und Hanno mit
wenigen gegen Utika vorausritt, erschien ein Teil der im Hinterhalt
liegenden Truppe, und Massinissa befahl dem Anführer der kar-
thagischen Reiter, jene, da sie nur wenige seien, zu attackieren.
Er selbst folgte ihm in geringem Abstände wie zur Unterstützung.
Sobald die Libyer in die Mitte genommen waren, erschien das
Gros des Hinterhaltes und die Römer wie Massinissa metzelten sie
von beiden Seiten nieder bis auf vierhundert, die sich kriegsge-
fangen gaben. Nachdem dies vollbracht, kehrte Massinissa zu Hanno
in scheinbarer Freundschaft zurück, nahm ihn gefangen und führte
ihn in das Lager Scipios; lieferte ihn aber dem Hasdrubal gegen seine
Mutter aus.
2. Der Lagerüberfall.
Polybios XIV 4. Sobald alles zu der in Aussicht genommenen
Unternehmung bereit war, ließ er eine hinreichende Zahl geeigneter
Mannschaft im Lager zurück und brach gerade beim Schlüsse der
ersten Nachtwache mit den Truppen auf; denn die Entfernung zum
Feinde betrug etwa 60 Stadien. (2) Als er gegen Schluß der dritten
Nachtwache sich den Feinden näherte, übergab er dem C. Laelius
und dem Massinissa die Hälfte der Truppen nebst allen Numidern mit
dem Auftrag, den Angriff auf das Lager des Syphax auszuführen ; (3)
er ermahnte sie, sich als verständige Männer zu zeigen und nichts
planlos zu tun; sie wüßten ja wohl, daß, je mehr die Finsternis das
Sehen hindere, desto mehr die nächtlichen Hindernisse durch Klugheit
und Mut ausgeglichen werden müßten. (4) Er selbst nahm den übrigen
Teil des Heeres und wandte sich damit gegen Hasdrubal; war jedoch
entschlossen nicht früher anzugreifen, ehe nicht das Korps des Laelius
Feuer in das feindliche Lager geworfen hätte. (5) Auf Grund dieses
Entschlusses ging er nur in langsamem Schritt weiter vor; das Korps
des Laelius aber teilte sich in zwei Gruppen, welche zu gleicher Zeit
die Feinde angriffen. (6) Da nun die Zelte, wie erwähnt, wie mit
Absicht zum Anzünden hergestellt waren, so ergriff das von den
596 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Vordersten hineingeworfene Feuer sofort die nächsten Zelte, und da
diese eng aneinandergereiht waren und massenhafter brennbarer
Stoff da war, so gab es keine Hilfe gegen das Unheil. (7) Laelius
hielt zunächst die Truppen zuwartend zurück; Massinissa, mit den
Orten vertraut, wo die vor dem Feuer Fliehenden den Rückzug be-
werkstelligen mußten, hatte ihnen dort seine Truppen entgegengestellt.
(8) Auf Seiten der Numider ahnte niemand was vorging, auch Syphax
nicht; sie glaubten vielmehr, das Lager sei von selbst in Brand ge-
raten. (9) Daher stürzten sie arglos teils aus dem Schlafe, teils
trunken oder vom Gelage aus den Zelten. (10) Viele wurden an
den Lagerausgängen von den eigenen Leuten zerstampft, viele stürzten
in die Flammen und fanden dort den Tod; aber auch die, welche
dem Feuer entrannen, fielen insgesamt den Feinden in die Hände
und wurden niedergemacht, ohne zu wissen, was mit ihnen vorging
oder was sie taten.
K. 5. Als um diese Zeit die Karthager die Feuermasse und die
hoch emporschlagenden Flammen erblickten, glaubten sie, das Lager
der Numider sei von selbst in Brand geraten; einige eilten freiwillig
zu Hilfe, (2) die übrigen liefen insgesamt aus dem Lager und standen,
erschreckt über das Geschehene, unbewaffnet vor dem eigenen Wall.
(3) Scipio aber, dem so alles nach Wunsch ging, fiel über die Heraus-
gekommenen her, machte sie teils nieder, teils trieb er sie ins Lager
zurück und warf gleichzeitig Feuer in die Zelte. (4) Da ging es
nun den Puniern infolge des Feuers und dessen Folgen nicht anders
als den Numidern. (5) Hasdrubal und die Seinen standen sofort davon
ab, das Feuer löschen zu wollen, da sie aus den Umständen erkannten,
daß auch über die Numider das Unheil nicht von selbst, wie sie ge-
glaubt, sondern durch die Klugheit und Kühnheit der Feinde herein-
gebrochen sei; (6) sie dachten nur mehr an ihre Rettung, obgleich
ihnen selbst dazu wenig Hoffnung blieb. (7) Denn das Feuer griff
schnell um sich und ergriff alle Teile des Lagers; die Lagerstraßen
waren erfüllt mit Pferden, Tragtieren und Menschen, die teils halbtot
oder verbrannt, teils völlig besinnungslos vor Entsetzen waren, (8) so daß
auch die, welche sich mannhaft halten wollten, sich hierdurch daran
gehindert sahen, und in der Bestürzung und Verwirrung jede Hoffnung
auf Rettung schwand. (9) Ebenso ging es dem Syphax und den
anderen Führern. Indessen retteten sich die beiden Feldherren mit
wenigen Reitern; (10) die übrigen Zehntausende von Menschen,
Utika. Alihang: Übersetzimg- der Schlachtberichte. 597
Pferden und Tragtieren fanden einen kläglichen Untergang in den
Flammen.
3. Die Schlacht auf den „großen Feldern".
Polybios XIV, 7. ... (9) Endlich nach 30 Tagen schlugen sie
(die Karthager) auf den sogenannten „großen Feldern" ihr Lager
vereint mit den Numidern und den Keltiberern, nicht weniger als ins-
gesamt 30000 Mann.
Kap. 8. Sobald dies im römischen Lager bekannt wurde, rüstete
Publius sogleich zum Aufbruch, und nachdem er dem Belagerungs-
korps vor Utika und der Flotte Instruktionen erteilt, brach er mit
durchwegs leichtbepacktem Heere auf. (2) Als er nach fünftägigem
Marsch auf die „großen Felder" und in Feindesnähe gelangt war,
schlug er am ersten Tage sein Lager auf einem Hügel, etwa
30 Stadien vom Feinde; (3) am folgenden Tage stieg er unter Vor-
aussendung der Reiterei in die Ebene hinab und setzte sich auf
7 Stadien Distanz fest. (4) Die beiden folgenden Tage blieben beide
Teile in dieser Stellung und beschränkten sich auf Plänkeleien; am
vierten rückten beide ihrem Plane gemäß aus und entwickelten ihre
Streitkräfte. (5) Publius stellte einfach nach der gewohnten Norm im
ersten Glied die Manipeln der Hastaten, hinter sie jene der Principes,
endlich ganz rückwärts die der Triarier; (6) von der Reiterei stellte
er die italische auf den rechten, die numidische unter Massinissa auf
den linken Flügel. (7) Syphax und Hasdrubal stellten die Keltiberer
ins Zentrum, den römischen Manipeln gegenüber, die Numider auf den
linken, die Karthager auf den rechten Flügel. (8) Gleich beim ersten
Zusammenstoße wichen die Numider vor den italischen Reitern, die
Karthager vor Massinissa, da die wiederholten Niederlagen ihren Mut
gebrochen hatten. (9) Die Keltiberer jedoch kämpften wacker, als sie
mit den Römern zusammenstießen. Denn da sie die Gegend nicht
kannten, konnten sie weder hoffen, sich durch die Flucht zu retten,
noch hatten sie im Falle der Gefangennahme wegen ihres Treubruchs
gegen Publius Gnade zu erwarten. (10) Weil sie nämlich von ihm in
Iberien nicht als Feinde behandelt worden waren, so traf sie der Vor-
wurf der Ungerechtigkeit und Vertragsbrüchigkeit, da sie kamen, um
mit den Karthagern gegen die Römer zu kämpfen. (11) Kaum waren
aber die Flügel zum Weichen gebracht, als sie rasch von den Principes
und Triariern umfaßt und mit wenigen Ausnahmen niedergemacht
5 <)S Der zweite Panische Krieg; in Afrika.
wurden. (12) So fanden die Kel tiberer den Untergang, indem sie den
Karthagern nicht nur in der Schlacht, sondern auch auf der Flucht
einen großen Dienst erwiesen: (13) Denn wären hierdurch die Römer
nicht aufgehalten worden, sondern den Fliehenden auf den Fersen ge-
folgt, so wären überhaupt nur wenige Feinde entkommen. (14) Wäh-
rend sie aber so die Römer aufhielten, bewerkstelligte Syphax mit
seinen Reitern in Sicherheit den Rückzug in sein Reich, Hasdrubal
aber mit den Resten seines Heeres nach Karthago.
Narraggara-
2. Narraggara.
Hierzu Karte 14.
1. Das Schlachtfeld.
Die große Entscheidungsschlacht zwischen Scipio und Hannibal, Das Problem,
eines der historisch wie militärisch interessantesten Ereignisse der
Weltgeschichte, bietet in fast jeder Hinsicht eines der schwierigsten
Probleme der Forschung. Nicht zuletzt für die Lokalforschung ; denn
nicht weniger als 130 Kilometer in west-östlicher Luftlinie mißt der
Raum, innerhalb dessen man sie bisher zu lokalisieren versucht hat.
Und doch ist es eigentlich ein oberflächlicher Irrtum, der eine ^zama-
ganze Reihe ernstester Forscher auf falsche Wege gelenkt hat: die
auf der Schulbank suggestiv aufgenommene, auf der Nachlässigkeit
eines der minderwertigsten Historiker des Altertums beruhende
falsche Bezeichnung der Schlacht. Heute noch kann man in allen
Lehrbüchern von der „Schlacht bei Zama" lesen; und doch
gründet sich diese Bezeichnung einzig und allein auf — Cornelius
Nepos!
Im Gegensatze hierzu geht gerade aus der ausführlichen poly-
bianisch-livianischen Überlieferung, der besten, ja fast einzig brauch-
baren, die wir haben, ausdrücklich hervor, daß die Schlacht
nicht bei Zama, sondern bei Narraggara geschlagen worden
ist. Allerdings stand vorher eine Zeitlang Hannibal bei Zama; Scipio
aber bei Narraggara. Dann aber brach Hannibal von Zama auf
und marschierte bis auf 572 Kilometer an Scipio heran,
und hier, also bei Narraggara, kam es zur Schlacht. So in un-
zweifelhafter Weise die Hauptquelle.
Daß der Marsch Hannibals von Zama gegen Narraggara nicht
einfach eine kleine Lagerverschiebung auf engem Räume, sondern ein
600 Der zweite Panische Krieg' in Afrika.
mehrtägiger Marsch war, geht schon aus dem Wortlaute des Polybios
XV 6, "2 hervor: dviKsv^e, xal ovvsyyloag . . . YMTaöTQctTOTtidevae.
Mäoyaoor Nun findet sich allerdings in der Handschrift des Polybios statt
Narraggara. ^em bei Livius genannten „Narraggara" der Name „niagyctgov".
Mit Recht aber hat man dieses Wort, dem livianischen Text folgend,
in „Naggdyyagav" geändert. Denn daß Livius in dieser Schilderung
einzig Polybios benützt hat, ist längst erwiesen1); gerade der Satz,
in dem der fragliche Name vorkommt, ist von Livius fast wörtlich
aus Polybios herübergenommen. (Pol. XV 5, 14 = Liv. XXX 29, 9.)
Demnach unterliegt es keinem Zweifel, daß bei Livius und bei Polybios
derselbe Name gestanden hat, und da Margaron sonst völlig unbekannt,
Narraggara aber als antike Stadt bezeugt ist, so dürfte bei Polybios
eine Textverderbnis vorliegen, oder aber „Mdgyagov" und „Nar-
raggara" Synonyma sein, etwa wie „Maxdga" und „Bagradas".
Indeß läßt sich auch für jene, die zu der Ansicht neigen, Livius
habe das bei Polybios stehende, ihm unbekannte „Mdgyagov" will-
kürlich in das bekanntere „Narraggara" geändert2), der Beweis er-
bringen, daß das Schlachtfeld dennoch unbedingt in jener Gegend zu
suchen ist, in welcher Narraggara tatsächlich liegt, womit die Identität
beider Ortsnamen in höchstem Grade wahrscheinlich gemacht ist.
Wir besitzen nämlich Angaben über Hannibals Flucht vom
Schlachtfelde nach Hadrumetum, und zwar bei Appian
Lib. 47 und Cornelius Nepos Hann. 6.
Ersterer gibt die Entfernung mit 3000 Stadien = rund 530 Kilo-
meter, die Zeit mit zwei Tagen und zwei Nächten = 48 Stunden an;
letzterer die Entfernung3) mit 300 Millien = rund 450 Kilometer, die
Zeit gleichfalls mit 2 Tagen und 2 Nächten.
Daß in diesen Angaben eine Übertreibung vorliegt, ist außer
Zweifel; ebenso daß sie die Tendenz verfolgt, die Flucht als möglichst
1) Siehe Zieliriski (No. 15), p. 95 ff.
2) Es ist übrigens höchst unwahrscheinlich, daß Narraggara zur Zeit des
Livius ein sehr bekannter Ort gewesen, da es vor diesem Schriftsteller niemals und
nach ihm erst hundert Jahre später bei Ptolemäus und dann in den Itinerarien genannt
erscheint. Damit wird eine willkürliche Änderung von „Mdgyapov" in „Narraggara"
durch Livius aus dem Bereiche jeder Wahrscheinlichkeit gerückt.
3) Cornelius Nepos gibt die Entfernung von Zama nach Hadrumetum an; da
er aber die Schlacht selbst nach Zama verlegt und textlich klar die Flucht vom
Schlachtfelde gemeint ist, so liegt entschieden dasselbe Faktum wie bei Appian
zugrunde.
Narraggara. 1. Das Schlachtfeld. 601
beschleunigt hinzustellen. Nun kann dieser Zweck auf doppelte Art
erreicht werden: entweder man setzt zur gegebenen Zeit eine über-
trieben große Distanz, oder zur gegebenen Distanz eine übertrieben
kurze Zeit. In diesem Falle zeigt sich deutlich, daß die Zeit der
gegebene Faktor ist, nicht weil sie in beiden Autoren gleich ange-
geben wird und die Entfernung verschieden — denn letzteres kann
auch auf eine falsche Umrechnung der Stadien in Meilen durch
Nepos zurückzuführen sein *), — sondern weil uns die gegebenen Ent-
fernungen derart weit nach Westen — bis tief nach Algier — führen
würden, daß hierin allein eine grobe Un Wahrscheinlichkeit erblickt
werden muß; denn dort gibt es weder ein Zama noch ein Narraggara.
Andererseits wäre die durch diese Daten gegebene Geschwindigkeit der
Flucht von 10 bis 12 Kilometer pro Stunde ohne Rasten in jenem da-
zumal wohl nur zum geringsten Teile von chaussierten Kommuni-
kationen durchzogenen Terrain auf die Dauer von 48 Stunden (täglich
265 bezw. 225 Kilometer!) einfach unmöglich2).
Wenn wir nun also die Zeit als richtig annehmen, so ergibt ein
Kalkül, welche Strecke in der gegebenen Zeit im gegebenen Terrain
noch als beiläufige Maximalleistung bewältigt werden kann —
denn eine solche liegt zweifellos vor — annähernd die Distanz des
Schlachtfeldes von der Küste. Wir haben den Weg von Sousse
(Hadrumetum) bis Sidi Youssef (Narraggara) zum größten Teile im
Sattel zurückgelegt, und ich möchte als aktiver Offizier einer be-
rittenen Waffe mein Urteil dahin abgeben, daß in diesem zum Teile
verkarsteten, von stellenweise recht mäßigen Saumwegen durch-
zogenen Landstriche ein Ritt von 100 — 120 Kilometer pro Tag
wohl das Maximum darstellt, auch dann, wenn man weiß, daß man in
1) Daß Nepos griechische Quellen benutzt hat und demnach umrechnen mußte,
hat Haehnel, Die Quellen des Cornelius Nepos im Leben Hanuibals, Greifswald
1888, nachgewiesen. Dort auch auf S. 19 Anm. 1 unter Berufung auf U. Becker
und Hisely die Vermutung der falschen Umrechnung.
2) Eventuelle Kritiker seien gewarnt, an diese Frage die Ergebnisse unserer
heutigen „Distanzritte" (Wien— Berlin u. dgl.) als Maßstab anzulegen; denn erstens
erfolgten dieselben durch Einzelreiter, nach weitgehenden Vorbereitungen, auf speziell
für diesen Zweck von langer Hand trainierten Pferden, dann aber, was die Haupt-
sache ist, größtenteils auf chaussierten, oder doch für Reiter günstigen Kommu-
nikationen. Man stelle dieselbe Aufgabe einmal im Innern von Tunis, dessen heutige
Beschaffenheit in dieser Hinsicht wohl so ziemlich jener zu Hannibals Zeit ent-
sprechen dürfte, und besehe dann das Resultat!
002
Der zweite Pnuische Krieg in Afrika.
Narraggara =
Sidi Youssef.
48 Stunden am Ziele ist und daher die Rasten innerhalb dieses Zeit-
raumes auf das äußerste Minimum reduzieren kann.
Dieses Kalkül ergibt eine zulässige Distanz von 200 bis 240
Kilometer. Nun schwankt die Entfernung zwischen Sousse und Sidi
Youssef je nach dem eingeschlagenen Wege1) zwischen zirka 250 und
270 Kilometer, und wenn, wie sich uns später auf anderem Wege tat-
sächlich herausstellen wird, das Schlachtfeld herwärts von Narraggara
gelegen hat, so ergibt sich eine Distanz für die Flucht, die mit
obigem Kalkül übereinstimmt.
Daraus folgt, daß wir das Schlachtfeld und damit das „Magyccgov"
des Polybios tatsächlich in derselben Gegend zu suchen haben, in der
auch das überlieferte Narraggara lag; woraus die Identität beider Be-
zeichnungen zum mindesten mit großer Wahrscheinlichkeit hervorgeht.
Damit ist schon viel gewonnen ; denn Narraggara ist der Lage nach
bekannt, sicherer sogar als Zama.
Bis vor kurzem herrschte noch Zweifel, ob die Stadt mit dem
heutigen Sidi Youssef beziehungsweise dem dortigen Ruinenfeld
HenchirKsarJaber2) identisch sei, oder mit der zirka 9 Kilometer
nördlich gelegenen Stätte Ksiba Mraou (Hir el Okseiba beiFedj Mraou
der neuen Karte)3). Für die Entscheidung unserer Frage ist dies bei der
geringen Entfernung beider Orte ohnehin fast belanglos; immerhin sei
gleich hier bemerkt, daß an der Identität von Sidi Yousset mit Narrag-
gara heute kein Zweifel mehr möglich ist. Denn Narraggara war eine
Station der Straße Sicca— Narraggara— Gegetu — Thacora; diese Straße,
deren übrige Punkte wir gleichfalls kennen, konnte in dem in Be-
tracht kommenden Terrain einzig über Sidi Youssef führen. Sie über
Ksiba Mraou zu bauen, wäre wohl selbst einem numidischen Straßen-
bauingenieur niemals beigefallen4). Darüber Näheres später bei Be-
schreibung des Terrains (S. 604).
1) Über die verschiedenen Wege wird unten S. 645 die Rede sein.
2) Auf den neuesten Karten findet sich dieser Name nicht ; er bezeichnet das
Ruinenfeld unmittelbar nördlich des Ortes Sidi Youssef.
3) für die erste Hypothese: Shaw (No. 2) p. 162; Lewal (No. 7) p. 116;
Tis so t (No. 18) II. 380; Brunon (No. 20) p. 155.
für die zweite: Berbrugger (No. 5) p. 267; Mommsen (No. 19) p. 155;
Schmidt (No. 27) (CIL. VIII. 1599, Eph. epigr. V. 415).
Unentschieden: K.Lehmann (No. 32) p. 548; Delbrück (No. 39)2 396.
4) Wie die in der vorigen Anmerkung gegebene Liste erweist, haben zumeist
die wirklichen Kenner des Terrains sich für Sidi Youssef, und die Nichtkenner für
Narraggara. 1. Das Schlachtfeld.
603
Im Bereich dieser Lokalität also haben wir das Schlachtfeld zu
suchen, und wir halten es gleichzeitig für unsere Pflicht, nachdrück-
lichst für die richtige Bezeichnung „Schlacht bei Narraggara"
einzutreten1). Der näheren Ortsbestimmung muß zunächst eine ein-
gehende Untersuchung des ganzen in Betracht kommenden Geländes
vorangehen.
Sidi Youssef liegt genau auf der heutigen Grenze zwischen Tunis Die Gegend.
und Algier, etwa in der Mitte zwischen dem Ou. Medjerda und dem
Ou. Mellegue, von jedem dieser Flüsse rund 20 Kilometer entfernt, im
südlichen Teile eines Hochlandes, das wir uns zunächst etwas ein-
gehender betrachten müssen, da die zum großen Teil unzutreffende
Vorstellung, die man sich von ihm bisher gemacht hat, Anlaß zu ver-
hängnisvollen Irrtümern gewesen ist.
In fast allen älteren Werken, zum Teil auch, aus jenen übernom-
men, in neueren Arbeiten, findet sich für dieses Hochland die Be-
zeichnung „Hochebene Hannencha" („Hannechau, „Hen-Neishah"
usw.). Auf den modernen Karten findet sich der Name nicht, und an
Ort und Stelle kennt ihn kein Mensch2). Das würde nun an und für
sich wenig ausmachen; schwerer jedoch wiegt, daß wir es mit nichts
weniger als mit einer Hochebene zu tun haben. Hoch ist das Terrain
wohl, eben aber absolut nicht. Der ganze Komplex ist ein ausge-
sprochenes, aus zahlreichen parallel (SW-NO) streichenden Rücken be-
stehendes Mittelgebirgsland von stark ausgesprochenen, zum Teil sehr
steilen Formen; alle Ketten haben scharf geformte Gipfel und sind von
einander durch steilrandige, oft schluchtartige Täler getrennt. An
einigen wenigen Stellen finden sich flachere Kessel, deren halbwegs
Die
„Hannencha".
Terrain -
konfiguration.
Ksiba Mraou entschieden; denn auch Berbrugger, der zwar auf Grund von Autopsie
schreibt, hat gerade von dieser Gegend eine derart falsche Beschreibung geliefert,
daß er füglich zur zweiten Kategorie gezählt werden muß.
1) Mit voller Entschiedenheit angewandt findet sich diese Bezeichnung meines
Wissens — wenigstens bei deutschen Autoren — nur in der erwähnten Schrift von
K. Lehmann; Delbrück, der ihm im wesentlichen folgt, schreibt „Zama-Nar-
raggara".
2) Auf der alten „Carte de reconnaissance", Blatt „El Kef", findet sich die Be-
zeichnung „Kaidat (= Bezirk) des Hanencha", jedoch nicht im Hochlande, sondern in
der später zu erwähnenden, tiefgelegenen Melleguesteppe, und zwar bezieht sich, nach
der Schrift zu schließen, die Bezeichnung nur auf ein Gebiet von etwa 12 Kilometer
Breite. Auf der neuen Karte 1 : 100 000 kommt dieser Stammesname — denn um
einen solchen handelt es sich hier wohl — auch an dieser Stelle (Blatt „Djebel Har-
raba") nicht mehr vor.
Hill
Der zweite Punische Krieg in Afrika.
Ressourcen.
Weg-
Verhältnisse.
ebene Sohle jedoch niemals die Maximaldimension von 1 i/j bis 2 Kilo-
metern überschreitet; im übrigen ist das Terrain durchwegs stark
koupiert, also, um den springenden Punkt gleich vorwegzunehmen, nir-
gends auch nur annähernd von der Art, wie die Heere
Roms sie für eine „bataille rangeV brauchten und
wünschten.
Besser steht es dort mit den Ressourcen. Wasser ist im allge-
meinen in hinreichender Menge vorhanden, und infolgedessen auch die
Fruchtbarkeit der Gegend eine gute zu nennen. Wo die Neigung
der Hänge es gestattet, sind dieselben mit Feldern, oder auch mit
geradezu prachtvollem Urwalde bedeckt. An vielen Stellen tritt aller-
dings infolge der Steilheit der Formen oder partieller oberflächlicher
Verkarstung der kahle Fels zutage, und einzelne Abschnitte, wie der
Ostabfall gegen den unteren Ou. Mellegue, sind auch wasserarm
und wüst1).
Das Klima ist fast jenes einer mitteleuropäischen Gebirgsgegend.
Wir erlebten Ende Februar 1908 in Sidi Youssef einen Schneesturm,
der den ganzen Ort gründlich einschneite. Auch in der heißen Jahres-
zeit würde sich die Gegend, wie an Ort und Stelle lebende Europäer
bezeugten, für eine Sommerfrische nach mitteleuropäischen Begriffen
recht gut eignen.
Recht miserabel sind die Wegverhältnisse. Einzig in der
Längsrichtung zwischen den Bergketten gibt es leidlich brauchbare
durchlaufende Kommunikationen, von denen die alte Straßentrace von
El Kef über Sidi Youssef nach Westen derzeit neu chaussiert wird2).
1) Dies ist die Stelle, wo gemeiniglich das Feld der IugurthaschlacM am Muthul
gesucht wird. Vgl. R. 0 eh ler in dem „Jahresber. d. österr. archäol. Inst.1' 1909.
327 ff.
2) Diese Straße, zweifellos im allgemeinen dem Zuge der früher erwähnten
Römerstraße Thacora-Sicca folgend, zieht sich nördlich der südlichsten der durchlau-
fenden Längsketten von Westen kommend bis Sidi Youssef, wo diese Kette eine breite
Unterbrechung aufweist, und durch diese in stumpfem Winkel hinab schräg an den
Ou. Mellegue. Es ist dies auch die für eine Verbindung von selbst gegebene Trace ;
ein Ausbiegen über Ksiba Mraou würde nicht nur einen bedeutenden Umweg, sondern
auch die Überquerung mehrerer schwieriger Bergrücken erfordern. Daß eine so statt-
liche Stadt, wie die Ruinen von H»* Okseiba erkennen lassen, nicht gänzlich abseits
jeder Straße gelegen haben kann, ist ohne weiteres zuzugeben; doch dürfte es sich
hier vermutlich um eine Querstraße von Narraggara direkt zum Bagradastal gehandelt
haben. Solche Querstraßen scheint es zur Zeit der römischen Blüte auch in dieser
Gegend mehrere gegeben zu haben; wir selbst sind auf unserem Ritte von Sidi
Youssef zur Bahnstation Grhardimaou zum Teil den Spuren einer solchen gefolgt.
Narraggara. 1. Das Schlachtfeld. 605
In der Querrichtung existieren heute nur sehr schwierige, stellenweise
halsbrecherische Bergpfade. Herr Hauptmann Dougan vom französi-
schen Generalstabe, der die Gegend aus persönlicher Erkundung genau
kennt, bezeichnete uns den Aufstieg eines größeren Armeekörpers aus
dem Medjerdatale direkt nach Sidi Youssef im Winter als unmöglich,
im Sommer als eine respektable Leistung.
Im Norden sinkt das Bergland schroff zu dem tiefeingeschnittenen
Tale des Ou. Medjerda ab, das in diesem Abschnitte durchwegs den
Charakter eines schwierigen Gebirgsdefi lees trägt *), um sich jenseits des-
selben in gleicher Form fortzusetzen.
Südlich der Linie von Sidi Youssef senkt sich das Bergland von
der südöstlichsten Läugskette weg in flachen, schmalen Querriegeln
langsam und stufenförmig ab und verläuft nach zirka 10 Kilometer
langem Fall in die große Steppe des Ou. Mellegue, eine der Die Meiiegue-
originellsten und in ihrer Art großartigsten Gegenden dieses inter-
essanten Landes.
Diese mehrere Märsche lange und breite, recht unfruchtbare und
menschenarme Steppe bildet eine nahezu ebene Fläche von 400 bis
500 Meter Seehöhe, auf welcher sich in verschiedenen Abständen ganz
isolierte, klippenartige Felsenberge gleich ungeheueren erratischen
Blöcken bis über 1000 Meter Höhe erheben. Die zwischen ihnen
liegenden flachen Gebiete sind die einzigen Stellen, die im weitesten
Umkreis des alten Narraggara für eine Schlacht, wie die hier in Rede
stehende, in Betracht kommen.
Denn daß die Schlacht in einer vollkommenen und weitge- Die
Forderungen
dehnten Ebene geschlagen wurde, kann keinem Zweifel unterliegen, des scniacht-
Nicht nur weil ein koupiertes Terrain als solches in der Schlacht benchtes-
— einer Hannibalsschlacht ! — hätte eine Bolle spielen und daher in
unseren Quellen erwähnt werden müssen ; sondern vor allem weil dies
aus der initiativen Schlachtidee Scipios erhellt, die auch ohne
jede weitere Diskussion soweit klar ist, um uns erkennen zu lassen,
daß sie an das Terrain zwei wichtige Anforderungen stellte: erstens
die Möglichkeit, die eigene Überlegenheit an Kavallerie voll
Sicher aber war der Platz, auf dem Sidi Youssef liegt, der wichtigste Knotenpunkt
dieser Bergstraßen; das läßt sich nicht nur aus den vorhandenen römischen Straßen-
resten, sondern auch aus dem Laufe der heutigen Kommunikationen erkennen.
1) Vgl. Tissot (No. 18) I. 61. — Nur mühsam bricht sich heute die Eisenbahn
längs des Flusses Bahn ; daneben existiert dann noch eine sehr mäßige landesübliche
Straße, die erst der Chaussierung harrt.
(306 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
zur Geltung zu bringen; zweitens, vollste Ellbogenfreiheit für
die Infanterie zu gewähren. Für beide Zwecke eignete sich einzig
die hindernislose Ebene, die nicht nur ihm gestattete, was er
beanspruchte, sondern auch dem Gegner verwehrte, durch Terrain-
ausnützung entgegenzuwirken. Nun aber hat Scipio sein Schlacht-
feld gewählt; er setzte sich bei Narraggara „an einer überhaupt
günstigen Stelle" fest, als Hannibal noch bei Zama stand; und er blieb
auf dem gewählten Platze stehen, so daß Hannibal gezwungen war,
eben dahin zu kommen und die Schlacht auf dem vom römischen
Feldherrn gewählten Terrain zu schlagen (Pol. XV 5, 14). Dieses
wichtigste Charakteristikum des offenen und ebenen
Terrains, das Scipio bei Narraggara für die Schlacht
gewählt hatte, findet sich im weitesten Umkreis dieses
Ortes nirgends als in der Steppe am Ou. Mellegue.
In dieser weiten Ebene haben wir also den genauen Ort der Schlacht
zu ermitteln. Man sollte glauben, daß dies bei einer Schlacht, in der das
Terrain keine Rolle spielte, in einer solchen Ebene problematisch sein
müßte; und in der Tat läßt sich eine vollkommen sichere, eindeutige
Lösung nicht herbeiführen. Immerhin aber stehen uns Andeutungen
zu Gebote, die uns erlauben, die Reihe der Möglichkeiten wesentlich
einzuschränken.
Zunächst die ausdrückliche Erwähnung „bei Narraggara"; das
kann unmöglich für die ganze über 60 Kilometer weite Steppe Gel-
tung haben, sondern muß sich auf den nächst der Stadt gelegenen, also
nordöstlichen Abschnitt beziehen.
Ferner ist uns wenigstens ganz im allgemeinen die Front beider
Heere gegeben. Da Narraggara im Norden, Zama aber, woher
Hannibal kam, unter jeder Annahme der Lage dieser Stadt im
Osten der Ebene liegt, so ergibt sich, grob gerechnet, die Front der
Römer nach Südost, die der Karthager nach Nordwest; auch Süd-Nord
oder Ost- West ist möglich, doch immer nur so, daß die Römer nach
der ersten, die Karthager nach der letzten Richtung stehen.
Und hierzu tritt endlich als drittes und entscheidendes Moment das-
jenige, welches gerade auf diesem Kriegsschauplatze fast immer das
letzte Wort zu sprechen hat: die Wasser frage.
Polybios berichtet XV 5, 14 und 6, 2, daß Scipio innerhalb Pfeil-
schußweite sich mit Wasser versorgen konnte, während Hannibal, der
30 Stadien davon auf einer sonst für diesen Zweck günstigen Anhöhe
Narraggara. 1. Das Schlachtfeld. 607
lagerte, vom Wasser ziemlich entfernt war, so daß seine Soldaten diesbezüg-
lich Mangel litten. Derselbe Umstand wird auch in der anderen, uns bei
Appian erhaltenen Tradition ausdrücklich betont (Lib. 40). Schon
dieser Umstand weist auf die im allgemeinen wasserarme Muthulsteppe;
so wasserarm ist sie aber doch nicht, daß Hannibal, der ja als alter
Praktiker die Wichtigkeit der Wasserversorgung kennen mußte, unter
allen Umständen gezwungen gewesen wäre, diesen Nachteil mit in Kauf
zu nehmen. Es muß somit Scipios Stellung so gelegen ge-
wesen sein, daß der einzige ihr gegenüberliegende und
für den Aufmarsch zur Schlacht brauchbare Stützpunkt
tatsächlich mit jenem Mangel verbunden war. Dies aber
gibt, wenn wir den in großen Zügen abgegrenzten Raum und die bei-
läufig festgestellte beiderseitige Frontrichtung hinzunehmen, allerdings
schon die Möglichkeit einer engeren Lokalisierung.
Wir haben also folgende Situation in das vorliegende Terrain ein-
zupassen :
Scipio in einem günstig gelegenen Lager, nicht zu weit von Narrag-
gara, hart an brauchbarem Wasser, Front nach Süd, Südost oder Ost;
ihm gegenüber auf etwa 5V2 Kilometer Hannibals Lager auf einer
hierfür günstigen Anhöhe, jedoch weit vom Wasser; zwischen beiden
die offene, hindernislose Ebene.
Man kann zirkeln soviel man will: in dem überhaupt möglichen
Teile der Steppe lassen sich bestenfalls zwei Situationen finden, die
diskutierbar erscheinen. Wir wollen sie nach den nächsten markanten
Terrainpunkten die Theorie des Djebel Lajbel und des Djebel
Harr ab a nennen.
Der Dj. Lajbel ist der nördlichste der früher erwähnten Felsen- Variante
berge; er liegt nahe der äußersten Nordostecke der Steppe, dort, wo
dieselbe am nächsten an Sidi Youssef herantritt; von seinem Nordfuße
bis zu diesem Orte sind 14 Kilometer Luftlinie. An der Nordostseite
seines Fußes besitzt er eine eigentümliche Nebenform, eine rechteckig
vorspringende Platte (Koudiat el Galea), deren drei freistehende Seiten
wie von Zyklopenhänden aus ungeheueren senkrechten Felsblöcken auf-
getürmt erscheinen. Zwischen diesem Vorsprung und dem auf 600 Meter
vorbeifließenden Ou. Ezzergua erstreckt sich ein sanft abfallender,
für ein Lager vorzüglich geeigneter Hang. (Bild 43). Außer dem vor-
erwähnten Bach gibt es dort noch mehrere Quellen, die jedoch ziemlich
salzig sind.
Kromayer-Voith, Antike Schlachtfelder III. 39
lins
Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Dieser Platz entspricht vollkommen für das scipionische Lager; er
ist so ziemlich der Narraggara zunächstgelegene passende Punkt, welcher
die offene Ebene vor sich hat. Diese dehnt sich in minimaler, prak-
tisch nicht merklicher Neigung gegen Südosten in der Breite von etwa
6 Kilometern aus; dann erheben sich niedrige, unregelmäßige Höhen, auf
deren Rand, die Ebene von der anderen Seite beherrschend, man sich
Hannibals letztes Lager denken kann. Der hierfür nach der Karte
Dj. Lajbel
Koudiat
el Galea
Lager Scipios
Bild 43. Djebel Lajbel und Koudiat el Galea, von Osten gesehen.
(Nach einer Aufnahme von Herrn Hauptmann Blondont.)
scheinbar prädestinierte Kat Dahla (552 Meter) eignet sich in Wirklichkeit
nicht; er ist ein schroffer, spitzer Kegel ohne brauchbare Lagerfläche.
Dagegen eignet sich vorzüglich die unmittelbar südwestlich anschließende
fast quadratische Platte. Die Entfernung vom Lager Scipios beträgt
genau 5 V2 Kilometer = 30 Stadien.
Der Ort ist tatsächlich ohne Wasser, da die zahlreichen zwischen
diesen Höhen eingezeichneten Oueds selbst im Winter bei besserem
Narraggara. 1. Das Schlachtfeld. 609
Wetter, umsomehr im Sommer vollkommen trocken sind. Das nächste
Wasser ist auch hier der Ou. Ezzergua, dessen nächster Punkt jedoch
starke 3 Kilometer, noch dazu schräg feindwärts, entfernt ist; wollte
man gesichert Wasser beschaffen, so mußte es aus dem 6 Kilometer im
Rücken fließenden Ou. Mellegue geholt werden. Und doch mußte Han-
nibal, wollte er auf eine die Ebene halbwegs beherrschende und defen-
sivfähige Stellung nicht verzichten und dabei seine Verbindungen decken,
eben diesen Punkt wählen, da er sich weder gegen den Ou. Ezzergua
noch gegen den Ou. Mellegue verschieben konnte, ohne die genannten
Vorteile zu opfern.
Insoweit würde also der Platz vorzüglich stimmen. Und doch hat
er ein gewaltiges Nisi. Quer über das ganze präsumptive Schlachtfeld,
etwa 2 Kilometer vor dem angenommenen Lager Hannibals, zieht sich
ein tiefeingeschnittener, mit Ausnahme einiger weniger scheinbar künst-
lich in den Lehmboden getretener Übergangssteige selbst für einzelne
Menschen unpassierbarer Wasserriß (Ou. Ras el Rhandig, bezw. Ou.
el Ouair). Hat derselbe in fraglicher Zeit schon in dieser Zone exi-
stiert, dann ist die ganze Schlachtansetzung schlechterdings unmöglich.
Nicht daß die Schlacht durch dieses Hindernis überhaupt unmög-
lich geworden wäre; dasselbe hätte vielmehr ganz gut in dem Kalkül
der Feldherren eine Rolle spielen können. Aber dann hätte diese Rolle
auch im Verlaufe sehr eklatant zum Ausdruck kommen müssen, der
Riß hätte wesentlichen Einfluß auf den Gang der Ereignisse geübt,
und davon müßte in den Quellen doch wenigstens eine Andeutung zu
finden sein. Dies ist aber nicht der Fall.
Es ist nun ein recht schwerer Entschluß, im Rahmen einer For-
schungsmethode, die eben auf die genaue Untersuchung und Beurteilung
des Terrains aufbaut, schließlich gerade diese als konstant angenom-
mene Größe in einem Einzelfall, wo es eben paßt, als variabel hinzu-
stellen. Wo sich diese Tatsache durch streng wissenschaftliche Unter-
suchungen begründen und kontrollieren läßt, wie z. B. in der Gegend
der Bagradasmündung, da ist es etwas anderes; hier aber, wo eine
Untersuchung des Alters dieses Oueds wohl kaum zu einem positiven
Ergebnisse führen dürfte, bleibt die Sache eine riskante und vage Ver-
mutung. Immerhin ist sie nicht ganz von der Hand zu weisen. Wir
haben gesehen (S. 501), daß die Erosionstätigkeit im Gebiete des heutigen
Tunis in historischer Zeit eine nicht unbedeutende war und noch ist,
wie die ungeheuren Anschwemmungen der Bagradasmündung beweisen.
39*
010 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Gerade in einer Gegend wie der fragliches sind aber starke Erosions-
resultate in relativ kurzer Zeit am ehesten zu erwarten. Man braucht
sich nur zu vergegenwärtigen, daß der wasserlose, von der afrika-
nischen Sonne ausgedörrte lehmige Steppenboden naturgemäß dazu
neigt Sprünge zu bekommen, die dann zur Regenzeit durch die plötz-
lich hereinbrechenden Wasserfluten leicht zu gewaltigen Wasserrissen
ausgeschwemmt werden können. Der hier in Rede stehende Wasser-
riß bezeichnet tatsächlich genau die tiefste Linie der ganzen breiten
und flachen Mulde zwischen dem Dj. Lajbel und der Hügelreihe des
Kat Dahla; bei der relativen Wasserundurchlässigkeit des Lehmbodens
muß im Falle eines starken Platzregens die ganze auf einer Fläche
von zirka 1 5 Quadratkilometer gefallene Niederschlagsmenge in dieses
Rinnsal zusammen- und durch dasselbe abfließen. Da wird eine der-
artige Erosion im Laufe einiger Jahrhunderte leicht verständlich1).
Schließlich könnte auch ein Erdbeben den ersten Anstoß zu dieser
Formbildung gegeben haben2).
Also möglich ist die Sache zweifellos; beweisen läßt sie sich
nicht, und damit bleibt die obige Ansetzung nichts anderes als eine
problematische Hypothese.
Variante „Djebei gs js£ aber ^nc\x ^q^ ejn zweiter Lokalisierungsversuch möglich.
Harraba'".
Etwa 8 Kilometer südlich des Dj. Lajbel liegt der ihm sehr ähn-
liche, etwas massigere D je bei Harraba. Südwestlich desselben
breitet sich wiederum die flache Ebene aus, die weiter südlich vom Ou.
Mellegue in west-östlicher Richtung durchflössen wird; im Westen wird
sie wiederum von niedrigen Hügeln begrenzt, die hier, von Norden herab-
ziehend, im Garet ez Zambey (552 Meter) bis an den vorgenannten
Oued heranreichen. Hier hätten wir also dasselbe Verhältnis wie oben,
nur in umgekehrter Ordnung: der steile Bergfuß im Osten, die flachen
Hügel im Westen, dazwischen die Ebene; wieder beträgt die Distanz
genau 5 */2 Kilometer = 30 Stadien. Der strategischen Situation ent-
sprechend müßten wir auch diesmal Scipios Lager im Westen, also auf
dem Garet ez Zambey, annehmen, jenes Hannibals im Osten, am Fuße des
1) Die Erdbewegung würde hier kaum eiu Tausendstel derjenigen umfassen,
die man annehmen müßte, um auf dem angeblichen Jugurtha-Schlachtfeld die Muhre
zwischen „mons" und „collis" in das sallustische „planum" zu verwandeln. Siehe
den oben zitierten Aufsatz (Dehlers.
2) Über die Erdbeben im Atlasgebiete siehe F. de Montessus de Balore:
Les tremblements de terre, geographie seismologique, Paris 1906, p. 333 ff.
Narraggara. 1. Das Schlachtfeld. 61 1
Dj. Harraba. Auch hier lassen sich beide Plätze ziemlich genau be-
stimmen. Der vorspringende Kegel auf der äußersten Westecke des
Dj. Harraba eignet sich nicht, er ist „völlig felsig und mit großen
Felsblöcken übersät"; dagegen dehnt sich südlich davon ein „sanfter
Geröllkegel, von mehreren trockenen, nicht schroffen Oueds durchflössen,
mit Gesträuch bedeckt" aus. Ebenso eignet sich der sanft geformte,
nicht felsige Garet ez Zambey vorzüglich für das Lager der Eömer.
Und wieder stimmen die Wasserverhältnisse. Bei Scipios Lager
fließt der Ou. Mellegue ganz nahe vorbei. Dieser durchweg, aber in
sehr ungleichem Grade salzige Fluß scheint aus dem dem Lagerhügel
südwestlich gegenüberliegenden K>t el Malah, wie schon der Name
bestätigt, besonders starken Salzgehalt zu ziehen, denn unmittelbar
an seinem Fuße und von da ein gutes Stück abwärts schmeckt das
Wasser sehr stark danach; knapp oberhalb des genannten Hügels
jedoch, also gerade im Kücken des Lagers, ist vom Salzgehalt fast
nichts zu spüren; auch gibt es hier zwei kleine, aber vollständig salz-
freie Quellen1).
Dagegen hat der Südhang des Dj. Harraba kein Wasser. Auch
hier ist der 4 Kilometer entfernte Ou. Mellegue die einzige Bezugs-
quelle; und wieder blieb Hannibal, wenn er Scipio gegenüber eine das
Zwischenterrain beherrschende, defensivfähige und die Verbindungen
deckende Stellung anstrebte, keine andere Wahl.
Hier gibt es auch keine sonstigen Schwierigkeiten im Terrain.
Das einzige, was gegen diesen Platz eingewendet werden könnte, ist
der Umstand, daß das Lager Scipios fast 30 Kilometer von Narraggara
entfernt ist, so daß die Anwendung des Quellenberichtes „Ttgög 7töhv
NaQQäyyaqciv" etwas gezwungen klingt. Zieht man aber die Öde
dieser recht unfruchtbaren, heute fast menschenleeren Steppe in Be-
tracht, so kann ganz gut Narraggara die nächste nennenswerte Stadt
gewesen sein, und dann erscheint der Ausdruck schon gerechtfer-
tigter.
Für eine ziemlich große Entfernung des nächsten bekannten Ortes
vom Schlachtfelde spricht ferner auch der Umstand, daß uns aus
dem Altertume gar keine sozusagen offizielle Bezeichnung dieser doch
1) Notizen von Herrn Professor Kromayer, der diesen Platz allein besucht hat,
während ich, zur Reparatur des photographischen Apparats vom Dj. Lajbel nach Sidi
Youssef zurückgekehrt, daselbst eingeschneit wurde.
6 1 2 Der zweite Panische Krieg- in Afrika.
so wichtigen Schlacht erhalten ist1); was in der Folge zu der irre-
führenden Benennung „Schlacht bei Zama" geführt hat2;.
2. Abweichende Ansichten.
Mit gutem Grunde sind wir bei der Untersuchung über die Schlacht
Tbei Narraggara von der sonst üblichen Anordnung des Stoffes, welche
von der Kritik des bisher literarisch Geleisteten ausgeht und aus dieser
Kritik gewissermaßen die eigene Ansicht ableitet, abgewichen; die
bedingungslose Basierung auf eine bestimmte Hauptquelle hat es ge-
boten erscheinen lassen, zuerst die eigene Ansicht ganz selbständig,
als ob bisher sonst nichts über den Gegenstand geschrieben worden
wäre, aufzubauen, und dann erst auf die abweichenden Ansichten
zurückzukommen, deren Widerlegung durch das bereits Gesagte wesent-
lich entlastet wird.
Vielheit der Ganz erschöpfend wird dies gar nicht möglich sein, denn die Zahl
Lösungen. ^ bisnerigen Lösungsversuche ist Legion und ihre ausführliche Dis-
kutierung würde einen eigenen Band füllen. Begreiflich, denn es han-
delt sich nicht nur um Differenzen in lokalen Details, sondern in den
Elementen der Ortsbestimmung: Hie Narraggara — hie Zama — hie
Killa; und im Lager derer von Zama heißt es wieder: hie Ost-Zama,
hie West-Zama; also vier verschiedene Landschaften, deren jede einzelne
noch die Möglichkeit verschiedener Aussetzungen bietet oder doch zu
bieten scheint; und diese Möglichkeit ist redlich ausgenützt worden.
Wir müssen uns begnügen, die Hauptvertreter dieser über
130 Kilometer verteilten Lösungstypen in ihren fundamentalen Argu-
menten zu durchleuchten und die Ergebnisse unserer Forschung an
ihre Argumentation als Maßstab anzulegen, wobei wiederum die für
das Problem so wichtige Wasserfrage ein ausschlaggebendes Wort zu
sprechen haben wird; sie allein hat es uns überhaupt ermöglicht, mit
einem gewissen Vertrauen an die Lösung dieses vielleicht schwierigsten
Problems der Schlachtfeldforschung zu gehen3).
1) Im Scipionenprozeß wird die Schlacht einfach als Schlacht in Afrika be-
zeichnet. Liv. XXXVIII 51, 7 sagt Scipio : hoc die cum Hannibale et Carthaginiensi-
bus signis collatis in Africa bene ac feliciter pugnavi.
2) Eine dritte diskutable Lösung, die sich auf die uns erst während des Druckes
zugekommenen Untersuchungen Paretis (Nr. 43) stützt, wird später am Schluß
der „abweichenden Ansichten" zur Besprechung gelangen.
3) Vgl. Kromayer Bericht über die Expedition im Anzeiger der philosophisch-
historischen Klasse der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vom 14. Oktober,
Xr. XIX, Wien 1908, Seite 9f.
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten. 613
Die große Masse der abweichenden Lösungen findet ihre letzte
Ursache schon in der Quellenfrage; wir haben da eine Hauptgruppe,
die ganz oder doch vorwiegend die polybianisch-livianische
Tradition zugrunde legt und sich in der Folge in die drei Gruppen
Narraggara, West-Zama und Ost-Zama spaltet; und eine zweite
Hauptgruppe, welche mit Hintansetzung der polybianisch-livianischen
Tradition sich auf Appian stützt und demzufolge Killa als Schlacht-
feld annimmt, dabei aber meistens versucht, ein Kompromiß mit der
ersten Tradition zustande zu bringen.
Als Hauptvertreter der einzelnen Richtungen haben wir zu erwähnen:
a) Narraggara: Lewa],* (Tissot), Brunon, Cambon, (K. Lehmann)
(Delbrück), (No. 7, 18, 20, 23, 32, 39.)
b) West-Zama: Mommsen, (Meltzer), (Gsell). (No. 19, 35,37.)
c) Ost-Zama: Schmidt, Wettinghausen. (No. 25, 36.)
d) Killa: Hennebert, (Winckler), Toussaint, Pareti. (No. 29, 33,
38, 43.)1)
Zur Diskussion gelangen im folgenden nur die nicht einge-
klammerten Autoren; die übrigen haben sich entweder auf die
Lokalisierung nicht so genau eingelassen, daß eine Detailkritik möglich
wäre, oder aber sie erscheinen durch die Kritik der vor ihnen Ge-
nannten mit betroffen.
a) Narraggara.
K. Lehmann und der ihm folgende Delbrück lassen sich auf Lehmann und
° . Delbrück.
eine genaue Lokalisierung nicht ein; sie verlegen die Schlacht auf die
mysteriöse „Hochebene Hannencha", woran die irreführende Terrain-
beschreibung Berbruggers die ganze Schuld trägt. — ■ Tissot schließt Tissot
sich Lewal an. Es bleiben daher nur die beiden französischen Offiziere
General Brunon und Capitaine Lewal, dann C a m b o n zu besprechen.
Die beiden Erstgenannten verlegen das Schlachtfeld in die aller- Brunon und
nächste Nähe der Stadt Narraggara=Sidi Youssef bezw.Ksar
Jaber; ihre beiden Lösungen werden vorteilhaft zusammen abgetan.
Das Lager Scipios ist bei beiden dasselbe: es liegt unmittelbar hinter
1) Die zahlreichen hier nicht angeführten Forscher, die über die Schlacht ge-
schrieben haben, geben die Lage der Schlachtfelder entweder als unbestimmbar oder
in so allgemeinen Ausdrücken und mit so vager Vorstellung der geographischen
Verhältnisse an, daß sie für die folgende Diskussion nicht in Betracht kommen.
So Guischardt, Vaudoncourt, Mac Dougall, Galitzin, Dodge, Morris usw. (No. 3, 4, 8,
14, 29, 40.)
6 1 l Der zweite Panische Krieg- in Afrika.
der Stadt auf der Platte zwischen den beiden wasserführenden Rinnsalen,
die, nach längerem parallelen Laufe, etwa t V2 Kilometer unterhalb
Sidi Youssef sich vereinigen (auf den heutigen Karten Ou. Aine bou
Sabet und Ou. Seguia; bei den älteren Autoren finden sich zum Teil
andere Bezeichnungen). Das Lager Hannibals legt Brunon nach Süd osten,
Lewal nach Süden auf ca. 30 Stadien von dem römischen. In beiden
Fällen findet sich knapp vor dem karthagischen Lager einer jener kleinen
halbwegs ebenen Kessel, von denen bereits bei der Besprechung dieses Ge-
birgslandes die Rede war, die aber bei unseren Autoren im Sinne ihrer
Hypothesen als „une grande plaine" oder ähnlich charakterisiert er-
scheinen.
Unmöglichkeit jn beiden Fällen ergibt der Lokalaugenschein in voller Überein-
des Terrains im
aligemeinen. Stimmung mit der Karte das, was bezüglich dieses Terrains eingangs
gesagt worden ist : wir haben es nicht annähernd mit
jener offenen, weiten Ebene zu tun, die wir nach
der klarenSchilderung der Quellen unbedingtvor-
aussetzen müssen. Beide Kessel sind knapp 2 Kilometer breit ;
dabei beträgt die Tiefe bei jenem Brunons — der übrigens recht un-
eben ist — etwas über einen, bei dem Lewais nicht einmal einen
halben Kilometer. Auf letzterem Terrain hätten überhaupt nicht beide
Fronten auf dem schmalen ebenen Streifen Platz gehabt; Scipio hätte
zum Teil stark überhöhend auf einem glacisförmig abfallenden Hange
gestanden, wo es für Hannibal aussichtslos gewesen wäre, ihn über-
haupt anzugehen. Die westlichen Flügel hätten sich in einer immer
mehr sich verengenden, schließlich schluchtartig zum Ou. Seguia abfallen-
den Tiefenlinie gegenübergestanden; wie hier der überlieferte Kavallerie-
kampf sich abgespielt haben sollte, erscheint vollends unerklärlich.
Beide Schlachtfelder bieten also absolut nicht den Raum für den
freien Aufmarsch solcher Armeen, und noch weniger schließen sie die
Möglichkeit aus, Vorteile des Terrains sich taktisch dienstbar zu
machen, was wenigstens Hannibal sich sicher nicht hätte entgehen
lassen, wenn es überhaupt möglich gewesen wäre. Wir brauchen aber
ein Schlachtfeld, welches beiden Parteien unbeschränkteste Bewegungs-
freiheit nach jeder Richtung, vor allem auch nach der Tiefe hin bot,
und zwar in erster Linie nach der Seite der Karthager; denn die sieg-
reiche römische Reiterei verfolgte die geschlagene karthagische weit
und kehrte erst spät auf das Schlachtfeld zurück; und ebenso erwähnt
Polybios c. 14. 8, daß von den fliehenden Karthagern nur wenige ent-
Narragg'ara. 2. Abweichende Ansichten. 615
kamen, „da die Reiterei bei der Hand und das Terrain eben war".
Beides läßt mit Bestimmtheit auf eine weite ebene Fläche hinter
der karthagischen Front schließen; gerade diese aber ist bei den in
Rede stehenden Schlachtfeldern auch nicht einmal rudimentär vorhanden.
Bei beiden wird vielmehr der Raum unmittelbar hinter dem an-
geblichen Platze der karthagischen Schlachtreihen durch die Höhen, auf
denen das karthagische Lager angenommen wird, in seiner ganzen
Breite abgeschlossen. Eine Kavallerieverfolgung über diesen Ab-
schnitt hinaus ist undenkbar; an beiden Stellen käme sie sofort in
stark koupiertes, unregelmäßig abfallendes, schluchtartig zerrissenes
— heute übrigens auch stark bewaldetes — Terrain, in dem sich
nicht nur fliehende Infanterie der Reiterverfolsrung in denkbar günstig-
ster Weise entziehen konnte, sondern wo auch die Verfolgung flüch-
tiger Kavallerie sofort ihre Grenze finden würde.
Nicht minder zweifelhaft erscheint die Lager frage. Das gemein- Die Lagerfrage.
same römische Lager entspricht wohl, was die Terrainformation des Platzes
anbelangt, ganz gut, weniger aber bezüglich seiner Lage, wovon gleich
die Rede sein wird; die beiden angeblichen Lager Hannibals jedoch ge-
nügen auch in ersterer Hinsicht absolut nicht. Das Brunonsche Lager
liegt auf einem ganz schmalen, verkarsteten, stellenweise grob felsigen
Rücken, der nirgends eine halbwegs bequeme Fläche aufweist. Ebenso er-
scheint das Lewaische als eine stark gewölbte, nirgends flache, relativ
schmale Doppelkuppe. Heute sind übrigens beide Plätze dicht bewaldet.
Schließlich mag die Wasser frage sprechen. Das Lager Scipios Die
ist auch hier den Quellen entsprechend gut mit Wasser versorgt, denn Wasserfra^e
beide Bächlein, die es umfließen, bieten genügend davon. Aber —
auch Hannibal ist nicht schlechter dran. Vom Lewalschen Lager aus
kann er dieselben Wasserlinien wie Scipio unterhalb ihrer Vereinigung
benutzen; sollte Scipio ihm, was theoretisch möglich erscheint, das
Wasser abgedämmt haben, so müßte diese wichtige und mühevolle
Maßregel in unserer scipionisch inspirierten Hauptquelle sich denn
doch finden.
Ebenso steht es mit dem Lager Brunons. Hier hat Hannibal
hart vor der Front die reiche und vorzügliche Quelle A'ine Djedra, in
seiner rechten Flanke überdies einen von der Quelle A'ine Zilouna
gespeisten kleinen Oued, der zwar nicht gerade viel, aber gleichfalls
sehr gutes Wasser bietet. — Wie man sieht, wäre die Wasserversorgung
Hannibals in beiden Varianten für afrikanische Verhältnisse nicht ge-
616 Der zweite ionische Krieg- in Afrika.
rade schlecht gewesen, und es wäre auch gar nicht einzusehen, wes-
halb der erfahrene karthagische Feldherr sich in diesem relativ wasser-
reichen Gelände gerade auf einen wasserlosen Platz hätte setzen
sollen.
Taktische Schließlich noch ein Wort über den taktischen Charakter
Charakteristik.
der beiden Stellungen.
In beiden Fällen haben wir gar nicht miteinander direkt
gegenüberliegenden Lagern zu tun, wie wir uns die Sache nach
den Schilderungen der Quellen und den diesbezüglichen Gepflogenheiten
des Altertums doch vorstellen müssen. Sondern sowohl bei Brunon wie
bei Lewal liegt noch je eine Hügelkette dazwischen, — Brunon erwähnt
sie sogar ausdrücklich, — welche die gegenseitige Sicht der Lager
vollkommen ausschließt. Damit wird das Haltmachen Hannibals vor
dieser Welle unverständlich. Wenn er, da Scipio erst hinter ihr
stand, in einem Zuge bis auf sie vorging, so stand er dem Gegner in
unangreifbarer, teilweise dominierender Stellung gegenüber, und hatte
für den Fall des Kampfes ein Terrain, in welchem die taktische Terrain-
ausnützung, seine stärkste Seite, wahre Triumphe hätte feiern können.
Hätte aber Scipio dies verhindern und Hannibal zwingen wollen, jen-
seits des ebenen Kessels Halt zu machen, so hätte er eben die Welle
zuerst besetzen müssen. Dies hätte er zweifellos auch tun können:
aber dann wäre die Distanz der Lager nicht mehr 30 Stadien ge-
wesen.
Mit der Überlieferung stimmt nur ein Terrain, wo der ganze
30 Stadien breite Raum zwischen den beiden Lagern vollkommen eben
und übersichtlich ist; ein solcher aber ist in der nächsten Umgebung
von Sidi Youssef, sowie überhaupt in diesem ganzen Berglande, nirgends
auch nur annähernd zu finden.
Damit erscheinen die beiden Sidi Youssef-Hypothesen abgetan1).
1) Als Curiosa seien noch erwähnt, daß Lewal den von Hannibal aus Wasser-
not gegrabenen Brunnen (Bir Basrou, mitten auf seinem Schlachtfelde), Brunon
wieder den Ort der Zusammenkunft der beiden Feldherrn (ein kleiner, heute be-
waldeter Hügel vor dem karthagischen Lager) gefunden zu haben glaubt.
Bei dem charakteristischen Bestreben fast aller französischen Forscher, von der
appianischen Überlieferung soviel als möglich zu retten, sucht Brunon auch Kiila
in dieser Gegend, Nach seiner Beschreibung meint er damit, obwohl er keinen
Namen nennt, zweifellos das schon erwähnte Ruinenfeld von Hir Okseiba (Ksiba
Mraou).
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten.
617
Bleibt noch die originelle Hypothese von Cambon (No. 23). Er
legt Zama nach El Meridj (ca. 45 Kilometer nördlich Tebessa), Nar-
raggara nach Clairefontaine (am obern Ou. Mellegue). Die Sache
hat auf den ersten Blick eine ganze Reihe von Einzelheiten für sich.
El Meridj würde der Terrainbeschaifenheit nach der sallustischen
Beschreibung von Zama, von der im folgenden Abschnitt die Rede
sein soll, voll entsprechen, und ebenso das im oberen Teile der Mellegue-
Steppe gelegene Schlachtfeld bei Clairefontaine, das eine auffallende
Analogie mit dem unsrigen vom Dj. Harraba aufweist: hier wie dort
steht Scipio, Front nach Osten, am Ou. Mellegue, und ihm gegenüber
auf 30 Stadien Hannibal auf einem wasserlosen Hügel (hier K* el
Mahisser); dazwischen ziemlich ebenes Terrain1).
Was jedoch entscheidend dagegen spricht, ist die Topographie.
Weder kann Zama mit El Meridj, noch Narraggara mit Clairefontaine
identisch sein; so gut wie alles, was wir auf historischem wie archäo-
logischem Wege über die Lage dieser Städte wissen, spricht dagegen.
El Meridj liegt von Karthago wie von Hadrumetum ca. 280 Kilometer,
also rund 13 — 15 gute Märsche entfernt; das stimmt nicht annähernd
mit den 5 Märschen des Polybios (siehe unten p. 618). Und von Nar-
raggara wissen wir aus der Tabula, daß es zwischen Sicca und
Thacora lag. Die Entfernung des Schlachtfeldes von Hadrumetum
beträgt ca. 300 Kilometer, die auf der Flucht in 2 Tagen und 2 Nächten
nicht zurückzulegen waren (S. 601); und die Entfernungsangaben des
Appian und Nepos werden trotzdem nicht annähernd erreicht. Die
Hypothese ist nicht uninteressant, aber unhaltbar.
Cambon.
b) West-Zama.
Hier gilt es, bevor man die Möglichkeit eines eventuellen Schlacht-
feldes bei diesem Orte diskutieren kann, zuerst zu entscheiden, wo
man den Ort selbst überhaupt zu suchen hat: d. h. auf die alte, viel-
umstrittene Zama- Frage einzugehen. Für uns kommt sie eigentlich
nicht unmittelbar in Betracht; wenn man das Schlachtfeld definitiv Die zama- Frage,
bei Narraggara annimmt, so fallen damit von selbst alle Zama-Hypo-
thesen. Andererseits aber ist es für jemanden, dem in jener Gegend
zu forschen möglich gemacht worden war, gewissermaßen Pflicht, sein
1) Wir waren nicht an Ort und Stelle, da das Schlachtfeld aus den im Text an-
geführten Gründen ganz ausgeschlossen erscheint. Die obige Beurteilung des
Terrains gründet sich auf die neue Karte 1 : 200 0ü0.
618 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Scherflein auch zur Lösung dieser vielerörterten und nicht uninter-
essanten Frage beizutragen.
Die Zamafrage zerfällt in zwei Fragepunkte:
1. Ist das bei Polybios und Livius als Hannibals erstes Marsch-
ziel erwähnte Zama die östliche oder westliche Stadt dieses Namens?
2. Wo haben wir die so bestimmte Stadt zu suchen?
Bei Beantwortung der ersten Frage haben sich die weitaus meisten
Ost- oder West- Forscher für West-Zama entschieden, und zweifellos mit Recht.
Zama.
Wir können für unsere Zwecke am besten von den bisher ab-
geleiteten Resultaten ausgehen. Wenn Scipio, wie das später (S. 639 ff.)
erwiesen werden wird, schon zur Zeit von Hannibals Anmarsch aus
Hadrumetum in der Gegend von Narraggara stand und Hannibal so-
weit an ihn heranrückte, bis er das Gefühl bekam, sich nun durch
Rekognoszierung über die momentane genaue Situation
beim Feinde orientieren zu müssen und bis zum Einlangen
dieses Resultats nicht weiter vorrücken zu dürfen (Pol. XV
5, 4 Liv. XXX 29, 2), so kann dieser Punkt nicht mehr allzuweit vom
Gegner entfernt gewesen sein, keinesfalls aber näher bei Hadrumetum
als bei Narraggara gelegen haben, wie es bei dem inschriftlich fest-
gestellten Ost-Zama der Fall gewesen wäre (s. S. 632). Dies allein
führt schon auf West-Zama.
Sonst bietet uns die Überlieferung des Feldzuges noch als An-
haltspunkt das Lage Verhältnis Zamas zu Karthago, das mit „5 Tage-
märschen westlich" angegeben wird. Beides paßt besser auf West-
ais auf Ost-Zama; die Entfernung der für West-Zama in Betracht
kommenden Orte (s. S. 620) von Karthago variiert zwischen 125 bis
150 Kilometer, während Ost-Zama kaum 100 Kilometer entfernt ist1);
erstere Orte liegen ferner wenigstens gut südwestlich der Hauptstadt,
und die dahin führende Straße geht längere Zeit in vorwiegend west-
licher Richtung; letzterer Platz jedoch liegt fast südlich, und der
Weg dahin geht von Tunis ab fast rein nach Süden2).
1) Die von Polybios XIV 8, 2 gleichfalls mit 5 Märschen angegebene Distanz
Utika— Große Felder beträgt ca. 120 Kilometer.
2) Meine persönliche Ansicht, die sich freilich nicht strikte beweisen läßt, geht
dahin, daß eine Textverderbnis vorliegt und Distanz wie Richtung nicht von Kar-
thago, sondern von Hadrumetum zu rechnen sind. Da von Hannibals Marsch die
Rede ist und dieser von Hadrumetum aufbrach, so erscheint diese Relation weit
näher liegend. Dann würde allerdings ausschließlich West-Zama in Betracht kommen,
da Ost-Zama nur drei kleine Märsche entfernt ist.
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten. 619
Die Überlieferung gibt uns keinen Anhaltspunkt bezüglich des
genauen Namens1), der Größe oder sonstigen Beschaffenheit dieser Stadt;
sie sagt uns nicht direkt, ob es mit dem Zama Sallusts oder dem Zama
Eegia der Tabula Peutingeriana identisch ist; sie sagt uns gerade nur,
daß es zweifellos das westliche Zama war. Nun aber ist auf Grund
anderer Kombinationen leicht nachzuweisen, daß sowohl das Zama
Sallusts als jenes der Tabula nur die westliche Stadt dieses Namens
gewesen sein kann ; diese Konstatierung wird uns vollends die Brücke,
schlagen zur Beantwortung der zweiten der eingangs gestellten Fragen.
Nach der Schlacht am Mut hui hatte sich Metellus gegen Zama,
die Hauptstadt und königliche Residenz dieses Teiles von Numidien
gewendet (bell. Jug. 55, l); auf dem Marsche dahin detachierte er vor-
übergehend den Marius nach Sicca zu einer Requisition (56, 3); noch
bevor die Belagerung Zamas in Gang gesetzt war, traf Marius wieder
beim Hauptheere ein (57, 1).
Die Schlacht am Muthul haben wir jedenfalls am untern Ou. Mellegue
zu suchen (s. S. 604, Anm. 1); Sicca ist erwiesenermaßen mit El Kef iden-
tisch; die ganze Schilderung weist darauf hin, daß letztere Stadt nicht
sehr weit von Zama entfernt war, sonst hätte die Detachierung kaum in
dieser Art stattfinden und so rasch beendet sein können. Dies führt
uns mit Bestimmtheit auf das nur etwa zwei Märsche entfernte West-
Zama, während Ost-Zama mehr als doppelt soweit ablag.
Die Charakteristik der Stadt bei Sallust als „arx regni" legt uns
ferner schon die Identität mit dem „Zama Regia" der Tabula nahe2).
Doch auch ganz abgesehen von diesem Argument führt uns die Tabula
allein mit voller Sicherheit auf West- Zama. „Zama Regia" liegt nämlich
zwischen Assures und Uzappa, die beide inschriftlich festgestellt sind;
ersteres = Zanfour, letzteres = El Ksour = Bordj abd el Melah3).
Diese beiden Orte aber begrenzen eben jenen Raum, innerhalb dessen
alle vernünftigen Hypothesen West-Zama suchen.
Haben wir also festgestellt, daß sowohl das Zama des Polybios,
als auch jenes Sallusts und der Tabula die westliche Stadt dieses
Namens bezeichnen und daß sie somit identisch sind, so erwächst uns
1) Hier sei gleich darauf hingewiesen, daß aus gar keiner antiken Quelle
das Vorhandensein von zwei Städten namens Zama direkt hervorgeht.
2) Und wohl auch mit dem „Zama" des bellum Africum.
3) Nicht zu verwechseln mit der etwa 45 Kilometer westlich, am Südrande der
Ebene von Zouarines gelegenen Stadt Ksour.
620
Der zweite Punische Krieg in Afrika.
Jama oder
Sebar Biar.
Sallust.
Jama.
die Möglichkeit, die aus den beiden letztgenannten Quellen sich er-
gebenden Daten, die zur genauen Ortsbestimmung geeignet sind, auch
für das Zama Hannibals in Anspruch zu nehmen. Damit stehen wir
vor der zweiten Frage.
Für die Identifikation von West-Zama kommen nach dem neuesten
Stande der Forschungen wohl nur mehr zwei Orte in Betracht:
Jama (Djäma der älteren Karten), und Seba Biar; sie liegen an
den beiden Enden des in etwa 20 Kilometer langem Kamme von
Nordost nach Südwest streichenden Höhenzuges des Djebel
Massouge, ersteres hoch auf den letzten Ausläufern thronend,
letzteres am Fuße solcher hingebreitet. Alle übrigen Kombinationen,
die sich in der Literatur zerstreut noch finden (Sra Ourtane *), Mak-
tar2), Ellez3), El Meridj4) usw.) können wir füglich ausschalten, ohne
Widerspruch befürchten zu müssen.
Es gilt nun die Daten, welche Sallust und die Tabula uns bieten,
zurechtzulegen und zu prüfen, auf welchen der beiden genannten Orte
sie ganz oder doch besser zutreffen.
Sallust berichtet Jug. 56, 1:
„ Romanus imperator . . . urbem magnam et in ea parte, qua sita
erat, arcem regni nomine Zamam statuit oppugnare . . .
57, 1: . . . id oppidum in campo situm magis opere quam
natura munitum erat . . .
58, 1 : ... Jugurtha ... ex improviso castra hostium invadit . . .
(3) non amplius quadraginta (Romanorum) grege facto locum cepere
paulo quam alii editiorem ..."
Aus diesen Stellen resultiert ein recht eindeutiger Charakter
der Lage dieser Königsstadt. Sie lag in einer Ebene, das Terrain
bot wenig Unterstützung für die Befestigung, die vorwiegend auf die
Kunst angewiesen war; immerhin w7ar ein überraschender Angriff auf
die Belagerer [möglich, und ein Teil derselben fand auch einen er-
höhten Punkt zur Besetzung. Also: eine Ebene mit etwas
koupiertem Terrain in nächster Nähe.
Daß diese Schilderung zu Jama nicht stimmt, das hat
noch jeder, der, den Ort besucht hat, auf den ersten Blick
eingesehen; ebenso gut könnte sie zu Gergovia oder Alesia stimmen.
1) Partsch (No. 13) p. 65. 2) Zitiert bei Tissot (No. 18) IL S. 11.
3) Ebenda; dann Wilmans in CIL VIII p. 210. 89. 4) Cambon (No. 23).
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten. 621
Jama liegt auf dem das Vorterrain weithin dominierenden nord-
östlichen Ausläufer des Dj. Massouge; die stattliche Ruinenstätte —
das heutige Dorf Jama nimmt nur den kleineren nördlichen Teil der-
selben ein — ist rings teils durch ziemlich steile, weit hinabreichende
Hänge, teils durch tiefeingeschnittene, gänzlich unpassierbare Wasser-
risse begrenzt; letztere sind vorwiegend felsiger Beschaffenheit, so daß
eine wesentliche Veränderung in historischer Zeit nicht anzunehmen
ist, was übrigens auch daraus hervorgeht, daß die Enceinte der alten
Stadt sich ihnen vielfach anschmiegt. (Bild 44.) Mit kurzen Worten : die
Stadt, die sich einst hier erhob, war eine ausgesprochene
Bergstadt, und zwar eine der von Natur festesten der
ganzen Provinz. Damit aber ist die Identifizierung mit dem Zama
Sallusts ausgeschlossen.
Anders bei Seba Biar. Die ausgedehnte, aber recht schlecht Seba Biar-
erhaltene Ruinenstätte1) liegt fast ganz in der Ebene; nur im
Norden scheint die nicht allzuhohe Rückfallkuppe eines sich dort er-
hebenden isolierten Hügels, wie deutliche Mauerreste schließen lassen,
in die Befestigung einbezogen gewesen zu sein. Knapp westlich der
Stadt, jenseits des kleinen Oued el Massmoudi, erhebt sich gleichfalls
eine ganz niedrige Anhöhe. (Bild 45.)
Das würde nun allerdings ganz anders stimmen. Die Lage in
der Ebene, die nur auf kurzer Strecke und durchaus nicht ausgiebig
vorhandene Unterstützung der Befestigung durch das Terrain, die
immerhin im nächsten Umkreise befindlichen Anhöhen, welche sowohl
einen überraschenden Angriff ermöglichen als auch den angegriffenen
Belagerern einigen Schutz gewähren: alles das läßt sich vollkommen
mit dem Sallustschen Texte vereinigen. Soweit also dieser in Betracht
kommt, kann man Seba Biar vollkommen als Zama gelten lassen,
während die Identifikation mit Jama ausgeschlossen ist.
1) Bezeichnend ist das vollständige Fehlen von Resten aus spätrömischer Zeit.
Was man sieht, sind massige Fundamente von äußerst roher Form, ähnlich wie wir
sie u. a. am Berge Eryx gefunden (siehe pag. 31), die unzweifelhaft auf eine
vorrömische Epoche hinweisen ; von regelmäßig oder gar kunstvoll behauenen Steinen,
von Paviment, Ziegeln, Mosaiken, Inschriften usw. keine Spur. Das einzige Orna-
ment, das wir fanden, scheint auf die byzantinische Epoche zu deuten. Wir haben
es daher unbedingt mit einer, sehr alten Ansiedlung zu tun, die, wie ihr Um-
fang und die stellenweise deutlich sichtbare Stärke ihrer Mauern beweist, schon in
vorrömischer Zeit eine große Bedeutung erlangt hatte, später aber, als die römische
Kultur von diesem Lande Besitz ergriff, diese Bedeutung jedenfalls eingebüßt hat. —
Wir werden auf diese Frage noch zu sprechen kommen.
622
Der zweite Panische Krieg iu Afrika.
Die Tabula
Peutingeriann.
W
—
—
g
<
©
B
CO
ts
c
CO
Nun die Tabula.
Ihre hier in Betracht
kommenden Daten um-
fassen die Strecke: Assu-
res — 10 (15) 0 — Zama
Regia — 20 (30) — Seggo
— 10 (15) — Avula —
7(10) — Autipsidam —
6 (9) — Usappa.
Der nächste, durchaus
praktikable Weg zwi-
schen den beiden End-
punkten Zanfour und El
Ksour über Ksar Mdoud-
ja2) beträgt etwa 36 Kilo-
meter; auf der Tabula
kommen 79 heraus. Daß
wir es da mit Fehlern
zu tun haben, ist ziemlich
sicher; daß wir aber
trotzdem einen wesent-
lichen Umweg der Straße
annehmen müssen, erhellt
schon aus der Zahl der
Zwischenstationen. Ob
dieser Umweg nördlich
oder südlich ausbog, ist
an und für sich nicht mit
Bestimmtheit zu sagen;
in beiden Fällen be-
rührte er markante,
im Altertum besiedelte
Punkte und durchzog
relativ fruchtbare Ge-
genden.
1) Die eingeklammerten Zahlen geben die beiläufige Umrechnung der Millien
in Kilometer.
2) Vgl. Cagnat bei Schmidt (No. 27) p. 400.
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten.
623
Zama Regia ist von
Assures aus die erste
Station, ihre Entfer-
nung beträgt nach der
Tabula 10 Millien =
nicht ganz 15 Kilo-
meter. Nun ist tat-
sächlich Seba Biar, auf
dem kürzesten heute
im Gebrauch stehen-
den Wege über S4 Ali
ben Abdallah und S1
bou Hamma, von Zan-
four ca. 13 Kilometer
entfernt ; das würde
also beiläufig stim-
men; wenn man einen
Serpentinenaufstieg
auf das hochgelegene
Plateau vor Assures
voraussetzt, sogar ge-
nau. Nach Jama da-
gegen beträgt der Weg
von Zanfour, auf dem
kürzesten, recht prak-
tikablen Weg über die
Kammlinie des Dj.
Massouge gemessen ,
volle 30 Kilometer =
20 Millien.
Sehen wir weiter,
ehe wir entscheiden.
Die nächste Station
der Tabula ist S e g g o ,
von Zama Regia 20
Millien = 30 Kilometer
entfernt. Dieses Seggo glauben einige Forscher bei Ksar el
unmittelbar südlich des wichtigen Wegknotenpunktes Souk el
m
c
d
Oh
c
"® -z
a>
ü fco
o
<x> c
rO tu,
c g
— <D
Hadid,
Kramis
Kromayer-Yeith, Antike Schlachtfelder IN.
40
624 Der zweite Punische Krieg iu Afrika.
an der Siliana entdeckt zu haben, das angeblich auch „Henchir
Seggo" heißen soll1). Dieser Punkt ist von Seba Biar 25 Kilometer
= 16 1 2 Millien, von Jama 11 Kilometer = 8 Millien entfernt.
Das stimmt nun auch wieder besser für Seba Biar. Wenn man
aber, wie man bei der Tabula oft zu tun genötigt ist, die Ziffern
zwischen Assures— Zama Regia und Zama Regia — Seggo austauscht,
so stimmt die Sache mindestens ebensogut für Jama.
Die weiteren Stationen bis Usappa, deren Distanzen auf alle
Fälle in Summe zu groß angegeben sind, kommen für unsere Frage
weiter nicht in Betracht.
Wir stehen also neuerdings vor dem Dilemma Jama — Seba Biar,
obwohl denn doch zugegeben werden muß, daß, wenn sich ohne Ver-
tauschung der Ziffern eine plausible Fixierung der Strecke finden
läßt, diese Lösung vor dem entgegengesetzten Vorschlag den Vor-
zug verdient.
Nun spricht aber noch ein Umstand für Seba Biar.
Wenn schon zwischen Assures und Usappa ein Umweg angelegt
wurde, so dürfte dieser sich wenigstens die bequemste Route aus-
gesucht haben. Nun ist, wie schon erwähnt, der Kamm weg über den Dj.
Massouge allerdings merklich praktikabler als man bei den obwalten-
den Steigungs Verhältnissen erwarten sollte2); immerhin aber ist der Tal-
weg längs des gleichnamigen Oueds noch viel bequemer und heute noch
sehr gut fahrbar; ja in einem Teile desselben, bei Kebour Klib, hat
man Spuren einer Römerstraße festgestellt3). Dies in Verbindung mit
dem Umstände, daß man bei dieser Alternative keine Zahlenumsetzung
vorzunehmen genötigt ist — die kleinen Differenzen der Distanz
können leicht durch heute nicht mehr kontrollierbare Abweichungen
der alten Trace von den jetzigen Wegen erklärt werden — läßt aus
der Tabula allein die Hypothese Seba Biar, das im Gegensatze zu
Jama am Talweg liegt, als die begründetere erscheinen. Nimmt
man die Sallustsche Beschreibung hinzu, so wird die Hypothese fast
zur Gewißheit.
1) Poinssot zitiert bei Schmidt (No. 27), p.*400; auch bei Tissot (No. 18)11,574
und Mommsen, (No. 19) p. 149 (=Hist.Schr. 41); Schmidt bezweifelt die Namensanalogie,
doch ohne klaren Grund. Pareti (No. 43) p. 20 zieht auch den Dj. Zegguiou, ca.
10 Kilometer nördlich Maktar, in Erwägung-, weiß aber damit selbst nichts anzufangen.
2) Ich habe den größten Teil desselben, ohne ihn früher betreten zu haben,
bei Nacht und ohne Karte allein zurückgelegt.
3) Winckler (No. 33) p. 186.
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten. 625
Wenn nun trotzdem der überwiegende Teil der Forscher — die Jama.
meisten freilich ohne das Gelände selbst gesehen zu haben — sich für
Jama ausgesprochen hat, so hat dies allerdings seine Gründe, die zu
übergehen hier durchaus nicht am Platze wäre.
Dieser Gründe sind zwei: der Name und die Inschriften. Sie
erschienen so überzeugend, daß Mommsen sagt: „Wenn diese
Auseinandersetzung auch im einzelnen noch Zweifeln Raum läßt
und sorgfältige Lokaluntersuchung dringend zu wünschen bleibt, so
scheint die Hauptfrage, daß Zama Regia das Westzama ist, dadurch
endgültig entschieden, selbst wenn Sallusts „campus" sich in
Felsenhänge verwandeln sollte"1). Der große Forscher sollte
Recht behalten: Zama Regia bleibt Westzama, auch ohne daß der
, campus" sich in Felsenhänge zu verwandeln braucht, wie die gewünschte
Lokal Untersuchung nunmehr bei Seba Biar ergeben hat. Doch zurück
zum Thema:
Bezüglich des Namens hat man zwar eingewendet, daß „Djäma"
auf arabisch einfach „Moschee" bedeute, die Bezeichnung daher ganz
gut arabischen Ursprungs sein könne und mit „Zama" nichts zu tun
zu haben brauche2). Das trifft aber hier nicht zu. Der Ort heißt
nicht „Djäma", sondern „Jama", was auf den neueren Karten auch
bereits zum Ausdruck gebracht ist; der Unterschied ist im Arabischen
viel deutlicher, als wir es mit unserem Alphabet auszudrücken imstande
sind, und schließt den Zusammenhang des Namens mit „Djäma" voll-
kommen aus ; dieser ist vielmehr auf alle Fälle ein spezifischer, im Ara-
bischen nicht wurzelnder Eigenname, dessen Zurückführ ung auf
„Zama" daher nicht nur möglich, sondern sehr wahrscheinlich erscheint.
Die Inschrift, die in Jama gefunden wurde (CIL VIII p. 1571
Nr. 16442) und deren erste Zeile „AVG. ZAM IT gelautet haben soll,
ist heute nicht mehr vorhanden; schon zu Cagnats Zeiten war sie
stark verwittert. Da sie aber aus der Zeit, wo sie noch gut lesbar
war, durch verläßliche Fachmänner bezeugt ist, so würde sie an und
für sich genügen. Dies im Verein mit dem heutigen Namen macht
es immerhin sehr wahrscheinlich, daß auf der Stelle des heutigen Jama
tatsächlich einmal eine Stadt namens „Zama", bezw. „Zama maior",
gestanden hat. Da wir aber aus durchaus überzeugenden Gründen
das Zama Sallusts und der Tabula bei Seba Biar suchen, so bleibt
1) (No. 19) p. 149. (Histor. Sehr. I. p. 41.)
2) So Kiepert, zitiert bei Mommsen (No. 19) p. 144 (36) Anm. 2.
40*
fi'26 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
uns nichts übrig, als zwei Orte dieses Namens im Gebiete des Djebel
Massouge anzunehmen.
Die Erklärung für diese Tatsache läßt sich auch finden, wenn wil-
den Typus der Ruinen betrachten, die uns an den beiden Stätten er-
halten sind1),
seba Biar. Bei Seba Biar fanden wir die Spuren einer Stadt, deren sichtbare
Reste fast ausschließlich in die vorrömische Zeit weisen. Im Gegen-
satze dazu tragen die Reste von Jama ausgesprochen das Gepräge der
römischen Kaiserzeit; unzweifelhaft war in dieser Epoche der letztere
Ort weit bedeutender wie der erstere, der damals kaum mehr städtischen
Charakter gehabt haben kann.
Nun wissen wir aus Cassius Dio XLVIII 23, daß Zama in den
Wirren des Bürgerkrieges im Jahre 41 v. Chr., also erst 5 Jahre nach
der Einverleibung des Landes in das römische Reich, vom T. Sextius
erobert wurde, und aus Strabo XVII 3, 829 überdies, daß es dann
lange Zeit wüst gelegen hat. Ist es nicht denkbar, daß man, als es später
galt, die zerstörte Königsstadt wieder aufzubauen, sich entschloß, den von
Natur aus nicht besonders günstigen Platz zu verlassen und die neue
Niederlassung auf den Nordausläufer des nahen Berges zu verlegen, wo
sie durch Terrain wie durch Kunst gleich stark, in wahrhaft königlicher
Lage meilenweit die Umgebung beherrschte?2). Auf der alten Stelle
mag sich ja infolge der guten Wasserverhältnisse3), und weil noch aus
der früheren Zeit die Hauptkommunikationen der Gegend dort zusam-
menliefen, eine neue Ansiedelung entwickelt haben ; allein zur Bedeutung
einer Stadt gelangte sie nicht mehr; ohne Mauern und Monumental-
bauten fristete sie ein kärgliches Dasein, bis die Stürme der arabischen
Invasion die letzten Reste der alten Königstadt vom Erdboden vertilgten.
Vielleicht ist gerade damals — es klingt wie eine Ironie und doch
ist es gut möglich — der Name „Zama Regia" geprägt worden: es
galt der Stätte, auf der zur Zeit des freien Numidiens die Königsresi-
denz gestanden hatte. Und kann nicht der Name „Zama major" (Zdfia
ueiCayv Ptol. IV 3, 33), den man bisher stets als Gegensatz zu dem
bei Sidi Abd el Djedidi gelegenen andern Zama aufgefaßt hat, auch
die Unterscheidung vom alten, königlichen Zama bedeuten, das durch
1) Winckler (No. 33) p. 97.
2) Dies hat schon Winckler betont; (No. 33) p. 97.
3) Der Platz hat reichliches Grundwasser und daher zahlreiche Brunnen (Bir,
plur. Biar).
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten. 627
die neue Stadt so glänzend überflügelt worden war1)? Der Name
„Zama minor" findet sich in den Quellen überhaupt nicht2).
Wir haben also dann drei Zama: das alte numidische ZamaRegia =
Seba Biar; ein spätrömisches Zama major = Jama; endlich ein drittes,
historisch niemals hervorgetretenes Zama — S1 Abd el Djedidi, dessen
Namen wir einzig aus einer dort gefundenen Inschrift kennen.
Die in der Tabula verzeichnete Straße führte nach unserer Hypo-
these über Zama Kegia, obwohl dieser Ort zur Zeit der Abfassung
der Tabula als solcher bedeutungslos gewesen sein muß; es ist aber
zweifellos ein wichtiger Straßenknotenpunkt geblieben3), und für eine
Verlegung des alten Straßenzuges lag umsoweniger ein Grund vor, als
er ohnehin die von Natur aus günstigste Trace innehatte. Das auf
steiler Bergeshöhe gelegene neue Zama konnte ohne Schwierigkeit
durch eine kurze Abzweigung mit der am Fuße des Berges vorbei-
führenden Hauptstraße in Verbindung gebracht werden.
Damit wäre die „Zamafrage" erledigt und zugleich mit höchster
Wahrscheinlichkeit konstatiert, daß jenes Zama, vor dessen Mauern
Hannibal vor der Entscheidungsschlacht die letzte längere Rast hielt,
auf dem Boden des heutigen Seba Biar gestanden hat.
Über das Schlachtfeld selbst brauchte man eigentlich keine Worte Schlachtfelder
zu verlieren, da, wie nachgewiesen, die Schlacht nicht bei Zama, son-
dern bei Narraggara geschlagen wurde ; übrigens hat auch kein einziger
Anhänger der West-Zama-Theorie eine genauere Fixierung des Schlacht-
feldes versucht. Zu erwähnen wäre nur noch die Ansicht Mommsens,
der, trotzdem er den polybianischen Bericht zugrunde legt, dennoch
1) Das Zäua ntMQoov des Ptolomaeos bezieht sich zweifellos auf Jama, wie die
Erwähnung einer starken Quelle beweist; bei Seba Biar gibt es keine Quelle, sondern
nur einen kleinen Oued und viel Grundwasser, was das Brunnengraben begünstigt. —
Pareti (No. 43 p. 21) glaubt, eine Stadt wie Zama regia hätte es sich nie gefallen
lassen, daß eine andere gleichen Namens sich „maior" nennt, und hält deshalb Jama
nur für einen im Machtbereiche von Zama maior = Zama regia = Seba Biar gelegenen
Ort; nach unseren obigen Ausführungen ist es jedoch sehr gut möglich, daß die alte
Königsstadt sich diese Herabsetzung wohl gefallen lassen mußte. — Nach Cagnat
(Comptes rendues de l'acad. etc. 1894, S. 43) bedeutete der Zuname „Regia" überhaupt
nur, daß der Ort im Gebiete des ehemaligen Königreiches Numidien — im Gegensatze
zum ehemals karthagischen Gebiet — gelegen habe ; vgl. Hippo Regius, Bulla Regia etc-
2) Vgl. Mommsen (No. 19) p. 145 (37).
3) Auf diese Wichtigkeit scheinen auch die von uns gefundenen byzantinischen
Reste hinzudeuten; wahrscheinlich befand sich zur Zeit der oströmischen Herrschaft
auf der die ehemalige Stadt und damit den Straßenknotenpunkt dominierenden An-
höhe ein byzantinisches Fort.
her zweite Panische Krieg in Afrika.
das Schlachtfeld in nächster Nähe Zamas sucht, weil er diese Stadt
als „Hannibals Hauptquartier" auch am Tage der Schlacht aufgefaßt
wissen will, und deshalb ein zweites Narraggara in der Nähe von Zama
annimmt1). Diese Auffassung, die auf einem fachmilitärischen Irrtum
beruht — Momnisen hält die Erwähnung von Zama im Gegenfalle für
unerklärlich — hat K. Lehmann (No. 32 p. 439 f.) vollkommen wider-
legt, und ich habe dessen Ausführungen weiter nichts beizufügen2).
Schließlich sei bemerkt, daß die Umgebung von Seba Biar durch-
wegs genügend wasserreich ist, so daß es auch hier schwer wäre, für
Hannibals letztes Lager einen Punkt zu finden, der, obwohl ohne Wasser,
doch aus taktischen Gründen zu diesem Zwecke unbedingt hätte ge-
wählt werden müssen, und der dabei auch allen übrigen Anforde-
rungen des Quellenberichtes entsprechen würde.
Schmidt:
Die Stadt.
c. Ost- Zama.
Es ist inschriftlich festgestellt, daß die Ruinen, welche sich bei
dem Marabout Sidi Abd el Djedidi (nach älteren Karten Sidi Ah-
mor Djedidi) konstatieren lassen, gleichfalls einer Stadt namens „Zama"
angehören3).
Diese Tatsache hat einige, wenn auch nur wenige Forscher ver-
anlaßt, auch bei diesem Ort das Schlachtfeld zu suchen.
Schmidt (No. 27) behauptet zunächst — und hat diese Ansicht
auch im CIL zur Geltung gebracht — daß dieses Ost-Zama das ,,Zama
Regia" sei. Er gründet diese Ansicht auf die Beschreibung Sallusts und
sucht damit in äußerst gezwungener Weise die übrigen Belege in Über-
einstimmung zu bringen, sogar die Tabula, in welcher er eine willkür-
liche Hinzufügung des Wortes „Regia" zu einem falschen Zama seitens
eines späteren Abschreibens annimmt. Es ist alles verlorene Liebesmüh' ;
denn sein Hauptargument, der Vergleich mit der Beschreibung Sallusts,
bricht bei Besichtigung des Platzes in nichts zusammen. Jene Beschrei-
bung paßt nämlich auf S1 Abd el Djedidi kaum besser als auf Jama.
1) No. 19 p. 155 (H. Sehr. p. 47).
2) In der achten, also später als der Herrn es- Aufsatz (1888) erschienenen Auflage
des I. Bandes der „Römischen Geschichte" verlegt Mommsen Narraggara doch auf den
richtigen Platz: „westlich von Sicca, jetzt el Kef, an der Grenze von Tunis und
Algier" (p. 657); die Schlacht selbst , vermutlich westlich Sicca" (p. 658).
3) CIL, VIII. p. 1241 Nr. 12018. — Treffender könnte die Ruinenstätte nach dem
zweiten auf ihr befindlichen Marabout Sidi belAzza benannt werden, das auf dem
höchsten und am stärksten befestigten Punkte des Platzes liegt.
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten.
629
<
ea
-51
QQ
Die Ruinenstätte
(s. Bild 46) liegt auf
einem von Südost nach
Nordwest sich er-
streckenden, in letz-
terer Richtung spitz
auslaufendem Plateau.
An der südöstlichen
Schmalseite, also gegen
die Fortsetzung des
Plateaus, ist die Um-
fassung der Stadt nur
unmerklich im Terrain
gestützt; auf der gan-
zen übrigen Front
aber, also auf gut fünf
Sechstel des Gesamt-
umfanges, fällt der
Plateaurand durch-
wegs von der Stadt-
mauer weg merklich
ab; auf der Südwest-
front mäßig steil, aber
immerhin sehr dezi-
diert, auf der Nord-
und Nordostfront, dem
größten Abschnitt,
sehr steil. Da auch
das den Bergfuß im
Halbkreis umfassende
Tal ides Ou. Gourbi
durchwegs nicht sehr
breit ist und auf der
anderen Seite gleich
wieder Höhen sich er-
heben, kann hier eben-
sowenig von einem „campus" die Rede sein wie bei Jama,
noch genau verfolgbare Enceinte der Stadt fand auf fünf
o*
und die
Sechstel
630 Der zweite Punische Krieg in Afrika.
ihres Verlaufes im Terrain eine ganz vorzügliche Stütze, so daß das
Oppidum in Wahrheit „magis natura quam opere munitum erat1', und
nicht umgekehrt1).
Die Gründe ferner, die Schmidt gegen die relative Kleinheit
des Platzes ins Treffen führt, sind gleichfalls nicht stichhaltig. Das
Weichbild der Stadt ist etwa 600 Meter lang und an der breitesten
Stelle ungefähr 300 Meter breit, also nicht einmal gar so klein, allerdings
kleiner und vor allem unansehnlicher als die ganz nah gelegene, durch
weit imposantere Reste ausgezeichnete Ruinenstätte Hir Karachoun.
Außerhalb des oben beschriebenen Umfangs haben aber außer einigen iso-
lierten Villen und vielleicht einem Fort zum Schutze der Quelle keine
Teile der Stadt gestanden, was sich an den Resten klar erkennen läßt;
denn auf dieses erhabene, steinige Plateau trifft eben vollinhaltlich
das zu, was Schmidt von Jama sagt, daß nämlich solche auf Bergen
gegründete Ortschaften naturgemäß dem Versanden oder Versinken
ihrer Ruinen viel weniger ausgesetzt sind als in der Ebene liegende.
Die von Cagnat auf der „sumpfigen" Nordseite konstatierte Terrainer-
höhung um 3 Meter kann sich einzig auf das Tal des Ou. Gourbi be-
ziehen, in welches die Stadt als solche nie hineingeragt hat; denn ge-
rade auf diesem Teile der Front ist ihre Umfassung teils auf dem scharf
abstürzenden Plateaurande, teils an einigen markanten Terrainstufen
des Hanges deutlich zu verfolgen.
Durch diese Ergebnisse des Lokalaugenscheines ist wohl die Iden-
tifizierung von Ost-Zama mit dem Zama Sallusts und damit auch mit
dem Zama Regia der Tabula abgetan.
Das Die Untersuchung über die Lage des Schlachtfeldes führt
Schmidt unabhängig von jener über die Stadt. Auch alle überlieferten
Distanzangaben verwirft er, jene von Appian und Cornelius Nepos
wegen erwiesener Unverläßlichkeit, jene des Polybios wegen der „fal-
schen Orientierung" der Provinz Afrika durch — Ptolomaeos. Dem-
gegenüber wäre bloß zu bemerken, daß zwischen Orientierung und
Distanz ein himmelweiter Unterschied besteht, und daß ein Fehler in
der einen Richtung durchaus nicht einen in der anderen zur Folge haben
muß. Man denke nur an Caesar, der nach b. gall. I 1 Gallien und
nach V 1 3 Britannien großenteils falsch orientiert und doch über eben
diese Länder eine große Anzahl verblüffend genauer Distanzangaben liefert.
1) Vgl. auch Pareti (Nr. 43) p. 5.
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten. 631
Statt dessen gibt Schmidt ein strategisches Kalkül des Feldzuges,
das ganz hübsch und zutreffend wäre, wenn wir nicht eben wüßten,
daß die Schlacht nicht bei Zama, sondern bei Narraggara geschlagen
worden ist. Auf eine genaue Fixierung des Schlachtfeldes läßt er sich
nicht ein; er behauptet nur, „daß es nahe bei Ost-Zama zur Schlacht
gekommen sei, nebenbei bemerkt auf einem Terrain, das zu einer großen
Feldschlacht geeigneter erscheint als die Gegend von West-Zama"1).
Das ist nicht richtig. Denn abgesehen davon, daß die Schlacht
auch nicht bei West-Zama geschlagen wurde, so finden wir in der Um-
gebung der letzteren Stadt mindestens ebensoviele, ja viel mehr für
eine große Feldschlacht geeignete Abschnitte als bei Ost-Zama. Der
Dj. Massouge, in dessen Bereich West-Zama auf alle Fälle gelegen war,
ist auf drei Seiten von großen Ebenen umgeben : dem Becken der Siliana,
des Ou. Tessa und der Ebene von Sers. Von Ost-Zama aus kommt
man erst einen kleinen Tagesmarsch weiter westlich, jenseits des Dj.
Bargou, in eine Ebene, die sich halbwegs mit der vorgenannten ver-
gleichen läßt2); wie es übrigens mit dieser in Bezug auf unser Schlacht-
feld bestellt ist, wird sich bei der Besprechung der Ansichten jener
Autoren zeigen, welche eine Lokalisierung des Schlachtfeldes in jener
Ebene tatsächlich versucht haben.
Ein solcher ist Filek von Wettinghausen (No. 36). wetting-
Er gibt zunächst dasselbe strategische Kalkül wie Schmidt: Han-
nibal rückt von Hadrumetum nach Ost-Zama, wo er stehen bleibt und
Rekognoszierungen einleitet; Scipio kommt das Silianatal herauf. Das
livianische Narraggara wird verworfen, das polybianische Magyccgov
mit dem Djebel Bargou identifiziert. Das Schlachtfeld war dann
das Silianatal nordwestlich des Djebel Serdj.
Bezüglich der Identifizierung von Narraggara und Mägyccgov sei
hier nur auf das früher gesagte verwiesen. Betreffs des Schlachtfeldes
sei bemerkt, daß, wenn Hannibal von Ost-Zama, Scipio aber aus dem
Silianatale kam, erstem* und nicht letzterer dem Dj. Bargou näher stand,
bzw. ihn hinter sich hatte; dann hätte also Hannibal bei Margaron
gestanden und nicht Scipio.
Schließlich entspricht das gewählte Schlachtfeld auch nicht den
Anforderungen des Qellenberichtes. Das Silianatal nordwestlich des
1) p. 405.
2) An die südlich von Ost-Zama gelegene schmale Ebene am Ou. Marouf ist
nach dem strategischen Kalkül Schmidts nicht zu denken.
M2 Der zweite Punische Krieg in Afrika.
Dj. Serdj und I)j. Bargou ist keineswegs die Ebene, die wir brauchen.
Im nördlichen Teile, zwischen dem Dj. Bargou und dem genannten
Flusse ist es ein sehr stark gewelltes, von tief eingeschnittenen Oueds
durchflossenes Hügelland; im südlichen Teile, also unter dem Dj. Serdj,
ein sanft abfallendes Glacis. Hier wäre der praktisch ebene Raum
zur Not vorhanden; was aber hier und in dem ganzen Abschnitt
nicht stimmt, das sind wiederum die Wasserverhältnisse.
Sowohl der Dj. Bargou wie der Dj. Serdj weisen an ihrem Nord-
westfuße ganze Reihen guter und ergiebiger Quellen auf, vielleicht die
meisten auf engem Raum in dem ganzen fraglichen Territorium. Wenn
Hannibal, wie Wettinghausen andeutet, durch die Senke zwischen den
beiden Bergen gegen das Silianatal vorrückte, so hatte er gerade an
der Stelle, wo er die Ebene erreichte, eine reichliche Auswahl (A'ine
Ssnoussi, Ai'ne el Kohol, die Quelle zirka 1 Kilometer südöstlich 707,
endlich die stets wasserführenden Oueds Tfifila und el Faouar). Gerade
in diesem wasserreichsten Teile des Abschnittes müßte nach der von
Wettinghausen gegebenen strategischen Situation Hannibals letztes
Lager gestanden haben; aber auch weiter nördlich, bis zum Nordrande
des Dj. Bargou und darüber hinaus, liegen die Wasserverhältnisse
durchaus ebenso.
Damit wird das Schlachtfeld am Nordwestfuße der genannten zwei
Berge unmöglich.
Zu bedenken wäre noch hier wie bei allen Hypothesen, welche
die Schlacht in dieser Gegend lokalisieren wollen, die geringe Entfer-
nung von Hadrumetum. Gewiß sind die bei Appian und Cornelius Nepos
erhaltenen Distanzangaben übertrieben; aber wir haben schon vor-
her nachgewiesen, daß eben im Sinne dieser Übertreibung die beigefügte
Zeitangabe auf keinen Fall zu groß, höchst wahrscheinlich aber über-
haupt richtig ist. Nun aber wäre ein Ritt von kaum 100 Kilometern
in 2 Tagen und 2 Nächten nichts weniger als eine besonders gute
Leistung, die als solche in der Geschichte aufgezeichnet zu werden
verdiente *). Andererseits können die Distanzangaben der beiden Schrift-
steller bei aller gerne zugegebenen ünverläßlichkeit doch nicht so
übertrieben sein, daß die überlieferten Distanzen von 530 bzw. 450
Kilometer sich auf eine Strecke von in Wirklichkeit nur 100 Kilometer
beziehen würden!
1) Vgl. Mommsen (Xo. 19) p. 150 (H. S. p. 42).
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten.
633
Als Kuriosum sei noch erwähnt, daß Wettinghausen , um seine
Theorie zu stützen, Verhandlungen auf 3 Märsche Entfernung für un-
möglich erklärt. Nun fand aber die persönliche Zusammenkunft der
Feldherren nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Quelle erst dann
statt, als die Lager nurmehr 30 Stadien = 5 1/2 Kilometer voneinander
entfernt waren. Warum Verhandlungen anderer Art, durch Parlamentäre
oder Gesandtschaften, auf größere Distanz unmöglich gewesen sein
sollen, ist nicht einzusehen. Man vergleiche die analoge Situation von
Caesar und Ariovist, wo die Verhandlungen begannen, als Caesar
noch westlich von Vesontio, Ariovist am Mittel rhein stand. Selbst
die persönliche Zusammenkunft der Feldherren fand noch bei einer
Lagerdistanz von 36 Kilometern statt1).
d. Killa.
Killa erwähnt Appian als den Ort, bei dem die Schlacht statt-
fand. Da, wie bereits betont wurde, eigentümlicherweise die franzö-
sischen Forscher stets zu Konzessionen an diesen fragwürdigen Histo-
riker bereit sind, so ist es nicht zu verwundern, daß sich solche ge-
funden haben, die ohne Bücksicht auf Polybios und Livius ihre Hypo-
thesen auf Appian aufbauen.
Über die Lage von Killa wissen wir so gut wie nichts. Die Stadt Lage von Kuia
wird außer von Appian nirgends erwähnt.
Mehrere Forscher haben eine Inschrift, in welcher der Ausdruck
„Xumidae Chellenses" vorkommt und die in der Ebene von Zoua-
rines gefunden wurde, herangezogen und diese Örtlichkeit für Killa er-
klärt2). Bedenkt man die zahlreichen Namensgleichheiten afri-
kanischer Städte (Zama, Aggar, Vaga usw.), so wird man einer so ent-
fernten Namens ähnlichkeit wohl keine große Bedeutung, am wenig-
sten aber Beweiskraft zusprechen dürfen3).
Hennebert (No. 30) ist es, der diese Identifizierung auch seiner
Auffassung der Schlacht und des ganzen Feldzuges zugrundelegt. Diese
ist, nebenbei bemerkt, nicht weniger phantastisch als die Appians selbst.
Hannibal will das „Plateau des Dj. Massouge" zu seinem „pivot
strategique" machen, von wo aus er sich sowohl im gegebenen Augen-
Hennebert.
1) Caesar b. gall. I 34 ff.
2) Tissot (No. 18) IL 583. Cagnat Explor. II. 150. Hennebert (No. 30)
III. 348 f.
3) Vgl. K. Lehmann (No. 32) p. 532.
634 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
blick auf Scipio stürzen, als auch seine noch aus Numidien erwarteten
Verstärkungen an sich ziehen könnte. Unterdessen ist aber Scipio,
durch das Silianatal anrückend, mit der Besetzung des „Plateaus
von Zama" zuvorgekommen, und hat schließlich nach dem Reiterge-
fecht bei Zama1) auchKilla = Zouarines besetzt; wozu Hannibal gleich-
falls zu spät gekommen sei; gleichzeitig habe der römische Feldherr
den Karthager durch Besetzung von Narraggara und Altiburos (Mdeine)
von seinen erwarteten Verstärkungen abgeschnitten. Nach fruchtlosen
Verhandlungen sei es schließlich auf der Ebene von Zouarines zur
Schlacht gekommen.
Bezüglich der Widerlegung dieser Hypothese brauche ich nur auf
K. Lehmanns treffende Ausführungen2) zu verweisen; ich will nur
einiges hinzufügen, was der Lokalaugenschein ergibt.
Die Sache mit dem „Plateau des Djebel Massouge, unter dem
Hennebert das ganze Hochland zwischen Ou. Mellegue, Ou. Siliana und
Ou. Marguellil versteht, als „pivot strategique" ist ein militärischer
Nonsens. Wie soll man ein solches Eiesengebiet mit einer Armee
damaliger Zeit, ohne sich grenzenlos zu verzetteln, „besetzen", be-
ziehungsweise wie diese Besetzung durch eine zweite Armee hindern
können? In diesem Terrain hatte noch eine ganze Reihe solcher
Armeen Platz, ohne daß eine die andere anders an der Besetzung
hätte hindern können, als indem sie sie angriff und hinauswarf.
Wenn also Scipio sich auf dem „Plateau von Zama" festgesetzt hatte,
so konnte Hannibal noch immer zahlreiche andere „Plateaus" in Be-
sitz nehmen, um sie als „pivot strategique" einzurichten; und wie
gerade das tiefgelegene Zouarines seine letzte Hoffnung in diesem
Sinne war, ist erst recht nicht einzusehen. — Hennebert hat, abgesehen
von seinem offenkundigen Mangel an Klarheit in militärischen Begriffen,
auch sichtlich keine rechte Vorstellung des fraglichen Terrains gehabt3).
Ausschlaggebend bleibt auch hier wieder die Wasserfrage. Nicht
nur der polybianische, sondern ganz besonders der appianische Bericht, auf
den Hennebert eben aufbaut, erwähnt ganz ausdrücklich die Schwierig-
keit, die Hannibal bezüglich der Wasserversorgung erwuchs. Diese ist
1) Appian Lib. 36.
2) (No. 32) p. 550—553.
3) Ähnlich Morris (No. 40) p. 313, der unter Berufung auf Hennebert Hannibal
die Absicht zumutet, die ganze Bergkette von Kap Bon bis Theveste zu besetzen und
gegen die Eömer zu halten!
Narraggara. 2. Abweichende Ansichten. 635
in der Ebene von Zouarines geradezu ausgeschlossen. Schon Cagnat
hat ihren Wasserreichtum betont1); unsere Nachforschungen ergaben
dasselbe Resultat. An den Rändern des großen, fast kreisrunden Kessels
finden sich Quellen genug, und mehrere wasserführende Oueds reichen
bis tief in die Ebene hinein2) ; mehr als irgendwo anders war hier ein
zwingender Grund für Hannibal, unbedingt fern vom Wasser zu lagern,
ausgeschlossen.
•Anders Toussaint (No. 38). Er bietet eine ziemlich originelle Toussaint.
Kombination der verschiedenen Quellenberichte, stützt sich aber doch
hauptsächlich auf Appian, dem auch er an Phantasie nicht nachgibt. Nach
ihm kommt Hannibal von Karthago (!), geht zuerst bis Hir es Scheli
(nördlich des Dj. Bargou, wo der Paßweg gegen S1 Abd el Djedidi und
weiter ins Nebaanatal abzweigt) vor, von wo aus er die Straße sowohl
nach Karthago wie nach Hadrumetum decken kann. Dann stößt er
weiter gegen Zama Regia vor, wird in dem von Appian überlieferten
Reitertreffen bei Samon geschlagen (bei Kebour Guelib, wohl Kebour
Klib, auf der Wasserscheide zwischen dem Ou. Massouge und der Ebene
von Seba Biar), worauf er nach Hir es Scheli zurückgeht. Scipio folgt
ihm nach der Einnahme von Parthos (Hir Sa'ida), und es kommt
schließlich zur Schlacht bei Hir es Scheli, in der Ebene zwischen dem
Dj. Bargou und dem nordwestlich gegenüberliegenden Hügelgebiet von
S1. Amara; also eigentlich bei Ost-Zama. Da aber der Bericht auf
Appian aufgebaut ist, so muß es die Schlacht bei Killa sein, und wird
der nächste noch frei verfügbare Henchir der Gegend, Hir Ramouma,
(Hir Romana?) dafür in Beschlag genommen.
Über diese Operationen ist weiter nichts zu sagen, als daß sie
sich nicht einmal aus Appian, geschweige denn aus brauchbareren
Quellen ableiten lassen. Bezüglich des Schlachtfeldes gilt so
ziemlich dasselbe wie von jenem Wettinghausens, von dem es nur
wenig verschieden ist. Auch die „ Ebene" zwischen dem Dj. Bargou
und dem Hügelland von Sidi Amara ist in Wirklichkeit stark gewellt
und von vielen eingeschnittenen Oueds durchzogen, eignet sich daher
1) Bei J. Schmidt CIL, VIII, 1 Suppl. 1, p. 1561, Nr. 16352.
2) Ou. A'ine el Zellez, Ou. el Guetar, Ou. el Ksour, Ou. Ysid; diese von den
die Ebene umgebenden Höhen konzentrisch hinabfließenden Bäche führen in ihrem
Oberlaufe, d. h. bis über den Fuß der Höhen hinaus, reichliches und meist gutes
Wasser, und versiegen erst ziemlich weit im flachen Felde; ebenso führen der aus
dem Kessel abfließende Ou. Tessa, sowie der von den östlichen Höhen in anderer
Richtung fließende Ou. Zanfour gutes Wasser.
636 Dei zweite Panische Krieg in Afrika.
nicht sonderlich für die überlieferten Vorgänge; der Quellenreichtum
des Nordwesthanges des Dj.Bargon wurde schon erwähnt; Hannibal hätte
gerade in seiner Stellung bei Hir es Scheli die ergiebigste Quelle der
ganzen Gegend, Ae Mzata, zur Verfügung gehabt. —
Paroti Endlich Pareti1). Er unternimmt den kühnen Versuch, sämtliche
Überlieferungen in eine gemeinsame Lösung zu vereinigen. Zu diesem
Zwrecke identifiziert er Killa mit Sicca; Zama nimmt er — Kro-
mayers „wissenschaftlichem Bericht" folgend2) — bei Seba Biar an,
Narraggara bleibt Sidi Youssef. Die Operationen vor der Schlacht
nimmt er im allgemeinen wie wir an, ebenso die Forderung, das Schlacht-
feld südlich oder östlich Narraggara in einer großen Ebene suchen zu
müssen; und zwar legt er es in die Ebene des Ou. et Tine (Quellfluß des
Ou. Rmel) südlich bezw. südwestlich von Sicca (El Kef). Seine spezielle
Lokalisierung, soweit sie aus der beigegebenen Karte zu entnehmen
ist, verlegt Scipios Lager an die Aine ben Ayed bei Bordj ben Zouart,
jenes Hannibals südlich davon in die Gegend des Bir et Tourki (siehe
Karte 1 1 b). Dagegen würde sprechen, daß Scipios Lager mitten in
der Ebene läge, also außer dem nahen Wasser keinen „in jeder Hinsicht
geeigneten Platz" hätte. Eine Situation, die beide Lager auf von
Natur aus feste Punkte verlegt, ist in diesem Räume nicht auszu-
zirkeln, da die hindernislose Ebene hier durchaus 7 — 8 Kilometer breit ist.
Was aber am meisten dagegen spricht, ist die unmittelbare Nähe von
Sicca Veneria, das nur 5 Kilometer abliegt, während Narraggara
45 und Zama 40 Kilometer entfernt sind. Nimmt man noch hinzu, daß
Sicca zweifellos jederzeit und am allermeisten in der fraglichen Epoche
eine weit größere und vor allem bekanntere, den Geschichtsschreibern ge-
läufigere Stadt gewesen sein dürfte als Narraggara, so erscheint
es ganz unverständlich, warum bei dieser Nähe des Schlachtfeldes
nicht in allen Quellen, vor allem aber in den besseren, die so nahe-
1) No. 43. — Die Arbeit Paretis ist mir erst zugekommen, als dieses Kapitel
bereits im Druck war. Im Texte konnte sie noch während der Korrektur berücksich-
tigt werden, in den Karten nur mehr zum geringsten Teile. Das Wichtigste, wovon
später die Rede sein wird, wurde in der Textskizze Nr. 47 nachgetragen. —
2) Dieser „Bericht" hat die Arbeit Paretis nicht nur stark beeinflußt, sondern
allem Anscheine nach überhaupt den Anstoß zu ihr gegeben. Es bleibt daher unver-
ständlich, warum Pareti, wenn er schon, ohne das Terrain selbst gesehen zu haben,
auf unsere Ergebnisse aufbauen wollte, nicht die im „Bericht" angekündigte defini-
tive Ausarbeitung abgewartet hat, die ihm natürlich weit mehr Details bieten mußte,
als der ..Bericht" es imstande war.
Xarraggara. 2. Abweichende Ansichten.
637
liegende Bezeichnung „Schlacht bei Sicca" gewählt worden ist. Denn
die Identifikation von Killa mit 2Uxa ist mehr als gewagt und auf
jeden Fall unbeweisbar; und dann bleibt noch die ganze polybianisch-
livianische Überlieferung mit MdQyagov bezw. Narraggara ungeklärt. —
Jetzt aber eine Variante, an die Pareti selbst nicht gedacht hat.
Etwa 12 Kilometer weiter südwestlich, unweit der Stelle, wo die Ebene
M.100O sco 0
I 1 1-
Maßstdb 1--10Q.0QO
i l 3 <£_
Skizze 47: Das Schlachtfeld nach Pareti
(mit der im Texte angedeuteten Verschiebung nach Südwest).
6 K-tr\.
des Ou. et Tine durch die Hügel gänzlich abgeschlossen wird, in einer
beiläufigen Entfernung von 18 Kilometer von Sicca, 30 von Narraggara
und 50 von Zama liegt am Rande der westlichen Höhen der Hügel
Kat el Behalma. Der Platz ist insofern von strategischer Bedeu-
tung, als neben ihm der heute noch durch eine durchlaufende Piste
markierte Naturweg von Seba Biar her in die Straße El Kef— Sidi-
Youssef einmündet. Man konnte also, von Narraggara kommend, von
diesem Punkte aus in gleicher Weise über Sicca gegen Karthago, wie
638 Der zweite Punische Krieg in Afrika.
über Zama gegen Hadrumetum vorstoßen, bezw. hier beide Straßen
sperren. Der Hügel selbst liegt hart an dem wasserführenden Ou. Ras
el Ogla, und überdies entspringt seinem Hange eine Quelle. Nimmt
man nun hier das Lager Scipios an, so liegt ihm auf genau 5 V2 Kilo-
meter = 30 Stadien gegenüber, hart an der von Seba Biar kommenden
Piste, der weit in die Ebene vorspringende, ziemlich flache, wasser-
lose Hügel Kat Bougrine; auf ihm wäre dann das Lager Hanni-
bals zu suchen, und die Schlacht hätte in der dazwischenliegenden,
vollkommen offenen und hindernislosen Ebene „Draa el Meinan" statt-
gefunden. —
Dieser Platz würde nicht nur, wie erwähnt, strategisch sehr gut ent-
sprechen, sondern es wäre in diesem Falle auch die Entfernung von Sicca so
bedeutend, daß eine Konfusion in der Namengebung erklärlich erscheinen
könnte. „Bei Narraggara" liegt das Lager Scipios freilich noch
weniger; indes da Scipio allem Anscheine von dort kam, ist diese
Bezeichnung, wenn auch nicht korrekt, so doch möglich. Schließlich
liegt in nächster Nähe des Lagerhügels die Ruinenstätte Henschir el
Chemmam. Bei der Häufigkeit gleicher Namen gerade in Afrika ist
die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß hier ein Ort, der
ähnlich wie „Narraggara" oder „Margaron" hieß, gelegen habe. Be-
weisen läßt sich die Sache freilich nicht; aber ich halte sie für dis-
kutabel1).
3. Die Operationen vor der Schlacht.
Für die Bestimmung des Schlachtfeldes hat uns die polybianisch-
livianische Überlieferung immerhin so viele Daten an die Hand gegeben,
daß die Lokalisierung bis zu einem gewissen Grade möglich war ; was sie
uns jedoch schuldig bleibt, das ist die Antwort auf die Frage, wieso es
gerade an diesem Punkte zur Schlacht kommen mußte, ja überhaupt
kommen konnte. Scipio hatte seine Basis bei Utika, Hannibal bei
Hadrumetum; wie konnten die beiden bei Narraggara zusammentreffen?
Die Überlieferung gibt uns, wie gesagt, darüber wenigstens keine
direkte Andeutung; wir sind daher auf Vermutungen, auf Hypothesen an-
1) Da dieser Platz auf unsere Beilagen nicht mehr eingezeichnet ist, habe ich eine
Textskizze (Nr. 47) beigefügt. Ihr Ostrand schließt unmittelbar an den Westrand der Karte
IIb an, allerdings in dreimal größerem Maßstabe. — Ich füge noch bei, daß wir die
fragliche Gegend auf dem Marsche von El Kef nach Sidi Youssef passiert haben,
freilich damals, ohne uns länger aufzuhalten ; doch habe ich sie im großen und ganzen
noch gut in Erinnerung. —
Narraggara. 3. Die Operationen vor der Schlacht. 639
gewiesen. Unter allen, die bisher zur Beantwortung dieser Frage auf-
gestellt wurden, verdient jene von K. Lehmann (No. 32), der auch
Delbrück (No. 39) gefolgt ist, die größte Beachtung. Sie gibt im
allgemeinen folgende Darstellung der Operationen und der ihnen zu-
grundeliegenden Ideen:
Nachdem die Karthager den Waffenstillstand verletzt, bricht Die Lehmann-
Scipio von Utika auf, verwüstet neuerdings die Städte im Hinterlande ^yp™!^6
Karthagos und ruft Massinissa zu Hilfe, um sich seiner Streitkraft
für die Entscheidung gegen Hannibal zu versichern. Indessen ergreift
Hannibal, von den Karthagern gedrängt, noch vor Vollendung seiner
Rüstungen von Hadrumetum aus die Offensive, um Scipio noch vor
seiner Vereinigung mit Massinissa anzugreifen. Scipio erkennt, daß
er dort, wo er sich eben befindet, von Hannibal früher erreicht wird,
als Massinissa bei ihm eintreffen kann, und faßt den kühnen Entschluß,
unter Preisgabe seiner Rückzugslinie dem Numiderkönig entgegen-
zumarschieren, um so die Vereinigung vor der Schlacht zu erreichen.
Der kühne Plan gelingt; während Hannibal, um die Fühlung mit dem
Gegner zu finden, kurze Zeit bei Zama stehen bleibt, vereinigt sich Scipio
im Räume bei Narraggara mit Massinissa; Hannibal, der die Schlacht
unter allen Umständen suchen muß, ist gezwungen, dem nunmehr ver-
einigten Gegner auf dem von diesem gewählten Schlachtfelde entgegen-
zutreten.
In ganz großen Zügen dürfte diese Hypothese richtig sein; nur ist ihre Kritik.
Pol. XV 5 nicht so willkürlich zu behandeln, wie es hier geschieht.
Nicht erst auf die Nachricht von Hannibals Vorstoß kann Scipio nach Zeitfolge des
Westen „dicht vor Hannibal weg abmarschiert sein" *), sondern er muß
sich schon dort befunden haben; wozu wäre sonst Hannibal direkt
nach Zama, also gleichfalls gegen Westen, vorgegangen? Die Richtung Hannibal«
Marschziel»
von Hadrumetum über Zama — man mag für diese Stadt jede der
bisher vermuteten Identifikationen ansetzen — führt in weiterer Ver-
längerung nach Narraggara, also in den Raum, wo die Vereinigung
der beiden gegnerischen Gruppen am ehesten erfolgen mußte. Wenn nun
Hannibal, wie ja Lehmann und Delbrück annehmen, die Absicht hatte,
die gegnerische Hauptkraft vor ihrer Vereinigung mit der Neben kraft
zum Schlagen zu zwingen, so mußte er sie direkt auf dem kürzesten
Wege, möglichst weit von dem voraussichtlichen Vereinigungspunkt zu
1) Delbrück p. 306.
Kromayor-Veith, Antike Schlachtfelder III. 4 1
640 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
fassen suchen, nicht aber mit ihr nahezu parallel gegen jenen Raum
losmarschieren, wo er gefaßt sein mußte, zu spät oder aber zwischen
zwei Feuer zu kommen. Gerade im Rahmen der Lehmann-Delbrück-
schen Hypothese geht aus der Marschrichtung Hannibals auf Zama,
der einzigen klar überlieferten strategischen Bewegung, unzweifelhaft
hervor, daß Scipio eben damals schon weit im Westen, irgendwo im
Räume bei Narraggara stand. Dann aber war der kühne Marsch
Massinissa entgegen nicht mehr notwendig, oder doch nicht in dieser
Art; denn die Verbindung mit Utika war schon in dem Augenblick
so gut wie verloren, als Hannibal die Offensive ergriff; ob man sich
dann, zur Sicherung der Vereinigung, noch ein Stückchen weiter nach
Westen schob, blieb in dieser Hinsicht jetzt schon gleich.
Damit stimmt auch, daß Hannibal erst bei Zama stehen blieb,
um die Fühlung mit dem Feinde zu suchen; er mußte ihn also von
Hause aus im Westen gewußt haben. Die Geschichte mit den drei
Spionen mag in der Form, wie wir sie haben, fabulos sein, irgend ein
Kern Wahrheit muß ihr aber zugrundeliegen, und dieser ist leicht zu
erkennen: es handelte sich einfach um eine Rekognoszierung, wie sie
selbstverständlich ist, sobald man so nahe an den Gegner heran-
gekommen ist, daß eben die taktische Aufklärung in ihr Recht
tritt. Auch dieser Umstand im Verein mit Hannibals Marschrichtung
weist darauf hin, daß dieser den Gegner von Hause aus im Westen ge-
sucht hat.
„ Die Auch darin weicht die Lehmann-Delbrücksche Hypothese notwendig:
Vereinigung mit
Massinissa. vom Quellenbericht ab, daß sie Scipio nach der Kunde von Hanni-
bals Ankunft aufbrechen und Massinissa entgegenziehen
läßt, während nach Polybios' ausdrücklicher Erzählung umgekehrt
Massinissa zu dem feststehenden Scipio stieß und dieser dann
erst aufbrach, um bei Narraggara Stellung zu nehmen. Diese Über-
lieferung ist so klar und schlicht, daß kein Grund vorliegt, sie anzu-
zweifeln. Wenn man die wenigen Momente strategischer Natur, die
uns die Quelle bietet, auch noch desavouiert, so muß man überhaupt
auf den Anspruch verzichten, eine historisch beglaubigte Hypothese
aufgestellt zu haben. Im Rahmen unserer Ansicht ist dies nicht nötig:
wenn Scipio schon im Westen stand, so deckte er damit den An-
marsch Massinissas, konnte diesen, in fester Stellung stehend, ruhig
abwarten, und der überlieferte letzte Marsch auf Narraggara erscheint
einfach als eine Verschiebung von dem nach defensiven Gesichtspunkten
Narraggara. 3. Die Operationen vor der Schlacht. 641
gewählten Orte der Vereinigung nach dem für den nunmehr offensiv
taktischen Zweck tauglich befundenen Schlachtfelde.
Delbrück motiviert die Tatsache, daß wir von dem angeblichen
Marsch Scipios zu Massinissa keine Kenntnis haben, damit, daß der
römische Feldherr „selbst nach dem Sieg nicht gewagt hat, in seiner
Meldung nach Eom den ganzen strategischen Zusammenhang, den
Marsch fort von der Küste in das Innere, einzugestehn"1). Das ist nun
psychologisch mehr als unwahrscheinlich, ein würdiges Gegenstück zu
desselben Autors Erklärung, warum die Pompejaner Caesars Auf-
schneiderei über ihre angebliche Überlegenheit nicht desavouiert haben
sollen. (S.584.) Wie der taktische Sieg alle strategischen Maßregeln nach-
träglich unbedingt im Erfolge rechtfertigt, so auch in den Augen der Mit-
und Nachwelt, der ersteren sogar noch mehr als der letzteren, da sie ja
den Erfolg als solchen unmittelbarer und nachhaltiger empfindet,
während die letztere eher noch geneigt ist, einen kritischen Maßstab
anzulegen. Je größer die Gefahr, je schwerer das Risiko, desto größer
der Euhm, es überwunden zu haben; und es wäre ganz unglaublich,
daß die Römer ihrem Feldherrn nach dem endgültigen glänzenden Sieg
über ihren furchtbarsten Feind nicht das haarsträubendste Risiko
mit tausend Freuden verziehen hätten. Und überdies wäre Scipio
nach allem, was wir von ihm wissen, der letzte gewesen, der das, was
er zur Erreichung des Sieges für richtig befunden und ausgeführt hat,
nicht offen einzugestehn gewagt hätte.
Dieses Risiko, das Delbrück so hervorhebt, war ja wirklich vor-
handen, nur schon viel früher eingetreten, als Delbrück annimmt, und es
wurde auch gar nicht verheimlicht, sondern ist aus der Quelle klar zu ent-
nehmen. Denn daß Scipio so weit nach Westen ging, als Hannibal
noch in Hadrumetum stand, schließt schon ganz dieselbe Gefahr ein;
wenn er dabei aber unfreiwillig dazu kam, seine Verbindungen zu
verlieren, so mußte der Vorwurf, der ihm daraus gemacht werden mochte,
viel schwerer sein, als wenn er sie mit kühnem Entschlüsse freiwillig
aufgegeben hatte.
Nun ist es aber an uns, die Frage zu beantworten: Wie kam scipios
der römische Feldherr soweit nach Westen? Bewegung«.
Polybios berichtet XV 4, 1. 2 daß Scipio wiederum „Städte unter-
warf". Dieses „Städteunterwerfen" war die stereotype Beschäftigung
1) p. 397; übrigens auch ähnlich bei Lehmann p. 602.
41
i,I2 Dfei zweite Pantsche Krieg- in Afrika.
aller Feinde Karthagos, die sich an die Hauptstadt nicht heranwagten;
schon im Kriege mit Agathokles und dann im libyschen Söldnerkriege
finden wir ganz dieselbe Erscheinung, wie denn überhaupt auf diesem
Kriegsschauplatz derartige Analogien häufiger sind als auf irgend einem
andern; man denke nur auch noch an die Rollen von Utika und Tunes.1)
Die Expeditionen gegen die Binnenstädte hatte Scipio schon in
den Vorjahren ausgiebig in Angriff genommen gehabt, und es ist
durchaus nicht anzunehmen, daß ihm seither etwas von dem bereits
Gewonnenen wieder verloren gegangen wäre; demnach dürfte das
untere Bagradasbecken schon vor dem Jahre 202 in seiner Gewalt ge-
wesen sein, ebenso nach Pol. XIV 9 die Gegend der „großen Felder" ;
die Expeditionen dieses Jahres müssen sich daher noch weiter ins
Innere des Landes erstreckt haben. Das führt uns aber schon in die
Gegend Sicca-Zama-Narraggara.
Daß diese Expedition an und für sich ein bedeutendes Risiko in
sich schloß, wurde bereits gesagt.2) Es ist nun immerhin möglich, daß
Scipio die Frist, die Hannibal zur Vollendung seiner Rüstungen
brauchte, überschätzt und darauf gerechnet hat, vor Ablauf derselben
mit Massinissa vereinigt und von der Expedition zurück zu sein.
Wirklich entnehmen wir aus den Quellen, daß der karthagische Feld-
herr schließlich aufbrach, bevor seine Rüstungen vollendet waren, was
nebenbei wohl die Hauptschuld an seiner Niederlage trägt. Immerhin
mag er durch diesen voreiligen Aufbruch Scipio überrascht haben, der
sich nun gezwungen sah, die Schlacht statt zwischen Utika und
Hadrumetum, bei Narraggara anzunehmen.
Das strategische Damit hatte Hannibal erreicht, Scipio zur Schlacht zu stellen —
Resultat. ^enTL nacj1 yeriust ^er Verbindungen gab es für ihn keine andere
Wahl — und dies in einer Situation, die strategisch für die Römer
entschieden gefährlicher war als für die Karthager; denn erstere
1) Pareti (Nr. 43) S. 14 u. 23 läßt Scipio die Bagradasstädte verwüsten, um
Massinissa zur Vereinigung- Zeit zu lassen. Das ist ein Trugschluß; denn be-
schleunigt wurden dadurch weder dessen Rüstungen, noch sein Marsch, letzterer
vielmehr räumlich verlängert und damit der Zeitpunkt der Vereinigung um so mehr
hinausgeschoben, je länger Scipio sich im Osten aufhalten ließ.
2i Pareti S. 15 wundert sich, warum Scipio sich bei dem Marsche nach Süden
soweit von der Küste entfernt hat. Die Sache wird ganz verständlich, wenn man sich
vor Augen führt, wie gänzlich ungeeignet die tunesische Nordküste westlich Bizerte
für Operationen jeder Art ist. Siehe darüber S. 514 f. — Pareti nimmt auch S. 24 eine
„Sommerpause" an. Eine solche ist für keinen afrikanischen Feldzng erwiesen,
wenn auch in diesem Falle nicht ausgeschlossen. Vgl. S. 516.
Narraggara. 3. Die Operationen vor der Schlacht. 643
schlugen mit verkehrter Front, letztere nicht. Das war das glänzende
Ergebnis von Hannibals plötzlichem Vorstoß. Allerdings war es auf
Kosten seiner Schlagfertigkeit zustande gekommen, und dies sollte
sich rächen.
Man könnte hier einwenden: wenn Hannibal einmal den Gegner
durch seinen plötzlichen Vorstoß überrascht und in die geschilderte
strategisch so ungünstige Position gedrängt hatte, warum wartete er
jetzt nicht in Ruhe auf das Eintreffen der noch ausständigen Ver-
stärkungen, sondern nahm sofort, ohne fertig gerüstet zu sein, die
vom Gegner notwendigerweise gewünschte taktische Entscheidung an?
— Die Antwort ist die, daß die ganze schöne strategische Position
praktisch wertlos war, wenn man nicht gewillt war, den taktischen
Schlag zu wagen. Wenn Hannibal bei Zama stehen blieb und ent-
schlossen war, vorläufig nicht zu schlagen, wie konnte er dann Scipio
hindern, seine Stellung zu umgehen, die verlorenen Verbindungen und
die Basis wiederzugewinnen? Es gab da Wege genug, die Hannibal
in rein defensiver Weise unmöglich alle sperren konnte. Die ge-
wonnene strategische Vorhand blieb nur dann praktisch
wirksam, wenn man entschlossen war, sie sofort, ehe der
Gegner sich ihr entziehen konnte, zum taktischen Schlage
auszunützen. Hannibal mochte sich dieser Zwangslage um so lieber
fügen, als der aufgezwungene Positionskrieg der letzten Jahre ihm
im Grunde genommen nur Mißerfolge gebracht hatte und er im großen
taktischen Schlag, in welchem ihn der Erfolg bisher noch niemals
verlassen, die Erfüllung seiner heißesten Sehnsucht erblicken mußte.
Es war Hannibals Verhängnis, daß die Verhältnisse ihn zwangen,
die Entscheidung trotz der Unfertigkeit seiner Rüstungen, und zwar
sofort im taktischen Hauptschlage zu suchen; und so mußte er denn
erfahren, daß der taktische Schlag, wenn er unglücklich ausfällt, das
schönste strategische Gewebe unbarmherzig zerreißt.
* *
Außer Lehmann und Delbrück suchen, wie wir gesehen, noch die
beiden französischen Offiziere Brunon und Lewal das Schlachtfeld
bei Narraggara und geben auch ihre Ansichten über die Operationen.
Nach Brunon1) marschiert Hannibal von Hadrumetum nach Brunos
Zama, um Laelius und Massinissa, die sich in Numidien befinden, von
1) (No. 20) p. 144 ff.
(i I 1 Der zweite Pnnische Krieg in Afrika.
Scipio abzuschneiden. Dieser sieht sich gezwungen, die Blockade von
Utika aufzuheben, und marschiert über Parthus (= Pertusa, 20 km
westlich Tunis)— Medjez el Bab— Tagura— Tipasa gegen Numidien,
während Hannibal von Zama nach Sicca vorrückt. Dann geht Scipio auf
der nördlichen, Hannibal auf der südlichen Straße gegen Narraggara vor;
ersterer kommt zuerst an und hat damit die Verbindung mit Laelius
und Massinissa gesichert (sie !), während Hannibal zunächst noch in einer
Stellung zwischen dem Ou. Mellegue und Ou. Rumrel1) verweilt; erst
nach dem Eintreffen der Verstärkungen Scipios geht er bis auf
6 Kilometer an diesen heran. Das weitere ist bekannt.
Die Ansicht steht insofern in Widerspruch mit der Überlieferung, als
erstens Laelius sich nicht mehr in Numidien befand, sondern längst
zurückgekehrt war2) — was schließlich nebensächlich ist — dann
aber auch darin, daß sie Hannibal früher als Scipio nach Westen auf-
brechen läßt. Abgesehen von diesem Widerspruch mit der Quelle
sieht es auch einem Feldherrn wie Hannibal gar nicht ähnlich, die
feindliche Hauptkraft stehen zu lassen und einem Nebenzweck zuliebe
von ihr abzurücken ; sich auf die Nebenkraft zu werfen, hat nur dann
einen Sinn, wenn diese näher steht als die Hauptkraft und zuverläß-
lich abgetan werden kann, ehe letztere etwas Ernstliches zu unter-
nehmen vermag. Im vorliegenden Falle war das Risiko größer als
der bestenfalls zn erhoffende Erfolg; denn Scipio erhielt dadurch voll-
kommen freie Hand, er konnte sich auf Hannibals Verbindungen
werfen, ihn von Karthago und Hadrumetum abschneiden und in die
böseste strategische Position bringen, während Laelius und Massinissa
in Numidien unbegrenzte Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung
standen, um sich dem übermächtigen Gegner zu entziehen, dessen
Vorstoß gegen sie ja doch nur dann seinen Zweck erreichte, wenn er
sie sofort fassen konnte. Es erscheint unter diesen Umständen geradezu
als ein Fehler Scipios, wenn er seinen Verbündeten entgegenzog, statt
sich in Hannibals Rücken zu werfen und ihn strategisch zu isolieren.
Lewai. Lewal3) nimmt die Bewegungen ähnlich an, nur läßt er Hannibal
nach Numidien gehen, nicht um Massinissa anzugreifen, sondern um
seinen eigenen noch von dort zu erwartenden Verstärkungen die Hand
1) Wohl der Ou. Rmel bezw. Remel der neuen Karte; ein rechter Nebenfluß
des Ou. Mellegue etwa in der Höhe von Sicca.
2) Liv. XXX, 16.
3) (No.7) p. 120 f.
Narraggara. 4. Die Schlacht.
645
zu reichen, während Scipio, ähnlich wie bei Brunon, sich mit Massinissa
vereinigt und dem Gegner vorlegt.
Die sich ergebenden Einwände sind analog den früheren. Vor
allem wäre es ein in keinem Verhältnis stehendes Risiko für Hannibal
gewesen, den paar tausend Reitern zuliebe, die er noch aus Numidien
erwartete, seine Basis aufzugeben und Scipio im weitesten Ausmaße freie
Hand zu lassen ; und ebenso wäre es für letzteren die denkbar schwäch-
lichste Maßregel gewesen, sich unter diesen Umständen dem Gegner
vorzulegen, statt sich auf seine Verbindungen zu werfen; abgesehen
von dem Widerspruch mit dem Quellenbericht betreff der Zeitfolge
des Aufbruches.
Die übrigen Ansichten über die strategischen Vorgänge vor der
Schlacht basieren auf anderen Schlachtfeldannahmen und fallen mit
denselben. Soweit als nötig wurden sie bei Besprechung dieser
Schlachtfeldhypothesen erwähnt und kritisiert.
Für den Weg, den Hannibal von Hadrumetum nach Zama
marschiert ist, kommen zwei Varianten in Betracht:
1. Sousse (Hadrumetum) — Nordrand der Sebkra Kelbia — Mittel-
lauf des Ou. Nebaana — Sattel nördlich des Dj. Bargou — Tal der
Siliana und des Ou. Massouge — Seba Biar (Zama).
2. Sousse — Kairouan — Tal des Ou. Marguellil — Sidi Amara
— El Ksour — Seba Biar.
Der erstere, nördliche Marsch ist um etwa 20 Kilometer kürzer,
führt aber mehr als der zweite durch bergiges und verkarstetes
Terrain, hauptsächlich im Räume zwischen dem Ou. Nebaana und
Dj. Bargou. Die südliche Route, deren Hauptabschnitt in das breite
ebene Tal des Ou. Marguellil fällt, dürfte die bequemere sein. Sie
wurde auch von den meisten Forschern als die wahrscheinlichere
bevorzugt *).
4. Die Schlacht.
Für den taktischen Verlauf der Schlacht sind wir auf den Bericht
des Polybios XV 9 — 16 angewiesen. Der livianische ist nichts anderes
als ein konfuser Abklatsch davon; jenen Appians braucht man an
dieser Stelle wohl überhaupt nicht zu nennen.
Hannibals
Marschlinie.
1) Wir haben nur die erstere persönlich rekognosziert.
(5 4() Der zweite Panische Krieg iu Afrika.
Die Ereignisse In der freien Ebene zwischen den beiden 5 '/2 Kilometer vonein-
iKich dorn - _ , '
Qaoiienboricht. ander entternten Lagern marschierten die Heere auf.
Die Römer standen wie folgt:
Die Hastaten, Principes und Triarier bildeten die gewohnten drei
Treffen, doch mit dem Unterschied, daß die Manipel der Principes
nicht auf die Intervalle, sondern auf die Manipel der Hastaten auf-
gedeckt waren, so daß die Intervalle aller drei Treffen fortlaufende
Gassen bildeten, durch welche die Elefanten des Gegners gegebenen
Falls glatt durchbrechen konnten, ohne Verwirrung anzurichten; die
Veliten, denen der eigentliche Kampf gegen diese Bestien oblag, wurden
zunächst in den Intervallen des ersten Treffens bereitgestellt und an-
gewiesen, sich im Notfalle auch dahin zurückzuziehen, auf jeden Fall
aber etwa einbrechende Elefanten durchzulassen.
Die Reiterei kam wie gewöhnlich auf beide Flügel; auf den
linken die italische unter Laelius, auf den rechten die numidische
unter Massinissa.
Auf Seite der Karthager hatte Hannibal die Infanterie gleich-
falls in drei Treffen formiert. Im ersten standen die Söldner
(Ligurer, Gallier, Balearen, Mauren), im zweiten das karthagisch-
libysche Bürgeraufgebot, im dritten, das den ungewöhnlich
großen Abstand von mehr als einem Stadion, also etwa 200 Meter
einhielt, das aus Italien mitgebrachte Veteranenkorps. Vor der
Front standen die Elefanten. Die Reiterei kam auf die Flügel, die
karthagische rechts, die numidische links. Hannibal selbst nahm seine
Aufstellung bei seinem dritten Treffen.
Den Kampf eröffneten die punischen Elefanten. Ein Teil brach
wirklich durch, ohne jedoch, dank der römischen Aufstellung, Schaden
anzurichten; das Gros wurde schließlich in der Richtung der Flügel
abgedrängt und brachte dort beiderseits die karthagisch-numidische
Reiterei in Verwirrung. Unter dem Eindruck dieser Vorgänge fiel
auf beiden Flügeln die scipionische Kavallerie über die gegnerische
her, trieb sie, da sie auch numerisch stark überlegen war, mühelos in
die Flucht und verfolgte sie scharf.
Dann prallten die Infanteriefronten zusammen. Auf Seiten der
Römer rückten zunächst alle drei Treffen in ihrem normalen Ver-
hältnis gleichmäßig vor. Auf Seite der Karthager hatte Hannibal
sein drittes Treffen am Platze zurückgehalten, so daß der ohnehin
bedeutende Abstand sich noch vervielfachte; das zweite karthagische
Narraggara. 4. Die Schlacht. 647
Treffen rückte zwar nach, machte aber keine Miene, das mit den
römischen Hastaten schwer kämpfende erste zu unterstützen. Dies
erregte das Mißtrauen der Söldner, welche von den römischen Hastaten
bereits ins Gedränge gebracht waren; sie begannen zu weichen,
und als die hinter ihnen stehenden Karthager sie nicht durchließen,
wurden sie mit ihnen handgemein. So zwischen Römer und Karthager
eingekeilt, wurden die Söldner teils niedergemacht, teils, soweit sie
durch das zweite Treffen durchbrachen, durch Hannibals Veteranen
an weiterer Flucht gehindert und in der Richtung der Flügel aus der
Front hinausgedrängt, und das karthagische zweite Treffen stieß mit
den römischen Hastaten zusammen1). Zunächst kämpft es nicht ohne
Erfolg; dann aber hören wir plötzlich ohne Vermittelung von einer Ver-
folgung durch die Hastaten, sodaß man auf Annahme einer Lücke
hingedrängt wird.2)
1) Diese Auffassung des Polybianischen Berichtes bedarf der Rechtfertigung,
c. 13, 8 heißt es nach der jetzigen Lesart: „t&v Sk tuio&o<pöowv xal rcöv
Ka-Q'/jiBovlüiv rd TtXeZoxov uioos tö //ev vcp avztöv, 10 § vnö rcöv aarärcov avrov
xarsaönr)"-. Nach dieser und der folgenden Schilderung, nach welcher die wenigen Über-
lebenden durch die vorgehaltenen Speere von Hannibals Veteranen auch no(,h nach
auswärts entfernt werden, wären sowohl die Söldner als die Karthager des zweiten
Treffens von diesem Momente an ausgeschieden, und es blieben nur die Veteranen
übrig. Dem widerspricht aber ausdrücklich 14,6, wonach in der zweiten Schlacht-
phase beide Parteien an Kräften gleich waren; denn es konnte das Hannibalische
Veteranenkorps keinesfalls auch nur annähernd der ganzen römischen Legionsarmee an
Zahl gleich sein, auch nicht nach Abzug der sicher nennenswerten Verluste der
Hastaten. Ferner widerspricht der Umstand, daß Hannibal, dem ja alles daran gelegen
sein mußte, die Schlacht vor der Rückkehr der siegreichen römischen Kavallerie zur Ent-
scheidung zu bringen, kaum freiwillig dem Gegner die Zeit zur Neurangierung ge-
lassen hätte, wenn er nicht selbst diese Zeit zu demselben Zwecke gebraucht hätte;
das war aber nicht der Fall, wenn ihm nurmehr das ohnehin intakte dritte Treffen
zur Verfügung stand.
Es kann daher an unserer Stelle nicht von der Vernichtung der beiden ersten
Treffen der Karthager die Rede gewesen sein, sondern nur von der Vernichtung
der Söldner. Vielleicht ist einfach durch Streichung des Wortes „xai" zu helfen,
wenn auch die Rückbeziehung von vcp avrcöv auf rcöv Kag-^Sovlow dabei eine gewisse
Härte bildet. Dann bezieht sich das erwähnte Debacle nur auf die „uiod-oyögoi rcöv
Ka.Qyri8ovlu>v,x, wie die Söldner auch 12,9 genannt werden; es scheidet somit nur
ein Drittel der karthagischen Armee aus, und die übrigen zwei Drittel ergeben, wie
in Beil. I ausgeführt werden soll, tatsächlich einen der gesamten römischen"
Linieninfanterie ziemlich gleichen Stand.
2) Vordringen der Karthager 13,7: owe%eav inmeoövrss ras rcöv dardrov
oT)/uaias. Verfolgung durch die Hastaten 14,3 : rove emSicoxovras rcöv äordrotv
dvaxaXeodftevoS.
Wie sich die beiden erübrigenden Treffen der Karthager sodann neu ran-
648 Der zweite Pnnische Krieg in Afrika.
Nun tritt eine überraschende Wendung ein. Trotzdem die
Hastaten, ohne von dem Hinter treffen unterstützt zu werden, die
Karthager zurückdrängen und verfolgen, ruft sie Scipio durch Signale
zurück, um sie und das ganze Heer neu zu rangieren. Motiviert
wird die Maßregel mit der massenhaften Anhäufung von Blut und
Leichen auf dem bisher umstrittenen, also nunmehr zwischen den
siegreichen Hastaten und den zurückgehaltenen Principes und Triariern
liegenden Teile des Schlachtfeldes, wodurch das weitere Vorrücken
empfindlich erschwert wurde. Sei dem wie ihm wolle: sicher ist,
daß dieses aus dem Gefecht Ziehen und Neurangieren nur möglich
war, wenn in diesem Stadium der Schlacht aus anderen Gründen
eine Gefechtspause eintrat. Diese Tatsache ist vor allem unbedingt
festzuhalten.
Scipio nützte, wie erwähnt, die Gefechtspause zur Neurangierung ;
er bildete aus den rasch gesammelten Hastaten das Zentrum einer
neuen Front, und ließ die Principes und Triarier beiderseits dicht
geschlossen (7ivxvcboag) aufmarschieren1). In dieser Formation er-
neuerte er den Angriif.
Die Schlacht begann zum zweitenmale; nach langem, erbittertem
Ringen fand sie ihre Entscheidung durch die römische Kavallerie, die,
von der Verfolgung endlich zurückkehrend, den Karthagern in den
Rücken fiel und ihre Niederlage besiegelte.
Soweit die überlieferten Tatsachen. Ihre Erklärung können
sie nur in der Analyse der beiderseitigen Schlachtideen und deren
Durchführung finden.
Die Welches war die Schlachtidee Hannibals in der letzten ent-
Haanibais. scheidenden Schlacht seiner Feldherrnlaufbahn?
Auf diese Frage, wohl die interessanteste des ganzen Problems,
erhalten wir aus der Quellendarstellung keine direkte Antwort. Wir
erfahren nur, wie er seine Armee aufstellte, und die ersten Stadien
gierten, überliefert uns der Text wieder nicht. Möglicherweise stand das auch in
der Lücke, welche wohl in .cap. 13 Schluß zwischen ::€v^vxco^tasv und „yevouevov"
vermutet werden darf.
1) Jedenfalls hatte er im bisherigen Kampfe im ganzen an Terrain gewonnen;
denn er konnte die Hastaten, trotzdem er sie von der Verfolgung zurückrufen mußte,
immer noch „vor den Leichen", d. h. vor der Linie, in der der erste Kampf ge-
wogt hatte, aufstellen, und ließ die andern Treffen „durch die Leichenhaufen
durch", also eben im Bereiche dieses Raumes, ihren Seitenmarsch durchführen.
Narraggara. 4. Die Schlacht. 649
des Inbewegungsetzens ; in den weiteren Ereignissen ist sein Wirken
quellenmäßig nicht zu verfolgen.
Und doch führt uns eine genaue Betrachtung aller überlieferten
Tatsachen zu einer befriedigenden Lösung. Ausgehen müssen wir von
drei gegebenen Faktoren:
1. dem Kräfteverhältnis;
2. dem, was Hannibal über den Gegner wissen konnte;
3. seinen Dispositionen.
Wie in Beilage I abgeleitet werden wird, war Hannibal an
Kavallerie merklich schwächer, an Infanterie jedoch etwa um ein
Drittel stärker als Scipio. Es lag somit auf der Hand, daß er die
Entscheidung im Infanteriekampf suchen mußte. Ein Hineinspielen
des unvermeidlichen Kavalleriekampfes in die Entscheidung mußte
dabei tunlichst vermieden werden; daher lag es in Hannibals Interesse,
den Kampf der Reiterei von jenem der Fußtruppen nach Möglichkeit
zu trennen, was er dadurch erreichte, daß seine schwächere Kavallerie
vor der Übermacht sofort rasch und weit zurückging und die
feindliche hinter sich her und tunlichst weit vom Schlachtfelde fortzog.
Das haben schon Lehmann und Delbrück erkannt, und es ist im
Prinzip unbedingt zu akzeptieren. Näheres darüber später.
Was nun den entscheidenden Infanteriekampf anbelangt, so ist
es sicher, daß Hannibal, der wie alle großen Heerführer stets im
weitesten Ausmaße mit der Persönlichkeit seines Gegners zu rechnen
gewohnt war, diese auch hier ins Kalkül zog. Er kannte zweifellos
Scipios charakteristisches Lieblingsmanöver, das dieser auf den
spanischen Schlachtfeldern aus groben Anfängen entwickelt und
stufenweise, zuletzt auf den „großen Feldern", zu hoher Voll-
endung gebracht hatte: den Gegner durch das erste Treffen frontal
festzuhalten und dann durch beiderseitigen Aufmarsch der rückwärtigen
Treffen in beiden Flanken zu umfassen. * Schon die von Scipio ge-
troffene Wahl des Schlachtfeldes in freier Ebene ließ darauf schließen,
daß er sein Lieblingsmanöver auch diesmal auszuführen gedachte; es
galt nun, demselben in wirkungsvoller Gegenoffensive zu begegnen.
Hannibal verfügte über gut ein Drittel mehr Infanterie als die
Römer; aber im Gegensatz zu diesen war ihre Qualität eine sehr un-
gleiche. Die alten Kerntruppen, die der Feldherr selbst aus Italien
herübergeführt hatte, repräsentierten zweifellos die beste Truppe ihrer
Zeit; das Mittel treffen jedoch, das zum größten Teile aus den von Scipio
550 Oet zweite Punische Krieg iu Afrika.
schon mehr als einmal geschlagenen Truppen Hasdrubals bestanden
haben dürfte, und die Söldner standen sicherlich qualitativ nicht
nur tief unter Hannibals Veteranen, sondern auch unter den
römischen Legionaren. Immerhin aber waren sie zusammengenommen
den letzteren wenigstens numerisch ebenbürtig, und Hannibal konnte
damit rechnen, daß Scipio schon zu ihrer endgültigen Überwindung
seine ganze Armee werde einsetzen, d. h. das voraussichtliche Um-
gehungsmanöver werde durchführen müssen. Darauf baute er seinen Plan.
Wenn der Gegner schon gegen die beiden ersten, ihm zunächst isoliert
entgegengeworfenen Treffen alles eingesetzt hatte, dann hatte Hannibal
in dem abseits stehenden, vom Kampfe unberührten dritten Treffen
noch eine intakte und qualitativ vorzügliche Reserve zur Hand, mit
der er dann unbehindert und mit zweifellosem Erfolge die Entscheidung
herbeiführen konnte. Die Art und Formation, in der Hannibal sie in
den Kampf warf, war dann mehr oder weniger Nebensache, und mußte sich
naturgemäß nach der Gestaltung der Dinge in der Front richten; ob
frontal, ob einfach oder doppelt umfassend eingesetzt, sie mußte den
Sieg entscheiden.
Diese Auffassung der Schlachtidee Hannibals findet ihre voll-
inhaltliche Bestätigung in der von ihm gewählten Aufstellung sowohl
wie im ersten Verlauf der Schlacht.
Hannibal stellte seine Infanterie in drei Treffen; die beiden ersten
in normalem Abstand, das dritte auf vergrößerter Distanz dahinter.
Während der Vorrückung blieb dann das dritte Treffen ganz stehen, so
daß die Distanz noch wesentlich zunahm. Diese Distanzvermehrung
muß eine sehr bedeutende gewesen sein, da die beiden Fronten weit
auseinander standen und der Vormarsch daher ziemlich weit führte;
darauf deutet der zwischen den Fronten sich abspielende Kampf der
Elefanten, die unbehelligt gegen die Flügel zu ausbrechen konnten,
sowie die Tatsache, daß die Vorrückung der Infanterie zunächst im
„Schritt" (ßdörjv) erfolgte und erst später, „als sie nahe beisammen
waren44, in den eigentlichen Anlauf überging. Die Entfernung des
dritten Treffens Hannibals muß jetzt sicher ein Vielfaches der ur-
sprünglichen Distanz betragen haben.
Der Sinn dieser Vorgänge ist klar: Zweihundert Meter waren
wohl zu wenig, um die Hauptreserve mit Sicherheit aus dem Bereiche
der vorausgesehenen gegnerischen Umfassung zu bringen; andererseits
hätte die Einhaltung einer genügend großen Distanz schon in der ur-
Narraggara. 4. Die Schlacht. 651
sprünglichen Aufstellung dem Gegner leicht den Plan verraten können
zu einer Zeit, wo es ihm noch ohne jede Behinderung möglich war,
seine Maßnahmen danach zu richten. Hannibal stellte also zunächst
die beiden ersten Treffen, die der Gegner am besten übersehen konnte,
auf Normaldistanz, und das dritte, das auf dem ganz flachen Plane
durch die beiden vorderen so ziemlich gegen Sicht gedeckt war, auf
eine nur mäßig vergrößerte Entfernung dahinter, was bei den an-
gedeuteten Verhältnissen — Entfernung der Armeen, Deckung durch
die Vordertreffen — seitens der Gegner kaum sofort bemerkt werden
konnte. Erst während des Vormarsches wurden die für Hannibals
Plan erforderlichen Distanzen genommen ; jetzt befand sich aber auch
der Gegner bereits im Vormärsche, und zwar mit allen drei Treffen:
da war es ihm allerdings nicht mehr möglich, eine durchgreifende
Änderung der Aufstellung auf Grund eines neuen Schlachtplanes
durchzuführen, und er mußte sich darauf beschränken, die bisherige
Formation und den alten Schlachtplan der neuen Situation anzupassen,
so gut es eben ging. In diesem Falle schon mit Rücksicht auf das
numerische Verhältnis ein geradezu verzweifeltes Problem.
So wie die Vergrößerung der Distanzen, so hatte auch die Ver-
zögerung der Unterstützung des erstens Treffen durch das zweite
seinen Grund im Gesamtplane1). Hannibal hoffte durch die Söldner,
bei ihrer bedeutenden numerischen Überlegenheit über die römischen
Hastaten, Scipio schon in dieser ersten Phase zum Einsetzen von
Verstärkungen zu zwingen. Wenn dann noch das zweite Treffen in den
Kampf trat, mußte es dem Gegner vollends die letzte Kraft heraus-
ziehen, d. h. er mußte jetzt oder nie mit der entscheidenden Umfassung
einsetzen. Dann aber war die karthagische Hauptreserve souveräne
Herrin des Schlachtfeldes.
So wird uns Hannibals Plan in seiner Gänze klar.
Er gelang nur halb, und das war sein Verhängnis.
1) Polybios K. 13, 3 führt das Ausbleiben der Unterstützung auf mangelnden
Mut der Karthager zurück („ano§ediu>vca>v rai* yvxazs"). Es ist dies wohl sein
einziger effektiver Irrtum in dieser Schlachtschilderung, und auch dieser betrifft
nicht eine Tatsache, sondern nur ihre Erklärung; da die Schlacht nach römischen
Quellen bearbeitet ist und der fragliche Vorgang sich auf gegnerischer Seite ab-
spielt, ist der Irrtum immerhin verzeihlich. Damit fällt einer der schwersten Ein-
wände gegen die Glaubwürdigkeit der polybianischen Schilderung überhaupt, der
Hinweis auf den Widerspruch, der darin liegt, daß die Karthager 3ich zuerst feige
und gleich darauf tapfer zeigen.
652
Der zweite Panische Kriee: in Afrika.
Dio erste Phase
der Schlacht.
Die Schlacht-
idee Scipios.
Die erste Phase
der Schlacht.
Mit recht gutem Erfolge hatten die Söldner den Kampf mit den
Hastaten aufgenommen. Daß sie dieselben nicht allein sofort werfen
würden, war vorauszusehen. Als sie nach bravem Kampfe endlich die
selbstverständliche Unterstützung erwarteten, sahen sie das zweite
Treffen untätig stehen und keine Miene machen, ihnen zu helfen. Da
begann das Verhängnis. Die Söldner glaubten sich verraten, wankten
völlig und warfen sich zum Teile sogar auf die vermeintlichen Ver-
räter, die jetzt genug damit zu tun hatten, sich das erbitterte erste
Treffen vom Leibe zu halten. Damit war das geordnete, zweckmäßige
Zusammenwirken dieser beiden Treffen, die Hauptbedingung, um ihre
numerische Gesamtkraft im Sinne des Feldherrn zur Geltung zu
bringen, durchkreuzt, und Scipio konnte es wagen, vorläufig noch den
Hastaten den Kampf mit den sich gegenseitig in Unordnung bringen-
den gegnerischen Vordertreffen allein zu überlassen; was ihm sehr
gelegen kam.
Hier ist es Zeit, die Karthager zu verlassen und sich den Römern
zuzuwenden.
Scipios Seh lacht idee war von Hause aus zweifellos die,
welche Hannibal ihm zugemutet: die beiderseitige Umfassung durch
die rückwärtigen Treffen, analog wie auf den „großen Feldern". Den
besten Beweis dafür finden wir in der Tatsache, daß die Hastaten in
ihrem schweren Kampfe durch die Principes nicht unterstützt wurden.
Und wirklich haben die Hastaten die unterbliebene Unterstützung
durch die Prinzipes, so wünschenswert dieselbe in manchen Momenten
geschienen haben mag, weiter nicht übel genommen und sich dadurch
nicht beirren lassen.
Um zur Umfassung ansetzen zu können, mußte zuerst die zu um-
fassende Flanke des Gegners bloßgelegt werden. Daher die Wahl des
durchaus offenen Schlachtfeldes, das eine Flügel anlehnung ausschloß,
die Überlegenheit der eigenen Kavallerie zur vollen Vertreibung der
feindlichen auszunützen gestattete und endlich die erforderliche Ell-
bogenfreiheit für die ausholende Bewegung der Umfassungsgruppen
bot. So wurde der Kampf eingeleitet.
Die Vertreibung der feindlichen Reiterei und damit die Entblößung
der gegnerischen Flanken gelang vollkommen. Dann nahmen die
beiderseitigen Vordertreffen den Kampf auf.
So heiß den Hastaten der Kampf mit den numerisch weit über-
legenen Söldnern wurde, Scipio ließ sie durch die Prinzipes nicht
Narraggara. 4. Die Schlacht. 653
unterstützen; aber auch ihm mag es in diesem Momente heiß ge-
worden sein. Denn jetzt, wo die Schlacht im Gange, die Vordertreffen
ineinander verbissen waren, jetzt enthüllte sich auch der Plan des
Gegners. Gegen diese Formation, in der er sich nun zeigte, war
das geplante Umgehungsmanöver undurchführbar. Scipio stand vor
der Notwendigkeit entweder auf Grund des alten Planes in das sichere
Verderben zu rennen, oder mitten im Kampfe einen neuen Plan zu
fassen, und dies in einem Moment, wo die schwierige Lage der Hastaten
dringend nach Degagierung, nach Einsetzen von Reserven, verlangtet
Es hat Feldherren gegeben, die in solchen Augenblicken, da sie
ihren Plan durchkreuzt sahen, die Schlacht verloren gegeben haben.
Oft war damit die Schlacht wirklich verloren (Pharsalos), öfter aber
haben dann Unterführer und Truppen den Sieg noch gerettet (Mollwitz,
Gorni Dubjak). Scipio zählte kaum zu dieser Kategorie von Feld-
herren; aber sehr zuversichtlich mag es auch ihm in diesem Momente
nicht zu Mute gewesen sein. Sein Plan war durchkreuzt; und es gab
kein mögliches Manöver mehr, dem nicht Hannibal mit merklich
größeren Chancen der Kraft wie der Gruppierung hätte entgegentreten
können. Blieb nur das rein frontale Ausringen, und auch da mußten
mit Eücksicht auf das Kräfteverhältnis die Chancen des Gegners aus-
sichtsvoller erscheinen.
Indes das Fatum der Weltgeschichte, das Rom die Weltherrschaft,
Karthago den Untergang bestimmt hatte, hat in diesem Augenblick
durch eine unvorhergesehene Wendung die Chancen wesentlich ver-
schoben.
Die beiden Vordertreffen des Feindes, die vereint den römischen
Feldherrn in jedem beliebigen Augenblick zum Einsetzen seiner letzten
Reserven hätten zwingen können, kehrten die Waffen gegeneinander.
Die dadurch entstandene Unordnung erlaubte Scipio, zunächst die
Hastaten den Frontalkampf allein weiter führen zu lassen, dann aber
die momentane Unfähigkeit des Feindes zur Gegenoffensive ausnützend,
die aussichtslose Schlacht abzubrechen und die Truppen auf Grund
eines neuen Planes für eine zweite Schlacht zu gruppieren.
Damit war Hannibals Plan durchkreuzt. Er konnte es nicht Die
hindern, daß der Gegner sich im letzten Augenblick aus der schon GefechtsPailS9
fast zugeschnürten Schlinge zog; er mußte zusehen, wie die bereits so
gut wie gewonnene Schlacht im letzten Moment ein unentschiedenes
Ende nahm, und gleich dem Gegner zu einer zweiten rüsten. Für
()">4 Der zweite Panische Krieg- in Afrika.
diese aber war das Kräfteverhältnis wesentlich zu seinen Ungunsten
verschoben. Das ganze erste Treffen war ausgeschaltet. Mit den
rabiaten Söldnern war nichts mehr anzufangen; was nicht gefallen
oder kampfunfähig war, mußte von den eigenen Truppen gewaltsam
aus der Front entfernt werden und verlief sich in der Umgebung.
Hannibal mußte froh sein, wenigstens das zweite Treffen im großen
und ganzen noch gerettet zu haben, und sich mit dem auf zwei Drittel
des früheren Standes reduzierten Heere dem nunmehr gleichstarken
Feinde zur zweiten Schlacht stellen.
So entstand die Gefechtspause. Und dann begann die zweite
Schlacht.
Die zweite Phase Wie die Truppen für diese gruppiert waren, das erfahren wir
der Schlacht. . .. , . , 1 t^..
nur bezuglich der Römer.
Scipio zog die Hastaten in der Mitte zusammen, dem feindlichen
Zentrum gegenüber ; in dieser auf etwa die Hälfte der früheren Front
reduzierten Ausdehnung und damit um dasselbe Maß gesteigerten
Dichte konnten sie auch ohne direkten Rückhalt neuerdings Wider-
stand leisten; auf ihre beiden Flügel aber marschierten, in dichter
und tiefer Aufstellung, die beiden noch intakten Hintertreffen auf.
Zweifellos weist der Umstand, daß Scipio, wenn auch zur Frontal-
schlacht gezwungen, sich doch nicht begnügte, einfach die vorderen
Treffen durch die rückwärtigen zu verstärken, sondern eine inhomogene
Formation mit verstärkten Flügeln wählte, darauf hin, daß er sich
auch jetzt die Möglichkeit einer differenzierten Gefechtsführung zu
wahren suchte. Die Erfahrung des ganzen bisherigen Krieges und
nicht zum mindesten der letzten Schlachtphase hatte ergeben, daß die
römischen Legionare im reinen Frontalkampfe nicht leicht etwas zu
fürchten hatten; zweifellos suchte Hannibal, wenn er jetzt zum neuen
Angriff überging, die Entscheidung gegen die römischen Flanken zu
erzwingen. Dort also mußte Scipio auf die zermalmenden Stöße der
cannensischen Veteranen gefaßt sein, und er konnte nichts anderes
tun, als ihnen dort die massierte Hauptkraft entgegenstellen. Mochte
dann die Sache auslaufen.
Wie Hannibal seine Truppen in die zweite Schlacht ge-
führt hat, sagt uns die Quelle leider nicht1). Der frühere Plan, der
1) Möglicherweise hat es in der Lücke am Schlüsse des Kap. 13 gestanden;
vgl. die Aum. 2 auf S. 647.
Narraggara. 4. Die Schlacht. 655
ihm gewissermaßen eine überzählige Keserve über den Gegner gab,
war infolge des verschobenen Kräfteverhältnisses nicht aufrecht zu
halten. Die neuen karthagisch-libyschen Truppen waren allein nicht
imstande, die römische Armee zum Einsetzen aller Kräfte zu zwingen,
um die Ausscheidung der Veteranen als geschlossene Hauptreserve zu
ermöglichen; diese mußten vielmehr direkt zur Entscheidung gegen
die intakten Truppen des Gegners eingesetzt werden. Wie der Feld-
herr sie formiert, wie er sie mit den Truppen des früheren Mittel-
treffens kombiniert hat, wissen wir nicht. Nur das eine wissen wir,
daß sie sich brav und anscheinend nicht ohne Erfolg geschlagen haben.
Aus der stark scipionisch inspirierten Quelle gewinnt man den Ein-
druck, und alle modernen Schriftsteller haben sich ihn zu eigen ge-
macht, daß Scipio auch in dieser zweiten Phase der Schlacht im In-
fanteriekampfe seines Gegners nicht Herr geworden wäre. Zum
zweitenmale, so scheint es, hat sich in der Krisis der Schlacht der
Sieg auf die Seite der Karthager zu neigen begonnen. Da traf im
Augenblicke höchster Not die römische Reiterei auf dem Schlachtfelde
ein und warf sich in den Rücken des Feindes, damit Schlacht, Krieg
und das Schicksal Karthagos entscheidend.
Inwieweit dieses Eingreifen in das beiderseitige Schlachtkalkül Die Roiie der
einspielte, bildet ein eigenes Problem, und nicht das unwichtigste.
Wir eröffnen damit die Reihe einiger Diskussionen, die sich an ver-
schiedene Auslegungen dieser Schlacht seitens moderner Fachschrift-
steller knüpfen.
Die Hypothese K. L eh man ns (No. 32 S. 589 f.), daß die karthagische
Reiterei von Hause aus den Auftrag gehabt hätte, die überlegene römische
durch rasche Flucht vom Schlachtfelde zu entfernen, wurde bereits als
vollkommen einleuchtend gewürdigt. Sicher hat, so paradox es klingen
mag, der so rasche Ausgang des ersten Reiterkampfes den Intentionen
beider Feldherren in gleichem Maße entsprochen. Weniger findet die
daran geknüpfte Weiterung Lehmanns unsern Beifall, wonach Hanni-
bals drittes Treffen die Bestimmung gehabt hätte, den Rücken gegen
eventuelle Reiterangriffe zu decken. Denn dies war eine, wenn auch
ohne Zweifel wichtige, so doch schließlich sekundäre Aufgabe, für
welche die beste, offensivfähigste Kerntruppe auszuspielen geradezu
ein Fehler gewesen wäre. Einen Kavalleriesturm abuz weisen, das hätten
wohl auch andere Linientruppen getroffen, und die Veteranen von
Trasimenus und Cannae brauchte Hannibal nicht nur eventuell,
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder. III. 42
556 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
sondern unbedingt dort, wo die Haupt Entscheidung schließlich fallen
mußte: zur Niederringung der römischen Legionen; und gegen diese
Legionare Scipios waren die besten Truppen der damaligen Zeit gerade
gut genug. Die auch nur eventuelle Bestimmung dieser prädesti-
nierten Entscheidungstruppe zur Abwehr von Kavallerieangriffen hätte
den ganzen Plan zu einer schwächlichen Defensivschlacht herab-
gedrückt; und das trotz einer vollen Drittelüberlegenheit in der
Hauptwaffe, nur der Überlegenheit des Gegners an Kavallerie zuliebe!
Das wäre kein echter Hannibal gewesen.
Hätte Hannibal wirklich mit einem Kückenangriff der römischen
Kavallerie gerechnet, bevor die Entscheidung im Infanteriekampfe ge-
fallen war, so hätte er gerade das Gegenteil von dem tun müssen,
was er wirklich tat: er hätte eine andere Abteilung als Rücken-
deckung ausscheiden müssen, um seine besten Kerntruppen gegen eine
Verwicklung in einen Kavalleriekampf zu sichern, sie unter allen
Umständen für den entscheidenden Angriff auf die feindlichen
Legionen frei zu haben.
Daß die Veteranen eventuell zuerst hätten die Reiterei abweisen
und dann erst in die Infanterieentscheidung eingreifen sollen, ist
sinnwidrig; denn nichts konnte man weniger wissen, als wann dieser
Reiterangriff erfolgte. War nun eine Truppe speziell zu seiner Ab-
weisung bestimmt, so mußte sie die ganze Zeit hierzu bereit sein,
und am allermeisten im Momente der Hauptentscheidung, um diese
vor Störung zu sichern, konnte also nicht bei dieser selbst die aktive
Hauptrolle spielen.
In Wirklichkeit muß Hannibal zuversichtlich darauf gerechnet
haben, den Infanteriekampf siegreich durchkämpfen zu können, bevor
die feindliche Kavallerie zurück sein konnte. Denn schließlich lag es
durchaus nicht, wie Lehmann glaubt, so ganz im Belieben der letzteren,
wann sie eben wollte, umzukehren und sich auf die Infanterie zu
werfen. Zuvor mußte die feindliche Reiterei nicht nur vom Schlacht-
felde vertrieben, sondern zersprengt und für Stunden außer Gefecht
gesetzt sein, sonst konnte sie ihrerseits kehrt machen und die auf den
Rücken der Infanterie losstürmenden Sieger im eigenen Rücken packen.
Wenn nun die karthagische Reiterei, wie Lehmann selbst annimmt,
über höhere Instruktion freiwillig und ohne wirklichen Echec das
Schlachtfeld räumte, so bedurfte es unbedingt einer langen und
scharfen Verfolgung, bis die markierte Flucht sich in eine echte ver-
Narraggara. 4. Die Schlacht. 657
i
wandelte und der Feind derart unfähig wurde sich zu raillieren, daß
die Sieger ungefährdet von ihm ablassen und sich auf den Rücken der
Infanterie werfen konnten. Diesen Umstand konnte Hannibal sehr
wohl ins Kalkül stellen1).
Was ihm dieses Kalkül durchkreuzte, war die erwähnte, beiden
Teilen unvorhergesehene Gefechtspause, die nach allem, was während
ihr vorging, ziemlich lange gedauert haben muß2) und die Entschei-
dung soweit verzögerte, daß die römische Kavallerie doch noch —
und selbst da nur im letzten Moment — zurechtkam.
Ob Scipio seinerseits von Hause aus darauf gerechnet hat, daß
das Eingreifen der Kavallerie die Entscheidung bringen würde, ist
recht unsicher, geradezu unwahrscheinlich. Wahrscheinlich ist, daß
sie nach seinem Plane dieselbe nur vorbereiten sollte, indem
sie die Flügel für das in Aussicht genommene Umgehungsmanöver
bloßlegte; mitwirken mochte sie dann immerhin dabei, vorausgesetzt,
daß sie rechtzeitig zur Stelle war, was, wie wir gesehen, durchaus
nicht von ihr allein abhing ; auf eine Übereinstimmung beider Manöver
mit Bestimmtheit zu rechnen und darauf das entscheidende Kalkül
zu bauen, wäre ein Fehler gewesen, der sich bitter rächen konnte.
Daß der rückkehrenden Reiterei schließlich in dem erbitterten Ent-
scheidungskampfe der bis auf den letzten Mann eingesetzten Haupt-
kräfte die Rolle des Züngleins an der Wage zufiel, war im Grunde
genommen einer jener Glücksfälle, mit denen die Weltgeschichte ihren
bevorzugten Lieblingen unter den Feldherren und Völkern mehr als
einmal unter die Arme gegriffen hat.
K. Lehmann und in weit höherem Ausmaße Delbrück3) Delbr?^sche
haben sich noch in mehreren anderen Punkten mit der Quellen- Auffassungder
Schlacht.
1) Bei Cannae war das anders. Dort hätte die römische Reiterei sicher gerne
Widerstand geleistet, wurde aber von der überlegenen Kavallerie Hasdrubals einfach
hinweggefegt und war damit tatsächlich für die Dauer der Schlacht außer Gefecht.
Unter solchen Umständen konnte die siegreiche Reiterei ohne weiteres von der ge-
schlagenen ablassen und sich anderen Aufgaben zuwenden, wodurch selbstverständ-
lich nicht im mindesten das Verdienst geschmälert werden soll, dies auch wirklich
rechtzeitig getan zu haben.
2) Streit (No. 28) nimmt wenigstens eine Stunde an, und dürfte damit
kaum zu hoch gegriffen haben. — Mit seiner Auffassung der Tätigkeit der Kavallerie,
die Scipio „völlig aus der Hand gegeben", und deren stundenlange Verfolgung als
„unbegreifliche Leichtfertigkeit" bezeichnet wird, hat dieser verdiente Forscher aller-
dings Unrecht.
3) (No. 39) p. 852 ff.
42*
658 Uer zweite Panische Kripo; in Afrika.
Überlieferung in Widerspruch setzen zu müssen geglaubt. In diesem
Kapitel, das der Schlacht als taktischer Leistung der Feldherren
gewidmet ist, entfällt die Notwendigkeit, jene Punkte zu besprechen,
die rein statistischer, organisatorischer oder taktisch-technischer Natur
sind; dies wird in den angeschlossenen Beilagen nachgetragen werden.
Umsomehr aber erfordert die Del brück sehe Auffassung der Schlacht-
idee und des Schlachtverlaufes eine Beleuchtung an dieser Stelle, da
sie von der unsrigen nicht minder abweicht, als sie mit der Schilderung
des Polybios in Widerspruch steht.
Nach Delbrück läßt Hannibal, sobald die beiderseitige Beiterei
davon ist, sofort die Veteranen beiderseits der Vordertreffen auf-
marschieren und zum Flankenangriff ansetzen ; Scipio aber pariert u n -
verhoffter Weise das Manöver, das ihn vernichten sollte, durch das
ganz gleiche Gegenmanöver: er läßt gleichfalls die Hintertreffen auf-
marschieren, die „alten Banden" Hannibals stoßen, statt auf die Flanken,
auf die verlängerte Front, und die Schlacht bleibt, was sie gewesen
war, eine Parallelschlacht, in der dann die rückkehrende Kavallerie
in bekannter Weise den Ausschlag gibt.
Die äußere und innere Unmöglichkeit dieser Auffassung liegt auf
der Hand. Von diesem initiativem Aufmarsch Hannibals sagt uns
Polybios kein Wort, im Gegenteil, er erwähnt ausdrücklich, daß die
Veteranen, während die ersten Treffen in den Kampf traten, auf ihrem
Platze stehen blieben. Und Polybios hat hier sicher nicht, wie
Delbrück zum Zwecke seiner Desavouierung behauptet, „minderwertige
römische Schriftsteller" allein benutzt, sondern wenigstens für die Haupt-
ereignisse in erster Linie die — mündliche oder schriftliche — Familien-
tradition des ihm so nahestehenden seipionischen Hauses, die möglicher-
weise etwas einseitig und parteiisch, aber fachmilitärisch zweifellos über
jeden Verdacht erhaben war. Es geht daher nicht an, sich über Polybios
derart hinwegzusetzen, gerade an dieser Stelle am allerwenigsten. Aber
auch aus inneren Gründen ist die Delbrücksche Hypothese absolut un-
glaubhaft. Es ist bekannt, daß gerade Scipio dieses Umgehungsmanöver
in seiner Armee successive ausgebildet und erst unmittelbar vorher auf
den großen Feldern mit durchschlagendem Erfolge angewendet hatte;
Delbrück selbst weist darauf hin. Wie konnte da Hannibal hoffen,
durch eben dieses Manöver den Gegner, der darin selbst Meister war,
zu überraschen ? Mußte er nicht mit Sicherheit darauf gefaßt sein, daß
dieser ganz selbstverständlich und ohne jede Schwierigkeit durch das ihm
Narraggara. 4. Die Schlacht.
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so geläufige Manöver das seinige paralysieren würde? — Es heißt
sehr niedrig von^Hannibal denken, wenn man ihm zumutet, es wäre
ihm zur Niederwerfung seines Gegners nichts Besseres eingefallen
als — diesen zu kopieren.
660 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Daß Delbrück in Konsequenz dieser Auffassung auch sonstige
charakteristische Einzelheitendes polybianischen Berichtes verwirft, wie
das Handgemenge der karthagischen Vordertreffen, das Abbrechen des Ge-
fechtes und die Neuordnung -der Armee durch Scipio usw., braucht ebenso-
wenig wunderzunehmen, als es nach dem Vorgesagten noch einer eigenen
Widerlegung bedarf.1)
Auffassung von ic\x ilabe die Lehmann-Delbrücksche Auffassung, obwohl sie die
Vaudoncourt
usw. neueste ist, hier zuerst besprochen, weil sich die Kontroverse aus meiner
eigenen Ableitung unmittelbar ergibt, und greife jetzt erst auf die einzige
sonst noch discutable Auffassung Vaudoncourts2) zurück, der Mac
Dougall3), Dodge4), Morris5) sowie auch Galitzin6) fast wörtlich ge-
folgt sind, und die daher heute noch als die maßgebende Ansicht
der französisch-englischen Forscher augesehn werden muß7).
Kurz gefaßt ist die Auffassung dieser Forscher — ihre Ab-
weichungen voneinander sind nur ganz unwesentlicher Natur und
können hier übergangen werden — folgende:
Römer in drei Treffen mit aufgedeckten Intervallen. Stärke
24—25 000 Mann Infanterie. Karthager auch in drei Treffen, jedoch
die beiden ersten, je 12 000 Mann stark, nur halb so lang wie die
1) Einzelne andere Details der Delbrückschen Auffassung finden sich bei Streit
(Nr. 28) widerlegt.
2) (Nr. 4> III. p. 133 ff.
3) (Nr. 8) p. 186 ff.
4) (Nr. 29) II. p. 597 ff.
5) (Nr. 40) p. 310 ff.
6) (Nr. 14) III. 189 ff.
7) Vaudoncourt behauptet p. 136, Guischardt gefolgt zusein, weicht jedoch
gerade in der Hauptsache, der Schlachtidee Hannibals, wesentlich von ihm ab. Nach
Guischardt (Nr. 3) I. p. 87 hatte Hannibal die Absicht, durch seine beiden ersten Treffen
die Römer zu erschüttern, sodann erstere durch die Intervalle des dritten Treffens
zurückzunehmen und die erschütterten Gegner mit seinen frischen Veteranen in der
Front, mit den hinter ihnen neu rangierten Vordertreffen umfassend in beiden Flanken
anzugreifen. Das „debacle" der Elefanten und das „infame manoeuvre" des zweiten
Treffens hätte den Plan vereitelt. — Wie fast alle Guischardtschen Schlachtauffassungen
sich hart an der Grenze der Möglichkeit bewegen oder dieselbe überschreiten, so auch
diese, die übrigens mit der Hamilkarschlacht am Bagradas desselben Verfassers eine auf-
fallende Ähnlichkeit hat (vgl. S. 535 A. 1). Ein Manöver wie das hier gemeinte wäre
vielleicht mit ganz erstklassigen, auf die Intervalltaktik eingedrillten und in sich
homogenen römischen Legionstruppen möglich gewesen, mit den qualitativ höchst
ungleichen Truppen, über die Hannibal bei Narraggara verfügte, hätte es auch ohne
das Debacle der Elefanten und das „infame manoeuvre" des zweiten Teffens zur
Katastrophe führen müssen. — Über dieses letztere siehe oben S. 651, A. 1.
Narraggara. 4. Die Schlacht. 661
römische Front, das dritte, die Veteranen, 24000 Mann stark, der
römischen Front gleich.
Hannibal beabsichtigt, mit den beiden Vordertreffen die römische
Front zu durchbrechen, und sie dann mit den Veteranen vollends
zu zerschmettern, „bevor die Triarier das Gefecht wieder hergestellt
haben konnten"1). Sollten die Vordertreffen jedoch geschlagen werden,
so sollten sie beiderseits gegen die Flügel zurückweichen; hierzu der
vergrößerte Abstand des dritten Treffens.
Scipio. durchschaut Hannibals Plan. Er läßt die Hastaten nach
der Mitte schließen und so in gleicher Front die Söldner angreifen;
die Principes folgen in der ursprünglichen Front, „um die Flanken zu
decken".
Die Söldner werden geworfen. Erst das Eingreifen des kartha-
gischen zweiten Treffens, dessen anfängliche Feigheit aber durchweg
als Tatsache hingenommen wird, bringt die Hastaten ins Gedränge;
doch sie werden von den Principes unterstützt, und beide
karthagische Treffen müssen zurück; sie verlaufen sich programm-
gemäß nach den Flügeln.
Nun geht Hannibal, um die Entscheidung noch vor Eintreffen
der römischen Kavallerie zu erzwingen, mit den 24000 Mann Veteranen
zum Angriff vor. Scipio aber läßt die Principes beiderseits der Hastaten,
die Triarier aber noch weiter auswärts beiderseits der Principes — also
das Ganze in gleichmäßig dünner, langer Linie — aufmarschieren und
hält damit den Angriff solange aus, bis die Reiterei doch zurückkehrt.
Es erscheint kaum notwendig, diese Auffassung auf Grund tak-
tischer Erwägungen zu widerlegen, obwohl sich auch hierfür Hand-
haben fänden; es genügt die Berufung auf den Quellenbericht.
Vor allem die Stärkeziffern, auf die das Ganze aufgebaut ist.
Wie in aller Welt kommt Hannibal zu den 24000 Veteranen? Dies
ist wohl auf die appianische Gesamtsumme von 50 000 Mann auf-
gebaut, wobei aber die Angabe desselben Autors, daß die nach Polybios
1 2 000 Mann starken Söldner ein Drittel des Heeres ausmachten, über-
sehen wurde. — Hätte Hannibal in Italien noch 24 000 Mann Kern-
truppen gehabt — und vor seinem Abgang hatte er wohl noch einiges
mehr, als er herüberbrachte — so hätte er es gar nicht notwendig ge-
habt, herüberzukommen. — Damit fällt die ganze phantastische Vor-
1) Dieser auffallende Satz findet sich nahezu wörtlich bei allen genannten
Autoren.
662 Der zweite Pn&iiehe Krk'g in Afrika.
Stellung von den angleich langen Treffen, und in der Folge die
ganze taktische Auffassung. Wie nebenbei die Veteranen, die ja nach-
weislich weiter zurückstanden als die römischen Triarier, in die Schluß -
entscheidung früher eingreifen konnten als letztere, bleibt unver-
ständlich.
Nicht minder widerspricht den Quellen die Annahme, daß Scipio
die Hastaten vor Beginn des Kampfes nach der Mitte hätte
schließen lassen. Dieses Manöver wird ausdrücklich erst für die Neu-
rangierung zur zweiten Schlachtphase angedeutet. Mit dem Wegfall
der Vorstellung von den ungleich langen Treffen schwindet auch jeder
Grund, obige anzunehmen. — Ebenso steht auch die Behauptung, daß
die Prinzipes die Hastaten schon in ihrem Kampfe gegen das karthagische
zweite Treffen unterstützt hätten, in offenem Widerspruch mit Polybios
14, 7; und über die Unwahrscheinlichkeit des letzten Aufmarsches in
ganz gleichmäßiger Front wurde bereits gesprochen. Er erscheint um
so absurder, als gleichzeitig im Sinne von Hannibals Kalkül eine
möglichst reduzierte Gefechtspause angenommen wird.
Damit bleibt von der Auffassung Vaudoncourts und seiner Ab-
schreiber nicht viel übrig. —
Der Es ist nicht das letzte Vertrauensmoment der von uns gegebenen
Quellenboricht. ° °
Darstellung der Ereignisse, daß sie bis ins Detail mit der Schilderung
eines berufenen Fachschriftstellers wie Polybios übereinstimmt, während
jede abweichende sich mit ihr in Widerspruch setzen muß. Wenn nun
unsere Darstellung als militärisch einwandfrei sich bewährt, so liegt
darin zugleich eine Rehabilitierung der Quelle, und der bisher so vielfach
angefochtene Schlachtbericht von Narraggara erscheint trotz einiger ober-
flächlicher Mängel und Unklarheiten, die aber mit dem Meritor ischen
der Sache nichts zu tun haben, als ein im großen und ganzen richtiges
und brauchbares historisches Dokument1). Dieses Ergebnis ist umso
1) Der einzige wirkliche Irrtum des polybianischen Berichtes betrifft die angebliche
Feigheit des karthagischen zweiten Treffens, wobei es sich, wie S. 651, A. 1 nach-
gewiesen, nur uro die falsche Erklärung eines in den Tatsachen richtig wieder-
gegebenen Vorganges beim Feinde handelt. — Ein zweiter Punkt, der hier even-
tuell noch herangezogen werden könnte, betrifft die Motivierung des Gefechtab-
brechens und der Neugruppierung mit der angehäuften Masse von Blut und Leichen.
Zweifellos war nach dem langen, hartnäckigen Kampf der bisherige Kampfplatz
mit Toten, Verwundeten und Waffen aller Art bedeckt, und bildeten diese immer-
hin ein Hindernis für die geordnete weitere Vorrückung; ebenso sicher ist je-
doch, daß sich eine im siegreichen Vordringen begriffene Truppe durch ein solches
Narraggara. 4. Die Schlacht. 663
erfreulicher, als es sich hier um eine Schlacht handelt, welche sowohl Bedeutung der
an weltgeschichtlicher wie an militärischer Bedeutung zu den ersten der
Geschichte zählt. Sie bildet den tragischen Abschluß der Laufbahn
eines der größten Feldherrn aller Zeiten, und nicht seine schlechteste
Tat; das hat schon der Geschichtsschreiber seines Gegners ausdrücklich
hervorgehoben, und wir, die wir aus größerer geschichtlicher Entfernung
und daher mit besserem Überblicke ihre Stellung unter den großen
Kämpfen aller Jahrhunderte zu beurteilen in der Lage sind, können es
nur bestätigen. Wir sind auch im stände, jenes Moment zu erkennen
und zu würdigen, das dieser Schlacht einen ganz besonderen Ehren-
platz in der Reihe ihrer blutigen Schwestern anweist: sie zeigt den
ersten Versuch einer einheitlichen selbständigen Reserve. DieReserve.
Das vom eigentlichen Schlachtfeld zurückgenommene, dem Kampfgewühl
entrückte, in sich geschlossene Korps der Veteranen von Narraggara
stellt etwas wesentlich anderes dar als die sukzessive in den Kampf
geworfenen Truppenkörper Alexanders, als die Umgehungstreffen Scipios,
auch als die zermalmenden Offensivf'lanken von Cannae; es war die
erste wirkliche Reserve im höheren Sinne. —
Das heißt, sie war als solche gedacht. Der große Gedanke ist
mißglückt. Hätte Hannibal an diesem Tage über eine homogene
Veteranenarmee verfügt, die seiner Führung mit blindem Vertrauen
zu folgen gewohnt war, er wäre wohl gelungen. Allein das mindere
Truppenmaterial der Vordertreffen vermochte dem Adlerfluge des
Führers nicht zu folgen; die ungewohnte Taktik, das Ausbleiben
der herkömmlichen Art der Unterstützung machte sie erst unsicher,
dann mißtrauisch, und führte endlich zur Katastrophe in der eigenen
Front. Diese förmliche Auflehnung der Truppen gegen das neue
Manöver beweist am besten, daß es als eine wirkliche Neuerung, als
eine radikale Umwälzung der Taktik empfunden wurde. Der Feldherr
Hindernis allein niemals hat aufhalten lassen. Der wahre Grund für das Abbrechen
des Gefechtes und die Neurangierung war vielmehr die Erkenntnis von der Unzu-
länglichkeit des bisherigen Schlachtplanes gegenüber der nunmehr enthüllten Taktik
des Gegners. Da mag wohl dem Feldherrn das störende Leichenfeld einen willkom-
menen Vorwand geboten haben, diesen empfindlichen Schwächemoment seiner Führung
der eigenen Armee gegenüber zu maskieren: nicht die Überlegenheit des gegnerischen
Manövers, sondern die Konsequenzen des eigenen Erfolges sollten die rückgängige
Bewegung veranlaßt haben. Und es erscheint durchaus begreiflich, daß diese ge-
wissermaßen offiziöse Auffassung im Wege der scipionischen Tradition ihren Weg
in den Bericht des Polybios gefunden hat.
^4 Der zweite Puniache Krieg In Afrika.
maßte auf das große Neue verzichten und froh sein, daß eine Gefechts-
pause ihm die Zeit gönnte, seine Truppen für einen Kampf alten Stiles
zu i alliieren; und da verlor er die Schlacht. —
Bannibal hat seinen großen Gedanken mit ins Grab genommen.
Von keinem der Zeitgenossen, auch von seinem großen Gegner nicht,
ist er aufgegriffen, von keinem Historiker dem Sinne nach richtig ver-
standen und dargestellt worden. Erst anderthalb Jahrhunderte später
hat ein kongenialer Geist ihn zu neuem, bleibendem Leben erweckt.
Ob Caesar die Hannibalsche Idee aufgefaßt und aufgegriffen, bleibt
dahingestellt. Wahrscheinlich ist es nicht; denn die Caesarische Reserve
hat, und zwar vorwiegend unter dem Zwange der Ereignisse, von
Bibracte über Gergovia bis Pharsalos ihre eigene Entwicklung durch-
gemacht. Erst auf dem letztgenannten Schlachtfelde hat sie jene
Vollendung erreicht, in der sie schon Hannibal bei Narraggara vor-
geschwebt und wie sie im wesentlichen vorbildlich geblieben ist bis
auf unsere Tage. —
Anhang.
Übersetzung des Quellenbericktes.
Die Schlacht bei Narraggara.
Pol. XV 5. Als die Karthager sahen, wie ihre Städte geplündert
wurden, sandten sie zu Hannibal mit der Bitte, nicht länger zu zaudern,
sondern die Offensive zu ergreifen und die Entscheidungsschlacht zu
suchen. (2) Nachdem dieser die Gesandten angehört, erwiderte er, sie
sollten sich um die anderen Sachen kümmern, darüber aber sich keine
Sorgen machen; denn den Zeitpunkt werde er selbst bestimmen. (3)
Mehrere Tage darauf brach er aus der Gegend von Hadrumetum auf,
rückte vor und schlug sein Lager bei Zama; diese Stadt liegt von
Karthago fünf Tagemärsche weit in westlicher Eichtung. (4) Von
da entsandte er drei Spione mit dem Auftrage zu erkunden, wo die
Römer ständen und wie ihr Feldherr im Lager walte. (Folgt die
anekdotenhaft ausgeschmückte Erzählung dieser Spionage.) (9) In
Ausführung dieses Entschlusses sandte er (Hannibal) einen Parlamentär
mit der Mitteilung, er wünsche mit ihm (Scipio) über die gesamte Lage
persönlich zu verhandeln. (10) Als Publius dies von dem Parlamentär
gehört hatte, stimmte er dem Vorschlage bei und sagte, er werde
selbst zu ihm senden, um ihn über Ort und Zeit der Zusammenkunft
zu verständigen. (11) Mit diesem Bescheid kehrte der Parlamentär
in sein Lager zurück. (12) Am folgenden Tag traf Massinissa mit
etwa 6000 Mann und 4000 Reitern ein. (13) Nachdem Publius ihn
freundschaftlich begrüßt und zur Eroberung des ganzen Reiches des
Syphax beglückwünscht hatte, (14) brach er auf, marschierte gegen die
Stadt Narraggara, und schlug dort sein Lager, indem er einen Platz
besetzte, der sowohl überhaupt günstig war, als auch innerhalb Pfeil-
schußweite Wasser bot.
666 Der «weite Panische Krieg in Afrika.
c. G. Von da sandte er zum Feldherrn der Karthager und ließ ihm
sagen, er sei jetzt zu einer Zusammenkunft behufs einer Unterredung
bereit. (2) Auf diese Mitteilung brach Hannibal auf, marschierte bis
auf eine Entfernung von nicht mehr als 30 Stadien heran und
schlug sein Lager bei einem Hügel, der im übrigen für den augen-
blicklichen Zweck gut gewählt schien, vom Wasser jedoch ziemlich
entfernt war ; daraus erwuchs den Truppen viel Beschwerde .... (folgt
die ausführlicher Schilderung der Unterredung der beiden Feldherren).
c. 9. Nach dieser Unterredung trennten sich Hannibal und Publius,
nachdem die Verhandlungen zu keiner Einigung geführt hatten. (2)
Am folgenden Tage mit Sonnenaufgang führten beide ihre Truppen
aus dem Lager und schickten sich an zum Kampfe, die Karthager für
ihre Existenz und für Libyen, die Römer für die Weltherrschaft.
(6) Publius ließ seine Truppen in folgender Schlachtordnung auf-
marschieren: (7) Zuerst die Hastaten mit Intervallen zwischen den
Manipeln, hinter ihnen die Principes, jedoch deren Abteilungen nicht
gedeckt auf die Intervalle des Vordertreffens, wie es bei den Römern
die Norm ist, sondern, im Treffenabstand, Intervall hinter Intervall,
Abteilung hinter Abteilung, und dies mit Rücksicht auf die Menge der
feindlichen Elefanten; als letzte endlich die Triarier. (8) Auf den
linken Flügel stellte er den Laelius mit der italischen Reiterei, auf
den rechten Massinissa mit allen seinen Numidern. (9) Die Intervalle
zwischen den Manipeln des ersten Treffens füllte er mit Abteilungen
der Veliten, und befahl denselben, den Kampf zu eröffnen und, wenn
sie durch den Angriff der Elefanten gedrängt würden, zurückzugehen,
und zwar sollten diejenigen, die es rasch genug fertig brächten, durch die
in gerader Linie fortlaufenden Intervalle hinter die gesamte Streitmacht
sich zurückziehen; diejenigen aber, denen die Zeit zu knapp würde,
sollten in den Zwischenräumen seitwärts zwischen den Manipeln
Deckung suchen.
c. 10. (Ansprache Scipios.)
c. 11. Hannibal aber stellte die Elefanten, mehr als achtzig, vor
die ganze Front, dahinter die Söldner, etwa zwölftausend an der Zahl ;
es waren dies Ligurer, Kelten, Balearen, Mauren. (2) Hinter diese
stellte er die eingeborenen Libyer und Karthager, ganz rückwärts aber
die Truppen, die mit ihm aus Italien gekommen waren, und zwar mit
einer Distanz von mehr als einem Stadion von den Vorhergehenden.
(3) Die Flügel deckte er durch die Kavallerie, indem er auf den linken die
Narraggara. Anhang: Übersetzung des Quellenberichtes. 667
verbündeten Numider, auf den rechten die karthagischen Reiter postierte . .
(folgt die Ansprache Hannibals).
c. 12. Als beide Teile kampfbereit waren und die numidischen
Reiter bereits miteinander scharmützelten, lies Hannibal die Elefanten
gegen die feindliche Front angehen. (2) Als nun von allen Seiten die
Trompeten und Hörner erklangen, wurden einzelne Elefanten scheu,
machten schleunigst kehrt und warfen sich auf die auf karthagischer
Seite kämpfenden Numider ; so wurde der linke Flügel der Karthager
rasch von Massinissa bloßgelegt. (3) Die übrigen Elefanten trafen in
dem Räume zwischen den Fronten mit den römischen Veliten zusammen,
erlitten große Verluste, brachten aber auch den Feinden solche bei,
(4) bis sie, scheu geworden, teils durch die Intervalle durchbrachen,
da die Römer sie dank den Maßnahmen des Feldherrn ohne Gefahr
durchlassen konnten, teils fluchtartig nach rechts zwischen den Reitern
hindurchstürmten, und, von allen Seiten beschossen, endlich über die
Frontlinie hinausbrachen; (5; worauf Laelius die durch die Elefanten
bewirkte Verwirrung zum Angriff auf die karthagische Reiterei aus-
nützte und diese in volle Flucht trieb. (6) Sofort setzte er den Flie-
henden scharf nach, und das gleiche tat auch Massinissa. (7) Unter-
dessen rückten die beiden Schlachtreihen in raschem Schritte gegen-
einander, mit Ausnahme jener, die mit Hannibal aus Italien gekommen
waren; diese blieben auf dem Platze, wo sie von Anfang gestanden.
(8) Als sie einander nahegekommen waren, erhoben die Römer ihr
nationales Kriegsgeschrei, schlugen mit den Schwertern auf die Schilde
und drangen auf die Feinde ein; (9) die Söldner der Karthager jedoch
ließen ein verworrenes und ungewohntes Geschrei ertönen, denn
sie hatten, wie der Dichter sagt, „nicht alle dieselbe Sprache noch Mund-
art, jeder eine andere Sprache, und verschiedenen Stammes waren die
Männer', wie sie eben aufgezählt wurden.
c. 13. Da nun der ganze Kampf als Handgemenge Mann gegen
Mann geführt wurde, weil sie nicht mit Speeren, sondern mit Schwertern
kämpften, waren anfangs die Söldner durch ihre Gewandheit und Kühn-
heit im Vorteil und verwundeten viele Römer ; (2) diese aber im Ver-
trauen auf ihre streng geordnete Aufstellung und vorzügliche Bewaff-
nung drangen dennoch immer mehr vorwärts. (3) Während aber
den Römern die rückwärtigen Treffen nachrückten und sie anfeuerten,
den Söldnern jedoch die Karthager nicht folgten und sie nicht unter-
stützten, sondern sich feigherzig benahmen, begannen die Barbaren
668 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
schließlich zu weichen,- und im Glauben von den Ihrigen offenbar ver-
raten zu sein, (1) warfen sie sicli beim Rückzuge auf die hinter ihnen
Stehenden und begannen sie niederzumetzeln. (5) Dies zwang nun
viele Karthager mannhaft zu sterben; denn von den Söldnern mit dem
Tode bedroht, mußten sie gegen ihren Wunsch sowohl gegen die
eigenen Truppen als auch gegen die Römer kämpfen. (6) Und da sie
energisch und begeistert den Kampf aufnahmen, töteten sie nicht wenige
der Ihrigen wie der Feinde. (7) Sie drangen auf die Manipel der
Hastaten ein und brachten sie in Verwirrung; denn die Offiziere der
Principes ließen, sobald sie erkannten was vorging, ihre Abteilungen
Halt machen. (8) So fiel die Mehrzahl der karthagischen Söld-
ner teils durch die Hand der eigenen Leute, teils durch Feindes-
hand1). (9) Diejenigen aber, die sich retteten und flohen, ließ Hanni-
bal sich nicht unter seine Truppen mischen, sondern befahl dem Hinter-
treffen die Speere zu fällen und hinderte die Aufnahme der Zurück-
gehenden. (10) Diese waren daher gezwungen ihren Rückzug nach
dem freien Räume an den Flügeln zu bewerkstelligen.
c. 14. Da nun aber der Raum zwischen den übriggebliebenen
Truppenmassen voll Blut und Leichen war, erwuchs dem römischen
Feldherrn aus diesem die Verfolgung des Sieges hindernden Umstand
eine große Verlegenheit. (2) Denn die Schlüpfrigkeit der Leichname*
die blutüberströmt in Haufen herumlagen, sowie die Menge der regel-
los zwischen den Gefallenen liegenden Waffen mußte den Durchmarsch
in geordneter Formation wesentlich erschweren. (3) Scipio indessen
ließ die Verwundeten hinter die Front schaffen, rief die teilweise in
der Verfolgung begriffenen Hastaten durch Trompetensignale zurück
und stellte dieselben gleich vor dem Kampfplatze dem Zentrum der
Feinde gegenüber; (4) die Principes und Triarier ließ er in dichter
Formation nach den Flügeln aufschließen und über die Leichen vorrücken.
(5) Nachdem sie den Raum passiert und mit den Hastaten in gleiche
Front gekommen waren, prallten die Schlachtreihen mit größtem Un-
gestüm und Elan aufeinander. (6) Denn da sie an Zahl, Zuversicht,
Mut und Bewaffnung einander gleichwertig waren, so blieb der Kampf
lange unentschieden, zumal alle Kämpfer ihre Ehre daran setzten, auf
1) Hier ist die überlieferte Lesart durch Weglassung des „xa/" vor ,,KaQ%r)-
8o7vio)v" geändert; ob diese oder eine andere Konjektur, die denselben Sinn ergibt,
die richtige ist, mögen die Philologen vom Fach entscheiden. Über die Notwen-
digkeit der Konjektur siehe S. 647, A. 1.
Narraggara. Anhang: Übersetzung des Quellenberichtes. 669
dem Platze, wo sie standen, zu fallen, (7) bis Massinissa und Laelius, von
der Verfolgung der Reiterei zurückkehrend, wie durch göttliche Fü-
gung im dringendsten Augenblick eintrafen. (8) Indem sie den Truppen
Eannibals in den Rücken fielen, machten sie den größten Teil in Reih
und Glied nieder; von jenen aber, die ihr Heil in der Flucht suchten,
gelang es nur ganz wenigen zu entkommen, da die Kavallerie zur Hand
und das Terrain eben war, (9) Es fielen aber auf Seite der Römer
über fünfzehnhundert Mann, auf Seite der Karthager über 20 000, und
nicht viel . weniger gerieten in Gefangenschaft.
c. 15. Dies war der Ausgang der letzten, alles zu Gunsten der
Römer entscheidenden Schlacht zwischen den genannten Feldherren.
(2) Nach der Schlacht verfolgte Scipio die Karthager, plünderte ihr
Lager und kehrte wieder in das seinige zurück. (3) Hannibal rettete
sich mit wenigen Reitern in ununterbrochenem Rückzuge nach Hadru-
metum . . .
Beilage I.
Heeresstärken.
Über die Heeresstärken dieses Feldzuges, die am besten im Zu-
sammenhange behandelt werden, ist bereits viel geschrieben und sind
zahllose Varianten aufgestellt worden. Trotz der vielen Quellenangaben
Wird volle Klarheit über alle Zahlenfragen nie zu gewinnen sein.
Gerade die große Zahl der Ziffern ermöglicht es, die Unverläßlichkeit
der meisten zu erkennen; es ist ein schwacher Trost, daß es erwiesener-
maßen in dieser Hinsicht schon im Altertume nicht besser stand. Immer-
hin sind positive Ergebnisse wenigstens in einigen Punkten schon erzielt
worden, und wir sind in der Lage, auf einzelne durchaus einleuchtende
Resultate früher Forscher aufbauen zu können.
1. Streitkräfte der Römer.
DasExpeditions- Livius berichtet XXIX 25, 2, daß schon zu seiner Zeit drei ganz
torps scipios. verschiedene Angaben über die Stärke der scipionischen Expedition
vorlagen, und zwar:
1. Version: 10 000 Mann und 2 200 Reiter;
2. „ 16000 „ „ 1600 „
3. „ 35 000 „ „ Reiter zusammen.
Es handelt sich zunächst darum festzustellen, welche dieser Zahlen
die an und für sich glaubwürdigste ist. Da wir die Autoren, denen sie
Livius entnahm, nicht kennen, so kann nur eine sachliche Überlegung
zum Ziele führen.
Zweifellos lagen über diesen Feldzug ausschließlich römische
Quellen vor; wir haben es demnach mit einer spezifisch römischen Über-
lieferung zu tun. Da nun eine solche, wenn sie überhaupt der Ten-
denz zuliebe von der absoluten Objektivität abwich, dies nur im In-
teresse der Hervorhebung der Leistung Scipios tun konnte, diese
Leistung aber umso größer erscheint, mit je geringeren Kräften sie
Narraggara. Beilage I: Heeresstärken 671
vollbracht ward: so konnte eine allfällige tendenziöse Übertreibung
nur in Form der Verkleinerung der scipionischen Heeresziffern platz-
greifen; da also von diesem Gesichtspunkte aus keine römische Quelle ein
Interesse daran haben konnte, die Streitmacht Scipios größer erscheinen
zu lassen als sie war, wohl aber am Gegenteil, so folgt daraus mit größter
(Wahrscheinlichkeit, daß auch die größte überlieferte Ziffer zum min-
desten nicht zu groß ist, wohl aber die kleineren in negativem Sinne
Übertreibungen enthalten. Den Gegenfall könnte man nur annehmen,
wenn es sich in den Berichten darum handeln würde, die folgenden
Ereignisse als monströse, mit ungeheueren Heeresmassen ausgefochtene
Riesenkämpfe erscheinen zu lassen — wie vielleicht Coelius Antipater
nach Liv. XXIX 25, 4 die Sache dargestellt hat — ; dies müßte
aber dann bei der Schilderung der Kämpfe selbst logischerweise
noch viel krasser hervortreten. Davon merken wir jedoch in den er-
haltenen Quellen nichts; im Gegenteil, selbst die überlieferte Maximalzahl
spricht geradezu gegen eine derartige Tendenz. Demnach können wir
diese Zahl mit einer gewissen Sicherheit als diejenige anerkennen, die
der Wahrheit am nächsten kommt; trotz des Zweifels des überliefern-
den Autors selbst ist sie immer noch die sicherste Ziffer, die wir über
diesen Feldzug überhaupt haben. Auch militärisch genommen ist sie die
wahrscheinlichste von den dreien. Für eine Expedition, die offenkundig
den Zweck hatte, wenn auch nicht Karthago zu vernichten, so doch
die Entscheidung eines vierzehnjährigen, mit ungeheurem Aufwand von
lebendem und totem Material geführten Riesenkampfes vor den Toren
der feindlichen Hauptstadt herbeizuführen, — für eine solche Unter-
nehmung war ein Korps von dieser Stärke gewiß das zulässige Mini-
mum, sofern nicht bedeutende weitere Nachschübe in Aussicht genommen
waren; von solchen aber hören wir nichts. Ein Heer aber in der
Stärke der kleinen Ziffern hätte sich unter diesen Umständen in dem
mehr als zweijährigen Feldzuge, trotzdem es im ganzen nur Erfolge
erzielte, doch derart aufgebraucht, daß es für eine Entscheidungs-
schlacht wie die von Narraggara trotz der Verstärkung durch 10 000
Xumider nicht mehr fähig gewesen wäre.
Inwiefern sich nun die Zahl von 35 000 Gesamtstreitern auf die
einzelnen Waffengattungen und Truppenkörper verteilte, bleibt hypo-
thetischen Berechnungen reserviert. Jene K. Lehmanns (Nr. 32 S.534)
hat entschieden so viel für sich, daß man sie unbedenklich als Basis
akzeptieren kann. Demnach bestand das Heer aus:
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder HI. 43
672 Der /.weite Panische Krieg in Afrika.
Römer: 2 Legionen ä »'»■Jon Mann u. 300 Reitern, = 12100 Mann n. 600 Heiter
Bundesgenossen: 2 „ ä 0200 „ „000 .. =12400 „ „1800
Freiwillige: 1 „ ä 0200 „ .. 500 „ — 6200 „ „ 500
lterittenc Leibwache: — 800 „ = — 300
Summe 31000 Manu, 3 200 Reiter
Ob nun die römischen Legionen die cannensischen waren und aus
den anderen in Sizilien stellenden ergänzt wurden oder umgekehrt, ist
für unsere Zwecke belanglos.
Hierzu kamen noch 40 Kriegsschiffe (nach Livius XXIX 25,10;
26,3; nach Appian Lib. 24 nur 20) und 400 Transportschiffe mit der
entsprechenden Schiffsbesatzung.
Massinissa. Mit dieser Streitmacht schlug Scipio die Kämpfe der Jahre 204
und 203. Bei ihm befand sich noch Massinissa, dessen Stärke nach
Livius XXIX 29,4 gleichfalls verschieden, und zwar mit 200 oder 2000
Reitern angegeben wird. Auch hier dürfte die größere Zahl die rich-
tigere sein, zum mindesten die Wahrheit in der Mitte liegen. — Nach
der Schlacht auf den „großen Feldern" trennte sich Massinissa von
Scipio, um im Inneren Numidiens zuerst mit einem römischen Korps
unter Laelius vereint, später selbständig zu kämpfen, seine Hrrschafte
und damit seine Kriegsressourcen zu erweitern und im folgenden Jahre
mit verstärkter Kraft knapp vor der Entscheidungsschlacht wieder
zur Hauptarmee zu stoßen.
Die röm. Armee Für diese gibt Appian Lib. 41 die Streitkraft Scipios mit 23 000
bei Narraggara ^ann un(^ ^ 5qq italischen Reitern an; dazu kommt Massinissa mit
„viel Fußvolk und Reiterei" und Dacamas mit 600 Reitern *). Die
Stärke des Massinissa finden wir bei Polybios XV 5, 2 mit 6000 Mann
zu Fuß und 4000 Reitern verzeichnet. Demnach hätte Scipio bei
Narraggara im ganzen 29000 Mann Infanterie und 6 100 Reiter gehabt.
Die römische Die Ziffer ist bezüglich der Infanterie gewiß nicht zu tief ge-
griffen; wenn Scipio auch nicht seit Beginn des Feldzuges 8000
Mann von den Legionen verloren haben kann, so muß er doch un-
zweifelhaft, wenn er sich so weit von Utika und seiner Basis ent.
fernte, eine starke Besatzung daselbst und zur Beobachtung Karthagos
zurückgelassen haben, zumal er ja anscheinend, als er ins Innere aus-
zog, kaum darauf gerechnet haben dürfte, daß es dort zur Entschei-
dungsschlacht kommen würde. Es scheint etwa eine Legion von den
fünf, über die er verfügte, zu diesem Zwecke dort geblieben zu sein.
1) Über letztere Angabe siehe Lehmann p. 554.
Xarraggara. Beilage I: Heeresstärken. 573
Viel zu niedrig scheint indessen die italische Reiterei angegeben. Die Kavallerie
Wenn wir sie mit Recht bei der Landung in Afrika mit 3200 Mann
veranschlagen, so ist nicht einzusehen, wieso sie in der Zwischenzeit
auf weniger als die Hälfte des Standes zusammengeschmolzen sein
sollte. In den meist überfallsartigen, durchaus siegreichen Gefechten
der bisherigen Campagne konnte sie unmöglich ernstere Verluste er-
litten haben ; und bei dem vorwiegenden Bedarf an Reiterei gelegent-
lich eines Streifzuges ins afrikanische Hinterland konnte die bei Utika
zurückgebliebene Kavallerieabteilung höchstens wenige Hundert Reiter
betragen haben. Auch die ausgesprochene Überlegenheit in der Ent-
scheidungsschlacht spricht gegen die kleine Ziffer; desgleichen der Um-
stand, daß sie dort auf dem einen Flügel stand, während auf dem
anderen Massinissa 4 000 Reiter befehligte; eine so unsymmetrische Auf-
stellung würde Scipio im Interesse des angestrebten beiderseitigen Er-
folges kaum gewählt haben. Im Gegenteil, wenn der rechte Flügel
4 000 Reiter zählte, so kann der linke kaum weniger als 3 000 gezählt
haben; nimmt man selbst an, daß Dacamas mit seinen 600 Reitern dem
Laelius zugewiesen wurde, was bei der absoluten Stärke Massinissas
durchaus wahrscheinlich ist, so müssen wir das römisch-italische Kon-
tingent immer noch mit etwa 2400 Reitern annehmen, wobei auf das
in Utika zurückgebliebene Korps sowie die bisherigen Verluste seit der
Landung in Afrika zusammen 800 Reiter entfallen. Das würde dann
beiläufig mit der Angabe Appians c. 41 stimmen, wo er dem Scipio
2000 Reiter ohne die 300 Reiter starke Leibwache zuweist (vgl.
Lehmann S. 554, 1).
Welche Verwendung die 6000 numidischen Infanteristen Massi- Die
nissas in der Schlacht gefunden, wird nirgends erwähnt. Daß sie *mmi(Jlsche
0 ' ° Infanterie.
einen den Legionen analogen Teil der Schlachtlinie gebildet hätten,
etwa als Ersatz der vor Utika zurückgebliebenen Legion, ist durchaus
unwahrscheinlich. Hier brauchte Scipio eine homogene Front erst-
klassiger Linieninfanterie; ein aus neurekrutierten Numidern gebildeter
Frontabschnitt hätte einen äußerst gefährlichen Schwächepunkt in
dieser Linie abgegeben. Viel wahrscheinlicher ist es, daß sie als Leicht-
bewaffnete vor der Front und im Vereine mit den römischen Veliten
zur Abwehr der Elefanten, mit denen sie ja besonders vertraut sein
mußten, und zu sonstigem Plänklerdienst verwendet wurden (vgl.
Lehmann S. 597 f.j; vielleicht gestattete diese Verwendung dem
römischen Feldherrn auch, seine Veliten zu restringieren und zum
43*
674 Der zweite Punischc Krieg in Afrika.
Teile in die Linieninfanterie einzureihen, wo er sie — zum mindesten
weil besser als die Humider — als teilweisen Ersatz des Korps von
Utika brauchen konnte. —
2. Streitkräfte der Karthager.
Über die Stärke der Karthager haben wir zahlreiche, aber recht
ungleich wertvolle Angaben.
Dio Armee Xach Appian Lib. 9 hob Hasdrubal, als die Expedition Scipios
sicher schien, von Karthagern 6000 Mann zu Fuß und 600 Reiter,
und ebensoviel von Libyern aus, dazu kamen noch 2000 numidische
Reiter; 5000 Sklaven dienten auf der Flotte. Das gibt, ohne die
Sklaven, 12000 Mann zu Fuß und 3200 Reiter, eine durchaus glaub-
liche Zahl; man würde nach dem, was Karthago sonst in ähnlichen
Lagen geleistet hat, auch eine größere glauben. Tatsächlich aber
scheint dies einschließlich der 6000 Mann und 800 Reiter, die nebst
7 Elefanten zur selben Zeit unter Mago nach Ligurien gingen1), so
ziemlich das letzte Aufgebot, wenigstens was die Hauptstadt anbelangt,
gewesen zu sein ; sonst wäre die Bemannung der Flotte durch Sklaven
unverständlich. Diese Erschöpfung Karthagos scheint darauf hin-
zudeuten, daß die Unterstützung der Barkiden auf den beiden aus-
ländischen Kriegsschauplätzen während des ganzen Krieges doch
keine so lässige war, wie im allgemeinen geglaubt wird. Jedenfalls
wird es gut sein, die obige Zahl von diesem Gesichtspunkte aus fest-
zuhalten.
Als Scipio landet, verfügt aber nach Appian Lib. 13 Hasdrubal
bereits über 20000 Mann, 7000 Reiter und 140 Elefanten. Die Zahlen
sind, und zwar in progressiver Reihenfolge, zweifellos übertrieben;
das Fußvolk mag sich immerhin durch Libyer um einige Tausende
verstärkt haben; bei den beiden andern Posten ist die Übertreibung
in die Augen springend. Dies findet seine Bestätigung darin, daß
diese Zahlen in einem Atem mit der Stärkeangabe Scipios ä 16000 Mann
und 1600 Reitern genannt werden, der mittleren Ziifer des Livius,
die wir oben als eine tendenziöse Übertreibung in negativem Sinne
erkannt haben; wir sehen daraus, daß die Angaben Appians Kap. 13
auf ein und dieselbe Quelle, die mittlere des Livius, zurückgehen, die
1) Livius XXIX 4 6. Dieselbe Angabe findet sich auch bei Appian Lib. 9,
was auf eine gemeinsame Quelle, die hier nur Polybios sein kann, hinweist. Dies
verleiht auch den ersteren Zahlen Appians höheren Wert.
Narraggara. Beilage I: Heeresstärken. 675
von jener, die Appian in Kap. 9 benützte und in der wir mit großer
Wahrscheinlichkeit den Polybios erblicken, verschieden und weit
tendenziöser gefärbt ist. Wir haben hier bei Appian ihren ganzen
Typus vor uns : doppelte Übertreibung im römischen Sinne, bei Scipio
zu wenig, bei seinem Gegner zu viel.
Auf diese oder eine ähnliche Quelle dürften auch die Stärke-
angaben zurückgehen, die uns bei Appian und Livius über das Treffen
beim Turme des Agathokles vorliegen. Die Stärke von 4000 Reitern
ist unter den obwaltenden Umständen für die karthagische Gesamt-
reiterei schon sehr bedeutend, für eine detachierte Abteilung, um die
es sich ja hier handelt, entschieden zu viel, als Verlustziffer endlich
vollends absurd. Überhaupt wird man gerade in diesen Kämpfen die
wiederholt erwähnte „Vernichtung" der gegnerischen Streitkräfte bloß
als „Versprengung" nehmen dürfen, so zwar, daß eine Reorganisierung
des größten Teiles in entsprechender Zeit möglich war.
Die nächste Zahlenangabe über die karthagische Streitmacht Hasdmbai una
finden wir anläßlich deren Vereinigung mit Syphax. Polybios XIV SyPhax-
1, 14 gibt an:
Hasdrubal 30 000 Mann, 3 000 Reiter,
Syphax 15 000 „ 10000 „
Livius, der offenbar Polybios benützt, ändert aber scheinbar aus Ver-
sehen die 15 000 Fußsoldaten des Syphax in 50 000; was wir unsererseits
unberücksichtigt lassen können. Indessen scheinen auch die Polybianischen
Zahlen, wenigstens bezüglich der Reiter, zu hoch. Auch das karthagische
Fußvolk dürfte sich in der kurzen Zeit seit Scipios Landung kaum
mehr als verdoppelt haben; doch verfügten die beiden Bundesgenossen
zusammen zweifellos über die numerische Übermacht, worauf ihre Ab-
sicht hindeutet, Scipio in den „Castra Cornelia" zu belagern1).
Ganz unwahrscheinlich sind die Verlustziffern anläßlich des nun
folgenden Lagerüberfalles. Auch hier dürfte Versprengung für Ver-
nichtung genommen worden sein. Sicher hat sich das naturgemäß
minderwertigste Material der allerletzten Zuzüge nach dieser Kata-
strophe auf Nimmerwiedersehen verlaufen; denn nie wieder tritt uns
das karthagisch-libysche Kontingent in annähernd derselben Stärke
entgegen. Ebenso dürfte die Kavallerie der Verbündeten hierbei das
Gros ihrer Pferde eingebüßt haben, was bei einem derartigen nächt-
1) Pol. XIV 6, 7.
676 Der zweite Panische Krieg in Afrika.
liehen Überfall sehr einleuchtend ist; denn von diesem Augenblick an
erscheint sie auch in den ganz römisch gefärbten Quellen ausschließlich
in der Minderheit.
Ganz unglaubwürdig erscheint, wir wir gelegentlich der taktischen
Würdigung nachgewiesen haben (S. 591 f.), die Stärke von 30 000 Mann
auf den „großen Feldern". Die Gesamtstärke der damals verfügbaren
Truppen mag wohl so groß oder noch größer gewesen sein; auf dem
Schlachtfelde jedoch waren seitens der Karthager und Syphax nur
kleine Kontingente an die 4000 Keltiberer angeschlossen.
Wir sehen daher, soweit sich überhaupt urteilen läßt, bei den
bisherigen karthagischen Ziffern die nicht zu verwundernde Über-
treibung, in sehr mäßigem Ausmaße bezüglich des Fußvolkes, in
höherem betreffs der Reiterei, in höchstem in den Verlustziffern.
Woran wir festhalten müssen, ist die Unmöglichkeit der wiederholten
Vernichtung und Neuaufstellung dieser Korps; allerdings dürfte die
wiederholte Versprengung bei einzelnen minderwertigeren Kontingenten
mit der Zeit der Vernichtung gleichgekommen sein, da dieselben wohl
nach jeder Niederlage immer schwerer wieder zusammenzubringen
waren. Syphax verschwindet nach der Schlacht auf den großen
Feldern vom eigentlichen Kriegstheater und nach kurzen Kämpfen
mit Laelius und Massinissa im Innern Numidiens überhaupt samt
seinen Streitkräften vom Schauplatze. Die Armee Hasdrubals scheint
unter den wiederholten Schlägen allmählich auf das 12000 Mann
starke erste karthagisch-libysche Aufgebot zurückgegangen zu sein,
das ja auch zweifellos die besten dieser Truppen enthielt; in dieser
Stärke finden wir sie schließlich als recht brave und verwendbare
Truppe in Hannibals Armee,
nie Armee Als letztes erübrigt die Untersuchung der Stärke des Heeres, das
Hanmbais. Hannibal zur Entscheidungsschlacht führte. Es bestand nebst
Reiterei und Elefanten aus dreierlei Infanterie: den aus Italien mit-
gebrachten Veteranen, dem karthagisch-libyschen Aufgebot und einem
gemischten Söldnerkorps.
Das Wie stark das Veteranenkorps war, ist direkt nicht über-
veteranenkorps. liefert. Wir werden später auf einem anderen Wege darauf zurück-
kommen. Jedenfalls ist die Erzählung Diodors, Hannibal hätte vor
seiner Einschiffung 20 000 Mann und 3000 Reiter seiner italischen
Bundesgenossen, die ihm nicht folgen wollten, niedermachen lassen,
eine krasse Fabel; hätte er damals außer seinen Veteranen überdies
Narraggara. Beilage I: Heeresstärken. 677
noch 20 000 Mann italische Truppen bei sich gehabt, so wäre er
kaum in den letzten Jahren des italischen Krieges zu solcher
Passivität verurteilt gewesen, wie uns überliefert ist1). In dieselbe
Kategorie gehört auch die Niedermetzelung der 4000 numidischen
Überläufers).
Nach seiner Landung bei Hadrumetum übernahm Hannibal auch Das
das karthagisch-libysche Korps Hasdrubals. Die Nachricht ^y^f^."
ist uns zwar nur von Appian überliefert (Lib. 36), allein sie ist durch-
aus glaubwürdig.
Wir haben als die zuverlässigste Angabe über dieses Kontingent
seinen ursprünglichen Stand von ungefähr 12000 Mann ermittelt. Daß
hierzu im weiteren Verlaufe Verstärkungen gekommen sind, ist sicher,
vermutlich sogar mehr, als die Verluste einschließlich der endgültig
Versprengten betragen haben. Indessen konnte dieses Korps wieder
nicht bis auf den letzten Mann zu Hannibal stoßen, da die Haupt-
stadt nicht ohne eine, wenn auch geringe, Besatzung bleiben durfte;
die stärksten Befestigungen sind illusorisch, wenn niemand da ist,
der sie verteidigt. Hierbei ist auch zu bedenken, daß die Konzen-
trierung der Operationsarmee nicht in Karthago, sondern in Hadru-
metum erfolgte. Allzuweit dürften wir also von der Wahrheit nicht
abweichen, wenn wir das Korps, wie es Hannibal von Hasdrubal über-
nahm, wiederum auf rund 12000 Mann veranscklagen.
Ob nach der Übernahme noch nennenswerte Verstärkungen dazu
gekommen sind, ist bei der notwendigen Erschöpfung des Landes
fraglich; vielleicht die Reste des zurückberufenen Korps Magos, in-
sofern dieses aus Karthagern und Libyern bestand. Doch hatte das
Korps unterdessen in Oberitalien eine schwere unglückliche Schlacht
mitgemacht, und einige Schiffe waren auf der Rückfahrt von den
Römern abgefangen worden (Liv. XXX 18—19); viel kann also von
den ursprünglichen 6000 Mann nicht mehr übrig gewesen sein3).
1) Livms XXX 20, 6 läßt die betreifenden Italiker insgesamt in dem Tempel
der Juno Lacinia niedergemacht werden; in einem solchen konnten doch wohl nicht
20 000 Mann und 3000 Reiter Platz finden, selbst wenn man an einen ganzen heiligen
Bezirk denkt.
2) Diodor XXVII 10; auch bei Appian Lib. 33.
3) Livius erwähnt XXX 26, 3 und 33, 5 noch eine makedonische Legion
von 4000 Mann, die in der Schlacht gleichfalls im zweiten Treffen gestanden haben
soll. Polybios kennt sie nicht, und ihre Existenz ist mit Recht von den meisten
Forschern bezweifelt worden. Vgl. Zieliriski (Nr. 15) p. 98.
67S Der zweite Panische Krieg m Afrika.
Dm Als drittes Element finden wir in Hannibals Heer ein bunt ge-
°rp3' mischtes Söldnerkorps, das in der Schlacht das erste Treffen bildete.
Polybios pbt seine Stärke mit 12000 Mann an und nennt die darin
vertretenen Nationen: Ligurer, Kelten, Balearen und Mauren. Ihre
Herkunft dürfte recht verschieden gewesen sein; zum Teile sind sie
vielleicht mit Hannibal herüber gekommen (Kelten, Balearen). zum
Teile mit den Resten von Magos Korps (Ligurer) ; die übrigen werden
direkt von Karthago beziehungsweise Hadrumetum aus angeworben
worden sein.
Lehmann (S. 581 f.) ist der Meinung, daß dieses ganze Söldner-
korps nur aus Leichtbewaffneten bestanden hätte, demnach den römischen
Veliten gleichzusetzen und in der Schlacht nicht als eigentliches „Treffen"
aufzufassen sei; Delbrück (S. 391) gibt ihm recht.
Dem können wir uns nicht anschließen. Abgesehen von dem aus-
drücklichen Wortlaut der Quelle, die jene Truppen direkt als „erstes
Treffen" bezeichnet und ihren erbitterten Nahkampf mit den
römischen Hastaten ausführlich schildert — Lehmann weiß sich da
nur durch die radikalste Textänderung, die überhaupt denkbar ist, durch
Einschaltung eines voiiy" zu helfen1) — ; auch aus der Analogie der
römischen Veliten, die Lehmann ja aufrecht erhalten wissen will, geht
dies klar hervor. Wenn die Söldner, wie Lehmann glaubt, den
römischen Hastaten durch ihren Fern kämpf so hart zusetzten, wo
blieben da die römischen Veliten, die dann doch in erster Linie be-
rufen waren, jene mit gleichen Waffen zu bekämpfen und dadurch die
schwere Infanterie zu entlasten? Sie konnten doch nicht durch die
so rasch abgewiesenen Elefanten vollends vernichtet oder in unabseh-
bare Fernen verjagt worden sein, oder sich in ihrem Schrecken auf
Nimmerwiedersehen hinter die Manipel verkrochen haben?
Es liegt auch wirklich kein absolut triftiger Grund vor, an der
überlieferten Charakteristik dieses Korps als einer echten Nahkampf-
waffe zu zweifeln. Daß die Kelten als schwere Nahkämpfer auf-
gefaßt werden müssen, hat Lehmann selbst gefühlt; wie kommen diese
aber dann mitten unter die „Leichten"? — Daß die übrigen Kon-
tingente in der Regel als leichte Truppen verwendet wurden, ist
richtig, und Lehmann hat es mit ausführlichen Zitaten belegt. Wer
aber kann behaupten, daß es für Angehörige dieser Nationen über-
1) Muß jedoch zugeben, daß dieses „ovxa schon zu Livius' Zeit gefehlt
haben muß.
Narraggara. Beilage I: Heeresstärken. 679
haupt unmöglich gewesen sei, als Nahkämpfer geschult und in der
Folge verwendet zu4werden? Hannibal war gewiß in dieser Hinsicht
kein Pedant; hat er doch am Trasimenischen See seine „Leichten"
ganz analog den „Schweren" verwendet; und zum Drillen seiner
Söldner hatte er in Hadrumetum mehrere Monate Zeit. Sowohl
Lehmann wie Delbrück geben zu, daß Hannibals Schlachtkalkül auf
die Überlegenheit an Infanterie aufgebaut war; wenn man jedoch die
Söldner als „Leichte" nimmt und damit konsequenter Weise aus
obigem Kalkül ausscheidet, so schwindet diese Überlegenheit fast
ganz. — Eine ideale Linieninfanterie war dieses gemischte Korps
gewiß nicht; aber der Aufgabe, die Hannibal ihnen gestellt hatte, konnten
sie zweifellos recht gut entsprechen.
Die Stärke der Söldner gibt Polybios mit 12 000 Mann an. Wir Die
haben gesehen, daß nach begründeter Vermutung auch das karthagisch- ^^antSe
libysche Kontingent, welches das zweite Treffen bildete, dieselbe oder
eine um weniges höhere Ziffer erreichte. Nun nennt Appian c. 16
die Söldner ausdrücklich „den dritten Teil des Heeres". Diese
im Munde eines Appian an und für sich problematische Angabe ge-
winnt durch obige Ziffern und Deduktionen und nicht zuletzt durch
die naheliegende taktische Erwägung eine bedeutende Wahrscheinlich-
keit. Diese Erwägung von der Selbstverständlichkeit der gleichen
Treffenstärke scheint auch Polybios veranlaßt zu haben, die Ziffer nur
für ein Treffen anzugeben. So können wir denn schließen, daß auch
das dritte Treffen, das Veteranenkorps, beiläufig 12000 Mann stark
war, was ja gewiß nicht der Vorstellung widerspricht, die wir uns
von der Stärke Hannibals in den letzten Jahren des italischen
Krieges machen können. Selbstverständlich ist diese Gleichheit nur
sehr beiläufig zu nehmen ; und es ist vielleicht Gefühlssache, wenn wir
das karthagisch-libysche Korps etwas höher, das Veteranenkorps etwas
niedriger als 12000 Mann taxieren.
Demnach wäre die Gesamtzahl der Infanterie Hannibals mit etwa
36000 Mann anzunehmen. Wenn man bedenkt, daß selbst Appian
c. 40 die Stärke der Armee einschließlich der Reiterei mit 50000
Mann angibt, und Polybios, der das ganze Heer vernichtet werden
läßt, diesen Gesamtverlust wieder einschließlich der Kavallerie auf etwa
40 000 veranschlagt, so wird man obige Ziffer mit einer gewissen Be-
ruhigung akzeptieren können. Schließlich stimmt damit auch die An-
gabe des Polybios, daß die Gegner beim Eintritt in das zweite
OSO Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Stadium der Schlacht gleich stark waren. Denn auf Seite der
Karthager war. wie wir gesehen haben, das ganze erste Treffen, also
ein Drittel des Heeres, eliminiert; die Verluste der^römischen Hastaten
jedoch mögen sich mit jenen des gleichfalls bereits im Kampfe ge-
standenen karthagischen zweiten Treffens halbwegs ausgeglichen haben.
Es standen also, ohne Berücksichtigung der letztgenannten Verluste,
ca. 24 000 Karthager gegen 23 000 Römer.
Dio Reiteroi Über die Reiterei Hannibals haben wir sehr ungenaue Nach-
richten. Sicher sind nur die 2000 numidischen Reiter des Tychäus,
die Polybios XV 3, 7 erwähnt, und ein karthagisches Aufgebot von
unbekannter Stärke, das in allen Quellen genannt wird und jedenfalls
aus der Armee Hasdrubals stammte. Mehr als 1500 — 2000 Pferde
wird es nicht gezählt haben, da es, wie aus allen Quellen hervorgeht,
der römischen Reiterei lange nicht gewachsen war. Was uns sonst
noch Appian im 33. Kapitel berichtet, scheint absolut unverläßlich.
Die 4000 Überläufer des Massinissa, die Hannibal niedermachen und
deren Pferde er unter seine Leute verteilen läßt, verdienen nicht
mehr Beachtung als die analoge Fabel Diodors, von der bereits die
Rede war. Hätte Hannibal auf diese Weise 4000 Pferde in die Hand
bekommen, so hätte er wohl auch noch die Reiter dazu aufgetrieben;
dann aber hätte seine Kavallerie einen wesentlich höheren Stand er-
reichen müssen als die Überlieferung erkennen läßt. Da in jener
Aufzählung Appians auch Vermina, der nach des Polybios und Livius
ausdrücklichem Bericht zur Entscheidungsschlacht zu spät kam, unter
den Hilfstruppen Hannibals genannt wird, so erscheinen damit die
ganzen einschlägigen Angaben dieses Kapitels — einschließlich der
sonst nirgends genannten 1000 Reiter des Mesotylos — verdächtig,
und wir müssen von ihnen absehen.
Die Elefanten. Die Zahl von 80 Elefanten endlich, die Hannibal nach dem über-
einstimmenden Bericht aller Quellen gehabt hat, ist wohl mit Recht
von den meisten Forschern in Zweifel gezogen worden.1). Es ist auch
nicht recht begreiflich, wie der karthagische Feldherr, der in Italien schon
seit Jahren über keines dieser Tiere verfügt hatte, sich in der kurzen
Zeit seiner afrikanischen Rüstungen eine so große Zahl hätte beschaffen
können, zudem wir weder bei Hasdrubal, trotz seiner Elefantenjagd2),
1) Lehmann p. 579. Delbrück p. 392.
2) Appian Lib. 9. Dieser Autor gibt ihm übrigens auch Elefanten, sogar 140
Stück, aber von ihrer Verwendung ist nirgends die Rede.
Narraggara. Beilage I: Heeresstärkeu. ßgj
noch bei Syphax welche finden; endlich, als Hannibal landete,
Numidien, das Hauptreservoir dieser Tiere, für Karthago bereits
so gut wie verloren war. — Auch die Rolle der Elefanten in der
Schlacht spricht gegen die große Zahl; nicht nur ihre leichte Abwehr
und ihr rasches Verschwinden, sondern vor allem der Umstand, daß
auch später, als die Linieninfanterie bereits im Kampfe stand, kein
weiterer Elefantenangriff erfolgte. Denn bei einer so großen Zahl
hätte es auch nach Abwehr der ersten Attacke möglich sein müssen,
wenigstens einen Teil — vor allem die widerstandslos durchgebrochenen
— wieder zu sammeln und neuerdings ins Gefecht zu werfen. Nach
dem Eindruck jedoch, den wir aus der Schilderung ihrer Tätigkeit ge-
winnen, wird ihre Zahl kaum mehr als 15—20 Stück betragen haben.
Damit wäre die Stärke der karthagischen Armee in der Ent- Das Resultat.
scheidungsschlacht annähernd fixiert, und das Ergebnis dürfte nächst
der Anfangsstärke der beiden Heere noch die bestgegründete sämtlicher
statistischer Angaben des Feldzuges sein. Daraus, daß gerade die ersten
und letzten Ziffern sich mit einer wenigstens annähernden Wahrschein-
lichkeit haben ableiten lassen, fällt auch ein Schein größerer Berechti-
gung auf die zwischenliegenden Angaben, die an und für sich auf
recht vagen Vermutungen aufgebaut wurden. Indeß sie reihen sich
vollkommen passend zwischen die beiden besser fundierten Eckpunkte
ein, und damit gewinnt das ganze statistische Resultat jenes beschei-
dene Maß von Zuverlässigkeit, auf das wir nach dem Stande der
Quellen überhaupt Anspruch erheben dürfen.
Beilage IL
Taktische Fragen zur Schlacht bei Narraggara.
Zwischen Cannae und Narraggara liegt die größte Umwälzung,
welche die Entwicklung des römischen Kriegswesens je durchgemacht hat.
Darauf hat meines WissenszuerstFröh lieh hingewiesen, und Del brück
hat in seiner „Geschichte der Kriegskunst" dieses Moment in sehr
nachdrücklicher Weise, wenn auch im Detail nicht einwandfrei, zur
verdienten Geltung gebracht1). Auch unserer Arbeit muß es zur will-
kommenen Ergänzung gereichen, auf jene Momente hinweisen zu können,
welche die Besiegten von Cannae zum Siege von Narraggara geführt
haben, und Erörterungen daran zu knüpfen, welche mit diesen Mo-
menten unabweislich in Zusammenhang stehen. Das soll geschehen
in Form eines Exkurses über die taktischen Probleme von Narraggara,
der jenem über Cannae (S. 347 ff.) analog gehalten und gewissermaßen
als Ergänzung desselben gedacht ist.
Gleichwie bei Cannae sind es auch hier zwei Hauptprobleme, zu
deren Diskussion Narraggara Anlaß bietet: die seipionische Taktik
und ihre Entwicklung einerseits, andererseits die KampfwTeise
der römischen Legionen im Kahmen dieser Taktik, mit anderen Worten
das hier zum erstenmal klar vor unseren Augen sich enthüllende
Problem der Treffen und Intervalle.
I. Die seipionische Taktik.
Die römische Bis zur Großmacht hatte sich die römische Republik emporgearbeitet,
^puafechT onne U^er e*n an(^eres Heerwesen als über eine von Zivilbeamten
Krieg. geführte Bürgermiliz zu verfügen; vielleicht der beste Beweis für die
exceptionelle Qualität des römischen Soldaten an sich, an der
1) F. Fröhlich, (Nr. 17.) — Delbrück (Nr. 39) S. 377 ff.
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 683
allerdings von sämtlichen Fachleuten aller Zeiten und Länder mit
einziger Ausnahme Delbrücks wohl niemand gezweifelt hat1). Erst
im Kampfe um die Weltherrschaft gegen eine zweite Großmacht ver-
sagte das Instrument, und auch hier nur deshalb, weil die Gegner
über das verfügten, was dem römischen Kriegswesen bis dahin das
Fremdeste gewesen: eine Feldherrnpersönlichkeit; und zwar eine
allererster Klasse.
Unter den furchtbaren Schlägen der drei ersten Kriegsjahre war
das alte System zusammengekracht. Im Handumdrehen ein neues,
brauchbares an seine Stelle zu setzen, wie es die verzweifelte Lage
erfordert hätte, war im Trubel der Ereignisse ein Ding der Un-
möglichkeit. Und da sehen wir das Große, echt Römische: Unter dem
Schutze eines die letzten Kräfte des Volkes aufs äußerste anspannenden
Riesenaufgebotes bei starrster Defensive und unbedingter Hinausschiebung
der Entscheidung wird die zur Durchführung der Wandlung erforderliche
Zeit und Gelegenheit gewonnen. Es war eine Reform an Haupt und
Gliedern. Das bisherige Feldherrnideal des vom Pfluge geholten
Bürgermeisters kam in Mißkredit, und krampfhaft klammerten sich
Hoffnung und Vertrauen des Volkes an Männer, die irgendwo einen
wenigstens negativen Teilerfolg über den furchtbaren Feind errungen
hatten. Und doch kam Jahre hindurch dieses verzweifelte Trachten über
ein unsicheres, durchaus nicht sehr planmäßiges Tasten und Versuchen
nicht hinaus. Endlich schenkte das Schicksal den Römern das, was zur
Vollendung des Werkes nicht entbehrt werden konnte: den ersten
Feldherrn, der auf rein individuellem Wege, ganz aus dem Born
seiner eigenen Persönlichkeit heraus, die Reform zum Ziele führte
und den Römern statt einer Miliz eine Armee, statt des Kriegshandwerks
die Kriegskunst schenkte. Dieser römische Epaminondas war Publius
Cornelius Scipio. SciPi0-
In der Armee von Narraggara spiegeln sich die Erfahrungen von
1) Delbrück (G. d. Kr. P 539 ff. II2 305) steht bekanntlich auf dem Stand-
punkt, daß nicht nur der römische Soldat als solcher, sondern auch jeder römische
Truppenkörper jeder beliebigen Barbarentruppe von gleicher Stärke im allgemeinen
inferior, nur im besten Falle, — also ausnahmsweise — gerade noch gleichwertig
war, und daher einzig durch numerische Übermacht Erfolge zu erringen vermochte.
Eine Anschauung über die zum berühmtesten Truppenkörper der Weltgeschichte
gewordene Legion, die außer einigen bedingungslosen Jüngern ihres Meisters wohl
kaum jemand teilen dürfte, am wenigsten ein Militär, der Qualität und Quantität
im Kriege zu beurteilen versteht.
lis | Der zweite Panische Krieg in Afrika.
Cannae tatsächlich in allem Wesentlichen nur in Gestalt der Konse-
quenzen, die Scipio ganz persönlich aus ihnen gezogen. Das Instrument
seines Sieges war nicht bei Nola, Capua und am Metaurus geschmiedet
worden, nicht von Rom und seinen italischen Feldherrn, sondern von
ihm ganz allein und zwar in Spanien. Sein Werdegang führt von
Baeculae über llipa auf die „großen Felder" und von da nach
Nar raggar a.
Die Delbrück bedauert (S. 387), daß wir die Entwicklung der Treffen-
Trefflentaktik. '
taktik nicht so verfolgen können, wie sie es ihrer epochalen Bedeutung nach
verdiene. „Die Quellen lassen uns darüber im Stich. Plötzlich und
auf beiden Seiten zugleich ist die Neuerung da." — Delbrück entzieht
sich aber selbst die von den Quellen auf dem Präsentierteller dar-
gebotene Möglichkeit, diese Entwicklung mit aller wünschenswerten
Klarheit aufzudecken. Wenn man sämtliche historischen Dokumente,
welche uns hierbei zur Verfügung stehen, einfach negiert, dann geht es
freilich nicht; nur darf man sich dann nicht auf die Quellen ausreden.
De facto führen erst die Schlachtberichte von Baeculae und llipa
zum vollen Verständnis von Narraggara, und darin liegt wohl der
beste Beweis für ihre prinzipielle Brauchbarkeit.1).
An der Trebia und bei Cannae, den beiden großen offenen Feld-
schlachten des Krieges, hatte beidesmal die in größtem Stile durch-
geführte Umfassung Hannibals Sieg entschieden. Das wußte Scipio
so gut wie jeder andere Römer. Das römische Kriegsinstrument war
damals unfähig gewesen, dieser Umfassung auch nur zu begegnen, ge-
schweige denn vermochte es, sie selbst auszuführen. Man hatte jedoch
blutig erfahren, welche Erfolge damit zu erzielen waren, und Scipios
Sinnen stand darauf, sich dieses Mittel zur Erzielung gleicher Erfolge
dienstbar zu machen.
1) Die sonstigen sachlichen Gründe, die Delbrück und Ihne (Römische Ge-
schichte II 312 f.) gegen die historische Glaubwürdigkeit dieser Schlachten vor-
bringen, zu widerlegen ist hier nicht der Ort. Übertreibungen der Zahlen sowie
ihrer Bedeutung als Hauptschlachten seien übrigens ohne weiteres zugegeben.
Delbrück leugnet übrigens in einem Atem auch die für eine ganze Reihe von
Schlachten dieser Periode bezeugte Aufstellung von mehreren Legionen hinter-
einander, und mit gleichem Unrecht. Wir haben hier vielmehr einen von
Scipio unabhängigen, interessanten Versuch der Römer vor uns, durch Differen-
zierung der Aufstellung die Manöverierfähigkeit des Heeres zu heben. Durch
die Erfolge Scipios ist dann seine Form der Treffentaktik zum allgemeinen Durch-
bruch gelangt und hat alle andern versuchsweise eingeführten Formen vollständig
verdrängt.
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 685
Den ersten Versuch sehen wir bei Baeculae1). Hier marschieren Baocuiae
die beiden Umfassungsgruppen bereits vom Lager aus getrennt gegen
die Flanke der erst im Aufmarsch befindlichen feindlichen Armee, die
in der Front von Leichtbewaffneten festgehalten wird. Da der Feind
gar nicht zum vollen Aufmarsch kommt, ist der Erfolg dadurch allein
schon gesichert, allerdings in seinen Folgen auch abgeschwächt, da
Hasdrubal den aussichtslosen Kampf rechtzeitig abbricht und abzieht.
Es ist klar, daß dieses Manöver, das schon vom Ausmarsch aus
dem Lager an den Plan deutlich verriet, nur dann seine Wirkung
tun konnte, wenn der Feind keine Zeit fand, seine Gegenmaßregeln
zu treffen. Handelte es sich doch weniger um eine Schlacht, als viel-
mehr um die Besetzung einer Position, ohne daß es dabei auf
eine Hauptentscheidung abgesehen war. Daß dieses Manöver nicht
immer verfangen konnte, vor allem nicht in der typischen Bataille
rangee, mochte Scipio selbst gefühlt haben, und das nächstemal legt
er die Sache schon feiner an.
Sein Schlachtplan bei Ilipa2) erinnert am stärksten an jenen iiipa.
Hannibals bei Cannae. Die beiden zur Umfassung bestimmten Gruppen
bleiben zunächst eng an das Zentrum angeschlossen und rücken mit
diesem frontal dem Feinde entgegen. Erst im letzten Momente trennen
sie sich ab, um, während das Zentrum den Feind in der Front festhält,
die beiderseitige Umfassung auszuführen. Die Schilderung des Polybios
läßt dabei den Zweifel offen, ob die Durchführung des Manövers kompli-
zierter war als nötig, oder ob dieser Vorwurf die Beschreibung selbst
trifft; eines von beiden ist sicher.
Auch dieses Manöver erreichte lange nicht das cannensische Vor- Die letzte
bild, und der Erfolg war abermals mit jenem nicht zu vergleichen.
Wollte man die Absicht der Umfassung verschleiern, so durften die
hierzu bestimmten Flügel nicht über die gegnerische Front hinausragen.
Dann aber konnte das Zentrum allein nicht die feindliche Front in
ihrer ganzen Ausdehnung festhalten. Hannibal hatte dies wettgemacht,
indem er die feindliche Schlachtlinie veranlaß te, sich im letzten
Augenblick zu verengen und dadurch seinen eigenen Flügelgruppen
zu ermöglichen, die Umfassung durchzuführen, ohne hierzu auszuholen.
Zu diesem Zwecke mußte er jedoch defensiv den Angriff des Gegners
1) Pol. X 38 39. — Liv. XXVII 18. 19.
2) Pol. XI 20—24. — Liv. XXVIII 12-14.
Der zweite Punische Krieg in Afrika.
abwarten, wie er denn überhaupt die Gegenoffensive der initiativen Offen-
sive vorzog und es liebte, dem Gegner die Vorhand zu lassen, um erst
später seinen Trumpf auszuspielen. Bei Scipios rein offensivem Vorgehen
war das obige Manöver undurchführbar, und tatsächlich scheint es
bei llipa zu keiner rechten Umfassung gekommen zu sein; obwohl die-
selbe /weifellos beabsichtigt war. sonst hätte das ganze komplizierte
Manöver keinen Sinn gehabt. Jedenfalls kam es nicht zur Einkreisung,
die ja der Endzweck der beiderseitigen Umfassung ist. Die Feinde
konnten anscheinend ganz frontal zurückgehen, und wenn sie schließlich
wirklich nur durch ein Unwetter gerettet wurden — ich sehe nicht
ein, warum ein solches nicht möglich gewesen sein soll — so war dies
eine Rettung vor voller Auflösung durch intensive Verfolgung, nicht
aber vor Einkreisung.
Und noch ein Umstand. Bei Baeculae wie bei llipa waren die
verschiedenen Aufgaben verschiedenartigen Truppenkörpern zugewiesen ;
eine offenbare Nachahmung des karthagischen Vorbildes, bei welchem
die Zusammensetzung der Armee aus heterogenen, einander qualitativ
jedoch nahezu gleichwertigen Elementen eine ähnliche, wenn auch
nicht so große Rolle spielte wie im Heere Alexanders. Im Gegen-
satze hierzu lag aber die Stärke des römischen Kriegswesens gerade
in der Homogenität des Materials; die Nachahmung jenes Vor-
bildes in obigem Sinne schloss demnach geradezu eine Konzession auf
Kosten eben jenes Momentes in sich, auf dem zu allererst die eigene
Stärke beruhte.
So mochte es denn Scipio notwendig erschienen sein, ein Manöver
zu ersinnen, bei welchem auf Basis der gewahrten Homogenität
die ganze Front, so wie sie an den Feind kam, denselben festhalten
konnte, ohne daß man für die Umfassung die Flügelgruppen abzutrennen
brauchte. Dies konnte aber nur geschehen, wenn die Umfassungsgruppen
von Hause aus hinter der Front standen, um erst, wenn diese am
Feinde war und diesen in der ganzen Ausdehnung festhielt,
beiderseits hervorzubrechen.
Die nächstliegende Form für die Durchführung dieser Idee wäre
gewesen, hinter beiden Flügeln je eine Gruppe bereitzustellen. Aber
dies hätte bei übersichtlichem Terrain den Plan vorzeitig verraten
können. Nur wenn diese Umfassungsgruppen so formiert waren, daß
man ihnen die Bestimmung zum Seitwärtsvorbrechen nicht ansah,
konnten sie ihrem Zwecke voll entsprechen.
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht.
687
Bei der Lösung dieses Problems kam Scipio die traditionelle Drei-
teilung der römischen Linieninfanterie entgegen. Es erschien gewisser-
maßen als das Ei des Columbus, die bis dahin nur organisatorisch ge-
trennten Gruppen nun auch taktisch zu trennen und die vordere zur
Festhaltung der Front, die beiden rückwärtigen zur Umfassung zu
verwenden. Die bisher eng aneinander klebenden, auf ein schematisches
Ineinandergreifen angewiesenen Treffen wurden von einander losgelöst
und zu vollkommen getrenntem Manöver befähigt1).
So verdankt die hier geborene eigentliche Treffentaktik, die ihrem
innersten Wesen nach eine Reserventaktik ist, ihre Entstehung einer
Idee, die mit dem Reserveprinzip eigentlich gar nichts zu tun hat. Denn
die rein offensiven Umfassungsgruppen Scipios können nicht als Re-
serven bezeichnet werden; wir haben hier vielmehr das davon streng
zu unterscheidende Verhältnis von festhaltender und entscheiden-
derGruppe vor uns. Nicht das Reserveprinzip hat also die Treffentak-
tik geboren, sondern umgekehrt: aus der Treffentaktik hat sich später
unter Caesar die Reserve — allerdings mit einer gewissen inneren
Notwendigkeit — entwickelt. Scipio aber hat damals, als er die
Treffentaktik schuf, geradezu auf ein gut Teil dessen, was in der
römischen Kriegsform bis dahin von der Reserveidee, wenn auch nur
rudimentär, gelegen hatte — die Unterstützung von rückwärts —
bewußt verzichtet.
Auf den „großen Feldern" sehen wir Scipio seine neue taktische Die „grossen
Form zuerst anwenden und zu vollstem Erfolge durchführen ; und wir FeldeT"-
haben mit großer Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, daß er sie bei
Narraggara ebenso geplant hat. Da setzte ihm sein großer Gegner Narraggara.
dieReserve entgegen. Es mag Scipio vielleicht erst damals in den bangen
Momenten der Krisis klar geworden sein, welch gefährlicher Mangel
1) Man könnte vielleicht fragen, ob der beiderseitige Aufmarsch der Principes
und Triarier derart erfolgte, daß das zweite Treffen nach der einen, das dritte nach
der anderen Seite aufmarschierte, oder ob beide Treffen in der Mitte geteilt und
beiderseitig auseinandergeschoben wurden.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das letztere der Fall war. Denn,
ganz abgesehen von der ungleichen Stärke der Principes und Triarier, hätte im
ersteren Falle der Aufmarsch doppelt so lange gedauert, und beide Umfassungs-
gruppen hätten eine unförmlich lange Front bei minimaler Tiefe aufgewiesen, eine
Formation, die sich, wie wir später sehen werden, für die frontal festhaltende Gruppe
immer noch eignet, während sie für den entscheidenden Vorstoß gegen ein räumlich
eng begrenztes Angriffsobjekt, wie es die feindliche Flanke darstellt, durchaus un-
tauglich erscheint.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder. III. 44
688 Der zweite Punische Krieg in Afrika.
seinem Manöver eben infolge des vollen Verzichtes auf die Möglich-
keit einer Reserve anhaftete. Auf den „großen Feldern", wo er über
eine ausgesprochene Übermacht verfügte, war dies nicht zur Geltung
gekommen ; bei Narraggara hätte es bei einem Haare zur Katastrophe
geführt. Und wenn außer dem bekannten unvorhergesehenen Zwischen-
fall auch ein inneres Moment seinen schließlichen Sieg entschied, so
war es die im römischen Kriegswesen begründete Möglichkeit, auch
ein kombiniertes Manöver auf eine homogene Truppenorgani-
sation aufzubauen, eine Möglichkeit, deren Nichtvorhandensein dem
Feinde eben in dieser Schlacht zum Verhängnis werden sollte.
Fiasko der Es jst eine bemerkenswerte Tatsache, daß Scipio diese seine
scipionischen ^
Treffentaktik. Taktik mit Narraggara endgültig begraben hat ; der innere Widerspruch,
die Treffentaktik geradezu mit Ausschluß des in ihrem innersten
Wesen begründeten Reserveprinzips zu handhaben, hatte sich hier in
erschreckender Deutlichkeit gezeigt. In der Schlacht bei Magnesia,
welche bekanntlich wenn auch nicht nominell, so doch faktisch nach
seinen Intentionen geschlagen wurde, finden wir nichts mehr davon; auch
kein anderer römischer Feldherr hat sie mehr angewandt. Nur die
volle Trennung, die weitgehende Selbständigkeit der Treffen ist ge-
blieben, bei voller Wahrung der Unterstützungsmöglickeit von rück-
wärts. So wurde die Treffentaktik ihrem eigentlichen Wesen zurück-
gegeben, und damit konnte und mußte sie schließlich zur vollendeten
Reserventaktik führen. —
IL Treffen und Intervalle.
Die scSon V°r 0b die römische Legion vor Scipio schon Treffen gehabt, d. h. ob
die Linien der Hastati, Principes und Triarii durch wenn auch nur
geringe Distanzen voneinander getrennt waren, ist nicht direkt über-
liefert; wenn aber die Manipel ein und desselben Typs seitlich schon
durch Intervalle getrennt waren, so wäre es höchst unlogisch gewesen,
sie der Tiefe nach mit solchen des anderen Typs ohne Zwischenraum
zusammen zu stellen. Und dann liegt es wohl im Wesen dieser Differen-
zierung nach Typen, daß die Rückwärtsstehenden nach Möglichkeit
der unmittelbaren Einwirkung des Kampfes der Vorderen entrückt werden
mußten1).
1) Man beachte auch Polybios' Schilderung III 72, 8 und 11 (Trebia), wo die
Eintreffen-Aufstellung Hannibals den „gewohnten Schlachtreihen" der Römer als
Gegensatz gegenübergestellt wird.
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 689
Als nun Scipio den Treffen jene weitgehende Unabhängigkeit von- Die Treffen
einander verlieh, hat er zweifellos die Distanzen wesentlich vergrößert. Clp,0s
Denn die geordnete Seitwärtsbewegung der Hintertreffen konnte nur
dann mit der wünschenswerten Präzision und Raschheit erfolgen, wenn
sie von den unvermeidlichen Schwankungen der kämpfenden Front
unbeeinflußt blieb.
Es erübrigt noch die Frage, ob Scipio, der jedesmal die Principes Zwei-°derDrei-
m • • -i'-i'tt tt/> t • treffentaktik.
und Trianer gemeinsam und einheitlich zur Umfassung disponierte,
zu diesem Zwecke nur die Hastaten von den Principes loslöste oder
doch auch die letzteren von den Triariern, ob wir es sonach mit einer
Zwei- oder Drei treffentaktik zu tun haben. Lehmann hat sich
für ersteres entschieden1), und Delbrück, der ursprünglich der
letzteren Ansicht war2), ist ihm später darin gefolgt3). Allerdings
erhebt gerade er einen Einwand, den er selbst nicht zu widerlegen
vermag: daß nämlich dieses rückwärtige, aus Principes und Triariern
bestehende Treffen bedeutend stärker gewesen sein muß als das vor-
dere ; er meint, „Scipio müsse das auf irgend eine Weise ausgeglichen
haben". Aber gerade dieser Einwand verfängt nicht. Wir haben es,
wie bereits erwähnt, nicht mit einer Reserve zu tun, für welche
dieses Kalkül allerdings richtig wäre, sondern das erste Treffen Scipios
steht zu den beiden rückwärtigen im Verhältnis der festhaltenden
zur entscheidenden Gruppe; hier ist es nun vollauf zweckmäßig,
daß die letztere die stärkere sei.
Trotzdem glaube ich, daß wir eine ausgesprochene Trennung auch
der beiden Hintertreffen annehmen dürfen, somit von einer Drei-
treffentaktik reden können. Dies hatte infolge der erhöhten Be-
weglichkeit und Dispositionsfähigkeit auch innerhalb der entscheidenden
Gruppe unleugbare Vorteile, und es ist nicht einzusehen, warum
Scipio, wenn er die Trennung der Hastaten von den Principes „gewagt"
hat, jene der Principes von den Triariern nicht mehr hätte „wagen"
sollen. Wenn die Hastaten dazu gebracht werden konnten auf den
Rückhalt der Hintenstehenden gegebenen Falls zu verzichten, warum
nicht ebensogut die Principes? Das „Wagnis" potenzierte sich bei der
absoluten qualitativen Homogenität der römischen Legionen dadurch
keineswegs, es blieb ganz das gleiche. Die Loslösung des einen Tref-
1) (Nr. 32) p. 597.
2) (Nr. 21) p. 300.
S) (Nr. 39) P p 391.
44 =
690 Der zweit. Panische Krieg iu Afrika.
fens allein erschiene geradezu als eine halbe Maßregel, die einem Scipio
gar nicht ähnlich sieht.
Wenn Lehmann die Worte des Polybios „rovg 7Colyy.L7cag xal
rgiagiovs" (statt vvmI rovg TQiaotovg") als Beweis verwenden will, so
halte ich ihm folgende Stellen entgegen:
XIV 8, 5 (auf den „großen Feldern"): „o fiev ofiv Ilöulwg drclCog
xard rd nag avroig £&og i&rjy.E 7tg(orov fiev zag t€)v dordrcov or\-
fialag, enl de ravraig Tag twv 7tgiyv.i7tLov, relevralag (T ineo-
tt)G£ v.axÖTtiv Tag tC5v Tgutgiwv;"
und XV 9, 7, (Narraggara) : „ttqcötov fxev {ed-rjxe) rovg doxdrovg
eni ös TOVTOig rovg Tigly-Ainag, t sXevt aiovg <T E7te-
ottjOe Toi)g TQiagiovg".
Es kann kein Zweifel sein, welche Stelle, wenn man schon der-
artige stilistische Feinheiten zum Beweise heranziehen will, deutlicher
spricht. Dazu kommt, daß die Erwähnung der aufgedeckten Inter-
valle ausdrücklich an die Nennung der Principes geknüpft ist, während
die Triarier erst nach Erledigung dieser Angelegenheit separat er-
wähnt werden. Wären beide vereinigt gewesen, so hätte diese
Ausnahme von der Regel für beide gegolten, und folgerichtig erst
nach gemeinsamer Nennung beider erwähnt werden müssen. Wenn
nun, wie der Text auf diese Weise ausdrücklich besagt, bloß die Prin-
cipes verschoben wurden, so müssen die Triarier schon von Hause aus
auf die Manipel der Has taten gedeckt gewesen sein, was dem Quin-
cunxsystem entspricht, aber auch ein ganz gleichförmiges Unabhängig-
keitsverhältnis aller drei Treffen zur Voraussetzung hat.
Die Intervalle. Hiermit gelangen wir zum letzten Problem: der Intervallfrage.
Für diese bildet der Schlachtbericht von Narraggara wohl das ent-
scheidende Dokument.
Die Intervalle Vor allem erhellt aus der Stelle Pol. XV 9, 7 — 9 in einer jeden Zweifel
vor derScWacht ausschließenden Klarheit erstens die Existenz der Intervalle vor
und der
Qaincunx. der Schlacht, und zweitens die schachbrettförmige Aufstel-
lung der Legion als Norm.
Delbrück (S. 390) lehnt die Stelle ab; begreiflich, da ihm jede Er-
wähnung von größeren Intervallen peinlich sein muß. Andererseits ist
wieder nicht einzusehen, wozu Polybios dieses Detail hätte erfinden sollen,
und gar nicht anzunehmen, daß ein so gründlicher Kenner der Taktik
seiner Zeit hier obendrein etwas taktisch Unmögliches erfunden
hätte. Seine klare Motivierung ist auch wirklich vollkommen ein-
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 691
leuchtend: die Elefanten sollten, wenn sie schon nicht zurückgeworfen
werden konnten, wenigstens glatt durchbrechen, ohne Unordnung an-
zurichten. Delbrücks Einwand, die Elefanten hätten durch ein ganz
geringes Ausweichen die Manipel des zweiten Treffens umgehen können,
ist recht naiv; wenn so eine Bestie einmal in Rage gerät und über-
dies durch eine offene Gasse in eine bestimmte Richtung gelenkt ist,
dann denkt sie nicht viel an Ausweichen, sondern rennt nieder, was
im Wege steht und sich niederrennen läßt; auf jeden Fall hätten die
Manipel des zweiten Treffens die Elefanten erst zum neuerlichen Aus-
brechen veranlassen, d. h. mit ihnen kämpfen müssen, und gerade das
war es ja, was ihnen der Feldherr durch seine Maßregel hatte er-
sparen wollen. Schließlich aber ist es sehr fraglich, ob die Elefanten,
selbst wenn es ihnen nicht gelang, auch nur einen einzigen Manipel
des zweiten Treffens umzurennen, statt dessen sofort das richtige Loch
gefunden hätten, durch das die Römer ihren ungehinderten Abzug
wünschten. Daß dieses Durchbrechen im Zickzack, wie Delbrück sich
die Sache vorstellt, gerade so leicht gewesen wäre wie jenes gerade-
aus, wird niemand annehmen, der halbwegs imstande ist, sich in die
Situation hineinzudenken. Die geringste Folge wäre gewesen, daß
sich schließlich eine ganze Anzahl dieser Bestien zwischen den Treffen
herumgetrieben hätte, was wahrlich nicht zur Aufrechterhaltung der
Ordnung und zur klaglosen Durchführung der beabsichtigten Manöver
hätte beitragen können.
Noch belangloser ist der zweite Einwand Delbrücks, daß Scipio
nicht wissen konnte, Hannibal würde diesmal seine Elefanten nicht,
wie üblich, auf den Flügeln, sondern vor der Front aufstellen. Da
die Elefanten eben vor der ganzen Schlachtordnung standen, so müssen
sie auch zuerst aufmarschiert sein, Scipio konnte also schon
während seines eigenen Aufmarsches die gegnerische Maßregel
erkennen. Und selbst wenn er dies wirklich erst nach vollendetem
Aufmarsche erkannt haben sollte, so konnte er auch dann noch die
von Polybios erwähnte Gegenmaßregel ohne die geringste Schwierig-
keit in kürzester Zeit durchführen, indem er ganz einfach „per
ordines" den Befehl gab, das ganze zweite Treffen sollte um eine
Manipelbreite seitwärte rokieren und so auf die Hastatenmanipel statt
auf deren Intervalle Deckung nehmen.
Ganz klar erhellt aus dieser Stelle auch, daß die Intervalle nicht,
wie Delbrück behauptet klein, sondern relativ groß waren, d. h. etwa
692 ' '' i" iweite Estnische Krieg in Afrika.
so groß wie die Manipelbreiten selbst. Polybios sagt ausdrücklicli :
„Nicht gedeckt auf die Intervalle des Vordertreffens, wie es bei den
Römern Norm ist"; wären die Intervalle merklich schmäler gewesen
als die Breite der Abteilungen, so müßte es genau heißen: „mit der
Mitte" oder „mit dem und dem Flügel gedeckt auf die Intervalle des
Vordertreffens"; und Polybios ist in solchen Bezeichnungen sehr
genau, ja geradezu pedantisch. Enge Intervalle hätten auch dem von
Scipio angestrebten Zwecke nicht entsprochen. Die ganze Maßregel
war auf die relativ geringe Lenkbarkeit der Elefanten im Trubel der
Schlacht aufgebaut. Die Lücken in der Front sollten die Bestien schon
von ferne anziehen, gerade so wie die Deckung Intervall auf Intervall
das glatte Vorwärtsbrechen in der einmal eingeschlagenen Richtung
ermöglichen mußte ; dazu mußten aber diese Lücken groß sein, mußten
schon von weitem ebenso auffallen wie die dazwischenliegenden Front-
teile selber. Das Einbrechen in schmale Lücken zwischen breiten
Fronten hätten wohl die Kornaks leichter verhindern als die Römer
erzwingen können.
Schließlich hat die ganze, hier klar bewiesene Quincunxstellung,
das „ed-og" der römischen Taktik, gar keinen Sinn, wenn die Inter-
valle nicht den Fronten gleich waren; denn nur die Möglichkeit des
Einrückens in die Lücken der Vordertreffen, sei es zur Ablösung, sei es zur
Verstärkung, sei es zur Abwehr eines eingedrungenen Gegners machte sie
zweckmäßig. Waren die Intervalle von Hause aus klein und im Kampfe
überhaupt nicht mehr vorhanden, so ist nicht einzusehen, warum man
dann nicht einfach Abteilung hinter Abteilung stellte; die dann einzig mög-
liche Unterstützung bezw. Einzelablösung direkt von rükwärts konnte
auf diese Weise viel einfacher durchgeführt werden. So führen alle
Konsequenzen, welche aus dieser wichtigen, von keiner noch so spitz-
findigen Textkritik wegzuleugnenden Stelle gezogen werden müssen,
in vollster Übereinstimmung zum Bilde der schachbrettförmigen
Aufstellung mit frontbreiten Intervallen zunächst vor
der Schlacht.
Die Intervalle Indessen klammern sich alle jene, denen die Intervalle grund-
im Kampfe, gg^]^ e|n G!-reuei sin^ mjt der Kraft der Verzweiflung an den
Kampf, und suchen sie wenigstens da um jeden Preis zu eliminieren.
Ich frage hier zum drittenmal — die Frage ist zweimal ohne Antwort
geblieben — : wozu das ganze Intervallsystem, wenn es im wichtig-
sten Momente, im Kampfe, aufgegeben werden mußte? Die leichtere
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 693
Annäherung allein vermag dies nicht zu erklären ; denn auch die Pha-
lanx, die ohne Intervalle kämpfte, konnte in entsprechendem Terrain
so, wie sie für den Kampf formiert war, an den Feind gebracht wer-
den, und wo dies nicht ging, verstand auch sie es, den Vormarsch in
Intervallen durchzuführen, wie das bekannte Beispiel Xenophons beim
Angriff auf den Berg der Kolcher beweist. Hier also kann der so
tief einschneidende Unterschied zwischen Legion und Phalanx nicht
gesucht werden. Daß aber die Legion darum, weil sie während des
Vormarsches Intervalle gehabt, hernach im Kampfe, wenn die
Intervalle nicht mehr da waren, statt dessen „Gelenke" gehabt
hätte, ist ein Trugschluß, der überhaupt eine konkrete Vorstellung
nicht zuläßt1).
Doch sehen wir weiter. Wenn tatsächlich die beim Aufmarsche
vorhandenen Intervalle knapp vor Eröffnung des Kampfes geschlossen
werden sollten, wie konnte das geschehen? — Drei Hypothesen geben
darauf Antwort:
Schneider (Nr. 31) läßt die Manipel des zweiten Treffens in die
Intervalle des ersten einrücken.
Steinwender2) läßt die Manipel des ersten Treffens durch Öffnen
der Rottenabstände die Front schließen.
Die übrigen, als deren Hauptvertreter man Stoffel (Nr. 22 II 323 ff.)
ansehen kann, lassen das Schließen durch Aufmarsch der rückwärtigen
Glieder des ersten Treffens in die Intervalle erfolgen.
Delbrück (Nr. 39 S. 276) endlich, der nur ganz kleine Intervalle
beim Vormarsch annimmt, läßt für das Schließen derselben verschie-
dene Möglichkeiten offen.
1) Man wende nicht ein: die „Gelenke" bestanden darin, daß die einzelnen
Haufen nicht gewohnt waren, strenge Richtung und Fühlung zu halten. — Wenn
die zusammenhängende Linie derart aufrecht gehalten werden sollte, daß sie über-
haupt einen Sinn hatte und die angeblichen Nachteile der Intervallfront vermeiden
wollte, dann mußten die Abteilungen strenge Richtung und Fühlung halten. Sonst
ergaben sich naturnotwendig eine Anzahl von Schwächepunkten, die bei einiger
Initiative des Gegners mit größter Wahrscheinlichkeit zum unfreiwilligen Inter-
vall führen mußten. Also entweder man machte sich auch da nichts daraus, dann
war es ja besser die Intervalle freiwillig zu bilden und damit aller ihrer Vorteile
teilhaftig zu werden; oder man perhorrescierte sie grundsätzlich, dann gab es eben
nichts anderes als die Phalanx.
2) in einer leider endlos verzettelten Anzahl von Einzelabhandlungen, besonders
in der S. 369 A genannten Abhandlung und Philologus 1909 S. 260 ff. und 1910 S. 359 ff.
694 Der zweite Punische Krieg in Afrika.
Legen wir an diese Hypothesen den Maßstab des praktischen
Schulbeispiels Narraggara.
Der Aufmarsch Die S c h n e i de r sehe Hypothese versagt hier vollkommen; denn
'hier wie auf den großen Feldern haben die Manipel des zweiten
Treffens erwiesenermaßen eine ganz andere Verwendung gefunden.
Der Aufmarsch Die g t ein w en dersche Hypothese ist überhaupt eine Unmöglich -
nach
steinwender; keit für den Kampf schwerer Infanterie. In einer seitlich derart ge-
der chok. iockerten Formation war eines der wichtigsten, unentbehrlichsten
Kampfmittel, der durch Massendruck von rückwärts erfolgte, gefürchtete
„impetus", das conniti" der Legion, absolut ausgeschlossen (vergl.S.
352 ff.). Freilich leugnet Steinwender in seiner momentan letzten Publi-
kation1) konsequenterweise überhaupt den „Chok" in der römischen
Taktik. Daß ihn seine Theorie bis zu dieser kriegsgeschichtlichen
Blasphemie führen mußte, ist der beste Wertmesser für sie. Der Chok
ist und bleibt für die auf Nahkampf angewiesene schwere Infanterie
das einzige und letzte Mittel, die ultima ratio für den entscheidenden
Erfolg; das Herumstochern in der Front durch noch so gute Einzel-
fechter konnte einen halbwegs achtbaren Gegner kaum wesentlich
mürbe machen, geschweige denn in die Flucht schlagen. Eine Masse, die
selbst zu drücken fähig ist, kann im Nahkampfe einzig durch Massendruck
überwältigt oder durchbrochen werden. Der Einzelkampf kann da sehr
wirksam vorarbeiten — und das war zweifellos eine Spezialität
der römischen Taktik — allein die Entscheidung, die Überwindung
der Krisis, mußte dem Chok vorbehalten bleiben. Und was wäre es
dann mit dem berühmten „impetus", was mit dem ofterwähnten Werfen
des Gegners im ersten Anprall („primo impetu"), was endlich mit den
von Steinwender selbst zugegebenen großzügigen Durchbrüchen
(Trebia usw.), die wir einer Truppe nie zutrauen können, deren Taktik
der Chok fremd war?
Nun ist es klar — und das hat auch Steinwender gefühlt — , daß
der Chok in der lockeren Formation undurchführbar war. Man stelle
sich nur vor, was für; Folgen es gehabt hätte, wenn die rückwärtigen
Glieder auch nur einen Augenblick versucht hätten, nach vorne zu
drücken. Augenblicklich wäre die Deckung der Eotten verloren ge-
gangen. Die mittleren Leute jeder Rotte wurden unbarmherzig rechts
und links in die leeren Rottenintervalle hinausgedrängt, diese, auf
1) GefechtssteJlung und Taktik der Mauipulare, Philologus LXIX, 1910, p. 359 ff.
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 695
die Steinwender ein so hohes Gewicht legt, waren beim Teufel, Rich-
tuüg und Zusammenhang der Glieder desgleichen, die Tiefe der Ab-
teilung hatte sich überall, und zwar je nach der kaum durchwegs
gleichen Kraft des Druckes in ungleichem Maße vermindert; die ganze
Einheit glich einem formlosen Klumpen ohne jede Richtung und
Deckung, in dem die komplizierten Vorgänge der Einzel-, Glieder-
und gar Treffenablösung, wie Steinwender sie vorschlägt, niemals
durchführbar waren. Und wie da der „als unverrückbarer Eckpfeiler
am Flügel stehende Centurio" *), der nebenbei auch nicht unsterblich
war, in dieses Chaos wieder Ordnung hätte bringen sollen, — das
kann sich wohl kein Mensch vorstellen.
Ganz dieselben Folgen mußten aber auch eintreten, wenn es dem
massierten Gegner auch nur einen Augenblick einfiel, seinerseits
den Chok zu versuchen. Eine lockere Reihe auch der besten Einzel-
fechter ist ohne physische Stütze von rückwärts absolut außerstande,
den Anprall einer wenn auch noch so unbeholfenen Masse auch nur
einen Augenblick aufzuhalten. Sobald einmal die Vorderglieder der
letzteren ohne Rücksicht auf momentane Verluste von den rück-
wärtigen geschoben wurden, mußte die lockere Einzelfechterformation
augenblicklich zusammenknicken wie ein Kartenhaus.
Das ist der vernichtendste Beweis gegen die Theorie
Steinwenders, daß seine Formation nicht nur nicht im-
stande war, den Chok zu führen, sondern auch ebenso
außerstande, ihn auszuhalten2).
1) Der Gefechtsabstand der Manipiüare, Klio X, p. 461.
2) Daß die römischen Schwertkämpfer zum Chok untauglich gewesen wären,
ist ein Irrtum. Gerade die leichte Lanze oder das lange Schwert wären hier weniger
praktisch gewesen. Beim Chok selbst kommt es in erster Linie auf den physischen
Druck an; hierzu eignete sich der schwere römische Schild mit seinem Buckel
ganz vorzüglich, ja er erscheint förmlich dazu prädestiniert. (Siehe Livius IX 41,
18: „scutis magis quam gladiis geritur res; umbonibus incussaque ala sternuntur
hostes"; und XXX 34, 3: „ala deinde et umbonibus pulsantes etc.") — Wenn es sich
hier auch um rhetorische Ausschmückung handelt, so setzt die Schilderung doch eine
den Römern geläufige, vorstellbare Art des Kämpfens voraus. Um diesen Druck
weiter durch Waffenwirkung zu unterstützen, konnte, wenn einmal der Schild am
Gegner war, gar keine Waffe günstiger sein als das kurze römische Schwert, das in
kurzen vehementen Stößen durch die Zwischenräume zwischen den Schilden dem
Gegner in den Leib fuhr. — Für den Einzelkampf geübter Fechter allein wäre
das römische scutum entschieden zu plump gewesen; seine Form, sowie das Vor-
handensein des „umbo", erklärt sich nur durch die gleichzeitige Bestimmung für
den Chok.
696 Der zw.itc I'unische Krieg in Afrika.
Die Steinwendersche Kampfform ist in Wirklichkeit das, was
Delbrück auf Grund falscher Auffassung der Kromayerschen vorwirft :
der Kampf einer Plänklerkette (yergl.S.365); dieselbe ist mit dem inner-
sten Wesen des Nahkampfes einer schweren Linieninfanterie absolut
unvereinbar und vor allem zu jeder entscheidenden Aktion unfähig.
Der An^ch K* bleibt als0 nur noch die Stoffeische Theorie des Aufmarsches
a»ch stoffei. der rückwärtigen Glieder des ersten Treffens. Sehen wir, wie dies in
praxi, also wieder bei Narraggara, aussieht.
Wir haben die normale Tiefe der Manipel mit 10 Mann an-
genommen (S. 356); andere nehmen sie vielfach noch geringer an, bis zu
6 Mann*). Da nun, wie aus dem „Wog" des Polybios hervorgeht,
die Intervalle den Frontbreiten gleich waren, so hätte sich durch
diesen Aufmarsch die Tiefe auf die Hälfte, das ist auf 5 bzw. 3 Mann,
reduziert. Es wäre also bei 4 Legionen mit Alen eine zusammen-
hängende Front von fast 2 Kilometer Länge und höchstens 5 Mann
Tiefe auf den Feind geprallt, und dies von Hause aus ohne Aussicht,
von rückwärts unterstützt zu werden. Da hätten wir also richtig die
lange dünne Linie, von der schon Delbrück (S. 448) mit Recht sagt,
daß" sie die denkbar unbeholfenste Formation ist. Wie diese Front
einen ernstlichen „impetus" hätte ausführen, wie sie das Zerrissen-
werden, also die Bildung unfreiwilliger Intervalle — deren erhöhte
Gefährlichkeit von keiner Seite bezweifelt wird — hätte verhindern,
wie sie entstandene Lücken hätte stopfen können — darauf mögen
die Verteidiger dieser Theorie die Antwort erteilen.
Ich habe seinerzeit2) im Anschlüsse an Rüstow erklärt, daß für
simpie'i^d die ' acies simplex" allerdings die zusammenhängende Linie Be-
die mtervaiie. ding^ sd Da nun in unSerem Falle bei Narraggara die beiden
Hintertreffen der Unterstützung des ersten entzogen wurden, könnte
man letzteres als acies simplex auffasen und folgerichtig die Anwen-
dung jenes Axioms fordern. Indeß der Einwand ist leicht abzuwehren.
Vor allem muß darauf hingewiesen werden, daß die beiden Hinter-
treffen, wenn sie auch nicht zur direkten Unterstützung der Hastaten
bestimmt waren, so doch während der ganzen Zeit, da jene kämpften,
in nicht allzugroßer Distanz hinter ihnen standen, ihnen daher einen
wenn auch nicht physischen, so doch moralischen Rückhalt boten; in
1) Steinwender sogar nur 4 Mann; dies kommt aber hier nicht in Betracht, da
er den Stoffel'schen Aufmarsch nicht annimmt.
2) Die Taktik der Kohortenlegion, Klio VII (1907) p. 312.
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 697
dem Augenblick, als sie seitwärts abrückten, wurden tatsächlich auch
die Hastaten aus dem Kampfe gezogen. Wir haben also eine, wenn
auch nicht vollgültige, so doch bedingte acies triplex.
Allerdings war das Aus-dem-Kampf-ziehen der Hastaten nur durch
die unvorhergesehene Gefechtspause möglich geworden. Wäre die
Schlacht nach Scipios ursprünglichem Programm verlaufen, so hätte
sich während des Aufmarsches der Hintertreffen notwendig ein Moment
ergeben, wo die Hastaten ganz allein, ohne jeden unmittelbaren Rückhalt,
den Kampf führen mußten. Indeß auch dies ist kein Argument gegen un-
sere Annahme, wie die folgenden ausführlichen Erwägungen dartun sollen.
Ich habe damals in demselben Atem mit meinen vorzitierten
Ausführungen ausdrücklich erklärt, daß diese acies simplex nur in
der Defensive möglich war und überhaupt Sinn hatte. So unter Caesar
bei Ruspina, unter Scipio am „supercilium" vor Uzita. Als Caesar bei
Ruspina zur Gegenoffensive überging und dazu jede zweite Kohorte
seiner acies simplex kehrt machen und in entgegengesetzter Richtung
vorgehen ließ (vergl. unten S. 789 f.), waren sofort die Intervalle da — und
zwar frontbreite Intervalle ; und es ist höchst unwahrscheinlich, daß, wie
Delbrück annimmt, Caesar in diesem durchaus auf Überraschung auf-
gebauten Schlachtmoment sich die Zeit genommen hätte, die Kohorten in
sich aufmarschieren zu lassen. Und doch haben wir es, da die beiden
Treffen nicht eines hinter dem andern vorgingen, sondern sich in ent-
gegengesetzter Richtung voneinander entfernten, nicht mit einer acies
duplex, sondern mit zwei selbständigen acies simplices zu tun.
Wie steht nun die Sache bei Narraggara?
Dies wird uns am klarsten durch eine zweite Parallele, die so
nahe liegt, daß es mich wundert, wieso sie noch nicht herangezogen
worden ist: mit Hannibals Mitteltreffen bei Cannae. Hier
wie dort handelte es sich darum, die feindliche Front in ihrer ganzen
Ausdehnung solange festzuhalten, bis die Umfassung wirksam wurde.
In beiden Fällen war der betreffenden Gruppe eine nicht ent-
scheidende Aufgabe von begrenzter Dauer zugewiesen.
Hannibals Mitteltreffen bei Cannae war die typische acies simplex :
eine dünne Linie, ohne Rückhalt von rückwärts, und — und das ist der
springende Unterschied gegen Narraggara — mit ausgesprochen defen-
sivem Charakter.
Hannibal erwartete bei Cannae stehenden Fußes den Angriff der
Römer (S. 3 1 5), und sein vorgeschobenes Zentrum wäre auch gänzlich außer-
698 Der zweite Pimische Krieg in Afrika.
stände gewesen, offensiv vorzugehen, eben weil es eine — trotz der
Staffelung an beiden Enden — im wesentlichen zusammenhängende
Linie ohne direkten Rückhalt war. Für eine solche Linie bedeutet
jeder Durchbrach die Katastrophe; der Zusammenhang ist vitale Be-
dingung, und auf seine Wahrung muß das ganze Augenmerk gerichtet
sein. Dies aber ist in der Offensive unmöglich. Denn die
Offensive strebt positive Erfolge an. Diese aber mußten hier, wie gleich
gezeigt werden soll, gerade am raschesten zur Katastrophe führen, und
ihre Vermeidung war daher dringend geboten. Das Paradoxon ist
leicht erklärt: Ein einheitlicher, zusammenhängender und gleichzeitiger
Erfolg auf der ganzen Front, der einzige, bei dem der Zusammenhang
halbwegs gewahrt werden kann, zählt einem ebenbürtigen oder gar
überlegenen Feinde gegenüber zu den größten Unwahrscheinlichkeiten,
zumal bei einer so schwächlichen Formation wie die eigene in diesem
Falle war. Die Ausnützung eines partiellen Erfolges, auf den
immerhin gerechnet werden durfte, ist unmöglich, ja ein solcher muß
geradezu ängstlich vermieden werden: denn seine notwendige Folge
wäre das Zerreißen der eigenen Front, welches in weiterer Folge
unfehlbar den Erfolg eines Teiles zur Katastrophe des Ganzen wandeln
müßte. Jeder Vorstoß einer Abteilung, jedes damit notwendig ver-
bundene Ausbiegen ocler Staffeln der Front war hier verderblich,
denn eine weitere Verdünnung vertrug sie nach einmal erfolgtem
Aufmarsche nicht mehr, und zum Stopfen der Lücken fehlte jede weitere
Möglichkeit. So war die dünne lange Linie der acies simplex not-
wendig zur Defensive verurteilt, welche allein ermöglichte, das ganze
Augenmerk auf die Wahrung des Zusammenhanges zu richten. So
war es bei Cannae.
Bei Narraggara aber ist Scipios erstes Treffen offensiv vor-
gegangen; es hat entschiedene Erfolge errungen, und diese Erfolge
waren, wie aus den wiederholten Schwankungen hervorgeht, zweifel-
los größtenteils partieller Natur1). Bei dem Kampfe, wie ihn die
römischen Hastaten hier geführt haben, ist die beständige Wahrung
der Front absolut undenkbar ; dieselbe dürfte vielmehr in jenem Augen-
blick, wo Scipio sie endlich zurückbeorderte, längst vollkommen
durcheinander gekommen sein2). Daß dieser Umstand aber nicht
1) Nur ein Teil der Hastaten verfolgt : ol smSicöxovrss rwv dordrcov Pol. XV
14, 3.
2) <jvvE%eav £7tin£OÖvTss ras rcöv aarära)v orjuaias Pol. XV 13, 7.
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 699
schon längst zur Katastrophe des ganzen Treffens geführt hatte, daß
dieses vielmehr nicht nur weiterkämpfte, sondern trotz partieller
Rückschläge immer wieder wenigstens partielle Erfolge zu erringen
vermochte *) , das wird nur erklärlich unter der Annahme einer
reinen Offensivformation, d. i. einer solchen, die es jeder Einheit
ermöglicht, für sich Erfolge zu erringen und auszunützen, ohne dabei
auf die andern sonderlich viel Eücksicht nehmen zu müssen; wo somit
jeder „Gewalthaufen" für sich mit einer gewissen und zwar ziemlich
bedeutenden Selbständigkeit kämpfte, von seiner erprobten Eigenschaft,
sich nach jeder Eichtung gleich gut wehren zu können, ausgiebigen
Gebrauch machend, ohne an den Nachbar gebunden zu sein, ohne den-
selben zu behindern oder durch ihn, wenn derselbe zurück mußte,
allzusehr behindert zu werden (vergl. S. 357). Dieser Kampf jedoch, in
dem selbst das unfreiwillige Intervall in einem gewissen und zwar
ziemlich hohen Grade belanglos blieb, ist nur unter Voraussetzung der
systemisierten, freiwilligen Intervalle möglich.
Ist also, wird man einwenden, der Kampf der acies simplex in
Intervallen doch möglich, sofern man nur mit rücksichtsloser Offen-
sive vorgeht? — Die Frage ist trotz allem zu verneinen. Ein
voller Erfolg ist einem halbwegs ebenbürtigen oder gar überlegenen
Gegner gegenüber auf diese Weise nicht zu erreichen. Auch Caesars
1) Man wolle nicht mißverstehen. Sicher liegt im Teilerfolg als solchem
eine gewisse Gefahr, indem durch denselben der ursprüngliche Zusammenhalt der
Truppen gelockert wird und zwar um so mehr, je tatkräftiger die erfolgreiche Ab-
teilung ihren Sieg verfolgt ; denn hierdurch ergeben sich Schwächen des Zusammen-
hanges, die ein initiativer Gegner, zumal wenn er über intakte Reserven verfügt, zu
Gegenstößen ausnützen kann. — Andererseits wäre es vollkommen verfehlt, den
Teilerfolg wegen dieses ihm anhaftenden Gefahrmoments grundsätzlich zu perhorres-
zieren. Im Gegenteil: je differenzierter und somit höherstehend die Gefechtstätig-
keit ist, um so mehr wird sie darauf angewiesen sein, zunächst Teilerfolge zu er-
ringen, um diese sodann zum Gesamterfolge zu steigern. Hierzu stehen der Führung
eben die Reserven zu Gebote, welche berufen sind, einerseits in defensivem
Sinne die sich durch den Teilerfolg ergebenden Blößen zu decken, anderseits offen-
siv den Teilerfolg zum Gesamterfolg zu steigern. So erscheint die Reserve oder
doch die differenzierte Kampftätigkeit bis zu einem gewissen Grade als Vorbedingung
der Möglichkeit, den Gesamterfolg auf dem Wege über den Teilerfolg zu suchen.
Man könnte dies auch so ausdrücken: Die ganz undifferenzierte Taktik, d. i. die
absolute Phalanx, ist ausschließlich auf den Gesamterfolg gewiesen; der Teilerfolg
bedeutet für sie weit mehr eine Gefahr als ein Mittel zum Siege. Je differenzierter
die Taktik wird, desto mehr verliert nicht nur der Teilerfolg von seiner Gefährlich-
keit, sondern er wird auch in gleichmäßig steigendem Maße zur endlich einzigen
Vorbedingung des Gesamterfolges.
7 in» Der zweite Panische Krieg in .Afrika.
( MVensivstoß bei Raspina brachte bloß einen beschränkten Erfolg, indem
er eben nur den gesicherten Rückzug ermöglichte; und bei Narraggara
war, wie bereits betont, die Entscheidung in dieser Kampfphase gar
nicht beabsichtigt. Die rückhaltlose Einheit muß sich notwendig
früher abnützen, bevor sie des über Reserven verfügenden Gegners
vollends Herr geworden; der Angriff muß notwendig vor erfolgter
Entscheidung kulminieren, und dann ist der volle Rückschlag
unausbleiblich, wenn nicht im letzten Moment eine Degagierung
eintritt. Auch bei Cannae war diese — trotz der Defensive des Mittel-
treffens — notwendig gewesen, und bei Narraggara war sie gleichfalls
von Hause aus in Aussicht genommen, und zwar in derselben Form
wie dort: durch beiderseitigen offensiven Flankenstoß, der die Offensive
beziehungsweise Gegenoffensive des Gegners lahmlegen und in weiterer
Folge ihm selbst die Katastrophe bereiten sollte *). Hannibal hat dies
bei Cannae glänzend erreicht; die Römer hatten trotz ihrer Über-
legenheit nichts in der Hand, was sie den furchtbaren Flankenstößen
hätten entgegenstellen können. Ihre scheinbar unwiderstehliche Offen-
sive kam augenblicklich zum Stehen, und damit war die entscheidende
Wendung der Schlacht gegeben (vergl. S. 319). Bei Narraggara aber
hatte Hannibal sich etwas zurückbehalten, das sehr wohl geeignet
war, die gegnerischen Flankenstöße wirksam zu parieren : eine richtige
Reserve. So mußte Scipio plötzlich einsehen, daß sein Plan undurch-
führbar war. Es ist zweifellos ein großes Verdienst, daß er dies, wie
es scheint, sofort erkannt hat; daß er aber aus dieser Erkenntnis auch
noch die Konsequenzen ziehen konnte, das war, wie wir gesehen haben,
doch auch von unvorhergesehenen Umständen begünstigt. Auf alle
Fälle war ihm die Degagierung der ausgespielten festhaltenden Gruppe,
so wie sie in Aussicht genommen gewesen, unmöglich. Und daher die
Notwendigkeit, sie trotz der Erfolge, die sie errungen, zurück-
zuziehen. Der Feldherr rief sie zurück, bevor ihr Angriff kulminiert
1) Daß ein mit ausgiebiger Kraft geführter Flankenstoß, dem der Gegner nichts
Ebenbürtiges mehr entgegenzusetzen vermag, die schwer kämpfende Front viel wirk-
samer degagiert als ein direkt frontales Einsetzen derselben Kraft es imstande wäre,
ist eine allgemein bekannte Tatsache, und kann durch unzählige Beispiele aus der
Kriegsgeschichte belegt werden. Erst in der allerneuesten Zeit, auf den zum Teil
weit über 100 Kilometer langen Schlachtfronten in der Mandschurei, hat dieses Mittel
teilweise versagt, da sich die Fortpflanzung des hier in erster Linie in Betracht
kommenden moralischen Eindruckes der Flügelkatastrophe als räumlich begrenzt
er wiesei] hat. — Vgl. v. Csicserics, „Die Schlacht", Wien 1906, p. 64 ff.
Narraggara. Beilage II: Taktische Fragen zur Schlacht. 701
hatte, und das ist vielleicht der feinste Zug im Verlaufe dieser
Schlacht.
Soweit über die Intervallformation des ersten Treffens. Daß sie Die Intervalle
• i .,, im allgemeinen.
auch sonst, also überall, vorhanden war, ist da wohl selbstverständlich,
läßt sich übrigens auch aus Polybios ableiten. Bei der Neurangierung
wurden die Hastaten dem feindlichen Zentrum gegenübergestellt, und
auch die beiderseits — diesmal frontal — aufmarschierten Hintertreffen
erhielten eine gedrängte Aufstellung („Ttvxvcboag"). Beides kann
nicht durch Zusammenschieben der Kotten geschehen sein, was die
Kampftätigkeit wesentlich beeinträchtigt hätte, sondern einzig durch
ganzes oder teilweises Opfern der Intervalle, die also bis zu diesem
Augenblick in allen Teilen der Legionen vorhanden gewesen sein
müssen.
Am deutlichsten aber erhellt unsere Auffassung aus der klassischen
Bemerkung, die Polybios XV 15, 7 an den Verlauf eben dieser Schlacht
knüpft :
vovor]g yccQ öv od laGrcdGxov rfjg Pcofxalwv td^sojg xal
ÖVV(X{1£Ü)Q, T ÖV äv ÖQCC G V V € ß 7] XCcl XCC&Ö lov XO.I ZÖTß \X £ Q Tj
pid%£G&a i tc gög tz d Gag tag BTCtcpavelag ö id zfjg ^iiäg ix-
Td!$etog, del t&v eyyiGia reo ösivqi gtj \ia lwv gvv erciGTQe-
(fovGcov Tcgög rö öeö [tsv ov.""
Wieso die hier ausdrücklich betonte Selbständigkeit
der Manipel, die Möglichkeit, sich jederzeit nach jeder
erforderlichen Richtung zu wenden, ohne Intervalle mög-
lich war; wieso endlich die spezifisch römische Unemp-
findlichkeit gegen Durchbruch eben mit dieser die Inter-
valle voraussetzenden Möglichkeit in Zusammenhang
gebracht werden kann, wenn es solche gar nicht gab:
dies zu erklären haben die Anhänger der zusammen-
hängenden Linie bisher nicht vermocht und dürften die
Erklärung ewig schuldig bleiben.
Endlich noch eines:
Wir haben eine stattliche Reihe von Quellenstellen, welche die
Existenz der Intervalle in verschiedenen Stadien der Schlacht bezeugen ;
und nicht eine Stelle, die ihre angeblich notwendige1) Schließung für
1) Die einzige Stelle, welche die wenigstens teilweise Schließung indirekt be-
zeugt, die eben besprochene Neurangierung der Truppen bei Narraggara, ist aus-
drücklich als ein Ausnahmsmanö ver charakterisiert.
702 I>er zweite Punische Krieg in Afrika.
den Kampf in was immer für einer Weise auch nur andeuten würde ;
sollte das wirklich nur Zufall sein? —
Ich schließe damit für diesmal die Diskussion über die Intervall-
frage, indem ich mit guter Absicht nicht über den Rahmen dessen
hinausgehe, was die Schlacht von Narraggara eben zur Diskussion
stellt. Daher ist es mir auch nicht möglich, auf die zahlreichen und
zum Teil sehr interessanten Ausführungen von Kuthe, Giesing, Lammert,
Fröhlich und vor allem Steinwender detailliert einzugehen. Im übrigen
verweise ich auf die ausführlichen Bemerkungen Prof. Kromayers
in der Beilage II zu Cannae, und auf meine frühere Arbeit „Die
Taktik der Kohortenlegion1), deren Folgerungen ja in allen prinzipiellen
Fragen auch für die Manipularlegion Geltung haben. Die Einwände,
die Delbrück gegen diese Arbeit erhoben hat2), erledigen sich mit dem
vorangeführten insgesamt von selbst, und es ist mir um so lieber eine
weitere Auseinandersetzung vermeiden zu können, als seine Kampf-
weise — an Stelle wissenschaftlicher Argumentation affektierte Über-
legenheit und persönliche Anspielungen — nicht danach angetan ist,
zu sachlicher Diskussion zu reizen. Das ist die Kampfweise nicht des
ernst zu nehmenden Fachmannes, sondern des wissenschaftlichen
Desperados: ihr Terrain liegt auch nicht „im Vorhofe des Tempels
der Wissenschaft", sondern ganz außerhalb desselben. Dahin folge
ich ihm nicht; dazu ist mir die Sache zu heilig und meine Feder
zu gut. —
1) Klio VE (1907) p. 303ff.
2) Nr. 39 p. 448 und sonst.
VI,
Der dritte Puniseke Krieg.
Kroraayer-Veith. Antike Schlachtfelder III. 45
Nepheris.
Spezial-Literatur
(chronologisch geordnet).
(Die nicht oder unvollständig zitierten Werke siehe im Allgemeinen Literatur-
verzeichnis.)
Lauf. Nr.
1. Ch. Tissot. 1884/88.
2. Delattre, Note sur l'emplacement de Nepheris, (Comptes rendues de Tacad.
des inscr. XIII. p. 205.) 1889.
3. Atlas archeologique de la Tunisie, Blatt Grombalia.
Die Tatsachen und ihre Lokalisierung.
(Hierzu Karte 12a und 15).
Für den dritten Punischen Krieg ist Appian unsere vornehmste Die Quelle.
Quelle.
Dieser sonst in militärischer Hinsicht recht unverläßliche Schrift-
steller erhebt sich hier zu einer relativen Klarheit und Anschaulichkeit
der Darstellung, die unwillkürlich an Polybios gemahnt. Es ist auch
nicht zu bezweifeln, daß hier tatsächlich Polybios zugrundeliegt, und
dies in einem Grade, der über die landläufigen Begriffe von Quellen-
benützung wesentlich hinausgeht. So wenig schmeichelhaft dies für
den Autor sein mag, für uns, denen die einschlägigen Partien des
polybianischen Originals verloren sind, ist es ein willkommener Glücksfall1).
1) Ed. Seh wartz, Pauli- Wissowa Real-Enzyklopädie IL 216 ff. ist der Ansicht,
daß Appian nicht Polybios direkt ausgeschrieben, sondern einen auf Polybios fußenden
römischen Analisten als Vorlage benützt habe. Diese Ansicht ist nichts als die not-
wendige Konsequenz seiner unbewiesenen Hypothese, daß Appian ausschließlich latei-
nische Schriftsteller benützt hätte. Ist es schon durchaus nicht einleuchtend, warum
ein Schriftsteller, der selbst griechisch schrieb, sich diese ganz widersinnige Be-
schränkung hätte auferlegen sollen, so ist andererseits die ganze Schreibweise der
römischen Annalisten, soweit wir in ihre Tätigkeit Einsicht haben, so grundverschieden
von der hochstehenden historischen Darstellungsweise des Polybios, daß eine aus
einem der ersteren ausgeschriebene Geschichte unmöglich so an die Art des letzteren
erinnern könnte, wie dies bei Appians Schilderung des dritten Panischen und des
45*
706 Der dritte Punische Krieg.
Die Hauptaktion des Krieges, die Belagerung Karthagos, wurde
in den Bereich unserer Untersuchungen aus guten Gründen nicht auf-
genommen. Es ist darüber schon erschöpfend diskutiert worden1), und
weitere Klarheit in die Sache zu bringen, liegt wohl kaum mehr in
der Hand des Historikers und Militärs, sondern ausschließlich in der
des Archäologen. Dagegen bot eine Reihe von Nebenoperationen, die
sich an den Namen der Bergstadt Nepheris knüpfen, für unsere
Forschungen ein dankbares Problem.
Die Ereignisse. Die Ereignisse, wie sie uns Appian Pun. 102 — 104, 108 — 109, 126
schildert (s. die Übersetzung im Anhange S. 713 f.), sind in Kürze folgende:
Hasdrubal, der begabte Führer Karthagos in seinem letzten
Kampfe, hatte unter Verzicht auf die persönliche Leitung der eigent-
lichen Verteidigung eine feste Stellung im benachbarten Berglande, ge-
stützt auf die Bergstadt Nepheris, bezogen. Von hier aus beunruhigte
er, selbst nahezu unangreifbar, fortgesetzt das römische Belagerungs-
korps und versah außerdem die Hauptstadt regelmäßig mit' Proviant.
Der Plan war vortrefflich. Die Verteidigung Karthagos, vielleicht
der stärksten Festung ihrer Zeit, konnte als die weitaus leichtere Auf-
gabe umsomehr untergeordneten Kräften überlassen werden, als der
römische Befehlshaber Manilius mit geradezu rührender Unbeholfen -
heit zu Werke ging. Im Gegensatze hierzu gewann die Stellung von
Nepheris bald einen solch ausschlaggebenden Einfluß auf den Fortgang
der Operationen, daß ihr Fall schließlich zur wichtigsten und unabweis-
lichsten Vorbedingung für die Einnahme der Hauptstadt wurde.
Erste Expedition Als Manilius dies endlich begriffen, unternahm er eine Expedition
zu diesem Zwecke, obwohl sein Kriegstribun P. Cornelius Scipio die
ungenügende Vorbereitung bemängelte. Der Wegführte durch gebirgiges
und waldiges Terrain. Endlich, 3 Stadien (ca. 525 m) von Hasdrubals
Numantinischen Krieges der Fall ist. Einzelne notorische Abweichungen von der
Auffassung des Polybios können immerhin auf die sporadische Benützung einer Neben-
quelle zurückgeführt werden. (Über das Quellenverhältnis beim Numantinischen
Krieg vgl. Schulten, Numantia (Abh. der K. Ges. d. Wissensch. zu Göttingen phil.
hist. Kl. n. T. Bd. VIII Nr. 4. Berlin 1905.)
1) Tissot I. p. 565—633. — R. Oehler, „Die Häfen von Karthago", Serie von
Abhandlungen im Neuen Jahrb. f. klass. Phil. u. Pädag. 1893, p. 321— 332; (cf Les
pcrts de Carthage. Bull, de l'Academie d'Hippone no. 27 [1905], p. 1 — 19.) Jahrbuch
des kgl. deutschen Archeol. Inst. XIII. 1898, 3. Heft, p. 171—175; XIV. 1899, 1. Heft,
p. 7—12; 4. Heft, p. 193—197; XVI, 1901, 3. Heft, p. 140—147; XIX, 1904, 3. Heft,
p. 173 — 184. u. A. Dr. Carton, Note sur la topographie des ports de Carthage C. R.
Ac. des Inscr. 1910, p. 622—631.
Nepheris. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung. 707
Stellung angelangt, sahen sich die Kömer gezwungen, ein schwer passier-
bares Bachbett angesichts des Feindes zu überschreiten. Trotz aber-
maligen Abratens Scipios ging Manilius hinüber. Jenseits kam es zum
Kampf; Hasdrubal wich schließlich auf die festen Höhen seines Lagers
zurück, wo ihm die Römer in Ermangelung entsprechender Vorkehrungen
nichts anhaben konnten. Es blieb ihnen nichts übrig, als den Rück-
marsch anzutreten. Bis an das Bachbett konnten sie in Schlachtordnung
zurückgehen; hier aber machte die Schwierigkeit der Passage eine
teilweise Lockerung der Verbände notwendig. In diesem Augenblicke
ging Hasdrubal zum Gegenangriff vor und brachte ihnen eine em-
pfindliche Niederlage bei. Mit größter Bravour deckte Scipio mit seiner
Reiterei durch fortgesetzte Angriffe den Rückzug über das Hindernis
und rettete dadurch das Heer vor voller Vernichtung.
Indessen waren vier römische Manipel noch vor dem Übergange
abgedrängt und auf einer nahen Höhe, auf die sie sich gerettet hatten,
eingeschlossen worden. Scipio unternahm es, sie zu befreien. Mit
Proviant auf zwei Tage versehen, gelangte er mit seiner Kavallerie
auf einem andern Wege vor die Höhe und besetzte einen benachbarten
Hügel, der von jener Höhe zwar durch eine Schlucht getrennt war, doch
um den Ursprung derselben herum mit ihr zusammenhing. Auf diesem
Wege gelangte er in den Rücken der Feinde und zwang sie zur Auf-
hebung der Einschließung, worauf er mit den befreiten Manipel zum
Hauptheere abzog.
Manilius, ärgerlich über seinen Mißerfolg, unternahm bald darauf Exp^on des
eine zweite Expedition. Obwohl er diesmal vorsichtiger zu Werke Manilius.
ging und, bevor er etwas Ernstliches wagte, ein Lager schlug, so blieb ihm
der Erfolg doch auch diesmal versagt, da er gegen Hasdrubals Stellung
nichts auszurichten vermochte. Er war schließlich froh, durch den Über-
gang einer feindlichen Abteilung wenigstens den' äußeren Schein eines
Erfolges zu erzielen, und trat nach lTtägigem Verweilen den drei Tage
währenden Rückmarsch an.
Im folgenden Jahre übernahm Scipio selbst das Kommando.
Obwohl er alsbald einige nicht unwesentliche Erfolge gegen die E|^^on
Hauptstadt erzielt hatte, in welcher in klarer Erkenntnis der geänderten
Sachlage nunmehr der Oberfeldherr Hasdrubal persönlich das Kom-
mando übernahm, sah auch er ein, daß zuvor mit Nepheris, wo jetzt
Diogenes kommandierte, ein Ende gemacht werden müsse, bevor man
vor Karthago zum Ziele kommen könnte. Mit mehr Vorsicht, aber auch mit
03
Der dritte Punische Krieg-.
Lokalisierung.
mehr Energie als Manilius ging er zu Werke. Während er mit der Infanterie
den Seeweg benützte, ging Laelius mit der Kavallerie auf dem Land-
wege ab. Zwei Stadien (ca. 350 m) vor dem feindlichen Lager
schlug Scipio das seinige und begann sofort den belagerungsmäßigen
Angriff. Nach vorübergehender zweimaliger Abwesenheit — seine
Gegenwart war vor Karthago notwendig geworden — zurückgekehrt,
fand er bereits zwei Breschen in die Front des feindlichen Lagers ge-
schlagen; er ließ nun 3000 Mann an dieser Stelle zum Sturme vor-
gehen, während gleichzeitig eine Abteilung von 1000 Mann, auf ge-
deckten Wegen das Lager umgehend, die Kehle desselben angriff.
Das Lager wurde genommen. Nach weiterer 22tägiger Belagerung
fiel endlich auch die Stadt Nepheris selbst in die Hände der Eömer.
Damit war der Fall Karthagos nur mehr eine Frage der Zeit ge-
worden.
Die Lokalisierung des Schauplatzes dieser Ereignisse ist im all-
gemeinen in einwandfreier und unwidersprochener Weise erfolgt1)1
nur die Fixierung der einzelnen taktischen Vorgänge ist bisher, so
leicht sie sich ergibt, noch nicht versucht worden. Dies soll im Zu-
sammenhang mit den bereits feststehenden Ergebnissen im nach-
folgenden geschehen.
Für die Festlegung der Örtlichkeit im allgemeinen finden wir
außer den Angaben Appians noch eine wichtige Notiz bei Strabo
XVII 3, 16. Er beschreibt den Weg von Karthago nach Nepheris zu-
nächst als einen Seeweg von 60 Stadien (ca. 1 1 Kilometer) Länge und
dann als einen Landweg von 120 Stadien (ca. 21 Kilometer). Damit ist
die Lage auch so ziemlich gegeben : es ist die Gegend des großen drei-
eckigen Kessels zwischen den Massivs des Dj. bou Kournine, Dj. Bessas
und Dj. es Srai. Dieser sehr fruchtbare Talkessel wird von der alt-
berühmten Pilgerstraße „Khanguet el Hadjad", die von Tunis bezw.
aus dem unteren Milianabecken direkt in die Senke von Grombalia
und damit zur Ostküste führt, durchquert, und hat demnach, außer
einem schwierigen, nach Süden führenden Seitenpass, im Verlauf der
obgenannten Straße zwei Hauptausgänge: einen Höhenpaß nach Westen
in die Ebene der Miliana, und ein enges Taldefilee nach Osten in die
Senke von Grombalia. Die Distanz entspricht vollkommen : der Seeweg von
Karthago bis zum nächsten Küstenplatz (heute Hamman Lif) beträgt
1) Tissot (Nr. 1) I 561 (infolge der auf den heutigen Karten nicht mehr auf-
findbaren Namen unklar); Delattre (Nr. 2) p. 205 ff.
Nepheris. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung. 709
ca. 11 Kilometer, und von da der einzig praktikable Landweg über
Creteville bis etwa in die Südecke des Kessels ca. 21 Kilometer, wobei
der vorerwähnte, etwa 180 m hohe, von steilen Schluchten durch-
schnittene Paß zu überschreiten ist. Das ganze Gebiet ist auch heute
noch großenteils bewaldet.
In dem Kessel finden wir auch sofort den Wasserlauf, der beim
ersten Angriff des Manilius eine so folgenschwere Rolle gespielt hat.
Es ist dies der Ou. bou Abid, der den ganzen Kessel von Westen
nach Osten durchquert und derart tief und steil eingeschnitten ist1),
daß das Durchklettern selbst für einen einzelnen und unbehinderten Mann
große Schwierigkeiten bietet. Es ist sonnenklar, daß die Über-
schreitung eines solchen Hindernisses durch eine Armee im Eückzuge
unter einem feindlichen Angriffe zum Debacle werden mußte. Leicht
einzusehen ist auch, warum Hasdrubal dem Feinde den Übergang
freigab. In starrer Defensive am Bache verharrend, hätte er die
Römer wohl frontal aufhalten, jedoch nicht ernstlich schädigen können,
und schließlich wäre diese Stellung in der äußersten linken Flanke,
wo der Bach seinen Hindernischarakter verliert, zu umgehen gewesen.
Ging er sejbst offensiv über den Bach, so bekam er dieses gefährliche
Hindernis in seinen Eücken und war im Falle der Niederlage der vollen
Katastrophe sicher; dasselbe drohte aber den Römern, wenn er sie
zuerst herüberließ, während er selbst, mit dem Lager im Rücken,
wenig riskierte; und je mehr herüberkamen, desto mehr mußten, wenn
in das Hindernis zurückgeworfen, in die Katastrophe verwickelt werden.
Als er dann nach erfolgter Überschreitung des Baches durch die Römer
zuerst zum Angriff vorging, hoffte er wohl, den Gegner sofort in den
Bach werfen zu können; der unerwartet zähe Widerstand der römischen
Legionen jedoch, die auch unter einem mäßigen Feldherrn ihr Leben
teuer zu verkaufen pflegten, ließ es ihm wohl ratsam erscheinen, es
lieber nicht auf eine Entscheidung im freien Felde ankommen zu lassen.
Er ging, solange er es noch freiwillig konnte, in seine feste Stellung
zurück, und wartete auf den unvermeidlichen Abzug der Feinde, die
gegen ihn weiter nichts unternehmen und mangels getroffener Vorsorgen
auch nicht dauernd vor dem Lager stehen bleiben konnten. Seine Be-
rechnung täuschte ihn nicht, und sein zweiter Angriff auf den im Über-
1) Ich schätze die durchschnittliche Tiefe des Einschnittes auf 8 — 10 Meter. Vgl.
Bild 50. — Den tiefen Einschnitt erwähnt Appian ausdrücklich : „& n $avua
xaraßdvxas i%QTJv av aßaivetv inl rdv 'Aodpovfia*. (Lib. 102.)
710 Der dritte Punische Krieg.
gange befindlichen Gegner führte tatsächlich dessen volle Niederlage
herbei1).
Die Gegenangriffe, mit denen Scipio den Rückzug deckte, haben
jedenfalls am westlichen Flügel, wo das Terrain für Kavallerie am
günstigsten ist, und noch südlich des Baches stattgefunden, da Scipio
denselben nach Appians Schilderung zum Schlüsse noch selbst unter
großen Schwierigkeiten überschreiten mußte. Die Abdrängung der
4 Manipel, die erst, nachdem das Gros den Übergang vollendet,
bemerkt wurde, erfolgte demzufolge jedenfalls auf dem anderen östlichen
Flügel. Die Höhe, auf der sie eingeschlossen wurden, ist im Terrain
auf den ersten Blick zu erkennen : es ist die vorspringende Rückfall-
kuppe 146, welche den Ostausgang des Kessels kulissenartig absperrt.
Das Lager Hasdrubals müssen wir, im Zusammenhang mit den
eindeutig festgestellten Vorgängen am Bache, auf dem flachen Doppel-
hügel 215 in der Südecke des Kessels annehmen2). Wenn Hasdrubal,
wie aus der Schilderung hervorgeht, die Römer vor dem Lager in
Schlachtordnung erwartete, so mochte seine Front ungefähr 3 Stadien
(525 m) vom Bache entfernt gewesen sein, wobei es selbstverständlich
niemandem einfallen wird behaupten zu wollen, daß alle Teile der-
selben die gleiche Entfernung vom Hindernis hatten ; der Text besagt
nur, daß die Römer, als sie an den Bach kamen, vom Gegner so weit
entfernt waren, was mit Rücksicht auf die beiderseits nächsten Teile
tatsächlich stimmt. Sie trafen mit der Tete gegenüber dem feindlichen
linken Flügel — in der natürlichen Direktion auf das Lager — ein,
gingen dort, tatsächlich 3 Stadien vom Feinde, hinüber und marschier-
ten gleichzeitig links vorwärts auf; den schließlichen Rückzug bewerk-
stelligten sie zunächst in Schlachtordnung bis an den Bach, und hier
suchte nun jede Abteilung, so gut sie konnte, hinüber zu kommen, als
der feindliche Gegenangriff erfolgte.
Der Rückzug nach der Schlacht führte, da vor dem Kampfe kein
Lager geschlagen worden war und die Truppen arg erschüttert waren,
zweifellos bis an das Marschlager des vorhergehenden Tages, das wir
etwa in der Gegend von Creteville ansetzen dürfen, und erst hier wurde
1) Noch heutzutage fördert der Pflug in dieser Ebene eine solche Menge Men-
schenknochen zutage, daß sogar die Feldarbeit dadurch erschwert erscheint. (Bulletin
archeologique du comite des travaux histor. et scientif. 1889 p. 273.) Allerdings ist hier
auch schon im libyschen Söldnerkrieg eine Schlacht geschlagen worden (s. S. 539 ff.).
2) Knapp am Fuße dieses Hügels finden sich Spuren antiker Cisternen (Atlas
archeologique de la Tunisie, Blatt „Grombalia", 48).
Höhe 143
(Scipios Kavallerie)
Schlucht der Ae Ranem
Dj. Kalbi
Ilftho 1 46
(4 ManipoH
Bild Nr. 49: Der Kessel an der Khanguet-Straße, vom östlichen Defileeausgang gesehen.
Dj. Ressas
Bild Nr. 50: Der Oued bou Abid.
Höhe 215
jager Hasdrubals)
Dj. Eessas
Pass gegen
Creteville
Nepheris. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung". 711
das Ausbleiben der 4 Manipel konstatiert (s. Anhang S. 714). Dieser
Umstand erklärt auch alle Details der nun folgenden Entsatz"
Operation Scipios.
Die vier abgedrängten Manipel waren dem Heere ganz aus dem
Gesichte gekommen; man vermutete nur, daß sie auf einer isolierten,
wahrscheinlich wasserlosen Kuppe eingeschlossen waren. Höchste Eile
tat not, wollte man sie noch retten. Auf dem kürzesten Weg, über
das eben geräumte Schlachtfeld vorzugehen wäre Wahnwitz gewesen;
blieb nur der Umweg um das ganze Massiv des Djebel bou Kournine
herum gegen den Ostausgang des Kessels. Der Weg von Creteville
bis dahin beträgt 32 Kilometer. Der schwer erschütterten Infanterie
war diese Leistung nach der unglücklichen Schlacht und dem Kück-
zuge bis zum vortägigen Lager keinesfalls noch zuzumuten; daher die
Wahl der für derartige Unternehmungen sonst weniger geeigneten
Kavallerie. Für diese war es schließlich eine nicht übertriebene
Leistung, den Weg noch am selben Tage hin und am nächsten, nach
bewirktem Entsätze, wieder zurückzumachen1). Dafür reichte auch
der mitgenommene zweitägige Mundvorrat reichlich aus, läßt sogar
eine dreitägige Dauer der ganzen Expedition möglich erscheinen, wenn
man annimmt, daß die Abteilung am dritten Tage wieder beim Gros
verpflegt wurde.
Die Höhe, die Scipio besetzte, ist die Kuppe 143 östlich der von
den 4 Manipeln occupierten. Sie ist von derselben durch die von der
Quelle A'ine Ranem bewässerte Schlucht getrennt; um diese Quelle
südlich herum kann die Schlucht jedoch längs des Hanges bequem um-
gangen werden, was Scipio mit Erfolg ausgenützt hat. —
Über die zweite Expedition liegen nur geringe Daten vor.
Das wichtigste ist die Erwähnung der Marschdauer von 3 Tagen.
Gemeint ist zweifellos der Landweg; auf diesem beträgt die Entfer-
nung rund 50 Kilometer; sehr scharf ist somit Manilius trotz der knapp
gewordenen Verpflegung nicht marschiert. —
Von Scipios letzter Expedition erfahren wir endlich, daß
er sein Lager 2 Stadien (zirka 350 Meter) vom Feinde schlug. Wahr-
scheinlich nordwestlich des feindlichen Lagers, am linken Ufer des
Baches, der eben hier seinen Hindernischarakter verliert; hier steigt
auch der Hang zum karthagischen Lager am sanftesten an und be-
1) Die Quelle erwähnt ausdrücklich, daß das Gros erst nach Scipios Einrücken
in das Marschlager in die Stellung; vor Karthago zurückkehrte (cap. 104).
7 1 2 Der dritte Panische Krieg.
füllst igt somit am meisten die Belagerungsarbeiten. Von dieser Seite
erfolgte auch, nachdem die Bresche geschlagen war, der Sturmangriff,
während die zweite Abteilung, die sich wohl schon während der Nacht
in irgend einer Schlucht des Djebel Kalbi versteckt hatte, etwa von
der Höhe 296 aus den Südrand des Lagers überfiel.
Es erübrigt noch die Lage der Stadt Nepheris zu bestimmen,
obwohl dieselbe für die geschilderten taktischen Vorgänge nicht von
Belang ist.
Die Stadt wurde bisher übereinstimmend mit der Ruinenstätte
S' Beker1) am Südosthang des Dj. Kalbi identifiziert2). Soviel diese
auf Inschriften gestützte Lokalisierung auch für sich haben mag, so
paßt andererseits die von Strabo angegebene Distanz besser auf den
Platz, den der Atlas archeologique de la Tunisie, Blatt Grombalia,
Nr. 29 dafür angibt, nämlich die Ruinenstätte bei 242 auf dem Hange
westlich des Kessels. Auf Karte 15 ist diese letztere Lokalisierung
angenommen, ohne daß damit die erstgenannte vollkommen verworfen
werden soll. —
1) Auf der französischen Karte 1 : 50 000 wohl auf Grund eines Druckfehlers
„Si. Boker".
2) Delattre (Nr. 2) p. 205 ff; derselbe stützt sich auf zwei von Lancon ge-
fundene Inschriften (CIL. VIII. p. 1275 Nr. 12401 und 12402). Daselbst auch eine
gute Beschreibung" des Platzes.
Anhang;.
Übersetzung des Quellenberichtes.
(Appian ^Lißvxi) 102—126.)
I. Die erste Expedition des Manilius.
cap. 102. Als Manilius auf Nepheris gegen Hasdrubal marschierte,
war Scipio damit nicht einverstanden, da er sah, daß es da lauter steile
Hänge, Schluchten und dichte Wälder gab und die dominierenden
Punkte bereits vom Feinde besetzt seien. Als sie bis auf 3 Stadien
an Hasdrubal herangekommen waren und nun zu einem Wasserlauf
hinab und wieder gegen Hasdrubal hinaufzusteigen hatten, riet er ihm
dringend, neuerdings umzukehren, da gegen einen Mann wie Hasdrubal
ein anderer Zeitpunkt und andere Vorbereitungen vonnöten seien. Als
aber die übrigen Tribunen aus Eifersucht anderer Meinung waren und
es als Feigheit, nicht Klugheit bezeichneten, im Angesichte des
Feindes umzukehren, der sich dann voller Verachtung auf die Fliehen-
den werfen würde, machte er den zweiten Vorschlag, vor dem Wasser-
lauf ein Lager zu schlagen, um im Falle einer Niederlage einen Rück-
halt zu haben, denn jetzt wüßten sie nicht einmal, wohin sie zu fliehen
hätten. Allein sie verlachten auch diesen Vorschlag und einer drohte
sein Schwert wegzuwerfen, wenn nicht Manilius, sondern Scipio zu
kommandieren hätte. Manilius, kriegsunerfahren wie er war, ging
also hinüber; sobald er drüben war, ging Hasdrubal gegen ihn zum
Angriff vor, und es kam beiderseits zu einem großen Blutbade. Endlich
zog sich Hasdrubal rasch auf seine feste Stellung hinauf, wo ihm nichts ge-
schehen konnte, und lauerte auf die Gelegenheit, die abziehenden Gegner
anzufallen. Diese nun, voll Reue über das Geschehene, traten den Rück-
zug an, und zwar bis an den Wasserlauf in Schlachtordnung; da
dieser jedoch schwierig zu passieren war und nur wenige und gefährliche
7 l 1 Der dritte Puiiische Krieg.
Übergangsstellen aufwies, so lösten sich hier notgedrungen die
Verbände. Kaum hatte Hasdrubal dies wahrgenommen, als er sich so-
fort mit voller Macht auf sie warf und eine Menge tötete, da sie sich
gar nicht mehr verteidigten, sondern nur ans Fliehen dachten. Es fielen
auch drei von den Tribunen, die am meisten den Feldherrn zur Schlacht
gedrängt hatten.
cap. 103. Scipio aber teilte die 300 Reiter, die er bei sich hatte,
und andere, soviel er deren in der Eile zusammenraffen konnte, in zwei
Gruppen und warf sie in schärfster Gangart auf den Feind [folgt
die ausführliche Schilderung der Kampfweise dieser Reiter] Infolge
dieser fortwährenden und unausgesetzten Angriffe warfen sich die un-
unterbrochen beschossenen Libyer gegen Scipio und ließen die über den
Wasserlauf setzenden mehr in Ruhe. Erst als diese den Übergang voll-
endet hatten, ritt Scipio ihnen nach, unter großen Schwierigkeiten infolge
der Beschießung. Unterdessen waren zu Beginn dieses Kampfes 4 Manipel
durch den Feind vom Wasserlauf abgeschnitten worden und hatten in
Eile eine Anhöhe gewonnen ; Hasdrubal schloß sie daselbst ein, was die
Römer erst merkten, als sie ins Nachtlager kamen (scog eoTdö/nevoav;
so das Wort auch App. Mithr. 20 gebraucht). Die Nachricht machte sie
ratlos ; einigen schien es angezeigt, den Rückzug fortzusetzen und nicht
das ganze Heer wegen weniger Leute in Gefahr zu bringen. Scipio aber
behauptete, nur zu Beginn eines Kampfes sei Vorsicht am Platze, wenn
aber soviel Männer und Feldzeichen in Gefahr seien, tollkühner Mut. Er
wählte sich einige Schwadronen aus und erklärte, er werde jene zurück-
bringen oder freudig mit ihnen zugrundegehen. Mit Lebensmitteln auf
2 Tage versehen brach er sofort auf, unter großer Besorgnis des Heeres
um seine eigene Rückkehr. Als er zu der Höhe gelangte, auf welcher
jene eingeschlossen waren, besetzte er schleunigst die gegenüberliegende ;
nur eine Schlucht trennte die beiden. Die Libyer bedrängten jetzt erst
recht mit ganzer Macht die Eingeschlossenen und hatten sich gegen
sie gewandt, in dem Glauben, Scipio könne ihnen infolge des an-
strengenden Marsches noch nicht helfen. Als aber Scipio wahrnahm»
daß der Fuß der beiden Anhöhen sich um die Schlucht herumziehe, ließ
er die Gelegenheit nicht unbenutzt, sondern eilte längs desselben hin in
den Rücken der Feinde. Als sich diese umfaßt sahen, ergriffen sie
in Unordnung die Flucht, und Scipio ließ sie, da sie an Zahl überlegen
waren, ungefährdet abziehen.
cap. 104. So rettete nun Scipio diese in eine verzweifelte Lage ge-
Nepheris. Anhang: Übersetzung- der Quellenberichte. 715
kommenen Truppen. Als man ihn von ferne heranziehen sah, wider Er-
warten selbst gerettet und Retter der anderen, da brach alles in ein
Freudengeschrei aus und gab allgemein der Meinung Ausdruck, der
Gott, der seinem Großvater Scipio die Zukunft geoffenbart, stehe auch
ihm zur Seite. Manilius aber kehrte endlich in das Lager vor der
Stadt zurück
IL Die zweite Expedition des Manilius.
cap. 108 Manilius aber, der den gegen Hasdrubal erlittenen
Mißerfolg nicht verschmerzen konnte, unternahm abermals eine Expe-
dition gegen Nepheris, wobei er Proviant für 15 Tage mitführte. Als
er in die Nähe des Platzes gelangt war, schlug er ein mit Wall und
Graben befestigtes Lager, wie Scipio es bei der ersten Expedition
geraten hatte. Da er wieder nichts ausrichtete, schämte er sich noch
mehr und fürchtete nebstbei, Hasdrubal würde, wenn sie wieder ab-
zögen, neuerdings über sie herfallen [folgt die ausführliche
Schilderung des Überganges des Phameas zu Scipio.]
cap. 109. Als Scipio mit Phameas zurückkehrte, ging ihm das
Heer entgegen und empfing ihn mit Jubel wie bei einem Triumphe.
Am meisten freute sich Manilius, da er jetzt den Rückzug nicht mehr
für schmählich hielt und auch von Hasdrubal infolge seiner Bestürzung
keine Verfolgung fürchten zu müssen glaubte, und brach sofort auf,
zumal Mangel einzutreten drohte, da er, statt fünfzehn, bereits sieb-
zehn Tage verweilt hatte. Und drei weitere Tage hatte er noch für
den Rückmarsch nötig, ohne genügenden Proviant zu haben
III. Die Expedition Scipios.
cap. 126. Zu Beginn des Winters beschloß Scipio, die im Innern
des Landes stehenden Streitkräfte und Bundesgenossen der Karthager
zuerst niederzuwerfen, da jenen von dort aus Zufuhr zugesendet wurde.
Er sandte also verschiedene Korps nach verschiedenen Richtungen, er
selbst wandte sich rasch gegen Nepheris, wo Diogenes als Nachfolger des
Hasdrubal kommandierte, und zwar durch den See, den C. Laelius aber
sandte er zu Lande drum herum. Nach seiner Ankunft schlug er 2 Stadien
von Diogenes entfernt sein Lager, und nachdem er den Gulussa mit der
Weisung zurückgelassen, den Angriff auf Diogenes unausgesetzt fortzu-
führen, kehrte er schnell vor Karthago zurück, von da wieder nach
Nepheris und wieder vor Karthago, um jederzeit alles überwachen zu
7Ki Der dritte Panische Krieg.
können. Als endlich im Lager des Diogenes zwei Breschen geschlagen
waren, traf Scipio wieder ein, legte 1000 Auserlesene im Rücken des
Diogenes in einen Hinterhalt und warf sich gleichzeitig in der Front
mit 3000 Mann gleichfalls auserlesener Mannschaft auf die geschlagenen
Breschen, nicht alle zusammen, sondern in mehreren Abteilungen, aber
doch dicht hintereinander aufgeschlossen, damit die vorderen, wenn
zurückgedrängt, nicht fliehen könnten wegen der Nachfolgenden.
Während hier ein lärmender Kampf tobte und die Libyer hierdurch
ganz in Anspruch genommen waren, griffen die Tausend ihrer Instruk-
tion gemäß, ohne daß es jemand bemerkte oder auch nur ahnte, den Wall
entschlossen an, durchbrachen und überstiegen ihn. Schon waren die
ersten drinnen, als sie plötzlich bemerkt wurden, und die Libyer wandten
sich zur Flucht, da sie die Zahl der Eingedrungenen für viel größer hielten
als die jener, welche sie sahen. Doch Gulussa warf sich ihnen mit
zahlreichen Numidern und Elefanten entgegen und richtete ein großes
Blutbad an, sodaß 70000 Mann einschließlich der Nichtkombattanten
fielen und gegen 10 000 gefangen wurden, während nur etwa 4000
durch die Flucht entkamen1).
Dem Falle des Lagers folgte auch der der Stadt Nepheris, die
Scipio weitere 22 Tage unter großen Schwierigkeiten belagerte, die
der Winter und die Kälte der Gegend verursachte. Dieser Erfolg war von
sehr großem Einfluß auf den Fall von Karthago ; denn das dort stehende
Feldheer hatte die Zufuhr nach Karthago geschafft, und das Be-
wußtsein von der Existenz dieses Lagers hatte die Zuversicht der
Libyer aufrecht erhalten. Jetzt aber, da es gefallen war, ergaben sich
auch die übrigen Gegenden Libyens den Legaten Scipios, oder sie wurden
leicht unterworfen. So blieb für Karthago die Zufuhr aus, und weder
aus Libyen, das jetzt Feindesland geworden, noch sonstwoher konnte
sie ihnen zugeführt werden, sowohl wegen des Krieges als auch wegen
der rauhen Jahreszeit.
1) Diese Zahlen sind selbstverständlich höchst übertrieben; außer dieser nega-
tiven Konstatierung dürfte sich über die Heeresstärken dieser Expeditionen nicht viel
sagen lassen.
VII.
Der Caesarianische Bürgerkrieg*
(49-45 v. Chr.).
Spezial- Literatur,
(chronologisch geordnet).
(Die nicht oder unvollständig zitierten Werke siehe im allgemeinen Literaturverzeichnis.)
Lauf. Nr.
1. Ch. Guischardt. 1760.
2. Napoleon I. Precis des guerres de Cesar. 1836.
3. F orbiger, Handbuch der alten Geographie. 1844.
4. Nipperdey, Quaestiones Caesarianae (in der Ausgabe der Commentare
Caesars). 1844.
5. Barth, Wanderungen durch die Küstenländer des Mittelmeeres. 1849.
6. Davis, Ruined cities within Numidian and Carthaginian territories. 1862.
7. W. Rüstow, Heerwesen und Kriegführung C. lulius Caesars. 2. Auflage.
1862.
8. Smith, Dictionary of Greec and Roman geography. 1868.
9. F. Fröhlich, Das bellum Africanum. Dissertation, Brugg. 1872.
10. Galitzin, 1876.
11. Göler, Caesars gallischer Krieg und Teile seines Bürgerkrieges. 1880.
12. Marquardt-Domaszewski. 1884.
13. Tissot. 1884/88.
14. A. v. Domaszewski, Die Fahnen im römischen Heere. 1885.
15. Col. Stoffel, Histoire de Jules Cesar, la guerre civile. 1887.
16. F. Fröhlich, Das Kriegswesen Caesars. 1889/90.
17. H. Widmann, Über den Verfasser des bellum Africanum und die Pollio-
Hypothese Landgrafs, Philol. 50, p. 550 ff. 1891.
18. Th. A. Dodge, Caesar (Coli. „Great captains) 1892.
19. O. E. Schmidt, Der Briefwechsel des M. Tullius Cicero, von seinem Pro-
koüsulat in Cilicien bis zu Caesars Ermordung. 1893.
20. A. v. Domaszewski, Die Heere in den Bürgerkriegen. (Neue Heidelb.
Jahrb. 1894 p. 157 ff) 1894.
21. E. Kornemann, Die historische Schriftstellerei des C. Asinius Pollio. 1896.
22. W. Warde Fowler, Julius Caesar and the foundation of the roman im-
perial system (Coli. „Heroes of the nations"), 2. Aufl. 1897.
23. Delbrück, Gesch. d. Kriegskunst I. 1900 (2. Aufl. 1908).
24. R. Schneider, Das bellum Africanum, herausgegeben und erläutert. 1905.
25. G. Ferrero. Größe und Niedergang Roms, IL Band: lulius Caesar. Deutsch
von M. Pannwitz. 1905. (Übersetzung 1908).
26. P. Groebe, Neubearbeitung von^Drumanns Geschichte Roms in seinem
Übergange von der Republik zur Monarchie etc. III. 1906.
27. H. Meusel, Ausgabe von Caesars bellum civile, 11. Auflage. 1906.
28. G. Veith, Geschichte der Feldzüge C. lulius Caesars. 1906.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 46
720
Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Die Quellen.
Das Corpus
Caesarianum.
29. A. Langhammer, Thapsus. Berl. phil. Wochenschr. 1906. p. 1598 ff. 1906.
80. Derselbe, Zum bellum Africanum, ebenda 1907 p. 1278 ff. 1007.
81. Derselbe, „ „ „ „ 1908 p. 1548 ff. 1908.
82. Derselbe, „ „ „ Klio IX p. 396 ff. 1909.
38. Derselbe, „ „ „ Berl. phil. Wochenschr. 1911 p. 948.
34. F. Albrecht, Die Rück Verweisungen bei Caesar und seinen Fortsetzern.
Progr. (1. R.-Gymn. in Berndorf a. d. Tr. 1911..
Vorbemerkung.
Die caesarianische Schlachtfeldforschung gestaltet sich wesentlich
einfacher als die punische. Der Unterschied liegt in der Quellenfrage.
Während wir bezüglich der Kämpfe zwischen Rom und Karthago,
bei vollständigem Verzicht auf eine direkte Originalüberlieferung, froh
sein müssen, wenigstens für einzelne der wichtigsten Ereignisse den
Bericht eines Schriftstellers zur Verfügung zu haben, der es verstanden
hat, die ihm vorliegenden Originalquellen fachmännisch zu sortieren
und ebenso zu verarbeiten, für den größten Teil der Ereignisse aber auf
eine Überlieferung angewiesen sind, der wir die obigen Vorzüge nicht,
oder doch nur in sehr beschränktem Maße zuerkennen können: so liegen
uns dagegen über die Feldzüge Caesars Berichte vor, die ausnahmslos
als Originalquellen im besten Sinne des Wortes zu bezeichnen sind,
ausführliche und vom Fachstandpunkte einwandfreie Darstellungen
nicht nur von Zeitgenossen und Augenzeugen, sondern von mit-
handelnden Personen, ja zum größten Teil von der Hauptperson dieser
glanzvollen Kriegsepoche selbst verfaßt und in den übrigen Teilen von
immerhin militärisch gebildeten, im Geiste des Meisters fortarbeitenden
Teilnehmern seiner Taten gewissenhaft ergänzt; und außerdem steht
uns noch eine Anzahl anderer Schriftsteller von allerdings sehr un-
gleichem Werte zur Verfügung, die jedoch, teilweise auf anderes
Originalmaterial zurückgehend, selbst da noch dankbare Ergänzungen
der Hauptquelle bilden, wo man auf solche gar nicht reflektieren zu
müssen glaubt.
Doch selbst im erstangeführten Originalberichte, dem „corpus
Caesarianum", ergeben sich Unterschiede, die zu beleuchten zum
mindesten nicht ohne Interesse ist, wenn auch die Tatsache ihrer
Existenz vielleicht für das Endergebnis weniger oder doch in ganz anderer
Art ins Gewicht fällt, als man anfänglich anzunehmen geneigt sein könnte.
Die Ereignisse, die in den Rahmen der folgenden Untersuchungen
fallen, gehören zwei Feldzügen an: der Expedition Curios nach Afrika
Vorbemerkung. 721
im Sommer des Jahres 49 v. Chr. und dem Feldzuge Caesars
in derselben Provinz im Winter 47/46 v. Chr. Bei jedem der beiden
Feldzüge ist das Verhältnis der Hauptquelle zu den Ereignissen ein
wesentlich anderes.
Den Feldzug Curios in Afrika schildert uns Caesar selbst, doch
nicht als Augenzeuge der Ereignisse, sondern nur als Augenzeuge des
Ortes der Tragödie seines Legaten. Dieser Unterschied ist für uns
nicht ohne Belang. Wo Caesar Selbstgetanes schildert, da stehen die
Ereignisse als solche, wie er sie geplant, angelegt, ausgeführt hat und
uns zu übermitteln für gut findet, im Vordergrunde des Interesses und
der Darstellung, wogegen alle anderen Elemente mehr oder weniger
zurückstehen müssen. Die Tat vor allem wird geschildert und erst
in zweiter Linie das Milieu, in dem sie sich abgespielt. An-
ders hier.
Die Tatsache, daß Caesar hier nicht unter dem unmittelbaren
Eindruck der Ereignisse selbst schreibt, sondern unter dem der
Örtlichkeit, in der sie vor sich gegangen, spiegelt sich unverkennbar in
der Darstellung. Nirgends sonst behandelt Caesar so eingehend das
Terrain, nirgends tritt bei ihm die Milieuschilderung so gleichberechtigt
neben die der Tatsachen1).
Und wieder anders liegen die Dinge beim Feldzuge in Afrika
47/46 v. Chr. Hier kämpft Caesar, aber er schreibt nicht selbst. An
seine Stelle tritt ein Offizier seines Heeres, der, wenn auch intellektuell
hoch über dem Verfasser des „bellum Hispaniense" stehend, doch durch-
aus nicht immer dem Fluge der Gedanken Caesars zu folgen vermag;
wo er ihn aufsuchen und festhalten will, tritt stets jene charakteristisch
naive Anschauung zu Tage, die sich subalterne Elemente der Armee
von den Absichten und Ideen der obersten Leitung regelmäßig zu bilden
1) Daß Caesar diese Schilderung' auf Grund eines eingehenden persönlichen
Studiums des Terrains verfaßt hat, kann keinem Zweifel unterliegen. Der Zeitpunkt
für diese Besichtigung kann nur im Frühjahre 46 zu suchen sein, als der Sieger von
Thapsus längere Zeit in Utika weilte, um die Angelegenheiten der Provinz zu ordnen.
Tatsächlich kann ein guter Reiter auf gutem Pferde die Rekognoszierung der in
Betracht kommenden Örtlichkeiten von Utika aus ganz leicht in einem Tage abtun.
— Als Führer dürfte hierbei As inius Pollio gedient haben, der nach Appian b.c.
JI 45 die Katastrophe Curios mitgemacht hatte und sich nach Plutarch Caes. 52, 6
während des Feldzuges des Jahres 47/46 in Caesars Hauptquartier befand.
Diese Umstände ergeben übrigens einen sehr wesentlichen Anhaltspunkt zur
Frage der Entstehungsgeschichte des bellum civile.
46*
722 Der Caesariauische Bürgerkrieg.
pflegen1). Im allgemeinen schildert der Verfasser überwiegend das
selbst Gesehene, und da er in seiner Stellung eben nicht alles
selbst gesehen hat, so kommen jene Episoden, an denen er persönlich
beteiligt war, andern an und für sich ebenso wichtigen oder noch wich-
tigeren gegenüber sehr in Vorteil; was man sich stets vor Augen
halten muß, um nicht ein im wesentlichen verschobenes Bild der
Ereignisse zu bekommen. Überall dominiert ferner das Detail, das
dem Gesichtskreis des Autors zugänglicher ist, und mit ihm das Milieu,
welches ja auf das Detail weit mehr und unmittelbarer Einfluß nimmt
als auf das große Ganze2).
Für die Beurteilung des Feld her rn Caesar sind uns die eigenen
Darstellungen seiner Taten selbstverständlich ungleich wertvoller; für
die speziell eng begrenzte Aufgabe unserer Untersuchung jedoch, die
Lokalisierung der einzelnen Ereignisse im Terrainr
kommen uns gerade jene im allgemeinen tieferstehenden Quellen in
vieler Hinsicht weit mehr entgegen, zumal die hier viel leichter
erzielte Einpassung der Ereignisse in das Terrain oft ein
ganz ungeahntes Licht über so manches verbreitet, was uns die
Schilderung der Quelle selbst schuldig geblieben ist,
sekundäre Neben diesen Originalberichten besitzen wir jedoch noch einige
Qnellen' Quellen zweiter Kategorie. Außer dem auf Caesar direkt zurück-
gehenden, jedoch tendenziös entstellten EposLucans stehen uns noch
die Biographien Plutarchs und die Geschichts werke Appiansund
Cassius Dioszu Gebote, welche, da sie teilweise auf andere Original-
berichte zurückgehen, als Ergänzungen in Betracht kommen.
1) An Verständnis für die leitende Idee der Führung reicht der Verfasser des
bellum Africanum" auch an den des VIII. Buches der Kommentare, A. Hirtius, nicht
entfernt heran. Für den militärisch geschulten Leser wird diese Tatsache für sich allein
ein derart sicherer Beweis für die Verschiedenheit der beiden Verfasser sein, daß
eine weitere philologische Begründung vollkommen überflüssig erscheint. — Das
bellum Alexandrinum" steht diesbezüglich in der Mitte, und das Urteil ist hier in-
sofern erschwert, als einzelne Teile auf persönlicher Augenzeugenschaft beruhen und
andere nicht, und auch diese Scheidung nicht vollkommen scharf durchzuführen ist.
Alle diese Fortsetzungen der caesarianischen Commentare bieten neben ihren
umleugbaren Mängeln den dankenswerten Vorteil des unmittelbaren Einblickes in
das innere Getriebe und vor allem in den Geist der caesarianischen Armee, und
zwar in um so höherem Grade, je untergeordneter der Verfasser ist; in diesem Sinne
ist gerade das sprachlich und zum Teil auch sachlich geradezu haarsträubende
„bellum Hispaniense" ein ganz unschätzbares Dokument.
2) Vgl. über den Verfasser des bell. Afr. weiter unten Beil. HI.
Vorbemerkung-. 723
P 1 u t a r c h und A p p i a n stehen speziell militärisch auf einem so piutarch und
erbärmlich niedrigen Niveau, daß ihre Berichte selbst dort dem höchsten App an*
Mißtrauen begegnen müssen, wo ihnen die besten Originalquellen zu
Gebote standen. Brauchbar sind ihre Schilderungen eigentlich nur
dort, wo sie gute Vorlagen nahezu wörtlich abgeschrieben haben, was
wohl besonders bei Appian hie und da, aber leider nicht immer der
Fall ist.
Cassius Dio steht höher. Er ist nicht nur rigoroser und selb- cassius Dio.
ständiger in der Auswahl seiner Quellen, sondern er verfügt auch
über eine annehmbare militärische Bildung nebst leidlich geschultem
selbständigem Urteil, und vor allem als der einzige der Vorgenannten
über die Fähigkeit, sich von einem militärischen Vorgange überhaupt
erst selbst ein klares Bild zu machen, bevor er ihn niederschreibt. Er
bietet denn auch stellenweise recht wertvolle Ergänzungen1).
Es ist klar, daß von derlei Ergänzungen nur dort die Rede sein
kann, wo die Schilderung auf einen andern Originalbericht zurück-
geht als auf Caesar und seine Fortsetzer. Wir wissen nur von einem
einzigen derartigen Bericht: der Geschichte der Bürgerkriege des
0. Asinius Pollio.
Asinius Pollio ist das Gespenst der Caesarliteratur. Sein Werk Asinins PoiHo
existiert nicht mehr; aber es spukt irrlichtartig durch alle späteren
Quellen, überall flackernd und nirgends recht faßbar. Alle, die entn
weder in kleinlicher Mißgunst an der Größe Caesars zu nagen und
zu zerren versucht haben oder aber in dem Bestreben, justament
etwas Neues zu bringen, seine authentische Überlieferung untergraben
wollten r sie alle fanden in Asinius Pollio den bereitwilligen Geist, der
stets verneint oder doch verneinen hilft.
Neuerdings hat E. Kornemann (No. 21) den dankenswerten Ver-
such unternommen, den Unfaßbaren zu fassen und die Grenzen festzu-
legen, innerhalb deren sein literarischer Einfluß gesucht werden darf.
Der scharfsinnigen Arbeit kann meines Erachtens nur der eine Vorwurf
gemacht werden, daß Kornemann Pollio als Soldaten und Fachmann
doch noch wesentlich überschätzt. Den Nachweis hoffe ich später ein-
1) Ed. Seh war tz urteilt in seinem Artikel über Cassius Dio in Pauly-Wissowas
Real-Encyklopädie III. 1684 ff. unzweifelhaft viel zu hart, wenn er schreibt (p. 1708),
daß jener in „Unlust und Unfähigkeit, militärische Operationen klar und sachgemäß
darzustellen, das Unglaublichste leistet." Es fällt mir nicht ein, diesen Autor auch
nur mit Polybios, geschweige denn mit Caesar vergleichen zu wollen; aber er ist
besser als sein Ruf, zum mindesten als der Ruf, in den Schwartz ihn bringen möchte.
724
Der Caesarianische Bürgerkrieg-.
mal ausführlicher erbringen zu können. — Daß die Schilderung Pollios
in bewußtem Gegensatze zu jener Caesars stand, ist bekannt, und es
bleibt dahingestellt, ob der Grund hierzu ausschließlich in engelsreiner
Wahrheitsliebe zu suchen ist. Wir dürfen nicht vergessen, daß die
einzige antike Andeutung eines abfälligen Urteiles über Caesars
literarisches Werk, tttr das selbst Cicero nur Worte des höchsten Lobes
findet, von Asinius Pollio stammt. Erwägt man ferner, daß Pollio,
wie aus zahlreichen Stellen der ihn benutzenden Schriftsteller
hervorgeht, in. der Schilderung der kriegerischen Ereignisse seine
eigene Person durchweg in den Vordergrund stellt, während Caesar,
der doch seinen Legaten stets volle Gerechtigkeit widerfahren läßt,
Asinius Pollio, trotzdem er ihn dauernd in seiner persönlichen Um-
gebung hielt, nicht ein einziges mal erwähnt, und daß auch von
seinen Fortsetzern das Gleiche gilt: so ist diese Tatsache gewiß ge-
eignet, auf das Werk Pollios und sein Verhältnis zu Caesars Commen-
taren sowohl wie zur historischen Wahrheit ein recht bedeutsames
Licht zu werfen; man sieht jetzt ein, warum Pollio die Darstellung
seines Imperators „mit zu wenig Sorgfalt und Wahrheitsliebe verfaßt"
findet1). —
Die moderne
Literatur.
Stoffel.
Liegt trotz aller vorhandenen Schwierigkeiten die Quellenfrage
der caesarianischen Kriege ganz bedeutend einfacher als jene der
Punischen, so gilt dies in nicht geringerem Maße bezüglich der modernen
Literatur.
Speziell was die in den Rahmen unserer Untersuchung fallenden
zwei Feldzüge betrifft, so ist der Untersuchende — im Gegensatz zu
dem Bearbeiter der Punischen Kriege — in der angenehmen Lage, sich
im großen und ganzen mit nur vier Schriftstellern auseinandersetzen
zu müssen: mit den beiden großen Franzosen Stoffel (No. 15) und
Tissot(No. 13), und den Deutschen F.Fröhlich (No. 9) und R.Schnei-
der (No. 24). Neben diesen kommen nur für wenige untergeordnete
Details einzelne andere Autoren in Betracht2).
Stoffel nimmt unter den Schriftstellern seiner Art heute eine Stel-
lung ein, die endlich einmal kritisch zu beleuchten die höchste Zeit ist.
1) Sueton Div. Jul. 56. — Vgl. auch Fröhlich, (No. 9) S. 89.
2) Die beiden Engländer Dodge (No. 18) und Fowler (No. 22) folgen in den
Lokalisierungsfragen kritiklos den Ergebnissen Stoffels ; der Deutsche Lang-
h a m m e r (No. 29), der neuestens in einer fortgesetzten Serie von Einzelarbeiten (No.30
bis 33) die Schlacht von Thapsus behandelt, ist militärisch nicht ernst zu nehmen.
Vorbemerkung. 725
Kein einheimischer Historiker, auch nicht der große Mommsen,
hat in der deutschen Gelehrtenwelt, insbesondere bei zünftigen Philo-
logen, vielfach eine so bedingungslose, und ich möchte sagen kritik-
lose Aufnahme gefunden wie dieser gewiß hochverdiente und per-
sönlich "sympathische französische Offizier. Aber gerade durch
diese förmliche Scheu vor jeder Kritik, die soweit geht, jeden der sie
dennoch wagt, geradezu als Gotteslästerer zu brandmarken, geschieht
einem Fachmann, der als solcher ernst genommen sein will, ein sehr
zweifelhafter Gefallen. Und daß Stoffel sich selbst durchaus nicht für
so unfehlbar hielt, wie es seine An- und Nachbeter tun, erhellt aus
der selbstlosen Kritik, die er in späteren Jahren an mancher seiner
eigenen Deduktionen geübt hat, z. B. bezüglich der Ariovistschlacht.
Tatsache ist, daß von Stoffels Lokalisierungen der größte Teil heute
nicht oder doch nicht vollkommen aufrecht erhalten werden kann.
Bezüglich der Helvetierschlacht hat ihn Bircher wesentlich korrigiert ;
für das Ariovistproblem hat Winklers zwar noch nicht spruchreife
Auffassung immerhin mehr für sich, was Stoffel selbst bereitwilligst
zugestanden hat. Seine Lokalisierung der Schlacht bei Pharsalos hat
Kromayer auf Grund eingehender Autopsie ad absurdum geführt1),
und hinsichtlich der afrikanischen Schlachtfelder wird sich seine Dar-
stellung, wie die folgenden Kapitel zeigen werden, vielfach Ähnliches
gefallen lassen müssen. — Bezüglich Dyrrhachium habe ich vorläufig
sozusagen theoretisch, ohne das Terrain gesehen zu haben, weitgehende
Richtigstellung vorgeschlagen, wünsche jedoch die Sache nicht als abge-
schlossen zu betrachten, bevor ich nicht durch Lokalaugenschein
meine Ausführungen nachgeprüft habe, was, wie ich hoffe, in naher Zeit
der Fall sein wird. In Spanien endlich ist Schulten auch seinen
Spuren gefolgt und hat schwere Irrtümer sowohl bei Ilerda als bei
Munda2) konstatieren können. Was bleibt also übrig?
1) Die Kritik des Kromayerschen Ergebnisses durch R. Schneider in den Gott,
gel. Anz. 1907 p. 430 ff. ist vielleicht das krasseste Beispiel jenes Kotaus, zu dem
gewisse Fachmänner Stoffel gegenüber sich verpflichtet glauben. Stoffels Irrtümer
werden selbst dann verteidigt, wenn der Kritiker die in ihnen liegenden Wider-
sprüche eingestandenermaßen „nicht selbst zu lösen vermag" (p. 444)!
2) Bei Munda liegt übrigens auch eine recht auffällige Entstellung der Karte
zugunsten der vorgefaßten Meinung vor: es ist der unleugbare Versuch gemacht,
durch eine kartographisch fehlerhafte Ausführung dem gezeichneten Ter-
rain eine scheinbare Übereinstimmung mit den Quellenangaben zu verschaffen, die
es in Wirklichkeit nicht besitzt (vgl. meine „Geschichte der Feldzüge Caesars"p. 518)-
726 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Genug, sehr viel sogar. Wenn man aus einem großen Werk das
Anfechtbare fürsorglich zusammensucht und nebeneinanderstellt, alles
übrige aber unerwähnt läßt, so hat man es leicht, es viel schlechter zu
machen als es ist. In Wahrheit erscheinen selbst die Irrtümer Stoffels,
unparteiisch betrachtet, in einem wesentlich andern Lichte. Man muß
bedenken, daß zu der Zeit, da er arbeitete, die antike Lokalforschung
noch in den ersten Kinderschuhen gesteckt hat; und da kommt
er und unternimmt es, gleich ein solch monumentales Werk zu
schaffen, ohne die geringste vorgefundene Basis, ohne eine einzige
brauchbare Vorarbeit! Von diesem Standpunkte betrachtet kann
Stoffels Arbeit nicht hoch genug eingeschätzt werden; ja seine
Irrtümer erscheinen durchweg noch als ein wesentlicher Fortschritt
dem gegenüber, was vor ihm gewesen, und die Korrekturen, die neuere
Forscher heute an seinen Ergebnissen vornehmen, wären großenteils
nicht oder doch ungleich schwerer möglich, wenn nicht in seinen um-
fassenden Arbeiten noch so unendlich viel des Richtigen und Wert-
vollen übrig wäre, das uns für weitere Fortschritte den Weg weist
und als Basis dient.
Dies ist meine Ansicht über Stoffel und sein Werk, und ich
glaube, daß sie ihm trotz aller rücksichtslosen Kritik wesentlich
gerechter wird als jene bedingungslose Verhimmelung, die sich über-
haupt scheut, einen kritischen Maßstab anzulegen. —
Tissot. In vieler Hinsicht ganz anders und doch wieder ähnlich liegen
die Dinge bei Tissot1). Im Gegensatze zu Stoffel, dem verhältnis-
mäßig reiche Mittel jeder Art bei seiner Arbeit zu Gebote standen,
hat Tissot in untergeordneter Stellung, mit den beschränktesten Mitteln,
ja nachweislich unter den größten persönlichen Entbehrungen ein
Monumentalwerk vollendet, das bis heute einzig dasteht in der Lite-
ratur über Nordafrika. Daß auch bei ihm zahlreiche Stellen sich
finden, wo die moderne Kritik einzugreifen nötig hat, ist unter diesen
Umständen selbstverständlich; hatte doch selten ein Fachschriftsteller
seiner Art mit einer solchen Menge unverschuldeter Fehlerquellen zu
kämpfen als gerade er. Die schwerste Fehlerquelle vielleicht war das
— Von Schultens einschlägigen Beobachtungen habe ich vorläufig nur private Nach-
richt, hoffe jedoch auch da in absehbarer Zeit selbst an Ort und Stelle nachsehen zu
können.
1) Die Werke Stoffels und Tissots sind ziemlich gleichzeitig erschienen und,
soweit sich erkennen läßt, ohne eine gegenseitige Beeinflussung oder überhaupt eine
Wechselbeziehung- entstanden.
Vorbemerkung. 727
ganz unzureichende Kartenmaterial, das ihm bei seiner Arbeit zur Ver-
fügung" stand; selbst uns wird heute die Verfolgung seiner Ergebnisse
auf den modernen Karten wesentlich erschwert, oft unmöglich gemacht,
da sie mit denen, nach welchen er arbeitete, gar nicht mehr überein-
stimmen. Aber gerade dieser Umstand hat ihn auch gezwungen, sich
in seinem Urteil — in wohltuendem Gegensatz zu manchem andern
Forscher — weniger auf die tote Karte, als auf das lebendige Gelände
zu verlassen, und hat ihn auf diesem Wege zu einer Gründlichkeit und
Verläßlichkeit in der Beurteilung des Terrains geführt, die eine der
wertvollsten Eigenschaften seines Werkes ausmacht 1).
Ein militärischer Fachmann war Tissot nicht, und seine dies-
bezüglichen Vorstellungen und Urteile sind manchmal etwas naiv;
aber auch hier macht eine selten klare und scharfe, natürliche Urteils-
kraft, das, was wir einen „gesunden Hausverstand" nennen, sehr vieles
wieder gut. Immer aber bleibt er mit seiner phänomenalen Landes-
kenntnis und seiner gründlich geschulten Beurteilung des Geländes
auch für den militärischen Forscher der wichtigste, ja unentbehr-
liche Führer und Wegweiser auf dem Boden der römischen Provinz
Africa. —
Fr. Fröhlich hat in seiner geradezu klassischen Dissertation über Fr. Fröhlich,
das bellum Africanum eine wirklich mustergiltige Analysie dieses Feld-
zuges geschaffen. Daß sie bezüglich der Lokalisierungsfragen heute
nicht befriedigen kann, ist mehr als selbstverständlich; ist doch das
Werk lange vor Stoffel und Tissot, ja selbst vor der französischen
Okkupation von Tunis entstanden, also zu einer Zeit, wo noch nicht
eine Andeutung einer brauchbaren Karte des Landes zur Verfügung
stand. Es ist vielleicht der beste Beweis für die' Güte dieser Arbeit,
daß selbst dieser selbstverständliche Mangel ihren Wert nicht zu be-
einträchtigen vermag, und es wird seit Jahren mit Bedauern empfun-
den, daß sie im Buchhandel und selbst antiquarisch nicht mehr erhält-
1) Tissot hat den afrikanischen Feldzug Caesars zuerst als eigene Monographie
(in den „Memoires de 1' institut national de France, academie des inscriptions et
belles-lettres, XXXI. 12.) bearbeitet; später wurde diese Publikation mit wenigen
kleinen Abänderungen in den zweiten Band seines großen Hauptwerkes aufge-
nommen. Dem ersten Abdruck war eine Anzahl Karten beigegeben, die
bei der Übernahme wegfielen; auf ihnen lassen sich trotz des miserabel dar-
gestellten Terrains infolge der ausführlichen Signaturen doch mit ziemlicher Klar-
heit die verschiedenen Angaben des Textes verfolgen, ja manche werden überhaupt
erst verständlich, wenn man diese Karten zur Hand hat. —
72S Der Caesarianische Bürgerkrieg.
lieh ist. Vielleicht entschließt sich der Altmeister unter den lebenden
Caesarforschern noch einmal, die Arbeit, die seinen Ruf begründet hat,
unter Einbeziehung der in den 40 Jahren seit ihrem Erscheinen be-
kannt gewordenen neuen Forschungsergebnisse abermals herauszugeben.
r. Schneider. R. Schneider ist der Prophet Stoffels, und man kann sagen, daß
er mit seiner allzu unbedingten Jüngerschaft seinem Meister in den
Augen des unparteiischen wissenschaftlichen Publikums mehr geschadet
als genützt hat. Er geht mit Stoffel durch Dick und Dünn, und wenn
er einmal ganz ausnahmsweise sich eine gelinde Abweichung erlaubt,
so hat er erst recht kein Glück damit. Allein auch bei ihm gilt, was
von Stoffel gesagt wurde: daß nämlich den unleugbaren und nicht ge-
ringen Irrtümern ein gewichtiges Plus an Verdiensten entgegensteht.
Seine kommentierte Ausgabe des bellum Africanum ist reich an wert-
vollen Anregungen und Ergebnissen, und insbesondere seine Auffassung
der Schlacht bei Thapsus ist zweifellos die fortgeschrittenste, die
bisher vorliegt-!
Unsere an Ort und Stelle durchgeführten Untersuchungen haben
nicht nur die Darstellungen der genannten Schriftsteller, sondern auch
meine eigene, gänzlich am grünen Tische ausgearbeitete Schilderung
in den „Feldzügen Caesars" (Nr. 28) in vielen Punkten richtig gestellt. *)
Ich lasse daher auf die einzelnen Untersuchungen je eine zusammen-
hängende Darstellung folgen, welche zwar im allgemeinen auf jene Schil-
derung aufgebaut ist, gleichzeitig aber den durch Autopsie gewonnenen
Ergebnissen Rechnung trägt.
Ich mache kein Geheimnis daraus, daß ich auf Grund der hier
gemachten Erfahrungen den festen Vorsatz gefaßt habe, nie wieder
über einen antiken Feldzug zu schreiben, bevor ich nicht Gelegenheit
gehabt, wenigstens die wichtigsten Ereignisse im Terrain zu verfolgen,
und insbesondere alle bisher strittigen und dunklen Fragen unbedingt
an Ort und Stelle zu prüfen; und ich kann dasselbe auch allen
Fachgenossen nicht warm genug empfehlen. Ja selbst für die mo-
derne kriegsgeschichtliche Forschung haben dieselben Gesichtspunkte
nach meiner Ansicht die gleiche Gültigkeit und gerade hier werden
sie oft vernachlässigt; das verhältnismäßig überreiche Quellenmaterial, das
uns für moderne Feldzüge in den Archiven und andern offiziellen und nicht
1) In manchen allerdings auch bestätigt, wie z. B. bezüglich der für^den
Verlauf des Feldzuges so wichtigen Lage von Aggar.
Vorbemerkung:. 799
offiziellen Behelfen zu Gebote steht, läßt nur zu oft vergessen, daß das Te r-
rain, in dem die Ereignisse sich abgespielt haben, selbst eines der allerwich-
tigsten Originaldokumente ist, das jedoch auch imOriginal, nicht nur in
seiner kartographischen Kopie gelesen und studiert sein will. Und
dies nicht nur deshalb, weil gerade die wertvollsten Berichte von
Augenzeugen selbst in modernen Feldzügen sehr oft nicht nach der
Karte, sondern nach dem Augenscheine verfaßt sind und daher alle
jene optischen Täuschungen etc. enthalten, die dieser mit sich bringt
und die sich auf der besten Karte nicht leicht rekonstruieren lassen;
sondern vor allem darum, weil auch die schwerwiegendsten Ent-
schlüsse häufig genug auf Grund desselben Augenscheines gefaßt
wurden und daher nur von diesem Standpunkte aus voll und richtig
zu verstehen sind. Der Augenschein aber läßt sich nur an
Ort und Stelle kontrollieren. Und so soll dem kriegsgeschicht-
lichen Forscher die Karte nicht dazu dienen, ihm das Terrain zu er-
setzen, sondern nur dazu, ihm das Verständnis des Terrains zu er-
leichtern, ihn im Terrain zu führen. Im umgekehrten Falle kann
die beste Karte für den besten Kartenleser zu einer Quelle schwerster
Irrtümer werden. —
A. Der Feldzug Curios in Afrika
(49 v. Chr.).
Utika und Bagradas.
Hierzu Karte 11 und 16.
1. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung.
QneiieD. Ueber Curios afrikanische Expedition gibt uns Caesar selbst
b. c. II 23 — 44 einen ebenso ausführlichen wie anschaulichen Bericht.
Hierzu tritt noch die auf Asinius Pollio zurückgehende Erzählung
Appians b. c. II 44 — 46, die trotz obligater Konfusion in einzelnen
Details brauchbare Ergänzungen bietet (man vergleiche auch die Über-
setzungen im Anhang S. 750 ff.).
Die Ereignisse. Die Ereignisse dieser bloß 10 Tage umfassenden Campagne sind
kurz folgende: Curio setzt mit 2 Legionen und 500 Reitern von Si-
zilien nach Afrika über, schlägt den pompejanischen Statthalter At-
tius Varus vor den Mauern von Utika und schließt ihn in der
Stadt ein. Als König Jub a von Numidien mit Übermacht zum Entsätze
heranrückt, hebt Curio die Belagerung von Utika auf und zieht sich
auf das Vorgebirge „Castra Cornelia" zurück, um dort die Ankunft
von Verstärkungen zu erwarten, läßt sich jedoch durch ein vorge-
schobenes Korps Jubas zur vorzeitigen Offensive in die Ebene des
Bagradas verleiten, wird daselbst von Jubas Hauptkraft gefaßt und
vernichtet.
Die Die Lokalisierung der einzelnen Ereignisse dieses Feldzuges wird
'' dadurch erleichtert, daß von den mit Namen genannten Orten so ziem-
lich alle unzweifelhaft feststehn, und durch die, wie schon erwähnt,
ausnehmend präzisen Terrainangaben der Quelle; erschwert wird sie
scheinbar durch die Tatsache, daß sich gerade in jener Gegend das
Terrain nachweislich sehr bedeutend verändert hat. Doch ist es
Utika und Bagradas. 1. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung-. 731
andererseits möglich, Art und Umfang dieser Veränderungen ziemlich
genau festzustellen, so daß schließlich eine vollkommen ausreichende
Genauigkeit in der Fixierung der Ereignisse erzielt werden kann.
Heute liegen die Kuinen der karthagisch - römischen Seestadt Veränderungen
Utika über 10 Kilometer vom Meere entfernt; eine weite, teilweise Itn Terram-
intensiv angebaute, teilweise noch versumpfte Ebene breitet sich da-
zwischen aus. Wie der Vergleich von nur wenige Dezennien alten
Karten mit dem gegenwärtigen Zustande lehrt, schreitet die Ent-
sumpfung dieses Terrains rapid vorwärts.
Die Daten, welche uns die Ausgrabungen von Utika im Verein
mit der ausführlichen Schilderung der Gegend bei den Schriftstellern
des zweiten Punischen Krieges und bei Caesar ergeben, gestatten uns,
die damaligen Verhältnisse ziemlich genau zu rekonstruieren.
Das punisch-römische Utika hatte nicht nur an seiner Nordspitze
einen Hafen, sondern auch an seiner Südwestecke1); es muß daher
auch die Westseite des Höhenausläufers, auf dessen Spitze die Stadt
lag, vom Meere bespült gewesen sein. Desgleichen müssen die „c a -
stra Cornelia", der Utika im Osten auf ca. 3 Kilometer Luftlinie
gegenüberliegende Höhenzug, ziemlich weit in das Meer hineingeragt
haben; denn dort hatte nach Livius XXIX 35, 13 Scipio seine Flotte
liegen (s. oben S. 584 f.), ebenso Curio nach Caes. b.c. II 43, der es übrigens
II 24, 3 ausdrücklich „iugum derectum eminens in mareu nennt.
Zwischen diesem Höhenzuge und Utika war jedoch nach c. 24, 4
kein Meer, sondern ein zwar schwer, aber doch noch passierbarer
Sumpf; auf einem Umwege von 6 Millien aber konnte man bereits die
Stadt trockenen Fußes erreichen.
Eine weitere wichtige Veränderung der Gegend betrifft den Lauf
des Bagradas. Derselbe floß, wie wissenschaftlich festgestellt ist2),
zur Römerzeit im allgemeinen längs des West- und Nordfußes jener
Höhen, welche die Ebene von Utika von jener von Tunis trennen, so
daß der schmale Höhenzug, dessen nördlicher Abschnitt die „castra
Cornelia" trug, durchaus links des Flußes liegen blieb. Dieser alte
Lauf ist heute noch im Terrain zu konstatieren, und zwar in zwei
Varianten, deren rechte das Bett zur Zeit der Punischen Kriege reprä-
sentiert, während die linke für die Zeit der Bürgerkriege in Betracht
kommt.2)
1) Tissot II, PI. 11.
2) TissotI,p.75 ff. Vgl. auch Th. Fischer in Petermanns geogr. Mittv1887 Tafel 1.
732 Der Caesarianische Bürgerkrieg-.
Nach Kenntnisnahme dieser Veränderungen läßt sich nun die Lo-
kalisierung der einzelnen Ereignisse an der Hand der vorliegenden vor-
züglichen Beschreibung mit großer Sicherheit durchführen.
curios Was zunächst CuriosAnmarsch vom Landungsplatz bei Anquil-
Anmarsch. jarja an ^n ßagra(ias betrifft, so kann über den eingeschlagenen Weg
kein Zweifel obwalten; umsomehr gibt die Zeitangabe der Kommen-
tare II 24, 1. zu Bedenken Anlaß, welche ihn diesen Weg in 2 Tagen
zurücklegen läßt, das ergibt bei einer Gesamtstrecke von 110 Kilo-
meter 55 Kilometern pro Tag. Eine solche Leistung stellt selbst für
ein kleines Korps wie das Curios denn doch die alleräußerste Grenze
der Leistungsfähigkeit dar, insbesondere mit Rekruten und im afri-
kanischen Sommer; dabei ist nicht recht einzusehen, welche unab weis-
liche Notwendigkeit eine derartige Maßregel gerechtfertigt hätte.
Andererseits haben wir es aber mit Curio zu tun, dessen Spezialität
es gewesen zu sein scheint, in solchen Dingen einen höchst persön-
lichen Maßstab anzulegen, — man beachte nur im folgenden, was
er seinen Truppen alles zumutet — und der an dem Unvermögen,
die Grenzen der physischen Leistungsfähigkeit ins Kalkül zu stellen,
ja schließlich auch zugrunde gegangen ist. Ihm also können wir die
Leistung dieses Entschlusses ganz gut zumuten, und könnten
dann nur die Truppen bewundern, welche dieser Anforderung tatsäch-
lich nachkamen.
Der Vergleich mit der Fahrtdauer der Flotte spricht übrigens
nicht so sehr, wie Groebe1) glaubt, gegen dieses Kalkül; denn als die
Flotte vor Utika eintraf, war das Gros Curios noch 17 Kilometer zu-
rück am Bagradas, nur die Kavallerie stand bereits vor der Stadt.
Die absolute Fahrtdauer der Flotte ist nicht so unwahrscheinlich:
nach cap. 23, 1 brauchte sie zur Überfahrt von Sizilien nach Anquil-
laria 2 Tage und 3 Nächte, also ca. 60 Stunden; die Entfernung be-
trägt ca. 160 Kilometer, das gibt also etwa 2,6 Kilometer in der
Stunde. Mit dieser Geschwindigkeit konnte sie die ca. 80 Kilometer
lange Strecke Anquillaria — Utika in etwa 31 Stunden zurücklegen,
also tatsächlich erst am zweiten Tage ankommen. —
Trotz dieser indirekten Bekräftigungen aber möchte ich doch
nicht wagen, den Zweifel an dieser absonderlichen Marschleistung als
gänzlich unbegründet hinzustellen, und zwar hauptsächlich deshalb,
1) Nr. 26 p. 403 Anm.
Utika und Bagradas. 1. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung-.
733
Bagradas.
weil, wie aus den späteren Ereignissen hervorgeht, Curios Truppen in
der Folge bei bedeutend geringeren Marschleistungen tatsächlich ver-
sagt haben1) Die Abänderungsvorschläge Stoffels (I 306), sowie die
Textkorrekturen der neueren Caesar- Ausgaben („tridui") sind nicht
abzuweisen. 2J
Das erste Lager Curios „am Bagradas" (24, 1. 26, 1.) Das Lager am
dürfte jedenfalls dort gelegen haben, wo die Straße Tunes — Utika,
die unzweifelhaft, weil durch das Terrain genau bedingt, mit der
heutigen Chaussee identisch ist, den damaligen Flußlauf kreuzte;
möglicherweise auf den sanften Höhenausläufern des rechten Ufers, ca.
2 Kilometer westlich des Dorfes La Sebala3).
Den Höhenzug der „castra Cornelia" beschreibt Caesar so ge-
nau, daß hier ein Zweifel nie obwalten konnte4).
Curio benutzte die Höhe zunächst nur zur Rekognoszierung der
feindlichen Stellung, wozu sie sich tatsächlich hervorragend eignet;
unsere Abbildung, Nr. 39 (S.584) gibt ein gutes Bild des vorzüglichen Über-
blickes, den man von dort aus gegen Utika genießt. — Die „Quelle",
die nach 24, 4. das Zwischenland versumpfte, war wohl der heute
noch existierende Oued Cherchara, wenn vielleicht auch in etwas
anderer Form. —
Hier sei gleich das Lager besprochen, das Curio erst nach
Aufhebung der Belagerung Utikas auf den „castra Cornelia"
schlug. Es lag zweifellos auf demselben Platze wie das Lager Scipios,
Die Castra
Cornelia.
1) c. 41, 1 : „confecto iam labore exercitu XVI milium (= 24 Kilometer)
spatio". Dabei war der größere Teil des Marsches in nächtlicher Kühle zurückgelegt
worden.
2) Siehe übrigens Groebe a. a. 0. und Meusels Ausgabe des bell. civ. (Nr. 27)
pag. 319 ff.
3) Die phantastische Erzählung Appians cap. 44, Curio hätte sein auf den „castra
Cornelia" geschlagenes erstes Lager wegen Vergiftung des Wassers durch den Feind
räumen müssen und wäre deshalb auf Utika vorgegangen, ist ein Unsinn. Denn
nach Caesars ausdrücklichem Bericht lag das erste Lager nicht auf den „castra Cor-
nelia", sondern am Bagradas; die castra Cornelia hat Curio damals nur mit seiner
Kavallerie zu Rekognoszierungszwecken aufgesucht, ein Lager hat er erst zu einem
späteren Zeitpunkt, nach der Schlacht bei Utika, dortselbst geschlagen. Am Bagra-
das aber konnte von einer Vergiftung des Wassers nicht die Rede sein, denn ein
Fluß wie der Ou. Medjerda läßt sich nicht auf die Dauer vergiften. Curios Vor-
marsch auf Utika erfolgte daher nicht wegen Vergiftung des Wassers, sondern aus
dem viel plausibleren Bestreben, näher an den Feind zu kommen.
4) Vgl. die ausführliche Deduktion gelegentlich der Ereignisse des 2. Punischen
Krieges auf S. 583 ff. dieses Bandes und die Übersetzung im Anhange S. 749.
734 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
d. h. auf dem höchsten Punkte des Vorgebirges, einem hierzu ganz
vorzüglich geeigneten fast quadratischen Plateau mit allseits abgesetzten
Rändern, auf dem sich auch Trinkwasser findet. Die Schilfe lagen
dann ebenso unter dem schützenden Steilabfall in der kleinen flachen
Bucht, die sich nordöstlich dieses Plateaus hinzieht.
Stoffel scheint nach I p. 309 f. das Lager auf die äußerste
Nordspitze des Rückens, wo heute das Dorf Galaat el Andeless (bei
Stoffel Kalaat el Oued) liegt, zu verlegen. Wenn dort schließlich auch
für 2 Legionen Platz genug war, so liegt der Punkt doch tiefer als
das von uns akzeptierte Plateau, und kann durch feindliche Besetzung
desselben vollkommen vom Lande abgesperrt werden. Auch der Aus-
blick ist von der Nordspitze viel schlechter; gegen Süden, woher jetzt
der Feind zu erwarten war, ist er durch das höhere und breitere
Plateau vollkommen verstellt. Caesar sagt ausdrücklich im cap. 24,
daß Curio sich schon zu jener Rekognoszierung auf die „castra
Cornelia" begab ; der gesuchte Aussichtspunkt ist daher mit dem Lager-
platze identisch. Es ist aber ganz widersinnig, daß er sich, vom Ba-
gradas kommend, bis auf die Nordspitze begeben hätte, von wo er eine
viel schlechtere Aussicht hatte, als von dem näheren und höheren Plateau.
Ferner aber — und das ist die Hauptsache — , paßt Caesars ausführ-
liche Beschreibung c. 24, 3: „paulo leniore fastigio ab ea parte, quae
ad Uticam vergit", nur auf dieses Plateau, da, wie schon ein Blick
auf die Karte zeigt und unsere Abbildungen 40 — 42 (S.584) klar ersicht-
lich machen, hier tatsächlich der Westhang bedeutend flacher ist als der
Osthang, während am Nordende bei Galaat el Andeless beide Ränder
ganz gleich steil sind1). Daß schließlich ein auf der äußersten Spitze
gelegenes Lager die Schiffe nicht hätte decken können, die vielmehr
notgedrungen, um vor Stürmen geschützt zu sein, südlich der Spitze
vor Anker liegen mußten, ist schon S. 585 ausgeführt worden.
Lager des yon den unmittelbar bei Utika zu suchenden Details interessiert
Varus.
uns zunächst das Lager des Attius Varus. Man wäre versucht,
sich dasselbe im Süden Utikas zu denken. Dem ist jedoch nicht so.
1) Hier eine Veränderung dieser Steilheitsverhältnisse in späterer Zeit anzu-
nehmen, geht nicht an; denn der heute noch konstatierbare Steilhang konnte nur
durch die Bespülung des Meeres, also zweifellos in der Zeit, da die castra Cornelia
noch ein Kap waren, und überdies nicht von heute auf morgen entstanden sein, also
zum mindesten nicht später, wahrscheinlich viel früher, als die hier geschilderten
Ereignisse sich abgespielt haben.
Utika und Bagradas. 1. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung.
735
maxi- £
sehr gfut erkennen. g
Caesar erwähnt c. 25, 1 (s. Anhang S. 750), daß es zwischen der Stadt-
mauer und dem überaus stark gebauten, außerhalb der Stadt liegenden
Theater eingeschoben war.
Letzteres lag nun, wie die |
archäologischen Untersu- ö
chungen unzweifelhaft er- £
geben haben, im Nordosten |
der Stadt, unweit des nörd- s
liehen Hafens ; die stattlichen
Ruinen lassen die von Caesar
ausdrücklich hervorgehobe- m
c
nen „substruetiones
raae,k senr gut
Hier auf ziemlich engemRau-
me zwischen Stadt, Theater
und Hafen zusammenge-
pfercht, befand sich also das
Lager des Attius; es ist
jedenfalls identisch mit
jenem, in welches Cato nach
bell. Afr. 87, 3 die mit Caesar
sympathisierenden Einwoh-
ner der Stadt sperrte („ante
portam bellicam", die auch
b. c. II 25, 1 genannt
wird). —
Hier finden wir nun
auch die Niederung, an
welcher es schließlich zur
Schlacht kam. Auch sie ist
uns sehr genau beschrieben.
Caesar nennt sie eine „vallis
non magna" (27, 3); nicht
groß, aber mit steilem Rand
(34, 1), der feindwärtige
Rand speziell so steil, daß
die Leute nur mit Nachhilfe (nisi sublevati a suis) hinaufklettern konnten
(34, 5); immerhin konnte eine ganze Gefechtsepisode mit Reiterei sich
m
<v
'OD
ä
Das
Schlachtfeld bei
Utika.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III.
47
736 Der Caesarianische Bürgerkrieg-.
innerhalb derselben abspielen (34, 2), was auf eine breite und flache Sohle
schließen läßt; und doch war sie nicht so breit, daß man nicht von einem
Rande zum andern hätte sprechen können (28, 2).
Auf den ziemlich steilen, geschlossenen Hängen im Süden der
Stadt findet sich keine Stelle, auf welche diese Beschreibung auch nur
annähernd passen würde. Wohl aber an der Ostseite, etwa 600 Meter
südlich des Theaters. Hier finden wir einen Ravin von etwa 70 Meter
Breite, mit 2 bis 3 Meter hohen, steilen, insbesondere an der Nord-
seite stellenweise fast senkrechten Rändern und vollkommen flacher
Sohle. (Bild 51.) Die Länge des Ravins, der gegen die Ebene zu all-
mählich verschwindet, beträgt heute allerdings nicht einmal 200 Meter.
Wenn man jedoch bedenkt, daß das Flachland östlich der Stadt seit jener
Zeit, wo Utika noch am Meere lag, durch Anschwemmung um circa
8 Meter erhöht wurde, so ist es ganz erklärlich, daß der größte, öst-
liche Teil jenes Ravins von diesem angeschwemmten Erdreich über-
deckt ist und er zu jener Zeit wohl noch auf eine bedeutend längere
Strecke freilag als jene 1000 Meter, die zum Aufmarsche von zwei
Legionen mit weniger Reiterei an seinen Rändern erforderlich waren1).
Daß Curio sich durch die Lage der Stadt in seiner linken Flanke
nicht genieren ließ, beziehungsweise daß Varus diesen Umstand nicht
ausnützte, um eine Diversion durch die Stadt hindurch in Curios
Rücken zu unternehmen, erklärt sich daraus, daß, wie S. 578 ausge-
führt ist, die Stadt sich damals noch nicht so weit nach Süden er-
streckte wie später.
curios Lager Curios Lager „vor der Stadt u (prope oppidum, 26,1), das zweite
vor utika. jn diesem Feldzuge, ist eben auf dem Räume anzusetzen, der später
zur Erweiterung der Stadt herangezogen wurde; das Terrain eignet
sich vollkommen dazu2).
1) Sowohl Tissot II 82, als auch Stoffel I 310 nehmen diesen Ravin als
Schlachtfeld an, ohne jedoch auf das Längenverhältnis speziell einzugehen.
2) Appians Notiz b. C. II 44: ^nagtrd^avro izaga rrjv &älaooav h> ßga%tl yrngüg"-
ist cum grano salis zu nehmen. Wäre das Meer so nahe gewesen, daß es direkt
auf die Schlachtordnung eingewirkt hätte, so hätte wohl Caesar, der ja auch seine
Kenntnis der Vorgänge von Asinius Pollio hatte und zwar viel unmittelbarer als
Appian, diesen Umstand sicher erwähnt. In Wirklichkeit hatte Varus das Meer in
geringer Entfernung im Rücken, in seiner linken Flanke aber, ebenso wie Curio in
seiner rechten, den Sumpf, der sich vom Meere landeinwärts zwischen Utika und
Castra Cornelia hinzog. — Appian hat hier wieder einmal, wie so oft, durch gewaltsame
Zusammenziehung verschiedener an sich richtiger Angaben eine Konfusion angerichtet.
Utika und Bagradas. 1. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung.
737
Das Gefechtsfeld, auf dem Curie- nach c. 26, 2—4 gleich bei seiner
Ankunft vor Utika das numidische Kontingent zersprengte, lag jeden-
falls südwestlich davon am Fuße des vom Dj. Menzel Roul gegen die
Stadt auslaufenden Rückens. Die feindliche Kavallerie rettete sich
über den Rücken ans Meeresufer und erreichte längs desselben (per
litora) die Stadt, während die langsamere Infanterie erwischt und
übel zugerichtet wurde.
Der Ort des
Überfalles.
Komplizierter, aber nicht weniger eindeutig sind die Details des Der Marsch
Marsches Curios gegen Juba und der Vernichtungsschlacht zu bestim-
men; insbesondere ist es hier eine auffallend große Zahl von Distanz-
angaben, die uns diese Bemühungen erleichtert (s. Anhang S. 751 ff.).
Die erste Angabe enthält die Curio zugekommene Nachricht, die
numidische Armee sei „weniger als 25 Millien (37 Kilometer)
entfernt" (37,3). Ihr damaliger Standort ist demnach in etwas weniger
als diese Entfernung von Utika, wo Curio damals noch stand, den
Ou. Medjerda aufwärts zu suchen. — Dann wird Saburra, dem die
Hauptmacht auf 6 Millien (9 Kilometer) folgt, an den Bagradas
vorgeschoben (38,3) und hier des Nachts von Curios Kavallerie
überfallen und geworfen.
Der Ort dieses Überfalles lag, da die zurückgehenden Truppen
Saburras in der Folge lange vor der Schlacht für Curios Hauptkraft
sichtbar wurden und noch ein gutes Stück bis auf das Schlachtfeld
zurückgingen (41,1), jedenfalls erheblich nördlicher als dieses; denn es
ist nicht anzunehmen, daß sie nach der nächtlichen Schlappe gleich
wieder bis über das eben geräumte Lager hätten vorgehen können,
ohne daß dies den römischen Kommandanten hätte stutzig machen
müssen. Anderseits läßt sich aber auch die Nordgrenze der Lage
dieses Platzes bestimmen. Er kann keine vollen 9 Kilometer nördlich
vom Orte der Entscheidungsschlacht angesetzt werden, da Juba von
Saburra nur 6 Meilen — 9 Kilometer entfernt war (38,3), und nach dem
Überfall noch etwas vorrücken mußte, um das Schlachtfeld zu er-
reichen. (40,1) Da nun dieses selbst 16 Millien = 24 Kilometer südlich
der Castra Cornelia lag (41,1), so muß Saburra etwas mehr als 15 Kilo-
meter südlich der Castra Cornelia am Bagradas (38,3) gelagert haben.
Diese engen Grenzwerte ergeben demnach den Ort des Lagers Saburras
und des nächtlichen Ueberfalles am Ou. Medjerda beiläufig gegenüber
der heutigen Faktorei Haras de Sidi Tabet.
47*
73S Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Die nach dem Überfall zurückkehrende römische Kavallerie be-
gegnete auf dem Rückwege den unterdessen gleichfalls aufgebrochenen
Legionen in einer Entfernung von 6 Millien = 9 Kilometer von dem
Lager auf „Castra Cornelia" (39,1). Diese Angabe ist wichtig;
denn wir erfahren als nächste Tätigkeit Curios, daß er trotz der Er-
schöpfung seiner Truppen und insbesondere der Kavallerie nunmehr
sein Korps von den Höhen in die Ebene hinabführte (40.3).
Der Höhenzug, dessen nördlicher Abschnitt die „castra Cornelia"
trägt, erstreckt sich in der Tat von da noch genau 1 0 Kilometer nach
Süden und endet daselbst sehr unvermittelt in dem 59 Meter hohen
K ou diät Touba, zu dessen Füssen sich die hindernislose Ebene weit-
hin erstreckt. Auf diesem Höhenzuge ist Curio marschiert; da er der
zurückkommenden Reiterei 9 Kilometer vom Lager begegnete, so war
er tatsächlich nurmehr 1 Kilometer vom äußersten Ende des Höhen-
zuges entfernt. Er ließ die Kavallerie kehrt machen, den Marsch all-
gemein beschleunigen (39,6), zuerst über das kleine noch erübrigende
Stück auf den Höhen, dann, als diese aufhörten, vom Koudiat Touba
in die Ebene hinab.
Das Hier rückte, er nun weiter vor, bis er, nach einer Gesamtmarsch-
C Bagradas*"1 leistung von 16 Millien = 24 Kilometern, durch die Erschöpfung der
Truppen sich gezwungen sah, Halt zu machen (41,1). Durch diese
Distanz ist auch der Platz genau gegeben: er ist die 5 bis 6 Kilo-
meter breite Ebene zwischen dem Bagradas und der iso-
lierten Hügelgruppe Koudiat Chaouat westlich des gleich-
namigen Dorfes.
Hier stellte sich auch wieder Saburra und begann ein hinhaltendes,
nicht auf sofortige Entscheidung, sondern auf sukzessive Erschöpfung
des Gegners angelegtes Gefecht, wobei er durch fortwährend zufließende
Verstärkungen Jubas, der auf diese Weise endlich seine ganze Macht
auf das Schlachtfeld warf, unterstützt wurde.
Woher diese kam, erfahren wir aus Appian. Er berichtet b. c.
II 45, daß die Feinde in diesem Augenblick den Fluß über-
schritten. Juba muß daher mit seiner Hauptkraft am rechten Ufer
gestanden haben, wofür auch die Deckungsverhältnisse sprechen; denn
in der offenen Ebene des linken Ufers hätte seine Hauptmacht leicht
zu früh entdeckt werden können; am rechten Ufer jedoch in der Nähe
des oben bestimmten Schlachtfeldes konnte er seine Truppen durch
die dichten Ufergebüsche des Flusses und vor allem durch die vor-
Utika und Bagradas. 1. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung. 739
springende Nase des Djebel Mergueb gegen Sicht von Norden her recht
gut decken und, als der stehende Kampf in der Ebene entbrannt war,
seine Korps etwa bei Kahoua ed Donadji, wo sich heute noch eine
Furt befindet, über den Fluß direkt in Curios linke Flanke dirigieren.1)
Als Curio erkannte, daß der Kampf in der Ebene zur Katastrophe
führen müsse, suchte er durch einen gewaltsamen Durchbruch die
„nächsten Hügel" zu gewinnen, fand aber auch diese von Saburras
Kavallerie besetzt. Damit war der Untergang seines Korps besiegelt.
Diese nächsten Hügel sind nach all dem vorher abgeleiteten
zweifellos die vorerwähnte Hügelgruppe „Koudiat Chaouat", welche
von der Mitte der Ebene etwa Vk Kilometer entfernt liegen. Dorthin
war auch der Durchbruch am leichtesten möglich, da die Haupt-
kräfte des Feindes gerade aus der entgegengesetzten Eichtung kamen.
An ihrem Südostfuße hat sich der letzte Akt der Tragödie abgespielt;
hier fand der originellste von Caesars Legaten den Heldentod.
Tissot (Nr. 13 I 78) identifiziert diese „nächsten Hügel" mit
jenen, von denen Curio nach 40, 3 herabstieg, also mit dem Koudiat
Touba. Nun ist aber dieser vom Schlachtfelde volle 14 Kilometer
entfernt, also nichts weniger als der „nächste Hügel" ?). Tissots Irr-
tum erklärt sich hier daraus, daß auf seinen Karten der von den castra
Cornelia nach Süden hinziehende Höhenzug bis auf 4 Kilometer
an das von uns angenommene und auch bei ihm gleich angesetzte
Schlachtfeld heranreicht, was der Wirklichkeit nicht entspricht.
Stoffel (Nr. 15, 1 313) verlegt das Schlachtfeld überhaupt weiter
nordwärts, und zwar auf Grund einer Textkorrektur. Er findet
nämlich die nach den Textangaben resultierende Gesamtleistung der
Kavallerie zu hoch und restringiert sie dadurch, daß er in cap. 41, 1
statt „exercitu" „equitatu" setzt, so daß damit die gegebene Distanz
von 16 Millien = 24 Kilometer nicht als der Weg der Legionen, son-
dern als die Gesamtleistung der Kavallerie in der ganzen Nacht er-
scheint. Ohne diese Textkorrektur berechnet er die Leistung der
1) Für die Tatsache, daß die Truppen Jubas, um aufs Schlachtfeld zu gelangen,
erst über den Fluß setzen mußten, spricht auch die Angabe Caesars, daß Jubas Haupt-
macht nicht einheitlich eingriff, sondern sukzessive auf dem Schlachtfelde eintraf.
Tissot (Nr. 13) I. p. 78 läßt auch Saburra erst über den Fluß gehen, was wohl
auf eine allzu wörtliche Aulehnuug an Appian zurückzuführen und mit Caesars ganz
klarer Schilderung nicht vereinbar ist.
2) Auch hätte in diesem Falle Caesar wahrscheinlich die Hügel nicht als „proximi
colles-', sondern als „colles, de quibus descenderat" oder so ähnlich näher bezeichnet.
740 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Reiterei auf 39 Kilometer, was aber auf dem Irrtum beruht, daß er
den Ort des Überfalles auf das Lager Saburras für identisch hält mit
dem des letzten Schlachtfeld es. In Wirklichkeit lag aber dieses Lager,
wie wir oben detailliert abgeleitet, bedeutend weiter nördlich, wo-
durch sich die Gesamtleistung der römischen Kavallerie merklich ver-
ringert; abgesehen davon, daß man selbst 39 Kilometer für eine gute
Reiterei schwer als „unmögliche Leistung" bezeichnen kann, auch
wenn man das Gefecht einrechnet, das mit Rücksicht auf seinen
überfallsartigen Charakter weder langdauernd noch schwer gewesen
sein kann.1)
Charakteristik Bei Konstatierung dieses Schlachtfeldes und der folgenden Be-
schiachtfeides. leuchtung der einzelnen Vorgänge dieser Schlacht drängt sich uns
alsbald die Überzeugung auf, daß wir es nicht mit einem rein zu-
fällig durch die Kombination der verschiedenen Marschleistungen
erreichten beliebigen Teil der Ebene zu tun haben, sondern mit einem
von Juba in weiser Voraussicht besonders ausgewählten Terrain,
1) Es ist übrigens ganz gut möglich ein Zeitkalkül aufzustellen. Das erste
Lager Saburras am Bagradas gegenüber Haras de Sidi Tabet lag, wie oben ab-
geleitet, von den castra Cornelia zirka 15 Kilometer entfernt, und von dem Punkte, wo
Curio der rückkehrenden Kavallerie begegnete, sechs Kilometer. Die Gesamtleistung
der Reiterei bis zu ihrer Wiedervereinigung mit Curio betrug demnach, von Gefecht
uud Verfolgung abgesehen, 15 + 6 = 21 Kilometer. Wenn Curios Reiterei „prima
nocte" (38,3) abmarschierte, das ist um jene Zeit etwa 9 Uhr Abends, so konnte sie
spätestens um Mitternacht, ohne eine nennenswerte vorhergehende Anstrengung
(fünf Kilometer per Stunde!) den Überfall ausgeführt haben.
Die Infanterie Curios folgte „quarta vigilia" (39, 1), also etwa 3 Uhr Nachts.
Sie konnte die neun Kilometer lange Strecke bis zum Zusammentreffen mit der
Reiterei in 2'/.2 Stunden zurücklegen, also etwa um 5 Uhr 30 Min. früh an diesem
Punkte eintreffen. Die Kavallerie hatte vom eroberten Lager dorthin sechs Kilo-
meter zurück zu reiten, konnte also frühestens um 4 Uhr früh von dort aufgebrochen
sein (vier Kilometer per Stunde!»; es bleiben also mindestens vier Stunden für
den Überfall und die Verfolgung, samt Rast, Tränken im Bagradas usw.
Vom Orte des Zusammentreffens wird der Marsch sofort gemeinsam fortgesetzt
und zwar noch 15 Kilometer bis auf das Schlachtfeld; diese Strecke konnte, da die
Reiterei der Infanterie vorauseilte (39, 6,) von ersterer in vielleicht drei Stunden (fünf
Kilometer pro Stunde!) zurückgelegt werden, also bis etwa 8 Uhr 30 Min. früh, um
welche Zeit die Schlacht begann.
Die Marschleistung der Kavallerie in der Zeit von 9 Uhr abends bis 8 Uhr
30 Min. früh, also in 11 7* Stunden, beträgt also 15 -f- 6 -|- 15 = 36 Kilometer, wobei
7 lji Stunden Marsch, durchwegs in sehr mäßigem Tempo auf gutem Boden und in
nächtlicher Kühle, und vier Stunden Gefecht mit Rast gerechnet sind; eine zweifel-
los gute, aber nicht unmögliche Leistung, insbesondere wenn man die in der Quelle
betonte schließliche totale Erschöpfung berücksichtigt; ja letztere wäre ohne eine
solche Leistung1 kaum verständlich.
Utika und Bagradas. 1. Die Tatsachen und ihre Lokalisierung*. 741
Tatsächlich war dieser Platz für seinen Schlachtplan ganz hervor-
ragend geeignet. Die 5 Kilometer breite Ebene zwischen dem Flusse
und dem Koudiat Chaouat bot reichlich Raum, um die Überlegen-
heit der Numider an leichten Truppen und ihre spezifische Fechtweise
zur ungehinderten beiderseitigen Umfassung des kleinen römischen
Korps ausnützen zu können; andererseits aber boten die Höhen auf
beiden Seiten, die gerade so weit entfernt waren, um diese Kräfte-
verwendung nicht zu hindern, aber wieder nahe genug, um daselbst
postierte Abteilungen rasch und flankierend auf das Schlachtfeld
werfen zu können, die beste Gelegenheit zur gedeckten Aufstellung
größerer Truppenmassen und ihrer Verwendung in letzterem Sinne.
Tatsächlich haben wir gesehen, daß, während zunächst eigentlich bloß
Saburra den Kampf in der Front hinhaltend führte, die Hauptkraft
Jubas, hinter dem Flusse und den östlichen Hügeln bereitgestellt, von
da aus in den Kampf eingriff, die Hügel im Westen aber gleichfalls
von einem Detachement besetzt waren, dessen Verwendung sich durch
den Lauf des Gefechtes von selbst ergab.
Es erscheint durchaus wahrscheinlich, daß Saburra den Kampf
an dieser Stelle instruktionsgemäß auch dann aufgenommen hätte,
wenn Curio nicht, durch die Ermüdung der Truppen gezwungen, von
selbst stehen geblieben wäre; möglicherweise hat Caesar, der ja nicht
als persönlicher Augenzeuge der Ereignisse schreibt, hier Ursache und
Wirkung vertauscht. —
Die Tatsache, daß der auf Grund der überlieferten Distanzen ab-
geleitete Raum nicht ein rein zufälliges, bezüglich des Terrains neu-
trales Schlachtfeld vorstellt, sondern ein solches, das für die Vor-
gänge in der Schlacht geradezu prädestiniert erscheint, gibt uns eine
willkommene Bestätigung für unser auf anderem, rein ziffernmäßigem
Wege zustande gekommenes Resultat.
Bezüglich der Chronologie dieses kurzen Feldzuges ist zu der chronoiogi
Ableitung Stoffels I 305 ff. nichts Wesentliches nachzutragen.
Die relativen Daten, die ja der Text der Hauptquelle ziemlich klar
vermittelt, sind daselbst unzweifelhaft richtig; das absolute Datum,
das nicht direkt überliefert, sondern nur deduziert ist, kann im
schlimmsten Fall um wenige Tage von der Wirklichkeit abweichen.
Der errechnete Zeitabschnitt, 11. bis 20. August alten Stiles, entspricht
742
Der Caosaiiiuiische Bürgerkrieg.
nach den neuesten Berechnungen (Groebe III 812) dem 19. bis 28. Juni
unserer Zeitrechnung.1)
Die Situation.
Curio nach
Afrika.
2. Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges.
Gleich nach der Kapitulation von Corfinium hatte Caesar durch
Entsendung starker, aus den übergetretenen Truppen gebildeter Korps
für die Sicherung der Kornprovinzen, deren Besitz für die Behauptung
Roms und Italiens von größter Wichtigkeit war, Sorge getragen.
Valerius war mit einer Legion nach Sardinien gegangen, Curio mit
zunächst drei Legionen nach Sizilien; letzterer hatte den Auftrag,
nach Besitznahme dieser Insel nach Afrika überzusetzen.
Dort kommandierte indessen der Pompejaner Attius Varus. Er
war aus Italien dorthin geflohen, hatte infolge seiner persönlichen Ver-
bindungen in der Provinz, und da der rechtmäßige, gleichfalls pompe-
janisch gesinnte Statthalter Tubero krankheitshalber noch nicht ein-
getroffen war, das Kommando an sich gerissen, in kurzer Zeit zwei
Legionen ausgehoben und verwehrte dem endlich eintreffenden Tubero
die Landung.
Ättius Varus stand mit seinen zwei Legionen und einem kleinen
Reiterkontingent bei der Provinzhauptstadt Utika; eine dritte Legion
unter C. Considius in der wichtigsten Hafenstadt der Ostküste, Hadru-
metum; eine kleine Eskader von 10 Kriegsschiffen unter L. Caesar
lag vor Clupea. Als wertvoller Bundesgenosse stand der König des
benachbarten Numidien, Juba, mit sehr ansehnlicher Heeresmacht be-
reit, nötigenfalls helfend einzugreifen; alte Freundschaft mit Pompejus
und bitterer Haß gegen Curio, der als Tribun seine Absetzung bean-
tragt hatte, verband ihn den Republikanern.
Curio war — scheinbar noch vor der Besetzung Siziliens — auf
vier Legionen verstärkt worden. Nach widerstandsloser Einnahme
dieser Insel ließ er zwei Legionen zu ihrem Schutze zurück und setzte
mit den übrigen zwei Legionen und 500 Reitern, von 12 Kriegs-
schiffen begleitet, nach Afrika über. Nach einer Überfahrt von zwei
Tagen und drei Nächten landete er bei Anquillaria, nahe bei Cap
Bon, an einer durch zwei Vorgebirge geschützten Stelle.
L. Caesar hatte mit seiner Eskader — wahrscheinlich auf der
Höhe des Cap Bon — den Feind erwartet. Als er die Übermacht er-
1) Vgl. Meusels Ausgabe des bell, civile. (Nr. 27) S. 371.
Utika und Bagradas. 2. Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 743
kannte, kehrte er schleunigst um und ließ sogar sein Admiralschiff —
wahrscheinlich war er nicht sicher mit demselben noch um das Cap
herumzukommen — an der Küste auffahren, um zu Lande nach Hadru-
metum zu fliehen. Curio ließ die feindliche Flotte durch seine Kriegs-
schiffe unter Marcius Rufus ein Stück verfolgen ; dieselben nahmen auch
das aufgefahrene Schiff L. Caesars ins Schlepptau, die übrigen pompe-
janischen Schiffe entkamen indessen nach Hadrumetum.
Curio sandte die zurückgekehrte Eskader sofort gegen Utika vor- Am Bagradas.
aus ; er selbst brach mit den Truppen zu Lande ebendahin auf. Nach
mehrtägigem Marsche schlug er am Flusse Bagradas (Ou. Medjerda),
noch 17 Kilometer von Utika entfernt, sein erstes Lager und unternahm
noch an demselben Tage, während der Legat Rebilus mit den Le-
gionen im Lager zurückblieb, mit der ganzen Kavallerie eine scharfe
Rekognoszierung (S. 733).
Auf halbem Wege zwischen seinem Lager und Utika zog sich ein
langer, schmaler Höhenzug hin, dessen äußerste nördliche Spitze als
steilrandiges Vorgebirge ins Meer hineinragte. Unmittelbar südlich der
äußersten Spitze, etwa an der Basis der Halbinsel, zeigte die Welle
eine kleine plateauartige Erweiterung, die, etwa 40 Meter über die
Ebene sich erhebend, die ganze Gegend ringsum dominierte. Hier
hatte einst der große P. Cornelius Scipio im Kriege mit Hannibal
sein erstes Winterlager geschlagen, und der Platz hieß seitdem
„castra Cornelia".
Dieses Plateau erstieg Curio mit der Kavallerie. Wie eine Land-
karte lag das Terrain bis Utika vor seinen Blicken. Zwischen dem
Höhenzuge und der etwa drei Kilometer in der Luftlinie entfernten,
auf der Spitze eines Höhenausläufers liegenden Stadt war stark ver-
sumpftes, schwer gangbares Terrain; eine Rekognoszierung ergab, daß
dasselbe auf einem Umwege von zirka neun Kilometer trockenen Fußes
umgangen werden konnte (S. 733 f.).
Die feindliche Stellung selbst war genau wahrzunehmen. Zwischen
der Stadtmauer und dem nordöstlich davon in freiem Felde stehenden,
aus mächtigen Quadern erbauten und zur Verteidigung eingerichteten
Theater hatte Varus sein Lager eingeschoben (S. 734).
Indessen hatte die Ankunft des caesarianischen Korps die Landbe-
völkerung veranlaßt, allenthalben mit Hab und Gut und allen Lebens-
mitteln in die Stadt zu flüchten. Von der Höhe aus konnte man deut-
lich die Massen beobachten, wie sie von allen Seiten zur Stadt hin-
744 Der Caesariauische Bürgerkrieg.
drängten. Curio entsandte die Kavallerie mit dem Auftrage, sich der
Lebensmittel zu bemächtigen ; sofort schickte auch Varus ein numidisches
Kontingent von 600 Reitern und 100 Mann leichter Infanterie zu ihrer
Deckung ab. Es kam zum Zusammenstoße der beiden Kavallerien; die
Xumider wurden geworfen, und die Caesarianer machten reiche Beute.
Noch ein Erfolg sollte ihnen an demselben Tage beschieden sein.
Eben näherte sich die caesarianische Flotte Utika. Curio ließ durch
ein Schlachtschiff die im Hafen liegenden etwa 200 Handelsschiffe auf-
fordern ihm zu folgen, widrigenfalls er sie als Feinde behandeln würde.
Sie gehorchten sämtlich und führten den Caesarianern reichliche Vor-
räte, die für den Feind bestimmt gewesen waren, zu. Nach solchen
Erfolgen rückte Curio in sein Lager am Bagradas ein und wurde
von den Truppen als Imperator begrüßt.
Carlo vor utika. Am folgenden Tag marschierte er mit dem ganzen Korps vor Utika
und schlug unmittelbar südlich der Stadt auf dem schmalen Höhen-
rücken sein zweites Lager. Noch war die Lagerarbeit in vollem Gange, als
ein starkes numidisches Kontingent beider Waffen, von Juba gesandt,
am Fuße des Dj. Menzel Roul daherkam. Curio warf ihm rasch die
Reiterei entgegen und alarmierte die Infanterie; doch diese kam nicht
mehr zum Eingreifen; die Reiter hatten bereits reinen Tisch gemacht.
Von der feindlichen Kavallerie entkam der größte Teil über den
Rücken hinüber ans Meer und längs desselben in die Stadt; die In-
fanterie wurde größtenteils niedergemacht (S. 736 f.).
Im pompejanischen Lager gab man sich indessen der Hoffnung hin,
Curios Armee ohne Kampf sprengen zu können. Man wußte, daß die-
selbe aus seinerzeit für Pompejus und L. Domitius ausgehobenen Truppen
bestand, welche dann bei Corfinium kapituliert hatten. Nun dienten
viele Offiziere, welche sie damals befehligt hatten und nach der Kapi-
tulation von Caesar freigegeben worden waren, jetzt unter Attius
Varus. Einige Überläufer nährten die pompejanischen Hoffnungen.
Als am folgenden Tage beide Armeen gegen einander aufmarschierten,
sollte der erste Versuch gemacht werden.
Von der Südostecke der Stadt beiläufig zog sich ein zirka 70 Meter
breiter, steilrandiger Ravin mit flacher Sohle senkrecht auf den Fuß
der Höhen in die Ebene hinein. Er bildete die natürliche Demarkations-
linie zwischen beiden Heeren, und an seinen Rändern entwickelten sich
beide in Schlachtordnung, Attius Varus am nördlichen, Curio am süd-
lichen (S. 735). Keiner wollte zuerst das Hindernis überschreiten. Die
Utika und Bagradas. 2. Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 745
hierdurch entstandene zuwartende Untätigkeit benützten die Offiziere
des Varus, um mit den Soldaten des Curio anzuknüpfen. Diese ver-
hielten sich zunächst in Reih und Glied passiv ; als aber Curio sie ins
Lager zurückführte, begannen sie wankelmütig zu werden.
Die Lage war kritisch. Curio berief einen Kriegsrat. Ein Teil
stimmte für den sofortigen Sturm auf das feindliche Lager, der andere
für den nächtlichen Rückzug auf die castra Cornelia, eventuell die
Räumung Afrikas. Der Kommandant hielt das eine für zu gewagt,
das andere für zu ängstlich; er ließ die Truppen antreten, erinnerte
sie an ihren Fahneneid, an die bisherigen ununterbrochenen Erfolge
Caesars, bewies ihnen, daß dessen Gegner für eine verlorene Sache
kämpften, und erklärte endlich, er sei bereit, den von ihnen erst jüngst
empfangenen Imperatortitel sofort abzulegen, wenn es sie etwa gereuen
sollte, ihn einem Soldaten Caesars verliehen zu haben.
Curios Ansprache rief einen vollkommenen Umschwung in der
Stimmung des ganzen Heeres hervor, den der Kommandant sofort zu
einem Hauptschlage auszunützen beschloß. Er ließ ausrücken und mar-
schierte am Ravin auf.
Alsbald erschien die gegnerische Armee am anderen Rande. Man Die Schiacht
•• 1)01 UtlliM
war des Erfolges sicher und glaubte, den Übertritt der Legionen Curios
nur abwarten zu müssen. Wieder standen die Heere zuerst zuwartend ein-
ander gegenüber. Wie um ihren Aufforderungen etwas Nachdruck zu
verleihen, schoben die Pompejaner endlich von ihrem linken Flügel
die Kavallerie und leichte Truppen vor. Kaum waren diese in den
Ravin hinabgestiegen, als Curio seine Kavallerie und zwei marsische
Kohorten entgegenwarf. Die pompejanische Reiterei wurde geworfen,
die Infanterie jämmerlich zugerichtet. Unter dem unmittelbaren Ein-
drucke dieses Gefechtes ging Curio — auf Initiative des kriegs-
erfahrenen Rebilus — plötzlich auf der ganzen Linie über den
Ravin, warf die verblüfften Legionen des Feindes im ersten Anprall
über den Haufen und verfolgte sie bis an ihr Lager, wo er seine
Truppen raillierte und ins eigene Lager zurückführte. Er verlor
einen einzigen Mann, während Varus angeblich 600 einbüßte, die
meisten allerdings erst in dem mörderischen Gedränge am engen
Lagereingang.
Den Sturm auf das feindliche Lager hatte Curio auch jetzt nicht
gewagt. Varus jedoch, dessen Truppen ganz aufgelöst waren und zum
Teil erst in der Stadt zum Stehen gebracht werden konnten, fürchtete
7 IG
Der Caesarianische Bürgerkrieg-.
Eingreifen
Jabas.
eiaeo Angriff so, daß er das Lager aufzugeben beschloß und in der
Nacht in die Stadt zurückging, nachdem er, um seinen Abzug zu ver-
heimlichen, einen Teil der Zelte nebst einem Trompeter, der die ge-
wohnten Signale blasen mußte, bis zur Vollendung der Räumung im
Lager zurückgelassen hatte.
Curio traf gleich am folgenden Tage die Anstalten zur Belagerung
Utikas. Da traf die Meldung ein, daß König J u b a mit einem starken
Heere zum Entsätze heranrücke. Anfangs wollte Curio nicht recht
daran glauben, umsomehr als die eben eintreffenden Nachrichten von
Caesars definitivem Siege in Spanien ein solches Vorgehen des Nu-
miderkönigs wenig wahrscheinlich erscheinen ließen; doch als eine ganz
bestimmte Meldung die Entfernung der feindlichen Heeresmacht mit
weniger als 25 Millien (37 Kilometer) angab, war kein Zweifel mehr
möglich.
Curio wollte seine zwei Legionen nicht einem offenen Kampfe mit
dieser Übermacht aussetzen; er hob die Belagerung Utikas auf und
ging auf die feste Stellung der „castra Cornelia" zurück; hier konnte
er einem eventuellen Angriffe mit Ruhe entgegensehen, gleichzeitig die
Verbindung mit Sizilien decken und die von dort heranzuziehenden Ver-
stärkungen erwarten ; die beiden auf jener Insel verbliebenen Legionen
hatten sofort den Befehl erhalten, nach Afrika überzusetzen1). Die
Flotte lag ohnedies vor dem nunmehrigen Lager vor Anker. (S. 733.)
Juba mußte alles daran gelegen sein, Curio vor Eintreffen seiner Ver-
stärkungen zur Schlacht zu verleiten. Er ging selber unbemerkt bis auf
etwa 25 Kilometer an die castra Cornelia heran und schob seinen Unter-
f eldherrn S a b u r r a mit einem kleinen Korps noch etwa 9 Kilometer weiter
auf dem linken Ufer des Bagradas vor, wo derselbe nächtigte (S. 737);
gleichzeitig wurde dem caesarianischen Kommandanten durch Über-
läufer die Nachricht zugestellt, daß der König durch innere Unruhen
genötigt worden sei, mit der Hauptkraft kehrt zu machen, und nur das
Korps Saburras zurückgelassen habe.
curios offensive. Und Curio ging in die Falle. Sein bisheriges Glück hatte ihn
unvorsichtig gemacht ; er konnte sich gar nicht denken, daß es weiter-
hin anders kommen könnte als bisher. Die Gelegenheit, das isolierte
Korps Saburras zu vernichten, schien auch gar zu verlockend. Bei
Einbruch der Nacht entsandte er seine ganze Kavallerie nach dem
1) Mit dem Abholen dieser Legionen dürfte der Legat Rebilus betraut ge-
wesen sein, da er gelegentlich der folgenden Ereignisse nicht erwähnt wird.
Utika und Bagradas. 2. Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 747
Bagradas. Die Reiter überfielen die mit ostentativer Sorglosigkeit
lagernden Numider und jagten sie in die Flucht, worauf sie mit zahl-
reichen Gefangenen den Rückmarsch antraten.
Curio hatte ihre Rückkehr nicht erst abgewartet. Etwa um 3 Uhr
nachts war er unter Zurücklassung von 5 Kohorten unter Marcius
Rufus aufgebrochen und marschierte zunächst auf der Höhenlinie, auf
welcher sein Lager lag, südwärts. Nach einem Marsche von neun
Kilometern traf er die zurückkehrende Reiterei. Ihre Meldung, sowie die
Aussagen der Gefangenen bestärkten ihn in seiner Meinung und Absicht.
Er ließ die Kavallerie trotz ihrer Ermüdung sofort wieder kehrt
machen und ging persönlich mit ihr voraus; die Infanterie sollte
folgen, so rasch sie konnte. Kurz darauf ward das Ende der Hügel-
kette erreicht; vor dem Blicke dehnte sich in der Morgensonne weit-
hin die Ebene. In derselben sah man die Truppen Saburras in
Schlachtordnung langsam zurückgehen. Dieser Anblick zerstreute die
letzten Bedenken; ohne Zögern führte Curio die Truppen in das
Blachfeld hinab und setzte den Marsch hinter dem weichenden Feinde
fort (S. 737).
Juba aber hatte bereits sein Schlachtfeld gewählt. Dort, wo die nie Schiacht
Ebene des Bagradas durch die Hügelgruppe des Koudiat Chaouat
auf etwa 5 Kilometer verengt wird, hatte er seine Hauptkraft am
rechten Bagradasufer, hinter der vorspringenden Kulisse des Dj. Mer-
gueb, gedeckt bereitgestellt; die Furt beim heutigen Kahoua ed
Donadji sicherte ihm den Übergang auf das andere Ufer. Saburras
durch den nächtlichen Überfall immerhin arg zugerichtetes Korps hatte
er durch spanische und gallische Kerntruppen aufnehmen lassen, es
dadurch befähigt, in Ordnung zurückzugehen und den Feind planmäßig
auf das Schlachtfeld zu locken (S. 738 f.).
Als Saburra am bezeichneten Orte anlangte, machte er kehrt.
Auch Curio, der von seinen 500 Reitern nurmehr zweihundert bei
sich hatte, — der Rest war vor Erschöpfung sukzessive zurückge-
blieben — hatte Halt gemacht. Er wollte die Truppen sammeln, die
Infanterie aufschließen lassen ; doch hierzu ließ ihm Saburra nicht mehr
Zeit. Während sein Fußvolk zunächst zuwartend stehen blieb, ging
seine weit überlegene Reiterei zum Angriffe vor.
Curio nahm mit seiner Handvoll Reitern den Kampf auf. In der
Attacke zweifellos überlegen, konnten die Römer ihre partiellen Er-
folge wegen der totalen Erschöpfung der Pferde nicht ausnützen;
748 Der Caesarianiaohe Bürgerkrieg.
auch die beiderseitige Übern" ügelung durch die überlegenen feindlichen
Massen war nicht abzuwenden. Endlich trafen die Kohorten ein.
Aber auch beim Feinde erschienen Verstärkungen. Immer neue Truppen
warf .luba über die Furt in die linke Flanke und den Rücken Curios.
Die römische Infanterie, genötigt nach allen Seiten Front zu machen,
kam gar nicht recht zur Entwicklung. Wo eine Kohorte zu einem
energischen Vorstoß einsetzte, wichen die leichten feindlichen Massen
sofort zurück und warfen sich eben so schnell auf Flanken und Rücken
der vorgeprellten Abteilung. Bald war das kleine römische Korps
von drei Seiten eingeschlossen, total erschöpft und vollends entmutigt.
Curio sah, daß die Schlacht verloren war; aber noch hoffte er
die Armee retten zu können. Wenn er die unweit im Westen sicht-
baren Hügel erreichte, war er vorläufig außer Gefahr; dort im kupierten
Terrain konnten die leichten Truppen des Gegners den geschlossenen
Kohorten wenig anhaben. Auch war die Hauptmasse der Feinde von
Osten her gekommen; im Westen schwärmten nur die aus der Front
eingeschwenkten Reiter Saburras. Der Durchbruch war demnach
nach dieser Richtung am ehesten möglich.
Es gelang, sich bis an den Fuß der Hügel durchzuschlagen; doch
als die Kohorten dort anlangten, stand die Reiterei Saburras bereits
auf den Hängen. Jetzt lösten sich die Truppen vollends auf. Ein
Teil floh der feindlichen Kavallerie direkt in die Speere, der Rest
wurde an Ort und Stelle zusammengehauen; nur wenigen Reitern
gelang es sich durchzuschlagen.
Curio hätte sich mit ihnen retten können; allein er vermochte den
Gedanken nicht zu ertragen, ohne das ihm anvertraute Heer vor seinem
Feldherrn zu erscheinen. Er blieb und fand kämpfend den Tod. —
Katastrophe der Nicht so ein anderer. „Sobald es anfing schief zu gehen"1), hatte
Asinius Pollio bereits das Schlachtfeld verlassen und war nach
dem Lager zurückgeritten, um dasselbe gegen einen eventuellen An-
griff des Varus zu schützen. Daß Marcius Rufus ohnehin daselbst
kommandierte, genügte ihm jedenfalls nicht.
Das Opfer, das Asinius Pollio durch seinen Verzicht auf den
Heldentod gebracht hatte, war umsonst gebracht worden. Trotz der
Ankunft des Helden rief die von ihm überbrachte Nachricht eine
regelrechte Panik hervor. Rufus wollte die Mannschaft auf die Schiffe
1) „&q%ou£vov tov xaxov" Appian b. c. II 45.
Utika und Bagradas. 2. Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 749
bringen und nach Sizilien führen; jedoch ein großer Teil der Schiffe,
insbesondere die aus Utika entführten Privatschiffe, lichteten eigen-
mächtig, ohne die Einschiffung abzuwarten, die Anker; andere wurden
durch die ohne jede Ordnung auf sie stürzenden Soldaten derart über-
füllt, daß sie sanken. Nur einem kleinen Teile der Truppen gelang
es, nach Sizilien zu entkommen. Die übrigen ergaben sich in der
folgenden Nacht an Attius Varus. Juba aber, der am nächsten Tage
vor Utika eintraf, erzwang ihre Auslieferung und ließ sie teils hin-
richten, teils nach Numidien in die Sklaverei abführen, ohne daß
Varus, der sie als Kriegsgefangene anständig zu behandeln entschlossen
gewesen war und die Desavouierung seines gegebenen Wortes bitter
empfand, es zu hindern hätte wagen können. Juba aber hielt einen
feierlichen Einzug in das entsetzte Utika, ordnete daselbst, ohne von
Varus Notiz zu nehmen, alles nach eigenem Gutdünken, und kehrte
dann mit allen seinen Truppen nach Numidien zurück.
So endete der mit so großen Hoffnungen und bedeutenden Erfolgen
begonnene Feldzug mit einer totalen Katastrophe und dem vollständigen
Verluste von Afrika, welches bis auf weiteres eine sichere Hochburg
der republikanischen Partei blieb, bis drei Jahre später Caesar per-
sönlich eben hier dem alten Eegime den Todesstoß gab.
Anhang.
Übersetzung der (Juellenberichte.
Aus Caesar b. c. II 23—44.
Castm Cornelia. c. 24 (2) (Curio) selbst ritt mit der Kavallerie voraus zur
Rekognoszierung der „castra Cornelia", da dieser Ort für einen vor-
züglichen Lagerplatz galt. (3). Es ist dies nämlich ein ins Meer ge-
streckt vorspringender Höhenzug, beiderseits abschüssig und steil,
doch immerhin von etwas sanfterem Abfall auf jener Seite, die gegen
Utika liegt. (4) Die Entfernung von Utika auf dem kürzesten Wege
beträgt wenig über eine Meile1); doch auf diesem Wege befindet sich
eine Quelle, durch welche das Meerwasser ziemlich tief ins Land
eindringt und das Terrain dort in breiter Ausdehnung durch Rück-
stauung versumpft; will man dem ausweichen, kann man auf einem
Umwege von 6 Meilen die Stadt erreichen.
Lager des cap. 25 (1). Bei der Rekognoszierung dieses Platzes erblickte
varus. Curio das Lager des Varus an die Stadtmauer gelehnt nächst dem
Tore, das den Namen „Kriegstor"2) führte, stark geschützt durch die
Beschaffenheit des Ortes, auf der einen Seite durch die Stadt Utika
selbst, auf der anderen durch das vor der Stadt liegende Theater und
den gewaltigen Unterbau dieses Gebäudes, so daß der Zugang zum
Lager schwierig und eng war
Die Schlacht caP- 34. (1) Zwischen den beiden Fronten lief, wie früher er-
bei utika. wähnt, eine Niederung, nicht sonderlich groß, doch mit schwierigem
und steilem Anstieg. Jeder der beiden Feldherrn wartete, ob die
Gegner diese Niederung zuerst zu überschreiten versuchen würden,
um dann auf günstigerem Terrain den Kampf aufzunehmen. (2) Da
sah man, wie vom linken Flügel des P. Attius die ganze Kavallerie und
1) Über die Ungenauigkeit dieser Distanz siehe S. 583 Anm. 1.
2) Porta bellica; nach Meusel (No. 27) „Belica" = „Tor des Bai", was viel für
sich hat; nur müßte dann auch bell. Afr. 87, 3 geändert werden.
Utika und Bagradas. Anhang: Übersetzung der Quellenberichte. 751
darunter vermischt zahlreiche Leichte in die Niederung hinabstiegen.
(3) Auf diese warf Curio seine Reiterei und zwei marrucinische Ko-
horten; schon dem ersten Anprall derselben konnten die feindlichen
Keiter nicht standhalten, sondern flohen in voller Carriere auf das
Gros zurück ; die mit ihnen vorgegangenen Leichten, auf diese Art im
Stiche gelassen, wurden von den Unsrigen umzingelt und niederge-
macht. Die ganze Front des Varus sah vor ihren Augen die Ihrigen
fliehen und fallen. (4) In diesem Augenblick rief der caesarianische
Legat Rebilus, den Curio wegen seiner großen Kriegserfahrung aus
Sizilien mitgebracht hatte: „Du siehst, Curio, die Bestürzung des
Feindes; was säumst Du, die günstige Gelegenheit auszunützen?" (5)
Dieser rief den Soldaten nur das eine zu, sie sollten dessen, was sie
ihm tags vorher versprochen, eingedenk sein, befahl ihnen zu folgen und
stürmte als erster voran. So schwer passierbar aber war die Niederung,
daß die ersten Glieder beim jenseitigen Aufstiege ohne Nachhilfe
nicht leicht emporkamen. (6) Doch unter dem Eindrucke der
Furcht, der Flucht und Niedermetzlung der Ihrigen dachten die
Attianer nicht an Widerstand, und alle glaubten sich schon von der
Reiterei umzingelt. So machte die ganze Schlachtfront des Varus,
ehe noch ein Geschoß sie erreichen konnte oder die Unsrigen hart
herangekommen waren, kehrt und zog sich ins Lager zurück.
cap 36, (3). Währenddessen (der Belagerung von Utika) Die Schiacht
kamen Boten, die König Juba vorausgesandt hatte (zu Varus), welche
dessen Anmarsch mit starker Heeresmacht melden und zur nachhaltigen
Verteidigung der Stadt auffordern sollten. Dies richtete die bereits ganz
verzagten Gemüter wieder auf.
cap 37. (1) Dasselbe wurde auch Curio gemeldet, allein zunächst
konnte er es nicht glauben (3) Als er jedoch von sicherer
Seite erfuhr, daß die Truppen des Königs weniger als 25 Meilen von
Utika entfernt stünden, hob er die Belagerung auf und zog sich auf
die „castra Cornelia" zurück
cap 38. (1) Dies (die vorläufige Defensive auf castra Cornelia)
war also beschlossen und ins Werk gesetzt, als er von städtischen
Überläufern die Nachricht erhielt, Juba werde durch einen Grenzkrieg
und Streitigkeiten mit der Stadt Leptis im Reiche zurückgehalten,
und nur sein Unterfeldherr Saburra marschiere mit einem schwachen
Korps auf Utika. (2) Diesen Menschen vorschnell Glauben schenkend,
änderte er seinen Plan und beschloß eine Entscheidungsschlacht zu
Kromayer-Voith, Antiko Schlachtfelder NT. 48
752 Der Caeearianiiche Bürgerkrieg.
wagen (3) Mit Einbruch der Nacht entsandte er seine
ganze Reiterei gegen das am Flusse Bagradas befindliche Lager der
Feinde, die der früher erwähnte Saburra befehligte; der König aber
war mit allen Truppen gefolgt und hatte in einer Entfernung von
(> Meilen von Saburra Halt gemacht. (4) Die ausgesandten Reiter
legten bei Nacht den Weg zurück und überfielen die unvorsichtig und
arglos lagernden Feinde. Die Numider hatten sich nämlich nach
barbarischer Sitte ohne Ordnung ganz willkürlich gelagert. (5)
Schlafend und zerstreut wurden sie von den Reitern angegriffen und
ein großer Teil niedergemacht; viele flüchteten über Hals und Kopf.
Dann machten sich die Reiter auf den Rückmarsch zu Curio und
führten ihre Gefangenen mit.
cap 39. (1) Curio aber war unter Zurücklassung von 5 Kohorten
im Lager mit allen Truppen um die vierte Nachtwache aufgebrochen.
Nach einem Marsche von 6 Meilen begegnete er den Reitern und er-
fuhr, was vorgefallen; er fragte die Gefangenen, wer das Lager am
Bagradas befehligt hätte; sie antworteten: Saburra (6) Er
befahl den Reitern ihm zu folgen und beschleunigte seinen Marsch,
um womöglich die Gegner noch in Flucht und Verwirrung anzu-
greifen. Allein jene (die Reiter), ermüdet von dem die ganze Nacht
füllenden Marsche, konnten nicht mehr nachkommen und blieben
einzeln zurück.
cap 40. (1) Juba, von Saburra über den nächtlichen Kampf in
Kenntnis gesetzt, sandte diesem 2000 spanische und gallische Reiter, die
er als persönliche Leibwache hielt, sowie den zuverlässigsten Teil der
Infanterie, zur Unterstützung; er selbst folgte mit dem Gros und 60
Elefanten langsam nach. (2) Auf Grund der neuerdings vorgeschobenen
Reiterei vermutete Saburra das Anrücken Curios selbst, ließ seine
Truppen zu Fuß und zu Roß aufmarschieren und befahl ihnen, in ver-
stellter Furcht Schritt für Schritt zurückzuweichen; er werde schon
im richtigen Augenblick das Zeichen zur Schlacht geben und anordnen,
was die Situation erheische. (3) Curios bisherige Hoffnung wurde
durch die scheinbare Furcht des Feindes bestärkt; er glaubte diesen
auf der Flucht und führte seine Truppen von den Höhen in die flache
Ebene hinab.
cap. 41. Nachdem er von da noch eine gute Strecke vorgerückt
war, machte er, da das Heer durch den bereits 16 Meilen langen
Marsch erschöpft war, Halt. (2) Sofort gab Saburra den Seinigen das
Utika und Bagradas. Anhang: Übersetzung der Quellenberichte. 753
Zeichen, stellte die Schlachtordnung her, ging die Front ab und feuerte
die Soldaten an; die Infanterie hielt er noch zum bloßen Anblick
zurück, die Reiterei aber warf er in den Kampf. (3) Curio blieb nichts
schuldig und ermunterte die Seinigen, alle Hoffnung in die Tapferkeit
zu setzen. Weder der Infanterie, so müde sie auch war, noch den
Reitern, so wenig an Zahl und erschöpft vom Marsche sie sein
mochten, fehlte es an Kampfbegier und Tapferkeit; aber letztere zählten
nurmehr 200 Pferde, die übrigen waren auf dem Marsche zurückge-
blieben. (4) Wo immer sie zur Attacke ansetzten, zwangen sie den
Feind zum Weichen, doch waren sie weder imstande weiter zu ver-
folgen, noch ihre Pferde in schärfere Gangart zu bringen. (5) Die
feindliche Reiterei aber begann die Front der Unsrigen auf beiden
Flügeln zu umfassen und im Rücken zu beunruhigen. (6) So oft die
Kohorten aus der Front vorbrachen, entzogen sich die Numider durch
ihre Schnelligkeit dem Angriff der Unsrigen, umzingelten diese auf
dem Rückzuge und suchten sie von der Front abzuschneiden. So
schien weder das Ausharren in Reih und Glied, noch wagemutiges
Vorbrechen Sicherheit zu bieten. (7) Die Streitkräfte des Feindes,
durch Nachschübe von den Truppen des Königs unterstützt, wuchsen
zusehends; die Unsrigen verließen vor Erschöpfung die Kräfte, zumal
die Verwundeten weder aus der Front treten, noch an einen gesicherten
Platz gebracht werden konnten, da die ganze Schlachtreihe von der
feindlichen Kavallerie umzingelt war
cap. 42. (1) Als Curio sah, daß er in der allgemeinen Verwirrung
weder seinen Mahnungen noch seinen Bitten Gehör verschaffen konnte,
glaubte er in der verzweifelten Lage doch noch eine Hoffnung auf
Rettung zu erblicken und befahl, mit allen verfügbaren Kräften Di-
rektion auf die nächsten Hügel zu nehmen, um diese zu besetzen. Doch
auch diese besetzte die von Saburra dorthin entsandte Reiterei vorher.
(2) Nun erst riß die Verzweiflung in den Reihen der Unsrigen voll-
ends ein; zum Teil wurden sie auf der Flucht von der Reiterei
zusammengehauen, zum Teil brachen sie unverwundet zusammen.
(3) Der Kavalleriekommandant Cn. Domitius, von wenigen Reitern
begleitet, forderte Curio auf, sein Heil in der Flucht nach dem Lager
zu suchen, und versprach ihn nicht im Stiche zu lassen. (4) Curio
aber versicherte, niemals ohne das Korps, das Caesar seiner Treue
anvertraut, vor dessen Augen erscheinen zu wollen, und fand so
kämpfend den Tod. (5) Nur sehr wenige Reiter retteten sich aus der
48*
754 Der Caesarianische Bürgerkrieg-.
Schlacht: jene aber, die, wie erwähnt, zur Erholung ihrer Pferde bei
der Nachhut zurückgeblieben waren, erkannten aus der Entfernung
die Katastrophe des ganzen Heeres und kamen unversehrt ins Lager.
Die Infanterie wurde bis auf den letzten Mann niedergehauen.
(cap. 43, 44: Katastrophe der Lagerbesatzung und Jubas Einzug
in Utika.)
Appian 'Efjucp. II 44 — 46.
cap. 44. Dies nun sind die Taten Caesars selbst (in Spanien).
In Libyen aber kommandierte für Pom pejus Attius Varus, und Juba,
König von Mauretanien und Numidien, stand mit ihm im Bunde. Gegen
sie segelte Curio, Caesars Feldherr, mit 2 Legionen, 12 Kriegs-
schiffen und vielen Transportschiffen aus Sizilien herbei. Er landete
bei Utika. schlug in einem unbedeutenden Gefechte bei dieser Stadt
eine Anzahl numidischer Reiter und ließ sich von seinem noch unter
Waffen stehenden Heere als Imperator begrüßen . . . (folgt eine längere
Erläuterung dieses Titels) . . . Während Curio auf der Überfahrt war,
hatten die Feinde in Libyen in der Voraussicht, er werde aus Ehrgeiz
sein Lager bei dem Lagerplatz Scipios, dessen Heldentaten zu Ehren,
schlagen, dort das Wasser vergiftet. Sie sahen sich in ihrer Hoffnung
auch nicht getäuscht. Curio bezog tatsächlich daselbst eine Stellung,
und sein Heer erkrankte sofort; wer trank, dem wurde es dunkel
vor den Augen wie bei einem Nebel, und eine schwere Schlafsucht
befiel ihn; später trat wiederholtes Erbrechen ein und Krämpfe des
ganzen Körpers. Aus diesem Grunde verlegte Curio sein Lager un-
mittelbar vor Utika, wohin er sein durch die Krankheit geschwächtes
Heer durch einen großen und weiten Sumpf führte. Erst als ihnen die
Nachricht von Caesars in Iberien errungenem Siege zukam, faßten sie
wieder Mut und marschierten nächst des Meeres auf engem Räume
zur Schlacht auf. Es kam zu einer Hauptschlacht, in welcher auf
Seite Curios nur ein Mann fiel, auf Seite des Varus aber 600, und noch
weit mehr verwundet wurden.
cap. 45. Als Juba im Anmärsche war, verbreitete sich das falsche
Gerücht, er sei, nicht mehr weit vom Fluße Bagradas entfernt, umge-
kehrt, weil sein Reich von Nachbarn verwüstet werde, und habe nur
seinen Feldherrn Saburra mit wenigen Truppen am Fluße zurückge-
lassen. Curio glaubte diesem Gerüchte und führte trotz der Hitze des
Sommers um die dritte Stunde die Hauptkraft seines Heeres gegen
Utika und Bagradas. Anhang: Übersetzung der Quellenberichte. 755
Saburra, und zwar auf einem sandigen und wasserlosen Wege; selbst
wenn wo ein winterlicher Wasserlauf war, so hatte ihn die Glut der
Sonne ausgetrocknet, der Fluß aber war von Saburra und dem bei ihm
bereits anwesenden Könige besetzt. Curio sah sich in seiner Hoffnung
getäuscht und zog sich rasch auf die Hügel hinauf, von Mattigkeit,
Hitze und Durst gequält. Als ihn die Feinde in dieser Lage sahen,
gingen sie über den Fluß, und machten sich zum Kampfe bereit. Da
rückte Curio, verblendet und sorglos, mit seinem ermatteten Heere
herab. Alsbald von den numidischen Keitern eingeschlossen, ging er
eine Zeitlang zurück und schloß dicht zusammen, da er aber auch
dann ins Gedränge kam, floh er wieder auf die Hügel hinauf. Sobald
es anfing, schief zu gehen, entfloh Asinius Pollio mit wenigen Begleitern
nach dem Lager bei Utika, damit nicht Varus auf die Nachricht von
dieser Katastrophe dort einen Angriff ausführe; Curio aber fiel nach
verzweifeltem Kampfe mit allen, die bei ihm waren, so daß außer
Pollio niemand nach Utika zurückkam. Dies war das Ende der Schlacht
am Fluße Bagradas, und der abgeschnittene Kopf Curios wurde dem
Juba gebracht.
cap. 46. Als die Nachricht von der Katastrophe ins Lager vor
Utika kam, entfloh der Flottenkommandant Flamma mit der Eskader
ohne einen Mann vom Lande an Bord genommen zu haben; Asinius
Pollio aber fuhr auf einem Kahne zu den im Hafen vor Anker liegen-
den Kauf f ah rem und bat sie herbeizusegeln und das Heer an Bord
zu nehmen. Einige nun segelten auf das hin bei Nacht herbei; da
aber jene in dichtem Gedränge einstiegen, so sanken mehrere Schiffe,
und die Kaufleute stürzten die meisten von denen, die bis auf die hohe
See gelangten, weil sie Geld bei sich hatten, wegen dieses Geldes in
das Meer. Dies war das Schicksal der zu Schiff abgefahrenen; ein
ähnliches traf noch in derselben Nacht die am Lande zurückgebliebenen.
Sie ergaben sich am folgenden Tage dem Varus ; als aber Juba her-
beikam, ließ er sie die Mauer entlang aufstellen und als Überbleibsel
seines Sieges niederschießen, ohne auch nur die Fürbitte des Varus zu
beachten. So waren denn beide römische Legionen, die mit Curio nach
Libyen herübergekommen, nebst allen Reitern, Leichtbewaffneten und
Troßknechten des Heeres gänzlich vernichtet; Juba aber kehrte in
sein Reich zurück, überzeugt, sich ein großes Verdienst um Pompeius
erworben zu haben.
756 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Cassius Di o XLI 41. 42.
cap. 41. Curio unterwarf Sizilien ohne Schwertstreich (Cato
nämlich, der Statthalter der Insel, der ihm nicht gewachsen war und
die Städte nicht unnütz einer Gefahr aussetzen wollte, hatte sich zu
Pomp ejus begeben); dann setzte er (Curio) nach Afrika über und fand
dort den Tod. L. Caesar verließ bei seiner Annäherung die Stadt
Aspis, in der er sich eben befand, und P. Attius Varus, der dort das
Kommando hatte, verlor, von ihm besiegt, sowohl viel Mannschaft als
auch einige Städte; Juba aber, Sohn des Hiempsal und König von Nu-
midien, der es mit Pompejus, der Republik und dem Senate hielt
und Curio schon deshalb, sowie auch aus dem Grunde haßte, weil
dieser seine Absetzung von der Herrschaft und die Einziehung seines
Reiches betrieben hatte, bekriegte ihn energisch. Er wartete daher
nicht zu Hause, bis jener in Numidien einfallen würde, sondern ging
ihm entgegen, als er eben Utika belagerte, aber nicht mit seinem
ganzen Heere, aus Besorgnis, jener würde auf die Kunde davon sich
wieder einschiffen (denn er wollte ihn nicht vertreiben, sondern an ihm
Rache nehmen); er sandte vielmehr nur eine kleine Abteilung voraus
und ließ das Gerücht verbreiten, er hätte sich nach einer andern Rich-
tung sehr weit entfernt, folgte aber tatsächlich der Abteilung und sah
sich in seiner Hoffnung nicht getäuscht.
cap. 42. Curio glaubte zuerst, daß jener selbst heranzöge, ging
auf sein Lager am Meere zurück, entschlossen, wenn gedrängt, zu
Schiff zu gehen und Afrika ganz zu räumen ; als aber gemeldet wurde,
daß nur wenige und zwar ohne Juba anrückten, faßte er wieder Mut,
und brach noch in derselben Nacht, wie zu sicherem Siege auf, als
ob es sich nur darum handelte, jene nicht entkommen zu lassen; als er
auf seinem Marsche einen Teil der feindlichen Vorhut im Schlafe über-
fiel und aufrieb, wurde er noch kühner. Danach traf er bei Tages-
anbruch auf die übrigen, welche aus dem Lager gerückt waren, und
zögerte nicht, trotzdem seine Leute durch den Marsch und die Schlaf-
losigkeit erschöpft waren, sofort mit ihnen handgemein zu werden.
Als jene Widerstand leisteten und im Kampfe das Gleichgewicht
hielten, erschien Juba plötzlich und überwältigte ihn durch sein über-
raschendes Auftreten sowohl als durch seine Übermacht. Er machte ihn
selbst und die meisten der Seinigen an Ort und Stelle nieder, den Rest
verfolgte er bis an ihre Verschanzungen und jagte sie von da bis auf
Utika und Bagradas. Anhang-: Übersetzung der Quellenberichte. 757
die Schiffe; in dieser Verwirrung erbeutete er viel Geld und vernich-
tete viele Männer. Auch auf der Flucht kamen noch viele um, indem
sie teils beim Besteigen der Schiffe im Gedränge stürzten, teils mit den
überlasteten Fahrzeugen untersanken. Da dies geschah, fürchteten
manche, dasselbe zu erleiden, und ergaben sich, um sich zu retten,
dem Varus, fanden aber keine Milde; denn Juba ließ unter dem Ver-
wände, daß er sie besiegt hätte, auch jene fast insgesamt nieder-
machen
Beilage.
Heeresstärken.
cuno. Die Streitkraft Curios in Afrika ist genau gegeben. Nach b. c.
II 23 betrat er mit 2 Legionen und 500 Reitern den afrikanischen
Boden1); seine Kriegsflotte bestand aus 12 Kriegsschiffen (23, 5). Dieser
Stand hat sich in dem nur 10 tägigen Feldzuge, bis auf den Zuwachs
eines erbeuteten Kriegsschiffes, nicht mehr geändert.
Die Legionen waren aus den Domitianischen Kohorten gebildet,
die in und bei Corfinium in Caesars Hände gefallen waren ; ihre Ver-
bände waren nahezu unverändert geblieben (28, 1). Die Legionsnummern
sind unbekannt; nach Domaszewski (Nr. 20, S. 165) lagen sie zwischen
XVII und XXII. Die Stärke der italischen Rekrutenkontingente
mochte damals ca. 400 Mann pro Kohorte betragen haben; daher ver-
fügte Curio über rund 8000 Mann Infanterie und 500 Reiter.
varus. Auf gegnerischer Seite verfügte Attius Varus in Utika gleich-
falls über 2 Legionen (b. c. I 31, 2), die wohl ziemlich denselben Stand
gehabt haben werden wie die Caesarianischen ; die Truppen in Clupea
und Hadrumetum kommen für den Feldzug nicht in Betracht. Außer-
dem werden in Utika (c. 25, 3) 600 Reiter und 400 Mann leichte Infanterie
erwähnt, die von Juba beigestellt waren ; dann traf noch ein weiteres
Kontingent Jubas ein, von welchem aber nur die Kavallerie in die
Stadt gelangte (26, 2—4).
In der Schlacht bei Utika standen sich somit annähernd gleiche
Kräfte gegenüber; an Reiterei und vor allem an leichter Infanterie
mag Varus quantitativ überlegen gewesen sein.
1) Leichte Infanterie wird auf Curios Seite nie erwähnt, auch dann nicht, wenn
dies auf gegnerischer Seite der Fall ist und sich, dem Charakter des Kriegsschau-
platzes angemesssen, sehr wohl Gelegenheit zu ihrer Verwendung ergeben hätte;
es scheint demnach keine vorhanden gewesen zu sein.
Utika und Bagradas. Beilage: Heeresstärken. 759
Über Jubas Stärke sind wir gar nicht unterrichtet. Sicher ist, Juba.
daß er dem Korps Curios wesentlich überlegen war ; das lehrt nicht nur die
Konsequenz, die Curio gleich aus der ersten Meldung von seinem An-
rücken zog, sondern auch die ganzen folgenden Ereignisse. Andererseits
wissen wir, daß Curio für den Fall des Eintreffens der beiden sizilianischen
Legionen, also an der Spitze von 16 000 Mann, sich wieder für offen-
sivfähig hielt, Die einzige Zahl, die uns die Quelle direkt nennt, die
dem Saburra nach dem Überfall zugeschobenen 2000 gallisch-hispa-
nischen Reiter (40, 1), besagt gar nichts, da wir ihr Verhältnis zur
Gesamtkraft nicht kennen; das einzig Fixe sind die ebenda erwähnten
60 Elefanten.
Dennoch ergibt sich uns die Möglichkeit, wenigstens einen ganz
approximativen Maßstab zu finden, den man hier anlegen kann.
Im bell. Afric. cap. 1, 4 wird Jubas gegen Caesar aufgebotene
Macht mit 4 Legionen und zahlreichen leichten Truppen angegeben.
Die 4 Legionen können wir auf rund 15 — 16000 Mann veranschlagen;
nimmt man die leichten Truppen, was für ein numidisches Heer gewiß
nicht zu hoch gegriffen ist, in derselben Höhe an, so ergibt die Ge-
samtsumme der Infanterie rund 30000 Mann. Bezüglich der wieder-
holt als sehr stark bezeichneten Kavallerie werden (48, 1) 800 regu-
läre (frenati) Reiter genannt, wobei Saburras gegen Bogud und Sittius
detachiertes Korps nicht eingerechnet ist. Da die Infanterie, wie aus
derselben Stelle hervorgeht, im Verhältnis von 3 : 1 geteilt war, so kann
Saburra dort auch nicht viel reguläre Kavallerie gehabt haben, vielleicht
die auf 1000 fehlenden 200, oder auch gar keine; Juba hatte jedenfalls das
meiste davon mitgenommen gegen Caesar, wo reguläre Truppen viel
dringender nötig waren als in dem mit landesüblichen Mitteln ge-
führten mauretanischen Grenzkrieg.
Der Stand an leichter Kavallerie, der nationalen Hauptwaffe der
Numider, war entschieden ein weit höherer und hat zweifellos mehrere
Tausend Reiter betragen; die genaue Zahl ist nicht festzustellen.
Nun unterliegt es keinem Zweifel, daß Juba nach der Vernichtung
Curios für den voraussichtlichen Entscheidungskampf mit Caesar noch
sehr ausgiebig gerüstet hat; die Notwendigkeit hierzu muß ihm späte-
stens mit der Nachricht von Pharsalos klar geworden sein, und da
hatte er immer noch mehr als ein Jahr Zeit dazu. Wenn er es in
dieser Zeit für einen solchen Kampf auf nicht mehr als etwa 30000
Mann Infanterie brachte, so hatte er gegen Curio entschieden viel
7(|o Der Caesarianische Bürgerkrieg.
weniger, vielleicht nur halb soviel, aufgeboten; auch dürfte damals der
Legionsverband, überhaupt die teilweise Organisation nach römischem
Muster, noch nicht durchgeführt gewesen sein, was auch aus der
ganzen Darstellung der Kampfweise hervorzugehen scheint.
Wir können demnach Jubas Streitmacht im Curionischen Feldzuge
auf etwa 15 000 Mann Infanterie schätzen (von berechnen kann
keine Rede sein). Die Kavallerie kann immerhin, wie ja auch die in
den Punischen Kriegen von den numidischen Königen aufgestellten
Kontingente beweisen, mehrere Tausend Reiter gezählt haben.
Das sind Zahlen, die durchaus im Bereiche der Möglichkeit liegen
und auch den Gang den Ereignisse vollkommen einleuchtend erscheinen
lassen. —
B. Der Feldzug' Caesars in Afrika 47 — 46 v. Chr.
(Hierzu Karte 18).
Torbem erkling.
Caesars afrikanischer Feldzug gehört zu den dankbarsten Prob-
lemen der Schlachtfeldforschung im Sinne unserer Aufgabe, und dies
aus zwei Ursachen: erstens trägt er zum überwiegenden Teile den
Charakter eines Positionskrieges, in dem der Natur der Sache nach
das Terrain eine verhältnismäßig große Solle spielt und alle Er-
eignisse mehr beeinflußt als in einem reinen Bewegungskriege;
zweitens aber haben wir als Überlieferung eine Quelle, welche aus
Gründen, die an anderem Orte angeführt worden sind1), eine ganz be-
sondere Ausführlichkeit in den Terrainangaben entwickelt. Diese
Umstände gestatten uns, eine sehr bedeutende Zahl von Terrain-
punkten mit großer Sicherheit zu bestimmen und auf Grund dieser
Eesultate den Gang der Ereignisse mit bedeutender Genauigkeit zu ver-
folgen.
Als Positionskrieg gliedert sich dieser Feldzug in eine Anzahl
von Perioden, deren jede sich an einen bestimmten Terrainabschnitt
knüpft.
Die erste Periode umfaßt die Zeit, wo Caesar, noch zu schwach
zur Offensive, in der Gegend der Stadt Ruspina sich eine feste
Stellung geschaffen hatte, die ihm die Deckung des Seeweges und
den ungehinderten Nachschub der für die Offensive nötigen Ver-
stärkungen ermöglichen sollte.
Die zweite Periode umfaßt den ersten Versuch Caesars, im
Iunern des Landes gegen die gegnerischen Positionen angriffsweise
vorzugehen. Die Ereignisse konzentrieren sich um die Stadt Uzita.
Sie führen zu keinem Ergebnisse, da Caesar sich durch Verpflegs-
1) siehe S. 721.
762 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Schwierigkeiten gezwungen sieht, bevor er noch sein Ziel erreicht hatte,
den Kriegsschauplatz in eine andere Gegend zu verlegen.
In der dritten Periode finden wir beide Parteien in der
näheren und weiteren Umgebung der Stadt Aggar. Der Passivität
des Gegners Rechnung tragend, sucht Caesar diesmal durch kühne,
weit ausholende Offensivstöße jenen entweder bis zur vollen Er-
schöpfung zu schwächen, oder aber zur Annahme der ersehnten Ent-
scheidungsschlacht zu zwingen. Erst der dritte dieser Vorstöße bringt
das gewünschte Resultat: die Bedrohung der wichtigen Küstenstadt
Thapsus nötigt den Gegner zu energischeren Gegenmaßregeln, und
diese führen endlich zur Schlacht. —
Dieser Gliederung des Feldzuges entsprechend zerfällt auch die
Lokalforschung in mehrere in sich geschlossene Abschnitte. Die ersten
drei kann man füglich nach den wichtigsten Punkten der Feld-
zugsperioden: Ruspina, Uzita und Aggar, benennen; Thapsus, obwohl
streng genommen zur dritten Periode gehörig, erfordert der Wichtigkeit
der Sache halber und dann wegen der durch die Quellenfrage bedingten
abweichenden Art der Behandlung ein eigenes Kapitel.
Der ganze viermonatliche eigentliche Feldzug, von Caesars Landung
bei Hadrumetum bis zur Schlacht bei Thapsus, hat sich auf einem
ganz unglaublich engen Räume abgespielt; das ganze Kriegstheater
hat keine größere Ausdehnung als 60 Kilometer oder drei mittlere Märsche
in nordsüdlicher, 40 Kilometer oder zwei Märsche in westöstlicher
Richtung; rechnet man die unblutige und ziemlich belanglose Expedition
nach ThjTsdrus ab, so verkürzt sich die erster e Dimension noch um
fast 20 Kilometer. So haben also die zahlreichen Ereignisse dieses
Feldzuges, die aus den eingangs angeführten Gründen fast alle mit
großer Sicherheit zu lokalisieren sind, durchwegs in solcher Nähe bei-
einander stattgefunden, daß dadurch auch die dazwischen liegenden
Märsche und Verschiebungen mit nahezu derselben Genauigkeit ge-
geben sind. Kurz gesagt: wir sind in der Lage, hier einen ganzen
großen und interessanten, von einem der größten Feldherrn der
Geschichte geführten Feldzug nicht nur bezüglich seiner Haupt-
ereignisse, sondern fast bis ins letzte Detail im Terrain zu rekonstru-
ieren. Bei keinem andern ähnlichen Problem würde daher die ultima
ratio der Schlachtfeldforschung, die Grabung, unter so günstigen
Vorbedingungen, mit so geringem Risiko einsetzen können.
Vorbemerkung-. 763
Hierzu kommt noch, daß dieser Feldzug als ausgesprochener
Positionskrieg mit seiner im größten Stile angewandten Feldbefesti-
gung ganz besonders dankbare Objekte für Grabungen abgeben müßte.
Die vielumstrittene Defensivfront von Ruspina, die im Gegensatz hier-
zu seit jeher eindeutig aufgefaßte Position vor Uzita, die Lager bei
Aggar und Tegea, endlich die zahlreichen Werke um Thapsus, — all
dies wäre ebenso leicht zu erforschen, als die Ergebnisse zu den
dankbarsten dieser Art gehören müßten.
Und dabei wären die materiellen Schwierigkeiten minimale. Die
ganze Gegend ist leicht erreichbar und bietet alle Bedingungen für
rasche, ungestörte und vor allem billige Arbeit. Der durchwegs
leicht zu bearbeitende Boden hat nirgends unerschwinglichen Wert;
den weitaus größten Teil der dortigen Kulturen bilden schüttere
Olivenpflanzungen, die durch stichprobenartig geführte Grabungen
überhaupt gar nicht in Mitleidenschaft gezogen würden.
Das französische Regime in Tunis hat bereits Großes für archäolo-
gische Forschungen getan und tut es fortgesetzt; es würde sich ein
bedeutendes und dabei äußerst billiges Verdienst erwerben, wenn es
jene Arbeiten auch auf dieses Gebiet erstrecken würde, auf dem ja ohne-
hin französische Forscher die größte bisher erreichte Leistung, die
Ausgrabungen von Alesia, vollbracht haben. Bisher ist der in diesem
Sinne geäußerte Wunsch Stoffels1) nicht erfüllt worden. Vielleicht
bringt diese neuerliche Untersuchung den maßgebenden Faktoren in
Erinnerung, welch dankbares Problem hier der Lösung harrt.
1) Nr. 15 IL p. 298.
1. Ruspina.
Hierzu Karte 19 a.
I. Die bisherige Lokalisierung und ihre Kritik.
Als Caesar nach Afrika übersetzte, landete er mit sehr geringer
Streitmacht bei Ha drum et um. Da diese Stadt von Considius be-
setzt und daher bei der Schwäche der eigenen Kräfte für ihn
nicht zu haben war, er aber vor allem einen starken Stützpunkt an
der Küste — gewissermaßen als ideellen Brückenkopf zur Deckung
des weiteren Nachschubes aus Sizilien — dringend brauchte, so be-
setzte er zunächst die Stadt Ruspina und Tags darauf Leptis
minor, kehrte aber dann, in Leptis eine relativ starke Besatzung
zurücklassend, nach Ruspina zurück, um dort seine Hauptstellung zu
nehmen.
Der Platz mußte demnach, trotzdem er näher an der feind-
lichen Hauptfestung Hadrumetum lag und ohne Zweifel auch einen
schlechteren Hafen hatte als Leptis1), für den beabsichtigten Zweck
als Stützpunkt besondere Vorteile bieten. Diese springen nun aller-
dings in die Augen, wenn man das Terrain genauer betrachtet.
Das Terrain. j)as heutige Monastir oder Mestir, das man gemeiniglich mit
dem alten Ruspina identifiziert, liegt auf der Spitze einer Halb-
insel. Dieselbe hat die Gestalt eines gleichseitigen Dreiecks von
etwa je 4 Kilometer Seitenlänge und wird von einem Plateau ausgefüllt,
welches von der ins Meer vorragenden Spitze gegen die dem Lande
zugekehrte Basis allmählich ansteigt. An dieser fällt es in Form eines
deutlich ausgesprochenen, 20 bis 30 Meter hohen Rideaus gegen die
davorliegende Ebene ab. Dieses Rideau ist von seinem Nordende bis
auf etwa 2 Drittel seiner Ausdehnung gleichmäßig sehr steil und
1) Leptis war in der zweiten Periode, als Caesar vor Uzita stand, der Haupt-
hafen für die Flotte (b. Afr. 62 ff.), während der von Ruspina nicht mehr benutzt
wurde.
Ruspina. 1. Die bisherige Lokalisierung und ihre Kritik.
765
brüchig, im letzten, mehr
nach Südosten verlaufenden
Drittel bedeutend flacher
abgedacht. Den Übergang
dieser beiden Abschnitte be-
zeichnet eine scharf vor-
springende, steil abfallende
Ecke, auf der heute die
Ruine Hir Tenir liegt1).
Das ganze Plateau stellt so
tatsächlich eine Art natür-
licher Festung dar, welche
auf zwei Seiten durch das
Meer, auf der dritten durch
den erwähnten steilen, das
Vorterrain weithin beherr-
schenden Abfall vortrefflich
gesichert erscheint. Der
Herr dieses Plateaus war
vom Lande aus so gut wie
unangreifbar; die erhöhte
und im Kücken abfallende
Lage behinderte auch jeden
Einblick des Feindes in die
eigenen Verhältnisse, wäh-
rend man selbst von oben
die ganze Umgebung weit-
hin überblicken konnte.
Die Stellung entsprach
somit tatsächlich in idealer
Weise den Anforderungen
jenes „ideellen Brücken-
kopfes", dessen Caesar zu-
nächst bedurfte.
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1) Das Material des Plateaus, eine scheinbar sehr junge geologische Formation,
ist brüchiger Muschelkalk. Die ganze Oberfläche ist bedeckt mit zahllosen Petre-
fakten von Schaltieren aller Art und oft sehr bedeutender Größe. Mit Ausnahme
des steilen Rideauabfalles ist die ganze Gegend heute mit Oliven kultiviert, im nörd-
lichen Teile dichter als im südlichen.
766
Der Caesarianische Bürgerkrieg-.
Di« Stellung Dies alles hat aber zur Voraussetzung, daß auch das Plateau als
Ganzes in die Stellung einbezogen wurde; denn eine Beschränkung
auf die Ostspitze hätte den allerwichtigsten Teil, den Rideau-
abfall gegen die Ebene, preisgegeben, und wenn der Feind diesen be-
setzte, so hätte er damit eine die ganze Halbinsel dominierende, ihrerseits
fast unangreifbare Stellung gewonnen und bei einiger fortifikato-
rischer Verstärkung sich die Möglichkeit gewahrt, jeden Versuch
Caesars, ins Innere des Landes vorzustoßen, mit voller Sicherheit zu
hindern ; zum allermindesten hätte dieselbe gewaltsam und unter sehr
ungünstigen Chancen erzwungen werden müssen.
Caesar hätte nach all dem nicht der große Feldherr sein müssen,
als den ihn die Geschichte kennt, sondern ein mit Blindheit geschlagener
Stümper, wenn er, einmal für Ruspina entschlossen, sich den Besitz
des Rideaurandes nicht sofort gesichert hätte; unbegreiflich wäre es
auch gewesen, warum er unter solchen Umständen der Gegend von
Ruspina überhaupt den Vorzug vor dem besseren Hafen Leptis gegeben
hätte; und noch unbegreiflicher erschiene es von Scipio und Labienus,
daß sie, wenn Caesar den Rideaurand freigab, ihn nicht sofort ihrerseits
in Besitz genommen und damit zum mindesten jedes weitere Vorgehen
Caesars unmöglich gemacht hätten.
Bisherige Auf- Und doch scheint es nach der bisher üblichen Interpretation der
^haTtbarke^ QueUe? als 0D jene beiden Unwahrscheinlichkeiten tatsächlich einge-
derseiben. treten wären. Wir lesen zunächst Kap. 6,7, daß Caesar sein Lager
bei der Stadt Ruspina1) aufschlug, also, wenn man an der Iden-
tität von Ruspina mit Monastir festhält, nahe der Spitze der Halbinsel;
dann lesen wir Kap. 20,1, daß er von diesem Lager und von der Stadt
je einen Wall und Graben ans Meer zog; also, bei obiger Annahme,
wieder nur im engsten Bereiche der Halbinselspitze. Wir kämen also
zu dem Schlüsse, daß Caesar wirklich auf den Rideaurand verzichtet
und sich auf die äußerste Spitze der Halbinsel beschränkt hätte.
Und dennoch : was tut Scipio ? Er schlägt sein Lager 3 römische
Meilen von der Stellung Caesars, also, im Terrain nachgemessen,
nicht auf, sondern ein gutes Stück vor dem Rideau in der von
letzterem dominierten Ebene! Das militärisch Unwahrscheinlichste,
das überhaupt denkbar ist. Wenn er, wie im folgenden wieder-
holt erzählt wird, Caesar zur Schlacht herausfordert, so muß er jedes-
mal mit seiner ganzen acies erst das steile Rideau hinaufsteigen, und
1) „ad oppidum Ruspinam".
Ruspina. 1. Die bisherige Lokalisierung und ihre Kritik. 767
jedesmal geht er, da Caesar sich nicht rührt, des Abends wieder das
Rideau hinab in sein Lager, ohne daß wiederum jener diesen be-
deutenden Schwächemoment des Abstieges über den schwierigen Steil-
abfall zum Gegenangriffe ausnützt1). Und obwohl Caesar dem Gegner den
Rideaurand freiwillig überläßt, von dem aus er die ganze Halbinsel und
alles was darauf vorgeht bequem übersehen und beherrschen könnte, so
besetzt Scipio denselben nicht nur nicht, — o nein, — er verzichtet auch
darauf, Beobachtungspatrouillen oben aufzustellen, trotzdem diese, in
jener markanten und nicht zu ausgedehnten Linie postiert, jeden Vor-
marsch des Feindes, wenn auch nicht hindern, so doch rechtzeitig wahr-
nehmen und dem Armeekommando melden könnten. Und so passiert
es ihm, daß er, als Caesar in einer schönen Mondnacht abmarschiert,
die Geschichte erst merkt, als jener mit seiner ganzen Armee längst
davon ist und in seinem Rücken, bei Uzita, Hügel befestigt.
Das verstehe, wer's kann. —
Man sieht : die Sache ist derart, daß man sie als militärisch unhalt-
bar bezeichnen muß; sie strotzt von militärischen Unmöglichkeiten.
Aber auch im Texte selbst, aus dem wir sie abgeleitet haben, finden
wir Stellen, die wir bei obiger Annahme nicht recht erklären können.
Da ist zuerst der bereits erwähnte Passus Kap. 20,1 von den
beiden Wällen, mittels deren Stadt und Lager mit dem Meere ver-
bunden wurden. Monastir liegt ja selbst am Meere, und das Lager,
das sich an die Stadt lehnt, mußte doch auch am Meere liegen oder doch
ganz nahe davon; es ist daher nicht einzusehen, warum mit einer so
kleinen Arbeit, wie sie sich hier ergab, solange gewartet wurde, bis
der zweite Transport eingelangt und die Armee auf 8 Legionen ver-
stärkt war, obwohl die frühere schwächere Truppenzahl den Schutz
durch solche Linien viel nötiger gehabt hätte. Bezüglich des von der
Stadt zum Meere führenden Walles könnte man einwenden, daß der-
selbe zu dem Hafen gezogen wurde, der nach Kap. 10,1 zwei Millien
von der Stadt entfernt war. Aber dieser Wall hätte, wenn Ruspina
selbst am Meere lag, notwendig gleichfalls nahe am Meere führen
müssen, also „längs des Meeres" oder „zum Hafen", nicht aber, wie
der Text ausdrücklich sagt, „zum Meere".
Und jetzt die berühmte Stelle Kap. 24,3: „Caesariani neque
amplius milia passuum VI terrae Africae quoquo versus tenebant." Der
1) Man vergleiche das Verhalten Hasdrubals in einer analogen Situation in der
Schlacht hei Nepheris S. 709.
Kromayer- Veith, Antike Schlachtfelder III. 49
768 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Ausdruck „quoquo versus" galt bisher als nicht ganz klar und wurde dem-
gemäß von den verschiedenen Auslegern dieser Stelle ziemlich willkürlich
im Sinne ihrer jeweiligen Ansicht interpretiert. Stoffel z. B., bei dessen
Auslegung der von Caesar besetzte Raum als ganz schmaler, längs der
Küste hinziehender Landstrich erscheint, faßt die Sache so auf, daß die
Land- und Seefront dieses Streifens zusammen die angegebene
Länge gehabt hätten. Nun finden wir aber in der Literatur Belege
dafür, daß wir unter „quoquo versus" ganz etwas anderes zu ver-
stehen haben1). Aus den unten zitierten Beispielen erhellt ganz klar, daß
der fragliche Ausdruck die Gleichheit zweier verschiedener
Dimensionen bedeutet, also bei einer Fläche die Gleichheit derLänge
und der Breite; heißt also soviel als „in jeder Richtung" oder „im
Geviert". Es kann sich demnach in diesem Falle nicht um einen
schmalen Küstenstreifen handeln, sondern um einen annähernd
quadratischen oder kreisförmigen Raum, innerhalb dessen zwei
in der Richtung senkrechte Dimensionen beiläufig die erwähnte Aus-
dehnung besaßen. Auf die Ziffer werden wir noch zurückkommen. Vor-
läufig genügt es festzustellen, daß ein sc hm a ler langer Streifen längs
der Küste zwischen Stadt und Hafen damit nicht gemeint sein kann.
Wir sehen, die Hauptquelle selbst gibt uns Anhaltspunkte dafür,
die zuerst aus ihr deduzierten Schlüsse in Zweifel zu ziehen.
Und doch sind gerade die Daten, aus denen wir jene Schlüsse ge-
wonnen, so klar und bestimmt, und die ganze Darstellung des
bellum Africanum so sicher auf persönlicher Augenzeugenschaft aufge-
baut, daß wir nicht umhin können, den offenbar irgendwo vorhandenen
Fehler nicht in der Quellendarstellung, sondern in unserer Inter-
pretation zu suchen, und zwar folgerichtig in jenem Kalkül, an welchem
die Quelle am meisten unschuldig ist: in der Lokalisierung der
Stadt Ruspina.
Hypothese Die Identifizierung Ruspina = Monastir gilt heute allgemein als
MonSSr feststehend, seit Tissot und Stoffel sich dafür entschieden haben
1) Caes. b.c. 125, 6: „rates duplices quoquo versus pedum XXX". II S, 2:
,, patebat haec (turris) quoquo versus pedes XXX". — Dann Cato de agricultura XV 1 :
„parietes villae si locet in pedes C id est pedes X quoquo vors um". Columella
V 5, 2 : „Scrobs in longitudinem altitudinemque defossus tripedaueus abunde est ;
latitudine tarnen bipedanea; vel si quaternum pedum spatia inter ordines relicturi
sumus, commodius habemus eandem quoquoversus dare mensuram scrobibus". —
VIII 3, 2: cella minima esse debet in altitudinem et quoquoversus pedes Septem". —
IX 2,28: scrobes quaternarii hoc est quoquoversus pedum IV".
Ruspina. 1. Die bisherige Lokalisierung und ihre Kritik.
769
und das Corpus inscriptionum latinarum diese Entscheidung still-
schweigend angenommen hat. Es muß aber gleich konstatiert
werden, daß diese Annahme durchaus nicht seit jeher als selbstverständ-
lich galt.
Barth (Nr. 5 S. 158) bestreitet ausführlich, daß das heutige
Monastir auf einem antiken Zentrum liegt, und lokalisiert das alte
Euspina beim heutigen Sahline, etwa 10 Kilometer weiter westlich.
M anner t (nach Tissot II 727) erblickt in Monastir nur den Hafen
des alten Euspina, und F orbiger (Nr. 3 S. 845) folgt ihm darin.
Smith (Nr. 8 II 859) sucht Euspina in dem heutigen Therma
bei Leptis, Marcus (nach Tissot a. a. 0.) in Eousfa d'Abou Obeid el
Bekri bei Kairouan, Davis (Nr. 6 S. 303 ff. u. Karte) identifiziert es
mit Sousse etc.
Die Tatsache, daß ernstzunehmende Forscher die Identität von
Euspina mit Monastir zum mindesten als durchaus nicht ausgemacht
betrachten, stellt uns die Aufgabe, die Gründe zu untersuchen, welche
die Verteidiger obiger Identifikation für ihre Ansicht geltend ge-
macht haben.
Stoffel gibt überhaupt keine Gründe an, sondern nimmt die Tat-
sache als feststehend.
Tissot (II 728; auch 165) der mit gewohnter Gründlichkeit zu- Tissot.
nächst die Gegenmeinungen vollzählig zu Worte kommen läßt, bleibt
uns auch die ausführliche Begründung seiner Ansicht nicht schuldig.
Seine Gründe sind folgende:
1) Sind in Monastir Spuren einer antiken Stadt zu finden, die in
der Position liegt, welche die Tabula Peutingeriana für Euspina
angibt.
2) Die Etymologie des Namens: phönikisch „Eous penna" =
„caput anguli".
3) Die Angabe des bellum Africanum c. 10,1, daß der Hafen 2 m. p.
von Euspina entfernt sei.
4) Das Gesamtbild (ensemble du recit) der Operationen Caesars
Zum ersten Grund muß vor allem konstatiert werden, daß die Die Tabula.
Tabula Peutingeriana keineswegs den Punkt als solchen bestimmt,
den Euspina einnahm, sondern nur die Linie, in der dieser Punkt lag:
die Straße zwischen Hadrumetum und Leptis minor. Um das zu
wissen, brauchen wir aber nicht erst die Tabula. Den Punkt inner-
halb dieses Straßenabschnittes bleibt sie uns schuldig, weil sie die
49*
770 Der Caesarianischc Bürgerkrieg.
Distanz von Hadrumetum mit 25 m. p. angibt, was, wie noch niemand
bezweifelt hat. sicher falsch ist; jene von Leptis aber gar nicht. Die
üblichen Korrekturen dieser Ziffern basieren alle auf einer aus anderen
Gründen bereits als feststehend angenommenen Lage der Stadt, können
daher nicht umgekehrt wieder zum Beweis dieser Lage herangezogen
werden. Die Hypothese, die Entfernung von Leptis sei doch ange-
geben, und zwar rechts des Namens Leptis, wie überhaupt alle
weiteren Ziffern bis Selectum auf der falschen Seite eingetragen
wären, hat viel für sich, stimmt aber eben nicht für Monastir; denn
dieses ist von der Ruinenstätte des alten Leptis bei Lempta genau
15 Kilometer = 10 Millien entfernt, nicht aber 8, wie die Tabula
angibt, Wir werden übrigens auf diese Angaben noch zurückkommen.
Wir sehen also, daß die alte Niederlassung, deren Spuren man in
Monastir gefunden haben will, durchaus nicht auf dem Punkte lag,
den die Tabula für Ruspina angibt oder besser gesagt nicht angibt.
Und mit den Spuren selbst hat es eine ähnliche Bewandtnis.
Monastir keine ^e <jer Lokalaugenschein lehrt und auch die neue französische
antike Stadt. . __M , ,
Karte 1:50,000 klar ersichtlich macht, ist die ganze Kustenebene
der ehemaligen Provinz Africa geradezu dicht besäet mit Spuren
antiker Ruinen. An Stellen, an denen sich heute Ortschaften erheben,
haben sich diese Spuren durch Beibehaltung der Fundamente, Wieder-
verwendung behauener Steine etc. zum Teil besser erhalten als in
offenem Felde, wo der Pflug über die Trümmer hinweggegangen ist.
Man darf daher nicht glauben, daß das Vorhandensein sichtbarer
Reste innerhalb einer heutigen Ortschaft ohne weiteres den Schluß
zuläßt, hier habe ein stadtähnliches Zentrum gestanden, es sei
denn, daß sich Objekte oder Inschriften nachweisen lassen, die nur
in einer wirklichen Stadt möglich waren. Dies ist aber in Monastir
nicht der Fall.1) Daher haben die dort erhaltenen Reste keine andere
Bedeutung als alle die andern, die sich in größerer oder geringerer Nähe
davon an der Küste finden und auch zahlreiche Inschriften enthalten.2)
1) Inschriften wurden in Monastir insgesamt zwei gefunden (Ephemeris V. p. 517,
n. 1 165 a, b.). Die ersteist ausgesprochen christlichen Ursprunges, die zweite gibtüberhaupt
keinen Anhaltspunkt. Der Beweis einer punisch -römischen Stadt läßt sich aus beiden
nicht konstruieren. Eine Nekropole wurde gleichfalls nicht gefunden.
2) Solche starke Küstenbesiedelung findet sich bekanntlich auch an vielen anderen
Punkten der Mittelmeerküste. Man denke z. B. an die Küsten von Latium und Cam-
panien. Auch die ganze Südküste von I Strien z. B., von Rovigno um die Südspitze
herum bis an die Arsamündung einschließlich der Brionischen Inseln, bietet heute eine
Ruspina. l..Die bisherige Lokalisierung- und ihre Kritik. 771
Übrigens spricht schon der Name „Monastir" = „monasterium",
„Kloster", dagegen, daß der Ort auf der Stelle eines römischen Oppidums
liegt. Das Kloster, von dem es den Namen hat, kann notwendig
nur in der ersten Zeit der christlichen Klostergründungen, d. i. vor
der arabischen Eroberung, dort gestanden haben; an ein moslemitisches
Kloster ist nicht zu denken, da die griechische Bezeichnung überall
nur für christliche Klöster Anwendung findet. Jene frühchristlichen
Klöster, die durchwegs durch Zusammenschluß von Einsiedlern ent-
standen, wurden aber nur ausnahmsweise, wie z. B. in Karthago (Prakop
de red. VI 6 ; de bello Vand. II 26) im Innern von Städten, gewöhnlich im
freien Felde, an weithin sichtbaren Punkten errichtet. Zahlreiche aus
jener Epoche stammende, heute noch existierende „griechische Klöster"
auf der Balkanhalbinsel, in Kleinasien und Syrien bilden durchweg
Typen dieser Art. Wir können daher mit Bestimmtheit annehmen, daß
das Monasterium, welches dem heutigen Monastir den Namen gab,
nicht in der alten Stadt Ruspina, sondern auf dem freien, weit in
die See vorspringenden Vorgebirge errichtet worden war.1)
Daß Euspina nicht auf der Spitze dieses Vorgebirges — dem Ruspina nicht
auf der Spitze
Platz des heutigen Monastir — lag, dafür haben wir noch andere des Vorgebirges
Anhaltspunkte. Wir können sogar weitergehen und behaupten, daß
es überhaupt nicht am Meere lag. Wohl zählt es das bellum
Africanum c. 8, 1. zu den „maritima oppida", aber es erwähnt auch
cap. 10, 1, daß sein Hafen 2 Millien von der Stadt entfernt war.
Eine Stadt aber, die einen wenn auch 3 Kilometer entfernten eigenen
Hafen besaß, konnte gewiß als „oppidum maritimum" in dem Sinne
bezeichnet werden, wie es hier gemeint ist: „maritima oppida post se
ne vacua relinqueret praesidioque firmata ad classim receptacula
muniret."
fast zusammenhängende Kette von Fundstätten alter Ansiedlungen, und zwar meist in
vornehmem Stil gehaltener Luxusetablissements, etwa wie man sie in unserer Zeit bei
Nizza— Monte Carlo oder bei Lovrana — Abbazia — Volosca findet. Ähnlich scheint es
in der römischen Epoche auch an vielen Stellen der afrikanischen Küste gewesen zu sein.
1) Man darf nicht einwenden, daß Ruspina zur Zeit der Klostergründung schon
zerstört gewesen sein könnte. Strabo VIII 3, 1 scheint zwar auf eine Zerstörung im
afrikanischen Feldzuge Caesars hinzudeuten, die aber den Ereignissen nach ganz un-
wahrscheinlich ist, da die Stadt sich von Anfang an für Caesar erklärt hatte und von
ihm zweifellos während des ganzen Feldzuges geschützt wurde (vgl. b. Afr. c. 67, 1).
Auf alle Fälle existierte die Stadt später wieder, wie die Erwähnungen bei Plinius
V 3,25 und XV 20, 82, bei Ptolomäus IV 3, beim Geographus Ravennas V5
und III 5, und in der Tabula Peutingeriana beweisen.
7 72 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Daß aber die Stadt selbst nicht am Meere und vor allem nicht auf
der Spitze des Vorgebirges lag, erhellt aus der Tatsache, daß keine
jener Beschreibungen oder Itinerarien, die sich speziell
mit Seestädten befassen, die Stadt erwähnt, während sie
doch andrerseits in allen einschlägigen geographischen und Itinerar-
werken, wo Land- und Seestädte gleichmäßig in Betracht kommen,
mit einziger Ausnahme des Itinerarium Antonini, genannt wird. Der
Stadiasmus marismagni erwähnt (115. 116) sogar ausdrücklich das
Vorgebirge, auf dem heute Monastir liegt, und hat doch kein Wort
über Ruspina oder überhaupt eine dort liegende Stadt: „äjtö Öegpaiv
Ttkevoag OTCtöiovg ß' öibei äxQMTrjotov en," avr(p eyov ovo vrjGia
€Gyco?.07tiOjLieva' vcpoofiög sgtiv." Und weiter: „ütcö rov äxQCOTrjoiov
öipei L4ÖQafivTrjv ttjv Ttöhv cc7cö OTccölcov jt'.u Wir erfahren alles
mögliche über dieses Vorgebirge, nur nicht, daß eine Seestadt darauf
liegt, die doch in erster Linie erwähnt werden müßte. Und ganz
dasselbe finden wir sogar im bellum Africanum, in dem doch Ruspina
oft genug erwähnt wird: als Caesar von Leptis aus die feindliche
Flotte nach Norden verfolgt, kommt der Wind der letzteren zu
Hilfe (cap. 63): „reliquae naves promonturium superarunt atque
Hadrumetum se contulerunt .... Caesar eodem vento promontu-
rium superare non potuit1). Es wäre mehr als auffallend, daß
hier das genugsam bekannte Ruspina beidesmal nicht erwähnt
werden sollte, wenn es wirklich auf der Spitze dieses „promon-
turium" lag.
Wir sehen also auch daraus klar, daß wir uns jenes namenlose
Vorgebirge in jener Zeit als leer oder doch wenigstens nicht durch
eine Stadt gekennzeichnet vorstellen müssen; und jetzt verstehen wir
auch, warum es später den Mönchen zur Gründung ihres Monastriums
geeignet erschien,
„eapnt anguii". Tissots zweiter Beweispunkt, der den Namen als = „caput anguli"
erklärt, gibt eine viel zu allgemeine Charakteristik, um für sich allein
beweisend zu wirken. „Caput" braucht nicht unbedingt die Spitze,
sondern kann ebensogut den Gipfel, den höchsten Punkt bedeuten; und
der „angulus" braucht durchaus nicht die 'in die See vorspringende
Ecke, sondern kann ebensogut irgend eine andere eckig vorspringende
Terrainform sein. Diese etymologische Ableitung hat nur insofern
1) Auch schon vorher cap. 62, 3.
Ruspina. 1. Die bisherige Lokalisierung und ihre Kritik. 773
Beweiskraft, als umgekehrt der Punkt, auf dem wir aus anderen, ge-
naueren Gründen Ruspina annehmen, in irgend einer Form der
Bezeichnung „caput anguli" entsprechen muß.
Der dritte Grund, den Tissot anführt, betrifft die im bell. Afr. 10, 1 Der Hafen von
angegebenen Entfernung von 2 Millien zwischen Stadt
und Hafen.
Eine Untersuchung der Küstenstrecke ergibt zunächst mit voller
Sicherheit, daß dieser Hafen tatsächlich niemals wo anders gewesen
sein kann als dort, wo er sich heute befindet, bei dem „Port" der
französischen Karten.
Von Monastir an bildet die Küste gegen Süden zu eine fort-
laufende, fast senkrechte Felsenstufe von 2—3 Meter Höhe, die zum
Zwecke eines Hafens eine künstliche Adaptier ung notwendig gemacht
hätte, deren Reste in dem Felsgestein noch sichtbar sein müßten.
Beim „Port" geht diese Steilküste ziemlich unvermittelt in eine sandige
Flachküste über; das Wasser wird alsbald so seicht, daß selbst für die
kleinsten Fahrzeuge ein Anlegen ans Ufer ausgeschlossen ist1). Nur
in dem verhältnismäßig schmalen Übergangsraum von wenigen hundert
Metern Küstenausdehnung zwischen diesen .beiden Teilen bietet das
Ufer günstige Bedingungen für das Anlegen kleinerer Schiffe. Hierzu
kommt noch der Umstand, daß eben jener Punkt gleichzeitig am
besten geschützt ist gegen die in jener Gegend ge fürchte testen Winde,
den Nord- und Westwind; sowohl weiter nördlich wie südlich würde
insbesondere der Nordwind sich sehr unangenehm, die Küste enfilierend,
bemerkbar machen2).
Wir können daher mit Sicherheit annehmen, daß der Hafen zu
Caesars Zeit ebenda lag, wo er heute liegt, und wo auch Stoffel und
Tissot ihn hinlegen. Dieser Platz liegt jedoch von Monastir
knapp 2 Kilometer entfernt, also um einen ganzen Kilo-
meteroder ein ganzes Drittel weniger als die angegebene
Distanz von 2 Millien3;.
1) Dieser Küstenabschnitt wird heute ausschließlich zu Salinenanlagen aus-
genützt.
2) Über die afrikanischen Winde siehe S. 508 f.
3) Daß Tissot dieses in Wahrheit gegen seine Annahme beweisende Moment
für dieselbe heranzieht, hat wohl auch in dem schlechten Kartenmaterial, nach dem
er arbeiten mußte, seinen Grund. — Man lasse sich nicht durch die Karte verleiten,
den Hafen in dem Winkel zwischen der Küste und der schmalen Halbinsel, die etwa
einen Kilometer südlich des „Port" abzweigt, zu suchen. Diese Halbinsel ist nichts
774
Dor Caesarianische Bürgerkrieg.
Das „ensemble
du röcit" der
Operationen
Caesars.
Das Treffen.
Bleibt noch der vierte Punkt Tissots: das „ensemble du
recit" der Operationen Caesars. Sehen wir also, zu welchem
Resultate die Untersuchung dieser Operationen und der in der Quelle
dazu angegebenen Daten uns führt.
Außer der Entfernung der Stadt vom Hafen gibt uns das bell.
Afr. noch zwei Distanzangaben: das Treffen gegen Labienus fand
3 Millien von dem Lager bei Ruspina statt (c. 12, 1), und ebensoweit
von der Stellung Caesars1) befand sich das Lager, das später Scipio
und Labienus gemeinsam schlugen (c. 24, 1).
Über das berühmte Treffen erfahren wir zunächst, daß Caesar
durch seine Patrouillen von dem Anmarsch der feindlichen Massen
sehr frühzeitig unterrichtet wurde, bevor man sie noch sehen konnte.
Trotzdem war er gezwungen, den ihm im höchsten Grade uner-
wünschten Kampf mitten in der Ebene aufzunehmen; der Gedanke
wenigstens die bessere Chancen bietenden Höhen zu erreichen, kam
gar nicht mehr in Betracht. Wäre nun das Lager Caesars knapp
neben Monastir gewesen, so müßte zufolge der überlieferten Distanz-
angabe die Stelle, wo er die Meldung vom Anrücken der Feinde erhielt,
so nahe dem westlichen Rideaurand zu suchen sein, daß er diesen,
der ihm sofort vollen Schutz gewährt hätte, unbedingt rechtzeitig
hätte erreichen können.
Ferner erfahren wir, daß Caesars Gegner in jenem Treffen sich
vor dem in der Ebene stattfindenden Zusammenstoße auf Hügeln
entwickelten (c. 14,1 „collesque complecti"). Diese Hügel können natur-
gemäß nur jene sein, welche die Ebene, in der Caesar fouragierte, im
Westen begrenzen; diese aber sind vom Rideaurande 4 Millien ent-
fernt. Wenn nun das Treffen tatsächlich unweit dieser Hügel stattfand,
so kann das Lager Caesars nicht bei Monastir gelegen haben, da er
sonst, statt 3, fast 6 Millien hätte vorgerückt sein müssen, um an jener
Stelle in den Kampf zu treten. Darauf werden wir noch bei Be-
sprechung des Treffens selbst zurückkommen.
Wir werden daher nicht fehlgehen, wenn wir das Treffen in
anderes als eine nur ganz minimal über den Meeresspiegel herausragende, überdies
veränderliche Düne ; das Meer zwischen ihr und der Küste ist kaum 1 Meter tief.
1) Die meisten Ausgaben haben „a castris Caesaris", was aber Konjektur ist.
Ich möchte aus Gründen, die später angegeben werden, lieber ,;a munitionibus
Caesaris" setzen. An dieser Stelle sei gleich betont, daß für die hier in Rede stehende
Beweisführung dieser Unterschied der Lesart belanglos ist, denn irgend etwas Der-
artiges muß dort gestanden haben.
Scipios.
Ruspina. 1. Die bisherige Lokalisierung und ihre Kritik. 775
der Nähe jener Hügel, höchstens eine Millie von ihrem Fuße entfernt,
annehmen. Dies ergibt aber dann die Stelle von Caesars Lager am
Rideaurande selbst, wo es allerdings der taktischen Lage nach
ohnehin hingehörte. —
Über das Lager Scipios und die Unmöglichkeit, es an den Das Lager
Fuß des Rideaus zu legen, würde schon (S. 766 f.) gesprochen.
Stoffel legt Scipios Lager auf die ganz flache Terrainwelle, die
vom Plateau gegen Süden in der Eichtung auf Krnis sich hinzieht.
Da dies aber unzweifelhaft die Richtung ist, in der Caesar nach c. 37
von Ruspina gegen die Höhen von Uzita abmarschierte und er dabei
doch nicht mit der ganzen Armee und dem ganzen Train hart an
Scipios Lagerwall vorübermarschiert sein kann, ohne daß dieser es
merkte, so hilft sich Stoffel (II S. 123), indem er Scipio kurz vorher
sein Lager gegen Uzita hin aus Wasserrücksichten verlegen läßt.
Abgesehen davon, daß diese Rücksichten nichts besagen — denn bei
Krnis gibt es ebenso Wasser wie bei Uzita, d. h. in Cisternen1) — so
ist diese Lagerverlegung auch in der Quelle nirgends erwähnt, was
sicher geschehen wäre, wenn sie stattgefunden hätte. Denn wenn
Scipio das Lager, das er vor den Augen der Caesarianer geschlagen,
von dem aus er wiederholt provozierend zur Schlacht aufmarschiert
ist, 'plötzlich nach rückwärts verlegt und damit einen für die Caesari-
aner wichtigen, später tatsächlich benützten Weg — nebenbei gesagt
auch die einzige Landverbindung zwischen Ruspina und Leptis —
freigibt, so mußte das, mag es aus was immer für Gründen erfolgt
sein, von den Caesarianern als ein eklatanter Erfolg aufgefaßt werden,
und es ist absolut nicht zu glauben, daß dieses Ereignis in der so
ausführlichen, gerade die Auffassung der großen Masse der Armee
wiedergebenden Darstellung des bellum Africanum übergangen worden
sein sollte. Damit fällt Stoffels bei den Haaren herbeigezogene An-
nahme der Lagerverlegung.
Sprechen somit alle militärischen Rücksichten dringend dagegen,
die gegebene Entfernung des scipionischen Lagers von 3 Millien von
einem knapp bei Monastir liegenden Punkte ab zu messen, so gibt
uns das bellum Africanum noch einen weiteren positiven Anhaltspunkt
dafür, wo wir es tatsächlich zu suchen haben.
1) Der Ou. Melah (Ou. Ras el Mardj Stoffels) führt kein Trinkwasser. Unter
normalen Verhältnissen ist er trocken, und wenn er nach stärkerem Regen auf kurze
Zeit Wasser führt, ist dasselbe stark salzhaltig.
776 Der Caesariauische Bürgerkrieg.
Laut cap. 37 marschiert Caesar von Ruspina durch den linken
Teil der vorliegenden Ebene längs des Meeres bis zu dem „iugum",
welches sich von dort gegen Süden erstreckt. Dieses „iugum" besitzt
mehrere vorspringende Hügel, welche mit alten Türmen versehen
sind, und „quarum apud ultimam statio fuit Scipionis."
Caesar ersteigt nun das iugum und besetzt einen Hügel nach dem
andern, bis er endlich „non longe ab ultimo colle turrique fuit,
.... quae proxima fuit castris adversariorum, in quo docui
praesidium stationemque Numidarum ....," und jetzt endlich
wird sein Flankenmarsch entdeckt, und es kommt zu Kämpfen um
jene Hügel.
Also: die ersten, der Küste näheren Hügel waren vom feind-
lichen Lager weiter entfernt als der so und so vielte, weiter gegen
Uzita landeinwärts gelegene „ultimus collis", der dem Lager Scipios
„proximus" war. Daraus geht, wenn man die Karte ver-
gleicht, mit absoluter Sicherheit hervor, daß das Lager
Scipios niemals im engeren Umkreis des Rideauabfalles,
sondern ganz bedeutend weiter gegen Südwesten gelegen
haben muß; sonst wären die dem Meere zunächstliegenden
„colles" auch ihm die nächsten gewesen.
Jetzt wird es uns auch erklärlich, warum das bellum Africanum
nichts davon erwähnt, daß Scipio nach Caesars Positionswechsel gegen
Uzita seinerseits das Lager verlegt hätte; denn auf jenem Platze
leistete es ihm in der neuen Phase dieselben Dienste wie in der alten;
lag es doch von Hause aus näher bei Uzita als bei Ruspina. Nur von
Juba hören wir später (c. 48,2), daß er nicht weit von Scipio sein
eigenes Lager schlug. Stoffel allerdings mußte bei seiner Annahme auch
Scipio sein Lager verlegen lassen, was aus dem Texte nirgends belegt
werden kann.
2. Die zutreffende Lokalisierung.
Bestiminiuig Wir sehen also : das „ensemble du recit" der Operationen Caesars
Ta^er*1* ergibt übereinstimmend, daß Caesars Lager unbedingt auf dem west-
lichen Teile des Plateaus, daher höchstwahrscheinlich knapp auf dem
Rideaurande gelegen hat, und demzufolge die in cap. 20 ff. erwähnten
Linien längs desselben hinliefen. Dies hat nun Tissot, der hierin mehr
militärisches Gefühl verrät als der Oberst Stoffel, auch angenommen,
doch an der Identität von Ruspina mit Monastir hält er dennoch
Ruspina. 2. Die zutreffende Lokalisierung-. 777
fest; er läßt also Caesars Lager am Nordende des Rideaus liegen
und von da den zweiten der erwähnten Wälle längs des Rideaus bis
zum Südende laufen, während der erste die auf der Spitze der Halb-
insel liegende Stadt schräg mit dem Hafen verbindet. Wir fragen
nun: wenn die Landfront schon durch das Lager und die zweite,
durch das Gelände so enorm verstärkte Linie von Meer zu Meer ge-
sichert war, wozu dann noch die andere Linie zwischen Stadt und
Hafen? An einen Schutz gegen die See ist noch weniger zu
denken, am allerwenigsten an dieser Stelle, wo die senkrechte Steil-
küste mehr schützte, als Wall und Graben vermochten; da hätte viel eher
die von Monastir weiter entlegene Küstenstrecke südlich des Hafens
geschützt werden müssen, wo das Flachufer eine Landung im seichten
Wasser, wie Caesar sie in Britannien ausgeführt hat, begünstigte;
dies aber würde schon gar nicht mit dem Texte stimmen.
Das Lager also lag auf dem Rideaurande; wo lag aber dann
die Stadt, neben der es nach c. 6, 7 geschlagen war?
Außer den bereits eingangs erwähnten Gründen, außer der aus- Bestimmung
der Stadt
drücklichen Erwähnung, daß Caesar sein Lager „ad oppidum Ruspinam" Ruspina.
schlug, gibt uns die erwähnte Quelle auch noch ein weiteres Detail,
aus welchem deutlich hervorgeht, daß die Stadt nicht auf der Spitze
der Halbinsel, sondern gleichfalls auf dem Rande des Rideaus,
und zwar in dessen südlichem Teil gelegen war. Es ist dies die
Schilderung des Ausmarsches Caesars c. 37, 1 :
.... „iubet omnes legiones extra castra educi et se consequi
ad oppidum Ruspinam versus .... inde parvulam proclivi-
tatem degressus sinistra parte campi proptermare legiones
ducit."
Also: Caesar führt die Legionen vom Lager zunächst gegen
Ruspina. Wenn nun, wie vorher nachgewiesen, das Lager vorne
auf dem Rideau lag, was hätte es da für einen Sinn gehabt, erst
bis auf die Spitze der Halbinsel zurückzumarschieren, wenn man
schließlich in die Ebene hinauswollte? Bloß um die dortige Be-
satzung abzuholen? Da war es doch viel einfacher die paar Kohorten
zum Lager heranzuziehen, als daß man sie mit der ganzen Armee
abholen ging. Übrigens blieb die Besatzung wahrscheinlich in der Stadt.
Und jetzt die „parvula proclivitas". Monastir liegt selbst nie „pamüa
am Meere; um von dort ans Ufer zu gelangen, braucht man nicht erst pr0
hinabzusteigen. Die Anhänger von Monastir sehen nun in der „pro-
778
Der Caesarianische Bürgerkrieg.
clivitastt die ganz allmähliche Senkung des Terrains zwischen dem
Westende dieser Stadt und dem Hafen. Diese Senkung, etwa 15 Meter
auf 2 Kilometer, ist nun aber
derart unbedeutend und flach,
daß sie höchstens für den Geo-
meter, nicht aber für den
marschierenden Soldaten in
Betracht kommt, ja nicht
einmal durch das Auge
oder durch das Gefühl
zum Bewußtsein ge-
langt. Ein Abstieg, der in
einer militärischen Schilde-
rung dieser Art so ausdrück-
lich erwähnt wird, muß aber,
wenn er auch klein (parvula)
|? war, so doch sehr ausge-
|* sprochen gewesen sein; es
kann sich somit nicht um
eine nur kartographisch sicht-
bare allmähliche Abflachung
des Terrains handeln, son-
dern um eine zwar nicht
hohe, aber deutliche Ter-
rainstufe; eine solche aber
findet sich in der ganzen in
Betracht kommenden Gegend
nur in dem vielerwähn-
ten Rideau.
« Nun geht aus der Schil-
k derung klar hervor, daß diese
|' „proclivitas" direkt nach dem
Passieren von Euspina an die
Eeihe kam und ebenso un-
mittelbar in die im folgenden
sehr genau geschilderte große
d. h. sie trennte eben Euspina von letzterer, oder mit
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Ebene führte.
anderen Worten: Euspina lag gleichfalls oben auf dem Eideau-
Ruspina. 2. Die zutreffende Lokalisierung.
779
ran de. Und da Caesar, um von seinem Lager aus den linken, d. i. süd-
lichen Teil der Ebene zu gewinnen, erst an Ruspina vorbei mußte, so
lag die Stadt notwendig südlicher als das Lager; letzteres war also
von Caesar im Norden der Stadt, gleichfalls auf dem Rideaurande,
geschlagen worden.
Wenn wir nun auf Grund des Vorgesagten daran gehen wollen,
den genauen Platz des caesarianischen Ruspina zu ermitteln, so haben
wir dafür zwei gute Anhaltspunkte: die Lage auf dem südlichen Teile
des Rideaus und die Entfernung von 2 Millien vom Hafen. Wenn wir
von letzterem als Mittelpunkt mit dem Radius von 3 Kilometer einen
Ruspina = Hir
Tenir.
Bild 54. Der Hügel von Henschir Tenir, von Norden gesehen.
Kreis beschreiben, so muß der Schnittpunkt dieses Kreises mit dem
Rideaurand den Ort der Stadt ergeben.
Und wirklich führt uns dieser Versuch auf einen Punkt des
Rideaurandes, der schon seiner natürlichen Beschaffenheit nach mehr
als jeder andere für die Lage eines Oppidums in Betracht kommt. Das
Rideau bildet dort eine in die Ebene deutlich vorspringende,
oben flache, nach drei Seiten steil abfallende Kuppe von
zirka 1 V2 Kilometer Umfang (s. Bild 53 u. 54). Und zu unserer
größten Genugtuung finden wir dort überdies antike Ruinen, die auf
der französischen Karte 1 : 50 000 mit Hir Tenir bezeichnet sind.
Letztere Tatsache für sich allein würde selbstverständlich eben-
sowenig beweisen wie die antiken Reste in Monastir; sie bildet aber
780 Der Caesaiianische Bürgerkrieg.
immerhin für unsere Kette von Gründen und Folgerungen einen wert-
vollen Abschluß. Ganz anders aber wird die Sache, wenn man den
Lokal augensch ein zu Hilfe nimmt.
Der Lokal- Dieser ergibt nämlich in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise,
daß das Ruinenfeld von H5r Tenir etwas wesentlich anderes bedeutet
als die übrigen antiken Reste auf der Halbinsel, daß wir es viel-
mehr hier mit den Spuren eines wirklichen antiken Oppi-
dums zu tun haben1).
Vor allem der bereits früher erwähnte Hügelvorsprung: dieser für
ein „oppidum" wie geschaffene Platz zeigt noch heute an verchiedenen
Stellen, daß seine natürliche Begrenzung seinerzeit durch künst-
liche Nachhilfe wesentlich vervollständigt und verstärkt worden ist.
Die Felspartien am äußeren Rande sind augenscheinlich künstlich
bloßgelegt und zeigen deutlich die Spuren ehemaliger Bearbeitung als
Fundamente für fortlaufende Mauerzüge. Gegen den rückwärtigen
Teil des Plateaus ist der Vorsprung im Anschluß an jene Umfassung
durch eine im Bogen verlaufende, unzweifelhaft auf künstliche Arbeit
zurückzuführende Stufe scharf abgegrenzt. Das Innere dieses Raumes
ist geradezu besät mit römischen Steinresten; die Ruine Hir Tenir
selbst, scheinbar der Rest eines nachrömischen (arabischen) Bauwerkes,
ist dennoch ganz aus behauenen Römersteinen errichtet2). Die zahlreichen
Futtermauern am Rideauabfall bestehen gleichfalls fast durchweg
aus Römersteinen. Außer solchen fanden wir hier auch zahlreiche
Reste von römischem „pavimentum" und Mosaiken.
Noch mehr. Auch gegen das Innere der Hochebene, von Hir
Tenir gegen Nordosten, zeigen sich deutliche Spuren einer dichten, d. h.
geschlossenen römischen Ansiedlung. Unmittelbar vor der erwähnten
fortifikatorischen Stufe finden sich zwei sehr große römische Zisternen
mit einer Bewässerungsanlage. Und weiterhin auf etwas mehr als einen
halben Kilometer hält die Bedeckung der Oberfläche mit römischen
Steinen, Paviment- und Mosaikresten in unverminderter Dichte an,
während sie in der angedeuteten Entfernung fast plötzlich authört3).
1) Dem Landeskundigen muß dies allerdings schon aus dem heutigen Namen der
Stätte wahrscheinlich erscheinen, da „Henschir" selten für einzelstehende Ruinen, son-
dern fast stets für die Reste größerer, geschlossener Niederlassungen gebraucht wird.
2) Daraus könnte man schließen, daß der heutige Name nicht so sehr diesem
einzelnen Bauwerke, als vielmehr der ganzen ziemlich ausgedehnten Ruinenstätte gilt.
3) Es ist dies der typische Charakter fast aller in jener kultivierten Küstengegend
vorhandenen römischen Städteruinen (Uzita, Aggar, Tegea, Thapsus, Sarsura usw.).
Ruspina. 2. Die. zutreffende Lokalisierung. 731
Der ganze übrige Teil des Plateaus ist zwar durchwegs, aber nur ganz
sporadisch mit derlei Resten bedeckt.
All dies erweckt den Anschein, als hätten wir es in der erster-
wähnten vorspringenden und fortifikatorisch abgegrenzten Kuppe mit
dem eigentlichen alten „oppidum" oder doch mit dessen „arx': zu tun,
während der außerhalb desselben liegende Teil auf eine in der späteren
Friedenszeit durchgeführte Stadterweiterung zurückgehen dürfte.
Dies also ist Ruspina. Auf steiler, durch Natur und Kunst
vorzüglich befestigter Höhe gelegen, beherrschte es weithin die zu
seinen Füßen sich ausbreitende Ebene, nicht minder aber das im Rücken
sich sanft dem Meere zusenkende Plateau und den von oben sichtbaren
Hafen1). Am imposantesten sieht der Stadthügel von Süden her aus
der Ebene aus; er erinnert hier direkt an den Stadtberg von Alesia
(s. Bild 53). Die scharf vorspringende Ecke kommt hier in Wirklichkeit
für das Auge noch viel mehr zur Geltung als auf der Karte, ebenso die
Beherrschung der ganzen Umgebung; sollte da der Name „caput
anguli" nicht mit weit größerer Berechtigung zur Anwendung kommen
als bei der flach nach dem Meere zu verlaufenden Spitze der Halbinsel ?
Diejenigen, welche bei Interpretation der Tabula Peutingeriana
daran festhalten, daß die Distanzzahlen derselben von Ruspina an um
je ein Intervall nach rechts verschoben sind, kommen bei unserer Lo-
kalisierung der Stadt auch auf ihre Rechnung, da die Entfernung von
dem Ruinenfeld bei Lempta wirklich 8 Millien beträgt, diejenige der
Stadt Monastir von Lempta jedoch 10 Millien.
Mit der Fixierung Ruspinas ist das Problem im wesentlichen ge-
löst, und alles übrige ergibt sich relativ leicht.
Das Lager Caesars lag nach dem früher Erwähnten im Norden Caesars Stellung
der Stadt, auf dem in Wirklichkeit höchsten Teile des Plateaus, der
eine vorzügliche flache Platte zum Lagerplatze mit voller Be-
herrschung der vorliegenden Ebene und einer von Natur aus sturm-
freien Front verbindet. Flanken und Rücken waren durch das Ge-
lände selbst nicht geschützt; sie wurden aber — außer durch die selbst-
verständliche Lagerumwallung — entlastet durch die Linien, welche
nach cap. 20 sowohl vom Lager wie von der Stadt bis ans Meer ge-
zogen waren. Diese Stelle kann jetzt vollkommen klar und unge-
Erst in dem unkultivierten Innern des Landes nehmen diese Reste einen deutlicheren
Charakter an.
1) Von Monastir aus ist der Hafen nicht sichtbar.
782 Der Caesarianische Bürgerkrieg".
zwangen interpretiert werden; Stadt und Lager lagen nahe beieinander
ungefähr auf der Mitte des Rideaurandes ; von beiden aus lief dann
je eine Linie längs dieses Randes weiter bis ans Meer. So war tat-
sächlich die eingangs aufgestellte militärische Forderung
restlos erfüllt, das ganze dreieckige Plateau der Halb-
insel durch eine fortifikatorische Linie, welche längs
seiner von Natur aus starken Landfront gezogen war, von
Meer zu Meer vollkommen abgesperrt, und damit jener
„ideelle Brückenkopf geschaffen, den Caesar in dieser
Feldzugsperiode vor allem brauchte.
Von den beiden Teilen dieser Front ward der nördliche
zwischen Lager und Meer durch den hier viel schrofferen Steilabfall
weit besser unterstützt als jener zwischen der Stadt und dem Ostufer,
der quer durch das allmählich abflachende Terrain führte; hier ist
der Verlauf der Trace auch nicht so unzweideutig gegeben wie oben.
In diesem Abschnitte waren die in cap. 30, 7 erwähnten besonderen
Verstärkungen in erster Linie am Platze.
Ob der verhältnismäßig kurze Frontabschnitt zwischen Stadt und
Lager — daß ein solcher Zwischenraum vorhanden war, geht außer aus
der Betrachtung des Terrains noch aus cap. 37, 1 hervor, wo die Legionen
vom Lager „ad oppidum Ruspinam versus" geführt werden — auch
befestigt war, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls war die Befestigung
dieses Intervalls die am wenigsten dringende Arbeit, da hier ein Ein-
dringen des Feindes am gewagtesten und daher am unwahrschein-
lichsten war; immerhin ist es nicht undenkbar, daß gelegentlich der
im späteren wiederholt angedeuteten weiteren Ausgestaltung der Werke
{c. 31. 34) auch hier die Linien geschlossen worden sind. —
Wie erwähnt, dürften die Linien im allgemeinen auf der oberen
Kante des Rideaus verlaufen sein; nur dort, wo letzteres in besonders
scharfen Winkeln vorspringt, dürften diese Terrainspitzen kaum in
die zusammenhängende Linie einbezogen, dafür vielleicht durch isolierte
Schanzen („castella", 34, 6) gesichert gewesen sein; dabei bleibt es un-
benommen, sich solche „castella" auch hinter den Linien verteilt zu
denken, gewissermaßen als Reduits für die Reserven der Abschnitts-
besatzungen, ähnlich wie dies bei Alesia der Fall war. —
Die Ausdehnung dieser Werke erklärt es nun allerdings, daß die-
selben nicht mit den schwachen Kräften, die Caesar in den ersten
Tagen dieser Feldzugsperiode zur Verfügung standen, ausgeführt,
Ruspina. 2. Die zutreffende Lokalisierung-. 733
sondern erst nach dem Eintreffen bedeutender Verstärkungen in Angriff
genommen werden konnten 0-
Jetzt wird auch die rätselhafte Stelle c. 23, 3 „Caesariani ....
neque amplius milia passuum VI terrae Africae quoquo versus tene-
bant" erklärlich. Wir haben es tatsächlich mit einem Eaume zu tun,
dessen Front und Tiefe, bezw. Nordsüd- und Ostwestdimension ziem-
lich gleich groß waren. Allerdings nicht 6 römische Meilen, sondern
etwa je 3 V2. Nun ist die Verschreibung von III oder IV in VI in
den alten Codices ein sehr häufig vorkommender Fehler; es genügt
somit diese kleine Konjektur, um unsere Auffassung mit dem Texte in
Übereinstimmung zu bringen. Eine andere Übereinstimmung ist auf
Grund der festgestellten Bedeutung von „quoquo versus" überhaupt
nicht zu erzielen; hier aber haben wir wenigstens einen Raum, der
„quoquo versus", d. h. in jeder Richtung, so ziemlich ein und
dieselbe Dimension hat.
Beim Ausmarsch ließ Caesar zunächst die Legionen beim Lager Der Ausmarsch,
antreten, marschierte dann gegen die Stadt und an dieser vorbei durch
die dort einspringende Mulde, welche im Südosten die Kuppe von Hir
Tenir begrenzt, und durch die heute noch der Weg vom Plateau gegen
Krnis an der Küste führt, in die Ebene hinunter; diese Mulde ist
die „parvula proclivitas" der Quelle. Von da ging der Marsch links
gegen die Küste und längs derselben bis etwas über Krnis hinaus, um
dann rechter Hand auf das „iugum", die Höhen von Uzita, aufzusteigen.
Etwas schwieriger ist die Lokalisierung des Lagers Scipios, Das Lager
trotzdem dafür ziemlich viele Daten vorliegen. Diese sind: scipios.
1. cap. 24,1. Das Lager lag in der Ebene, und zwar drei
Millien von Caesars Stellung.
2. cap. 37,4 und 38,1. Es lag dem Hügel, auf welchem das
„praesidium" Scipios stand — wie wir später (S. 797 f.) sehen werden,
dem Hügel 79 „Het el Guebla", am nächsten.
3. cap. 38 und 39. Aus den Distanzangaben dieser Kapitel be-
treffs der Vorrückung Scipios gegen Caesar geht hervor, daß sein Lager
von der Hügelreihe des „iugum" 1000 -+- 1500 = 2500 römische Schritte
= zirka 3700 Meter entfernt war.
1) Von den Gräben und Wällen ist heute äußerlich nichts mehr zu konstatieren,
weder im Bereiche des Rideaurandes, noch sonst wo auf dem Plateau; die intensive
Olivenkultur mit ihren zahlreichen, kreuz und quer geführten Dämmen, Rinnen und
Rainen hat hier alle Spuren auf der Oberfläche gründlich zerstört. Nur Grabungen
könnten und müßten hier zum Ziele führen.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 50
784
Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Lokalisierung.
Mit den Punkten 2. und 3. stimmt nun eine Lage etwa 1 Va
Kilometer nordwestlich des Dorfes Mnara vollkommen überein; und
auch dem Punkte 1 wird Genüge geleistet, wenn man die übliche
Konjektur „a castris Caesaris" in „a munitionibus" oder „a positione
Caesaris" verwandelt, wogegen gar kein Anstand obwaltet. Die Ent-
fernung vom Lager Caesars nördlich Ruspina beträgt nämlich vier,
die von dem nächstgelegenen Teil der Werke Caesars, den Linien
südlich Ruspina, jedoch genau drei Millien.
Das Lager Scipios ist demnach etwa llJ2 Kilometer nordwestlich
des Dorfes Mnara anzusetzen, etwa an der Stelle, wo das kleine
Rinnsal des Ou. Melah vor seinem Verschwinden in die „Sebkra" *)
eine auffallende doppelte Wendung im rechten Winkel beschreibt, die
möglicherweise mit der damaligen Lagerumfassung im Zusammen-
hange steht.
3. Das Treffen bei Ruspina.
Nordwestlich dieser Stelle, etwa 1 römische Meile vom Fuße der
Hügel, die hier die Ebene gegen Westen zu begrenzen, hat auch das viel-
umstrittene Treffen (s.Berichte Anh. S. 791 f.) stattgefunden. Auch diese
Hügel, auf welche die bisherigen Ausleger auffallend wenig Gewicht gelegt
haben2), sprechen klar für unsere Ansetzung. Auf ihnen entwickelte
sich die naturgemäß von Nordwesten anrückende Streitkraft des
Labienus (14,1 : „collesque complecti"), während Caesar am Fuße in der
Ebene den Angriff erwartete, (12,3: „milites in campo iubet galeari
1) Daß das Lager Scipios hierbei bereits hart au die „Sebkra", eine unfrucht-
bare, salzsandige, zeitweilig inundierte Wüstenfläche zu liegen kommt, darf
nicht irritieren. Zu Caesars Zeit war sie kaum vorhanden, da von der der Halbinsel
vorliegenden Ebene stets als von einem fruchtbaren, zu Requisitionen geeignetem
Gebiet ohne Einschränkung gesprochen wird.
Die Sebkra selbst dürfte in späterer Zeit durch Versandung des Abflusses des
salzhaltigen Ou. Melah entstanden sein, der sich heute tatsächlich in ihr ganz ver-
läuft; als Beweis hierfür kann die stattliche, noch wolhl erhaltene römische Straßen-
brücke an der Mündung des Abflusses der Sebkra, jedenfalls der alten Mündung des
Ou. Melah, gelten, die heute ein ganz minimales, zu ihren Dimensionen in keinem
Verhältnis stehendes Rinnsälchen übersetzt. —
2) Fröhlich, (No. 9) p. 85 empfindet es wirklich als Widerspruch, das einer-
seits von Hügeln, andererseits von „campis planissimis purissimisque" (c. 19,7) die
Rede ist ; dieser Widerspruch entfällt vollkommen bei unserer Auffassung, indem tat-
sächlich die beiden Hauptkämpfe in der flachen Ebene stattfanden, und die Hügel
nur beim ersten Aufmarsch des Labienus, sowie beim letzten Durchbruche Caesars
eine Rolle spielten.
Ruspina. 3. Das Treffen bei Ruspina. 785
et ad pugnam parari"). Damals aber war Caesar nach c. 12,1 drei
Millien vom Lager entfernt; wäre dieses bei Monastir gewesen, so
wäre seine Entfernung von diesen einzig in Betracht kommenden
Hügeln so groß gewesen, daß die Sache unverständlich würde; er
hätte dann das schützende Rideau früher erreichen können, als Labienus
ihn. Bei unserer Annahme des Lagers auf dem Rideaurande hingegen
stimmt die Sache durchaus. Hier also, etwa 1 Millie vom Fuße der
Hügel von El Hamada und Mesjed Aissa, kam es zum ersten Kampf.
Nach geglücktem ersten Durchbruch wurde dann der Rückzug durch
die Ebene gegen das Rideau angetreten, und als Petreius denselben
durch einen neuerlichen Angriff unterbrach, erfolgte der zweite Durch-
bruch eben auf dieselben Hügel (18,4: „donec ultra Ultimos colles
hostes reppulissentu. 18,5: hostibus . . campo pulsis post collemque
deiectis"); auf dem gewonnenen Hügel (wahrscheinlich östlich Mesjed
Aissa) wurde dann Stellung genommen und schließlich, wohl erst nach
Eintritt der schützenden Dunkelheit, neuerdings der Rückzug ange-
treten.
Dieser Hügel ist auch jedenfalls mit der von Dio XLIII 2 er-
wähnten Anhöhe identisch ; diese Konstatierung zeigt auch die volle
Übereinstimmung beider Quellen, von denen nur die eine den Vor-
gang etwa um dasselbe Maß zu optimistisch darstellt, wie die andere
dies in pessimistischer Richtung tut.
Was den taktischen Verlauf des Treffens angeht, so ist dabei Taktischer
gegen Delbrücks quellenwidrige Rekonstruktion (Nr. 23, S. 593 ff.) Verlauf-
scharfe Verwahrung einzulegen.
Delbrück läßt das Treffen derart verlaufen, daß Caesar den
unvermeidlichen Angriff des Gegners solange rein defensiv ab-
wehrt, bis die einbrechende Dunkelheit jenen zum Abbrechen des
Kampfes veranlaßt und Caesar somit den Rückzug freigibt. Diese
Auslegung ist freilich nicht möglich ohne weitgehende Desavouierung
der Hauptquelle, ein Verfahren, das bekanntlich Delbrück niemals
schwer gefallen ist. Er meint, „Pseudo - Hirtius" hätte die Schilde-
rung des Gefechtes erfunden, um die tatsächliche Niederlage in einen
Sieg zu verwandeln.
Aber worin bestand denn eigentlich die angebliche Niederlage in
diesem Falle? Einfach darin, daß Caesar nach dem Gefecht in sein Lager
zurückgehen, also das Schlachtfeld räumen mußte. Auch Delbrück
faßt sie nur so auf, und soweit kann man ihm ohne weiteres recht
50
*
786 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
geben. Aber dieser schließlich doch unvermeidliche Rück-
zug wird ja auch von „Pseudo - Hirtius" ohne jede Be-
schönigung eingestanden. Einzig die Schlußphase des zweiten
Gefechtes ist einigermaßen euphemistisch behandelt, indem sie als ein
vollständiger Sieg der Caesarianer über die feindlichen, sie ringsum ein-
schließenden Truppen und eine unaufhaltsame Verfolgung bis über die
gewissen Hügel hinaus dargestellt wird, während sie in Wirklichkeit
nichts viel anderes war, als ein geglückter Durchbruch auf jene Höhen,
die, in Ermangelung des nicht mehr erreichbaren Rideaurandes von
Ruspina, den in der Ebene fast wehrlosen, schwer erschöpften Kohorten
bis zum Einbruch der Dunkelheit den notwendigen Schutz gewähren
sollten, ähnlich wie Curio es in der Schlacht am Bagradas, allerdings
ohne Erfolg, versucht hatte *). Der schließliche Rückzug wird ja dann
doch ausdrücklich erwähnt.
Den Zweck, diese Tatsache zu bemänteln, kann somit die Abweichung
des Autors von Delbrücks Auffassung nicht gehabt haben; eine andere
Begründung für ganz willkürliche Erfindung eines detaillierten
Schlachtberichtes ist aber erst recht nicht zu finden, und damit ent-
fällt jeder Grund, der Quellendarstellung Mißtrauen entgegenzubringen.
Außerdem macht die ganze Schilderung in ihrer Ausführlichkeit, der
klaren Hervorhebung zahlreicher an sich belangloser Episoden, durch-
aus den Eindruck der gewissenhaften Wiedergabe eines Augenzeugen
und nichts weniger als den einer willkürlichen Erfindung.
„Pseudo-Hirtius" zerlegt das Gefecht in zwei örtlich und zeitlich
vollkommen getrennte Akte: den ersten Kampf gegen Labienus,
und den zweiten gegen Petreius. Dieses wichtige Moment ist mit
Delbrücks Auffassung unvereinbar, der einen räumlich und zeitlich ein-
heitlichen Defensivkampf bis zur endlichen Unterbrechung durch die
Dunkelheit annimmt. Um nun diese so klar ausgesprochene Dar-
stellung des zweimaligen Kampfes bei „Pseudo-Hirtius" zu verwerfen,
müßte man ihm notwendig auch hier die Beschönigung des Rückzuges
als Motiv für seine Erfindung nachweisen. Gerade das Gegenteil aber
ist der Fall: denn eben die Tatsache des zweimaligen Gefechtes
zwingt ihn, den Rückzug viel deutlicher zu betonen, weil er ihn zwei-
mal erwähnen muß! Heißt es doch nach dem ersten Gefecht (17,2):
1) Damit stimmt die, wie erwähnt, nur wieder etwas zu pessimistisch gefärbte
Darstellung Dios XLIII 2.
Ruspina. 3. Das Treffen bei Raspina. 787
v .... ad sua praesidia sese . . . recipere coepit", und nach dem
zweiten (18,5): „ita, ut erant instructi, leniter se ad suos recipi-
unt munitiones". Wo liegt da die „Beschönigung des Rückzuges" ?!
Wir sehen also, daß „Pseudo-Hirtius" die „ Niederlage " in dem-
selben Umfange unverblümt eingesteht, in dem Delbrück sie verstanden
wissen will. Der prinzipielle Unterschied in der Auffassung liegt
darin, daß Delbrück Caesar seine Aufgabe des zu erkämpfenden
Rückzuges durch einmaligen rein defensiven Widerstand, „Pseudo-
Hirtius" durch zweimaligen Offensivstoß lösen läßt. Da nun, wie wir ge-
sehen haben, jeder Grund zu einer tendenziösen Entstellung seitens
des Verfassers entfällt, so sollte man meinen, daß ein in dem frag-
lichen Gefechte selbst mitkämpfender Offizier über diese Angelegen-
heit besser Bescheid wissen müßte, als ein zweitausend Jahre später
in Berlin schreibender Professor.
Aber auch ganz abgesehen davon erscheint die Quellendar-
stellung vom rein militärischen Standpunkte betrachtet wahrschein-
licher. Ich wüßte nicht, was gegen die Annahme der Gegenoffensive
einzuwenden wäre, zumal man es mit dem größten Meister der Offen-
sive zu tun hat; wohl aber will es mir scheinen, als ob die Anforde-
rung an die moralische Kraft der Truppen bei einem dem Quellen-
bericht entsprechenden Verlauf nicht so hoch gespannt gewesen wäre
als bei der stundenlangen starren Defensive Delbrücks. Dessen gegen
den Offensivstoß erhobener Einwand, daß man „nicht einsieht, weshalb
sie das nicht gleich im Anfang getan haben, wenn sie dazu fähig waren",
bedeutet außerdem eine arge taktische Entgleisung; denn der tak-
tische Gegenstoß aus einer durch das Kräfteverhältnis aufgezwungenen
Defensive kann der Natur der Sache nach niemals gleich zu Anfang, sondern
immer erst in einem fortgeschrittenen Moment des Gefechtes erfolgen,
wenn die feindliche Überlegenheit durch die bisherige, wenn auch er-
folgreiche Arbeit bis zu einem gewissen Grade aufgezehrt oder doch
gebunden ist, oder wenn der Gegner sich eine Blöße gibt. In unserem
Falle war der Moment zum Gegenstoße gekommen, sobald der
Feind eben durch die gelungene beiderseitige Umfassung seine vorher
weit ausgedehnte Front soweit zusammengezogen hatte, daß ein plötz-
licher Gegenstoß dieselbe an zwei Stellen gleichzeitig zu zerreißen
vermochte *).
1) Vgl. meine „Gesch. der Feldzüge J. Caesars", pag. 410. —
788 Der Caesariauische Bürgerkrieg.
Im Ganzen zeigt die Affäre von Ruspina, trotz der sehr bedeutende^
Unterschiede in den Dimensionen, eine ganz auffallende Analogie mit
der Schlacht bei Aspern. Hier wie dort sehen wir einen aller-
ersten, vom Nimbus der Unbesiegbarkeit umgebenen Feldherrn, der sich
sehr gegen seine Absicht vom Gegner in einem Augenblick angegriffen
sieht, da alle Chancen gegen ihn sind. Hier wie dort gelingt es ihm
schließlich durch eine Folge brillanter Offensivstöße, das Schlachtfeld
solange zu behaupten, bis die Nacht dem Kampfe ein Ende macht,
um sich dann unter ihrem Schutze, vom Feinde unbehelligt und schein-
bar freiwillig, in eine durch Natur und Kunst unangreifbare Stellung
zurückzuziehen. Der moralische Erfolg von Ruspina mochte denn
auch bei Freund und Feind so ziemlich der gleiche gewesen sein wie
jener von Aspern, und Caesars auffallende Vorsicht während der folgen-
den Operationen zum guten Teil darin ihren Grund gehabt haben;
Thapsus konnte aber schließlich dadurch ebensowenig abgewendet
werden, wie Aspern Wagram abgewendet hat. Man halte sich diese
Analogie vor Augen, und vergleiche dann die französischen Bulletins
über die „Bataille de Essling" mit dem Berichte des bellum Africanum
über das Gefecht bei Ruspina. —
In der Auffassung des viel umstrittenen Manövers mit dem Ver-
kehren jeder zweiten Kohorte usw. stimme ich im wesentlichen mit
Delbrück überein. Jeder Unbefangene wird jedoch zugeben, daß in
diesem Manöver der weitaus schwierigste Teil der ganzen Gefechts-
tätigkeit der caesarianischen Legionen liegt, daß seine Durchführung
sogar eine ganz exceptionelle Anforderung an die moralische Kraft,
Gefechtsdisziplin und Manövrierfähigkeit dieser größtenteils jungen
Truppen in sich schließt. Und ebendieselben Truppen, die man unter
diesen Verhältnissen einer solchen geradezu erstaunlichen Leistung
für fähig halten muß, sollte man unmittelbar darauf die Fähigkeit zu
einem kurzen Offensivstoße absprechen wollen, der nötig war, um
ihnen für den unvermeidlichen Rückzug Luft zu machen? —
Die Schilderung bei Appian b. c. II 15, die Delbrück zum Be-
weise für seine Auffassung heranzieht, beweist nichts. Appian hat
einfach eine ausführliche richtige Darstellung willkürlich gekürzt, das
Moment des faktischen Rückzuges stärker betont und die Gegenstöße
als nach seiner Ansicht unwesentlich ausgelassen; solche Arbeit sind
wir ja bei ihm gewohnt. Am besten charakterisiert sich seine Dar-
stellung durch die Begründung, weshalb die Gegner ihren Erfolg nicht
Ruspina. 3. Das Treffen bei Ruspina. 789
vollendet hätten: um dem Feldherrn Scipio den Sieg nicht vorweg-
zunehmen !
Bezüglich des vielumstrittenen ersten Durchbruchsmanövers
halte ich meine — im wesentlichen mit Stoffel und Delbrück über-
einstimmende — Ansicht aufrecht, daß jede zweite Kohorte kehrt ge-
macht hat; nur möchte ich mich nunmehr dezidiert der verbesserten Les-
art „ut una post, altera ante signa contenderet" anschließen cap. 17,1.
Der epochale Fund in der Waffenkammer von Lambaesis (Memoires de
l'academie des inscriptions et belles lettres, 38 (1908), 45; siehe auch
Domaszewski: „Zwei römische Reliefs", Sitzungsber. d. Heidel-
berger Ak. d. Wissensch. 1910, 4. Abh., pag. 9, Anm. 5), wonach die
Waffenvorräte der Kohorten in „arma antesignana" und „postsignana"
geteilt waren, läßt unter vielen anderen auch den Schluß zu, daß
„postu bezw. „ante signa contendere" nichts weiter bedeutet als „in ver-
kehrter" bezw. „normaler Front vorgehen". Durch diese Lesart wird
durchaus nicht, wie Delbrück meint, der Vorgang „verschleiert" ; denn
es ist absolut nicht nötig, daß die Kohorten erst in gleicher Front-
richtung hintereinander gezogen wurden (das würde die überlieferte
Lesart „ut una post alteram ante signa tenderet" besagen), sondern es
machte, sobald durch das „acieminlongitudinemquam maximam porrigi"
aus dem zusammengeballten Klumpen die ursprüngliche „acies simplex"
wiederhergestellt war, in dieser jede zweite Kohorte kehrt, und
nun ging jede Front für sich zum Angriffe vor. Hierdurch ward der
Feind in der Richtung der ursprünglichen caesarianischen Front, so-
wie in der entgegengesetzten frontal zurückgedrängt, und dadurch
an den beiden Flügeln zerrissen („coronam hostium dextro sini-
stroque cornu mediam dividit"; siehe meine Abbildung Gesch. d.
Feldz. Caesars. Beil. 42, Fig. IV.). Ob die hierbei entstandenen
Intervalle von Kohortenbreite durch Verbreiterung der Glieder oder
durch Zusammenschluß geschlossen oder wenigstens verkleinert wurden,
ist zweifelhaft; dies hätte einerseits die notwendige Raschheit des
Manövers beeinträchtigt, andererseits war es eben wegen dieser Rasch-
heit kaum notwendig1).
Über das Verkehren der Kohorten haben die verschiedenen Aus-
leger zum Teil recht komplizierte Erklärungen gegeben. Die einzig
mögliche ist die, daß ganz einfach in jeder zweiten Kohorte jeder
1) Siehe hierüber auch die Untersuchung über die Kampfintervalle im taktischen
Exkurs zu Narraggara Beil. II, S. 696 ff.
790 Der Caesarianische Bürgerkrieg1.
Mann auf seinem Platze „Kehrt euch" machte. Das Ver-
kehren der Kohorten als Ganzes wäre nicht nur während des Hand-
gemenges unendlich schwierig gewesen; es hätten dann auch nach
Vollzug der Bewegung wiederum die „antesignani" vorne gestanden, und
der Ausdruck „post signa contendere" hätte keinen Sinn. Wenn aber
jeder Mann, wo er stand, Kehrt machte, so standen jetzt die „postsignani"
in den ersten Reihen der neuen Front. Daß sie höchstwahrschein-
lich kein Pilum hatten — denn darin ist wohl der Unterschied
zwischen „arma antesignana" und „postsignana" zu suchen — hatte
in dieser Phase des Kampfes wenig zu sagen *). — Auf die bisherigen,
zum Teil hochphantastischen Lösungsversuche dieses Treffens von
Guischardt über Galitzin, Göler, Eüstow, Stoffel bis Del-
brück im einzelnen einzugehen, ist unnötig, haben sich doch die ge-
nannten Autoren selber gegenseitig bereits genügend in den Haaren ge-
legen. Ich verweise einfach auf meine Auffassung, wie ich sie in der
,, Gesch. d. Feldzg. Caesars" entwickelt und bezüglich der Schlußphase
hier (siehe auch die „Zusammenhängende Darstellung") einigermaßen
ergänzt habe. Ich glaube, daß diese meine Ansicht nicht nur mit den
Quellen wie mit dem Terrain vollkommen übereinstimmt, sondern auch
vor allem taktisch die einfachste ist, und die verwunderliche Kompli-
ziertheit des überlieferten Manövers auf das zulässige Minimum redu-
ziert; was wohl am meisten für ihre Eichtigkeit sprechen dürfte.
1) Vgl. Domaszewski, Nr. 14 p. 4. — Kap. 17,1 „Felis eo niectis" spricht nicht
dagegen; der Ausdruck kann sich eventuell nur auf die von Caesar persönlich ge-
führte Hälfte, die „ante signa contenderat", und bei der sich nach der ganzen Dar-
stellung der Verfasser befand, beziehen, zumal die „altera pars" dann noch ausdrück-
lich erwähnt wird; auch können in letzterer Abteilung die nunmehr rückwärtigen
Glieder ihre pila den vorderen, die einzig von ihnen Gebrauch machen konnten, ge-
reicht haben.
Anhang.
Übersetzung der Gefechtsberichte.
a. bell. Afr. 11—18.
cap. 11 . . . (3) So . . . kehrte er (Caesar) nach Ruspina zurück,
schlug dort das Lager und begab sich persönlich an der Spitze von
30 gefechtsbereiten Kohorten auf Requisition ....
cap. 12. (1) Als Caesar bereits etwa 3 Meilen vom Lager vor-
gerückt war, erhielt er von den Aufklärungspatrouillen die Meldung,
daß feindliche Truppen massen in nicht allzugroßer Entfernung ge-
sichtet worden seien. Und tatsächlich wurden gleichzeitig mit dieser
Meldung große Staubwolken sichtbar. (2) Nach Konstatierung dieser
Tatsache ließ Caesar sofort die ganze Reiterei, die ihm augenblicklich
nur in geringer Zahl zur Verfügung stand, und die Bogenschützen,
von denen nur ein kleines Kontingent aus dem Lager gerückt war,
heranziehen1), die Kohorten aber langsam in geordneten Verbänden
vorrücken; er selbst eilte mit wenigen Bewaffneten voraus. (3) Als
man bereits den Feind in der Ferne erkennen konnte, erhielten die
Truppen Befehl in der offenen Ebene die Helme aufzusetzen und
sich zur Schlacht bereitzumachen; es waren insgesamt 30 Kohorten
mit 400 Reitern, dann 150 Bogenschützen.
cap. 13. (1) Unterdessen entwickelten die Feinde, an deren
Spitze Labienus und die beiden Pacideii2) standen, eine unglaublich
lange, dicht geschlossene Front, nicht aus Fußvolk, sondern aus
Reiterei, hatten aber dazwischen leichtbewaffnete Numider und unbe-
1) Dies bezieht sich unzweifelhaft nur auf die Reiterei und die Bogenschützen,
die Caesar zwar mitgenommen hatte, die sich aber zum Zweck der Requisition in der
Ebene zerstreut hatten; diese wurden nun rasch herangezogen, ebenso wie die In-
fanterie erst in die gefechtsmäßigen Verbände geordnet werden mußte (ordinatim).
An eine Heranziehung der im Lager zurückgebliebenen Kontingente, wie die
meisten Ausleger geglaubt haben, ist wohl nicht zu denken.
2) Nach Schneider: „Ti. Pacideius".
792 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
rittene Bogenschützen eingeteilt und sie dadurch so verdichtet, daß die
Caesarianer sie aus der Entfernung für Infanterie hielten; der rechte
und linke Flügel war mehr durch Kavallerie verstärkt. (2) Caesar
ließ gleichzeitig in einem Treffen aufmarschieren, wie die geringe
Stärke seines Korps es ihm erlaubte ; die Bogenschützen stellte er vor
die Front, die Reiter schob er gegen den rechten und linken Flügel
vor und befahl ihnen, darauf zu achten, sich von der Menge der feind-
lichen Kavallerie nicht umzingeln zu lassen: denn auch er war der
Meinung, es werde zu einem regelrechten Infanteriekampfe kommen.
cap. 14. (1) Während man zunächst beiderseits zuwartete und
Caesar sich nicht rührte in der Erkenntnis, mit seiner geringen Macht
gegen die Übermacht der Feinde mehr durch kunstvolle Manöver als
mit roher Kraft kämpfen zu müssen, begann plötzlich die gegne-
rische Reiterei sich in die Breite zu entwickeln, sich über die Hügel aus-
zudehnen, und zwang dadurch Caesars Kavallerie sich gleichfalls auszu-
breiten, während sie gleichzeitig zur Umfassung ansetzte. (2) Die
Reiter Caesars hielten der Übermacht nur schwer stand. Während unter-
dessen auch die beiderseitige Zentren gegeneinander losgingen, brachen
plötzlich aus den dichten Reihen die leichtbewaffneten Numider mit
den Reitern vor und schleuderten ihre Geschosse in die Reihen
der Legionare. (3) Als nun die caesarianische Infanterie auf sie zum
Gegenangriffe vorging, zogen sich ihre Reiter zurück; die Unberittenen
aber hielten stand, während die Reiter sofort wieder kehrt
machten und ihnen zu Hilfe kamen.
cap. 15. Caesar erkannte, daß durch diese neuartige Taktik die
Ordnung seiner Front beim Vorprellen litt, denn während die Fuß-
truppen die feindlichen Reiter auf größere Entfernung verfolgten,
gaben sie die Flanke frei und erlitten dort durch die Geschosse der
nächsten Numider Verwundungen; die Reiter hingegen wußten sich leicht
dem Pilum der Legionare im Galopp (cursu) zu entziehen; er ließ also den
Befehl durch die Glieder weitergeben, daß kein Mann sich weiter als 4 Fuß
vor die Front entferne. (2) Indessen versuchte die Reiterei des
Labienus im Vertrauen auf ihre Überzahl die schwachen Abteilungen
Caesars zu umfassen; die caesarianischen Reiter, erschöpft durch den
Kampf gegen die Übermacht und mit verwundeten Pferden, begannen
langsam zu weichen; um so heftiger drängte der Feind nach. (3) So
wurde alsbald die ganze Legionsinfanterie von der feindlichen Reiterei
umzingelt, das caesarianische Korps insgesamt auf einen Knäuel zu-
Ruspina. Anhang: Übersetzung der Gefechtsberichte. 793
sammengedrängt und gezwungen, gleichsam wie zwischen Schranken
zusammengepfercht zu fechten.
cap. 16 (1 — 3 Szene zwischen Labienus und einem Veteranen der
X. Legion). (4) Trotzdem war der Mut aller erschüttert, besonders
bei den Rekruten; sie suchten mit den Augen Caesar und beschränkten
sich darauf, den feindlichen Geschossen auszuweichen.
cap. 17. (1) Caesar aber hatte den Plan der Feinde durchschaut;
er befahl, die Front soweit als möglich in die Breite auszudehnen, ließ
sodann jede zweite Kohorte verkehren, so daß immer eine mit normaler,
die andere mit verkehrter Front vorzugehen hatte, riß durch dieses
Manöver am rechten und linken Flügel den Ring der Feinde mitten
auseinander, schnitt den einen Teil vom andern ab, griff zwischen-
durch mit der Reiterei an und jagte den Feind mit der Infanterie
unter einem Hagel von Geschossen in die Flucht, ging jedoch, einen
Hinterhalt fürchtend, nach kurzem Vorgehen zu den Seinigen zurück;
dasselbe vollführte der andere Teil der caesarianischen Infanterie und
Kavallerie. (2) Nachdem dies vollbracht und die Feinde unter Ver-
lusten auf entsprechende Entfernung zurückgeworfen waren, trat er
in Schlachtordnung, wie er war, den Rückmarsch nach seinen festen
Stellungen an.
cap. 18. (1) Indessen trafen M. Petreius und Cn.Piso mit 1600 aus-
erlesenen numidischen Reitern und einer ziemlich starken Infanterie-
macht gleicher Herkunft direkt aus dem Marsche zur Unterstützung
der Ihrigen ein. (2) Die Feinde erholten sich von ihrem Schrecken,
faßten frischen Mut, machten Kehrt und warfen sich auf die Nachhut der
im Rückmarsch begriffenen Legionen, indem sie diese am Rückzuge ins
Lager zu hindern versuchten. (3) Sobald Caesar dies erkannte, ließ er
neuerdings die Front verkehren und mitten in der Ebene das Gefecht
wieder aufnehmen. (4) Die Feinde fochten in gleicher Weise wie früher
und ließen es auf keinen Nahkampf ankommen; die Reiter Caesars ver-
fügten nurmehr über Tiere, die durch die kürzliche Überschiffung, durch
Durst, Ermüdung, numerische Schwäche und Wunden entkräftet und
zu nachhaltiger Verfolgung des Feindes untauglich waren ; der Tag ging
zur Neige. Da befahl Caesar den bereits eingeschlossenen Kohorten und
Reitern, in einheitlichem Anprall vorzubrechen und nicht eher Halt
zu machen, als bis sie die Feinde bis über die letzten Hügel zurück-
geworfen und diese in Besitz genommen hätten. (5) Während nun
die Feinde bereits ihre Geschosse langsamer und nachlässiger Schleuder-
794 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
ten1), warf er auf ein gegebenes Zeichen plötzlich seine Kohorten und
Türmen auf ihre Reihen; sofort wurden die Gegner mühelos aus der
Ebene geworfen und bis hinter die Hügelkette zurückgejagt ; dieser Platz
wurde genommen, dort kurze Zeit stehen geblieben und dann, in
Schlachtordnung, wie man war, langsam der Rückmarsch zu den be-
festigten Linien angetreten. Gleichzeitig gingen die Feinde nach er-
littener Schlappe jetzt endlich auf ihre Stützpunkte zurück. —
b. Cassius Dio XLIII 2.
In Afrika nahmen Petreius und Labienus die Gelegenheit wahr,
da Caesar mit seinen Truppen auf dem flachen Lande fouragierte,
während seine Reiterei sich von der Seefahrt noch nicht erholt hatte,
(2) überfielen mit den Numidern seine Infanterie, brachten die Legionen
in Verwirrung und hieben viele nieder. Die übrigen wurden auf
eine Anhöhe zusammengedrängt und wären gleichfalls von ihnen
niedergemacht worden, wenn nicht auch sie schwere Verluste erlitten
hätten.
c. Appian b. c. II 95.
Caesar hielt die Gelegenheit für günstig, die Feinde in Abwesen-
heit ihres Feldherrn anzugreifen, und marschierte vor dem Lager
Scipios auf. Labienus und Petreius aber, Scipios Unterbefehlshaber,
rückten ihm entgegen, errangen einen entschiedenen Vorteil über seine
Truppen, schlugen sie in die Flucht und verfolgten sie in stolzer Ver-
achtung, bis den Labienus sein am Bauche verwundetes Pferd abwarf
und seine Umgebung ihn forttrug ; Petreius aber, in der Überzeugung,
seine Truppen hätten sich zuverlässig erprobt und er könne mit ihnen
siegen, wann er wollte, brach das Gefecht ab, indem er zu seiner
Umgebung äußerte: „Laßt uns unserem Feldherrn Scipio den Sieg
nicht vorwegnehmen." Andererseits scheint dies auch ein Werk von
Caesars Glück gewesen zu sein, indem das Gefecht von den Siegern in
dem Augenblick plötzlich abgebrochen wurde, als sie eben in offenbarem
Vorteil waren .... Als endlich Petreius aufbrach, war auch Caesar
froh, den Rückzug antreten zu können.
1) Die Lesart Schneiders: „in hostes iam languide tela neglegenterque mitten-
di" ist m. E. etwas gezwungen; die obige entspricht stilistisch besser und taktisch
vollkommen.
2. Uzita.
Hierzu Karte 18 und 19 b.
Nach dem Eintreffen von Verstärkungen, die ihm die Offensiv- Die Ereignisse.
fähigkeit sicherten, hatte Caesar durch einen überraschenden Nacht-
marsch „seinen Kerker gesprengt", d. h. die enge, brückenkopfartige
Defensivstellung bei Ruspina verlassen und sich sofort unweit davon
eine neue Position gewählt, die nicht mehr allein die See mit dem
nunmehrigen Haupthafen Leptis minor, sondern auch das Land gegen
Süden zu deckte und infolge ihrer Ausdehnung und sonstigen Be-
schaffenheit die Möglichkeit einer Zernierung durch den Gegner aus-
schloß: das hügelige weitgedehnte Plateau, das sich östlich des Ou.
Melah erhebt. In der weiten Ebene an diesem Wasserlaufe lagerte
noch immer Scipio und stützte sich dabei auf die ebendaselbst
liegende Stadt Uzita.
Schon die Besetzung der Höhen durch Caesar war nicht ohne
Kämpfe abgegangen, von denen zwei in unserer Quelle ausführlich
beschrieben werden (cap. 38 — 40 und 49. 50) ; wir nennen sie der Ein-
fachheit halber den Kampf um den „ersten" und „letzten'' Hügel. —
Später entwickelte sich ein hartnäckiger Positionskampf um die Stadt
Uzita, der für Caesar erfolglos blieb. Aus dieser Epoche ist uns die
ausführliche Schilderung eines großzügigen Schlachtaufmarsches er-
halten (cap. 58—61).
Die Lokalisierung dieser drei Ereignisse, sowie der beiderseitigen
Stellungen, Lager und Linien bildet in diesem Falle das Problem
unserer Untersuchung.
Trotz der Kompliziertheit der Vorgänge ist wohl kaum an einem
anderen Orte diese Aufgabe mit solch eindeutiger Sicherheit durchzu-
führen wie eben bei Uzita. Wirklich sind auch sowohl Stoffel wie
Tissot, soweit man aus ihren teilweise auf veraltete und recht mangel-
796 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
hafte Karten aufgebauten Ausführungen schließen kann *), in voller
Übereinstimmung fast überall zu demselben Resultate gelangt, zu dem
auch uns der Augenschein geführt hat.
Das Terrain. Zuerst einige Worte über das Terrain im Großen.
Dem scharf markierten Plateau von Ruspina ist gegen Südwesten
eine weite Ebene vorgelagert, die vom Ou. Melah, einem kleinen,
periodischen, salzhaltigen2) Rinnsal, durchflössen wird. Dies ist die
Ebene, von der im bellum Africanum cap. 37, 4 die Rede ist: „Hie
campus mirabili planitie patet milia passuum XV ; quem iugum cingens
a mari ortum neque ita praealtum velut theatri efficit speciem." —
Wer von Hir Tenir aus die Aussicht genießt, kann das Treffende
dieser Beschreibung, wie schon Tissot hervorgehoben hat, nur bestätigen;
außer daß man sich, trotz des „non ita praealtuin", die begrenzenden
Höhenlinien doch etwas höher vorgestellt haben mochte, als sie wirk-
lich erscheinen3).
Im Südosten wird nun diese Ebene durch ein sanft gewelltes Hoch-
plateau von durchschnittlich 80 — 90 Meter Höhe begrenzt, welches
gegen erstere mäßig steil, aber immerhin recht dezidiert abfällt. Dieser
Abfall wird in beiläufig gleichen Abständen durch eine Anzahl scharf
eingeschnittener; stark verzweigter Racheln zergliedert ; die dazwischen
übrigbleibenden Höhenteile gewinnen dadurch den Charakter mehr oder
weniger isolierter Hügel, die infolge ihrer vorspringenden Lage und
ihrer ausgesprochenen Formen dem Auge auch höher erscheinen als
die weiter rückwärts gelegene ungeteilte Hochfläche, obwohl sie in
Wirklichkeit durchweg um ein weniges niedriger sind als die höchsten
Stellen der letzteren.
Dieses ganze Hochplateau ist das „iugum a mari ortum" der Quelle;
1) Bei Tissot, der hier die Lage seiner Punkte mit Vorliebe durch Angabe der
Distanzen von mehreren bekannten Orten fixiert, sind diese Maße durchweg zu klein,
so daß sie sich nie in einem Punkte schneiden und man nur aus dem sich jeweilig
ergebenden Fehlerdreieck annähernd den Punkt erraten kann, den er meint. Auch
mit der Himmelsrichtung klappt es nicht immer.
2) Die in Tunis häufigen Namen „Melah", „Mellah", „Meleg" usw. deuten durch-
wegs auf Salzgehalt.
3) Die die Ebene des Ou. Melah auf beiden Seiten begrenzenden Hügelzüge
verschwimmen in der Mitte des Hintergrundes für das Auge derart ineinander, daß
in der Tat der Eindruck eines rings geschlossenen Halbkreises erzielt wird. Das Terrain
ist bei dieser Beschreibung unzweifelhaft von Hir Tenir oder sonst einem Punkte des
dortigen Rideaurandes gesehen ; ein Beweis mehr, daß dieser Rand von Caesar besetzt
gewesen ist.
Uzita. 1. Der Kampf um den „ersten Hügel". 797
und mit dem folgenden „in hoc iugo colles sunt excelsi pauci" sind
jene vorspringenden Hügel gemeint, die sich infolge ihrer das ganze Vor-
terrain weithin beherrschenden Lage auch vorzüglich zur Anlage jener
Warttürme eigneten, von denen gleich im Anschlüsse an die obige
Stelle die Rede ist.
Die ganze Formation besteht — im Gegensatze zum Plateau vor
Ruspina — aus einem sandigen, trockenen, sehr festen Lehm, der dem
Fuße einen ganz auffallend guten Halt bietet, so daß, wenigstens bei
trockenem Wetter, selbst sehr steile Stellen nicht nur für Fußgänger,
sondern auch für Reiter über Erwarten leicht und sicher passierbar
sind.
In der Ebene, am rechten Ufer des Ou. Melah, sind auf einer
flachen isolierten Welle die Reste einer römischen Stadt erkennbar
(Hir el Makreeba), in denen alle Forscher übereinstimmend das
alte Uzita erkannt haben.
Soweit die gegebenen Verhältnisse im allgemeinen. Die Details
der Kämpfe zu lokalisieren wird Gegenstand einer Reihe von Spezial-
untersuchungen sein.
1. Der Kampf um den „ersten" Hügel.
Als „ersten" Hügel bezeichnen wir kurz denjenigen, auf welchem
nach 37, 5 und 38, 2 das „praesidium" Scipios stand, und um den es
gelegentlich dieser Operation zum ersten Kampfe kam (38 — 40).
Die Quelle gebraucht in Verbindung mit diesem Hügel zweimal DerHügei.
das Wort „ultimus" (37,5 und 38,2). Im ersten Fall bezieht sich
dieses Wort deutlich nicht auf den Hügel selbst, sondern auf den darauf
stehenden Turm; im zweiten Falle grammatikalisch auf Hügel und
Turm. Es ist nun ganz zweifellos, daß der Hügel als solcher nicht
als der „letzte" bezeichnet werden kann. Gegen Caesar, d. h. gegen
das Meer zu war er es nicht, denn Caesar hatte, ehe er ihn erreichte,
bereits etliche Hügel besetzt (38, 1); in entgegengesetzter Richtung war
er es auch nicht, denn Caesar hat auch nach Einnahme dieses Hügels in
dieser Richtung noch andere okkupiert (49, 1 u. a.), und überhaupt
läuft die Hügelreihe noch erheblich über den in Betracht kommenden
Raum hinaus. Die Quelle kann also nur, wie auch der Ausdruck
„ultimo colle turrique" nahelegt, nur den letzten „turmgekrönten" Hügel
gemeint haben. Das kann aber nur der vom Meere aus gerechnet dritte,
d. h. der Kot el Guebla gewesen sein.
798 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Denn einerseits hatte Caesar, bevor er zu dem von Scipios Vor-
posten besetzten Hügel gelangte, nach cap. 38, 1, schon mehr als einen
solchen (unumquemque collem), also mindestens zwei, besetzt und be-
festigt, und anderseits hatte er dazu nur eine kleine halbe Stunde
(minus semihora) gebraucht. In dieser Zeit kann man aber abseits der
Straße, bei Nacht und mit entsprechender Vorsicht — denn man wollte
ja so lange als möglich unentdeckt bleiben, — keinesfalls mehr als 2 Kilo-
meter vorrücken, eher weniger, auch wenn die Schanzarbeit durch
zurückgelassene Abteilungen besorgt wurde und das Gros dabei den
Marsch fortsetzte. Der Het el Guebla liegt aber schon starke 2 Kilo-
meter vom ersten Hügel, der namenlosen Kuppe 55 *) entfernt, kann daher
kaum innerhalb einer kleinen halben Stunde zugleich mit jenem schon be-
festigt gewesen sein. Daher ist dieser Het el Guebla der Hügel des
scipionischen Vorpostens, um den sich der erste Kampf entsponnen
hat2). Den Einwand, den man machen könnte, daß Caesar das Plateau
direkt vonKrnis aus beim Het elChouf erstiegen habe, und der dritte Hügel
daher erst der Het el Ressas sei, ist hinfällig. Denn dann hätte Caesar
nach dessen Besetzung im weiteren Verlaufe der Operationen nicht
mehr am Fuße der Hügel entlang zu ziehen brauchen, um näher
an Uzita heranzukommen, wie das 41,2 ausdrücklich berichtet wird.
Und ebensowenig hätte er oben auf der Hügelkette seine Be-
festigungen noch näher an Uzita heranschieben können, wie es 47, 2
und 48,1 heißt,
Bedeutung des Wir erkennen zudem noch sehr gut den Grund, weshalb Scipio
gerade diesen Hügel durch einen Posten sicherte. Von ihm aus
genießt man nämlich nicht nur eine sehr gute Aussicht gegen das
1) Die hinter der Hügelreihe liegende, ganz flache Kuppe 57 kommt prak-
tisch gar nicht in Betracht.
2) F. Albrecht (Nr. 34 S. 171) beschäftigt sich auf Grund einer philologischen
Untersuchung mit diesen Ausmarsche. Er läßt Caesar längs der Küste bis gegen Leptis
marschieren, dann von rückwärts her die Hügel erklimmen und sie in umgekehrter
Reihenfolge, also vom Lande gegen das Meer zu, besetzen, so daß der „ultimus collis",
auf dem das ,,praesidiumu Scipios stand, der dem Meere nächstgelegene Hügel war. —
Dies ist, wie eine genaue Betrachtung des Geländes zeigt, sachlich unmöglich, da
Caesar in diesem Falle mit der ganzen Armee von 8 Legionen und allen Train
zuvor an dem ,,praesidium" hätte knapp vorbeimarschieren müssen, ohne entdeckt
zu werden. — Der Irrtum geht zum Teil auf meine Darstellung (Nr. 28 S. 415 und
Karte 41) zurück, die hier nicht nur, wie Albrecht meint, „nicht deutlich genug",
sondern überhaupt falsch ist ; ich hatte mir irrtümlich die „planities" mit dem theater-
artigen Aussehen nicht von Hir Tenir, sondern von der Küste zwischen Ruspina und
Leptis gesehen vorgestellt.
Uzita. 1. Der Kampf um den „ersten Hügel". 799
Plateau von Ruspina, sondern über ihn geht auch jetzt noch der kürzeste
und beste Weg — heute eine chaussierte Straße, vor kurzem aber,
wie aus der Karte ersichtlich, eine sehr gute „piste", — aus der Ebene
des Ou. Melah nach Leptis minor, welche Hafenstadt Caesar mit
verhältnismäßig starker Kraft besetzt hielt (c. 9,1), woraus sich für
Scipio natürlich die Notwendigkeit ergab, den Weg dahin ständig be-
obachten zu lassen.
Caesar hatte also, vom Meere aufsteigend, die „Hügel" 55 und
Het el Chouf bereits befestigt, als er den nächsten, den Het el Guebla,
von einem feindlichen Reiterposten besetzt sah und erkannte, daß die
weitere Vorrückung ohne Entdeckung und Kampf nicht mehr möglich
war. Er läßt halten, schiebt die Reiterei zur Sicherung gegen die
Ebene vor und ordnet die Befestigung des bisher gewonnenen Raumes
durch die Legionen an.
Jetzt endlich rücken Scipio und Labienus aus ihrem Lager; die
Infanterie bleibt auf weniger als 400 (römische) Schritte vor dem Lager
stehen, die Kavallerie geht auf 1000 Schritte vor. Da sie damit schon
auf 1500 Schritte an Caesars Stellung herangekommen war und Miene
macht noch weiter vorzugehen, läßt dieser, um sie abzulenken und
dadurch die Einstellung der Arbeit der Legionen zu ersparen,
durch eine spanische Eskadron und einige Leichtbewaffnete den
Vorposten am Hügel angreifen, der alsbald in die Ebene geworfen und
verfolgt wird. Zu seinem Schutze geht Labienus mit dem rechten
Flügel der Kavallerie nach rechts ab; sobald er sich entsprechend
weit entfernt hat, sendet Caesar den linken Flügel seiner Reiterei,
durch ein großes Gehöft (villa) gedeckt, ihm in den Rücken. Die
Überraschung gelingt; die feindliche Reiterei wird geworfen, die zur
Deckung des Rückzuges sich opfernden Gallier und Germanen fast ver-
nichtet. Scipio geht unter dem Eindrucke dieses Überfalles schleunigst
in sein Lager zurück.
Die Spuren der „ villa", die bei diesem Reitertreffen eine so wichtige Die „viiia*
Rolle gespielt hat, sind gleichsfalls noch im Terrain zu erkennen. Zu
Tissots Zeiten müssen sie noch viel deutlicher gewesen sein, denn er
gibt genau die Dimensionen (200:250 Meter1)). Heute geht dies nicht
mehr an, da die ziemlich intensive Bodenkultur die Spuren stark ver-
wischt hat. Doch ist immerhin ein mit jenen Dimensionen annähernd
1) Nr. 13. II. 738.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder 111. 51
800 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
übereinstimmender Platz zu finden, der stark bedeckt ist mit römischen
Mauer- und Paviment-Resten. Die Bewohner des nahen Dorfes Damouss
kennen diesen Platz wohl ; auf die Frage nach römischen Resten wird
man direkt dorthin geführt. Dieser Platz liegt knapp westlich der
Straße Bembla — Damouss, zwischen den Kilometersteinen 5 und 6,
etwa in der Höhe der Kote 42 der französischen Karte.
Diese Lage der „villa" paßt ganz gut zu unserer Annahme des
„Hügels'1. Der auf letzterem stehende Reiterposten, von Nordosten
her attakiert, mußte naturgemäß gegen Südwesten zurück; selbst wenn
er so rechtzeitig den Rückzug angetreten hätte, daß ihm die Richtung
noch freistand, so konnte er es nicht wagen direkt nach Westen auf
das dort aufmarschierte Gros zurückzugehen, da er hierbei von Caesars
vorgeschobener Kavallerie gefaßt worden wäre. Um den von der
spanischen Eskadron jedenfalls scharf verfolgten Posten zu degagieren,
ging nun Labienus mit seinem rechten Flügel nach Süden ab. Caesar
wartete, bis er sich soweit entfernt hatte, daß die Villa als Deckung
ausgenützt werden konnte, und sandte dann seinen linken Flügel, auf
dieselbe aufgedeckt, ebendahin. Diese Reitermasse brach hinter dem Ge-
höft hervor und bereitete etwa knapp nördlich des Dorfes Damouss
dem Feinde die Niederlage. Die Geschlagenen flohen ins Lager, was wohl
mit Rücksicht auf die feindliche Angriffsrichtung gar nicht mehr
möglich gewesen wäre, wenn die Gallier und Germanen sich nicht
heldenhaft geopfert hätten *).
2. Der Kampf um den „letzten" Hügel.
Die Ereignisse. Caesar setzte, nach vergeblichen Schlachtangeboten, in der Folge
seine Vorrückung „per iugum sumraura", also oben auf der Hochfläche,
fort, und befestigte von da aus vorerst die nächsten, gegen Scipios
Lager zu gelegenen, die Ebene dominierenden Punkte (49,1). Hierzu
zählen zunächst der zwar gelegentlich des vorigen Gefechtes besetzte,
aber noch nicht befestigte Het el Guebla, dann die beiden anschließenden,
1) Stoffel läßt sich auf eine genaue Lokalisierung dieses Gefechtes nicht ein.
Tissot scheint nach seinen Distanzangaben (II 737) und der Karte in seiner ersten
Schrift eher den nächstfolgenden Hügel Het el Ressas 83 zu meinen. Auch wir
hatten ursprünglich an diesen Hügel gedacht, der um 4 Meter höher ist und aus-
gesprochenere Formen besitzt als der Het el Guebla; jedoch die oben ausgeführten
Erwägungen haben uns umgestimmt. Die größere Entfernung von der „villa" verschlägt
nicht ; denn die Quelle erwähnt ausdrücklich, daß Caesar mit der Entsendung seiner
Kavallerie wartete, bis Labienus sich ziemlich weit (longius) entfernt hatte (39,5).
Uzita. 2. Der Kampf um den „letzten Hügel". 801
der Het el Ressas und Rhar ed Deba; seine Hauptsorge war, der
Feind könnte den nächstfolgenden, der ausgesprochener als alle
andern die Umgegend beherrscht und einen vorzüglichen Abschluß
der Stellung im Südwesten bietet, vor ihm okkupieren. Tatsächlich
hegte Labienus diese Absicht und traf seine Anstalten; hier kam es
zum zweiten Kampfe.
Mit größerer Sicherheit als irgend ein anderes Detail dieses Feld-
zuges läßt sich dieser Hügel mit jenem identifizieren, auf dem heute
das Marabout S1 Jeha1) 83 liegt.
„Es gab da ein Tal von ziemlicher Breite, mit steilen Rändern und
an vielen Stellen höhlenartig zerrissenen Hängen, welches Caesar passieren
mußte, ehe er den Hügel erreichte; jenseits dieses Tales befand sich ein
alter dichter Olivenhain. Hier legte Labienus einen Hinterhalt und
versteckte außerdem hinter dem Berge Reiterei, welche sich in dem
Moment, wo er selbst die Legionare überraschend angriff, oben am
Hügel zeigen sollte, so daß Caesar, ohne die Möglichkeit vor- oder
rückwärts zu kommen, eingeschlossen und vernichtet würde." — So die
sinngemäße Übersetzung der in Betracht kommenden Stelle (c. 50)
mit Hinweglassung unwesentlicher Details und Tautologien.
Es ist geradezu überraschend, wie genau hier die Beschreibung Das Terrain.
mit dem Terrain übereinstimmt.
Die Rachel, welche diesen Hügel von dem vorhergehenden (Rhar
ed Deba) scheidet, hat wirklich — als die einzige in diesem Ge-
lände — ausgesprochen talartigen Charakter. Sie besitzt eine über
hundert Meter breite, sehr bequem gangbare, von guten Wegen
durchzogene Sohle 2) ; an mehreren Stellen führen bequeme Abstiege
von den begleitenden Höhen in die Talsohle hinab. Im übrigen aber
sind die Ränder steil, brüchig und an vielen Stellen, insbesondere un-
mittelbar unter dem Hügel, ganz wild und felsenartig zerklüftet; man
betrachte die beigegebenen Bilder 55 und 56.
1) „Marabouts" nennt man in Tunis die zahlreichen kleinen moslemitischen
Kapellen, die meist auch irgend einem der zahllosen lokalen Heiligen als Grabstätte
dienen. Letztere führen, wie die unsrigen den Titel „Sankt", dort das Prädikat „Sidi",
d. h. „Herr".
2) Während alle anderen Wege, die in dieser Gegend aus der Ebene auf das Plateau
führen, eben wegen der Ungänglichkeit der übrigen Racheln nicht in denselben,
sondern zwischen ihnen über die „Hügel" angelegt sind, führt in diesem talartigen
Einschnitte ein guter Weg etwa einen Kilometer weit auf der Sohle hin, bevor er
sich den Höhen zuwendet.
51*
802 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Heute ist die ganze Gegend, wo immer nur ein Baum Wurzel
fassen kann, mit Oliven auf kultiviert; Tissot erwähnt (II 740),
daß sich zu seiner Zeit genau an der im Texte erwähnten Stelle ein
alter Olivenhain befand.
Knapp östlich der eigentlichen Hügelkuppe zieht sich, von der
Talsohle gegen Süden abzweigend und tief in den Hang einschneidend,
eine von steilen Rändern eingeschlossene, von keiner Seite gut einzu-
sehende Nebenschlucht hin; diese im Verein mit dem Olivenwäldchen mag
dem von Labienus befehligten Hinterhalt als Deckung gedient haben.
Der Platz war zweifellos ein vorzügliches Versteck, konnte jedoch
im Falle des Mißlingens infolge der steilen Ränder zu einer verhängnis-
vollen Falle werden ; daher die instinktive Angst der darin Versteckten,
,7ne in fossa ab equitibus opprimerentur", welche sie schließlich bewog,
einzeln — denn anders ging es nicht — die Steilwände zu erklimmen
und dadurch den Hinterhalt zu verraten.
Die Reiterei des Labienus dürfte ziemlich weiter östlich, irgend-
wo im Quellbereiche der fraglichen Rachel, vielleicht hinter dem
Höhenrücken Kote 86 (post montem) versteckt gewesen sein. Wir
müssen uns ihre Entfernung vom Hinterhalte im Tale mindestens so
weit denken, da sie ja der caesarianischen Kolonne den Rückzug ver-
legen sollte, wenn Labienus ihre Tete im Tale angriff *).
Die Sache mißlang. Der Hinterhalt des Labienus verriet sich
auf die früher erwähnte Weise, Caesar griff nun sofort selbst an und nahm
fast alle, die nicht fielen, gefangen ; Labienus rettete sich mit wenigen
Reitern. Auf dem Hügel selbst befestigte Caesar ein kleines Lager.
3. Die Lager und Werke Caesars.
Die Position. In der nunmehr in Besitz genommenen ausgedehnten Position
mußte Caesar seine Truppen entsprechend verteilen. Wir wissen
aus der genauen und überdies durch Ausgrabungen fast bis ins
letzte Detail ergänzten Beschreibung der Belagerung von Alesia, wie
er es in solchen Lagen zu halten pflegte: in oder knapp hinter der
1) Auf keinen Fall ist anzunehmen, daß Caesar mit seiner ganzen Armee zur
Besetzung dieses Hügels abmarschiert ist; denn da wäre an eine vollkommene Ein-
schließung durch so kleine Abteilungen schon wegen der beträchtlichen Kolonnen-
länge absolut nicht zu denken gewesen. Jedenfalls nahm Caesar zu diesem Zweck
nur etliche Kohorten und etwas Reiterei, die schließlich, wenn gut gefaßt, in der
ringsum von steilen Rändern eingefaßten Rachel aufgerieben werden konnten. Für
Labienus war es hierbei die Hauptsache, daß Caesar selbst sich bei der Kolonne be-
fand; der ganze Anschlag galt in erster Linie der Person des Feldherrn.
Hinterhalt des
Labienus
S« Jeha
Bild Nr. 55: Der Hügel von Sidi Jeha mit dem vorliegende]
in der Marschrichtung Caesars gesehen.
Si Jeha
»*.'*
Hinterhalt des Labionus
'"ffflpfr^
i Tal,
Bild Nr. 56:
Rhar ed Deba
Uzita
Ht el R
Bild Nr. 57 : Ausblick vom Hauptlager Caesars auf die Hügel und Uzita.
er Steilabfall des Hügels von Sidi Jeha.
5
Uzita. 3. Die Lager und Werke Caesars. 803
natürlichen Verteidigungslinie die „castella", kleine feste Stützpunkte,
zugleich Reduits der einzelnen Abschnittsreserven; dahinter in ent-
sprechender Distanz die großen Lager für die Hauptreserven. Ähn-
lich dürfte es hier auch gewesen sein.
Vor Uzita lief Caesars eigentliche Widerstandslinie über die mehr-
fach genannten vorspringenden Hügel vom Meere bis zum Hügel S1 Jeha,
vielleicht auch noch weiter; denn es ist nicht ausgeschlossen, daß Caesar
nach den im cap. 50 und 51 erwähnten Ereignissen noch einige weitere
Hügel ohne Schwertstreich besetzte. Den wichtigsten Abschnitt dieser
Front bildeten die drei Hügel Het el Ressas, Rhar ed Deba und S1 Jeha,
welche die höchsten waren und dem gegnerischen Hauptstützpunkt
Uzita gerade gegenüberlagen. Die Widerstandslinie selbst, gebildet
durch die mehrerwähnten „bracchia", verlief jedenfalls quer über die
feindesseitigen Hänge, soweit zusammenhängend, als diese Linien nicht
durch natürliche Hindernisse (Seitenracheln) ersetzt wurden. Die „castella"
haben wir uns zweifellos auf der Spitze der einzelnen Hügel zu denken.
Das Werk auf S* Jeha wird allerdings zweimal ausdrücklich Das Lager auf
nicht als „castellum", sondern als „castra" bezeichnet; im cap. 51,1,
gelegentlich seiner Errichtung, und später in 61,2 „castra, quae erant
in colle*, womit nur dieses Lager gemeint sein kann. Das eigent-
liche Lager der Hauptreserve konnte dies jedoch nicht sein, nicht nur
wegen der ganz in die Front gerückten Lage, sondern hauptsächlich
wegen des viel zu geringen Raumes, den die Kuppe dieses Hügels bietet.
Caesar muß unbedingt noch wenigstens ein eigentliches Hauptlager ge- Das Hauptiager.
habt haben; dieses wird auch tatsächlich in cap. 51,2 erwähnt, und
zwar in bestimmtem Gegensatze zu dem vorgenannten Lager „auf dem
Hügel". Es heißt dort, daß Caesar, nachdem er das Lager auf dem Hügel
befestigt hatte, „von seinem größten Lager aus (ab suis maximis castris)"
zwei Linien gegen die beiden äußersten Ecken von Uzita vortreiben
ließ, um hierdurch den beabsichtigten belagerungsmäßigen Angriff auf
die Stadt in den Flanken zu decken. Wo lag nun dieses Lager?
Auf einem der Hügel konnte es nicht gelegen haben, da keiner
der in Betracht kommenden hierfür bequemen Platz geboten hätte J); auch
1) Nach c. 56, 1 legte Caesar nach Vollendung des Lagers vor Uzita dahin
5 Legionen aus dem „oberen Lager"; es müssen daher in diesem vorher wenigsten fünf,
wahrscheinlich noch mehr Platz gehabt haben. — Das Hauptlager muß ferner auch
schon vor der Besitznahme des Hügels von Si Jeha existiert haben, da zwischen dem
Abmarsch von Ruspina und jener Besitznahme mehrere Tage verflossen waren.
SO 4 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
wäre, wie schon erwähnt, bei einer derartigen Ausdehnung der Front
seine Lage in der vordersten Linie nicht günstig gewesen. Wir haben
es demnach weiter rückwärts zu suchen, offenbar auf dem „summum
iugum", der eigentlichen Hochfläche, über welche die Vorrückung des
Gros der Armee erfolgt war.
Wenn nun, wie es scheint, nur ein solches Hauptlager vorhanden
war, so lag es zweifellos in entsprechender Entfernung hinter dem
wichtigsten Teil der Front, also hinter den vorher genannten, Uzita gerade
gegenüberliegenden drei Hügeln. Und hier findet sich ein für
diesen Zweck geradezu idealer Platz auf der fast ebenen Platte, die
etwa 1 'A Kilometer südöstlich des Hügels Het el Ressas liegt. Heute
noch laufen daselbst direkte Kommunikationen aus allen Abschnitten
der Hauptfront zusammen; von keinem andern Platze aus ist die
Verschiebung der Hauptkraft nach jedem Punkte der Front gleich
gut möglich. Zudem gewährt der Ort eine prächtige Übersicht über
das Vorterrain (vgl. Bild 57); nicht nur die vorliegenden Hügel
werden deutlich übersehen, sondern auch der größte Teil der Ebene,
und zwischen den Hügeln Het el Ressas und Rhar ed Deba hindurch
sieht man gerade die Stadt Uzita in ihrer ganzen Ausdehnung.
Daß das Lager auf dem höchsten Teile des Terrains gelegen hat,
geht übrigens auch aus dem cap. 47,6 erwähnten Phänomen des
St. Elmsfeuers hervor ; jedenfalls war die V. Legion, deren Speerspitzen
zu leuchten begannen, in dem obersten Teile des Lagers, etwa um
Kote 95, dislociert *).
Linien und Aus der Richtung dieses Lagers nun ließ Caesar die erwähnten zwei
Lager vor Uzita. Lünen gegen Uzita vortreiben; man kann wohl annehmen, daß dieselben
nicht gleich beim Lager begannen, da hinter der befestigten Frontlinie ein
solcher Schutz nicht nötig war, sondern erst von letzterer, also etwa
von den Kastellen auf dem Het el Ressas und Rhar ed Deba aus-
gingen; es heißt ausdrücklich, daß sie „per medium campum", also mitten
durch die Ebene verliefen. Nachdem diese Linien bis knapp außer
1) In cap. 63, 1 wird die Entfernung- der „castra" vom Hafen von Leptis mit
6 Millien angegeben. Nach unserer Annahme beträgt sie, genau nachgemessen, nur
etwa 5 Millien. Die kleine Differenz allein würde noch nicht gegen die Annahme
sprechen; man kann aber auch vermuten, daß Caesar damals die Meldung vom Hand-
streich des Attius Varus auf Leptis gerade im Lager auf S* Jeha erhielt; damit
würde stimmen, daß er eben die Werke inspizierte („cum opera circumiret") ; dieses
Lager aber ist von Leptis wirklich genau 6 Millien entfernt.
Uzita. 4. Die Lager der Republikaner. 805
Schußweite an die Festung herangetrieben waren, wurde daselbst ein
neues Lager für 5 Legionen geschlagen, welche ,,ex superioribus castris",
also jedenfalls aus dem vorerwähnten Hauptlager, dahin geführt wurden,
(56, 1) und denen nun die eigentliche Angriffsarbeit oblag.
Von diesem vorderen Lager aus trieb nun Caesar weitere Linien
vor, welche den Zweck hatten, zunächst Uzita ganz einzuschließen,
dann aber, wie es nach cap. 67, 7 scheint, auch die Höhen hinter dieser
Stadt zu gewinnen. Scipio ließ unter fortwährenden Reiterscharmützeln
Gegenlinien ziehen, um Caesars Pläne zu vereiteln. Wir müssen uns
dies so vorstellen, daß er, sobald Caesar in einer bestimmten Richtung
zu arbeiten begann, vor ihm eine Linie quer darüber, also zumeist
radial gegen Uzita zog, welche dem weiteren Vordringen Caesars in
dieser Direktion ein Ziel setzte und gleichzeitig eine gesicherte Ver-
bindung mit der Stadt herstellte.
4. Die Lager der Republikaner.
Das Hauptlager Scipio s lag, wie im Kapitel „Ruspina" ab- Das Lager
geleitet, etwa 1 V2 Kilometer nordwestlich Mnara am Ou. Melah (s. S. 784),
und wurde auch während der Operationsperiode von Uzita nicht verlegt.
Nach cap. 51,2 lag Uzita zwischen den Lagern Scipios und Caesars.
Dies ist selbstverständlich nicht derart wörtlich zu nehmen, daß diese
drei Punkte genau in einer geraden Linie gelegen wären; es ist
vielmehr so zu verstehen, daß Uzita in dem Raum zwischen den
beiden Lagern lag, so daß Caesar, wenn er von seinem Lager gegen
jenes Scipios vorgehen wollte, die Stadt in die Flanke bekam.
Juba, der während dieser Ereignisse bei Scipio eintraf (48,2), Das Lager
schlug in dessen Nähe ein eigenes Lager, wahrscheinlich näher bei
Uzita, da in der Folge gelegentlich der bei der Stadt vorgefallenen
Scharmützel die Flucht „in castra regia" erwähnt wird (52, 3).
Endlich muß auchLabienus ein eigenes detachiertes Lager ge- Das Lager des
habt haben, und zwar in Caesars linker Flanke. Als Caesar auszog,
um den Hügel S1 Jeha zu besetzen, hatte Labienus diesen Ort bereits
rekognosziert (50, 2 „eorum locorum peritus"), und er hatte näher dort-
hin (49,2). Sein Lager mag damals ganz nahe südlich des Hügels gelegen
haben. Nach dessen Wegnahme wurde es dort unhaltbar und bedeutend
weiter nach Süden verlegt, vielleicht in die Gegend von Djemmal.
Ausschlaggebend ist die Stelle cap. 65, 2. 3, wo ausdrücklich von einem
Lager des Labienus die Rede ist. Caesar hatte eine größere Requisition
806 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
nach einem 1 0 Millien entfernten Orte vorgenommen, Labienus legte da-
selbst, 7 Millien von seinem Lager, einen Hinterhalt. Wo dieser Ort lag,
ist bei der ziemlich oberflächlichen Beschreibung in dem gleichförmig
hügeligen Terrain nicht mit Sicherheit feststzuellen *); wahrscheinlich
lag er südlich oder südöstlich der Stellung Caesars, da dieser infolge
der Überlegenheit der Gegner an leichten Truppen es vermied, kleinere
Abteilungen auf große Entfernung in die ganz offene Ebene des Ou. Melah
zu detachieren. Diese Annahme läßt sich auf Grund der gegebenen
Distanzen leicht mit der des Labienischen Lagers bei Djemmal in Über-
einstimmung bringen; der Platz des versuchten Hinterhaltes lag dann
etwa halbwegs zwischen Moknine und Beni Hassane, einer tatsächlich
ziemlich fruchtbaren Gegend2}.
Der Zweck der Detachierung des Labienus ist klar: Caesar sollte
in seiner offenen linken Flanke beunruhigt und an weiteren Requi-
sitionen gegen das Landinnere tunlichst gehindert werden; hierzu
eigneten sich die leichten Massen, die Labienus während des ganzen
Feldzuges unmittelbar befehligte, ohnehin am besten.
Eine weitere Bestätigung unserer Annahme liegt darin, daß Scipio
den großen Aufmarsch cap. 58 — 61 nicht nördlich Uzita, wo er sich
außer an die Stadt auch an sein eigenes und an Jubas Lager hätte
lehnen können, sondern südlich vollführte, wobei die aus dem Lager
des Labienus herangezogene leichte Reiterei naturgemäß auf den
äußersten rechten Flügel zu stehen kam3).
Endlich weist die Maßregel Caesars beim Abmärsche von Uzita,
— Train links neben der Truppenkolonne — auf die große Gefahr
einer Bedrohung der rechten Flanke hin, was, da die Lager Scipios
und Jubas weit in seinem Rücken und überdies die brennenden Werke
1) Tissot versucht auch hier die Lokalisierung (II 743) zwischen Mesdour und
Menzel Kamel, ohne jedoch über eine Hypothese hinauszukommen.
2) Dies nimmt auch Stoffel (II p. 135) und mit ihm Schneider (Nr. 24)
p.90 an ; da dieser aber nach p. 79 dem Labienus kein eigenes Lager zugesteht, sondern
ihn bei Scipio im Lager hinter Uzita stehen läßt, so bleibt bei ihm die Entfernung
von 7 Millien für Labienus unverständlich und ungeklärt.
3) Dadurch erscheint auch die überlieferte Lesart in cap. 58, 1 „ex castris
omnibus" gerechtfertigt, die von Fröhlich und Schneider mit der Begründung an-
gefochten wurde, daß nur 2 Lager vorhanden waren; ebenso die Stelle 52, 1 „cum omni
equitatu levique armatura Juba, Scipio, Labienus in legionarios impetum fecerunt",
in der Fröhlich (Nr. 9, S. 66) Scipio streichen will, da dieser sonst mit den leichten
Truppen nichts zu tun hat ; die Stelle besagt eben nichts anderes, als daß der Angrifr
aus allen drei Lagern, deren Kommandanten hier genannt werden, erfolgt ist.
Uzita. 5. Der Aufmarsch am „supercilium". 807
dazwischen lagen, eine andere feindliche Gruppe in der rechten Flanke
seiner Marschrichtung wahrscheinlich macht; auch hier eigneten sich
die leichten Massen, die Labienus in seinem Lager vereint hatte, ganz
besonders für einen solchen Zweck.
5. Der Aufmarsch am „supercilium".
Über diese interessante Episode liegen folgende Daten vor:
1. Die Republikaner standen auf einem „supercilium excelsum",
also jedenfalls überhöhend (58,1).
2. Vor ihrer Front war sumpfiges Terrain (58,5; 61,2).
3. Caesar stand vor seinen Werken in der Ebene (58, 2) ; sein
rechter Flügel lehnte sich an diese Werke (60,4).
4. Die Stadt Uzita lag rechts auswärts der Schlachtreihe
Caesars, so daß er befürchten mußte, bei weiterem Vorgehen von ihr
aus in der rechten Flanke gefaßt zu werden (58, 4),
5. Dementsprechend lehnte sich der linke Flügel Scipios an die
Stadt (59,4).
6. Der vorgeschobene rechte Flügel Scipios lehnte sich an den
Fuß von Hügeln (59,5).
7. Die Entfernung der beiden Fronten betrug (wenigstens stellen-
weise) nicht mehr als 300 römische Schritte (61, 1).
Aus Punkt 3, 4 und 5 geht mit zweifellosester Klarheit hervor,
daß die beiden Schlachtreihen sich von Uzita im allgemeinen in
südlicher Richtung erstreckten. Als Varianten bleiben vorläufig
noch die Richtung von Uzita nach Südwesten gegen Menzel Kamel,
oder nach Südsüdost gegen Djemmal. Darüber müssen die Punkte
1, 2, 6 und 7 entscheiden.
Im ersteren Falle hätte sich die ganze Schlachtlinie vollkommen
gleichmäßig an die sehr sanft ansteigenden Hänge zwischen Mesdour
und Menzel Kamel gedehnt; das „supercilium" ließe sich da schon
erklären. Nicht aber der Sumpf vor der Front. Das Terrain ist hier
wie erwähnt sehr sanft, aber vollkommen glacisartig abgedacht bis
an den Ou. Melah; in größerer Entfernung von demselben gegen die
Hügellinie Mesdour — Menzel Kamel zu ist also ein quer verlaufender
Sumpfstreifen undenkbar, da die Feuchtigkeit Gelegenheit hat überall
ungehindert bis an die genannte Wasserlinie abzufließen. Ganz un-
möglich ist in jenem Falle auch der Umstand, daß Caesar 300 Schritte
vor der feindlichen Front stehend Uzita noch vor seinem rechten
808 Der Caesarianische Bürgerkrieg1.
Flügel hatte. Das Hauptmerkmal der Situation, das knapp zwischen
den nahen Fronten liegende schmale Hindernis, das keiner als erster
überschreiten will, ist hier auch sonst nirgends auch nur andeutungsweise
zu finden. — Die Reiterei am rechten Flügel Scipios konnte hier, wenn
vorgeschoben, nicht zugleich näher an die Hügel herankommen, wie der
Text verlangt, sondern entfernte sich von ihnen und kam im Gegen-
satze zum Gros mitten in die Ebene zu stehen. Mit dieser Variante
ist es also nichts. —
Ganz anders liegen die Dinge in der Linie Uzita-Djemmal.
Hier ist vor allem das die Fronten trennende Hindernis klar ge-
geben: der Ou. Melah selbst. Er ist ein periodischer Wasserlauf,
der nur unmittelbar nach einem stärkeren Regen fließendes Wasser führt;
sonst besteht er, wenigstens im Winter, aus einer zusammenhängenden
Reihe aufgeweichter, mit Salzkrusten bedeckter Kotlachen, die stellen-
weise in einer Breite von mehr als 100 Schritten den Übergang recht
empfindlich erschweren; das Bild paßt vortrefflich zur Beschreibung
der Quelle.
Sehr gut stimmt auch die Sache mit den Hügeln, an die sich die
Reiterei des feindlichen rechten Flügels anlehnte. Bei der ausdrücklich
erwähnten abnorm langen Frontausdehnung und der Tatsache, daß
dieses Reiterkorps noch außerdem mit einem Intervall von mehr als einer
römischen Meile außerhalb des rechten Flügels vorgeschoben war, stand
es wirklich ganz nahe an den Hügeln von Djemmal, wo übrigens, wie
früher erwähnt, vermutlich das Lager des Labienus lag, aus welchem
eben diese Truppen gekommen waren; aus dieser Stellung konnte das
Korps auch tatsächlich Caesars offene linke Flanke im Falle eines
Kampfes ausgiebig bedrohen (59, 5).
Auf diese Weise verlief also die Front Scipios — mit einer Lücke
von einer Millie — von Uzita quer durch die Ebene längs des Ou.
Melah bis an die Hügel von Djemmal.
Das Wo aber ist das „super ciliumu?
„superciiium". -q^ Ausdruck an und für sich ist nicht ganz eindeutig. Vor
allem muß konstatiert werden, daß „superciiium" nicht identisch ist
mit „collis", da die „colles", denen die vorgeschobene Kavallerie
Scipios sich näherte, in direktem Gegensatze zu dem „superciiium"
genannt werden, auf dem die Infanterie stand. Es muß also etwas
bedeuten, wofür selbst der sehr dehnbare Begriff „collis" nicht
zutrifft.
Uzita. 5. Der Aufmarsch am „supercilium". 309
In meiner am grünen Tische verfaßten „Geschichte der Feldzüge
C. Julius Caesars", für welche mir bloß die hier ziemlich ungenaue
Karte Stoffels zur Verfügung stand, hatte ich geschrieben: „Das
»supercilium« übersetze ich mit »Rideau« und setze dasselbe knapp
an den bei Uzita vorbeifließenden, jedenfalls stellenweise versumpften
Bach .... In der Stoffeischen Karte ist dieses Rideau nicht darge-
stellt, war wohl auch ziemlich niedrig und erreichte erst durch den
vorliegenden Bach seine taktische Stärke. Ich habe es mit Absicht
etwas über das Maas gehalten".
Kurz nach Erscheinen meines Buches kam mir die neue Karte
von Tunis 1 : 50 000 zur Hand ; man denke sich meine Genugtuung,
als ich an der Stelle, wo ich das Rideau vermutet, tatsächlich ein
solches oder doch ein deutlich überhöhendes, brüchig abfallendes Ufer
eingezeichnet fand!
Auf diese freudige Überraschung brachte wieder der Lokal-
augenschein eine merkliche Enttäuschung: von dem am grünen Tische
errechneten und in der neuesten Karte tatsächlich eingezeichneten
Rideau bezw. Steilufer findet das Auge im Terrain so gut wie keine
Spur. In einer scheinbar ganz flachen Ebene bezeichnet ein breiter,
mit glitzernden Salzkrusten bedeckter Kotstreifen den Lauf desOu.Melah;
nur bei sehr genauem Schauen konstatiert man, daß das West-
ufer im allgemeinen höher liegt als das östliche, was auch durch die
Höhenkoten der Karte bestätigt wird, und zwar um durchschnittlich
zwei bis drei Meter; der Anstieg ist jedoch so flach, daß er für das
Auge kaum merklich erscheint. Nur an wenigen Stellen, wo schmale,
von Kaktushecken eingefaßte Feldstreifen bis an den Oued heran-
treten, innerhalb derer das Terrain seine ursprüngliche Konfiguration
besser bewahren konnte, ist auch diese Überhöhung unmittelbarer und
deutlicher sichtbar.
Wir können daher annehmen, daß diese tatsächlich vorhandene
Überhöhung in früherer Zeit sich unvermittelter, d. h. in Form
eines deutlicheren Steilufers äußerte, das sich im Laufe der Jahr-
hunderte allmählich bis zum heutigen Zustand abgeflacht hat. Diese
Ansicht hat auch Stoffel geteilt, der schreibt (IL p. 295): „c'etait
un long pli de terrain qui s' etendait le long de la rive gauche de
l'Oued Ras el Mardj '), et si peu accuse', qu'il a presque entierement
1) Nach der Karte Stoffels mit dem „Ou Melah" der Karte von Tunis identisch,
jedoch teilweise (im oberen Laufe) unrichtig- eingezeichnet.
810 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
disparu par la culture1). — Vielleicht hat endlich auch die allmähliche
Anschwemmungstätigkeit in Ou. Melah seit dessen Stauung durch die
Sebkra (s. S. 506, A. 1 ; 784, A. 1) dessen Bett erhöht und dadurch den
Höhenunterschied verwischt.
Daß die letzten Reste dieses Steilufers erst in der allerjüngsten
Zeit verschwunden sind, geht eben aus ihrer Einzeichnung in die neue
Karte von Tunis hervor, da das, was man an Ort und Stelle heute
sieht, jene klar auf ein Steilufer deutenden Signaturen nicht mehr
rechtfertigen würde.
Die Schlacht- Für die Standorte und die Formation der einzelnen Legionen in
der Schlachtordnung (cap. 60) habe ich den Text der Kubier- Wölfflin-
schen Ausgabe (Teubner 1910) zugrundegelegt. Die stark abweichende
Zeichnung in Drumann-Groebe III 713 scheint auf eine andere Lesart
zurückzugehen. Für das Problem unserer Untersuchung sind diese
Differenzen belanglos. —
Ordnung.
1) Man sieht also, daß Stoffel hier durchaus derselben Meinung war,
wie ich in meiner ersten Publikation. Dennoch schreibt R.Schneider in
seiner Kritik meines Buches (Gott. gel. Anz. 1907 pag. 4 1 9 ff.), nachdem er mir zuerst
(p. 422) vorgeworfen, ich hätte „die Werke Napoleons III. und Stoffels nur sehr ober-
flächlich durchgelesen", über meine obigen Ausführungen (p. 427): „Aus diesem
Grunde" (weil nämlich Stoffel das Terrain selbst untersucht hat) „geht es nicht an,
eine Anhöhe zu erfinden, die auf Stoffels Karte nicht dargestellt ist. Der Verfasser
mindert aber den lateinischen Ausdruck ,supercüium' erst soweit herab, bis er dafür
,Rideau' einsetzen kann, ,es war wohl auch ziemlich niedrig und erreichte erst durch
den vorliegenden Bach seine taktische Stärke', dann zeichnet er es aber auf Bei-
lage 43 ,mit Absicht etwas über das Maas' und gewinnt damit schließlich die
Unterlage für seinen Aufmarsch vor Uzita, der von Stoffels Zeichnung abweicht."
Hierzu muß ich bemerken, daß Stoffel überhaupt keine Zeichnung dieses Auf-
marsches gegeben hat, von der die meinige abweichen könnte. Oder sollte Schneider
vielleicht die eingezeichneten „bracchia" beiderseits des vorderen Lagers dafür ge-
nommen haben? — Statt dessen geht aus den oben zitierten Worten Stoffels klar
hervor, daß ich bezüglich des Aufmarsches im Allgemeinen wie des „superciliunr' im
besondern, ganz genau mit ihm übereingestimmt habe, daher in diesem
Falle nicht ich, sondern ein Anderer das Werk Stoffels „nur sehr oberflächlich durch-
gelesen*' zu haben scheint.
3. Aggar.
(Hierzu Karte 17, 18 und 20.)
Die Lokalisierung von Aggar ist gewissermaßen das Schlüssel-
problem dieses Abschnittes unserer Arbeit.
Durch Verpflegssohwierigkeiten hatte Caesar sich gezwungen ge- Die Ereignisse
sehen die Belagerung von Uzita aufzuheben und eine Gegend aufzu-
suchen, die, noch nicht ausgesogen, diesbezüglich günstigere Verhältnisse
bot. Er steckte eines Nachts alle seine Werke vor Uzita in Brand und
marschierte, unter Festhaltung der bisher in seiner Macht befindlichen
festen Plätze, nach Agga r, wo er zunächst in einer fruchtbaren Ebene
nächst der Stadt ein Lager schlug ; später, als Scipio ihm über die Höhen
folgte und in gemessener Entfernung auf denselben sich festsetzte,
verlegte er das Lager aus Sicherheitsgründen auf einen benachbarten
Hügel. Von hier aus unternahm er, da Scipio nach wie vor einer
offenen Feldschlacht auswich, mehrere Offensivstöße gegen die in gegne-
rischer Hand befindlichen Städte. Der erste brachte das hinter der
neuen Stellung Scipios gelegene Zeta in seine Gewalt, der zweite das
südlich gelegene Sarsura, während die Überrumpelung von Thys-
drus1) mißlang; der dritte endlich, gegen den wichtigen gegnerischen
Seestützpunkt Thapsus gerichtet, führte zur Entscheidungschlacht
(bell. Afr. 67—79).
Für die lokale Festlegung aller dieser Operationen bildet die
Fixierung der Stadt Aggar den notwendigen Ausgangspunkt.
1. Aggar und die Lager Caesars.
Für unsere Untersuchung stehen uns folgende Daten zu Gebote: Bedingungen.
1. Caesar marschierte nach Aggar infolge von Verpflegs-
schwierigkeiten, um in eine noch nicht ausgesogene, ressourcen-
reiche Gegend zu gelangen (67,1).
1) Das bell. Afr. schreibt „Thysdra"; hier ist die wahrscheinlich richtigere Be-
zeichnung, wie sie in der gesamten übrigen Überlieferung gegeben ist, angewendet.
8 1 2 Der Caesariauische Bürgerkrieg;.
2. Vor dem Abmarsch ließ er in Leptis, Ruspina und
Acylla Besatzungen zurück.
3. Sein erstes Lager lag neben der Stadt in der Ebene
67,2); das zweite unweit davon auf einem Hügel (68,2).
4. Die drei Lager Scipios befanden sich 6 — 7 Millien
= 9—11 Kilometer entfernt (67,3. 75,1) auf Hügeln; unterhalb
dieser Hügel in der Ebene lag die Stadt Tegea (78,1); zwischen den
beiderseitigen Positionen war flaches Terrain (77,4).
5. Der Marsch Caesars von Aggar nach Thapsus betrug 16
Millien = 24 Kilometer (79,1).
6. Scipios Märsche sowohl von Uzita nach Tegea als von Tegea
nach Thapsus erfolgten im Gegensatz zu jenen Caesars über Höhen
(67,3, 79,2). —
Von früheren Autoren identifizieren die Stadt Aggar: Stoffel
mit Kasser Helal1), Tissot mit Beni Hassane2).
Kasser Heiai. Beide Theorien sind unhaltbar.
Gegen Kasser Helal spricht:
1. Die viel zu geringe Entfernung von der Stellung
von Uzita, die nur ca. 6 Millien = 9 Kilometer beträgt. Soweit
mußte Caesars Machtbereich von Uzita aus unbedingt gereicht haben;
wird doch in cap. 65 eine erfolgreiche Expedition auf 10 Millien =15
Kilometer Entfernung erwähnt. Die noch näher, ganz in Caesars
Rücken gelegene, ja von seinem Haupthafen Leptis nur 4 Kilometer
entfernte Gegend von Kasser Helal mußte daher schon entsprechend
ausgenützt worden sein, eine Verschiebung dorthin hätte die Situation
recht wenig verbessert, und das Ergebnis wäre jedenfalls in keinem
annähernden Verhältnis zu dem schweren, odiosen Entschluß der Auf-
hebung der Belagerung von Uzita gestanden.
2. Die Zurücklassung von Besatzungen in Ruspina, Leptis und
Acylla. Besatzungen läßt man in festen Plätzen zurück, wenn man
sich von ihnen entfernt. Von Ruspina entfernte sich Caesar, wenn
er nach Kasser Helal ging, allerdings um ein geringes ; Leptis jedoch,
seinem Haupthafen, nä h e r te er sich vielmehr bis in die allernächste Nach-
barschaft; und auch bezüglich Acyllas, dessen Lage zweifelhaft ist,
1) II 280 „Ksar Hellal".
2) II 560, 744 „Beni Hassern".
Aggar. 1. Aggar und die Lager Caesars. 813
ergeben dennoch alle bisherigen Hypothesen, auch die Stoffels, nur
eine entschiedene Annäherung.
3. Die Entfernung von Kasser Helal nach Thapsus be-
trägt nicht 16 m. p. = 24 Kilometer, sondern bloß 9 m.p. = 13 l/a Kilo-
meter.
4. Kasser Helal, bzw. die bei diesem Dorfe liegenden römischen
Ruinen befinden sich nicht in einer Ebene, sondern auf einer ge-
wellten Hochfläche, und zwar auf einer ihrer höchsten Partien ; wenn
Caesar dahin marschierte, so mußte er, wenn er nicht einen ganz unmoti-
vierten Umweg machen wollte, über dieses Hochland marschieren, und
es ist ganz unverständlich, wieso dann Scipios Marsch im Gegensatze
dazu als „per iugum" bezeichnet wird; in der Folge konnte ferner die
Verlegung des Lagers von Kasser Helal weg unmöglich auf einen
Hügel hinauf, sondern nur hinunter zu erfolgen.
Für Kasser Helal spricht tatsächlich nichts, als die konsta-
tierbaren Spuren einer römischen Stadt; in dieser an derlei Spuren
so reichen Gegend gewiß kein für sich allein ausreichender Grund
zur Identifizierung mit einem bestimmten Ort, umso weniger, wenn
so gewichtige Gründe dagegen sprechen.
Damit kann die Hypothese Kasser Helal = Aggar als abgetan
gelten; sie ist einer der schwächsten Punkte in Stoffels Interpretation
dieses Feldzuges und zugleich die Quelle vieler anderer Irrtümer.
Nun zu Tissot.
Tissot identifiziert, wie erwähnt, Aggar mit Beni Hassane, Beni Hassane,
welches wie Kasser Helal auf dem Platze einer Römerstadt steht;
Caesars erstes Lager legt er 6 Kilometer weit davon, 1600 Meter nörd-
lich Zramedine1), das zweite Lager auf die Höhen zwischen Zramedine
und Beni Hassane, welche von ersterem Orte 1 '/a, von letzterem 4 Kilo-
meter entfernt sind.
Dagegen spricht:
1. Die Entfernung vom Hauptlager bei Uzita beträgt für
die Stadt 11, für das erste Lager sogar nur 10 Kilometer, was ebenso-
wenig wie bei der Stoffeischen Hypothese dem mit der Verschiebung
angestrebten Zweck genügt.
2. Der Marsch Caesars dorthin mußte gleichfalls unbedingt „per
iugum" erfolgen, da er rechts an Labienus Lager bei Djemmal vorbei-
ging und zwischen ihm und der Hügelkette kein Platz dafür bleibt.
1) Bei Tissot und auf älteren Karten „Zaremdin".
814 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Scipios Marsch kann also nicht im Gegensatze hierzu so bezeichnet
werden.
3. Tissot legt das erste Lager, um es in die Ebene zu
bringen, 6, das zweite 4 Kilometer von seinem Aggar weg. Das stimmt
recht schlecht zu 67,1, wo es heißt : „pervenit ad oppidum
Aggar", wenn Caesar nach einem Marsch von nur 10 Kilometer
noch 6 Kilometer von der Stadt entfernt war, und zu 79,1, wo es
heißt „egressus ab Aggar". Überdies liegen beide Lager von
Beni Hassane viel weiter entfernt als von Zramedine, welches
gleichfalls ein antiker Ort ist (nach der Tabula „Avidovicus"); es ist
daher nicht einzusehen, warum in der Quelle stets von dem viel
weiteren Aggar die Rede ist und der Platz nicht auf die andere, viel
nähere Stadt bezogen wird. —
4. Die Entfernung von Beni Hassane nach Thapsus beträgt wohl
16 Millien, wenn man sie über den nördlichen Isthmus mißt; es geht
aber aus der Schilderung der Hauptschlacht hervor, daß dieselbe nicht
auf jenem Isthmus stattfand, auf welchem der Anmarsch erfolgte,
sondern auf der entgegengesetzten Seite. Nun aber werden wir ge-
legentlich der Besprechung dieser Schlacht nachweisen, und zwar
aus Gründen, die von der Fixierung Aggars ganz unab-
hängig sind, daß sie nur auf dem nördlichen Isth-
mus hat geschlagen werden können; der Anmarsch muß daher über
die südliche Landenge erfolgt sein, und hier stimmt die Distanz
von Beni Hassane absolut nicht, sondern ergibt 32 Kilometer = 23 Mil-
lien. Auch ist es bei dieser Annahme weder für den nördlichen, noch
für den südlichen Isthmus einleuchtend, wieso Scipio im Gegen-
satze zu Caesar „per superiora loca" marschiert wäre1).
5. Wir werden bei der Besprechung der Lage von T e g e a sehen,
daß Tissot hier dem Texte empfindlich Gewalt antun muß, um eine
Übereinstimmung mit seiner Auffassung zu erzielen.
1) Stoffel nimmt an, daß Caesar über den nördlichen, Scipio über den süd-
lichen Isthmus gegen Thapsus marschiert sei. An und für sich ist diese Trennung
der Marschlinien unmotiviert und widerspricht dem Wortlaute der Quelle („Caesarem
. . . consecutus" 79,2); dann aber war der Anmarsch über den nördlichen Isthmus,
wie bei Thapsus gezeigt werden soll, unbedingt nur „per superiora loca" möglich,
so daß, wenn beide hier marschiert wären, wieder der in der Quelle betonte Gegensatz
unverständlich würde ; wenn anderseits Scipio wirklich so weit ausgebogen wäre, daß
er während des Marsches die ganze Sebkra m' ta Moknine zwischen sich und dem
Gegner hatte, so wäre für ihn wahrlich kein Grund vorhanden gewesen, den unbe-
quemen Weg über die Höhen zu wählen.
Aggar. 1. Aggar und die Lager Caesars.
815
Haben wir aus guten Gründen die Hypothesen Stoffels und Tis-
sots abgelehnt, so erwächst uns nunmehr die Pflicht, eine neue und
brauchbare Ansicht an ihre Stelle zu setzen.
Wir verlangen von Aggar:
1. Die Distanz von Uzita und der Charakter der Gegend Lage von Aggar.
muß mit dem wiederholt betonten Zwecke des Stellungswechsels, näm-
lich der Behebung von Verpflegungsschwierigkeiten, vereinbar sein.
2. Seine Entfernung von Thapsus, und zwar über den süd-
lichen Isthmus gemessen, muß 16 Millien = 24 Kilometer betragen.
3. Die Terrainverhältnisse müssen es erklären, daß sowohl von
Uzita nach Aggar, als von Aggar nach Thapsus Caesar durch tiefer
gelegene Landstriche marschieren und Scipio, ohne ganz unsinnige
Umwege machen zu müssen, über Höhen folgen konnte.
4. Aggar mußte in einer größeren Ebene liegen, in der nächsten
Nähe mußten jedoch auch Hügel sein.
5. Bezüglich der scipionischen Lager und der Stadt
T e g e a muß im Rahmen dieser Annahme eine Übereinstimmung mit
dem Texte erzielt werden können.
6. Endlich muß die zweifellos nach Caesars Abmarsch von Uzita
erfolgte Verschiebung des Considius von Hadrume-
tum nach Thysdrus (76,1) — denn im Beginne des Feldzuges
(36,2) ist die Stadt noch ohne Besatzung — sich aus der Lage des
neuen Hauptkriegsschauplatzes erklären, da sonst eine so weite Deta-
chierung einer so bedeutenden Kraft weit nach Süden nicht nur
zwecklos, sondern geradezu ein Fehler gewesen wäre.
Allen diesen Bedingungen wird in vollstem Maße Genüge geleistet, Ksour es sat
wenn wir Aggar in der Gegend von Ksour es Saf („Ksoursef " der
älteren Karten) annehmen.
Die Entfernung dieses Ortes von Caesars Hauptlager vor Uzita be-
trägt 35 Kilometer = 24 Millien, also einen sehr starken Tag-
marsch, mehr als dreimal soviel wie bei den Hypothesen Stoffels und
Tissots, und führte unzweifelhaft in eine noch unausgesogene Gegend.
Die Ebene, die sich nördlich und westlich davon in einer Ausdehnung
von ca. 8 Kilometern im Umkreis ausbreitet, ist der fruchtbarste
Teil des ganzen Kriegsschauplatzes, insbesondere in ihrer süd-
lichen Hälfte1); hiervon konnten wir uns persönlich überzeugen.
1) Die nordwestliche Partie dieser Ebene ist trotz des vorzüglichen fetten
Humusbodens merklich weniger fruchtbar, und zwar wegen Wassermangel. Während
Kromayer-Veitk, Antike Schlachtfelder III. 52
816
Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Ruinen von
Aggar.
Die Entfernung von Ksour es Saf nach Thapsus über
den hier selbstverständlichen südlichen Isthmus beträgt 24 Kilometer
= 16 Millien.
Caesars Weg von Uzita nach Aggar führte naturgemäß durch
die Niederung südlich von Moknine über S1 Neja und weiter durch
die vorerwähnte große Ebene; Scipio folgte ohne jeden Umweg
über die Höhen von Beni Hassane bis an den Westrand der Ebene,
ober der er seine Lager schlug. — Ebenso marschierte Caesar von
Ksour es Saf nach Thapsus quer durch dieselbe Ebene, Scipio hin-
gegen— für seine oben bestimmte Stellung gleichfalls der
selbstverständlicheWeg — über die am Südrande der Sebkra
m' ta Moknine sich hinziehenden Höhen ebendahin.
Ebenes Land, in dem Caesar sein erstes Lager schlagen konnte,
ist reichlich vorhanden; und ebenso gibt es dort südlich Ksour es Saf
Hügel, auf die in vorteilhaftester Weise später das Lager verlegt
werden konnte. Die Lagerstellung Scipios endlich auf den
Höhen westlich der Ebene entspricht, wie wir später sehen werden, bis
ins Detail den Anforderungen des Textes; und in gleicher Überein-
stimmung mit demselben werden wir dort die Stadt T e g e a finden
können.
Nun zum Detail, wie es die Autopsie ergibt.
Ksour es Saf selber ist keine ehemalige Römerstadt; wohl aber
sind zwei Kilometer nördlich davon in der Ebene die deutlichen, ge-
schlossenen Ruinen einer solchen, und zwar recht bedeutenden Stadt
schon auf größerer Entfernung sichtbar („El Maklouba"). Wir
haben sie genau untersucht.
Sie bedecken eine etwa 6 Meter über die Ebene emporragende,
unmittelbar nördlich Ksour es Saf sehr zahlreiche Brunnen vorhanden sind, deren
Wasser mittels durch Kameele betriebener Hebewerke zur Bewässerung der Felder
verwendet wird, fehlen dieselben weiter nordwestlich wegen Mangel an Grundwasser
fast ganz, und die in der Karte verzeichneten periodischen Oueds waren auch zur
Zeit unserer Anwesenheit (Anfang Februar) gänzlich trocken. Das stimmt alles sehr
gut zu cap. 79, 1, wo erwähnt wird, daß Caesar infolge Wassermangels sein Lager
nicht näher an die feindliche Stellung, die wir aus später zu erwähnenden Gründen
am Nordwestrande der Ebene annehmen, heranschieben konnte. Damit fällt aber
auch Langhammers Einwand gegen die Glaubwürdigkeit unseres Berichtes (Nr. 33
S. 950), wonach vor Scipios Stellung Wasser genug gewesen wäre, da seine Auf-
fassung auf Stoffels falscher Lokalisierung aufgebaut ist. Übrigens sind auch die
Oueds beim Stoffeischen Tegea periodisch und hatten zur Zeit unseres winterlichen
Besuches kein Wasser.
Aggar. 1. Aggar und die Lager Caesars. 817
ringsum scharf abgesetzte Platte von 2 Kilometer Umfang. An
der Peripherie sind überall deutlich die Fundamente der Stadtmauer
zu konstatieren; die vorspringende Westecke, der höchste Punkt der
Platte, zeigt besonders starke Mauerfundamente und stellt unzweifel-
haft die „arx" dar; an der Südostecke sieht man Spuren einer durch
einen großen Turm geschützten Toranlage. Von da ab ist eine auf-
gedämmte antike Straße von 3 bis 4 Meter Breite bis an die Chaussee
zu verfolgen.
In der Stadt finden sich Reste zweier großer Zisternen, eine
knapp neben der „arx", eine in der Mitte des Ortes; in der Nähe der
Ostfront ein großer „silou (unterirdischer Speicher in Form einer
riesigen Amphora) mit einer Halsweite von ca. 1 Meter. Die
ganze Platte ist außerdem besät mit behauenen Steinen, Marmor-
stücken, Mosaiken und unzähligen Tonscherben; vielfach sind auch
im Innern der Stadt die Fundamente der Häuserfronten zu ver-
folgen.
Dies also istAggar. Es war eine bedeutende, starke Stadt und
verdiente in diesem Sinne mit Recht seinen Namen, den Tissot als
„centre de population" erklärt; es war in der Tat der Hauptort einer
der fruchtbarsten Landstriche der Provinz.
Jetzt verstehen wir, warum Caesar von Uzita gerade hierher zog,
und wieso er sein Lager zuerst neben der Stadt in der Ebene
aufschlug. Als er es dann aus Sicherheitsgründen auf die Höhen ver-
legte, fand er sehr günstige Bedingungen auf den Hügeln, die sich
unmittelbar südlich Ksour es Saf hinziehen; meiner Ansicht nach
dürfte er sich für den vorspringenden Hügel, der heute das Marabout
„S1 Abdallah bou Caboute" trägt, entschlossen haben, wo mit passen-
der Dimension und Gestalt auch eine allseits freie Lage !und vorzüg-
licher Ausblick vereint erscheinen. Von diesem Punkte aus beträgt
auch der Weg bis knapp vor Thapsus, auf der natürlichsten Kom-
munikation gemessen, genau 16 Millien.
Irgendwie ins Gewicht fallende Gegengründe gegen diese Lokali- Gegengründe.
sierung sind nicht vorhanden.
Die Hauptschuld an den bisherigen Annahmen, die Aggar relativ
nahe an Caesars Stellung suchen, liegt wohl an dem Passus der Schil-
derung des Abmarsches c. 67,1: „ acie instructa impedimentis
in sinistra parte conlocatis ex eo loco proficiscitur et pervenit ad op-
pidum Aggar". Dies kann auf den ersten Blick den Anschein er-
52*
818 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
wecken, als wäre Caesar bis Aggar „acie instructa" marschiert; das
aber ist auf 35 Kilometer schlechterdings unmöglich.
Allerdings aber auch auf die 9 oder 10 Kilometer Stoffels und
Tissots; wenigstens wäre es in diesem unebenen, vielfach koupierten
Terrain so schwierig und marschverzögernd gewesen, daß die
Zurücklegung der ganzen Strecke in dieser Formation keinen Sinn
gehabt hätte. Die Bedrohung, gegen welche die Maßregel gerichtet war,
konnte, wie früher (S. 806) gezeigt worden ist, nur von dem Lager des
Labienus bei Djemmal ausgehen; aus dessen unmittelbarem Bereiche
kam man aber bald heraus. Jedenfalls hat Caesar, wie beim Auf-
bruche von Ruspina (37,1), so auch diesmal für intensive Aufklärung
Sorge getragen und konnte sehr bald erfahren, ob der Feind tatsäch-
lich Miene machte, den Marsch zu stören. Sobald das Gegenteil ge-
meldet wurde — und das mußte sich ja bald entscheiden — , konnte
die unbequeme und zeitraubende Marschform sofort aufgegeben
werden.
Tatsächlich sagt auch der Text nur, daß Caesar in dieser For-
mation abmarschierte (proficiscitur), die Ankunft wird ganz selb-
ständig erwähnt (e t pervenit). Würde sich die geschilderte Formation
auf den ganzen Marsch beziehen, so wäre es doch viel einfacher ge-
wesen zu sagen „proficiscitur ad oppidum Aggar"; die Einschiebung
des „et pervenit" deutet geradezu auf irgend eine der erstgeschilderten
Situation gegenüber eingetretene Änderung hin. —
Eine weitere Schwierigkeit betrifft die Frage, wo der cap. 77,3
erwähnte letzte Transport gelandet ist, wenn Caesar bei Aggar
= Ksour es Saf stand.
Da die Quelle darüber auch nicht die geringste Andeutung gibt,
bleibt hier jede Vermutung diskutabel. Am ehesten konnte die Landung
in oder bei Selectum erfolgen, das nie unter den vom Feinde besetzten
Städten genannt wird; und in Sizilien mußte man ja von Caesars
Stellungswechsel unterrichtet sein. Hierfür spricht auch die c. 67,1
erwähnte volle Aufteilung der Flotte auf die beiden Blokadeeskadren,
womit die Auflassung von Leptis als Flottenbasis ausgesprochen er-
scheint. Die Stadt, die man ja immer noch brauchen konnte und vor
allem gegen eine eventuelle Rache der Gegner schützen mußte, blieb
besetzt ; die Flotte aber wurde ganz zur Blockierung der gegnerischen
Häfen verwendet; auf diese Art konnte sie am besten die weiteren
Transporte schützen und deren Landung an jeder beliebigen Stelle er-
Aggar. 2. Tegea und die Lager Scipios. 819
möglichen. Eine Hafenstadt war hierzu nicht einmal nötig; war doch
Caesars erste Landung trotz ungünstiger Witterung außerhalb der vom
Feinde besetzten Stadt Hadrumetum unbehelligt erfolgt.
2. Tegea und die Lager Scipios.
Bezüglich der drei Lager Scipios, die wir im allgemeinen auf den
Höhen konstatiert haben, welche die Ebene von Ksour es Saf im
Westen begrenzen, gibt uns die Quelle weiter folgende Anhaltspunkte: Bedingungen.
1. Die Entfernung von Caesars Lager bei Aggar betrug 6 bis
7 Millien (67,3. 75,1. 77,4. An letzterer Stelle ist wegen der not-
wendigen Übereinstimmung mit den beiden anderen im Anschluß an
alle neueren Ausgaben V statt VIII zu lesen).
2. Unterhalb der Stellung (infra castra Scipionis) in der Ebene lag
die Stadt Tegea, und zwar derart, daß die hineingelegte Kavallerie-
besatzung die Vorrückung Caesars gegen Scipios Lager in der Flanke
bedrohen konnte (c. 78).
Tatsächlich beträgt die Entfernung der Lager bei Aggar vom Die Lager.
Fuße der Westhöhen 6, von den günstigen Lagerplätzen auf den-
selben 7 Millien. Die sehr flach, mit gleichmäßig glacisartiger Böschung
abfallenden Hänge1) bieten für die auf ihnen stehende Armee ein
nach römischen Begriffen derart günstiges Schlachtfeld, daß wir sehr
wohl verstehen, warum Caesar stets nur auf 5 Millien gegen den Feind
vorrückte, das heißt 1 Millie vor dem Fuße der Höhen, 2 Millien vor
den feindlichen Lagern, Halt machte. Hierzu kam noch die Lage
von Tegea.
Diese Stadt finden wir genau an der Stelle, wo wir sie mit Tegea =
Rücksicht auf das eben Abgeleitete suchen müssen, und zwar mit
gleicher Deutlichkeit wie Aggar, in dem Ruinenfeld Hir Merbesse
(S1 Dekril), etwa 1 Millie vom Fuße jener Höhen, 5 Millien von
Caesars Lager bei Aggar.
Das Bild ist hier ähnlich wie dort: die deutlich erhöhte Platte
ist etwas kleiner (IV2 Kilometer Umfang), dagegen dehnt sich hier das
Trümmerfeld auch außerhalb derselben besonders im Nordosten ziem-
lich weit aus. Die „arx" am Südende ist deutlich sichtbar; zwei
1) Aus der Gegend von Ksour es Saf gesehen, erscheinen diese Hänge wie eine
steile, rideauartige Abgrenzung der Ebene; je näher man kommt, um so flacher
präsentieren sie sich. Dasselbe gilt auch von den Höhen, welche die Ebene im
Norden begrenzen, und über welche Scipio dann gegen Thapsus marschierte.
820
Der Caesarianische Bürgerkrieg".
Die Reiter-
sclilacht bei
Tegea.
Andere
Ansichten.
große Zisternen anlagen, eine im nördlichen Teile der Stadt, eine im
südwestlichen, sind zu konstatieren. Sonst zahllose Steintrümmer,
Paviment- und Mosaikreste, Marmorstücke, auch mehrere große Säulen-
trommeln aus Serpentin; im nördlichen Teile liegen die Grundmauern
eines sehr großen Gebäudes klar zu Tage.
Die Quelle erzählt nun cap. 77,4 und 78 folgendes:
Caesar rückte nach Eintreffen eines Ergänzungstransportes zum
so und so vielten Male in Schlachtordnung gegen die feindliche Stellung
und machte nach einer Vorrückung von 5 Millien, noch 2 Millien von
Scipios Lager entfernt, in der Ebene Halt.
Scipio marschierte gleichfalls auf, und zwar etwa 1 Millie vor
seinem Lager, am unteren Teile des Hanges (in iugo inferiore). Zu-
gleich ließ er die in Tegea liegenden Reitermassen beiderseits der
Stadt aufmarschieren und Caesars Flanke bedrohen. Caesar ließ
diese ihm höchst lästige Gruppe seinerseits zuerst durch Kavallerie,
dann auch durch Infanterie angreifen; unter fortwährendem Einsetzen
frischer Abteilungen von beiden Seiten wurde der Kampf mit großer
Hartnäckigkeit und wechselndem Erfolge geführt, bis endlich die Cae-
sarianer den Feind endgültig zurückwarfen und 3 Millien weit bis
an die Hügel verfolgten.
Alle diese Vorgänge sind mit vollster Deutlichkeit in unserem
Terrain festzustellen, und ich brauche diesbezüglich, ohne weitere
Worte zu verlieren, nur auf die Einzeichnung in Karte 20 zu ver-
weisen, in der alles klar zu Tage tritt. Ich bemerke nur, daß die
Entfernung von 3 Millien, welche die feindliche Kavallerie auf der
Flucht zurücklegen mußte, bevor sie die Hügel erreichte, die natür-
liche Folge der durch die Lage gegebenen, zum Höhenfuße schrägen
Fluchtrichtung ist.
Stoffel nimmt Tegea bei Beni Hassane, Tissot 1 500 Meter süd-
lich El Bourdjine („Bordjin") an. Beide Annahmen fallen mit denen von
Aggar. Überdies liegt Stoffels Tegea in einer für die erwähnte Kavallerie-
verwendung durchaus nicht sehr günstigen engen Talmulde, Tissot
aber muß, um seine Annahme zu halten, Scipio seine Lager einmal
um volle 8 Kilometer nach rückwärts verlegen lassen *), was weder in
der Quelle, noch in den Tatsachen begründet ist, und obendrein gerät
eben dieses zweite Lager mitten in die weite, praktisch ganz ebene
1) Scipios erstes Lager liegt nämlich nach Tissot gar nicht bei seinem Tegea,
sondern 8 Kilometer östlich beim heutigen Menzel Kamel.
Aggar. 3. Zeta und Vaga. 821.
Hochfläche, auf der heute der stattliche Ort El Bourdjine liegt, was
im Widerspruch zu den erzählten Ereignissen steht (78,1).
3. Zeta und Vaga.
Der erste der erwähnten Offensivstöße, die Caesar von Aggar aus
unternahm, führte ihn nach Zeta.
Die Quelle erzählt, daß Zeta von Caesars Stellung aus in der
Eichtung über das Lager Scipios hinaus gelegen war, und zwar von
diesem 10, von Caesar 14 Millien entfernt (68,1). Caesar besetzte die
Stadt, wurde jedoch an dem Versuche, zwei in der Nähe foura-
gierende Legionen Scipios aufzuheben, durch Labienus und Afranius
gehindert. Auf dem Rückmarsche, den er wie den Hinmarsch
nahe an Scipios Lager vorbei bewerkstelligen mußte, wurde
er beim Beginne der dortigen Hügel von den leichten
Truppen des Labienus und Afranius angegriffen und konnte nur unter
den äußersten Schwierigkeiten, unter ungeheurem Zeitverlust, allmäh-
lich vorwärts kommen. Erst in der Nacht gelangte er mit todmüden
Truppen ins Lager zurück (68 — 70).
Stoffels und Tissots Ansetzungen von Zeta (El Bourdjine
resp. Knaiss) werden mit denen von Aggar hiniällig und brauchen daher
nicht weiter diskutiert zu werden. Ich vermute Zeta in dem heutigen
Beni Hassane, also dort, wo Stoffel Tegea, Tissot Aggar hin-
legt. Die Sache stimmt hier vollkommen: Die Entfernungen betragen
tatsächlich von Scipios Stellung etwa 10, von der Caesars etwa 14 Mil-
lien; Caesar mußte auf dem Marsche etwa 2 bis 3 Kilometer am
nördlichsten der drei feindlichen Lager vorbei, und während er auf
dem Rückwege von Beni Hassane aus zuerst durch die flache Niede-
rung von S1 Neja marschiert, kommt er südlich dieses Ortes, gegen
Scipios Lager zu, in hügeliges Terrain, welches, flach genug für un-
behinderte Kavallerieverwendung, doch wieder vortreffliche Deckungen
für Hinterhalte und überraschende Angriffe bietet, und das er in einer
Ausdehnung von etwa 5 Kilometern passieren muß, ehe er wiederum
die offene Ebene erreicht. Dabei ist die Gegend tatsächlich wasserlos,
so daß Caesar, wenn er dort ein Lager geschlagen hätte, ohne Trink-
wasser gewesen wäre (69,5). In diesem Terrain haben wir uns die
Überfälle des Labienus und Afranius zu denken1). —
1) Man könnte einwenden, dass nach dieser Annahme Caesar von seiner
Stellung vor Uzita eigentlich näher nach diesem Zeta gehabt hätte als von Aggar
822 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
vaKn. Für die Wegnahme Zetas rächte sich Juba durch Zerstörung von
Vaga, welche Stadt mit Caesar sympathisierte (c. 74).
Über die Lage dieses Oppidums erfahren wir nur, daß es „finitimum
fuit Zetae". Demzufolge legt es Stoffel nach Knai'ss, Tissot nach
Hir Zaiat südlich dieses Ortes. Beide Annahmen werden mit Aggar
usw. hinfällig.
Eine sichere Konstatierung ist hier überhaupt nicht möglich; in
der Umgebung von Beni Hassane gibt es römische Ruinenstätten in
Menge, die hier alle gleichmäßig in Betracht kommen. Vielleicht
ist Vaga das heutige Zramedine; wohl ist letzteres sicher mit dem
„Avidovicus" der Tabula identisch; da jedoch Vaga, wie unsere Quelle
erzählt (74,2), von Juba nach vollständiger Ausrottung seiner Bewohner
bis auf den Grund zerstört wurde, so mag es vielleicht erst in spät-
römischer Zeit, als die vorbeiführende Straße durch das Aufblühen
von Thysdrus erhöhte Bedeutung gewann, unter neuem, römischem
Namen wieder erstanden sein. Selbstverständlich bleibt dies jedoch
nur eine Hypothese, auf die man übrigens nicht einmal angewiesen ist.
4. Sarsura und Thysdrus.
Der zweite Offensivstoß führte Caesar über Sarsura nach Thys-
drus (75. 76.)
Thysdrus. Thysdrus ist absolut sichergestellt = El Djem. Zu Caesars
Zeit war die Stadt, nach cap. 97, 4 zu schließen, jedenfalls lange
nicht das, wozu sie sich später entwickelt hat. Das grandiose Amphi-
theater, welches meilenweit die Wüste beherrschend den Platz be-
zeichnet — in seiner Art vielleicht die imposanteste Ruine der Welt —
hat dazumal natürlich noch nicht gestanden1).
Caesar mußte infolge Wassermangels von der Belagerung der
Stadt abstehen, und nachdem er 4 Millien entfernt beim Wasser ge-
nächtigt, trat er tags darauf den Rückmarsch an (76, 2). Erst nach
aus, und sich wundern, warum er nicht schon damals die Stadt weggenommen.
Die Sache wird klar, wenn man bedenkt, dass Caesar die grossen Offensivstösse
von Aggar aus stets mit ganzer Macht unternahm, wie aus der Schilderung deut-
lich hervorgeht; zur Verteidigung des einfachen Lagers genügte eine kleine Kraft.
Vor Uzita aber absorbierten die ausgedehnten Werke einen derart grossen Bruchteil
einer Streitmacht, dass er Unternehmungen diesen Stiles damals nicht durchführen
konnte. Übrigens galt die Unternehmung wohl weniger der Stadt, als den beiden
dort eben fouragierenden Legionen.
1) Vgl. A. Schulten, Das römische Afrika, 1S99. S. 35.
Aggar. 4. Sarsura und Thysdrus. — 5. Acylla. 823
der Schlacht bei Thapsus wurde die Stadt von Considius geräumt
und von Cn. Domitius besetzt (93).
Den Ort, an dem Caesar nächtigte, nimmt Tissot (II 750) 6 Kilo-
meter = 4 Millien nördlich der Stadt zwischen zwei Quellen an.
Dies ist zweifellos richtig, nur daß diese Quellen nicht, wie er
schreibt, zur Sebkra Sidi el Hani, sondern zur Ebene von Ksour es Saf
abfließen. An diesem kleinen Irrtum sind wohl wieder Tissots
Karten schuld.
Ebensowenig kann gegen Tissots durch die Tabula bestätigte
Identifizierung von Sarsura mit der Euinenstätte Hir ez Zauadi sarsura.
(auf den neuen Karten Hir el Ksour) südwestlich Bou Merdes Ein-
sprache erhoben werden. Stoffel legt es unweit davon südöstlich
des vorgenannten Ortes, was wohl nur eine Flüchtigkeit ist, da sich
an dieser Stelle keine Ruinen finden.
5. Acylla.
Obwohl diese Stadt in der nach Aggar genannten Feldzugsperiode
keine Rolle spielt, so läßt sich das, was man über ihre vermutliche
Lage überhaupt sagen kann, wohl am besten an dieser Stelle im An-
schlüsse an die übrigen Lokalisierungen vorbringen.
Ich halte -daran fest, daß Acylla nicht mit dem A c h o 1 1 a der Acyiia nicht
Tabula = El Alia (Biar el Alia) identisch sein kann, wie Stoffel (II 281) = Acholla-
und Tissot (II 14 f. 179 f.) annehmen, und dies aus zwei Gründen:
1. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß Caesar einen so entfernten
Platz zu einer Zeit besetzt hätte (33,1), wo er, auf starre Defensive
beschränkt, sonst nur Ruspina und Leptis festhielt, letzteres sogar
trotz seiner geringen Entfernuug mit einer unverhältnismäßig starken
Besatzung dotieren mußte, um es verläßlich schützen zu können (9,1);
auch hatte er um dieselbe Zeit die Bitte der Stadt Thysdrus um eine
Besatzung abschlagen und sie auf eine spätere Zeit vertrösten müssen
(36,2), konnte auch nicht verhindern, daß diese Stadt schließlich vor
ihm von Considius besetzt wurde (76,1).
2. Da Caesar bei seinem von Uzita nach Süden — diese Richtung
ist nie angezweifelt worden — angetretenen Abmarsch daselbst eine Be-
satzung „zurückläßt", ebenso wie in Ruspina und Leptis (67,1), so
kann es sich nicht um eine Stadt gehandelt haben, der er sich dabei
auf alle Fälle nur genähert haben kann.
Beide Gründe, sowohl die Besetzung der Stadt in der allerersten
824 Der Caesariauische Bürgerkrieg.
Kriegsepoche, wie die Zurücklassung jener Besatzung, überhaupt die
Erwähnung in einem Atem mit Ruspina und Leptis, lassen mit größter
Wahrscheinlichkeit darauf schließen, daß Acylla in nächster Nähe der
beiden erstgenannten Städte zu suchen ist.
Die Namens ähnl ich keit — mehr ist nicht erwiesen — mit
dem Acholla (Achulla) der Tabula usw. verbürgt noch lange nicht die
Identität; selbst volle und zweifellose Namensgleichheit würde hier
nichts beweisen. Die Tabula weist in Afrika 3 „Aggar" auf1), von
denen bestimmt keines mit dem Aggar unseres Feldzuges identisch
ist; eben so sicher ist z.B. das „Vaga" des bellum Jugurthinum ganz ver-
schieden von der Stadt dieses Namens, von der in diesem Kriege die
Rede ist. Auch ein anderes Uzita existierte noch2). Daß es mehr als
ein Zama, ebenso mehrere Hippo, Leptis usw. gab, ist bekannt genug.
Warum soll es nicht auch zwei Acylla oder Acholla gegeben haben?
Der Marsch des Tissot (II 14 f. und 739) leitet die Identität mit El Alia auch
aus der Stelle des bell. Afr. 43, 1 ab, wonach Considius, zur Auf-
hebung der Belagerung Acyllas genötigt, den Rückzug nach Hadru-
metum „per regnum Iubae" bewerkstelligt. Nun ist erstens der Ver-
lauf der Grenze dieses Reiches nicht ganz genau bekannt3), und zweitens
ist nicht einzusehen, warum Considius nicht auch beim Abmarsch von
einem weiter nördlich gelegenen Punkte zu einem gleich weiten Aus-
biegen nach Westen sich hätte veranlaßt sehen sollen; die Weite dieses
Ausbiegens war ja nicht von der Lage der belagerten Stadt ab-
hängig, sondern von der Stellung Caesars und der Ausdehnung seines
Kraftbereiches. Es ist nirgends gesagt, daß Considius dabei um die
Sebkra Sidi el Hani herummarschiert ist, wie Tissot behauptet.
Es hat überhaupt den Anschein, als hätte sich Considius zur Auf-
hebung der Belagerung nicht bloß wegen des Ausfalles des Messius.
sondern hauptsächlich wegen Caesars Stellungswechsel von Ruspina
auf die Höhen von Uzita, womit er sich zwischen Scipio und Consi-
1) Genauer 1 „Aggar", 1 „Aggarsel" und 1 „Aggar Selnepte".
2) H'1 ed Douames, 20 Kilometer nördlich Thaeia. (Tissot II 1 1).
3) Nach Cagnat (Comptes rendus des seances de l'acaderaie des incriptions et
belles lettres, Tome XXII, 1894, p. 51) verlief übrigens die Grenze durchschnittlich
ca. 50 Kilometer weiter östlich, als Tissot sie angenommen hat. Nach Caes. b.
c. II 38, 1 und bell. Afr. 97, 3 scheint sie nicht allzuweit von Leptis entfernt
gewesen zu sein. Dies angenommen, würde dann wieder umgekehrt der Marsch
des Considius für die Lage von Acylla in der Nähe von Leptis sprechen, zu welchem
Ergebnisse uns auch andere, zwingendere Gründe führen.
Ag-gar. 5. Acylla. 825
dius hineinschob, entschlossen, was auch für eine geringere Entfernung
der Stadt von Caesars Stellung spricht; denn einen mehrere Tages-
märsche entfernten Platz hätte er wohl noch länger ungestört belagern
können1).
Ich vermute nach alledem das Acylla des bellum Africanum in der Acyiia
Euinenstätte nächst des Dorfes Kasser Helal, 4 Kilometer von Leptis,
die Stoffel, wie wir gesehen, für Aggar in Anspruch nimmt. Streng läßt
sich die Identität selbstverständlich nicht nachweisen; doch wird
man finden, daß seine Lage mit den Anforderungen der Quelle und
unserer obigen Interpretation in jeder Hinsicht übereinstimmt.
Kasser Helal?
1) Mir hat der Ausdruck „itinere per regnum Iubae facto" immer den Eindruck
einer offenbaren derben Ironie gemacht; in diesem Sinne kann er auch eine
harmlose Hyperbel enthalten.
4. Thapsus.
Hierzu Karte 17, 18 und 21.
Nachdem die beiden ersten Oftensivstöße Caesars gegen Zeta und
Sarsura-Thysdrus zwar geringfügige Erfolge gebracht, ihren Haupt-
zweck, die Herbeiführung der Entscheidungsschlacht, jedoch nicht er-
reicht hatten, unternahm Caesar einen dritten Vorstoß gegen Thap-
sus, den neben Utika und Hadrumetum wichtigsten Seestützpunkt
des Gegners. Scipio folgte, und es kam zur Schlacht, die den Krieg
entschied.
1. Die Quellenberichte und die Schlachtidee.
Die Diese Schlacht und die Vorgänge, die ihr unmittelbar voraus-
rage' gingen und sie herbeiführten, bilden eines der interessantesten und
dankbarsten Probleme nicht nur für den Militär, sondern auch für den
Quellenforscher; auf beiden Gebieten führt die Untersuchung, durch
den Lokalaugenschein unterstützt, zu überraschend einwandfreien Re-
sultaten.
Vor uns liegt als selbstverständliche Hauptquelle das „bellum
Africanum", das eine ausführliche, fachmilitärisch gehaltene, somit
für den ersten Eindruck erschöpfende und unverdächtige Schilderung
gibt. Ihr gegenüber stehen die Darstellungen dreier Nebenquellen,
die wir gewohnt sind von Hause aus als sekundär zu betrachten und
überall, wo sie sich mit der Hauptquelle nicht in Übereinstimmung
bringen lassen, unbarmherzig zurückzustellen. Aber diesmal bringen
gerade diese Nebenquellen eine in den Grundzügen übereinstimmende
und dabei in ihrer militärischen Grundidee so einleuchtende, ja geradezu
großartige Auffassung der Schlacht, daß man sich dem Eindrucke nicht
verschließen kann: hier liegt ein Originalbericht zugrunde, der zum
mindesten bezüglich der großen Auffassung der Ereignisse über der
Schilderung des bellum Africanum steht.
Thapsus. 1. Die Quellenberichte und die Schlachtidee. 827
Stoffel (II 141 ff.) hat in seiner Darstellung* unter Ausschaltung
der Nebenquellen die Hauptquelle allein zugrunde gelegt, und ich bin
ihm in meiner „Geschichte der Feldzüge C. Julius Caesars" (p. 427 ff.)
darin gefolgt. Andere Forscher haben — wie sich gleich zeigen wird,
mit mehr Recht — eine Vereinigung der Berichte angestrebt.
Das bellum Africanum gibt, kurz gefaßt, folgendes Bild der Das bellum
^ . . Africanum.
Begebenheiten :
Caesar rückt über den Isthmus zwischen Meer und Sebkra vor \
Thapsus. Scipio, der ihm über die Höhen gefolgt war, hat zuerst 8 Millien
von Caesar zwei Lager bezogen; dann versucht er den Durchmarsch
gegen Thapsus, wird aber durch ein vorgeschobenes Werk Caesars, das
den Isthmus an seiner schmälsten Stelle sperrt, daran gehindert. Er kehrt
um, marschiert um die ganze Sebkra herum und geht auf dem andern
Isthmus gegen Thapsus vor. Unweit von Caesars Stellung angelangt,
beginnt er sich zu verschanzen, wird aber von Caesar angegriffen und
geschlagen. Hart verfolgt, gelangen seine Truppen zu den tags vor-
her verlassenen Lagern, finden aber das erste leer und das zweite,
das als Lager Jubas bezeichnet wird, von Caesarianern besetzt, wo-
rauf sie auf einen Hügel zusammengetrieben und vernichtet werden.
Eine scheinbar ganz andere Schilderung bietet uns C a s s i u s Di<>. Piutarch.
. . . und Appian.
Dio, und dieselbe Auffassung liegt, wenn auch in konfuserer Form,
bei P 1 u t a r c h und Appian zu gründe. Danach hätten Scipio und
Juba versucht, Caesar, der Thapsus belagerte, ihrerseit durch Sperrung
beider Isthmen einzuschließen; Caesar aber nützt die Trennung
beider Teile, stößt zuerst gegen Scipio erfolgreich durch, worauf er
sich sofort gegen die andere Gruppe wendet, die scheinbar ohne ernsten
Widerstand erliegt.
Es ist zweifellos, daß wir hier eine militärisch weit höherstehende Vereinbarkeit
Auffassung vor uns haben; schon das Manöver der Republikaner ver- überli^ereurn?eil
rät eine ungleich höhere, dabei durchaus überzeugende Planmäßigkeit,
und ihr gegenüber sehen wir auf Seite Caesars ein in seiner Schnellig-
keit, Einfachheit und Energie wahrhaft geniales Gegenmanöver, das auch
zu vollstem Erfolge führt. Eine solche Schlachtschilderung
kann ebensowenig im Nachhinein am grünen Tische er-
funden worden sein, wie etwa die Schlachtberichte von
Leuktra, Cannae oder Pharsalos; hier muß historische
Wahrheit zugrunde liegen.
Was aber dann anfangen mit der Darstellung des bellum Africanum,
828 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
das unzweifelhaft den gewissenhaften Originalbericht eines militärischen
Augenzeugen und Mitkämpfers darstellt?
Schon Tissot (Nr. 13 Il754if.) hat versucht, die Übereinstimmung
beider Berichte zustande zu bringen; Fröhlich (Nr. 9 S. 76 f.) hat die
Idee aufgenommen, Delbrück (Nr. 23 p. 596) sie im Prinzip für durch-
führbar erklärt, und Schneider (Nr. 54 S. 155) sie im wesentlichen
wirklich durchgeführt, indem er die ausführliche Detailschilde-
rung des bellum Africanum in die großzügige Darstellung
Dios hineingefügt hat. Daß man das kann, ist der beste
Beweis für die Richtigkeit der ersteren und die Brauch-
barkeit der letzteren.
Der Schlußbeweis für die tatsächliche Anwendbarkeit dieses Ver-
fahrens liegt darin, daß sich bei genauer Prüfung im bellum Africanum
Stellen finden, die so lange nicht klar sind und Widersprüche zu ent-
halten scheinen, als man diese Quelle allein zugrundelegt resp. sich
den Verlauf der Ereignisse derart vorstellt, wie er nach dem bellum
Africanum allein erscheint; die aber in dem Augenblick klar und
verständlich werden, wo man sie in die Darstellung Dios hineinfügt.
Von diesen Stellen haben wir im folgenden auszugehen; denn sie ver-
mitteln uns am deutlichsten die Übereinstimmung beider Überlieferungen.
Die „regia Ein solches Moment liegt in den Daten über die Lager der Re-
°Rückzug der* publikaner in den Tagen von Thapsus. Seit Juba mit Scipio gemein-
Truppen Scipios. sam operierte, schlug er stets ein eigenes Lager ; die „regia castra" sind
ein Typus dieses Feldzuges, so bei Uzita, so bei Tegea und so auch
beim ersten Anmarsch gegen Thapsus, wo die Republikaner sich
„binis castris" festsetzen (79, 2), deren eines nach der Schlacht aus-
drücklich als „regia castra" bezeichnet wird (85, 4). Nach dem Um-
gehungsmarsch Scipios aber und gelegentlich der Schlacht hören wir
stets nur von einem einzigen Lager (80, 3. 81, 1. 83, 4); also war Juba
während der Schlacht nicht bei Scipio, sondern vermutlich dort, wo
seine „regia castra4' waren, d. i. auf der andern Seite von Thapsus.
Damit ist die Übereinstimmung beider Berichte im Grunde schon ge-
geben; sie wird aber in der Folge noch weiter bestätigt.
Die geschlagenen Truppen Scipios fliehen insgesamt bis in das
Lager, aus dem sie am Vortage ausmarschiert sind („in castra, unde
pridie erant egressi 83, 4) ; nach dem klaren Wortlaut der Quelle muß
damit das erste Lager, beim Eingang in den andern Isthmus, gemeint
sein. Nun ist aber nichts so unwahrscheinlich, als daß dieser Rückzug
Thapsus. 1. Die Quellenberichte uud die Schlachtidee. 829
über eine Strecke, zu deren Zurücklegung man eine ganze Nacht ge-
braucht hat, überdies im Kreise um die Sebkra herum, nur angetreten
worden sei, um ein bereits abgebrochenes, also recht wenig verteidigungs-
fähiges Lager zu erreichen. Daß die Geschlagenen nicht die Absicht
hatten, ein leeres Lager selbst zu verteidigen, erhellt schon daraus, daß
sie, als sie es wider Erwarten leer fanden, enttäuscht weiterzogen
(85, 4). Wie aber konnten sie andererseits erwarten, dort jemanden zu
finden, und zwar nicht nur eine Besatzung, sondern sogar „jemanden, der
den Befehl übernehmen sollte" (85, 4), wenn nicht ein Teil der Armee
auf dem anderen Isthmus geblieben war1)? Und als sie von da zu den
„regia castra" weiterziehen, sind sie ebenso überrascht, darin Caesa-
rianer zu finden (85, 5). Daraus erhellt, daß dort am andern Isthmus
auch nach Scipios Abzug noch zwei besetzte Lager zurückblieben, in
deren einem Juba, in deren zweitem ein anderer namhafter Führer
kommandierte. Seinen Namen gibt uns Plutarch c. 53,1: Afranius.
Ein anderes Moment : Welchen Zweck kann der im bellum AM- scipios Marsch
canum erwähnte Marsch Scipios von dem einen auf den andern Isthmus Entsatzversuch.
gehabt haben? Ein direkter Entsatzversuch kann es nicht gewesen
sein, sonst hätte Scipio sich nicht nach dem Erreichen des Zieles passiv
verhalten und, statt anzugreifen, sich verschanzt. Die direkte Antwort
bleibt uns die Quelle schuldig ; es kann eben kein anderer Zweck ge-
wesen sein als die Einschließung, und dazu gehörte, daß ein Teil der
Armee auf dem ersten Isthmus zurückblieb, um auch diesen zu
sperren.
Eine dritte Schwierigkeit bildet in der Schilderung des bell. AM- Die 2 Legionen
canum das Verhalten der von Caesar ausgeschiedenen Lagerbesatzung es spre
von ganzen zwei Legionen (80, 4). Nach dem Wortlaute möchte man
glauben, sie sei in dieser ungewöhnlichen Stärke zum Schutze gegen even-
tuelle Ausfälle der Belagerten zurückgeblieben. Nun aber können wir
die Garnison der Stadt schwerlich so stark annehmen, daß zu ihrer Ab-
1) Sowohl Stoffel als ich in meiner früher angeführten Arbeit haben, den Uni-
gehungsmarsch durch die ganze republikanische Armee voraussetzend, uns über
diese Schwierigkeit dadurch hinüberzuhelfen gesucht, dass wir Scipio und Juba
während des Umgehungsmarsches am Anfange des zweiten Isthmus zwei neue Lager
schlagen lassen. Aber abgesehen davon, dass dies im Widerspruch mit der Quelle
steht, wird damit nicht erklärt, wieso sie endlich am Schlachtfelde doch nur eines
schlugen, wieso ferner die Fliehenden hoffen konnten, in den bereits verlassenen
Lagern Führer zu finden, und vor allem, wieso die verfolgenden Caesarianer die
„regia castra" vor den fliehenden Republikanern besetzen konnten.
830 Der Caesarianische Bürgerkrieg-.
wehr trotz Wall und Graben volle zwei Legionen notwendig gewesen
wären, die dadurch dem Hauptschlage entzogen wurden. Und tat-
sächlich: als der Ausfall wirklich erfolgt, wird derselbe gar nicht
durch diese Legionen, sondern durch die im Lager befindlichen Nicht-
kombattanten (,,a servitiis puerisque, qui in castris erant", 85, 2) ab-
gewiesen. Wo waren da die zwei Legionen? Sie müssen unbedingt
eine andere Bestimmung gehabt haben als die der Abwehr eines even-
tuellen Ausfalles aus Thapsus. Diese Bestimmung wird uns klar, wenn
wir wissen, daß ein zweites feindliches Korps am anderen Isthmus
stand.
Die Auffassung Alle diese Schwierigkeiten lösen sich, wie wir sehen, vollkommen,
Africanum. wenn wir für die Gesamtauffassung der Schlacht den von Cassius Dio
und Plutarch eindeutig geschilderten Gang der Ereignisse zugrunde-
legen, wobei wir obendrein durchaus nicht genötigt sind,
das bellum Africanum auch nur in einem einzigen Punkte
zu desavouieren; seine Schilderung läßt sich vielmehr restlos
als ergänzendes Detail in jene Darstellung einfügen. Der ganze nur
scheinbare Widerspruch besteht einzig in der Einseitigkeit, mit der
der Verfasser, im engen Rahmen seines subalternen Gesichtskreises be-
fangen, uns einfach schildert, was er mit eigenen Augen selbst ge-
sehen oder unmittelbar gehört: Scipios ersten und zweiten Anmarsch,
Caesars Aufmarsch gegen ihn, die Schlacht, die Verfolgung um die
Sebkra, die Vernichtung der nächst der „regia castra" gestellten
Reste, endlich den Rückmarsch vor Thapsus. Von der allgemeinen
taktischen Situation, den Funktionen der obersten Führung, überhaupt
von den Ereignissen, die außerhalb seines Gesichtskreises liegen, hat
er nur eine unbestimmte Ahnung; er unterläßt es, das Zurückbleiben
eines Teiles des feindlichen Heeres auf dem ersten Isthmus, sowie
Caesars Vorstoß gegen diese Gruppe entsprechend deutlich zu erwähnen,
und über das Auftauchen caesarianischer Truppen in den „ regia castra"
scheint er im ersten Moment nicht viel weniger überrascht gewesen
zu sein als die flüchtigen Republikaner. Ganz in groben Umrissen
müssen ihm aber auch diese Dinge wenigstens im Nachhinein bewußt
geworden sein; denn sonst hätte er die sich aus seiner Darstellung
ergebenden Schwierigkeiten selbst fühlen müssen1).
1) Die Unklarheit, in der die subalternen Mitkämpfer der Schlacht während
deren Daner bezüglich der allgemeinen taktischen Lage sich befanden, hatte ihren
guten Grund, und wird in Beil. III beleuchtet werden (S. 905 f.).
Thapsus. 1. Die Quellenberichte und die Schlachtidee. 831
Wir haben demnach als Grundidee der Schlacht festzuhalten: Die
Scipio, dessen Armee zunächst vereinigt vor dem ersten Isthmus Schlachtldee-
anlangt1), faßt den Plan, Caesar durch Sperrung beider Isthmen ein-
zuschließen. Nachdem ihm der Versuch, den zweiten Isthmus auf
dem nächsten Wege, d. h. durch einen Flankenmarsch an Caesars
Stellung vorbei zu erreichen, mißglückt ist, macht er mit einem Teile
des Heeres den Umweg um die ganze Sebkra herum, um so den zweiten
Isthmus zu sperren, während Juba und Afranius, welch letzterer mit
einem Teile der römischen Truppen in dem bisher von Scipio kom-
mandierten Lager zurückbleibt, den ersten Isthmus weiter besetzt
halten.
Caesar, die Trennung des Feindes benützend, läßt zwei Legionen
in den Werken gegen das Korps Jubas und Afranius' zurück und fällt
mit der Hauptkraft über das Korps Scipios her, bevor dieser die
Sperrung ganz vollendet hat. Er zersprengt es, und während ein
Teil des Heeres die Geschlagenen verfolgt, die sich naturgemäß dort-
hin zurückziehen, wo sie den andern Teil des Heeres wissen, geht er
mit dem Reste der Legionen, darunter jedenfalls auch den beiden vor
Thapsus stehen gebliebenen, gegen das zweite feindliche Korps vor,
welches, wie es scheint, unter dem Eindrucke der ersten Schlacht ohne
ernstlichen Kampf das Feld räumt; er besetzt auch die beiden Lager
des Juba und Afranius, und zwar infolge der geringeren Entfernung
viel früher, als die fliehenden Truppen Scipios den Umweg um die
Sebkra vollendet haben.
Damit erklärt es sich auch, daß in allen Quellen die Einnahme
zweier oder dreier Lager durch Caesar ganz besonders betont wird,
was gewiß nicht der Fall wäre, wenn es sich um ehemalige, bereits ab-
gebrochene Lager handeln würde.
So haben, wenigstens in großen Zügen, alle jene die Schlacht auf-
gefaßt, die überhaupt den Dionischen Bericht zugrundelegen und da-
mit die Doppelschlacht annehmen, mit einziger Ausnahme Lang-
hammers (Nr. 29— 33), dessen Ansicht kurz dahingeht, Caesar sei
bei Thapsus „in eine Falle geraten" und eigentlich nur durch beispiel-
loses Glück vor der sicheren Vernichtung bewahrt worden; die Dar-
1) Langhammer (Nr. 32, S. 396) vermutet, Scipio und Juba seien gleich von
Tegea aus getrennt gegen beide Isthmen vorgegangen. In der Quelle steht
das Gegenteil, und zudem würde bei dieser Annahme Scipios Bestreben, dann erst
von einem Isthmus auf den anderen zu kommen, vollends unverständlich.
Kromayer- Veith, Antike Schlachtfelder III. 53
832
Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Stellung in bellum Africanum aber verfolge im Wege absichtlicher
Entstellungen den Zweck, diese für Caesar schmählichen Vorgänge zu
vertuschen. Wir werden auf die oft wirklich abstrusen Details der
Langhammerschen Beweisführung an den betreffenden Stellen zurück-
kommen. —
Das Terrain.
2. Die Lokalisierung der Vorgänge.
Im Rahmen dieser Auffassung gilt es nun, die Vorgänge im De-
tail zu lokalisieren. Hierzu ist es nötig, eine genaue Darstellung der
Terrain Verhältnisse vorauszusenden.
Das fragliche Gebiet umfaßt eine rechtwinklig vorspringende
Halbinsel, in deren Innerem die mehrerwähnte Sebkra m'ta Mok-
nine zentral gelegen ist, so daß auf diese Weise zwei zueinander recht-
winklig stehende, an der Spitze der Halbinsel, wo die Stadt Thap-
sus lag, sich vereinigende Isthmen entstehen1). Das Terrain ist
im allgemeinen sehr flach und wenig übersichtlich, ausgenommen einen
schmalen, ziemlich steinigen Höhenzug, der sich auf beiden Isthmen
längs der Meerseite — mit einer kurzen Unterbrechung an der Spitze
der Halbinsel — hinzieht, auf dem nördlichen ausgesprochener ist als auf
dem südlichen, und von seinen zahlreichen kleinen Kuppen aus eine
gute Übersicht gewährt (s. Bild 58 S. 842). Am Zusammenstoße beider
Isthmen erhebt sich als natürliche Verbindung der beiden Höhenlinien
und aus gleichem Material wie diese bestehend, auf der Sebkraseite
die isolierte, sehr markante Höhe „Dahret el Hafsa" Trig. 22, der
beste Aussichtspunkt der ganzen Gegend, der das Terrain ringsumher
vollkommen beherrscht.
Das Land im unmittelbaren Umkreis der Sebkra ist großenteils
versumpft oder, besser gesagt, kotig aufgeweicht.
Die Breite der Isthmen beträgt durchschnittlich 3 Kilometer, viel-
fach etwas mehr; ein Defilee von 1500 römischen Schritten = 2,2 Kilo-
meter, wie die Quelle c. 80, 1 erwähnt, ist heute nirgends zu kon-
1) Man kann auch ganz gut von einem einzigen Isthmus reden, der
eben in der Mitte rechtwinklig gebrochen war; letzterer Umstand kann vielleicht
dem Augenzeugen, der ja keine moderne Karte zur Hand hatte, kaum aufgefallen
oder doch nicht wichtig erschienen sein. Damit entfällt der Vorwurf beabsichtigter
Fälschung, den Lang ha mm er (Nr. 32) S.395 dem Verfasser des bellum Africanum dar-
aus macht, daß er nur von einem Isthmus redet. Als ob man einen Isthmus
nicht noch leichter sperren könnte wie zwei! Übrigens spricht auch Dio von einem
Isthmus mit 2 Zugängen.
Thapsus. 2. Die Lokalisierung der Vorgänge. 833
statieren. Das Terrain ist mit Ausnahme der an die Sebkra an-
grenzenden Kotzone überall gut gangbar. Wälder im Sinne der Plu-
tarchschen Darstellung gibt es jetzt nicht; die ausgedehnten Oliven-
waldungen hindern wohl die Übersicht, nicht aber die Gangbarkeit, sind
auch unzweifelhaft neueren Datums. Die steinige Hügelkette ist voll-
kommen kahl, ebenso die isolierten Erhebungen in der Nähe von Thapsus.
Mit diesem Gelände heißt es nun die Beschreibungen unserer
Quellen in Übereinstimmung bringen, wobei festgehalten werden muß,
daß der Verfasser des bellum Africanum, der in Terrainan gaben er-
wiesenermaßen verläßlich ist, die Schlacht selbst mitgemacht hat,
während andererseits auch Dio als Statthalter von Afrika sicher die
Gelegenheit benutzt hat, um die kriegsgeschichtlich so interessante
Gegend persönlich zu studieren.
Der Schlüssel zur Ausgleichung der geringen Diiferenzen, die sich Änderungen im
zwischen jenen Beschreibungen und den heutigen Verhältnissen er- Terrain-
geben, liegt zweifellos in der Tatsache, daß die Sebkra m'taMok-
nine heute fast 10 Meter unter dem Niveau des Meeres
liegt. Die Null-Linie verläuft stellenweise mehrere Kilometer land-
einwärts vom heutigen Ufer entfernt. Es unterliegt keinem Zweifel,
daß dieser Zustand durch sukzessive Eintrocknung entstanden ist; war
aber demzufolge das Niveau der Sebkra früher ein höheres, so war
bei der Flachheit ihrer Ufer auch ihre Ausdehnung eine wesentlich
bedeutendere, selbstredend auf Kosten des Hinterlandes wie der Isth-
men. Da aber, wie Dio und Plutarch übereinstimmend erwähnen,
ihre Ufer auch damals weit einwärts versumpft waren — denn diese
Sümpfe können ebenso wie heute nur längs der Sebkra, nicht längs
des steilen, steinigen Meerufers, wo nur stellenweise flache, sandige
Bänke vorspringen, gesucht werden — so schrumpft damit der gang-
bare Teil der Landengen immer mehr zusammen; Deiileen von zwei
Kilometer Breite gibt es dann sogar mehrere, und Dio hat ganz recht,
wenn er ausdrücklich erwähnt, daß der einzig praktikable Weg längs
der Küste {rtaq atirrjv tfv Qa%iav) führte; denn die dort sich hinziehende
steinige Hügelkette kann allerdings niemals versumpft gewesen sein.
Damit erscheint die Übereinstimmung mit den Quellen auf ganz selbst-
verständlicher Grundlage hergestellt 1).
1) Auf Karte 18 und 21 wurde das Niveau der Sebkra im allgemeinen in der
Null-Linie angenommen. Ausgenommen sind einige Stellen, wo Wasserrinnen der
Sebkra zustreben, längs welcher die Null-Linie heute weit ins Land einschneidet.
53*
834 Der Caesarianische Bürgerkrieg".
Thapsoa. Die Lage der Stadt Thapsus auf der Spitze der Halbinsel ist
festgestellt; zahlreiche Ruinen kennzeichnen den Platz.
Caesars Lager. Als Hauptlager Caesars vor Thapsus springt der etwas über
einen halben Kilometer südwestlich gelegene flache Doppelhügel „El
Behira" geradezu in die Augen; mit einer für diesen Zweck sehr passen-
den äußern Form verbindet er eine ebenso günstige, die Stadt vollkommen
dominierende Lage; zwei Linien von je kaum 1 Kilometer Länge,
beiderseits senkrecht zum Meere gezogen, machten die Einschließung
zu Lande vollständig, die zur See ohnehin durch die Flotte des Cis-
Die „geeigneten plus schon längst hergestellt war1). Als die „geeigneten Punkte",
P unkt©»**
deren Besetzung das Eindringen des Gegners verhindern sollte, kommen
die Kuppe „El Faca", die letzte des nördlichen Höhenriegels, und
Unsere Ignorierung" dieser Einschnitte hat seinen guten Grund in der Erwägung,
daß, solange das Niveau der Sebkra über der Null-Linie war, jene Rinnsale auch
naturgemäß ein geringeres Gefälle gehabt haben müssen, ja überhaupt, da sie zur
Sebkra abflössen, mit ihrem ganzen Bette über der Null-Linie lagen, während sie
sich später, in gleichem Schritte mit der Senkung des Sebkraniveaus, bei steigendem
Gefälle immer tiefer in das weiche Erdreich eingruben, wodurch die nunmehr
trockene Null-Linie immer mehr längs der Ufer jener Rinnsale ins Land ein-
schnitt.
1) Die Quelle gebraucht hier die etwas rätselhafte, in der ganzen Literatur
nur an dieser einen Stelle vorkommende Bezeichnung: „castra hin ata". Man hat
dieses „Mondlager" damit erklären wollen, daß es eigentlich aus mehreren Lagern be-
stand, welche die Stadt im Halbkreis einschlössen (Rüstow, Nr. 7, S. 82 und Tafel II
Fig. 15; Fröhlich, Nr. 16, S. 228; Stoffel, Nr. 15 II p. 142). Da sich diese Erklärung
des angeblichen terminus technicus nur auf diese einzige Stelle stützt, so sei gleich
konstatiert, daß sie durch den Lokalaugenschein ad absurdum geführt wird. Wenn,
wie mit Bestimmtheit anzunehmen ist, die Doppelkuppe El Behira mit dem Hauptlager
besetzt war, so war damit Thapsus vollkommen beherrscht und weitere Lager inner-
halb der kaum 1 Kilometer langen Interwalle zwischen jener Höhe und der beider-
seitigen Küste gänzlich überflüssig; hier genügten einfache „bracchia" vollkommen.
Dagegen ist es gut denkbar, daß jenes Hauptlager infolge der länglichen Form des
Hügels und dem Anschlüsse der „bracchia" eine annähernd halbmondförmige Gestalt
hatte, so daß wir doch ein „halbmondförmiges Lager" darunter vermuten dürfen,
und damit Marquardt, Rom. Staatswesen, II2 pag. 602 Recht behält, mit dem
Unterschied, daß der Ausdruck durchaus kein terminus technicus zu sein braucht,
sondern der Verfasser bloß in diesem einen Falle die auffallende Form des Lagers
damit charakterisieren wollte. — Damit fällt auch die Konjektur Schneiders
(Nr. 24 S. 109), der statt „lunatis" — „locatis" setzen will; denn „ein Lager
schlagen" heißt militärisch „castra ponere" und nicht „locare". Die von Schneider
angeführten Beispiele passen nicht auf diesen Fall; denn „locare" in Verbindung mit
„castra" bezeichnet nicht das Schlagen des Lagers als solches, sondern die Wahl
seiner Lage im Terrain, kommt daher ausnahmslos nur in Verbindung mit einer
Orts- oder Distanz bezeichnung vor, z. B. „in campo", „in colle", „duo milia
passuum ab hoste" u. dgl.
Thapsus. 2. Die Lokalisierung der Vorgänge. 835
vor allem die bereits erwähnte wichtige Höhe „Dahret el Hafsa"
in Betracht. Über ihre Bedeutung später.
Nun gilt es die Hauptfrage zu entscheiden: Auf welchem Isthmus Anmarsch und
ist Scipio zuerst eingetroffen, und auf welchem kam es dann zur Schlacht-
Schlacht?
Nach bell. Afr. 80,3 schlug Scipio sein letztes Lager „auf der
Meerseite" (ad mare versus) auf; dies stimmt mit der Erwähnung
des Cassius Dio, daß der einzig praktikable Zugang, den er ja sperren
wollte, längs der Küste hinlief1), und mit der Autopsie, welche ergibt,
daß der erwähnte, längs der Küste sich hinstreckende Höhenzug die
besten, wenn nicht die einzig möglichen Plätze für ein Lager bietet.
Nun lag aber dieses Lager Scipios hinter seinem linken
Flügel; denn die vor diesem stehenden Elefanten wurden nach bell.
Afr. 83,2 von Caesars rechtem Flügel direkt in das Lager
hineingeworfen.
Wenn nun Scipios linker Flügel am Meere stand, so kann die
Schlacht, da er von außen gegen die Spitze der Halbinsel vorging,
nur auf dem nördlichen Isthmus stattgefunden haben. Die
erste Annäherung war demzufolge auf dem entgegengesetzten,
also dem südlichen Isthmus erfolgt2).
Dieses Ergebnis ist zugleich der von uns bereits im Kapitel
„Aggar" (S. 814) versprochene Beweis für die Lage jener Stadt und
Tegeas, da nur bei unserer Lokalisierung der erste Anmarsch über
den südlichen Isthmus plausibel erscheint3).
1) „nag* avrrjv rrjy qaytiav.{1' — „Qa%ia", das ja auch die Bedeutung „Brandung"
hat, kann hier nur die Meeresküste im bewußten Gegensatz zum Ufer der Sebkra
bedeuten; anderenfalls wäre diese Beschreibung nicht eindeutig, was sie ja dem
ganzen Sinne nach unbedingt sein muß. Übrigens erhärtet, wie bereits ausgeführt,
der Augenschein in erschöpfender Weise diese Auffassung.
2) Ich gebrauche der Einfachheit halber die Ausdrücke „nördlicher" und
„südlicher" Isthmus, wie in der Folge die Bezeichnungen „Nordkorps" und „Südkorps".
Genauer sollte man eigentlich entweder von Thapsus aus von einem „westlichen" und
„südlichen", oder von der Sebkra aus von einem „nördlichen" und „östlichen" Isthmus
bezw. Korps sprechen. Aber obiges ist einfacher.
3) Stoffel wie Tissot nehmen auch, trotzdem sie ihrer Ansetzung von Aggar
zufolge Caesars Anmarsch über den nördlichen Isthmus erfolgen lassen, die Schlacht
gleichfalls auf diesem an. Über Stoffel ist oben das Nötige gesagt. Tissot dagegen
verlegt zunächst das vielerwähnte Sperrfort nach S' Fadeline auf dem nördlichen
Isthmus, läßt Scipio vor diesem umkehren, um die Sebkra herum auf dem südlichen
Isthmus aufwärts, dann an Caesars Werken vor Thapsus vorbei wieder
auf den nördlichen marschieren, und schließlich, nachdem Caesar dies höchst
836 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Es erübrigt noch die genaue Festlegung der anderen Lager und
des Schlachtfeldes selbst.
Die ersten Lager Die beiden ersten Lager Scipios und Jubas lagen nach
Scipios. B r o
c. 79,2 acht Millien von Thapsus, also ungefähr am Südausgange des
südlichen Isthmus. Genau umschreiben läßt sich ihre Lage in dem
sehr flachen Terrain nicht; sicher lagen sie so, daß sie zusammen den
Isthmus vollkommen sperrten, etwa wie in der Zeichnung auf Karte
21 angedeutet. Das Lager Scipios lag ferner westlich des königlichen,
da die Flüchtigen nach der Schlacht, um die Sebkra von Westen her
kommend, zuerst zu ihm und dann erst zu den „regia castra" gelangten1).
Der ort der Über letztere hinaus, und zwar, da die beiden caesarianischen Gruppen
Katastrophe, von Norden und Westen kamen, gegen Süden oder Osten zu muß der
Hügel gelegen haben, auf dem die Flüchtlinge schließlich zusammen-
getrieben und vernichtet wurden. Wir finden ihn unschwer in der
einzigen hügelartigen Erhebung jenes Abschnittes, der am Meer ge-
legenen, vom Marabout „Si Messaoud" und einem modernen Wasser-
werk gekrönten Anhöhe Trig. 30.
Die schanze auf Die Schanze, mit der Caesar die Vorrückung Scipios auf dem
a' südlichen Isthmus sperrte, lag zweifellos auf der bereits mehrfach er-
wähnten Kuppe „Dahret el Hafsa", die für diesen Zweck
hervorragend geeignet erscheint. Im Westen reichten bei höherem
Stande der Sebkra die Sümpfe jedenfalls in der dort tief einschneiden-
den Terrainmulde bis an den deutlich markierten Fuß der Kuppe, so
daß hier tatsächlich die erwähnte Einengung des gangbaren Terrains
auf 1500 römische Schritte vorhanden war; eine Umgehung der Kuppe
im Westen war daher unmöglich. Versuchte der Gegner aber sie
östlich zu umgehen, oder griff er sie an, so konnte die Besatzung des
merkwürdigerweise geschehen läßt, die Schlacht mit verkehrter Front, Caesars Linien
vor sich, das Sperrfort im Rücken, annehmen, während Afranius außen vor dem
Sperrfort lagert. (Siehe die erste Bearbeitung, Tafel III. Im Texte kommt die
Sache nicht so ganz klar heraus.) Man sieht, zu welch haarsträubenden Kon-
zessionen auf Kosten der militärischen Wahrscheinlichkeit die verfehlte Annahme
vor Aggar geführt hat und führen mußte! — Über die Darstellung der Vorgänge
bei Guischardt IV. 150 läßt sich nicht rechten, da der Verfasser eine ganz falsche
Vorstellung vom Terrain hat.
1) Schneider (Nr. 24, S. 156) verlegt, im Widerspruch mit der Quelle und
Stoffel, die ersten Lager nicht 8, sondern 13 Millien von Thapsus. Damit wird, da
der Südisthmus nicht gesperrt wird, die ganze auch von ihm akzeptierte Schlacht-
idee hinfällig, während andererseits die erzielte Ersparnis von 5 Millien wahrhaftig
wenig in die Wagschale fällt.
Thapsus. 3. Die Schlacht. 837
kaum einen Kilometer entfernten Hauptlagers wirksamst flankierend
eingreifen. Wir können daher sehr wohl begreifen, daß Scipio unter
diesen Umständen unverrich teter Dinge umkehrte.1) —
Betreffs der Situation des letzten Lagers Scipios sagt uns Das letzte Lager
die Quelle c. 80,3, daß es sowohl vom Lager Caesars, als von jener Scipios-
Schanze je 1500 römische Schritte gegen das Meer zu lag. Das paßt
genau auf jene Kuppe des ofterwähnten Hügelzuges, auf der heute das
Marabout „S1 Zebidi" steht (s. Bild 58, S. 842). Der Autopsie zufolge
erscheint diese Kuppe durchaus nicht etwa wesentlich günstiger für ein
Lager als die anschließenden ; es liegen noch zwei ungefähr gleich hohe
östlich vor, die den Ausblick einigermaßen behindern. Wir begreifen aber
sehr wohl, daß Scipio es vermied, noch näher an die Linien Caesars heran-
zugehen; es mußte ihm alles daran gelegen sein, das Lager fertigzu-
stellen, bevor Caesar es merkte oder doch herankam, und in diesem
Sinne boten ihm dieselben Höhen, die seine Aussicht behinderten, zu-
gleich Deckung gegen den Einblick des Feindes. — Caesars vorzüglich
funktionierender Aufklärungsdienst und seine berühmte Schnelligkeit
durchkreuzten trotzdem das Kalkül Scipios. Es scheint indeß wirk-
lich hohe Zeit gewesen zu sein; wenn es Scipio gelang, sein bereits
begonnenes Lager fertigzustellen, so war Caesars Situation ganz wesent-
lich schwieriger geworden.
3. Die Schlacht.
Bezüglich der taktischen Details der Schlacht lassen die Quellen Taktische
trotz einiger Lücken immerhin eine ziemlich klare Darstellung zu.
Über Stärke und Zusammensetzung des von Scipio geführten Die
Nordkorps fehlen nähere Angaben, und sind wir auf approximative Da?Nordkorpi.
Berechnungen angewiesen.
Die Gesamtstärke, mit der Scipio und Juba vor Thapsus er-
schienen, betrug etwa 10 Legionen, darunter 2 l!i königliche2). Letztere
blieben jedenfalls vollzählig unter Juba in dessen Lager zurück;
etwa ebensoviel dürften unter Afranius im bisherigen Lager Scipios
verblieben sein, so daß das Südkorps etwa 5 Legionen stark war.
1) Der Durchmarsch Scipios wäre hier überhaupt nur möglich gewesen, wenn
er selbst die Höhe Dahret el Hafsa hätte in die Hand nehmen, und unter dem Schutz
einer daselbst postierten stehenden Seitenhut die Haupttruppe westlich derselben
durchziehen können. Dies aber war infolge der Besetzung der Höhe durch Caesar
ausgeschlossen.
2) Siehe die Beilage I „Heeresstärken" S. 891.
838 Der Caesarianische Bürgerkrieg'.
Somit verbleiben für das Nordkorps etwa 5 bis 6 Legionen, was ja
der Situation vollkommen entspricht. Kavallerie und leichte Truppen
waren jedenfalls ziemlich gleichmäßig aufgeteilt, die Elefanten scheinen,
wenn nicht vollzählig, so doch in der Mehrzahl beim Nordkorps ein-
geteilt gewesen zu sein1).
Der Marsch um die allerseits um 1 bis 2 Kilometer (einschließlich
der Begleitsümpfe) breiter zu denkende Sebkra betrug bis zu dem er-
mittelten Lagerplatz ca. 30 Kilometer, und erforderte nach b. Afr. c. 80,3,
die ganze Nacht2). Mit dem Lagerschlage wurde beim ersten Morgen-
grauen (caelo albente) begonnen. Derselbe war noch nicht vollendet und
auch die Truppen noch nicht fertig aufmarschiert, als Caesars vehementer
Vorstoß ihren linken Flügel traf und zerschmetterte. Der Rückzug des
Korps erfolgte, jedenfalls noch in leidlicher Ordnung, auf demselben
Wege, den es gekommen. Über die Aufstellung des Korps in der
Schlacht wissen wir nur, daß die Elefanten zum Schutze der noch teil-
weise mit dem Lagerschlage beschäftigten Infanterie auf beiden
Flügeln vorgeschoben und ihnen wenigstens am linken, wahrscheinlich
aber auch am rechten Flügel Kavallerie und wohl auch leichte Truppen
beigegeben waren.
Das südkorps. Über die Tätigkeit des Südkorps fehlen nähere Daten. Dio
XLIII 7,3 berichtet, daß es auch an der Sperrung des Isthmus ge-
arbeitet hätte, was durchaus wahrscheinlich ist. Weniger Wahrschein-
lichkeit besitzt die Vermutung Langhammers, daß Juba während der
Schlacht gleichfalls auf seinem Isthmus vorgegangen sei (Nr. 32, S. 397).
Eingegriffen hat er sicher nicht, und die Nachricht von der Katastrophe
Scipios, die ihn nach Dio XLIII 8 zur überstürzten Flucht veranlaßt hat,
kann er aus dem plötzlichen Anmarsch derCaesarianer,die also nicht mehr
durch das Nordkorps gebunden sein konnten, mit Sicherheit entnommen
haben. Sicher ist, daß Caesar, als er nach der Niederlage Scipios sich gegen
das Südkorps wandte, dort keinen ernstlichen Widerstand mehr fand. —
1) Selbstverständlich fällt mit dieser Annahme der Kräfteverteilung die von
Stoffel und mir früher vertretene Ansicht, daß die Republikaner zur Schlacht in
4 Treffen aufmarschiert sein müssen.
2) Ich schließe mich der Konjektur Schneiders (Nr. 24, S. 109) an und lese:
„itinere supra stagnum postero die nocte confecto". Der Grund aber liegt nicht in
der von Schneider errechneten Marschdistanz, die infolge seiner falschen Ansetzung
der ersten Lager zu kurz angegeben ist, sondern in dem Umstände, daß bei der
überlieferten Lesart „postero die et nocte" zwischen dem im bell. Afr. 79, 2 überlieferten
Datum des Abmarsches von Aggar und dem durch die Fasti und Ovid Fast. IV 379
genau bekannten Datum der Schlacht ein Tag zuviel herauskäme.
Thapsus. 3. Die Schlacht. 839
Bezüglich Caesars Aufmarsch ist die Hauptquelle leider durch Caesar.
Textverderbnis unklar. Die Hauptfrage ist auch hier, wieviele
Legionen Caesar gegen das Nordkorps in den Kampf brachte ; denn
die Formation ist in cap. 81,1 ziemlich klar angegeben1). Ich
glaube, daß die Zahl der in den Kampf gekommenen Legionen in
Wirklichkeit geringer war, als die bisherigen Ausleger angenommen
haben. Der Isthmus besaß in der Höhe des Schlachtfeldes nach unseren
Ausführungen damals eine Breite von höchstens 2V2 Kilometern2).
Wenn nun Caesar seine Legionen, wie die Quelle ausdrücklich er-
wähnt, in 3 Treffen, die V. Legion überdies zu je 5 Kohorten in
einem Treffen auf beiden Flügeln aufstellt und dann noch Eaum für
leichte Truppen und Kavallerie erübrigt, so kann er keinesfalls mehr
als etwa 5 Legionen in der normalen acies triplex, also mit der V.
im ganzen 6 Legionen in den Kampf gebracht haben. Daß es auch
nicht weniger waren, erhellt wieder aus der Tatsache, daß 5 Veteranen-
legionen nominell aufgezählt und außerdem in 81,2 noch tirones
erwähnt werden3). Es ist auch nicht einzusehen, weshalb er mehr
Truppen gebraucht hätte, da die räumlichen Verhältnisse ihre Ver-
wendung behindert hätten, Scipios Korps aber, an Qualität entschieden
minderwertig, auch quantitativ kaum stärker war und vor allem seine
beste Waffe, die leichten Truppen, auf diesem Terrain nicht zur Gel-
tung bringen konnte.
Hält man dies fest, so erscheint auch die Schlachtordnung, zumal
jene Caesars, und der detaillierte Verlauf des Kampfes in der Quelle
1) Über letztere ist daher weiter kein Wort zu verlieren; die in der Quelle
angegebenen Daten sind auf Karte 21 entsprechend verwertet, wobei ich bemerke,
daß das Detail der Formation bei den Caesarianern schematisch aufzufassen und
die Zahl der Kohorten, im Sinne der folgenden Ausführungen über die nicht ganz
sichere Stärke, nicht ganz genau zu nehmen ist.
2) Dies erhellt auch daraus, daß Scipio im Interesse der beabsichtigten Sperrung
des Isthmus unbedingt eine möglichst schmale Stelle zum Lagerschlag und demzu-
folge zur aufgezwungenen Schlacht gewählt haben muß. Siehe weiter unten S. 849.
3) Demzufolge könnte sich die vielumstrittene Lesart 81, 1 „quinque legiones"
auch irgendwie auf die Gesamtzahl der in normaler Front aufgestellten Legionen,
im Gegensatz zu der „in quarta acie" aufgestellten V. Legion, beziehen. Daß
damit unbedingt nur das Zentrum, also die nicht nominell als auf den Flügeln stehend
angeführten Legionen, gemeint sein sollen, wie Groebe (Nr. 26) III 713 f. will, ist
durchaus nicht einleuchtend. Mögen die Philologen von Fach versuchen, die Stelle mit
„quinque legiones" in obigem Sinne zu rekonstruieren. Ich halte meinerseits die
Unterbringung des Nominativ oder Akkusativ ,, legiones" in diesen Satz für äußerst
gezwungen, und daher die altbewährte Konjektur „quintae legionis" für viel wahr-
scheinlicher.
840 Der Caesariauische Bürgerkrieg;.
genauer und plastischer zum Ausdruck gebracht, als es bei oberfläch-
licher Lektüre den Anschein hat.
Das Lager Scipios lag, wie erwähnt, auf der Kuppe Si Zebidi;
die Elefanten des linken Flügels jedenfalls nach links außen gegen die
schmale Niederung an der Küste vorgeschoben, daselbst neben ihnen
die 83,3 erwähnten maurischen Reiter, analog die Elefanten und
Reiter des rechten Flügels an der Sebkra; hinter all dem, aber noch
vor dem Lager, die Infanterie.
Caesar disponierte gegen die Elefanten beiderseits je 5 Kohorten
der V. Legion und leichte Truppen, letztere wohl vor die Kohorten,
da sie mit ihren Fernwaffen den Angriff auf die Tiere einzu-
leiten hatten; die Reiterei kam auf die äußersten Flügel. Zwischen
diese beiden Flügelgruppen hatten dann die übrigen 5 Legionen in ge-
wohnter acies triplex einzurücken ; die rechte Flügellegion, die X., kam
demnach gerade auf die Hügelkette, gegenüber der feindlichen Lager-
front, zu stehen. (Vgl. Bild 58 auf Seite 842.)
Dieser Aufmarsch ist niemals zur vollen Entwicklung
gekommen. Der ganze Verlauf der Schlacht spricht hierfür, und der
Schlüssel liegt in dem überlieferten Verhalten Caesars vor Beginn des
Angriffs.
Caesars zögern. Die lächerliche Anekdote Plutarchs von dem epileptischen Anfall
des Feldherrn kann wohl als abgetan gelten1). Anders verhält es
sich mit dem unzweideutig überlieferten Zögern Caesars, den An-
griffsbefehl zu erteilen (bell. Afr. 82,3). Alle Erklärer haben sich
hierüber, sowie über Caesars angebliche Äußerung, er wolle nicht
„eruptione pugnare", ihre Gedanken gemacht. Vor allem soll die
noch nicht zur Ausführung gelangte Flottendiversion Ursache gewesen
sein (Guischardt, Stoffel, Schneider u. a.); das mag stimmen, hat aber
mit dem „eruptione pugnare" nichts zu tun. Guischardt I 151 glaubt
auch, daß die Dispositionen noch nicht fertig ausgegeben waren. Das
ist unwahrscheinlich, denn die mußten wohl schon ausgegeben sein,
ehe der Aufmarsch begann2). — Ich halte es für ausgemacht, daß
1) Schneider (Nr. 24) S. 155. Über Langhammers gegenteilige Ansicht siehe die
folgende Anmerkung.
2) Langhammer (Nr. 30) S 1278 f. knüpft auch an diese Frage seine Ansicht
von der furchtbaren Gefahr, in die Caesar unvorhergesehenerweise geraten, und welche
zu verschleiern der Verfasser des bell. Afr. einen „entstellten" Bericht geliefert hat.
Caesar, zuerst zur Defensive entschlossen, rafft sich endlich im Augenblicke höchster
Gefahr zur Offensive auf; als er aber dem Feinde gegenübersteht, verläßt ihn
Thapsus. 3. Die Schlacht. 841
eben der Aufmarsch noch nicht vollendet war, und zwar am
linken Flügel, was bei der Eile des Aufbruches und der Nähe des
Gegners sehr begreiflich ist; auch hatte dieser Flügel, längs der
Sümpfe vorgehend, entschieden größere Schwierigkeiten für den Auf-
marsch zu überwinden als der auf dem besten Wege „nag* avrfjv ttjv
Qaxiav"' vorgehende rechte. Dieser aber, auf dem wohl auch der Ver-
fasser des bellum Africanum stand, merkte dies nicht oder wollte es
angesichts des scheinbar so günstigen Momentes nicht merken, und er-
zwang schließlich wider den Willen des Feldherrn den Angriff1). Hier
hat Caesars „eruptione pugnare" einen Sinn: dieses unaufhaltsame
Vorbrechen ohne regelrechten Aufmarsch war eine tatsächliche
„eruptio"; Caesar aber wollte eine rangierte Schlacht, und mit
gutem Grund; die Ereignisse haben ihm recht gegeben. Wäre der
Aufmarsch vollendet worden,- so wäre die ganze Front ziemlich gleich-
mäßig an den Feind gekommen; das gegnerische Zentrum und sein
rechter Flügel wären, bereits ins Handgemenge geraten, nicht im-
stande gewesen, sich so glatt dem Kampfe zu entziehen, als die gleich
näher zu erwähnende Katastrophe ihres linken Flügels die Schlacht
so überraschend schnell entschieden hatte, und einen verhältnismäßig
unbehelligten und geordneten Rückzug anzutreten; sie wären, in der
Front festgehalten, von den Höhen des eroberten Lagers aus in
Flanke und Rücken gefaßt und vernichtet oder in die Sebkra ge-
worfen worden. — Der Übereifer der caesarianischen Veteranen hat
diesen Plan des Feldherrn durchkreuzt. Die Folge war, daß ihnen der
schleunigst der kaum aufgeflammte Mut, weil die Flotte noch nicht eingreift und
er überdies eine „Flankierung durch Juba" befürchtet, obwohl er, wie Langhammer
gleichzeitig annimmt, sich nicht nur durch einzelne Werke, sondern sogar durch
eine zusammenhängende Circumvallationslinie gedeckt hat(!) Da gleichzeitig im
Heere Scipios infolge übler Nachrichten von Juba eine Panik einreißt, so wäre es
beinahe gekommen wie in der bekannten Geschichte von dem Bauer, der im Walde
einem Bären begegnet, worauf beide in höchstem Schrecken voreinander ausreißen,
wenn nicht Caesars Soldaten, einsichtiger und mutiger als ihr Feldherr, eigenmächtig
die Fortsetzung der Offensive erzwungen hätten. — In seiner letzten Publikation
(Nr. 33, S. 952) greift Langhammer sogar auf die Geschichte mit dem epileptischen
Anfall zurück, der „durch die Vorstellung des unvermeidlichen Unterganges" ver-
ursacht war(!). Er verhindert Caesar, das Zeichen zur Schlacht zu geben, die
Truppen greifen selbst an, kreisen den Feind ihrerseits ein etc. Als alles vorbei ist,
kommt dann der inzwischen genesene Feldherr, um das Kommando wieder zu über-
nehmen. — Sapienti sat. —
1) Auch das noch nicht ausgegebene „Signum Felicitatis", das Caesar erst nach
dem eigenmächtigen Vorbrechen in Legionen ausgab (83,1), spricht für den noch nicht
vollendeten Aufmarsch.
S42
Der Caesarianische Bürgerkrieg.
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Feind zunächst ent-
kam, und sie muß-
ten einen 30 Kilo-
meter langen Ver-
folgungsmarsch
machen, um ihn wie-
der zu fassen, wobei
sie noch von Glück
reden konnten, daß
jener seinen Rück-
zug nicht direkt ins
Landinnere, sondern
zu den Lagern des
mittlerweile aufge-
lösten Südkorps
nahm, wo nun aller-
dings die Vernich-
tung seiner harrte.
Doch damit
wurde den Ereig-
nissen vorgegriffen.
— Die Entscheidung
fiel am Nordflügel.
Die Elefanten Sci-
pios wurden von
Caesars Leichten
und den 5 Kohorten
der V. Legion ge-
worfen und gegen
das halbfertige La-
ger gedrängt, wo-
bei auch die hinter
ihnen stehende In-
fanterie übel weg-
kam ; gleichzeitig
führte die X. Legion den entscheidenden Frontalstoß längs der Hügel-
kette direkt gegen die Front des Lagers, so daß Scipios linker Flügel
tatsächlich konzentrisch gefaßt und zerschmettert wurde ; der Stoß der
P3
H
Thapsus. 3. Die Schlacht. 843
Caesarianer führte hier in einem Atem bis ins halbfertige Lager, womit
die Schlacht entschieden war.
Am südlichen Flügel war es indessen kaum zumZusammenstoß ge-
kommen. Die so rasche Katastrophe des linken Flügels, vor allem
der Verlust des Lagers bewog wohl das Zentrum und den rechten
Flügel der Republikaner, die von Caesars gegenüberstehenden Truppen
noch nicht gefaßt waren, so schleunig als möglich den Rückzug an-
zutreten, um nicht von den Höhen her aufgerollt und in die Sebkra
geworfen zu werden. Die Elefanten dürften hier den Rückzug ge-
deckt haben ; darauf deutet die Episode c. 84.
Unklar erscheint noch die Verwendung der Kavallerie Caesars. Caesars
In der Ordre de bataille wird nur die Kombinierung von Reiterei
und leichter Infanterie auf den Flügeln erwähnt (81,1). Viel Reiterei
kann dort dem Terrain zufolge nicht gestanden haben, sie hat auch
keine Rolle gespielt, nicht einmal bei der Verfolgung, wo man dies doch
hätte erwarten sollen; statt dessen wurde letztere anscheinend von
den Legionen allein durchgeführt, und die geschlagenen Feinde konnten
den 30 Kilometer langen Marsch zu den früheren Lagern ohne wesent-
liche Behinderung zurücklegen, was bei energischer Verfolgung durch
ein starkes Kavalleriekorps — Caesar verfügte damals über gut 4000
Reiter — nicht so leicht möglich gewesen wäre. Wo stand also das
Gros der Kavallerie Caesars während der Schlacht?
Eine direkte Antwort geben uns die Quellen nicht, doch bleibt
uns eine Vermutung, die viel Wahrscheinlichkeit für sich hat.
Daß in der Schlacht selbst von einer Kavallerieverwendung großen
Stiles aus Terrainrücksichten keine Rede sein konnte, darüber mußte
Caesar klar gewesen sein ; kam doch dieser Umstand ihm mehr zu gute
als dem Gegner. Andererseits war es ihm sehr darum zu tun, mit
dem feindlichen Nordkorps fertig zu sein, bevor das Südkorps, von
dem man nicht wußte, was es eventuell im Schilde führte, wirksam
eingreifen konnte. Die 2 Legionen, die zur Rückendeckung ausge-
schieden waren, konnten bei ihrer Minderzahl diese Aufgabe doch nur
in der befestigten Linie knapp vor Thapsus lösen; ein Kampf in so
geringer Entfernung vom Schlachtfelde, im Rücken der kämpfenden
Hauptkraft, konnte immerhin, auch wenn der Gegner nicht durchzu-
dringen vermochte, die Hauptentscheidung ungünstig beeinflussen. Es
handelte sich also darum, einen eventuellen Angriff des Südkorps auf
die Linien von Thapsus, den absolut zu hindern allerdings nicht mög-
844 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
lieh war, wenigstens tunlichst zu verzögern; dazu eignete sich aber
eine gute Kavallerie — und das waren Caesars gallisch -germanische
Reiter — vortrefflich; man braucht nur an die vorzüglichen Dienste zu
denken, welche diese Waffe ihrem Feldherrn in den Tagen von Ilerda in
diesem Sinne geleistet hat (b. c. I 63 — 71). Bei der Teilung der feind-
lichen Armee, in welche die Reiterei jedenfalls inbegriffen war, brauchte
die zum größten Teil vereinigte caesarianische Kavallerie auch nicht
mehr die numerische Überlegenheit der gegnerischen zu fürchten, konnte
also ihre Aufgabe sehr gut lösen.
Demzufolge denken wir uns das vereinigte Gros der caesarianischen
Kavallerie auf den Südisthmus gegen die Lager Jubas und Afranius
vorgeschoben mit dem Auftrage, falls jene gegen Thapsus aufbrechen
sollten, sich auf die Tete zu werfen und den Vormarsch so lange als
möglich zu verzögern. —
Die Verfolgung. Zur Verfolgung des geschlagenen Nordkorps dürfte Caesar wohl
nur einen Teil der in der Schlacht verwendeten Legionen befehligt,
den andern Teil im Vereine mit den beiden Legionen des Asprenas
zum Vorstoß gegen das Südkorps disponiert haben. Wir dürfen auch
annehmen, daß Caesar diese zweite Offensive persönlich geleitet und
mit der Verfolgung der flüchtigen Truppen Scipios irgend einen Le-
gaten betraut hat. Denn beim Angriff auf das intakte, in Ver-
schanzungen stehende Südkorps mußte man entschieden auf einen
ernstlichen Widerstand gefaßt sein; daß die Sache schließlich so leicht
würde, war durchaus nicht vorauszusehen. Diese Auffassung stimmt
auch mit der Darstellung Dios und Plutarchs, welche die Ein-
nahme der Lager Jubas und Afranius' direkt dem Feldherrn zu-
schreiben; auch im bellum Africanum ist gelegentlich der Verfolgung
der Fliehenden immer nur von den Truppen Caesars die Rede, erst
bei Erwähnung der letzten Katastrophe nächst dem Lager Jubas
finden wir wieder den Feldherrn selbst.
Das zeitkaiküi. Die komplizierten Vorgänge dieser Schlacht spielten sich insge-
samt im Rahmen eines kurzen Spätwintertages (7. Februar n. St.), aller-
dings vom frühesten Morgen bis in die Nacht hinein, ab. Setzt man die
Entdeckung des begonnenen Lagerschlages Scipios (caelo albente)
auf etwa 6 Uhr früh, den Beginn der Schlacht, die kaum mehr als
eine halbe Stunde gedauert haben kann, auf 7 Uhr an, so konnten
die Reste des Nordkorps, den jedenfalls aufs äußerste beschleunigten
Rückzug von 30 Kilometer mit gut 7 Stunden berechnet, etwa um
Tbapsus. 3. Die Schlacht. 845
3 Uhr nachmittag beim Lager des Afranius, und bald darauf bei jenem
Jubas eintreffen; unterdessen konnte der zweite Offensivstoß Caesars
längst beendet und die Lager des Südkorps besetzt sein (Raiilierung
zum zweiten Vorstoß höchstens 1 Stunde, Vormarsch 12 Kilometer
knapp 3 Stunden, also Eintreffen bei den beiden Südlagern ungefähr
gegen Mittag). Zwischen 3 und 4 Uhr nachmittags haben
wir uns dann den letzten Akt, die Niedermetzlung der Reste des
Nordkorps, zu denken, und 3 Stunden später, also bereits nach Ein-
bruch der Dunkelheit1), konnte Caesar wieder vor Thapsus eingetroffen
sein und die erbeuteten Elefanten zum Zeichen seines Sieges vor den
Stadtmauern aufmarschieren lassen2;.
* *
Mir die ausführliche Schilderung der Schlacht für die zusammen- Militärische-
hängende Darstellung des ganzen Feldzuges vorbehaltend, will ich im ur 'gm8~
folgenden zur spezifisch militärischen Würdigung derselben einiges aus-
führen.
Caesar hatte bei Uzita und Aggar die Erfahrung machen müssen,
daß es ihm im offenen Lande nicht möglich war, den Feind unter
halbwegs annehmbaren Verhältnissen zur Entscheidungsschlacht zu
zwingen. Die bisherigen Erfolge — die Wegnahme von Zeta und
Sarsura — wurden immer noch mehr als aufgewogen durch das Fiasko
der Belagerung von Uzita, die Zerstörung Vagas und die erfolglose
Umkehr vor Thysdrus. Caesar entschloß sich daher zu einem energischen
Schritt: einem Angriff auf Thapsus, welche Seestadt für Scipio
eine ungleich größere Wichtigkeit besaß als jene Orte, um die bisher
gekämpft worden war, so daß mit mehr Wahrscheinlichkeit zu er-
warten stand, daß er es diesmal auf eine Entscheidung werde ankommen
lassen.
Warum aber hatte Caesar diesen Weg nicht schon längst be-
treten? — Weil er sehr wohl erkennen mußte, daß immerhin ein recht
empfindliches Risiko damit verbunden war. Ohne die absolute Ga-
rantie der erhofften Entscheidungsschlacht zu gewinnen, spielte er
durch dieses Manöver dem Feinde eine sehr bedeutende Chance in die
1) Dazu stimmt auch Appiaus Erwähnung, daß die Verfolgung bis in die
Nacht gedauert hat. Vergl. Fröhlich (Nr. 9) S. 92.
2) Auch die Notwendigkeit einer so augenscheinlichen Bekräftigung des Sieges
spricht dafür, daß diese Szene sich bereits nach eingebrochener Dunkelheit ab-
gespielt hat.
846 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Hand. Wenn Scipio sich nicht zum Entscheidungsschlage verleiten
ließ, sondern sich begnügte, während der voraussichtlich langwierigen
Belagerung die Zufuhr Caesars durch Sperrung der Landengen abzu-
schneiden, so konnte dieser in eine sehr üble Lage kommen. Er blieb
dann für seine Verpflegung im wesentlichen auf die beiden Isthmen
angewiesen, auf welchen nach dem, was uns Dio über sie berichtet,
auf die Dauer nicht viel zu holen war. Die Verpflegung auf dem
Seewege, der Caesar allerdings unangefochten offen stand, war zu jener
Jahreszeit eine ziemlich problematische Sache; wir haben gesehen,
daß sie ihn vor Uzita, wo der Hafen von Leptis in nächster Nähe
war, auch nicht vor dem Mißerfolg hatte bewahren können. Kurz,
Caesar befand sich dann in einer Lage wie etwa Pompejus bei
Dyrrhachium, die noch schwieriger dadurch wurde, daß er überdies eine
starke Festung vor sich hatte, und die vollständige Absperrung dem
-Gegner durch das Terrain in ganz wesentlich höherem Grade erleichtert
wurde, als dazumal ihm an der Küste der Adria. —
So kam es, daß Caesar sich zu der Expedition gegen Thapsus
erst entschloß, als er einsah, daß ein ernstlicher Erfolg ohne ein ernst-
liches Risiko nicht zu erzielen war, und eben sein Zögern beweist,
daß er sich der Gefahr voll bewußt war, der er entgegenging.
Neuerdings hat, wie mehrfach erwähnt, A. L an g h a m m e r1) die Sache
so darzustellen versucht, als wäre Caesar blind in die Falle gegangen und
dies allein ein derartiger Mißerfolg gewesen, daß er nicht einmal recht
durch den folgenden Sieg wettgemacht erscheint, so daß der Verfasser des
bellum Africanum sich gezwungen gesehen hätte, durch absichtliche Ent-
stellung der Vorgänge Caesars „Mißerfolg" vor Thapsus zu vertuschen.
Die Geschichte erinnert beinahe an Rauchensteins famose Helvetier-
schlacht. — Ich glaube, es kann keine glänzendere Probe für die Be-
währung militärischen Genies geben, als eine solche Gefahr zu ris-
1) Insbesondere Nr. 32 und 33. An letzterer Stelle S. 949 f. auch der mehr als
phantastische, überdies auf den fehlerhaften Lokalisierungen Stoffels aufgebaute Re-
konstruktionsversuch: Juba und Labienus umgehen Caesar im Süden; dieser wendet
sich gegen den bei Tegea stehenden Scipio, der nach Norden ausweicht und sich bei
Leptis (!) mit Juba und Labienus vereinigt. Caesar, so vom Meere abgeschnitten, muß
sich auf die Halbinsel von Thapsus zurückziehen und wird dort eingeschlossen. —
Die Widerlegung dieser Auffassung ergibt sich wohl von selbst aus unserer Dar-
stellung; ein Eingehen auf das Detail können wir uns füglich ersparen. Manches
ist da übrigens auch unverständlich, so die Vereinigung der Gegner bei Leptis,
während L. im selben Absatz wieder sagt, daß Juba und Labienus sich am südlichen
Isthmus verschanzt hätten. —
Thapsus. 3. Die Schlacht. 847
kieren, um sie dann mit so durchschlagendem Erfolge zu überwinden,
wie Caesar es bei Thapsus vollbracht. Die allernachdrücklichste Be-
tonung der Gefahr, in der Caesar sich befand, hätte demnach den
Glanz des endgültigen Erfolges nur steigern müssen ; denn je drohender
die Gefahr, je schwieriger die Hindernisse, desto größer das Verdienst,
sie überwunden zu haben. Es ist somit ganz einleuchtend, daß die
Unklarheiten der Darstellung des bellum Africanum nicht auf be-
wußte tendenziöse Entstellung, sondern vielmehr auf das in irgend
einer Hinsicht unzureichende Können des Verfassers zurückzu-
führen sind1). Worin dies begründet war, werden wir an anderer
Stelle sehen.
Weit richtiger ist die von Langhammer bekämpfte Auffassung-
Schneid er s, der überhaupt, wie bereits erwähnt, die Grundidee dieser
ganzen Vorgänge ziemlich klar erfaßt hat2).
Scipio tat, was Caesar vorausgesehen haben mußte, und beschloß,
1) Langhammer kommt endlich zu dem Schlüsse, daß „das bellum Africanum
genau wie Caesars Kommentare immer nur mit Vorsicht zu benutzen ist; daß die
anderen Quellen mindestens dieselbe Beachtung1 verdienen wie die Schriften des
caesarischen Offiziers." — Daß letzteres bei Thapsus ausnahmsweise der Fall ist,
haben wir gesehen, aber die Gründe sind ganz andere als Langhammer glaubt, und
die Sache zu verallgemeinern geht schon gar nicht an. Dem kann man nur die
wahrhaft goldenen Worte Köchlys (Übersetzung von Caesars Bürgerkrieg, Langen-
scheidtsche Ausgabe, p. VII.) entgegenhalten: „Dennoch aber bleibt für uns die
caesarische Darstellung nicht nur die weitaus wichtigste Quelle, sondern geradezu
die eigentliche Grundlage ; und man kann sich ihren Wert nicht einfacher und besser
klar machen, als wenn man einmal den Versuch macht, mit gänzlicher Übergehung
derselben aus den übrigen Quellen eine Geschichte des Bürgerkrieges zusammen-
zustellen".
Langhammer sucht auch seine Ansicht daraus zu begründen, daß der Ver-
fasser des bellum Africanum angeblich ein viel zu hoch gebildeter Mann war, als daß
er seine Unklarheiten anders als bewußt in die Darstellung hätte bringen können und
beweist dies langatmig aus sprachlichen und stilistischen Details. Demgegenüber ist
nur zu bemerken, daß zwischen literarischer und militärischer Hochbildung ge-
legentlich auch ein bedeutender Unterschied bestehen kann, wofür Langhammer und
manche seiner Berufsgenossen recht überzeugende Beispiele abgeben. — Wir werden
auf die diesbezügliche Charakteristik des Verfassers des bellum Africanum noch in
einem eigenen Abschnitt zurückkommen.
2) Nr. 24, S. 157: „Sein (Scipios) Plan, Caesar zwischen dem Salzsee und Thapsus
einzuschließen, ist so übel nicht, nur stieß Caesar, wie nachmals Friedrich der Große
den Österreichern, ein Loch in den Sack, der ihn fangen sollte." — Diese Auffassung
ist ebenso zutreffend wie der Vergleich, bei dem offenbar an Liegnitz gedacht ist.
Nur hat Caesar dann noch ein zweites Loch in die andere Seite des Sackes gestoßen,
und dies ist Schneider unklar geblieben, woran zum Teil seine ausnahmsweise von
Stoffel abweichende, irrtümliche Ansetzung der ersten Lager Schuld trägt.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 54
848 Der Caesarianische Bürgerkrieg'.
den Feind auf der Landenge auszuhungern. Es fragt sich, ob er zur
Erreichung dieses Zweckes nicht besser getan hätte, einfach in der
nun ihm überlassenen Ebene von Aggar stehen zu bleiben, und nur
durch seine weit überlegene Kavallerie und die leichten Truppen jeden
Requisitionsversuch Caesars über den Isthmus hinaus zu hindern. Er
hätte dabei weniger riskiert, hätte seine Hauptkraft beständig bei-
sammenhalten und einem ernsten Kampf, der ja nicht in seinem Plane
lag, mit größerer Sicherheit ausweichen können. Allerdings hätte er
dann nicht zu hindern vermocht, daß Caesar eventuell mit ganzer Kraft
wieder abzog. Geschah dies jedoch, ehe es ihm gelang, Thapsus zu
bezwingen, so war dies immerhin schon ein erheblicher Erfolg Scipios,
ähnlich dem vor Uzita. Der Krieg zog sich dann weiter in die Länge,
und das war entschieden für Scipio weit weniger unangenehm als für
Caesar.
Dagegen ist zu bedenken, daß es, wenn Caesar Thapsus be-
lagerte, für Scipio nicht möglich war, wie bei Uzita die direkte Ver-
bindung mit der Stadt aufrecht zu erhalten und sie auf diese Weise in
der Verteidigung zu unterstützen ; so mußte er immerhin mit der Mög-
lichkeit rechnen, daß Caesar durch energischen Angriff zu Lande und
zur See sich der Stadt früher bemächtigte, als die Unterbindung seiner
Zufuhr ihn zur Authebung der Belagerung zu zwingen vermochte.
Dann aber konnte er als Sieger, nach voll erreichter Absicht, den
Isthmus verlassen, und Scipio hatte eine ernstliche Schlappe er-
litten. —
Genug, Scipio wählte die kühnere Alternative und beschloß, Caesar
auf dem Isthmus vollständig einzuschließen. Nachdem der Versuch,
für die notwendige Teilung wenigstens die kürzeste Verbindung von
Isthmus zu Isthmus zu wahren, durch Caesars Gegenmaßregeln ver-
eitelt war, ließ er die Hälfte der Armee aut der südlichen Landenge
und ging mit der andern um die Sebkra herum auf die nördliche, um
hier die Sperrung durchzuführen.
Alles hing jetzt davon ab, ob es ihm gelang, die Sperre zu voll-
enden, ehe Caesar die Trennung der Armee zum Schlage ausnützte.
Eine ganz kurze Spanne Zeit standen die Chancen gleich; verstrich
diese ohne Entscheidung, so waren sie wesentlich zugunsten der Re-
publikaner verschoben.
Man könnte hier die Fragen aufwerfen, warum das Nordkorps so
Thapsus. 3. Die Schlacht. 849
nahe an Caesars Stellung herangegangen ist, so daß dieser den Ver-
such der Absperrung sofort durch seinen Angriff vereiteln konnte, und
nicht lieber, analog dem Südkorps, den Nordisthmus an seinem Westende
abzusperren gesucht hat. Das tatsächliche Vorgehen war zweifellos ein
Fehler; es fragt sich nur, ob die Republikaner nicht im guten Glauben
waren, hierdurch einen anderen, größeren vermeiden zu können. Die
Antwort gibt uns das rekonstruierte Terrain. Wir sehen daraus, daß
das Gelände dort, wo Scipio tatsächlich Halt machte, nicht nur bessere
Stützpunkte bot als weiter im Westen, sondern vor allem, daß der
Isthmus hier merklich schmäler war; die auszuführende Linie hätte
am Westende eine weit größere Länge und damit zu ihrer Herrichtung
weit mehr Zeit erfordert, und wäre, was wohl am meisten in die Wag-
schale fällt, infolge ihrer Ausdehnung wesentlich schwächer und
schwerer zu verteidigen gewesen. Man mochte gehofft haben, im
Dunkel der Nacht unbemerkt an den Platz zu kommen und dann rasch
mit der kurzen und eben darum besonders günstigen Sperre fertig zu
werden. Dabei hatte man sich vielleicht ein wenig im Zeitkalkül,
sicher aber in Caesars Aufklärungsdienst, Energie und Schnelligkeit
verrechnet. — Am Südisthmus lagen die Dinge eben anders. Dort
war, nachdem die Enge hart bei Thapsus durch Caesars Werk auf
Dahret el Hafsa gesperrt war, die verfügbare schmälste Stelle tat-
sächlich im Süden; hier war also ein Herangehen bis in die Nähe
von Thapsus durch keine Erwägung geboten. —
Caesar hatte, als er nach Thapsus zog, unzweifelhaft mit der
Möglichkeit einer Sperrung beider Isthmen durch den Feind gerechnet.
Dies erhellt mit voller Sicherheit aus der ersten Maßregel, die er nach
seiner Ankunft vor der Stadt sofort traf, ehe er noch die Einschließung der-
selben durchgeführt hatte, und ehe auch die Sperrung der beiden Isthmen
seitens der Gegner überhaupt eingeleitet war : „locaque idonea opportuna-
que complura praesidiis occupare, hostes ne intrare ad se ac loca interiora
capere possent." Welches diese „loca idonea" waren, haben wir ge-
sehen; das Ergebnis war die Schaffung eines befestigten
Raumes, der einerseits jede direkte Verbindung des
Feindes von einem Isthmus zu dem andern absolut sperrte
und ihn auf den 30 Kilometer langen Umweg um die Sebkra
verwies, andererseits aber der eigenen Armee ermöglichte,
wie aus einer Gürtelfestung sich jederzeit mit ganzer
Kraft und auf dem kürzesten Weg auf jede einzelne der
54*
850 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
beiden feindlichen, praktisch 30 Kilometer voneinander
entfernten Gruppen werfen zu können1).
Die Durchführung dieser Maßregel unmittelbar nach der Ankunft
vor Thapsus, noch vor der Sperrung der Isthmen durch den Feind,
ist der beste Beweis dafür, daß Caesar nicht „in die Falle gegangen
war"2), sondern von Hause aus mit jenem Vorgehen des Feindes ge-
rechnet hat, auf dessen Durchkreuzung seine Tätigkeit gleichfalls vom
ersten Momente an gerichtet war.
Die nun folgenden Ereignisse gaben Caesar vollkommen recht.
Sobald die vorausgesehene Trennung der feindlichen Gruppen vollzogen
war, ließ er nur eine kleine Nebenkraft in dem befestigten Räume
gegenüber dem entfernteren Südkorps zurück, warf sich mit der Haupt-
kraft blitzschnell auf das nähere Nordkorps und zerschmetterte es;
dann die Verfolgung des geschlagenen Gegners einem Teile der Truppen
überlassend, wandte er sich augenblicklich mit der neurangierten Haupt-
kraft aus demselben Räume gegen die andere gegnerische Gruppe und
stieß unter dem unmittelbaren Eindrucke des ersten Erfolges bei-
nahe kampflos auch hier durch. Die „ Caesar iana celeritas" in
ihrer höchsten Vollendung!
*
Dies ist das Bild der Schlacht bei Thapsus, wie es uns in voller
Übereinstimmung mit den beiden scheinbar so unvereinbaren Quellen-
traditionen entgegentritt: als einer der genialsten Schlachtenentwürfe
des Altertums und aller Zeiten überhaupt. Sie zählt zu den kompli-
ziertesten Schlachten dieses grundsätzlich mit tunlichst einfachen
Mitteln arbeitenden Feldherrn; aber eben in dieser Kompliziertheit
tritt die einheitliche, zielbewußte, großzügige und klardurchsichtige An-
lage um so bewunderungswürdiger zutage. Kaum wird sich eine zweite
Schlacht nennen lassen, in der uns gerade jenes Moment in gleicher Voll-
kommenheit entgegentritt, das ja schließlich doch das Um und Auf jeder
wahrhaft genialen Schlachtenführung in sich schließt : die bis zur höch-
1) Durch die Besetzung der beiden, nur etwa 1 Kilometer voneinander ent-
fernten Kuppen El Faca und Dahret el Hafsa war in Wirklichkeit nicht nur dieses
Intervall, sondern der ganze Umkreis von einer Küste bis zur anderen gesperrt, da
der flache Raum beiderseits bis zum Meer, sowie das Vorterrain bis an die Sebkra
von diesen Punkten vollkommen eingesehen und beherrscht wurde. Sie wirkten ge-
wissermaßen wie die Gürtelforts einer moderen Festung und ermöglichten auch die
Gruppierung der Armee sowohl gegen Westen wie gegen Süden.
2) Langhammer Nr. 32, S. 397 u. a. a. 0.
Thapsus. 3. Die Schlacht. 851
sten Vollendung gediehene, souveräne Beherrschung der drei großen
taktischen Faktoren Kraft, Raum und Zeit1).
1) Langhammer hat sich übrigens auch in der taktischen Lösung des Prob-
lems von Thapsus versucht. (Nr. 31, S. 1598). Er nimmt die Doppelschlacht an, jedoch als
eine gleichzeitige Aktion, indem die drei Legionen, die nach seiner Ansicht das den
Isthmus sperrende „castellum" besetzt hatten, zur selben Zeit, da Caesar mit der
Hauptmacht sich auf Scipio wirft, auf den von Plutarch erwähnten gedeckten Wegen
sich anschleichend, plötzlich und überraschend vor den Lagern Jubas und Afranius'
erscheinen, welche daraufhin ohne Kampf die Flucht ergreifen. Daraus erklärt er
dann sowohl die Unruhe in der Front Scipios, wo man von dieser Katastrophe schon
Meldung hat, als auch das Zögern Caesars, der noch keine Meldung hat. Das weitere
spielt sich dann im Sinne unserer Darstellung ab : die fliehenden Trümmer der scipio-
nischen Gruppe geraten, nachdem sie um die Sebkra herummarschiert sind, beim Ein-
gang in den Südisthmus zwischen die beiden siegreichen caesarianischen Gruppen und
werden aufgerieben. —
Von der richtigen Hauptidee der Doppelschlacht abgesehen, strotzt auch diese
Darstellung von militärischen Unmöglichkeiten. Zunächst ist nicht anzunehmen, daß
das „castellum" von 3 Legionen besetzt war. Die Handschriften haben hier eine
Lücke, doch ist es klar, daß nur Kohorten gemeint sein können, denn eine Ver-
schanzung, in der 3 Legionen Platz hatten, konnte nach caesarianischem Sprach-
gebrauch niemals als „castellum", sondern mußte mindestens als „castra minora" be-
zeichnet werden. — Dann widerspricht die Gleichzeitigkeit der beiden Schläge
dem ausdrücklichen Wortlaut aller jener Quellen, in denen die Doppelaktion als
solche überhaupt betont ist: sowohl Dio als Plutarch lassen die Niederlage des Süd-
korps unzweideutig nach — , beziehungsweise infolge jener des Nordkorps, und
zwar durch Caesar selbst, erfolgen. Dies ist auch militärisch logischer; denn wenn
Caesar, wie die Lage ihm ja erlaubte, zuerst den einen und dann den anderen
Gegner abtat, so sicherte er sich für beide Aktionen die relative Übermacht und
die Möglichkeit der persönlichen Leitung, während die Entsendung von 3 Legionen
unter Kommando eines Legaten gegen die in festen Lagern stehende feindliche Macht
ein ganz unglaubliches und durchaus überflüssiges Risiko darstellt, das sehr leicht
den Gesamterfolg ernstlich gefährten konnte. Selbst angenommen, daß die über-
raschende Annäherung an die feindlichen Lager tatsächlich gelang: wo in der
ganzen römischen Geschichte haben wir ein Beispiel, daß intakte römische und nach
römischem Muster exerzierte Truppen, in gleichfalls nach römischer Art befestigten
Lagern stehend, diese einzig und allein infolge des plötzlichen Erscheinens eines
relativ kleinen Teiles der feindlichen Kraft ohne Widerstand fluchtartig räumten?
Zu einer solchen Handlungsweise waren wohl weder Juba noch Afranius die richtigen
Männer, und der bisherige Verlauf des Feldzuges berechtigte zu nichts weniger als
zu einer solchen Voraussetzung. Es ist daher zweifellos, daß die Räumung dieser
Lager einzig unter dem Eindrucke der Katastrophe des Nordkorps erfolgt sein kann. —
Das Kurioseste endlich ist — selbst im Rahmen der Langhammerschen Auffassung —
die Behauptung, daß von dieser Räumung Scipio früher Kenntnis erhalten haben soll
als Caesar. Caesar, dessen Aufklärungs- und Meldedienst bekanntlich in einer Weise
funktionierte, wie bei keiner anderen Armee des Altertums ; der von der angeblichen
Expedition der drei Legionen von Hause aus wissen mußte, da er sie ja angeordnet
hatte, während dies beim Gegner nicht der Fall sein konnte; in dessen Bereich endlich
für die diesbezügliche Meldung der kürzeste, vollkommen gesicherte Weg zur Ver-
852 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
fügung stand, während der Gegner, dem der nächste Weg an Thapsus vorbei ja ge-
sperrt war, hierfür nur über den zirka 30 Kilometer weiten Umweg um die ganze
Sebkra herum verfügte: Caesar soll trotzdem von dem Erfolge seiner eigenen Neben-
kraft nichts erfahren haben, während derselbe in Scipios Heer schon allgemein be-
kannt war? — Solange sich nicht nachweisen läßt, daß Scipio über ein modernes
Feldtelephon verfügt hat, kann diese Annahme nur als geradezu absurd bezeichnet
werden. —
Man könnte noch so manche Bedenken erheben; so z. B. wieso Caesar, der doch
auf seinem Schlachtfelde nach allen Annahmen weit näher an den Feind hatte,
darauf rechnen konnte, daß die einen viel weiteren Weg vor sich habende Südgruppe
ihren Erfolg früher erringen würde; dann vor allem, warum er überhaupt Wert
darauf legte, daß dieser Erfolg früher errungen wäre, bevor er selbst den Kampf begann.
Doch genug davon; das bisher Angeführte genügt wohl, um die Langhammersche
Auffassung, soweit sie über den allgemeinen Begriff der Doppelschlacht hinaus ins
Detail geht, als abgetan gelten zu lassen. —
Anhang.
Übersetzung der Quellenberichte.
a) Bellum Africanum c. 79 — 86.
79. (1) Als Caesar den Gegner auf keine Weise zwingen konnte, in
ein gleiche Chancen bietendes Terrain hinabzusteigen und eine Schlacht
mit den Legionen zu wagen, .... brach er am 4. April um die dritte
Nachtwache von Aggar auf und schlug nach einem Nachtmarsche von
16 Millien vor Thapsus, wo Vergilius mit einer starken Besatzung
kommandierte, das Lager und begann an diesem Tage die Stadt ein-
zuschließen und mehrere besonders günstig gelegene Punkte mit
Detachements zu besetzen, damit die Gegner nicht bis zu ihm vor-
dringen und den inneren Kaum in Besitz nehmen könnten. (2) Scipio
indessen erkannte Caesars Plan und sah sich vor die Notwendigkeit des
Kämpfens gestellt, um nicht in schmählichster Weise die ihm so treu er-
gebenen Thapsitaner und Vergilius zu opfern; er folgte Caesar sofort über
die Höhen und setzte sich 8 Millien von Thapsus in zwei Lagern fest.
80. (1) Es gab hier eine Sebkra (stagnum salinarum), zwischen
der und dem Meere sich ein Defilee von nicht mehr als 1500 Schritt
Breite befand; dieses suchte Scipio zu passieren und den Thapsitanern
Hilfe zu bringen. (2) Caesar hatte das vorausgesehen; denn schon am
Vortage hatte er an dieser Stelle eine Schanze (castellum) errichtet und
daselbst drei Kohorten1) zurückgelassen, mit den übrigen Truppen
aber schloß er Thapsus durch ein mondförmiges Lager und Werke ein.
(3) Als nun Scipio sein Vorhaben gescheitert sah, machte er am fol-
genden Tage einen Nachtmarsch um die Sebkra herum, blieb in der
Morgendämmerung, vom Lager und dem vorerwähnten Detachement
1) Das Wort „Kohorten" beruht auf einer Konjektur, aher auf einer durchaus
plausiblen. Drei Legionen in einem „castellum" sind nicht denkbar. S. S. 851, Anm. 1.
S54 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
nicht weiter als 1500 Schritte entfernt, auf der Meerseite stehen und
begann ein Lager zu befestigen. (4) Sobald dies Caesar gemeldet
wurde, rief er sofort die Truppen von der Arbeit ab, ließ im Lager
den Prokonsul Asprenas mit zwei Legionen zurück und marschierte
augenblicklich unter voller Gefechtsbereitschaft (cum expedita copia)
gegen jenen Punkt; (5) von der Flotte ließ er einen Teil vor Thapsus
zurück, den übrigen Schiffen befahl er, im Rücken des Feindes so nahe
als möglich an das Ufer heranzugehen und auf sein gegebenes Zeichen
durch plötzliches Kriegsgeschrei überraschend den abgewandten Feinden
Schrecken einzujagen, damit sie gezwungen seien, erschrocken und ver-
wirrt ihre Aufmerksamkeit nach hinten zu lenken.
81. (1) Als Caesar sich dem Ziele näherte, sah er die Schlacht-
front des Scipio vor dem Walle aufmarschiert mit Elefanten am rechten
und linken Flügel, während nichtsdestoweniger noch ein Teil der
Truppen eifrig an der Lagerverschanzung arbeitete ; er ließ in drei Treffen
aufmarschieren, mit der X. und XIII. Legion am rechten, der XIV. und
IX. am linken Flügel; von der V. Legion1) stellte er auf jedem Flügel
je 5 Kohorten den Elefanten gegenüber, verteilte die Bogenschützen
und Schleuderer, sowie leichte Truppen mit Reiterei gemischt gleich-
falls auf beide Flügel ....
.... (Folgt die Anrede Caesars an die Truppen, getrennt nach
Veteranen und Rekruten.)
82. (1) Während er die Front abschritt, gewahrte er eine
Verwirrung beim feindlichen Walle, ein verzagtes Hin- und Herlaufen,
sowie regelloses Ein- und Ausgehen durch die Tore. (2) Da dies auch
von mehreren anderen bemerkt wurde, drangen die Legaten und Evo-
katen in Caesar, unbedenklich das Zeichen zum Angriff zu geben; der Sieg
selbst werde ihm von den unsterblichen Göttern dargeboten. (3) Caesar
zögerte indeß noch, suchte ihren Eifer zu zügeln, versicherte, er wolle
nicht nach Art eines Ausfalles kämpfen, und hielt immer und immer
wieder die Front zurück, als plötzlich gegen seinen Befehl am rechten
Flügel ein Trompeter, von den Soldaten gezwungen, zu blasen begann.
(4) Sofort gingen alle Kohorten zum Angriff über; mochten die Cen-
turionen sich mit der Brust entgegenstemmen und die Soldaten mit
Gewalt zurückhalten, damit sie nicht gegen den Befehl des Feldherrn
vorgingen; sie konnten nichts ausrichten.
1) Hier ist die gebräuchliche und sinngemäße Konjektur „quintae legionis"
zugrundegelegt. Vgl. S. 839, Anm. 3.
Thapsus. Anhang: Übersetzung der Quellenberichte. 855
83. (1) Caesar erkannte, daß die Begeisterung der Truppen
nicht mehr aufzuhalten sei; er gab die Losung „Glück", bestieg sein
Pferd und sprengte persönlich gegen die feindliche Front. (2) Unter-
dessen überschütten am rechten Flügel die Bogenschützen und Schleu-
derer die Elefanten mit Geschossen; durch das Sausen der Kugeln,
den Hagel von Steinen und Blei in Verwirrung gebracht, wenden die
Tiere, treten die eigenen hinter ihnen gedrängt aufgestellten Truppen
größtenteils nieder und brechen durch die halbvollendeten Tore des
Walles. (3) Desgleichen wenden sich die maurischen Reiter, die auf
demselben Flügel zur Deckung der Elefanten aufgestellt waren, von
diesen verlassen als erste zur Flucht. (4) Kasch umgehen nun die
Legionen die Elefanten und erstürmen den gegnerischen Wall; nach-
dem die wenigen tapferen Verteidiger niedergemacht sind, wenden sich
die übrigen in voller Flucht nach dem Lager, von dem sie tags vorher
ausmarschiert waren.
84. (enthält die Detailschilderung einer Episode aus dem Kampfe
des linken Flügels gegen die Elefanten).
85. (1) Unterdessen unternahm die Besatzung von Thapsus, sei
es um die Ihrigen zu unterstützen, sei es um unter Preisgabe der
Stadt ihr Heil in der Flucht zu suchen, einen Ausfall durch das
Seetor, indem sie trachtete, bis zum Nabel im Wasser watend,
das Land zu gewinnen. (2) Sie wurde aber durch die Knechte und
Burschen, welche sich im Lager befanden, mit Steinen und Wurf-
speeren gehindert an Land zu gehen und mußte sich in die Stadt
zurückziehen.
(3) Unterdessen nahmen Caesars Legionen unverzüglich die Ver-
folgung der in voller Auflösung querfeldein fliehenden Truppen Scipios
auf und ließen ihnen keine Muße, sich zu sammeln. (4) Als dieselben
endlich bei dem Lager, nach welchem sie gewollt, anlangten, in der
Absicht, sich dort zu erholen, neuerdings Widerstand zu leisten und
jemanden zu finden, der die Führung übernehmen könnte, fanden sie
daselbst keine Besatzung mehr; da warfen sie die Schilde weg und
flohen weiter nach dem Lager des Königs. (5) Als sie dort ankamen,
fanden sie auch dieses von Caesars Truppen besetzt. Da verzweifelten
sie an ihrer Rettung; sie machten auf einem Hügel Halt, senkten
die WTaffen und leisteten die militärische Ehrenbezeugung. (6) Dies
half den Ärmsten wenig; . . . (folgt die ausführliche Schilderung der
Niedermetzelung der Republikaner).
856 Der Caesariauische Bürgerkrieg.
86. (I) Nachdem Caesar drei Lager erobert, 10000 Feinde ge-
tötet und viele zersprengt hatte, ging er mit einem Verlust von nur
50 Toten und etlichen Verwundeten in sein Lager zurück und ließ sofort
vor der Stadt Thapsus aufmarschieren, wo er 64 erbeutete Elefanten in
voller Ausrüstung vor den Mauern in Reih und Glied aufstellte, in der
Absicht, Vergilius und die übrigen Belagerten durch diesen Beweis der
Niederlage der Ihrigen wo möglich zur Nachgiebigkeit zu veranlassen . . .
b) Cassius Dio.
(XLIII 7-9.)
7. (1) Als Caesar sah, daß er die Feinde wegen ihrer guten
Stellungen nicht gegen ihren Willen zur Schlacht nötigen konnte,
marschierte er gegen Thapsus, um, wenn sie der Stadt zu Hilfe kämen,
sie zur Schlacht zu zwingen, wenn nicht, dieselbe wegzunehmen.
(2) Thapsus liegt auf einer Art Halbinsel, die auf der einen Seite vom
Meer, auf der andern von einem See begrenzt wird. Dadurch entsteht
eine schmale Landenge, welche überdies so sumpfig ist, daß man nur
auf zwei engen Wegen von den beiden Enden der Sümpfe längs der
Küste hindurchkommt. (3.) Vor diese Stadt nun rückte Caesar durch
jenes Defilee und schloß sie mit Wall und Graben ein, ohne daß die
Thapsitaner, zu schwach zur Gegenwehr, ihn daran zu hindern ver-
mochten.
8. (1.) Dagegen versuchten nun Scipio und Juba das Ende der Land-
enge beiderseits dort, wo sie ans Festland stößt, mit Linien zu sperren.
Während die Feinde damit beschäftigt waren und die Arbeit täglich um
ein gutes Stück förderten, und, um die Verschanzungen rascher zu voll-
enden, vor den noch unvollendeten und daher dem Feinde zu offenen Ab-
schnitten die Elefanten aufgestellt hatten, (2) griff Caesar plötzlich den
Heeresteil des Scipio an; er brachte zunächst die Elefanten durch Pfeile
und Schleudern in Verwirrung und zum Weichen, folgte ihnen scharf,
überrumpelte die an den Werken arbeitenden Truppen, warf auch diese
in die Flucht, drang mit den Fliehenden ins Lager und erstürmte es im
ersten Anlauf. (3) Als dies Juba erkannte, verlor er vor Schrecken und
Furcht total den Kopf und dachte weder an eine Schlacht noch an die
Verteidigung seines Lagers. (4) Er floh in Eile in sein Reich zurück ....
(Folgt die kurze Erwähnung seines Todes.)
9. (1) Caesar besetzte sofort nach Jubas Flucht dessen Lager
und ließ alle, auch die, welche sich ergeben hatten, niedermachen . . .
Thapsus. Anhang: Übersetzung- der Quellenberichte. 857
c) Plu tar c h.
(Caes. 53.)
Durch diesen Erfolg wurde Scipio ermutigt, eine Schlacht zu
wagen. Er ließ Afranius und Juba, welche in geringer Entfernung
voneinander ihre Lager hatten, daselbst zurück, und begann auf der
andern Seite des Sees, unweit der Stadt Thapsus, ein Lager zu be-
festigen, um sich damit einen Ausgangspunkt für die Schlacht und
eine Zuflucht für den Eückzug zu schaffen.
Während hier gearbeitet wurde, durchschritt Caesar mit unglaub-
licher Schnelligkeit ein waldiges und ein überraschendes Anrücken be-
günstigendes Terrain, umging einen Teil (der Feinde) und griff den andern
in der Front an; erjagte sie in die Flucht, und nützte sofort die Gunst
des Glückes, indem er unverzüglich das Lager des Afranius nahm und
jenes der Numider, aus dem Juba bereits geflohen war, zerstörte. So
eroberte er in einem kleinen Teil eines Tages drei Lager und tötete
50,000 Feinde, während er selbst nicht einmal 50 verlor.
d) A p p i a n.
(b. c. II 97.)
Es war dies übrigens eine in jeder Hinsicht schwere und vielfach
schwankende Schlacht, welche erst gegen Abend endlich mit Caesars
Sieg endete. Er eroberte dann noch das Lager des Scipio, indem er sich
durch nichts, auch nicht durch den Einbruch der Nacht, an der Ver-
folgung des Sieges irremachen ließ. Die Gegner entflohen einzeln,
wohin ein jeder eben konnte . . .
Situation.
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges.
(Hierzu Karte 18—21.)
Ausgangs- Als Caesar nach vollendeter Ratifizierung des Orients im Herbst
47 n. Chr. in Rom eintraf, sah er sich vor die Notwendigkeit
gestellt, ungesäumt einen neuen Feldzug gegen die während seiner
langen Abwesenheit zu bedeutender Macht erstarkten Republikaner in
Afrika persönlich zu eröffnen.
Letztere hatten ihre Streitkraft auf 10 Legionen und gegen
10000 Reiter gebracht; außerdem hatte König Juba von Numidien
4 Legionen und eine bedeutende Zahl von Reitern und leichten
Truppen ins Feld gestellt1). Den nominellen Oberbefehl führte
Q. MetellusScipio; als eigentlicher Leiter des Feldzuges ist T. La-
bien us zu betrachten2).
Zur Zeit, als Caesar die Eröffnung des Feldzuges vorbereitete,
stand die Hauptkraft der Republikaner, 8 Legionen mit dem größten
Teile der Leichten und der Reiterei, bei der Hauptstadt Utika; 2 Le-
gionen und 700 Reiter unter Considius standen in der nächstwichtigsten
Hafenstadt Hadrumetum, dem Hauptorte der Ostküste, kleinere Be-
satzungen in Thapsus und anderen Städten; die Flotte unter Attius
Varus und Octavius lag vor Utika eingewintert. Juba stand mit
seiner ganzen Macht noch in Numidien ; schmollend, daß ihm der Ober-
befehl nicht übertragen worden war, wollte er seine Verbündeten
erst ordentlich ins Gedränge kommen lassen, um dann, wie seinerzeit
am Bagradas, als Retter in der Not auf dem Schauplatz zu erscheinen
und damit schließlich doch die führende Rolle an sich zu reißen.
Caesar hatte, nach Dämpfung der nicht unbedenklichen Meuterei
seiner Veteranen, folgende Truppen für den Feldzug bestimmt:
Die IX., X., XIII. und XIV. Legion, die zur Zeit seiner Rückkehr
aus dem Orient in Campanien standen;
1) Siehe Beilage I.
2) Siehe Beilage II,
Zusammenhängende Darstellung- des Feldzuges. 859
die V. Veteranenlegion, die den mazedonischen Feldzug nicht mit-
gemacht hatte, sondern wahrscheinlich in Spanien geblieben war;
die XXV. (?) und XXVI. italische Rekrutenlegion aus Sizilien;
die XXVIIL, XXIX. und XXX. Rekrutenlegion aus Spanien. Zu-
sammen 10 Legionen (5 Veteranen, 5 Rekruten), dazu gegen 4000
Reiter und eine beschränkte Zahl von leichten Truppen1).
Als Sammelpunkt war Lilybäum angegeben; die sizilischen und
spanischen Legionen trafen zuerst dortselbst ein, zuletzt die Veteranen
aus Campanien.
Auf der stattlichen Flotte, die zum Transport ebenda zusammen-
gezogen wurde, dienten 7 Kohorten, die seinerzeit von Vatinius aus
Rekonvaleszenten der gallischen Veteranenlegionen in Brundisium gebildet
worden waren.
Wie die Republikaner mit Juba von Numidien, so hatte Caesar mit
den beiden mauretanischen Königen Bogud und Bocchus ein Bündnis
geschlossen; im Verbände mit ihnen kämpfte der ehemalige Catilinarier
P.Sittius mit einer ansehnlichen, selbstgebildeten Streitmacht und Flotte.
Kaum waren die sizilischen und spanischen Legionen in Lilybäum überfahrt nach
versammelt, als Caesar, ohne die Ankunft der italischen abzuwarten, £rstef^rr1aknasport
mit ihnen und 2000 Reitern in See ging (9. Oktober2) 47). Sein Plan
war, da er offenbar bei Utika erwartet wurde, überraschend bei
Hadrumetum zu landen, diese von 2 Legionen besetzte Stadt mit seiner
dreifachen Übermacht zu überrumpeln und damit nicht nur die feindliche
Streitkraft vom ersten Beginn an empfindlich zu schwächen, sondern
sich auch zugleich eines wichtigen und günstig gelegenen Stützpunktes
am Meere zu bemächtigen. Im Sinne der geplanten Überraschung wurde
das Fahrtziel selbst vor den eigenen Truppen geheim gehalten3).
Indes widrige Stürme trennten den Transport; am vierten Tage
der Fahrt landete Caesar endlich mit 23 Kohorten und 150 Reitern,
wozu noch die 7 Flottenkohorten kamen, bei Hadrumetum. Die Ge-
heimhaltung des Fahrtzieles erwies sich jetzt als Nachteil: die ab-
getrennten Schiffe wußten nicht, wohin sie sich zu wenden hatten.
Mit der kleinen Streitmacht war natürlich der geplante Hand-
1) Siehe Beilage I.
2) Die Daten sind, mit Rücksicht auf die militärische Würdigung, durchwegs
in den neuen Stil umgerechnet.
3) Diese meines Wissens noch nirgends ausgesprochene Auffassung von Caesars
ursprünglicher Absicht ergibt sich unschwer aus den Daten, die uns betreffs seiner
Überfahrt berichtet werden; vgl. Beil. III S. 903.
S60 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
streich auf Hadrumetum ausgeschlossen; ein Versuch, unter dem Ein-
drucke der ersten Verblüffung den Kommandanten des Platzes, ähn-
lich wie einst Cassius am Hellespont, zu einer übereilten Kapitulation
zu verleiten, mißlang gleichfalls. Da überdies Cn. Piso mit einem
starken Kavalleriekorps zur Unterstützung des Considius eintraf, mußte
Caesar schleunigst sich nach einem andern Stützpunkt am Meere, den
er nicht entbehren konnte, umsehen.
Von Hadrumetum nach Süden schweifend, erblickt das Auge in
der Entfernung eines kleinen Marsches eine scharf in das Meer vor-
springende Halbinsel, gebildet aus einem flachen Plateau, das an der
Landseite mit steilem Abfall endet: eine natürliche Festung, als
solche von Hadrumetum deutlich erkennbar. Dahin brach Caesar am
nächsten Morgen (13. Oktober) auf. Sofort wurde sein Lager vom
Feinde besetzt und seine Nachhut während des ganzen Marsches
durch die feindlichen Reiter empfindlich belästigt. Indes er fand,
was er suchte, und besetzte die auf dem landseitigen Rande des er-
wähnten Plateaus gelegene Stadt Kuspina (Henschir Tenir, S. 776 ff.),
i. Periode: Jetzt brauchte er noch einen Hafen. Ruspina besaß, drei Kilo-
Ruspma. meter von fler Stadt entfernt, einen mäßigen Ankerplatz; aber 12 Kilo-
meter weiter lag die Stadt Leptis minor (Lemta) mit einem guten
Hafen. Caesar marschierte am folgenden Tage dorthin, legte eine Be-
satzung von 6 Kohorten hinein und kehrte tags darauf wieder nach
Ruspina zurück, wo er umfassende Vorsorgen für eine ausgibige Ver-
proviantierung traf.
Indessen begann er um das Schicksal der verschlagenen Schiffe ernst-
lich besorgt zu werden. Von Leptis aus waren 10 Schiffe abge-
gangen, sie zu suchen, während ein Teil unter Sallustius Crispus nach
der Insel Cercina fuhr, um Proviant zu beschaffen, und der Rest nach
Sizilien zurückging, um die italischen Legionen nachzuholen. Nach
Ruspina zurückgekehrt, fand Caesar noch immer keine Nachricht von
den Vermißten. Die Lage war kritisch; wenn der Feind mit seiner
Hauptkraft jetzt herbeikam, blieb nichts übrig als die Provinz zu
räumen. Um dies im Notfall rasch durchführen zu können, ließ
Caesar die Kavallerie gleich im Hafen von Ruspina einschiffen; er
selbst ging am Abende desselben Tages mit den 7 Flottenkohorten
gleichfalls an Bord, während P. Sarsena mit den übrigen Truppen in
Ruspina zurückblieb. Seine Absicht war, am nächsten Morgen selbst
auf die Suche nach den verlorenen Schiffen auszufahren. Indes kaum
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 861
hatte er im Morgengrauen die Anker gelichtet, als der ersehnte Trans-
port in Sicht kam.
Nun hatte Caesar seine 6 Legionen und 2000 Reiter beisammen;
mit dieser Macht konnte er sich auf dem Plateau von Ruspina un-
schwer halten, bis die ganze Armee vereinigt war. Mit der Her-
richtung der Stellung wurde sofort durch Schlagen eines Lagers auf
dem Plateaurande neben der Stadt (S. 781 ff.) begonnen; zugleich ging
Caesar mit einem Korps von 30 Kohorten, 450 Reitern und 150 Bogen-
schützen in die vorliegende Ebene, um in großem Stile zu requirieren.
Indessen war die Meldung des Considius von Caesars unerwarteter Gegenoffensive
Landung nach Utika gelangt; auch die geringe Zahl der zunächst ge-
landeten Truppen war kein Geheimnis. Augenblicklich brach Labie-
nus mit dem Gros der Kavallerie und leichten Infanterie auf; Petreius
mit einem zweiten Korps folgte1).
Das Unglaubliche gelang: den größten Meister der Überraschung
vollständig zu überraschen. Fast 5 Kilometer war Caesar mit seinem
beinahe nur aus Infanterie bestehenden Requisitionskorps von Ruspina
entfernt, als die Annäherung der feindlichen Masse gemeldet wurde;
große Staubwolken bestätigten die Meldung.
An ein Erreichen des schützenden Plateaurandes von Ruspina
war nicht mehr zu denken; man mußte den Kampf aufnehmen.
Sofort wurden die in der Ebene zerstreuten Reiter und Bogen-
schützen zurückgerufen; während das Korps die taktischen Verbände
herstellte und langsam vorrückte, ritt Caesar mit kleinem Gefolge zur
Rekognoszierung vor.
Labienus entwickelte auf den die Ebene im Westen begrenzenden Treffen
flachen Hügeln eine lange Front, aus leichtem Fußvolk und Reiterei ge- b^ Ruspina*
mischt; seine 1600 schweren gallisch-germanischen Reiter waren auf
beide Flügel verteilt. Wie die Legionen des Crassus seinerzeit bei
Karrhae durch die leichten pfeilgewandten Parther, wie das Korps
Curios durch Juba am Bagradas, so sollten Caesars auf den Nah-
kampf geschulte Kohorten durch die Übermacht der leichten Nu-
mider zunächst allseits eingeschlossen, bei konsequentem Vermeiden
1) Da Caesar am 12. Oktober gelandet war, am 17. bereits das Gefecht bei
Ruspina stattfand, und auf die Überbringung" der Meldung des Considius doch
mindestens 1 Tag und 1 Nacht zu rechnen ist, so hat Labienus die zirka 180 Kilo-
meter lange Strecke Utika-Ruspina in 4 Tagen zurückgelegt; eine seines großen
Meisters würdige Leistung, die allerdings durch den Zweck der beabsichtigten Über-
raschung geboten war.
862 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
jedes Handgemenges durch einen ununterbrochenen Fernkampf, dem
ihrerseits zu begegnen sie nicht imstande waren, bis zum Zusammen-
bruche ihrer Widerstandskraft ermüdet und dann vernichtet werden.
Doch Caesar war kein Crassus. Statt wie dieser der feindlichen
Übermacht gegenüber von Hause aus ein Karree zu bilden, tat er gerade
das Gegenteil, sogar so extrem wie möglich: er bildete eine Aufstellung
aller 30 Kohorten in einem Treffen; die wenigen Reiter wurden
überdies weit vor und auswärts der Flügel vorgeschoben. So schuf er
eine immerhin respektable Front, welche dem Feinde die Überflüge-
lung wesentlich erschwerte oder doch dieselbe verzögerte. Den Ver-
zicht auf jede Reserve mußte die Qualität der Truppen ausgleichen.
Die schwere Kavallerie des Labienus eröffnete in breiter Front
von den Hügeln herab den Angriff. Nach tapferem Widerstände
wichen Caesars Reiter vor der Übermacht in die Linie der Infanterie
zurück. Jetzt erst kamen die Fronten zum Zusammenstoß.
Frontal konnten die Numider den Kohorten nicht viel anhaben,
zumal Caesar ihre Lieblingstaktik, einzelne Abteilungen durch ver-
stellte Flucht zu isoliertem Vorprellen zu verleiten und dann zu um-
zingeln, durch das Verbot des Vorstoßens illusorisch machte. Als
aber endlich die Überflügelung gelungen war, wurde die Lage kritischer.
Die noch nicht kriegsharten Rekruten begannen durch das Erscheinen
feindlicher Kavallerie im Rücken ängstlich zu werden; die Flügel
gingen schon zurück, alles drängte gegen die Mitte. An Offensive
dachte niemand mehr; alles blickte auf den Feldherrn, der in seiner
bekannten heitern Ruhe die Ereignisse an sich herankommen ließ.
Sein Anblick hielt die Soldaten aufrecht; sie sahen es ihm an, daß er
noch seinen Plan hatte, und hielten aus . .
Und Caesar hatte seinen Plan. Die Überflügelung war nicht
mehr zu verhindern, die Möglichkeit der weiten Ausdehnung konnte
dem Gegner nicht verwehrt werden. Wenn aber Caesar durch Zu-
sammenschieben der eignen auch die feindliche Linie zur Verengung
veranlaß te und dann plötzlich, ehe jene dem Gedankengange seines
Planes zu folgen vermochten, überraschend sich wieder ausdehnte;
wenn er damit wenigstens für einen Augenblick den Gegner des
Überlegenheitsmoments der Frontausdehnung beraubte, und in eben
diesem Augenblicke, noch bevor jener das frühere Verhältnis wieder
hergestellt hatte, die Entscheidung erzwang, — dann hatte er die
gegnerische Überlegenheit eben für den entscheidenden Augenblick
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 863
ausgeschaltet und damit den Feind seiner vornehmsten Chance
beraubt. —
Ohne ernstlichen Widerstand ließ Caesar das Zusammenschieben
der Flügel geschehen, bis der Ring des Feindes sich geschlossen und
damit auf engen Raum zusammengezogen hatte. Diesen Moment hatte
er abgewartet. Jetzt gab er den bange harrenden Kohorten den Be-
fehl, in plötzlicher rascher Offensive in der Richtung der Flügel die
frühere Front wiederherzustellen. Im nächsten Augenblick war der
dichte Knäuel der Numider durchbrochen und in zwei Teile getrennt,
und beide Flügel der caesarianischen Front ragten merklich hinaus
über die zwei feindlichen Klumpen, die in der ersten Verblüffung
nicht sofort daran dachten, in gleicher Schnelligkeit der expansiven
Bewegung zu folgen. Diese Situation augenblicklich ausnützend, ließ
Caesar jede zweite Kohorte die Front verkehren und sofort in beiden
Richtungen offensiv vorgehen. Die zuvor zwischen die Kohorten zu-
rückgenommene Kavallerie brach zugleich in der Richtung der Flügel
heraus. Um diese Zeit mußte Labienus, dessen verwundetes Pferd sich
mit ihm überschlagen hatte, vom Platze getragen werden.
Die voneinander getrennten Gruppen des feindlichen Korps, ver-
blüfft durch das unerwartete Manöver, verzagt durch den Fall des
Anführers wie durch die verlorene Verbindung und jede für sich
zu schwach, um sofort neuerdings die Überflügelung zu versuchen,
trachteten sich schleunigst vom Feinde loszumachen, um sich wieder
vereinigen zu können; diesen Moment benutzte Caesar, um seine
Truppen zu sammeln und in Ordnung den Rückmarsch auf das Plateau
von Ruspina anzutreten.
Noch aber war der Kampf für diesen Tag nicht zu Ende. Caesars
Korps befand sich noch mitten in der Ebene im Rückmarsch, als
Petreius mit seinen 1600 frischen Reitern und leichten Numidern
auf dem Schlachtfelde eintraf, die Truppen des Labienus raillierte und
sich auf die Nachhut der Caesarianer warf.
Zum zweitenmale mußte Caesar den Kampf mitten in der Ebene
aufnehmen. Wieder begann das alte Spiel. Bald waren die Kohorten
und die total erschöpften Reiter abermals umzingelt, und die Situation
begann kritisch zu werden. Indessen der Tag ging zur Neige; wenn
es gelang, sich bis zum Einbruch der Dunkelheit zu halten, so
konnte man hoffen, unter dem Schutze derselben den Rückzug unbe-
helligt zu bewerkstelligen. Nur schien es fraglich, ob es möglich
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder. III. >P>5
864 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
war, sich in der offenen, hindernislosen Ebene noch so lange passiv
zu halten; nur ein neuerlicher Offensivstoß konnte sichere Rettung
bringen. Caesar wählte den Ausweg, den Curio am Bagradas ohne
Erfolg versucht: den Durchbrach auf die Höhen. Das schützende
Rideau von Ruspina war zu diesem Zwecke viel zu ferne: man
mußte die Höhen zu erreichen trachten, über welche die Feinde ge-
kommen waren. Plötzlich und überraschend setzte Caesar alle Kräfte zum
Durchbruche ein; die Feinde wichen wie jedesmal, entschlossen, sobald
die Legionare in der Vorrückung einhielten, neuerdings über sie her-
zufallen. Aber diese hielten nicht an, bis auf die Hügelkette drangen
sie vor und setzten sich auf derselben fest.
Jetzt sank endlich im Westen die Sonne, und die rasch ein-
brechende Dunkelheit zwang die Feinde, deren zweiter Führer Pe-
treius gleichfalls verwundet worden war, von neuen Angriffen abzu-
sehen und das Schlachtfeld zu räumen. Caesar war gerettet und
führte die Truppen unter dem Schutze der Nacht ungefährdet ins
Lager zurück. Er hatte eine der gefährlichsten Situationen seiner
ganzen Laufbahn glücklich überwunden.
Anmarsch der Der von Labienus mit ebensoviel Geschick als Energie in Szene
reHraptarmee.en gesetzte Überrumpelungsversuch war nicht ganz geglückt; die Repu-
blikaner mußten sich zu einer geordneten Kriegsführung entschließen,
wobei ihnen immerhin der Vorteil blieb, daß Caesars Armee noch lange
nicht beisammen war, seine besten Truppen vielmehr noch ausstanden;
man konnte also auf einige Zeit noch mit der effektiven Übermacht
rechnen, und es galt, diese Zeit womöglich zur Entscheidung auszunützen.
Labienus scheint dies auch gleich vom Schlachtfelde von Ruspina weg
energisch betrieben zu haben; denn schon zwei Tage später setzte sich
Scipio, nach Zurücklassung einer kleinen Besatzung unter Catos Kom-
mando, von Utika in Marsch und traf nach 6 Tagen (25. Oktober) mit
8 Legionen und dem Rest der Kavallerie bei Labienus ein, mit dem ge-
meinsam er in der Ruspina gegenüberliegenden Ebene am Ou. Melah,
2V2 Kilometer unterhalb der am rechten Ufer dieses periodischen
Wasserlaufes gelegenen Stadt Uzita (Henchir el Makreeba, S. 797),
ca. 4 V-2 Kilometer von Caesars Stellung, ein Lager schlug (S. 783 f.).
Auch Juba war um dieselbe Zeit aufgebrochen, um nicht die an-
scheinend leichte Vernichtung des isolierten feindlichen Korps seinen
Verbündeten allein zu überlassen. Schon näherte er sich Scipio, als
er Nachricht erhielt, daß Sittius und Bocchus von Westen in sein Reich
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 865
eingefallen seien, letzterer sogar seine Hauptstadt C i r t a (Constantine)
erobert habe. Das bewog ihn denn doch umzukehren ; er entzog seinem
Bundesgenossen auch einen Teil der beigestellten leichten Truppen
und ließ ihm dafür 30 noch unabgerichtete Elefanten zurück, von
denen Scipio mehr Scherereien als Nutzen hatte.
Indessen wäre die republikanische Armee auch allein dem Gegner
überlegen gewesen; allein aus der ersehnten Entscheidung wurde
nichts. Caesar hatte sofort nach der Schlacht seine von Natur aus
starke Position mit allen Mitteln zu einer unangreifbaren Festung
ausgestaltet, in der er in ruhiger Sicherheit die erwarteten Verstär-
kungen abwarten konnte *). Der ganze Plateaurand war durchlaufend
befestigt worden, indem vom Lager nach Norden, von der Stadt nach
Südosten je eine Linie bis ans Meer gezogen wurde; vor dieser Linie
wurden Annäherungshindernisse verschiedenster Art, wie einst bei
Alesia, hergestellt, besonders im südlichen Abschnitt, der infolge des
hier flacher abfallenden Terrains von Natur aus schwächer war; mar-
kante Punkte wurden durch eigene Schanzen gesichert. Der Wach-
und Bereitschaftsdienst ward streng geregelt und gehandhabt, die schwie-
rige Verpflegung peinlich geordnet, zur Herstellung und Instand-
haltung der Kriegsmittel wurden große Werkstätten in Betrieb gesetzt.
Besondere Sorgfalt ward der jetzt besonders wichtigen Seever-
bindung gewidmet. Eine eigene Eskader stand zum Schutze der Ver-
bindung mit Sizilien und der verschiedenen Requisitionskommanden in
permanentem Dienst; je eine weitere beobachtete die nächsten feind-
lichen Häfen Hadrumetum und Thapsus.
Dem fühlbaren Mangel an leichten Truppen suchte Caesar durch
Heranziehung der Schiffsmannschaft zu dieser Dienstverwendung
einigermaßen abzuhelfen. Auch Elefanten hatte er sich aus Sizilien
kommen lassen, nicht um sie im Gefechte zu verwenden, sondern um
seine Truppen im Kampfe mit ihnen zu schulen; eine ganz besondere
Ausbildung erhielt hierin auf ihre eigene Bitte die V. Legion. —
Unter diesen Umständen ward die Hoffnung der Republikaner,
die Entscheidung vor der Ankunft der caesarianischen Verstärkungen
zu erzwingen, vollständig zu Wasser. Alle Schlachtangebote Scipios
beantwortete Caesar mit absoluter Passivität. Ein Handstreich des
1) Dadurch erscheint der von Fröhlich (Nr. 9, p. 81) und andern dem repu-
blikanischen Feldherrn gemachte Vorwurf, daß er, „statt die augenblickliche Ohn-
macht der Gegner zu benutzen, untätig im Lager stand", ganz wesentlich abgeschwächt.
55*
866
Der Caesarianische Bürgerkrieg1.
Der zweite
Transport.
Caesars
Offensive.
Labienus auf Leptis war mißglückt; desgleichen belagerte Considius
mit 8 Kohorten vergeblich Acylla, eine unweit Leptis gelegene Land-
stadt (Kasser Helal), die Caesar kurz vorher in seine Gewalt gebracht
und mit einer Besatzung versehen hatte (S. 823 f.).
Da traf am 2. November der zweite Transport aus Sizilien im
Hafen von Ruspina ein. Er brachte die XIII. und XIV. Legion,
1000 Leichte und 800 gallische Reiter.
Jetzt stand die Wage gleich, und sofort beschloß Caesar zur
Offensive überzugehen. In der Nacht vom 7. auf den 8. November
wurde die ganze Armee in aller Stille beim Lager bereitgestellt; dann
ging der Marsch an Ruspina vorbei und durch die südlich der Stadt
befindliche Mulde hinab in die Ebene, hier sofort linker Hand gegen
die Küste und längs dieser bis an die letzten Ausläufer jenes Hoch-
plateaus, das die Ebene des Ou. Melah im Osten begrenzt. Dieses
Plateau war Caesars nächstes Ziel.
II. Periode:
Uzita.
Der Kampf um
den ersten
Hügel.
Der Ostrand dieses Plateaus war durch tiefeinschneidende, stark
verzweigte Racheln vielfach gegliedert; die dazwischen liegenden er-
höhten Partien beherrschten in Gestalt vorspringender Hügel sehr
ausgesprochen die vorliegende Ebene ; auf einigen derselben, gegen das
Meer zu, standen uralte Wachtürme. Den dritten vom Meere aus ge-
rechnet, heute Het el Guebla, über den die Straße aus der Ebene des
Ou. Melah gegen Leptis und Thapsus führte, hatte Scipio durch einen
Posten numidischer Reiter besetzt (S. 797 f.).
Im ersten Morgengrauen des 8. November stieg Caesars Armee,
noch immer unentdeckt, von der Küste auf den rückwärtigen, höheren,
aber von der Ebene wegen der vorspringenden Hügel nicht sichtbaren
Teil des Plateaus hinauf. Die Hügel selbst wurden in der Reihen-
folge, in der man sie passierte, durch abzweigende Detachements be-
setzt und sofort befestigt. Erst als man sich dem Posten auf dem
Het el Guebla näherte, wurde der Vormarsch entdeckt. Scipio alar-
mierte sofort; während die Infanterie auf etwas über V« Kilometer
vom Lager stehen blieb, ging die Kavallerie unter Labienus auf eine
römische Meile (ca. 1 lfo Kilometer) vor.
Nun war der Ausmarsch Caesars verraten, aber der Zweck war
erreicht; man hatte auf dem Plateau festen Fuß gefaßt. Caesar ließ
die Legionen bis in die Linie der Hügel vorgehen und die ganze
Front, soweit man sie besetzt hatte, verschanzen; zur Deckung der
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 867
Arbeit wurde die Kavallerie an den Fuß der Hügel vorgeschoben,
und gleichzeitig der feindliche Posten auf dem Het el Guebla von einer
spanischen Eskadron angegriffen und ins Tal hinabgeworfen. Er floh
uach Süden, und Labienus ging mit dem rechten Flügel seiner
Kavallerie zu seinem Schutze nach. Caesar ließ ihn eine entsprechende
Entfernung erreichen, dann sandte er den linken Flügel seiner Reiterei
ebendahin ab, dem es gelang, durch ein ausgedehntes Gehöft gedeckt,
lie Reiter des Labienus überraschend im Rücken anzugreifen und voll-
kommen zu werfen ; nur durch den Todesmut einer gallisch- germanischen
Abteilung, die sich für ihren Anführer opferte, wurde Labienus ge-
rettet. Scipio ging schleunigst ins Lager zurück.
Caesar war nun Herr des Plateaus, und begann sich gemächlich
auf demselben einzurichten.
Äußerlich hatte die neue Stellung manche Ähnlichkeit mit der
früheren. Auch sie war eine ausgesprochene „Position". Während
aber jene eine reine Defensivstellung war, aus der ein offensives Vor-
gehen nur durch List, bei Nacht und Nebel, möglich gewesen, ge-
währte diese ungehinderte Bewegungsfreiheit nach allen Seiten, und
sie hatte vor allem Land hinter sich, was für die wichtige
Verpflegsfrage schwer in die Wagschale fiel. Ein weiterer Vorteil
war, daß man nicht mehr auf die primitive Rhede von Ruspina an-
gewiesen war, sondern sich direkt auf den guten Hafen von Leptis
basieren konnte. Tatsächlich wurde die ganze caesarianische Flotte,
soweit sie nicht mit Spezialaufgaben betraut war, dort vereinigt.
Am liebsten hätte Caesar allerdings jetzt die Entscheidung durch
eine Hauptschlacht herbeigeführt; allein nun verweigerte Scipio jeden
Kampf unter gleichen Chancen. Er hatte die Stadt Uzita stark be-
setzt und wußte sich, so oft Caesar die Schlacht anbot, stets so auf-
zustellen, daß ihm die Stadt Front oder Flanke deckte und einen
Angriff Caesars aussichtslos erscheinen ließ.
Den heillosesten Schrecken aber hatte Caesars überraschendes
Vorbrechen Considius eingejagt, der noch immer Acylla belagerte und
nun die ganze feindliche Macht zwischen sich und der eigenen Haupt-
armee eingeschoben sah; zudem hatten die Belagerten in einem Aus-
falle seine ganzen Werke zerstört. Er brach also schleunigst auf und
?ing auf einem großen Umwege, der ihn bis über die numidische Grenze
geführt haben soll, nach Hadrumetum zurück. Scipio aber nahm ihm
die Hälfte seines Korps weg und zog sie zur Hauptarmee. Gleichzeitig
S6S Der Caesariauische Bürgerkrieg.
wurde alles in Bewegung gesetzt, um Juba zum schleunigen Anmars
zu bewegen.
jubas Ankunft. Der König kam. Saburra blieb mit einer Legion und ent-
sprechenden leichten Truppen im Reiche gegen die mauretanischen
Könige und Sittius zurück; Juba aber traf mit 3 Legionen, einem
starken Kavalleriekorps und leichten Truppen, dann 30 Elefanten bei
Scipio ein, und schlug neben dessen Lager sein eigenes (S. 805).
Caesar hatte bisher gehofft, wenigstens nach vollständiger Ver-
einigung der feindlichen Kräfte die Schlacht unter gleichen Bedingungen
schlagen zu können und sich daher mit der Ausgestaltung der Stellung
Zeit gelassen. Seine Hoffnung erfüllte sich nicht; auch das vereinigte
Heer ging über die gesicherte Linie nicht recht heraus. So sah er
sich genötigt, den ihm wenig sympathischen reinen Positionskrieg mit
allen Mitteln wieder aufzunehmen.
Zunächst breitete er sich weiter gegen Süden aus, indem er die
nächsten Hügel in die Stellung einbezog. Bei den beiden ersten der-
selben, dem Het el Ressas und Rhar ed Deba, ging es ohne Kampf ab;
als er aber den nächstfolgenden Hügel, der heute das Marabout Si Jeha
trägt und mehr als die übrigen die ganze Ebene dominiert, als natür-
lichen Abschluß seiner Stellung einfügen wollte, kam es wieder zum
Gefecht.
Der Kampf um Labienus nämlich hatte indessen sein Lager in die Gegend des
dHügeiten südlichen Plateaus verlegt und das Terrain für einen Hinterhalt re-
kognosziert. Zwischen dem Rhar ed Deba und Si Jeha zog sich ein
über 1 00 Meter breites, von steilen, brüchigen Hängen eingefaßtes Tal.
In einer kulissenartig einspringenden Seitenschlucht hatte er eine Ab-
teilung Numider in den Hinterhalt gelegt; die Kavallerie stand gedeckt
hinter dem Kamme des Höhenzuges. Sobald Caesars Kolonne in das
Tal hinabgestiegen war, sollten die Numider in der Front, die Reiterei
im Rücken angreifen (S. 800 f.).
Als nun Caesar persönlich ein Detachement von Legionstruppen,
mit einer Kavallerieabteilung als Vorhut, zur Besetzung des Hügels
heranführte, begann es den Numidern in ihrer engen Schlucht, die
keinen Rückzug zuließ, unheimlich zu werden; sie erkletterten die
Ränder und verrieten sich dadurch. Sofort ließ sie Caesar durch die
Kavallerie angreifen; in ihrer Enge wurden sie fast sämtlich getötet
oder gefangen. Jetzt mußte auch Labienus mit der Reiterei erfolglos
abziehen. Caesar aber besetzte sofort den Hügel und schlug auf dem-
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 869
selben ein kleineres Lager. Sein Hauptlager hatte er bereits früher
auf dem rückwärtigen höchsten Teile des Plateaus geschlagen; von hier
aus hatte er bequeme Verbindung zu den wichtigsten Teilen der
vorderen Front und gleichzeitig guten Ausblick in das Vorterrain,
auch auf die Stadt Uzita. Labienus aber verlegte sein Lager weiter
nach Süden, in die Gegend des heutigen Djemmal (S. 805 f.).
Caesars nächste Absicht war, sich jenes Punktes zu bemächtigen, Beiagemngs-
der vor allem dem Feinde seine hartnäckige Defensive ermöglichte : mä^sfe^t°gnff
der Stadt Uzita. Um sich bei der notwendigen Belagerung gegen die
in der flachen Ebene sehr empfindliche Belästigung durch die über-
legenen leichten Truppen des Gegners zu decken, ließ er aus seiner
Front zwei Linien gegen die Stadt vortreiben; als dieselben bis knapp
außer Schußweite an die Mauer herangeführt waren, wurden sie
durch ein Lager abgeschlossen und 5 Legionen in dasselbe verlegt,
denen die Führung der weiteren Belagerungsarbeiten oblag.
Hierbei war es ohne Kämpfe nicht abgegangen, da die Gegner
das Vortreiben der caesarianischen Linien mit allen Mitteln zu hin-
dern suchten. Ein solcher Zusammenstoß endete mit der totalen Zer-
sprengung zweier scipionischen Legionen, der IV. und VI; doch scheint
hier auch Verabredung im Spiele gewesen zu sein, da eben diese
beiden aus Gaetulern gebildeten Legionen seit langem mit Caesar
sympathisierten und ihm dies auch zur Kenntnis gebracht hatten ; tat-
sächlich ging ein Teil zu ihm über.
Am 1. Jänner des Jahres 46 traf endlich der dritte Transport Der dritte
aus Sizilien, die IX. und X. Legion, nach mancherlei Fährnissen bei TraasP°rt-
Caesar ein. Nun eröffnete er ein heftiges Bombardement gegen die
Stadt. Die Sache schien Eindruck zu machen, die Überläufer
mehrten sich; 1000 gaetulische Reiter kamen in Caesars Lager;
gleichzeitig erhoben sich ihre Stammesgenossen in Numidien gegen
Juba, und der König sah sich genötigt, weitere 6 Kohorten dahin zu
detachieren.
Um Caesar zur Unterbrechung seiner Arbeiten zu zwingen, mar- Der Aufmarsch
schierten die Verbündeten eines Tages südlich Uzita, auf dem etwas am(S°807^lah
erhöhten linken Ufer des in Form eines breiten Kotstreifens die Ebene
durchquerenden Ou. Melah in endlos langer Schlachtordnung auf. Das
Hindernis vor der Front ermöglichte die lange und seichte Aufstellung,
die Überlegenheit an Reiterei und leichten Truppen machte sie wün-
schenswert; die drohende Überflügelung zwang Caesar, sich ebenso
870 Der Caesariaiiische Bürgerkrieg.
auszudehnen, obwohl dies für ihn weder von Vorteil war, noch im
Terrain die Kompensation des Risikos sich bot.
In der Front der Republikaner standen die Legionen, aber nur
in einem Treffen. Dahinter in zweiter Linie, aber nur auf beiden
Flügeln, die numidische leichte Infanterie; beiderseits anschließend die
Elefanten, hinter ihnen gleichfalls leichte Truppen. Der linke Flügel
lehnte sich an die von mehreren Kohorten besetzte Stadt Uzita; auf
dem rechten stand anschließend an die Elefanten die ganze reguläre
Kavallerie. Die ganze Masse der leichten Reiterei nebst einem Teil
der leichten Infanterie, also scheinbar die ganze Besatzung des labie-
nischen Lagers, stand anderthalb Kilometer auswärts des rechten
Flügels, bereits an die Hügel von Djemmal gelehnt, in einer Flanken-
stellung.
Der Plan war, Caesars Angriff in dieser Stellung abzuwarten
und ihm dann von Uzita aus in die rechte, mit dem vorgeschobenen
Kavalleriekorps in die linke Flanke zu fallen.
Caesar war bereit den Kampf anzunehmen, allerdings unter der
Voraussetzung, daß der Feind seinerseits über den Ou. Melah und
über Uzita vorging; einer Flankierung aus der Stadt wollte er sich
unter keinen Umständen aussetzen. Die weite Ausdehnung der feind-
lichen Front akzeptierte er, doch verteilte er die Kräfte anders. Den
linken, frei in der Ebene stehenden Flügel formierte er als Angriffs-
gruppe aus der IX. und X. Legion, in drei Treffen; das Zentrum, be-
stehend aus der XXX., XXIX., XIII, XIV., XXVIIL, XXVI. Legion,
stand in seinem linken Teil 3, im rechten 2 Treffen tief; der noch
erübrigende Raum bis zu den Werken vor Uzita wurde durch einzelne
Kohorten aus dem zweiten Treffen der Legionen ausgefüllt. Die
Kavallerie stand am linken Flügel der feindlichen schweren gegen-
über, bei ihr ein Teil der leichten Truppen, der Rest derselben war auf
die übrige Front, hauptsächlich die Flügel, verteilt. Zur Deckung
gegen das Korps des Labienus war die V. Legion links vorgeschoben.
Caesars Absicht war, den Übergang der Feinde über den Ou. Melah
abzuwarten, dann, während der rechte Flügel an die Werke gelehnt
sich defensiv hielt und die V. Legion die bevorstehende Umgehung
durch das Korps des Labienus abwehrte, mit dem eigenen linken Flügel
die gegnerische Front zu durchbrechen und aufzurollen.
Indes es kam nicht zur Schlacht, da keiner der Gegner den
Ou. Melah zuerst überschreiten wollte. Erst als Caesar gegen Abend
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 871
seine Truppen einrücken ließ, versuchte die leichte feindliche Reiterei
einen Handstreich auf das Lager auf S1 Jeha, während gleichzeitig
Labienus mit den schweren Reitern die Legionen hinzuhalten suchte.
Caesars Kavallerie warf sich entgegen; ein Teil überschritt den
Ou. Melah, ward aber geworfen und samt den beigegebenen Leichten
übel zugerichtet. So endete der Tag mit einem Erfolge der Repub-
likaner.
Um dieselbe Zeit erfolgte ein Handstreich der feindlichen Flotte auf Der Flotten-
Überfall bei
LeptlS. Leptis.
Attius Varus war auf die Kunde von Caesars nachkommenden
Transporten unbemerkt mit 55 Schiffen von Utika nach Hadrumetum
vorgegangen und lauerte hier auf die Gelegenheit, einen weitern
Transport wegnehmen zu können. Indessen hatte Caesar die Ver-
schärfung der Blockade von Hadrumetum und Thapsus angeordnet und
Aquila mit 13 Schiffen gegen die erstere, L. Cispius mit 27 Schiffen
gegen die letztere Stadt beordert. Cispius war bereits abgegangen;
Aquila konnte infolge heftiger Gegenwinde das Vorgebirge von Mo-
nastir nicht umschiffen und ging südlich desselben vor Anker. Diese
Situation erkor sich Varus zum Überfall. Er ging Nachts in See, um-
ging unbemerkt die Eskader Aquilas, überfiel beim Morgengrauen
die Flotte vor Leptis, verbrannte einige Transportschiffe, nahm zwei
Kriegsschiffe weg und kehrte dann wieder um, um Aquila im Rücken
anzugreifen.
Caesar erhielt die Meldung bei einer Inspizierung des Lagers auf
Si Jeha. Augenblicklich ritt er nach Leptis, ging sofort mit allen
Schiffen in See, vereinigte sich mit Aquila, von dem Varus, um nicht
zwischen zwei Feuer zu geraten, schleunig abließ, jagte die Feinde bis
vor das Vorgebirge und nahm eines ihrer Schiffe nebst einem der von
Leptis entführten. Varus kam noch trotz des sich erhebenden Gegen-
windes über das Vorgebirge hinüber, Caesar nicht mehr; er blieb an
Ort und Stelle vor Anker, ging am folgenden Tage weiter bis Hadru-
metum, verbrannte einige Transportschiffe, stellte die Blockade her und
kehrte nach Leptis zurück.
Indessen ging die Belagerung von Uzita nicht nach Wunsch vor- Fiasko der
wärts. Die Republikaner führten ein wahres Kabinettstück einer BelagurzJtnag von
offensiven Verteidigung aus selbständiger Vorfeldstellung. Jede Linie,
die Caesar zog, wurde durch eine quer gefühlte Gegenlinie abge-
schnitten; so gelang es ihm nie, die Stadt vollends einzuschließen oder
S72 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
auch nur die Verbindung zwischen ihr und der Feldarmee zu unterbrechen,
von der jederzeit beliebige Truppenmengen in die Stadt geworfen
werden konnten, um auch einen gewaltsamen Angriff illusorisch zu
machen. Solange die feindliche Feldarmee intakt war, war an die
Eroberung nicht zu denken; jene aber vermied es sorgfältig, sich
einer Hauptentscheidung auszusetzen, und hielt sich in ihren unan-
greifbaren Stellungen.
Zudem begann sich in Caesars Lager der Mangel an Nachschub
immer empfindlicher zu machen. Zur See war in dieser stürmischen
Jahreszeit nicht viel Zuluhr aufzubringen ; das Land aber, das Caesar
von seiner Stellung aus unmittelbar deckte, war schließlich vollkommen
erschöpft, trotzdem seine Kommanden den Vorräten der Eingeborenen
bis in die geheimsten Verstecke nachspürten. Die Ausdehnung seiner
Stellung absorbierte den größten Teil der Truppen und setzte der
Großzügigkeit der Requisitionen eine Grenze. Bis in die 15 Kilo-
meter entfernte fruchtbare Ebene an der Westseite der Sebkra m'ta
Moknine trieb Caesar seine Kommanden vor, wußte auch daselbst einen
Hinterhalt des Labienus zu durchkreuzen; bald war aber auch diese
letzte Hilfsquelle erschöpft und damit die Unmöglichkeit eines weiteren
Verbleibens vor Uzita gegeben. Caesar mußte sich entschließen, die
Belagerung aufzuheben. Für den Augenblick hatte Labienus ge-
wonnen.
Caesars Caesar zog mit den Konsequenzen auch die Lehren aus den bis-
herigen Ereignissen. Da es nicht abzusehen war, wann es gelingen
würde, den zähen Gegner zur ersehnten Entscheidungsschlacht zu
zwingen, so galt es vor allem, die Operationen in ein Gebiet zu
verlegen, wo auch bei längerer Dauer Verpflegungsschwierigkeiten
nicht zu befürchten waren. Auch die Ausdehnung der Stellung
hatte sich nicht bewährt, da sie allzuviele Kräfte absorbierte und da-
mit die Bewegungsfreiheit lähmte.
In der Nacht vom 14. auf den 15. Januar brach Caesar auf.
Vorher hatte er die ihm ergebenen Städte Ruspina, Leptis und Acylla,
die er jetzt nicht mehr unmittelbar decken konnte, durch entsprechende
Besatzungen gesichert; im Augenblicke des Abmarsches ließ er die
ganzen weitausgedehnten Werke, die Arbeit vieler Wochen, ii
Flammen aufgehen. Da trotzdem die Möglichkeit einer Störung des
Marsches durch die leichten Massen des Feindes an der Queue oder,
vom Lager des Labienus her, in der rechten Flanke möglich war, nahm
Abmarsch.
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 873
er innerhalb des gefährdeten Raumes den Train links neben die
Truppenkolonne und marschierte 35 Kilometer weit bis zur Stadt
Aggar, neben der er sein Lager schlug.
Aggar, etwa 4 Kilometer nördlich des heutigen stattlichen Ortes in. Periode:
KsouresSaf, war der Hauptort einer großen und besonders in ihrem
südlichen Teile, der nächsten Umgebung der Stadt, überaus fruchtbaren
Ebene (heute El Maklouba, S. 811 f.). Hier konnte Caesar nicht nur
seine erschöpften Vorräte ausgiebig ergänzen, sondern hatte auch auf
lange Zeit hinaus keine Verpflegungsschwierigkeiten zu befürchten.
Die Verbündeten folgten dem abziehenden Gegner vorsichtig über
die Höhen, welche die Ebene des Ou. Melah von jener von Aggar
trennen; am Westrande der letzteren, etwa 12 Kilometer von Aggar ent-
fernt, schlugen sie auf den letzten flachen Hängen drei Lager, in denen,
analog wie bei Uzita, jedenfalls Scipio, Juba und Labienus befehligten.
Vor ihrer Stellung in der Ebene lag die Stadt Tegea (Hir Merbesse
bei S1 Dekril), in welche eine größere Kavallerieabteilung unter
Pacideius gelegt wurde; der Stadt war eine ähnliche Rolle zu-
gedacht, wie sie früher Uzita mit Erfolg gespielt hatte (S. 819).
Doch Caesar hatte seine Taktik geändert; mehr als je arbeitete
er auf die Entscheidungsschlacht. Da direkte Schlachtangebote nicht
akzeptiert wurden, so versuchte er den Gegner durch Bedrohung und
Wegnahme von Städten zu zwingen, zur Wahrung des Prestiges es
auf einen Kampf ankommen zu lassen. Die Beschränkung auf ein
einziges Lager gewährte ihm die hierzu erforderliche Bewegungs-
freiheit; um jenes immerhin besser zu sichern, verlegte er es aus der
Ebene auf einen der etwa 2 Kilometer südlich sich hinziehenden
Hügel.
Der erste Offensivstoß galt der Stadt Zeta (Beni Hassane, S. 821), i. offensivstoß:
die etwa 20 Kilometer nordwestlich, also in der Richtung über Scipios
Lager hinaus lag; entscheidend für diesen Entschluß war die Mel-
dung, daß Scipio 2 Legionen dorthin zur Requisition detachiert habe;
diese beschloß Caesar aufzuheben.
Das Unternehmen glückte nur halb. Caesar bemächtigte sich
zwar der Stadt ; als er aber die in der Nähe fouragierenden Legionen
angreifen wollte, erschienen Labienus und Afranius mit den ganzen
leichten Massen in seinem Rücken und zwangen ihn den Plan aufzu-
geben. Auf dem Rückmarsche wurde er beim Passieren der vielfach
S74
Der Caesarianische Bürgerkrieg.
2. Offensivstoß
Sarsura-
Thysdrus.
Die Reiter-
schlacht bei
Tegea.
durchschnittenen Höhenlinie zwischen S* Neja und der Ebene von
Tegea neuerdings heftig angegriffen und gelangte erst nach anstrengen-
den Kämpfen spät nachts mit todmüden Truppen in das Lager.
Für den Verlust Zetas entschädigte sich Juba durch die voll-
ständige Zerstörung der benachbarten Stadt Vaga (Zramedine? S. 822),
deren Bevölkerung mit Caesar sympathisiert hatte. —
Den nächsten Offensivstoß führte Caesar nach Westen und Süden:
Er erstürmte Sarsura(Hir el Ksour bei Bou Merdes, S. 823) und ging
von dort gegen Thys drus (El Djem, S.822), das Considius mit einem
Detachement besetzt hielt. Ein Sturm erschien hier aussichtslos, eine
Belagerung infolge des Wassermangels nicht minder. Caesar nächtigte
6 Kilometer nördlich der Stadt bei einer Quelle und trat am folgen-
den Tage den Rückmarsch an, der ihn am vierten Tage nach dem
Ausmarsche nach Aggar zurückbrachte. Wieder waren die feind-
lichen Leichten längs der Höhen gefolgt, doch eine zweckmäßige
Marschsicherung verhinderte diesmal eine ernstliche Behelligung.
So hatte auch der zweite Offensivstoß nur einen halben Erfolg ge-
bracht ; der eigentliche Endzweck, die Schlacht, war nicht erreicht worden.
Um diese Zeit traf ein letzter großer Transport aus Sizilien bei
Caesar ein; er brachte 4000 aus verschiedenen Gründen zurückge-
bliebene Legionare, 400 Reiter und 1000 Leichte. Gleichzeitig er-
klärte sich die numidische Stadt Thabena für Caesar und wurde durch
ein Detachement besetzt.
Jetzt versuchte es Caesar noch einmal mit einem Schlacht-
anbot. Er rückte bis auf IV2 Kilometer an den Fuß der Höhen
Scipios heran. Dieser ging bis auf den untersten Teil des Hanges
in Schlachtordnung vor, ließ aber zugleich das ganze Reiterkorps des
Pacideius beiderseits der Stadt Tegea in Caesars rechter Flanke auf-
marschieren. Caesar ließ nun einen Teil seiner Kavallerie zum An-
griff auf jene vorgehen und nährte das Gefecht sukzessive in dem
Maße, als die Gegner Verstärkungen erhielten, auch mit Legions-
truppen; er hoffte es auf diese Art allmählich zu einem allge-
meinen Kampf zu bringen. Die Gegner setzten wohl ihre ganze
Kavallerie, auch die der Frontgruppe, ein, die Legionen aber hielten
sie zurück. So wurde denn die republikanische Reiterei schließlich
endgültig geworfen, die ersehnte Entscheidung war aber wieder nicht
herbeigeführt, und abermals mußte Caesar mit einem halben Erfolge
ins Lager zurückkehren (S. 820).
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges.
875
Nun entschloß sich Caesar, radikal ein Ende zu machen ; er hatte 3. offensivstoß
Wichtigeres zu tun als am Rande der Wüste mit den letzten Resten
seines so und so oft geschlagenen Gegners endlos ohne Entscheidung
herumzuplänkeln. Ging es einmal nicht unter gleichen Chancen, so
durfte der Sieger von Ilerda und Pharsalos es sich schließlich leisten,
wieder eiumal kühn zu wagen und dem Feinde eine ausgiebige
Chance als Brocken hinzuwerfen, auf den er vielleicht anbiß. So brach
er denn in der Nacht zum 5. Februar von Aggar auf und erschien am
Morgen vor der Stadt Thapsus, einem der wichtigsten Seestützpunkte
des Gegners.
Thapsus lag auf der Spitze einer rechtwinkligen Halbinsel, deren
Inneres durch eine Sebkra ausgefüllt wurde, so daß der Zugang nur
von Westen und Süden her über je eine schmale Landenge möglich war;
diese war stellenweise bis auf zirka 2 Kilometer verengt und überdies
auf der Sebkraseite vielfach versumpft, so daß als wirklich prak-
tikabler Weg nur die schmale, steinige Hügelkette übrig blieb, die
beiderseits an der Meerseite von außen gegen die Spitze der Halb-
insel führte, wo sie, mehr gegen Sebkra eingebogen, in einzelne ziem-
lich isolierte Kuppen aufgelöst erschien (S. 832 ff.).
Das Risiko, das mit der Belagerung einer derart gelegenen Stadt
verbunden war, solange noch eine gegnerische Armee intakt im
Felde stand, lag auf der Hand: durch Sperrung der Isthmen konnte
der Belagerer sofort zum Belagerten, überdies in der empfindlichsten
Weise zwischen die Festung und die Feldarmee eingeschlossen werden.
Die Gegner Caesars hatten es hier entschieden viel leichter als etwa das
gallische Entsatzheer vor Alesia, das seine Aufgabe nur durch raschen
offensiven Angriff lösen konnte, ohne die Möglichkeit, den Belagerer
selbst einzuschließen.
Caesar bedachte alles und baute seinen Plan darauf. Zunächst
traf er seine Maßnahmen, um sich die eine Chance, die ihm blieb, zu
sichern: während er auf der flachen Doppelkuppe El Behira hart
vor der Stadt sein Lager schlug und diese durch Linien einschloß, be-
setzte er gleichzeitig die beiden Kuppen El Faca und Dahret el
Hafsa, welche den ganzen Umkreis bis beiderseits an das Meer, und
das Vorterrain bis an die Sebkra beherrschten; auf diese Weise
sperrte er dem Feinde von vornherein die direkte Verbindung von
einem Isthmus auf den andern, und schuf sich zugleich einen fortika-
torisch gesicherten Raum, in dem er ungehindert in jeder beliebigen
S7G Der Caesariauische Bürgerkrieg;.
Richtung sich gruppieren und nach Bedarf mit ganzer Kraft vorbrechen
konnte, während der Gegner, wenn er den ihm eingeräumten Vorteil
wahrnehmen wollte, gezwungen war sich zu teilen und überdies als
einzige Verbindung zwischen den Teilgruppen den 30 Kilometer weiten
Umweg um die Sebkra in Kauf nehmen mußte.
Für die Verbündeten hing alles davon ab, ob es ihnen gelang,
beide Isthmen durch Linien zu sperren, ehe Caesar die Teilung zu
einem Hauptschlag gegen die eine Gruppe ausnützen konnte; für
Caesar kam alles darauf an, den Schlag in dem Momente zu führen,
wo die Teilung der Gegner vollzogen, die Sperrung aber noch nicht
durchgeführt war. Minuten konnten die Entscheidung bringen.
Die Republikaner taten, was Caesar vorausgesetzt. Sie folgten
zunächst vorsichtig längs der am Südrande der Sebkra sich hinziehenden
flachen Höhen und blieben am Südausgange des Isthmus stehen, den-
selben durch zwei Lager sperrend; im westlichen stand Scipio, im
östlichen Juba.
Am folgenden Tage (6. Februar) teilten sich die Verbündeten;
Juba mit seinem zirka 2V2 Legionen blieb in seinem Lager, Afranius
mit etwa ebensoviel in dem des Scipio zurück, so daß etwa die Hälfte der
Armee auf dem Südisthmus stand ; Scipio selbst und Labienus mit der
andern Hälfte versuchten den andern Isthmus zunächst auf dem kürzesten
Wege hinter Thapsus herum zu gewinnen und zu diesem Zwecke die
jene Verbindung beherrschende Höhe „Dahret el Hafsau in die
Hand zu bekommen, fanden sie aber durch eine caesarianische, mit
3 Kohorten besetzte Schanze gesperrt. Jetzt blieb nurmehr die andere
Verbindung um die Sebkra herum.
Zeit war nicht zu verlieren; so marschierte denn das Korps in
der darauffolgenden Nacht um die ganze Sebkra herum auf den Nord-
isthmus und schob sich unter dem Schutze der Dunkelheit auf der
dortigen Hügelkette bis auf 2 Kilometer an Caesars Stellung heran;
im Morgengrauen wurde mit dem Lagerschlage auf der Kuppe, die
heute das Marabout „SiZebidi" trägt, begonnen; war das Lager
vollendet, so war der Plan geglückt und Caesar in der Falle. Die
Entscheidung stand auf der Schneide eines Augenblickes.
Die sehiacht Scipio hatte für die Sicherheit eines eventuellen Aufmarsches vor
beiThapsus. •' _. . -, j-
dem Lagerplatze Sorge getragen und zunächst die Elefanten und die
Kavallerie auf die beiden Flügel der in Aussicht genommenen
Schlachtordnung vorgeschoben; von der Infanterie stand bereits
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 877
ein Teil in der Front, der andere arbeitete noch an der Vollendung
des Lagers, als plötzlich Caesar aus seinem Fortsgürtel hervorbrach.
Seine Aufklärung hatte ihn gut bedient, und er hatte den ent-
scheidenden Augenblick gefaßt. 2 Legionen unter Asprenas blieben im
Lager zurück, um den Rücken gegen einen eventuellen Vorstoß des feind-
lichen Südkorps zu decken, gegen das wahrscheinlich auch der größte Teil
der Kavallerie vorgeschoben wurde (S. 843); einige Kohorten blieben in
den Schanzen des Gürtels; 6 Legionen, darunter die 5 alten, führte er
zum Hauptschlage. Die X. und XIII. rechts, die IX. und XIV. links,
die eine Rekrutenlegion in der Mitte hatten, in drei Treffen formiert,
den Kern der Schlachtordnung zu bilden. Beiderseits auf die Flügel
waren je 5 Kohorten der V. Legion nebst leichter Infanterie zum An-
griff gegen die Elefanten disponiert; zu äußerst etwas Kavallerie mit
leichter Infanterie gemischt. Die Haüptdirektion hatte die X. Legion
längs der Hügelkette auf die Front des feindlichen Lagers. Endlich
war von der Eskader des Cispius ein Teil detachiert worden mit dem
Auftrage, im Rücken des Feindes einen Landungsversuch zu markieren
und ihn dadurch in Verwirrung zu bringen.
Durch die Gunst des Terrains war Caesars zuerst aufmarschierter
rechter Flügel, bei dem sich auch der Feldherr befand, schon in unmittel-
barste Angriffsnähe gelangt, ehe der linke den Aufmarsch vollendet
hatte (S. 840). Caesar, dem daran gelegen war, den Feind in der ganzen
Front gleichzeitig zu fassen, wollte den fertigen Aufmarsch abwarten ;
indeß die Veteranen der X. Legion, die wohl die für den sofortigen
Angriff günstige Unfertigkeit des Feindes, nicht aber jene des eigenen
linken Flügels sahen oder sehen wollten, drängten ungestüm zum Kampfe.
Caesar verweigerte das Signal ; da zwang die X. Legion ihren Trompeter,
das Angriffssignal zu blasen. Sofort nahm es die ganze Front ab, und
alles warf sich, der rechte Flügel weit voraus, auf den Feind.
Die Elefanten des linken Flügels wurden von den caesari-
anischen Bogenschützen und Schleuderern mit einem Hagel von
Geschossen überschüttet und durch den vehementen Angriff der eigens
hierfür geschulten Kohorten der V. Legion vollends geworfen; sie
durchbrachen die eigenen hinter ihnen stehenden Infanteriemassen und
stürmten bis in das halbfertige Lager. Die neben ihnen postierten
maurischen Reiter sahen sich isoliert und wandten sich zur Flucht.
Während die Kohorten der V. nach Vertreibung der Elefanten
zur Umgehung der feindlichen Linien ansetzten, führte die X. Legion
878 Der Caesarianische Bürgerkrieg-.
mit altbewährter Kraft den Hauptstoß längs des Hügelrückens auf
die Front des Lagers; die gegnerische Infanterie, durch die eigenen
Elefanten bedenklich in Unordnung gebracht, vermochte nur kurzen
Widerstand zu leisten; mit den Fliehenden brachen die Sieger in das
Lager ein. Die Wachen wurden rasch überwältigt, und nun wandte
sich der siegreiche rechte Flügel Caesars von oben herab gegen das
feindliche Zentrum.
Indes es gelang nicht mehr, den Gegner zu fassen. Die vorschnelle
Oifensive des rechten Flügels hatte ihre Früchte getragen. Drunten
in der Ebene war es kaum zum Handgemenge gekommen; dann aber
ging unter dem Eindrucke der Erstürmung des Lagers der noch nicht
recht gefaßte Feind überall zurück. Die Elefanten des Südflügels
deckten den Rückzug; sie opferten sich im Kampfe mit den Kohorten
der V. Legion, aber sie erfüllten ihre Aufgabe. Dieses rasche Los-
lösen rettete vorläufig den größeren Teil des scipionischen Korps; es
gelang ihm, die Rückzugslinie zu gewinnen und in leidlicher Ordnung
den Marsch um die Sebkra herum zum Anschlüsse an den anderen
Heeresteil anzutreten.
Der Hauptschlag war geführt, doch das Werk noch nicht zu Ende.
Caesar sandte dem zurückgehenden Nordkorps nur einen Teil der im
Kampfe gestandenen Truppen — vielleicht 2 Legionen — nach; die
Hauptkraft nahm er rasch in seinen Fortsgürtel zurück, um mit ihr
sofort, nach Anschluß der beiden Legionen des Asprenas, gegen das
feindliche Südkorps vorzubrechen.
Dieses aber hatte, die Katastrophe Scipios erkennend, den Stoß
nicht erst abgewartet. Sowohl Juba wie Afranius räumten ihre Lager;
die Truppen lösten sich bald in volle Flucht auf. Caesar aber nahm
seine Legionen in dem königlichen Lager zusammen.
Indessen gelangten die Reste des scipionischen Korps, noch immer
gegen 10 000 Mann stark, endlich im Laufe des Nachmittags zum
Lager des Afranius. Zu ihrer Bestürzung fanden sie es leer. Sie
gingen weiter zum Lager des Königs : aus demselben grüßten die Feld-
zeichen der Legionen Caesars. Schon tauchten auch in ihrem Rücken
die Verfolger auf. Da zogen sie sich auf einem Hügel am Meere (heute
Marabout S1 Messaoud) zusammen, senkten die Waifen und leisteten
die militärische Ehrenbezeugung. Doch Caesars Soldaten kannten keine
Schonung und hieben sie bis auf den letzten Mann nieder. Der Feldherr
selbst stand dieser elementaren Orgie der Rache machtlos gegenüber.
Zusammenhängende Darstellung des Feldzuges. 879
10 000 Feinde waren geblieben, der Kest war vollkommen zersprengt;
64 Elefanten fielen in die Hände des Siegers. Die feindlichen Führer
hatten sich allerdings vollzählig vom Schlachtfelde gerettet; dennoch
gelang es einzig Labienus und Attius Varus, nach Spanien zu ent-
kommen; die andern fanden alle in der nächsten Zeit noch in Afrika
oder an dessen Küste den Tod.
Am Abende traf Caesar mit den siegreichen Truppen wieder vor
Thapsus ein. Während der Schlacht hatte die Besatzung einen Aus-
fall versucht, der aber durch die im Lager zurückgebliebenen Nicht-
kombattanten abgewiesen worden war. Über den Verlauf der Schlacht
selbst war man in der Stadt im unklaren, da ihre tiefe Lage keinen
Einblick in das weitere Vorterrain gestattete. Caesar ließ nach seiner
Rückkehr die erbeuteten Elefanten in voller Rüstung vor der Stadt-
mauer aufmarschieren und forderte unter Hinweis auf dieses Zeichen
seines Sieges den Kommandanten der Stadt Vergilius zur Kapitulation
auf. Dieser verweigerte die Antwort.
Am folgenden Morgen fand ein feierliches Dankopfer statt; Be-
lohnungen und Auszeichnungen wurden verteilt; die V. Legion erhielt
zum Gedenken an den Tag das Recht, einen Elefanten im Feldzeichen
zu führen.
Dann brach Caesar auf. Rebilus blieb mit 3 Legionen vor Thap- Ende des
sus, Domitius mit 2 Legionen marschierte auf Thysdrus, Caesar Feldzu^es
mit dem Gros gegen Utika, wohin die ganze Kavallerie unter Messala
vorauseilte. Auf dem Wege dahin besetzte Caesar widerstandslos das
früher so lange belagerte Uzita, dann Hadrumetum, in welcher
wichtigen Stadt eine Legion zurückblieb. Am 16. Februar traf Caesar
vor Utika ein, wo ihm sein Vetter L. Caesar, der nach Catos Selbst-
mord das Kommando der Stadt führte, die Schlüssel überreichte.
Da unterdessen auch Thapsus unter ehrenvollen Bedingungen
kapituliert hatte und Thysdrus von Considius geräumt worden war,
auch der Krieg im Westen mit Saburras Vernichtung durch Sittius
ein Ende gefunden hatte, trug niemand mehr in Afrika Waffen gegen
Caesar. Der Feldzug war zu Ende. Nach einer unblutigen Expe-
dition mit der Kavallerie nach Zama, der Hauptstadt des unterdessen
freiwillig aus dem Leben geschiedenen Königs von Numidien, schiffte
sich Caesar nach gründlicher Ordnung der Provinz am 14. April in
Utika ein, um über Sardinien nach Rom zurückzukehren.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 56
Beilage I.
Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege Caesars.
Über die Heeresstärken dieses Feldzuges sind wir bei objektiver
Betrachtung der Dinge besser unterrichtet, als es nach den lang-
wierigen Kontroversen über einschlägige Details den Anschein hat.
Eine an und für sich recht harmlose Textverderbnis hat hier ein
Aufgebot von Scharfsinn, Tinte und Druckerschwärze zur Folge ge-
habt, das einer besseren Sache würdig gewesen wäre.
10 oder 12
Legionen?
1. Caesar.
Betreffs der Streitkräfte Caesars in diesem Feldzuge schwebt noch
immer die alte Frage: hat er 10 oder 12 Legionen in Afrika
vereinigt?
Nipperdey1) und nach ihm Wölfflin2) und Schneider2),
endlich ich3) haben die erste, Groebe4) neuestens wieder die vonStof fei5),
Tissot6) und den älteren Philologen propagierte letztere Ansicht ver-
treten.
Textkritisch ist die Frage nicht zu lösen. Daß die über-
lieferten Legionsnummern im bellum Africanum zum guten Teile ver-
derbt sind, ist nichts Neues, auch Groebe kommt ohne Konjekturen
nicht aus7). Bleibt einzig die Lösung auf dem Wege reiner Sach-
kritik. Hier liegt die Entscheidung in der Beantwortung zweier
Fragen :
1) Nr. 4, S. 218 ff.
2) In den betreffenden Ausgaben des bell. Afr.
3) Nr. 28, S. 547 ff.
4) Nr. 26, S. 712 ff.
5) Nr. 15, II 283.
6) Nr. 13, S. 757.
7) Nr. 26, S.. 716.
Beilage I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 1. Caesar. 881
1. Ist in cap. 62,1 von einem eigenen, sonst nicht er-
wähnten Transporte die Rede?
2. Ist aus irgend einer Stelle des bellum A fr icanum ab-
zuleiten, daß Caesar in irgend einer Phase des Feldzuges
über mehr als 10 Legionen verfügt haben muß?
ad. 1. Die fragliche Stelle 62,1 lautet: „Interim Varus classem,
quam antea Uticae hiemis gratia subduxerat, cognito legionis..
et . . A) ex Sicilia adventu celeriter deducit insidiandique
gratia ab Utica progressus Hadrumetum . . . pervenit."
Die Anhänger der Zwölflegionentheorie sehen nun in diesem Satze
die Erwähnung eines eigenen Transportes.
Man hat zur Auslegung dieser Stelle im obigen Sinne mit Vor-
liebe die charakteristische Schreibweise des Autors, seine „tagebuch-
artige Anordnung der Ereignisse", herangezogen. Wenn man aber
schon die spezifische Schreibweise als ausschlaggebendes Argument
heranzieht, so muß man dies folgerichtig in allen Fällen gelten lassen.
Wie verträgt sich aber mit der Darstellungsart des Verfassers der
Umstand, daß er von diesem Transport nichts weiter erwähnt, als
daß der Feind von ihm Kenntnis erhielt? Man vergleiche
damit die Berichte über die anderen Nachschubtransporte:
c. 34, 4. 5. Alienus interim proconsul Lilybaeo in navis onerarias
imponit legionem XIII et XIV et equites Gallos DCCC, . . ac secundum
commeatum in Africam mittit ad Caesarem. Quae naves ventum
secundum nactae quarto die in portum ad Ruspinam, ubi Caesar castra
habuerat, incolumes pervenerunt.
c. 53. Dum haec circum Uzitam ab utrisque ducibus administran-
tur, legiones duae, X et IX, ex Sicilia navibus onerariis profectae
cum iam non longe a portu Ruspinae abessent, .... vela in altum
dederunt tandem multis post diebus .... ad Caesarem per-
veniunt."
c. 77,3. „Eodem tempore ex legionibus omnibus milites, qui aut
morbo impediti aut commeatu dato cum signis non potuerant ante
transire in Africam, ad milia IV, equites CCCC, funditores sagittariique
mille uno commeatu Caesari occurrerunt.tt
1) Die Ziffern sind, wie erwähnt, verdächtig, und es muß bei der sachkritischen
Untersuchung von ihnen abgesehen werden. Überliefert sind in den Handschriften:
„VII et Villi" und „VII et VIII".
56*
382 Der Caeaarianische Bürgerkrieg.
Man sieht und findet es gewiß selbstverständlich, daß der Ver-
fasser die Ankunft einer jeden solchen Staffel, der militärischen Wich-
tigkeit der Sache entsprechend, in klarer, bestimmter und relativ aus-
führlicher Weise erzählt. Und da sollte mitten drin eine so krasse
Ausnahme von dieser in der Sache selbst begründeten Schreibweise
Platz greifen, indem von einer ebensolchen Staffel gar nicht erwähnt
wird, daß und wann sie abging und bei Caesar ankam, sondern bloß
gelegentlich der Erzählung einer Handlung des Gegners davon
die Rede ist, daß dieser von der Ankunft jener sonst gar nicht er-
wähnten Staffel Kenntnis hatte? Dies wäre wohl eine viel gröbere
Abweichung des Autors von seiner „charakteristischen Schreibweise",
als ein eventuelles Unterbrechen der „tagebuchweisen Anordnung".
Liegt aber eine solche Unterbrechung hier überhaupt vor, falls
man die Stelle auf eine der früher schon erwähnten Staffeln bezieht?
Die rein chronologische Anordnung des Stoffes kann mit voller
Konsequenz naturgemäß nur auf die Ereignisse beim eigenen
Heere Anwendung finden, auf jene beim Feinde nur insofern, als
sie unmittelbar mit den ersteren ineinandergreifen. In den übrigen
Fällen wird die Möglichkeit dieser Anordnung vor allem davon ab-
hängen, wann die betreffenden Ereignisse den Caesarianern beziehungs-
weise dem Verfasser bekannt wurden. Vorgänge beim Feinde, die be-
reits vor längerer Zeit stattgefunden haben, aber erst relativ spät den
Caesarianern zur Kenntnis gelangt sind, konnten naturgemäß umso-
weniger streng chronologisch in die Erzählung interpoliert werden, als
ihr genaues Datum in vielen Fällen gar nicht bekannt war *). Erst
mit dem Augenblicke, wo die Handlungen des Feindes und die eigenen
ineinander zu spielen beginnen, tritt die chronologische Aufzählung
wieder in ihr Recht.
Für diesen selbstverständlichen Vorgang haben wir in c. 62 ff. ein
drastisches Beispiel.
Varus hatte auf die Kunde von der Ankunft einer Staffel von
2 Legionen bei Caesar die in Utika im Winterquartier liegende Flotte
seeklar gemacht, mit neuer Mannschaft ausgerüstet (das alles wird
ausdrücklich erwähnt), und war dann mit ihr nach Hadrumetura vor-
1) Ähnliches läßt sich wiederholt im bell. Afr. konstatieren, am deutlichsten in
Kap. 19, wo die Vorgeschichte des Treffens von Ruspina, soweit sie den Feind
betrifft, nach Schilderung des Treffens nachgetragen wird, mit der ausdrücklichen
Erwähnung, daß sie erst nach dem Treffen durch Überläufer bekannt wurde.
Beilage *I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 1. Caesar. 883
gegangen. So etwas geschieht nicht von heute auf morgen. Das
Indienststellen der eingewinterten Schilfe, das Zusammenbringen und
Einreihen der Mannschaft, endlich die mehrtägige Fahrt von Utika
um das Cap Bon herum bis Hadrumetum, das alles erforderte eine
erkleckliche Spanne Zeit. Schon daraus geht hervor, daß der Be-
ginn dieser Ereignisse, die in Utika eintreffende Kunde von der An-
kunft der caesarianischen Staffel, weit zurückliegt und daher sich
zeitlich mit schon viel früher erzählten Vorgängen decken muß. Hier ist
einer zwingenden Notwendigkeit zufolge die streng tagebuchweise An-
ordnung eben einmal ausgeschaltet; der Autor weist auf diese
Tatsache selbst hin, und zwar durch das diese Episode einleitende
Wort ..int er im". Dieses eine Wort beweist es ganz klar, daß die
erwähnten Vorkehrungen des Varus, und daher umsomehr die Nach,
rieht, die ihn dazu veranlaßt hat, zeitlich mit vorher schon er-
zählten Ereignissen zusammenfallen. Erst mit dem Überfall
des Varus auf Leptis kam die ganze Unternehmung zur Kennt-
nis der Caesarianer, und damit geht dann die Erzählung auch
wieder chronologisch weiter; das Vorhergehende ist eben nichts anderes,
als die den Caesarianern erst mit diesem Augenblicke oder vielleicht
noch später bekannt gewordene Vorgeschichte dieses Überfalles.
Es wäre auch gar nicht einzusehen, warum Varus erst bei einem
dritten Transport sich zu jener Maßregel veranlaßt gesehen hätte.
die zwei vorhergehenden aber, deren Ankunft er doch ebenso erfahren
mußte, ignoriert haben sollte. Nichts ist natürlicher, als daß er
mit den Vorbereitungen zur Verlegung der Flotte nach Hadrumetum
sofort nach der Kunde von der Ankunft der ersten Nachschubstaffel
begonnen hat; die Legionsnummern wären daher sinngemäß von jenem
zu entnehmen, also XIII und XIV.1).
Somit ist die in c. 62,1 genannte Staffel identisch mit einer
früher schon einmal ausdrücklich erwähnten; dann aber verfügte
Caesar in Afrika nur über jene Legionen, die er selbst gelegentlich
seiner Überfahrt mitgebracht, mehr jener, die ihm Alienus ad cap.
34,4 und 53 nachgesendet; das sind aber nur zehn. —
1) Die Konjektur auf „X et IX" ist textlich näherliegend, weil dann wenigstens
die eine Ziffer mit einer überlieferten übereinstimmt. In diesem Falle ist es ja
immerhin möglich, einen kleinen Irrtum des Verfassers anzunehmen, der eben die
Maßnahmen der Varus, von denen er erst spät und sehr allgemein gehaltene Nach-
richten erhielt, statt mit der ersten, mit der zweiten Staffel in Zusammenhang brachte.
884 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
ad 2. Daß Caesar in Afrika mehr als 10 Legionen gehabt haben
muß, sucht Groebe aus folgenden Stellen zu beweisen:
a. aus der ordre de bataille des Aufmarsches vor
Uzita;
b. aus der ordre de bataille der Schlacht bei Thapsus;
c. aus den Dispositionen nach der Schlacht bei Thapsus.
ad a. Gelegentlich des Aufmarsches vor Uzita werden auf
Caesars Seite tatsächlich 9 Legionen erwähnt, blieb also nur eine
für die Besatzungen in Ruspina, Leptis und Acylla, sowie für die
Lagerwachen.
Wie stark die Besatzungen in den Städten waren, wissen wir
nicht; daß sie zu dieser Zeit, wo Caesar bereits offensivfähig war und
jedem bedrohten Ort nachdrücklich zu Hilfe kommen konnte, lange
nicht mehr so stark gewesen sein dürften als zu Beginn des Feld-
zuges, wo er, selbst in starrer Defensive, dieselben sich selbst über-
lassen mußte, ist klar1). In den Werken brauchte er, da er dem
vollkommen aufmarschierten Feinde selbst in Schlachtordnung gegen-
überstand und zudem entschlossen war einen riskierten Kampf nicht
anzunehmen, auch nicht viel zurückzulassen. Wäre daher für diese
Zwecke das Auslangen mit 10 Kohorten ganz leicht möglich, so darf
nicht vergessen werden, daß nach c. 10,2 noch 7 uneingeteilte Ko-
horten zur Verfügung standen2), so daß sich damit schon 17 verfüg-
bare Kohorten ergeben. Endlich dürften die in den Werken ver-
bliebenen Lagerwachen naturgemäß den Legionen entnommen worden
sein, denen die betreffenden Abschnitte zugewiesen worden waren;
denn bei der sehr großen Ausdehnung der Werke wäre die Verteilung
eines Truppenkörpers in Lagerwachen auf die ganze Front nach
Ausmarsch der Abschnittsbesatzungen recht unpraktisch, weil ungeheuer
zeitraubend gewesen. Es ist ja zweifellos sicher, daß in zahl-
1) Damals hatte Leptis 6 (9, 1), Acylla auch mehrere Kohorten Besatzung (33, 4,
„cum cohortibus"). Bezeichnend ist, daß während dieser Zeit, wo Caesar defensiv
bei Ruspina stand, sowohl Leptis wie Acylla trotz ihrer starken Besatzungen vom
Gegner angegriffen wurden (28,2 bezw. 33, 3), während später keine feindliche Unter-
nehmung gegen eine von Caesar besetzte Stadt mehr erwähnt wird.
2) Daß dieselben später wieder in die Legionen eingereiht wurden, wie Groebe
glaubt, wird nirgends erwähnt; hätte Caesar diese Absicht gehabt, so hätte er sie
schon viel früher in Italien durchführen können. Sie dürften daher wahrscheinlich
zum Teil in ihrer bisherigen Eigenschaft als Kampfbesatzung der Kriegsschiffe, zum
Teile zu Besatzungen und dgl. verwendet worden sein.
Beilage I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 1. Caesar. 885
reichen caesarianischen Schlachten, in denen der Feldherr eben über
eine Anzahl kompletter Legionen verfügte, die obligate Lagerwache
einer oder mehreren Legionen entnommen wurde, diese selbst also in
der Schlacht nicht komplett waren, ohne daß dieser selbstverständliche
Umstand jemals direkt betont wird ; ebensogut kann damals bei Uzita
manche Kohorte der in der Front stehenden, in der Quelle nominell
angeführten Legionen als Notbesatzung in den Werken zurück-
geblieben sein.
Man sieht, die Gesamtzahl von 10 kompletten Legionen läßt sich
mit der Tatsache, daß 9 davon aufmarschiert waren, sehr gut in Über-
einstimmung bringen1).
ad b. Für Thapsus stellt Groebe, dem verderbten und auch
grammatikalisch sinnlosen2) Originaltexte folgend, nicht weniger als
5 Legionen ins Zentrum Caesars, außer den im Texte genannten 5,
die zu je 2 1/2 auf den beiden Flügeln stehen; da noch 2 im Lager bleiben,
so gibt dieses Kalkül bereits 1 2 Legionen auf dem Schlachtfelde selbst, so
daß für die Besatzungen der Städte, für die Groebe gelegentlich Uzita so
warm eintritt, diesmal gar nichts mehr übrig bleibt, trotzdem jetzt viel
mehr Orte von Caesar besetzt waren3). Man sieht hier gleich, wohin
das Akzeptieren jener Originallesart führt4). —
1) Groebe führt auch die Verlegung von 5 Legionen in das knapp vor Uzita
geschlagene Lager darauf zurück, daß im Hauptlager nach Eintreffen der 11. und
12. Legion kein Platz mehr vorhanden war. Dem ist entgegenzuhalten, daß jene
Verlegung doch klarer Weise aus dem Grunde erfolgt ist, weil diese 5 Legionen mit
den direkten und, wie der Text ergibt, recht umfangreichen Belagerungsarbeiten be-
traut waren, die sie doch nicht vom Hauptlager auf den Höhen aus leisten konnten.
2) „quinque legiones .... conlocatis". Im ganzen Satz, sowohl vorher als
nachher, ist die ganze Aufzählung der Truppen einheitlich im Ablativus absolutus
durchgeführt, so daß die Lesart „legiones" ganz unverständlich wird.
3) Zur Zeit des Aufmarsches vor Uzita hatte Caesar nur Ruspina, Leptis und
Acylla besetzt; bis zur Schlacht von Thapsus waren noch Zeta, Sarsura, Thabena
und Aggar dazugekommen.
4) Groebe meint p. 714, das Zentrum müsse notwendig so stark gewesen sein,
da schon jeder Flügel 2 l/a Legionen stark war. Dies ist durchaus nicht nötig. In
Schlachten mit kurzer Front ist überhaupt ein eigenes Zentrum überflüssig, es ge-
nügt die Gliederung in 2 Flügel; ist die Anzahl der Legionen eine ungerade und
die Aufstellung eine im allgemeinen symmetrische, so ergibt sich eben ein kleines
Zentrum, das dann wahrscheinlich nicht selbständig, sondern dem einen Flügel an-
gegliedert ist. Eine spezielle Stützung des Zentrums durch Veteranenlegionen, wie
bei Pharsalos und Uzita, war hier bei der Kürze der Front n;cht nötig. Die Flügel
allerdings behielten ihre Wichtigkeit, hier standen die besten Legionen, und die eine
Rekrutenlegion konnte dann ohne Gefahr zwischen diese beiden verläßlichen Gruppen
eingeschoben werden.
886 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Wir haben gelegentlich der Besprechung der Schlacht nach-
gewiesen, daß eine solche Front, wie Groebe sie annimmt, auf dem
Isthmus niemals Platz gehabt hat, und haben die Stärke Caesars in der
Schlacht gegen Scipio mit 6 Legionen, einschließlich der V, berechnet; 2
im Lager gegen das Südkorps zurückgelassen, gibt 8, dazu etwa eine halbe
in den Schanzen auf den Hügeln rings um Thapsus verteilt, zusammen
8V2 auf dem Schlachtfelde im weiteren Sinne; bleiben immer noch
ca. 15 eingeteilte Kohorten ohne die 7 uneingeteilten für anderweitige
Verwendungen, und es ist da noch die Konzession möglich, daß die
Besatzungen der Schanzen um Thapsus den aufmarschierten Legionen
entnommen waren, obgleich dies hier bei der geringeren Ausdehnung und
dem Umstand, daß die ständigen Besatzungen dieser Werke kaum zur
Schlacht ausmarschiert sein dürften, nicht wahrscheinlich ist.
Daß die Besatzungen in den Städten damals, da Caesar bereits
ausgesprochen offensiv operierte und froh war, wenn sich ihm eine
Gelegenheit zum Schlagen bot, recht klein waren, erhellt u. a. aus
cap. 77,2, wo nachThabena nur l Kohorte nebst leichten Truppen als Be-
satzung gelegt wird. Die wichtigen Plätze Ruspina, Leptis und vor
allem Aggar werden wohl mehr bekommen haben ; immerhin erscheint die
Zahl von etwa 15 Kohorten für die damals in Caesars Hand befindlichen
7 Städte mehr als ausreichend1).
ad c. „Nach der Schlacht bei Thapsus ließ Caesar 3 Legionen
vor dieser Stadt, 2 in Thysdrus, 1 in Hadrumetum; er zweigte also,
als er den geschlagenen Feind verfolgte und gegen die Hauptstadt
Utika zog, 6 Legionen vom Hauptheere ab und behielt nur 4 in der
Hand, wenn er in der Tat nicht mehr als 10 Legionen im afrikanischen
Feldzug zur Verfügung hatte." — So Groebe p. 714.
Ganz richtig. Wozu hätte er auch mehr gebraucht? Von einer
,, Verfolgung des geschlagenen Feindes" im strengen Sinne war
keine Bede ; die Armee Scipios und Jubas war vollkommen zersprengt,
sie hatte nach Thapsus einfach aufgehört zu existieren; der zügellose
Reiterhaufe, der nach c. 87 Utika brandschatzte, war der einzige
halbwegs geschlossene Rest des Heeres, und die Verfolgung solcher
Truppen konnte doch höchstens Sache der Kavallerie sein. Wehr-
hafte Gegner standen nur noch in den festen Plätzen ; dorthin dirigierte
Caesar auch folgerichtig seine Legionen. Er selbst marschierte in
1) Die 7 uneingeteilten Kohorten dürften nach der Verschärfung der Blockade
von Hadrumetum und Thapsus wieder vollzählig auf der Flotte verwendet worden sein.
Beilage I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 1. Caesar. 887
Verfolgung dieses Kalküls mit vollen 4 Legionen, also immer noch
dem stärksten jener Korps, in die das Heer jetzt geteilt wurde,
auf Utika ; für diesen Zweck gewiß stark genug. Die bemängelte
Kräfteverteilung erscheint daher durchaus einleuchtend. Man vergleiche
nur die ganz analogen Dispositionen nach den Schlachten von Pharsalos,
Zela und Munda! —
Ist so die Kardinalfrage erledigt, so läßt sich die Zusammensetzung Tatsächliche
der afrikanischen Armee Caesars leicht ableiten.
Als Caesar von Lilybaeum abfuhr, nahm er mit sich 6 Legionen:
die bereits vor dem Feinde gestandene V. und 5 Rekrutenlegionen
(c. 1,5), deren Nummern bis auf eine in cap. 60 erwähnt werden:
XXVI, XXVIII, XXIX, XXX; ob die fünfte die Nummer XXV
(Schneider), XXX (Wölfflin) oder III (Groebe) geführt hat, ist für
unsere Untersuchung belanglos1).
Außerdem standen auf den Kriegsschiffen 7 Kohorten altgedienter
Soldaten als Kampf besatzung (10,1). Diese waren aus den gelegent-
lich der Überfahrt Caesars von Brundisium nach Epirus krankheits-
halber in Italien zurückgebliebenen Mannschaften der gallischen Vete-
ranenlegionen formiert, hatten später auf der improvisierten Flotte des
Vatinius gegen Octavius in den illyrischen Gewässern gekämpft2) und
waren endlich in gleicher Eigenschaft nach Afrika gegangen, wo sie,
solange Not an Mannschaft war, gelegentlich auch zu Lande ver-
wendet wurden.
Außer diesen 67 Kohorten Legionsinfanterie gingen noch 2000 Reiter
mit dem ersten Transport nach Afrika; auch leichte Truppen, die
bald darauf erwähnt werden (12,3), dürften jedenfalls, wenn auch in
beschränkter Zahl, mitgekommen sein.
Mit dieser Truppenmacht bestritt Caesar die Besatzungen von
Ruspina, Leptis (6 Kohorten, c. 9,1) und später auch Acylla (33,2);
mit 30 Kohorten, 400 Reitern und 150 Bogenschützen schlägt er das
Gefecht bei Ruspina (12,1).
Diese 30 Kohorten scheinen nicht durchaus Rekruten gewesen zu
1) Ich halte XXV für das wahrscheinlichste ; sie wäre dann eine Schwester-
legion der XXVI, die, wie Domaszewski Nr. 20, S. 173 mit viel Berechtigung er-
wähnt, eine sizilische war; beide wären dann jene 2 Legionen, die Curio vor seiner
Überfahrt nach Afrika in Sizilien zurückgelassen hatte (b. c. II 23, 1). Die beiden
andern, die er mitnahm und die mit ihm vernichtet wurden , hätten dann die
Nummern XXIII. und XXIV. geführt,
2) b. Alex. 44,4.
388 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
sein; schon die Stelle c. 16,4 : „omnium tarnen animiinterrorem coniecti, et
maxi nie tironum" deutet darauf hin, daß nicht ausschließlich
„tirones" anwesend waren. Die Szene zwischen Labienus und dem
Veteranen der X. Legion, der aber nicht im Verbände der X. Legion
kämpfte („non agnosco signa decumanorum"), gibt den Schlüssel dazu:
es handelt sich ohne Zweifel um eine jener Flottenkohorten, die ganz
oder teilweise aus Veteranen der X. Legion gebildet war1).
Die nächste Vermehrung der Streitkräfte bestand darin, daß der
entbehrliche Teil der Matrosen (nicht zu verwechseln mit den als
Kampfbesatzung auf den Kriegsschiffen dienenden Legionaren), mit be-
sonderer Rücksicht auf die spezifischen Bedürfnisse dieses Kriegsschau-
platzes, als leichte Infanterie organisiert wurde (20,1).
Endlich traf die erste namhafte Verstärkung ein: der zweite
Transport brachte 2 Veteranenlegionen (XIII und XIV), 800 Reiter
und 1000 Leichte nach Ruspina (34,4).
Nun ging Caesar gegen Uzita vor. Hier erreichte ihn der dritte
Transport, die Veteranenlegionen IX und X (53). Bald darauf
gingen etwa 1000 gaetulische Reiter zu ihm über (56,3).
Die nächste und letzte Verstärkung brachte der vierte Trans-
port: 4000 Legionare, die jedoch verschiedenen schon auf dem Kriegs-
schauplatze befindlichen Legionen angehörten, 400 Reiter und abermals
1000 Leichte (77,3).
Zusammengefaßt ergibt daher Caesars Streitmacht:
Legionsiufanterie Leichte Infanterie Kavallerie
I. Transport: 67 Kohorten = 25 000 Mann2) ? 2000 Pferde
II. Transport: 20 „ = 6000 „ 1000 Mann 800 „
III. Transport: 20 „ = 6000 „ — —
Überläufers): — — — 1000 „
IV. Transport: — 4000 „ 1000 400 „
107 Kohorten = 41 000 Mann 3000? M. *) 4200 Pferde
1) Domaszewski Nr. 20, S. 173, Amn. 5.
2) Hier sind pro Veteranenkohorte 300, pro Rekrutenkohorte 400 Mann ge-
rechnet und stets abgerundet; nach dem 4. Transport sind pro Kohorte 40 Mann zu-
gerechnet.
3) Die sonst häufig erwähnten Überläufer dürften nur sporadisch gewesen und
hauptsächlich zur Ergänzung der eigenen Verluste verwendet worden sein.
4) Hier sind die beim ersten Transport mitgebrachten und die später aus
Matrosen gebildeten Leichten mit zusammen 1000 Mann veranschlagt, was kaum
zu niedrig gegriffen ist.
Beilage I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 2. Republikaner. 889
Hiervon standen zur Entscheidungsschlacht bei Thapsus, wie oben
abgeleitet, etwa 85 Kohorten = 32 000 Mann1), sowie der größte Teil
der leichten Infanterie und Kavallerie zur Verfügung; der Rest war
auf Besatzungen verteilt.
«
2. Republikaner.
Über die Streitkräfte der Republikaner sind wir ziffernmäßig gleich-
falls recht gut unterrichtet, wenn auch hier die Stärkeangaben bezüglich
einzelner irregulärer Kontingente mit Vorsicht aufzunehmen sind.
In c. 1 ,4 wird die Gesamtstreitmacht der Verbündeten angegeben,
und zwar hat Scipio 10, Juba 4 Legionen; von den übrigen Truppen
werden nur die 120 Elefanten präzisiert (bestätigt c. 19,3); bezüglich
der leichten Infanterie begnügt sich der Verfasser mit dem Ausdrucke
„magna vis" ; Kavallerie erwähnt er an dieser Stelle überhaupt nicht.
Über letztere gibt uns das Treffen bei Ruspina und die folgenden
Ereignisse genaueren Aufschluß, wenigstens was die Armee Scipios
betrifft. Labienus verfügt in jenem Treffen nach cap. 19,4 über:
1 000 gallisch-germanische Reiter2),
8 000 leichte („ungezäumte"3) numidische Reiter4),
dazu 1 600 auserlesene numidische unter Petreius,
zusammen 11,200 Reiter; dann „quater tanto", was sich wohl nur auf
die letzte Ziffer bezieht, also 6400 Mann leichte Infanterie nebst be-
rittenen und unberittenen Bogenschützen und Schleuderern.
1) 50 Kohorten Veteranen (Leg. IX. X. XIII. XIV. und V. und 35 Kohorten
Rekruten. In den eigentlichen Kampf auf dem Nordisthmus kamen bloß 60 Kohorten
= 21 000 Mann (50 Kohorten Veteranen, 10 Kohorten Rekruten).
2) Nach 19.3 hatte Labienus diese Reiter aus Macedonien mitgebracht; sie
waren also der Rest jenes stolzen Reiterkorps, das er bei Pharsalos geführt hatte,
und wohl die einzige pompejanische Truppe, die geschlossen aus dieser Schlacht ent-
kommen ist. Übrigens hatte auch Juba schon im Jahre 49 gallische und spanische
Reiter (b. civ. II 40, 1).
3) Diese „ungezäumte" (sine frenis) Kavallerie, deren Reiter ihre Pferde nicht
mit Zügeln, sondern mit einem einfachen Halfterstrick oder auch nur mit einer Gerte
bezw. einem kurzen Stäbchen lenken, ist heute noch in Tunis landesüblich
und wird auch zu militärischen Diensten, als „Spahis" (Landgendarmerie) u. dgl.
verwendet. Herr Capitaine Blondont, der uns auf unserer Expedition durch Tunis
begleitete und später als Kommandant einer „goume" (Abteilung Eingeborener) auf
den marokkanischen Kriegsschauplatz abging, schreibt von da, daß ihm eine Ab-
teilung von 50 solchen Reitern während des Feldzuges von Casablanca vorzügliche
Dienste geleistet hat.
4) Die c. 3, 1 erwähnten 3 000 maurischen Reiter, die bei Thapsus wieder ge-
nannt werden (S3, 3), dürften in obige Zahl eingerechnet sein.
890 Der Caesariauische Bürgerkrieg.
Dies war die leichte Avantgarde, die auf die Nachricht voi
Caesars Landung von Utika gegen Ruspina vorgegangen war; einige
Tage später traf die Hauptarmee Scipios, 8 Legionen und 3000 Reiter
(20,2), gleichfalls vor Ruspina ein. 2 Legionen und 700 Reiter unter
Oonsidius standen in Hadrumetum (3,3; 33,3). So stimmt die Zahl
der eingangs bezeichneten Legionen. Als Gesamtsumme der Truppen
Scipios ergibt sich nach der Quelle demnach 10 Legionen,
14 900 Reiter und gegen 7000 Mann leichte Infanterie.
Über Jubas Streitkräfte erfahren wir außer den Angaben des
Kap. 1 nicht viel Näheres. Sicher ist, daß er nie mit allen Kräften
gegen Caesar eingegriffen hat, da er gleich anfangs einen Teil der-
selben gegen Sittius und die mauretanischen Könige zurücklassen
mußte. Schließlich vereinigte er sich in der Stärke von 3 Legionen,
800 gezäumten und einer „großen Zahl" ungezäumter Reiter und
leichter Infanterie nebst 30 Elefanten mit Scipio (48,1), dem er schon
früher 30 Elefanten zugeschoben hatte (25,5). Bald sah er sich jedoch
veranlaßt, abermals 6 Kohorten gegen die aufständischen Gaetuler zu
detachieren (55,2), so daß er mit etwa 27> Legionen Caesar gegen-
überstand. •
Indessen hatte Considius nach der mißglückten Belagerung Acyllas
seine Streitkräfte mit Scipio geteilt, also vermutlich eine Legion diesem
abgegeben (43).
Um diese Zeit standen also Caesar bei Uzita gegenüber (nach
der Quelle):
Scipio: 9 Legionen, 7000 Leichte, 14 900 Reiter, 30 Elefanten;
Juba: 2V2 „ ? „ ? . l) 30
Als Caesar nach Aggar und Scipio nach Tegea marschiert war,
ging Considius nach Thysdrus, wo wir ihn c. 76,1 antreffen; da jedoch
die Besatzung der Stadt selbst nach c. 93 nur aus einer Gladiatoren-
kohorte und Gaetulern bestand, so scheint der größere Teil der ihm
verbliebenen Legion zu andern Besatzungen jener Gegend verwendet
oder zur Hauptarmee gezogen worden zu sein2).
1) Da der größte Teil der bei Scipio befindlichen Kavallerie und leichten In-
fanterie ohne Zweifel aus Numidien stammte, so dürfte Jubas Armee an diesen
Kontingenten, trotzdem sie die charakteristischen Hauptwaffen seiner Kriegsmacht
bildeten, nicht allzu stark gewesen sein; 3— 5000 Reiter und ebensoviel Leichte sind
gewiß eher zu hoch als zu niedrig geschätzt.
2) Sowohl die Gladiatorenkohorte als die Gaetuler können allerdings dem Ver-
bände der Scipionischen Legionen angehört haben, da man da bei Aufstellung der
Beilage I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 2. Republikaner. 891
Zur Zeit der Schlacht bei Thapsus hatte Scipio außer Utika, dessen
Besatzung in obige Zahlen gewiß nicht eingerechnet ist und auch
nicht stark gewesen sein kann, 'da Cato mit ihr die Brandschatzung
der Stadt durch einen zügellosen Reiterhaufen nicht hindern konnte
(c. 87), noch Hadrumetum, Uzita, Tegea, Thapsus und Thysdrus, mög-
licherweise auch noch andere Orte besetzt. Verloren hatte er Zeta
und Sarsura samt ihren Besatzungen1); schon früher waren die beiden
gaetulischen Legionen IV und VI durch Desertion zum Feinde fast
ganz aufgelöst worden (52,5). Danach kann man die Gesamtstärke
der Verbündeten bei Thapsus mit höchstens 10 Legionen und dem
größten Teil der vorhandenen Nebenwaffen annehmen. Die 64 Elefanten,
die Caesar in der Schlacht erbeutete, stimmen annähernd mit den
früher deduzierten 60. Die nach Italien gelangte Meldung von
120 Elefanten (1,4 und 19,3), war demnach entweder eine Übertreibung,
oder Juba hatte die Hälfte unter Saburra im Reiche zurückgelassen.
Von allen jenen, die in caesarianischen Ziffern grundsätzlich nach Das Verhältnis.
Übertreibungen schnüffeln, sind die überlieferten Heereszahlen seiner
Gegner in diesem Feldzuge selbstverständlich auch in Bausch und
Bogen verworfen worden.
Die Tatsache, daß die Republikaner in Afrika dem Sieger von Die Legionen.
Pharsalos insgesamt 14 Legionen entgegenstellen konnten, während
er selbst nur 10 auf diesem Kriegsschauplatz vereinigte, erscheint
allerdings auf den ersten Blick etwas unglaubhaft. War doch
Caesar damals schon der Herr des größten Teiles des römischen Reiches,
während den Republikanern nur noch die Provinz Afrika und das ver-
bündete Königreich Numidien zu Gebote stand.
So bestechend dieses Argument auch ist, so enthält es doch einen
Trugschluß. Für Caesar war mit der in 3 Jahren unter ungeheuren
Kämpfen durchgeführten Eroberung fast des ganzen Mittelmeergebietes
auch die Pflicht erwachsen, die eroberten Länder zu decken, und diese
Notwendigkeit absorbierte bei der Größe des Raumes ungeheure
Kräfte. Spanien, Gallien, Illyrien, Kleinasien, Syrien und Ägypten
Armee sicher nicht allzu rigoros vorgegangen war. Gaetuler werden als Angehörige
der Scipionischen Legionen IV und VI in c. 35, 4 ausdrücklich genannt.
1) Die zwei Legionen, die Caesar bei Zeta erfolglos zu überrumpeln versuchte,
bildeten nicht die Besatzung der Stadt, sondern ein dorthin entsendetes Requisitions-
kommando der Hauptarmee Scipios (63,1). Die eigentliche Besatzung scheint hier
wie in allen Binnenstädten nur gering gewesen zu sein.
892 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
mußten durch zum Teil sehr starke Besatzungen gesichert, auch Italiei
Sizilien, Sardinien konnten nicht ganz von Truppen entblößt werdei
unter diesen Umständen waren die 10 Legionen, die er nach Afrika
dirigierte, immerhin ein recht bedeutender Teil der verfügbarei
Streitkraft.
Im Gegensatze zu Caesar hatten die Republikaner nichts mein
zu decken als die Spanne Landes, auf der sie standen und kämpfte]
konnten und mußten also alle ihre Kräfte zum Kampfe vereinige]
Von diesem Standpunkte betrachtet sind die überlieferten Zahlen ganz
einleuchtend. Daß ein Reich wie Numidien 4 Legionen aufstellen
konnte, wird niemand bezweifeln können; aber auch die 10 Legionen
Scipios sind nicht unglaubwürdig.
Nach der Vernichtung Curios standen in Afrika 3 Legionen : 2 in
Utika, 1 in Hadrumetum. Dazu kamen die 15 Kohorten, die Cato
von Dyrrhachium mitgenommen hatte; das ergibt bereits 4 72 Legionen.
Als Caesars unerwarteter Aufenthalt in Alexandria die Hoffnungen
der Republikaner neu belebte, wurden unzweifelhaft die Rüstungen
mit vollster Energie wieder aufgenommen. Material gab es noch ge-
nug, da der republikanische Gedanke und die pompejanischen Sym-
pathien im ganzen Reiche noch tiefe Wurzeln geschlagen hatten. In
der Provinz Afrika allein standen seit den Aushebungen des Varus
im Frühjahr 49 zwei neue Jahrgänge zur Verfügung1); überdies
wurden ganze Legionen aus Gaetulern gebildet (c. 35,4, leg. IV und VI).
Sonst mögen aus anderen Teilen des Reiches, insbesondere aus Spanien,
zahlreiche Kontingente herbeigeströmt sein; am wenigsten vielleicht
aus Italien, wo seinerzeit die eiserne Faust des M. Antonius der
Emigration nachdrücklichst Schranken gesetzt hatte. Daß man unter
diesen Umständen im Laufe von mehr als einem Jahre 5 — 6 neue Legionen
aufstellen konnte, ist umsoweniger unglaubwürdig, je weniger rigoros
man das Material beurteilte; daß man aber in dieser Hinsicht sehr
liberal zu Werke ging, unterliegt keinem Zweifel.
Die Stärke der scipionischen Armee wird aber auch durch den
Gang der Operationen bestätigt.
Vor dem Eintreffen der ersten Nachschubstaffel (2. Transport)
verfügte Caesar immerhin schon über 67 Kohorten, darunter 17 aus
1) Man vergleiche hier als Analogem die von Caesar während des gallischen
Krieges nnd unmittelbar nach demselben in der Provinz Gallia cisalpina successive
durchgeführten Neuaufstellungen.
Beilage I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 2. Republikaner. 893
Veteranen; 6 davon standen in Leptis, einige in Acylla, so daß doch
noch etwa 5 V2 Legionen bei Kuspina vereinigt waren. Dennoch ließ
sich Caesar durch Scipio in die absolute Defensive drängen und ver-
mied hartnäckig die von jenem ostentativ angebotene Schlacht, bis
endlich die erste Verstärkung durch 2 Veteranenlegionen ihn veran-
laß te, den Spieß umzudrehen ')• Jetzt aber verweigerte wieder Scipio
die Schlacht unter gleichen Chancen (c. 41, 42). Die 2 Legionen
bildeten also das Zünglein an der Wage, d. h. sie verschafften Caesar
die effektive Überlegenheit, während sie vorher auf Seite Scipios, der
damals noch nicht mit Juba vereinigt war, sich befand. Da, die quali-
tative Überlegenheit ohne Zweifel auf Caesars Seite war2), so können
wir die Angaben der Quelle c. 20,2, die Scipios Streitkraft vor Kuspina mit
8 Legionen angibt, durchaus plausibel finden; damit stimmt auch, daß er die
Verstärkung Caesars seinerseits mit der Heranziehung eines Teiles des
Korps Considius beantwortete. Ist aber diese Stärkeangabe als richtig
erwiesen, so entfällt auch jeder Zweifel an den übrigen Angaben über
die Legionen, da sie mit der obigen in vollster Harmonie stehen.
Wie stark die republikanischen Legionen waren, ist natürlich
nicht genau anzugeben. Auf mehr als 400 Mann pro Kohorte wird
man sie mit Kücksicht auf die Verschiedenheit der Kontingente nicht
1) Die bedeutende Überlegenheit Scipios an Kavallerie und leichten Truppen
hat hier ohne Zweifel auch Einfluß geübt; ausschlaggebend war sie jedoch
nicht, da Caesar nach Ankunft der 2 Legionen zur Offensive überging, trotzdem
seine Kavallerie und seine Leichten nur in unwesentlichem Ausmaße (800 Pf. bezw.
1000 M.) verstärkt worden waren; es war also der Zuwachs an Legionsinfanterie für
den Umschwung maßgebend gewesen.
2) Dies gilt wohl auch für die erste Periode, da Caesars Heer noch zum weit-
aus größten Teile aus Rekruten bestand. Diese (meist Spanier, vgl. Domaszewski
Nr. 20, S. 173.) waren doch besseres Material, von größtem Vertrauen in die Führung
erfüllt, hatten bei Ruspina sich brav geschlagen und konnten, an die V. Legion und
die 7 uneingeteilten Veteranenkohorten gelehnt, unzweifelhaft ihren Mann stellen.
Auf Scipios Seite hatte bei der Aushebung kaum gleich gutes Material zur Ver-
fügung gestanden; vor den Feind gekommen waren von seinen Truppen bis dahin
nur die 2 Legionen des Varus, deren praktische Kriegserfahrung in einer eben durch
Caesars Rekruten erlittenen empfindlichen Schlappe bestand, und die von Cato und
Labienus aus Epirus gebrachten 15 Kohorten; diese hatten allerdings Dyrrhachinm
mitgemacht, dürften aber, da sie von Pompejus nicht zur Hauptentscheidung heran-
gezogen, sondern mit einer Nebenaufgabe detachiert worden waren, kaum zu den besten
Truppen jener aus sehr ungleichen Elementen zusammengesetzten Armee gezählt
haben. — An die allerdings vorzüglichen spanischen Kohorten des Afranius und
Petreius ist hier trotz der Anwesenheit dieser beiden Führer nicht zu denken, da
diese Truppen bei Pharsalos gefochten hatten (b. c. III 88, 3); aus dieser Schlacht
aber war keine Kohorte nach Afrika entkommen.
894 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
veranschlagen dürfen, so daß Scipios Gesamtkraft etwa 40 000, die
Jnbas 16 000 Mann betragen haben kann, die aber, wie wir gesehen,
niemals vollkommen vereinigt waren. Bei Thapsus standen im ganzen
etwa 40 000 Mann zur Verfügung, und davon kam vielleicht die Hälfte in
der Schlacht auf dem Nordisthmus in den Kampf, mit denen Caesars
an Zahl etwa gleich starke, qualitativ aber weit überlegene Legionen
um so leichteres Spiel haben mußten, als die Hauptwalfen der Repub-
likaner, die Kavallerie und die leichten Truppen, durch das Terrain
so ziemlich ausgeschaltet waren.
Die Kavallerie. Mit mehr Skepsis als die Zahl der Legionen sind die Angaben der
Quelle über die Kavallerie aufzunehmen; und zwar gilt dies weniger
für die regulären Kontingente, deren Ziffern sogar auffallend niedrig
gegriffen sind, sondern vor allem für die irregulären, bei denen eine
Ungenauigkeit der Zahl an und für sich näher liegt, da eine Kontrolle
für den Gegner hier auch nach dem Siege fast ausgeschlossen war.
In der Schlacht bei Narraggara, also unter teilweise analogen
Verhältnissen, hatten Scipio und Massinissa zusammen nicht einmal
6000 Reiter, und damit doch die ausgesprochene Überlegenheit über
Hannibal, der allerdings wieder einen Teil der afrikanischen Kontingente
absorbiert hatte, während unter Caesar vor dem Übergange der Gaetuler
das ganze afrikanische Aufgebot auf Seiten der Republikaner focht ; auch
war am Ende des zweiten Punischen Krieges die Leistungsfähigkeit der
afrikanischen Reservoirs jedenfalls in weit höherem Grade erschöpft als
im Bürgerkriege, während dessen diese Provinz bis dahin verhältnis-
mäßig wenig in Mitleidenschaft gezogen worden war.
Immerhin sind die fast 15 000 Reiter Scipios gewiß zu hoch ge-
griffen, umsomehr als Juba denn doch auch noch einige Tausend zurück-
behalten haben muß. Wenn wir daher die irregulären numidischen
Kontingente auf etwa 6 — 8000 Pferde schätzen, so daß sich die Ge-
samtkraft der Kavallerien beider Armeen auf 10 — 12000 Pferde stellt,
so werden wir damit vielleicht das Richtige treffen. Es ist auch dies
eine hohe Zahl, aber nicht unmöglich auf einem Kriegsschauplatze, der
vorzugsweise Kavallerie produzierte und ihre Verwendung begünstigte,
und schon deshalb anzunehmen, weil die ausgesprochene numerische
Überlegenheit der republikanischen Kavallerie über die caesarianische
aus allen in Betracht kommenden Stellen der Quelle klar hervorgeht *).
1) Am deutlichsten cap. 72.1.
Beilage I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 2. Republikaner. 895
3. Die Flotten.
Über die F 1 o 1 1 e n beider Parteien haben wir keine genauen Nach-
richten ; beiderseits sind uns nur Bruchteile überliefert, von denen
wir nicht wissen, wie sie sich zum Ganzen verhalten. Sowohl die
55 Schiffe, mit denen Attius Varus von Utika nach Hadrumetum vor-
ging (62,1), als die 40 (27 und 13), die Caesar vor Thapsus und
Hadrumetum kreuzen ließ (62,2), sind solche Bruchteile; denn neben
Varus wird noch Octavius als selbständiger Admiral genannt (44,2),
und von Caesars Flotte lag nach 62,4 noch ein bedeutender Rest vor
Leptis, der stark genug war, im Verein mit den 1 3 Schiffen des Aquila
die 55 des Varus zu schleunigem Rückzug zu zwingen (63); auch be-
fanden sich sicher jederzeit Kriegsschiffe Caesars auf dem Wege von
Sizilien nach Afrika und zurück.
Im ganzen macht es den Eindruck, als wäre Caesars Flotte in
diesem Feldzuge erheblich stärker gewesen als jene der Gegner.
Während Caesar seine Transporte ungefährdet über das Meer an sich
zieht und zwei wichtige Hafenplätze des Feindes dauernd zur See blockiert
hält, ohne daß auch nur ein Versuch gemacht wird, die Blockade von
innen oder von außen zu brechen, ist die einzige größere Unternehmung,
zu der die Gegner sich aufraffen, ein überfallartig durchgeführter An-
griff, der in demselben Augenblick, wo das Moment der Überraschung
zu wirken aufhört, nach kleinen Erfolgen schleunigst redressiert
und nicht mehr wiederholt wird.
Dieses Verhältnis erscheint auch begreiflich. Die starke pompe-
ianische Seemacht war nach Pharsalos, wie vorauszusehen, Stück für
Stück abgebröckelt, der letzte Rest, den Cato befehligte, hatte
schließlich noch durch Stürme schwer gelitten1); auch Octavius hatte
nach der Schlacht von Tauris nur ärmliche Überbleibsel nach Afrika
gebracht2). Das Hauptkontingent der republikanischen Flotte war
demnach das Ergebnis der in Afrika selbst durchgeführten Rüstungen.
Im Gegensatze dazu verfügte Caesar jetzt endlich über zahlreiches
Flottenmaterial, da die meisten von Pompeius abgefallenen Kontingente
nunmehr zu seiner Verfügung standen; schon in Alexandria hatte er
die Überlegenheit zur See behauptet. Da diese Flotten zur Deckung
der eroberten Provinzen viel weniger notwendig waren als die Le-
gionen, so stand der Vereinigung des größten Teiles der verfügbaren
1) Lucanus Phars. IX 319 ff.
2) „parvis paucisque navigiis . . . Africam peteret" bell. Alex. 47, 4.
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder. III. 57
S96 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
Seemacht auf dem nunmehrigen Kriegsschauplatze nichts anderes im
Wege als die räumliche Entfernung; immerhin konnte Caesar aus dem
westlichen Teile des Mittelmeerbeckens zweifellos eine Anzahl Schiffe
zusammenziehen, die ihm die absolute Überlegenheit zur See unbe-
dingt sicherte; was durch die Ereignisse bestätigt erscheint.
4. Die Verluste.
Es erübrigt noch eine Betrachtung der überlieferten Verlust-
ziffern.
Jene der verschiedenen kleineren Gefechte sind allerdings belanglos ;
umsomehr interessieren uns die der Schlacht bei Thapsus.
Die Verluste Caesars werden b. Afr. 86,1 und Plutarch 53 über-
einstimmend mit etwa 50 Toten angegeben ; die erstere Quelle erwähnt
noch etliche Verwundete. Man hat diese Ziffer für zu gering befunden;
wenn man aber bedenkt, daß die eigentliche Schlacht gewissermaßen
überfallartig erfolgte, in äußerst kurzer Zeit entschieden war und
überhaupt nur ein beschränkter Teil der Truppen ins Handgemenge
kam, und zwar gerade die besten Truppen Caesars, die gallischen
Veteranen, die ihren Gegnern in der Routine des Kampfes Mani
gegen Mann weit überlegen waren, so wird man einsehen, daß ii
diesem Falle der auffallend geringe Verlust des Siegers durchaus
nicht so unwahrscheinlich ist. An einer anderen Stelle als am Nord-
flügel der Schlacht gegen Scipio ist es überhaupt zu keinem ernstei
Handgemenge mehr gekommen; auch die schließliche Niedermetzlun^
der Republikaner bei den „regia castra" kann nicht als solches be-
zeichnet werden, da dieselben bereits die Waffen zum Teile wegge-
worfen hatten (c. 85, 4. 5).
Die Verluste der Republikaner gibt das bellum Africanum c.86,t
mit 10 000, Plutarch c. 53 mit 50 000 Mann an. Einzelne Heraus-
geber haben nun die Plutarchsche Ziffer in das bellum Africanum hinein-
konjiziert und damit Wasser auf die Mühlen derer gegossen, denei
es ein auserlesenes Vergnügen bereitet, über die „Übertreibungen"
Caesars und seiner Fortsetzer Zeter und Mordio zu schreien1). Die
Methode ist in diesem Falle doch zu billig. Plutarch hat noch manch
1) Am krassesten natürlich Delbrück, der (Nr. 23, S. 589 Anm. 1) die Bei-
behaltung der richtigen Lesart durch neuere Herausgeber für unrichtig erklärt, nur
um dann über die künstlich hineininterpretierte „Übertreibung" herziehen zu können.
Auch Fröhlich Nr. 9, S. 83 glaubt an die Lesart L.
Beilage I: Die Heeresstärken im afrikanischen Kriege. 2. Republikaner. 897
andere Zahl Caesars übertrieben, man kann dasselbe hier um so eher
annehmen, als die Zahl von 10,000 Toten mit unseren sonstigen Be-
rechnungen in bester Harmonie steht.
Wir haben gesehen, daß die Republikaner mit insgesamt ca.
40 000 Mann Linieninfanterie vor Thapsus erschienen, wovon am
Schlachttage ca. 20 000 am südlichen, 20 000 am nördlichen Isthmus
standen. Erstere haben sich auf die Nachricht von der auf dem Nord-
isthmus stattgefundenen Schlacht ohne Kampf in Flucht aufgelöst, noch
ehe Caesars Stoß sie ereilte, hatten also so gut wie keine Verluste.
Vom Nordkorps dürften in der Schlacht selbst aus denselben Gründen, die
wir bei Caesar geltend gemacht, auch nicht allzuviele gefallen sein1).
Während des nun folgenden Rückzuges um die Sebkra waren ihnen
zwar die caesarianischen Legionen hart auf den Fersen, da aber be-
kanntlich der Besiegte schneller zu marschieren pflegt als der Sieger,
so konnten die Verluste in dieser Etappe auch nur minimale gewesen
sein, zumal die Verfolgung fast nur von den Legionen durchgeführt
wurde. Eher dürfte sich während dieses 30 Kilometer langen,
im Kreise führenden Marsches ein großer Teil verlaufen haben; dies
gilt vor allem von der beim Nordkorps eingeteilten Kavallerie und den
leichten Truppen, die, von den feindlichen Legionen ohnehin nicht ein-
zuholen, mit gutem Grunde ihr Heil viel eher in beschleunigter Flucht,
als im Anschluß an das Südkorps erblicken mochten ; sie dürften sich
fast vollzählig vom Schlachtfelde gerettet haben. Aber auch manche
stark in Auflösung geratenen Legionstruppen dürften ihrem Beispiele
gefolgt sein.
So ist es ganz gut möglich, daß von den 20 000 Mann Legions-
infanterie, welche die Schlacht auf dem Nordisthmus mitgemacht
hatten, schließlich nur noch etwa 10 000 bei den verlassenen Lagern
des Südkorps eintrafen; diese wurden nun allerdings insgesamt nieder-
gemacht2).
1) Jedenfalls aber doch bedeutend mehr als auf Seiten Caesars; insbesondere
der Einbruch der eigenen Elefanten in die Front, das Gedränge bei der Flucht ins
Lager und dessen durch einzelne Abteilungen tapfer geführte Verteidigung (83, 4)
dürften größere Opfer gefordert haben; im ganzen mögen es immerhin einige hundert
Mann gewesen sein.
2) Daß ein großer Teil des Heeres sich durch die Flucht gerettet hat, gibt
das b. Afr. 86, 1 (fugatisque compluribus) ausdrücklich an; schon diese Angabe ist
mit den angeblichen 50 000 Toten unvereinbar.
57
Beilage IL
Die Kommandoverhältnisse in der republikanischen Armee.
Endlich mag an dieser Stelle ein Wort über die komplizierte
Kommandoverhältnisse im republikanischen Lager gesagt
werden, über welche weder die unmittelbar überlieferten offiziellen
Tatsachen, noch die diesbezüglichen anekdotenhaft ausgeschmückten
Erzählungen Dios und Plutarchs jene Klarheit verbreiten, die vom
militärischen Standpunkte wünschenswert erscheint.
Daß bei dem erfolgten Zusammenströmen zersplitterter Reste au
den einen letzten Kriegsschauplatz die Regelung der Kommando-
verhältnisse keine leichte Sache war, ist umso selbstverständlicher, als
hierbei heterogene Elemente einander gegenüberstanden.
Pompeianer, Re- Pompeius, dessen Feldherrnruf zuliebe die Fusion der republika-
A^ticae^ia^r. nischen und pompeianischen Fraktion zustandegekommen, war tot, und
damit auch der Grund für dieses Bündnis hinfällig; mit berechtigtem
Mißtrauen blickten die strengen Republikaner (Cato, Varus, Scipio)
auf die Repräsentanten der spezifisch pompeianischen Tradition (Cn. und
S. Pompeius, Afranius, Petreius) und noch mehr auf die absoluten Anti-
caesarianer Labienus und Juba, mit denen vorläufig noch gemeinsame
Sache zu machen bloß der gemeinsame Feind sie zwang.
Das natürliche Übergewicht, das die Republikaner nach dem Tode
des Pompeius im Rahmen der gegen Caesar geeinten Parteien genossen,
legte die Betrauung eines der Ihrigen mit dem Oberkommando nahe.
Über Catos Initiative- entschied die allerdings inappellable Rang-
liste, und zwar zu Gunsten des vielleicht ungeeignetesten von allen
des „Feldherrn von erprobter Unfähigkeit" l), des einzigen unte
allen Gegnern Caesars, dessen militärische Kapazität dieser selbst mi
beißender Ironie persifliert hat2).
1) Mommsen R. G. III8 p. 447.
2) Caesar b. c. III 31, 1.
Beilage II: Die Kommandoverhältnisse in der republikanischen Armee. 899
Und doch macht der ganze Verlauf der Operationen den Eindruck,
als habe sich die republikanische Fraktion unter dem nicht ganz zu
beseitigenden Einfluß der spezifisch militärischen Elemente zu einem
Kompromiß herbeigelassen und sich im Interesse der Sache mit dem
nominellen Oberbefehl begnügt. Die wirkliche Leitung der Operationen
lag unzweifelhaft in einer Hand, die das Instrument des Krieges ganz
anders zu führen verstand, als dies von Scipio bezeugt ist. Wenn auch
der Erfolg schließlich, wie vorauszusehen, auf Seite Caesars blieb, so
sind doch in gar keinem andern Feldzuge so viele Teilerfolge über
den Unbesieglichen errungen worden als in Afrika; man denke an
das Treffen bei Ruspina, das ihn zwang, sich auf drei Wochen wie
in einer Festung einschließen zu lassen ; an die glänzende aus
freier Vorfeldstellung geführte Verteidigung von Uzita, die Caesars
mit ungeheuren Mitteln in Scene gesetzten Angriff schließlich mit einem
unverhüllten Mißerfolg enden ließ; an die geschickten Gegenmaßnahmen
gelegentlich der Vorstöße Caesars auf Zeta und Sarsura — Thysdrus,
die ihm jedesmal einen bitteren Tropfen in den Becher des Erfolges
träufelten ; endlich an die Konzeption des Manövers von Thapsus, das,
wenn es auch schließlich von Caesar katastrophal durchkreuzt wurde,
immerhin einen hervorragenden militärischen Blick, rasche und kühne
Ausnützung der gebotenen Chancen verrät. Nie sonst ist der Initia-
tive Caesars, dem eigentlichen Geheimnis seiner Erfolge, mit so viel Ge-
schick und Konsequenz, mit so gründlicher Ausnützung aller Chancen
der Kriegsmittel wie des Kriegsschauplatzes, entgegengetreten worden ;
nie sonst — und das ist die Hauptsache — haben Caesars Gegner
sich verhältnismäßig so gut in seinen Gedankengang, in seine Ideen und
Absichten hineinzufinden und damit seinen Plänen mit solcher Zweck-
mäßigkeit zu begegnen gewußt.
Alles dies deutet auf einen wenn auch inoffiziellen Leiter dieses
Feldzuges, der nicht nur absolut eine hervorragende militärische Kapa-
zität, sondern vor allem ein gründlicher Kenner Caesars und seiner
Kriegführung gewesen sein muß; als solcher kommt aber niemand
in höherem Grade in Betracht als T. Labienus.
Und die Quellen bestätigen diese Vermutung. Fast alle ernst- Labienus.
liehen Unternehmungen dieses Feldzuges sind mit dem Namen des
Labienus verknüpft, während der Oberfeldherr Scipio dagegen ver-
hältnismäßig stark im Hintergrunde bleibt.
Als Caesars unerwartete Landung bei Hadrumetum gemeldet wird,
900 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
da ist es Labienus, der mit den leichten Kontingenten ungesäumt auf-
bricht, Caesar wirklich vollständig überrascht und bei einem Haare
den Feldherrn auf seinem Requisitionsmarsche aufgehoben hätte. Ge-
legentlich der Kämpfe um Uzita leitet er alle ernstlichen Unter-
nehmungen, macht Hügel für Hügel dem Gegner streitig, bedroht un-
ausgesetzt seine Flanke, legt Hinterhalte in seinem Rücken; ah
Caesar von Aggar nach Zeta marschiert, rettet Labienus die dorthii
detachierten Legionen Scipios vor Vernichtung und bringt Caesars
rückkehrende Truppen durch geschickte Angriffe in eine Lage, di(
jener in der Ebene vor Ruspina an Bedenklichkeit wenig nachgibt.
Und in der großen Reiterschlacht bei Tegea ist es abermals Labienus,
der mit Umsicht und Zähigkeit den Kampf leitet und Caesars eigentlich«
Absicht, die Herbeiführung einer Entscheidungsschlacht, vereitelt.
Nur bei Thapsus wird er gar nicht erwähnt. Aber gerade diesei
Umstand spricht am deutlichsten dafür, daß wir in ihm den eigent-
lichen Leiter der Operationen erblicken dürfen.
Denn bei Thapsus gab es Nebenaufgaben zu lösen, welche dei
Natur der Sache nach dem ersten, erprobtesten Legaten, dem berufene]
Stellvertreter des Feldherrn, zukamen; daß Labienus mit einer solche]
nicht betraut wurde, ist hier der beste Beweis für die Rolle, die er tat-
sächlich spielte. Nach seiner bisherigen Verwendung und seine]
Leistungen in diesem Feldzug erscheint es durchaus ausgeschlossen,
daß er als Unterbefehlshaber des Afranius1) oder Juba beim Südkorps
geblieben wäre; war er aber beim Nordkorps, wo es übrigens für seine
gewohnte Tätigkeit als Reitergeneral keine Gelegenheit gab, so wird
uns wieder seine Übergehung bei der Verleihung des wichtigen selb-
ständigen Kommandos im Süden unverständlich. Das Dilemma löst
sich, wenn wir annehmen, daß Labienus wohl beim Nordkorps stand,
nicht aber als einfacher Legat des Scipio, sondern gewissermaßen als
sein Generalstabschef, der, wieP.Scipio im Kriege gegen Antiochus
oder in neuerer Zeit Gneisenau und Moltke, ohne die offizielle Würde
des Oberbefehls zu bekleiden, doch de facto der eigentliche spiritus
rector der Führung war, was selbstverständlich bei der stets sehr
1) Als Konsular war Afranius allerdings rangälter; was aber nicht hindert,
daß man nach allem Bisherigen doch vermieden haben wird, ihm Labienus direkt
unterzuordnen ; dies erhellt am klarsten aus b. Afr. c. 68, 1, wo Labienus vor Afranius
genannt wird, woraus hervorgeht, daß er diesem, wenn nicht übergeordnet, so doch
zum mindesten gleichgestellt war; auch die ganze Rolle, die beide bisher in diesem
Feldzug gespielt hatten, spricht eher für die Überordnung des Labienus.
Beilage II: Die Kommandoverhältnisse in der republikanischen Armee. 901
variablen Verwendung römischer Legaten nicht hinderte, daß er ge-
legentlich auch die persönliche Leitung selbständiger Aufgaben über-
nommen hat, wie sie uns in größerer Zahl aus der Geschichte dieses
Krieges bekannt sind. —
So erscheint der afrikanische Feldzug in Wirklichkeit als ein
Kampf Caesars gegen seinen ehemaligen größten Schüler, und bietet
als solcher wahrlich genug des Interessanten; sicher ist, daß Caesar,
vielleicht vom Vercingetorix abgesehen, nie einen ebenbürtigeren Gegner
gegen sich gehabt hat, wie in diesem Feldzuge; in der Vorsicht,
mit der er trotz unzweifelhafter Überlegenheit fortgesetzt ope-
riert, spiegelt sich das Bewußtsein dieser Tatsache am klarsten.
Daß Scipio nach allem, was wir von ihm wissen, Caesar diesen Be-
weis der Achtung nicht aufzwingen konnte, ist gewiß; dieser wußte
eben nur zu gut, wer der faktische Führer der gegnerischen
Armee war 1).
t) Fröhlich Nr . 9, S. 81 sieht die Ursache der endlichen Niederlage der
Republikaner in der Unfähigkeit Scipios, die alle Tüchtigkeit seiner Unterführer
durch unbegreifliche Fehler zuschanden macht. In Wahrheit waren diese Fehler
durchaus nicht so arg; manches, was, wenn es durch Gunst des Zufalls geglückt
wäre, als geniale Handlung dastehen würde, erscheint als schwerer Fehler, sobald
es mißglückt ist. Und von einem Caesar endlich überwunden zu werden setzt durch-
aus nicht voraus, daß zuvor unverantwortliche Fehler begangen worden sein müssen.
Siehe auch das diesbezüglich zutreffende Urteil Guischardts I p. 108.
Auch der bekannte Witz Caesars — etwas anderes ist es nicht gewesen — ,
ein „verächtliches und verkommenes Individuum", namens Scipio, als nominellen
Kommandanten zu erklären (Plut. Caes. 52), ist nicht minder als eine Persiflage der
ihm wohlbekannten Strohmannstellung des feindlichen Feldherrn, denn als Appell an
den Aberglauben der Truppen aufzufassen.
Beilage 111.
über die Persönlichkeit des Verfassers des „bellum Africanum" 1).
Für die Benutzung einer Quelle ist uns ein sicheres Urteil über
die Persönlichkeit des Verfassers unbedingt vonnöten. Handelt es sich,
wie im vorliegenden Falle, um eine spezifisch kriegsgeschichtliche Arbeit,
so ist uns selbstverständlich vor allem die Beurteilung des Autors als
Fachmilitär von ausschlaggebendem Interesse. Diese vom militärischen
Standpunkte aus zu geben, soll im folgenden versucht werden.
Über den Versuch Langhammers Nr. 32, die fachmilitärische
Kapazität des anonymen Autors aus seinem Stile, seiner literarischen
Bildung und Zugehörigkeit zu einer bestimmten rhetorischen Schule
ableiten zu wollen, brauche ich wohl kein Wort zu verlieren.
Dieser Nachweis läßt sich nur aus dem Verständnis führen, das
der Verfasser den Ereignissen, die er schildert, als Fachmann entgegen-
bringt; ob dies in glänzender Form oder im traurigsten Kanzlei- und
Reglementstil, ob es in asianischer oder atticistischer Rede geschieht,
ist für die Sache völlig belanglos2).
Am besten werden wir die Frage fassen, wenn wir uns darüber
klar zu werden trachten, welche Stellung der Verfasser in der
Armee, deren Kämpfe er als Augenzeuge schildert, eingenommen
hat. Aus der Stellung in einem so zweckmäßig eingerichteten Organis-
mus, wie Caesars Armee war, läßt sich immerhin ein Schluß ziehen
1) Über das Folgende siehe auch Fröhlich, Nr. 9, S. Uff. — Ich konnte das
vorzügliche, leider aber vergriffene und sehr schwer zu beschaffende Büchlein erst
nach Fertigstellung dieser Arbeit einsehen und habe es, so gut es noch ging,
wenigstens in den Anmerkungen berücksichtigt.
2) Gar so stilistisch hervorragend, wie Langhammer glauben machen will, ist
unser Autor übrigens auch nicht. Sätze wie: „ut maritima oppida post sene vacua
relinqueret" (9,2) steheD durchaus nicht vereinzelt da. Oder ist das auch „asianisch"?
Vgl. Fröhlich, Nr. 9, S. 30—35, wo eine ganze Reihe solcher Beispiele auf-
gezählt ist.
Beilage III: Über die Persönlichkeit des Verfassers des „bellum Africanum". 903
auf das militärische Niveau des Verfassers, das zu eben dieser Stellung
einigermaßen passen und sich natürlich auch in der Darstellung selbst
spiegeln muß.
Und hier tritt uns sofort ein sehr bemerkenswertes Charakteristi-
kon entgegen, das für die Beantwortung der Frage entscheidend werden
muß: Der Verfasser des bellum Africanum befand sich nicht,
wie Hirtius oder Asinius Pollio1), — auch nicht wie Baibus
und Oppius, die gleichfalls in den Verdacht der Autorschaft gebracht
worden sind2), — in Caesars Hauptquartier, sondern erstand
in der Front, und zwar in ziemlich untergeordneter Stel-
lung.
Diese Tatsache ist unverkennbar, wenn wir die Schilderung der
Ereignisse verfolgen. Da spricht nicht der „Stäbler", der, an der Seite
des Feldherrn stehend, die Vorgänge mit den Augen desselben sieht
oder doch zu sehen glaubt; sondern der biedere Truppenoffizier, der
von dem, was im Hauptquartier vorgeht, nichts erfährt, als was in den
herabkommenden Befehlen enthalten ist, oder ihm gelegentlich durch
einen guten Freund zugesteckt wird; der sich aber über das, was er
eben nicht erfährt, seine eigenen und oft recht naiven Gedanken macht.
Da ist gleich seine Schilderung der Überfahrt nach Afrika: man
sticht in See, man kommt in Sicht des Landes, fährt bei Clupea, dann
i bei Neapolis vorbei (2,6) — und erfährt noch immer nicht, wohin die
Fahrt geht. Ganz richtig, denn Caesar hatte das Ziel den Truppen
nicht bekanntgegeben, wie aus c. 3,4 hervorgeht; über die Ursachen
; dieser Maßregel macht sich der Verfasser dann seine eigenen Ge-
, danken; den wahren Grund, die beabsichtigte Überrumpelung von
Hadrumetum, die durch die Zersplitterung des Transportes vereitelt
wurde, hat er nie erfahren.
Als Caesar Leptis besetzt hat, nach Ruspina zurückgekehrt ist
und sich beeilt Proviant dorthin zusammenzubringen, macht sich der
Verfasser, der alles mit angesehen, wieder, und zwar diesmal einge-
standenermaßen, seine eigenen Gedanken auch über den Zweck dieser
Maßregeln: „Huc eum exercitum idcirco existimo recepisse, ut maritima
oppida post se ne vacua relinqueret" etc. (9,2).
1) Über letztere, von Landgraf und Wöllflin vertretene obstruse Hypothese
vgl. Th. Widmann, Nr. 17, ö. 550ff.
2) Widerlegt bei Fröhlich Nr. 9, S. 11. — Langhammer (Nr. 31, S. 1551) schlägt
sogar den typischen Stäbler Sallust vor!
904 r*er Caesarianische Bürgerkrieg.
Als Caesar in der Folge mit 7 Kohorten im Hafen von Ruspin*
auf die Schiffe geht, ist der Grund dieser Maßregel den Truppen neuer-
dings unklar: „Omnibus in exercitu insciis et requirentibus imperatorn
consilium magno metu ac tristimonia sollicitabantura (10,3 *), und am
führlich wird die Stimmung weiter ausgemalt. Den Grund abei
warum Caesar in See gegangen, erfahren wir erst, als er durch di<
Ankunft der vermißten Schiffe für alle offenkundig geworden.
Schon die immerwährende Erwähnung dieser an sich so selbsl
verständlichen Unklarheit der Truppe über die Intentionen der oberstei
Führung, sowie die wiederholte Detailmalerei der Stimmung deut<
mit voller Sicherheit auf den subalternen Truppenoffizier, der, ohi
Einblick in die Geheimnisse des Hauptquartiers, selbst voll unter dei
Eindrucke jener Ungewißheit und jener Stimmungen steht. Der „Stäbler'
ist über diese nicht nur persönlich erhaben, sondern sie kommen ihi
überhaupt nicht, oder doch lange nicht in diesem Grade, zum B<
wußtsein.
Und so geht es weiter.
Das Gefecht bei Ruspina hat der Verfasser unzweifelhaft persöi
lieh mitgemacht; schon das spricht für unsere Annahme, denn auf eine
einfache Requisition, wie sie hier beabsichtigt war, wird Caesar kaum sein
ganzes Hauptquartier mitgeschleppt haben. Wieder erfahren wir Aus-
führliches über die Stimmung der Truppen; das „circumspicereCaesarem"
(16,4) ist besonders bezeichnend, nicht minder die drastisch geschilderte
Episode zwischen Labienus und dem Veteranen der X. Legion.
Die charakteristischsten Stellen jedoch enthält das Kapitel 31.
Zunächst die fast ehrfurchtsvolle Hervorhebung der Tatsache, daß
Caesar seine Maßnahmen beim Anrücken Scipios nicht persönlich in
der Front stehend, sondern „mirabili peritus scientia bellandi in prae-
torio sedens" durch seine Befehlsorgane anordnet. Man fühlt ordent-
lich das maßloße Staunen des Verfassers über die Unfehlbarkeit des
Feldherrn heraus, sowie den ehrerbietigen Respekt vor dem ver-
schlossenen Allerheiligsten des Praetoriums. Das ist die ureigenste
Stimmung der Truppe, wie sie dem „Stäbler" sich niemals aufdrängen
wird. — Nicht minder bezeichnend ist der Schluß des Kapitels, worin
versichert wird, daß Caesar die Schlacht beileibe nicht etwa deshalb
versagte, weil er sich nicht getraut hätte, mit den Rekruten zu siegen.
1) Auch ein stilistisch feiner Satz!
Beilage III: Über die Persönlichkeit des Verfassers des „bellum Africamim". 905
Freilich ist es naheliegend, daß Caesar, um das Selbstvertrauen der jungen
Legionen durch die fortgesetzte Passivität nicht zu gefährden, die dort
angeführte, recht naive Version über den Grund seines Verhaltens
lanciert oder den Truppen sogar direkt verlautbart hat.
Ähnliche Stellen ließen sich noch viele aufzählen, so c. 37 die
Anführung des so gänzlich selbstverständlichen Befehles zur Stellig-
machung der Aufklärer von dem Abmärsche von Ruspina. Für die
Truppen hatte dieser Befehl allerdings die Bedeutung eines Ereig-
nisses: sie konnten daraus entnehmen, daß etwas Besonderes im Zuge
sei. Welchen Befehl die Aufklärer erhielten, erfahren wir wiederum
nicht, obwohl das viel interessanter wäre als ihre Stelligmachung ;
aber davon erfuhren eben die Truppen nichts. — Ein „Stäbler" hätte,
wenn er schon die selbstverständlichen Aufklärungsmaßnahmen über-
haupt erwähnt, so doch in erster Linie den Auftrag genannt, mit
welchem jene Patrouillen abgefertigt wurden.
Schließlich will ich noch auf Thapsus verweisen, wo sich genau
feststellen läßt, was der Verfasser in der Schlacht mitgemacht und
somit gesehen hat; nirgends anders tritt die Frage seines Wirkungs-
kreises und damit auch seines Horizontes klarer zutage.
Wir erfahren Caesars und Scipios Anmarsch, sowie die Tatsache,
daß letzterer vor dem südlichen Isthmus zwei Lager schlägt (79);
dann, daß Caesar den Eaum um Thapsus durch Verschanzung geeigneter
Punkte befestigt, „hostes ne intrare ad se ac loca interiora capere
possent" ; diese teils allgemeine, teils selbstverständliche Begründung ist
wiederum charakteristisch. Dann erfahren wir Scipios ersten An-
marsch, der als ein Versuch, Thapsus Hilfe zu bringen, aufgefaßt
wird (!), seinen Marsch um die Sebkra und den Lagerschlag auf dem
Nordisthmus. Jetzt kommt es zur Schlacht gegen Scipio, die ausführ-
lich geschildert wird, doch ohne die Erwähnung des unvollendeten
Aufmarsches, der nur durch Caesars Äußerung „sibi eruptione pugnari
non placere" angedeutet erscheint ; jedenfalls stand der Verfasser am
rechten Flügel, der schon aufmarschiert war, sah, was man dort sah,
und sah nicht, was man dort nicht sah oder nicht sehen wollte, hörte
aber Caesars diesbezügliche Äußerung; dann hören wir von der Ver-
folgung der Geschlagenen und endlich von ihrer Niedermetzlung. Das
alles hat der Verfasser mitgemacht; er hat in der Schlacht am rechten
Flügel gekämpft, ist mit dem Verfolgungskorps um die Sebkra herum-
marschiert und war schließlich anscheinend nicht weniger als die Ver-
906 Der Caesarianische Bürgerkrieg.
folgten darüber erstaunt, daß die „regia castra" bereits von Caes*
rianern besetzt waren.
Daß Juba und Afranius auf dem Südisthmus zurückgeblieben sin<
erzählt er uns ebensowenig wie deren schließliche Flucht oder Caesars
zweiten Vorstoß, der zur Besetzung der „regia castra" geführt hal
Auch die wahre Bestimmung der beiden Legionen des Asprenas weil
er nicht; sehr begreiflich: denn Caesar hatte alles Interessi
daran, daß die am Nordisthmus kämpfenden Truppen vo
der Gefahr, die von Süden her drohte, nichts erführe:
bevor die Entscheidung im Norden nicht gefallen war, um
so sorgte er dafür, daß die wahre Situation für die Truppe:
ein Geheimnis blieb; dies ist der Grund für die Unklar-
heit und Unvollständigkeit des Schlachtberichtes unsere!
Verfassers, nicht aber beabsichtigte Entstellung zwecki
Verschleierung eines angeblichen Mißerfolges!
Das alles hat der in Caesars Hauptquartier befindliche Asinii
Pollio allerdings mit ganz anderen Augen gesehen als der in der Front
kämpfende Verfasser des „bellum Africanum", und des ersteren Schilde
rung ist es auch zweifellos, die Dio und Plutarch wenigstens mittelbar
als Quelle gedient hat.
Daß sich neben diesen offenkundigen Beweisen einer reinen Front-
tätigkeit auch Stellen finden, wo die Orientierung des Verfassers über
die Vorgänge bei der obersten Führung über das Maß dessen, was die
Truppe unbedingt erfahren muß, hinausgeht, ist schließlich selbstver-
ständlich. Bei den kleineren Verhältnissen und dem weit weniger
komplizierten Apparat der damaligen Zeit war überhaupt der Kontakt
zwischen Hauptquartier und Truppe unmittelbarer und der Einblick
in die Tätigkeit der Operationskanzlei leichter als heute; schließlich
wird der ja zweifellos intelligente und den besseren Klassen ange-
hörige Offizier manchen guten Freund im Praetorium gehabt haben,
der ihm gelegentlich einen Brocken für sein „Tagebuch" zukommen
ließ. Daher stammen wohl die zahlreichen Angaben über Briefe und
sonstige Aufträge Caesars, Empfänge, Verhandlungen, und nicht zu-
letzt die oft recht ausführlichen Daten über den Feind *). Bezeichnender-
1) Man braucht daher keineswegs an eine spätere Ergänzung durch einen Re-
daktor des „corpus Caesarianum" zu denken: Strack „Aulus Hirtius", Bonner Jahr-
bücher, Heft 118 (1909), p. 157; Langhammer Nr. 33. — Ich halte eine Redaktion in
diesem Sinne für unwahrscheinlich ; sie müßte sich an einer sehr großen Zahl anderer
Beilage III: Über die Persönlichkeit des Verfassers des „bellum Africanum". 907
weise fließen diese Nachrichten am reichlichsten dann, wenn am
wenigsten los ist; bei Thapsus, wo die Spannkraft der Oberleitung auf
die höchste Probe gestellt war und man im Hauptquartier begreif-
licherweise alle Hände voll zu tun hatte, nebstbei die reservate Be-
handlung der einlangenden Nachrichten wie des eigenen Planes im
Interesse der Führung lag, versagen sie ganz.
Nach all dem erscheint uns der Verfasser des „bellum Africanum"
als ein braver, vielleicht sogar sehr tüchtiger, aber auf einem nicht
allzu hohen Posten stehender Frontoffizier1), dem weniger die voll-
ständige Beherrschung des Stoffes, als vielmehr natürliche Neigung
und Befähigung zu literarischer Tätigkeit, sowie ehrliche Begeisterung
für seinen Imperator die Feder in die Hand gedrückt hat. Gerade
dieser Umstand verleiht aber seiner Arbeit einen gewissen spezifischen
Charakter, der sie trotz der ihr anhaftenden unleugbaren Mängel doch
wieder in mancher Hinsicht über die Arbeit des „Stäblers" Hirtius er-
hebt. In dieser Beziehung erinnert unser Autor vielfach an den
gleichfalls anonymen Verfasser des „bellum Hispaniense", obwohl
letzterer an Geist und Bildung tief unter ihm steht; immerhin ist je-
doch der Unterschied hier nur ein gradueller, auf der andern Seite
aber ein prinzipieller.
stellen, wo ihr Eingreifen weit dringender gewesen wäre, bemerkbar gemacht haben.
Darüber vielleicht ein andermal.
1) Ob er, wie Th. Widmann Nr. 17, S. 550ff. meint, ein Centurio der V. Le-
gion war, möchte ich dahingestellt sein lassen. Daß vieles dafür spricht, ist
sicher, dagegen aber spricht m. E. die Schilderung des Treffens von Ruspina. Denn
entweder hat die V Legion an dem Treffen teilgenommen; warum hat sie dann der
Verfasser, im Gegensatz zu allen andern sich bietenden Gelegenheiten, nicht er-
wähnt? Oder aber sie hat nicht daran teilgenommen: wie kam dann der Verfasser
in das Gefecht? — Ich würde eher an seine Zugehörigkeit zu einer Rekrutenlegion
glauben; dafür spräche schon seine stellenweise zutage tretende gar so große
Naivität. Für einen Centurio jener Zeit scheint er übrigens doch zu gebildet; man
muß schon an einen Tribun denken.
Bild 1
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Skizze 8,
Bild 9.
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24
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28.
29
Verzeichnis der Bilder und Skizzen.
Seite
Monte Pellegrino von Palermo gesehen 5
Nördlicher Auslaufgrat des Monte Pellegrino von Norden gesehen
mit Pertica 7
Hafen von Mondello und nördlicher Auslaufgrat des M. Pellegrino
von Süden gesehen 11
Ansicht des Monte S. Giuliano von Westen mit Trapani .... 26
Planskizze der Stadt S. Giuliano (nach Richter) 28
Fundamente der Stadtmauer von Eryx 26
Hinterhalt des Mago an der Trebia 68
Überschwemmungsgebiet des Arno im Jahre 1844 118
Das Defilee von Passignano von Osten gesehen 151
Die Ebene von Torricella vom Orte aus gesehen 152
Die Ebene von Torricella von Norden gesehen 152
Die Ebene von Torricella von der Paßhöhe gesehen 152
avlcbv ininsSos von Torricella 174
avlöiv inlnedos von Leontini 175
Das Defilee von Borghetto von Westen gesehen 1 82
Ausschnitt der Karte von Egnazio Danti 184
vneqßolri bei Pietravairano und Defilee von Borgo S. Antonio von
Südwesten gesehen 228
Defilee von Borgo S. Antonio vom Orte aus gesehen 228
Die vneQßolrj bei Pietravairano 228
Gerunium (Colle d'Armi) vom Lager des Minucius bei Casa Purga-
torio aus gesehen 264
Das Schlachtfeld von Gerunium von Colle d'Armi (Hannibals Lager)
aus gesehen 264
Monte di Canne (arx des alten Cannae) von Südwest gesehen . . 280
Aufidusrideau bei Monte di Canne von Südwesten gesehen ... 280
Situation bei Cannae nach Macdougall 286
Situation nach Dodge 287
Situation nach Neumann und Nissen 289
Die Hochebene von Balzi und Pianelli im Tifatagebirge, von Süd-
westen gesehen (castra Hannibalis) 264
Der Hinterhalt des Claudius Nero bei Grumentum 417
Schlachtfeld bei Calmazzo (nach Lehmann, Örtlichkeit der Metaurus-
schlacht) 455
Verzeichnis der Bilder und Skizzen.
909
Bild
30.
31.
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32.
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33.
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34.
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35.
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57.
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58.
Seite
Südliches Rideau von S. Angelo mit Blick auf die Stellung Neros 462
Valle S. Angelo von Norden gesehen 463
Gesamtansicht der Stellung Hasdrubals von Neros Stellung aus
gesehen 464
Das Metaurustal bei S. Angelo 464
Stellung der Spanier nach Oehler unterhalb von Selve Panicali aus
gesehen 467
Kräftegruppierung in Italien vor der Schlacht am Metaurus . . 476
Djebel ed Jedidi, nordöstlicher Teil, von Osten gesehen .... 550
Djebel ed Jedidi, südwestlicher Teil, von Osten gesehen .... 550
Der Argoub Be'ida, von Osten gesehen 550
Blick von Castra Cornelia auf Utika 584
Castra Cornelia, Westhang, von Norden gesehen 584
Castra Cornelia, Osthang und Lagerfläche, von Norden gesehen . 584
Castra Cornelia, Partie des Osthanges der Lagerfläche, von Süden
gesehen 584
Djebel Laibel und Koudiat el Galea, von Osten gesehen .... 608
Die Ruinenstätte von Jama, von Süden gesehen 622
Die Ruinenstätte von Seba Biar, von Westen gesehen 623
Die Ruinenstätte von S' Abd el Djedidi, von Norden gesehen . . 629
Das Schlachtfeld von Narraggara nach Pareti (mit der im Texte
angedeuteten Verschiebung nach Südwest) 637
Verlauf der Schlacht bei Narragara 659
Der Kessel an der Khanguetstraße, vom östlichen Defileeausgang
gesehen 710
Der Oued bou Abid 710
Der Ravin bei Utika (Curios Schlachtfeld), von Osten gesehen . . 735
Das Rideau von Ruspina, von H'r Tenir gegen Norden gesehen . 765
Der Hügel von Henchir Tenir, von Süden gesehen 778
Der Hügel von Henchir Tenir, von Norden gesehen ...... 779
Der Hügel von Sidi Jeha mit dem vorliegenden Tal, in der Marsch-
richtung Caesars gesehen 802
Der Steilabfall des Hügels von Sidi Jeha 802
Ausblick vom Hauptlager Caesars auf die Hügel und Uzita . . . 802
Nordabschnitt des Schlachtfeldes von Thapsus, von Cäsars Stand-
punkt gesehen 842
Verzeichnis der Karten und Bemerkungen
über ihre Herstellung.
1. Verzeichnis.
Karte 1: Zeichenerklärung.
„ 2: Heirkte und Eryx. a) Heirkte 1:50000. b) Eryx 1:50000 mit Detail
skizzen der Stadt Eryx. c) Übersichtskarte 1:500 000.
„ 3: Die Schlacht an der Trebia 218 v. Chr. a) Die Operationen in der
Poebene bis zur Schlacht an der Trebia 1:500000. b> Die Mündung der
Trebia 1:50 000. c) Fremde Ansichten über d. Schlachtfeld 1:100000.
d) Die Schlacht 1:50 000 mit Beikarte: Zweiter Moment.
„ 4: Übersichtskarte für die Feldzüge 217 u. 207 v.Chr. 1:750000.
Beikarte: Zum Treffen bei Plestia 1:100000.
„ 5: Die Schlacht am Trasimenischen See 217 v. Chr. a) Hauptkarte
1:50000. b) Die Schlacht nach Hesselbarth, Tilley, Montanari 1:100 000.
c) nach Clüver, Faltin, Fuchs 1:100000 d) nach Nissen, Stürenburj
1 : 100 000. e) nach Grundy und Reuß 1 : 100000. f) nach Sadee 1 : 10000'
6: Übersichtskarte für die Feldzüge 217 bis 212 v. Chr. 1:50000
Beikarte: Umgebung von Larino und Gerione 1:100 000.
„ 7: Callicula und Gerunium 217 v.Chr. a) Callicula 1 .-100000. b) Geru-
nium erste Kämpfe I : 50 000 mit Beikarte Ruinen von Gerunium auf Colle
d' Armi. c) Gerunium Schlacht 1 : 50 000.
,. 8: Schlacht bei Cannae 216 v. Chr. a) Hauptkarte 1 : 50000 mit Beikarte:
Zweiter und dritter Moment, b) Übersichtskarte, c) Schlacht nach Stüren-
burg u. a. 1:100 000. d) Schlacht nach Hesselbarth u. a. 1:100 000.
e) Schlacht nach Reusch 1:100000.
„ 9: Tifata, Benevent, Grumentum. a) Tifata 1:100000. b) Benevent
1:100 000. c) Grumentum Übersichtskarte 1:500000. d) Grumentum
Schlacht 1 : 50 000.
„ 10: Die Schlacht am Metaurus 207 v. Chr. a) Übersichtskarte 1 : 100000.
b) Schlachtkarte 1 : 25000. c) Schlacht nach Marcolini 1 : 100 000. d) Schlacht
nach Bottini - Massa 1:100 000. e) Schlacht nach Lehmann 1:25000.
f) Schlacht nach Pitteluga und Oehler 1:25 000.
„ 11: a) Übersichtskarte des afrikanischen Kriegsschauplatzes
1:1000000. b) Übersichtskarte zur Zamafrage 1:300000. Mit Bei-
karten: Das Ruinenfeld von S* Abd el Djedidi, von Jama und Seba Biar
1:25000.
te
Verzeichnis der Karten und Bemerkungen über ihre Herstellung-. 911
Karte 12: Der libysche Söldnerkrieg, a) Übersichtskarte 1:500000. b) Die
Schlacht bei Utika. c) g) Die Schlacht am Bagradas und die Belagerung
von Tunes. d) Die Schlacht im Talkessel (bei Nepheris). e) Der Kessel
bei Foum es Gouafel (Prion Tissots). f) Einschließung und Schlacht am
Prion — alle 1:100000.
„ 13: Die Kämpfe bei Utika 1 : 50 000. Die Schlacht auf den „großen
Feldern" 1:50000.
„ 14: Die Schlacht bei Narraggara 1 : 100000.
„ 15: Die Kämpfe um Nepheris 1:50000.
„ 16: Die Operationen Curios am Bagradas. a) Die Schlacht bei Utika
1:50000. b) Die Schlacht am Bagradas 1:100000.
„ 17: Übersicht der bisherigen Lokalisierungs versuche zum Feldzuge
47/46 v.Chr. 1:200 000.
„ 18: Übersichtskarte zum Feldzuge Caesars in Afrika 47/46 v. Chr.
1:200 000.
„ 19: a) Stellung und Kämpfe bei Ruspina 1:50 000. b) Stellung
und Kämpfe bei Uzita 1:50000.
„ 20: Stellungen und Kämpfe bei Aggar und Tegea 1 : 50000.
„ 21: Die Schlacht bei Thapsus 1:50000.
2. Bemerkungen zum Kartenmaterial.
Für die Schlachtfeldforschung in Italien und Tunis steht heute ein weit besseres
und einheitlicheres Kartenmaterial zur Verfügung als für irgend einen andern süd-
europäischen oder angrenzenden außereuropäischen Kriegsschauplatz. Für beide Gebiete
liegen die von der kgl. italienischen bezw. französischen Militärverwaltung aus-
gearbeiteten General- und Spezialkarten im allgemeinen vollständig vor; wo allenfalls
ältere, nicht reambulierte Ausgaben derzeit noch der Neubearbeitung harren, bot
auch dieser Umstand für unsere Arbeit keine unüberwindlichen Hindernisse.
Für Italien standen uns zu Gebote: Italien.
a) Übersichtskarten.
1. Die Carta d'Italia 1:500000.
2. Die österreichisch-ungarische Übersichtskarte 1:750 000, welche jedoch nur
Ober- und Mittelitalien umfaßt. Erstere ist in topographischer, letztere infolge der
viel genaueren Terraindarstellung in letzterer Hinsicht viel verläßlicher.
b) Spezialkarten.
1. Die Carta d'Italia 1: 100000.
2. Die Carta d'Italia 1:50 000. Diese ältere, aber für Ober- und Mittel-
italien immerhin recht genaue Karte wird neuerdings aufgelassen und durch die
folgende ersetzt.
3. Die Carta d'Italia 1 : 25 000. Noch nicht vollkommen erschienen1).
Alle diese Karten besitzen für Ober- und Mittelitalien einen auch für strenge
Anforderungen ausreichenden Grad von Genauigkeit. Ergänzungen waren unserer-
1) Für einzelne Teile, für welche diese Karte noch nicht erschienen ist, wurden
uns durch besonderes Entgegenkommen der Behörden Vergrößerungen der Karten
1: 50 000 in obigem Maßstab zur Verfügung gestellt.
Kroraayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 58
9 1 2 Verzeichnis der Karten und Bemerkungen über ihre Herstellung.
seits nur dort notwendig, wo an und für sich ganz geringfügige, jedoch für <li<
subtile Nahkampftaktik des Altertums immerhin ausschlaggebende Terraindetaih
(kleine Rideaux, Böschungswechsel u. dgl.) in Betracht kamen.
In ziemlichem Gegensatze hierzu stehen die süditalienischen und sizilischei
Karten. Dieselben beruhen fast ausschließlich auf den alten Aufnahmen des König-
reiches beider Sizilien, und wurden zum größten Teile unter dem neuen Königreicl
noch nicht reambuliert. Hier ergeben sich mitunter bedeutende Differenzen mit dei
Wirklichkeit, die wir, so gut es ging, durch Croquieren der für uns wichtigsten
Stellen auszugleichen versucht haben. Selbstverständlich war es ganz unmöglich,
das ganze, auf unseren Karten zur Darstellung gebrachte Terrain auf diese Weise
richtig zu stellen; diese Arbeit mußte sich vielmehr auf jene Punkte beschränken,
denen im Rahmen der topographischen oder taktischen Untersuchung eine aus-
schlaggebende Bedeutung zukommt. Wo solche Berichtigungen durchgeführt wurden,
erscheint dies im Texte der betreffenden Untersuchung jedesmal angeführt, wobei
nochmals ausdrücklich bemerkt wird, daß es sich hier nicht um instrumentelle Auf-
nahmen, sondern um einfache Croquis handelt, die demnach nicht auf absolute Ge-
nauigkeit Anspruch erheben, sondern nur den Zweck verfolgen, das Charak-
teristische der Form in richtiger und zweckentsprechender Weise zur Geltung
zu bringen.
Tunis. Für Tunis existieren derzeit:
a) Übersichtskarte.
Die Carte de l'Algerie et Tunisie 1 : 800 0000.
Dieselbe ist auf Grund der alten Carte de reconnaissance gearbeitet und ent-
spricht modernen Anforderungen in keiner Weise. Wir mußten auch für Karten
kleineren Maßstabes von ihr absehen und dieselben durch Verkleinerung der neueren
Karten großen Maßstabes neu herstellen.
b) Generalkarten.
1. Die „Carte de reconnaissance" 1: 200000 ist vollkommen veraltet; sie
bietet sogar für die so wichtigen hydrographischen Verhältnisse keinen erschöpfenden
und verläßlichen Führer; die Terrain darstellung ist derart ungenau und schematisie-
rend, daß nicht nur nicht die dem Maßstab entsprechenden Details entnommen werden
können, sondern man in den meisten Fällen auch nicht imstande ist, nach ihr von
dem Charakter einer Gegend eine halbwegs richtige Vorstellung zu gewinnen. Sie
wird derzeit sukzessive ersetzt durch
2. Die Carte de la Tunisie 1:200000. Dieselbe wird nach Maßgabe des
Erscheinens der Blätter in 1 : 50 000 herausgegeben und entspricht den Anforderungen
einer modernen Generalkarte in jeder Hinsicht.
c) Spezialkarten:
1. Die Carte de la Tunisie 1:100000. Dieselbe stellt eine wohl au
Grund der Einsicht von der Unzulänglichkeit der „Carte de reconnaissance" heraus-
gegebene provisorische Spezialkarte- des Landinnern dar; die Küstenstriche,
woselbst die Ausgabe der Blätter in l : 50 000 zuerst in Angriff genommen wurde,
sind nicht inbegriffen. In ihrer Qualität reicht sie über ihren provisorischen Zweck
wesentlich hinaus. Die hydrographischen Verhältnisse sind von erschöpfender Richtig-
keit; in der Terraindarstellung erscheint allerdings manches Detail ungenau oder
oberflächlich ausgeführt, doch ist der Charakter der Gegend wie der Einzelformen
,,
Verzeichnis der Karten und Bemerkungen über ihre Herstellung. 913
überwiegend sehr gut zur Geltung- gebracht. Nur wo sich für die Darstellung die
Vergrößerung einzelner Partien als notwendig herausstellt, ist eine Nachbesserung
im Croquier wege meist unvermeidlich. —
2. Die Carte de la Tunisie 1:50000. Diese hochmoderne, allen An-
forderungen im weitesten Sinne gerecht werdende Spezialkarte existiert derzeit nur
von den der Küste zunächstliegenden Landstrichen, doch macht die sukzessive Neu-
ausgabe gegen das Landinnere erfreulich rasche Fortschritte 1). Von einzelnen tief im
Innern liegenden Städten existieren übrigens bereits Umgebungskarten in gleichem Maß-
stabe und Ausführung. Sie ist in jeder Hinsicht bis ins Detail brauchbar und verläßlich.
Alle diese Karten sind in Schichtenlinien mit Schummerung ausgeführt2).
Letztere ist auf Grund seitlicher Beleuchtung durchgeführt, was zwar der Plastik
des Ganzen zugute kommt, die objektive Beurteilung der Formen und ihrer
Böschungsverhältnisse jedoch wesentlich erschwert, da ganz gleich geneigte Flächen
das eine Mal tief dunkel, das andere Mal ganz licht erscheinen. Da die Schichten-
linien in derselben Farbe wie die Schummerung hergestellt sind, so reichen sie nicht
aus, das Bild zu rektifizieren. Auch die weitgehende Verwendung verschiedener
Farben — auf den Blättern 1: 50 000 nicht weniger als sieben — mag ihre un-
bestrittenen Vorteile haben, erschwert aber gleichfalls die Übersicht und rasche Be-
urteilung der Terrainformen.
Schließlich will ich noch erwähnen, daß auf allen diesen Karten die Wasserverhält-
nisse vielfach zu optimistisch behandelt sind. Wir fanden selbst mitten im Winter
manchen der als „permanent" eingezeichneten Oueds trocken. — Auch würde es sich
empfehlen, den für die militärische Beurteilung so wichtigen Salzgehalt vieler
Quellen und Oueds durch entsprechende Signaturen zum Ausdruck zu bringen.
Für unsere Kartenbeilagen wurde das verfügbare Material wie folgt herangezogen : Benützung des
Die Karten der italienischen Kriegsschauplätze wurden je nach dem Materials.
Maßstabe nach den entsprechenden Blättern der Carta d'ltalia hergestellt; auf der
Karte 2 (Heirkte und Eryx) wurden einige wesentliche Änderungen auf Grund durch-
geführter Croquis eingefügt, die an Ort und Stelle näher bezeichnet sind. Für die
Übersichtskarten wurde die italienische Karte 1:500 000 zugrunde gelegt und
stellenweise die österreichisch -ungarische Übersichtskarte 1:750 000 mit heran-
gezogen.
Von den Karten des afrikanischen Kriegsschauplatzes wurde die
„Übersichtskarte" in 1:1000 000 auf Karte 11 in ihrer Gänze durch Verkleinerung
und Zusammenfassung der jeweilig modernsten Blätter (1:200 000, 100 000 und
stellenweise sogar 50 000) hergestellt3) und dürfte dieselbe derzeit wohl die bezüglich
1) Uns wurden durch besonderes Entgegenkommen der französischen Behörden
.einige noch unedierte Blätter in Gerippen für unsere Forschungen zur Verfügung
gestellt.
2) Bekanntlich ist die „Carte de la France" 1 : 80 000, die maßgebende Karte
des französischon Mutterlandes, in Schraffierung ohne Schichtenlinien gehalten, steht
überhaupt durchaus nicht auf derselben Höhe wie das Kartenmaterial, das die Be-
publik von ihren nordafrikanischen Besitzungen herausgibt. Nur von der nächsten
Umgebung von Paris existieren meines Wissens 9 Blätter 1 : 50 000 in derselben
Ausführung wie die tunesischen und algerischen Karten.
3) Dieser äußerst mühevollen und langwierigen Arbeit hat sich der Herr k. u. k.
Oberleutnant zugeteilt dem Geniestabe Karl Szabö in Bilek in liebenswürdigster
Weise unterzogen, wo'für ihm an dieser Stelle unser aufrichtigster Dank gebührt.
58*
g i i Verzeichnis der Karten nud Bemerkungen über ihre Herstellung.
Terraindarstellung einzig brauchbare Karte kleineren Maßstabes von jenem Gebiete
sein. Die Übersichtskarte zum libyschen Söldnerkrieg in 1:500 000 auf Karte 12
wurde durch Verkleinerung eines Zusammendruckes von Blättern in 1 : 200 000, jene
zur Zamafrage t : SOO 000 auf Karte 1 1 auf demselben Wege nach Blättern 1 : 100 000,
jene zum caesarianischen Feldzug 1 : 200 000 (Karte 17 und 18) nach Blättern
1 : 50 000 hergestellt1). Für den Schlachtplan von Narraggara (Karte 14) wurde die
Karte 1:1<0 000 mit Berücksichtigung der für den nördlichsten Teil bereits vor-
handenen Karte 1 : 50 000, für alle übrigen Schlachtpläne (auch für die in 1 : 100 000
gegebenen) die Karte 1 : 50 000 benutzt.
Die in Afrika wiederholt notwendigen Berichtigungen des Terrains bezüglich
seiner Veränderungen seit der römischen Zeit wurden teils auf Grund der vorliegenden
Arbeiten von Daux und Tis so t (Gegend von Utika), teils auf Grund eigener Unter-
suchungen (Sebkren an der Ostküste) vorgenommen. Auch erstere wurden, wegen
der durch neuere Forscherungen erwiesenen teil weisen Ungenauigkeit der beiden
genannten Autoren, von uns an Ort und Stelle genauestens überprüft.
Die Schreibweise der modernen Namen bot in Italien, wo diesbezüg-
lich fast keine Divergenzen bestehen, keine Schwierigkeit; umsomehr in Afrika, wo
die Übertragung der arabischen Bezeichnungen in europäische Schrift in den ver-
schiedenen Kartenausgaben ganz unglaublich variiert. Wir haben uns grundsätzlich
an die jeweilig neueste Karte gehalten; nur wo eine ältere Schreibweise in der
Wissenschaft schon eine weitere Verbreitung gefunden hat, wurde sie — neben der
modernen — auch berücksichtigt. Der Übereinstimmung der Nomenklatur in Text
und in den Karten wurde ein entsprechendes Augenmerk zugewendet.
1) Das direkte Kopieren nach der Karte 1 : 200 000 war hier ausgeschlossen, da
für die nördliche Hälfte (Blatt „Sousse") wohl bereits ein modernes Kartenblatt, für
die südliche (Blatt „El Djem") jedoch nur die alte Carte de reconnaissance vorliegt,
die zum Teile nicht einmal zusammenpassen.
Allgemeines Literaturverzeichnis
(enthält die in mehreren Kapiteln genannten Werke.)
(Die mir in einem Kapitel vorkommenden Werke sind in den SpezialVerzeichnissen
genannt.)
Amati A., Dizionario corografico del regno d'Italia. Mailand Vallardi seit 1867.
Arnold, Th., the seeond punish war — geschrieben 1838—1843 als Teil seiner römischen
Geschichte — mit Nachträgen 1886 herausgegeben von W. J. Arnold.
Balck, Taktik. Dritte Auflage 1903. 5 Bände.
Beloch, J., Bevölkerung der griechisch-römischen Welt 1886.
v. Bernewitz, J. W., Leben Hannibals. 1808.
Cantalupi, P. , le legioni Romane nella guerra d* Annibale (studi di storia antica
pubblicati da G. Beloch. fascic. 1.) 1891.
Clüver, Ph., Italia antiqua. 1624.
Corcia, N., storia delle due Sicilie. 4 Bde. 1843.
Cramer, J. A., Italy. 1826.
Delbrück, H., Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte I2
das Altertum. 1908.
Dodge, Th. A., Hannibal. 2. Bände. (Sammlung great Captains.) 1891.
Forbiger, A., Handbuch der alten Geographie. Zweite Auflage. 1877.
Fröhlich Fr., Die Bedeutung d. 2te p. Krieges für die Entwicklung d. röm. Heer-
wesens 1874.
Galitzin, N. S. (Golycyn). Allgemeine Kriegsgeschichte Abt. I: Altertum deutsch von
Streccius. 1875.
Guischardt, Ch., memoires militaires sur les Grecs et Romains. 2 Bde. 1760.
Hennebert, M. E., histoire d' Annibal. 3. Bde. mit Atlas. 1870 ff.
Hesselbarth, Histor. krit. Untersuchungen zur dritten Dekade des Livius. 1889.
Holste, L., (Holstenius) adnotationes geographicae ad Cluverii Italiam antiquam. 1666.
Ihne, W., Römische Geschichte. Bd. II, erste Aufl. 1870. 2 te 1893 f.
Kausler, F. v., Atlas der merkwürdigsten Schlachten usw. 1831.
Kromayer, J., Bericht über die Expedition zur Erforschung der Schlachtfelder d. zweiten
Pun. Krieges. Anzeiger d. k. Akademie d. Wissensch. in Wien. 1908. S. 133 ff.
La Chauvelais, J. M., de l'art militaire chez les Romains. 1884.
Lossau, A. v., Ideale der Kriegführung 1863.
Luterbacher, F., römische Legionen und Kriegsschiffe während d. zweiten Pun. Krieges,
Burgdorf. 1895.
Mac Dougall, the campaigns of Hannibal. 1858.
l) i (•) Allgemeines Literaturverzeichnis.
Dlarqnardt-Mommsen, Handbuch der röm. Altertümer. Bd. V2 v. Dessau und Doma
szcwski 1884.
Martens, Italien. 3 Bde. 1844—46.
Meltzer, 0., Gesch. der Karthager. 2. Bde. 1879 ff.
Mommsen, Th., Römische Geschichte. Bd. I1. 1854.
Montanari, T., Annibale l'uomo, la traversata delle Alpi e le prime campagne
d' Italia fino al Trasimeno. 1901.
Morawetz, Behelfe z. Studium der Militärgeographie Oberitaliens (als Manuskript ge
druckt). Wien. 1882.
Morris, W.O., Hannibal soldier, statesman, patriot 1901.
Neumann, Carl, Das Zeitalter der Pun. Kriege. Herausg. von G. Faltin. 1883
Niebuhr, Römische Geschichte III. 1832. Vorträge über römische Geschichte, herausg
von Isler. Bd. II. 1847; herausg. von Schmitz, Bd. I, 1843 = röm. Gesch. Bd. IV
Nissen, IL, Italische Landeskunde. Bd. I. 1883. Bd. IL 1902.
Orsini, geografia militare della peninsula d' Italia. 1852.
Peter, C, Geschichte Roms. Bd. I K 1853.
Pittaluga, V., Annibale dal Ticino al Trasimeno (rivista militare italiana disp. VI.) 1908
Reclus, E., nouvelle geographie universelle. 1875 ff.
Romanelli, antica topografica istoria del regno di Napoli. 1815.
Roon, A. v., Militärische Länderbeschreibung von Europa. Bd. XI. 1857.
Rospatt, J. J., Untersuchungen über die Feldzüge des Hannibal in Italien 1864.
Schemann, L., de legionum per alterum bellum punicum historia 1873.
Sironi, G., saggio di geografia strategica. 1876.
Soltau, W., Livius Geschichtswerk, seine Komposition und seine Quellen. 1897.
Terstyansky, A., Militär-Geographie von Italien. 1861.
Thiaucourt, Hannibal en Italie jusqu' apres la bataille de Cannes (revue de philol.
XIV. 153ff.) 1890.
Tissot, geographie comparee de la province Romaine d'Afrique 2 Bde. 1884—88.
(Vaudoncourt) Frederic Guillaume de. Auf dem Titel nur die Vornamen angegeben.
histoire des campagnes d'Annibal en Italie. 3 Bde. und Atlas. 1812.
Vincent, J., Maps and Plans illustrative of Livy (wohl = Atlas of ancient history) 1830.
Vincke. v., Der zweite Punische Krieg und der Kriegsplan der Karthager. 1841.
V.
:
Register zu Band I — III.
(Die römischen Ziffern bezeichnen den Band, die arabischen die Seitenzahl.)
1. Chronologische Übersicht der behandelten
Feldzüge und Schlachten.
v. Chr. Ereignis Band und Seite
364 Die Pelopidasschlacht bei Kynoskephalae II 116— 124
362 Letzter Feldzug des Epaminondas in den Peloponnes . . I 27—89
Schlacht bei Mantinea. 47
339—338 Krieg- Philipps gegen Athen und Theben I 127—195
338 Schlacht bei Chäronea 158
247—241 Hamilkar Barkas in Sizilien III 3-42
Kämpfe am Heirkte 4
Kämpfe am Eryx 25
241—238 Libyscher Söldnerkrieg . III 519—571
Schlacht bei Utika • . . 531
Schlacht am Bagradas 534
Schlacht bei Nepheris (im Talkessel) 539
Schlacht am Prion ? 545
227—221 Der Kleomenische Krieg I 199-277
221 Schlacht bei Sellasia 210
218—207 Der zweite Punische Krieg in Italien III 45—494
218 • Trebia 47
217 Apenninübergang 104
Trasimenus und Plestia 148
Callicula 214
Gerunium 248
216 Cannae 278
215U.214 Tifata 394
214 Erste Schlacht von Benevent 403
212 Zweite Schlacht von Benevent 406
207 Grumentum 414
Metaurus 424
207 Der Krieg zwischen Sparta und dem achäischen Bunde . . I 279—314
Schlacht von Mantinea . 291
204—202 Der Zweite Punische Krieg in Afrika III 573—702
204 Utika 578
203 Schlacht auf den großen Feldern 589
202 Schlacht bei Narraggara 599
920 1. Chronologische Uebersicht der behandelten Feldzüge und Schlachten.
v. Chr. Ereignis Band und
200—197 Der zweite Makedonische Krieg II 3-
198 Schlacht am Aoos
197 Schlacht bei Kynoskephalae
192—189 Der Syrisch-römische Krieg II 127-
191 Schlacht bei Thermopylae
190 Schlacht bei Magnesia
171 — 168 Der dritte Makedonische Krieg (gegen Perseus) .... II 231-
171 Treffen am Hügel Kallikinos
168 Schlacht bei Pydna
149 — 146 Der dritte Punische Krieg.
Schlacht bei Neferis III 703-
S7— 86 Die Feldzüge Sullas in Griechenland II 351-
86 Schlacht bei Chäronea
49 Der Feldzug Curios in Afrika III 730-
Schlacht bei Utika
Schlacht am Bagradas
49—48 Caesars Feldzug in Macedonien und Griechenland.
48 Schlacht bei Pharsalos II 401-
47—46 Caesars Feldzug in Afrika III 761-
Treffen bei Ruspina
Kämpfe um Uzita
Reiterschlacht bei Tegea
Schlacht bei Thapsus
44!
-901
76<
79;
820
826
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- und
Völkernamen.
A.
Abä II 369.
Abba III 5S9 f.
Abdera II 256.
Abellinum (Avellino) III
221 f. 404 f.
Abetone Paß- oder Paß von
Finmalbo III 120 ff. 133.
Abriola III 420.
Acerrae III 395.
Achaia im Kriege m. Sparta
221 v. Ch. (Sellasia)I199
bis 277; 207 v.Ch. (Manti-
nea) I 281-314.
Acheloos (in Kleinasien).
II 168.
Acholla (El Alia) III 823.
Acidios III 421.
Acqualagna III 427.
Acquasanta III 9.
AcyllaIII823ff. 866 ff. 890.
Adramyttion II 164 ff.
Aecae (Troja)- III 215. 299.
Aeginion II 51 f. 402 f.
Aegithallos Akellos (Pizzo
Argenteria) III 34 ff.
Aegitharsos, (Cap Teodoro)
III 34 f.
Aegytis I 205.
Aemilia s. via.
Aesernia (Isernia) III 221 f.
253.
Aesis III 197.
Aeson (Pelikas) II 313 ff.
Aetoler im 2.Maked. Krieg
IUI. 27 ff. 52. 103 f. im
Syrischen Krieg 137 f. im
Kriege mit Perseus 261 ff.
S.AgatadeiGoti(s.Saticula).
Aggar III 762. 811 ff. 835.
873 ff.
Agoriani I 144.
Agri III 418 f.
Aine ben Ayed III 636.
— Djedra III 615.
— el Djeuane III 540.
— el Kohol III 632.
— es Sif III 548.
— Mzata III 636.
— Ranem III 711.
— Ssnoussi III 632.
Akarnanien II 135. 222.
Akellos s. Aegithallos.
Akontion (Dnrdowana) I
158. 11361-366. 371.
Akrokorinth I 202.
Alba Fucens III 254. 450.
Albanomontelll 112 f. 117.
Alesion I 293 ff.
Allauro III 9.
Allifae(Alife) III 219ff. 252.
Allocchi, Apenninpaß III
107. 121.
Altavilla III 408.
Altiburus (Mdei'ne) III 634.
Ambra III 110. 135.
Ambrakia II 55. 256. 263 f.
Amiternum III 448.
Amphiktyonen I 130 ff.
AmphissaI130ff 182.11155.
Anamaren (Anaren) III 64 f.
139.
Ancarano III 62 f.
Ancona III 437.
Anda III 589.
S. Angelo bei Benevent III
408.
S. Angelo am Metaurus III
425. 428. 456 ff.
S. Angelo in Vado s. Ti-
fernum Mataurense.
Anthela II 142.
Antigonea II 33.
S. Antimo III 8.
Antipatrea (Berat) II 10.12.
S. Antonio (Borgo) III 214 ff.
Anxia (Anzi) III 420 f.
Aoospässe (Klissura) II 33.
Schlacht 42 ff.
Apennin, Hannibals Über-
gang 217: 111104-147.
Apenninpässe von der Boe-
chetta bis Mandrioli III
120.
— von Mandrioli bis Pistia
in 436.
Apesas (Phuka) I 32.
Aphrodite Erycina s. Eryx
Apidanos II 407.
Apollonia II 10. 155. 251.
Apollosa HI 407.
Apsos (Semeni) II 10. 34.
Aquillaria III 732. 742.
Arachova I 144.
Arcevia III 437.
Archelaos, Ort bei Chaero-
nea II 361.
Ardea III 450.
922
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- und Völkernamen.
Arenella III 8
Arezzo s. Arretinni.
Argen teria Pizzo s. Aegi-
thallos.
Argolis I 203.
Argus I 32. 203 ff.
Argon Pedion 1 50.
Argoub Beida 111 552 f.
Ariininum (Rimini) III 53.
04. 105. 138. 430 f.
Arnus III 105-147.
Arpi III 299. 395. 400.
Arretinni (ArezzoiIII 109 ff.
135. 138. 436 f. 450.
Aizilla III 427.
Asea 137. 208 f.
Askurissee(Nezero)II270ff.
Asopos II 141 f.
Assisinm (Assisi) III 194.
Assosfluß II 361. 369.
Assures III 619. 622 ff.
Athamanen II 28. 52 ff. 138.
Athen : im Kriege mit Ma-
kedonien 338 v. Ch. ( Chae-
ronaea) I 125 — 165, im
Kriege des Mithridat
II 354 ff.
Athenaion I 205. 284.
Atintanen II 36.
Atrax II 56.
Aufidena (Castel di Sangro)
III 2 53
Anfidena am Aufidns III 299.
Aufidus (Ofantoi III 281 ff.
Autipsida III 622.
Avellino s. Abellinum.
Avidovicus III 814. 822.
Avula 111 622.
Axios (Wardar) II 28.
Azoros II 237. 268.
B.
Baeculae III 684 f.
Bagni di Lucca III 122.
— della Poretta III 134.
Bahira III 538. 555.
Bagradas (Ou. Medjerda)
III501f. 503. 514; Schi.
im Söldnerkr. 532 ff. 538.
555. 560. 568 ff.; im 2. pun.
Kr. 588 ff. 590 f. 005; im
caes. Bürgerkr. 730 ff.
747 ff.
Baja III 219.
Bajano III 222.
Baido (monte) angebl. =
Heirkte III 6.
Balzi III 398 f.
Banitza II 21 ff.
Barcarello III 20.
Bari III 301.
Barletta III 295. 301.
Bas tarner II 232.
Beja s. Vaga.
Belminatis I 205. 210.
Belvedere III 530. 554.
Bembla III 800.
Benevent III 216. 394. 403
bis 413.
Bern Hassane III 806. 812 ff.
821. 873.
Berroea (Werria) II 12.
Bibbiena III 107.
Bientina, Snmpfseelll 112f.
Biferno III 254.
Bir Basrou III 616
— bou Rekba III 550
— et Tourki III 636
Biscuvio III 436.
Bisenzio III 117. 127. 131.
Biskini I 140.
Bizerte III 515.
Bled III 501 ff. 537.
Bocca Serriola III 436 f.
— Trabaria III 436 f.
Bocchetta III 120.
Boiano s. Bovianum.
Bononia (Bologna) III 121
ff., 436.
Bordj abdelMelahlII619.
— Baba Brahara III 581.
— bou Ficha III 538.
— ben Zouart III 636.
Borgaccio III 424.427. 453.
Borghetto III 176 f. 182 ff.
Bou Merdes III 823. 874.
Bovianum vetus (Pietra-
bondante) III 254 f.
— undecumanorum (Boi-
ano) III 252. 256. 406.
Bovino 111 21.">.
Bracigliano III 222.
Brundisium(Brindisi)Il 130 1 .
Bruttium III 415 f.
Bryanion II 22.
Burano III 441.
Byzanz I 130. 172 ff.
c.
Cagli 111427. 437. 441.
Cagliandrino III 416.
Caiatia (Cajazzo) III 215 ff., j
396.
Ca'ina III 149. 169.
Caiatia III 219.
Cales (Calvi) III 214 ff.
402. 450.
Callicula 111 214—247.
= EribianosJetztCajevola
oder Cotrevola III 226. 1
Calmazzo III 425. 437.453.
Calor (Calore) 111216. 252.
404 f.
Calvi s. Cales.
Cambunii montes (P;<,ß v.
Portaes Servia oder Vo-
lustana 1129. 236. 255.:
269 f. 276.
Camerinum III 437.
CampanienIII215ff. 394 ff.
Campobasso III 248 f.
Campremoldo III 63.
Canale della Botte III 263 f.
Cancello colle III 396 f.
CandiglianoIII427. 436. 441.
Cannae III 280— 388.
Canusium (Canosadi Puglia
III 285 ff. 297 f. 395.
Cap Bon III 578. 883
Caprareccia III 219.
Capsa III 514.
Capua 111 216. 395 f.
Carcere rione del III 295. \
Carini III 18 f.
Carseoli III 254. 450.
Carthago s. Karthago.
Casalnuovo Monterotaro
III 256.
Casentino III 105 f. 107ff.|
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- nnd Völkernamen.
923
Casilinum (jetzt Capua) III
218. 395 f.
Castellaccio (Monte) s.
Heirkte.
Castra Claudiana bei Caia-
nello III 397 ff.
— Hannibalis s. Tifata.
— Cornelia im 2. pun. Kr.
III 576. 583 ff.; im caes.
Bürgerkr. 730. 733 ff.
743 ff. 750.
Casuentini III 112.
Caudium, caudinische
Straße in 214. 221 ff.
Cerasa III 425. 428.
Cerbaie III 112 f.
Cerbara III 459.
Cerignola III 248.
Cerreto oder Sassalbo, Paß
HI 120. 123.
Cesano III 437. 457.
Cesena III 105. 440.
Chalkis II 127. 135. 154.
220 ff. 267. 356.
Chaeronea (Kaprenae) Feld-
zug338v.C.I7.125— 195.
Schlachtfeld: 158—165.
Schlacht: 165—169. 290.
520. Feldzug 86 v.Ch.: II
352—397. Lage: 367 f.
Schlacht: 371—383.
Chiana III 135. 139.
Chott III 506.
Ciminaredda III 291.
Cimone III 121.
Cinque Miglia III 254. 448.
Circei III 450.
Cisa la, oder Paß von
Pontremoli III 119. 436.
Citta di Castello s. Tifer-
num Tiberinum.
Clairefontaine III 617.
Clastidium (Casteggio) ITI
60 f.
Clodia s. via.
Clusium(Chiusi)III 186.196.
Colfiorito s. Plestia.
Colle d'armi s. Gerunium.
Collina-Paß III 120. 133 f.
Colomba, rio III 67 f.
Compsa (Conza^ III 395.404f .
Cora III 450.
Corleto III 420.
Cortona III 135. 153 f. 186.
Corvo in 407.
Cröteville III 538. 549. 709.
Cremona III 52.
Cumae III 395 f.
D.
Dadhi (Dadion) I 144
DahretelHafsaIII832ff. 876.
Dakhla desOulad bou Salem
III 592.
Damasi Paß II 237. 268.
Damouss III 800.
Dardaner IT 10 ff. 27. 256.
Dardanos II 163.
Dassaretien II 29.
Daulia I 140.
Daulis (Davlia) 1159. II 359.
Delos II 226. 295.
Delphi I 144. 154.
Demetrias II 127. 135. 220f.
Dernitza I 132.
Djebel Amar III 555.
— Azrek III 553.
— Bargou 111 500 ff. 631 ff.
645.
— bou Guetrane III 549.
— bou Hadjar III 549.
— bou Kournine III 501.
538. 708. 711.
— Douimis III 581 ff.
— ed Jedidi III 552 ff.
— es Serra III 551 f.
— es Sra'f III 708.
— Harbi III 552.
— Harraba III 500. 607;ff.
— Jenane III 552.
— Kalbi III 712.
— Kechabta III 581.
— Laibel III 500. 607 ff.
— Massouge III 500. 620 ff.
— Melez 111 549.
— Menzel Moussa III 552 ff.
— Menzel Roul III 531 f.
581 ff. 737.
-- Mergueb III 589. 739.
— Naheli III 532. 555.
Djebel Ouar III 549.
— Ressas III 501. 538. 708.
— Serdj III 500 ff. 631 ff.
— Sidi Zid III 538.
— Slata III 500.
— Zaghouanelll 501 f.
Djebibina 111 548. 551.
Djemmal III 806. 869.
Djendouba III 592.
Dieron II 271.
Dion II 277 ff.
— Paß von II 287.
Dodona II 38.
Doliche II 237. 268.
Domoko s. Thaumakoi.
Douar Touba III 587.
— Ouled Salem 552.
Draa el Meinan III 638.
Dragonara s. Gerunium.
Drepana (Trapani) HI 19.
27. 29.
Dubii III 197.
Durazzano III 222. 396.
Dyrrhachion (Durazzo) II
10. 401.
E.
Edessa (Wodena) II 12. 24 f.
El Alia s. Acholla.
— Behira III 834 ff. 875.
— Bourdjine III 820 f.
— Djem s. Thysdrus.
— Faca III 834 ff. 875.
— Hamada III 785.
— Kef s. Sicca Veneria.
— Ksour III 619 ff. 645.
— Maklouba III 816.
— Meridj 617. 620.
Elaea II 164.
Elassona s. Oloosson.
ElateaamTempepaß(Mikro-
Keserli) II 238. 357. 3»3.
Elatea in Phokis I 129. 173.
Elatos I 149.
Elbasan II 12.
Ellcz III 620.
Elpeos(Mavrolungo) II 286,
Beschreibung 297 f.
Elsatal III 116 f.
Emporien III 537. 544.
924
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- und Völkernamen.
Enipeus (Kutschuk-Tscha-
narli) II 68 f. 405 ff.
Eordaea (Ostrowo, Kailar)
II 11. 14. 23 ff. 236.
Ephesos II 156.
Epidauros I 203.
Epiros, Epiroten II 33 ff.
261 ff. 293.
Eratallll 116 f.
Eretria II 63. 72.
Eribianos III 217 ff. s. auch
Callicula.
Eryx III 4. 15. 25—42.
Esiuo III 437.
Etrurien III 450.
Enas 1219. 222 ff. 338.
Enboea'll 29. 220.
Europos (Xerias) II 29. 237.
Eurotas I 35. 41. 205.
Euryraedon II 159.
F.
Fabriano III I97f.437. 444.
Faesulae (Fiesole) III 111.
117 f. 136.
Falernus ager III 216 f.
Falterona monte III 112.1 20.
Fanum (Fano) III 427 f.
Stellung: bei Fano 435 f.
Fedj Mraou III 602.
Feiice la III 288 ff.
Fermignano 111 427.
Fiumalbo s. Abetone.
Flaminia via s. via.
Florenz III 116 ff. 132 ff.
Foeculae III 117.
Foggia III 299.
Foglia ill 436.
Foligno III 141. 152. 194.
437. 439.
Foili III 105. 436 f.
Fornilli valle III 407.
Fortore III 256.
Fossato di Vico III 197 f.
437. 444 f.
Fossombrone III 424 f.
Foura es Gouafel III 548.
Fraucolise III 214 f. 222 ff.
Frangovrisi 1211.
Frentaner III 258.
Fucecchio III 112 ff.
Furloscbluclit (Pietra per-
tusa) III 437. 441.
Futala, PassIII120. 137 f.
G.
Gaetuler III 869. 891 f.
Galaat el Andeless III 583.
734.
Gallera III 429. 456.
Gandore rio III 67 f.
Garet ez Zambey III 610 f.
Garfagnana III 120. 122.
Gazzola rio III 67 f.
Gegetu III 602.
Genua III 105.
Gerione III 248 ff. 258.
Gerosa rio III 67 f.
Gerunium (colli d'armi bei
Dragonara) III 248— 277.
Lage: 256 f. 283.
Ginepreto III 169.
Giona I 145. 148.
S. Giovanni III 60 f.
Giovi III 107 f.
S. Giuliano rio III 419.
S. Giuliano s. Eryx.
Golfolina III 112. 117.
Gomphi II 53 f. 402.
Gonnos (Dereli) II 238 f.
Gorgylos 1218 ff.
Gorza III 532.
Gravia I 134 ff. 339.
Greve III 116.
Grombalia III 538. 708.
Große Felder, Schlacht III
577. 589 ff. 597. 642., Takt.
Bedeutung 676. 687.
Grumentum (bei Saponara)
III 414—423. Lage 416.
Gualandro III 162. 176.
182 ff.
Gyrton II 238.
H.
Hadrumetum im 2. pun.
Kr. III 537. 577. 600 f.
618. 639. 645.; im caes.
Bürgerkr. 758. 764 ff.
859 f. 879. 881 ff. SS0J
895. 903.
Haemonbach 1160. II 371
Hagioi Saranda I 214. 217.
Hagios Vlasios I 141.
HaliartosI 134. 147.11252.
Haliakmon (Karasu) II 11.
Hamadet el Chouf III 79Sf.
— el Guebla 111783. 797 ff.
866.
— el Kessera (Tafel des
Iugurtha) III 500.
— elRessasIII798ff, 868.
Hammamet III 551.
Hammam Lif III 540. 708.
Hannencha III 603 ff.
Haras de SidiTabet 111 737.
Hedylion (Karamusa) 1140.
158. II 361. 366 f.
Heirkte (Monte Castellaccio)
III 4—24. 25.
Hekatompylos III 528.
Helikon 1 140. 147.
Helvillum 111 437.
Henchir el Bey III 581.
— el Chemmam III 638.
— el Ksour III 823. 874.
— el Makreeba III 797.
— el Okseiba III 602 ff.
— es Scheli III 635 f.
— ez Zauadi III 823.
— Karachoun III 630.
— Merbesse III 819.
— Ramouna (Romana) III
635.
— Sai'da III 635.
— Tenir s. Ruspina.
— Zaiat III 822.
Heräa I 206.
Heraeon 1 203.
Heraklea am Oeta I 133.
II 138 ff. 225.
Heraklea Lynkestis II 402.
Herakleion bei Chaeronea
I 160 ff.
Herakleion am Olymp II
275. 285. 293. 309.
Herdonea III 299.
Herkte s. Heirkte.
Hermos H 168 f.
Die wichtigsten Orts-, Länder-
und Völkernamen.
925
Hippo Diarrhytos (Hippa-
kra) = Bizerte III 514.
r 529. 543. 558.
Hirpiner III 220 f.
Hysiä, Pässe von I 34.
Hyampolis I 142. II 369.
Hyccara III 19.
Hypata II 138. 140.
Hyrkanische Ebene II 166.
I.
Jama s. Zama.
llion II 163.
Ilipa III 684 ff.
IllyrierII10ff.27.251.Feld-
zugd. Perseus 256 ff. 293.
Interamninm (Interamna)
III 450.
Isclero III 222 f.
Isernia s. Aesernia.
Isola delle femine III 18 ff.
Issos I 319.
Isthmos s. Korinth.
K.
Kahona ed Donadji III 739.
Kai'kos II 163 ff.
Kailar s. Eordaea.
Kairouan III 508. 550. 645.
Kalene, (Monte Calvo) III
249. 261.
Kallidromon II 143 ff.
Kallikinos, Treffen von K.
II 240—244.
Kapnistra I 47 ff. 293.
Kaprenae s. Chaeronea.
Karadagh II 64 ff.
Kastanitza s. Oenus.
Karthago im Krieg mit Rom
s. Rom, im Krieg mit den
Söldnern 111 511. 522 ff.
Karthago nova III 12.
Kasser Hellal III 812 ff. 825.
Kastoria s. Keletros.
Kebour Klib III 624. 635.
Kelephina s. Oenns.
Keletron (Kastoria) III 3. 27.
Kenchraea I 202.
Kephissos 1136. 140. 162 ff.
II 361 f. 364. 369 f.
Keratapass I 159.
Kerketios (Kyra) II 55.
Khan des Krevatas I 2 17 f.
Khanguetstraße (Khanguet
el Hadjaj) III 538 ff. 549.
708.
Khelmosberg I 213.
Killa III 613. 633 ff.
Kirphis I 154.
Kissns II 157.
Kleonä I 41.
Klisura, PaßimPoloponnes
1218. 223.
— in Epiros s. Aoospässe.
Knaiss III 821 f.
Kopa'fssee I 142. 149.
Kopanosbrücke 1213.
Korinth I 202.
Koronea 1 134. 147.
Koudiat Bougrine III 638.
— Chaouat III 738 ff. 747.
— Dahla III 608.
— el Behaima III 637.
— el Galea III 607 f.
— el Mabtouha III 587 f.
— el Mahisser III 617.
— el Malah III 611.
— Touba III 587. 738 ff.
Krais III 775. 783.
Kmmir III 499.
Ksar el Hadid III 623.
Ksar Jaber s. Narraggara.
Ksar Mnoudja III 622.
Ksiba Mraou (Henchir el
Okseiba) III 602. 604 f.
Ksour III 501. 515.
Ksonr es Saf (Ksonrsef) III
507. 815 ff. 873.
Kynoskephalae I 335 f. II
57—94. Lage: 63—74.
Beschreibung der Örtlich-
keit : 74— 78. Schlacht 1 97
v.Chr.: 78— 87. Schlacht
364 v. Chr.: 116—122.
Grabhügel errichtet: 221.
Kyretiae II 237.
Kytinion I 131 ff.
L.
La Sebala III 733.
Lakinion (Tempel der Juno
Lakinia) III 677.
Lambaesis III 789.
Lamia I 133.
Larinum (Larino) III 249.
Larisos I 285.
Larissa II 61 ff. 223. 239.
256. 402 ff.
Latina via s. via.
Lanro III 222.
Lautulae III 225.
Lebadea 1156. 159. II 360.
366.
Lechaion I 202.
Leondari 1 205.
Leontini III 175.
Leptis minor im Söldnerkr.
III 557., im caes. Bürger-
kr. 751. 764 ff. 799. 804.
812 ff. 846. 860. 871 f. 895.
Lenkopetra 1 290.
Leuktra Schlacht bei I 57 f.
79 ff. 92 f.
— (im Peloponnes) 205.
Leukos (Mavroneri) 1 1 3 13 ff.
Levane III 110.
Liaphenda I 140.
Libethron II 275.
Libyer III 511 ff. 529 ff.
Lidoriki I 148.
Jjigwcien(z/iyvorix7J) III 112.
139.
Lilybaeum III 34 f. 526.
576. 859.
Lima III 120. 122.
Limentra III 134.
Liris III 254.
Liternum III 397.
Loreto III 437.
Luca (Lucca) III 112 ff.
114. 139.
Lucanien III 404 f.
Luceria (Lucera) III 215.
252. 299. 402. 405.
Lucrezia La III 424. 426.
453.
Luretta III 63.
Lychnidos (Ochrida) II 11.
258 f. 294.
Lykosfluß II 169.
926
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- und Völkernamen.
Lynkestis (Monastir) II 11.
13 ff.
Lvnkos s. Lynkestis.
Lysimachea II 160 f.
M.
Macerata Feltria s. Piti-
num Pisaurense.
Maddaloni III 222.
Madonna del petto III306f.
Madonna di Monserrato III
419.
Magione III 169 ff.
Maglia III 416.
Magnesia am Sipylos II 154
— 205. Schlacht 179— 195.
Maenalisches Gebirge I 293.
Makara s. Bagradas.
Makedonien im Kriege mit
Athen und Theben 338
v. Chr.: I 127—199. mit
Sparta(Sellasia)221:I199
— 277. mit Rom s. Rom,
Verteidigungsfähigkeit
des Landes II 6 f.
Maktar III 620.
Malloea II 237.
Mamago III 53. 55.
Mandrioli Paß von III 105.
107 ff. 120. 137. 440.
Mantinea I 7. Feldzug
und Schlacht 362 : I 25
bis 128. Reitertreffen:
42 ff. Schlachtfeld: 47 ff.
Schlacht: 55 ff. von Anti-
gonos besetzt: 206. Feld-
zug und Schlacht 207:
1277-314. Schlachtfeld:
291—299. Schlacht: 300
— 309. 320 ff.
Mantignana III 169.
Manoubia 111 555.
Margaron (MägyaQov) III
600 ff. 631. 638.'
Marina III 131 f.
Marinella III 131 f.
Marsico Nuovo III 420.
Martogna III 38.
Marzanello III 226.
Massicus (Massico) III 215.
Matese s. Tifernus.
Matsagra I 47 ff.
.Mavrovuno I 142.
Maxula III 558.
Medjcz el Bab III 644.
Megalopolis 129. 205.208 t.
Megalovuuo I 32.
Mendenitza I 132.
Menzel Kamel III 807. 820.
Merkovuni 1 51 ff.
Mesdour III 807.
Mesjed Ai'ssa III 785.
Metropolis II 402.
Metaurus III 424—494.
Metzowo, Paß s. Zygospaß.
Mevaniola (Galeata) III 112.
Milia II 13. 262 f.
Misa III 437.
Mnara III 7S4. S05.
Moknine III 806. 816.
Molinazzo III 69.
Moliterno III 416.
Molos I 160. II 371 f.
Molosser II 261.
Monastir s. Lynkestis und
Ruspina (Mestir).
MondelloIII 8 f. 1 1 f. 17.20.
Montagna del Gallo III 20.
Monte Carlo III 115.
Montecchio III 183.
Monte Calvo s. Kalene.
Montecolognola III 148 ff.
Monte di Canne III 281.
Monte Grande III 218.
Monte il III 419.
Montelupo III 117.428.
Montemaggiore III 424. 428.
454.
Montemurro III 420.
Montepiano, Paß III 120.
133 f.
Monte Pino III 407 f.
Montesarchio III 404.
Montevarchi III 135.
Montigeto III 150 ff.
Mopseion II 246.
Morios I 160. II 372.
Mugello IE 124.
Muracci i III 461.
Murgie le III 301.
Museion II 362.
Muthul (Ou. Mellegue) III
499 ff. 514, 590. Schlacht
am M. III 601. (il!).
Mutina(Modena)III 120.1 38.
Mylae II 237.
Myonnesos II 1."»!).
Mytika I 47 ff. 293. 300.
N.
Narraggara (Ksar Jaber bei
Sidi Youssef) 508. 515.
Schlacht: III 577. 500
— 702. Lokalisierung:
599 ff. 613. 637.
Narnia(NarniiIII196 439.
444 ff.
NaupaktosI 154.186.11225.
Neapolis (Neapel) III 395 f.
Nemea (Stellung der Epa-
minondas) I 32 ff.
Nemeabach, Schlacht:
I 116f. 193 ff.
Nepheris Schlacht im Söld-
nerkrieg: III 540. 561 f.
Kämpfe im 3. Pun. Kr.:
111705—716.
Nerulum (bei Rotonda) IN
416.
Nestane I 50.
Nezero s. Askuris.
Nikaea I 133.
Niviano III 65 f.
Nocera s. Nuceria.
Nola III 395. 401 f.
Nuceria (Nocera umbra) III
197 f. 437.
Nnceria Alfaterna (Nocera)
inCampanienIII221f.395.
Numider, Numidien III
511 ff. 536. 576 ff. 672 ff.
Numistro III 414 f.
0.
Obba III 589.
Oenus (Oinus, Kelephina)
1211 f. 217 f.
Oeta I 131. 152 f.
Ofanto s. Aufidus.
Olokros II 314.
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- und Völkernamen.
927
Oloosson (Elassona) II 237.
268.
Olymp (Thessalien) Über-
gang- der Römer II 267
bis 294.
Olymp (bei Sellasia) I 219.
. 2 22 ff. 235 f.
Olympia I 284.
Ombrone III 117 f. 126.
Onchestos (Bach von Snpli )
II 63 ff.
OneischeGebirgskette 1 202.
Onochonos II 409.
Ophisbach I 293 ff.
Orchomenos 1 142.206. II 383.
Orestheion I 37. 42.
Orestis II 29.
Orthopagos II 36 1 . 368. 37 1 .
Osphagos II 22.
Ostrowo s. Eordaea.
Oueds III 502 ff.
OuedAine bouSabetIII614.
- Aine el Zelles III 635.
- Beja III 504.
- bou Abid III 541. 709.
■ bou Heurtma III 541.
709.
- bou Houta III 541.
- Cherchara III 733.
- Dammous III 552 f.
- el Faouar III 632.
- el Guetar III 635.
- el Hamma III 552.
- el Kebir III 501. 515.
- el Ksob III 505. 548.
- el Ksour III 635.
- el Massmoudi III 621.
- el Ouair III 609.
- et Tine III 636.
- Ezzergua III 607 ff.
- Gourbi III 629 ff.
- Kasseb III 504. 590.
- MarguellilIII504f. 515.
645.
- Marouf III 505. 548. 631.
- Massouge III 624.
I MedjerdaIII499ff. 589ff.
- Melah III 506. 784.
796 ff. 866.
- Mellegue s. Muthul.
Kromayer-Veith, Antike
Oued Miliana III 5Ü1 f. 515.
537. 708.
— Nebaana III 505. 515.
548. 635. 645.
— Ras el Ogla III 638.
— Ras el Rhandig III 609.
— Rmel (an der Ostküste)
III 538.
— Rmel (Remel, Rumrel,
Nebenfl. d. Ou. Melle-
gue) III 636. 644.
1 — Seguia III 614 ff.
— Silianalll 504. 515.624.
631. 645.
— Tessa III 504. 515. 590.
631. 635.
— Tfifila III 632.
— Ysid III 635.
— Zanfour III 635.
P.
Paeligner III 249.
Palermo s. Panormus.
Pallantion I 54. 56. 290.
Panopeus I 159. II 360. 366.
Panormus (Palermo) III 4
bis 24.
Parapotamioi (bei Belessi)
I 133 ff. 339. II 359 f.
365 f. 369.
Parnaß I 131. 140. 143.
Parnon I 209 f.
Parori I 140.
Parthiner II 10.
Parthos III 635. 644.
Pässe der Apennin s. Ape-
ninpässe.
— von Albanien und
Epirus nach Makedonien
II 12. 14. 36.
Passignano III 150 ff.
Patronis(beiBiskini) II 357.
Paulustimolo III 281.
Pavia III 57.
Pelagos-Wald I 54. 300.
Pella I 176. II 24. 236.
Pellegrino(monte) 1114—24
Pellana, Ebene von I 35.
Peneos (Salambrias) II245ff.
Pergamon II 156. 162.
Schlachtfelder III.
Pergola III 437.
Perinth I 136. 176 ff.
Perrhaebien II 237 ff.
Pertica am Monte [Pelle-
grino III 6 ff. 9.
Perusia (Perugia) III 150,
438 f.
Pescia III 116 f.
Petrafelsen I 156.
Petrapaß s. Pythion.
Petrachos 1 161. II 361. 368.
Pezza della chiesa s. Tea-
num Apulum.
— del sangue III 281.
Phalanna (bei Tyrnavos).
II 238. 247.
Phaloria II 51. 55.
Pharsalos in den maked.
Kriegen: II 63 f. 256. in
der Pelopidasschlacht :
117 ff. im Caesar. Bürger-
krieg: 401—443. Ebene:
404. Schlachtfeld: 408
bis 419.
Pherae II 61 ff. 221. im
Kriege mit Theben 364
v. Chr.: 116—124.
Phila II 286. 292.
Philoböetos (Krevassara)
II 360. 362 f.
Phrygiosfl uß (Kum) II 167 ff.
Piacenza s. Placentia.
Pianelli III 398.
Piastre le Paß III 120.
133 f.
Picenum III 119. 194 f. 215.
Pietra Melara III 215.
Pietravairano III 219 ff.
Pietra pertusa s. Furlo.
S. Pietro III 436.
Pieve Dugliara III 62 f.
Pieve S. Stefano III 436.
Pignola III 420.
Pioraco s. Prolaqueum.
Pisa III 139.
Pisani montes III 1 12.
Pisaurum (Pesaro) III 436.
Pistia s. Plestia.
Pistoria (Pistoia) III 115.
124 f. 133. 139.
59
92S
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- und Völkernainen.
Pitinum Pisaurense (Ma-
cerata Feltria) III 436.
Pizzo Iramenso III 21.
— Roccazzo III 38.
Placentia (Piacenza) III 50
bis 98. 436. 443.
PlestiaiPistia) Paß von P.
oder Colfiorito III 193 bis
209. 437.
Pluinna II 22.
Po III 51. 57 ff.
Ponte Nure III 51 f.
— Petri III 133.
Ponte rotto III 425. 427.
Pontos (Mithradates) im
Kriege mit Rom II 353
bis 400.
Pontremoli s. Cisa.
Portaes, Paß s. Cambunii
montes.
Porto Farina III 579.
Poseidon-Tempel bei Man-
tinea I 43. 293 ff.
Posta de Salpi s. Salapia.
Potentia (Potenza) III 197
420.
Prato III 133.
Prion {noiiov) Schlacht am
HI 545 ff. 562 f. 568 ff.
Prolaqueum(Pioraco)III197.
Promontorium Pulchrum
UI 578.
Pteleon n 134.
Ptoon I 150.
Purgatoria casa III 260 f.
Puteoli (Pozzuoli m 395.
Pydna 1336. 11294—334.
Schlachtfeld 310—316.
Schlacht 316—328.
Pythion Paß (Petra) II 237.
270 f. 277. Umgehung
des Nasica: 304—306.
Q.
Quellen (in Afrika) III 505 f.
R.
Radda III 135.
Radici, Paß in 120. 122.
Reate (Rieti) III448.
Regium Lepidi (Reggio)
III 120. 123.
Reno III 133 f.
Rhar ed Deba III 801 ff. 868.
Rhodos II 156 ff. 296 f.
Rhoduntia II 143.
Rhoeteon II 163.
Riazzolo rio III 67 f.
Rigone III 169.
Rimini s. Ariminum.
Rione del Carcere III 295.
— Vecchia III 295.
Ripabottoni III 254 f.
Rivaita III 50 ff. 55. 66.
Rocca Monfina III 215 ff.
Rocca Romana III 219.
Roccazzo s. Pizzo.
Rom im Kriege mit Kar-
thago 264-241 v. Chr.:
m 1—42; 218-201 v.
Chr.: III 43— 494 u. 573
bis 702; — 149—146 v.
Chr.: 111 703— 716; — mit
Makedonien 200—197 v.
Chr.: II 1—115; — mit
Syrien 192—189 v. Chr.
(Magnesia): II 125 — 227;
— mit Makedonien 17 1 bis
168 v.Chr.: II 231—352;
— mitMithradates 87—86
v. Chr.: 11351—400.
Rottofreno m 51. 55.
Rousfa d'Abou Obei'd el
Bekri III 769.
Ruffiano Monte III 150 f.
155. 172.
Ruspina (Henschir Tenir;
nicht Monastir) III 509.
761. Lokalisierung und
Treffen 764— 790. 860 ff.
S.
Sabato III 221 f. 404 f.
Sahline III 769.
Salaeca in 580 ff.
Salapia (Posta de Salpi)
III 299 ff. 395.
Salernum (Salerno) in 404.
Salinae III 299.
Sambuca Pistoiese III 134.
Saranium III 395.
Samon {26luov) III 635.
Sangro III 254.
Sanguineto III 176 f. 190 f.
Sansepolcro s. s. Sepolcro-
Saponara s. Grumentum.
Saranda(HagioiS.)s.Hagioi.
Sarsina (Sassina) III 1 12. 438.
Sarsura III 811. 823. 874.
Sassalbo s. Carreto.
Sasso ferrato s. Sentinum.
Saticula (S. Agata de Goti)
III 222. 396.
S. Savino III 116.
Scala la bei Palermo III 5. 1 4.
Scalette III 44t.
Scheggia Paß UI 437. 441.
Schiantello III 460.
Scopoli III 198.
Seba Biar s. Zaraa.
Sebkra Kelbia III 645.
— m'ta Moknine III 506.
814. 832 ff.
— Sidi el Hani m 824.
— es Sedjoumi III 554 f.
Sebkren in 506.
Seggo III 622 ff.
Sele s. Silarus.
Selectum III 770. 818.
Sellasia 17. 199— 277, Stel-
lung 212; Schlachtfeld
215—223; Schlacht: 222
—244. 320; Gebirgs-
schlacht 336.
Selve Panicali III 462.
Sena gallica (Senigallia) III
428. 437. Vorteile der
Stellung III 442.
Sentinum III 197. 437. 445 f.
S. Sepolcro III 436.
Serchio HI 113. 120. 122.
Serra calcinara III 418.
Serra Capriola III 248.
Serravalle III 197 f. 437.
Sers, Ebene von, III 50 1.631.
Servia s. Cambunii montes.
Sestinum (Sestino) III 436.
Sestos U 1 55.
Setia III 450.
Settima IU 50.
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- und Völkernaraen.
929
Sferracavallo HI 20.
Sicca Veneria (El Kef) III
501. 511. 515, im Söldner-
krieg 527 f. Lage 602.
6 17 ff. im Jugurth Krieg
636 ff. 642.
Sidi Abdallah bou Caboute
III 817.
— Abd el Djedidi (Ahmor
Djedidi) s. Zama.
— Ali ben Abdallah III 623.
— Amara 111 635. 645.
— Beker III 712.
— bei Azza III 628.
— ben Hacen III 555.
— bou Hamma III 623.
— bou Lefaa III 552.
— Dekril III 819.
— Fadeline III 836.
— Jedidi III 538. 551 ff.
— Jeha III 801 ff. 868.
— Messaoud III 836. 878.
— Neja III 816. 821.
— Youssef s. Narraggara.
— Zebidi II l 837. 876.
Sieve III 107. 117.
Sikyon I 32. 201.
Silarus (Sele) III 405.
Silvestro S. III 424 f. 427.
Sinalunga III 110.
Sinuessa III 2 16.
Sipontum III 299.
Skarpheia I2U0.
Skiritis I 210 f.
Skotussa II 63 ff. 405.
Skythen I 176.
Skope 151.
Skroponeri 1 150.
Sora III 254.
Souk el Kramis (Henchir
Seggo) III 623.
Souk el Kremis III 590 f.
Sparanise III 214 ff.
Sparta, im Kriege mit
Theben 125—123; Vor-
stoß des Epaminondas auf
Sparta 37 ff.; im Kriege
mit Makedonien und dem
ach. Bund (Sellasia 221):
{ I 199-277; im Kriege
mit Achaja (Mantinea 207
v.Chr.): 1281—314.
Spinoso III 418.
Sra Ourtane III 620.
Stavromyti I 50.
Stellas oder Stellatinus
ager III 219 f.
Stephano s. Pieve.
Stradella III 59 ff.
Stratos II 261.
Stuberra (bei Tsepikowo)
1121 f.
Suessa III 450.
Suessula III 396 f. 402.
Sulmo (Sulmona) III 253 f.
448.
Sykurion (Marmarjani) II
239 f. 246.
Syrien im Kriege mit Rom
192—189 v. Chr.: II 125
bis 227 (Magnesia).
T.
Taburnus s. Tifernus.
Tagura III 644.
Tammaro III 252.
Tanaro III 58. .
Tannetum III 98.
Tanos 1211.
Tarent III 406.
Taygetos I 210. •
Teanum Apulum (Pezza
della Chiesa) III 256.
— Sidicinum (Teano) III
216 ff. 396.
Tegea (in Griechenland)
I 29 ; Hauptquartier des
Epaminondas: 34; von
Antigonos besetzt: 206.—
291 f. 339.
Tegea (in Afrika) III814f.
819 ff. 873 f. 900.
Teichius II 143 ff.
Telamon III 139.
Telesia III 216. 219. 252.
Tempe im Feldzuge 198
v. Chr.: II 51 ; im Kriege
mit Perseu«: 238. 269.
286. 289 f.
TeodoroCap s. Aegitharsos.
Termine III 197. 437.
Thabena III 886.
Thacora III 602. 617.
Thala III 499. 514.
ThapsusIII514; Schlacht:
762. 826— 857.871. 875ff.
884 ff. 900 f. 905 f.
Thaumakoi(Domoko) 11403.
Theben im Kriege mit Ale-
xander v. Pherae 364 v.
Chr.: II 116—124 (Kynos-
kephelae); mit Sparta 362
v. Chr.: I 25—123; mit
Makedonien 338 v. Chr.:
125—195 (Chaeronea).
— in Phthiotis II 60 f.
Therma III 769.
Thermopylen im Feldzuge
338 v. Chr.: I 129. 133.
151. 182; Beschreibung
der Örtlichkeit: II 134 bis
149; Schlacht 190 v.Chr.:
149—154. — 225.
Thespiae 11354.
Thessalien, im 2. maked.
Krieg: II 33 ff. 57 ff.; im
syr. Krieg: 135 f.; im 3.
mak. Krieg: 237 ff.; im
Caesar. Bürgerkr. 402 ff.
Thessalonike II 301.
Thetideion II 63. 73. 117 f.
Theveste (Tebessa) III 508.
515. 617.
Thisbe II 252.
Thrakien, Streit um Thr.
zw. Antiochos und Rom
II 129 ff. 252.
Thuriongebirge I 158. II
367. 372.
Thyatira II 164 ff.
Thysdrus (El Djem) III
499. 514. 811. 822f. 874.
879. 886. 890 f.
Tibertal, mittleres III 194,
oberes: 137. 427. 436 ff.
Ticinus III 57 ff.
Tifata III 218. 394—413.
Hannibals Lager 398 f.
Tifernum Mataurense (S.
Angelo in Vado) III 436.
59 *
WM)
2. Die wichtigsten Orts-, Länder- und Völkernamen.
Tiferuuin Tiberinum III
436.
Tiferuns, Taburaus (Ma-
tese) III 249. 252.
Tipasa III 644.
Tithora (Velitza) I 144, II
358.
Tommaro II 252.
Tounara di Bonagia III 33.
Topino III 194.
Torretta III 18 f.
Torriceila III 150 f. 171 ff.
Trabaria s. Bocca.
Trani III 301.
Trapani s. Drepana.
Trasimenus III 140. 147 bis
213.
Trebia (Trebbia) III 47 - 98.
Triballer 1 176.
Trinitapoli III 303.
Tripolis Skaea II 239 ff.
Troia s. Aecae.
Tsaresi 1 140.
Times (Tunis) im Sölduerkr.
111508.528 ff. 554 ff. 563 f.
Tuoro III 148 f. 162. 168 ff.
176 ff.
Turkochori 1 132.
Turm des Agathokles III
576. 580 ff,
Tzitzina 1214. 217 f.
u.
Umbrien, Umbrer III 119.
438. 445 ff.
Uibania m 436.
Urbino s. Urvinium.
Urvinium (Urbino) III 436.
Usappa III 619. 622 ff.
Uskana (Dibra) II 257 ff.
Utika III514;imSöldnerkr.:
529 ff. 543. 558. 559. 568;
im 2. Pun. Kr. 576. 578 ff.
639 ff.; im Feldzg. Curios
730 ff.; im Feldzg. Caesars
858 ff. 879. 886.
Uzita III 761. 775; Lokali-
sierung 745—810. 812;
Zusammenhäng. Daist.
866 ff. 879. 881 ff.
V.W.
Vaga (Beja) III 592. 633.
Vaga (bei Zeta) III 633. 822.
874.
Vairano III 218.
Valeria s. via.
Valle del porco III 9.
Vandra III 253.
Vecchia s. Rione.
Velitza s. Tithora.
Venafrum (Venafro) III
221 ff. 253.
Venella III 152.
Venus Erycina s. Eryx.
Venusia (Venosa) III 285.
297.
Vergellus III 307.
Vergine Maria III 8.
Verria I 217.
Via Aemilia III 64. 137. 436.
— AppiaIII221ff. 404 f.
— Cassia III 140. 186. 196.
— Clodia III 116.
— Egnatia II 15. 402.
— Flaminia (Rom-Ari-
minum) III 138. 140 f.
427 ff. 434 f. ^Schwierig-
keiten: 441.
Via Flaminia (Arretium-
Bononia) III 137.
— Giardini III 122.
— Herculea III 416 f.
— Latina III 218 ff. 254.
396. 402.
— Postumia 111 139.
— Romana am Trasimeni-
schen See III 185.
— Valeria III 254.
— Vandelli III 122.
Viamaggio III 436.
Viareggio III 112.
Vibinum (Bovino) III 215 f.
Volturnus III 214 ff.
Volturnuswind II 285. 307.
Volustana 8. Cambunii
montes.
Vosuna I 47 ff.
X. Y.
Xenis I 310.
Xerias s. Europos.
Xyniae II 60.
z.
Zaghouane III 508. 538.
Zama (Jama, Seba Biar, Sidi
AbdelDjedidiIII620ff.)
III 599; im 2. Pun. Krieg
612— 638. 639 ff.; im Caes.
Bürgerkrieg 879.
Zanfour (Assures) III 622 ff.
Zanovistabach I 293.
Zeta III 514. 811. 821.
873. 900.
Zouarines III 634 ff.
Zramedine(Vaga?) III813f.
822. 874.
Zygos Pass (Metzowo) II 55.
401.
3. Die wichtigsten Personennamen.
A.
Acilius Glabrio cos- 191 II
136 ff. 222.
Aelius Tubero III 742.
Aemilius Paulus, cos. 216,
III 283 ff.
— cos. 168. II 294 ff.
L. Afrauius III 821. 829ff.
873 ff. 898 ff.
Agatliokles III 566.
Agesilaos I 35 f.
Alexander d. Gr. I 166 f.
Alexander v.Pherae II 116ff.
Alexander, Sohn des Akmet
I 246.
A. Alienus III 881 ff.
Amynander II 10. 53.
Anaxidamos 1 309.
AntigonosI201ff.284. 337.
Antiochos d. Gr. II 127 ff.
M. Antonius III 892.
Q. Aquila III 871. 895.
Aratos I 201. 283. 290.
Archelaos II 353 ff.
Ariarathes II 356.
Aristaenetos I 311.
Äsinius Pollio III 723 ff.
748. 903 ff.
Asprenas s. Nonius.
Athenagoras II 40.
C. Atilius praetor 218. III 98.
Attius Labienus III 766 ff.
Als Führer 849 ff.
Varus III 730 ff. 858 ff.
881 ff. 898.
Autaritus III 536 ff.
B.
Baebius Tamphilus II 136 f.
Baibus s. Cornelius.
Bocchus III 859 ff.
Bogud III 859 ff.
Bruttius Sura II 354.
c.
Caecilius Metellus III 513.
619.
L. Caelins (Coelius) II 256.
Caesar s. Julius.
Calenus s. Fufius.
Calpurnius Piso III 793.
Caninius Rebilns III 743 f.
879.
Cato s. Porcius.
C. Centenius III 193 ff.
Centumalus s. Fulvius
L. Cispius III 871 ff.
Claudius App. II 264.
Marcellus, bei Nola III
396 f.
Nero, cos. 207, bei Gru-
mentum III 415 f. am
Metaurus 426 ff.
C. Considius III 815. 824.
858ff. 879.
Cornelius Baibus III 903.
Scipio cos. 218, III 98. —
Africanus major gegen
Antiochos d. Gr.: II
155 ff. im 2.Pun.Krieg:
III 576 ff.
— Africanus minor III
706 ff.
— Asiaticus II 155 ff.
— Nasica II 303 ff.
— Metellus cos. 52, im
Feldzuge v. Pharsalos :
H 402 f. im afrikan.
Feldzuge 47/46 III
766 ff. 858 ff. 889 ff.
898 ff.
Sulla II 351—397.
Curio s. Scribonius.
D.
Dacamas III 672 f.
Damoteles I 234. 249.
Demetrios von Pharos I
245 f.
Demosthenes I 131. 172 ff.
Diogenes III 707.
Domitius Cn. II 180 bei
Magnesia.
Legat Caesars 47/46. III
879.
Ahenobarbus cos. 54 v.
C. III 746.
Calvinus Legat Caesars
II 402.
E.
Epaminondas I 6. 17. 27 ff.
als Stratege 28. 44 ff.
allg. kriegsgesch. Bedeu-
tung 76—85. 165. 333.
Eperatos I 283.
Ephialtes II 142.
Eukleidas I 225. 236 f.
245 ff.
Eumenes von Pergamon II
165. Sieger bei Magnesia
II 190 f. im Kriege gegen
Perseus: 252 ff. 296.
F.
Fabius Maximus Cunctator
Dict. 217 bei Callicula
III 215 ff.; bei Gerunium
932
3. Die wichtigsten Personennamen.
250; in Campanien 215
v. Chr. 397 ff.
Flaccus b. Valerius.
Flamininus s. Qiünctins.
C. Flaminius cos. 217 III
109.162ff.cos. 187 III 137.
Flamma III 755.
Fnfins Calemis II 403 f.
Fulvius Centumalus III
409.
C. Fundanius cos. 243 III
37. .
G.
Galba s. Sulpicius.
Gentios II 253. 295.
Gisko HI 526 ff.
Gracchus s. Sempronius.
H.
Hamilkar Barkas i. Sizilien :
III 4—42. im Söldner-
kriege: III 522—571.
Hannibal Mitfeldherr des
Hamilkar Barkas III
544 ff.
Hannibal, Sohn d. Hamilkar
Barkas bei Antiochos d.
Gr.:IU28ff.;im2tenPun.
Kriege: III 47— 494. 599
bis 702; siegt am Ti-
cinus : III 58 ; an d.Trebia :
III 48 ff. ; geht über Ap-
pennin 217: III 104 ff.;
siegt am Trasimenus : III
148 ff. ; geht nach Pice-
num: III 193 ff.; nach
Nord campanien (Callicu-
la):IH2l4ff.;beiGeru-
nium : III 248 ff. ; siegt
216beiCannae:IH278ff.;
216—213 in Campanien:
III 395 ; bei Grumentum :
III 4 14 ff.; Verhalten im
Metaurusfeldzug : III
452; in Afrika III 573
— 702. Gesamtkriegs-
plan: III 136; Art s.
Kriegsführung : III 266 f.
391.
Hanno, Feldherr i. Söldner-
krieg: III 527 ff.
Hanno, Unterführer Hanni-
bals, geschlagen bei Be-
nevent 214: III 402 und
212: III 406.
Hanno, Reiterführer im 2.
Pun. Krieg: III 580 ff.
Hasdrubal am Metaurus
III 424 ff.
Hasdrubal, Unterfeldherr
Hannibals bei Cannae
III 297 f.
Hasdrubal, [Kommandant v.
Karthago im 3. Pun.
Krieg, III 576 ff. 674 ff.
Hasdrubal, Feldherr im
2. Pun. Krieg, III 706 ff.
Hiero von Syrakus III 544.
Hippias II 272.
A. Hirtius III 903 ff.
Q. Hortensius II 357 f.
373 f.
Hostilius Mancinus cos. 170
II 255 ff.
J.
Juba, König von Numidien,
Kämpfe gegen Curio III
730 ff.; gegen Caesar III
805 ff. 898.
Julius Caesar, Dictator: bei
Pharsalos: II 401 bis 443;
in Afrika HI 514. 717 bis
907; Schöpfer der Reserve
III 663.
Caesar, L. III 842 f. 879.
Junius Pera, Dictator 216
m 396.
Pullus cos. 249 III 26.
K.
Karthalo III 34.
Kleomenes III v. Sparta I
199 ff. 254. 290.
Klevas II 261. 265 f.
Kotys II 232. 252.
Kotthyphos I 182 f.
L.
Labienus s. Attius.
C. Laelius, Reiterführer im
2. Pun. Krieg III 677; im
3. Pun. Krieg III 708.
Licinius Murena Legat des
Sulla bei Chaeronea II
361. 373 f.
Livius Saliuatorim Kriege
gegen Antiochus II
155 ff.
— cos. 207, III 426 f.
Lykurg 1 284. 291.
M.
Machanidas I 59. 285 ff.
Mago Bruder Hannibals III
68. 73 f. III 674 f.
Maharbal III 193 f.
L. Manlius praetor 218, III
98.
M. Manilius, Feldherr im
3. Pun. Kr. III 706 ff.
Marcellus s. Claudius.
Marcius Figulus II 267.
— Philippus 11 267 ff.
— Rufus III 743.
C. Marius III 514. 619.
Massinissa 11 1 576 ff.
Mathos III 529 ff.
Messala s. Valerius.
Metellus s. Caecilius und
Cornelius.
Minucius Rufus, mag. eq.
217 v. C. III 250 ff.
Mithridates Eupator II 353
bis 397.
Munatius Legat des Sulla
bei Chaeronea II 357.
Murena s. Licinius.
N.
Nabis I 290.
Naravas III 559.
Neoptolemos II 356.
Nero s. Claudius.
Nonius Asprenas III 829 ff.
877 f.
0.
M. Octavius III 858 ff. 895.
C Oppius III 903.
3. Die wichtigsten Personennamen.
933
P.
Pacideius III 791. 873 f.
Pammenes I 78. 80 f.
Pelopidas II 116 ff.
Pera s. Junius.
Perseus II 28. 231 ff.
M. Petreius III 785. 861
898.
Philipp II v. Makedonien
I 127 ff.
Philipp V. v. Makedonien
gegen Machanidas : I 284;
im Kriege gegen Rom
200— 197 v.Chr.: II 3 ff.;
im Kriege gegen Antio-
chos v. Syrien Bundes-
genosse Roms: II 136 ff.
Philippus s. Martins.
Philopoemen I 236 f. 247.
285 ff.
Piso s. Calpurnius.
Polybos 1306. 309. 312.
Polyxenidas II 157 ff.
Pompeius Magnus II 402
bis 443. III 744. 846. 898.
Porcius Cato , Censorius
II 144 ff.
Cato Uticensis III 864.
879. 892 ff. 898.
Licinus praetor 207 v.
Ch. III 426 ff. 439.
Ptolemaeos HI von
Aegypten I 207.
Quinctius Flamininus cos.
198. II 35 ff. 108. 225.
R.
Rebilus s. Caninius.
Rufus s. Marcius.
s.
879.
730
Saburra 111737 ff. 868.
Salinator s. Livius.
Sallustius III 903.
Sarsena 111860.
Saturninus s. Sentius.
Scipio s. Cornelius.
Scribonius Curio III
—760.
Sempronius Gracchus, cos.
215. III 397.
Longus III 52. 64 ff.
Sentius Saturninus II 354.
Servilius Geminus cos. 217,
bei Ariminum III 106,
geht auf via Flaminia
zurück III 139. 193 f.
T. Sextius III 626.
Cn. Sicinius II 251. 256.
P. Sittius III 859 ff. 879.
Spendius III 529 ff.
Sulpicius Galba cos. 200
v. Ch. II 9 ff. 106.
Legat des Sulla II
374 f.
Sulla Felix s. Cornelius.
Syphax III 576 ff.
T.
Taxiles II 356.
Terentius Varro III 283 ff.
436.
Tubero s. Aelius.
Tychaeus III 680.
V.
Valerius Flaccus II 144.
— Messala III 879.
— Orca III 742.
Varro s. Terentius.
P. Vatinus III 887.
C. Vergilius III 879.
Vermina III 680.
Villius Tappulus cos. 199,
II 34. 108.
z.
Zarzas 111 545.
A.
Ablösung III 354 f.
Aufklärung III 640. 734.
849.
Aufmarsch III 693 ff. 840 f.
ß.
Befestigter Raum III 849.
875.
c.
Choc (Stoßtaktik) des Epa-
minondas: I 82. Allge-
mein: III 347 ff. 694.
D.
Druck III 347 ff. 694 f.
Durchbruch III 789.
Durchzugsland III 500.
514.
E.
Elefanten II 2 14 ff. III
690 ff.
Einkreisung an der Trebia :
III 77 — bei Gerunium :
267 — bei Cannae: 319.
Einzelkampf III 347 ff. 694f.
Entscheidende und fest-
haltende Gruppe III 687.
689.
Ermüdungsstrategie s.
Strategie.
F.
Feldherr, persönliche Be-
teiligung am Kampfe I
71. 85.
4. Taktisches.
Festhaltende Gruppe s.
entscheidende Gruppe.
Festung- S.Verteidigung aus
Vorfeldstellungen.
Flankenmarsch I 61. 67.
77. 253f. III 700.
Flankenwirkung III 31 9 f.
700.
Flügel, Offensiv- und De-
fensivflügel I 57. 166.
Flügelschlacht und Paral-
lelschlacht I 79 ff.
Frontbreite und Tiefe : Im
allgemeinen: I 317 ff.
325 ff. III 696. — der
Boeoter: I 83. — der
Manipel : III 356. — bei
Cannae: III 323. — Ein-
zelne Schlachten s.
Schlachtordnung.
G.
Gefechtspause III 648 ff.
Gegenoffensive III 686.
787.
Gegenstoß III 787.
H.
Heeresstärken allgemein I
11. — bei Mantinea 362:
I 114. — Chaeronea: I
188 ff. — Sellasia:I226ff.
289 ff. — Mantinea 207:
290. — 2. mak. Krieg.
II 95 f. — Syr. Krieg*.
II 206. — 3. mak. Krieg:
II 335. — Sulla in Grie-
chenland : II 388. — Phar-
salos: II 426. — Hamilkar
in Sizilien- III 10. 29. 34.
Trebia: III 94 ff. - Tra-
simenus: III 2 10 ff. —
Cannae: III 341 f.— Me-
taurus: III 475 f. — lib.
Söldnerkrieg: III 565 f.
— Narraggara: III 670 ff.
— Nepheris: III 716. —
Curios Feldzug : III 758.
— Caesars Feldzug in
Afrika: III 880.
Hindernis, militärisches I
143.307. II 317 f. III 503.
538 f. 709. 808.
I.
Intervalle in der Phalanx
II 214f. III 70. 381.
— in der Legion II 420.
III 70. 322. 358 ff. 690 ff.
K.
Kavallerie gegen Infanterie
im Kampfe III 193. 326 f.
— gegen Infanterie zur i S
Verzögerung III 843.
— Verfolgung III 655.
Kulminieren des Angriffes
111 700.
L.
Lager, Bedeutung des rö-
mischen III 303.
4. Taktisches.
935
M.
Manövrierland (-terrain) III
501. 514.
Marschformation III 54.
128f. 155. 460.
Marschleistung I 38 ff. 45.
209. II 264. 276 III 54.
128. 459 f. 600 ff. 711.
732f. 739f. 798. 861.
Massendruck III 347 ff.
694 f.
Massenpsychologie I 318.
329.
N.
Niederwerfungsstrategie s.
Strategie.
P.
Phalanx allgemein: III 358,
693 ff. In reiner Defen-
sive: II 56. 153; beiKy-
noskephalae: II 83; bei
Magnesia: II 214; bei
Pydna: II 324.
Politik und Krieg I 17 f.
130ff. II 231 ff.
Positionskrieg III 266 ff.
760.
R.
Rekognoszierung s. Auf-
klärung.
Reserve I 11. III 650.
663 f. 687 f. 699.
Reserventaktik HI 687 ff.
Rottenabstand (-breite) I
323, III 361 ff.
s.
Schlacht, Charakter der
antiken S. I 11.
— Gang der antiken S. III
353.
Schlachtfeld, Ausdehnung
1 319f.
— Relief I 335f. HI 606 ff.
Schlachtidee bei Mantinea :
I 57 ff. — Chaeronea
338: I 165 ff. — Sel-
lasia: I 270 ff. — Ma-
gnesia: II 185 f. —
Chaeronea 86 v. Chr.: II
375. — Trebia: III 72.—
Gerunium: III 267. —
Cannae:III315f. — Me-
taurus: III 465. - Große
Felder: III 591. — Nar-
raggara: III 648 ff. —
Ruspina: III 826. —
Thapsus III 826 ff.
Schlachtordnung, schiefe I
27, 57, 165, 333.
— der einzelnen Schlachten.
Bei Mantinea 362 v. Chr.:
I 52. — Chaeronea 338
v.Chr.: 1162.— Sellasia:
I 224. — Mantinea 207:
I 293. — Aoos: II 44.
— Kynoskephalä 197 v.
Chr.: II 80. -364 v.Chr.:
II120.-Thermopylenl91
v. Chr.: II 152. — Magne-
sia: II 180 ff. — Kalliki-
nos: II 241.— Pydna: II
320. — Chaeronea 86 v.
Chr.: II 374. — Phar-
salos: II 420. — Trebia
III 70 f. — Trasimenus:
III 156 f. - Cannae: III
3 14 f. — Metaurus: III
465. — Große Felder:
III 591. — Narraggara:
III 646 f. — Ruspina: III
789. 861. — Thapsus:
III 839 ff. 877.
Schlachtplan, s. Schlacht-
idee.
Stoßtaktik s. „Choc":
Strategie, Niederwerfungs-
und Ermüdungsstrategie
allgemein: II 4.
— Strategie und Taktik
III 643. — Strategie (d.
Epaminondas) I 28. 81 ff.
— im 2. punischen Krieg :
III 267. 391. — des Phi-
lipp von Makedonien: II
5 ff. 57 f. — des An-
tiochus: II 127. — des
Perseus: II 248 ff. 280 ff.
T.
Teilerfolg II 382. III 698.
Treffen (Aufstellung in
Tr.): An der Trebia: III
71 — bei Cannae: III
323 f. — große Felder:
III 591 — bei Narrag-
gara: III 646 — bei
Thapsus: III 840.
Treffendistanz III 560.
Treffentaktik, Entwicke-
lungder III 682 ff. (415).
u.
Umgehung (Umfassung) n
186 ff. 214. 284. III
684 ff. 700.
V.
Verkehren der Kohorten b.
Ruspina III 789 f.
Verluste II 430. 433. III
166. 896 f.
Verschanzungen, offensive
Verteidigung I 259 f.
Vorfeldstellung III 706 ff.
805.
w.
Wasserkalkül III 517 f.
Winterfeldzüge u. Winter-
quartiere III 516.
z.
Zeitkalkül III 54. 128 ff.
459 f. 740. 844 f.
Zurückweichen in der
Schlacht allgemein: III
370 ff. — bei Chaeronea
338 v. Chr.: I 167. —
Sellasia: I 244. — Ky-
noskephalae 197 v. Chr.:
II 82. — Magnesia: II
193 f. — Cannae: III
3 17 ff.
Dnick von J. B. Birschfeld, Leipzig.
WVnlmnmi5.il.- Biii'Ui.'iiulliilii in Berl
Knini.iviT Aiilifc'Silil.ii lill.-li]
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K8
\l\
Wr-iiün.uinschf Burlvliamllun^in Jerl
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K8
Kromayer: Antike Schlachtf eider Band 1
Karte 3.
Weidmannsche Buchhandlung in Berlin.
Autoj&\ d. geogr.-lith. Anst.u. Steindr. t. C .I.Keller, Berlin S.
Kronuivcr: Aniik.' Schlai hlfelderBaME.
w
Karte 4. »y
f Plan der Schlacht von Kynoskephalae
r Juni 197 v. Chr.
AutoJ-.d.|eo^.-litlvAnst.u.Stenidr.T.CX.Kellar.BoriinS
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K8
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KmuiuvcrAuUb- Schlachtfelder Band II
Karte 5.
Weidmaimsche BucHhanfflimf in Berlin.
.•nuLrv.r.L.Iv-m-rBlTlinS.
Üb«
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder, Band III.
Il =
Eromayer: Antike Schlachtfelder Band E JE.
Schlachtkarte von Magnesia 190 v.Chr.
Erläuterung:
___ 7tämer
*—m Syrer
T = Turt
Jfiflicn in. Metern, über 2fu£eireZi,
AD
K8
Karte 6.
Vyryn Kiralichj^
Koldere^]
Operationen vor der Schlacht bei Magnesia.
Beikarte.
•PERGAMON,
Maßstab 1:500000.
10 6
Erläuterung-.
'». der.
desjntiochos
Wipidmaiinsclip Buchhandlung in Berlii
Maßstab 1:50000.
JntCke tfamen stehend.
MöäerneXainen liegend
Autogh cL.gVng'r.-liÜLAiisl u Sti'mili'.v.lM.KclIt-r, Berlin S.
1000 eoo
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Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder, Band III.
ab
Iü'nlli,iYi-l':Anüki' Schlai lillVlderBand R
Übersichtskarte zum Krieg gegen Perseus 171 -168 v.Chr.
< %'
Erläuterung :
+ + + + +ÄW- I
— .. — ..— ..Röm^r i
—-—-_•■ McütedoTiier' I
Ä7itüw JVamen steJtencL , rrvode
Namen, liegend
Wrnlmaimsrlir Bii. ^ i i . . i l 1 1 1 1 h i = ■_■ m Hpi-Ihi
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Ük
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder, Band III.
Kromayer: Anüb Schlacht* lder Band II.
Karte 8.
Der Olympüberfcan^ der Römer 169 v. Chr.
Erläuterung:
»"" umsehe BucMunfflung in Beri
! ■ '■ !..••:,: <
/
III,
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder, Band III.
Kroinayer: Antike Schladitl'dderBajvcl E.
Plan der Schlacht von Pydna 22.Juni 168 v.Chr.
Karte 9.
JViireaidzni&n sinät z>iu
20 m, angenommen, .
Antike Namen, stehend, moderne-
Namen liegend ■
Übersichtskarte für Pydna
und die Stellung am Elpeos.
lieikarte
Erläuterung:
■ Lager urui AnmanstJtsIraJße der Römer
gKenoZatfer icnd ' ßefcstiguiups liniert des flerserts.
1:210 000.
; « f ,' f -f r f T ' r ' Tfa"
Weidmannsche BurlOiandlun^ in Berlin.
Autogr.iLgeogr.-liQuAnsUl SteimlrvA' T. K-ilfr. Berlin S.
K8
b.
Kroniay er : Antike Srhlaektf elller B and n .
Karte 10.
PLAN
den Schlacht von
CHAERONEA.
im. Jahre 86 "v: Chr.
Mafisstab 1:50 000.
Erläuterung :
^M Stellungen derlruppen Mitnradats
■■ Stelbingen der Homer.
■Die TTwdernen, JUdmen sind in, liegender,- die cmiiken in stellender.
Schrift gegeben.
-Die HöTienangaben sind/ in, -Metern/.
^Bearbeitet von Goppel Hauptmann, im Gro/sen Generalstabe,.
Auto^.d.geo^.-liÜuAnst.uSteiiub-v.C.L.Kellei'.BerlmS.
Weidin aiwsthe Buehlianiflimg in Berlii
Kromayer-Veitfl, Antike Schlachtfelder, Band II
Iü'ciiuaveiv Antike Schlachtfelder Band E
Übersichtskarte der Schlacht bei Pharsalos nach den modernen Hypothesen
A TT
K8
Kartell.
Marschrouten nach Pharsalos.
Weidmann sehe Buchhandlung in Ber]
I&omayer ; Antike Schlcich.tfelderBan.dI.
Schlachtkarte von Pharsalos 48 v. Chr.
Karte 12 ,
Erläuterung :
■™^* = Caesar»
wmJ^m = Pornpeius
Hohen in Metern .
Maßstab 1:50000.
rel^ti7i'o~u7id Toto"
Weidmannsrhe Bui-lihandlwiS in Berlin.
T;,..,.,1 .^„.■r-!,ir\n.'.t u Steiu.tr. v.r. („Keller, Berlin S.
D
25
K8
Bd. 3
Abtig. 2
Kromayer, Johannes
Antike Schlachtfelder
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