Beitrage Landespflege Rhld.-Pfalz Beiheft 4 Seite 251273 Oppenheim 1975
Aus dem Institut fur Angewandte Zoologie der Universitat Bonn
Die Ameisenfauna des Bausenberges, der nordostlichen Eifel und Voreifel
(Hym., Formicidae)
mit einer quantitative!! Auswertung von Fallenfangen
von A. Buschinger
(Eingegangen am 2. 2. 1972)
Zusammenfassung
Die Ameisenfauna des Bausenberges, der nordostlichen Eifel und Voreifel
wird anhand von Fallenfangen und semiquantitativen Aufsammlungen un-
tersucht. Fast alle Arten werden mit beiden Methoden Bodenfallen und
Suche nach Nestern erfaBt, doch erlaubt die letztere eine genauere Ab-
schatzung der Populationsdichte und liefert mehr Daten xiber die Biologic
der einzelnen Arten. Am Bausenberg wurden mit 31 Species (Tab. 1) fast
45 /o der fur Deutschland nachgewiesenen Arten gefunden, im gesamten
bearbeiteten Gebiet konnten 42 Arten festgestellt werden.
Neben 12 euryoken sind am Bausenberg 19 mehr oder weniger xero- oder
thermophile Arten vertreten. Es fehlen jedoch einige fur die bekannten
Warmeinseln an Rhein und Ahr charakteristische Formen wie Aphaenogaster
subterranea und PZagioZepis pygmaea. Die Artenzahl ist am hochsten auf
den SO-, S- und SW-exponierten Hangen, besonders wo eine reiche Biotop-
gliederung in Form von Gebiischen und Steinhaufen geniigend Nistmoglich-
keiten bietet. Die einzelnen Arten kommen im Untersuchungsgebiet fast alle
zerstreut, viele sogar selten vor, groBe Populationen dominanter Arten
fehlen.
Die monatlichen Fallenfange von Marz bis Oktober 1969 erlaubten eine
Abschatzung der Auslaufaktivitat von 9 haufigen Arten im Jahrescyclus
(Abb. 2 11). Das Maximum fur die meisten in Fallen gefangenen Ameisen
liegt im Juli, einzelne Arten haben ihre Maxima im Mai oder Juni. Fur
Myrmica scabrinodis, Lasius alienus und L. niger deuten sich 2 Maxima
jeweils im Mai und Juli an.
In dem Fallenmaterial fanden sich 67 Koniginnen von 21 Arten. Durch
Preparation konnten sie unterschieden werden in: 1. schwarmende Jung-
weibchen (Tab. 2), 2. koloniegriindende Weibchen aus dem Vorjahr (Tab. 3),
3. unbegattete, als Arbeiterinnen tatige altere Weibchen (Tab. 4), 4. eine alte,
wahrscheinlich nicht mehr legende Konigin von Myrmica ruginodis. Die
Befunde stimmen mit den bekannten Schwarmdaten fiir die einzelnen Arten
iiberein. Der Fang von alteren, offenbar im Vorjahr begatteten Weibchen von
Myrmica laevinodis, M. ruginodis, M. scabrinodis, M. schencki, Stenamma
westwoodi und Myrmecina graminicola laBt darauf schlieBen, daB fiir diese
Arten der primitive Modus der Koloniegrundung zutrifft, bei dem die Jung-
konigin die Griindungskammer zur Nahrungssuche verlaBt.
Summary
The ant fauna of the Bausenberg, the northeastern Eifel and the Voreifel
was investigated by means of sampling with pitfalls and searching for nests.
Nearly all the species were found by both these methods, but the second one
allows a better calculation of abundance and gives more data on the biology
of the species. 31 species were found on the Bausenberg, which is nearly
45% of the species recorded in Germany. 42 species were detected in the
whole area under study.
Besides 12 euryoeceous species, 19 more or less xerophilous or thermo-
philous species live on the Bausenberg. Several species, however, which are
characteristic for the well known "islands of warm temperature" in the
valleys of the Rhine and Ahr are missing here, e. g. Aphaenogaster sub-
terranea and Plagiolepis pygmaea. The number of species is highest on the
slopes exposed to the southeast, south, and southwest, especially where the
habitats are well differentiated by shrubs and heaps of stones which offer
possibilities for building nests. All the species occur scattered or even seldom
found in the area under study. Great populations of dominant species are
missing.
Samples taken monthly from March until October of 1969 allowed a
calculation of the activity of 9 abundant species (Fig. 2 11). Maximum
activity of most species trapped with pitfalls lies in July, although a few
other species reach their maximum in May or June. Myrmica scabrinodis,
Lasius alienus, and Lasius niger seem to have two maxima occuring in May
and June.
67 queens of 21 species were found in the pitfall trap material. By
dissections they could be differentiated into (1) swarming young females
(Tab 2); (2) colony founding females of the last year (Tab. 3); (3) unmated
older females which took the function of workers (Tab. 4); and (4) an old
queen of Myrmica ruginodis probably no longer able to lay eggs. These
findings meet the known data on swarming activity for the different species.
From the fact that older females of the species Myrmica laevinodis,
M. ruginodis, M. scabrinodis, M. schencki, Stenamma westwoodi, and Myrme-
cina graminicola, which apparently had been mated in the previous year, could
be trapped, one can deduce that these species have the primitive modus of
founding colonies, in which the young queen leaves the primary nesting
chamber in search of food.
Inhalt
1. Einleitung
2. Material und Methodik
3. Ergebnisse
3.1. Artenliste der Ameisen des Bausenberges
3.2. Charakteristik der behandelten Arten
3.3. Verteilung der Ameisenarten auf die Biotope des Bausenberges
3.4. Jahresperiodik der Fallenfange
3.5. Fallenfange von Ameisenweibchen
4. SchluBbetrachtunj,
5. Literatur
1. Einleitung
Die Ameisenfauna der Eifel 1st bisher nur sehr liickenhaft bekannt. Im
wesentlichen konzentrierten sich die Untersuchungen auf bestimmte, von
Entomologen und Sammlern verschiedener Ausrichtung immer wieder be-
suchte, sogenannte ,,Warmeinseln" an Rhein und Ahr (REICHENSPERGEH 1911,
1931), die sich allerdings auch heute noch durch besonderen Artenreichtum
auszeichnen.
Der Bausenberg (MTB 5509 Burgbrohl) ist in der myrmekologischen Li-
teratur bisher meines Wissens nicht erwahnt. Die von uns dort festgestellte
Ameisenfauna ist jedoch so reichhaltig, daB eine Darstellung im Vergleich
zu anderen Orten der Eifel und besonders zu den genannten Warmeinseln
im Rahmen dieser Monographic lohnend erscheint.
2. Material und Methodik
Als Material standen insgesamt 5679 Ameisen aus den Beifangen in Kaferfallen
von Herrn Dr. J. BECKER zur Verfugung. Sie waren von Marz bis einschliefilich
Oktober 1969 in monatlichen Kontrollen den insgesamt 25 Fallen am Bausenberg
sowie weiteren 35 Fallen am Leilenkopf/Brohl, an der Burg Olbriick/Brohl sowie
an der Landskrone/ Ahr entnommen worden. Hinzu kommen Fange von Juni
und Juli 1971 aus 9 Fallen in dem Muschelkalkgebiet von Embken/Ruhr, in der
Umgebung von Iversheim/Mimstereifel, an der Stolzenburg/Urft, am Bausenberg,
in der Umgebung von Welling/Nettebach und im Dortebachtal/Mosel. Die Fange
von 1971 wurden nicht quantitativ ausgewertet.
Der Erhaltungszustand des Materials war hinreichend gut, um eine sichere
Bestimmung und die Preparation gelegentlich mit erbeuteter Weibchen einiger
Arten zu ermoglichen. Letztere wurden in 70 /o Athanol, dem Aufbewahrungs-
medium, bei 50-facher VergroBerung seziert. Der Entwicklungszustand der Ova-
rien, die Fiillung des Receptaculum seminis und der Degenerationszustand der
Flugmuskulatur konnten noch in den meisten Fallen beurteilt werden.
Neben dem Fallenmaterial wurden eigene semiquantitative Aufsammlungen
am BausenDerg ausgewertet. Weiterhin werden Aufsammlungen von anderen
Orten der Eifel, des Rhein- und Ahrtales berticksichtigt, um die Stellung des
Bausenberges charakterisieren zu konnen. Wertvolle Vergleichsmoglichkeiten er-
gaben sich zu einer ,,Ameisenfauna der Rheinprovinz" von REICHENSPERGER (1911)
sowie zur Ameisenfauna des mittleren Maingebiets (GOSSWALD, 1932) und zu einer
myrmekofaunistischen Arbeit in der den Ardennen nordwestlich vorgelagerten
belgischen ,,Famenne" (GASPAR, 1971).
Die Methode bei den eigenen Aufsammlungen ist die der Suche nach Ameisen-
nestern, wobei alle potentiellen Nistgelegenheiten (Steine, Moospolster, Wurzeln,
Fallholz, Stubben, Baumrinde u. dgl.) kontrolliert werden miissen*). Wie GOSSWALD
(1932) zutreffend feststellt, ist diese Methode dem Katschern und anderen Ver-
fahren bei faunistischen Arbeiten an sozialen Insekten iiberlegen, da aufier iiber
Artzugehorigkeit und Siedlungsdichte weitere Informationen iiber VolksgroBe,
Brutrhythmik, Mono- oder Polygynie u. a. erhalten werden.
Fallenfange von Ameisen zum Zweck faunistischer Studien sind meines
Wissens bisher kaum bearbeitet worden. Aus der gleichzeitigen Anwendun
dieser Methode und der Nestersuche in ein- und demselben Gebiet ergeben sich
sehr interessante Vergleichsmoglichkeiten. Insbesondere zeigte sich, daB manche
relativ haufigen Arten iiberhaupt nicht in die Fallen gingen (z. B. Leptothorax
afiinis), andere, die sehr wohl in den Fallen auftraten, wurden bei der Nester-
suche nicht gefunden (z. B. Stenamma westwoodi am Bausenberg). Die Haufig-
keitsverteilung einzelner Arten in den Fallen gibt iiber ein Jahr hinweg recht
gute Aufschliisse iiber Verlauf und Dauer ihrer sommerlichen Aktivitatsperiode.
Die Bestimmung des Materials erfolgte iiberwiegend nach STITZ (1939).
BERNARD (1968) konnle aufgrund seiner groben Fehler und groBen Liicken nur in
wenigen Fallen herangezogen werden. Fiir Waldameisen der Gattung Formica
s. str. empfiehlt sich die Bestimmungstabelle von BETREM (1960).
') Frl. U. WINTER danke ich fur wertvolle Mithilfe beim Sammeln und bei der Aufarbeitung
des Materials.
3. Ergebnisse
3.1. Artenliste der Ameisen des Bausenberges
Die Artenliste (Tab. 1) weist fur den Bausenberg insgesamt 31 Arten auf,
das entspricht fast 45 % der Ameisenfauna Deutschlands. Die Artenliste von
REICHENSPERGER (1911) fur die Rheinprovinz umfafit 52 Arten, dazu noch
einige mehr oder weniger sichere Subspezies. Sie enthalt jedoch eine ganze
Anzahl xerothermischer Formen, die erst an entsprechenden Stellen des
Rheintales, der Mosel und besonders der Nahe geeignete Existenzgrundlagen
flnden. Ferner fehlen in der Artenliste des Bausenberges die eigentlichen
Waldameisen (Formica rufa, F. polyctena) und die montanen Arten Cam-
ponotus herculeanus und Copto for mica exsecta, die sehr wohl dort vorkom-
men konnten und wahrscheinlich nur fehlen, well keine ausreichend groBen
Tab. 1 : Artenliste der Ameisen des Bausenberges.
Erlauterung: (+) nur 1 Nest oder wenige Tiere gefunden
+ wenige Nester gefunden, selten
+ + relativ haufig
+ + + sehr haufig
x xerophil
t thermophil
(t, x) mafiig warme bzw. trockenliebend
Unterfamilie Ponerinae
1. Ponera coarctata + t
Unterfamilie Myrmicinae
2. Myrmica laevinodis +
3. Myrmica ruginodis + (x)
4. Myrmica scabrinodis -f + +
5. Myrmica schencki + (t, x)
6. Stenamma westwoodi ( + ) (t, x)
7. Myrmecina graminicola ( + ) t
8. Leptothorax acervorum (+) x
9. Leptothorax unifasciatus + t, x
10. Leptothorax affinis + t, x
11. Leptothorax rabaudi (?) + (t, x)
12. Leptothorax interruptus ( + ) (t, x)
13. Leptothorax nylanderi + +
14. Leptothorax parvulus ( + ) t
15. Tetramorium caespitum + x
Unterfamilie Dolichoderinae
16. Tapinoma erraticum + + (t, x)
Unterfamilie Formicinae
17. Camponotus ligniperdus +
18. Lasius fuliginosus . + +
19. Lasius niger +
20. Lasius alienus + + (t, x)
21. Lasius brunneus ( + ) (t)
22. Lasius flavus +
23. Lasius umbratus +
24. Lasius mixtus +
25. Lasius affinis -f + (t)
26. Raptiformica sanguinea + + (t)
27. Formica pratensis +
28. Formica truncorum +
29. Serviformica fusca + +
30. Serviformica glebaria + (t, x)
31. Serviformica rufibarbis + t, x
Waldbiotope vorhanden sind. Entsprechend den dortigen Gegebenheiten ist
auch die Artenzahl im mittleren Maingebiet hoher: GOSSWALD (1932) fiihrt
50 Formen auf, hinzu kommen 5 weitere, die inzwischen innerhalb der Ge-
bietsabgrenzungen gefunden wurden. In der belgischen ,,Famenne" dagegen,
einem gegeniiber dem Bausenberg ebenfalls weit groBeren Gebiet, fand
CASPAR (1971) nur 28 Arten, die samtlich auch in der Eifel angetroffen wer-
den, 22 davon am Bausenberg selbst.
3.2. Charakteristik der behandelten Arten
In diesem Abschnitt soil versucht werden, die wichtigsten bekannten
Daten iiber die Lebensweise und die okologischen Anspriiche der am Bausen-
berg und in der Eifel verbreiteten Arten zusammenzustellen. Ferner werden
einige bei der Bearbeitung des Materials angefallene neue Beobachtungen
eingefiigt. Die Anordnung der Arten erfolgt nach dem System bei STITZ
(1939), dem auch zumeist die Verbreitungsangaben entnommen sind.
Es werden alle von mir in der Eifel und Voreifel gefundenen Arten be-
rucksichtigt; soweit sie am Bausenberg fehlen, sollen die Ursachen dafiir
diskutiert werden. In die Karte (Abb. 1) sind die erwahnten Fundorte ein-
getragen.
Vorausgeschickt sei, daB es fiir sehr viele Ameisen praktisch unmoglich
ist, exakte Verbreitungsangaben zu machen. Dies hat mehrere Ursachen:
Zum einen ist die Systematik vieler Ameisengattungen infolge ihrer Variabi-
litat sehr unklar, die Benennungen wechseln haufig, iiber die Stellung vieler
Formen als Subspezies oder Spezies ist keine Einigkeit zu erzielen. Zum
anderen werden Formiciden viel seltener als etwa Coleopteren oder Lepi-
dopteren von Liebhaberentomologen gesammelt, so daB aus weiten Bereichen
Fundortangaben fehlen. Ich habe die aufgefuhrten Arten nach Moglichkeit
einem Verbreitungstyp zugeordnet. Diese Zuordnung diirfte in manchen
Fallen jedoch subjektiv erfolgt sein und durch weitere Forschungen geandert
werden.
1. Ponera coarctata LATH.: Einzige Art aus der Unterfamilie Ponerinae
in dem bearbeiteten Material. Verbreitung iiberwiegend mediterran, in
Mittel- und Westeuropa zerstreut an warmen, maBig trockenen Stellen.
Fundorte: Bausenberg, Landskrone, Iversheim, Leilenkopf, Erpeler Ley in
jeweils wenigen Exemplaren. Nach REICHENSPERGER (1911) u. a. bei Bonn,
Witterschlick und im Brohltal. Die Volker umfassen nur wenige Individuen
und leben versteckt im Boden oder unter Steinen. Am Bausenberg wurde je
eine Probe in den Flachen B I und B VII gesammelt, am Leilenkopf trat
Ponera in einem Fallenfang auf. An den warmeren Standorten Landskrone
und Erpeler Ley kommt sie haufiger vor.
2. Myrmica laevinodis NYL. vertritt zusammen mit den folgenden 19 Arten
die groBe Unterfamilie der Myrmicinae. Am Bausenberg selbst wurden 4
Arten der Gattung Myrmica gefunden. M. laevinodis, eine in Eurasien bis
Ostsibirien und Japan verbreitete, haufige Art, legt ihre maBig volkreichen
Kolonien meist im Boden an. Ihr Vorkommen am Bausenberg sowie an vielen
anderen Orten der Eifel laBt keine besonderen Riickschlusse zu. CASPAR
(1971) bezeichnet M. laevinodis als ,,ozeanisch mit Tendenz zu boreal".
3. Myrmica ruginodis NYL. hat eine ahnliche Verbreitung wie M. laevino-
dis, soil jedoch etwas mehr trockenheitsliebend sein. Am Bausenberg wurde
sie relativ selten gefunden, im iibrigen untersuchten Gebiet ist sie jedoch
eine der haufigsten Arten. Ihre Nester legt M. ruginodis gerne in morschen
Baumstubben an, sie kann aber auch im Erdreich nisten.
4. Myrmica scabrinodis NYL. ist palaarktisch verbreitet. An trockenen,
sonnigen Hangen lebt sie ebenso wie in nassen Mooren. M. scabrinodis ist
die in den Fallenfangen von Bausenberg, Olbriick und Leilenkopf bei weitem
haufigste Myrmicine, die auch an alien anderen besammelten Orten vor-
kommt.
5. Myrmica schencki EMERY, eine ebenfalls in Eurasien weit verbreitete
Art, liebt offenes Gelande mit relativ trockenem Boden. Am Bausenberg und
an verschiedenen weiteren Orten (Landskrone, Saffenburg, Iversheim, Wel-
ling, Leilenkopf) kommt sie nicht selten vor, scheint aber die trockenen und
warmen Slid- und SW-Hange zu bevorzugen.
6. Myrmica sabuleti MEINERT, palaarktisch verbreitet, aber nicht haufig,
hat eine ahnliche Lebensweise wie M. scabrinodis. Laut BERNARD (1968) be-
vorzugt sie jedoch den Mediterranraum. Am Bausenberg fanden wir sie
nicht, wohl aber an der Stolzenburg und an der Landskrone.
7. Stenamma westwoodi WESTWOOD, in Mittel-, Siid- und Osteuropa weit
verbreitet, aber stets an zerstreuten Stellen, hat sehr kleine, verborgen im
Boden liegende Kolonien. Es diirfte sich um eine ma'Big warmeliebende Art
handeln. Offenes Gelande scheint sie zu meiden. Fundorte: Bausenberg, Lei-
lenkopf, Landskrone, Erpeler Ley, Bodendorf.
8. Aphaenogaster subterranea (LATR.), eine ausgesprochen xerothermi-
sche Art, wurde am Bausenberg nicht gefunden, wohl aber am nahe gelege-
nen Leilenkopf. Sie charakterisiert die trockenwarmen ,,Inseln" des Rhein-
gebietes wohl am besten. Weitere Vorkommen fanden wir an der Lands-
krone, der Saffenburg, am Steiner Berg, bei Bodendorf, an der Wolkenburg,
der Erpeler Ley und im Dortebachtal. An einigen dieser Orte (Erpel, Alten-
ahr) wies sie schon REICHENSPERGER (1911) nach.
9. SoZenopsis fugax LATR., die ,,diebische Zwergameise", ist wiederum in
Eurasien fast iiberall verbreitet, liebt jedoch besonders warme, sonnige
Biotope. Ihre Ernahrungsgrundlage ist die Brut anderer Ameisenarten. Am
Bausenberg scheint Solenopsis zu fehlen, sie wurde jedoch an der Lands-
krone, an der Wolkenburg und bei Bodendorf gefunden. In den warmeren
Gebieten des Rhein-, Ahr- und Moseltales diirfte Solenopsis recht haufig sein.
10. Myrmecina graminicola (LATR.) ist eine unauffallige, verborgen le-
bende Art mit sehr kleinen Volkern. Sie kommt von Schweden bis Siideuropa
und Nordafrika, von Westeuropa bis nach Kleinasien vor, ist aber meist
selten. Myrmecina scheint warme-, aber nicht trockenheitsliebend zu sein.
Im untersuchten Gebiet fanden wir sie an vielen Orten: Bausenberg, Leilen-
kopf, Landskrone, Iversheim, Stolzenburg, Welling, Erpeler Ley und Ahrtal
bei Schuld.
11. Leptothorax (Mychothorax) acervorum (FABR.), eine eurasiatisch ver-
breitete Art, bevorzugt trockene Biotope, kann aber auch Moore besiedeln.
Wesentlich fur das Uberleben dieser Art sind starke tagliche Temperatur-
schwankungen zu bestimmten Jahreszeiten (BUSCHINGER, 1972). In kontinen-
tal beeinfluBten Gebieten sowie im Gebirge erreicht sie hohe Siedlungsdich-
ten, im Untersuchungsraum trifft man nur gelegentlich einzelne Volker an
besonders geeigneten Stellen an. Die nur 2 300 Individuen umfassenden
Kolonien leben in diirren Zweigen am Boden, in Baumstubben, selten auch
unter oder zwischen Steinen. Am Bausenberg konnte nur ein Nest in einem
der siidexponierten Steinbriiche gefunden werden. Weitere Fundorte sind:
Kottenforst/Bonn, Iversheim, Bodendorf, Steiner Berg, Schuld. In Boden-
fallen ging L. acervorum nirgends.*)
12. Leptothorax (Leptothorax) unifasciatus (LATH.) gilt als xerothermische
Art. Ihr Verbreitungsgebiet entspricht in etwa dem holomediterranen Typ.
Die kleinen Volker finden sich meist zwischen flachen Steinplatten an der
Bodenoberflache, in Steinhaufen oder Weinbergsmauern, seltener in trocke-
nem Holz. L. unifasciatus charakterisiert mit anderen Arten die trockenwar-
men Biotope auch des untersuchten Gebietes. Am Bausenberg selbst finden
sich die Nester iiberwiegend am oberen Rand der siid- und siidwestexponier-
ten Steinbriiche. L. unifasciatus konnte ferner an vielen weiteren Stellen des
Rhein- und Ahr tales nachgewiesen werden: Leilenkopf, Landskrone, Boden-
dorf, Steiner Berg, Schuld, Wolkenburg, Erpeler Ley u. a.
13. Leptothorax (L.) nigriceps MAYR ist noch mehr als L. unifasciatus
trockenheits- und warmeliebend. Nachgewiesen ist sie in ganz Mitteleuropa
(STITZ, 1939), aber an zerstreuten Stellen. Im Untersuchungsgebiet fand ich
sie nur in Kalkfelsen bei Iversheim, dort jedoch in mehreren Kolonien. Es
handelt sich dabei um die gleiche Form, die GOSSWALD (1932) und BUSCHINGEH
(1967) im mittleren Maingebiet als L. nigriceps bezeichnen. Ferner ist diese
Form in der Frankischen Alb bei Eichstatt verbreitet. In den Alpen und
teilweise im Alpenvorland kommt eine morphologisch sehr ahnliche, aber
ethologisch und okologisch abweichende ,,L. nigriceps" vor.
14. Leptothorax (L.) affinis MAYR, eine wahrscheinlich holomediterrane
Spezies, ist im Untersuchungsgebiet ausgesprochen spezialisiert auf tote Aste
von Baumen und Strauchern in etwa 0,5 5 m Hohe iiber dem Boden. Als
arboricole Art wurde sie nirgends in Bodenfallen gefangen. In faunistischen
Untersuchungen wird sie oft iibersehen. Im Untersuchungsgebiet ist L. affinis
nicht selten an besonnten, warmen Waldrandern zu finden. Besonders beliebt
sind Hecken von Prunus spinosa und Eichenniederwald. AuBer am Bausen-
berg fanden wir L. affinis an der Landskrone, bei Iversheim, bei Klotten
(Dortebach), bei Bodendorf, an der Saffenburg und bei Leutesdorf/Rhein.
Am Bausenberg konnten im September 1971 sechs Weibchen in Kolonie-
griindung gefunden werden. Alle hatten sich in Spitzen von fingerdicken, in
etwa Meterhohe abgebrochenen, diirren Hasel- oder EichenschoBlingen ein-
gebohrt. Die Grundungskammern schienen samtlich verschlossen zu sein. Es
ist sehr wahrscheinlich, dafi diese Art wie die verwandte L. unifasciatus
(BUSCHINGER, 1967) ihre ersten Arbeiterinnen unter AbschluB von der Umwelt
und ohne Nahrungssuche aufzieht.
15. Leptothorax (L). rabaudi BONDROIT (?) ist eine bisher vor allem im
Siiden Frankreichs sowie im mittleren Maingebiet (BUSCHINGER, 1968 a) nach-
gewiesene Art, iiber deren Verbreitungstyp noch keine naheren Angaben
gemacht werden konnen, zumal die Benennung nicht als sicher gelten kann.
W. FABER (Wien), der die Tiere freundlicherweise ebenfalls zu bestimmen
versuchte, halt sie eher fur L. affinis tubero-affinis Forel nahestehend, wobei
der taxonomische Rang dieser Form noch geklart werden miiBte. Fundorte:
Bausenberg und Iversheim.
*) Nach AbschluB des Manuskripts wurde die nahe verwandte Art Leptothorax (M.) muscorum
(Nyl.) am Steiner Berg, im Rheinbacher Wald und an der Steinbachtalsperre nachgewiesen
(Nr. 42).
16. Leptothorax (L.) interruptus (SCHENCK) kommt nach STITZ (1939) ,,zer-
streut in West-, Mittel- und Siideuropa" vor. Volker, die der Beschreibung
gut entsprechen, wurden am Bausenberg, Leilenkopf, bei Iversheim, an der
Wolkenburg und am Steiner Berg gefunden. Auch fur diese Art ist die taxo-
nomische Abgrenzung nicht ganz abgeklart. Insbesondere umfaBt das Ma-
terial neben monogynen Volkern mit normal groBen Koniginnen eine haufig
polygyne Form mit sehr viel kleineren Weibchen; diese wurde von GOSSWALD
(1932) und BUSCHINGER (1967, 1968 a, b) als ,,L. tuberum" aufgefafit. Da auBer
der GroBe der Weibchen kaum wesentliche Unterschiede bestehen, bezeichne
ich nun auch diese mit L. interruptus. Wertvolle Hinweise dazu verdanke ich
ebenfalls FABER (brief!.)- Eine auffallige biologische Besonderheit der poly-
gynen Volker besteht darin, daB sie ihre Nester in Erdhohlungen von 1 4 cm
Durchmesser unter Steinen anlegen, wobei die Brut in Klumpen an frei in
die Wohnhohle ragenden Wurzeln aufgehangt wird. Dieses Verhalten fand
ich bisher bei Tieren von Wiirzburg, aus dem Altmuhltal und von Iversheim.
17. Leptothorax (L.) nylanderi (FOERST.), eine taxonomisch wieder gut
charakterisierte Art, gehort wohl dem palaarktischen Verbreitungstyp an.
Sie ist unter den Leptothorax-Arten s. str. die am wenigsten auf Trocken-
heit und Warme angewiesene. Sie findet sich daher haufig auch in relativ
dichten Waldungen, wo die Nester in diirrem Holz am Boden oder in Rinde
angelegt werden. Im Untersuchungsgebiet kommt L. nylanderi fast uberall
vor: Bausenberg, Leilenkopf, Olbriick, Landskrone, Iversheim, Wolkenburg,
Erpeler Ley, Rheinbacher Stadtwald, Hardtberg/Bonn u. a.
18. Leptothorax (L.) parvulus (SCHENCK), eine L. nylanderi nahe ver-
wandte Form, kommt nach STITZ (1939) in West-, Mittel- und Siideuropa
sowie Algerien vor. Sie soil vereinzelt und selten angetroffen werden. Am
Bausenberg und Leilenkopf ging L. parvulus in Bodenfallen, konnte auch in
Einzelnestern gefunden werden, die ahnlich wie die von L. nylanderi ange-
legt sind. Haufig ist L. parvulus im Rheintal an der Oberkante der west-
exponierten Talhange, so bei Leutesdorf. Sie scheint warmeliebend zu sein,
meidet jedoch offenes Gelande.
19. Formicoxenus nitidulus (NYL.), die als Gastameise in den Hiigelnestern
der Waldameisen lebt und von diesen Futter erbettelt, ist natiirlich in ihrem
Vorkommen an ihre Wirte gebunden. Sie scheint wie die meisten der Wirts-
arten palaarktisch verbreitet zu sein. Am Bausenberg fehlt Formicoxenus,
doch fand ich sie recht haufig in Formica-Nestern am Hardtberg/Bonn sowie
bei Todenfeld.
20. Tetramorium caespitum (L.), eine ausgesprochen haufige Art mit
wahrscheinlich palaarktischem Verbreitungsgebiet, legt ihre oft groBen
Nester im offenen Gelande (,,Rasenameise") im Boden oder unter Steinen an.
Ihr Vorkommen am Bausenberg sowie an alien anderen besammelten Orten
ist nicht iiberraschend. Tetramorium findet sich stets in verhaltnismaBig
trockenen, diirftig bewachsenen und gut besonnten Flachen.
21. Strongylognathus testaceus (SCHENCK), einer der Sozialparasiten von
Tetramorium caespitum, wurde an der Landskrone in einer Kolonie von 1967
bis 1971 regelmaBig angetroffen. Bei Erpel, wo diese Art von REICHENSPERGER
(1911) gefunden wurde, konnte ich sie bisher nicht bestatigen. Anergates
atratulus, der zweite im Untersuchungsgebiet von WASMANN (REICHENSPERGEH,
1911) bei Erpel nachgewiesene Sozialparasit von Tetramorium, konnte bisher
nicht wiedergefunden werden.
22. Tapinoma erraticum (LATR.) 1st die einzige Art der Unterfamilie
Dolichoderinae, die ich im Untersuchungsgebiet antraf. Die sehr warmelie-
bende Dolichoderus quadripunctatus fand REICHENSPERGER (1911) noch an der
Ahrmiindung. Tapinoma erraticum hat ein weites Verbreitungsgebiet von
Mittel- und Siideuropa bis nach Mittelasien. Im Untersuchungsgebiet kommt
sie an alien etwas warmeren Stellen, Waldrandern, Feldrainen, Halbtrocken-
rasen u. dgl. nicht selten vor. Am Bausenberg ging Tapinoma ortlich massen-
weise in die Bodenfallen. Die Volker in der Eifel sind fast alle polygyn, ent-
halten also mehrere bis etwa 20 Weibchen. Durch Preparation von Weibchen-
proben aus etwa 12 Volkern konnte wahrscheinlich gemacht werden, daB
diese Weibchen alle begattet und fertil sind. Weitere Fundorte sind: Leilen-
kopf, Landskrone, Iversheim, Stolzenburg, Embken, Welling, Wolkenburg,
Erpeler Ley, Bodendorf, Saffenburg, Adenau, Dortebachtal.
23. Plagiolepis pygmaea (LATR.), die kleinste einheimische Art der nun
folgenden, vierten Unterfamilie der Formicinae, ist eine holomediterran ver-
breitete, ausgesprochen warmeliebende Form. Sie wurde am Bausenberg
nicht angetroffen, ebensowenig an den xerothermischen Lokalitaten im Ahr-
tal. RHEICHENSPERGER (1911) gibt als ihren nordlichsten Fundort die Erpeler
Ley an. Ich halte es fur sehr interessant, daB dieser Fundort auch nach unse-
ren ausgiebigen Untersuchungen das nordlichste Vorkommen geblieben ist.
Wahrend man Plagiolepis in dem siidexponierten Steinbruch der Ley im
Sommer stets antrifft, sucht man sie in ahnlichen Biotopen der Wolkenburg
oder der Landskrone vergeblich.
24. Camponotus ligniperdus (LATR.), die groBte einheimische Ameisenart,
lebt als ,,holzzerstorende RoBameise" in toten oder lebenden Baumen, auch
in Wurzeln, ist aber nicht an Wald gebunden. GroBe Nestteile werden im
Boden unter Steinen angelegt. C. ligniperdus scheint in der gesamten Pala-
arktis verbreitet zu sein. Am Bausenberg bewohnt sie sowohl die trocken-
warmen S- und W-Hange als auch den N- und O-exponierten Waldbereich.
Als eine der haufigsten Arten in Deutschland fanden wir sie auch an vielen
anderen der untersuchten Orte, z. B. Landskrone, Iversheim, Stolzenburg,
Wolkenburg, Adenau.
25. Lasius (Dendrolasius) fuliginosus (LATR.), die ,,glanzendschwarze
Holzameise" ist eine der biologisch interessantesten Ameisen. Ihre Weibchen
griinden hyperparasitisch neue Kolonien bei Lasius umbratus (s. u.), die
wiederum bei Lasius niger (s. u.) parasitisch neue Staaten griindet. Zumin-
dest die beiden Wirtsarten mussen also dort vorkommen, wo L. fuliginosus
auftritt. Auch L. iuliginosus scheint palaarktisch verbreitet zu sein. Die
Nester, eine Art Kartonbau aus Holzmehl und Honigtau (MASCHWITZ und
HOLLDOBLER, 1970), werden meist in hohlen Baumen angelegt. Am Bausen-
berg und Leilenkopf gingen sehr viele Arbeiterinnen in die Bodenfallen. Eine
noch gemischte, junge Kolonie von L. fuliginosus mit L. umbratus wurde am
Bausenberg in der Flache B I gefunden, eine weitere verriet sich im Brohltal
durch einige gelbe Lasiws umbratus-Arbeiterinnen, die im Zuge der schwar-
zen fuliginosus mit zu den Rindenlauskolonien liefen. Auch an der Lands-
krone, bei Iversheim und Adenau wurde L. fuliginosus gefunden.
26. Lasius (Lasius) niger (L.), mit palaarktischer Verbreitung die wohl
haufigste einheimische Ameise, fehlt an keinem der besammelten Orte. Auf-
fallend war, daB sie im Vergleich zu ihrer Siedlungsdichte nur relativ selten
in die Bodenfallen geriet. Die Nester werden im Boden angelegt, die Arbei-
terinnen sammeln ihre Nahrung jedoch an der Erdoberflache und betreuen
Blattlausherden auf Baumen und Strauchern.
27. 'Lasius (L.) alienus (FOERSTER) hat eine ahnliche Verbreitung wie
L. niger, liebt jedoch mehr offenes, besonntes Gelande. Sie ist in den Halb-
trockenrasen am Bausenberg und an vielen anderen Orten der Eifel eine der
haufigsten Arten, die auch in den Bodenfallen regelmaBig zu finden war.
L. alienus fehlt zwar nur selten an xerothermischen Orten, kommt aber nicht
ausschlieBlich an solchen vor. Nestbau und Ernahrung entsprechen den Ver-
haltnissen bei L. niger.
28. Lasius (L.) brunneus (LATH.), ebenfalls palaarktisch verbreitet, aber
viel seltener als die beiden vorhergehenden Arten, bevorzugt trockenes Ge-
lande und kann als maBig warmeliebend gelten. Am Bausenberg wurde sie
nur einmal in einer Bodenfalle am SO-Hang gefangen. Im Raum Bonn und
im Siebengebirge konnte ich L. brunneus nicht selten in Parkbaumen, in
Fachwerkbauten und Gehoften feststellen. Die Nester liegen im Gebalk oder
Mauerwerk. Gelegentlich wird L. brunneus so als Hausameise lastig
(BuscHiNGER und KLOFT, 1969). REICHENSPERGER (1911) erwahnt sie von Bonn,
der Ahr, dem Brohltal u. a.
29. Lasius (Chthonolasius) flavus (FABH.), wiederum palaarktisch verbrei-
tet, besiedelt in charakteristischen Erdhiigeln vor allem Grasland, geht gele-
gentlich auch in Trockenrasen, bevorzugt aber feuchtere Weiden u. dgl. Durch
die unterirdische Lebensweise Nahrungsgrundlage ist der Honigtau von
Wurzellausen gelangt sie nur selten in Fallen, doch sind die Nester nicht
schwer zu finden. L. flavus wurde an den Fundorten Bausenberg, Landskrone,
Iversheim, Bodendorf und Adenau registriert, fehlt aber wohl in keinem der
Wiesentaler der Eifel.
30. Lasius (Ch.) umbratus (NYL.), mit einem Verbreitungsgebiet wie
L. flavus, liebt mehr trockene Boden als diese. Die Koloniegriindung erfolgt
abhangig (sozialparasitisch) bei 'L. niger. Auch L. umbratus lebt meist unter-
irdisch, so daft sie ebenfalls kaum in Bodenfallen geht. Nester wurden am
Bausenberg, bei Iversheim, am Leilenkopf und bei Bodendorf gefunden.
31. Lasius (Ch.) mixtus (NYL.), ebenfalls palaarktisch verbreitet, hat eine
ahnliche Lebensweise wie L. umbratus. Sie ist im Untersuchungsgebiet stel-
lenweise haufiger als diese. Fundorte sind: Bausenberg, Olbriick, Landskrone,
Bodendorf.
32. Lasius (Ch.) affinis (SCHENCK) ist eine mehr siidlich, aber im Osten bis
nach Sibirien verbreitete Form mit ahnlicher Lebensweise wie die beiden
vorigen. Sie scheint maBig warmeliebend zu sein. In den Fallenfangen von
Bausenberg und Leilenkopf ist sie die haufigste Art aus der Untergattung
Chthonolasius, wahrend sie bei der Nestersuche seltener als die iibrigen
Arten dieses Subgenus angetroffen wird. Moglicherweise kann man hieraus
auf eine groBere Aktivitat von L. affinis an der Erdoberflache schlieBen.
REICHENSPERGER (1911) berichtet von Funden dieser Art bei Kleve, Elberfeld,
Boppard. Wir registrierten sie von den Fundorten Landskrone, Iversheim,
Stolzenburg, Welling, Dortebachtal, Wolkenburg, Saffenburg.
33. Formica (Coptoformica) exsecta (NYL.) ist eine palaarktisch verbrei-
tete, bevorzugt in Bergland oder Mooren siedelnde Art, die mit den folgenden
5 Arten die Gruppe der hiigelbauenden Waldameisen vertritt. Am Bausen-
berg, wo F. exsecta sehr wohl vorkommen konnte, wurde sie nicht angetrof-
fen. Von den Fundorten REICHENSPERGER'S (1911) in unserem Untersuchungs-
gebiet, Honnef, Linz, Witterschlick, Saffenburg, konnte ich bisher keinen
bestatigen, doch fand ich eine kleine Kolonie im Bereich des GroBen Cent bei
Heimerzheim in der Ville. Auch die F. pressilabris-Vorkommen, die REI-
CHENSPEHGER von der Landskrone und der Saffenburg meldete, konnten nicht
mehr bestatigt werden.
34. Formica (Raptiformica) sanguinea LATR., die blutrote Raubameise, die
sich durch fakultative Sklavenhaltung auszeichnet, gehort ebenfalls zu den
palaarktisch verbreiteten Arten. Okologisch recht anspruchslos, ist sie fast
iiberall an Waldrandern sowie in offenem Gelande zu flnden. Die Nester
liegen oft unter Steinen oder in Baumstubben und umfassen nur kleine An-
haufungen von vegetabilischem Material. R. sanguinea wurde am Bausen-
berg wie an alien anderen besammelten Stellen reichlich gefunden. Auffallig
oft geraten die Arbeiterinnen in Bodenf alien, sehr viel ofter jedenfalls als
die Sklavenarten der Untergattung Serviformica, die an den Fallenstand-
orten zumindest in gleicher Haufigkeit vorkommen.
35. Formica (Formica) rufa L., die ,,GroBe Rote Waldameise", ist in ganz
Eurosibirien verbreitet. Als Waldameise kommt sie meist nur in gro'Beren
Waldungen vor. Am Bausenberg wurde sie nicht angetroffen, wohl aber
finden sich einzelne Nester bei Iversheim, sowie am Hardtberg bei Bonn.
36. Formica (F.) pratensis RETZ., die ,,Wiesenameise", bevorzugt im Ge-
gensatz zu F. rufa offene Biotope, Waldrander, Wiesen mit eingestreuten
Baumgruppen, auch Feldraine. Auch diese ,,Art" die Differenzierung in
die nur nach Beborstungsmerkmalen der Weibchen bestimmbaren Formen
F. pratensis RETZ. und F. nigricans EMERY = F. cordieri BONDHOIT muBte
unterbleiben ist eurosibirisch verbreitet. Im Untersuchungsgebiet wurde
sie am Bausenberg, bei Iversheim, Embken, Bodendorf, Rheinbach und
Adenau gefunden.
37. Formica (F.) polyctena FOERST., die ,,Kleine Rote Waldameise", ist die
wichtigste zu Forstschutzzwecken gehegte und kiinstlich vermehrte Form.
Sie hat eine, soweit bekannt, mitteleuropaische Verbreitung und ist okolo-
gisch nicht eng spezialisiert, meidet jedoch hohere Lagen im Gebirge. Am
Bausenberg wurde sie nicht gefunden, wohl aber am Leilenkopf. AuBer
kiinstlich angesiedelten Kolonien z. B. im Kottenforst bei Bonn flnden sich
an verschiedenen Orten der Eifel relativ viele und teilweise umfangreiche
Naturkolonien (Hardtberg/Bonn, Heimerzheim/Ville, Iversheim, Rheinbacher
Wald, Todenfeld). Am Ostrand des ,,Wehrer Kessels" siidlich Niederzissen
konnte ich im September 1971 eine besonders merkwiirdige Nestanlage
beobachten. In einer aus mehreren Nestern bestehenden Kolonie war ein
Nest im Innern einer machtigen, hohlen Eiche angelegt. Der Stamm war in
etwa 4 m Hohe abgebrochen und in diesem Niveau war das iibliche Nist-
material aufgehauft. Samtliche Transporte von Nistmaterial und Beute-
objekten erfolgten auf der AuBenseite des Stammes.
Infolge vielfaltiger taxonomischer Umstellungen in der Untergattung
Formica und offensichtlicher Zuordnungsschwierigkeiten bei vielen Proben
(GOSSWALD, KNEITZ, SCHIHMER 1964) sind zuverlassige Verbreitungsangaben
fur die einzelnen Arten nicht immer moglich, die Auswertung alterer Fund-
ortsangaben ist auBerordentlich erschwert.
38. Formica (F). truncorum FABR., die ,,Strunkameise", ist eine der taxo-
nomisch besser charakterisierten Arten. Sie scheint eurosibirisch verbreitet
zu sein, kommt aber uberall nur in zerstreuten Einzelnestern vor. Meist
bevorzugt sie offenes Gelande, dichte Waldbiotope werden gemieden. Am
Bausenberg konnten 2 Nester in einer Halbtrockenrasenflache am SW-Hang
gefunden werden. Ein weiteres Vorkommen konnte am Steiner Berg nach-
gewiesen werden.
39. Formica (Serviformica) fusca L., die im Untersuchungsgebiet haufigste
der ,,Sklavenameisen", palaarktisch verbreitet, ist fast uberall vertreten, be-
sonders an einigermafien sonnigen Waldrandern. Sie ist weniger warmelie-
bend als die beiden folgenden Arten. Fundorte: Bausenberg, Leilenkopf,
Landskrone, Iversheim, Dortebachtal, Erpeler Ley, Bodendorf, Saffenburg,
Steiner Berg, Adenau, Schuld u. a.
40. Formica (S.) glebaria NYL. (= F. cunicularia LATR.), ebenfalls palaark-
tisch verbreitet, hat ein nach S etwas welter ausgedehntes Areal als F. fusca
und bevorzugt mehr die warmeren Biotope. In Trockenrasen und Halb-
trockenrasen ist sie nicht selten. Fundorte sind: Bausenberg, Iversheim,
Embken, Leilenkopf, Wolkenburg, Bodendorf.
41. Formica (S.) rufibarbis FABR., wiederum palaarktisch verbreitet, ist
die am meisten xero- und thermophile Art der Untergattung. Audi sie fand
sich am Bausenberg und am Leilenkopf. Ferner trafen wir sie an der Lands-
krone, bei Iversheim, an der Erpeler Ley und am Steiner Berg an.
3.3. Verteilung der Ameisenarten auf die Biotope des Bausenberges
Eine raumliche Verteilung der Ameisenarten am Bausenberg ist sowohl
nach den Fallenfangen als auch nach der Nestersuchmethode unter verschie-
denen Aspekten anzugeben, obwohl fur eine exakte quantitative Darstellung
das Material keinesfalls ausreicht. Zunachst ist ganz klar ersichtlich, daB sich
die bei weitem iiberwiegende Arten- und Nesterzahl am Siidost-, Slid- und
Sudwesthang findet. Am Kraterinnenrand und in dem nordwest- bis nord-
ostexponierten Buchenwaldgebiet kommen nur wenige Arten (Camponotus
ligniperdus, Lasius fuliginosus, Myrmica laevinodis und M. scabrinodis) vor,
die jedoch auch in den bevorzugten Expositionen nicht fehlen. Die ja relativ
geringen Hohenunterschiede scheinen keine Rolle zu spielen.
Innerhalb der verschieden exponierten Hange ist die Pflanzendecke der
wohl entscheidende Faktor fur das Vorkommen der Ameisen. Am armsten
sind selbstverstandlich die Ackerflachen, da hier eine Ansiedlung der stets
mehrjahrigen Kolonien unmoglich wird. Die Halbtrockenrasen weisen eine
relativ geringe Artenzahl auf, die wenigen Arten erreichen jedoch teilweise
hohe Siedlungsdichten. Die meisten Arten besiedeln die Bereiche schiitterer
Gebiischvegetation mit eingestreuten Steinblocken und -haufen sowie Gras-
flecken, die ja weite Teile des S- und SW-Hanges bedeckt. Hier sind die
okologischen Nischen fiir eine Vielzahl von Arten gegeben: Felsspalten,
Moospolster, trockenes Holz, Stubben als Nistgelegenheiten, verschiedenste
Pflanzenarten mit unterschiedlicher Aphidenpopulation als Nahrungsquelle
und dergleichen. In diesem Bereich leben die allein 7 Leptothorax-Formen,
die warmeliebenden Ponera, Myrmecina, Stenamma, einige Lasius- und alle 4
Myrmica-Arten. Die kleinraumige Gliederung der Biotope am Bausenberg
und die okologische Vielfalt ist vermutlich die Hauptursache fiir die erstaun-
lich groBe Zahl von 31 Arten, eine Zahl, die an vergleichbaren Orten der
Eifel sicher nur selten erreicht wird. Aufgrund eben dieser kleinraumigen
Biotopgliederung fehlen jedoch groBere, einheitliche Populationen einzelner
Arten. Dies diirfte der Grund fiir das Fehlen von manchen Sozialparasiten
wie Strongylognathus testaceus und Anergates atratulus sein, Arten, die
andernorts in der Eifel vorkommen. Das Fehlen der eigentlichen Waldamei-
sen wurde schon durch die zu geringe GroBe der Waldflachen erklart. Fiir die
ausgesprochen xerothermischen Formen der umliegenden Warmeinseln wie
Aphaenogaster subterranea und Plagiolepis pygmaea liegen die entsprechen-
den Biotope des Bausenberges mit 250 340 m wohl etwas zu hoch. Es fehlt
die Talregion mit Hohen um 100 200 m, in denen die extrem xerothermo-
philen Arten an Landskrone und Erpeler Ley leben.
3.4. Jahresperiodik der Fallenfanger
Die Gelegenheit zur Darstellung des jahresperiodischen Wandels in der
Auslaufaktivitat verschiedener Ameisenarten, die sich aus dem monatlichen
Absammeln der Bodenfallen ergibt, soil nicht ungenutzt bleiben, zumal der-
artige Untersuchungen bei Ameisen bisher fehlen. Von Myrmica scabrinodis ,
M. schencki, Tetramorium caespitum, Leptothorax nylanderi, Tapinoma er-
raticum, Rapttformica sanguined, Lasius fuliginosus, L. alienus und L. niger
wurden geniigend Tiere in genugend vielen Fallen gefangen, um eine der-
artige Darstellung moglich zu machen. Verzerrungen der Ergebnisse sind bei
Fallenfangen vor allem dann zu erwarten, wenn Fallen sehr nahe bei einem
Nest lokalisiert sind, so daB im Laufe der ersten Wochen ein Ameisenvolk
fast komplett weggefangen wird. Solche Falle wurden bei der Auswertung
eliminiert. Die folgenden Diagramme (Abb. 2 11) zeigen die Gesamtzahl der
Fa'nge in den einzelnen Monaten des Jahres 1969 fur alle Arten addiert
(Abb. 2), ferner die Individuenzahlen pro Monat fiir die oben genannten
Arten. Die Fangergebenisse von samtlichen Fallenstandorten an Burg Ol-
briick, Bausenberg, Leilenkopf und Landskrone wurden zusammengefaBt,
bei Myrmica scabrinodis wurden die Resultate fiir den Bausenberg und fiir
die drei anderen Standorte getrennt in Abb. 3 dargestellt. Der parallele Ver-
lauf der beiden Darstellungen verringert in diesem Fall die Wahrscheinlich-
N keit eines Zufallsergebnisses.
Abb. 2: Gesamtzahl der Fallen-
fange aller Arten von Bausen-
berg, Leilenkopf, Olbriick und
Landskrone in den Monaten
Marz bis Oktober 1969.
Abb. 9: Lasius fuliginosus
Fallenfange an Bausenberg, Olbruck,
Leilenkopf und Landskrone
VI VII viii
Abb. 10: Lasius alienus
Fallenfange an Bausenberg, Olbruck,
Leilenkopf und Landskrone
Abb. 11: Lasius niger
Fallenfange an Bausenberg, Olbruck,
Leilenkopf und Landskrone
I
Die Auslaufaktivitat der Ameisen scheint nach diesen Diagrammen nicht
genau iibereinstimmend mit dem Temper aturverlauf zu gehen; Friihjahr und
Fruhsommer sind offenbar bevorzugt, obwohl doch zum Sommer und Herbst
hin die meisten Jungarbeiterinnen schliipfen und die Volker den groBten
Zuwachs aufweisen. Die Erklarung ist wahrscheinlich darin zu suchen, daB
Friihjahr und Fruhsommer fur die meisten Arten die Zeiten intensivster
Brutaufzucht und damit groBten Nahrungsbedarfs darstellen.
Im einzelnen deutet zum Beispiel die Zweigipfligkeit der Auslaufaktivitat
fur Myrmica scabrinodis (Abb. 3), die sowohl in den Fangen am Bausenberg
wie an den anderen Fallenstandorten erkennbar wird, darauf hin, daB zu-
nachst im April/Mai die iiberwinterte Brut angefiittert und zur Verpuppung
gebracht wird. AnschlieBend wird offenbar fur die Eiablage und Fiitterung
der Junglarven relativ wenig Nahrung benotigt, im Juli/ August kommt es zu
einem zweiten Maximum, das vielleicht dem hoheren Nahrungsbedarf der
heranwachsenden Brut entspricht. Meteorologische Faktoren sind als Grund
fur das Minimum im Juni unwahrscheinlich, sie hatten sich auch bei den
anderen Arten entsprechend auswirken miissen. Einfliisse der bekannten
j ahresrhy thmischen Populationsdichteschwankungen honigtaulief ernder
Aphiden (KLOFT et al. 1965, KLOFT 1968) auf die Nahrungssuche der Ameisen
sind sehr wahrscheinlich, sie waren allerdings im einzelnen noch zu unter-
suchen.
Myrmica schencki (Abb. 4) hat als etwas mehr warmeliebende Art auch
eine kiirzere Aktivitatsperiode als M. scabrinodis. Da die Brutrhythmik prin-
zipiell mit der von M. scabrinodis iibereinstimmt, muB man annehmen, daB
sich die beiden Auslaufmaxima vielleicht nahern und mehr iiberschneiden
als bei dieser.
Bei den folgenden fiinf Arten, den Myrmicinen Tetramorium caespitum
und Leptothorax nylanderi, der Dolichoderine Tapinoma erraticum und den
Formicinen Raptiformica sanguined und Lasius juliginosus (Abb. 5 9) liegt
das eingipflige Fangmaximum jeweils zum Fruhsomrher hin, also in die Zeit
der Geschlechtstieraufzucht verschoben. Schon im August fallt die Fangrate
stark ab. Dieses Ergebnis ist insofern interessant, als sich die Brutbiologie
der genannten Arten stark unterscheidet: Tetramorium, Leptothorax, Tapi-
noma und Lasius juliginosus iiberwintern mit Larven, die im Friihjahr mit
mehr oder weniger Ernahrungsaufwand angefiittert werden miissen, Rapti-
formica zieht die Brut in sehr viel kiirzerer Zeit aus erst im Friihjahr geleg-
ten Eiern auf.
Lasius alienus (Abb. 10) hat ein sehr frtihes Maximum im Mai, das auch
bei Auftrennung der Werte in die Fange vom Bausenberg einerseits und von
den anderen Fallenstandorten andererseits (nicht eigens dargestellt) parallel
auftritt. Die nahe verwandte Lasius niger (Abb. 11) dagegen weist wieder
eine zweigipflige Aktivitat auf mit Maxima im Mai und Juli. Auch diese
Zweigipfligkeit bleibt bei Auf losung der Diagramme auf verschiedene Stand-
orte bestehen. Die Erklarung konnte dieselbe wie bei M. scabrinodis sein.
Erwartungsgema'B traten die warmeliebenden unter den iibrigen, nicht
graphisch dargestellten Arten bevorzugt in den warmeren Monaten in den
Fallenfangen auf. So konnte Aphaenogaster nur im Juli/August/September
angetroffen werden. Diese meist unterirdisch lebende Ameise verlaBt also
den Boden offenbar nur wahrend einer sehr kurzen Periode des Jahres.
Ahnlich wurden Leptothorax unifasciatus, L. interruptus, L. rabaudi,
L. parvulus, Serviformica fusca und S. glebaria nur von April oder gar Mai
bis August in den Fallen gefangen. Nicht iiberraschend ist, dafi die fast vollig
unterirdisch lebenden Lasius flavus, umbratus und mixtus nur sehr selten
in den Fallen auftauchten. Lasius af/Inis hingegen, die ebenfalls zu den erd-
bewohnenden, gelben Lasiusarten gehort, ging mit 98 Exemplaren, verteilt
von Marz bis Oktober, erstaunlich haufig in die Bodenfallen.
Insgesamt zeigen die wenigen dargestellten Ergebnisse, daft mit der Fal-
lenfangmethode eine Reihe von interessanten Problemen aus der Ameisen-
biologie bearbeitet werden kann. Sie zeigen ferner, dafi die verschiedenen
Arten sich in ihren Lebensraum nicht nur raumlich, sondern offenbar auch
zeitlich in gewisser Weise teilen.
3.5. Fallenfange von Ameisenweibchen
In den Fallenbeifangen von Bausenberg, Olbriick, Leilenkopf und Lands-
krone fanden sich insgesamt 67 Weibchen aus 21 Ameisenarten. Im Gelande
aufierhalb der Schwarmzeit umherlaufende Weibchen von Ameisen sind aus
verschiedenen Griinden besonders interessant. Begattete, fertile Weibchen,
also Koniginnen, verlassen in der Regel das Nest niemals und diirften somit
nicht in Fallen gefangen werden. Welcher physiologische Zustand kennzeich-
net also die gefangenen Tiere? Es gibt funf mogliche Ursachen fur das Vor-
kommen von Ameisenweibchen auBerhalb des Nestes:
1. In der Schwarmperiode verlassen gefliigelte junge Geschlechtstiere das
Mutternest und fliegen meist irgendwelche Treffpunkte im Gelande an. Bei
dem oft schwerfalligen Start, bei der Landung wahrend oder nach der Kopula
und bei der Suche nach einer geeigneten Stelle fur die Koloniegrundung
konnen solche Tiere in Bodenfallen geraten. Bei der Sektion weisen sie eine
noch wohlerhaltene Flugmuskulatur, manchmal sogar noch die Fliigel
selbst, ein gefiilltes oder leeres Receptaculum seminis, kleine und noch
funktionslose Ovarien und einen machtigen Fettkorper in der Gaster auf.
Die einschlagigen 32 Funde sind in Tab. 2 aufgefiihrt.
Tab. 2: Schwarmende unbegattete (a) und gerade begattete (b) Jungweibchen in
den Fallenfangen.
V VI VII VIII IX Schwarmzeit nach Lit.
(STITZ 1939 u. a.)
Myrmica laevinodis
Myrmica ruginodis
Myrmica scabrinodis
Stenamma westwoodi
Myrmecina graminicola
Leptothorax rabaudi
Tapinoma erratum
Camponotus ligniperdus
Formica pratensis
Formica spec.
Lasius niger
Lasius flavus
Lasius umbratus
Lasius affinis
Lasius fulginosus
Juli Sept.
Juli Okt.
2b Juli Sept.
i Sept. Okt.
b Aug. Sept.
unbek.
Juni
Mai Aug.
Juni Sept.
(April Juni)
i Juli Aug.
Juli Aug.
Juli Aug.
b Juli Aug.
Juni Juli
Es ist leicht verstandlich, daB diese Gruppe von Weibchen den Haupt-
anteil der gefangenen ausmacht. Das Vorkommen in den verschiedenen Mo-
naten entspricht recht gut den bekannten Schwarmdaten fur die betreffen-
den Arten: Die friihesten sind Camponotus ligniperdus, deren Geschlechts-
tiere im adulten Zustand iiberwintern, und die Formica-Arten, die ihre Ge-
schlechtstierbrut im zeitigen Friihjahr sehr rasch aufziehen.
2. Die Koloniegriindung unserer einheimischen Ameisen kann unter-
schiedlich verlaufen. Die selbstandige Koloniegrundung, wie sie die meisten
unserer Ameisen durchfiihren, kann zum einen unter volligem AbschluB des
Weibchens von der Umwelt bis zum Schlupfen der ersten Arbeiterinnen
erfolgen (Beispiele:Lasius niger, Camponotus ligniperdus, Leptothorax uni-
fasciatus). Die zweite Moglichkeit besteht darin, daB das junge Weibchen die
Grundungskammer wiederholt verlafit um Nahrung fur sich und fur die
ersten Larven zu beschaffen (Beispiele: primitive Ponerinen, Neomyrma
rubida (L.E MASNE und BONAVITA, 1969), mehrere My rmica- Arten (K. HOLL-
DOBLER, 1938)). Fur viele einheimische Ameisen ist der Koloniegriindungs-
modus noch unbekannt. Hinweise auf den zweiten Typ, Koloniegriindung mit
Nahrungssuche, geben jedoch begattete, fertile Weibchen, die auBerhalb der
Schwarmzeit im Gelande umherlaufen und dabei in Fallen geraten. Auch
wahrend der Schwarmzeit kb'nnen solche Tiere vom Vorjahr gefangen wer-
den. Sie lassen sich von frisch begatteten Jungtieren leicht unterscheiden:
Im Gegensatz zu den Jungweibchen haben altere, koloniegriindende eine
mehr oder weniger degenerierte Flugmuskulatur (die Degeneration setzt
wenige Tage bis Wochen nach dem Fliigelabbruch ein), die Ovarien sind
starker entwickelt, wenn auch nicht so stark wie bei voll fertilen Koniginnen
florierender Volker, der Fettkorper ist stark verringert. Unter dem Fallen-
material waren 26 Tiere aus 11 Arten, die dieser Charakteristik entsprachen
(Tab. 3).
Tab. 3: Im Vorjahr begattete Jungweibche
III IV V VI VII
Myrmica laevinodis
Myrmica ruginodis
Myrmica scabrinodis
Myrmica schencki
Stenamma westwoodi
Myrmecina graminicola
Leptothorax parvulus*)
Tapinoma erratum*)
Lasius alienus*)
Lasius mixtus*)
Lasius affinis*)
Schwarmzeit
(vgl. Tab. 2)
Juli Sept.
Juli Okt.
Juli Sept.
unbek.
Sept. Okt.
Aug. Sept.
Juli Sept.
Juni
Aug. Sept.
Juli Sept.
Juli Aug.
*) Diese Arten grtinden ihre Kolonien wahrscheinlich ohne auf Nahrungssuche zu gehen.
Lasius mixtus und wahrscheinlich Lasius affinis griinden sozialparasitisch. Das Umherirren
von begatteten Weibchen des Vorjahres muB hier wohl so erklart werden. daB die Tiere
noch keine geeignete Gelegenheit zur Koloniegrundung gefunden hatten und nun im Frtth-
jahr auf der Suche nach einer solchen sind.
Auffalligerweise liegen alle Funde dieser Kategorie im Friihjahr bis
Friihsommer. Sehr wahrscheinlich haben die betreffenden Arten bis August/
September ihre ersten eigenen Arbeiterinnen, so daB die Weibchen spater die
Nester nicht mehr verlassen miissen. Die besondere Haufung im Mai fiihre
ich darauf zuriick, daB in dieser Zeit die iiberwinterten Erstlarven die groBte
Wachstumsrate haben und damit den groBten Nahrungsbedarf aufweisen.
Unsere Befunde an den Myrmica-Arten stiitzen die Auffassung von HOLL-
DOBLER (1938), wonach die Koloniegriidung mit Nahrungssuche fur die Gat-
tung Myrmica allgemein anzunehmen ist. Die Koloniegriindung von Sten-
amma und Myrmecina ist unbekannt, doch kann man auf Grund der gerin-
gen GroBenunterschiede von Weibchen und Arbeiterin auch bei diesen Arten
Nahrungssuche wahrend der Koloniegriindungsphase annehmen.
3. Eine dritte Moglichkeit, Ameisenweibchen auBerhalb des Nestes zu fin-
den, besteht darin, daB fertile Koniginnen bei einem Nestwechsel, bei dem
sie meist von Arbeiterinnen getragen werden, in die Bodenfallen geraten.
Solche Weibchen miiBten voll funktionstiichtige Ovarien und im Thorax
machtige Fettkorpermassen besitzen. Das Material umfaBt keine derartigen
Exemplare.
4. Bei einigen Arten fungieren zufallig unbegattet gebliebene Weibchen
als Arbeiterinnen. Sie konnen wie normale Arbeiterinnen auf der Nahrungs-
suche in die Fallen geraten. Je nach Alter haben diese Tiere noch Flug-
muskulatur oder aber wenig Fettkorper im Thorax, das Receptaculum
seminis ist leer, die Fliigel sind stets schon abgeworfen. In Tab. 4 sind die
einschlagigen 11 Fange aufgefuhrt.
Tab. 4: Unbegattete, entfliigelte Weibchen.
Monat
Art
Myrmica ruginodis
Myrmica scabrinodis
Leptothorax parvulus
Leptothorax nylanderi
IV V VI VII VIII IX X
Bezeichnenderweise und iibereinstimmend mit den Ergebnissen von Un-
tersuchungen an kompletten Kolonien kommen solche unbegatteten Weib-
chen als Arbeiterinnen nur bei Myrmicinen vor. Viele Meldungen von Poly-
gynie bei Ameisen beruhen auf der irrtiimlichen Annahme, daB alle entflii-
gelten Weibchen im Nest Koniginnen seien (BUSCHINGER 1967, 1968 b). Wie
die Arbeiterinnen der entsprechenden Arten gehen die unbegatteten Weib-
chen iiber die gesamte Fangperiode verteilt in die Fallen, soweit das aus dem
ja recht kleinen Material ersichtlich ist.
5. Eine letzte Moglichkeit ist schlieBlich die, daB sehr alte, nicht mehr
fertile Koniginnen noch einige Zeit als Arbeiterinnen fungieren oder aber
aus dem Nest vertrieben werden und dann im Gelande umherirren. Bei der
Preparation zeigt sich, daB solche Weibchen kaum noch Fettkorper besitzen,
die Reste sind gelbbraun verfarbt. Die Ovariolen sind lang, aber nicht mehr
mit heranreifenden Oozyten gefiillt. Reichlich vorhandene Corpora lutea
beweisen friihere rege Eiablage. Das Fallenmaterial enthielt ein Weibchen
von Myrmica ruginodis, fur das diese Interpetation zutreffen diirfte. Die
aufgrund des geringen Materials von nur 67 Weibchen gewonnenen Ergeb-
nisse berechtigen zu der Hoffnung, daB mit der Fallenmethode gerade iiber
die Biologie der Formicidenweibchen noch wichtige neue Befunde erarbeitet
werden konnen.
4. SchluBbetrachtung
Der in die vorliegende Untersuchung einbezogene Raum im wesentlichen
die nordostliche Eifel mit Rhein- und Ahrtal sowie die nordostliche Voreifel
hat hinsichtlich seiner Ameisenfauna einen recht deutlichen Ubergangs-
charakter und ist damit typisch fiir mitteleuropaische Verhaltnisse. Es begeg-
nen sich an bevorzugten Stellen noch einige mediterran-siideuropaische und
viele palaarktische oder eurosibirisch verbreitete Arten. Am Bausenberg
selbst sind die meisten Arten mehr oder weniger euryok, doch finden sich
in der Artenliste 3 deutlich thermophile, 2 xerophile und 3 xerothermophile
Arten. 7 Arten kann man als maBig xerothermoph.il bezeichnen, 4 weitere
beanspruchen in gewissem MaBe Trockenheit oder Warme. Damit stellt iiber
die Halite der Bausenberg-Ameisenarten Anspriiche an das Klima, die zu-
mindest nicht generell im Untersuchungsgebiet erfiillt sind.
Die hohe Anzahl der am Bausenberg vorkommenden Arten ist wohl be-
dingt durch die starke Biotopgliederung, die den Angehorigen der verschie-
denen Artengruppen vielfach mochte man sagen: gerade noch ertragliche
Bedingungen bieten. Es wiirde schwerfallen, in den einzelnen Biotopen ,,do-
minierende" Arten herauszustellen. Grofiraumig, d. h. iiber Quadratkilometer
hinweg einheitliche und dichte Populationen einzelner Arten, wie sie vor
allem den kontinental beeinfluBten Klimabereich Europas charakterisieren,
fehlen im Untersuchungsgebiet ganz.
Der Bausenberg ist innerhalb dieses Gebiets vor allem dadurch gekenn-
zeichnet, daB er auf relativ engem Raum einen fast kompletten, sicher re-
prasentativen Querschnitt der Ameisenfauna der Eifel aufzuweisen hat.
Immerhin kommen Vertreter aller vier einheimischen Ameisenunterfamilien
vor. An keinem der anderen untersuchten Orte war bei Betrachtung von
Raumen ahnlicher GroBe eine annahernd so groBe Artenzahl zu registrieren.
Eine Erhaltung des Bausenberges in der gegenwartigen Form ware daher
auBerordentlich zu begriiBen, nicht zuletzt als Objekt fiir Lehr- und wissen-
schaftliche Forschungszwecke. Die Ausarbeitung der Ameisenfange nach
jahresrhythmischen Vorgangen und im Hinblick auf die Biologie der Amei-
senweibchen mag als Beispiel fiir solche Forschungsarbeiten gelten, fiir die
einigermaBen naturbelassene Raume notwendig sind.
5. Literatur
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Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. ALFRED BUSCHINGER, Fachbereich Biologie Zoologie
der Techn. Hochschule, 61 Darmstadt, Schnittspahnstrafie 3
Karte des Bausenbergs (Zustand 1971), gezeichnet von S. STEPHAN
1 = Nummern der Teilflachen B I bis B XV
2 = deren Grenzen
3 = befahrbarer Weg
4 = FuBweg
5 = elektrische Leitung
6 = Wald, Gebiisch, Hecke
7 = Obstplantage
8 = Hang; bei enger Schraffur steiler
9 = Felsen, Aufschliisse, iibersteile Boschungen
Die Teilflachen lassen sich kurz wie folgt charakterisieren :
B I Trockenrasen am SW-Hang (= ,,Candidula caperata-Rasen")*)
B II Hecke auf diesem Rasen
B III Rasen am Osthang (= ,,Trochoidea geyeri-Rasen")*)
B Ilia ,,Candidula unifasciata-Rasen"*)
B IV Die trockenen Eichengebiische oberhalb dieses Rasens
B V Der gesamte Buchenhochwald am Osthang
B VI Die Acker an der Ostseite
B VII Der Coronilla varia-reiche Trockenrasen oberhalb und unterhalb des
Fahrweges
*) vgl. hierzu den Beitrag von THIELE und SCHNELL (iber die Schneckenfauna
200m
Luftbildaufnahme des Bausenbergs aus dem Jahre 1970.
Foto: Rheinische Braunkohlenwerke A.G. Freigegeben durch den Regierungs-
prasidenten in Dusseldorf Nr. 18/76/1511.
B VIII Der fossilienfiihrende AufschluB am unteren Fahrweg mit Umgebung
oberhalb und unterhalb des Weges
B IX Der obere Steinbruch und angrenzende offene Flachen
B X Alles Gelande auf der mittleren Stufe mit mehreren Aufschliissen am
markierten Wanderweg (,,Vulkanweg"), teilweise zugewachsen
B XI Alle Acker an der Westseite
B XII Alle lichten Walder an der Westseite
B XIII Offener Trockenrasen an der AuBenseite des Weges auf dem Krater-
rand
B XIV Das Innere des Kraters
B XV Die nordliche Krateroffnung