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NEUE FOLGE
BAND IX. JAHRGANG -1907
ANZEIGER
FÜR SCHWEIZERISCHE
ALTERTUMSKUNDE
INDICATEUR D'ANTIQUITfiS SUISSES
AMTLICHES ORGAN DES SCHWEIZERISCHEN LANDESMUSEUMS,
DES VERBANDES DER SCHWEIZERISCHEN ALTERTUMSMUSEEN
UND DER SCHWEIZERISCHEN GESELLSCHAFT FÜR ERHALTUNG
HISTORISCHER KUNS'IDENKMÄLER.
HERAUSGEGEBEN VON DER DIRE|KTION DES
SCHWEIZERISCHEN LANDESMUSEUMS IN ZÜRICH
NEUE FOLGE
BAND IX
19Ü7
ZÜRICH
Verlag des Schweizerischen Landesmuseums
Druck von Gebr. Leemann & Co.
[908
V'1
Inhalt des Jahrganges 1907
(Neue Folge, IX. Band)
Seite
Die goldene Schflssel von Zürich. Von Dr. J. Heierli. Taf. I u. II . i
Etüde sur les ftbules de t*äge du ter trouv^es en Suisse. Par David VioU
Her. Planches III ä XV 8. 73» '77» 279,-
Die bronzezeitliche Quellfassung von St. Moritz. Von Dr. J. Heierli 265
Das römische Kastell Burg bei Zurzach. Von Dr. J. Heierli ... 23, 83
Grabungen der Gesellschaft Pro Vindonissa im Jahre 1906. Von C. Fels,
L. Frölich und Edm. Fröhlich 33» 94
Ueber römische Fußmaße. Von Direktor Dr. L. Fröüch .... 39
Die Römerwarte beim Kleinen Laufen zu Koblenz. Von Dr. J. Heierli . 186
Die Bauinschrift der Römerwarte beim Kleinen Laufen bei Koblenz.
Von Otto Schulthefl 190
Ein MOnzfund im st. gallischen Rheintal. Von J. EgU .... 198
Le temple gallo-romain de la grange du Dirne ä Avenches. Par William
Cart. Planches XX et XXI 293
Römischer Kalkbrennofen bei Brugg. Von Prof. Dr. A. Gessner. Taf. XXII 313
Die Heiligkreuz-Kapelle bei Mels und ihre neu entdeckten Wandgemälde
Von Dr. K. Escher. Taf. XVI, XVII, XVIII 114
Beiträge zum Holzschnittwerk des Urs Graf. Von Hans Koegler. Taf. XIX 43, 132, 213
Hans Caspar Gallati in Wil, der Glasmaler monogrammist H C G. Von
W. Wartmann 144
Einiges Ober Tessiner Künstler des 17. und 18. Jahrhunderts. Von Dr.
Siegfried Weber 147
Das ehemalige „Weierhaus" in Kaltbrunn Von E. Hahn ... 201
Die Wandgemälde in der Kirche von Brütten. Von J. R. Rahn. Taf. XX 204
Die Glasgemälde in den aargauischen Kirchen und öffentlichen Gebäu-
den. Von Dr. H. Lehmann 230
Der Seidensticker Hans Heinrich Engelhart kauft Perlen vom Rate zu
Bern. Von Dr. Ad. Fluri 249
Die Kreuzigung im Landesmuseum, wahrscheinlich ein Gemälde des
Meisters DS. Von Hans Koegler. Taf XXIII und XXIV . . 314
Andachtsbild des Klosters und Spitales zum hl. Geist in Bern, ein Holz-
schnitt von Urs Graf. Von Hans Koegler 326
Wandgemälde im ehemaligen Kloster Tänikon, Thurgau. Von J. v.
Planta. Taf. XXV
Schweizerische Glasscheiben im Auslande. Von Dr. C. v. Mandach
Die ersten Feuerspritzen in Bern (1521 — 1708). Von Dr. A. Fluri .
Seite
330
334
341
Notizen zur Geschichte des zürcherischen WafTenwesens. Zusammen
gestellt von Dr. R. Wegeli
Verding mit Meister Lienhard Loubercr 1495- Von Prof. Dr. H. Türler,
Die alten Kachelrtten im Rathause zu Chur. Von F. v. Jecklin
Patent zu gunsten einer venezianischen Glasfabrik in Locarno. Von Dr.
R. Durrer
58, 163, 253, 36a
167
168
Nachrichten.
Eidgenossenschaft
Aargau
Basel
Bern .
St. Gallen
Genf .
GraubQnden
Neuenburg
Schwyz
Solothurn
Tessin
Thurgau
Waadt
Wallis
Zürich
258, 368
63, 25B, 368
63. 169, 258, 368, 369
64, '69, 259» 369
261, 372
372
64, 373
64, 170, 260. 373
375
66, 170, 261, 375
171
261, 378
67, 262, 378
262, 379
174; 379
Literatur
69, J74, 262, 380
ANZEIGER
FÜR SCHWEIZERISCHE
ti ALTERTUMSKUNDE
INDICATEUR D'ANTIQUITES SUISSES
HKRAUSGKGKBKN VON DKK DIKKKTION DKS
SCHWEIZEKISCMKN LANDtSMÜSKLJMS IN ZÜRICH
NEUE FOLGE
IX. BAND
1907, I. HEFT
Die goldene Schüssel von Zürich.
Von Dr. / Heierlu
Zwischen Zürich und Altstetten werden gegenwärtig Rt'paratur-Werk-
Stätten der Schweizerischen Bundesbalinen gebaut. Als man nun südöstlich
derselben einen Schlitz für ein Materialgeleise machte, stieß der Arbeiter
Harri am 17. Oktober 1906 auf eine graue Masse, die er für einen Stein hielt.
Er schlug mit seinem Pickel drauf, sah etwas blinken und löste das Ganze
von der übrigen Erde ab, indem er es mit seinem Gerät von unten taßte.
Da zerbrach die graue Masse, die er lür einen Stein gehalten, in Stücke und
unter derselben erschien eine goldene Schüssel, die nach einigen Fährlich-
keiten an die Direktion der Schweizerischen Bundesbahnen gelangte.
Die Direktion sorgte sofort dalür, daß ein Fachmann den wertvollen
Fund studierte, uml ließ den Fundort, der intakt blieb, geometrisch fixieren;
/
i. Fuiidurt der goldenen SchQsscl von ZOrich.
/
ein Goldschmied bestimmte den Metallwert der Schüssel auf rund 3ooo
Franken (22karätig), der Rechtskonsulent der S. B. B. wurde über die Ent-
schädigungs-Ansprüche des Finders interpelliert, die Goldschüssel selbst aber
später als Geschenk der Bundesbahnen dem Schweizerischen Landesmuseum
übergeben.
Der F'undort (Abb. i) befindet sich in der Nähe des Letzigrabens, bei
welchem schon anläßlich der Erstellung der Eisenbahnlinie Flachgräber der
La Tänezeit zum Vorschein gekommen waren. *)
Die Goidschüssel scheint ebenfalls einem Grabfund zu entstammen,
wenn ich anders die Aussagen des Finders richtig verstanden, resp. interpre-
tiert habe. Danach hat die Schüssel, mit der Öffnung nach unten, auf einem
flachen Stein gelegen, Sie war mit einem grauen Topf überdeckt, von dem
nur zwei unverzierte Scherben aufgehoben wurden und den der Arbeiter
zuerst für einen Stein hielt. Im Innern der Schüssel sei eine weißliche,
staubähnliche, kiesfreie Masse gelegen (Leichenbrand-Reste?), wie sie sich
sonst bei den Grabungen nirgends zeigte. Von dieser Masse wurde nichts
aufbewahrt, da die Arbeiter sie als „Erde" betrachteten.
Bei meinem ersten Besuch der Fundstelle war das Loch an der Wand
des Erdschlitzes, in welchem der Fund gelegen, noch erhalten ; zudem hatte
der Ober-Ingenieur dafür gesorgt, daß
* * ^^^^^T^^&S'riJ^fi^.V^V'^"'^"^ eine Profilzeichnung angefertigt wurde,
^^^i^^'tc^-^^^-^ ^ ' die mir Herr Leeany freundlichst zur
-. --^^=J^^g'"«pc''' Verfügung stellte. Zu oberst im Schlitz
' ■ '^^*"^^ - '^''^^ befand sich zirka 30 cm Humus nebst
eingepflügtem Material , dann folgte
=9 eine ungefähr 70 cm dicke Schicht
lehmiger Erde, die mit viel Kies ver-
2. Goldene Schüsse! von Zürich. «:^„u*. ,„„.. ,.„j ..«»«^ ^«^^«lu«.« *.-
n £1 j T- j . 11 mischt war und unter derselben er-
Pronl der Fundstelle, , ,. ^ ,. ,, , . v-,,
blickte man die wellenförmige Ober-
fläche des reinen (Sihl-) Kieses (Abb. 2). In der lehmigen, mit Kies vermischten
Erde, etwa 80 cm unter der Erdoberfläche, lag nun der Stein, auf wefchem
die Goldschüssel gebettet war, die ihrerseits wieder mit dem grauen Topf
zugedeckt wurde. Deutlich sah man, nachdem ich das Profil glatt hatte ab-
stechen lassen, wie bei der Grablegung ein zirka 80 cm tiefer und etwa
50 cm breiter Schacht in die Erde gegraben worden war, an dessen Grund
der Stein mit Goldschüssel und Tontopf zu Hegen kam. Mit gütiger Be-
willigung der Direktion, die allen meinen Wünschen in liebenswürdigster
Weise entgegen kam, ließ ich noch einige Kubikmeter des umliegenden
Terrains wegschaffen; es fanden sich aber nur neuere Objekte (in der
Humusschicht), keine prähistorischen Dinge. Auch bei den spätem Arbeiten
in der Nähe der Reparatur-Werkstätten kamen keine urgeschichtlichen
Gegenstände mehr zum Vorschein.
') Vgl, Heierli, Archäologische Karte des Kantons Zürich, S. 35.
I
Beim Auffinden der Goldschüssel zeigte dieselbe ein Loch, das voll
"dem Pickelhieb herrührte. Sie war auch etwas zerdrückt, im übrigen aber
tadellos erhalten. Durch sorgfaltiges Austreiben im Atelier des Landes-
museums erhielt sie ihre ursprüngliche Form wieder. Ein kleines Loch auf
der Bauchung der Schüssel zeigt, wo der fatale Eingriff des Arbeiters er-
folgt ist. Schon vor der Reparatur sind mehrere große Photographien der
Goldschüssel aufgenommen worden, um den damaligen Zustand für alle
Zeiten zu fixieren. Unsere Tafel 1 zeigt dagegen das Gefäß in seiner
jetzigen Gestalt, von der Seite und von unten.
Der Boden ist nur klein, wenig stark abgesetzt, fast unmerklich in die
Bauchung übergehend, über welcher ein kurzer, etwas eingezogener Hals
sich erhebt. Dieser Hals ist glatt und schließt mit einer schmalen, rundum
laufenden Rippe ab. Am Bauch befinden sich überall Buckelchen, welche
auch am Boden nicht fehlen. Nur an der Grenze zwischen Hals und Bauch
und zwischen letzterem und dem Boden fehlt je eine Reihe derselben.
Außerdem aber fallen dem Beschauer sofort drei Reihen von Figuren auf,
die in der gebuckelten Bauchung der Schüssel ausgespart sind und welche
wir nachher genauer besprechen wollen.
Die ganze Schüssel ist 12 cm hoch. Sie besitzt eine obere Weite von
25 cm. Die Metalldicke am glatten Rande beträgt i ' 1 mm. Der Rand ist
1,3cm hoch; vom Grat bis zur obersten Buckclreihe maßen wir 0,7 cm.
Die ßuckelchen oder Warzen, auf der Innenseite der Schüssel gemessen,
weisen einen Durchmesser von 4 mm auf. Der Boden hat einen Durch-
messer von 8,2 cm. Das Gewicht des ganzen Stückes beträgt 910 gr.
Die kleinen getriebenen Buckeln geben der Goldschüssel das Aus-
sehen eines Igel- oder Warzengefaßes. Am Boden finden sich acht Reihen
solcher Buckelchen, deren Mittelpunkte, auf der Außenseite der Schüssel
geraessen, je 4,5 mm von einander entfernt sind. Der Mittelpunkt des Bodens
ist nicht getrieben; demselben zunächst liegen zwei etwas unregelmäßige
Kreise von Warzen; dann folgt ein schmaler glatter Streifen, als ob eine
Buckeireihe fehlen würde und nachher kommen sechs regelmäßige Reihen
von Buckelchen bis zum Rand des Bodens.
Auch am Bauch unserer Schüssel zahlt man 33 Kreise von Buckeln, die
nur an den Orten fehlen, wo Figuren ausgespart sind. Diese bilden drei
ringsum laufende Kränze oder Reihen.
In der obersten Reihe erblicken wir vier Kreisfiguren (Sonnen?! und
vier mondsichelartigc Gebilde, gleichmäßig auf den ganzen Umfang der
Schüssel verteilt und durch Buckelchen von einander getrennt. Der Durch-
messer der sog. Sonnen beträgt 2 cm, die größte Höhe der Mondsicheln
2,5 cm, die Entfernung der Hornspitzen der letztern von einander ca. 3,5 cm.
Die unterste Figurenreihe weist sieben gleichmaßig auf den Umfang der
Schüssel verteilte Mondsicheln auf. Zwischen ihnen und dem Boden des
Gefäßes liegen sechs, resp. sieben Kreise von Buckelchen; zwischen dem
glatten Rand und der obersten Figurenreihe sind es deren nur drei.
Von besonderem Interesse ist die mittlere Figurenreihe, in welcher aus-
nahmslos Tiere dargestellt sind. Man kann eigentlich nicht sagen, diese
Tiere seien darj^csiellt worden, denn nuv selten sieht man einen Strich: sie
sind vielmehr ausgespart. Die Buckelchcn bilden die Umrisse, der Tier-
körper aber ist flach (Tafel II}.
Das am besten erkennbare Tier ist ein Hirsch (Tafel IIa)- Kopf und
Leib sind ausgespart, die Beine durch je zwei Striche angedeutet, das Geweih
ist auch nur durch wenige Striche markiert. Interessanter Weise finden sich
mitten im Geweih drei eingeschlagene Kreise mit Mittelpunkt. Es sind dies
Stellen, wo man wahrscheinlich bei der Treibaibeit fchlerhafterweise das
Instrument ansetzte. Rechts oben am Geweih sieht man einen andern Fehler:
zwei Buckelchen liegen zumteil übereinander.
Die ganze Figur des Hirsches ist verzeichnet, schematisiert. Die Vor-
derbeine sind z. B. 1,7 cm, die Hinterbeine 2 cm lang. Die totale Länge
des Körpers beträgt 7 cra ; der Leib aber ist dabei nur bis 1 cm dick. Der
Kopf ist 3 cm lang, das Geweih ist 3 cm und an der breitesten Stelle 3,5 cm
breit. Die Hirschfigur mit ihren schlechten Proportionen, besonders dem
dünnen, langgestreckten Leib und den geraden Beinen, erinnert an einen
Teil der aus Eisen gefertigten rohen V^oüvbildchen, die man an abgelegenen
Wallfahrtsorten wohl heute noch findet und die sich fast unverändert aus
der Hallstattzeit bis zur Gegenwart erhalten zu haben scheinen.
Die zweite Figur, rechts vom Hirsch iTafel Hb), ist noch schlechter,
sagen wir schematischer, gezeichnet. Der Körper ist lang und dünn, der
Schwanz dick und kurz. An Stelle der Beine erkennen wir nur ein paar
Striche. Die Ohren sind durch zwei Striche angedeutet. Die Körperlinien
wurden durch Buckelchen bezeichnet; oberhalb der Rückenlinien hat man
beim Treiben zwei kleine Stücke leer gelassen. Ob dies der Ungeschick-
lichkeit des Arbeiters zuzuschreiben ist oder ob es einen andern Grund hat,
ist schwer zu sagen. Noch schwieriger freilich wäre es, die Tierspezics, die
hier repräsentiert ist, zu nennen.
Ebenso schwierig ist dies bei der folgenden Figur (Tafel II c), bei
welcher man, besonders aus der Form des Mundes, etwa auf ein Reh
schließen möchte. Auch hier findet sich dieselbe Unbeholfenheit der Dar-
stellung, wie bei allen andern Figuren, von welchen die fünfte (Tafel 11 e|
möglicherweise einen Hund vorstellen soll.
Auf das zulet/t gj^nannte folgen noch zwei Übereinander stehende
Tiere (Tafel II f). von denen das linke, untere, gehörnt zusein scheint, denn
Ober dem Kopf erblickt man nicht nur zwei, sondern drei Striche. Das Tier
rechts ist sehr langgestreckt und mit einem langen Schwanz versehen. Es
streckt den Kopf vor gegen den Hirsch; die Ohren sind schräg rückwärts
gezeichnet.
Es sind also im ganzen sieben Tiere, von denen nur eines nach rechts
sieht, alle andern aber nach links schauen. Alle diese Tiere wurden in Ruhe-
4
Stellung gezeichnet, keines schreitet aus, alle stehen. Die F'orinen gehören,
wie ein einziger Blick auf unsere Tafeln lehrt, in den Hallstätter Kuhurkreis.
Von dem Gefäß, welches die Goldschüssel bedeckte, haben sich leider
nur zwei unverzierte Scherben erhalten. Der Ton derselben erscheint
schlecht gebrannt, mit Steinchen vermischt; die Masse ist 7-9 mm dick.
Auf der äußern Seite erkennt man an einigen Stellen Fingerstrichc.
Kehren wir zur Betrachtung der GoldschOsscl zurück und vergleichen
wir zunächst deren allgemeine Form mit bekannten Funden, so müssen wir
gestehen, daß wir in der Zürcher Schüssel keinen wohl differenzierten Typus
vor uns haben. In der Tat finden sich ähnliche Formen in Ton und Metall
fast überall. Man vergleiche nur die Gefäße aus Pfahlbauten der Bronzezeit,
z. B. die reichverzierte Schüssel aus Cortaillod'i, ferner Gräberfunde der
Bronze- und Eisenzeit der Schweiz, von Österreich-Ungarn, Deutschland,
Dänemark u. s. w., an Schatz- und Depotfunde, sowie Objekte aus Ansied-
lungcn cjer Bronze- und Eisenzeil. -'i
Was die Buckelung unserer Goldschüsse] angeht, so finden sich ihre
Analoga so zahlreich bei Gefäßen der genannten urpeschichtlichen Epochen,
auf Schildbuckeln, Phaleren, Helmen etc., daß es ganz überflüssig ist, hier
auch nur einen Augenblick weiter dabei zu verweilen. Weniger häufig sind
dagegt n getriebene Buckelchen, welche Tierfiguren darstellen. Doch kommen
sie z. B. auf Gürtelblechen der ilallstattperiode nicht selten vor und fehlen
auch auf Situlen und Cisten Norditaliens nicht, wie Monlelius mehrmals
nachgewiesen hat. Es sind besonders die Kulturkreise von Este und Bologna,
in welchen derartige Bildungen angctrofl'en werden. Als Beispiele seien hier
die Situlen von Bologna'^!, von Trezzo*j und Sesto Calende'; angeführt. Auch
in Mittel-Italien findet sich diese Ornamentik, z, B. in Orvieto") und Corneto.^)
Dieselbe Technik und Ornamentik laßt sich aber auch nordwärts der
Alpen nachweisen. Aus Ünter-Glauheim bei Augsburg") stammt z. B. ein
') MiUcilungen der Antiquarischen Gcsellschüft Zftrich XV, 7, Tafel XVI, 1.
•) Um aus dem reichen Material aufs Geratewohl einige Beispiele herauszugreifen,
erinnere ich an die Schalen und Schüsseln aus den Gräbern von HOngg bei Zürich (MitL
d. Antiq. Gesellsch. Zürich III. II, 1, Taft! 11, 5), von Kretjzlingen bei Konstanz (ibid. Tafel
IV, 6), von Kelsberg bei Chur (licrichtc der Antiq. Gesellsch. Zürich 1868, Taf. II, 3), etc.;
ferner an Grabfunde von Gunzcnhausen in Nordbayern (Prähistorische Blätter 1889, Taf. I,
4-6 und 8), an solche aus der Gegend des Starnbcrger- und Riegsees (Naue, Hügelgräber
an mehreren Stellen, ebenso bei Naue, ßronzezeit). an die von Zimmer publizierten be-
malten TongefaOc Schlesiens, an ungarische Gotdschalen (Hampcl, A bronzkor rml<^kci III,
Tafel 246, I— 4I, an norddeutsche Gefäße alinlicher Form (2. B. Altertümer unserer heidn.
Vorzeit V, 6, Tafel 39, 657 und V, 7, Tafel 43. 721 elc ), an die nordischen HängegelaHe und
die danischen Goldschalen \z. B. M^m des Antiquaircs du Nord 1B7576 p. aoS) etc., etc.
') Montclius, la Civilisation primitive en Italic I B PI. Bi, 6.
*) ibidem PI. 46, 19.
') ibidem PI. 6a. i.
•) Montclius, Civil, primit. Italic centrale PI. 239, 5.
ibidem HL 281. 26.
*) AltcrlOmcr unserer heidn. Vorzeit IV, Tafel 19, i ; vergL auch Fig. 4 dcrs. Tafel.
Bronzekessel, der mit Buckeln verziert ist. Ein Teil dieser getriebenen
Buckelchen bildet Vogelköpfe. Ähnliche Funde sind aus Anklam bei Stettin,
ferner aus Siem und Ronningen in Schleswig namhaft gemacht worden.
Wenn die Zürcher Goldschüssel diesen Funden auch nah verwandt ist,
so unterscheidet sie sich eben doch prinzipiell von ihnen durch den Umstand,
daß bei ihr nicht die Buckelchen oder Warzen die Tierfiguren bilden, son-
dern den Grund erfüllen, in welchem die Figuren als ausgesparte Stücke
erscheinen. Einer der ausgezeichnetsten Kenner antiker Goldarbeiten, Pro-
fessor Furtwängler in München, schrieb mir, daß er nichts Ähnliches kenne.
Die Zürcher Goldschüssel ist also ein Unikum.
Es bleibt noch übrig, auf die Frage einzugehen, welche chronologische
Stellung unserer Goldschüssel angewiesen werden müsse. Schon aus dem
oben Gesagten geht hervor, daß sie der Form und Technik nach dem Ende
der Bronzezeit oder, vielleicht noch besser, der Hallstattperiode zugeschrieben
werden dürfte. Um nun über diesen Punkt möglichste Klarheit zu gewinnen,
sandte ich mehreren hervorragenden Forschern auf prähistorischem Gebiet
große Photographien des Fundstückes zu und bat sie, mir ihre Ansicht be-
treffend Alter und Herkunft desselben gütigst mitzuteilen. Alle haben geant-
wortet und es drängt mich, diesen Forschern und Freunden hier meinen
verbindlichsten Dank abzustatten.
Wie nicht anders zu erwarten, stimmen die Ansichten sämtlicher Herren
ziemlich genau überein. Die allgemeine Form der Schüssel wie die Technik
derselben weisen sie, wie schon oben gesagt, dem Ende der Bronzezeit oder
der altern Hallstattzeit zu. Offenbar gehört sie zu jener Gruppe von Ge-
fäßen, die von Italien aus nach Norden gebracht wurden und später auch
im Hallstätter Kulturkreis nachgebildet und weiter entwickelt worden sind.
Gerade der Umstand, daß bei unserer Goldschüssel die echt hallstättischen
Tierfiguren nicht getrieben, sondern im gebuckelten Grunde ausgespart sind,
dürfte dafür sprechen, daß das Gefäß in Anlehnung an italische Vorbilder
im Hallstattkreise entstanden ist. Dies ist auch der Grund, warum ich das-
selbe in die Hallstattperiode setzen möchte und nicht ans Ende der Bronze-
zeit. Ich freue mich, sagen zu können, daß auch die erwähnten Forscher
damit einverstanden sind.
Bis vor Kurzem wäre es schwierig gewesen, diese Ansicht mit den
Kenntnissen in Einklang zu bringen, welche wir von andern Grabfunden der
ersten Eisenzeit in der schweizerischen Hochebene gewonnen hatten. Diese
Gräber fanden sich nämlich ausnahmslos in Grabhügeln, die nur im Gebirge
und in der Südschweiz fehlen. Vor einigen Jahren sind aber in Schötz,
Kanton Luzern, sichere Hallstattgräber zum Vorschein gekommen, welche
nicht unter Grabhügeln, sondern in flacher Erde, in einem 'I'onlager ge-
borgen lagen.') Damit ist nun der Nachweis geleistet, daß auch in der
Schweiz, ähnlich wie in Süddeutschland und Österreich, die Hallstattgräber
') Dieser unpubtizierte Fund gelangte zum größten Teil ins Schweiz. Landesmuseum.
sowohl in Hügeln, wie in freier Erde vorkommen. Es hindert also der
Leichenbrand in der Zürcher Goldschüssel und ihre Lage in freier Erde
nicht, sie der altern Hallstattzeit zuzuweisen.
Das ist ja auch die Zeit, aus der wir noch mehrere andere Goldvasen
besitzen. Dr. Paul Reinecke in Mainz, der die Güte hatte, mir einen ein-
läßlichen Bericht zu senden*', weist besonders auch darauf hin, daß der
Depotfund von Unter-Glauheim (Hallstatt A) und die Goldvase von Werle
an der Havel andeuten, daß wir neben den „nordischen" Goldgefäßen der
zu Ende gehenden Bronzezeit „noch ganz anders geartete Stücke vorauszu-
sehen haben". Er „möchte die Zürcher Schale als ein absonderliches Glied
eines Kreises halten, den wir in der Zone nordwärts der Alpen mangels
Denkmaler noch nicht recht zu überblicken vermögen". Auch ihm ist unsere
Schüssel „sehr wohl verständlich als Erscheinung der frühen Hallstattzeit
nebst ihren Grenzzeiträumen in dem süddeutsch-nordschweizerischen Anteil
der Zone nordwärts der Alpen". . . . „In den Stufen A — C der Bronzezeit
wäre sie mir absolut unverständlich, und in den Stufen Hallstatt C und D
oder gar in La Tene A und B wüßte ich das Stück auch nicht unterzubringen."
Wir werden also nicht fehlgehen, wenn wir die Zürcher GoldschüsseLder
altern Hallstattperiode zuweisen und der Hoffnung leben, daß spätere Funde
uns das Fremdartige an diesem Objekte nach und nach begreiflich machen
werden.
') Schreiben vom 3. März 1907.
Etüde sur les fibules de Tage du fer trouvees en Suisse.
Essai de typologie et de Chronologie.')
Par David Viollier.
En tete d*une etude ayant pour objet la fibule, il est ä peine besoin,
pensons-nous, de rappeler longueraent rimportance de ce petit objet de toi-
lette pour fixer Tage d'une trouvaille. C'est avec une parfaite justesse que
Ton a pu comparer son röle ä celui joue en geologie par les fossiles-directeurs.^)
La fibule ^tait aussi commune dans l'antiquite, que Test aujourd*hui le
bouton dont eile tenait la place. Aussi a-t-elle subi au cours des sifecles des
modifications trfes importantes, resultant de v^ritables modes, qui „presentent
„assez de constance pour devenir un principe de Classification chronologique,
„comme pour jeter quelque lumi^re sur ies mouvements ethnographiques,
pSur les relations commerciales entre les peuples.""*)
Les fouilies exöcut^es presque simultanement dans la grande necropole
de Hallstatt, en Basse- Autriche (1846 — 1863) •; et dans la Station de La Tfene,
sur le lac de Neuchätel (1857 — 1860) *\ avaient permis de reconnaitre dans Tage
du fer deux grandes periodes, bien distinctes, qui regurent le nom des deux
principaux gisements : l'öpoque de Hallstatt, ou preraier äge du fer, et Töpoque
de La Tfene, ou deuxifeme äge du fer.
Une 6tude de Faire de r^partition des objets appartenant ä, la seconde
de ces pöriodes a permis de d^montrer que la civilisation de la T6ne devait
€tre attribuöe aux Gaulois qui, au V^me siöcle avant J.-C. occupaient l'Europe
centrale."}
Quant ä la civilisation hallstattienne, il n'a pas encore et^ possible d'in-
diquer d*une fa^on certaine ä quei peuple il fallait l'attribuer. De nombreuses
hypothfeses, aujourd'hui abandonn^es, ont ^te emises ä ce sujet.') La seule
') Cette ^tude a 6te pr^sent^e en 1906 comme thfese ä I'^cole du Louvre ä Paris pour
robtention du diplöme. CVst un chapitr^ d*un tra\ail que nous prtparons depuis plusieurs
anntes, et qui aura pour sujet les Periodes priromaints du fer en Suisse.
■) Dictionnaire des antiquit^ grecques et roraaines de Saglio, ait. Fibula (S. Reinach),
p. II01|'2.
■) F. V. Sacken, Das Grabfeld von Hallstatt, Wien 1868.
*) E. Vouga, Les Heivfetes ä La T^ne, Neuchätel 1885. — V. Gross, La Tcne, un oppi*
dum helv^te, Paris 1886.
') H. d'Arbois de Jubainville, Les premiers habitants de l'Europe, 2*^ ed., Tome II,
livre III, chap. iii, Paris 1894. — H. d'Arbois, Les Celtcs jusqu'en l'an 100 avant notre fere
Paris 1904.
■) Voir S Reinach, cours profess^S ä I'EcoIe du Louvre en 1900—1, notes manuscrites.
presentant quelques apparences de probabilite est Celle de Messieurs Bertrand
et Reinach, qui considcrent cette civilisation comme celtoillyrienne. ') M"^ Dottin
la regarde comme cultique.*)
Chacune de ces deux civilisations a eu une duree de plusieurs siecles
pendant Icsquels elles ont du forcement ^voluer. Une etude typologique
des objets les plus caractcrisiiques, et principalement de la fibule, a ptnnis
de reconnaitre et de d^terminer pour chacune d'eUes, plusieures phases ou
periodes successives.
C'est, croyons-nous, O. Montelius, le savant directeur du Musee de
Stockholm, qui, dts 1884. a, le premier, donne une base süre aux etudes de
typologie, en fixant les lois de cette nouvelle scicnce.*) Montelius a en effet
constatd que, si Ton compare une serie de fibules. par exemple, avec une
autre s^ne d'objeis contemporains, et si Ton designe chaque type de chacune
des series par une lettre, A etant le type le plus ancien, B le suivant, etc.,
on obtient ce qu'il a appele des series paralleles.^
De l'examen de ces series, on a pu deduire la loi suivante:
Etant donn6 deux series typologiques quelconques, les m^mes types
se trouvent toujours ensemble, ou avec des types immediatement voisins,
majs jamais avec des types distants ä plusieurs degr^s.
C'est Tischler qui le premier, en 1885, a dcmontre que, dans l'Europe
centrale, repoque de La T^ne se subdivise en trois pöriodes, developpement
d'une meme civilisation.*) La division de Tischler est basee sur l'evolution
de la fibule et de l'6pee.
Demi^rement, un autre arch^ologue allemand a tente, sans succ6s, ä
notre avis, d'ajouter une nouvelle division ä celles etablies precedemment par
Tischler, en considerant comme taisant partie de la civilisation gauloise ia
fibule appelee type de !a Certosa, du nom de la cclebre nccropule etrusque
fouillöe prfes de la Certosa de Bologne.")
') A. Bertrand et S. Reinach, Les Ccitcs dans Ics vallies du P^ et du Danube, ParU
1894. p. 71.-, et S. Reinach, cours de I'ccolc du Louvrc, notes manuscritcs.
') Dottin, Manuel de l'antiquit^ celtique p. 3.
*) Montelius a cxpost ä nouveau et d*unc fa^on complcte sa methode dans aes Aclle-
ren Kulturpcriodcn im Orient und Europa, I, die Methode, Stockholm igoS.
*) Montelius I. c. p. 17 et SS.
") Tischler, Über Gliederung der La Ten« Periode, dans Ic Korrespondenrblait der
deutschen Ges. f. Anthrop. 1885, p. ihn, Cel articlc avait passe inaperi^ cn France jusqu'en
1889, ^poque ä laqucllc S. Reinach Ic Signale pour la premiere fuis dans son Guide du
Mustfe de St-Germain. Enfin au derniercongrös d'arch^ologiepr^historique, M"^ Reinach a pro-
pos^d'adopter pour ceite civilisation Ic nom de (^ Töne, et les divtsions ctablics par Tischler.
') Reineckc, Zur Kenntnis der La Tene Denkmaler, dans la »Festschrifl" du Mus<^e de
Mayencc, Mayence 190a. Rcinecke pretend que la fibule ne prfeente aucnne surcl* pour
datcr un milieu archdologiquc, et qu'elle entralne au contrairc ä des errcurs (page 54I II
se base pour sa nouvelle Classification sur le style des objets; or le style est bien plus
diflicile ä appr6:ier que ta forme d'une fibule, et par lä bien plus sujet ä erreur. Nouä ne
croyona pas qu'une fibule seule permctte de dater une trouvaille; mais, en faisant cnirer
en ligne de comptc d'autrcs elöments d'apprecialion, la fibule demcure ü nos yeux le prin-
cipal auxiliaire de Tarcliäologue.
lO
De son cöte, Mon'elius a tente d'^tablir, ä Taide de la fibule, des divi-
sions dans les differentes epoques qui se sont succedees depuis Tage du bronze.*;
Jusqu'ä ce jour, et ä notre connaissance, les seuls travaux sur l'evolu-
tion de la fibule sont: L'etude de Tischler parue dans les Beiträge zur Ur-
geschichte Bayerns (1881), 6tude qui a servi de base aux travaux suivants;
le trfes important articie FIBULA de S. Reinach dans le DüHonnaire des
antiqxiites, de Saglio, et l'etude sur X Evolution de la fibule en Italie placke
par Montelius en töte de sa Civilisation primitive en Italie. A ces travaux
d'ensemble, on peut encore ajouter des ^tudes sur quelques fibules, en par-
ticulier celle de M"" P. Castelfranco sur les fibules k arc et ä grandes cötes
dont il a fixe la place dans la Chronologie.'')
Dans les pages suivantes, nous allons tenter d'etabür une Chronologie
semblable pour les fibules trouv^es en Suisse.
En Suisse, plus que dans toute autre contree, la nature du pays a joue
un röle conslderable dans la repartition des groupes ethnographiques et sur
le d^veloppement des differentes civihsations. N*en pas tenir compte dans
une etude comme celle que nous entreprenons, serait s'exposer ä des chances
d'erreur consid^rables.
Un coup d'oeil jete sur une carte suffit pour montrer que la Suisse se
divise en deux r^gions d'aspects bien differents. Au N-O s'etend un vaste
plateau, du lac de Constance au Leman, resserre entre le Jura et le Rhin
d'une part, les Alpes d'autre part. Region montueuse, coupee de coUines,
arrosee de larges ri vieres calmes, semee de grands lacs, couverte de champs
et de foröts: c'est la region fertile et ouverte; eile sera de tous teraps
habit^e et servira de passage ou d'^tape ä presque tous les peuples dont les
migrations et les mouvements remplissent la prehistoire de TEurope centrale.
Au S-E, c'est l'enorme massif des Alpes, region tourment^e, creus6e
de profondes et etroites vallees, arrosee de torrents impötueux, couverte,
en haut, par les neiges ^ternelles, en bas, par des foröts ou des pierriers.
C'est la region imposante et sauvage qui ne nourrira Thomme qu'ä force de
travail et d'industrie. Cette derni^re region se divise naturellement en quatre
parties formees des quatre grandes vallees, qui, partant toutes d*un möme massif
central, le St-Gotthard, rayonnent comme les alles d'un moulin gigantesque : les
vallees du Rhin, de la Reuss, du Rhone et du Tessin.
Au point de vue archeologique dont seul nous avons k nous occuper
ici, nous pourrons adopter ces deux divisions naturelles*):
') Montelius, Chronologie pr^historique en France et en d'autres pays celtiques, An-
thropologie 1901, p. 609
*) P. Castelfranco, Fibule a grandi coste e ad arco semplice, BuUettino di palet
ital. 1878.
') Nous montrerons dans un autre ötude actuellement en preparation que cette divi-
sion bipartite correspond aussi, au point de vue funöraire ä deux modes de säpultures tres
differents, du moins pendant le premier äge du fer: le plateau est la rdgion des tumuli;
les valldes alpestres, celle des tombes souterraines.
XI
I. Les Valiees alpestres, comprenant les vallees du Tessin, du Rhin
sup^rieur et du RhOne, en remarquant toutefois que cette derni^re vall^e,
bicn qu'en relations etroites avec l'Italie, subit aussi tres fortement I'influence
du nord. En outre sa position geographique en fait comme un petit monde
separ6 ayani sur certains points sa civilisation propre et tres particuli^re.
IL Le Plateau, largement ouvert ä toutes les influences, placö sur la
grande voie comraerciale du Danube et du Rhin. A ce demier on peut
joindre la vallee de la Reuss, corapletement nulle au point de vue archco-
iogique.
Nous commt^ncerons notre etude par les Vallt^es alpestres ; celles-ci
ont livre un grand nombre de n^cropoles importantes presentant une civilisation
remarquablement homogene, proche parente de celle qui florissait U. la möme
^poque dans la vallee du Fö.
Premiere Partie.
Vallees alpestres.
La grande route commerciale qui, parallele ä celle passant par le Grand-
Saint-Bernard, conduisait d'ltalie vers le nord, ne franchissait pas, aux epoques
prehistoriques» le SaintGotthard. Elle remontait la vallee du Tessin jusqu'un
peu au-dessus de la peliie ville moderne de Bellinzona ; lä. eile lournait
brusquement vers Test, et, par la vallee de la Mo^sa et le col de St. Bernardino,
gagnait la vallee du Rhin superieur par le Rhcinwaldthal.
C'est le passage de cette route qui permet d'expliquer la prcsence en
un raerae point, au d^bouche du Val Mesolcina, de nombreuses et importantes
n^cropoles: sur Tespace d'une lieue carree, on a dejä reconnu et fouill^ neuf
cimetiöres, representant tout pr^s d'un millier de tombes.'j
Tous ces cimetieres sont contemporains: ils ont 6te en usage des la fin
du Premier äge du fer, et pendant le second; Tun d'eux (Giubiasco) se pro-
longe m6me jusqu'au mÜieu du second sifecle de notre ere. Ces cimetieres
repri^sentent une civilisation identique ä celle des cimetieres contemporains
de la vallee du Pö, pour lesquels Montelius ä fait le möme travail de classe*
ment que nous tentons de faire ici. Nous avons donc lä un riebe materiel
qui va nous permettre de verifier si la Chronologie adoptee par ce savant
peut s'appliquer aussi aux necropoles alpestres.
Les Grisons, ou vall^ du Rhin superieur se rattachent etroitement
comme civilisation ä la vallee du Tessin, Ils ont livr^ aux archdologues en
dehors de quelques trouvailles de moindre importance deux riches necropoles,
edle de Castaneda et celle de Misox, toutes deux dans la valJ^e de la Mo&sa,
') Ces cimetifer» sont ceux de: Giubia3<:o, avec 534 tombes; Cerinasca, 164; MoLinazzo
94; CasUone, 65; AUa-Monda, 36; Bergamo, 14; S. Paolo, la; Calbbo, 7 et Corduno, 6.
13
sur la route commerciale de l'Itaiie. Malheureusement ces deux cimetiferes
n'ont Jamals ^te encore Tobjet de fouilles syst^matiques, et il nous serait ä
l'heure actuelle impossible d'en reconstituer un seui mobilier funeraire complet.
Nous devrons donc nous borner ä signaler les types de fibules qui y ont 6t6
trouves sans attendre d'eux aucun secours pour nos recherches chronologiques.
Quant ä la Vallöe du Rhone, c'est certainement au point de vue arch^-
ologique, comme d'ailleurs ä tous les autres points de vue, la region la plus
interessante de la Suisse.
Cette longue vallöe, etroitement ferraee ä son debouche sur la plaine
du Leman par le defile de St. Maurice, a toujours forme une region ä part,
aux epoques prehistoriques, plus encore que de nos jours. Cette vall6e
devait etre habitee par une population trfes dense, ainsi qu'en temoignent les
nombreux lieux de sepultures qu'on y a döcouvert.'l Ces populations, bien
qu*en contact assez frequent avec edles du nord de l'Italie, devaient cependant
vivre tr^s isolees. Aussi assistons-nous dans cette vallee ä Teclosion et ä la
floraison d'une civilisation trfes particuliere, et, dans certains de ses types,
tout ä fait speciale ä cette contree, comme par exemple le developpement de
ces bracelets si particuliers que Ton a appele „bracelets ä ornement valaisan".*)
Aussi ne saurait-on trop deplorer que cette contree si riebe n'ait encore
Jamals etö Tobjet de fouilles methodlques. Toutes les piöces qui enrichissent
nos musees ont 6te trouvees par hasard, pendant les travaux des champs,
par les paysans, achetees par des antiquaires, cette plaie du Valais, et revendues
par eux aux coUectlons publiques. Aussi ne devons nous pas nous etonner
si Toriglne de la plupart de ces objets demeure tres douteuse et si le nombre
des fibules de cette provenance est relatlvement tr^s faible.
I. Premier äge du fer.
Presque tous les types de fibules que nous allons ttudier se rencontrent
en Italie. Nous pouvons donc a priori adopter la Classification proposöe par
Montelius, du molns dans ses grandes lignes.
Nos fibules se divlseront naturellement en deux grands groupes: les
fibules du Premier äge du fer, et Celles du second äge du fer. Les premiferes
appartiennent en majeure partle au groupe que le savant suedois a appele
etrusque: nous aurons donc un groupe 6trusque, et un groupe gaulois de
fibules, en prdcisant bien d^s le debut que nous n'attachons pour le moment
ä ces deux terraes 6'ctrus</ite et de gaulois aucune valeur ethnographique:
nous n'y voyons qu*une fa^on rapide et claire de designer nos deux groupes.
Un caractere g^neral ä chacun d'eux va nous permettre d'<^tablir une
divlsion tres nette entre eux :
1. groupe etrusque: fibules ä ressort unilateral, ou sans ressort;
2. groupe gaulois: fibules ä ressort bilateral.
') J. Heierli, Urgeschichte des Wallis, Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft
Zürich XXIV, 3.
•) J. Heierli 1. c. pl. VII.
13
Disons en passant, qu'ä ce sujet, nous ne sommes pas du tout d'accord
avec Reinecke, qui dans le travaÜ prOcödemment citö'f tente de faire rcntrer
la fibule de la Certosa dans Je groupe gaulois, et fait de celle-ci la caractö-
ristique de la premifere de ses divisions de l'epoque de la Töne. Notre
opinion se base precisement sur cette particularitc du ressort: loules les
Ebules gauloises sont ä ressort bilateral, alors que la fibule de la Certosa est
ä ressort unilateral. Nous verrons d'ailleurs plus tard, qu'il existe une fibule
de la Certosa ä ressort bilateral identique au type unilateral, et trouv^e dans
un milieu gaulois. Le m^me fait sc reproduit pour la fibule „ä timbale", oü
ä c6t6 du type hallstattien ä ressort unilateral, on trouve un type ä ressort
bilat^Tal, et gaulois. Si la fibule de la Certosa se rencontre souvent au
debut de l'epoque gauloise, comme dautres types ^trusques (la fibule ä sangsue,
en particuliert, eile se trouve en bien plus grand nombre dans des milieux
pureinent etrusques.
Monsieur Dechelette, le savant conservateur du Mus^e de Roanne, a
•donn^ ce que Ton pourrait appeler la theorie
de la fibule.^) Celie-ci sc compose d'un arc, i,
et d'un ardillon, 2, r^unis par un ressort, 3.
On appelle tctc de l'arc. 4, la partie voisine
du ressort, et pied de l'arc, 5, la partie op-
posde; ä celui-ci est fixe le porte-agrafe, 6,
dont la partie terminale varie ä l'infini. Enfin,
dans les fibules ä ressort bilateral, la corde, 7,
est la partie rectiligne qui reunit les deux moities du ressort.
Montelius a group^ les fibules itaüennes en deux grandes classes:
A) les fibules ä un dis^iue, ou ä agrafe.
B) les fibules ä deux ou quatre disques.
De ces deux classes, la premitre seule va nous occuper; la seconde ne
se rencontrant pas chez nous; eile se divise elle-möme en quatre groupes:
aj fibules ä arc simple, non serpentant. disque, ressort unilateral ;
b) fibules ä arc non serpentant. agrafe, ressort unilateral, ou bilateral;
cj fibules ä arc serpentant, disque, ressort unilateral ;
ä) fibules ä arc serpentant, agrafe, ressort unilateral;
' Les fibules ä disque fönt d^faut en Suisse ; nous ne rencontrerons donc
que des types rentrant dans les classes b et ä.
a) Fthiites ä arc non serpentant^ agrafe^ ressort itnilatt'rai.
Ce groupe renferme un grand nombre de types, qui presentenl de nom-
breuses varietes; les types se retrouvent tous en Iialie, mais la plupart des
Varietes sont particulieres ä notre region; nous pouvons donc admettre que
nous assistons ä une floraison bien locale de cette civilisation.
*) Voir page 9, note 6.
*) J. D^helette, le HradJscht de Stradonic, dans Les Fouitles au Mont Beuvraj* de
1897 -1901, Paris 1904, p. 138,
H
Croupe I. ') Le type le plus simple, et le plus ancien, est Celui dit „a arc
simple**, (fig. i), form6 d'un fil de bronze d^crivant un arc de cercle; le fil
est de section carröe, et une torsion qul lui a 6t6 itnprimee en compose
toute la döcoration. L*une des extr^mitös de l'arc est applatie et repli^e pour
former le porte-agrafe ; le ressort, plac^ ä l'autre extr^mite n*a qu'une spire.
Dans ta fibule „ä grandes cötes", (fig. 2), l'arc decrit toujours un demi
cercle, mais il est devenu tr^s 6pais, entaillö de profondes rainures döter-
minant des cötes saillantes; le porte-agrafe est d'abord trfes grand, presque
semi-circulaire, orn6 de traits gravis; l'arc part de son railieu; le ressort a
deux spires. Dans une Variante de ce type, (fig. 3), le sommet des cötes est
reliö entr'elles par un fil de bronze, et dans les boucles ainsi formöes sont
pass6es des chainettes qui devaient se terminer par des pendeloques.
Une autre vanet6 du mfime type est la fibule „ä petites cötes", (fig. 4),
dont Tarc est plus mince, les rainures moins profondes et les cötes moins
saillantes ; le porte-agrafe demeure disproportionnö. Puis ce dernier diminue
de hauteur (fig. 5), s*allonge et fait saillie en avant.
Croupe IL A ces fibules dont l'arc decrit un demi-cercle, nous pouvons
rattacher trois types trfes curieux, dont l'arc n'est plus massif, mais fait d'ambre,
ou d'os.
L'arc est d'abord trfes haut, formö de neuf sections coniques en ambre,
enfil^es ä un fil de bronze, et maintenues aux extrömites par deux culots
coniques, massifs, aux quels s'attachent d'une part le porte-agrafe, d' autre part
le ressort (fig. 6); le porte-agrafe est allongö, le ressort tr^s petit. Une autre
fibule serablable, (fig. 7), malheureusement incompl^te, a le corps formö de
sections d'une substance blanche, poreuse, non encore analys^e, mais qui
parait etre de l'os ; ces sections sont passees dans un fil de bronze, et main-
tenues aux deux extremites par des manchons; l'arc etait enti^rement recou-
vert d'un fin fil de bronze enroule. Le troisifeme exemplaire, (fig. 8), est d'un
type difF^rent: l'arc est plat, tr^s allongö, en forme de trapfeze; constitu^
par un corps rectangulaire en ambre, compl^t^ aux extrörait^s par des pris-
mes de meme matifere formant les angles; le ressort, trfes petit, a trois
spires; le porte-agrafe est saillant. Mais revenons aux fibules ä arc massif.
Croupe IIL Dans la fibule „a boutons" l'arc, portant de chaque cöte
une saillie (fig. 9) est moins epais, d^core de traits ; le porte-agrafe est tou-
jours trfes long.
Croupe IV. L'arc s'abaisse et s'applatit, (fig. 10); il est d6cor6 de traits
graves. Le porte-agrafe s'allonge et se termine par une sorte de petit crochet
relevö; le ressort a deux spires.
Puis le porte-agrafe se termine par un bouton applati, (fig. 11); l'arc
reste döcore de traits graves, mais il perd ses boutons lateraux.
') Nous croyons devoir faire remarquer que cette r^partition par groupes est pure-
ment typologique, mais non chronologique ; dans deux groupes cons6cutifs, les types initiaux
peuvent 6tre contemporains, mais les types du premier groupe peuvent fitre demcurte en
usage plus longtemps que ceux du second.
IS
Croupe V. L'arc devient alors trds volumineux, ouvert en dessous,
donnant ä la fibule l'aspect d'une petite barque. d'oii son nom de „fibuie ä
navicelie" (fig. i2|; l'arc est richement decore; le ressort devait etre ä une
spire et le porteagraie de trfes petites dimensions.
L'arc prend alors des proportions enormes, form^ d'une feuille de bronze
mince decor^e au trait; il est ouvert en dessous par une fente allongöe,
(fig' 23),
Croupe VL Quelques fois l'arc, comnie dans la sörie pröcedente, s'orne
de boutons lat^raux (fi.^. 13), Cet exemplaire est nialheureusement incomplet.
Dans une autre fibule du m^me type, (tig. 14I le ressort ä trois spires et !e
pied devait ötre trds allong6,
Croupe VII. Une serie excessiveraent nombreuse est celle de la fibule
dite „ä sangsue" . L'arc fortement renfle au niilieu presente l'aspect d'un
Corps de sangsue, d'oü son nom. D'abord l'arc est peu volumineux, legfere-
ment conique (fig. 15); le ressort n'a qu'une spire et le porte-agrafe est tr^s
pelit, non saillant. Puis l'arc augmente de volume (fig, 161 et entin le porte-
agrafe fait saillie en avant (fig. 171.
Croupe VIII. L'arc devient alors plus petit, plus courbe, plus large,
(fig. 18). Mais, detail important. la fibule cesse d'^tre d'une scule pi6ce: le
ressort et l'ardillon sont fait d'un fit de bronze ins6re dans la t6te de l'arc;
c'ctait la partie faible de ta fibule, et il est constant qua Ton rencontre des
fibules dont le ressort, s'etant brise, a ete raccomod^ en fi.vant sur la tete
de l'arc, ä laide d'un petit clou qui le traverse de part en part, son extr^mite
applatie en forme de plaque concave.
L*arc deraeure d'abord petit et large, mais le porte-agrafe dejä allonge,
s*allonge encore, (fig. 20), il s'amincit et se termine par un bouton sphe'rique
et une partie en forme de tronc de cöne renverse, ou par deux boutons
sphöriques (fig. 21). L'arc conserve dans la suite cette mfime forme, mais il
deviendra massil; le noyau est forme d'une substance dure, ressemblant ä de
la terre cuite, revOtue d'une mince enveloppe de bronze.
Le type le plus elegant a Tarc entierement recouvert de fincs cötes
transversales, (fig. 24) ; le pied est droit, terraine par un bouton spheSrique
et un cöne renverse: la fibule est bien proportionnöe. Le m^me type &e trouve
avec une legere Variante, (fig. 25) oü le pied se termine par deux boutons
sph^riques.
Mais ces formes presques elegantes ne demeurent pas longtemps: Tarc
devient uni ; les cötes ne sont plus rappelees que par un groupe de traits
plac6 ä son pied et ä sa tt^te, enfin il prend des formes heurtdes, (fig. 26).
Le porte agrafe s'allonge au ddpens de l'arc; le bouton terminal devient plus
volumineux et la terminaison conique se complique; le long de ce porte-
pagrafe glisse une bague qui a pour mission d'empöchcr l'ardillon de sortir
de la goutti^re, trop peu prüfende et trop ouverte.
Une vari^tö de cette forme se termine par un double bouton sph^rique
(fig. 30.
i6
L'arc continue ä augmenter de proportions; il devient plus epais encore
au milicu» {fig. 33); le porte-agrafe devient egalemcnt plus massif, le bouton
terminal plus gros; ä ce dcrnier s'ajoute une partie doublc-conique.
La fibule garde d^s alors ses proportions massives, Farc se d^ore de
traits parall^lfs transversaux, recouvrant toute la surface, (fig. 35}; le purte
agrafe se termine par deux gros boutons sph^riques.
Cette forme nous conduit directement au t^^pe commun de la fibule ä
sangsue, (fig. 37). L'arc est massif, uni, trfes renfl6 au centre, d^cor^ de
traits ä ses deux extr(5mit<^s; le porte agrafe est relativement court, dpais,
irapu, termine par un gros bouton au quel vient s'ajouter une partie evasee
en forme d'entonnoir; le long du porte-agrafe glisse une large bague decor^e;
le ressort a deux spires et vient s'inserer dans la tete de l'arc; celle-ci est
ornee d*un gros anneau mobile creux, de section conique, qui a pour but
d'empecher l'^toffe de passer au delä du ressort; de ce type il existe cepen-
dant une Variante ä arc presque plat (fig. 36).
Ce type presente encore deux autres variantes: dans l'une le bouton
terminal est piriforme, (fig. 39); dans l'autre, (fig. 38), l'anneau de t^te est
remplace par une bague d'arabre portant un chälon en forme de losange.
A presque toutes les varieles que nous venons d'examiner correspond
une sörie parallele, trfes curieuse, dans laquelle l'arc. et souvent le bouton
terminal sont d6cores d'une quantite plus ou moins grande de petits points
form^s d'une mati^re blanche, souvent rosee. d'aspect crayeux, incrusti^e
dans le bronze. Cette mati^re, d'aprts les analyses faites au laboratoire du
Polytechnicum fed^ral, est du coraliioi rubrum (corail) de Naples; eile ap-
parait sous la forme de petits disques, ä peine de la grosseur d'une tete
d'6pingie, inseres dans une alveole menag^e dans la masse de la fibule.
A la fig. 18, correspond la variete (fig. 19), de formes identiques; l'arc
est döcorö de petites incrustations assez espac^es. A la fig. 20, la variete
(fig. 22) dans la quelle les incrustations sont plus grandes que dans les autres:
sur l'arc sont dispos^s huit alveoles entourees chacune d'un petit cercle
grave; sur le bouton terminal sont deux incrustations semblables.
A la fig. 26 correspondent quatre vari^t^s: dans l'une, (fig. 27) l'arc
et le bouton en sont decores. Un type un peu plus gros (fig. 29) a l'arc et
le bouton terminal enti^rement recouvert d'une muttitude de toutes petites
incrustations pressöes les unes contre les autres. Enfin dans une variete
curieuse, non seulemenl l'arc, mais encore Tanneau qui garnit sa t^te sont
ddcor^s de ces m^mes incrustations; autre particularite : le bouton terminal
est remplac^ par une boule d'ambre, et le long du pied glisse un anneau de
m^me mati^re (fig. 30).
A la fig. 31 correspond une variete identique (fig. 32}, dont l'arc et le
bouton sont d^corös. II en est de möme pour la fig. 33 ä la quelle correspond
la fig. 34.
Les deux varidtes suivantes n'ont pas de repr^sentant dans la sörie avec
incrustation de corail.
cxnu^
Planche HL
Vall^es alpestres. — Fibules N«» 1 ä '^6.
Group*- 1: I. AlU'Monda la (Teaßin). {Zürich]. - t. Ccrinasca 24 (Tessin). [ZurichJ. —
8. Casciane (Tcsain). [Zarich]. — 4. Cerinasca 44 (Tessin). [Zürich]. — 6. Ceriuasca»
88 (Tcssinl. (Zürich].
Group* ! rinasca 95 (Te5ffln|. [Zürich]. — 1, Molinazzo 87 (Tessin). [Zürich]. —
b. -^-^ 85 (Tessin). [Zürich].
GrOMpi III: ». Cerinasca 6 (Teaain>, [ZurichJT
Groupt ly,- 10. Alla-Mnnda 13 (Tessin). [Zürich]. - II. Cerinasca 6 (Tessin). [ZurichJ. ß
GroMpt V: \%. Conthey (Valais). [Gentvej.
Group* 17. I«. Castaneda (Grisonsl. [Zürich}. - U. Marügny (ValaU). [Gcn«ve].
Group* VII: 16. Castanedii {Grisona). [Coire].' — 1«. Conlhey (Valait). [Gentve]. - 17.
Conthey (Valals). [Gen*ve»,
Croup* VIU' IS. AIIa-Monda aa (Tessin). [Zürich]. - 1». AUaMonda la (Tessin). (Zürich].
20. Cerinasca 101 (Tessin). [Zürich]. - 21. AUa-Monda 18 (Tessin). [Zürich], - 32.
GiubiasGO 534 (Tessin). [Zürich]. -
Group* K(»uite): £$. Cerinasca 13 (Tessin). [Zürich].
Groupt ^7//(5uiie): 24. 2ö. Bergamo 4 (Tessin). [Zürich]. - 2« Bergamo (Tessin). [ftrichj
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Vall^es alpestres. Fibules 27 ä 44
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Vallöes aJpestres. - Fibules 45 ä 60,
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Croupe IX. La ßbule „de ia Certosa'* appel^e ainsi du nom de la cöl^bre
"n^cropole pr6s de Bologna, est issiie dt* la fibule i\ sangsue. L'arc conserve
d'abord sa forme arquec et lenlltie en son centre; le porte-agrafe est recti-
ligne ä section en equerre; ä son extremite, il se recourbe legörement et se
termine par im bouton. L'anneau de la fibule pr^cd-dente est rappele par
une bague placee ä la t^te de l'arc. Le ressort a deux spires. La fibule est
de nouveaii faite d'une seule piece (fig. 40)".
Puis Farc, tout en conservanl sa courbe en arc de cercle, s'amincit et
s'applatit (fig. 411. Le porte-agrafe prend ixn^ forme legferement trapezolidale,
et se termine par un bouton lenticulaire tortement d^jete en avant; la bague
qui separe l'arc du ressort prend plus d'importance. Peu ä peu l'arc perd
sa forme reguliere': il se brise en dos d'äne (fig. 42), et le portc agrafe sui-
vani le mouvement de l'arc devient franchement trapezofdal; le bouton, tou-
jüurs d^saxe, se decore de traits graves. Dans une variete du type 41
(fig. 45), le porte-agrafe se tei*mine par une tige recourböe surmontt^e d'un
gros bouton C(!)nique; la bague de töte d'arc est devt-nue un disque 6pais.
De ia vanete fig. 42 est sortie, par une evolution naturelle la fibule de
la Certosa de type comnmn. (fig. 431 dans Ia quelle l'arc dlegamment d^coup^
präsente une courbe moins brusque, le bouton terminal, lenticulaire, est bien
ax6, döcoic d'un double losange curviligne ; la bague de tete d'arc bien pro-
portionn^e est decoree; le ressort est ä double spire.
Notons que le passage de 42 ä 43 se fait ir^s lentement, progressive-
ment. La fibule de la Certosa se trouve dans des dimrnsions tres variees,
depuis la tres grande taiUe, comme la fig. 43, jusqu'ä des pitces lout ü fait
peiites comme la fig. 44. Ce type de fibule est le premier qui apparaisse fait
de fer (fig. 46). Enfin notons deux varietes du type commun: dans Tun le
bouton est decore d'un triangle curviligne ifig. 47) et l'arc d'une cr^te qui
court de la bague au bouton; l'autre, (fig. 48) ne presente aucune espfece de
decoration.
b) Fibuies ä arc serpetitant, agrafe, ressort unilaieral.
Ce groupe se diivdoppe parall6lement au groupe precedent. Ce qui
caract^rise les fibules qui en fönt partie c'est la disparition du ressort unique,
et son remplacement par deux ressorts, dont Tun se trouve sur l'arc, ou bien
encore l'absence complete de tout ressort.
Groupe XVL Dans le type qui parait ötre le plus ancien (fig. 49). le
ressort de töte d'arc existe encore, mais pour augmentcr l'clasticite de Ia
fibule, on y a ajoutä un second ressort sur Tarc, ä la suitc du quel Tarc sc
recourbe en forme de S. Les fibules de ce groupe sont toujours laites
d'une seule pifece. Le porte-agrafe est allonge, d'abord sans bouton terminal,
C'est ce que Ton a appelö la fibule „serpenti fonue** .
Dans un autre exemplaire, le ressort d'arc a disparu et seul le ressort
de töte subsiste (fig. 501. Cette fibule porte les traces d'une ancienne röpa-
ration Ir^'S naive : l'arc sVtait brisö et les deux extremit^s de la cassure ont
i8
6te applaties et fix^es Tun sur Tautre ä l'aide d'un clou; mais ces deux pifeces
n*6tant pas absolument fixes, la fibule avait perdu de ce fait toute son 6lasti-
cite primitive.
Puls le ressort de tete d'arc disparait (fig. 51). II est remplace par une
toute petita bague marquant la Separation de i'arc et du ressort, et ayant
pour but d'empßcher l'^toffe de remonter sur Tarc. L*6lasticit6 de la fibule
n'est obtenue que par le ressort et les möandres de Tarc. Puis le porte-agrafe
s'ailonge encore (fig. 52); et se termine par un bouton et une partie conique.
Par la suite la fibule est ramenöe ä des proportions plus rationneljes (fig. 53),
le porte-agrafe diminue de longueur, mais augmente de grosseur ; il se ter-
mine par un gros bouton ; la bague de tete d'arc est remplacee par ün disque,
qui souvent prend des dimensions Enormes {Fig. 55); c'est la fibule serpenti-
forme de type commun. Celle-ci presente une variet^ (fig. 54) dans la quelle
le disque de tßte d'arc est double. A titre de curiositö nous signalons ici
un exemplaire (fig. 56) dont les dimensions sont tout ä fait anormales.
Croupe XVII. Parfois la fibule serpentiforme s'orne de chaque cöte
de l'arc de deux petites antennes laterales terminees par un bouton: c*est
ce que Ton a appel^ la fibule „comue".
Dans le type le plus ancien que nous rencontrions (fig. 57) le ressort
d*arc a dejä disparu : il est remplace par une toute petite bague. Cette fibule
a et6 fondue d'une seule pifece: les courbes de l'arc sont reli^es entr'elles
par des tenons qui leur enl^vent toute elasticite; la forme serpentante n'est
plus dejä qu'un souvenir. Sur la derniere courbe est fix^e une paire d'an-
tennes. Le porte-agrafe se termine par un bouton extrfemement petit.
Puis toute trace de ressort disparait (fig. 58); la bague de töte d'arc
devient un disque; Tarc forme une double courbe, et, pour lui donner plus
d'6lasticite, a ete applati; ä la naissance de la prämiere courbe sont placös
deux boutons latöraux; ä la naissance de la seconde, une paire d'antennes.
C'est la fibule cornue de type commun.
Croupe XVIII. Enfin cornes et meandres disparaissent (fig. 59); ces
derniers ne sont plus rappeles que par une courbe brusque de l'arc applati;
le disque de töte d'arc subsiste; le porte-agrafe se termine par un bouton.
Puis la courbure elle-möme disparait (fig. 60). La fibule est alors formte
par un fil de bronze recourbö, dont les deux extremites se reunissent dans
le porte-agrafe. Un disque placö au sommet de la courbe indique seul la
Separation de Tarc et de Tardiilon; l'arc est applati sur toute sa longueur; le
porte-agrafe se raccourcit et se recourbe ä son extremitö : il se termine par
un petit bouton; cette fibule n'a d'autre ölasticite que celle que lui donne
le mötal.
Cette forme de fibule correspond exactement, dans ce groupe, ä la fibule
de la Certosa dans le groupe precödent.
A quelles pöriodes appartiennent ces diflförents types de fibules? C'est
ce que nous allons essayer de döterminer.
»9
Comparons d*abord nos fibules ä celles que Montelius a r^unies pour
ritalie. Nous obtenons le tableau suivant:
TABLEAU DES FIBULES D'APRES MONTELIUS ')
Fig-
Fig. de
A^e du
bronze
Premier äge du fer
Epoque
Epoque
Montelius
^tnisque
gauloiflc
IV a
IVb
X
1 U j
m
1
40
X
3
43
X
r
3
47
X
r
9
102
X
X
(r)
xo
80
X
X
(r)
,
23
109
1
r
X
r
33
Itl
r
X
r
43
M4
X
r
57
260
r
r
58
263
X
53
»75
X
51
272
X
D'apres ce tableau fjuelques-unes de nos fibules appartiendraient dejä
ä la fin de I epoque du bronze, d'autres ä la deuxi^me et ä la trotsi^me
phase du premier äge du fer; mals la plupart appartiennent ä ce que Mon-
telius a dönomm^ epoque etrusque. NoCons ce fait interessant que les fibules
du debul du premier äge du fer fönt presque eniiörenient defaut.
Voyons maintenant ä quels resultats nous arnvons par l'ötude de nos
fibules, et si ceux-ci concordent avec ceux aux quels Montelius est arrive
pour ritalie.
Nous avons entre les mains un materiel considerable, repr<^sentant plus
de 300 tombes etrusques, que nous pouvons regarder comme parfaitement
süres, et comme formant la presque totalit^ des tombes fouill^es jusqu a ce
jour. En effet les Musees de Gen^ve, Berne, Bäle, Lugano, de Berlin et de
Londres, ainsi que le gouverneraent du Tessin poss^ent quelques tombes,
mais elles leur ont ete en general vendues par le Musee National et ne sont
que des doubles de se-t colleclions. Aussi pouvons-nous, dans i'enquete que
nous entreprenons, ne pas en tenir compte : elles ne changeront rien au
groupement des fibules.
Notre enquete sur les fibules etrusques ä deux bases fixes, bien deter-
min^s, qui nous mdiquent le point de depart, et le point d'arrivi^e: ce sont
d'une part, rintroduclion dans les cimeti^res tessinois des fibules gauloises,
d'autre part la pr^sence dans nos tombes de fibules plus anciennes dont
quelques-unes se renconlrent dejä dans les stations lacustres.
') Une X signifie que la fibule est fr^uente; r, qu'elle est rare, et (r), qu'elle est tr^s rare.
20
Nous allons donc pouvoir röpondre aux deux questions suivantes :
Quels types se trouvent.avec les fibules les plus anciennes?
Queis types se rencontrent avec des fibules gauloises?
Röpondons d'abord ä la premi^re. Dans le tableau que nous avons
dresse d'apr^s Montelius, nous avons constate que les fibules de type le plus
ancien, qui remontent jusqu'ä la fin de l'epoque du bronze sont les fibules ä
grandes et petites cötes, la fibule ä arc simple, la fibule ä crochet et la
fibule ä bouton (fig. i — lo).
Avec ces fibules nous trouvons les types suivants:
Types 53 lo fois
„ 34, 41, 6 6 „
„ 20, 43, 52 2 „
» 57' 54» 40» 3^ 28. II . . I „
que nous pouvons consid^rer comme etant les fibules les plus anciennes de
la s^rie ^tnisque.
Si nous dressons maintenant le tableau des fibules qui se rencontrent
en compagnie de fibules gauloises nous obtiendrons le tableau suivant:
Type 37 46 fois type 31 6 fois
n 43 29 » V 46. 33. ::ö, 18 . . . I „
» 53 *8 .»
„ 42 ■ 10 „
«58 7 «
TABLEAU DES FIBULES DE TYPES ETRUSQUES
Types
1
II
III
1 a 3 4 5 9 10
(r)
18 40
(r)
X
II 38
r
X
28
(r)
X
(r)
31
(r)
X
r
a6
r
X
r
37 43
r
X
X
33
X
(r)
20 46
X
r
45
X
X
19 23 24 27 29 30 34 35 39 38 45 44
47 48 6 7 8
V
57
(r)
54
(r)
X
58
(r)
X
r
53
r
X
X
49 52 54 60
X
21
Ces deux tableaux nous permettent donc de reconnaitre quelles sont
Ics varidtes de fibules qui ont ete en usagc les premiferes, et quelles sont
Celles dont la vie s*est prolong^e au delä de la fio de la p^riode etrusque
proprement dite. Si nous combinons niaintenant ces deux tableaux, nous
obtiendrons le tableau d'ensemble suivant (voir ä la page 20), dans le
quel la premiere colonne sc rapporte aux döbuts de !a pöriode (Etrusque, la
deuxi^me ä la periode moyenne, et la troisi^me au passage de la Periode
ölrusque ä la periode gauloise.
Remarquons encore que si les fibules etrusques de la premiere periode
sont assez nombreuses en tant que varietös, le nombre de chacune d'elles
demeure trfes faible» tandis que pendant le d^but de la periode gauloise, le
nombre des types est relativement restreint, mais en revanche certaines
d'cntr'elles se retrouvent un nombre de fois considerable.
Si nous voulons simplifier ce tableau et ie ramener, pour faciliter les
comparaisons, ä celui que nous avons dresse d'aprts Montelius, nous obtien-
drons le resultat suivant :
TABLEAU DES FIBULES
Fig.
Fig de
Uontelius
Age du bronze Premier äge du fer
Epoque
Epoque
fTfltili-tiKf*
IVa 1
IVb I
II
in
* q . I
I
40
a
43
(r)
3
17
ir)
9
80
(r)
10
202
(r)
43
144
r
X
r
33
III
X
(r)
aa
109
X
57
260
(r)
58
263
(r)
X
r
53
275
r
X
X
5'
270
X
En comparant ces deux tableaux nous pouvons faire quelques remarques
Tnt^ressantes:
i. Certains types ddjä en usage ä la fin de l'^poque du bronze ont
la vie beaucoup plus longue dans le Tessin que dans Tltalie.
2. La fibule de la Certosa apparait plus tot dans le Tessin.
3. La fibule ä navicelle disparait plus tot.
4. Les fibules cornues et serpentiformes apparaissent plus tot et durent
plus longtemps.
22
Et maintenant quelles conclusions tirer de ces remarques quant ä Vage
de nos cimeti^res tessinois? A quelle 6poque placer leurs debuts?
La plus grande partie de nos tombes, avons-nous dit, appartiennent ä
la Periode etrusque, qui forme la transition entre T^poque du premier äge
du fer et I'epoque gauloise. Cependant quelques tombes contiennent des
fibules de types beaucoup plus anciens. Les fibules ä grandes cötes en par-
ticulier se retrouvent dejä dans les stations lacustres.') Mais d'autre part,
elles se rencontrent ici en compagnie de fibules beaucoup plus jeunes, comme
des fibules ä sangue et de la Certosa, que rien ne nous autorise ä faire
remonter aussi haut. Nous sommes donc amen^s ä admettre que dans le
Tessin ces fibules se sont conserv6es beaucoup plus long^emps, probablement
jusqu*ä la fin de la periode du premier äge du fer.
D'oü nous pouvons conclure que nos cimetiferes re^urent leurs premiferes
tombes ä la fin du premier äge du fer.
') Fibules ä arc simple: Wollishofen et Estavayer (M. National), Estavayer (M. Kri-
bourg). Fibules ä grandes cötes: Mörigen (M. National, Berne et Fribourg); (voir Mittheil.
Zürich XXU, I, pl. III, 35 et Pfahlbauten Bericht VIII, pl. VIII, i, 3).
Das römische Kastell Burg bei Zurzach,
untersucht im Auftrag der Kommission für römische Forschungen
von
Dr. J. Heierli,
I. Aeltere Nachrichten und Funde vom römischen Zurzach.
Nach der Okkupation der schweizerischen Hochebene durch die Römer
bestimmte Kaiser Augustus Rhein und Donau als Nordgrenze seines Reiches.
Die Grenzlinie zog von der Mündung des Rheinstroms demselben nach
hinauf bis zum Bodensee, ging von dort zur Donau und folgte diesem
Strome bis ins schwarze Meer. Diese Grenze wurde befestigt.
Was die Strecke vom Bodensee bis Basel bctriHt, so wissen wir, daß
dieselbe in römischer Zeit durch drei (resp, fünf) Kastelle und durch ca. 40
Wachltürme geschützt war. Die Kastelle lagen bei den heuligen Orten
Stein a Rh., Zurzach und Baselaugst (diejenigen von Konstanz und Basel
sind wohl Jüngern Ursprungs) und zwischen ihnen zeigen sich die Reste
der Wachltürme.
Das mittlere jener drei Kastelle befand sich beim heutigen Zurzach
auf einer natürlichen Terasse am Rhein und seine Reste werden gegen-
wärtig noch „Burg" genannt. Kigentlich trifft man auf Burg bei Zurzach
Ruinen von zwei römischen Festungen. Die einen Reste befinden sich auf
dem sog. Kirchliimck, die andern auf Sidelen beim ehemaligen Schlößchen
Mandach. Zwischen beiden Festungen führte die Römerstraße, die von
Vindonissa nach der Donau zog, an den Rhein; und Im Rhein vor Burg
draußen, zwischen diesem Weiler und dem badischen Dorfe Rheinheim,
lassen sich bei niedrigem Wasserstande heute noch Spuren der römischen
Brücke erkennen.
Es ist merkwürdig, daß uns die römischen Schriftsteller fast gar nichts
über die Befestigung der Rlieingrenze berichten. Der im 2. Jahrhundert lebende
Geograph Ptolemäus spricht nur von zwei Übergängen über den Rhein
zwischen Bodensee und Basel : Ganodurum und F"orum Tiberii. Ganodurura
wollte man mit Stein aRh. identifizieren, Forum Tiberii wurde in Kaiser-
siuhl, Zurzach und vielen andern Orten gesucht. Die Tabula Peutingeriana
nennt den Ort, wo die Römerstraße von Vindonissa nach der Donau den
Rhein übersetzt, Tenedo. Demnach hätte es den Anschein, als ob Zurzach
in römischer Zeit zwei Namen gehabt hatte, ähnlich wie Martigny u. a. O.
Wenn uns die römischen Nachrichten nichts Bestimmtes über Zurzach
mitteilen, so sprechen um so deutlicher die daselbst stehenden Ruinen und die
24
bei denselben gemachten Funde. Schon Tschudi und Stumpf wissen davon
zu berichten, war doch im Jahr 1517 die Inschrift des Certus in die Kirchen-
mauer von Zurzach eingesetzt worden, wo sie sich noch jetzt befindet.
Schon damals fielen die Mauerreste auf Burg in die Augen und wußte man,
daß daselbst Münzen, Schmucksachen, Ziegel etc. gefunden worden waren.
Selbst Gold und Silber fehlte nicht unter den Funden, Der Zurzacher
Chorherr und Kantor Kaspar Schwertter erzählt in seinen „Denk windigen
Sachen" nicht blos von Altertümern auf Burg; er behauptet auch, daß drei
Brücken über den Rhein geführt hätten. Dasselbe berichtet auch der 1690
verstorbene Stiftsverwalter Acklin. Dieser Altertumsfreund weiß aber noch
andere interessante Dinge aus Zurzach: Er sah selbst, daß im Rebberglein
Entwieser, nicht weit vom Stettbrunnen an der Landstraße, 1657 ein uraltes
Grabfeld zum Vorschein kam, wie denn auch in Mizkilch, westlich von Burg,
Totengebeine ausgeackert wurden.
Im Jahr 1670 wurde in Rheinheim, wo der römische Brückenkopf ge-
standen haben mtß, die Kirche neu gebaut. Beim Fundamentieren stießen
die Arbeiter auf römische Reste. Im folgenden Jahr deckte Acklin eine
Mauer auf, die vom Kastell Sidelen zum Rhein hinunter führte und grub
aus der genannten Festung zwei römische Grabsteine mit Inschriften hervor
(jetzt im Museum Aarau).
Die drei Inschriften, wozu noch ein kleines Fragment einer vierten
kam, wurden oft besprochen, ohne daß die Forschung wesentlichen Nutzen
davon gehabt hätte. Dem 19. Jahrhundert war es vorbehalten, auch hier
die Arbeit weiter zu führen. Das geschah durch Regierungsrat Schaufelbühl
und den Zürcher Forscher Dr. F. Keller, welch letzterer alles bis zu seiner
Zeit Bekanntgewordene zusammenfaßte und ein klares Bild des römischen
Zurzach entwarf. Schade, daß er nicht systematische Untersuchungen
begann.
Im Jahr 1819 war ungefähr in der Mitte des Rheins zwischen Burg
und Rheinheim eine römische Säule zum Vorschein gekommen. Sie wurde
im Garten des Herrn Schaufelbühl, wo auch die 1671 entdeckten Inschrift-
steine geborgen gewesen zu sein scheinen, aufgestellt. 1853 wurde ungefähr
an der gleichen Stelle wieder eine Säule entdeckt und von badischen An-
wohnern ans Ufer geschafft. Schaufelbühl sammelte zudem eine Menge von
Kleinfunden: Ringe, Fibeln, Gemmen etc. 1857 erstellte Prof. Hagnauer in
Zurzach einen Plan der römischen Anlagen daselbst und zeichnete, da der
Wasserstand sehr niedrig war, auch die Brückenpfeiler ein. 1860 gab F.
Keller seinen Bericht und diesen Plan zusammen heraus. *)
Danach besteht das Kastell Burg bei Zurzach aus zwei Werken, die
durch einen tiefen Graben, in welchem die Straße zur Brücke führte, ge-
trennt und durch eine den Graben durchziehende Mauer verbunden wurden.
Das westliche Kastell, auf dem Kirchlibuck, fällt gegen den Rhein steil ab
') MiUeilungen der Antiquarischen Gesellschaft Zürich XII, 7 p. 302 ttc.
26
bildet ein schräges Viereck, dessen Ecken allerdings unbekannt waren und
das mit einer Mauer mit dem Rhein verbunden war. Nach dem Hagnauer'schen
Plan sind um 1860 alle vier Seitenmauem bekannt gewesen. Der Eingang
wurde an der Südwestfront konstatiert.
Seither hat sich nun die Sachlage wesentlich verändert. Zwar die
Feste auf dem Kirchlibuck dürfte noch so ziemlich gleich aussehen, wie vor
einem Mcnschenalter, aber das Kastell aul Sidelen hat gelitten. Von den
Umfassungsmauern sah man bei Beginn unserer Arbeiten keine Spur mehr.
Noch schlimmer aber war. daß auf der Rheinseite eine gewaltige Kiesgrube
angelegt worden war und man lürchtcn mußte, daß in absehbarer Zeit die
allenfalls in der Erde noch vorhandenen Reste von Mauern und Türmen
vollständig verschwinden werden. Die Verbindungsmauer mit dem Rheinufer
ist denn auch bis auf einen kleinen Rest (bei a des Obersichtsplans, Abb. 3)
total beseitigt. Die Nordostfront der Feste stürzte sukzessiv in die Tiefe
und da, wo sich allere Leute von Zurzach als Kinder noch im Innern eines
Rundturmes (an der nordöstlichen Ecke, rheinaufwärts ^ b des Übersichts-
plans) dem Spiel hingegeben zu haben behaupten, gähnte die Kiesgrube,
die immer weiter in den Abhang griff.
Freilich sind seit den Tagen Schaufclbühls und Kellers unsere Kennt-
nisse des römischen Zurzach erweitert worden. Beim Bau der Eisenbahn
Winterthur-Basel kamen unfern Burg, zwischen dem römischen Doppel-
kastell und dem Städtchen, mannigfache Römerreste zutage. Sie gelangten
zum Teil m das Antiquarische Museum nach Aarau. Der Fundort heißt
Himmelreich. Es scheinen da zur Zeit der Römer mehrere Häuser ge-
standen zu haben.
Ein anderer Fundort von römischen Antiquitäten, hauptsächlich von
Münzen, liegt rheinwärts vom Bahnhof Zurzach. Das ist das sog. Mizkilch,
wo, wie oben berichtet wurde, schon früher „Totengebein" zum Vorschein
gekommen. Im westlichen Teil der Gegend Mizkilch hat Herr Zuberbühlcr
seine Villa erbaut und einen Park angelegt. Bei diesen Arbeiten sind mehr-
fach Münzen gefunden worden.
Am II. Juni 18^ besuchte der Berichterstatter Zurzach und besah
sich auch die ihm wohlbekannten Spuren der römischen Doppelfestung auf
Burg. Er erschrack geradezu, als er sah, wie rasch die Arbeiten in der
Kiesgrube vorrückten und wie viel von dem alten Kastell bereits ver-
schwunden war. In der Kiesgrube waren zwei Mauerstücke zu bemerken,
die ofienbar der ehemaligen Verbindungsmauer zwischen dem Kastell Sidelen
und dem Rhein angehört hatten. Hoch oben in der Kiesgrube stießen zwei
andere Mauerstücke in die Lult hinaus: das eine (b des Übersichtsplanes)
gegen den Rhein, das andere (c) vom ehemaligen Schlölkrhen Mandach her,
ungefähr rechtwinklig zum vorigen. Das erste gehörte der Südostfront des
Kastells an, das andere d^r Nordost- oder Rheinfront. Es konnte nur die
Frage ganz kurzer Zeit sein, wann beide Stücke abbrachen.
«7
Dieser Befund, einen so unangenehmen Eindruck er auch auf den Be-
schauer machte, zeigte doch, daß die Erde wirklich noch Reste des römischen
Kastells, von dem äußerlich nichts mehr sichtbar gewesen, barg. Also war
die Hoffnung gerechtfertigt, daß man dasselbe durch eine Ausgrabung noch
so weit bioslegen könnte, um einen Grundriß zn erkennen. Nachfragen
ergaben denn auch, daß sogar der Rundturm an der Ostecke (rheinaufwärts)
in seinen Fundamenten noch vorhanden gewesen und in die Kiesgrube
abgestürzt sei (1).
Der Berichterstatter erachtete es deshalb als seine Pflicht, der ^Römer-
kommission" von dieser Sachlage Mitteilung zu machen und sie zu ersuchen,
helfend und schützend einzugreifen. Diese beschloß denn auch sofort
(Sitzung vom i6. September 1Ö99), einen Plan des gefährdeten römischen
Mauerwerks aufnehmen zu lassen, da man nicht wohl auf die Erhallung der
Ruinen rechnen konnte. Weil aber zur Aufnahme eines Planes die Ausgra-
bung und Feststellung der Mauerzüge gehörte, wurde beschlossen (Sitzung
vom 28'. Februar 1903I, eine Ausgrabung zu veranstalten und den Bericht-
erstatter damit zu beauftragen.
II. Das östliche Kastell, beim SchlOsschen Mandach auf Sideten gelegen.
Die Wiese oberhalb des ehemaligen Schlößchens Mandach, Sidelen.
gehörte im Jahre r903 dem Groß-Industriellen von Zurzach, Herrn Zuber-
bühler. Er gab in freundlicher Weise die Erlaubnis, Grabungen in seinem
Eigentum vorzunehmen und stellte nur die Bedingung, daß ihm das Land
in ordentlichem Zustande wieder zurückgegeben werde. Sollten sich Ob-
jekte von bedeutendem Werte finden, so wollte er selbst darüber verfügen,
resp. sie einem Museum schenken. Er anerbot sich ferner, uns Arbeiter zu
den von ihm selbst bezahlten Taglöhnen zur Verfügung zu stellen. Leider
starb dieser Freund unserer Bestrebungen vor Beendigung der Ausgrabung.
Am 20. Juli 1903 wurde auf Sidelen mit den Abdeckungsarbeiten be-
gonnen und das Kastell bis Ende des folgenden Jahres vollständig unter-
sucht (Abb. 4). Man begann bei der südlichen Ecke und stieß bald auf eine
außerordentlich feste Mauer, die einem Rundturm angehörte, an welchen sich
die Südost- und die Südwestfront der ehemaligen Feste anschlössen (siehe
Spezialplan Abb. 4, IV). Die erstere, nämlich die Sodostmauer, zog sich in
3,5 ra Dicke ca. 18 m weit in der Richtung gegen den Rhein, resp. gegen
die Kiesgrube, Dann folgte ein nach dem Innern des KastelFs gerichteter Ab-
satz, wohl ein Eingang (Abb. 4, V). Gleich nachher war die Mauer abge-
brochen. Die Mauerdicke war von 3,5 auf 2,9 m hinuniergesunken; der
Fundaraent-Vorsprung betrug 60 cm.
Die Südwestmauer wurde wegen der in ihrer Nähe stehenden Obst-
bäume nur durch Sondierlöcher in ihrem Verlaufe konstatiert. Ihre Dicke
betrug oben 2 m, im Fundament aber 2,65 m. Ungefähr in der Mitte der
Front stieß man auf einen Eingang. Auf der innern Seite desselben lag
28
eine 4,3 m lange und 2,9 m breite Mauerplatte (Abb. 4, g). Das war offen-
bar der schon von den Chronisten erwähnte Eingang. In seiner Nähe muß
die von Keller ') angeftihrte Grabkammer gelegen haben, bei der Acklin die
beiden jetzt im Museum Aarau befindlichen Inschriftsteine einsetzen ließ.
— (
s
An der Westecke des Kasteiis befand sich ein gut erhaltenes Rondell (III).
Der Hohlraum im Innern desselben war klein und hatte einen Durchmesser
von 4 m. Das Fundament sprang 15 cm nach innen vor. Die eigentliche
Rondellmauer war 1,85 m dick; das Fundament ragte auch nach außen 15
29
cm vor. Im Innern des Turmes zeigte sich eine Steinpflästerung und in 30
cm Tiefe darunter eine gelbliche Lehmschicht.
Merkwürdigerweise zog sich von diesem Rondell eine 2 ra dicke
Mauer Ih) nach Westen und zwar so, daß das Rondell, also der stärkste
Teil der Römer-Anlage, innerhalb dieser Mauer blieb. Letztere ist jedenfalls
identisch mit dem Mauerzug, den F. Keller als V^erbindung der beiden
Kastelle auffaßte. Sie läuft aber nicht, wie der Hagnauer'sche Plan angibt,
direkt nach dem Kirchlibuck, sondern schräg nach Westen. Wenn sie
wirklich die Verbindung der beiden Kastelle darstellt, warum ist denn das
Kondel innerhalb und nicht außerhalb der Mauer?
Dieses vom Kastell auf Sidelen abgehende Mauerstück konnte nur
einige Meter weit verfolgt werden, da es unter das Sträßchcn tauchte und
fernerhin in einem Garten gesucht werden müßte. Etwa 8,5 m von der
Kastellmauer entfernt zeigte sich an der Südseite dieser cvcnt. Verbindungs-
mauer in der Mauer selbst 14 röhrenförmige Aussparungen {siehe Abb. 4, h),
die aussahen, wie aufrecht neben einander gestellte Zemenlröhren, welche
von einer Mauer überlagert werden. Von ihnen ausgehend, ließ sich der
Mauer nach ein schaufelbreiter Kanal mehrere Meter weit verfolgen. In den
Röhren selbst kamen Reste vermoderten Holzes zum Vorschein.
Die nordwestliche Mauerfront wurde zunächst durch Sundierlöcher
verfolgt bis in nächste Nähe des Schlößchens Mandach, das wohl z. T. aus
dem Material des Römerkastells erbaut worden. Auch die beiden von Acklin
entdeckten und in die Mauer der Südwestfront eingelassenen Inschriftsteine
lagen längere Zeit im obern Keller des Schlößchens, bis Dr. Schaufelbühl,
Sohn des obgenannten Regierungsrates, sie ans Tageslicht zog.
Die Nordwestmauer lag, wie die andern Mauern, nur 10—30 cm unter
der Erdoberfläche. Sie war autTallend dünn. Ihre Dicke betrug beim Rondell
1,3 m und nahm dann zu bis 1,75 m in der Nähe des Schlößchens {dessen
oberster Teil als Stickereigebäude benutzt wurde). Das Fundament war
auch hier etwas stärker als die Mauer; es stand auf der Seite gegen das
Kastell-Innere vor.
Gerade an der Stelle, wo das Stickereigebäude unsern Nachgrabungen
ein Ende machte, scheint das Rondell der Nordecke des Kastells auf
Sidelen (II) gestanden zu haben. Beim Abbruch des Schlößchens Mandach
und der Planierung seiner nächsten Umgebung fand man keine Spur des
Kastells mehr.
Der größte Teil der Rhein- oder Nordostfront ist in die Kiesgrube ab-
gestürzt und ebenso das Rondell an der Ostecke (I). Von der Verbindungs-
maucr dieses Ostturms mif dem Rheinufer haben wir, wie oben erwähnt,
nur einen kleinen Rest (a) angetroffen und auch dieser ist infolge der neuen
Straßenbauten, die der Gegend, wo die Kiesgrube sich befand, ein ganz
anderes Aussehen gaben, zugedeckt worden.
') Mitten, der Antiq. Gesellsch. ZOrich XII, 7 (1860) p. 307.
Im Innern des Kastells Sidelen stieß man zwischen dem Rondell der
Westecke und der Mauerplatte beim Eingang an der Sttdwestfront auf einen
Mauerzug (fe), der ungefähr parallel der Nordwestfront rheinwärts lief. In
einer Entfernung von 32,5 m von der Südwestmauer bog dieser Mauerzug
fast rechtwinklig gegen die Nordwestmauer ab, erreichte dieselbe jedoch
nicht ganz (Türe? d).
Alle Mauern bestanden aus stark verwittertem Kalkstein, der mit viel
Kalkmörtel gemischt war. Ziegelmörtel kam nur in eingemauerten Stücken,
die von einem altern Bau herrühren müssen, vor. Das östliche Kastell
gehört demnach einer Jüngern Zeit an; auch seine Form (verschobenes
Quadrat mit kleinen Ecktürmen) spricht deutlich dafür.
Im Innern des Kastells lag auf der Rheinseite vom Sträßchen bis gegen
die Mitte ein fester Estrichboden (Guß). Beim Durchschlagen desselben
fanden sich ziemlich vor der Mitte der Nordostfront Tonscherben und eine
Rollennadel aus Bronze (siehe Plan Abb. 4). Die Scherben gehörten zu zwei
^S..-
5. Buckelume aus Zurzach.
(Schweiz. Landesmuseum).
Gefäßen. Das eine derselben konnte fast ganz zusammengesetzt werden
und erwies sich als eine große, wettbauchige Urne. Das andere Gefäß ist
nur zu zwei Dritteln erhalten ; es ist eine in schweizerischen Funden bis jetzt
noch nie vorgekommene sog. Buckelume (Abb. 5).
Den südwestlichen Teil des Kastellraums ließ ich mit einigen Graben
durchziehen Dabei kamen wieder römische Ziegel und Knochen zum Vor-
schein. Nicht weit von der Mitte lagen zwei Platten aus Muschelsandstein
(Bestimmung von Herrn Prof. Mühlberg). Die eine derselben war 1,15 m
lang und 0,6 m breit, die andere 1,3 m lang und 0,92 m breit. Die erstere
besaß einen 35 cm breiten, verdickten Rand und sah aus wie ein noch
unbenutzter Inschriltstein, der entzwei gebrochen. Der Rest der vertieften
3'
6. Beinkamm aus Zurzach
(Schweizerisches Landcsmuscum).
Fläche, welche möglicherweise die Inschrift hätte tragen sollen, war 0,95 m
lang und 0,25 m breit.
Außer diesen Funden kamen im Mauerschiitt noch Ziegelslücke, Heiz-
röhren-Fragmente, Teile eines
Mühlsteins , eine Eisenlanze,
Eisen- und Bronzebeschlage,
ein Bronzeschlüssel, Tierkno-
chen und Münzen zum Vor-
schein, welche dem Schweize-
rischen Landesmuseum und
dem Museum in Aarau über-
geben wurden. Das erstere
erhielt auch einen merovingi-
schen Beinkamm (Abb. 6), der
im West - Rondell entdeckt
wurde und einen Typus zeigt,
der m. W. in der Schweiz noch
nie konstatiert wurde.
Unter den Tierknochen fand Herr Prof. Dr. Keller Reste vom wilden
Bos primigenius und zugleich vom zahmen. Also hat der Ursiier noch zur
Römerzeit in der Schweiz gelebt.
Von den Münzen sind nur wenige gut erhalten, nämlich:
1. Mark Aurcl 161 — 180 Cohen III 79 No. 807.
I M. Aurel. Antoninus Aug. Arm. Parth. Max.
I Tr. Pot XX Imp. IUI Cos. lil S.C [Victoria]
3. Sevcrina 370—274. Cohen VI sio No. 7.
( Severina P. F. Aug.
I Concordiac Militum.
3. Ucinius Pater 315—316.
j Imp. Licintus P. F. Aug.
I Genie Pop. Rom.
4. Constantinus 307-337.
6. Constantin d. Jüngere: 337—340.
1 Constantinus jun. Nob. C.
1 Gloria Exercitus.
7. Valentinianus I: 364-375.
Securitas Reipublicae
B. Valens: 364—378
Gloria Romanorum.
9. Gratianus: 375—383-
Gloria Romanorum.
IG. Valentinian?
(Bestimmungen von Herrn E. Hahn.)
Sowohl vor der Südwest- als vor der Südostfront ließ ich einige Graben
ausheben, um das eventuelle Vorhandensein von römischen Spitzgräben zu
erforschen, aber ohne Erfolg. Übrigens scheint das Terrain um das Kastell
[aufrechte Concordia].
Cohen VII 193 No. 49.
Cohen Vllt 357 No. 350.
. 303 - öaa'aa-
> . 377 « "4-
Cohen VIII 92 No. 37.
[Victoria].
Cohen VIII 103 No. 11.
Cohen VIII 139 No 23.
32
herum abgetragen worden zu sein, so daß nur eine dünne Humusschicht
über dem Kiesuntergrund liegt.
Das Kastell auf Sidelen bildet also ein verschobenes Quadrat mit vier
kleinen Ecktürmen. Die stärkste Seite war die Südostfront, die schwächste
die dem Kirchlibuck gegenüber liegende Nordwestmauer. Die Mittelpunkte
des Süd- und des Westturms lagen rund 50 ra aus einander. Die Länge
der Südostseite dürfte 48 m betragen haben, diejenige der Rheinfront eben-
soviel und diejenige der Südwestseite wenig mehr. Der Winkel zwischen
den Mauerrichtungen beim Südturm betrug 98 °, derjenige beim Westturm
80 " (siehe Plan, Abb. 4).
Gegenwärtig (Ende 1906) ist von dem östlichen Kastell bei Zurzach
fast gar nichts mehr vorhanden, da die Mauersteine zum Bau der benach-
barten Häuser benutzt wurden. Wie schon erwähnt, mußte das Schlößchen
Mandach abgebrochen werden und die Kiesgrube wurde infolge der Straßen-
bauten zum größten Teil eingedeckt. Für absehbare Zeit wird nun das
römische Terrain auf Sidelen wieder zur Ruhe kommen, aber vom Kastell
liegen kaum mehr Spuren im Erdboden. Es war höchste Zeit, wenigstens
den Plan desselben aufzunehmen. (Fortsetzung folgt)
Grabungen der Gesellschaft Pro Vindonissa im Jahre 1906.
I. Römische Wasserleitung in Oberburg.
Von C. Fe/ü.
Anfangs März 1906 erwirkte die Gesellschaft Pro Vindonissa die Er-
laubnis, Grabungen auf dem Grundstück von Frau Witwe Schatzmann in
Oberburg vorzunehmen. Dieses Grundstück bot für uns ein besonderes
Interesse, weil es in der direkten Verlängerung des bis jetzt bekannten Tetl-
stQckes der römischen Wasserleitung Hausen-Königsfelden lag, welche bei
der westlich von der Dorfstraße hegenden, ebenfalls römischen Brunnenstube
nach Norden, der Anstalt Königsfelden zu, abbiegt.
(Römische Wasserleitung, siehe Anzeiger für schwei-
zerische Altertumskunde 1900.) In Anbetracht, daß
die Bnmnenstube auch einen Ausfluß nach Osten
aufwies, also gegen den Kahrrain, wo ebenfalls
Überreste von römischen Gebäuden gefunden
wurden, konnte angenommen werden, daß sich die
Wasserleitung in östlicher Richtung fortsetzte, um
auch dieses Quartier mit Wasser zu versorgen.
Einige Schnitte in dem östlich von der Dorfstraße
gelegenen Grundstück bestätigten unsere Vermu-
tung; es wurden die Überreste einer romischen Wasserleitung auf die
ganze Länge festgestellt.
Die Leitung bestand aus einem gemauerten Fundament von 0,65 m
Breite und 0,35 m Höhe. Darauf befand sich ein aus rotem Ziegelmörtel
bestehender Boden mit 3 — 5 cm hohem Ansatz des Seitenwandverputzes aus
gleichem Material; die Seitenwände selber waren abgebrochen, wie beige-
gebene Skizze veranschaulicht.
Der Kanal wurde auf eine Lunge von 50 m konstatiert; ihn weiter zu
verfolgen, erlaubten die Verhältnisse nicht, indem mit der Grenze des Grund-
stückes auch die Bewilligung zur Grabung aufhörte.
7. Oberburg.
Römische Wasst-rleitung.
Qucrsehniit.
3. Grabungen im Park von Königsfelden
Von Z.. Frölick
Im Sommer 1906 wurde im Spaziergarten der Abteilung für ruhige
Frauen, der sich unmittelbar an die Ilauptfagade der Anstalt anschließt, ein
34
mit Rasen bepflanztes Stück Land umgearbeitet. Die Direktion ließ bei
diesem Anbß in der zirka 400 m- großen Fläche auch einige Versuchsgraben
ziehen. Man stieß hiebei in der Tiefe von etwa iio cm auf eine Schicht,
die mit großen, runden Pflastersteinen belegt war. eine Art Steinbett von
ungefähr 20 cm Höhe, das sich fast über die ganze durchsuchte Rasenfläche
ausdehnte. Unter diesem Steinbett fand sich lehmhaltiger, rotgelber Kies,
der hier überall die oberste Schicht des eigentlichen Kiesgeschiebes bildet.
Die Erdschicht über dem Steinbett enthielt zerstreut, aber ziemlich zahlreich,
Scherben von kleinen und großen Gefäßen aus grauem, schwarzem und
rotem Ton, Terra sigillata- Scherben von der guten Qualität, wie wir sie hier
überall finden, Knochen. Ziegelstücke, Asche und kohlehaltige Partien etc.
Man sah deutlich, daß man sich in einer römischen Kulturschicht befand;
doch waren die Funde nicht ermutigend, und wir waren schon entschlossen,
weitere Grabungen einzustellen, als einer der dabei beschäftigten Kranken
an der westlichen Grenze des Steinbettes auf große Mengen von römischen
Dachziegelbruchstücken stieß. Das Steinbett hörte hier auf, und beim Weiter-
graben zeigte es sich, daß die Kulturschicht sich in die Tiefe ausdehnte.
Bald stießen wir auf zahlreiche Topfscherben. Der Umstand, daß einzelne
davon sich zu ganzen Geschirren zusammensetzen ließen, veranlaßte immer
tieferes Nachgraben, und wir fanden, daß westlich von dem erwähnten Slein-
bett eine bis 3,5 Meter tiefe Schicht sich hinzog, die eine grabenartige Ver-
tiefung ausfüllte und eine große Menge von Topfscherben aller Art ent-
hielt. Leider hinderte die Rücksicht auf die Gartenanlage und die Bäume,
diese Schicht, die sich zweifellos in nördlicher und südlicher Richtung weiter
hinzog, zu verfolgen. Sie unterschied sich durch ihre sandig-lehmige, humus-
arlige BeschafTenheit, sowie durch die darin enthaltenen Scherben deutlich
von dem unter dem Sti'inbt^tt gelegenen kiesigen Terrain. Aus den kisten-
weise gesammelten Scherben ließen sich zirka 60 Stück ganze oder fast
ganze, kleinere und größere Getäße aller Art und Form zusammensetzen,
und die Töpfereiwaren unserer Sammlung wurden in wenigen Wochen um
eine schöne Kollekdon z. T. recht seltener und schöner Stücke vermehrt.
Das Hauplkontingent lieferte die Terra sigillata, lauter feine, gallische Ware,
glatt und verziert. An Töpferstempeln sind notiert: OF • BASSI, OF VIÄ,
VIRTVS, OF yi\SCI, GENALIS F. SENOM^, RONIC, sowie einige un-
leserliche Stempel. Es fand sich ferner eine Münzmeistermünze des Auguslus
(Maecilius Tullus) mit Kontremarke IM* A^G. Von den zahlreichen Zicgel-
stücken trug merkwürdigerweise auch nicht ein einziges einen Legionsstempel
oder Bruchstücke eines solchen. Es fanden sich ferner Bruchstücke von Glas-
geläßen aus bläulichem und grünlichem Glas. Henkel und Hälse, Bodenstücke,
ein Stück grün und rot gefärbtes (millefiori) Glas, ein eiserner Stilus, mehrere
kleinere Bronzcobjekte, 2 Messergriffe, 2 Scharnierfibeln, bearbeitete Knochen-
stOcke, einige Austcrnschalen und Muscheln und zahlreiche Knochen. Be-
merkenswert ist der untere Teil einer nackten weiblichen Figur aus weißem
gebrannten Ton, zirka 11 cm hoch.
35
In der vordem südöstlichen Ecke des durchsuchten Grundstückes stieß
man ferner, 115 cm unter der Erdoberfläche, auf einen Mauerkranz von
170 cm innemi Durchmesser und die weitern Grabungen ergaben, daß wir
hier wiederum auf ein Senkloch gestossen waren, wie wir schon mehrere
gefunden hatten. Dasselbe war schön und regelmäßig rund aus rechteckigen,
kleinen Kalksteinen gemauert, bis auf 240 cm unter Erdoberfläche überall
gleich weit und von dort an bis zur Basis sich konisch verengernd. In der
Tiefe von 470 cm hörte die Mauer auf, der innere Durchmesser betrug dort
noch 80 cm, der Boden war reines Kies. Angefüllt war dieses Senkloch in
den obern Schichten mit Mauerüberresten und vielen Kalkbruchsteinen; unten
in der Tiefe fand sich lehmig sandige, schmutzig graugelbe Erde. Einge-
bettet darin waren zahlreiche Scherben aller Art; darunter der Hals und
mehrere Bruchstücke einer rot und weiß gestreiften, mittelgroßen Amphore,
worauf das Wort NOVEMB in großen Lettern cingekritzt war.
Ganz in der Tiefe lag eme große Terra sigillata-Scherbe, verziert mit
springendem Eber und Blattwerk, mit dem Außenstempel ^'KECViNDVS
und ferner in Bruchstücken eine ganze Schale aus demselben Material mit
Blatt- und Rankenornamenten. Beide Stücke fallen auf durch die rohere
Technik der Verzierungen, die gelbrote Farbe der Glasur, die zudem an der
Scherbe viele defekte Stellen aufweist. Das Fabrikat unterscheidet sich auf
den ersten Blick von den zahlreichen andern Terra sigillata-Geschtrren, die
sich bei der gleichen Grabung vorfanden.
Bei den Nachforschungen nach diesem Verecundusstempel wurden wir
aufmerksam gemacht auf eine kurze Publikation von Rochholz in der Fern-
schau 1887. Darin sagt dieser Autor» daß beim Bau der neuen Irrenanstalt,
deren Hauptgebäude nur zirka 20 Meter von diesem Senkloch entfernt ist,
man ,^die westliche Stadtmauer von Vindonissa und außerhalb derselben einen
vollständigen Brennofen samt Geschirrniederlage des hier seßhaft gewesenen
Töpfers VERECVNDVS gefunden habe". Er erwähnt namentlich fünf voll-
ständige rote Tonlaiupen mit diesem Stempel. Eine dieser Lampen, ein
prächtiges Stück, ist in der antiquarischen Sammlung in Aarau noch vor-
handen. Sie trägt den Stempel VERECV>D.
Genaue Erhebungen Ober die römischen Funde beim Bau der Irren-
anstalt vom Jahre 1869 wurden nicht gemacht. Die Angaben von Rochholz
sind aber, wenn auch 18 Jahre später geschrieben, doch so präzis, daß an
ihrer Richtigkeit nicht gezweifelt werden kann. Wir müßten also in der
oben genannten Terra sigillata-Scherbe wohl auch ein Fabrikat des gleichen
Töpfers Verecundus erblicken, der in Vindonissa arbeitete und somit auch
Terra sigillata-ähnliches Geschirr herstellte. Die Glasur scheint ihm aber
nicht so gut und dauerhaft gelungen zu sein wie seinen gallischen Kollegen.
Wozu der mit Geschirroberresten angefüllte Graben einst diente, scheint
nicht ganz klar, und es konnte auch nicht sicher ergründet werden, weil
aus Rücksicht auf die Gartenanlage die Grabung eingestellt werden mußte.
Sicher ist, daß auf 12 Meter Distanz östlich von demselben keine Mauern
vorhanden waren.
Die bei dieser Grabung gewonnenen Fundgegenstände sind mit wenigen,
aus dem SchuUhügel stammenden Ausnahmen, in den Nummern 2589 bis
2738 der Sammlung unserer Gesellschaft enthalten.
3. Grabungen beim Neubau des Herrn Lehrer Weiss
am Retgässchen Windisch.
Von Edm. Fröhlich.
Mit HeiTn Lehrer Weiß, der einen Neubau aufzuführen beabsichtigte,
wurden Vereinbarungen getroffen, die uns das Ausheben der Erde für die
Fundamente gestatteten.
Die Bausteile liegt in der Mitte des sogenannten Rebgäßchens, des
Weges, der oben, am Rande der Böschung über der Reuß, vom Fahrrein zum
Schulhaus Windisch führt.
Die Arbeiten wurden vom 23. April bis tr. Mai 1906 ausgeführt und
ergaben keine namhaften topographischen Resultate; wohl aber eine ziem-
liche Zahl von Fundstücken. An römischem Mauerwerk kam in der südwest-
lichen Ecke der Baustelle ein 10 cm dicker Boden aus Kalkguß, mit Ziegel-
steinmehl gemischt, zu Tage. Wir deckten ein 3,2 m langes und zirka r' < m
breites Stück davon ab Am nördlichen Ende zeigte sich als Einfassung ein
kleines Wändchen aus dem gleichen Material wie der Boden.
Eigentümlich sind drei große, behauene, z. Z, fassonierte Steine, die
längs der Nordscite der Fundamentgrube sich befanden; sie tragen keine
Spur von Buchstaben. In der südöstlichen Ecke dagegen lagen sechs Bruch-
stücke von Inschriften ; leider zeigen die Buchstabenformen solche Verschie-
denheiten, daß es Teile von verschiedenen Inschriften sein müssen und nicht
zusammengehören können.
t. Ein Stück Inschriftenstein aus Savonniöre
von St. Ursanne, zirka 14 cm lang und 14 cm breit.
2. Stein aus mariner Molasse zirka 15 cm
breit und 19 cm hoch, mit folgenden Buchstaben
3. Sandstein, zirka 34 cm lang und 19 cm hoch.
Die Buchstaben sind nicht besonders sorgfältig
ausgehauen, und außerdem noch ziemlich ver-
wittert; ihre Größe ist nicht ganz gleich, weshalb
die Lesung ebenfalls erschwert ist.
4. Stein aus weißer Savonnifere. Die Buch-
staben sind sehr schön und sorgfältig gemeißelt.
Das Stück ist 25 cm lang und 19 cm hoch.
%s
RJ
37
A
5. Ebenfalls weiße Savonni6re, zirka 23 cm hoch
und 15 cm breit; hat Änlichkeit mit Nr. 4.
6. Stein aus mariner Molasse (Mügenwiler), zirka
15 cm hoch, 13 cm breit die Buchstaben sind sehr
deutlich, aber nicht besonders fein ausgeführt; der
untere Teil zeigt Reste der Umrahmungsleisten.
Die unterste Linie weist deutlich mit Votum Solvit ^
lactus Itbens auf einen Votivstein; ob rapax gelesen
und ein Zusammenhang mit der XXI. Legion erstellt werden darf?
Außer diesen Inschriftenfragmenten fand sich ein Oberarm einer ge-
panzerten Statue und ein Stück des Schuppenpanzers einer solchen, beide
aus weißem Savonniärestein.
Ferner lag im Mauerschutt ein Stück eines Hausaltares (Nr. 2521 des
Museumskataloges). Vier Stücke vom Legionsstempel XXI mögen hier eben-
falls erwähnt werden.
Von Tongefäßen sind einige wenige Scherben von terra sigillata mit
Stempel gefunden worden und der Fuß einer großen roten Räucherschale.
Aus weißem gebranntem Ton ist ein Fragment einer Statuette (Diana?),
die in der rechten Hand einen Bogen hält; ein Reh schmiegt sich an ihr Knie.
An Glas kamen einige Scherben zum Vorschein, ohne besondere Wich-
tigkeit, und einige Spielsteinchen aus Glasfluß.
An Bronzesachen sind zu erwähnen:
I flache Charnierfibel ;
I Nadel, zirka 15 cm lang;
I Stecknadel mit Knopf, 10 cm lang;
I kleines Glöcklein;
I Filochiernadel.
Erwähnenswert ist ein zirka 5 cm langes und 2 cm breites Stück ver-
zierten Silberbleches.
Kigentümlich ist der Fund eines Steinbeiles aus Serpentin in mitten
römischer Objekte; das Steininstrument war m 2 Hälften gebrochen und
lag so, daß die eine HälUe durch die Hitze eines Brandes weiß geglüht
worden ist und die andere Hälfte ihre grünliche Farbe behalten hat. Wie
das Vorkommen dieses Stückes in der römischen Zeit zu erklären ist, darüber
mögen verschiedene Meinungen herrschen.
Als Produkt der Drehbank erweist sich eine Röhre von Bein, zirka
2\:' cm Durchmesser und ri cm Länge; sie hat, mit drei seitlichen Löchern,
das Aussehen einer P'löte.
Hauptsächlich reich ist diese Ausgrabung an Münzfunden; im ganzen
sind es 256 Stück; davon konnten 132 bestimmt werden. 124 sind entweder
nicht mehr oder sehr schwer zu lesen; die große Mehrzahl dieser unbe-
stimmbaren Münzen gehören dem Aussehen nach jn die spätere Kaiserzeil.
38
Wir lassen die Reihe der Münzen, die bestimmt worden sind, folgen:
Halbierte Aßstücke 2 Expl.
Augustus
Tiberius
Nero
5
I
2
Marcus Salvius Otho i
Vespasian
wovon 2 mit Contrestempel Imper.
, wovon I Stück aus dem Jahr 66
mit Janum clusit.
mit 2 Contremarken
a. Imp. aug.
b. Tib.
I
3
I
I
2
2
4
I
I
13
2
I
I
10
4
2
II
6
I
16
24
4
5
2
Expl.
Marcus Aurelius Probus
„ „ Claudius
Cajus Claudius
Diocletian
Gallienus
Maximian
Maximus
Jovian
Maxim a Theodor a
Valentinian I.
Licinius
Arcadius
Crispus
Valens
Urbs roma
Piauvonius Victorinus
Gratian
Constantin der Große
Helena
Constantius I
n
Constantin II
Julian
Theodosius
Aus diesen Münzen ist zu schließen, daß an dieser Stelle ein Platz
bloßgelegt worden, der bis gegen das Ende der römischen Herrschaft be-
wohnt war. (Fortsetzung folgt.)
40
mächtigen Schutt- und Abraumhögel in der Nähe der Anstalt Königsfelden,
der unserer Sammlung so überaus reiches Material an Kleinfunden aus dem
Alltagsleben des römischen Soldaten liefert.
Zwei dieser Maßstäbe bestehen ganz aus Bronze (Abb. 8, unten). Sie
sind so schön und intakt, als ob sie erst vor kurzer Frist in die Erde gelangt
wären, und das Metalt zeigt gar keine Patina, sondern ist so blank und
glänzend wie vergoldet. Es ist, wie ich früher schon erwähnte, eine wert-
volle Eigentümlichkeit dieses Hügels, daß die darin vorhandenen Objekte sich
die vielen Jahrhunderte hindurch zum Tei! wunderbar konserviert haben.
Einzelne Bronze- und Eisengegenstände könnten jederzeit wieder in Gebrauch
genommen werden, und auch Dinge organischer Provenienz, wie Holz, Leder,
Schalenfrüchte sind darin vor der Vermoderung bewahrt geblieben.
Der dritte Maßstab ist aus Bein gearbeitet mit Bronzegarnituren {Abb. 8,
oben). Er ist aber defekt. Am einen Ende ist ein zirka 4,8 cm langes
Stück abgebrochen, und er hat auch sonst noch schadhafte Stellen.
Alle drei Stücke sind zum Zusammenklappen eingerichtet, bestehen also
aus zwei gleich langen, durch ein Scharnier verbundenen Schenkeln. An
den bronzenen Stücken ist dasselbe zweiteilig, d. h. zwei Lamellen des einen
Schenkels greifen in drei des andern ein; beim beinernen Instrument ist das
Scharnier nur einteilig. Die beiden Bronzemaßstabe sind durchaus gleich
gearbeitet und viereckig. Der eine, etwas kräftiger, ist 5 mm breit, 3^7
AnMcbl von oben
16 Teile [ digit- |
Von der Seile
12 Tetlf (poll.ces]
Von inner.
'.Teil*' lpalm<|
9. Bronze*Ma5srab, Brugg. U, d. nat. Größe.
mm dick und hat auf der ganzen Länge gleiche Dimensionen; der andere
ist in der Mitte 3,4 mm breit und :i,5 mm dick und verjüngt sich etwas
gegen die Enden. Beide tragen auf ihrer Oberseite eine Einrichtung, um
das auseinandergeklappte Instrument in dieser Lage festzuhalten. Sie be-
steht aus einem zirka 4,5 cm langem Bronzeplättchen, das am einen Ende
durch ein rundliches Bronzeknöpfchen auf einem Schenkel belestigt und um
diese Axe drehbar ist. Es trägt am andern Ende zwei viereckige Ein-
kerbungen, die in zwei am zweiten Schenkel vorstehende Knöpfchen ein-
greifen und so beide Teile zu einander immobilisieren {Abb. 9).
Beide Maßstäbe sind an ihren Enden durchaus unversehrt, und die Schar-
niere, wie die Stellvorrichtung, spielen noch wie vor beinahe 1900 Jahren.
41
Die ursprüngliche Lange hat sich daher gar nicht verändert und läßt sich
ganz genau feststellen. Sie betrug beim dickern Maßstabe, mit einem Prä-
zisionsinstrument gemessen, 294,8 mm, beim dünnern 292,8 mm. Sie diffe-
rieren somit in der Länge um volle 2 mra. Beide tragen auf drei Seiten eine
ganz deutliche Einteilung; auf der untern (beim zusammengeklappten In-
strument innern) Seite in 4, oben in 16 und auf einer Außenseite in 12
Teile, entsprechend den bekannten römischen Maßen: palmi, digiti poUices
und digiti (Hand-, Daumen- und Fingerbreite). Die andere Außenseite ist
leer. Die Markierpunkte sind viereckig, zirka ',1 mm* groß und ganz deut-
licli mit einem sogenannten Körner in das Metall eingeschlagen.
Es fällt auf, daß diese Einteilung eine sehr unexakte ist. Die Intervalle
zwischen den einzelnen Punkten der gleichen Reihe differieren oft um mehrere
Millimeter. So sind die Maße beim größern Stabe folgende:
palmi
pollices
digiti
72H
26,0
17,6
75-0
24,2
17,6
71,0
25»2
17.5
76.4
26,0
20,3
23-0
19,0
23,0
17,0
23.0
73.0
23.0
19,0
26
21,0
25'4
18,0
25»o
18,0
25,0
17.0
19-9
4 zusammen, weil wegen der Bronze-
luidpfe keine Punkte eingeschlagen
sind (siehe ZcicKnung).
Auch bei dem dünnern Maßstab finden sich Differenzen bis zu 3 mm.
Der beinerne Maßstab ist, wie schon erwähnt, defekt. Das fehlende
Stück läßt sich aber aus der Länge des andern Schenkels ziemlich genau
berechnen, und er dürfte zirka 294 mm lang gewesen sein. Er ist ebenfalls
viereckig, 6,5 mm breit und 4,6 mm dick. Der unversehrte Schenkel trügt am
äußern Ende einen Bronzestiefel ; die beiden innern Enden sind beim Schar-
nier ebenfalls mit Bronzegarnituren versehen Das Scharnier funktioniert
auch an diesem Stück noch ganz gut; dagegen ist die Stellvorrichtung auf
der Oberseite, deren IJberreste noch deutlich erkennbar sind, beschadigt-
Im Gegensatz zu den Bronzestücken besaß er nur die Vierereinteilung auf
der untern (innern) und die I2«r auf der obern Flache. Die bronzenen
Stücke haben auf der obern Seite die i6er Maße. Aus dem Kehlen der
letztem beim beinernen Stab darf man wohl schließen^ daß die Duodezimal-
einteilung für die Praxis die gebräuchlichere war. Die beiden seitlichen
Machen sind ohne Einteilung. Die Markierpunkte sind kreisrund, ziemlich
groß, 2 mm im Durchmesser. Beim Abschaben einer leichten, sie bedecken
den Kruste zeigt es sich, daß sie aus Blei oder Zinn bestehen. Es wurden
42
also an diesen Punkten erst Löcher in den Knochen gebohrt und das weiche
Metall in dieselben hineingepreßt.
Fußmaße wie die unserigen sind schon mehrfach beschrieben worden.
In der mir zur Verfügung stehenden Literatur finde ich ein ähnliches In-
strument erwähnt unter den Funden im Kastell Weißenburg in No. 72,
Bd. VII der Publikation der Limeskommission: „Das Kastell Weißenburg",
herausgegeben von Prof. Fabricius.
In einer Arbeit über: „Outils d'artisans romains" (Bulletin et m6moires
de la sociötö nationale des antiquaires, Vlle sörie, Tome troisifeme, 1902)
beschreibt H^ron de Villefosse einen ganz gleichen Maßstab, der in Apt
oder Vaison gefunden wurde und einen zweiten aus Roanne. Er erwähnt
noch eine ganze Reihe anderer römischer Meßinstrumente.
Unsere drei zusammenklappbaren Maße sind also zweifellos römische
Fußmaße von 294,8 bezw. 292,^ mm Länge bei den bronzenen Stücken und
zirka 294 mm bei dem beinernen. Die Länge des Instrumentes von Weißen-
burg wird auf 294 — 295 mm angegeben; das von Apt mißt 294 mm, das von
Roanne ist beschädigt; seine Länge wird (wohl etwas zu groß) auf 296 mm
berechnet. Ein weiteres gleiches Maß befindet sieh in Landshut. Seine ge-
naue Länge ist mir nicht bekannt. Hultsch (Metrologie) gibt die Länge des
römischen Fußes auf 295,5 — 296 mm an, was, nach den Königsfeldener
Exemplaren zu schließen, etwas zu viel wäre.
Auffallend ist aber an allen drei Stücken die ganz ungenaue Einteilung,
die bis zu 4 mm differiert. Auch das Weißenburger Instrument zeigt die
gleiche Eigentümlichkeit, und bei genauem Messungen würde sie sich viel-
leicht bei andern ebenfalls konstatieren lassen.
Daß diese Ungenauigkeit auf mangelhaftem Können beruhe, ist wohl
ganz ausgeschlossen. Die Römer standen in ihren technischen Fähigkeiten
auf einer solchen Stufe, und unsere Maßstäbe sind überhaupt so sorgfältig
und schön gearbeitet, daß es dem Handwerker wohl ein Leichtes ge-
wesen wäre, eine genaue, wenigstens auf Vi mm genaue Einteilung herzu-
stellen. Die Sache muß einen andern Grund haben. Ob dem Römer an
der Exaktheit dieser kleinen Maße überhaupt nicht viel gelegen war, ob
andere Motive mitspielten, werden weitere Untersuchungen vielleicht lehren.
Wir hoffen, in unserem Schutthügel, von dem wir erst einen Bruchteil ab-
getragen haben, noch ähnliche Funde zu machen, die möglicherweise Auf-
klärung bringen.
n
1
URS GRAF, N. 362.
TITELBLATT UES MISSALE RRANDENBURGENSE.
t>r. o,)lt7: h. c\a74
Angelger flOr KhweU. Altertamtkunde, IJ07, a. Hrfl
Ta»el XIX.
Beiträge zum Holzschnittwerk des Urs Graf.
Von Hans Koegier. ')
I
Literaturverzeichnis.
1. d'Annone, Beiträge zur Geschichte der Formschneider und Holzschnitte tMurr's Journal
zur Kunstgeschichte V. Bd. 1877, p. 24 ff.
2. Bartsch Adam, Peintrc-Graveur, Wien 1808.
3. Bcrnoulli C. Chr., Glarcans descriptio Helvctiae (Denkschrift der histor. und antiquar.
Gesellschaft Basel zur Erinnerung an den Bund der Eidgenossen!, Basel 1891.
4. BniUiot Fran<;ois, Dictionnatre des monogrammes^ München 1832.
5. Butsch, Bücheromamentik der Renaissance, Leipzig 1878, 1. Bd.
6. Christ Joh. Fricdr., Anzeige und Auslegung der Monogi"amme, Leipzig 1747.
7. Dronkc, Zur Kunstgeschichte (Schorns Kunstblatt 1823, pag. 347, 349 ff.).
8. Ganz Paul, Urs Graf (Im Schweizerischen K Dnstierlexikon, herausgegeben von Brun,
l. Bd., Frauenfeld 1902).
9. Günter Heinrich, Kaiser Heinrich II. der Heilige (Sammlung illustrierter Heiligenleben,
München und Kempten, Köscl).
10. Haendckc Berthold, Die Schweizerische Malerei im XVI. Jahrhundert, Aarau 1893.
ir. Haendcke B, Urs Graf und seine Pannerträger (Völkerschau, herausgegeben von der
geographisch-kommerziellen Gesellschaft in Aarau, III. Bd., Aarau 1894).
12. Hcitz P. und Barack, Elsassische Büchermarken.
13. Hcitz P. und Bcrnoulli C. Gh., Basler Büchermarken, Strallburg 1895.
14. Heller Josef, Praktisches Handbuch llQr Kupferstichsammicr, Leipzig 1850.
15. Hirth und Muther, Meisterholzschnitte aus vier Jahrhunderten, München 1888.
16. His Eduard, Einiges über den Goldschmied, Zeichner und Furmschneider Urs Graf
(Naumans Archiv XL 1B65),
17. His Eduard, Urs Graf, Goldschmied, Münzstempelgraveur und Formschneider (Zahns
Jahrbücher VI. 1873).
18. Krisleller Paul, Die Straßburger Bücher-Illustration im XV. und Anfang des XVI. Jahr-
hunderts, Leipzig 1888.
19. Mantz Paul, Hans Holbein, Paris 1B79.
2a Murr Christ. Gott, Journal zur Kunstgeschichte, II. Bd. 1776, p. 156.
21. Muther Ilichard, Die deutsche Bücher-Illustration der Gotik und FrOhrenaissance, München
1884.
22. Naglcr, Neues allgemeines Künstlerlexikon, München i835'i852.
33- Nagler C K., Die Monogram misten, München i858[79.
24. Ottley, Collection.
25. Passavant J. D., Le Peintre graveur, 186064.
26. Schmid Heinrich Alfred, Recension der Basler Büchermarken im Rcpcrtorium f^r Kunst-
wissenschaft XVIII. 1895.
*) Das vollständige Manuskript dieser Untersuchungen ist uns am 13. Dezember 1906
zugegangen. Inzwischen ist eine Arbeit von CampbtU Dodgson Ober die Holzschnitte des
Basler Meisters D S erschienen (Jahrbuch der K. preuß. Kunstsammlungen, aS. Bd. i. Heft
Berlin 1907), worin einige der von Hans Koeglcr am Schlosse seines Manuskriptes be<
sprochenen Fragen ebenfalls erörtert werden. Die Redaktion,
44
27- Schniid H. A., Besprechung von Schnecli und Hcitz, Rcpertorium 1900 p. 479.
a8. Schmid H. A., Ilolbeins Tätijkeit !Ur die Basler Verleger (Jahrbuch der K. Freuliischen
KunstaammlunKen 1899^
29 Schneeli Gustav, Renaissance in der Schweiz, München 1896.
30. Schnecli C, Niellun von L'rs Graf (Anzeiger f. Schweiz. Altertumskunde, 1896, p. 13 f.).
31. Schneeli und HeiU P., Initialen von Hans liolbein, Straßburg 1900
32. Sulz Joh., Schweizer Geschichte für das Volk, La Chaux-de- Fonds 1900.
33. Vocgelin Sal., Der Kalender von 1508 (Neujahrsblatt der Stadtbibliothrk Zürich 1868).
34. Voegelin S., Die Holzschneidekunst in Zürich im XVI. Jahrh. (Ncujahrsblatt der Stadt-
bihliothck Zürich 187982).
35. Vocgelin, Wer hat Holbein etc., Rcpertorium X
36U Weigel R., Kunstlager-Kataloge, Leipzig 1840, 1850 ff.
37. Weigel, Holzschniltc berühmter Meister, Leipzig 1851 54.
38. Weller Emil, Repertorium lypngraficum, 1864.
39. Woltmann A., Hans Holbein und seine Zeit L Auflage 1866. 11. Bd. 1668.
40. Zcmp Josef, Die Schweizerischen Bilderchroniken etc., Zürich 1897.
Abkürzungen.
A6. = Abbildung, B. = Bartsch, BKS. = Basel OR'entlichc Kunstsammlung, E. = Exemplar,
L. — Literaturverzeichnis, — Na. — Nagler Monogrammistcn, O. ■= Original, P. =
Passavant, Z St. = Zürich Stadtbiblioihck.
j4Ue Druckt, die hier oder in dem Verzeichnis von His genannt sind, finden sich, we
nichts anderes angegeben, tu der Univcrsit&tsbibiliothek Basel.
Es ist nicht meine Absicht, den StiJ Urs Grafs, wie er sich in seiner
Graphik ausdrückt, eingehender zu erörtern, auch verzichte ich, die noch
nicht festliegenden, meist ornamentalen Kupferstiche zu datieren, worüber in
der im Erscheinen begriffenen Arbeit von Dr. E. Major ausführlich gehandelt
wird.') Urs Grafs ornamentale und architektonische Phantasie enthalt keine
Probleme; er hat sich sehr früh einige dankbare Motive geschaffen, die Höhe
erreicht er bereits 151 1 und 1512 und kommt mit seinen Errungenschaiten
ohne Betlürfnis nach Veränderung aus. Auch die Putten des Papsttitels
von 151 1 (H. 281) sind nach meinem Geschmack das persönlichste und stil-
vollste, was er in derartigen Kindern gab; das in der Bewegung momentan
Erstarrte, was man mit schwirren bezeichnet, ist ihnen eigen. Wenn man
an den großen Kinderfreund liolbein denkt, ist das, was die Kinder mit sich
und ihren Gesellen anzulangen wissen, zwar nicht viel. Hierin sticht die
wohl schon im Wettbewerb zu Hoibein entstandene Nielle (H. Kupf. 14)
merklich ab; nicht daß Graf in solchem unfähig gewesen wäre, aber daß ihm
der eigentlich liebevolle Ernst, den gerade die Dekoration verlangt, wenig eigen
war, hat ihm auf diesem Gebiet rasch die Auftrüge entzogen. Dagegen hat er
durch Holbeins Auftreten in der figürlichen Illustration weniger Boden verloren
*) Inzwischen erschienen unter dem Titel : Urs Graf. Ein Beitrag zur Geschichte t
Goldschmiedekunst im i6. Jahrhundert. Von £mi/ Major. Mit 35 Tafeln und 18 Abbildungen
im Text. Studien zur deutschen Kunstgeschichte. 77. Heft. Straßburg, J. IL Eduard Heitz
(Heiu Ä Mündel), 1907.
45
ab es scheinen kann. Kurz vor den zwanziger Jahren und während derselben
wurden in Basel überhaupt wenig Bücher illustriert, auch Holbein hat wenig
direkte Illustrationen gemacht, und dann darf man nicht vergessen, daß Graf
mit dem Einzelholzschnitt, wie Satyrfamilie 1520, Fannerträger 1521, Tod im
Baum 1524 seine volkstümlichste Wirkung ausübt, während er der Bücher-
illustration nach schon für überwunden erschiene. Dazu kommt als äußerer
Umstand das gewaltsame Ende seines Basler Aufenthaltes (siehe E. Major).
Grafs Vorzug als Illustrator war vom Züricher Kalender an das einfache
und frische Erfassen der Szenen, was ihn zu großer Produktion befähigte.
Er hat \nel gearbeitet; seine gelegentliche Derbheit ist die Kehrseite seiner
Vorzüge, sein ironischer Geist ist wahrhaft kein Fehler, sondern die geistige
Würze, ohne die das Durchblättern seines Werkes bei dem formalen Einer-
lei seiner Hand nicht lustig würe. Im Formalen strebt Graf nach der natür-
lichen Ähnlichkeit, weshalb er auch heute noch volkstümlich ist; in die
Tiefen des persönlichen Umbildens und Auswählens der Formen dringt er
nicht, weshalb er nicht zu den führenden Meistern zu rechnen ist. Ein ein-
ziges Detail, das malerische alte Gemäuer, behandelt er mit echter Künstler-
liebe. Auf sein Voibild darin ist noch hinzuweisen, in den Leistungen ist Graf
hier unübertrefl'Iich. Die Errungenschaften anderer zu benützen war ihm leicht
gegeben; es ist ein Vergnügen zu sehen, mit welcher Lebhaftigkeit er in
seiner Lehrzeit von Muster zu Muster greift. Schongauer war schon Trost
der Schulen, auch Dürer keine persönliche Entdeckung mehr, wohl aber
Wächtlin, vermittelt durch die Berührung in Straßburg.') Wächtlin stattete
ihn zunächst mit der für seine Eigenart passenden Vorzeichen-Technik aus.
In der Behandlung der Flächen, Gesicht oder Gewand, gab er ihm die so-
zusagen schlagworthafte Einfachheit, in der Gruppierung die gefüllte Leere,
die in Wüchtlins Jugendarbeiten herrschen; so erscheint Grafs Predigt von
1508 (H. 26.) zunächst überraschend frei, gleichzeitig aber auch als Rück-
gang im gewissenhaften Naturstudium, wenn man sie mit den kurz vorher
entstandenenen großen Blättern H. 276, 275 und 277 vergleicht. Es war gut,
daß Graf noch einen weitern Meister fand, den Meister der Holzschnitte im
Buche „de fide Concubinarum* '}, der ihm noch beweglichere und freiere
Ausdrucksmittel gab, dabei aber wieder die Hochachtung vor der studierten
Form. Übrigens ist das, was der de fide- Meister Graf gab, hauptsäch-
lich etwas geistiges, allgemeines, worauf das beste in Grafs Künstlerseelc
horchen konnte. Mit dem Jahr 1513 ist Graf mit der Ätzung des badenden
Mädchens (H. Kupf. 8) eine vollkommen ausgereifte Persönlichkeit, nach
dieser Zeit sind keine wesentlichen Stilschwankungen und keine Probleme
mehr zu suchen. Das ist genau zehn Jahre nach der ersten datierten Arbeit,
fürwahr eine tatkräftige Entwicklung, und dann ein Stehenbleiben. Wir
sehen einen beweglichen Geist seine möglichen Grenzen rasch durchlaufen,
') Auf die Be/ieliungen zu Wächtlin hat Pttui Ganz hingewiesen (L. 8)
•) Näheres Über diesen Meister bringe ich am Schlüsse vorliegender Arbeit.
46
wir hören dann von einem Lebenswandel, der den eignen Lebenswert wenig
einschätzt und den Genuß des Lebens hoch, eine Ironie von der es eigent-
lich merkwürdig ist, daß sie so selten tiefere Empfindungen im Werk des
Künstlers auslöste.
Das Holzschnittwerk des Urs Graf ist einigermaßen zögernd zusammen-
getragen worden, wenn man die leicht kenntliche Ligenart des Künstlers
bedenkt, und seine Gewohnheit, selbst geringfügige Arbeiten zu signieren,
wozu ihn manchmal auch die wirklich dekorative Form seines verschlungenen
Monogramms bewogen hat (His 313).
Die folgenden Beiträge sind auch nicht in der Absicht entstanden, ein
neues Verzeichnis zu bilden, sondern haben sich nur aus einer systematischen
Durchsicht von etwa drei Vierteilen aller Basler Drucke bis 1550 ergeben.*)
Die wissenschaftliche Grundlage über die graphischen Arbeiten des Urs
Graf ist das Veizeichnis von Eduard His 1873 (L. 17); verläßlich gearbeitet,
auch wichtige Neubeschreibungen enthaltend, umfaßt es 27 Kupferstich- und
327 Holzschnittnummern, davon einige kollektiv.
Bereits Christ kennt 1747 die Identität des Künstlers mit dem getrennten
V. G., der für Knoblouch in Straßburg zuerst, und desjenigen der mit dem
verschlungenen Monogramm später für Adam Petri in Basel arbeitet; ebenso
zitiert Murr 1776 nach einem Paul Beheimschen Verzeichnis unter anderem
die Knoblouch Passion (His 1./25) als ein Werk des Ursegraff, dem es in
der Folge auch wieder abgesprochen wurde, sogar noch 1878 von ßutsch
(p. 33). — Es sind im ganzen zwölf Vorarbeiten, worauf das Verzeichnis von
His beruht*), dabei blieben anscheinend nur zwei berechtigte Zuweisungen
der vorausgegangenen Literatur unberücksichtigt (N. 362. 412), viel falsches
ist ausgeschieden und nur wenig anfechtbares darin gelassen.
Ich werde im Folgenden meine Zusätze an das Verzeichnis von Eduard
His anschließen.
') Der Verfasser beabsichtigt tunlichst bald eine reichlich illustrierte Darstellung von
Urs Grafs Holzschnitten zu geben, als Teil einer umfassenden Geschichte des gesamten
Basier Holzschnittes, von Beginn dieser Kunsttatigkeit bis zum Jahr 1550, zu der ein nahezu
vollständiger Katalog und an die 3000 photographische Aufnahmen bereits vorliegen.
') d'Annone 1777 beschrieb: His 278I280. — Bartsch 1808: H Kupf 4. Holz 26, 35 ff,
III fl, 224/229, 241» 265, 266, 270, 30a, 304, 315, 321. - Dronkc 1823: H 314 316. - Brul-
liol 1832: H 269. 284299. 307. 315 - Nagler KOnstlerlexikon 1837: H Kupf 5, Holz 301. -
Weigel Kataloge 1847: H 267. 1851: H 189202. 1852: H 325a. 1855: H 240. 1856: H
325 '. h. — Heller 1850: H Kupf. a. — Passavant 1860: H Kupf 3. 7. g'ig; Holz 277. aSi.
283. 300. 316. 320. 323. — Nagler Monograinmisten 1R63: H 34, 159. 268. 27a'274. 262. 305.
306. 313. 317. 318. 325 c. d. - Weiler 1864: H 27/33 ""^ nicht nur diese, sondern aMe 52
Holzachnille des Kalenders - His 1 1865: H Kupf 8, Holz 375. 276. - His II 1873 end-
lich: H Kupf I, 2027, Holz 129/158, :6o/i88, 203^223, 242/364, 271, 301, 303, 308^313, 319,
321. 322. 325 b. f. g ; 3a6. 327.
A. Kupferstich und Niello.
/. Bemerkungen zu His.
H i, s» 7» <y. lolig im O. BKS.
// J> 9* soll in Oxford sein, 9 auch im Kupferstichkabinett des Eidg.
Pol^-technikums in Zürich.
H 16, ly, 79. Ab. Schneeli {L. 30) Tfl. II. i, 4, 3.
H 2. Ab. Haendcke iL. 10) p. 16.
//. S. Ab. Haendcke {L. Ji). Dieser hatte (L. 10. p. 25» die Möglich-
keit einer irrtümlichen Datierung erörtert und daß die Gestak einer spateren
Entstehungszeit eher entspräche; dagegen erkennt Ganz die Datierung für
richtig an und den Eisenschnitt für einen der frühesten Ätzversuche diesseits
der Alpen.
H ig. Fortsetzung davon N. 33 der Kupferstiche.
H. 20. b. His 267 ist Gegensinn Copie danach. Alle Platten zur Bern-
hard's-Legende verkleinert und nicht gerade gut ab. bei Major.
H 2j. Ah. Haendcke (L 11).
2. Fortsetzung dir Beschreibung der Kupferstiche und Niellen.
2H. Geburt Christi, bez. mit verschlungenem Monogramm. O. in Köln,
Museum Wallraf-Richartz. Von Haendcke (L. io| als gegenseitige Copie
nach Schongauer (B. 5.) beschrieben. Aus Grafs Lehrzeit, br. 0,1275, h. 0,16
(ohne Plattenrand).
29. Knabe mit Spinnrocken und großem Schild auf einer Kugel, oval.
O. Hamburg KunsthaSle. Verschlungenes Monogramm und »,1514". Von
Haendcke (p. 25) beschrieben. Ab. davon sowie von H. Kupf. 10,13 bei
Major Tfl. XVI.
so. Dolchscheide, symmetrisches Kandelaberornament, oben Puttenkopf
auf dessen Flügeln eine nackte Frau von vorn gesehen steht, Ober ihrem
Kopf und seitlich leeres Spruchband. O. Berlin Kupfer C, Pass. IV. 244.
Beschrieben und ab. bei Schneeli (L. 30) Tfl. I. i.
St. J2. Zwei Teile einer Ornamentleiste, symmetrisch, Vasen, Delphin-
paare, Puttenköpfe, oben Pfeil schießender Flügelknabe nach links. O. Berlin,
Pass. IV. 263. 262., besch. u. ab. bei Schneeli Tfl. L 2. 3.
jj. Ornamentale Leiste, Spiralranken mit Stengelumhüllungsblattern,
unten Gewappneter mit gezücktem Schwert nach l, oben Bannerträger,
Würfel, Karten und Feldflasche in der P'ahne. O. Berlin, Pass. IV. 264.
(Fortsetzung von His Kupf. 19). Bcsch. u. rt/». Schneeli Tfl. IL 2. Die Niellen
H. Kupf 141 19 ebenfalls ah, bei Major,
B. Holzschnitte.
/. Bemerkungen cu His.
H i—2ß. 2. Wenn His findet, daß dieses Blatt in Zeichnung, Schnitt
und Komposition viel vorzüglicher sei als die andern der Passion, so hat
das nicht in späterer Entstehung, sondern darin seinen Grund, daß es voll
4»
kommen nach der Erweckung des Lazarus *) aus dem GrOninger'schcn Hei*
ligenleben von 1502 kopiert ist, mit nur so geringen Änderungen, daß die
Bezeichnung mit Grafs Monogramm durchaus unerlaubt ist. Das Heiligen-
leben E. München, Gotha. Das vorbildliche Blatt ab, Kristeller Tfl. 16. Die
Originalausgabe von Ringmanns Passion bei Knoblouch 1506 E. Berlin.
Leben Jesu von 1508 E. Berlin, Straßburg. Wiederverwendung aller oder
eines Teils der Holzschnitte siehe Kristeller N. 143. 307,309. 337. 341. 344.
345- 354- 3^^' 39^- ^34- ~ -^^* von 4 faksimiliert bei His (L, 16), Muther
(L. 21) 4, r5, 21 auf Tfl. 215, 2t6» 217.
H. 26. Beispiel der stärksten Einwirkung von Wächtlin auf Graf, der
Typus Christi aus dessen Leben Jesu entlehnt, man vergleiche den Kopf
Christi auf dem Wächllinschen Blatt, wo Christus umgeben von Maria und
Aposteln einer großen Menge sitzenden Volkes in einer Halle predigt; auch
an die Haltung Christi, wie sie hier vorkommt, erinnert noch spater ein Graf-
sches Blatt der Beat-Legende (H 226). Für die Stellung und das Gewand-
motiv Christi vergleiche man die Wächtlinsche Christusgestalt auf dem Blatt
des Fischzuges mit der Cana^Hochzeit im Hintergrund, man sieht das Maß
der Abhängigkeit, nicht minder aber das der Selbständigkeit Grafs. Ab. von
26 bei Muther Tfl. 218.
H 2y—jj. Muther N. 1279 zählt diese sieben Illustrationen, ebenso
Haendcke und Ganz, Voegelin (L. 34) nur 27.30, die anderen scheinen ihm
von geringerer Hand. Ab. 29, 33 und alle Monatsbilder dieses Kalenders
sind nicht genügend gut bei Voegelin {L. 33) faksimiliert. — E. Z St. kolo-
riert, Luzern Bürgerbibl. etwas defekt, aber unkoloriert.
H 34. Na. 41. His beschreibt das richtige Titelblatt, aber Haendcke
(L. lo) eines, das weder Urs Graf ist, noch in diesem Buch vorkommt; es
heißt p. 19: „In der oberen Leiste halten zwei rankenartig gebildete Men-
schen ein Mondhaupt, die Seiten werden durch kandelaberartigc Aufbauten
verziert, und in dem untern Streifen tummeln sich fünf spielende Kinder, von
denen eins einen Fruchtkorb hält." Gemeint ist ein 0,122 br. und 0.169 h.
Holzschnitt, der erst 10 Jahre später, 1519 zum erstenmal bei Adam Petri
in Basel ei scheint. Arbeiten desselben Zeichners sind häufig bei Andreas
Cratander in Basel, seit 1519, z. B. ein „1519" datierter Titel mit Kamelen.
Elefanten, Storchengestalt und Indianerkindern, oder die bei H. u. B. (L. 13)
als N, 89. und 90. abgebildeten Leisten, wahrscheinlich alles von Hans Franck.
Übrigens passiert demselben Verfasser gleich darauf noch eine Verwechslung
(p. 36), denn er läßt an zwei Stellen seines Buches die illustrierte Basler
Ausgabe der Murnerschen Gäuchmat 1509 anstatt 1519 erscheinen und stützt
sogar stilistische Behauptungen mit diesem frühen Datum.
H jj — iio. 62 mit Monogramm, dagegen Sg ohne solches. Die Erst-
ausgabe von 1509 enthält //. .fo. 42. j^. 62. und 7/. noch nicht, diese kom-
men erst in der Ausgabe des Joh. Froben in Basel 1512 ans Licht. Diese
') Kriatcller, der beide Holzschnitte verzeichnet, ist dies nicht aufgefallen.
I
■
■
Frobensche Ausgabe, sowie die weitern Petrischen von 1514 und 1516 (E.
Z St.) enthalten die Originalslöcke beinahe vollzählig, das Neu-Plenarium
Petris von 1514 eine größere Anzahl davon. Neun Gopten gleicher Größe
von H. 63. 95. 96. 100. 103. 107/110 kommen in der Postille bei Michael
Furter in Basel 1513 vor (E. BKS.), eine weitere Copie von H. 67. in der
Petrischen Postille 1516, drei andere von H. 61. 102. 106. finden sich zuerst
im Neu-Plenarium Petris 1518 (E. Genf Stadtb.). In dem letztgenannten
Plenar und im Plenarium Petris von 1522 tauchen alle die dreizehn Copien
mit neunzehn Copien von Urs Grafs kleinen Passions-Illustrationen {siehe
unter H. 11 1. 128.) in buntem Durcheinander mk den Originalstöcken auf.
doch sind 1522 wieder einige frühere Copien durch Originalstöcke ersetzt,
andere Originale aber verschwunden und Copien an ihre Stelle gerürkt.
Erwähnt seien noch die schönen Holbeinschen Umzeichnungen der Grafschen
Postillen und Passions-Illustrationen, für die Postille des Thomas Wolff in
Basel 1521 angefertigt. (E. Bamberg, Zürich Kant. Bibl.); siehe Schmid (L. 28).
H ui — i2'H. B. 3, Na. g. 112. tragt außer Grafs Monogramm noch auf
einem Stein links unten ein M, siehe darüber unten bei M. 268. Die Originalstückc
sind wieder verwendet in den Ausgaben der Passion bei Petri 151 1, 1514
und 1516 (E. Z St.), sowie bei Proben 1512. Copien gleicher Größe bei
P'urter in Basel in seiner Ausgabe von 1511 und in Gerson ; sermo de do-
minica passione, aus dem gleichen Verlag, 1515- 4" iE. Aarau Kant. Bibl.}.
Ober weiteres V^orkommen der Originale und Copien siehe oben 35110.
H 129. Schon 1510 in Gabriel Biel, sacri canonis missae, Basel bei
Jac. v. Pfortzheim, fol.
// ijo—zS6. Dieselben Illustrationen in Furters Postille von 1513 (E.
BKS., Z St.; E. von 151 1 mir unbekannt). 159 — Na. 7.
// iSy. tSS. Hierzu gehört N. 337. Das von His anläßlich 188. er-
wähnte Titelblatt mit dem Reichsapfel kann ich nicht für Graf halten, siehe
am Schlüsse die Ausführungen über Meister D. S.
H iS^—202. E. des Drucks His A. in der Prinzlichen Secundogenitur-
bibliothek in Dresden. Brühlscher Garten (Signat. 1906 J. 75). — Die Größen
der Originalholzstöcke sind br. 0,097,0,0995 und h. 0,05490,0585. Das For-
mat der Ausgabe A. ist ein mäßiges Quart, die Holzschnitte stehen über
den Satz hinaus, es scheint, daß ein anderes Buchformat geplant war. Das
Kürzen der Holzstöcke gesctiah übrigens nicht erst für die späteren Aus-
gaben, wenigstens sind schon zwei in der Erstausgabe beschnittten (H. 191
und 195.)/ die abgetrennten Enden aber daran gelegt und mit abgedruckt.
Trotzdem die endgültige Drucklegung der Schrift nicht bekannt ist, wird
man unterrichtet, wann der Auftrag an den Künstler zur Illustrierung er-
gangen sein muß. Doktor Wernher, Prior des Rasier Predigerkonvents.
verfaßte die ersten drei Teile im Sinne der Täuscher, darin die Ereignisse
bis zum Sommer 1508 geschildert sind. Damals von Bern nach Basel zu-
rückgekehrt sagt er selbst, daß er die Vorgänge um diese Zeit niederschrieb;
er scheint am 21. September das Datum unter sein Manuskript gesetzt zu
haben ; also erging der Auftrag an Graf offenbar im Spätsommer 1508. Graf
hielt sich diesmal wie das auch ziemlich in der Sache lag, genau an die Vor-
schriften des Textes. Daß er aber noch nach Pfingsten 1509 für diese
Schrift zeichnete, ergibt sich aus H. 198; hier werden charakteristische
Einzelheiten (z. B. das Einblasen des hinter dem Vorhang versteckten Mönches)
dargestellt, die erst im vierten Teil der Schrift erwähnt sind. Der vierte Teil
ist von unbekanntem Verfasser, der das vorbereitete lügenhafte Manuskript
unverändert zum Abdruck brachte und nur die Flucht Doktor Wemhers
und die traurige Wahrheit, die hinter den Vorgängen in Bern steckte, sowie
den schlimmen Ausgang der Sache objektiv anschließt. Diese Schlußredak-
tion kann nicht vor Pfingsten 1509 vorgenommen sein, sie brachte den Stoff
für die vier letzten Illustrationen, His 198. 200. 201. 202, hinzu. Obwohl
Graf für diesen Schlußteil noch die Illustration 198 zeichnete, können ihm
die drei weiteren H. 200/202 kaum mehr zugeschrieben werden, jedenfalls
geht es nicht an, sie für schlecht geschnitten zu erklären. Solche stilistische
Unterschiede, wie sie z. B. zwischen S. Bärbels Erscheinung (H. 193) und
der Verbrennung bestehen, erklären sich höchstens aus großer Flüchtigkeit
der Vorzeichnung, eher aber aus ganz fremder Hand. — Ab. von 189 bei
Sutz p. 341.
H 20J. Ab. eines Details bei Sutz p. 42.*)
H 20J—221. Es sind nur 15 verschiedene Halbfiguren von Päpsten.
H 222. Nicht Urs Graf, wahrscheinlich Meister D. S. Ab. Stutz p. 36,
H. 22J. Ab. Muther Tfl. 21g.
H224—2J9. Die deutsche Ausgabe E. BKS., die häufigere lateinische
von Daniel Agricola, ebenfalls bei Petri 151 1, enthält die gleichen Holzschnitte.
Ab. 239 bei H. u. B. (L. 13) N. 61. a.
H 242— 2jg. Muther und Haendcke weisen alle Illustrationen Urs Graf
zu, Kristeller nur die zwei signierten und vermutet unter den neun guten
(H. 251,259) Basler Arbeit, wozu er noch ein Fragezeichen setzt (p. 116).
Alle Illustrationen und die Umrahmung des Titelblatts sind ab. in verjüngtem
Maßstab in der von M. Spranier besorgten Neuausgabe (M. Niemeyer, Neu-
drucke deutscher Literaturwerke des XV. u. XVI. Jahrhunderts, Halle 1894.
N. 119 bis 124). — Exemplare in Straßburg (kol.) und Berlin, dagegen das
in der Literatur auch aufgeführte Luzerner Exemplar nicht aufzufinden.
Von den 18 bei His beschriebenen Holzschnitten sind 242. 244. 246.^^0.
zu streichen, weil nicht von Graf; auch 24J. und 24^. sind trotz des Mono-
grammes nicht ganz authentisch. His erklärt sich den übergroßen Unterschied
der neun letzten von den neun ersten geringen mit der Eigenhändigkeit des
Formschnitts, ein dem älteren Kunsthistoriker geläufiger Ausweg, wofür in
') Im Kreuzgang der Basler Karthause war seit 1441 dieselbe Bruno-Legende in un-
gefähr gleich viel Bildern gemalt. Graf schuf seine Kompositionen unabhängig davon, nur
bei H. 203 mittlere Reihe c. ist das entsprechende Gemälde benutzt. (Zeichnungen nach
den Gemälden BKS.)
5T
der neueren Literatur leider ebenso oft der sprüchwörtliche „schlechte Holz-
schneider*' vorkommt. Schon die einfache Überlegung, daß die neun geringen
Blätter im Schnitt ebenso einheitlich gleich sind, wie die neun guten unter
sich, sollte davor bewahren, so grobe Unterschiede dem Handwerk zur Last
zu legen. Ungezählte Beispiele beweisen, daß das Handwerk fähig war, den
Charakter der Zeichnungen erkenntlich auszudrücken, und wenn Künstler
und Holzschneider eingespielt waren, sogar treu bis zu feinen Nuancen.
Unterschiede, die gleichwohl in Folgen von zusammengehörigen Holzschnitten
nicht selten sind, rühren in den meisten Fällen von den verschiedenen Ge-
nauigkeits-Graden der V^or-
lagen her, vor allem ob
Vorzeichnung aufdem Holz-
stock oder nur Skizze auf
dem Papier. Aber im vor-
liegenden Fall handelt es
sich ura so große Abwei-
chungen, die nur in ver-
schiedenen Zeichnern be-
gründet sein können. Der
Zeichner der neun geringen
Blätter hat für 24s und 24J
allerdings Skizzen Grafs be-
nützt, und sie deshalb ehr-
licherweise mit dessen Zei-
chen versehen ') (analoge
Fälle H. 267 und 303). Strich-
echteVorzeichnungen Grafs
waren es nicht, denn dieser war, wenn man ihn auch kritisch betrachten will,
auf jeden Fall ein sicherer Zeichner, man sehe aber mit welch schlimmer
Verzeichnung der linke Fuß des schlagenden Mannes in 245 gestellt ist,
oder wie die Haube der Frau aus 254 unverstanden entlehnt ist. Üie sieben
andern Illustrationen haben nicht einmal die Proportionen von Grafschen
Figuren, auch nicht seine Laune, abgesehen von der gänzlich andern Bildung
der Beine und ihrer allgemeinen Minderwertigkeit.
H 264. Schon 1515 in Berthorius, morale reductorium super totam
bibliam. Basel A. Petri, fol. - Ab. H. u. B. (L \^ N. 62.
// 26^. In den Werken Poggio's, 1513 von Schott in Straßburg für
Knoblouch gedruckt, iol.
// 26J. Die Angabe 1513 ist ein Druckfehler, gemeint ist der Hortu-
lus WolflTs von 1523 (E. Freiburg i. B., Berlin); bezeichnet »1519" und ver-
rm
<^i
^^
10. Urs Graf His. 248; h. 0,064.
') Schon der (Jmstand, daß die neun fraglos schönen Grafschen Holzschnitte nicht
bezeichnet sind, und nur die zwei ausgesprochen mindern, hätte auflallen soUen« denn msui
will sich doch nicht mit seinen schwächsten Leistungen bekannt machen.
^
p
schlungenes Monogramm. His kannte das Blatt nicht aus eigener Anschau-
ung, es stellt sich als gegenseitige gering variierte Copie der Geburt Christi
nach Grafs Silberplatte der Bernhards Legende dar (H. Kupf. 2ob'f, die ja
teilweise mit Monogramm und 15 tg bezeichnet sind. Die meisten lUustra*
tionen des Hortulus sind vom Meister J. F. hergestellt, mehrere davon be-
zeichnet; dieser hat sich viel mit Metallschnitt abgegeben, ohne jemals
den Kampf gegen dessen Schwierigkeiten ganz zu gewinnen; an den gra-
vierten Platten Grafs hat er Studien gemacht und daher die Bekanntschaft
mit diesen Kompositionen. Das Blatt ist also aus dem Verzeichnis von Grafs
Arbeiten zu streichen, weil es vom Meister j. V. stammt; die Bezeichnung
mit Grafs Monogramm mit
der Jahreszahl 1519 ist hier
gewiß aus ehrlicher und nicht
aus täuschender Absicht ge-
schehen. — br. 0,0616, h. 0,08.
H 26S. E. Mainz Stadt-
bibl — Der Holzschnitt ist
mit Grafs Monogramm in gro-
ßer Dimension und dem Zei-
chen des Holzschneiders (?| F.
M • S bezeichnet. Das S. etwa
als .Sculptor' zu lesen, wird
weniger ratsam sein, eher
kann das F. .^Furmschnider"
bedeuten, obwohl es in diesem
Sinn gewöhnlich angehängt
wird. Rechnet man hinzu, dalS
1509 auf H. 112 schon ein M.
neben Grafs Monogramm vorkam, so wird in obigem F. M. S wahrscheinlich
das M. den eigentlichen Namen des Holzschneiders verbergen. Die Technik
des Blattes von 1509 und des vorliegenden sind nicht stark unterschieden.
Über einen andern mutmaßhchen Holzschneider Grafs siehe bei H. 325 1.
- br. 0,0545, h. 0,0792.
// 2yo, Vielleicht ist hiermit das von Haendcke (L. 10) p. 20 beschrie-
bene Blatt identisch : ,,KrÖnung Mariae. umgeben von Heiligen in Halbfiguren,
unbedeutender Holzschnitt, ungefähr von 1511."
// 2yi. Im Breviarium Basiliense, Bas. J. v. Pfortzheim 1515. fol. Ab,
Günter. (L. 9).
H 2yj. Im Breviarium Augustanum, Bas. bei j. v. Pfortzheim 1512. 8"
(E. München HB., kol.), auch in jacobus de Paradiso, tractatus de animabus,
Bas. im gleichen Verlag s. a. 4". — Die Komposition und die Zeichnung
wiederholen den nahezu gleichzeitigen Titel Urs Grafs N, 339 a, nur der
I
II. Urs Graf. His 359; br. 0,075; h. 0,063.
') Abgebildet bei £". Major, Urs Graf. Straßburg [907 Taf. XXII.
53
obere Abschluß ist hier einfacher, die Putten und das Ornament weggelassen,
im übrigen sind die Proportionen gedrungener.
H 2ys- O. BKS. Ab. verkleinert aber gut faksimiliert bei His (L. i6),
daselbst auf frühestens 1514 datiert, von Haendcke auf etwa 1508 zurück-
versetzt, hier auch die Entlehnung von Köpfen aus Dürer, 2. B. der Soldat
nach dem verlorenen Sohn, erwähnt.
H 2y6. O. BKS. Haendcke : „Dürerisch wie 275, gleiche Entsteh-
ungszeit. **
H 3jy. Ab. faksimiliert Weigel (L. 37} N. 41. Haendcke: „um 1508
und nicht, wie His meint, an den Stil der Knoblouch Passion anzureihen ;
starker Dürerischer Einfluß" (p. 18}.
Ich vermute, daß die drei großen
Blatter um 150607 entstanden sind.
// 278, O. BKS. Haendcke sieht
in der festen und eleganten Zeichnung
unverkennbar einen gewissen I lol-
beinschen Charakter und in diesem
Holzschnitt eine sporadische Nacheife-
rung Holbeins (p. 3i}. Wenn man Hol-
bein nur zwei Jahre Zeit gäbe, um
schon auf Graf eine solche Wirkung
zu üben, so könnte das Blatt nicht
vor 1518 entstanden sein ;'denkt man
an den Stil des badenden Mädchens
von 1513 (H. Kupf. 8) oder der Für-
bitte von 1514 (H. 279), so erscheint
mir diese Datierung recht unglücklich.
Ich glaube, daß man mit diesem Blatt
nicht weit über die drei großen H.
275;277, die aber untereinander wieder
durch keine großen Abstände getrennt sind, hinausgehen darf Einerseits
weist in H. 276 die Gruppierung wie der Christustypus noch deuthch auf die
Knoblouch Passion. Andrerseits ist die Zeichenkimst, z, B. der Hände schon
so entwickeh wie auf H. 275 und 278. Die Art wie aber hier (278I wiederum
Gott Vater und der Engel gezeichnet sind, machen es mir unmöglich, dieses
Blatt erheblich nach der Aussendung der Jünger von 1508 (H. 26) einzu-
reihen. Die drei anderen der großen Blatter sind ja auch immer ungefähr
richtig angesetzt worden, nur die MönchskrOnung ist eine wirkliche Krage
bei der Datierung von Grafs Blättern.') Vielleicht gab es für dieses Blatt
^*fr]
12. Urs Graf. His 267: br 0,0616; h 0,08.
^) Nach dem Amcrbachschen Verzeichnis scheint man in dem Mönch den heiligen
Franziskus geschtn zu haber. ; in diesem Fall krtniiten die drei Kronen seine drei Ordens*
Stiftungen bedeuten, die in den Ecken kniccndcu GesUlten je einen Vertreter des Ordens
der Minderbrüder und der Clarissen. Dagegen hat der Mönch keinen Strickgurt um, und
54
ein Vorbild, am ehesten ein Gemälde; auch dann bliebe die herbe und große
Zeichnung noch zu bewundern.
// 279. O. BKS. Ab. faksimiliert bei Waigel (L. 37) N. 14. Der Holz-
schnitt, „De Trinitate" überschrieben, ist von vier Leisten umgeben, deren
obere und untere Holbeinisch sind (nicht von Graf selbst, wie Weltmann p.
432 angibt} und erst 1523 auftauchen, die seitlichen kenne ich sogar nicht
vor 1540, jedenfalls ist der Abdruck erst bedeutend nach der Entsiehungs-
zeit genommen. Die Leisten gehören sonst der Petrischen und Henric-
petrischen Offizin in Basel an.
H 2S0. O. BKS. Ab. Hirth u. Muthcr Tfl. 109. Faksimile Otüey N. 129.
H 28t. Ab. Muther Tfl. 220. - Von den Vorbildern hat der, in dem
gleichnamigen Werk wie hier, in Paris 1510 bei Berthold Rembold vorkom-
mende Holzschnitt die eigentliche Vorlage für Urs Graf gebildet '), die er
nach seiner Weise ziemlich ungeniert ausnützt. Ganz neu ist nur die orna-
mentale seitliche und obere Umrahmung; die Anordnung des Bildes im all-
gemeinen und besondern, bis zu einzelnen Kopf- und Handhaltiingen, sowie
das Kostüm und die Ausstattung mit Gegenständen sind entlehnt. Graf hat
zwar die Gruppen der hereintretenden Männer mit stärkerer Bewegung er-
füllt, die einzelnen Personen miteinander noch mehr ins Gespräch verflochten,
die ganze Gruppe im Raum enger aneinander gerückt, und diesen selbst in
ein wirklicSi einheitliches Gemach umgestaltet, aber als sein künstlerisches
Eigenverdienst bleibt gleichwohl nur das rein zeichnerische, nämlich die
Gesichtsbildung und der Faltenwurf; das andere ist, abgesehen von der Um-
rahmung, schon im Vorbild gegeben. Auch für 282 ist das, was His für
Copie nach Graf hält, höchst wahrschemlich das Vorbild gewesen, wenn es
mir auch noch nicht gelungen ist, das Vorkommen dieses Blattes in früherer
auch die Bischöfe passen nicht recht, 'eher wenn es Päpste wären. Man könnte an den
heiligen Kirchenvater Augustin denken, der im Bischofsstand nach Mönchsgewohnheit weiter-
lebte, in den Eckfigurcn wäre er dann selbst mit seiner Mutter Monica zu erkennen, in den
drei Kronen irgend welche Anspielung auf seine Weike (de trinitate).
') Die von His erwähnte Darstellung von 1494 ist ein 0,1175 breiter und 0,114 hoher
Holzschnitt, der zuerst in: Decretalium Bonifacii liber sextus et Clement., Basel Froben 1494,
4' vorkommt, 1500 dann bei Amerbach und Frohen in: Gregor IX Decretalium libri, 4",
Wenn auch hier ein Knieender nach links dem Papst ein Buch übergibt, von dem die fOnf
Ringe mit kleinen Szenen ausgehen, und rechts hinten Mämiergruppcn zur Türe hcrein-
treten, so besteht doch kein eigentlicher Zusammenhang zwisclien diesem und Grafs Holz-
schnitt, ebensowenig zwischen H. a8a und dem Holzschnitt von 1493, der 0,1185 ^^eit und
0,1125 hoch ist und zuerst bei Froben im Decretium Gratiani ed. Sebast. Brant in Basel
erscheint, später 1499 bei Furter und 1500 bei Proben und Amerbach. Hingegen besteht
zwischen den entsprechenden Holzschnitten der Constitutionen Clemens V. in Paris, bei
Thielmann Kerver und Joh. Scabeller gen. Wattenschnee, 1509. 4* und zwischen H. 361.
und N. 339 anderseits ein deutliches Abhängigkcits-Vcrhfilcnis, und noch etwas enger zu
den Varianten der zwei Pariser Holzschnitte, wie sie 1510 in den Decretalen Gregors IX.
bei Bcrthold Kembold, fol., vorkommen. — Der zu H. aßa ähnliche Hol/schnitt findet sich
1523 in Paris bei Thielmann Kerver in der 4° Ausgabe der Clementinischcn Constitutionea
55
I
I
I
t
Zeit zu belegen. Die Art der Umformung ist zu analog mit der, die an der
Vorlage für 281 vorgenommen wurde.
H 2S2. Na: Gehört zu Grafs Hauptwerken, Haendcke dagegen, hier
kritischer als beim „Mondgesicht" (H. 34.), möchte das Blatt nicht absolut
sicher für Graf in Anspruch nehmen (p. 20). Es hieße das ganze Werk
Grafs in Auflösung bringen, wenn man dieses Blatt bezweifelt.
H 2Sj. Ab. Hirth u. Muther TO. 108. — Passavants Vermutung, Graf
habe diese Zeichnung selbst auf den Stock getragen und geschnitten, hat
bei all den Blättern, wo die Zeichnung weiß auf schwarzem Grund erscheint,
sehr viel mögliches, weil die Zeichnungsstriche in diesem Fall in die glatte
Fläche des Holzes eingegraben wurden und die eigentlich^ Fertigkeit des
Holzschneiders dazu nicht nötig war. Der in der Basler Kunstsammlung
erhaltene Holzstock zu His ^00. zeigt die Technik deutlich. Graf bevorzugt
auch im folgenden Jahr diese Technik für die Bannerträger, wahrscheinlich
um bei dieser Arbeit, in der er so recht sein Bestes geben konnte, die
fremde Beihilfe auszuschalten.
//2<i'y-^y9- ^* BKS. sind: 284. 290. 291. 292. 293. 296. 297. 298.
299. — O. Aarau, Kantonale Sammlung sind nach L. 1 1 : 286/290. 292. 293.
295. 296.298., diese letzteren alle a^. bei Haendcke {L. 11), Von 294 besitzt
BKS. eine Photographie. — 288. 291 ab. bei Hirth und Muther Tfl. 99.
100. — 293. bei Haendcke (L. 10) p. 32. — 291 auch als Postkarte der BKS.
H joo. Man kann nicht sagen, daß die Zeichnung auf weißem Grund
sei, der Molzstock ist den Umrissen nach abgeschnitten und daher auf den
in moderner Zeit genommenen Abdrücken die Zeichnung von weiß umgeben.
(Abzüge BKS.)
H ßoj. Die obere Leiste mit den Löwen (B. 17, Pass. 133) ist ein be-
sonderer Stock, ebenso sind die 16 Wappen auf kleinen Linzelholzstöcken.
Ah. des Ganzen bei Bernoulli (L. 3I, der Wappen bei Major. Das Erscheinen
der Glarean -Ausgabe soll aus urkundlichen Gründen gegen Ende 15 14 zu
setzen sein, die Druckanzeige ist aber von 1515 datiert, eine mit der Da-
tierung 1514 dürfte es nicht geben. Die Wappen br. 0,025, ^- Ot028.
H J02. Titelblatt des neuen Testaments, deutsch, Basel bei Thomas
Wulff 1523. 8*. Letzte nachweisbare Arbeit Grafs für den Basler Buchdruck.
II SOS- In Sebastian Virdung's musica, Basel 1511. 4". Unter Na. 22
ist nicht dieser Holzschnitt, sondern die ziemlich getreue Copie beschrieben,
die mit Urs Grafs Monogramm und mit C. H. bezeichnet ist und die in dem
s. I. e. a, 4" Druck (Weller Rep. N. 28): „Das ist jetzt der gemain und neu
gebrauch" vorkommt. {Wahrscheinlich Augsburg um 1520, E. München H. B.)
Siehe auch N. 338 a. —
H J04. Entstehungszeit ganz kurz nach dem Züricher Kalender. Die
beiden Kosmographie-Ausgaben F. Z St.
H jo^. ist kein neuer Holzschnitt, sondern mit a6/. identisch, über
welchem eben jenes: „In L. Valiant livoris et invidiae typus** steht.
i.
56
// joS. In Jacobus de Paradiso, siehe bei H. 273. Ab, H. und B.
(L. 13) N. 8.
H jo^. jio. Schon 1515 im Hortulus animae, Basel bei M Furter, 8'
(E. tinsiedeln, kol., Freiburg i. B.), worin auch andere signierte Arbeiten
Grafs iN. 346. ff.); jio ist kein besonders zu zählendes Stück; der blasse
Rest Grafscher Eigenart rührt von einem handwerklichen Gehilfen her.
H Sil. Ärmliches Biattchen, das mit Graf und seinen Schülern nichts _
zu schaffen hat.
H jij. Wird an allen vier Seiten stark beschnitten wieder verwendet ■
in: Ottonis Phrisingensis Rerum gestarum . . . Straßburg, Schürer 1515.
fol. Die rechte und linke Seitenleiste allein in: Auli Gellii noctium attica-
rum. Knoblouch 1517, lol., von Kristeller bei N. 395 erwähnt, ohne ihre Her-
kunft zu erkennen.
H ji^. Butsch wirft unserem Künstler vor, daß er hier einen Titel
Springinklee's von 1516 \ab. Butsch Tfl. 36) copiert habe; das Verhältnis ist
aber umgekehrt. Aber auch Graf soll nach Schneeli (L. 29. p. 87.) das
Motiv des Auibaus einem italienischen Titel entnommen haben (Epistole di
sancto Hieronymo, Ferrara 1497); Graf habe damit aber eine figurenreiche
humanistische Darstellung verbunden; nach Voegelin (L. 35) sei dies die
erste Arbeit Inr Frobens Offizin^ in der sich der humanistische Einfluß des
lieatus Rhenanus kundgibt. Ähnliche Triumphdarstellung in N. 373. —
Über die Allegorie des Kairos, Bernoulli (L. 131 p. XXV. — Ab, Schneeli
(L. 29) Tfl. VII.
H jij. Ab. der Seitenleisten H. und B. (L. 13I N. 63, des Ganzen
bei Major Tfl. VL 2. — Na. zählt Teile dieses Blattes mehrmals unter 17.
33. 36. 37., die untere Leiste allein Pass, 136, B. 13.
H J16. Das Ganze ab. H. u. B. (L. 13) N. 63. — Na. unter 32, Pass.
139. 140. 145.
H jiy. Schon 1515 in: Erasmus, Encomion moriae, Froben 4". Na. 30.
Ab. Butsch Tfl. 38.
H J2S. Na. 29. - Ab. Butsch Tfl. 99, nach diesem auch in Drucken
des Joh. Badius in Paris seit 1521, ebendaselbst auch über Copien. Das bei
His genannte E. mir nicht bekannt, dagegen kommt der Titel auch 1530
noch vor: „In omnes Plinii secundi naturalis historiae Stephani Aquaei Com-
mentaria, Paris bei Petrus Vidoveus, (ol. br. 0,184, ^' o»26i.
H ji^. Ab. bei Major, Umschlag.
H J20. Ab. IL und B. (L. 13) N. 44.
H J22. Schon 1519 im Hortulus animae, Tb. Wolff in Basel, 8" (E.
Aarau Kantbibl, München U. B.) - Ab. H. u. B. (L, 13) N. 11.
H J2^. B. 12, Pass. 135, 138. Copie in Hagenauer Drucken.
H J2J a.,h. Na. 28. 39, Pass. T37. Ab. Butsch Tfl. 39 (b. t. f,), Tfl. 40'
(a c h); H. u. B. (L. 13) c (Einleitung) und h N. 38. Vom Jahr 1515 sind:
acifh; von 15 16 aber: b d g. Auf dem oberen Säulenscliaft der Leiste
57
325 «. steht unter einander „M V A*', wobei das A über der Spitze einen
horizontalen Dachstrich hat. Weiter unten steht auf einem Schaflring
„U R S". Die großen Buchstaben sind dekorativ angewendet, wie Graf sein
eigenes Monogramm sonst anbringt, auch das Urs kommt noch zweimal so
vor; gewöhnlich hingeschriebene Buchstaben, wie Signierungen meist vor-
kommen, liebt er nicht. Deshalb vermute ich unter dem A (V) M die Sig-
natur des Holzschneiders, zumal das Jahr früher <i5i4) ein Holzschneider
M A in Basel auf einem Blatt mit Schäuffclins Monogramm vorkommt, wo-
bei das A ganz gleich gebildet ist (Neu Plenar. Ad. Fetri). Die scharfe klare
Technik feiner Linien entspricht sich auf beiden Holzschnitten.
H J26. Ab. Majur TH. VI. i, Hier hat sich Graf ein direkt unanstän-
diges Plagiat zu Schulden kommen lassen, denn er hat den Titel Strich für
Strich nach einem römischen V'urbild abgezeichnet und trotzdem breitspurig
mit seinem Monogramm versehen. Das Original kommt bei Mazochius in
Rom 151 1 und 1512 mehrfach vor, z. B. in „Bulla intimationis generalis
Concilii apud Lateranum per S. d. n. Julium Papam IL edita" 4 '. In einem
anderen Mazochius-Druck von 1512, den die Basler Universitätsbibliothek
besitzt, steht auf diesem Titel die alte Notiz: „gib daß mim Herrn zu dem
Sessel" (Froben). Vermutlich hat Graf die Copie in Basel nach diesem
Exemplar gemacht. Die Grafsche Copie kommt auch in Kristeiler N. 537
und 543 vor.
H J2y a./d. Schon 1513 in: Paulus Cortesius, Froben fol. und in Eras-
mus Adagien, ebenfalls Froben, fol. Ab. von 327 b. bei Major, Vorwort,
von 327 d. Seite 31. — ^ iFortsetzuog folgt.)
Notizen zur Geschichte des zürcherischen Waffenwesens.
Zusammengestellt von R, Wegeli.
Auszüge aus den Seckelmeisterrechnungen.
1337- 1798.
1337' Item 2 ß vom einem funden arnprust.
1396. Item 2 ff meister Klauss dem arnbroster ze der fronvasten ze fasnacht.
Item 2 ff gab ich meister Klaus dem arnbruster ze der fronvasten ze pfingsten gab
ich jakob Glentter.
^397- 2 fl gab ich knechten von pfil zen uf den turn ze tragen.
Item 4 ff 10 ß umb zwei tuseng pfil zein gab ich Heini Frodenberg am 22. tag homanotz.
Item 10 ß ferzart min her von Sehen u. Kunbertantz do si der schützen wartoton.
Item 5 ß 4 rV umb simlen wurden den schützen geschenkt.
Item 5 ff den schützen do si waren gen Winriden umb die afentür.
Item 4 ff den schützen do si waren gen Solotren.
Item 35 ß Heinin Fröidenberg umb pfil zein.
Item 12 ß von harnasch schön ze machen ze zwein malen.
Item i7'/' ß Heinin Fröidenberg von fünf hunderten pil zein.
Item 2 ff meister Klaws arnbruster von der fronfasten ze unser heren tag.
Item 2 ff meister Niklaws arbruster von der fronfasten ze wienacht im 97 jar.
1399, Item 2 ff 5 ß gab ich Heinin Fröidenberg umb zein gab ich im am balmtag im 99 iar
Item 2 ff gab ich meister (. laws arenbruster von der fronvasten ze fasnacht.
Item 2 ff gab ich meister Klawss arnbruster von der fronvasten ze pfingsten im 99 iar.
Item 2 ß gab ich Berchtolt Stuckin do man die baner besäst am Renweg.
1402. Item 3 ff gaben wir dem Fröidenberg von zeinen am 30 tag höimanot.
Item 4 ff Heinin Fröidenberg am 13 tag ougsten.
Item I ff dem Fröidenberg am 31 ougsten.
Item i ff dein Fröidenberg am 9 tag des ersten herbstmanot.
Item 1 ff dem Fröidenberg am 16 tag des ersten herbstmanot.
Item 6 ff 5 ß gaben wir Heinin Fröidenberg gaben wir im am dritten tag des andren
herbst im andren iar.
Item 4 ff 10 ß gaben wir Heinin Fröidenberg am 29 tag des andren herbst im an-
dren iar.
Item 4 ff 10 ß gaben wir Heinin Fröidenberg am 16 tag des dritten herbst
Item 2 ff 5 ß gaben wir Heinin Fröidenberg umb 1000 zein am fierden tag des ersten
wintermanoz.
Item 4 ff 10 ß gaben wir Heinin Fröidenberg umb 2000 zein am 20 tag mertzen.
Item 7 ß gaben wir umb ein büchsen und ze beschlahen wart Hans Gerhart ze dem
ungelt.
Item a ff meister Klaws arnbruster von der fronvasten ze unser herren tult.
Item 2 ff gaben wir meister Klawss arnbruster von der fronfasten ze fasnacht
Item 2 ff Klawss arnbruster von der fronvasten ze pfingsten.
1404. Item 2 ß 4 .' dem Fcderlin trug arnbrust und gezüg in den grimmen turn.
Item 2 ß 4 A dem G;;bürlin ouch ze Ion des selben mals.
Item 2 ff 4 ß meister Klawss arnbruster umb i inüt kernen.
59
Item 2 s 4 D lo 1^ gaben wir Hans FrftstUn (?) umb 51 ir smalz zc dien geserfen.
Item 3 8 15 ß 10 '1 gaben wir meistcr Klawss umb ein ambrust, bies uns Heinrich
Hagnouwer.
Item 6 n gaben wir Hans von Fcltkilch macht geschmid an die spangürtel.
Item 13 ß Hans Hagnouwer umb wis Jeder ze dien kochctren.
Item 14 t gaben wir Kuenin Tanner von 110 geserfen und kocher ze machen.
Item 8 ff i3 ß 4 i'" gaben wir meisler Hans von Vellkilch von krappfen und geschmid
an du gescrf du Kueni Tanncr gemacht hat.
Item a ß dem Blibnit von einem pancr sak.
Itcra 4 fl gaben wir mcislcr Klawss arnbrusicr hießen unser berren.
Item 6 ß Kuenin Tanncr umb 3 wissi cffer an die kocher.
Item 2 G dem Hans Sprlmglin und dem Ratgcbcn truogen ambrust in den tum.
Item 8 ** zwein knechten truogen pfil uf das hus us grimmen tum.
Ilem 3 ff gaben wir der von Hoeng pfifTer als si ze Pfeffikon lagen bi der paner.
Item 9 ß gaben wir zwein knechten und dem schif fuortan pBl gen PfetTikon.
Item 3 IT mcister Klousen umb ein arnbrust.
Item 12 ß gaben wir Ot Bilter selbdritt fuort Hans am Stat und Jeklin Bitziner und
die büchsen herab von Pfeffikon.
Item 4 ß dem Gcbürlin tniog brief ze dem sc hin uf von des harnesch wegen ze
ferkQnden.
Ilem 4 ff Jeklin Schenken umb ein ambrust hies Heinrizc Hagnouwer.
item iB ^ gaben wir Ruedin Bitziner von eiin arnbrual in ze binden do er ze Pfef»
ükon uf der fest! lag.
Item 59 ff 6 ß 8 A gaben wir meister Klawsa ambruster als unser herren mit im
gerechnet hatten & was der sum 34 II & 18 blaphart je 20 blaphart für i H
und 6 ff 19 ß 8 A.
Item 18 A gaben wir drüen knechten truogen ambrust in den tum.
Item 3 ff gaben wir Hans Ernst dem achmit umb krubcn uf ambrusL
Ilem I fl gaben wir der von Bern pfiffer.
Item 2 ff meister Klawss arnbruster ze der fronvasten ze unser herren tult.
Item 2 ff gaben wir meister Klawss arnbruster von der fronvasten zc wienacht.
Item 2 ff meister Klawss arnbruster von der fronvasten ze fasnacht
Unter den Einnahmen :
Item 10 guldin gab uns der Kilchman von der von Zug wegen soltan si umb buch*
scnbulfer.
1406. Item 70 ff Meister Hans von Fcltkilch von zwentzig tusing prti isen zc machen.
Ilem 50 ff lech man meister Claus arnbruster.
Item 1 r Froci den berger von 2000 pfil anzeslachen.
I413. Item 6 ST 6 schQtzzen fuorend gen Bassel.
Item to ß umb brot den schützen an den blatz ze den afcntOrcn.
Item a ß von der paner wis ze machen
Item 6 S den schützen gan Lutzem.
Item 6 U dem arnbruster die gend im min herren für den huszins.
Item 8 ß Ober 1 kouf brantzwins in dz büchssen bulfer.
Item 3 ff 15 ß ferzartcn die büchssen meister an Hans Bmnncr do man die büchs
beschos.
Item 10 ß dien knechten die dz isen an die wag dz die bOchs gewegen ward.
Item 3 ß knechten die swcbcl salpcttcr in den turn truogen.
Item 68 ff 7 ß 8 «> Claus von Strasburg umb sebel (sie) und aalpetter.
Item 1 ff schankteo unser herren dien smiden von der büchssen.
Item 6 ß dem FürOber von büchs stein ze fücren.
Item 6'/a fl Siman EQngcr warend im die alten sekler schuldig von salpetcr.
6o
Item 2 IT minder i8 <> dem Elper umb zwo knfrin rocrcn xe bOdisscn bulfer.
Item I S meister Lienhart von 5 tag bOchssen balfcr ec machen.
Item 3 G umb spiesglas in dz bOchssen bnUer.
Item 3 G heinin Sigfrit von i tag bOcfassen bulfer ze machen.
Item 12 ß umb brot do man umb die afentOr schos.
Item 2 G 8 Y umb brot als man die bOchs bescbos.
lem 4 ß ir zwein die die büchs behuottcn über nacht uj dem platz.
Item 3 ff umbTbranden win in dz bulfer.
Item 4 ß umb holtz umb bOchssen kloetz.
Item I ff I ß Eberlin Felix umb ein sekel zem bOchssen bulfer.
Item 2 Merspurg von arbrost tregen.
Item 3'.> S smit von Feldkilch umb arbrost schlOssel und von legeilen machen.
(tem 4 G dem Rotter von arbrost tregen und von anderm ding hies Tanner.
Item 3 G 4 >> Ruedin Tachs von eim leder sak zem bOchssen bulfer.
Item 14 '1 von bOchssen tregen in tum.
Item 4 G von hanf ze tregen in grimmen tum.
Item 3 G Jecklin Froedenberg von pfil isen an ze schlahen
Item 25 ff 4 £• dem Hedinger umb 8 zentner und 8 ff hanf.
Item I ff Lottin Treger vcwi bOchsen kloetzen ze machen.
Item 7 ff 16 G dem Schlafen von arbrost ze machen.
Item 20 ff dem Schlafen umb 6 arbrost die kouft Heini Hagnouwer und Cuonrad
Tanner von im
Item 4 G dem Rotten von arbrost ze ftrschriben und ze tregen
Item 10 G Heini Walen von arbrosten.
Item 8 ff dem Plenninger umb 10 hüt ze den kochrennen.
Item 4 ff umb ein zentner smaltz in die 10 hOt.
Item 2 G 4 '> dem Sitzen truog arbrost in tum.
Item 20 ff 10 ß Gilgen Kichmatter von arbrosten ze machen.
Item 16 ti von arbrosten in turn tregen.
Item 14 G dem Schlafen von arbrosten ze senwan ze machen und ze senwan.
Item 4 G zwein knechten din die bOchssen behuoten ein nacht uf blatz.
Item II .7 5 G Hans von Feltkilch von 60 zQg spangürteln hies Tanner.
Item 13 ß 4 <> für Im tach von kloetz sagen.
Item 13 G 4 A dem Fesman von kloetz sagen.
Item 14 G dem Steinkelr von kloetzen ze sieden.
Item 14 G dem Rallen von kloetzen sieden.
Item 2 ^ 14 ß dem Kristen von 86 kloetz ze tregen.
Item 2 // dem Folkensperg von 66 kloetz ze tregen.
Item I (V 4 ß Fetter Treger von 40 kloetz ze tregen.
Item 3 ß Weltin Blarer umb model ze den büchssen kloetz.
Item I ^ Uoli Bader umb long ze den bOchssen kloetz ze sieden.
Item I iZ 7 ß Lütin Treger von 42 kloetz ze tregen.
Item 10 tt Hans von Feltkilch umb 2000 pfill.
Item 6 <1 Imenstad von büchssen tregen.
Item 5 ll meister Hans von Feltkilch umb kruken und schtOssel.
Itcni 135 3 ß dem Tanner umb geserf und umb stegrif rieraen.
Itcni 5 // Hans von Feltkilch umb 1000 pfil nani Heini Etter.
It';ni 3 ß 4 A dien schützen umb win als si nüwi arbrost spienten.
Itf:m I ß Hans Snorf um 16 adren .
Item I guldin schankt man der von Switz pfiffer.
Ilem 3 G dorn Kallen von kloetz zc machen.
Ilcni 2 ß dem Brust von kloetz ze tregen in der grimen tum.
Item 4 ii von arbrost tregen in turn.
6i
Item 12 ß Hans von Fcltkilch von einer zangen pfil us ziehen.
Item 3 fl 14 ß 9 '> um adren.
Item 56 guldin metster Lienhart von 112 bOchssen steinen ze machen.
Item 7 ß 4 A meister Hans von 2 tag rosloD ritlon als man die bQchs beschos.
Usgen dem bnchssenmelster meister Otten.
Item 655 V'i guldin 10 ß gaben wir meister Otten ze Ion und uinb den züg ze der
bOchssen und zuo den schiben zem krieg.
Usgen gan Lanbarten am herbst hin in was.
Item 6 guldin meister !-ienhari und sin gesellen von tum ze brechen.
Item 3 ^ 12 f) meister Lienhart von 16 lag gan Tuom und von 2 tag hie heim
Ilem 4 tf dem Schodcllcr von der paner gan Tuom ze tregeu.
Item 3 ff Smit der dz bQchssen bulfer besorgt.
Ilcm 2^40 dem Schlafen arbroster.
Item 5*/. guldin 2 plaphart kost der hamasch und rfer blunder har us ze fOcrcn
untz har in stat.
Unter den Einnahmen :
Item 14 Gf 10 ß ward uns von dem blunder der von Tuom kam.
14 18. Item 10 ß umb brol den schützen schaiikt man uf die zil stad.
Item 34 ß Ueiin von AUdorf bracht die büchsscn von Walistad.
Item 32 a meister Lienhart umb i zenter 14 ff buchsen bulfer.
Item 12 fl 12 ß Wolf Säger umb 89 a salbetter.
Item r ß da von in den grimen turn ze tragen.
Item 3 ff band min herren den ptifeni geschenkt.
Item 4 ß umb linen sek ze dem bttchscn bulfer dz den von Zo\t geliehen ward.
Item 18 ß umb lidrin sck ze dem bilohscn bulfer dz den von Zolr gesent ward.
Item 4 Bf dem Froodcnberg umb ein luscnt eichen pfil zein.
Item 5 fl umb ein sclzschilt koufl Tanncr.
Item 2 U dem Frocidcnberg umb zwen hundert zcinen.
Item 4 Ä 12 ß meister Lienhart als er by dem von Zolm war.
Item 3 ß zwen knechten truogen arbrusl uf dz hus.
Item 3 '/( ß dem Sizen von armbrusten ze tregen in turn.
Item ro guldin dem armbruster hat er uf rechnung.
Item 20 guldin meister Lienhart von sim iar.
1503« 6 S' den armbrust Schützen uff unser herren tag.
1 U den Schwestern im grimen turn.
6 f( den bQchssenschQtzen uff unnser herren tag,
40 ft Cunral Müller von KoOnacht, Heini Wolf, Heinrich Kienast und Heini SprQngli.
als sy zu Valtkjlch für 20 gülden aftentOrcn gcwunnen band.
16 K 13 ß 6 *> den bQchsenschOtzen für bulfer und Stein vom 3. iar.
7 ß 6 >* Hans Kristen trinckgfllt als er schießbriel dz land nitsich trug.
3 flf 6 ß M. Cuentzen bitchssenmeister um i nußbom zu einer bQchssen zc fassen
hieß Gerold Meyer,
r ff a ß Jacob Schwärtfflger von 4 richtschwilrlen ze fassen und scheyden daran zc
machen.
36 ff den Armbrustschützen um tuoch.
36 ff den BflchssenschOtzen um tuch.
'3 ff I ß dem Kantengießer umb zOg zun platten den Knaben zun afentttm.
2 fl M. Hans Locwen umb dz panner zum hafen.
15 ff 12 ß dem Rflgger umb 614 schützen bricfl ze trucken Wirt von einem brief 6 .V.
3 fl?M. Hans Muttschallcr hamister.
IG R Heinrich Cuntzen büchscnmeister.
I Ü Felix Murcr armbruster.
Kleinere Beiträge.
Verding mit Maister Lienhari Louberer, Organist und Orgelmaoher In Berni
aber die Erneuerung und Ergänzung der Orgei in Blei, 1495.
„Anno Ixxxxv" uff domstag vor sant Peters tag ad Kathedram hant min Herren
meister Lienharten Loubrer, dem Organisten von Bemn, verdinget, ir orgellen ze machen,
wie hienacli gelütert stat: des ersten, so sol er machen ein nüwe laden, do die pfyfifenn
innsteckend und die Verwechslung der stimmen, item sechs höltzin belg ungelimpt wie zu
Solotorn, item darnach die registratur, besunder an ein eigen bret geslagen, item ouch vier
stimmen, die es vor nit gehept hat, mit namen das groIB fa under dem gamut, item das
grofB gamut, item das grolQ a re, item das grofß b moll, hij quatuor dicuntur graves; dar>
nach ein nüw clavier und ein nüw pedal und alle canalia nüw und die teilung der stimmen,
item ein lieplich flöutenwerck, darnach ein starck flöutenwerck gemert mit der octaf, dar*
nach ein quint zimelwerck '), item darnach ein zimel mit octaven übersetzt und ein . . . tz
starck werck. und was pfyffen dar zu notdQrftig werdent, sol er dar geben und alles in
[sinem] costen und vast gut machen, und wenn s}' darnach ze stimmen bedarfT, sol er die
ouch [in sinem cjosten stimmen und gut und gerecht wSten, inmassen minen herren nutz-
lich und im [erlich]. Unnd söUent im min herren darumb geben hundert und zechen guldin,
zw[oi pfun]t löufßger mOntz zu Biell für ein guldin, und sol man im den halbteil bezalenn,
wenn er das werck usgemacht hat. Und ob er nit machte, daz die so sich daruff ver-
stOndent und min herren selbs sprechent, daz er sy nit wol gewert bette, so sOllent sy Im
umb den andern halbteil des geltz nützit schuldig noch verbunden sin. Ob aber min herren
ein gevallen am werck hant, söllent sy im den andern halbteil bezalen in zweyen oder
dryen jaren darnach kQnfTtig und daz also behalten mit sinen huldea. Doch sol man im
geben biß zu pfingsten kOnfftig zwentzig und achthalben guldin, tund fQnf! und fÜnfTzig
pfunt, und die andern fQnff und fünffzig pfunt so bald er daz werck het usgemacht und ob
er es wol verdient, so wellcnt im min herren ir statt kleid ouch dar zu schenken. Und sind
diser beyel schrifften zwo glich lutend ussereinandem geschnitten fOr ye den teil eine, des
jares und tages als vor geschriben stät."
Über die geleisteten Zahlungen enthält der Teilzettel oder die Beile folgende Angaben:
„Anno Ixxxxv' uff mitwuchen nach Ülrici hant min herren burgermeistre, camrer der
bruderschafft und Ülman Wytenbach, kilchmeiger, meister Lienharten dem Organisten ge-
wert uff die erste bezalung Ix ff, jeder teil xx ff.
Anno Ixxxxv*' uff mentag nach Nicolai hant min herren burgermeistre, camrer der
bräderschaft und Ulman Wytenbach kilchmeiger meister Lienharten dem Organisten gewert
uff die andre bezalung aber Ix ff, jeder teil xx ff; presentibus min herr meiger, Swartzo
und ander vil miner herren.
Anno Ixxxxv^ij uff fritag vigilia Martini hant min herren burgermeistre, camrer der
brüderschaft und Ülman Wytenbach kilchmeiger meister Lienharten dem Organisten gewert
uff die dritte bezalung aber Ix ff, jeder teil xx ff, presentibus Jeger burgermeister, Ülman
Wyt[enbach], kilchmeiger und herr Peterhans camrer und ein barfuß von Solotorn.
Anno xv° uff fritag [nach Simon] und Jude hant min herren burgermeistre herr
Ha . . . Jeger, camrer und Heinrich Herins kilchmeiger meister Lienharten dem Organisten
gewert uff die fierde bezalung xx guldin, jeder teil mit namen der camrer vij gl., der
kilchmeiger vij gl., Ülman Witenbach vj gl,, und ist do mit gantz bezalt Und das difl be-
zalung war und gewert sigen, so hab ich meister Lienhart obgenanter organist min eigen
bitzet getrucket zu end diser bezalung, in dem jar als obstat." Das Siegel fehlt
'j Zimttillwerk, t'.a bidarr tinc-s Facti niannes, um das Ciaiizi' zu kummentiercn
63
Das Original dieser Urkunde liegt im Stadtarchiv von BicI. Über Loubercr ist zu ver-
gleichen die Schrift von Dr. Ad, Fluri „Orgel und Organisten in Bern vor der Reformation',
Bern 1905 und die Ergänzung über I.ouberer von Dr. Ad. Lechner in den „Blättern für
bemischc Geschichte, Kunst und Altertumskunde," Bd. II, S. 268f, H. Türitr,
*
Nachrichten.
Aargau. AVh« Erwerbungen des banlonaUn Antiquariums in Aarau. FundstOcke aus
den römischen Ruinen von Kirchberg: Mosaikfragmente; Sluckpfeiler; Hotz- und Leisten*
Ziegel; Hypokauströhren und Plauen; Marmnrlragmenie; Wandbestich, bemalt; Gußboden*
fragmente; steinerne Scherbe; Steinbeile; Wetzsteine; Fcucrstcinmcsser; Terrasigülata*
fragmenie, darunter zwei mit Stempeln: HIILIVSFII und WH />/(!). ; Fragmente an*
derer Tongefäfle; zwei Amphorenteile; eiserne Nägel und Messer; kleine Bronzcobjckte ;
Mornschälchcn ; Tierknochen. — TrinkkrQge aus dem Suhren- und Wyncntal; Heimberger*
geschirr; Ofenkacheln, darunter zwei gewundene Säulen; gläsenie Schnapsflasche ; Wirts*
haustaftaire von 1796 aus Reitnau; Kräuierschachlel; bem.iltes und geschnitztes Joch aus
Ruppcrswyi. - Pilum (?) aus einem Plattengrabe in Villnachcrn. A. G.
— Schmtnacb. Im vergangenen Winter wurde im Steinbruch neben der Kapelle
des Bades Schinznach eine KupIermQnzc des Nervo gefunden. Sie ging in Privatbesitz über;
in der staatlichen Münzsammlung ist sie schon vertreten. (Argov. VII. pag. 121, Nr. 6.) A. G.
— Aarbürg. Untersuchungen in der „SäUhühle". Ini Jahre 1901 wurde zufälliger-
weise in der SälihOhle oberhalb des Kiscnbahndamms OUcn-Aarburg eine außerordentlich
fein gearbeitete Pfeilspitze aus Feuerstein gefunden. Ks war dies der erste sichere neoli-
thiächc Fund in der Gegend und er ließ von vornherein darauf schließen, daß diese Hohle
in spät-neolithi scher Zeit bewohnt gewesen war. Sondierungen, die daraufhin vom histori-
schen Museum von Ölten vorgenommen worden, hatten ein durchaus positives Resultat.
Im April 1907 wurden daselbst unter Leitung von Henn Dr. Häfliger sysicmalischc Aus-
grabungen ausgeführt. Wenn auch die dabei gewonnene Ausbeute keineswegs mit andern,
namentlich im »Käsloch* bei Winznau gewonnenen, sich messen kann, so hat doch diese
Forschung einen bedeutenden wissenschaftlichen Wert, indem sie den Nachweis liefert, daß
auch diese H(>hle in spät*neolithischer Zeit vorübergehend bewohnt gewesen. Es wurde
eine gut erhaltene Feuerstelle aufgedeckt, in deren nächster Umgetnmg eine 5 -30 cm dicke
Schicht von Knochcnaschc vorhanden war. In dieser Schicht, zum Teil in der Feucrstcllc
selbst, lagen zahlreiche Gcfäßschcrbcn aus grauschwarzem Ton, einige davon mit grad-
linigen Ornamenten versehen, die wenig von denjenigen keltischer Kulturstufe abweichen.
EHe Zahl der gefundenen Knochenstücke ist nicht sehr bctrfichtUch, noch weniger diejenige
der Feuersteingerate und Nuclet, obschon auch diese in der Kulturschicht nicht fehlten.
Von großer Bedeutung ist der Fund eines kleinen Fingerringes aus Bronze, der wie die
übrigen FundstOcke unzweifelhaft darauf hindeutet, dat* die Höhlenbewohner einer späteren
Fpoche angehören, die den Uebergang bildet von der ncolithischen Zeit zu einer jüngeren
Epoche. Die Lösung der Frage, ob die in der ilöhle selbst aufgedeckte Schichte von
hartem rotem Ton natürlich aufgelagert oder aber künstlich zur Nivcllierung der primitiven
Lagerstätte hingebracht worden, bedarf noch einer genaueren Untersuchung; vorderhand
scheint die letztere Annahme die wahrscheinlichere zu sein. Oltener Tagblatt.
Dasei. Beim Fundamentieren eines Neubaues an der FreienstraBe in Base/ fün<\ man
ßrandschutt, herrührend von dem durch das Erdbeben vom 18. Oktober 1356 verursachten
großen Brande. Die dortigen alten Häuser, die jetzt Neubauten Platz machen mußten,
datierten also aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. In derselben Gegend kam auch ein
halbrunder Turm zum Vorschein, ein Llcberresi der Stadtbefestigung. Er war in die Häuser
eingebaut und als Grenze im Grundbuch eingetragen.
— In Kitmbasti ist man bei Erdarbeiten an verschiedenen Orten auf prähistorische
Reste gestoßen. Beim Bahnbau, etwa in der Mitte zwischen Bäumlihof und Bierburg, fand
64
man in einer Tiefe von nur 0,60 m Skelcttgräber aus der sog. zweiten Eisenzeil. Die
Leichen waren in Gruben gebettet, ohne jede Steinsetzung. Bei einem Skelett lagen noch
Beigaben, ein kleiner Kiscnring und eine große bronzene Gewandnadcl, deren langge-
streckter Bügel und der aufgebogene scheibenförmige Kußknopf mit linearem Ümament
verziert sind. Dieser Fibeltypus {Früh La Tene) ist in der Schweiz nicht gerade häufig
ist aber sehr stark vertreten in dem frühkeltischen Gräberfeld der Certosa bei Bologna.
Es mag sich in unserm Fall um einen Importartikel aus dem Süden handeln. Klachgrdber
dieser Periode sind in unserer unmittelbaren Nähe sonst noch keine gefunden worden; die
nächsten liegen bei Muttciiz.
In eine noch viel ältere Zeit führt uns ein Fund, der bei der Kanalisation an der
Burgstraße in fiiehen gemacht wurde. In einer Tiefe von 1,70 m steckten im Kiesschotler
ein langes Bronzeschwert und eine bronzene Lanzenspitze, dicht neben einander- Um ein
Grab schien es sich nicht zu handeln; Knochen waren keine dabei. Die Schwertklinge hat
eine spitz zulaufende Griffzunge und war mit Nieten in einem Heft von Holz oder Hörn
befestigt; sie ist in merkwürdig verbogenem Zustande aufgefunden worden. Sämtliche
Fundstücke sind in das Histo. ische Museum gekommen. Es ist sehr zu begrüßen, wenn
sieb die prähistorischen Denkmäler im Gebiet unserer Stadt aUmählich mehren; vielleicht
laßt sich so bald einmal versuchen, was in anderen Schweizerstädien längst und mit Erfolg
geschehen kennte: ein deutliches Bild zu geben von der Dichtigkeit und der Folge vorge-
schichtlicher Besiedlungen in unserer Gegend. A. S. Basler Nachr. 1907, Nr. 114,
Bern. On vicnt de di^cuuvrir pr^s de Baunwyl xinc s^pulture allömannique. On a mis
au jour jusqu'ici neuf squelettes ainsi qu'un couteau qui fixe I'origine de la sdpulture. Le
directcur du musöe de Bcnie est all£ faire des constatations sur Ics lieux Lcs fouUlcs
continuent. FeuiÜe d'Avis de Lausanne, 28 Janvier 1907.
— Im sog. Aebnii bei Beip wurde eine bronzrne Armspange aus der reinen Bronze-
zeit gefunden. Schon 1Ö98 kam auf der Ilohliebe ein ßrandgrab aus der nämlichen Periode
zum Vorschein. Es ist wolil möglich, daß diese Gegenstände in irgend einer nähern Be-
ziehung zu einander standen In letzter Zeit wurden hier häufig archäologische Funde,
namentlich aus der La Tcne-Periode, gemacht. Der Bund, i. Februar 1907.
— Burgäorf. Unter den im zweiten Halbjahr 1906 dem RiUtrsaal zugekommenen
Objekten sind als Geschenke hervorzuheben: Von Herrn Hermann Aflblter, Frl. Flora und
Bertha Affolter und Herrn und Frau Marti, alle in Koppigen: 2 Getäfersiücke, i Schrank,
1 Truhe, I eiserner Feuerbock und 2 Ketten aus dem 17 Jahrh.; 1 Polsterstuhl, i Stabelle,
1 Ruhbetigestell, i Bäriswiler Rasierschüssel und -Platte, i Langnauer GießfaO und i Feuer-
eimer aus dem 18. Juhrh.; t Bcttliimniel, 1 Teigbreche, i Milchgebse, 5 Olenkacheln aus
dem ersten Drittel des 19 Jahrb.; i Bibelbnichslück aus dem 16 Jahrhundert und i solches
aus dem 17. Jahrh. in demselben Einband. — Von Herrn Sl Kelber in Liestal, IrQher Bäcker
in Oberburg: 1 Ellenstab von 1840. — Von Herrn F. W. Tanner, Mechaniker und Nego-
ciant in Oberburg: i bemalte Wiege von 1800. — Von Herrn Landjäger Kaiser, Burgdorl;
1 Spulrädchen und i Sputengestell aus der ersten Hälfte des 18. Jahrh. — Der bedeutendste
Ankauf aus derselben Zeit war der eines alten Webstuhls aus hiesiger Geg*?nd, großenteils
von 1729. Da Burgdorf *chon in alter Zeit ein Hauptsitz der Leinwandindustric war,
hat diese Erwerbung ein großes lokales Interesse. Zu cr^vähnen sind ferner zwei ältere
silberne Haften der Bernertracht, zwei im hiesigen Mühlebach gefundene Bracteaten (der
eine von Basel) und eine Mailänder SilbermOnzc. bei der ersten Fluh gefunden, wie früher
schon andere
Graubüiidan. S. Moritz. Ueber die prähistorischen Funde an der alten Quelle des
Bades S. Moritz wird in dieser Zeitschrift ein Originalbe rieht von Dr. J. Heierli erscheinen.
Neuch&tol. Musff Areheologique tt C'abmet dfs tuedailfis, Ann^e 1906.
Notre coUcclion pröhistorique n'a pas re<;u de //u«.? pendant le courant de cetteanncc
et un senl achat la conceme, savoir un bracclel, deux epingles et deux anncaux en bronze
de la st.itiün de Corcelcltes. Nous nous cn consolons cn escomptant le produit des fouUles
6s
qui seront entreprise au prlntemps de 1907, ä la Station de la T^ne, avec Taide de la Con-
f^dt^ration.
Otbinet des metiailUs. Lea achals dans ce doiDaiiie ont cu poiir but, comme precÄ-
demment, de compleler la serie des monnaies et m^ailles de nos mödaitleurs neuchätelois
ou d'acqu^rir les picces concemant notrc pays. Nous avona encore r^ussi ä trouver, cn
fail de pieces de ThUhauä qui nous manqualent : Chrisline de Stolberg 1749, second exem-
plaire, — Baden, ducat de 1737. ^ St-Gall, prix d'ecole nfd et — Benediclubeuren Pest-
amulett cn argent. — De Droz: Descente en Angletcrrc, — Jelon aux Armes de Cam*
hrai, — Talleyraa, coquillc, — Rouvet, bois flotte, - Lev<*e d'une nouvcllc armöe. — De
Brandt: Nous avions esp^re nous procurer la 4*^ variöle de la petite ni^daille de Nagler
qui nous manquc; mais Tindication du cataloguc ^tait fausse et nous avons ainsi un doublet;
par contre nous avons obtenu le m^daillon, attribu6 par nous ä Louise de Saxe, du mCme
graveur. (Voir Musee Neuchätelois, 1904, p. 96,) — En fait de pieces concemant nolre pays,
nous avons acquis: Inauguration du chemin de Ter NeuchäceUBesan^on, — Medaille, löge
Amiti^, Chaux-de-Fonds, — Bijou, löge Egalit^, Fleurier, — Bijou, löge Bonne Harmonie,
NcuchiUel, — une plaquette en bronze 9/14 cm: Emile Clottu par Musper.
Dons. De Mr. Eug. Colomb, 25 ccnt. nickcl, France 1903, — de Mr. W. Wavre, id.
1904, — de Mr. F. A. Wavre, 4 pifcces anglaises, 1901, 1905, — Mr. Paul de Coulon h re-
trouve chcz lui, au domicile de l'ancien directeur des Mus6es, de F. Landry. a ex. Medaille
Agassiz, — 2 ex. Coll^giale, — 16 ex. Statue de Farel, — i ex. College municipal, ~ i ex.
David de Purry, — i ex. Eaux de Neuchatel, — i ex. Desor; de Brandt: 15 ex. Restau-
ration de Neuchatel; de ISovy: 11 ex. Statue Purry. — De Mme. W. Wavre: Fete can-
tonale de Gymnastique, Neuchatel 1902, ~ de Mlle. Cccile de Pur>': Medaille David de
Purry, par Motta, — de Mr. Ed. WasscrfaÜen : ßanque de d*pöt et d'Ämission autoris6e
par le gouvemcment provisoire, billet de 50 Irancs, id. de 25 francs. — De Mr. Angelo
Calderini: ao soldi, Sardaigne 1794, — de Mr. Ferd. Beck: un pelit bronze de Probus, —
de Mr. Ren6 Chödel: six monnaies ou jetons, — de Mme. Albert Elskess: une m^daille
en laiton, Fr6d6ric I, roi de Prusse, 1707 — cnfin un beau don de MM. Huguenin frercs au
Lade, qui, avec c; que nous poss^dons d^jil fnrmera le noyau de la s^ric des m^daillcs
de ces artistes, que nous nous efforccrons de compl^ter: Zug Kantonal-Schfltzenfest, Haar
1906, Ar. — Mexico, Socjtl^ suisse de tir, Br. — Dornbirn 1902, .Stadterhebung, Fest-
schießen, cuivre, — Union velocipedique suisse, Ar. — Tir cantonal, NeuchAtel 1906, Ar. —
Herne, 1906, Eidgen. Turnfest, Ar, — Flüelen, 1906. Urner Kantonal-Schützenfest, Ar. —
Federazione Ticincse delle SocietA di Tiro, Concorso di Sezione, Br. — Winterthur, 190a,
ZOrcher Kanton al-Sch ätzen fest, Br. — Hinningen, 1905, III. Eidgen. Flobcrt-SchOlzcnfest, Ar.
Le conservatcur du Musöe Archeologique et du Cabinel des MödaÜles: IV. IVavrt,
— La Chan x-dt- Fonds. Le comitö du Musbc historique a fait l'acquisition de la boi-
serie et du fourncau d'une ancienne chambre de Boinod, uiix environs de La Chaux>de>
Fonds. Cela lui permettra la rcconstitution authcntique d'un uppartement ncuchdtelois dans
son futur bätiment.
— Ntttchätei. Musee historique, Ensuite d'une dtfcision du Conscil d*Etal, on a remis
ä titre de ipviA au Mus'^e historique de Neuchatel, les deux pieces de canon, dites de
Valangin, qui ctaient jusqu'ici d<^posccs ä Tarsenal de Colombier. Ces pieces avec affüt et
avant-train, du calibre de 4 cm, furcnt donn^cs en 1831 par le roi de Prusse; clles portcnt
sur le haut de la culasse le texte suivaiit: ,Le Rui ä la ßd^Ütä, septembre, 1831.'
La Suisse liberale, 6 Nov. 1906.
— La TMe. Les fouilles de üt T^pu viennent d**lrc reprises d'aprös un plan mttho-
dique. Trois ouvriers y travaillent depuis le 18 mars. Rappeions que les demi^res fouilles
de la Ttne, qui ont donnä de si riches räsuttats, commenctfes cn 1884 par M. E. Vouga
ont iti jnterrompues en 1Ö89, Taute de ressources sur^sanles. M. Vouga, avant de mourir,
avait exprim6 le öisir de voir rcprendre Texploitation de cettc Station. En mai 1906, ta
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SrxKt^ ffhisärnr« ck Ne^chäiel voa im credit poor la reprise des fooiDes dans la lHümi.
KÄi'x: iEa:^.«!?^, L«s a-^'-v^anx traiaux n* foot que commc3>ccr. \ombrc d'objcts imörs-
bSiics "js: ^A trximmts, ssais on n'a troave oi la sccoode mcötie dn ^ütw^tx tori]iKS gankns,
G*>c:t <a ;>r<::s:>T^ moctit a ct£ trour^ cd ifl&i* Qi les moonaics d*«»- doot on soapQaonaxt
iV2i«J:«ace. Gazette de I ansannc, 23 Mais 1907.
— Stixnt-Blaiit. Le 6 avrü, M. Quincbe-Blandc a trouvc cd creusaot les Ibodalioos
C'-^A scaisoü^ '^ui va s'^diner au Chemin de Crcuze; ä droite en moataEnt, jm-deasns de la
xcaivjn'Ec 7 rib^^let, cn fragment d'msm/Ao« romame mesurant 30 an de largc; 45 can de
haut, 16 an <f^paissei2r, et portaat sur trois Ugnes les caractercs suirants:
NERIAXV-
RONVS
C
Hautetir des lettres: 55 nnn; interiignes: 43 nun. — £n tenaiit compCe de U dis-
po^tion d«s letZres, sur les trois lignes de l'inscriptioD qoi noos reszent, oa pent admcttre
qu'elle avait primitit'emcnt 80 cm de largeur, 56 cm de haotear, qu*n y avah ä la prcmicre
hgn« a gaucbe de NERIANVS encore six lettrcs; ä la secoode ligne 00 pent comi^etcr par
iFATJKONVS; a la troisieme et derniere suppleer un F qui tomberah sous le T de
FAT'RONVS, — Nous avons probablement les restes d'one ioscriptiMi fonäaire devee ä
un aflranchi par son patron. Elle dcvait avoir la tcneur snivante: D-M (Ic ou les noms
de ra/TranchJf — le nomen et le gentüice du patron, NERIAN\*S ^tant son samoni cntier,
ou la fin de cclui-ci, puis PATRON VS enfin F— C. Aux dieux Manes de... N... N...
NERIANVS, son patron, a fait äever ce monumenL — 11 est tres interessant d'avcMT re-
trouv^ ce texte qui donne aux ^tabUssements romains de Saint-BIaise une importaoce plus
consid^rablc qu'on ne le croyait jusqu'ä präsent. La pierre sc trouvait ä deox mitrcs da
vjI dans un tenrain composö altemativeoient de plusieures couches de sable et de tof, et
qui doit avoir et6 form^ postäieurement aux etablissements romains par les debordcmcots
du ruisseau de 5>aint-Blaise. Pas de traces de construction; mais vie dalle rcmde en briqne
«rt un fragment de vase, pareil ä ceux trouv^, il y a quelques anndes en crcusant les
frindernents de la maison Tribolet qui Joüte cet emplacemenL — D^aptte les caracteres
Pinscription serait du second siecle de l'cre cbr^tienne. — Des rechercbes seront faites pour
tÄcher de d^couvrir le reste de I'inscription. IV, fVmrr*.
Sototnurn. Museum der Staat Solothtm. Historiscßi-aniiquariscfu AbteiAmff- Aus
dem Zuwachs der Sammlungen vom i. Oktober bis 31. Dezember 1906 ist henrcffzuheben :
/f. Schenkungen: Herr Fürst, Tapezierermeister: Verschiedene wriße, Uaubemalten Ofen-
kacheln aus der 2. HAlfte des 18. Jahrhunderts. — Herr Gaston von Sury: 14 grOnglasierte
Ofenkacheln mit französischen Lilien. — Herr Burki, Ed, Vorsteher der Discheranstalt:
Kinr; mittelalterliche Pfeilspitze, gefunden hinter der Discheranstalt. — Herr Zetter^CoUin,
Kranz Anton: Eine viereckige, schwarzglasierte Ofenkachel mit einer größeren, grOnen,
franz<><}iw:hen Lilie in der Mitte und vier kleineren schräggestellten Lilien in den Ecken. —
IJ. Erwerbungen: Ein alter Fingerring von Messing mit eingraviertem Metzgerzeichra, ge-
funden auf einem Feld bei Bonigen.
— S. Pantakon. Die Kirche von S. Pantaleon im Oristal soll umgebaut werden.
Nach einer aus Freiburg i. B. stammenden Notiz der «Basler Nachrichten* (26. April 1907)
ist diese Kirche ein Werk des Jodok Friedrich Wilhelm, des letzten Meisters der bcrOhmten
Vorarlberger Bauschule, der eine große Zahl von Dorfkirchen im deutschen Jura, im Elsaß,
Baden und Württemberg ausgeführt bezw. ausgestattet hat. Eine Studie über den Meister
wird voraussichtlich im diesjährigen Band des »Freiburger Diözesan-Archiv* erscheinen.
Uebirr der Türe des Pfarrhauses befindet sich, nach Mitteilungen des t Dr. K. Meisterhans
in Solothurn, ein Relief von 1756 mit dem Wappen des Hieronymus Altermatt, der 1745
Abt von Maria-Stein wurde. Hinter dem Pfarrhaus steht die ehemalige Zehntscheune;
Ober einem 1684 datierten Rundbogen sieht man hier das Wappen des Abtes Augustin
Reuti aus Wyl (St. Gallen), der von 1655—1695 dem Kloster Maria-Stein vorstand.
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Pantaleon hieß früher «Licla^, so X147 (Solothumer Wochenblatt 1824, S. 261; Trouil-
lal, Mon. \, 307), 115a (S. W. 1824, S. 263; Trouillat I, 319), U93 (S. W. 1824, a68). Noch
1298 scheint der Ort diesen Namen getragen zu haben (Urkundio ], 41). Aber zwölf Jahre
nach dem Guglerkrieg, 7. Januar 1387, werden die Ueberrestc des Ortes nach der Kirche,
resp. ihrem Patrone, benannt, wie bei S. Nikiaus bei Solothurn, das ursprünglich Wedels-
wilc hieß (.Sant Pantlion*: Trouillat IV, S. 486, Note). Mitteilungen von Dr. K. Meister-
hans, 14. April 1894.
— Baislhni. Die Gemeindeversammlung bewilligte einen Beitrag an die auf laooFr.
veranschlagten Kosten der Wiederherstellung der Kapelle zu S. Wolfgang.
Basler Zeitung, 17. Mai 1907.
— — In Bezug auf das von Dr. Th. Burckhardt-Biedcrmann untersuchte Kastell von
S. Wolfgang (Anzeiger 1906, S. 279^ weist Prof. Dr. E. Talarinoff auf die Bauart der La
Tene-Zeit hin, wie sie z. B. durch Hertlein In seinem Aufsatz »Der Burgstall bei Finster-
lohr, ein gallisches Oppidum" iFundbcrichle aus Schwaben, 11. Jahrgang is?03t pag' 7) be-
schrieben wird. Burckhardt ist geneigt, die Anlage als römische ins 4. nachchristliche Jahr-
Imndert zu setzen. Wenn man indessen bedenkt, daß Balsthal so reich an Funden keltischer
MOnzen ist, so laßt sich bei der Analogie der Bauweise doch auch die Vermutung wagen,
daß wir es hier mit einer vorrömischen Wehrbautc zu tun haben könnten. Ein bestimmt
römischer KIcinfund wurde ja nicht zu Tage gefördert. Weitere Untersuchungen in jener
Gegend werden erst volle Klarheit in die Sache bringen.
Vgl. Solothurner Tagblatt, 1907, Nr. 68.
— In Niidergösgett, am Wege östlich der neuen Kirche, werden durch das Solo-
thumer Museum, mit Unterstützung der Firma Bally Söhne, Ausgrabungen an einer römi-
schm Villa veranstaltet, deren Elxistcnz schon im vergangenen Sommer durch eingehende
Sondierungen gesichert war. Die jetzigen Grabungen eigaben eine zusammenhängende
Flucht von vier Räumen, \'on denen zwei auf Hypokausten ruhten. Der zweite Raum von
oben enthielt den Torso eines Mosaikbodens mit Tulpenmuster, gradlinig und mit Bogen
eingefaßt. Der oberste Raum scheint ein Badcrauin gewesen zu sein; die sorgfältige Ver-
kleidung mit Terracottaplatten, der Treppeneinstieg, ein Ablaufrohr und eine große Menge
von Heiz röhren fragmenten weisen darauf hin. Die höher gelegenen Teile des Zimmers
waren offenbar mit schönen Freskomalereien ausgeschmückt. Die Arbeiten werden fort-
gesetzt. Solothumer Anzeiger, 10. April 1907.
Waadt. YvtrdoH. Das Museum erhielt von Mme. Gagg in Morges eine wertvolle
Sammlung von Plänen, Zeichnungen und Notizen zur Geschichte des alten Yverdon.
— AvtHches. Depuis mon article du 16 Decembre 1906, mentionnant les fouillcs du
Pro-Avenüco dans Ic plantage de rAmphitheAtrc, unc grande quantitt de gros blocs les
uns avec des moulures, des cornichcs et des fragments de colonnes en marbre blanc ont
ete sortis du sol. Nous avons Tintcnlion de les laisser sur cet emplacement cn les arran-
geant de maniere ä attirer les regards des visiteurs de nos antiquit^s qiii d'annde cn ann^
devienncnt plus nombreux. Cette place scra ix I'avenir une succursale du hangar du Mus6e
qui est presque enlitrement rcmpli. Pour le moment nos fouilles onl du ötre suspendues,
car on avait quelques craintcs pour la soliditi du bätiment du Musce. Les ouvriers ont
intcrrompu leur iravail au moment 011 tis ont ddcouvert ä unc profondeur de plus de
trois mfetres, uru Oase avec deux moulures fuyantes d'une tongueur de M. 1,60 et d'une
hauteur de 32 cm j cctic base repose sur unc grande dalle d'une longueur de plus de trois
mdres. Ccs pierrcs lä n'ont pas 6tt rcmuöcs, cUes ötaient probabicment Ic scuil d'une
grande porte d'entrde du bAtiment romain de rAmphith^aire. Pour le moment il ne m'esi
pas possible de me prononcer exactement sur cc point lä avani la visile de notrc aichöo-
logue cantonal Monsieur Albert Naef.
Les fouilles du Permet n'ont pas H6 iatcrrompues depuis Tautomne 1906. L'ouvrier
occup« ä ce travaü, qu'il poursuit avec un soin special, a rcncontrö un grand aqucduc sc
dirigeant obliqucmcat du cöte de la grande route, dont le vide oiesurait unc targcur
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de 95 cm et une profondeur de M. i,6o; la voütc 6tait forra6e de grandes pierrcs
ixiclinees donl l'une formait la clef. Malheureusement, l'eau qui pourtant est tr^ bane
maintenant, n'a pas permis d'enlever les murs de chaque c6t6 jusqu'au fond. L'aqueduc
i^tait cntierenitrnt rcmpli de limon et de sable. De ce limon nuus avons sorti un paquet
de noisettes qu'il esc tacile de reconnaltre, mais qu'U sera bien difücile de conserver. Aux
objets iiidiqu^ pr^TÖdemment, je dois ajouter, do4x hachts enfer, sans doute oxyd^es, mus
cependant asscz bien conserv^s pour qu'on puisse s'en »ervir, en y ajustant des manches;
un Douveau fragment lU dalU en marbre blanc avcc trois moulures, äeax fragments ä'ms-
criptioH, Tun avec une partie du jambage de R el trois autres lettres T V S, Tautre avec
deux lettres I N et enfin un objct assez curieux en pottrie noire, dont j'ai recoli6 les frag-
mcnts, c'csi un ustensile de menage ä trois pieds dont il ne m'est pas possible d'indiquer
exactement le nom qu'i! portait chez les m^nageres romaines, peut-€tre ehytra, chytropus.
J'ai l'intention de conlinuer des fouilles dans ce terrain qui mc parait oSfrir un intördt tout
particulier. L^s Soci^tds d'hisioirc Suisse et romande, r^unies ä Morat le 2 Aoüt 1850,
avaient visit<^ les fouilles que dirigeait dans le champ voisin Monsieur l'lnspecteur d'Oleyres
qui ^tait alors conservatcur du Musee d'Avenches et en faveur dcsquelles TEtat de Vaud
avait accordi un subside de 3 ä 400 Tranes.
Un mot seulemcnt au sujct de l'articlc que mon coll^gue de Neuchdtel a fait insirer
dans le Dum<iro 4 annce 1906 de l'Anzeiger. 11 est parfaitement exact que sans informcr
personne, des que le momcnt m'a paru favorablc, j'ai fait cnlever la mosaique dteouverte
dans ma propri<^tA du Perruct; c'est avcc le pr6cieux concours de Monsieur Rosset» le sur-
veillant des fouilles du Pro-Aventico et sous ma surveillance que ce travail a &ii fait, je
dois le dirc ä ma pleine satisfaction. £t Tun et l'autre nous avons bonne vue et malgrd
cela il nous a öt^ impossible de decouvrir la moindre tracc d'unc troisicme lettre au bas
de l'inscription.
Monsieur Jomini recoimait volontiers qu*il n'est pas infaiUible et qu'il s'est peut-ttre
trompö, en öcrivanl que L. C PATERNVS avail €it duuravir d'Avenlicum. Ce qui m'a
induit en erreur, c'est un coup d'oeil jel6 dans le Dictionnaire Historique du canion de Vaud
qui ^ Tarticle Payeme page 727, fait remonter la fondaüon de cette ville ä Marcus Dun-
nius Patcrnus duumvir de la colonie flavienne d'Avenficum, c'est donc une erreur de prtnoms.
Avenchcs, 37 Mars 1907. F. Jomini, conservatcur du Mus^
— Grandson. Lc Mus^ a re^u le don d'une guisarme, du XV^ siede sans doute;
trouvee dans le pays oü s'est livr6e la bataille de Grandson; arme bien conservöe, sazis
sa hampe.
Le 15 Mars 1907. G, tU Bionay, Conservatcur.
— Gtssmay, Une partie des ruines du Vanel s'est ccroulte en mai 1907. I-e Vanel
6tait la ruinc d'un vicux ch^lteau construit sur un mont \so\t (altltude de 1016 m), entre
Rougcmont et Gcsscnay. C'^tail la rfeidence des sires du Vanel, branche cadcttc de la
maison de Gruytre, dont l'un des membrcs, Ulrich de Vanel, ötait, d6jä en 11 15, nomme
comme bienfaiteur du pricurö de Rougemont. Le chateau fut ruinc selon les uns en 1359^
Selon d'autres, en 1406. C'euit un donjon ttanquÄ de tours, qui fermait la vallite du cötÄ
de Gcsscnay. Le pan du mur surmont<i d'un sapin qui en restait en <^tait le pittoresque et
demier dibris.
— M. F.-A. Forel, professeur, vient d'explorer une nouvelle s^pulttu'e ä la n^cro-
pole du Boiron, pres Morges. La tombe se prdsentait sous la forme d'un caveau forma de
quatre grandes dalles vcrticales de pierres brutes, gneiss et gres, de 35 sur 60 cm, lc som-
met des dalles ä 30 cm seulement de profondeur dans le sol; pas de dalles de couvermre;
celle-ci a pcut-ötrc ^le enlevöe par la piochc d'un cultivateur. Lc caveau ctait plein de
terre et de caillout^ L'appareil funÄraire consistait en un vaste foyer, cendres, d^bris d'os
calcioös, tessons de poteries, charbon, formant plancher sur lc sable viferge. Sur ce loyer
un groupe de six vascs divers, posds cöte ä cote, ä savoir deux urnes ä fond conique de
13 ä 13 cm de diamctre« deux pots ä ventre paxisu de iSaaocm de diamctre^ om^ d'une
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I
I
I
tite ansc d'un seul cöt6; enfin deux petites dcuelles ou cuputcs coniques, de 14 cm de
diam^tre» l'une d'elles avec im pied de type tres peu oomniun. Tous ees vases ätaient
pleins de la terre de remplissage de la lombe; ils n'^laient pas comnie ime urne de In
tombe n" VII Ic reccptacle des cendres du döfunt; ils n'<itaicnt donc pas des urncs cin^
raires; ils devaient probablement contenir des pr^enis fun^raires, des aliments olTerts aux
mänes du dccedö. Ces vases sont en tres mauvais 6tat, fendus ou bris^ par le poids des
terres susjacentes; deux ou trois seulement pourront etre reconstilu6s. Aucune trace de
bronze ou d'autres metaux. D'apres la forme et la päte des vases, d'apres Ics analoKies
avec les autres' tonibes dejä fouillees, M. F.-A. Forcl atiribue cette s^pullure de cremation
ou incin^ration aux Palatilteurs, ou habitants des stalions lacustres de V&ge du bronze.
[Vautres tombes du ßoiron ont donnd des squetettes enüers. Les mceurs luneraires d'alors
admettaient donc, cöte ä cöle, l'inhumation et l'incineration.
Gazelle de Lausanne, 24 Mai 1907.
— Nyon. Dans les travaux pour les fondations du nouveau bätiment scolaire, au
Prieur6 de Nyon, on a (ait ces jours derniera quelques interessantes trouvaillt^s. En crcu-
sant un puits, Tcntrepreneur, M. J. Bidal, a rencontrd ä une petite profondeur un mur ira*
vcrsant obliquement la promenade du Jura et aboutissant au talus trcs incline vers le pre
Natthey ä la Combe. Ce niur d*unc duret^ cxtrOniu, d'un metre d'^paisseur, est ant^rieur
a l'ancien mur d'enceinte de la vilk- auquel dtait adosse le bAtimcnt du Prieuri.
Dans le tcrrain occupe par le Prieurö, 011 a tronv^, presque ä la minie place, divers
objets datant de Tfipoque romaine, objcts qui seronl remis au musee de la ville. Une grande
pierre sculptee; la partie supörieure d*unc lampc en terre sigillaire, 10 cm de longueur,
portant en relief la tfite de Jupitcr-Ammon, d'une belle facture; un style en ivoirc de
15 cm de longueur; un fort joli vase tres bicn consers'^ et deux autres passabicment en*
dommagfe; tous trois sont recouverts d*un vernts plombeux tres caracteristique; ils pr£*
sentent le meme aspect que ceux truuv6s en morceaux et restaurts aussi bien que possible
il y a prfcs de quarantc ans. Citons encore un curieux objet en os, quelques mcnus objels
en fer et des fragments d'un petit rccipienl en verrc. Le nom et la dcs'inatioti de ces
demiers restent ä d^ierminer. (Jazctte de Lausanne^ 24 Mai 1907,
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Zcsiger. Allred. Das Bieler Juliuspanncr. Blatter für Bemische Geschichte, Kunst und
Altertuniskunde. Ul. Jahrg. Heft i. 1907. Februar.
Preis jährlich 5 Fr. Man abonniert bei dem Schweizerischen Landesmuseum, den Post*
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Beitrage und Mitteilungen beliebe man unter der Aufschrift »Anzeiger" an die Dirtktitm
äts xftweiBtrischen Lanäesmusettms in Zürich zu richten.
Redaktionskommission: Dr. H. Akgst. Dr. H. Lermakiv. Prof. Dr. J. R»
Prof. Dr. J. Zuw.
Druck von Gebr. LEsyAMN & Co. in Zürich-Selnau.
Piateau suisse. — Fibules Nos Ol ä t>4.
OrOH^ IV: 61. Hauterivt: (Fribourg). [Zürich].
Croupe V: OÄ, Ipsachinoos (Beme). [BerntJ. - «t(. Stein (Schaffhou&c) argent. [ConsUnce).
— tt4. Chatonnaye {FribourgK iKribourg].
_ Orotipt yil: üo. Ollon (Vaud). [Gcncve]. - 0«. Baulmes (Vaud). iLausannc].
Croupe X: 67. Zollikon iZurich). [Zürich], - 6S. Hennrigen (Bcmc) [Biennc]. - 6» 70.
Hcmishofcn (Schaffhouse). [Schaffhousc], — 71. Zollikon (Zürich). [Zürich], — 7Ä.
Hermrigen (Berne) [Biennc]. — 7:1 Wangen (Zürich). [Zürich].
Group* XI: T4. Thayngen (Schaffhouse). [Schaffhouse]. — 7ö. Murzelen (Bcrne). [Bcme].
76. Bulach (Zürich) [Zürich]. - 77. Trülhkon (Zürich). [Zürich].
Croupe XII: 78. Scrgey (Vaud|. [Lausanne] - 7». Aubonne (Vaud). [Lausanne]. - 80.
Thayngen (Schaffhousc).
Group* ÄIII: Hl. TrüUikon (Zürich). (Zürich]. - 82. Kilohberg (Zürich) [ZorichJ. - M.
Limkhofen (Argovie). [Zürich]. - 84. Tschugg (Beme). [BicnneJ. - 8*. Rances fVaudJ.
(Lausanne}. - Hfl. Ins (Beme). [Bcme]. - 87. Meikirch (Bemcj. [BcnieJ.
roMpf Xiy.- 88. Murzelen (Bcrne). [BemeJ. - 80 Dörflingcn (Schafl bouse). (ZuricbJ. —
»0. Muttenz (Bftlc). [Bftle]. - »I. Lunkhofen (Argovie). [Zürich].
Croup« XV: B2. TrQllikon (Zürich), [Zürich]. — 93. Kersau (Beme). [Beniej.
Grompe X^I: »» Ossingcn (Zürich). [Zürich.]
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Plateau suisse. - Fibules 61 ä 94.
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Grnttp9 Xlll: »5. Moliua/./o 58 (Tessin). [Zur.
Grotipr l: Ü«. Bramois (Valais) |Beine].
Gtoupr //■ 97. Castioiu Hessin) [Zürich]. — B8. Sal^cscK (Valais). (GenMxJ — 99. Cfri-
naaca 118 (Tpssiru. iZuriph], - 100. M'-lm;i7ro (Te--.iiii. i'/iiii,i!| - 101- Certnasca
145 iTc^sin). [Ziirich].
^GroMp* iil: IM. M.tliriazzo .^ (Tessnil. [Zürich]. - 108. Castionc (Tessin) [Zürich]. -
104. MoMdüzzo ( U'ssini. jZurirhj — 105. Casiiune ag (TesslnK [Zürich], — 100. Cas-
tionr 56 (Tessin). IZurichj. — 107. Gm*na5co 19 l'I>55in). fZurichJ.
ücouf^ It^: 10>*. MohrM/./.. ^ (T'-s^in). fZiinch|. - 109 i '-iiui.sca I31 (Tessin). fZurich].
- 110. Bergamo 18 | rc^^siui (.ZurichJ. '^ All* Giubu^co 154 (Tt.-S'^in). [Zürich].
Groupt yii 112. OririAsca 142 (Tessin). [Zürich]. — 118. Ca&tione 51 (Tessin). [Zürich]. —
114. Ca.stioiu- 63 (Tessin). [Zurirhl — ITk Cipiione 61 (To-sin). [Znrich] — 114. Giu-
biascu 3P9 (Tessin). [Zürich].
Vallecs alpestres. - Fibules 95 ä 116,
>/1 CT. IMU
•tnmiwMl Utm PltnMn, Wk
allees alpestres. — Fibules N^e 117 a i^^^-
ite); 117. Giubia^co 115 (Tj|sin). [ZuiichJ. - IIH. (.luti.i im 117 iT^inf
^ , ^^. .cukerbad (Valais). \^mis\.
rotipe /.V 1^0. Gmbiasco 95 ( Ir-^sin», fZuncli) - UI. Molinax/," >6 (TciSin). (j^uhchl- -
Vi-: o (Tcssinl. [Zuridi] - lÄI. Giöbiasoo i.'(rcs^in). I^unchj. 1^4.
Ciui,.. ^. ■• ^^v. ; 1 cssin). [Zuriel^. — lfl&. Giiibttsco 95 OV-^v-hhiI f^urichj. ^
CrnH^t -V; iSft. Orinawa iii (Tcssini. [Ziinch: 127. Molinazzo 3a (Tcssin) fWÄh —
lÄ8. Beiganiu j.i ' ■ [Zurich|. - JA». -S. Tafplu 9 (Tessin), [ZurichJ.
Gruiip" M: lÄO \U.!iii , 1 I essin». (Zürich}. ISl. Leukcrbad (Valaisl. (BorneJ. —
l!*i: 6 (iessini iZurich). - I8Ä. Mohna^zo 54 iTcssin). |2urich|. — 1S4.
.^^ Al:. ilais) ' S9ä- Orina««a 146 ilc^uiii^. [Zürich], -^^'OWt^MJMP (Tcs*
sin). [Zürich.] 'y^* ^CTT
/.* IS7. Ccrinaaca 149 (Tcssin) fZurich|. - ItM. S. Paffo 60 iTcssinl. |Zurichl,
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I
ANZEIGER
FÜR SCHWEIZERISCHE
ALTERTUMSKUNDE
INDICATEUR D'ANTIQUITES SUISSES
HERAUSGEGEBEN VON DER DIREKTION DES
SCHWEIZERISCHEN LANDESMUSEUMS IN ZÜRICH
NEUE FOLGE IX. BAND 1907, 2, HEFT
Etüde sur les fibules de Tage du fer trouvees en Suisse.
Essai de typologie et de Chronologie.
Par David VioUier.
(Suite.)
I
I
II Epoque gauloise.
L'^tudc typologique des fibules gauloiscs presenlc plus de dillicultcs que
Celle du groupe precedent. Pendant le premier äge du fer le nombre des
types est relativcment failile, t't chacun d'eux nc presente que quelques Va-
rietes: la niOnie libule se retrouve souvent un nombre consid^rable de fois,
toujours identique k elle-meme.
A l'epoque gauloise il cn est tout autremcnl. Nous ne trouvons en
r^alitc qu'un scul type de fibule, qui pendant plus de quatre siecics dvolue
lentement, donnant les sous-types que Ton a designe sous le nom de Töne I,
Töne II, Tcne III. Mais dans cliacun de ces groupes, quelle variete de
formes et de decoration ! On peut presque dire que i*on ne retrouve pas
deux fibules identiques.
Pendant l'epoque etrusque, la fibule semble sortir de veritables fabriques,
oü eile etait faitc par centaines, toujours pareilles. Avec l'epoque gauloise,
nous p^netrons dans le domaine de la fantaisie : la fibule est l'ceuvre de vrais
artistes qui donnent libre cours ä Icur imagination, tout en gardant les formes
consacr^es par l'usage. La fibule devient un veritable objet d'art.
Dts 18Ö8, Tischler avait reconnu la possibilite de subdiviser l'epoque
gauloise en trois p6riodes d aprös les modifications apportöes au cours des
siecles ä la fibule. Toutes celles-ci ont un caractörc commun: le ressort
bilateral. Tischler dcmontra- que pendant la premiöre ptriode, le pied de la
fibule se recourbe vers l'arc, du quel il demeure independant. Pendant le
seconde pöriode, le pied de la fibule se relie ä l'arc par une agrafe, ou un
anneau. Enfin pendant la troisiöme pdriode, le pied se soude ä Kare, avec
74
le quel il forme un ensemble massif; en Suisse ce dernier type se confond
avec la fibule romaine.
Nous diviserons notre 6lude de la fibule gauloise en deux parties,
d'aprts [a mati^re dont elles sont faites: •
a) ics fibules de bronze et d'argent.
b) los fibules de fer.
a) Fibuies de bronze et d'argent.
Croupe XVII. Nous platjrons en tete de cette serie une fibule d'un ty|>e
special, la seule qui ait ät6 trouvee de ce cöte des Alpes. C'est une fibule
ä double timbales et ä arbalfete (fig. 95). Lorsque nous etudterons les fibules
du Plateau, nous demontrerons que ce type forme la transition entre les
fibules hallstattiennes et les fibules gauloises. Icl les timbales, qui sont en
general des calottes hemispheriques, sont d'une forme assez corapltquee.
La fibule gauloise, comme nous aurons Toccasion de le montrer plus
lein, d^rive de la fibule de La Certosa.
GroHf>e I. La forme de cette derni6re est encore reconnaissable ; la
courbe de Tarc est la ra6me (fig. 96); le porte-agrafe pareil; seul le bouton
fait defaut: il est reraplac^ par un petit reldvemcnt de I'extremite du pied.
Mais la difl'erence essentielle r^side dans le ressort qui, d'unilateral, est devenu
bilateral; la corde qui relie les deux parties passe ici ä Tintöneur de l'arc.
Croupe II. La forme de l'arc s'est modifi^e: eile s'est surelevee et
arrondie ifig. 97); en m6me temps le pied s'est allong^ et la courbure qui
n'etait qu'indiquee dans la fibule precedente s'est atlirmee et transformee en
une Sorte de trompe relevee. Elle s'allonge encore et se termine alors par
un bouton form^ de deux calottes hemispheriques et creuses (fig. 98). Dans
une autre fibule la section de l'arc est carrde avec angles arrondis; cette
fibule porte un fin zig-zag en relief place le long de Tarc.
De la fibule 97 derive une variete tr^s interessante, la fibuie a dragon:
le pied a continu^ ä se rccourber, s'allongeant jusqu'ä la rencontre de Tarc
(fig. 99). II se termine par un bouton repr^sentant sommairement une tete
de dragon, oreilles dressöes et gueule ouverte. Cette fibule se transforme
bientöt en une veritablc fibule zoomorphique : l'arc devient cylindrique, epais,
orn<! de ligncs paralleles de points en relief; le bouton devient une tetc de
dragon mena^ante, oreilles pointees, gueule arm^e de quatrc crocs recourb^,
languc dardöe (fig. roo, 101} ; IVtil est indiquc par un bouton saillant entoure
d'un cercle de petits points; un coIlier de traits graves represente une sorte
de crini^re; une bague richement omee est placke ä la tete de Tarc.
Croupe III. Mais, ä cöte de ces fibules de fantaisie, le type suit son
developpement normal : le pied releve se termine par un leger ötanglement
<fig. 102) qui devient un bouton (fig. 103), d'abord simple, puis plus volumi-
neux (fig. 104, 105). En m^me temps le pied se rapproche de Tarc contre
lequel il vient butter. L'arc est cylindrique, plus ou moins 6pais, d^cri-
vant une courbe plus ou moins reguliere. Enfin le pied finit par se souder
I
75
I'arc; le bouton disparait alors (fig. io6) et n*est plus rappele que par
quelques cannelures profondcs. En mcme temps la fibulc est devenue massive ;
i'arc s'est elargi et applati. De cettc mt>me fibule on trouve cependant un
modele plus leger fait d'un bronze plus mince (fig. 107), seulcment le ressort,
au Heu de deux spires en a quatre.
Croupe /I\ Le pied recourbe vient s'appuyer contre I'arc et se termine
par une serie de petiles rainures transversales (fig. 108) qui bientöt se changent
en un bouton, d'abord peu accuse suivi d'une partie terminale (fig. 109),
puis qui s'affirme de plus en plus (fig. 1 ro, iii); en mt^me temps se modifie
peu ä peu la courbe du pied. Le fil fonnant Taj'c augmente en m(^me temps
d'epaisseur et finit par ^tre orne de lignes longitudinaics en potntille.
Croupe VI. L'appendice terminal qui forme l'extremite du bouton s'al-
longe (fig. 112) et vient reposer sur I'arc oü il s'etale en forme de spatule
ornce de traits. En m^me temps le bouton prend plus d'importance et I'arc
augraente d'epaisseur (fig. 113 — 115). Cette fibule finit mfime par prendre
des proportions excessivement lourdes et massives (fig. 116); dans ce dernier
exemple la patte terminant le pied etait fix^e ä I'arc ä l'aide d'un eleu. Un
autre exemplaire est absolumenC difforme (fig. 117): le bouton a pris des
dimensions exagöröes qui ne sont plus en rapport avec Celles de la fibule.
Enfin, dans le dernier modele (fig. ri8), I'arc s'orne de stries transversales
et est sdpar^ du ressort par une bague mouluree. Le bouton terminal du
pied est devenu double-conique et se termine par un manchon strie d'oü
sort une houppe qui vient s'^taler sur I'arc.
Croupe VU. L'arc est forme de Crois renflements, tandis que deux
renfiements serablables terminent le pied (fig. 119). Cette fibule se rattache,
comme nous le verrons plus loin, ä un groupe du nord des Alpes.
Croupe IX. Dans \es fihu/es ä houclier, I'arc c'est applati jusqu'ä n'ötre
plus forme que d'une mince feuille de bronze decoup<Je en forme de bouclier
(fig. 120). Le bouton terminant le pied, plan en dessous, n'est modele qu'ä
sa partie superieure; puis il devient completement en relief; en m^me temps
le bouclier s'orne (fig. latl. 11 augmente alors d'epaisseur et le bouton de
dimensions (fig. 122K Enfin^ le bouclier s'orne de reliefs tres marques (fig. 123,
124). Dans un dernier exemple l'arc porte trois oves ddcoup6es en fort
relief (fig. 125I.
Nous abordons maintenant le grand groupe des fibules dont le pied
est termine par un disque.
Croupe X, D'abord le pied se termine par un bouton lenticulaire plan
ä sa partie inferieure, muni d'un petit appendice rectiügne (fig. 126) qui donne
ä la fibule un vague aspect de col de cygne; puis la lentille se modifie legöre-
ment (fig. 127) ; enfin eile prend franchement I'aspect d'une lentille plan-con-
vexe ornöe ä sa surface de quelques traits (fig. 128). Dans un demier exem-
plaire. celle-ci est ornee d'une st^rie de disques concentriques en relief
(fig. 129). En meme temps l'arc s'est elargi et orne de stries obliques.
_76 ..
Ces fibules sont les fihules ä disque masstf; mais un groupe beaucoup
plus important est forme de fibules dont le disque s'orne d'un cabochon de
matifere color^e.
Groupe XI. Le disque apparait d'abord sous forme d'une petite cupule.
autrefois probablement remplie de raatifere color^e, placee ä Textr^mitö du
pied (fig. 130). Mais cette cupule est bientöt remplacöe par un disque portant
ä son sommet une petite terminaison d^coupde (fig. 131J; sur ce disque etait
fixe un pain tronc-conique d'une matidre coloree rougeätre ou brique qui ne
semble pas etre un veritable email, mais dont Tanalyse est donc ä faire.
Ce chaton leg^rement creus6 ä sa partie sup^rieure est fix6 au disque ä l'aide
soit d'un, soit de cinq petits clous de bronze formant une etoile (fig. 132),
soit enfin d'une petite plaque de metal sur la quelle est dessine aurepoussö
un triangle (fig. 133). Dans toutes ces fibules Tarc est relativement peu ^pais;
cependant dans quelques pifeces, il prend un aspect legferement sangsuiforme
(fig. 134). Dans cette fibule, aujourd'hui perdue, le disque est fix6 sur le pied
et le chaton parait ötre de mati^re coloree : le dessin n*en laisse pas juger
suffisamment.
Parfois toute la fibule, corps et disque, prend en aspect extrßmement
massif (fig. 135) et le chaton peut alors 6tre retenu en haut et en bas du
disque par deux griffes (fig. 136). Enfin dans une autre fibule, le disque est
perfor^ de six petits trous dont quelques-uns sont encore garnis de petits
clous (fig. 142); ce disque, comme nous le verrons plus loin devait ötre orne
d'une rose de corail faite de cinq petales r^unies autour d'un centre. Notons
encore que le pied est retenu k l'arc par un anneau.
Groupe XI!. Les fibules que nous venons de passer en revue ont
toutes l'arc lisse; dans la möme serie, on trouve tout un groupe dont l'arc
est souvent richement döcore (fig. 137) ou ornä d'une rangee de renflements
(fig. 138), ou bien cr^nel^ (fig. 139) et sur chacun des crenaux est un cercle
pointe, gravö. Dans une fibule de taille plus considerable, l'arc est orne de
volutes d'un joli effet (fig. 140). Enfin une autre fibule est identique ä une
fibule dejä vue, (fig. 132) mais ici le pied au lieu de se terminer par un bouton,
porte un disque (fig. 141).
Groupe XIII. Ce groupe comprend les fibules dont l'arc est orn6 de
forts reliefs : l'arc est d'abord forme d'une sörie de spheres massives lögfere-
ment applaties, plac^es les unes ä cöte des autres (fig. 143) ; le disque est
orne de deux cabochons en päte coloree, le second servant ä fixer le plus
grand. Puis l'arc n'est plus orn6 qu'ä sa partie sup^rieure d'une sörie d'oves
en haut relief (fig. 144). Le disque d'abord plat sur le quel etait fixe le
chaton, se termine par un petit pedoncule relev^ qui prend l'aspect d'une
tete casquee; puis le disque se garnit sur son pourtour d'un rebord saillant
qui lui donne l'aspect d'un petit plateau ä l'interieur du quel vient s'insörer
le chaton (fig. 145—147).
A noter, en passant, sur I'une de ces fibules une particularitö dont nous
avons dejä trouve la pareille dans le groupe III : le pied vient de souder
77
ä l'arc (fig. 145) en m^me teraps le bouton en forme de töte humaine sc
modifie et devient une petita protubörance conique.
Ce groupe conüent des libules tout ä fait exceptionnelles comrac taiile
et comme ornemeniation: dan.-: rune, les oves formant l'arc se compliquent
(fig. 146); le chaton trfes saillant et hemispherique est, detail d'un grand
inter^t, en e'maif rottt^^e; sa surface est divisee en quatre quartiers par de
minces bandes de bronze inserees dans d'email et partant des bras d'une
croix centrale dont l'interieur est ome d'email de m€me couIeur. Le bouton
enfin, qui lermine le disqiie, prend l'aspect d'une I6te d'homme barbae et
casqu^e fortement modelee. Ce qui fait encore Tinteret particulier de cette
piÄce, c*est que le casque qui couvre la töte est une copie ä peine stilisöe
d'un casque de bronze dont deux exemplaires ont ^16 trouv^s sans la möme
n^cropole d'oü provient cette fibule. Ce casque d'un type etrusque, c'est ren-
contrc deux iois aux Grisons ; il est frequent en Etrurie, et aussi parait-il cn
Autrichc.
Dans une autrc fibule les oves se sont changees en trois spheres ap-
platies en-dessous, separees les unes des autres par des ^tranglements raou-
lurcs (fig. 147).
Enfin mentionnons encore ici une autre place, bien qu'elle ne rentre
pas ä propremenl parier dans cc groupe, ni dans aucun autre; l'arc est
forme de deux segments reunis au milieu par un petit disque orne d'incrus-
tations de corail ; le pied se termine par un chaton lenticulaire dans le quel
sont inserees des larmes de corail d'un hcureux eHet.
Groupe A'K; Ce groupe est caracteris*^ par une artte de raatifere co-
loröe ornant le sommet de l'arc.
L'arc est assez fort et porte ä son sommet une rainure allant du pied
ä la töte, dans la quelle etait fix^e k l'aide d'un mastic une crÄte de sub-
stance colori^e, email ou corail. D'abord ifig. 14g) le disque qui termine le
ipied est massif sans chaton; il est simplement orne d'un cercle profondement
(grave et termine par un bouton en forme de töte humaine. Sur les flancs
de l'arc sont des stries disposöes en forme de rayons. Puis le disque plat
s'orne d'un cabochon de pAte coloröe fixe ä l'aide d'un petit clou (fig. 150).
Enfin le disque se garnit sur son pourtour d'un rebord qui enserre le chaton.
L'arc d'abord lisse (fig. 152) se döcore plus ou moins richeraent (flg. 151,
154) et porte raeme parfois deux crOtes paralleles (fig. 153I. Puis l'arc s'orne
de stries verticales d'abord peu marquees (fig. 155I, puis plus accentuees
(fig. 156-158); en meme teraps, U s'elargit en forme de bouclier. La fente
mediane s'elargit en möme temps et revoit une crete de substance blanche
et crayeuse que I'analyse a d^montr^ etre du corail rouge de Naples, deco-
lor^. Cette crete est fixee soit ä l'aide de mastic, soit ä l'aide d'un clou
(fig. 158), Le disque porte une rose de möme substance, formte de quatre
feuilles disposees autour d'un centre. Enfin ces fibules portent aussi quelques
fois des incrustations de möme substance dans le flanc de l'arc (fig. 157).
78
A ce groupe se rattachent deux types particuliers ; Tun porte sur la
tete de l'arc, prts du ressort, un petit disque sur le quel etait fix^, ä
l'aide d'uii clou, un chaton colore.
Dans lautre exeraplaire, le pied, au lieu de se recourber normalement
prend des formes heurt^es d'un aspect peu agrt^ablc. Tous deux ont une
crete de substance coioree.
Dans toutes ces fibules le ressort comprend d'abord une ou deux spires
(fig. 96, 98, 120 etc.) puis trois (fig. 122, 127 etc.) enfin quatre^ disposees
symetriquement de chaque c6te de l'arc (fig. 107, 124, 125 etc.}-
Le fil qui forme le ressort est generalenient rond ; cependant dans quel-
ques pieces ü est applati (fig, 107, 144, 145).
La corde qui reunit les deux parties du ressort est presque toujours
ext^rieure ä l'arc et placee ä la base du ressort (fig. 97, 98, 99 etc.) ou au
sommet de celui-ci (fig. 100, loi etc.). Quelques fois cependant eile passe ä
rinterieur de l'arc (fig. 96, 104, iio, 128). 11 est enfin ä noter que ces fibules
La Töne 1 n'ont jamais plus de quatre spires au ressort.
La fibule La Täne II n'est que le ddn'eloppement logique de la fibule
La Tene L L'arc est devenu plus surbaisse et en raöme teraps le pied s'est
allonge; il repose sur Tarc et s'y fixe ä l'aide d'une grÜfe ou d'un anneau.
Les formes sont infiniment plus simples et pr^sentent moins de vari^tfe.
Groupe X VI: Le pied porte, pres du point oü il se fixe ä l'arc, d'abord
une petite lentille plan-convexe (fig. 161}, puis une sphere ou un bouton
double-conique (fig. 162, 163). En outre l'extremite du pied est legtjrement
canndöe ä sa partie superieure.
On rencontre quelques fibules dans les quelles l'anneau qui fixe le pied
ä l'arc est rt^pet^ comrae decoration deux ou trois fois sur la partie ante-
rieure de l'arc (fig. 164K Parfois la fibule est faite d'une bände de bron/e
streite (fig. 165), ou d'un fil de section carree {\^g. 166J, ou encore d'un fil
rond (fig. 167) et n'a comme ornement que la bague qui fixe le pied ä l'arc.
Dans ces deux fibules l'arc, au lieu d'^tre arrondi, prcnd des formes heurtees
peu heureuses. D'autre fois l'arc s'elargit en forme de bouclier et le pied
est orne d'un disque oval, portant deux mammelons, le tout en bronze (fig.
168}.
Dans ces fibules le ressort n'a d'abord que deux spires, puis d'avan-
tage, jusqu'ä sept de chaque cöte de Tarc. Dans ces derniers cas, comme la
corde qui relie les deux parties du ressort etait trop faible pour lui donner
toute la rigiditc voulue, le ressort est renforc6 par une tige de metal passöe
ä rinterieur de rhdice. La corde est toujours cxtöricure ä l'arc, sauf dans
un seul exemple (fig. 166).
Croupe XVII: Puis l'arc devient plus grand, plus haut, en möme temps
le ressort comprend un nombre bien plus considerable de spires: jusqu'ä
vingt de chaque cötö. C'est la fibttie ä arbaicte. D'abord le pied est retenu
ä l'arc par un simple petit anneau (fig. 469), puis par un anneau plus orn^
79
\
I
(fig. 170, 172). Quelques fois cet anneau au lieu de se trouver place au som-
met de l'arc, se rapproche sensiblement de la tete de l'arc (fig. 171). Enfin
le pied s'orne d'un dlscjue dans le quel sont graves deux cercles concen-
iriques assez langes et profonds qui etaient remplis d'^maii rouge (fig. 173).
La fibule La T6ne 111 est un developpement naturel des fibules prec6-
dente, et en particulier de la fibule 172.
Croupe XVIII: La seule difTärence est que la fibule La Tfene III est
coulee d'une seule pi6ce: le pied ne fait qu'un avec l'arc; la bague demeure,
mais comme siraple ornement sans usage (fig. 174). Puis cette bague elle-
m^me disparait et ä sa place sont fixees deux antennes ou cornes termin^es
par une boule. La section de l'arc s'est applatie transversalement ce qui lui
donne l'aspect d'un col de cheval (fig. 175). Cette fibule est falle de deux
piöces, ce que nous n'avions plus constate depuis les fibules du premier äge
du fer: le ressort est en efTet forme d'un fil de bronze cylindrique, qui vient
s'inserer ä la tete de Tarc. Puis l'arc s'elargit et rei;oit une incrustation d'une
matiere qui est probablement du corail pourri (fig. 176). Toutes ces fibules
sont ä arbalete.
Mais, k cOte de ces fibules pour ainsi dire exceptionnellcs, nous con-
staions un developpement logique de la fibule La T^ne 11:
Croupe XIX: Le type le plus simple est la fibule La Tfene III de type
ordinaire: l'arc est plat orne de dessins geometriques et legerement decoupe;
le pied vient se souder ä l'arc ; le ressort n'a que deux spires et la corde
est int^rieurc (fig. 177). Puis la fibule s'allonge demesurement; le pied dimi-
nue de proportions jusqu'ä ne plus 6tre qu'un simple porte-aiguille; en meme
temps l'arc s'dargit et forme une sorte de coquUle qui vient recouvrir le res-
sort (fig, 178). Ou bien encore l'arc est forme d'un simple fil rond applati
transversalement et ornö de cercles pointös (fig. 179). Cette fibule parait etre
particuli^re ä cette region et est connue sous le nom peu exacte de fibule
de Misox.') Quelques fois l'arc porle trois renflements ä l'endroit ou le fil
commence ä s'applatir (fig. 180). Enfin, Ton trouve un type dans le quel le
fil formant l'arc demeure rond : une simple bague marque la Separation du
ressort et de l'arc (fig. 181). Peut-6tre est-elle un souvenir de la fibule La
Tene 11, d'oü ce type est soiti par evolution.
Lorsque Ton parcourt la s^rie des fibules que nous venons de röunir,
deux choses frappent plus particuli^rement ; nous pouvons les relever ici,
nous röservant de rcvenir sur les conclusions que Ton peut en tirer. D'une
pari, c'est le nombre vraiment incroyable de variet^s que presente un type
en somme unique, la richesse d'invention des artistes qui les firent. D'autre
partf c'est Tinegalite du nombre de fibules dans chacune des irois periodes
') J. Heierli, Misoxer Fibeln, Anzeiger für Schweiz. Altertumskunde, 1S92, p. 57.
Ce nom nous parait peu hereux par le t'ait que cette fibule n'cst pas speciale ä cette
n^ropole, et que ccl)e-ci n'cst qu'unc unite du groupe de cimetiäres tessinois. On devrait
plutOt denommcr cette fibule: Type Ttssinois,
8o
de La Tene. Tandis que le La Töne I est represente par soixante vari6t6s,
le La Tene II n'en compte que onze et le La T6ne III neuf seulement.
Si maintenant nous essayons de les classer suivant leur ordre chrono-
logique, comme nous Tavons fait pour les fibules ötrusques, nous obtiendrons
le tableau suivant:
TABLEAU DES FIBULES GAULOISES DE BRONZE
Se rencontrant avec des fibules de type:
Etrus-
que
T6ne
I
T6ne
II
Tene
lU
Ro-
main
fibules La Tene I:
97 99 loo I02- 105 108 133 136 129 — 133 135
141 143 160
(r)
138 15a
(r)
(r)
133
(r)
(r)
131
(r)
(r)
(r)
106 113 151
(r)
X
ISO 154
(r)
X
(r)
(r)
139
r
133
r
X
ISS 1S6
X
X
115
X
X
r
(r)
95 103 104 109 110 112 114 128 136 137
140 146 150 153
(r)
160
(r)
(r)
1x6 117 135
r
107 134 157
X
144
X
(r)
fibules La Tene II:
164 165 167 169
(r)
^63
(r)
(r)
172
163
(r)
r
X
X
170
X
(r)
r
173
X
r
X
166
r
172
X
r
fibules La Tene Ül:
175
(r)
(r)
174 178
X
r
179 181
X
X
z66 180
X
176
r
177
(r)
Si
b) Fibtiles de fer.
Les fibules de fer sont d'une etude beaucoup plus difficile et moins
interessante, car, sous l'influence de l'humidite et des agenis chimiques, elles
se sont recouvertes d'une couche d'oxide plus ou moins epaisse qui en em-
päte les formes et masque les d^tails de leur construction.
Les formes sont beaucoup plus simples et le nonibre des variötes bien
moins consid^rable. Si elles paraissent avoir ete introduites dans le Tessin en
m6me temps que Celles de bronze, du moins elles semblent avoir cesse beau-
coup plus tot d*dtre en usage, sans doute ä cause de leur facilite ä s'oxider.
Elles sont abondantes pendant la premi^re periode de l'epoque gauloise, et
deviennent beaucoup plus rares pendant les periodes suivantes, disparaissant
presque completement ä l'epoque romaine.
Nous pouvons etablir, comme pour les fibules de bronze deux classes: les
fibules ä bouton et celles ä disque ; la premiere est de beaucoup la plus nombreuse.
Croupe lU: L'arc est d'abord assez dev6 Ifig. 182); le pied se plie
assez brusqueraent et vient s*arr6ter contre Tarc, ä mi-hauteur et n'est ter-
min6 par aucun bouton ; le ressort est tres court. Parfois le pied, au lieu de
s'arrondir (fig. 183} forme un angle assez accentue. Puis l'arc s'ölargit et le
pied se termine par un petit bouton (fig. 184), ou s'allonge et le pied se ter-
mine par un bouton plus ouvrag^ iflg. 185). Quelques fois enfin, c'est le pied
qui prend des proportions plus allongees (fig. 186*. Le ressort peut avoir par-
fois des dimensions exceptionnelles (fig. 1871, jusqu'ä depasser l'arc en hauteur.
Croupe /K; Le pied s'allonge souvent de fa^on ä ce que le bouton
qui le termine (fig. 1881, vienne se poser sur l'arc. Les dimensions de ce
dernier peuvent augmenter considerablement |fig. 189) ; il se termine alors
par une sorte de patte qui vient reposer sur Tarc ; ce type correspond exac-
tement au type 114 de la serie en bronze.
Quelques fois l'arc se developpe sans que le bouton suive le möme
mouvement (fig. 190); on a alors une fibule aux formes disgracieuses. Mais
generalemcnt l'arc et Ic bouton sont bien proportionncs (fig. 191». Cependant,
dans un cxemplairc, c'est l'inverse qui se produit (fig. 192): le bouton est trop
gros pour le corps de la fibule; le ressort a aussi des dimensions trop grandes.
Ces fibules de fer atteignent parfois une taÜle tellement exageree (fig.
193), que leur usage devait 6tre assez peu pratique.
Dans toutes ces fibules le ressort n'a Jamals plus de deux spires. et
la corde, quand on peut la dislinguer^ est toujours placöe ä la base du ressort.
Croupe X: La fibule ä disque est rare parmi les exemplaires de fer.
Elle est d'abord tr^s simple de formes (fig. 194): l'arc est fait d'un simple
fil de fer, et le pied se termine par un disque lenticulaire; au centre est une
petile saillie, corame une t^te de clou: peut-etre le disque etait-il orne d'un
chaton de matiere coloree aujourd'hui meconnaissable sous la couche d'oxide.
Puis l'arc s'applatit et s'^largit en forme de bouclier (fig. 195); le ressort
est egalement plus large; l'oxide empeche de distinguer les details du_disque.
Enfin l'arc de la fibule s'allonge considerablement {fig. 196I, tout en demeu
82
rant trfes plat. Le disque est forme par une calotte lenticulaire convexe, por-
tant au centre une petite protuberance.
GroHpe XIIJ: On rencontre aussi une variete dont l'arc est orne de
plusieurs renflements; l'arc est en m^me temps assez ramasse et haut (fig.
197), le pied se termine par un disque sur !e qiiel est fixe un chaton qui
etait probablement d "une raatiöre colorec, mais qui est aujourd'hui comple-
tement impregne d'oxide.
Croupe XVI: Les fibules La Tene II ne sont representees que par un
seul type dont on peut distinguer deux varietes: l'une est forraee d'un simple
fil de fer (flg. 199) qui se recourbe suivant le modMe ordinaire des fibules
de cetle ^poque; le pied forme un angle assez brusque et vient se fixer k
Tarc vers son miÜeu. L'autre (fig. ig8) ne dilftre de la precedente que par
des angJes plus arrondis.
Croupe XIX: Pour la periode appelee La Tfene III, nous ne rencon-
trons aussi que deux types : Tun (fig. 200) est le type courant avec le pied
soude ä l'arc dont Ü continue la ligne, donnant ä toute la fibule un aspect
Iriangulajre, heurte. peu agreable. L'autre i fig. 201) est la variete (fig, 179)
que nous avons dejä vu parmi les fibules de bronze.
Tels sont les fibules de fer que Ton rencontre dans les nöcropoles al-
pestres. II faut cependant noter que le nombre des varietes est sans douie
plus grand, mais la facilit^ avec la quelle s'oxidaient ces objets et le mauvais
etat de conservation dans le que! ils nous sont parvenus, nous ont emp^ch^
den tenir compte: nous n'avons en effet considere que les exemplaires com-
plets: or les tombes de Tessin nous ont livre un nombre considerable de
fragments de fibules de fer, souvent möconnaissables et que nous avons du
laisser de cöte.
Quant ä la Chronologie de ces fibules nous pouvons dresser le tableau suivant:
TABLEAU DES FIBULES GAULOISES DE FER
Sc rencontrant avec des Hbulcs de type:
Etrus-
Tenc
T^nc
'IVnc
Ro-
que
1
H
UI
main
Fibuks La Ttoc I:
187
(r)
i8a
189 190 195
(••)
(D
188
r
r
1Ö3
184 185
X
X
192
194 196
(r)
186
Fibulee U T^e U:
X
198
(r)
ir)
199
Fibules La Ttoe in :
X
(r)
aoo
X
w
aoi
r
Das römische Kastell Burg bei Zurzach,
untersucht im Auftrag der Kommission für römische Forschungen
von Dr. J, Heierli,
I
in. Das Kastell auf dem KircliHbuck bei Zurzach.
In den Jahren 1903 und 1904 war das östliche der beiden Römerkastclle
bei Zurzach, dasjenige beim Schlößchen Mandach auf Siedelen untersucht
worden, in den folgenden zwei Jahren wurden die Ausgrabungen ins west-
liche Kastell auf dem Kirchlibuck übertragen und die daselbst liegenden, z. T.
noch stattlichen Mauerzüge verfolgt und in den Plan B eingezeichnet.
Der Kirchlibuck ist von drei Seiten durch Steilabfälle geschützt; nur
von Südwest ist er leicht zugänglich. Gerade auf dieser Seite sieht man
schon von weitem hohe Mauern aufstreben, Ruinen der einstigen Feste. Auf
den andern Seiten hofften wir im Boden noch Reste römischer Mauern
zu finden.
Eigentümer des kleinen Plateaus auf dem Kirchlibuck, welches die
Kapelle umgibt und bis zu den römischen Kastellmauern reicht, ist die
Verena-Genossenschaft, bez. die kathol. Kirchgemeinde Zurzach. Die außer-
halb des Kastells liegenden Wiesen gehören Herrn L. Meier, Wirt „zur
Glocke". Sowohl die genannte Genossenschaft, als Herr Meier gaben in
liberalster Weise ihre Erlaubnis zu unsern Grabungen und verlangten nur,
daß ihnen das Land wieder in anständigem Zustand zurückgegeben werde.
• An der Ostecke des Kirchlibucks soll nach Aussage alter Leute
ein runder Turm gestanden haben und abgestürzt sein (Punkt i des Über-
sichtsplanes oben S. 25). Es ließ sich annehmen, daß die Kastellmauer etwas vor
dem Beginn des Steilablalls, am Abhang zu finden sei, um so mehr, als unten
am Abhang, bei m, Stücke römischen Ziegelmörtels und behauene Tuffsteine
zum Vorschein kamen. Wir machten drei tiefe Schlitze, die ziemlich
weit in den Abhang hineinreichten, aber weder da, noch auf der Terasse
selbst fanden wir in der Richtung //w, wo von Hagnauer^) ein Graben ange-
geben wird, der vielleicht durch das Ausbrechen des Mauerwerks entstanden ist,
eine feste Mauer; nur bei k (des Übersichtsplanes) kam Mauerschutt zutage.
*) Bdittcüungen der Antiquar. Geseltsch. Zürich XI], 7 (1860), Tafel V; vgl. dazu p. 305'
84
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Glücklicher waren wir auf der Südostseite, wo bei / MauerschuU, und
bei der Södecke der Kapelle ein großer Mauerblock sich zeigten, an welch
letzteren sich die gut erhaltene, allerdings im Erdboden verborgene Mauer
anschloß.
Die Nordwestfront fehlte ebenfalls; wohl aber fanden wir bei // in
einem Schlitz Spuren einer Art Estrich und etwas weiter im Innern des
Kastells eine von SSW nach NNO streichende Mauer.
Beim Bau des Hauses zur Glocke sollen alte Mauern angetroffen und
zerstört worden sein. Das waren offenbar der supponierte Turm « und die
an denselben sich schließenden Mauerstücke.
Oberhalb der Treppe, die vom Haus zur Glocke zum Nebengebäude
p fuhrt, entdeckten wir den Rest eines Rundturmes mit dem 0,8 — i m
breiten Eingang (siehe Plan, Abb. 13, VI), Die Mauer war 1,5 m dick. Gegen
.%K-
I
14. Skulpturen vom Portal des KasteHs auf dem Kirchlibuck
(Schweiz. Landcsmuscum) M 1:10.
Norden war noch ein kleines Stück der Kastralmauer erhalten, gegen Süd-
osten aber begann nun das zusammenhängende Mauerwerk. Dasselbe bildet
zunächst noch die Rückwand des zur ^Glocke" gehörenden Gebäudes o (des
Übersichtsplans) nachher aber folgt der Eingang VII ins Kastell.
Die Mauer zwischen VI und VIl ist sehr fest. Sie zeigt uns, daß die
römischen Maurer als Mauerfüllung Steine aller Art, z. B. Tuff. Findlinge,
Flußgeschiebe, Ziegelbrocken etc. verwendeten und alles mit reichlichem Kalk-
mörtel übergössen. Hie und da sehen wir die Steine schräg gestellt: an
andern Stellen ist der Mörtelguß nicht überall hingedrungen und es blieben
Locken übrig.
Noch heute schreitet der Besucher des Kirchlibucks von der „Glocke" auf
das Plateau über die Reste des alten römischen Tors (Plan, Abb. 13, VIl). Das-
86
selbe liegt im einspringenden Winkel der Festungsmauem. Seine Sohle befindet
sich ca. 1,3 m unter der heutigen Oberfläche und bestand aus nebeneinander
gelegten flachen Mägenwilersteinen. Der Durchschnitt (Abb. 13, Schnitt
A-Bj zeigt die zierliche Profilierung des Ganzen. Zu beiden Seiten des
Einganges befanden sich große Quader und am Fuß derselben Wasserrinnen.
Deutlich erkennt man in den Bodenplatten auch die Löcher für die Türangeln
und vor dem Eingang liegende größere Steine wiesen halbrunde Aushöh-
lungen auf. Das Tor scheint zur Römerzeit mit figuralem Schmuck ver-
sehen gewesen zu sein. Beim Ausheben des Schuttes stieß man nämlich
auf eine Art Architrav- und zwei Quaderstücke, auf welchen menschliche
Armteile und schöner Faltenwurf erkannt wurden (Abb. 14).
\
,*'"
i^
'--1
15. Kastell auf dem Kirctilibuck bei Zurzach.
Mauertürme VIU und IX.
Auf der innem Seite des Tors ließ sich längs der nach Süden streichenden
Umfassungsmauer eine Strecke weit ein Estrichboden erkennen. Die Mauer
selbst hatte ihre Richtung verändert: statt von NW nach SO, strich sie
jetzt fast genau von N nach S. Sie ist hier über der Erde sichtbar und
hat eine Dicke von 3,5 m.
Etwa II ra vom Eingang entfernt, trafen wir auf einen massiven Turtoj
(VIII), Derselbe ist im Grundriß noch ganz erhalten, wenn auch der Ober]
87
I
den Boden ragende Teil die Form nicht mehr erkennen läßt. Auf der
Außenseite ist er nämlich rundlich^ d. h. mit halbkreisfürmiger Begrenzung;
gegen das Innere des Kastells aber springt er auf 7,7 m Breite nur um 40,
resp. 120 cm vor.
Nochmals läßt sich eine kleine Richtungsänderung der Mauer gegen Süden
erkennen. Äußerlich strebt das dem Erdboden entsteigende Gemäuer immer
höher empor, 4 — 6 m hoch, bis es beim Eckturm IX die höchste Höhe erreicht.
Dieser Eckturm ist ebenfalls massiv. Nach außen schließt er ab mit
einem Halbrund von 7,2 m Durchmesser (Abb. 15I, nach innen dagegen wird
er durch einen eckigen Mauervorsprung begrenzt. Er gleicht durchaus den
ebenfalls massiven Türmen VHI und X^ von denen er je ca. 20 m entfernt
ist (Maße von den Mittelpunkten der nach außen vorspringenden Halbrunde
genommen). Die größte Dicke des Turmes IX beträgt 8,5 m. Das Mauer-
werk ist sehr fest; bis heute blieb ein Teil der Verkleidung, die aus kleinen
Quadern bestand, erhalten.
Beim Turme IX wen-
det sich die 3,5 m dicke
Kastellmaucr plötzlich nach
Ost, mit der frühern Rich-
tung einen Winkel von
ca. 115" bildend. Sic er.
reicht Turm X, der eben-
falls massiv gebaut ist und
an den sich noch einige
Bauten anlehnen. Er ist
nach außen halbrund, nach
innen rechteckig begrenzt,
das letztere durch sorg-
faltig behauene Quader-
steine.
Die südliche Ecke des
Kastells auf dem Kirchli-
buck bildet Turm XI. Er
gleicht dem Turm bei der Glocke und ist auch hohl. Der Durchmesser
des Hohlraumes, zu welchem vom Kastellhof ein 70—90 cm weiter Eingang
führt, beträgt 3,7 m, die Mauerdicke 1,5 m (Abb. 16).
Bei Turm XI beginnt die Südfront, die nur ein Stück weit erhalten ist.
Von demselben Turm aber geht eine nach Süden streichende Mauer {s) quer
über die neue Straße. Ob sie mit der vom Westturm des Kastells auf
Sidelen ausgehenden Mauer {h) zusammentrifft, konnte nicht eruiert werden.
Es wäre nicht undenkbar, daß die beiden von den Kastellen ausgehenden
Mauern einen Torschutz gebildet hätten für die zum Rhein hinunter füh-
rende Straße.
16.
Kastell auf dem Kirchlibuck.
Kingang des Turmes XI,
88
Im Innern des Kastells auf dem Kirchlibuck ließ ich mehrere Graben auf-
werfen, besonders auch bei der Kapelle, in deren Nahe Keller 'I Mauern
signalisierte. Wir fanden an der Südwestseite der Kapelle eine kleine Strecke
weit eine Art Estrich, Mauerwerk aber nur längs der Kastellmauern bei den
Türmen IX und XI und beim Turm nächst dem Haus zur Glocke.
Zwischen den Türmen IX und XI befand sich ein ummauerter recht-
eckiger Kaum von 15 m Länge und 5,5 m Breite. Außen an der Nord-
mauer dieses Gemaches wurde ein menschliches Skelet entdeckt, es hatte
keine Beigaben bei sich; sein Alter blieb also unbestimmt. An der Stelle,
wo die Westmauer des Raumes r an den Turm X stieß, erkannte man eine
ausgehöhlte Stelle in der Mauer, eine Art Wasserablauf, der sich also an ,
der Ostecke des Turmes X befand.
An der Nordecke dieses Turmes lehnte sich ebenfalls eine Innenmaucr
an das Quaderwerk. Die Art wie sie sich anlehnte, zeigte deutlich, daß
wir in den Mauern, die die Räume /> und t/ umschlossen, jüngere Bauten
vor uns hatten, als in den Umfassungsmauern. Denn auch die West-
mauer von -7 war mit der Kastralmauer nicht organisch verbunden ; diese
Mauer war 1,3 m dick und trennte mit ihrer Verlängerung in der Anlage^ den
Apsis-artigen Raum von dem viereckigen, in welchen man durch den auf
der Nordostseite gelegenen Eingang gelangen konnte. Die Umfassungsmauern
der Räume von / waren nur 0,7 — 1 m dick.
Die vereinzelte Mauer z' in der Nähe des Hauses zur Glocke war 1,3 m
dick und auf ca. 13 m erhalten ; sie scheint Wohnräume abgeschlossen zu
haben, die sich an der Kastellmauer befanden.
Eine Frage, die schon F. Keller beschäftigte, ist die, woher die Römer
das Trink - Wasser für die Festungen auf Burg beschaften. In Hagnauers
Plan sind beim Haus zur Glocke und am Nordfuß des Kirchlibuck oberhalb
der Fähre zwei Punkte bezeichnet, die Sodbrunnen andeuten, welche mit
römischem Material gefüllt waren.') Die Unterlage der beiden Kastelle be-
steht aus Kies. In demselben versickern die Wasser. Etwas oberhalb
des Rheinspiegels lassen sich aber Quellen nachweisen, wie auch neuere
Untersuchungen wieder gezeigt haben. Die Römer konnten also sowohl auf
dem Kirchlibuck, als auf Sidelen und noch bequemer zwischen den Kastellen
durch Tiefgrabungen frisches Wasser erlangen.
Das Kastell auf dem Kirchlibuck hat eine ganz andere Form, als das-
jenige auf Sidelen. Das letztere weist einen Typus auf, den wir in der
Schweiz in Stein a. Rh., Irgenhausen, Yverdon trefifen und der wohl der jün-
geren Phase der römischen Kaiserzeit angehört. Das KirchlibuckKastcll ist
von unregelmäßiger Form und diese Form ist nicht etwa durch die Boden-
konfiguration bestimmt. Neben Rundtürmen erscheinen massive Halbtürme.
'I Miitcil. der Antiquar. GcscILsch. ZOrich XII, 7 p. 305.
'I MtUeil. der Anltqunr. Gtrsellsch. ZOrich XIl, 7 p. 306.
89
I
I
I
Die Türme sind zaliireich und nicht blos an Ecken zu finden, der Ein-
gang liegt in einem einspringenden Winkel, die Umfassungsmauern sind stark
und dick. An manchen Stellen lassen sich deutlich zwei Bauperioden unter-
scheiden. Vielleicht gehören auch die hohlen Rund- und die massiven Halb-
lürmc verschiedenen Epochen an. Kurz, es macht den Eindruck, als wäre auf
dem Kirchlibuck ein älterer Bau später restauriert und ergänzt worden.
V^ielleicht dtlrfen wir uns die Sache folgendermaßen vorstellen : Bald
nach der Okkupation unseres Landes durch die Römer wurde die heutige
Burg bei Zurzach zum Schutz der den Rhein an dieser Stelle übersetzenden
Straße von Vindonissa nach Juliomagus befestigt. Das feste Werk wurde auf dem
schon durch die Natur auf drei Seiten geschützten Kirchlibuck errichtet.
Nachdem die Nordgrenze Roms an den Limes verlegt worden war, wurde
das Kastell nicht mehr instand gehalten. Es zerfiel. Da bot infolge des
Druckes der Germanen der Limes nach und nach immer weniger Schutz
und wurde schließlich ganz verlassen. Der Rhein ward zum zweiten Mal
Grenze. In aller Eile setzten die Römer die alten Kastelle wieder in ver-
teidigungsfähigen Zustand; neue feste Werke wurden erbaut.
Ein so wichtiger Platz wie Zurzach mußte besonders gut geschützt
werden. Der Kirchlibuck sah sein Kastell sich neu erheben. Zum Schutz
der Straße und Brücke baute man auf Sidelen ein zweites Kastell, (nach
jüngerem Typus), verband die beiden Kastelle durch Mauern und verstärkte
auch den Brückenkopf Rheinheim. Aber es war umsonst! Die Germanen
drangen trotzdem ein, besetzten unser Land, und warfen die Römer Über
die Alpen zurück.
Es ist schade, daß die Bemühungen, die Ruinen der Römerfesten auf
Burg zu erhalten, in Zurzach keinen Anklang gefunden haben: Der Kirchli-
buck hätte ein Attraktionspunkt werden können.
Hier erübrigt nur noch, die spärlichen Funde von Einzelsachen zu er-
wähnen, die bei unscni Grabungen zum Vorschein kamen. Sic bestanden
in mittelalterlichen Radsporen, römischen Scherben, worunter Terra sigiliata,
Fragmenten von Leisten und Hohlziegeln, HypokauststOcken, Heizröhren-
fragmenten, Stücken eines Mühlsteins, Bronze- und Eisenware, Knochen
und Münzen, welche Gegenstände wieder an die Museen von Zürich und
Aarau übergingen.
IV. Das sog römische Zollhaus.
Als wir mit unsern Grabungen auf Burg Zurzach zu Ende gekommen
zu sein glaubten, kam die überraschende Nachricht, daß beim Fundamentieren
des neuen schweizerischen Zollgebäudes an der Straße zwischen den beiden
Römerkastellen ein „ I'urm" zum Vorschein komme, der offenbar römischen
Ursprungs sei. Ich eilte hin und ordnete weitere Ausgrabungen an.
In der Tat haben wir da ein römisches Gebäude vor uns (Abb. 17).
An den „Turm", d. h. den unter das neue Zollhaus ragenden nordwestlichsten
Teil der Anlage, schlössen sich gegen Südost weitere Zimmer an. Der
90
„Turm* (w des Plans) besaß eine sehr harte, ca. i m dicke Mauer, die auf
allen drei freistehenden Seiten mit Fundament-Vorsprung von 20—85 cm ver-
sehen war. Im Innern befand sich ein rechteckiger Raum von 3 X 3,5 m
Bodenfläche mit einer 2 m dicken Pflasterung von Ziegelmörtel, welche auf
Kies ruhte.
Hinter diesem „Turm", d. h. gegen Südost, folgte ein großer, auf beiden
Seiten über das vordere Gemach hinausragender Raum x von 8,1 m Breite
und 7 m Tiefe. Die ihn begrenzenden Mauern
waren ungleich dick. Die Mauer gegen w
besaß nur 65 cm Dicke, verdickte sich jedoch
außen sofort auf 1,1 m. Die Mauer gegen SO,
d. h. gegen Sidelen, war 80 cm dick mit 20 cm
Fundamentvorsprung, diejenige gegen den
Kirchlibuck 1,1 m. Gegen das Gemach y
stand eine 85 cm dicke Mauer und diejenige
gegen s war 1,8 m dick. In der Südecke des
Zimmers x befand sich Ziegelmörtel, offenbar
Reste des Fußbodens.
Das kleine Gemach y maß nur 4,2X4 m.
Es stand mit dem großen Zimmer x durch
eine Türe in Verbindung, die 75 cm breit war.
In den Ecken des Gemaches ließen sich Ziegel-
mörtelfetzen nachweisen und an der Nordost-
wand war neben der Türe noch der Kalk-
verputz erhalten. Die Mauer gegen Sidelen,
also die Umfassungsmauer des Gebäudes, war
80 cm dick mit 20 cm Fundament- Vorsprung.
Sie bog an der Südecke des Zimmers y recht-
winklig ein, um nach 2,5 m wieder ungefähr
die alte Richtung anzunehmen.
In der Mitte der Südwestwand von y
schloß sich eine 60 cm dicke Mauer an die
Umfassungsmauer, brach aber bald ab, so daß
unentschieden bliebe ob dort ein Türdurch-
gang war oder nicht. Auch vom Zimmer z,
dessen Estrichboden noch zu erkennen war
ließ sich die Südwestmauer nicht mehr nachweisen.
Die Funde im „römischen Zollhaus", wie wir das kleine Gebäude
nannten, das ich eben besprochen habe, waren spärlich und bestanden in
Knochen, römischen Ziegeln und Tonscherben.
Welches war wohl der Zweck des Gebäudes ? Es lag an der wichtigen
Straße von Vindonissa nach Juliomagus, an der zeitweiligen Grenze des
Reiches und bei der Rheinbrücke. Diente es als Wächterhaus für die letztere,
|, . I I . I i 1—1 I I ME.TCf\.
17. Kastell in Zurzach.
Das sog. Zollhaus. M. -1:300.
91
war es eine Art Verwalter-Wohnung der beiden
Kastelle oder vielleicht doch ein römisches Zoll-
haus?
V. Römische Strasse und Brücke.
Wer gegenwärtig (Ende igo6) von Burg bei
Zurzach nach dem badischen Dorfe Rheinheim
übersetzen will, muß die Fahre benvitzen. Das
Fahrrecht gehörte früher dem Kloster Rheinau
und ging bei der Verstaatlichung dieses Klosters
an den Kanton Zürich über, der vom Inhaber
der Fähre heute noch einen Fähre- oder Grund-
zins bezieht.') Seit Jahrhunderten besteht diese
Fähre und doch erkennt man bei niedrigem
Wasserstand Spuren einer alten Brücke zwischen
dem neuen Zollhaus und der Kirche von Rhein-
heim.
Die Chronisten sprechen von drei oder so-
gar von vier Brücken bei Zurzach.'') Die oberste
Brücke soll etwa i km oberhalb Burg beim Wart-
bäum oder Warteich, also zwischen Zurzach und
Rekingen gestanden haben. Die Reste der
zweiten und dritten Brücke bctinden sich zwischen
dem Schlößchen Mandach und der Kirche Rhein-
heim ; die dritte Brücke aber überspannte den
Rheinstrom gleich unterhalb der heutigen Fähre,
in der sog. Tränke, wo noch jetzt l*fähie im
Rhein sichtbar sind, die wohl zu diesem Ober-
gang gehört haben.
Ob alle diese Brücken römisch sind, mochte
ich bezweifeln. Insbesondere erregt die oberste
Brücke Bedenken, da am badischen Ufer eine
Mühle gestanden haben soll. Für uns sind nun
aber die zweite und dritte Brücke wichtig, da
sie noch in deutlichen Resten vorhanden sind,
wahrend man von den andern kaum mehr Spuren
erkennt. Zudem liegen sie an einer Stelle, wo
ein römisches Werk am ehesten gedacht wer-
den kann.
Von diesen Brücken besitzen wir auch einige
genauere Nachrichten, deren wichtigste von
') Vgl TiigbJatt der Stadt Zürich vom 13. X. 1906.
•) Siehe Mitteil. d. Antiquar. Ges. Zürich XII, 7 p.307'3TO.
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18. Reste der rOniiädiun UrUckcn
bei Zurzadi. Nach Aufnahme
von Hanhart M. i : 1050.
92
F. Keller zusammengestellt wurden. ') An der Fastnacht 1580 z. B. seien
7 Pfähle von g— 10' (ca. 3 m) Läng^e ausgezogen worden; einige derselben
waren mit eisernen Schuhen versehen, 1783 berichtete Jobs. Scheuchzer,
dali von der Brücke zwischen Burg und Rheinheim 6 Joch zu sehen seien.
Jedes Joch bestehe aus 5 Trämen, die in den Fluß eingeschlagen seien: das
mittlere senkrecht, die andern schräg gegen dasselbe:
Regierungsrat Dr. Schaufelbühl nahm im
Januar 1819 eine Untersuchung der beiden
Brücken vor. Die eine derselben habe aus Holz bestanden, die andere sei
aus Stein erbaut gewesen. Beide seien dicht nebeneinander zu erkennen
Die untere, hölzerne Brücke wies acht Joche auf. \^om ersten Joch beim
badischen Ufer seien nur drei Pfähle erhalten, vom zweiten Joch fünf, vom
dritten mehrere, vom vierten vier, vom fünften mehrere, vom sechsten und
siebenten ein Paar, vom achten Joche zwei Pfähle.
Die obere, ältere Brücke hatte nach Schaufelbühl vier steinerne Joche
die auf Pfählen ruhten. Die erste Pfahlgruppe fand sich bei der sog. Platte
und bestand aus e8— 20 Pfithlen. die rautenförmig angeordnet waren. Die
zweite Gruppe zählte nur noch wenige Pfahle und zwei horizontal liegende
Balken. Die dritte Gruppe war durch zahlreiche Pfähle repräsentiert Die
vierte Gruppe, ganz nahe dem badischen Ufer gelegen, zeigte deutlich Rauten-
form ^) und zählte ca. 30 Pfähle.
Der mehrfach erwähnte Hagnauer'sche Plan zeigt bei der obern (stei-
nernen?) Brücke Reste von (ünf (nicht vier) Jochen, bei der untern (hölzernen)
Brücke von sieben solchen. Auf diesem Plan ist auch unterhalb der Fähre
die Stelle der Brücke zur Tränke angedeutet.
Gegenwärtig liegen die Verhäknisse schlimmer. Ira Januar 1905 unter-
nahm es der Inspektor des Brückenbaues, Hr. Ingenieur Hanhart, bei dem
damals sehr niedrigen Wasserstande, die noch vorhandenen Reste der rö-
mischen Brücken zwischen dem Schlößchen Mandach und dem Pfarrhaus
Rheinheim planmäßig aufzunehmen, da sie gleich oberhalb der zu erstellen-
den neuen Brücke lagen. Kine Kopie seiner Aufnahme, die Hr. Hanhart tms
gütigst zur Verfügung stellte, legen wir in Abb. 18 vor.
Danach existieren von der obern Brücke nur noch Reste von vier
Jochen. Ursprünglich scheinen aber, aus den Zwischenräumen zu schließen,
deren sechs vorhanden gewesen zu sein. Der Grundriß der Joche ist bei
keinem klar genug : dagegen erinnere ich mich, wenige Jahre vorher bei
dem dem Schlößchen Mandach zunächst gelegenen Joche noch mehr Pfähle
gesehen zu haben, die mir in ihrer Anordnung die vorhin erwähnte Auf-
fassung von Keller zu bestätigen schienen.
') MiUcil. d. Antiquar. Gesellsch. Zürich XII, 7 p. 308—310.
*) Keller glaubt, die Form der Joche sei folgende gewesen: <
Vgl. a. a O. p. 309.
93
Von der untern Brücke, die, wie man annimmt, in gleicher Art gebaut
war. wie Cäsars Rheinbrücken, fand Hanhart Spuren von 6 Jochen; es
müssen aber deren mehr (mindestens acht) vorhanden gewesen sein. Vom
ersten Joch, beim Schlößchen Mandach, konstatierte er zwei, vom zweiten
und dritten Joch je drei, vom vierten Joch vier, vom fünften Joche fünf und
vom sechsten Joch wieder vier Piähle.
Beim Bau der Straßen, die zur neuen Brücke führen, stieß man leider
nirgends auf den römischen Straßenkürper, dagegen kamen eine Anzahl
römischer Funde zum Vorschein, die von den Bauleitungen wieder dem
Schweizer. Landesmuseum und dem Museum Aarau zugewiesen wurden.
Es wurden abgeliefert: Ffahlstücke von der Römerbrücke, 2 Mühlsteine,
Bronzefragmente, ein Bronzestift, eiserae Pfeil- und Speerspitzen, GlasstOcke,
Knochen und endlich Münzen von Diocletian. Constantin, Gratian, Valens,
Valentinian u. a. Auch einige mittelalterliche Objekte fanden sich wie
Schlüssel und besonders Münzen.
Die Untersuchungen in Zurzach sind vorläufig zu Ende. Sie haben
uns viel Neues gebracht und mancher Lichtstrahl hat die dunkle Zeit, der
die Kastelle, die Brücken und das sog. Zollhaus angehören, erhellt, aber
noch wissen wir nichts vom Lauf der Römerstraße, wenig über die Brücken
beim Wartbaum und bei der Tränke und nicht viel mehr über den vicus
Tenedo oder Forum Tiberii. Es bleibt auch hier zukünftiger Forschung ein
großes Gebiet offen.
Grabungen der Gesellschaft Pro Vindonissa im Jahre 1906.
4. Grabungen am Nordtor des Lagers von Vindonissa.
Herbst 1905 bis Juni 1907.
Von S, Heuberger.
Die Gesellschaft Pro Vindonissa ist heute in der glücklichen Lage, dem
Anzeiger für Altertumskunde und dessen Lesern einen wichtigen und vor allem
durchaus sichern Ausschnitt aus dem Standlager der römischen Legionen
unseres helvetischen Landes in Wort und Bild vorzulegen: Den Nordaus-
gang gegen die Aare hin, über dem Steilrande der Böschung, die gegen
die Bahnlinie Brugg-Turgi abfällt. Es ist der erste Punkt, der auch von
den vorsichtigsten Archäologen der Gegenwart als zweifelloser Bestandteil
des Lagers anerkannt wird. Damit ist die schon längst aufgestellte An-
nahme, daß die Breite von Windisch als Lagerplatz diente, zur wissenschaft-
lichen Gewißheit erhoben.
SchrJft-a
Sc^T^JfG-H
19. Nordtor des Lagers von Vindonissa. Nach Aufnahme von C. Fels,
I
I
Schon seit mehreren Jahren verfolgte die Vindonissa-Gesellschaft die
befestigte Linie und den parallel damit laufenden Wasserkanal längs des
Randes der Breite/) So auch im Oktober 1905. Da stießen die Arbeiter auf
eine nordsüdlich laufende starke Quermauer, in der sich ein großes vier-
eckiges Loch zeigte. Lebhaft steht noch in meiner Erinnerung der Augen-
blick, da am Schlüsse der Vorstandsitzung vom 21. Oktober 1905 Herr
Direktor Frölich von dieser ganz neuartigen Entdeckung Mitteilung machte.
Allgemeine Spannung: was mag das sein? Da gabs nichts anderes, als
weiter suchen und graben. Die Versuche, das mit Schutt gefüllte Loch zu
entleeren, erwiesen sich als unzulänglich, weil der Schutt nur löffelweise
heraufgeholt werden konnte. Die weitern Grabungen förderten bald das
Mauersystem zu Tage, wie es der hier wiedergegebene Plan darstellt (Abb. 19):
die Fundamente zweier sechskantiger Türme, die durch eine Schwelle mit
einander verbunden sind. In den Mauern jedes Turmes sind acht Löcher,
deren Ausdehnung 45 v 50 cm beträgt und die unter sich die gleiche geo-
metrische Figur bilden, wie die Mauern der beiden Türme. Ganz nahe lag
die Vermutung: daß man beim Bau der Türme gewaltige senkrecht stehende
Baumstamme einmauerte, deren über die Mauer ragende Teile einen hölzernen
Oberbau zu tragen hatten.
Als die Forschungsarbeit soweit gelangt war. wurde sie eingestellt.
Denn unterdessen war die Erlaubnis eingetroffen, das Bauland der Anstalt
Königsfelden, aul dem im Jahre 1907 Gebäude errichtet werden sollten,
weiter zu durchforschen. Die Arbeiten am Doppelturm, den wir vorläufig
als den nördlichen Lagerausgang bestimmten, sollten erst wieder forlgesetzt
werden, wenn das Bauland erledigt war und die schweizerische archäo-
logische Kommission die neue Entdeckung besichtigt hatte. Sodann war
auch verabredet, daß die Archäologen des Verbandes sÜd- und westdeutscher
Vereine für römisch-germanische Altertumsforschung, die aul den April 1906
einen Verbandstag in Basel angesetzt hatten, von dort einen Abstecher nach
Vindonissa machen wollten.
Als in der Folge die genannten Autoritäten das interessante Gemäuer
besichtigt hatten, kamen sie zu dem übereinstimmenden Schlüsse, daß hier
eine römische, militärische Wehranlage in ihren Überresten vorliege. Hoch-
erfreut über unsere Entdeckung waren besonders die Archäologen vom
Limesgebiete, die den versprochenen Besuch am 22. April ausführten (vergl.
Korrespondenzblatt des Gesanitvereins der deutschen Geschichts- und Alter-
lumsvereine 1906: Bericht über den 7. Verbandstag der west- und süd-
deutschen Vereine für römisch-germanische Altertumsforschung).
Die deutschen Limesforscher hatten kurz zuvor ohne Kenntnis von
unserm Lagertor ein römisches Lagertor in Haltern konstatiert, das ganz aus
Holz gebaut war und dessen hölzerne Pfosten in den gleichen Linien standen,
wie sie die Pfostenlöcher unseres Windischer Doppelturmes aufweisen. Da-
') Vgl. Anzeiger (906,07 Nr. 1, S. 6flf.
96
mit war nun auch der letzte Zweifel über den Ursprung unseres Bauwerkes
gehoben.
Die Untersuchung der nächsten Umgebung des Lagertores wurde auf
den Herbst 1906 angesetzt. Wegen der großen Wichtigkeit und Schwierigkeit
dieser Grabung und weil keines der Vorstandsmitglieder unserer Vindonissa-
Gesellschaft die Arbeiten ununterbrochen hätte überwachen können, baten wir
Herrn Professor Dragendorft von Frankfurt a. M., der unsere Gesellschalt
mit seinem Beitritt beehrte und für ihre Arbeiten das giößte Interesse be-
kundete, er möchte uns bei den Arbeiten am Lagertor eine Zeit lang helfen.
In zuvorkommender Weise sagte Dragendorff zu und leitete die Arbeiten
vom 22. Oktober bis b. November 1906. Seinem ausführlichen Bericht, den
er samt Zeichnungen unserer Gesellschaft für sie selbst und für die Vindo-
nissa-Kommission übergab, entnehmen wir folgendes:
Bericht Dragendorffs.
ßBei der Grabung wurde das Tor von allen Seiten frei gelegt. E^
scheint» daß die beiden Tortüren auf zwei massiven Grundmauerklötzen
stehen. Die Untermauerung für die verbindende Schwelle ist nicht so tief
fundamentiert und gesondert zwischen die Türme gebaut, steht nicht im
Verband mit dem Mauerwerk der Türme. Das Fundament zeigt, wo es frei-
gelegt wurde, daß es gegen die Wände der ausgehobenen Fundamentgrube
gemauert wurde. Es ist nirgends glatt gemauert. An der Nordwestecke
wurde das Fundament vollkommen freigelegt. Es hat hier eine Tiefe von
1,6 m. Das Fundament springt gegen die aufgehende Mauer bedeutend vor,
meist 0,4 — 0,5 m. An der Westseite fehlt dieser Vorsprung. Dagegen ist
das Fundament in den einspringenden Ecken der beiden Türme sehr viel
breiter, läuft dem aufgehenden Mauerwerk auch nicht parallel, sondern un-
regelmäßig.
Ein Pfostenloch iam Westturm in der Nordwestecke) wurde vollständig
ausgeräumt. Es zeichnete sich in dem reinen Kiesgeschiebe deutlich durch
seine Lehmfüllung ab und führte ca. 50 cm tiefer als der Fundamentsockel
hinab (bis 2,14 m unter die römische Oberfläche). Die ursprüngliche Annahme,'}
daß ein bestehendes I lolztor einfach in ein Steintor „übersetzt" sei , muß
wohl aufgegeben werden. Der massive Fundamentklotz spricht dagegen,
den man unter einen bestehenden Turm schwerlich in dieser Weise fertig
gebracht hätte, wozu auch kaum ein Grund vorlag. Vielmehr hat man wohl
von Anfang an den Unterbau des Tores aus Stein hergestellt und in den-
selben die Hauptpfosten, die einen hölzernen Oberbau tragen sollten, einge-
fügt. Diese mußten natürlich zuerst gestellt werden. Man hat sie in die
ausgehobene Fundamentgrube gesetzt und einen halben Meter tief in den
Boden gesenkt, um ihnen einen provisorischen Halt zu geben.
Die Kasfelifftauer. Bei den Grabungen fand sich sowohl westlich wie
Ostlich vom Tor eine doppelte Mauer, Beiderseits war sie nur sehr schlecht
') der deutschen Archäologen vom 22. April 1906 (S. H.}.
97
erhalten, meist nur die untersten lockern Fundamentschichten, an manchen
kellen nur noch die Fundamentgrube, die mit dem Schutt der weggcbro-
'chenen Mauer gefüllt war. Alle Maße sind daher nur ungefähre. An beiden
Seilen ist vom Oberbau nur je ein kleines Stück der innern Mauer erhalten,
welches 2eigt, daß diese recht schmächtig, bedeutend schmäler als das Fun-
dament war (an der Westseite springt der Fundamentsacke! 0,40 m gegen
die aulgehende Mauer vor, die nur ca. 0,60 m stark ist, allerdings aus ziem-
lich großen Blöcken gebaut). Die Reste des Oberbaues zeigen, daß die
einander zugekehrten Seiten der beiden Mauern nicht auf Ansicht berechnet
waren; der Zwischenraum der beiden Mauern war mit Schutt und Frde
gefüllt ; diese Füllung hob sich bei der Grabung auch stets sehr deutlich
von dem umgebenden Erdreich ab. Wir haben also eine Anlage, welche
die ältesten Erd- und Holzbefestigungen etwas weiter ausbildet. In Haltern
z. B. zwei parallele Holzwünde, zwischen welche die Erde gefüllt ist ; hier
zwei Steinwände mit Erdfüllung. Bei der älteren Anlage der Saalburg zwei
Trockenmauern mit Holzeinlagen und Holzbindern, Erdfüllung dazwischen."
Dragendorff spricht dann von der ungleichen Stärke und geringen Tiefe
der Fundamente und von den Pfostenlöchern, die zuerst an der Westseite
des Torgebäudes entdeckt wurden (vgl. den Plan). Er vermutete, daß
eniprechend einer Anlage der Saalburg die Erdfüllung durch Holzvverk ver-
stärkt worden sei, doch sei das noch nicht sicher. Wohl aber: ,,Aus allen
Beobachtungen ergibt sich jedentalls eine Umfassung, gebildet aus zwei
Mauern mit dazwischen gehäuftem Schutt und Erde, das Mauerwerk aussen
glatt, mit viel Mörtel aüfgcmauert . . . Die Gesamtstärke der Umfassung
beträgt am Tor im Fundament gemessen 4 ra; wenn man das aufgehende Mauer-
werk nach Maßgabe des erhaltenen Stückes auch bei der Vordermauer um
50 cm gegen den Fundamentsockel zurückspringen läßt, wäre die aufgehende
Mauer insgesamt 3 m stark, also das übliche Maß der Erdmauer. Weit eher
beträgt das Maß im Fundament blos 3',! m, was aber nicht notwendig auch
ein geringeres Maß der aufgehenden Mauer bedingt.
Die Mauer läuft unmittelbar am Abhang hin. Ein Graben wurde bis-
her nicht konstatiert. Am Tor biegt sie beiderseits etwas einwärts. Man
hat dadurch zweierlei erreicht. Erstens gewann man vor dem Tor, zwischen
diesem und dem steilen Abhang, etwas Bewegungsraum ; zweitens konnte
man so bei einem etwaigen Angriff den das Tor stürmenden Feind von drei
Seiten fassen. Wenn die Ostmauer stärker vorspringt, so findet dies wohl
darin seine Erklärung, daß der Abhang ursprünglich im östlichen Teile etwas
weiter vorsprang und man sich bemühte, auch hier wieder an den Rand des
Abhanges zu kommen. Die Nordfront wäre demnach nicht ganz geradlinig
verlaufen.
yerhaltnis von Mauer und Tor. Die Einbiegung der Mauer macht sicher,
daß hier immer der Eingang war. Ob das im Unterbau erhaltene Tor das ur-
sprüngliche war, ist eine andere Frage. Für die Annahme, daß ursprünglich
ein anderes Tor vorhanden war, und der jetzt erhaltene Bau erst nachträg-
98
lieh hineingesetzt wurde, spricht folgendes : In der Technik sticht der solide
massige FundamentbaiJ von dem lockeren Mauertundainent sehr ab.
Die Mauern sind mit dem Torfundament nirgends bündig gemauert, Sie
enden auch nicht mit einer ordentlichen Mauerendigung, sondern scheinen ab-
gebrochen. Im Westen laufen sie gegen den vorspringenden Fundament-
Sockel, im Osten fehlt ein solcher, so daß sie unmittelbar an die Turmmauer
trafen. — Danach möchte man annehmen, daß ursprünglich die einwärts-
gebogenen Mauerenden noch etwas weiter reichten. Dafür scheint eine An-
deutung nun auch in dem Tumifundament zu liegen. Dieses läuft, wie der
Plan zeigt, an der Innenseite keineswegs parallel dem aufgehenden Mauer-
werk, sondern springt weit und in unregelmäßiger Form vor. Während
aber sonst das Fundament annähernd senkrecht aufsteigt und sorgfältig
lestes Mauerwerk zeigt, ist es hier sehr locker gemauert, zum Teil nur
Packlage und ganz flach fundamentiert. Der feste Sockel beginnt erst viel
weiter zurück. Da die flache Fundamentierung gerade in der Umfassungs-
mauer liegt und dieser technisch ähnelt, liegt der Gedanke nahe, daß hier
etwas nicht in Ordnung ist, vielleicht die Umfassung ursprünglich weiter
ging, resp. gebrochen ist, die FundamentgJ'ube, soweit sie nicht von dem
neuen Torfundament ausgefüllt wurde, notdürftig mit Steinen und Mörtel
gefüllt ist oder ähnlich. Gerade dort, wo dieses flache, schlechte Fundament
ist, setzt nun auch die flach fundamentierte Nordsüdmauer ein, die lager-
einwärts bis zum Kanal läuft. Diese Mauer war bereits abgebrochen, als
die Mörtelschicht, welche die Straße hinter dem Tor bezeichnet, entstand,
gehört also auch einer altern Periode an.
Damit ist die Frage der S/rfl/?^schichten berührt. Hier ist folgendes
festgestellt :
Vor dem Tor zeigten senkrechte Schnitte deutliche Schichtungen des
Bodens. Auf dem reinen, lehmigen Boden lag zuunterst eine schwarze
Schicht StraßenschmuLz, mit Kies durchsetzt, der weiter hinauf reiner wurde.
Diese Schicht ist jedenfalls eine betretenes Niveau. Darauf lag eine Schicht
Bauschutt mit sehr viel Mrirtel, der sich namentlich nach Westen in starken
Bändern hinzog. Dann folgt eine starke, reine Kiesschicht, darüber liegt der
Abbruch. Die zweite Kiesschicht ist sicher wieder eine Straßenschicht. Mit
ihr planierte man den Boden und machte ihn gangbar nach einem Bau, dem
schon eine Benutzung der Stelle als Weg vorausgegangen war. Auch das
spricht wieder für eine getrennte Entstehung der Mauer und des jetzigen
Tores. Die untere Straßenschicht würde dem altem Tore angehören, der
Bauschutt röhrt vom Bau des jetzigen Tores her, wofür auch spricht, dafS
er sich in der Ausdehnung mit dem Tore deckt. Die obere Kiesschicht ge-
hört dem Wege der späteren Periode an. Ihre Höhe würde der des Tores
entsprechen, wenn man auf der Schwelle noch einen SchweUstein ergänzte.
Die Schichten sind auch durch einen Nordsüdschnitt in der Achse des
Tores festgestellt. Die untere Straßenschicht ließ sich bis 6,80 m Breite,
von der Schwelle des Tores gemessen, feststellen. Die obern Schichten
99
hörten früher auf; dabei, wie bei der Breite der untern Schicht, ist aber
der scharfe Abfall des Terrains zu berücksichtigen, der die weiter außen
liegenden Teile zerstört haben mag und für die obern Schichten natürlich
mehr in Betracht kommt.
Für die Schichtung vergleiche den Spezialplan (Abb. 20).
Ein weiterer Nordsüdschnitt, der etwa 6 m von der westlichen Turm-
ecke gemacht wurde, ergab die Mörtelschicht, die beim Tor unmittelbar an
der Mauer beginnt, nicht nur in tieferem Niveau, sondern auch in einem
Abstand von 2,50 m
von der Mauer. Die
Schicht ließ sich in
einer Breite von 3,70m
und ca. 0,10 m Stilrke
verfolgen. Darüber
lagen zirka 0,80 m
Erde, Humus,darunter
brauner.kiesigerSand.
Also doch wohl die
auch noch (absichtlich
oder unabsichtlich ?)
mit Mörtel belegte
ObertlächedesWeges,
M
10
40--
70-
-''■^ _^ ^.e3^^"'^ — "^ «— ^r -=^ ■s^ ■ i — ".*
20. ScKichtung vor dem Nordtore.
lUuüchutt (Abbruch!
KicH
Bdiwcbuit
Kic«
Scliwari:!.- Schichl
Lrlitii mit Ki«s
der hier naturgera*ii> bereits etwas fiel und sich von der Mauer entfernte.
An der Innenseite des Tores läßt sich in der Höhe der Fundamentoberkante
auch eine durchgehende Schicht von Kies und Mörtel feststellen ; offenbar
auch die Straßenschicht, Stärke 0,20—0,30 m. Über derselben keine weitere
Straßenschicht. Diese Mörtelschicht überdeckt, wie gesagt, die vom West-
turm ausgehende Nordsüdmauer, die zum Kanal läuft, ist also jünger als
deren Abbruch. Vor dem Ostturm kann man sogar zwei Mörtelschichten
scheiden, zwischen denen eine zirka 20 cm dicke reine Kiesschicht liegt.
Hier ist auch besonders deutlich, daß die gleichmäßige Fläche erst durch
Planierung entstanden ist. Der Boden ist noch zirka 0,5 m unter der
Mörtelschicht verunreinigt.
In der Linie der Turmmauer, die das Tor im Westen begrenzt, ist die
Mörtelschicht deutlich -von einem mit reinem Boden gefüllten Gräbchen
durchbrochen." (Letzteres erwies sich bei der spätem Grabung als ein zu-
fälliges Loch in der Mörtelschicht, das sich mit nachgerutschter Erde ge-
füllt hatte. S. H.)
So weit die sehr lehrreichen und verdankenswerten Ausführungen
Dragendorffs.
Nach dem 22. November wurde die Arbeit am Tor noch bis Ende Dezember
fortgesetzt, schon im Januar 1907 wieder aufgenommen und mit Unter
brechungen bis in den Frühling- fortgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse
folgen hier in möglichst gedrängter Darstellung:
I. Die Pfosteftlöcher. Noch in di^r Anwesenheit Dragendorfifs traten
auch an der Ostseite des Doppelturmes Pfostenlöcher zu Tage. Diese
Löcher waren in der gewachsenen Erde merkwürdigerweise als Höhlungen
übrig geblieben, nachdem die hölzernen Pfosten vermodert waren; die —
feste — Erde war nicht nachgerutscht. In den Höhlungen befand sich nur
bis zu einer geringen Höhe eine pulverige Masse. Die Wände enthielten
Steine, die ersichtlich in die Erde getrieben worden waren, nachdem man
die Pfosten eingerammt hatte, um diesen einen stärkern Halt zu geben. Als
wir einige der Löcher entdeckt hatten, war das Aufsuchen der übrigen nicht
schwer: sobald der Sondierstab die obere Erdhülle durchbohrt tiatte, fuhr
er plötzlich in die Tiefe, und der, der ihn führte, mußte nur auf der Hut
sein, daß er nicht vorüber fiel. Ganz regelmäßig waren allerdings nicht
alle Wände der Pfostenlager erhalten; aber bei allen wies die Form deut-
lich auf die Größe der vierkantigen Balken. — Herr Major Fels nahm sie
geometrisch auf, und wir sicherten sie wegen ihrer Wichtigkeit auf dem
Terrain für längere Zeit auch dadurch, daß wir sie mit entsprechend ge-
schnittenen, vierkantigen tannenen Balken ausfüllten, deren oberes Ende um
einen Meter aus der Oberfläche hervorragt, wie die beigegebenen Bilder
zeigen (Abb. 2] u. 22). Weil sich auch Pfostenlocher außerhalb der Wallmauer
fanden, fiel die erste Vermutung Dragendorfts '), diese Plostenlager seien die Reste
einer Holxverstärkung der Erdfültung, außer Betracht. In Verfolgung der
Linie, in der die Lücher inner- und außerhalb der Mauer liegen, fanden wir
auch solche unter dem Mauerfundanient ; sie wurden ebenfalls sorgfällig
aufgenommen und mit Balken besteckt. Die Erklärung dieses senkrechten
Balkensystems war nun gegeben: sie sind der Rest des ursprünglich höl-
zernen Lagerwailes. Beim Bau des Walles, dessen beide Seiten durch
Steinmauern gebildet wurden, wie Dragendorflf oben ausführlich darstellt,
hat man das Pfahlwerk der ersten Wehranlage an der Erdfiäche abge-
schnitten, dann über und neben den noch in der Erde steckenden untern
Balkenenden die steinerne Wallmauer aufgeführt. Der hölzerne Lagerwall
bog hier ebenfalls einwärts, so daß schon bei der ersten Anlage das Nord-
tor genau an der Stelle stand, an der später das in den untersten Teilen
noch vorhandene steinerne Tor mit hölzernem Oberbau erstand. Es ist
wahrscheinlicher, daß die großen Pfostenlöcher in den Mauern der zwei Tor-
türme aus der gleichen Zeit stammen, wie die noch vorhandenen Mauern
des Doppellurmes, also aus der Jüngern oder jüngsten Anlage; wie Dragen-
dorff oben (S. 96) ausfuhrt. Diese großen Pfostenlöcher der Toranlage wären
also jünger, als die im Plane eingezeichneten Löcher in und neben der
Lagermauer. Aber dabei muß auch gesagt werden, daß man hier nur
mutmaßen kann. Major Fels glaubt z. B.: die Holztürme und die hölzerne
*) Vgl. Bericht Dragendorfifs« oben S. 97.
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ax. Wallmauer östlich vom Lagertor, mit dem erneuerten Pfahlwerk.
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9^. Ostlicher Torturm und Pfahlwcrk der Östlichen Wallmauer.
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WiüJvcrIdddung gehörten derselben Zeit an, iind beiderorts wurde die
Mauer spater hinzugefügt. »Das Unlermauem der Holztürme bot technisch
gar keine Sdiwierigketten ; die Mauer konnte stückweise aufgeführt werden." ')
Mit Erlaubnb At hohen Regierung des Kantons Aargau, dem das
J^and gehört, konserviert die Gesellschaft Pro Vindonissa den Doppelturm
und die anstoßenden Mauern, wie die beigegebene Aufnahme zeigt (Abb. 231.
Dem Beobachter des Planes wird aufTallen, daß der Bogen des Pfosten-
»ystems C/^tlich vom Tore) nicht dem des Stein-Erdwalles gleichkommt.
D*-r - starker gekrümmte — Bogen des Pfahlwerkes hat seinen Mittel-
punkt außerhalb, der der Doppelmauer innerhalb der Linie des Walles.
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83. Die zwei TortOrme (nach der Konservierung).
Dr. Th. Burckhardt-Bicdermann in Basel halte die FreundÜchkeii, mich
durch BrieJ vom 5. April 1907 auf das „Limesblatt" Nr. 115 (19. Juli 1895)
hinzuweisen, wo über das Römerkastell in Theilenhofen (am ratischen
I-imcs) berichtet und gezeigt wird, daß auch hier das Dekumaitor in rundem
Bogen einwflrts springt, während allerdings die anstoßenden Wallmauem
geradlinig ziehen.
VtTmutlich gehört die dritte Mauer (Plan, Abb. 19, oberhalb des Buch-
stabens G an der Schnittlinie G — H)» samt dem Stück zwischen den Wall-
I
') BHertiche Mitteilung von Major Fels vom 7. August 1907.
IQ3
mauern, der gleichen, altern Periode an, wie die Quermauer beim Schnitt
C — D (siehe oben S. 98).
U. Der IVasserkanai. Das Hauptergebnis der Grabungen südlich vom
Lagertor war außer den Spuren des von Dragcndorff bereits besprochenen
Straßenzuges der Verlauf des Kanales, dessen westliche Fortsetzung schon
bei den früheren Grabungen angeschnitten worden war. ') Wie der Plan
zeigt, biegt er gerade gegenüber der Toröflnung in schöner Kurve nach
Süden ab: ersichtlich dem Straßenzug entsprechend. An der Stelle der Ab-
biegung mündet ein von Osten kommender, schmälerer Kanalarm in den
Hauptkanal ein. Dieser Seitenkanal kommt von der Kastralmauer her. die wir
schon im Jahre 1897 aufdeckten *) und nachher konservierten. Auch hinter
der letztern zeigte sich damals der genannte (Seiten-) Kanal. Der Boden des
Hauplkanals, soweit er siidnördlich zieht, war mit r^imischen Dachziegeln be-
legt (vgl. den Plan, Abb. 19, Schnitt E — F^ Die ursprüngliche Abdeckung des
Kanales mit steinernen Platten war nur noch in wenigen Stücken vorhanden;
aber eines davon ist sehr beachtenswert: dasjenige, durch das auf dem
Plane der Schnitt Q~D geht. Diese Deckplatte aus Mägenwiler Stein hat
in der Mitte, über der LichtöflTnung des Kanals, sechs sternförmig gi*uppierte
Einschnitte (vgl. den Plan), ganz ersichtlich zur Ableitung des Regenwassers,
das auf der Straße einlierfloß. Dieser Rinnstein muß demnach die Ober-
fläche der römischen Straße angeben; d. h. „die Straße mußte etwas höher
als der Rinnstein liegen, damit das Wasser dahin abfliel^en konnte. Die
Fundamentoberfläche des Toreinganges liegt auf gleicher Höhe wie der
Rinnstein; über jener aber lag zweifellos eine steinerne Torschwelle, deren
Dicke erfahrungsgemäß 17 cm betrüg; man darf deshalb die Straßenober-
Wölbung zirka 17 cm über dem
Rmnstein annehmen." (Major
Fels.) Wegen seiner Wichtig-
keit ließen wir den Stein auf
der ursprünglichen Stelle liegen
und eine gemauerte Einfassung
darum bauen, die ein eiserner
Deckel abschließt, so daß der
Besucher des Lagertores auc h
diesen römischen Rinnstein an
Ort und Stelle nebst einem Stück
des Kanals beobachten kann.
Ein zweites interessantes
Objekt fand sich am 26, Februar
1907 in dem süd - nördlichen
Stücke des Kanales: ein menschliches Skelett (Abb. 24). Die Größe und Stärke
der Knochen ließen darauf schließen, daß hier ein Mann begraben wurde.
') Vgl. Anzeiger 1906/07 Nr. i S. a
■) Vgl. Anrrigcr 1898 Nr. 1 S. 5.
04. Skelett eines Alemannen (?) im Kanal beim
Lagertor.
I04
Beigaben waren keine zu finden, außer zwei Pferdeschädeln, die in der Erde
über dem Gerippe lagen ; jedenfalls nicht zufällig; hier verscharrt, sondern
dem Toten zu Ehren. Das Gesicht des Toten schaute nicht nach oben,
sondern seitwärts, gegen Osten ; wohl deshalb, weil die Lichtöflfnung des
Kanals zu schmal war, um einen breitschulterigen Mann mit dem Gesicht
nach üben aufzunehmen. — Ein zweites menschliches Skelett war schon
vorher (20. November 1906) nordwärts von der äußern Mauer eines an die Tor-
anlage anstoßenden Gebäudes aufgefunden worden; aber ohne jegliches Kr
kennungszeichen. Eicide sind in der gefundenen I-age pholographisch auf-
genommen worden. Die Knochen, sorgfältig gesammelt, liegen im Vindo-
nissa-Museum (Königsfelden).
Direktor Lehmann vom Landesmuseum teilte mit, daß man auch ander-
wärts in römischem Gemäuer alemannische Gräber gefunden habe; so in
Lunkhofen. Das gleiche sagt schon Ferdinand Keller („Die römischen An-
siedelungen In der Ostschweiz" 11 S. 60 (22). Mitteilungen der Antiquar.
Gesellschaft in Zürich. Bd. XV, Heft 2; Zürich 1864».
Die Mauer, die nördlich von der oben besprochenen Kinnplaite am
Kanal ansetzt und bis zum Vorfundaraent beim westlichen Torturm zieht,
hat durch die Grabungen keine ausreichendere Erklärung gefunden, als sie
Dragendorff oben gibt. Eine entsprechende Mauer auf der Ostseite fehlt.
Wichtig Ist, daß nun die im Jahre 1897 entdeckte Befestigungsmauer
durch die Untersuchungen von 1906 endgültig in das Lagersystem einbe-
zogen wurde. Es walteten vorher immer noch Zweifel, ob sie vom Lager
oder vom Vicus des römischen Platzes Vindonissa herrühre. Dieser Zweifel
ist nun behoben.
Dagegen ist für alle Zeiten der Punkt verloren, wo die eben genannte,
zum Teil noch sehr schön erhaltene Kastralmauer mit der westöstlichen
eine Ecke bildete. Denn der Teil des Plateaus, auf dem sich die Mauerecke
befunden hatte und der um etwa 14 Meter weiter nordwärts sprang, als der
jetzige obere Rand der Böschung, wurde beim Bau der Eisenbahnlinie
Turgi-Brugg, samt dem römischen Gemäuer, weggeschnitten (1856I. Leider
wurde das Mauerwerk, über dessen Vorhandensein mir Herr Schatzmann-
Rauber in Brugg als Augenzeuge erzählte, nicht aufgenommen, während aller-
dings ein Plan vom damaligen Terrain vorhanden ist. Herr Stamm, Ingenieur
des Kreises III der Schweiz. Bundesbahnen hatte die Freundlichkeit, unserer
Gesellschaft eine Kopie dieses Situaiionsplanes zu schenken. Es ergibt sich
daraus mit aller Deutlichkeit, daß der oben genannte Eckpunkt seit 1856
draußen in der freien Luft liegt. Da hören die Nachgrabungen auf. Da-
gegen ist die Möglichkeit vorhanden, später den Kanal nach Süden weiter
zu verfolgen und als sichern Wegweiser zu benutzen; denn er zeigt auf
offenes Kulturland hin ; vermutlich gegen das südliche Lagertor.
T05
I
Bei den Arbeiten am Lagertor sind auch Einzelfunde erhoben worden.
Wir nennen hier folgende:
1. Ein Stück Quadermauer, herrührend vom Mantel des Doppelturmes.
Es besteht aus drei durch Mörtel verbundenen Quadersteinen; die Fugen
sind von einem i cm breiten Mörtelstrich überdeckt. Dieser Fugenverputz
zeigte sich sogar an Stellen, wo keine wirkliche Mauerfuge ist. Es wurden
auch Quadersteine verwendet, die grfjßer waren, als die normalen ; aber der
Fugenverputz wurde aus ästhetischem Grunde gleichmäßig gezogen. So
an einer Stelle der Südseite des westlichen Turmes und an einem einzelnen
losgebrochenen Steine. Leider vermauerten die Arbeiter in einem unbe-
wachten Augenblick diesen letztern, charakteristischen Quaderstein mit dem
falschen Fugenstrich bei den Restaurationsarbeiten, während das zuerst er-
wähnte Mauerstück (aus drei Quadersteinen zusammengesetzt) in der Samm-
lung aufbewahrt ist.
2. Ein marmorener Salben-Reibstein, der in zwei Stücken aufgefunden
wurde ; eines davon lag in einem der großen Pfostenlöcher der Turm-
mauern.
3. Ein Bruchstück von einer großen, polierten Marmorplatte.
4. 5 Charnierfibeln, 4 mit stark gewölbtem, i mit flachem Bügel.
5. r Fibel mit federartigem Drahtcharnler.
6. Hälfte einer verzierten Gürtelschnalle; Hälfte eines Charniers, Bronze,
mit Spuren von Versilberung.
7. Ein Zierblech mit Niello-Einlage (Tauschierarbeit).
8. Ein Bronze-Blech, dessen eine Seite vergoldet ist (einziges Stück
mit Vergoldung in der Vindonissa-Sammlung).
9. Eine lange Bronze-Nadel mit Öhr; eine andere mit schaufelförmigem
Ende.
10. Ein kleiner Dreifuß und ein Haken aus Bronze.
11. Ein bronzener Fingerring mit einem Paar Verzierungen, die aus dem
schneckenförmig gewundenen Draht des Ringes bestehen.
12. Wenig Münzen: i Aug. Pater, 2 halbierte Münzen (unkennthch),
I Münze (? in der Mitte ein kleines Loch) von Bronze, unbestimmbar.
r3. Mehrere Ziegel mit Stempeln der XI. und der XXI. Legion; unter
den let/tern einer mit S. C, VI.
Östlich vom Lagertor entdeckten wir bei den Grabungen im Winter
190607 ein großes Gebäude, dessen lange Seite 33,80 Meter, die schmale
10,80 Meter maß. Die Mauern sind nur 50 cm dick, haben jedoch an der
Innenseite gemauerte Vorsprünge von viereckigem Grundriß: offenbar die
Untermauerung von hölzernen Pfeilern; auch der Ob.erbau war wohl
von Holz; die Mauern dienten den hölzernen Wänden als Unterlage.
Mit den Untermauerungen an der Innenseite des Baues gingen parallel zwei
Reihen von Pfeilerfundamentcn inmitten des Baues ; ersichtlich für die
io6
Pfosten, die das Dach trugen. Die Lage hart am Torausgang und ein
Pilum, das als einziger nennenswerter Fund hier erhoben wurde, weisen
auf eine militärische Bestimmung des Baues hin. Er diente vielleicht als
Unterkunftshalle für die Wachmannschaft. Vergl. den beigegebenen Plan,
Abb. 25, mit den Schnitten J — K und G— H.
J-K- G-H-
25, Windisch, Lagertor und östliches Gebäude. Nach Aufnahme von J. Wehrli.
Angelehnt an die Außenseite der Nordmauer dieses Gebäudes lag das
oben erwähnte menschliche Skelett (ohne Beigaben).
5. Die Grabungen am römischen Schutthügel.
Von Direktor L. Frölich.
Die Durchforschungs- und Abtragungsarbeiten an diesem einzigartigen
Fundort gingen auch im letzten Jahr langsam aber stetig vorwärts, gefördert
namentlich durch die unermüdliche Arbeit eines Anstaltsinsaßen.
Schon in meinem ersten Bericht im „Anzeiger" (1906, i. Heft) hatte
ich erwähnt, daß wir bei der Inangriffnahme des Hügels an seiner Basis auf
zahlreiche Eichenpfähle und auf mächtige, vierkantig behauene Eichenbalken
von 7 Meter Länge gestoßen waren, die in regelmäßigen Intervallen Zapfen-
löcher aufwiesen. Auch zahlreiche tannene und eichene Bretterstocke kamen
damals zum Vorschein. Da sie wenig tief unter der Erdoberfläche lagen,
waren sie weniger als die weiter innen gelegenen Hölzer vor der Oxydation
geschützt und auch der konstanten Durchfeuchtung weniger teilhaftig, welche
die tiefer hegenden Holzgegenstände z. T. so wunderbar konserviert hat. Es
waren darum nicht mehr ganze Bohlen, sondern angefaulte Stücke, und das
gleiche war der Fall mit den oberflächlich gefundenen Eichenpfählen. Die
Hoizteile waren auch durch Erdrutschungen verschoben, lagen ohne eine
IQ?
bestimmte Regelmassigkeit in der Schuttmasse und machten nicht den Ein-
druck, daß sie in einer bestimmten konstruktiven Beziehung zu einander
stehen.
Die ungefähre Lage dieser f-Tähle und Balken ist bei E in dem Quer-
schnitt durch den Schutthügel angedeutet (Abb. a6.)
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„;d.rRUSCR^2iS
'^ Q 3 t b ansTpHmdgQ Kies-
a6. Querschnitt des römischen Schutthügels in Königafeldcn.
Nach Aufnahme von C. Fels.
■ I
37. „Palissaden" des römischen SchutthQgcls in KOnigsfcldcn.
Horizontal-Projektionen Nach Aufnahme von C. Fels.
Im letztjährigen Berichte erwähnte ich ferner am Schlüsse, daß tiefer
innen im Hügel mächtige Eichenpfähle mit darauf liegenden tannenen Bohlen
zum Vorschein gekommen seien und daß weitere Nachgrabungen die Natur
dieser Holzkonstruktionen feststellen müssen. Diese Grabungen sind nun
weitergeführt worden, indem man einen viereckigen zirka 7 Meter langen
und ebenso breiten Ausschnitt senkrecht durch den ganzen Schutthügel hinab
führte, was eine große Erdbewegung erforderte.
Es zeigte sich nun, daß in dem SchutthOgel drei Holzkonstruktionen,
bestehend aus eichenen Pfählen und aus darüber gelagerten Bohlen fast senk-
recht übereinander liegen; wir wollen dieselben vorläufig Palissaden nennen
(Abb. 26 und 27, A, B, C). Von allen dreien haben wir nur das westliche
m
io8
Endstück bloßgelegt, sie setzen sich alle ostwärts in den noch undurch-
forschten Teil des HOgels hinein fort. Wie weit, wissen wir nicht und es
wird noch mehrere Jahre dauern, bis die Abtragung weit genug fortge-
schritten ist, um das Ganze übersehen zu können.
Alle drei Palissadenwände lagen beinahe horizontal, die Pfähle mit der
Spitze gegen die Bergseite, die Köpfe nach der Talscitc gerichtet und quer
darüber lagerten, unter sich mehr oder weniger parallel, die hölzernen Bohlen,
lannene Bretter von 25—40 cm Breite und verschiedener Dicke, die dünnsten
mindestens 4, die dicksten bis 10 und mehr Centimeter dick.
Die Pfahle sind alle aus Eichenholz, sehr gut erhalten, und haben zum
Teil mächtige Dimensionen : der längste ist beinahe 6,5 Meter lang, der
dickste hat am obern Ende einen Durchmesser von 40 cm. Alle sind am
innem Ende mit einer Axt zugespitzt; der Stamm ist bei den einen roh
vierseitig behauen, andere sind rund, wie sie gewachsen, aber entastet und
ohne Rinde. Einzelne Pfähle haben auf ihrer untern Seite am dicken Ende
einen schwalbenschwanzförmigen, ziemlich tiefen Einschnitt, und der mittlere
P(ahl der zweiten Lage war mit einem starken Zapfenloch versehen. (Der
ßalkenkopf war aber an dieser schwachen Stelle abgebrochen.) Es beweist dies,
daß diese Pfähle durch starke Querhölzer unter sich verbunden waren, und
zwar sowohl die einzelnen P(ähle der gleichen Reihe, als vielleicht auch die
der zweiten mit einzelnen der ersten Schicht. Leider konnte von den ver-
bindenden Querhölzern mit Sicherheit noch keines aufgefunden werden.
Die quer über den Pfählen liegenden Dielen sind ausschließlich aus
Weißtannenholz. Holz der Rottanne (Fichte) konnte bis jetzt unter den
zahlreichen Holzobjekten nicht nachgewiesen werden. Im frischen, noch
feuchten Zustande sehen diese Dielen sehr gut aus. An der Luft verlieren
sie aber rasch ihren Wassergehalt und werden rissig. Leider ist es aus
technischen Gründen unmöglich, die großen und zahlreichen Stücke so zu
konservieren, daß sie sich nicht verändern. Sie lagen wohl ursprünglich
alle unter sich parallel, dicht aneinander und unmittelbar auf den Pfählen.
Bei der obersten Lage fanden sich in einzelnen Bohlen sogar eichene, vier-
kantige, etwa fingerdicke Nägel, mit denen die Bretter an den Pfählen be-
festigt waren. Durch das Umstürzen und das Verschieben der Wände wur-
den dann natürlich diese Bohlen verschoben, die Verbindung mit den Pfählen
gelockert, einzelne sind durch den Erddruck stark gebogen, andere gerissen
und zerbrochen. Immerhin war die ursprüngliche Lagerung noch deutlich
erkennbar. (Siehe die Horizontalprojektionen, Abb. 27; dazu die Ansichten
Abb. 28 und 29.)
Auf die erste Palissadenschicht (A) stießen wir zirka 3,5 Meter unter dem
Niveau der kleinen Terrasse, welche die Obernache des Schutthügcls bildet.
Sie bestand aus zwei mächtigen Pfählen und sechs Brettern und setzt sich
nach Osten in den noch undurchforschten Teil des Hügels hinein fort. Die
ganze Konstruktion lag horizontal mit schwacher Neigung vornüber.
109
I
I
-vAi.
a8. SchutthQgcl in KOnigsfcIden,
A und B.
Palissadenschichten
Etwa 170 cm tiefer land sich eine zweite Lage (B), bestehend aus drei
Pfählen und einer großen Zahl von Bohlen. Auch sie lag horizontal mit
noch etwas stärkerer Neigung nach vorn unten als die obere Lage.
Noch 2,5 Meter tiefer
zeigte sich eine dritte Bal-
kenlage (C(, ebenfalls hori-
zontal liegend aber nach
vorn oben etwas anstei-
gend. Von ihr liegen bis
jetzt vier Pfähleund eine klei-
nere Zahl von Bohlen bloß.
Selbstverständlich muß-
ten wir die beiden obern
Wände wegnehmen , um
weiter graben und die
dritte Lage abdecken zu
können. In ganz jüng-
ster Zeit endlich stießen
wir noch tieier unten,
etwa 2,5 Meter unter
der dritten Schicht und mehrere Meter weiter nach vom auf einen eichenen
Pfahl und darauf quer liegende Dielen iD), wahrscheinlich eine vierte Palis-
sadenwand. Sie ist bis jetzt nur zu einem kleinen Teil abgedeckt, denn die
mächtigen Schuttmassen
erfordern lange Zeit und
große Arbeit. Sie liegt
ziemlich im Zentrum des
Hogels, etwa 12 Meter
unter Niveau. Bis jetzt
sind das vordere Ende eines
Pfahles und sechs starke
Bretter teilweise bloßge-
legt. Diese letztem be-
stehen aus Eichenholz, im
Gegensatz zu den obern
Wänden, die tannen sind.
Über und unter diesen
Palissadenwänden fand sich
als Füllmaterial der gleiche
Schutt, der den übrigen
Hügel bildet und den ich in früheren Berichten geschildert habe.
Eingestreut lagen überall zahlreiche Fundstücke. Wir haben diejenigen,
die zwischen der zweiten und dritten Wand lagen, extra gesammelt und
katalogisiert. Es sind folgende Gegenstände:
»9
Schutthügel in Königsfelden. Palissadeoschichtcn
A und B.
110
Zahlreiche glatte und verzierte terra sigÜlata- und andere Tonscherben
— Bruchstücke von Tonampeln (eine mit FORTIS) — mehrere schöne
bronzene Scharnierfibeln - ein bronzenes Salbenlöifelchen — Bronzebleche
— ein rundes Bleistück — ein Haken aus Blei — ein kleines eisernes Messer —
ein Schlüssel — ein Meissel — ein sog. Durchschlag — eine große Eisen-
nadel mit Öhr — große und kleine eiserne Nägel — drei eiserne Stilus —
Bruchstücke von Glasgefässen — Spielsteinchen — eine halbe Münze der
Colonia Nemausus — eine Bronzemünze des Caligula — zwei schöne Leder-
sohlen mit Nägeln beschlagen — der hintere Teil einer Holzsandale —
mehrere Töpferstempel auf terra sigillata-Böden (OFRONI, OFCALVI,
OFCEN etc.) — ferner Schneckenhäuser, Austernschalen und zahlreiche
Knochen.
Beim Weitergraben nach der Bergseite hin stießen wir hinter dieser
Kulturschicht auf sandig-lehmige Erde, die außer einigen Scherben keine
Fundobjekte mehr enthielt, und dahinter auf das natürliche, gelagerte Kies
der Flußterrasse, vor welcher der Schutthügel gelegen ist (siehe den Quer-
schnitt).
Die Spitzen der Eichenpfähle reichten nicht bis in diese Kiesschicht
hinein, sondern lagen 30-40 cm von ihr entfernt, erstreckten sich aber bis
in die vorerwähnte, sandig-lehmige Schicht.
Erwähnenswert ist noch ein Konstruktionsholz, ein zirka 3 Meter langer,
vierkantig behauener eichener Balken, der schief in den Schuttmassen vor
der zweiten und dritten Palissadenschicht lag. Er weist am einen Ende eine
Überplattung auf von 60 cm Länge, und diese trägt zwei viereckige Löcher,
in denen starke, mit Köpfen versehene eichene Zapfen stecken; das andere
Ende ist abgebrochen.
Und nun die wichtige Frage: Wozu dienten diese Holzkonstruktionen,
liegen sie da, wo sie immer waren, oder sind sie in den Schutthügel hin-
eingerutscht oder absichtlich hinuntergestürzt worden?
Wir sind zur Stunde nicht im Stande, diese Fragen sicher zu lösen.
Ganz gewiss ist, daß die eichenen Pfähle einmal senkrecht gestanden haben
und umgestürzt sind, daß diese Konstruktionen also ursprünglich nicht
horizontal lagen ; denn es sind deutlich zugespitzte Pfähle , die sicher
einmal eingerammt waren. Es ist auch sehr wahrscheinlich, daß sie nicht
ursprünglich in diesem Schutthügel lagen. Ich schließe dies daraus, daß
die Enden der Pfähle nicht bis in den festen Kiesboden hineinragen. Solch
mächtige, bis gegen 7 Meter lange Hölzer müssen, wenn sie aufgestellt wer-
den, auf ein Dritteil ihrer Länge eingerammt sein, und die Römer waren
zu vorsichtige und solide Baumeister, als daß sie ihre Blockwände in auf-
geschüttetem, losem Terrain aufgestellt hätten. Die Pfähle waren also ganz
sicher einst im festen Kiesboden eingerammt. Entweder ist dieser Kiesboden
samt ihnen gerutscht, oder dann sind sie mit Absicht in den AbraumhOgel
hinabgeworfen worden.
in
Einstweilen halte ich noch dafür, daß wir in diesen Blockwänden einen
Teil des römischen Pfahlwalles erblicken müssen, der das alte befestigte
Standlager umgab.
f Unsere Grabungen am Lagertor, kaum loo Meter vom Schutthügel
entfernt, haben das Vorhandensein von zwei verschiedenen Arten der Lager-
umwallung zweifellos dargetan. Das ursprüngliche Lager war ein Pfahl-
lager mit Holz- und Erdumwallung. Wohl wenige Dezennien später
wurde es durch einen solideren Bau, bestehend aus einer steinernen Doppel-
mauer mit dazwischen liegender Erdschicht ersetzt. Beide Konstruktionen
sind am seitlichen Tor sehr schön und instruktiv nachgewiesen und kon-
serviert (vgl. den Bericht über die Arbeiten am Lagertor).
Es ist somit sehr wahrscheinlich, daß unsere Palissadenwände von der
ersten Lagerurawallung herstammen. Ob sie absichtlich oder durch Zufall
in den SchutthOgel hineingelangten, läßt sich vorläufig nicht, vielleicht über-
haupt nie feststellen.
■ Ich muß allerdings zugeben, daß mir dies zwar die naheliegendste
Erklärung scheint , daß sie aber auch manche Tatsachen nicht erklärt,
und daß manches sogar gegen diese Hypothese spricht. Es ist ja auch
möglich , daß diese Wände einst weiter oben standen , umgestürzt und
hinuntergerutscht sind und daß sie Teile einer besondern, dem Lager
vorgebauten Befestigung waren. Es ist auch zu bedenken, daß vom
Lagertor zweifellos ein Weg über den zirka 20 Meter hohen Abhang hin-
unter führte. Dieser Weg war vielleicht extra gedeckt und befestigt, und
unsere Konstruktionen sind möglicherweise so zu deuten. Etwa 120 Meter
vom Fuß des Schutthügels fließt die Aare. Ihr Bett mag vor 1900 Jahren
wesentlich näher an der Basis der Hochterrasse gelegen haben. Es kann
hier, wenn er bis jetzt auch nicht nachgewiesen ist, ein Elußüberg^ng ge-
wesen sein für die Straße, die nach dem Rhein, Koblenz und Zurzach führte.
Möglicherweise lag da auch ein Landungsplatz für die vom Rhein her kom-
menden Schiffe. Brücke oder Landungsplatz waren dann wohl auch einiger.
maßen befestigt.
So lassen unsere Blockwände mancherlei Deutung zu. Unter allen Um-
ständen sind sie etwas Wichtiges und Einzigartiges, das zu Erklärungsver-
suchen geradezu reizt, und da sie sich wohl weit in den Hügel hinein fort-
setzen, werden wir noch einige Jahre an dieser Nuß zu knacken haben.
Es erübrigt noch, der andern Funde aus dem Schutthügel zu gedenken.
Sie sind stets sehr zahlreich und mehren unsere Vindonissa-Sammlung stetig
tin erfreulicher Weise.
Die nicht sehr häufigen Münzen bestätigen fortwährend, daß die Ent-
stehungszeit des Hügels nicht über das erste Jahrhundert hinausreicht. Eine
Spezialität sind die vielen Leder* und Holzobjekte, deren Kollektion sich
stark vergrößert hat: Stücke einer Reisbürstc, Holzkämme, ein Pterdekamm,
zahlreiche Schreibtäfelchen, darunter eines mit der eingekritzten Aufschrift
112
„Cassio", Spateln, Fassteile, Spunten, Keile, gedrehte Bochschen, ein Trag-
holz für zwei Eimer, zahlreiche Stücke von Fensterrahmen, eigentümliche
nindgedrehie Spitzhölzer, Holznadeln und zahlreiche andere bearbeitete Holz-
stücke, deren Verwendung nicht bekannt ist. Wir waren vor einiger Zeit
auch so glücklich, einige kleine Gewebestücke zu finden, nach denen wir
bis anhin vergeblich gefahndet hatten. Stoffreste sind wohl reichlich in den
Abraum gelangt, aber leider größtenteils vermodert. Die kürzlich gefundenen
Stückchen verdankten ihre Konservierung wohl dem Umstand, daß sie mit
einer harzigen, in Spiritus löslichen, pechartig riechenden Masse imprägniert
waren. Herr Dr. phil. Neuvviler in Zürich, der in verdankenswerter Weise
sich für die Pflanzenreste unseres Hügels interessiert und sie untersucht,
teilt mir mit, daß das Gewebe aus gut erhaltener feiner Schafwolle bestehe.
Reicliiich finden sich immer Messer aller Furm und Größe, eiserne
Schreibgriffel besitzen wir nun über 200 Stück, zahlreich sind Bronze- und
Eisennadeln aller Form und Größe bis hinab zur feinen Nähnadel, von denen
mehrere Stücke vorzüglich erhalten sind. Ich erwähne ferner die drei im „An-
zeiger" (1907, S. 39) beschriebenen Maßstäbe, eine Bronzelampe, ein Senklot
aus gleichem Metall, zwei kleine bronzene Adler, zwei Haarnadeln mit einer
Hand am einen Ende, zwei Eisenstücke ^Griffe?) mit zierlichen Silbereinlagen»
Pinzette, Wagebalken, Votivblech, Zierblech u. s. w.
An Werkzeugen fand sich eine dritte Maurerkelle, Stechbeutel, Hohl-
raeissel, eine Feile, sog. Durchschläge. Bohrer und ein schön erhaltener
Hammer mit Nagelzieher, genau wie sie heute noch hergestellt werden.
Zahlreich sind ferner Bronzefibeln der verschiedensten Art, Schnallen,
Haken. Bronzeknöpfe ähnlich unsern Polsterknöpfen, Ampelhaken, Ketten,
Ringe. Schloßriegel, Schlüssel^ Lanzen- und Pfeilspitzen, viele Objekte aus
llorn und Bein.
Wichtig und interessant sind zwei Eisenblechstücke, offenbar Teile eines
Panzers oder Harnisches, mit daraufgenieteten Bronzegarnituren. Erwähnens-
wert sind auch zwei viereckige Stücke aus dickem Eisenblech, zirka 10,15 ^^
groß. In den vier Ecken tragen sie Löcher zum Aufnageln und in der Mitte
eine handtellergrofie flache runde Vertiefung. E^ sind zweifellos die Pfannen
eines Torflügels, in denen die Angeln einer schweren Türe sich drehten.
In der einen Pfanne fand ich noch eine runde Eisenscheibe, wohl das Be-
schlag des Holzstiefels, der in der Pfanne lief.
Von Ziegelstempeln erwähne ich als neuen Fund einen solchen der
dritten spanischen Kohorte. Derselbe fand sich ganz unten etwa 15 Meter
tief in einem Probeloch des Hügels. Da die untersten Schichten sicher auch
die ältesten sind, darf aus diesem Funde geschlossen werden, daß diese
Kohorte schon recht früh, wohl in der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts
in Vindonissa lag.
Die korbweise gesammelten Knochen werden von einem Fachmann
untersucht und bearbeitet.
Die nach Hunderten zahlenden Töpferstempel auf terra sigiüata-Gefasscn,
Ampeln, Amphoren, Becken etc. werden von I lerrn Dr. Eckinger besonders
publiziert werden. Es sind darunter einige schOne Tinteninschriften auf
Amphoren.
Erwähnen will ich nur eines kürzlich gefundenen Stempels auf einem
Randstück einer großen Reibschale Der Stempel lautet: i- \\L- V^^EC.
Er ist sehr schön geschnitten und erhalten, die Buchstaben sind 1 1 mm groß,
der ganze Stempel 6 cm lang.
Im „Anzeiger" (1907, S. 35I habe ich einen Stenipel VERECVNDVS
beschrieben, der auf einer verzierten Scherbe unserer Sammlung und auf
einer Ampel der Aarauer Sammlung sich findet und wahrscheinlich aus
einer in Vindonissa befindlichen VVerkstätte stammt. Man darf wohl vor-
aussetzen, daß die gewöhnhchen großen und schweren Töpferwaren nich^
von auswärts bezogen, sondern wenn immer möglich an Ort und Stelle
fabriziert wurden, namentlich wenn wie in Vindonissa vorzüglicher Ton sieb
in der Nahe vorfand. So darf ich auch annehmen, daß diese Rejbschal^
und der trwähnte Stempel in Vindonissa hergestellt wurden, zumal das Maj-
terial ganz gut aus hiesiger Gegend stammen kann. Es ist somit mügjichj,
sogar wahrscheinlich, daß alle diese Verecundusstempel aus der gleichen
Töpferei stammen, und wir wissen nun, daß unser Hafnermeister mit seinen;)
vollen Namen Cajus Valerius Verecundus hiess und daß sein Geschäft schon
im ersten Jahrhundert nach Christus in Vindonissa existierte.
^
Die Heilig-Kreuzkapelle bei Mels und ihre neu-
entdeckten Wandgemälde,
Von K. Escher.
Der bekannte Bestand mittelalterlicher Wandgemälde in der Schweiz
hat sich um einen stattlichen Zyklus vermehrt, der bei Anlaß einer Ende
Oktober 1906 in genannter Kapelle
vorgenommenen Restaurierung zu
Tage trat.
Die Kapelle stammt aus gotischer
Periode, wie die zwei Spitzbogen-
lenster in der geradlinigen Ostwand
des Chores beweisen. Leider fehlen
ij^erade aus dieser Zeit zur Stunde
noch alle urkundlichen Notizen V),
es sei denn, daß die schon 1420
bestehende St. Magnusbrüderschaft ")
damit in Beziehung zu setzen wäre.
Ein Zinsbrief des Jahres 1535 er-
wähnt bei der Kapelle zum Hl. Kreuz
ein Haus für Aufnahme der armen
Sondersiechen; aus dem Inhalt einer
unten zu behandelnden Bildergruppe
darf man aber schließen, daß das-
selbe schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts bestand.*} Bei P, Laurenz
Burgener*) findet sich die volkstümliche Tradition verzeichnet, es hätte einst
') Die „Sammlung von historischen und statisti&chen, meist die Gemeinde Mels und die
Landschaft Sargans belreflenden Schriftstücken", die sich, von Klaude Wächter verfertigt,
als Manuskript im Gemeindearchiv zu Mels befindet, enthalt im 2. Uand bei Anlaß der ür*
wahnung eines Kaufverslcherungsbriefs von 1539 zu. Gunsten des Sicchenhauses zu Heilig-
Kreuz die Bemerkung: „Solcher der Spcnd und Kaptanei zugehtVigen Verschrcibungen aus
dem 15. und 16. Jahrhundert befinden sich eine gröl>ere Anzahl im hiesigen Archiv der
Ortsgemeinde." Die auf meine Veranlassung angestellten Kachforschungen blieben leider
bis jetzt in dieser Hinsicht erfolglos.
■) Ein Jahrzeitbuch aus dem 17. Jahrhundert, das Einträge eines altem übernommen
zu hat>en scheint, enthält den Eintrag, daß die erwähnte Bruderschaft 1420 eine Jahrzcic
in die Pfarrkirche gestiftet habe. Vom Jahr 1505 existiert eine Jahrzeit ebendahin, von der
St. WttuUHnsbruäer Schaft gestiftet.
■) A. Nüschcicr, SicchcnhAuser der Schweiz, erwähnt es nicht in ^Gotteshäuser der
Schweiz", Diöcesc Chur, dagegen eine aul diesen Weiler Tscherviugcn bezügliche Urkunde
des Jahres 1500.
*) Die Wallfahrtsorte der katlmlischen Schweiz. Ingenbohl 1864 11. p. 42.
30. Heilig-Kreuzkapelle bei Mels.
HL. KREUZKAPKLLE BEf MELS.
WANDGEMÄLDE AN DER OSTSEITE DES (.HüKES.
Anxcigcr tar Schweiz. Ah«rtiim»kufi(Je ige?, a. HeO.
Tafel XVI.
HL. KREUZKAPELLE BEI MELS.
WANDCEMALDK an der .WESTSEITE DES CHORES
Aiit«l[[er for «chweu. Alldtuinxkunde, 1907, a. HefL
Tafel XVIII.
115
anstelle der Heilig-Kreuzkapelle ein Heidentempel gestanden ; glaubwürdiger
ist die Noti^, das christliche Gotteshaus sei zu Zeiten Wallfahrtskirche ge-
wesen. 1862 fand sich im Hochaltar eine Weiheurkunde, datiert vom ig.
Juni 1607 mit dem Siegel des Churer Bischofs Johannes (Flugi von Asper-
mont), der damals die Kapelle wieder zu Ehren des Hl. Kreuzes weihte und
Ablaß gewährte. In dieser Zeit, d. h. vor der Weihe, dürften die durch-
greifenden Veränderungen am gotischen Bau vorgenommen worden sein. An
Stelle der flachen Holzdecke traten gratige Kreuzgewölbe auf Konsolen
bezw. Wandpfeilern, was eine Erhöhung der Mauern zur Folge hatte; die
Chorstirnwände wurden durch einen Rundbogen verbunden und die alten
Fenster zum Teil vermauert, zum Teil durch breite Stichbogenfenster ersetzt,
wobei eine große Anzahl von Wandgemälden zu Grunde ging; Hand in
Hand damit ging eine bedeutende Erhöhung des Bodens außen und innen
und wohl auch die Errichtung von drei Altären, des Hochaltars und zweier Altäre
im Langhaus an den Chorstirnwänden.
Der Grundriß der Kirche (Abb. 31) bildet ein längliches Rechteck von
6,90 m Breite und 15,26 m Lätige (außen gemessen); die Mauerdicke beträgt
im Osten 0,85 m, im Westen 1,03 m, was
auf die oben erwähnten Veränderungen zu-
rückzuführen ist, denn wahrscheinlich fand
eine Verlängerung nach Westen statt. Zwei
Zungenmauern von r,zi bew. 1,26 m Länge
scheiden den ungefähr quadratischen Chor
vom Langhaus ab; der Grundriß des Chors
ist ziemlich unregelmäßig. Innere Maße :
O. 5,06, S.5,12, W. 5,09, N. 5,05. Die Ent-
fernung vom jetzigen Boden bis zum deutlich
nachweisbaren Ansatz der frühern Holzdecke
beträgt nur 3,50 Meter (vergl. Abb. 32), diejenige bis zur Bank der gotischen
Fenster V) bloß 0,84; daß der ursprüngliche Boden mindestens i m tiefer lag,
ergaben die Nachgrabungen mit voDkommener Klarheit. Die Restaurierung
der Kapelle wird den alten Bestand wenigstens an der Außenseite klarzu-
legen haben. Auf Veranlassung des Verfassers wurden die zwei hübschen
aus TufT gemauerten gotischen P'enster der Ostwand von der Vermauerung
befreit; bei diesem Anlaß zeigte sich, daß der sehr flachen Fensterbank eine
viel steilere aufgesetzt worden war, und daß man die äußere Wölbung wohl
zu Anfang des 16. Jahrhunderts mit schwarzen Ranken bemalt hatte.
Von dem überaus reichen Schmuck an Wandmalereien sind von ver-
schiedenen Händen ansehnliche Reste zu Tage gefördert worden, Anderes
hat sich ohne Übertünchung hinter den Altarblättern vortretTlich erhalten.
Andererseits aber hat bei Anlaß des Umbaues im Anfang des 17. Jahrhunderts
der Spitzhamraer sehr übel gehaust, und an den untersten Partien hat fast über-
31. Heilig-Kreuzkapelle bei Mels.
Grundriß 1 : 300-
') die erst vom Verputz twrreit werden mußte.
zwei Bilder an der Nordwand, zwei an der Südseite und eines an der West-
wand der südlichen Zungenmaucr freigelegt wurden. Fast durchweg wird
die Darstellung von einem breiten roten Rahmen als dem einfachsten Mittel
der Bildtrennung umschlossen.
1. Osizvanti (Abb. 32 u. Tafel XVIl. Zwischen beiden Fenstern, an zwei
Stellen von Vertikalglicdern und am Fußende vom untern Rahmen des Hoch-
altars überschnitten, der bethlehemitische Kindermord, Erhaltene Höhe incl.
Borte 1, 88m, Gesamtbreite 2,35m. Die Mitte bezeichnet die verdrehteGeslalt eines
baumlangen, vollständig gerüsteten Schergen, der, vom Rücken gesehen, Kopf
und Arme im Profil nach links, die Beine nach rechts richtet. Mit dem rechten
Arm halt er die Lanze umfaßt, an der ein aufgespießtes Kind zappelt. Rechts und
links schließt sich je eine Figurengruppe an, dort Herodes mit einer Frau
und den getöteten Kindern, hier ein Scherge und klagende Frauen. Der
breite gotische Thron mit Baldachin ist ein ziemlich grobes und primitives
Machwerk. Zur Erzeugung von Raumtiefe ist er in die Schrägansicht ge-
stellt. Von Herodes hat sich nur ein Teil des Körpers erhalten, der Kopf
ist leider zerstört. Der rechte Arm mit dem Szepter ist ausgestreckt, die
linke Hand ruht auf dem Knie. Über blauem Rock trägt er eine rote
Schaube. Neben dem Thron steht eine Frau in langem graulila Rock und
weißem Kopftuch, ihr schmerzlich verzerrtes Gesicht und ihre Handbe-
wegungen sagen, daß sie Erbarmen zu erflehen sucht. Zu Füssen des
Herodes liegen die blutenden Kinderleichen übereinander, embryoncnhafte
Gebilde. Links von der Mittelfigur durchbohrt ein bärtiger Scherge einen
Knaben mit dem Schwert. Gelbe Jacke; vierfach geteilte Beinkleider. Hinter
ihm erhebt eine Frau in rotem Rock und oifenem Haar jammernd die Arme,
eine andere wendet sich zum Gehen, blickt aber weinend zurück. Graulila
Unter- und grünes Oberkleid, weiße Haube. Von der nächsten Figur ist nur
wenig zu sehen; die letzte ist durch den linken Altarpilaster abgetrennt;
sie ist dem Vorgang zugewendet und scheint die gefühllosen Schergen um
Mitleid anzuflehen. Mennigrotes Kleid mit grünen Ärmeln, weiße Schürze
und Haube, gelbe Schuhe. — Hinter der sehr schmalen Bühne erhebt sich
eine hohe graue Mauer; über die hinweg steht man auf einen Abhang,
hinter dem sich drei graue und grüne Berge schroff in die Luft erheben. Viel-
leicht schwebten dem Maler die Churfirsten vor Augen.
2. NorHtvanti (hhh, 33 u. Tafel XVII). Es ist anzunehmen, daß diese früher
von drei Bilderreihen bedeckt war, wie zur Rechten der Fensler noch deutlich
sichtbar ist; die Reihen greifen bis zum gotischen Fenster auf die Ostwand
über. Eine sehr empfindliche Lücke hat der Einbruch des breiten Fensters der
Nordwand verursacht. Zur Linken desselben haben sich von der obersten
Bitdzone nur zwei stark zerstörte Darstellungen erhalten, zur Rechten dagegen
sieben in leidlich gutem Zustand, von einer achten noch eine Figur. In das
einfache rote, schwarz gesäumte Rahmensystem war auch eine im Flachbogen
Tl8
gewölbte Mauernische in der Mitte der Wand einbezogen.'^ Der ganze Zyklus
dürfte, so scheint es, ursprünglich aus etwa i6 Bildern bestanden haben,
doch ist die Zahl keineswegs siciier zu ermitteln, da die einzelnen Darstel-
lungen ziemlich verschiedene Breite- und Hühendimensionen aufweisen, auch
bleibt durchaus unbekannt, ob auch die nördliche Zungenmauer zu diesem
Zyklus herangezogen war; in diesem Fall müßte sich die Zahl der Bilder
auf zirka 20 belaufen haben. Die Frage wird unten nochmals zu berühren sein.
Die Darstellungen der rechten Wandhälfte setzen der Deutung keine
Schwierigkeit entgegen: sie beziehen sich aufier der Enthauptung auf eine
anscheinend nicht ganz seltene Legende des Hl. Jakobus maior, folgenden
Inhalts*): Ein PÜgerpaar will mit seinem Sohn zum Grab des Apostels in
San Jago di Campostella wallfahren. Sie steigen in einer Herberge ab. Der
Wirt beschließt, die Pilger ins Verderben zu stürzen, weil der Jüngling die
Liebe seiner Tochter verschmäht hatte. In der. Nacht steckt er einen wert-
vollen Becher in eine der Pilgertaschen, eilt den Wallfahrern am nächsten
Morgen nach, und verklagt sie wegen Diebstahls. Der Sohn wird auf die
falsche Anklage hin gehenkt, sei es, daß sich der Becher in seiner Tasche
gerunden, sei es, daß er sich für den Vater geopfert. Die Alten gehen nach
Campostella, verrichten dort ihr Gebet, und finden, als sie auf demselben
Weg zurückgekehrt waren, den Sohn noch lebend am Galgen hängen. Der
Apostel hatte nämlich während der ganzen Zeit den Körper ein wenig unter-
stützt. Die Eltern verlangen vom Richter den Sohn zurück; der Richter,
der vor einer Schüssel gebratener Hühner sitzt, erklärt, er glaube eher, daß
diese davonfliegen würden, als daß der Sohn noch lebend sei. Sofort flattern
die Hühner davon, des Jünglings Unschuld ist erwiesen, er wird den Eltern
zurückgegeben und der Wirt und seine Tochter werden zur Strafe an den
Galgen gehängt.
Erste Reihe,^) a) EfithaHph4fig des Apostels Jakobus. Der Heilige kniet
in blauem Kleid und weißem, lila modelliertem Mantel mit gebundenen Händen,
idas blondhaarige Haupt gesenkt. Vor ihm liegen Pilgerhut und Stab. Hinter
hm schwingt ein gelb gekleideter Scherge mit roter Mütze mit beiden
Händen das Schwert; gegenüber, d. h. zur Rechten, stehen zwei Männer, an-
scheinend lebhaft erregt, der eine in roter Schaube und rotem Hut mit
gelbem Aufschlag und grünen Beinkleidern, der andere ganz in Grün ge-
kleidet. Die Scheiden der langen Schwerter sind rot.
') Ihre Lage beweist, daß der Boden froher erheblich tiefer lag. Auch diese Nische
wird bei AnlaÜ der Restaurierung wieder hergestellt werden.
') Vergl. H, Deizel, Christliche Ikonographie II. Kreiburg 1896. p. 142. Weigel und
Zestermann, Die Anfänge der Buchdruckerkunst in Bild und Schrift I. p. 88. Eb. pag. 89
zitiert die ältesten Quellen zu dieser Legende; diese auch bei Boil. Acta Sanctorum. Julii VI.
Nr. 182-198.
') Daß diesem Bilde ein anderes vorangegangen, wie doch wohl anzunehmen ist, laßt
sich nicht nachweisen.
lao
b) Die Pilger in der Herberge. Die Mitte der Komposition bildet ein
Tisch, mit Broten belegt. Davor sitzt, im Profil nach links, eine Frau, die
einen Gegenstand, wohl ein Brot, zum Mund hebt; weißer Rock und Kopf-
tuch und graulila Mantel, der braune Pilgerhut hilngt auf dem Rücken.
Hinter ihr steht, nur zum Teil erhalten, eine männliche Gestalt, der Wirt,
in hellgelber Schaube und grünen Beinkleidern. Auf der andern Langseite
des Tisches, der Frau gegenüber, steht ein alter Mann, in blau und lila;
ebenso ist der gekleidet, der von links her zu ihr herantritt ; ihm folgt eine
weißgekleidete Gestalt. Die Holzteile, Tisch und Wände, sind gelb mit
brauner Schattierung.
c) iOstwand, Abb. 32, links oben). Das Pilgerpaar schläft in einem Bett,
rechts der Mann mit nacktem Oberkörper, links die Frau ins weiße Kopftuch
und den Mantel gehüllt; die große faltige Bettdecke ist grün. Unter dem
BL'tt stehen die Schuhe, in der Ecke links lehnen die Pilgerstäbe. Von rechts
tritt der Wirt heran, einen Doppelbecher in der Hand. Er trägt über grünem
Untergewand eine gelbe Schaube mit Hängeärmeln und flachen roten Hut.
Zweite Reihe, Wo dieselbe ansetzt, ist nicht ganz klar, sicher aber, daß das
gegenwärtige Fenster den größten Teil einer Darstellung zerstörte; für die
Breitenausdehnung bestehen keine bestimmten Anhaltspunkte, da sich keine
Spur eines altern gotischen Fensters wie auf der Südseite nachweisen ließ;
die Mauernische schließt das Vorhandensein eines solchen nicht aus. Ein
Indicium scheint mir aber doch zu bestehen. War kein Fenster vorhanden,
so hatte entweder eine größere Darstellung, die in der Mitte der Wand ansetzte,
Platz, oder es waren deren zwei ; daß die Reihe aber nicht am Anfang der linken
Wandhälfte ansetzte, geht daraus hervor, daß die oberste Reihe der linken
Wandhälfte tiefer herabreichte als die zur Rechten, auch wäre bei der übrigen
Knappheit der Erzählung die Legende kaum auf mindestens drei, wahr-
scheinlich aber vier Felder zu verteilen.
a) Kimende Piigerfigur. Wafirscheinlich Überrest des Verhörs und der
Verurteilung des Unschuldigen.
b) Die Eltern verrichten in Campostella ihr Gebet (Tafel XVII). Die Räum-
lichkeit ist unklar ; zur Linken erhebt sich eine Mauer mit Dach und ein schmales
rundbogigcs Tor, das den Eingang ins Heiligtum vermittelt; hier thront auf
stufenförmigem Aufbau der Hl. Jakobus, wohl als Kultusbild gedacht, aber
wie ein Lebender dargestellt; über ihm hängen an roter Stange wächserne
Votivzeichen: ein ganzes Figürchen, Hände, Füße etc. Der Heilige ist etwas
nach links gewendet, hat die Rechte erhoben, die Linke, die den Stab um-
faßt, auf das rote Buch gelegt. Am Hut ist die Muschel befestigt. Vorn zur
Linken kniet im Profil nach rechts inbrünstig betend der Vater, der Hut und
Stab auf die Erde gelegt hat. Hinter ihm steht die Mutter mit gefalteten
Händen; der Hut, den sie auf dem vom weißen Tuch umhüllten Kopf ti*agt,
ist mit vielen Muscheln verziert.
lai
c) (greift zum Teil auf die Ostwand Ober). Szenerie im Freien, was
durch einen stark abfallenden g;rünen Hang und einen steilen Berg ausge-
drückt wird. Die Komposition zerfällt in zwei Hälften. Zur Linken hängt der
Pilger Jüngling am Galgen, rechts steht, mit wehendem Mantel, Jakobus, den
Körper haltend, links knieen betend die Eltern Rechts lAbb. 32I eine Gruppe
von vier Gestalten, von denen zwei als Pilger charakterisiert sind. Da die
untern Partieen etwas zerstört sind, so könnte, da die Tracht sonst genau
stimmt, die zweite Pilgerfigur eine Frau sein ; somit wären es die Litern, die
Anwesende auf das Wunder aufmerksam machen. Der eine der Männer,
bärtig, ist grün gekleidet; aus dem hohen Turban ragt eine Spitze hervor;
der hintere trägt roten Rock und Hut.
Dritte Reihe. Hebt ganz deutlich bei der Wandnische an; zwischen die
letzte Begebenheit und das nun folgende Vögelwundcr läßt sich keine Epi-
sode einschieben; somit fallt die linke Wandhälfte außer Betracht.
rt) Vögelivuuder . Länglicher Streifen, in den untern Partieen zerstört. Die
Mitte bildet ein in Perspektive gesehener gewölbter Raum mit zwei Fenstern,
in dem an einer Kette ein Kessel hängt; durch den Raum (liegt ein Huhn, aller-
dings nur am Kamm als solches kenntlich. Rechts und links reihen sich Gruppen
erstaunter Personen an. Zunächst dem Raum ein Mann, den Kopf rück-
wärts gewendet, die Arme lebhaft bewegt; das grüne Untergewand, die
gelbe Schaubc und der rote Hut lassen in ihm den Wirt erkennen. Hinter
ihm steht der Richter in Rot gekleidet, mit einem Stab; an ihn schließt sich
eine Gruppe von drei Figuren, die wohl als die Pilgerfamilie zu deuten sind.
Die Gruppe zur Rechten, bestehend aus drei Männern, zum Teil mit wahren
Narrenkappen und einer Frau, wohl der Tochter des Wirts, ist weniger gut
komponiert.
b) Strafe des Verbrechens. Am breiten Galgen baumelt bereits die
Tochter; links neben ihr hängt noch lebend der Vater, dem ein auf einer
Leiter emporsteigender, ganz in Grün gekleideter Scherge den Strick um
den Hals legt. Zur Linken des Galgens steht der Richter, zur Rechten vor
einem grünen Abhang, der Szene abgewendet, der alte Pilger, ihm gegen-
über drei Personen, davon eine, männlich, rote Schaube und Mütze trägt. Die
zwei andern sind wohl Frau und Sohn des Alten. M
') Zur Darstellung dieser Pilgerlegende vergl. den von Weigel und Zestermann a. a.
O- beschriebenen farbigen Holzschnitt von 1460; auch dieser zeigt acht Darstellungen und zwar
mit Ausnahme zweier dieselben : An Stelle der Wallfahrtskirche und des mutmaßlich ange*
nommenen Verhörs bringt der Holzschnitt jedesmal die Wanderung der Pilger. Detzel a.
a. O. führt an, daß die Legende von Spagna in der Kirche von San Giacomo bei Spoleto
gemalt ist. Der Hochaltar der Schloßkirche von Winncnden (Anfang des 16. Jahrhunderts), der
dem Hl. Jakobus geweiht ist, zeigt auf den rcliefierten Innenseiten der, Flügel auf^r der
Predigt, Heilung (?), Enthauptung und Überfahrt des Leichnams in den untern Feldern das
[Gastmahl der Pilger (der Wirt trägt Speisen auf), den Weggang, wobei der Wirt den
[Becher aus dem Sack des Alten zieht, den erhängten jtingling, dessen Fuö Jakobus unicr*
(itQtzt und die Eltern und schUeßlich das Wunder: Ober dem Herde flattert ein Huhn^ der
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Aus zwei Bildern besteht die erste Reihe der linken Wandhälfte; sie sind
aber so zerstört, daß mir eine genaue Deutung unmöglich ist. a) Der Apostei
predigend (?). Daß die zur Linken stehende im Profil nach rechts gewandte
männliche Figur Jakobus sei, dürfte aus der Übereinstimmung in der Tracht
mit der auf den Bildern der rechten Wandhälfte hervorgehen. Der Apostel
steht erhöht, vielleicht auf einer Kanzel oder Erdböschung; die Haltung der
Arme bezeichnet einen Redegestus. Unmittelbar vor ihm sitzen oder knieen
eine Frau und ein Mann, und hinten drängen sich, teils stark vorgeneigt,
fünf(?) andere Figuren heran. Die Szenerie bildet ein grüner Abhang.
b) Zur Linken steht der Apostel, wie oben im Profil nach rechts ge-
wandt. Auf den linken Unterarm ist ein rotes Buch gelegt, die Rechte ist
lehrend oder segnend erhoben. Vor ihm kniet eine Frau in blauem Kleid
und weißem Kopftuch, und neben ihr ist schwach in wenigen Überresten die
Gestalt eines Mannes mit Stab zu erkennen. Hinter dieser Gruppe steht
ein baumlanger bärtiger Mann, ganz in Grün gekleidet, mit spitzem Hut.
Leider bricht die Darstellung wegen des Fensters gerade an dieser Stelle
ab. Die Szenerie bildet ein grüner Berg.
Die Frage nach dem Inhalt dieser Bilder muß ich leider oRen lassen,
nur soviel sei bemerkt, daß vielleicht in Anlehnung an den oben (S. 121
Anm. i) zitierten Holzschnitt von 1460 an die Heilung von Lahmen und
Blinden oder an eines der bei Bollandus, Acta Sanctorum, erzählten Wunder
gedacht werden kann.
j. Südwand (Abb. 34). Diese zerfällt hinsichtlich des Inhaltes und
Formates der Bilder in zwei deutlich geschiedene Teile. Zur Linken des
Fensters ließen sich sechs Darstellungen auf zwei Reihen verteilt linden,
zur Rechten waren neben einander zwei große Szenen gemalt. Ein gotisches
Fenster, das leider dem barocken weichen mußte, sich aber in seinem untersten
Teil noch nachweisen ließ, trennte die zwei Gruppen
Linke Hälfte. Es wurde oben erwähnt, daß früher bei der Kapelle ein
Siechenhaus gestanden habe; auf dieses bezieht sich der Inhalt der Bilder,
nur bleibt fraghch, ob die Werke der Barmherzigkeit (Matth. 25, 35 ff.) M oder
überhaupt die Taten des Siechenhauses dargestellt waren.') Für die erste
Deutung bestehen nämlich in einzelnen Wiederholungen Schwierigkeiten, so
ist Speisen und Tränken doppelt dargestellt, allein aus der Beschreibung der
Bilder wird sich ergeben, daß die Wiederholung als genrehafte Zutat zu
einem andern Hauptzweck angesehen werden kann.
Koch fährt erstaunt zurOck, die Pilger reden eindringlich zum Richter. Klassischer Skulp-
turenschalz Nr. 413. Im dreiteiligen Schrein St. Jakobus thronend; St. Jodokus mit Paulus,
Petrus mit St. Wcndelin.
') Vergl. den TcrracoUafries des Giovanni della Robbia am Ospedale del Ceppo
in Pistojfl.
') Ehem. Hospital von Locamo. Anzeiger fOr Schweiz. Altertumskunde (Statistik des
Kantons Tessin). XXIV. i8gi. p. 592.
124
a) Beherbergen der Pilger, In der Mitte steht eine Frau in weißem
Kleid und Kopftuch und blauem Mantel; sie faßt mit der Linken einen von
rechts herankommenden Pilger bei der Rechten, um ihn ins Haus, das
den Hintergrund bildet, zu führen. Der Pilger trägt über blauem Rock
emen lila Mantel, auf dem Kopf einen lila Hut; an beiden ist ein mennig-
rotes Dreieck befestigt. Die Beine sind anscheinend nackt. Auf der
linken Seite des Bildes steht eine männliche Figur mit betend erhobenen
Händen. Über grünem Rock ein lila Mantel; auch die Beinkleider sind lila.
Die Mauer von warmem Gelbbraun. Leuchtendrotes Ziegeldach. Leider haben
zahlreiche Hammerhiebe, welche dem späteren Mörtel eine solide Unterlage
schaffen sollten, dem Bild übel mitgespielt.
b) Speisen imd Tränken der Pi/ger. Die Szenerie bildet ein Gemach
mit Holzdecke und zwei Bogenfenstern an der Seitenwand mit Ausblick auf einen
flachen Hügel mit Baum. In der Mitte des Gemaches steht ein Tisch, daraul
sich drei Brote, drei Messer und ein grünes Becherglas befinden. Auf der gegen-
überliegenden Seite des Tisches sitzt ein Greis in oben beschriebener Tracht
mit den Abzeichen ; er ist nach links gewendet und läßt sich von einem
jungen Mann in grünem Kleid aus einer Zinnkanne in ein Becherglas ein-
gießen, das er mit der Rechten hinhält, während die Linke erhoben ist. Im
Vordergrund links bringt eine Frau in blauem Unter- und mennigrotem Oberkleid
und weißem Kopftuch eine Schüssel mit Speisen. Im Vordergrund rechts
sitzt im Profil nach links gewendet ein Fremdling mit Stab und Tasche.
Gelblicher Mantel, lila Kopftuch.
cj Größtenteils zerstört. Nach Analogie des Evangelientextes müßte
die Bekleidung der Nackten dargestellt gewesen sein, da keines der übrigen
Bilder darauf paßt. Zur Linken ist eine Pilgergestall mit betend erhobenen
Händen, weiter vorn das Bein einer zweiten zu erkennen. Zur Rechten er-
scheint die schöne Halbfigur eines alten Mannes in rotem Rock und
violettem Hut mit grüner Krempe. Das bärtige Haupt ist geneigt, der linke
Arm zur Begleitung der Rede erhoben.
Untere Reihe, d) Sitzender Mann in verwahrlostem Zustand, den Kopt
mit dem elenden Gesicht und dem kurzen struppigen Bart mit einer großen
Kappe bedeckt. Der Gegenstand, auf oder in dem er sitzt, ist unklar. Er
ist nach links gewendet und streckt die nackten Arme einer Frau entgegen,
die ihm auf einem Teller Speise und einen Krug bringt. Sie trägt lila Rock,
blauen Mantel und weißes Kopftuch. Hinter ihr ist noch eine männliche
Gestalt in Grün und Lila erkennbar. Ich möchte die Szene als Besuchen
der Gefangenen deuten; vielleicht soll der dunkle Hintergrund die Dunkel-
heit des Gefängnisses darstellen.
e) Sehr schlecht erhalten. Die Komposition ist ähnlich: Zur Rechten
ein Elender, hier anscheinend ein Kranker im Bett, den linken Arm in einer
Schlinge, den rechten streckt er der Frau entgegen, die ihm aus einer Kanne in
ein Becherglas eingießt. Ich möchte die Szene als Pflege der Kranken auslegen.
I^
f) Bestattung der Toten, Zwei Männer sind im Begriff, einen in Tücher
gebundenen Leichnam in die Erde zu versenken. Der Mann zu Füficn ist
ganz in Lila, der zu Häupten in Braungelb, Blau und Lila gekleidet. Im
'Hintergrund steht der Priester in weißem Chorhemd und gelbem [-"luviale;
die Linke halt Kessel und Weihwedel» die Rechte ist segnend erhoben. An
ihn scheinen sich nach rechts hin noch andere Figuren anzuschließen.
Es wurde oben bemerkt, daß laut urkundlichen Notizen in Mels im
15, Jahrhundert mindestens eine Brüderschait bestand. Man weiß, daß viele
solcher Brüderschaften eine freie Vereinigung von Laien beiderlei Geschlechts
für Andachtsübungen und Ausübung wohltätiger Werke, sowie Abhalten
einer würdigen Feier in Sterbefällen darstellten. Dies ist z. B. für die arci-
confratemitä del gonfalone maggiore di S. Marta di Roma bezeugt, die in
Carona einen Sitz hatte. ' \ Eine dieser Melser-Brüderschaften wird das
Siechenhaus bei Heilig-Krcuz gestiftet, wird dort Pilger und Kranke ver-
pflegt und vielleicht auch diese Gemäldefolge erstellt haben.
Rechte Wa*niluUftc. Wie aus dem zweiten Bild hervorgeht, wardie A*rr/^f^/
vom reichen Mann und dem armen Lazarus dargestellt (Lukas 16, 19-31}.
a) Das Gasttnahi des Reichen. Gemach mit flacher Holzdecke, nach vorn
durch einen Bogen abgeschlossen. Die Tafel ist mit Schüsseln und goldenen
Trinkgefäßen versehen. Dem Beschauer gegenüber sitzt rechts in bequemer,
lai^iger Haltung der Reiche, noch jugendlich 1?|, in gelber Schaube mit grünem
Kragen. Neben ihm sitzt eine Dame in weitausgeschnittenem grünem Kleid
und sehr hoher weißer Haube. Vorn links trägt ein Diener in kostbarer
Kleidung Geräte auf. Daneben rechts eine Gestalt, sitzend oder knieend,
mit gefalteten Händen und zurückgelegtem Kopf. Man wäre versucht ihn
als den armen Lazarus zu deuten, wenn dem nicht der Evangelientext wider-
spräche, der ausdrücklich sagt (Lukas 16, 20); „Es war aber ein Armer mit
Namen Lazarus, der lag vor dessen Tür voller Geschwüre." Zur Linken
neben dem grünen Rahmen hängt ein roter Beutel; die Fortsetzung ist zer-
stört, so daß wir uns hier wohl den Armen denken können ; zudem fand
eine einzige Figur zwischen dem Gastmahlsbild und dem ursprünglichen
gotischen Fenster noch reichlich Platz.
b) Begräbnis und Qual des Reichen. Die Szene bildet mit der letzten
I gleichsam ein großes Bild, da beide Erzählungen nicht durch einen roten
'Vertikalrahmen getrennt sind. Zur Linken erhebt sich grau und düster das
Haus; aus dem hohen rundbogigen Tor bewegt sich ein Zug betrübter
Frauen abwärts; die zwei vordersten tragen Fackeln. Der Sarg, dem sie
folgen, ist leider nicht mehr erhalten, nur die Teufel, die niederfahren, um
die Seele zu holen. Die Ungeheuer leiten zur Hauptdarstellung, dem Fege-
feuer über. Von allen Seiten von höchst burlesken Teulelsfratzen gequält,
von roten Flammen umlodert, bfickt der nackte Verdammte aufwärts und
deutet mit der Rechten zum Munde. Weiter oben werden ein paar rote
*) Mitteilungen der Antiquarischen CesetUchaft Znrich. XXI. p. 51.
126
Flecke sichtbar; es sind die Überreste vom Mantel Abrahams.^) Es ist die
Darstellung der Worte Lukas 16, 23, 24.
j. Südliche Zungenmauer (Tafel XVIII). Gruppe von drei Heiligen vor
blauem Grund. In der Mitte thront auf breitem Sitz mit hoher Lehne ein
Greis, in Halbprofil nach rechts gewendet. Die Linke hält den Reichsapfel,
die Rechte das Szepter, dessen Ende aus drei Knöpfen besteht. Rotes Unter-
gewand mit grüner Schaube, roter Kragen, roter Hut mit grünem ausge-
zacktem Aufschlag. Da die Nimben ebenfalls grünliche Färbung zeigen, so
kann angenommen werden, der Aufschlag stelle eine Krone dar, wobei die
Zacken allerdings nichts weniger als sorgfältig gezeichnet sind. Der Greis
könnte somit als Gott-Vater gedeutet werden. Zur Linken steht eine weib-
liche Heilige. Im linken Arm hält sie eine brennende Kienfackel; über
grünem Gewand ist der violette Mantel drapiert. Auf dem Kopf ruht eine
Art Krone. Zur Rechten ist noch der Kopf eines jugendlichen männlichen
Heiligen sichtbar. Rotes Gewand mit weißem Kragen. Auf dem vollen
runden Kopf eine rote Mütze. Der vor seiner rechten Schulter sichtbare
Oberteil eines Kelches deutet auf S. Johannes Ev.
4. Langhaus, a) Nordwand. i. Christus und Petrus. Zur Linken
steht Christus in kurzem wallendem roten Mantel. Im linken Arm ruht die
Kreuzfahne, die Rechte ist zur Begleitung der Rede gegen Petrus erhoben,
der in sehr demütiger Haltung vor dem Herrn steht. Über gelbem Kleid
trägt er einen blauen Mantel. Oben erscheint, nach rechts herabschwebend,
eine Halbfigur, die im Begriff ist, Petrus einen riesigen Schlüssel zu über-
reichen. Als Hintergrund dienen einfache Architekturen. 2. Links vom
Fenster Fragment einer größeren Darstellung. Vor grünem Hintergrund
einer Landschaft steht, im Profil nach rechts gewendet, ein Schimmel. Vor
ihm ein Nimbus und eine rote Kopfbedeckung. Tiefer die Beine einer knie-
enden Figur, derselben, welcher der Nimbus angehört. . Fragmente eines
Speers oder Stabes.
') Dieselbe Parabel findet sich, weit ausfohrlicher dargestellt, auf einem Teppich im
historischen Museum zu Basel. Ende des 15. Jahrhunderts. Zwei Streifen. Unten das gotische
Schloß des Reichen. Zunächst der tafelnde Schlemmer, der sich mit Grausen von dem
draußen stehenden Lazarus abwendet. Weiter nach rechts der Tod des Reichen. Mönche
umstehen das Sterbebett, die Gattin ringt die Hände, ein Teufel holt die Seele. Schon be-
mächtigen sich die Erben der Kleider, der Geldtruhen und kostbaren Gefäße, zweie suchen
ihr Recht mit dem Dolch geltend zn machen. Im obern Streifen links die Kirche, auf
welche hin sich der Leichenzug aus dem Hause bewegt. Den Zug eröffnen Chorknaben
mit Kreuzen, vier Männer schleppen den Sarg, singende Geistliche folgen, an die sich Trau-
ernde und die Klageweiber anschließen. Aber auch die Raben fehlen nicht. — Auf ein-
samer Bergeshöhe stirbt Lazarus als greiser Pilger, ein Engel holt die Seele. — Den Ab-
Schluß bildet das Fegefeuer, in dem sich Nackte winden, greuliche Teufelsgestalten stechen
sie mit Gabeln. In der Mitte steht der Kessel, darin der Reiche sieden muß; er wendet
sich zu dem in der Glorie erscheinenden Abraham, der wie ein POppchen die Seele des
Lazarus im Schoß hält.
127
b) Südwand, Die Komposition ist nur in den Umrissen erkennbar.
Aus dem Hintergrunde schreitet, fast en-face, ein Ritter, eine Speerfahne mit
Wimpel in der ausgestreckten Rechten, über eine große Schlange hinweg.
Das Haupt ist leicht geneigt, um die Stirne ist ein rotes Band geschlungen.
Neben dem geringelten Schwanz der Schlange liegt ein Helm mit hellroter
Feder. Zur Rechten steht, im Profil nach links gewendet, ein Schimmel,
dessen rotes gelb verziertes Zaumzeug vortrefflich erhalten ist. Im Hinter-
grund baut sich anscheinend eine Stadt mit roten Dächern auf.
Zur Rechten des P'ensters wurden ganz undeulbare, höchst spärliche
Fragmente bloßgelegt.
e) Chorein^ang. Hinter dem Altarblatt des südlichen Seitenaltares hat
sich, abgesehen von der Wirkung des Mauersalpeters und den Eingriffen,
welcheauf beiden Seiten die Errichtung der Altare verursachte, ein Madonnen-
bild völlig unberührt erhalten (Abb. 35). In einem Gemach thront die Hl.
Jungfrau auf einer mit Kissen belegten Bank, fast en-face. Sie hält mit beiden
Händen das auf ihrem Schöße stehende nackte Kind, das, nach rechts ge-
wendet, mit den ausgestreckten Händen einen Blumenkranz hält. Der reizende
Kopf der Madonna ist etwas nach rechts geneigt, lange blonde Locken be-
gleiten in leichtem Fluli die
Schulterlinien. Über dem
blauen Rock ist ein weißer
Mantel drapiert. Der Boden
ist mit roten Platten belegt;
die linke, in Verkürzung
gesehene Wand, vor wel-
cher die Madonna sitzt,
öffnet sich mit zwei Fenstern
gegen eine höchst beschei-
dene Landschaft. Auf dem
Fenslergesimse steht ein
Krug mit Deckel. Die Rück-
wand weist eine Säule mit
spätgotischer Basis und zwei
vergitterte Fenster mit grü-
ner Verglasung auf.
Auf die Trachten wurde
bei Anlaß der Beschreibung
hingewiesen. Bestimmend
für die Datierung der Bilder
ist bei Männern die Jacke
mit Halsausschnitt, die
Schaube mit Ärmeln, die
i
-Kc
.35-
Hcili^-Krcuzkapclic bei Mc U. WandgcmflldL-
hinler deni südlichen ScUenaltar.
128
Schnabelschuhe, die mi-parti Teilung der Hosen, der „ICrebs" mit dem stark
ausgebildeten Knieschlitz, die verschiedenen Arten vt>n Kopfbedeckungen von
der einfachen konischen Mütze bis zum großen Hut mit aufgeschlagener
Krempe und den phantastischen Formen, die da und dort bei der Jakobs-
legende vorkommen; bei den Frauen die hohen Hauben sowie die großen
Kopftücher; und zuletzt die Form der Geräte. Alles weist auf das letzte
Viertel des 15. Jahrhunderts ; die nächsten kostümgeschichtlichcn Analogieen
fand ich bei dem um 1480 tätigen Meister des Hausbuchs.'}
Bei der künstlerischen Analyse ergibt sich sofort die Notwendigkeit,
die Bilder auf verschiedene, einander teils sehr nahe stehende Hände zu
verteilen.
Meister A. Kindermord.
Ahisler B. Jakobuslegende , Barmherzigkeitsbilder, Lazarusbilder,
Heiligenbild.
Meister C. Schlüsselübergabe an Petrus.
Meister D, Madonna.
Die übrigen Bilder vermag ich wegen ihres schlechten Zustandes nicht
zu vindizieren.
Meister A. Sehr schmale Bühne, die Landschaft etwas ausführlicher.
In der Schrägstellung des Throns ofl'cnbart sich das ziemlich primitive Raum-
gefühl des Meisters. Die Figurengruppen, die er zu bilden sucht, entbehren
der Geschlossenheit, der Eindruck des Vereinzelten wiegt bei Weitem vor,
und bei näherer Betrachtimg ergibt sich eine recht archaische Aufreihung
der Figuren, von den übertriebenen Unterschieden in den Proportionen ganz
abgesehen. Die Figurzeichnung spfziell ist in ihrer Vierschrötigkeit Arbeit
eines ländlichen Malers, dem jedes Streben nach feinem Umriß abgeht. Die
Gebärden sind leidenschaftlich gemeint, aber überaus lahm, bei komplizierten
Problemen versagt das Können vollständig. Aber da und dort verrät der
Maler nicht nur scharfe Naturbeobachtung, sondern auch eine sichere Hand,
wie die Bewegung des aufgespießten Kindes beweist. Die Köpfe sind sehr
voll und rundlich, die Gesichter bäurisch. Breite Nase mit starker Endi-
gung, breiter Mund mit vollen Lippen, als spezifische Eigentümlichkeit muß
die geschweifte Linie des breiten obern Augenlides angesprochen werden.
Die langen Brauen sind stark ansteigend geführt. Von derselben Derbheit
sind auch die Hände, die Finger meist kurz, ab und zu aber auch sehr lang,
mit deutlicher Trennung der Glieder und Angabe des Fingernagels. Das
Kolorit ist stumpf und entbehrt jeder eingehenden Modellierung.
Meister B. Er verhält sich zum ersten wie der Meister zum Ge-
sellen, was angesichts der unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Nähe und
') Das Hausbuch des Fürsten von Wolfegg ist publiziert von Essenwein, Franklutt
1887. Zahlreiche Illustrationen bei Alwin Schultz, „Deutsches Leben im 14. und 15. Jahr-
hundert", Vcrgl. außerdem v. Hcfner-AIteneck. Taf. 394, 315, 361, aowic Weiß, Kosltim-
kunde 11. und HoUenroth, llandbuch der deutschen Tracht. Auch Israel von Meckenem
zeigt Analogieen.
129
gewisser Stilverwandtschaft durchaus angenommen werden darf. Das Raum-
geiühl ist bedeutend stärker ausgebildet ; statt der Andeutung die wirkliche,
perspektivisch richtig durchgeführte Innenansicht, statt der mittelalterlich
archaischen Aulreihung von Gestalten eine weitgehende Ausnützung der
Tiefe, eine sehr geschickte Gruppenbildung mit einfachen wirkungsvollen
Linien; man beachte die Pilgergruppc in San Jago, das erste und letzte
der Barmherzigkeitsbilder, die Enthauptung des Jakobus, wo derselbe so
wirkungsvoll isoliert ist. Noch günstiger als die Jakobus- präsentieren sich
die Rarmherzigkeitsbilder wegen ihres größern Formates, so daß die Figuren
noch mehr zur Geltung kommen.
Beim Fegefeuerbild der Lazarusparabel griff der Maler auf die syn-
chronistische Darstellungsweise des hohen Mittelalters zurück; aber zugleich
offenbarte er ein eminentes Raumgefühl, wenn er den Zug der Klageweiber
beim Heraustreten aus dem Tor um die Ecke biegen und dann die Treppe
niedersteigen ließ, und beim Heiligenbild leitete ihn darin eine feine künst-
lerische Empfindung, daß er die Hauptfigur seitlich richtete. Auch als Figuren-
zeichner unterscheidet sich der zweite Meister vorteilhaft vom ersten ; seine Ge-
stalten sind schlanker gebaut, beweglicher; ihre Züge sind belebt; nicht nur
die Gebärden, sondern auch die Mienen geben die seelischen Vorgänge kund.
Dem flüssigen Körperumriß entspricht das Spiel der feiner gebildeten Hände.
So gelingt ihm die Schilderung verschiedenartiger Situationen mit über-
zeugender Wahrheit: man betrachte daraufhin nur die Zi^ge der Schlafen-
den, deren Atem man zu hören glaubt, die Inbrunst der Pilger-Andacht, die
emsige Geschäftigkeit des Henkers, wo es gilt, den Wirt zu strafen, dann
die Müdigkeit des alten Pilgers, den eine Frau bei der Hand faßt, um ihn
ins Haus zu führen, die ruhige Sicherheit, mit welcher im Siechenhaus die
gewohnten Werke der Barmherzigkeit als alltägliche Geschäfte besorgt wer-
den; so 'sind beim zweiten Hospitalbild der Pilger und der Diener durch ver-
schiedene Neigung des Kopfes aufs feinste unterschieden; mit welcher Sorg-
falt tragen die zwei Männer auf dem letzten Bild den Leichnam, wo die ver-
schiedene Körperhaltung genau der Verschiedenheit der Aufgabe entspricht.
Ein ähnlicher feiner Zug läßt sich am Gastmahlsbild nachweisen; der Herr
sitzt breit und behaglich wie nach einer langen Mahlzeit an der Tafel, die
Dame aufrecht in der Empfindung, daß sich ein solches Sichgehenlassen für
sie nicht schicke.
Daß einer primitiven Kunstperiode männliche Charakterköpfe immer
am besten gelangen, sehen wir auch hier; die weibfichcn Typen müssen
sich mit allgemeiner Lieblichkeit begnügen, die aber bei diesem Maler nichts
Seelenloses hat; wie überzeugend weiß er die Betrübnis auf den gesenkten
Köpfchen der Klagefrauen zu malen! Es entspricht dem ganzen Streben
dieses Malers, die Köpfe in Umriß und Details zart und fein'zu bilden ; alle
Linien, besonders die der Nase, der Brauen und des Mundes, verraten einen
sorgfältigen Strich; der Mund besteht aus einem breiten schwarzen Strich
in den hellroten Lippen, aber dies Alles ist mit der Sicherheit eines Impres-
I30
sionisten hingesetzt. Das Auge ist mandel-, die Lider halbmondförmig, aber
doch ist die Hand so von künstlerischer Intuition geleitet, daß kein starres
Schema entsteht. — Hinsichtlich der Ausstattung der Räume befleißt sich
der Maler noch großer Einfachheit, obschon die Räume als solche vollständig
da sind; es kommt der Wirkung des Ganzen sehr zu Gute, daß mit An-
bringen von allerlei Hausrat Maß gehalten ist. Auch in der Landschafts-
schilderung begnügt er sich, um den Beschauer nicht von der Hauptsache
abzulenken, mit den einfachsten Mitteln : ansteigendes Terrain und ein klum-
piger Baum, das ist Alles. Als Kolorist sieht er das höchste Ziel in ein-
gehender Durchmodellierung, die sich aber angesichts des kleinen Formats
auf den Lokal-, einen Zwischen- und den .tiefsten Schattenton beschränkt.
Natürlich besteht der Stil der kolorierten Zeichnung vollauf zurecht, das
farbige Ensemble ist das einer geographischen Karte. Em zarter Fleischton
mit leichten grauen Schatten und rötlichen Tönen ist für die Köpfe gewählt;
weiße Lichter und einzelne schwarze Striche spezialisieren die Haare. Für
die Prunkgeräte verwendete der Maler dünnes Blattgold auf dunkelm Grund.
Sofern nicht besondere Architekturhintergründe da sind, heben sich die
Figuren von der grünen Landschaft und dem blauen Himmel ab.
Meister C. Im Gegensatz zu allen andern arbeitet er im Großen,
malt dekorativ für die Wirkung und die Ferne. Seine Komposition ist in
sehr derben, wegen ihrer Dauerhaftigkeit al fresco aufgetragenen schwarzen
Strichen vorgezeichnet, die nachher zum Teil mit Farbe bedeckt wurden.
Der Umriß der Nimben ist in die Mauer eingerissen. Sehr ungleich haben
die wohl al secco aufgetragenen Farben der Tünche widerstanden, an ein-
zelnen Stellen noch fest haftend, wurden sie an andern vollständig von der
Tünche aufgesogen, so namentlich Blau, Rot und die graue Modellierung, so
daß wir uns wieder eines Urteils über den Farbenstil des Malers enthalten
müssen.
Meister D. Man kann sich nicht verhehlen, daß dem Maler mit
seiner Madonna in der Zeichnung ein großer Wurf gelungen ist; die stolze
sichere Haltung der aufrecht sitzenden Mutter, die süße Innigkeit in dem zur
Seite geneigten Kopf, die großzügige Drapierung des Mantels und die frische
Heiterkeit des Kindes lassen leicht zahlreiche Proportionsfehler, die verzeich-
neten Füße des Kindes, seine unnatürliche Kopfhaltung, die schematischen
Ohren, die unförmlich langen Hände der Madonna und die eckigen harten
Faltenzüge übersehen. Aber in der Zeichnung des Madonnengesichts offen-
bart sich doch wieder eine Künstlerindividualität im Streben nach malerischer
Wirkung, das sich in weicher Modellierung und der Wahl verschiedener
Farben für die Binnenzeichnung kundgibt ; rote Linien umreissen auch die
Hände der hig. Jungfrau und den Körper des Kindes.
Es liegt am nächsten, nach etwaiger stilistischer Verwandtschaft mit den
Malereien im Schlosse Sargans zu suchen, allein selbst dem besten unserer
vier Maler geht jene bewegliche, miniaturmäßige Strichführung, jenes
prickelnde Leben im Umriß ab, und wenn man auch glaubt, bei einer Figur
i3i
des Jakobuszyklus das für den Sargansermeisier so charakteristische runde
Fischauge zu treffen '), so ist es doch keineswegs charakteristisch für den
zweiten Meister von Mels. V'erwandtschaft in Komposition und Kaumgefühl ist
aus zeitlicher Nähe zu erklären; die genaue Archilekturdarstelhjng erinnert
aber schon an die Werke des Meisters mit den Nelken, die Figurenzeichnung
und der F'arbenstil an die Fassionsbilder aus St. Michael in Zug (jetzt im
Landesrauseum). Als Künstler zweiten Ranges treten unsere Meister in die
Nahe des Malers, der im Kirchlein zu Waltalingen den Antoniuszyklus ge-
schaffen hat; das Verhältnis desselben zur Natur ist dasselbe wie auf den
Melserbildern, so daß wir nicht irren, wenn wir letztere gleich jenen um
1490 ansetzen.'')
Am Schluß der Abhandlung erfüllt der Verfasser die angenehme Pflicht,
allen denjenigen, die ihn bei Freilegung der Gemälde und seinen Nach-
forschungen über die Kapelle freundlichst unterstützt haben, seinen Dank
auszusprechen. Mit Anerkennung sei hervorgehoben, daß sich die Gemeinde
Mels dem Rat des Verfassers zufolge entschlossen hat, den alten Zustand
der Kapelle, soweit möglich, wieder herzustellen und die vorab inhaltlich so
eminent wertvolle Gemäldefolge unrestauriert an Ort und Stelle zu erhatten.
*) Viel engere Verwandtschaft mit dem Stil des Meisters von Sargans konstatierte
ich bei den bis jetzt freigelegten Wandgemälden im Chor der Kirche von Saancn.
') Vergl. die betreffenden Abschnitte in meinen Untersuchungen zur Geschichte der
mittelalterlichen Wand- und Deckenmalerei in der Schweiz u. 9. i. StraJJburg 1906.
Beiträge zuni Holzschnittwerk des Urs Graf.
Von Hans Koegler,
(Fortsetzung,)
2. Fortsetzittig des Verzeichnisses der Holzschiütc
J36\ Tartsche mit Baselstab, von zwei Profil nach innen stehenden
Basilisken gehalten, oben leeres Band. In: Hiblia cum pleno apparatu, Basel,
Petri u. Proben 1509. fol. — br. 0,0686, h. 0.0787.
J2^fjj6. Die Holzschnitte des
Züricher Kalenders von 1508, wovon
die Fachliteratur bisher nur vier oder
sieben dem Urs Graf zuwies, während
allein der Bibliograph Weiler (Rep.
Nr. 439) alle für ihn in Anspruch
nahm, was mit Ausnahme von ein paar
Kleinigkeiten richtig ist. Urs Graf
hat nur vier der bestgelungenen sig-
niert, doch sind unter den unbezeich-
neten zweifellos gleich gute (H. 31
und 32), einige andere, die wohl
etwas geringer aussehen, sind, wenn
man sie genau vergleicht, nicht so
sehr abweichend ; zwei Umstände,
die verschieden genaue Vorzeich-
nung und das mehr oder minder
feste Anschließen an Vorbilder,
bringen die nicht so bedeutenden
Unterschiede in die Arbeit. An
Gehülfen darf man nicht denken. Graf war selber noch Geselle und
erst kurze Zeit am Ort. Auf den Holzstock vorgezeichnet waren wohl
His 27 32, alle Tierkreiszeichen und die Monatsbilder; das Übrige war
wohl sehr verschieden genau skizziert. Dabei ist H. 30 nach der Illustration
de fide concubinarum 6) copiert (unter Mitbenützung der entsprechenden
Gestalt aus 1) und 3). — Wie Graf gewisse Einzelheiten aus diesen Illustra-
tionen vorschweben, zeigt ein Vergleich der Frauenoberkörper aus H. 31
mit den entsprechenden von de fide 4) und 8).
j2^. i.'i2. Die Tierkreiszeichen. Man vergleiche z. B. die Jungfrau
mit H. 30, 28 und 31, oder die Art, wie die über den Rand des Leibchens
36. Urs üraf.Nr.;3i8 (1509t; br. 0,0686 ; h 0,0787.
133
quellende Brust gezeichnet ist <auch hier wieder de fide i) und 4). — Man
vergleiche ferner das Gesicht des rechten Zwillings mit dem der Frau aus
H. 28, oder die Landschaftsdarstellungen mit H. 30. — hr. 0,0530,0565, h.
0,0235/0,024.
jjo. r./i2. Die Monatsbilder. Ob diese von Graf selbständig erfunden
sind, scheint mir fraglich; es liegt in ihnen beinahe noch mehr vom Meister
D. S., doch kenne ich keine direkten Vorbilder desselben. — br. 0,0685/0,0698,
h. 0,035/0,0355.
jsr. 1.4. Die vier Temperamente, i) Colericus. junger Mann und Frau
stehen disputierend im Feuer. Die Gestalten sind nach de fide 7) copiert, mit
Verlust der künstlerischen Wirkung, aber in der Frauengestalt beinahe ganz
genau, bis auf den häßlich scharfen Mund. Das Blatt ist nur etwas flüchtiger
schralllert, sonst vollständig auf der Höhe der vier signierten Kalenderillustra-
tionen. Wenn man hier aus 1} und 3) die Männerköpfe mit dem Arzt (H. 29)
vergleicht, muß man den gleichen Zeichner zugeben. — 2) Flegmalicus,
knabenhaft dicker Mann und Jungfer mit Harfe stehen im Wasser. — 3) Me-
lancolicus, Jüngling liegt schlafend vorn 1.. r. sitzt Mädchen, Gesicht in Hand
geschmiegt. — 4) Sanguinicus, Liebespaar steht sich an Händen fassend in
der Luft über Landschaft. Zwei dieser Temperamente sind geringer, doch
laufen in dem ganzen Buch von einer Gruppe zur andern Brücken, die die
Annahme verschiedener Hände unmöglich machen. Auch muß man immer
alle Umstände betrachten; so sieht das Flegmatiker-Pärchen zunächst recht
kindisch gezeichnet aus, hört man aber was der Text dazu sagt, daß sie
langsam sind, unsauber, in Zornes Not er kein Mann, Schwächling und
doch liebesbegehrlich, Fresser und ungeschickten Leibes, dann erscheint der
dickköpfige Kapaun als eine gar nicht üble Karrikatur. — br. 0,0838/0,0845,
h. 0,062/0,0645.
JJ2. Die vier Naturen den Elementen nach in Halbfiguren. Einzeln
br. 0,0396, h. 0,0225.
jjj. 1./8. Ein Astronom nach halblinks vorn, zur Mondsichel visierend
und sieben Planeten. Die meist lächerlichen Schrittstellungen der Planeten
sind ikonographisch; abgesehen davon stehen sie nicht tiefer, man vergleiche
Luna mit der Maria von H. 33 oder der Wöchnerin von H. 31 und 30. —
Der Astronom ist genaue gegenseitige Copie nach einem Holzschnitt des
Meislers D. S. (siehe am Schluß). — br. 0,045, h. 0,0650,067, breiter weiß-
punktierter Rand.
JJ^j SJS> SS6- Madonna auf Mondsichel, Christus am Kreuz zwischen
Maria und Johannes (br. 0,101, h. 0,0612). Aderlaßmann, auf dessen Körper-
teile die Tierkreiszeichen verteilt sind (br. 0,0505, h. 0,09). Dabei stützt
sich 355 auf den Vergleich der Maria mit H. 30 und N. 331. i. — Bei 336
muß man wieder die Altertümlichkeit des traditionellen Motivs anrechnen.
jjy, 1.19. Die Folge der mittelgroßen Postillen -Illustrationen, von
welchen His (187, 188) nur zwei kannte, es gibt aber neun. — 337. \. und
2 - His 187, 188 kommen zuerst in der Postilla Guillermi, Basel bei Mich
134
Furter 1511 vor (E, Aarau, Kantonsbibl.)- — 337. 3 erscheint dann 1518 im
Neu Plenar Petrins (E. Genf, Stadtbibl.), die ganze Folge, mit Ausnahme
von 337. 2, findet sich in der Postille A. Petri's von 1518, 4", vor (E. Aarau.
Kantonsbibl.) — br. 0,03510,037, h. 0,045:0,046.
1. Christus zu zwei Aposteln sprechend = His 187.
2. Christus zu den Schriftgelehrten sprechend = His 188,
3. Flucht nach Ägypten links, r. der Kindermord.
4. Christi Einritt nach Jerusalem.
5. Johannes der Täufer r. im Gefängnis, 1. zwei Jünger.
6. Beschneidung.
7. Anbetung der Könige, nach r. gerichtet.
8. Hochzeit zu Cana.
9. Zwei Juden kommen von 1. aus einer Stadtgasse zu Johannes dem
Täufer, der r. unter einem Tor steht.
Keines der Blättchen ist signiert. Die feine Schattierung geht meist
auf malerische Wirkung aus, die Holzschnitte sind zeichnerisch auf ihrem
kleinen Raum emsiger ausgeführt, als das sonst bei Graf üblich ist, sie
wirken daher weniger keck. Die ganze Folge scheint 151 1 schon fertig
gewesen zu sein und es sieht so aus, als hätte sie der Formschneider F.
M.- S. geschnitten; dabei ist dieser Gehilfe Grafs wohl nicht so gebunden
gewesen, daß nicht manches von seinem Eigenen, teils zaghaft, teils un-
sicher, in die Arbeit hinein kam, die ich aber alles in allem für echten Urs
Graf anspreche. Zum Vergleich mögen dessen große Postillen-lUustrationen
(His 130.1186.) dienen, besonders die sämtlich bezeichneten 131, 137, 147,
155 und 183.
j^j. a. Die eherne Schlange, ein von His übersehener Holzschnitt aus
der Folge der kleinen Postillen-lUustrationen {H. 35 ff.), der in der zweiten
Petri'schen Ausgabe dieses Buches 151 1 zum erstenmal erscheint, zusammen
mit H. 40. und 62., welche beide nicht erst 1512 bei Froben auftauchen, wie
oben p. 48 irrtümlich angegeben worden war.
jjS. Geharnischter steht barhaupt in einem Kreis, halbrechts nach vorn.
In : Parvulus philosophiae naturalis cum expositione Barthol. de Usigen, Basel
J. V. Pfortzheim 1511. 4". br. 0,0915.
jj^, a, b, c. Die Illustrationen in Sebastian Virdungs musica, Basel 151 1,
quer 4"; E. Berlin, Basel (defekt), faksimilierter Neudruck mit Ab. als 11.
Band der Publikation älterer Musikwerke des 15. und 16. Jahrhunderts, her-
ausgegeben von der Gesellschaft für Musikforschung, Berlin bei Trautwein.
Außer dem von His 303. beschriebenen Lautenschläger sind auch alle übri-
gen Illustrationen dieses Buches von Urs Graf, nämlich:
a) Wappen auf der Titelrückseite, ohne Linieneinfassung, von zwei
Helmen bekrönt, auf dem linken das Brustbild eines Madchens, auf dem
rechten Hirschgeweih. 0,132 br., 0,096 h.
b) Zwiegespräch der beiden Musiker „Andreas Silvanus" und „Sebastia-
nus", auf schwarzem Grund, äußerst keck und charakteristisch. Den Musik-
135
Theoretiker Sebastian Virdung als Strauchrauber mit verbundenem Kopf,
Messer und Spieß darzustellen, ist wieder einer von den bekannten Urs
Graf sehen Witzen. 0,15 br., 0,0975 h.
c) Eine größere Anzahl, ungeüüir 85, trefHicher Abbildungen von Musik-
instrumenten. Der Vergleich mit den Zierleisten der Narrenbeschwörung
(N. 376) und der liier abgebildeten N. 386 beweist die Urheberschaft Grafs.
jj^. Arbor consanguinitatis. Hinter einem stammbaumartigen Schema
breitet sich ein Weinstock aus, in dem die mächtige Gestalt eines bartigen
Königs von vorn steht. Das Motiv ist aus Pariser Drucken von 1509 und
15 10 entnommen (s. p. 54 Anm. i), aber die künstlerische Durcharbeitung
ist ganz Grafs Verdienst. Dem großen Format entsprechend hat er sich
von den paralellen Schraflen frei gemacht, die sonst, fast seine ausschließliche
Modellierung, wie Strichregen über die Flächen gehen, und hat zu der herben
Zeichenweise zurückgegriffen (z. B. H. 278), wo die Gesichtspaitieen mit um-
laufenden Umrandungen gesondert werden, so daß das Ganze etwas ge-
gesprungen aussieht. Kommt 151 1 vor wie H. 28 t — br. 0,195, ^* O12365.
jjg. a. Trottende Madonna, 1. steht S. Ulrich, r. S. Afra, in den oberen
Ecken Delphinornament, in der Mitte ganz oben durch ein sehr charakte-
ristisches Feston mit Engelskopf verbunden; auf den Delphinen und der
Tronlehne vier teils geigende, teils blasende Putten. Dies wichtige Blatt,
worin sich Graf wieder sichtlich vom Meister D. S. berührt zeigt, kommt
zuerst als Titel des Augsburger Missales,') gedruckt in Basel bei J. v. Ptortz-
heim, 1510, foL, vor. (E. Augsburg, Stadtbibl.J; dann bei dem gleichen Ver-
leger im Graduale ecciesie Augustensis, 151 1, fol. und 1519 im Missale spe-
ziale, fol. {beide E. München, H. B.). br, 0,166; h. 0,2565.
j^o. Signet Gengenbachs in Basel. Zwei Tartschen, in der 1. Basel-
stab, in der r. Gengenbachs Marke ; links gehalten von einem ReisliUifer mit
Hellebarde, r. von einer Jungfrau, diese Profi! nach links; zwischen beiden
Spruchband. In Gcngenbachschen Drucken seit 1513, von Schmid (L. 26I
als Graf beschrieben. Ab, H. u. B. (L. 13) N. 25. br. 0,063, h* 0,0485.
)4o. a. Ein in Landschaft nach vorn links gerichteter Bischof segnet
einen knieenden Beter, oben leeres (?) Spruchband, rechts auf einem Meilen-
stein bezeichnet: „/ -^ /BASJLJEA;", darunter Basler Wappenschildchen, zu
Unterst Grafs verschlungenes Monogramm. Vermutlich Titelillustration zu einem
laut Schlußzeile wohl von Pamphilus Gengenbach verfaßten (gedruckten?)
Büchlein, in dessen Titel vermutlich das Wort , Spiegel" vorkam ; bekannt
sind mir nur drei in ein Missale der Basler Bibliothek (AN VIII. 7) einge-
klebte Fragmente, von denen die beiden anderen Holzschnitte des Ölbergs
und der Fußwaschung zeigen, die ich ebenfalls für Urs Graf halte, aber für
früher entstanden als den Bischof. Letzterer (0,055 breit) mag um 151 1 bis
1513 anzusetzen sein, die Passionsblattchen (0,0575/0,058 br.) um 150B bis
1510^
') Diesen Holzschni« wei-^t auch C Dodgson in der S. 43, Anmerkung, erwähnten
Studie dem Urs Graf zu.
136
J4T^ ffS. Thamian. 1513." Der jugendliche Heilige steht vor dem
Krankenbett eines Mannes, nach halbrechts vorn, besieht das Wasser, br.
0,0g i, h. 0,105.
J42, „S. Kosraam." Ein nackter Mann mit Stirnwunde sitzt nach halb
r. V., der Heilige kommt mit Salblöffel von r. her. br. 0,0927, h. 0,105.
S^S' Aderlaßmann, r. und l. von je fünf Tierkreiszeichen in kleinen
Kreisen umgeben, br. 0,0968, h. 0.1048.
J44. I./12. Dieselben Tierkreiszeichen und zwei weitere als Einzel-
holzschnitte, br. 0,02. 34i-'343 kommen in dem offenbar bei Gengenbach
um 1513 gedruckten Büchlein der Underwisung für Cyrurgici vor. (Autor Lan-
franc, E. Luzern Kantonsbibl.) — 341, 343, 344 auch in dem Gengenbach'schen
Kalender aufs Jahr 1514. Da die Bogenumrahmungen der drei größeren
Blätter durchlaufen, so muß das erste V^orkommen derselben nebeneinander
gereiht gewesen sein, ziemlich bestimmt als Kopf eines Kalenders. In dieser
Anordnung kommen sie tatsächlich in einem von Gengenbach gedruckten
Kalender auf das Jahr 1524 vor, von dem Herr Paul Heitz in Straßburg ein
Fragment besitzt'»; hier ist zwar das mittlere Blatt, der Aderlaßmann, her-
ausgeschnitten, die wenigen Reste und die verfügbare Breite machen die Anord-
nung jedoch gewiß. Die Zahl „1513" ist hier getilgt. In wie weit diese Holz-
schnitte mit denjenigen des Gengenbach-Kalenders von 1521 übereinstimmen,
kann ich leider nicht angeben, weil das einzige in der Literatur genannte
Exemplar auf wiederholte Bemühung in Bern nicht auffindbar war, Haendcke
aber sagt davon: „Eine Anzahl der Holzschnitte im Kalender von 1521, der
Aderlaßmann, das Bad (?), das Wappen, sind von einem Schüler Urs Grafs,
da sie mir für den letzteren zu schwach dünken". (L. 10, p. 36.) — Auch
der vorher genannte Kalender von 1514 (E. Z. St.) enthält einige Schüler-
arbeiten, die zwar nicht an die Zeichenweise Urs Grafs, aber doch an die
allgemeine Auffassung desselben erinnern, so daß sie sich mit seinem Werk
an der äußeren Grenze berühren ; am ähnlichsten ist noch der Barbier, wie
er in einem mit Butzenscheiben versehenen Raum einem Mann zur Ader
Iflsst (br. 0,081, h. 0,0525, auch in der Chirurgie vorkommend), oder das
melancholische Temperament (br. 0,059 ^), h. 0.055, ein Mann schlaft am Tisch,
eine P'rau mit Kunkel dabei. Weniger die anderen Temperamente und eine
Schröpfszene in der Badstube (br. 0,082, h. 0,0745).
J4J. Predigt und Beichte in einem Raum. Links der Prediger, zwei
Frauen sitzen vor seiner Kanzel an der Erde, hinten steht eine Gruppe von
Männern (vier in ganzer Gestalt, von dreien nur Gesichter). Rechts Priester
im Pelzkragen, auf einem Stein kniet der Beichtiger. Titel des: Parochiale
Curatorum von Michael Lachmayer, Basel, M. Furter, 1514. 4^, br. 0,121,
h. 0,17 (siehe N. 381}.
') FOr die liebenswürdige Überlassung dieses Blaues sage ich dem Herrn Besitzer
^hier meinen besonderen Dank
•) Dies Kopte nach einem alteren bei Muther (L. ai) abgebildeten Motiv.
'37
S-fS- <*• Jugendliche Heilige mit Pfeil steht auf einem Stück Grasboden
nach links vorn, liinter dem Nimbus gehen radiale Strahlen aus, die fast
den ganzen Grund füllen. Der 0,042 breite und 0,057 '"»o'i*^ Holzschnitt
stimmt in Stil und Format mit der anschließend beschriebenen Folge von
Einzelhciligen des Furtcrschen Hortulus von 1515 Obcrcin, er kommt auch
zusammen mit Nr. 347. St. Philipp aul der Titelrückscite des Ritters vom
Turn, bei Furter, 1513, fol., vor. (E Aarau, Kantonsbihl.t — Vermutlich war
demnach die ganze HortulusF'olge (Nr. 347556) schon 1513 fertig. -
J~f6.'jj6, Illustrationen in Ftirters Hortulus anim^, Basel, 1515, 8". (E.
Einsiedeln, Fr. i. R.)
^^6. Verkündung an Maria, von Kandelaber-
ornamenl seitlich und im Bogen oben eingefaßt,
Maria r. von vorn, der Engel 1. Profil nach r.
br. 0,063, h. 0,089.
J4'j. St. Philipp, bezeichnet mit Grafs Mono-
gramm ; der Heilige geht nach halb r. vorn,
Kopf von vorn, ein wenig nach I., hat Buch in
der Rechten und Kreuzstab in der Linken,
br. 0,0425, h. 0,057.
j^iS. Andreas, nach halb 1. v., Kopf nach I.
Profil. Bei höchst einfachen Mitteln sind Licht
und Schatten so kraftig und klar gesondert und
in Umriß und Gewandung eine so maßvolle
Schönheit entwickelt, daß dies malerisch weiche
Blatt für mein Empfinden von keinem anderen
Holzschnitt Grafs darin übertrofTen wird. br.
0,042, h. 0,0575.
j^g, S. Matihis der Zwölfbote steht unter Torbogen mit Hellebarde
beinah Profil nach 1. — Bei ähnlicher Absicht wie vorher ins derbe geraten,
br. 0,042, h. 0,0565.
jjo, S. Thomas nach halb I. v.. Kopf nach halb r., die Lanze bis in
die I. obere Ecke. br. 0,0415, h. 0,0565.
jji. S. Jacob „der merer" als Pilger, von vorn, Kopf nach halb r. v.
br. 0,041, ^- 0,0562. Dies und 850 auch in Petris Neu Plenar 1518.
JJ2. Martyrium des Evangelisten Matheus. Der Heilige kniet nach
halb r. v., wird von dem I. stehenden Knecht ins Genick gestochen, br.
0,0413, h. 0,0565.
jjj. Anbetung der Könige. Maria sitzt L, ein König kniet r. im Profil
nach 1., die beiden andern stehen hinler ihm, der 1, zeigt zum Stern hinauf,
br. 0,0545, h. 00675.
jj^. Auferstehung Christi, br. 0,0428, h. 0,0563.
JXT, S. Bartholomäus, nach halb r. v., lesend ; Hinlergrund Wasser,
r. ein Turm, in den oberen Ecken gotische Krabben. Etwas flüchtig aber
noch echt. br. 0,042. h. 0,0575.
1%,
37. Urs Graf N. 348;
br. 0,042; h. 0,0575.
138
}j6. S. Agnes stebt von vorn gesehen unter Tonnenwölbung, Kopf
nach halb L, Palme und geschlossenes Buch. br. 0,0-^3, h. 0,0505-
Zu dieser Reihe gehört auch4^is 309. — Das Buch enthält noch einige
andere, Graf nicht ganz fremde Illustrationen, die auf einen Gehilien oder
auf einen nach dem Meister geschulten und auch selbständig ausführenden
Holzschneider weisen, so die Beschneidung, Pfingsten und Ohrenbeichte in
enger Hauskapelle (auch 1520 von Petri in dem bei H. 311 zitierten Druck).
In diese Nachbarschaft gehört dann ferner die Auferstehung aus dem Graber-
feld «« H. 310, so ziemlich das geringste von allen.
jfj. S. Brigitta kniet in Kapelle nach halb r. v.V, betet ein aus dem
Boden wachsendes großes Kruzifix an; I. hinten eine hässliche Säule. Be-
zeichnet mit Grafs Monogramm, ohne welches man die Zuweisung nicht
wagen würde. In : Sant Brigitten gebettly, s. 1. e. a. 8 ^, ziemlich sicher
ein Anhang zu Furters Hortulus von 1515. iE. Einsiedeln.) br. 0,062, h. o,oö8.
//<y. Eine kleine Illustration des von Sebastian Brant herausgegebenen
niederdeutschen Passionais, Basel, Petri, 1517 (E. Berlin), die Geschichte des
heiligen Kindes Symon, von drei Männern an einen Pfahl gebunden und
seines Blutes beraubt, vorstellend. (Ein Kitualmord, der steh 1475 in Trient
zugetragen habe). Eine andere Illustration ist Gehillenarbeit, zeigt einen
knieenden Geigenspieler vor dem merkwürdigen Kruzifix zu Lucca und be-
handelt die rührende Geschichte von dem verarmten, durch neue Kunst
längst überholten allen Spietmann, der heimlich dem Kreuz in der Kirche
vorspielt, weil die Menschen seiner nicht mehr begehren, br. 0,032, h. 0,0438
(beziehungsweise 0,0423 h.).
jj-g, j6o. Zwei Illustrationen im Hortulus anim^, Basel bei Nicolaus
Lamparter 1518. 8". (E. Tübingen. 1 Dreifaltigkeit, br. 0,0438, h, 0,0695.
— Absolution nach vollbrachter Beichte, der Priester 1., der Beichtende kniet
vor ihm Profil nach 1., rechts steht eine Nonne mit Rosenkranz. Dieses Blatt
ist nicht so ganz authentisch wie das vorige, aber Graf noch recht nah.
br. 0,0455, h. 0.068.
In Stil und Format gehört zu 359 ein weiterer Holzschnitt, der erst
nach der Jahrhundert-Mitte auftaucht in: „Die figuren von Christi laben
und lyden", Basel bei Jacob Kündig s. a. 8" (E. BKS), in welchem Büch-
lein neben anderen alten Basler Holzschnitten auch 359 wieder vorkommt.
Man sieht Christus mit der Weltkugel zwischen zwei Engeln stehen und
segnen, der l. Engel Profil nach r., der rechte nach halb 1. vorn. Die Zeich-
nung sehr flüchtig, der Schnitt derb, wahrscheinlich stammt die Vorzeichnung
von anderer Hand, die Erfindung aber gehört unbedingt Urs Graf. Zu der
Zeichnung gehören die Worte : da verließ ihn der Teuicl und die Engel des
Herrn traten zu ihm. br. 0,0436, h. 0,0686.
361. St. Vincentius sieht unter einem Torbogen, der oben und r. von
Kandelaberornament eingefaßt ist, nach r. vorn als Jugendlicher Heiliger, in
de n Händen Mühlstein, Palmzweig und gesclilossencs Buch. Im Ornament
') Die Brigitta mit deutlicher Anlehnung an die Fruu eng estalt H. 378.
'39
r. Grafs Monogramm. Die Schattierung ist kräftig und klar, die Zeichnung
mit N. 346 ff. verwandt, wohl etwas ausführender. Im Officium Sancti
Vincentii, Basel, bei A. I'etri, 1517. 8". (E. Bern, Stadtbibi.) br. 0,068,
h. 0,0582.
J62. Feter und Paul als Schildhalter, bezeichnet mit Monogramm und
,1518". Titelblatt des Missale Brandenburgense, Basel bei J. v. Pfortzheim,
1518. fol. {E. Brandenburg a. FI. Gotthardskirchcnbibliothek, im Berliner E.
fehlt das Titelblatt.) Bereits von Na. III. p. 128 N. 5 als Graf erwähnt,
näher beschrieben von Ernst Wessely in einer E. W. gezeichneten Notiz
der Kunstchronik 1877. Herrn liaendcke (L. 10) passierte damit der fröh-
liche Irrtum, daß er das Blatt von einem Meister E. W. gezeichnet sein
laßt, den er unter den Schülern Grafs vermutei ; es erscheint dann auch
p, 402 der Kunstgelehrte Wessely als Monogrammist E. W. im Verzeichnis
der Schweizer Künstler. Übrigens ist dies im vorliegenden Fall deshalb
nicht harmlos, weil auf Scheibenrissen Grafs neben seiner Signatur tatsäch-
lich auch E. W. vorkommt, worunter man, wie bereits bekannt, den Glas-
maler zu verstehen haben wird. (Abb siehe Tafel XIX.) br. o,[87; h. 0,27-1.
j6j. „S. Thamian" vor Krankenbett nach I., Ilarnglas hochhebend, in
den oberen Ecken einfaches Ornament aus Blatlkelchen, r. ein Spruchband.
In ; Reccpt von einem holtz zu brauchen lür die kranckheit der frantzosen.
Basel, Laraparter 1519. 4". \ii. Z St.) br. 00652, h. 0,075. (Nicht zu ver-
wechseln mit N. 341.)
j6./, Kaiser SigJsmund, er steht mit Szepter nach halb 1. vorn, Nimbus.
In: Die Reformation, so der aller Durchleuchtigest . . . Sigismund in dem
Concilio zu Constentz fürgenummcn het. Basel, Th. Wollf 1521. 4". Der
Stil ist aber der Beat Legende von 151 1 (H. 224 ff.) am nächsten, br. 0,072,
h. 0,107.
j6j. Die Lutherisch Strebkatz.') Links kniet Luther, ein mächtiges Kreuz
hallend. Ein Tuch spannt seinen Nacken mit dem des arg karrikierten
Papstes zusammen; der letztere, umgerissen, verliert seine Krone und ver-
liert Boden, trotzdem ihm eine ganze Schar Papisten ziehen hilft, zum Teil
an einer hölzernen Gebiß-Stange, die ihm quer durch den Mund geht. Die
herkömmlichen Schweinsfiguren, der Leipziger Bock und die Murnerkatze
fehlen nicht. Der Stil ist noch freier als etwa in den Illustrationen des Hand-
büchleins (H. 260 ff,}, die Charakterisierung gleichzeitig eingehender; hier
muß man sich hauptsächlich an Grafs Handzeichnungen erinnern. Der Holz-
schnitt erscheint in: Die luterisch Strebkatz, s. l. e. a. 4'. ^vielleicht Basel,
Anfang der zwanziger Jahre), br. 0.114, h. o.ii.
') Das Kraftspiel des Ziehens zweier durch ein Band um die Nacken verbundener
Gestalten zeigt schon eine Randleiste der ältesten Basier Narrcnschifl-Ausgabcn in lacherlicher
Auffassung. Luther als Gegner der Papisten im Ziehspiel kommt auch in der Literatur
vor; so heiOt es 2. H. in dem Schriftchen: „lEin groOc dag der armen / Lcyen . ." (Weiler
3384}, daß die Pfaffen umsonst versucht hatten, die Laien gegen Luther aufzubringen :
f ^ie wollen uns in das spil hetzen / dorffent doch nit ire zcen wetten 1 mit dem Luther
unib ein zipfel rissen /..." —
^fifi. '\ itdhlatt des Rorrans vv- 0;-A\er u.'?t: Artus, ins Deutsche über-
traKrn von Wilficlm Zic-Iy von B-rn. Basel i>e: A. Petri 1521. foL iE. Aarau
Kiintonsbl.) Mit dem verschlung'mer* Monozramin mit Dolch und ,152t* be-
Zfic'linijt. Vai bfüdcn Seilen in drei Stockwerken spielende Bflren, unten drei
M.'U**;n mit 3 Schilden, oben Bogen mit Feston und Engelskopf. Der untere
Tril auf besrindcrem Stock, der in den dreißiger Jahren in der Wolffschen
Olli/in in Basel einigemale wieder verwendet wird. br. 0,165, h. 0,2505.
^5/. 1.7, Die Illustrationen obigen Buches in Breitformat. br.o.i32 0,1345,
h. 0,06780,0695. Ilaendcke, der diese Illustrationen flüchtig erv^'ähnt* weist
si(r sozusagen mit schwebender Betonung dem Urs Graf zu, indem ,ihm ein
(irhilfc (irafs nebst diesem selbst an den Zeichnungen tätig gewesen zu sein
Miiciiu". Abgesehen von der Bezeichnung des Titelblattes und dessen höchst
charakteristischem ornamentalen Abschluß, weisen sich die Illustrationen
durtii Vergleich mit Gruppen der Bernhards Platten von 1519 (z. B. H. Kupf
a^l und der Fackelgruppe des Pyramustitels, ebenfalls von 1519(1^.318)
als vollsinndige (Jriginalarbeiten Grafs aus, dazu noch die Verwandtschaft
mit einigen llandzeichnungen.
\. L. Frau zu Pferd, r. König in Reitertrupp nach rechts,
a. Zwei Kitter beim Lanzenrennen, 1. und r. Männer an den Schranken
lehnend, dabei r. ein König.
3. Die lliilfte eines mit Kricgsvolk überladenen Schiffes, rechts über-
lageiid der keck giveiclincte Stcuercr, weiter zwei Inselschlösser.
.(. Landsknechte um Fahne geschart kämpfen gegen Reiterheer, das
vtin r. ansprenjit. Hinten I. Wasser und Stadt. Ziemlich genau nach einer
packenden Si^hlaelitschilderung des Textes entworfen. Eine Reihe von Einzel-
heilen sind mit (.irafs großer Schlachtzeichnung von 1521 gemein (BKS.
U. 10. oO. Gegenseitige lltlchtige Kopie des Holzschnitts in der Münster-
selten rosnu^grafie, Basel 1550.
5. In einer Halle stehen ein König und fünf Männer beratend.
(V Vorne sehr malerisches Städtchen, r. und I. hinten anmarschierende
I leere mit einem Wald von Spießen, bei dem linken Zelt und Kanone. Copie
in »ler i'osmojjralie von 1545.
;. L. bekran/tes Sänlenportal. auf dessen Stufen ein Herold steht, einer
Gruppe von vier Männern vuul zwei Frauen etwas verkündend. Es handelt
Mv'h \un ihe Verkündung euier Siegesbotschaft, Beispiel einer glücklich ge-
w;lhhen Illustration.
;.vV. i..v|. Hio übrigen tMwier- Illustrationen, br. 0,06380,0695, h.
^v^\;> *v*^*^>- Sohmale V"^rn.\nuMUstreifen trennen die paarweise angeordneten
iMMei. wo^Uitoh di<' Schwerfälligkeit des Fi^rmats aufgehoben wird.
I Niedetkunti a\»l \lor StraiSe. eine .'weite Frau kniet 1. dabei das Kind
\\\\ \\\\\ l\»s I^^U^ paiM .*u keiner Textstelle der beiden Romane genau;
\\\\\ \\x\ y\c\\ Text veisoluedeu nen.ui durohj^elosen. doch steckt auch etwas
;»llv:t ir»-;;N :o>» i;.;^.:':^-; . »s w.t: r.av.lu-h r.e:i \'e;\et;ein. wie man an vielen
141
Beispielen sehen kann, ganz recht, wenn die liilder müglichst aUgeraein ge-
halten waren, so daß sie sich einer Reihe von Stellen aufzwangen ließen.
2. Unter Torbogen steigt Reiter aufs Pferd, r. begrüßen zwei Männer
eine fürstliche Person. Es handelt hier von einer Botschaft, Graf greift ein
lebendiges Detail heraus, das Abreiten des Boten.
3. König in Mitte troncnd, r. und 1. je zwei Männer.
4. Rechts sitzt gut gekleidete Frau auf der Straße, ein Mann kommt
grüßend auf sie zu, 1. halt ein anderer. Es lohnt sich hier einmal als Bei-
spiel den Text dazu genau anzusehen, denn er ist für das kurz vorher ge-
sagte so charakteristisch wie für Grafs oberflächliches Wesen. Line Ver-
führungsszene, mit wirkungsvollster Kunstfertigkeit geschildert. Die Königin,
liebeskrank, benutzt den Besuch ihres Stiefsohns Olwier an ihrem Kranken-
bett, ihm Geständnisse zu machen, die allmählich unverblümt werden, während
dessen geht ihr leiblicher Sohn Artus im Hintergrund des Gemaches auf
und nieder; endlich gelingt es dem taktvollen Jüngling Olwier, durch ein
Zeichen seinen Bruder heranzuziehen und so der peinlichen Unterredung ein
Ende zu bereiten. Und was ist das Bild dazu; eine untersetzte Bürgersfrau
sitzt auf der blanken Gasse nieder und ein Herr kommt von seinem Kame-
raden weg ihr guten Tag sagen.
5. Liebespaar auf Söller sitzend.
6. Reiter mit großem Federhut reitet nach rechts auf einen Wegweiser
zu. Die Handzeichnung BKS. U. 9. 32 kann nahezu als Verzeichnung zu
diesem Holzschnitt gelten, abgesehen von dem Wegfall einer zweiten Figur,
stimmen Reiter und Pferd teilweise sogar in den Strichlagen der Schraffie-
rung überein.
7. Die Hälfte eines Schiffes nach r., Bewaffnete darin, der r. mit F"ederhut.
8. Gemach von einer Säule gestützt, ein Mann, der links nach halb r.
vorn steht, liest einer Gruppe von Männern ihm gegenüber eine Urkunde
vor. Der Führer der Gruppe steht Profil nach I.
9. L. liegt einer im Bett, r. daneben steht ein Bärtiger in Frauenkleidung.
10. Ein Reiter streitet gegen drei Männer zu F'uss, die zwischen zwei
Bäumen nach r. hervorbrechen.
11. Ein Mann geht im Wald allein nach 1., hinten Kapelle.
12. Fünf Reiter, einer davon voraus, reiten nach r.
13. Stadtmauer mit Zuschauern besetzt.
14. Zwei Paare tanzen, r. Zuschauer, hinten Trommler und Pfeiler;
diese zwei Gestalten kehren etwas ähnlich auf einer Schülerzeichnung aus
dem Grafschen Kreis (BKS. U. 2. 25) wieder.
15. Fünf Männer bei Tisch, r. Jüngling als Mundschenk, Profil nach i.
16. Aufzug nach r. gerichtet, in Mitte ein König. Während des Fest-
mahls bildet sich ein Zug von Fackchrägern, Herrn, Frauen und dem König,
um Olwier die Siegerkette zu überreichen. Man darf sich^hier wohl erinnern,
was Holbein aus so einem Vorwurf gemacht hätte; Grafs Stärke sind Szenen
von innerer Ausgeglichenheit, die dekorative Behandlung verlangen, eben nicht.
142
ly. Malerisches Schlößchen, das drei Paar Männer in Gesprächen um-
wandern.
i8. Zweirädriger Karren, auf dem ein Sarg, gefolgt von zwei Mannern
und einer Frau in bäurischer Tracht, Profil nach 1. Dies als Bild zu dem
Tod des allbeliebten König Valentin und seiner Gattin, die am selben Tag
starben, vom ganzen Lande tief betrauert!
19. L. Ritter zu Fuß, einen auf dem Rücken liegenden Drachen er-
schlagend.
30. L. Ritter mit eingelegter Lanze, r. gestürztes Pferd.
21. Zwei Männer lassen einen ins Verließ hinab.
22. Wilder Mann schlägt einen Nackten mit der Keule zu Boden.
23. Drei Gehängte an einem Baum.
24. Ein Herr und hinter ihm ein Bärtiger in Frauenkleidern fliegen auf
einem Pferd durch die Luft nach r. Durch den Mann in Frauenkleidung soll
jeweils das Komische und Besondere eines Zwergen und Zauberers, Paccolet
geheißen, ausgedrückt werden. —
3^9- J7^- S. Judas mit Keule in beinah hochmütiger Haltung nach r.
schreitend, aus Gengenbachs Testament von 1522 (E. Z. St.), und zu der-
selben Illustrationsfolge gehörend S. Hieronyraus in Gengenbachs: Ein
christlich biechlin des durchlüchtigsten Ußlegers sancti Hieronymi, Basel,
Gengenbach um 1520. 4" (vergleiche N. 348). br. 0,028, h. 0,034.
j-ji. S73- Zwei kleine Holzschnitte, St. Peter nach vorn rechts und
St. Paul nach vorn links, 1524 im neuen Testament, deutsch, bei Knobloch
in Straßburg. fol. Der Stil wie bei N. 348 ff. und N. 369/372; man vergleiche
auch die Gebäude des Hintergrundes mit entsprechenden auf den Bernhards-
platten |IL Kupf. 20 ff.). o,03i;o.O32 br., 0,0425/0,043 h. —
ijS. Titelumrahmung mit Pallas und Artemis seitlich, unten Triumph,
im Gegensinn und verändert nach H. 314, oben zwei Putten auf Feslon einen
Schild mit dem Zeichen des Druckers Ulrich Morhard haltend. In: Oeco-
lampad quod expediar Epistola; et Evangelij lectionem in Missa, 8'^ sa (Text
datiert Ebernburg Juni 1522I und in: Joh. Eck, De pornitentia et confessionc
secreta. 4", datiert November 1522 iZürich Kantonsbibl.}. Nach L. 12 druckt
Morhard 1522 noch in Straßburg. br. 0,093, ^* °'J335-
Ausgehend von His 268, Opfer der Maria im Tempel, muß man Grafs
besondem Einfluß bei einigen Holzschnitten hervorheben, deren Zeichnung
der Formschneider F. M. S. besorgte, der ziemlich sicher ein Schüler Grafs
in der Zeichenkunst war.') Solche sind in Gengenbachs sieben Altern der
Maria von 1521 (siehe bei H. 268J unter anderm: Josef bei der Zimmermanns-
arbeit, Hochzeit zu Kana, Maria an der Pilger Spitze, Maria und Jesus in
den heiligen Schriften lesend, Erweckung des Lazarus, Bergpredigt; oder
im Testamentum novum ex versione Erasmi, Basel bei Gengenbach 1522-
12 '. (E, Z St.): St, Paulus und Jacobus.
Hans Caspar Gallati in Wil,
der Glasmaler -Monogrammist
HCG.
Voft W. IVarimanPK
Nicht eben selten begegnet auf Glasgemälden aus der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts, zu einer Zeit, wo sonst die Konstanzer Spengler in
der ganzen östlichen Schweiz das Feld zu beherrschen scheinen, neben ihnen
der Meister mit dem Zeichen HCGr.
Nach vorhandenen und aus Aufzeichnungen bekannten Stiftungen mit
seinem Monogramm arbeitet er für eine Kundschaft im Toggenburg, in Appen-
zell, Wil, Bischofzell und dazwischen liegenden Teilen des äbtisch-S. Galli-
schen „Fürstenlandes", und zwar sind es vorzugsweise katholische Amts-
personen, deren Aufträge er ausführt; Stadt-S.Gallische Besteller erscheinen
nicht.
Man erinnert sich, dass ähnliche Verhältnisse zu Beginn des 17. Jahr-
hunderts bestanden, da in Wil Hans Melchior Schmitter „genannt Hug" für
Toggenburg, Thurgau und Abtei St. Gallen tätig war, während die Stadt
und ihre Bürger über Wil hinweg mit Zürich — der Murerschen Werkstätte
oder später mit Felix Schärer — verkehrten, wahrscheinlich, weil die konfessio-
nell-politischen Gegensätze es ihnen zu verlangen schienen, vielleicht auch,
weil ihnen die bäurisch einfache Wiler Kunst weniger zusagte, als die mehr
akademische zürcherische Richtung. Früher, im 16. Jahrhundert, ist Nikiaus
Wirt der fürstenländische und äbtische Hof-Glasmaler, und auch er wohnt
in Wil.
Der Monogrammist HCG konnte schliesslich ebenfalls nur dort ge-
sucht werden und darf auch wohl auf Grund der beistehenden Angaben als
Nachfolger der zwei genannten und weiterer, bis jetzt noch nicht sicher nach-
gewiesener, Wiler Meister gelten; die beiden Notizen beziehen sich augen-
scheinlich auf ihn; es sind Zusätze bei der Rechnungsablage des Korn- und
Garnzolles von Wil, in den Jahren 1660 und 1673'):
(Wil, 1660.) Dem Hanß Caspar Gallati, schiltbrenner, ist uf sein
underthänig pitten und anhalten gnedig bewilliget worden, das er
möge einen durchs jähr gehenden zapfen haben und wein aus-
schenken, so lange es der oberkeit gefellig sein und er sich diser
Ordnung gemäs und voll verhalten wirth,
') Nach freundl. Mitteilung von Herrn Stiftsarchivar Jos Malier in St. Gallen.
(Wil, 1673.) Ist auch vorgebracht worden, daß die junge leuth dem
spilen gar underworfen, wie dann erst in deß schiltbrenners hauß
etliche befunden worden ; deswegen der schJItbrenner solle tie-
schickt werden und zuogesprochen, iedoch wolle man disniahl noch
mit der straf zuosehen, wo sie aber merers werden belunden,
sollen selbige gebürent gestraft werden.
Ohne dass man in dem „undeithänig pitten und anhalten" mehr als
eine Kanzleiformel sehen und auf eine besonders schlimme Lage des Bitt-
stellers schliessen müsste, bildet das Gesuch an sich ein neues Zeugnis für
den Niedergang des Glasmalergewerbes im Laufe des 17. Jahrhunderts; in
einem andern Sinne sprechen dafür allerdings auch deutlich genug die er-
haltenen Arbeiten des Hans Caspar Gallati, wohlgemeinte, aber ungeschickt
und grob ausgeführte Darstellungen in Schmelziarben oder in Grisaille.
Einige der Inschriften, die in seinem Werk erscheinen, können genügen,
um dessen zeitliche Grenzen und landschaftliche Verbreitung in den unge-
fähren Umrissen hervortreten zu lassen :
(1641, Cai. Vincent, N-^ 397 '). Eine blosse Insclinft auf weisser Rautenscheibe mit
dem StifternamcJi Christianiis Avcgott, ohne DrLsbezeichnung, und einem Vers,
dessen spractUichc Färbung keineswegs auf die st. gallische Landschaft weist,
aber immerhin mit dem Monogramm II C G.
1667, Cat. Vinc, N" 406 llr Johan Sutter, Landt-Amcn vnd Pancrherr zu Appen*
zell, Fr. Anna Catharina Scheubin, sein Ehegcmahel
1672, Cat. Vinc, N* 407. Carli Christoph Dothckher dcä Kleinen Raths Löbl. Statt
Lucern Vnd der Zeit der 4 orlhen Uaubtmann des Fürst Gottshaus St. Gallen.
— CaL Vinc., N" 408, 409, 410 - Johan Ruodolfl' Grafi", R;tt-i(c)hriber zu VViU
- Johan Rudolff Wirth, Fürst St GaUis(c)hcr Raths vnd Vogt zuo S(c)hwartzen-
bach — V. Flacidus Bridlcr, ss. con. d. conventual deß Kürst-Gottsh-St Gall,
Vnd Stathaltt-r zu Wyl
1673, Cat. Vinc, N" 411 Hans Keller, Statt Haubtman Vnd desgerichu in Bi3(c)hof-
zell.
1675, Cat Vinc, N« 412. Aberham L6üwerer, Burger und des alten Raths zu
Bischoflfzcl vnd Frauw Sussana Kellerin sein Ehe-Fr.
— Werdenberg, N" 3'). Wendel Lasscr zu KrOnetschweil, des Gerichts und
Schatzer im Thurtal und Anna Klauserin seine Ehefrau
— Hist. Museum St. Gallen, Jo Kuodol Kuontz, Bürger zu Lichtensteig, Vorge-
8(c)hlagncr S(c)huldhcis, des Raths vnd grichts, diser zeit sichcnpflcgcr, alter
Pfruondenpileger, Spitelm : Statt Leutenampt, Comisari, mit(-)Zeughcr, Wachtm.
der Reutcrei der Grof*(c)haftl Toggenburg. F. Salome glclzcndanerin und
K. Bärbel Ambtiel seine Ehefrauwen.
1676, Werdenberg, N" 54. Valentin Läser Und Fr. Barbara Grebin von Spreiten
bach sein Ehegeinachel.
') Nach der Ausgabe in den «Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich*
(Bd. XXil, H. 6 1690).
*) Beschreibung alter Glasgemaldc, welche an den Fenstern des Schlosses Werden-
berg vorhanden sind; Trogen, bei Joh. Schlapfer, 1834. - Die Sammhmg besteht nicht
mehr.
1 46
x679f Paris, Hotel de Cluny, N» 3104. Jos am Büoll (AmbOel) zu Walters(c)hwiil,
Seckhellmeister deren Gotshausleuten, der Zeit Kirchenpfleger, auch Richter
zu Wattwill, Fr. Susanen an der Egg sein Ehefr.
1680, Paris, Hotel de Cluny, N» 2106. Johanes Magion, Leutenambt zu Wattwyl
vnd Fr Maria Lisabetha Ruotzin sein Ehefr.
— Sfevres, Mustfe de la Manufacture, N" 13175. H. Jo. Jacob S(c)hmiter genant
Hug, der Zeit pfarher zu Henauw.
Diese kurzfe Liste ist eine Auswahl, bedingt durch die Beschaffenheit
des Materials, wie es eben zufällig zur Verfügung stand ; sie kann unschwer
vervollständigt werden, da der Wiler Monogrammist in den meisten grösseren
Auktions- und Sammlungskatalogen vertreten ist, und macht ebensowenig
Anspruch auf Endgültigkeit, als die urkundlichen Nachweise auf den Titel
einer Biographie: es sollen damit nur einige erste und allgemeine Anhalts-
punkte gegeben werden.
Einiges über Tessinef Künstler des 17. und 18. Jahrhunderts.
Ko« Dr. Siegfried Weber.
Zw der reichen künstlerischen Kultur Italiens in den vergangenen Jahr-
hunderten hat auch der Tcssin das Seinige beigetragen. Freilich ist diese
Landschaft am Fuße der Alpen nicht so reich an bedeutenden Kunstwerken,
als die Städte des benachbarten Italien, doch hat dies seinen Grund aus-
schliesslich in den politischen und ökonomischen Verhältnissen. Es fehlten
im Tessin eben reiche und große Städte, welche der Kunst zur Vermehrung
ihres Ruhmes bedurften. Ktlnstlerische Begabung aber war den Tessinern
von jeher in gleichem Maße eigen, wie den übrigen Volksstämmen Italiens,
ja, es ist sogar eine verhältnismäßig große Anzahl von Meistern aus jenem
Landstrich hervorgegangen, welche in der Fremde arbeiteten und großen
Ruhm erlangten Es sei nur an die Campionesen erinnert, welche im Mittel-
alter überall in Italien als Bildhauer und Steinmetzen wirkten und gewisser-
maßen die Begründer der italienischen Bildhauerschule genannt werden
können. Aber nicht nur in so frühen Zeiten, sondern selbst noch im 17. und
18. Jahrhundert, als schon die Blütezeit der strengen Renaissance-Kunst ver-
strichen war, gab es im Tessin noch gute Meister, welche die Forderungen
ernster, würdiger Kunst für ihre Zeit verhältnismäßig gut erfüllen. Dies ist
sicher in den Perioden des Verfalles ein fast ebenso grosses Verdienst, wie
in den primitiven Anfängen das Hindurchdringen eines Künstlers zu höherem
Fortschritt und künstlerischer Befreiung. Ein solcher, an der Scheidegrenze
zweier Epochen stehender Meisler, der, zwar mit der Zeit fortschreitend,
doch nicht ins Virtuosentum verfiel, sondern an ernster Kunst und guter
Zeichnung festhielt, war Giovanni Serodiuo.
Dieser hervorragende Künstler war gleichzeitig Maler, Architekt und
Bildhauer. Er hat zwar in der Fachliteratur und bei denjenigen, die sich
speziell mit dem Tessin und seiner Kunst beschäftigt haben die gebührende
Beachtung gefunden'), ist aber trotzdem in weiteren Kreisen noch unbekannt
geblieben.
Giovamii Seroiiino wurde 1595 zu Ascona bei Locarno geboren, als
der Sohn des Cristoforo Serodino, welcher ebenfalls Maler und Architekt
gewesen sein soll, von dem aber keine Werke mehr erhalten sind. Wohl
') Rahti, Repertorium für Kunstwissenschaft Bd. XII, sowie Bollettino Storico dclla
Svizzera lialiiina 1885 S. 185; Kiinsl- und Wanderstndien S. 163, Mitteilungen der Schweiz.
Gesetlschall für Erhaltung historischer Kunstdcnkmfllcr, VII; Bianchi, Artisti Ticioest S. 179;
De Vit, tl Lago Maggiorc Bd. II. 5.304; Borrani, im Feuilleton der „Liberia di I-ocamo."
Oktober 1891. Außerdem in den Künstler-Lexiken von FOssli, Nagler und Oldclli.
14Ö
mag Giovanni die eisten Unterweisungen in der Kunst von seinem Vater
erhalten haben, seine eigenthchen Studien aber machte er in Rom. Hier
scheint er besonders die Malereien Caravaggios sich zum Vorbilde genommen
zu haben, da er gerade in seinen frühesten Werken wesentlich von diesem
beeinHufit erscheint. Schon mit 22 Jahren hatte er seine Lehrzeit vollendet
und malte als selbständiger Meister zunächst in seiner Heimat Ascona, wohin
er von Rom krankheitshalber zurückgekehrt war. Unter den wenigen Werken,
welche von Giovanni auf uns gekommen sind, befindet sich glücklicherweise
gerade sein frühestes Bild, welches er im Alter von nur 22 Jahren malte,
also im Jahre 1618. Es befindet sich heutigen Tages noch in der Pfarr-
kirche von Ascona, in einer Seitenkapelle rechter Hand, aber nicht über dem
Altar aufgehängt, sondern an der rechten Seitenwand. üargestelU ist oRenbar
ein Heilwunder Christi, doch ist die Scene bis jetzt noch nicht näher
erklärt; auch die Pfarrer des Ortes Vermögen keine befriedigende Deu-
tung zu geben. Zur Linken steht Christus mit erhobener Rechten.
während \or ihm mehrere Münner knicen. Im Hintergründe stehen einige
Jünger. Was den Stil anbelangt, so sind aul dem Gemälde noch manche
Härten und Schwächen, die der Meister in seinen späteren Werken
abgelegt hat. Gerade die Kirche von Ascona biftet ja eine gute Über-
sicht über seine Entwicklung, da sich hinter . dem Hochaltar, nur wenige
Schritte von dem eben beschriebenen Bilde, sein letztes, schönstes Gemälde
befindet, das <.\ev Künstler im Jahre seines nur allzulrüh erfolgten Todes
gemalt hat. In dem Frühwerke sind es besonders die allzuscharfen und grellen
Lichter, welche unerfreulich wirken, zumal sie mit sehr dunkeln Schalten
kontrastieren, Hierin lälH sich am deutlichsten der Einllufi Caravaggios
erkennen, der an diesem Frühwtrke natürlich noch augenfälliger ist, als an
den späteren Arbeiten. Übrigens ist das Bild stark nachgedunkelt und nicht
in sehr gutem Zustande erhalten. Links unten befindet sich eine Inschrift,
welche besagt, daß Giovanni Serodino das Gemälde im 22. Lebensjahre
gemalt, und daß der päpstliche Protonotar Christoforus das Bild in die Kirche
gestiftet habe; darunter befindet sich die Jahreszahl 1633. Diese Inschrift
ist üfTenbar nicht vom Künstler selbst darauf gesetzt, sondern erst spater
von dem Stifter, jenem Dominus Christoforus (vielleicht dem Vater Serodinos»
hinzugefügt, denn sie bezieht sich ganz offenbar im Wesentlichen auf die
Stiftung des Bildes, wie der Wortlaut beweist:
EQVES lOANES FIL^ D. X. PHORI SLRüDINI SCVLPTOR ET ARCHI-
TECTVS PARITER EGREGIVS /KT AN XXIU PINXIT IDEM DOMINVS
XRISTOFURVS ET ANDREAS FILIVS IVR V. D. PROTONüT APOST^
ET ARCHIPR. AD. ORNAKDVM HOC ALTARE DONAKVNT
ANNO MDCXXXIll. ')
') Der genannte Andreas ist wahrscheinlich ein Bruder von Giovanni Serodino^ Andrea
Serodino, der von 1627— 1661 Arciprctc von Locarno war. Dies geht hervor aus. IJr Vit,
11 Lago Maggtore in Opere Varic Bd. 111. S. 307.
r49
Durch die Jahreszahl 1633 wurden schon beiden älteren Schriftstellern
Knde des 18. Jahrhunderts MilSvcrständnfsse hervurgerufen, welche noch bis
heutigen Tages andauern. Schon Oldelli behauptet, Serodino habe alle Bilder
in der Kirche mit 23 Jahren gemalt. Verführt wurde Oldelli dadurch, daß
allerdings beide Bilder die gleiche Jahreszahl 1633 tragen. Er bezog dies
Datum auf dem Jugendbilde eben auch auf die Herstellung des Bildes, und
so entstand der Irrtum. Es ist aber unmöglich, daß Serodino 1633 erst 23
Jahre alt war, da er nach übereinstiramenden Nachrichten 1595 geboren
wurde, und auch die Fa^ade des Palazzo Borrani, von 1620 datiert, schon
inschriftlich als sein Werk bezeichnet ist. Die Fa(,'ade würde er als elfjähriger
Knabe gezeichnet haben, was jedenfalls als ausgeschlossen zu betrachten ist. —
An der Inschrift auf dem Jugendbilde laßt sich nun aber auch deutlich
erkennen, daß sie in zwei Teile zerfüllt : die erste Hillfte bezieht sich offenbar
auf den Maler und die Enistehungszeit des Bildes ; der zweite Teil dagegen
nur aut den Stifter und die Zeit der Stiftung des Bildes. Somit ist dies
Gemälde meiner Überzeugung gemilß ein Jugendwerk, ein erstes Frühwerk
des Kunstlers, das in seinem 23. Jahre, also 1617/1618 entstanden ist. Zu.
dieser Zeit weilte er auch der Überlieferung gemäß in Ascona und zwar
von 1616—1621 '),
Während dieses gleichen Aufenthaltes betätigte sich der Künstler auch
als Bildhauer, indem er die F'a^ade des väterhchen Hauses mit Stukkaturen
schmückte. Es ist dies das einzigste Beispiel, das wir von der Bildhauer-
kunst Serodinos besitzen. Es zeigt in manchen Teilen, wie der Meister offen-
bar von Michelangelo beeinflußt war, doch verwertete er die von dem großen
Florentiner empfangenen Eindrücke in durchaus freier und selbständiger
Weise. Dies Haus mutet den Beschauer wie ein Nachwehen aus der Blüte-
zeit der italienischen Renaissance-Kunst an. Da Kahn eine eingehende Be-
schreibung dieses Hauses gegeben hat^t, so will ich mich darauf beschränken,
nur noch kurz auf die Inschrift, welche oberhalb des Portales angebracht
ist, hinzuweisen. Sie lautet :
CHKISTOFORVS SERODINVS
RESTAVRAVIT ET AMPLIAVIT
10 BAPTISTA EIVS FILIVS FECIT
ANNO MDCXX.
Aus dieser Inschrift geht deutlich hervor, daß Giovanni Serodino hier
als Architekt und Bildhauer tätig war, und zwar schon im Jahre 1620, was
also ausschließt, daß er im Jahre 1633 erst 23 Jahre alt war. Während des-
selben Aufenthaltes in Ascona hat der Meister sich, wie es scheint, auch
noch anderweitig als Architekt betätigt, indem er die Zeichnung und den
Plan der Kirche Sta. Maria della Fontana bei Ascona lieferte. Der Grund-
') Borrani, in dein Artikel der .Liberia di t^ocarno*. Okt. 1897
•) Rahn, Mitteilungen der schweizerischen Gesellschaft für Erhflitunp historischer
Kunsldenknialer VII.
I50
stein wurde 1617 gelegt, wie inschriftÜch bezeugt ist. Die Kirche wird als
Bauwerk dem Giovanni Serodino zugeschrieben '). wogegen ja jedenfalls
zeitliche Bedenken nicht obwalten, da der Künstler erst 1621 wieder nach
Rom zurückkehrte. —
Doch wenden wir uns nun wieder demjenigen zu, was Serodino als
Maler hinterlassen hat. Aut diesem Gebiete seines künstlerischen Schaffens
folgt unter den erhaltenen Werken ein Gemälde, das sich in der Privat-
sammlung der Villa Luvini bei Lugano befindet, und welches er laut Inschrift
in seinem 28. Lebensjahre gemalt hat. also fünf Jahre spater als das Früh-
werk in Ascona, demnach 1623. Die Inschrift lautet:
EQVKS lOANNE SERODENVS
HINXrr JET AN XXVIII.
Das Bild ist bis jetzt in der Literatur noch gar nicht erwähnt, weshalb
ich sehr überrascht war, in dieser Galerie ganz unerwartet ein Bild des
großen Asconesen zu finden. Dargestellt ist ein sitzender Greis, offenbar
das Porträt eines Gelehrten. Er sitzt aut einem Sessel in ein Buch vertieft,
das auf seinem Schofte liegt. In der rechten Hand hält er die Pergament-
schnüre mit denen das Buch umbunden war. Auf dem rechts neben ihm
stehenden Tisch, der mit einer dunkelroten Decke bedeckt ist, liegen noch
einige Bücher. Der Hintergrund ist dunkel schwarzgrünhch. Das Licht ist
ausschließlich aLf die Gestalt des Alten konzentriert; da dessen Gelehrten-
Habit auch schwarz ist, so treten Kopf und Hände durch die Lichtwirkung
stark hervor. Wunderbar ist der ernste, nachsinnende Ausdruck in dem
alten, gefurchten Antlitze wiedergegeben. Das Gemälde ist sehr breit und
großzügig gemalt und bedeutet einen gewaltigen Fortschritt gegenüber dem
Jugendwerke in Ascona; es zeigt den Künstler bereits vollkommen auf der
Hohe seines künstlerischen Könnens In der Lichtwirkung läßt sich auch
hier noch der Einfluß des Caravaggio erkennen. Daneben aber mögen auch
die Werke der Caracci nicht ohne Einwirkung auf den Meister geblieben
sein. Besonders der Kopf des Greises und die sehr breite Behandlung lassen
auf Anregungen schließen, die Serodino durch die Kunst der Caracci bekommen
hat. Das Bild ist oficnbar in Rom gemall. Der große Unterschied mit dem
Jugendwerk hinsichtlich der künstlerischen Vollendung zeigt am deutlichsten
den raschen Entwicklungsgang des begabten Malers. Nur fünf Jahre liegen
zwischen der Entstehung dieses Gemäldes und seines Jugend werkes in Ascona,
aber in diesen Jahren ist er zum vollendeten Meister herangereift, und zeigt
eine Vollkommenheit in Technik und Stil, die ihn den ersten Meistern der]
damßligen Zck ebenbürtig erscheinen läßt. Es ist daher wohl begreiflichJ
daß der Papst ihm seiner vollendeten Kunst wegen offenbar schon damals^
den Titel eines „Cavaliere* verliehen hat, wie aus der Inschrift auf diesem
Bilde hervorgeht. Daneben mag allerdings auch die Empfehlung seines
'; Borrani, II Tidno Sacro. Lugano 1896. S. 213.
151
Bruders Andreas, des papstlichen Protonotars \ auch das ihrige zur rascheren
Erlangpjng des Titels beigetragen haben. Jedenlalls war es eine für ein so
jugendhches Alter hohe Auszeichnung.
Während dieser Lebensepoche dürften auch verschiedene andere Werke
von Giovanni Serodino in Rom entstanden sein» welche von den alteren
Schriftstellern angeführt werden. Trotzdem der Künstler nach allem zuschließen
eine sehr reiche und fruchtbare Tätigkeit entfaltet haben muß, sind diese
genannten Werke nur verhältnismäßig wenige. Sämtliche sollen sich nach
Angabe der Schriftsteller-) in Römischen Kirchen befinden'!, aber selbst
von diesen wenigen angeführten Gemälden ist heule kein einziges mehr an
Ort und Stelle vorhanden *) ; sie sind sämtlich verschollen. So müssen wir
uns denn wieder nach des Künstlers Heimat Ascona wenden, wo nicht nur
das früheste, sondern auch das letzte Bild seiner Hand zu sehen ist, nämlich
das große Gemälde hinter dem Hochaltar der Hauptkirche, welches mit des
Künstlers Namen und der Jahreszahl 1633 von ihm selbst bezeichnet ist (Abb. 38).
Dargestellt ist oben in den Wolken die Krönung Maria, unten Heilige unter
denen Petrus und Paulus das Schweißtuch der Veronika halten. Vorne knieen
der heilige Karl Borromäus und Antonius Abbas, unter denen die Gestalt des
ersteren und deren Bewegungsmotiv dem Künstler besonders gut gelungen
ist. Im allgemeinen zeigt dies Gemälde noch wieder einen weiteren Fort-
schritt gegenüber dem Bilde in der Villa Luvini. Die Farbe ist hier mit
einem gewissen weichen Schmelz behandelt, der an die spanischen Meister
erinnert. Füssli schreibt, daß Serodino in seinen späteren Lebensjahren nicht
mehr Caravaggio sich zum Vorbild genommen habe, sondern Rubens. '^ In
der Tat zeigt dies Gemälde seiner letzten SchafTensperiode kaum noch eine
nennenswerte Beeinflussung durch Caravaggio, von einer Nachahmung des
Rubens kann ich jedoch auch nicht viel entdecken; höchstens, daß in dem
schönen, tiefen Colorit die niederländische Schule und Rubens im besonderen
eine geringe Einwirkung ausgeübt haben. Man kann wohl sagen, daß Serodino
überhaupt keinen bestimmten Maler nachgeahmt hat, sondern sich frei und
selbständig entwickelt. Die Eigenart und Selbständigkeit des durchgereiften
*) Siehe oben S. 148, Anm. i.
*) Oidtili, Dizionario degli uomini Ulustri de) Canton Ticino; Joh. Casp. FüssH, Ge
schichte der besten KUnstJer in der Schweiz Bd. IV. S. 27 ff.; Btrtohtti, Bolletino Storico
della Svizzera Iialiana S. 185 (Artist! Svizzcri in Roma). FOssli, Künstler Lrxikon (Ausg. 1779)
Teil I. S 6ps u a.
•) Die in den genannten Werken erwähnten Bilder sind folgende: In S. Lorenao fuori
le mura» am ersten Altar links: S. Lorenz den Armen vom Kirchengut austeilend; am
letzten Altar links Enthauptung Johannes d. T. (beides Ölgemälde). In S, Sah'aforr dcl
Lauro auf dem Hochaltar: Verklarung Christi aul dem Berge Tobor; in S. Pii/ro in MoU'
torio. Erzengel Michael der Lucifer besiegt (Olgemfllde).
*) Merzario, maestri Comacini U, S. 50t sagt bereits, dal> Serodinos Bilder in Rom
verloren >eicn
*( Fussli, Künstler-Lexikon a.a.O.
J5f_
Meisters ist es, die uns voll und ganz in diesem seinem letzten Werke ent-
gegentritt. Die Künstler-Inschrift befindet sich rechts unten und lautet ;
Gio"C. BETTATINO EQVES.
D'ASCONA ED ANTONI A
SVA MOGLIE F. F. j^ LORO
DIVOXIO N - L'Äb 1633.
GIÖV. SERODINE DE ASCONA
PINSE.-
In dieser Inschrift ist demnach deutlich gesagt, daß das Bild im Jahre
1633 gemalt wurde. Auch läßt sich aus der ganzen Art der Abfassung
sowohl, als auch im Original an der technischen Auslühiung derselben er-
kennen, daß dies eine richtige, vom Maler selbst nach Vollendung des Bildes
daraufgesetzte Künstlerinschrift ist.
In demselben Jahre 1633 ist der Künstler der Überlieferung nach in
Rom 38 Jahre alt gestorben. Er soll aus Neid vergiftet worden sein. Nicht
genug kann man diesen seinen frühen Tod bedauern, besonders bei Betrach
tung seines letzten Werkes, das ihn als großen Künstler erscheinen läßt.
Sehr bedauerlich ist auch, daß uns nicht mehr von seinem Lebenswerk
erhalten ist. Die drei vorhandenen Bilder aber reichen aus, um seinen
raschen und steten Entwicklungsgang kennen zu lernen, zumal ein glücklicher
Zutal! es gefügt hat, daß gerade sein frühestes und sein spätestes Werk uns
erhalten ist, und das dritte in der VMlla Luvini, der Entstehungszeit nach
ungefähr die mittlere Epoche seiner Künstler-Laufbahn darstellt.
Endlich sei noch erwähnt, daß die älteren Schriften stets von drei Bildern
Serodinos sprechen, welche die Pfarrkirche von Ascona geziert haben sollen.
Heutigen Tages sind in der Kirche nur die beiden besprochenen Gemälde
vorhanden, jedoch zeigte mir der liebenswürdige Pfarrer des Ortes im Depot
unter dem Dach der Kirche ein altes Gemälde, welches das dritte Bild Sero-
dinos sein sollte. Allerdings stach es vorteilhaft von den andern zahlreichen
wertlosen Heiligenbildern ab, durch einen tieferen Ton und merkwürdigen
BeleuchtungscITekt, aber an Serodinos beglaubigte Gemälde reichte es doch
an künstlerischem Wert nicht entfernt heran, wohl aber könnte es eine Arbeit
aus Serodinos Werkstatt sein, und wohl tatsächlich das dritte von den älteren
Schrittstellern angeführte Bild. Dargestellt ist auch auf diesem Gemälde
eine schwer zu deutende Szene aus dem Leben Christi. Eine Inschrift war
nicht vorhanden; die Erhaltung des Werkes eine sehr schlechte, vor allem
ist es stark nachgedunkelt. Immerhin haben wir an den drei beglaubigten
Werken einen guten Maßstab für seine künstlerische Entwicklung während-
der kurzen Zeit seines Lebens. Diese rasche Entwicklung von dem noch
harten und übertrieben naturalistischen Stil seiner ersten Jugend zur vollen-
deten Meisterschaft, wie sie uns in seinem letzten Werke entgegentritt, be-
weist, daß er ein echter, nie rastender, stets vorwärts strebender Künstler
153
war, dem wahrschein-
lich großer Ruhm be-
schicdcn gewesen wäre,
wenn durch ein tra-
gisches Los er nicht ein
so frühes Ende gefun-
den hätte. Giovanni
Serodino hat gelebt und
gewirkt am Ende einer
großen Kpoche der ita-
lienischen Kunst. Schon
brechen der Eklektizis-
mus und der Manieris-
mus herein, aber das
Lebenswerk Serodinos
erscheint noch als das
letzte Nachwehen, als
die letzte schöne Blüte
der großen Zeit. Wenig
berechtigt erscheint un-
ter diesen Umständen
das scharfe Urteil, das
Baglioni über den
Künstler füllte, indem
er ihm u, a. vorwirft,
die Zeichnung vernach-
lässigt zu haben. ') Ge-
rade dieser Vorwurf
scheint mir bei Giovanni
Serodino wenig ange-
bracht. Alle übrigen
Schriftsteller, die sich
mit dem Meister be-
schäftigt haben, sind
aber voll des Lobes
über ihn. Gerade der
Umstand, daß sein
Wirken bereits in die Zeit des hereinbrechenden Verfalles fällt, läßt sein
Verdienst, die echte und wahre Kunst hochgehalten zu haben, um so größer
erscheinen. • •
;^
' ^**'*ww%#«
38. Giovanni Serodino. Ölgeni&lde in der Kirche von Ascona
') ßaglioni, Le vite de'piUori, scullori elc. del 1573-1642 (Napoli 1733). S. 199.
Baglioni selbst schwAcht Qbrigens den Vorwurf der schlechten Zeichnung bei Serodino ab,
indem er meint: „WQrde der Künstler langer gelebt haben, hatte er seine Zeichnung noch
verbessert"
'54
Giovanni Serodino hatte außer dem oben erwähnten Andrea offenbar
noch einen Bruder oder Verwandten, der ebenfalls Maler war. Diese Tat-
sache war bis vor kurzem völlig unbekannt. Erst igo6 erschien im ßollettino
Storico della Svizzera Italiana eine Notiz, daß ein Bcntarditw Serodino als
Maler von Ascona urkundlich erwähnt wird. Eis ist gesagt, daß im Jahre
1645 Bemardino Serodino in der CoUegiat-Kirche S. Vittore ira Val Misox
geraalt hat. Aus dem Ausgaben-Verzeichnis dieser Kirche Jvonjiözö — 1695
ersieht man nämlich u. a., daß er fverschiedene Zahlungen für [Malereien
erhielt. ") Es ist aber gleichzeitig in dieser Notiz gesagt, daß nichts mehr
von den Arbeiten dieses Malers in genannter Kirche vorhandenlsei. Somit
r.jt
39, Bemardino Serodino. Fresko in S. Maria della Fontana bei Ascona (1637)
war zwar der Name des Meisters ans Licht gezogen, jedoch war noch kein
Werk, das von seiner Kunstweise Zeugnis gab, bis jetzt bekannt. Da hatte
ich das Glück, geführt von dem liebenswürdigen Pfarrer von Ascona, Don
Filippo Vacchino, in der Kirche Sta. Maria della Fontana bei Ascona ein
großes bezeichnetes Fresko von Bemardino Serodino zu finden (Abb. 39). Es ist
ein umfangreiches Werk, welches sich am Gewölbebogen des Chores befindet
') Es wurden ihm L. 90 bewilligt für zwei Heilige, sowie fQr Vergoldungen und Ver-
schönerungen des Altares von S. Stefano. Ein anderes Mal filr ähnliche Arbeiten 67a L.
und 10 Soldi (Bollettino Storico della Svizxera Italiana 1906, I. Heft, Januarjuni, S, 17.)
I
I
und eine Himmelfahrt Maria darstellt. Etwas tiefer zu beiden Seiten der
Apsis ist die Verkündigung gemalt, und zwar der Engel auf der einen Seite,
die knieende Maria auf der andern. Beiderseits unter dieser Verkündigung
stehen auch die Inschriften wie folgt. Auf der linken Seite unter dem Engel:
JOANNES BETTETINVS FF., unter Maria am Fuße des Betpultes:
BERNARDINV5 SERODINVS PINGEBAT 1637.
In der Literatur wurde dies Wandbild vereinzelt und unter Vorbehalt
dem Giovanni Serodino zugeschrieben, ') aber eben dem Giovanni; daß Her-
nardino jedoch der Urheber des Fresko ist, war bis jetzt ganz unbekannt
geblieben.*) Die Güte und der Stil dieses Fresko stehen entschieden den
Werken des Giovanni Serodino nach. Die Figuren sind steif, die Gesichter
süßlich, ohne schön zu sein, die Fältelung der Gewänder schematisch, die
Komposition steif. Auch die Farben sind bei diesem großen Bilde ziemlich
hart, die Gebärdensprache konventionell. Das Fresko ist aber gut erhalten,
nur scheint der Maler für das Rot der Wangen eine nicht haltbare Farbe
genommen zu haben, denn es ist auffällig, wie durchweg beim Inkarnat
dieses aufgesetzte Rot schwarz geworden ist ; es wirkt dies natürlich sehr
störend, besonders bei den weiblichen und jugendlichen Gesichtern.
Aber nicht nur dieses große Fresko hat Bernardino in der Kirche Sta.
Maria della Fontana geschaffen, sondern meiner Überzeugung nach sind
sicher auch die beiden Seitenaltäre hinsiclitlich ihres dekorativen Schmuckes
und der Malereien sein Werk. Hier sind kleine Bildchen teils in Medaillonform
teils achteckig al fresco zwischen reichem, vergoldetem Stuckornament hinein-
gemalt. Diese Bildchen stellen am Altar rechter Hand Szenen aus der Legende
des Hl. Antonius von Padua dar; am Altar der linken Seite die Haupttatsachen
der Heilsgeschichte von der Verkündigung bis zur Ausgießung des Hl. Geistes.
Der Stil hinsichtlich der Gewandbt-handlung, der Bewegungsmotive und dem
nichtssagenden Ausdruck in den Gesichtern gleicht demjenigen der Lünette Ober
dem Chor, und auch die Technik ist die gleiche; auch hier ist das Rot der
Wangen und Lippen durchweg schwarz geworden. Trotzdem wirken diese
kleinen Bildchen im Allgemeinen glücklicher als das große Fresko. Die
kleinen Darstellungen zwischen architektonischen Zieraten sollten eben wesent-
lich dekorativ wirken und dafür reichte die Begabung des Künstlers aus.
Man merkt ihnen zudem an, daß der Maler mit Lust und Liebe die Szenen
aus der Legende und den heiligen Geschichten komponiert hat. Endlich ist
ih diesen Malereien auch das Kolorit sehr fein getönt und gestimmt, was
') So von Borrani, in dem genannten Aufsatz der -Ubcrtä di Locarno*. Oktober 1891.
*) Daß Giovanni Bettetino die Malerei gestiftet habe, erwähnt auch Borrani in dem
Buche „tl Ticino" S 313. Doch erwähnt er an dieser Stelle nicht die Insolirirt und daß
Bernardino Serodino das Bild gemalt habe. Wie mir Emilio Motta privatim mitteilt, hat Bor-
rani die Inschriften in einem Buche aber Sta. Maria della Fontana veröffentlicht, also auch
den Namen Bernardino. Trotzdem ist der Name voDkommcn unbeachtet geblieben, indem
Borrani selbst das Fresko an anderer Stelle (Biographie in „Libertä di Locamo") wieder
dem Giovanni zuschreibt! Eine kurze Notiz Ober dies bezeichnete Werk Bernardino Sero-
dinos veroften dichte ich selbst im ßolletttnn Storico della Svizzcra Italiana 1906, S. 139,
sich von dem großen Fresko nicht sagen laßt. Der Maler bevorzuge ein
helles Lila, welches dann oft sehr harmonisch zu Rot oder Gelb abgetönt
ist. Desgleichen sind die nicht mit Bildern ausgefüllten Felder der Archi-
tektur ebenfalls lila getönt, was zusammen mit dem Gold und Weiß eine
feine Gesamtwirkung hervorruft. Vergleicht man die Beschreibung der Ar-
beit, die Bernardino laut der im Bollettino veröffentlichten Urkunde für die
Kirche S. Vittore in der Valle Mesolcina geschafifen hat, mit dem dekorativen
Schmuck dieser beiden Altäre, so wird man in der Meinung bestärkt, daß
offenbar derselbe Meister, also Bernardino Serodino, auch die Stuckaturen
geschaffen hat, welche auch hier mit Gold bemalt sind, ganz so, wie es die
Urkunde für jenen andern Altar beschreibt. Sie sind ungemein fein gear-
beitet und besonders die reizenden Putten auf den Gesimsen von vollendeter
Bildung. Fast möchte ich demnach glauben, daß Bernardino eine größere
Begabung ftlr die Bildhauer- und Dekorationskunst besaß, als für die Malerei.
Zeigt er doch auch auf dem großen Fresko, durch den besonders fein ge-
zeichneten Sarkophag Marias, der in der Mitte merkwürdig auffällig wirkt,
seine Vorliebe für die Skulptur. Wie dem auch sei, jedenfalls beweisen die
beiden Seitenaltäre in Sta. Maria della Fontana, daß Bernardino Serodino
zwar nicht an Bedeutung und Begabung an Giovanni heranreicht, aber doch
auch ein feines künstlerisches Verständnis besaß und daher wohl verdient,
den Tcssiner Künstlern zugezählt zu werden.
* «
•
Überspringen wir nun hundert Jahre, so werden wir finden, daß die Gegend
von Locarno auch selbst dann, in der Epoche des Verfalles der italienischen
Kunst, noch tüchtige Maler hervorgebracht hat. welche nicht nur in ihrer
Heimat, sondern auch auswärts für die Zeit charakteristische und tüchtige
Werke schufen. Es ist in Locarno vor allem die Faraihe Oreili, welche im
i8. Jahrhundert, dem Zeitalter Tiepolos, mehrere gute Maler hervorgebracht
hat. Unter diesen werden auch in der bisherigen Literatur Baldassare Ore//i *)
und sein Sohn Giatt Antonio Feiice Oreili^) erwähnt. Ersterer lebte noch
im T7. Jahrhundert, während Gian Antonio 1700 geboren wurde und daher
ausschließlich dem 18. Jahrhundert angehört. Diesen beiden bisher bekannten
Malern Oreili kann ich nun noch einen dritten beifügen, welcher bis jetzt
ganz unbekannt geblieben ist, Giuseppe Oreili, der ebenfalls im 18. Jahr-
hundert lebte und wirkte.
Von den drei Meistern war, wie gesagt Baldassare der älteste und wahr-
scheinlich der Vater der beiden andern. Geburts- und Todesjahr des Baldassare
sind unbekannt, wie man überhaupt wenig über ihn weiß. Die Malereien,
') Oldelli, Dizionario dcgli uomini illustri del Canton Ticino S. 130; Boll. Stör, della
Svixzera Italiana 1880 S. 61 -62.
') Jöli. Casp. Füssli. die besten KOnsUer der Schweiz Bd. IV. S. 125; Boll. Stör, della
Svizzcra Italiana f88o, S. 61 u. 1887 S 72; ßtanchi, artisti Ticinesi, sowie in den KOnstler-
Lcxilten von Nagier und KOssli.
I
welche ihm zugeschrieben werden, sind höchst unbedeutend, unerfreulich und
handwerksmäßig. Es sind dies ein Abendmahl und eine Hochzeit zu Cana
im Refektorium des ehemaligen Klosters S. Francesco in Locarno. das jetzt
als Knaben-Schule dient. Beide Bilder sind sehr gespreizt und manieriert in
den Gestalten und haben nur hinsichtlich des warmen und kräftigen Colorits
einiges Verdienst. Noch handwerksmäßiger sind einige Putten am Plafond
eines Raumes in einem alten Hause, das ehemals der Familie Orelli gehört
haben soll. (Jetzt Sitz der „Banca della Svizzera Italiana".) Endlich wird
ihm noch ein Fresco in der Auferstehungskapelle des calvario zu Domo-
dossola zugeschrieben. Baldassare scheint mir, nach diesen Werken zu
urteilen, nur ein besserer Handwerker und Dekorateur gewesen zu sein.
Zu einem wirklichen Künstler brachte es dagegen sein Sohn Gian
Aniom'o Feiice Orelli, der am 14. Februar 1700 zu Locarno geboren wurde.
Dieser zeigt in seinen Werken eine gewisse Genialität und künstlerische
Begabung. Der Überlieferung nach lernte er die Anfangsgründe seiner Kunst
bei seinem Vater Baldassare in Locarno, zog dann aber bald nach Mailand,
woselbst er seine Studien unter Giovanni Battista Sassi, einem Schüler von
Solimena, vervollständigte. Etwa acht Jahre blieb er in Mailand, während
welcher Zeit er viel die Gemälde der alten Meister kopierte. Damals kam
auch Giovanni Battista Tiepolo nach Mailand. Der junge strebsame Maler
hatte das Glück, diesem größten italienischen Künstler des 18. Jahrhunderts
so zu gefallen, daß er ihn mit sich nach Venedig" nahm. Den selbständig
geschaffenen Werken Gian Antonio Orellis merkt man daher auch durchweg
die Schülerschaft bei Tiepolo an; von diesem großen Venezianer übernahm
er den Stil und die geniale Mache. Der Überlieferung nach soll er seine
ersten selbständigen Arbeiten in Lugano im Falazzo Riva geschatlen haben.')
Bei der jetzigen Familie Riva sind der Künstler und seine Werke vollkommen
in Vergessenheit geraten. Ich glaube jedoch ihm die Dekoration am Fries
und an der Decke eines größeren Zimmers **) des genannten Palastes zuschreiben
zu können. Es sind die vier Jahreszeiten in Medaillons grau in grau dar-
gestellt, und dazwischen sehr niedliche, hübsch gezeichnete Putten, welche
Früchte und Embleme tragen, die zu der an der betreffenden Seite dar-
gestellten Jahreszeit passen. Die Putten und das Beiwerk sind farbig gemalt.
Sie zeigen im Stil viel Verwandschaft mit den übrigen, dem Künstler
zugeschriebenen Werken und sind sehr viel vollendeter als das, was Baldassare
(dem Vater) zugeschrieben wird. Von Lugano zog der Künstler nach Ber-
gamo. In dieser Stadt und in deren Umgebung hat er eine sehr reiche Tätig-
keit entfaltet. Zahlreiche Deckengemälde, die nach Art des Barockstiles in
die Barock- und Rococo-Architektur hincingemalt sind, sieht man in verschie-
') BolL SCor. delU Svizzera Italiana 1680 S. 61—60.
'; Der Raum befindet sich im ersten Stockwerk und dient jetzt als Bureau des Herrn
Advokaten Riva.
X58
denen Kirchen in und um Bergamo *). Alle diese Fresken zeigen deutlich
den Stil Tiepolos in ihrer Auffassung und Behandlung, sowie in ihrem hellen
Kolorit. Im Kolorit liegt überhaupt der größte Wert dieser Darstellungen.
Die Farben sind sehr fein zu einander gestimmt und von frischer, schöner
Wirkung. Deshalb glaube ich, daß Füssli *} und De Vit ^) Recht haben mit
ihrer Angabe, daß Tiepolo der Lehrer Orcllis gewesen sei, während ich
mich der Ansicht, welcher man anderweitig (u. a. bei Nagler) begegnet, Orelli
40, Gian Antonio Feiice OrclU. Deckenfreslco in, S.Antonio zu Locamo.
habe bei Piazzetta gelernt, nicht anzuschliessen vermag. Piazzetta hat stets
ein dunkles und schweres Kolorit. Auch die Gestaltung der Figuren, sowie
die Komposition, gleichen vollkommen derjenigen Tiepolos, weshalb ich glaube
rait Bestimmtheit annehmen zu können, daß Tiepolo den hauptsächlichsten
*) So in der Pfarrkirche S*" Catarina ein Decken-Gemälde m der Sakristei, ferner in
S. Bcmardino ebenfalls ein Deckengemälde, das den Sieg des Christentums Ober das Heiden-
tum darstcllu Die Kirche S. Benedetio ist ganz von dem Künstler ausgemalt mit riesen-
haften Deckenfresken, welche die Glorie des Hl. Benedikt, Evangelisten u a. darstellen.
In der Umgegend ist u. a. der Chor der Kirche von Ncmbro von Orelli ausgemalt. Anderes
an anderen Orten {s. FOssli, Die besten Künstler der Schweiz IV).
•( Joh. Casp. FQssü, Die besten Künstler der Schweiz Bd. IV. S. ia6.
*) Vincenzo De Vit, II Lago Magglore Bd. II parte I, S. 511.
i6o
und Kolorit, wie die Werke in Bergamo, weshalb diese Arbeiten, soweit
eigenhändig, offenbar auch von G/an Antonio Oreili geschaffen wurden.
Desgleichen eine Glorie des Hl. Augustin in der Kirche S"' Catarina zu
Locarno. Anders aber verhält es sich mit einem großen Deckengemälde,
welches ein Urteil des Paris darstellt und sich im großen Saale des Palazzo
Rusca befindet, der ehedem der Familie Oreili gehörte (Abb. 41). Es war die
Wohnung eines Zweiges der Familie, welche den Beinamen degli Emilii oder
Aifieri führte. Dieses Gemälde wird im Bollettino Storico della Svizzera Italiana
1880 den Oreili zugeschrieben, die Frage aber offen gelassen, ob es von
Baldassare oder Gian Antonio stamme. Das Gemälde ist aber bezeichnet;
deutlich habe ich auf ihm die Inschrift gelesen:
JOSEPH ORELLIVS
in* et pin* A° 17/3.
Also ein ganz neuer Maler der FamiÜL" Oreili, der bis jetzt noch nirgends
erwähnt ist, und auch in Locarno selbst noch völlig unbekannt ist. Der Stil
dieses in Ol gemalten Bildes weicht auch ganz entschieden von den dem
Gian Antonio zugeschriebenen Werken ab. Es sind dunkle schwere Töne
und auch die Komposition ist ruhiger, gedrungener. Auch die Physiogno-
mien der Figuren, sowie die ganze Gestaltung erinnern keineswegs an Tiepolo,
wohl aber wäre es dem Stil nach möglich, daß dieser bisher unbekannte
Oreili Piazzettas Schüler war, und so die Verwechslung in der Überlieferung,
welche, wie oben erwähnt, Gian Antonio als Schüler Piazzettas ausgibt,
entstanden ist.
Noch zwei andere Bilder habe ich als beglaubigte Arbeiten des Giu-
seppe Oreili gefunden, welche von Füßli dem Gian Antonio zugeschrieben
werden 'I. Sie befinden sich in der Pfarrkirche von Verscio, in der Gegend,
die den Gesamtnamen Pedemonte trägt, an der Strasse ins Vigezzo Tal.
Das eine dieser Bilder, das den Hochaltar ziert, stellt das Martyrium eines
Heiligen im Harnisch dar, der mit der Axt niedergeschlagen wird. Das Bild
ist lebensvoll aulgefaßt, aber ebenfalls dunkel im Ton gehalten. Das andere
ist ein Fresko und befindet sich über dem Taulstein in einer als Taufkapelle
dienenden Nische (Abb 42). Es stellt die Taufe Christi durch Johannes den Täufer
dar. In sehr liebenswürdiger Weise kam mir der Geistliche, an welchen
ich mich um nähere Auskunft über die Malereien wandte, entgegen. Er sagte
mir, es seien noch die Quittungen des Malers im Kirchcnarchiv vorhanden,
über für die Bilder empfangene Bezahlungen, und bemühte sich sofort die-
selben hervorzusuchen. Es waren zwei Quittungen, welche zum Vorschein
kamen, beide ausgestellt von Giuseppe Oreili und beide vom Jahre 1769.
Die eine, datiert 11. Januar 1769, bescheinigt den Empfang von 50 Zecchini für
das gro(Se Gemälde am Hochaltar. Die andere, vom 30. Juni 1769, lautet auf
817 Mailänder Lire, für das große Bild und auch für die Malerei der Tauf-
') Joh. Casp. FOssli, Die besten KOnstler der Schweiz LV. S. ta6.
i6i
kapelle. Somit also sind das Hochaltarbild und das Fresko der Taule Christi
in der Kirche zu Verscio beglaubigte Arbeiten von Giuseppe OrelH und
1768" 1769 gemalt.
Was den Stil anbelangt, so ist besonders die Taufe Christi ein schönes,
und für diese späte Zeit noch recht ruhiges und edles Werk. F'reilich die
Obertrieben zum Ausdruck gebrachte Bewegung von Johannes und auch von
Christus zeigt, daß wir unc im Zeitalter des Barock bcHndcn. Die Gesichter
aber sind durchaus edel und
fein empCunden, weit entfernt
von übertriebener Süßlichkeit, ja
das Gesicht des Engels neben
Christus erscheint fast herbe
und wie ein Portrat nach dem
Leben. Auch das Kolorit ist satt
und schön, ohne allzu dunkel zu
sein. Es liegt hier ein Ernst
und eine Würde in der Auf-
fassung, wie sie Gian Antonio
stets vollkommen Iremd ge-
blieben ist. Giuseppe aber hat
noch eine echt künstlerische
und tiefe Empfindung, die wie
ein letzter Nachklang aus der
Blütezeit der Malerei im 16. Jahr-
hundert uns anmutet. Während
Gian Antonio Feiice der geniale
Meister war, der flüchtig ohne
viel inneres Gefühl mächtige
Fresken an die Wände und
Decken von Palästen und Kirchen
hinwarf, der echte Schüler Tie-
polos, ist Giuseppe Orelli zwar
hausbackener, aber auch desto
gediegener und sorgfaltiger in
seinen Arbeiten. Beide Künstler
siml grundverschieden und daher
ihre Werke dem Stil nach leicht
zu unterscheiden. Gian Anto-
nios Gestalten sind bei näherer
Betrachtung süßlich und manieriert, die Gesichter Giuseppes edel und ein-
fach. Deshalb bin ich geneigt Giuseppe Orelli, außer diesen beglaubigten
Bildern, noch die sehr schöne Verlobung der 111. Catharina in S'* Catarina in
Locarno zuzuschreiben, welche für ein Werk von einem Orelli ausge-
geben wird.
vOi
'^/
42. Giuseppe Orelli. Fresko Ober dem Taufetein
der Kirche von Vcrscio (1769).
i6a
Gerne hätte ich noch mehr über diesen von mir wieder entdeckten,
bisher unverdientermaßen vollkommen vergessenen Giuseppe Orelli erfahren,
vor allem sein Geburts- und Todesjahr. Erkundigungen, welche ich nach
dem Familienarchiv^der Orelli einzog, blieben für meine Zwecke resultatlos ')•
Somit kann ich bis jetzt Über Giuseppe Orelli mit Bestimmtheit nur sagen,
daß er in der zweiten Hälfte des i8. Jahrhunderts in Locarno tätig war,
woselbst beglaubigte Werke seiner Hand von 1768— 1769 und 1773 vorhanden
sind. Möge es gelingen, das Dunkel, das bis jetzt noch über diesem von mir
entdeckten Künstler ruht, noch weiterhin zu lichten.
') Man sagte mir in Locarno, das Familienarchiv der Orelli befände sich in Zürich.
In Zürich aber erfuhr ich, daß sich in dem Archiv nur Dokumente befinden, welche sich
auf den in der Reformationszeit des Glaubens wegen in diese Stadt übergesiedelten Zweig
der Familie Orelli-Muralt beziehen, während die Künstler Orelli dem in Locarno verbliebenen
Familienzweig angehören, der den Beinamen «dei Capitani" trägt.
Notizen zur Geschichte des zürcherischen WafFenwesens.
Zusammengestellt von R. IVegcli.
Auszüge aus den Seckelmeisterrechnungen.
1337- 1798.
(Fortsetzung.)
2 ff M. Hans MAnner armbruster,
4 U Hans Muttschällcr hämischer.
10 U Heinrich Kuntzen bnchssenrncJster.
X ff Felix Murer annbrustcr,
3 ff M. Hans Manher armbruster.
10 ff M. Cuntzen bOcIissenmcistcr.
4 U M. Hans Mutschäller hämischer.
[ ff Felix Murer armbruster.
a f7 M. Mcnhcr armbruster.
4 ii M. Hans Mutschäller hämischer.
1 it Felix Murer armbruster.
10 ff M. Cuntzen büchsscnineister.
2 ff M. Menher Armbruster.
1504. 4 ff den arnibrustschutzcn für hollz die stubcn ze heitzcn ein jar.
I ff den schwöstcrn im grimen ihurn ufl' unser hcrrcn tag.
1 ff" 10 Q als wir inschribent und die Rechnot vom bOchaen und armbrustschieOcn
lind schoZder machotend.
baffen und Schießen.
2 ff 10 ß Undcrstatschribcr umb die Ramen in gaden da man in haflen uflgenoin-
men hatt.
33 ff Jacob Ascher und Cunraten von Chünsen als sy die unsern hüetter wider heim
fcrtigotend.
37 ff 10 Jacob i^schcr hatt er den knechten in der Statt gen 10 tag.
15 ff Jacob Äscher als er die knecht zum letsten im armbnistschießen bezalt.
5 ff 5 ß II '^ nam Wick band die armbrustschutzen zum Roden zum morgenbrod
verzert an dem win.
3a Sf 15 ß den armbrustschOtzen umb brod und birren zer abend Qrten.
X ^ 10 ß Hanss Cunrat Grebel umb ein Risen bapir nam Jacob Hab.
I /7 10 fl Hans Cunratt Grebel aber umb ein Risen bappir.
54 u M. Hans Löwen umb 121 affentür fenly von schützen ze malen den Kein und
zil und die schilt an die legeilen.
91 ff" Jacob Ascher & Cunraten von Chünsen als sy uff unser herrcn tag die knecht
in und vor der stat aber zalten.
8 // I ß band die buchsenschutzcn zum morgen uff dem Raden verzertt an dem win,
33 ^ 10 Jacob Ascher ze letst den hüttern als das bOchsenschießen ußgieng.
218 /7 6 ß nam Wick unib schenkwin in die legcllcn so den bQehscn & armbrust*
schützen uff den blatz geschenkt ward.
99 ii 10 ß Nam Wick umb brod und birren den buchsenschutzcn ufl den blatz zum
abentbrod.
104
6 /7 Hans Cunrat Grebel umb 4 Risen bappir.
4 ß 6 A dem Ringler umb bappir.
1 '/ 10 fl Hans Cunrat Grebel umb i Risen bapir.
II // 10 ß Mathe StoU umb 11 stück höltzin geschir zu beiden schießen.
4/7 18 ß 2 ^ band die so man den hafien Qß rüflt an win und an brod gehan.
a ft Nam Wick band sy ufif der Schützen stuben verzert.
63 9f II ß 6 ^ dem Bumeister umb die fenly zun affenthüren ouch seket und macher-
lon und anders.
914 fl ist am Toppel hinder gewesen dz er minder bracht hatt dan die afientüren
in beiden schießen die man hatt müssen bezallen gewessen sind.
7 fl ußgen löffem Springern und steinstoßern. *)
34 S 15 ß Felix armbruster hieß Gerold Meyer und Meister Fry uff sant Kathrinen tag.
33 Qf 6 ß 6 tf nam Cunrat Wust den bOchsenschützen umb bulfer und bly.
72 ff den armbrust und buchsen schützen umb tuch zu affenthüren.
IG S den Zügmeistern umb 17 handbüchsen kouffend sy uß Hanß Tungers plunder.
73 fl 13 ß 6 (V umb 8 Zentner 89 ff salbetter hießend zügmeister.
9 ff M. herrich Kuntzen von 18 handbüchsen ze fassen hießend zügmeister.
4 S dem jungen Binder von der schützen stuben ze heitzen i jar.
69 ff 2 Vi ß M. Aberlin was man im bin besen schuldig bliben so man im schießen
verbracht hatt.
2 eim frömden Büchsenmeister von Nflrenberg.
24 8 dem Cunrat Rechberg umb schüßlen den knaben zu affentüren.
4 ff Felix Murer armbruster.
40 ff herrik Kuntzen bQchsenme ister.
16 ff M. hans Mutscheller hämischer.
8 ff M. hans Männer armbruster.
Unter den Einnahmen:
461 ff 7 ß ist am haffen fQrgeschossen Ober das so die affentüren bezalt worden sind.
334 ff 5 ß TO ^ hat der Scholder bracht über allen costen.
130 ff 13 ß II (V hatt dz Keglen bracht über allen costen.
7 ff 2 ß gab Hans Keller uff wächsel uff" 208 fl als die schützen müntz an toppel
gabent.
24 fl I ff 7 ß ist fQrgeschossen an aff"entüren über dz so schriber zeiger und ander
davon ußgericht worden sind.
1505. II ff den buschen schützen für bulffer und stein ein jar.
25 fl 7 ß 8 i> um 304 ff salbetter hießend zug meisten
aofliff8ß2'tum 249 pfund salbetter und da von in tum zu tragen hiescnd züg-
meister.
40 fl I ff 13 ß um 492 '/i pfund salbetter und davon in turn zu tragen hießend die
zügmeister.
37 fl 13 ß 4 iV um 4 Zentner 31 // salbetter ein zentner um 8 fl 10 ß.
3 ß von dem salbetter in den tum zu füren.
1 ff gen dem Velix armbruster von einem armbnist inzfassen von.
96 // 2 ß ) ist man dem vogt Löwenberg bi rechnung schuldig bliben um a'/t
23 fl 17 ß 4 iV I Zentner und 16 'ja // salbetter kost ein zentner 8 fl ein ort.
2 ß 6 t> vom salbetter in thum zu tregen.
43 fl I ^7 17 gen um 5 zentner und 19 (f salbetter kost i zentner 8 fl 1 ort.
6 ß gen von salbetter in thurn zu ftlren.
24 U Felix Murer armbruster hiesend zügmeister.
4 ff uff* der schützen stub für dz holtz.
') Die Summe der hier verzeichneten Ausgaben für das große Freischießen betragt
920 fl und 713 ff I ß 13 i>.
i65
36 fl den buschen und armbrustschotzen um tuch zu affentOren
59 fl I U u ß 4 A gen um 7 Zentner und 25 pfund salbetter jeg ein zencner "um
8 n ein ort.
6 ß gen da von In thurn zu fOren.
28 // 3 ü gen um blalen dun knaben um aflTenthÜren wz 70 ff i '/« fierling.
29 (V 4 ß 10 «V gen um 1 % Zentner und »7 « 3 fierling ein Zentner um 8 fl i ort
salbetter.
2 ß davon in thurn zu Olren,
16 a Hans MutschcUer der harnischer.
4 U Felix Murer armbruster.
8 fC mcister Hans Mencr armbruster.
40 E heinrifh Kunt^cn buschenmeister.
1507. 6 B den armbrustschützen uö unser Herren lag.
24 V* fl den Schützen so zu Villingen gewesen warent und als vil gewunnen hatten.
10 ß dem Sigersten von büchsenliuß zins.
1 ff" dem kramer Muller umb ein Ulman hießcnt die zügmcister.
5 ß von der Ulmen zu sagen so die zügnieister ko .11^ halten
6 U den bOchsen schützen uff unser herren tag.
11 S^ 17 ß den Büchse nschotzcn umb bulffer.
10 ß Felix Brenwald vor der buchsen so Heiny Freyensleln hat zu bessern.
37 fl I03 a 13 ß 7 ** umb 9 zentzner 48 u Salbetter den von Sidwald cost der zentner
8 fl I ont und davon m tum zu tun.
27 tf 2 ß 6 <> Cunratt Recliberger um 73 7« ft ziny schQsseln den Knaben zu aben-
turen zu schiessen.
18 (I den Armbrustschützen umb tuch natu Heinrich WIO.
18 n den büchsenschützcn umb lud» nameni der Haberschmid imd Bernharll Schmid,
la /Y Wolffgang Birensti] Ringharnischer ')
8 fC meibter Hans Menncr.
40 S^ meister Heintzen Kuntzen büchsenmeister.
4 ff Felix Murer armbruster.
'50Ö* 3 fl den Büchsenschütxen uff unser Hei ren tag.
3 fl den armbrusischützen ufl" unser Heren tag nam Heini Tig.
10 /7 19 n 6 1I' den büchsenschUtzen für bulfl'er und stein.
30 fl 39 ß \o ü umb dry zentner und 75 '/« & salbetcr, i zenlner umb 8 fl \ ort.
3 '/i ß davon in tum zc füren.
4 U umb holtz ufl die schützen stuben.
2 ü7 4 ß 7 ■> umb den umbhang ufl die schützen stuben.
42 ii Ulin Schcppin von Oberrieden umb 140 spieß, ein spieß um 6 ß.
90 B Hansen Aman umb 300 spieß.
90 ff Hansen Horner umb 300 spieß.
81 ff Hanü Wisen umb 270 spieß.
32 ff II ß Hanß Horner, Hanß Wisen, Aman und Gimper umb 451 schafl'ellinen.
18 fl den Büchsenschützcn umb tuch zu aflenthurcn.
18 ff 16 ß Cunrat Rcchbcrgcr umb schußlen den Knaben zu affenthOren und von
zweyen schcnkkanlen ze besscni.
18 fl den armbrustschüuen umb tuch.
4 S dem jungen Pröpstly von der schOtzenstuben ein jar ze heitzen.
15 ';■ fl 18 ß 8 ■* umb 3 zentner und 72 ff schwebel und dem Stumppcn Furlon von
Costentz har ze ftlren,
146 n 1 /? um 36 zentner und 64 ff schwebel dem Hübe von Augspurg umb t
Zentner 4 fl.
^ Bh'ensti] bezieht nur drei Quartalsrntrn seiner Besoldung.
i66
4 t Felix Murer armbruster.
8 flf M. Hanß Manner.
40 c H. Heinrich Kflntzea bQchsenmcister.
510. I ff eim frömden BDchscnm eiste r.
13 ff den armbrustschOtzcn und bQchsenschatzen uf) unser Herren tag.
14 ff den bUclisenschüLzen i jar fOr bulPer.
34 ff ta ß Pettcr FOßli um Ba zQg in die nabcn zu den büchscn.
90 ff 10 fl von zweyen Karren die Reder von den büchsen ze beschlachen.
30 ß Pettcr Graffen hatt spieß ufl dem Rathuß zu recht gelcit
13 ff Herrich Kuntzen von zweycn bQchsen ze fassen.
IG H dem wagner um 4 Reder zun bOcHsen.
4 ff 6 ß von Spangen und behenck an die büchß.
4 ff dennen uff der schützen Stuben ein jar für holtz.
4 ff der Junckfrowen uff der schützen stuben alß mit den knechten zum babst waß
zogen.
13 ff M. Herrich Kuntzen hießend zugmeister.
33 ff II ß Kunrat Rechberger umb 63 ff blatten den Knaben zu aflenthCtrcn.
36 n den armbrust und bQchsen schützen umb tuch zu aBenthOren.
2 ff dem wagner umb 2 böm zu den bflchsen.
3 ff 2 6 A M. Winkier von einer alten Buchß zu beschlachen.
30 ü Cunral Sloller umb i Nußboum, Nament ZOgmeister.
3 ff 15 ß M. Herrich Kuntzen büchsennicister hießcnt ZQgmeister.
j ff dem Fabian, maler von den buchsen rot an ze strichen.
4 ff Felix Murer armbrustcr.
40 ff M. Herrich Kuntzen buchsenmelst^r.
8 ff M. Hans Männer.
Unter den Einnahmen:
14 ß 6 t^ ist mir worden von dennen bdchscnsvliutzcn so dz bulffcr nit gnomen band.
39/7 7 ß 6 if gab meister Wick hatt er gctäst ab 105 spießen ein umb 7 '/• ß.
30 ß gab M. Wick umb 4 spieß.
5 ff 5 ß gab meister Wick hatt er glöst ab spießen umb ein 7 */■ ß<
15H. 4a ff 5 ß Pettern Füßhn umb ein Stein und mndel darin ze gießen hießend zugmeister,
6 11 den Armbrust und Buchßenschützcn uft' unser Herren tag.
16 ff 7 V* ß den BüchßenschQtzen i jar für bulfer.
5 ff 13 ß M. Heinrich Cuntzen Buch ßen meister hießend zQgmeister.
36 ff 10 6 r)( dem Rudolf Sengen, Hans FOßU, Hans Frommen und Rudolf Hoffman,
als sy zu Bremgartten im büchßenschießen gwunnen hand.
30 ff 5 ß dem Lutschgen von den Büchßen und von trucken zcbeschlachcn, hießend
zugmeister.
6 ff 7 Vt ß I Icrr Velix Grebcl und Caspar Goldli haltend sy gen umb tuch zun ladungen
7 ff 15 ß Meister Heinrich Büchflenmcister umb tuch zun ladungen hießend zflgmcister
4 ff 3 ß 8 iV Lienhart Zeiner Vom Stflngly zum vftnly und von Schütten an die piachen
an die legclen und pOdißcn zcmachen.
7 ff 15 ß Herr Velix Grebel haltend die zugmeister ussgen umb allerley so sy zun
Büchßen prucht haltend.
5 ß Lienhartten vom Bulffcr und vom zOg in dz Schiff zethun.
18 fl dem Fryen umb Zündseil zum Bulffer.
9 ff 5 ß 6 r> M. Huwelman umb Ariß Scharttcrnaysiden dem Sidcomayer umb a Schilt
umb wiß gmangt tuch und umb bendel vom meßgwand und zur Scheid
zum paner und darvon zemachen.
4 ff Pettern Studcr vom SchOtzcnvanli ze malen und zegülden.
(Schluß folgt)
Kleinere Beitrage.
Die allen Kachelöfen Im Rathouso zu Chur.
_ Nachfolgende Mitteilungen von F. von Jecklin wiederholen wir aus dem »Freien
Rätier" (4. April 1907).
Kür das Rathaus bestellt wurde der Ofen in der Bürgerratskan^lei, der mit dem
schönen Rcnaissance-GetAfcl aus dem Menhard'schen Zimmer ein harmonisches, stimmungs*
Voltes Ganzes bildet. Über die Entstehung dieses Winterthurer Ofens unterrichtet uns ein
Brief des Hafners selbst, der auf den Abschluß dieses Geschäftes ein Streiflicht wirft.
Das Schreiben datiert vom 27. September 1632 und hat folgenden Wortlaut:
Min grutz, sanipt willige dienst seye euwcr ehrsame wyßheit jederzeit zuvor.
Dem nach ich euwer jüngst an mich gcthancs schriben zu recht empfangen und den
Inhalt, wegen deü offcns, wollvcrstanden, so sey zu wüßen, daß ich ungevar vor 3 wuchen
ein schreiben an hcrrcn buwmeisters Cazins sl. erben zwar an in selbs, wie ich aber ver-
standen, daß er gstorbcn sey, nach Chur geschickt» darin ich dann vermeldet, daß der offen
in 3 oder 4 wuchen werde fcrttig werden. Nun aber ich in cQwerem schriben mag
mercken, daß euch min schriben nit zukommen, wil ir deß selben nil gedänkend, so sey
zu wQßen, daß der offen von hüt Über 14 tag, so sin wirt der 4. tag Wymonat allts callen-
ders, nach ZOrich kommen und so dann die gclegenhcit und fuor uGT dem waßer vor-
handen, wil ich selbs verschaffen, daß er ingladen und fort komme. Und so bald er fort,
will ich alsbalt dem offen nach und in ufrichten. Wollend dann verschaffen, daß wann er
zu Wallenstat ankörnt und widerum uff die wägen oder achs ufgeladen wirt, so muß man
deß Zeichens achten, daß ufl" tien faßen gemacht oder geschriben ist, welches also ist
(OBEN). Also daß daO zeichen, wann die faß gladcn, uf den faßen zu oberist seye; dann
die arbeit darnach ingcmacht ist. Wollend auch verschaffen, daß mann im füren gut
sorg habe.
Diß habend Ir von mir zu cwcr nachrichtung. Wollend euch auch mit leim und
anderem, waß man bcdarfl, versehen. — Was die kelte antriflt, ist es noch allwil
noch nit zu spat. Ich hab im min lezten schriben eines paß zedels begert, so ich
eines bedOrflig werc wegen der reiß, daß ich dcßtcr eh fort keme. Und so ihr meindtcnd,
daß ich eines bcdörfne, wer min bitt, wollend mir einen laßen zukommen. Bit derwegcn
wollend verschaffen, daß der ofen nit lang uff der straö bleibe, sonder angentz fortkomme
und bi cOch an ein gwarsam ort gelegt werde. Wollend auch die faß bcschloßen laßen
ligen, bis ich selbs komme und dieselben uf thüe, damit als bi ein anderen hübe und nOt
verzogen werden.
Sind hiemit nochmallen von mir grüz tmd gottlicher allmacht woU befoUen. Geben
den 27, tag Herbstmunat anno 163a.
E. E. W. dienstwilliger
Hanß Heinrich Pfauw, haffner in Windterthur.
Adrcßc: Dem frommen, vesten ehrcnvcsten, fftrsichtigcn, ehrsamen und wyßen herrcn,
hcrren burgermeister Meyer der statt Chur, bi dem wilden mann, günstig zu handen.
Chur.
Original, Papier, Stadtarchiv Chur, Ratsakten; das Siegel (Pfau Qberm Hcnkelkrug,
daneben die Initialen: MH-P) hinten aufgedrückt.
Ende November 1633 scheint der sehnlichst erwartete Ofen gesetzt gewesen zu sein.
i6B
MMli dmi .VcncidMDns ös mrs f rin ^ So m
Olwrtc«il TiAdi ttf doB TtharAirf i*pA
Jakn mä aocfc recbanc woAr aolcfas weani kU
bfvdK w«rda**, bcziMe der Scadtadvciber >oh. Ta
fl» Galdea 36 Kr,
Da «es ä taMJvea Geldwert —ifi ii lit wefAr 450 Fr.
Frace oSea Mrfcm, cb danic die gssze KMihmi B e oder as* «■
wwde.
2wQ ^f/ fwTnpmi' r OfeBn mb KsOMsse von Qmt komhmb is9
waf CMifcB jafancknica noch ein driner fwtwdm ww^ 90 fics^ Ae VeraifldBg mbep
hMen ■npr«m[Sdi dk AtafZtefte m Sieckbara Öfaa bkIkb Immb; «ie mcb aleZOnfte
leiaencit ta Kii—Tit GlaigenUlde bd der Firaia Spengler beaceütea.
Der akeau iHeaer Sceckboreer Öfen, «0 der Scfaneidcmaifk fl Um mend, trflgt die
JflferaM 17m Er befindet lidi oiefal mehr a Orar, aoodera ist »tf ScUoft FttrsceMttjj
«rifwtrtir
Voo 1734 datiert der Zunft-Oleii auf der Qnircr Stadrfranrlei ; dk
erhielt ent 1753 einen genalten Ofea; deraefiic steht jetzt anf dem StadH w J i i ei aai l e .
Patent zu Gunsten einer venezianl&chen Glasfabrik In Lacamo.
*D^ landamann Wasers von Underwalden bewilUgung, venediscbe glcser remaciien
jbensyt gcbtrga.
Wir etc. thund khund hicmit, -das lonamen und von wägen des Edlen gestrengen
Herrn Johans Wasers RiUhers, panncr-Herrcn und alt Land-Amans zu Under Waiden, zu
gunat und von wägen Johans Peters de Badis und siner mitthaff\en, an uns gelangt ist»
wie bicn ein khunstrychcr vencdischer glasniacher an die Hand gesto&cn dermaßen er gc-
ahmet gantzer Hoch loblicher Eydgnosschafft zu Lob. Eer and nutz im FlAckcn Luggaris
ein brcnofcn uffzcrichicn und darzu artlidie gicser uff vencdische gatung, Es sig von
schyben, trink oder sonst gschirren oder andcriey geferbte oder ungeferbte glcser zu
brennen lassen, Diewyl aber er und sine mitihafften solUcbs nit anc großen merklichen
coatcii nihoy und Arbcyt mögen zu wagen phngen und zu gwin und veriusest erwarten
mOOen, wie »icl) der gwärb erzoigen werde, und khcjn zw\'fcl haben, so die sach miß-
riethe mcngklichcm Qt>er den schaden Erst zu spott und zur fabel wurden, dargflgcn wann
der gwOib ein nützlich forgang gcwunnc, das andere meer ufl nyd oder gyih ouch brönn-
Oflcn wurden uflriclitcn und unbetrachtet das söUichs inen selbes grad so wol, als gesagten
Johan I'etern de Badis und sinen mithalten zu nachteil reichen mochte, diewyl sovil waar
ungrzwifclt nit wurde kouftihth Oberkkonimcn. Derhalbcn sin diemDiig pitt wäre Innamen
vnrstat das uns gcvallen wolt, inen u(f zwcnzig oder zum wcnigoslcn fOnfzacben jar lang
Privilegium zcgcbcn, und zustellen, sollich werk in gang, Qbung und nutz zebringen und
by hochcr pecn und straff zeverpictten, das innerthalb obcrzclten jaren khciner dhein glaa-
offcD wftder im (l&cken noch sonst uff der Herschafft Luggaris uftrichten, solle noch möge.
So syend ay zuversichtlicher trostlicher Hoffnung mit Hüft Gottes ein Überfluß und wolfeile
an glas in das Land zcpringen, sigcnd ouch des Vorhabens, sOlliche kunst dermaßen anze*
richten, daß die dhcinem Eydgnossen der selbige zcicrnen beging, verhalten werden solle
etc. So wir nun diß vorbcrürt anbringen und werbunge der notturfft nach gnugsamlich
verstanden, da so haben wir zu f&rderung des gmeinen nutzes und damit andere meer sich
guttcr kOnstcn und gwärben zu woffart des gmeinen vaterlandts zeundemämen, deß williger
imd gcvliOncr syend, zu demselben irem nit unzimlichen anbringen (sover es mit gmciner
4tiin und Zulassung der Übrigen orthcn Loblicher Eydgnosschaft zugan und beschächen
mag) göttlich bcwilligot und inen das begflrt Privilegium fOnflzachen jar lang zuglassen
und bestflttigott, doch alsover und mit dem Anhang, wann ettwar in der Eydgnosschafi
wArc der sölliche kunsC von inen zcUmen begaren würde, das selbige inen nit voi^ehalten,
i69
i
I
*
noch verborgen, sonders der anwärbcren erpieten nach, uff gepürliche gnugthQyung cnt*
deckt und geoffenbart und dißvals nOtt verhalten werden solle ... * «Dat. 7a Decem-
bris 1569"
»Teutsch Spruch-Buch der Stall Bern* X X
pag- 344 ^' istaatsarch. Bern,
Wir wissen über das Zustandekommen und weitere Schicksal dieses Unternehmens
nichts mehr. Die eidgenössischen Tagsatzungsabschiede schweigen davon ganzlich. Joh. Peter
de Badis gehört einer sehr angesehenen Locarner Familie an. Der Gesuchsteller Landamtnann
Johannes Waser, der wohl selber Antcithaber war, ist auch anderweitig als ein industrieller
Mann bekannt. Kr kaufte so weit möglich alle Kischenzcii im Lande zusammen und trieb
rationelle Fischzucht und großen Fischhandcl. — Elr scheint Zinngießereien und Ofncreicn
eingerichtet zu haben, worüber ich ein andermal berichten werde. Waser, der aus kleinen
Anfangen hervorgegangen, neben Ritter Lussi der bedeutendste Staatsmann Unterwaldens
im XVI. Jahrhundert wurde, besaf* einen ausgesprochenen Hang zum Luxus und hervor-
ragenden Kunstsinn. Nachdem er sich, um die Mangel seiner Herkunft zu verwischen,
15Ö6 auf dem Reichstage zu Augsburg von Maximilian 11 hatte adeln lassen, baute er dJe
Ruine des alten Meierturmes von Stans zu einem prächtigen Palaste um, aus dem das
Landesmuseum das schöne „Rosenburgzimmer" besitzt. Da der deutsche Adcisbricf offen*
bar nicht die beabsichtigte Wirkung hatte, Heß er sich zehn Jahre später von Heinrich III
von Frankreich neuerdings adeln mit der Begründung «parce qu'il ne soyt pas rccunnu
dans Ic paya de sa patrie cumme yssu de noble rage". Waser starb kinderlos löii und
hinterließ sein Vermögen in sehr ungeordneten Verhaltnissen.
Nachrichten.
Basel. Augsl. Seit dem Monat April sind Ausgrabungsarbeiten im Gang. Der
Hauptbau der bisher aufgedeckten Reste des sog. „Tempels* besteht aus einem länglichen
Maucrrechleck von 30 v 40 Meter, Der Unterbau, ein mflchtiger Sockel von 3 Meter Höhe,
ist noch vorhanden, vom Obergeschoß hingegen vorläufig nichts mehr. Dagegen wurden
unter dem Schijtt verstreut zahlreiche Säulentrümmer gefunden. Die bis jetzt freigelegten
Reste des offenbar durch Feuer zerstörten mächtigen Gebäudes sind nur Teile des Unter-
baues, der ursprünglich nicht sichtbar gewesen ist. Die Außenfassade der Umfassungs-
mauer war durch kleine vorspringende VVandpfeücr gegliedert. Diese, wahrscheinlich noch
aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. Geb. stammende Anlage wird durch einen langen Ver-
suchsgraben mit dum einer andern Bauperiode angehörenden Bad am Fuß des Schönen-
bohl verbunden. Neue Zürcher Zeitung, ai. Juni 1907.
Bern. Bief. Die sogen, alte Mühle unterhalb des Technikumgcbäudcs wird abge-
tragen; an ihre Stelle soll ein Neubau treten. Die MOhle war Jahrhunderte lang Lehen
des Bischofs von Basel und fnhrte deshalb den Namen LehenmOhtc. 1653 wurde sie
Lehen des adeligen Geschlechtes Theltung. 1663 kommt sie urkundlich als .Mühle im
Hirzengrabeu* und 1772 als „Lochmühle** vor. Seit einem Vierleljahrhunderle diente sie
bloß niich als Wohnhaus. Zwei Mohlesteinc, die noch neben dem Eingange zum früheren
Mühlcraum liegen, verraten heule noch die ursprüngliche Bestimmung des alten Gebäudes.
Durch den Neubau wird ein mächtiger viereckiger Turm, der sog. Stadtturm, zum großen
Teile verdeckt werden. Der Turm, der zur Stadtbefestigung gehörte, hieß im 15, und 16.
Jahrhundert Urschincnturm; im 18. Jahrhundert wurde er Schelmenlurm genannt. Kr ist
aus Hartsteim|uadem aufgeführt mit Ausnahme des obem Teiles, der aus Tuffquadcm be-
sldit. Das Innere tat in lOnf Stockwerke eingeteilt.
Basler Nachrichten, 1907, Nr. 177.
170
KeuchAfel. Landeron. Les travaux de restauration de l'hötel de ville du Landeron,
subventionn^s en grande partie par la Confödöration, sont conduits par M. I'architecte
Colomb, de Neuchätel. Au mois de Juillet, lorsqu'on eut enleve l'enduit blanchätre re-
couvrant le plafond de la salle de justice, on d6couvrit de forts jolis dessins polychromes,
espÄces d'arabesques, qui seront conserves et soigneusement restaur^. — Ensuite, on d^-
couvrit sous te badigeon qui recouvrait les parois de la grande salle et de la petite salle
contigue, d'anciennes fresques assez intdressantes, datant probablement du XVl"»^ ou XVII"":
si^cle. Ces fresques reprdsentent, sur Tune des parois, un sujet guerrier, — on yoit un
combattant succombant sous les coups de la lance d'un adversaire, — et sur l'autre, un
sujet glorifiant Tagriculture: un agriculteur conduit une charrue, de forme assez primitive,
tirde par un cheval que guide un jeune adolescent. Ces fresques aussi seront restaurdes
et contribueront certainement ä rehausser l'intörÄt que prdsentera au point de vue des
monuments historiques I'hötel de ville du Landeron. — Ajoutons qu'une salle sera sp6-
cialement destinäe ä servir de musäe, pour recevoir toutes les antiquitds interessantes con-
serv6es au Landeron: coupes des confrdries, chaire de Farel, armes diverses, etc.
Le Neuchatelois, 20 juillet 1907.
Solothurn. Niedergösgen. Über die im ersten Hefte, S. 67, angezeigten Ausgrabungen
macht Prof. Dr. E. Tatarinoff im „Solothurner Tagblatt" noch folgende Mitteilungen:
»Die römische Villa in Niedergösgen präsentiert sich nach Beendigung der Arbeiten
als eine kleinere Wohnung besserer Leute. Es sind sechs Räume bloßgelegt, von denen die
drei untern durch Hypokauste heizbar waren. Der oberste, am besten erhaltene, bildete
einen Vorsprung aus dem Hausgeviert und scheint zu Badezwecken gedient zu haben;
daß auch dieser Raum heizbar war, beweisen die vielen Heizröhren-Fragmente, die darin
gefunden wurden. Eine breite, sorgsam angelegte Treppe führte auf den mit Terracotta-
platten belegten Boden hinab. Oftenbar war ein älterer, ebenfalls mit Backsteinplatten be-
legter Boden schadhaft geworden Darüber war dann ein zweiter, analog konstruierter
Boden angebracht, so daß der ganze, außerordentlich sorgfältig gearbeitete Grund etwa 80
Centimeter dick war. Alle Winkel des Zimmers waren sorgfältig mit Leisten ausgekleidet
Eine rings in Ziegelbeton eingefaßte Bleiröhre führte das Badwasser nach außen. Auf der
äußern Seite befindet sich das Fundament der Mauer fast 3 Meter unter dem gewachsenen
Boden. Das Traufwasser wurde durch einen besondern, mit Kalksteinplatten bedeckten
Kanal abgeleitet. Im südlich an den Baderaum angrenzenden Zimmer war der schon be-
rührte Mosaikboden. Der östliche Heizraum war sehr gut erhalten und wies noch alle,
etwa 50, Heizsäulchen auf; darüber muß ein schönes Zimmer gestanden haben, wie die
köstliche Wandbemalung, von der sich einige Spuren fanden, schließen läßt. Der Grund
war weiß, mit roten Blumenornamenten bedeckt. Auf einigen Heizsäulchenplatten fanden
wir einen eingeritzten Hirsch als Fabrikmarke. Auch große Tragplatten mit dem Stempel
DVN. PATR. (Dunius Paternus) (vergl. „Anzeiger* N. F. VIIIJ S. 253) kamen hier wieder
zum Vorschein, sowie Reste von Wagenbestandteilen, Nägel, Scherben, eine Fibel aus
Bronze, eine Angel aus Bronze etc. Im Räume westlich davon ließ sich das Heizloch
(praefumium) noch deutlich erkennen. Epigraphisch ist außer dem oben genannten Dunius
Patemus noch interessant der bisher bei uns noch nicht bekannte Töpfer Toccinus und
der schon von Mommsen in seinen Inscriptiones Confoederationis Helveticae Latinae zitierte
und auch sonst noch bekannte Gemelianus, der, wie in Avenches, auf einer durchbrochenen
und verzierten Bronzeplatte erscheint: THECA GEMELIAN (Theca Gemeliani?). Ich ver-
mute, daß unser Gemelianus ein Waffenfabrikant war, der Scheiden fabrizierte; theca heißt
Scheide, und die Zierart scheint ein Scheidenbeschläg gewesen zu sein. — Ein genauer
Fundbericht wird im einzelnen den Nachweis zu liefern haben, daß diese Ausgrabung, die
von der Leitung der archäologischen Abteilung des Solothurner Museums und mit der
Unterstützung der Firma F. C. Bally Söhne in Schönenwerd durchgeführt wurde, ganz er
freuliche und für die Kenntnis unserer engeren Heimat recht ersprießliche Resultate ge-
zeitigt hat. Da einige Münzen des Kaisers Konstantinus II. (337—340 nach Christus) ge-
lyi
*
funden wurden, so läßt sich vurlAufig sagen, daß das Haus in der schönen Lage über der
Aare mit dem weiten Blick aber das liebliche GeUnde der Umgebung Aaraus in der Mitte
des 4. nachchristlichen Jahrhunderts von behäbigen, kunstsitmigen Leuten bewohnt war/'
— Auf der Frohburg werden unter der Leitung von Herrn Mcycr-Zschokke, Direktor
des Gewerberauseums Aarau, Grabungen vorgenommen. Wo vom Schloßgraben her der
jetzige Zugang zur Ruine führt, sind die Fundamente des Turmes bloßgelegt worden. Die
Dicke der Mauern betragt 1,50 Meter. Die äußere Mauer gegen den Schloßgraben hin, an
die sich der Turm anlehnt, hat einen Durchmesser von 2,50 Meter. Ein kleines Fenster in der
Mauer bot Ausblick auf die Vorburg über der nördlichen Seile des Grabens. McrkwQrdig
ist der Umstand, daß sich im Turme keine Stockwerke nachweisen ließen, dagegen zwei
TQren zu ebener Erde hineinlührlen. Der große Burghof war rechts und links von Mauern
eingefaßt, woran die verschiedenen Gebäude stießen. Der Grundriß eines solchen ist be-
reits festgestellt. Die Distanz von der Vorburg bis zum südlichen Ende des Burghofes be-
trägt 130 Meter, also ohne Burggraben ^irka xoo Meter. Einzelfundc, wie sie besonders
in der Schuttmassc beim jetzigen Emgang gemacht werden, haben mit Sicherheit ergeben,
daß die Frohburg schon zu keltischer Zeit als Refugiuni benutzt wurde, wie der Eppen
berg. Wertvolle mittelalterliche Funde sind bis jetzt nicht gemacht worden; dagegen stieß
man da und dort auf Spuren IrQhcrer Schalzgräberei. An zahlreichen Stellen der Mauer
erkennt tiian auch noch die vernichtende Tätigkeit des Erdbebens von 1356, das die
Burg in Trümmer legte. Nach Oütner Tagbhtt.
— Wangtn. Im Juni d J. sind Kirche und Turm von Wangen bei Oltcn gefalleui
deren Beschreibung in der Veröffentlichung »Die mittelalterlichen Kunstdenkmäler des
Kantons Solothurn" (Rahn, „Zur Statistik Schweiz Kunstdenkmäler") S. 233 u. f. enthalten
ist Eine im Auftrag der schweizerischen Gesellschaft für Erhaltung historischer Kunst,
dcnkmäler ausgeführte Sammlung von Aufnahmen des Inneren und v\uOeren und ein von
Herrn Stadtbaumeister Schlatter in Solothum aufgenommener Grundriß geben im Bild diese
charakteristische Landkirche in allen ihren Teilen wieder. R.
Tössin. Mohnaszo. Bei Gelegenheit von Grabungen in dem Hause des Herrn Mino-
letti (ehemals im Besitze des Herrn Migliorati) wurde im Monat Februar ein Grab ge
Oflfnet, welches außer einigen Resten des Skelettes, wovon sich der Gesichtsteil des
Schädels noch erhalten hatte, Broiucringe mit Bernsteinpcrlen und zwei Golasccca-Fibeln
enthielt.
— /Mtttino. Hier wurde am 9. März im Rebberge des Herrn Giulio Degottardi ein
gemauertes und mit drei Steinplatten bedecktes Grab geöffnet
ßollettino storico della S\nzzera italiana, 1907^ No. i —5.
— St. AntoniHO, Richiamiamo qui un nostro articulo: La chiesa di St. An/otiino td
ii litpinto ivi ora scoperto pubblicato nel giomale it Dovtrt del 33 settembre 1905 {Anzeiger
1905, p. 257), neir intento di meglio sviluppare con qualche allra nota, c complctare la
descrizione di qucl dipinto tratto alla tuce della pubbllca attenzione. A tanto ci inducono
i lavori stati eseguiti per la conservazione del dipinto e aicune infurmazioni picne d'interessc
che il M. R. Parroco Cavalli Don Gottardo ebbe la cortesia di fomirci, in occasione di una
nostra visita lassü. — Si trattava die trasportare per divcrsi niclri una mensa d'allare in
muro massiccio, davanti della quäle si era rinvenuto un'antico affresco, rappresentante la
tigura di Cristo colle braccia aperte, dopo il grande sagriticio. 11 lod. Dipartimento dl
Pubblica Educazione, prcvie le constatazioni opportune di una commissione di compeienti
(dl cui faceva parle anche l'esimio professor Francesco Chiesa) consentiva ed assumeva
il trasloco dell'afiresco prezioso, allo scopo di assicurame la conservazione. Con sommo
piacere abbiamo potiito constatare, come il trasloco abbia avuto luogo con criteri razionali
e con ingegnoso procedimento. Onde nessun inconveniente si ebbe. Anzi ottimo, lusinghiero
fu il risultato dcl trasloco del pregevote dipinto. Qtiesto, protetto ora da una grande
lastra di cristallo con adeguata cornice spiega sptendidamcnt'.' airocchio tutti i suoi amnii-
lya
rabili eflctti. j- Nessuna pictra sacra. aveva la itiensa, all'incontro : sotto la medesima, fu
scoperta una piccola uma contcnente un vaso di vetro sottilissimo, in forma di bicchierc
depresso, nel quäle sj trovavano reliquie, avvolte in pannoüni di seta. QuclJ'urna coUc
reliquie, fu nunvamenle deposla sutto la iiiensa rimossa, dovc fu dcposto anche un docu.
mcnto a ricordo deU'avvenuta cerinionia. - Non possiamo non altaniente apprezzare la
saggia disposizionc prcsa dal lod. ConsigUo di Stato, grazie alla quäle fu salvato dalla
disiruzione uji 'interessante cimelio d'artc antica nel nostro Ticinu.
CoL Giorgio Simona (Popolo e Liberia, 8 gingno 1907I.
— Vtrscio. Aflreschi nella chiesa parrocchiaie. Quando, nel 1891, vennero in lucc
i dipinti medioevali nell'ancora esistente coro dell'antica chiesa parrocchiaie di Verscio, it
professore Rahn vi accorreva da Zurigo, e piii tardi vi ritomava per rivedcre le nole che
ne avcva presc e pubblicate poi nei MiUtlaUerhcheH Kunsidenkmäter des Cnnfons Ttssi»
(monumenti artistici del medinevo nel Ticino — Craduzione di K. Pometta). Nessuno allora
avrebbe detto che, dopo 16 anni. si sarebbero ritrovali, dietro quelli, altri dipinti piü an-
tichi e piü intercssanli per la storia dell'arle e di quella chiesa, che non solo era centro
delle Ire terre di Fedemonte, ma estendeva la sua giurisdizione a (utto il territorio di
Auressio, in Vallc Ünscrnone. — II buon esilo delle nostre ricerche dobbiamo special-j
mente al fine accorgimenlo del M. R. Curato Meneghelü Don Pio ed alta sua cortese coop
razionc. — Sccondo gli aiinah della Parrocchta scritti solo nel XVIII secolo, la chi^a veniva
consacrata nel 1214 (?) da Mons. Agostino Visconti vescovo di Vercelli. Essa aveva una
lunghezza di mctri 33 (porticato, navata c coro, ossia presbiterio, compresi) per melri 7 di
larghezza, comc gU avanzi dci fondamcnti danno ancor oggi indizio. Ora non rimanc
che il coro, coU'arco trionfalc e circa due nietri di navata. Era rivolta come di rito ad
Oriente, mentre !a chiesa in bei barocco terminata nel 1748, guarda a settentrione.
parte esistente della navata antica si uniscc alla parcte ad Oriente, vicinu alla facciata öeXU
nuova chiesa. Secondo le deduzioni che ora si possono fare, la navata cd il coro dovevano
avcre il sofütto di travi a tavole.
Per conoscere la presente situazione topografica dobbiamo premcttere, che la volt
a crocicra, lardo gotieo, del coro c l'arco trionfale sono di costruzione posteriore. Difatti,
a mcriggio, la volta a crociera basa sopra un muro speciale appoggiato alle paretc; un
cedimento di queäta paretc niostra una larga tcasura che passa ollre I'attacco dcH'arco
trionfale. Queslo poi fu chiuso durante i lavori della nuova chiesa per formare col coro
la prcsentc capclla della Cotifraternita dtit Immacolafa che ha l'cntrata separau. Pero, ap-
poggiata SU quel muro di chiusa e su quello della nuova chiesa, si costruäse anche una
volta a botte ondc ottcnere un piccolo locale dctto 1/ ^egmto per riporvi arredi sacri, nel
quäle si entra daJIa chiesa per una portictna dissimulata. — I dipinti ad aflresco, ora sco-
perli, si trovano suUa paretc a meriggio dietro il muru ed una calotta della volta a cro-
ciera, nonch^ sulle parti ancor visibili della facciata dell'arco irionfale. Chiudono quella
parete un comicione alto metri 0,65 con ornato a foglio d'acanto verde, una larga fascia
rosso pallido con fregio ad intreccio bianco, un bordino color giallo fra diversi filetiamcnti
bianco'grigi. Questo comicione st ripele sulla slessa paretc che si allunga nella navatsbj
Di sotto al comicione si ammira una graziosa Madonna, ta tcsta soavemente piegata,.
Id sguardo espressivo; pare seduta sopra un trono, vcste e manto dl porpora, e ticne in
grembo il divin ftgtio ponendogli la mano sulla spalla. A destra della medesima, ctnque
santi, fra cui Sant'Antonio di Padova che e il piü vicino alla Madonna. A sinistra altrc
«ante ignote, I'una in vcsle rossa. I'altra verde e manto rosso, ambcdue con una mano al
petto. Tutte le figure sono circondate da aurcola d'oro. Si direbbc che tutta la parete
ftno oltrc l'arco fossc dipinta. Questi aHreschi possono risalire alla fine del XIV secolu. Sulla
sommitä dclKarco trionfale esistono resti dicornice; segue poi tutta la linca dell'arco stesso
un bordo largo mctri o,ai con ornato ad intreccio color rosso ombrcggiato bianco con hlcttamenü
a chiaro oscuro. La facciata dell'arco si divide in qualtro campi. I due superioii racchiuduno,
sccondo l'usoj 11 tcma dell'anaunztazione di Maria. A sinistra di chi guarda, TAngcIo, a dritia
m
I
I
Mdria. Sopra la volta del sigrtto si vede ancora, un loggiato color rossiccio e in un cantiiccio
rinscrizione minuscola: Ave Moria — gratia pUnn — Dominus^ hram — , il Santo Padrc
ciiTondnio da dne teste di angioli in chiarooscuro, che colla desira benedice, mcnlrc col-
Taltra soätiene un piccolo mondo — c la bianca colomba che posa sopra piccoli raggi rossi
asfondo giallo.— Sottola mcdesima volta c nelsf^r^/ostesso, si vede parte della veste deirangelo
— un bei damasco rosso su fondo giallo — e una parte della camera di Maria, ove questa
sta genuflessa innanzi ad un leggio Ambo i pavinienti sono a scacchi nero e bianco. —
[ due canipi inferiori sono due nicchie. In qiiella a sinistra, si presenta ia figura
maestosa dt S. Antonio Abbatc — bella tesfa circundata da un aureola — bianchi capelli
gli sccndono sulle tcmpia, lunga barba, abito con rtsvoUo al collo, camlce bianco, manto
nero; tienc in mano il pastoralc a carnpanelloi porta zoccoli arrutondati. — Nella nicchia a
destra e rappresenlato San Lucio che laglia un cacio Non ha aureola p«rche sanlo non ancora
prociamato ma solo riconosciuto per tradizionc. Un sanCo simtlc fu giä trovato fra i dipinii
medioevali scoperti alcuni anni fa nella chicsa coUegiale d'Ascoiia, purtante cpoca di pocci an-
teriore a questa. — II dipintoraffigura un vero tipo di buon alpigiano, la tcstaela fronte com picla-
mcntc copcrtc da un cappcUo grigio a larghc lalde rivolte in basso, il viso rotundo circundato da
poche ciocchc di capelli biondi, senza barba; veste tunica color Celeste a maniche streite,
giubba fino al ginoLchio nudi gli stinchi c bassi i calzari. 11 fodero del coltello appeso
alla cintola. — Termina la iacciata deH'arco trionfale una bnse a riquadro con fascio iras-
versalc. 1 dipinti di questa devoiio essere di un'epoca poco lontana da quelli dclla volta a
crociera che il prof. Raliii descrive colla sua abitualc csattezza c saggio apprczzamento;
egii, il Rahn, (issa l'epoca intorno al 1480. — Gli affreschi in genere sono forti; si dircbbcro
degli cncauati, talmentc alcuni colori sono vivaci. Le carnagioiii uttenute su fondo bruno-
chiaro, per sä stesse, non sono di grande efTetlo: ma lo ricevono dai contorni scpnati con
ccrta maestria, le estreiniiä e la composizione sono in complcsso bcn discgnatc. Se si
paragonano tutti qucsti dipinti alla pittura dclla piena dccadeiiza si sentc bciisi rinfluenza
d'un risveglio dell'arte, ma st pensa subita che gli artistl, ptuttosto mestieranti, non potevano
subirc tale inHuenza che molto dcbolmcnte. — 11 S. Lucio, di cui csistc la tradizione special*
mente diffusa nel Luganese, non e da confondersi cd S. Lucio, uno dei primi vescovi della
diocesi di Coira. Lra un alpigiano di Val Cavargna (fra la Val Colla ed il lago di Como)
molto carilalcvole. Dopo aver falto burro, formaggio e ricotta, dal siero cavava ancora prodigiosa*
mente formaggio che dislribuiva ai poveri. La picta del Santo era cosi premiata e nel
medcsimo tempo suddisfatta Tavarizia e Pcsigenza del padrone. In un viaggio da Lugano
all'alpe venne inscguito da alcuni malandrini e ferito presso Sonvico, ove si conserva una
cappella in suo onorc, u 5anco ad una piccola fönte delta il Jonlanino di S Lucio, Fu pot
assassinato sulla cima della montagna, che d'allora in poi si chiamo passo di S. Lucio,
dove sta ancora un'oratorio in memoria delTawcnimcnlo. S. Carlo lo visilo nel 158a ai
35 di luglio (Giussano, memoric scrlttc a Sonvicu).
Nel coro a Crociero tarda gotico, alla parcte Orientale, dove ancora si possono
vedere traccic d'altri dipinti, si scorge facilmente il poälo ove stava f'aUare di Icgno tutto
dorato, che ora si trova nella nuova chiesa alla cappella detta del StpolcrOj beltissimo c
ricco lavoro d'intagtio dclla fine del XVI sccolo: t un tempietto o santuario a niezzo otta-
gono B divers! piani con due corpi che si allargano ai lati, sostenuti da angiolctti gcnuflcäsi
appoggiati a sostegni adatti: gli scompartimenti del medisimo sono di diverse dimensioni
e separati da colonne attortigliate; leggiadrc colonncttc che racchiudono nicchi d*ogni sorta,
con santi ed cmblemi, allici, mensole, comici, frcgi, omati, riaizi e suiralto Ire staluelie che
dccorano la sommitä cun ahbondanza di motivi che sono un complesso arnionico in ogni
parte, c ricordano ancora l'epoca buona dcirarte. Qucsto altare e fra i pochi che rimaii'
gono ancora di quel tetupo; sarebbe da deplorarsi sc venisse venduto, come pare sc ne
abbia la intenzionc, molto piu a dcplorare sc dovease, come tanli altri rimarchevoU oggetti
di chiesa, prcnderc la via dcIlVstero. Ci lusinghiamo intanto di vederlo un giorno brillare
nel musco storico di Locarno, che si dovra iastallarc nel Castello mcdiocvate a ristaun
compiuti. Col. Giorgio Simona (Fopolo e Libcrtä, 3 luglio 1907).
«74
Zürich. Zürich. Schon im Januar 1883 halle der Berichterstatter in einer Kingabc an
die kantonale Direktion der öffentlichen Arbeiten auf den bedcnkUchcn Zustand hingewiesen,
in dem sich das Hanpiportal t/is Großmiinsters befaiid. Dieser Eingabe folgte eine Zeich-
nung, auf welcher die Teile hervorgehoben waren, welche der Auswechshnig bedürften
und der Hinweis, wie sehr es Zürich anstünde, denen, die aus allen Teilen der Schweiz
zur Landesausstellung sich einfinden würden, dieses hervorragende Denkmal in würdiger
Wiederherstellung zu zeigen Allein erst vor wenigen Jahren haben Dank der Initiative
des Herrn Kantonabauincisters H. Fietz die Vorbereitungen zu den Wiederherstellungs-
arbeiten begonnen. Von sämtlichen Teilen, deren manche durch Verwitterung fast unkennt-
lieh geworden waren, wurden Gipsabgüsse gemacht und auf Grund derselben durch Herrn
Professor Josef Regl die Modelle ausgearbeitet, nach denen die neuen Skulpturen kopiert
werden sollten. Als Vorlagen für die Ergänzungen haben alte Aufnahmen gedient aus
einer Zeit, wo die Skulpturen noch viel besser erhalten waren, Zeichnungen des Kupferstechers
Franz Hcgi, die sich im Besitze der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich befinden und
1857 in ihren «Mitteilungen** veröffentlicht worden sind. Jedes fertiggestellte Modell wurde
von dem Referenten mit den Abgüssen verglichen und aufs Eingehendste geprüft. Seit
dem Mai dieses Jahres haben nun unter Aufsicht und Leitung des Herrn Kantonsbau-
meisters die Arbeiten an dem I'ortale selber begonnen : Entfernung der vermorschten und
verwitterten Teile und Ersatz durch neue in St. Margartrthener Stein, die in Blöcken ver-
setzt und an Ort und Stelle von dem Bildhauer ausgearbeitet werden. Bei diesem Ao-
lasse stellte sich heraus, daß die äußersten Matbsaulcn und erhebliche Teile der dahinter
betindlichcD Halbpfciler schon 1844 erneuert worden sind Sorgfältige Zeichnungen und
Photographien des bisherigen Bestandes und solche mit Angabe der neuesten Ergänzungen
wurden von dem kantonalen llochbauamte aufgenommen Sie wurden im Schweizerischen'
Landcsmuscum deponiert und diesem auch die fälligen Skulpturen zur Aufbewahrung
übergeben. Rahtt,
— Zürich. Vom 31 April bis 2. Mai 1907 war im Schwurgerichtssaale in Zürich
eine Auslese aus den Schätzen des Archive* der schweizerischen Gesellschaft für ErhaltungJ
historischer Kunstdenkmäler öffentlich ausgestellt Die dem Katalog beigegebene, von ProC^
Dr. J. R. Rahn verfaßte „Einführung" ließ den Reichtum und die Vielseitigkeit dieser Auf-
nahmen tretHich hervortreten Dcv weitere Ausbau dieser mit eidgenössischer Unterstützung
angelegten, im Landesmuscum deponierten Sammlung von Plänen, Kopien und photo-
grahischcn Aufnahmen wird das Archiv der schweizerischen Gesellschaft für Erhaltung
historischer Kunstdenkmälcr zu einer eigentlichen Zentralstelle wissenschaftlichen Studien
materiaics gestalten. Z
Literatur.
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1907. N" a.
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das eidgen. Schützenfest, Zürich 1907
— Siehe A. Pochon.
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ANZEIGER
FÜR SCHWEIZERISCHE
ALTERTUMSKUNDE
INDICATEUR D'ANTIQUITES SUISSES
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SCHWEIZERISCHEN LANDESMUSEUMS IN ZÜRICH
NEUE FOLGE IX. BAND 1907, 3. HEFT
Etüde sur les fibules de Tage du fer trouvees en Suisse.
Essai de typologie et de Chronologie.
Rar David Violiier.
{Suite.)
Concluslocs.
Avec les fibules gauloises de fer. nous sommes arriv^s au terme de cettc
premiere partie de noire etude. Avant de quitter cette region, il nous faut
indiquer quelles conclusions nous pouvons en tirer. Au cours de ces pages
nous avons dejä eu plusieurs fois l'üccasion d'en formuler quelqucs-unes;
mais il reste certains poinls sur lesquels il est necessaire de revenir. Pour
plus de clarte nous examinerons ensenible le Tessin et les Grisons, puis, ä
part, le Valais.
Un preraier point ä noter, c'est la presence dans des tombes remonlant
tout au plus ä la fin de la premiere epoque du fer, de fibules en usage de-
ja k la fin de l'epoquc du bronze, comme la fibule ä arc simple, Celles ä
grandes et petites c(*)tes. La möme survivance se pr^sentera aux ^poques
suivantes, oü nous constaterons par trois fois la presence d'une fibule ä sangsue,
ou de la Certosa, dans des tombes contenant des fibules La T^ne iL A ce
sujet. nous devons cependant faire remarquer que ces trois tombes ne präsen-
tem pas toutes les garanties desirabics: dies furent tbuillees par le proprio
taire du terrain, mais en dehors de tout contröle. On peut donc admettre que
ces fibules etrusques dans des tombes» La T6ne II sont dues ä un melangc,
ce qui n'est pas le cas pour les tombes dans lesquelles ont ete trouvees
les fibules de l'epoque du bronze.
Pendant la periode suivante nous rencontrons la möme particularit<* :
dans des tombes contenant des fibules romaines parfaitement caracterisees,
nous trouvcrons des fibules de la premiere p^riode de La Tene,
178
Nous pouvons donc, croyons nous, admettre comme une des caract^ris-
tiques des cimeti^res de cette rögion, le fait que Ton peut trouver des fibules
d'une ^poque antörieure encore en usage pendant une p^riode beaucoup plus
r^cente.
Que des fibules 6trusques se rencontrent dans des tombes, en compagnie
de fibules gauloises du type La Tfene I, rien de plus naturel. Les populations
gauloises, en s*6tablissant dans la vall^e, apportaient avec elles une civilisation
qui leur ^tait propre; mais pendant longtemps encore les anciennes popu-
lations qui n'avaient pas €16 extermin^es, et qui continuaient ä vivre ä cöt6
des nouveaux arrivants, durent conserver leur civilisation particulifere.
Nous avons d6jä attirö Tattention sur le petit nombre de fibules La
Tdne II et III trouvees dans ces ciraetiferes. II faut d*abord remarquer que
la plupart de ceux-ci appartiennent ä la p^riode etrusque, et cessent de rece-
voir de nouvelles depouilles au commencement de l'^poque gauloise. Un seul
d'entr'eux, celui de Giubiasco, commence ä 6tre en usage ä la fin de Töpoque
etrusque, mais servait encore de Heu de sepulture au milieu du IP"" sifecle de
notre fere.')
Nous pouvons donc tirer de ces differentes constatations les conclusions
suivantes :
Les deux vall^es du Tessin et du Rhin sup^rieur furent habitees par une
population stable dfes la fin de la prerai^re periode du fer ; population tr^s nom-
breuse, groupee, au Tessin, surtout autour de la petite ville moderne de ßellin-
zone, et dans les vallees voisines. Nous avons d^jä montre pourquoi, et
quel röle joue dans ce groupement le passage en ce point de la grande route
commerciale. Cette premifere pöriode dut etre assez longue et tr6s prospfere,
ä en juger par le nombre et la vari^t^ des fibules d^couvertes. Cette popu-
lation n'^tait pas guerriöre : du moins nous ne connaissons aucune tombe con-
tenant des armes. Ces tribus devaient principalement vivre de l'agriculture : c'est
pourquoi elles ^taient ötablies dans la plaine; mais elles devaient aussi vivre
du transit des marchandises ; peut-^tre se chargeaient-elles de les transporter
de la plaine du Pö jusqu*au Rhin; cette hypothfese expliquerait l'emplacement
qu'elles avaient choisi pour y fonder leurs deraeures. En tous les cas c'ötait
une population riebe, ä en juger par le nombre et la valeur des objets que
contenaient la majeure partie de leurs tombes.
C'est au döbut du VII''™*^ sifecle vraisemblablement que ces populations
p6n6tr6rent dans la vallee. En effet, ä cöt^ des fibules datant de I'^poque
du bronze, nous trouvons des fibules de la Certosa d'un type tr6s primitif.
Or, d'apres les d^couvertes faites en Italie, on peut placer au V*""* si^cle la
belle epoque de ce type.**)
Qui etaient ces habitants? et d'oü venaient-ils ?
Nous avons d^jä dömontre, en nous appuyant sur les beaux travaux
d'Arbois de Jubainville et sur la survivance jusqu'ä notre 6poque de noms
') Tombe 515, avec une monnaie de Lucille, fille de Marc-Aurfele.
*) Montetius, Civilisation primitive de l'Italie, introduction.
179
lelieux termines en ASCO, en tres grand nombre dans la vallee, que cette
population etait vraisemblablement d'origine ligure. On sait en effet que les
Ligures occuptrent toute la vallee du Pö. Mais cette Hypothese pourrait, nous
semblet-il, etre appuy^e par un argument tire d*un autre ordre de faits. Mr.
d'Arbois admet que les Ligures avaient primitivement habitc les bords de la
Baltique. 'I Dans cc pays, ils durent connaitre l'ambre; et en firent vraisem-
blablement le commerce. II serait donc tout naturel qu'ils alent attache une
certaine valeur ä cette substance, et qu'ils aieat aime ä s'en parer. Or les
cimetieres tessinois sont d'une richesse incroyable en ambre. I*as de tombe
qui n'en contienne quelques perles, seit sous forme de boucles d'oreilles, soit
sous forme de grands et lourds Colliers. Cet ambre est rouge et doit pro-
venir selon toute vraisemblance de Sicile. Mais serait-il trop temcraire d'ad-
metlre que les Ligures ayant quitte leur pays du nord, et dans l'impossi-
biliie de se procurer la belle substance doröe, gardant cependant leur pr6-
dilection pour les parures d'ambre, soient devenus des clients du commerce
sicilien? Notons qu'ils tiraient le corail qui orne leurs fibules de la m^me
region: de Naples.
Quant ä la directlon du mouvement qui peupla le Tessin, il semble bien
qu*il s'opöra du sud vers le nord. Les Ligures durent penetrcr en Italic par
l'Autriche, aprfes avoir suivi la voie du Danube. C'est de la vallte du Pö,
en reraontant le cours du Tessin. qu'ils penetrerent jusqu'au Heu oü nous
retrouvons Icurs nccropoles. Ce qui doone toute apparence de verite ä cette
hypothesc, c'est que Ton ne retrouvc pas trace de cette civilisation au delä
de la barri^re des Alpes, dans ce qui forme actuellement le canton des
Grisons. Nous avons. il est vrai, rattachc les Grisons au point de vue archeo-
logique ä la vallee du Tessin, mais les deux cimetieres qui nous ont engage
ä röunir ces deux r^gions se trouvent dans la vall6e de la Moösa, sur le
versant sud des Alpes, dans une vallee qui» si aujourd'hui eile dopend politi-
quement des Grisons, dopend geographiquement de la vallöe du Tessin.
Le Tessin fut donc ä l'origine habitö par une population ligxire qui
occupa toute la vallee jusqu'au pied du massif du St-Gotthard; cette popu-
lation avait du sejourner longtemps dans la vallee du Pö, oü eile s'eiait irouvöe
en contact avec la civilisation que, avecMontelius, nous avons appel^e etrusque.
Au d^but du IV-""" sifecle, une des tribus gauloises, qui devaient prendre
Rome en 390, remontant egalement le Tessin, p^netra dans le terriioire habitc
par les Ligures. Ces bandes guerridres, comme nous le prouve le grand
nombre d'cpöes et de casques trouves dans leurs tombes, s'install^rent au milieu
de l'ancienne population (il ne semble pas qu'il y eut lutte), et finirent par
lui iraposer leur civilisation.
Cette cohabitation pacifique des deux races et les progr^s des moeurs
gauloises sont tres nettement marquds par les nombreuses tombes dans les
quelles on trouve des fibules de types etrusqucs mdöes "aux fibules gauloises.
') S. Rcinach, Comptr rendu des Premiers Habitants de TEurope de A, de Jubainville^
Revue Critiquc 1894, p. 361.
i8o
Les Gaulois de la valMe du Pö furent vaincus une premifere fois par les
Romains en 222 avant J.-C, mais ce ne tut guere qu'aprfes la conqu^te defini-
tive de la Cisalpine, de 201 - 176, que i'influence romaine se fit vraiment sentir
dans la vallee du Pö. Ce n*est probablement qu'un peu plus tard qu>lle
penötra dans la vallee du Tessin. Le grand nombre de fibules La T^ne I,
le nombre considerable de tombes appartenant ä cette periode, tout montre
que celle-ci dut etre longue et prosp^re.
La seconde periode du La Tene dut y commencer plus tard que dans
le reste du domaine celtique, et eile ne dura pas longtemps, ainsi que le
prouve le petit nombre de tombes remontanl ä cette ^poque. C'est ä ce
moment, vraisemblablement ä la fin du IP"" si^cle, que Tinfluence romaine
penetra dans la vallee du Tesstn. Dös lors nous ne trouvons plus dans les
tombes que des fibules romaines associees assez souvent ä des fibules La
Tfene IL
La troisieme periode de l'epoque gauloise n'existe donc pas ä proprement
parier, du moins comme periode independante; mais malgre la presence de
cet dement romain, la civilisation gauloise continua ä se developper: toujours
les fibules caract(iristiques de cette epoque se trouvent en corapagnie de
fibules ou de vases romains, souvent möme de monnaies. Un fait parti-
culierement interessant, c'est de constater combien longtemps cette civilisa-
tion gauloise se prolongea ä ci'tt^ de la civilisation romaine: nous rencon-
trons encore, avec des monnaies de l'empereur Vespasien, des fibules La
T6ne 111, et pendant longtemps encore, sans doute, les Gaulois romanises
continuörent ä se servir d'objets dont l'origine gauloise est indeniable. Nous
avons constat6 le möme fait en Valais oü, dans une construction romaine du
jytmc sifecle, nous avons rencontre des döbris de vases, que, n'etait !e milieu
dans lequel nous les trouvnons, nous n'aurions pas h^site ä attribuer aux
Gaulois.
Dans la vallee du Rhone, ce qui frappe au premier abord, c*est le petit
nombre de fibules que cette contr^e a livrc. Mais la chose s'explique d'elle-
m6rae si Ton considere de quelle fa^on ccs objets nous sont parvenus: nous
avons dejä insist^ sur ce (ait que jamais, jusqu'ä ce jour, le Valais n'a 6t6
l'objet de fouilles scientifiques pour la p^node preromaine. Dös lors on
comprend irös bien que les fibules qui sont generalement de petite taille et
d^licates aient ^t^, soit perdues, soit brisöes par les fouilleurs.
Aussi les conclusions que nous pouvons tirer de quelques piöces qui
nous sont conservees ne pr^sentenl-clles pas une certitude aussi grande que
Celles que nous avons pu formuler pour le Tessin, et des decouvertes sub-
scqucntes pourront les modifier en grande partie.
Le Valais a vu une premiöre dpoque du fer trös florissante. ce dont
t^moignent de nombreux cimetiöres; cette periode fut ^troitement li^ ä la
periode correspondante du Nord de l'ltalie ; cependant il semble que le Valais
ait rei;u quelques influences venant du Nord des Alpes. Ce fait s'explique de
i8i
lui-mfeme: des ces epoques recul^es les Alpes n'dtaient plus une barriere,
ainsi qu'en tdmoignent les nombreuses decouvertes faites sur les cols, cn
particulier au Grand-Saint-Bernard. Les relations entre ces contröes devaient
donc ^tre d^jä frequentes, et la presence de nombreuses fibules de types
Italiens permet de supposer que, si le Valais ne re<,:ut pas sa population de
ritalie, du moins en re<;ul-il sa civiÜsation. Durant cette preraiere pöriode,
les rapports avec le nord durent etre beaucoup moins nombreux.
Puis arrivent les populations gauloises. D'oü venaient ces peuples?
Arrivaient-ils direciement du nord, ou, comme pour le Tessin, etaient-ils
remont^ depuis la vallee du Pö? C*est ce qu'il est pour le momcnt impossible
ä dire. Constatons seulement que^ seule, la premicre periode de Tepoque
gauloise est richement repr^sent^e dans la vallee du Rhfme. La periode
suivante ne Test que pauvrement et par des types tardifs. De cela nous pou-
vons en conclure que la premicre periode dut se prolonger plus longtemps
dans la vallee du Rhone.
En effet, dejä en 57, Tannee apr^s avüir vaincu les Helvetes pres de
Bibracte, Cesar envoya Servius chez les habitants du Valais afin d'ouvrir
des Communications entre l'Italie et la Gaule, par le St*Bernard. Ce fut le
Premier contact des peuples de la vallee avec les armdes romaines. Mais il
ne dut pas avoir grandt- influence sur leurs moeurs, car le Heutenanl de
Cesar ne put se maintenir longtemps dans ie Valais, et dut, au boul de peu
de jours, se retirer avec ses troupes. ')
Ce n'est qu'en 15 avant J. C, sous Auguste, que le Valais fut defini-
tivement conquis. Si donc la deuxieme periode de l'epoque gauloise est si
peu representee, c'est qu'elle se developpa fort tard dans le Valais, ce qui
n'a rien de surprenant dans une vallee aussi ferm^e que Petait alors la vallöe
du Rhone; c'est sans doute peu apr^s Tintroduction de cette nouvelle phase
de la civilisation gauloise que survint h conquiite romaine qui apportait avec
eile une civilisation nouvelle.
Quant au La Töne III, il n'existc pas. ou plutöt il se confond avec la
civilisation romaine, car bien qnc romains de nom, les habitants du Valais
ne perdirent pas leur civilisation gauloise. Celle-ci se maintient pendant long-
temps sous le vernis de la civilisation des vainqueurs.
') Napol^n, Histoire de Jules Ctear 11, p. 104.
l82
Deuxieme Partie.
Le Plateau Sulsse.
Le plateau suisse cotnprend la plus grande partie de la Suisse, nous
pourrions möme dire la Suisse entifere, car au point de vue göographique,
comme au point de vue archöologique, le Tessin dopend plutöt de Tltalie.
Le Plateau suisse est limite au nord par un fleuve, le Rhin, ä l'est et
au sud par les hautes chaines des Alpes, ä i'ouest par Celles du Jura, toutes
ne Präsentant que de rares passes; au sud il est m6me presque complfetement
isole de Tltalie, ne coramuniquant avec celle-ci que par quelques cols tres
eleves, praticables en 6t6, mais infranchissables pendant la plus grande partie
de rannte. II est au contraire largement ouvert du cöte du nord, un fleuve
n*ayant jamais 6te, mfime pendant ces epoques reculees, une barri^re. Nous
devons donc nous attendre ä trouver sur le Plateau suisse une civilisation
bien diffi^rente de celle que nous avons rencontröe jusqu'ä present: l'influence
du sud devra y 6tre presque nulle, et pr^ponderante celle du nord.
Cette diff^rence dans les civilisations se marque d'une fagon tr^s nette,
non seulement dans les types de fibules que nous allons avoir ä examiner,
mais surtout dans les rites funäraires: dans le Tessin, comme dans le Valais,
la tombe est toujours souterraine, sans signe exterieur; sur le Plateau, la
tombe de l'öpoque de Hallstatt est le tumulus, et cette forme se conserve
jusque pendant la premifere pöriode de l'epoque suivante, et tandis que l'in-
cinöration au delä des Alpes est rare, au nord eile est frequente pendant le
premier äge du fer.
I. Premier äge du fer.
Les fibules que nous avons designees comme types etrusques sont ici
Texception. Constatons d'abord l'absence complfete de la fibule ä sangsue, du
moins du type ä pied droit: eile est remplacee par un type ä porte-agrafe
court que nous avons rencontr^ en Valais.
La fibule ä arc plat (fig. 59) ne se rencontre qu'une seule fois, ä Mels,
dans le canton de St-Gall. Cette Station se trouvant sur le passage de la
route commerciale, non loin de Coire, la presence de cette fibule en ce lieu
n*est donc pas pour nous surprendre.
Les fibules comues ne sont representees que par deux exemplaires: l'une
fiit trouv^e aux portes de Zürich, dans un des tumuli du Burghölzli, et Tautre
dans un tumulus au Jaberg (canton de Berne). En somme, ce sont deux
pifeces isol^es, probablement apportees par le commerce,
II n'en est pas de meme de deux autres fibules, la fibule serpentiforme
et Celle de la Certosa. Ces deux types que nous avons trouves en grand
nombre dans le Tessin, sont relativement trfes fr^quents sur le Plateau.
La fibule serpentiforme se trouve dans le canton de Zürich: dans Tun
des tumuli du Burghölzli, dans celui de Wangen, et dans Tim de ceux de
Mönchhof, pres de Kilchberg; puis tout ä fait au nord de la Suisse, au delä du
■83
Rhin, dans les tumuli de Gennersbrunnen et de Stellen (canton de Schafi-
house). Si nous descendons le Rhin, nous rencontrons une autre fibule dans
un des tumuli de Muttenz (Bälei. Enfin, au centre du canton de Beme nous
en trouvons deux: l'une provient du tumulus qui a livre le cel^bre vase dit
fde Grächwil, de style grec archaTque; la seconde fut trouvee non loin de
lä, dans le tumulus de Neunegg. Knfin, un dernier exemplaire sur lequel
nous ne possedons aucun renseignement provicnl de Villeneuve, ä l'extr^mitö
du lac Leman. Nolons que la fibule serpentiforme prend souvent un aspecl
un peu different de celui qu*elle a au sud des Alpes: le pied devient plus
massif et court; la bague prend l'aspect d'un cöne (groupe XVI, fig. 94).
Nous reviendrons sous peu sur cette r^partition desfibules serpentiformes,
et verrons quelles conclusions nous pouvons en tirer.
Voyons maintenant quelle est l'aire de röpartition de la fibule de la
Certosa.
Signaions d'abord pour memoire une fibule qui fut trouvöe dans le lit
du Rhin ä Widnau (St-Gall). Trois exemplaires proviennent de Zürich, et
ont ^te trouv<^s dans les tombes sur la croupe de l'Uetliberg, coUine sur la-
quelle elait un refuge fortifi^. Elles elaient en compagnie de fibules gauloises
d'un type tr^s primitif.
Le tumulus de Wangen en a fourni une. Dans le canton de Bflie, une
fibule aurait ete trouvee dans la n^cropole gauloise de Mutlenz: maiheureu-
sement la trouvaille n'esl pas süre, et il se pourrait que cette fibule provienne
d*une autre localit^.
En remontant le cours de l'Aar, dans le groupe de tumuli d'Aarwangen,
nous en trouvons une de bronze et une autre en fer. Plus au sud, toujours
dans la m^me vall^e, ä Vechingen, et dans la necropole gauloise de Spiez,
sur le bord du lac de Thoune, nous en constatons deux exemples. Une fibule
semblable provicnl d'une tombe de Grandson (Vaud). Enfin, tout ä r^xtr^mite
du Leraan, ä Gen^ve, ont etö trouvdes trois fibules de ce type, l'une dans
la ville m^me, la seconde dans une torabe aux Arquilli^res et la troisi^me
dans une tombe gauloise ä Corsier,
Ce qui fait l'interet de cette statiscique, c'est que l'on voit que toutes
ces fibules, sauf peut-etre deux, ont etö trouv6es dans des railieux nettement
gaulois.
Devons-nous dire avec Reinecke,') que la fibule de la Certosa est un
type gaulois, et en faire ta caracti^nstique d'une premi6re pc^riode de la civili-
sali on de La Tfene? Nous ne le croyons pas.
Dans le Tessin, corame sur Ic Plateau, la prösence de fibules de la
Certosa dans des milieux gaulois ne doit pas nous engager ä consid^rer
cette fibule comme gauloise. Un fait semblable se constate dans le Tessin,
ä propos d'une autre fibule, celle dite ä sangsue. Dirons-nous que celle-ci
est gauloise parce qu'elle a ete trouvöe dans des tombes contentant des fibules
') Keincckc op. cit.
.84
La Tene? cette idee ne viendrait ä personne. Nous pensons donc que la
pr^sence des fibules de la Certosa dans des milieux gaulois est due unique;
ment ä une survivance. Cette opinion semble d'ailleurs confirmee par la
presence, comme nous le verrons bientöt, d'une fibule du type de la Certosa,
mais gauloise celle-ci, c'est-ä-dire munie d'un ressort bilateral, dans un tumulus
de la premifere epoque de La Tfene.
Croupe IK' Un nouveau type hallstattien qui ne se rencontre que sur
le Plateau, est une fibule dont l'arc, le ressort et l'ardillon sont faits d\in
möme fil de bronze; le porte-agrafe est droit, assez long, termine par un
petit bouton (fig. 6i).
Croupe V: La fibule ä navicelle, que nous avons trouvee en Valais, se
rencontre aussi sur le Plateau suisse. Elle se compose d'une coque de bronze,
targement ouverte ä sa partie införieure; le ressort n'a que deux spires. et
le porte-agrafe est trfes court. Gön^ralement le canot s'elargit ä sa partie
mediane, ce qui lui donne une forme en losange. L'arc est presque toujours
döcorö, mais toujours geom^triquement : ce sont des cercles point^s alternant
avec des traits gravis (Conthey, fig. 12; Orpund, Basel-Augst), ou un decor
purement lineaire (Basel-Augst), ou bien encore la surface de Tarc est enti^re-
ment couverte de stries longitudinales (Ipsachmoos, fig. 62 . Ces fibules
atteignent souvent des dimensions considerables.
Parfois enfin la forme en losange s'accentue jusqu'ä donner ä la fibule
un aspect franchement carre ; l'arc alors s'abaisse jusqu'ä n'avoir qu'unc
faible courbure (fig. 63).
Croupe VII: La fibule ä sangsue de type primitif que nous avons aussi
rencontröe en Valais (fig. 16), se trouve une fois sur le Plateau : ä Ollon
(flg. 65); ce fait n'a pas Heu de nous surprendre, cette Station se trouvant
dans la grande plaine du Rhone aux portes du Valais. Cette fibule se distingue
de la pröcedente en ce que son arc est decore de legers canaux transversaux.
qui rappellent encore la fibule de l'epoque precedente, la fibule ä cötes.
Une forme de fibule ä navicelle, qui est speciale ä la region que nous
etudions, a son arc large, concave, formö dune mince feuille de bronze, le
plus souvent ornee au trait; le pied est rectiligne, assez long, et termine par
un bouton (fig. 64).
Comme forme entifereraent nouvelle, nous n'en avons qu'une seule
ä mentionner, qui, bien que trouvee dans le nord du canton de Vaud. ä
Baulmes, est italienne d'origine ; c'est une fibule ä corps sangsuiforme, ä pied
rectiligne, sans bouton terminal ; ce qui fait l'interet de cette pi^ce, c'est que
l'arc est surmonte d'un oiseau soramairement Silhouette. Arc et oiseau sont
couverts de fines stries (fig. 66).
Mais toutes les fibules que nous venons de passer en revue ne se ren-
contrent que sporadiquement ä deux, trois exemplaires au plus. La fibule
typique pour la p^riode hallstattienne sur le Plateau est la fibule ä timbale.
avec toutes les varietes qui en derivent.
■85
Croupe X: La „fibule ä timbale" est issue de ta fibule ä navicelle donl
l'arc s'enfle ä sa partie mediane, prenant une forme leg^rement spherique
(fig. 67! : un exemplaire de cette tibule de transition entre la fibule ä navicelle
et la fibule a tirabale, a l'extremite du pied treffle; en outre son ressor
est bilateral (fig. 68;.
Puis I'arc se u^ansforme bientöt en une calotte spherique (tig. 69—70);
le pied, assez court, est termine par un peiit bouton. quelques fois finement
cannele. Puis Ic bouton dcvicnt plus volumincux (fig. 71) et bientöt la timbale
elle-mCme prend des proportiuns plus cunsiderables (fig. 72); quelques fois
le bouton terminal se creuse d'une alveole dans laquelle est inserree une
parcelle de corail ifig. 73).
Les fibules que nous venons d'examiner unt toutes Tardillon faisanl
Corps avec la timbale; l'ardillon decrit d*abord une uu deux spires, puis ce
ressort disparait.
Die Römerwarte beim kleinen Laufen zu Koblenz.
Von Dr. /. Heierli.
Als die Römer den Rhein zwischen Konstanz und Basel, also ein Stück
der Nordgrenze ihres Reiches, befestigten, konnte ihnen die Wichtigkeit
eines Platzes wie Koblenz nicht entgehen. Da mündet die Aare in den
Rhein, der etwas weiter oben auch die Wutach aufgenommen. Kein Wunder,
daß schon Stumpf bei Koblenz einen römischen Wachtturm vermutet. In-
dessen waren keine Reste eines solchen nachweisbar.
In den zwanziger Jahren des XIX. Jahrhunderts kamen eine kleine halbe
Stunde stldöstlich von Koblenz Spuren einer römischen Villa zum Vorschein,
die dann von Dr. Schaufelbühl in Zurzach ausgegraben wurde. ') Sie wies
mehrere Zimmer auf, worunter zwei mit Hypokaust-Anlagen. Im Schutt ent-
deckte man Ziegel der XI. und XXI. Legion '^) und Eisensachen. Wahrschein-
lich rührt auch die im Schweizerischen Landesmuseum liegende römische
Schale aus Koblenz^) von diesem Fundort her. Im Jahre 1904 wurde an
derselben Stelle von dem sich für die Vorzeit seiner Gegend lebhaft in-
teressierenden Gemeinde-Ammann E. Kalt wieder gegraben und nicht bloß
der Bauschutt jener Anlage, sondern auch eine Art Pflasterung, wie von
einer Straße, gefunden, die sich weithin verfolgen ließ^).
Dr. F. Keller, der zuerst systematisch den römischen Festungswerken
am Schweizer Rhein nachging, glaubte bei Koblenz zwei Warten annehmen
zu sollen : die eine beim kleinen Laufen, die andere aber unterhalb des
untersten Hauses des Dorfes, an welch beiden Orten sich altes Gemäuer
zeigte. Von andern Funden wird nichts berichtet **).
Was nun zunächst den letztern Fundort angeht, so hätte jenes alte
Gemäuer größtenteils am und im Rhein gestanden. In der Nähe sei, meint
Keller"), schon zur Römerzeit eine Fähre eingerichtet worden, und er weiß
auch von Münzen, die bei Koblenz gefunden wurden. ') Leider ist das alte
Gemäuer heute nicht mehr nachweisbar. Zieht man aber die Lage desselben
(in der Tiefe, am Rhein) in Betracht, so zweifelt man, ob da unten ein
') Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft Zürich XV, 3 (1864), p. 134—135.
•) ibid. VII, 6 (1853), p. 138.
") Katalog Zürich II, p. 66; vgl. auch p. 35.
*\ Schreiben vom i. XII 1904.
') Anzeiger für schweizer. Altertumskunde I (1871) p. 245.
') Vgl. auch Keller, Archäologische Karte der Ostschweiz (1874) p. 26, »7, 30, 3a.
') Herichte der Antiquarisch n Gesellschaft Zürich IX (18523) p. 4.
•87
Wachtturm gestanden. Vielleicht zum Schutz der Fähre? Viel wahrschein-
licher wäre es, wenn die Warte auf der Terrasse des heutigen Bahnhofes
und Ober dem Dorfe erbaut worden wäre, wo man die ganze Gegend und
besonders den Zusammenfluß von Aare und Rhein übersehen und be-
herrschen kann.
In der Tat sind da oben Funde gemacht worden! Im Gütsrh, d. h.
am Nordrand des Fritternhölzli, zeigte* mir Herr Gemeinde Ammann Kalt
eine Stelle, wo römische Ziegel, Mftrtel und Mauersteine zum Vorschein
kamen. Der Platz ist von der Eisenbahnlinie Koblenz-Zurzach durchschnitten
worden und es wird schwer halten, allfällige Reste der römischen Specula zu
finden. Dagegen muß man sagen, daß von da aus der Zusammenfluß von
Rhein und Aare besonders gut sichtbar ist und daß man daselbst die ganze
Umgebung übersieht.
Noch ein anderer Umstand beweist, daß dieser Platz schon lange bewohnt
war. In nächster Nähe desselben fanden sich nämlich beim Bahnbau (vier?)
Alamannengräber. aus denen drei Skramasaxe als Geschenk ins Schweizerische
Landesmuseum gelangten
'^ und zwei Calvarien dem
Anthropologischen Institut
der Universität Zürich über-
geben wurden. Etwa süd-
lich des Fundortes zieht
sich der „Kaibengraben"
hin.
Aui der eben erwähnten
Terrasse, aber östlich des
Dorfes, liegt der andere*
Römer - Wachtturm. Die
Stelle befindet sich etwa
1,5 km von Koblenz, an der
Straße nach Rietheim, unmittelbar bevor Straße und Bahnlinie sich kreuzen,
oberhalb der Gipsmühle beim sogen. |kleinen) Laufen, schräg gegenüber der
Mündung der Wutach. iAbb. 43.1
Schon Dr. F. Keller kannte den Platz und hielt das dort im Boden
steckende, zum Teil jedoch sichtbare Gemäuer aus Kalk- und Tuffsteinen
für eine römische Warte 'I, aber eine Untersuchung derselben wurde nicht
gemacht. Wahrscheinlich ist auch diese Stelle geraeint, wenn Pfarrer Urech
1827 von römischen Gebäuden in der Nähe von Koblenz, gegen Rietheim
gelegen, spricht *■).
Jt^-
^y
Koblenz
»0
fkm.
43, . Römerwarte bei Koblenz.
X =-. Warte. G = Gipsmühlc.
') Anzeiger fOr schweizer. AUertumstcund« I (1871J p. 215.
•) Keller. Archäologische Karte der Ostsrhwriz (1874» p. »7. Vgl. auch Heierli, Ar.
chflotugischc Karte des Kantons Aargau (1899I p. 54.
z88
Da ich von der Kommission für römische Forschungen den Auftrag
erhalten, das römische Grenzwehrsystem am Schweizer Rhein zu unter-
suchen, so unternahm ich im juIi 1906 die Ausgrabung dieses mit Gebüsch
überwachsenen Platzes. Die Aufsicht führte Herr Gemeinde-Ammann Kalt,
dem ich dafür sehr zu Dank verpflichtet bin, und der auch die Planaufnahme
durch den Bautechniker Winklcr besorgen lielV
Die Warte beim kleinen Laufen liegt am Rand der Terrasse auf
einem ebenen Platze. Westlich des Gemäuers zieht sich vom Steilabfall
gegen den Rhein ein Graben nach der heutigen Straße, welcher Graben
früher wohl den Wachtturm rechtwinklig umschloß, von dem aber weder
ANSICHT
VON
SÜDEN
2.B55
»t-1^5
t
■50
:i
K-
44-
Römerwarte bei Koblenz. Aufnahme von O. Winkler.
J X = Fundslelle der Bauinschrift-
auf der Süd-, noch auf der Ostseite des Turmes Spuren erhalten
sind. Zwischen dem vorhandenen Stück des Grabens und der westlichen
Mauer des Wachtturmes scheint ein Wall bestanden zu haben. Südlich
vom Turm, auf der andern Seite der Straße, sollen bei Erstellung der
Bahnlinie nach Aussage alter Leute ebenfalls Baureste zum Vorschein ge-
kommen sein.
Der Wachtturm selbst bildet ein ziemlich genau nach den vier Himmels-
gegenden orientiertes Quadrat von 8 m Seitenlänge 1 siehe Plan von O.
iBg
Winkler Abb. 44). Die Mauerdicke beträgt 1,6 m. Die Fundamente stehen
nach innen und außen je 10 cm vor. Sie sind nur 60 cm hoch und ruhen aut
Jurakalk. Die Mauern dagegen erheben sich heute noch 2,5 bis 4 m Ober
die Fundamente und stehen 1,5 bis 3 m über den Erdboden vor. Sie be-
stehen aus mehr oder weniger regelmäßigen Quaderchen von Tuffstein und
Kalk. Tuff kommt in der Nähe nicht in abbauwürdigen Lagern vor. Die
Tuffsteine sind also auf den Platz transportiert worden, während die zum
Teil recht ungleich großen Kalksteine ganz in der Nähe gebrochen werden
konnten; befindet sich doch ein Steinbruch gerade unterhalb der Specula
am Steilabfall gegen den Rhein. Nur auf der Südseite des Turmes erkennt
man ein Stück weit schräggestellte Mauersteine (siehe Ansicht von Süden),
wahrend das übrige Mauerwerk in ungefähr parallelen Horizontal-Lagen ge-
schichtet ist jvgl. Schnitt AB).
Der Eingang in den 4,85 m langen und breiten Innenraum des Turmes
befindet sich auf der nördlichen, d. h. der Rheinseite. In der Sandstein-
platte, die als Schwelle diente, erkennt man noch das Loch, in welchem die
Türe sich drehte. Diese Platte ist 1,55 m lang und 90 cm breit. Nachher
verengt sich der Eingang auf 1,2 m Türweite.
Eine nur wenig tief unter der Erdoberfläche liegende Brandschicht
deutete an, daß der Wachtturm beim kleinen I-aufen durch Feuer zerstört
worden ist. Sein Alter läßt sich aus der gleich zu erwähnenden Inschrift
einigermaßen bestimmen. Offenbar gehört auch diese Specula in die Zeit
Valentinians.
Die Einzelfunde waren sehr wenig zahlreich. Sie bestanden in einigen
Knochen, Fragmenten von Leistenziegeln, bearbeiteten Tuflstücken, profi-
lierten Sandsteinen und besonders in einer Inschriftptatte, die im Folgenden
von Prof. Dr. Otto Schultheß besprochen wird.
Die Bauinschrift der Römerwarte beim
Kleinen Laufen bei Koblenz.
Von Otto Schultheß.
Bei der Ausgrabung der von J. Heierli oben beschriebenen Römer-
warte beim sogen. Kleinen Laufen unterhalb der Gipsmühle bei Koblenz
wurde, nach der Aussage von Gemeindeammann Kalt, gleich am ersten
Tage in den Trümmern auf der Südseite des Turmes ') die Bauinschrift ge-
funden, die sich jetzt im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich befindet*).
Die Inschrift steht auf einem Block Quellentuff, der oben und, wie es
scheint, links unten vollständig erhalten ist. Seine Höhe beträgt 0,36 m,
die Breite unten 0,34 m, oben 0,20 m. Auf der Rückseite hat der Stein
ein schwalbenschwanzförmiges Dübelloch von 12,5 cm Länge und je 3 cm
Breite und Tiefe. Die Buchstabenhöhe beträgt 0,045, in Zeile 7 nur 0,025 ^'
Die Schrift ist unregelmäßig und ziemlich flüchtig eingehauen. Die Ober-
fläche ist nur teilweise geglättet und stark korrodiert, die Inschrift infolge-
dessen ziemlich schwer lesbar. Ich lese:
Die Lesung ist sicher außer in Zeile 4.
^ l\ / \l I Der im Folgenden verzeichnete Befund beruht
VA 1 F IX T ^^^ °^^ "*^^ unter verschiedener Beleuchtung
A /A I r N. T r wiederholtem Studium des Originals, von Ab-
VvA k t I \ I \*\ klatschen und Photographien. Für wertvolle
P F RT R C F i\,l D Hülfe danke ich auch hier E. Fabricius in Frei-
I '- n i j\oCI\| Y bürg i. B. und E. Ritterling in Wiesbaden. In
-SV/^/^ARÄ PI da ^^^ vierten Zeile ist der erste Buchstabe sicher
r r/^ j Tq \ y n ^ \ rp' P, sicher ist auch der zweite E, unsicher da-
I k^l 10 V DL« Vfv gegen, der dritte. Er scheint P zu sein; doch
CONSVC'O-N-GRATIAN »st es möglich, daß ein schräger Strich rechts
unten, über dem zweiten M von SVMMA der
folgenden Zeile damit zusammengehört als Rest des Abstriches eines R.
Mit Bestimmtheit wage ich das nicht zu behaupten, da sich nicht sicher
') Wenn die Inschrift an der Stelle lag, wo sie abgestürzt ist, so war sie der Land-
seitc zugekehrt und nicht über dem Eingange angebracht, der auf der Rheinseite liegt. Der
Eingang der Warten auf ^chweizerboden ist nur noch selten festzustellen. — Beim Turm
in der Hardt bei Ba^el befindet er sich auf der Südseite (F. Keller, Anzeiger 1871, S. 247).
') Die beigegebene Abbildung 45 ist nach einer vorzüglichen Photographie des Schwei-
zerischen Landesmuseums hergestellt.
igi
1'
\^
*«,%
entscheiden läßt, ob dieser Strich ein Metßelhieb "oder lediglich ein*-Tutt-
streifen ist. Ganz unsicher ist der vierte Buchstabe, der in der beigegebenen
Photographie infolge einer falschen Schattenwirkung wie ein E aussieht, von
dem aber tatsächlich nur die vertikale Hasta erhalten ist. Am wahrschein-
lichsten ist mir wegen der Spuren einer horizontalen Hasta T, doch wäre
auch P nicht ausgeschlossen. Die räumliche Anordnung der Buchstaben,
die in dieser Inschrift
nicht ganz gleichmä-
ßig ist, laßt an sich
ebenso wohl die Er-
gänzung zu T als zu
P zu; denn der Ab-
stand der Vertikal-
hasta von den Verti-
kalhasten links und
rechts beträgt, wie bei
den übrigen Buchsta-
ben, 2,5 cm. Sicher
ist der fünfte Buch-
stabe, nämlich R. Wir
erhalten demnach als
wahrscheinlichste Le-
sung des Anfanges
von Zeile 4 PER FR.
Ob hinter einzelnen
dieser Buchstaben, z.
B. hinter dem ersten
P, ein ▼ als Abkür-
zungszeichen stehe, ist
bei dem nicht sorgfältig geglätteten Tufistein, der von Natur zahlreiche kleine
Löcher hat, nicht zu entscheiden.
Trotz dieser Unsicherheit der Lesung von Zeile 4 und der Zerstörung
der rechten Seite ist die Ergänzung der Inschrift nicht schwierig, wenn wir
die teilweise identische Inschrift von Etzgen ') zu Hülfe nehmen, die B. Pick,
Anzeiger 1893, S, 296 ff., publiziert hat, sowie die aus dem gleichen Jahr
stammende Inschrift von Umm-el-Djemäl in Arabien, CIL III n, 88 (= Dessau,
sl'
J
'U-
m
T\l
45. Baiiinscbrift der Röraerwarte bei Koblenz.
') Pick bezeichnet diese Inschrift unrichtigerweise als «Inschrift von Schwaderloch".
Sic wurde aber nicht, wie Pick auf Grund der ihm zuteil gewordenen Mitteilungen an-
nehmen mußte, „oberhalb Schwadeiloch* gefunden^ sondern fast 2 Kilometer sironiabwärls
von Schwaderloch ,in der Roten Waag*, auf dem Territorium der Gemeinde Etzgen.
Daraus ergibt sich dann auch, daO das „BUrgli", '/^ Kilometer nordöstlich von Schwader-
loch mit dem Fundort der Inschrift nichts zu tun hat. Vgl. Ing. Julius Stizcnberger, An-
zeiger 1895 S. 44! (. Der Stein von Etzgen befindet sich jetzt im Kantonalen Antiquarium
in Aarau.
19^
Inscr. I.at. sei. n. 773), die schon Pick zur Ergänzung der Inschrift von
Etzgen verwenden konnte. Die Inschrift ist so zu lesen und zu ergänzen:
salvi(.s ciiid tinn\ Valenti|mß/;o| Valente e[/ (irafmno] pcripetuis) |,t]r(iüm-
fatoribus) senp(cri [Angfustis) . . .J summa rapida . . . tecit sub cur(a) . - •
consuliibus) tHominol n(ostro) Gratian(o) [iterum et Fi(avioj Ptoho v(iro)
r(iarissimoJ\. a. Syi.
Schade, daß auch diesmal wieder, wie bei der Inschrift von Etzgen,
der Name der Truppenabteiliing, der vvolil Z. 6 hinter summa rapida stand 'I
und der des Kommandanten dieser Abteilung, der Z. 7 hinter awä cura ge-
nannt sein mußte, nicht erhalten ist.
Im einzelnen bemerke ich noch folgendes. Die Auflösung der teilweise
unsicheren Buchstaben von Z. 4 per(pettas) ft/r(iumfafon'bus} wird bei Kennern
Bedenken erregen teils wegen der Abkürzung TR für tnamphator'^), teils
weil dieses da, wo es vorkommt, ohne adjektivisches Attribut steht. Doch
wird, die Richtigkeit der Lesung PER vorausgesetzt und bessere Belehrung
vorbehalten, kaum eine andere Ergänzung als entweder perfpetiUs} oder
perfetmibiis) möglich sein. Für die Abkürzung TR ~ triutnphator, die
Cagnat, Cours depigraphie latine*, S. 439, ohne Angabe von Belegen an-
ftlhrt, vermag ich wenigstens ein Beispiel beizubringen, einen Meilenstein
Julians aus Nemausus (NimesJ CIL Xll 5648:
JMP CAES KL CLAVDIO IVLIANO VICT AC TR PIO FELICI
SEMP AVG.
Ich weiß, daß die Verbindung perfpehus) tr(iumphatoribiis) sich sonst
nicht belegen läßt, komme aber, da I^ER.K so ziemlich sicher und für den
vierten Buchstaben T am wahrscheinlichsten ist, wenn ich der Lesung nicht
Gewalt antue, nicht um diese Auflösung herum. Höchstens penennibus)
statt per(petuis) wäre möglich , wenn auch nicht gerade wahrscheinlich.
Nimmt man die ganze I-esung als unsicher an, was ich freilich nicht zu-
geben kann, und betrachtet man das kleine Dreieck hinter dem ersten P als
Zeichen der Abkürzung, so kann man auch P* F' PER- lesen und auflösen
pHis) ßeii'ibus) peHpehiisi seu(per) Aug(usfis), wie auf den beiden Meilen-
steinen CIL V. 2 n. 8031, 8032, wo wir für V'alentinian, Valens und Gratian
nur die Reihenfolge der Titel verändert finden perpeiuis piis feliabus semper
Augustis, Sonst finde ich unter den Epitheta der drei Kaiser Valentinian,
Valens und Gratian, die sich auch in der Zusammenstellung von Dessau n.
758 — 779 gut überblicken lassen, ;JfrrM;^,v Augnsfi \\\ ^6-]o\ \'\ W]6,per(pftui)
Aug(usH) III s. 12518, 13755. Wü dagegen zu diesen Titeln triumpkatorts
') Auf das Schluß-A von mpiiia folgt, auf dem Steine deutlich sichtbar, noch
linke schräg gestellte FO/khcn eines A oder M. Wenn ea ^i ist, ho konnte man mit
bricius Q(la) erganzen.
") GcwöhnHch ist TR Abkürzung von tribumts oder trierarcha.
hinzukommt, ist es regelmäßig durch ac mit dem vorhergehenden Titel ver-
bunden, 2. ^. fratres roncordissimi victores maximi ac friumphahres semperquc
Augusti III s. 2 n. 10596 I- Dessau 76a]; l^alentiniatii victoris ac /n'utn-
fatoris semper Aug. X 1656 [ = Dessau 764]. Ähnlich sind Dessau 768,
769. 777 und besonders 771 [— CIL VI i»75l. die Bauinschrift des Ponte
San Bartolomeo in Rom, mit dreimaligem victor ac triumf(ator) semper
Augfusttts). In der Formulierung stehen der Inschrift von Koblenz am
nächsten CIL III n. 213 und III s. 2 n. 6730 mit perpeiui ac triumfatores
semper Atigusti; doch auch für das Asyndeton vermag ich ein Beispiel
beizubringen CIL HI s. n. 7494 [ - Dessau 770). Fi. y\alens victor maximus
trium/aior.
Wenn Zeile 4 SENPk'') nicht ausgeschrieben war, so dürfte hinter
AVG noch genügend Raum gewesen sein etwa für BVRGVM. das man
nicht gern vermissen wird. Unbedingt nötig ist ja allerdings das Wort
nicht, da der Inschriftträger für sich selber deutlich genug spricht. Jeden-
falls aber stand am Ende von Z. 4 noch die Präposition /;/ zur Ortsbe-
zeichnung Summa Rapida, und möglicherweise hinter diesem wegen des
erhaltenen linken Füßchens «//«/ mit näherer Angabe. Das alles läßt sich
freilich nicht entscheiden, sondern nur vermuten. Sicher aber ist, daß wir
es in dem Turm beim Kleinen Laufen mit seinen 8 Metern Seitenlange
wiederum mit einem hurgus zu tun haben. Das bezeugt die mutatis mutandis
identische Inschrift von Etzgen, in welcher Z. 4 die Bezeichnung hurgus
erhalten ist. Es ist hier nicht der Ort und auch nicht mehr nötig, den Be-
gr\f^ burgus naher zu erörtern; es genüge der Hinweis auf Vegetius IV 10
castellum parvulum, t/uem burgum imcani und auf Pick, Anzeiger 1893, S.
272, sowie auf den Artikel burgus von Seeck in Pauty-Wissowa, Realencycl.
IJI, 1066 f. Zu beiden ist nachzutragen die im Korrespondenzblatt d. Westd.
Zeitschr. Hl (i88^), S. 85 publizierte Weihinschrift vom Kastell Schlossau,
gestiftet von einer vexii(iatio) coh(ortis) l Setj uauorum) ei Raur(acorum)
eq iiiiaiae) und zwar ob httrg(umf explicfitum}. Dieser burgus kann nicht,
wie in der ersten Publikation angenommen war, das Kastell Schlossau selber
sein, ein Rechteck von 75 v 79 m, das zudem 17J0 m von der Fundstelle
entfernt liegt, sondern ist der östliche von drei dort in Trümmern vor-
handenen burgi und von Schuhmacher gefunden. Vgl. über diese Inschrift,
die nunmehr im CIL XllI, 2, i n. 6509 steht, E. Anthes. Korrespondenzblatt
d. Westd. Zeitschr. XVI (1897), S. 210 f. Außerdem verweise ich auf die
großzügigen Ausführungen von A. Schulten, Jahreshefte d, österr. arch.
Inst. IX (1906), S. 58 IT. über die Befestigungsbauten und die gesamte Bau-
tätigkeit von Valentinian und Valens.
Das Interessanteste an unserer Inschrift ist die Ortsbezeichnung [In]
Summa Rapida, womit nur der sogenannte Kleine Laufen bei Koblenz be-
zeichnet sein kann. Die Warte befindet sich schrflg gegenüber der Ein*
mündung der Wutach in den Rhein, ein wenig rheinabwärts von der Gips-
mühle beim Kleinen Laufen. Jetzt ist zwar dieser selber von der Stelle der
Warte aus nicht zu sehen, doch konnte er einst von einer Warte mit Ober-
bau aus ganz wohl erblickt werden. Daß der Kleine Laufen, diese auf eine
ziemlich lange Strecke sich ausdehnende Stromschnelle, gut geeignet war,
dem Platz den Namen zu geben, wird jeder bestätigen, dem an der Stelle
der Warte trotz der nicht unerheblichen Entiernung das Rauschen dieser
Stromschnelle einmal kräftig ans Ohr gedrungen ist.
Die Bezeichnung dieser Stromschnelle als summa rapida (sc. aqua)
setzt noch zwei Stromschnellen voraus, eine infima und eine media. Diese
sind nun in der Tat vorhanden. Wenn die summa rapida der Kleine Laufen
bei Koblenz ist, so ist der Große Laufen bei Laufenburg die media rapida
und „das Gewild" mit dem ^,HölIenhaken" bei der Saline Kheinfelden die
infima rapi^la. Daß diese Stromschnellen in der antiken Literatur nicht er-
wähnt sind, auch nicht in der bekannten Beschreibung des Rheines bei
Aramianus Marcellinus XV, 4, 2 ff., braucht uns nicht stutzig zu machen :
ist doch sogar A^r imposante Rhemfall bei Schaffhausen, „einer der mach-
tigsten und prächtigsten Wasserstürze Europas" (Egli), von den Alten
nirgends erwähnt. ') Auch in den alteren Quellen zur Geschichte und Geo-
graphie der Schweiz sind, soweit ich gesehen habe, diese Stromschnellen
nicht erwähnt, *)
Ein lateinisches Wort rapida, Stromschnelle, ist allerdings sonst nicht
zu belegen; doch weisen die romanischen Sprachen auf ein solches latei-
nisches Substrat hin. Ich verdanke hierüber meinem Freunde Herrn Prof.
K. Jaberg in Bern folgende Mitteilung 1 Französisch le rapide fällt zwar als
erst im 17. Jahrhundert belegtes Lehnwort außer Betracht; it. le rapide wird
von Petrocchi als wissenschaftlicher Terminus bezeichnet, volkstümlich aber
ist arbed. rävia {— la rapida del fiume) und für das Fortleben des Adjektivs
rapidus zeugen zahlreiche romanische Formen, vgl. Körting ' 7763 und
Pu^cariu, Etym. Wörterbuch der rumänischen Sprache 1432 und 1455.
Die Bezeichnung der obersten von drei Stromschnellen als Summa
Rapida ist, wie mir scheint, sprachlich durchaus korrekt und unanfechtbar.
Es sei erinnert an die ähnliche Benennung von Stationen wie Summo ioco,
Sumeiocenna (Rottenburg, vgl. CIL XIII, 2, i p. 214 ff.), Summo Pemtino
(resp. Poem'fio), Summo Pyrenaeo j. Sumport, Summo lacu, heute Samolaco
nicht weit von Chiavenna gegen den Comersee (Itin. Anton, p. 277; CIL V,
2 p. 5581, vor allem aber an den ganz analogen Ortsnamen Summus l^tcus,
Somvix im Kanton Graubünden, der das Vorhandensein von mindestens drei
') Den Versuch von J. Oeri, „Oberrheinisches bei Horaz*, Philologus fig (1906), S.
464 f., die Stelle des Hör. ars poet. 14 ff. auf den Rheinfall zu beziehen, kann ich nicht
als gelungen betrachten. Es fehlt an überzeugenden Argumenten.
■) Es wäre eine nicht undankbare Aufgabe ftlr einen Historiker, die Geschichte des
Rheiniaufes in der Mteren histonsch-geographischcn Literatur zu verfolgen. — Auch von
den schweizerischen Nebenflüssen des Rheins erscheint nur die Aare f Antra) in alten, die
Thur (Duregus) in mittelalterlichen Quellen; vgl. Dcsjardin, G6ogr. de la Gaule romaine
I, ta8, Anm. 1.
vict voraussetzt, wie Smwww« Rapida das Vorhandensein von mindestens drei
Stromschnellen.
Für die Verwendung von rapidtis für eine Ortsbezeichnung verdanke
ich Ritterling den Hinweis auf die Station Rapidum (j. Sdr Djuäb] an der
Straße von Auzia nach Caesarea in Mauretania Caesariensis (CIL VIH, p.
1971 f.; Uin. Anton, p. 30. 31). Während wir im Jahre 167 n. Chr. unter
Mark Aurel als Erbauer der Stadtmauer veferatti ei pagani apud Rapidum
consistentes erwähnt finden (CIL VIII 20834, 20835I ""^ ^"*^^ ^"^ ^^^
Meilensteine n. 22548 (p 2159) Rapidum steht, ist die Station unter Dio-
kletian zum Municipium geworden und heißt nunmehr numicipium Rapidense
(n. 20836, Z. 6 ff.)
Der Inschriftfund von Koblenz hat aber auch, wie mir scheint, in ar-
chäologisch-historischer Minsicht eine prinzipielle Bedeutung, die hier zum
Schlüsse kurz dargelegt werden soll.
Die genaue Untersuchung des immerhin bis zu betrachtlicher Höhe,
bis 3 Meter, erhaltenen Mauerwerkes hat keinerlei Spuren von zwei Bau-
perioden ergeben. Der Salz von Ferd. Keller lAnz. 1871, S. 241): „eine
wiederholte Herstellung aller römischen Gebäude in der nördlichen Schweiz
tritt bei näherer Untersuchung ihrer Trümmer unzweifelhaft zutage," ist also
in dieser Allgemeinheit nicht richdg. Wir dürfen mit Sicherheit behaupten,
daß die Warte beim Kleinen Laufen nicht /u den durch Valentinian ledig-
lich wiederhergestellten Bauwerken gehört, sondern zu den durch ihn neu
errichteten 'J. Das beweist außer dem Zustand der erhaltenen Reste auch
die Formulierung der Inschrift; denn fecit sub cura bezeugt, wenn man
nicht annehmen will, daß die Inschrift offiziell gelogen habe, die Neuer-
richtung einer Baute, nicht eine Wiederherstellung. Diese wäre durch re-
fecit oder restitnit bezeichnet worden. Aus dem gleichen Grunde kann auch
die uns unbekannte Warte, an der einst die Inschrift von Etzgen angebracht
war. nicht bloß die Wiederherstellung einer älteren Baute gewesen sein.
Beide sind vielmehr im Jahre 371 n. Chr. neu errichtet worden.
Immerhin war es von mir unvorsichtig "), aus diesen beiden sicher
datierten Warten von Etzgen und Koblenz als Zeit der Errichtung der
ganzen Rheinbefestigung nun die Zeit Valentinians anzunehmen. Vorläufig
zwingt uns nichts, so vollständig von der hergebrachten, auch von Ferd.
') Wir sind durch unsere beiden Inschriften und den Zustand der Überreste befugt
anzunehmen, daß der Grundsatz, den Valentinian und Valens an der Donaulinie nachweis-
lich anwendeten, TOrme teils wiederherzustellen, teils neu zu errichten, von ihnen auch
bei der Rheinbefestigung festgehalten wurde. FOr die DonauHnic ist er bezeugt durch ihren
schon von Pick. Anz. 1893, S. 271, Anm 3 angeführten Erlaß an den Statthalter von Dada
rifiensis im Cod. Theod. 15, i, 13 in itmite . . praeter tos Utrres quas reßci oportet (si fortt
inäigiant refecliottej, turres aämtnistrationis tempore quotannis tocis opportuuis extru«.
*) In einer vorlaufigen Mitteilung Über den Fund der Inschrilt von Koblenz in der
Neuen Zürcher Zeitung, 1906, No. 229, erstes Blatt.
Keller (Anz. 1871, 5. 240 f.) vertretenen Auflassung abzugehen, daß die
Rheinbefestigung, so weit sie nicht schon in augusteischer Zeit angelegt
wurde, im wesentlichen das Werk Diokletians ist '). Hingegen ist die An-
sicht, daß die diokletianischen Anlagen unter Valentinian lediglich erneuert
worden seien, nicht mehr haltbar, sondern in dem Sinne zu modifizieren,
daß gewiß eine ganze Anzahl '1 dieser burgi erst durch Valentinian neu er-
richtet wurde.
Ich will der im Gange befindlichen Erforschung der Rheinbefestigung;en
nicht vorgreifen, erlaube mir aber doch gerade im Hinblick auf unsere
beiden Inschriften hier das eine zu betonen, daß bei der Bloßleg^ng weiterer
Wachttümie aufs sorgfältigste zu beobachten ist, ob sich keine Spuren von
Restaurationen oder Reparaturen finden, ob wir es mit einem Neubau oder
der Wiederberste lung einer alteren Baute zu tun haben.
Eine weitere Frage, die hier nur angedeutet werden kann, ist die, ob wir
nicht ein doppeltes Verteidigungssystem an der schweizerischen Rheingrenze
anzunehmen haben, ein erstes aus diokletianischer Zeit, daneben eine zweite
Reihe von burgi aus valentinianischer Zeit. Die Zahl der noch sichtbaren
burgi längs des Rheines ist so erheblich, daß, wenn sie einmal alle ausge-
graben und beschrieben sind, auch diese Frage, wie wir hoffen dürfen, mit
annähernder Sicherheit sich sollte beantworten lassen. Die Hauptrolle bei
der Entscheidung dieser Frage wird die auf dem Terrain leicht festzustellende
MögUchkeit, von einer Warte zur andern zu signalisieren, spielen. Denn
das Wichtigste war auch am Rhein das Signalisieren längs der Grenze,
nicht nach den zurückliegenden Kastellen oder den Garnisonen des Binnen-
landes. '»
Vielleicht darf als eine Eigentümlichkeit der valentinianischen Bauten
in Anspruch genommen werden die \'erwendung von viel Tuff, einem
Material, das sich sehr leicht bearbeiten ließ und daher bei rasch auszu-
fahrenden Bauten gern verwendet wurde. Außerordentlich viel Tufl hat
z. B. auch der von S. Burkart. Anzeiger 190304, S. 263 ff., beschriebene
Turm im Pferichgraben. Er erwähnt unter dem Bauschutt , mehrere Fuder
gehauene Tuffsteine, die durch das Einsinken einer Wand den steinsuchenden
Bewohnern der Gegend entgangen sein mögen" (S. 265).
') In neuester Zeit aufs sorg<igste und unter Anföhning aller Argumente nach-
gewiesen von Th. Burckhardt-Biedermann, .Römische Kastelle am Oberrhein aus der Zeit
Diodetians*, Westd. Zeitschr. XXV (1906), S. 139-178; vgl. auch den Auszug aus dem
Vortrag de -selben Verfassers »Die römische Grenz wehr in der Schweiz" im Bericht Ober
den 7. Verbandstag der west- und süddeutschen Vereine für römisch-gennanische Alter-
tumsforschung in Basel. S. 5t— 5-| des Sonderabdnickes aus dem , Korrespondenzblatt des
Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altert umsvercine* 1906.
•) Ich wage nicht zu sagen ,die meisten", wie Pick, der übrigens seinerzeit auf
Grund der Inschrift von Eugen die Frage des Anteils Valentinians an der Rheinbefestigung
durchaus zutreffend und klar erörtert hat im Anzeiger 1893, S. 271.
•) Vgl. E. Fabricius, Die Besitznahme Badens durch die Römer (Neujahrsblatt der
Badischen histor. Kommission N. F. 8. 1905), S. 70.
197
Gelingt es, die hier bloß angedeuteten Fragen zu beantworten, so darf
die Forschung dabei nicht stehen bleiben, sondern muß gleichzeitig der
weiteren Frage näher treten, wie die Rhtingrenze früher, vor Anlage des
Limes, also im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, geschützt war.
Bis jetzt haben sich mit Sicherheit keine frührömischen Befestigungen am
Rhein nachweisen lassen '), und es ist meiner Ansicht nach auch wenig
Aussicht vorhanden, solche zu finden. Aber immerhin ist bei der Bloßlegung
der biir/^t und spuulae sorgfältig darauf zu achten, ob nicht irgendwo noch
Spuren früherer, doch wohl Erdkastelle, vorhanden seien. Diesen Teil der
Aufgabe der Forschung hat klar skizziert H. Üragendorff, Bericht über die
Fortschritte der römisch-germanischen Forschung im Jahre 1905, S. 66.
Vielleicht ist es nicht ganz überflüssig, zum Schluß noch ein Wort über
die römische Rheinbefestigung auf Schweizerboden überhaupt beizufügen.
Die Auffindung und Bloßlegung zahlreicher speculae und hurgi dar! uns
nicht verleiten, die Verteidigungsfähigkeit des einzelnen Objektes und die
Bedeutung des ganzen Systems zu überschätzen. Die schweizerische „Rhein*
befestigung" ist, wie bereits Ferdinand Keller (.Anz. 187 1, S. 238 und 241)
durchaus richtig ausgeführt hat, nicht eine Verteidigungs-, sondern eine Beob-
achtungslinie. *| Die Verteidigung der Rheinlinie wäre nicht am Flusse,
sondern im Binnenlande erfolgt. Der Rheinlimes ist also eine Grenzsperre
lediglich in dem Sinne, wie es der obergermanische Limes seit Hadrian war,
als die Kästelt im Binnenlande geräumt und die Truppen an die lange Linie
des vorgeschobenen Limes hinaus verlegt wurden. ^)
') Der einen Aiigustus-Münze, die im Turm in der Hardt bei Basel gefunden wurde,
vermag ich nicht soviel ßeweiskrafi beizumessen, wie Ferd. Keller, Anz. 1871, S 241 und
248. Mit diestr Bemerkung soll übrigens an der vortrefflichen Beschreibung, die Daniel
Brückner von dem 1751 von ihm blolSgelegtcn Turme gab, nicht im mindesten gerOttelt
werden. Die »»rneute Freilegung des Turmes im Jahr 1891 hat ja die Zuverlässigkeit aller
Angaben Brückners bestätigt nach Th Burckhardi-Biedermann, Anzeiger 1893, S. 235.
') Die bekannte Auffassung des Tacitus iGerm. 28), der Rhein habe den Völkerbe-
wegungen kein wirkliches Hindernis entgegengesetzt O/wwtulum emm amms obstabat) ist
gewissermaßen rhetorisch potenziert in den Worten des Eumenius, Panegyr. Consl. Magn.
1 1 : magis ornant Hmitem castella quam protegunt.
') Vgl. hierüber Fabricius a. a. Ü. S. 75 f.
Ein Münzfund im st. gallischen Rheintal
Von J. Egii,
Am 24. November 1906 stiessen Arbeiter, welche damit beschäftigt
waren, in Widen, Gemeinde Balgach, für eine Zweigleitung der Wasserver-
sorgung Erde auszuheben, auf eine bedeutende Anzahl römischer Kupfer-
münzen. Die Fundstelle liegt am Fusse eines steil abfallenden Tannenwaldes,
etwa 5 — 7 Minuten von der Anstalt Widen entfernt Auf der Südseite zieht
sich ein Bachbett von verschiedener Tiefe hin, das jetzt trocken liegt, da
das Wasser an seiner Quelle gefasst und dem bereits bestehenden Reservoir
der Gemeinde zugeleitet wurde. — Die Münzen lagen in einer Tiefe von
50 — 60 cm ohne jegliche Umhüllung und Betgabe in der Erde. Der Boden
ist ringsum von Kurzholz bewachsen und zeigt unter der Grasnarbe eine
sandige Schicht. Seine Beschaffenheit ist derart, dass die Annahme einer
menschlichen Niederlassung an dieser Stelle ausgeschlossen zu sein scheint.
— Sofort nach Entdeckung der Münzen wurde Hr. Stadtarchivar F. v. Jecklin
aus Chur an Ort und Stelle gerufen, der sie im Auftrage des Ortsverwal-
tungsrates von Balgach verifizierte. Auf seinen Angaben und eigenen Be-
obachtungen beruhen die folgenden Ausführungen:
Der Fund enthielt im ganzen etwa 400 Stück. Zirka 100 Stück fallen
wegen Zerstörung des Gepräges durch Bodenfeuchtigkeit ausser Betracht;
eine bedeutende Anzahl ging bei der Aufdeckung verloren oder kam in
andere Hände. 232 gut erhaltene Stücke gelangten durch Kauf in das histo-
rische Museum von St. Gallen.
Die Gegend von Balgach war, soweit unsere Kenntnis reicht, in römi-
scher Zeit nicht bewohnt. Für die Anwesenheit des Menschen in praehisto
rischer Zeit spricht der Fund eines Bronzebeiles, das vor Jahren ira so-
gen. Nonnenbummert, unweit der Stelle unseres Münzfundes zum Vorschein
kam. Ein fein gearbeiteter Serpentinhammer stammt aus dem nahen Au,
ein ahnliches Stück aus St. Margreten.') In Bernegg, dessen milde und ge-
schützte Lage zur Ansiedelung einlud, vermutet Immler einen römischen
Wachtturm*); Funde aus prähistorischer und römischer Zeit sprechen fOr
eine frühe Besiedelung der Gegend von Altstätten ^|. Diese Stationen ver-
band — nach Immlers Annahme — ein römischer Handelsweg, der sich
') Im histomchen Museum von St. Gallen.
■) St Galler Mitteilungen, Bd. IV, p. 188.
*| Anzeiger f. Schweiz. Altertumskunde, N. V Bd. IV, p. 352
199
dicsseit des Rheines an der Berglehne hinzog, und die streckenweise sumpfige
und Überschwemmungen ausgesetzte Rheinebene vermied,')
Balgach wird im Jahre 890 als Palgaa in einer St. Galier Urkunde zum
ersten Mal genannt. Grosse Walder bedeckten damals die Gegend, aus
denen das Kloster St. Gallen das Eichenholz für Bauzwecke, sowie die Eicheln
für die Schweinemast bezog.*!
Die Münzen unseres Fundes gehören sämtlich der römischen Kaiserzeit
an und umfassen die Zeit von 259 bis 286 nach Chr. Die Kaiser sind in
fast lückenloser Reihe, einige mit ihren Frauen, vertreten. Von sechs Re-
genten ist je eine Münze vorhanden, von den übrigen mehrere Stücke; die
meisten sind von Gallicnus (41), von Claudius Gothicus (39), von Probus (40)
und von Diokletian (53) erhalten. Im übrigen ist das Ergebnis (nach Legen-
den, bezw. Reversinschriften geordnet) folgendes:
1. Vaterianus Saloninus H- 259 (Av.: Djvo Caesari Valeriano, Rev.; Consecratio).
2. P. Lic. Galiiettus -f- a68 (RR : Abundantia Aug — Apollini Cons Aug — Dianae
Cons Aug — Fides Militum - Fortuna Redux — lovi Cons Aug - [luno conja Aug —
Laetitia Aug — Liberias Aug — Neptuno Cons Aug - Fax Aug — Securit Perp — Soli
Cons Aug — Virtus Aug).
3. Cornelia Sahnma, Gemahlin des Gallicnus, + a68 (RR : Fecunditas Aug — lunoni
Cons Aug — Pudicitia)
4. M, Anr. Claudius Goihicus -f- »70 (RR-: Aequitas Aug — Annona Aug — Felici
Tempo (?) — Felicitas Aug — Fides Milit — Genius Aug — Genius Exerci — lovi Statori
— Ilovi Vi]ctOri — Lariitia Aug — Pax Aug — Provident Aug — Victoria Aug — Virtus
Aug — P. M. TR. P. II Cos. P. P. (269 n. Chr ) - Av. : Divo Claudio, Rev. : Consecratio -).
5. M. Aur. Claudius Quinfil/us f 270 (RR.; Fides Militum — Marti Pacif — Provi-
dent Aug — Virtus Aug — ).
6. L. Dom. Aurelianus + 275 (RR.: Concordia Militum — Fortuna Redux — Oriens
Aug — Restitut Orbis — Virt Militum - Victoria Aug — Genius Excrciti — lovi Conscr-
vatori — Restitut orbis - )
7 Ulffia Srveriua, Gtmahlin äi^ Aitrtlian (Av. : Severina Aug — Rev : Concordiae
Militum).
8. M. Ci. Tacitus ^- 276 Rev.: Provide Aug).
9. M. Ann, Florimms -t- 276 (RR : Virtus Aug — Temporum Felicitas).
10. M. Aur. Probus 4* 282 (RR. Adventus Aug — Concord Milit — Conservat Aug
lovi Cons Prob Aug — Marti Pacif — Provident Aug — Romae Aclcrnae — Salus Aug
— Securit Perp — Soli invicto — Victoria Germ - Adventus Prob Aug — Mars Victor
— Fides Militum - Salus Public - Victoria Germ Virtus Probi Aug — Victoria Aug).
11. M. Aur. C-tirus 4- 28^ (R.- Spes Publica)
la. Af. Aur. Numerutnus + 284 (R : Prineipi luventnt*.
13. M Aur. Carinus + 285 (RR : Pietas Aug — Fclicit Publica — Fortuna Redux —
Oriens Auu — Prineipi luvcnluti — Provident Augg — Victoria Aug).
14. Magma Urbica, Gema/i/in dts Carimts (Rev. : Venus Viclrii).
15. ('. t^altr. DiocUtiamts, abdic. joj, 4- 3'3 (Rev.; lovi Conaervat — HercuÜ Con-
servat — Mars Nictor (I) — Marti Pacif — Provident Aug).
16. M. A$tr. Val. Ma.nmianui, abdic. joj, i- 310 (R. : Hcrculi Conservat).
An MUnzzeichen habe ich folgendes notiert: Gallicnus: A, C, H. MS, N, S, T, V;
Cornelia Salonina- Q; Claudius Gothicus: B, L, '/, XII; Claudius Quintillus: (, X; Aure-
') Immler, a. a. O., p. 187 ft
*) Wartniann, Urkunden 11, 680.
200
lianus: A, BC, P • P, Q, R, T, JXXI; Uipia Severina: XXI R: Tacitus: Q; Florianus:
AA, XXIS; Probus: CM, R-A, R-/; R-J, R-C, KZ, REB, RTS, XXI, AXXl, XXIB, JXXI,
XXIP, SXXI, XXIT, VI. XXI; Carus: SXXI; Numerianus: VI XXI; Carinus: PRZ, RA/;
QXXI, TXXI, V. XXI; Magnia Urbica: SXXIT; Diocletianus . PXXIT, QXXI7; SXXI7;
TXXI/; /-XXI, V. XXI, VI. XXI; Maximianus: QXXI7', SXXI/; 7XXI7'.
Die Münzen bestehen, wie bereits bemerkt, aus Kupfer und sind ver-
zinnt.') So wurde der Silberdenar, dessen Feingehalt seit der Zeit der An-
tonine immer mehr zurückgegangen war, endlich zur Kupfermünze. Die
rapide Verschlechterung der Münzwerte in der zweiten Hälfte des 3. Jahr-
hunderts n. Chr. ging mit dem Niedergange des öffentlichen Wohlstandes
und mit der wirtschaftlichen Zerrüttung, welche diese dunkelste Periode der
römischen Geschichte kennzeichnet, Hand in Hand.*)
Da die Münzen ohne weitere Beigaben gefunden worden sind und eine
römische Wohnstätte an Ort und Stelle nicht nachzuweisen ist, so dürfen
wir annehmen, dass sie vergraben worden sind. Was die Zeit anlangt, so
ist mit dem Jahre 286, wo Maximin, der letzte unter den auf den Münzen
vertretenen Herrschern den Tron bestieg, der Terminus a quo gegeben. Der
Eigentümer mag ein Mann aus dem Volke, ein Soldat oder reisender Händ-
ler, gewesen sein, der seinen Besitz, vielleicht vor den alamannischen Horden
fliehend, in der Nähe des Weges versteckte, um ihn für bessere Tage zu
sichern.
') Nach der chemischen Untersuchung des Herrn Prof. Dr. Nussberger in Chur.
■) Vgl. Mommsen, Geschichte des römischen Münzwesens, p. 831
Das ehemalige „Weierhaus" in Kaltbrunn.
Kow E. Hahn,
yfeAsu
Mitten in der weilen, vom ünthkanal durchschnittenen Rietebene
zwischen den Dörfern Kaltbrunn und BtnUen des st. gallischen Bezirkes
Gaster läßt sich von den urnliej^enden H^jhen gegenwärtig noch eine in der
Linie zwischen der Häusergruppe (jrafenau und der Eisenbahnstation Kalt-
brunn-Benken kaum merkliche Bodenerhöhung erkennen, die durch etliches
kGestrÜpp und junge Bäume Überwachsen ist. Hier findet sich noch ein ganz
kleiner Rest einer Mauer, welcher sich etwa bis i m über die Bodenfläche
erhebt. Das Landvolk nennt das um-
hegende Grundstück die „Burgwiese",
der Katasterplan der Gemeinde Kalt-
brunn „Schloßwiese" ; im staatlichen
Penmeterplan der Wildbachverbauung
ist es unter „Alt Schloß" eingetragen,
während eine benachbarte Rietwiese \ \ a^aä/m
„Bibertenwiese" heißt (Abb. 46). Ein
Name für diesen Ruinenrest scheint^
demnach ganz in Vergessenheit ge
raten zu sein. Und doch wurden die
Ruinenmauern von ihrem Besitzer nach
mündlicher Überlieferung älterer Ein-
wohner von Kaltbrunn erst zu An-
fang der 1860"' Jahre bis auf den
Grund abgetragen. Offenbar gehören
diese Mavicrreste dem von v. Arx
in seinen Geschichten des Kantons
St. Gallen I 549 erwähnten „Weiherhaus" an, „das wahrscheinlich im Besitze
der Edlen von Brürhi stand." Hiezu würde die Notiz In Stumpfs Chronik, Aus-
gabe von 1548, Icil II, f 328 stimmen: „Es habend amb im Gastal gewonetdie
Bruchlin P'delknecht, habend jren sitz gehebt auffBibenten vnd zu Windegk,
sind abgestorben. Arnold Bruchli zu Windegk labt Anno do. 1387 vnd 1393."
Es gelang bis jetzt leider nicht, einen urkundlichen Beleg dafür aufzufinden,
daß dieses Weiherhaus im Besitz der Edlen von Brüchi stand, obschon das
Geschlecht Bruhin oder Bruchi in der dortigen Gegend, besonders in der
schwyzerischcn March, Tuggen etc., sehr verbreitet ist. Dagegen scheint
dieses Haus Bibiton nach dem ersten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts im Be-
46. Lagcplanskizzc des Weierhauscs in
Kaltbrunn
202
H
w
>(
sitze eines Oswald von St. Johann gewesen zu sein. *) Der Turm auf der
alten Breite ist nicht mit dem VVeiherh3US zu verwechseln. Noch P. Immler,
der erste Konservator der Sammlungen des historischen Vereins des Kantons
St. Gallen, konnte im Jahre 1864, allerdings nur nach fremden Angaben, eine
kleine Skizze der „Bibentenburg, genannt das Weierhaus zu Kaltbrunn" in
seine handschriftlichen Notizen aufnehmen. Seither ist die ungefähre Aus-
dehnung des ehemaligen Gebäudes nur in ausnahmsweise trockenen Sommern
an dem über den Grundmauern liegenden und
^mmJSSSmmk_ abgestorbenen Rietgrase zu bemerken.
Im Auftrage des historischen Vereins von
St. Gallen und unter werktätiger Mithilfe des
Herrn Dr. med. Steiner in Kaltbrunn wurde in
den Tagen vom 14. bis 19. November 1897
eine Ausgrabung auf der Burgsteüe durch den
Schreiber dieser Zeilen vorgenommen, soweit
es die gebotene Schonung des Baumwuchses
und das Sumpfland zuließ. Dabei kamen die
Fundamente eines quadratischen Gebäudes von
12,20 m Seitenlänge in einer Tiefe von wenigen
Zentimetern unter dem Boden zu Tage, deren
Mauersiärke gleichmäßig 1,60 m betrug lAbb.47),
und zwar mit der Diagonale BD ungefähr in
S-N- Richtung orientiert, in der südöstlichen
Mauer A B war ein größeres Stück entweder
ausgebrochen oder in den sehr nachgiebigen
Boden, in welchem sich das Grundwasser 0,40 m
unter der Oberfläche befand (Schnitt A B bei
„ I^l^"), eingestürzt. Innerhalb des einzigen noch über den Rasenboden sich
erhebenden Mauerrestes M war ein wagrecht liegender, nahezu halbzylin-
drischer Kanal mit Wurzel werk des an dieser Stelle befindlichen Baum-
und Strauchwuchses ausgefüllt. Offenbar war
dieser Kanal ursprünglich von einem eingelassenen
halbierten Baumstämme aus|;efül!t, welcher zur
Verstärkung und Sicherunj< des Mauerverbandes
wegen des hier vorhandenen schlechten Bau-
grundes dienen sollte und zwar in der Weise,
daß der Stamm entschält und an derjenigen Fläche,
welche nach unten zu liegen kam, eben gehauen
wurde (Abb. 4b). Solche HoLzeinlagen sowohl ^q Querschnitt bei H.
47. Grundriss des Wcierhauses
und Schnitte durch die Funda-
menie AB (unten), CO (oben).
M — I : 300
,M(m
,37c«..
') Der Einsiedler Abt Burkhard von Krenkingen-Weibenburg 1418 — i438^vcrleiht am
6. April 1419 dem Ulrich Windeggcr die alte Breite, wo ein Turm steht, im Dorfe Kalt-
brunnen, imd »n demselben Tage dem Oswald von St Johann, ansässigCzut^i^i/on^ das
Meicramt zu Kaltbrunnen. P. Odilo Ringholz, Geschichte des Stiftes Einsiedeln p. 338*
Das Meieramt folgte nach Oswalds Tode 1438 auf dessen Sohn Heinrich.
go3
in Fundamenten als in den Mauern von mittelalterlichen Bauten erwähnen
A. V. Cohausen, das Befestigungswesen der Vorzeit, S. i6i, und Piper,
Burgenkunde, 1. HMfte, S. 140. Das Mauerwerk selbst bestand aus rohen
unbehauenen Bachkieseln verschiedener Größe, so wie sie heute noch
aus dem nahe vorbeiftießenden KaUbrunnerbach zu Weganlagen im Riete
entnommen werden, und einem sehr harten, weißen, wenig Sand enthalten-
den Mörtel, welcher an seltenen Stellen etwa noch eine Ziegelscherbe ein-
schloß. Im Innern des Gebäudes stieß man in der Ecke B sowie bei F auf
Steinschutt ohne Verband, während Spuren vermeintlicher Quermauern von
geringerer Stärke und sehr schlechtem Verband bei E und G (zirka 0,80 m
dick) in der dunklen Riet- und Schlammerde lagen.
Letzlere unterschied sich nicht von derjenigen des umliegenden Rietes.
Alle Außenkanten, namentlich aber die Ecke D hatten durch das Abtragen
der Ruine sehr gelitten, wobei die Steine nach mündlicher Aussage eines
alten Landmannes meist für die Rietwege in der nächsten Umgegend ver-
wendet wurden. Das Suchen nach einem eventuell vorhandenen Boden
mittels Einstecken von langen Stäben blieb gänzlich erfolglos, auch wurden
keinerlei kleinere Gegenstände gelunden. Um eine Ansicht des Gefüges des
Mauerwerkes zu gewinnen, versuchte man, das Wasser aus dem Innern zu
entfernen, doch wurde nach mehrstündiger Arbeit mittels einer Jauchepumpe
kein nennenswertes Resultat erzielt, da offenbar das äußere Grundwasser
durch schadhafte Stellen der Mauern nachdrang.
fr
Die Wandgemälde in der Kirche von Brütten (Zürich).
Von / A\ Rahr
Zahlreich sind Funde von Wandgemälden, die im Verlauf der letzten
Jahrzehnte in zürcherischen Landkirchtfn eriolgten. Zu dem neuesten hat
Ende Mai 1907 der Abbruch
876 wird des Ortes Pritta
gedacht, der seit dem X. Jahr-
hundert zu den Besitzungen
von Einsiedeln zählte '(. Von
diesem Stifte mag die Ka-
pelle erbaut worden sein,
vielleicht schon zu Anfang
des X!L Jahrhunderts, wie
sich aus der ßecchaffenheit
des Mauerwerkes an den
ältesten Bestandteilen ergibt,
einer Bruchsteinkonstruktion
mit breitem Mörtel ver-
strichen, in welchen die Stoß-
und Lagerfugen mit der Kelle
gerissen sind *). Dieser Kern
des Kirchleins ist der mitt-
lere Teil des einschiffigen
Langhauses gewesen.
5,35 m betrug die Breite
im Innern, und zirka 11,50 m
lang waren die seitlichen
Mauern erhalten. Später
fand eine Verlängerung nach
hüben und drüben statt mit
Ausbruch neuer P'enster, wo-
des Kirchleins von Brütten geführt. Schon
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49. Brütten. Reste einer Apostelfolge an der
Nordwand der Kirche.
') Nüscheltr, Gotteshauser II 232, und der Bericht von Herrn Sekundarlehrer £.
Rauher in Töß im ql^ndboten* vom 29. Mai 1907.
*) Die gleiche Behandlung in der Kirche von St. Sulpicc (Waadt) XI. bis XII. Jahrh.
N D. de Valfere bei Sitten. Hauicrive bei Freiburg, XII. Jahrh. und Münster in GraubOnden,
XI. i?) Jahrh.
ST. GEORG
WANDGEMÄLDE IN DER KIRCHE ZU BROTTEN.
AoMiser tat Kliwcis. AlLertuntkunde, 1907, 3 Heft
•\^Vt\ ^>w.
ao6
bei erhebliche Teile der Bilder zerstört worden sind. 1728 wurde laut
Kirchenrechnung der Dachreiter errichtet, der sich vor dem östlichen Dritte,
des Firstes erhob. Das deutet darauf, da5 damals der dreiseitig geschlossene*
Chor hinzugefügt worden ist, und von einem zweiten Unternehmen, der Ver-
längerung nach Westen (?) im Jahre 1774 meldet NOscheler.
Eine oft wahrgenommene Erscheinung wiederholt sich auch hier, der
Wechsel des Bildschmuckes, wie eine Serie die andere ersetzte. Während
nicht viel mehr als hundert Jahren ist dies dreimal erfolgt. Die ältesten
Reste, die einer Apostel folge, wurden an der Nonhvand gefunden (Abb. 49I.
Von den Figuren war allein noch der iNimbus der zweiten vorhanden. Die
Buchstaben^orm der Namen (MA)THEVS und PAV(LVS), das Voluten-
kapital und die ebenso charakteristische gedrückte Führung der unteren
Bogenschenkel deuten auf die Zeit um 1290 hin.
Indessen kaum angefangen, trat eine Änderung in der Wahl des Stoffes
ein, von Schilderungen aus Chrisli Jugend und Passion, wobei das Ver-
kündigungsbild an Stelle der genannten Apostel trat. Mit ihren Namen
stimmen die Charaktere des GRACIA PLENA überein. Der Engel, wie
Maria in Rol gekleidet, ist eine hochgotische Glasmalerfigur; an Glasmalerei
erinnern auch die rundlich aufgetriebenen Fingerspitzen.
Stilistisch verwandt sind auch die übrigen Bilder; sie mögen um 1300
gemalt worden sein. In zwei Folgen sind sie über einander geordnet, un-
unterbrochen, denn die Nordwand war fensterlos i Abb. 50) Spuren einer Sockel-
dekoration waren nicht mehr zu sehen. 1,60 m Über dem Hoden hatte die
untere Reihe gestanden. Ihre Bilder waren innerhalb des Rahmens zirka
1,30 m, die oberen 1,12 m hoch. Rote Doppelstriche ohne Zwischenfüllung
umrahmten den weißen Grund. Beide Reihen begannen im Westen, die
obere mit der bis auf wenige Teile zerstörten Darstellung des Jüngsten
Gerichtes» In der Mitte thronte die große Figur des Weltenrichters mit er-
hobener Rechten; neben ihm, links vom Beschauer, ein schwebender Engel,
der mit beiden Händen das Kugelende eines gelben Schaftes (Passionsin-
strumentes?) hielt, s. Verkündigung. 3. Darstellung im Tempel. Links steht
Simeon hinter dem mit einem gemusterten Behänge bekleideten Altar. Er
streckt die Arme aus, um das mit einem Lendenschurz bekleidete Knablein
zu empfangen, das ihm die gegenüber stehende Mutter darbringt. Maria
folgt, mit zwei Tauben in der Rechten und einer brennenden Kerze in der
verkehrt gezeichneten Linken, eine heilige Frau, vermutlich die Mutter Anna.
4. ülberg. Dicht vor den Jüngern, wobei sein Gewand das des vordersten
überschneidet, kniet mit erhobenen Händen <jer Heiland. Er trägt weißen
Rock und roten Mantel. Gegen ihn schwebt von oben herab ein Engel mit
rotem Gewand und grünen Fittigen, Kr weist mit der Linken auf ein lang-
wallendes Spruchband, das die Rechte hält. Die Inschrift ist erloschen.
Unten sitzen dicht gedrängt mit geschlossenen Augen drei Jünger, deren
vordersten sein bartloses Antlitz als den Evangelist Johannes kennzeichnet.
5. Gefangennehmnng. Links St. Petrus in blauem Mantel. Er faßt am
ao7
Schopf den kleinen vor ihm knieenden Malchus und holt mit der Rechten
zum Schwertstreiche aus, wahrend Christus, dem sich der rot gekleidete
Verrater naht) mit beschwörender Geberde die Rechte gegen St. Petrus
streckt. Hinter dem Heilande, abgewendet und, wie es scheint, ihn am Arme
fassend, steht ein Krieger in gelbem Waffenrock und Ringelpanzerkapuze.
Wie die Bedeckung des Schädels — ob gleichfalls Ringelpanzer, oder
Beckenhaube — war, ist nicht mehr zu erkennen.
Es folgen in der unteren Reihe: 6. Die Darstellung Christi vor dem
Volke (?). Zu äußerst beiderseits zwei Gruppen bartloser, ausgesprochen
jugendlicher Figuren, die, nur noch in ihren oberen Partien erhalten, nach
der jetzt leeren Mitte schauen.
7. Dornenkrönmtg. Die rechte Hälfte des Bildes ist bis auf die lilien-
förmige Szepterspitze des Richters durch Ausbruch eines Fensters zerstört.
Daneben, in der Mitte, thront en-tace der Heiland in weißem (?) Mantel und
die Augen mit einer gleichfalls weißen Binde verhüllt. Zwei Schergen (nur
noch der links stehende erhalten) pressen vermittelst eines Stabes die Dornen-
krone auf. Der Scherge trägt gelben Rock mit knapp anliegenden Ärmeln
und auf dem bärtigen Fratzenkopf einen Judenhut.
8. Kreuzigung, Zur Linken Christi steht anbetend in gelbem Rock und
rotem Mantel der jugendliche Johannes. Das Haupt des Gekreuzigten ist
tief gesenkt, der Körper über und über mit blutigen Striemen und Tupfen
bedeckt. Von Brustwunde, Ellbogen und Hand fließt das Blut in Strömen
herab. Marias Figur ist zerstört.
9. Erscheinung des Auferstandenen. Links steht Christus, der einen
roten Mantel trägt. Die Geberde der Rechten ist nicht mehr zu erkennen.
Die erhobene Linke stützt sich auf einen gelben Stab (Schaufel?). Von
rechts nahen sich unter einem roten Bogen, vermutlich dem Grabgewölbe,
drei Frauen, von denen aber nur die Oberkörper samt
den Köpfen erhalten sind.
10. Kreuzabnahme. Christus mit weißem Lenden-
schurze bekleidet und ganz mit Wundmalen bedeckt
ruht sitzend auf dem Schoß der Mutter, die ihn mit
der Rechten umfängt. Des Toten Arme sind ausge-
streckt; Johannes hält dessen Linke, die Rechte eine
Frau mit Matronenschleier. Hinter ihr steht ein bart-
■.^ , ^ . loser Jude mit rotem Rock und Spitzhut von gleicher
f *y '^ Farbe (Abb. 51). Vor dem Apostel kniet eine hl. Frau,
^-A^*T vermutlich Magdalena, im Begriftej Christi Füße zu
küssen. Hinter ihr steht ein Jüngling in gelbem Ge-
wand ohne Nimbus.
Die Auffassung der Szenen entspricht dem Ab-
breviaturstil der Zeit, eine Zusammenstellung weniger
meist isolierter Gestalten mit einfachen Geberden,
und was die Köpfe auszudrücken haben, ist mit der
ao8
Bewegung der Brauen und Mundwinkel abgetan. Indessen, wie beschränkt diese
Mittel sind, sie reichten hin, um auszudrücken» was der Künstler wollte. Bis zum
Pathos ist die Bewegung gesteigert bei der Kreuzabnahme, wo Zweie dt
Toten Hände ergreiferf und Magdalena sich herniederbückt, um dessen Fq£
zu küssen. Bei der Darstellung Christi vor dem Volke fallen einige recht
brave jugendliche Köpfe auf; treffend sind Verehrung in dem Aufblick der
Frauen bei der Darstellung im Tempel (Abb. 52!, die Betrübnis des Lieb-
lingsjüngers und überstandenes Weh in dem Antlitz Christi bei der Kreuz-
abnahme geschildert. Hinwiederum — bei der Gefangennehmung und der
Dornenkrönung — wo es Böse und Schlechte zu schildern galt, ist das
ofienkundig Fratzenhafte herausgekehrt.
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=v;^l|A,
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%]ii>:%
52. BrQtten. Detail aus der Darstellung im Tempel;
Nordwand der Kirche.
Die Zeichnung mit derben braunroten Zügen ist durchaus auf die
Fernwirkung berechnet. An den Köpfen fallen die langen, geraden Nasen
mit eckiger, stark unterschnittener Kuppe auf. Die Haare sind kompakt
wellenförmig geordnet, die Augen mit wagrechter Unterlinie gezeichnet, die
Gewandmassen einfach und groli geworfen. Einzelne Gestalten — so Mahaj
bei der Darstellung im Tempel — zeichnen sich durch elegant geschwungcnf
Haltung aus. Die einzige Figur eines Gewappneten erscheint auf dem Bilde
der Gefangennehmung. Seine Ausrüstung mit WafFenrock und Kingelpanzer,
209
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welch letzterer seit Anfang des XIV. Jahrhunderts verschwindet, erinnert
an Erscheinungen in der St. Galler Chronik des Rudolf von Ems.
Die Benialung ist auf wenige glatte Töne beschränkt. In den Ge-
wändern überwiegt das Rot, selten sind Blau und Gelb. Haare sind meisten-
teils gelb, mitunter auch rotgelb bis rot, die nackten Teile jetzt weiß, nur
auf dem Bilde der Gefangennehmung sind starke Partien von Fleischrot er-
halten. Die meisten Nimben sind gelb, wenige rot; derjenige Christi ist
weiß mit rot konturiertem Kreuz.
Mit gleichzeitigen Bildern mag auch die Südwattd geschmückt gewesen
sein. Ihre letzte Ausstattung jedoch war jüngeren Stils. Auf die Wende
des XUI. und XIV. Jahr-
hunderts wies nur noch das
Bild des ///. Chrisiophorus am
Äußern hin (Abb. 53!. Der
Riese mit rotem Nimbus war
dargestellt, wie er nach älterer
Auffassung das Christkind auf
dem linken Arme trug und
mit der erhobenen Rechten
einen Baumstamm umfa(ke.
Des Heiligen Kopf, Teile des
Oberkörpers und solche des
Knäbleins traten allein noch
zu Tage.
Um 1400, kaum viel spater,
muß der Schmuck der Innen-
seiie erneuert worden sein
lAbb, 54). Diese Malereien
waren ungefähr in gleicher
Ausdehnung wie die an der
Nordwand erhalten und ihre
Anordnung in zwei Ober ein-
ander befindlichen Reihen ist
die nämliche gewesen. Auch
hier keine Anzeichen einer
Sockeldekoration und weißer
Grund für die Bilder, den
aber ein Zierat von sparsam
verteilten Sternen belebte, sechstrahlig und schwarz mit langen scharfen
Zacken.
Zur oberen Reihe hatte der Schmuck eines Fensters gehört, das sich
am Ostende des alten Teiles befand. Seine westliche Leibung hatte das
wohl erhaltene Bild St. Georgs geschmückt iTafel XX(, auf weißem Grund
mit abwechselnd schwarzen und gelben Sternen. Einfache rote Striche
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53. BrOtten. S. Christophorus, am Außem
der Südwand.
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umrahmten das 1,273 m hohe Feld, unter dem ein leichtes grünes Ranken
gewinde den weißen Rest des Gewändes füllte. Links oben das lieb-
liche Figürchen der ungekrönten Königstochter in grauem Gewand mit
gelben Haaren. Der Sieger steht auf dem prächtig stilisierten Drachen,
dessen Kopf das Muster eines gothischen Wasserspeiers wäre. St. Georgs
Gurt und ein senkrechter Streifen auf der Brust und dem gefältelten Schoß
bilden ein schwarzes Kreuz. Nimbus, Lanze, Schwert, einzelne Rüstungs-
teile und der Drache sind buchsgelb, die Konturen rot, sonst alles weiß.
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Zweifellos von gleicher Hand sind die westlich unmittelbar folgenden
Bilder:
I. Anbetnng der Könige. Unter einem mit Stroh gedeckten Giebel-
dache, das auf vier dünnen Pfosten ruht, sitzt zu äußerst links der hl.
oseph, eine zwerghaft gedrungene Figur. Ein gelber Nimbus umgibt den
unverhältnismäßig großen Kopf mit weißen Haaren und Bart. Der grüne
Armelrock hat einen Kapuzenkragen von gleicher Farbe. Die Rechte ist
vorgestreckt; die Linke umfaßt das obere
Ende des Krückenstabes. Vor dem Nähr-
vater, von ihm abgewendet, thront Maria.
Ihr Kopf ist zerstört. Der weite Mantel-
saura breitet sich mit eleganten Über-
schlägen auf einer gelben runden Matte
aus. Mit beiden Händen umfängt Maria
^jC ^^ '^ ^\ das nackte Knäblein, das auf ihrem Schöße
p-^iM^ iH^^» ^^ steht und hastig nach dem Geschenke,
vermutlich einer Schale mit Gold, begehrt,
die ihm der greise König überreicht. Von
dem Gürtel des Knienden hängt ein
kurzes Bauernmesser herab. In der Tiefe
der Hütte, über dem Christusknäblein
recken sich Ochs und Esel über die
Krippe. Dem greisen Monarchen folgen
stehend seine Gefährten, der eine, mit
hellbraunem Schnurr- und Spitzbart und
buckeiförmigen Haarbauschen, trägt ein
Kästchen (Abb. 55), der dritte, ein Jüng-
ling mit ausgesprochener Mohrenphysiog-
nomie, in der Rechten einen hohen,
schlanken Krug. Die Könige haben keine
Nimben.
2. DarsUilung x'm Tempel (?). Durch
Ausbruch eines Fensters zerstört bis auf
die zu äußerst links stehende Fig^r einer
hl. Frau mit grünem Untergewand, weitem
Mantel und Maironenschleier.
Auch von dem folgenden Bilde 3 des Kinder ttionüs ist aus gleicher Ur-
sache nur die Hälfte rechts erhalten : der Oberkörper des thronenden Herodes.
Die Rechte mit erhobenem Zeigefinger halt er befehlend vorgestreckt, in
der Linken ein Lilienszepter. Vor ihm, links vom Beschauer, steht ein
Geharnischter mit Schwert, auf dem ein aufgespießtes nacktes Knäblein
zappelt.
4. Flucht nach Ägypten. Bis auf wenige Reste zerstört. Zu erkennen
sind das Gesicht Mariae und der Kopf des Kindleins, das sie auf dem Schöße
55. Brtttten. Detail aus der Anbetung
der Könige; Südwand der Kirche.
aia
trug. In einen grünen Mantel gehüllt, reitet sie auf einem Eselchen, vor
welchem das Krückenende von Josephs Stab erscheint.
Die senkrechte Trennung der Bilder geschieht durch rote Doppelstriche,
die wagrechte durch einfache. Die Zeichnung mit roten Linien ist sorgfältig
und detailliert, besonders d't der Köpfe und der Hände mit ihren sprechenden
Geberden. Erstere sind ausgesprochen individuell mit stark knolliger Nasen-
spitze. Die Gewandungen sind ohne Knickfalten groß und klar geworfen,
Gesichter und Hände farblos, ebenso öfters die Haare; andere hellbraun
und braun. Manche Erscheinungen stimmen frappant mit den Bildern der
Toggenburger Bibel im Kupferstichkabinet des Berliner Museums überein:
Die gedrungenen Proportionen der schulternlosen Figuren, die zweiteiligen
Spitzbärte und die seitwärts stark ausladenden Lockenbauschen; die Zaddel-
borten an Ärmeln und Gevvandsäumen und bis aufs Detail St. Georgs
Rüstung.
Bei gleichen Darstellungsmitteln verraten die unteren Bilder eine andere
Hand. Köpfe und tlande sind weniger geistvoll gezeichnet, auch fehlt es
an Energie in Haltung und Bewegungen. Die Umrahmung der beiden
Felder geschieht durch einfache gelbe Striche, wobei schwarze Linien die
wagrechten begleiten. Der Grund ist weiß und wieder mit schwarzen
Sternen dünn besät, die aber kleiner als die oberen sind. Keine Historien,
nur Einzelfiguren waren in dieser unteren Reihe gemalt, östlich beginnend:
I. In einem besonderen Feld der fast erloschene Kopf einer hl. Frau, über
welcher von der oberen Borte acht roh gezeichnete Augen senkrecht herunter-
hängen, vielleicht ex votos an die ehedem hier dargestellte hl. Lucia oder
Ottilia. 2. Vier hl. Frauen stehen paarweise einander zugewendet : St. Agata
mit brennender Kerze, ihr gegenüber St. Dorothea; in ihrer Linken ein
dünner Stab (Szepter ? Blumenstengel ?), in der erhobenen Rechten ein
Blumenkorb. Vor der Heiligen Kopf und Hand des Knäbleins. St. Marga-
retha mit Kreuzstab; zu Füßen Spuren des Drachen. Das Bild der vierten
Heiligen ist bis auf Weniges zerstört.
Im Auftrage der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich wurden farbige
Durchzeichnungen sämtlicher Bilder angefertigt unter der bewährten Leitung
des Herrn Dekorationsmalers Chr. Schmidt, der zudem einiges von den Ori-
ginalen, die Darstellung der Kreuzabnahme und die Figur des hL Josef aus
der Anbetung der Könige auf Leinwand übertrug.
Beiträge zum Holzschnittwerk des Urs Graf.
Von Hans Koegler.
rSchluO).
ST4. 1.8. Acht Illustrationen aus einem Gebetbuch, lose, auf der Röck-
seite bedruckte Blätter im Berliner Kupferstich-Kabinett, sämtlich mit Grafs
verschlungenem Monogramm und der Signatur des Holzschneiders ,F. M.
S." bezeichnet, i. außerdem mit „Basiliea", 8. noch mit der Boraxbüchse ver-
sehen. Entstehungszeit etwa 1511 — 1513 br. 0,054, h. 0,078.
I. — 340. a. (Seite 135) hier mit „S. Augusti" im Spruchband oben
^und dem Zeichen F. M. S. unten in der Mitte.
2. „Monika". Links Anna selbdritt, r. Monika und der knieende Augustin.
3. Drei jugendliche Heilige stehen unter einem Feston, in Mitte Sebas-
tian, I. Steplianus.
4. David knieend mit der Harfe nach I. unter einem Bogen, geringer.
5. Verkündigung an Maria, 1. der Engel im Profil nach rechts, r. Maria
von vorn. Das F. M. S. im Ring der Vase.
6, Links Petrus, r. Paulus unter einem Astbogen mit Blattwerk in den
Ecken,
i 7. Ein Abt und Priester weihen eine Kirche, die den Hintergrund bildet.
8. Der Tod, einen Sarg auf dtr linken Schulter, einen Pfeil in der
rechten Hand, eilt über einen Kirchhof nach rechts; flüchtig und gering.
^7/. Die Verkündigung an Maria in reicher, mit Säulen geschmückter
Architektur, der obere Rundbogenabschluß mit gereihten Gegenständen,
Schild, Laute, Helm und so weiter genau wie die Zierleisten der Narren-
beschwörung {N. 376) gefüllt. Auch hier kommt der Engel von 1., streng in
Profil nach r.. Maria kniet r. von vorn gesehen, Kopf ein wenig nach links.
Das Blatt von prachtiger Wirkung ist nur mit den Buchstaben des Holz-
schneiders M. S. bezeichnet, was die Vermutung bestätigen würde, daß das
F. in der Signatur F. M. S. nur so viel wie Formschneider bedeutet (Seite
152 bei His 268».
Der 0,077 breite und 0,1225 ^^^^ Holzschnitt kommt im Breviarium
secundum ritum almae ecclesiae Arosiensis, Basel Februar 1513 bei Jac. v,
Pforzheim vor (8', E. Berlin Kupferstich-Kabinett) und zwar zusammen mit
den zwei Holzschnitten gleichen Stiles und Formates His 274, der gar nicht
signiert ist, und His 302, der nur Urs Grafs Zeichen trägt. Da His 274
schon 1512 erschienen war, wird man dieses Jahr schon als Entstehungszeit
aller drei Blatter annehmen müssen.
Sys ^- Heiligenbild von Signau, „Signo-sancti-spiritus" überschrieben.
Der tronende Gott Vater hält das Kruzifix vor sich, über welchem die Taube
schwebt, links unten Berner Wappen. Gott hat den unverkennbar Grafschen
Typus, wie man ihn von Kaiser Heinrich aus His 271. und besonders von
Gott Vater aus der Fürbitte (His 279.) kennt, beide vom Jahr 1514, was
auch die richtige Datierung des Heiliggeistblattes sein wird. O, Berlin.
Anonyme des XVI. Jahrh., br. 0,085, ^- 0.1325.
C. Omamentales.
3j6. a. h. Acht Leisten zur Murner'schen Narrenbeschwörung von
1512, von His bei 259 als in Zeichnung und Laune Graf zugehörend er-
wähnt; die bei H. 242 genannte Umrahmung des Titelblattes ist dagegen
zu verwerfen, sie stammt vom Zeichner der neun geringen Illustrationen.
al Sieben Köpte mit Narrenkappen. Ab, Kristeller, p. 62, sowie von
c. und e.
b) Sieben Gläser, Kannen und Flaschen übereinander.
c) Löffel und Pritsche im Knoten verschlungen, darüber Putte, Filzhut,
Narrenkappe.
d) Drei geflügelte Puttenköpfe nebeneinander.
e) Wellenband, gotisch gezackt, oben Eselskopf mit Maulkorb.
f) „Fris dz" mit Anspielung auf die höchst unflatige Textstelle in dem
Kapitel, das mit Dreck versiegeln heißt. In der oberen Hälfte Narrenkopf,
Sichel und Blasebalg.
g) Unten Mehlsack, Kartenspiel, Narrenkopf und unanständiges Zeug.
h) Kandelaberornament, in mitten Delphinpaar aufrecht, o. Vase mit
geschupptem Bauch, br. 0,0136, h. 0,14550,1485, Grund schwarz.
jj'j. Schematischer „Arbor aflinitatis", in den oberen Ecken Ast mit
schön geschwungenem Krabbenblatt. In: Gregor IX, Decretalium Über,
Basel, Amerbach, Petri, Frohen 151 1. fol. — br. 0,194, h. 0,235.
j-jS. a. d. Vier Leisten des Brevlarium Augustanum von 1512, von
His bei 274 schon erwähnt. Doppelte Einfassung, Grund weiß.
a) Seiten Leisten, o. und u. Zylinder, der untere mit gedrehter Kanal-
lierung in mitten Delphinpaar aufrecht, br. 0.0226, h. 0.097.
b) Horizontale Leiste. Zwei Füllhörner mit Mündungen nach außen.
br, 0,023, h. 0,1049.
c) H. L. Gewelltes Band von fünf Bogen, r, in Wurzelwerk endend,
br. 0,012, h. 0,097.
d) H. L. Zwei Füllhörner mit Mündungen nach außen, r. Täfelchen mit
Grafs Monogramm, br. 0.0115, ^' 0.1048.
jjg. a.b. Zwei hör. Leisten aus: Paulus Cortesius in Sententias, Basel,
Froben, 1513. fol. Doppelte Einfass., Gr. weiß. br. 0,0173, h. 0,106. —
a} Drei Hasen in gewelltem Ast, r, hockt ein vierter. — b) Zwei im wesent-
lichen S-förmige Astranken kreuzen sich in Mitte, außen steht je ein Vogel,
1. mit gespreizten Flügeln.
/<?o. Hör. Leiste, zwei Delphine an eine Tafel „Basilea" gebunden. Ab,
L. 13. Einleitung. In: Erasmus Adagien, Bas., Froben, 1513. fol. Doppelte
Einf., Gr. weiß. br. 0,0165, h. 0,1485.
j8i. Oberer Teil des Titelblattes N. 345, drei Leisten auf einem Stock.
Üben zweigeteilter Zweig mit je großem Urahüllungsblatt und einer Beere
oder Fruchtkapsel als Ende, die in gleicher Art sehr oft bei Graf vorkommt
und auf Grundlage von DoUwurtz (Aconitum Pardalianches) gebildet ist.
Seitlich Kandelaberornament, br. 0,0155, 0,025, 0,026,
jS2. Ornamentale Umrahmung eines rechteckigen Titels, nur nach
außen konturiert, seitlich aus großen Delphinpaaren gebildet. Gr. schräg
schraff. Unten in Mitte bezeichnet mit Grafs Monogramm und viS^^S"- Diese
Umrahmung, ira Stil der Titelbordüre His 323 vom gleichen Jahre aufs
nächste verwandt, kommt zuerst als Titelblatt der zweiten Basler Ausgabe
des Ritters vom Turn bei Mich. Furter 1513 vor (E. Aarau), später seit
1521 mehrfach bei A. Petri in Basel, aber immer ohne Monog7*amm und
Jahreszahl, z. B. 1522 in Luthers Ußlegung der Episteln und Evangelien.
Eine genaue Kopie (Vorbild?) bei Mazochius in Rom in: Magni Basilii
Hexameron, 1515, fol. — br. 0,172, h. 0,27.
j8j. a.,b. Kandelaberornament aus Furters Ritter vom Turn, Basel,
1513. 4'\ Gr. weilV - a) u. Schild, Mitte Puttenkopf, o. Zylinder (ge-
dreht), br. 0,01, h. 0,125. — ^) Mitte Balluster mit Quastengehänge, o. Delphin-
paar, u. kleine geschuppte Kuppel, br. 0,0122, h. 0,131.
j8^. a.b. Zwei hör. Leisten des gleichen Buches. Doppelte Einfass., Gr.
weiß. br. 0,0115, h. 0,108. — a) Astwelle mit vier Blättern und zwei runden
Blüten auf Grundlage von weißen Kamillen fchamasmelum leucantheraon) stili-
siert, die eine davon mit centrifugalen Blättern der Blumenkrone wie ein
56. Urs Grat. N. 386; br 0,146, h. 0,017.
Windrädchen, etwa wie die Ringelblume (caltha). - b) ähnlich der vorigen
Leiste, aber mit zwei Blüten, wo aus radial gestellten und in den horizon-
talen etwas gedrehten Blumenblättern ein starker, zapfenartiger Stempel
wachst; diese Graf sehr geläufige Blüte ist ganz nach der kleinen blauen
und nach der weißen Mertzenblume gebildet. (Hyacinthus ccerulus minor und
Hyac. niveus.) ')
*) Die natürlichen Grundlagen für Grafs ßlütenformea suchte ich in dem Pflanzen-
buch von Lconhard Fuchs (Basel, bei Isingrin, 154a, fol.;, weil es bei relativ Iioher Natur-
treue doch noch etwas ornamental gezeichnet ist und weil es das damals Geläufige enthält.
Nach diesem Buch sind auch die Benennungen zitiert.
jSy. a.b. Hör. Leisten, a) Zwei Delphine, mit Enden eine Vase in der
Mitte berührend, Gr. weiß, br. o,ot8, h. 0,063.
b> Zwei walzenförmige Delphinleiber, die außen in nach innen schau-
ende Vogelköpfe übergehen. Einlache Einf., Gr. weiß, br. 0,0115, ^' 0,061 —
Vorkommen beider wie N. 383.
sS6. Hör. Leiste. Laute, Narrenkappe, Schild mit Baselstab, Dudelsack
und Würfel. Die Anordnung schließt an die Leisten der Narrenbeschwerung
an. In: Philipp Engelbrecht, Friburgica, Proben, 1515. 4 ', später in Pariser
Drucken, wie auch N. 387 und 380, z. B. 1530 (siehe H. 318). Doppelte Einf.,
Gr. weiß. br. 0,017, h. 0,146. (Abb. 56).
j8y. Hör. Leiste, gotischer Ast, von der Mitte nach r. gehend, ein Seilen-
zweig geht in die linke Hälfte hinüber, in mitten festgebunden. Große Um-
hüllungsblätter und 1. Fruchtkapsel wie N. 381. — In: Biblia cum pleno ap-
paratu, Frohen, 15J4. fol. br, 0,017, ^- 0''4Ö5- Doppelte Einf, Gr. weiß
j88. /a.b. Zwei hör. Leisten desselben Druckes, Gr. weiß, br. o,or, h. 0.188,
a) Bandrollc, in mitten geflügelter Kinderkopf. — b| Tafel mit „Basilea".
ein Delphinpaar dagegen, außen Vase.
j8g. Hör. Leiste, gleiches Vorkommen und Beschatfenheit. Von der
Mitte nach beiden Seiten laufende gotisch gezackte Welle, br. 0,0088. h. 0,187.
j^o. Stammbaum mit hör. Ästen mit je einem Umhüllungsblatt; ist
nur eine untergeordnete Zeichnung. In : Expositio Petri Tartareti in Petrum
Hispanum, Frühen, 1514- fol. br. 0,0675, h. 0,131.
j^x. a.d. Vier Leisten aus Petris Passional von 1517 (siehe N. 358!.
Gr. weiß, br. 0,0060,0068. h. 0,072^0,074. - a) Kandelabcrornament, Kind-
kopf ira untern Drittel, b) Wellenband, gotisch gezackt, c) Halbleiste. Kan-
delaberorn. mit Kindkopf über Mitte, Profil nach 1. d) Halbleiste, Kontur
rechts, Kandelaberornament.
J92. Frobens Signet vor weißem Grund, unter Bogen, r. und 1. zwei
Säulen, auf den inneren die Füße von Gestalten. In den Ornamentlormen
ganz wie H. 315, 317. - Vielfach seit 1517 verwendet. Ab. L. 13. N. 31
und L. 19. — br. 0,077, ^' o.io95- Dadurch bestimmen sich auch die beiden
einfachen Frohen Signete Ab. L. 13, N. 28 und 29, beide seit 1515, als Urs
Graf, wie sie H. A. Schmid (L. 26) bereits alle drei zugewiesen hat.
jgj. Auch das Signet Nicolaus Laraparters in Basel {Ab. L. 13I N. 24 a
kann, wie Schmid vermutet, Graf sein. Kommt zuerst 1518 im Hortulus
vor (Nr. 359). br. 0.031. h. 0,048.
/py. Hör. Leiste, Vase in Mitte, mit Mündung dagegen liegen zwei Foll-
hömer, Früchte aus dem r. — Doppelte Einf., Gr. weiß. In: Fabritii Capt-
tonis Hebraicarum institulionum. Frohen, 1518, 4 ', auch bei Adam und Henric
Petri. br. 0,017, ^' o-MQ*
J9J. a./b. Seiten Leisten, Putto nach halblinks auf großer gelber Kamillen
blute (chamasmelum chrysanthemon) stehend. — b) Bärtiger Flügelkopt, o.
und u. eine Vase. Vorkommen 1521, wie N. 366. Doppelte Einf., Gr.
schwarz br. 0,015, h- °/*^5-
aty
j^. Titelblau. ii. zwei nackte Putten, der r. mit Windrädchen, sie
halten Schild mit Laraparters Zeichen, seitlich sehr derbe Ornamente, oben
hockt in Spiralranken ein ziemlich verzeichneter Knabe mit Blatlarmen. Von
Schmid iL. 26) als Graf beschrieben, die Zeichnung der zwei unteren Putten
verbürgt die Echtheit, die flüchtige und derbe Behandlung des Übrigen ist
für die Zuweisung anderer Arbeiten 3us dem Beginn der zwanziger Jahre
sehr zu beachten. Ab, L. 13, N. 246. — Seit 1521 bei Lamparter in Basel,
z. B. in : Prophetia simplicis militis ad Status Ecclesie (per Federn von
Landeck) 4'', seit 1523 in Straßburger Drucken (Wolf Köpfel). br. 0,116,
h. 0,16.
D. Initialen.
Die einzelnen Buchstaben sind in lolgenden Drucken zu finden:
I. Polyanthea, per Nanum Mirabcllium, A. Petri, 1512. fol. Druckort wie bei allen lolgen-
den Basel.
II. Ambrosius Calepinus, Dictionum latinarum, A. Petri, 1513 fol.
HI. Doctrinale totius granimaiices artis, A Petri, 1515- 8*.
IV. Marci Maruli, benc vivendi instituta, A. Petri, 1513. 4".
V. Berthorius, morale reductorium super totam bibliam. Petri, 1515. lol.
VI. Erasmus, ein fast nützlich Ußlegung des ersten Psalmen. Petri. i5aa 4^
VII. Luther, Lucubrationcs. Petri, 1520. fol.
VIII Erasmus, Encomium moriae, Proben, 1515. 4"*.
IX. L. An. Sencca, lucubrationcs omnes, ed. Erasmi, Proben, 1515. fol.
X. Erasmus, Proverbiorum chiliades, Kroh<^n, 1515. fol.
XI. Erasmus, Anotationcs novi testamenti, Proben, 1516. iol.
XII. Erasmus, de duptici copia verborum, Frohen, 1517. 4*.
XIII. Aencse Platonici de immortalitatc animce, Proben» 1516. 4".
XIV Theodorus Gaza, gfammaticie inslitutionis. Frohen, 1516. 4*.
XV Erasmus, Institntio principis chrisliani. Frohen, 1516. 4".
XVI. Henricus Glarearms, Isagoge in musiccm, Frohen, I5i6{?(. 4".
XVII. Altes Testament, deutsch, Petri, Christmond 1523, II. Teil 1524. fol.
XVIII. Vucsselus Groningensis, Farrago rerum theologicarum, Petri, 152a. 4*.
XIX Gerson Johann, Operuni pars 1./4. Petri, tsiß. fol.
XX Casper Sasgcr, Scrutinium divtnac scripturae, Petri, 1522. 4*.
XXI (Cyrillus'. Spiegel der Wyßheil, Petri, 1520.
XXII. Luther, Üpcrationes in duas psalrnorum decades, Petri, 1521. fol.
XXIII. (Judas Nazarci) Das Wolfsgesang. s. I, e. a. 4'. (Wcllcr, Rep. 2225.) £. Z. St.
XXIV. Plntonis Axiochus de oontemnenda morte iRudoll Agricola;, Petri, 1518. 4*,
XXV. Henricus Glareanus, de ratione syllabarum, Petri, 1516. 4*.
X.WI. Neu-Plenarium oder Evangelihuch, Petri, 1522. fol,
XXVII- Amedeus, de Maria virginea matre homilie octo, Petri, 1517. 4°.
XXVIll Engelbrccht Anton, ein andcchtige leer von dem Sacran ent. Petri, 1518. 4*.
XXIX. Luther, Ursach und Antwort daß Jungfrawcnklöster, 1523.
XXX. Luther, Evangelium von den zehn Aussätzigen, s. 1. c. a. (Petri) 4^
XXXL Simon de Cassia, Augustini opus de religione Christiana, Petri. 1517. fol.
XXXII. Gcorgius Valla, compcndiaria dissercndi ratio, Petri, 152a. 8".
XXXIII. Summa johannis, gezogen aus den Evangelien, Petri, 1518. fol.
XXXIV. Bcrihorius, morale reductorium super totam hibliani, Petri, 1517. fol.
XXXV. Caecil. Cypriani opera, cd. Erasmi, Frohen, 1521 fol. (£. Basel» Frey-Grynaeische
Bibl.)
2l8
XXXVI Veterum aliquot de arte Rhetorica traditiones, Jo. Maria Cataneo interprete, Froben
1521- 4*-
XXXVII. Ciceronis oflicia rursus ab Erasmo, Froben, 1520. 4".
XXXVIII. Neues Testament, deutsch, Pctri, Hornung 1525. fol-
XXXIX. Tauler, Predigten, PctrI, 1521. fol.
XL. Evangelium secundum MatCheunij Sebastiani Munsteri, Henricpetri, 1537* fol.
jgj. Alphabet mit Stengelumhilllungsbiättern, Beerenfrüchten der be-
kannten Art, Blüten wie N. 384 a, auch Wurzelranken, Bandwerk, Cherubs-
köpfe. Seit 1512 bei Petri, 1514 bei Froben und Furter. 27 Buchstaben:
A. El, F, G in I. B, C, E.. H«, J, K, U M. N, 0. P, Qi, Q^ R, S. Ti.
V, X, Z\ in II, Hl in III, Tr in IV. — Doppelte Quadrat-Einfass.. Gr.
schwarz, weiß getüpfelt, br. 0,025, ^- 0,028.
jgS, Wurzelartige Ranken, Ümhüllblätter, Frucht in Art der Atropa-
Beere. 1512 bei Petri, ein Buchstabe A in IL Gr. schwarz und getüpfelL
br. 0,0325, h. 0,044.
jg(^. Pilger nach r. schreitend, hinten 1. Turm. r. Bäume. Doppelte
Einfass., Gr. schwarz. — 1512 bei Petri, ein Buchstabe D., Vorkommen wie
His 241. — br. 0,0345, h. 0,0445.
^00. Halbfiguren von Päpsten, heiligen Männern und Frauen, auch
ganze Szenen (Christi Himmelfahrt); die Letter selbst ornamental geschmückt.
Seit 1512 bei Jac. v. Pfortzheim, 5 Buchstaben, B, D, G, H, V, alle zuerst
wie His 274. br. 0,030,0305, h. 0,03450,035. Doppelte Einf., Gr. weiß.
./(?/. Spiralartig gewundene Delphine mit Umhüllungsblättern als_ Flößen,
bei Froben 1513, Petri 1515, seit 1524 bei Froschauer in Zürich. Drei Buch-
staben, P. 1513 wie His 314, D in V., S in VI. Doppelte Einf, Gr. schwarz,
br. 0,035, h- 0'034-
^02. Spiralige Ranken, auch schnurartig geschlungen, Krabben, auch
Einzelgestalten (geigender Putte, nackter Mann mit Humpen). Seit 1513 bei
Froben, 1537 bei Hervagen, in den zwanziger Jahren auch bei Froschauer in
Zürich. — 7 Buchstaben, H, i', T, 1513 wie His 314, A, O, M wie Nr, 887.
L in VII. — Doppelte Einf., Gr. schwarz. Größe 0,0345 im Quadrat.
40J. Einzelkinder, nackt und bekleidet, auch geflügelt in Bandwerk
und Blumen, auch rein Ornamentales, große Umhüllungsblätter und Blüten
nach Nr. 384. a., dann Kapselfrucht mit kleinem Dreiblatt als Butzen und
langem Dorn daraus wie Storchenschnabel, ferner Gehänge, aus aufgereihten
kleinen Kelchen und Fruchtknoten bestehend. Seit 1513 bei Froben, später
bei Froschauer in Zürich. 7 Buchstaben: C, N wie Nr. 379, E, F, H, J, L
wie Nr. 387. — Doppelte Einf., Gr. schwarz, br. 0,0330,035, h. 0,0320,0345,
^o/f. Einzelne große Blüten nach Nr. 384. a, Krabben, Wurzelranken,
Delphinpaare, Pokal in Renaissanceformen, dann große Scheibenblüte, deren
Rand in volutenartigen Lappen aulgerollt ist, dann Blüten mit großem Stachel,
wie die falsche Hundszung (Lycopsis). Seit 1513 bei Froben. 37 Buch-
staben: Ai, As, Di, H, Jt, J/, Ml, Ni, Qi. Qi, S., S2, Vi. V» wie Nr. 379.
D.. E, in VIII, Ci, L. N., O.. P<, R, S. in IX, C.', M->, T.. T- in X, Fi,
319
Gl, G» in XI, P*, Ta in XII, O: in XIII, E. in XIV, C. in XV, F* in XVI,
O» 1513 wie His 314. — Doppelte Einf., Gr. schwarz, teilweise getüpfelt.
br. 0,0205. ^- 0.0215.
yt>/. Sehr dekorative Krabbenranken. Eisblumenmuster, Stengelumhüll-
blatter mit Blüten nach Nr. '^84 di und b, paarweis gebrauchte S-förmige
Ranken, auch Renaissance- Vasen und Kannen, Putten (z. B. Flügelknabe das
L ziehend). Seit 1316 bei Petri, 31 Buchstaben: Ai, Bi, Cs, E?, F, H. Ji,
Jf, K, M. S wie Nr. 358, Ja, V,, V* in XVII, Ci, Q in XVllI, D, Ei, N,
P, R, T in XIX, A., D. m XX, Z in XXI, G in XXII, Et, W in XXIII,
L in XXIV, O in XXV. B.- in XXVI. Doppelte Einf.. Gr, schwarz, br.
o,oa8, h. 0,025.
406, Einzelne Putten nackt und bekleidet, auch auf Ungeheuern reitend,
Renaissance- Vasen. Krabbenmuster, schöne Ranken mit vielfachen Blüten
nach Nr. 384. a. (z. B. das Initial B),
ferner garbenartig gebundene dünne
Ranken, (z. B. das H), auch Delphine
mit Puttenköpfen, symmetrische, paar-
weise zusammengebundene Krabben,
teilweise noch gotisch, teilweise mehr
der Renaissance genähert (z. B, Ji und
J4I. Seit 1516 bei Petri, seit 1521 bei
Froben. 34 Buchstaben: A«, Ei, Hi,
J., O... W in XXI, C, Dl, M, O. P
in XXVIl, K in XXIV, Ct, V in XXV,
Si in XVIII, I. in XIX, J4, N in
XXVI. Z in XXIII, Si, T wie Nr.
358, Da in XXVIII, G in XXIX, D^
in XXX, A., J«, V. in XXXI. B., Dt
1522 wie Nr. 382, Djin XXXII, B«,
Hl, K in XXXIII, R in VII. Doppelte
Einf., Gr. schwarz, br. 0,034/0,035, h. 0,034.
4oy. Krabben und ein Schwan, nach 1. gehend, seit 1516 bei Petri, ein
Buchstabe F wie N. 408. — Doppelte Einf., Gr. schwarz. Nach freundlicher
Mitteilung von Dr. E. Major ist das Urs Grafs für sich erfundenes Wappen-
tier. — br. 0,032, h. 0,033.
40S, Ren. -Vase, Tollkirschenbceren in den oberen Ecken, doppelte
Einf., Gr. weiß, auch in der Letter. Ein Buchstabe M, 1516 bei Petri im
Neu Plenarium (E. Berlin, Kunstgewerbemuseum). — br. 0,0355, ^- 0.034.
40^. Meist einzelne Putten , auch auf Ungeheuern , dann Sirenen,
Gnomen, Tiere. Doppelte Einf., Gr. schwarz mit kleinen weißen Kleeblatt-
Punzen, bei Froben seit 1520. — 18 Buchstaben, ab. sind A, B, C, D, E,
H, J, M, N bei Schneeli (L. 31) als Nr. V. Hier, sowie von Schmid (L. 27
u. 28) als Urs Graf bestimmt. Es gehörte ferner dazu das P, S und Ti von
Schneeli Tafel XVII. und sechs neue Buchstaben: F eine Eule auf Schnecke,
57. Urs Graf, N.'4io br. 0,058, h. 0,061,
220
Q Skorpion, X Atfe an Schnur, sowie die charakteristischen Initialen G. und
R. mit Gnomen und O. mit Sirenenoberkörper aus zwei Delphinköpfen.
Die neuen Initialen sind bei weitem die besten des ganzen Alphabetes, ihr
Stil steht dem Wappentier von Nr. 362 sehr nah. Vorkommen in XXXV,
XXXVI, und XXXVII. br. 0,02950,03, h. 0,030,0305.
^10. Schöner großer Buchstabe E, vereinigt die drei hauptsachlichsten
Blütenformen Urs Grafs '|, die Tollkirschbeere und das Stengelumhüllungs-
blatt in höchst geschmackvoller Anordnung, ist somit für des Künstlers
Ornamentik so wichtig, wie es für die beste Probe seines dekorativen Ge-
schmackes gelten kann. 1517 in Missale Numburgense, Basel bei Jac. v.
Pforzheim, (E. Dresden). — br. 0,058, h. 0,061. (Abb. 57).
^11. Durch Vergleich mit dem genannten Initial E bestimmt sich dann
ein ebenfalls prächtiges großes R als Urs Grat. Schmid (L. 28, p. 25U zählt
zehn große gotische Initialen des Graduale speziale von Thom. Woltf in
Basel, 1521, als Arbeiten Holbeins; unter diesen zehn Initialen ist dies-R
mitgerechnet, es kommt aber schon 1517 wie N. 410 vor, während die an-
dern Holbeinschen Buchstaben wirklich erst 1521 erschienen. Doppelte
Einf., Gr. überall weiß. br. 0,053, h. 0,068. Das Muster ist aus zwei Stengeln
mit Umhüllungsblättern, einer vierteiligen Blüte in linker und der bekannten
Beere in rechter oberer Ecke gebildet.
^12. Einige Buchstaben des bei Schneeli (L. 31} also Nr. II aS. Alphabetes,
wo es gänzlich dem Urs Graf zugeschrieben wird, nach Vorgang von Na. 43
und Naumann-Weigel im Archiv f. d. zeichn. Künste IL - Schmid (L. 27J
tral dagegen die richtige Auswahl, von Graf sind nur: Ai, Bi. Di, E^, Pi.
Neu kommen hinzu : C u. G. Putten mit Spinnrocken, H. ein schwebender
Putte mit wirklichen und Blatiflügeln trägt das H, dann F. Kind mit Brust-
harnisch versucht den Handstand, oben Feston, dieser Buchstabe gehört im
Stil ganz zu Ai, obwohl er erst 1537 ans Licht kommt. Die neuen Buch-
staben erscheinen der r<eihe nach in XXII. XXXVIII, XXXIX. XU die
meisten andern sind von 1521, vor 1520 dürfte wohl keiner vorkommen.
Doppelte Einf., Gr. schwarz, teilweise weiß getüpfelt. Größe 0,047 ^"^
Quadrat. —
Schheßlich ist noch ein Alphabet doppelter Einfassung, auf schwarzem
Grund, br. 0,0350,0885, h, 0,0350,037 zu erwähnen, das in Zürich 1523 und
1524 viel gebraucht wird'); es zeigt einzelne Putten, Panisken, auch reine
') Übngens ist damit nicht gesagt, daß Grat diese Stilisierungen selbst vorgenommen
habe.
*| Das Alphabet Icommt bei Froschauer und bei Hager vor» ich kenne la Buchstaben
(D = G, E, F, G,, Hl, Hl, J, L, Q, S, V, Z) Z. B. in: Ludwig Häixer, Acta oder ge-
schieht des Cesprechs zu Zürich, Froschauer, 1523, 4", oder: Zwingli, Antwort eins
Schwytzer Purens . . . Joh Hager, I5a4, 4", (K. Z, St.), oder: Zwingli, Apologeticus archc-
teles adpellatus, ohne OlBzin, nach 152a (E, Z. St.), oder: Zwingli, Von dem Nachtmal,
Frosch., M&rz 1525 4", oder: Das gyrcn rujiden, Frosch., s a. 4' (iSa3), oder: justus Jonas,
Adversus Joannern Fabrum Constantiefi- 1523. 4*. In diesen Drucken findet sich auch eine
Reihe der berührten Zierleisten.
221
Pflanzenmotive. Es bekundet das genaueste Studium von Grafs Werken,
steht im Stil Nr. 406 am nächsten, sieht in manchen Buchstaben {z. B. dem
D — G F*lögelknabc gegrätscht von vorn gesehen odtfr V hockende Pa-
niske mit zwei Kugelfrüchten} verführerisch nach dem Meister selbst aus.
Man könnte sich leichter entschließen, das Alphabet wirklich Graf zu geben,
wenn nicht von gleicher Hand gleichzeitig eine Reihe Zierleisten in denselben
Drucken vorkämen, die in der Erfindung selbständiger sind und dabei gleicher-
maßen von Graf weiter abweichen, besonders im Ornament. Die Schräglagen
und Grätschungen der Putten des Alphabetes sind etwas übertriebener als
bei Graf, die Zeichnung etwas weicher. Das Q z. B. (Flügelknabe stark
nach r. vorgelegt) ist nach N. 406 G. gebildet, das G = D nach N. 406 C«
unter Mitbenutzung des Putten von His 325 b, das V endlich mit Anlehnung
an Nr. 409 ü. Auch in den angeführten Leisten finden sich Einzelheiten aus
Graf wieder, man vergleiche z. B, die Leiste mit dem unten hockenden
Teufel und das Alphabet 409, besonders das G mit dem oval geschnittenen
Auge, das wie ein eingeklemmtes Monokel aussieht. Es genügt, den Zeichner
des Alphabetes durchaus an Graf geschult zu finden; es bleibt der subjektiven
Betrachtung überlassen, ob man einige der besten Buchstaben auf Grafs eigene
Hand zurückführen will; die Grenzen mit absoluter Bestimmtheit festzulegen,
ist ja öfters nicht möglich und selten nötig.
Ich lasse noch einige Zuweisungen der neueren Literatur folgen, die
ich nicht nachprüfen konnte.
Butsch (L. 5, p. 33) erwähnt Initialen in Straßburger Drucken. Bernoulli
(L. 13, p. XII IIi Arbeiten für die Schott sehe Offizin, Kristeller, p. 16 und 99,
einige Illustrationen für Schürer. Ferner p. 99 die Holzschnitte zu: ein kurtz-
wcilig lesen von Dyl ülenspiegel, Straßburg 1515 bei Grüninger, 4" (E.
Brit. Mus.) „Zeichnung wohl sicher von Urs Graf, im Stil ganz analog den
neuen Holzschnitten in Murners Narrenbeschwerung, 1512, HupfuflT". —
Die Fortführung des Verzeichnisses, wie sie oben gegeben wurde, hat
auch die Pflicht mehrfacher Abweisung in sich geschlossen. Kristeiler (L. 18)
beschreibt Seite 145 unter Nr. 574 eine Titelumrahmung für den bei Bal-
tasar Beck 1529 in fol. erschienenen Spiegel der artzney von Laurentius
Phiers (E. Berlini als im Stil Urs Grafs; ich halte dieses Urteil für gänzlich
unbegründet. Herr Paul Heitz, kein Fachmann, hat drei unrichtige Zuwei-
sungen vorgenommen, nämlich in L. 13 die Titelblätter N. 12 und 48a, sowie
in L. 31 das Alphabet N. IV. — Heinrich Alfred Schmid hat in den Rezen-
sionen der genannten zwei Werke N. 12 als Frank, N. 48 a als Ambrosius Hol*
222
bein bereits berichtigt. Dagegen hat dieser Forscher in L. 28, einer Arbeit,
deren Resultate ich sonst durchaus hochhalte, einen Titel mit neun Putten
in Festons') und der Jahreszahl ,,1523" als unverkennbar im Stil Urs Grafs
angesprochen {^ö. p. 244), während er der Holbein-Schule angehört und
zwar, wie man deutlich belegen kann, dem Metallschneider C. V., oder um
sich vorsichtiger auszudrücken, jenem an Holbeinschen Variationen sich
nährenden Zeichner, den wir aus den Schnitten des C. V. kennen. In erster
Linie sind die mit C. V. getrennt und „1523" sowie die mit dem verschlun-
genen C. V^ und »1524* bezeichneten Variationen des Holbeinschen Cleo-
patra-Titels zum Vergleich zu nennen. Die Anordnung des Ganzen und
die Ornamentik mit ihren rundlichen, fleischigen Renaissanceformen smd
sonst nicht im Entlerntesten bei Graf zu linden, die eingehende Verflechtung
der Putten in das Feston und ihre viel intimer gesehenen Stellungen, das
natüriichere ErfüUtsein von ihren Spielen, die kürzeren Rücken und dickeren
Bäuche und anderes mehr verbieten an Graf zu denken, finden aber an ob-
genannten Arbeiten des C. V. und anderen von Holbein und seiner Schule
vollkommene Analogien.
Wäre durch dieses Blatt nur Grafs Ornamentik um einiges bereichert
worden, so würde hingegen die neueste Zuweisung durch P. Ganz im
Künstlcrlexikon (L. 8) die Auffassung von Grafs Stil, und vor allem von
der Entwicklung dieses Stils bedeutend ändern; gemeint ist »das Titel-
blatt und drei Illustrationen" der von Petermann Etterlin 1507 in Basel bei
Furter herausgegebenen Schweizer Chronik. Dieses Buch zeigt auf der
Titelrückseite eine figurenreiche Buch-Übergabe, als zweiten Titel das Reichs-
wappen, umgeben von Wappen der Schweizerkantone ; nur dieses kann ge-
roeint sein; die fünf neuen Illustrationen des Buches sind: i. Ansicht von
Luzern; 2. Verleihung der Freiheiten an die Waldstätte (drei Männer stehen
zusammen, ein vierter mit Lanze Übergibt einen Brief); 3. Der Tellschuß;
4. offene Schlacht; 5. Berennung einer Stadt. Wahrscheinlich sind bei obi-
ger Zuweisung die drei ersten gemeint *"), übrigens sind die zwei weiteren
von derselben Hand. Alle diese Holzschnitte können nicht von Graf sein,
weil dieser in den Illustrationen zum Jetzerhandel (H. i8g fT.|, die nur von
Sommer 150Ö auf Sommer 1509 entstanden sein können, mit seinen Gestalten,
die er unverbunden nebencinandersetzt, dem Raum noch befangen gegen-
übersteht, während sich die genannten Etlerlin-IUustrationen durch natürliche,
vertieft gesehene Gruppen und durch die Sicherheit, wie sie im Raum stehen,
') Der l'uttentitel (Pass. Urs Graf, N. 141), leicht kenntlich durch einen in der linken
Leiste an der Schnur des Täfelchens mit ^'5=^3" sich herablassenden Putten, ist br. 0,0665
und h. 0,1395, hat doppelte Strichumrahmung und horizontal schraffierten Grund. Er kommt
erst 1540 in Henricpetris Ftolcmäus (E. Zürich, Kantbl.) vor; auch die mit 1534 bezeichnete
Cieopaira-Kopic erscheint erst 1536 bei Walder in Basel in: Spherae atque astrarum ratio,
während die andere 1533 bezeichnete Variation mir nur aus dem Probedruck der B R S
bekannt ist.
*) Warum überhaupt solche Wortkargheit bei einer sachlichen Angabe?
223
auszeichnen. Ein derartiger Rückschritt in dem schwerst zu erobernden
Gebiet der darstellenden Kunst ist undenkbar. Und doch hat dem genannten
Verfasser etwas bedingt richtiges bei seiner Zuweisung vorgeschwebt, denn
die genannten Illustrationen sind von dem eigentlichen Lehrmeister Grafs,
dem Meister D. S., dem Illustrator von de fide concubinarum, über den am
Schlüsse noch näher gesprochen wird. Diesem hat sich Graf, nachdem er
in Straßburg, wie Ganz richtig erkannt hat, von Wächtlin sehr viel ange-
nommen hatte, mit Eifer hingegeben, hat sich in überraschend kurzer Zeit
mit dessen Anschauungsweise erfüllt, und gelangt auf Grund von diesem
überragenden Vorbild bald zu seinem definitiven persönlichen Stil, den er
durch sein weiteres Leben, man kann wohl sagen wenig veränderlich beibe-
hielt. Es ist hier nicht der Ort, die Eigenart des Meisters D. S. zu ana-
lysieren, was mit ein paar Worten schlechterdings nicht abgemacht werden
kann, jedoch wird es nicht unnütz sein, einige Einzelheiten zu nennen, die
die Vergleichung unterstützen können.
Zunächst die eigentümlichen Schräglagen von Ober- und Unterkörper beim Vorwärts-
schreiten, die ungelahr gleichviel von der Senkrechten abweichen und miteinander Winkel
von etwa lao Graden bilden. Siehe de fide i. der Mann mit dem Krummschwerl und der
Kleriker im Pelzkragen, dazu Ettcrlin-Titel die Wappenhalter von Uri, Freiburg, Zug und
zahlreiche Figuren der beiden Schlachten. Dann das starke nach rückwärts Durchdrücken
der Kniee bei den weiter vorgesetzten Beinen, so daü der vordere Schenkelkontur und der
des Schienbeins eine fast durchlaufende, nachkonkave Biegung erhalten; siehe de fide 5.
und die Etterlin-Scblachten. Die ganz charakteristische Bildung femer der rückwärts ge-
bliebenen und dabei entlasteten Beine, die nur in den Oberschenkeln Muskelkrafl zu haben
scheinen und mit den Unterschenkeln wie lahm nachgezogen werden; de fide 5. der über
den Steg schreitende, 4. der nach links enteilende, i. der mit dem Krumm seh wert. Dazu
Etterlintitel, der Freiburger und die Sotothurner Wappen trägerin, Tellschuß ') der Mann
links, und mehrfach auf den Schlachten. Überhaupt das ungewöhnlich sorgfältige Durch-
schaffen der Beine, vor allem beim ruhigen Stehen, und das tadellose, natürlich sichere
Stehen überhaupt; dabei das geflissentliche Vermeiden von einfachen Profil- oder Viertel-
drehungen, meist fein erwogene Achteldrehungcn ; so de fide 8. und Elterlin a, hier sogar
ein absolut gleiches Motiv. Die gegenseitige Freiheit, mit der all diese Dinge zwar be-
achtet aber nicht nachgeleiert sind, schließt den Nachahmer von vornherein aus. Gesichts-
typen sind nicht weniger wichtig; de fide i. der mehrfach erwähnte Mann mit dem krum-
men Schwert, dazu Etterlintitel, der Uri-Träger, Tellschuß, der Mann links (auch die Haar*
tracht); de fide 5. der ansteigende Jüngling und Etterün z. der Briefempfänger; de fide 7.
der ideal schöne Knabenkopf und Etterlintitel der Freiburger-Trtger, oder Etterlin 4. der
im Profil stehende Bannerträger. Ganz charakteristisch für die Zeiehenkunst des de fide-
Mcisters ist der leicht geöffnete Mund und wie die Lippen bei den primitiven Ausdrucks-
mitteln, die der Holzschnitt nur hat, lebendig schweben; siehe de fide t. der schOne junge
MOnch links und noch so manche andere, dazu Etterlin, der Wappenhalter von Freiburg
und der mehrfach genannte Mann vom Tellschuß. Stark verkürzt gesehene Wangen z. B.
in de fide 6. und Etterlin 3 ; dieselbe Gestalt von vorn gesehen erscheint aber als mittlerer
Mann auf Etterlin 3. — Einzelheiten der Tracht, wie die Anschoppung der weichen Lein-
wand-Armel bei den Handgelenken, de fide 7. die Frau, 8. der Lautenspieler, s. der Kanzel-
redner und beinahe alle auf i., dazu Etterlintitel, die Glariscrin und zwei auf dem Tell-
schuß. Zu beachten sind die &rters nur vom Gelenk ab über Schulter- oder BrustumriO
*) Tellschuß aö. U. 40, p. 93, Tellsdiuß'und Luzemer Ansicht bei Sutz, p. 97 u. 109.
224
dffs eigenen Körpers vorschauenden Hflndc, daneben Details der Landschaft, z. B. die kur-
vierten Bruchflächen der Felsen, de fide 5. rechte Seite und Etterlin a. bei der Drachen-
hrthle; oder die Erdschicht auf den Felsplateau x mit dem überstehenden Rand, auf den
gleichen Holzschnitten zu beobachten. Die im höchsten malerischen Häuser und Schlösser,
die ja Urs Grafs Empfinden ganz und gar einnahmen, findet man de fide 5., 8., 6., bei
Etterlin die Luzerner Ansicht und die Schlachten. Das 5trolidachhÄU'*chen von Etterlin 2,
kommt nahezu gleich bei de fide 3. vor. Weitere aullallende Vergleichspunkte sind der
Körper d^-s Abgestürzten ') aus de fide 5. mit den angezogenen Knieen und dem verkürzt
gesehenen Gesicht, sowie das abgeschlagene Haupt aus 10., dazu der Gefallene und der
einzelne Kopf von Etterlin 4. — Eins kann man mit Worten natürlich nicht klar machen, daß
alle diese Übereinstimmungen nicht nachgemacht sind, sondern aus gleicher Erfindung stam-
men, und ein anderes will ich nicht verschweigen, da5 die EtCerlin-Bilder um einen leichten
Grad an allgemeiner Frische hinter den besten aus der Schrift de fide concubinarum zurOck-
bleiben, doch enthalt diese selbst einige geringere und die Eltcrlir-Chronik wieder einzelne
Gestalten von so Überzeugender Güte, daß sie Pfeiler meiner Zuweisung sind, ich nenne
etwa den Briefempfänger aus 2. und den Fähnrich und Hellebarden-Schwinger der Feld-
schlacht 4. —
Nun glaube ich genugsam hervorgehoben zu haben, welche Kunst-
fertigkeit in diesen Illustrationen lebt, die etwa ein Jahr vor Grafs Züricher
Kalender liegen, worin er noch im Anfangertum steckt und den Meister D.
S. studiert und kopiert, wie bei N. 329 bis 336 erwähnt wurde. Gestützt
auf die Ablehnung des Etteriin-Titels kann ich auch die zwei großartigen
Basilisken, die 151 1 von den drei vereinigten Basler Buchdruckern Amer-
bach, Petri und Frohen als Signet gebraucht werden (H. u. B. [L. 13] A6.
4 und 5), nicht für Urs Graf halten, wie Bernoulli und nach ihm H. A. Schmid
für wahrscheinlich nehmen iL. 13 u. a6). Vor allem der mit „D. S." und
„Basilea 151 1" bezeichnete kommt hier in Betracht, denn die Stellung sowie
die packende höchst realistische Bildung der Haut, Krallen und Flügel, vor
allem die Halswendung und der schmerzvolle, wütende Blick dieses Tieres
sind bereits in dem Basilisken des EtterUntitels geschöpft. Man beachte außer-
dem die Hals- und Kopfwendung von de fide 2. Mann hinter Sarg, 8. Lauten-
Spieler, i. Mönch und 7. Jüngling, hier sogar der Blick, die in jenem Basi-
lisken nur auf die tierischen Formen übertragen sind. Grafs Basilisken, die
er 1509, 1510 und 1515 schuf iN. 328, IL 312. 264I sind von ganzlich anderer
Bildung und Haltung, ihrem Temperament nach zahme Vögel, wenn man
sie mit diesem dämonischen Untier vergleicht. Daß Graf eine solche Leistung
der Chiffre eines Holzschneiders allein überlassen haben sollte, wo er sonst
seinen Namen auch unter Geringes setzt, tragt für mich, nicht zur Glaub-
haftigkeit bei.
9
Über den bisher oft genannten Meister D. S. der Holzschnitte „de fide
concubinarum" mögen zum Schluß noch einige Bemerkungen folgen.
^ Dieser Körper, ganz gleich gezeichnet, schon vor den Illustrationen zu de fide
concubinarum auf dem Doniacher Schlachtholzschniti desselben Künstlers-
Der Kern für die Kenntnis dieses Meisters sind die Illustrationen des
4 '-Druckes, der oft auch unter dem Autornamen Wimpfelings angeführt wird
und dessen Titel lautet: „De fide concubinarum in sacerdotes Questio ac-
cessoria causa ioci & urbanitatis in quodhbeto Heidelbcrgensi determinata a
raagistro Paulo oleario heidelbcrgensi", der zweite Teil : de fide merclicum . , .,
ohne Ort und Jahr. Am Ende des Textes steht, schon äulSerlich nicht wie
sonst eine Druckanzeige gesondert : „Ludovicus Hohenwang Elchingensis
capitibus de mereticum fide ... summarium indidit". Summarium heißt ein
kurzes Verzeichnis auf deutsch, diese rein auf eine Text-Redaktion sich be-
ziehende Notiz hat genügt, den Druck für einen Ulmer zu erklaren, von
weitergehenden Folgerungen, die man bei Muther (L. 21) finden kann, ab-
gesehen. Es ist schon im Cenlralblatt für Bibliothekwesen die wahrschein-
lich baslerische Herkunft dieses Buches ausgesprochen worden, was voll-
kommen richtig ist. Der Druck enthält ein Zierinitial T eines Alphabetes,
das in vielen Basler Ofllzinen vor und nach 1500 gebraucht wird, und auch
sonst mehrfach kopiert wurde. Das genau gleiche V begegnet mir zum
erstenmal 1501 bei Jac. v. Ptortzheim in Basel in dessen von Seb. Brant
herausgegebenem Asop, fol. (E. Karlsruhe). 0er Druck enthält, abgesehen
von dem größeren Anfangs-D des Titels zweierlei Typen; die größere, nur
für einzelne Überschriftsworte und Anfänge gebraucht, findet sich bei Jac.
V. Pfortzheim 1498, 1499, 1501, 1502, 1504 und wohl auch sonst, z. B. 1498
in Alexandri doctrinale pars I. u. IL, 4", oder 1459 in Grammatica Francisci
Nigri 4", oder 1504 in Johann Mauburns Rosetum exercitorium spiritualium
meditationum, fol.; die kleinere, gewöhnliche Satztype findet sich ebenfalls
bei Jac. von Pfortzheim, z. B. in den Jahren 1498, 149S und 1506, in andern
Jahren allerdings nicht, doch wurde nur ein Drittel aller Drucke eigens
darauf durchgesehen, z. B. 1498 in: Serniones de Sanctis Francisci Maronis
(Hain 10532) 4" (die sechs Zeilen auf dem Titel), oder im Alexander wie
oben in den 11 Zeilen der Druckanzeige am Schluß. Da die Jahrzahl 1499
im Text vorkommt, 1505 bei Froschauer in Augsburg bereits die Kopie des
Titels zu treflfen ist (Muther, Nr. 239). so ist der Druck auf Basel bei Jac.
V. Pfortzheim zwischen 1499 und 1505 festgelegt. Die Illustrationen sind
bei Muther (L. 21) ab,, Proben auch in L. 15. Die Illustrationen sind fol-
gende: 1. ritel, hinten schreitet eine Frau in ein Felsentor, aus dem Flammen
züngeln, I. Geistlicher, Mönch und Mann mit Augenglas, r. ein Mann, sein
krummes Schwert entblößt, dahinter einer, seine Wehr zückend, und einer
mit Dreschilegel ; 2. Pfarrer predigt von Außenkanzel, vor der ein Sarg
steht, hinten Volk, I. ein Geistlicher, eine Frau prügelnd ; 3. von 1. kommt
junge und alte Frau, r. im Keller eine Frau am Faß knieend, und eine Alte
aus diesem Raum herausgehend; 4. in enger Gasse Prozession, 1, in einem
Hause Frau am Trog und ein enteilender Mann ; 5. Schlucht, von gebroche-
nem Steg überbrückt, über den gerade nackter Mann mit verbundenen Augen
schreitet, 1. in Felsen ansteigender, r. abgestürzter Mann, r. o. nacktes Weib;
6. Mann und Frau stehen im Gespräch, Esel keilt gegen den Mann aus,
226
Affe wird von der Frau an Kette gehalten; 7. Jüngling und Frau in er-
regtem Gespräch, zerrissene Schlinge um des Jünglings Fuß; 8. Ständchen
und Ausgießen von Kammerlauge; 9. der Esel als Schulmeister anderer
Tiere; 10. Mädchen sitzt im Garten, vor ihr Gewappneter mit abgeschlagenem
Haupt liegend, weiter r. hinten rennt einer in sein eigenes Schwert. —
Spuren aus früheren Jahren, die in Basel auf diesen Meister weisen, sind
nicht viele. Die erste sichere Arbeit in Basel ist der große Holzschnitt der
Dornacher Schlacht '), bezeichnet 1499, und wohl sehr bald nach dem Ereignis
entstanden. {Ab. bei Sutz, p. 306, verkleinert, in Originalgröße im Basler
Neujahrsblatt von 1865, beide nicht photomechanisch.) Ebenfalls vor den de
fidelllustrationen dürfte eine wunderschöne Madonna sein, die r. von knie-
endem Abt und dem stehenden Hieronymus und einer Heiligen mit Salbgetäß
verehrt wird, in den oberen Ecken Krabben und je eine Blüte; kommt bei
Amerbach in: Statuta synodalia Episcopatus Basiliensis, fol., vor, s.a. um 1503 (?).
Die Ornamentik des Blattes kommt 1504 schon kopiert vor. Dann die de fide-
lllustrationen. Ferner 1506 der ebenfalls wunderschöne Heilige Ambrosius im
Gemach nach r. schreibend in : D. Ambrosii opera omnia bei Joh. Petri, 4°. Im
gleichen Jahr Madonna zwischen Mönch und Kardinal, die 1. und r. knieen, der
Kardinal übergibt ein geschlossenes Buch, in den o. Ecken Pflanzenornament, in
Bonaventura, speculum Mariae, bei M. Furter, B''. — St. Augustin und das löffelnde
Christkind, in : Ludwig Moser, St. Augustins Tractat von der Welt Üppig-
keit gedeutscht, Furter, um 1507, 8". — Dann das Titelblatt der Etterlinchronik
und die fünf neuen Illustrationen. Zemp hat, wenn auch noch sehr vorsichtig,
auf den Zusammenhang der Schlachtenbilder mit dem Dornacher Holzschnitt
hingewiesen, die beiden andern figürlichen Illustrationen sind ebenda, p. 92»
künstlerisch richtig gewürdigt; wer glaubt, daß Urs Graf diese Zeichnungen
ein Jahr vor dem Züricher Kalender und zwei Jahre vor den Jetzerillustra-
tionen gemacht habe, ist auf das Lesen dieser Ausführungen zu verweisen.
Ob, wie Zemp andeutet, die Entstehung der Schlachten der Etterlinchronik
früher zu setzen sei, ist zu erwägen; viel früher jedenfalls nicht, weil das
Titelblatt die Brücke zwischen den Schlachten und den anderen Holzschnitten
bildet. — Sehr wahrscheinlich ist auch das Titelblatt der Furter-Schott-Aus-
gabe der Margarita philosophica des Georg Reisch von 1508 von diesem
Meister. Bestimmt ein nach halbrechts vorn stehender und zur Mondsichel
hinauf visierender Astronom, den ich nur aus der Ausgabe des gleichen
Buches von 1535 bei Henricpetri in Basel kenne, der aber schon vor 1508
erschienen sein muß, weil ihn Urs Graf im Züricher Kalender (siehe Nr. 333)
kopiert hat. Weiters das Blatt „Guilhelmus rainaldi" aus den Karthäuser
Statuten von 1510, das His und nach ihm alle anderen für Urs Graf hielten
{= H. 222J. Man könnte zwar den Vergleich nicht schöner beisammen
haben als hier mit H. 223, ein Blick auf die Gesichter-Bildung und vor allem
') Nach Zemp, p. 77, ist dem E. des German. Mus. das Schlachtlied und die Bezeich-
nung „Zu Basel by Görg Erne" beigedruckt. Ich kenne kein von diesem gedrucktes Buch,
er scheint also bloß Flugblatter verlegt zu haben.
I
auf die Hände (I), auch auf die Architektur des Thronstuhls ; aber das Neben-
einandervorkommen in einem Buch konnte das alles verwischen. Ein anderes
Blatt, das wenigstens in den Kreis des Meisters gehört, ist der Titel mit
dem Reichsapfel, 1511 bei Furter in der Passio domini in 4" (von His bei
188 erwähnt, dort aber nicht mit Sicherheit für Graf in Anspruch genommen).
Wenn der Titel nicht vor 1511 nachzuweisen ist, so stellt er sich als in der
Anlage nach Urs Graf (H. 34I entlehnt dar, und wäre dann ein wertvoller
Beweis, daß die Beziehungen zwischen dem Meister D. S, und Graf wech-
selseitig, gelegentlich auch empfangend waren. Daniel und Paulus gehören
ganz nah zu Etterlin 3. und 2., ein Vergleich der beiden Engelshalbfiguren
von hier und H. 34 zeigt schlagend den Unterschied des Künstlergeistes
von dem Urs Grafs; man sehe auch, wie bei Beibehalt der eigendichen
Bildung der Adler hier temperamentvoller geworden ist und wieder die
charakteristische llalsdrehung. Ein zweifelloses Hauptwerk des Meisters D.
S. sind dann die beiden großen Basilisken, H. u. B. (L. 13) ah. N 4 und 5,
besonders der mit „Basilea 151 1" und „D. S." bezeichnete. Zuletzt das wohl
schon früher entstandene Kanonbild des Missale speziale von Th. WoKT,
1521 (E. in Pruntrut). — Jetzt die Frage nach dem Namen des Meisters.
Zemp vermutet, daß der Dornacher Holzschnitt vom Basler Maler Rudoll
Herrin stamme 1p. 82), weil man weiß, daß dieser 1500 ein Dornacher
Schlachtbild für das Rathaus in Solothurn malte und weil es gelungen ist,
Übereinstimmungen zwischen Holzschnitt und Gemälde, wenn auch etwas
auf Umwegen, nachzuweisen. Diese Nachweise scheinen mir glaubwürdig,
leider führen sie aber nicht über das hinaus, daß Beziehungen bestanden,
und es bleibt die andere Möglichkeit noch offen, daß das Gemälde von dem
benannten kleineren Meister gänzlich auf Grundlage des Holzschnittes von
dem anonymen führenden Meister gemacht sei. Ich glaube eher, daß man
auf dem Dornacher Schlachtholzschnitt, den ich bestimmt für den Meister
D. S. in Anspruch nehme, sogar dessen Signatur entdecken kann.
Rechts vorwärts des Reitertrupps in Mitte des Blattes hält nämlich ein
Gestürzter eine Fahne, verkehrt, der Stiel nach oben zeigend, so daß die
Buchstaben der Fahne logischer Weise vom obern Rand des Blattes aus
zu lesen sind; tut man dies, so erscheint links ein Gegensinn-S, dann ein
Gegenstand, in dem man einen Pilgerstab erblicken kann (vielleicht Hausmarke)
imd rechts ein G, dieses im rechten Sinn. Liest man die Fahneninschrilt
im Spiegel, so erscheint der linke Buchstabe als D, dann der Pilgerstab
aufrecht und rechts das leserechte S, - Der Umstand, daß die Fahne verkehrt
und außerdem noch auf dem Holzstock im Gegensinn zu beschreiben war,
kann leicht den kleinen Fehler hervorgerufen haben, den man jetzt mit
Anwendung des Spiegels ausgleichen muß.
Leider haben wir noch immer keinen gesicherten Anhalt, irgend eine
Künstlerpersönlichkeit des damaligen Basel mit dem Meister D. S. in Zu-
sammenhang bringen zu können. Wenn es aber bisher hieß, daß sich auch
kein Künstlername zu den Initialen D. S. finden laßt, so darf man wohl auf
2a8
den seit den letzten zwei Dezennien des XV. Jahrhunderts bis zu seinem
1516 erfolgten Tod in Basel nachweisbaren Karten- und Meiligenmaler
Thotnan Swartz hinweisen, der wenigstens in einer Urkunde deutlich auch
Z^oma geschrieben wird. Ausdrücklich will ich mich aber dagegen ver-
wahren, etwa den Meister D. S. schon mit Doman Swartz identifiziert zu
haben; nur ein beobachtendes Interesse verdient dieser merkwürdige Mann,
der bald Weinsticher war, baki um alle möglichen Ämter sich bewarb, da-
neben aber, wie große Rechnungen für Papier zeigen, doch auch sein künst-
lerisches Handwerk weiter getrieben haben muß. —
Nachträge zu den Kupferstichen Urs Grafs (siehe Seite 47).
His 4. O. Berlin.
His 9. Das Basler und Berliner Kabinet besitzen einen zu der Beschrei-
bung von His passenden, fast gleich großen offenbar echt Graf sehen Kupfer-
stich, der aber weder Jahreszahl noch Monogramm trägt, br. 0,076, h. 0,1035.
In Berlin ist ferner derselbe Kupferstich im Gegensinn, Richtung des Sol-
daten nach links, mit „1523" bezeichnet, den Bartsch X. pag. 149 Nr. 16
für Kopie nach Graf hält. Em zwingender Grund für diese Annahme dürfte
nicht vorhanden sein, der vollständig echt ansprechende Stich kann auch
die spätere Wiederholung des älteren Motivs durch Graf selbst sein. br.
0,074, h. 0,102.
Kupferstich N. J4. a.ld. Vier Putten, je einzeln in einem Kreisrund von
0,031 Durchmesser; reizvolle und leicht kenntliche Arbeit wohl aus der
frischen Schaffenszeit von 15131514 — O. Berlin, von Pass. IV. pag. 283
Nr. 191,194 merkwürdigerweise unter den Anonymen aufgeführt und seither
von der Literatur über Graf übersehen. — a.) Bogenschütz nach 1. — b.)
Knabe mit Dolch am Band und Kugel in der Rechten steigt nach I. über
einen Becher, außen je eine Vase. — c.) Flötenblaser mit Federhut auf einem
Kissen sitzend. — d ) Nach r. laufender Knabe mit Federhut auf dem Rücken
und Tasche am Band hebt den Deckel einer Schale ab.
Nachträge zu den Holzschnitten Urs Grafs.
Zu His ijo 186. Ein Exemplar der Postilla Guillermi des Mich. Furter
von 151 1 in Aarau, Kantons-Bibliothek.
Zu His 281 und 2S2, Die auf Seite 54 ausgesprochene Vermutung, daß es
auch für His 282 ein französisches Vorbild geben müsse, bestätigt sich.
Vorbild ist der große Holzschnitt des Decretum Gratiani in Lyon bei Fradin
1510, fol. (E. Aarau). Graf hat sich hier sogar noch enger an die Vorlage
gehalten als bei His 281; sowohl die Hauptdarstellung wie der Rahmen rait
den Halbfiguren sind nachgezeichnet, neu ist nur der Putte der unteren
Leiste, Ob die anderen französischen Varianten des Gratiantitels, die von
His genannte Lyoner von 15 19 und die Seite 54 unten erwähnte Pariser
239
von 1522 ihrerseits auf das Lyoner Vorbild von 1510 oder auf Grafs Holz-
schnitt zurückgehen, ist nunmehr belanglos.
Zu His S02, Kommt nicht erst 1523, sondern schon 1513 vor, siehe
bei N. 375-
Zu j^o. fl. auf Seite 135 siehe N. 374.
Zu ^44. Der Gengenbach'sche Kalender von 1521, den Weiler (Nr.
1774) irrtümlich als in Bern vorhanden angibt, befindet sich in der Kgl.
Bibliothek in Berlin. Derselbe enthält von Grafs Holzschnitten N. 342, 343
und 344. Das von Haendcke erwähnte Bad ist mit der Schröpfszene des
Kalenders von 1514 identisch, der genannte Verfasser hatte somit recht» die
Badstube nur für schwache Schülerarbeit zu halten; dagegen ist der von
ihm gleich gering eingeschätzte A.derlaßmann (N. 343) ein echter Graf
Holzschnitt. Das schließlich in gleichem Zusammenhang noch genannte
Wappen ist aber von Ambrosius Holbein, nämlich das bekannte Titelwappen
zum NoUhart. {Woltmann 22).
Berichtigungen. ')
Seite 51 und 53 sollte es unter den Abbildungen 10 und 12 gerade
nicht Urs Graf heißen, weil im Text diese Blätter aus dem Werk zu streichen
versucht wurden.
Seite 55 unterste Zeile lies: Vallam.
Auf Seite 133 ist Nr, jjy. i.,9., die Folge der mittelgroßen Postillen-
Illustrationen samt His 187. und 188 aus dem Werk Grafs zu streichen.
Durch bösen Zufall waren mir nur diejenigen neun Blatter bekannt geworden,
die unter den vorgenommenen Einschränkungen noch für Grafs Werk im
weiteren Sinn gelten konnten. Seitdem ich aber in einer Postillen-Ausgabe
ohne Ort und Jahr, wohl ebenfalls von Furter um 151 1 <E. Aarau, Signatur
Inc. 99 q) noch neun weitere Holzschnitte dieser Folge gefunden habe, die
für Graf entschieden zu lahm sind, kann das Ganze nur noch als eine von
Graf beeinnußte Schülerarbeit gelten.
*\ Durch mehrfache seit der Abfassung erst gemachte Funde wurde es nötig, die
ursprüngliche Nummernfolge mehrfach mit Zusätzen wie z. B. 375 und 375 a. zu durch*
brechen, ohne daß damit ein innerer Zusammenhang zwischen solchen Nummern ausgc*
drflckt werden soll; anders natürlich, wenn es z. B. 376. a.yh. heiOt.
Die Glasgemälde in den aargauischen Kirchen und
öffentlichen Gebäuden.
Von Hans Lehmann.
(Fortsetzung )
Thalheim.
Im Jahre 1543 wurde die Kirche zu Thalheim erweitert und erneuert.
Aus der früheren Zeit blieben nach der Mitteilung von Pfarrer Müller in
Thalheim an Dr. A. Nüscheler noch der oberste Teil eines spitzbogigen
Fensters mit Maßwerk übrig, eingemauert im Giebel eines benachbarten
Bauernhauses^). Außerdem aber, wie wir vermuten, auch die zwei Glasge-
mäldefragmente im Mittelfenster des Chores, Sonne und Mond darstellend,
die wahrscheinlich aus einer Darstellung der Kreuzigung stammen.
Rain.
Im Jahre 1863 wurde die alte Kirche zu Rain auf dem weithin sicht-
baren Felsvorsprunge über der Aare, unweit der Einmündung der Limmat,
abgebrochen. Wie uns Prof. Dr. J. R. Rahn in seiner Statistik schweizerischer
Kunstdenkmäler meldet, sollen sich im Jahre 1880 noch Reste von Glas-
gemälden aus derselben im Pfarrhause befunden haben *). Auch berichtete
Bezirkslehrer Stäbli in Brugg an Dr. A. Nüscheler, daß ein Glasgemälde,
welches sich 1439 in einem Fenster der Kirche zu Rain befunden habe, jetzt
im Münster zu Bern sei *). Erkundigungen im Pfarrhause zu Rain ergaben, daß
diese Fragmente nur in einigen Bruchstücken von lilafarbigem Glase ohne Zeich-
nung bestanden, die einem Glasgemälde angehört hatten, das bei Abtragung
der Kirche im Jahre 1863 schon seit längerer Zeit aus dem Blei gefallen war.
Sie gingen seither als wertlos verloren *). Was die Mitteilung von Bezirks-
lehrer Stäbli in Brugg anbelangt, so dürfte sie nicht ganz aus der Luft ge-
griffen sein. Denn in der Tat schmücken zurzeit vier Fragmente von Kirchen-
scheiben aus dem 15. Jahrhundert ein Fenster der Erlach-Kapelle im Berner
Münster, die Dr. Stantz in seinem 1865 erschienenen Münsterbuche noch
') Argovia, Bd. XXIII, S. 160.
') Anzeiger für schweizerische AltertumslEunde 1880, S. 40.
•) Argovia, Bd. XXIII, S. 155.
*) Gütige Mitteilung von Herrn Pfarrer E. Haller in Rain vom 13. Juni 1907.
331
nicht aufführt '). Leider gelang es uns bis jetzt noch nicht, über deren Her-
kunft etwas Zuverlässiges zu erfahren -). Ebensowenig führten auch die
Nachforschungen in Brugg und Bern über die Richtigkeit der Mitteilung
Stäblis zu einem Resultate.
Bolzen
Ober den Abgang der alten Kirche in Elfingen und den sagenhaften
Bau derjenigen von Bötzen berichtet ausführlich A. Nüscheler (Argovia
XXIII, S. 151 ff.). Dagegen ist über den Zeitpunkt, in welchem dieser Neu-
bau begonnen wurde, keine urkundliche Aufzeichnung erhalten geblieben.
Llber dem Haupteingang der gegenwartigen Kirche in Bötzen steht die
jahrzahl 1667. Dieselbe fand sich auch auf der mittleren der drei Glocken,
von denen die kleinste und älteste wahrscheinlich noch aus der abgebrochenen
Kirche in Elfingen herübergenommen, die jüngste und größte aber erst 1698
gegossen wurde. Dagegen trägt ein Grabmal an der Kirchhofmauer das
Datum 1646. Nach einer Mitteilung von Pfarrer Vögdin tn Bötzen an Dr.
A. Nüscheler soll seinerzeit in einem Kirchenfenster auch ein Glasgemalde
mit Namen und Wappen des Nikiaus Dachselhofer, Hofmeister zu Königs-
felden, eingesetzt gewesen sein, das bei einer Neubefensterung der Kirche
im Jahre 1Ö82 nach Aarau gesandt wurde und über dessen terneren Auf-
bewahrungsort man lange Zeit keine bestimmten Angaben mehr erhalten
konnte. Nun befindet sich unter den vier großen Wappenscheiben im Treppen-
hause des Kantonalen Museums in Aarau, die angeblich alle aus dem ehe-
maligen Kloster Olsberg stammen sollen, eine Berner Standesscheibe als
Geschenk des Nikiaus Dachselhofer, Hofmeister zu Königsfcldcn, datiert
1668. Sie unterscheidet sich von den drei andern nicht nur durch Zeichnung,
Technik und Format, sondern auch durch das Alter. Von diesen tragen
noch zwei die ursprüngliche Jahrzahl 1649, die dritte das unrichtig ergänzte
Datum 1648*1.
Daß Bern, respektive sein Hofmeister zu Königslelden, zu jener Zeit
ein so großes Standeswappen in das katholische, von Solothurn begünstigte
Frauenkloster im Österreichischen Fricktal stiftete, ist nicht wahrscheinlich.
Dazu kommt, daß in der Beschreibung der Klosterkirche von A. Nüscheler
der drei Solothurner Glasgemälde gedacht wird, während der Berner Standes-
scheibe keine Erwähnung geschieht*). Dagegen enthält der Baurodel der Kirche
zu Bötzen als Beilage zu den Königsfelder Jahresrechnungen im Jahre 1668 folgen-
') Dr. Stantz, Müiistcrbuch, eine artisL hisL Beschreibung des St. Vincenzeo-MOnsters
in Bern, S. 139.
*) H. I.ehmann, 2ur Geschichte der Glasmalerei in der Schweiz. Mitteilungen
der antiquarischen Gesellschaft in /Zürich, Bd. XXVI, S. 350.
') Argovia, Bd. XXlIi, S. 225. 11. Lehmann, Die Glasgemftlde im Kantonalen Museum
in Aarau, Aarau 1897, S. 56157,
*) Argovia, Bd. XXIII, S. 234'235.
232
den Eintrag: Für m. h. fi;. Herren vnd oberen ehrenschüt in ein fenster dort-
hin dem glassmahler von Zürich entricht ann d. 33 ff" 6 ß 8 (1 '). Diese Notiz
stimmt mit dem Datum auf unserer Standesscheibe überein und da Bern
laut den Königslelder Rechnungen durch seinen Hofmeister 1668 keine
weitern Glasgemälde verschenken ließ, so muß das im Museum in Aarau
aufbewahrte Standeswappen von Bern mit dem aus der Kirche von Bötzen
verschollenen identisch sein. Es handelt sich demnach hier, damaliger Sitte
gemäß, um ein Geschenk des Landesherren in ein neuerbautes oder neu
renoviertes Gotteshaus, womit auch die Jahrzahl 1667 über dem Hauptein-
gange stimmt.
Unter dem Glasmaler von Zürich aber kann nur Meister Hans Wilhelm
Wolf verstanden sein, bei dem der Hofmeister zu Königsfelden auch in den
Jahren 167980 Bestellungen machte, und der unter den drei damals in jener
Stadt tätigen Meistern weitaus der bedeutendste und vielbeschäftigtste war.
Slandesscheibe von Sern. 166B.
Auf farblosem Hiiitfirgnnide stohen vor einem weißen Portal, das aus iwei
massigen PfeilerTi mit geradem Oebiilke gebildet wird, zwei Ijowen zu »Seiten
der Standeswappen vod Bern und des Heichsschildes mit der Krone darüber.
Am Gebälke hängt eine große Kartusche mit der Inschrift:
Die St<ät Bef-n.
Am Fuße eine große einfache Tafel mit einem ovalen Hlattkranze in der
Mitte, welcher das Wappen des Donators auf blauem Grunde umrankt Zu
dessen beiden Seiten die Inschrift:
Herr Niclaus J>aehssel Iloff'er Der
Xeit Hoff tncistcr gu Königs Felden
1608.
Out erhalten. w : sj «n.
Glasmaler: Ihtns Wilhelm Wölfin Zürich.
M ö n t h al.
Schon im 13. und 14. Jahrhundert sollen Verhandlungen zwischen dem
Hause Habsburg und der Stadt ßrugg über die Abtretung des Kirchen-
satzes in Mönthal an letztere gepflogen worden sein. Aber erst 1517 wurde
nach langen Unterhandlungen das Dorfkirchlcin St. Georg infolge Mangels
emes Geistlichen eine Filiale von Brugg und nach der Reformation über-
trug man dem Provisor dieses Städtchens den Gottesdienst in dem zwei
Stunden entfernten Orte, wozu ihm der Lehenträger der Goppenbrunner
') W. Merz, Kunst- und Kulturgeschichtliche Notizen aus den Königsfclder Jahres-
rechnungen, Anzeiger für schweizerische Altertumskunde, Jahrgang 1896, S. 34. 1581 halle
Bern auch durch den Glasmaler Jakob Brunncr in Brugg sein Ehrenwappen in das Wirts-
haus in 130tzen gestiftet, Merz, a. a. O., S. 93.
333
Mühle jeden Sonn- und Feiertag ein Reitpferd zu stellen und der Sigrisl aus
den Erträgnissen eines Vermächtnisses eine Stube zu heizen und das Pferd
zu füttern hatte. Unter solchen Verhältnissen kann es nicht befremden, wenn
der Rat von Brugg oder seine Mitglieder bei passender Gelegenheit ihr
Wappen in das Kirchlein stifteten. Erhalten blieb im Chore eine
GroBSfl Rundsoheibe mit Wappen dar Rattherren der SladI Brugg. 1590.
Den Mittel|mnkt dieses eigenartig komfHiniprteti Ula^gemäldes bildet ein
Agnus Dei auf gelbem Damaste, umrahmt von Walken und einem grünen
Blattkranze. Über dieser Darstellung tat eine Wajipengruppe angebracht: über
den beiden gegen einander geneigten VVappenscbildcheii von Bern das Reichs-
wappen, unter denselben das Stadtwappen von Brugg. Daran reihen sich dem
Rande der Scheibe entlang die Familieriwapppn der Donatoren mit deren Namen.
Es sind :
Ur. Jacob Jfauw, Hr. Hans fO Stapfer, Ilr. Sfo/fd BurcJcaft, Hr.
Hans TruHwi^T, Hr. Hans Holtmgasser, S<'huUhesa, Hr. l'hilipus
Zuejfer, Er, Lienhurtt Huijicr, H. Rmiolff VölckU, Hr, Hans
Balfiser Wiss, //. LorenU Folcki, Staftschriber.
Datum 1590.»)
Teilweise restauriert Dorehm. «3 cm.
Glasmaler: Jakob Brunner, zu Bntgg (?)*^
Zwei Fenster im Schiffe enthalten noch je eine Gruppe von fünf kleinen, ovalen
Wappenscheibchen, bei denen allen das Wappen des Donators von einem grünen
Blattkranze umrahmt wird. Sie tragen das Datum 1600 und die Namen
folgender Donatoren (links von der Kanzel):
1. Hans Uuilolf Brugger, des klehicfi Bafs tfcr Stattt Brugg»
2. David Frdlich^ d. Zr\i Schultheisa » . %
3. Johann Sjnehnann des kleinen Rat^ «nd Staithaiter etc,
4. Nildatts Kuoni, des kl. Bats etc.
5. Hs. Jak. Buchenstein, des kl. Rats etc.
(rechts von der Kanzel):
6\ Hs. Jak, Diniß, des kl Rats etc.
7. Hs. Jak. Zimmermann, des kl. Rats etc.
S. Loreni Vnfldin, des kl. Rats und ^adtschreiher etc.
y. Joh. Kasp. Riff, des kl. Rats etc.
^ö. Name fehU. «) ^„^ ,^ ^ „_s ,„,
') Vgl. auch die Wappenscheiben der Stadt Brugg von 1586 (?) in der historischen
Sammlung des stAdtischen Museums in Zofingen, wo zum Teil die gleichen Ratsmitglieder
vorkommen. Anz. f. schw. Altertumskunde, N. F. Bd. IV, S. 84 f.
') Bestimmte Werke dieses von ca. 1570 bis ca. 1596 in Brugg ziemlich stark De-
schaftigten Glasmalers sind zwar nicht bekannt, doch ist anzunehmen, daß der Rat seinen
Auftrag in diesem Falle keinem auswärtigen Meister erteilte. Vgl, Anz f. schw. Aller*
tumskunde, 1896, S. 22 ff.
*) Gotige Mitteilungen von Herrn Pfarrer C. Blum in MonthaL
«34
Da um diese Zeit Brugg keinen eigenen Glasmaler mehr besaß, dürften
diese Scheibeben in einer benachbarten Stadt enstanden sein.
Königsfelden.
Das Doppelkloster vom Orden der hl. Klara und des hl. Franziskus zu
Königsfelden stiftete die Königinwitwe Elisabeth, Gemahlin König Albrechts I.,
im Jahre 131 1, wahrscheinlich auf der Stelle, wo ihr Gemahl am i. Mai 1308
ermordet worden war. Da Elisabeth schon 1313 starb, leitete ihre Tochter,
die verwitwete Königin Agnes von Ungarn, den vollständigen Ausbau der
ersten Klostergebäulichkeiten und führte die Aufsicht über die Stiftung bis
zu ihrem Tode (1364). Schon von Anfang an wurde das Gotteshaus mit
Vergabungen und Schenkungen fürstlich bedacht und seine Chorfrauen ent-
stammten den angesehensten Adelsfamilien der heutigen Schweiz und
Schwabens. Mit der Eroberung des Aargaus kam Königsfelden im Jahre
1415 unter die Oberhoheit Berns. Schon vor der staatlichen Einführung
der Reformation hatte die neue Lehre um so mehr Anklang bei einem Teile
der Klosterfrauen gefunden, als viele unter ihnen ihren Beruf als einen un-
freiwilligen empfanden. Es scheint auch, daß die Berner Regierung diese
Strömung begünstigte, denn schon zu Ende des Jahres 1523 stellte sie in
einem Schreiben an Äbtissin und Konvent es den Nonnen frei, ob sie noch
weiter den Klosterinsassen angehören oder aber das Kloster verlassen wollen.
Infolgedessen traten in den folgenden Jahren die meisten aus, sodaß es bei
seiner Aufhebung im Jahre 1528 beinahe ganz entvölkert war. Nach seiner
Säkularisation wurden die Güter in Schwaben und im Elsaß meistenteils
verkauft, die beträchtlichen Einkünfte im Aargau dagegen durch einen ber-
nischen Oberamtmann, der den Namen Hofmeister führte und von sechs zu sechs
Jahren aus den patrizischen Familien der Stadt Bern ernannt wurde, ver-
waltet. Die umfangreichen Gebäulichkeiten verwandelte man bei diesem An-
lasse teils zu Wohnungen für die neuen Beamten, teils zu einer wohl-
tätigen Anstalt und sogar zu Kommagazinen; die Kirche dagegen blieb bis
zum Beginn der französischen Revolution in gutem Zustande. Daß nun auch
an den Hofmeister zu Königsfelden von Überall her, wo das Kloster Be-
ziehungen hatte und darüber hinaus, bei gegebenen Anlässen Gesuche um
Schenkung von Fenster und Wappen erfolgten, gerade so wie an die Land-
vögte, kann nicht befremden. Nach der Gründung des Kantons Aargau g^ng
im Jahre 1804 das Kloster an diesen über. Seine Behörden wandelten es
mit der Zeit in eine Kranken- und Irrenanstalt um. Leider hatte man schon
während der Revolutions- und Kriegsjahre zu Ende des 18. und Anfang des
19. Jahrhunderts die Kirche zu einem Salzmagazin und Güterschuppen er-
niedrigt, was natürlich auf die Erhaltung der Glasmalereien von sehr nach-
teiligem Einflüsse war. Erst seit den 1870*="^ Jahren nahmen sich^dann kunst-
sinnige Männer dieses ehrwürdigen Denkmals wieder an. Eine durchgreifende
235
I
Restauration aber erfolgte erst seit dem Jahre 1891. Sie fand mit einer
Restauration der Glasgemälde im Jahre 1900 ihren Abschluß. Letztere Arbeit
besorgte mit großem Verständnis und Geschick Glasmaler R. A. Nüscheler
von Zürich, zur Zeit in Paris,
A. Ehemalige Klosterkirche.
Eine ausfllhrliche Bearbeitung der schönsten aller monumentalen Glasgemätde in
oberdeutschen Landen aus der ersten Hfllftc des T4. Jahrhunderts, welche heute noch,
wenigstens in tcilwciscr Erhaltung, den Chor und einige Fenster in den Schiffen der ehe-
maligen Klosterkirche zu Königsfelden zieren, ist an dieser Stelle in Anbetracht des zur
Verfllgung stehenden Raumes nicht möglich. Wir können ihrer auch um so eher entraten,
als Ober diese Kunstwerke bereits eine kleine Literatur existiert und sie, wenigstens mit
Bezug auf ihre Entstehungszeit, erst kürzlich wieder von dem Verfasser dieser Statistik
untersucht und veröffentlicht wurden. Auch hegt er immer noch die Hoffnung, sie ge-
legentlich nach den vortrefflichen Aufnahmen, die anläßlich ihrer Restauration gemacht
wurden, weiteren Interessenkreisen als Einzelpublikation in Wort und Bild vorführen zu
können und beschränkt sich darum an diesem Orte auf ein Literaturverzeichnis und eine
knappe Inhaltsangabc der Darstellungen in den einzelnen Fenstern.
Literatur. Denkmäler des Hauses Habsburg. Das Kloster Königsfelden, geschichtlich
dargestellt von Theodor van Liebenau, kunstgeschichtiich von Prof. W. LObkc. Die Glas-
gemälde im Chor daselbst. Lieferung 1—6 mit 6 Bog. Text, 25 Blätter in Farbendruck, 16
Lithographien. Zürich 1867. Verlag der Antiquar. Gesellschaft. LQbke, Kunsthistorische
Studien, S, 407. Theodor v. Liebenau, Geschichte des Klosters Königsfelden, S. 63. J. R.
Rahn, Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz, S 600 ff. H. Fenner, Das Kloster
Königsfelden und seine Glasgemäldc, Programm der städtischen Schulen zu Aarau, Aarau
1875- J. Stammler, Die Pflege der Kunst im Aargau, Aarau 1903, S. lao AT. Führer durch
die Klosterkirche zu Königsfelden, Reiiiach 1903, S. 16 fl. H. Oidtmann, Die Glasmalerei,
I. Teil, Geschichte der Glasmalerei, I. Bd., S. 267 R". H. Lehmann, Zur Geschichte der
Glasmalerei in der Schweiz, I. Teil: Ihre Entwicklung bis zum Schlüsse des 14. Jahr-
hunderts. Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XXVI, S. 193—303
(mit Abbildungen).
G. Kinkel, Augsburger Allgemeine Zeitung, Beilagen vom 13, 14., 16, 3o und 21.
Oktober 1868. R. A. Nüscheler, Die Heraldik auf den Glasgemälden von Königsfelden,
Schweiz. Archiv für Heraldik 1898, S. 20 f und 45 f.
Einen ausführlichen Bericht Ober ihren Zustand im August 1767 gibt Joh. Martin
Usten, Art. Kollektaneen, Manuskript auf der Bibliothek der KunstgeselUchad in Zürich,
Bd. L. 46, No. 4, S. 15.
Ein Bericht über deren Zustand zu Ende der i86o<=^ Jahre und ihre Restauration
I1870) unter Leitung von Oberst Rothpletz durch Glasmaler Möller in Bern im aargauischen
Staatsarchiv. Gutachten über die Erhaltung der Glasgemfllde im Chore der Kirche zu
Königsfelden vor ihrer letzten Restauration im Anz. f schw. Altertumskunde 1894, S. 389 ff.
Vcrgl. auch J. R, Rahn, Bericht über die Glasgemälde in der Klosterkirche zii Königsfelden
vom 4. Januar 1897, Basel 1897.
Ein ganz detaillierter Befund Ober den Zustand jedes einzelnen Fensterfeldes wurde
samt Zeichnungen und Photographien der Details vor der Restauration aufgenommen.
Manuskript im Archiv der Gesellschaft für Erhaltung historischer Kunstdenkmälcr, deponiert
im schweizer. Landesmuseum. Daß auch in früheren Jahrhunderten schon Restaurationen
stattfanden, beweisen unter anderem einige Einträge in den Jahresrechungcn der Königs-
fetder Hofmeister von 1596 und 1614. (Anz. f schw. Altertumskunde 1896, S. a3 und 34.)
Photograpfüscht Aufnahmen Vor ihrer letzten Restauration auf Veranlassung von
K. Bührer durch die Mittetschwciz. geograph. kommerz. Gesellschaft in Aarau, nach der
Restauration unter Aufsicht von Glasmaler R. A. Nüscheler von Zürich in Paris. Von
236
beiden Aurnahtnen befinden sich vollständige Abzüge im Kantonalen Gewerbemuscum in
Aarau, in der Kantonsbibliothek in Aarau und im Archiv der Gesellschaft für Erhaltung
historischer Kunstdenkmäler, deponiert im Landesmuseum in Zürich, von den renovierten
Glasgemälden auch in der phoiographischen Sammlung schweizerischer Glasgemälde in
der Bibliothek des Landcsmuscums.
Als Geschenke der Stifterin und ihrer Kinder entstanden die Glas-
gemälde im Nonnenchore nach und nach in den Jahren 1313 bis c. 1337, worauf
die Ausschmückung der Fenster im Schiffe erfolgte und zwar teils durch
einfache Teppichmotive, teils durch figürliche Darstellungen von verstorbenen
Mitgliedern des habsburgischen Königshauses und ihrer nächsten Anver-
wandten, nach A rt der Kenotaphien, als würdige Umgebung tür die FamiliengrufL
Von den 1 1 Chorfenstern blieben 8 verhältnismäßig gut erhalten, 3
dagegen sind bis auf einige größere Fragmente zerstört worden. Von den
Fenstern in den Schiffen sind nur noch größere und kleinere Fragmente
vorhanden.
a) Nonnenchor.
Bei der Erstellung dieses wunderbaren Fensterschmuckes begann die
Stifterin zweifellos, alter Tradition gemäß, mit der Darstellung der Passions-
geschichte im Mittelfenster des Chorpolygons hinter dem Hochaltar. Daran
reihten sich beidseitig im Verlaufe der nächsten 20 Jahre die Geschenke
ihrer Kinder. In dieser Reihenfolge fügen wir auch die kurze Inhaltsangabe
der einzelnen Fenster hier an.
Die Chorfenster sind dreiteilig; jedes enthält 10 übereinander liegende
Felderreihen und endet in reiches Maßwerk. Die Höhe des einzelnen Fenstcr-
feldes betragt 85 cm, die Breite 53 cm.
Die Damasthintergründe der gegenüber liegenden Fenster wechseln
regelmäßig zwischen Blau und Rot.
I. Fenster (Mittclfenstcr des Chorpol ygona).
rarslstlungvn aus der Passionsgeschfchle. c. 1313.
Auf feinem, mit kleinen geometrischen Ornamenten gemustertem blauet
Hintergründe werden uns in vier großen Kreisen ebensoviele Darstellungen
aus der Passionsgesehichte vorgefülirt. nämlith: a) die Geißelung; bj Christus
am Kreuze zwischen Maria und Magdalena, Johannes und einem bärtigen
Krieger (vermutlich dem römischen Hauptmann); e) die Kreuzahnahme; d) die
Grablegung. Der iinttTste DreiviLTtelskreis ist mit (restaurierten) Ornamenten
gefüllt. Wahrscheinlich enthielt er die Bildnisse der Stilterin EÜsabäh und
ihres Gemahles, König Aibrvcht, samt ihren Wappen. Die Zwickel zwischeo
diefeu großen Kreisen wenJfn beidseitig durch kleinere Kreise mit einge-
zeichneten Vierpässon ausgelüilt. Sie enthalten Dreiviertelsfiguren von Pro-
pheten mit Sprucfabäniern, deren Schrift stark verÜickt und darum nur teil-
weise noch verständlich ist. Die oberste Felderreihe wird durch gothiache
ßlendarkaden ausgefüllt, hinter denen zwei Engel Kaucht^sser schwingeD.
Stark restauriert.
a. Fenster (Nordscite).
Darstellungen aus der Jugendgeschlchte Christi. 1316—1320.
Sie wird uns in tünf über einander stehenden Bilderreihen erzilhU, deren
jede, der OreiteiluDg der Fenster entsprechend, ihre Figuren in symmetrischer
Anordnung unter große Spitzgiebel stellt. Den Hiotergrund bildet ein leiner
roter Damast aus geometrischen Ornamenten.
a) (von unten beginnend) Verkfindigung, zwei Feosterabschnitte füllend; der
dritte enthielt vermutlich das Bild oder Wappen der Stitterin, der verwitweten
Königin Agnes von Ungarn. Er wurde ergünzt durch ein Ornan)entrau8ter
mit Inschrift: Renovatum MDCCCXl^^VUl und das Reichswappen, b) Links
erscheint der Kngel dem Üirten aut dem Felde; in der Mitte sitzt Maria mit
dem Jesuskinde auf einem Lager vor der Krippe, aus welcher Ochs und Esel
fressen, rechts der greise Joseph in einem Lehnstuhl, c) Die hl. drei Könige
überreichen Geschenke, d) Darbringung im Tempel, e) Taufe Christi iru
Jordan, wobei ein Engel dem Heiland das Gewand hält.
Auf ßalkoneu hinter den Spitzgiebeln der mittleren Darstellungen stehen je
zwei kleinere Prophetengestalten.
Nur wenig restauriert.
3. Fenster (Südseite, Pendant zu No. 2).
rarstellungen aus dem Leben Christi nach der Kreuzigung. 1315—1380.
In entsprechender Komposition, wie No. 2, enthält daa Fenster fünf Bilder-
reihen, darstellend Ereignisse nach der Passion.
aj Auferstehung Christi, b) Christus mit der Kreuzesfahne erscheint als
Gärtner der vor ihm knienden Magdalena (rechts), während von der andern
Seite die beiden Marien herantreten. Alle drei Frauen tragen SalbengefäÜe.
c) Der ungläubige Thomas untersucht die Brustwunde Christi (Mittelbild)
zwischen zwei Apostelpaaren, d) Christus fährt in der Mandorla gen Himmel.
Zu beiden Seiten kniet je eine Gruppe von vier Aposteln, e) Im Mittelbilde
sitzt die Madonna auf einer Rank, während der heilige Geist in Gestalt einer
Taube auf sie herabschwebl. Zu beiden Seiten kniet je eine Gruppe von sechs
Aposteln, zu je dreien hinter einander gestellt.
Da am Fuße des Glasgemäldes der Raum zur Anbringung eines Sliftor-
bildes oder -wappens lehlt und wohl immer gefehlt hat, ist mit um so
größerer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, duß auch dieses Fenster gemeinsam
mit No. 2 von der Königin Agnes, als der zweiten Gründerin des Klosters,
gestiftet wurde.
Stark restauriert.
4. Fenster (Nordseitc).
Darstellungen aus dem Martyrium der hl. Katharina und dem Leben Johannes des
TAulers. Um 1320.
Vier Aber Eck gestellte Quadrate mit halbkTeisförmig ausgebauchten Seiten
umrahmen die ügürlichen Darstellungen, deren Hintergrund ein blauer, rauten-
artig gemusterter Damast bildet.
238
a) Dem neben einem Altare stehenden, das Rauchfaß schwingenden Zacharias
verkündet ein Engel die Gehurt eines Sohnes, b) Vor seinem Geßngnis.-te
kniet der enthauptete Johannes, während im Felde rechts die Herodias dessen
Haupt auf einer Schüssel trägt, in dem links der Henker sein Schwert in die
Scheide steckt, c) Im Mittelfelde kniet betend als königliche Heilige Katharina
von Älexandrien, während Flanimf-n aus geöttnetera Hin>üiel das Rad zer-
stören, worauf sie geflochten werden sollte, da sie sich weigerte, die Götzen
an7.ubeten. Große Hagelkörner prasseln auf ihre Peiniger herab und ver-
schonen selbst den rechts neben ihr stehenden Kaisernicbt. d) Im Mittelfelde holt
über der knienden Katharina der Henker mit dem Schwerte mm Todesstreiche
aus, während zu beiden Seiten gestikulierend der Kaiser und ein voruehmer
Mann stehen. Zwei schwebende Engel tragen die Seele der Hingerichteten gen
Himmel.
In einem Zwoidrittels-Quadrate am Fufie des Glasgemäldes knien neb^n
der hl. Elisabeth die vermutlichen Donatoren, Herzog Alhrechi VII. ww Osler-
ri'ich und seine Gemahlin Johanna von Pßrf.
Die Zwischenräume zwischen den Vierpässen füllen stilisierte Ranken mit
weißem Eichenlaub auf rotem Grund.
Mit AusnahniH der untersten Felderreihen nur wenig restauriert
5. Fenster (Südseite).
Fragmente aus dem Leben des Apostels Paulus und der Maria. Um 1320.
Ursprünglich von entsprechender Komposition, wie No. 4, nur mit dem
Unterschiede, daß stilisierte Rehlauhranken die Zwickel füllten, und wahr-
scheinlich auch vom gleichen Kliepaare gestiftet, wurde dieses Fenster im Ver-
laufe der Zeit bis auf wenige Fragmente zersti^rt und war vor der Restauration
durchsetzt mit Teppich leidem und Fragmenten ans den Fenstern der Schiffe.
Erhalten blieben: a) (Zweite Felderrcihe von unten) ein ju^^endlicher Manu, auf
Gewändern stehend. Es ist Saulus, der später© Apostel Paulus, der als Ifing-
ling der Steinigung des hl. Stephanus beiwohnte, wobei er die Kleider der
Mörder hütete, h) (Vierte Ffilderreihe von unten.) Bekehrung des Saulus. c) (Sechste
Felderreihe von nuten.) Ein Muun in langem Gewände mit Schwert, vermutlich
ein Zeuge der Hinrichtung des Apostels Paulus, dessen Martyrium wahr-
scheinlich an dieser Stelle dargestellt war (vergleiche das Martyrium der hl.
Katbarina, 4. Fenster), d) (Ächte Felderreihe von unten.) Tod der Maria im
Kreise der Apostel, von denen noch zwei Gruppen erhalten blieben. Die Seele
der Verstorbenen schwebt als kleines Figflrchen bereits gen Himmel und wird
von zwei musizierenden Engeln empfangen. Wahrscheinlich enthielt das oberste
Medaillon eine Darstellung der Krönung Mariae, was die schwebenden Eogel
zwischen den Nasen der Teilbögen anzudeuten scheinen.
Die Texte in den renovierten Partien, welche sich auf die früheren Dar-
stellungen beziehen, wurden von Mons. Dr. J. Stammler, dem gegenwärtigen
Bischof von Basel, ausgewählt. Das unterste Medaillon enthält den N^amea des
Restaurators der Glasgemftlde: K. A. Nüecheler und das Datum der Reno-
vatioD dieses Fensters: 1900.
239
6. Fenster (Nordscite). ^«-«»^ -
AposteUensfer "Vor 1327.
Unter niächligeii Baldaiihiiien, deren schlankes Fialenwerk zwei übereinander
liegende Feider füllt, stehen, der Dreiteilung der Fenster entsprechend, zwei
Reihen ApostelgestalleTi alti in sich geschlossene Roiupositionen, voll-
ständig von einander getrennt durch eine Felderreihe mit Vierpässen^ aus
denen uns die Drehlertelsbilder der Propheten Habaknk, Zacharias und Jesaias
entgegentreten. Die Apostel Thomas, Paulus, Jacobus major (untere Beihe)
und JudiiiJ, Matthäus, Simon (obere Reihe) sind ernste, würdige Männer, Lehrer
des Volkes und leuchtende Vorbilder eines frommen Lebenswandels. Paulus,
als Streiter der Kirche, trägt das einporgenchtete Schwert, Matthäus hält sein
aufgeschlagenes EvangeHenbucli den andächtigen Kirchenbesucberii entgegen.
Die andern Vier tragen als Lehrer des Volkes in den Armen mächtige Foli-
anten. Der rote Hintergrund besteht aus feinen geometriscbea Ornamenten
im Wechsel mit solchen aus stilisiertem Blattwerk.
In dor untersten Kt'ihe enthält Feld links die (stark renovierte) Darstellung
des knienden Donators» Ilrreofj Uc'mrkh von (hUrnich; die beiden andern
Felder mit dem österreichischen Wappenschild und dem Datum der Fenster-
renovation (1897) sind neu. Wahrscheinlicli waren in dem Felde rechts das
Bild seiner Gemahlin, hlisniH'th von Finuhurg, angebracht und im mittleren
beider Wappen. Denn da das zweite Apostelfenster trotz seiner übrigens
durchaus entsprechenden Komposition der Anbringung eines Stifterpaares keinen
Platz einräumt, so hal)en wir es auch hier vermutlich mit einer Doppelstiftung
zu tun. — Mit Ausnahme der drei untersten Felderreihen gut erhalteu.
7. Fenster (Sodseite).
Apoatelfenster. Vor 1327.
Im allgemeinen entspricht die Gesamlkomposition der des Fensters No. 6,
nur mit dem Unterschiede, dal^ infolge Wegfalles der zwei Felderreihen ftir
Stifter und Propheten den krönenden Baldachinen je drei übereinander liegende
Felderreihen eingeräumt wurden. Teilweise erhalten blieben nur die Apostel-
liguren von Jacobus d. J. (?) und Bartholomäus (untere Keiho), Philippus
und Andreas (obere Reibe), zwei erkennbar an ihren Attributen. Vermutlich
war das mittlere Feasterdrittel oben dem Evangelisten Johannes, unten dem
Apostel fürsten Petrus eingeräumt.
Bis auf wenige alte Fragmente neu, wobei sich die großen Inschriltfin
etwas unangenehm dem Beschauer aufdrängen.
8. Fenster (Nordscite).
Sarittllungen aus dem Leben des hl. Frans von Assiti. Ordenspatron des Klosters zu
Königsfcldcn. 1324-1330.
In f&nf Medaillons, gebildet aus Quadraten mit halbkreisförmig ausge-
bauchten Seiten, werden uns ebenso viele Episoden aus dem Leben des Heiligen
vorgeführt.
a) In dürftiger Kleidung bittet Giovanni (Franciscus war nur der Beiname),
der Sohn des reichen Seiden- und Wollenhändlers Bernardone Moricoui zu
240
Ässisi, den auf dem Thron sitzeuden Bischof, sein Leben ganz der Armut und
völliger Kntsagung widmen zu dürfen. Vergebens sucht ihn .sein Vater abzuhalten,
wobei er selbst wieder von einem Manne zurückgezogen wird, der mit dem Vor-
liaben des Sohnes einverstanden ^u sein scheint. Diesen gegenüber schauen zwei
Geistliche dem Vorgange mit Wohlgefallen zu. b) Mit Gleichgesinnten vereinigt,
bittet Franciscus in Rom Pjipst Innocenz II 1. um die Bestätigung seiner Ordens-
regel, die ihm erst zugestanden wurde, nachdem der zögernde Papst im Traume
den wankenden Lateran von Franz gestützt gesehen hatte, c) Er predigt in
der Einsamkeit den Vögeln, wobei zwei seiner Ordensbruder Ihm zuhören,
d) Stigmatisierung. Nach vierzigtägigera Fasten in seiner Zelle am Monte
Alverno erscheint Franciscus (hier vor einer Felsenhöhle) ein Seraph mit sechs
Flügeln, zwischen denen er die Gestalt des Gekreuzigten trägt. Nachdem
Franz aus seiner Verzückung erwacht, trägt er dessen (iQnf Wundmale. Hintor
dem Heiligen ein lesender Mönch, vor ihm eine Kirche, e) Der durch den
Tod endlich von seinen körperlichen Leiden erlöste Heilige liegt auf einet
Matte mitten unter seinen Brüdern. Leute von Assisi kommen herbei, um
ihn nochmals zu sehen und seine Stigmata zu betrachten. Einer davon, als
kleines Männchen dargestellt, kniet vor ihm und hält, um sich von der
Kicbtigkeit zu überzeugen, seine Hand an die Öffnung in der Brust des
Heiligen, dessen Seele in einem St^rn gen Himmel schwebt.
Die auf Eonsolen ruhenden Holzdielen, auf denen sich die einzelnen Epi-
soden abspielen, werden je von einem Manne getragen. Die Zwickel sind
mit Rosetten und Löwen ausgefüllt, in welch' letzteren man das Wappentier
der Hiibsburger, eine heraldische Zierde oder ein Symbol erblicken kann.
Am Fuße des Glasgemäldes kniet links Herzog Otto von Österreich. Das
vermutlich auf der gegenüberliegenden Seite angebrachte Bild seiner Gemahlin,
Elisabeth von Nit'derhaiem, fehlt. Dafür das Datum der Reuovation 1897.
Bis auf die beiden untersten Felderreihen im allgemeinen gut erhalten.
, 9. Fenster (Südseite).
Fragmente aue der Legende der beiden hl. Antonius von Padua und von Alexandria.
Um 1330.
Das Fenster, welches als Pendant zu No. 8 komponiert war, ist bis auf
wenige Fragmente zerstört, a) (Zweite Felderreihe.) Darstellung eines hl. Bischofa,
Im Damaste eingefügt noch zwei Fragmente von Fischen als letzte Reste einer
Darstellung der Fredigt, welche der Heilige Antonius v. Padaa, auf seiner
Rückkehr von Maroceo vom Sturme an die italienische Küste getrieben, den
Fischen in Rimini hielt, b) (Vierte Fclderreihc.) Dem in der Wüste schlafenden
Antonius, dem Einsiedler von Aleiandrien, naht sich als Versuchcrin ein Weib
mit Speise, c) (Sechste und achte Feldcrrcihe.) Architekturbild und sitzender
König, anläßlich der Restauration an diese Stellen versetzt.
Die Zwickel werden durch stilisiertüs Laubwerk, das je aus dem Munde
eines Männerbopfes wächst, ausgefüllt. Die aufdringlichen Inschriften sind nea.
In der untersten Felderreihe die Darstellung des Stifters, Rudolf von
Lothringen, — Beinahe ganz neu.
aix
to. Fenster (Nordseite).
Darstellungen aua dem Leben der ht. Anna. 1328—1337.
Am Kutie des Fensters schläft der Stammvater Jesse. Links daneben wird
der betrunkene Noah von seinen Söhnen Japhet und Sem bekleidet (beinahe
ganz restauriert). Hechts die Erschaffung der Eva. Darüber folgeu fünf große
Kreise mit Darstellungen aus dem Leben der hL Anna, begleitet von je zwei
Heiligetitiguren iir den Zwiukehi.
a) Je ein Engel verkündet Joarhiiu auf dem F^'lJe und der betenden Anna
vor ihrer Wohnung die bevnrstehende fieburt rlor Maria. Dariiher St. Ursula
und St. Christina. b) Der heimgekehrte .loachim begegnet seiner Gattin
unter der goldeneo Pforte. Neben dem Elternpaare stehen die hi. Antonius
V. I'adua und Ludwig; darüber in den Zwickeln St. Agatha und St. Caecilia.
c) Geburt der Maria. Auf einem Himmelbette ruht die Mutter Anna; links
neben ihr baden zwei Mägde die kleine Maria, lechts .steht die hl. Verena.
Darüber in den Zwickeln St. Lucia und St. Otilia. d) Die dreijährige Maria
kniet auf den (15) Treppenstufen zum Tempel in Jerusalem, wo sie von
ihrer Mutter, die hinter ihr steht, dem Herrn dargebracht werden solL Links
St. Martin. Darüber in den Zwickeln St. Margaretha und St. Agnes, e) St.
Anna selb dritt Auf einem prächtigen Throne sitzt St. Anna, ihre Tochter
Maria mit dem kleinen Jesu^kimben auf ihrem Schöße. Zu beiden Seiten St.
Laurenz und St. Christoph. Darüber zwischen den Naden der Teilbögen kleine
Engel. — Mit Ausnahme der beiden untersten Felderreihen gut erhalten.
II. Fenster (Südseite).
SarilellunBcn aus dem Leben der hl. Clara. Patronin des Fraueokl osters zu Königs*
felden. 1328-1337.
Als Gegenstück zu Fenster No. U) zeigt es auch eine entsprechende Kom-
position, mit dem Unterschiede, daß statt der Heiligen in den Zwickeln hier
Engel, die auf den unteren Kreisen stehen, die oberen tragen.
a) Clara, aus vornehmer Familie, erscheint mit ihrer Schwester Agnes und
einigen vornehmen Freundinnen vor dem Bischöfe im Dom zu Assisi, um sich,
dem Ileispiele des hl. Franciscun folgend, fortan der Armut und Entsagung zu
weihen. Sii' empfangen von ihm die Palme, b) Sie wird mit ihren Freundinnen
von Franciscus als Nonne eingekleidet, der ihr selbst die Zöpfe abschneidet,
c» Ihr Vater versucht umsonst, sie mit HQlfe einiger anderer Vornehmer aus
der Klosterkirche zu entrei&en, wo sie vor dem Altare betet, d) Saraceuen
Dberfallen das Klostet. Auf die Meldung der geängstigten Nonnen erliebt sieb
Clara vom Krankenlager, schreitet mit der geweihten Hostie in der Monstranz
auf die Schwelle des Klosters und kniet zum Gebete nieder, worauT die Heiden
entsetzt die Flucht ergreifen. Der oberste Kreis war zerstört und wurde er-
gänzt durch eine stilisierte Rebe mit dem Datum der Renovation 1899.
Am Fuße die Stifter, Leopold I. von ÖsierrcicJt und seine Gemahlin Katha-
rina von Savoyen, neben zwei musizierenden Engeln. Vermutlich verdanken
wir ihnen auch das St. Annafenster als Doppelstiltung.
Zum größeren Teile gut erhalten.
242
b) Schiff.
Schon die vielen vor der Renovation in die Chorfenster verflickten
Felder mit Teppichmotiven bewiesen, daß sie andern Fenstern der Kirche
entnommen worden waren, um an dieser Stelle entstandene Lücken auszu-
füllen. Dazu kamen noch einige Fragmente von figürlichen Darstellungen,
welche sich denen im Chore nirgends harmonisch angliedern ließen, imd
schließlich sogar zwei Stifterbildnisse. Das alles deutet darauf hin, daß einst-
mals auch die Schiffe eines farbigen Fensterschmuckes nicht entbehrt hatten.
Die Stifterbildnisse stellen zwei Brüder der Königin Agnes, Rudolf VI.,
König von Böhmen (f 1307), und Albrecht VII., Herzog von Österreich ')
(t 1358)1 <iar. Letzteren nannten wir mit seiner Gemahlin, Johanna von
Pfirt, schon als vermutlichen Stifter des Johannes- und Katharinenfensters.
Es läßt sich dafür vielleicht am ehesten eine zutreffende Erklärung finden,
wenn wir in diesen Fenstern Nachstiftungen zur Erinnerung an verstorbene
Familienmitglieder erblicken. Darauf deutet auch ihre Komposition. Denn
so viel sich heute noch aus den Fragmenten schließen läßt, umfaßten die
Gesamtkompositionen wenigstens vier Fensterfelder. Dabei enthielt das eine der
beiden untern das Bildnis des auf den Knien betenden Verstorbenen, das andere
vermutlich dessen volles Wappen, beide bekrönt von überreichen Baldachinen,
die sich in den beiden obern Fensterfeldern fortsetzten, und das Ganze ein-
gerahmt von einer Inschrift mit Namen, Stand, Würden und Todestag des
Verstorbenen, wie auf Kenotaphien und Grabplatten.
Zwei weitere Fragmente mit etwas einfacherer Architektur enthalten
Szenen aus der Passionsgeschichte. Daß dieser wichtigste aller religiösen
Bildercyklen den Laien, welche dem Gottesdienste in den Kirchenschiffen
beiwohnten, nicht vorenthalten wurde, versteht sich von selbst
Die Ornamentfenster belegen die Entwicklung der Formen von der
streng geometrischen Konstruktion bis zur frei komponierten Ranke.
Westfront.
Mittleres Fenster. Es enthält in 33 Feldern sechs verschiedene Teppich-
muster und im Mittelfelde der untersten Reihe eine hierher versetzte Dar-
stellung der hl. Clara.
Höhe der einzelnen Felder 80 cm, Breite 49 cm.
Südliches Fenster. Vier ungleiche geometrische Teppichmuster. (Das obere
Feld links stark verflickt.)
Nördliches Fenster. Vier gleiche geometrische Teppichmuster.
Sadllohea Settenschm.
1. Fenster (von Westen). Unteres Feld links: Kniender Köpig in reichem
Qevrande vor Damast aus kleinen geometrischen Ornamenten. Darüber ein
') In den Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft Zürich, Bd. XXVI, S. aoa
wird von mir unrichtigerweise König Andreas III., Gemahl der Königin Agnes, als Donator
genannt.
Schriftband in got. Minuskeln: dorainvs ■ ruodolfus ■ rex ■ boheniie • ora . . . . .
Über dem König der unterste Toil eines Baldacbios. Haudinschrift in got.
Majuskeln: (unten) RRVOM. (links) ANO - DOMINI • MCCCIlll.»)
unteres Feld rechts: Kniender Mann in lockigem Haar vor feinem geo-
metrischem Damastrauster. Darüber ein Schriftl.iand in gotischen iMimiskylii ;
domin' ■ alberchtus ■ dux ■ avstrie. Oben eine Halustradf. Rundinschrift:
(unten) KNANN (links) LENDAS ■ AVGVST.
Oberes Feld \'mkn: Oberes Stockwerk eines sechseckigen Turmes auf feinem
geometrischem Damast. Kandinschrift in gotischen Majuskeln: (oben) [UVDj
OI.KVS. (rechts) HEX • BOHEMIE - AOMN,
Oberes Feld rechty: Oberster Teil eines Tabernakels, auslautend in drei
Fialen. Kandinschrift in gotischen Majuski^ln: (oben) REX ■ VG (rechte)
^lE • COTH<KALIS - Cl.^.
2. Fenshr, Un'eres Feld links: Christus mit .Johannes, vermutlich aus
einer Darstellung des hl. Abendmahls, vor feinem geometrischem Rautendamast.
Darüber verflickte Fragmente von Tepjjiclifenstern.
Unteres Feld rechts: Uetender hl. Mann, vermutlich Christus im Garten
Oetbseroaae, unter einem Wimperge. Als Hintergrund kleiner geometrischer
Kautendamast.
Oberes Feld links: Oberster Teil eines Tabernakels, auslaufend in drei
Fialen, entsprechend dem oberen Feld rechts im ersten Fenster. Kandinschrill
in gotischen Majuskeln: (oben) OlillT D; (links)V XIII ■ NON ANVAUII.
Oberes Feld rechts: Oberster Teil eines Turmes mit perspektivischem Durch-
blick. Handinschritt: (ohen) [LEO] POLDV^ (rechts) DVX • AVSTRIE FILE.
3. Fenster, Aus Fragmenten von tigörlichen Diirstellungen, Architektur und
Damast zusammengeMickt.
NArdllchas SeltansohKI.
1. Fensttr ("von Westen). Drei gleiche und ein ungleiches Feld mit Ornament-
mustern aus stilisiertem Blattwerk. In Jeu beiden untern Feldern die Wappen
des Reiches und des Klosters Königsfelden (resp. Ungarn).
^. Fetistir. Vier gleiche Felder mit stilisiertem Blütterdamast und zwei
Füllungen für das Maßwerk.
.9. Fenster. Je zwei gleiche Felder Über einander mit stilisiertem Blatter-
damast.
') Alle Inechriflen waren stark beschädigt Sie wurden darum ergänzt und da, wo
sich der vermutlich urapronglichc Text nicht mehr rekonstruieren ließ, die einzelnen
noch vorhandenen Lettern einfach nebeneinander eingesetzt
4. Fenster. Vier gleiche Felder mit ^ilisiertem Bankendamaat. Im untereu
Felde linke das Wappeu von Königsfelden (Ungarn).
5. Fetister. Vier ungleiche, zum Teil stark verllickte Felder mit stilisierten
Dlattoruatneuten.
B. Verwaltungsgebäude.
Dem ehemaligen Fensterschmucke der Verwaltungsgebäude des Hof-
raeisterarates gehören zweifellos die sechs Glasgeraälde an, welche man
seinerzeit wohlverwahrt in einer Schachtel fand, und die zurzeit ein Fenster
des Sitzungssaales im Hauptgebäude der Heilanstalt Königsfelden zieren,
nachdem sie vorher restauriert worden waren.
Seit dem Jahre 1599 wurden an den Verwaltungsgebäuden in Königs-
felden einige eingreifende Umbauten vorgenommen, worunter ein „Schnäggen"
(Treppenturm) und ein „Ergel" (Erker). Wahrscheinlich gaben diese Ver-
anlassung zu einem Gesuche um Glasgemälde in die Fenster des neuen
Raumes, von denen sich noch sechs Stück aus dem Jahre 1600 erhalten
haben. Stifter derselben waren der Hofmeister und sein Schreiber, drei
von den vier Vennern der Stadt Bern und der Seckelmetster für die welschen
Lande. Gewiß fehlten auch die andern hohen Beamten der Stadt Bern nicht
unter den Gebern. Darauf scheinen einige große Fhckstücke zu weisen, mit
denen in späterer Zeit die schadhaft gewordenen Glasgemälde ausgebessert
wurden.
Ihrer Komposition nach könnten sie in Bern entstanden sein. Doch
weist die ziemlich geringe Technik eher auf einen Meister auf der Land-
schaft und, da Königsfelden damals namentlich den Glasmaler in Brugg
beschäftigte, auf diesen. Die Amtsrechnungen nennen uns seit dem Jahre
1597 einen Meister Simon als Glasmaler zu Brugg. Er war der Nachfolger
des jedenfalls geschickteren Jakob Brunner. Offenbar wurden ihm nur ein-
fachere Arbeiten zugewiesen und die bedeutenderen, wie die großen Wappen-
scheiben aus dem Chor der Kirche, in Bern oder bei Peter Balduin in Zofingen
bestellt.')
1. Wappenscheibe Stettier. 1600.
Auf einfarbigem, mit Schnurornamenten verziertem Hintergrunde steht das
volle Wapi>pn, umrahmt von reicher Uenaissance- Architektur, noch ganz
im Stile der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Am Fuße eine Tafel mit
Inschrift :
H. Jeronimus SteäUr der eyt
Hoffnieister ffii Küngsfelden. 1600.
Qut erhalten. ii.s cm il : 10,5 cm br.
Glasmaler: Meister Simon gu Brtttfp (?),
') Vgl Anzeiger f. schweizer. Altertumskunde 1896^ S. 13.
245
2. Woppenscheiba Sehmellaar. 1000.
Vor einfarbigem Hintt-rgrunde mit Scbiiurornamenteß steht das volle Wappen
und daneben ein Dar als Musketier. Die einfache seitliche Architektur wird
oben durch einen geraden Balken verbunden, über dem zwei kleine Bären durch
Reifen springen. Arn Fuße eine Tafel mit Inschrift:
Jacob Schneit zer Hoff'schnjber 1600,
Helm mit Kleinod und Zierde zerstört. Im Hintergrunde ein größeres,
nicht zugehöriges Flickütüi^k. nfi cm h. : )0,5 cm br.
Glasmaler: Meister Simon eu Brwfg (?),
3. Wapp«iischeibe Wlllading.
1600.
Vor einem Portikus steht das volle Wappen. Daneben die allegorischen
Figuren von Hoffnung und Glaube. In den Zwickeln des oberen Teiles St.
Georg im Kampfe mit dem Drachen. Am Fuße zwischen den allegorischen
Figuren der (jereehtigkeit und Stärke eine Tafel mit Inschrift.
//. Christian Willading Venner vnd des
üaihs der Statt Bern. 7600.
Gut erhallen. 3U an h. : tt.s cm br.
Glasmaler: Meister Simon im Brtigg (?).
4. Wappenscheibe Graleitried.
1600.
L
In ßinem ovalen Rahmen aus Fruchtgewinden und Putten steht das volle
Wappen auf einfarbigem Hintergiuride mit Schnurornamonten. Am Fuße eine
große Tafel mit Inschrift:
H. Anthony von (rrnffetirielt.
VennfT imd des Roths der
St<ät Bemn. 1600.
Gut erhalten.
Glasmaler: Meister Sinwn eu Brngg (?).
5. Wappen&chelbe Gassftr.
llrS cm h. : %>fi cm br.
1600.
lo einem ovalen Rahmen, geschmückt mit kleinen Kartuschen und Putten
steht das volle Wappen, dessen Helmzier zerstört und durch ein großes Flick-
stück ersetzt ist. Oben iu Wolken die kleinen allegorischen Figuren von
Glaube und Barmherzigkeit. Am Fuße zwischen einem FlickstOck mit einem
kleinen Heiligentigürchen und einem Putto eine kleine Tafel mit Inschrift:
Ä Anthony Gasser Venner vnd rf«
Raths der Statt Bern 1600.
Bis auf die beiden Flicke gut erhalten.
Glasmaler: Meister Simon gu Bntgg ('/).
Ufi cm h. : tu.S cm br.
246
6. Wappensohelbe Saohselhofer. 1600.
In einem ovalen Kranze steht das gänzlich zerstörte Wappen, flankiert von
zwei Säulen mit großen Kartuschen. Darauf als Abschluß fin gerader Balken
und darüber König David und die Bathseba. Am Fuße zwischen zwei Putten
eine kleine Tafel mit Inschrift:
H. Vincente Dachsd-Hoffer welscher Seckd-
meister vnd des Baths der Statt Bemn 1600.
Bis auf das Wappen gut erhalten. si^ cm h. : «,5 cm br.
Glasmaler: Meister Simon eu Brugg (Y).
C- Kabinetscheiben aus dem Nonnenchore.
(Gewerbemuseum in Aarau.)
Bei Anlaß der Renovation fanden sich, in den Chorfenstern eingesetzt,
auch vier Kabinetscheiben aus späterer Zeit und zwar drei große Wappen-
scheiben in der untersten Felderreihe des Passionsfensters (No. i) und eine
Figurenscheibe mit Darstellung des hl. Sebastian im Paulusfenster (No. 5).
Nach ihrer Restauration durch Glasmaler R. A. Nüscheler wurden sie den
Sammlungen des Gewerbemuseums in Aarau einverleibt.
1. FigurensGhelbe mit Sarsfellung des hl. SebasUan. 0. 1520.
In prächtiger Landschaft wandelt der Heilige auf grünem Rasen. FCr trägt
ein Reisekleid und Stiefel, in der Linken hält er einen Büschel Pfeile. Die Um-
rahmung bilden weisse Säulen aus Blattwerk, von gelben Guirlanden umwunden.
Stark restauriert.
Vermutlich Bemer- Arbeit.
Die folgenden drei stark restaurierten Wappenscheiben sind unter sich von
ähnlicher Komposition : das große volle Wappen auf damastartigem oder mit
Schnurornamenten verziertem, einfarbigem Hintergrunde, der von zwei schlanken
Säulen gegliedert wird, umrahmt ein spitzovaler Ornamentstreifen mit einge-
streuten Frucht gewin den und Kartuschen. Die vier Zwickel füllen entweder
kleine Putten oder allegorische Figuren oder Rollwerk mit Architekturmotiven.
Am Fuße trügt eine große Tafel den Namen des Donators. (Abgebildet und
beschrieben von R. A. Nüscheler im Schweizer Archiv für Heraldik, 1903, S.
40 ff. u. Tafel V.)
S. Wappensohelbe von Mflllnen. (1505.)
Inschrift: V. Beat Ludwig vö Miilinen [diser Zytt^)]
Schultheiss der Statt Bern [1595]')
Stark restauriert. 8«.5 cm : 5»,5 cm.
Glasmaler: Jlans Jacob Plepp in Bern.
') Unrichtig ergänzt, sollte heißen „Alt".
■) Über Beat Ludwig von Mülinen vgl Leu, Lex. Bd. XIII, S. 383.
^47
3. Htfappensehelb« Graffonrled. 1606.
Inschrift: Hr. Aherkam vou Graffcn-Biedt AU
SchuUheiss der Statt Bern 1595. ^)
Stark restauriert. su cm : so^ cm.
Glasmaler: H. J. Bhpp in Bern.
4. Wappenscheibe Megger. 1696.
Inschrift: H. Ulrich Megger (der ZU*)) Teutscher
Seckdmeister umi des Roths der Statt
Bern 1595.')
Ordentlich erhalten. 8S.0 cm : st j( cm.
Glasmaler: H. J. BJrpp in Bern.
Über die Stiftungen dürfte folgender Eintrag in den Jahresrechnungen
von Königsfelden (A. a. O. S. 23I Aufschluß geben: „1596. Item meister
Daniels Dochtcrmann dem glassmaller zu Bern vonn wägen sechs Wappen,
so er etlichen ruynen gnedigen herren in die Kilchen zu Küngsfelden ge-
machet hat, vonn jedem 20 pfund. thun an pf. j*^ XX tf.^ Schon dieser
hohe Preis deutet auf große Stücke, wie die in Frage kommenden, ange-
messen der Würde des Ortes und der Schenker.
„Meister Daniel" kann kaum ein anderer sein als Daniel Heintz 1, aus
Basel, gebürtig von Reißmäl, der seit Anfang des Jahres 1588 als Werk-
leister am Münster angestellt wurde und 1591 aut sein dringendes Ansuchen
'samt seinen gegenwärtigen und künftigen Kindern das Bürgerrecht der Stadt
erhielt. Er starb wahrscheinlich zu Ende des Jahres 1597 oder anfangs
1598. *) Nach den gütigen Ermittlungen von Herrn Staatsarchivar Dr. Türler
in Bern ist sein Tochtermann Hans Jakob Blepp, der Glasmaler. Gebürtig
aus ßiel, war er 1576 nach Basel gekommen, wo er die Arbeiten Hans
Holbeins kennen lernte, die nicht ohne EinHuß auf seine eigenen Entwürfe
blieben. Er heiratete 1581 (?) Salome Heintz*), ging später nach Bern, ar-
') Abraham von Grafenried wurde 1556 Gubernator zu Aden, 1564 Landvogt zu
Frienisbcrg, 1574 Landvogt zu Aarwangcn, 1577 des kl. Rats zu Bern, 1582 Venncr, 1589
Statthalter des Schultheißen Amtes und 1590 Schultheiß zu Bern. Er resignierte 1600 und
starb t6oi, 39. XII. Leu, Lex., Bd IX, S. 89. Schweiz. Geschlechterbuch, 1905, S. 153.
') »der Zyt* wurde wahrscheinlich von J. MOlIcr unrichtig ergflnzt und sollte heißen
p alter".
•) Hans Ulrich Mcggcr ward 1554 des groüen Rats zu Bern, 1569 Unter Spitalmcister,
J576 des kleinen Rats und Bauherr und 1581 Seckelmeister. Er starb 1599. Leu, Lex.
Bd. XIU, S. 13.
*) Vgl. Stanu, Münsterbuch, S. 56'57 und 287 ft'.
') Vgl. Handzeichnungen Schweiz. Meister, I- Serie, Blatt 37 und Text dazu. Wenn
dort behauptet wird, II. J. Blepp habe 1581 Salome Heintz „von Bern" geheiratet, so ist
dies unrichtig. Denn erstens kam ihr Vater erst 1588 nach Bern, und zweitens erhielt er
erst 1591 das Borgerrecht,
248
beitete vorübergehend (1592) in Zürich^ dann 1593 wieder in Bern, 1594 im
Auslande und scheint dann von 1595 an bleibenden Wohnsitz in Bern ge-
nommen zu haben. Am i8. Juli dieses Jahres wurde er zum Bürger ange-
nommen und am 5. Oktober taufte man ihm einen Sohn Joseph, den nach-
maUgen trefflichen Zeichner, Maler und Architekten. In Bern scheint Meister
Hans Jakob Blepp wenigstens vom Rate nie stark als Glasmaler beschäftigt
worden zu sein. Daraus erklärt sich auch, daß in den Königsfelder Jahres-
rechnungen an seiner Stelle der Name seines Schwiegervaters aufgeführt
wurde. Vielleicht war er mehr Zeichner von Entwürfen, deren noch sehr
viele von ihm vorhanden sind, als Glasmaler. Dabei scheint er sich rasch
der am Orte üblichen Kompositionsart angepaßt und auf eigene Manier ver-
zichtet zu haben. Dies veranlaßte R. A. Nüscheler, die drei Glasgemälde
dem vielbeschäftigten Berner Glasmaler Thüring Walther zuzuschreiben.
In der Tat zeigen sie durchaus die Formengebung, wie sie in Bern in der
zweiten Hälfte des j6. Jahrhunderts üblich war.
Der Seidensticker Hans Heinrich Engelhart
kauft Perlen vom Rate zu Bern.
Von ^ä. Fiuri,
Im Gewölbe des Rathauses zu Bern wurden nach der Reformation und
namentlich nach der Eroberung der Waadt allerlei wertvolle Gegenstände
aufgespeichert. Zu den aus früherer Zeit stammenden kostbaren Burgunder-
Tapeten und den in den Mailänderzügen in nicht besonders ruhmvoller
Weise erbeuteten Schätzen') kamen silberne und goldene Kirchenzierden,
daraus der Münzmeister Batzen und Goldgulden schlagen mußte *)^ Heiligen-
bilder, die ihres Goldüberzuges entledigt werden so\i\^'c\^), Meßgeivändcr, die
wegen ihrer Silber- und Goldfäden durchs Feuer zu gehen hatten, Seiden-
sloffe, die feilzubieten und per Elle auszumessen waren*), Kleider, die für
') Anshelms Berner Chronik HI, 331. Vgl. dazu Seckclmeister* Rechnung 15x3 (II):
»Denne einem, so die guldin tOcher von dem gewelb in der kilchen zu Meyland harab ge-
nommen und die dann Rüdolfi Nageli harus gebracht hat 5 ff 17 ß 4 ■■^. 1513 (i) Dcnnc meistcr
Heinrichen von Rinlelden von den guldin massachei und leviten rOck ouch einem fOr altar
zc machen, tut mit der knechten trinckgelt 16 ff 13 ß 4 •'^.
'J Ratsbf^ahluß vom 18. Nov. 1528: ^.Soll das silber und golt von kilchenzierden un4
gaben geschmelzt und gemüntzct werden." VgJ. Anshelms Chronik 1528; »Do wurden
verschmelzt die kunstlichen, köstlichen brustbilder St. Vincentz und Achatius, deren das ein
zu ehren der statt Bern Palron, das ander zur gedechtnus des strylis zCi Louppen und
Murten gemacht was. Item eine cöstliche monstraiiz von der edlen, gottsgebigen wit*
frouwen von Krauchtal, iren carthQsern zu cöstlich angesehen; aber St. Vinccntzen kost
1400 ff. Item Unser Frauw und St. PeUer und Paul, den Burgundern abgewunncn. Jesus
und die andren zechen botten zun Eidgenossen kommen, mit vi! andren kleinotren, Icelchen,
palen, gcfcsscn &c und darus batzen, hiithbaczen und haller &c, item gülden gemQntzet . . .*
(Diese und andere bis jetzt unbekannten Stellen aus Anshelms Chronilc sind von Dr. Th. de
Quer\'ain aufgerunden worden und abgedruckt in seinem Werke Ober kirchliche und soziale
Zustande in Bern unminclbar nach der EinfQhrung der Reformation. Bern 1906. S. 250.).
') Felix Platter erzählt in seinen Erinnerungen (herausgegeben von Rud. Heman,
Gütersloh, i88a, S. 37): „Der Schreiber Rust von Drub aus dem Emmenthal war ein Al-
chimist und Poet, könnt' eine Kunst, so ihm viel genützt als man die Götzen im Berner
Gebiet abthat, macht' er ein Pulver, welches, so ers an vergoldete Bilder spritzte, fiel das
Gold davon, so sonst die Goldschmiede müssen abschaben.*
*) Ratsbeschluß vom 37. Nov. 1528: ,Die sidinen gwender in allen gotshOsren by der
eil verkouflrt werden". Vgl. Anshelm (ed. de Quervain a. a. Ü.) .Item die sydcn by der
eilen uhs zeschnyden, und ouchs edelgestein und parlin ze verkoufien, da ist ein grosser
schätz geschetzt worden; jedoch von KOngsfelden, kUniglichen und forstlichen gaben, von
syden, gold, edelgstcin und perlin. Item zu St. Vincentzen, von der Burgundischen und
Meilendischen pQtt vast köstliche mässkleider, von lutrem gold, sammet und gestickt; 'kein
kilch, kein kloster ist lär gewesen, sunder wol ziert, aber gelärt worden; aber mit was
eilen und mAss diser unbcnempter schätz ußgetheilt, wtlssend sine Verwalter und pfleger,
ouch sydensticker, töchtren und wybcr.**
350
öffentliche Aufführungen und Aufzüge bestimmt wurden ') und Edelsteine
und Perlen, die auf irgend einen kauflustigen Juden oder Christen warteten.
Wir befassen uns mit den Perlen. Auch diese haben ihre Geschichte
und lieferten der Stadtkasse einen nicht unbedeutenden Zuschuß. Zuerst
vernehmen wir, daß der Rat am 6. Januar 1533 beschloß, dem „sidensticker
bärli zekoufTen gen" und daß er am 20. Februar — offenbar, um noch mehr
Perlen zu gewinnen — die Weisung gab: „Die gestickte Stück söllent alle
getränndt werden". Wer der ungenannte Seidensticker war und wie viel
Perlen ihm verkaiift wurden, falls der Handel zum Abschluß kam, ist einst-
weilen noch unbekannt; es fehlen die beiden Seckelmeister-Rechnungen für
das Jahr 1533. Wir sind ohne Kunde über die Perlen des Staatsschatzes bis
zum Jahr 1538. Unter den in der Seckelmeister- Rechnung (1538, erste
Jahreshälfte) verzeichneten Einnahmen lesen wir:
„Denne von dem Juden von Engen vmb die per!e(n)» die min herm
jme zu kouffen geben 634 U.
Denne von Heinrich Engelhart, dem .sidensficker, vmb perli empfangen
am i3. tag meyen 765 H".
Denne vff dem i3. tag brachraonatt hatt mir aber Heinrich Engelhart
geben vff den anderen kouff der perÜnen 299 S" 16 ß."
In der Rechnung 1539, zweite Jahreshälfte, steht ferner unter den Ein-^
nahmen :
„Denne von Hans Heinrich Engelhart vmb sin schuld der berlini sampt
2o3 U 14 ß, dafür er zelest hatt pfand geleit becher und ring, so in das
gewelb kommen, 512 flf 14 ß."
Demnach hatte der Jude Perlen im Werte von 634 ff, der Christ für
1577 S" lo ß erhalten, was zusammengezählt, 2211 % 10 ß ergibt. Das von
Engelhart hinterlegte Pfand notierte der Seckelmeister im „Ausgeben" der
erwähnten Rechnung folgendermaßen: „Denne uff den 23. tag houwmonat
im 39 jar han ich in das gewelb minen g. herren Uberantwurt 6 silberi
becher und 32 guldin und vergult ring und ettlich geschmeltz, so von
Heinrich Engelhart, dem sidensticker, ze pfand hinder min Herrn für sin
schuld urab die berli, so er minen g. herrn noch schuldig ist 2o3 U 14 ß."
Das Geschäft mit den Perlen hatte sein Nachspiel. Von Zürich aus,
wohin er sich begeben hatte, beschwerte sich Engelhart, er sei übervorteilt
worden. Ein Brief Berns an Zürich gibt uns sowohl über den Perlen-Handel
als über die Person des Käufers nähern Aufschluß. Er lautet:
„Unser &c . . Üwer schriben sampstag vor michaells an uns, Heinrich Engelfaardts
wegen ußgangen, haben wir hatt für ougen genommen, verläsen lassen und alles inhallts
darnaben ouch das verstanden, danif wir Och fOgen ze wQssen.
Ersüich des kouOs halb der plirlinen hatt es die gstallt, das wir den Juden von
Schaffhusen söUiche ze kouffen geben hatten, jeckllche gattung in sinem wärtt. Des ge<
mcldtcr Engelhart gewar worden und daruf uns pittlich ofhmalen ankert, ime dcnselbigen
'. Den spillQten ist vergönt, ettliche kleider und tbücher zu irem spyl uQ dem gewelb
zegcbcn. (Katsmanual 39736. 1579, NUrz 19; vgl. auch R. M. 2291267, 436.113;
»5^
kouff, als unserm hintersäßen, ze vergönnen und als billtch wie gedachten Juden ze lassen,
darin wir imc gewiltfaret und daruf ime alle abgctränte pärlin. die wir gedachten Juden
verkoufft, hinuO ufl burgschaflt und beschächne bezalung geben, allein das er daran huo*
dert guldin schuldig bUben, darumb stn burgechaf^ bliben. Welliche restantz der hundert
guldin unser seckelmeyster ime mermaln gchöuschcn, so wyt, das er einmal vor uns er-
schinen und gesprochen, er hette die hundert guldin im bäsen und wellte uns bezalen,
das er aber nitt erslatiet, sonders uns damit gc. falzet, je das gsagtcr unser seckelmeyster
ime obgchallen und doch uff des bürgen pilt ime etwan me(n)gs zyl geben, das alles er
verachtet und zu letst gesprochen, wann er sine roß verkouffte, wellte er die hundert guldin be-
zalcn. Zu letst als sin bOrg vernommen, wie er, gedachter Engethart, sin gut und Hab
zusammen trüge, Vorhabens ein abtrit ze tliund, ist er für uns kert und uns umb fürsächung
gebattcn, die wir also getan, das wir ime sagen lassen, er sollte die hundert guldin bezalen
oder aber in gfängknus gan, welliches er überstehen und demnach er uns ettlich ring und
silberkrams geschickt, sich geQssert, volgends von uns eins gleits begärt, das wir imc geben,
und er daruf har in unser statt kommen, aber wider uns umbegrüst abträtten, uns mit
Schriften tratzUch und schmachlich angetastet mit Worten allenthalben ußgan lassen fbr*
gebende» wir ime gewalt gethan und den kouff der pärlinen. wie er den von uns bestanden,
nilt betten gevolgen lassen und daQ wir ime alle parlin ze kouffen geben bettend, daran
aber nOt ist, dann, wie obgehört, wir ime allein die pärlin ze kouffen geben, die die obge-
dachten Juden kouflt haltend, die ime ouch alle worden und derselbigen abgetrännten gar
nOlzit hindcrhalten Zu dem so haben %vir nit mer dann dry blatzli mit pärlinen gestickt,
die in obgemeldtem kouff nitl vergriffen, dero gar wenig sind zu unsern banden behallten,
deshalb er uns ungtltlich thftt, fUrgebende, das ime tntrag am kouff* beschäche.
Wir wellend ouch üch nit verhallten, das er wider unser mandaten mit inzug arg-
wäniger personen, die unser chorgricht gestrafft hatt, gehalten, das er zum teyl darumb
gewichen, dann als wir in obgemeldtem gleit ine nit vor söUicher straf! fristen, hat er sich
nit har steilen wflilcn. Sodann hatt er darvor ouch, als wir einen widertöuffcr richten wellen,
steh so ungeschicklich geparet» das schier große unrAw dai^ß entstanden, geschwigen was
er vomacher gehandtet.
Uß oberzelltcn und 'anderen Ursachen mögend ir lichttich abnemmen, wie billich er
sich erclagt und uns urigiHtlich thüt, harumb an Och unser frÜntHch pitt und begar, ine ab«
zewysen und mit imc verschaffen, uns ungcschmQtzt und rüwig zelassen, darby imc ze
sagen, wann er uns die hundert guldin, die er uns schuldig ußricht, das wir ime sin silber«
gschmid, so wir pfandswyß hinder uns haben, zustellen werden.
I>atum 15 novcmbris anno &c. XXXIX.
Schultheiß und Rat zu Bern/")
Nach diesem Schreiben hätten Juden von Schaifhausen die Perlen zu
kaufen begehrt. Wir finden auch in der Rechnung als ersten Käufer den
Juden von Engen. Als aber Fngflhart als „Hintersasse" darum bat, seien
sie ihm alle tiberlassen worden bis auf drei „Blätzli". Heinrich Engelhart
hatte sich 1530 oder noch früher in Bern niedergelassen. Es wurden ihm
hier mehrere Kinder geboren und getauft; Conrad, 19. IX. 1530; Catherin,
8. IX. 1532; Jost, 9. XII. 1533; Elsbeth 14. IV 1585; Jacob, 3o. X. 1536.
Aus dem Taufrodel, dem diese Angaben entnommen sind, erfahren wir,
daß er auch Silberkrämer war.
Bern erwähnt am Schlüsse seines Schreibens, daß Engelhart mit arg-
wöhnischen Personen, die vom Chorgericht bestraft worden waren, Umgang
gepflogen und sich bei der Hinrichtung eines Wiedertäufers so gebärdet,
•) Teutsch Missivenbuch X, 159.
a5g
daß beinahe g^roße Unruhe entstanden. Die Ratsprotokolle sind über Hin-
richtungen von Wiedertäufern äußerst schweigsam. Was die hier erwähnte
Exekution betrifft, läßt sich bloß ermitteln, daß am 9. Oktober 1538 — das
Jahr 1538 war ein Schreckensjahr für die Täufer, wurden ja in demselben
12 Täufer hingerichtet — nach nicht näher bezeichneten Maßregelungen von
Täufern, gesagt worden sei, „daß in lesten gricht dar zu kommen werde, daß
uflf die unrechten berg fallen werde." Derjenige, der dies gehört, „wüsse
aber nit, daß es solle uff min herren von Bern fallen." Es wurden Zeugen
vernommen in der Anwesenheit des Praedikanten Herrn Peter Cuntz.
Auf eine seiner Bemerkungen „do sye der sidestecker kon und gesagt: Wen
ir zu mir söliches gredt, er weite wider luogen." Ein anderer habe dann
gesagt; „Es stecke ouch ein gifft in dem sidensticker sinem bösen." Es ist
unmöglich, aus den abgerissenen Notizen des Ratsprotokolls den Sachver-
halt klarzulegen. Sei dem wie ihm wolle, am 10. Oktober fällte der Rat
folgenden Spruch: „Ze end des spans zwüschen herren Petern Cuntzen und
dem sydensticker habend m. g. geratten, daß er in Statthalters band säge,
daß er von her Peter Cuntz nüt wüsse, dan von eim frommen eeren man
und nachdem beid zu friden sye. — Sidesticker zestraff statt.und land rumen
in monats frist.* iR. M. 26542, 481.
Engelhart mußte demnach Bern verlassen. Er zog nach Zürich. Wenn er
laut Seckelmeister-Rechnung noch im Jahr 1539 Perlen bezogen haben soll,
so ist wohl anzunehmen, daß der Kauf ins Jahr 1538 zurückgeht. Mehrmals
begehrte er einen Geleitsbrief, um seine Geschäfte in Ordnung zu bringen,
(3o. April 1539, 17. Mai 1589 — R. M. 2671 178, 244.) Zürich verwendete sich
nochmals für seinen „Bürger" ; allein ohne Erfolg. „Zurych, dem syden-
sticker gleyt abgeschlagen ; min herrn hienach darmitt rüwig lassen", lautete
die lakonische Antwort des Ratsmanuals vom 2. Oktober 1540, und in dem
an Zürich gerichteten Schreiben stand zu lesen, daß „gemeldter Engelhardt,
üwer burger, sich dermaß mit wort und wercken, wie ir durch unser vor
drig schriben verstanden, gehalten, das wir üch in disem val nit wülfaren
könnend." (Teutsch Missivenbuch X, 480.)
\
(Fortsctrung.)
t fi 6 fl 8 'Y Baschyan Kupferschmid dem tischmacher um a Stangen zum pancr.
ao « 8 ß Eberlin Trumetter um 51 H zund bulffer i h umb 8 ß.
16 ß Petler Graffeit umb i Stangen zum väniy und umb 2 yßen zum paner und
zum vänly.
a Ä 3 ß Herr Felix Grebel hatt er ußgen von der BUchßen wegen.
33 ß M. Hans Hüwelman umb taffat SchnOr naysiden zum pancr und zum krfltz
und vom Kasten zerüsten.
17 k Beden büchüenmeistern so mitt Jacob Stapffem im fflld gesin sind.
40 ft 13 ß 6 A Gen M. Fabyan bOchßcnschmid hicßcnd zQgmeister.
3 S la ß 6 «' Gen M. Wyßen umb acht Schyn yßen und 10 w Stachel Messend zQg-
meister.
IX K Gen M. Cuntzea bOchOenmeister von einer bOchs ze fassen hieß Herr Felix
Grebel.
7 ß 6 '1 Gen M. Niclas Müller von Radegs bOchs ze machen.
3 H 8 A Gen M. Setzstab von M. Fabyans wegen hießend zQgmeister.
3 i Gen Hans Ulrich gotdschmid von den bOchßen zeichnen hießend zügmeister.
4^70 Gen Cunrat Rechberger von Büchßenstein zegleßen und von FOrhoranen ze
machen.
10 Ü Gen M. Tratzen vom SchOtzenmAnJy.
41 fl I f2^ Gen Enderlin Kramer umb Schwäbel hießend zQgmeister.
23 flf 14 ß Gen M. Rechberger umb 60 schQßlen den Knaben.
3 S 8 <' Gen M. Setzstab umb yscn zun böchßcnmödlen hießend zOgmeister.
11 fl und 5 Ü Gen vom Seckcl zegleßen hießend zQgmeister.
13 V 15 ß M. Heinrich Cuntzen von 2 schlangen zefassen und 4 bock zemachen und
von Seckcn.
9 dem von Ägri goldschmid hat gmerk Qfi die bQchßen gmacht
13 V 8 <V Herr Felix Grebel und Caspar Goldly hatten sy an bQchßen verbuwen.
316 s M. Fabyan bQchßcnschmid umb 9 HaggcnbQchßen.
7 ß 6 (> Fetter Studcr vom venly Stängly.
2 ff M. Fabyans knecht zu trinckgett.
30 c Aberlin trumetter von büchOenbuIffer ze machen hießend zQgmeister.
4 « Ein jar von der Schützen Stuben zcheitzen nam Heini Pröpstly.
36 fl den Armbrust und BüchßcnschQtzen umb thuch.
10 fl I ^ Äberlin trumeter dem zQgmcistei- halt er Bulffer gmacht.
7 ß 6 i> Gab meister Hans Menner und i Hcrting thuch.
3 r 7 ß 6 A Herr Felix Grebel hatt er ußgen von dem geschQtz.
IG ß Baschyan tischmacher vom stAngly zum vänly.
254
7 ß 6 5 Petter Grafen umb i Stengli und ^en darzu zum vcnly.
8 ff Hans Eygenher von Andelfingen als er ein venly zu Baffy gewunnen hatt
8 ff 5 ß den Schiflüten von Walistatt von S6men und bOchßen widerumb erheim ze
füren.
40 ff M. Heinrich BOchßenmeister.
5 ff Felix Murer Armbruster.
8 ff M. Hans Mennher Armbruster.
Unter den Einnahmen:
X ff a Vi ß Wurdent in des Riemen Seckel funden alß man inn rieht und ab sinem
tegen glöist.
22 ff Gab M. Wick wz glöist ab Spießen.
53 ff Gab M. Wick hat er ab Spießen glöist.
62 ff Gab M. Wick hatt er ab Spießen glöist.
4 ff IG ß Ward glöist ab 3 ein tuch nam Bertschi Seyler und Fabian bOchßenschmid
und M. Heinrich Pluom wärchmeister.
30 ff Gab M. Wick was glöist ab Spießen.
1531. 6 ff Gen Jacob Sprflngli von gmeiner armbrustschOtzen wegen uß geheiß unnser
Herren uff die Kilwichi zu verschießen uff den 11. September Anno 31.
6 ff gen Klein Hanssen Kambli schfitzenmeister am blatz den bfichsen schützen zu
verschießen uff unnser Herren tag.
15 fi aber im gen den frömbden zu einer vererung so dann by inen zartenn uf ge
melten tag.
36 ff gen den armbrustschOtzen ein gantz Jar lang zu verschießenn. Nam J. Hanns
Petter Wellenberg fQr das 30 Jar,
I ff 2 ß Gen Groß Hanns Dumisen als er 11 nQwe ysen ufigeschlagenn als houbtman
Hanns Äscher hinweg sölt sin, ouch was die furlOt band ufgeschlagen.
165 ff 6 ß Gen Hanns Wyssen und Hansen in der Hub ouch Hansen Homer und den
zwey Ammann und dem Schepli band gemacht 551 spieß von eim jeden 6 ß
zu machen uff den aS tag September Anno etc. 31.
4 ff Gmeiner armbrustschOtzen als sy damit einem frömbden armbruster begerten,
nam J. Hanns Petter Wellennberg.
34 ff IG ß Gen M. Jannen des Lanndgrafs von Hessen bOchsenmeister den er unsem
Herrenn hat zugschickt zu einer vererung uß erkantnuß unnser Herrenn.
3 ff beyden bulfermachern zum guten Jar.
33 ff 5 ß den büchsensch atzen uff dem Blatz für das bulfer uff das 31 Jar nam Hans
Cambli uf! 30 tag December anno etc. 31.
8 U Felixen WerdmQller von der büchsen schliffi als der Brem bOchsenmeister da
schleiff wie dann buwmeister Reyg J. Jörg Göldli unnd Ulrich Stoll die
empfiengen.
23 ff 14 ß gen Burkarten Gimper umb 97 spieß, ein spieß umb 6 ß, bracht am a tag
Homung.
23 ff gen M. Ludwig Scherer genant Hamascher uß erkantnuß miner Herren artzet
Ion eynem von Zug.
3 ff 7 ß 6 iV nachgetan und geschenkt Petter Rissli an sin schuld wz der alt armbruster.
4 ff aber im (Heinrich Bremen dem Sattler) umb ein Sattel M. Ulrichen Zwinglin.
6 ff gen M. Hanns Bramen bOchsen schmid als man lut sines annemens die sach nit
glich fOr rat bracht und inn dem die fronvasten gefiel dar in er nit stat.
60 ff den BQchsen schützen zu verschießen uff das 32 Jar, nam Adam SprOngli, actum
sambstag nach pfingstenn.
4 ff 6 ß 8 d gen Eucharius Setzstabenn umb ein dotzet schies blettli, actum 6 tag
Aprellen im 32 Jar.
4 ff 4 ß Hannsen Wisen umb ein dotzet schieß blettli.
255
4 ff 4 C Jacoben Schmid umb ein totzct schieß blcttll
4 ff 4 ß aber dem Setzstaben ein totzet.
4 ff 6 ß aber ime umb ein totzet schieß blettli.
4 ff 7 ß 6 (> aber ime umb totzet schieß blettli.
2 ff 9 ß aber Hanns Wyßen umb 7 schieß blettli.
8 ff Feliien WerdmüUer zinO von des Brämen schlicffe.
33 fl den armbnistschützen vom 3a Jar zu verschießen, nam Cunrat Rollenbutz, actunT
13 tag Julij.
x6 ß Carius Setzstaben umb 2 schieß Blettli.
Ußgeben im krieg handtwerchs lUten:
96 ff 14 ß 10 <V Cunratt Ritter der Blatt Haniischers seligen frowenn so ir man unnd
die knecht verdient verloren unnd allerlcy.
UÖgebenn im krieg allerley gellts:
38 12 ß 6 <■» Hanna Scholtheß von Basel als er ettlich tag uü einer haggen schoß.
4ff 5 Ö Annderes Hartman mcsscrschmid von 3 schwertenn.
15 ß M. Setzstaben umb sechs schlößli zun bOchsenn inn das veld.
6 8 Hanns Schlechenn messerschmid umb 3 schwert sind inn krieg kamen.
18 ff 7 ß Symon Messcrschmids frow umb 5 schwert
5 ß Heinrichen Geßler von einer büchß zu besseren.
3 H 8 ß Pettem Studer umb a axen und 4 tagen.
5 S Houptman Äscher umb 4 schwert.
1 ft um im (Jörgen Zollinger) gen umb ein hallenbarten.
2 w 17 G 6 A dem paner her Schmid umb ein rapier.
32 iv M. Michel des buchscnschmids seligen firowen für sin Ion und kleid uß erkantnuD
unnser Herrcnn.
6 « 10 ß Hannsen Aspcr umb ein schwärt, rapier, halbartenn unnd ein spieß,
la Ä 10 ß dem Schwitzer Messerschmid umb 7 Schwerter.
a k TOni Frygen von Keißerstut umb a ßlßlin mit bulfer.
4 ä Heinrich Schmiden umb 2 schwärt.
3 « M. Hannsen Zicgler umb a ritt schwert
a h Felixen Lindincr umb ein rappier.
16 H Hanns Bremen dem buchsenmeister umb sin werchzQg den er zu Capell hat
verlorenn.
17 U Hannsen Meyer Messerschmid umb la schwert 30 Hanns Asper bin im in den
krieg genommen hat
5 ü dem wirt zum schwert umb a hallenbarten und ein sdiwin spieß.
3 ü 15 ß M. Cuniat Harnascher fQr 3 ein tuch zu sinem reiß kleid.
9 S 10 D dem Schwambcrger messerschmid umb 6 schwert die er im stürm darge*
lichenn hat.
a H Hannsen Ulinger umb ein Rappier ouch im krieg dar gelichenn.
5 ft M. Ulrichen Trinklcr umb 4 schwert im krieg dargelichenn.
5 iL Benedict Großen umb a schwert
I ü Pfafi Wyssenn umb 1 schwert.
z H Hanns Ammans seligen kinden umb ein hallenbarten.
12 ß 6 A M. Joß von Kusen seligen frowen umb ein spieß.
15 ß Prantzi Winkicrs seligen frowenn umb ein hallenbarten.
7 H Rudolfen Landtmüller von Toess als er 39 tag bQchsen meister ist gesin fQr sin
ansprach.
4 i aber sinem knecht Ulrich Habsen als er by der bQchs ouch was.
3 a Gebhart Herrenn weybel von Thoess als er im krieg by etlichenn bUchsenn
knecht unnd meister was.
4 I 17 ß 6 A Cunraten Stuber als er 39 tag Caspar Stegers knecht by der paner was
zu einer bOchß.
i
256
xo 5 Jörgen Bomgarter vogt von Groningen knecht als er 5 wuchen mit einer haggen
schoß und uß sinem seckel zart, was anfangs zu Caltbnmnen, stand dem-
nach gen Borgen an Hirsel.
16 & Hannsen Mttüer von Goßow, Hansen Blatz, Jacob ZoUiken, Jacoben Karpfis,
Knecht Hans« Hans Fauch, Cappeller Wild und Hansen Heiniman, jedem
a ff als sy zur haggen sind bescheiden gesin zu knecht und meister.
4 ä 15 ß Felix Hasen als er im krieg knecht zu einer haggen was uß und uß.
3 ft 18 ß Heini Habersaten als er im krieg ein haggen hat versechenn, weyßt H.
Tumisen.
3 S aber Heini Habersatten ufi sin Ion der haggen.
7 & 16 ß Heini Gugeltzen als er nit uß genommen unnd im krieg uff ein bOchsen
gewarttet.
80 S den beden bulfer machern.
34 & ') M. Micheln bachsenmeister.
16 tt Jacoben dem Sarwürcker.
6 ä ') M. Petter Rissli armbruster.
6 tt'jJHanns Bremen bOchsen schmid.
1533- 7 S 8 ß Uly Bogen erben als er im krieg ein haggen gefertiget jedes tags 4 ß.
6 t den armbrustschützen zu verschießen uff die Kilchwichi.
6 r den BQchseaschOtzen zu verschießen.
a ff 17 ß 6 «y M. Beringer Leman umb daffat so er zu der Statt paner koufft hat,
actum a8 Septembris anno etc. 33.
1 ff 5 ß aber atzung und thurn loßung von Baltisser Spießmacher von Fridbruchs
wegen.
XX ff Othmar MQller von der polier mOlj so der Harnascher brucht zins uff Martin
im 3a Jar.
aaa a 18 ß Sind umb spieß gen am 15 wintermanot namen Homer, Uli Aman,
Burekart Gimper von 743 spießen, von jedem 6 ß zu machen.
417 M 6 ß Gen Petter FOeßli, was im nach und nach worden lut des denckbüchlis
und den zQg meisteren, uß ir rechnung zogenn, an sin schuld, actum lo'tag
woLfma. anno etc. 32.
2 & den zweyeo bulfer machern zum guten jar.
60 ü Erharten Steinbrüche! umb sechs haggen, actum lut des zeichen buchs.
33 ft 2 6 ^ Hannsen Huber von Ougspurg so im die zügmeister by Kupfer schuldig
sind bliben lut des Zeichenbuchs, actum 13 januarj anno 33.
41 h Hannsen Nadler vonCostannz umb 400 spieß ysen, stund ouch im denk bOchli,
hannd die zQgmeister wol inn wOssenn.
598 U Ist den zügmeisteren gen nach und nach uß dem seckel und denck bOchli ge*
rechnot, actum 13 januarij anno etc. 33 lut des zeichen buchs, beschach in by
sin M. Haben unnd M. Stollen.
14 & 17 ß den schätzen an blatz umb ein venster mit miner Herren wapen.
3 ä einem frömbden büchsenmeister.
ao H Schanckt man Adam Nafen als er das paner hat gehulffen da von bringenxL
aa K 15 ß umb siden zum nOwen paner, vendlj, Schützen venlj etc. zu machen und
zu malen.
37 tt 10 ß den büchsenschotzen für das bulver gelt ein Jar lang nam Adam SprOnglj
am 22 Marcij anno etc. 33.
28 » denen von Meyla als min Herren inen 14 ft am abbt von Murj ingezogenn, ouch
inen an spießen nach gelassenn.
') I Quartalsbezug.
■) 3 QuartalsbezOge.
') I Quartalsbezug.
257
»533-
8 S 8 fl Carius Setzstaben umb a totzct schieß blelllj.
8 Ä 8 ü dem Wyöcn ouch umb a totzet.
4 Ä 4 ß Jacob Schmiden umb la schieß blettlj für jedes 7 ß.
137 & 7 ft 6 1^ Erhart Steinbi üchel umb die haggenn so er gemacht hat lut eins zcdel;
4^46 Hanns Wyßen aber umb la schicGblcttU.
las Ä 12 ß 6 ili umb 10 zentner Salbeter einem von Kolmar nam er und Hans Ulrich
Stampfer ZQ^eher. actum 19 May anno etc. 33.
1 n 10 ß umb die gschrifl^lich bQchsen Ordnung an blatz nam Hanns Schön.
aBo H Pettern Foßlj umb 32 haggrn büchsen so er minen Herren gemacht hat uß
bevelch der zügherren.
4*50 einem hotten von Ougspurg der den brief von des angesechnen Schießens
wegen bracht.
aa M 10 ß 6 (^ Sind dem nQwen armbruster gen zu einer uf rOatung uß erkaritnuß
eins ratz
36 A den armbrust schützen zu verschießend nam Benedict Gross.
51 S 5 ß Cunrat RoUenbutz umb Bapir unnd dinten uff das rathuß ouch fQr gwer inn
krieg und von uf genommen gelt von Zurzach harzufüren und umb ein
venster dem Feystcn gen Zug, actum 15 Höwma. anno etc. 33.
III Ä 7 ß aber Cunraten Rollenbutzen umb 34 barchat und 16 ein Bibracher, cost ein
jeder barchat 4 S 10 ß. sind den schützen ufl das land von disem Jar und
3 vom andern jar zu verschiessen gebcnn. actum 15 Julj.
8 S Fetixen WerdmQlIer an Syl zins von des bflchsen schmids schliffe uff pfingsten
im 33 jar.
4 ff von im von der bulvcr stampfe wegen.
4 ff 4 ß Hanns Wyßen umb 12 schießbicttlj.
80 ff^ beiden bulfer machcrn.
24 ff Hans Brämen büchscnschmid.
ao ff Wolff Buwman armbrustcr.
16 S Jacoben SjrwQrckcr.
Unter den Einnahmen:
I ff 3 ß 6 iT ist ab einem schwert gclößt. hat man einen mit rutcn uß gschlagen-
bracht bettelvogt.
9 ff 14 ß bracht M. Cristen Meyer was uß spießen glOßt. actum 14 januarij anno etc. 33.
130 S M. Hannsen von Kandel dem bOchsenstein gießer umb a8 zentner 87 // bQchsen-
stein, actum am 2 tag ougstcns anno etc. 33.
ao ff Adam SprQngli und sinen gesellen so zu Bern uff dem schießen stnd gsin zu
einer vererung, crkantcnd min Herenn.
60 8 den schützen am Blatz zu verschießen ein jar lang, nam Hans Schön schätzen
meister.
13a ff Symon Schelldenhamcr um 11 haggen yede umb la ff.
t U sinen knechten zu trinckgelt.
6 ff Benedict Großen den schützen ufF dem hnf zu verschießen an der Kilchwichi.
6 ff den schützen am Blatz zu verschießen nam Hanns Schön, uf! die Kilchwichi.
15 ff aber im sind am Blatz verzert von den frömbden ouch bangleren und businen,
a ff M. Cunraten des Hameschers seligen wittwcn jarlon für das sy den gewerb
gefürt hat nach sinem abgang.
57 n 17 ß 6 .^ Thoma Kurtzen von Brisach als er s'i» zentner und 10 // Salbeter zu
kouffen gab in by sin Hanns Ulrichen Sumpfer des zOgmeiaters.
ao ff I Ü erkant ein rat dem nüwen Hamescher umb die zunßt zu geben.
(Fortsetzung folgt.)
Nachrichten.
Schweiz. Schweizerische Gesellschaft für Urgeschichte und Ethnographie. Die
erste, konstituierende Versammlung dieser neugegründeten Gesellschaft fand am 6. Ok-
tober zu Brugg statt. Der Vorstand wurde bestellt aus den HH. Wie dm er (Direktor des
historischen Museums in Bern) als Präsident, Professor Dr. Tatar inoff (Solothum), Dr.
J. Heierli (Zürich), Konservator E. Bachler (St. Gallen), Dr. Paul Sarasin (Basel).
Es haben sich 56 Mitglieder der neuen wissenschaftlichen Unternehmung angeschlossen-
Aargau. Aarburg. Der S. 63 erwähnte, in der „Sälihöhle" zwischen Aarburg und
Ölten gefundene kleine Ring besteht aus Kupfer, nicht, wie das Oltner Tagblatt irrtümlich
gemeldet, aus Bronze. M, v. Arx.
— Das Schloß Kastelen bei Oberflachs, das seit 1855 als Erziehungsanstalt für ver-
wahrloste Kinder diente, ist in der Nacht vom 24. auf den 25. August abgebrannt Von der
ganzen Anlage blieben nur die Außenmauern stehen; sie bilden jetzt eine sehr malerische,
der weiteren Erhaltung würdige Ruine. Außer einigen spätgotischen Bauteilen enthielt das
Schloß eine gute Ausstattung mit Kassetten decken und Stukkaturen aus der Zeit von
1643 — ca. 1650, und zwei bemalte Öfen von 1733 und 1736, Diese jetzt verlorenen Alter-
tümer sind aufgezeichnet bei Merz, Die mittelalterlichen Burganlagen und Wehrbauten des
Kantons Aargau.
Dasei. Bei der Anlage einer neuen Heizung stieß man im Chore des Münsters auf
verschiedene Gräber. „Außer den paar Gräbern von Chorherren vor dem Marienaltar des
Chorumgangs (jetzt hintere Krypta) wurden acht Gräber von Basler Bischöfen gefunden.
Notieren wir die wichtigsten: im Juli wurde in der Kapelle des Bischofs von Neuenburg
(zweite Kapelle des nördlichen äußeren Seitenschiffes) die Gruft des Stifters Heinrich von
Neuenburg, t 1274, gefunden. Das Grab bestand aus einem Backsteingewölbe, und enthielt
u. a. den wohlerhaltenen Schädel des Prälaten. Er ist leider sofort vom Bestattungsamt
zur Hand genommen worden. Im August entdeckte man in der hinteren Krypta vier
Steinsärge; nur der eine konnte untersucht werden, wobei festgestellt wurde, daß seine
Höhlung anthropoide Gestalt hatte. Die bedeutendsten Funde ergab das sechste Grab.
Es enthielt, gebildet aus Steinplatten, den wohlerhaltenen Leichnam eines Bischofs in
vollem Ornat, mit Goldring an der Rechten, Handschutz an der Linken, seidenen Pontifikal-
strOmpfen, ledernen, goldgesch muckten Sandalen; ein hölzerner Krummstab lag mit der
Spitze beim linken Fuß, mit dem Oberende auf der rechten Schulter. Die seidene Casula
besaß interessante Borten mit eingewobenen Papageien, die Dalmatik darunter war mit
vielen, ausgezeichnet konservierten Borten aus Goldbrokat, mit Sternen und Zickzackdessins
dekoriert, in vertikaler Richtung versehen. Der Steinsarg bezw, die sieben Platten der
Umrandung gelangten ins Museum; eine Bodenplatte existierte nicht, vielmehr lag die Leiche
auf dem Kiesboden. Gerade hinter diesem Grabe, ebenfalls in der Mittelachse der hintern
Krypta, fand sich eine siebente Bischofsgruft; bemerkenswert in ihr ist nur die eiserne
Zwinge bezw. der Stachel des Bischfstabes, sowie die Spuren der Inful auf der Stirn des
Schädels, die als Goldniederschlag einige Stunden sichtbar waren. Das achte Grab, eine
sorgfältig ausgemauerte Kammer, war schon bei Installation der alten Heizung teilweise
zerstört und entleert worden. Erwähnung aber verdient die Dekoration des Verputzes,
in welchem altertümliche Linienornamente, rohem Netzwerk oder primitiver Marmorierung
ähnelnd, eingegraben war." E. A, S. Neue Zürcher Zeitung 4. Okt 1907.
— Auf dem Plateau südlich vor den Mauern der alten Basilea befand sich ein
römischer Begräbnisplatz; an diesen stößt ein großes alemannisch>fränkisches Gräberfeld.
259
Etwas weiter sOdOstlich wurde im Spatmittelalter ein jüdischer Friedhof angelegt. In den
alemannischen Reih^ngräbern, die fa«t alle orientiert sind, wurden Schwerter, Lanzenspitzen,
Skramasaxe, Gürtelschnallen, größere und kleinere Messer gefunden. Zwanzig Gräber sind
methodisch freigelegt worden; die Gebeine waren indes meist durch die Wurzeln von
Kastanienbäumen in Unordnung gebracht, die tOnemen Betgaben größtenteils durch den
I>ruck des Erdreichs, sowie durch Anlagen von Mauern, K Öhrenleitungen und Kanalisation
zerstört. Der Schutt entliiclt Kleinigkeiten aus Bronze und antikem Glas, auch eine Münze
von Kaiser Tiberius, eine in Lyon geprägte Mittelbronze. Die Ausgrabungen, unter-
nommen von der Basler Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, dauern an und
lassen noch weitere Ausbeute erwarten.
E. A. S., Neue Zürcher Zeitung, 1907, Nr. 308.
— Die ehemals Wassermannische, jetzt Krebsische Buchdrucfcerei auf dem Fisch-
markt wird niedergelegt. Man machte dabei die Entdeckung, daß der Bau, den wir kennen.
wie eine Schale um ein früheres viel kleineres und älteres Haus hcrumgelcgt wurde.
Dieses alte Haus mag etwa 7'^ ni hoch gewesen sein, die Front gegen das TanzgäOchen
betrug 5'/«, die Tiefe 8 Meter. Im 1. wie im 2. Stockwerk befanden sich je a kleine
Zimmer und eine kleine Küche. Eines der Zimmer des a. Stockwerkes hatte eine golhcke
Deckt mit Flachschnitzerei, die in den Besitz eines hiesigen Antiquitätenhändlers über-
gegangen ist. In dem Zimmer, aus dem die Decke stammt, wurden auch im Innern eines
Wandschrankes defekte Schriften mit der Jahrzahl 1437 gefunden.
Basler Nachrichten, 1907, Nr. 310, Beilage.
Barn. Rickigen. An der gleichen Stelle, die vor bald zwei Jahren bereits Gräber
aus der zweiten Eisenzeil ergab (s Jahresbericht d Histor. Museums pro 1906 und Blätter
für bern. Geschichte Nr. i, 1906) kamen am 10. August bei weitcrem Abdecken der Kies-
grube wiederum drei Bestattungen zum Vorschein, die nach den Beigaben in das zweite
vorchristliche Jahrhundert zu setzen sind. Alle drei waren von Norden nach Süden ge-
richtet und zeigten deutliche Spuren von, allerdings vollständig vermoderten, Holzsärgen.
Bei den ziemlich zersetzten Skeletten fanden sich: Im ersten Grabe; Zwei einfache /Vw^w-
ringe aus Bronze. Auf der Brust drei eiserne Sicherheitsnadeln mit breiter Spirale und
eine vierte, gleiche unter dem Kinn. Am linken Ellenbugen ein Armring aus doppelt
aufgewundenem Bronzedraht. Im zweiten Grabe Ein Klumpen Eisenrost auf dem Brust-
bein. Im dritten Grabe: Neben der linken Schläfe ein aus drei gerippten GolddrähteM
kabeiförmig verfertigtes kleines Ringkin, wohl ein Ohrgehänge, das im Grabe eines Kriegers
freilich nicht zu erwarten gewesen war. Daß wir es aber mit einem solchen zu tun haben,
beweisen Schwert und Lanze, welche wie in vielen Gräbern von Münsingen, rechts
neben dem Überkörper des Toten lagen. Die Brust dagegen war mit dem Schild bedeckt
gewesen, von dessen Eiscnbescbläge noch deutlich erkennbare Überreste \-orhanden waren,
leider schlecht erhalten in dem schweren steinigen Lehmboden. Im Becken fand sich zum
Schluß noch eine eiserne Heftnade!. — Wie bereits die froheren Funde von dieser Stelle
durch die Herren Bautneister Riesen in Worb und Gebr. BOrki in Richigen dem histo-
rischen Museum in Bern übermittelt worden waren, so geschah es auch mit dem Ergebnis
dieser neuen, durch den Zufall herbeigeführten Untersuchung.
F. Wiedmer-Stern, im „Bund*, la, August 1907.
— Leimiswil. Ein Fund von Fragmenten römischer Ziegel am FuOc des Schöpfern-
hubeis westlich vom Weiler Lindenholz läßt auf jenem Hügel eine römische Anlage ver-
muten; nach der VolksObcr lieferung soll dort eine Burg gestanden haben.
Vgl. „Bund*, 10. September 1907.
— Spits. Das Schloß mit der Kirche und dem Pfarrhaus ist von Frau R. M. Gemu-
seus-Riggenbach an Dr. W SchieO in Spiez verkauft worden.
Journal de Genfcvc, 4. September 1907.
— Ktrchlmdach. Im Chor der Pfarrkirche wurden im Oktober Wandgemälde ent-
deckt. Es wurden fClnf verschiedene 1 ünc beschichten konstatiert, wovon die zwei obersten
26o
weiß waren, wahrend die zweit- und drittiinterste eine Dekoration mit Bibelsprüchen und
Ornamcnteo zeigten; dort wurden auch zwei Wappen gefunden das der F'amilie von Stürler,
und ein Bauernwappen mit den Initialen S H. — Die erste Malschicht zeigte Bilder aus
dem 14. Jahrhundert, die, wie es scheint, im 15. Jahrhundert zürn Teil erneuert wurden,
Ea kamen folgende Darstellungen zum Vorschein: Martyrium des hl Sebastian, S. Ehgius
einen abgenommenen Plerdeluß beschlagcnd, Christus und die zwölf Apostel, das jüngste
Gericht; Ober dem ßrusUäfcr des Chors treten noch die Köpfe weiblicher Heiliger hervor.
An einer Stelle findet sich das Wappen der Buwii, denen von 1290-1400 der Kirchcnsaiz
von Kirchlindach zu *6 gehörte.
Nach Mitteilungen von Pfarrer Hans Bürgt im „Bund", 38. Oktober 1907.
Neuenbürg. Lamitron. Im letzten Hefke (S 170) wurde die Entdeckung von farbigen
Dekorationen und Wandgemälden im Rathause von Landeron angezeigt. Wir geben hier
noch einen ergänzenden Bericht von Philippe Godet wieder (nach Gazette de Lausanne,
2. Aug. 1907), und können nicht genug betonen, wie freudig wir dem beistimmen, was
Godet ober die Frage der künftigen Behandlung dieser Malereien sagt:
„L'Hötel de-Ville est un ^difice interessant, qui mtrite d'fitre restaur*, — lr*5 discrc-
temcnt restaur^! La salle de justice est digne d'une visitc, avec son ptafond en bcrceau,
sa bolserie scutptee en 1647, son beau poele bleu et blanc du xviiir- sj^le, d^cor^ de sujets
chinois, alors si lort ä la mode, — specimcn remarquablc d'un art qui fleurissait ä la
Neuvcvillc avec les Landolt et les RAcle. — En nettoyant le plafond de ccite salle, on a
mis ä jour unc jolie decoration en rinceaux, que sans deute on conscrvera. On a dccou-
vert aussi, sous Ic badigcon d'un des angles de la salic, les vcstiges d'une peinture qui a
tout Tair de reprÄsenter un Jugement de Satomon. Ce qu'il en resle est bien pru de
chose, et si on s'applique ä la restaurer, on courra risque de taire de la fantaisie pure. A
quoi bon? — La pellte salle voisine est d^cori^e de peinturcs sur les deux parois prmci
pales. D'un cötö on distingue une scene — trcs m^diocre d'execution ^ qui est 6videm-
ment lesonge de Jacob. — L'autrc cötö est plus interessant. II semble qu'on soit cn
präsente d*une composition symboUque en deux seines: ä gauche du spectaleur, ur
sarcophage sur lequcl git un Chevalier revt^lu de son armure; a droite, un lat)Oureur teaonl
les comes de sa chairue, que tralnent deux chevaux, Tun gris, l'autre noir, Hanquäs d'un
enfant tenant raiguillon et conduits par un personnage d'une taille Ätrangement dispro-
portionnde avec celle des chcvauxXes custumes scrablcnl etrc du commencemcnt de XV1=
si^cle. Encore que tr^s mal dessln^e et d'une perspective tres imparfaite, cette peinture
ne manque pas d'un certain caracterc. — Les deux scenes sont rcli^es Tunc ä l'autre par.
un personnage vu de face, en robe rouge, coiffd d'un haut bonnet noir, portant une escar
celle, et qui paratt indiqucr d'un geate bienveiUant la sccne du Eabour. Kaul-il admettre
que c'est lä une manierc d'all^gorie. destinee ä affirmer la preferencc due ä la vic rustique
et paisible sur la vie guerriere et conquörante? Est-ce une alidgorie paciHstc qui nous
est propos^ par le vieux peintrc? Ce qui me le ferait conjecturcr, c'est le nom
d'Alexandre*lc-Grand inscrit sur le tombeau. Ce nom est irfcs lisible; et lorsqu'on senge
ä Timportance, dans la litlörature du moyen-äge, du personnage d'Alexandre et ä tout ce
que reprÄscntait son nom, l'on n'est point surpris de le renconlrer lä. On a prttendu, il est
vrai, lire Alexandre Legnand, et voir dans ce nom la signature de l'auteur des fresques:
nous ne saurions, apri!^ examen, admettre cette lecture.
tci encore, nous aurions souhaitä qu'on restaurät te moins possible. Malgr^ toule la
conliance que nous inspirc l'habiletö des peintres, nous nc voyons pas bien ce qu'ils pour
ront faire d'utile. Comnient suppiger par l'imaginatlon ä ce qui n'est plus? Rafralchir
aeulcment ces peinturcs; dont le grand Agc fait tout l'inter^t, c'est d6jä leur oter Icur
valeur documentaire. Tout ce qu'on devrait faire, c'est de les conservcr, c'est-ä-dirc n'y
pas toacher. Mais c'est peut-£tre trop simple".
— Li^mir<s, Gräce a l'obligeance de deux propri6taires, MM. Aim^ ChiftcUe
et Emile Boujour, a Lignicrcs, des fouiUcs ont öle cnueprises ce prinlcmps par
a6x
M. P. Rollic
I
I
pasicur, au licu dit le „Ruz de PIAnc", el onl mis au jour Ics restes d'une
viUa romaine de la bassc öpoque. Jusqu'ä prcscnt, de nombreux fragrnents de poterie,
donC quclquesuns en terrc sigillt^e, ont it6 mis au jour, ainsi qu'une quantitd de niorcraux
de briques, de tuiles, de cious etc. Les murs de fondation, larges de 70 ä 90 ccntimetres,
sont bien conscrväs. Dans udc piccc, on peut voir cncore l'dpais rev6tcmcnt de ciment
rose qui servait de planchcr. Des photographies ont 6lfi prises et le plan des fouillcs Iev6
par M. Maurice Borel, cartographe. Le National Suisse, 4 sept 1907.
Solothurn. Baistßial. AntäDlich der Renovation wurde an der Außenseile des Chores
der Kapelle Si. Woifgang das Bild des hl. Christophorus blosgelcgt. Eis ist der Patron
der dortigen Furt, d. h. des dortigen BachQberganges, vor Erbauung der jetzigen Brücke,
welche erst im jähre 1721 erfolgte. Das Bild ist geziert mit dem Wappen der Familie
Glutz und einem Spruchband. Basler Nachrichten, 25. September 1907.
St. Qall«n. Der Gemeinderat von St. Galkn nahm Jüngst ein von einer Spezial*
kommission aurgestelltes Verzeichnis von Gebäuden und Gebäudeteilen mit historischer
und kanstlerischer Bedeutung im Gebiete der Stadt St, Gallen entgegen, die dem Schutze
von Art. 3 der Bauordnung unterstellt werden sollen. Es wurde außerdem vorlaufig ein
Kredit von 1000 Fr. fOr deren zeichnerische und photographischc Aufnahme bewilligt,
während die Frage, in welcher Weise für die Erhaltung solcher Baudenkmäler gesorgt
werden kann, spaterer Beschlußfassung überlassen wurde.
Neue ZOrcher Zeitung» Nr. 309. 1907.
Thurgau. In Ärbon sind beim Abgraben eines Rebhflgels, zirka aoo Meter von
der Stelle, wo 1892 eine Menge römischer Münzen und Gefäßscherben gefunden wurden,
ausgedehnte Mauerreste zum Vorschein gekommen. Die Mauern sind 83 Zentimeter unter
dem Humus, 85 Zentimeter dick und aus Bollensteinen ausgeführt. Die Vermutung, daß
es römische Bauten seien, wird durch den Fund einiger römischer Ziegel bestätigt, wie
man sie an der früheren Fundstelle auch gefunden hat.
Tagblatt der Stadt St Gallen, 34. August 1907.
— In den Aufzeichnungen „Die mittelalterlichen Architektur- und Kunsidenkmäler
des Kantons Thurgau" (Rahn, Statistik Schweiz. Kunstdenkmäler) blieb das Kirchlein von Land-
Schlacht bei MQnsterlingen unerwähnt. Herr Hermann Burk in Konstanz, dem wir auch
den Fund der Wandgemälde in der Kirche von Waltalingen verdanken, hat es gewisser-
maßen entdeckt. I>er einschiffige Bau ist ein Rechteck von 17*20 Meter innerer Länge
und 5,40 Meter Breite, tr besteht aus zwei ungleichen Hälften. Die größere rührt ver-
mutlich aus dem XII. Jahrhundert her, die andere ist ein Zusatz aus spätgothischer Zeit,
gleich breit wie Jene und östlich geradlinig geschlossen l'berall im Innern finden sich Reste
von Watuigemätäin vor, die eine vollständige Ausmalung und zwar aus verschiedenen
Epochen belegen. Romanisch ist das Bruchstück eines bunten in die Perspektive gezogenen
Mäanderfrieses, der sich an der Südseite hart unter der ursprünglichen Balkendiele befindet.
Sodann, in diesen mit ihrem Kopfe eingreifend, erscheint eine Gewandfigur, die mit er-
hobener Rechten vor einem Ovale steht. Beides erinnert an die Schöpfungsbilder in der
Galluskapelle von Stammhcim Ob zu diesem zweiten, oder erst zu einem folgenden Etat
auch die Friese gehörten, welche diese Zone begrenzen, oben ein Rollfrics, der untere mit
weißen Ranken auf Schwarz geschmückt, ist fraglich. Sicher einen dritten Etat stellen die
Passionsbilder an der Südwand dar: Geißelung, Domenkrönung, Kreuztragung und Kreuz-
abnahme. Alle sind mit gelben Architekturen umrahmt: dünne Pfosten mit frOhgoth sehen
Blattkapitälcn tragen einen leichtgeschweiften Kielbugcn, der mit einem Halbkreise unter-
fangen ist. Der Charakter dieser Baulichkeiten, die Bewegung der ungemein schlanken
Figuren, ihre Köpfe und das in Kapitalen geschriebene vere vcrc bei der Kreuzabnahme
weisen ungefähr auf die Mitte des XIV Jahrhunderts hin. Fndlich steht der Fund einer
vollständigen Bilderserie aus dem Anfang des XVI. Jahrhunderts in dem Jüngern Ostlichen
Teile bevor. Sic besteht aus dem Sokcl, den ein Umbehängc schmückt und zwei überein-
ander bettndlichen Feldcrreihen. Die Folge der untern an der Südwand eröffnet das Bild
262
des ht. Antonius Eremita in einer schmucken Kapelle. Andere Bilder, darunter die Auf*
erweckung der königlichen Wöchnerin von ihrem Sterbeliette durch den St, Leonhard
lassen auf Schilderungen aus der Legende dieses Heiligen raten. Der gleiche Cyklus setzte
sich an der Schlußwand und wahrscheinlich auch an der Sfldseite des Chores fort; dorl^ zu
Oberst nördlich, ist ein Kreuzigungsbild von der Tünche befreit Rahn.
Woadt. Les travaux de dämolition de la tour du Fan#/^ ä la fronti^re bemoise, ont
commenc^ sous la direction de TEtat de Vaud. Cette dämolition ^tait devenue nteeasaire
pour la stfcuritä des passants sur la reute de la voie du M.-0.*B.
Journal de Gen^ve, xo sept 1907.
— Avenchts. On vient de d^couvrir ä Avenches toute une s^rie d'amphores ä la
pointe cassäe et enfiläes les unes dans les autres de fa^on ä former une sorte de conduite.
EUes se trouvaient au Perruet, ä une profondeur de 2 mfetres. Une seule de ces amphores,
— dont la forme diflföre un peu des autres, soit par la terre qui est brune (les autres sont
grises), soit par la pause, — n'avait plus ses anses. Elles ont toutes une hauteur de 90 ä
95 centimÄtres et une circonförence, dans la partie inferieure, de i m. ao. Les anses ont
une longueur de aa centim^tres. L'amphore brune a, sur toute sa longueur, un mätre de
circonf<£rence. Gazette de Lausanne, 18 sept 1907.
Wallis. St. Maurice. La precieuse döcouverte des demi^res annäes a €t€ celle de
la chapelle souterraine construite k la fa^on des catacombes de Rome, au UI""« et au IV"«
siäcles, possödant sous un „arcosolium" un tombeau „a mensa" oü a reposÄ pendant de
longs siecles le corps de saint-Maurice. Devant „rarcosolium" ont voit la niche dans laquelle
6tait la lampe qui brOlait devant le corps du martyr. La däcouverte de l'entr^e de cette
crypte restait un stimulant pour la continuation des travaux. Cette entr^e fut une sur-
prise. Au lieu de trouver ä l'ouest une porte, nous ätions en presence d'un grand corridor
semi'Ciculaire. La partie gauche a €Xt entiferement d^gagee Tannöe derni^re, avec son
escalier d'entr^e et ses marches en matäriaux romains, en mabre jurassique, aux angles
us^slet arrondis par les pas des p^lerins.
Cette ann^e, nous venons de degager la partie droite du corridor de la crypte.
Malheureusement, de ce cötä, Pescalier d'entröe a ^t^ rasa par le mur de la reconstruction
de l'Abbaye en 1707.
Nous avons exposd ailleurs notre opinion sur Tage de cette crypte. Ce qu'il a de
certain, c'est que i'ann^e i-<25 fut funeste pour eile. Le corps de saint-Maurice fut relev^
du tombeau en pierre que Ton voit maintenant vide et il fut place dans une belle chässe
conservfie au tr6sor de l'Abbaye.
Cbanoine P. Bourban, Nouvelliste Valaisan, xo sept. 1907.
Literatur.
B[aer], Dr. C. H. : Der Seehof zu Meilen. Neue Zürcher Zeitung. 18. August 1907.
firaun, Joseph : Pontifikalstrünipfe in Delsberg aus dem 11.— 12. Jahrhundert; in seinem Auf-
satze „Mittelalterliche Maschen arbeiten". Zeitschrift für christliche Kunst, heraus-
gegeben von Dr. Alex. Schnütgen. XX. Jahrg. Heft 8 Düsseldorf X907.
Bflrgl, Jost, Mathematiker 1552—1632: Litterarischer „Gruß" an den histor. Verein des
Kantons St Gallen zu seiner Jahresversammlung in Lichtensteig 1907.
Gart, William: Le Castel romain d'Irgenhausen, Feuilleton der „Gazette de Lausanne*.
1907. No. 263.
a63
I
Cieboldar, Paul: Daa schweizerische Landesmuseum in Zürich, ein Spiegelbild der Kultur-
Entwicklung der katholischen Kirche in der Schweiz. Schweizer. Kirchenzeltung^
August— September 1907.
Cletbaeh, Max de: Saint Pierre et Saint Paul (Bustes de Hans Geiler). Fribourg artistique
ä travcrs Ics äges. Avril 1907.
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Tesein: Stazione palustre di Coldrerio. Scavi a Rovio. Tomba ligure ad Arbedo. Tombe
romane a Mendrisio. Tomba cristiana a Lumino. Scavi archeologici a Locamo,
Affreschi nella chiesa di S. Ambrogio presso Cademario. Aftresco nella chiesa a
Prato Leveniina. La chiesa di S. Maria degli Angioli in Lugano. — II palazzo Muni-
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Preis jährlich 5 Fr. Man abonniert bei dem Schweizerischen Landesmuseum, den Poa^
bureaux und allen Buchhandlungen. Den Kommissionsverlag ftir das Ausland besorgt
die Buchhandlung Fäsi & Beer in Zürich.
Beiträge und Mitteilungen beliebe man unter der Aufschrift „Anzeiger* an die DtrtkHon
des schweizerischtM Landesmuseums in Zürich zu richten.
RadakUcnstiommission: Dr. H. Angst. Dr. H. Lehmann. Prof. Dr. J. R. Rahh.
Prof. Dr. J. Zehp.
Druck von Gebr. Leehann & Co. in Zürich-Selnau.
ANZEIGER
FÜR SCHWEIZERISCHE
ALTERTUMSKUNDE
INDICATEUR D'ANTIQUITES SUISSES
HERAUSGEGEBEN VON DER DIREKTION DES
SCHWEIZERISCHEN LANDESMUSEUMS IN ZÜRICH
NEUE FOLGE
IX. BAND
1907, 4. HEFT
Die bronzezeitliche Quellfassung von St. Moritz.
Von Dr. ./. Heierti.
I
Die Südostecke des Schweizerlandes wird gebildet durch das herrliche
Engadin mit seinen Nebjntälern, mit seinen Bergen und Gletschern, seinen
Seen und Wasserfällen, seinem grünen Wiesenteppich und seinen weltbe-
rühmten Kurorten. Dort suchen t.iusende von Kranken Heilung und tausende
von Gesunden besuchen das Hochtal des ausgezeichneten Klimas, der frischen
Luft oder des Sportes wegen.
Unter den Engadiner Kurorten nimmt St. Moritz die erste Stelle ein.
Seine Heilquellen sind allbekannt und in neuester Zeit hat es auch als
Winterkurort eine große Anziehungskraft zu entfalten begonnen.
Das am längsten bekannte Heilwasser von St. Moritz liefert die sog.
alte oder Mauritiusquelle, ein Slahlwasser, welches am Fuß des Piz Rosatsch
entspringt. Es wurde schon im XV. und XVI. Jahrhundert, besonders von
Italien aus besucht. Im Jahr 1519 verlieh Papst Leo X. den Pilgern, die
zur Stätte des hl. Mauritius zogen, befreienden Ablaß; die Vermutung liegt
nahe, daß die Heilquelle dem Orte zu solcher Würde verholfen habe. ')
Nur etwa 200 m. von der alten, wurde 1815 eine neue Quelle nutzbar
gemacht. Sie entsprang an einer Stelle, über welche der Inn daherfloß.
Als es sich darum handelte, der neuen, oder wie man sie auch nennt, der
Paracelsus-Quelle habhaft zu werden, wollte die Jungmannschaft von St.
Moritz einfach den Inn ableiten ; aber die Alten gaben das nicht zu. Als
jedoch diese einst auf dem Viehmarkt von Tirano abwesend waren, hielten
die Jungen rasch eine Gemeindeversammlung ab und beschlossen, dem Inn
ein neues Bett zu schaffen. Unter der Anführung Conradins v. Flugi ging
*) C. Hoflfmann, St Moritz-Bad. Europ. Wanderbilder 236 u. 337, p. 15.
266
man sofort ans Werk. ') Heute dient die Paracelsus-Quelle vorzugsweise
als Trinkquelle, während die alte mehr zum Baden benutzt wird.
Die dritte große Quelle wurde im Jahr 1886 entdeckt. Sie liegt zirka
200 m. von der neuen entfernt, und wurde die Veranlassung zum Bau des
„Neuen Stahlbades". Der Entdecker dieser sog. Surpunt-Quelle ist a. Kreis-
präsident Gartmann. Dieser fand bei einer Drainierarbeit in seinen Wiesen
Eisenocker. Darauf bat er Prof. Alb. Heim, das Gebiet auf die Frage des
Vorhandenseins einer Eisenquelle zu prüfen. Nachdem mehrere Sondierungs-
graben gezogen waren, bezeichnete Prof. Heim die Stelle, wo ein Schacht
anzulegen sei. In einigen Metern unter der Oberfläche stieß man auf ein
mächtiges Lager von Lehm ohne Wasser. Gartmann gab die Hoffnung
auf Erfolg auf, aber Prof. Heim telegraphierte auf diesen Bericht: ,,Sehr
gut, unten zugespitztes und durchbohrtes eisernes Rohr durch den Lehm
hinabschlagen". Als das Rohr 7 m. unter der Bodenoberfläche erreicht
hatte, spritzte aus demselben plötzlich in mächtigem Strahl das Sauerwasser
hervor.
Außer den genannten drei großen birgt St. Moritz noch einige kleinere
Heilquellen. Eine derselben ist die funtauna dalla Maria Huotter zwischen
Kurhaus und See; eme andere sprudelt im St. Moritzer See hervor und ist
noch nicht gefaßt.*') Endlich soll sich im Hof des alten Bades noch eine
sechste Quelle gezeigt haben.
Die Geschichte der Quellen von St. Moritz reicht nicht sehr weit zu-
rück, wird doch der Ort ad sanctura Mauritium selbst erst 1139 urkundlich
genannt.^) Im 16. Kap. seines tractatus de morbis tartareis erwähnt Para-
celsus (nach welchem die neue Quelle genannt wird) die alte Heilquelle. Er
sagt von derselben: „Ich setze ihn allen Sauerbrunnen, so mir in Europa
bekannt sind, vor .... Der, welcher dieses Wasser als eine Arznei trinkt,
erlangt seine Gesundheit und wird niemals weder einigen Stein, noch das
Podagra, noch einige Gelenksucht verspüren." *)
Im XVII. Jahrhundert wurde das Heilwasser von St. Moritz in Prosa
und Poesie gefeiert und erhielt Besucher aus Italien, Frankreich und Deutsch-
land. Da ließ die Gemeinde {1667—70) Maurer-Arbeiten um die Quelle vor-
nehmen. Dazumal soll St. Moritzer Wasser, das im Piemonteser Arzte
Cesali 1674 einen neuen Lobredner gefunden hatte, sogar in Fässern ex-
portiert worden sein. Aus dem Jahr 1674 stammt auch eine im frühem
Quellenraum eingemauerte Marmortafel mit lateinischer Inschrift, welche
sagt, wie die Natur jedem Land eigene Schätze gewähre und so. im Hoch-
tal dem rauhen Geklüfte heilbringendes Wasser entströme.^)
') Hoffmann, a. a. O., pag. 17 — 18.
') Gefl. Mitteilungen von Pfr. C. Hoffmann in St. Moritz.
■) A. Nüscheler, Gotteshäuser 1, lao nach v. Mohr, Codex dipl. R I No. 117.
*) Vgl. Husemann, Der Kurort St. Moritz. ZOrich 1874 p. 80 und Hoffmann, a. a. O.
') C. HoÖmann, a. a. O. p. 16.
2^7
Vom Jahr 1740 datiert eine neue Quellfassung, die mittelst vier Granit-
platten erstellt wurde und bis »853 funktionierte. Ein Kurhaus (mit Bade-
zimmern) entstand erst, nachdem im Jahr 1831 eine Aktiengesellschaft mit
8000 fl. Kapital gegründet worden war, welcher die Gemeinde die (alte)
Quelle auf 20 Jahre verpachtete.')
Bei der Neufassung der Quelle 1853 fand sich oben eine zwei Fuß
dicke Schicht von Sand, Kies und Lehm, in welcher Scherben, Münzen,
Korke etc. zum Vorschein kamen, fn größerer Tiefe entdeckte man den
Rand eines ausgehöhlten Stammstückes aus Lärchenholz und 8' tiefer ein
kleineres „Faß" aus demselben Holz. Beide Kasser lagen in einer Art
Kasten, der ebttnfalJs aus Lärchenholz bestand. Die Zwischenräume waren
mit Lehm ausgefüllt. Diese Fassung wurde .:^^ereinigl. blieb aber bestehen'');
man erhöhte sie einfach um i\i' über die Erdobernäche.
In den erwähnten „Fässern" (genauer: Holzröhren) hatte man einen
Stock aus Laubholz, Piähle und em ledernes Fläschchen gefunden. Letzteres
gehörte nach der Ansicht Ferdinand Kellers dem XVI. Jahrhundert an. Im
Stock sei die Zahl 1040 eingeschnitten gewesen.
1854 begann man mit dem Bau eines neuen Kurhauses, das 80 Zimmer
enthalten sollte (gegenwärtig das „alte Kurhaus* genannt) und im Jahr 1866
wurde das heutige Kurhaus fertig.")
Da im Laufe der Zeit die .,alte Quelle" immer weniger Wasser lieferte,
entschloß sich die Gemeinde St. Moritz, eine durchgreifend neue Quellfassung
vorzunehmen. Die Arbeilen begannen unter der Leitung von Prof. Dr. Albert
Heim anfangs 1907. Nachdem oberflächlich die 1853^" Fassung weggenommen
worden war, fand man ein Stück Bleiröhre mit zwei Nähten oder Seiten-
wülsten. Sie Stack teilweise noch in Mörtel, der römischem Ziegelmörtel
nicht unähnlich sah. Die Röhre selbst, an der außen etwas Kalksinter haf-
tete, besteht nach der chemischen Untersuchung von Prof. Dr. C. Hartwich
in Zürich aus 98,9 \. Blei mit Spuren von Eisen (vom Stahlwasser her-
rührend}, Arsen und vielleicht noch Kupfer.*)
In einer Tiefe von i,3o resp. 1,45 m. unter der Erdoberfläche kamen
die obern Ränder der schon 1853 angetroffenen Holzröhren /um Vorschein.
Die eine war abgesägt worden. Da sich sonst an diesen Röhren nirgends
Sägespuren zeigten, im Gegenteil dte Arbeit an denselben, wie wir sehen
werden, auf eine ganz andere Technik hinweist, so kann diese Sägearbcit
nicht bei der Erstellung der Röhren gemacht worden sein, sondern muß
den neuern F'assungsversuchen, vielleicht den Arbeiten im Jahr 1853, zu-
geschrieben werden.*)
') Huscmann, a. a. O. p. 89—90.
•) ibid. p. 93-94.
') Husemonn, a. a. O. p. 9&
*) Gefl. MiUcilung vom aa. X 1907.
') Die gegenwärtig am obern Rand der Im Engadiner Museum liegenden beiden
Röhren befindlichen Locher sind neu. Sie wurden gemacht, um die Stocke aus der Tiefe
heraufheben zu können.
k
269
Die beiden Holzröhren wurden ausgeräumt (Abb. 58). Sie waren zumteil
mit Schlamm gefüllt und ganz mit festgestampftem Lehm umgeben. Am Grund
der weiteren (abgesägten) Röhre reichte der Schlamm zirka 28 cm. hoch in
die Röhre hinauf; bei der andern engern, längern Röhre aber begann
er schon 40 cm. unter dem obem Rand, erfüllte also nahezu die ganze
Röhre (vgl. Abb. 58).
Die Innenseiten beider Röhren waren von Eisenoxyd rot gefärbt. Das
war besonders im schlammfreien obern Teil der weitern, aber kurzem (ab-
gesägten) Röhre der Fall. Außerhalb der Röhren zogen sich zwei durch
eine Lehmschicht von einander getrennte und von einer solchen umgebene
hölzerne Einfassungen herum, eine Art Gehege bildend. Außen an dem-
selben kam noch eine dritte, teilweise vermorschte Holzröhre zum Vorschein,
durch welche aber kein Wasser mehr aufstieg. Diese Röhre wurde offen-
bar schon seit alter Zeit nicht mehr benutzt und war daher der Vergessen-
heit anheimgefallen.
Beim Ausräumen der wettern Holzröhre (Abb. 58, A) ') stieß man
am Grund auf mehrere Bronzen in auftauender Lage. Zwei derselben,
wohlerhaltene Schwerter mit massiven Bronzegriffen , lagen, oder viel-
mehr sie standen vollkommen vertikal da. Die andern Stücke dagegen:
ein Schwertfragment mit kurzer Grifizunge, ein Dolch und eine Reifennadel
aber waren genau horizontal gelagert. Die Bronzen konnten also nicht etwa
zufällig in die Röhre hineingefallen sein; sie waren auch nicht hinein ge-
worfen oder gar hinein geschwemmt worden, sondern mußten absichtlich
hinein gelegt, resp. gestellt worden sein. Offenbar waren es Weihe- oder
Voti Vgaben.
Glücklicherweise waren bei der Untersuchung der Röhren gleich eine
Anzahl gebildeter Leute zur Steile, um den Tatbestand zu konstatieren.
Der Archäologe M. Lienau, der als Kurgast in St. Moritz weilte, zeichnete
das Ganze'; Pfarrer C. iloffmann teilte mir den Fund telegraphisch mit;
der Direktor des Engadiner Museums, R. Campell, ließ Photographien auf-
nehmen und besorgte mit dem Architekten Gartmann die weitere Unter-
suchung; der Präsident der Gemeinde, Dr, Gartmann, ließ mich durch Prof.
Heim ersuchen, den merkwürdigen Fund zu studieren und monographisch
zu behandeln.
Als ich an die Fundstelle kam, hatte Architekt Gartmann bereits ein
Modell der ganzen Anlage begonnen. Die beiden Röhren lagen im Enga-
diner Museum und sollten konserviert werden, ebenso ein Teil des Holzes
der beiden Einfassungen. Noch stak die dritte Röhre im Boden. Sie wurde
später auch noch ausgeräumt und erwies sich als mit Steinen gefüllt. Leider
ließ ihr Erhaltungszustand eine Konservierung nicht zu.*)
') Ich verdanke die Aufnahme (Abb. 58) dem bauleitenden Architekten Chr. Gart-
mann in. St. Moriiz.
') Die folgenden Angaben stützen sich, soweit nicht meine eigenen Untersuchungen
maßgebend sind, auf die Angaben der genannten Herren. Mit meinem verbindlichen Danke.
Wenn wir nun die alte Quellfassung und die Funde genauer ins Auge
..r„8en, so können wir von der außerhalb der hölzernen Einfassungen ge-
legenen Höhre vorläufig absehen, da sie, soweit sie überhaupt untersucht
-4.
59. Quellfassung von St. Moritz. Modell.
werden konnte, keine Besonderheiten aufwies und keine Funde enthielt.
Wenden wir uns also gleich den Einfassungen
oder Gehegen zu!
Die äußere Einfassung war ein Blockbau.
Sie bestand aus Rundhölzern von 2,5—4 *"•
Lange und einem Durchmesser von 0,15—0,20 m.
Diese Rundhölzerwaren einfach über einander
gelegt und mittelst Einschnitten verbunden wor-
den (Abb. 58, 59 u. 60). Die Arbeit an denselben
muß mit einem wenig scharfen Beil (Bronze-
beil?! ausgetührt worden sein. Die Form der
äußern Einfassung glich einem schiefen Recht-
eck, das außen 3,5 — 4 m. lang und 2,5-3,2 m.
breit war, innen aber zirka 3,4 x zirka 2,2 m.
maß. Die Höhe betrug a,i m. (siehe Abb. 58
und 59|.
Die innere Einfassung, von der äußern 0,2—0,3 "™' entfernt, maß auf
der Innenseite 2,6 ( — 2,7) X 1,5 (- 1,6) m. Sie bestand nicht aus Rundholz,
ßSr die Unterstützung, welche dieselben meiner Arbeit angedeihen ließen, verbinde ich das
Geständnis, daß mir bei meinen Untersuchungen noch selten in dieser ausgezeichneten
Weise vorgearbeitet worden ist, wie in St Moritz.
60. QueUfassung von St. Moritz,
Blockhölzer
von der äussern Umfassung.
271
sondern aus starken Planken von 10—15 cm. Dicke und 30—50 cm. Höhe,
die mit eigentümlich behauenen Enden (Abb. 61 und 621 versehen und in
einander verzapft waren. Die Breitseiten
dieser Planken zeigten in der Längsrich-
tung besonders deuthch die kurzen Axt-
hiebe, die wahrscheinlich mit einem Bronze-
Instrument erzeugt worden waren.
Innerhalb der Planken-Einfassung be-
fanden sich nun zwei Holzröhren, durch
welche das Mineralwasser aufstieg. Die- ^^^E^S^' "^
selben standen dicht nebeneinander und ^^^^^BB1^21^ -u ',^
berührten auch die Einfassung an mehreren
Stellen. Die Zwischenräume waren hier,
wie zwischen den Gehegen, mit Lehm aus-
gefüllt. Die Röhren standen über dem
Schutt des Talgrundes; auch unter ihnen 61. Innere Umfassung der Röhren,
lag Schlamm. Detail.
Die weitere Röhre A, deren oberer Rand (1853) abgesägt worden war,
ist r,Ö3 m. hoch. Ihre obere Weite betrug zirka 1,12 m., die untere zirka
1,40 m Die Wanddicke maßen wir zu 4-6 ein. Der Schlamm reichte nur
wenig hoch in die Röhre hinauf. Wenige Zenti-
meter unter der Oberfläche des Schlammes lag
das obere Ende des einen VoUgriff-Schwertes,
viel liefer der horizontal gelagerte Bronzedolch.
Westlich unter der Mitte der^untern Röhren-
Öffnung befand sich ein Stein, über welchem
die horizontal liegende Reifennadel zum Vor-
schein kam ; etwas tiefer, ungefähr in der Mitte
der Röhren-Öffnung, lag horizontal das Schwert-
fragment; unter dem Stein zeigte sich das senk-
recht stehende zweite Vollgriff-Schwerl. Das
letztere stak mit seiner Spitze im Gehänge-
schutt, aus dem die Heilquelle aufsprudelt.
Die Röhre B ragte 15 cm. höher hinauf
und reichte zirka 35 cm. tieler hinunter als A.
Sie hat eine Länge von 2,35 m. Ihre Wand-
dicke beträgt 6 — 7 cm. Die obere Weite wurde
zu 0,78 m., die untere zu 1,07 m. gemessen.')
Der Schlamm lag in der Röhre 1,92 m. hoch und nur 38 cm. hoch befand
sich Raum für das Wasser. Am untern Ende dieser Röhre fand ich eine
6a. Innere Umfassung der
Rohren. Detail.
') Nach dem Herausheben der Rohren schmonten dieselben rasch etwas ein. Nach*
dem aber die Konservierung brgonnen hatte, hörte das auf. Unsere Ma&e, die im Plan
nur mit Annahcrunj^swcrtcii bestimmt sind, beziehen sich alle auf die ursprünglichen Ver*
haltnisse.
272
Art Filz, der nach der Untersuchung von Dr. Neuweiler in Zürich aus
Schafwolle besteht. Spuren solchen Filzes konnten auch in der Röhre A
nachgewiesen werden. Der Füz scheint zum Schutz der untern Rander
gedient zu haben.
Die Untersuchung des Holzes wurde ebenfalls von Dr. Neuweiler be-
sorgt. Er erhielt Proben von allen drei Röhren und von beiden Einfassungen
und schreibt: „Alle sechs Holzproben von St. Moritz, bezeichnet mit No, 1,
II, III, 1, 2, 3» gehören der Lärche, Larix europaea, an. Kiefer, Fichte, Tanne
sind ausgeschlossen. Die Zugehörigkeit zu dem sommergrünen Nadelholze
wird durch eine Reihe charakteristischer Eigenschaften dokumentiert Es
läßt sich deutlich Kernholz mit rotbrauner Farbe erkennen. Die Jahrringe
heben sich durch die breite, scharf abgegrenzte Sommerholzzone sehr deut-
lich ab ; sie sind feinwellig. Ebenso sind die zahlreich vorhandenen Harz-
kanäle recht gut ausgebildet. Sie sind kleiner als bei der Fichte und nicht
selten in Gruppen angeordnet. Häufig ist Verharzung der Markstrahl-Leit-
zellen zu beobachten, infolgedessen die Harzgänge im Querschnitt bei
schwacher Vergrößerung sich nicht sehr gut abheben ; besser sind sie im
tangentialen Längsschnitt zu erkennen. Der histologische Aufbau der Ge-
webe scheint ziemlich derb; die Tüpfel sind groß und häufig in zwei Reihen
an den Längswänden der Frühlingstracheiden entwickelt."
Von ganz besonderem Interesse sind die Arbeitsspuren an den Röhren
und an den Hölzern der Einfassungen. Sie bestehen in kleinen Abspliß-
flächen, die man nicht etwa blos an den Nieten oder an den Enden, sondern
überall, sogar im Innern der Röhren bemerkt. Die Rundhölzer der äußern
Einfassung weisen in den Einschnitten diese Absplisse ebenfalls auf (Abb. 6o|.
Die Planken der zweiten Einfassung wurden nicht etwa durch Spalten von
Baumstämmen erstellt, sondern zurechi gehackt. An Breit- und Schmal-
seiten, in den Nieten und an den Enden, überall lassen sich diese kleinen
Hiebspuren nachweisen (Abb. 61, 62). An den Röhren sieht man dieselben
Absplisse sogar auf den innern Seiten ringsum laufen.
Um nun zu einer richtigen Deutung dieser Technik zu gelangen, haben
wir nicht blos andere prähistorische Hölzer, die bearbeitet waren, damit ver-
glichen, sondern auch selbst Versuche mit Bronzebeilen gemacht.
Der auch in technischen Fragen vorzüglich bewanderte Direktor des
altnordischen Museums in Kopenhagen, Dr. Sophus Müller, sandte mir vier
Abklatsche von einem der bronzezeitlichen Eichensärge, die im genannten
Museum aulbewahrt werden und zumteil sehr deudiche Hiebspuren erkennen
lassen, welche denjenigen von St. Moritz ganz ähnlich sind. Der geringe
Unterschied in der Größe der Hiebflächen erklärt sich aus den verschiedenen
Holzarten : Die Kopenhagener Stücke bestehen aus dem Holz der Eiche, die
St. Moritzer Proben aus Lärchenholz.
Meine eigenen Versuche bezogen sich auf Tannen- und Buchenholz.
Ich ließ ein Schaftlappenbeil aus Bronze mit einem Holzgriff verschen. Die
373
Schneide der Axt wurde durch Feilen scharf schneidend gemacht und nach
vielfältigem Gebrauch entweder gedengelt oder geschliffen. '1 Die Hiebspuren,
die ich nun nach einiger Übung zustande brachte, sahen so aus, daß ein
Holzarbeiter, dem ich die Originale und meine Proben vorwies, sagte, er
könne keinen Unterschied erkennen, nur merke man, daß es eben keine
Eisenaxt gewesen sein könne, mit der die St. Moritzcr Hölzer bearbeitet
worden waren.
Eine eigentümliche Art der Holzbearbeitung zeigt sich, wie schon er-
Avühnt, auf der Innenseite der Röhren von St. Moritz, die nicht von oben
nach unten, sondern m ungefähr horizontaler Richtung behauen wurden.
^^^^H 6^ Bronzefunde aas der Qucllfassung von St. Moritz.
Nach der Ansicht eines Technikers muß diese Arbeit mit einem Querbeil
oder einem hackenartigen fvielleicht sogar krummgestielten) Instrument aus-
geführt worden sein. Beiläufig bemerke ich nochf daß die Hiebspuren auf
den Breitsfiten der Planken der zweiten Einfassung ebenfalls nicht „gerade",
sondern schräg von oben nach unten laufen.
Betrachten wir nun die Bronzen, die [im Grund der Röhre A zum
Vorschein kamen! Das eine der beiden Vollgriff-Schwerter hat eine Länge
H von 6o,5 cm. (Abb. 63). Der Griff, vom Knopf bis zu den Grif!spitzen ge-
messen, ist 11,2 cm. lang. Die Klingenbreile beträgt in 5 cm. Entfernung
»von der Schwertspitze 2,3 cm., in der Mitte 3 cm.jiund vor den Griffspitzen
2,7 cm. Dann verbreitert sich die Klinge und erreicht beim Griffansatz
5,8 cm. Breite. Ihr Durchschnitt zeigt nebenstehende Form und Dimensionen,
^^g-n»-^^ Der Griff scheint mittelst fünf Nietnägeln mit der
•^^ ^^^^^ ^^ Klinge verbunden zu sein. Er besitzt unten (hinten)
H einen Knopt, dann lolgt eine Scheibe und erst nach-
her der eigentliche Griff, dessen Durchschnitt achteckig ist und der in
scharfe Spitzen ausläuft. Das Gewicht des ganzen Schwertes beträgt 551
') Man hAite den gleichen tSekt auch mit Keilen erzielen können.
274
gr. Es mag ursprünglich etwas schwerer gewesen sein trol2 des im All-
gemeinen guten Erhaltungszustandes. Das Schwert ist mit einer dunkeln
Patina großenteils bedeckt, nur stellenweise zeigt sich grüne sekundäre Patina.
Die Schneide ist an einigen Orten schartig, oft wie zerfressen. Der Griff
zeigt einen Riß. Von Verziemngen bemerkt man nur noch Spuren rundum
laufender Kreise.
Das eben beschriebene Schwert gehört zu dem Typus der süddeutschen
Schwerter '), dessen Verbreitungsbezirk bis nach OesterreichUngarn sich
ausdehnt und dessen Verbreitungszentrum etwa in Bayern liegen dürfte.
Prof. Naue schreibt diese Formen der Jüngern Bronzezeit zu.
Das zweite Vollgriffschwert von St. Moritz erinnert noch mehr an öst-
liche, speziell ungarische Formen. Es ist, vom Knopf bis zur Spitze ge-
messen, 58 cm. lang und wiegt 700 gr. Die Klinge mißt in 10 cm. Ent-
fernung von der Spitze der Breite nach 2,6 cm., in der Mitte nahezu 4 cm.,
vor den Griffspitzen 3,5 cm. und beim Griff-
ansatz 5,6 cm. Das Profil ist kompliziert, aber
iein ausgeführt.
Der Griff I Abb, 64) endigt auch wieder in scharfe Spitzen. Er ist durch'
zwei deutlich sichtbare und vier weniger gut erkennbare Nietnägel mit der
Ktinge verbunden. Die
ersleren äußersten Niet-
nägel sind von einem
Kreis von Punkten um-
geben und an sie lehnen
sich je zwei mit dem
Spitzenrande parallel
lauiende Zierlinien. Der
eigentliche Griff ist 11,5
cm. lang, rundlich und
war mit ringsum laufen-
den Parallelen und kon-
zentrischen Kreisen ver-
ziert, die nicht mehr
alle sichtbar sind. Von
den untersten ") (hinter-
stem Parallelen, die sich
64. Griffplatte des zweiten ßronzesch wertes von St. Moritz, um den Griff herum-
ziehen, gehen Gruppen
von je vier und fünf kurzen, auf die ebengenannten senkrecht stehenden
Parallelen zur Griffplatte hinunter. Diese selbst weist auf der untern Seite
vierzehn Gruppen von je vier oder fünf Kreisbogen auf, die vom Knopf
durch drei um denselben laufende Parallelen getrennt sind (Abb. 64).
') J. Naue, Die vorröniischen Schwerter, Tafel XXV, 6-^8, und XXVI, i und a.
•j Die Schwertspilze ist oben gedacht, der Knopf unten.
275
Das ganze Schwert ist sehr gut erhalten und fast Oberall mit einer
dunkeln Patina bedeckt. Beiläufig mag bemerkt werden, daß dieses Schwert
am tiefsten lag und mit der Spitze im Bergschutt steckte. Diesem Umstände,
■ fast völliger Luftabschluß durch die Schlammasse, mag auch die gute Er-
haltung teilweise zuzuschreiben sein.
_^ Das Schwertfragmenl ist 16 cm. lang (Abb. 63). Die 4 cm. lange Griff-
B zunge hat die Form eines Trapezes und weist vier
Nietnägel auf. Die Klinge zeigt beim Bruch das
folgende Profil :
Als ich das Fragment zum ersten Mal sah, war es mit grtlnem Edelrost
bedeckt, auch an der Bruchstelle, und darüber erst breitete sich stellenweise
die braune Patina aus. Seither hat sich dieses Bronzeslück stellenweise mit
einer sekundären grünlichen Schicht versehen.
Das eben besprochene Schwertfragment ist, wie die alte Patina lehrt,
schon in zerbrochenem Zustande an seinen Fundort gekommen. Daß es
unter der dunkeln eine ältere grüne Patina zeigt, spricht dafür, daß es zur
Zeit der Deponierung schon wenigstens teilweise patiniert war. Es war
also damals schon ein altes Stück, wie es ja auch seine Form beweist und
wurde vielleicht gerade deswegen den Quellgöttern geopfert.
Unter den St. Moritzer Funden liegt auch ein sehr mteressanter Dolch
(Abb. 63). Er ist 13,75 cm. lang und in der Mitte 2,25 cm. breit. Das Ge-
wicht desselben beträgt 39,5 gr. Der Grifl" fehlt. Der untere Teil des
' Dolches sieht aus wie abgeschmolzen. Eine Patina fehlt. Statt des Grates
f findet sich in der Miite der Längsausdehnung ein kleiner Wulst, der sich
nach oben und unten *} ausspitzt, in der [Mitte am breitesten ist <i cm.). Von
demselben zweigt oberhalb des (hier fehlenden) Griffes jederseits eine Zier-
linie zum Grund der Schneide ab. Diese Dolchforra ist selten ; indessen fand
sich ein mit dem Flachgriff versehenes, sehr gut erhaltenes Exemplar im
Schanzengraben in Zürich^), bei welchem sogar noch mehrere Nietnägel
vorhanden sind.
Die Nadel (Abb. 63) aus dem Quellfund von St. Moritz ist 21,5 cm. lang.
Sie gehört zu den Keulenkopfnadeln mit Reifen am Hals. Verzierungen
fehlen. Die Nadel ist stilrund und sieht an einigen Stellen aus, wie ange-
schmolzen. Sie besitzt acht Reifen. Nur an wenigen Stellen zeigt sie Anflüge
von grüner sekundärer Patina, sonst tritt überall die gelbrote Bronze hervor.
Derartige Schmucknadeln finden sich in ganz Mitteleuropa in der Jüngern
Bronzezeit und zu Anfang der Eisenzeit. In der Schweiz fanden sich z. B.
einige dem St. Moritzer Stück typisch verwandte Reifennadeln bei Zürich.")
Andere ähnliche Stücke sind besonders in Ostfrankreich häufig.
') Die Spitze des Dolches ist oben gedacht.
*) MitteiJungen der Antiquar. Gesetlschafl ZOrich Bd. XXII, 3 (Heierli, Neunter
Pfahlbauberichi), Taf. H, 6.
") ibidem Tafel VI, 13 Siehe femer Zeitschrift für Ethnologie. Bd. XX (1888). Taf.
V, 36 und 43 tRaihausbrUcke Zürich^
276
Soviel über die Bronzefunde in der alten St, Moritzer Quellfassung!
Wie läßt sich nun die ganze Anlage erklären? Offenbar ist manschen
in der frühern Bronzezeit (oder gar in der Steinzeit) auf das Stahlwasser
von St. Moritz aufmerksam geworden und hat dessen heilende Kraft er-
kannt. Man badete in der „allen* Quelle, bis schließlich der Wunsch auf-
tauchte, das wunderbare Wasser zu fassen, um es bequemer benutzen zu
können. Nun stellte man eine machtige Holzröhre in den Felsschutt, aus
welchem die Heilquelle hervordrang. Das war die abseits stehende Einzel-
röhre, die nur teilweise erhalten blieb.
Nach und nach aber fand die Quelle andere Wege. Immer weniger
Wasser stieg durch die Röhre empor und endlich wurde eine neue Fassung
nötig. Diese Neufassung geschah gleich neben der alten. Man grub in die
Tiefe, fand reichlich lleilwasser und setzte zwei Röhren hinein, die mit zwei
Einfassungen umgeben und mit Lehm gedichtet wurden. Diese Anlage hat
ihren Dienst zirka 3000 Jahre lang versehen. In ihrem Grunde fanden sich
die Weihegaben.')
Alte Quelltunde sind auch anderwärts gemacht worden ; ich erinnere nur
an diejenigen von Leukerbad, Pyrmont und Dux. Was aber den St. Moritzer
Funden ihre Bedeutung verleiht, das ist in erster Linie die Lage des Fund-
orts, der in einem Tal des Hochgebirges in 1775 m. Meerhöhe zu suchen
ist; zweitens aber haben wir hier nicht blos Opfer- oder Weihegaben, son-
dern auch noch die ganze Quellfassung aus der Bronzezeit in ausgezeich-
neter Erhaltung vor uns.
Wenn schon in der Bronzeperiode die Mineralquelle von St. Moritz so
gut bekannt war und so häufig benutzt wurde, daß es sich lohnte, eine kunst-
reiche Fassung für dieselbe zu erstellen, so müssen wenigstens zeitweise,
sagen wir im Sommer, Menschen im obern Engadin gewohnt haben. Man
nahm bisher an, das Oberengadin sei in prähistorischer Zeit nur von Jägern
besucht worden, höchstens daß etwa ein Händler über die Gebirgspässe ge-
zogen wäre. Der Quellfund läßt uns nun die Frage aufwerfen : Gibt es noch
andere Spuren einer prähistorischen Bevölkerung in der Gegend von St. Moritz?
Schon im Jahr 1857 glaubte ein Zürcher Kurgast, Herr Tobler, bei
St. Moritz einen Dolmen entdeckt zu haben. '^) Es war der sogen. Druiden-
stein (Abb. 65I, der auf einem bewaldeten Felskopf in Tschavaretschas, 1873
m. ü. M., liegt und auf drei Unterlagssteinen ruht. Urgeschichtliche Funde
sind in seiner nächsten Umgebung nicht gemacht worden.
'1 Erst wahrend des Druckes dieser Arbeit erhielt ich Bericht, daß in einer Ecke def
Röhrenfassung eine Blockicilcr, bestehend aus einem Baumstamm mit lunschniltcn und beim
Ausräumen der EinzelrOhre vier hölzerne Hacken zum Vorschein gekommen waren.
') Protokoll der Antiquar. Gesellschaft Zürich dl» 119 und iso I7. und ai. Nov. 1857^
Zeichnungsbücher derselben Gesellschaft III, 104—5.
277
Im Jahre 1887 aber kam bei St Moritz eine Bronzeaxl mit vier Schaft-
Klappen zutage (Abb. 66), die im Keltischen Museum in Chur liegt.') Der
Fundort lag gleich oberhalb der Pension Steffani in Quadrellas. Bei Anlage
einer Wasserleitung wurde eine alte, sehr primitive hölzerne (Soßwasser-)
Leitung entdeckt und bei der-
selben lag, 4 m. tief in der Erde,
die Bronzeaxt.'l Die Holzkanäle
seien derart roh zubehauen ge-
wesen , daß ihre Herstellung
durch Bronzegeräte wohl ange-
nommen werden könne. Schade,
daß dieser so wichtige Fund
nicht auch sorgfältig untersucht
werden konnte. '')
Am 5. Oktober 1902 schickte
mir Hotelbesitzer Steffani-Stop-
pani auf Anregung von Pfarrer
C. HofTmann eine Anzahl durch-
lochter und zugespitzter Hölzer,
die unter 2 — 3 m. Torf in Sala-
Strains (2030 m. ü. M.) ob St.
Moritz gefunden worden waren.
Der Fundort befand sich ober-
halb der heutigen Waldgrenze.
Aber die Bearbeitung der Hölzer
zeigte nichts Prähistorisches ;
alle Schnitte waren mit Eisen-
geräten gemacht worden.
Auch die weitere Umgebung von St. Moritz ist bis jetzt arm an ur-
geschichtlichen Funden. ■'1 Die Münze der gens Curiata, die in Saraaden zum
Vorschein kam, beweist nichts^ da sie mit römischen Münzen ins Engadin ge-
kommen sein dürfte. Die Grabhügel
bei Celerina, die Prof. Schreiber
erwähnii sind nicht untersucht
worden. Die Lanzenspitze vom
Vai Saluver scheint ein Einzel-
fund zu sein. Wohin die prä-
historischen Bronzen von Pontresina
65. Sog. Druidenstein in Tschavaret^chas
bei St. Moriiz
66. Bronzeaxt von Quadrcllas.
Rfltischcs Museum, Chur.
'} Katalog des Rdt Mus. i8qi, p, 15. Mitteilungen der Antiquar. Gesellschaft ZOrkh
XXVI, I, p. 18.
") Caviezel in .Antiqua" 1887, p. 74.
*) Bei Anlage eines Neubaues in St. Moritz wurde ein Bronzedolch gefunden, der ins
Museum St GaHcn gelangte. Jahresbericht des Mus. St. Gallen 1906/7.
*) Heierli in MiltcÜ. der Antiquar. Gesellschaft Zürich XXVI, i, p. 18
27Ö
gelangten, weiß man nicht. Kurz, die urgeschichtlichen Funde aus dem
Oberengadin sind noch sehr wenig zahlreich. An dieser Tatsache ändert
auch das schöne Bronzemesser aus Scanfs nichts, welches im Schwei-
zerischen Landesmuseum liegt.
Nun kommt plötzlich der Quellfund von St. Moritz und beweist, daß
man .in der mittlem Bronzezeit das Oberengadin nicht blos eilenden Fußes
betrat, um es baldmöglichst wieder zu verlassen, sondern daß man es ganz
gut kannte, eine seiner Heilquellen fleißig benutzte und sie sogar sorgfältig
gefaßt hatte. Es müssen Kranke da oben untergebracht und verpflegt worden
sein; die Gegend war bewohnt. Wo abec sind die Wohnungen der Bronze-
zeit-Leute von St. Moritz? Wo haben sie ihre Toten bestattet? Wie haben
sie ihr Leben gestaltet? Auf diese und andere Fragen kann erst die Forschung
der Zukunft Antwort geben.
Etüde sur les fibules de Tage du fer trouvees en Suisse,
Essai de typologie et de Chronologie.
Par David Viollier.
(Fin.)
Croupe XI A cetle s^rie en correspond une aulre, caract^risee par
l'absence compl^te du ressort; celui-ci est remplacc par un petit manchon
supportant un disque. Cette sdrie coramence aussi avec la fibule ä navicelle
modifiee (fig. 74); l'arc et le pied sont finement ornes. Puis vient la timbale
proprement dite, d'abord avec un bouton terminal petit (fig. 75I, puis pius
volumineux; la timbale elle-meme prend des dimensions plus considerables
(fig. 76); enfin le bouton terminal s'orne d'une petile pifece de corail fix^e
ä son extremite (fig. 77).
Croupe XII: La fibule ä double timbale est sortie de la precödente sörie,
de la fibule ä timbale avec ressort, par transformation du bouton terminal
en une timbale supplementaire, qui recouvre et protfege le porte-ardillon ifig.
78). Puis les deux timbales deviennent de meme taille (fig. 79) et parfois
celles-ci se soudent ensemble, donnant ainsi plus de rösistance ä la fibule
(fig. 8o|.
Ces fibules appartiennent ä la derni^re p^riode du premier äge du fer,
et se irouvent toujours dans des tumuli.
Croupe XIII: Probablement sous Tinfluence de la civilisalion gauloise,
Ic ressort unilateral se transforma en un ressort bilateral, formant un nombre
considerable de tours: c'est ce que Ton peut appeler la „fibule ä double
timbale a arbaletc."
D'abord les deux timbales egales sont hemisph^riques, mdcpendantes,
l'une formant l'arc, Tautre placke au-dessus du pied qu'elle recouvre; les
deux parties du ressort, comme dans la fibule gauloise, sont reliees entr'elles
par une corde (fig. 8i); quelques fois, au centre de la timbale, se creuse une
petite cupule (fig. 82) ; ou bien, au centre de la timbale, est m^nagöe une
alvf^ole dans laquelle est enchasse un fragment de 'corail (fig. 83I.
Avec le temps les timbales augment^rent de dimensions, et, tandis que
la timbale d'arc demeurait sph^rique, la timbale de pied s'applatissait (fig. 84) ;
bientöt les deux timbales se trouvent ^tre deux dtsques plats munis d*un
rebord torabanl (fig. 85).
Dans une autre fibule, tandis que la timbale d'arc demeure sph^rique,
la seconde est remplacee par un bouton qui surmonte le pied, recourb^
28o
comme dans la fibule La T^ne I (fig. 86) ; le ressort manque malheureusement,
mais il est ä supposer qu'il ^tait ä arbal^te.
Dans un type voisin, la timbale d*arc eile-meme disparait et est rem-
piac^e par un disque place sur un arc trapezoidal (fig. 87); le bouton est
alors fixö directement sur le pied. II est perfore en son centre, et devait
porter une petite pi^ce de corail. Le ressort manque.
Croupe XIV: Le disque qui garnissait l'arc disparait ä son tour et ce
dernier n*est plus alors formö que d*un simple fil de bronze; le bouton est
fixe directement sur le pied et se dresse verticalement ; celui-ci est d'abord
assez petit, et Tarbaldte n'a que peu de spires (fig. 88), puis le bouton de-
vient plus volumineux (fig. 89) ; la corde qui Joint les deux parties du ressort
est extörieure. Une fibule du möme type se distingue par un bouton plus
orne, avec incrustation de corail (fig. 90).
Enfin dans un dernier exemplaire le bouton est fixe sur un pied re-
courbe et, en-dessous du ressort, court une spirale decorative (fig. 91).
Croupe XV: A ces fibules ä bouton correspond une serie dans laquelle
le bouton est remplace par une petite timbale qui recouvre le pied. La
corde est, soit ext^rieure (fig. 92), soit int^rieure (fig. 93).
Une chose frappe au premier abord : c'est, si nous faisons abstraction
des fibules ä timbales, le petit nombre de fibules hallstattiennes proprement
dites trouv^es sur le Plateau suisse, et surtout le peu de variet6 parmi celles-ci.
Une autre constatation n'a pas moins d'int^ret : toutes ces fibules appar-
tiennent ä la derni^re periode de l'epoque de Hallstatt; une seule fait ex-
ception : trouvee ä OUon (fig. 56), eile appartiendrait ä un type qui se ren-
contre, d'aprfes Montelius, en Italie, dans la premi^re et la seconde pöriode
de cette epoque. Nous avons dejä constat^ pour le Tessin que toutes les
fibules du premier äge du fer, qui n'appartenaient pas ä ce que nous avons
appelö la periode etrusque, appartenaient ä la derniere periode hallstattienne.')
II est interessant de trouver le möme resultat dans toute la Suisse, car une
exception n'est pas süffisante pour infirmer cette constatation, et nous pouvons
admettre que cette unique fibule est une survivance, comme nous avons dejä
eu roccasion d'en constater plusieurs.
Nous pouvons donc dire que la civilisation hallstattienne ne p6n6tra en
Suisse que lorsqu*elle etait dejä arrivee tout ä la fin de son developpement.
Nous avons dejä dit que la fibule-type pour cette periode est la fibule
ä timbale, au developpement de laquelle nous assistons jusqu'au moment oü
eile est absorbee par une nouvelle civilisation.
Un autre fait est particulier ä cette epoque : c'est sa pauvrete en fibules :
chaque tombeau ne contient qu'une seule fibule, rarement deux, et cette
pauvrete contraste etrangement avec l'abondance de fibules, souvent de types
varies, que nous avons rencontree dans le Tessin. Et lorsque un tombeau
') Nous rappelons que la periode Etrusque forme la transition entre la derniere
phase du hallstaUien proprement dit et la premiere du gaulois.
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( v.X . .',■■■ I ' .r ■.>.».;.... ..■
Vallöcs aipestres. Fibules 182 ä 201.
l)r*l*l'***<" *''>*) DilfMI«, Ukt,
[Laiisaiiiiel. — 208. Zxirkh (Zurichl |Zjpjri>'h1. — £09. Murgcnthj
jr/A'lsmtc). 202. Travcrs (Neuchätel» (Npuchüte!). - 20». Mels {Si GallMSl. Galll.
- 304. Miiltcnr TBalo) [Licstalj.
^0fWfi4 i. '-205 Muttetiz iüMel \B&le\ - 20«. äp>rz (Bcrne) [Beme]. - 207. Ollon fVaud)
C [Laiisaiiiie». — 208. Ziirich (Zurichl I2ari<
21«. VVindisch fAre yy^cf iZuiicIil. - '*% Olk
that (fteriie)^to|fl^^Allli-4^lmont «Vai.
^Gftfn*p^ n^ 2IÖ. Spiez (Berne) (Berm-]. - 9lft. BdaMLtVaud) [Uur 217 21».
Vcvcy (Vturf) IVcvrvl - ''■> T ^ , , ' ■ , :?2I. VcVtt- (Vaudl
^ [Vei-cyJ- - ---■ lielni-iit . ^- -
Grotip« y 5!2Ä. Kpuzitngci» ( I hurgovic» [constanccl. — 'l'l\ '!• i 'tirich
|7ini.ii '^'V. WiM.ii iZuricht |/?"rifii i
Otnupi i il^r^Kl .^ [Zürich]
±|JR. ößcii"''*!! li-uti 'f"ii-m?| --'i;' (wjrsKr rii^r^vti [».irtuAcj. - 2310
^StfiS^i tZunolii \Zi. -;:ll 282 K-rne tiVrncL ^ JÄB. KanreÄ(Vaud| 1 Lau-
sanne). — 234, iVrrK |l-tti
yfeo lidijtf (Lüccrnc)' iJ-iiteirif. j - *l^
iiinrh'. - tJ40. Vevey lVau<l> '\'.a. .
^ aJtorf (Zürich) | Zürich t.
<^oup€ VUl: 248-M2. Vevcy (Vindl |Vevey|.
•»■-.
Plateau suisse. Fibules 202 ä 247.
*/» gr. UL
»niwian AHfM ntiiiMt«, •Ulk
Plateau suisse. - Fibules Nos 24« a 292.
Groufn IX: 248. OlJon (Vaud) [BerneJ. - 249. Mettmcnstetteo (Zürich) (Zurichf - 2*0.
llochdorf (Luccrne) |Luccrne]. - 2fil. 2ö2. Stcinhausrn (Zug). — ii5S. Monlrcua,
(Vaud) (Beme|. - 264. 255. Vcvey (Vaud) |Vevcyl. - 'iSt. «57. Beimont (Vaud)
I Lausanne]. - 2&H. Altstetten (Zürich) [Zürich]. — :^ 2tf<^cve> ^Vaud) [VeveyJ.
- -idl, VVindisch (.Argoviej [Zürich]. *^
Groupt X}: 202. 26». Ollon (Vaud) (UusaiiiK-], - 264. Kilchbrrg (Zürich) [Zuhch). —
266. Vcvry (Vüiid) (Vt-vey]. - 266.267. AltsieUcn (Zürich) [Zürich I. - 2<lS. Bcrnc
(Bcriie) [Zürich]. - 269. Vt-vc-y (Vaud) [Vcvey]. - 270. Öbcr-Ebcn*ol (Luccmc)
^^ [LucenicJ. - 271. Vcvey (Vaud) | Vcvey] - 272. Riohigm (Bcrnr) |beme|. -
Croup* XII: 27S. Spicz (Beme) iBeme). - 874. AUsietten (Zürich) [Zürich]. - S7*. Spicz
(Bcnir) fRenor). - 276. Multcnz (BaIc) [Bernel. - 277- Yverdon *Vaudl (Beme|.
- 278. Muttrnz (BAIc) iBemcl-
Groufii XIII: 279. Lausanne (Vaud) [Zurirh] - 2H0. Relmont (Vaud) ( LausanneJ. — Ä8K
Mettmcnalrtten (Zürich) [Zurtch].
Croupe Xn\' 282. Langenthai (Beme) (Bcmel. - 288. Rances (Vaud) [Beme]. 284. Mui-
tcnr (Bftle) [Bcrne|, - 28i. Yverdon (Vaud) IBemcl. - 286, Bcrnc |Berne|.
Graupe XV: «87. Spicz (Bcnie) (Beme). - 288. Vcvey (Vaud) [Vevey]. - 28». MuKenz
(min fBcrnel, - «»0. 291. AUstetten (Zürich) [Zürich). - 292. Beme IBcPncV
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2di
renferme plusieurs fibules, celles-ci sont generalement semblables. Cette
pauvrete en fibules ne nous permettra pas de dresscr de tableau comme
nous avions pu le faire pour le Tessin; cependant la typologie ne sera pas
notre seul guide pour le classement de ces fibules, et quelques laits isoles
viendront nous aider ä les dater.
A Wangen (Zürich}, dans un grand tumulus contenant plusieurs tombes^
ont 6tft trouvees des fibules ä timbales, serpentiforme et de la Certosa. Si
nous ne pouvons pas affirraer que tous ces tombeaux furent plac^s en ra^me
temps sous la butte artific'ielle qui les recouvrait, du nioins la grande homo-
gen^ite dans leur mobilier permet d"aftirmer qu'Üs sont contemporains.
D'oü nous pouvons döduire le synchronisme des trois types de fibules
mentionnes.
D'autre part, un tumulus de Trüllikon renfermait des fibules ä timbale
et ä double timbaie ä arbalete ; ce dernicr type appartenant au döbut de la
Periode gauloise, nous sommes amenes ä en conclurc que la fibuie ä timbale,
contemporaine de la fibulc serpentiforme, le fut aussi au d^but de I'^re gau-
loise. C'est donc une fibuie de transition appartenant surtout ä la fin de la
Periode de Hallstatt.
II. Epoque gauloise-
Les fibules communes aux deux versants des Alpes sont peu nom-
breuscs; cependant nous en trouvons quelques-unes qui nous montrent que
si, dans chacune des deux rcgions» la civilisation gauioise s'est developpee
sans subir l'infiuenct^ de la region voisine, il existait nt^anmoins quelques
relations commerciales entre les habitants du Plateau Suisse et ceux des
vallees alpestres.
Dans les cantons de BAle nous trouvons la fibuie 132; de Herne, les
fibules 109, 115 et 156; de Fribourg, la fibuie 140; de St.-Gall, la fibuie 144
et de Zürich, les fibules 114, 115 et 135.
Le nombre des types nouveaux est trfes considerable. Ainsi que nous
l'avons d^jä constate pour le Tessin, l'artisan gaulois fait preuve d'une in-
croyable fertility d'Invention. Aussi, s'ü est possible de donner dans ses
grandes lignes la filliation des differents types, il est ä peu pr^s impossible
d'etablir une filliation semblable pour chaque variet^, si grande est la fan-
taisie de l'ouvrier qui les a ex^cutös.
Avant de passer en revue les differents groupes que nous avons pu etablir,
nous devons menlionner trois fibules de types uniques en Suisse: l'une
ifig. 202) est une magnifique piece dont l'arc se termine de chaque cöt€ par
une tige recourbee qui vient se fixer ä son somraet; chacune de ces branches
est ornee d'un cabochon de corail; un disque de meme nature est fixö au
sommet de l'arc, entre les deux branches ; une pendeloque ajour^c, ornee de
corail, ötait fix6e ä une tige traversani le ressort. Par comparaison avec
des fibules analoques trouv^es hors de Suisse, ont peut placer ce magnifique
^chantiüon au dt^but de la pöriode gauloise.
282
Une autre fibute appartenant aussi ä la m£me 6poque est caractäris^e
par l'absence de ressort : rardillon s'applatit ä sa partie antörieure, et la tete
de Tarc appointie vient s'inserrer dans un trou qui y est m^nag6 : l'ardillon
n'a ainsi aucune dasticitö, et peut seulement tourner autour de son pivot
{flg. 2o3). Cette fibule, trouvee dans le canton de St-Gall, est semble-t-il de
type Italien. *)
La troisi^me fibule fut trouvee dans le canton de Bäle. Elle est omöe
de trois grands cabochons de corail, Tun placd sur Textr^mitö du pied, le
second est fix6 au sommet de Tarc, et le troisi^me port6 par le ressort (fig. 204.)
Croupe I: Le type le plus ancien que Ton puisse attribuer aux Gaulois
fut trouvö dans un tumulus ä Muttenz (Bäle): c'est une fibule de la Certosa,
en tout point identique ä Celles que nous avons rencontröes ä l'^poque pre-
cödente, seulement celle-ci a un ressort bilateral (fig. 205). Une autre pi^ce
lui est semblable comme forme generale, mais Tarc döcrit une courbe plus
accentuöe (fig. 206), enfin, dans un troisi^me exemplaire, cette courbure de
Tarc s'accentue encore plus (fig. 207). Dans les types suivants, l'arc, tout en
demeurant trfes haut, s*arrondit, tandis que le pied s'allonge et se relfeve pour
venir s'arröter au niveau de Tarc (fig. 208), ou se recourber I6g6rement en
forme de trompe (fig. 209). Quelques fois le bouton terminal se creuse d'al-
v6oles dans lesquelles devait ötre fixe une substance color6e (fig. 210, 211),
ou bien le sommet de Tarc se d^core d'une cr^te plus ou moins compliqu^
(fig. 212—214).
Croupe IV: Dans ce groupe, la fibule est formee d'un fil de
bronze plus ou moins 6pais; d'abord l'extremite du pied se terraine par une
simple pointe (fig. 215), puis il s'orne d'un petit bouton plus ou moins com-
pliqu^ (fig. 2i6--2i8), et parfois l'arc est döcorö d'une sörie de petites stries
transversales (fig. 219—221); dans un type plus degant le bouton terminal
est ornö de volutes grav^es (fig. 222).
Croupe V: Quelques fois le pied se termine par un bouton massif avec
une Sorte de pistil terminal (fig. 223) ; Tarc peut 6tre finement striö (fig. 224)
ou prendre Taspect d'un jonc (fig. 225).
Croupe Vi: Une serie trfes nombreuse est celle dans laquelle Tarc,
d'abord legferement sangsuiforme, finit par devenir d'une möme ^paisseur sur
toute sa longueur ; le pied est termind par un bouton sphörique avec p6don-
cule assez long reposant sur l'arc. La forme en est d'abord trfes simple
(fig. 226), puis de plus en plus ornöe (fig. 227—230), et le bouton finit par
se terminer par une partie en forme de massue (fig. 231—232) ou de balustre
(fig. 233) et, dans un dernier type, il prend la forme d'un petit cylindre orne
de cercles point^s (fig. 234).
Jusqu'ä präsent les fibules que nous avons examintfes avaient l'arc uni,
ou ornö quelques fois d'une petite crfite; une nouvelle sörie est caract^ris^e
par les ornements qui d^corent Tarc.
') NSoiitetius, Civilisation primitive de Fltalie pl. XI, fig. 155.
a83
Croupe VI!: La plus simple est formee par un fil de bronze Mgerement
orn^ sur l'arc ä l'aide de le lime; quelques rainures ornent egalement Tex-
tremite du pied (fig. 235), Simulant un bouton; le d^cor s'accentue par la
suJte (fig. 236), puis l'arc s'orne de trois oves plus ou moins travaillees; le
bouton terminal deraeure pctit (fig. 237, 238I; enfin l'arc porte des renflements,
d'abord peu marqu^s, puis de plus en plus accuses et compliques ; le bouton
terminal suit la m^me progression (fig. 239 — 242),
Croupe Vlll: Dans un autre groupe, l'arc l^gerement sangsuiforme est
d'abord orn^ d'un decor grave; puis celui-ci forme de legeres saillies; enfin
il devient plus coraplique, souvent tr6s elegant, donnant ä ces fibules la
valeur de veriiables objets d*art ifig. 243 — 247).
Croupe IX: Une derniere serie comprend les fibules dont l'arc s'dargit
en forme de boucÜer; dans le type le plus ancien (Ilg. 248) Tarc n*a pas
encore cette forme ovale qn'il prendra plus tard: il est forme d'un ruban de
bronze de largeur ögale et le pied se relfeve en crochet. Plus tard l'arc
prend l'aspect d'un bouclier; le pied s'allonge et se termine, d'abord par un
bouton plat cn dessous, pais par un bauten complet termine par une spatule
reposant sur l'arc (fig. 249 252). L'une de ces fibules (fig. 251) est in-
teressante, car eile porte gravös sur l'arc plusieurs cercles dans Tun desquels
est place un triskeie.
Puis le bouton devient entierement libre (fig. 253). Enfin l'arc se couvre
d'omements graves (fig. 254, 255) ou en relief (fig. 256-258); quelques fois
on retrouve une dccoration identique ä celle qui ornait certaines fibules de
la Serie prec^dente (fig. 259, 260). Enfin une fibule que i'on peut rattacher
ä cette s^rie, a son arc formö d'une large bände decor^e d'oves en relief
entre deux bordures; le bouton est assez volumineux et ornö lui-merae de
spirales (fig. 261).
Toutes les fibules que nous venons de passer en revue ont le ressort
bilateral, k deux ou trois spires; la corde est tantöt int^rieure, tantöt ex-
t^rieure.
Groupe XI: Les fibules a disques forment ^galement quelques s^ries
interessantes. La forme la plus primitive se präsente sous Taspect d*une
fibule de fil de bronze, dont Textremrt^ du pied est applatie en forme de
disque, echancr^ ä Textr^mit^ du diamfetre, pour donner passage ä l'arc (fig.
262). Puis le pied se continue au delä du disque, formant un petit pedon-
cule (fig. 263) qui peut se relever legferement (fig. 264).
Ce disque nc tarde pas ä se decorer d'un chaton de matifere coloree;
celuici est d'abord fix^ au centre du disque par un petit clou de bronze
(fig. 265), puis par une rosette de metal que maintient un clou (fig. 266), ou
par un second chaton de m^me matitre coloree (fig. 267). Ces chatons sont
lenliculaires, mais on en trouve aussi en forme de ironc de cöne fixfe ^gale-
ment par une rosette de m^tal (fig. 268), mais par la suite la matifere color^
fut remplac^e par du coraÜ; dans ce cas le chaton n'est jamais fait d'une
seule pifece, mais de quatre morceaux occupant chacun un quart de la sur-
284
face (fig. 264); ceux-ci sont retenus par une piöce centrale de m€me sub-
stance (fig. 270).
Dans une fibule ornee, le chaton se compose de deux rondelles de corail
s^^parees par un disque de bronze, maintenues par ua clou central (fig. 271).
Toutes ces fibules ont larc cylindrique, mais on en trouve aussi avec l'arc
en forme de bouclier (fig. 272).
Croupe XU: Frequemment Tarc lui-merae est d^corÖ; dans le type le
plus simple, il porte une scrie de cötes qui le fönt ressembler ä un jonc
(fig. 273}, ou des cerclcs pointes (fig. 274), ou bien encore le decor plus com-
pliqu^ forme des rubans entrecroises (fig. 275—277). Une de ces fibules
est de la möme famille que le No. 247, mais avec disque au Heu d'etre ä
bouton (fig. 278}.
Groupe XIII- Un groupe tres homogene est celui donc Tarc se com-
pose d'une Serie de renflements (fig. 279 — 281).
Groupe XIV: Le groupe des fibules ä arc plat, elargi, n'est pas moins
interessant; d'abord Tarc est orn6 de traits et le bouton n'a comme ornement
que des cercles pointes (fig. 282); puls au centre du disque apparait une
petite incrustation de corail, et sur l'arc une trete de bronze (fig. 283). Cette
derniere fibule presente deux particularites: d'abord, sur le ressort, est fixe
un pettt bouton de bronze ; ensuite, le ressort s'enroule une fois autour de
la tete de l'arc.
Puis l'arc se decore plus richement (fig. 284, 285) ; une piece de cette
s^rie est d'une finesse extraordinaire (fig. 286).
Groupe XV: Un groupe non moins riebe est caractörisö par une cröte
de matiere color^e enchAssee au milieu de Tarc. Cette crete dont nous avons
vu d^jä quelques prototypes, commence par etre en bronze (fig. 287», puis
eile cede la place ä une crete de m<^me substance que le chaton, enchässee
Sans une rainure menag^e ä cet effet au sommet de l'arc. Cette crete est
d'abord lisse (fig. 288) puis finement cOtelee (fig. 289I. Le chaton est fixe
par cinq petits clous formant etoile au centre, ou par une rosette de mental
(fig. 290I; quelques fois celle-ci est remplacee par un double chaton (fig. 291),
puis la päte coloree fait place au corail (fig. 292).
La fibule La Töne ü que nous avons trouvee en nombre assez restreint
dans le Tessin, est en abondance sur le Plateau ; mais, tandis que la fibule
La Tene I y est remarquable par la variete des formes, la fibule La Tene II
est beaucoup plus uniforme.
Groupe XVI: Le type le plus simple a son pied fixe ä l'arc par une
petite griffe. L*arc est tantöl tres haut, et la griffe placee ä son sommet
(fig. 293, 294); tantöt bas, et la griffe se trouve pres du ressort (fig.
295); celle-ci est parfois ornee (fig. 296} ; le meme type se trouve en argent
(fig. 297). Dans un exemplaire de ler, cette griffe est surmontee d'une spinale
reproduisant les dispositions du ressort (fig. 298). Quelques fois le pied s'ornc
de trois perles et de fines moulures (fig. 299), et souvent un groupe de mou-
lures semblables vient orner l'extremite du pied en avant de la griflfe (fig. 300);
285
ces moulures diff^rent pour chaque fibule, et elles se reproduisent aussi sur
l'arc, de l'autre cöt^ de la griffe <fig. 301).
Dans quelques fibules, le pied, au lieu de se recourber pour venir se
fixer ä l'arc, forme deux coudes brusques, reiies par une partie droite |fig. 302).
Dans de nombreux cxemplaires, les perles du pied sont remplacöes
par des globules plus ou moins volumineux (fig. 303, 304), par un disque
orne du triskele (fig. 305) ou par une tabletie carree portant deux baguettes
incrustees (fig. 306).
Dans de nombreux exemples, la piece qui fixe le pied ä l'arc, au lieu
d'^tre un anneau complet, est une vraie griffe enserrant i'arc, sans l'en-
fermer compl^temcnt Ifig. 307). L'arc s'^largit quelques fois en forme de
bouclier (fig. 308) et, parfois sur le disque que porte le pied, est fix^ un
chaton en os(?) (fig. 309).
Toutes les fibules que nous venons de passer en revue sont en bronze,
sauf une ou deux exceptions. Ce n'est pas que la fibule de fer soit inconnue
ä r<^poque gauloise sur le Plateau, mais generalement les fouilles ont etö
pratiquees avec peu de soins, et ces pi^ces, toutes fortement oxidees par
l'humiditö, ont 6te brisöes. Pour trouver des fibules de fer bien conservees,
il nous faut aller jusqu'ä la Station meme de La Tdne. La, on a Irouvö
plusieurs centaines de ces objcts, tous en fer, et prcsque tous parfaitement
conservtis. Toutes ces fibules apparticnncnt ä la m6me p^riode, au La T^ne II,
et elles ne präsentem que peu de vari^t^s; cependant presque toutes diff^rent
les unes des autres par quelques details. Nous n'en donnerons ici qu*un choix
pernifttant de se rendre compte des principales variantes Ifig. 310—319).
Quant ä la fibule La T^ne III, eile apparait ä une ^poque oü notre
pays etait dejä soumis ä Pinfluence romaine, et eile se confond avec les
formes apportees par les vainqueurs.
On en rencontre cependant quelques-unes de bien caracterisöes; Tune
est tormde d'un fil de fer (fig. 320), et deux autres sont en bronze.
Dans I'une, la bague qui, dans la periode pr^cödente, fixait le pied ä
l'arc, demeure ä l'etat de survivance (fig. 321I, tandis que dans l'autre eile
a disparu, et l'arc ne pr^ente aucune esp^ce de decoration ifig. 322}.
Conclusions.
Une chose trappe au premier abord, lorsque Ton parcourt les planches
oü sont groupöes les fibules gauloises: c'est la difference de dimensions entre
Celles trouvees au sud des Alpes, et celles trouvöes au nord. Ces derniöres,
ä part quelques exceptions, sont de taille generalement plus pelite, et meme.
ä longueur ögale, n'ont jaraais la m6me grosseur que celles du Tessin. II
semble donc que Ton retrouve döjä, pour ces epoques reculees, le goCit que
manifcstent encore aujourd'hui les populations du sud pour les bijoux voyants
et de forte taille.
La plupart des ressorts de nos fibules du nord sont ä deux ou trois
spires avec corde int^rieure ou exterieure. Or, si i'on fait le pointage de
286
Celles dont la corde est intörieure, on constate que Timmense majorit^ de
celles-ci se rencontre dans la rögion comprise entre d'Aar et le L^man, dans
la Suisse occidentale, et que cette disposition du ressort est surtout frequente
dans le cimetifere de Vevey. II semble donc que nous soyons en prösence
d'une mode particulifere ä une region d^terminee, mode creee probablement
par un atelier qui travaillait dans Touest de notre pays.
Cette mode fut surtout florissante pendant la premifere periode de l'öpoque
de la Tfene ; eile se retrouve aussi pendant les pöriodes suivantes, mais plutöt
ä r^tat de survivance.
Un autre fait est encore digne d'attirer l'attention: nous savons par
Cesar que les Helv^tes, au moment d'ömigrer, brülferent douze villes et quatre
Cents villages. On croit reconnaitre plusieurs de ces centres, dans des lo-
calit^s modernes dont les noms sont vraisemblablement d'origine celtique.
Or, il est particuliferement curieux de noter qu*aucune de ces localit^s n*a
fourni d*antiqutt^s gauloises, ou du moins en quantit^ permettant de supposer
qu'il y eut lä un centre important; une seule fait exception : Vevey, Tancienne
Viviscum, dans le voisinage de la quelle on a trouve un cimetifere.') Toutes
les autres, comme Vindonissa, Eburodunum etc. n'ont donn^ ä l'arch^ologie
gauloise que quelques objets isol^s. En revanche, il devait y avoir aux en-
virons de la ville de ßerne un centre important dont le nom gaulois s'est
perdu. On a en effet trouv6, soit sur la presqu'üe que forme en cet endroit
l'Aar, soit dans les environs de la vilie moderne, un nombre considerable
de tombes gauloises, soit isol^es, soit group^es par deux ou trois, soit röunies
en de v6ritables cimetiferes. On peut donc en conclure que le principal
centre ä Töpoque gauloise ind^pendante se trouvait aux environs de Berne.
Une autre question merite que nous nous y arr^tions quelques instants:
c*est Celle de la d^coration en corail.
Dans un mämoire d'une grande importance, notre maitre, Mr. S. Reinach,
a demontre, qu'en Gaule, le corail ne sert ä l'ornementation des objets que
pendant la premifere periode de l'^poque de la T6ne, et disparait pendant
la periode suivante, absorbe par le commerce avec les Indes, et qu'il est
remplac6 par l'^mail rouge.^)
En Suisse, le corail fait son apparition ä la fin de T^poque de Hallstatt.
Dans le Tessin, nous trouvons de nombreuses fibules ä sangsue decorees
d'incrustations de cette substance; celles-ci, nous l'avons vu, appartiennent
aux VI— V^""= si^cles. Sur le Plateau, ä la meme öpoque, nous trouvons
dans un tumulus ä Trüllikon (Zürich), une branche de corail brut, et des
incrustations de möme matifere ornent le bouton de fibules ä timbales.
Puis, pendant un certain temps le corail disparait; les premiferes fibules
de La Tfene ä decoration de couleur, sont ornees de erstes ou de cabochons
d'une substance non encore analysee, de couleur rouge brique, d'aspect
') Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde 1901 et 1902.
*) S. Reinach, le corail dans l'industrie celtique, Revue celtique, Tome XX.
287
poreux. qui parait etre une sorte de päte cuite; les chatons ont I*air plutöt
moul^s ([ue lailles.
Le corail ne fait sa röapparition que pendant ce que nous pourrions
appeler la belle epoque de la premi^re p^riode du La Tfene, et seulement
dans des fibules d'une cerlaino richesse; il forme alors des rosettes de
plusieurs pieces ornant le pied des fibules.
11 disparail avec la deuxieme pöriode; alors les fibules ne portent plus
de d(^coration de couleur. Cependant quelques unes de celles-ci, trouv^es
dans le Tessin, ont leur disque orn^ de cercles d'^mail rouge. Nous croyons
donc que ce qui est vrai pour la Gaule, Test aussi pour la Suisse, et que
la thöoric 6mise par Mr. Reinach est exacte pour les deux contr^es.
Encore une derni6re remarquc. Si Ton examine nos planches de
fibules, on constatera que trfes souvent les fibules trouvees dans une m&me
tombe, ou un möme cimetiere, appartiennent ä des vari6t6s voisines, sans
qu'il y ait parti pris de notre part dans leur groupement. Le fait se re-
produit trop souvent pour quon puisse l'atlribuer au hasard. C'est donc
que ces fibules devaient provenir d'un meme atelier; l'ouvrier s'attachait ä
varier autant que possible sa production. cout en conservant ä chaque pi^ce
un meme air de famille. Ces aieliers devaient Ctre assez nombreux, et pro-
bablement^ il y en avait un ou plusieurs dans chaque region.
Conclusfons gen4rales.
Nous sommes arriv^s au terme de cette etude sur les fibules de la Suisse.
Au cours de notre travail nous avons dejä eu l'occasion d'indiquer, pour
chacune des divisions territoriales que nous avons adopt^es, les principales
conclusions qui nous elaient suggcrces par nos recherches. Nous voulons
maintenant rcsumer brievement ces conclusions, et, en les groupant, essayer
de tracer un bref tableau de l'histoire de notre pays depuis rintroduclion
de fer, jusqu'ä Tarriv^e des Romains.
La Periode qui preceda immediatement celle que nous etudions, est
Celle que Ton est convenu d'appeler l'äge du bronze, caract(5ris^ en Suisse
par la prösence sur les rives des lacs de nombreux villages, parfois assez
importants, dont les constructions portöes sur pilotis s'elevaient au-dessus
de la surface des eaux.
Le fait que plusieurs de ces villages avaient 6t6 d^truits par le feu a
fait emettre l'hypothese que ceux-ci avaient p6ri lors d'une lutte, probable-
ment au moment de Tarrivee des bandes apportant avec elles la connaissance
des armes de fer. ')
Cette hypoth^se, si seduisante qu'elle puisse ötre» soul^ve cependant
de norabreuses objections.
II est certain que de nombreuses bourgades lacustres perirent par le
feu; mais toutes ne furent pas dötruites violemment et Ton en renconire
') S. Reiitach, Cours de l'Ecole du Louvre (1900).
288
bon nombre qui durent leur ruine ä rinfluenceseuledesagentsatmosph^riques.
Ce!Ies-ci ont du certainement etre abandonnees volontairement, et cela bien
avant l'arrivee des tribus hallstattiennes, car, dans Thypothöse oü Tincendte
des stations lacustres leur serait imputable, elles n'auraient certainement pas
manque de piller aussi les villages abandonnes Nous devons donc ad-
mettre que ceux-ci iurent delaisses ä une epoque suffisamment recul^e pour
que le temps ait eu la latitude d'exercer son oeuvre: ces stations ne devaient
plus exister qu'ä Tetat de ruines ä l'arrivee des nouveaux envahisseurs.
Que de nombreuses stations aient peri par le feu, cc-la n'a d'autre part
rien de surprenant, ä une epoque oü le feu devait jouer un röle important
dans la vie journalifere. Les habitations lacustres etaient tr^s leg^rement
construites, en pise, en clayonnage, en rondins, et couvertes en chaume.
Or, dans les debris de ces habitations, on relrouve des restes de foyers,
preuvc quell'on faisait du feu dans ces legeres demeures. peut-ötre pour se
chaufier en hiver, en tous cas pour preparer les aüments de chaque
jour. Bien plus, on a retrouve dans les restes de ces villages des creusets,
des moules de bronze et de pierre, des residus de fönte: c'est donc que les
habiles iondeurs accomplissaient leurs travaux sur les esplanades qui pro-
bablement entouraient les demeures. Des lors, quoi d'etonnant ä ce que le
feu se soit communique frequemment aux habitations elles-mfimes? Et il est
facile de concevoir que lorsque le feu prenait ä une de ces huttes, toul le
village devait y passer. Ces quelques remarques expliquent suffisamment,
croyons nous, la decouverte de stations incendiees.
Mais, ä ces raisons. s'en ajoutent d'autres qui militcnt en faveur d*un
abandon voiontaire des villages lacustres. S'il y avait eu lutie. si les
lacustres avaient du defendre leurs demeures contre un envahisseur. beaucoup
d'entr'eux auraient certainement perdu la vie pendant le combat, et leurs os
se retrouveraient parmi les ruines de leurs habitations; or tous ceux qui ont
etudie les debris de ces villages savent combien les restes humains y sont
rares. Bien plus, pendant le combat, non seulement des lacustres auraient
p6ri, mais on doit admettre que quelquesuns de leurs assaillants auraient
du aussi succomber. On devrait donc retrouver, non seulement leurs corps,
mais encore leurs armes, difierentes des armes de leurs advcrsaires, et des
objets de toilettes, fibules ou bracelets. Ce n'est pas le cas. De toutes les
stations qui ont eX6 fouillees jusqu'ä ce joür, on n'a sorti qu'une seule epee
de fer, celle trouvee ä Mörigen '), et les ornements qui peuvent etre attribues
ä la civilisation hallstattienne se bornent ä une demidouzaine de fibules.
Enfin, ä ces arguments tires de Tetude des stations elles-m^mes. nous
pouvons en ajouter un autre, d'ordre chronologique. On admet comme
dömontrö ^que la civilisation du premier äge du fer se developpa enire 800
et 400 avant J.-C, et que l'epoqut du bronze prit fin vers 800. Mais ainsi
que nous l'avons vu, ce n'est que la dernifere phase de la civilisation hall-
*) V. Gross, Les Protohelvtics, pl. XU, 4.
s>89
stattienne qui p^nfetra en Suisse, et on ne saurait la faire remonter plus
haut que 550 ä 600 au plus avant J.-C.
De plus, on ne saurait admettre qu'en Suisse cette dernifere civilisation
soit sortie de celle de l'^poque du bronze; 11 est au contraire indubitable
qu'il y a une rupture, et une rupture brusque entre les deux epoques; or,
möme si Ton admet. ce qui nous parait lr6s probable, que la civilisation du
bronze se prolongea en Suisse bicn au delä de l'^poque oü eile disparut dans
les autres pays voisins, on ne saurait cependant la faire descendre plus bas
que le commencement du VII*^^""^^ siede avant J.-C, car, si eile s'etait pro-
longee audelä de cette date, il est probable que des formes hallstattiennes
typiques se seraient glissees parmi les formes particuiiferes ä Tepoque du
bronze; tout nous prouve en effet que les habilants des palafitles t-ntretenaient
des relations commerciales suivtes avec les peuples voisins. Meme donc,
dans l'hypothese le plus favorable, il y aurait encore entre les deux epoques
un hiatus le plus d'un sifecle.
En Tan 58 avant J.-C. nous voyons les Helvetes brüler leui-s douzc
villes et 400 villages, et pariir ä la recherche d'une nouvelle pairie. Ne
pourrions nous pas admettre que le meme fait se soit produit antörieuremenl,
ä 7U0 ans de distance. Pourquoi, pour une raison qui nous t^chappe, les
lacustres n'auraient-ils pas pu aussi quitter leur pays? Les bandes hall-
stattiennes, penetrant dans nos contröes, les auraient trouvees desertes.
Cette hypothtse, nous ne nous dissimulons pas tout ce qu'elle a de
hasarde, aurait, nous semble-t-il, l'avantage d'expliquer la superposition de
ces deux civilisation consecutives, entre lesquelles on ne irouve jamais
irinfiltrations de l'une dans Tautre. ')
C'est Ä la fin de l'epoque de Hallstatt, avons nous dit, que ces nou-
velles populations penetrerent en Suisse II ne semble pas que le pays ait
alors ettJ habit^ par une population tr^s dense, ni stable.
Ces nouveaux arrivants incint-raient ou inhumaient leurs morts, et les
deposaient sous un tumulus, t^levation artificielle de terre. Ces tombeaux
sont disperses sur lout le plateau, gßneralemenl isol6s, quelquefois groupes;
les seules necropoles un peu importantes sont Celles de Lunkhofen (Argovic),
oü Ton a fouillc plus de 60 turauli, cellc d'Anet (Berne) et quelques groupes
du canton de Schaffhousc.
De cette dispersion des tombes, il semble que l'on puisse en dedutre
que la Suisse fut alors habit^e par des bandes peu nombreuses, errantes,
vivant probablement de l'el^ve des troupeaux, de la chasse et peul-eire du
pillage. Cette nouvellt^ population parait cependent avoir ete surtout paci-
fique, car les armes sont excessivement rares dans leurs tombeaux.
') On trouve dan^ les stutions tacustrcs des 6pees ä votutes qui apparticnncnt h la
traiisition du bronze au hallstaUien, preuvc que les statjons lacustres tlorissaicnt encore a
cette ^poquc. D'autrc part, on trouve cn Suit^se quelques rares tuinuli appartenant ä \h
premiöre phasc du hallstaitien; mais oeux-ci se rencontrcnt ea dchors de la r^gion des
lacs: c'est donc que le nord de notre pays fut alors parcouru par quelques bandes avant-
coureuses de Tinvasion des peiiplades arnidcs de fer.
390
Nous nous repr^sentons voiontiers les Hallstattiens comme vivant par
petits groupes de quelques familles, sous Tautorite d'un chef, habitant dans
leurs chariots, suivant leurs troupeaux, se d^plagant constamment pour changer
d'herbage, ou de chasse, ou suivant les Saisons. On n'a en effet jamais encore
retrouv^ trace de leurs demeures. Cet argument, nous la savons, n*est cependant
que de peu de valeur : on n*a jamais non plus trouve de döbris des demeures des
Helvfetes, et cependant nous savons qu'ils poss^daient des villages et möme
des villös. Mais en revanche nous connaissons pour Tepoque gauloise de
nombreux cimetiäres, signe certain d'une population stable.
Ce tableau que nous venons d'esquisser ä grands traits du premier
äge du fer, n*est vrai que pour le Plateau. Nous avons dejä vu en effet que
le Tessin 6tait habit6 dfes cette dpoque par une population nombreuse et stable.
Cette difference entre les moeurs des habitants des deux versants des
Alpes vient de ce qu'ils appartenaient ä deux peuples diff'^rents. Le Tessin,
nous croyons l'avoir demontrö suffisamment clairement, 6tait habite par des
tribus ligures. A quel peuple appartenaient les bandes qui occupaient le
Plateau? D'oü venaient-ils?
A la premiere question, nous ne croyons pas que la science soit encore
en etat de r^pondre, et plutöt que d'ömettre d'hasardeuses hypoth^ses,
ötayöes sur les vagues rensei gnements que peuvent nous fournir les auteurs
anciens, nous croyons pr^ferable d'avouer franchament notre ignorance.
II est plus facile de r^pondre ä la seconde de ces questions, et de
fixer avec une certaine vraisemblance la region d'ou venaient les tribus du
premier äge du fer.
Un fait va nous y aider.
Nous avons en effet constate que certaines fibules, les fibules serpenti-
formes et celles de la Certosa, se retrouvaient en grand nombre des deux
cötes des Alpes, en trop grand nombre pour que Ton puisse songer ä attri-
buer au commerce seul leur presence, soit de Tun, soit de lautre cöte de
la barrifere infranchissable.
Nous devons donc chercher une contree qui, du cöt6 de Test, soitsituee
de teile fapon que la civilisation hallstattienne ait pu facilement se repandre
des deux cötes de la chaine des Alpes. Cette region est le bassin du
Danube. Ce fleuve a jou6 dans toute l'antiquite pr^historique une röle
important comme voie de migration et comme route commerciale.
C'est de lä que durent partir les bandes ligures qui, apr^s avoir traverse
l'Autriche, p^netrferent en Italie par la Ven^tie, s'etablirent sur le bassin du
Fö, et de lä, remontant le cours du Tessin, vinrent se fixer au pied du
massif du Gotthard. En Italie, ces tribus se trouverent en contact avec un
autre peuple, les Etrusques, dont la civilisation plus avancee supplanta presque
compldtement leur propre civilisation.
C'est aussi des bords du Danube que durent partir les bandes qui,
aprfes s*6tre etablies dans le sud de l'AlIemagne, passant le Rhin, p6n6tr6rent
sur notre territoire.
A9X
CVst en effet, sans nul doute possible, par le Rhin que piinetra en Suisse
la civilisation de Hallstau. Fointons sur une carte les localit^s oü furent
trouv^es les diff*^rentes fibulcs : la fibule de la Certosa se trouve, dans le
canton de Zürich, dans deux vallces arrosees par des afiluents du Rhin;
dans le canton de Berne, c'est le long de I'Aar, un des principaux aftluents
du Rhin, qu'ont ete (aites les principales decouvertes ; de lä ce type de fibule
se repandit jusqu'ä Textrcmite du Leman en longeant le Jura. M^me marche
en ce qui concerne la fibule serpentÜorme, et les autres Hbules du premier
äge du fer.
Dressons encore la carte des fibules ä timbales: le flot a pour point de
depart le coude du Rhin ä Schaffhouse, un peu avant les celebres chutes
que fait en cet endroit le fleuve. De lä, il se r^pand de proche en proche,
de vall^e en vallee, pour venir aboutir egalement sur les rives du Leman.
Mais ces bandes hallstattiennes ne lurent pas longteraps maitre de ces
contr^es: bientöt s'opera en Europe un des principaux mouvements de peuples
qui devait donner ä notre continent sa physionomie actuelle; nous voulons
parier de l'arrivee des Gaulois» apportant avec eux une nouvelle civilisation.
D'oü arrivaient ces nouveaux venus? c'est une des questions les plus
d6battues de Tarch^ologie prehistorique.
Monsieur Reinach a emis Thypothtse que la civilisation gauloise 6tait
n^ dans I'Europe centrale, ä Test de la Gaule *).
Nous sommes heureux de pouvoir confirmer Thypoth^se de notre savant
maitre. La civilisation gauloise est nee et s'est developpöe sur le cours
moyen du Rhin, et si Ton veut pr^iser encore plus, on peut affirmer qu'elle
est n€e dans la petite r^gion comprise entre le lac de Constance et le coude
du Rhin ä Bäle, enlre la foröt Noire et les ramifications des chaines du
Jura, et eile est sortie, par une lente evolution de la civilisation du premier
äge du fer.
C'est en etfet pres de Bäle, ä Muttenz, dans un tumulus, que nous
rencontrons le plus ancien type de la fibule gauloise: c'est une fibule de la
Certosa ä peine modifiee, et la seule difference qu'elle präsente avec ses
soeurs de r^poque pr<^c6dente. c'est un ressort bilateral ; c'est encore dans
cette region que nous trouvons les premicrcs modifications de cclte fibule,
et que nous assistons ä sa transformation graduelle, jusqu'ä ce que de cette
Evolution Sorte le type que Ton d^signe sous le nom de fibule de La Töne.
C'est aussi dans cette m^me region que nous pouvons suivre la trans-
lormation de la fibule ä timbale en une fibule ä ressort bilateral.
Une preuvc encore plus tnarquante nous en est Iburnie par les tombes.
Chacun sait combien les rites fun^raires sont persistants. avec quelle peine
une population abandonne ses coutumes seculaires. Or, c'est encore dans
cette meme region que nous voyons peu ä peu le tumulus, forme du tombeau
chez le peuple prec^dent, faire place ä la tombe souterraine, sans signe ex-
') S. Reinach, Le corail dans l'industrie celtiquCf Revue celtiquc 1899. p. lai»
393
terieur; suivanl un meme mouvement, nous voyons rincinöration faire place
ä rinhumation.
A que! moment s'accomplit cette Evolution? C'est ce que nous pouvons
fixer avec une certaine precision.
Les Gaulois prirent Roma en 390; ils durent donc apparaitre en Italic
quelques annees avant, apportant avec eux la civilisation de La T^ne. Nous
ne pensons pas faire erreur en pla^ant leur arrivce dans les plaines du Pö
aux environs de 400. probablement entre 420 et 400 avant J.-C. Si nous
nous rappelons que dans les cimeti^res tessinois nous avons trouve des
formes de fibules relativement primitives, nous devrons adraettre que les
Gaulois pön^tr^rent en Iialie peu de temps apres que la civilisation gauloise
^tait sortie de la p^riode d'evolution. Nous pouvons donc dire qu*en 420
environ ce mouvement venait de s'achever.
D'autre part nous avons constate que la fibule gauloise (^tajt issue de
la fibule de la Certosa. Celle-ci a pu etre datee avec precision gräce aux
vases grecs peints trouves avec eile dans It^s lombes etrusques de l'ltalie.
Cette fibule est caractcristique pour le V""*^ siede avant J.-C. : on ne saurait
donc placer les debuts de l'evolution d'ou sortit la fibule gauloise anterieure-
ment ä cette date.
Nous pouvons dune placer cette Evolution dans les cinquante annees
comprises entre le second et le iroisieme quari du V*^'"* sitcle, dans la
region comprise entre ie lac de Constance, le coude du Rhin, la Foröt Noire
et le Jura.
Cette nouvelie civilisation etait issue de la civilisation l lalstattienne et
portee par les tribus gauloises ; eile se repandit rapidement dans toute TEurope
centrale et occidentale.
D^s lors, eile se developpa normalement dans notre pays, donnanl
naissance ä un art rafBne, souvent admirable.
Ce developpement se poursuivit jusqu'au jour oü les Helvetes, quittanl
leur pays, furent vaincus par Cesar et soumis ä Tinfluence romaine.
Teiles sont les conclusions que nous croyons pouvoir tirer de notre
etude des fibules pendant les periodes preromaines du fer Conclusions que
nous avons pu preciser encore sur ceriains points en nous appuyant sur
d'autres faits archeologiques connexes. II est cependant une remarque qu'il
faut encore que nous fassions en finissant: les präsentes conclusions sont
tiröes presque uniquement de Tetude de la fibule; c'est une chose que le.
lecteur ne devra pas oublicr. Nous croyons que dans leurs grandes lignes
elles sont justes; cependant, il estpossible quune etude plus detaillöe des
tombeaux, et de la civilisation en general de ces deux epoques, dont nou5
navons pas tenu compte ici, en modifie quelques details.
_aiäl
Le Temple Gallo-Romain de la < Orange du Dirne » k Avenches,
Par IVilliam Cari.
Les fouilles de l'Association Pro Aventico ex^cut^es pendant les deux
dcrniers hivers ont eu un retentissement inaccoutume. A plusieurs reprises
les journaux en ont port6 les rösultats, encore tout provisoires, jusque dans
la Suisse allemande et au delä du Rhin. Le public a paru s'y intöresser plus
que d'habitude, et avec raison, car ces travaux ont 6t^ fructueux et ont
amen^ des d<^couvertes qu'il n'est pas trop ambitieux de qualifier de consi-
derables. Les lecteurs de V Anzeiger s'attendent evidemment ä 6tre in-
formes, avec quelques dötails, de ce qui a ete mis au jour et Studie. C'est
ce que nous nous efforcerons de faire dans les pages qui suivent.
Quand le comit6 intercantonal decida, en octobre 1905, de fouiller le
terrain formant l'extremit^ SE du parchet appele „Derri6re la Tour", situe
en face de la „Orange du Dirne", le long de la grande route de Moral (pro-
prietes de MM. Doleyres-Bessat et Delessert), il fut guido non seulement par
le desir de retrouver si posstble les restes de la chapelle consacröe ä Saint-
Symphorien, mais aussi par la conviction que cet emplacemeni n'avait pas
encore €\.€ sdrieusement explore, malgrd tous les bouleversements dont il a
tit l'objet.
M. Maxime Reymond avait stabil, appuy^ sur de nombreux documents *),
que la chapelle de Saint-Symphorien. fond^e par l'eveque Marius, se trouvait
»ä la hauteur de la Orange du Dime". 11 y avait donc intör^t ä rechercher
s*il restait quelque chose de ce sanctuaire, important dans l'histoire religieuse
du „vieux bourg" d'Avenches.
D'autre part on pouvait esperer que le terrain en question, plac^ non
loin de l'amphithcätre, non lein du Forum, donc dans un des quartiers brillants
d'Aventicum, contenait encore quelques vestiges des splendeurs passees.
Les fouilles.
Les fouilles commencferent le 4 d^cembre 1905, comme d'habitude sous la
surveillance de nolre fidele contröleur, M. AugusteRosset. Les tranchees creusees
les Premiers jours ne donnferent que peu de satisfaction : quelques vestiges de
ma^onneries, des pierres provenant de murs d^truits, des debris de poleries, un
denier de Severe Alexandre (n** 1812; 30) ; en somme, rien de valeur. Les esprits
') Pagts ttkisioire aviu/tcienm (1905) p. 34 et suiv.
294
timor^s se demandaient ddjä si l'on n'avait pas fait fausse route, lorsque le 15
decembre au soir unc decouverte vint ranimer les courages ddfaillants. C*etait,
gisant dans un monceau de debris de marbres, une pi^ce en bronze, doree sur une
de' ses faces, haute d'environ o"'95 ä 1 m., large ä sa base de 0*^45 äo^'so
(fig. 67). Eile se compose de quatre voluies dcgantes, ajourees dans une plaque
de metal de i ä 2 cm d'epaisseur, Partant d'une base commune, les volutes se
superposent; la premiere est horizontale, les suivantes se redressenl et leurs
tiges forment avec la base un angle de plus en plus aigu. Des restes de
soudure montrent clairement qu'une autre
pi^ce de bronze semblabEe devait etre atte-
nante ä la nötre, ä angle droit. L'architecte
du Pro/lvefttico,y[. Th. van Muyden. recon-
nut imm^diatementque cet orneraent, unique
dans son genre ä. Avenches, n'ötait autre
chose que l'acrotere d'angle d'un ^ifice.'l
On voit l'importance de cette trou-
vaille. Nous <^tions, sans qu'aucun doute
püt subsister, dans le voisinage d'une con-
struction de marque. Les acrotferes, on le
sait, sont les ornements qui couronnent les
st&les funeraires, les extremitös et les
sommets des frontons. Ils peuvent avoir
les formes les plus diverses. Dans les grands
temples, des statues de divinites ou d'ani-
maux fantastiques sont employ^es comme
acroteres; souvent ce sont des tröpieds,
des palmes. La forme de notre acrotere, en
dcmi-palme, indique suffisammcnt qu'il ne
pouvait pas avoir et^ placö ailleurs qu*ä
un angle ; ses proportions prouvent que
l'tdifice auquel il appartenait ne devait pas
6tre de tr^s grandes dimensions. C'etait
dejä un point acquis.
Des lors, mal gre le tem ps affreux
et le froid penetrant, les fouilles furenl
continuees avec ardeur. et les decouvcrtes interessantes se suivlrent coup sur
coup. Ce ful d'abord un mur, extraordinairement solide, de T^paisseur de
I "' 20. allant du SO au NE sur une aendue de 21 m, tout pr^s de la route,
et se continuant jusquc sous le troiloir actuel. Puis, ä Textr^mite occidentale
de ce mur, ä la profondeur d'environ i"* 50, un amas «Enorme de grosses
piöces d'architecture, de style corinthien, en calcaire jaunätre: fragments de
') Un acroltre ü-frs scmblabic. mais en pierre, a 6l<* trouv* dans les fouiUcs de So
Pierre, ä Genfeve, et public par Emile Dunant dans VAnzeiger, 189B t. VIÜ^ p. 14.
67. Acrottre en bronze dor^.
Hauteur de Toriginal: o«'95 — i m.
295
corniches, d'architrave et de frise, de colonnes engag^es; puis des debris de
statues en rnarbre blanc, ir^s mutilees; une touLe de menus morceaux de marbre,
de porphyre rouge, de Serpentine, de bronze; enfin, en plusieurs fragments.
un grand reÜef, reprösentant une löte de jeune horarae, vue de face, encadrec
de feuillages. Maintenant, nous pouvions affirraer que nous etions en pr6-
sence d'un temple. II s'agissait d'en ^tablir le plan (Planche XX).
Le probi^rae etait interessant au premier chef, car, si Ton r^ussissait ä
le r^soudre, ce serait le premier teraple ä Avenches dont on aurait ä la fois
exactement la posilion et les dimensions. II y avait un temple au Perruef);
il y en avait plusieurs prt^s du Cigognier: c'est un fait connu depuis long-
temps et les corniches trouvees pres de lä en fönt foi. Cependant il n'a pas
ete possible, jusqu'ici, d'en d^terminer Templacement avec quelque exactitude.
Mais cette fois nous nous trouvions sur les ruines d'un temple, c'^tait certain.
En revanche, si cette täche ätait attrayante, eile n'^tait pas aisce, puisque les
travaux ätaient arrötös tout net par la route de Berne. On put cependant
constater que le premier mur d^couvert formait le cöte N d'une construction
qui sY'tendait, sous la route actuelle, jusque dans la propriete dite „la Grange
du Dirne" (appartenant ä MM. Borcard et Ryser) et dans celle de M. Fornerod-
Bessat. Les deux angles droits au NO et au NE etaient encore bicn con*
serv6s et montraient que [es deux murs allant vers le Sud avaient IVpaisseur
de 2'"io. Le mur occidental, grAce ä l'obligeante autorisation des proprietaires,
put ^tre retrouv^ entre la maison Borcard et la maison Fomerod, ä i'"8o
de profondeur. 11 mesurait une longueur de 20 m. Lä aussi il y avait sous
le sol de nombreux fragments d'architecture. Le mur sud du bätiment git
sous la „Grange du Dirne", de Sorte qu'il n'cst pas question de le rechercher.
En revanche, entre cette maison et la route, on decouvrit un angle de mur,
resCe d'un edifice situ^ au milieu de l'enceinte carree. La paroi Orientale de
ce nouvcau mur 6tait ä 14 m de la fa^ade exterieure du mur d'enceinte occi-
dental, exactement reconnu; l'angle etait renforc6 au S et ä l'E par un gros
massif de ma(;onnerie; les murs qui formaient cet angle devaient donc se
prolonger sous la route au N et ä l'O,
On n'en pouvait plus douter; dans l'enceinte de forme ä peu prfes carree
(20 m X 21 raj se trouvait un autre bätimeni, recouvert par la route de Berne
actuelle.
C'est ce bätiment qui ä ete recherch^ du 22 au 29 novembre 190b.
Les autoritds competentes rairent la plus grande obligeance ä nous faciliter
les fouilles. EUes ne furent pas aisees. II s'agissait d'ouvrir une route dure,
r^cemment erapierree au roulcau compresseur, et goudronnee. II fallait se
häter, afin de ne pas entraver trop longtemps la circulalion, vu que ce tron^on
de la route de Berne ötaitalorslechemin menant de la villeälagared'Avenches/)
Enfin, le tetnps ^tait aussi peu favorable que possible. Neanmoins les travaux
*) E. Secretan, Avtntiamt, p. 67; BuHetiii Pro Avtntico, n* II, p. 34.
') Unt route direcle de la vüle ä la gare vicnt d'etre conslruitc tout r^ccmmenl.
296
furent rapidement men6s et termin^s sans accident. Naturellement toutes les
tranchees (trois dans la route, une devant la maison Ryser) durenl 6tre
recomblees, le sol nivel(5 au plus vite ; mais les mavonneries constat^es ont
^te soigneusement mesurees et le plan dresse par M. Rosset, dont nous
connaissons Texactitude.
Les resultats de ces fouillcs sous la route furent ceux qu'on pouvail
espörer. 11 ne s'est plus rencontre une seule pi^ce sculptee, mais, — et c est
bien autrement important, le bätiment recherch^ a 6te retrouve; il etait,
lui aussi, de forme ä peu pres carree, les cötes NS mesurant 8 m, les cötes
EO 9m; les murs ont environ o"'90 d'epaisseur; ils sont formds de bonne
raa^onnerie romaine. comme ceux de l'enceinte exterieure, si dure qu*il est
presque impossible de les „soriir". Le mur N a ete constatö en entier, les
murs S et Ouest presque enti^rement, en outre l'angle NE, de sorte que la
Position et les dimensions de l'^difice sont rigoureusement ^tabues.
Nous avons donc un petit 6difice, de forme ä peu pr^s carröe, silu6 au
centre d'une enceinte de nn^me forme. Disons-Ie tout de suite, cette disposition
est speciale aux tempies gaulois ') de l'epoque romaine. Ajoutons toutefois
que Tancien temple etrusque etait aussi de plan carr^. Mais il ne nous parait
pas possible d'admettre ä Avenches, sous l'Empire, une tradition etrusque;
c'est donc bien un type galio-romain que nous avons devant nous.
Les trouvailles.
Nous avons rapidement mentionne les raorceaux d'architecture mis au
jour par les fouilles de Thiver 1905— 1906. Ils sont tous aujourd'hui au Mus^e
d'Avenches ; malheureuscment Ic peu de place dont on y dispose n'a pas permis
de ies laisser r^unis ; ils sont repartis sur plusieurs emplacements, ce qui ne
facilite pas l'examen attenlif et comparatif dont ils sont dignes.
Commenpons par ceux qui se Irouvenl actuellement sur la Terrassedtt Muset,
Fragments de coRNiaiES d'entablement, de style romano-corinthien.
(N'* 4402 ä 4406; denticules 4483; ä gauche, avant d'arriver ä la marquis«
d'enlree.) Le morceau principal (n" 4403, fig. 68) est plac^ dans sa positionl
normale, mais bcaucoup trop bas. II ne faut pas oublier que la corniche etait
ä la hauteur de 5 ou 6 m, de sorte que toutes ces sculptures, aujourd'hui
au niveau de Toeil, etaient vues d'cn bas, ce qui change compl^tement leur
eflfet. Esperons qu'un jour un Mecene, ne ou ä naitre, tiendra ä honneur de
doter Avenches du Musee que merile notre caput genfis. Alors on pourra
placer ces cornichcs. ainsi que les magnifiques morceaux provenant du Eorum,
dans la position et ä la hauteur qui leur est due.
') On sait que les tempies romains ont regulifercmenl la forme d'un parallälogramme.
Souvent, mais pas toujours, ils sont entour^s d'une eiiceinle sacr^e. C'cst le cas du scul
templc jusqu'ici bien constatä en Suisse. cclui du Schönenbühl, ä AugsL Voir la belle ötudc
de M. Th, Burckhardt-Biedermann, Amti^tr, 1893, t. VII, p. 236.
69> Angle de corniche. — Hauteur de roriginal: o*"4X.
Nos comiches prösentent la s^rie d'^^ments ordinaires dans le style
corinthien, oii de nombreuses variantes sont d'ailleurs perraises: rais de cceur,
oves ou quarts de rond, denticules ; puis viennent les modillons, faisant une
saillie de 1 1 ä 12 cm ; enire les modillons, les caissons, larges de 10 ä 11 cm,
qui occupent les soffites, sont ornes de rosaces. En general, le haut du larmier
est d^cor^ d'ornements en forme d'^cailles, de palmes ou de feuilles de roseaux.^
Ici il est agremente de baguettes en demi-cylindre qui ne sont nullemeni ele-
gantes. Une large bände de feuilles d'acanthe, surraont^e d'une plinthe en ^
forte saillie, couronne le tout. ■
L'ensemble de la corniche mesure en hauteur 41 cm et fait une saillie
de 44 cm, ce qui est assez conforme aux preceptes de Vitruve.')
Com DE MtDArLl-ON, EN RELtKF, n" 4481.
Fragment de frise, n" 4482.
De archifectura IM, 5, 81. (cd V. Rose.)
Grosse rosace sculptee n" 4409, hauteur 43 cm.
Fragments de colonnes engagees; n** 4396 ä 4399, 4401. Le diamttre
inf^rieur de ces colonnes devait etre envlron de 45 ä 50 cm.
PiLASTRE d'anole (s. n.), gros bloc triangulaire aux coins un peu arrondis;
cannelures sur trois faces.
11 est ä remarquer que tous les d^bris de colonnes appartiennent ä
des colonnes dites rudentees; c'est ä dire ont cette particularite que le
creux des cannelures est renipli par une baguette derai-cylindrique assez
forte pour arriver ä peu pr6s dans ralignemeiU des c6tes qui s^parent les
cannelures. Cctte disposition est frt^quente dans l'architecture romaine, aussi
bien en Italic que dans les provinces, pour la partie inferieure de colonnes,
jusqu'au tiers de leur hauteur. II est plus rare de la voir appHquee dans toute
l'elövation du föt. Ccpcndant le tronyon n" 4401 pourrait avoir etö un sommet
de colonne, le creux qu'on y rcmarque paraissant avoir ^X.6 destin^ ä recevoir
un tenon (fer, plorab, bois) pour y fixer le chapiteau. Sous le hangar du Musee
on trouve aussi un sommet de colonne du möme genre.') Ce modfeie de
cannelures, qu'on ne saurait gu^re (juaÜfier d'heureux. n'est d'ailleurs pas une
nouveaut^ ä Avenches. La presque totalil^ des colonnes qui y ont €i€
d^couvertes presente ce möme type.*) C'est aussi le cas ä Äugst. Sauf
erreur, la cannelure classique n'est reprösent^e au Mus<5e de Avenches que
par un seul exemplaire.
Vesiihttle du Miisee (paroi de gauche). Töte de jeune femme (n** 4417),
marbre d'une belle allure, malgre la cnielle mutilation. Hauteur: 30cm.
Solle des marbres (rayon de gauche en entrant). Torse de jeune garten
n" 4115, bras cass^ en dessous de l'öpaule. Hauteur: 27 cm. Marbre blanc.
Torse de jeune gar^on, marbre blanc, n" 4116, encore plus abimtf;
hauteur : 23 cm.
Sous le hatignr. Reijef, n" 4367. trouv^ en face de Tanglc NO du temple,
bris^ en six fragments, mais reconstitue ä peu pr^s complfetement (Planche
XXI). Le centre du grand bloc quadrangulaire (hauteur: r"24; largeur ä la
base; i'"7o), est occupe par une töte de jeune homme imberbe, vue de face,
encadröe d'un cercle d'astragales (hauteur: o"'52i. Pas trace de coiffure. Les
cheveux boucles descendent sur le front, tres bas; un peu au-dessus de reell
se reraarque une corne naissante, bcaucoup plus visible du cöt^ droit (de la
töte) qu'ä gauche. Les pupilles sont marquces en creux, la bouche trfes
legerement entr'ouverte, Ic mcnton a une tossette accentuee. Le trou un peu
au-dessous de la racine du nez n'est evidemment qu'un accidcnt.
') Voyez aussi Dunii, Römisch* AyrhUfkfur^ fig- 43i( "" exemplaire romain.
*) Une colonne de cc genre sc vuit sur nutrc fig. 71, ä gauche du tragmcnt de fHae
dt^crii plus bas.
I.e cordon d'astrag-ales est encerd^ d'une coiironne de feuÜles d*acanlhe,
celle-ci d'un nouveau cercle d'astragales. Un cadre d'oves et de rais de cceur
(diam^tre interieur: o"'95, diam^tre ext^rieur: i^iö) enserre le tout. Les
dcoini^ons et les bords entre ce m^daillon circulaire et les extr^mit(?s du bloc
quadrangülaire sont om^s de feuilles d'acanthe, d'enroulements et de fleurs
qui ne manquent pas d'^legance. Le travail en est tr^s supörieur ä celui de
la figure centrale, Evidemment, la sculpture grossifere de cette t€le ^tait
calcul^e pour €tre vue de loin, probablement ä une certaine hauteur; ainsi
eile produirait un tout autre effet que maintenant, pos^e presque sur le sol,
On pourrait etre tente de voir dans cette t€te une repr^sentation du
dieu gaulois, cornu, appele Cernunnos; mais les cornes de ce dernier ont
une forme toute diFferente.') D'autre pari, comme on a trouvö plusieurs
medaillons de ce genre, ainsi qu'on le verra plus loin. il faudrait admettre
que plusieurs divinit^s aient ete ador^es ä la fois dans le meme temple, ce
qui ne parait gu&re possible. Enfin, ce m^daillon etait destin<^ ä figurer ä
Texterieur du temple. tout le travail en fait preuve. Or, ce n'est pas lä la
place de la divinite tutelaire du sanctuaire. 11 semble donc qu'il ne faille lui
attribuer qu'un röle simplement d^coratif.
Lors d'une recente visite ä Avenches, le regrett6 Ad. Furtwängler, a
reconnu dans cette löte le type du dieu fluvial Acheloüs; il y voit, en efiet,
une figure purement d^corative, sans rapport avec la divinite ä laquelle le
temple pouvait etre consacr6,
Tout prfes de cet imposant morceau, on voit les restes d'un second
MEDAU-i-ON, de meme genre et de raemes dimensions: cadres d'oves et d'astra-
gales, entourant une double couronne de rayons ; seules, les pointes du rang
inferieur sont visibles entre celles de la rangee de dessus.
Le Mus^e poss^de d^jä trois totes analogues, mais de dimensions et de
pierres differentes: i ' ApoUon nimb^. salle des marbres, 201 ; Bursian, p. 36;
pl. X ; Dunanl. Guide, p. !6; pl. H, 1. — 3 Jupiter Ammon; Bursian, p. 40,
pl. XlII; Dunant, p. 13; pl. II, 5. Hauteur: 0*^45. — 3" Dieu cornu et barbu
d*' ^tage, n"2i4, marbre blanc). Bursian. p. 36; pl. X. 2; Dunant, pl. 32;
pl. il, 2. Hauteur; o"'26.
Le cadre du Jupiter Amnion orire beaucoup de ressemblance avcc ceux
trouv^s ä la Orange du Dirne.
Angle de frise (n ■ 4368 fig. 71). Longueur, face: ©""gö; petit cötö ; o'"5i).
Comme c*esx frequemment le cas, l'architrave ihauteur: o"'33i est taillö dans
le möme bloc que la frise (hauteur: o"' 46). Selon l'habitude aussi, l'architrave
est divisä en trois parties inegales par deux cordons de perles. La frise,
separte de l'architrave par des rais de cceur et faisant sur celui ci une legere
saillie, est ornee de rinceaux et de feuilles tout ä fait semblables ä celles qui
') S- Reinnch, Reptrtoirt. de la staiuatre, t II, p. 35.
3o3
garnissent les bords du grand m^daillon d^crlt ci-dessus. Ces ornements v^g^
taux sont d'un effet charmant ; on se plait ä y retrouver une lointaine sur-
vivance de ces exquis rinceaux de la belle epoque romaine, tels que ceux de
/'Ära Paa's d'Auguste. qui ont inspire, ä travers tant de sifecles, tant de
däcorateurs.
Döcouvertes au Mus^e.
La döcouverte de ces pi6ces d'architecture, tout particuli&rement des
fragments de comiches, devait avoir des consequences inattendues.
Alors que ces blocs de calcaire elaient encore dans les tranch6es, ä
moiti^ enfouis et recouverts de boue, je lus frappe, d^ le premier coup d'oeil,
de leur ressemblance extraordinaire avec des morceaux conserv^s au Musöc.
Je veux parier des quatre fragments de corniche, dont Tun iormant pifece
d'angle ilongs de o"'72, ©"'73, i'"i3, o"'87. ensemble 3"" 45) qui se trouvent
au rez-de-chauss^e du Musee, paroi du cöle de lamphitheätre, plac^s sur le sol,
mais ä rebours, le larmier tourne en haut et la cymaise en bas. Bursian, p. 30;
pl. V, 2; Dunant, paroi B, p. 11 ; pl. II, 4; Martin, BuUeiin P. A., n" IV, p. 8.)
Ces imposants morceaux existent au Musee d^s sa fondation (vers 1830} et figiirent
dans les inventaires avec la mcntion „provenance inconnue". Un examen attentif
me prouva qu*il ne s'agit pas seulement de ressemblance, mais d'une parfaite
identit^. La pierre est le m6me calcaire jaunätre du Jura; les diraensions,
Tornementation , absolument pareilles jusque dans les plus pelits details.
Autrement dit, les corniches du Musee proviennent du bAtiment m^mc que
nos fouilles venaient de r^veler {fig. 69).
11 est visible que les corniches du Musee, mises en lieu sCir depuis plus
d'un sifecie et demi, sont en meilleur etat que Celles qui viennent de sortir
du sol. La feuille d'acanthe qui termine la face des modillons y est bien
mieux conserv^e. On remarquera que dans un des soffites la rosacc centrale
n'est qu'amorcee par les trous faits ä la vrille; le sculpteur a oublie de terminer
Äon omement. Heureux oubli, puisqu'il nous permet de toucher du doigt la
manitre de proceder de l'ouvrier d'AventicumI
Mon attention ^tant mise en £veil, je trouvai sans trop de peine au
Musee encore d'autres fragments dont rorigine est C'videmment la merac.
D'abord, au-dessus de ces grandes corniches, un morceau qui parait avoir
fait parlie de {difrise (n** 173; hauteur: 58 cm, largeur: 60 cm), orne d'enroule-
ments de feuilles et de fleurs. Puis, dans le tas de marbres qui occupe le
centre de la mßme salle, deux fragments de cadres drcuiatres tout ä fait
pareils ä celui qui entoure l'^norme töte sous le hangar; Tun, roesurant 42 cm,
porte des oves et des astragales; la cassure suit la ligne circulairc. Lautre
(n" 175» fig. 70; hauteur: 56 cm; largeur: 90 cm) formait l'angle d'un cadrc
de ra^me genre, compose cgalenient d'oves et d'astragales, puis d'une cou-
ronne de feuilles (vigne? acanthe?), Dans les ccoin^ons on voit de grandes
feuilles stylisees. II ne peut pas y avoir de doute: tous ces debris d'un seul
et m^me edifice proviennent du temple de la Orange du Dirne.
Travaux bemois.
Mais comment ces morceaux sont-ils entr^s au Musee? On peut repondre
ä cette question ä coup sür. je crois, en tout cas sans se lancer dans des
hypothfeses trop hasardees.
Le tracö actuel de la chauss^e qui sort d'Avenches pour mener ä Morat
et de lä ä Berne ne daie que du rtiilicu du dixhuiti^me sifecle. Jusqu'alors
la grande route Payerne-Morai longeait, ä plal, le pied SE de la colline et
rejoignait le trac6 aciuel un peu au NE de Ja Orange du Dirne: „la ville etait
reli^e ä cette route par le chemin qui, de la porte de Berne, descendail en
Saint-Etiennc." '} En 1750 et 1751 LL. EE. firent construire un chemin direcl
de la porte de Berne ä la Orange du Dime. Pour cela on abattit ce qui sub-
sistait encore de contreforts au S et au SE de Tamphith^atre ; puis, Iraversant
le Rafour, le nouveau chemin arrivait ä I'extr^mitö SE des terrains appelesj
Derri^re la Tour; lä, le sol aait maröcageux et il fallut fonder solidement
la route. En creusant, les ouvriers renconlrerent n^cessairemcnt les restcs de
I'cdifice que nos fouilles ont retrouv^ en 1905— 1906; les murs de fondaiion
ne les gönant nullement, ils se bornerent ä les recouvrir, mais mirent de
cöte les debris d'architecture : comiches, pierres sculpt^es, etc. Ces morceaux
furent deposes on ne sait oü et formerent le premier noyau du Musee lors
de sa fondation entre 1825 et 1830. Peut-^tre les papiers du premier conser-
vateur, M. de Dompierre, donneraient-ils quelques renseignements quant ä
l'emplacement oü il retrouva ces gros biocs, si curieusemenl sculptt^s et fouilles.
L'^tablissement de la route en 1751 avait nöcessitö des travaux consi-
d^rables; il avait fallu dt^molir et creuser, combler et niveler; le sol de toute
la r^-gion avait ete bouleversd sur une vasie ^tendue. Ce n'est pas etonnant
si ä cette occasion bon nombre de restes antiques, hypocaustes, mosaXques, irag-
ments d'architecture etc , furent mis au jour. Ce n'est pas etonnant non plus
si les magistrats bernois s'occup^rent de ces d^couvertes. Dans son memoire
intitule Die aiten Bertter und die römischen Altertümer *), qui est tout plein
de faits (ort interessanls, M. le professeur H. Dübi a raconte (p. 34 et suiv.;
p, 37, les documents originauxt les deltberations que lint le Conseil pour
assurer la conservation de ces objets, attendu que -diese decouverte attention
meritiere" (textuel), Ce qui int^ressait le plus LL. EE., bien plus que les pierres
scuipt<5es, c'est le «pave ä la mosalique" trouve Derriere la Tour. Cette mosaique,
M Eug. Secretan. AventicutH, a<^ t<^., p 49; Maxime Reymond, Pages aventicittiHäs, p. 33.
Voir la gravure de Mehan.
*) ßcm, 1888. M. Dübi a conciiiuc ces ^tudes dans un second memoire qui porte le
liü"c StuäuH zur Ge^chichtt der r6f4nschtM AiUrtümtr in der Schweiz. Bern, 1891
üb^dl
305
dont le panneau central representait Bacchus et Ariane, avait d6jä Ate
vu en 1708, mais eile ne fut completement deblay^e qu*en 1751 et
dessinöe par le g^om^tre Fornerod. D'apres les Manuaux de la Cham-
bre des Bannerets '), une commission, composee du „Heimlicher" Steiger,
de P'red^ric de Mtllinen et du professeur Altmann, proposa Tachat du
champ oü se trouvait celte mosaVque; les Bannereis et le Welschseckel-
meister appuyerent cette proposition aupr^s du Conseil, en falsant re-
marquer que les decombres que renfermait tout le parchet pourraient
servir ä am^liorer le sol mar^cageux d'une prairie appartcnant au Chäteau
d'Avenches, et que les nombreux cailloux pourraient etre utilement employes
ä empierrer le nouveau chemin, ce qui serait une sensible economie pour
LL. EE. Les bannerets recommandaient en outre, corame „absolument neces-
saire", la construction d'une maison pour abriter la mosalque^ pour y loger
un gardien et pour y creer une „chambre ä pari" qui servirait ä conserver
les „curiosen pifeces" qu*on pourrait encore trouver si LL. EE. se decidaient
ä continuer les fouilles, puisqu'on avait toutes les chances de trouver encore
des „choses admirables". Malheureuseniejit, pour motifs d'economje, le Con-
seil n'accepta pas dans son ensemble la sage proposition des Bannerets. Le
champ fut bien achetö, un „engard" construit pour proteger la mosaique,
sous la surveillance de Schmid de Rossans; mais il n'y eut ni gardien, ni
mus^e. Ritter, qui s'int^ressait ä ce projet, eut beaucoup de peine ä se con-
soler de le voir tomber dans I'eau.*) Quant au „grand pave", il lut peu ä peu
dötruit par les visiteurs et les collectionneurs et acheve par la cavalerie fran-
^aise en 1798.')
Le temple.
II est temps de revenir ä notre edifice de la Orange du Dirne. La dis-
position qui comporte une rc/Za de plan carrc dans une enceinte egalement
carree est propre, avons-nous vu, aux temples gaulois de r<>poque romaine.
Les templcs construits sur ce plan sont loin d'^tre rares, mais ils n'ont
pas encore fait l'objet d'une etude d'enserable, quoique ayant attire ä plusieurs
reprises l'attention des archeologues. Dejä M. de Caumont ') en signale un
certain nombre, tout en faisant des reserves et en se demandant si ces
edifices etaient rdelleraent des temples. Le premier qui ait reconnu dans ce
plan carr^ „la forme lyt>ique* pour cerlaines regions est Hettner, directeur
du Mu-see de Treves, dans une magistrale eiude sur les temples des environs
de cette ville.*) E. aus'm Weerth *) en a signale plusieurs (au moins six) dans
') Venntrkammcr. — Archivca de Lausanne.
■) Ritter, RfcMt'l d'fmtiquitts, p. 33.
*) fiursian, p.33; Dübi, p. 39; E. Secretan, AitHtittiM, p. 109.
•) Abeciäairt ^archeoiogit, ^ edition, Caen 1870; p. 241.
■) Wtsideuische Zeiischri/t, 1892. XI, Korr. Bhtt n' 33.
') Bonner Jahrbücher 57 (1876), p. 56 sqq
3o6
TEifel, pr6s de la route qui reliait Augusta Treverorum ä la Colonia Agrippina.
Le plus petit de tous est celui de Nietaltdorf, pr^s Saarlouis.*) En France
il y en a un peu partout. C'est M. Camille Jullian qui a eu le m^ritei dans
un articie röcent *), de reprendre Vid6e de Hettner, aprfes la mort de celui-ci,
de la faire connaitre en pays de langue fran9aise, et de l'ötendre ä rensemble
des Gaules. Le plus cel^bre de tous ces sanctuaires est celui qui couronne
encore le sommet du Puy de Dome, un des lieux les plus saints de la terre
gauloise, consacr^ ä Mercure Dumias. M. A. Nsef a pubüä, ü y a une douzaine
d'ann^es dejä, le resultat de ses fouilles prfes d'Harfleur, oü il d^couvrit les
restes d'un petit temple de forme pareille.®) II cite comme comparaison un
double temple, retrouve ä Champigny-lfes-Langres *), de möme plan, et dont
les dimensions se rapprochent sensiblement de celui d'Avenches. II y en a
un, particuli^rement curieux, ä Halatte prfes Senüs.^) M. L^n de Vesly a
explore toute une s6rie de cgs fana dans la foröt de Rouvray (Seine-införieure).')
II y en a, nous ecrit M. Camille Jullian, chez les Pictons, chez les Eduens,
chez les Völiocasses ; mais Textröme difficulte, pour ne pas dire l'impossibilitö,
qu'il y a pour nous ä Lausanne ä se procurer les revues oü ont et^ publikes
ces d^couvertes, ne nous permet pas encore une etude d'ensemble de ces
temples gallo-romains^,) Notons cependant un temple pareil au Mont Beuvray
prfes Autun, puis un autre pres Rueyres (Fribourg) decouvert par feu
l'abbe Gremaud. Le temple presque entidrement detruit du Perruet, ä
Avenches, que nous avons mentionne p. 294, etait aussi construit sur plan
carre, d*apr6s les notes prises par M. Rosset, dont l'exactitude nous est connue;
mais il etait de dimensions tout ä fait insolites, T^difice interieur mesurant
environ 30 ä 31 m. Nous y reviendrons peut etre une autre fois.
De la comparaison de ces divers sanctuaires, quoique la liste en soit
bien incompl^te, il ressort dores et dejä, nous semble-t il, un certain nombre
de faits.
1. Ce plan comporte de nombreuses variantes quant aux dimensions et
aux proportions entre les deux enceintes. Cependant les temples de petites
dimensions sont de beaucoup les plus nombreux. Parfois l'enceinte ext^rieure
fait defaut.
2. Les temples de dimensions relativement consid(^rables devaient se
composer de deux ddificts distincts; d'abord la cei/a, periptfere ou pseudo-
periptere, ou simplement entouree de murs; puis l'enceinte, qui pouvait ttre
■) H^estdeitische Zeitschrift XXII, Korr. Blatt n« 84.
') "Revue des Etttdes anciettneK, Bordeaux 1906, livr. 4, p. 342.
■) Societe havraise d'etttdes diverses, Le Havre, 1894.
*) BiiUetin de la Soc. des antiquaires de France, 1892, p. ai6.
') Congres archeol. de Frottee d Beauvais (1905), p. 362.
•) Builetin archeologique, Paris 1902, 1903. — Bulletin de la societe Itbre ffemulaiion
de la Seine inf., Rouen 1903.
^) II nous sera permis de remercier ici M. le X>^ ßemoulli, de Bäle, de robligeance
avec laquelle i) nous a t'acilite Tusage des richesses de la biblioth^que qu'il dinge.
307
une muraille orn^e de colonnes engag^es, ou formant portique avec une
rangle Interieure de colonnes libres, ou siraple colonnade.
3. Dans les petits teraples la celta et i'enceinte (colonnade) extörieure
devaient etre sous le mtme toit. Parfois ces minuscules sanctuaires peuvent
se comparer aux chapelles placees le long des routes et qui ne sont gutre
que des niches ma^onnees destinees ä abriter une image sacree, ä moins
qu'elles ne soient pri^cedees d'un porche qui invite le passant ä quelques
minutes de recueillement ou stmplement de repos. Ainsi le stemple* ^sii
venia verbo fi de Mercure et Rosmerta, ä Nietaltdorf, qui mesurait 2"" 20 X 2*" 30,
cn oeuvre i'" X i^'io!
4. Souvent ces temples sont groupes par deux, parfois m^me par trois ;
souvent aussi ils sont flanques d'autres edifices, magasins ou habitations des
gardiens ou des prötres ; generalement on retrouve encore, ä des distances
variables, une muraille exterieure qui isolait tout le territoire sacr6, parfois
de vasle (^tendue.
5. Les divinites auxquelles sont consacröes ces temples gallo-romains
varient infiniment. M. Löon de Vesly emet riiypothöse que les fana de la
forfit de Rouvray <5taient tous dedies ä une sorte de Diane ccitique, dt^esse
des bois et de la chasse. Celui du Puy de Dome etait consacre ä Mercure
Dumias, celui de Nieialtdorf ä Mercure et ä sa paredre Rosmerta; ceux de
l'Eifel ä Mercure, ä Minerve, ä Diane, ä ApoUon, au dieu Caprio, ä la Dea
Calva, peut-ötre aussi ä Jupiter O. M. et ä Junon Regina. On remarquera
la preponderance de Mercure.
6. L'orientation de ces temples n'est pas toujours la möme.
II serait bien desirable que ces temples gallororaains fissent l'objet d'une
^tude complete et apprufondie, car ils sont d'un grand inter^t archeologique,
et pour l'etude de Thistoire des religions, et pour ceile de l'architecture.
Examinons maintenant de plus prös notre saccUum de la .^Grange du
Dinie" et cherchons ä nous representer quel aspect il pouvait offrir. Et, tout
d'abord, soulignons l'etrange Hasard qui a voulu que le premier temple düment
relev6 ä Avenches ne soit qu'une humble chapelle celtique et non un sanc-
tuaire pompeux, c^ldbrant (e triomphe des divinites conquerantes de la Rome
etemelle (Planche XX)',K
Les fondations des murs de la cella, qui forment un carr6 de 8 x9m.
n'ont pas möme un mfctre d'epaisseur (o'"9o). Cette base ^troite ne pouvait
naiurelleraent pas recevoir ä la fois un mur et des colonnes d^gag^es, for-
mant p^ristyle. On n'en a d'ailleurs pas constate la moindre trace. En
revanche, il s'est trouvö dans les fouilles bon nombre de colonnes engagees,
ce qui permet d'adraettre que le sanctuaire etait pmt-etre ce que les archi-
tectes anciens appelaient un pscudopöriptörc. Attenant ä l'angle SE on voit
un gros raassif de mat^onnerie, faisant saillie, et que nous ne pouvons gutre
nous expliquer que comme fondation d'une sorte d'ante» ä moins qu'il n'ait
*) Ce plan a txt etabli dans le bureau de Tarchitecte M. Th. van Muydcn, par süm
dessinaieur. M. G. Trivelli, d'aprts les croquis de M. Rosset.
3o8
Supporte une statue (?), un tröpied ou quelque chose d'analogue. Le pendant,
ä l'angle SO, fait döfaut. Serait-ce peut-ötre ä cette „ante" qu'appartenait
le pilastre d'angle, de forme bizarre, cannele sur trois faces, qua nous avons
Signale sur la terrasse du Mus^e ? C'est une simple question que nous hasar-
dons, Sans autrement insister.
Le traditionnalisme des architectes romains qui, sans toutefois s'en faire
une norme absolument mathematique, ne changeaient pas volontiers les pro-
portions admises pour les ditft^rentes parties d'un temple, nous permet de
reconstituer ä peu prös les dimensions de notre sacellutn.
La rfegle dans le style corinthien-romain 6tait que Tentablement (archi-
trave, frise, corniche) avait le quart de la hauteur totale de la colonne, y
compris ia base et le chapiteau Nous avons vu que les seules pifeces com-
plfetes de notre edifice, par consequent les seules que nous puissions prendre
comme base de notre calcul, Tarchitrave (©"'33), la frise (o''46), la corniche
(o™4i) mesurent ensemble i"2o de hauteur. Par consequent les colonnes
devaient avoir 4"'8o, soit un diamdtre inferieur d*environ o'°48, ce qui corre-
spond assez exactement aux fragments de colonnes engagees que nous avons
retrouves.
D'autre part nous savons que I'architrave mesurait en göneral 1,4 ou
1,5 fois le demi-diametre inferieur. ') En multipliant 24 cm par 1,4 nous ob-
tenons 33,6 cm; or notre architrave mesure 33 cm. La corniche") comptait
i'^/s ä 2';^ demi-diam^tres de colonne; en multipliant 24 cm par iVa, nous
obtenons 40 cm, et notre corniche, avons-nous vu, a 41 cm de hauteur. Ainsi
nous pouvons affirraer la justesse approximative des chiffres que nous avons
avanc6s.
Le fronton est la partle du temple romanocorinthien pour laquelle les
proportions sont le moins rigoureusement etablies. Entre des temples ä
Taspect grele. parce que le fronton est trop haut, et ceux qui ont Tair 6crase
par leur tympan, nojs avons de la marge. Si nous supposons que le nOtre
avait une hauteur de ©'"öo ä i m, nous restons, croyons-nous, dans de sages
iimites. Sans compter les marches qui peut-etre precedaient le sanctuaire,
celui-ci aurait donc eu une hauteur totale de ö'^öo ä 7 m, ce qui s'accorde
avec les cötes de 8 et de 9 m^tres. Dejä les dimensions de Tacrotfere, trouv^
au debut des fouilles, et mesurant ä peine i m, nous avaient annonc^ que
nous dtions en pr^sence o'un petit saceiium, puisque, d'aprfes Vitruve '), les
acrot^res d'angle dnjvent avoir la mfime hauteur que le maximum d'elevation
du fronton. Les quatre angles devaient porter un acrot^re pareil.
') Vitruve tiearchiiectura,\ll, 5, 60. Dyirm, Römische Archiieklur, p^^. Durm,l.I. p.400.
■) Les soffites entre les modillons de notre temple sont larges d'environ o^" 10; ceux
des corniches provenant des environs du Cigognier (sous le hangar et ä cöt6 de la marquise)
mesurent o'"34 ä c^ss- Cela suppose donc des temples 3 ou 3';9 fois plus grands que notre
modeste chapelle.
') De archUecttira, III, 4, 8a.
309
On peut hdsiter quant ä la place ä assigner, dans notre temple ainsi
reconstituö, aux gros medaillons sculptes. On se souvient qur! en reste les
traces d*au moins trois. S'il n'y en avait eu que deux, nous pourrions sup.
poser qu'Us servaient d'acrot^res couronnant le faite des frontons, d'autant
plus que les anciens attribuaient ä ces t^tes des fonctions proteclrices, des
vertus d'amulette contre le mauvais oeil et autres disgräces. II est plus pro-
bable que les acrot^res de faite Ktaient aussi en bronze dor^. formant palme
compifete, et naturellement de dimensions plus considdrables (d*';8) que ceux
des angles. Les medaillons peuvent avoir cte encastres, ä une bonne hauteur,
dans la muraille des deux cötös des portes, s'il y en avait une sur chacune
des fa^ades. 11 peuvent aussi, et c'est ce qui nous parait le plus probable,
vu la place oü fut trouvee la grosse töte d.Acheloüs, avoir scrvi d'acrotferes
ornant les angles de l'enceinte exterieure.
Quant aux tympans, ils dtaient peut-etre ornös de ^roupes de statues
en pierre plus fine et plus claire que le reste de l'ödifice, et c'est lä qu*il
faudrait placer les pauvres restes (torses et t^te) que nous avons mentionnes
p. 299. (N^'^ 4415 ä 4417.)
L'entree du sanctuaire doit avoir €it du cötö du midi ; eile semble avoir
6t6 pr^cedee d'un portique, — ou colonnade, — allant rejoindre l'enceinte
exterieure. C'est ainsi que s'expliqueratt la raa^onnerie retrouvce sous la
route et penetrant sous la Orange du Dirne.
Le parvis, peu spacieux d'ailleurs, qui s'ötendait entre Fenceinte ex-
lärieure et le temple proprement dit, servait ä abriter les fid^les qui ne pou-
vaient pas penetrer dans le sanctuaire. II s'y trouvait probablement aussi
des autels et des emplacements sp^ciaux destinds ä recevoir les ex-voto,
C'est ce qu'indiquent les analogies.
Dans les templcs de Champigny-I^s-Langres, Tenceinte exterieure formait
colonnade. 11 sc peut qu'il en ait ete de raöme ä Avenches. II se peut aussi
qu'ä cctte sortc de portique aient appartenu les nombreux fragments de co-
lonnes que possfede le Muscc dcpuis longtcmps, de m^me calcaire que les
trouvailles röcentes, pr^scntant le m6me type de cannclures, mais d'un calibre
sensiblement plus (ort, cadrant avec l'^paisseur des raurs (i"'20 et 2'"io).
Mais tout ceci est du domaine de l'hypothtse.
Tous les fragments d'architecture qui nous restent de ce temple prou-
vent, — et ceci n'est plus de Thypothese, — qu'il date d'une ^poque assez
tardive. Que Ton compare nos corniches avec Celles qui ont dtö sorties du
sol pr^s du Cigognier et Ton s'en convaincra ais^ment. Style, travail, toul
fait croire que notre sacelium gallo-romain ne doit pas 6trc anterieur au
rtgne de Septime Severe, soit au commencement du iroisidme si6cle de notre
fcre, alors que les grands temples du Forum sont certainement encore du
premier si^cle.
Divinit^ du temple.
II nous reste maintenant ä examiner une dcrnlöre question: ä quelle
divinitö ce sacelhmt a-t-il et6 consacre?
310
Mais lä nous rentrons de nouveau dans le domaine des suppositions.
M. Naef, archeologue cantonal, nous exprimait lidöe que ce serait peut-ötre
le sanctuaire de la döesse Aventia. C'est en effet 1a preraifere id^e qui vient
ä l'esprit. Le culte de cette d^esse est attest6 par plusieurs inscriptions ') pro-
venant d*Avenches, mais sans qu on sache exactement ä quelle place elles
ont et^ trouv^es. Bon nombre de villes gauloises portaient le nom de leur
divinite protectrice^), ainsi Nemausus (Nimes), Divona (Cahors), Vesunna
(Perigueux)j et cette divinite etait Celle de la source principale qui alimentait
la cit6. La source sacr^e qui portait le nom d'Aventia aurait-elle 616 celie
qui, amenöe du Bois de Chätel, est recueillie sous Donatyre, au Buderou,
et dont l'eau passe en effet assez prfes de la Orange du Dirne? C'est pos-
sible, bien qu'on puisse objecter ä cette hypoth^se que la principale d^esse
locale aurait du, dans ce cas, se contenter d'un bien modeste sanctuaire.
Du moment que le champ est ouvert aux conjectures, nous sera-t-il
perrais d'en emettre une autre?
A quelques pas de nos fouilles, sur la propri^tö de M. Delessert, on
a trouv6 le joli petit autel dont parle M. Wavre dans VAnzeigert iqo6,
p. 276, et dans le Bulletin IX Pro Aventico et qui porte Tinscription Deo
Mercur \ Cisso. L. C. I Patern \ ex, voto. Cissonius, dit-on genöralenient,
est un surnom du Mercure gaulois. II serait plus exact de dire que Cissonius
est un de ces nombreux dieux gaulois qui, sous l'etnpire, ont 6\.6 peu ä peu
assimil^s ä un dieu romain^J. Serait-ce Mercurius Cissonius qui aurait ^te la
divinite adoree dans notre temple? On objectera, non sans raison, que la
place QU fut trouv^ l'autel n'est pas attenante au temple. A quoi nous re-
pondrons en citant encore l'exemple du temple du Puy-de-Dörae qui montre,
une fois de plus, qu'autour du sanctuaire principal se groupaient des sanctuaires
secondaires, consacres ä la m€me divinite.
Le minuscule autel offert par Paternus au dieu Cissonius 6tait entoure
d'une quanlit^ Enorme de poteries, godets, petits flacons ä deux anses, qui
ont ceci de particulier que le goulot n'en est pas perfore et que par cons^
quent la fiole ne pouvait servir ä rien du tout: vrais „objets votifs" et non
') Mommsen, I. H. 154, 155, 156 -= C. I. L. XIII. 5071 ä 5074.
■) Camille Jullian, Galiia, p. 209.
') Ch. Renel: Les religions de la Gaule «Paris, 1906), dit qu'une vingtaine .de petits
dieux celtiques" ont iXt absorb^s dans le culte de Mercure, mais il ne cite pas Cissonius
G. Dottin, Manuel de Vantiquite celtique (Paris, 1906) 6numfere dix-neuf surnoms de Mercure,
entre autres Cissonius; Holder, Altceltiscker Sprachschatz, L I, c. 1033, ** '^^^ aussi, de möme
Röscher, Lexikon der Mythologie I, 1^900, de meme Pauly-Wissowa ; R. E., III, c. 3591 mais
personne n'a encore expliqu^ le sens de ce surnom. Aurait-il quelque rapport avec le bouc,
ou le bölier si souvent associ^ ä Mercure? Aux celtisants de se prononcer. Le nom de
Cissonius se rencontre assez fröquemment comme gentilicmm, Comme surnom de Mer-
cure, il s'est trouvö jusqu'ici exclusivement dans la Gaule Orientale et en Germanie des
deux cöt6s du Rhln. Aux inscriptions citees dans j^ Anzeiger'* il faut ajouter celle C. \. L
XIII. 3659 iTreves) et celle de Miltenberg sur le Main, ä moins qu*au lieu de CIsso NIO
il ne faille Hre ClmbriANO Brambach n" 1739; Pauly-Wissowa 1. c.
3"
destin^s ä Yusage röeL C'est aussi un Paternus qui ofFre en ex-voio ä Cisonius
(sie) (on remarquera l'absence du nora de Mercure) l'autel trouv^ ä Rupperts-
berg, dans le Palatinat, aujourd'hui au Mus6e de Spire, C. I. L. XIII, 2, i,
n" 61 19. Or, il existe un tabricant de poteries du nom de Paternus, connu
d'un bout des Gaules k Tautre; ses produits se rencontrent des P^Tdrw^es aux
bouches du Rhin; en Suisse on en a recueilli ä l'Enge prfes Berne et ä Äugst
(C. I. L. X1II,3. I, looio, n" 1508; 10002, n" 394; 10006, n" 66) Le c^ra-
miste, reconnaissant envers le dieu du commerce qui aurait prot^ge sa fragile
marchandise, serait-il le donateur de Taute! trouve pr^s du temple du dieu
ä Avenches, ainsi que de celui du Palatinat? Disons seulemcnt que c'est
possible, et rien de plus, et quittons definitivement ce domaine dangereux
de l'hypothese; il est trop voisin de celui de la fantaisie. Mais constatons
combien les cultes gaulois avaient d'adherents k Aventicum : la deesse Aventia,
Cissonius, sans oublier les niysterieux Lugoves, Ledifice consacre ä ces
derniers devait etre infiniment plus grand et plus brillant que notre modeste
saceilum; le seul chapiteau subsistant Tatteste suffisamment.
Saint-Symphorien.
Nous revenons maintenant ä notre point de döpart. C'^tait, on s'en
souvient, le desir de rccherchcr les traces de la chapclle de Saint-Symphorien,
fondöe par Tevöque Marius vers la fin du sixidme sifecle. Les fouilles ont-
elles donnö quelque r^sultat ä ce sujet? Nous croyons pouvoir repondre
afflrmativement.
D'abord on a rencontre sur le cöt6 N du mur d'enceinle une quantit^
considdrabie d'ossements humains, „les uns ptle-möle comme dans un terrain
ddjä bouleversä, d'autres dans la position naturelle d'inhumation, mais entre
les döbris du mur romain demoli," ce qui prouve qu'ils ont 6t6 apportes lä
aprös la destruction du mur. Puis, de l'autre c6t6 de la route, sur la pro-
priete Ryser, on a constat^ des s^pultures, „m^me deux l'une au-dessus de
lautre, ä 30 cm. d'intervalle." Ces faits importants ont ötc soigneusement
consignes par notre surveillant, M. Rosset. Un sarcophage avait d^jä 6le trouvö
ä cette place et transporte au Musee (fouilles de 1894 et 1900). Comme au
moyen äge on ne creait de cimeti^res que dans le voisinage immediat des
lieux saints, la conclusion s'impose qu'il y avait lä un sanctuaire, quand m£me
cn n'en voil plus rien. On sait que. longtemps encore aprfes la vicioire de-
finitive du christianisme, en avait l'habitude de construire les eglises et les
chapelles sur les ruines des temples palens. A la place d'un sacelltftn con-
sacrä ä une divinit(5 gautoise, Marius aurait donc örig6 une chapelle en
Thonneur d'un martyr particulierement r^v^r^ dans les Gaules et conduit au
supplice dans cette ville d'Autun d'oü lui-mt^me 6tait originaire.
Un tout petit detail nous confirme encore dans l'idöe que. sur les ruines
et avec les mat^riaux mOmes du temple paTen, fiic constniit un nouveau
sanctuaire.
312
Le fragmenl de frise que nous avons decrit (p. 301, fig. 71) oflfre ä beaucoup
de places des restes de badigeon de couleur bleue, et cela non seulemenl
dans les fonds, mais aussi sur les parties saillantes des rinceaux. Une poly-
chromie de ce genre serait dejä surprenante dans un edifice de lepoque
romaine, oü les effeis de couleur etaient obtenus genäralement par des mar-
bres multicolores ; on a vu du reste que des debris de marbre et de porph^re
rouge avaient ete trouves dans les fouillcs. Surtout, on ne comprend pas
pourquoi le d^corateur rornain aurait enfoui son travail si soign^ sous une
couche monotone de couleur, oblit^rant ainsi les (ins d^tails de sa sculpturc.
En revanche, ce badigeon uniforme s'explique si Ton admet que l'architecte
de Marius a employe pour sa construction les dt^bris du temple paien. en
faisant disparaitre tout ornement qui pouvait rappeler les anciennes croyances.
Le badigeon moralisateur n'est pas, comme on l'entend si souvent dire chez
nous, d'invention bernoise. L'Eglise triomphante et les rausulmans Tont prati-
que avec une ^gale ferveur, longtemps avant LL. EE. Les miettes de sluc
bleu qui restent encore ne seraient pas ii elles seules, cela va sans dire, une
preuve de l'existence d'une chapelle, mais elies viennent corroborer les indi-
cations donnees par la decouverte du sarcophage et des ossements.
Si inaintenant on demande pourquoi il reste si peu et du saceilum
gallo-romain et de la chapelle chr^lienne, la reponse ne se fera pas attendre
longtemps. D'abord, tout le monde le sait, nous nous trouvons ä Avenches
partout en presence d'une destruction effroyablement systematique. Puls il
ne faut pas oublier qu'ä deux pas de la Grange du Dirne se trouve le Rafour.
c'est-a-dire le four ä chaux. Cetait lä l'antre du Moloch qui a, pendant des
sifecles, englouti toute pierre qu'il dtait possible ö't4f>iiser une dernitre fois.
ROMISCHER KALKBRENNOFEN -
flurcEDCCKT «urotR
UNTERN KLOSURZCLC ZU ßKUGC ^t^^-
AaselKcr iu h:I)wcu. Ahenanikund«, tgo7, 4. Hcit.
Römischer Kalkbrennofen bei Brugg.
Von A. Geßner.
(Tafel XXII.)
Im Laufe des Jahres 1906 wurden in der Nähe des Bahnhofs Brugg,
an der nördlichen Böschung der Klosterszelg beim Abbau einer Kiesgrube
die Überreste eines römischen Kalkofens abgedeckt. Üa die Krhaltung des
Objekts an Ort und Stelle so wenig wie der Transport und die Aufstellung
an einem andern Orte möglich war, mußte man sich begnügen, den inte-
ressanten Fund durch genaue Aufnahmen zu fixieren. Der Verein Schweize-
rischer Zement-, Kalk- und Gypsfabrikanten hat die in der Beilage reprodu-
zierten Pläne und ein Gypsmodell durch das Gewerbemuseum in Aarau
herstellen lassen; das Modell befindet sich im Museum in Königsfelden.
Erhalten war ungefähr die Hälfte des kreisrunden Bauwerkes. Die
bauchig ausladenden Wände des an die Böschung gelehnten Ofens bestanden
aus Ziegeln und waren in der Art des sog. opus reticulatum oder spicatum
hergestellt, wobei die Backsteine auf die Kante gestellt in ährenartiger An-
ordnung senkrecht aufeinander stehen. Auf einzelnen Ziegeln fanden sich
Stempel von dem bekannten Typus L. XXI. S. C VI. Der Boden des Ofens
sowie das Schürloch bestanden aus Bruchsleinen; die Überwölbung des nach
Nord orientierten Schürlochs war nicht mehr vorhanden. Der Durchmesser
des Ofens beträgt ca. 3 m ; die ursprüngliche Höhe mag ungefähr 4 m be-
tragen haben.
Über an andern Orten gefundene Kalköfen vgl. Limesblatt 1893 Nr. 4
p. 115, wo zwei ovale und zwei runde Öfen im und beim Kastell Osterburken
erwähnt sind. Über Catos Vorschriften zur Erbauung von Kalköfen vgl.
Blümner, Technologie Bd. 111. p. 103.
Die Kreuzigung im Landesmuseum, wahrscheinlich ein
Gemälde des Meisters D S.
von
Hans Koegler.
(Tafel XXIII und XXIV).
Das Bild, welches ich hier als Werk des Meisters D S ') zu begründen
versuchen will, hängt jetzt in der Ratsstube aus Mellingen im Landesmuseum
in Zürich; es trägt keine Künstlerbezeichnung und ist meines Wissens in
der Literatur noch nirgends erwähnt worden. In das Landesmuseum kam das
Gemälde aus dem Besitz der antiquarischen Gesellschaft in Zürich ; in den
Inventaren der Kunstkammer, die ehemals zur Stadtbibliothek in Zürich
gehörte, wird dasselbe aber nicht erwähnt (Vergl. S, Vögeün im Neujahrs-
blatt d. Stadtbibl. 1872 u. 1873): somit entbehrt das Bild leider jeglicher
Ueberlieferung, woher es stamme, denn die Zugehörigkeit zu den Samm-
lungen der antiquarischen Gesellschaft läßt keinen Schluß über die Provenienz
zu, es wäre, wie mir Herr Professor Dr. J. R. Rahn freundlichst mitteilte,
immerhin denkbar, daß es von auswärts erworben worden wäre. Im Katalog
der Sammlungen der antiquarischen Gesellschaft, Ilf. Teil, Zürich 1890, wird
die mehrfach zersprungene und auch sonst hart mitgenommene Tafel folgen-
de^mal^en beschrieben : „Nr. 28. Mittelstück eines Altars, Anfang des 16.
Jahrhunderts. Die Umrahmung ist Original, doch fehlt Ober dem gepreßten
Goldgrund das geschnitzte Füllwerk, das unter dem Kielbogen den oberen
") Die bis jetzt noch kleine Literatur findet man bei C. Dodgson in seiner zusammen-
fassenden Studie über den Meister D S erwähnt, die im Jahrb. d. K. Preuß. Kunstsamml.
1907 mit mehreren wichtigen Abbildungen erschienen ist. Außerdem vergleiche des Ver-
fassers Notizen über Werke des Meisters D S in Nr. 19 der Kunstchronik 1906,1907 und
in dem Aufsatz Ober Urs Graf im Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde 1907.
Die zum Vergleich mit dem Gemälde wichtigsten Holzschnitte des Meisters Hndet
man an folgenden Orten abgebildet: Die Illustrationen des Büchleins de ßde concubinarum
bei Muther, Bücherillustration der Gotik und Renaissance. — Die Illustrationen der Etterlin*
Chronik, nämlich Tellschuß und sogenannter Eidgenossenbund in Lippmanns großem Werks
Kupferstiche und Holzschnitte (VII. 37. 37 a) j den Tellschuß auch bei J. Zemp, die Schwei-
zerischen Bilderchroniken. — Bei Dodgson die einzelnen Blätter des H. Kirchenvaters Am-
brosius, der zwei Sterbebetten, des Pilgers (rechts abgeschnitten), des Kanonbildcs von
1510 Christus am Kreuz zwischen Maria und Johannes und der Messe Gregors, — Bei
Lippmann endlich die vier Hauptblättcr: Christus und Maria in Nischen (X. 41. 41a), die
H. Anna scibdritt (VI. 33) und die große Kreuzigung aus der Sammlung Lanna (HI. 36).
Auf diese Abbildungen sei ausdrücklich hingewiesen.
MtisTEK D S, Kreuzigung i>£r Sammllnu La.nna.
OriKiDAl|cT0rt<- 0,303 br. und o^3< h. |N«ch Lipimiaim.)
Atudfcr fOr wtiwcu. AltrrUiin*kun«l«, 1907. 4. ticrt.
Tafel XXUL
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3IS
Abschluß machte. Das sorgfältig durchgeführte Gemälde stellt vor einer
weiten Landschaft den Gekreuzigten zwischen den zwei Schachern dar, dem
Longinus die Wunde beibringt. Im Vordergrund links die in Ohnmacht
sinkende Maria, St. Johannes und die klagenden Frauen, gegenüber raufen
sich die Kriegsknechte um den Mantel. Höhe i.38 m, Breite 0.93 m* (Taf.XXIV).
Unsere Kenntnis des Meisters D S gründet allein auf einer beschränkten
Zahl bezeichneter Holzschnitte, die aber so bedeutend und so persönlich sind,
daß sich um diesen Kern ein Kreis anderer sicherer Arbeiten ziehen ließ ;
aber alle sind nur in Holz geschnittene Strichzeichnungen, keine einzige ge-
sicherte Studie von der Hand des Meisters, kein Gemälde, und was schwer
ins Gewicht fällt, gar keine Ueberlieferung über seine Person unterstützen
die Beurteilung seiner Leistungen. Und doch mag sich die Frage aufdrängen,
wenn man sein Hauptblatt, die in Holz geschnittene Kreuzigung der Samm-
lung Lanna (Tafel XXIII) betrachtet, ob solche Sicherheit der räumlichen Ver-
tiefung, ob die ungekünstelte, frei verteilte aber ruhig wirkende Anordnung,
ob schließlich diese überzeugend klare Zeichnung aller Einzelformen Ober-
haupt ohne malerische Tätigkeit erreicht werden konnte, nur durch die zeich-
nerische Uebung auf den relativ kleinen Papierftüchen. Da auch die graphische
Tätigkeit des Meisters immerhin noch einen beschränkten Umfang hat, so ist
die Umschau nach Zwischengliedern, an denen er jene Reife seiner Künstler-
schatt erwarb, ein begründetes Bestreben. Schwierig wird der Versuch
immer bleiben, die Zuweisung eines Gemäldes nur auf Grund von Holz-
schnitten vorzunehmen, besonders wenn, wie hier, die leicht faßbaren und
schlagend wirkenden Aehnlichkeiten ganzer Gruppen spärlich sind und fast
alles auf vertrautes Empfinden für die Formgebung ankommt, für jene kleinen
Unterschiede, die den künstlerischen Charakter ausmachen, denen der sprach-
liche Ausdruck aber nur mit einer gewissen Uebertreibung des tatsächlich
Geschauten beikommen kann. —
Sehr wichtig ist es von vornherein, die vermutliche Entstehungszeit
des Gemäldes zu erörtern. Wenn es gelingt, das Bild als Arbeit des Meisters
D S wahrscheinlich za machen, so kann es im Werk desselben wohl kaum
nach dem Jahr 1508 angesetzt werden, jedenfalls ersichtlich vor dem großen
Holzschnitt der Kreuzigung, der seinerseits wohl um 1514 zu datieren sein
wird. *) Was zur Zeit der jüngeren Generation, als ein Hans Baidung
*) Um die Jahre 1509, 1510 und 151 1 drängen sich die wichtigen Titel- und Kanon-
bilder, die der Meister for die MeßbQcher des Jacob WolfT von Pfortzheiin in Basel ent*
warf. Die Drucklegungen der BDcher, sowie ihre Vorreden mit Erlässen der Bischöfe etc.
sind datiert, woraus man ungefähr ersehen mag, daO der Dnick in dem für Missalien spenell
eingerichteten Geschäft nicht lange dauern mochte, so daß man die Hntstehungszelt der
zugehörigen Holzschnitte ungefähr mit der Drucklegung wird gleich setzen dQrfen. Die
wichtigsten Blatter derart sind das Titelblatt des Missalc Herbipolcnse von 1509, das des
Saltzeburgense von 1510 sowie dessen Kanonbild (abgeb. bei Dodgson) und der Titel des
Brixener Missales von 1511. In diese Jahre gehört jedenfalls auch die bei Dodgson abge*
bildete Messe Gregors. Vergleicht man die große Holzschnitt-Kreuzigung (Tfl. XXIII) mit
diesen Blättern so wird größere Sicherheit des Aufb'etens und sorg<ig fortgeführtes Zeichen*
ST
oder gar der- junge Holbein oder der Meister von Meßkirch blühten,*
schon als ängstlich und unbeholfen gelten müßte, wird um diese wenigen
Jahre früher anders zu werten sein, denn die oberdeutsche Malerei wird
in jenen Jahren in ihrer Darstellung rasch beweglicher, ganz abgesehen
von der koloristischen Entwicklung, an welcher der Maler der Züricher
Kreuzigung noch nicht teilnimmt, der in Hinsicht der Farbe entschieden alter-
tümlicher erscheint als etwa Hans Baidung. Ist das Bild in seiner koloris-
tischen Gesamthaltung uninteressant, so stehen dem Maler doch zarte Farben
für die Einzelausraalung zu Gebot, beispielsweise links bei der äußersten
der klagenden Frauen, bei dem Kopf Christi oder des rechten Schachers^
Auffallend aber tut sich das Gemälde durch den zeichnerischen Teil der
Pinselarbeit hervor; Köpfe und Hände sind von starker Ausdrucksfähigkeit,
wobei das geistige und seelische Leben der Personen weniger absichtlich
hervorgehoben wird, als etwa bei Hans Baidung, der mit mehr Temperament
aber auch mit mehr Rücksicht auf Effekt schildert, wie man es einem weni-
studium nicht zu verkennen sein; man vergleiche etwa die Maria der Kreuzigung mit jener
des sonst mustergültigen Kanonbildes von 1510, der Fortsclirilt ist einleuchtend. Anderseits
gehören die vier bei Lippmann abgebildeten Hauptblatter, Christus und Maria in Nischen»
Anna selbdritt und eben die große Kreuzigung zeitlich gcwiö nahe zusammen. Für die
Anna selbdritt ist ts mir aber gelimgen, Anhalte für die Drucklegung zu gewinnen, zugleich
ein immerhin erwünschter Beleg, daß wenigstens eines der großen Einzelblütler auch aus
einer Basler Presse hervorging, nämlich aus der des Pamphilus Gengenbach und kaum vor
1514. Unter dem Holzschnitt stehen nSmlich 5 Druckzeilen, die mittlere davon ist Gengen-
bachs Devise S. R. F., und vor den Zeilen ein kalligraphisches Initial D, die ganze Höhe ein-
oehmend. Die Typen sind Gengenbachisch und kommen sonst in dessen mit Namen aber ohne
Jahr bezeichnetem Druck vom „Regimert der Gesuniheit" vor, der nicht vor 1513 sein kann
(Weiler Rep. 796)» sowie in dem Gengenbachschen Kalender, der vom Montag vor Matthic
im I5i4ten Jahr datiert ist (W^eller Rep. 833), der zwar nicht ausdrücklich Gengenbachs
Dnickcmamen, aber am Schluß dessen Devise S. R. F. enthalt. Im Kalender kommen alle
Typen des Anna-Blattes vor, z. B alle drei Formen des großen M, ferner das kalligraphische
Initial D , das zu einem Zieralphabet von fünf derartigen Buchstaben (A D J S W) gehört,
das nur Gengenbach und nicht vor isis'ish führt. Nur die eigentümlich gequetschte Type
des kleinen d aus den fftnf Zeilen kommt in den angefülirten Gengenbach Drucken, deren
Exemplare in der Züricher Stadtbibliothek vorhanden sind, nicht vor.
Auch ein in der Basler Kunstsammlung vorhandenes Blatt niil dem Pilgerholzschnitt
ist nachweislich tn Basel gedruckt worden, denn die Type und die kleinen schwarzen
BUttchen der Überschrift sind gleicli wie auf dem Holzschnitt mit der Fürliitte des Urs
Graf (His 279), welches Blatt wegen der hinzugefügten Zierleisten auf die Druckerei des
Henricpctri In Basel weist und nicht vor Ende der isao-er Jahre gedruckt sein kann, wohl
noch einiges spater. Also war der Holzstock des Pilgers um diese Zeit im Besitz der-
selben Basler Oftuin« die auch den Astronomen des D S besaß und 1535 zum Abdruck
brachte.
Bei dieser Gelegenheit sei auch das Werk des Meisters um einen kleinen Holzschnitt
bereichert, dessen Stil zwar an Urs Graf grenzt, dem D S aber doch naher steht, besonders
in der Landschaft; es ist ein Bad im Freien von drei Männern und zwei Frauen mit Musik
und Trank, in der Furtcr-Schott Ausgabe der Margarita philosophica von Georg lieisch
Basel 1508 erschienen (Exemplar in Basel, 0,092 breit und 0,07 hoch). In demselben Buch
wird dann auch der nach einem Turmfenster visierende Ober Rücken gesehene Mann nach
einer Skizze des D S sein (0,037 hr., 0,096 h.).
72 Detail aus der Kreuzigung im Schweiz
Lan d esm useu m.
ger gebildeten Publikum gegenüber nötig hätte; auf der Züricher Kreuzigung
herrscht mehr Zurückhaltung, die Natürlichkeit ist nicht weniger sprechend,
aber der Realismus
ist nobler, und dies
letztere ist gerade die
wichtigste Eigenschaft
des Meisters D S,
sonst bei den ober-
deutschen Künstlern
eine der seltenen, die
darin meist keine rech-
ten Nachfolger Schon-
gau ers waren.
Auf dem mit D
S oder S D bezeich-
neten großen Kreu-
zigungsholzschnitt
sieht man rechts weit
herausgeschoben
zwei Reiter dicht hin-
tereinander halten,
die samt ihren Pferden
ziemlich im Profil nach links gerichtet sind, knapp hinter ihrem Rücken
schneidet der Bildrand die Fortsetzung der Pferdekörper ab. Ein Reiter
blickt ruhig auf den gekreuzigten König der Juden, der andere deutet, man
könnte fast sagen sticht äußerst interessiert mit seinem Zeigefinger hinauf,
es ist wohl der Centurio, der glaubige Hauptmann und einer von der
jüdischen Obrigkeit, kaum einer der spottenden Juden. Diese Rolle fällt
eher der zwergartigen Ungestalt mit dem Kinde zu, während hinten
der langbehaarte Geselle zweifellos lästert und nach einer nie ganz ein-
geschlafenen Tradition seinen Unflat scheints auf Maria Magdalena aus-
leert. Die zwei Reiter nun kehren auf unserem Gemälde an gleicher Stelle
in einer Weise wieder, die nicht Zufall ist, besonders da das Motiv der
Reiter in seiner Beschränkung auf nur zwei Personen, die sich ausschließlich
dem Heiland zuwenden und nicht etwa als kommandoführende Personen
tätig sind, auf deutschen und niederländischen Kreuzigungsdarstellungen gar
nicht so häufig ist ; so an den Rand geschoben und sonst übereinstimmend
wie hier gelang mir überhaupt kein zweites Beispiel zu finden und kaum
würde durch ein weiteres Beispiel die gegenseitige Abhängigkeit unserer
Reitergruppen ernstlich in Zweilel gebracht werden.') Aber abgesehen von
') Über Reiter auf Kreuzigungsbildern. In den allermeisten Falten ist eine grO&cre
Anzahl Reiter, deren Pferde ganz zu sehen sind, hinter dem Kreuz Christi oder auf t'incr
Seite desselben im Halbkreis versammelt, in letzterem Fall sind die Hauptfiguren vom
meist gßsa oder teilweise über Rtlcken gesehen und zeigen, oft auch zum Nachbar ge-
318
der gleichen Verwendung tnneihalb der Komposition sind auch Tracht
und Typen') der zwei verglichenen Reiterpaare (Abb. 72) sehr ähnlich;
für den Reiter mit seinem Stoppelkinn ist wohl dasselbe Modell benutzt
wie auf dem Holzschnitt für den zweiten Reiter und den stoppelbärtigen
Knecht hinter dem Kreuz. Bei der Tatsache dieser Uebercinstimmungen
bleibt nur zu erwägen, ob das Gemälde nicht den Holzschnitt kopiert. Es
ist aber unwahrscheinlich, daii ein Maler, wenn er den Holzschnitt benützen
wendet, zum Kreuz hinauf. Oft sind die am nächsten beim Kreuz Christi haltenden zwei
Reiter als ein vornehm bärtiger und ein mehr orientalisch pfäffischer charakterisiert, es
zeigt bald der eine, bald der andere, wie das auch zwischen unserem Bild und dem Holz*
schnitt des D S gewechselt hat Als markante Beispiele kann man nennen: I Schule des
Meister Wilhelm, Aldenhoven Kölner Malerschule Tfl. a6. — II. Meister des Marienlcbens,
ebenda Tfl. 63. - 111. Meister der h. Sippe, ebenda Tfl. 70. — IV. Nachfolger des Lie*
borner Meisters, Meisterwerke westdeutscher Malerei auf der DtJsscIdorfer Ausstellung
Tfl. 34. — V. Meister des Marienlebens, ebenda Tfl 10. — VI. Schule von Tours 1485,
Bouchot. L'cxposition des primiiifs Fran^ais Tfl. 6g. — VII, Memling, H Mcmling par
Nieuwbam, Harlem, Tfl. 72. — VIII. Hans Pleydcnwurl, Thodc Malerschutc von Nnrnberg
Seite 104. — IX. Cranach, Flechsig Tafelbilder von Cranach Tfl 27. — X. Conrad Laib, Jahr-
buch der kunstliist. Sammlungen des Kaiserhauses, Wien 24. Jahrgang Tfl. 8. — XI. Kunst*
dcnkmale in Bayern, Atlas 2. u. 3. Teil Tfl. 043.
Sehr oft findet man die Reiter aber nur als kommandofilhrende Personen, als Über-
wacher oder Ausführer des Lanzenstichs, als Trenner der balgenden Knechte u. s. w. Ge-
rade in der nAheren Umgebung des D S findet man den oben angedeuteten Doppeltypus
und das zum Kreuz zeigen seltener. Beispiele. XII. Dürer, Holzschnitt um I5ce, Dürer
Society 1906 Tfl. 3a. — XIII. Dürer, grOnc Passion, Albertina werk Tfl 101. — XIV. Kreu-
zigungszeichnung des Basier Museums. — XV, Hans Baidung, Terey, Gemälde Hans Bai-
dungs Tfl. 16. — XVI. Ulrich Apt, Kreuzigung in der Augsburger Galerie. XVII. Hol-
bein d. J Basler F'assionstafel. — XVIU Ecole du Centrc 1483, siehe oben Nr. VI. Tfl. 66.
— XIX. Meister J. B. mit dem Vogel, Chalkograpli. Ges. 1894. — XX. Maso Finigucrra
Delaborde Gravüre cn Italie, Seite 7. —
{Einigermaßen ähnlich wie tn der Kompusition unseres Bildes fand ich die zwei
Reiter nur bei dem Meister H W von 14S3 verwendet (Chalkograph. Ges. i8S8). Die Fassung
in DDrers großer Passion ist schon wieder entfernter und zeitlich wohl spater als das Ge-
mälde.
') Herrn Professor Daniel Burckhardt verdanke ich den Hinweis, daß der Typus de»
bartlosen Reiters eigentlich Schongauensch ist, derselbe findet sich an dem auffallenden
Reiter in dessen großem Blatt mit der Kreuztragung. Auch der Typus, wie ihn der Pilger
des Meisters D S und der bärtige Reiter des 2oricher Gemäldes zeigen, wurzelt wohl in
demjenigen des christlichen Führers von Schongauers großer Rciteradilacht. Ferner sind
die leicht geschlossenen Hände des Gekreuzigten, sowie die Neigung zu dem edlen Oval
der Madonnenkopfe im Grund aus Schongauers Kunst geschöpft. Alle diese Vergleiche
bestätigen nur den allgemeinen Eünfluß Schongauers auf die Kunst des I> S, dienen aber
sonst, wie ich glaube» nur dazu, den Blick gerade für die feineren Uebereinstimmungei
zwischen der Züricher Kreuzigung und der Zeichenweise des D S, auch in den speziell^
genannten Typen, zu schärfen. Schongauerisch sind auch die wellenförmigen Konturen und
die dreieckigen Zipfel ausfliegender TuchstOcke, aber nicht leicht wird ein anderer Künstler
diese Gewohnheit so durchgehends beibehalten haben, wie der Meister D S; man ver-
gleiche das Lendentueh Christi auf dem Kanonbild von 1510 (Abb. bei Dodgson) mit der
Gemälde und mit dem großen Kreuzigungsholzschnitt, sowie den Johannesmanttl daselt
mit dem Johannes des Gemäldes, mit dem Kreuzschauer und mit dem untersten Kriegs-
knech^ dessen zerschlissene Ärmel übrigens auf dem großen Holzschnitt wiederkehren. —
319
konnte, sich bei dieser einen Kntlehniing begnügt und nicht auch die anderen
so dankbaren und eigenartigen Gruppen desselben kopiert hätte, anderseits
sieht die Gruppe der zwei Reiter auf dem
Holzschnitt sehr nach einer verbesserten Va-
riante des Gemäldes aus, denn durch Vor-
neigen der einen Gestalt ist dem teilweisen
Verdecken abgeholfen worden, und das Zu-
rückdrehen des hinteren Pferdekopfes in die
Bildtiefe zeigt reiferes Raumerapfinden als das
Senken eines der parallelen Pferdeköpfe in
dem Gemälde. Wollte man dieses daher für
nachgemacht halten, so wären die Aenderungen
Verschlimmerungen, die man eher einem ge-
dankenlosen Mann von geringer Kunst zu-
trauen möchte, aber nicht einem, der so tüchtig
zu zeichnen und modellieren verstand, wie es
der Maler durch die übrigen selbständigen
Partien seines Bildes beweist. Bei dieser Sach-
lage kommt nun alles darauf an, für diese übrigen Partien selbständig den
Nachweis zu versuchen, daß sie sich mit der Kunsthöhe des Meislers D S
und mit seiner Formanschauung decken. Dies halte ich durch folgende Ver-
gleiche im Einzelnen, denen die wichtigsten Köpfe und Gestalten als Detail-
73. Maria des Krciuigungs-
bildes in ZQrich.
um 1513. 1501. um 1505. 1506.
74. KrauenkOple aus Holzschnitten des Meisters D S.
«5".
bilden beigegeben sind, für erweisbar, wobei immer zu bedenken ist, daß
die zum Vergleich wichtigsten Holzschnitte wahrscheinlich später zu da-
tieren sind als das Bild.
In erster Linie ist die Frauengruppe neben diejenige des Kreuzigungs-
holzschnittes zu halten; in ihrer Anordnung schließen sie sich ja ganz aus,
aber die Forraanschauung des D S finde ich in den beiden Madonnen doch
ganz übereinstimmend (Abb. 73), man vergleiche auch, wie das Kopftuch
ein Dreieck aus der Stirn schneidend die Augenbrauen tangiert und sich
bei beiden dasselbe edle Oval des Gesichtes zeigt, das aus weicher Fülle
gebildet durch Vorziehen eines feinen Kinns, wie es die Altniederländer
lieben, das Allzurunde vermeidet. Aus Abbildung 74 kann man sich an einer
Reihe seiner Frauenköpfe mit dem Gesichlsoval, der Stellung der Augen-
3»
P-
brauenbogen zu diesem, mit den geraden, schmalen Nasen sowie dem weilen
Abctand zwischen Mund und unterem Stirnrand vertraut machen. —
Auch die Hände der Maria auf
unserem Bild mit ihren vorsichtig ausge-
führten Fingernägehn lassen sich recht
gvi mit denen vom Holzschnitt der hei-
hgen Anna vergSeichen ; oder die um
den Lanzenschaft gelegte Hand des
Kriegsknechtes rechts vom Kreuz mit
der um den Pilgerslab gelegten des
Pilgerholzschnitts (Abb. 75, Aehnliches
auch in Abb. 79 und 80) ; oder des
gleichen Kriegsknechts schmerzlich ge-
krümmte Rechte, die er wie um Licht
abzublenden erhoben hat, mit der ent-
sprechenden Hand des Johannes '1
im Kreuzigungsholzschnilt. (Aehnliches
in Abb. 83 A.) -
Durch die zweifellos etwas ängsl-
S
75.
Aus dem Pilgerholzschnitl
des Meisters D S.
') Zwischen dem Johannes des Kreuzlgungsholzschnittcs und dem in Abb, 76 bei-
gegebenen so auflallenden und ungewöhnlichen Johannes
des Meisters von Fl^malle besteht Übereinstimmung, die
ich nicht für Zufall halte. Über eine eventuelle Verbreitung
dieser Gestalt des Flömallers durch Slecherarbeil ist nach
Jahrbuch der Preuß. Kunstsammlungen 19. Seite 110. und
nach Anfrage bei Herrn Geheimrat H. von Tschudi an-
scheinend^ nichts bekannt geworden. Zwar ist mir die
Übereinstimmung der beiden Gestalten selbst bezweifelt
wordeHj ich habe aber sonst trotz langen Suchens nichts
Ähnliches linden können. Allgemein läßt sich feststellen,
daß bei Bewegungen wie Tränen wischen, Brillen aufsetzen,
Hut abnehmen in damaliger Kunst die Ellenbogen gerade
so oft tief bleiben wie sie in Schultt-rhöhe erhoben werden.
Ein bezeichnendes Beispiel eines hochgehobenen und in
den Falten ähnlichen Armes gibt der iräncnwischcnde Engel
des Hans Multscher in Schleißheim, kunsthist Ges. für
photog. Publikation 1898 Tfl. 11; Beispiel fOr tiefgehaltene
Ellbogen einige der törichten Jungfrauen Schongauers, Aber
niemals gelang es mir eine über Rücken gesehene Gestalt
zu tinden, die so die Augen wischt, daß die Finger noch
über das Gesichtsprofil Vorschauen; übrigens ist das bei*
nahe gradlinige Profil selbst, die Fußstellung und der Um-
stand, daß die nackte Hand wischt, während die andere
ein Tuch hSdl, fflr bloßen Zulall doch recht viel. Außerdcn)
ist Johannes auf Kreuzigimgsdarstellungen höchstens im
Profil gegen das Kreuz gerichtet, Ober Röcken gesehen fand
ich ihn nur einmal auf einem Kanonholzschnitt Jörg Hreus
von 1504 (Preuß. Jahrb. 31. S 193).
76. Johannes aus der
Berliner [ Kreuzigung des
Meislers von Ficmalle.
321
liehe Komposition, bei welcher der Frauengruppe links die balgenden
Knechte') rechts gesondert gegenübergesetn sind, blieb die Mitte allzu
leer; die Lücke hatte wenigstens nach
markanten Figuren um den mittleren
Kreuzstamm verlangt. Von den drei
Kriegsleuten, die aber da herum-
stehen, gehen zwei für die Wirkung
verloren, nur der Hinaufschauende
dicht rechts neben dem Kreuz, der
kurzweg als der Kreuzschauer be-
zeichnet sei, ist als Hauptfigur des
ganzen Bildes herausgearbeitet.
Gleichwohl geben Longinus, der den
Speerstich führt, und der andere
vom Kreuz überschnittene Knecht*)
iji ihren Beinstellungen und den
Formen der Waden und Vorfüße
wertvolle Parallelen zu der Art. wie
der D S so etwas in den zwei Etter-
linillustrationen und in de fide con-
cubinarum gibt, beispielsweise unter
letzteren die Beine des Mannes, der
die Felskluft ersteigt oder desjenigen,
der beim Herannahen der Prozession
nach links enteilt (Abb. Muther(. Die Kniebohrerstellung des Kreuzschauers
aber sitzt dem Meister D S tief in der Gewohnheit, er hat sie von den
Im flbrigen seien zu weiterer Beurteilung der Frage hier noch einige Gestalten aus
Krcuztgiingsbildem genannt, die mit dem Motiv Flemallers einige allgemeine Beziehungen
gemein haben: I Jan van Eyck, Cliristus am Kreuz in Berlin, Jahrbuch der kunsthist.
Sammlungen des Kaiserhauses, Wien, 24. Seite 234. — H Soester Schule, Meisterwerke
westdeutscher Malerei auf der Dosseldorfcr Ausstellung, Tfl. 31. — III. und IV. Petrus
Christus, Friedlander, Meisterwerke niederländischer Malerei auf der Ausstellung zu BrOgge
in 8 und Tfl. la — V. Meister von Frankfurt, MOnchen Pinakothek (Bruckinann Photo,
öo) — VI. Jan Gossaert, Museum Antwerpen.
') Die Gruppe der balgenden Knechte folgt der Anordnung, die man schon auf der
Kreuzigung des Meisters der heil. Sippe im Brüssler Museum findet | Aldenhoven, Kölner
Malcrschulc Tfl, 70). Man sieht einen niedergedrückten Knecht, gegen den ein halb er-
hobener das Schwert schwingt, welchem wieder der atn meisten aufgerichtete dazwischen
fährt, während der unterste den Stich gegen den mittleren fohrc.
') Auch die hinter dem Kreuz vorbcilaufenden und von diesem übcrschnittcncn
Figuren sind nicht sehr hAufig und weist das Vorkommen einer solchen Gestalt ebenfalls
auf den Meister OS; bei Hans Baidung findet siih das Motiv 2. B. nicht ausgeprägt.
Einige Beispiele fOr vor oder hinter dem Krfuz vorbcilaufcnde Gestalten wären die Kreu-
zigung der Marienkirche in LQbeck von 1501 (Goldschmidt, Lübecker Malerei und Plastik
Tß. 18) oder die oben S. 318, in Anmerkung 1 als Beispiel 111. und XIX. genannten Dar-
stellungen. Sehr charakteristisch, aber schon später als der Meister I> S aul der Bartho-
lomeus Bruyn zugeschriebeocn Kreuzigung (Burlington fine art magazine 9, 5. 363). —
77-
Detail des Krcuzigungsbildcs
in Zürich.
3aa
de fide Illustrationen (Jüngling mit Fußfesseln, Räuber des Titelblattes) bis
zur Etterlin-ChronJk (linker Mann des Tellschusses) und bis zum Einblatt
des Pilgers nicht ablegen können (Abb. bei Muther, Lippraann und Dodgson),
TÄ^
a
um 1505. um 1505. 1510,
78. Bezeichnende Kopfdrehung aus Holzschnitten des Meisters D S.
Und nun der Kopf des Kreuzschauers (Abb. 77I. Seilen ist eine
Künsllerphantasie so von einer Lieblingsbewe^ung durchdrungen ge-
wesen, wie die unseres Meisters von jenen seitlich geneigten und gleich-
zeitig zur Unteransicht gedrehten Köpfen, wie sie die Abbildungsreihen
78 und Abbildung 79 und 80 /t-igen, darüber hinaus aber noch zahl-
reiche andere Proben. ^) Man beachte dabei, wie durch die Modellierung
sozusagen kleine Platten
unter dem Kinn gebildet
werden, beachte die Kiefer-
linien und die mächtigen
Halsmuskulaturen oder den
Hügel am Kontur der ver-
kürzten Backen (Abb. 77,
78, 79, 80.) Dazu stets der
Blick aus blinzelnden, oft
mehr wie halb geschlos-
senen Augen, was zusam-
men mit der charakteristi-
schen Kopfdrehung oft den
unnachahmlichen Reiz ver-
leiht, als wären die Gesich-
.H'
79. Meister D S, aus den
zwei Sterbebetten.
80. Detail des
Astronomen des Meisters
D S vor 1508.
ter von grellstem Licht bestrahlt, und was, je nachdem die Augen, Augen-
brauen und die oberen Backenwölbungen parallele Bogen oder Winkel mit
einander bilden, zu einem selig blöden oder verhalten schmerzlichen Aus-
druck führt ■■'l- Ersteres in der Abbildungsreihe 77, 78, 79. 80, letzteres in
') Solche Proben sind noch : De fide concubinarum der Lautenschläger des Standchens,
Maria des Kanonbltdes von 1510, Christkind und Engel des Annablattcs, Magdalena und
Ldsterer des Kreuzigungsliolzschnittes.
*) Ahnlich schmal mandelförmig gebildete Augen wie die des Meisters D S und des
Kreuzigungsgcmäldcs finden sich in ober- und niederdeutscher Kunst auch sonst natürlich
Öfters, aber wegen der scharten Ränder der Augenlider und wegen der schwer lastenden
Deckel scheint mir der Blick stets stumpfer, trOber und nicht blinzelnd wie beim D S. Als.
73 und 8i. Die Abbildungsreihc 78 gibt gleichzeitig das Vergleichsmaterial
für den Johanneskopf des Züricher Gemäldes, wenn man von dessen schräger
Augenstellung absieht, —
Einen sehr gewichtigen
Beweis für die Autorschaft
des Meisters D S sehe ich dann
in der Gestalt des gekreuzig-
ten Christus. Es ist ein leich-
tes, sich durch beliebige Bei-
spiele aus anderen Künst-
lern , ' ) deutlich zu machen,
wie nahe der Gekreuzigte
des Züricher Bildes den an-
deren Cruzifixen des D S
steht. Mit dem Kanonbiid von 1510 (Abb. bei Dodgson und Detail Abb.
82 A.) stimmen besonders die mit gespreizten Zehen übereinander ge-
«509- 151 1.
81. Köpf« aus Holzschnitten des Meisters D S.
/ß
,*»%'
/■
A. 151a B. C. um 1513.
Sa. Christuskorpcr aus Holzschnitten des Meisters D S.
nagelten Vorfüße und die Art, wie die durchbohrten Hände sich leicht
mit aufgelegten Daumen schließen. Neben solchen Einzelheiten, zu denen
die scharfrandige Schwingung des Lendentuches in zwei oder drei Bogen
charakteristische Proben seien nur genannt der Magdalenenaltar des Lucas Moser in Tiden-
bronn (Kunsthist. Ges. f. photog. Publikation 1B99) und die im 26. Band des Preuß, Jahr-
buchs farbig wiedergegebene niederländische Miniatur eines Rciscaltarchens. —
'I Das Verwandteste ist wohl der Gekreuzigte auf Burgkmairs Basilica Santa Crocc
(Wcis-Liebersdorf, Jubeljahr 1500 in der Augsburger Kunst, Seite 206 u. 207). Ein bezeich-
nendes Detail kann die Vergleichungen unterstützen; der Meister D S gibt nflinüch bei dem
Gekreuzigten nicht den schrägen Muskrlslrang vom Hals zur Schulter, sondern Ußi die
Linie horizontal durchlaufen; das findet sich auf dem ZOricher Gemflide genau so wieder,
ist sonst aber recht selten und auch bei Schongauer nicht so ausgesprochen zu ßnden.
und das Auslaufen in blecherne dreieckige Zipfel nicht zu mindest ge-
hört (Til. XXIII, Abb. 82) ist zu beachten, wie der D S an der unver
drehten Vorderansicht des ganzen Körpers festhält. Zu seiner Formgebung
stimmen die schlanken Fußgelenke und Beine, die leicht krampfigen Waden,
sowie der schmale Raum, welcher zwischen den Füßen frei bleibt (Tfl. XXII!
und der Christus in der Nische), alles Dinge, die sich ähnlich auch bei
andern Künstlern finden, in ihrem Zusammentreffen aber wohl schwerlich
so genau. Das Entscheidende ist der mächtige Oberkörper, der nicht durch
Einziehen in den Weichen, sondern durch den bedeutenden Wuchs des
langen Brustkastens erreicht wird, demgegenüber der Unterkörper eher
kurz erscheint. Dazu kommt noch die Aehnlichkeit des Gesichtstypus, be-
sonders mit Abb. 82 B. Genaues Zusehen ergibt, daß der Gekreuzigte
des Gemäldes direkt
aus denjenigen der Ab-
bildungen Tfl. XXIIl,
82 A und B zusam-
mengesetzt ist, das
heißt natürlich nicht
aus den drei Holz-
schnitten kompiliert,
sondern aus gleicher
Vorstellung erwach-
sen. —
A. 1507. B. um 1505.
83. A. Detail aus dem Tellschuß, B. aus dem Titel
von de fide concubinarum.
Auch zu den übrigen Figuren des Gemäldes kann man noch ein paar
Züge beibringen, wobei man aber vom Kopf des Longinus und dem Reiter,
der ihm den Speer führen hilft, absehen muß, weil sie übermalt sind. Dasi
Gesicht des rechten Schachers gleicht einem jungen Mann des Tellschusses'
(Abb. 83 A Mitte), der Geßler dieses Schnittes (gleiche Abb. rechts) hat in
seinem ruhigen Blick Verwandtes mit dem ein Sceptcr haltenden Reiter
des Bildes, dessen Kopf sich wieder unschwer aus dem des Pilgers
(Abb. 75) entwickeln laßt. Von den drei balgenden Henkersknechten mag
der linke aus dem Typus des Bruders aus den Sterbebetten (Abb. 79 rechts
unten) abgeleitet sein, die beiden rechten sind nach dem Schema gebildet,:
das der Meister nach Schongauerschem Vorgang zur Charakterisierung ge-'
meiner Kerle anwendet, nämlich abgeplattete Knollennase und viereckig
geöffneter Mund. Man vergleiche das Detail aus dem Titelblatt von de fide
concubinarum (Abb. 83 B und etwa das Teufcichen Abb. 78 rechts). -
Schließlich bietet auch die Landschaft der gemalten Kreuzigung mit
ihrem hohen Horizont in der F'orm der buchtenreichen Seeflache und der
Straße, die am Fuß der Felswand links vom See vorbeiführt, Parallelen zu
dem Kreuzigungsholzschnitt. Der Feldweg, welcher links vom Kreuz des
Unken Schachers über eine Bodenwelle in eine baumreiche Mulde hinab-
führt, ist ein geschickter Uebergang des Mittelgrundes in die Hintergrunds-
landschaft, der sich gleichmaßig auf dem Pilgerholzschnilt (Abb. 75) findet.
325
Durch die bisher genannten Uebereinstimmungen, die sich aus gleicher
Anschauung entstanden und nicht nach Einzelheiten des Holzschnittwerkes
kopiert erwiesen, scheint es mir möglich, die Kreuzigung des Landes-
museum dem bisher bekannten Werk des Meisters D S anzureihen und
ich wäre gespannt, ob man sonst einen oberdeutschen Künstler namhaft
machen kann, zu dem das Gemälde nur ähnlich wichtige Beziehungen auf-
wiese. Nach den Mängeln der Konipüsilion und der künstlerischen Gesamt-
haltung würde ich das Gemälde annähernd auf das Jahr 1507 oder 1508
datieren.
Zum Schluß seien noch einige Worte über die Farbenwirkung ') des
Bildes beigefügt. V^on der Landschaft kommt nur das ruhige Silberweiß
der Seeflache und das durchscheinende Rosa des Kastells zu fühlbarer
Wirkung. Im rechten Schacher wird darauf der Ton des Kastells mit
etwas durchscheinender Fleischfarbe fortgesetzt , die nach oben matter
wird, aber die goldblonden Haare fließen dort malerisch fein auf Nacken
und Brust. Im Christuskörper herrscht dagegen nur gelblich trübe Lei-
chenfarbe, der Oberkörper vermag sich damit nicht recht vom Goldgrund
abzuheben , die Beine erscheinen aber recht plastisch vor der Land-
schaft. Das weiße Pferd des Unken Reiters legt die grüßte Bresche In die
ohnehin geringe koloristische Geschlossenheit des Bildes ; denn es bleibt ohne
genügendes Gegengewicht, weil der rote Mantel des Kreuzschauers, der
offenbar als solches dienen sollte, nicht hinreichend groß und nicht benach-
bart genug ist. Der Kreuzschauer ist übrigens koloristisch so gut wie in
der Zeichnung die Hauptfigur des Bildes ; auf seinen Aermeln prangt ein
reines, lichterfüllces Gelb, die schönste Farbe des Meisters, und auf seinem
Harnisch und Eisenhut findet sich das einzige kühnere Lichtspiel. Diese
Hauptfigur und die silberne Seefläche sind wohl befähigt, in diesen Teil des
Gemäldes lebhafte Tiefenwirkung zu bringen. Dem gegenüber wirkt die
Frauengruppe in lichtlosen Stoffen von olivgrüner, blauer und roter Färbung
leider sehr flächenmäßig unplastisch; auch die zwei Reiter rechts erscheinen
in gleichem, von keinem Licht getroffenem Blau und Rot, nur etwas belebt
durch den schön lichtgelben Turban. Die Gruppe der balgenden Knechte
interessiert durch den rechts knieenden, an dem der Meister anscheinend
ein moderneres Verfahren versucht hat; dort sind nämlich die vom Licht
getrofienen Büge des Gewandes nicht etwa im Lokalton heller gehalten,
sondern direkt mit einer anderen Farbe gegeben ; auf dem Orangerot der
Fläche sitzen die Lichtstellen als kräftiges Gelb. Alles in allem erscheint
der Künstler als Kolorist im Detail wohl zart, im Ganzen zurückhaltend
und altertümlich, aber in seiner Entwicklung eben dabei, sich an einzelnen
Proben mit Glück in neuerer Richtung zu versuchen.
') Das Genmide soll demnächst restauriert werden; es wflre möglich, daD eich die
koloristische Haltung nachher etwas anders zeigte.
Andachtsbild des Klosters und Spitals zum heiligen Geist in
Bern, ein Holzschnitt von Urs Graf.
Von Ha$is Koegler,
In dem von L. Gerster herausgegebenen Werk Ober die Schweizerischen
Bibliothekszeichen eröffnet die Reihe der Abbildungen die farbige Wieder-
gabe eines interessanten Holzschnittes aus dem XV. Jahrhundert, von dem
L. Gerster im Vit. Jahrgang der Zeitschrift lür Bücherzeichen '), besonders
durch Beibringen des alten Spitalsiegels zweifellos nachgewiesen hat, daß er
für das Kloster und Spital zum heiligen Geist in Bern angefertigt sein muß.
Der Holzschnitt, eine Trinitäts-Darstellung, zeigt Gott Vater auf einer altar-
artigen Bank sitzend, wie er den Gekreuzigten vor sich hält, die Taube des
heiligen Geistes, zwei Wappenschilde mit dem doppelten Kreuz auf schwarzem
Grund, einen Schild mit dem Berner Bären und die Oberschrilt: Signu sancti
Spiritus. Das Blatt scheint Schreiber entgangen zu sein, ich konnte es
wenigstens im ^Manuel" nicht finden; von den vielen dort verzeichneten
Trinitatsholzschnitten hat nur Nr. 738 mit dem Berner Blatt die oben zu
beiden Seiten angeordneten schwarzen Schilde mit Doppelkreuz gemein, ob
sich aber auch dieser mit „1464" datierte Holzschnitt, den man bei Weigel-
Zestermann *) als Nr. 50 abgebildet findet, auf das Berner Spital beziehe, ist
doch sehr fraglich, denn es fehlt der Berner Bär und es läßt sich nicht er-
weisen, daß das Jahr 1464 irgend eine besondere Rolle in der Geschichte
des Bemer Spitals ') einnimmt. Der Stil des Schnittes von 1464 scheint
Weigel und Schreiber nach Schwaben zu weisen, tatsächlich hatten laut
Heimbucher*) die Brüder (Hospitaliter) vom heiligen Geist Ansiediungen in
Wimpfen. Pfortzheim und Memmingen. Das bei Gerster wiedergegebene
alte Berner Heiligenbild hat auch keine künstlerischen Beziehungen zu
*) Zeitschrift für BOchcrzeichen, Biblioihekenkunde und Gclehrtcngeschichtc, Organ
des Ex-Iibris- Vereins zu Berlin, Görlitz, C. A. Stafkc, VII. Jgg. 1897. S. 4 ff., daselbst auch
sehr gute farbige Abbildung.
Schreiber, Manuel de I'amateur de la gravure sur bois, I. Bd. 1891. S. 209 ff.
•) Der HotzsehniU von 1464 jetzt im Brit. Mus > 0,231 hoch, 0,169 breit. — Literatur
darOber: Weigel und Zestermann, die Anfänge der Druckerkunst in Bild und Schrift, Leipzig
1866, 1. Bd. Nr 50 mit farbiger, original großer Abbildung - Willshire 145 Nr. i und Tfl. VL —
Schreiber, Manuel Nr. 738. — C. Üodgson, Catalogue of early german and flemish wood-
cuts, London 1903. S, 59, Nr. A. 25.
■) Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Staatsarchivar Prof. TOrler in Bern.
*) Max Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche, Pader-
born 1896, 1. Bd. S. 405.
3*7
cSi%uo{j^ti-tt>mtir;
dem Blatt von 1464, denn da ist Gott Vater vor allem anderen mit einem
gewaltigen, von Locken umflossenen Zeuskopf') ganz von vom gegeben,
im alten Berner Blatt aber schmal, schmächtig und etwas nach links gewendet.
Jedenfalls ist es beachtenswert, daß das jüngere Berner Heiliggeistbild, von
der Hand Urs Grafs
m
(Abb. 84), an der An-
ordnung des älteren fest-
hielt, denn es sucht sich
m Gewandung und Hal-
tiang Gott Vaters sowie
in den Formen der Thron-
bank an seinen Vor-
;^;!nj^er anzuschließen.
I >!_T Holzschnitt von
Urs Graf befindet sich
im Berliner Kupferstich-
kabinett^) und war meines
Wissens noch nicht in
der Literatur erwähnt,
als ich ihn in einer Studie
über das Holzschnittwerk
des Urs Graf i Anzeiger,
1907) als Nr. 375 a für
diesen Künstler in An-
spruch nahm. Leider ist
dabei durch einen Lese-
fehler der Überschrift
eine fehlerhafte Lokali-
sierung unterlaufen, die
nun hier verbessert wer-
den konnte. An der Ur-
heberschaft Urs Grafs,
auf die es in erster Linie
ankam, ist nicht zu zwei-
feln, auch hat Gott Vater
den ausgesprochen glei-
chen Typus wie Kaiser
'} Der Aunassung dieses Kopfes liegt gewiß spätgotische Bildhauerarbeit zu Grunde;
als Beispiel sei die nicht unähnliche Trinitatsgruppe von Wartenberg in Oberbayern genannt,
die in dem Atlas zu den Kunstdenkmalen des Königreichs Bayern (München 1905) auf
Tfl. 201 abgebildet ist.
•) Deutsche Srhulc, Holzschnitte, Anonyme des XVI. Jhdts, erworben 19*16, Jahrbuch
27, S. LXXUI. — Den Hinweis, daß sich der von mir beschriebene Holzschnitt des Urs Graf
auf das Kloster zum heiligen Geist in Bern bezieht, verdanke ich Herni Professor Faul Ganz
inBasel FQr Literaturnachweise bin ich auch Herrn Pfarrer L. Gerster in Kappelen verpflichtet.
V
\
.>d<^$sx>NyiS>*^x^'. .
84. Urs Graf, Heiligenbild des Spitals in Bern.
328
Heinrich auf dem signierten Graf-Holzschnitt His 271 {Detail-Abb. 86) und
wie der thronende Gott Vater aus der ebenfalls bezeichneten Fürbitte (His 279.
Detail-Abb. 85*, beides Arbeiten des Jahres 1514, was auch die ungefähr richtige
Datierung des Berner Heiligenbildes sein wird, obwohl verwandte Köpfe auf
Grafs gravierten Bernhard-Platten von 1519
eine Ausdehnung der Zeitgrenze bis dahin
noch rechtfertigen würden. In der zeichner-
ischen Einzelausführung unseres Blattes ist
Graf teilweise flüchtig, wenigstens hat ihn der
Kruzifixus nicht besonders interessiert, den
würdevollen Kopf für Gott Vater hatte er, wie
man sah, schon vorrätig. Trefflich gelungen
ist ihm aber, dem Ganzen eine steh sofort ein-
prägende Haltung zu geben, die trotz ziem-
licher Bewegung in Körper und Gewand
Gottes ruhig ist, fast möchte man sagen monu-
mental, jedenfalls dem alten mageren Blatt
gegenüber, obwohl er dessen glückliche Grund-
konstruktion beibehalten hat. In beiden Fallen
treffen die Verlängerungen der Fluchtlinien
der Thronbank die Mittelaxe der Haupfigur
ein wenig unterhalb der Bartspitze, aber Graf
gibt dem Körper stärkere Ausbiegung nach
rückwärts, legt so den erwähnten Schnittpunkt
etwas tiefer, erhält dadurch die Fluchtlinien der
Bank und die mit diesen streng parallelen Schultedinien weniger steil
erhöht den so gewonnenen Eindruck der Breite noch recht geschickt durch
das Heranziehen der vertikalen Umrahmungslinien bis an die Bankecken.
Alles in allem ist der Vergleich der zwei nach gleicher Formel aufgebauten
Gruppen ein sehr lehrreiches Beispiel für das Reicherwerden der graphischen
Kunst in jenen Zeiten, denn mehr wie vierzig Jahre liegen nicht zwischen
beiden.
)
\y\
fr<\
85
Urs Graf, li
FOrbitte (His 379;.
der
und
y
\<rl
86. Urs Graf, Detail aus His 371.
32$
ANHANG.
Weil es mir hier noch einmal ermöglicht ist, über das Werk des Urs
Graf zu Wort zu kommen, so sei dazu noch nachgetragen, daß His 26g
die Berufung Petri (Nagler Nr. 8) nicht, wie es His für möglich hielt, zu einer
der Poütillen-Folgen Grafs gehört, sondern ein selbständiger Einzelholzschnitt
ist, der sich in der Sammlung Friedrich August IL in Dresden befindet,
wie ich der gütigen Mitteilung des Herrn Dr. M. Geisberg in Dresden ver-
danke. Die Komposition hat ziemliche Ähnlichkeit mit der gleichen Szene
eines Augsburger Künstlers im Brevianum Constantiense, Augsburg bei
Erhart Ratolt 1516. — br. 0,077, ^- 0)'25- —
Dann hat L. Gerster im II Jahrgang der Schweizerischen Blatter für
Ex-libris-Sammler den prächtigen Holzschnitt mit dem vor Sanct Augustin
knieenden Basier Weihbischof Tillmanus als Arbeit emes unbekannten Künst-
lers abgebildet, der Anspruch hat, als Werk Urs Grafs zu gelten. Das Blatt
gehörte im Stil zu der Reihe der großen Einzelholzschnitte His 276, 277 und
278. jedenfalls vor der Mönchskrönung (278) und vielleicht nach Pyramus
und Thisbe (277).
Wandgemälde im ehemaligen Kloster Taenikon, Thurgatu
Von /. von Planta.
(Taf. XXV.»
Anlaßlich der Ausstellung aus dem Archiv der schweizerischen Gesell-
schaft für Erhaltung historischer Kunstdenkmäler vom 2[- April bis 2. Mai
1907 im Schwurgerichtssaale in Zürich, wurden auch einige Wandgemälde
aus dem ehemaligen Zisterzienserinncn-Kloster Taenikon bei Aadorf, (Kanton
Thurgau) ausgestellt.
Diese Malereien sind im Herbst 1906 durch Herrn Stuckateur Kar!
Schmidt-Frey aus Zürich in dem sog. Sommer-Refektorium zu Taenikon
von ihrem ursprünglichen Standort abgelöst und auf Leinwand übertragen
worden.
Das Sommer-Refektorium, auch Soramer-Convent genannt, ein Ostlich
vom Kern der Klosteranlage gelegenes, jedoch mit dieser verbundenes Ge-
bäude wurde nach Angabe der Kloster-Chronik im Jahre 1508 erbaut und
1627 erneuert. Der Ober-Stock hatte bis 1627 als Kornschütte gedient;
alsdann fand der Umbau desselben in das neue Dormitorium statt: ein Mittel-
gang mit reich verzierter Stuckdecke trennte die beiden Zellenreihen von
je sechs nach Norden und Süden gelegenen Zellen.
Das zu ebener Erde gelegene Refektorium wurde wohl noch vor Auf-
hebung des Klosters (1848) der Wandbekleidungen, Glasgemälde und des
sonstigen Schmuckes beraubt. Ks dürlte dies in den dreissiger Jahren des
vorigen Jahrhunderts geschehen sein, zur Zeit da die bekannten Glasgemälde
im Kreuzgang ') durch den Klosterverwalter um ein Spottgeld veräußert
wurden.
Jedenfalls war das Gebäude beim Uebergang des Klostergutes in Privat-
besitz (1850) nur noch in seinem Mauerwerk erhalten und diente zunächst
als Maschinen- und Ofenraum für eine Drainröhrenfabrik. In den 70er Jahren
des 19. Jahrhunderts wurden die beiden alten Brennöfen wieder abgebrochen
und an anderer Stelle durch einen großen Ringofen für Kohlenheizung er-
setzt. Damals wird auch die Nordwand des Gebäudes neu errichtet worden
sein.
') Das ehemalige Frauenkloster Taenikon im Thurgau von Prof. Dr. /. R. Rahn und
Joh. Nattr, Zor ich 1906, pag. 17 18 und 426 — 3g — J. R. Rahn: Anzeiger für Schweiierischc
Altertumskunde 1869 pag. 98 f. H. Meyer: Die Schweizerische Sitte der Fenster- und
Wappenschenkung — Rahn: Die Schweizerischen Glasgemälde der Vinceniischen Sammlung
in Konstanz (MiUeilungen der antiquar. Gesellschaft in Zürich, Bd. XXII. Heft 6 etc.)
Ol
331
Das Refektorium ist ein 16,25 m langer, 11,60 m breiter und 3,9501
hoher Raum. Er dient nunmehr als Magazin der anstoßenden mechanischen
Ziegelei.
An der Südfront des Gebäudes ist die originelle Fensteranlage noch
sichtbar : zwei dreiteilige Fenster in flachbogigen Kammern und einfache Schraal-
Fenstcr, die zu dreien zwischen jenen und je eines am Ost- und Westende
sich öffnen. Die Zwischcnptosten sind ungegliederte Mauerpfeiler. Die
Fensterprofiiierung wird innerhalb des Falzes durch eine Schräge gebildet.
Die flache Holzdiele, die ein einfaches Leistenwerk in rechteckige Felder
teilt, stammt von 1627. ')
An der Ostwand befinden sich noch zwei Fenster, die durch eine ver-
mutlich 1627 an Stelle eines Dreierlensters ausgebrochene Türe, getrennt
sind.
Die Wandmalereien bedeckten die ganze, dem Eingang gegenüber-
liegende Ostwand des Refektoriums, während Süd- und Westwand nichts
derartiges aufweisen. Die Malereien reichten von der Decke bis auf das
ni 2.70 hohe Brusttäfer herab; ca. 30 cm. ragen noch über die Flachdccke
hinauf: ein Zeichen, daß die ursprüngliche Decke des Raumes sich etwas
höher befand.
Die bemalte Wandfläche wurde auf eine Länge von 4,98 m leider
durch den Einbau der Brennöfen zerstört, so daß nur noch 6 Meter 60 über-
malt waren; einzelne Teile der Malerei sind durch ausgebrochene Maueröff-
nungen weggeschlagen worden.
Die Anordnung der Wandgemälde war folgende: lieber der jetzigen
Mitteltüre erschien die Halbfigur der Madonna, neben welcher das Datum:
Anno MCCCCCXIX steht. Zur Linken war eine figurenreiche „Heilige Sippe"
gemalt, in deren Mitte unter der kleinen, in den Wolken schwebenden Halb-
figur Gott Vaters die heilige Anna selbdritt erscheint. Die nach links an-
schließenden Gemälde, eben jene 4,98 Meter sind leider bei den Umbauten
gänzlich zerstört worden ; auch an der „Heiligen Sippe" fehlt links oben ein
Stück. Rechts neben der Madonna folgte die Anbetung der drei Könige, dann
ein schmales Feld, das auf weißem Grunde die Figur des Hl. Onofrius ent-
hält, weiter der Gekreuzigte, der den Hl. Bernhard umfängt, und zuäußersl
in der Südost-Ecke in einem besonderen Schmalletde eine heilige F'rau mit
Kerze, vermutlich S. Agatha.
Jedes dieser fünf Wandgemälde ist von einem breiten rotbraunen Rand
eingefaßt. Sowohl diese Farbe wie die andern alle, insbesondere das Gelb
der Gewänder, der Heiligenscheine, das Grün etc. sind von einer Frische,
die der Technik des Künstlers und seinen Malmitteln das beste Zeugnis gibt.
Aber auch in künstlerischer Hinsicht werden wir bei näherer Besichti-
gung neben mancher schwerfällig gezeichneten Figur einzelne ganz tüchtig
dargestellte Köpfe und Gewandpartien treffen. Ebenso zeigt die Anordnung
') Beschreibung von Prof. Dr. J. H. Rahn.
332
der Bilder ein künstlerisches Streben, insbesondere bei dem figuren reichen
Bilde der „Heiligen Sippe.**
Dieses Gemälde» 262X124 cm. messend, hat leider durch Uebertünchung
und bauliche Eingriffe am meisten gelitten; so sind z. B. die in gotischen
Lettern über jedem Kopf angebrachten Namen der dargestellten Personen
fast ganz verwischt und der schön gezeichnete Kopf Gott Vaters nur un-
deutlich zu erkennen.
In den Farben besser erhalten, jedoch durch den neu aufgeniauerten
Tür-Bogen in den untern Partien beschädigt, ist die Anbetung der drei
Könige, 153- 115 cm., wovon der Eine seine Krone bescheiden in der Linken
hult, während er mit der Rechten ein Gefäß mit Myrrhen darreicht. Von
Maria, dem Jesus Kinde und dem vor diesem knienden König sind die oberen
Teile erhalten. Etwas steif schließt sich als dritter mit seiner Gabe der
Mohrenkönig an. Ein ansprechendes Motiv ist die Architektur des Hinter-
grundes mit dem Ausblick in eine bewaldete Landschaft.
Der durch Inschrift bezeichnete Sanctus Onophrius, ii8><46 cm., ist eine
alle, nur mit kurzem Schurz umgürtete Gestalt auf weißem Grund. Die-ses
Bild gestattet eine Beobachtung über das technische Verfahren des Künstlers.
Die Hauptumrisse der Figur sind nämlich in den Malgrund mit einem scharfen
Stift eingekratzt. Bei der Ausführung mit dem Pinsel hielt sich aber der
rasch und sicher arbeitende Künstler keineswegs ängstlich an diese Vor-
zeichnung.
Besonders gelungen ist das Bild des Gekreuzigten, der den hl. Bern-
hardus umfängt. Der Heiland, mit den Füßen noch am Kreuz haftend, neigt
sich dem vor ihm knienden hl. Bernhardus entgegen und umfängt ihn mit
den Armen. Links unten das Wappen von Citeaux. Im Hintergrunde eine
Bogentüre und ein gekuppeltes Rundbogenfenster, zu dem einige Stufen hinauf-
führen. Durch die OefTnungen der Ausblick auf eine hügelreiche Gegend.
Ziemlich gut erhalten, wie dieses Bild, ist die „Heilige Frau mit Kerze*.
Diese beiden Bilder messen 179-132 cm. zusammen.
Wenn auch diesen Malereien ein eigentlich künstlerischer Wert abgeht,
so sind sie immerhin ein kunsthistorisches Denkmal aus der Blütezeit des
Frauenklosters Taenikon. Darum wurde deren Erhaltung schon lange an-
gestrebt, zumal sie größtenteils übertüncht und vielfach mit Ruß und Staub
bedeckt waren. In dem offenen, feuchten Raum mußten sie mit der Zeit
gänzlich zu Grunde gehen.
Das einzige Mittel, diese Wandmalereien zu erhalten, war deren Ver-
setzung. Früher war das ein umständliches, schwerfälliges Verfahren» weil
mit der Malerei auch ein Teil der Wand entfernt werden mußte. Erst in
neuerer Zeit gelingt es, Wandgemälde als dünne Faxbenschicht auf Leinwand
zu übertragen. Die Firma Steffanoni in Bergamo hat dieses Vedahren in
der Schweiz zuerst mit den großen Bildern aus der St. Michaelskirche in
Zug durchgeführt; diese hängen jetzt im Schweizerischen l^ndesmuseum.
Nun ist das gleiche Verfahren auch Herrn Stuckateur Karl Schmidt-Frey in
_333
Zürich gelungen ; sein erstes Werk wurde im Auftrage des Verfassers dieser
Mitteilung ausgeführt; es bestand in der Ablösung der hier beschriebenen
Wandgemälde aus dem Refektorium des ehemaligen Klosters Tänikon ').
Herr Stuckateur Schmidt, der früher mit seinem Bruder, Herrn
Dekorationsmaler Schmidt-Erni schon Ablösungen von Wandmalereien, jedoch
mit Lostrennung der Verputzschicht vorgenommen hatte, konstatierte im
Sommer 1906 bei einem Augenschein, daß dieses Verfahren bei der ziemlich
unebenen Kieselsteinmauer aussichtslos wäre; nach verschiedenen Versuchen
in seinem Atelier erklärte er sich im Oktober bereit, die Ablösung der
Wandgemälde in gleicher Weise wie die Steffanoiii übernehmen zu wollen.
Nach der gründlichen Reinigung der Bilder wurde zunächst ein Versuch
mit dem Schmalbild des hl. Onophrius gemacht. — Das Bild wurde unter
Anwendung einer Flüssigkeit, die Herrn Schmidts Geheimnis ist, mit einer
mehrfachen Leinwandlage überklebt, und dann mittelst eines unterstellten
Coaks-Korbes 24 Stunden lang erhitzt, bis der Ueberzug trocken und die
Mauer durchwärmt war. Nun ließ sich die Leinwand mitsammt der Farben-
schicht wie ein Abziehbild ablösen. Im Atelier folgte dann der schwierigere
Teil der Arbeit : die Rückübertragung des abgelösten Bildes auf eine frische
Leinwand und die sorgfältige Entfernung der über der Malerei klebenden
Leinwand läge. Auch diese Operation gelang vollkommen, so daß der
„Onophrius" schon nach vier Tagen auf einem neuen Chassis prangte I
Die Ablösung ist so vollkommen, daß die vorerwähnten, vom Maler in
den Verputz eingetragenen Konturen der Figuren auf dem Leinwandbild
ebenfalls deutlich sichtbar sind.
In gleicher Weise wurden auch die andern Bilder abgelöst und aui
Leinwand übertragen.
Es ist also einer bekannten Schweizer Firma gelungen, die bisher nur
von Ausländern vorgenommene Ablösung von Wandmalereien und deren
Uebrrtragung auf Leinwand in tadelloser Weise durchzuführen. Mögen
künftighin solche Arbeiten, welche die Erhaltung alter Wandgemälde in
zuverlaßiger Art verbürgen, dank der gebotenen Leichtigkeit, auch bei uns
öfters als bisher vorgenommen werden.
') Vgl. J R. Rahn : Katalog der Ausstellung aus dem Archiv der Schweizerischen
Gesellschaft für Erhaltung historischer Kunstdenkmälcr, vom ao. April bis a. Mai 1907 im
Schwurgcrichissaa) in ZOrich.
Schweizerische Glasscheiben im Auslande.
von Dr, C. v. Mandach.
Lyon.
Musäe historique des lissus.
Dr. E. A. Stückelberg hat im Anzeiger (1891, p. 582) ein Verzeichnis
der schweizerischen Glasscheiben gegeben, welche sich im städtischen Museum
in Lyon befinden. Diese Aufzählung muss durch folgende Angaben betreffend
die im Musee des tissus aufgestellten Glasscheiben ergänzt werden.
1. Nieder-Simmentaler Wappenscheibe, datiert 1585. GeharnischterKrieger
mit Federhut, hält in der Rechten eine Standarte, welche das Siramentaler
Wappen (w. Burg in r. Feld) enthält. Das Ganze auf g. Grund, umrahmt
von einer Architektur. Darunter die Inschrift: „Nyder sybenthal 1585"
(restauriert).
2. St. Galler Wappenscheibe, datiert 1572. - Schild: Schw. Doppel-
adler g. bewehrt auf g. Feld. Helmzier: bl. Mitra mit zwei Hirtenstäben.
Schildhalter links : St. Gallus mit schw. Rock und r. Mantel, davor ein aut-
rechtstehender Bär. Schildhalter rechts : St. Othmar mit w. Rock und violettem
Mantel. Über dem ganzen drei Bildchen. In der Mitte St. Benedikt sitzend
mit Hirtenstab und Becher; links: Taufe Christi; rechts: Johannes auf Patmos
mit dem Adler. Unten die Inschrift : „Othmar von Gottes Gnaden Abbt des
wirdige Gotzhus Sant Gallen 1572". ')
3. Undatierte Scheibe. XVI. Jht Die Sündflut. G. Arche Noahs aut
bl. Wasser, Dahinter Schneeberge. Flüchtende Menschen. Die einen
schwimmen (unter diesen hält sich einer an einem Fass). Die anderen er-
klimmen die Felshöhen. Eine Taube fliegt vom Himmel herunter mit einem
g. Zweig. Am Himmel Gottvater segnend, das Kreuz in der Hand. —
Architekturumrahmung.
Unten Wappenschild: schw. Hirsch über g. Dreiberg auf g. Grund um-
geben von einer Rolle mit Inschrift: „Znoach (Noah) Wöllflly Seckelmeister
zu Bern*'.
Darüber zwei Szenen auf Landschaften. Links: Noah und seine Söhne
vor dem Regenbogen. Rechts : die Schande Noahs.
') Diese Scheibe stimmt dem Stile nach mit denjenigen des Nikiaus Wirt Qberein.
Siehe J. Egli, „Die Glasgemälde des Monogrammisten N. W. im historischen Museum zu
St. Gallen", „in Beitrage zur st. gallischen Geschichte, der allg. geschieh tsforschenden Ge-
sellschaft d. Schweiz vom hist. Verein St. Gallen gewidmet*, 1904 p. 269ff.
335
4. Allianzwappen datiert 1603. Linker Schild: Zwei gekreuzte g. Brot-
schaufeln auf r. Feld. Darüber: g. Stern. Darunter: w. Dreiberg. Daneben
rechts: w. Fflugeisen. Daneben links: w. Mühleisen. Helm: Mohr w, be-
kleidet. Auf dessen Brust die Embleme des Schildes. Rechter Schild :
Schw. Mühleiscn auf g. Feld. Darüber: w. Malteserkreuz. Darunter: w. Drei-
berg. Helm: schw. Federbusch mit Emblemen wie unten (Wappen der Huser
von Bern).
Das Ganze in emer Architekturumrahmung. Unten die Aufschrift: „Herr
Lienhart Diß Burger zu Bern: und diser Z'ii Landtvogtt zu Inderlaken.
Anno 1603". Oben: eine Rehjagd.
5. Drei kleine Rundscheiben, XVII. und XVIII. Jht.
a) Schild: w. Ente auf bl. Streifen in g. Feld. Darunter: Dreiberg.
Unten Aufschrift: Claude Deleseue anno 1708*. Oben: „De aquis
ad astra, De terra ad aquas. Der Schild umgeben von einer See-
landschaft.
bl Doppelschild. Links: Löwe aulrecht und Füllhorn. Rechts : Schaufel
und 3 Rosen. Aufschrift: „Hr. Marti Fatrü Odet und Elisabeth
Roginet seine Frau Gemahlin. Anno 1708.*
c) Schild : Zuckerslempel, oben : zwei w. Sterne, unten : w. Dreiberg.
Helm : Löwe. Landschaft in Architekturrahmen. Aufschrift: „Herr
Albrecht Wachse] der Burgeren in BurgdorfT, und Fr. Maria Stäli
seine Gemahlin, Anno 1684".
6. Zwei längliche Streifen, XVIII, Jht. Schiffe (Böcke), beladen mit Holz
und Steinen, geführt von je 6 Schiffern in Tracht. Seelandschaft ('1 hunersce).
7. Rundscheibe: Mann mit Gewehr und Frau mit Becher halten einen
Schild mit Aufschrift A. D. — Darunter: „Abraham Dönen, alt Kirchmeyer,
von Reuttigen, und Anna Stucki, s. h. fr. 1704.
Diese Rundscheibe gehört unzweifelhaft zu den unter No. 6 aufgezahlten
länglichen Seeansichlen, welche übrigens die noch heutzutage in der Schweiz
allein auf dem Thunersee fahrenden Schiffböcke wiedergeben.
8. Kleine farbige Rundscheibe. Jakob und die Himmelsleiter. Inschrift:
Hans Hostetter Stadtschryber zu Undesewen (Unterseen) und Cunradt Studer
1650. Schild mit Monogramm.
9. Walliser Wappenscheibe, 1668. Christus schläft im Kahn, während
dem Sturm. Petrus weckt ihn. Hübsche Seelandschaft, Architektureinrah-
mung Darunter Wappenschild: g. Taube aul w. Grund. „H. Johannes
Herentier alt Castlan und Hauptmann in Wallis der Gmeind Saussi (Saas)
1668". Oben: „Matthäi 8. Gap.".
Wann und durch wen diese Glasscheiben in das Lyoner Mus6e des
tissus gelangten, konnte ich nicht ermitteln.
Im Besitze von M'"' Gerard de Watteville:
I. Allianzscheibe von Sankt-Michael — von Wattenwyl, datiert 1562.
Schild links: geteilt. Oben: schw. Adler, g. bewehrt auf g. Grund, unten:
33Ö
^ \
zwei w. ilalbflügel gegeneinander auf schw. Grund. Helm; Schw. Greif g.
bewehrt, wachsend. Schild rechts: drei w. Halbflügel auf r. Grund. Helra:
ein w. Halbflügel.
Das ganze auf bl. Grund mit Architekturumrahmung.
Unten Jahreszahl 1562.
Inschrift: ,,Anthonius von Sancte Michael, Herr zu Aweillier. Madalena
von Wattenwyl" (Tochter des Hs. Jakob v. Wattenwyl und der Rose de
Chauvirey). Aus dem Schloßhof Ilabstetten bei Bern, ttwas restauriert
Prachtvolle Farbenharmonie.
2. Kleines Wfippen v. Erlach» datiert 1602. Inschrift: ^Fz. Samuel von
Erlach Mither zu Bümplitz. Anno Üomini 1602."
3. Kleines Wappen v. Wat-
tenwyl. datiert 160 r. Inschrift:
„H- Johans v, Wailenwyl, alt
Schultheiß der Stadt Bern 1601-"
(Stimmt mit Nr. 2 in der Gröfie
überein).
4. Allianzscheibe v. Erlach-
v. Wattenwyl. Inschrift: „F. An-
thony von Frlach, diser Zit Landt-
vogt zu Lenzburg und F. Agatha
vonDießbach.sin eelich Gemahel
1597." <Aus Schloß Mindelbank.t
5. Scheibe V- Krlach. (Abb.
87). Inschrift: „Herr Frantz Lud-
wig von Fhrlach Schultheiß der
löblichen Stadt Bern und Herr
zu Spielz, anno 1631." Oben:
Landschaft mit Schloß und Dorf
Spiez am Thunersee (idealisiert).
Adler auf einem Baum mit der
sonst von der Familie v. Watten-
wyl geführten Devise: „Sui um-
bra alarum luarum". Zeichnung
und Farbe zeugen von echter
Künstlerhand.
6. Zwei Rundscheiben grau
auf weiß.
a| Scheibe v. Wattenwyl, datiert 1707. Mit Aufschrift: , Hr. Johann
Frantz von Wattenwyl, diser Zit Salz-Camerer der Stadt Bern.
Anno 1707."
b) Allianzscheibe v. StOrler — v. Wattenwyl, datiert 1710 mit der
Aufschrift: „Herr Daniel Stürler des großen Hahts der Statt Bern
und Fr. Catharma v. Wattenwyl s. Ehgm. 1710."
-^^liü
#. n *•
87. Scheibe im Besitz von M""^ G^rard
de WatteviUe in Lyon.
337
. Zwanzig Schliffscheiben, i8. Jhi. :
a) »Benedikt Lederach der Zeit Chorrichter /u Niederwichtrach und
Anna Krebs sein Ehgl. 1790." Darüber Wappen iBIuraen in
einer Hand).
b) „Felix Güntter von Meiniswil wohnhaft zu Reichenbach Dragoner
und Anna Denser sein Ehegemahl 176$/' Darüber reitender
Dragoner.
c) „Ulrich Christen von Leinißwil Dragoner wohnhaft zu Reichen-
bach und Barbara Schneeberger sein Ehgemahl 1763." Darüber
Dragoner wie bei b.
d) „Andreas Rupp Dragoner und Anna Schartz sein Ehgem. 1768.*
Darüber Dragoner wie bei b und c.
e) „Hans Marti, Gerichtsäß und Dragoner zu Betenhüsen und Anna
Barbara Kesser sein Ehgem. 1763." Darüber Wappen (Schild
mit Hauszeichen) und Dragoner wie bei b, c und d.
1) ,, Johannes Zimmermann der Zeit Wiert im Thalgut. 1790". Da-
rüber Wappen (Lilie, zwei Sterne, Dreiberg auf g. Feld).
g) „Hans Schar von Schmidingen und Barbara Leuenberger sein
Ehgemahl 1756." Links und rechts Wappen (links: Bärentatze,
zw. 2 Sternen, rechts; Löwe aufrecht). Oben: .^ Alles mit Hülf
Gottes".
h) „Ich Verena Leuenberger wünsche meinem Bruder und seiner
Ehfrau vil Glück ins Hauss den Edle Frida auch vorauss und dass
in Gottes Name durch Jesum Christum, Amen.** In der Mitte ein
Wappen iLöwe aufrecht), üben: eine Frau reicht eine Blume.
i) „Hans Flückiger zu Aebnit und Verena Aeschlimann sein Ehgemahl
1784," Darüber ein Wappen (ein Halbtlügel, Blumen).
k) „Job. Ferrier Artillerie Lieutn. u. Handelsmann in Bern 1790".
Darüber ein Wappen (Schwan mit Fisch im Schnabel. Darüber
zwei Lilien^
I) „Hr. Franz Studer, Helfer zum Trubschachcn 1776." Darüber
Wappen (zwei Palmzweige, ein Pferd).
ml „Christen Murgenthaler und Anna Gammeter sein Ehgm. 1776*'.
Darüber ein Wappen (Balken und Rose).
n) ^Niclaus Slämpfli zu Habstetten, Ammann der Kirchhörig Bolingen,
und Madlena Lehman sein Ehgemahl. 1751.* Darüber Wappen
(Zuckerstanipfel mit Brett), Oben: Christi Blut und Gerechtigkeit,
sei dieses Hauses Herrlichkeit*'.
o) „Johannes Kunz, auf dem Underberg Kilchhöre Graftenricd, und
Maria Pauli sein Ehegemahl 17/3." Darüber Wappen (Lanzen-
spitze mit zwei Sternen). Oben: „Ich hebe meine Augen auf zu
den Bergen, von welchen mir Hülle kommt. Meine Hülfe kommt
von dem Herren, der Himmel und Erden gemacht hat. Psalm 121."
(Anspielung auf die prachtvolle Alpenansicht von Unterberg. Die
338
Jahreszahl 1773 gibt dieser Gesinnung einer bernischen Bauem-
familie besonderes Interesse).
p) Hans Uhii Ryff, Metzger zu BoUigen und Margareta Bürcki, sein
Ehgem. 1774. Wappen (Oben : zwei Wilde um einen Tannenbaum.
Unten: ein Metzger erschlägt eine Kuh).
q) Meistr. Benedikt Kindler und Elsbeth Kindler, sein Ehgemahl.
Meister Daniel Landolff und Anna Schänk, sein Ehgemahl 1774.
Darüber Wappen (zwei Äxte und zwei Winkel). Oben : „Wie fein
und lustig ist zu sähen, wann Brüder eins sind und sich wol-
begehen."
r) „Wer Gottes Hülf zum Beistand immer hat, dem gehet all sein
Thun ganz glücklich wohl von Statt. Christen Jörg, von Lützel-
flüh u. Elsbeth Ritter 1776." Darüber Wappen (Lilie).
s) „Ehre dem Arzt mit gebührlicher Verehrung, aui daß du ihn ge-
brauchen mögest zur Notdurft. Christian Küffer, der Jünger 1776.*
Darüber Wappen (Mondsichel, darüber Kreuz, unten Dreiberg auf
r. Grund).
t) Michael Wälti von Biglen, dißmahlen Bärenwirth zu Signau und
Elisabeth Heilang sein Ehegl. 1781. Darüber Wappen (drei
Bäume auf r. Grund).
u) Johannes Häberli, Chorrichter und Gerichtssäß zu Buchsee. Frau
Elisabeth Zingg 1812. Darüber Wappen (drei Sterne, Sonnen-
scheibe, bl. Grund).
Aix en Provence.
Museum.
Fünf schweizerische Glasscheiben. Vermächtnis des Malers Granet 1849
(siehe Honore Gibert, Cataiogue du Musce d'Aix, i'^partie, Aix 1882, in-12,
p. 49T. In diesem Katalog sind unter den schweizerischen drei Stücke auf-
gezählt, denen der schweizerische Charakter völlig abgeht. Auch weisen
die abgedruckten Inschriften Irrtümer auO-
I. (Nr. 1639.) Allianzscheibe, datiert 1581. Linker Schild: drei goldene
Wecken schräg auf bl. Feld. Rechter Schild : s. Kugel auf schw. Feld. Helm
mit gleichen Emblemen wie auf dem Schild. Architekturumrahmung. Oben:
David auf einer Laube sieht Bathseba umgeben von ihren Dienerinnen.
Inschrift unten : „Jakob Zollikofer (Bu)rger zu Sant Gallen und Anna Heu-
russin sin Eegemahel 1581* Unten rechts das Monogramm D L [Daniel
Lindtmeyer]. i Restauriert.)
Herrn W. Wartmann verdanke ich in Bezug auf diese Scheibe eine freund-
liche Mitteilung nachstehenden Inhaltes: Die Inschrift gehört nicht hieher imd
ist einer andern Scheibe entnommen. Dargestellt sind die Wappen der Peyer
von Schaff hausen, und der Schmid. Heinrich Peyer (z. Weggen), geb. 1529,
Sohn des Alexander Peyer und der Anna Schmid, trat 157 1 in die Kauf-
339
^
iA^'
l
leuten-Stube ein. Er heiratete, wir wissen nicht wann, Maria Schmid, von
Zürich, Tochter des Andreas Schmid und der Anna Scherer. Er starb 1574
(mitgeteilt von Prof. Dr. Lang, in Schaffhausen. nach der Genealogie der
Peyer z. Weggen, im Besitze der hist. Ges. Schaffhausen). Da nun keine
andere Allianz Peyer-Schmid aus
eben der Zeit bekannt ist und der
Stil des Glasgeinäldes in Aix auf
die 1570er Jahre paßt, so besteht
kein Zweifel, daß wir es hier mit
der von obgenanntem Ehepaar ge-
stifteten Scheibe zu tun haben.
Was die Inschrift anbetrifft, so
hat nach W. Wartmann das Ehe-
paar Zollikofer, von St. Gallen, und
llyrus iHeurussin) im Jahre 1581
tatsachlich gelebt. Dem Zufall ver-
danken wir die Möglichkeit, der Be-
zeichnung ihren richtigen Platz an-
weisen zu können. Sie gehört
wahrscheinlich einer Scheibe, welche
durch Messikommer, in Zürich, in
den Handel kam und uns in zwei-
maliger Abbildung zugänglich ist. ')
Die Inschrift fehlt unter letzterem
Wappen, weil sie eben in das Peyer-
sehe verset?t wurde. Es mag eine
Zeit gegeben haben, wo die beiden
Glasscheiben näher bei einander
standen als heute und die wahr-
heiiswidrige Operation leicht bewerkstelligt werden konnte.
Wo sich die Peyer-Schmid Scheibe heute befindet, wissen wir nicht.
Zu wünschen aber wäre es, daß sich der Besitzer bekannt gebe und die
Prüfung unserer Aussagen an Hand des Originals zuließe.
2. (Nr. 1640.) lAbb. 88.) Musketier, dem seine Frau einen Becher
reicht. Unten Wappen (w. Pflugeisen und Bretzel auf g. Grund». Inschrift:
„Lorentz Tanner des Raihs zu HeriseJ und Anna Schüssin syn Ehliche Hus*
frow. 1606.* Oben : Blick in das Innere einer Käserei
3. (Nr. 1641.) (Abb. 89.» Wilhelm Teil. Datiert 1624. Unten Wappen
(Schild: g. Armbrust auf bl. Feld. Engel als Schildhalter. Beischrift: ..llanß
') Katalog der ..Auktion der Glasgemaldesammlung der Baronin de Trötaignr in Parts
und von Glasgemfllden aus der ehem Vincent-Sammlung in Konstanz", 3.-4. Mai 1904.
//. Messikommer, Zürich, in-8\Nr. 43. Das Wappen ist fälschlich ZoIlikofer-^Tur benannt. -
Dr. H. OitilmaHn, Geschichte der Schweizerischen Glasmalerei, Leipzig 1905, 8'. Tafel II.
NillUl
^
5i>iV?
ri«
,-ptr
88. Scheibe im Mu»eum zu Aix.
34°
Uudolff Wirtz Schaffner zu Cappel. Anno 1624." Über dem Ganzen fol-
gender Spruch:
^Landvogt GrytMer ufi Übermutt
„Legt ob ein Stecken einen Hutt,
„Gebot daß man in Ehren solt
,Der Wilhelm Thell solchs nit thun wolt." (Restauriert.)'
4. iNr. 1642.) Die Rache der
., t.^:
■*^
m
r ^i
1.1'^
^m^4k V
Chiorama, XVII. Jht. Zwei Bilder
getrennt durch einen Pilaster, auf dem
ein Atlante sich abhebt. Anspielung
auf folgendes Ereignis aus der Röiner-
geschichte: Wahrend des Feldzuges
des Manlius Vulso gegen die Galater
in Kleinasien (189), war Chiorama, die
Frau des Tetrarchen Ortiagon, dem
Feinde anheimgefallen und von einem
römischen Centurio entehrt worden.
Sie erhielt das Versprechen, gegen
eine Loskaufssumme, welche ein gal-
lischer Sklave nachts am Flußufer
abergeben sollte, in Freiheit gesetzt
zu werden. Folgende Szene ist hier
dargestellt ; Rechts enthauptet der
Sklave den Centurio auf Befehl Chio-
ramas, links übergibt Chiorama den
Kopf des Römers ihrem Gatten Or-
tiagon. Der Name des letzteren ist
auf dem Sockel seines Throns ge-
schrieben. Den Namen des Künstlers
„Gottfried Stadler" ') liest man auf
den Stufen rechts. Der untere Teil
besteht aus Arkaden, worin zwei
Schtltzen Platz gefunden haben.
5. jNr. 1643.) Allegorie der Geduld. XVII. jht. Mitten in einer reiche?
Architektur sitzt unten das Symbol der Geduld, eine Frau, ein Lamm auf
ihrem Schöße haltend. Darüber Hiob und seine Freunde. Oben die Inschrift:
„Nulla fuit talis patientia qualis Hiobi. Vere vis patiens esse, ut Hiobus eris.*
Tiefe, warme Färbung.
•) Siehe Dr. Herrn. Meyer, „Die schweizerische Sitte der Fenster- und Wapp^o-
Schenkung vom XV. bis XVII. Jht" Frauenfcld 1884, p. 248. Bisher ist von diesem Glas-
maler keine bezeichnete Scheibe zum Vorschein gekommen und die unsrige ist umi>o wert-
voller, alä der dargfslfllte Gegenstand die Gclchrsamkei: des „Schulmeisters*' beweist.
m
1l^It)-l^^.;
89. Scheibe im Museum zu Aix.
Die ersten Feuerspritzen in Bern.
(1531 1708)
Von Ad. Fluri.
Die Feuerspritze, die Kanone und die Sturmglocke, die die beiden zur
Aktion ruft, sind alle drei aus dem gleichen Erz gegossen. Aber welche
Verschiedenheit in ihren Aufgaben und welche Gegensätze in ihren Wir-
kungen! Ebenso verschieden ist die Würdigung, welche ihnen zu Teil ge-
worden. Die Glocke hat ihren Sänger, die Kanone ihren König. Bezeich-
nend ist es, daß die Redensarten, die der Feuerspritze gedenken, mehr
den Spott als die Anerkennung ausdrücken.')
Es sind die Beiträge zu einer Geschichte der Feuerspritze nicht gerade
zahlreich. Grundlegend ist die historische Darstellung, die C. D. Magirus
in seinem großen Werke über das Feuerlöschwesen in allen seinen Teilen,
Ulm 1877. gibt. Darauf fußen L, Falier (Das Feuer- und Rettungswesen in
Elsaß-Lothringen. Rappoltsweiler 1893) und alle spätem Autoren, die sich
mit dem Gegenstand befaßten. Für uns sind von besonderm Interesse noch
die zwei Arbeiten von A. Schneüür: Das Löschwesen in Basel (1895) und
JeckUn 6- Sprecher: Das Churer Feuerwehrwesen in älterer und neuerer
Zeit (Chur 1901). Sehr verdienstlich ist die von Stadtarchivar F. v, Jecklin
in letzterer Broschüre gegebene Zusammenstellung der Notizen über die
Anschaffungen der ersten Feuerspritzen in den Schweizer Städten.")
1. Die messingenen Handfeuerspritzen.
Die älteste Form der Feuerspritzen tritt uns im Mittelalter in den
messingenen Handspritzen entgegen, die zuerst in Nürnberg erwähnt werden.
Nach der Nürnberger Feuerordnung von 1449 sollten in einem jeden
der acht Quartiere der Stadt „vier messing sprützen" vorhanden sein; „und in
welichem vierteil fewer außkumpt, so Süllen die viertelmeister sölich sprutzen
') «Wenn es brennt vermiOt man die Spritzen. — Die Spritzen kommen, wenn das
Haus abgebrannt ist" Immerhin hcilH «bei der Spritze bleiben', soviel als in der Not
aosharren.
') Erst während des Druckes erhielt ich durch die Gfttc des Verfassers Kenntnis von
folgender Arbeit: ,Üie Entwicklung des Feuerlöschwesens der Stadt Nürnberg von frühester
Zeit an bis heute. Als Denkschrift herausgegeben zur 5o|flhrigen Stiftungsfeier der NOm-
bcrgcr freiwilligen Feuerwehr, Abt I, von Franz Wtüftrmann, atadt. Branddirektor. Nürn-
berg 1903" Durch ihre bündige Darstellung und ihren lehrreichen Bilderschmuck kann
diese Gedenkschrift als Muster dienen. — Eine Geschichte der Berner Feuerwehr bereitet
Herr Feuerwehrhaupimann J. Lülhi vor.
343
dartzu bringen und an die end teilen, do sein am nötesten ist.* Näheres
erfahren wir aus dem Baumeisterbuch der Stadt Nürnberg, welches der Bau-
meister Endres Tucher in den Jahren 1464 — 1475 schrieb.') In dem Ab-
schnitte „Von den viertelmeistern" lesen wir, daß bald nach der Neuein-
teilung der Stadt in acht Viertel, im Jahr 1449, zu jedem Quartier zwei Viertel-
meister gesetzt und jedem „funftzehen Üderein eimer und zwue groß messcin
sprutzen" übergeben wurden. „Soliche eimer sein alle gezeichent mit einem
N, des gleichen die sprutzen auch gezeichent mit der slat wopen ; der eimer
einer kost funfthalbs plunt alt und ettlich vier pfunt alt und achtzehen pfen-
ning. der sprutzen eine acht pfunt." Bei der Aufzählung der 16 Viertel-
meister steht jeweilen zu lesen : „Jeder hat in seinem haus funitzehen liderein
eimer und zwu groß messen sprutzen in einem Hderen sacke." Auch die sechs
„fewermeister" waren mit Eimern und Spritzen versehen, und ,^wo feur auß
kern in der stat. sullcn
solich fewermeister
darzu komen mit iren
cimern und sprutzen,
do helfen das volck
anschicken zu arbeil-
ten, auch hocken und
feurleiltern zu weisen
den leutten und retten
helfen, so si inamer
pest mugen." Zum
Nutzen der Stadt war
ferner vom Rate be-
fohlen worden, den
9a Messingene Ha ndfeuersp ritzen von NQmbcrg, 1499
Ldngc: 60 und 65 cm. Germanisches Nationalmuseiim Nürnberg.
Müllern
-schleiffen
und wasserkuffen zu
geben und ir jedem
zwu sprutzen, also wenn feur auß kern, das sie dann furderlich ir pfert an
dieselben schleifen setzen und wasser darauf zu füren zu dem fewer. Auch
soll man alle vierteil jars pei den müllerern die sprutzen suchen, ob die vor-
handen sein pei der pueß, die darauf gesetzt ist, wo man der nit vindt. ein
pfund newer haller."
Zwei dieser alten, mit dem Nürnbergerwappen und der Jahrzahl 1499
versehenen Spritzen sind im Germanischen Museum, dessen gütigen Ver-
mittlung wir ihre Reproduktion zu verdanken haben »Abb. 90 und 91). Die
Form und die Dimensionen dieser wohl ältesten noch vorhandenen Handfeuer-
spritzen blieben in der Folgezeit ungefähr gleich. Die Gesamtlänge schwankt
zwischen 60 und 80 cm. .Da der Zylinder durchschnittlich 50 cm lang war.
'} Herausgegeben von M. Lexer in der BiWioihrk des liter. Vereins in Stuttgart.
LXIV. 1862.
343
so fassten sie bei einem innern Durchmesser von 6,5 bis 7,5 cm nicht viel
mehr als i\; bis 2 Liter.
Nach allem, was wir wissen, scheinen die Handfeuerspritzen eine Nürn-
berger Erfindung zu sein;
schon 1439 soll die Stadt
Frankfurt 11 Spritzen aus
Nürnberg bezogen haben.
(Magirus, S. 31.) Vermut-
lich sind die 12 Feuer-
spritzen, die der Rat von
Ludern im Jahr 1499 anzu-
schaffen beschloß, auch hier
bestellt worden. (Jecklin,
S. 8.)
Die erste Nachricht
von dem Vorhandensein
solcher Spritzen in Bern
liefert uns die Staatsrech-
nung des Jahres 1521, in
der folgende Posten ver-
zeichnet sind:
„Jacob Gasser von
dryen spritzen, so von Nürn-
berg kamen, zu bessern 18
ß 8 fV (Gasser war Kannen-
gießer.)
Um zwülff möschin
spriczenn von Nüremberg,
kosten mit der für byß gan
Schaffhusen 26 f? 8 ß. —
Einem fuhrman , bracht
spriczen von Schaffhusen,
17 ß 4 'l*
Die Feuerordnung
vom 3o. September 154a
(Polizeibuch I, 308) erwähnt
Spritzen in folgendem Pas-
sus:
^Es ist ouch geordnet
und angesachen, noch zwey
totzen farsprützen zehaben
venner vorhin band, und
ußgetheyllt werden: namüch
von Inderlappcn dry und uff
'. - -.-•H^9
91. Nflrnbergcr Löschgeraie : Kupferne Wasserkufe, 300
Liier fassend, auf Schleife; messingene Handfc-iierspritzen
1499 und 1544; Ledereimer; Ilarzringc zur Beleuchtung
de» Brandpintzcs. (Aus Woifcrinann S. 7, mit gdtigcr
Erlaubnis des Stadrntagi»trates Nürnberg.)
ZU denen, die min hern seckelmeister und
soll ir jeder dry haben, die andern (sollen] also
in das Frienispcrger hus dry und in das huß
344
die Stuben zun schützen vier gleytt werden." Demnach wären in obrigkeit-
lichem Auftrage aÖ Spritzen deponiert gewesen: i8 bei den zwei Seckel-
meistern und den vier Vennern und lo in den genannten Häusern.
Die ersten Städte
auf dem Lande, die, so-
weit nachweisbar, Feuer-
spritzen erhielten, sind
Nidau undBurgdorf. Am
12. Dezember 1561 be
zahlte der Rat dem
krämer „urab vier
spritzen gan Nydow und 92. Messingene Handfeuersprilzen. Hislorisches Museum Bern
Burgdorff umb jede 36 Nr. i Gesamllänge 76,5, Zylinder 54 cm, innerer
bätzen bringt lO^dß". Durchmesser 7,1 cm. — Nr.2Gesamtlaage 78,5 cm, Zylinder 48.5
^ . V c > u ^^t innerer Durchmesser 6,4 cm. Bei Nr. 1 fehlen die seitlichen
AUCn Üiese ^apntzen ka- Handhaben; bei Nr. 2 fehlt der ursprüngliche Kolben,
men vermuthch von Gießermarken: Posthorn und Schwan.
Nürnberg ; denn der Ei-
senkramer Hans Hätschelet begab sich häufig dorthin, um im Auftrage des
Rates Einkaufe zu besorgen.
Das Berner historische Museum besitzt fünfmessingene Handfeuerspritzen,
die bis jetzt irrtümlich als Ölspritzen bezeichnet waren. Drei haben als Gießer-
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93. Messingene Handleuerspritze, 1557. Histurischea Museum Basel.
Gesamtlänge 70 cm, Innerer Durchmesser 6,8 cm.
marke (Abb. 95) ein Posthörnchen über einem Schwan ; die vierte zeigt die Inkia-
len P S über einem Hufeisen, wahrend die fünfte keine Marke tragt. Auf
diesem Exemplar ist ein Wappen eingraviert, ein Greif mit Schwert (nach
dem Museums-Katalog das Wappen der Ortschaft Leuk im Wallis). In einem
andern Exemplar ist das Wort ZUG . HVS eingegraben (Abb. 92).
Im Basler Hist. Museum befinden sich noch elf messingene Handfeuer-
spritzen. Das seltenste und schönste Exemplar ist wohl dasjenige, das die
Jahrzahl 1557 und zwei Wappen trägt: Baselstab mit Lilie (Safranzunft) und
zwei Halbmonde (Familie Seevogel) (Abb. 93). Eine zweite datierte Handspritzc
ist aus dem Jahr 1650 und gehörte dem Wappen nach der Bäckerzunft. Sieben
Exemplare haben als Gießermarke das Posthorn über dem Schwan; eines
davon ist bemerkenswert durch zwei in der Mitte des Zylinders angebrachte
Handgriffe. Zwei Spritzen sind ohne jegliches Zeichen.')
Das Schweizerische Landesmuseum in Zürich hat eine messingene Hand-
feuerspritze mit dem eingravierten Wappen Steiger (wachsender Steinbock
94. Messingene Handfeuerspritze, 1576. Schweizerisches Landesmuäeum, Zürich.
GcsamtUnge 73 cm, innerer Durchmesser 6,6 em.
auf Dreiberg) und darüber die Bezeichnung: 15 I A S -^ö. Sie trägt als
Marke zwei gekreuzte Spritzen und die Initiaten H L^) 1 Abb. 94 und 95I. Dieses
aus Langnau erworbene F'euerlöschgerilt gehörte ohne Zweifel einst dem be-
kannten bernischen Schukheißen Johannes Steiger (1519— 1581).
Wahrend des ganzen 16. Jahrhunderts kannte man in Bern keine andern
Feuerspritzen als die Handspritzen.
Ein Uatsbefehl vom 23. März 1616 läßt uns erkennen, daß damals die
Feuerlöschausrüstungen noch auf der gleichen Stufe waren, wie hundert
Jahre früher, „Zö bewahrung der statt" war
/.-.. m& nämlicfi notwendig erfunden worden, eine Anzahl
v5*y s/' heuereimer herstellen zu lassen, wozu „tübelshut"
,,. „ , (Ochsenleder) verwendet werden sollte. Zu den
95. Oießermarken mes- ,, r- \ ■ n r • . ■ j - 1
singcner Handfeuerspritzen, großen reuerleitern sollten noch kleme und raittel-
OriginalgröOe große gemacht werden, ebenso „furgken und für-
häggen". Ferner wurde der Deutschseckelmeister
von Graffenried beauftragt, „ufs mindest ein par totzet fürsprOtzen zu kouffen:
ein totzet ins rhathus, das übrig ins züghus und etwan ein par uf zyttgloggen
thurm." (Ratsmanual 31 164.)
In den Inventarien der obrigkeitlichen Schlösser') begegnen uns noch
im 17. Jahrhundert keine andern Spritzen als die Handspritzen, die in jener
Zeit den Dienst unserer Extinkteure versahen.
') Ich verdanke diese Nachrichten, sowie die Abbildung der alten Spritze von 1557
der LiebrnswQrdigkett meines Freundes Herrn Lehrer )l. König in Basel.
•) Dem Schweiz. Landcsmuscum bin ich ebenfalls sehr zu Dank verpflichtet für
die Beitrage, die es mir in zuvorkommendster Weise namentlich zur Illustration meiner
Arbeit lieferte.
*) So z. B. Yverdon 1613, Lenzburg 1627, Thun 1668: In dem Cabinet ist ein
niOschinc fQrfipritzen.
346
Von der Wirksamkeit jener Spritzen zur Bekämpfung des Feuers
werden wir nicht übertrieben hoch denken. Indessen darf doch nicht ver-
gessen werden, daß sie zur Dämpfung von Kleinfeuern unter Umständen
wesentliche Dienste erweisen konnten; daher blieben sie noch lange nach
der Einführung der großen Spritzen im Gebrauche. Eine Feuerordnung der
Stadt Leipzig von 1616 sagt, daß „mit solchen Wassersprützen sonderlich
in den inneren Gebewden große Rettung zu thun" sei.*)
2. !Die hölzernen Handspritzen und die sog. Qelenbsprifzen.
Die hölzernen Handfeuerspritzen scheinen später aufgekommen zu
sein, als die messingenen. Wir finden sie erst im 17. Jahrhundert erwähnt.
Im Jahr 1624 erhält Meister Philipp Kolberger, der Drechsler, laut Staats-
Rechnung „umb zwo füwrsprOtzen und zwo zugschyben, so er uff die [Bau]
hütten gemacht", 10 Pfund. Das Inventar des Schlosses Lenzburg verzeich-
net 1627 „eine nüwe höltzine feüwrsprützen und zwo möschin sprützen".
„Ein gar bequeme gattung höltzener feür sprützen" wurde 1690 „umb
einen leidenlichen pfenning" zu Bern feilgeboten. Der Rat, der für gut fand,
daß „zu möglichster Vermeidung aller fürws gefahr dergleichen sprQtzen
hin und här in der statt nicht nur von particular personen, sondern auch
auf den gesellschaften" angeschafft werden, ersuchte am 27. Mai 1690 die
Zünfte, ausgenommen die Gesellschaften zu Gerbern und zum Distelzwang,
die offenbar mit Spritzen schon versehen waren, „etwelche stück derglichen
feüwr sprützen" zu kaufen und auf alle Notfälle aufzubehalten. (Venner-
Manual 41/3.)
Wir sind Über das Aussehen dieser Spritzen nicht unterrichtet; ebenso
ist uns unbekannt, wie die Spritzen beschaffen waren, die im Zeughaus-
Inventar von 1687 als „kleine, in einem eichigen kästen, an Stangen in die
hüser under die camin zutragen* bezeichnet sind. Aus dem Umstand, daß
sie in einen Kasten gestellt waren, geht hervor, daß das Spritzenrohr nicht
mehr Saugrohr zugleich war und infolgedessen das Wasser von anders
woher in den Zylinder gelangen mußte, was dann die Anbringung von
Klappen oder Ventilen voraussetzt.
Wir kennen zwei Spritzen, die in dieser Weise funktionierten, d. h.
wenn sie in ein mit Wasser gefülltes Gefäß gestellt wurden, einen schräg
aufwärts gerichteten Strahl lieferten. Die eine, aus dem Jahre 1599, im Be-
sitze des Germanischen Museums zu Nürnberg, verrät deutlich ihre Ab-
stammung von der alten messingenen Handspritze (Abb. 96). Die andere
befindet sich nebst zwei defekten Exemplaren im Schweizerischen Landes-
museum zu Zürich (Abb. 97). Die wohlgelungene Reproduktion, die wir der
Direktion des Museums zu verdanken haben, enthebt uns der Mühe eine
^) Berichtswerk über die internationale Ausstellung für Feuerschutz und Feuerrettungs-
wesen. Berlin 190X. S. 4.
347_
weitläufige Beschreibung dieses merkwürdigen Löschgerätes zu geben, das
als GeUnkspritze bezeichnet wird.*)
3. Die neu erfundenen wunderbaren Sprützen.
Im Jahr 1602 wurde dem Rate der Stadt Nürnberg „eine neue wunder-
bare sprützen, damit in teuersnöten grosse rettung geschehen und die höhe
eines Hauses, so hoch das immer sein mag, erreicht werden könne", zum
Kaufe angeboten und im Beisein des Stadtbaumeisters probiert. Das In-
strument konnte „von zweyen mansspersonen getrieben, auch hin und her,
\\
^
9& NOmberger Feuei-apriUc, 1599.
Germanisches Nadunalmuseum.
97. Holzeme Gelenkspritzcn aus dem KL Zürich.
Schweizerisches Landesmuseum.
Höhe der Zylinder 96 und 93 cm.
wohin man wollte, gar leicht gewendet, und dazu von emem ainigen ross
gezogen werden". Die Spritze, die von ihren Erfindern, „dem von Asch-
hausen und seiner compagnia", zuerst auf 2000 Gulden geschätzt worden
war, wurde um 600 Gulden angekauft und den Fremden, die nach Nürnberg
kamen, als besondere Merkwürdigkeil gezeigt.')
*) Nach gütiger Mittteilung des Herrn Museumsdirektor Dr. H. v. Niederhfluscm, der
sich um diese Arbeit sehr interessierte, beHnden sich solche Spritzen auch noch in Rappolts-
Weiler (ElsaO). Sonderbarerweise erwähnt sie Faller nichL
*\ Magirus, a. a. O., 33 und Wolfermann, S. 10,
348
Die Erfindung wurde bald ausgebeutet; 1608 empfahl ein Georg Rieger
in Nürnberg dem Magistrat zu Hagenau seine Feuerspritzen: „Mein künst-
lich Wasserwerk ist also beschaffen, daß wo man sunst mit großer Gefahr
Feuerleitern anleunen muß, kann solches durch dieß werkh auf ebnen bodten
geschehen, und das wasser in die Höhe kann gebracht werden, so hoch als
ein gemein Wohnhaus sein mach und man kann durch dieß werg mit 5
Personen mehr verrichten, als do sunst 3o oder mehr vorhanden weren,
dan solch werck in einem augenbiick kan gerichtet werden hinder sich oder
vor sich, wo hin man es zu treiben begert . . . man kan auch dergleichen
kleine werk machen, die ein Bürger im Fall der Noth in seinem haus kann
brauchen." ') Magirus gibt die Abbildung einer alten Feuerspritze aus Hein-
rich Zeisigs Theatrum machinarum, Leipzig 1614. Die „schöne neue In-
vention. also daß ihres gleichen zuvor noch nie erfunden gewesen", ist, wenn
das von Zeisig gegebene Bild getreu ist, eine Spritze mit zwei Zylindern,
einer Druckstange und einem Wendrohr. Ein Windkessel ist nicht vorhanden.
Von der neuen Invention scheint man in Bern Kunde erhalten zu haben,
bald nachdem am 23. März 1616 (s. oben S. 345) beschlossen worden war,
zwei Dutzend Handfeuerspritzen zu kaufen. Von der Anschaff"ung solcher
Spritzen vernehmen wir nichts, hingegen erfahren wir, daß Meister Nikiaus
Wyermann, der Gießer, im Februar 1617 dem Rate „ein künstlich waßer-
werck, so in füwers not gantz nutzlich zugebruchen" präsentierte. Für dieses
^künstlich waßeriverck und füwr sprütseti" erhielt er am 14. Februar 40
Kronen — 133 8^ 6 ß 8 <>.*) Wie die Feuerspritze des Berner Gießer-
meisters aussah, wissen wir nicht; soviel ist jedoch sicher, daß sie weder
in Bezug auf ihre Größe, noch in Bezug auf ihre Leistungen und Wirkungen
mit den Nürnberger Spritzen hätte konkurrieren können. Immerhin ist
Wyermanns Wasser kunsi,^) wie jetzt der terminus technicus für die Feuer-
oder Wasserspritzen lautete, erwähnenswert.
Im Juli desselben Jahres langte in Bern die erste große Nürnberger
Feuerspritze an. Sie wurde im Zeughaus untergebracht. Für das „künstlich
werckh und fttwrspritzen" bezahlte der Seckelmeister am 23. Juli 1617 dem
Nürnberger Handelsmann Michel Schreckh 323 gut Gulden und 31 Kreuzer
(nach Bemer Wahrung 215 Kronen 17 ',i Batzen oder 728 flf 17 ß 4 A),
Am 17. Sept. 1640 ersuchten die Kriegsrate den Zeugherm Zehender,
die „im züghof stehenden grollten feüwrsprützen, wylen sie nun ein gute zeit
an dem wätter gestanden und übel gescheut und also verderbt seyen, . . .
•) Magirus, S. 34.
•) Vcnnermaniial sb, S. 114 und S. R. 1617, Februar 14. Drei Tage vorher bezahlte
der S eck elm eisler dem Meister Hans Seebach „umb 63 l^wr cimer umb jeden 4 i zu banden
mgh. 348 A".
•) Ein WasserkOnstter ist ein Fcuerspritzcnmacher. In der Mitte des XVI Jahr
hundcrts nannte man MoltzkQnsiler die Erfinder eines Ofens, dessen Heizung weniger Hob
forderte (vgl. B. Haller, Bern, in seinen Ratsmanuaien I, 156). Ähnlich verhall es sich mü
den MQhlekQnstlem (s. Ratsmanual 403/303 = 1582 April S7).
349
fleißigst zu besichtigen und, wo nötig, unverwylt zuo reparieren, damit sie
zuo nötigem gebrauch bequem gefunden werdint".')
Erneuerte Vorschriften zur Verhütung des Feuers und bessere Ein-
richtungen zur Bekämpfung des verheerenden Elementes lassen meist auf
eine vorausgegangene Feuersbrunsl schließen. Das Calendarium chrono-
logicum des Proiessors Berchtold Haller*) hat unter dem 9. Mürz 1650
folgende Eintragung; „Morgens umb ein uhr ist eine große brunst entstanden
am Staiden. und ist h. Petermann Rouys hus, darin Samuel Schnyder, der
schryber, zhus gsyn, wie ouch hrn. Ragoren s, erben schür und ein theil
von h. Dingnawers hus verbrunnen, liegt alles nechst an dem Interlacker
hus. Soll in Samuel Schnyders hus angangen syn." Auf diese Feuers-
brunst nehmen folgende Beschlüsse des Rates Bezug:
1650, März II. Zedel an mhr. die kriegsrhät. Dieweilen bey letst ver-
gangner brunst durch nit haltung der fcührordnung alle confusion gspürt
worden, habind ir gnaden ihnen den befelch geben, selbige dahin zu revidieren,
daß in künftigen fahlen selbige bas observiert und darob gehalten werde.
1650, März iz. Zedel un hrn. venner und zeugherrn von Wattenwyl.
Es habind ir gnaden bey letst fürgangner brunst die nutzbarkeit der großen
feührsprützen gnugsam ersehen, dahar ir gn. notwendig findend, daß noch
vieren construiert werden söllmd, dieselbige also abzutheilen, daß zwo oben,
zwo unden und zwo mitten in der statt gehalten werden söllind, maßen ir
gn. ime befelch gebind, selbige machen zu laßen. ^)
Aus diesem Ralsbeschluß geht hervor, daß Bern damals zwei große
Feuerspritzen besaß, offenbar diejenige, welche 1617 aus Nürnberg bezogen
wurde, und eine andere, Ober deren Anschaffung wir nicht unterrichtet sind.
Zu diesen zwei sollten noch vier kommen, worüber in der Ratssitzung vom
23. März beschlossen wurde, daß „zwo in rhathof, in ein darzu machendes
gehalt, darzu dem herrn amman die schlOssel übergeben werden und der
cronenwirt sein züg gerQst haben soll, und eine zum undern thor an ein
bequemes ort, darzu der schlüsselhalter den Schlüssel haben soll, gestellt
werdint *.*)
Für die Herstellung einer dieser neuen Spritzen wurde mit den Meistern
des Rütgicßerhandwerks in Bern verhandelt; zwei wollte man nach dem
Modell der hiesigen in Nürnberg konstruieren lassen, das Pfund zu 9 Batzen.')
Über die Lieferung und die Kosten einer aus Nürnberg bezogenen Spritze
gibt uns folgende Stelle der Seckelmeister-Rcchnung 1650 Auskunft: „Den 8.
christmonat hrn Hans Jacob Morellen wegen einer feühr sprützen, so er uß
mgh. bevelch machen und alhar ßhren laßen, thut mit metal, gießerlohn
und umbcosten 548 ff 6 ß 8 r'."
') Kriegsratsmanual No. 7, S. 53.
") Bern. Stadtbiblioihck Mss. Hisl. Hclv. I, 85.
'j Rats-Manual No. 105, S. 16a, 163.
') R. M. isolaii.
') R. M. iQ5'2i6, 221, 10634.
350
Aus der Feuer-Ordnung vom ii. Dezember 1651 *) erfahren wir» daß
damals nicht, wie aus den vorausgegangenen Verhandlungen des Rats zu
erwarten gewesen wäre, sechs, sondern bloß vier Feuerspritzen zur VeriOgning
standen. Wir lesen nämlich: „Ks ist ouch für gut angesehen und geordnet,
daß in einem nohtfahl iden Gott gnedigklich verhüten welle) umb besserer
Ordnung willen und dem feüwr desto eher zu begegnen, zu abholung feüwr-
leiteren und feüwrsprützen (deren zwo im zeüghauß und zwo im rahthauß-
hoR stehen sollen) beider spilälen zog ordentlich eingeschirrt sich finden
\2*^ \.
98. Hautschsche Feuerspritzen voa i"a und Vi zOlligem Wasserstrahl. Man beachte aul
dem Bildchen oben links die brennende Harzpfanne und unten die auf Schleifen
gezogenen Wasserkufen. (Aus Wolfermann, S. 13.)
und by dem ztOg hau6 einstellen söllind; der falckenzug zum zeughauß und
der cronenzug zum rahthauß verpflichtet und bestellt sein söllind."
Der bekannteste Spritzenmacher aus jener Zeit ist der Nürnberger
Zirkelschmied J-/ans Hautsch, der es auch verstand, durch illustrierte Preis-
listen für seine Spritzen Propaganda zu machen. Magirus hat einen der Pro-
spekte aus dem Jahre 1655 in seinem grundlegenden Werke, S. 35, wieder-
gegeben, und Wolfermann bringt in seiner reichhaltigen Denkschrift drei
wohlgelungene Reproduktionen der Originalien, S. 12, 13 (Abb. 9Ö) und 15.
') Polizeibuch 6, 338.
35'
4. Die Sprifzen des Markus Späth aus 51. Gallen.
Der erste Schweizer, von dem wir vernehmen, daß er große Feuer-
spritzen verfertigte, Ist Meister Miirkus Späth von St. Gallen. Über diesen
„Sprützenmacher oder Wasserkünstler" geben die dortigen RatsprotokoUe
folgende Auskunft.')
Markus Späth ist der Sohn des Heinrich Späth, der am 31. August
164 1 mit seinen zwei Kindern, „weilen er denselben nit kan abwarten," in
den Spittel aufgenommen wurde. Am 1 1- Dezember 1645 bat der Vater
um Handreichung, damit sein Knabe „möchte zum hiesigen brunnenmeister
Elias Müller, umb selbige kunst neben dem dreyerhandwerkh zelernen, ver-
dingt werden, mit dem anerbieten, da ihm diese gnad von meinen herren
widerführ, weite er Verschaffung thun, da er übernacht ohne mannliche leibs*
erben abstürbe, daß seine schöne buchen (darinnen er jedermann aufschreibt,
imd was sich erlaufft in ein history bringt), die er habe, der oberkeit sollen
heimfallen. " Dem bittlichen Anhalten Heinrich Späths wurde entsprochen;
der Knabe kam zu Elias Müller, um von ihm „die Kunst des Wasserwerkhs
und Dreyerhandwerkhs" zu lernen. Für die dreijährige Lehrzeit erhielt der
Meister aus dem Stadtseckel 100 Gulden.
Als diese beendigt war, bescherte man am i. März 1649 „Heinrich
Späthen sei. knab, Marx, den dreyer, mit io Gulden zu seinen kleidern auf
die Wanderschaft". Er solle »jetzo ußi züchen und drü jar lang auf das
minste drußen bleiben, auch im jar einmahl herschreiben, damit man wüssc,
wo er sich jederzeit aufhalte und da man seines diensts bedürftig, er be-
schickt werden möge. Die allhie von seinem vatter sei. hinderlaßne bücher *)
') Alle diese Mitteilungen verdanice ich der großen Zuvorkommenheit des Herrn
Ralsschreiber Dr. Bodcmer in St. Gallen.
') Über diese Bücher, oflfcnbar die schon crwfthnten Aufzeichnungen, ist in den Rats-
protokollen folgendes zu lesen: 1644, Januar 5. Heinrich Spatten und seinem vettren Daniel
Hanimann, Salomonen Sohn, ist bei ihrem bürgerlichen Aidt aufferlegt worden, alle histo-
rische Manuscripta angehends in die Canzley zu hinterlegen.
1646, Sept. 2. .Heinrich SpAthen und Daniel Hanimann, Salomons Sohn, so ihre ge*
schribcn chronickcn, die nun mehr in dritthalb Jar in der Canzley umb gwüsser ursach
willen sind verwahrlich uflTbehaitcn worden, widerum gehorsam zu ihren Händen zu stellen,
angehalten, ist diß mal dißer Bescheid erfolget* : man habe sie noch nicht alle durgangen,
sie sollten sich noch .ein par Monat" gedulden und dann wieder melden.
Am 14. Januar 1647 wird ihnen aus demselben Grund noch ein par Monate Geduld
empfohlen; „wegen viler anderer gcschcften* hat man sie nicht durchsehen hönnen.
Auf ein erneutes Begehren betr. Daniel Hanimanns und Heinrich Späthen selig Bücher
und Historien ward am 31. Aug. 1647 ersterem sein Eigentum zurDckziigcben beschlossen,
außer denjenigen HistorienbOchern, ,so gmeine Statt und Bürgerschaft"! anbetreffe*, dem
Vogt des Kindes Späth aber folgender Bescheid gegeben: .Was des Späthen Bücher an-
treffe, wellen m. H. dieselben bei ihren Händen behalten in ansehen sie die Knaben nichts
nutzen und m. H. den Elltcm ein ansehnlich gelt zu erlcrnung seines Dreyerhandwcrkhs
und Brunnenkunst aus gmeiner statt sckhel vorgeschossen. So erhalte der Spitahl den
Jüngeren Knaben desgleichen.*
352_
soll der vogt trachten, dieselben den beiden knaben nach ihrem besten
nutzen zevcrkaufTen und aus dem crlößten ein zinßlin zemachen."
Nach siebenjähriger Abwesenheit kehrte Marx Späth, der Drechsler,
mit einer „frömbden frouwen und kind" in seine Vaterstadt zurück und bat
am 29. Mai 1656, man möchte seine Frau, eine geborne Straßburgerin, die
zwar im Papsttum erzogen, aber sich doch zum evangelischen Glauben be-
kenne, ins Bürgerrecht aufnehmen. Seine „erlernte kunst und wüssenschaft
im bronnenwesen und kunstreichen treyen" stelle er gerne in den Dienst
der Stadt und ihrer Bürgerschaft. Die Gunst des Rats, der längere Zeit
Bedenken trug, dem Begehren zu entsprechen, da die von Straßburg ein-
gelangten Atteste ihn nicht befriedigten, wußte sich Späth zu erwerben durch
das Geschenk eines „von seiner Hand gemachten künstlich marmolierten
Tisches". Am 15. September 1657 wurden Marx Späth und seine Frau zu
Burger und Bürgerin angenommen. Fflr sein Geschenk erhielt er eine
Gegengabe von 20 Dukaten. Das Ratsprotokoll meldet ferner, daß Späth
sich anerboten, „ein FeürsprUzen semachen, die bei jedem Zug einen voll-
koninen Wasser ( Strahl} in die Höhe treiben solle,"
So kurz diese Notiz ist, so ist sie doch sehr bemerkenswert; denn die
Konstruktion einer Spritze, die einen ununterbrochenen Wasserstrahl geben
soll, setzt die Anwendung eines Windkessels voraus, und nach gewöhnlicher
Annahme ist dieser erst gegen Ende des XVH. Jahrhunderts an Feuerspritzen
angebracht worden.')
Die Feuerspritze kam zur Ausführung. Am 28. August 1660 erhielt
Späth „für sein begert trinckgelt an dem gemachten wasserwerkh zu Bürglen
(Schloßbesitzung der Stadt), auch zvegen der großen f euer sprützen uß gemeiner
statt seckel oder bauw ambt 100 thaler".
Mittlerweile war Späth mit seinem ehemaligen Lehrmeister Elias Müller
zum „Bronnenmeister" gewählt worden. Allein schon nach einem Jahre, am
27. November i66o, wurde ihm der Dienst gekündet, ,,alldiweil er sich mehr
in ander und frömbder Icüten, dann in ra. h. diensten und geschefften hat
gebrauchen lassen". Auf das Wartgeld, das er beanspruchen wollte, mußte
er verzichten ; hingegen gab man ihm „uß gnaden, als einem armen gesellen"
12 Gulden aus dem Stadtseckel.
Im November des Jahres 1661 treffen wir den armen Gesellen als
Wasserkihi stier in Bern in Unterhandlung mit dem Rate wegen der Her-
stellung einer Feuerspritze. Er hatte drei Zeichnungen (Risse) vorgelegt.
Am 4. November wurde der Seckelmeister beauftragt, „mit dem anwesenden
waßer künstler Marx Specht {1. Späth) umb ein wasser sprOtzen nach dem
') Maginis a. a. O., 37. Hingegen liest man in dem Berichtswerk Ober die inter-
nationale Ausstellung für Feuerschutz und Feuerrcltungswesen in Berlin 190 1, S. 5; »Der
Windkessel wurde zuerst im Jahre 1654 oder 1655 durch den Zirkclschmied Hans Hautsch
in Nürnberg an einer Feuerspritze angebracht. Das gehl aus einem Briefwechsel zwischen
Leibnitz und Pagin hervor, worin erwAhnt ist, daO sie einen ununterbrochenen Strahl gab.*
Leider ist diese Angabc nicht genauer bcIcgL
355
mittleren riß ze tractieren und das wort zegeben, auch zeverschaffen, daß
nach seiner wider ankunffi, das gießhus ihme ingerumbt und sein under-
haltunj^ beschaffet werde" (R. M. I^2/22)^ Am 31. Juli 1662 erhielt „Herr
Marx Späth, der waßerkOnstler, auf rechnung der ihme anverdingten großen
feüwrsprülzen" 70 Kronen — 233 ff^ 6 ß 8 1^; ausbezahlt wurde er am 20.
September mit 460 ß' 13 ß 4 <\ Rechnet man dazu die 1 14 R* jo ß 8 (l', die
Meister Andres Sprünglin, dem Kupferschmied, und 3Ö4 ?7', die Meister
Abraham Zeender, dem Rotgießer, am 20. und 25. Dezember ebenfalls iür
Arbeit und Metall an dieser Feuerspritze entrichtet wurden, so ergibt das
die beträchtliche Summe von 1192 ff 10 ß 8 (l für die nach dem „mittleren
riß" verfertigten Feuerspritze. Noch größer muß diejenige gewesen sein,
die er im Jahr 1663 herstellte und für die ihm am 14. und 29. Oktober 480
Kronen - 1600 fl* ausbezahlt wurden. Nachdem er am Anfang des folgenden
Jahres noch eine kleine Feuerspritze um den Preis von 500 Sf geliefert,')
zog er von Bern mit folgender Empfehlung des Rates fort:')
Attestation zu Gunsten Mr. Marci Spätten,
dess Sprützen machers.
Wir Schultheiß und rhat der Stadt Bern thundt kundt hiemit, demnach
der chrenhaffte und kunst erfahrne Marcus Späth, burger der statt Sant
Gallen, von seiner wasser künsten wegen mit unserem wüssen und begehren
sich bey zwey jähren in unser statt auRgehalten, weil er aber gewinnet ist,
seine kllnst änderst wo auch zebrauchen und deßhalben uns demüettgst er-
sucht, daß wir ihme umb seine uns verfertigte und zugestellte arbeit und
bey uns gehabten lebwesens einen schein ertheilen wöllind, so habend wir
ihme auff diß sein biüich begehren disere attestation also gönstiglich gewill-
fahret. Urkundent hiemit, daß gemelter Marcus Spätt uns vilerley gattung
füwersprtUzen von seinen neüwen inventionen zu unserem satten vernüegen
in unser zeug haus auffgestellt, auch die haubt sprütz in unserem gießhaus
Selbsten gegossen; also dali wir ein gnädig gefallen daran habend und ihne
darumb befriediget und hieneben von seines getrOwen wohlverhaltens und
ehrlichen wandeis halben ihne in recommandation wol befohlen allen denen
dise attestation vorkommen wirt, steht gegen einen jeden nach standts ge-
bühr zu erkennen. Dessen zu urkundt habend wir ihme solche, mit unserer
statt Bern auffgedrucktem secret einsigel verwahrt, zustellen lassen. Geben
montags den zwey und zwentzigsten tag februarii deß ein ihauscnd sechs
hundert vier und sechzigsten jahrs. (Spruchbuch T T. 380.)
Bern war jetzt mit Feuerspritzen versehen, wie keine andere Stadt in
der Eidgenossenschaft. Zu jeder Spritze, die mit besonderen Nummern und
Zeichen versehen werden sollte, wurden am 22. Juni 1665 zwei Feuer spräsett-
tneisUr ernannt.
') S. R. 1664, Jan. 15 u. Febr. 21. Vcnncr Manual 192 = 1664, Jan. 4.
') Von seinen spatern Erlebnissen wissen wir bloß, daß er 1676—76 in Turin war.
354
„Zu der ersten, so mit No. i und einem Bären gezeichnet werden soll,
sind verordnet:
Mr. Michel Müller, der Windenmacher, und
Mr. Michel Lehmann, der Seiler.
Zu der andern, mit No. 2 und einem Hirtz gezeichnet
Mr. Abraham Zeender, der Rotgießer,
Mr. Frantz Ludwig Güntisperger, der Messer Schmid.
Zur dritten, mit No. 3 und einem Löuwen gezeichnet
Mr. Jacob Weiß, der Kantengießer,
Mr. Hans Gerber, der Rotgießer.
Zur vierten, so mit No. 4 und einem Gryff bezeichnet
Mr. Abraham Bachmann, der Messerschmid,
Mr. Caspar Kachelhoffer, der Schlosser.
Zur fünften, so mit No. 5 und einem Schwan gezeichnet werden soll
Mr. Rudolflf Dick, der Büchsenschmid,
Mr. Anthoni Rantz, der Schlosser.
Zur sechsten, mit No. 6 und einem Steinbock
Mr. Heinrich Stammherr, der Metzger,
Mr. Samuel Han, der Schlosser." (Polizeibuch VII, 300.)
Das an die „geordneten feüwr sprützenmeister" gerichtete Schreiben
lautet, mutatis mutandis :
„Es findend mein gnedige herren gut und des notwendig zue sein, daß
ufF allen nothfahl einer brunst zue jeder feür sprützen gewüße meister be-
stell und verordnet werdindt, die damit umbzegehen und sorg darzue ze-
tragen und ufif den gächlingen nohtfahl sich allsobald dazue zubegeben haben
sollend; welchem nach ihr beide meister zue der ersten großen, so mit No,
I und den baren soll und wirt gezeichnet werden und im zeüghauß stehet.
verordnet sind, deßen ihr zue Üwerem nachrichtlichen verhalt uß ir gn. be-
felch verstendiget werdend. Actum 22. Juni 1665.* ')
Wir finden die 6 Feuerspritzen mit 6 andern, kleinern Spritzen im
Zeughausinventar von 1687 verzeichnet. Diesem Aktenstück entnehmen wir
folgende Stelle:
„In dem zeug hooff, under dem schöpf, befinden sich an feüwr sprützen:
Erstlich ein gar große, der Bär genandt, uff vier rederen; item sechs
stuck mittelmäßige, darvon zwo mit Löuw und Hirtz bezeichnet, die andern
aber ohne zeichen, jede mit zwei armen, und stehen ouch uff vier rederen.
Denne eine kleine in einem eichenen kästen, an Stangen in die heüßer under
die camin zu tragen ; dennoch ein stück, etwas kleiner, in einem bücki, auch
an Stangen zutragen ; endtlichen sindt noch in dem bschlossenen erg-gel oder
thurn uff dem großen kirchhooff drey stuck, genandt der Greiff, Steinbock
und Pelican, machen sambtlich — stück 12.
') Polizeibuch VII, 299 und R. M. 150/591.
An fcüwr eimer hangen underem schöpf« oben an der Tihle. darvon
aber etwelche in dem haus heruinb gebraucht worden, stück 50.*'
5. Cie holländischen Schlaiichspritzen des Jan van der Heyde.
Wenn auch die gut konstruierten alten Feuerspritzen einen mächtigen
haushohen Wasserstrahl lieferten, so haltete ihnen doch ein bedeutender
Mangel an. Wohl konnte das direkt am Ausgußrohr befestigte Spritzrohr
nach allen Richtungen gewendet werden (daher der Name Wettderohr) ;
allein in den wenigsten Fällen traf der von der Straße aus hoch im Bogen
auf gut Glück entsandte Strahl den eigentlichen Feuerherd. Bezeichnend
äußert sich die Feuerordnung von Dortmund aus dem Jahre 1677: „XVIII.
Die gegen den Brandt verfertigte, am Zmiraerhof vorhandene Wassersprützen
sollen zwar auch bey des Feurs Noth gebraucht werden. Aber es soll sich
die Bürgerschaft nicht zu viel darauf verlassen, weniger auf dieselbe warten,
sondern gestrack daran seyn, wie dem Feuer sonst am besten zu steuern." ')
Um dem verzehrenden Elemente „auf den Leib zu rücken", und es
unmittelbar mit dem Wasserstrahl angreifen und ersticken zu können, be-
durfte die Feuerspritze noch einer Vervollkommnung. Der Mann, der sie
zum wirksamen Löschgerät, wie wir es jetzt besitzen, machte, ist der ge-
niale Holländer Jan van der Heyde.
Bei einem am 25. September 167 1 in Amsterdam ausgebrochenen
Brande, der drei Tage währte, überzeugte sich van der Heyde von der Un-
zulänglichkeit der vorhandenen Löschmittel. In Verbindung mit seinem
Bruder Nicolaas — die beiden hatten bereits am 31. Juli 1671 ein Patent aul
ein nicht näher bekanntes Feuerlöschgerät erhalten — stellte er die erste
Spritze mit Schläuchen her. Die städtische Behörde erkannte sofort die
große Bedeutung der Erfindung, ernannte van der Heyde im Oktober 1672
zum städtischen Brandmeister und erwarb die neue Spritze. Nachdem van
der Heyde am 21. September 1677 von den Generalstaaten em Patent für
seine Schlangenspritzen, wie er sie nannte, erhalten hatte, errichtete er eine
Spritzenfabrik in Amsterdam.')
Jan von der Heyde verstand es auch, für seine Erfindung Propaganda
zu machen. In seinem 1690 erschienenen reich illustrierten Werke ') schildert
er zuerst die Unzulänglichkeit der alten Löscheinrichtungen in der Zeit, da
der Eimer das einzige Löschmittel war, und in der Zeit der unvollkommenen
Spritzen, mit dem bloßem Wenderohr. Dann iolgt eine begeisterte Schilde-
rung des Nutzens der neuen Schlauchspritzen, die alle bisherigen Requisiten
(Leitern. Hacken, Seile etc.) überflüssig machen werden. „Dies kann man
') Berichtswerk etc. a. a. O-, pag. 4.
•) Nach Magirus a. a. O., wo in Wort und Bild die Erfindung des J van der Heyde
gewQrdigt und veranschaulicht ist.
') «Beachriving der niculyks vitgcwonden en geoctroyerden Slangc Brand Spuiten
door derzelven Inventeur Jan van der Heyde en Jan van der Heyde de Jonge, Generale
Brandmaester der stad Amsterdam.*
356
dem verdienten Erfinder zu gut halten ; denn wenn er auch damit die
Wirkungen der Schläuche überschätzt hat, so ist sein Verdienst doch ein
großartiges und sichert ihm für alle Zeiten einen Platz unter den Männern,
welche durch ihre Erfindungen zu Wohltätern der Menschheit geworden
sind." (Magirus.)
Man sollte nun glauben, daß eine solche nutzbringende Erfindung sich
rasch Bahn gebrochen hätte. Allein aus einer von Magirus gegebenen Zu-
sammenstellung, die allerdings noch der Ergänzung bedarf, sehen wir, daß
es ziemlich lange ging, bis die wichtigsten Städte mit Schlauchspritzen ver-
sehen waren : Amsterdam 1672, Dresden 1686, Kopenhagen 1697, Paris 1699,
Freiburg i. B. 1725, Ulm 1725, Berlin 1727, Augsburg 1731, London 1751.
Bern ist jedenfalls die erste Schweizerstadt, die im Besitze einer
Schlauchspritze war. Bei Anlaß der im November 1699 in Mr. Schweitzer,
des Küfers, Haus aufgegangenen Feuersbrunst zeigte es sich, daß die Feuer-
ordnung revisionsbedürftig und die Feuerspritzen „nit vollkommen zulänglich"
seien. Der Zeugherr von Dießbach erhielt am 27. November den Auftrag,
„eine von derjenigen gattung fei'iwrsprüizen, so letsthin uß Holland kofntnen,
verfertigen zu lassen und nach der prob, m. g. h. von dem effect 2Ü be-
richten." ') Die Revision der Feuerordnung ging rasch von statten. Schon
am 29. Dezember 1699 lag das von den Kriegsräten aufgestellte Projekt
dem Rate vor, der es guthieß und beschloß, daß die Feuerordnung- „ge-
truckt und jedem haußvatter in der statt für zu seinem verhalt zugeschicket
werde." Diese erste gedruckte „Feur-Ordnung der Statt Bern" trägt auf
dem Titelblatt die Jahrzahl 1700.
Die neue Feuerspritze ließ etwas länger auf sich warten. Am 26 April
eröffnete der Zeugherr von Dießbach den Kriegsräten, die ihm am 3. Januar
den Auftrag erteilt hatten, die „feüwrspritzen, so in seiner inspection sind,
nach nohtdurfft reparieren zu lassen", er habe die Feuerspritzen „gengig'
machen lassen, „in erwartung man sechen könne, wie die nüwe invention
uff die hoUendische art ußfallen werde." *") Im August 1700 war die Spritze
noch nicht fertig; denn wir finden sie erst in der Zeughaus-Rechnung er-
wähnt, die vom September 1700 bis zum August 1701 geht. Leider erfahren
wir nicht, von wem sie hergestellt und wann sie abgeliefert worden ist. E^
geht aus der Rechnung blos hervor, daß die „auß befelch mgh. der kriegs
rähten sub dato 27. novemb. 1699 fabricierte feur sprütze auf holländische
manier mit schlättchen'* im Zeughause selbst verfertigt worden ist und daß
zu dieser Arbeit noch „äußere" Handwerksmeister beigezogen wurden. ^)
In dem am 11. Dezember 1702 aufgenommenen „Inventarium des
Zeughauses und Magasinen der Statt Bern" finden wir an „Brunst-Zeüs^
angeführt :
') Kriegsratsmanual 27/281.
•) Kriegsratsmanual 27319, 28,64.
') An .äußere Meisler und für materialien" wurden bezahlt 91 ^ ai bz.
357
Ein große Fcür SprQtze i
Dito kleinere 6
Dito noch kleinere, under Kamin zu gebrauchen 2
HollAndische KeÖr-SprQtze mit Schlauchen 1
Möschene Hand Feür-Sprütze aa
H&lzerne dito 14
Große kupferne Waßer-Samler i
Wasser Büttenen, mit eisernen Reißen gebunden 10
Feür-Eymer, darunder 6 nicht vil nutz 61
Dieser reichhaltige Bestand weist nun sämtliche im Laufe der Jahr-
hunderte gebrauchten Feuerlöschgerätschaflen in ihren verschiedenen Stadien
der Entwicklung auf, von dem einfachen Feuer-Eimer bis zur jQngst er-
fundenen Schlauchsprilze.
6. Tie „feiiersprühenden** Spritzen des Meisters Füchslin von Brugs.
Die epochemachende Erfindung des Jan van der ficyde wäre beinahe
übertroffen worden durch Meister Fuchshn, einen Drechsler von Brugg, der
auf die sinnreiche Idee kam, der Feuerspritze eine ihrem Namen ent-
sprechende Verwendung zu geben und sie als feuerspeiende Maschine auf-
fahren zu lassen. Am ri. Januar 1704 erschien er vor den Herren des
Kriegsrates zu Bern und anerbot sich, ihnen zu zeigen, wie ein aus einer
Spritze getriebener Feuerregen zur Defension einer Bresche verwendet
werden könne. Die Kriegsräte landen zwar, daß „wann derglichen in-
vention, so nutz- und practicierlich wäre, als er vorgibt, er solche in Holland,
da er sich lang aufgehalten, besser als hier hätte zu gelten machen ki^nnen".
Indessen gestatteten sie ihm, sich mit dem Weibel ins Zeughaus zu begeben,
um nachzusehen, ob eine der Feuerspritzen zu seinem Experiment brauchbar
sei. Es scheint, daß keine dazu taugte ; denn am rH. Januar beschlossen die
Kriegsräte, „den Künstler Füchslin mit 6 krönen abzufertigen." ')
7. Cie „ledernen** Spritzen des Henri Lombard von Lausanne.
Jan van der Heyde soll die Schlauche seiner Spritzen aus zusammen-
genähtem Segeltuch hergestellt haben. Sicher ist, daß die Lederschlauche
erst später aufkamen. Die ersten Spritzen mit ledernen Schlauchen wurden
in Bern schlechtweg , lederne Feuerspritzen" genannt. Am 19. April des
Jahres 1708 bot der Keßler Lombard aus Lausanne dem Rate von Bern
eine derartige Spritze zum Kaufe an. Eine Kommission erhielt den Auftrag,
„disere schlauch wohl zu erdauern und in alle weg auf prob setzen zelaßen.*
Schon am folgenden Tage konnte dem Rate berichtet werden, „daß die
jenige läderne fürsprützen, so raeister Lombard von Losanne gemachet und
deßen gestern eine prob gethan, ein gut, nohtwendige und anständige sach
ist** Daraufhin wurde beschlossen, die Spriue um 150 Taler (— 600 flf)
zu erwerben. Von dieser Summe sollten 50 Taler zurückbehalten werden
für den Keßler-Tribut, den Lombard zu bezahlen noch schuldig war. Da-
') Kriegsratsmaniial 371189, 20T.
_358_
gegen erhielt der Seckelschreiber den Auftrag, dem Lombard für Reiseaus-
lagen und Taglohn 50 Thaler auszubezahlen und zu verrechnen. ') Ende
Juni wurde die Spritze ins Zeughaus abgeliefert,
Henri Lombard — der Vorname ist das einzige, was wir noch über
seine Personalien ausfindig machen konnten — war vermutlich ein fran-
zösischer Refugie, der sich in Lausanne niedergelassen hatte.*) Die „sonder-
bare gute gattung feürsprützen, die er inventiert", und deren Probe zu
„mäniglichs vernüegen" ausgefallen war, veranlaßten die Kriegsräte in einem
Memoriale dem kleinen Rat darzulegen, daß es hoch notwendig wäre, die
Schlösser deutschen und welschen Landes mit dergleichen Spritzen zu ver-
sehen. Am 15. August 1708 erklärten sich der kleine und der große Rat
damit einverstanden und beauftragten den Kriegsrat, die Sache an die Hand
zu nehmen und zugleich Vorkehrungen zu treffen, daß „disere feür sprützen
vor besorgender verderbnus bewahrt und zu dem and von zeit zu zeit visi-
tiert werden." ^)
Lombard wurde wieder nach Bern beschickt. Die Kriegsräte betrauten
ihn mit der Herstellung von sechs Feuerspritzen auf Grund eines am 11. Sept.
1708 unterzeichneten Akkords, der glücklicherweise noch erhalten ist und
den wir als Beilage abdrucken lassen. Der Vertrag wurde von dem Zeug-
hausbuchhalter Stürler aufgesetzt. Mit Hilfe dieses Aktenstückes und der
dem Zeughausbuchhaiter gegebenen Instruktionen ^) erhalten wir ein ziem-
lich deutliches Bild von dem Äußern einer Lombardschen Feuerspritze. Von
dem Pump- oder Spritzenwerk vernehmen wir allerdings nichts ; indessen
ist wohl anzunehmen, daß dieses aus zwei Zylindern und einem Windkessel
bestand.
Der aus Tannenholz verfertigte Kasten war geteert und inwendig mit
Kupferblech überzogen. Seine Länge betrug 90 cm, seine Breite 45 cm und
seine Höhe 60 cm.*) Die vier Kanten waren mit Eisen beschlagen. An
zwei Eisenbändern, die den Kasten einfaßten, waren auf zwei Seiten je
zwei Ringe.
') R. M. 32/75, 80. Der Keßler-Tribut war die alljährlich zu entrichtende PatentgebQhr
der Keßler. Die Keßler-Patente waren zum Schutze der Meister des Kupferschmied- und
Rotgie(>erhandwerks errichtet worden und sollten ihnen verhelfen, des alten Kupfers und
Metalls wieder habhatt zu werden. S. R. 1708 (Einnahmen). Den 21. Mai ward (ür den
Mr. Lombard von Lausanne an seine schuldige Tributgelder geliefert 200 U.
Warum Lombard ein so außerordentlich hohes Tributgeld bezahlen mußte, wissen
wir nicht. War es in Rücksicht auf die Berner Meister? Jedenfalls ist es nicht zufällig,
daß seine Reiseentschädigungen ebenso hoch festgesetzt wurden.
■) Herrn Bibliothekar Andr6 Langie bin ich für die Nachforschungen, die er in
Lausanne angestellt, sehr zu Dank verbunden. Er teilte mir mit, daß nach der „Franct
protestante" Lombard nach Genf und auch Lausanne sich geflüchtet haben sollen.
') K. R. M. 32272 und R. M. 33.'348.
•) K. R. M. 32'3i8, 321 = I7"8, Sept. 3 u. 7.
*) Es sind dies ungefähr die Dimensionen der alten Nidauer Spritze von 1730, die
im Historischen Museum in Bern aufbewahrt wird. Länge 89 cm, Breite 50 cm, Höhe
52 cm.
Das Schlauchmatcrial bestand aus i6o Fuß Druckschlauchen von Juchten-
leder und dem 40 Fuß langen Kommunikationsschlauch aus Wachstuch mit
einem sogen. Wassersack. Die Druckschläuche waren je 20 Fuß lang und
hatten an ihren Enden Messingschrauben. Sie waren genäht und gut ein-
gefettet.
Gegenüber der Seite, an welcher die Druckschläuche angebracht waren,
befand sich die mit einem Messinggewinüe eingefaßte Öffnung von 10 cm
Durchmesser zur Aufnahme des durch den Kommunikalionsschlauch zuge-
leiteten Wassers. Dieses wurde in den auf einem bockähnlichen Gestelle
in passender Höhe befestigten Wassersack oder Zubringer mit Eimern ein-
geschüttet. {Siehe die Abbildungen bei Jan van der Heyde, bezw. Magirus.)
Lombard hatte sich verpflichtet, die Spritzen zu liefern an den Ort,
den man ihm bezeichnen werde, und „die handgriffen, sowohl für den ge-
brauch derselben, als deren conservation in guten trüwen zu zeigen". Auf
einmal soll er nicht mehr als zwei liefern, „auf daß er desto bessere und
sichere arbeit mache und die arbeit desto beßer visitiert und probiert werden
könne". Für jede zum Gebrauch fertig hergestellte Spritze versprach man
ihm 160 Kronen. Die sechs Spritzen kamen nach Lausanne, Morges, Yverdon,
Romainmötier, Aarburg und Lenzburg.')
Nun machte sich die Konkurrenz auf die Füße. Es offerierten „allhiesige
Burger, dergleichen Sprützen in einem wohlfeileren Preis zu machen", und
Herr Beat Rudolf Fischer, der eine Straßburger-Spritze besaß, anerbot sich,
„Feürspritzen, so denen, welche der Lombard gelifert. gleichförmig sein
sollen, in weit geringerem Preiß zu liefern." ')
Man sollte meinen, die Schlauchspritzen, deren Überlegenheit anerkannt
wurde, hätten jetzt überall Eingang gefunden und es seien keine Wende-
rohrspritzen mehr hergestellt worden. In Bern gings allerdings rascher als
anderswo. In Deutschland bildeten noch in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts in den kleinen Orten, namentlich aul dem Lande, noch immer
Schöpfspritzen mit Wenderohr die Regel. Auch Stoßspritzen (ohne Wind-
kessel) fanden sich noch zur Genüge. So lesen wir in dem schon ange-
führten E^richtswerk Ober die internationale Ausstellung für Feuerschutz
und Feuerrettungswesen in Berlin, 1901. Besser sah es in Zürich aus. Der
Verfasser einer im Schweiz. Museum 1790, pag. 685-694, besprochenen
Schrill über den Gebrauch der Feuerspritze sagt: „Die Feuerspritzen werden
*) K. R M. 33473. — In Aarburg sollte Lombard die «wQrklich dnindcn stehende
feQrsprOUen berichtigen, ob dieselt>en auch mit schlauchen accommodiert werden könnten*.
K. R. M. 33401.
") K. K. M. 33565, 33131, a8o. Von 170B an geben die Manuale des Knegsrats, die
Rechnungen und Inventarien des Zeughauses erwünschten Aufschluß Über die Ncuan-
Schaffungen von Feuerspritzen. Seit bald einem Jahrhundert sind bei uns die Feuerspritzen
mit dem Namen Schenk verbunden; im Jahr 181 1 verfertigte der Mechaniker Christian
Schenk seine ersten Feuerspritzen. (Bemer Taschenbuch i868, p. 39.)
Schlagspritze von 1707. Schweiz. Landesmuseum, ZOrich.
wollen (Abb. 99). Die wohlgelungene Reproduktion, die wir der Direktion des
Landesmuseums zu verdanken haben, erspart uns eine umständliche Be-
schreibung dfS Äußern dieser Spritze ; eine kleine
Skizze soll das Innere veranschaulichen (Abb. ioo|.
Die tragbare kastenförmige Feuerspritze
stammt aus Ossingen, Kanton Zürich. Außen auf
eint-r der Längsseilen befindet sich eine gemalte
allegorische Darstellung auf »daß waßer" (Neptun^,
auf der andern ist das Feuer mit Jupiter symbolisiert.
Kine der Schmalseiten trägt den Spruch : „Man
braucht Mich in der Noth Dar Vor behüett Euch
Gott 1707." Der Kasten, inwendig mit Kupferblech
ausgeschlagen, mißt in der Länge 0.Ö2 m. in der
Breite 0,52 m und in der Tiefe o,32 ni. Die eigent-
liche Spritze besteht bloß aus einem Zylinder von
zirka 14 cm Durchmesser mit einem Kolben, der
mit zwei Druckstangen auf- und abwärts bewegt
wird, und einem Ausgußrohr mit Schwanenhals (Wenderohr). Zylinder und
Ausflußrohr durchbrechen den Boden des Kastens. Ist der Kolben gehoben,
so dringt das Wasser durch den siebartig durchlöcherten untern Teil des
loa Querschnitt zu Abb. 99.
3^1
Zylinders ein. Da nur ein kleiner Teil der Wassersäule dem Druck aus-
gesetzt ist, so kann die VV' irkang des Wasserstrahles keine sehr große sein.
Der VerfertigLT dieser Spritze tat also gut, sie mit einem schtlnen Spruch
zu versehen.
Beilage.
Accord
avec m' Henry Lombard pour 6 seringues a boyaux.
1. n ä'engage de les fournir aussi boncs et aussi biea conditiones que celle qu'il a
livr£ dans l'Arsenal de LL. ££. (Leurs Excellences) au mois de juillet pass^.
2. La caisse sera de bois de sapin gauderonnc, garnie en dedans de cuivre, de trois
pieds de longueur^ d'un pied et demy de largcur en dedans et dciix pied(s) de hauteur y
compris Ic fond qui doit etre d'iine double planche de sapin passant un pied de la caisse
devant et derriere.
3. Cette caisse sera garnie de deiix bones espares de fer qui feront le tour, pas
tout a fait jusqu'au desua avec dcux boucics de chaque cot^, et Ics quatres coins de la
caisse seront aussl gamies de fer, dehaut jusqu'au bas.
4 Les boyaux seront de 160 pieds de longueur, de bun culr de Russie, avec des
bons avis de lotton (de bonnes vis de laiton) de la meme grandeur et rai;on que ccux d'icy
de 20 a 20 pieds de distance. Les boyaux seront aussi cousu et de la grosseur et de la
maniere qu'on luy en a don6 l'cschantillon, et bien engraisse avec de la graisse de poisson
et autrcs Ingrediens nccessaircs.
5. Vis ä vis de l'endrnit 011 ces boyaux seront attachds il y aura une ouverturc de
lotton de 3 pouccs de diametre pour y faire enlrer de l'eaux dans la caisse par le inoyen
d*un tuyaux de toile ciree qui seront aussi de 3 pouces de diametre et quarante pied de
long sans coroter le sac ou on versc Teau dedans.
6. I.e dit sieur Lombard livrera luy meme les dites seringues et boyaux aux chataux
et cndroits qui luy seront indiqud cl a chaque endroit il montrera la maniere de s'en servir
et laissera un memoire coment on doit conserver ces seringues et boyaux.
Enfin LL. EE. feront payer pour chaque serringue et boyaux quil (I. qui) sera en
bon etat el condition^ comme est specific cy dessus ccnt soixante escus de Beme, au dit
sieur Lombard, 11 en fera six en vertu de cet accord et quand il en aura achevö une ou
dcux, il en advertira LL. EE. du Conseil de gucrre qui les feront visiter et ^prouvcr par
qui il leur plaira.
Fait a Berne ce 11 septembre 1708
signd Sturler, controleur de l'arcenal et par ordre de LL- EE.
Henry Lombard.
(Archiv des Kriegsralcs. Tractat uud Accordenbuch No. t, pag. 14.)
L^
Notizen zur Geschichte des zürcherischen Waffenwesens.
Zusammengestellt von R. Wegeli.
Auszüge aus den Seckelmeisterrechnungen.
1337-1798.
(Fortsetzung.)
28 ff 14 ß Burgkarten Gymper dem spießmacher von 89 spießen zu machen und umb
II ladstecken zum großen gschOtz
45 ff 15 ß zweyen wällschen umb 175 Spieß und i fl inn kouff so die zOgmeister
koufltennd.
II ff Othmam Müller von der pollier mQli so der Harnescher brucht uff Martini
gfallenn.
88 0f 10 ß Hannsen Widmer, Hannsen Schäri und Hannsen Amann umb 290 Spieß
ouch ettlich ladstecken zum grossen gschOtz lut eins zedels von Hanns
Ulrich Stampfer ußgangen.
15 U Schankten min Herren Adam SprQnglin und Hans Schönen zu einer vererung
als sy zu Tann uff dem schießen sind gsin.
35 ff 14 ß Ruedi Horner umb spieß in by sin Hans Ulrich Stampfer des zQgmeisters.
30 ff 18 ß aber umb spieß Ruedi Ammann, ouch in Stampfers bi sin.
7 ff IG ß M. Hanns RQter dem Harnescher für 5 ein thuch als min Heren inn band
angenommen.
2 u beiden bulfer macheren zum guten Jar.
30 u Hanns Schönen in namen gmeiner schieß gesellen so min Heren die verord-
neten am schießen die 4 tag mit den frömbden verzartend, actum 20 decembris.
1534.') 2790 6 <Y Costennd die 4 bOchsen uff rederen und 13 haggen so die gotzhußlüt von
Sant Gallen hie hand lassen machen unnd aber sidher den selben nimmer
nachgefragt sonnders Fetter Füessli deßglich Schmid, Wagner, Tischmacher
unnd ander so daran gewerchet, min Heren irer belonung halb angestrengt
deßhalb habend wir die sekler mit den zügmeistern dieselben abgefertiget
und altso sollich büchsen zu der Statt banden gelößt wie dann das von
stück zu Stück an einem rodel hinder den zügmeistern ligend geschribenn
stat. Noch ist ein buchs hie daruf ein beren stat die man nit bar in hat
gerechnet, sonders hat man sy an miner Heren büchsen der Low genant
so zu Roschach stat, behalten, actum 8 Januarii anno etc. 34.
7 B II ß M. Cunrat des Harneschers seligen frowen umb 5 ein thuch so man tro
noch schuldig was.
34 ^ 4 ß 6 (> den bOchsenschützen für das bulfer gelt ein Jar lang, nam Hanns
Schön.
') In der Rechnung von 1533 ist zum ersten Male der Jahreswechsel erwähnt, ohne
daß indessen der Rechnungsabschluß dadurch beeinflußt wird.
3^
934 ^ a ß 6 J den zflgmeistern : nämlich Buwmeister Kellern und Hanns Ulrichen
Stampfer nach und nach lut der rcchnung mit inen inn bi sin miner roit-
gcsellcn bcschcchcnn actum si Marci.
7 tt Daviden so hie die fächtschul zu einer vcrcrung hielt umb ein schilt nam Caspar
Voller, erkant ein rat.
8 S 8 ß Carius Setzstaben umb zwey tützet schieß blattll cosl jedes 7 Ö.
115 f/ 5 ß drygen waJchen umb 445 spieß jeden umb 5 und 3 fl in kouff lut eins
zedcis.
18 n 18 ß Hannsen Wyüen umb 4'/» totzet schießblattU cost jedes 7 ß.
4 5* 4 ß Wyßcn dem Itannengießer umb ein totzet schicßblcttli,
36 ii den armbrustschützen ein jar lang zu verschicßenn.
15 ff den beiden bulfcr muchern umb und für das tuch so man inen schuldig ist.
27 fi den büchsenschützen so zu Arnw ufT dem schießen sind gsin erkant ein rat
nain Hanns Ulrich Stampf und Adam SprQiigti. actum 9 Brächet anno etc. 34.
8 S Felixen WerdmQller ab der Syl zins von des bQchsenschmids schliffe ufl
pfingsten gfallenn.
4 S me im von der bulter stampfe wegen.
ai6 fl Hannsen Huber von Ougspurg umb a vaß kupfer so den zügmeistem Ober-
antunirt sind.
80 ^ 5 ß den Walchen umb 313 spieß lut Hanns Ulrich Stampfers handgschrifift
299 ff 5 ß Cunrat Rollcnbutzen umb 63 barchet costet jeder 4 S 15 ß geferwt unnd
imgeferwt, so er den schützen ufl da^ land im 33 Jar in namen miner
Heren zu verschießen gcbcnn haL
1 fi einem hessischen büchscnmachcr zu einem zcrpfanning, erkant ein rat.
313 Ä 7 ß 6 A Gen Buwmeistcr Kellern unnd Hanns Ulrichenn Stampfern ufl das
zügmeistcr ambt, lut der Rechnung mit inenn beschechenn in by sin Her
bflrgt'rnieister Rfiistenn, actum 1 ougstenn anno etc. 34.
80 S beiden bulferniacheren.
34 "h Bram bdchsenschmid.
ao « Wolf Buman armbruster.
16 a Jacoben SarwQrcker.
Unter den Einnahmen (1533)
18 U Gaben die von Elgöw und M. Cambli umb spieß lut eins alten rodels so M
Cristan Mcyger gehepL —
38 U umb 400 spieß ysen dem Rugeensperg von Sant Gallen weyst Hanns Ulrich
Stampf.
60 h den bUchsenschQtzen am blatz ein Jar lang zu verschießen nam Hans Schön am
29 tag Ougsten anno etc. 34.
la H Adam SprOngli als er im Elsis 6 fl mit schießen gwunnen und im ein rat ouch
so vyl gab.
310 S Hanns Ulrichen Stampfer als zQgmeister so er Petlern Pflflli gab ye ein zentner
umb 8 fl was glaggcn zQg so bropst Brenwald inen hat gen warend 19
Zentner 31 ü on als ysen werch, tut in summa, nit zum genAwisten 155 fl.
6 k den armbrustschOtzcn zu verschießen ufl* unnser hercn tag.
3 k verzen an der kilchwichi by den frOmbden Armbrustschfltzen uff der Schätzen
Stuben
6 k den bOchscnschützen am blatz zu verschießen, nam Hanns Schön,
ao t aber inen ao unnser Herren mit cttlichen frOmbden verzert band.
399 S 5 ß Cunrat Rollcnbutzen umb 63 barchet C03I jeder 4 rt 15 ß geferwt und un-
geferwt, so er den schätzen ufl' das land in namen mincr heren im 34 jar
zu verschießen geben hat.
364
3 ft lo ß den annbrustschützen an der nach kilchwichi zu verschießen uß gheiß miner
Heren, nam Rollenbutz. actum octobris anno etc. 34.
10 ä Adam SprQngli an sin costen als er im Lebertal uff dem schießen gewesenn
erkant, ein rat lut eins zedels.
20 i( M. Hannsen Rater dem hamascher fQr sin jar Ion uff Michaeli.
11 S Othmar Müller von der pollier müli so der harnascher brucht zins vom 34 Jar
uff Martini.
75 S 6 ß zweyen weltschen umb 251 spieß cost jeder 6 ß band die zOgherren koufift.
2 S beiden bulfermachern zum guten Jar.
1535* 32 % 10 ß 6 ^ für das bulfer gelt am blatz den schützenn ein Jar lang nam Hanns
Schön.
12 % 12 ß Hanns Wyßen umb 36 schieß blättli cost yedes 7 ß.
6 ft 6 ß Jacob Schmiden umb 18 blättli cost yedes 7 ß actum 2 aprilis anno etc. 35
4 ä 12 ü 6 i^' Charius Setzstaben umb 12 blättli costennd me dann die anderen, actum
3 aprilis anno etc. 35.
12 Tt 12 ß Hanns Wyßen umb 36 schieß blättli cost yedes 7. ß.
36 U den armbrustschützen zu verschießen ein Jar lang, nam Cunrat Rollenbutz.
12 % Adam SprüngU und sinen gsellen uß erkantnuß eins ratz als sy uff dem schiessen
gsin waren dt.
8 h Felixen Werdmüller zinß von des büchsenschmids schliffe uff pfingsten anno etc. 35.
4 ft me im vom bulfer stampf zins.
35 % eim hamescher von Sant Gallen umb 7 harnasch cost yeder 5 ft koufltennd die
zOgherenn uß bevelch eins rats.
927 fi 2 ß IG S Gen buwmeistem Kellern und Hanns Ulrichen Stampf ufi das zQg-
meister ampt ein Jar lang lut der rechnung mit inen beschechen in bisin
her burgermeister Röisten und landtvogt Edlibachs, actum 7 augsten.
80 Ä beyden bulfer macheren.
24 ii Bräm büchsenschmid.
20 tt armbruster.
16 ft Sarwürcker.
IG h 10 ß der Beringerin umb 6 fläschen warend liderin sind im züghuß hielten 15
köpf und zwo in der seckelmeisteren huß, erkant ein rat
299 ft 5 ß Cunrat RoUenbutzen umb 63 barchat cost ein jeder 4 » 15 ß geferwt und
ungeferwt, so er den schützenn uff dem land im 35 jar von miner Heren
wegen zu verschießenn gebenn hat.
6 rt den armbrustschützen zu verschießen uff unser herren tag nam Hans Heinrich
Sproß.
60 ft den schützen am blatz für das tuch ein Jar lang zu verschießen nam Schön.
6 ft aber inen uff unnser heren tag zu verschießenn.
10 H me inen für allen uncosten so sy mit den frOmbden und sunst gehept band an
der Kilbi, hieß ein rat. actum 15 tag Septembris anno etc. 35.
3 ft umb ein par hosen den armbrust schützenn mit den frOmbden an der nach kilwe
zu verschießen, nam Rollenbutz.
20 ft Hannsen Rüter dem hamascher für sin Jarlon uff Michaeli anno etc. 35 gfallen.
11 ft Othmar Müller von der palier müli so der hamascher bmcht uff Martini anno
etc. 35 gfallenn.
2 ft beden bulfer macheren zum guten Jar.
37 ft für das bulfer gelt den schützen am blatz ein gantz Jar lang.
^S3ß- 92 ft IG ß Carius Bruchli und sinen gesellen uß dem Brättigöuw umb 4 Zentner 4'/» «
salbeter den zügherrenn in bi sin Hanns Ulrich Stampfers, cost eini jeder
Zentner io'/a fl.
365
'537
13 M 13 ß Jacob Schmiden umb 3 doUet schieß bUttli, kost jedes bicttli 7 ß^ actum
17 aprellenn aiino etc. 36.
ai « dem Hanns Wyßen kanlengieöer von 5 totzet schieß blftttli zu machen, cost
jedes 7 ß.
36 n den armbrustschQtzen für das tuch ein Jar lang zu verschießeni nam Hans Goldli.
4 « zwcyen salbctter machem zu einer vcrcrung damit ay wider gen Basel kommen
möchtcnn. erkant ein rat.
7 ß 6 A Hannsen Vogel als er 1 V» tag acht hat gehept uff ein Zimbcr knecht der inn
krieg wolt, dem er die büchs nam.
I rx 7 G 6 *> Fetter Mattiscn als er bim türli bim bOchsen huO s'li lag gewachet.
actum 5 tag brächet anno etc. 36.
3 w 3 ft Jacoben Schmid dem Kanncnglcßer umb 9 schieß hiettli, cost jedes 7 ß.
8 « Felixen WerdmOller von des bftchsenschmida schliffe uff pfingstcn anno etc. 36
gfatlen zins.
4 M me im vom bulfcr stampf zins.
361 II Hanns Baltisser Keller buwmeister und Hans Ulrichen Stampf beid zügherren
in das Zag huß ein Jar lang lut der rcchnung mit inen beschcchen. actum
34 julij anno etc. 36.
80 H beiden bulfer machem.
24 u Bram Büchscnschmid.
so t dem armbruster.
16 H Sai^ürcker.
60 k den Schützen am platz für das tuch ein Jar lang zu verschicOen» nam Sch5n.
5 Ä 4 ß verzerrt zum Saffran als man den Armbrustschülzen daselbs schannckt.
6 N ächannckten min herren den armbrustschützen zuverschießen^nam Göldli. actum
am II tag September anno etc. 36.
6 M den BOchsenschülzen an der Kilbe zu verschießen, nam Schön.
12 N aber inen als sy frömbden £r anthan unnd geschannckt band.
299 if 5 ß Cunrat Rollenbutzen umb 63 barchat, cost ein jeder 4 /' 15 geferwt und
ungcferwt den schützen ufl dem Lannd im 36 Jar zuverschießen von miner
Herren wAgen.
8 H Heinrichen Holtzhalb von dem gemach so der armbruster im Barenndis innhat.
I I it Othmar MQllern Zins von der poUiermQti so der harnischer brucht uff Martini
im 36 gfallen, was der letst Zins.
20 'I Hannsen Kottcr dem hämischer für sin JargelU ufl Michaeli Anno etc. 36 ge-
fallenn.
a A beiden bulffermachern zum Gutten jar.
40 N II ß 6 «^ umb und für das bulfer gelt den ß Ochsen schützen für ein Jar lang,
nam Hans Schön.
284 » Hannsen Brflmen dem bOchssenschmid als er den zOgherren 3a ys« buchssen
inn das ZQghus gemacht hatt, Jede umb 7 » unnd 32 H für a bQchsscn uff
rederen zu fassen, ouch 34 m für allerley so er inn a Jaren inn das ZQghus
macht, luth eins Zedels.
14 w 18 ß Jacoben Schmid umb .-^6 scliießblettli, cost jedes 7 ß und wagend 1 '/■ &
für deßgclich was er ein Jar lang mit der Statt Kanten verdient hatt
33 M 3 ß Hanns Wyßen umb 66 st'hicOblettli cost jedes 7 ß.
4 ft 4 ß aber im um la bletth.
3 A t5 ß Rudolff Rordorff umb la blettÜ.
a « a ß aber und 6 bleltli gab 2 der Wyß.
X üi 1 ß me umb 3 blettli.
36 k den Armbrustschützen umb tuch zuverschießen ein Jar lang, nam Rollenbutz.
60 ü I ß Pettem FüßU umb allerley inn das ZOghus zu machen hießen die ZOgherren«
Actum 6 Juuy anuu etc 37.
366
a8s h Meister Cuonratt RoIIenbutzen umb 60 barcheti, cost ein jeder 4 S 15 ß geferwt
und ungeferwt, so er den schützen uff dem Land im 36 jar von miner Herren
wägen zuverschießen hatt gebenn.
8 Ä 7 ß Kippenhan dem Sporer umb piß, stägerich und anders so er ein jar lanng
inn Marchstall gemachett hatt. Actum den 27 tag Augusti anno etc. 37.
60 U den Schützen am platz für das thuch ein jar lang zuverschießen, oam Hans Schön.
6 « den Armbrustschützen uff unser herren tag zu verschießen, nam Hans Gölldli.
6 k den Schützen am platz an der Killwy zuverschießen.
11 tt Heinrich Holtzhalben zins von dem hus darlnn der armbruster sitzt uf unser
herren tag im 37 jar verfallen. Actum den 27 tag November Anno etc. 37.
2 k den beiden Bulffermachern zum gutten jar.
20 Ä Hannsen Rotter dem Harnischer für sin Jar gelt uff Michaelis im 37 Jar ver-
fall enn.
175 « 15 ß Hannsen Böller von Candell umb 36 Vi Cenntner Büchßenstein, cost jeder
Cenntner 486'/« batzen, hießent die ZOgherren.
35 ft 5 ß umb und für das Bullfergelt den büchßenschützen am platz, nam Hanns
Schön. Actum den 28 tag JanuarÜ anno etc. 38.
3 w hatt der undervogt und ettlich mer zu Meilen in der haab verzert als der uff-
bnich vor eim jar beschach und sy lugtent das jederman inn hämisch und
gewer, weißt M. Caspar Nasal
12 ft 12 ß Hanns Wyßen dem kantengießer umb 3 totzet Schieß Blättli.
13 H 6 ß Jacob Schmid dem kantengießer umb 3 totzet sc hießbiet tli, wagent 3 ff mer
dann der bruch ist.
13 fi 18 ß Hanns Wyßenn umb 47t totzet Schieß Blettli.
9 « 9 ß Rudolffen Rordorf umb 24 Schieß Blettli, cost jedes 7 ß.
36 « den Armbrustschützen umb thuch ein jar lanng zuverschießen, nam ROmbeli.
10 h den Schießgcsellen zu Grüningen an ir Schießhütten zu Stür, erkhant ein Ratt,
nam vogt Plüwler.
66 « 17 ß 5 h. M. Thumysen und Hans Ulrich Stampffer beid Zügherren, uß dem
Seckellampt inn das Züghus ein Jar lang, sampt allem uncosten, luth der
Rechnung. Actum den 28 tag Julü Anno etc. 38.
4 ii Felixen WerdmOller BuUfer Stampff Zins.
80 ff beiden Bulffermacheren.
24 ff Bräm Büchßen schmid.
ao ff dem Armbruster.
16 ff dem Sarwürcker.
1538. 6 Ä den Armbrustschützen uff unser Herren tag zu verschießen, nam Mathis Leeman.
60 fi den Büchßen Schützen am platz umb thuoch für ein Jar lang, nam Cristoffel
Murer.
15 U Hans Brämen dem Büchßenschmid als er 7'/i fl zu Basell mitt Schießenn ge-
wunnen hat
7 tt 10 ß mer im für sin cleid, actum den 19 tag September anno etc. 38.
5 « 10 ß Wellti Meiger von Sellenbürenn als er zu Basell 2 fl 3 ort mit der Buchs
gewunnen. Actum den 19 tag September anno etc. 38
285 U Hanns RoIIenbutzen umb 60 barchet, cost jeder 4 ff 15 ß geferwt und unge-
ferwt, so er den schützen uff dem land im 38 jar zu verschießen geben hat
2 « beidenn Bulfiermacheren zum gutten Jar.
26 rt 13 ß 2 «y umb 4','i Cennttner Salbeter, nam Hanns Huber, luth eins zedels.
32 « 12 ß 6 ^ den Büchßenschützen am platz umb unnd für das Bulffergelt ein Jar
lang, nam Stofiel Murer.
ao fl Hannsen Rütter dem Hamister für sin jargelt uff Michaelis im 38 jar gefallen.
9 » 6 ß Jacob Schmid dem kantengießer umb 24 schieß blättli, wagent a'/t ff f&r den
jungen Knaben zu verschießen.
36;
23 ^ 3 D 6 A Stoffel Schmid kantengicßer umb 37 Schießbldltli, wigt jedes i S, was
"1 ff für.
21 Kl 14 ß Rudolfl' Rordorfif umb 6s schieß BlettH, cost jedes 7 D.
u H Heinrich HolUhalben Zins voni Hus dar inn der armbrusler sitzt, uff unser
herren tag im 38 Jar verfallen
59 H 10 ß umb 370 B Salbetter in das ZOghus luth eins zedels von Ztlgherren, nam
Hans Blasi von Chur.
36 Ä den ArmbrustschOtzen umb thuch ein Jar lang, nam Mathys Lceman.
36 « 15 ß 6 i> war der hertzog von Wirtenberg vor langist vom Buiflcr zuoftlren
schulldig, und im SeckelbQchli gestannden, erkhandt ein ratt durchzuthun
und inn diß ußgeben allerlei gcltz zustellen.
37 N gabent die ZOgherren inn das ZQghus umb 100 Spieß.
60 « den BOchßen Schützen am platz umb thuch zuverschießen ein Jar lang, nara
Eesayas Rouchli.
4 & 4 ß Stoffel Schmid umb i3 Schieß Bletli dann man der vorigen nlt gnuog hat.
4 H Fellxen Werdmüller zins vom ßulflcrstampff
7 « 7 ß 6 (> dem Kippenban so er zwcy jar lang mit Sporren, piß unnd anderem im
Marchstall verdiennt hat.
961 Ä 3 ß 6 i> M. Thumysen und Hans Uolrich Stampffcr beiden ZOgherren so sy ein
Jar lang in das ZOghus genommen, mitsarapt den 606 ff so sy M. Fetter
Poßli uff kup6er geben band. Actum den 31 tag Julii Anno etc. 39.
80 ft beiden Bulftermacheren.
34 H Bram Büchßenschmid.
30 H dem Armbruster.
16 H dem Sarwörcker.
'539' 6 ** den armbrust schützen uff unser herren tag zuverschießen, nam Mathiß Lcman
II >i dem armpruster an sin huß zins so man im schuldig ist, lulh eines urteil brieffs,
so die schützen band. Actum den 15 tag herpätmanut im 39.
6 H den büchsen schützen am platz uff unser herren tag zuverschießen, uam Yaayas
RoQchli. Actum ut supra.
370 H Hannß Rollenbutzcn um 60 Barchot, cost jeder 4 ff 10 ß gefcrwt und ungeferwt.
so er von miner herren wagen den schützen uff dem land im 39 jar zu*
vcrschicOen geben hatt,
30 'M Meister Hannßen dem Harnister sin jargellt.
8 Ä Jörg Brunner dem treger, alß er uff dem schyeßen zu Winterthur 4 fl mit schießen
gewunen, crkant ein Rat luth eins Zedclß.
5 Ä IC ß Michel Baumgarter alß er 5 8 10 ß auch daselbs zu Winterthur gewunnen hatt
3 H Hannß Luteter dem urenmarher, alß er 3 ff gewunnen hatt.
1 N 10 ß Jacoben Stampfer alß er i ff 10 ß gewunnen hatt.
I M Hannsen Meyger dem Messerschmid alß er 1 ff gewunnen hatt.
3 H Heini Meyger von ScIcnnbOren alß er zu Winterthur i n mit «chießen gcwuncn.
I « 5 ß Steffa Pur von Wcttischwil als er auch daselbs 10 batzenn gewunen
1 fl a ß 6 «^ Hanß Schumacher von Esch alß er 9 batzcn gewunen.
2 ii den beidenn Bulffermacheren zum guten Jar. Actum ut supra.
37 n 13 ß den Büchsen schützen für das Bulffer gellt daß verschinnen jar, nam Isayaß
KoQchli. Actum ut supra.
8 8 II 6 <) den Bflchscnnschützenn 3 Cronen zuverschießetm, daß Übrig ward ver*
zert, auch von dero von Stein wflgenn.
61 A 10 ß umb II Banntzcr inn daß zDghuß, kaufftennt die ZOgherren, erkhanni ein
Ratt, cost jedeß 5 ff 10 ß und 1 fl In kauff.
a9 h 15 ß Jacob Schmid dem kanntengießcr unnd sincm sun Stoffel umb 7 totzet
schießblettli, cost je ein Bleltly 7 ß und wagennd i 6.
8 M 8 ß Rudolff Rordorff umb 3 toizcit Schießblettli, cost jedeß -; ß.
Nachrichten.
EidgenosMnschafl. Zu der Ntiaeilung über die Gründung der Schwtizerischen Ge-
seilschaß für Vrgeschkkie und Eifmograpkie (oben S. 258) ist nachzutragen, dab dem Vor-
stande außer den HH. Direktor J. Wiedmer-Stern, Dr. E, Tatarinoff Dr. J. Heierli,
E Bächler und Dr. Paul Sarasin noch die Heren Landesmuseumsdirektor Dr. H.
Lehmann in Zarich und Professor \V Wavre in Neuenburg angehören.
iUirgau. Zofingen. Die Verwaltung des Museums hat einen \ier Jahre umfassenden
Bericht herausgegeben. Unter den Vermehrungen der Sammlung sind her\-orzuheben : eine
Sdieibe des SchnltheiOen Urs Siegfried (gest. 1657), eine Ringier-Scheibe, mehrere Arbeiten
(Stadtansichten) des Malers und Kupferstechers Gränicher, der 1758 — 1813 in Zofingen lebte.
Basel, historisches Museum. Dem Jahresbericht über das Jahr 1906 entnehmen wir
folgende Angaben über die Vermehrung der Sammlungen. Für Anschaffungen wurden im
Ganzen Fr. 15*796. — aufgewendet Nach erfolgter Abzahlung des Feerenteppiches wurden
meistens kleinere Objekte erworben, welche den verschiedensten Epochen und Zweigen
des Kunstgewerbes angehören. E)ie hauptsächlichsten sind : Eine Lanzeospitze aus Bronze
von feiner Arbeit, ausgegraben bei Port am Bielersee; einige originelle Gefässe aus Bemer
Fayence mit Sinnsprüchen und Daten, meist dem 17. Jahrhundert angehörend; Gläser von
FlQhli im Entlebuch; eine vollständig erhaltene Markgräßertracht aus der Mitte des i8. Jahr-
hunderts; eine Anzahl Textilien mit Klöppel- und Knüpfarbeit und bunter Leinen^tickerei
aus dem Unterengadin, 18. Jahriiundert ^ Zinnhumpen mit Karyatidenhenkel und Reliefdar-
stellung von drei allegorischen Frauengestalten der Patientia, der Sollertia und der Nonvi,
Arbeit von Enderlin nach Briot. Besonders zahlreich waren die Geschenke Darunter sind
zu nennen: Eine Sammlung von Fundstücken aus dem Theater in Äugst; 52 römische
Gegenstände, gefunden auf Kastelen bei Äugst; zwei hölzerne BOstenreliquiare. eines davon
datiert 1633, aus Sedrun in Graubünden; zwei hölzerne Abendmahlskelche mit Patene aus
dem Kanton Zürich; ein gotischer Tisch mit Kerbschnittomamenten aus dem Prättigau
und zwei originelle hölzerne Kerzenträger aus dem Kanton Unterwaiden — Vom Abbruche
oder Umbau älterer baslerischer Gebäude stammen : eine interessante gotische Wandver-
kleidung aus dem Hause der Kilchmann; bemaltes Zimmer mit Decke und Täfer und ein
steinerner Türaufsatz aus dem Hause zum Wilhelm Teil, 18. Jahrhundert; Abfälle einer
mittelalterlichen Töplen\'erkstätte aus der Aeschenvorstadt (publiziert in Basler Zeitschrift
für Geschichte und Altertumskunde, Bd. VI, S. 160 f.). Das Museum erhielt wertvolle De-
positen von Zünften und Gesellschaften, so Becher. Handwerkslade, Siegelstempel u. dgl.
Von einem Privaten wurden vier Ofenmodelle übergeben, deren eines von H. H Graf in
Winterthur gefertigt wurde. Der Gesamtzuwachs betrug 926 Nummern, wovon 837 Geschenke,
77 Ankäufe und 11 Depositen.
— Basier Münster itrypta. Nach langen Bemühungen ist es gelungen, die bisher in
unwürdigem Zustand befindliche Gruft des Basler Münsters auszuräumen und von all den
häßlichen Verschlagen, Kohlenhaufen und herumliegendem Gerflmpel zu befreien. So ist
ihr die einstige schöne Wirkung als Raum zurückgegeben. Fünf Grabplatten und Epitaphien
sind aufgestellt und vor weiterer Zerstörung geschützt; die Deckengemälde scheinen indes
durch die Austrocknung der Gewölbe völligem Untergang geweiht; bei der leisesten Er-
schütterung fallen sie in papierdünnen Blättern ab. Die Kredenzen, die zum ehemaligen
Margareten-, zum Marien- und zum Annenaltar gehören und großenteils vermauert waren,
sind freigelegt Als Ganzes bereichert die Krypta Basel nunmehr um eine beachtensw^erte
Sehenswürdigkeit. E. A. S., Neue Zürcher Zeitung^ '908, Nr. 6.
369
— Ausgrabuttgen in Angst. An der Nordostseite des Plateaas von Casteln bei Äugst
zieht sich gegen das l'al des Violenbachs hin eine rötuisc/if Mauer. Sie ist durch zwei
Ziegclbandcr ausgezeichnet, die je drei Lagen Ziegel hoch sind. Lange galt sie für die
Stadtmauer. Doch der Umstand, daß sie allen Ein- und Ausbuchtungen des Abhanges folgt
und daß sie vielfach von Strebepteilern gestützt war, lAßt Zwecke der Verteidigung als
ausgeschlossen erscheinen. Neuerdings haben Ausgrabungen zweilellos bewiesen, daß sie
als Slnlzmauer äes Plateaus gedacht war. Über einer vorspringenden Rundung dieser
Mauer wurde ein sehr merkwürdiges Gebfludc entdeckt. Es handelt sich um einen mit
weilkn Marmorplaticn ausgelegten Rundbau, in dem vier konzeutrische Sitzreihen amphi-
theatralisch angeordnet waren. Der Boden war gleichfalls mit Marmorplaticn belegt. Die
Stufen, ungefähr zum Sitzen in der richtigen Höhe angelegt und für 80— loo Mann bequem
Sitzgelegenheit bietend, nehmen drei Viertel des Kreises ein. In der Mittelachse des Baues steht
eine Art gemauerter lisch, der auch Marmorverkleidung trug, dahinter folgt ein geradliniger
Abschluß in der Flucht der Terrassenmauer, eine 3 m starke Mauer. Unterhalb der An-
lage im Schutt fand sich eine heruntergesttlrzte Säule. Sie liegt jetzt im historischen Mu-
seum; sie hat dort einen Kameraden getroffen in dem aus der Schmidischcn Sammlung
stammenden Stocke, das an der Spitze des Rasenplatzes im Museumhofe steht. Es ist
wohl denkbar, daß sich um die oberste Sitzreihe ein Kranz solcher Säulen zog. Leider
herrscht über den Zweck des Baues keinerlei Klarheit. Daß es eine Öffentliche Anlage watj
ist wahrscheinlich. Ein Privatbau von solcher Monumentalität darf in der nicht sehr großen
Provinzstadt kaum angenommen werden. Auch der Umstand, daß die Achse des Baues
ziemlich genau mit der Verlängerung der Achse des nahen Theaters zusammenfällt, scheint
auf öffentliche Bestimmung zu deuten Nach Basler Nachrichten» 19. Nov. 1907.
Daselland. Aesch, Auf dem „Kftpflifels" in der Nähe des „Tschäpperli* bei Aesch
wurde ein wohlerhaltenes Steingrab entdeckt, das eine groi c Anzahl von menschlichen
Knochen enthielt. Das Grab heßndet sich auf eim-m niedern, künstlich aufgeworfenen
Hügel im Walde, Es hat Rechtt-ckforin. GroOe senkrecht stehende Steinplatten aus Jura-
kalk bildeten die seitlichen Wände. Die Lange des Grabes beträgt zirka 3,6 m und die
Breiie zirka 3 m. Eine geneigte Stt-inplalte von zirka 1,65 ni LAnge ragte etwa i m aus
dem Boden heraus. Sic war offenbar ursprünglich senkrecht gestellt und ein Stück der
Einfassung des Grabes. Die Herren P. und F. Sarasiii aus Basel nahmen eine genauere
Unlprüuchung des Grabes vor Sie kamen zu der Ansicht, daß hier mindestens 25 Menschen,
Männer, Frauen und Kinder begraben worden seien. Die Nachgrabungen förderten die zur
Altersbe-stimmung notwendigen Steinwerkzeuge zu Tage, l feifspilzen, Messer, sowie durch-
bohrte Bären* und WoU'zähnc. Das Grab soll der Jüngern Stein»tit angehören und stellt
das erste Vorkommnis eines Massengrabes aus dieser Zcilcpoche in der Umgebung von
Basel dar. Basellandschaftlichcr Zeitung, 16. Dez. 1907.
- Orma/ingeu. Die Basler historische und antiquarische Gesellschaft hat Au^ra-
biingen auf Buchs bei Ormalingen vcranstah rt. Es wurden die Grundmauern einer rö-
mischen -Villa von ungefähr 700 m' Bodenfläche aufgedtckt.
Bern. His/orisc/ies Museum. Aus dem Jahresbericht für 1906 Archäologische Ab-
teilung. Funde aus vier FIa*hgräben> de^ Früh- und Mitlcl-La-Tenczcit in Richigen Ihn
Worb. - Funde aus zwei Gräbern der Völkerwanderungszeit in Vübringen bei Worb. —
Funde aus einem Grabhügel der Hallstat^zeit in Obereiberg bei Hegidorn, — A«.<ibeute
aus ai7 Grabern der La-Tönezeit zu Münsingen (worüber Direktor Wiedmcr-Stem im
Jahresbericht ausführlich handelt). — Einbaum, ausgegraben in GerolHngen am Bielcrsee.
— Weitere Funde gingen dem Museum zu aus Matten bei tnirrlaken, Müntschemier, Or
pund, Concisc, worunter besonders bemerkenswert zehn Amulette aus menschlichem
Schädeldach, aus Bevaix etc.
Die Vermehrung der bernisch historischen Abteilung besteht in der Hauptsache
aus lolgenden Gegenständen: Zwei Ehrengeschenke der Berner Regierung an Beamte, eine
große goldene Verdienstmedaille samt goldener Kette für David Rudoll Bay 1798 und eine
große ovale Silber seh Osscl mit Platte und Deckel für den MUnzmeister Christian Fueter»
U
370
1798 — Neugotischer silberner Deckelpokal mit Wappen der Familie Neuhaus, 1840. —
Amtsschärpe und Prunksäbel des Regierungsstatthalters bezw. helvet Direktors Bay; zwei
Ratsherren-Degen, Damenkleid der Directorialzeit. — Fenstereinfassungen einer gotischen
Fassade an der Marktgasse; Teile des Sterngewölbes aus dem Glockentflrmchen der alten
Kantonsschule, 1578; Steininschriften ebendaher. — Zwei Wappen Scheiben des Schultheißen
Albrecht Manuel, 1613 und 1626; zwei runde SchliflFscheiben, datiert 1694 — Renaissance*
schrank mit architektonischer Gliederung; geschnitztes und bemaltes Bauern mobiliar,
Schränke und Tröge des 17 und 18. Jahrhunderts aus dem Emmental und Oberland.
— Glas-, Ton- und Zinngeräte aus bernischen Bauernhäusern, besonders zwei große
mit figürlichen Szenen bemalte Heimberger MilchtOpfe und eine von J. J. Rousseau im
Jahre 1764 geschenkte Schützen-Zinnplatte. — Waffeleisen mit Wappen Tillier und Jenner,
1581, ein solches mit Wappen Küchberger und Zeender, 1633, und ein drittes mit Wappen
Straßer und Nötzlin, 1674. — Ein harfenförmiges kleines Hammerklavier, kleine Baßgeige
mit drei Saiten, gefertigt von Hans Krauchthaler auf der Leimen in der Kirchhöri Obcr-
balm, 1696. — Spindeluhr mit gravierten Silberschalen und emailliertem goldenem Zifferblatt
angefertigt vom Bernischen Uhrenmacher Johann Jakob Wild, geb. 1670. — Messingver-
silberte Monstranz, seidener Chormantel mit Blumenstickerei, zwei Holzstatuetten der Maria
mit dem Kinde und der hl. Katharina, 16. Jahrhundert, aus dem Aargau. — Bemaltes Holz-
relief der Auferstehung Christi, von 1500.
Die Münz- und Medaillensammlung erhielt einen Zuwachs von 68 Schweizermünzen,
eine Kleinbronze des römischen Kaisers Laelianus (Coh. Nr. 3) und eine goldene Medaille
auf den Bund zwischen Venedig, Zürich und Bern aus dem Jahre 1706.
— Auf der Abbruchstätte des ehemaligen Polizeigebäudes wurden Anfangs Februar
1908 einige Funde gemacht. Ein besonders interessantes und schön gearbeitetes Kapital
eines Brunnenstockes, sowie eine Anzahl gemalter Ofenkacheln, welche ausgegraben wur-
den, sind dem historischen Museum zugeführt worden. Auch ziemlich viele Schädel sind
zum Vorschein gekommen. Man vermutet, daß diese Funde ursprünglich nicht an dieser
Stelle waren, sondern bei der Auflüllung eines Teils des Gerberngrabens mit dem Aufitlll-
material hineingekommen sind. Berner Tngblatt, 7. Feb. 1908.
— Burgdorf. Historische Sammlung im „Rittersaar. Hauptsächlichster Zuwachs
im zweiten Halbjahr 1906: a) durch Geschenke, ein seidenes Frauenkleid, Bernertracht»
aus dem Anfang der iBsoer Jahre; ein Mieder mit Sammteinsätzen und eine seidene
Schürze aus der gleichen und einige Trachten«itücke aus jüngerer Zeit. Ein Plan der Schlacht
von Vilmergen bald nach derselben erschienen. Ein Paar rote Kniehosen, von 1780.
Zwei Getäferstücke, einige Möbel, Langnauer und Bäriswiler Geschirre, einige Urkunden
und Uniformenzubehör. — b) Depositen: Zwei Ölgemälde, Burgdorfer Porträte von 1690;
Zinnsoldaten und 2 Kaufbriefe. — c) Angekauft wurde ein alter Webstuhl, großenteib
aus dem Jahre 1729 und aus Burgdorf «stammend — Im ersten Halbjahr 1907 er-
hielt die Sammlung mancherlei Zuwachs durch Geschenke, die einzeln im „Bemer Volks-
freund", 8. Dezember 1907, veröffentlicht wurden. Unter den Depositen sind 17. Bronze-
Artefakte von Mörigen (Bielersee), die Dr. M. Fankhauser der Sammlung übergab, hervor-
zuheben; Nationalrat Dr. Müller in Sumiswald deponierte eine Anzahl KostümstQcke, und
Manfred DOr in Burgdorf eine größere Sammlung, zu welcher namentlich Gläser, Bemcr
Fayencen, fünf geschliffene Scheiben, ein Türschloß aus der Ruine Grasburg und einige
Waffen hervorzuheben sind. Unter den Ankäufen ist eine Anzahl wertvoller Gegenstände
hervorzuheben, die bislang der Sammlung als Depositen zugewiesen waren: Zwei Truhen,
eine sog Spanischsuppen-Schüssei aus dem 17. Jahrhundert, ein Glas mit den Wappen der
alten Orte, eine plastisch reich verzierte Langnauer Suppenschüssel von 1803, ein Schwert
in Scheide aus dem 16 Jahrhundert. Dazu kam der Ankauf von 48 im Jahre 1905 in
Burgdorf gefundenen Bracteaten, einer Simmentaler Frauentracht, eines Meißels, eines
Messers und einer Lanzenspitze aus Bronze von Mörigen (Bielersee), einer Truhe aus dem
16 Jahrhundert, eines ehernen Mörsers aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts, eines Heim-
bcrgcr (?) Henkeltopfrs, einer Simmcntaler Plane, eines Langnatier SchQsselchens und
eines farbigen geschniirten Rococospicgcis aus dem i8. Jahrhundert. Für diese Ankäufe
erhielt der Ritlersaalvcrein einen Bundesbeitrag.
— Jtgmsiorf. Zwischen Jcgcnstorf und Kcrncnricd liegen im freien Felde neun
durch den Pflug fast gan7 verebnete kleine ErdhQgel; ein zehnter steht weithin sichtbar
und noch wohlcrhalien im anstoßenden Eichwald. Allerdings zeigt er einen Einschnitt, der
von einer Ausgrabung in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts herrührt. Da die
freiliegenden IlOgel in Gefahr standen, durch die Landbearbeilung völlig verwischt zu
werden, unternahm das bernische historische Museum im Spätherbst eine Untersuchung.
In fast dreiwöchiger Arbeit wurden acht Hügel bis auf den Grund ausgegraben Bis auf
einen Meter Tiefe unter der Oberflache fand sich feiner Lchmsand, mit Asche und Kohlen-
spuren vermengt. Auf dem Naturboden zeigte sich dann zuweilen eine Gruppe grOf>erer.
Steine, neben denen, oft in beträchtlichem Abstand, die Tolenbeigaben eingebettet lagen.
Diese bestanden aus mannigfaltigen GcfaPcn, vom winzigen Schlichen bis zur großen Urne
Einige der Geschirre zeigten hübsche rote und schwarze Bemalung, eingeschnittene und
mit Farbstüflen ausgefüllte Verzierungen oder auch regelmäßige, zu Dreiecken geordnete
Eindrücke. Alle diese Geschirre waren in viele Scherben zerbrochen und werden nun
wieder zusammengesetzt Auf einem sehr schön rot gefärbten Teller, der mit schwarzen
Dreiecken bemalt ist, lag querüber ein Eisendolch; zwei weitere ähnliche WaRenstücke
fanden sich in andern Hügeln. Außerdem kam der obere Teil eines Schwertes zum Vor-
schein, dessen Griff ebenfalls aus massivem Eisen besteht und am obern Ende mit zwei
halbmondförmigen Bügeln verziert ist. Zu den Waflen gehören auch zehn eiserne Pfeil-
spitzen, die auf einem Häufchen beisamnientagen. Das Hauptstück aber bildet ein kleiner
Goldschmuck von sehr feiner Filigranarbeit: Eine Brosche, mit zehn winzigen Ringlein be-
hängt, und eine kaum hasclnußgroße hohle Kugel aus dünnem Gnldblech, die ringsum mit
aufgelöteten POnktlein verziert ist. Dabei lag ein winziges Rmglein aus Pechkohle. Nicht
weniger überraschend war die Aufdeckung eines vollständigen Wagenrades, dessen Holz-
teile allerdings völlig verwest, aber in den Umrissen noch deutlich erkennbar waren, so
daß sie vollständig bloßgelegt und photographiert werden konnten. Die breiten Felgen sind
mit guten eisernen Reifen eingefaßt, auch die Nabe trug einen vollständigen Überzug aus
Schmiedeisen. - iJer größte Hügel zeigte, Ober den Naturboden hin sich erstreckend, eine
mächtige Aschen- und Brandschicht, und vielfach ließen sich noch unverbrannt gebliebene
Baumästc am Rande dieser gewaltigen Fcuerstelle erkennen. Beigaben fanden sich hier
keine, was die Vermutung nahelegt, es sei hier überhaupt die Verbrennungsstätte für eine
ganze Anzahl Leichen, nicht aber der eigentliche Beisetzungsort gewesen Denn nicht etwa
um die Bestattung von Leichen handelt es sich bei die«en Hügeln, sondern mehr um
Denkmale. Die Toten wurden verbrannt und über ihrer Asche die Hügel aufgeschüttet,
in deren Mantel dann gruppenweise die Beigaben eingelegt wurden • Speise-Geschirre.
Waflen, bchmuck und Geräte Die Grabhügel von Jcgcnstorf stammen etwa aus dem 7.
und 6 Jahrhundert vor Christus Nach einem Bericht von Direktor Wiedmer-Slern,
im „Emmenlhaler Blatt*, 11. Dez 1907.
— KaHdgrsUg. Das 1756 erbaute, unter dem Namen »Ruedihaus* bekannte Holzhaus,
das durch farbigen 5>chmuck der Fassade und durch geschliflcnc Scheiben in den Fenstern
ausgezeichnet war, ist im Januar 1908 durch einen Brand beschädigt worden.
Nach Bund, 13. Jan. 1908.
— NtiweviUe. Les fouilles enlrcprises rann«*e demifere dans les vignes phyUox(tr<Ses,
sous le chäteau, ont tit rcpriaes en 1907. Plusieurs squclettcs ont encore tKt ddcou
verts, seulement leur <^tat de conservation laissait beaucoup ä dteirer En rcvanchc on a
trouvtf quelques objets qui Hxcnt exactement h T^poque burgondc Tage de ccs s^pultures,
Pamii les objets n-cucillis nous citons un scramaauxe, un petit couteau en fer, une pointe
de javelüt et une plaque de ceinture. Journal du Jura, 18 d*c. 1907
— Thu». Ein wertvolles Geschenk ist dem Historischen Museum von Thun durch
Herrn Baumeister Bettler in Thierachcm Übermacht worden. Es ist die im Sommer 1903
in der Nahe der Kirche von Thieraohern aufgefundene Vase mit etwa loo romischen MQD<i^
zcn. Die meisten tragen die Bilder der römischca Kaiser Vespasian, Titu5 und Domitiaa.J
Der Bund, 27. Dez. 1907
St. Oollon. Historische SaHiiulungett im stadtischen Museum am Brühl. Dem Jaiircs-
bericht i9o6'i907, verfaßt von Prof. Dr. J. Kgli, Konservator, entnehmen wir folgende Angaben.
Die Vermehrung der Sammlungen belief sich auf 227 Nummern mit 45b Gegenständen, wovon
laB geschenkt, 95 gekauft und 4 deponiert wurden. Ein Bronzedolch, gefunden bei Anlage
eines Neubaues in St. Moritz im Engadin; eine Kollektion Tonscherben und Knuchenreste
aus Corcelettes am Neuenburgcrsee; eine römische Opferschale aus schwarzem Marmor,
gefunden in einem Bachbett bei Sargans. — Eine Erkerplalie und einige Fensterpfosten
mit gotischen Profilen vom Hause zum Schaf in St. Gallen, Anfang des 17. Jahrhundert»..
Gemalte Decke und Taferwerk aus dem sogenannten Steigerhause zu Flawil, zweite Hälfte
des 18, Jalirhunderts; zwei gotische Truhen aus dem 16. Jahrhundert; WaschbOffet vom
Jahr 1634; Ausziehtisch aus Nußbaumholz mit Schiclereinlagc und reicher Schnitzerei, 1670;
Gepolsterter Armstuhl mit reichgeschnitzter Lehne, 2 Hallte des 17. Jahrhunderts; iwei
Tische aus dem Kanton Appenzell, drei Stabellen, eine davon mit reich geschnitzter Lehne,
aus dem Toggenburg, eine Anzahl geschnitzter Truhen aus dem St. Gatter Oberland ;
Kastchen mit Wismutmalerci und zisclirtcm Messingbeschtage. — Zinngeschirr, worunter
eine Kanne mit der Aufschrift ,Hof ßemang" 1743, mehrere Kannen mit den Marken der
Sl. Gallcr Zinngießer 1 R (eich), I G etc. Kleiner silberner Becher des eidg. Schötzenfeslcs
vom Jahre 1838. — Tintenfaß von Winterthurcr Fayence 1679; zwei Blumenvasen von
Berncgger Fayence in F«»nn von Mann und Frau rheintalischer Bauern vom Anfang drs
19. Jahrhundeits. Eine RasierschOssei, bunt bemalt, Bernegg, 1840. Eine Serie bemalter
und mit Sinnsprüchen versehener Appenzeller Teller von Bartholomäus Thälcr in Herisau«
1831, 1833 und 1837. — Drei Glasgemaide: Rauernscheibe Forrcr-Althcer i6ao, Wappeo-
schcibc Schlumpf-Reyner 1618, Wappenscheibe Schlappritzi-Schlumpf 1648. — GroOe seidene
Fahne mit Wappen des Stiftes St. Gallen unter Abt lieda Angehrn und dem Bilde des
hl. Othmar. — Einzelne TrachtenstQcke, Pa radelt int uch, Filetstickereien, bekleidete Wachs-
puppe vom Jahre 1810, verschiedene Kindcrartikel Zwei Holzfiguren, den hl. Gallus
xväi dem Bftrcn und die hl. Anna selbdritt darstellend; eine silberne Platte für Mcßkännchcn,
von Appenzell 1669. Fjn Fagol und eine Hausorgcl vom Jahre 1798 aus Walenstadt. Ein
Choralbuch für die Kirche in Masellrangen, geschrieben 1798 von Georg Anton Zweif«! in
Kaltbrunn. Musikatienlade mit eingelegten Architekturen und Jagdszenen. — Zwei Holz-
marken, Zollstabc von 1751 und 178a, Saumpfcrdgeiöll, Wirtshaus5child pAllhie zum Trauben
1781" von Ncsslau; Treichelglockcn, Viehzugjoehc, eines datiert 1681; geschnitzte Buiter-
mödel, Weberkamme, Zettelrahmen von 1744 etc. - 231 Münzen und Medaillen, worunter
besonders ein zahlreicher Fund römischer Münzen von Balgach, (s. Anzeiger N. F. IX, Heft 3).
Urkunden und Papierakten, Sl Gallische Häuser belreftcnd, Ansichten, Stiche und GemAlde^
darunter drei Porträte St. Gallischer Ratsherren aus dem r8. Jahrhundert.
Genf. Am 4. März 1908 starb hier im Alter von 44 Jahren Herr Paul-Chr. StP^ehlin,
seil 1890 Präsident der schweizerischen numismatischen Gesellschaft und Rrdaktor der
von ihr herausgegebenen Revue suissc de numismatique. Der Verstorbene gab seil Juni 1904
auch das Journal des coUcclioneurs heraus und war, außer vielen kleineren Arbeiten, Ver-
fasser des Repertoire gcnäral de m<idaillistique, einer genauen Beschreibung von Medaillen
auf berühmte Personen, von welcher 1700 Nummem erschienen, des Guide de l^ducation
cn Suisse, des Annuaire numismatique suisse I. ann^e. Er bekleidete ferner die Stelle
als Directcur du Mus^e cantonal epigraphiquc in Genf und war Mitarbeiter am Muste
suisse de photographics docuinentaires. Dem schweizerischen Landesmuscum widmete er
seine ausgebreiteten Kenntnisse als Numismatiker anlAI^lich der Auktion von Dubletten
schweizerischer MOnzen und Medaillen (s. Jahresbericht 1899 p. 70), welche unter seiner
Leitung «ilattfand. E. Hahn
— Chancy. En novembrc 1907, on a d^couvcrt un tombeau, dans le lerrain de
M- Cocquio, cnlrcprcncur. M. B. kcber en donne Ics renscignemeats suivanis. Le
_^^
373
tombeau qu'on vient de meltre au jour apparticnt ä celte cat6gorie de s^pulturcs, con-
struites en dallcs de molas-se que j'ai constati^ dans im grand nnrnbre d'cndroits de notrc
pays Situe sur la seconde terrasse, au dessous de la maison, ä environ 15a pa» au-dessiH
du Rht'jne, ä 40 cenlimetres de profondeur, il avait la directjoii d'est-uuest. Seulemenl ce
tombeau, qui n'avait quc 1 m. 65 de long et 60 ccntimttrcs de largc, avait d^jä <5tc derangä,
soit par la glissement du terrain, soit par des travaux d'agriculturc. N^iimoin». on a ob*
servö quc cettc söpulture contcnait deux corps, placts en sens inverse, de sorle qu'une
tfile sc trouvait cn haut, unc cn bas. Aucun objct n'accompagnait ccs morts. mais le ter-
rain tout autour du tombeau contient beaucoup de debrls de construction, tuilea de difft-
rcntcs lormcs, mortier, ctc, de I'epoque romaine, et surtoul des ossementa humains dis-
perses. S'agit-il d*un viritable cimelitre? C'cst possiblc. II faut attcndre la continuation
des travaux pour etrc fixe. II semble bicn qu'ä gauche de ce tombeau il 3'en trouve c.v
core un autrc de la möme forme. Comparez aussi le iivre de M. B. Reber: Recherc'ics
arch^ologiqucs ä Genfeve et aux cnvirons. Gcnevc 1901, p. 36 ä 46.
QraubQnden. C/rur. Rätiscfus MitSfum. Erwerbungen Im Jahre 1906. Auszug aus
dem XXXVl. Jahresbericht der Historisch antiquarischen Gesellschaft von Graubünden,
Jahrgang 1906. Gotische Holzstatuette der Maria mit dem Kinde, Rococo-Holzslatue des
hl. Michael (?), geschnitzte Wappcntafel von einer iÜmmerdecke mit Allianzwappen Walser
und Zoya; Feuerspritze samt Schlauchen und Wassereimem von Maicnfeld, 18. Jahrhundert;
die Einrichtung einer ScnncreikOche in einem Maiensäß im SchanHgg, bestehend aus 31
Geräten. Verschiedenes Kupfer- und Bronzegeschirr, etwas Silberschmuck und ein groftes
HaustOrschloß aus der Burg Rcams. Eine alle Trommel mit Stadtfarben aus Maicnfeld.
Zwei FaslentOcher aus Brigels mit gemalten Darstellungen aus dem alten und neuen
Testament, das eine derselben gemalt von Joannes Jacobus Rigeg 1695. Eine Anzahl Tex-
tilien und KostQmtcile; Weihwassergefäß, Fayence etc. Die Münzsammlung vermehrte
sich um 80 keltische Gold-, Silber- und Potinmtlnzen, drei römische BronzcmOnzen der
Kaiser Diocietian, Constantin l und Constantln II, ausgegraben im sog. BUndte*Gut bei Chur,
3 unbestimmbare römische Bronzemünzen, ausgegraben bei der Färberei Pedotin in Chur,
14 kleinere Münzen diverser graubündncnschcr Münzherren, vier dem ladinischen Dichter
0. F. Caderas verliehene Medaillen und andere meist fremde Stücke.
Neuohfltdl. Crtssier. Sepulturcs romaines On a trouv^ le 28 novembre 1907 ä
Cressier en d^fongant une vigne atteinte de phylloxera ä mi-cötc dans Ic quartier tr^s en
pente dit ,au bois" cn dessous de la routc conduisant de Cressier Ä Combes trois sepul-
turcs distinctes ä 50 cm. de profondeur. Le banc de rochcr afflcure au fond de la s^pul-
ture qui est rcmpHe de terre tendre et marneuse. Les corps en mauvais i^tat ätalcnt dis-
tants les uns des aiitres de a m environ et placds de l'Ouest ä l'Est. — Les objcts rctrou-
vfis pres des Corps sont: 3 monnaies monyensbronzrs, dont Tunc d'Auguste; AVGVSTVS
PATER, l'autre n'csl pas reconnaissable, mais parait *tre de la m6mc epoque, une pctJtc
baguc en bronzc qui pouvait avoir un chaton, djsparu, un petit coulcau et un instrument
de mßme aspect dont la soie et recourb«§e ä l'extr^mite. — II est assez curieux de retrou-
ver ces corps loin des habitations. ä l'^art de tout chemin possiblc en cct endroit — celui
qui passe plus haut est disiant de 50 pas au moins - et dans un terrain si cn pcnte. Si
le phylloxera l'exige tes fouilles seront conünu6es une aulre annöe. — Nous rcmcrcions
Mr. Gustave Jeannercl, peinlrc, qui a eu l'obligeance de nmis aviser de suite de la trou-
vaille. IV. l^'avrg.
— Musf4 ä'archfoiogie et mtäaiUio'. Achats: La moiti* d'une inscription funi^raire
romaine trouvee dans les fondations de la maison Quinche-Blanck Ä Saint-Blaise. Don: Une
Serpentine ayant la forme d'un cassc-tftte, lrouv<fe devant Pröfargier.
Les fouilles faites pendant l'ann^' 1907 ä la T^ne ont mis au jour un grand nombre
d'objets en Icr, ep^es, fragments de fourreaux d'^p-.'cs, marteau, fers de lances, talons de
lances, couteaux, mors declievaux, libulcs, hachcs, gouges, ciscaux, aiguille, bandcs, anncauxj
boucles, boutons, etc.; objets en bronze : phaleres plates, piaques. tibules, bracciet, boutons,
anneaux; et une quantlti^ de fragments de toute espece de poteries, la moitiö d'un presaotr
374_
ä fruits en pierre. Un rapport special sur ces fomlles paraltra dans le «Musäe Neuchätelois"
de Mars-Avril 1908.
Pour le mödaillier on cherche toujours ä compldter la särie des oeuvres des graveurs
neuchätelois. En 1907 on a pu acheter deux m^dailles de Samuel Lambelet, graveur des
ducs de Brunswick de 1689 — 1729, dat^es 1699 et 1701. De Brandt, le jubilä de 25 ans
d'Henri LXII j. L ; de Droz : Blocus d'Angleterre. Deux varietds de la pifece de ao Creutzer
de Marie de Nemours 1695; la särie des jetons de la Society suisse de numismatique,
Berne 1906, etc.
Dons au m^daillier: plaquette argent du: „Dtner de Heidelberg", jubilä de 25 ans
d'une räunion annuelle d*6tudiants suisses 1879 — 1906. 4 petites pifeces suisses; 5 diverses
mädaitles modernes; 9 monnaies romaines trouv6es dans le vignoble des Tuile£ ä Saint<Blaise.
Extrait d'un bulletin de M. tV. IVavrt.
— Chaux-de- Fonds. Musöe d'Horlogerie. Nous lenons ä constater de prime abord,
que notre musäe s'est accru, et s'accroit de fa9on fort rejouissante, tant par les nombreux
dons qui nous sont parvenus, que par les achats que nous avons pu faire, gräce au subside
annuel que nous alloue le Conseil communai, ainsi que par le don gracieux de aoo francs
que nous a fait le Comitä du contröle, pour une partle de l'achat de deux montres anciennes,
auxquelles nous aurions probablement du renoncer, sans son gönöreux concours; et gräce
aussi ä la coUecte annuelle que nous faisons faire, ä chaque fin d'ann^e, auprös des per-
sonnes, qui s'int^ressent ä nos efForts. — C'est ainsi que toutes les difförentes phases de
l'horlogerie sont reprdsent^es dans nos collections, et forment ainsi un enseignement utile
et visible, non seulement pour les difeves de notre Ecole d'horlogerie, mais aussi pour nos
fabricants. Les uns et les autres peuvent ainsi suivre pas ä pas les progräs r^alises dans
notre Industrie principale, depuis que Pierre Heinlein ä Nureraberg fit la premifere montre
de poche, au commencement du XV!""; siecle. ~ Notre coUection renferme des chefs d'oeuvres
remarquables de l'art horloger, depuis la premifere Periode de l*invention de la montre
jusqu'ä nos jours. Nous avons tenu aussi ä former, ä cöt6 de notre coUection de montres
anciennes, une coUection de pifeces modernes, et c'est, avec le plus grand plaisir, que nous
constatons avoir re^u le meilleur accueil aupr^s des fabricants d'horlogerie auxqucls nous
nous sommes adressäs. — Puisse leur exemple fitre suivi, et imit^ par d'autres encore, qui
tiendroiit ä augmenter et ä enrichir notre musöe; tous les dons seront les bienvenus. — A
part les donf. 6num6r6s ci haut, nous avons fait les acquisitions suivantes en 1907. — Deux
montres XYI""«^ sifecle ä sonnerie, mouvement en fer avec corde ä boyau, l'une avec boUe
ornementöe, Pautre avec boUe cuivre ornementde et reperc^e. — 4 pendulettes fer. — i
pendule ancienne. — 2 montres L. XIII. l'une, avec boite argent et quanti6me, fabriquie ä
Genfeve, Tautre avec holte reperc6e ä jours en cuivre dor6, mouvement fer et laiton avec
corde ä boyau. — i holte de montre de table en cuivre dord et grav6 XVI< sifecle. — a
montres L. XV, l'une avec double boite or repoussee, I'autre ä r^p^tition avec boite argent
repercöe. — 4 montres L XVI., dont l'une en or, une avec boite ömaUl^e et une avec peinture
email sur la holte. — 2 montres Lupine; Tune or emaUlee, style L. XVI., I'autre roue de rencon-
tre cadran peint avec chevaux tournants. — 2 cartels L. XVI avec colonnettes albätre.
Notre comit6 s'est occupö activement cette ann^e ä l'^laboration d'un nouveau cata-
logue, indiquant le classement par vitrine des dons et achats, ceci afln de faciliter les re-
cherches. Nous tenons en outre, pour finir, ä recommander encore vivement notre oeuvre;
puisse notre trfes modeste budget ötre augment^ d'une fa^on sensible, car il devient tou-
jours plus difficile de se procurer des montres anciennes, dont l'acquisition ne peut se faire
qu'ä des prix Kleves, montres auxquelles nous renoncerions difficÜement, ceci afin de com*
pleter nos collections. - Nous serons toujours heureux aussi, de recevoir des montres de
fabrication moderne, et dont la coUection aura sa raison d'dtre, dans un certain nombre
d'ann^es, en montrant ä nos aprös venants, tout en formant une histoire de Thorlogerie, ce
qui se fabrique actuellement
Le mus6e d'horlogerie est ouvert gratuitement au public, chaque Dimanche de 10
heures ä midi, pour les autres jours, il sera per^u une finance d'entrÄe d*un franc pour
375
une personne seule et de 50 cts. pour plus d'un visitcur. 11 scra, par contrr, ferm^ Ic
I" Janvier, le i«' Mars, le vendredi saim, Ic Dimanche et le Lundi de Päqucs, le Di-
manche de PentecOte, le i«>" Aoüt, le jour de Jeone fidäral et le 25 Dfcembre.
RiuUtTj ArchiUcte.
— CirtaiUod. Au connmencemenc de d6cembre, trois jeunes gens de Cortaillod eurent
la surprisc, en relevant des filets de pfiche tendus en plcige eaii, de ramener ime supcrbe
äpöe, remarquable par sa poign^e d^licieusement ciselce et son bon 6tat de conservation
FeuUle d'Avis, Le Locie, 19 ddc. 1907.
— /ji TiMe. La premiÄre partie des fouilles que la commune de Neuchätel entre-
prend k ta T^ne, avcc E'appui de la Confddäration, vient d'dtre achevöe- [1 s'agit, on se
le rappelle, de fouiller systdmatiquement la cd^bre Station; c'est lä un travail de longuc
haieine et dont on ne pourra tirer les conclusions. capitaleä pour l'histoire de nolrc pays
dans les quatrc demiers siccies avant notrc &re, que dans quelques annees, si les cr^its
accordtfs sont maintenus. Le public, ä matntes reprises, a manifeste son ötonnement dc-
vant le silence gard6 par la commission des fouilles; si cetle-ci s'est tue jusqu'ä maintenant
c'esi pour la raison toutc simple qu'elle n'avait ricn d'importanl ä communiquer. — Au-
jourd'hui la Situation est quelque peu moditide et voici, ä grands traits, les rd'SuItats ob
tenus. Comme ces nouvelles fouilles — oa ne saurait trop le röp^ter — ont moins en vuc
la ddcouvcrte d'objets que relablissemcnt cxact de la topographie de la Station, cette prc-
mi^re ann£e a tit consacr^e presque cxdusjvement ä des exploradons. Ccs explorations
ont amenä ix la dtcouverte d'un ancien lit de rivi^re qui a ^t6 suivi d&s lors sur une qua-
rantaine de metres et sur lequcl on a rclcvö les vestigcs d'une babitation, en partie pr6-
c^emment exploröe. Gelte riviere *tait fraiichie par un pont de 5 — 6 möires de largeur
qui se poursuJvait au sudlest et au nord-ouest sur une longueur de too m environ, et quI
devait reller la Station au grand marais d'une part et ä ce que de nouvelles fouilles r^vMe-
ront d'autre part — A parlir de ce pont la rive nord eat jalonnöe par une double s4rie
de pilotiä destin^s ä empficher tout glissement de terrain. Pour des raisons techniquca la
rive sud n'a pas encore ölt explorte; ce scra la lache de l'annöe prochaine. — Les objets
trouvös au cours de ces fouilles sont nombreux: souveiit, hdas! ü n'y reale presque plus
tracc du mttal pnmitif, tant üs ont €\.t oxydts par l'air qui^ depuis le dessechement de
la Station, a lentenient penttr^ jusqu'ä la couche arch^ologique. II faut signaler cependant
quelques haches, plusieurs coutcaiix - dont un supcrbe — deux öpies, plusieurs fers de
lances et enfin une espfece de petit marteau de 25 cm. de longueur avec manche eo corne,
objet unique cn son genre et fort elegant qui constituera un des joyaux de nolre collcction
lacustre. — Les r^sultats obtenus sont d'auiant plus satisfaisants que les fouilles de 1907
ont €x€ faites ä Tcndroit qui avait ^l^ Ic plus bouleverse lors des fouilles pr^ccdeiites
(1880— 1885K Mais, si satisfaisanis qu'ils solenl, il est impossible, pour le momenl, d'en
tirer la molndrc conclusion definitive, et tous ceux que la question Interesse ne peuvent
que prendre patiencc. Feuille d'Avis de Neuchätel, 16. XII. 1907. — P. l^uu^'a.
Schwyz Küssttachi. Die Ruine der sog. Geßlcrburg, die in Gefahr stand, abgetragen
zu werden, wurde von der Eidgenossenschaft erworben.
Sololhurn. NutmuigeH Beim Ausgraben des Fundanientes zu einem Neubau wurden
vier Grflber bloßgelegt. Nach den Feststellungen von Prof. Tatarinoß in Solothurn handelt
es sich um eine Grabstatte von Alemannen Die Skelette lagen alle in der gleichen Rich-
tung nach Sonnenaufgang in Steine eingebettet. Schon im Jahre 1845 wurden beim Straßen-
bau 70 bis 80 m. östlich von der heutigen Fundstätte entfernt, sechs Grflber aufgedeckt,
denen man aber damals wenig Beachtung schenkte.
Basier Nachrichten, 35. April 1907.
— Soiothurn. Ein Werk des aus Solothurn stammenden Malers J. Rudoll Byß wurde
jOngst in Prag entdeckt, wo Byß von 1685 bis 1698 im Dienste des Grafen Czernin tätig
war. Bei Entfernung der Decke eines Saales im ehenTaligen graflich Strakaschen Paläste
auf der Präger Kleinseilc wurde eine Stuckdecke mit fünf schonen GcmalUc» entdeckt. Die
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Bilder stellen mythologische Vorgftngc dar. In der Mitte ist die Apotheose ,VitIlcnn schmiede
Waffen zum Kriege". Die Bilder sind signiert mit dem Namen J. Rudolf Bys.
Nach Münchner Neueste Nachrichten, 23 Jan. 1908.
— Historisch-at$tiquarische AbteihiMg des siätitischat Mustums. Im Jahre 1907 wurden
von verschiedenen Gönnern- u. a. gescfmnkl: Kinige Schlösser; ein Kochkessel samt
Kette zum Aufhängen; ein tönernes GebAckmodcl mit reich kostümiertem Paar; eine
Schachtel mit farbiger Seidenstickerei, fünf Jetonkörbchen in bunter Papier-Roliarbeil und
Boston-Spielkarten; gravierte Schöpfkelle X760; Sammlung von Teuerste in Werkzeugen aus
der neolithischen Höhle von Winznau; Silberbarren, am Fusse der Erlinsburg gefunden;
eine gravierte kupferne Bettpfanne mit durchbrochenen Verzierungen, 18. Jahrhundert; ovale
Zinnplatte mit graviertem Schwaller- Wappen )749; c'" Anerkennungsdiplom für den Schan-
zendirektor wegen dessen heldenmütiger Handlung beim großen Eisgang der Aare 1789;
verschiedene römische FundstQcke von l'riniibach und Äugst; ein Bettüberzug mit Spitzen-
cinsatz; verschiedene kleinere Münzen. — Deponiert wurden: Sechs Glaser bezw. Glas
flaschen aus dem 17. Jahrhundert; eine geschnitzte Truhe aus der a. Hälfte des 16. Jahr-
hunderts; Münzen und Medaillen. — Ankäufe: eine Glocke aus der Kapelle von Allrcu mit
Ornamenten, 166a; vier Zunfttafelchen aus dem Tugginer-Nai-hlali aut Königshof, 1774-1809.
— Der Knnstabteiiung des städtischen Museums wurden im Jahre unter andern neueren
Gemälden auch folgende vier ältere Gemälde als Geschenke zugewiesen: Zwei Ölbilder
des Luzemers Josef Reinhnrt, 1749—1834, darstellend „Josef Schwaller auf einer Eisscholle",
Episode vom großen Eisbruch der Aare im Jahr 1789, und das Porträt des Nicolaus Ludwig
Viktor Schwaller, Chorherr von 1785 — 1798, gemall 1795. Xwei Aquarelle des französischen
Porträtmalers C. Dcbilj, darstellend den Landvogt Josef Schwaller von Falkenstein 1789
bis 1795 mit Familie in Ammannsegg, datiert 1796, und den eben genannten als Ar*
tili er ie- Major.
— Olien. Bei Anlegung einer Dohle an der Trimbacherstraße stieß man auf zahl-
reiche römische und zum Teil auch keltische Ueberreste. Gegen die Krohburg3tral>c hin
fand man in einer Tiefe von 3,30 m eine römische Mühle aus rotem Sandstein. Allmählich
stieg nach der Stadtkirche hin die Kuhurschicht an und nahm an Dicke zu, so daß sie
schließlich gegen i m breit war. Schon 30 — 40 cm unter dem Straßenniveau kamen rOmiäche
Funde zu Tage. Man stieß auch auf einzelne Mauerreste und auf römische Böden, von
denen zwei in einer Entfernung von 20 cm aufeinander lagen. Schon letztes Jahr hatte
man bei dem Neubau des Herrn Architekten Ehrensperger an der Trimbacherstraße zahl*
reiche römische Funde gemacht, außer Frag itientcn von Ziegel und Heizröhren fand man
eine Münze des Tibcnus, eine Tonscherbe, die von Kennern als keltisch erklärt wird und
zahlreiche Ueberreste von Wandmalereien, einige dat unter mit grafitti. Deutlich erkennbar
war z. B. HS, an einem andern Orte zwei D >>, und an einem dritten eine Aufschrift
IRAM <?). In der unmittelbaren Nahe dieses Hauses war vor 70 Jahren eine gut erhaltene
Schale mit erotischen Darstellungen gefunden worden, die jetzt den „geheimen" Stolz des
Oltencr Museums ausmacht. Wie uns Herr Prof Tatarinoff aufmerksam machte, ist ein
ähnliches Stück am Limes gefunden worden (Lieferung 29, Kastell Gnotzheim 18 Fig. 16
und 19 Fig. 17) und stammt aus Gallien und zwar aus domiüanischer Zeit
Die diesjährigen Funde brachten leider kein Gefäß hervor, das sich ganz zusammen-
setzen ließ; dagegen kam eine Menge vortrefiflicher Ware zum Vorschein. Neben zahl-
reichen Stücken aus terra sigillata, darunter 7 mit Töpferstempeln und mehrere mit figOr*
liehen Darstellungen, fanden sich auch einige bemalte Scherben und solche aus vorzüg-
lichem schwarzem und grauem Ton. Die Aufschrift einer Scherbe ließ sich nach Dechc-
icttc ergänzen zu Cinami; auf einer Amphora fand sich mit Atramentum aufgeschrieben
die Bezeichnung „INFERIOR".
Münzen wurden acht gefunden, umfassend die Zeit von Augustus bis Septimius Sc-
verus, femer eine Bronzeketie, i Stilus aus Bronze, i Bronzering, a mächtige und 3 kleinere
Hufeisen, i Messer und i silljerner, tadellos erhaltener Löffel, eine Austernschalc und ein
längliches Stück Elfenbein. Neben römischen Münzen fanden sich nun auch zwei gallische
in
die von Herrn Heierli als SequanermQnzen erkannt wurden; die eine trägt den Kopf eines
bewaffneten Mannes, die andere ein Einhorn. Von der einen Münze ist es sicher, daß sie
mit einem Augu«tu3 zusammengefunden wurde. Von den kelti'schen Tonscherben wur-
den zwei bei der Kirche in einer Tiefe von 1,50 m gefunden, nicht weit von der Stelle
entfernt, wo schon 1904 ein prachtvolles Serpcntinbcit in derselben Tiefe gefunden wurden
war Alle die^ie Funde, die ein neues Licht werfen auf die Frühgeschichte OUens, werden
im hiesigen Museum aul bewahrt.
— FroÖHrg Ober die Resultate der Ausgrabungen auf der Ruine Froburg veröftent-
licht Dr. W. Merz im ^Aargauer Tagblatl" (8. Sept. 19^7) einen ausHlhrlichen Bericht, dem
wir folgendes entnehmen :
Der Burgweg zweigte beim unteren Erlimoos ab, bog um die Fluh herum und er-
erreichte Ostlich das Tor, Der Burghügel ist durch einen künstlichen Einschnitt, einen so
genannten Halsgraben, in zwei ungleiche Teile zerlegt, einen kleinen nördlichen und einen
großen südlichen. Der nördliche trug ein Vorwerk; deutliche Maucrspuren zeigen, daß es
Dreieckform hatte mit der Basis, dem Graben und der Spitze, die mit einem Türmchen
bewehrt war, dem Steilhange zu. Jenseits des tiefen Grabens, der die Steine zum Burg-
bau spendete, war bis vor kurzem nur ein kleines Mauerslück sichtbar; auch der mit Wald
bestandene Burghügel ließ kaum mehr als allgemeine Umrisse einzelner Gebftude erkennen.
Ein Versuch, durch kleinere Grabungen den Grundriss festzustellen, förderte ein so interes-
santes Ergebnis zu Tage, daß der Wunsch lebendig ward, die Grabungen ausgiebiger und
systematisch durchzuführen, bis der Grundriß der gewaltigen Burg mit Sicherheit ermittelt
wäre, dies um so mehr, als die Froburg im großen Erdbeben des Jahres 1356, dem Basel
zum Opfer fiel, zusammenstürzte und sich nicht mehr aus den Trümmern erhob, daher
eine rein mittelalterliche Anlage ohne spätere Umbauten bieten mußte. Dank dem Ent-
gegenkommen derOrtsbürgcrgemcindc Olten, der das Burgareal gehört, und des historischen
Museums in Olten, die einen Teil der Kosten übernahmen, während die Historische und
Antiquarische Gesellschaft in Basel, die ein Werk über die Burgen des Sisgaues entsprechend
demjenigen über die Burgen des Aargaus vorbereiten läßt» für den anderen Teil einstand,
konnte am 22. Juli mit den Arbeiten begonnen und die Aufgabe bis zum i. August durch*
gefttUrt werden. Funde von Gegenstanden sind dabei nicht in erheblichem Umfange
gemacht worden: ein mittelalterliches Hufeisen, Topfscherben, Knochen ein halber
Mühlstein einer E4andmOhle, sowie früher schon eine Bodenlliese aus St Urban mit dem
Bilde dcsBa^ilisks; dagegen stammten einige Scherben u. dergl offenbar aus prähistorischer
2eit und taten somit dar, daß die Burgstelle damals als Refugium benutzt wurde, wie ja
oft auf ehemaligen Refugien sich später Burgen erhoben vermöge der durch die Natur
dem Orte gewährten Sicherheit und leichten Verteidigungsmöglichkeit. Daß in römischer
Zeit aber hier ein Wachtturm gestanden habe, ist mit aller Schärfe zurückzuweisen. Ueb-
rigens hat sich gezeigt, daß schon verschiedentlich die Froburg für Schatzgräber ein Ar
beitsfeld bot; damit mag vielleicht teilweise der Mangel an Funden erklärt werden. — Die
Burgstelle gehört zu den größten unserer Gegend; von aargauischen Burgen kann nur die
Lenzburg an Ausdehnung mit ihr verglichen werden. Sic war auch von Natur außerordent-
lich fest, von drei Seiten sturmfrei. Die Ringmauer, bezw. die daran gebauten Gebäude
setzten unmittelbar auf der Felskante auf. Südlich, wo der Berghang sich mit der über-
bauten Ebene verschneidet, hatte die Natur beiderseits mächtige Felsen aufgetürmt, von
denen der sOdwcatliche eine kleine Warte trug. Ein Mauerrest gibt heute noch Zeugnis
davon. Drei MauerzQgc gingen von hier zum gegenüberliegenden Felsen und schlössen
die Burgätelle südlich ab; der Steilhang machte die Anlage eines Grabens vor der äußeren
Mauer unnötig. Der Zwinger an dieser Südseite gehört zweifellos zur ursprünglichen Burg-
anlage und reicht in die Zeit vor den Kreuzzügen zurück Auf der Ostseite schloß die
südliche Zwingermauer an den südöstlichen Fciskopf an, den eine Lücke vom östlichen Grate
trennte ; am Grat selbst endigte der andere Mauerzug, und in der Lücke befand sich das
Burgtor, dessen unterste Pfosten aus Sandstein beiderseits blosgelegt worden sind. Vom
Burgwege ist außen nichts mehr zu erkennen, das Erdbeben hat hier andere Verhältnisse
^78_
geschaffen, zumal zahlreiche Blöcke aus dem Felskamm losgelöst und herunterj^estürzt und
damit auch den viereckigen Turm auf dem Grate zur Rechten des Eintretenden, der die
Toranlage überhöhte und schützte, zur Hälfte vernichtet Vom Tore aus mußte der Zwin^r
zum größeren Teile durchschritten werden, bis die nördliche Abschlußmauer den Eingang
in den Burghof gestattete; und dieser Zugang war links von einem viereckigen Turme und
rechts von einem anderen Bauwerk flankiert, ging sogar möglicherweise unter demselben
durch. Im Burghofe war der Raum ziemlich beschränkt, da östlich und westlich sich Wohn-
und Wehrbauten erhoben. Auf der Ostseite sind die Grundrisse mehrerer Gebäude fest-
gestellt; sie lagen teilweise entsprechend der Bodengestaltung höher als der Burghof aui
dem Felsen und sind wahrscheinlich als Oekonomiegebäude zu deuten; westlich erhob sich
der große Palas, das eigentliche Wohngebäude, und auf dem südlich davon gelegenen
Räume, an den Felskopf gelehnt, wo die Bodenfliese gefunden wurde, wohl die Kapelle
All' diese Gebäude weisen nicht besonders starke Mauern auf, das war der festen Lage
wegen nicht nötig. Überall sind die an Ort und Stelle aus dünnen Schichten gebrochenen
Kalksteine für das Mauerwerk verwendet. Dagegen schließt eine mehr als zuret Meter
dicke Mauer die Front ob dem Graben. Rechts, d. h. nordöstlich ist ein deutlicher Ab-
schluß derselben blosgelegt, nachher beginnt sie, dem Fels sich anschließend, w^ieder und
fiihrt zu den Ökonomiegebäuden. Diese Lücke kann nur als kleines Törchen gedeutet
werden, und dessen Zweck war offensichtlich die Verbindung der Burg mit dem Vorwert
jenseits des tiefen und breiten Grabens. Links von diesem Pförtchen in der Mitte des
Mauerzuges erhob sich der viereckige Bergfried, der Hauptturm der Burg. Seine Bios-
legung führte zu einer großen Überraschung. Mit seltenen Ausnahmen hat nämlich der
Bergfried seinen Eingang im zweiten Geschoß z*:» bis lo Meter über dem Boden ; Eingänge
zu ebener Erde sind meist neueren Ursprungs und als ursprüngliche Anlage überhaupt
nur in ganz wenigen Fällen nachgewiesen. Der Bergfried der Froburg aber hat sogar
zwei solcher Zugänge, einen in der Nordwestecke längs der Frontmauer ob dem Graboi,
wo diese Mauer eine Scharte zum Ausguck nach dem Vorwerk aufweist, und einen zweiten
besonders gut erhaltenen in der Südmauer. Um ja sicher zu sein, daß dieser Eingang ur-
sprünglich ebenerdig gelegen habe, wurde von dessen Sohle an das Erdreich noch weiter
ausgehoben ; nach zwei Steinlagen stieß man dabei auf das breit ausladende Fundament
Auf beiden Seiten ist der Falz deutlich erhalten. Aehnlich ist die zweite Öffnung. Wer
sich in der Nordwestecke der Burg, wo das höchste erhaltene Mauerstück biosliegt, etwas
hinauswagt, bemerkt die Überreste eines schräg aufsteigenden Stützpfeilers. — So erweist
sich die bis vor kurzem im Schutte versteckte Ruine als eine reich gegliederte große An-
lage, wehrhaft umsperrt von Graben, Türmen und Mauern, die stolz und fest an der Grenze
des Sisgaues und Buchsgaues sich erhob.
Thurgau. Frauen/eld. Von den in den Jahren 1906 und 1907 dem historisch-anti-
quarischen Museum zugegangenen Geschenken sei eine Sammlung römischer Gefäf^scherben
aus Arbon und ein Waffeleisen der Sophia von Grütt, Äbtissin des Klosters Tänikon
(1548— 1579) erwähnt. Das vollständige Verzeichnis der Geschenke ist veröffentlicht in der
„Thurgauer Zeitung*, 12. Okt. 1907.
Waadt. Lausanne, Das Comit6 der „Association du Vieux Lausanne* richtete am
30. April 1907 an den Staatsrat einen von Ch. Vuülermet und A. Bonard verfaßten w^armen
Appell für die Erhaltung des historischen Baubestandes in der Citd Die Eingabe, die eine
interessante Übersicht über die im 19. Jahrhundert erfolgten Abbruchs-Arbeiten enthält, ist
abgedruckt im Jahresbericht der genannten Gesellschaft.
— Yverdon. Les autorites municipales d'Yverdon ont install^, vers 1840, les *coles
publiques dans le vieux Chäteau bäti par Pierre de Savoie. Dfeirant utUiser certains em*
placenients vacants, elles ont fait Studier par M. Tarchitecte Isoz un projet pr^voyant les
nouveiles salles qui devenaient n^cessaires. Toute id6e de restauration Ätait restöe ätran-
g^rc k ce projet, qui fut soumis ä rapprobation du Service des monum'ents historiques, le
Chäteau d'Yverdon etant un ^difice class6. M. l'archeologue Naef demanda que les murs
du Chäteau fussent pr^alahlement explor^s et piqu^s au vif Cette exploration fit dicouvrir
379
une sörie d'anciennea baies, de cr6neaux, etc., et, cntre autres, Ics restcs d'une fen^trc
ogivale ^clairant jadis la chapelle du Chdteau. Sur les indications de M. Naef, la fa^ade
cnticre tut restauree et la fciittre ordinaire, prdvue au projet, reniplacic par une fcnfttre
gothique, moitiä neuve, moitiä anciennc, reconstitu^e par M. Isoz d'apres les restes de
l'ancicnnc fendtre. John Landry, Bulletin technique de la Suisse romandc, scpt. 1906
— AveMc/Ks. Au commenccmcnt de scptcmbrc 1907, les fouilles du Pcrruct ont rais
au jour loule une sdrie d'amphores de forme allongee et fort 6\6gnnte, placöes ä une pro-
fondcur de dcux m^rcs formanl une cspcce de canalisation; toutes les pointcs, en partie
cassees, etaiont ptacecs dans le col de Tamphore suivante pour permettre, serable-t-tl, ä
I'cau de s'ecouler comme dans des drains. Tout Strange que puisse paraltre au premier
abord cette cxplication, eile se justific par le fait qu'ä rcxtremit^ de la dcmierc se trouve
un aqueduc plein d'eau, qui arrCtcra forcöment nos travaux dans cctte direction. Une
senle de ces huit amphores dont la forme difffere un peii des aulrcs, soit par la terrc qu
est brune, \}es autres sont grises) soit par la panse. n'avait plus ses anses. Elles ont tou*
tes une hauteur de 90 ä 95 centim^tres et une circonf^rence, dans la partie införieure, de
1 ni. ao, les anses ont une longueur de 23 centimetres. La circonf^rence de raniphore
brune est de un mttre sur toute la longueur. J. JoHtmi, conservateur du Mus^e d'Avenches.
Woltis Aus Macon (Frankreich) wird der zu Anfang Januar erfolgte Hinschied des
Abbä Barth. Htitueatt gemeldet. Von Geburt Franzose, war der Dahingegangene als junger
Kleriker Professor am Seminar in Scmur (Depirt. Cöte d'Or), dann Pfarrer der kleinen
Gemeinde Varellle in der Diözese Autun, llüchtcte wahrend des Krieges von 1870/71 aber
ia die Schweiz und heO sich dauei-nd in Saint-Maurice nieder. Von dort aus besorgte er
ange Jahre die Seelsorge unter den D'asporakalholiken im nahen Bex und hat sich alsi
Administrator dieser Missionspfarrei große Verdienste erworben-
Ein großer Freund der Geschichte — er war u. a. korres|X>ndierendes Mitglied der
Soci6t6 historique et litteraire du dtparten.ent de l'Ain — hat sich R. mit rühmlicher Hin-
gebung mit der Vergangenheit seines neuen Wirkungskreises beschäftigt und als Frucht
dieser Studien eine größere, auf Urkunden basierende recht brauchbare Arbeit, betitelt
„Le Valais historifjue ; Chuttaux et Stigneurtes" im Jahre 1886 in Sitten veröffentlicht, ru
der der verstorbene Freiburgcr Professor Jean Gremaud die Vorrede lieferte. Schon früher
erschien von ihm .Histoire de Saint Sigismond, roi de Bourgogne et Martyr* (Genfeve 1877)
H. //.
ZQrißh. Stammheim. Erst 56 Jahre alt, starb am 7. Januar 1908 in seiner Heimatsgemein de
Unlcr-Stammheim AI/red Farner, Pfarrer daselbst seit 1880, ein um die lokale Altertums-
und Geschichtsforschung sehr verdienter Mann. Geboren den 17. März 1851, besuchte der
Verstorbene die heimatliche Primär- und Sekundärschule, dann das Gymnasium in Frauen-
feld, widmete sich in der Folge an den Hochschulen Zürich und Jena dem Studium der
Theologie und ward am 3i. Oktober 1875 zum Geistlichen ordiniert. Nach kurzem Vikariat
in Außersihl, als Pfarrer nach Mohlehorn (Kanton Glarus) berufen, vertauschte er schon
nach vier Jahren diese Pfarrei mit der seiner Heimat Hier hat er bis an sein Ende
gewirkt
Neben seiner pfarramtlichen Tätigkeit fand F. Zeit und MuOe, historischen Studien
obzuliegen, und da fesselte ihn vor allem die Vergangenheit des schönen Stammheimer-
tales. In den dortigen Lokalarchiven war er zu Hause, wie kaum ein zweiter. Besondere
Aufmersamkeit schenkte er aber auch den allen Baudenkmälern. Nicht nur gelang es ihm,
zusammen mit seinem Freunde Robert Durrer, in der St. Galluskapelle zu Über-Stamm-
heim einen höchst wertvollen, aus dem Anfang des XIV. Jahrhunderts stammenden Ge-
maldezyklus von der Tünche zu befreien und in der St. Antoniuskapelle in Waltalingen
alte Wandmalereien bloßzulegen, wobei auch der damalige Besitzer des Schlosses Girsberg,
Bnrk-von Orelii, eifrig mithall — t>eidc Cyclen wurden in den Mitteilungen der Antiqua*
fischen Gesellschaft in Zflrich publiziert — , auch auf der sogen. »Burghald^n*, oberhalb de»
Dorfes Stammheim, nahm er in Gemeinschaft mit dem verstorbenen Dr, Zeller-WerdmOller
'896/97 umfassende Ausgrabungen vor an der Stelle, da sich cinslens die Kammerboten-
38o
bürg erhoben, und legte deren Fundamente zutage. Nicht am wenigsten Farners Einfluß
tat es zu dank**n, daß die erwähnten Fresken der Nachwelt erhalten geblieben sind.
Seit 1896 gehörte F. der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, seit 1901 deren er-
weitertem Vorstande an. Eine Übersicht der von ihm veröffentlichten historischen Arbeiten
wird die „Totenschau schiveiserischer Historiker'* im ^Anseigtr für Schweistr. Gtsthichit^
bringen. Erwähnt werden mag hier vorlaufig bloß der Aufsalz Ober „Die Si. Attrta-
Köpe/ie'* in „A/fes und Neues; ein Beitrag zur Stammheimer Reformationsgtsckichie'* (Andel-
fingen 1899).
Seine Arbeiten über die Geschichte von Stammheini vereinigle Famer in einem
umfassenden Werke, dessen Erscheinen er nicht mehr erleben sollte; denn nachdem er
das Manuskript an die Stiftung Schnyder von Warlensee, die den Druck Dbemimmt^ abge-
liefert hatte, erlag der bescheidene und mit größter Hingebung seiner Arbeit sich widmende
Forscher einer langwierigen Krankheit Dr. Rohert Hoppeier.
— Slammheim. Entgegen einem Angebote, das ihr für die im Gemeindehaus befind-
lichen Glasgcmälde und den Pfau'schen Ofen gemacht worden war, faßte am 2. Januar
die Bürgergemeinde von Un/er-Stammheim den einhelligen Beschluß, daß diese Zierden
fernerhin an Ort und Stelle erhalten und unverkäuflich bleiben sollen. Sie hat sich damit
ein Zeugnis ausgestellt, das ihr zur hohen Ehre gereicht Vgl N. Z-Z. 1907 Nr. 360, 2. Bl.
1908, Nr. 3, 1. A. Winterthurer Tagblatt 1907, Nr. 306. Volksblati a d Bezirk Andel*
fingen Nr. 104.
— Rheiftau. Am 8. Februar 190B vormittags wurde aus noch unermiilelter Ursache der
nördlich vor dem Chorgitler der Kloslerkirche von Rheinau gelegene Kreuzattar durch Brand
zerstört. (Neue Zürcher Nachr. Nr. 39 A.) Über den 1707 geschlossenen Verding dieses
Altares mit dem Bildhauer Franz Xaver Widerkehr von Mellingen und den Malern Joh.
Balthasar Widerkehr und Joh Heinrich Hagenwiler cf E. Roi/tcn/nfusier, Baugeschichle
des Klosters Rheinau. Freiburg i. Br. 190a S. 112 u- f.
— In Konstanz starb am 6. Januar 1908 Herr Hermann Bnrk, geb. in Schorndorf
(Württemberg) 1841. Bis vor wenigen Jahren Besitzer des Schlölichcns Girsberg bei Stamm-
heim, ist er ein eifriger Freund und Hotcr auch unserer schweizerischen Denkmäler ge-
wesen. Ihm ist vornehmlich die Entdeckung der Wandgemälde in dem Kirchlein von
WaltaUngen zu verdanken und lebhaftes Interesse brachte er auch anderen Funden ent-
gegen, denen in der S. GsUuskapcIle bei Stammheim, im Haus zur Zinne und dem Ober-
hof in Dicßenhofen. Im Turme von Girsberg, den er mit gotischen Fenstern aus einer ab-
gebrochenen Kirche in Engen geschmückt hatte, barg seine Sammlung von Altertümern
auch namhalte Stücke schweizerischer Provenienz. In Konstanz wandte er mit besonderer
Wärme seine Fürsorge dem Rosgartenmuseum zu. Eine groDe Freude hatte ihm kurz vor
dem Hinschiede seine Entdeckung der Wandgemälde in dem Kirchlein von Landschlacht
bei Münslerlingen bereitet Als Mann ohne Wank^ von guldlauterem Charakter und hin-
gebender Treue an den Freund, wird er allen, die ihn kannten, im Andenken bleiben. Ä.
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Collegiata di S. Vittorc; ASreschi ; Ossario; Frammcnto della demolita chiesa di
S. Stefano (ibid. 4 u. 5 Dez. 1907). — Maggia Casa tipica — Tomba romana —
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Bollettino storico della Svizzera ttaliana. Anno 39. No. 6—9. Giugno-setlcmbre 1907.
Tüflar, ©r. H : Orgelbauvcrtrag für die Süftskirche von Zotingen von 1497. Blatter für
bcrnische Geschichte, Kunst und Altertumskunde. I[[. Jahrgang, Hcfl 3. Aug. 1907.
— Verding mit Meister Lienhard Loubcrcr, Organist und Orgelmacher in Bern, Ober
die Erneuerung und Ergänzung der Orgel in Biel, 1495. Blätter für bernische Ge-
schichte, Kunst und Altertumskunde, herausgegeben von Dr. Gustav Grünau, III. Jahrg
4. Heft. Bern 1907.
Voss, Hermann: Einige unbeachtete Bilder alldeutscher Meister im Museo Civico zu
Venedig. Zeitschrift für bildende Kunst N. F. XIX. Bd. 43. Jahrgang. Nr. 4, Januar
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1908, Leipzig, C. A. Seemann. (Besprechung eines Altarbildes des Malers Hans
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Walter, G.: Das MUitärwesen im alten Scha6f hausen. 15. Neujahrsblatt des histor.-antiq.
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Wegeli, Cr. Rud.: Die Truchsessen von Dießenhofen (Forts.), darin in Beilage 5 Be-
schreibung der Burg zu Herblingen, Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Ge-
schichte, herausgegeben vom Historischen Verein des Kts. Thurgau. 47. Heft Frauen-
feld 1907.
Wledmef'Stern, J.: Ein neuer Gräberfund in Richigen bei Worb. Blätter fQr bemische
Geschichte, Kunst und Altertumskunde. II L Jahrg. Heft 3. August 1907.
— Zur Erinnerung an die Ausstellung in Langnau (alte bemische Töpferindustrie).
Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde. III. Jahrg. 3. Heft.
August 1907.
— Ein vorgeschichtlicher Goldschmuck (bei Jegenstorf, Kt. Bern). Der Tag, illustrierte
Unterhaltungsbeilage. Berlin No. 641. 18 Dez. 1907.
— Das La T^ne-Gräberfeld bei Münsingen (Kt. Bern). Archiv' des historischen Vereins
des Kantons Bern. XVIII. Band. 3. Heft. Bern, Buchdruckerei Gustav Grünau 1908.
Auch als Separat-Abdruck.
Wita, Konrad, und die Biblia Pauperum. (Mit 13 Abbildungen auf Doppeltafel) von A. H.
Zeitschrift für christliche Kunst. XX. Jahrg. Heft 10. Düsseldorf 1907.
Zemp, Josef: Die Kirche von Romainmötier. Zeitschrift für Geschichte der Architektur.
1. Jahrgang. Heft 4. Heidelberg. 1908.
Zesiger, A.: Die bernische Beute vom Zwölferkrieg. Blätter ftlr bemische Geschichte,
Kunst und Altertumskunde. III. Jahrgang. Heft 3. August 1907.
— Die Gesellschaft zum Mittelleuen (mit zahlreichen baugeschichtlichen und kunstge-
werblichen Notizen Ober das Zunfthaus und den Silberschatz der Gesellschaft) und
vielen Tafeln. Neues Bemer Taschenbuch auf das Jahr 1908, herausgegeben von
Prof. Dr Heinrich Türler. Bern, Druck und Verlag von K. J. Wyß. 1907.
— Die sogenannten Fahnen der „Legion fidfele". Schweizer Archiv für Heraldik.
XXI. Jahrgang. 1907. Heft 23.
Zgraggen, Martin: Über den Bau der Pfarrkirche in Schattdorf 1728—1734, XIV. his-
torisches Neujahrs-Blatt, herausgegeben vom Verein für Geschichte und Altertümer
von Uri auf das Jahr 1908. Buchdruckerei Gisler, Altdorf. 4*.
Zürich, Zunft „Zur Meisen". Festschrift, herausgegeben von der Vorsteherschaft zur
Feier des 150jährigen Hausjubiläums Zürich 1907. (Text von C. H. Baer und C.
Stichler. Druck und Illustr. Art. Inst. Orell Füssli. Photographie von Ph. und E.
Link, Zürich.)
Preis Jährlich 5 Fr. Man abonniert bei dem Schweizerischen Landesmuscum, den Post.
bureaux und allen Buchhandtungen. Den Kommissionsverlag für das Ausland besorgt
die Buchhandlung Fäsi 8c Beer in Zürich.
Beiträge und Mitteilungen beliebe man unter der Aufschrift »Anzeiger* an die Direktion
des schweizerischen Lattdesmuseums in Zürich zu richten.
Redahtionshommission: Dr. H. Angst. Dr. H. Lehmann. Prof. Dr. J. R. Kahn.
Prof. Dr. J. Zemp.
Druck von Gebr. Leemann & Co. in Zorich-Selnau.
ART LIBRARY
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Staoford, California
lUtam thü book on or before date due.
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